ber
H.R.M. de Har
1914—1918
EUG. WARMING’S LEHRBUCH DER
ÖKOLOEISCHEN PFLANZENGEOGRAPHIE
Dritte umgearbeitete Auflage
von
Eug. Warming und P. Graebner
Prof., Dr. phil. et se. Prof., Dr. phil.
Kobenhavn Berlin - Lichterfelde
Illustrierte Ausgabe
mit 395 Abbildungen
Berlin
Verlag von Gebrüder Borntraeger
W 35 Schöneberger Ufer 12a
1918
os 11BRAR Y
en FEB2 7 1973
; | insbesondere ins Recht der Übersetzung in fremde Sp
i ü
*
Y
Druck von E. Buchbinder (H. Duske) in N Er -
Vorwort
Wenige Monate nach dem Erscheinen meines „Plantesamfund.
Kjöbenhavn 1895“, welches aus den Vorlesungen für meine naturwissen-
schaftlichen Zuhörer an der Universität Kjöbenhavn hervorgegangen war,
suchte Dr. Emil Knoblauch meine Erlaubnis nach, es ins Deutsche
übersetzen zu dürfen, und in weniger als einem Jahre lag die Übersetzung
gedruckt vor. Es war mir daher nur möglich gewesen ganz wenige
Verbesserungen vorzunehmen.
Die Herausgabe der zweiten Auflage vertraute der Verleger Pro-
fessor Graebner an; ich selbst habe bei dieser Ausgabe nicht mitgewirkt.
1909 erschien dann eine englische Ausgabe: Oecology of Plants
(Clarendon Press, Oxford) unter meiner Leitung von Prof. Perey Groom
und Prof. J. B. Balfour. Diese Ausgabe hatte ich in so hohem Grade
umgearbeitet, daß es eigentlich ein neues Buch war; namentlich war die
Anordnung des Stoffes gänzlich geändert. Ursprünglich hatte ich die
Pflanzenvereine in vier Gruppen gesammelt: Hydrophyten-, Xerophyten-,
Halophyten- und Mesophytenvereine. Unter den Xerophyten z.B. fanden
sich dabei aber ökologisch so verschiedene Vereine wie Felsenvegetation,
Kältewüsten, Moos-, Flechten- und Zwergstrauchheiden, Sandvegetation,
tropische Wüsten, Steppen usw. Die geographisch-ökologische Seite trat
allzusehr in den Hintergrund, und ich empfand es daher als notwendig,
die Vereine mehr nach dem Standorte (Klima und Boden) zu verteilen;
um dies so vollkommen wie möglich zu machen, suchte ich mir die Hilfe
eines jungen, kenntnisreichen, dänischen Geographen zu sichern, dessen
Spezialstudium Pflanzengeographie und Klimatologie war, nämlich Dr.
Martin Vahl. Daraus resultierte dann die Gruppierung der Pflanzen-
vereine in 13 Klassen, welche sich wieder mit einigen Änderungen in
dieser dritten deutschen Ausgabe vorfinden.
Auf Wunsch des Verlages (Gebr. Borntraeger) habe ich 1912 in
Verbindung mit Prof. Dr. P. Graebner die Herausgabe dieser 3. Auflage
übernommen. Mein Manuskript lag im wesentlichen fertig vor, und der
Druck war schon in raschem Gange, als der 1. August 1914 plötzlich
alles änderte; der Satz mußte vorläufig eingestellt werden und konnte
später nur mit sehr großen Unterbrechungen fortgesetzt werden. Über
IV Vorwort
drei Jahre sind verflossen, bis jetzt endlich der Abschluß gekommen ist.
Es ist mir nicht möglich gewesen, die in den letzten drei Jahren er-
schienene pflanzenökologische Litteratur vollständig auszunutzen; andere
Arbeiten, die ich erledigen mußte, hinderten mich; indessen ist ein großer
Teil wenigstens in der Litteraturliste angeführt worden. Die pflan
ökologische Litteratur ist überhaupt in den letzten zwanzig Jahren so
ungeheuer angeschwollen, daß es unmöglich wird für einen einze
sie gebührend auszunutzen.
Was nun das Buch selbst betrifft, ist die Anordnung des s of
im wesentlichen dieselbe wie in der englischen Ausgabe, jedoch
einige Änderungen vorgenommen, z. B. sind die Abschnitte über
Lebensformen und über das Zusammenleben der Organismen, nameı
die Begriffe Formation, Assoziation usw. (die in Übereinstimmung ni
Resultaten des internationalen Kongresses in Brüssel 1910 ang
werden) wesentlich geändert worden; überhaupt ist der Umfang des
nach dem Wunsche des Verlegers etwa auf das Doppelte vermehrt
Eine sehr erhebliche Verbesserung bedeuten die fast 400 Hlustrai
Es ist mir eine liebe Pflicht, einen herzlichen Dank an
zu richten, welche mir in verschiedener Weise Hilfe geleistet
namentlich Dr. ©. H. Ostenfeld, der mein Manuskript übeı
plankton durchgesehen hat; Dr. Ove Paulsen, der mir Aufsel
wohl über Meeresvegetation als über Steppen und Prärien gab
diesbetreffende Korrekturen las; Dr. Vahl, der mir wieder ei
matische Berichtigungen mitteilte, und Prof. Dr. Diels, an Mi
über australische Wüsten usw. machte. | T
Von denjenigen, welche en A oder
wissenschaftlicher Z rasen,
Vor allem muß ich jedoch einen Btkhen Dank an
P. Graebner richten, der mein ganzes Manuskript durchgeles n
mit wertvollen Ergknzungen sowie Litteraturnachweisungen 'v |
hat; ferner auch mit großer Sorgfalt die Mühe der Korrektur
hat. Das Sachregister hat Herr Bürgermeister a.D. H. Stan
gewohnter Sorgfalt verfaßt; auch ihm besten Dank! 2
Kjöbenhavn-Valby, August 1917
Eug. Warming ER
Inhaltsverzeichnis
Einleitung .
21.
22.
1
2.
8.
4
5
Erster Abschnitt
Der Standort (Statio, Habitat). Die ökologischen
. Kap.
DDr Se a Me
3.37.38
Kap.
n
Faktoren und ihre Wirkungen
I. Klimatische Faktoren
Die Zusammensetzung der Luft
‚Licht .
Wärme
Luftfeuchtigkeit vol Niederschläge
Luftbewegungen
Il. Edaphische Faktoren
Die Besehaffenheit des Nährbodens
Der Bau des Bodens *
Die Luft im Boden .
Das Wasser im Boden .
Die Wärme des Bodens
Die “erg des Bodens. Die oberen Bodenschichten und der Unter-
grund . |
Die Nahrung im Boden:
Die Bodenarten ;
Sind die chemischen Pe * Hisetilinchen Migenschaften. du Bodens
die wichtigsten? ’
Kampf der Arten RE
Die Wirkung einer leblosen Decke über dk EN
Die Wirkungen einer lebenden Pflanzendecke auf den Boden
Die Tätigkeit der Tiere und der Pflanzen im Boden
Einige orographische und andere Faktoren
Il. Das Wasser als Standort
Die ökologischen Faktoren. im Wasser
Zweiter Abschnitt
Die Lebensformen
Die Lebensformen und ihre Grundformen
Übersicht der Grundformen des Lebens .
Seite
105
118
126
128
133
136
140
143
VI | Inhaltsverzeichnis
23. Kap. Ökologische Anpassung (Epharmonie) der Lebensformen . . N
Anpassungen der Landpflanzen . . . . RR eek
24.
25. ;s Regulierung der Verdunstung . . » 2. 2 nn m m nen
26. „ Begulierung der Beleuchtung . . .» : rn te un ame nel
2%. Ablertung: von Regen. u ee 00. al are ne
28. „ Wasseraufnahme bei FEN ea A
29. „ Wasserbehälter . . . . ER
30. „ Andere anatomische und morphologische Bigentümlichkeiten ;
pflanzen . . . B en a R
31. „ Morphologische ER näktaniieche, Äntaeeier der Wasserpflanzen ne
Dritter Abschnitt
; Das Zusammenleben der Organismen. Sociale. Anpassun
Ä Die Pflanzenvereine
32. Kap. Das Zusammenleben der lebenden Wesen . . . EN
33. „ Die Eingriffe des Menschn . . » 22.2...
34. „ Das Zusammenleben mit den Tieren . » ...
35. „ Das Zusammenleben der Pflanzen untereinander et
36. „ Der Kommensalismus. Die Pflanzenverene : 2...
37. „ Der Standort als Basis für die BARBEERANR der Vereine
gesellächaften) . 2... 0... ee
88. „ _ Physiognomie der Vereine. . . . . n. BE
39. ,, Formationen ; un 2 see
40. „ Assoziationen . . Rn,
41. „ Suecession. Sekundäre Verknänungen der Formationen n und
Vierter Abschnitt |
I. Serie der Halophyten
42. Kap. Salzwasservereine und Salzbodenvegetation . . . 2...
43. „ Das Salzwasserplankton (Haloplankton) . Be
44. „ _ Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwasser)
45. „ Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden
46. „ . ‚Formationen der Salz-Sümpfe -,..:.1.2. 03... ans
47. „ Halophytische Landvegetation : >
48. „ Formationen der Strandfelsen RE
49. „ Formationen des Strandgerölles . el
50. Vegetation des losen salzigen Bodens (Sandboden)
Formationen des salzigen Tonbodens . . . \ ER:
Salzvegetation des Binnenlandes. Salzsteppen. Salzwüsten a
* . .
or
ii
uf
> Se Je |
II. Serie. An süßes Wasser bnatäns Verdi
58. Kap. Süßwasservereine } : Pie iR |
54. „ Formation der mikropkytiesiin Schweheßllänsen Linn plankkope
» - Formation des Saproplanktons . ; Fr
56. „ Formation des Megaplankton oder Makrönlnukion ee
”
Vereine von steinliebenden (epilithischen) Süßwasserpflanzen
Nereiden). . a ET RE TE
58. „ Vereine von Süßwasserpflansen auf Jose Böden
. . . . . .
. Kap.
me SR San Er Fu }
Inhaltsverzeichnis
Formation der Saprobien auf losem Boden
Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Buswasssrböden
Ufervegetation i
Formationen der reinen
Rohrsümpfe n
Formationen der trablische, Ga Bilchen in Süßwasser
Vegetation der flachen, sandigen und kiesigen Ufer. Periodisch Hei
selnder Wasserstand . RE
Alluvialland der Flüsse. Uferwaldungen
. Serie der mesophilen und hygrophilem Formationen
Allgemeine Bemerkungen . 5
Mikrotherme (arktische und äiniaeh Gi On "Krantinatten ;
Wiesen A
Hochstaudenfluren ; ;
Weiden auf Kulturland (Kultur- e hokaiturssshzietionen) .
"Formation der mesophilen Gebüsche kalter und kalttemperierter Klimas
Formation der sommgergrünen Laubwälder
Nadelwälder (Conifereta)
Laubwechselnde Nadelwälder (Lärchenwälder)
Die immergrünen Nadelwälder . i
Subtropische und tropische Grasfluren und ash ;
Subtropische immergrüne Laubwälder
Tropische Wälder
IV. Serie der Formationen auf Torfböden
Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden
Wiesenmoore 33
Tussock - Vegetation
Moostundren. Moosheiden
Flechtenheiden. Flechtentundren ;
Sphagnummoore (Sphagneta, Heidemoore, Morsabern Hadabsre)
Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden
Formation der Sträucher auf Torfboden .
Wälder auf Torfboden .
V. Serie. Kältewüsten.
Die subglazialen Formationen
Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten
Die Formationen der Kältewüsten (subglaziale Tisslaren):
VI. Serie der Stein- und Sandböden.
Allgemeines. Die eigentlichen Felsformationen (Lithophyten-Formationen)
Flachgründiger Boden 2
Spaltenvegetation ee Merekeen)
Vegetation der Trümmerfelder von Be Felsblöcken Anis,
Blockmeere)
Geröllhalden, Schutthalden (Geröllfuren).
Sandvegetation (Psammophile Formationen)
Lebensformen und Anpassungen
ViI
Seite
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. 618
630
637
640
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652
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680
685
694
01
12
21
730
132
740
745
748
757
109.
110.
111.
112.
113.
114.
115.
116.
117.
118.
119.
120.
121.
Dad Ne x wie. st SE
"Dünen eg Liode a Br ee
ers tina
Assoziationen der Sandvegetation in Europa . . . . . ee
VII. Serie der Hartlaubformationen
Hartlaubvegetation. Hartlaubformationen . . . - 5
Formationen von Halbsträuchern und. Kleinstränchern. (Fels
Felsensteppen, Halbstrauchsteppen) EN EEE REN N
Hartlaubgebüsche (Macchien) . . . 2.2... BT
Hartlaubwälder, 1.2: 2m me ee
Serie der subxerophilen Formationen mit Gı
Subxerophile Gras- und Staudenvegetation gene und P:
Die baumlosen Grassteppen . . ... . 2... 20...
Baumsteppen (Savannen, er Da
Aride Gebiete, Halbwüsten und Wüsten IN
Sroekenwälder >. 2. :, er re
Succulenten-Halbwüsten . : : > 2.22 20.
Formation der Trockengebüsche. „Dornstrauchsteppen
Hochgebirgssteppen . . 2 2.2.0 ee
Dornenlose Halbstrauchsteppen .
Hitzewüsten (Die Trockenwüsten) . ... .
Lebensformen der Wüste . . 2.2.2.2.
Die Wüstenregionen der Erde . . ...
Fünfter Abschnitt
Einleitende Bemerkungen . . . . = En >
Geogene Veränderungen; neuer Bdn . . ....
Klimatogene und biogene nn a RR e
ihren Kämpfen. Seltene Aa ee
Die Entstehung der Arten . . .....
. SEEN, . . .
Einleitung
Floristische und ökologische Pflanzengeographie
Die Aufgabe der Pflanzengeographie ist, uns über die Verteilung
der Pflanzen auf der Erde, sowie über die Gründe und die Gesetze
dieser Verteilung zu belehren. Diese kann von zwei verschiedenen Ge-
sichtspunkten betrachtet werden, nach denen man die Pflanzengeographie
in die floristische und die ökologische teilen kann, die jedoch nur
zwei verschiedene Richtungen derselben Wissenschaft sind, viele Berüh-
rungspunkte haben und an gewissen Punkten ineinander übergehen.
I. Die floristische Pflanzengeographie hat folgende Aufgaben.
Die erste und leichteste ist, von den auf größeren oder kleineren Ge-
bieten wachsenden Arten Listen, eine „Flora“, herzustellen; diese Listen
sind ein unentbehrliches Rohmaterial. Der nächste Schritt ist die Ein-
teilung der Erdoberfläche in natürliche floristische Gebiete (Floren-
reiche usw.)!) nach ihrer Verwandtschaft, d. h. nach der Menge von
gemeinsamen Arten, Gattungen und Familien. Der floristische Charakter
eines Gebietes hängt von seinem Platze auf der Erde ab. Ferner sind
die Florenreiche in natürliche Gebiete, Regionen und Bezirke einzuteilen
und diese Gebiete zu kennzeichnen; man hat die Grenzen für die Ver-
breitung der Arten, Gattungen, Familien (deren Habitatio oder Wohn-
gebiet, Area), ihre Verteilung und ihre Dichtigkeit des Vorkommens in
verschiedenen Ländern, den Endemismus, das Verhältnis der Inselfloren
zu den Floren der Festländer, das der Gebirgsfloren zu denen der Tief-
länder u. v. a. festzustellen.
Der denkende Forscher wird bei der einfachen Feststellung von
Tatsachen nicht stehen bleiben; er sucht nach den Gründen, weshalb
alle diese Beziehungen gerade so sind, wie sie sind. Diese Gründe
können teils gegenwärtige (geognostische, topographische, klimatische),
teils historische Verhältnisse sein. Die Grenzen einer Art können näm-
lich auf den Bedingungen der Gegenwart beruhen, auf den Schranken,
1) Engler 1899; Drude 1884, 1886—87, 1890.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 1
92 Einleitung
welche Gebirge und Meere, Boden und klimatische Verhältnisse in der
Gegenwart ihrer Verbreitung setzen, aber auch auf den geohistorischen
oder den geologischen und den klimatischen Verhältnissen lange ver-
flossener Zeiten und auf der ganzen Entwicklungsgeschichte der Art,
den Stellen ihres Vorkommens, auf ihren Wanderungsmitteln und ihrer
Wanderungsfähigkeit. Ferner sind die Fragen nach den Entwicklungs-
zentren, nach dem Ursprung und dem Alter der Arten und Gattungen u.v.a.
zu behandeln; und dahinter liegt die Frage nach der Entstehung der
Arten (Genetische Pflanzengeographie; siehe Schröter 1913).
So wird Dänemarks noch nicht geschriebene floristische Pflanzen-
geographie zur Aufgabe haben, folgendes zu untersuchen: Die Verbreitung
der vorkommenden Arten, ihre Verteilung im Lande, Dänemarks Ein-
teilung in natürliche floristische Bezirke, Dänemark als floristischen Teil
eines größeren natürlichen Gebietes oder seine floristische Verwandt-
schaft mit Skandinavien, Deutschland usw., die Fragen, wann und woher
die Arten nach der Eiszeit einwanderten, die Wege ihrer Wanderungen
und ihre Wanderungsmittel, die Frage nach Reliktenpflanzen, die Frage,
ob neue Formen sich gebildet haben u. v.a.!).
II. Die ökologische Pflanzengeographie hat ganz andere Auf-
gaben; sie belehrt uns darüber, wie die Pflanzen und die Pflanzenvereine
ihre Gestalt, ihre Haushaltung und ihre Verteilung auf der Erde nach
den auf sie einwirkenden Faktoren, z. B. nach der ihnen zur Verfügung =
stehenden Menge von Wärme, Licht, Nahrung, Wasser u. a. einrichten ?).
Ein flüchtiger Blick zeigt, daß die Arten über das ganze Gebiet
ihrer Verbreitung keineswegs gleichmäßig verteilt sind, sondern sich in
„Gesellschaften* oder „Vereinen“, Assoziationen, mit sehr ver-
schiedener Physiognomie gruppieren.
Die erste und leichteste Aufgabe ist, zu ermitteln, welche Arten
an den gleichartigen Standorten (Stationes, Habitats) vereinigt sind.
Dieses ist eine einfache Feststellung oder Beschreibung von Tatsachen.
Eine andere, auch nicht schwierige Aufgabe ist, die Physiognomie
der Vegetation und der Landschaft zu schildern, eine Aufgabe, der
sich besonders in allerneuester Zeit zahlreiche Forscher zugewandt haben.
‘) Ein Entwurf zu Beantwortung dieser Fragen findet sich: Warming 1904. |
Mit den übrigens interessanten und weitreichenden Aufgaben der floristischen
Pflanzengeographie haben wir uns hier nicht zu befassen. Diese ist besonders von
*
Wahlenberg, Schouw, Alph. de Candolle, Jos. Hooker, Grisebach, Ascherson, Engler,
Drude und Hemsley behandelt worden.
*) Als Ökologie (olxos Haus, Haushaltung, Aöyog Lehre) hat Haeckel (Generelle
Morphologie der Organismen, 1866) die Wissenschaft von den Beziehungen der Organis-
men zur Außenwelt bezeichnet. Reiter gebrauchte den Ausdruck etwa in demselben
Sinne, indem er ihn in die Botanik einführte (1885; siehe Mac Millan 1897). Vergl.
auch Goebel 1879, Spalding 1909.
Einleitung 3
Die nächste und sehr schwierige Aufgabe ist die Beantwortung
der Fragen: Weshalb schließen sich die Arten zu bestimmten „Gesell-
schaften“, Assoziationen zusammen und weshalb haben diese die
Physiognomie, die sie besitzen?
Dadurch kommen wir zu den Fragen nach der Haushaltung der
Pflanzen, nach ihren Anforderungen an die Lebensbedingungen, zu den
Fragen, wie sie die äußeren Bedingungen ausnutzen und wie sie in
ihrem äußeren und ihrem inneren Bau und ihrer Physiognomie angepaßt
sind, und kommen zunächst zur Betrachtung der Lebensformen.
Schließlich begegnen wir auch hier der Frage nach der Ent-
wicklungsgeschichte der Pflanzenvereine, — ein Zweig der genetischen
Pflanzengeographie.
Auf die Wichtigkeit physiologischer Experimente für die Pflanzen-
geographie macht neuerdings Massart!) aufmerksam.
Die ökologische Pflanzengeographie muß folgendes behandeln:
A. Der Standort
Die Faktoren der Außenwelt, die in der Haushaltung der
Pflanzen eine Rolle spielen. Bei pflanzenökologischen Studien muß dann
zuerst der Standort (Statio; Habitat) studiert werden, weil sein phy-
sikalisches und chemisches Verhalten die Grundlage sowohl für das
Gedeihen der einzelnen Pflanzengestalten, als für die Verschiedenheiten
der Pflanzenvereine darbieten. Der Charakter des Standorts wird durch
die Kombination aller an ihm wirkenden Faktoren hervorrufen.
Die Faktoren und ihre Wirkungen werden im 1. Abschnitte (I, II, III)
behandelt. Die verschiedenen Faktoren müssen jeder für sich behandelt
werden, obgleich dieses ein Übelstand ist, teils weil sie nie einzeln,
sondern meist zu vielen vereint wirken, teils weil wir keineswegs überall
darüber im klaren sind, was dem einen oder was dem andern zuzuschreiben
sei. Man kann sie mit Schouw in unmittelbar und in mittelbar wirkende
Faktoren einteilen.
I. klimatische Faktoren sind die in großer Ausdehnung wirken-
den Faktoren, weil sie an den Umlauf der Erde um die Sonne und an
die geographische Breite gebunden sind: 1. Zusammensetzung der
Luft, 2. Licht, 3. Wärme, 4. Niederschläge, 5. Luftfeuchtig-
keit und 6. Luftbewegungen.
Diese werden im 1. Abschnitte Kap. 1—5 besprochen. — Alle ge-
hören zu den unmittelbar wirkenden Faktoren.
II. edaphische Faktoren?), die innerhalb eines kleineren Rah-
mens, mehr örtlich, wirken, namentlich die chemische und die physikalische
Natur des Bodens.
2) Massart 1912.
2) Dieser Name wurde 1898 von Schimper eingeführt (£«poc Erdboden).
ı*
4 Einleitung
Während das Klima eine sehr große Rolle für den Charakter der
Flora eines größeren Gebietes spielt, sind die edaphischen Faktoren
äußerst wichtig für die Entstehung und Begrenzung bestimmter Vereine.
Die edaphischen Faktoren sind zweierlei Art, und zwar a) die-
jenigen, welche den festen Erdboden, und b) die, die das Wasser
betreffen.
a) Fester Erdboden, dieses sind: 6. die Beschaffenheit des
Nährbodens, ferner 7. der Bau, 8. die Luft, 9. das Wasser, 10. die
Wärme, 11. die Mächtigkeit, 12. die Nahrung, 13. die Arten des
Bodens und hieran schließt sich 14. die Frage nach seinem chemischen
und seinem physikalischen Einflusse u.a.
Diese Faktoren werden im 1. Abschnitte Kap. 6—14 besprochen
und gehören zu den unmittelbar wirkenden Faktoren.
Es ist noch zurzeit in vielen Fällen ganz unmöglich in jedem
einzelnen Falle bestimmt zu sagen, welche Faktoren bei den ver-
schiedenen Vereinsbildungen sich kombinieren und welcher resp. welche
von ihnen etwa von ausschlaggebender Bedeutung für die Bildung des
betreffenden Vereines sind. Was die Sache schwierig macht ist, daß
klimatische und edaphische Faktoren einander ersetzen oder ergänzen
können.
Mittelbar wirkende Faktoren des Erdbodens sind:
Das Relief der Erdoberfläche, die Gestaltung der Länder und der
Meere, die Höhe über dem Meere, die geographische Breite sowie andere
eingreifende und modifizierende Faktoren. Die Kap. 15—19 behandeln:
15. Der Kampf der Arten untereinander, 16. die Wirkungen einer
leblosen Decke über der Vegetation, 17. die Wirkungen einer leben-
den Decke, 18. die Arbeit der Tiere und der Pflanzen im Boden,
19. einige orographische u.a. Verhältnisse!).
b) Das Wasser als Standort. Luft, Licht, Wärme, Nährstoffe,
Bewegungen, Farbe des Wassers. Die en usw. AnpaSSBEINE
erscheinungen der Wasserpflanzen im 2. Abschnitt.
Biotische Faktoren sind solche, deren Wirkung gerade durch
das Zusammenleben der Pflanzen resp. durch ihre gegenseitigen Kon-
kurrenzkämpfe hervorgerufen wird. Besonders sind es die klimatischen
Verhältnisse, wie sie durch die verschiedenen Wirkungen von Luft,
Licht, Wärme, Feuchtigkeit zustande kommen, welche durch sie im
kleinen geändert werden.
Sie werden teilweise im 3. bis 5. Abschnitt besprochen.
*) Näheres hierüber wird man bei Sachsse, Deherain, Vallot, Ramann, Drude,
Graebner, Schimper, Clements u.a. finden.
Einleitung 5
B. Die Lebensformen
Die Einwirkungen der verschiedenen Faktoren auf den
äußeren und inneren Bau der Pflanzen, auf ihre Lebensdauer usw. ist
der zweite umfassende Gegenstand ökologischer Forschung. Dieses führt
uns zum Studium der Lebensformen und der Physiognomie der
Pflanzen).
Jede Art muß im äußeren und im inneren Bau mit den Natur-
verhältnissen, worunter sie lebt, im Einklange sein, und kann sie sich,
wenn sich jene ändern, ihnen nicht anpassen, so wird sie von anderen
Arten verdrängt werden oder ganz zugrunde gehen. Es ist daher eine
der wichtigsten und ersten Aufgaben der ökologischen Pflanzengeographie:
die Epharmonie?) der Art, die man ihre Lebensform (growth form,
forme biologique) nennen kann, zu verstehen. Diese zeigt sich besonders
in der Tracht und in der Gestalt und Dauer der Ernährungsorgane (im
Bau des Laubblattes und des ganzen Laubsprosses, in der Lebensdauer des
Individuums usw.: Autökologie?°), weniger in denen der Fortpflanzungs-
organe. Diese Aufgabe führt tief in morphologische, anatomische*) und
physiologische Studien ein; sie ist sehr schwierig, aber sehr anziehend;
sie kann noch in wenig Fällen befriedigend gelöst werden, aber die
Zukunft gehört ihr. Bei ihr stoßen wir auch auf die Frage nach dem
Ursprunge der verschiedenen Arten.
Was die Aufgabe sehr erschwert, ist z. B. der Umstand, daß es
neben der gestaltenden Fähigkeit der vielen äußeren Faktoren und neben
der Anpassung der Arten an diese, bei jeder Art bestimmte, natürliche
erbliche Anlagen gibt, die aus inneren, unbekannten Ursachen Ge-
stalten hervorbringen, welche wir zu den umgebenden Naturverhältnissen,
jedenfalls zu den gegenwärtigen, in gar keine Beziehung bringen können
und daher gar nicht verstehen. Diese nach der natürlichen Verwandt-
schaft verschiedenen inneren Anlagen bringen es mit sich, daß die Ent-
wicklung der Arten unter der Einwirkung derselben Faktoren auf ganz
1) Vergl. darüber auch W. Lange, Gartengestaltung der Neuzeit, 3. Aufl.
2) Vesque bezeichnet (1882) „L’epharmonie“* als „l’&tat de la plante adaptee“ und
„Epharmose* als die allmähliche Anpassung der pflanzlichen Formenkreise resp. ihrer
einzelnen Organe an neue Lebenslagen, also an verschiedene Standorte (Pflanzenvereine)
und abweichende Klimate.
®) Schröter, vergl. Flahault u. Schröter 1910.
*#, Die Anatomie der Pflanzen ist in neuerer Zeit, namentlich durch Haberlandt
und seine Schüler, in der Richtung gefördert worden, daß die Abhängigkeit zwischen
dem innern Bau und den Lebensbedingungen der Umgebung in den Vordergrund gerückt
wurde. Duval Jouve betonte schon 1875: „L’objet de la presente &tude est de con-
stater les principales dispositions des tissus dans les feuilles des Graminees, et de
determiner, autant que possible, le rapport de certaines dispositions avec les fonctions
imposees par le milieu“.
6 Einleitung
verschiedenen Wegen zu demselben Ziele führen kann. Während
sich z. B. eine Art an trockene Standorte durch eine dichte Haar-
bekleidung anpaßt, kann eine andere unter denselben Verhältnissen kein
einziges Haar hervorbringen), sondern zieht es z.B. vor, sich mit einer
Wachsschieht zu bedecken oder ihre Laubblätter zu reduzieren und mit
dem Äußeren der Stammsucculenten aufzutreten, oder wird in ihrer
Entwicklung ephemer.
Einerseits haben in den wenigsten Familien der Blütenpflanzen die
verschiedenen Arten dieselbe Lebensform, d.h. im Einklange mit den-
selben Lebensbedingungen im ganzen denselben Habitus, gleiche An-
passungen und Lebenserscheinungen angenommen (Beisp.: Nymphaeaceae).
In der Regel weichen die verschiedenen Mitglieder einer Familie stark
voneinander ab, sowohl in der Gestalt als in den Anforderungen an die
Lebensbedingungen. Anderseits können Arten aus systematisch sehr
verschiedenen Familien einander in den Formenverhältnissen des Er-
nährungsprozesses höchst auffallend ähnlich sein (epharmotische Kon-
vergenz). Ein gutes Beispiel für solche „biologischen“ Charaktere bieten
Kakteen, die kaktusähnlichen Euphorbien und die kaktusähnlichen Sta-
pelien; sie liefern ein vortreffliches Beispiel für eine gemeinsame, sehr
kennzeichnende Lebensform, die besonders deutlich an bestimmte Lebens-
bedingungen angepaßt ist und bei drei systematisch weit getrennten
Familien auftritt. Dasselbe trifft für die den Nymphaeaceae so täu-
schend ähnliche Hydrocharitacee Hydrocharis, die Gentianacee Lim-
nanthemum USW. ZU.
Was hier Lebensform genannt wird, entspricht ungefähr dem Be-
griffe Vegetationsform einiger Pflanzengeographen. Der Ausdruck ist
von Grisebach eingeführt worden und wird in der Litteratur oft ver-
schieden gebraucht.
Eine Betrachtung der im Laufe der Zeit aufgestellten Übersichten
(bisweilen sogar „Systeme“ genannt) über die Lebensformen wird diesen
Begriff weiter erläutern. Hierüber, sowie über die Grundformen des
Lebens und ihre Anpassungen vergl. den 2. Abschnitt.
C. Das Zusammenleben der Pflanzen und die Pflanzenvereine
Die nächste Aufgabe der ökologischen Pflanzengeographie ist, die
in der Natur vorkommenden Vereine zu untersuchen, welche meist
viele Arten mit äußerst verschiedener Lebensform enthalten.
Bestimmte Arten schließen sich zu natürlichen Vereinen zusammen,
d. h. zu solchen Vereinigungen, die uns mit derselben Zusammensetzung
von Lebensformen und mit demselben Äußeren oft oder öfter begegnen
(Pflanzenformationen). Beispiele für Pflanzenvereine sind eine Wiese x
*) Vesque 1883, 1884; Volkens 1884, 1887.
a nr A ER Zn nn
Einleitung 7
in Norddeutschland oder in Dänemark mit allen ihren Gräsern und Stauden,
oder ein Buchenwald auf Seeland, in Jütland oder in Norddeutschland,
der von der Rotbuche und allen Arten, die sie zu begleiten pflegen,
gebildet wird. Arten, die einen Verein bilden, müssen entweder dieselbe
Haushaltung führen, ungefähr dieselben Anforderungen an die Natur des
Standortes (Nahrung, Licht, Feuchtigkeit usw.) stellen, oder die eine
Art muß in ihrem Leben so von der anderen abhängen, daß sie bei
dieser findet, was ihr nützt, vielleicht sogar am besten dienlich ist
(Beisp.: Oxalis Acetosella und zahllose Saprophyten im Schatten der
Buchen und auf deren humosem Waldboden); es muß eine Art Symbiose
oder Syntrophie zwischen diesen Arten bestehen (vergl. auch 3. Abschnitt,
Ungleiche Kommensalen).
Oft findet man sogar, wie bei dem eben erwähnten Buchenwald,
daß die im Schatten und Schutze anderer Arten wachsenden Pflanzen
aus den verschiedensten Familien untereinander ganz ähnliche Lebens-
formen zeigen, die von denen der oft gleichfalls untereinander überein-
stimmenden Waldbäume sehr wesentlich abweichen), so z. B. die ähn-
lichen Rot- und Weißbuchen mit den chlorophyllosen Saprophyten Neottia
(Orchidacee), Lathraea und Monotropa (Pirolacee).
Die ökologische Pflanzengeographie soll darüber Rechenschaft ab-
legen, welche natürlichen Vereine vorkommen, welche Haushaltung sie
kennzeichnet und weshalb Arten mit verschiedener Haushaltung so eng
verknüpft sein können, wie es oft der Fall ist. Sie muß also das Ver-
ständnis der physikalischen u. a. Eigentümlichkeiten der Standorte zur
Grundlage haben.
Die ökologische Analyse eines Pflanzenvereins führt zur
Unterscheidung der ihn zusammensetzenden Lebensformen als seiner
letzten Glieder. Aus dem über die Lebensformen Gesagten geht hervor,
daß sich Arten mit sehr verschiedener Physiognomie sehr wohl in dem-
selben natürlichen Vereine zusammenfinden können. Da außerdem, wie
angeführt, nicht nur Arten, die eine ganz verschiedene Physiognomie
haben, sondern auch eine ganz verschiedene Haushaltung führen, ver-
bunden sein können, so müssen wir erwarten, sowohl einen großen
Formenreichtum als verwickelte Wechselverhältnisse zwischen den Arten
eines natürlichen Vereines finden zu können; man erinnere sich z.B. an
die reichste aller Vereinsformen, an den tropischen Regenwald. Auch
muß bemerkt werden, daß ein Pflanzenverein zu verschiedenen Jahres-
zeiten eine sehr verschiedene Physiognomie haben kann, indem ein ge-
wisser Kreislauf der sich nacheinander entwickelnden Arten stattfindet.
Eine besonders auffällige Tatsache ist das Auftreten so sehr ähn-
licher Lebensformen in scheinbar in ihren Lebensbedingungen so sehr
1) Warming 1901.
8 Einleitung
verschiedenen Vereinen, wie es etwa unser Buchenwald und die süd-
europäische und orientalische Steppe sind. In beiden finden wir in großem
Prozentsatz ausdauernde Kräuter mit nur sehr kurzer Frühjahrsentwick-
lung, die also den größten Teil des Jahres nur unterirdisch leben. In
unserem Buchenwalde sind es die weißen und gelben Anemonen (4.
nemorosa, A. ranunculoides), der Aronsstab (Arum maculatum), die
Corydallis-(Lerchensporn-)Arten u. a., deren oberirdische Teile mit dem
Beginn des Sommers bereits verschwinden. Auf der sonnendurchglühten
Steppe verhalten sich zahlreiche Pflanzen (Hyaeinthus, Muscari, Crocus,
Iris) genau ebenso. Das Gemeinsame, dem sich beide Bewohner so
verschiedener Vereine angepaßt haben, ist, daß zur Sommerhöhe beiden
das nötige Wasser fehlt. Im Buchenwalde leiden zur Trockenzeit alle
Kräuter, da die den Boden durchwurzelnden Bäume alles verfügbare
Wasser entziehen, auf der Steppe herrscht zu gleicher Zeit absoluter
Wassermangel!').
Ferner ist es leicht verständlich, daß man dieselbe Vereinsform in
sehr verschiedenen Ländern, aber mit einem ganz verschiedenen flo-
ristischen Inhalte wiederfinden kann (verschiedene „Assoziationen“
derselben „Formation“). Wiesen in Nordamerika und in Europa, oder
der tropische Wald in Afrika und der in Ostindien können dieselbe Total-
physiognomie, denselben Inhalt von Lebensformen zeigen und dieselbe
natürliche Vereinsform (Formation) sein, sind aber natürlich in den Arten
äußerst verschieden, womit kleinere physiognomische Formenunterschiede
einhergehen. Dasselbe gilt für die verschiedenen Höhenzonen der Gebirge.
Als einer der bemerkenswertesten Fälle sei hier das Vorkommen eines
unseren Heiden physiognomisch und sicher auch ökologisch sehr ähn-
lichen Vereins auf den hohen Anden Südamerikas erwähnt, an dessen
Zusammensetzung unsern Heidebewohnern in der Tracht äußerst ähn-
liche Pflanzen aus den Familien der Valerianaceae u. a. sogar der
Melastomataceae beteiligt sind. Die Sammlungen von Ule und Weber-
bauer haben sehr absonderliche Formen gebracht ?).
Es muß hinzugefügt werden, daß die verschiedenen Vereine selbst-
verständlich fast nie einander scharf abgegrenzt gegenüber stehen. Wie
es in Boden, Feuchtigkeit u. a. Lebensbedingungen die allmählichsten
Übergänge gibt, so gibt es auch solche zwischen den Pflanzenvereinen.
Hierzu kommt, daß viele Arten in sehr verschiedenen Vereinen auftreten,
Linnaea borealis z. B. wächst nicht nur in Nadelwäldern, sondern auch
in Birkenwäldern, sogar hoch über der Baumgrenze auf den Fjelden in
Norwegen, öder auf den Felsenfluren von Grönland (Warming). Es
scheint, daß verschiedene Kombinationen von Faktoren einander ersetzen
*) Graebner. 1990, 1910 c.
?) Ule 1908; Weberbauer 1911.
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Einleitung 9
und ungefähr dieselben Vereine hervorbringen können, oder jedenfalls
derselben Art in gleich hohem Grade zusagen, daß z. B. feuchtes Klima
den Waldschatten trockener Klimate oft vollständig ersetzt, oder daß
Wurzelkonkurrenz ähnliche Wirkungen wie klimatische Trockenzeiten
ausübt (vergl. S. 8).
Es ist einleuchtend, daß alle diese Umstände sehr große Schwierig-
keiten für die richtige wissenschaftliche Auffassung, die Begrenzung,
die Kennzeichnung und die Anordnung der Vereine in über- und unter-
geordnetem Grade mit sich führen, besonders auf dem gegenwärtigen
Standpunkt unserer Kenntnisse, wo wir die Lebensformen und die
Vereinsformen gerade erst zu erforschen begonnen haben, wo unendlich
viel unbekannt ist. Eine andere Schwierigkeit ist, für die mehr oder
weniger umfassenden, über- oder untergeordneten Pflanzenvereine, die
auf der Erde vorkommen und den Landschaften ganz verschiedene
Physiognomien verleihen, treffende Namen zu finden und die Bedeu-
tung der floristischen Unterschiede richtig zu würdigen.
Die Lehre von den Assoziationen und den Formationen der Erde
(die Synökologie nach Schröter) wird im 3. bis 4. Abschnitte besprochen.
D. Genetische Pflanzenökologie
Zuletzt muß der Kampf zwischen den verschiedenen Pflanzen-
vereinen besprochen werden. „Das Nebeneinander (ökologisch) verwandter
Formen ist oft nur ein Konkurrenzkampf“ oder absolute Abhängigkeit.
Dieses wird im 5. Abschnitte behandelt.
An den einzelnen Standorten wird die Entwicklungsgeschichte,
Abstammungsgeschichte und genetische Verbindung zwischen den ver-
schiedenen Vereinen eines Landes oder einer Gegend aufzuklären sein.
Namentlich amerikanische Forscher (Clements, Cowles u. a.) haben
bei der Behandlung der ökologischen Pflanzengeographie großes Gewicht
auf den Wechsel der Pflanzenvereine gelegt, auf die Folge eines nach
dem andern („Succession“). Die Beständigkeit der einzelnen Vereine ist
sehr verschieden. Während z. B. die Heide, deren Hauptbestandteil
Calluna ist, anscheinend viele Generationen hintereinander auf demselben
Gelände wachsen kann, werden manche bestandbildende Gewächse, auch
Waldbäume, schnell „bodenmüde“, d.h. an ihre Stelle müssen nach einigen
Generationen andere Arten treten. Aber auch Änderungen des Wasser-
standes, Erosionsvorgänge können starke Veränderungen bringen !!).
1) Graebner 1910 a, b.
Erster Abschnitt
Der Standort (Statio, Habitat)
Die ökologischen Faktoren und ihre Wirkungen
I. Klimatische Faktoren
1. Kap. Die Zusammensetzung der Luft
Indem wir vorläufig von der sehr wechselnden Feuchtigkeitsmenge
der Luft sowie von den verschiedenen Niederschlägen absehen, haben
wir hier nur die Gase zu behandeln und zwar namentlich die beiden, =
die in dem Pflanzenleben eine größere Rolle spielen, Sauerstoff und
Kohlensäure. Obgleich die relative Menge beider, besonders die der
Kohlensäure, je nach Ort und Zeit verschieden ist, scheinen diese Unter-
schiede doch für die Verteilung und die Form der Vegetation ganz un-
wesentlich zu sein, weil diese Gase in verhältnismäßig unbegrenzter
Menge überall vorkommen. Sogar die Luft in den Wäldern stimmt mit
der außerhalb der Wälder wesentlich überein. Wagner?!) hat die Ansicht
ausgesprochen, daß, da die Dichte der Luft mit der Höhe über dem
Meere abnimmt, die Luft in den Hochgebirgen relativ weniger Kohlen-
säure als tiefer unten enthielte; und er meint, daß die Pflanzen der
Hochgebirge deshalb einen loseren Blattbau und dadurch einen kräftigeren
Assimilationsapparat erhalten hätten, um den geringeren Kohlensäure-
zutritt aufzuwiegen. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob dieses richtig
sei. Die Kohlensäuremenge in den höheren Luftschichten ist noch sehr
strittig; während sie nach einigen mit zunehmender Höhe über dem
Meere abnimmt, fanden andere sie (z. B. auf dem Pic du Midi) gleich
der Menge an der Meeresoberfläche; die von Nansen aus den inneren
Hochländern Grönlands (ca. 2700 m) entnommenen Proben zeigten eine
eben so große oder eine etwas größere Menge als in niedrigerem
2) Wagner 1892.
1., 2. Kap. Zusammensetzung der Luft — Licht 11
Niveau!). Ferner sei darauf hingewiesen, daß Polarpflanzen aus dem
Tieflande im ganzen fast denselben Bau zu haben scheinen, wie die
Hochgebirgspflanzen derselben Species.
Von anderen Bestandteilen der Atmosphäre wirken, außer den an
die Menschenvereine gebundenen Kohlenteilchen und den aus Fabriken
und Vulkanen stammenden Ausdünstungen, wesentlich nur Salzteilchen-
in der Luft der Meeresküsten auf die Pflanzen. Die Einwirkungen
starker Rauchentwicklung in großen Städten, bei Fabrikanlagen und
Eisenbahnen sind indessen oft sehr erheblich. Sie machen sich im
wesentlichen durch das gänzliche Fehlen der Flechten und das Kränkeln
fast aller Koniferen (wohl infolge des Einflusses der schwefligen Säure)
bemerkbar ’?).
Das letztgenannte Gas wirkt auch in geringen Mengen außer-
ordentlich schädlich?); so fand Morren, daß sich die charakteristischen
Vergiftungserscheinungen an den Blättern bereits zeigten, wenn die
Luft nur !/so000 ihres Volumens an schwefliger Säure enthielt, ja nach
Schröder wirkt schon "/ıo0oo000 schädlich, sobald die Einwirkung längere
Zeit dauert. Auch Leuchtgas wirkt auf die Dauer selbst in ganz ge-
ringen Mengen schädlich.
Der Salzgehalt der Luft wird an den Meeresküsten oft mit für das
Zurückweichen des Baumwuchses hinter die Außenstreifen verantwort-
lich gemacht (vergl. Luftbewegungen; Kap. 5).
Wohl die einschneidendste pflanzengeographische Wirkung der Luft-
zusammensetzung ist im Wasser zu finden. Der Artenreichtum und auch
die produzierte Stoffmenge hängt zweifellos im wesentlichen mit dem
großen oder geringen Sauerstoffgehalt des Wassers zusammen, je sauer-
stoffreicher das Wasser ist, desto lebhafter die Vegetation®). Saure Ge-
wässer oder solche, die zeitweise durch die Sonne usw. stark erwärmt
werden, dann auch die armen (und zugleich sauren) Gewässer der
Heide resp. der Hochmoore, sind oft sehr sauerstoff- und daher auch
vegetationsarm. Über das Wasser als Standort vergl. II.
2. Kap. Licht
Die Bedeutung des Lichtes für die Vegetation ist sehr groß; es ist
ein ausgeprägter geographischer Faktor, dessen Stärke nach Jahreszeit,
geographischer Breite und Höhe über dem Meere verschieden ist. Es
ist für die Lebensformen und die Vereine nicht minder wichtig als für
1) Vergl. Palmquist.
2) Sorauer 1909; Haselhoff u. Lindau 1903.
®) Morren 1866; Schröder 1872.
*) Vergl. auch Correns 1892; Buchenau; Focke.
12 Standort (ökologische Faktoren)
deren lokale Verteilung. Nach Wiesner hat das direkte Sonnenlicht
(außer in den polaren und den alpinen Gegenden) weniger Bedeutung
als das zerstreute Licht!). Die Veränderungen der Lichtstärke und der
Beleuchtungsdauer haben einen wesentlichen Einfluß.
Erstere wird meist durch ihre Einwirkung auf Silbersalze usw.
gemessen, wobei allerdings zu beachten ist, daß diese gerade durch die
violetten und ultravioletten Strahlen am stärksten verändert werden,
während die auf das menschliche Auge und für die Assimilation be-
sonders wirksamen gelben und roten Strahlen die Platte wenig
schwärzen?).
Der von K. J. V. Steenstrup?) konstruierte Lichtmesser besteht aus
einer Glasröhre, in welcher lichtempfindliches photographisches Papier
unter dünnem Pauspapier angebracht worden ist. Das Pauspapier wird
in gleichbreite (20 mm), aber ungleichlange (bis 20 cm die längsten)
Streifen geschnitten; diese Streifen werden übereinander gelegt, stufen-
weise geordnet, so daß das Ganze successive dicker wird, mehr
Schichten umfaßt; am dicken Ende werden sie durch Gummi vereinigt.
Unter diesem Paket von Papierstreifen wird das lichtempfindliche Papier
dem Lichte ausgesetzt. Je stärker das Licht, durch desto mehr Schichten
vermag es zu dringen und desto größere Abschnitte vom Papier zu
schwärzen. Auf dem Papier kann man also die ganze Wirkung des
Lichtes z. B. während eines ganzen Tages ablesen und mit anderen
Tagen oder Tageszeiten vergleichen. Das Instrument läßt sich überall
im Freien anbringen, selbst ins Wasser versenken. Fie. 1, 2.
Bunsen und Roscoe stellten einen Normalton (1 Teil Lampenruß
auf 1000 Teile Zinkoxyd) und ein lichtempfindliches Normalpapier her.
Als Einheit, 1,000 resp. 1000, wurde die Lichtmenge genommen, die das
Normalpapier in 1 Sekunde auf den Normalton färbte. Die Zahlen der
zu messenden Lichtintensität ergaben sich durch den Bruch, der durch
den Normalton 1 dividiert durch die Zahl der Sekunden bis er erreicht
wurde, entsteht; braucht das Papier also 3 Sekunden, so ist der Bruch
'/; = 333. — Wiesner hat nun diese Methode für die Abmessung des
wirklichen Lichtgenusses einer Pflanze am Standort verwertet. Er maß
zunächst das Gesamtlicht im Freien und dann das der Pflanze wirklich
zukommende Licht (im Schatten usw.) und dividierte dann den ersten
Wert I durch den zweiten 1, wodurch die relative Menge sich ergab.
Durch zahlreiche Versuche kommt Wiesner zu dem Resultat, daß,
je wärmer die Jahreszeit ist, desto niedriger das Minimum des relativen
‘) Unter den neueren Arbeiten über die Liehtwirkung auf die Pflanzen haben
wegen ihres umfassenden Materials keine die Bedeutung der von Wiesner 1876 (a),
1876 (b), 1893, 1895 (b), 1898, 1900, 1904, 1905, 1907.
?) Wiesner a.a. 0.
®, K. J. V. Steenstrup 1901.
eK ln u > a dm = Zn nu
2. Kap. Licht 13
und absoluten Lichtgenusses für eine Pflanze liegt; je kälter es also
ist, desto mehr bedeutet das wirksame Licht einen Wärmegewinn. Je
mehr wir uns also den Polen und den Gipfeln hoher Gebirge nähern,
BR
Fig. 2. Lichtmessungen mit Steenstrups
Apparat; das Licht, welches das linke
Papier färbte war um ?/, stärker als das
des rechten. Links ist die Schicht XX
Fig. 1. genau so stark gefärbt wie rechts die
Steenstrups Lichtmesser. Schicht XV.
desto mehr muß sich das Lichtbedürfnis der Pflanzen steigern, besonders
natürlich in den im Sommer so lange belichteten hohen Breiten. So
fand Wiesner, daß das Lichtbedürfnis bei Betula nana sich in der Nähe
14 Standort (ökologische Faktoren)
der Nordgrenze ihres Verbreitungsgebietes nicht langsam, sondern rapid
steigert, die Pflanzen werden in ihrem Lichtbedürfnis immer weniger
plastisch. Vergleicht man die Tageslichtsummen an der Adventsbay auf
Spitzbergen zu Anfang August mit der von Wien Anfang Februar oder
Anfang November, also zu Zeiten, wo an beiden Orten die Sonne etwa
gleich hoch steht, so ist die Gesamtsumme des Tageslichts an der Ad-
ventsbay 2,5 mal so groß als in Wien!').
Rübel?) hat in seiner vortrefflichen Monographie des Bernina-
gebietes auch alle klimatischen Faktoren gemessen und gibt umfang-
reiche Tabellen. Namentlich während der Wintermonate ist die Gesamt-
lichtmenge in den Höhen sehr groß; gegen Wien, wo sie von Dezember
bis Februar etwa 2081 beträgt, maß er auf dem Bernina-Hospiz 5724
(darunter 1440 Lichtsumme des direkten Lichtes), ein Beweis für die
starke Wirkung der Insolation der Höhe. Nach Niederschlägen ist die
Intensität des Lichtes höher als nach einer Reihe von T’agen mit schönem
Wetter. Je höher man steigt, desto erheblicher ist der Unterschied an
verschieden geneigten Abhängen, besonders natürlich zwischen Süd
und Nord.
Das Licht hat Bedeutung: 1. Für die Ernährung. Ohne Licht
keine Chlorophylibildung und daher keine Kohlensäure-Assimilation, kein
Leben auf der Erde. Von einem gewissen (nach den Arten verschiedenen)
Minimum ab wächst die Assimilation mit wachsender Lichtstärke, bis
ein Optimum erreicht wird. Zu starkes Licht wirkt schädlich ®).
2. Durch die Erzeugung von Wärme. Jede der starken Sonnen-
beleuchtung ausgesetzte Pflanze hat eine erheblich höhere Temperatur
als die umgebende Luft, während beschattete Teile durch die Strahlung
und die Verdunstungskühle kühler werden als die Luft. 3. Für die
Transpiration, indem ein Teil der Lichtstrahlen in der Pflanze in
Wärme umgesetzt wird, die die Transpiration befördert. Auch hier muß
sicher ein gewisses Optimum angenommen werden, dessen Lage gleich-
falls nach den Arten verschieden ist und meist nicht mit dem Optimum
für die Ernährung zusammenfällt®). Gegen zu starke Verdunstung richtet
sich die Pflanze in verschiedener Weise. 4. Durch die Beeinflussung
des Wachstums und der Bewegungserscheinungen. Die Lage
der Laubblätter und fast alle anderen Lebenserscheinungen und Lebens-
prozesse werden durch das Licht beeinflußt, wobei wieder die Zusammen-
setzung des Lichtes je nach der Menge der vorhandenen kurz- und
langwelligen Strahlen von großer Wichtigkeit ist (vorwiegend bedeckter,
?) Wiesner a.a.O.; Engler 1914; Kluyver 1913.
2) Rübel 1912.
®) Wiesner 1876 b und anderswo.
*, Sachs 1865.
2. Kap. Lieht 15
klarer usw. Himmel)!). 5. Bedeutung des Lichtes für die Ver-
teilung der Pflanzen. Von der Erdoberfläche, im großen betrachtet,
ist kaum ein Teil wegen unzureichenden Lichtes davon ausgeschlossen,
Pflanzen zu tragen; denn obgleich das Licht zu gewissen Jahreszeiten
zu schwach sein kann (z. B. in der Polarnacht), wird es zu anderen
Zeiten stark genug sein, um Leben hervorzurufen. Gehen wir jedoch
in die Tiefe, sowohl in der Erde als im Wasser, so hört das ans Licht
gebundene Leben bald auf, und nur einige der am niedrigsten stehenden
Pflanzen gehen tief hinab.
Die Lichtstärke hat für die Verteilung der Arten und für den
Individuenreichtum der Vereine eine große Bedeutung. Bei ungenügender
Beleuchtung gedeihen die Pflanzen schlecht, verkümmern oder sterben.
Bekannt ist der Unterschied zwischen Licht- und Schattenpflanzen,
z. B. in Wäldern?). Stebler und Volkart?) haben in der Schweiz ver-
gleichende Messungen der Intensität des Lichtes unter Bäumen gemacht,
ebenso Untersuchungen über das für Wiesenpflanzen erforderliche Licht.
Danach teilen die beiden Forscher die Pflanzen in lichtbedürftige, licht-
liebende, indifferente, lichtmeidende und lichtfürchtende Arten ein. Je
nach diesen Eigentümlichkeiten ist die Verteilung der Arten an den ver-
schiedenen Standorten wechselnd. In den Polarländern ruft sicher be-
sonders die Beschaffenheit der Wolkendecke (die Anzahl der Sonnentage
und die Häufigkeit von Wolken und Nebeln) den von vielen Reisenden
erwähnten Gegensatz zwischen der reichen Flora und Vegetation im
Inneren der Fjorde und der dürftigen draußen an den äußersten Küsten
sowie auf den Inseln des Schärengebietes hervor®).
Hesselman°) zeigt den großen Unterschied in der Vegetation in
höheren Breiten selbst an sanftgeneigten Abhängen. Während ein Ab-
hang nach Süden noch niedrigen Wald tragen kann, kann der sonst
ganz gleichartige danebenliegende, der nach Norden geneigt ist, typische
Tundravegetation besitzen.
Daß Lichtstärke und Lichtfarbe bei der Verteilung der Wasser-
pflanzen in der Tiefe eine Rolle spielen, wird bei der Wasserpflanzen-
vegetation behandelt werden (III).
Die Entwicklung der Pflanzen hängt nicht nur von der Licht-
stärke, sondern auch von der Dauer der Beleuchtung ab. Wie stark
1) Wiesner 1894 e; Kissling 1895; Sachs 1865; Graebner 1910, 8. 186 ff. u. a.
Leonh. Weber 1893.
2) Hesselman 1904.
®) Stebler und Volkhart 1904.
*) Vergl. z. B. Nathorst 1883 über Spitzbergen, Hartz 1895 über Ostgrönland.
5) Hesselman 1905.
16 Standort (ökologische Faktoren)
dieser Einfluß ist, beweisen Versuche, die Kjellman!) in Nordsibirien
an Cochlearia fenestrata anstellte, indem er 5 Wochen lang einen Teil |
der Keimpflanzen der vollen Tagesbeleuchtung aussetzte, einen andern |
Teil aber nur 12 Stunden belichtete, während der übrigen Zeit künst-
lich verdunkelte. Es ergab sich als Resultat, daß die während der
ganzen Zeit belichteten doppelt soviel wogen als die übrigen. — Auf
der andern Seite hat Bonnier?) die Wirkungen der Dauerbestrahlung
bei elektrischem Lichte untersucht; er fand u. a. einen viel größeren
Reichtum an Chlorophyll; in der Innenrinde, in den Markstrahlen und
im Mark selbst, wo doch sonst kein Blattgrün gebildet zu werden pflegt,
fand sich solches vor. Wenn sich die Gerste in Finnland oder im
nördlichen Norwegen in 89 Tagen, von dem Tage der Aussaat gerechnet,
zur Reife entwickeln kann,. aber in Schonen zu derselben Arbeit 100 Tage
braucht, trotz der höheren Wärme und des stärkeren Lichtes, so muß |
der Grund teilweise der sein, daß dort die lange Beleuchtung die
Stoffbildung befördert. Die periodischen Lebensäußerungen der Pflanze |
treten im Norden im Sommer wegen der längeren Beleuchtungszeit
viel schneller ein, als im Frühjahr. Nach Arnell vergehen, damit
das Blühen der Pflanzen von Schonen aus einen Breitegrad nördlich
fortschreite, im April 4,3 Tage, im Mai 2,3 Tage, im Juni 1,5 und im
Juli 0,5 Tage. ? en
Theoretisch ist doch am Äquator das Licht über das ganze Jahr
gleichmäßig (12 Stunden Tag und 12 Stunden Nacht) verteilt, während
nach den Polen die Tageslänge im Sommer immer mehr zunimmt, so daß ö
an den Polen selbst 6 Monate Tag (in Wirklichkeit natürlich mehr) und i
6 Monate Nacht wären. Zwischen beiden Extremen würde sich die
Belichtung etwa folgendermaßen verteilen ®):
3
f
dm Er a a u 2 5
Breite längster Tag kürzester Tag
30° 13 Stunden 56 Minnten 10 Stunden 4 Minuten
40° Hi... 0 0.5 9. 000
50° 6 _ gr 7’:„ di 2
60° 18 ” 30 5 5 > 30
66'/2° 24 ) RT ” 0 » 0 ” |
Schübeler *) zog aus der Entwicklungsbeschleunigung von Kultur-
pflanzen (Getreide usw.), die.aus dem Süden nach Christiania ‚gebracht
waren, den Schluß, daß die Pflanzen Veränderungen („Naturgesetzen“)
‘) Kjellman 1884.
2) Bonnier 1894.
®) Schimper 1898; Graebner 1910 ce.
*) Schübeler 1886—88.
17
Licht
2. Kap.
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a
3. Auflage, illustr.
Warming-Graebner.
18 Standort (ökologische Faktoren)
unterworfen seien, die direkte Anpassungserscheinungen wären. Wille?)
weist nun aber darauf hin, daß Schübeler seine Versuche zufällig in
einigen besonders warmen Sommern gemacht.hat und daß derselbe auch
die Intensität und Länge der Belichtung, sowie deren Wirkung nicht
berechnen konnte.
Arnold Engler?) hat im Gegensatze zu den Annahmen Schübelers
nachgewiesen, daß die Eigenschaften gewisser Formen von Nadelbäumen
(Pinus silvestris usw.) aus höheren oder niederen Gebirgslagen sich in
der Nachkommenschaft oft außerordentlich lange erhalten, wenn sie nicht
durch Bastardierung verwischt werden. Dieselbe Erfahrung, sehr mangel-
hafte Anpassung an unsere klimatischen Verhältnisse, haben unsere
Forstleute mit der Einführung fremder Gehölzsamen unserer heimischen
Arten gemacht.
Belaubung und Blühen hängen von der Lichtstärke ab. Die gegen
die Lichtquelle gewandte Seite eines Baumes belaubt sich oft vor der
abgewandten: man kann sich brasilianische F%cus-Bäume auf der Nord-
seite belauben sehen, während die Südseite noch blattlos ist°); die
Rasen von Sdene acaulis sind in den arktischen Ländern oft auf der
Südseite mit Blüten geschmückt, die zugleich südlich gerichtet sind,
während die Nordseite blütenlos ist*). Der Unterschied zwischen Nord-
und Südseiten der Eisenbahndämme beruht auch auf der Verschiedenheit
der Lichtstärke und derjenigen ökologischen Faktoren, welche damit
in Verbindung stehen (Erwärmung, Trockenheit des Bodens).
Die Pflanzenformen werden von der Lichtstärke und der Licht-
richtung in hohem Grade beeinflußt.
Die Wirkungen des zu schwachen Lichtes sieht man nicht nur
bei den Erscheinungen der Etiolierung, die eigentlich nur Krankheits-
zustände sind, sondern auch bei den gesunden, normalen Individuen.
Hierfür können die Waldbäume vorzügliche Beispiele liefern.
Erstens hängt die Lebenszeit der Zweige teilweise von der Licht-
stärke ab. Der Schatten der jüngeren Zweige behindert die Assimilations-
arbeit in den Blättern der älteren, und macht dadurch an denselben die
normale Entwicklung der Knospen und das Ausreifen des Holzes un-
möglich, welches dann wenig widerstandsfähig gegen Fröste ist. Die
Zweige sterben ab, werden spröde und brechen infolge von Stürmen
und ihrer Schwere zuletzt ab; wegen jener Behinderung sind Bäume
und Sträucher in ihrem Inneren blattlos.. Eine freistehende Fichte ist
1) Wille 1905, 1913.
?) Arnold Engler 1913,
®) Warming. 1892.
*) Rosenvinge 1889—90; Stefänsson 1894; Hartz u. Kruuse 1911; vergl. Fig. 3.
2. Kap. Licht 19
kegelförmig und trägt von oben bis unten Äste, während die in einem
dichten Walde stehende wegen des Beleuchtungsunterschiedes nur eine
kleine grüne Krone hat und im übrigen astlos oder mit blattlosen toten
Ästen bedeckt ist; freistehende Laubbäume, wie Rotbuche Eiche u. a.,
haben eine volle eiförmige Krone, aber die in dichtem Bestande
wachsenden eine kleine Krone mit aufwärts gerichteten Ästen!) (Fig. 4).
Zweitens spielt das Verhältnis zum Lichte bei den Kämpfen der
Bäume untereinander eine wichtige Rolle, wenn sie in Gesellschaft
wachsen. Die Waldbäume können in solche eingeteilt werden, die
Ei ZWRE SHARM I! 5
Fig. 4. Buchen. Links freistehendes Exemplar, in der Mitie ein solches
- vom Waldrande, das rechte mitten im Walde gewachsen.
(Nach Vaupell; Warming-Johanssen.)
a) viel Licht fordern und nur wenig Schatten ertragen
(Lichtbäume) und in solche, die
b) sich umgekehrt mit weniger Licht begnügen und mehr
Schatten ertragen können (Schattenbäume).
Die Gründe für diese Verschiedenheiten müssen zunächst in den
spezifischen Eigentümlichkeiten des Chlorophylis gesucht werden, dann
in der verschiedenen Architektonik der Arten (Sproßbau, Blattstellung,
Blattform). Ordnet man unsere nordeuropäischen Waldbäume nach dem
Lichtbedürfnis, welches sie zeigen, wenn sie als gleichaltrige Bäume
miteinander kämpfen, und stellt man die, die am meisten Licht bedürfen,
voran, so erhält man ungefähr folgende Reihen:
!) Vergl. Vaupell 1863; Boysen Jensen 1910.
9#
20 Standort (ökologische Faktoren)
1. Lärche, Birke, Zitterpappel, Schwarzerle.
2. Pinus silvestris, P. strobus, Esche, Eiche, Ulme, Acer Pe
platanus.
3, Pinus montana, Fichte, Linde, Weißbuche, Rotbuche, Weiß-
tanne.
Bemerkenswert und biologisch wichtig ist es, daß fast alle Bäume
in ihrer ersten Jugend mehr Schatten ertragen können als später. Diese
Eigenschaft ist deshalb besonders wichtig, weil sie die Gehölze befähigt,
als „Unterholz“ lange im Schatten ihrer Erzeuger zu gedeihen, so dab
sie bei deren Absterben sofort an ihre Stelle treten können. Ferner sei
bemerkt, daß die Fähigkeit, Schatten zu ertragen, von der Fruchtbarkeit
und dem Luftgehalt des Bodens beeinflußt wird.
77.
ID:
0.9 BAR N
0.8
0.7 S
0.6
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0.2 N
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3:30 LE I DM REITER IOTHNR
Vorm. M. Nachm.
Fig. 5. Stündliche Lichtintensität. Aölantus. Obere Kurve außerhalb,
untere innerhalb der Krone (Juni). (Nach Zon und Graves.)
Wiesner. berechnete z. B. Ende März die Gesamtintensität des
Lichtes an einem sonnigen Tage in der Nähe von Wien auf 0,712,
100 Schritt vom Rande eines noch unbelaubten Waldes 0,355, die im
Baumschatten 0,166. An einem anderen Tage betrug bei einer Gesamt-
intensität von 0,666 die im Schatten einer 8m hohen fast bis unten
beästeten Fichte nur noch 0,021. Bei einer Gesamtintensität von 0,5
(Mai) maß er an Kronen von Roßkastanien 0,07, im Schatten des dichten
Bestandes nur 0,017, also nur !/as der Gesamtintensität. Lichtintensitäts-
kurven an den Baumkronen geben Zon und Graves!) (Fig. 5, 6).
Je nach der Stellung der Blätter und Zweige der Bäume wird das
den Erdboden erreichende Licht im wesentlichen nur geschwächt, oder
es wird stark gebrochen resp. zersetzt (starke ‚Vernichtung der kurz-
welligen Strahlen s. S. 12), letzteres z. B. im Buchenwald, dessen
ı) Zon und Graves 1911.
2. Kap. Licht 21
belaubte Kronen nur wenig direkte Strahlen durchlassen wegen der in-
einander fahrenden Zweige. Die Eigentümlichkeit so vieler Waldboden-
pflanzen, daß sie blaugrüne bis bläuliche oder bläulich schillernde Blätter
besitzen, dürfte als Einrichtung eines Farbenfilters in dem an kurz-
welligen Strahlen armen Licht zu deuten sein').
IR
11 AN
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0.9 / \
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r-+- + en zu
2:67 28 N 21.232307.
Vorm. M. Nachm.
Fig. 6. Stündliche Lichtintensität. Bobinia pseudacacia. Obere Kurve außerhalb,
mittlere innerhalb einer lichten, untere innerhalb einer dichten Krone.
(Nach Zon und Graves.)
Fe
Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenpflanzen
Zwischen sonnenliebenden und schattenliebenden (heliophilen [resp.
photophilen] und heliophoben [resp. sciophilen]) Pflanzen bestehen große
Unterschiede, sowohl in der äußeren Form als im anatomischen Bau.
1. Starkes Licht hemmt das Wachstum des Sprosses; daher
sind die Sonnenpflanzen oft kurzgliedrig und kompakt, die Schatten-
pflanzen gestrecktgliedrig; die Waldbodenarten sind zum großen Teil
hohe und langstengelige Arten. Die Blätter der Sonnenpflanzen sind
oft klein, schmal, linealisch oder von ähnlicher Form, aber die der
Schattenpflanzen unter denselben Verhältnissen groß und breit, sowie
im Verhältnis zur Länge relativ breiter?); die Blätter von Maianthemum
bifolium erreichen in der Sonne kaum !/; der Größe, die sie im Schatten
erlangen’), ebenso die Blättchen von Asplenum trichomanes u. a.
(Fig. 7).
Die Blätter vieler Arten (bes. Kulturpflanzen) werden in nördlichen
Gegenden größer als unter geringerer Breite, und dieses ist vermutlich
2) Graebner 1910.
2) Warming 1901.
®) Kissling 1895; Warming 1901.
22 Standort (ökologische Faktoren)
der langen Dauer des schwächeren Lichtes zuzuschreiben. So ver-
schwinden in den Gärten der Westküste Norwegens z. B. die Blüten
von Tropaeolum majus fast ganz unter der Masse der großen Laub-
blätter ?).
9. Intensives Licht zersetzt das Chlorophyll. Um das
letztere vor Zerstörung zu schützen, finden sich mannigfache Einrich-
tungen an den Pflanzen, die als Schutzmittel gedeutet werden?), SO Z. B.
a) Die Blätter der Sonnenpflanzen sind oft gefaltet (Gräser, Palmen, -
Pandanus u. a.), oder kraus und buckelig (Myrtus bullata), während :
Fig. 7. Blätter von Asplenum trichomanes, links in der Sonne,
rechts im Schatten gewachsen. (Nach Lämmermayr.)
die der Schattenpflanzen flach und glatt sind; die trockenen und heißen
Gegenden Westindiens bieten hierfür viele Beispiele ?). en
b) Die Richtung der Blätter ist verschieden. Die Blätter
können durch kleine Unterschiede der Beleuchtung beeinflußt werden
und danach die besten Richtungsverhältnisse wählen. Die Blätter der
Lichtpflanzen stehen oft steil aufwärts oder sogar fast senkrecht
(z.B. Lactuca scariola Fig. 8, 9 an sonnigen Stellen und andere Kompaß-
*) Bonnier u. Flahault 1878, Schübeler 1886—88, Graebner 1902 und andere.
2) Wiesner 1876, b.
®) Johow 1884.
2. Kap. Licht : 23
pflanzen)?), oder sie hängen hinab namentlich in der Jugend (Mangifera
Indica u. a. Tropenpflanzen), während die der Schattenpflanzen wage-
recht ausgebreitet sind, was wir z. B. bei den Dikotylen unserer Buchen-
wälder sehen. Bei den Sonnenpflanzen treffen die Sonnenstrahlen oft
die Blätter unter spitzen Winkeln und kommen daher nicht zur vollen
Wirkung, während das gedämpfte Licht der Wälder die Blätter der
Schattenpflanzen unter rechtem Winkel trifft. Oft wird bei den dikotylen
Schattenpflanzen Blattmosaik?) gebildet, indem sich große und kleine
Blätter, ihre Zwischenräume ausnutzend, zusammenfügen (Fagus,
Trapa usw., dann Trientalis, Mercurialis und eine Reihe anderer
Waldbodenpflanzen). Bei Pflanzen mit nadelförmigen und linealischen
Fig. 8. Coccoloba wvifera; verkleinert. Dänisch-Westindien.
(E. Warming gez.)
Blättern, wie Juniperus und Calluna, besteht ein großer Unterschied
zwischen Sonnen- und Schattenpflanzen: jene haben aufrechte und an-
gedrückte, diese abstehende Blätter; jene haben bleibende Profilstellung,
diese haben Flächenstellung; diese Stellungsverhältnisse müssen sie als
junge, noch wachsende Pflanzen erwerben.
c) Hier sei auch an die photometrischen Bewegungen er-
innert, die die Blätter vieler Pflanzen bei Lichtwechsel zeigen: in starkem
(und in viele kurzwellige Strahlen enthaltendem) Licht erhalten die Blätter
Profilstellung, in schwächerem (und solchem mit vorwiegend langwelligen
Strahlen) Flächenstellung (vergl. 2. Abschn., 27. Kap.).
2) Stahl 1881, 1883. (Vergl. Fig. 8, 9.)
2) Kerner 1887; Warming 1901 mit mehreren Abbildungen. (Vergl. Fig. 10, 11.)
24 Standort (ökologische Faktoren)
Wiesner!) teilt die Blätter je nach ihrem Bau und ihrer Stellung ein in:
a) aphotometrische, die keine deutlichen Beziehungen zu dem
einfallenden Lichte zeigen, z. B. die Nadeln der Kiefer;
Fig. 9. Kompaßpflanze, Lactuca scariola; links von Osten oder Westen,
rechts fast von Süden oder Norden gesehen. (Z. T. nach A. Schmeil.)
b) photometrische, die deutliche Beziehungen zum einfallenden
Lichte zeigen; r
c) euphotometrische, die so gestellt sind, daß sie in der zweck-
mäßigsten Weise jeden Lichtstrahl ausnutzen, wie es z.B. de
1) Wiesner 1907.
2. Kap. Licht 95
meisten Waldschattenpflanzen zeigen (vergl. auch oben Blatt-
mosaik);
d) panphotometrische, die ihre Stellung je nach der Stärke und
der Richtung des einfallenden Lichtes verändern können.
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Fig. 11. Blattmosaik von G@eum urbanum. (Nach der Natur.)
Albrecht kommt zu dem Resultat, daß neben der Epidermis der
Blattunterseite die Oberseite in den meisten Fällen fähig ist, die Ein-
stellungsbewegung des Blattes zu beeinflussen. Höher entwickelte Licht-
sinnesorgane, wie sie Haberlandt für tropische Pflanzen beschreibt, sind
in den gemäßigten Zonen sehr selten).
2!) Albrecht 1908; vergl. Haberlandt 1905.
26 Standort (ökologische Faktoren)
Der anatomische Blattbau ist bei Sonnen- und Schattenblättern
nicht wenig verschieden. Die Sonnenblätter sind oft isolateral, wenn
sie nämlich steil aufrechte Stellung haben, so daß sie auf beiden Seiten
stark beleuchtet werden; Schattenblätter sind durchgehends dorsi-
ventral!). Die Sonnenblätter haben ein hohes Palisadengewebe, in dem
entweder die Palisadenzellen selbst hoch sind, oder indem es mehr-
schichtig ist, oder indem beide Verhältnisse auftreten (blattarme oder
blattlose Stengel haben gleichfalls ein hohes Palisadengewebe rings um
den Stengel); die Schattenblätter haben ein niedrigeres oder kaum aus-
geprägtes Palisadengewebe (Fig. 15, 16). Die Palisadenzellen sind oft zur
Oberfläche schräg gerichtet, dies scheint mit der Richtung der einfallenden
Lichtstrahlen zusammenzuhängen ?). Umgekehrt ist das Schwammparen-
chym in den Schattenblättern relativ mächtiger als in den Sonnenblättern.
Die Sonnenblätter sind dicker als die Schattenblätter; die ausgeprägtesten
Schattenpflanzen haben in ihren Blättern nur eine Zellschicht (Hymeno-
phyllaceae, Fig. 12). Das Sonnenblatt hat zwischen den Zellen kleine,
0... DIBE
Fig. 12. Querschnitt durch ein Blattstück von Hymenophyllum.
(Nach Ladebeck.)
das Schattenblatt große Lufträume (Fig. 15). Die Sonnenblätter atmen
intensiver als die Schattenblätter derselben Art und assimilieren stärker.
Die Epidermis ist beim Sonnenblatt dick (Fig. 15), hat meist
kein Chlorophyll (jedenfalls auf der Blattoberseite)°), ist bisweilen durch
Querteilung zu einem mehrschichtigen Wassergewebe umgebildet (Fieus
elastica u. v. a. Tropenpflanzen), und ihre Kutikula oder ihre Kutikular-
schichten sind dick. Die Epidermis des Schattenblattes ist dünn, ein-
schichtig, führt bisweilen Chlorophyll, und ihre Kutikula ist dünn- Das
Sonnenblatt ist daher oft stark glänzend, reflektiert viel Licht, wofür
besonders die Tropen viele Beispiele aufweisen*); das Schattenblatt ist
glanzlos und welkt weit leichter als das Sonnenblatt, wenn es trockener
Luft ausgesetzt wird. Die Epidermiszellen haben bei den Sonnenblättern
minder wellige Seitenwände (sowohl auf der Oberseite als auf der Unter-
seite eines Blattes) als_bei den-Schattenblättern. Spaltöffnungen finden
sich gewöhnlich nur auf der Unterseite von dorsiventralen Sonnenblättern,
oder hier zahlreicher als auf der Oberseite (Ausnahme gewisse Alpen-
") Heinricher 1884.
°) Pick 1881; Johow 1884; Heinricher 1884; Haberlandt 1886; Warming 1897.
8) Stöhr 1870.
*#) Volkens 1890.
2. Kap. Licht 97
pflanzen), und sind oft unter das Niveau der Oberfläche eingesenkt;
beim Schattenblatt liegen sie auf beiden Seiten, im ganzen wohl auf
der Unterseite zahlreicher, und im Niveau oder über dem Niveau der
Oberfläche. Viele tropische Schattenpflanzen haben sammetartige Blätter,
welche mit lichtbrechenden Papillen besetzt sind, die dazu dienen, die
schrägeinfallenden Strahlen zu sammeln!) (Fig. 13, 14).
Verholzte Teile sind bei Sonnenpflanzen viel allgemeiner als bei
Schattenpflanzen, z. B. ist Dornbildung häufiger. Die Sonnenblätter sind
teils deshalb, teils wegen der Dicke, teils wegen der Beschaffenheit der
Epidermis oft steif und lederartig; die Schattenblätter sind dünn und,
wenn groß, schlaff (viele unserer Waldbodenpflanzen, z. B. Corydallis-
und Oircaea-Arten, Lappa nemorosa, Lactuca muralis, Oxalis acetosella,
viele Farne, in den Tropen besonders Hymenophyllaceae, Moose u. a.).
Die Behaarung ist verschieden. Die Sonnenblätter haben oft
eine dicke Bekleidung von Deckhaaren, sind graufilzig, silberglänzend
Fig. 13. Vorkeim des Leuchtmooses Schistostega mit den lichtreflektierenden
Zellen. (Nach Migula.)
oder in anderer Weise behaart, besonders auf der Unterseite (viele
Felsen-, Heide- und Steppenpflanzen); die Schattenblätter sind durch-
gehends weit kahler, oft ganz kahl.
In der Empfindlichkeit des Chlorophylls gegen das Licht
bestehen wahrscheinlich große Unterschiede, indem das der Schatten-
blätter mutmaßlich empfindlicher ist, als das der Sonnenpflanzen, und
daher das schwächere Licht besser ausnutzen kann; hiermit stimmt gut
überein, daß der Alkoholauszug des Chlorophylis von Farnblättern im
Lichte sehr leicht gebleicht wird (Gautier).
Über die Bedeutung des Lichtes für die Färbung der Pflanzen
kann außer seiner Rolle bei der Chlorophylibildung angeführt werden,
daß es auch die Bildung von rotem Zellsaft (Anthocyan oder Ery-
throphyll) hervorrufen kann: kahle Pflanzenteile, die dem Lichte aus-
gesetzt sind, erhalten nicht selten rotgefärbte Epidermiszellen, was ver-
mutlich dem darunterliegenden Protoplasma und Chlorophyll zum Schutze
dient. Bei vielen jungen Sprossen, Keimpflanzen, arktischen und Hoch-
gebirgspflanzen?) u.a. hat die Rotfärbung sicher andere Ursachen und
!) Stahl 1896; Haberlandt 1905.
2) Wulf 1902; Kemer 1887.
28 Standort (ökologische Faktoren)
darf wohl als Kälteschutz angesehen werden; der rote Farbstoff ermög-
licht eine Speicherung der Wärme, die den jungen Sprossen in kalten
Lagen oder zu kühler Jahreszeit zugute kommt (Engelmann, Wille u. a.)?).
BT
Be
Fig. 14. Lichtsinnesorgane. Epidermiszellen, A von Ruellia Daveauana,
B von Anthurium leueoneurum, C von Campanula persieifolia, D von Pelraa
volubilis (mit aufsitzender Linsenzelle), E von Fittonia Verschaffeltii (mit Linsen
zellen, Ocellen), F' dieselbe Epidermis von der Oberfläche gesehen. E
(Nach Haberlandt.)
Ferner wird angeführt, daß die Farben von Blättern, Blüten und
Früchten unter hohen Breiten tiefer werden?), was der fast ununter-
Rn Stahl 1896; Overton 1899; Buscalioni u. Pollacei 1903; Jönsson 1903.
2) Bonnier und Flahault 1894; Schübeler 1886.
2. Kap. Licht 29
brochenen Beleuchtung zugeschrieben werden müßte. Eine Reihe von
Sonnenpflanzen besitzt in der Natur die dunkel- bis schwarzrote Fär-
bung unserer Blutbuchen, -haseln usw. (Myrtus bullata, Perilla Nan-
kinensis, Prunus Pissartit usw.)?).
Die im vorhergehenden besprochenen Verhältnisse werden in den
folgenden Abschnitten (bes. 2.) näher behandelt werden.
Daß das Licht für die äußeren und die inneren Formenverhält-
nisse der Pflanzen eine große Bedeutung hat, ist also sicher. Dieses
geht, außer aus dem hier in allgemeinen Zügen angeführteu, auch daraus
Sonne
Fig. 16. Querschnitt durch
Erdbeerblätter (Fragaria).
A Blatt in der Sonne, B Blatt
im Schatten gewachsen.
a und d Epidermis der Ober-
und Unterseite; 5b Pallisaden-
Fig. 15. Buchenblätter; unten in der Sonne, oben parenchym; e Schwammparen-
im Schatten gewachsen. (Nach Zon u. Graves.) chym. (Nach Dufour.)
hervor, daß viele (vielleicht die meisten) Pflanzen ihren anatomischen
Bau, besonders den der Blätter, nach der Stärke der Beleuchtung
einrichten können („plastische“ Blätter). Ein Buchenblatt in der Sonne
z. B. ist anders gebaut als ein solches im Schatten?) (Fig. 15—17).
Vöchting?) zeigte, daß bei schwachem Lichte resp. im Dunkeln blatt-
förmige Kakteenstengel (Phyllocactus usw.) allmählich unter Änderung
ihrer Blattstellung in stielrundliche übergehen. Über die Abhängigkeit
des Wachstums von Gehölzen, und zwar sowohl an den Stengeln wie
an den Blättern je nach der Lichtintensität, nach der Lichtzusammen-
!) Über Anthocyan siehe Pick, Kny, Myoshi 1909.
?2) Stahl 1880, 1883; Hesselman 1904; Woodhead 1906.
®) Vöchting 1894; vergl. auch Göbel 1889—91.
30 Standort (ökologische Faktoren)
setzung, ob direktes oder verschiedenartig reflektiertes Licht wirkt,
haben neuerdings Zon und Graves ausführlich beriehtet!). — Über die
Einrichtungen, welche die Waldpflanzen getroffen haben, um dem geringen
Lichtgenuß zu begegnen, hat M. Kästner”) umfangreiche Untersuchungen
angestellt. Er macht besonders auf die Ausbildung resp. Erhaltung dr
Assimilationsorgane während der laublosen Zeit, die Ansiedlung ein-
jährig überwinternder Pflanzen, die Verlängerung der Vegetations-
&0o
Doo,
Fig. 17. Junge Fichtenblätter, unten in der Sonne, oben im Schatten gewachsen. =
(Nach Zon u. Graves.) 5
periode usw. an schattigen Stellen aufmerksam. Die Lagerung und de
Wanderungen der Chlorophylikörner in den Zellen und deshalb auch
die Farbe der Pflanzenblätter hängen vom Lichte ab 3): das stärkere \
Licht ruft ein helleres Blatt, das schwächere ein dunkler grünes hervor.
Fragt man jedoch nach dem eingehenden physiologischen Verständnis
der Wirkungen des Lichtes, so sind wir über das Wie und Weshalb noch
!) Zon und Graves 1911.
®) Kästner 1913.
®) Stahl 1880, Sachs u. a.
2. Kap. Licht 31
vollständig im unklaren. Einige meinen, daß es das Licht selbst sei,
welches nach seiner Stärke die erwähnten Unterschiede im Bau des
Chlorophyligewebes hervorrufe, können aber nicht sagen, wie das Licht
wirke (Stahl, Pick, Mer, Dufour u. a.); andere schließen sich dem Ge-
danken an, daß die durch vermehrtes Licht vermehrte Transpiration
der Grund sei (Areschoug, Vesque und Viet, Kohl, Lesage); wieder
andere sind geneigt, auf die dureh stärkeres Licht hervorgerufene stärkere
Assimilation ein Hauptgewicht zu legen (Wagner, Mer, vergl. auch
Eberdt). Über den Einfluß verschieden zusammengesetzten Lichtes auf
die Tätigkeit des Protoplasmas und die Lagerung der Chlorophylikörner
vergl. Sachs, Kissling').
Daß wir in diesen Unterschieden des Baues von Sonnen- und
Schattenpflanzen ein Beispiel für die Selbstregulierung (direkte An-
passung, vergl. 5. Abschn.) der Pflanzen sehen müssen, ist kaum zweifel-
haft; wir sehen sie bei den plastischen Pflanzen, die ihren Bau nach
dem Lichte einrichten, vor unseren Augen vor sich gehen, während
der Bau in anderen Fällen im Laufe der phylogenetischen Entwicklung
geändert und durch Vererbung in zahlreichen Generationen befestigt
worden ist. Der Nutzen der verschiedenen Bauverhältnisse muß in
folgendem gesucht werden: Schutz des Chlorophylis gegen Zerstörung
durch starkes Licht?), Schutz des Protoplasmas selbst (daß dieses durch
starkes Licht leiden kann, sieht man unter anderem daran, daß Licht
ein wirksames Zerstörungsmittel von Bakterien, ein Desinfektionsmittel,
ist), ferner Schutz gegen zu starke Transpiration und Regulierung der
Assimilation. Wenn man berücksichtigt, daß z. B. die Mächtigkeit des
Palisadengewebes nicht nur durch stärkere Beleuchtung vermehrt wird,
sondern auch, was durch Versuche nachgewiesen worden ist, durch starke
Transpiration, sowie durch verschiedene Faktoren, die die Wasser-
aufnahme aus der Erde und dadurch die Transpiration beeinflussen
(Salze im Nährboden, Beschädigung von Wurzeln u.a.), wenn man ferner
berücksichtigt, daß jene Mächtigkeit usw. anscheinend an allen Stand-
orten steigt, wo starke Lufttrockenheit herrscht, so liegt es nahe, den
wesentlichsten Grund für die Unterschiede des Baues in einer Regu-
lierung der Transpiration zu suchen. Diese wird durch vermehrtes
Licht steigen, indem die Lichtstrahlen in Wärme umgesetzt werden; das
Licht ist einer der wichtigsten Faktoren der Transpiration, und die
Pflanze reguliert diese nach seiner Stärke, worüber jedoch die Zukunft
näheres lehren muß.
Bekanntlich zeigt das Licht auch vielfachen Einfluß auf die Bio-
logie der Blüten; viele, selbst unsere häufigsten Pflanzen öffnen ihre
!) Sachs 1865; Kissling 1895.
2) Wiesner 1876.
32 Standort (ökologische Faktoren)
Blüten nur bei hellem Tageslicht, manche andern sogar nur in der
Sonne (Mesembrianthemum). Sobald Bewölkung eintritt, oder die Sonne
sinkt (vergl. Linnes und Kernes Blumenuhren), schließen sie die Blüten
wieder, so z. B. Bellis perennis, Taraxacum vulgare, Calendula ar-
vensis u. a. Genaue Daten über diese Erscheinungen hat neuerdings
R. Stoppel!) gegeben. Daß zahlreiche Nachtblüten sich umgekehrt bei
intensiver Belichtung schließen, bei trübem (auch sehr warmem!) Wetter
auch bei Tage geöffnet bleiben (Oenothera biennis), ist gleichfalls all-
gemein bekannt.
Über diese Fragen vergl. die Arbeiten von: Areschoug, Stahl, Pick,
Dufour, Haberlandt, ‘Heinricher, Vesque, Viet, Mer, Lothelier, Johow,
Alb. Nilson, Eberdt, Schimper, Graebner, Wiesner, Hesselman, Wood-
head, Stebler und Volkhart. Bezüglich der Lichtmessung vergl. die Ar-
beiten von Wiesner, K. J. V. Steenstrup (1901), Hesselman (1904),
Clements (1905) und Zon u. Graves (1911).
3. Kap. Wärme
In weit höherem Grade als das Licht ist die Wärme ein ökologischer
und geographischer Faktor, nicht nur im großen, sondern auch im Be,
denn sie ist über die Erde viel ungleicher verteilt.
Jede der verschiedenen Lebenserscheinungen der Pflanze findet nur
innerhalb bestimmter Temperaturgrenzen (Minimum und Maximum) und
am besten bei einer gewissen Temperatur (Optimum) statt; diese Tem-
peraturen können auch für verschiedene Funktionen derselben Art
verschieden sein. Die Wärme ist von Bedeutung für die Chlorophyll-
bildung und die Assimilation, für die Atmung und die Verdunstung, für
die Wurzeltätigkeit und für die Keimung, für die Belaubung und das
Blühen, für das Wachstum und die Bewegungen usw. Es ist demnach
erklärlich, daß die Wärmeverhältnisse der Verbreitung der Arten auf der
Erdoberfläche Grenzen ziehen. |
Da also die unteren und die oberen Temperaturgrenzen je
nach der Art sehr mannichfach verschieden sind, so kann man im all-
gemeinen nur sagen, daß die unteren Grenzen (die „spezifischen Null-
punkte“ der Arten) in gewissen seltenen Fällen bis auf 0° oder etwas
tiefer gehen (manche Arten des hohen Nordens und der Hochgebirge, \
meist niedere Pflanzen; die Algen im Polarmeer an der Nordküste von
Spitzbergen, etwa 80° n. Br., wachsen und fruktifizieren im Winter lebhaft
im Dunkeln bei — 1,8° bis 0°; unter 27 Arten beobachtete Kjellman
Fruktifikation bei 22); aber in der Regel beginnen die Lebenstätigkeiten
erst bei einer Temperatur von mehreren Graden über Null, einige sogar
!) R. Stoppel 1910.
8. Kap. Wärme 33
erst zwischen 10° und 15° (besonders bei tropischen Pflanzen). Bei
vielen unserer Moose fällt die Fruktifikationszeit in den Winter, aber
trotzdem fand Irmscher, daß die meisten Arten nur Temperaturminima
von — 10° ohne wesentliche Schädigung ertragen, daß der Erfrierpunkt
der Blätter vieler Arten über — 20° liegt; bei —30° waren auch
die resistentesten Arten tot. Beachtenswert ist, daß im allgemeinen
Moose, wenn sie vor dem Einfrieren lufttrocken gewesen waren, auch
wenn sie später wieder befeuchtet wurden, erheblich widerstandsfähiger
gegen Kälte waren, als wenn sie nicht trocken geworden waren. Das
läßt den Schluß zu, daß Baum- und Felsenmoose härter sind als solche
feuchter, schattiger Orte).
Die oberen Temperaturgrenzen erreichen 50° nicht, im allgemeinen
nicht einmal 45° (vergl. z.B. Sachs, Pfeffer: Pflanzenphysiologie). Für
sehr viele Pflanzen sind Temperaturen über 50° tödlich, manche krautige
Pflanzenteile sterben schon bei 40 bis 50°. Andere typische Sonnen-,
besonders Felsenpflanzen?) ertragen aber mehrere Stunden bis zu 60°
und mehr (Sempervivum), die Mannaflechte (Lecanora esculenta) verträgt
70° und mehr. Auch im Sande der Meeresküsten steigt die Oberflächen-
temperatur oft sehr hoch; so maß Pechuäl-Lösche neben blühender
Ipomoea 60° und Massart?) in Belgien noch 58° und 59°. In den
Thermen von Venezuela leben Algen noch bei über 80° %).
Im Ruhezustande können manche Pflanzen sehr viel höhere Tem-
peraturen ertragen, als zur Zeit des Wachstums, so z. B. manche Bak-
terien vorübergehend über 100°, während sie in ihrer Vegetationszeit
bei 50° sterben. Lufttrockene Samen vertragen meist nicht 75°, manche
dagegen sind nach kurzer Einwirkung von 100° oder mehr noch lebend?).
Die verschiedenen Organe einer Pflanze haben verschiedene Fähig-
keit, extreme Temperaturen zu ertragen. So gibt es Pflanzen, die in
einem bestimmten Klima zwar keimen, wachsen und blühen können,
die aber keine Samen zu erzeugen imstande sind (Acorus calamus in
Europa)®); diese können sich nur vegetativ vermehren; bei anderen Pflanzen
sind die Keimlinge gegen Frost empfindlich. Die sehr frostempfindliche
tropisch-amerikanische Galinsoga parviflora verdankt ihre völlige Ein-
bürgerung im nördlichen Europa der Frostfestigkeit ihrer Samen. Die
während des Winters wachsenden Wurzeln unserer laubabwerfenden
Laubbäume’) sind viel frostempfindlicher als die oberirdischen Teile
2) Irmscher 1912.
®) Hann; Askenasy 1875, 1890.
®) Massart 1908, a und b.
*) Cohn 1862: Rabinowitsch, Zeitschr. Hyg. XX; Warming.
5) Sorauer 1909. |
®) Ascherson in Kirchner, Loew und Schröter, Bd. I.
?) Arnold Engler 1903.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 3
34 Standort (ökologische Faktoren)
derselben Pflanzen!). Auch bei den Moosen fand Irmscher eine ver-
schiedene Empfindlichkeit einzelner Teile.
Außerdem hat die Wärme indirekte Bedeutung, namentlich dadurch,
daß das Sättigungsdefizit der Luft und die Transpiration der Pflanze
von ihre Höhe abhängen. |
Die Temperaturen außerhalb der Temperaturgrenzen der
Arten brauchen nicht gleich tödlich zu sein; es besteht ein gewisser
Spielraum, der unter dem spezifischen Nullpunkt am größten ist, d.h.
die Pflanzen können, ohne zu sterben, Wärmegraden ausgesetzt werden,
die unter dem Minimum tiefer liegen, als die tödlichen hohen Tempera-
turen über dem Maximum liegen (Ausnahme machen vielleicht nur manche
Bakterien). Im übrigen sind die Temperaturen unter dem Minimum und
über dem Maximum nicht immer für das Leben bedeutungslos, selbst
wenn sie dafür nicht direkt nützlich sind.
Es gibt kaum eine Stelle auf der Erdoberfläche, wo das Pflanzen-
leben wegen der Wärmeverhältnisse absolut ausgeschlossen wäre; denn
in Gegenden, wo die Temperatur monatelang weit unter den Nullpunkten
der Arten bleibt, oder wo sie sogar die oberen Temperaturgrenzen über-
steigt (z. B. in gewissen Gegenden Afrikas), werden die Pflanzen jeden-
falls in gewissen Jahreszeiten gut gedeihen. Es kann jedoch für die
Pflanzen notwendig sein, sich gegen die extremen Temperaturen und
was damit einhergeht, namentlich gegen Temperaturwechsel zu 4
schützen. Gegen diesen sind gewisse Pflanzen (z. B. Palmen) viel empfind-
licher als gegen niedrige Temperaturen. Plötzliches Auftauen ist vielen
Pflanzen schädlich, weil die Gewebe zerrissen werden; die Wälder leiden
auf der Ostseite, auf östlichen Abhängen und an ähnlichen Orten, wo
die Sonnenstrahlen sie früh treffen, oft von Nachtfrost. Über die
Empfindlichkeit auch der Laubmoose von starken oder plötzlichen Tem-
peraturschwankungen vergl. Irmscher.
Folgende Mittel werden zum Schutze gegen extreme, nament-
lich gegen zu niedrige Temperaturen angewandt ?):
1. Der Zellinhalt hat bei einigen Pflanzen solche (bisher nicht
erklärte) Eigenschaften, daß er extreme Temperaturen lange aushält; in
der Pflanzengeographie kommt fast nur extreme Kälte in Betracht.
Diese Eigenschaften können von denen des Protoplasmas selbst ab-
hängen, oder davon, daß ihm oder dem Zellsafte Öle, harzartige Stoffe
oder Zucker beigemischt sind. Einen solchen Schutz muß z. B. die
Schneealge (Sphaerella nivalis) haben, deren einzeln liegende, dünn-
wandige Zellen die Kälte der arktischen Schnee- und Eisfelder aus-
!) Sorauer 1909.
°) Neuere Arbeiten über das Überwintern der Pflanzen und die Wirkungen des
Gefrierens vergl. Mez (1904—05) und Lidforss (1907).
3. Kap. . - Wärme 35
halten!). Auch Cochlearia fenestrata muß geschützt sein; diese Pflanze
hielt an Sibiriens Nordküste im Winter 1878/79 eine unter — 46° (©.
liegende Temperatur ohne Decke aus und setzte im nächsten Frühjahre
das durch den Winter unterbrochene Blühen fort?) (Fig. 18).
Bei einer Reihe von Pflanzen wird im Herbst die Stärke in Fett
umgewandelt®). Es ist wahrscheinlich, daß das fette Öl in Form von
Emulsion die Unterkältung verhindert und die Widerstandsfähigkeit gegen
den Frost erhöht. Fettspeichernde Bäume (Birke, Nadelhölzer) gehören
zu denen, die noch in den kältesten Gebieten wachsen. Die Überführung
von wasserunlöslicher Reservesubstanz in gelöste, besonders in Zucker,
die während des Winters stattfindet, soll gleichfalls die Unterkältung
des pflanzlichen Gewebes und den Tod der Pflanze verhindern).
Fig. 18. Cochlearia fenestrata von der Bäreninsel; natürl. Größe.
(Nach der Natur.)
2. Die Wassermenge. Der Wasserinhalt der Pflanzenteile spielt
bei ihrem Vermögen, extreme Temperaturen zu ertragen, die größte
Rolle; je wasserreicher, desto weniger widerstandsfähig, und umgekehrt.
Daher leiden die jungen Sprosse unserer Bäume oft unter Nachtfrösten,
während diese den älteren nicht schaden (wenn junge, sich belaubende
Sprosse in den Polarländern ohne Schaden jede Nacht steif frieren, so
ist dieses vielleicht eigentümlichen Eigenschaften des Protoplasmas zu-
zuschreiben); daher haben Samen, z. B. die von Weizen, in den Polar-
ländern viele Jahre überwintern können, ohne zu leiden. Der geringe
1) Wittröck 1883; Lagerheim 1892.
?®) Kjellman 1884.
®) A. Fischer 1891; O. G. Petersen 1896; Lidforss 1907.
*) Mez 1904—5; Lidforss 1907; Noll.
3*+
36 Standort (ökologische Faktoren)
Wassergehalt ist vielleicht auch der Grund zu dem Ausdauern vieler
Moose (vergl. Irmscher, S. 25), Flechten und anderer niederer Pflanzen.
Die Nadeln verschiedener Koniferen (bes. Weymutskiefer usw.) werden
bei Eintritt des Frostes sofort schlaff. Verholzte Teile ertragen die
Fig. 19. Acer pseudoplatanus auf den Färöer. Die Zweigspitzen sind
abgestorben, obgleich der Baum nicht vom Winde gelitten zu haben scheint.
Juli. (Phot. F. Börgosen.)
Kälte leichter als die krautartigen!); daher sind wohl viele Arten in
den Polarländern und den Hochgebirgen verholzt (Zwergsträucher).
Die "südländischen Sträucher erhalten in den Gärten des nördlichen
Europa, ebenso wie Bäume und Sträucher auf den Färöer?) (Fig. 19) oft
!) Mohl 1848.
?) Börgesen 1905 in Botany of the Färöes.
3. Kap. Wärme 37
nicht genug Wärme, um ihr Holz zu reifen; die Zweigspitzen sterben
dann durch die Winterkälte ab: die Sträucher werden Halbsträucher. In
Gebieten mit langer Vegetationszeit halten dieselben Arten trotz der
gleichen Winterkälte aus (Broussonetia, Tamarix u. v.a. in Ungarn);
die immergrünen Gewächse des nördlichen Mittelmeergebietes ertragen
dort in strengen Wintern ohne nennenswerten Schaden — 5° oder gar
bis zu —7°, in den Gärten des nördlichen Europa erliegen sie einer
geringen Abkühlung unter 0° (Lorbeer, Oleander, Myrte usw.). Die
Wälder um Sibiriens Kältepol halten Kälte bis zu — 70°C. aus (in
- Werchojansk ist im Januar die mittlere niedrigste Temperatur — 61,3,
die höchste — 29° und die Mitteltemperatur — 51,2°). Bei einer an
Kälte zugrunde gegangenen Pflanze hat gewöhnlich Eisbildung in den
Zellen stattgefunden, wodurch dem Zellsaft das Wasser entzogen wurde.
Über die mechanische Wirkung des Frostes durch Zerspringen der
Zellen usw. vergl. Sorauer!').
Die Wassermenge der Zellen spielt sicher auch eine große Rolle
bei der Wirkung der Fröste zu den verschiedenen Jahreszeiten. Wäh-
rend unsere Gehölze während der Hauptruhe (also während der Zeit des
Vorhandenseins der geringsten Menge plastischen Materials in wasser-
löslichem Zustande) tiefe Kältegrade ohne jeden Schaden ertragen, er-
liegen im Frühjahr und Sommer (Lüneburger Heide!) ihre grünen Sprosse
wenigen Graden unter 0°. Bei unseren Obstgehölzen, die ja meist süd-
lichen Ursprungs sind, bringt ein Frostschaden in der Ruhezeit z. B. den
mindergefährlichen Frostbrand, in der Zeit der Saftbewegung dagegen
den gefährlichen Frostkrebs?). Ähnliche Ursachen hat sicher das gelegent-
liche Auftreten des Krebses an Waldbäumen usw. — Arnold Engler?)
hat nachgewiesen, daß unsere Laubhölzer während des ganzen Winters,
soweit es die Temperatur gestattet, ein lebhaftes Wurzelwachstum
zeigen; dies bedingt, daß die Wurzeln sehr viel frostempfindlicher
sind, als zu gleicher Zeit die ruhenden Stämme und Zweige derselben
Pflanze (s. S. 33).
3. Schlechte Wärmeleiter umgeben oft die zu schützenden
Pflanzenteile, z. B. als Knospenschuppen oder als Haare; ihre Zellen
sind meistens mit Luft erfüllt oder haben zwischeneinander Lufträume
und müssen außerdem so wasserarm wie möglich sein. Sehr viele
Schutzeinrichtungen haben die jungen Sprosse zur Zeit der Belaubung‘%);
graufilzig oder weißwollig sind viele Polar- und Hochgebirgspflanzen
(Leontopodium alpinum, das Edelweiß der Alpen; Frailejon, das sind
1) Sorauer 1906, a; 1909.
2) Sorauer 1906, a; 1909.
®) Arnold Engler 1903. Vergl. auch O. G. Petersen 1898.
#) Grüss 1892.
38 Standort (ökologische Faktoren)
Kompositen der Gattungen Culeitium und Espeletia auf den Paramos
von Südamerika!); alte, welke Blätter bleiben an den Sprossen dieser
Pflanzen sitzen und hüllen sie ein, gleichwie wir im Herbste unsere
empfindlichen Gartenpflanzen mit Stroh und Heu umgeben oder mit
Laub u. ähnl. bedecken. Es ist jedoch zu bemerken, daß hierdurch die
starken Kältegrade kaum ausgeschlossen werden (da diese wohl in das
Innere der Pflanze eindringen), sondern zwei andere Verhältnisse werden
abgewandt: nämlich schnelle Änderung der Temperatur und schnelles
Auftauen sowie die zu starke Transpiration. Erfahrung und Versuche
haben gezeigt, daß zwar bisweilen die Kälte selbst einen erfrorenen
Pflanzenteil (Kartoffeln, Blütenblätter, tropische Pflanzen, z. B. in hoch- |
gelegenen Gegenden Brasiliens) getötet hat, indem Eisbildung unter
Wasserentziehung vom Protoplasma stattfindet, daß jedoch das Auf-
Ir
H z WI
N Mh
Fig. 19. Stück eines Blattquerschnittes von Espelelia.
Das Assimilationsparenchym ist schraffiert. Die Filzbekleidung ist weggelassen.
(Nach Goebel.)
tauen für manche Pflanze, die das Steiffrieren gut aushält, der kritische
Punkt ist: es muß langsam vor sich gehen, und dazu helfen jene
Bauverhältnisse, die sich daher gerade besonders in den subglazialen
Vereinen finden (vergl. den 4. Abschn.). Mehrfaches plötzliches Gefrieren
und Auftauen ertragen selbst die meisten unserer einheimischen, Pflanzen
F
nicht (besonders Buchen, Eichen usw.) 2).
Im scheinbaren Widerspruche hiermit behauptet Kihlman 2), daß \
die außerordentlich große Widerstandskraft gegen große und plötzlicke
Temperaturschwankungen, selbst wenn innerhalb 24 Stunden der Gefrier-
punkt mehrmals erreicht wird, eine Eigentümlichkeit der Tundraflora
Lapplands sei (vergl. oben Eigentümlichkeiten des Zellinhalts).
!) Goebel 1892.
?2) Sorauer 1909.
®, Kihlman 1890.
3. Kap. Wärme 39
Untergetauchte Wasserpflanzen sind durch das umgebende Wasser
gut geschützt. Viele von ihnen sinken im Herbst unter, haben im
Schlamme ausdauernde Grundachsen oder Knollen, oder erzeugen Brut-
knospen, die abfallen und in gleicher Weise untersinken. Der Schutz
des Wassers hat es z. B. auch möglich gemacht, daß während der Eis-
zeit mit den hochnordischen Landpflanzen im nördlichen Mitteleuropa
Wasserpflanzen wuchsen, die nicht im
arktischen Gebiete vorkommen (Pota- = I
mogelon, Ceratophyllum usw.)'); natürlich I) DD)
DD),
TerRgeR
spielt dabei auch die schnelle Erwär-
mung des Wassers durch die Sonnen-
I bi ai
strahlen mit ?).
Ba il A
U
a
Auch gegen starke Transpiration
werden die besprochenen Mittel schützen,
gegen Austrocknen durch die trocknen,
kalten Winde, die für das Leben gefähr-
lich sind, wenn die Erde kalt ist und
die Wurzeltätigkeit deshalb stockt (Wald-
feindliches Klima Schimpers).
In diesem Zusammenhang ist auch
der Laubfall®) im Herbst als eine An- Fig. 21. Querschnitt durch ein
passung an den Winter zu nennen; nach Espeletiablatt (%/,).
dem Abwerfen des Laubes ist der Baum Auf jeder Seite der eigentlichen
von oben bis unten von schlechten Wärme- Biettfäche (siche Fig. 19) liegt
i eine stark lufthaltige Filzbeklei-
leitern umgeben (Knospenschuppen, Kork). dung mit 3—4 Schichten (etwas
Andere Verhältnisse werden im 2. Ab- schematisiert). (Nach Goebel.)
schnitte genannt werden.
Die Temperaturen zwischen Maximum und Minimum (die
zuträglichen Temperaturen). Es ist für die Lebensverhältnisse und
die Verbreitung der Arten keineswegs gleichgültig, welche Temperaturen
ihnen innerhalb der zuträglichen Grenzen geboten werden. Es kommt
für das Leben der Individuen nicht nur auf die Höhe der Temperaturen,
sondern auch auf die Menge der überhaupt zuträglichen Wärme, die der
Pflanze zu teil wird, an, oder darauf, wie lange ihr zuträgliche Tem-
peraturen geboten werden.
Jährliche Mitteltemperaturen haben keine Bedeutung für die Aus-
bildung des Pflanzenlebens. Nur die Zeit der zuträglichen Temperaturen
2) Graebner 1912.
?) Vergl. Wesenberg-Lund 1911.
®) Vergl. auch Dingler; Volkens 1912.
40 Standort (ökologische Faktoren)
ist von Wichtigkeit!). So wachsen im nördlichen Sibirien mit einer
jährlichen Mitteltemperatur von unter — 15°C. noch Wälder, während
auf den Kerguelen, wo selbst der kälteste Monat über dem Gefrierpunkte
bleibt, eine antarktische Flora herrscht.
Die Zeit, die zuträgliche Temperaturen bietet, kann so kurz sein,
sogar nur einige Wochen betragen, daß viele Arten ganz ausgeschlossen
werden, weil sie nicht genug Wärme erhalten. Dieses ist gewiß der
Grund dafür, daß einjährige Arten in Polarländern und in Hoch-
gebirgen selten werden: sie brauchen für ihren Lebenslauf mehr Zeit,
als ihnen geboten wird.
In den meisten Gegenden der Erde ruft der Wechsel der Jahres-
zeiten Ruhezeiten im Pflanzenleben hervor. In unseren nordischen
Klimaten sind Wärmeunterschiede, namentlich die Kälte, die Ursache,
- in den Tropen hingegen Wassermangel. Während auch im nördlichen
Gebiete eine Anzahl Pflanzen (Laubfall von Gehölzen usw.) in die
Ruheperiode eintritt, auch wenn kein Frost geherrscht hat?), werden
andere nur durch den Frost zur Ruhe gezwungen. Diese zeigen in
anormalen Jahreszeiten viele Abweichungen, so beobachtet man in
besonders milden Frühwintern resp. Herbstzeiten, daß manche Pflanzen
weiterwachsen, weiterblühen oder auch in eine zweite Blüte eintreten. E
Andere Arten verlegen ihre Blütezeit aus dem Frühjahr in den Winter
(Dezember usw.), so z. B. Potentilla arenaria, P. alba, Viola odorata,
Oydonia Japonica, Jasminum nudiflorum usw.°).
Die mehrjährigen Kräuter in Polarländern und in Hochgebirgen
zeigen eine vielfache Anpassung an das Klima, z. B. dadurch, daß sie
überwinternde, bisweilen mit Vorratsnahrung versehene Laubblätter
haben, denn solche können jeden günstigen Augenblick zur Assimilation
benutzen, und es geht kein Teil der Vegetationsperiode mit der Ent-
wickelung von Assimilationsorganen verloren®). Eine andere Anpassung
dieser Pflanzen ist, daß sie ihre Blüten im Jahre vor dem Blühen
anlegen, wodurch erreicht wird, daß sie sogleich am Anfange des
nächsten Frühjahres aufblühen, eine möglichst lange Zeit zum Blühen
und zum Fruchtansetzen erhalten und die wärmste Zeit zur Samenreife
benutzen können’).
Die Höhe der Wärme und die Länge der Vegetationszeit wirken
selbstverständlich auch auf die Physiognomie der einzelnen Pflanzen
und der ganzen Vegetation. Auf der einen Seite stehen die tropischen
Länder, wo die Ruhezeiten fast unbemerkbar sind und wo sich hohe
.‘) Köppen 1884.
?2) Vergl. Ascherson 1881.
®, Vergl. auch Volkens 1912.
*) Kerner 1896.
5) Warming 1908a.
3. Kap. Wärme 41
Wärme mit Feuchtigkeit verbindet; hier entwickeln sich die immergrünen
Tropenvereine mit ihren üppig wachsenden Arten, die den Boden mit
der dichtesten Vegetation bedecken. Auf der anderen Seite stehen die
Polarländer und die Hochgebirgsgegenden, wo die Natur ihre Gaben mit
karger Hand nur etwa in 3 Monaten des Jahres austeilt; hier werden
stellenweise nicht genug Pflanzen entwickelt um den Boden zu
bedecken, und hier treten Zwergformen auf, unter anderem weil
die Vegetationszeit zu kurz und die zuträgliche Wärme zu niedrig
ist. Mit steigender Wärme steigt die Wachsstumsgeschwindigkeit bis
zum Optimum; aber in den zuletzt genannten Gebieten müssen
niedrige Vegetation, kurzgliedrige Sprosse, Rosettenbildung, Kleine
Blätter und Rasenform die Folge sein. Auch in den Tropen kann
Zwergwuchs die Folge sein, wenn sich hohe Wärme mit Trocken-
heit verbindet, in allen Gebieten dagegen, wenn Nährstoff mangelt
(Heide).
Man hat vielfach die Wärmesumme zu berechnen versucht, die
die Arten für ihre verschiedenen Funktionen brauchen, und deren Dasein
sich am deutlichsten im Frühjahre zeigt, wenn sich Blätter und Blüten
in deutlicher Abhängigkeit von den Wärmeverhältnissen entfalten, in
einem Jahre zu einer Zeit, im anderen zu einer anderen, an einer Stelle
früher als an einer anderen. Indem man die Anzahl der Vege-
tationstage, von einem gewissen Zeitpunkt an gerechnet, und die auf
jeder Stelle herrschenden Temperaturverhältnisse berücksichtigte, hat
man die Entwicklungsunterschiede und die Verbreitungsverhältnisse zu
erklären versucht; aber im einzelnen bestehen große Meinungsver-
schiedenheiten: einige suchen die Wärmesumme durch Addieren der täg-
lichen Mitteltemperaturen zu berechnen; andere multiplizieren die Mittel-
temperatur einer gewissen Periode mit der Anzahl der Tage; andere
wenden die Quadrate der Mitteltemperaturen oder der Tage an; und
wieder andere meinen, daß die täglichen Maxima über 0°, die das der
Sonne ausgesetzte Thermometer zeigt (Insolationsmaxima) zu addieren
seien. Diese Untersuchungen haben es in hohem Grade nötig, durch
wirklich wissenschaftliche, experimentelle Bestimmungen der Haupt-
temperaturen für die Erscheinungen der einzelnen Arten gestützt zu
werden. Übrigens werden die Ergebnisse dieser Bestimmungen nicht
hinreichen, um die äußerst schwierige und verwickelte Frage über die
Bedeutung der Wärmeverhältnisse für die Artenverbreitung und für die
phänologischen Erscheinungen zu lösen, da andere Verhältnisse, z. B.
das Licht, die Bodenwärme, die Nachwirkungen aus der vorigen Vege-
tationsperiode u. a. vielleicht teilweise eine höhere Temperatur ersetzen
können. Mit den W-ärmesummen allein läßt sich sicherlich keine
Pflanzengrenze erklären. Viel wichtiger dürften absolute Kältegrade,
Niederschlagsverhältnisse usw. sein.
42 Standort (ökologische Faktoren)
Graebner!) hat an der Flora des Norddeutschen Flachlandes
gezeigt, wie die Pflanzengrenzen in diesem monotonen Gebiete im
wesentlichen der Feuchtigkeitsverteilung folgen, daß also die Verteilung
des atlantischen und kontinentalen Klimas einen einschneidenden Ein- u
{luß ausübt. Brockmann-Jerosch?) hebt gleichfalls diese starke Ein-
wirkung hervor, der gegenüber die Mitteltemperaturen wenig bedeuten. a
So ist Labrador mit einer Mitteltemperatur von —4° bewaldet, während
Grönland mit einer solchen von + 0,5° unbewaldet ist. Vahl wendet
dagegen ein, daß Brockmann-Jerosch die völlig verschiedene Sommer-
wärme vernachlässigt, die sicher bei der Bewaldung resp. Nichtbewaldug
eine große Rolle spielt. Die Schneegrenze in den zentralen Teilen der ;
Schweiz liegt höher als in den äußeren, da das Klima kontinentaler it, 8
Ein häufiger Irrtum ist, daß Schattentemperaturen und nicht solche
bei voller Insolation bei den Berechnungen angewandt werden. Gerade
die Summe der Temperaturen im vollen Sonnenlicht würde eine korrekte
Grundlage für die Berechnung und den Vergleich der Temperaturen
während einer bestimmten Periode ergeben. Die Erwärmung der Pflanze
im vollen Sonnenlicht könnte z. B. eine solche Grundlage bieten, aber
nur wenige solcher Messungen können als einigermaßen zuverläs
. gelten (Vahl). i
Ebenso ist der Unterschied zwischen der Lufttemperatur u
im Boden an den einzelnen Standorten sehr verschieden (verg;
unter Temperatur im Boden).
Auch bei folgenden Formverhältnissen spielt die Wärme eine Rolle.
Viele der erwähnten subglazialen Pflanzen, besonders die Holz
pflanzen (Salix, Betula, Juniperus u. a.) haben die Spalierform resp. E
Teppichform, d. h. ihre Stämme liegen auf dem Boden, sind ihm
angedrückt und verbergen sich mehr oder weniger zwischen anderen
Pflanzen, Steinen und ähnlichem; erst die Spitzen richten sich auf, bis-
weilen fast unter einem rechten Winkel, erreichen aber nur wenige
Zentimeter Höhe über dem Boden (vergl. Kap. 10). Zweifellos erlangen
die Pflanzen bei diesem Wuchs eine größere Wärmemenge, als wenn sie
aufrecht wüchsen, und entgehen den Winden; es ist aber die Frage, }
ob es nicht am ehesten die mit den trocknen, kalten Winden einher-
gehende Verdunstung sei, die sie in der erwähnten Weise umiae N: B
(Fig. 22). =
Denselben Wuchs trifft man bei vielen Strandpflanzen (im Norasil E
z.B. bei Atriplex, Suaeda und Salicornia, bei Matricaria inodora, am E
Mittelmeere z. B. bei Frankenia u. v.a.); es sind nicht nur die Seiten- 3
2) Graebner 1901.
?) Brockmann-Jerosch 1913.
43
Wärme
3. Kap.
sprosse, die sich nach allen Seiten flach niederlegen, sondern der Haupt-
sproß biegt sich auch, bisweilen fast unter einem rechten Winkel, über
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314
Ferner beobachtet man dasselbe in Wüsten und auf
Sandboden, der von der Sonne stark erwärmt wird (in Afrika z. B. bei
den Boden hin.
44 Standort (ökologische Faktoren)
Aizoon Canariense, Cotula cinerea, Fagonia COretica nach Volkens, auf
unseren Sandfluren z. B. bei Artemisia campestris, Herniaria glabra).
In dem heißen trockenen Klima des Flachlandes von Madeira sind
niederliegende Formen selten, und solche Formen sind geschützt durch
Sukkulenz, dichte Haarbekleidung und ähnliche Einrichtungen').
Die gemeinsamen Wuchsformen haben sicher z. T. einen gemeinsamen
Grund. Mit der leicht gegebenen Erklärung, daß die Pflanzen „den
Stürmen entgegen“ wollen, kann sich die Wissenschaft nicht begnügen.
Wahrscheinlich muß der Grund in dem Unterschiede der Wärme von
Luft und Boden zu der Zeit, wo sich die Sprosse entwickeln, gesucht
werden. Man kann oft aufrechte und niederliegende Exemplare unter-
einander antreffen, z. B. an den nordischen Küsten soiche von Atriplex,
Salicornia, Suaeda u. a., was darauf hindeutet, daß kein allgemeiner, zu
allen Zeiten an dem betreffenden Standorte herrschender Faktor ent-
scheidend ist. Auch die Winde und die Windrichtung können nicht
bestimmend sein, da die Individuen einer Art an demselben Strande
ihre Hauptsprosse nach den verschiedensten Seiten wenden können, was
ein Studium der Pflanzen unserer Küsten leicht zeigt”). Die Erklärung
dafür muß neben individuellen Figentümlichkeiten wahrscheinlich in der
verschiedenen Erwärmung gesucht werden, die den Pflanzen während
ihrer Entwicklung vom Boden her zu teil wurde, so daß sie also thermo-
tropische Bewegungen ausgeführt hätten. Übrigens führt Krasan an,
daß die Pflanzen auf homothermischem Boden, namentlich in einem
Klima mit warmer Luft, aufrechte und kräftige Sprosse erhalten, auf
heterothermischem Boden mit besonders alpinem Klima niederliegende.
Mit der Höhe über dem Meere nimmt die Höhe der Pflanzen au
haupt ab.
Die Psychroklinie ist in verschiedenen Fällen als wirksame Ur-
sache für den spalierähnlichen, niederliegenden Wuchs angesehen worden,
wie durch die Arbeiten von Vöchting?) und Lidforss*) hervorgeht. Auch
Henslow°) geht von dem Standpunkt aus, daß der Thermotropismus eine
Rolle spielt. — Vöchting stellte z. B. durch Versuche fest, daß Mimulus
Tillingüi im Eiskasten, wie im Freien sogar Sprosse, die sich in warmer
Witterung bereits aufgerichtet hatten, in der Kälte sich dem Boden
wieder anschmiegten. — Figur von Psychroklinie siehe Fig. 25.
Sehr bemerkenswert sind auch die Versuche von Bonnier®), welche
zeigen, daß große Temperaturschwankungen ein höchst wirksamer Faktor
1) Vahl 1904, b.
. ?) Warming 1906.
°) Vöchting 1898; von doypös, kalt, kühl und xAtvw, neige, biege.
*) Lidforss 1902, 1906; vergl. Schröter 1904—8.
5) Henslow 1894.
®) Bonnier 1898,
3. Kap. Wärme 45
für die Ausbildung der charakteristischen Tracht der Alpenpflanzen sind.
Pflanzen, die er des Nachts starker Kälte aussetzte, nahmen untersetzte,
kurze Stengel, schmalere, dickere und härtere Blätter an und blühten
früher. Lichtverhältnisse zeigten dabei wenig Einfluß.
Auf Wegen und häufig betretenem Boden finden sich oft ähnliche
niederliegende Wuchsformen, z. B. bei Polygonum avieulare. Der Grund
ist hier wohl meist eine starke negative Heliotropie.
Rosettenbildung (s. auch Kap. 22).
Viele Kräuter haben rosettenständige, flach
ausgebreitete Grundblätter; selbst wenn
sie gestrecktgliedrige Rhizome oder unter-
irdische Ausläufer haben, werden die Sprosse
kurzgliedrig, sobald sie zur Oberfläche kom-
men. Man weiß noch kaum, welche Faktoren
hier entscheidend seien; aber vermutlich
Fig 23. Blattrosetten von Sempervivum Fig. 24. Blattrosette der Ananas
Aeclorum (Warming). über dem Fruchtstand.
(Nach Warming-Johannsen.)
spielen, außer dem Lichte, auch die Wärmeverhältnisse eine wesentliche
Rolle. Teils finden sich solche Rosettenpflanzen in den Tropen auf
besonders heißen und trocknen Stellen (Blattsucculenten wie Echeveria,
Aizoon, Agave, Bromeliaceae u..a.), teils auch unter höheren Breiten
auf Felsenboden, der von der Sonne erwärmt wird, und wo die Luft
heiß ist (Sempervivum u. a. Crassulaceen). In großer Zahl kommen
solche Kräuter in gemäßigten Ländern vor und sind namentlich für
die von einer niedrigen Vegetation bedeckten, sonnigen Weiden kenn-
zeichnend; besonders zahlreich findet man sie in den Polarländern und
den Hochalpen, auf den offenen Matten und Felsenfluren, indessen
kommen sie auch in großer Menge auf den Wiesen der Ebenen, viel
seltener dagegen in Wäldern vor!). Rosettenbildungen vergl. an den
Fig. 23, 24 u. 25.
1) Warming 1901.
46 Standort (ökologische Faktoren)
-Rasenbildung (plantae caespitosae) und Gestrüppbildung sind
in Klimaten mit extremen Temperaturen allgemein und werden in den
Polarländern und in Hochgebirgen unter anderem durch die Kälte, in
Wüsten durch die mit der Hitze einhergehende starke Trockenheit und
Verdunstung hervorgerufen. Die Sprosse werden kurz und krumm, dort.
weil es für ihr Wachstum an Wärme fehlt, hier weil die Hitze sie der
Feuchtiekeit beraubt. Näheres hierüber folgt im 5. Kap. unter den
Wirkungen des Windes. a
Es geht hieraus hervor, daß verschiedene Bauverhältnisse a
scheinend durch die Wirkung der Wärme auf die Pflanzen erklärt werden
Fig. 25. Lesquerella arctica auf steinigem Boden.
Die blühenden Sprosse sind aufrecht, die fruktifizierenden niederliegend.
Ostgrönland. (Phot. Chr. Kruuse.)
müssen. Anderes wird später angeführt werden, unter anderem die große
Bedeutung, die der Wärmegrad der Luft für ihr Sättigungsdefizit und
für die Verdunstung der Pflanzen hat; auch diese Umstände wirken auf
die Pflanzenformen ein.
Daß die Verbreitung und die Verteilung der Arten im u
von Wärmeverhältnissen abhängen, ist bekannt (Zonen der Erde, Höhe-
stufen in den Gebirgen). Bei Landpflanzenarten mit sehr großer geo-
graphischer Verbreitung wird der Abstand zwischen Maximum und Mini-
mum in der Regel besonders groß sein (bei Wasserpflanzen verhält es
sich anders). Aber überall greifen die Wärmeverhältnisse auch in die
Verteilung, die Haushaltung und die Kämpfe der Vereine ein.
.8 u. 4. Kap. Wärme — Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 47
‘Die großen Unterschiede zwischen den Klimaten und der Vegetation der
Küsten- und der Binnenländer beruhen auf ihnen; am deutlichsten zeigt
sich dieses in den Polarländern bei der dürftigen Vegetation des kalten
Küstengebietes und der Vegetation des wärmeren Binnenlandes, die so-
wohl an Arten als an Individuen verhältnismäßig reich ist und kräftigere
- Individuen enthält (über die Rolle des Lichtes vergl. S. 15).
Ferner zeigen die Polarländer große Gegensätze zwischen der
dürftigeren Vegetation der Ebenen und der reicheren und üppigeren auf
den sonnigen Bergabhängen; denn die Ebenen werden von den Sonnen-
strahlen unter einem weit spitzeren Winkel getroffen als die Abhänge.
Falls an den Polen selbst steile Berge vorkommen, so haben diese sicher
eine relativ reiche Vegetation. Die Neigungswinkel und die Neigungs-
richtungen (die Exposition) der Bergabhänge spielen selbstverständlich
auch eine Rolle, indem der Boden und mit ihm die Luft nach den hier-
bei auftretenden Unterschieden verschieden erwärmt wird. Da diese und
andere Verhältnisse jedoch zunächst auf die Wärme des Bodens Einfluß
haben, so werden sie im 10. Kap. behandelt werden. Daß die Formen-
verbältnisse der Erdoberfläche sogar im kleinen pflanzengeographische
Bedeutung haben können, sieht man oft auf Stellen, wo die kalte Luft
in stillen Frostnächten in Einsenkungen und Tälern stehen bleibt und
Erfrieren von Pflanzen verursacht. (Lauenburg i. P. verdankt seiner
Lage zwischen Anhöhen, die ein verhältnismäßig mildes Klima besitzen,
den Namen des „pommerschen Sibiriens“). Über das Abfließen kalter
Luft und ihr Verhalten in den Gebirgen und Tälern vergl. Shreve (1912).
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge
Das Wasser hat eine außerordentliche ökonomische Be-
deutung für die Pflanze, ja eine fast noch größere als Licht und
Wärme. Ohne Wasser keine Lebenstätigkeit weder bei Pflanzen noch
bei Tieren. Seine Rolle bei der in voller Lebenstätigkeit befindlichen
Pflanze ist folgende:
1. Es ist in allem Protoplasma und in allen Zellwänden als
Imbibitionswasser vorhanden.
2. Es findet sich in den Zellen als Zellsaft und spielt hier unter
anderem bei dem Turgur und dem normalen Wachstum eine Rolle.
3. Es ist direkt ein Nahrungsstoff, der bei der Assimilation
verarbeitet wird.
4. Jede Nahrungsaufnahme aus dem Boden, jede Osmose,
jede Stoffwanderung geschieht nur mit Hilfe des Wassers. Die mi-
neralische Nahrung der Pflanze muß in aufgelöster Form vorhanden sein.
5. Die Kohlensäure-Assimilatiou hängt vom Wasser ab, in-
dem sie in der Pflanze, die nicht ihren vollen Turgor hat, erschwert
48 Standort (ökologische Faktoren)
ist, unter anderem, weil die Spaltöffnungen geschlossen sind, und indem
sie in der welkenden ganz aufhört (Stahl u. a.).
6. Die Atmung hört auf, wenn der WESER ERNEN unter eine
bestimmte Grenze sinkt.
7. Ob die Spaltöffnungen geöffnet oder geschlossen sind en da-
mit die Verdunstung des Wassers aus den Pflanzen steigt oder sinkt,
hängt vom Feuchtigkeitsgrade des Bodens und der Luft ab. Größere
Feuchtigkeit erhöht die Verdunstung.
8. Alle Bewegungen gehen nur mit Hilfe des Wassers vor ee
mögen sie auf Quellung beruhen oder Reizbewegungen sein.
9. Der Wassergehalt der Pflanze ist für ihr Leben oder Sterben
außerhalb der extremen Wärmegrade entscheidend. Trockene Teile sind,
wie 8. 35 erwähnt, am widerstandsfähigsten. |
Die Wasserversorgung ist die bedeutungsvollste Aufgabe
im Haushalte einer Pflanze; es ist daher nicht auffällig, daß durch
Wassermangel oder durch Austrocknen der Tod eintreten kann; aber
viele Pflanzen oder Pflanzenteile können lange, starke Trockenheit aus-
halten. Die Grenzen des Austrocknens sind sehr verschieden; nur sehr
wenige, meist niedrig stehende Pflanzen, Flechten, Moose, Selaginella
lepidophylla und Verwandte scheinen fast vollständiges Austrocknen aus-
halten zu können. — Bei den Laubmoosen!) ist der Grad der Aus-
trocknung, den eine Pflanze verträgt, nicht nur nach der Art verschieden,
sondern schwankt bei den einzelnen Arten auch je nach dem am Stand-
orte gebotenen Feuchtigkeitsgehalt; es zeigt sich eine große Anpassungs-
fähigkeit. Im Gegensatz zu einer ununterbrochenen Trockenperiode . :
wirken schnelle Schwankungen schädlich. Die Blattzellen erweisen sich
im allgemeinen weniger widerstandsfähig gegen Trockenheit als die Sproß-
anlagen in den Blattachseln.
Es ist auch nicht auffällig, daß nichts anderes dem inneren und
äußeren Bau der Pflanzen seinen Stempel in dem Grade aufdrückt,
wie ihr Verhältnis zum Wasserreichtum der Luft und des Bodens (des
Mediums), und daß nichts anderes so große und so augenfällige Vege-
tationsunterschiede hervorruft, wie der Unterschied in der Wasserzufuhr
(vergl. Kap. 9). Daß eine größere Wassermenge eine reichere Ernte gibt
(mehr Blätter, Stroh, Früchte, ein größeres Wurzelsystem), hat z.B.
Hellriegel nachgewiesen hat die Pflanze wenig Wasser, so tritt Zwerg-
wuchs (Nanismus) ein?). Es sei jedoch bemerkt, daß eine gewöhnliche
Landpflanze nicht desto besser gedeiht, je mehr Wasser ihr in un-
begrenzter Weise zugeführt wird; auch hier gibt es ein nach der Zu-
sammensetzung, der Durchlüftung usw. des Bodens sehr verschieden
'") Irmscher 1912.
2) Kraus 1906 a.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 49
liegendes Optimum. Der Zeitpunkt, in dem die Pflanze Wasser empfängt,
kann von größerem Einfluß sein als die absolute Menge desselben; so
sind z. B. zahlreiche Steppen- und Wüstenpflanzen zu ihren Ruhezeiten
gegen Wasser im Boden und gegen Luftfeuchtigkeit so empfindlich, daß
sie sich in unserem Klima gar nicht auf die Dauer kultivieren lassen
(Welwitschia [Tumboa] usw.). Viele Zwiebel- und Knollengewächse der
Steppengebiete brauchen in ihrer Vegetationszeit viel Wasser, faulen aber,
wenn sie auch nur etwas zu viel in ihrer Ruhezeit bekommen. Gewisse
Einrichtungen zur Ausscheidung des im Übermaße aufgenommenen Wassers
besitzt die Pflanze zwar (Wasserporen, Tropfenbildung, inneres „Bluten“);
aber es besteht doch eine Grenze für die zuträgliche Feuchtigkeit,
Trockenheit liebende Pflanzen gehen bei verstärkter Wasserzufuhr meist
bald zugrunde (vergl. indes Heidepflanzen).
Auf zwei Wegen wird der Pflanze Wasser zugeführt; aus der
Luft und aus dem Boden. Von dem Vermögen des letzteren, Wasser
aufzunehmen und festzuhalten, wird im 9. Kap. die Rede sein. Hier
werden nur die Feuchtigkeit der Luft und die Niederschläge behandelt.
Die Feuchtigkeit der Luft. Es ist immer etwas Wasser in der
Luft unsichtbar in Dampfform vorhanden, aber die Menge wechselt außer-
ordentlich: sie steigt und fällt mit dem Wärmegrade der Luft, und die
Wassermenge, die die Luft in Dampfform aufnehmen kann, ist nach der
Temperatur verschieden. Die kalte Luft nimmt nicht so viel Wasser
wie die warme auf, bevor sie gesättigt ist; daher treten nach den ver-
schiedenen Zeiten des Tages und des Jahres große Schwankungen auf.
Worauf es für das Pflanzenleben am meisten ankommt, ist nicht
die absolute Feuchtigkeit der Atmosphäre, sondern ihr Sättigungs-
defizit, d.h. die Wassermenge, die von ihr bei einer gewissen Tem-
peratur noch aufgenommen werden kann, also daran fehlt, daß sie
gesättigt wäre; denn von diesem Defizit hängt die Größe der
Verdunstung ab. Die Verdunstung von Wassser mit gleicher Tem-
peratur wie die Luft ist nahezu proportional dem Sättigungsdefizit.
Folglich ist das Sättigungsdefizit einer der bestimmenden Faktoren für
die verdunstende Wirkung des Klimas'), wenn man die Temperatur mit
in Betracht zieht. In der Regel ist das Sättigungsdefizit in der Nacht
am kleinsten und am Tage am größten. In Gebirgen sind diese Ver-
hältnisse indessen oft umgekehrt, je nachdem tägliche Änderungen des
in den Tälern und an den Hängen auf- und absteigenden Windes (vergl.
z.B. Föhn) eintreten. Selbst in sehr feuchter Luft kann die Verdunstung
beträchtlich sein, weil die Spaltöffnungen offen bleiben und die Pflanze
durch die Lichtstrahlen erwärmt wird. Der Unterschied zwischen trock-
1) Vergl. Hann 1908—11.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 4
50 Standort (ökologische Faktoren) .
‚nen und feuchten Klimaten beruht auf dem Grade der relativen Luft-
feuchtigkeit. Diese hat eine große ökonomische Bedeutung für die
Pflanze, z. B. für das Wachstum, indem sie die Größe der Verdunstung
beeinflußt.
Da die Größe der Verdunstung indessen auch von mehreren anderen _
Verhältnissen abhängt, unter anderem von der Temperatur, der Größe
und der übrigen Beschaffenheit der Oberfläche des verdunstenden Körpers,
so ist es leicht verständlich, daß die Pflanzen sehr viele Anpassungen
morphologischer und anatomischer Art hervorgebracht haben, die sie
befähigen, das Leben unter verschiedenen Feuchtigkeitsverhältnissen zu
fristen (vergl. namentlich den 2. Abschnitt). In einigen Fällen strengt
sich die Pflanze an, die Verdunstung bis zu einem gewissen geringen
Grade herabzusetzen, in anderen Fällen vielmehr zu fördern; gewisse
Pflanzen können nur in sehr feuchter Luft assimilieren, z. B. viele
Schattenpflanzen auf dem Waldboden (Moose, Farne, namentlich Hy-
menophyllaceen u. a.), Pflanzen in der Nebelregion der Gebirge usw.;
viele von ihnen sind Epiphyten; man faßt sie unter dem Namen Hygro-
phyten zusammen!). Andere Arten sind an sehr trockene Luft angepaßt.
Die Bauverhältnisse, die gegen trockene Luft schützen und auch die
Verdunstung herabsetzen, sind teilweise dieselben, die gegen zu starkes
Licht schützen (vergl. 2. Kap.). Es muß hier sogleich bemerkt werden,
daß es sehr schwierig ist, zu entscheiden, was der Luftfeuchtigkeit und
was anderen Faktoren zuzuschreiben sei, die mit jener zusammen-
arbeiten; die S. 26ff. behandelten Eigentümlichkeiten der Schatten-
pflanzen werden kaum nur durch die größere Luftfeuchtigkeit verursacht,
die im Schatten im Vergleich mit der Luft außerhalb des Schattens zu
herrschen pflegt, sondern auch durch das schwächere Licht, gleichwie
die Eigentümlichkeiten der Sonnenpflanzen sowohl durch starkes Licht,
als durch starke Wärme und starke Verdunstung verursacht werden.
Sorauer, Mer, Vesque und Viet, Lothelier u. a. haben gefunden, daß die
Wirkungen von feuchter Luft den Wirkungen von Lichtmangel ähnlich
sind. Die Pflanzen werden länger, gestrecktgliedrig, dünner, bleicher,
die Blattflächen kleiner und dünner, durchsichtiger, und der dorsiventrale
innere Bau wird verwischt, indem das Palisadengewebe nur schwach
oder gar nicht entwickelt wird; die Gefäßbündel werden schwächer, die
Intercellularen größer, das mechanische Gewebe schwächer oder gar
nicht entwickelt u.a. Es sind sicher Transpirationsunterschiede,
die sowohl in dem einen als in dem anderen Falle der Grund für diese
Unterschiede des Baues sind. u
Moose und Flechten können im lufttrockenen Zustande vermutlich
Wasserdampf aus der Luft aufnehmen; es ist indessen sehr unsicher,
‘) Grisebach schuf diesen Namen; von öypsc feucht und- vurov Pflanze.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 51
wie weit Blütenpflanzen zu ähnlicher Benutzung des Wasserdampfes
befähigt sind. Möglicherweise können z. B. gewisse Haarbildungen oder
die Außenzellen der Luftwurzeln von Orchideen, Araceen usw. („Vela-
mina“ Fig. 27) die Verdichtung von Wasserdampf ermöglichen. Möglicher-
weise beruhen die vermeintlich wahrgenommenen Fälle auf einer durch
Temperaturwechsel hervorgerufenen Ausscheidung von tropfbarflüssigem
Wasser auf oder in den Pflanzenteilen. Daß welkende Pflanzen an
warmen Tagen abends turgescent werden, braucht nicht auf der Ver-
dichtung von Wasserdämpfen aus der abends feuchteren Luft zu beruhen,
sondern ist unzweifelhaft besonders den Umständen zuzuschreiben, daß
die Transpiration dann wegen des geringeren Sättigungsdefizits geringer
ist und daß die Wurzeltätigkeit, die vielleicht ununterbrochen in die
Pflanze Wasser heraufgeführt hatte, dann imstande ist, soviel oder mehr
Wasser heraufzuleiten als verdunstet.
Fig. 26. Anastatica hierochuntica, „Rose von Jerichow*“.
1. in vertrocknetem, 2. in feuchtem Zustande (verkleinert); 3. ein Stück eines
Zweiges in natürlicher Größe. (Aus Warming-Johannsen.)
Ein anderes Verhältnis ist, daß gewisse Wüstenpflanzen hygro-
skopische Salze ausscheiden, die nachts aus der feuchteren Luft Wasser
ansaugen; aber daß dieses Wasser, das die Oberfläche der Pflanze be-
netzt, auch von ihren Zellen aufgenommen und ausgenutzt werde, ist
kaum richtig).
Durch geringe Luftfeuchtigkeit auf der einen, die größere auf der
anderen Seite sind sicher auch die Erscheinungen der Hygrochasie
und der Xerochasie?) mit veranlaßt. Eine Anzahl Pflanzen aus Ge-
bieten mit ausgeprägter Dürreperiode schließt nach der Fruchtreife die
Samen resp. Früchte fest ein (Anastatica Hierochuntica, die „Rose von
Jericho“ (Fig. 26), Odontospermum pygmaeum, Lepidium spinosum, Ammi
1) Volkens 1887; Marloth 1887; Massart 1898 a; J. Schmidt 1904.
2) Ascherson 1892; von öypög feucht resp. &npös trocken und yatvw klaffen.
4*
52 Standort (ökologische Faktoren)
visnaga usw.) und erst durch eine Regenzeit werden die Samen frei und
können keimen. In den kühleren und damit feuchteren Gebieten, z. B.
in Mitteleuropa, überwiegt dagegen ganz auffällig die Xerochasie, in
feuchten Zeiten bleiben Früchte und Samen eingeschlossen und erst im
trockneren Frühjahr werden sie durch Ausspreizen der Fruchtköpfe usw.
entlassen (z. B. Daucus carota), wenn die Winterfeuchtigkeit den Säm-
lingen der meist Pontischen Pflanzen nicht mehr schadet.
Niederschläge. Sinkt die Temperatur bis zu einem gewissen
Punkte, so daß die Luft die aufgenommene Wassermenge nicht in Luft-
form behalten kann, so wird sie unter einer oder der anderen der drei
bekannten sichtbaren Niederschlagsformen ausgeschieden: als Nebel
(Wolken), Regen (Schnee) oder Tau (Rauhfrost). Die Niederschläge
werden teils vom Boden aufgenommen und kommen auf diesem Wege
der Haushaltung der Pflanze zu gute (vergl. 9. Kap.), teils von den ober-
irdischen Teilen der Pflanzen aufgefangen, mit denen sie in unmittel-
bare Berührung kommen und die in gewissen Fällen zu ihrer Aufnahme
angepaßt zu sein scheinen. Viele Pflanzen haben keine anderen Quellen
für das Wasser als die unmittelbaren Niederschläge (Epiphyten, Felsen-
und Gesteinspflanzen, das Sphagnum vieler Heidemoore).
Anpassung an die Aufnahme von Niederschlägen. Es gibt
Pflanzen, die sehr leicht und schnell mit ihrer ganzen Oberfläche tropfbar-
flüssige Niederschläge aufnehmen und dadurch turgescent werden, z.B.
Flechten, Moose, gewisse Luftalgen; diese Pflanzen ertragen zugleich in
hohem Grade Austrocknung. Andere Pflanzen können an gewissen Stellen
der Oberfläche benetzt werden und Wasser aufnehmen, haben jedoch
andere Stellen, wo dieses nicht geschehen kann oder die schwierig be-
netzt werden (wegen einer dicken Kutikula, wegen Wachsüberzügen u. a.).
Einige Pflanzen haben besondere Organe für die Aufnahme von Wasser
aus Niederschlägen (z. B. Luftwurzeln mit eigenem Sauggewebe (Fig. 27),
alte, schwammige Pflanzenreste, die begierig Wasser einsaugen, Haare, die
Wasser aufsaugen können (Bromeliaceen u.a., Fig. 28—31), eigentümliche
Zellen in den Blättern mit durchlöcherten Wänden (Sphagnum) u. a.).
Vergl. hierüber spätere Abschnitte, besonders den über die Anpassungen
der Xerophyten (2. Abschnitt).
Aber im allgemeinen muß man annehmen, daß Wasser von den
oberirdischen Organen nur aufgenommen wird, wenn die Wurzel der
Pflanze kein Wasser zuführen kann und die Pflanze keinen Vorrat mehr
enthält; jene Wasseraufnahme ist für die gewöhnlichen Pflanzen zu-
nächst ein Notbehelf (Versuche von J. Boehm 1863, Detmer 1877,
Tschaplowitz 1892, Kny 1895, Wille 1887) ).
*) Vergl. auch Burgerstein 1904.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 53
Platzregen, namentlich die heftigen, bei Gewittern fallenden,
tropischen Regengüsse, können die Pflanzenteile, besonders die jungen,
noch zarten, mechanisch beschädigen !).
Als Schutz gegen Platzregen sollen folgende Einrichtungen Be-
deutung haben: 1. Die Blätter vieler, besonders tropischer Pflanzen
sind aufwärts oder abwärts gerichtet, so daß der Regen sie unter
spitzeren Winkeln trifft und minder heftig wirkt (dieses und anderes
im folgenden Erwähnte spielt auch bei der Beleuchtung eine Rolle;
vergl. S. 22 ff.); besonders viele junge Pflanzenteile, sowohl einzelne
RE
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Fig. 27. Querschnitt durch die Wurzel der Orchidee Dendrobium nobile.
vl Velamen (Wurzelhülle), in vielen Zellen sind die Verdickungsleisten zu sehen;
ee Exodermis; f Durchlaßzellen; e Rinde der Wurzel; eö Endodermis; p Pericykel;
8 Holzteile; v Siebröhre; m Mark. 28:1. (Nach Straßburger.)
Blätter als ganze Zweige, sind hängend und richten sich erst aufwärts,
wenn sie einen festeren Bau haben (viele Tropenpflanzen, Picea usw.).
2. Faltungen und Kräuselungen der Blattspreiten können vielleicht ähn-
lich wirken?). 3. Andere Pflanzen, die zusammengesetzte Blätter haben,
führen schon Variationsbewegungen aus, wenn sich der Himmel ver-
dunkelt, bevor der Regen selbst gekommen ist; die Blättehen werden
daher unter spitzeren Winkeln getroffen werden. 4. Die fein zusammen-
ı) Nach Wiesner 1895 war das Gewicht des größten künstlich erzeugten Regen-
tropfen 62 g, während der größte wirklich beobachtete nur 16 g wog.
®) Kny 1895.
54 Standort (ökologische Faktoren)
gesetzten Blätter vieler Tropenbäume werden im ganzen eine weniger
leicht angreifbare Spreite darbieten als ungeteilte und breite Blätter.
5. Die leichte Beweglichkeit der Blätter oder beblätterten Zweige bietet
weiter einen äußerst wirksamen Schutz gegen deren Verletzung durch
Regentropfen. Der stärkste fallende Regen kann an ihnen keine andere
Wirkung hervorbringen als daß die beweglichen Organe hin- und her-
geschüttelt werden ').
Hagel kann für die Pflanzen noch vernichtender als Regen sein, aber es gibt
doch kaum besondere Anpassungen zum Schutze gegen die von Hagelwetter drohenden
Gefahren, obgleich man dieses gemeint hat?).
Nebel (Wolken) absorbiert Licht und wird dadurch die Kohlen-
säureassimilisation hemmen können (vergl. S. 15). Er hindert auch die
Erwärmung des Bodens, und da besonders die chemisch wirksamen
Strahlen absorbiert werden, so wird er auch in anderer Weise auf die
Vegetation einwirken können. Gegen ihn gibt es kaum einen Schutz.
Nebel kann unter Umständen von sehr großer Bedeutung für die
Wasserversorgung der Pflanzen sein und die ganze Physiognomie der
Vegetation beeinflussen. Auf vielen Bergen liegt täglich in einer bestimm-
ten Höhe (Nebelregion) eine dichte Nebellage, die große Vegetations-
verschiedenheiten hervorruft. Am Nordabhang der Pyrenäen z.B. fehlen
in der Nebelregion viele alpine Arten, welche sowohl in höheren als in
niedrigeren Lagen vorkommen, die Matten sind an jenen Stellen arten-
und blütenärmer, aber dafür vegetativ üppiger. Es ist dies der größeren
Feuchtigkeit und Lichtschwäche zuzuschreiben?). Ganz ähnliche Er-
scheinungen schildert Marloth aus Südafrika: „Die untere Grenze der
Bergregion liegt überall dort, wo der Einfluß der Südostwolken aufhört“.
Im Sommer kann das Land sumpfig werden bei längerem Bestehen der
Südostwolken. — Thomas beobachtete in Thüringen, daß das regelmäßige
Lagern einer Nebelkappe an bestimmten Abhängen das Ergrünen der
Buchen erheblich verzögert. |
Taubildung. ist für regenarme Gegenden von größter Bedeutung;
viele, besonders tropische Gegenden würden fast pflanzenlos sein, wenn
der Tau in der trocknen Zeit nicht stark wäre. Die Taubildung ist in
den Tropen viel stärker als unter höheren Breiten. Sie spielt z. B. im
Pflanzenleben der Wüsten Afrikas eine außerordentliche Rolle®); sie muß
es sein, die an vielen Stellen die Frühjahrserscheinungen hervorruft,
obgleich in mehreren Monaten kein Regentropfen fiel5). Nach Mez®)
!) Wiesner 1895.
®) Kny 189.
®) Marchand u. Bouget.
*) Volkens 1887; vergl. die ihm entlehnte Fig. 31.
°) Warming 1892.
®) Mez 1904.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 55
Fig. 28. Tillandsia usneoides. Querschnitt durch eine
Schuppe. Nur in drei axialen Zellen ist der Zellinhalt
gezeichnet (in der obersten ist er kontrahiert durch
Wirkung des Alkohols. (Nach Schimper.)
Fig. 29. Schuppe von Tillandsia usneoides,
von oben gesehen. (Nach Schimper.)
Fig. 31. Diphotaxis harra.
Fig. 30. Wasseraufnehmende Schuppe einer A Wasserabsorbierendes Haar und
Bromeliacee; oben gefüllt, unten entleert. B Basis desselben im Längsschnitt.
(Nach Haberlandt.) (Nach Volkens.)
56 Standort (ökologische Faktoren)
sind einige epiphytische Bromeliaceen, z. B. Tillandsia usneoides, sehr
befähigt, den Tau aufzunehmen, und zwar durch ihre eigentümlichen,
schüppchenartigen, locker anliegenden Haare (Fig. 28—30); wenn die
tauabsorbierenden Blätter ein Wassergewebe von beträchtlicher Aus-
dehnung haben, so liegt dies auf der unteren Seite des Blattes, auf der
Oberseite aber bei Blättern, die an die Aufnahme von Regen angepaßt
sind. In gemäßigten Regionen mag die Taubildung recht erheblich sein,
in der größten Mehrzahl der Fälle wird sie für das Pflanzenleben aber
nicht so sehr von Bedeutung sein als Quelle der Wasserlieferung, son-
dern weil durch sie die Verdunstüng herabgesetzt wird. Auch für das
Leben unserer Heidemoore besonders der Sphagna ist der Tau höchst
bedeutungsvoll; er ist auch hier in regenarmen Zeiten die einzige
Wasserquelle.
Man muß annehmen, daß die Pflanzen überall an die gegebenen
durchschnittlichen Wassermengen angepaßt sind. Viele Landpflanzen
hängen von einer bestimmten Regenmenge ab').
Schutz gegen Niederschläge. Wie die Pflanzen zu wenig
Wasser erhalten können, können sie auch zu viel erhalten, von den
Niederschlägen ungünstig beeinflußt werden und müssen sich gegen sie
schützen. Es gibt auch hier große spezifische Unterschiede: einige
Pflanzen sind nach Wiesner?) „regenfreundlich“ (ombrophil) und
können monatelang Regen ertragen, andere sind „regenschen* (om-
brophob) und verlieren die Blätter schnell. Xerophyten sind meist regen-
scheu, Mesophyten sind regenfreundlich oder regenscheu. Regenscheue
Pflanzen haben meist nicht oder schwer benetzbare Blätter, während die
der regenfreundlichen Arten meist leicht benetzbar sind.
Manche Verhältnisse werden als Anpassung an die Ableitung
von Regen betrachtet. Jungner und Stahl haben bei Pflanzen aus
regnerischen Klimaten mehrere eigentümliche Bauverhältnisse nach-
gewiesen, die vermutlich dazu dienen, den Regen von den Blättern
schnell abzuleiten, damit er nicht die Transpiration hemme, die Pflanzen
zu stark belaste, und die zugleich zum Wegspülen von Parasitensporen
und ähnlichem dienen. Dazu gehören namentlich die Träufelspitzen,
d.h. die außerordentlich langen, besonders bei ganzrandigen Blättern
der Tropen vorkommenden plötzlichen Zuspitzungen, wodurch das Regen-
wasser leicht weggeleitet wird, z. B. bei Ficus religiosa (Fig. 32),
Theobroma cacao, Dioscorea-Arten u. a.
Ob gewisse andere Verhältnisse, worauf z. B. Lundström aufmerk-
sam gemacht hat, einen ähnlichen Nutzen haben, ist nicht ganz sicher;
so werden Haarleisten, z. B. bei Stellaria media und Veronica chamae-
1) Wiesner 1894, 1897.
2) Wiesner 1893.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 57
drys, als Mittel zur Wasserwegleitung aufgefaßt, desgleichen rinnen-
förmig vertiefte Blattnerven und Blattstiele (bei Lamium album,
Humulus lupulus, Aruncus silvester)') und Sammetblätter in dem
Tropenwalde (vergl. 4. Abschn., Trop. Regenwald).
Die vitale und die morphologische Bedeutung
des Wassers für die Pflanzen wird übrigens später
behandelt werden können, teilweise unter den ein-
zelnen Vereinsklassen. Hier sei nur noch einiges
angeführt.
Ein: feuchtes Klima verlängert die Lebens-
dauer der Individuen und der Blätter; der
antarktische Wald, z. B. in dem feuchten Klima
von Neuseeland, ist immergrün; ebenso der an
der Westküste von Südamerika im Gegensatze zu
dem laubwechselnden Buchenwald an der Grenze
des patagonischen Steppengebietes. Trockenheit
hingegen verkürzt die Vegetationszeit, beschleu-
nigt Blühen, Fruchtansatz und Samenreife, ruft
eine ausgeprägte Ruhezeit und in Steppen und
Wüsten die Entwicklung sehr vieler einjähriger
Arten hervor.
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Fig. 32. Regenblatt
mit Träufelspitze von
Ficus religiosa.
Die geographische Bedeutung des Wassers ist noch größer
als die der Wärme, weil seine Verteilung noch ungleicher ist: dieses
gilt nicht nur im großen, sondern auch, und vorzugsweise, im kleinen.
Das Wasser ist einer der allerwichtigsten Faktoren für die Art und
die Verteilung der Vereine, aber besonders ist es doch das an den
Boden gebundene Wasser, das im kleinen geographische Unter-
schiede hervorruft (vergl. 9. Kap.).
Nicht nur die Größe der Niederschläge, sondern auch die
verschiedene Verteilung der Luftfeuchtigkeit und der Nieder-
schläge nach Zeit und Ort hat zunächst für die Unterschiede der
Vegetation im großen Bedeutung. Darauf beruht die Entwicklung
äquatorialer Waldzonen, wo es das ganze Jahr regnet, die von Wüsten-
zonen auf beiden Seiten des Äquators mit sehr spärlichen, auf wenige
Monate beschränkten Niederschlägen und die der großen, gemäßigten
Waldzonen: jene Verteilung ist also ein geographischer Faktor ersten
Ranges. Die Verschiedenheit der Wasserkapazität der Bodenarten und
der Verlauf resp. das Verhalten des oberflächlich ablaufenden oder
stagnierenden Wassers bedingen mehr die Vegetationsunterschiede auf
kleinen Strecken.
1) Stahl 1898.
58 Standort (ökologische Faktoren)
Die feuchteren Teile Deutschlands und die Mittelmeerländer haben
ungefähr die gleiche Regenhöhe (etwa 700 bis 760 em), aber in Deutsch-
land regnet es fast zu allen Jahreszeiten, in Italien aber meist nur im
Winter; der heiße Sommer dagegen ist trocken; daher hat Deutschland
vorwiegend mesophile Vegetation, Italien aber überwiegend eine aus-
gesprochen xerophile.
In höheren Gebirgen hängt die Ausbildung der Regionen von der
Verteilung der Niederschläge ab. Sehr oft kann man drei Regionen unter-
scheiden: eine untere mit spärlichem Regen, eine mittlere, die Wolken-
region mit viel Nebel und Regen (diese ist in der Folge mit Wald
bedeckt) und schließlich eine dritte trockene, die über die Wolken
. hinausragt (so ist es z.B. am Tian-Shan, auf Madeira, Teneriffa usw.).
Gebirge zeigen oft eine trockene Leeseite und eine Wetter- (Luv-) Seite
mit reichlichem Regen. Die Küstengebirge eines Landes können allen
Regen abfangen, so daß im Binnenlande Steppe, Savanne oder ähn-
liche Vereine trockener Böden herrschen, während sich in der Küsten-
region reichlicher Waldwuchs entwickelt (vergl. z. B. die Küstenregion F
Brasiliens und die Campos im Innern).
Sobald auf natürlichem oder künstlichem Wege auf trocknem Ge-
lände mit nur wenig überschüssigem Wasser ein Pflanzenverein auf-
wächst, wie z. B. ein Kiefernwald, so wird durch die Verdunstung der
Pflanzen die natürliche Bodenfeuchtigkeit derart beeinflußt, daß oft kaum
irgendwelches Unterholz oder Nachwuchs sich anfindet. Die Nadelhölzer
und andere immergrüne Gewächse verdunsten auch im Winter, die laub-
wechselnden im wesentlichen nur im Sommer, dann aber viel stärker.
Beides wirkt auf den Nach- und Unterwuchs (auch die Krautflora ist oft
äußerst ärmlich), wie auch auf den etwa nachfolgenden Pflanzenverein
sehr stark!).
Es ist ein sehr großer Unterschied, ob dieselbe Regenmenge
gleichmäßig über einen großen Zeitraum, wie in Mitteleuropa, verteilt
wird, oder ob sie in einer sehr kurzen Zeit als heftiger Gewitterregen
herabfällt, während die übrige Zeit des Jahres trocken ist; die Anzahl
der Regentage ist insoweit wichtiger als die Regenmenge. Im ersten
Falle wird diese der Vegetation viel besser zu gute kommen können;
im anderen wird der ausgetrocknete Boden nicht imstande sein, das
Wasser aufzunehmen, so daß das meiste auf der Bodenoberfläche, über-
schwemmend und zerstörend, abläuft oder in die Tiefe sickert. Im ersten
Fall erhalten wir ganz andere (mesophile) Lebensformen und ganz andere
Formationen als im anderen, wo wir es mit extremeren Verhältnissen
zu tun haben?).
) Vergl. auch Fuller 1911.
?) Weikof 1887; Köppen 1900.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 59
Es ist auffallend, wie selbst in kleineren Gebieten die verhältnis-
mäßig geringfügigen Unterschiede in den Niederschlagsmengen große
Verschiedenheiten der Vegetation bewirken können. So dominiert in den
regenreicheren Teilen Norddeutschlands besonders im Nordwesten die
Heide, in ihrer Begleitung wachsen eine ganze Reihe typisch atlantischer
Pflanzen, die dem regenärmeren Osten fehlen. Im Osten ist dafür eine
viel reichere Flora Trockenheit liebender Arten verbreitet, die sich (auch
in der Kultur) gegen hohe Feuchtigkeit, besonders im Frühjahr und
Herbst, sehr empfindlich zeigen !). — Die neuen Regenkarten der großen
Stromwerke Preußens, sowie die Karten Hellmanns?) zeigen die Abhängig-
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Fig. 33. Hydrothermfigur für Sumatra (nach Raunkiär).
Die Hydrothermfiguren stellen gleichzeitig Rengenmenge (punktierte Linie)
in cm und Wärmemenge in Centigrade dar.
keit der Flora für Norddeutschland sehr deutlich®). In gebirgigen Län-
dern ist dieser Einfluß der Niederschlagsmengen natürlich noch viel
stärker in die Augen springend®). Die Abhängigkeit der Landwirtschaft
von diesen Dingen ist in neuerer Zeit namentlich von Engelbrecht?)
studiert worden.
Schwache Regenmengen kommen der Vegetation oft in geringem
Grade oder gar nicht zu gute, weil die Verdunstung zu stark ist und
das Wasser verdunstet, bevor es in den Boden hinabdringen kann.
2) Graebner 1895, 1897, 1901, 1909, 1910 c.
2) Hellmann 1903, 1904 usw.
®) Vergl. auch Graebner 1901, 1904 (Karten).
*, Vergl. Ziegler 1886 (Main und Mittelrhein); Hellmann 1903 (Westfalen).
5 Engelbrecht 1905.
60 Standort (ökologische Faktoren)
Die Zeit der Niederschläge (vergl. Fig. 33 und 34) ist von
größter Bedeutung. Wo in den Tropen starke Regenfälle über das ganze
Jahr verbreitet sind, überwiegt der immergrüne Regenwald; wo die
Niederschläge gleichfalls sehr reichlich sind, aber nur in einigen Monaten
des Jahres fallen, während der Rest trocken ist, kann noch Hochwald
existieren, er wird aber aus laubwechselnden Gehölzen zusammengesetzt
sein. Im Mittelmeergebiete und in Südwestaustralien!), wo, wie oben
erwähnt, die Winterregen herrschen, ist der Typus der Vegetation gänz-
lich abweichend von solchen Ländern, in denen der Regen im Sommer
fällt. Die beiden genannten Gebiete sind als Folge der Winterregen
waldarm, dagegen reich an Steppen- und Buschland, während die Vege-
tation mit Sommerregen, beispielsweise in Ostaustralien, durch Regen-
wälder und baumreiche Savannen ausgezeichnet ist. Im Mittelmeer-
gebiete und Südwestaustralien wird durch die heißen und trocknen
Sommer (Fig. 34) eine xerophile Vegetation herrschen, in den Gebieten
mit derselben Menge Sommerregen dagegen wird die Vegetation mehr
mesophilen Charakter tragen; in den gemäßigten Gebieten mit einer
gleichmäßigeren Verteilung der Niederschläge wird die Vegetation ein
mehr mesophiles Gepräge erhalten?). — Axel Lange?) hat sicher mit
Recht darauf hingewiesen, daß die zahlreichen Schädigungen des
Winters 1908—9, wie sie im Botanischen Garten in Kopenhagen, aber
auch anderwärts (!) auftraten, sehr wesentlich auf die Trockenperiode
des Herbstes 1908 zurückzuführen waren.
Gegen trockene Jahreszeiten können sich Pflanzen schützen, in-
dem sie ihre stark verdunstende Oberfläche abwerfen, laub-
wechselnd werden. Andere Pflanzen, die ihr Laub auch in der
Trockenzeit behalten, müssen darum Einrichtungen haben, die ihnen
genügenden Schutz für diese Zeit geben. In den tropischen Gebieten
mit ausgesprochener längerer Trockenperiode sind die laubwechselnden
Gehölze die Regel, aber auch nur dort, wo sehr ausgesprochene Trocken-
perioden vorhanden sind. Volkens*) betont in seinen vortrefflichen
Untersuchungen über den Laubfall in den Tropen: „Die die Blätter
völlig abwerfenden Arten in Buitenzorg, sowohl die indigenen als die
meisten eingeführten, lassen nicht erkennen, daß der Wechsel zwischen
einem regenreichen und einem regenarmen Jahresabschnitt mit dem
Wechsel des Laubes in ursächlichem Zusammenhang steht. Es gibt
Arten, die den Wechsel regelmäßig in Jahresperioden vollziehen. Dar-
unter sind zum mindesten ebensoviele, die zu der Zeit der höchsten, als
1) Diels 1906.
?) Vergl. 4. Abschnitt, mesophile Formationen.
®) A. Lange 1909.
*) Volkens 1912, 8. 22.
4. Kap. Luftfeuchtigkeit und Niederschläge 61
zur Zeit der geringsten Niederschlagsmenge kahl werden. Es gibt andere
Arten, bei denen der Wechsel regelmäßig in halbjährigen, wenige, bei
denen er in vier- bis fünfmonatlichen Fristen eintritt, d. h. sowohl in der
Trocken- als in der Regenzeit. Es gibt endlich Arten, bei denen die
Periodizität keine regelmäßige und bestimmte Fristen innehaltende ist,
bei denen Individualitätsunterschiede in so starkem Maße hervortreten,
daß wir die einen Exemplare sich im feuchten, die anderen sich im
trockenen Jahresabschnitt entlauben sehen.“
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Fig. 34. Hydrothermfigur für Süditalien (nach Raunkiär, 1907).
In subtropischen (warm-temperierten) Zonen überwiegen immer-
grüne Bäume und Sträucher; viele Kräuter vertrocknen während der
trockenen Jahreszeit. Wo in diesen Zonen Sommerregen fallen, mag
vielleicht die verringerte Transpiration während der kühleren Winter die
Ursache für die immergrüne Erhaltung der Blätter sein. In Gegenden
mit Winterregen (Fig. 34) sind die Verhältnisse für winterkahle Gehölze
ungünstig, weil die Sommer zu trocken sind; sommerkahle Gehölze sind
dort nicht so häufig als immergrüne. In trockenen Gebieten mit sehr
kurzer Vegetationszeit (Steppen und Wüsten) dörren alle oberirdischen
Teile während der trockenen Zeit.aus und die meisten Gehölze werfen ihre
Blätter ab. Dabei mag erwähnt werden, daß in manchen Steppengebieten
62 Standort (ökologische Faktoren)
(z.B. in Südrußland und Ungarn) die Sommermonate, in denen das Kraut
vertrocknet, die regenreichsten des Jahres sind, aber einerseits ist die
Regenmenge nicht groß, andererseits ist die Verdunstung in den heißen
Sommermonaten bei der trockenen Luft so groß, daß das zur Verfügung
stehende Wasser nicht für die Erhaltung der Pflanzen genügt. Die Früh-
jahrsregen sind trotz der geringeren Wassermenge erheblich wirksamer.
In kühlen gemäßigten Zonen ist der Winter im allgemeinen
als eine „physiologisch trockene“ Jahreszeit!) zu betrachten, weil wäh-
rend der Kälteperioden die Pflanzen kein Wasser aus dem Boden saugen
können, die Verdunstung aber nicht aufhört. Die Gehölze sind deshalb
entweder laubabwerfend, oder, wenn sie immergrün sind, haben sie
Schutzeinrichtungen gegen zu starke Verdunstung (Nadelhölzer usw.).
Nach Grisebach?) ist der Verdunstungsschutz bei den laubabwerfenden
Gehölzen im Winter sehr wirksam, der Laubwechsel an sich aber nicht
ökonomisch, weil ein gut Teil der Vegetationszeit mit der Hervorbringung
neuen Laubes verbraucht wird; infolgedessen überwiegen die immergrünen
Nadelhölzer in Gebieten, in denen die Länge der Vegetationszeit unter
ein bestimmtes Minimum sinkt. Nach Köppen?) läuft die Südgrenze der
Gebiete mit überwiegendem Nadelwaldbestande parallel den Linien, die
die gleiche Dauer der Vegetationsperioden anzeigen. Die Kräuter in den
kühleren gemäßigten Zonen sind zum ‘großen Teil immergrün, weil sie
im Winter Schutz unter der Schneedecke finden. Dasselbe gilt für die
Kräuter und Zwergsträucher der arktischen Zonen. ;
Es ist selbstverständlich, daß die Umstände, die die Menge, die
Verteilung und andere Unterschiede der Niederschläge beeinflussen, in-
direkt für die ökologische Pflanzengeographie Bedeutung erhalten. Solche
Umstände sind besonders die topographischen Verhältnisse: Relief der
Erdoberfläche, Höhe über dem Meere, Nähe des Meeres, herrschende
Winde und deren Feuchtigkeitsgehalt (vergl. Kap. 19).
Wärme und Feuchtigkeit sind die beiden wichtigsten Faktoren für die Ent-
wicklung der Vegetation. Nach den verschiedenen Mengeverhältnissen, worin sie den
Pflanzen dargeboten werden und diese ihnen angepaßt sind, hat Alph. de Candolle®)
die Pflanzen in folgende 6 Gruppen geteilt:
1. Hydromegathermen, d.h. Pflanzen, die an Wasser und an Wärme (mindestens
20° mittlere Temperatur) die größten Anforderungen stellen; ihre Heimat sind
gegenwärtig besonders die tropischen feuchten Gegenden; aber früher waren sie
gewiß weit verbreiteter.
2. Xerothermen, die Trockenheitspflanzen, die viel Wärme verlangen, aber an
Wasser die bescheidensten Ansprüche stellen. Hierher gehören Wüsten-, Steppen-
und Savannenpflanzen. i
!) Schimper 1898.
?) Grisebach 1872.
®) Köppen 1900.
*) Alph. de Candolle 1874.
5. Kap. Luftbewegungen 63
3. Mesothermen, die eine jährliche Mitteltemperatur von 15—20° und jedenfalls
zu gewissen Zeiten eine recht reichliche Feuchtigkeit verlangen und anhaltende
Trockenperioden nicht ertragen können. In der Tertiärzeit waren sie bis zu den
Nordpolarländern verbreitet.
4. Mikrothermen, die eine jährliche Mitteltemperatur von 0—15°, geringe Sonnen-
wärme, gleichmäßig verteilte Niederschläge und eine durch Kälte hervorgerufene
Ruhezeit beanspruchen.
5. Hekistothermen wachsen jenseits der Grenzen des Baumwuchses, wo die jähr-
liche Mitteltemperatur unter 0° sinkt; sie ertragen lange Lichtmangel.
6. In den früheren Erdperioden gab es Megistothermen, die hohe, gleichmäßige
Temperaturen (über 30°) verlangten. Es waren besonders Sporenpflanzen.
A. de Candolles Gruppen sind insofern etwas unnatürlich, als es keine Pflanzen
gibt, die von der jährlichen Mitteltemperatur abhängen, die Vegetation dagegen von
der Dauer der Vegetationszeit und den zuträglichen Temperaturen, von dem Minimum
der Temperatur und Feuchtigkeit stark beeinflußt wird, so daß diese Daten nicht über-
gangen werden dürfen. Köppen') schlägt deshalb folgende Anordnung vor:
‘1. Hydromegathermen: Mitteltemperatur im kältesten Monat mehr als 16° C.
2. Xerophilen: Der feuchteste Monat hat weniger als 12 Regentage.
3. Mesothermen: Mitteltemperatur des kältesten Monats unter 16°C, aber nicht
für lange Zeit unter 0°.
4. Mikrothermen: Winter mit Perioden von längerem Frost (mit liegenbleibendem
Schnee).
5. Hekistothermen: Mitteltemperatur des wärmsten Monats unter 10°C.
Drude ?) unterscheidet neuerdings 18 Klimagruppen.
5. Kap. Luftbewegungen
Die Winde haben teils für die Pflanzenformen, teils für die Ver-
teilung der Pflanzen in der Landschaft große Bedeutung. Diese sieht
man am deutlichsten da, wo sie über große Flächen hin wehen können,
ohne daß Berge, Wälder, Städte u. a. ihre Macht brechen, also besonders
an Meeresküsten und auf großen Ebenen, z.B. auf den asiatischen
Steppen, in der Sahara usw.; ferner auch, wo ein bestimmter Wind,
namentlich der Passat, vorherrscht. Einige Winde bringen Regen, andere
Trockenheit.
Die Wirkungen zeigen sich in Gegenden mit losem Sandboden,
z.B. an vielen Küsten und in Sandwüsten, in der Bildung von Dünen
mit einer an sie gebundenen höchst eigentümlichen Vegetation. Sie
zeigen sich auf hohen Gebirgsketten in der Verteilung der Nieder-
schläge, indem die Windseite die von den Winden mitgebrachte Feuchtig-
keit auffängt (vergl. Australiens Ost- und Südostküste, die West- und
Ostseite der Anden), während die Leeseite („Windschattenseite*) trocken
!) Köppen 1900.
2) Drude 1913, $. 149 ff.
64 Standort (ökologische Faktoren)
bleibt; sie zeigen sich im Anschluß hieran in der Verteilung der ver-
schiedenen Pflanzenvereine nach ihrem Feuchtigkeitsbedarf, darin,
daß viele Arten und ganze Vereine in ihrer Höhe über dem Meere be-
schränkt werden, und in anderen Lebensgrenzen. Sehr bemerkenswert ist
die Bedeutung des Föhn für die Vegetation!). Der in den Gebirgen zum
Aufsteigen gezwungene Wind verliert durch die Verdünnung und die
damit Hand in Hand gehende Abkühlung seinen Wasserdampf als Regen.
Durch die Verdichtung des Wassers wird latente Wärme frei und der
Wind erhält dadurch einen Teil der verlorenen Wärme zurück. Jenseits
des Berges senkt sich der Wind wieder zu Tal, wird dadurch wieder
verdichtet und noch. stärker erwärmt (Prinzip der Eismaschine) und
bläst als sehr trockener warmer Wind (Föhn) das Tal entlang (vergl.
Bezold). Diese Föhntäler sind wegen ihrer Vegetation wärmerer Kli-
mate bekannt.
Die Winde?) üben, wo sie stark sind und vorzugsweise in einer
Richtung wehen, namentlich auf die Formen des Baumwuchses und
auf den Charakter der ganzen Landschaft einen außerordentlichen Einfluß
aus. Die Bäume zeigen besonders folgende Eigentümlichkeiten in der
Gestalt: sie werden niedrig, die Stämme sind oft in einer bestimmten
Richtung gebogen, die Äste zugleich gekrümmt und verbogen, die Sprosse
kurz, oft unordentlich verzweigt und miteinander verflochten; viele
Sprosse werden auf der Windseite getötet, bisweilen findet man nur auf
der Leeseite neue Sprosse; und die Kronen werden dadurch eigentüm-
lich gestaltet, indem sie sich von der Windseite ab neigen und wie
geschoren und abgerundet sind und gegen diese eine sehr dichte Ober-
fläche haben. Der ganze Wald oder das ganze Gebüsch neigt sich
in derselben Weise von der Windseite ab°®). Bisweilen sind es nur die
von den Wurzeln und vom Grunde der Stämme ausgehenden Sprosse,
die auf der am meisten ausgesetzten Seite das Dasein einigermaßen
behaupten können: ein Wald wird so auf Windseite zum Gestrüppe
herabsinken können, und dieses wiederum zuletzt in zerstreut und ein-
zeln stehende, haufenförmige Individuen aufgelöst werden können (z.B.
auf den Heiden Jütlands). Die Blätter werden kleiner als sonst und
erscheinen oft mehr oder weniger fleckig (wie angebrannt). Ähnliche
Einwirkungen des Föhnes in Ostgrönland auf Zwergsträucher und Stauden
haben Hartz und Kruuse*) behandelt und abgebildet; hier wirken die
Sand- und Steinmassen, die die Stürme mit sich führen, auf der Windseite
in besonderem Grade abschleifend und zerstörend („Sandgebläse*, Fig. 38).
!) Vergl. Hann 1897.
®) Über die Wirkungen der Winde vergl. Fig. 35—88.
®) Vergl. Früh 1901.
*) Hartz und Kruuse 1911; Hartz 1895.
mE u Alu 10 mE nn nd Zn
5. Kap. Luftbewegungen 65
Über diese letztere Wirkung vergl. auch Adamovi@'!). Nicht nur in den
Polargegenden und Hochgebirgen, sondern auch in den heißen Wüsten,
wo oft heftige Stürme wehen, kann man diese abschleifende Wirkung
des Windes beobachten; in Nordafrika .z. B. kann man die harten Polster
von Anabasis aretioides stark abgeschliffen finden.
1) Adamovi@ 1909; Bernätsky 1901.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 5
Fig. 35. Rasen von Dryas oetopetala in Ostgrönland, durch den Wind sind die Äste kahlgelegt.
(Nach Hartz u. Kruuse.)
66 Standort (ökologische Faktoren)
Windschäden könne eine allmähliche Herabdrückung der Wald-
grenzen bewirken. Nach Flahault sind die „prairies pseudoalpines“ durch
Austrocknung der Voralpenwiesen entstanden — die meisten Wiesen-
elemente gingen zugrunde und solche Flächen wurden dann mit xero-
philen Gräsern, subalpinen und alpinen Sträuchern bedeckt.
Über die Gründe für diese Wirkungen des Windes sind die
Meinungen sehr geteilt gewesen. A. Einige, z. B. Borggreve, nehmen
an, daß alles dieses wesentlich durch die mechanische Wirkung des
Windes auftrete, dadurch daß die Sprosse und die Blätter gegeneinander
gebogen, geschüttelt und gepeitscht werden; daß die Stürme Bäume zer-
brechen und Wälder umstürzen können, ist auch bekannt. B. Andere,
z. B. Focke, meinen, daß es besonders die von den Meereswinden mit-
geführten Salzteilchen (s. $. 11) seien, die den Pflanzen schaden; aber
dieselben Formenverhältnisse beobachtet man auch weit innen in den
Ländern, z. B. beim Eichengestrüppe im inneren Jütland. C. Andere
meinen, daß die Kälte schuld sei; aber an den tropischen Küsten,
z. B. in Westindien, sieht man unter der Einwirkung des Passates die-
selben Formen auftreten, wie unter unseren Breiten, und jeder Gegen-
stand, der Schutz gewährt, hebt die Wirkung des Windes auf (Fig. 37).
Die Wahrheit ist wahrscheinlich, daß besonders die durch den Wind
hervorgerufene Verdunstung, also die Austrocknung der Grund sei,
was Wiesner 1887, Kihlmann 1890 und Warming 1884 und in Ben
Vorlesungen 1889 "ausgesprochen haben !).
Das größte Gewicht legt Hansen?) auf die Wirkung des Windes, er will ihm
einen entscheidenden Einfluß auf die Mehrzahl der Pflanzenvereine zuschreiben. In der
recht einseitigen Behandlung der Frage geht er entschieden zu weit, auch erscheint die
frühere Litteratur nicht genügend berücksichtigt. Warming®) hat sich deshalb energisch
gegen ihn gewandt.
Der Wind wirkt austrocknend, desto mehr, je stärker er ist.
Er trocknet den Boden aus, der dadurch fest und humusarm wird;
dem Winde stark ausgesetzte Stellen erhalten eine verhältnismäßig
xerophile Vegetation. Er trocknet die Pflanzen aus, und diese müssen,
. um sich gegen Austrocknung zu schützen, den Verhältnissen angepaßt
sein. An Stellen, die gegen austrocknende Winde geschützt sind, ent-
wickelt sich die Vegetation anders, als wo der Schutz fehlt.
In ruhiger Luft werden die den Pflanzen zunächst angrenzenden
Luftteile dampfreich, und die Verdunstung wird gehemmt. Durch die
Luftbewegung werden sie beständig weggeführt, und neue, weniger
dampfreiche kommen mit den Pflanzenteilen in Berührung. Selbst wenn
die Luft sehr reich an Wasserdampf ist, wird ihre ununterbrochene
1) Warming 1884, $. 99. | .
®) Hansen 1901, 1903.
°) Warming 1902, 1903; vergl. auch Buchenau 1903.
5. Kap. Luftbewegungen 67
Erneuerung eine starke Verdunstung herbeiführen. Je trockener die
Luft und je stärker der Wind ist, desto stärker wird selbstverständlich
die Austrocknung werden. Föhnwinde wirken deshalb z. B. besonders
austrocknend. Durch diese Verdunstung werden das Längenwachstum
der Sprosse und der Blätter gehemmt (Zwergwuchs), viele Blätter und
Fig. 36. Empetrum-Heide in Westgrönland, vom Winde deutlich beschädigt.
(Phot. A. Jessen.)
Fig. 37. Croton flavens von den dänischen westindischen Inseln, arg vom
Passatwinde mitgenommenes Exemplar. (Phot. Dr. Börgesen.)
ganze Sprosse getötet, so daß unregelmäßige Verzweigung entsteht, und
hierdurch werden alle beobachteten Erscheinungen ungezwungen erklärt.
Daß die Kronen die gegen die Leeseite allmählich aufsteigenden Gestalten
erhalten, wird durch den Umstand verursacht, daß die näher an der
Windseite gelegenen Sprosse, sowohl tote als lebende, die auf der Lee-
seite befindlichen Teile gegen zu schnelle Lufterneuerung schützen.
5*
68 Standort (ökologische Faktoren)
Wir werden also auch hier auf die wesentliche Bedeutung des Wassers
für das Leben zurückgeführt.
Die Gefährlichkeit des Windes wächst, je jünger das Laub ist.
Im Kaplande fällt die Wachstumsperiode der Hartlaubgewächse (Protea-
ceen u.a.) in eine Zeit, wo Winde selten sind, die der eingeführten
Bäume dagegen in eine windige Zeit, daher leiden diese, jene
nicht (Marloth).
Weiter wird die Gefährlichkeit des Windes vermehrt, wenn die
Wurzeltätigkeit der Pflanze zugleich durch die Kälte des Bodens
gehemmt wird, so daß der Wasserverlust nicht oder schwierig gedeckt
wird (Schimpers Waldfeindliches Klima). Deshalb wintern bei uns in
schneearmen Wintern Getreide und andere Pflanzen aus. Dieser Um-
stand ist namentlich in Polarländern und in Hochgebirgen wichtig.
Die Gewalt des Windes ist an der Erdoberfläche viel geringer als
in einiger Höhe über ihr, daher erscheinen niedrige Pflanzen viel besser
vor dem Winde geschützt, als sich höher erhebende!). Die S. 42 er-
wähnte Spalierform der in diesen Gegenden wachsenden Sträucher
kann somit auch durch den Wind verursacht werden, und oft sieht man
sich die Sprosse gerade von der Windseite wegwenden.
Die Rasen- und Polsterbildung bei den Kräutern, die unter
ähnlichen ungünstigen Verhältnissen in windigen, kalten Gegenden leben,
kann offenbar in derselben Weise hervorgerufen werden?). Selbst die
arktischen Moose zeigen einen ähnlichen Bau?). Jene Kräuter erhalten
wegen Wassermangel kurze Sprosse und kleine Blätter, werden im ganzen
sehr niedrig, zwergig; sie haben eine reiche Verzweigung, daher einen
oft außerordentlich dichten Wuchs und sind im kleinen den Sträuchern
eines Gestrüppes sehr ähnlich. Oft werden Polsterpflanzen, z. B. von
Stlene acaulis, auf der Windseite ausgetrocknet und getötet (vergl. Fig. 3).
Daß die Trockenheit wirklich solche Formen hervorrufen kann,
wird durch Pflanzen bestätigt, die in trockenen, heißen, aber ziemlich
windstillen Wüstengegenden wachsen.
Auch die Querschnittsform der Baumstämme wird vom Winde
beeinflußt, indem sie in der Windrichtung einen größeren Durchmesser
erhält als senkrecht zu dieser (exzentrisch).
Die Pflanzen haben natürlich eine verschiedene Widerstandskraft
gegen den Wind. Von den in Dänemark häufigen Bäumen sind fol-
gende die widerstandsfähigsten: Pinus montana Mill., Picea Canadensis
(= P. alba), sowie einige Weiden- und Pappelarten, die daher auch die
Arten sind, die hier für Waldkulturen auf Dünen und Heiden den größten
1) Wiesner 1887. ’
?) Vergl.-Kjellman 1884, S. 174, Figur von Draba; Öttli 1903.
®) Kihlman 1890; G. Andersson 1902.
5. Kap. Luftbewegungen 69
Wert haben. Die Bedeutung des Schutzes gegen den Wind wird
dadurch einleuchtend. Einen solchen Schutz bieten im ganzen Er-
höhungen im Gelände, sowie andere natürliche und künstliche Schutz-
wehren; ein genaues Studium wird oft lehren, daß nach der Dichtigkeit,
der Höhe, dem Bau, den Entwicklungsverhältnissen und der Arten-
zusammensetzung eine sehr verschiedene Vegetation auf der Windseite
und der Leeseite einer solchen Schranke auftreten kann, selbst wenn
diese nur ein unbedeutender Fels, ein Stein oder ein Strauch ist. Gewisse
Hügel im mittleren Jütland erscheinen, von Osten betrachtet, oft be-
ZI %“ DUfgeV VI TR ’
Dr
Fig. 38. Silene acaulis.. Winderosion durch Grus verstärkt; Ostgrönland.
(Phot. Ch. Kruuse.)
waldet, aber mit Heide bedeckt, wenn man von Westen über sie hin-
sieht. In unseren Buchenwäldern ist die Bodenvegetation an den Stellen,
wo Licht und Wind einwirken können, verschieden von der an den
Stellen, wo sie ausgeschlossen sind. Der Wind wirkt hier zugleich
indirekt schädlich, indem er die Laubdecke wegführt, die den Boden
schützt und in dessen Natur auf verschiedene Weise eingreift (15. Kap.),
und indem er die Veränderung des Humus in Rohhumus veranlaßt. Die
arktische und die alpine Vegetation haben einen sehr wichtigen Schutz
in dem Schnee [was z. B. Kihlman'!) nachgewiesen hat], und da sich dieser
!) Kihlman 1890; vergl. auch Th. C. E. Fries 1913.
70 Standort (ökologische Faktoren)
besonders in den windstillen und ruhigeren Einsenkungen ablagert, wird
die Vegetation in diesen auch aus diesem Grunde ein ganz anderes Ge-
präge erhalten, als bei den höheren, sturmumbrausten Stellen (Näheres
C. Schröter 1904—8 und im 16. Kap... Im allgemeinen kann gesagt
werden, daß die Pflanzendecke an sehr windigen Stellen offen und
undicht wird. |
Die erwähnten Schutzwehren gegen den Wind sind topographisch.
Viele Pflanzen haben durch Anpassung besondere Bauverhältnisse
erworben, sowohl morphologische, als anatomische, wodurch sie geschützt
werden. Hierher gehören namentlich Knospenschuppen, Deckhaare, alte
Blatt- und Stengelreste, die lange sitzen bleiben, xerophil gebaute
Blätter u.a., was später zu behandeln sein wird (vergl. auch S. 37—39).
Verteilung der Vegetation. Es sei noch angeführt, daß, wenn
viele Gegenden der Erde baumlos sind, dieses großenteils den Winden
zuzuschreiben ist, aber auch zugleich der Kälte und anderen für das
Wachstum ungünstigen Verhältnissen. Die Winde tragen so teilweise
dazu bei, die polaren Waldgrenzen sowie die Höhengrenzen für Wald
und Gebüsch in den Hochgebirgen abzustecken.
Auf höheren Gebirgen beginnen die Wälder dort aufzuhören, wo
sich die Gebirgskette in einzelne Gipfel teilt. Über diese Grenze kann
Wald noch dort gedeihen, wo ein lokaler Schutz vor dem Winde vor-
handen ist, z. B. in den Kratervertiefungen von Java!). Ebenso ist der
Windschutz in Tälern der Grund, weshalb Wälder oft weiter in Arktische
Gebiete vorschreiten; als Beispiel seien die die Lena und den Mackenzie-
Fluß begleitenden genannt. Middendorf?) war der erste, der darauf
hinwies, daß der Wind der Verbreitung der Wälder häufig ein Ziel
setzt. Neuerdings ist besonders Schimper für die starke Wirkung dieses
Faktors eingetreten).
Der Nutzen der Winde für die Vegetation muß besonders darin
gesucht werden, daß ihr neue Kohlensäure zugeführt wird und daß die
Windbestäuber (vergl. viele Nadel- und Laubbäume) bestäubt und daß
die Samen verbreitet werden; viele unserer gemeinen Bäume haben
gerade Samenverbreitung durch den Wind, die meisten anderen solche
1) Schimper 1893.
2) Middendorf 1867.
°) Die Wichtigkeit des Windes ist in einer anziehenden und eingehenden Form
von Kihlman (1890) behandelt worden, neuerdings noch von A. Hansen 1901, 1902,
Warming 1902, 1903, Bernätsky 1901, Buchenau 1903, Massart 1907, 1910, Marloth 1909;
vergl. sonst noch Früh 1901; Norton 1897; Ganong 1899; L. Klein 1899, 1905, 1914;
Kraus 1905; Klinge 1890; Schimper 1898; Schenck 1905. — Litteratur über Wind-
wirkungen vergl. Bernbeck, Engl. Jahrb. XLV, 471. .
5. Kap. Luftbewegungen (Elektrizität) 71
durch Vögel!). Über die Eigentümlichkeiten der steppenlaufenden Pflanzen
vergl. Steppen und Wüsten.
Anhangsweise sei hier auf die Wirkung der Elektrizität hin-
gewiesen. Daß Blitzschläge den Bäumen stark zusetzen können, ist
bekannt, ebenso, daß in bestimmten Lagen, besonders solchen mit hohem
Grundwasserstande, in den die Wurzeln hineinragen, die Blitzschläge so
häufig sind, daß die Lebensdauer der Waldbäume erheblich verkürzt
wird. Neuere statistische Aufnahmen haben gezeigt, daß die alte Bauern-
regel, daß die Blitzgefahr unter den verschiedenen Baumarten äußerst
verschieden ist, eine gewisse Berechtigung besitzt. Die Eiche wird sehr
viel öfter getroffen als die Buche, und von der Weißbuche (Carpinus)
scheinen nachgewiesene Fälle zum mindesten äußerst selten zu sein.
Besonderes biologisches Interesse bieten aber die neueren Unter-
suchungen von Tubeuf?). Dieser Forscher beobachtete, daß an exponier-
teren Lagen in Gebirgen, auf Kuppen usw., ja selbst auf kleinen Hügeln
in der Ebene, Nadelhölzer, vorzugsweise Fichten, ohne jede erkennbare
Ursache wipfeldürr wurden oder sogar abstarben. Selbst in Norddeutsch-
land (z. B. im Gebiete der Lüneburger Heide!) sind solche Bilder zu
sehen. Da weder irgendwelche Wirkungen von Parasiten, noch Ver-
letzungen (Blitzschlag usw.) zu finden waren, kam Tubeuf auf den
Gedanken, daß hier wohl die strahlende Elektrizität, wenn größere
Spannungen zwischen der Erde und den Wolken ausgeglichen werden,
das wirksame Agens sei. Umfangreiche Experimente im Laboratorium
bestätigten seine Annahme; im verdunkelten Raume konnten die Ent-
ladungen photographisch aufgenommen werden, und die absterbenden
Bäume zeigten das typische anatomische Bild.
1) Vergl. Warming 1867; Sernander 1901; P. Vogler 1901 b.
2) Tubeuf 1903, 1905, 1906.
72 Edaphische Faktoren
II. Edaphische Faktoren
6. Kap. Die Beschaffenheit des Nährbodens
Von der Beschaffenheit des Nährbodens (den edaphischen Faktoren;
physikalischen und chemischen Faktoren) hängen die Standorte der
Pflanzen, ihre topographische Verteilung, im höchsten Grade ab. Der
Wasserreichtum und der Nährstoffgehalt des Bodens sind dessen
allerwichtigste Eigenschaften.’
Für die Autophyten gibt es zwei sehr verschiedene Formen des
Nährbodens: Wasser und Erde (Boden). Beide müssen den Pflanzen
Platz und Nahrung geben, sowie äußere Bedingungen für die Aufnahme
und die Zubereitung der Nahrung enthalten; beide Formen besorgen
dieses auf äußerst verschiedene Art und müssen jede für sich behandelt
werden. Die Luft hingegen ist kein Nährboden für ein an sie beson-
ders gebundenes Pflanzenleben, sondern nur ein einstweiliger Aufent-
haltsort für Organismen, die fast alle unsichtbar, ‘aber in unzähliger
Menge vorhanden sind, welche nach den Jahreszeiten und den Örtlich-
keiten wechselt, in der Nähe von menschlichen Wohnungen, namentlich
in den großen Städten, am größten ist, auf Ozeanen, in Hochgebirgen
und in Wäldern am kleinsten ist. Die wichtigste geographische Rolle
der Luft ist, für. zahllose Organismen resp. deren Verbreitungsmittel
Mittel und Weg zur Bewegung von einem Orte zum anderen zu sein
(Luftströmungen).
Das Wasser im allgemeinen und seine für die ökologische Pflanzen-
geographie wichtigsten Eigenschaften werden Kap. 20, 31 behandelt. Die
Eigenschaften des Bodens hingegen werden im folgenden erörtert; sie
hängen von den physikalischen und den chemischen Verhältnissen der
Bodenteile ab.
7. Kap. Der Bau des Bodens
Der Begriff Boden wird hier in weitem Sinne gebraucht und um-
faßt 1. den festen Fels, 2. den losen, durch Verwitterung gebildeten
Boden, sowie 3. den sekundären, von Verwitterungsprodukten an anderen
Stellen gebildeten losen transportierten Boden.
1. Die Eigenschaften der festen Felsen hängen von der Natur
der Gesteinsart ab und können nach Härte, Porosität, Erwärmungs- und
Ausstrahlungsvermögen sehr verschieden sein, was z. B. solche Gegen-
sätze wie Granit-, Schiefer- und Kalkfels zeigen.
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7. Kap. Bau des Bodens 73
2. Verwitterungsböden: Durch mechanische Lockerung und che-
mische Zersetzung der Felsen entsteht loser Boden; die wirkenden
Kräfte sind namentlich Wasser und Temperaturänderungen, sowie der
Sauerstoff und die Kohlensäure der Luft. In gewissen Fällen spielen dabei
niedere Pflanzen, z. B. Flechten und Bakterien, eine Rolle. Chemische Zer-
setzung und mechanische Lockerung gehen fast immer Hand in Hand.
3. Der sekundäre Boden entsteht durch Umlagerung und teil-
weise durch Trennung der verschiedenen Teile des Verwitterungsbodens;
die umlagernden Kräfte sind namentlich Wasserströmungen (Alluvium),
Gletscherablagerungen (Diluvium) und Winde. Die Flüsse häufen an
EIERN
{ N \
2 Io IE AS ANMBA N:
Fig. 39. Schema für die Zusammensetzung des Erdbodens.
Links eine jüngere Wurzel, deren Epidermiszellen (e) Wurzelhaare (h, ht) bilden.
Die Wurzelhaare wachsen zwischen den festen Bestandteilen des Bodens (N, $ usw.)
>
hindurch. B Wasser, x, 6 usw. Luft. (Nach Sachs, vergl. Warming-Johannsen.)
ihren Mündungen Massen loser Stoffe auf, die sie von den Gebirgen
mitgeführt haben (Po, Nil, Ganges u. a.); die Gletscher haben in der
Eiszeit riesige Bodenmassen nach anderen Stellen geschafft (z. B. aus
Schweden. und Norwegen nach Dänemark und Norddeutschland) und
tun dieses noch gegenwärtig; das Meer führt in seinen Strömungen
andere Massen mit sich. Der Wind lagert Sand aus dem Meere und
von sandigem Boden im Binnenlande in der Form von Dünen ab, er
führt auch feine Bodenteilchen von der Bodenoberfläche weg und lagert
sie auf Stellen ab, wo es Schutz gibt (Löß, vergl. v. Richthofen).
Die Eigenschaften des losen Bodens hängen von vielen verschie-
denen Verhältnissen ab, namentlich von der Feinheit, der chemischen
Beschaffenheit, der Lagerung, dem Zusammenhange usw. der
Bestandteile, was im folgenden näher behandelt wird.
Oft entstehen aus Schwemmlandsboden neue Gesteinsarten, z. B.
Sandstein, Schiefer, Konglomerate, mit anderen Eigenschaften als
74 Edaphische Faktoren
beim ursprünglichen Fels und mit anderer Rolle im Haushalte der
Pflanze.
Der lose Boden hat folgenden Bau: Er ist ein Gemisch von
1. festen Teilen, 2. Luft (8. Kap.) und 3. Wasser (9. Kap.).
Die festen Teile des Bodens sind: |
a) Größere mineralische Teile, von Steinen verschiedener Größe
und Menge bis zu äußerst kleinen Sandkörnern hinab (Korngröße 0,25
bis 2 mm); wird der Boden in Wasser geschlämmt, so schlagen sie sich
schnell nieder. Ä
b) Außerordentlich kleine, staubförmige Teile, die beim
Schlämmen im Wasser lange schweben bleiben. Sie lassen sich von
Fig. 40. Grundachsenbildung im losen Boden. Enden der unterirdischen Ausläufer
von Stellaria nemorum (A), Chrysoplenium alternifolium (B), Circaea Lutetiana (0),
Agropyrum (D), Vieia sepium (E), Pirola umbellata (F'), Lysimachia thyrsiflora (@).
9a Beiknospe; r Wurzeln. (Gez. von E. Warming.)
dem Sande sehr leicht abschlämmen. Ihre chemische Zusammensetzung
schwankt natürlich sehr stark; vorwiegend sind sie aber zusammengesetzt
aus Aluminium-Silikaten und Eisen- und Caleium -Verbindungen. Sie alle
und ihre verschiedenartige Mischung haben einen wesentlichen Einfluß
auf die den Pflanzen verfügbaren Nahrungsmengen, auf die Absorptions-
kraft und viele andere physikalischen Eigenschaften des Bodens.
ec) Humusstoffe, die von toten Körpern oder von ausgeschiedenen
Teilen der Pflanzen oder der Tiere stammen. Durch Oxydation ver-
schwinden sie. Viele Humusstoffe zeigen ihre organische Herkunft
deutlich und geben dem Boden eine meist schwarze oder dunkel-
braune Farbe.
Diese dreierlei Bestandteile findet man in fast allen Bodenarten.
Alle Teile, die so groß sind, daß sie nicht durch ein Sieb mit
0,3 mm Lochweite gehen können, werden nach W. Knop Bodenskelett
75
Bau des Bodens
7. Kap.
(punT-SıoqussoM "40Ud)
"9ISnYa9SPION
uayostuRp
19p Ue QUBT [oSuf „'sn2muaıw smufyg yw oundg "I
p 51
4
76 Edaphische Faktoren
genannt (Grobsand, Kies und Steine, die durch das Sieb weiter in ver-
schiedene Gruppen getrennt werden können), alle anderen Teile Fein-
erde. Namentlich die Feinerde spielt im Pflanzenleben eine Rolle, teils
direkt als Pflanzennahrung, teils indirekt durch ihre Fähigkeit, wichtige
Pflanzennahrungsstoffe zu absorbieren, und durch ihre rein physikalischen
Eigenschaften. Beimischung von Steinen. und Kies verändert jedoch die
physikalischen Verhältnisse des Bodens bedeutend.
Porenvolumen!). Die Mischung, die relativen Mengeverhältnisse 7
und die Lagerung der genannten festen Bestandteile sind in verschiedenen
Böden sehr verschieden. Diese lassen zwischen sich kleine Hohlräume
(„Poren“). Die Summe dieser in einem gegebenen Boden befindlichen,
nicht von festen Teilen erfüllten Räume nennt man sein Porenvolumen.
Der Boden ist sehr reich an zusammenhängenden Räumen, die in desto
höherem Grade Kapillarräume werden, je enger sie sind. Dieses erhält
für die Vegetation große Bedeutung. Vergl. S. 73, Fig. 39.
Diese Poren werden von Luft und Wasser je nach ihrer
Größe und nach anderen Umständen in verschiedener Menge erfüllt.
Im Gebiete des Grundwassers sind die Poren wohl fast ganz mit Wasser
erfüllt; an der Oberfläche einer Sanddüne, die langer Trockenheit aus- 2
gesetzt war, haben wir den anderen Gegensatz: den größten Luftgehalt.
und die kleinste Wassermenge.
Einige Bodenarten sind mehr oder weniger krümelig oder können
es werden, d. h. ihre verschiedenen Körnchen bleiben. nicht einzeln,
sondern vereinigen sich zu größeren Körnern oder Klümpchen, die man
Krümel nennen kann. Man findet die Krümel besonders im Humus;
sie werden nach Darwin, P. E. Müller u.a.?) oft durch die im Boden
lebenden Tiere, namentlich durch Regenwürmer und Insektenlarven, her-
vorgebracht, indem sie deren Exkremente oder Klumpen solcher sind
(vergl. 18. Kap.). Krümeliger Boden erhält andere Eigenschaften als der
aus Einzelkörner bestehende: er ist loser, wird leichter durchlüftet,
nimmt Wasser leichter auf und läßt die Pflanzenwurzeln leichter hinab-
dringen. Beim Garten- und Ackerbau sucht man die Krümelbildung des
Bodens zu befördern, indem man ihn umgräbt und pflügt, so daß sich
sein Volumen durch physikalische Faktoren (besonders durch Frost)
leichter ändert, und indem man anderen Boden oder andere Stoffe,
namentlich Sand, Humus und Mergel beimischt, die seine Bindigkeit
verändern.
Die Bindigkeit des Bodens. Die Kraft, womit die Bodenteil-
chen zusammenhängen, ist sehr verschieden; als Gegensätze können
genannt werden: Die Düne, deren Sandkörner in trockenem Zustande
‘) Vergl. Ramann 1893, 1905 ff.
?®) Darwin 1881; P. E. Müller 1887 a.
7. Kap. Bau des Bodens 77
ganz lose liegen, und der Tonboden; auch Humus hat geringe Bindig-
keit. Man unterscheidet festen, strengen (schweren), mürben
(milden), lockeren, losen und flüchtigen Boden; der feste wird
Fig. 42. Casselia-Wurzelknolle aus Lagoa Santa. Nat. Gr. (Nach Warming.)
durch Austrocknen hart, erhält Risse und bildet Krusten, wodurch die
unterirdischen Teile der Pflanzen zerrissen werden können; die Teile
des flüchtigen Bodens werden durch Austrocknen voneinander getrennt
und sind so leicht, daß der Wind sie wegführen kann. Die Bindigkeit
78 Edaphische Faktoren
hängt unter anderem von der Größe und der chemischen Beschaffenheit
der Körner ab; je kleiner die Körner, desto größer ist im allgemeinen
die Bindigkeit.
Die Pflanzenformen und die Vegetation im ganzen werden von
der Lockerheit oder Bindigkeit des Bodens sehr stark beeinflußt.
In losem Boden (wie Sand, Schlamm, Humus in Wäldern, Sphagnum und .
ähnlichen) wird die Bildung langer, reich verzweigter und tiefgehender ;
Wurzeln und langer, wagerechter, gestrecktgliedriger Grundachsen (Aus-
läufer Fig. 40, Rhizome) begünstigt, sicher deshalb, weil der Widerstand,
der während des Wachsens überwunden werden muß, gering ist); dadurch
wird wiederum geselliges Auftreten befördert, und die Landschaft kann
sogar eine besondere, gleichförmige Physiognomie erhalten, z. B. durch
Ammophila und Elymus in Dünen (Fig. 41), Phragmites und Seirpus
lacuster in Sümpfen. Ein solcher Boden trägt oft Bäume, und die Grund-
achsenbildung zeigt verschiedene Formen. Der feste, stark bindige Ton-
boden hingegen, der durch Austrocknen hart wird und Risse erhält,
paßt für solche Pflanzen nicht gut; hier sind besonders Pflanzen mit
senkrechten, kurzen, dicken Rhizomen (Knollen, Zwiebeln) oder mit mehr-
köpfigem Rhizom und mit Rasenbildung heimisch, z. B. auf den Campos
Brasiliens, Fig. 42?). Der feste, plastische Ton ist für die Pflanzen
kein günstiger Boden und kann, wenn er unter anderen Schichten
auftritt, ein fast undurchdringliches Hindernis für die Pflanzen bilden.
Derartiger Boden trägt oft eine extrem xerophil ausgeprägte Vege-
tation. Der feste Fels (ohne auflagernden losen Boden) ist für jene
Pflanzen gleichfalls gar nicht passend, kann aber zulassen, daß sich
Pflanzen der zweiten Art in seinen Spalten und Klüften als Chasmo-
phyten?) ansiedeln, und trägt im übrigen nur solche Pflanzen, die sich
durch besondere Haftorgane auf seiner Oberfläche festsetzen können
(Lithophyten). |
Übrigens muß bemerkt werden, daß der Wurzelbau der verschiedenen
Arten sehr wenig bekannt ist, und daß in den Unterschieden des Wurzel-
‚baues oft die Erklärung des Vorkommens der Arten zu suchen sein dürfte. R
Die Kapillarität des Bodens spielt bei seiner physikalischen
Beschaffenheit eine sehr große Rolle. Sie hängt besonders von der 3
Größe und der Lagerung der Körner ab. Je kleiner die Körner und 3
Je dichter sie gelagert sind, desto größer ist die Kapillarität; krümeliger 2
Boden hat geringere Kapillarität als aus Einzelkörnern bestehender; 2
Steine und Kies im Boden setzen gleichfalls die Kapillarität herab. a
1) Henslow 1895.
?) Warming 1892; Lindman (1900) nennt diese mehr oder weniger knollenförmigen
und verholzten Grundachsen „Xylopodia“. /
®) Öttli 1903. Vergl. 4. Abschn., Felsvegetation.
8. Kap. Luft im Boden 79
8. Kap. Die Luft im Boden
Diese hat für das Pflanzenleben eine äußerst eingreifende Bedeu-
- tung; alle lebenden unterirdischen Teile brauchen (wie alle anderen
lebenden Teile) Luft (Sauerstoff), um atmen zu können; in sehr nassem
Boden ersticken gewöhnliche, an luftreichen Boden angepaßte Land-
pflanzen, es findet Alkoholgärung, Kohlensäurebildung, dadurch Absterben
und dann Fäulnisprozesse statt (vergl. Sorauer 1909), und „Humus-
säuren“ werden neben Kohlensäure in größerer Menge gebildet (der
Boden wird „sauer“) und ist oft-kaum imstande Pflanzen zu tragen,
ehe er nicht wieder durchlüftet ist. Die Durchlüftung des Bodens hängt
wesentlich von seinem Bau ab; je poröser und loser er ist, desto leichter
die Durchlüftung. Landmann und Gärtner bearbeiten den Boden mit
Pflug und Spaten, durch Entwässern, Grabenziehen, Brachlegen unter
anderem deshalb, um die Durchlüftung des Bodens zu veranlassen. Der
holländische Landwirt senkt den Grundwasserspiegel seiner Wiesen in
den Herbst- und Wintermonaten bis zu 1m Tiefe, um den Boden zu
durchlüften, aber in den übrigen Monaten (in der Vegetationszeit) nur
bis zu !/s m, und dasselbe geschieht auf den Wiesen von Söborg auf
Seeland!) usw. Durch Rohhumusbildung in Wäldern wird auch ein Luft-
abschluß bewirkt, daher das Absterben solcher Wälder?) (P. E. Müller).
Die Bodenluft, die im Boden befindliche Luft, ist von der in
der Atmosphäre etwas verschieden; sie enthält mehr Kohlensäure und
weniger Sauerstoff, namentlich in den tieferen Schichten, und der Grund
hierfür ist gerade die Atmung der unterirdischen Pflanzenteile, Pflanzen
(Bakterien, Pilze) und Tiere, sowie die Zersetzung der organischen Massen.
Die Kohlensäuremenge ist übrigens verschieden nach dem Reichtum des
Bodens an organischen Stoffen, nach der Vegetation, der Neigung und
der Feuchtigkeit des Geländes, nach der Größe der Bodenteilchen, nach
der Tiefe (die obersten Bodenschichten haben weniger Kohlensäure als
die tieferen) und nach der Wärme (Jahreszeiten).
Je größer der Sauerstoffgehalt des Bodens und damit des Boden-
wassers ist, desto lebhafter wachsen die Wurzeln und desto stärker ist
die Stoffproduktion der betreffenden Pflanzen. Sauerstoff führenden
Wasseradern folgen die Wurzeln mit großer Energie (Drainzöpfe usw.)?).
Der innere Bau der Pflanzenteile ist mit dem Luftgehalt im
Einklange; in sehr nassem Boden können in der Regel nur solche
Pflanzen gedeihen, die große innere Lufträume haben, welche in der
2) P. Feilberg 1891.
®) P. E. Müller 1884, 1887; Grebe 1896; Graebner bes. 1904, 1910.
3) Hesselman 1910.
80 Edaphische Faktoren
ganzen Pflanze miteinander in Verbindung stehen und wodurch die Luft
der Atmosphäre selbst zu den entferntesten Wurzelspitzen und Rhizom-
teilen gelangen kann (Wasser- und Sumpfpflanzen; Schachtelhalme in
festem Tonboden; abweichend davon die Pflanzen in den viel mehr Luft
enthaltenden Heidemooren). Näheres im 2., 4. Abschnitte. =
9. Kap. Das Wasser im Boden
Das Wasser ist der dritte Bestandteil des Bodens. Es wird von
den festen Bodenteilen angezogen und umgibt sie mit einer dünneren
oder einer dickeren Schicht, so daß die Luft im Wasser kleine Blasen 5
bildet (Sachs; vergl. Fig. 37, S. 73). 3
Die Wassermenge ist an verschiedenen Stellen und an derselben 3
Stelle zu verschiedener Zeit sehr verschieden. Man unterscheidet nach
Norlin folgende Stufen, die in der Regel nur schätzungsweise bestimmt
werden: 1 = sehr trocken, 2 = ziemlich trocken, 3 = ziemlich frisch,
4 = frisch, 5 = etwas feucht, 6 — feucht, 7 = sehr feucht, 8 = ziem-
lich naß, 9 — naß, 10 — sehr naß (vergl. Hult). Bei feineren wissen-
schaftlichen Untersuchungen muß die Wassermenge in Prozenten des
Bodengewichtes oder -volumens ausgedrückt werden. Der Wassergehalt
des Bodens wird praktisch am allerbesten nach den auf ihm wachsenden
Pflanzen beurteilt; denn kein Faktor hat außer dem Nährstoffgehalt
einen solchen Einfluß auf die Verteilung der Arten, wie der Wasser- 7
gehalt des Bodens!). ee
Die Wassermenge im Boden ist für das Pflanzenleben wegen der R
S. 35 ff. behandelten außerordentlichen Bedeutung des Wassers in der
Ökonomie der Pflanze einer der allerwichtigsten direkten Faktoren.
Das Wasser muß in gewissen, für jede Art bestimmten Grenzen vor-
handen sein (bei Kulturpflanzen gewöhnlich nicht dauernd etwa über
60°/0); zu viel oder zu wenig ist hier wie allenthalben schädlich, nur
viele Heidepflanzen können (natürlich nur auf nährstoffarmem Boden)
sowohl im trockenen Sande als im ganz nassen Moore gedeihen. Die
Bedeutung des Wasserreichtums des Bodens (das Vorhandensein einer
genügenden Nährstoffmenge selbstredend vorausgesetzt) für das Pflanzen-
leben geht z.B. aus Versuchen von Fittbogen mit Hafer hervor; auf
Böden, deren Feuchtigkeit zwischen 40 und 80°/, wechselte, war indem
Ernteertrage kein großer Unterschied; aber bei einer Feuchtigkeit von a
20°/o wurde nur die Hälfte geerntet, und bei 10°/o nur !/s jenes Ertrages.
Wassermangel im Boden verursacht stets eine mangelhafte Ernährung
der Pflanzen, weil die Wurzeln die Nahrung aus solchem Boden nur mit
Schwierigkeit aufnehmen können.
‘) Hult 1881; Gola 1910; Clements 1905,
9. Kap. Wasser im Boden 81
Auch indirekt hat das Wasser Bedeutung, nämlich für das
Tierleben, das sich im Boden entwickeln kann, und für die hier leben-
den Bakterien; eine gewisse Feuchtigkeit ist für die Humusbildung
notwendig.
Das Wasser im Boden ist 1. chemisch gebundenes Wasser, das in
der Ökonomie der Pflanze meist keine große Rolle spielt (nur die üppig
grünenden Pflanzen auf dürren Gipshügeln, zu Zeiten in denen am Granit
alles verdorrt ist, scheinen wenigstens teilweise von dem Kristallwasser
des gelösten Gipses zu leben: Südharz), 2. aus dem Wasserdampfe
der Luft absorbiertes Wasser, 3. aus den Niederschlägen aufgenommenes
und kapillar festgehaltenes Wasser, 4. emporgesogenes Grundwasser
oder dieses selbst.
Das Grundwasser ist das über undurchlässigen Bodenschichten
angesammelte Wasser, das sich nach dem Gesetze der Schwere bewegt
oder in der Erde, ganz wie das oberirdische Wasser, in Seen stehen
bleibt. Die chemische Zusammensetzung, die Kapillarität, das Wasser-
leitungsvermögen usw. des Bodens haben hier Bedeutung; eine Ton-
schicht dient meist als Unterlage des Grundwassers, auch Felsboden,
selten Ortstein; Sand und Kies lassen das Wasser hindurchgehen. Das
Grundwasser kann viele lösliche Teile, besonders Kalksalze, enthalten,
ist aber, wenn es tief liegt, in der Regel arm an Pflanzennahrungs-
stoffen (es ist „rein“), weil die oberen Schichten diese zurückgehalten
haben; auch von Bakterien ist es rein, da diese in den oberen Boden-
schichten abfiltriert worden sind.
Der Stand des Grundwassers und dessen Schwankungen nach
den Jahreszeiten hängen teils von der Größe der Niederschläge, teils
von der Höhe der Verdunstung ab, sind von wesentlicher ökologischer
Bedeutung und spielen besonders in den Wüsten eine sehr große Rolle.
Seen, Wiesen-(Grünland-)moore und Wasserläufe sind eigentlich offene
Grundwasserflächen. In vielen Fällen liegt das Grundwasser für gewisse
Pflanzen zu hoch; in anderen Fällen tritt es so tief auf, daß die Pflanzen-
_ wurzeln es weder unmittelbar noch mittelbar benutzen können; in noch
anderen Fällen in einer solchen Tiefe, daß sie es zu gewissen Jahres-
zeiten erreichen können, zu anderen nicht. In diesen Fällen spielt der
Umstand eine große Rolle, wie hoch das Wasser kapillar emporgehoben
werden kann.
An Fluß- und Seeufern kann man leicht die schnellere oder all-
mähliche Abnahme des Wassergehaltes (Zonation) mit der zunehmenden
Entfernung vom Gewässer je nach der geringeren oder größeren Durch-
lässigkeit der das Gewässer umgebenden Böden beobachten.
Der Stand des Grundwassers beeinflußt selbstverständlich die
Wärme des Bodens (vergl. 10. Kap.).
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 6
82 Edaphische Faktoren
Es hat für die Vegetation Bedeutung, ob das Grundwasser steht
oder langsam strömt; in stehendem Wasser wird der Sauerstoff schnell
verbraucht, es werden Säuren gebildet oder durch anaerobe Bakterien
Fäulnisprozesse eingeleitet (Buttersäuregärung, Grubengasbildung u. a.);
über stehendem Grundwasser findet man daher eine andere Vegetation
als über langsam bewegtem. Der Unterschied zwischen Wiesen- (Grün-
land-) und Heide- (Hoch-) mooren beruht zum größten Teil darauf, aber
auch auf den Schwankungen des Grundwassers nach den Jahreszeiten.
Wiesenmoore leben fast. ausschließlich vom Grundwasser, Heidemoore
fast oder gar ganz ausschließlich von den atmosphärischen Ni de |
(Schnee, Regen und Tau, vergl. S. 52, 4. Kap.).
Die Fähigkeit der Pflanzen, das Wasser nutzbar zu machen, ist
sehr verschieden, schon wegen der verschiedenen Wurzeltiefe. Trockene
Sommer haben eine große Bedeutung für die einzelnen Arten, also für
ihre Verbreitung wie für ihren Anteil an den Pflanzenvereinen, gewisse
Arten leiden leichter oder sterben eher ab als andere!). Bäume mit tief
gehenden Wurzeln können selbst in trockenen Jahren gut gedeihen,
wenn sie das Grundwasser erreichen. Nach Ototzky sinkt der Grund-
wasserstand stets in der Nachbarschaft der Wälder und liegt immer höher
in einer an den Wald grenzenden Steppe, da eben die Bäume viel
Wasser verbrauchen. |
Wie stark die Jahresschwankungen resp. deren Einfluß auf den
Wassergehalt sind, zeigt die Tatsache, daß nach den trockenen Sommern
1912 und 1913, trotz der letzten Winterfeuchtigkeit, in Norddeutschland
stellenweise der Boden (besonders Diluviallehm) kaum mehr als 1 m von
oben her durchfeuchtet war, die Bodenschichten darunter waren dort
pulvertrocken. An den trockenen Formationen (sonnige Hügel usw.)
waren schon 1913 zahlreiche Bäume abgestorben.
Die Bedeutung des Grundwasserstandes erkennt man besonders
klar z.B. in Dänemark. Hier sind die chemischen Unterschiede des
von- den Gletschern zermahlenen und angesammelten Bodens kaum so
groß wie in Gebirgsländern, wo der Fels der Oberfläche nahe liegt und
durch seine chemische Natur vielleicht auf die Vegetation einwirkt. Ein
Beispiel hierfür liefern die Sandebenen bei Skagen in Jütland. Grund-
wasser in 3“ Tiefe, im Sommer gibt es hier eine Juncus-Vegetation und
Wiesenmoorbildung; bei solchem in 6“ Tiefe spielen Moos (Hypnaceae usw.)
und Cyperaceen ook eine Rolle, aber es beginnen Gräser zu erscheinen;
bei 9” Tiefe werden diese vorherrschend; bei 12 tritt in gewöhnlichen
Sommern normaler Graswuchs auf; bei 15” gedeiht Getreide in etwas
warmen Sommern gut, bei 18—24” in kalten bis feuchten Sommern;
bei 30—40° ist der Boden für Getreide unbrauchbar, und es entwickeln
!) Vergl. Deherain 1892 und andere.
9. Kap. Wasser im Boden 83
sich Trockenheitspflanzen!). Andere Beispiele findet man bei demselben
Forscher, der überhaupt die Bedeutung des Grundwasserstandes stärker
als vielleicht die meisten anderen — und mit Recht — hervorgehoben
hat. Viele Bäume erhalten auf einem Boden mit hochliegendem Grund-
wasser eine besondere Tracht oder können gar nicht gedeihen. Andere
Beispiele findet man bei Warming?); in diesen Fällen muß jedoch näher
untersucht werden, welche Rolle der Grundwasserstand und welche das
Wasserhebungsvermögen u. a. Eigenschaften des Bodens spielen.
Auch periodische, mehrere Jahre umfassende Schwankungen im
‚Grundwasserstande kennt man; sie sind von großer pflanzengeographi-
scher Bedeutung (Brückners 45 Jahrperiode). Hier sei auch an Blytts
Theorie über wechselnde feuchte und trockene Erdperioden mit ent-
sprechendem Wechsel der Vegetation erinnert, der wenigstens, soweit
man in Norddeutschland beobachten kann, sicher z. T. auf Grundwasser-
schwankungen, Wasseraufstau, Erosion usw. zurückführbar ist?).
Für die Teile des Bodens, die über dem Grundwasserspiegel
liegen, sind folgende Eigenschaften für ihren Wasserreichtum wichtig:
das Filtrationsvermögen des Bodens, seine Hygroskopizität, sein Wasser-
hebungsvermögen, seine Wasserkapazität sowie die Menge der Nieder-
schläge (vergl. 4. Kap.) und der Zufluß von Oberflächenwasser.
Das Filtrationsvermögen des Bodens. Die Niederschläge
dringen nicht in allen Bodenarten gleich leicht hinab; der Unterschied
zeigt sich z. B. deutlich, wenn man über Sand, Ton und Humus Wasser
ausgießt. Folgende Faktoren spielen hierbei eine Rolle: Die Kapillarität
des Bodens, die Art und die Trockenheit der Bodenteilchen.
Je stärker die Kapillarität ist, desto langsamer sinkt das Wasser
ein. Sehr feinkörnige Böden, besonders Ton- und gewisse Humusböden,
sind für Niederschläge fast undurchdringlich, wenn die Körner dicht
gelagert sind, und umgekehrt sinken die Niederschläge desto leichter
ein, je grobkörniger und loser der Boden ist. Falls der Boden reich
an größeren Steinen oder an Spalten und Löchern ist, z. B. an Regen-
würmergängen, so wird dieses auf die Geschwindigkeit des Einsinkens
einwirken: Steine machen sie geringer, Spalten und Löcher größer.
Im übrigen dringt das Wasser am leichtesten in Quarzsand,
schwieriger in Humus (einschließlich Heidehumus), am schwierigsten in
Ton ein. Tonboden läßt also sowohl wegen der Feinheit als auch wegen
der sonstigen Natur seiner Teile Wasser schwierig einsickern.
1) Feilberg 1890; vergl. S.270, wo angegeben wird, wie sich die Vegetation eines
Gebietes mit dem Fallen des Grundwasserspiegels allmählich verändert.
2») Warming 1887, 1890, 1891.
®) Graebner 1901, 1909, besonders 1910 a, b.
6*
84 Edaphische Faktoren
Sind die obersten Erdschichten sehr trocken, so vergeht einige
Zeit, bevor sie so benetzt werden, daß daß Wasser einzusickern be-
ginnen kann.
Das Eindringen des Wassers ist für die Vegetation wichtig, nament-
lich in regnerischen Zeiten.
Die Hygroskopizität des Bodens. Jeder poröse und trockene
Boden kann Wasserdampf absorbieren, aber in sehr verschiedenem Grade.
Die Größe der Hygroskopizität hängt von der Porosität und der Tem-
peratur des Bodens ab. Auch die chemische Beschaffenheit der Boden-
teile spielt eine Rolle, was z. B. folgende Versuche von Schübeler
zeigen. 5 g Quarzsand nahmen in 72 Stunden kein Wasser auf, Kalk-
sand nahm 0,015 g, Ackererde 0,1 g, Tonboden 0,245 g, Humus 0,6 g
Wasser auf.
Es ist übrigens nicht ganz sicher, ob die beobachtete Aufnahme
von Wasserdampf wirklich einer Absorption durch den Boden und nicht
vielmehr einer Art Taubildung bei wechselnder Temperatur des Bodens
zuzuschreiben sei (P. E. Müller, Ebermayer). |
Der aufgenommene Wasserdampf wird für die Pflanzen immer zu-
träglich sein, weil er nur aufgenommen wird, wenn die Erde trocken
ist; nie kann er zu viel Wasser zuführen. Aber anderseits ist er allein
nicht imstande, trockene Erde mit Wasser zu versehen, das für die
Pflanzen hinreicht; diese verwelken, bevor der Wassergehalt des Bodens
so sehr gesunken ist, daß eine Absorption von Wasser stattfindet.
Das Wasserhebungsvermögen des Bodens. Das Vermögen
des Bodens, aus den tieferen Schichten Wasser emporzuheben, ist für
das Pflanzenleben selbstverständlich von Bedeutung. Es muß zwischen
der Höhe und der Geschwindigkeit unterschieden werden, wohin und
womit das Wasser gehoben wird. Sie hängen unter anderem von der
Kapillarität und der Beschaffenheit der Körner ab. Quarzsand hebt das
Wasser schnell, Tonboden und andere sehr feinkörnige Böden heben es
langsam, Kalksand und Humus ziemlich schnell. Aber die Steighöhe
ist bei Sandboden am kleinsten (nach Versuchen von Ramann!) bei fein-
körnigem Sande nur ca. 40 cm über dem Grundwasserspiegel), größer bei
Tonboden und am größten bei Torfboden. (Die weitverbreitete Ansicht
indessen, daß die Sphagna in den Heidemooren das Wasser aus dem
Grunde heraufheben, ist irrtümlich?). Werden die Körner eines Bodens
über 2—3 mm groß, so werden seine Poren zu groß, um kapillar wirken
zu können.
Das Wasserhebungsvermögen wird für die Vegetation namentlich
dann wichtig, wenn die Verdunstung an der Bodenoberfläche stark
!) Ramann 1893, 1905.
?) Graebner 1901; C. A. Weber 1902.
9. Kap. Wasser im Boden 85
wird. Im übrigen kann ein geringes Wasserhebungsvermögen für wasser-
armen Boden nützlicher sein als ein starkes, weil der Boden dann nicht
leicht austrocknet.
Unter der Wasserkapazität des Bodens versteht man sein
Vermögen, tropfbarflüssiges Wasser aufzunehmen und festzuhalten. Sie
wird durch die Wassermenge gemessen, die ein gewisses Gewicht oder
besser ein gewisses Volumen Boden festhalten kann, und hängt von der
Adhäsion des Wassers an den Bodenteilen ab, die nach der Kapillarität
des Bodens und nach der Natur der Körner verschieden ist.
Die Wasserkapazität ist desto größer, je zahlreicher und feiner
die Kapillarräume im Boden sind und je gleichförmiger ihre Größe ist,
weil die adhärierende Oberfläche dadurch wächst. Quarzsand mit 1—2 mm
Korngröße hält nur etwa !/ıo von dem fest, was solcher von 0,01—0,07 mm
Korngröße festhalten kann (Wollny)?).
Die Wasserkapazität ist nach Versuchen (Schuebler, Wollny) bei
Quarzsand am geringsten, bei Kalksand größer, bei Tonboden und feinem,
reinem Kalkboden noch größer, bei den Humusböden am größten. Bei
diesen wird die Wassermenge unter anderem durch das Imbibitions-
wasser, das sich in den organischen Teilen findet, vermehrt; Torfboden
hat von allen Bodenarten die größte Wasserkapazität?).
Einige Bodenarten zeigen eine so starke Adhäsion des Wassers,
daß sie bei Wasserzufuhr die Zwischenräume zwischen ihren festen Teilen
erweitern und also ihr Volumen vergrößern, d.h. daß sie quellen, und
sich umgekehrt bei Wasserverlust zusammenziehen, womit eine Verände-
rung der Eigenschaften verbunden ist; naß sind sie weich und teilweise
plastisch, trocken hart und spröde. Dieses gilt namentlich von Ton- und
Torf- (bes. Heidetorf-) boden.
Im allgemeinen ist der Boden nicht mit Wasser gesättigt (außer
natürlich in Sümpfen und an ähnlichen Stellen in der Nähe des Grund-
wassers); in mit Vegetation bedecktem Boden wird das Maximum der
Kapazität nicht erreicht werden, weil die Pflanzen wegen der Transpi-
ration beständig Wasser verbrauchen. Viele Pflanzen gedeihen nur in
Boden, der nicht mit Wasser gesättigt ist.
Die Austrocknung des Bodens hängt von verschiedenen Fak-
toren ab, teils von den erwähnten Eigenschaften des Bodens, teils vom
Wasserverbrauche der Pflanzen und der Tiere, teils von der Verdunstung.
Die Verdunstung hat selbstverständlich auf den Wasserreichtum
des Bodens und dadurch auf den Haushalt und die Beschaffenheit der
Pflanzendecke großen Einfluß. Der Boden hält eine gewisse Menge
1) Vergl. Livingston 1901, 1903, 1905.
2) Über die oft plötzlichen Verschiedenheiten dicht nebeneinander liegender Böden
vergl. Kraus 1911.
86 Edaphische Faktoren
Wasser zurück, selbst wenn er der stärksten natürlichen Verdunstung
ausgesetzt wird. Die Kraft, womit das Wasser festgehalten wird, ist
für die Vegetation von großer Bedeutung. Sehr lehrreich ist hier das
Verhalten verschiedener Humuserden. Heidetorf (aus Heidemooren, ist
aus Sphagnumresten zusammengesetzt) trocknet gleichmäßig aus und
bewahrt im Innern lange eine milde Feuchtigkeit. Wiesenmoorboden kann
an der Oberfläche pulvertrocken sein, in geringer Tiefe noch schmierig
naß, das Wasser gleicht sich schlecht aus. Diese Eigenschaft macht ihn
für gärtnerische Kulturen unbrauchbar!').
Die Faktoren, die auf die Verdunstung einwirken, sind
teils innere, teils äußere:
Innere Faktoren sind solche, die an den Boden selbst gebunden
sind, also der Bau des Bodens, die Form der Bodenoberfläche
(rauh oder glatt) usw. Aus losem Boden verdunstet weniger Wasser
als aus festem, weil sein Vermögen, Wasser zu heben, kleiner ist; Krümel-
bildung setzt die Verdunstung herab. Boden mit mittelgroßen Körnern
läßt am meisten Wasser verdunsten, großkörniger Boden wenig. Die
Durchlässigkeit der leichten Böden, besonders der Sandböden, ver-
hindert das Festhalten oder die Ansammlung größerer Wassermengen
in den Oberflächenschichten, befördert also große Schwankungen und
schnelles Austrocknen.
Auch Farbe und Art des Bodens spielen eine Rolle. Aus
dunklerem Boden verdunstet mehr als aus hellerem; die Stufenfolge ist
schwarz, grau, braun, gelb, rot, weiß. Aus Quarzsand und Humusboden
ist die Verdunstung am schnellsten, aus Kalksand und Tonboden am
langsamsten; Masure konnte Sand und Humus in 3 Tagen soweit wie _
möglich austrocknen, Tonboden und Kalk in 7 Tagen. Aber die Menge
des in einer gegebenen Zeit verdunsteten Wassers ist desto größer, je
größer die Wasserkapazität des Bodens ist; hier steht Humus obenan
und Quarzsand zu unterst. In einem Versuche von Masure hielt Humus
41°/o, Sand nur 2,1°/o zurück. Die Verdunstung ist aus einem mit
Wasser gesättigten Boden größer als einer gleichgroßen Wasserfläche.
Zu den äußeren Faktoren, die auf die Verdunstung aus dem
Boden einwirken, müssen gerechnet werden: Das Sättigungsdefizit der
Luft (vergl. S.49), der Neigungsgrad und die Neigungsrichtung (Ex-
position) der Oberfläche, die Stärke und die Trockenheit der Winde (S. 66),
sowie die Vegetation der Oberfläche.
Eine Pflanzendecke vermehrt die Größe der Oberfläche und ver-
braucht ununterbrochen Bodenwasser, das durch Verdunstung aus den
Blättern und anderen oberirdischen Teilen entweicht. Ein bewachsenes
Feld trocknet schneller aus als ein Brachfeld (natürlich unter gleichen
2) Graebner 1907.
9. Kap. Wasser im Boden 87
übrigen Umständen). Die Pflanzendecke trocknet in ihrer Vegetations-
zeit den Boden aus, aber in verschiedenem Grade je nach den Wärme-
verhältnissen und der Art der Pflanzen (Kräuter trocknen stärker als
Bäume aus, Gräser trocknen besonders stark aus); aus Versuchen von
Colding geht hervor, daß kurzes Gras bei Kopenhagen im April bis
September viel mehr Wasser verbraucht, als die Niederschläge betragen.
Feilberg!) hat diese für die Monate Mai, Juni, Juli und August auf
0,55 Hektar Land und auf einen Tag ungefähr zu 400, 500, 350
und 300 Kubikfuß berechnet; diese Zahlen sind natürlich nur annähernd
und ändern sich nach den Verhältnissen. Der Wassergehalt des
Bodens nimmt also vom Frühjahre zum Herbste ab; in dieser Jahres-
zeit ist er am kleinsten und kann 5 bis 7°/o weniger betragen als im
Frühjahre, worauf er im Winter zunimmt, bis das Pflanzenleben aufs
neue erwacht. Die Unterschiede zwischen den Arten beruhen teils auf
der Größe der Summe der Blattflächen und auf dem Blattbau, teils auf
der Natur des Wurzelsystems, darauf, ob dieses nahe der Oberfläche oder
tief liegt; verschiedene Arten werden in Wäldern dadurch zu Unkräutern,
.daß sie das Wasser verbrauchen, bevor es die Baumwurzeln erreicht.
Hierdurch kann auch erklärt werden, daß eine Art auf demselben Stand-
orte oft weniger geschützt ist als eine andere.
Die Wurzeln können das Bodenwasser übrigens nur bis zu einem
gewissen Grade verbrauchen. ‚Je mehr der Wassergehalt eines Bodens
abnimmt, desto stärker wird der Rest des Wassers festgehalten, und
zuletzt kommt ein Punkt, wo die Pflanze kein Wasser mehr aufnehmen
kann, obgleich vielleicht noch große Mengen zurückgeblieben sind.
Sachs?) hat dieses durch Versuche mit Tabakspflanzen nachgewiesen.
Eine junge Pflanze begann zu welken, als der Boden (dunkler Humus)
noch 12,3°/, seines Trockengewichtes Wasser enthielt; die Wasserkapazi-
tät des Bodens wurde durch sein Trocknen bei 100° zu 46°/. jenes Ge-
wichtes bestimmt; also hat die Pflanze nur 33,7°/o aufnehmen können,
der Rest war ihr unzugänglich. Unter ähnlichen Verhältnissen welkten
die Pflanzen in Lehmboden und in Sandboden, als diese noch 8 und 1,5 °/o
enthielten. Nach Versuchen von Heinrich begannen Pflanzen in grob-
körnigem Sandboden erst zu welken, als der Wassergehalt auf 1,5°/o
gesunken war, aber in Torfboden welkten sie bereits, als der Wasser-
gehalt 47,7°/, war. Daß verschiedene Pflanzenarten verschieden leicht
welken, ist bekannt; über den Welkungskoeffizienten und seine indirekte
Bestimmung haben neuerdings Briggs und Shantz?) umfangreiche Unter-
suchungen veröffentlicht.
1!) Feilberg 1891.
2) Sachs 1865, S. 173.
®) Briggs und Shantz 1912.
88 Edaphische Faktoren
Ein Boden, aus dem eine Art nicht mehr fähig ist, Wasser heraus-
zusaugen, kann als für diese Art „physiologisch trocken“!) be-
zeichnet werden, gleichgültig, welche Wassermenge tatsächlich noch im
Boden ist. Die physiologische Trockenheit allein spielt bei der Verteilung
der Arten eine Rolle?).
Solche die Wasseraufnahme der Wurzeln herabsetzenden und damit
die „physiologische Trockenheit“ befördernden Böden sind in erster Linie
die „sauren“, während im allgemeinen die alkalischen Böden die Wurzel-
tätigkeit befördern (milder Waldboden usw.). Auch „kalte“ Böden setzen
die Aufnahmefähigkeit der Wurzeln stark herab.
Ein Boden mit beträchtlicher Feuchtigkeit kann unter Umständen
die Wirkungen eines feuchten Klimas ersetzen. Auch in tropischen
Savannen und Wüsten sind die Ufer der Ströme vom Wald umsäumt
(Schweinfurths Galerienwälder). In Steppen und Wüsten wachsen Bäume
da, wo sich fließendes Wasser findet oder wo das Grundwasser sich der
Oberfläche nähert (Oasen). Viele ausdauernde Kräuter, die in Europa
trockene sandige Böden bevorzugen, wachsen in dem heißen trockenen
Niederungslande von Madeira nur auf feuchtem Boden in der Nachbar-.
schaft von Quellen und Wasserläufen®). Hervorgehoben muß aber werden,
daß lange nicht in allen Fällen feuchter Boden feuchtes Klima ersetzen
kann, so können z. B. manche Erica-Arten mäßig trockenen Boden er-
tragen, aber nie trockene Luft; auf der anderen Seite findet man
Tamarix Gallica sowohl in der Sahara als in Mitteleuropa an den
feuchten Niederungsrändern usw. — In Gegenden oder Pflanzen-
vereinen mit starker Schwankung des Feuchtigkeitsgehaltes in den
verschiedenen Jahreszeiten richtet sich der Pflanzenverein nach der
trockensten Zeit.
Eine tote Decke wirkt auch auf die Verdunstung ein (vergl.
16. Kap.).
Die Bedeutung des Bodenwassers für die Pflanzenformen.
Außer dem Seite 47—48 über die Bedeutung des Wassers überhaupt An-
geführten sei hier noch erwähnt, daß die Bildung von Adventiy-
wurzeln aus niederliegenden Sprossen offenbar durch Feuchtigkeit
begünstigt wird: man trifft nirgends eine so reiche und häufige Ad-»
ventivwurzelbildung wie an feuchten Stellen®). Dieses wirkt auch auf
die Lebensdauer der Individuen ein; einjährige Arten werden an solchen
Orten seltener’),
‘) Schimper 1898; vergl. auch Kihlman 1890 Hedgceock 1902; Clements 1904;
Burgerstein 1904.
?) Vergl. Kapitel 24, 28
») M. Vahl 1904 b.
*) Warming 1884, 1892.
5) Hildebrand 1882.
10. Kap. Wärme des Bodens 89
Ferner verzweigen sich die Wurzeln in feuchtem Boden mehr als in
trockenem. Auch auf die Wurzelhaarbildung hat das Wasser Einfluß ').
Was die Formen der Wurzeln betrifft, so haben bekanntlich viele
„Wasserwurzeln“ eigentümliche Formen ?), aber die wirkenden Ursachen
kennt man nicht näher. Besonders charakteristisch sind die dicken, oft
am Ende handförmig verzweigten Wasserwurzeln unserer Kiefer, wie
sie in leichten Sandböden senkrecht in die Tiefe gehen. — Über Formen
der Wurzeln in Wüsten vergl. Cannon?).
10. Kap. Die Wärme des Bodens
Die Wärme des Bodens ist ein geographischer Faktor von großer
Bedeutung. Außer dem Kap. 3 über die Bedeutung der Wärme im
ganzen Angeführten sei hier erwähnt, daß die Wurzeltätigkeit von
der Bodenwärme abhängt und mit steigender Wärme bis zu einem
gewissen Optimum größer wird. Eine Pflanze kann in einem mit Wasser
gesättigten Boden welken, wenn dessen Wärme unter einen gewissen
Grad sinkt, weil die Wurzeln kein Wasser aufnehmen können (physio-
logisch trocken), und Pflanzen können wegen zu niedriger Bodenwärme
erfrieren, selbst wenn sie weit niedrigere Luftwärme aushalten können;
Rotbuche, Eiche und Esche können — 25° Luftwärme ertragen, aber
die feineren Wurzeln erfrieren bei —13 bis — 16° (Mohl). Manche Stelle
in den Hochgebirgen und den Polarländern würde sicher pflanzenlos sein,
wenn die Bodenwärme nicht vorhanden wäre; denn diese kann stellen-
weise die Luftwärme bedeutend übersteigen. Messungen der Wärme der
Bodenoberfläche in den genannten Gegenden haben Saussure, die Brüder
Schlaginweit, John Ball u. a. angestellt.
Über Temperaturanomalien im Sandboden berichtet Süring®); er
kommt nach seinen Untersuchungen zu folgenden kurz zusammengefaßten
Resultaten: Bis zu 1m Tiefe gleichen sich auch stärkere Temperatur-
störungen, wie z. B. die des Sommers 1911, in kurzer Zeit wieder aus.
Für den Betrag der aufgenommenen Wärme ist die Bilanz zwischen
Ein- und Ausstrahlung maßgebend; weiter unterhalb richtet sich die
aufgespeicherte und abgegebene Wärmemenge in erster Linie nach der
Dauer der Temperaturstörung in der Luft. — Eine schnellere Temperatur-
fortpflanzung infolge von Bodenfeuchtigkeit läßt sich im Sommer nur
für die obersten 10 cm nachweisen. Direkte Bestimmungen des Wasser-
gehaltes des Bodens ergeben ein Maximum in der Schicht von 5—15 cm
2) Fr. Schwarz 1883; Gain 1893, 1895.
2) Sachs 1865; Warming 1897 a.
3) Cannon 1911. — Weitere Aufschlüsse über Einfluß der Bodenfeuchtigkeit vergl.
Gain 18983, 1895.
4) Süring 1912.
90 Edaphische Faktoren
Tiefe. — Die Wärmekapazität des Sandbodens bei Potsdam betrug für
die Schieht von 5—35 cm im Winter 0,43 g Kalorien und liegt in den
anderen Jahreszeiten um 0,01—0,02 unter dem Jahresmittel von 0,4. —
Für klimatologische Betrachtungen spielen daher die Schwankungen der
Wärmekapazität eine geringere Rolle als der Wechsel zwischen Ein-
und Ausstrahlung und als die Struktur des Sandbodens. Bis zu min-
destens 20 cm Tiefe ist Temperaturfortpflanzung durch Konvektion zu
berücksichtigen; sie bewirkt u.a., daß sich bei warmem, trockenem Wetter
die Eintrittszeiten der Temperaturextreme in 20 cm Tiefe verfrühen.
Über die Beziehungen zwischen dem täglichen Gang der
Temperatur an der Bodenoberfläche und den untersten Luft-
schichten hat neuerdings Kretzer!) umfangreiche Untersuchungen an-
gestellt und die Werte aus verschiedenen Erdteilen miteinander ver-
glichen. Die Hauptresultate sind etwa folgende: Der tägliche Gang der
Temperatur der untersten Luftschichten wird in erster Linie von dem
täglichen Gang der Temperatur an der Erdoberfläche bestimmt. : Dieser
Einfluß ruft eine Verzögerung des Eintritts der Maximaltemperatur in
der Luft gegen den Eintritt des Höchstwertes der Temperatur an der
Erdoberfläche hervor. Der Boden erwärmt sich stärker als die Luft, die
von ihm erst ihre Wärme empfängt. Infolge von intensiver Ausstrahlung
nach Sonnenuntergang erkaltet der Boden nachts und besonders im Winter
stärker als die Luft. Diese Verhältnisse sind als für Landstationen nor-
mal anzusehen. — Seestationen haben in Meeresströmungen und Winden
bestimmende Faktoren für die tägliche Temperaturschwankung in der
Luft und an der Erdoberfläche. Zu allen Jahreszeiten lassen sich bei
diesen Stationen Einflüsse des nahen Meeres nachweisen, welche die
Wirkung der täglichen Periode der Temperatur an der Erdoberfläche auf
die Lufttemperatur zu verdecken vermögen.
Welch ungeheuren Einfluß die Erwärmung der oberen Boden-
schichten und namentlich die geringere Abkühlung des Nachts besonders
in den Übergangsjahreszeiten hat, zeigen die Versuche mit „Boden-
heizung“ ?). — Über die Einflüsse der Bodenwärme auf die Zuckerrüben-
kultur berichtete Kassner’°).
Die Temperatur des Bodens kann in Wüsten außerordentlich hoch
steigen. Bonnet beobachtete im Wüstensande zwischen niedrigen Pflanzen
+ 59°, während die Lufttemperatur 33° war, Pechuel-Lösche in
Loango 75—82° (vergl. darüber auch $. 33). Neuerdings sind über diese
Dinge zahlreiche Abhandlungen erschienen. — Marloth fand den Stein-
boden in der Karroo zeitweise so heiß, daß man ihn kaum berühren
konnte: ein auf den Boden gelegtes Thermometer stiex schnell auf 60°,
!) Kretzer 1912.
?) Mehner, H. 1906 a. a. O.
®) Kassner 1896.
10. Kap. Wärme des Bodens 91
Seine Tabelle zeigt die großen Unterschiede zwischen der Bodenober-
flächen- und Lufttemperatur, z. B. im November.
Marloth zitiert die Untersuchungen von Sutton und gibt folgende
lehrreiche Tabelle.
Maximaltemperaturen der Luft und des Bodens in Kimberley
1901
(Die Thermometerkugel war 25 mm tief in den Boden versenkt)
Luft Boden
Mittleres Absolutes Mittleres Absolutes
Maximum Maximum Maximum Maximum
Bar... 34,0 37,5 48,9 58,7
zur: ... .. 32,8 39,7 43,5 51,2
Be. 0. 28,6 34,4 35,6 43,9
0 26,4 30,0 33,2 36,2
Ben, 21,9 26,4 28,6 32,3
re] 19,5 22,2 25,6 28,3
er 19,6 | 25,6 26,3 28,7
Be... 24,7 30,9 34,2 40,8
September . . . 24,5 33,3 33,2 40,0
Oktober ar. 28,3 34,4 38,5 49,3
November . . . 33,0 40,0 49,4 57,4
Dezember . . . 35,1 38,9 46,0 52,6
Jahr 27,4 40,0 369 | 587
Die Bodenwärme ist sicher der Grund für verschiedene pflanzen-
geographische Merkwürdigkeiten. Der Unterschied in der Bodenwärme
soll die Höhenzonen in den Alpen umkehren können und z. B. Gestrüppe
von Pinus montana, Picea excelsa und Larix decidua unterhalb statt-
lichen Hochwaldes hervorbringen (Krasan), was aber von anderer Seite
stark bestritten wird.
Die gestaltende Rolle der Bodenwärme ist nur wenig be-
kannt. Jedoch hat z. B. Vesque!) durch Versuche nachgewiesen, daß
hohe Bodenwärme Saftreichtum hervorruft (kurze und dicke Wurzeln,
Stengel und Blätter), vielleicht weil die Wurzeltätigkeit durch die Wärme
leidet. Auch Prillieux kam zu dem Ergebnis, daß hohe Bodenwärme
direkt Knollen hervorbringt. Dadurch wird es leichter verständlich, wes-
halb Suceulenten oft auf Fels wachsen, zwischen Gestein oder auf Boden,
der leicht erwärmt wird.
Zwergwuchs wird die Folge niedriger Bodenwärme sein können,
wenn hierdurch die Menge des aufgenommenen Wassers und damit die
!) Vesque 1878.
92 Edaphische Faktoren
der aufgenommenen mineralischen Nahrung vermindert wird; dieser
Faktor wirkt wahrscheinlich bei dem in der subglacialen Vegetation all-
gemeinen Zwergwuchse mit. Schon S. 44 wurde erwähnt, daß hetere-
thermischer (kalter) Boden niederliegende Sprosse und Rosettenbildung
hervorruft, während homothermischer (warmer) schlanke und hohe Pflanzen
hervorbringt, was Krasan für Pinus, Juniperus, Asperula longiflora u.a.
nachgewiesen hat. Der heterothermische Boden soll blaubereifte Sproß- i 3
teile, Verkürzung der Entwicklungszeit u. a. und dadurch Spaltung von
Arten in mehrere neue hervorrufen.
Die Hauptquellen der Bodenwärme sind wesentlich folgende:
1. Die Sonnenwärme; nach Krasan soll 2. die eigene Wärme der
Erde eine nicht unwichtige (??) Rolle spielen, wenn der Boden ein guter
Wärmeleiter ist. Endlich können auch 3. die Absorption von Wasser-
dämpfen in den Poren des Bodens und 4. chemische Prozesse im
Boden (besonders Fäulnis) einwirken; diese Prozesse erhalten nament-
lich in kalten Ländern Bedeutung.
Für die Erwärmung des Bodens und dadurch für das Pflanzen-
leben sind selbstverständlich auch solche Faktoren wichtig, die die
Abkühlung fördern oder hindern (Ausstrahlung, Verdunstung, Wärme-
leitung usw.), sowie andere Faktoren, die kurz behandelt werden sollen.
Davon beziehen sich die unter 1—3 besprochenen auf die Sonnenwärme,
die anderen namentlich auf den Boden selbst.
1. Die Zugänglichkeit der Sonnenwärme. Namentlich in den
Polarländern spielt das direkte Sonnenlicht eine hervorragende Rolle,
was die Verteilung der Vereine in der Landschaft deutlich zeigt. Die
Erwärmung des Bodens spielt hierbei eine größere Rolle als die Luft-
wärme),
2. Der Einfallswinkel der Sonnenstrahlen. Je senkrechter
sie einfallen, desto stärker ist die Erwärmung (proportional dem Kosinus
des Einfallswinkels). Die geographische Breite, der Neigungswinkel und
die Neigungsrichtung (Exposition) des Geländes greifen hierbei ein. In
unseren Breiten sind SW-, S-, SO-Abhänge am wärmsten, NO-, N-,
NW-Abhänge am kältesten.
Die unter 1 und 2 angeführten Verhältnisse rufen in der Verteilung
der Vereine große Unterschiede und zwar unter allen Breitengraden
hervor. Man beobachtet z. B. nicht nur in Grönland, daß die südlichen
Seiten einer Bergkette mit einer offenen Xerophytenvegetation wie ver-
brannt dastehen können, während die nördlichen Seiten gleichzeitig von
dichten, frischgrünen Moosteppichen bedeckt sind, in die sich einzelne
Blütenpflanzen eingestreut finden und die im Sommer von dem langsam
1) Vergl. Kapitel 3.
10. Kap. Wärme des Bodens 93
schmelzenden Schnee befeuchtet werden!); auch in den Mittelmeer-
ländern sieht man z. B. die xerophile mediterrane Vegetation mit ihren
eigentümlichen Formen und ihrer frühen Blütezeit auf den südlichen
Seiten der Berge herrschen und auf diesen hoch hinaufsteigen, während
die mitteleuropäische Vegetation mit ihrer langsameren Entwicklung den
nördlichen und kühleren Seiten ihr Gepräge gibt?). Selbst in der Nähe
des Äquators, z. B. in Venezuela (unter 10 Grad n. Br.), beobachtet man
zwischen südlichen und nördlichen Abhängen die ausgesprochensten Unter-
schiede; man trifft bei Caracas im nördlichen Venezuela ostwestlich ge-
richtete, niedrige Erosionstäler oder Falten im Gelände, die auf den
südlichen Abhängen so pflanzenarm sind, daß fast nur der rote Ton der
Flur die Farbe gibt, während eine dichtere und höhere Vegetation die
nördlichen Abhänge bedeckt.
In niedrigeren Breiten (Südeuropa und Tropen) muß daran erinnert
werden, daß Nordwinde mehr Feuchtigkeit den Nord- als den Süd-
abhängen bringen. Dieser Umstand ist vielleicht von größerer Wichtig-
keit als ihre Exposition gegenüber dem Einfall der Sonnenstrahlen, weil,
wenn die Sonne über einem steilen Südabhang steht, dieser weniger der
Insolation ausgesetzt ist, als ein weniger steiler nördlicher. Je tiefer
die Sonne steht, desto mehr ist die Intensität der Insolation von der
Neigungsrichtung abhängig.
Es sei noch angeführt, daß die Schneegrenze auf der Süd- und der
Nordseite eines Gebirges sehr ungleich hoch liegen kann, daß die Höhen-
grenzen vieler Pflanzen von der Exposition abhängen, z. B. die der Rot-
buche in den Alpen; die Höhengrenze der Rotbuüche ist in Südbayern
nach Sendtner gegen SO am höchsten, gegen NO am niedrigsten. Die
Arten steigen auf der nördlichen Halbkugel auf der Südseite der Gebirge
gewöhnlich weit höher hinauf, als auf der Nordseite (z. B. in den Py-
renäen nach Bonnier). — Obiges wird hinreichen, um zu zeigen, wie die
Wärme, in diesem Falle zunächst die Bodenwärme (aber Luftwärme und
Bestrahlung können davon nicht getrennt gehalten werden), von den ge-
nannten Verhältnissen abhängt.
3. Die Dauer der Bestrahlung. In dieser Dauer sind die
Tropen und die Polarländer sehr verschieden, jedenfalls in der Verteilung
des Lichtes nach den Jahreszeiten.
4. Die chemische Beschaffenheit des Bodens. Die Wärme-
kapazität des Bodens ist nach seiner chemischen Natur verschieden.
Am leichtesten wird Quarzsand, am schwierigsten Torfboden erwärmt;
zwischen beiden stehen Kalksand, Tonboden usw. Die Wärmekapazität
des Quarzsandes beträgt nur 0,2, die des Torfes etwa 0,5 (Wasser = 1).
1) Warming 1887.
2) Flahault 1893.
94 Edaphische Faktoren
Die Humusmenge im Boden ist daher für seine Wärmekapazität von be-
sonderer Wichtigkeit. a
5. Die Farbe des Bodens. Dunkler Boden wird leichter und
stärker erwärmt als heller, natürlich unter gleichen übrigen Umständen.
Humboldt fand, daß schwarzer Basaltsand auf der Insel Graziosa eine
Temperatur von 51,2°C., weißer Quarzsand jedoch unter gleichen Um-
ständen nur 40° erreichte. Bei der Ausstrahlung verhält es sich um-
gekehrt: dunkler Boden kühlt sich nachts schneller ab als heller Boden,
wird aber nicht kühler als dieser.
6. Die Porosität des Bodens. Ein stark poröser, kin
Boden (heterothermischer Boden, nach Krasan) wird die Sonnenwärme
rasch absorbieren und auf seiner Oberfläche stark erwärmt werden, aber
die Wärme geht durch Ausstrahlung ebenso leicht wieder verloren. Luft-
reicher Boden leitet die Wärme schlecht, desto schlechter, je luftreicher
er ist, weil die Luft ein schlechter Wärmeleiter ist; fester Boden leitet
gut. In Felsenboden ist die Wärmeleitungsfähigkeit größer und gleich-
mäßiger (homothermischer Boden, Krasan), und hat nach der Art des
Gesteines eine verschiedene Geschwindigkeit. Der Karstkalk z. B. ist
wegen seiner gleichförmigen Dichtigkeit und seiner Trockenheit ein vor-
züglicher Wärmeleiter. Ferner sind Granit, Basalt und andere kristalli-
nische Gesteine gute Leiter. In heterothermischem Boden gibt es viel
größere Extreme in den Wärmegraden; die Sommerwärme dringt zu ge-
ringer Tiefe hinab und geht im Winter schneller verloren.
7. Der Wasserreichtum des Bodens spielt bei der Bodenwärme
wohl von allen Faktoren die größte Rolle, indem bei der Erwärmung
und der Verdunstung des Wassers Wärme verbraucht wird (vergl. auch
Clements). Das Wasser hat eine weit größere Wärmekapazität als die
Bodenarten. Je wasserreicher, desto kälter ist der Boden; trockener
Boden wird leichter erwärmt als nasser; aber wasserreicher Boden hält
andererseits die Wärme länger fest als trockener Boden, weshalb er im
Herbste wärmer ist als trockener Boden. Sandböden sind „warm“, weil
sie schnell das Wasser verlieren und erwärmt werden; Tonböden sind
„kalt“. Wasserreicher Boden leitet auch die Wärme nach dem Untergrunde
besser als trockener. Felsboden ist der wärmste von allen, weil eben keine
Wärme durch Verdunstung gebunden wird. Die Wärme dringt schnell und
tief in den Felsen ein, weil dieser ein guter Wärmeleiter ist. In den tiefe-
ren Schichten sind die Temperaturextreme groß, während auf losem Boden
nur die oberen Lagen erwärmt werden). Alle diese Verhältnisse haben
z. B. für die Entwicklung der Vegetation im Frühjahre große Bedeutung.
Der gefrorene Boden, den man in den Polarländern mehr oder
weniger tief unter der Oberfläche trifft, spielt natürlich für die Vege-
1) Vergl. Homen 1897.
aa Be a le en nd ne an nn el en. ea nn
10. Kap. Wärme des Bodens 95
tation eine große Rolle, teils dadurch, daß sich die Wurzeln von ihm
wie von Felsboden wegbiegen (und vielleicht auch wegen der Thermo-
tropie der Wurzeln), teils dadurch, daß die Kälte die Wurzeltätigkeit
herabsetzt.
8. Die Beschaffenheit der Vegetation, namentlich ihre Dich-
tigkeit, wirkt auf die Bodenwärme ein, indem sie den Boden mehr oder
weniger der unmittelbaren Erwärmung entzieht und mehr oder weniger
auf die Verdunstung aus dem Boden und seine Ausstrahlung einwirkt').
9. Die eigene Wärme der Erde. Besonders erwähnt mag auch
Krasans Ansicht werden. Er geht davon aus, daß zum wesentlichsten
Teile die eigene Wärme der Erde, nicht die Sonnenwärme, auf die
Vegetation einwirke, und meint, daß organische Wesen wie die gegen-
wärtig lebenden ohne die Erdwärme nicht bestehen könnten. Diese wirkt
indessen nicht überall gleichmäßig; ihre Wirkungen hängen von den
physikalischen Verhältnissen des Bodens, namentlich von der Wärme-
leitung und der Wärmestrahlung, ab. Es besteht hierin ein großer
Unterschied z. B. zwischen Kalkfels und losem Sandboden; jener leitet
die Wärme gut und strahlt viel aus, dieser verhält sich umgekehrt.
Auch das Relief der Oberfläche ist von Bedeutung; spitze und zerklüftete
Gebirgsmassen strahlen mehr Wärme aus, als ein flaches Gelände oder
als zusammenhängende, kompakte Gebirgsmassen, und die Höhengrenzen
der Arten können hiervon wesentlich beeinflußt werden. Das Auftreten
der „Bergheide“ in den südöstlichen Kalkalpen meint Krasan sogar ganz
durch die Verhältnisse der Bodenwärme erklären zu können; sie ist an
Dolomitgrus und Sand gebunden. Auch die Mächtigkeit der oberen
Bodenschichten spiele natürlich eine Rolle. Die Mehrzahl der neueren
Schriftsteller steht diesen Anschauungen zum Teil mehr als skeptisch
gegenüber. Nach Tabert kann die Bodentemperatur durch die innere Wärme
etwa nur um 0,1° C. erhöht werden, eine sicher unwirksame Menge.
Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß man bei Zwickau wegen der
Wärme langsam brennender Steinkohle subtropische Pflanzen im Freien
hat ziehen können.
10. Die Abkühlung des Bodens durch Wind ist in vielen
Fällen imstande, eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der Vegetation
zu spielen. So z. B. leiden wie bekannt die Pflanzenvereine an der
‘Nordseeküste sehr stark unter den Nordwestwinden (vergl. Kap. 5); die
Tätigkeit der Wurzeln wird dabei sicher durch die Abkühlung des Bodens
durch die Winde herabgedrückt.
Über das Verhältnis zwischen der Wärme des Bodens und
der Luft ist bereits die tägliche Einwirkung S. 42, 90 besprochen worden.
Für die Zeit der Schneebedeckung kehrt sich das dort genannte Ver-
t) Vergl. auch die Kapitel 9 und 16.
96 Edaphische Faktoren
hältnis um, die Oberfläche ist meist kühler als die Luft. Der Boden unter
der Schneedecke behält bei sehr starken Schneefällen oft beinahe die
Temperatur, welche während des Schneefalls herrschte. In Gebirgen
ist die Maximaltemperatur des Bodens nahezu so hoch wie die in den
Ebenen am Fuße dieser Gebirge, während die Minima nicht entsprechend ;
niedriger sind, so daß also die Abweichung der Bodentemperatur über
die Temperatur der Luft mit der Höhe steigt.
Die Wärmeschwankungen sind in den oberen Bodenschichten größer
als in den tieferen; sie hören zuletzt in einer gewissen Tiefe ganz auf,
wo eine konstante Temperatur herrscht, die Mitteltemperatur des Landes
(in Dänemark 7,4° C. etwa in 25 m Tiefe).
Aus alledem folgt, daß die Bodentemperatur größeren Schwankungen
unterworfen ist, als die der Luft. In den wärmeren Bodenarten sind die
Schwankungen stärker, aber die Pflanzen passen ihre Lebensvorgänge
schnell der wechselnden Wärme an. Eine schwankende Temperatur, die
sich oft dem Optimum nähert, ist den Pflanzen zuträglicher, als eine
tief unter dem Optimum bleibende tiefere.
11. Kap. Die Mächtigkeit des Bodens. Die oberen
Bodenschichten und der Untergrund
Die Mächtigkeit des Bodens, d. h. die Dicke der losen Boden-
schichten über dem festen Fels spielt selbstverständlich für die Pflanzen
eine große Rolle, besonders für die Bäume. Große Vegetationsunterschiede
zeigen flachgründiger Boden, wo der Fels in sehr geringer Tiefe liegt,
und tiefgründiger, wo dieses nicht der Fall ist: die Tiefe wirkt näm-
lich auf die Erwärmung, die Wasserführung, die Nahrungsmenge, das
"Waehstum der Wurzeln usw. Auf flachgründigem Boden erträgt die Vege-
tation mehr die Trockenheit und ist von klimatischen Änderungen ab-
hängiger, als auf tiefgründigem; der flachgründige Boden bringt keine
so kräftige Vegetation hervor wie ein ähnlicher tiefgründiger, und diese
leidet- in trockenen Zeiten leichter. Die Vegetation bietet große Ver-
schiedenheiten, je nachdem ein Felsboden fast nackt oder von einer mehr
oder weniger dicken Schicht von Verwitterungserde bedeckt ist, und ob
diese durchlässig ist oder nicht. Ein Übergang eines Pflanzenvereins
in den andern kann allein durch die Bodentiefe verursacht werden;
Rikli!) z. B. schreibt über Corsica: Wenn der Boden, arm an Humus
und nur flach, noch dazu trocken wird, so machen die Macchien und
Garigues den typischen Felsenheiden Platz. Die Alvarvegetation auf
den schwedischen Ostseeinseln Öland und Gotland ist besonders durch
die Flachgründigkeit des Bodens hervorgerufen (Fig. 43).
!) Rikli 1903
97
Mächtigkeit des Bodens
11. Kap.
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2
3. Auflage, illustr.
Warming-Graebner.
98 Edaphische Faktoren
Im Boden unterscheidet man ferner die oberen Bodenschichten
von dem Untergrunde. Zu jenen muß der vollständig verwitterte
oberste Teil des Bodens gerechnet werden, der in der Regel mehr oder
weniger mit Humus vermischt und von Pflanzen und Tieren bearbeitet
worden ist, von Licht, Wärme und Luft mehr beeinflußt wird und an
Nahrung, unter anderem wegen des Absorptionsvermögens des Bodens,
reicher ist. Unter Absorptionsvermögen versteht man die Eigen-
schaft des Bodens, daß er, namentlich die Feinerde, teils durch chemische
Anziehung, teils durch Oberflächenanziehung (physikalische A.) gewisse,
in Wasser lösliche Pflanzennahrungsstoffe, die durch ihn filtriert werden,
festzuhalten vermag, so daß sie nicht oder äußerst langsam ausgewaschen
werden können; diese Pflanzennahrungsstoffe sind gerade die seltensten
und wichtigsten: Phosphorsäure, Kali und Ammoniak, während Salpeter-
säure, meist auch Kalk und Eisen von Regenwasser leicht ausgewaschen
werden. Der Boden hat ein bemerkenswertes Vermögen, die Beschaffen-
heit des Bodenwassers zu regulieren. Gewöhnlich wird dieses eine sehr
schwache Lösung sein, deren Konzentrationsgrad nach den Umständen
schwankt. Die verschiedenen Bodenarten haben verschiedenes Absorptions-
vermögen. Auch aus der Luft können gewisse Böden, z.B. eh
Nahrungsstoffe aufnehmen, indem sie Ammoniak absorbieren.
Das Verhältnis zwischen den oberen Bodenschichten und dem
Untergrunde ist sehr wichtig; sowohl die Mächtigkeit, als der Wasser-
gehalt und andere Eigenschaften der oberen Bodenschichten spielen eine
Rolle; im großen und ganzen scheint es, daß das Verhältnis für das
Pflanzenleben desto günstiger ist, je entgegengesetzter die Eigenschaften
des Untergrundes nach Wasseraufsaugung und Wassergehalt gegenüber
denen der oberen Bodenschichten sind. Deherain stellt folgende
Reihe auf:
Leichter Boden mit durchlässigem Untergrunde ist ganz
vom Klima abhängig. Ist dieses trocken, so kann er äußerst unfrucht-
bar sein; an mehreren Stellen Frankreichs wachsen auf solchem Boden
Nadelwälder, die ja nur eine geringe Transpiration haben. Sind die
Niederschläge reichlich, oder wird der Boden bewässert, so kann er eine ;
stattliche Vegetation tragen, (wenn der Boden aber noch dazu nährstoff-
arm ist, vorzüglich nur Heide).
Leichter Boden mit undurchlässigem Untergrunde. In
einem mittelfeuchten Klima haben solche Böden sehr verschiedenen
Wert, je nachdem sie geneigt sind, so daß das Wasser abfließt, oder
wagerecht sind; jene Böden tragen oft eine vorzügliche Vegetation, die
letzteren können auch sehr sumpfig und zum Ackerbau untauglich sein.
Schwerer Boden mit durchlässigem Untergrunde ist in der
Regel fruchtbar, da das überflüssige Wasser in den Untergrund ein-
sickert.
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3 a? a a a A Er zul BEA es a Zn 2 er En
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12. Kap. Nahrung im Boden 99
Schwerer Boden mit undurchlässigem Untergrunde trägt
Sumpfvegetation und muß entwässert werden, wenn er bebaut werden soll.
Da die Beschaffenheit des Untergrundes oft überaus rasch wechselt,
sieht man den Charakter der Vegetation oft auf sehr kurzen Strecken
sich gänzlich ändern. Die Neigung des Bodens kann die Bedeutung des
Untergrundes wesentlich verändern, wie sie überhaupt für die Güte des
Bodens von großer Wichtigkeit ist.
12. Kap. Die Nahrung im Boden
(chemisches Verhalten)
Die Pflanze bezieht ihre Nahrungsstoffe teils aus der Luft, teils
aus dem Nährboden. Es ist also klar, daß dessen Verschiedenheiten
eine hervorragende ökonomische Rolle spielen müssen.
Der Boden bereitet erstens in Verbindung mit der besonderen
Tätigkeit der Wurzeln, die bei verschiedenen Arten als verschieden an-
genommen werden muß, die Nahrung zu, die dreierlei Bestandteile ent-
hält: 1. feste, mineralische Teile, 2. in Wasser aufgelöste
Salze, 3. Humusstoffe, d.h. organische Stoffe, die aus Abfällen
und zersetzten Teilen von Pflanzen und Tieren stammen. Zweitens
sammelt der Boden durch Absorption in den oberen Bodenschichten
- _ Nahrung an).
Notwendig nennt man solche Nahrungsstoffe, die die Pflanzen
zu ihrer normalen Entwicklung durchaus brauchen. Bei den bisher
untersuchten höheren Pflanzen sind es im ganzen nur zehn Elemente:
Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Phosphor, Schwefel, Eisen,
Kalium, Caleium und Magnesium. Fehlt einer dieser Stoffe im Boden
in passenden chemischen Verbindungen, so treten pathologische Zustände
- ein oder die Pflanze wächst überhaupt nicht. Außerdem nehmen alle
Pflanzen verschiedene andere Stoffe auf, deren Nutzen im ganzen zweifel-
haft ist, die aber nicht als bedeutungslos angesehen werden dürfen;
diese können z. B., wenn sie vorhanden sind, bewirken, daß gewisse
notwendige Stoffe in geringerer Menge gebraucht werden, als dann,
wenn sie fehlen (Wolff u. a.).
Die Menge der Nahrungsstoffe ist auch wesentlich. Ist ein Stoff
unter einem gewissen Minimum vorhanden, so gedeiht die Pflanze nicht;
aber die Arten sind sehr verschieden anspruchsvoll; verschiedene Arten
nehmen verschiedene Mengen auf (einer der Gründe, weshalb der Land-
mann Wechselwirtschaft betreibt). Der Praktiker unterscheidet zwischen
magerem und kräftigem Boden.
1) Vergl. auch Kapitel 11, S. 98.
7*+
100 Edaphische Faktoren
Der Gehalt an löslichen Salzen hängt ab:
1. Von den in löslichem Zustande vorhandenen Mineralien.
2. Von der Absorptionsfähigkeit des Bodens (s. S. 98).
3. Vom Klima.
Wo nur wenig Regen fällt, können die löslichen Salze nicht aus-
gewaschen werden und können daher bei zunehmender Verwitterung
angereichert werden, so daß sie sogar, besonders auf Lehmboden, aus-
kristallisieren können!). Ba
Ein ungenügender Vorrat an löslichen Salzen ist für den Pflanzen- “3
wuchs ungünstig, eine zu große Anreicherung ist aber für die meisten
Arten mindestens ebenso schädlich. Eine gleiche Wirkung entsteht
durch zu viel Humussäuren. Solche Bodenarten gehören zu denen, die 2
Schimper?) z. T. als „physiologisch trocken“ (s. 8. 88), Graebner?) als .
„physiologisch arm“ bezeichnet hat. Pflanzen auf physiologisch trockenem
Boden sind oft identisch mit solchen auf wirklich trockenen (physikalisch
trockenen) Böden, oder sind durch dieselben Schutzmittel gegen zu starke
Verdunstung geschützt. Auf den Heiden wachsen dieselben Pflanzen-
arten auf den (chemisch) armen Böden, wie auf den Rohhumuslagen,
selbst auf guten (chemisch reichen) Böden, so Calluna, Juniperus,
Erica u. v. a. be
Bedeutung für die Pflanzenformen haben sowohl die Menge
als die Art der Nahrungsstoffe. Nahrungsmangel (d.h. unzureichende
Menge eines oder mehrerer Stoffe) kann einer der Gründe für Zwerg-
wuchs und Hungerformen sein; dieses ist durch viele physiologische
Versuche und draußen in der Nail z. B. Zwergsträucher auf Heiden und
anderen mageren Böden, nachgewiesen worden. Die Menge eines einzelnen
Stoffes kann hier den Ausschlag geben. Es gilt als allgemeines Gesetz,
daß die Größe des Ertrages, insoweit er von den Nahrungsstoffen ab-
hängt, von dem Nahrungsstoffe bestimmt wird, der der betreffenden 4
Pflanzenart in verhältnismäßig geringster Menge zur Verruguie |
steht (Liebigs Gesetz des Minimums). j
Wenn ein Nahrungsstoff in so geringer Menge vorhanden ist, daß :
der Ertrag aus diesem Grunde verringert wird, so wird der betreffende
Stoff (nach der Atterbergschen Regel) auch in der Pflanze in verhältnis-
mäßig geringerer Menge vorhanden sein als die Nahrungsstoffe, woran
kein Mangel ist; und es liegt dann nahe, anzunehmen, daß auch a, 32
morphologische Unterschiede hieraus hervorgehen können.
Die Pflanze richtet ihre Wurzelform nach den Eigentümlich-
keiten des Bodens ein. Nach Versuchen von Sachs“) werden die
!) Hilgard 1892.
?) Schimper 1898.
®) Graebner 1904 usw.
*) Sachs 1859, 8. 177.
4-
Mr
Wien
_ unterliegenden Felsen auf den Charakter der Vegetation.
12. Kap. Nahrung im Boden 101
Wurzeln desto kürzer, je konzentrierter die Nährlösung ist. In magerem
Boden werden die Wurzeln meist lang und wenig verzweigt (wofür
unsere Sandvegetation, besonders die der Dünen, ausgeprägte Beispiele
zeigt; umgekehrt verhält sich die Mehrzahl unserer Heidepflanzen); in
kräftiger Erde verzweigen sie sich sehr stark und bilden dichte Massen;
treffen sie Bodenschichten mit verschiedener Nahrungsmenge, so ist der
Gegensatz zwischen den Wurzelverzweigungen in den verschiedenen
Schichten auffällig. „Die Wurzeln suchen die Nahrung, als ob sie Augen
hätten* (Liebig).
Die chemische Beschaffenheit des Nährbodens ruft in ge-
wissen Fällen Formenverschiedenheiten hervor. Dieses gilt namentlich
für einen Stoff, das Kochsalz. Es ist bekannt, daß sich alle Salz-
pflanzen durch ein besonderes Äußeres auszeichnen; sie haben nament-
lich fleischige Blätter, durchscheinende Gewebe u. a.!) Die Wirkungen
des kohlensauren Kalkes und anderer Stoffe sind weniger augenfällig,
doch wird ihm, wie in Kap. 14 bemerkt, namentlich von englischen und
amerikanischen Forschern floristisch großes Gewicht beigelegt. Die mit
dem Vorhandensein und Fehlen des kohlensauren Kalkes meist verbunde-
nen großen chemischen und physikalischen Verschiedenheiten lassen einen
' ganz anderen Florencharakter entstehen. Neben den a. a.0. genannten
Forschern gibt Cowles?) interessante Bilder von dem Einflusse der dar-
Unterschiede im Boden haben wahrscheinlich die Scheidung neuer
Arten hervorgerufen. Das Galmeiveilchen (Viola calaminaria) ist ver-
mutlich eine durch zinkhaltigen Boden aus V. lutea entstandene Form.
Auf Serpentin, einem Magnesiasilikat, wachsen zwei Asplenum- Arien,
A. Serpentini und A. adulterinum, die dem A. adiantum nigrum und
A. viride nahe stehen?). Über die Beständigkeit dieser Formen müssen
z. T. einwandfreie Kulturen Aufschluß geben, früher in die Litteratur
gelangte Angaben sind unsicher, z. T. sogar sicher falsch.
Es besteht nach Kerners Studien in den Alpen ein großer Unter-
schied zwischen den untereinander parallelen Arten, die die kalklosen
Schieferalpen oder die Kalkberge bewohnen; solche parallelen Arten
(wohl besser Rassen) sind folgende (die kalkliebenden werden in jedem
Paare zuletzt genannt): Hutchinsia brevicaulis und alpina, Thlaspi
cepaeifolium und rotundifolium, Anemone sulphurea und alpina, Juneus
trifidus und monanthos, Primula villosa und aurieula, Ranunculus cre-
natus und alpestris usw.
1) Vergl. auch Abschnitt 4, Salzpflanzen.
2) Cowles 1901.
») Vergl. Schimper 1898; Pfeffer 1897—1904.
102 Edaphische Faktoren
Als Beispiele für die Einwirkung anderer Substrate auf die Form
führt Kerner folgende an: Androsace Hausmanni wird als Dolomitform
von A. glacialis aufgefaßt; ebenso Asplenum Seelosii und Woodsia gla-
bella als solche von A. septentrionale und W. hyperborea').
Über die Einwirkung bestimmter Magnesium- usw. Verbindunen i
auf die Pflanzen, ihren Nutzen und Schaden hat neuerdings Mac O0eER 4
umfangreiche Versuche veröffentlicht. =
Da solche Arten, die einander auf verschiedenem Boden ersetzen
sicher von einer gemeinsamen Mutterart abstammen, hat es Interesse, zu
untersuchen, worin sie voneinander abweichen, weil sich die Wirkungen
des Bodens darin vermutlich offenbaren werden. RB:
Bonnier?) machte nach Schimper die ersten Versuche, um die Ein-
wirkung des Kalkes auf die äußere Gestalt der Pflanzen sicher zu er-
gründen. Beobachtungen im Freien sind von mehreren Forschern aus-
geführt worden, so von Fliche und Grandeau?).
Kerner fand folgendes: AR
1. Die Kalkpflanzen sind stärker und dichter behaart; oft a
sie weiß- oder graufilzig, während ihre Parallelformen drüsen-
haarig sind. |
2. Die Kalkpflanzen haben oft blaugrüne Blätter, die anderen 3
grasgrüne Blätter.
3. Die Kalkpflanzen haben Blätter, die mehr und tiefer geteilt sind.
4. Sind die Blätter bei den Kalkpflanzen ganzrandig, so sind sie
bei den anderen nicht selten drüsig-sägezähnig.
5. Die Kalkpflanzen haben größere Korollen und
6. meist mattere und hellere Blüten.
Hossaeus®) hat auf tropischen Karrenfeldern noch an den Kalk-
pflanzen starkes Verholzen, reduzierte Blattflächen, Knospen mit Schutz-
blättern, verdickte Wurzeln usw. beobachtet, an Stellen mit Baumwuchs 0:
starke Verästelung mit schirmförmigem Wuchs, Sukkulenz usw. \
Wenn auch die Eigentümlichkeiten der Kalkflora klar und den
sind, hat man doch früher den Einfluß des Kalkes auf die Vegetation
überschätzt. Man hat sich nicht damit begnügt, empirisch die vorzugs-
weise auf Kalk und die vorzugsweise auf Kieselböden wachsenden
Pflanzen festzustellen, sondern man unterschied sogar zwischen kalk-
liebenden und kalkfeindlichen Pflanzen®). Neuerdings ist nun als zweifel- |
‘) Blytt bezweifelt, daß die norwegische Woodsia glabella die Dolomitform von "
W. hyperborea sei; sie Koma auch auf Schiefer, nicht nur auf Dolomit vor. NEE
2) Mac Cool 1913.
®) Bonnier 1894.
*) Vergl. Schimper 1898.
5) Hossaeus 1911.
*) Sendtner 1860; Contejean 1881; vergl. auch Magnier 1904; Grafe u. Portheim 1906. |
12. Kap. Nahrung im Boden 103
los festgestellt, daß der Kalkgehalt an sich (soweit er nicht etwa phy-
sikalisch wirkt) allein nicht die Ursache der Verschiedenheiten der Flora
sein kann, denn es lassen sich nicht nur die meisten Kalkpflanzen in
kalkarmem Boden kultivieren, sondern die Kieselpflanzen, sogar die
_ meisten der ganz besonders kalkfeindlichen Sphagna wachsen üppig in
reinem Kalkwasser (Kreide usw.)!), wenn das Wasser sonst arm ist
an gelösten Salzen.
H. Paul?) hat neuerdings die Frage der Kalkfeindlichkeit der Torf-
moose experimentell gründlich geprüft, und hat dabei gefunden, daß die
Sphagna fast alle selbst gegen geringe Mengen von gelöstem kohlen-
saurem Kalk sehr empfindlich sind, daß sie in irgendwie konzentrierten
Lösungen abstarben. Er fand die Wald- und Flachmoorarten weniger
empfindlich. Ist der Kalk dagegen als schwefelsaures Salz vorhanden,
so schadet er nicht, Gips war selbst in gesättigter Lösung absolut un-
schädlich. Die Torfmoose namentlich der Heidemoore reagieren stark
sauer und der Verlust der Säure durch den kohlensauren Kalk ist an-
scheinend die Ursache für das Absterben.
Man hat vielfach übersehen, daß fast alle Kalkböden reich sind an
löslichen Mineralstoffen, und dieser Reichtum schließt die Pflanzen
nährstoffarmer Böden aus, dazu kommen die wichtigen physikalischen
Eigenschaften der Kalkböden gegenüber den Kieselböden. Ist das von
den Wurzeln aufzusaugende Wasser nährstoffarm (etwa nur 1—3 Teile
Salze auf 100000 Teile Wasser)?), so kann der Boden selbstredend nur
eine Vegetation mit geringer jährlicher Stoffproduktion tragen (etwa
Heide usw.), auch wenn noch so viel Wasser vorhanden ist. Ist er da-
gegen nährstoffreich, wird er kräftige Pflanzen tragen: Wälder, wenn
stets genug Wasser vorhanden ist, Steppen und Wüsten, wenn das
nährstoffreiche Wasser den Pflanzen nur kurze Zeit zur Verfügung steht.
Der höhere und geringere Nährstoffgehalt des Bodens ist es, der,
günstige klimatische und Feuchtigkeitsverhältnisse vorausgesetzt, in allen
Gebieten der Erde die Grundverschiedenheit der Pflanzenvereine aus-
macht. Die Heiden der ganzen Welt sind alle, ob sie aus Ericaceen oder
anderen Familien gebildet werden, an nährstoffarmen Boden gebunden;
mit ihnen zusammen haben wir überall Heidemoore (Hochmoore, im
Norden Tundren), die sich nur durch größeren Wasserreichtum unter-
scheiden. Beide, die häufig eine Menge identischer Pflanzen tragen, zu
trennen, weil das eine naß, das andere trocken ist, wäre unnatürlich.
Ebenso ist der tropische Wald dem unseren analog, nur modifiziert durch
das Klima. Die Steppen der ganzen Welt sind wohl fast alle, wie auch die
1) C. A. Weber 1900; Graebner 1901; Kritik bei Clements 1904; H. Paul 1906.
2) Paul 1906 ff.
®) Ramann 1895, 1905.
104 Edaphische Faktoren
Wüsten, nährstoffreiche Gebiete, denen zu großer Stoffproduktion
(Wald) nur das Wasser fehlt; erhalten sie Wasser, bewachsen sie üppig
(Koopmann), wenn nicht etwa dadurch, daß sie Jahrhunderte lang als
Steppe lagen, eine übermäßige Anreicherung von Salzen (besonders
Kochsalz) stattgefunden hat. Will man also, wie dies neuerdings viel-
fach angestrebt, aber wohl unmöglich erreicht wird, ein einheitliches
(dabei auch natürliches) System der Pflanzenvereine aufstellen, würde
es nach Graebner das Haupteinteilungsprinzip der Nährstoffgehalt des
Bodens resp., was auf dasselbe hinausläuft, die tatsächlich in einem be-
stimmten Zeitraum (Vegetationsperiode) von den Pflanzen aufnehmbare
und verwertbare Nährstoffmenge sein zu müssen; vom praktischen Stand-
punkte muß man aber den Feuchtigkeitsgehalt in den Vordergrund stellen,
schon weil er sich im ganzen leichter konstatieren läßt, als der Nährstoff-
gehalt. Die sich aus den Ernährungsverhältnissen ergebenden Gruppen
von Pflanzenvereinen sind natürliche, die meist über die ganze Erde
verbreitet, aus einer Reihe ökologisch, tatsächlich nahe verwandter Ver-
eine gebildet werden, die durch das Klima, die geologische Vorgeschichte
und lokal durch die physikalischen Eigenschaften des Substrates modi-
fiziert erscheinen. — Graebner !) hat versucht, ein solches System
für Norddeutschland aufzustellen, welches in erweiterter Form im
37. Kapitel des dritten Abschnittes aufgeführt ist. Für Warming sind
die Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft und des Bodens sowohl zur e
Pflanzenform als für ein natürliches System der Vereine in erster Linie 4
maßgebend.
Geographische Bedeutung. Die für alle höheren Pflanzen not-
wendigen Nahrungsstoffe finden sich, wenn man gewisse Böden ausnimmt,
(z. B. Quarzsand besonders der Heiden, Heidehumus und Heidetorf,
Heidegewässer) fast in den meisten Böden in so großer Menge, daß
hierin kein Hindernis dafür bestehen würde, daß jede Art fast überall
-auf der Erde wachsen könnte. Es muß daran erinnert werden, daß,
selbst wenn ein Stoff im Nährboden in sehr geringer Menge vorhanden
ist, manche Pflanzen, für die er notwendig ist, doch große Mengen von
ihm aufnehmen können; z. B. sammeln die Fueus-Arten sehr viel Jod an,
obgleich das Meereswasser nur äußerst wenig davon enthält. Die Pflanze
hat ein gewisses quantitatives Wahlvermögen, indem sie die verschiedenen
Stoffe in einem anderen Verhältnis aufnimmt als in dem, worin sie im
Nährboden vorkommen. Es gibt indessen Stoffe, die bei gewissen
Pflanzen wie Gifte wirken und sie von den Standorten ausschließen,
wo sie im Boden in größerer Menge auftreten. Dies versteht man
leicht, wenn man sich daran erinnert, daß die Pflanzen doch nur bis
?) Graebner 1898, 1901, 1902, 1908, 1910.
13. Kap. Nahrung im Boden 105
zu einem gewissen Grade ihre Nahrung wählen können). In je größerer
Menge sich ein Stoff im Boden findet, desto mehr nehmen die Pflanzen
in der Regel von ihm auf; und jedenfalls können Stoffe, die in geringer
Menge nützlich oder sogar notwendig wären, in zu großer Menge auf-
genommen werden und Gifte werden. Solche Stoffe sind namentlich
Kochsalz und Eisenoxydulsalze. Übrigens herrscht hier eine gewisse
Freiheit, indem dieselbe Art die verschiedenen Nahrungsstoffe auf ver-
schiedenem Boden in abweichenden Mengeverhältnissen aufnimmt. In-
dividuen derselben Art enthalten auf Granitboden viel Kieselsäure, auf
Kalkboden viel Kalk. Endlich sei bemerkt, daß gewisse Stoffe einander
teilweise ersetzen können, z. B. Kalk und Magnesia.
Es hat ferner große Bedeutung für das Zusammenleben der
Pflanzen, daß jede Art ihre uns fast unbekannten Haushaltungseigen-
tümlichkeiten hat, indem sie, je nach ihrer chemisch-physiologischen
Tätigkeit und den Eigentümlichkeiten ihres Wurzelsystemes, die Stoffe
in einem anderen Mengenverhältnis aufnimmt als andere Arten. Für
das Zusammenleben der Arten ist es auch wichtig, daß die Stoffe nicht
mit derselben Geschwindigkeit und zu derselben Zeit oder auf derselben
Entwicklungsstufe der Individuen aufgenommen werden (vergl. Liebscher).
Dieses ermöglicht es vielen Arten, auf demselben Boden nebeneinander
zusammenzuleben, ohne daß ein Nahrungswettbewerb eintritt. Hierauf
beruht auch teilweise die Fruchtwechselwirtschaft.
13. Kap. Die Bodenarten
Nach der verschiedenen Beschaffenheit des Bodens können folgende
Hauptarten des Bodens aufgestellt werden: Felsenboden, Sandboden,
Kalkboden, Salzboden, Tonboden, Humusboden, die alle natür-
lich durch allmähliche Übergänge und zahllose Mittelglieder miteinander
verbunden sind, so daß eigentlich eine Unzahl von Bodenformen mit
mannigfaltigen Eigenschaften vorkommt?). Da die genannten Boden-
arten äußerst abweichende Eigenschaften haben und daher ökologisch
sehr verschiedene Vereine tragen müssen, sollen sie hier kurz gekenn-
zeichnet werden.
1. Felsenboden. Hier ist die Natur des Gesteines dafür bestim-
mend, welche Vegetation sich auf ihm entwickeln und welchen Grad
der Üppigkeit und des Artenreichtums sie erreichen kann. Worauf es
ankommt, sind die Unterschiede in der Härte, der Porosität, der Er-
wärmungs- und der Wärmeleitungsfähigkeit, dann aber auch der Grad
1) Vergl. auch Hansteen 1909—1912; Treitz b.
2) Ramann 1905; über die Verbreitung, den Ursprung, die Eigenschaften und
Anwendung der Mittelschwedischen Böden vergl. G. Andersson u. H. Hesselman 1910.
106 Edaphische Faktoren
der Verwitterungsfähigkeit!). Die wichtigsten Gesteinsarten sind: Granit,
Gneis, Kalkstein, Dolomit, Sandstein, Tonschiefer, Basalt u. a.?).
Physiologisch ganz ähnlich wie Felsboden wirken die Stämme,
Äste und Blätter der Gehölze, auf denen Epiphyten wachsen; auch
sie leben neben dem atmosphärischen Staube im wesentlichen von den
Verwitterungsprodukten der Rinde usw. — Über die Epiphyten vergl.
sonst Kapitel 35.
2. Sandboden. Sand besteht aus mindestens 80°/, lose liegenden
Körnern verschiedener Minerale, meistens von Quarz, aber auch von.
Feldspat, Hornblende, Glimmer, bisweilen auch von Kalk, z. B. im
Korallensande, von vulkanischen Produkten usw. Der Nährwert des
Sandbodens ist nach der chemischen Beschaffenheit der Körner ver-
schieden; reiner Quarzsand ist unfruchtbar, weil die Quarzkörner nicht
verwittern und auch nicht als Nahrung dienen können; Sande mit Kalk, 1
Glimmer, Feldspat u. a. Mineralien haben größeren Nährwert. Humus
bildet sich in trockenem und losem Sandboden schwierig, weil die
organischen Teile in ihm leicht zersetzt und beim Zutritte der Luft
oxydiert werden. Ferner hat Sand, namentlich Quarzsand, die häufigste iR
Art von Sand, geringes Absorptionsvermögen und kann nur sehr
wenig Wasserdampf aus der Luft absorbieren.
Nach Ramann?) teilt man die Sande, die gegenüber den Kite
Böden, wie Kies und Grus, zu den Feinerden (mit weniger als 2 mm
Durchmesser der Körner) gerechnet werden, folgendermaßen ein:
Grobsane 2.0, 1—2 mm Korngröße
Mittekand . - - ,. . 0 5, -
Feinsand ... . ,„ 2 02505.
”
Zum Unterschied von den noch feineren Feinerden (Staub und ;
Schlamm) fällt Sand im Wasser rasch nieder.
Sandboden ist loser Boden, weil die Körner wenig Bindigkeit
haben, desto weniger, je größer sie sind. Die Niederschläge sickern in
Sand leicht ein, desto leichter, je grobkörniger er ist. Im allgemeinen
ist der Wassergehalt des Sandes gering; er hält um so weniger
Wasser zurück, je grobkörniger er ist (ca. 3—30°/o). Das Vermögen
des Sandes, aus dem Untergrunde Wasser aufzusaugen, ist in der Regel
sehr gering; das Wasser wird in der Regel höchstens !/; m gehoben.
Sand trocknet in der Regel sehr schnell aus und erwärmt sich
daher in der Sonne sehr schnell und stark, kühlt sich aber auch nachts
sehr schnell und stark ab. Flugsanddünen sind gewöhnlich von einer
2) Vergl. Treitz (a).
?) Vergl. auch Abschnitt 4, die lithophile Vegetation.
®) Ramann 1905, 8. 216.
;
r
?
Eh
13. Kap. Die Bodenarten 107
trockenen und im Sonnenscheine sich stark erwärmenden Sandschicht
von nur geringer Mächtigkeit!) bedeckt; aber diese Schicht hemmt die.
Verdunstung aus dem darunter liegenden Sande, der sich daher feucht
und kühl hält: ein für das Verständnis der Dünenvegetation sehr wich-
tiges Verhältnis. Nach Livingston ?) scheint in den Wüsten von Arizona
eine oberflächlich lagernde, staubförmige Schicht ähnlich zu wirken. —
Der Unterschied zwischen der Tag- und der Nachttemperatur kann sehr
groß sein (40—45 ° C.). Sand wird daher nachts leicht und stark
betaut, was für seinen Wassergehalt und seine Vegetation sehr wichtig
ist. Andererseits leiden Pflanzen auf Sandboden leichter durch Frost.
Die Sandflora entwickelt sich früh. — Gewöhnlich auf Sand wachsende
Pflanzen werden als Psammophyten oder Psammophile bezeichnet?).
3. Kalkboden. Kalksand (Sand aus kohlensaurem Kalk) ist minder
nahrungsarm als Quarzsand, hat eine etwas größere Wasserkapazität
und trocknet weniger leicht aus, ist aber doch trocken und warm.
Mergel ist ein inniges Gemisch von kohlensaurem Kalk (ca. 8—45/o,
bei Kalkmergel bis ca. 75°/o) mit Ton (ca. 8—60°/o) und Quarzsand
(unterer Diluvialmergel aus der Mark Brandenburg z. B. enthält 12 bis
18°/, kohlensauren Kalk, 25—47°/o Ton, 38—62°/, Sand); seine Eigen-
schaften hängen von dem Mengenverhältnis der Teile ab und stehen im
allgemeinen zwischen denen von Sand und Ton?).
4. Tonboden bildet fast einen Gegensatz zu Sandboden. Die für
das bloße Auge unsichtbaren, abschlämmbaren Teilchen überwiegen die
körnigen. Der Ton besteht hauptsächlich (mindestens 65°/o) aus Kaolin
(wasserhaltiges Tonerdesilikat) und kann mehr oder weniger feinen Quarz-
sand, kohlensauren Kalk, Eisenoxyd usw. enthalten. Kaolin ist keine
Nahrung für Pflanzen; aber durch viele andere Stoffe kann der Inhalt
des Tones an Nahrungsstoffen sehr groß werden; diese sind jedoch schwer
zugänglich. In günstiger Mischung mit Sand, Kalk und Humus ist Ton-
boden ein fruchtbarer Boden.
Tonboden hat ein großes Absorptionsvermögen und ist zu-
gleich sehr hygroskopisch (kann 5—6°/o Wasserdampf aus der Luft
absorbieren).
Tonboden ist ein fester oder schwerer Boden, weil die Teile
große Bindigkeit haben; die Durchlüftung ist meist schwierig, was
für die Vegetation ungünstig ist und zur Säurebildung und zur Ver-
sumpfung führt.
t) Meist wenige Centimeter bis höchstens ein Decimeter.
®) Livingston 1906.
3) Von bänmog Sand, poröv Pflanze resp. pri&w liebe.
*, Vergl. Kraus 1911; Crampton 1912.
108 Edaphische Faktoren
Tonboden ist ein nasser und kalter Boden, weil er 1. große
Kapazität (bis 90°/.) und 2. große Kapillarität besitzt; er saugt aus
dem Untergrunde viel Wasser auf und ist für Wasser fast undurch-
lässig. Übersättigt man ihn mit Wasser, so quillt er, sein Volumen
wird größer und die einzelnen Tonteilchen drängen sich auseinander,
so daß ein Brei entsteht. Wasserreicher Tonboden ist plastisch. Durch
lange Trockenheit wird Tonboden steinhart, zieht sich zusammen und
erhält Risse, was auf seine Vegetation einwirkt (vergl. S. 78).
Die ungünstigen Eigenschaften des Tones werden durch Mischen
mit Stoffen von entgegengesetzten Eigenschaften, z. B. mit Sand und
Kalk, aufgehoben.
Lehm kann dem Ton angereiht werden und ist ein Gemisch von
Sand und tonigen Bestandteilen. Er kann aus verschiedenen Felsarten
durch Verwitterung hervorgehen. Oft ist er ein Verwitterungsprodukt
von Geschiebemergel, dessen kohlensaurer Kalk durch kohlensäurehaltiges
Wasser mehr oder weniger vollständig ausgewaschen ist und dessen
Eisenoxydulverbindungen in Oxyde und Hydroxyde übergeführt sind;
der Boden wird dadurch braun und enthält wesentlich Ton und Quarz-
sand (Knoblauch).
Laterit ist ein mehr oder weniger mit Eisenhydroxyd gemischtes
Tonerdehydrat, welches in tropischen Gebieten durch Verwitterung und
Auslaugung durch vielen und kohlensäurehaltigen Regen zustande kommt.
Je nach dem Charakter des Ursprungsgesteines unterscheidet man Gneis-,
Granit-, Quarzlaterit u. v. a. Während ursprünglich nur gewisse ost-
indische Verwitterungserden als Laterit (Buchanan 1807) bezeichnet
wurden, ist der Begriff jetzt sehr stark erweitert. Lateritlehm und
Lateritton spielt besonders in den tropischen Savannen und Campos eine
große Rolle?).
5. Humus?) wird von den Resten und Abfällen der Pflanzen und
Tiere, oft besonders von tierischen Exkrementen in allen Zersetzungs-
zuständen gebildet, wenn der Sauerstoffzutritt in irgend einer Weise
gehemmt wird. Ist genügend Sauerstoff vorhanden, so entsteht kein
Humus (lockere Sandböden, viele Böden der Tropen). Humus ist schwarz
oder braun und reich an Kohlenstoff, teilweise auch an Stickstoff (Ruß-
lands Tschernosem oder „schwarze Erde“ enthält nach Kostytehew sogar
4—6°/o Stickstoff). Bei seiner Bildung spielen teils Mikroorganismen
(Bakterien, Moneren u. a.), teils größere Tiere, namentlich Regenwürmer,
eine große Rolle; reichliche Pilzvegetation verhindert oder hemmt die
') Vergl. Wohltmann 1892; O. Lenz.
?) Vergl. C. A. Weber 1903; Früh u. Schröter 1904; über die Humusablagerungen
in den Central- und Kalkalpen siehe von Leiningen 1908, 1912.
13. Kap. Die Bodenarten 109
Humusbildung (Otto). — Der Humus findet sich in allen Mischungs-
verhältnissen im Boden (Humuserden).
Humusstoffe gehen mit schwer löslichen Pflanzennahrungsstoffen
leieht lösliche Verbindungen ein und verbessern dadurch den Nährwert
des Bodens wesentlich. Sie verändern auch die physikalischen Eigen-
schaften des Bodens, wenn sie mit mineralischem Boden gemischt sind,
erhöhen sein Absorptionsvermögen, seine Wärmekapazität, seine Wasser-
kapazität u. a. Durch die letztere besonders wird der jeweilige Wasser-
gehalt des Bodens ungeheuer stark beeinflußt. Wie groß dieser Einfluß
auf die Bildung der Pflanzenvereine ist, geht am besten daraus hervor,
daß oft nur durch Auftragen von Humus (Kompost usw.) baumlose,
sonnige Hügel in Wälder, Obstgärten usw. verwandelt werden können.
Es bestehen große Unterschiede zwischen den Humusböden je nach
dem Grade der Zersetzung und nach den humusbildenden Pflanzen- und
Tierarten. Die zahlreichen, z. T. für die praktische Benutzbarkeit außer-
ordentlich verschiedenartigen Humusablagerungen haben im Laufe der
"Jahrzehnte eine sehr verschiedene und oft irreführende Bezeichnung
erfahren. Potonie!) ist es deshalb als großes Verdienst anzurechnen,
daß er eine wissenschaftliche Gliederung angestrebt hat, die auch zu
einer einheitlichen Nomenklatur führen soll.
Von den verschiedenen Formen, worunter die Humusbildung vor
sich geht, besprechen wir zuerst den an Humus reichsten Boden, näm-
lich den
A. Torfboden. Kommt sauerstoffhaltiges Wasser mit organischen
Stoffen in Berührung, so wird ihm hierdurch sein Sauerstoff entzogen.
Wird dann der Zutritt von Sauerstoff verhindert und wird die Arbeit
der kleinen Tiere und Pflanzen ausgeschlossen, so geht in vielen Fällen
eine unvollständige Zersetzung und Umbildung der organischen Reste
vor sich; die Folge wird sein, daß Kohlenstoff angehäuft wird, desto
mehr, je mehr die Luft abgeschlossen ist. Überall, wo organische Sub-
stanz gezwungen ist, sich unter Luftabschluß zu zersetzen, entstehen freie
Säuren, in diesem Falle bilden sich sogenannte Humussäuren (Colloid-
stoffe von saurem Charakter): es entsteht Torf. Der Wärmegrad
des Wassers ist für die Torfbildung von Bedeutung: er darf weder zu
hoch noch zu niedrig sein; die Torfbildung findet sich daher besonders
in gemäßigten und kalten Gegenden. Der Torf ist ein an Kohlen-
stoff reicher, brauner (hell- bis schwarzbrauner) Humus, der viele
freie „Humussäuren“ und andere Säuren hat, die die im Torfe be-
grabenen Reste von Organismen erhalten. Durch Entwässerung und
Durchlüftung kann Torf in Humus verwandelt werden, der für Pflanzen
gut ist. Torf enthält 1 bis 2 (bis 3)°/o Stickstoff und 0 bis 4°/o Kalk
1) Vergl. besonders Potonie 1906, 1908, 1911.
110 Edaphische Faktoren
(gewisse, z. B. gotländische Moore haben angeblich bis 3,21°/o Stickstoff
und auch viel Kalk), enthält aber sehr wenig Kali und noch weniger
Phosphorsäure. Daß sich von diesen wichtigen Pflanzennahrungsstoffen
so wenig findet, rührt daher, daß die Säuren des Torfes mit Alkalien
lösliche Salze bilden, die ausgewaschen werden!). Je nach der Herkunft
des Torfes und der Pflanzenzusammensetzung desjenigen Vereines, aus
dem er seinen Ursprung nahm, sind die physikalischen und chemischen
Eigenschaften sehr verschieden ?). en
Torfboden hat folgende Eigenschaften. Er hat von allen Böden
die größte Wasserkapazität, so daß er vielmal mehr Wasser aufnehmen
kann, als seine festen Teile wiegen; lufttrockner Torf hat nur 15—20°%%
Wasser. Torf quillt durch Wasserzufuhr zu einem weit größeren Volumen |
auf, schrumpft aber durch Austrocknen ein und erhält Risse. Wenn er e
ganz ausgetrocknet ist, wird er öfter außerordentlich lose, fast staub-
förmig (Torfmull; mit den Mullwehen ist der Flugsand zu vergleichen).
Setzt man die Bindigkeit des Tones zu 100, so ist die des Torfes nur 9.
Er ist für Wasser fast undurchlässig, und sein Wasserhebungsvermögen
ist größer als bei allen anderen Bodenarten. Er ist stark hygroskopisch
(nimmt bis zu 10°/, Wasserdampf auf). In bezug auf die Wasserleitung
verhalten sich die Torfe (z. B. von Heide- und Wiesenmooren) $e
verschieden. Heidetorf, in erster Linie Sphagnumtorf, leitet das Wasser
leicht, ist deshalb überall gleichmäßig feucht; Wiesentorf kann. 0
trocken, unten naß sein. ;
Wegen seiner dunkeln Farbe wird Torf von der Sonne stark Be;
aber umgekehrt nachts stark abgekühlt. Trotz seiner dunkeln Farbe
ist Torfboden ein kalter Boden, weil er gewöhnlich wasserreich ist.
Salpeterbildende und viele andere Bakterien des alkalisch reagieren-
den Bodens können in Torfboden wegen seines Säuregehaltes nicht ge-
‚deihen, trotzdem ist die Zahl der Bakterien nach Dachnowsky in den
obern Schichten des Torfes sehr groß; sie spielen bei der Bildung des
Torfes eine nicht zu unterschätzende Rolle. Jeder Pflanzenverein hat
seine eigene Bakterienflora. Näheres über Torfboden im 4. Abschnitte.
Genaue Torfuntersuchungen sind neuerdings von Dachnowsky°) aus
geführt worden.
B. Rohhumus (Trockentorf; dänisch Mor, mit kurzem 0) ist „eine
Torfbildung auf dem Trocknen“*), eine schwarze oder schwarzbraune,
torfartige Masse, die von dicht verfilzten Pflanzenresten, nämlich von
Wurzeln, Rhizomen, Blättern, Moosen, Pilzhyphen u. a. gebildet wird. ;
*) Vergl. auch v. Leiningen 1912.
?) Zailer und Wilk 1907.
®) Dachnowsky 1908, 1909, 1912.
*) P. E. Müller 1878, 1884. Deutsche Ausgabe 1887 a, 8.45.
13. Kap. Die Bodenarten 111
Nach der Hauptmasse der Bestandteile spricht man von Heide (Calluna)-
rohhumus, Moosrohhumus, Buchenrohhumus, Fichtenrohhumus, Tannen-
rohhumus, Eichenrohhumus, Kiefernrohhumus!) usw. P. E. Müller?)
spricht in der deutschen Ausgabe seiner Studien von Heidetorf, Buchen-
torf, Eichentorf (vergl. auch Grebe)?). Besonders gewisse Pflanzenarten
bilden Rohhumus, weil sie sehr dünne, zahlreiche und stark verzweigte
Wurzeln (oder Rhizoiden) ausbilden, die gerade an der Bodenoberfläche
liegen und die Pflanzenreste in einen dichten Filz verweben; solche
Arten sind z. B. Rotbuche, Calluna, Vaceinium myrtillus, Picea excelsa.
Die meisten dieser Pflanzen besitzen Mykorrhizen, die sicher die Ver-
filzung befördern. Der Rohhumus kann an Pflanzenteilen so reich sein,
daß er zur Feuerung gebraucht werden kann (Heidetorf); er kann
50—60°/, organische Teile enthalten. Da er über dem Boden einen so
diehten, zähen Filz bildet, schließt es einerseits von den darunter
liegenden Schichten die Luft (den Sauerstoff) ab und saugt anderseits
Wasser begierig wie ein Schwamm ein und hält es mit großer Kraft
fest (in unseren regnerischen Klimaten ist er oft einen großen Teil des
Jahres naß). Daher werden in ihm wie im Torfe Humussäuren‘)
reichlich gebildet. Er reagiert wie Torf sauer. Es finden sich in
ihm nur’ wenige Tiere, meistens Rhizopoden und Anguilluliden, aber
keine Regenwürmer. Rohhumus tritt im Walde besonders an den dem
Winde ausgesetzten Stellen auf°), während sich der gewöhnliche Humus
mit seinen Regenwürmern und anderen Tieren an die frischen und
geschützten Stellen hält; wenn gewöhnlicher Humus in einem Buchen-
walde durch ungünstiges Holzfällen und ähnliches in Rohhumus über-
gegangen ist, so kann sich die Buche nicht weiter verjüngen, sie ver-
schwindet und macht in vielen Fällen der Calluna-Heide Platz)
Die Entstehung des Rohhumus wird durch niedrige Temperaturen
befördert, namentlich, wenn diese zugleich mit feuchter Witterung ein-
treten”); daher die Zunahme der Rohhumusbildungen in den feuchten
maritimen Klimaten (mit nassen Wintern) und in den arktischen Regionen
und Hochgebirgen.
Das Wesen der sogenannten Humussäuren ist noch lange nicht
aufgeklärt, die chemische Struktur ist nur bei wenigen einfacher
gebauten bekannt, von denen nicht sicher ist, ob sie in dieser Form
einen wesentlichen Anteil in der Natur bilden. Die neuere Chemie der
t) Vergl. Möller 1908.
2, P. E. Müller 1887.
3) Grebe 1896; Graebner 1909; Potonie 1906—11.
*) Süchting 1912.
5) Emeis 1907, 1910; P. E. Müller a.a. O.
®%) P.E. Müller 1887; Graebner 1895—1910.
"7, Ramann 1886, 1905, 1911.
112 Edaphische Faktoren
Kolloiden scheint die älteren Ansichten über die Natur der Humusstoffe
vollständig umzugestalten. Die ungeheuer leichte Zersetzbarkeit der-
selben erschwert alle Untersuchungen sehr. Selbst die Untersuchung des
physikalischen Verhaltens hat vielfach zu keinen zweifellosen Resultaten
geführt; so spricht sich Blanck!) z. B. dahin aus, daß die Diffusions-
fähigkeit der Salzlösungen in sauren Böden mindestens sehr stark herab-
gesetzt ist. Dem widerspricht Minssen?) sehr energisch. Daß die Au-
nahmefähigkeit der Wurzeln in sauren Böden stark herabgesetzt wird, R.
dafür lassen sich zahllose Beobachtungen anbringen?). Pe
Die Bildung einer Rohhumusschicht führt auch in der Beschaffen-
heit der darunter liegenden Bodenschichten große Veränderung her-
bei, die durch P. E. Müllers“) bahnbrechende Untersuchungen aus
Dänemark am besten bekannt geworden und in ihren Hauptzügen fol- ‘
gende sind°): 2
Die mit Regenwasser aus dem Rohhumus in den darunterliegenden f
an löslichen Salzen armen ausgelaugten Sandboden hinabsickernden
Humussäuren mit humussauren Verbindungen werden in Berührung. mit
sauerstoffreichen anorganischen (namentlich Eisenoxyd-) Verbindungen
oxydiert, und es entstehen z. B. leicht lösliche Eisenoxydulsalze,
durch kohlensäurehaltiges Wasser aus den oberen Bodenschichten
gewaschen werden. Dadurch werden diese entfärbt, verlieren fast
ihr Absorptionsvermögen, werden sehr nahrungsarm, und uni 7 dem
Rohhumus bildet sich hellgrauer oder schwarzer Bleisand®) (Heidesand,
Bleichsand”). Durch Austrocknen des Rohhumus werden mehrere der 2
ursprünglichen leicht löslichen Humusstoffe schwer löslich und a
Humuskohle ausgeschieden.
Die Wasserbewegungen führen ferner Tonteilchen, Ti as
Humusteile, die nur in salzarmem Wasser löslich sind, weg und führen
sie durch den an Salzen armen Bleisand hindurch in die Tiefe, wo sie
an der unteren Grenze des ausgelaugten Bleisandes an die noch in
Verwitterung begriffene, daher noch lösliche Salze enthaltenden Boden-
teilchen kommen. Das Wasser nimmt Salze auf und die Humussäuren
werden als gallertige Masse niedergeschlagen, die bei einem bestimmten
Grade der Trockenheit wohl durch chemische Veränderung fest und n
Wasser unlöslich werden. Die Sandkörner verkleben und es bildet sich
!) Blanck 1903; vergl. auch Ramann 1905, 1911.
?) Minssen 1905, 1907.
®) Süchting 1912.
*) P.E. Müller 1878, 1884, 1887. re
°) Vergl. auch Ramann 1886, 1905; Warming 1896; Früh und Schröter 1904.
°) Müller, Ramann, Graebner a. a. O.; Mayer 1903; Emeis 1908. u
”) Albert 1907; Leiningen 1911.
Kap. 13. Die Bodenarten 113
die rotbraune oder braune Bodenschicht, die man Ortstein?) (oder Ahl,
in Ostpreußen auch Kraulis, in Westfriesland Knick, englisch: hard-pan,
moor-pan, französisch: alios; Fuchserde, Roterde, Branderde, wenn sie
noch nicht steinartig hart ist), nennt, die etwa '/s m mächtig sein kann
und die im fertigen Zustande für Pflanzenwurzeln undurchdringlich ist.
Der Übergang vom gewöhnlichen Humusboden zu Rohhumus wird
dadurch hervorgerufen, daß
1. sich Pflanzen mit dicht verfilzten Wurzeln einfinden,
2. die Tiere, insbesondere die Regenwürmer, verschwinden, so daß
der Boden nicht durchgearbeitet wird,
3. die Bodenteile, namentlich die Sandkörner, zusammensinken,
wodurch der Boden fester und luftärmer wird.
Fig. 44. Typisches Bodenprofil der Ortsteinheide.
a Rohhumus; b Bleisand; ce Ortstein; d Gelber und darunter weißer Sand.
Lüneburger Heide. (Graebner phot.)
C. Gewöhnlicher Humus (Waldhumus, Gartenhumus, milder Humus
usw.; dänisch Muld; deutsch Mull) ist ein inniges Gemisch von Sand
und Ton mit Humusstoffen (8—10°/o), ein Gemisch, das größtenteils
durch Tiere und Wasser entsteht (vergl. 17. Kap... Er reagiert
1) Müller, Ramann, Graebner a. a. O0.; Warming 1896; Emeis 1900, 1908, 1910;
Mayer 1903; Münst; v. Leiningen 1908, 1912.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 8
114 Edaphische Faktoren
fast stets neutral oder alkalisch. Er enthält reichlich Regenwürmer,
Insekten, Pilzmyzelien (namentlich solche von Verwesungspilzen) usw.
Daß Humusboden ein vorzüglicher Nährboden für Pflanzen ist, wird
teils durch seine physikalischen Eigenschaften bewirkt (locker, krümelig,
durchlüftet), teils durch seine chemischen, indem er viele Kohlenstof
und Stickstoffverbindungen enthält, teils durch den Umstand, daß di
Humusstoffe mit sonst schwer löslichen Nahrungsstoffen leicht lösliche
Verbindungen eingehen. Die Humusbildung in den Wäldern vertritt
z. T. das Düngen und die Bodenbearbeitung des Ackerbaues.
Faktoren, die die Verwesung der organischen Substanz befördern,
hindern die Humusbildung; nach Wollny sind die Wärme und Feuchtig-
keit von größter Wichtigkeit. Wie bei allen physiologischen Prozessen
gibt es hier ein Minimum, ein Optimum und ein Maximum. Tempera-
turen über dem Maximum sind kaum von irgendwelcher Wichtigkeit.
Das Wasser verdrängt mit seiner Zunahme immer mehr die Luft a
den stärker wasserhaltenden und dichteren Böden wie Lehm und Humus
und wird deshalb eine Zunahme der hemmenden Wirkung auf die Ver-
wesung organischer Substanz, also eine Zunahme der Humusbildung
bewirken und zwar selbst dann schon energisch, wenn der Boden och
nicht mit Wasser gesättigt ist.
Sonne und Wind verhindern die Humusbildung, obwohl sie I
einmal vorhandenem Humus seine Verdichtung zu Rohhumus
befördern können (s. S. 111). Die Humusstoffe verschwinden a
Boden durch Wärme, Licht und Sauerstoff; der Kohlenstoff wird zu
Kohlensäure, der Stickstoff zu Salpetersäuteh usw., der Wassers ft zu
Wasser oxydiert. |
In niedrigen Breiten geht die Verwesung in den trockenen Jahres-
zeiten außerordendlich langsam vor sich, zu feuchten Zeiten dagegen
ist sie sehr beschleunigt; in den meisten Gebieten ist sie dort so aus-
giebig, daß nur ein sehr humusarmer Boden?) übrig bleibt. In den Tropen
und subtropischen Gebieten befindet sich daher eigentlicher Humusboden
nur in schattigen Wäldern®). Torfboden ist sehr selten, aber er kommt
dort vor, wo das Klima genügend feucht ist); typische Moore fehlen°). ;
In Steppen und Wüsten ist der Boden gleichfalls meist arm an
Humus, weil die Pflanzen recht spärlich sind, auch wenn der Boden zeit- 5
weise feucht genug ist. Nur in dicht bewachsenen Grassteppen ist öfter
') Über das Vorkommen und die Bildung von Salpetersäure im Wald und Heide-
boden vergl. Weiss 1910.
2, Hilgard 1892.
®) Warming 1892; Vahl 1904 b.
*) Ule 1901.
°) Vergl. Früh und Schröter 1904 8. 143.
2 =. & I
13. Kap. Die Bodenarten 115
reichlich Humus (Schwarzerde, Tschernosem in Rußland) gebildet, besonders
auf den dicht gelagerten Lößböden!).
In kühlen gemäßigten Ländern ist Humusboden häufig; nur an
offenen der Sonne und dem Winde voll ausgesetzten Stellen, wie z.B.
auf Dünen ist der Humus meist nur spärlich. Rohhumus (s. S. 89) ist
überall dort häufig, wo durch irgend eine Ursache die Verwesung
gehindert wird. Nach Ramann?) kann es Mangel an Nahrung, Luft-
abschluß, Überfluß oder Mangel an Wasser oder niedrige Temperatur
Fig. 45. Anflugkiefern auf Ortsteinboden; die Hauptwurzeln biegen auf den
Ortstein wagerecht ab und steigen später schräg auf (Graebner).
sein. Die Rohhumusformationen sind besonders in den Heidegebieten des
- atlantischen Klimas im westlichen Europa weit verbreitet, wo die Sommer
kühl sind, ebenso sind sie sehr häufig in alpinen Lagen oder in arktischen
Ländern?).
& Verschiedene Pflanzenarten verlangen höchst verschiedenen Humus-
reichtum im Boden. Kerner hat die Pflanzen danach in drei Gruppen
_ eingeteilt. Die erste Gruppe kann den nackten Fels, die ödeste Sand-
!) Albert 1907.
2) Ramann 1893, 1895.
®) Kerner 1863; Warming 1887; Vahl 1913.
8*
116 Edaphische Faktoren
oder Grusflur usw., wo es keine Spur Humus gibt, besiedeln (hierher
z. B. die subglacialen Pflanzen, viele Tundrenpflanzen, Wüstenpflanzen E
u. a.); ihre Samen oder Sporen werden vorzugsweise vom Winde fort-
geführt. Zur zweiten Gruppe gehören Pflanzen, die eine mittlere Menge
Humus beanspruchen, wozu Kerner unter anderem einen Teil der Grami-
neen und Cyperaceen rechnet; und zur dritten Gruppe gehören Pflanzen, e
die nur in reichem Humus, in den Resten früherer Vegetation, gedeihen,
nämlich viele Orchidaceen, Pirola- und Lycopodium-Arten, Azalea
procumbens, Vaccinium uliginosum, mehrere andere Moorpflanzen, Halb-
saprophyten und schließlich die stark umgebildeten Ganzsaprophyten
(Monotropa, Neottia u. v.a.). Daß zwischen den ungewöhnlichen Formen 4
der letzteren und ihrer Ernährungsweise, also zwischen ihren Formen
und dem Boden, worauf sie leben, eine Korrelation besteht, dürfen wir
als sicher ansehen; aber Näheres wissen wir nicht därüber?).
Für Parasiten, die schmarotzend auf anderen lebenden Pflanzen 4
wachsen und aus ihnen ihre Nahrung ziehen, kann der Körper der Wirts-
pflanze als das Substrat, als der Boden betrachtet werden, an den sie : 3
unbedingt gebunden sind (Loranthaceae, Cuseuta, Orobanche, parasitische
Pilze usw.). Näheres vergl. Kap. 35. ;
6. Unter Wasser gebildete Böden (Schlamm). Im Meere werden E
feine Humusteilchen durch die Tätigkeit der blaugrünen und auch anderen
Algen angehäuft und an den ruhigsten Buchten usw. niedergelegt; 4
sie bilden z. B. die Grundlage für die fruchtbaren Marschen der Nord-
see”). Eine andere Art von Schlamm entsteht in Mangrovesümpfen.
An vielen Buchten und an den Mündungen vieler Flüsse häufen sich
Schlammassen an, die durch Eisensulfide tiefschwarz gefärbt sind; nach
Beijerinck und van Delden°) spielen anaerobe Bakterien bei ihrer Bildung E
eine Rolle. |
Im Süßwasser bilden sich zahlreiche andere Schlammformen. An
‘den Flüssen werden von den herabgebrachten feinen Teilen recht ver-
schiedene Formen abgelagert, jenach der Wasservegetation des betreffenden
Flusses, seiner Strömungsgeschwindigkeit und der Zusammensetzung der
durchströmten Bodenarten ; namentlich letztere bestimmen den geologischen
Charakter des betr. Schlammes. — „Pollenschlamm“ entsteht durch die 4
Anhäufung des Pollens windblütiger Bäume, wie der Nadelhölzer, der
Buchen usw. — Andere Ablagerungen werden durch chemische Prozesse 1
bewirkt, die mehr oder weniger auf die Tätigkeit niederer Organismen
zurückzuführen sind.
‘) Für weitere Aufschlüsse über Torf vergleiche das große Werk von Früh und
Schröter 1904.
°) Wesenberg-Lund und Warming 1904, Warming 1906, und 4. Abschnitt.
*) Beijerinck 1895; A. v. Delden 1903; Wesenberg-Lund und Warming 1904.
13. Kap. Die Bodenarten 117
Kohlensaurer Kalk spielt in der Zusammensetzung des Schlammes
namentlich in größeren Teichen und Landseen eine große Rolle. An
oder in vielen grünen Pflanzen (Polamogeton, Helodea, Characeae, gewissen
Algen usw.) wird durch die Atmung dieser Gewächse kohlensaurer Kalk
niedergeschlagen, der sich öfter schon während des Sommers in Krusten
ablöst und zu Boden sinkt, sicher aber im Herbst mit dem Absterben
dieser Pflanzenteile. Am Grunde des Gewässers reichert sich der kohlen-
saure Kalk entsprechend der Stärke der Verwesung (in sauerstoffreicherem
Wasser) an, so daß der Schlamm mitunter bis über 80 oder gar 90°/o
Kalk enthält.
Eisenverbindungen sind oft abgelagert und zwar mit oder ohne
Tätigkeit von Bakterien, blaugrünen Algen usw.
Eine ungemein große Rolle spielen die Schlammablagerungen
in ruhigen Seen, in Teichen usw., wo sie namentlich die Verlandung
befördern; sie entstehen durch die Überreste von Pflanzen und Tieren,
die im wesentlichen verfaulen (Faulschlamm, Sapropel; Potonie) und bilden
sich vorzugsweise in den kühleren gemäßigten Zonen. Einige (in
Skandinavien „Gytja“ genannte) sind strukturlose graue oder braune
Massen, welche neben den Resten von Pflanzen und kleinen Tieren viel-
fach die mehr oder weniger gelösten resp. zersetzten Exkremente der
Wassertiere enthalten. Nach Potoni& enthalten sie eine große Menge
fetten Öles. Einen sehr wichtigen Bestandteil für diesen Schlamm liefert
das Plankton, besonders in sehr diatomeenreichen Seen. In anderen
Fällen sind es vorzugsweise blaugrüne Algen oder die Chitinpanzer
kleiner Süßwassertiere, die sich angehäuft finden. Die organischen
Verbindungen all dieser Ablagerungen werden, ähnlich wie die des Humus
und Torfes überhaupt, reduziert; die Gytja ist eine Art Humusbildung
unter Wasser. In größeren bereits stark im Stadium der Verlandung
fortgeschrittenen Seen kann die Wellenbewegung des Wassers in der
Nähe der Verbindungszonen öfter ganze Bänke dieses Schlammes zusammen-
treiben (Tessendorff).
Besonders in flachen Gewässern mit vom Humusgehalt braun
gefärbten Wasser und lebhaftem Pflanzenwuchs entsteht eine andere
Ablagerung, die im nassen Zustande strukturlos, gallertig und braun
gefärbt ist, im trockenen Zustande wird sie schwärzlich. An derartigen
Orten findet sich gern eine Nymphaeaceen-Vegetation ein').
1) Über die Schlammablagerungen in erster Linie des Süßwassers sind in neuerer
Zeit viele Arbeiten erschienen. Von alten Arbeiten ist zu nennen H. v. Post 1862;
neuere vergl. Ramann 1895, 1905; Weber 1903; Potonie 1905—1911; Früh und Schröter
1904; Wesenberg-Lund 1901; Ellis 1907; Graebner 1909; Baumann 1911: Dach-
nowsky 1912,
118 Edaphische Faktoren
7. Salzboden ist ein von einer großen Menge Chlornatrium durch-
drungener Boden von verschiedener (sandiger, toniger usw.) Beschaffen-
heit. Näheres im 4. Abschnitte (Kap. 48—52).
Ist der Boden dauernd feucht, so kann die Konzentration des Salzes
ziemlich hoch steigen, ehe der Boden ganz pflanzenfrei wird; sie kann
bis 4°/o Salzgehalt haben. Schweinfurth beobachtete bei 30/0 noch Weizen-
bau. Sobald aber auch nur kürzere Trockenperioden eintreten, die die
Konzentration des im Bodenwasser gelösten Salzes stark steigern, ist
der Boden schon bei 1°/o Salzgehalt völlig steril. |
14. Kap. Sind die chemischen oder die physikalischen Eigen- e
schaften des Bodens die wichtigsten?
Das Vorhergehende hat uns sehr viele Verschiedenheiten in den
chemischen und den physikalischen Figenschaften des Bodens kennen
gelehrt, d. h. einerseits in der Menge und in der Art der Bestandteile,
anderseits im Bau, in der Wasserkapazität, der Bindigkeit usw. ix
Kombinationen der verschiedensten Grade all dieser Faktoren rufen
die ungeheure Mannigfaltigkeit der Pflanzenvereine eines Gebietes hervor.
Manche Arten sind gegenüber den Bodenarten recht indifferent;
sie wachsen auf den verschiedensten derselben. So findet man Phr \
mites communis z. B. sowohl in süßem Wasser als in sehr salzhaltigem;,
nach Sickenberger soll Typha latifolıa imstande sein, in den Sodaseen
Ägyptens gut zu gedeihen. Carex hirta trifft man sowohl im trockenen
Dünensande als auf wasserzügigen Wiesenstellen; viele Heidepflanzen
wachsen auf der Heide sowohl trocken als naß, z. B. Juniperus, Calluna,
Empetrum (Graebner). Carex humilis wächst näch Drude bei Dresden
auf recht verschiedenen Bodenarten. Viele weit verbreitete oder kosmo-
politische Arten zeigen nur wenig Vorliebe für eine bestimmte Boden- „
art, andere und zwar die meisten lassen aber deutliche Beziehungen ;
zu bestimmten Bodenarten erkennen. Danach kann man die Pflanzen i in
bodenvage und bodenstete einteilen. 4
Von altersher ist man namentlich in Gebirgsländern mit verschiedener \
geognostischer Unterlage darauf aufmerksam geworden, daß das z 4
kommen der Arten und das Gepräge der ganzen Vegetation mit dem
Boden in einer gewissen Verbindung stehen. Beispielsweise kann auf
das von Petry!) behandelte Kyffhäusergebirge hingewiesen werden, wo
ein deutlicher Gegensatz zwischen der Vegetation auf dem Rotliegenden |
und der auf dem Zechstein besteht, nicht nur beim Walde und bei
der Waldbodenvegetation, sondern auch z. B. bei der Unkrautflora und a
) Petry 1889.
14. Kap. Chemische und physikalische Eigenschaften 119
namentlich bei der Vegetation der sonnigen, trockenen Höhe und Gebüsche.
Das Rotliegende trägt infolge von Nahrstoffarmut eine spärliche und
gleichförmige, teilweise mit den Heiden übereinstimmende Vegetation;
das Zechsteingebiet hingegen hat Buchenwälder und eine Krautflora mit
- vielen Arten. Der Gegensatz zwischen den beiden Formationsabteilungen
ist so scharf, daß man in Wald und Feld sogleich an der Pflanzendecke
merken kann, ob man sich auf der einen oder der anderen befinde; und
die Verhältnisse sind derart, daß dieser Gegensatz den Bodenverhält-
nissen zugeschrieben werden muß.
Ebenso kann man bei Montpellier!), in der Schweiz?), Australien
(Cambage) und in vielen anderen Gebirgsländern den schärfsten Gegen-
satz in der Vegetation auf zwei dicht aneinander liegenden Fluren
beobachten, ja selbst in Dänemark können solche Beobachtungen gemacht
werden. Man kann z. B. in Jütland sehr scharf begrenzte Stellen mit
der Weingaertneria-Assoziation (W. canescens mit Trifolium arvense,
Scleranlhus, Hieracium pilosella u. a.) in eine Flur eingestreut sehen,
die zwar ebenfalls ein magerer Ackerboden ist, aber doch eine ganz
andere Vegetation trägt nnd zahlreiche Maulwurfshaufen hat, während
jene Stellen keine Haufen haben (die Vegetation wird gebildet von
Leontodon auctumnale, Jasione, Lotus corniculatus, Erigeron aecris,
Euphrasia offieinalis, Trifolium pratense, T. repens, Achillea millefolium‘
Chrysanthemum leucanthemum, Equisetum arvense u. a.).
Die Gründe der allgemein beobachteten Unterschiede in einem
klimatisch ganz gleichartigen Gebiet hat man hauptsächlich in zwei
verschiedenen Richtungen gesucht. Einige sahen die chemische
Beschaffenheit des Bodens als entscheidend an, andere legten das Haupt-
gewicht auf seine physikalischen Eigenschaften, namentlich auf die
Wärme und die Feuchtigkeitsverhältnisse. Die Hauptzüge in diesem
noch schwebenden Streite?) sind folgende.
Die chemische Beschaffenheit des Bodens
Einer der ersten Vorkämpfer für die chemische Richtung war der
Österreicher Unger. Er hob besonders den Gegensatz zwischen Kalk-
und Kiesel- oder Schieferboden hervor und teilte die Pflanzen in drei
Gruppen: Die bodenvagen, d.h. die gleichgültigen (indifferenten), bei
denen die chemische Natur der Stoffe keine Rolle spielt, die boden-
holden, die zwar einen bestimmten Boden vorziehen, aber an ihn nicht
streng gebunden sind, und die bodensteten, die an eine bestimmte
1) Flahault 189.
2) Magnin 189.
3) Von neueren Arbeiten sei besonders auf G. Gola 1905 mit umfangreicher
Litteraturangabe verwiesen. Zailer und Wilk 1907.
120 Edaphische Faktoren
Bodenart gebunden sind. Hiernach kann man zwischen Kalk-, Kiesel-, 4
Schiefer-, Salzpflanzen usw. unterscheiden (vergl. Kap. 12, S. 105 ff.).
Von anderen, die gleichfalls annehmen, daß die chemische Beschaffen-
heit des Bodens überwiegenden Einfluß habe, können die Deutschen
Sendtner, Schnitzlein, Nägeli Kraus, Schimper u. a., die Franzosen
Vallot, Fliche, Grandeau, Saint-Lager, Contejean (in späteren Jahren)
und Magnin genannt werden; und im ganzen scheinen sich die fran-
zösischen Forscher in neuerer Zeit hauptsächlich hier anzuschließen.
Es gibt verschiedenes, was für diese Auffassung spricht. Schon
S. 100 wurde angeführt, daß gewisse Stoffe im Übermaße für gewis:
Pflanzen Gifte werden. Am deutlichsten sieht man dieses beim Koc
salze. Salzpflanzen (Halophyten) haben nicht nur ein höchst eigen-
tümliches morphologisches und anatomisches Gepräge, sondern auch ei
ganz bestimmte topographische Verteilung an Küsten, in Salzsteppen
und Salzwüsten. Viel Salz im Boden hat eine in hohem Grade aus-
schließende Kraft; Salz sterilisiert, ruft physiologische Trockenheit hervor
und nur serhitaimiie wenige Arten, meist bestimmter Familien (Cheno-
podiaceen u. a.) können Chloride in größerer Menge ertragen.
diese Pflanzen vergl. den 4. Abschnitt.
Bei den anderen Stoffen, z. B. beim Kalk, ist die Sache sc
zweifelhafter. Kalk ist für die Pflanzen notwendig. Von ges
Pflanzen behauptete man (wie S. 81 erwähnt), daß sie den Boden, worin
es viel kohlensauren Kalk gibt, fliehen sollten. Solche kalkfliehend
Arten sollten sein: Castanea sativa, Pinus maritima, Calluna vulgaris,
Erica-Arten, Sarothamnus scoparius, Genista Anglica, Ulex Europaeus,
Pteridium aquilinum, Rumezx acetosella u. a. Pflanzen, die wir teilweise
auf unseren Heiden und auf Rohhumus finden, ferner Gramineen, Cypera-
ceen, viele Flechten und Laubmoose, besonders Sphagnum'), und unter
den Algen z. B. die Desmidiaceen. Die genannten Blütenpflanzen sollen
auf einem Boden, der mehr als 0,02 bis 0,03°/0 kohlensauren Kalk ent-
hält, nicht gedeihen können. C. A. Webers und Graebners Kulturen
haben aber deutlich gezeigt, daß die meisten dieser Pflanzen nicht durch
den Kalk als solchen leiden (vergl. darüber S. 102—3). H
Andere Pflanzen werden als besonders kalkliebende angeführt, die
einen Boden mit vielem kohlensauren Kalk nicht verlassen, z. B. Papilio-
naceen (Zrifolium, Anthyllis vulneraria, Ononis natrix u. a.), Rosaceen,
Labiaten, viele Orchidaceen, Tussilago farfarus u.a. Unger führt eine
ganze Reihe von Beispielen für Kalkfloren an. In den Alpen wachse
auf Kalk Rhododendron hirsutum, Achillea atrata, Primula auricula usw,
?) Fliche und Grandeau 1888, vergl. Contejean 1893, Pe Weber 2 h
und 8. 103. e
14. Kap. Chemische und physikalische Eigenschaften 121
auf Urgestein dagegen Rhododendron ferrugineum, Achillea moschata,
Primula hirsuta usw. Nach Blytt!) sind Ophrys museifera und Libanotis
montana die einzigen von allen Gefäßpflanzen Norwegens, die sich aus-
schließlich auf Kalk finden. Adamovid?) gibt umfangreiche Listen der
Kalk- und Kieselpflanzen der Balkanländer. Die englichen Botaniker,
z. B. Moss, Tansley, tun dasselbe für England. Kalkliebende Algen sind
z. B. Mesocarpaceae.
Die „Kieselpflanzen“ werden zu den Kalkpflanzen in Gegensatz
gebracht. Die vorhin erwähnten „kalkfliehenden“ Arten werden als
Kieselpflanzen aufgefaßt. Das Verhältnis ist hier vielleicht das, daß
sie durch Konkurrenz vom Kalk vertrieben werden und den Boden
wählen müssen, wo der Kalk in sehr geringer Menge auftritt, ohne eine
besondere Vorliebe für Kieselsäure zu haben, die ein sehr neutraler Stoff
ist; so hat z. B. Contejean das Verhältnis aufgefaßt. Zu den Kiesel-
pflanzen gehören die meisten bei uns auf Sandboden und Moorboden
wachsenden Pflanzen.
Salpeterpflanzen (nitrophile Pflanzen, Nitrophyten, Ruderalpflanzen)
gedeihen am besten da, wo es im Boden viel Ammoniak- und Salpeter-
säureverbindungen gibt, daher besonders in der Nähe von menschlichen
Wohnungen (Düngerhaufen, stark gedüngter Boden). Sie gehören besonders
zu gewissen Familien (Chenopodiaceen, Cruciferen, Solanaceen u. a.) und
in ihrem Zellsafte kommen salpetersaure Salze vor. Andere Arten ent-
wickeln sich auf einen solchem Boden kümmerlich, weil sie in ihr Gewebe
mehr Salpeter aufnehmen, als sie ertragen können?). Gewisse Moose
(Splachnaceae) und Pilze gedeihen nur auf Mist resp. auf tierischen
Exkrementen, Kadavern usw.*).
Sernander?) hat eine wichtige Arbeit über nitrophile Flechten
publiziert; er unterscheidet ornithokoprophile und saprophile (koniophile)
Arten. Sie bilden besondere Associationen auf dem Felsen.
Die Solfataren Javas haben nach Holtermann®) eine eigentümliche
Flora, die sich von anderen unterscheidet.
Auch andere Stoffe können Gifte werden, wenn sie in großer Menge
zugeführt werden; streut man z. B. auf eine Wiese Gips, so sterben
gewisse Farne und Gräser, während Klee üppiger wird; desgleichen
kann Eisen (Eisensulfat, Eisenoxydul) schädlich wirken, wenn es in
2) Blytt 1898.
®2) Adamovi6 1909.
3) Schimper 1890—1891.
* Über die Assimilation der Ammoniak- und Nitratverbindungen vergl. Marchal
und Carpiaux 1896.
5) Sernander 1912.
®, Holtermann 1907.
122 Edaphische Faktoren
Menge vorhanden ist, obwohl es zu den absolut notwendigen Nahrungs-
stoffen gehört.
Bei Rothamstedt in England angestellte Versuche haben die Bas
deutung der chemischen Beschaffenheit der Nahrung in besonders deut-
licher Weise dargelegt; es zeigte sich, daß Stickstoffdündung, besonders
mit Salpetersäureverbindungen, die Gräser vorwiegen ließ, so daß diese
die Leguminosen verdrängten, während umgekehrt namentlich Kalisalze
die Leguminosen förderten. Kulturversuche auf Hochmoor haben nach
C. A. Weber zu ganz ähnlichen Resultaten geführt, gewisse Gräser
wurden von andern verdrängt‘). Aber im allgemeinen kann man wohl
nicht sagen, daß die Versuche der chemischen Richtung eine vorzügliche |
Stütze geliefert hätten; Kalkpflanzen, Kieselpflanzen, Galmeiveilchen,
selbst Salzpflanzen innen wohl stets sehr gut auf einem Boden gedeihen,
der von den betreffenden Stoffen nicht mehr enthält, als überhaupt 2
jeder Boden, z. B. in botanischen Gärten. Andrerseits spielt der Nähr-
stoffgehalt eine hervorragende Rolle?).
Aug. Pyr. de Candolle fand auf siebenjährigen Reisen fast alle
Arten auf chemisch verschiedenem Boden, und Blytt z. B. ist zu dem
Ergebnis gekommen, daß sich die sehr wenig bodensteten Arten, dieer
1870 in Norwegen gefunden hatte, durch ausgedehntere Untersu ;
an Anzahl vermindert haben. 5
„Jedes Verbreitungsverhältnis kann durch zweierlei Gründe: verur-
sacht werden, entweder durch physikalische oder durch chemische, deren x
gleichzeitiges Auftreten uns hindert, die Rolle jedes einzelnen deutlich
zu erkennen“®). Dies ist vollständig richtig, und die Geschichte der
Wissenschaft zeigt, daß andere Botaniker den physikalischen in.
eine größere Bedeutung als den chemischen beilegen. EN
Die Bedeutung der physikalischen Verhältnisse. Der vie
Wortführer für die überwiegende Bedeutung der physikalischen Verhält-
nisse war der Schweizer Jules Thurmann (1849) in seinen Arbeiten
über die Pflanzenwelt des Jura. Man kann seine Lehre kurz so ZU- |
sammenfassen: Es ist der Bau des Bodens, der die Verteilung der Arten ;
regelt; von diesem Bau hängen namentlich der Wassergehalt und die 5
Wärmeverhältnisse des Bodens®) ab; dieselbe Art kann auf sehr ver-
schiedenen Bodenarten wachsen, wenn sie dieselben Feuchtigkeits-
verhältnisse antrifft. a
1) Über die Bedeutung des Kalks auf Rohhumus in Buchenwäldern hat P. E. Müller
und Müller mit Weis (P. E. Müller und Fr. Weis 1906, 1913) eine Reihe interessante
- Versuche angestellt. Wird Kalk in hinreichender Menge dem Boden zugeführt, gedichen,
die Buchen vorzüglich, verglichen mit dem ursprünglichen Zustande. a
?) Vergl. auch Sorauer 1909.
8) Vallot 1831.
*) Vergl. Mitscherlich 1898 über die Benetzungswärme des Ackerbodens.
ae
14. Kap. Chemische und physikalische Eigenschaften 123
Thurmann hebt das verschiedene Vermögen der Felsarten hervor,
unter der Einwirkung von Luft, Wasser und Wärme (sowohl Frost als
Hitze) zu verwittern. Er teilt sie danach in eugeogene und in dysgeogene.
Einige Felsarten verwittern leicht und bilden schnell lose Massen (Grus,
Sand u. ähnl. „Detritus*); diese „weichen“ Felsarten nennt er eugeogen!)
und nach dem Grade der Feinheit der Verwitterungsprodukte pelogen?)
(die Teilchen sind dann sehr fein, staubförmig; vorzugsweise Ton- und
Mergelboden) und psammogen?°) (die Teilchen sind gröber, „Sand“). Je
nachdem der Boden mehr oder weniger pelogen oder psammogen ist,
bildet Thurmann durch die Vorsilben per-, hemi- und oligo-Unter-
abteilungen oder spricht von pelopsammitischem Boden. Im Gegensatz zu
den leicht verwitternden Felsarten nennt er die harten, schwierig angreif-
baren dysgeogen?); sie bilden wenige oder keine Verwitterungsprodukte.
Der feine Boden nimmt, wie S. 85 erwähnt, mehr Wasser in sich
auf als der wenig verwitterte Felsboden. Die eugeogenen Felsarten
rufen daher einen feuchten und kalten Boden, die dysgeogenen einen
trocknen und warmen hervor.
Die Pflanzen, die den feuchten Boden und das eugeogene Gelände
suchen, nennt Thurmann hygrophil®) (Feuchtigkeit liebend), Pflanzen,
die den trockneren Boden und die dysgeogenen Felsen suchen, nennt er
xerophil?’) (Trockenheit liebend). Seine hygrophilen Arten entsprechen
ungefähr den Kieselpflanzen Ungers und anderer, seine xerophilen
ungefähr deren Kalkpflanzen, entsprechend Hygrophyten, Pflanzen,
die einen hygrophilen Bau resp. hygrophile Anpassungen zeigen,
Xerophyten, von xerophilem Bau. Die auf allen Bodenarten vor-
kommenden Pflanzen nennt Thurmann Ubiquisten. Daß nun ein so
offenbarer Unterschied z. B. zwischen der Kalkbodenflora und der Kiesel-
bodenflora besteht, wird nicht durch die Vorliebe der Arten für Kalk
oder Kieselsäure verursacht, sondern durch den Umstand, daß die Kalk-
felsen schwierig verwittern und das Wasser durch Spalten und Risse
in der Regel schnell ablaufen lassen; sie bilden einen trocknen, warmen
und wenig tiefen Boden, während Quarz und Feldspatgestein einen losen,
tiefen, feuchten und kalten Boden bilden. Wenn Gesteinsarten mit der-
selben chemischen Zusammensetzung in einigen Fällen hart und fest
sind, in anderen stark verwittern, so findet man auf dem ersten Boden
„Kalkpflanzen“, selbst wenn er Kieselboden ist, auf dem anderen „Kiesel-
pflanzen“, selbst wenn er Kalk ist.
1) Von &o-, gut, schön, hier soviel wie typisch, yn, yaiz, die Erde und yevog,
Abstammung, Entstandenes.
2) Von,rnkös, Ton, Lehm, Schlamm.
8) Von tbäypos, Sand, resp. 80>-, miß- (also etwa schwierig).
*% Von öÖypösg, feucht, naß und yik:w, liebe.
5). Von ämpös, trocken.
124 Edaphische Faktoren
Ferner kann eine Pflanzenart in einem bestimmten Klima einen
gewissen Boden wegen seiner physikalischen Eigenschaften verlangen,
z.B. in einem feuchten Klima einen warmen und trocknen Boden wie
Kalk, aber in anderem Klima einen ganz anderen Boden vorziehen, z. B.
in einem warmen und trocknen Klima einen feuchten und kalten Kiesel-
boden. Ein günstiger Boden kann einer Pflanze dazu verhelfen, daß
sie in einem weniger günstigen Klima gedeiht; nach Blytt haben z. B.
viele Arten in Norwegen ihre Nordgrenzen und Höhengrenzen auf Kalk.
Eugeogene und dysgeogene Felsarten können dieselbe Flora tragen. So
scheint die Verbreitung der Rotbuche in Südfrankreich erklärt werden
zu müssen. Sie gilt bei uns in Nordeuropa für eine kalkliebende Pflanze,
aber im mediterranen Gebiete bildet sie nach Flahault!) nur auf Kiesel-
boden ausgedehnte Wälder und steht auf dem trocknen, warmen Kalk-
boden vereinzelt, von Quercus sessiliflora bezwungen, nur nicht in den
kühlen Tälern mit nördlicher und östlicher Richtung. |
Eine und dieselbe Bodenart kann an verschiedenen Stellen sehr
verschiedene Verhältnisse in bezug auf Licht, Wärme, Feuchtigkeit und
Wind besitzen, so daß verschiedene Pflanzenvereine zur Entwicklung
kommen. Daher sieht man auch, daß manche Pflanze in einer Gegend
bodenstet, in einer anderen bodenvag ist. Adamovic?) gibt ein schönes
Beispiel: Die halkholden Achillea elypeolata und Euphorbia myrsinites
kommen in kühleren Gegenden nur auf Kalk, in warmen auch auf
feuchteren Standorten, nehmen hier auch mit anderen Standorten
vorlieb.
An Thurmann hatte sich z. B. Contejean angeschlossen, der jedoch
später zu der anderen Meinung überging; ferner stehen ihn! am nächsten
Alph. de Candolle, Celakovsky, Krasan (vergl. S. 94), Kerner, H. von Post,
Blytt, P. E. Müller, Negri, G. Kraus u.a.?). Thurmanns Theorie kann
jedoch sicher nicht alle Fälle erklären.
In beiden Theorien ist offenbar etwas Wahres enthalten; sowohl
chemische als physikalische Verhältnisse machen sich geltend; das Richtige
scheint zu sein, daß in einigen Fällen die chemischen Eigenschaften des
Bodens, in anderen Fällen die physikalischen (namentlich das Vermögen
des Bodens Wasser festzuhalten) die größte Bedeutung haben. Wenn
wir Länder wie Dänemark oder das norddeutsche Flachland betrachten,
deren Boden aus einem bunten Gemisch der Verwitterungsprodukte der
verschiedenen Gesteinsarten besteht, so kann hier verhältnismäßig wenig
von hervorstechenden chemischen Charakteren die Rede sein. Der
chemische Einfluß tritt am schärfsten nur an den salzhaltigen Böden
1) Flahaut 1893.
2) Adamovi6 1909.
®) Die hauptsächliche neue Litteratur: vergl. bei Woodhead 1906. — G. Kraus 1911.
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14. Kap. Chemische und physikalische Eigenschaften 125
der Küste hervor!), in den bei weiten häufigsten Fällen spielt der
Feuchtigkeitsgehalt die Hauptrolle (vergl. Kap. 9). Temperatur, Be-
leuchtung, Luft, Niederschläge und Luftfeuchtigkeit, sowie die chemische
Natur des Bodens können an bestimmten Stellen ganz gleichartig sein
und doch kann die Vegetation völlig verschieden sein, wenn nur der
eine Faktor, der Wassergehalt des Bodens, verschieden ist, also
den entscheidenden Einfluß ausübt. Wenn wir weiter betrachten,
daß die wichtigsten Eigenschaften des Bodens (Temperatur, Durch-
lüftung, Wassergehalt, Verdunstung usw.) im wesentlichen von seiner
Struktur abhängen, dann erscheinen im allgemeinen die physikalischen
Eigenschaften des Bodens als die wichtigsten, in erster Linie,
weil sie auf den Wassergehalt wirken. Chemische Verschiedenheiten
sind stets von physikalischen begleitet und chemische Eigentümlichkeiten
können anscheinend physikalische ersetzen, aber die physikalischen dürften
doch zunächst stärker entscheidend wirken. Es darf indessen nicht
verkannt werden, daß der Nährstoffgehalt des Bodens gleicher-
weise von großer Wichtigkeit ist, wie besonders von Graebner und
Nilsson?) betont wird. Doch selbst der Nährstoffgehalt resp. seine
Verwertbarkeit für die Pflanzen (vergl. S. 103) hängt vom physikalischen
Verhalten des Bodens, seiner Wasserkapazität, Absorptionsfähigkeit und
vielleicht in erster Linie vom Luftgehalt ab.
Für den Artenreichtum einer Vegetation spielen die chemischen
Verhältnisse insoweit eine Rolle, als der eine Boden durchweg an
Nahrungsstoffen reicher ist, als der andere. Die Unterschiede der
physikalischen Eigenschaften sind gleichfalls sehr wichtig. So führt
Biytt?) an, daß die Flora bei Christiania auf dem losen und leicht ver-
witterten (also reichlich Nahrstoff liefernden) Tonglimmerschiefer besonders
reich und abwechselnd, auf dem schwierig verwitternden Gneis jedoch
immer sehr gleichförmig ist, obgleich diese Gesteinsarten chemisch sehr
ähnlich sind. Eine Gegend mit großer Abwechslung in den Boden-
verhältnissen wird immer einen weit größeren Artenreichtum darbieten,
als eine andere mit gleichförmigem Boden.
Nach Kraus bringt besonders ein verschiedener Kalkgehalt eine
verschiedenartige Struktur des Bodens und damit abweichende physikalische
Verhältnisse mit sich, der Wassergehalt und die Temperatur des Bodens
werden wesentlich geändert. Ein höherer Kalkgehalt verursacht auch
eine höhere Temperatur und geringeren Wassergehalt, bei geringem
Kalkgehalt wird der Boden feuchter und kälter. In Skandinavien spielt
der Kalkgehalt des Bodens eine große Rolle für den Verlauf der Humus-
1) Warming 1894.
2) Graebner 1898, 1901, oo Nilsson 1902 b.
8) Blytt 1898.
126 Edaphische Faktoren
bildung, indem Kalk die Bildung von neutralem Humus begünstigt.
Viele mesophile Mullpflanzen kommen deshalb im Norden von Schweden
nur auf Kalkboden vor!).
Aus demselben Fels können je nach der Art der Verwitterung
und Ablagerung (aus der Abschlämmung usw.) sehr verschiedene Boden-
arten entstehen; die chemischen und physikalischen Eigenschaften werden
durch den Ursprungsfels bedingt.
Da die chemischen und physikalischen Faktoren in den einzelnen
Böden gleichzeitig wirken und sich ergänzen oder widerstreben, so werden S
wir dadurch gehindert, ein sicheres Urteil über die Bedeutung und die
Wirkungsrichtung jedes einzelnen abzugeben,
15. Kap. Kampf der Arten untereinander
Ein Faktor, der bei den Fragen nach der Verbreitung der Asa :
und der Bildung der Vereine nicht immer berücksichtigt worden ist und
den nach Darwin namentlich Naegeli?) hervorgehoben hat, darf nicht
vergessen werden: der Kampf der Arten untereinander. Eine wie
kleine Rolle namentlich die chemischen Unterschiede des Bodens spielen,
zeigen z. B. die botanischen Gärten mit ihren von den verschiedensten
Böden stammenden Pflanzen, die hier in demselben Boden vorzüglich
wachsen. Aber überläßt man sie sich selbst, so werden aus dem dann
folgenden Kampfe nur einige wenige (meist einheimische) als Sieger
hervorgehen. Die Pflanzen sind offenbar im allgemeinen gegen den
Boden ziemlich gleichgültig, wenn man gewisse extreme chemische und
physikalische Verhältnisse (z. B. großen Salzgehalt, großen Kalkreichtum,
großen Wassergehalt) ausnimmt, — so lange sie keine Mitbewerber
haben; nur einige wenige Pflanzen kann man vielleicht als in einer
oder in anderer Hinsicht obligat ansehen; die allermeisten sind fakultativ,
und ihr. Vorkommen hängt von den Mitbewerbern ab. Treten solche
auf, so beschränkt einer den andern und die Art geht als Sieger hervor,
die die gegebenen Kombinationen von Boden, Licht, Klima usw. am
besten ausnutzen kann. So ist die Kiefer (Pinus silvestris) nach Fliche
in der ganzen Champagne an Kalkboden gebunden und fehlt auf nicht
kalkhaltigem Boden; der Grund ist der, daß die Kiefer in der Champagne
eine eingeführte Pflanze ist, für die das Klima, ohne schädlich zu sein,
doch auch nicht günstig ist; auf dem nicht kalkhaltigen Boden, worauf
sie anderswo vorzüglich gedeiht, unterliegt sie hier anderen Arten, und
nur auf Kalkboden wird sie herrschend, ohne sich jedoch schön zu
entwickeln. Wollte man sie daher kalkliebend nennen, so würde man
!) Andersson u. Birger 1912.
2) Naegeli 1865, 1872.
15. Kap. Kampf der Arten untereinander 127
sich irren; sie wächst wie viele andere .Waldbäume auf Boden der ver-
schiedensten Art, bei uns am häufigsten auf Sandboden. Wenn wir in
Dänemark die Eiche teils auf feuchtem und festem Tonboden, teils auf
trockenem und magerem Sandboden finden, so ist der Grund dafür nicht,
daß sie diese Bodenarten vorzugsweise liebt, sondern der, daß sie durch
die Buche von den anderen verdrängt wird. Ähnlich geht es mit dem
Heidekraute (Calluna) und vielen anderen Arten, z. B. Anthemis cotula
und arvensis, Carlina vulgaris und acaulis, Brunella vulgaris und grandi-
flora, Veronica teuerium und V. chamaedrys usw.'!). In den Alpen
kämpfen z. B. nach Naegeli?) Rhododendron ferrugineum und Rh. hörsutum,
sowie Achillea moschata und A. atrata (Kiesel- und Kalkpflanzen). Der
dänische Forscher P. E. Müller?) hat mehrere Beispiele dafür beigebracht,
daß die Waldbäume in den Gebirgen einander in derselben Weise
beschränken; stattliche Hochwälder der Weißtanne z. B. grenzen plötzlich
an stattliche Wälder einer anderen Art, ohne daß an den Grenzen von
schlechtem Gedeihen die Rede ist. Auch Bonnier*) und andere kamen
zu dem Ergebnis, daß die in einer Gegend durchaus an Kalk gebundenen
Arten in einer anderen kalkfliehend sein und sich anderswo gegen den
Boden gleichgültig verhalten können. In der Mitte ihres Verbreitungs-
gebietes ist eine Art im Nährboden oft nicht wählerisch; aber außerhalb
_ jener Mitte wird sie von anderen Arten gezwungen, einen bestimmten
zu wählen?).
Be Einige bemerkenswerte Beispiele dafür, daß sich Pflanzen in einer
anderen Gegend als in ihrer eigentlichen Heimat mit großer Fülle
entwickeln können, sind Erigeron Canadensis, Galinsoga parviflora (sogar
_ aus dem tropischen Peru), Oenothera biennis und andere jetzt bei uns
gemeine amerikanische Unkräuter; auch Impatiens parviflora, Helodea
Canadensis wären hier zu erwähnen. Andererseits ist Salsola kali,
unsere gemeine Strandpflanze, auf den Kornfeldern Nordamerikas das
_ Äärgste Unkraut geworden; sie setzt sich stellenweise in den fast aus-
schließlichen Besitz des Bodens®).
1) Ludwig 1895 S. 121; Pietsch.
?) Naegeli 1872.
») P. E. Müller 1871, 1887.
*) Bonnier 1879.
5) Vergl. im übrigen Abschnitt 5.
.- 6%) Unter der neuen Litteratur über diesen Gegenstand vergl. besonders Cowles
1901; St. Lager 1895; Schimper 1898; Gillot 1894; Gain 1895; Ernst 1907; Woodhead
1906; Cambage 1907; Gadeceau 1903; Graebner 1909; 1910 a—c. Die ältere Litteratur
bei Engler 1899, S. 164—66.
128 Edaphische Faktoren
16. Kap. Die Wirkung einer leblosen Decke über der Vegetation
Die Wirkung einer leblosen Decke hängt unter anderem davon ab, 4
wie lose oder fest sie ist; je loser, desto größer ist die Wirkung in
folgenden Hinsichten: 4
1. Es wird Wasser eingesaugt, die Verdunstung herabgesetzt, die
Bodenfeuchtigkeit erhöht. |
2. Die Ausstrahlung wird herabgesetzt. . :
3. Die Schwankungen und die Gegensätze der Temperatur werden E
im ganzen. vermindert. E
Es kommen hier namentlich zwei Arten von Decken in Betracht,
der Schnee und das gefallene Laub. Auch eine Stein- oder Kies-
bedeckung des Bodens spielt eine große Rolle. Selbst in den trocken-
sten Zeiten bewahrt der Boden in geringer Tiefe eine milde Feuchtig-
keit, da durch die Steine die Verdunstung auf einen geringeren Grad
herabgedrückt wird und namentlich die Feuchtigkeitsschwankungen stark
verringert werden!). a:
Der Schnee we
Es ist von alters her anerkannt, daß der Schnee die Vegetation in
hohem Grade schützen kann. Daß. Schnee das Erfrieren der Winter- ;
saat verhindert, ist wohlbekannt. In den Hochalpen sollen Schneefälle
im Sommer bisweilen die Pflänzen davor schützen, der trockenen Kälte
und der Verdunstung ausgesetzt zu werden, die nach solchen Schnee-
fällen oft eintreten. Jede Fläche in den Polarländern, von der die
Stürme im Winter die Schneedecke wegfegen, hat eine andere Vegetation ;
als die mit Schnee bedeckten Einsenkungen; auf den Tundren Lapplands E
z. B. siegt namentlich Zecanora Tatarea, während die Strauchflechten
auf den mehr geschützten Stellen dicht und hoch wachsen können?).
Die Verteilung der Schneedecke ist für die Verteilung ganzer, bestimmter
Bestände entscheidend: einige werden auf Kosten anderer geschützt;
die im Winter mit Schnee bedeckten Stellen sind im Sommer gewöhnlich
an Arten und Individuen am reichsten. Die Schneedeckeist also oeko-
logisch wichtig. Der Schnee umschließt die zahllosen Staubpartikelchen,
die in der Atmosphäre schweben, und reinigt diese dadurch, auch sammelt 4
er andere kleine organische oder anorganische Teilchen, die durch den
Wind herangeweht werden. Sobald der Schnee schmilzt, werden alle
diese Teilchen auf dem Erdboden abgelagert und dadurch wird dort ein
äußerst feiner fruchtbarer Boden niedergeschlagen, der sich naturgemäß
in den kleinen Furchen, Spalten oder Tälchen sammelt und einer ganz
4) Vergl. Graebner 1909. nn
?) Kihlman 1890. Vergl. auch Thore E. C. Fries 1913.
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16. Kap. Leblose Decke auf dem Boden 129
bestimmten charakteristischen Pflanzengesellschaft das Gedeihen ermög-
licht. Diese Schneetälchenflora!) wird auch später erwähnt.
Die Schneedecke hat auch eine gestaltende Bedeutung. Eines-
teils kann hierher der Einfluß gerechnet werden, den große Schneelasten
in den Hochalpen auf die Gestalten der Bäume und der Sträucher aus-
üben (vergl. namentlich die von Pinus montana gebildeten Krummholz-
oder Legföhrengestrüppe), aber auch auf andere in Gestrüppform auf-
tretende besonders immergrüne Bäume (wie Juniperus, Schneebruchfichten,
Alnus viridis, dann auch Fagus silvatica u. a.; Birkengestrüppe in Süd-
grönland), indem die Stämme zum Boden niedergedrückt werden und
auf Abhängen niederliegen?). Andernteils sei darauf hingewiesen, daß
Birke, Juniperus und Picea excelsa in Lappland Gestrüppe bilden°), die
dadurch auftreten, daß alle aus der Schneedecke herausragenden Zweige
regelmäßig absterben und daß die Individuen niedrige, tisch- oder schirm-
förmige Kronen erhalten (Fig. 46 A).
. Die Gründe für diese Bedeutung der Schneedecke sind folgende.
Erstens spielen die Wärmeverhältnisse des Schnees eine Rolle,
aber kaum die größte. Schnee erscheint weiß, weil die Zwischenräume
zwischen den Kristallen mit Luft angefüllt sind, und weil diese Zwischen-
- räume oft einen sehr großen Bruchteil des gefallenen Schnees ausmachen, so
ist es gerade der Luftgehalt, der den Schnee zum schlechten Wärme-
leiter macht. Ganz gewiß hält der Schnee wegen seiner sehr geringen
- Wärmeleitungsfähigkeit den Boden wärmer, und je tiefer man im Schnee
_ hinabgeht, desto weniger kalt ist er, so daß der unter tiefem Schnee
liegende Boden geringerer Kälte ausgesetzt ist, als der nackte Boden.
Aber dieses reicht doch nicht hin, um die vorgefundenen Tatsachen zu
erklären®). Daß die Wärmeschwankungen vermindert werden,
daß die Pflanzen nicht dem Wechsel zwischen der Hitze des Tages und
der Kälte der Nacht ausgesetzt werden, kann auch nicht so große
Bedeutung haben; der Schnee wird namentlich gegen ein zu plötzliches
Auftauen schützen, das ja gefährlich werden kann (S. 34). Diesen
plötzlichen Wärmeschwankungen dürfte es zuzuschreiben sein, daß oft
Pflanzen dicht über der stark reflektierenden Fläche des Schnees auf
der Südseite Frostschaden erleiden, während die in dem Schnee steckenden,
wie die in die Luft ragenden Teile unversehrt bleiben.
Kihlman hat darauf aufmerksam gemacht, daß die Bäume an der
polaren Baumgrenze gewöhnlich erst in einer gewissen, nicht unbedeuten-
1) Vergl. Schröter 1904—1908; Rübel 1912; Vahl 1913.
2) Kerner 1863 S. 512; Rosenvinge 1889; Schröter 1904—1908 S. 663; Szabö 1907.
®) Kihlman 1890; Thore E. C. Fries; vergl. auch Vestergren 1902. Siehe Ab-
bildungen bei Kihlman und Fries.
*) Kjellman 1884.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 9
130 Edaphische Faktoren
den Höhe, z. B. 1,5 m über der Schneedecke, sich zu verzweigen beginnen,
und er erklärt das dadurch (?), daß die Schneemassen die untere Luft stark
abkühlen, und erst in einer gewissen Höhe über ihnen ist die Luftwärme
hinreichend für die Bäume, daß sie ihre Zweige entwickeln können.
Th. C. E. Fries hat dieses schematisch abgebildet (Fig. 46 DB).
Viel wichtiger ist die Bedeutung des Schnees für den Wasser-
gehalt der Pflanzen.
Der Schnee schützt gegen Verdunstung. Hierin muß der
Grund für die Erhaltung vieler Arten während des Winters und ferner
der für das von Kihlman u. a. erwähnte Absterben von Zweigen, die
den Schnee überragen, gesucht werden. Nicht die niedrigen Wärme-
grade töten diese Zweige, sondern die in den Polarländern herrschende
große Lufttrockenheit und die heftigen Stürme, die die Verdunstung
steigern. Zweige und ganze Pflanzen verwelken durch Austrocknung).
Als Windschutz spielt der Schnee eine sehr wesentliche Rolle.
Einige Arten sind „windhart“, d. h. unempfindlich gegen die austrocknende
Wirkung der Winde, in den Alpen nach J. Braun z. B. Lozseleuria pro-
cumbens, Androsaces Helvetieum, Sazxifraga eaesia und $. retusa; andere
dagegen sind sehr empfindlich. Gegen Winderosion schützt der Schnee; 3
sie findet fast nur an im Winter schneefreien Stellen statt. |
Durch den Tod vieler Zweige und durch das Auftreten neuer an
abnormen Stellen werden die abweichenden, teilweise verbogenen und
gekrümmten Gestalten hervorgerufen (vergl. Kap. 5).
Es sind gleichfalls die Wasserverhältnisse, die auf die topographische %
Verteilung der Arten einwirken, nämlich die durch die ungleiche Ver-
teilung der Schneedecke hervorgerufene ungleiche Verteilung des Wassers
im Boden. Die mit Schnee erfüllten Einsenkungen halten sich länger
feucht als die höheren und schneefreien Stellen, vielleicht sogar durch
die ganze Vegetationszeit.
Die Schneedecke erhält durch ihre Dicke an vielen Orten z. B. in
den Steppen von Rußland und Nordamerika, als Wasseransammlung
Bedeutung; je nach der reicheren oder der geringeren Versorgung des
Bodens wird die Vegetation der folgenden Vegetationszeit reicher oder
spärlicher. Der Schnee schützt auch gegen die besonders durch den
Barfrost verursachten großen Volumenveränderungen der gefrorenen
Erde, wodurch die Pflanzen losgerissen und aus der Erde gehoben
werden, so daß die jungen Pflanzen im Frühjahr mit den Wurzeln auf
dem Erdboden freiliegen?). 2
Wenn eine Schneedecke in gewissen Fällen eine schädliche Wirkung
hat, z.B in Einsenkungen der Felder eine solche auf die dichte und
*) Kihlman 1890; Schimper.
?) Sorauer 1909.
16. Kap. Leblose Decke auf dem Boden 131
üppige Wintersaat, so ist der Grund vielleicht der, daß diese erstickt,
indem der Luftzutritt erschwert wird.
Ferner erhält die Schneedecke für angrenzende Abhänge dadurch
Bedeutung, daß das schmelzende Schneewasser sie benetzt. In Grön-
land können, wie S. 92 erwähnt, die Nordabhänge einer Gebirgskette
im Sommer frisch und üppig grün (namentlich moosreich) sein, während
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Fig. 46. Tischbirken; Zusammenhang zwischen Wuchsform und Schneedecke, Bäume
an der polaren Baumgrenze. A. Über der Schneedecke absterbend, B. sich über der
Schneedecke büschelförmig verzweigend. Die Linien bezeichnen die Schneehöhe im
Winter. (Nach Fries; vergl. S. 130.)
die Südabhänge gleichzeitig trocken und verbrannt dastehen, weil die
Nordabhänge unter anderem von dem langsam schmelzenden Schnee
lange benetzt werden, während dieser von den Südabhängen schnell ver-
schwindet!).
Eine Schneedecke verkürzt die Vegetationszeit, indem sie
den Boden abkühlt und die Pflanzen hindert, so früh zum Leben zu
z }
) Warming 1887. rn
132 Edaphische Faktoren
erwachen, wie auf den schneefreien Stellen. Auch dieses greift in die
Haushaltung und die Verteilung der Arten tief ein; gewisse Arten
erhalten an den Stellen, wo sich der Schnee zu lagern pflegt, eine zu
kurze Vegetationszeit oder einen zu kalten Boden und werden von
diesen Stellen ausgeschlossen; andere Arten werden hierdurch gerade
begünstigt. Blytt teilt z. B. mit, daß rings um die Schneeansammlungen
der norwegischen Gebirge, die zwar jeden Sommer etwas einschmelzen,
aber kaum jemals ganz schwinden, die Flora wegen der kurzen Vege-
tationszeit hochalpin ist und eigentlich zu einer größeren Höhe über
dem Meere paßt, als jene Stellen sie haben. Selbst an Orten, wo der
Schnee nur in besonders warmen Sommern schmilzt, kann man Vege-
tation finden. Diese muß mehrere Jahre unter dem Schnee geruht
haben, bevor sie wieder erwachte. Selbstverständlich gibt es viele Stellen, a
wo der Schnee so lange liegen bleibt, daß jede Vegetation überhaupt
unmöglich gemacht wird. a
Man sieht leicht, daß die orographischen und die anderen Ver-
hältnisse, die auf das Schmelzen der Schneedecke einwirken (die Neigung
und die Neigungsrichtung des Bodens, die Beschaffenheit der Winde,
die Wärmekapazität des Bodens selbst usw.) dadurch pilanzengooPEBgEEEEE d
Bedeutung erhalten. ie
Der Verlauf der Baumgrenze kann sehr verschiedene Ersaih.6 =
haben, so z. B. die Tätigkeit des Menschen, der Eintritt strenger Kälte
die den betreffenden Bäumen das Reifen der Samen nicht mehr gestattet, 5)
besonders aber die Wirkung der kalten austrocknenden und damit
tötenden Winterwinde bei gefrorenem Boden, schließlich kann die Baum-
grenze aber auch von der Verteilung der Schneedecke abhängen?). 3
Tote Pflanzendecken
Die andere Art Decke ist das alte zu Boden gefallene Laub oder E.
die alte verwelkte Grasdecke. Gefallenes Laub treffen wir besonders
in den Wäldern (nicht nur in den das Laub jährlich gänzlich wechselnden,
sondern auch in den immergrünen), eine verwelkte Grasdecke auf vielen
dichten Weiden, Wiesen, Steppen und Savännen. 4
Diese Decken müssen eine ähnliche physikalische Wirkung wie der
Schnee haben, den Boden wärmer machen, die Wärmeextreme ver- BR
mindern, den Boden feuchter halten usw.; manche Pflanze hält auf
dem Waldboden ohne eine solchen Schutz gegen Austrocknung kaum
aus (von Schutz gegen Kälte ist hier oft noch weniger die Rede als : Ä
beim Schnee). 5
!) Über die physiologische Bedeutung des Schnees vergl. weiter Wöeikoff 1887, 1889. 2
?) Wegen der Eigenschaften der verschiedenen Waldbodendecken sei hier z.B.
auf Ramann 1890, 1893, 1905, 1911 verwiesen. =
17. Kap. Lebende Decke auf dem Boden 133
Die Laubdecke wirkt auf die Humusbildung im Boden in hohem
Grade ein, verbessert diesen dadurch und erhält auch für das Tierleben
im Waldboden eine große Bedeutung: sie bewahrt die Feuchtigkeit
und verschafft den Tieren des Waldbodens, unter denen die Regen-
würmer die wichtigsten zu sein scheinen, Nahrung (vergl. 32. Kap.).
Eines wie das andere hindert den Waldboden, aus Humus in Rohhumus
überzugehen, und verhindert alle Veränderungen in der Bodendecke, die
hiermit gleichzeitig einhergehen und in die Haushaltung des ganzen
Waldes mächtig eingreifen würden!).
In diesem Zusammenhange sei der Nutzen erwähnt, den gewisse
andere Pflanzen, namentlich Polar- und Hochgebirgspflanzen, von ihren
alten, abgestorbenen Teilen haben.
Es ist eine längst wohlbekannte, schon auf S.37f. erwähnte Sache, daß
die alten toten Blätter oft auf den Zweigen der subglacialen Pflanzen
in großer Menge sitzen bleiben, sie dadurch in dichte Decken einhüllen,
deren Dichtigkeit ferner durch die Bildung gedrängter, kurzer Zweige
vermehrt wird. Dieses ist offenbar eine Folge davon, daß die Auf-
lösungs- und die Verwesungsprozesse in dem polaren Klima äußerst lang-
sam vor sich gehen (Bakterien und besonders Pilze gedeihen schlecht), und
hat für die Pflanzen den Nutzen, daß ihre Transpiration erschwert wird.
Die Natur hüllt die Pflanzen ein, wie der Gärtner seine empfindlichen
Gewächse. |
Gewisse auf trockenem Felsboden und an ähnlichen trockenen
Orten wachsende Arten werden ebenso von alten Zweig- und Blattresten
eingehüllt; hier verhindert der Mangel an Feuchtigkeit, nicht der an
Wärme, die Auflösungsprozesse durch Pilze und Bakterien. Ob jene
Pflanzen davon einen Nutzen haben, läßt sich noch nicht im allgemeinen
sagen, ist aber wahrscheinlich. Teils kann man meinen, daß diese alten
Pflanzenteile gegen Verdunstung schützen, daß sie als Wasser saugende
und festhaltende Organe dienen. Hierbei sei auf die Tunikagräser?), auf
die Blattscheidenhüllen von Velloziaceae sowie auf die Wurzelhüllen von
Dicksonia und einzelner anderen Farne hingewiesen’).
17. Kap. Die Wirkungen einer lebenden Pflanzendecke auf
den Boden.
Jede Pflanzendecke wirkt auf die physikalischen Verhältnisse des
Bodens ein, desto mehr, je dichter und höher sie ist, je länger sie lebt.
Am meisten wirken daher die Wälder ein; deshalb ist die Waldboden-
1) Vergl. P. E. Müller 1878, 1894; Ramann a. a. O.; Graebner 1895, 1904,
1909—10.
2) Hackel 1890; Warming 1892.
®) Warming 1893; vergl. auch Kapitel 25.
134 Edaphische Faktoren
vegetation ganz anderen physikalischen Verhältnissen unterworfen als 4 F
die Pflanzen des Hochwaldes selbst. 2
Die Wirkungen gehen teilweise in derselben Richtung wie die der is
toten Decken. 3
1. Die Wärmeverhältnisse im Boden werden verändert. 1
Die Pflanzendecke verringert die Ausstrahlung und ferner die
Wirkung der Sonnenwärme. Die Wärmeschwankungen werden daher
weniger stark, sowohl die täglichen als die jährlichen. Nackter Boden E
ist am Tage wärmer, nachts kälter als bewachsener; nackter Boden ist 4
im Sommer gleichfalls wärmer, im Winter kälter als bewachsener. Aber
die Mitteltemperatur des bewachsenen Bodens kann niedriger werden, “
als beim nackten Boden, im Walde jedenfalls 1—2°. Nach Ebermayer
ist die Wärme in der Oberfläche des Waldbodens selten höher als 25° C.
Die Amplituden des Jahres nehmen in folgender Reihenfolge ab: bei
Luft, nacktem Boden, Moosdecken, Buchenwäldern, Fichtenwäldern.
In den Wäldern trägt natürlich die tote Decke zur Erhöhung der Wir-
kungen bei.
2. Der Wassergehalt des Bodens wird beeinflußt. S
Ein Teil der Niederschläge geht dem Boden verloren, indem er E
sich auf den Pflanzen absetzt und verdunstet; besonders gilt dieses von E
den schwächeren Niederschlägen. In Wäldern gehen etwa 15°%/0 der
Niederschläge verloren, in Nadelwäldern mehr als in Laubwäldern. Es
wird jedoch das Vermögen des Bodens, die Feuchtigkeit festzuhalten,
erhöht, er ist gegen Verdunstung besser geschützt, der Schnee schmilzt 2
langsamer, und das Schneewasser wird vom Boden in höherem Grade
aufgenommen. a
Anderseits wirkt die Pflanzendecke auf die Schichten des Bodens,
in denen die Wurzeln sich ausbreiten, austrocknend ein, desto stärker,
je dichter sie ist, weil die Pflanzen aus dem Boden Wasser aufnehmen =
und durch Transpiration entweichen lassen. Im Walde werden die
tieferen Bodenschichten von der Austrocknung durch die Bäume selbst
beeinflußt, während auf der Oberfläche die Baumdecke schützend wirkt.
3. Der bewachsene Boden wird im allgemeinen weniger fest’
als nackter.
Weil der Regen nicht zu starker mechanischer Einwirkung kommen ie
kann; auch die Tiere (Regenwürmer) spielen hierbei mehr mittelbar En
eine Bälle,
4. Die Beleuchtung wird auf dem von Pflanzen bedeckten
Boden gedämpft.
5. Endlich kann angeführt werden, daß die Luft unter der
Pflanzendecke, besonders im Walde, verändert wird; sie wird kühler 4
und feuchter. Der Wind kann selbstverständlich viel weniger wirken.
17. Kap. Lebende Decke auf dem Boden 135
6. Auch die Luft über bewachsenem Boden, besonders über
Wäldern, wird kühler, was eine stärkere Taubildung, reichlicheren Nebel
und Regen veranlaßt. Der Einfluß des Waldes auf das Klima ist oft
behandelt worden; er geht in zwei Richtungen, teils vermehrt er die
Niederschläge in gewissen Gegenden (in Ebenen jedoch gewiß nicht
oder sehr unbedeutend; Untersuchungen in Dänemark und desgleichen
in Schweden und Norwegen haben keine nennenswerte Vermehrung nach-
gewiesen), teils hindert er das gefallene Wasser, schnell wegzufließen,
den Pflanzen verloren zu gehen und Überschwemmungen zu ver-
ursachen.
7. Die Moosdecke muß besonders erwähnt werden, weil sie nament-
lich auf den Wassergehalt des Bodens etwas anders als eine andere
Pflanzendecke wirkt.
Es besteht ein Unterschied nach der Art der Moosdecke: Einige
Moose (Hypnum und Verwandte) bilden 5—6 em dicke, dichte, auf dem
Boden lose liegende Polster; die Stengel anderer Moose sind in einen
Filz von Rhizoiden eingehüllt, ihre Vorkeime und Rhizoiden durchweben
den Boden mit einem sehr dichten Filz und befördern das Entstehen
von Rohhumus (Polytrichum, Dieranum). Die Moose müssen daher auf
den Boden verschieden einwirken. Aber im ganzen gilt nach Oltmanns?)
folgendes:
a) Der Moosteppich wirkt wie ein Schwamm. Die dichten,
niedrigen Teppiche mit den zahllosen Kapillarräumen zwischen Blättern
und Rhizoiden nehmen kapillar und durch die Oberfläche Wasser auf, aber
durch Aufsaugen aus dem Boden und durch inneren Transport gar nicht
oder sehr wenig (der anatomische Bau ist der Ausdruck hiervon)?). Daher
schlucken und verdunsten die lebenden und die toten Moosteppiche
ungefähr gleichviel Wasser.
Die oft als Wurzeln angesprochenen Rhizoiden der Moose dienen
im wesentlichen als Fixierungsorgane. Dort, wo sie am stärksten in
Anspruch genommen werden, sind sie auch am kräftigsten entwickelt).
b) Moosteppiche trocknen den Boden nicht aus. Da die
Moose, besonders die lose liegenden Polster, aus dem Boden nicht viel
Wasser aufnehmen, trocknen sie den Boden weniger aus, als eine
andere Vegetation- und schützen den trocknen, sich leicht erwärmenden
Boden gegen Austrocknung. Die Verdunstung geht zwar aus einer
Moosdecke rascher vor sich als aus einer toten Decke, aber die Moos-
decken halten den Boden im ganzen feucht und kalt, und auf nassem
und beschattetem Boden rufen sie leicht Versumpfung hervor.
1) Oltmanns 1885.
®) Haberlandt 1904: Abschnitt 7.
®) Über die Biologie der Rhizoiden vergl. besonders Paul 1902.
136 Edaphische Faktoren
8. Auch auf die chemischen Verhältnisse des Bodens wird eine
Pflanzendecke einwirken können, indem verschiedene Vegetationen
den Nahrungsinhalt des Bodens und das Absorptionsvermögen in ver-
schiedener Weise eingreifen, ihm verschiedene anorganische Stoffe weg-
nehmen und ihn mit organischen bereichern. Fruchtwechsel und Düngung
werden für den Landwirt eine Notwendigkeit, weil er bei jeder Ern
beständig gewisse Mengen der Nahrungsstoffe des Bodens wegführt
Der Forstwirt tut dieses gleichfalls, wenn auch wohl in geringerem
Grade, Düngung im Walde wird meist nicht angewandt, dürfte ab
je länger die Forstkultur dauert, immer notwendiger werden. Der Win:
führt jedoch aus vielen Wäldern Laub fort und ruft dadurch große
Boden- und Vegetationsveränderungen hervor. Wenn man den Gr
zu dem bekannten Wechsel der Waldvegetation, der in Dänemark
Jahrtausenden vor sich gegangen ist, in einer Art Wechselwirtschaft d
Natur hat suchen wollen, indem jede Waldbaumart den Boden aussauge
und dadurch einerseits zu fortgesetztem Wachstum für sich selbst weniger
passend machen sollte, andrerseits ihn für andere Arten zubereiten sollte,
so scheint dieses nur bis zu einem gewissen Grade richtig zu sein. Sich:
ist, daß neben der alljährlichen Auslaugung durch die Niederschläge durch
das Abfahren des Holzes dem Boden einige der nötigsten Pflanze
nährstoffe (z. B. Kali) entzogen werden, daß daher eine allmählich
Verarmung des Bodens an diesen Stoffen eintritt. Daher werden öfter
anspruchslosere Arten (Kiefern) den anspruchsvolleren mit stärkerer Stoff-
produktion (Buche, Eiche) folgen‘). Bei der Einwanderung der Baum
arten nach der Eiszeit ist dagegen entsprechend der allmählichen Ver-
änderung des Klimas und der Wanderfähigkeit der einzelnen Arten meist
eine umgekehrte Folge zu beobachten?). i
18. Kap. Die Tätigkeit der Tiere und der Pflanzen im Boden
Zwischen dem Pflanzen- und dem Tierleben eines Standortes be-
steht ein inniges und verwickeltes Wechselverhältnis, das sich in ver-
schiedener Weise ausdrückt und für spätere Studien die interessantesten
biologischen Ergebnisse verspricht. Hier sollen nur zwei Seiten hervor-
gehoben werden. |
Tätigkeit der Tiere
Der Boden wird von vielen Tierarten durchwühlt, der Tanabodin $
besonders von Regenwürmern, Insekten und Insektenlarven, Tausend- 3
füßen, Kellerasseln, Ameisen?) u. a., auch von Tieren, die jenen nach-
*) Hausrath 1900; Graebner 1901; 1912.
?) Vergl. Andersson 1903; Graebner 1912.
®, Vergl. auch Ule 1900.
18. Kap. Tiere und Pflanzen im Boden 137
stellen, z. B. von Maulwürfen, der Meeresboden von kleinen Krustaceen,
Röhrenwürmern (Sedentaria oder Tubicolae) u. a.
Erdboden. Die oberste Schicht von Wald- und Ackerboden be-
steht gewöhnlich aus einem innigen Gemische von mineralischen Teilen,
. von Tierresten und von Resten der früheren Vegetationen, wie Blättern,
Zweigstückchen, Fruchtresten, Samen usw., die sich in verschiedenen
Graden der Zersetzung und der Bearbeitung durch die Tiere befinden.
Der Landboden, der an Tieren reich ist, ist auch für Vegetation
günstig, gerade weil er an Humusstoffen reich ist (vergl. S. 113 ff.); und
fehlt das Tierleben, so ist die Vegetation gewöhnlich niedrig und gedrückt.
Die Tiere wirken auf den Boden und dadurch auf die Vegetation beson-
ders auf viererlei Art ein:
1. Sie zerkleinern die Pflanzenreste mit ihren Mundteilen oder, wie
die Regenwürmer, in ihrem Magen mit Hilfe der verschluckten
Steinchen,
2. sie vermischen in ihren Eingeweiden ihre Nahrung mit mine-
ralischen Teilen des Bodens, d. h. sie befördern die Humusbildung,
indem sie einen fein gemischten Boden bilden,
3. sie vergraben im Boden Pflanzenteile,
4. sie machen den Boden durch die von ihnen gebildeten Röhren
und Gänge poröser und mehr durchlüftet (der Boden wird „mürbe“
oder „gar*)!), und die abgelagerten Exkremente dienen auch
dazu, den Boden krümelig und porös zu machen; die Tiere sorgen
dadurch für Drainage.
Namentlich spielen die Regenwürmer im Landboden eine Rolle.
In Dänemark sind namentlich die beiden großen Arten ZLumbrieus
terrester und rubellus, außerdem L. purpureus, Allolobophora turgida
und Euchytreus-Arten bedeutungsvoll. Sie bilden Gänge, die senkrecht,
bis 2 m und tiefer in den Boden hinabgehen und wodurch die Wurzeln
tief in die Erde hinabgelangen können. Die Gänge werden mit Pflanzen-
nahrungsstoffen (Blattresten und Exkrementen) ausgefüllt. Fünf andere
Arten leben in der Ackerkrume. Bisweilen sind sie in so großen
Mengen vorhanden, daß 400000 Individuen auf einem Hektar Land
vorkommen.
Nachts und bei feuchtem, dunklem Wetter kommen sie aus ihren
Gängen hervor und lagern ihre Exkremente in krümeligen Häufchen
oben auf dem Boden ab. Sie zerkleinern die Pflanzenreste, bearbeiten
sie mechanisch nnd vermischen sie innig mit den mineralischen Teilen,
die sie auch verschluckten. Dazu kommt, daß ihre alkalischen Ver-
dauungsflüssigkeiten dieHumussäuren des Bodens neutralisieren. Schatten,
!) Der Begriff der „Bodengare“ darf nicht auf einen künstlich gelockerten Boden,
dem die die Lockerheit dauernd erhaltende Tätigkeit der Tiere fehlt, übertragen werden.
138 Edaphische Faktoren
Schutz vor dem Winde und feuchte Luft befördern das reiche Tierlebe
des Bodens; Schatten und Schutz vor dem Winde sind daher auch
für die Vegetation mittelbar von Bedeutung. Wenn ein Waldboden de
Sonne ausgesetzt wird und der Wind das Laub wegfegt, so verschwinde
die Regenwürmer, der Boden wird trocken und hart, die Vegetation ge-
hemmt. In saurem Boden, in Sümpfen, auf Heiden und Dünen fehle
die Regenwürmer. Von ihrer Anwesenheit oder ihrem Mangel hängt das
Vorkommen von Humus- und Rohhumusboden in unseren Wäldern und
Heiden ab, oder umgekehrt verschwinden sie bei Bildung von Rohhumt
und Bodensäuren. Selbst auf den Wuchs der Rhizompflanzen in de
Wäldern wirken sie ein!); ihr Auftreten oder ihr Mangel ruft eine Re
Variationen in der Art des Bodens hervor, denen eine Reihe Varia
in der Pflanzendecke entsprechen).
Als ein anderes Beispiel dafür, wie die Tiere auf die Vegsiaill
einwirken können, sei darauf hingewiesen, daß Maulwurfshaufen und
Ameisenhaufen sehr oft eine etwas andere Vegetation tragen als der
umgebende Boden?). 2
Meeresboden. Eine ähnliche, jedoch offenbar durchaus nicht ;
bedeutende Rolle, wie sie die Regenwürmer in dem Pflanzenleben de
Landbodens spielen, haben die Arenicola-Arten und Corophium er
corne teils in der Zostera-Vegetation an nordeuropäischen Küsten, te
außerhalb dieser®).
Tätigkeit der Pflanzen
Eine weit wichtigere Rolle als die Tiere spielen jedoch sicher die,
saprophilen Pflanzen des Bodens, nämlich Pilze und Bakterien. E
Pilze im Boden. Gewiß in jedem humusreichen Boden leben
Pilzmycelien; der Waldboden legt im Herbste durch seinen Reichtum an
Basidiomyceten dafür Zeugnis ab, in welchem Grade er von jenen durch-
webt ist. Aber selbst wenn keine oder nur wenige Pilze zur ober-
irdischen Entwicklung kommen, kann die mikroskopische Untersuchung
sie gewiß in jedem humusreichen Boden nachweisen, selbst in saurem
Heidetorf; Fäden von Oladosporium humifaciens u. a. treten hier auf,
wie auch die Wurzeln von Calluna u. a. ebenso wie die meisten Wald-
bäume und ein Teil der auf Humus lebenden mehrjährigen Kräuter
Mykorrhizen haben°). Saccharomyceten überwintern im Boden). i*
1) P. E. Müller 1894. k:
?) Über die Naturgeschichte der Regenwürmer vergl. bes. C. Dass 1881, B
P. E. Müller 1878, V. Hensen, Wollny; über die tropischen C. Keller 1887. 2
?) Buchenau 1876; Warming 1894, 1906; P. E. Müller 1894. Bi
*) Rosenvinge 1889—90; vergl. Warming 1906; betr. Corophium vergl. Warning. e
und Wesenberg-Lund 1904; Warming 1906.
5) Vergl. auch Kapitel 32,
°) E. C. Hansen 1881 und später.
18. Kap. Tiere und Pflanzen im Boden 139
Noch wichtiger sind die Bakterien). Sie finden sich sozusagen
in jedem Boden und in jedem Wasser, in den Landböden, in den ver-
schiedensten Schlammbildungen, in Salz- wie in Süßwasser. In den
obersten Bodenschichten, besonders rings um bewohnte Stellen, sind sie
in Millionen und aber Millionen vorhanden; ihre Anzahl nimmt in dem
bewachsenen Boden ungefähr bis !/—*/ı m Tiefe zu, sinkt darauf sehr
rasch, und etwa von 5—6 m Tiefe an finden sich in der Regel keine mehr:
der Boden hat sie aus dem hinabsickernden Wasser abfiltriert. Versuche
von Adametz ergaben ?) folgende Zahlen. Es fanden sich:
in 1g Sandboden an der Oberfläche . . . 380000 Individuen
Egg 5 in 20—25 cm Tiefe . . 460000 2
„ 18 Tonboden an der Oberfläche . . . 500000 &
FR = in 20—25 cm Tiefe . . . 464000 .
Andere haben in 1g Boden etwa bis eine Million Bakterien ge-
funden. Die Menge muß natürlich von verschiedenen Verhältnissen
abhängen.
Die Artenanzahl ist wahrscheinlich außerordentlich groß, und von
einigen Bakterien weiß man sicher, daß sie in der Naturgeschichte des
Bodens eine bedeutende Rolle spielen. Einige sind aörob, andere
anaörob. Es kommen nicht nur gewöhnliche Fäulnisbakterien vor, wovon
viele für die Zusammensetzung der Bodenluft von größter Bedeutung
_ sind, sondern auch Krankheiten erregende Bakterien (z. B. Bacillus
tetani, der den Starrkrampf hervorruft) und Arten, namentlich Salpeter-
bakterien, die im Boden wichtige chemische Verbindungen bilden.
Schlösing und Müntz haben zuerst nachgewiesen, daß die Salpeter-
bildung im Boden durch Mikroorganismen verursacht wird, weil stick-
stoffhaltiger Boden, worin dieser Prozeß vor sich gehen kann, die Fähig-
keit dazu verliert, wenn er auf 110° erwärmt wird, sie aber wiedererhält,
wenn nicht sterilisierter Boden ihm beigemischt wird, und weil Chloro-
form dem Prozeß augenblicklich Einhalt tut.
Winogradsky war der erste, der diese Organismen, deren es mehrere
Arten zu geben scheint, isolierte. Sie lieben einen durchlüfteten, mäßig
feuchten, stickstoffhaltigen alkalischen Boden von 10—45°C. Nach
Müntz spielen die Salpeterbakterien bei der Verwitterung der Gesteins-
arten eine wichtige Rolle, indem sie in die feinsten Poren hinabdringen
und ihre chemische Wirksamkeit ausüben).
Niklewski*) fand in verschiedenen Bodenarten, im Teich- oder
Schleusenschlamm, Gartenerde, Heideerde, Lauberde usw. aus verschie-
1) Über Bodenbakterien vergl. auch Kolkwitz 1899; E. Heine 1910.
2) Nach Sacchse 1888.
®) Vergl. auch Schröter 1904—8, 8. 558.
*, Niklewski 1907.
140 Edaphische Faktoren
denen Teilen Europas ein Stäbchenbakterium (Bacterium oigocarbophilum), |
welches die Eigenschaft besitzt, Wasserstoff zu oxydieren. Im besten 2
Falle wurden 0,13 ccm Knallgas in 1 Stunde pro 1 qem in der von dem
Bakterium gebildeten Kahmhaut kondensiert. Dieses Bakterium spiel
danach sicher bei der Sauerstoffabnahme in manchen Böden eine Rolle.
Manche Bakterien haben die Fähigkeit, den freien Stickstoff der
Luft zu speichern und dadurch den Boden an diesem wertvollen Stoff an- 3
zureichern, so z. B. die Knöllchenbakterien der Leguminosenwurzeln !). —.
Ob auch Mykorrhizenpflanzen, wie z. B. Pinus montana?), diese Fähig-
keit besitzen, ist nicht sicher erwiesen. 7
Einen Boden mit freien Säuren (Humussäuren) lieben die meisten
Bakterien nicht; daher gibt es in Torf und ähnlichem Boden meist wenige.
Dachnowski hat doch gefunden, daß viele Bakterien in Sumpfmooren
vorkommen, welche Toxine produzieren, die für die Pflanzen giftig sind; Ä
die Wurzeln werden dann schwieriger Wasser aufnehmen, und die
Transpiration muß durch xeromorphe Einrichtungen vermindert werden.
19. Kap. Einige orographische und andere Faktoren
Die verschiedenen Faktoren, die im vorhergehenden behandelt sind, E
finden sich in der Natur auf so verschiedene Weise und in einer solchen
Menge von Abstufungen vereinigt, daß in der Beschaffenheit der Stand-
orte und in den Verschiedenheiten der Vegetation die reichste Mannig-
faltigkeit entsteht. Aber Mannigfaltigkeit und Abwechselung werden
ferner durch die Modifikationen vermehrt, die durch gewisse geo-
graphische, zunächst durch orographische Faktoren bewirkt werden. Zu E
ihnen gehören namentlich die Richtung der Gebirgsketten und der Täler, °
die Höhe der Gebirgsketten, die Steilheit und die Neigungsrichtung der
Abhänge usw. e
Die Richtung und die Höhe der Gebirgsketten haben di 4
allergrößte klimatische Bedeutung: sie lenken die Winde in bestimmten
Richtungen ab, rufen Föhne hervor (vergl. 5. Kap.), fangen die Feuchtig- E
keit der Winde auf bestimmten Seiten auf und verdichten die Wasser-
dämpfe in den höheren Stufen zu Wolken und Regen, weshalb es auf 3
: gewissen Seiten oder von einer gewissen Höhe über dem Meere ab in
der Nebelregion üppige Wälder geben kann, während es auf anderen
Seiten oder darunter sowohl wie darüber äußerst trocken sein kann.
Auf hohen Gebirgen stehen die Stufen in wechselseitiger Beziehung mit E
der Verteilung der Regenmenge. Oft kann man drei Höhenstufen be-
obachten: eine niedrigere mit spärlichem Regenfall; eine mittlere, die 3
‘) Über die Stickstoffbakterien vergl. auch Bredemann 1908; Pfeiffer 1902. Über
die Biologie der Leguminosenbakterien vergl. auch K. Fuhrmann 1907.
2) Vergl. P. E. Müller 1903.
19. Kap. ÖOrographische usw. Faktoren 141
Nebel- oder Wolkenregion, mit viel Nebel und Regen, und daher mit Wald
bedeckt; eine obere trockene, die sich über die Nebel erhebt (so z. B.
im Tianschan, auf Madera, Teneriffa).
Der III. Internationale Botan. Kongreß 1910?) hat für die Verbreitungsangaben
folgende einheitlichen Bezeichnungen vorgeschlagen:
Zonen, die großen Wärmegürtel der Erde.
Stufe (Höhenstufe, Tiefenstufe [vergl. Engler]), die Gliederung der Vegetation in
Gebirgen und in Gewässern, soweit sie gürtelförmig abgestuft ist. An den
Ufern an Gewässern, nach der Höhe über dem Grundwasserstande (franz.: Etage;
engl.: Belt).
Gürtel, die ringförmige Anordnung einer Formation.
Region, das allmähliche horizontale Aufsteigen (s. oben).
Die Küstengebirge Brasiliens sind regnerisch und bewaldet; aber
das Innere ist trocken (die „Campos“, Steppe, Savanne), weil die Feuchtig-
keit des Passates verdichtet und abgesetzt ist, bevor sie dahin gelangt.
Ebenso ist in Südafrika die Küste feucht, die Karroo trocken; und die
niedrigeren westindischen Inseln sind trocken und regenarm, während
die höheren große Niederschläge und üppigere Vegetation haben. Selbst
im kleinen können sich die Oberflächenverhältnisse geltend machen;
z. B. führt Blytt?) an, daß steile, nach Süden gewandte Felsenwände
der betreffenden Vegetation andere Wärmeverhältnisse darbieten. Unter
den hohen Felsenwänden findet sich bei Christiania eine Vegetation, die
reich und abwechselnd ist und namentlich mehrere südliche Arten ent-
‚hält, weil hier an Sonnentagen eine brennende Hitze herrscht. Gunnar
Andersson und Selim Birger haben eingehend die floristischen Eigen-
tümlichkeiten der südexponierten Bergseiten im nördlichen Schweden be-
sprochen; Relikte von der wärmeren postglacialen Zeit finden sich hier?).
Von der Steilheit der Abhänge (von dem Neigungswinkel gegen
den Horizont) hängt es ab, ob die Produkte der Verwitterung und der
Humusbildung liegen bleiben können oder hinabgespült werden, wie
schnell das Wasser von der Oberfläche wegströmt, wie sehr also diese
durchnäßt wird, wie dicht und wie hoch eine Vegetation wird, und
endlich wie stark die Sonnenstrahlen den Boden erwärmen können
(vergl. Kap. 10).
Von der Neigungsrichtung (Exposition) der Abhänge hängt
es wesentlich ab, welche Vereine zur Entwicklung kommen. Die von
Sonne, Regen und Wind getroffenen Abhänge tragen eine ganz andere
1) Vergl. dort L, S. 138. — Flahault 1900, 1901b. Mit dem Namen „Region“
bezeichnete A. P. De Candolle (1815, 1820), Schouw (1822) und später Grisebach
und andere die großen horizontalen Gebiete der Erde, in welchen dasselbe Klima und
dieselbe Vegetation herrschte. Wahlenberg u. a. benutzten das Wort als Bezeichnung
für vertikale Gebiete, Höhenstufen und Stockwerke (&tages).
2) Blytt 1893.
®) @. Andersson u. S. Birger 1912.
142 Edaphische Faktoren
Vegetation, als die weniger sonnigen oder weniger dem Regen und dem
Winde ausgesetzten. Außer dem $. 92 angeführten sei erwähnt, daß die
südwestlichen Abhänge in den russischen Ostseeprovinzen eine mehr
hydrophile, die Nordostabhänge eine mehr xerophile Vegetation tragen,
weil die südwestlichen Winde Feuchtigkeit, die nordöstlichen Trocken-
heit bringen). Selbst in sehr kleinen Verhältnissen kann die Neigungs-
richtung für die Vegetation eine Rolle spielen, z.B. in den Dünen;
Giltay?) hat einige Beobachtungen über den Unterschied in Wärme und
Luftfeuchtigkeit gemacht, der auf nur wenige Schritte voneinander ent-
fernten Nord- und Südabhängen der Dünen Hollands herrschen kann).
In gleicher Weise kann die Vegetation auf den beiden Seiten eines Ein-
schnittes oder eines Dammes an der Eisenbahn oder Landstraße äußerst
. verschieden sein*). Auf der Südseite der Abhänge im östlichen Nord-
deutschland ist vorzugsweise die Flora der sonnigen (pontischen oder
pannonischen) Hügel mit Pflanzen kontinentaler Klimate entwickelt.
Auch der verschiedene geognostische Bau, z.B. die verschiedene
Neigung der Schichten, ruft Vegetationsunterschiede hervor°). Diese
Neigung wirkt auf den Lauf des Wassers, auf das Hervortreteten von
Quellen und dadurch auf die Vegetation ein. Außerdem kann die Be-
schaffenheit der Oberfläche selbst ganz verschieden sein, je nachdem
diese mit der Fall-Linie der Schichten einen Winkel bildet oder mit ihr
ungefähr parallel geht; im ersten Falle kann die Oberfläche steil und
kiesig sowie trocken sein, so daß sich nur eine zerstreute und krüppelige
Vegetation entwickeln kann, während sie sich in dem anderen Falle
allmählich neigt, an Wasser reicher ist und infolgedessen eine dichte
und üppige Vegetation trägt. Beispiele hierfür wird man in vielen
Gegenden mit Schiefergebirgen finden ®).
2) Klinge 1890.
?) Giltay 1886.
®) Vergl. auch Warming 1904, 1909.
*) Stenström 1905.
5) Vergl. Kraus, Boden und Klima, 1911.
°) Das Studium der Ökologie wird sehr befördert durch die Anfertigung von
Karten, in denen die typische Vegetation mit einer besonderen Farbe eingetragen ist,
und die Vergleichung dieser Karten mit geologischen. Ausgezeichnete Einzelstudien
dieser Art haben gemacht Woodhead 1906, R. Smith, W. G. Smith 1903—5. Moss 1913,
Flahault 1894, 1897, 1901 und Drude 1902, 1908 haben Vegetationskarten von größeren
Gebieten veröffentlicht. Vergl. auch Clements 1905.
20. Kap. Ökologische Faktoren 143
Ill. Das Wasser als Standort
20. Kap. Die ökologischen Faktoren im Wasser
(Luft, Licht, Wärme, Nahrungsstoffe, Bewegungen, Farbe
des Wassers)
Im Anschluß an die Besprechung der Eigentümlichkeiten der festen
Böden als Pflanzenträger mögen jetzt die allgemeinen Eigenschaften des
Wassers behandelt werden, insoweit sie als Standort der Pflanzen Be-
deutung haben).
Luft findet sich in verschiedener Menge im Wasser aufgelöst. In
der Luft (vergl. 1. Kap.) und im Wasser kommen dieselben Gase vor, aber
Nas
Fig. 47. Querschnitt eines untergetauchten Blattes von Potamogeton natans
mit den großen Lufträumen. (Nach Raunkiär.)
in verschiedenen Verhältnissen; in den Gasen des Wassers ist der Sauer-
stoff in größerer, die Kohlensäure in viel größerer Menge vorhanden,
als in der Luft. Wie für die Landpflanzen sind diese zwei Luftarten
die allein wichtigen Gase, jener für die Atmung, diese für die Kohlen-
säureassimilation. Nur gewisse Bakterien können den Sauerstoff ent-
behren. Die Luft kann indes zu den in Wasser untergetauchten Teilen
viel schwieriger zutreten, als zu den in Luft oder in gewöhnlicher Erde
befindlichen. Stehendes Wasser kann so arm an Sauerstoff werden, daß
höhere Pflanzen und Tiere in ihm fast nicht leben können. Gewisse
Arten finden sich vermutlich deshalb an solchen Orten, wo Brandung
und Strömung stark sind und wo stetig frisches, d. h. sauerstoffreiches
Wasser zugeführt wird; deshalb werden auch viele untergetauchte
Pflanzenteile oder ganze Pflanzen (Blätter, Algen usw.) in viele haar-
feine Zipfel geteilt (vergl. den Bau der Kiemen), wodurch die mit dem
1) Vergl. Oltmanns 1905.
144 Ökologische Faktoren
Wasser in Berührung kommende Oberfläche größer wird, als wenn das
Organ eine einfache Fläche wäre; und vermutlich aus demselben Grunde
tragen viele Algen und Podostemaceen lange Haare, die als Atmungs-
organe dienen oder die assimilierende Oberfläche vermehren. Der schwie-
rige Luftzutritt ist ferner ein Grund und vermutlich der wichtigste für 3
die großen Lufträume, die sich bei sehr vielen Wasserpflanzen finden
(bei einigen über 70°/, des Volumens der Pflanze einnehmend) und wo-
durch .z. B. die über Wasser befindlichen Teile den untergetauchten oder
in schlammigem Boden wachsenden Teilen Luft (namentlich Sauerstoff)
zuführen können. Besondere, später zu erwähnende Atmungsorgane
haben gewisse Sumpfpflanzen namentlich in den Mangrovesümpfen.
Bei behindertem Luftzutritt und sauerstoffarmem Wasser werden
im Boden Humussäuren gebildet, die für Moor- und Torferde bezeich- B:
nend sind (S. 109), und die wahrscheinlich verursachen, daß der Boden
„physiologisch trocken“ wird (siehe Kap. 13).
Daß das Absorptionsvermögen für Gase beim Wasser mit steigender
Temperatur abnimmt, ist vielleicht der wesentlichste Grund, weshalb
gewisse Wasserpflanzen im Sommer beim Steigen der Wärme und der
Lichtstärke verschwinden, weshalb viele Algen im Winter im kalten 3
Wasser des arktischen Gebietes fruktifizieren (vergl. S. 32) und wir im
Winter am Grunde unserer Gewässer oft eine lebhaft grüne Vegetation 4
treffen.
Lieht. Auch für alle Wasserpflanzen muß man gewisse Minima,
Optima und Maxima der Lichtstärke annehmen. Die Beleuchtung ist
für die Verteilung der Algen sehr wichtig'), wahrscheinlich, auch für die
Häufigkeit der Arten zu verschiedenen Jahreszeiten, worüber man jedoch
nichts Sicheres weiß. Je weiter Minimum und Maximum voneinander
entfernt ist, desto größer wird das Verbreitungsgebiet der Art sein
können.
Das Licht spielt für die Assimilation dieselbe Rolle wie bei den
Landpflanzen; es kommen jedoch eigentümliche Verhältnisse hinzu. Es
wird geschwächt, teils durch Reflexion auf dem Wasser, teils durch
Absorption im Wasser, teils durch die hier schwebenden Teilchen, und
zwar desto mehr, je unreiner das Wasser ist. Untergetauchte Wasser-
pflanzen erhalten deshalb, und weil Verdunstung fehlt, im ganzen das
Gepräge von Schattenblättern; sie werden langgestreckt gleichwie etio-
lierte Pflanzen und dünn, das Assimilations-Gewebe wird wenig aus-
gebildet, dorsiventrale Entwicklung findet sich nur bei Schwimmblättern,
das Palisadengewebe verschwindet oder wird niedrig, die Epidermis wird
dünn, hat auf den untergetauchten Teilen keine oder eine schwache Kuti-
kula und enthält oft Chlorophylikörner; denn die Rolle der Epidermis als
‘) Oltmanns 1905 u.a. Vergl. auch die Hydrophyten-Vegetation in Abschnitt 4.
20. Kap. Das Wasser als Standort 145
Wassergewebe ist hier überflüssig, und Transpiration fehlt bei den
untergetauchten Teilen; die äußerste Zellschicht ist bei den Algen gerade
die für die Kohlensäureassimilation beste.
Das Licht dringt nur bis zu einer gewissen Tiefe hinab und wird
sukzessiv abgeschwächt mit wachsender Tiefe, so daß die Assimilations-
_ energie mit verschiedenen Tiefen sehr variiert!); daher kann das Pflanzen-
leben, Bakterien ausgenommen, nicht zu großen Tiefen hinabgehen.
Vertikale Verschiedenheiten in der Verteilung der Pflanzen werden
die Folge sein. Man hat unterschieden:
1. Euphotische Vegetation, welche reichliches Licht empfängt;
2. Dyphotische Vegetation, welche in abgeschwächtem Lichte
lebt;
3. Aphotische Vegetation, welche in sehr schwachem Lichte oder
völliger Dunkelheit lebt.
Blütenpflanzen gehen höchstens 30 m hinab (Zostera in den dänischen
Gewässern bis zu 12—14 m), Algen etwa bis 40 m, aber noch in 120 bis
150 m und größerer Tiefe hat man lebende Algen gefunden?); im Mittel-
meer sollen Algen noch in 100—200 m Tiefe leben können. In den
klaren Schweizer Seen steigen Characeen bis 25 und 30 m herab, in den
Seen an der Ostseeküste aber nur bis 6 oder 8m; im Genfer See hat
man nach Forel noch in 60 m Tiefe ein Moos, Zhamnium alopecurum var.
Lemani, gefunden, und 4—500 m Tiefe sind vermutlich die äußerste
Grenze, bis zu der das Licht hinabdringt. Daß die Protococcacee
Halosphaera viridis in 2200 m Meerestiefe gefunden wurde, ist gewiß
als eine Folge von Meeresströmungen oder als ein periodisches Sinken
zu erklären.
Die verschiedenen Farben werden ungleich stark absorbiert und
dringen daher zu verschiedener Tiefe hinab. Die roten Strahlen werden
in den oberen Wasserschichten absorbiert, die grünen, die blauen und
die ultravioletten erst in tieferen. Ultraviolette Farben hat man noch
in 400 m Tiefe durch photographische Platten nachweisen können. Hiermit
steht die Verteilung der Algen nach der Tiefe in Verbindung:
im roten Licht assimilieren die grünen Algen am besten, im gelben
die Braunalgen, während auf die Rotalgen grünes und blaues Licht am
besten einwirken; daher trifft man jene nur in den oberen Wasser-
schichten, diese vorzugsweise in den tieferen. Gegen diese namentlich
von Engelmann aufrecht erhaltene Lehre hat Oltmanns eingewandt, daß
es bei den Algen nur auf die Lichtstärke ankomme; „die Farbe des
Meeres ist nur eine Schattendecke, weiter nichts“. — Gaidukow?) hat
2) B. Jönsson 1903.
2) Sie können oft von der Strömung mitgerissen und in größere Tiefen geführt
worden, wo sie sich eine Zeitlang lebend erhalten können (vergl. auch Chun).
3) Gaidukow 1903.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 10
146 Ökologische Faktoren
neuerdings gezeigt, daß, wenn man Osc:llatorieae in gefärbtem Lichte
kultiviert, diese ihre Farbe wechseln und die Komplementärfarbe der
auf sie einwirkenden annehmen, dadurch sind sie imstande lebhafter zu
assimilieren.
Wärme. Untergetauchte Wasserpflanzen sind weit weniger extremen
Wärmegraden und weit geringeren Wärmeänderungen, sowohl täglichen
als jährlichen, ausgesetzt, als Landpflanzen, weil Wasser eine große
spezifische Wärme hat und ein schlechter Wärmeleiter ist; die Wärme-
änderungen des Jahres dringen in verhältnismäßig geringe Tiefen hinab,
Ausgenommen in seichten Gewässern. Viele Wasserpflanzen überwintern
grün, weil größere Kälte sie nicht erreicht, und die meisten sind mehr-
jährig. Das Optimum ihres Wachstums liegt im ganzen tief; gewisse
Arten, z.B. Hydrurus (eine Alge aus der Klasse der Phaeoflagellatae),
gedeihen nur in sehr kaltem Wasser. Daß viele Algen im Sommer ver-
schwinden, wird vieleicht dadurch hervorgerufen, daß das Optimum der
Wärme überschritten wird (vergl. jedoch Kap. 3). Die Algen sind gegen
schnelle Veränderung der Wärme oft sehr empfindlich‘), wie überhaupt
gegen plötzliche Veränderungen, auch im Salzgehalte des Wassers. Jede
Art hat ihre Eigentümlichkeiten.
Hohe Temperaturen finden sich nur in warmen Quellen, und hier
wachsen fast ausschließlich Bakterien, Oscillarien und andere blaugrüne
Algen (Oyanophyceae), die vielleicht Vertreter der zuerst auf der Erde
erschienenen Vegetation sind.
Die Temperatur nimmt mit der Tiefe ab, aber anders in süßem
als in salzigem Wasser. In stehendem Süßwasser wird sie auf dem
Boden tiefer Seen ca. 4° sein, weil süßes Wasser bei dieser Temperatur
seine größte Dichte besitzt. Höher liegende Wasserschichten können
also viel kälter sein. In den Schweizer Seen beträgt die Bodentemperatur
das ganze Jahr ca. 5°. In den Meeren hingegen werden die Schichten
- desto kälter sein, je tiefer sie liegen, es sei denn, daß sich warme Cr
kalte und salzige Strömungen zwischen sie schieben.
Die Einwirkung der Temperatur auf die Verteilung der Wasser-
Phanerogamen wurde von Magnin?) nachgewiesen, indem er fand, daß
sie zu 11 m Tiefe in den wärmeren Jura-Seen hinabsteigen, aber nur
bis 6 m Tiefe in kalten Seen.
Die Temperatur wirkt auf den Gehalt des Wassers an aufgelöster
Luft ein; je kälter, desto reicher ist es an Sauerstoff und an Kohlen-
säure und desto günstigere Ernährungsbedingungen kann es also dem
Pflanzenwachstum bieten. Dieses ist vermutlich wie Kap. 3 bemerkt
ı) Oltmanns 1892.
2) Magnin 1895.
20. Kap. Das Wasser als Standort 147
der wichtigste Grund für die mächtige Entwicklung der Algenvegetation
in den Polarmeeren.
Sehr wichtig für das Verständnis der Fauna und Flora der Land-
gewässer sind die Temperaturbeobachtungen, die neuerdings Wesenberg-
Lund!) in Dänemark angestellt hat. Er fand, daß schon früh im Früh-
jahr, wenn der größte Teil der Oberfläche der Seen noch mit Eis bedeckt
ist, an den von der Sonne bestrahlten Rändern ein erheblicher Teil der
Sonnenstrahlen in Wärme umgesetzt wird, so daß sich das Wasser an
den bestrahlten Ufern sehr stark erwärmt. Die Temperatur steigt oft
an sonnigen Nachmittagen an der Oberfläche unweit des Eisrandes auf
ca. 15°. Dadurch erwacht dort das Tier- und Pflanzenleben namentlich
niederer Lebewesen, also besonders des Planktons sehr schnell und früh.
Das ist sicher der Grund, weshalb man an den Ufern unserer Landseen
oft schon große Massen von Algen bemerkt, zu einer Zeit, wo die fest-
gewurzelte Uferflora eben erst zu erwachen beginnt.
Pflanzennahrungsstoffe und andere Stoffe im Wasser. Das Wasser
enthält viele Stoffe aufgelöst, die je nach den Gesteinsarten und den
Erdschichten, womit es in Wechselwirkung getreten war, verschieden
sind. Kohlensaurer Kalk ist ein sehr gemeiner, durch Kohlensäure
aufgelöster Stoff (hartes Wasser). Indem sich viele Wasserpflanzen der
Kohlensäure des doppelt kohlensauren Kalkes bemächtigen, wird Kalk
als einfach kohlensaurer Kalk auf ihrer Oberfläche abgeschieden (Characeen,
Arten von Cyanophyceen, Potamogeton-Arten, gewisse Moose usw).
Dieser Kalk kann nachher Kalkablagerungen (vergl. S. 117 und Ab-
schnitt 4) auf dem Boden der Seen hervorrufen ’?).
Brandt?) bestätigte, daß das Meer an Stickstoffverbindungen reich
ist, welche bei denitrifizierenden Bakterien reduziert werden. Dieser
Prozeß ist wirksamer in tropischen und subtropischen Meeren als in
temperierten und kalten, und auch deshalb werden die ersteren relativ
arm an Organismen, während die letzteren reich sind (Vahl).
Viele Gewässer enthalten organische Verbindungen aufgelöst, die
dadurch, daß sie den Sauerstoff verbranchen, das Wasser zum Aufent-
halte für Autophyten ungeeignet machen.
Die wichtigsten Pflanzennahrungsstoffe, wie Kali, Phosphorsäure,
Ammoniak, Schwefel usw., finden sich in geringer Menge und in stark
verdünntem Zustande gewiß in jedem Wasser, aber man weiß von keinem,
daß er deutlich auf die Verteilung der Wasserpflanzen einwirkt. Nur
Kalk bildet vielleicht eine Ausnahme, weshalb englische Botaniker (z. B.
Tansley, Moss) „Formationen“ von kalkreichen Gewässern von kieselreichen
1) Wesenberg-Lund 1912.
2) Wesenberg-Lund 1904.
®) Brandt 1904.
10*
148 Ökologische Faktoren
trennen. Gewisse Desmidiaceen und Diatomeen sollen Kalk vorziehen,
andere Kieselsäure; ähnliche kleine Unterschiede werden sich wohl bei
anderen Pflanzen finden. Bedeutung, und zwar eine sehr große Bedeutung,
hat in dieser Hinsicht nur das Kochsalz (Chlornatrium). Von den vielen
Salzen des Meerwassers: Chlornatrium, Chlormagnesium, schwefelsaure
Magnesia, Gips, Chlorkalium u. a., ist das erste das allerwichtigste (ca.
78°/o). Der Salzgehalt der Meere ist bekanntlich sehr verschieden, sowohl
auf verschiedenen Stellen als auch oft auf derselben Stelle zu verschie-
denen Zeiten. Ungefähre Angaben sind folgende: Das rote Meer 4°/o,
Mittelmeer 3,5—3,9, die großen Ozeane 3,5, Skagerak 3, Kattegat
1,5—3, der große Belt 1,27, Sund 0,92 (in diesen beiden nach den
Strömungen sehr veränderlich), der bottnische Meerbusen 0,1—0,5, der
finnische 0,3—0,7. Diese Zahlen gelten für das Oberflächenwasser; in
den dänischen Meeresteilen findet sich in größerer Tiefe eine salzige
Unterströmung aus der Nordsee.
In den Salzseen des Binnenlandes ist der Salzgehalt weit größer,
z.B. bis zu einigen zwanzig Prozent im Toten Meere, in welchem er
auch an den verschiedenen Stellen sehr verschieden ist, z. B. beim Aus-
flusse des Jordan viel weniger.
Die große Verschiedenheit der Flora in Salz- und in Süßwasser
sowie im brackischen wird später behandelt werden (4. Abschnitt).
Obgleich sich nicht wenige Süßwasseralgen, besonders niedrig
stehende, an Kochsalz anpassen können, wobei eine Vergrößerung der
Zellen und andere Formenveränderungeu eintreten (Ad. Richter), sind
doch fast keine anderen Pflanzen als gewisse Diatomeen dem süßen und
dem weniger salzigen Wasser gemeinsam; in dem Brackwasser der Ost-
see leben jedoch z. B. einige Characeen, Enteromorpha intestinalis und
Potamogeton pectinatus, die sich auch in süßem Wasser finden. Baeillus
(Clostridium) Pasteurianum und Azotobacter kommen sowohl in der Land-
erde, als im süßen Wasser und im Meere vor.
In den nahrstoffarmen Gewässern der Heiden findet sich eine ganz
eigentümliche Flora. Die größte Mehrzahl der Sumpf- und Wasser-
pflanzen der Landseen und Teiche ist wegen Nahrungsmangels ausge-
schlossen.
Die an besonderen Orten auftretenden Schizophyceenvereine werden
später besprochen werden.
Das spezifische Gewicht von Salzwasser und von Süßwasser ist
sehr verschieden und daraus folgt eine verschiedene Tragfähigkeit, die
bei den Planktonorganismen eine große Rolle spielt; Süßwasser hat
bekanntlich einen geringeren Auftrieb als Salzwasser. Der regelmäßige
den Jahreszeiten folgende Temperaturwechsel im Süßwasser bringt in
ihrer Folge auch entsprechende Veränderungen im spezifischen Gewichte
20. Kap. Das Wasser als Standort 149
und damit der Tragfähigkeit mit sich. Viele Planktonorganismen unter-
liegen periodischen Veränderungen ihrer Gestalt, welche alle darauf
hinaus zu laufen scheinen, die Reibungsoberfläche zu vergrößern, und
die zeitlich mit den Schwankungen der Temperatur zusammenfallen. Es
scheint deshalb höchst wahrscheinlich, daß diese Gestaltsveränderungen
in den einzelnen Jahreszeiten als Reaktionen anzusehen sind auf die
periodischen Veränderungen in der Tragfähigkeit des Wassers!).
Die Farbe des Wassers ist im reinen Zustande blau. Eine andere
Farbe kann durch Organismen (vergl. später) oder durch beigemengte
Tonteilchen u. ähnl. oder, besonders im Süßwasser, durch Humussäuren
verursacht werden; gelbes oder braunes Wasser enthält oft viele Humus-
säuren und reagiert sauer, während alkalisches (hartes) Wasser klar
(blau) ist?).
Die Bewegungen des Wassers sind für die Vegetation von großer
Bedeutung. Sie sind entweder Wellenschlag (Brandung) oder Strömungen
und wirken zunächst durch Zufuhr von frischem Sauerstoff. In strömendem
Wasser ist die Assimilation fast stets sehr lebhaft; das still stehende
Wasser ist der Vegetation sehr schädlich, und viele Arten fehlen gewiß
aus diesem Grunde in größeren, ruhigen Tiefen oder in eingeschlossenen
stillen Buchten. Ferner führt das Wasser neue Nahrung zu; Meer-
wasser enthält z. B. nur wenig Jod und Kalk, und doch speichern viele
Algen davon viel auf. Die Wasserbewegungen sind für die Ernährung
um so notwendiger, als viele festsitzende Wasserpflanzen, nämlich Algen,
in der Regel keine weitreichenden Wurzeln (im physiologischen Sinne)
haben. Die großen Verschiedenheiten zwischen den Algenassoziationen
der offenen Küsten und den innerhalb der Schären in ruhigerem Wasser
vorkommenden müssen besonders auf diese beiden Faktoren zurück-
geführt werden.
Schließlich wirken die Wasserbewegungen mechanisch, indem
sie die Pflanzenteile nach der Stärke der Bewegung mit verschiedener
Kraft strecken und biegen. Bei den größeren Pflanzen wird mechanisches
Gewebe entwickelt?); auch Kalkinkrustation wird zur Festigung der
Meeresalgen dienen können; jedoch wachsen Kalkalgen und viele krusten-
förmige Algen merkwürdigerweise besonders in tiefem oder in anderem
stillen Wasser. Die Gestalt wird in verschiedener Art den Umgebungen
angepaßt; so finden sich namentlich in stark strömendem Wasser sehr
lang gestreckte Pflanzenteile (das bandförmige Blatt, die langen faden-
förmigen Gestalten gewisser Algen).
1) Ostwald 1903a; Wesenberg-Lund, 1900, 1908.
2) Kolkwitz 1910.
®) Wille 1885.
150 Ökologische Faktoren
Man muß übrigens zwischen Strömungen und Wellenbewegungen
unterscheiden; viele Arten vertragen jene, aber nicht diese. Sehr viele
Arten ziehen ruhiges Wasser vor.
Die Bewegungen des Wassers begünstigen unter anderem die Ver-
breitung der Vermehrungsorgane (losgerissene vegetative Teile, Sporen,
Samen)!). Besonders Wasserpflanzen haben im allgemeinen eine sehr
weite geographische Verbreitung. Die Ursachen dafür liegen zum
Teil darin, daß auf weite Gebiete hin die Lebensbedingungen der Wasser-
pflanzen gleichartig oder doch annähernd gleichartig sind; klimatische
Unterschiede werden ausgeglichen. Zum Teil liegt es auch daran, daß
die Verschleppung der Meerespflanzen über große Entfernungen sehr
leicht ist, und daß manche Arten durch Wasservögel oder Insekten oder
auch durch Luftströmungen weit fort getragen werden. Das letztere ist
natürlich besonders bei den mikroskopisch kleinen Arten der Fall, doch
sei daran erinnert, daß z. B. Hegelmaier eine Pflanze von Wolffia arrhiza
in einem Hagelkorn fand. Zu vergleichen ist auch die Wasser- und
Landflora der Eiszeit (s. S. 147).
Verschiedenheiten in der Wasserflora, die zugleich sich in der
geographischen Lage ausprägen, zeigen, daß diese in mancher Hinsicht
stärker bei den Meeresbewohnern ausgeprägt sind, als bei denen anderer
Gewässer. Dies mag wohl seine Ursache in den großen physikalischen
Verschiedenheiten der Meereswässer untereinander auf der einen Seite
und in der größeren Konstanz im Salzgehalt, in der Temperatur und
anderen Eigentümlichkeiten des einzelnen Meeresteiles auf der anderen
Seite haben (vgl. bes. Aschersons Arbeiten über die Verbreitung der
Seegräser).
‘) Hemsley 1885; Sernander 1901; Schimper 1891; Rosenvinge 1905; Kjellman 1906.
Zweiter Abschnitt
Die Lebensformen
21. Kap. Die Lebensformen und ihre Grundformen
Humboldt!) war der erste, der die Bedeutung der „Pflanzen-
Physiognomie“ namentlich für die Landschaft hervorhob: „Sechszehn
Pflanzenformen bestimmen hauptsächlich die Physiognomie der Natur“.
Er behandelt folgende 19 Formen näher: die der Palmen, Bananen,
Malvaceen und Bombaceen, Mimosen, Ericaceen, die Kaktusform, die Or-
chideenform, die Casuarinen, Nadelhölzer, Pothosgewächse (Araceen),
Lianen, Aloegewächse, die Grasform, die Form der Farne, die Lilien-
_ gewächse, die Weidenform, die Myrtengewächse, die Melastomen- und
die Lorbeerform. — Dieses ist natürlich nur eine oberflächliche Unter-
scheidung systematischer und physiognomischer Typen; jede dieser
„Formen“ umfaßt in Wirklichkeit große Lebensverschiedenheiten. Ein
rein physiognomisches System hat keine wissenschaftliche Bedeutung:
erst wenn die Physiognomie physiologisch und ökologisch begründet wird,
erhält sie eine solche.
Den nächsten wichtigen Versuch machte Grisebach?). Er stellte
54, später 60 „Vegetationsformen“ auf, die in ein physiognomisches
„System“ geordnet sind, und suchte nachzuweisen, daß es eine Verbin-
dung zwischen der äußeren Form und den Lebensbedingungen, nament-
lich den klimatischen Bedingungen gäbe; ein physiognomischer Typus
ist für ihn zugleich großenteils ein ökologischer. Indessen bleibt er
meistens an dem Physiognomischen hängen und kommt zu solchen
morphologischen Kleinlichkeiten, wie, die Lorbeerform mit starrem, immer-
grünem, ungeteiltem, breitem Blatte von der Olivenform mit starrem,
immergrünem, ungeteiltem schmalem Blatte, oder die Lianenform mit
netznervigen Blättern von der Rotangform mit parallelnervigen zu
1) Humboldt 1805.
2) Grisebach 1872.
152 Lebensformen‘
trennen; anderseits hat er mit diesen 60 Formen selbstverständlich 4
keineswegs alle Lebensformen gekennzeichnet, sondern, wie er selbst
sagt, nur die, die zur Kennzeichnung von Ländern und Klimaten dienen
können, weil sie gesellig auftreten. Ferner zog er den anatomischen
Bau gar nicht in Betracht und hatte für das wirklich Fpharmotische | 3
wohl nicht Blick genug'). 2
Später veröffentlichte Hildebrand?) eine vergleichend ökologische
Studie über Lebensdauer und Vegetationsweise, und Beobachtungen über
Witterungseinfluß auf die Lebensdauer und Lebensweise der Pflanzen, 4
welche von großem Interesse sind. Ein „System“ der Formen stellte
er doch nicht auf, ebensowenig wie Vesque?) in seiner bedeutsamen Ab- BE
handlung über die Epharmonie. E
1884 gab Warming eine Übersicht über die Lebensformen der nord- -
europäischen Gefäßpflanzen, die er nach morphologischen und biologischen 4
Charakteren in 14 Hauptgruppen mit vielen Untergruppen ordnete; das
Wanderungsvermögen spielte dabei eine große Rolle. Drude bemerkte
mit Recht, daß er zu wenig Rücksicht auf die geographischen Verhält-
nisse genommen hätte ®). E
Reiter) ist der nächste, der den Gegenstand eingehend behandelt 2
hat. Mit gesundem Blick betont er den inneren Bau, die besondere
Betrachtung der wirklichen Anpassungsmerkmale und die Berücksichti-
gung aller bei einem eigentümlichen Leben und einer besonderen Aus-
stattung auftretenden Typen, nicht nur die Berücksichtigung der in Menge j
auftretenden. Aber auch sein physiognomisches „System“ muß ver-
bessert werden: die Anpassungs- und Vererbungsmerkmale werden nicht
auseinander gehalten, was übrigens auch sehr schwer, ja oft fast un-
möglich ist.
Weiter befaßte sich Drude®) mit der Frage; er nimmt den bio-
logisch-geographischen Standpunkt ein, der sich auf die Antworten auf
die folgenden beiden Fragen stützt: „Was leistet eine betreffende
Pflanzenart im Vegetationsteppich eines bestimmten Landes, und wie
vollzieht sie unter den Bedingungen ihres Standortes die Gesamtheit
ihres periodischen Cyklus“. Als Grundzüge von größerer Wichtigkeit
betrachtet er die Dauer der Organe und die Schutzeinrichtungen gegen
Unbilden der Witterung während ungünstigen Zeiten, und dann auch die
Stellung des Erneuerungssprosses an der Hauptachse in ihrer Beziehung
!) Vergl. im übrigen Reiter 1885; Warming 1908.
2) Hildebrand 1883, 1884.
®) Vesque 1882.
*, Drude 1895.
5) Reiter 1885.
°%) Drude 1887, 1890, 1896, 1903.
21. Kap. Grundformen 153
zur Überwinterung!). 1896 teilte er die Pflanzen in 35 Klassen von
Lebensformen, 1913 in 55.
Krause?) und später Pound und Clements gaben die Hauptricht-
linien eines System. Das von Pound und Clements?) nähert sich im
allgemeinen dem von Drude. Es ordnet die Pflanzen nach den folgenden
Hauptgruppen: Holzpflanzen, Halbsträucher, pleiocyklische Kräuter,
hapaxanthische Kräuter, Wasserpflanzen, Hysterophyten und Thallo-
phyten; diese Gruppen zerfallen in 34 Untergruppen.
Raunkiär?) zeichnete gleichfalls die Grundlinien eines Systems, in
dem er, ähnlich wie Drude, das Hauptgewicht auf die Anpassung der
Pflanzen legt, die diese in den Stand setzt, die ungünstigen Jahreszeiten
zu überstehen, wie sie sich besonders zeigen an dem Grade und der Art
des Schutzes, wie wir ihn an den ruhenden Knospen und Triebspitzen
finden. Hauptgruppen (mit vielen Unterpruppen) sind Phanerophyten, Cha-
maephyten, Hemikryptophyten, Kryptophyten und Therophyten°). Unter
Phanerophyten versteht er Pflanzen, deren Verjüngungsknospen wenigstens
1/, m über dem Erdboden erhoben sind; bei Chamaephyten sind sie auch
über dem Erdboden, aber unter !/s m Höhe; Hemikryptophyten sind aus-
dauernde Kräuter, deren Überwinterungsknospen an oder in der Nähe der
Erdoberfläche sitzen. Kryptophyten sind ausdauernde Kräuter mit tiefer
im Boden steckenden Überwinterungsknospen, und Therophyten sind
einjährige Kräuter. Raunkiärs System wird besonders für das Verständnis
des „Pflanzenklimas“ Interesse haben. Unter „Pflanzenklima“ versteht
er: das Klima als Bedingung für eine bestimmte Vegetation und bestimmt
durch das statistische Verhältnis zwischen den Lebensformen sämtlicher
Arten, durch die Anpassung zum Überleben der ungünstigen Jahreszeit.
Er selbst setzt die Formationslehre in Gegensatz zum „Pflanzenklima*.
Eine neuere Behandlung des Stoffes stammt von Warming, der
seit 1884 eine Reihe von Arbeiten über die Einteilung der Wuchsformen
und über die Rolle, die sie in den Pflanzenvereinen spielen, veröffent-
lichte. 1908 und 1909 suchte er die Grundlinien eines Systems fest-
zulegen, die auch im folgenden mit verschiedenen Änderungen wieder-
gegeben sind.
Wie die Arten die Einheiten sind, womit die systematische Botanik
rechnet, so sind die Lebensformen die Einheiten, die in der ökologischen
Pflanzengeographie die größte Rolle spielen. Es hat daher eine gewisse
praktische Bedeutung, ob man eine begrenzte Anzahl leicht aufstellen und
benennen könne, wobei die leitenden Grundsätze zunächst ökologische
1) Drude 1890, $. 69; 1896, S. 46, 1913, Erster Abschnitt.
2) Krause 1891.
3) Roscoe Pound u. Clements 1898.
#). Raunkiär 1903, 1905, 1907, 1909.
5) Vergl. auch Vahl 1914.
154 Lebensformen
Rücksichten sein müssen. Die rein systematisch-morphologischen und
anatomischen Charaktere, solche wie Sproßfolge, monopodiale oder sym-
podiale Verzweigung und viele Formen sowie Nervatur der Blätter,
spielen keine Rolle: Aber welche biologischen Grundsätze die wichtig-
sten seien und daher die erste Grundlage für ein ökologisches System
der Lebensformen bilden müßten, ist eine schwierige, durchaus nicht
hinreichend durchgearbeitete Frage.
Es kann nicht genug hervorgehoben werden, daß der größte Fort-
schritt nicht nur für die Biologie im weiteren Sinne, sondern auch für
die ökologische Geographie der sein wird, die verschiedenen Lebens-
formen ökologisch zu erklären: ein Ziel, wovon man noch weit ent-
fernt ist.
Was die Sache ungemein schwierig macht ist auch das, daß alle
die verschiedenen Lebensformen durch die allmählichsten Übergänge und
zahlreichen Zwischenformen verbunden sind. Eine andere Schwierigkeit
liegt in der Auffindung kurzer und bezeichnender Namen, am besten
sind natürlich solche, mit welchen jedermann vertraut ist.
Um sich in dem unendlichen Reichtum von Lebensformen zu orien-
tieren, wird es praktisch sein, gewisse „Grundformen des Lebens“
hervorzuheben, welche wohl zum größten Teile Vererbungsformen sind,
die aber vielfach den Charakter von Anpassungserscheinungen =.
zum Teil aber auch nichterbliche Abänderungen darstellen. a
Der „Wipfel(Kronen-)baum“* ist z. B. eine solche Grundform das 4
Lebens, aber die verschiedenen Arten, welche diese Form bilden können,
zeigen eine unendliche Fülle von Anpassungscharakteren. Ob diese
erblich fest oder nach der Lebenslage veränderlich sind, muß in den
einzelnen Fällen untersucht werden.
Die Grundformen werden im Kap. 22 besprochen, die Anpassungs-
richtungen in den folgenden.
Kap. 22. Übersicht der Grundformen des Lebens‘)
I. Heterotrophe chlorophyllose Pflanzen . . . (1) Holoparasiten
(Schmarotzer)
Holosaprophyten.
II. Autotrophe chlorophyllhaltige Pflanzen. |
A. Durch Symbiose mit Algen chlorophylil-
haltig, autotroph .: u... 2... 2... (2) Dickanen
(Flechten).
*) Es muß bemerkt werden, daß diese 22 Gruppen nicht alle ganz gleichwertig
sind, indem einige mehr umfassend sind als andere und in einer größeren Darstellung
abgeteilt werden müssen, z. B. Wasserpflanzen, Lianen, Kriechpflanzen. Der Kürze und Be
Übersichtlichkeit wegen ist dieses hier unterlassen worden.
22. Kap. Übersicht der Grundformen
B. Keine Symbiose mit Algen; echt autotrophe
Pflanzen.
1. Untergetauchte oder schwimmende
Pflanzen . . .
2. Landpflanzen und Sumpfpflanzen.
X Wasseraufnahme durch die ganze
Oberfläche . ESEL Er EN
x X Wasseraufnahme durch Wurzeln
aus der Erde.
a) Nicht selbständige Pflanzen .
b) Selbständige.
«. Hapaxanthe (einmal blü-
hende) Kräuter
8. Pollakanthe (mehrmals blü-
hende) Pflanzen.
A Pflanzen mit vertikaler Grundachse.
Orthotrope Assimilationssprosse.
a) Kräuter.
+ Laubsprosse mit nicht grasartigen
Blättern (Pollakanthe Stauden,
ausdauernde Kräuter).
oO Orthotrope Langsprosse
oo Orthotrope Blattstauden (Stau-
den miteinzelnen, am Erdboden
155
(3) Wasserpflanzen.
(4) Muscoide Typen.
(5) Lianen.
(6) Sommerannuelle
(einjährige).
(7) Winterannuelle
(einjährig über-
winternde).
(8) Bienne
(zweijährige).
(9) Pleiocyklische
(nach mehreren
Jahren nur einmal
blühende).
. (10)
stehenden Blättern). . . . (1)
a Orthotrope Rosettenstauden . (12)
+t Grasartige Blätter, orthotroper
Grastypus (grasartige Pflanzen) . (13)
b) Halbsträucher . . (14)
c) Polsterpflanzen . (15)
d) Weichstämme . . (16)
e) Stammsukkulente . ER)
f) Echte Gehölze.
Dikotyle Sträucher . . (18)
Monokotyle Sträucher ..(19)
156 Lebensformen
Wipfel-(Kronen-)bäume . . . . (20)
Sehopfbäume:. . . 2. „oe
AA Kriechende Pflanzen (mit oberirdischer
horizontaler Grundachse) . . . . . (22)
1. Heterotrophe Lebensformen. Nicht chlorophyliführende P
zen, welche sich von organischen Stoffen nähren (Holosaprophyten
Holoparasiten). Sie sind sehr verschieden im Bau und in der Lel
weise, finden sich sowohl unter Kryptogamen wie unter Phanero;
und es gibt sowohl einjährige wie mehrjährige Typen. Die H
saprophyten und Hemiparasiten dagegen besitzen Chlorophy
haben meist die gewöhnlichen Bauverhältnisse der chlorophyllführenden
verwandten Pflanzen, die Phanerogamen also grüne Laubblätter, welche
vom Lichte abhängig, den Standortsbedingungen angepaßt sind. D @
Gruppe der Heterotrophen muß in biologische Unterabteilungen eing
werden, diese können aber hier nicht spezieller besprochen \
2. Die zweite große Gruppe umfaßt die Flechten (Lich
höchst eigentümliche Lebensformen, die wie bekannt einer F
Symbiose ihr Dasein verdanken, einer eigenartigen Verbindun
Pilzen und Algen, welche letzteren die Kohlensäureassimilation
Die Flechten sind daher vom Lichte abhängig. Ihre Körperf
sehr verschiedenartig. - sehr wichtig ist ferner er |
sie z. B. schroffe, nackte, von der Sonne durchheizte Felsen I vo
und auch vielfach als Epiphyten leben. Nach Fitting könne i
ephylle Lichenen tief in das Blattgewebe eindringen ?).
3. Wasserpflanzen (Hydrophyten). Hierher gehören die
salzigen oder süßen Wasser ganz untergetaucht oder schwimn
lebenden, selbstassimilierenden Pflanzen. Sie vermögen meist, Ss vei
ganz untergetaucht sind, Wasser durch ihre ganze Oberfläche (Algent N
aufzunehmen; im übrigen vergl. Kap. 31; Transpiration ist bei ihr
ganz auspeschlossen. Ihre ches und anatomischen
morphologischen Verhältnisse sind daher von denen der Landpfla
ganz verschieden. Abweichungen bieten die auf der Oberfläche
Wassers schwimmenden oder mit Schwimmblättern ausgerüsteten Arter
Ihre Körperform ist übrigens äußerst verschieden, worüber Nähe
!) Im übrigen vergl. Kap. 35.
?®) Im übrigen vergl. Kap. 35.
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(Photograph unbekannt.)
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Urwaldlianen in Trinidad.
Fig. 48.
158 Lebensformen
später (Kap. 31 und Abschnitt 4). Die Wasserpflanzen können in mehrere
Lebensformen getrennt werden.
Einige Luftalgen (aerophytische Algen) vermögen periodische Aus- 4
trocknung zu ertragen und können daher senkrechte Felsen und Baum-
stämme bewohnen.
4. Die museoide Lebensform. Autotrophe (sich selbst ernährende),
auf Chlorophyllassimilation angewiesene Pflanzen, zum größten Teil Land- “
pflanzen aus der Klasse der Moose. Sie trocknen leicht aus, haben ge-
wöhnlich keinen Verdunstungsschutz und können atmosphärisches Nieder-
| schlagswasser durch ihre ganze Ober-
fläche aufnehmen, dagegen nichts oder
sehr wenig aus dem Boden (vergl.
S. 135 ff.), so daß die in oder an
wesentlichen Haftorgane darstellen.
reichen Luft von tropischen u. a.
der Rotangpalme (Calamus) mit den
verlängerten, widerhakigen Mittel-
streifen der Blätter.
(Nach Warming-Johannsen.) S. 26) den Moosen sehr ähnlich sind.
Eine merkwürdige Form der Macah 4
ist Sphagnum!). Ebenso wird die epiphytische Bromeliacee Tillandsia 4
usneoides sich ohne Zwang hier anschließen lassen.
5. Lianen sind solche Pflanzen, die die mechanische Säulenfestig- .
keit anderer hochstrebender Pflanzen (in erster Linie die von Bäumen
oder Felsen) benutzen, um ohne großen Aufwand an plastischem Material
im Streben nach Licht möglichst schnell eine große Höhe zu erreichen;
deshalb wachsen sie besonders an kräftigeren Pflanzen in die Höhe.
Die Stämme sind lang, dünn und langgliederig, aufstrebend, entweder
!) Vergl. darüber Paul (s. $. 82), Oltmanns n. a. — Abschnitt 4.
vi
Bu
demselben lebenden Rhizoiden und
ähnlichen Organe (Haarwurzeln) im 2
Pflanzen dieser Lebensform ge-
deihen überall auf der Erde, auf
Felsen und an andern Orten, auch
epiphytisch; besonders zahlreich und
üppig sind sie in regen- oder nebel-
reichen Gegenden, dort sogar auf
offenem Gelände, sowie in der dampf-
Wäldern. Auch diese Gruppe zer-
fällt in Unterabteilungen. An diese
Gruppe schließen sich unter den
Fig. 49. Spitze eines Triebes Gefäßpflanzen die Hymophyllaceen an,
welche zum Teil biologisch und auch
in gewissem Sinne anatomisch (vergl.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 159
schlingend oder kletternd. (Schmarotzende Lianen sind hier nicht mit
eingeschlossen.)
Diese große Gruppe zerfällt in mehrere Unterabteilungen. Die
einfachsten sind:
a) Die Halblianen!) oder Spreizklimmer?). Zumeist niedrigere
Formen, welche an Waldrändern und in Gebüschen klettern; sie be-
nutzen hierzu z. B. Dornen, Haken, spreizende (brachiate) Zweige,
welche auf den Verzweigungen anderer
Pflanzen ruhen. Auch hoch in die Bäume
aufsteigende Typen, wie die Calamus-
Palmen, erheben sich in ähnlicher Weise
(Fig. 49); auch manche Philadelphus klet-
tern hoch.
—b) Wuüurzelkletterer. Die Stengel
drücken sich Bäumen oder Felsen an und
heften sich dort durch Haftwurzeln fest
(Fig. 50—52).
c) Schlingpflanzen. Die Stengel le-
gen sich in losen Windungen um Stämme
und Zweige der Bäume und Sträucher
(Fig. 53).
Fig. 50. Marcgravia Schimperiana. Fig. 51. Westindische Olusia,
A. Kletternder dorsiventraler Sproß von oben, einen Baumstamm umfassend
B. derselbe von unten; (©. aufrechter nicht- durch Winden.
‚kletternder Sproß. (Nach H. Schenck.) (Photogr. Börgesen.)
d) Rankenpflanzen. Sie sind durch besondere reizbare Greiforgane
Fi lBanken) verschiedener morphologischer Herkunft, welche dünne Organe
Famfassen, oder sich durch Saugscheiben (manche Parthenoeissus-
Arten usw.), Krallenhaken (Cobaea usw.) an dicken Bäumen mit Borke,
. an Mauern usw. festhalten, befähigt, in die Höhe zu steigen (Fig. 54—56).
1) 'Warming 1892.
2, Schenck 1892, 1893.
160 Lebensformen
Einige Arten können sowohl lianenartig als wenigstens zeitweise
als Epiphyten auftreten, z. B. Fieus-Arten.
Fig. 52. Mit den Wurzeln am Stamme aufkletternde Aracee. (Nach F. Börgesen.)
Die Lianen sind übrigens im Blatt- und Sproßbau, und was Grund-
form des Lebens anbetrifft, sehr verschieden; es gibt ein- und mehrjährige,
22. Kap. Übersicht der Grundformen 161
Kräuter, Halbsträucher und Gehölze, also Grundformen, welche sich im
folgenden ebenso bei den aufrechten, selbständigen Typen wieder-
finden, und nach denen man bei den Lianen weitere Unterabteilungen
unterscheiden kann. Die Blätter sind bei den meisten mesomorph (mitt-
leren Feuchtigkeitverhältnissen angepaßt, nicht selten auch hygromorph,
also feuchtigkeitsliebend) bei anderen xeromorph (trockenheitertragend).
Es scheint das ganz natürlich, weil die Lianen zumeist einem stärkeren
Wasserverlust durch Transpiration ausgesetzt sind, weil also die Wasser-
Fig. 53. Hopfen (Humulus), Fig. 54. Selbstkletternder Parthenoeissus.
windend. (Nach Baillon.) A. vor, B. nach der Anheftung. (Nach Darwin.)
versorgung durch die langen und dünnen Stengel ohne besondere Vor-
richtungen nicht reguliert werden kann.
ine eigentümliche, noch nicht ganz erklärte Konvergenzerscheinung
ist die bei sehr vielen Arten wiederkehrende breite, herzförmige Blatt-
spreite, welche auf langen Stielen unter rechten Winkeln vom Stengel
ausgeht!) (Fig. 57).
6. Sommerannuelle (einjährige) Kräuter (Monocyklische: Warming
1864. Therophyten: Raunkiär). Selbstassimilierende, nur einmal blühende
und fruchtende krautartige Gefäßpflanzen. Der ganze Lebenscyklus von
1) Über Lianen vergl.: Darwin 1875, Schenck 1892, 1893 «, Warming 1892,
1901, Lindman 1899 und Neger 1913, wo auch weitere Litteratur zu finden ist.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 71
162 Lebensformen
der Keimung bis zur Fruchtreife wird ununterbrochen im Laufe von
wenigen Wochen („ephemere* Arten) bis zu einigen Monaten vollendet. £
Die ungünstige Jahreszeit wird durch die gut geschützten Samen
überstanden. Die Laubsprosse sind meist aufrecht und gestrecktgliederig,
Fig. 55. Bignonia mit Kletterkrallen, B. ohne Blätter. (Nach Schenck.)
oft auch niederliegend, bisweilen findet vor ihrer Anlage eine Rosetten-
bildung statt. Die Laubblätter sind meist dünn, mesomorph. Auch
sukkulente Salzbodenpflanzen sind in dieser Lebensform eingeschlossen.
Besonders häufig treten die Einjährigen in periodisch sehr trockenen
Klimaten oder an trockenen Standorten auf, sehr zahlreich auch auf
Fig. 56. Kletterhaken. A. und B. Uncaria (f Tragblätter für die Kletterhaken k):
©. Sirychnos; D. Blattende von Desmoneus; E. Reisseckia; F. Serjania.
(Nach Treub und Schenck.) =
häufig an der Oberfläche verletztem oder natürlich offenem Boden (z. B.
Kulturböden, Dünen, am Meeresufer).
%. Winterannuelle (einjährig überwinternde) Kräuter (Dieyk-
_ lische). Selbstassimilierende Kräuter, welche ihren Lebenscyklus gewöhn-
lich mit einer Unterbrechung der Entwickelung (Winter) in wenigen
Monaten vollenden, indem die Keimung im Herbste, Weiterentwickelung,
22. Kap. Übersicht der Grundformen 163
Blühen und Fruchtbildung im nächsten Frühling oder Frühsommer
erfolgt. Die ersten Laubblätter, im Herbst gebildet, sind rosettenförmig
am Boden genähert. Im folgenden Jahre entspringen aus der Rosette
Langtriebe mit Blüten entweder ohne Laubblätter (Schaftbildung) oder
Fig. 57. Blätter von brasilianischen Lianen. A. Bauhinia sp.; B. Ipomoea bona nox;
€, Amphilophium sp.; D. Mikania cordifolia;, E. Cissampelos sp.; F. Dioscorea
SE dodecaneura; &. D. Lagoasantae; H. D. sinuata; I. Aristolochia triangularis.
(Gezeichnet von C. A. M. Lindman.)
12
164 Lebensformen
mit solchen; der erstere Typus ist häufiger. Ausgesprochene Speicher-
organe werden nicht ausgebildet.
Diese Lebensform ist an Klimate mit deutlich ausgeprägten Wintern
angepaßt. Beispiele: Erophila (Draba) verna, Capsella bursa pastoris,
Teesdalea nudicaulis (vergl. Fig. 18, S. 35).
8. Zweijährige (bienne) Kräuter (Dicyklische). Selbstassimilierende,
Rosetten bildende Kräuter. Im ersten Jahre wird eine Bodenrosette
- aus Laubblättern gebildet, von welchen gewöhnlich die jüngsten über-
wintern, ohne daß echte Winterknospen mit Knospenschuppen gebildet
werden. Der kurze Stengel wird durch Wurzelkontraktion oft tiefer
in den Boden hineingezogen. Reservestoffe werden in der Wurzel und
in dem kurzen Hauptstengel
der Rosette gespeichert. Im
nächsten Jahre entwickelt
sich ein hoher, aufrechter,
meist laubblattragender, oft
verzweigter und blühender
Stengel. Der Kreislauf der
Entwickelung, also die
Lebensdauer der Pflanze,
dauert über 12 Monate. Nach
der Fruchtbildung stirbt die
ganze Pflanze ab.
Dieser Typus kommt be-
sonders in kalttemperierten
Klimaten und auf offenem
Gelände vor. Hierher ge-
hören viele Kulturpflanzen
(Beta vulgaris, Daucus ca-
: rota, Apium _graveolens,
Fig. 58. Herbstzustand eines zweijährigen Krautes Brassica oleracea und and.)
(Beta). (Nach Warming-Johannsen.) Fig. 58.
9. Pleioceyklische (mehrjährige, einmal blühende) Pflanzen
(Warming 1884). Weichen dadurch von den echten zweijährigen ab, daß
die Rosettenbildung am Boden mehr als ein Jahr ohne Blütenbildung
fortgesetzt wird, bis schließlich das Leben nach Bildung des aufrechten
blüten- und fruchtbildenden Längssprosses beendet wird; auch hier
stirbt nach der Fruchtreife die ganze Pflanze ab.
Viele zweijährige können unter Umständen pleiocyklisch werden,
besonders wenn an mageren oder trockenen Orten die Ausbildung der
blühfähigen Rosette verzögert wird. An ungünstigen Standorten, so z. B.
bei der Kübelkultur der Agave Americana im nördlichen Europa, können
22. Kap. Übersicht der Grundformen 165
die Pflanzen sehr alt werden, ehe sie blühen (die sogenannte „hundert-
jährige Agave“).
Diese Lebensform kommt in ähnlichen Klimaten vor wie die zwei-
jährigen, auch z. B. in den zentralasiatischen Hochländern (einige
Rheum-Arten) und Tropen (viele Agaven, einige Bananen usw.); im all-
gemeinen bevorzugt sie aber größere Wärme.
Pollak-anthe!) Landpflanzen.
Wenn wir zu den von Kjellman pollak-anthe, von De Candolle poly-
_ karpisch genannten Arten übergehen, müssen wir zuerst die Charaktere
betrachten, nach welchen diese sehr große Gruppe von selbstassimilie-
renden Pflanzen der Übersicht wegen in kleinere natürliche Abteilungen
gegliedert werden kann. Die Charaktere (A-G) sind nach ihrer allmäh-
lich abnehmenden ökologischen Bedeutung geordnet.
| A. Dauer der vegetativen Sprosse. Einige sind nur einjährig,
sterben also im Herbst fast bis auf die Wurzel ab, andere bleiben durch
mehrere bis sehr viele Jahre lebend. Letztere sind meist verholzt, erstere
krautartig.
B. Form der Sprosse, ob kurz und kurzgliederig (Rosetten-
sprosse) oder lang, dann gewöhnlich mit längeren bis langgestreckten
_ Stengelgliedern (Langsprosse).
> S C. Richtung der Sprosse, ob aufrecht (orthotrop)?), kriechend
oder niederliegend (plagiotrop?) = Kriechpflanzen).
D. Stellung der Verjüngerungsknospen während der un-
günstigen Jahreszeit, ob mehr oder weniger hoch in der Luft (Raunkiärs
Phanerophyten und Chamaephyten), an der Bodenoberfläche (Hemikrypto-
phyten) oder tiefer in der Erde verborgen (Geophyten Areschougs?),
Kryptophyten Raunkiärs*)). Mit „diageisch“ bezeichnet Vahl°) Pflanzen,
welche ihre Sprosse durch die Erde vorzuschieben vermögen, im Gegen-
satze zu dem oberirdischen oder „epigeischen“ Sprosse.
E. Bau der Knospen. Alle Stengelspitzen mit den allerjüngsten
3 & Blätteranlagen sind immer von älteren Blättern oder deren Resten um-
geben und geschützt. Bei krautartigen Sprossen und bei verschiedenen
anderen, z. B. Palmen, Blattsukkulenten, den meisten Rosettenpflanzen,
- geschieht dieses nur durch ältere Laubblätter (offene oder nackte
Knospen); bei vielen Gehölzen, besonders denen der kalten und kühleren
gemäßigten Zonen sind sie von besonderen Schutzorganen, meist um-
2) Von roAAduıs, mehrmals und «vb, Blüte.
2) Von dp®ög, aufrecht resp. nA4ytos, quer gestellt und rpirerv, wenden.
®) Areschoug 189.
% Raunkiär 1908, 1905, 1907, 1908.
5) Vahl 1911.
166 Lebensformen
gebildeten Laubblättern, „Knospenschuppen“, bedeckt, oder auch durch
Teile von Laubblättern geschützt'). .
F. Dauer der Laubblätter. Sie ist von geringerer Bedeutung
für die Abgrenzung der Lebensformen. Manche Blätter leben wenige
Monate, andere mehrere Jahre. In allen Klimaten und in allen Lebens-
formen, bei krautartigen Pflanzen sowohl als Holzpflanzen, finden sich 4
sommergrüne und auch immergrüne Arten. Doch sind gewisse Klimate E
und Pflanzenvereine durch das Vorherrschen von immergrünen Arten 4
ausgezeichnet, so z. B. tropische Regenwälder, ozeanisches Klima; gewisse “
edaphische Eigentümlichkeiten, namentlich Feuchtigkeit im Boden, sind
für die Ausbildung immergrüner Formen günstig. Bei Aufstellung von
Lebensformen hat man auch oft großes Gewicht darauf gelegt, ob a r
Arten „rediviv“ oder „perenn“ (d. h. immergrün) sind. 2
Schimper?) hat das Wort „Tropophyten“ gebildet; hiermit soll eine Lebensform
bezeichnet werden, die Pflanzen umfaßt, die im Gegensatze zu Hygrophyten uud Xero-
phyten, je nach der Eigenart der Jahreszeit, abwechselnd Hygrophyten und Xerophyten
sind. Es scheint etwa gleichbedeutend mit sommergrüne Pflanzen zu sein, ist deshalb
unklar und überflüssig. Es gibt sowohl mesophile, als hydrophile und xerophile
„Iropophyten“.
Ob die Rhytmik der Pflanzen zu äußeren Faktoren (Klima) in Beziehung steht
oder von inneren Ursachen bedingt wird, ist eine noch streitige Frage, von Klebs, Volkens, 2
Dingler, Schimper, Wright diskutiert. .
G. Die Verzweigung und vegetative Vermehrung. Ob die 4
Verzweigung der Pflanze reichlich ist oder nicht, ist für die Physiognomie
der Pflanze von großer Bedeutung (man denke an Schopfbäume und
Wipfel[Kronen-]bäume). Es wird auch im Kampfe ums Dasein zwischen
den Arten von großer Bedeutung sein, ob eine Art sich durch Ver-
zweigung weit seitlich ausdehnen kann oder nicht. Vorzugsweise ist die
Verzweigung ein phylogenetischer Charakter, weniger ein epharmonischer.
Die vegetative Vermehrung ist von großer Bedeutung für die
Lebensfähigkeit der Arten, für ihr Besiedelungsvermögen und ihre Kämpfe
-unter einander, scheint aber für ihre Charakteristik als Grundform des
Lebens unwesentlich zu sein (ausgenommen -bei den Kriechpflanzen).
Viele Kräuter haben oberirdische, gewöhnlich wurzelbildende Ausläufer
2. B. Fragaria, Ranuneulus repens, Mentha-Arten. Andere haben unter-
irdisch kriechende Grundachsen („Stolon-Rhizome“ Joh. Erikson), z. B
Urtica dioeca, Solanum tuberosum, Phragmites communis, Seirpus
lacustris, Typha u. v. a. (Fig. 40).
Wieder andere vermehren sich sehr reichlich durch Wurzelsprosse
(z. B. Cirsium arvense, Sonchus oleraceus, Rumex acetosella, Reseda lutea,
Fig. 62, 73).
!) Über dieses Thema existiert eine umfangreiche ältere Literatur, unter der
neueren vergl. besonders die Arbeiten von P. Groom 1892 und Raunkiär 1907.
?) Schimper 1898.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 167
In allen solchen Fällen werden die Arten „sozial“, sie vermögen
von größeren Flächen Besitz zu ergreifen und dadurch andere Arten
zu unterdrücken.
Die Lebensform wird aber dadurch nicht geändert; eine Rosetten-
pflanze wie Ranunculus repens bleibt deshalb doch Rosettenpflanze,
aber für die sozialen Verhältnisse ist dieses Wanderungsvermögen von
größter Bedeutung. Dasselbe Ausbreitungsvermögen kann bei anderen
durch reiche Samenbildung erworben werden, meist aber nur, falls
die Konkurrenz der ausdauernden besonders der rasenbildenden
Kräuter fehlt.
| Die ober- und unterirdische Ausläuferbildung läßt sich bisweilen
schwierig oder gar nicht von unterirdisch wandernden, länger dauernden,
Nährstoff speichernden Grundachsen trennen.
Die Ausläuferbildung, sowohl über als unter der Bodenfläche, ist
gewöhnlich an wasserreiche und lose Bodenarten gebunden, da die
Feuchtigkeit der Erde die Wurzelbildung fördert, und die Länge und
Verzweigung der Wandersprosse durch die Lockerheit der Erde
befördert wird.
Die Grundformen des Lebens werden vielfach durch Anpassung
der Laubsprosse an der Lebenslage der Pflanze an dem betreffenden
Standorte aufgezwungene Lebensführung, namentlich an die Stärke der
Verdunstung, ausgebildet. Solche Anpassungen und die dadurch viel-
fach hervorgerufenen physiognomischen Änderungen sind alle durch die
edaphischen und klimatischen Verhältnisse bedingt und erfordern daher
eine spezielle, längere Darstellung (vergl. Kap. 23—30).
Die Grundformen werden dadurch aber nicht beeinflußt; es gibt
z. B. sowohl Kräuter als Gehölze, sowohl Rosettenpflanzen als Pflanzen
mit Langtrieben, welche Blattsukkulenten sind.
Nach dem im Vorhergehenden, unter A—G Entwickelten werden
wir die mehrjährigen, mehrere Male fruchtenden, selbstassimilierenden
Pflanzen in folgende Abteilungen unterbringen:
I. Aufrechte und mehr oder weniger gerade (orthotrope) Laub-
sprosse.
A. Kräuter.
a) Stauden (ohne Grasform).
1. Die Assimilationsorgane (Blätter) sitzen an Lang-
trieben. Die meisten Arten ausdauernd. Pollak-
anthe Langstauden . . . & 10
2. Die Assimilationsorgane sind Pr Blätter.
Blattstauden . :.. 11
3. Die Assimilationsorgane (Blätter) RR zu Saisaken
Rosetten gedrängt. Rosettenstauden. ... 2
168 Lebensformen
b) Grasform.
4. Die Assimilationsorgane (Blätter) sind schmal, band-
artig bis sehr schmal, nach dem Typus der Gräser
gestaltet. Grastypus . su vo 2 2 08 13
B. Halbsträucher. Niedrigere, meist sommergrüne, aber
auch oft immergrüne Pflanzen, deren jüngste Sprosse mehr
oder weniger krautartig und daher einjährig ind . . 14 “
Hier anschließend die meisten Polsterpflanzen. .. E
C. Weichstämme. Dicke, grüne, weiche Stämme, meist
immergrün; offene oder nur durch Scheiden des jüngsten
Blattes geschützte Knospen. Gewöhnlich große Blätter 16 E
D. Stammsukkulenten. Blattlose grüne sukkulente Stämme
mit sehr kleinen, oft eingesenkten Knospen . . . .. 1%
E. Echte Gehölze. Aufrechte, verholzte, mehr oder weniger
langlebige Sprosse, die in einem Jahre oder länger (immer-
grüne) die Assimilationsorgane (Blätter) tragen.
a) Sträucher und Zwergsträucher . ... Rt 18.3
b) Typus der Bambusgräser und Rohrpalmen Bee. \ ;
ec) Wipfel(Kronen-Jbäume .. 20
d) Schopfbäume mit viren nur eine Blatt- |
rosette tragendem Gipfel . ... . Son erw |
II. Kriechpflanzen. Sprosse plagiotrop, wurzelschlagend oder
dem Substrate eng angedrückt. . . 2 2 2 22... 98
Wieder einzuteilen in:
A. Kräuter.
B. Halbsträucher.
C. Gehölze (Spaliersträucher).
10. Pollak-anthe Langstauden. Die meisten Arten sind sommer-
grün. Zu einer bestimmten Jahreszeit entwickeln sich die gewöhnlich lang-
-gliederigen Assimilationssprosse aus entweder oberirdischen, aber dicht
an der Bodenoberfläche stehenden, oder aus unterirdischen, mehr oder
weniger tief in der Erde liegenden Grundachsen. Die Erneuerungs-
knospen sind gewöhnlich von Knospenschuppen oder doch von Nieder-
blättern geschützt. Die unterirdisch ausdauernden Grundachsenteile
sind kurzgliederig und liegen in einer für jede Art einigermaßen be-
stimmten Tiefe in der Erde (Royers „Loi de niveau“). Es hat dies die
ökologische Bedeutung, daß mehrere Arten in einem Pflanzenvereine
friedlich nebeneinander leben können, ohne sich den Platz in allzu hohem
Grade BEER zu machen!). Dachnowski?) z. B. erwähnt, daß in nord-
*) Vergl. z. B. Woodhead, seine Fig. vergl. unten unter Wälder.
?) Dachnowski 1912.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 169
amerikanischen Sphagnummooren einige Arten ihre unterirdischen Organe
_ in 8—10 Zoll Tiefe, andere in 5—7 Zoll Tiefe erhalten, während sie bei
noch anderen höher liegen').
“ - Zur Durchbrechung der Erde sind die Sprosse resp. deren vorgeschobene
- Spitzen in verschiedener Weise angepaßt?). Vergl. Fig. 40, S. 74.
Die Laubsprosse sind meist gestrecktgliederig, und selbst wenn
sie am Boden etwas kurzgliedriger sind, kommt es doch nicht zu einer
eigentlichen Rosettenbildung. Die unteren Blätter sind oft langgestielt,
die oberen werden aber successiv kleiner und kurzgestielt oder zuletzt
- sitzend. Die Sprosse sind fast immer einjährig und haben dünne, meso-
_ morphe (an mäßige Verdunstung angepaßte) Blätter. Die im Boden
- liegenden überwinternden Grundachsenteile haben mehr oder weniger
große Mengen von Reservesubstanz aufgespeichert (Fig. 59—67).
Eine unübersehbar große Mannigfaltigkeit von Typen findet sich
hier, die übersichtlich folgendermaßen zusammengestellt werden können.
a) Ohne Wandersprosse und ohne als Knollen. oder Zwiebeln aus-
gebildete Speicherorgane.
b) Wie a aber mit oberirdischen Ausläufern.
4 €) Wie a aber mit unterirdischen Ausläufern (Stolon-Rhizomen).
= d) Wandernde, dauerhaftere, Nahrung speichernde daher dickere
Grundachsen (Rhizome).
e) Zwiebel- und Knollenpflanzen. Gewöhnlich ohne Wandersprosse.
a) Die hierher gehörigen Pflanzen sind an den Ort gebunden,
können nicht erheblich seitlich wandern. — Die in der Erde liegenden
Grundachsen verholzen bei vielen (Drudes Holzkopfstauden); im trockenen
lehmigen Boden der tropischen Savannen und Wüsten werden sie bis-
weilen sehr dick und hart (Xylopodium Lindman 1900; Warming 1892) ?).
Im Frühlinge entwickeln sich ein bis mehrere aufrechte, kraut-
artige Laubsprosse und blütentragende Stengel, deren unterste Teile
lebend bleiben und seitlich Verjüngungsknospen für die nächstjährigen
Triebe tragen; der größte obere Teil stirbt nach der Fruchtbildung ab.
Wenn sich viele Sprosse entwickeln, wird der Wuchs dadurch „rhizoma
- multiceps“ („Sproßbasis-komplex* und „Pseudorhizom“ von Hj. Nilsson;
Crown-formers Hitchcock; Clements 1898; Drude 1890).
E In trockenem Boden dauert die Hauptwurzel gewöhnlich lange aus.
Oft sind die beblätterten Stengel hoch (Hochstauden). Beispiele: Silene
venosa, Oynanchum vincetoxieum.
1) Vergl. hierzu Royer 1881; P. E. Müller 1894; Rimbach; Raunkiär 1895—1908;
- Woodhead 1906.
4 2) Vergl. Areschoug 1895; Massart 1903, 1910. Vergl. Fig. 120 in Warming-
Johannsens Lehrbuch, oben Fig. 40.
; ®) Vergl. S. 78.
170 Lebensformen
b) Die Assimilationssprosse sind wie bei a entwickelt, aber es
werden oberirdische, dünne, Laubblätter tragende und wurzelbildend
Ausläufer gebildet. Damit in Verbindung steht gewöhnlich eine kürz
Dauer der primären Grundachsen und damit natürlich auch die Erschei-
nung, daß die Hauptwurzel bald verschwindet. Beispiele: auf feuchtem‘
Boden am Ufer der Seen Mentha-Arten, Seutellaria galericulata.
=
Fig. 59. Circaea intermedia mit schwach speichernden Grundachsen.
(E. Graebner. Nach der Natur.)
ec) Im ganzen gleich b, aber die Ausläufer sind unterirdische,
gestrecktgliedrige Niederblattsprosse von kurzer Lebensdauer, die nicht
oder doch nur schwach als Reservestoffe speichernde Organe aus-
gebildet sind („Stolon-Rhizomen“ von Joh. Erikson). |
Dieser Typus findet sich vorzugsweise im lockeren Humusboden
der Wälder, z.B. Asperula odorata, Circaea Lutetiana, Stachys siwaticus,
oder im Schlamm der Seen und an den nassen Ufern, z. B. Be
communis, Equisetum limosum ($. Fig. 59).
Einige Arten entwickeln am Ende der Ausläufer knollenfare ver-
dickte Speicherorgane von kurzer Lebensdauer („Kartoffel-Typus“). Auc
die Ausläufer selbst leben kürzer als bei den zuerst genannten, z. B.
Solanum tuberosum (Fig. 60), Stachys tuberiferus, Trientalis europaea.
Hier auch die etwas abweichende Adoxa moschatellina (Fig. 61).
171
2 Fig. 60.
Solanum tuberosum,
Kartoffel mit
Knollen; verkleinert.
(Warming-
Johannsen.)
Fig. 61. Adoxa moschatellina mit den knollenförmigen Speicherorganen.
(E. Graebner; nach der Natur.)
172 Lebensformen
Hier schließen sich auch Arten mit reicher Wurzelsproßbildung
(z. B. Linaria vulgaris) an (vergl. Fig. 62 und Fig. 73, S. 180). E
d) Wandernde Grundachsen (Rhizome),
d. h. horizontal wachsende, unterirdische,
gewöhnlich kurzgliedrige Niederblattachsen,
an welchen sich alljährlich gestrecktgliedrige
Assimilationssprosse entwickeln. Die Grund-
achsen sind reich an Reservenahrung, daher
oft dick und dauerhafter als die unter €
erwähnten. }
Beispiele: Polygonatum multiflorum
(P. Japonicum Fig. 63).
re e) Zwiebel- und Knollenpflanzen. ‚Viele, a
Linaria vulgaris. besonders monokotyle Pflanzen haben in der
r Seitenwurzeln, 4 natürliche Erde knollen- oder zwiebelartige Organe,
Größe, B vergrößert. welche zur Zeit der Ruhe mit Reverve-
(Warming.) nahrung (Stärke u. a.) dicht gefüllt sind. K
Die Erneuerungsknospen, ‘deren gewöhnlich
nur eine oder einige sich entwickeln, treiben nach der Ruheperiode 4
einen unverzweigten oder wenig verästelten, kurzlebigen 4
Assimilationssproß. Mitunter gehen dabei die Speicher-
organe vollständig zugrunde, an anderen Arten dauern sie
Fig. 63. Polygonatum Japonieum, Grundachse. */, natürl. Größe.
(E. Graebner; nach der Natur.)
wenige Jahre!). Diese Lebensform kommt besonders in Steppen und
Wüsten, dann aber auch in Laubwäldern vor. Das Gemeinsame in diesen
sonst so verschiedenen Pflanzenvereinen ist nach Graebner bei den
!) Vergl. Irmisch; Raunkiär 1895—99; Graebner in Kircher- Loew-Schröter.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 173
ersteren durch die Sommertrocknis, bei den Wäldern durch die Wurzel-
konkurrenz der im Sommer stark verdunstenden Bäume gegeben. :
Verschiedene morphologische Unterabteilungen lassen sich unter-
scheiden:
1. Stammknollen: Arten von Corydallis (Fig. 64).
2. Wurzelknollen: Ophrydeen, Dahlia variabilis (Fig. 65).
3. Zwiebel: Viele Liliaceen und Amaryllidaceen !) (Fig. 66).
Fig. 64. Corydallis solida mit Stammknolle. (E. Graebner; nach der Natur.)
11. Blattstauden. Die Assimilationsorgane sind vereinzelte Laub-
blätter, welche von unterirdischen, verzweigten Wandersprossen ent-
wickelt werden. Beispiele: Pteridium aquılinum, Aspidium (Phegopteris)
dryopteris, (Anemone nemorosa, mit laubblatttragenden Blütensprossen),
Aspidistra lurida. Hierzu gehören, wie es scheint, hauptsächlich Wald-
pflanzen (Fig. 67).
1) Über die Lebensgeschichte von Stengelbulbillen vergl. Nakano 1910.
174 Lebensformen F
12. Rosettenstauden (mit nicht grasartigen Blättern). Kryptogame,
dikotyle und seltener monokotyle, mehrmals fruchtende Kräuter, deren be-
blätterte Assimilationssprosse sehr kurz („stammlos“) und kurzgliederig
sind. Einige oder meist viele Laubblätter sind rosettenförmig angeordnet
(Kap. 10, 11, 18, 23, 25). Viele hierher gehörige Arten sind immergrün.
R
z
Fig. 65. Wurzelknollen. A. von Dahlia variabilis, Georgine (nach Straßburger). —
B. Ophrys. — C. Orchis maculatus im Juni, mit r! der alten („Teufelshand“) und r? der
neuen Knolle („Christushand“), letztere bei X mit der Verjüngungsknospe, sr Saug-
wurzeln (1:1). — D. Platanihera, K Knospe (1:1). — (Nach Irmisch u. a.)
|
E
Die Laubblätter lassen sich in zwei Typen teilen: 4
a) Kurzgestielte Langblätter (Taraxacum, Draba, Primula, Plan-
tago lanceolata u. a. Dikotylen (Fig. 68); unter den Monokotylen
se
z.B. Agave, Bromeliaceen). (Die Gräser werden in eine beson-
dere Gruppe gestellt, die Farnkräuter dagegen hierher.) s
b) Langgestielte, breitere Blätter mit länglicher, kreisförmiger oder
herzförmiger Spreite (Soldanella, Verbascum phoeniceum, Adeno-
styles, Drosera rotundifolia, Cyelamen). E
22. Kap. Übersicht der Grundformen
NIT
rt AN
er, N DS N
Fig. 66. Zwiebelbildung bei Lilium.
(Gezeichnet von Warming.)
Fig. 67. Aspidistra. Einzelstehende Laubblätter an
2 Wandersprossen; verkleinert.
(E. Graebner; nach der Natur.)
175
Fig. 68.
Plantago lanceolata
als Rosettenpflanze;
verkleinert.
(E. Graebner; nach
der Natur.)
176 Lebensformen
Stets sind nackte Knospen ausgebildet, selbst wenn die Laubblät
in der ungünstigen Jahreszeit absterben. In vielen Fällen sterben
Winter die alten Blätter ab, und in der Mitte der Rosette findet sich
eine dicht geschlossene Knospe von jüngeren. Die Rosettensprosse hat |
Fig. 69. Campanula Carpatica als Halbrosettenpflanze; verkleinert.
(E. Graebner; nach der Natur.) ER
dicyklische bis pleiocyklische Entwicklung, d.h. sie bleiben ein bi
Jahre in dem vegetativen Stadium erhalten, ehe sie blühen, fruchter
danach absterben; nur der allerunterste Teil des Sprosses bleibt
dig. Nahe verwandt sind die dieyklischen und pleiocyklischen Ha
22. Kap. Übersicht der Grundformen 177
anderen wird sie durch Nebenwurzeln ersetzt. Bei den am besten aus-
geprägten Typen ist der blühende Stengel ganz ohne Laubblätter und
bleibt stets unverzweigt (Blütenschaft); z. B. Taraxacum, Plantago-
Arten, Armeria vulgaris, Soldanella, Primula-Arten, Papaver nudicaule,
Drosera rotundifolia u. a. („Helrosetplanter“ s. „Ganzrosettenpflanzen“
bei Raunkiär). Fig. 65 B, 68, 72.
Fig. 70. Hochwald auf St. Jan, Dänisch-Westindien.
Chevalieria lingulata auf einem Stamme von Spondias lutea; die anderen Bäume sind
Hymenaea courbaril, Andira inermis, Cupania (fulva?), Melicocca bijuga, dazwischen
Peperomia. (Phot. Börgesen.)
Die rosettenbildenden Farnkräuter stellen eine etwas abweichende
Gruppe dar.
Bei anderen Arten wächst die Rosette, sobald sie blühfähig wird, in
einen laubblatttragenden, verlängerten Stengel aus, welcher nicht selten
verzweigt ist. Die Laubblätter werden meist nach oben allmählich kleiner;
die Größe der Spreite und die Länge des Stieles nimmt ab. Viele von den
hierher gehörigen Pflanzen sind Hochstauden, welche eine Mittelstellung
(als „Halbrosettenpflanzen“) zwischen den „Ganzrosettenpflanzen“ und
den gewöhnlichen Stauden einnehmen, z. B. Campanula-Arten (Fig. 69).
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 12
178 Lebensformen
Die Rosettenpflanzen finden sich gewöhnlich auf einem der Licht-
einstrahlung voll offenen Gelände, und es finden sich sowohl solche von
mesomorphem als von xeromorphem Bau, also solche mit geringem und
solche mit starkem Verdunstungsschutz. Sie leben sowohl in den Polar-
ländern und Hochgebirgen (Arten von Sazxifraga, Papaver, Draba u.a),
als äuf nährstoffreichem, lockerem Grasboden wie an anderen Orten der
temperierten Länder (Taraxacum, Arten von Plantago, Leontodon, Hy-
pochaeris) und ebenso auch in Hochmooren (Drosera, Pinguieula, Sarra-
cenia, Dionaea), dann weiter sieht man sie in tropischen Wüsten (Typus
Fig. 71. Saxifraga Brunonis, typische Rosettenstaude mit oberirdischen, wieder
Rosetten tragenden wurzelnden Ausläufern. (P. Graebner phot.)
der Agaven, Aloe) und an heißen Felsen in subtropischen und tro-
pischen Gebieten (z. B. Echeveria, Sempervivum). Auch epiphytisch
leben einige zu dieser Lebensform gehörige Arten in den Tropenwäldern
. (Bromeliaceen, Astelia) (Fig. 70), Rosetten vergl. Fig. 10, 11 S. 25,
Fig. 23, 24 S.45 und Fig. 68 S. 175.
Wie die Gruppe der pollakanthen Langstauden kann auch diese
folgendermaßen eingeteilt werden:
a) Ohne Wandersprosse, oft mit bleibender Hauptwurzel (Taraxa-
cum, Arten von Draba, Papaver, Plantago). Ein eigentümlicher Typus
mit mehrjähriger Stammknolle wird repräsentiert z. B. durch Oyelamen,
22. Kap. Übersicht der Grundformen 179
% Eranthis; ein anderer mit kurzlebender z. B. durch Crocus, Arum,
Amorphophallus.
E b) Mit oberirdischen Ausläufern, z. B. Fragaria, Saxifraga flagelli-
fera, Hieracium pilosella, Arten von Sempervivum (Fig. 71).
R- ec) Mit unterirdischen Ausläufern (Stolon-Rhizomen), z. B. Pirola
_ rotundifolia (Fig. 72).
Fig. 72. Pirola rotundifolia mit unterirdischen Ausläufern. (E. Graebner; nach der Natur.)
d) Hieran schließen sich Arten mit reicher Wurzelsproßbildung
5 (Sonchus arvensis, Cirsium arvense, Rumex acetosella, Fig. 73).
a
e) Rosettenkräuter mit wandernden Grundachsen (Rhizomen), d.h.
* horizontalen, lang- bis kurzgliedrigen, unterirdischen, nahrstoffspeichern-
_ den Grundachsen, von welchen die assimilierenden Sproßteile ausgehen,
2.B. Iris pseudacorus, Struthiopteris Germanica. Hierher muß auch der
12*
180 Lebensformen
Musa-Typus gerechnet werden, riesige, tropische Kräuter mit me
jährigen, oberirdischen, aus zusammengerollten Blattscheiden gebildeteı e1
„falschen Stämmen“.
Von den krautartigen, stammlosen Typen von Rosettenkräute
gibt es alle Übergänge zu den Rosettenbäumen (Schopfbäumen).
13. Pollak-anthe Kräuter der Grasform. Diese Pflanzen von
Fig. 73. Rumesx acetosella, Bitterling, mit zahlreichen Laubsprossen auf den wage:
rechten Wurzeln. (P. Graebner phot.)
so eigentümlich sind und weil ihre Rosetten so abweichend im Bau vo 5
denen der übrigen Stauden sind. Außerdem spielen die Gräser land-
schaftlich und geographisch eine sehr bedeutende Rolle. Der rasen
förmige Wuchs wird durch die Kurzgliedrigkeit der Halme am Grund
bedingt, deren sich zahlreiche in den Achseln der Grundblätter ent-
wickeln und die sich dann wieder nach demselben Schema (öfter meh
mals in einem Jahre) verzweigen können.
Die eigentümliche Physiognomie des Gramineentypus wird a
lich durch die bandförmigen bis ganz schmal linealischen Blätte
hervorgerufen.
!) Vergl. Engler 1913, 8. 173.
Übersicht der Grundformen 181
Die Sprosse sind sehr oft immergrün, da in diesem Falle nur die
sten Blätter jedes Sprosses bei Annäherung der ungünstigen Jahres-
er oft uns der Winter) gänzlich absterben. Die Knospen sind fast
Ohne Wandersprosse, z. B. Aera caespitosa, Anthoxanthum odo-
ralum, Luzula multiflora, Eriophorum vaginatum.
Mit oberirdischen Ausläufern: Festuca thalassica (G@lyceria
maritima).
€) Mit unterirdischen Ausläufern (Stolon-Rhizomen): Psamma
(Ammophila) arenaria, Carex arenaria, Triticum repens, Erio-
phorum angustifolium.
Mit kurzgliedrigen, wandernden, dauerhaften Grundachsen
onen), z. B. Stipa tenacissima, Nardus strieta (s. Fig. 118).
Halbsträucher (Holzstauden Drude; Suffrutices). Ziemlich nie-
1/,—1 m hohe) aufrechte Pflanzen mit Langsprossen, welche
erün sind. Die Stengel bleiben krautartig oder verholzen,
% aber auch dann meist mehr oder weniger krautartige und,
ns im Winter, auf größere oder geringere Strecken absterbende
Der Typus umfaßt also Mitteldinge zwischen Kräutern und /
Die Knospen sind offen, die Jahressprosse oft verzweigt.
Halbsträucher bilden eine mannigfaltige Gruppe mit sehr ver-
en Anpassungserscheinungen der Sprosse an die durch die Ver-
© des Standortes gebotene Lebenslage. In den Tropen, sowie in
schen Gebieten, leben viele niedrige, immergrüne Kräuter, z.B.
naceen, die dieser Lebensform zuzurechnen sind, oder in den
1 höhere, dünnstengelige, in den älteren Stengelteilen mehr
‘ weniger verholzende Pflanzen mit mesomorphen Blättern, z. B.
nthaceen, Rubiaceen, Verbenaceen, Piperaceen, Melastomataceen,
ia USW.
In gemäßigten Klimaten gehören zu dieser Lebensform z. B. auch
» Dianthus-Arten (D. caesius usw.), deren reichverzweigte untere
elteile oft auf lange Strecken verholzen. (Linnaea borealis, Kriech-
e, vergl. Fig. 74.)
Ih Steppen, Wüsten und Ländern mit Winterregen finden sich z. B.
ele Labiaten (Salvia, Lavandula, Thymus u. a.) von diesem Typus.
ann weiter Kompositen (Artemisia-Arten), Verbenaceen, Euphorbiaceen,
neraceen, Leguminosen, Arten von @enista u.a.
182 Lebensformen
Einen eigentümlichen Typus bilden die Schößlingssträuche
Aus einem kleinen dem Boden anliegenden oder unterirdischen,
holzten Sproßverbande entspringen alljährlich aufrechte, verholz
Stengel, die im ersten Jahre nur Blätter tragen und erst im zw
Jahre kurze, blühende Seitensprosse entwickeln. Nach der Fruch
stirbt das ganze Sproßsystem ab, ausgenommen kurze Knospen tr
Stücke im Boden oder an der Bodenoberfläche, von denen ‚da
nächsten Jahre die Verjüngerung ausgeht. Typus: Rubus Idaeu.
BE
Fig. 74. Linnaca borealis in natürl. Größe. (Nach der Natu
15. Polsterpflanzen. Selbstassimilierende Landpflanzen
irdischen, verzweigten, krautartigen oder mehr oder weı
holzten, recht kurzgliedrigen, langsam wachsenden aber lange
Langsprossen, welche mit kleinen, bei einigen sich dach
deckenden Laubblättern besetzt sind. Bei einigen hierher zu rech
Formen sind die Blätter an der Spitze der Stengel etwas rosettenf‘
angeordnet. Sie bilden eine eigentümliche Form der Halbsträ
Die Sprosse sind, wie bemerkt, verzweigt, und die einer Pflanze
von gleicher Länge, oder die seitlichen überragen die mitt!
rechten) allmählich an Länge. Dadurch, daß so viele fast an de
Stelle aus dem Wurzelkopfe der bleibenden Hauptwurzel entspring
nach allen Seiten ausstrahlen, werden halbkugelige oder mel
weniger flache, rundliche Polster gebildet, welche aus den lockeren
dicht zusammengedrängten Sprossen gebildet sind. Die Zwisch
1) Drude 1896.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 183
schen den einzelnen Sprossen eines solchen Polsters werden von den
ıgsam welkenden und vermodernden Blättern ausgefüllt — „eine Füll-
se mit Schwammwirkung* (Hauri). Die Knospen sind offen. Die
ter können lose und weich sein, sind aber bei einigen auch fest
sehr hart.
Es gibt eine vollkommene Reihe von Übergangsformen von den
nen, lockeren Polstern, welche sich z. B. bei Saxifragen und Cruei-
ı der Polarländer und Hochgebirge finden, bis zu den großen und
n Polstern der Azorellen, Aretiastrum usw., überleiten (Fig. 75).
Azorellen können mehrere Meter im Durchmesser und 0,5—0,8 m
1. Areliastrum Aschersonii (Valerianacee) von den Peruanischen Hochanden;
sehr hartes und dichtes Polster; natürl. Größe. (Nach Weberbauer.)
- Einige der hierher zu rechnenden Lebensformen sind Modifikationen
Halbsträuchern, die noch nicht erblich fixiert sind, andere kommen
all in derselben Tracht vor.
Die Arten gehören zu den verschiedensten Familien. Die Polster-
ı findet sich in Polargegenden (Crueiferen, Saxifragen, Sülene acaulis,
pensia Lapponica), Moose Fig. 76, in den Hochgebirgen der Alpen
ophyllaceen, Saxifragen, Primula u.a.), des Himalaya, und besonders
ich in den balkanischen und vorderasiatischen Gebirgen (Primula-
wie Dionysia und Aretia, Saxifragen, Caryophyllaceen u. a.); ebenso
sie reichlich in den neuseeländischen Alpen (die Kompositen Haastia
ıd Raoulia, Arten von Veronica, von Aciphylien [Umbellifere] u. a.),
184 Lebensformen
in den Anden!) und antarktischen Inseln (Umbelliferen wie Azorella,
Arten von Verbena, Juncaceen wie Distichia muscoides).
Aber auch in Wüsten, Steppen und anderen heißen Gegenden mit
stark erwärmtem Boden findet sich dieser Typus (Anabasis aretioides in
der Sahara, Centaurea spinosa auf Tenedos, Fig. 77), holzige Polster in
Südafrikas Wüsten; dann bildet er sich regelmäßig an stark windigen
Fig. 76. Grimmia maritima; Strandfelsen auf Bornholm. (Warming phot.)
Standorten in der Nähe der felsigen Meeresküsten (Südwest-England,
Bornholm, Fig. 76) und in Hochgebirgen oft aus an geschützten Orten
mit nicht polsterartigen Gewächsen.
Über die verschiedenen Typen von „Polstern“ und von „Kissen“
siehe Hauri u. Schröter?) Die Aufgabe der Polster ist wohl meistens,
die Verdunstung zu reduzieren und Wasser zu speichern.
?) Vergl. Weberbauer 1911.
?) Über Polsterpflanzen vergl. Goebel 1891; Lazniewski 1896; Diels 1896, 1905;
Skottsberg 1906; Schröter 1904—8; Schenck 1908; Cockayne 1910, 1912; Hauri 19127 =
(dort weitere Litteratur); Hauri u. Schröter 1914.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 185
16. Pflanzen mit Weichstämmen. Tropische Formen mit dicken,
- weichen, krautartigen oder wenig verholzten, wenigstens anfangs grünen,
ausdauernden Stämmen. Die Knospen sind bei dieser Lebensform offen
_ oder nur von dem Fußteile des zuletzt entfalteten Blattes umschlossen;
gewöhnlich ist nur eine geringe Verzweigung bemerkbar. Die Blätter
sind oft groß und meist mehr oder weniger mesomorph gebaut. In
tropischen Wäldern und Sümpfen, auch epiphytisch. Namentlich Araceen.
eB Die epiphytischen Orchideen mit oder ohne Knollenstämme schließen
sich hier an (Fig. 78).
Fig. 77. Aus Tenedos. Die grauen Polster sind von Centaurea spinosa gebildet;
die dunklen Flecken sind Poterium spinosum. (Phot. S. Palitzsch.)
17. Stamm-Sukkulenten (Kaktusform). Die Stengel sind kraut-
artig oder mehr oder weniger verholzt, meist grün, saft- und fast stets
- schleimreich, unverzweigt oder mit wenigen dicken Ästen, ohne oder
- doch mit sehr reduzierten Laubblättern, öfter dornig (Fig. 79, 81).
Die Knospen sind sehr klein, gewöhnlich eingesenkt und durch
_ Haare oder haarartige Stacheln (Glochiden) geschützt.
% Viele verschiedene Formen der Tracht und Größen lassen sich
innerhalb dieser Lebensform unterscheiden: säulenförmige bis kugelförmige,
solche mit flachen Stengeln oder langen zylindrischen; einige haben
sogar kletternde oder schlingende Stengel.
Die Stammsukkulenten sind an heiße Klimate mit langer Trocken-
zeit und wasserarmen Standorten (Steppen, Wüsten, Felsen, Bäume) an-
gepaßt. Besonders: Cactaceae, Stapelia, Arten von Euphorbia') Fig. 79.
2) Goebel 1891.
186 Lebensformen
Eehte Gehölze; die oberirdischen Stengel verholzen stark und sind
mehr- bis vieljährig. Es gibt sowohl immergrüne, wie sommergrüne.
Bei weitem die meisten haben Langsprosse und sind mehr oder weniger
stark verzweigt, sie haben eine große Zahl von oft kleinen bis mittel-
Fig. 78. Orchideen mit Knollenköftiman: A. Coelogyne Sanderae, B.u.C. Dendrobium
RE Natürl. Größe. (Nach Kränzlin.) vr
werden.
22. Kap. Übersicht der Grundformen 187
5
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E
i
18. Dikotyle Sträucher und Zwergsträucher. Niedrige gymno-
sperme und dikotyle Typen mit aufrechten, vom Grunde ab und gewöhn-
_ lich reich verzweigten, verholzten, vieljährigen Stengeln. Viele verschie-
_ dene Sproß- und Blattanpassungen kommen hier vor; die Sprosse sind
_ _mesomorph, pinoid, ericoid, equisetoid, salicornioid, usw., die Blätter
_ mesomorph, sukkulent, nadelförmig, schuppenförmig usw. Speziell hervor-
- zuheben wäre noch die Lebensform der Dornsträucher.
$ In allen Gegenden der Erde und allen Klimaten ist diese Lebens-
form verbreitet. Hier schließen sich an:
Fig. 79. Euphorbia meloformis, typischer Stammsukkulent der Kaktusform.
(Nach Goebel.)
2 Zwergsträucher (Fruticuli) sind Holzpflanzen von sehr niedrigem
- Wuchs, gewöhnlich werden sie nur 20—50 cm hoch. Die Stengel sind
4 oft unregelmäßig gekrümmt. Sproßbau und Knospenschutz sind je nach
- den Standorten sehr verschieden. Die meisten haben keine Wander-
_ sprosse: Calluna vulgaris; dabei gewöhnlich eine starke bleibende Haupt-
_ wurzel; andere bilden unterirdische Wandersprosse aus, Z. B. Vaceinium
— myrtillus (laubwechselnd), V. vitis Idaea (immergrün). (Empetrum gehört
_ zu den Kriechpflanzen.)
E Eine eigentümliche Strauchform ist der Loranthaceentypus
(Drudes Holzparasiten), das sind immergrüne Sträucher, die auf Holz-
pflanzen schmarotzen. Knospenschuppen sind meist nicht vorhanden
| 4: (Ausnahme Loranthus Europaeus, Viscum album). Hierzu gehören Lorantha-
_ ceen und Myzodendron.
188 Lebensformen
19. Monokotyle Sträucher. Hier lassen sich zwei Haupttypen
unterscheiden: Die Grasform (Bambusform) und die Rohrpalmenform.
Fig. 80. Bambusengruppe im Botanischen Garten zu Buitenzorg. (Phot. Hj. Jensen.)
| a) Die Bambusform. Aus einer horizontalen unterirdischen
Grundachse entspringen oft in großer Menge verholzende, mehrjährige,
189
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Übersicht der Grundforme
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190 Lebensformen
oft mächtige Stengel mit vielen in den Blattachseln stehenden Seiten-
sprossen (Bambuseen, ähnlich Arundo donax). Für viele Arten gilt es,
daß die Gebüsche, wenn sie nach einer Anzahl von Jahren zum ersten
Male geblüht haben, gänzlich absterben (viele Bambuseen usw.). Vor-
zugsweise tropische Arten gehören hierher, welche mächtige Gebüsche
bilden können; vergl. z. B. Fig. 80. i
Etwas abweichend sind andere Grastypen wie Saccharum officinarum,
Phragmites communis u. a. mit kurzer, bis einjähriger Stengeldauer der
oberirdischen Sprosse. Phragmites könnte deshalb auch zu den Kräutern
mit Langsprossen und unterirdischen Wandersprossen gestellt werden.
b) Typus der Rohrpalmen (Drude); hierzu gehören viele niedrige
und dünnstengelige dabei ziemlich gestrecktgliederige Palmen, die an LE
einer unterirdischen Wandergrundachse entspringen. Durch sie werden
kleine Gebüsche gebildet (Raphis, Chamaedorea).
20. Wipfel(Kronen-)bäume. Koniferen und Dikotyledonen. Gehölze
mit reich verzweigter aus Langsprossen gebildeter Krone, die sich all-
jährlich vergrößert. Hand in Hand mit der Ausbildung dieser Tracht
geht bei fast allen ein regelmäßiges Dickenwachstum des Stammes,
welches dem Stamme eine der zunehmenden Last der Krone entsprechende
Festigkeit verleiht. Sowohl immergrüne als laubwerfende Arten ge-
hören zu dieser Lebensform. Knospenschutz, Sproßform und Blatt-
form sind äußerst verschieden und zwar teils aus phylogenetischen, teils
aus Ökologischen Ursachen (wie bei den Sträuchern können die Blätter
z. B. sukkulent, pinoid, ericoid, sklerotisch usw. sein; siehe weiteres
später; vergl. Kap. 25). |
Die Baumformen d. h. ihre Tracht ist übrigens nach den ökologischen
Verhältnissen, unter denen die einzelnen Arten leben, sehr verschieden
(Krummholzform u. a.).
Eine eigentümliche Form sind die Tonnenstämme. Bäume mit
unverhältnismäßig dieken, mehr oder weniger tonnenförmig angeschwolle-
nen Stämmen und geringer Verzweigung der Krone. Das Holz ist sehr
weich und wasserreich. Der Typus stellt eine Anpassung an sehr trockene
‘ Klimate dar (Bombacaceen in den trockenen Catingas von Brasilien,
Adansonia in den Savannen Afrikas, Dendrosieyos; Fig. 81).
Eine andere eigentümliche Form ist die Mangrovenform mit
vielen Luftwurzeln, welche bogenförmig nach abwärts wachsen und sich
oft auch strahlenförmig verzweigen, um dadurch den Stamm in den
Schlamm befestigen. Abbildungen siehe in Kap. 47.
Zwergbäume finden sich namentlich in der Nähe der Baumgrenze
im arktischen Gebiete und den Hochgebirgen. Meist werden sie durch
die klimatischen Verhältnisse niedrig gehalten und sind dann nicht
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191
Übersicht der Grundformen
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192 Lebensformen
erblich fixiert. Auch in den Halbwüsten und Steppen sind solche |
Formen nicht selten. “
21. Schopfbäume. Immergrüne Bäume mit kurzgliedrigem, unver-
zweigtem oder doch nur wenig verästeltem Stamme. Die Blätter sind
am Ende der Stämme und Äste meist dicht rosettenartig gedrängt, und.
zwar gewöhnlich zu wenigen, an Zahl aber öfter besonders groß und
kräftig. Ihre Anzahl bleibt annäherungsweise die gleiche; wenn neue
Blätter sich entwickeln, werden etwa in derselben Anzahl alte ab-
geworfen. Die Knospen sind offen. Es lassen sich drei Haupttypen
unterscheiden. ee Es
a) Palmenform. Stämme sehr selten verzweigt, ohne oder mit
schwachem sekundärem Dickenwachstum. Blätter sehr groß und geteilt.
Farnbäume, Cycadeen, Palmen (Bewohner besonders der Tropen, Fig. 81).
Merkwürdige Ausnahmen sind die hapaxanthen Palmen, so Corypha
umbraculifera.
b) Liliaceenbäume. Stämme mehr oder weniger verzweigt
dicken, plumpen, wenig verästelten Zweigen. Einige sekundäres Dicken
wachstum von ungewöhnlicher Art. Die Blätter sind wie bei den gewöhn
lichen Liliifloren linealisch und ungeteilt, meist von xeromorphem B
(daher sukkulent .oder lederartig). Bewohner. besonders von: tropise
und subtropischen Steppen und‘ Halbwüsten (Aloe, Yucca, Dracaen
Cordyline, Xanthorrhoea, Vellozia Fig. ‘82, Pandanus). R
€) Strelitzia- Form. Der Stamm ist stets unverzweigt und trägt.
einen zweizeiligen Blattschopf..von. Seitamineen- Blättern (Kavenala |
Fig. 83; Strelitzia).
Von allen den genannten baumförmigen Typen kommen niedrige,
bis fast stammlose Formen vor (Zwergbäume).
22. Krlechpfliausen. Die Assimilationssprosse sind plagiotrop,
horizontal auf der Erde niederliegend, oder den Bäumen und Felsen dicht
angedrückt. Die Blätter stehen sehr oft zweizeilig mit zur Anheftungs-
fläche horizontalen Spreiten. Die Stengelglieder sind eewöhnlich gestreckt, ;
bei einigen aber auch kurz. Im einigen Fällen sind die Blüten oder
Blütenstände blattachselständig und kurz, in anderen entstehen sie auf
kurzen aufrechten Laubsprossen von oft kurzer Lebensdauer.
Recht viele verschiedene Typen sind hier zu unterscheiden. Es En
gibt niederliegende, nicht wurzelnde Formen (formae procumbentes), und
solche, die durch Wurzeln an den Boden angeheftet sind (f. repentes).
Die letzteren finden sich besonders auf feuchtem Boden, und durch
Absterben der ältesten Sproßteile werden die Seitenzweige frei, und
neue Individuen werden dadurch selbständig. “
22. Kap. Übersicht der Grundformen 193
f Viele hierhergehörige Arten sind Kräuter (Zyeopodium elavatum;
Lysimachia nummularia; Hydrocotyle vulgaris; Menyanthes trifoliata;
Ipomoea pes caprae). Andere sind holzig (Spaliersträucher) z.B.
er er
w Re
Ey
retostaphylos uva ursi (immergrün), A. alpina (sommergrün), Empetrum,
aceinium oxycoccus, Linnaea borealis Fig.74, Dryas. Die überwinternden
Knospen sind nackt oder mit Knospenschuppen bedeckt. Vergl. Fig. 22.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 13
194 Lebensformen
Die Blätter gehören hauptsächlich drei Formen an.
1. Die Nummularia-Form. Die Blätter sind kreisrund, sitze
oder sehr kurz gestielt (Lysömachia nummularia Fig.84, Maregravia Fig
S. 159, Epiphytische Araceen u. a., Jungermannia unter den Moosen).
Re eg
Fig. 84. Lysimachia nummularia. (E. Graebner; nach der Natur.) 7 i
2. en Rundblätter. Typus: Ca
breitem Grunde langsam Verschidlent. allseitig, in vielen
(Fig. 86).
Vergl. übrigens S. 42—47.
. Fig. 85. Hydrocotyle vulgaris.
(E. Graebner; nach der Natur.)
!) Über die Blattformen der Ranunculaceen und Umbelliferen, die vielfs
Lebensformen angehören und einander oft sehr ähnlich sind vergl. R. Bitter 1897.
23. Kap. Ökologische Anpassung der Lebensformen 195
Kap. 23. Ökologische Anpassung (Epharmonie)
der Lebensformen
In den vorhergehenden Kapiteln wurden die Grundformen des Lebens
besprochen. Wir müssen jetzt die einzelnen Anpassungen derselben an
die ihnen gebotene Lebenslage betrachten.
In der Übersicht über die Grundformen des Lebens spielt das
Wasser eine hervorragende Rolle. Wir müssen hier nun näher auf
diese seine Bedeutung sowohl für die äußere Form als für den inneren
Bau der Pflanzen eingehen. Zunächst sei auf das in Kap. 4, 9 und 20 über
‚das Wasser als ökologischer Faktor Gesagte hingewiesen (vergl. S. 156).
Pindars Wort: &@gıorov ut» Ude, frei übersetzt: das Wasser ist
der wichtigste Faktor, gilt vollständig für das Leben und die Form-
verhältnisse der Pflanzen. Daß das Wasser ebenso nebst dem Nähr-
stoffgehalt des Bodens eine Ausschlag gebende Rolle für die Bildung
der Pflanzenvereine und ihre Verteilung auf der Erde spielt, wird später
besprochen werden (Abschnitt 4).
Das Wasser hat auch in der Abstammungsgeschichte des ganzen
Pflanzenreichs eine entscheidende Rolle gespielt!).
Hier kann auch an die Rolle erinnert werden, die das Wasser in
dem Haushalte der ganzen Natur spielt, indem die Prozesse der Fäulnis
und der Humusbildung durch Feuchtigkeit befördert werden; die Mikro-
organismen, die diese Prozesse bewirken, brauchen Wasser, und dort
wo es besonders in dichten Böden zu viel ist, wo es die Poren verstopft,
entzieht es die Luft und verhindert dadurch oft z. B. Verwesungspilze
am Herrschen?).
Auch im Menschenleben zeigt sich die Bedeutung des Wassers für
die Pflanzen. Die Geschichte zeigt, in welchem Grade die Wohlfahrt
der Länder (Dichtigkeit und Reichtum der Bevölkerung) ans Wasser
gebunden ist. In Asien z. B. war die Zivilisation von jeher auf die
Gegenden beschränkt, wo ein stark bewässerter Boden das Leben
von Menschen sicherte; der Rückgang an Bevölkerung und Fruchtbarkeit
in den ältesten Kulturländern steht mit einem Rückgang an Wasser-
reichtum in Verbindung, mit dem Austrocknen von Quellen, Flüssen und
Seen. In Algier geht die Bevölkerungsdichtigkeit fast parallel mit der
Menge der Niederschläge (Deherain). Wassermangel ist der Faktor im
Pflanzenlehen, dem der Mensch am meisten hilflos gegenüber steht.
Koopmann hat in Turkestan nur durch Bewässerung aus öden Steppen
üppige Gärten geschaffen (Ausnahme: Heidegebiete mit großer Feuchtig-
keit und geringer Vegetation; vgl. unten).
!) Vergl. Bower, Origin of a landflora; Graebner 1909.
?) Vergl. Graebner 1898—1910.
13*
196 Lebensformen
Zeichnet sich ein Klima durch Periodizität mit großen Extremen
in den Niederschlägen aus, so wird nicht die Regenzeit für den Charakter
der Vegetation entscheidend, sondern die trockene Zeit, selbst wenn sie
von kurzer Dauer ist. Sogar in den Alpen gibt die kurze Zeit starker
Verdunstung der Vegetation ihr Gepräge, selbst wenn der ganze a
Teil des Jahres triefend naß ist (Kerner).
Es ist sicher richtig, daß die besonderen Eigentümlichkeiten eines
Standortes durch das Zusammenwirken der verschiedensten Faktoren
hervorgebracht werden, durch solche des Bodens wie des Klimas. Man
darf keinen derselben vernachlässigen, will man die gesamte Eigenart
des Standortes und damit des Pflanzenvereins verstehen; meist wird die
Änderung eines einzigen Faktors eine völlige Veränderung der Pflanzen-
zusammensetzung in der Folge haben. Namentlich der Nährstoffgehalt
des Bodenwassers oder was formationsbiologisch oft fast auf dasselbe
hinausläuft, die Menge von Nährstoffen, die die Pflanzen an dem Standorte
in für sie verbrauchbarer Form während der klimatisch für sie günstigen
Vegetationszeit entnehmen und verarbeiten können (vergl. Heide), spielen
für die Verteilung der Vereine eine große Rolle!). Der Wassergehalt ist
aber auch von ausschlaggebender Bedeutung für die Ausbildung der
Lebensformen, der anatomischen und physiognomischen Anpassungen
der Pflanzen usw. — Als Grundsatz kann daher aufgestellt werden:
Der Wasservorrat, der den Pflanzen zur Verfügung steht, S
die Wasserzufuhr und damitzusammenhängend die Regulierung
der Verdunstung sind die Faktoren, welche die größten Ver-
schiedenheiten in der Form und überhaupt im ganzen Leben
der Pflanzen hervorrufen.
Wie wir in Kap. 20 sahen, gibt es eine große Gruppe von Pflanzen,
die untergetaucht im Wasser leben oder höchstens Schwimmblätter an
der Luft hervorbringen. Dies sind die Wasserpflanzen oder Hydro-
phyten; sie werden in dem folgenden Kap. 31 und im 4. Abschnitt E
besprochen.
Im Gegensatze zu ihnen können die anderen Luftpflanzen
(Aerophyten) oder Landpflanzen genannt worden. Sie sind alle
der Verdunstung ausgesetzt. Zunächst lassen sich unter ihnen zwei
Gruppen unterscheiden, die eine mit meist niedrig organisierten Pflanzen, \ E
welche stark eintrocknen können, aber Wasser und bisweilen vielleicht
auch Wasserdampf durch ihre ganze Oberfläche einzunehmen vermögen
(vergl. S. 52 und Gruppe 2 und 4, S.156 und 158). Das sind die moos-
artigen (muscoiden) Pflanzen und die Flechten (Lichenen), dazu
auch die Luftalgen.
Die zweite Gruppe wird repräsentiert durch die höher organisierten i
Landpflanzen, Gefäßpflanzen, welche das Wasser durch Wurzeln aus
!) Vergl. Graebner 1898—1910.
23. Kap. Ökologische Anpassung der Lebensformen 197
dem Boden aufnehmen und nur ausnahmsweise durch die oberirdischen
Organe (vergl. S. 156 und Kap. 28).
Der Boden kann, um Schimpers!) Ausdrücke zu gebrauchen, phy-
sikalisch oder physiologisch trocken sein:
Physikalische Trockenheit. Der Boden ist physikalisch
trocken, wenn er nur sehr wenig oder gar kein freies Wasser
(also nicht chemisch, kristallinisch usw. gebundenes) enthält. Dies ist
der Fall:
1. An der Oberfläche von Felsen oder Steinen, die mit Pflanzen
besetzt sind; diese bilden den Verein der Felsbewohner (lithophilen
Pflanzen).
2. Auf sandigen Böden, die so hoch über dem dauernden Grund-
wasserstande liegen, daß dieses auf den Pflanzenwuchs keinen Einfluß
ausüben kann, und die wegen ihres starken Filtrations- (s. S. 83, 106) und
Austrocknungsvermögens in den trockenen Jahreszeiten sehr stark aus-
dörren. "Auf diesen Böden wachsen Sandpflanzen-Vereine (psammo-
phile Gewächse). Durch die grobsandigen und kiesigen Standorte
führen diese zu denen auf steinigem Boden über.
Hierher müssen auch die Epiphyten gerechnet werden, welche
fast alle bestimmte Anpassungen für ihre Wasserversorgung zeigen
(vergl. Kap. 35).
Physiologische Trockenheit. Der Boden ist physiologisch
trocken, wenn er zwar einen großen Wassergehalt besitzt, der aber
den Pflanzen nur zum geringen Teile zur Verfügung steht, oder der nur
mit Schwierigkeiten von den Wurzeln aufgenommen werden kann. Ent-
weder kann es daran liegen, daß der Boden das Wasser sehr fest hält
(vergl. Torf, S. 109), oder auch, daß die osmotische Kraft der Wurzeln
herabgedrückt wird, wie es z. B. durch stärker konzentrierte Lösungen
mancher Stoffe im Boden geschieht. — Dies kann z. B. der Fall
sein, wenn:
1. Der Boden reich an freien Humussäuren ist, oder sonst
andere Lösungen von solchen chemischen Stoffen vorhanden sind, die
eine ähnliche spezifische Wirkung auf die Pflanzen ausüben ?).
2. Der Boden reich ist an wasserlöslichen Salzen, am
häufigsten Kochsalz, welches durch seine Anwesenheit die eigentüm-
liche Lebensform, welche man Salzpflanze (Halophyt)°) nennt,
hervorbringt.
3. Endlich kann langsame Durchlüftung des Bodens, also Mangel
an Sauerstoff oder Überschuß an Kohlensäure, die Wurzeln an der kräf-
!) Schimper 1898.
2) Vergl. Livingston 1904 und die Arbeiten von Dachnowski.
») Von üıg, Salz und puröv, Pflanze.
198 Lebensformen
tigen Wasseraufnahme hindern. Dieses ist in den meisten sauren Böden
der Fall und muß als Hauptursache der physiologischen Trockenheit der-
selben angesehen werden.
Xerophyten oder xerophile, trockenheitliebende Pflanzen
werden diejenigen Pflanzen genannt, welche an ein Leben auf einem
Boden und in einer Luft angepaßt sind, die äußerst troken sein kann
(Xerophyta, Schouw 1822, von &no0ös, trocken, und @vrov, Pflanze).
Die Xerophyten bilden den stärksten Gegensatz zu den Wasser-
pflanzen, den Hydrophyten. Es werden hierher alle Pflanzen gerechnet,
die morphologisch oder anatomisch xeromorph ausgestaltet sind, oder
auch nur durch Beschaffenheit des Protoplasmas oder eines anderen Zell-
inhalts besonders befähigt sind, eine mehr oder weniger lange dauernde
Trockenheit zu ertragen. Eine kurze, aber periodisch eintretende starke
Verdunstung prägt die Vegetation xeromorph aus, selbst wenn sie den
ganzen übrigen Teil des Jahres triefend naß ist!).
Auch die Salz-Landpflanzen (Halophyten) sind eine Form von Xero-
phyten, wie Wiesner, Schimper und Clements?) hervorheben.
Die Xerophyten sind auf sehr verschiedene Weise ausgerüstet, um
eine starke Trockenheit auszuhalten. Einige, wie die Flechten, die
meisten Moose und Algen haben gar keinen anatomisch ausgeprägten
Trockenschutz. Die Anpassung dieser Pflanzen an extreme Trockenheit
muß in gewissen Eigenschaften des Zellinhaltes gesucht werden, teils
in denen des Protoplasmas selbst, teils in der Gegenwart anderer In-
haltsstoffe (z. B. fettes Öl bei Selaginella lepidophylla).
In der Regel ertragen die Pflanzen und Pflanzenteile, Samen und
Sporen ausgenommen, jedoch eine so starke Austrocknung nicht, weshalb
einjährige, kurzlebige Pflanzen in eine Wüstennatur gut hineinpassen,
wo die Regenzeit kurz, die trockene Zeit lang ist.
Diejenigen Landpflanzen aber, welche eine minder starke Trocken- ii
heit lieben, die Boden und Luft von mittlerer Feuchtigkeit bewohnen, dabei
einen Boden, der sich auch nicht durch starken Salzgehalt auszeichnet,
können Mesophyten genannt werden (Mesophyten, Warming 1895, von
u£0og, mitten, mittlerer und gvrov, Pflanze). Der von den Mesophyten 2
bewohnte Boden darf auch nicht im höheren Maße sauer oder kalt sein;
meist ist er gut durchlüftet und dann auch reich an Nahrung, gewöhn-
lich enthält die Oberkrume auch alkalisch reagierenden Humus oder
andere organische Bestandteile. Die Mesophyten leben in sehr ver-
schiedenen Klimaten, sowohl nahe den Polen, als nahe dem Äquatorr,
nur dürfen sie nie der Gefahr einer länger dauernden Trockenperiode
ausgesetzt sein. Die solchen Verhältnissen angepaßten Arten sind
!) Kerner 1869
?) Wiesner 1889; Schimper 1891, 1898; Clements 1904—1907.
24. Kap. Anpassungen der Landpflanzen 199
meist schlank gebaut, haben ziemlich dünne Blätter, kurz, zeigen nicht
diese ausgeprägten Einrichtungen zur Regulierung der Verdunstung,
wie sie für die Xerophyten beschrieben werden, sie stehen also in ihrem
anatomischen Bau usw. zwischen den Hydrophyten und Xerophyten');
sie sind meist (Ausnahme z. B. Coniferen) mesomorph gebaut.
Selbstverständlich gibt es unzählige Mittelformen zwischen diesen
Gruppen, und es wird in vielen Fällen äußerst schwierig sein, einen
bestimmten Pflanzenverein zu einer bestimmten Gruppe zu stellen, so daß
dieses oft von der individuellen Meinung abhängen muß. Aber dieses
eilt für jede andere Einteilung und ist unvermeidlich, besonders solange
die Ökologie der Vegetationen wissenschaftlich so wenig, wie es jetzt
der Fall, untersucht ist.
Wollen wir einen tieferen Einblick in den Haushalt einer Pflanze
haben, so müssen wir das Verhältnis zwischen der Wasserversorgung und
dem Wasserverbrauche zu den verschiedenen Jahreszeiten kennen; aber
man ist weit entfernt, hierüber etwas Näheres zu wissen, und hat nur
für einzelne Arten, namentlich für Kulturpflanzen und Waldbäume, einige
sichere Daten gewonnen. Neuerdings haben sich besonders amerikanische
Forscher mit diesen Fragen beschäftigt. :
24. Kap. Anpassungen der Landpflanzen
Die Landpflanzen unterscheiden sich sehr wesentlich von allen
Wasserpflanzen sowohl in der äußeren Tracht als im inneren Aufbau.
Durch die unmittelbare Berührung mit der atmosphärischen Luft sind
namentlich die Assimilationsorgane der Verdunstung ausgesetzt und müssen
deshalb in eigenartiger Weise an diese Verhältnisse angepaßt werden.
Die Regulierung der Transpiration der Pflanzen scheint der
Faktor zu sein, der in die Pflanzenformen und das Pflanzenleben mit
am tiefsten eingreift und ihnen neben der relativen Menge der vor-
handenen Nährstoffe das stärkste Gepräge aufdrückt. Ist die Verdunstung
stärker als die Wasserzufuhr, so welkt die Pflanze, und dieses wirkt auf
die allerwichtigsten Lebensprozesse ein, selbst wenn es nicht so weit
geht, daß die Pflanze getötet wird (vergl. auch Kap. 4).
Die Transpiration ist ein physiologischer Prozeß (Abgabe von Wasser-
dampf an die Luft), der von zweierlei Faktoren abhängt: 1. von inneren,
d.h. solehen, die in dem besonderen Bau und dem augenblicklichen
!) Zu den angewandten Ausdrücken Hydrophyten, hydrophil, Xerophyten, xero-
phil, Halophyten, halophil, Mesophyten, mesophil sei bemerkt, daß durch die Endung phyt
hier die Pflanze selbst, durch die Endung phil eine Eigenschaft bezeichnet wird, aber
nicht ein geringerer Grad der betreffenden Eigenschaft (die Halophilen z. B. sind nicht
weniger ausschließlich Salzpflanzen als die Halophyten).
200 Lebensformen
Zustande der Pflanze liegen, und 2. von äußeren Faktoren oder den
umgebenden Naturverhältnissen. i
Was die inneren Faktoren betrifft, so hängt die Transpiration
natürlich von der Größe der verdunstenden Fläche ab, und da es bei
den Pflanzen besonders die Laubblätter sind, wodurch die Verdunstung
vor sich geht, so sind es vor allen Dingen die Größe und die Dicke der
Blätter wie auch die Entwicklung des ganzen Lichtsprosses, wovon
die Größe der Transpiration abhängt; ferner wird sie von der Beschaffen-
heit der Epidermis beeinflußt (Cuticula, Wachs, Kork, Haare, Spalt-
öffnungen). Der Laubsproß gibt, wenn er richtig verstanden wird,
die deutlichsten Zeugnisse über die Naturverhältnisse, unter denen die
Pflanze aufgewachsen ist (2. Kap., S. 21ff.). Und am vegetativen Sproß
sind es besonders die Laubblätter, welche die größte Mannigfaltigkeit
zeigen und am deutlichsten die Epharmonie der Pflanze abspiegeln.
Ferner ist die Natur der Wurzeln ein Faktor; je größer die auf-
saugende Fläche ist, desto mehr Wasser wird in derselben Zeit auf-
genommen werden können; je tiefer die Wurzeln hinabdringen, desto
mehr Sicherheit gibt es dafür, daß die Wasserversorgung zur ns
zeit nicht unterbrochen werde.
Die äußeren Faktoren wurden schon im ersten Abschui be-
handelt; es sind namentlich das Licht (2. Kap.), das Sättigungsdefizit
der Luft (4. Kap.), die Luftbewegungen (5. Kap.), die Beschaffenheit,
namentlich die Wassermenge des Nährbodens (9. Kap.) und die Konzen-
tration; eine zu starke Lösung der Nährsalze setzt die Verdunstung
herab. Häufig werden durch auf weite Strecken wirkende klimatische
Faktoren die Bodenverhältnisse wesentlich beeinflußt!) (z. B. as
bildungen in den Heidegebieten).
Die Anpassung der Landpflanzen schreitet zur Ermöglichung des
Lebens in der unmittelbaren Berührung mit der Luft etwa in u
Weise fort:
1. Einschränkung des Wasserverlustes, d. h. Regulierung den
Verdunstung. /
2. Vermehrung resp. Erleichterung der Wasseraufnahme, d.h. Ent-
wicklung besonderer Organe zur Wasserabsorption. ie
3. Einrichtungen zur Wasserspeicherung, d.h. Entwick be-
sonderer Wasserspeicherapparate. Es
In den folgenden drei Kapiteln sollen diese Anpassungen besprochen
werden und in einem folgenden eine Darstellung von einigen bestimmten
Charakterzügen im anatomischen Aufbau und besonderen Lebensformen
der Landpflanzen gegeben werden, deren Nützlichkeit für die Pflanzen
1) Vergl. auch Clements 1905.
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 901
nicht immer physiologisch klar ist, obgleich die Tatsache ihrer unmittel-
baren Beziehungen zu einem trockenen Standorte außer Zweifel ist.
Zu Beginn sei bemerkt, daß der Grad der Anpassungen der Land-
pflanzen an das Leben an der Luft ungeheuer verschieden sein kann,
je nachdem die äußeren Lebensbedingungen mehr oder weniger extrem
sind, wie soeben erwähnt (Kap. 23).
25. Kap. Regulierung der Verdunstung
In der neueren Zeit wurden vielfach Versuche gemacht, um die Stärke
der Transpiration der Pflanzen im Freien genauer zu bestimmen, z. B. von
Livingston, Gleason und Gates, Hesselman, Yapp, Fuller, Dachnowski.
Die Höhe der Verdunstung wird in hohem Grade von der vor-
schiedenen Natur der Pflanzenvereine bedingt. In den verschiedenen
Schichten desselben Pflanzenvereins (z.B. über und unter den Baum-
kronen) kann sie sehr verschieden sein. Für das Verständnis des Baues
der einzelnen Pflanze und des gesamten Vereins sind solche Unter-
‚suchungen von der allergrößten Bedeutung.
Die Regulierung der Transpiration resp. Beleuchtung (in diesem und den
beiden folgenden Kapiteln) und ihre Einschränkung in trockenen kritischen
Zeiten wird besonders bei den Xerophyten durch folgende Mittel besorgt:
Kap. 25:
A. Der anatomische Bau reguliert die Verdunstung.
B. Die Verminderung der verdunstenden Oberfläche, ent-
weder durch Bewegungen (Faltungen usw.) oder durch Ver-
kleinerung der Oberfläche der Blätter oder Stengel, welche stets
in der charakteristischsten Weise den herrschenden Verhältnissen
des Standorts angepaßt sind.
I. Periodische Oberflächenverminderung (S. 214).
II. Bewegungen der Blätter und Stengel: (S. 217).
III. Dauernde Verkleinerung von Laubblatt und Laubsproß.
Eigentümliche Blatt- und Sproßformen (S. 218).
C. Bekleidung mit besonderen Schutzorganen, wie z.B.
Haaren, bedeckenden oft dachziegelartig gelagerten Blattorganen
oder ähnlichen Einrichtungen, welche das Licht schwächen und
auch direkt die Verdunstung herabsetzen (S. 231).
Kap. 26: Regulierung der Beleuchtung der assimilierenden Or-
gane, entweder durch ihre zeitweise Profilstellung, die durch
photometrische, von der jeweiligen Lichtintensität abhängende resp.
beeinflußte Bewegungen hervorgebracht wird, oder durch dauernde
Profilstellung senkrecht zum Einfall der Mittagssonnenstrahlen
(Kompaßpflanzen s. S. 24, Fig. 9).
Kap. 27: Entfernung des Regenwassers von den Blättern.
202 Lebensformen
A. Anatomische Regulierungsmittel
Der durchgreifende Unterschied zwischen Land- und Wasserpflanzen
tritt sehr scharf hervor. Namentlich in folgender Weise finden sich diese
Pflanzen verschieden ausgebildet:
I. Verdunstunng durch die Cuticula, Hautgewebe, S. 202—207.
II. Das Durchlüftungssystem, nämlich a) die Spaltöffnungen und
b) das Intercellularsystem, S. 207.
III. Hydathoden, S. 211.
IV. Das Chlorophyligewebe, S. 213. :
V. Andere anatomische Mittel, um die Transpiration zu regulieren.
Es ist einleuchtend, daß zwischen einem Hautgewebe, das dauernd
von Wasser oder von feuchter Luft umgeben ist, und einem solchen,
das von sehr trockener Luft umgeben und starker Transpiration aus-
gesetzt ist, ein großer Unterschied bestehen muß.
I. Verdunstung durch die Cuticula (Cuticulare Transpiration).
Die Transpiration ist entweder cuticular oder stomatal, d.h. letztere
geschieht durch die Spaltöffnungen, jedenfalls durch das Hautgewebe.
Zuerst betrachten wir die cuticulare Transpiration, welche durch
die äußersten Zellwände der Pflanze stattfindet, das heißt, durch die
Epidermis.
Epidermis. Die Cuticula ist der erste wichtige Transpirations-
regulator; ihre Dicke richtet sich nach dem. Bedürfnis der Pflanze, die
Verdunstung einzuschränken. Doch auch andere Verhältnisse spielen
mit ein, denn Bergen!) fand, daß die Cuticula von jüngeren Blättern
für Wasser schwerer durchdringbar ist als die der älteren Blätter.
Die Cuticula, bei den Hydrophyten in der Regel sehr dünn, ist bei den
Xerophyten meist dick. Die Außenwände der Epidermiszellen werden
stark verdickt und cuticularisiert; in einzelnen Fällen werden sogar
Kristalle von oxalsaurem Kalk oder Kieselsäure eingelagert. Die
Epidermiszellen selbst werden polygonal und erhalten gerade Wände.
Die Blätter werden wegen der Beschaffenheit der Epidermis lederartig
und glänzend, was besonders ein allgemeines und auffallendes Merkmal
tropischer Bäume ist, aber auch bei Pflanzen gemäßigter Klimate mit
lange lebenden Blättern vorkommt (z. B. bei lex aquifolium, mehreren
Koniferen, Vinca u. a.). Dieser Glanz gibt an, daß ein Teil des Lichtes
von den Blättern reflektiert wird, was diesen vielleicht von Nutzen
ist?). Hin und wieder haben allerdings auch Schattenpflanzen matt-
glänzende Blätter (z. B. Arten von Pirola u.a.). Oft ist die Cuticula
mit feinen Leisten versehen, besonders wenn die Zellwand nach außen
!) Bergen 1904 b.
2) Wiesner 1876.
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 203
gewölbt ist. Vesque!) und Henslow?) stellten hierüber die Hypothese
auf, daß es zu der Zerstreuung und der Dämpfung der einfallenden
Liechtstrahlen diene.
Wachs, das auf der Oberfläche ausgeschieden ist, setzt die Ver-
dunstung herab, was Tschirch®?) und Haberlandt*) durch Versuche be-
wiesen haben. Bei Capparis spinosa in der
ägyptischen Wüste z. B. bildet sich am An-
fange der regenlosen Periode eine dicke
Wachsschicht auf den Blättern, so daß die
Transpiration gewiß fast vollständig unter-
drückt wird’). Die Wachsschichten können \ UN \
sehr dick, z. B. bei Sarcocaulon (Südafrika) \ 5
über 1 mm dick sein®) und bei der Wachs- Fig. 87. Wachsauscheidungen
a “ ” } auf Zuckerrohr.
palme bis 5 mm. Wachsüberzüge rufen einen (Nach Straßburger.)
bläulichen Reif oder eine graue Decke hervor.
Bereifte Blätter haben gewöhnlich keine scharfen Zähne am Blattrande,
höchstens abgerundete und solche, die mit einem Wasserausscheidungs-
apparat versehen sind (Fig. 87).
Wachsausscheidungen verhindern, daß Regenwasser die Blätter
benetzt, und schützen somit ombrophobe Blätter (s. S. 56) gegen Regen’).
Die Epidermis führt bei Wasserpflanzen und Hygrophyten oft
Chlorophyll, die der übrigen Landpflanzen ist dagegen meist farblos.
Sie ist nach Westermaier?) ein Wassergewebe.
Durch verschiedene Inhaltsstoffe kann die Epidermis angeb-
lich für Wasserdampf minder durchdringlich werden (s. weiter unten). Ob
Gerbstoff, der sich oft besonders in der Epidermis findet, namentlich
im Winter bei überwinternden Laubblättern?), und der auch bei Steppen-
und Wüstenpflanzen, z. B. bei Alhagi, Monsonia, Astragalus, Tamarix,
mit dem Wassergewebe in Verbindung zu stehen scheint!®), eine Rolle
spielt, weiß man nicht. Hingegen spielt Anthocyan, der rote in vielen
Pflanzen, besonders in der Epidermis, auftretende Farbstoff, vielleicht
dadurch eine Rolle!!), daß es Wärme absorbiert und dadurch die Transpi-
ration steigert; andere Forscher deuten den Nutzen dieses Farbstoffes
!) Vesque 1882 a.
?2) Henslow 1894.
3) Tschirch 1882.
*) Haberlandt 1904, 1905.
5) Volkens 1887.
6) Vergl. Marloth 1908.
?) Burgerstein 1904.
8) Westermaier 1882.
®) Warming 1884.
10) Volkens 1887; Henslow 1894.
1) Engelmann 1887; Stahl 1880 — 9.
204 Lebensformen
in ganz anderer, z. T. fast entgegengesetzter Weise (vergl. S. 27). Tat-
sache ist, daß es sich häufig bei jungen Pflanzenteilen und bei Keim-
pflanzen findet, die Schutz gegen starkes Licht und gegen damit einher-
gehende starke Verdunstung bedürfen (besonders in den Tropen; bei der
Entwicklung des Laubes sind sehr viele junge Sprosse rotbraun) ?!).
IA,
RI
Bar Es
WND
=
Fig. 88. Thymelaea hirsuta. A. Querschnitt durch das ganze Blatt. B. Ein Stück
desselben, stärker vergrößert. C. Oberhaut mit verschleimten Innenwänden. D. Spalt-
öffnung, unter dem Schutze der Haarkleidung. E, F. Oberhaut der Ober- und Unterseite. E
(Nach F. Börgesen.)
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ZEM mms>
Fig. 89. Querschnitt durch das Blatt von Empetrum nigrum. A. L der große Luft-
raum mit Drüsenhaaren und vorragenden Spaltöffnungen. B. Ein Stück von A, stärker
vergrößert, ce Cuticula, v Außenwand der Epidermiszellen, / Zelllumen, g verschleimte
Innenwand. (E. Warming.)
Die Verschleimung der Innenwände der Epidermis muß dann
erwähnt werden?). Bei vielen Xerophyten, besonders bei Holzpflanzen,
quellen diese gallertartig auf (Beispiele Empetrum, Arbutus unedo u.a.
Ericaceen, Haloxylon, Calligonum u. a.). Vielleicht dient dieses zur
Herabsetzung der Transpiration?), vielleicht wird dadurch ein Wasser-
!) Pick 1882; Kny.
?) Vergl. auch 8.27 und die Fig. 88 und 89.
®) Volkens 1887.
u ar ee
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 205
behälter gebildet!). Hieran schließt sich wohl am nächsten der Schleim-
kork, welcher bei Haloxylon, Halimodendron, Calligonum u. a. Wüsten-
pflanzen mit gewöhnlichem Schutzkork abwechselt; er ist quellungsfähig,
nimmt begierig Wasser auf und wird dann bloßgelegt nach Sprengung
des außerhalb liegenden Schutzkorkes. Bei Halimodendron dient die
sekundäre, mit den Jahren mächtige Rinde als Wasserspeicher, sowie
auch als Schutzmittel gegen extreme Temperaturen (B. Jönsson).
Schleim wird in gewissen Fällen von Haaren gebildet (Hansteins
Kollateren), z. B. in den Knospen von Polygonaceen; er dient vielleicht
zur Wasseraufnahme, hemmt möglicherweise auch die Verdunstung. Da
Schleim außerordentlich schwer ganz austrocknet, erhält er in kritischen
Zeiten das Leben der Zellen, in denen er sich befindet.
„Lackierte* Blätter. Harz oder ähnliche Stoffe werden von
Haaren auf der Oberfläche vieler Xerophyten, besonders solcher der
südlichen Halbkugel ausgeschieden. Die Blätter werden dadurch klebrig
und erscheinen wie „lackiert“; sie erhalten eine glänzende, glasartige
Decke; die Wände der Epidermis sind dünn und schwach eutieularisiert?).
Der Kreosotstrauch in Nordamerikas Wüsten hat Blätter, welche in der
Jugend dünn sind, aber allmählich mit Lack überzogen werden). Ebenso
Euryops-Arten (Harpixsträucher) in Südafrika®). In den Peruanischen
Anden in 1800—3200 m Höhe haben viele Arten klebrige, harzähnliche
Stoffe (Weberbauer).
Salzkrusten werden auf der Oberfläche gewisser Wüstenpflanzen
gebildet, die dadurch am Tage ein graues Aussehen erhalten und gegen
Transpiration geschützt werden; nachts zerfließen diese Krusten, indem
sie aus der Luft Feuchtigkeit aufnehmen (Kap. 28). Die Kalk abson-
dernden Drüsen bei Plumbaginaceen, bei gewissen Tamarix- und
Saxifraga-Arten sollen wohl gleichfalls der Hemmung der Verdunstung
dienen, aber ihre Hauptfunktion liegt vielleicht doch darin, schädliche
Salze zu entfernen?).
Eine Tatsache, die vielleicht von allergrößter Bedeutung ist und
möglicherweise den eigentlichen Grund für viele der erwähnten Verhält-
nisse darstellt, namentlich soweit sie die Epidermis selbst betreffen, ist
folgende: Pflanzenteile von Meso- und Xerophyten, die sich von Wasser
benetzen lassen, welken weit leichter als solche, die nicht benetzt werden
können. Den Grund für diese vermehrte Transpiration sucht Wiesner
1) Pfitzer, Westermaier; Tschirch; siehe auch Walliezeck, Vesque, Radlkofer;
B. Jönsson 1902.
2) Volkens 1890; Marloth 1902; Diels 1906.
®) Coville 1893.
4) Marloth 1908 usw.
5, Marloth 1897 a.
206 Lebensformen
in einer durch das Wasser hervorgerufenen eigentümlichen Quellung der
Zellwände, wodurch der Verdunstungswiderstand vermindert werde. Die
vielen erwähnten Mittel, die Transpiration herabzusetzen, werden z. T.
die Pflanzenteile auch gegen Benetzung schützen und auf diese Weise
starke Transpiration verhindern.
Kork. Daß dieser durch seine mit Luft erfüllten Hohlräume und
seine anderen Eigenschaften die Transpiration einschränkt, ist durch
Erfahrung und Versuche klar bewiesen. Seine Mächtigkeit steht bis-
weilen mit der Trockenheit des Klimas offenbar in direkter Verbindung,
was z. B. aus dem Unterschiede zwischen den Bäumen der brasilianischen
Campos und der diesen direkt angrenzenden Wälder hervorgeht. Der
austrocknende Einfluß der Camposbrände scheint den Kork zu weiterem
Wachstum anzuregen — eine Selbstregulierung der Natur!). Sehr
dicke Korkmäntel finden sich bei mehreren Wüstenpflanzen, z. B. bei
Dioscorea (Testudinaria) elephantipes in Südafrika, Coceulus leaeba in
Ägypten.
B C
Fig. 90. A. Rissige Borke der Eiche; B. Schuppenborke der Fichte; C. Birke.
(E. Warming.)
In den Luftwurzeln von einigen Orchideen und Araceen ist ein
eigentümliches, mechanisch wirkendes Gewebe als Velamen ausgebildet,
welches die Wurzel mit einer Schicht von meist mehreren Lagen von
Zellen umgibt und den Zweck hat, Wasser zu absorbieren (vergl. Fig. 27).
Die Zellen sind denen von Sphagnum, die gleichfalls Wasser absorbieren,
ähnlich; sie sind dünnwandig, mit ringförmigen, netzigen oder spiraligen
Verdiekungen. Wenn die Zellen mit Luft gefüllt sind, erscheint das Velamen
weiß, sobald sie aber Wasser aufgenommen haben, scheint das darunter
liegende grüne Gewebe der Wurzel mehr oder weniger stark durch.
Tropfbar flüssiges Wasser wird plötzlich von dem Velamen aufgesogen
und kann von ihm in Berührung mit dem Leitungsgewebe gebracht
werden. Möglicherweise kann auch Wasser in Dampfform von dem
Velamen aufgenommen werden, doch erscheint das recht unsicher.
1) Warming 1892, mit Abbildungen.
an er a a a EEE ai En nz a a een at
a a nd Falun 0 Ti ah a ee a Se a a te
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 9207
Wehmer deutet aber den Zweck des Velamens ganz anders, er faßt es
als eine Schutzeinrichtung gegen Verdunstung auf').
Hier mag auch noch erwähnt werden, daß die Wurzeln vieler
xerophytischer Landpflanzen eine sehr dieke Endodermis entwickeln,
welche wahrscheinlich auch als Verdunstungsschutz dient.
II. Das Durchlüftungssystem (Stomatäre Transpiration). Die
Intereellularräume sind die Orte, an denen hauptsächlich die Verdunstung
stattfindgt; die transpirierende Oberfläche einer Pflanze darf nicht nur
nach d®®An die Atmosphäre unmittelbar grenzenden Oberfläche, sondern
muß auch nach der Wandoberfläche aller Intercellularräume bemessen
werden. Man kann dann von vornherein sagen, daß die Luft führenden
Intereellularräume bei den Xerophyten viel enger sein und hierin im
Fig. 91. Querschnitt durch ein Buchenblatt (350:1). eo Epidermis der Oberseite;
pa Palisadenparenchym; sp Schwammparenchym; ew Epidermis der Blattunterseite;
s Spaltöffnung. (Nach Prantl) — Zum Vergleich s. die Ausbildung des Durchlüftungs-
systems bei Wasserpflanzen Fig. 47 S. 143 und Fig. 92 S. 208.
größten Gegensatze zu denen der Wasserpflanzen stehen müssen, wo
sie, wie S. 143 angeführt, sehr groß sind (ausgenommen die lithophilen
Hydrophyten). Desgleichen ist der Unterschied in der Anzahl und der
Verteilung der Spaltöffnungen zwischen beiden Gruppen von Pflanzen
außerordentlich groß.
a) Die Spaltöffnungen sind, wie Schwendener nachgewiesen
hat, durch ihren Bau zu der Regulierung der Verdunstung eingerichtet:
sie schließen sich, wenn die Gefahr starker Transpiration eintritt, z. B.
wenn die Blätter wegen ungenügende Wasserzufuhr zu welken anfangen;
auch viele überwinternde Blätter halten während der Ruhezeit die Spalt-
öffnungen geschlossen; sie öffnen sich erst wieder, wenn die ungünstige
Jahreszeit ihr Ende erreicht hat. Die Schließzellen gewisser Wüsten-
pflanzen sind nur bei jungen Blättern beweglich, bei den alten aber
") Burgerstein 1904, S. 69.
208 Lebensformen
wegen starker Wandverdickungen unbeweglich, und der Spalt kann mit
Wachs und Harz verstopft sein).
Lloyd fand doch durch Versuche mit nordamerikanischen Wüsten-
pflanzen (Fouquiera splendens, Verbena ciliaris), daß man aus dem augen-
blicklichen Zustande des Schließmechanismus auf die Intensität der Ver-
dunstung schließen kann.
Die Anzahl der Spaltöffnungen hängt von der Natur der Umgebung
ab; für die in der Luft befindlichen oberirdischen Pflanzenteile gilt im
im großen und ganzen als M@el, daß
je trockener der Standort ist, desto
weniger Spaltöffnungen auftreten, was
man am besten sieht, wenn man nahe
verwandte Arten vergleicht ?).
Die Verteilung der Spalt-
öffnungen steht mit der Transpira-
tion und den Feuchtigkeitsverhältnissen
in engstem Zusammenhange. Wiesen-
gräser haben in der Regel auf beiden
Blattseiten Spaltöffnungen, Steppen-
gräser in der Regel nur auf der ge-
furchten Oberseite?); andere Xero-
phyten haben gewöhnlich nur auf der
Fig. 92. Potamogeton natans. Unterseite Spaltöffnungen, wo sie oft
Querschnitt durch ein Schwimmblatt unter Verdunstungshindernissen ver-
(150:1) mit großen Luftkanälen. borgen sind x
(Nach Raunkiär.) > Er
Vergl. auch Fig. 47 $. 143. Die Spaltöffnungen werden bei
Xerophyten auf verschiedene Weise
unter das Niveau der Oberfläche eingesenkt: in Gruben, Furchen usw.,
die oft mit Haaren bekleidet sind, wodurch erreicht wird, daß die Luft
_ aus ihnen schwierig heraustreten kann, d. h. daß die Transpiration
herabgesetzt wird. Folgende Mittel werden angewandt:
Der einfachste Fall ist der, daß außerhalb der einzelnen Spalt-
öffnung eine schalen-, krug- oder trichterförmige Höhle gebildet wird,
entweder dadurch, daß die QCuticula leistenförmig hervorragt (Vorhof),
oder dadurch, daß sich die Nachbarzellen über die unter das Niveau
der Oberfläche eingesenkte Spaltöffnung emporwölben (äußere Atem-
höhle)®), z.B. bei Pinus silvestris. Bei Euphorbia paralias wird die
‘) Wilhelm 1883; Volkens 1890; Gilg 1891.
°) Pfitzer 1870—72; Zingeler 1873; Czech 1869; Tschirch 1881; Volkens 1881;
Altenkirch 1894.
?) Pfitzer 1870—72.
*) Vergl. Tschirch 1882 a.
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 209
Spaltöffnung von niedrigen Papillen umgeben '), ebenso bei verschiedenen
Gräsern und Carices?).
Gruppenweise in Gruben eingesenkt, die auf der Unterseite der
Blätter liegen, deren Eingänge verengert und mehr oder weniger durch
Haare verschlossen sind, finden sich die Spaltöffnungen bei Nerium
Fig. 93, Banksia u.a. In Längsfurchen eingesenkt treten sie bei
sehr vielen Pflanzen auf und kommen dann gewöhnlich nur in diesen
Furchen vor, deren Ränder oft mehr oder
weniger mit Haaren besetzt sind. Viele
Stengel, namentlich solche der Rutensproß-
formen, haben tiefe Furchen, wo allein sich
die Spaltöffnungen befinden (Casuarina,
Ephedra, Acanthosieyos horrida, Genista-
Arten usw.). Auf der Oberseite der
Blätter finden sich die Furchen bei vielen
Steppengräsern, und hier können die
Furchen obendrein oft verengert und die
Spaltöffnungen durch Zusammenrollen der
Blätter mehr eingeschlossen werden (Wein-
gaertneria canescens, Festuca ovina, Cala-
magrostis [Ammophila], Aristida, Stupa,
Sporobolus spicatus, Oynodon dactylon u.a.);
vergl. auch S. 217. Auf der Unterseite
oleander, Teil
Nerium
eines Blattquerschnittes.
Fig. 93.
9 Schwammparenchym; 5 Pali-
sadenparenchym der Unterseite des
isolateralen Blattes; c Wasser-
gewebe; d Epidermis; f Eingang
in die mit Haaren bekleidete Grube,
in welcher die Spaltöffnungen (g)
liegen. (Nach Belzung.)
der Blätter finden sich bei vielen Xero-
phyten mit Haaren bekleidete Furchen oder breitere Rinnen, z. B. bei
Empetrum (s. Fig. 89), Phyllodoce, Calluna, Erica-Arten, Loiseleuria
procumbens, Ledum palustre, Cassiope tetragona?), Dilleniaceen*), bei
südafrikanischen Arten der Gattungen Rhus, Grubbia, Phylica usw.°).
Auch andere Blätter, deren Ränder weniger zurückgerollt sind und deren
Spaltöffnungen auf der behaarten Unterseite liegen, können hierher ge-
rechnet werden, z. B. die von Dryas octopetala.
Sind die Blätter dauernd stark aufwärts gerichtet, so daß die
Rückseite die sonnenreichste ist, so kann diese so ausgebildet werden
wie sonst die Oberseite und Palisadengewebe erhalten; die Furche mit
den Spaltöffnungen findet sich dann auf der Oberseite (z. B. bei Passerina
filiformis, Ozothamnus, Lepidophyllum)®). Der Wasserdampf wird also
bei diesen Pflanzen auf mehr als eine Art gehindert, leicht herauszutreten.
Vergl. Fig. 88, S. 204, Thymelaea hirsuta.
1) Giltay 1886.
®2) Volkens 1890; Kihlman 1890; Raunkiär 1895 —99.
°) Warming 1887, 1908; H. E. Petersen 1908.
*, Vergl. Steppuhn 1895.
», Marloth 1908.
>) Lazniewski 1896; Goebel 1891.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 14
210 Lebensformen
Daß diese Verhältnisse zu der Trockenheit des Klimas in direkter
Beziehung stehen, sieht man an Arten wie Ledum palustre und Andro-
meda polifolia; je mehr dem Winde und der Trockenheit ausgesetzt, desto
kleiner sind die Blätter und desto mehr zurückgerollt ihre Ränder?).
Die zuletzt genannten Fälle bilden den Übergang zu den flachen
und breiten Blättern, wo eine dichte Decke von Filz- oder Schildhaaren
(wie bei Olea, Rhododendron und Elaeagnaceen) oder anderer Haar-
bekleidung auf der Blattunterseite die einzige Bedeckung oder Schutz-
wehr der Spaltöffnungen ist (vergl. auch Fig. 19, 20). Solche Blätter haben
bisweilen auf der Unterseite stark hervorspringende Nerven, und die
Spaltöffnungen liegen dann in den Nervenmaschen, also doch ein wenig
eingesenkt (z. B. bei Lantana involuerata in Westindien, nach Warming).
Auf der Oberseite des Blattes findet sich ein dichtes Haarkleid als
Decke über die in solchen Fällen hervorragenden Spaltöffnungen bei
einigen aufrecht angedrückten Blättern, während die Unterseite nach
außen gekehrt, dunkelgrün und glänzend ist, z. B. Thymelaea hirsuta,
Fig. 88.
Spaltöffnungen, die in „windstillen“, mit Wasserdampf erfüllten
Räumen oder durch eine dichte Haardecke eingeschlossen sind, findet
man meist über die Blattoberfläche gehoben, gleichwie bei Blättern von
Pflanzen, die im ganzen in feuchter Luft leben. Die dicke Haardecke
schließt ebenso, wie es durch feste Einrollung der Blätter usw. geschieht,
die vor der Spaltöffnung lagernde Luft von der unmittelbaren Berührung
mit der bewegten und meist auch trockenen Luft ab.
b) Die Intercellularräume. Schon der Bau der Atemhöhlen
kann zu der Regulierung der Transpiration dienen, z. B. dadurch, daß
sie cuticularisierte Wände erhalten, daß sie von besonderen Zellen um-
geben werden (Kestionaceae), oder dadurch, daß sie sehr klein werden.
In manchen Fällen erstreckt sich die Cuticula von der Außenfläche der
Epidermis durch die Spaltöffnung hinab über die Wände der Atemhöhle?).
Im allgemeinen gilt, daß die Luft führenden Intercellularräume
bei den Xerophyten aus den vorhin angeführten Gründen sehr eng
sind?). Jedoch können Ausnahmen hiervon vorkommen, z.B. bei den
Restionaceen, wo außer sehr engen Gürtelkanälen auch große Lufträume
vorkommen, die vielleicht bei der Kohlensäureassimilation eine Rolle spielen.
Die erwähnten Gürtelkanäle finden sich auch bei Hakea suaveolens
(australische Wüstenpflanze), Olea Europaea, Kingia*), auch bei einigen
Sandgräsern, wie Festuca rubra und Tritieum acutum®), und anderen
!) Warming 1887.
?) De Bary 1877, S. 79; Pfitzer 1870—72; Gilg 1891.
®) Vergl. z.B. Altenkirch 1894, Messungen von Atemhöhlen.
*) Tschirch 1881, 1882.
°) Nach Giltay 1886.
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 211
Pflanzen und sind enge Intercellularräume, die in Gürtelform quer um
die Palisadenzellen gehen; durch diese Umwege muß das Entweichen
des Wasserdampfes erschwert werden. Gewisse Wüstenpflanzen, wie
Oynodon dacetylon und Sporobolus spiecatus, haben einen Wirrwarr von
äußerst feinen, verschlungenen intercellularen Kanälen); es ist aber
nicht sicher, daß diese verschiedenen Formen von Intercellularen die
Aufgabe haben, die Transpiration herabzusetzen.
A
Fig. 94. Hydathoden. A. Blatt von Tropaeolum mit ausgeschiedenen Wassertropfen
(nach Noll); B. Blatt von Caltha palustris (E. Warming); (©. Längsschnitt durch einen
Blattzahn von Primula Sinensis, o Epidermis der Oberseite, w Epidermis der Unterseite,
p Wasserspalte, 9 im Epithem endigende Tracheiden. (Nach De Bary.)
III. Hydathoden. Die Regulierung der Wassermenge innerhalb
der Pflanze wird auch durch Organe ausgeführt, welchen Haberlandt?)
den Namen Hydathoden (d. h. Wasserwege)?) gegeben hat. Das Wasser
wird von ihnen in Tropfenform ausgeschieden. Sie finden sich auch bei
einigen Landpflanzen, und zwar sowohl in gemäßigten Klimaten, wie in
den Tropen, bei Bäumen sowohl wie bei Kräutern. Wenn die Transpi-
ration durch die zunehmende Sättigung der Luft an Wasserdampf ver-
mindert wird (das Sättigungsdefizit S. 49 also zu schwinden beginnt),
und daher die Intercellularräume vielleicht mit Wasser gefüllt werden,
wird die Gefahr der Erstickung durch die „Guttation*, die Tropfen-
ausscheidung, aufgehoben (Fig.94). Die einer solchen Wasserabsonderung
dienenden Organe sind hauptsächlich folgende:
1. Epidermiszellen von einem bisweilen merkwürdigen Bau, oder
eigentümliche Haare (einzellige oder mehrzellige; diese oft in der Form
1) Volkens 1887.
®) Haberlandt 1894, 1895, 1904.
%, Von 5dwp Wasser und bog Weg.
r 14*
212 Lebensformen
der Drüsenhaare); da diese Organe auf beiden Seiten der Blattspreite,
besonders unterseits, auftreten, so erscheinen die ausgeschiedenen Wasser-
mengen auf den Blättern wie Tautropfen. |
2. Bei einem Teile der Farne sind die Hydathoden eigentümliche
Drüsenflecke auf der Blattspreite.
3. Die bekannten, wie große Spaltöffnungen gebauten Wasser- “
poren, die sich häufig auf der Oberseite der Blattzähne über einem
kleinzelligen, dünnwandigen, gewöhnlich farblosen Gewebe (Epithem)
vorfinden, in welchem Nerven endigen (Fig. 94, B, C).
Weiter kann Wasser auch ohne Mitwirkung von Hydathoden durch
eine Epidermis ausgeschieden werden, die nach außen gerichtete Poren
Fig. 95. Cakile aequalis, aus Westindien. Isolaterales Blatt mit etwa drei Schichten
Palisadenzellen an jeder Seite. 2. Eine Zwischenschicht von lose liegenden chlorophyli-
haltigen Zellen, kein Wassergewebe. Die Epidermis ist an jeder Seite gleich gebaut;
einige Zellen haben verschleimte Innerwände (sl in 3 und 4). Die Spaltöffnungen im
Niveau der Epidermiszellen (5, 6). (E. Warming, 1897.)
besitzt. Schließlich wird Wasser ohne die Tätigkeit lebender Zellen,
z.B. bei den Gräsern, ausgeschieden, im Gegensatze zu den vorher-
‘gehenden Fällen, in denen lebende Zellen notwendige und aktive
Organe sind.
IV. Das Chlorophyligewebe. Es ist eine Eigentümlichkeit der
allermeisten Landpflanzen, daß sie ein Palisadengewebe haben, und
zwar entweder nur auf der Oberseite der dann dorsiventralen Blätter,
oder an den isolateralen Blättern auf beiden oder allen Seiten. Bei
Wasserpflanzen besteht dagegen das Assimilationsgewebe gewöhnlich aus
gleichförmigen, rundlichen Zellen (Fig.47). Bezeichnend für dieXerophyten
ist bedeutende Entwicklung des Palisadengewebes, indem entweder die
Zahl der Zellschichten vermehrt, oder die Höhe der Schichten (die Länge
der Zellen) vergrößert wird, oder auch beides vorkommt!); vergl. Fig. 95. 5
%) Vergl. Heinricher 1884; Haberlandt 1894, 1904; E,$. Clements 1908.
r
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 913
Kap. 4 S. 50 wurde die Meinungsverschiedenheit, die in der Er-
klärung dieses Bauverhältnisses herrscht, erwähnt und die Vermutung
ausgesprochen, daß dieses mit der Trockenheit der Luft und mit der
Transpiration in nächster Verbindung stehe.
Das Licht spielt sicherlich auch eine Rolle, denn die hier und da
vorkommende schiefe Orientierung der Palisadenzellen zu der Epidermis
muß durch die Beleuchtung hervorgebracht sein!). Vergl. Fig.15, 16, 8. 29.
V. Andere anatomische Mittel, um die Transpiration zu regu-
lieren. Ätherische Öle kommen besonders bei Xerophyten vor; die
Garigues und die Macchie der Mittelmeerländer?), die Campos Bra-
siliens u. a. Vegetationen duften von Cisius, Labiaten, Verbenaceen,
Kompositen, Myrtaceen u. a., wie unsere Sandfelder von Thymian, oder
die Steppen Asiens von Artemisien. Die ursächliche Verbindung zwischen
der Trockenheit des Klimas und des Bodens und dem Vorkommen des
Öles ist nicht aufgeklärt, der Nutzen auch nicht. Ätherische Öle ver-
dunsten leichter als Wasser und umgeben die Pflanze mit einer wohl-
riechenden Luft. Nach Tyndall ist die an ätherischen Ölen reiche Luft
weit weniger diatherman, d.h. weit weniger imstande, strahlende Wärme
durchgehen zu lassen, als reine Luft; die ätherischen Öle werden dem-
nach die Bestrahlung und dadurch die Transpiration vermindern können ’?).
Marloth stellt sich zweifelnd dieser Deutung gegenüber, weil die Drüsen
bei Hitze nicht entleert werden.
Daß ätherische Öle außerdem anderen Nutzen schaffen können,
z.B. den besonders von Stahl*) hervorgehobenen, gegen pflanzenfressende
Tiere zu schützen, ist möglich.
Der Nutzen des Milchsaftes ist nicht sicher erkannt; nach einigen
sind die Milchröhren Leitungsbahnen°), nach anderen (z. B. Kerner) ein
Schutz gegen Tiere (Oichorioideen)®). Vielleicht hat die „Milch“ mehr
als eine Aufgabe, die eine dürfte die sein, die Pflanze gegen Austrock-
nung zu schützen. Dafür spricht, daß solche Milch enthaltenden Organe
in den Tropen und besonders in heißen und trockenen Gegenden häufig
auftreten, und zwar oft bei Pflanzen, die groß- und dünnblättrig sind
und anscheinend kein anderes Mittel haben, um das durch Transpiration
verlorene Wasser zu ersetzen (Warming).
Durch die verschiedenen oben beschriebenen Einrichtungen ist die
Verdunstung der Laubblätter in Einklang gebracht mit den verschieden-
!) Pick 1882; Warming 1897; Raunkiär 1905, 1908.
?) Vergl. Beck 1901 und andere.
®) Volkens 1887 und andere.
*) Kniep 1894; Stahl 1904a usw.; Burgerstein 1904, 8. 133, 214; vergl. auch
Detto 1903.
5) Haberlandt; Schullerus; Pirotta u. a.
°) Vergl. auch Zander 1896.
214 Lebensformen
sten Eigenschaften der Umgebung. Man darf deshalb aber doch nicht |
schließen, daß ein xerophytischer Blattbau unvereinbar sei mit der Fähig-
keit, stark zu verdunsten. So fand z. B. Bergen!), daß die absolute
Menge des verdunsteten Wassers, also der Wasserbedarf der Pflanzen
in der gleichen Zeit, kaum niedriger war in den’ typischen Sonnen-
blättern (Heliophylien) gewisser immergrüner Gehölze, zu denen auch
Olea Europaea und Quercus ilex gehören, als in den dünnblättrigen
Ulmus campestris und Pisum sativum.
B. Verminderung der verdunstenden Oberfläche
Die Ausdehnung der verdunstenden Oberfläche spielt für die Höhe
der Verdunstung, für die Menge des verlorenen Wassers eine wichtige 3
Rolle: alle anderen Verhältnisse als gleich vorausgesetzt, wird die Ver- 4
dunstung desto größer sein, je größer die verdunstende Oberfläche ist,
und zwar wird die Verdunstung im wesentlichen im Verhältnis der
Öberflächenvergrößerung steigen. Dort wo Laubblätter im wesent-
lichen die Organe sind, aus denen die Verdunstung stattfindet, sind es
ihre Größe und ihre Zahl, welche diese Funktion regulieren und welche
deshalb an den verschiedenen Arten im. Einklange mit den klimatischen
Verhältnissen verschieden gebaut sind, ja öfter an derselben Art je nach
der Verschiedenheit des Standorts abändern. In den folgenden Para-
graphen werden verschiedene Einrichtungen besprochen werden, die der
Herabdrückung der Verdunstung dienen. Vergl. auch Kap. 4.
I. Periodische Oberflächenverminderung
Immergrüne Pflanzen finden sich dort, wo die ökologischen Ver-
hältnisse das ganze Jahr hindurch annäherungsweise gleich sind (z.B. in
den tropischen Regengebieten). Wo eine solche Gleichheit nicht vorhanden
ist, werden die Pflanzen sommergrün; vergl. indessen die arktischen.
Die gründlichste Art, wie die Pflanze ihre verdunstende Oberfläche
vermindern kann, ist, alle stark verdunstenden Teile bei Beginn der
trockenen Zeit abzuwerfen. Dieses geschieht erstens bei allen ein-
Jährigen Pflanzen, die nach der Samenreife absterben: die Samen E
solcher Pflanzen sind nämlich gegen Austrocknung sehr widerstandsfähig. °
Im Einklange hiermit ist der Prozentsatz ephemerer Arten in Wüsten. #
und ähnlichen Gebieten sehr groß; in der: kurzen, bisweilen nur wenige
Wochen dauernden Regenzeit vollenden sie ihren ganzen Lebenslauf,
keimen, blühen, reifen Samen und sterben, so daß sie die trockene Zeit 3
in der Form der in den Samen eingeschlossenen Keime überdauern (z.B.
Odontospermum [Asteriseus] pygmaeum)?) Fig. 96, Anastatica Fig. 26. |
!) Bergen 1904 a.
2) Volkens 1878.
ri
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 915
Eine ganz ähnliche Form der Oberflächenverkleinerung findet sich
‚auch bei allen den Zwiebel- und Knollenpflanzen u.a. Arten, deren
unterirdische, bisweilen viele Jahre ausdauernde Sprosse in der trockenen
Zeit Nahrungs- und Wasserbehälter sind; die oberirdischen Sprosse mit
‚den großen, transpirierenden Flächen sind während der Trockenheit ab-
geworfen, und das Leben ruht in jenen meist unterirdischen Sprossen
latent. In Eile entwickeln diese Arten neue Lichtsprosse und Blüten,
wenn wieder Feuchtigkeit eintritt (redivive Pflanzen). Die schnelle
Ankunft des Frühlings nach den ersten Regengüssen in den Wüsten,
Fig. 96. Odontospermum pygmaeum, Fruchtköpfe, links im trockenen, rechts im
befeuchteten Zustande. (E. Graebner; nach der Natur.)
Steppen und ähnlichen Gegenden ist von den Reisenden oft mit Bewun-
derung erwähnt worden. Vergl. Fig. 64, 65. 66, S. 173—175 und Fig. 97.
Ähnlich liegt die Sache bei denjenigen Gehölzen, die vor oder
in der trockenen Zeit oder dem Winter das Laub abwerfen (Laubfall).
Bei diesen (laubwerfenden) sind alle oberirdischen Teile während der
ungünstigen Zeit durch Kork und Knospenschuppen, die mit Kork oder
anderen die Verdunstung hemmenden Teilen bedeckt sind, gegen starke
Transpiration geschützt.
Bei Pflanzen der gemäßigten und kalten Klimate kann die Ruhe-
periode mehrere Monate dauern; ebenso bei den tropischen laubwerfenden
Gehölzen, wo die Trockenzeit lang und regenlos ist; wo dagegen die
Trockenzeit nicht ohne Regen ist, ist die Ruhe kurz oder der Laubfall
findet gleichzeitig mit der Neuerzeugung des Laubes statt').
1) Vergl. z.B. Warming 1892; Volkens 1912.
216 Lebensformen
Fig.97. Oxalis tetraphylia, Zwiebelpflanze,
mit Ersatzsprossen und Saftwurzel.
(E. Graebner; nach der Natur.)
!) Drude 1913.
?) Vergl. übrigens 8. 166, Volkens 1887, 1912; Drude 1913, 8. 162.
3) Volkens 1887,
*) Vahl 1904b.
Be ie 2
Die nur im Sommer belaubten
Pflanzen nennt Drude!) therophyll,
die, deren Blätter eine ganze, volle
Jahresperiode durchmachen, bei Er-
zeugung der neuen Blätter im Früh-
jahr aber absterben (viele Rubus usw.
bei uns), sind wintergrün oder holo-
eyklisch. Die, welche ihre Blätter
wenigstens für eine zweite Vege-
tationsperiode bewahren: immergrün
oder pleoeyklisch. 4
Ob die Jahresperiodizität ein
rein erblicher, also in der Natur der
Pflanze liegender Vorgang ist, oder
ob sie von den äußeren Verhältnissen
abhängt, darüber gehen die Ansichten
sehr auseinander. Das Richtigste ist
wohl anzunehmen, daß sie eine An-
passung an die Lebenslage ist, welche
bei vielen Arten erblich fixiert ist
und jedenfalls nur durch vieljährige
abweichende Einflüsse salgehule =
werden kann?). og
Bei den sommergrünen Pflanzen
ist der Bau der Laubblätter ge-
wöhnlich überhaupt nicht oder doch
nur schwach xerophytisch, sondern
ist in der Mehrzahl der Fälle
mesophytisch, weil eben meist die
Vegetationszeit genügend feucht ist,
In Ägypten?) und dem Niederungs-
lande von Madeira‘), wo die Luft-
feuchtigkeit und die Niederschläge E
selbst im Winter gering sind, zeigen ar
die einjährigen Kräuter an den unkul-
tivierten Flächen Schutzeinrichtungen n:
gegen die Trockenheit, welche den
Pflanzen auf den bewässerten Fe-
dern und Äckern fehlen. Der Schutz
we‘
EN
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 917
gegen Verdunstung ist bei den einzelnen Arten um so mehr ausgeprägt,
je mehr diese ihre Vegetationszeit über das Einsetzen der Trockenzeit
hinaus ausdehnen. Nach Kerner!) sind die Blätter der laubwechselnden
Gehölze an den österreichischen Küsten deshalb so oft unterseits stark
behaart, weil die Sommer so trocken sind.
II. Bewegungen der Blätter und Stengel
Ganz anders wird die verdunstende Oberfläche bei anderen Pflanzen
verkleinert, z. B. bei einem Teile der Gräser, die bei trockenem Wetter
ihre Blätter zusammenrollen, so daß selbst breite Blätter dadurch
röhren- oder fadenförmig werden. Dieses findet sich z. B. beim Helm
(Calamagrostis [Ammophila] arenaria), bei Weingaertneria (Corynephorus)
canescens, Festuca-Arten, Anthoxanihum odoratum und vielen anderen
Heide-, Dünen- und Steppengräsern; in den Mittelmeerländern z. B. bei
Fig. 98. Calamagrostis (Ammophila, Psamma). Blattquerschnitt A bei feuchtem,
B bei trockenem Wetter. (E. Warming.)
Arten von Stupa, Lygeum, Aristida?). Auch bei Gräsern des Salzbodens,
wie Tritieum junceum, kommt es vor. Je nachdem die Trockenheit der
Luft wächst, rollen sich die Blätter ein, und dadurch wird die transpi-
rierende Oberfläche, auf der die Spaltöffnungen ausschließlich oder vor-
zugsweise liegen, der Verdunstung entzogen; die Spaltöffnungen werden
mehr oder weniger in „windstille* Räume eingeschlossen. Bei feuchtem
Wetter breiten sich die Blätter wieder aus. Auch bei den Cyperaceen
kommen ähnliche, obgleich weniger starke Bewegungen vor. Bei den
Gräsern spielen die Gelenkzellen (cellules bulbiformes, Duval-Jouve), die
in den Furchen der Blattoberseite liegen, eine Rolle; sie sind höher als
die anderen Epidermiszellen, und ihre aus Cellulose bestehenden Wände
falten sich beim Einrollen des Blattes leicht ein. Die bewegende Kraft
scheint am ehesten in dem Bastgewebe zu liegen, das sich gewöhnlich
auf der Unterseite der Blätter findet und das nach den Umständen ent-
weder Wasser aufnimmt oder abgibt und dadurch quillt oder einschrumpft.
!) Kerner 1886.
2) Duval-Jouve 1875; Tschirch 1882; Warming 1891 u.a.
918 Lebensformen
Der Turgor des Mesophylis scheint jedoch, jedenfalls in gewissen Fä
eine wichtige Rolle zu spielen). |
Einige Dikotylen zeigen ähnliche Bewegungserscheinungen,
Hieracium pilosella, Antennaria dioeca, Orepis tectorum (nach W
westindische Oroton-Arten, Euphorbia paralias (west- und südeuropäi
Dünenpflanze; nach Giltay). Die Blätter von Erica tetralix sind :
feuchtem Boden weniger eingerollt als auf trockenem Boden?);, )
die Blätter von Ledum palustre.
Selbst bei so xerophytisch gebauten Pflanzen, wie es die Hau:
pflanzen sind, kann man oft beobachten wie sie in Trockenperiod
Rosetten zusammenziehen, so daß die inneren Blätter in den äu
vollständig versteckt werden; stellt sich nun wieder Regen ein,
sich die Rosetten sternförmig aus.
Von Kryptogamen können Farne (Wittrock u. Briosi) und
Moose, namentlich Rhacomitrium- und Polytrichum-Arten genannt
bei trockenem Wetter sind die Blätter von Rh. canescens, ähnlich
von Polytrichum piliferum, zusammengebogen, und die Sprosse
die dicht vereinigten, langen Haare ganz grau; wenn Feuchtigkei (
feuchter Boden) vorhanden ist, sind sie sternförmig ausgebreitet
trichum kann die Blattränder über die assimilierenden und dünnw nd
Zellen der Blattmitte legen. ze:
Sehr bekannt ist Selaginella lepidophylla aus den nordamer f
Wüsten; in Trockenheit rollt sie sich dicht zusammen, bei Wasserz
breitet ie sich aus. Selaginella lepidophylla (Fig. 99) vermag moı
lang anhaltender Trockenheit zu widerstehen. Nach Wittrock kanı
sogar über 10 Jahre in trockenem Zustande leben. Regen und Ta
besonders durch Haare auf den Enden der Blätter sitzen (Stahl).
unter den Farnen finden sich mehrere aus den Gattungen .
Cheilanthes und Notochlaena, die sich bei zunehmendem Wasserv
einwärts rollen, so daß nur noch die mit zahlreichen Schülfern bede
‘ meist rostfarbene Unterseite sichtbar ist.
III. Dauernde Verkleinerung von Laubblatt und Luftsproß
Bei den meisten Pflanzen unserer gemäßigten Klimate ist
verhältnismäßig geringe Körpermasse von einer großen Oberfläc
zogen; bei vielen Xerophyten ist es umgekehrt; dies wird sehr #
mäßig sein, denn hier hat die größtmögliche Pflanzenmasse An mög-
lichst kleinste verdunstende Oberfläche.
Bei sehr vielen Xerophyten sind die verdunstenden Orgauk
namentlich die Laubblätter, außerordentlich an Größe und
*) Duval-Jouve 1875; Tschirch 1882,
2) Graebner 1895.
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 919
flächenausdehnung reduziert, also klein, und damit treten auch Ab-
weichungen in der gewöhnlichen Physiognomie des ganzen Sprosses auf,
besondere xerophile Sproßformen in einer Reihe verschiedener Abände-
rungen. Wassermangel wirkt verkleinernd (Kap. 4); an trockenen, 'san-
digen Standorten werden viele Arten zu Zwergformen. Dieselbe Art
kann auf trockenem Boden kleinblättrig, auf feuchtem großblättrig sein,
z.B. Urtica dioeca, Viola canina, Erodium ceicutarium; mehrere Wüsten-
pflanzen entwickeln bei Beginn der Regenzeit große Blätter, aber später
viel kleinere oder fast gar keine, z. B. Zilla, Alhagi u.a. Die Kleinheit
Fig. 99. Selaginella lepidophylla, links bei feuchtem, rechts bei trockenem Wetter.
(Nach Hieronymus.)
des Blattes ist hier direkt eine Folge der Trockenheit!). Aber Wasser-
mangel hat vermutlich auch beigetragen, eine Reihe erblich konstanter
Typen zu schaffen, namentlich folgende, die sich durchgehends dadurch
auszeichnen, daß sie eine verhältnismäßig unbedeutende Assimilations-
arbeit verrichten, weshalb das Waehstum langsam ist.
Blattformen. Die Blätter der Xerophyten sind gewöhnlich steif
und lederartig, was besonders durch die dicken, stark eutinisierten Wände
der Oberhautzellen hervorgerufen wird („Sklerophyll“)?). Dazu kommt,
1) Vergl. Henslow 1894; Scott Elliot 1905; Percy Groom 1892 u.a.
2) Von oxımpös hart und »örkov Blatt.
220 Lebensformen
daß sie gewöhnlich ganzrandig sind und auch meist ungeteilt. Die meisten 2
Arten sind immergrün. Die wichtigsten Blattformen sind folgende:
1. Das Nadelblatt oder pinoide Blatt (bei Koniferen, Protea-
ceen, Ulex Europaeus u.a.). Es ist lang, linealisch, spitz, steif und 4
hat häufig ein mehr oder weniger centrisches Chlorophyligewebe. Die n
Beziehung dieses Blattes zur Transpiration geht daraus hervor, daß die |
Blattoberfläche im Verhältnis zu dem Volumen viel kleiner als bei dem u
flachen Blatt mit demselben Volumen, die Verdunstungsoberfäche also E
relativ. geringer ist. Dasselbe gilt von den folgenden Blattformen. “
9. Das ericoide Blatt ist ein Rollblatt,
d.h. die Ränder erscheinen umgerollt, entweder
nach unten oder auch (viel seltener, z.B. bei
es besonders gut abgesteift und außerdem
entsteht so eine windstille Furche, worin die
Spaltöffnungen verborgen sind. Ericoide Blätter
sind häufig kurz oder auch linealisch und fin-
ceen, Myrtaceen, Berberis empetrifolia (Chile),
bei südafrikanischen Thymelaeaceen, Kompositen, 4
Rhamnaceen, Rubiaceen, und bei Arten anderer
wachsen (Fig. 100).
Die ericoiden Blätter sind gewöhnlich sehr
Fig. 100, : Ägalhosine ee: klein, an den ericoiden Sprossen stehen sie aber s
tum, typisches Rollblatt. Sehr zahlreich und dicht als Ersatz für die
(Nach Engler.) Kleinheit. N
3. Das schuppenähnliche Blatt ist breit und kurz, angedrückt,
aufwärts gerichtet, bisweilen herablaufend. Die Spaltöffnungen sind an
der Oberseite angebracht, also nicht an der nach außen gekehrten or-
ganischen Unterseite (Fig.88). Es findet sich bei vielen Cupressoideen und
Pflanzen der verschiedensten anderen Familien, z. B. bei Scrophulariaceen
(Veronica thuyoides und V. cupressoides auf den Gebirgen Neuseelands) ?),
Santalaceen, Tamaricaceen, Kompositen, Umbelliferen (Beisp. Azorella auf
den Hochgebirgen von Südamerika und in antarktischen Gegenden), in
den Macchien des Kaplandes?) bei Kompositen, Bruniaceen, Cheno-
podiaceen, Valerianaceen der Anden u.a. (Fig. 101). er
!) Cockayne, Diels.
2) Marloth 1908.
Passerina) nach oben gerollt; dadurch wird 4
den sich bei Erica, Calluna, Cassiope u.a.
Ericaceen, Empetrum, Epacridaceen, Protea-
Familien, die an Stellen mit starker Transpi- 2
ration oder auf dem sauren Boden der Heiden
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 291
Der mit solchen schuppenförmigen Blättern besetzte Sproß kann
cupressoid oder lepidophyll'!) genannt werden.
4. Das borsten- oder fadenförmige Blatt bei sehr vielen gras-
ähnlichen Monokotyledonen ausgebildet; es ist meist auf der Oberseite
gefurcht oder rinnenförmig, und die Spaltöffnungen sind in den behaarten
Furchen verborgen. Bewegungen je nach den Feuchtigkeitsverhältnissen
kommen vor, z.B. bei Festuea ovina, Weingaertneria (Corynephorus)
canescens, vielen Wüsten- und Steppengräsern, Gräsern in den Hoch-
gebirgen (S. 217, Fig. 98). Geteilte Blätter haben oft sehr ähnliche,
kleine und stielrunde Abschnitte (z. B. bei Artemisia campestris).
5. Das juncoide Blatt (Binsenblatt) schließt sich hier an; es
ist lang, stielrund, nicht gefurcht (Juneus- Arten, mehrere Cyperaceen
Fig. 101. Pflanzen mit Schuppenblättern. A. Callitris quadrivalvis. B. Anabasis
artieulata. ©. Tamarix paueiovulata. (Alle nach Engler.)
[Seirpus usw.], einige Umbelliferen in den Hochgebirgen von Süd-
amerika)'). Diese Form trifft man meist auf nassem, kaltem, den Winden
ausgesetztem Boden (S. 229).
6. Das myrtoide Blatt. Ohne zu einem bestimmten der vorhin
angeführten Typen zu gehören, kommen sehr viele andere an starke
Verdunstung angepaßte Blattformen vor; manche sind schmal und steif
und mehr oder weniger zurückgerollt (z. B. bei Lavandula, Hyssopus
und anderen Arten der Mittelmeerländer); andere sind breiter und flach
(Dryas, Rhododendron Lapponicum, viele Campospflanzen aus Brasiliens
Campos u. a.; Fig. 102).
„Myrtoid“ können solche Blätter genannt werden, welche wie bei
Myrtus communis, Nerium, Olea, Rhododendron-Arten verkehrt-eiförmig,
länglich, elliptisch sind, oder doch sonst ganz ungeteilt erscheinen, die
1) Goebel 1891—92.
2223 Lebensformen
Sr EEE a Eng m 2 en. ci,
|
;
Fig. 102. Allgemeine Blatttypen der Sklerophyten-Sträucher Fig. 103. |
im Camposgebiet von Rio Grande (Südbrasilien). Blütentragender |
a Myreia palustris. b Campomanesia aurea. ce Aniso- Flachsproß von f
meris obtusa. d .Exeoecaria (Sapium) biglandulosa var. Xylophylla. 4
Sellowiana. e Chrysophyllum marginatum. (Nach Baillon.)
(Gezeichnet von Lindman.)
:
j
Fig. 104. Zweig einer heterophyllen Acaeia. a Doppelt gefiedertes Blatt;
b desgleichen mit beginnender Phyllodienbildung; e völlig ausgebildetes Phyllodium.
(Nach Warming-Johannsen.)
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 293
keinerlei Zähnung, Lappung oder ähnliches zeigen. Es mögen hier auch
die blattähnlichen Kurzsprosse (Kladodien) von Ruseus aculeatus (Fig. 112)
und anderen Arten, von Semele androgyna, Xylophylla (Fig. 103) usw.
angeschlossen werden. Ferner die Phyllodien der Acacien, Fig. 104, 105.
Diese Gebilde sind immergrün, flach, lederartig, steif und im wesent-
lichen durch die dickwandige Epidermis geschützt.
Fig. 105. A, B, E. Carmichaelia australis. A. Keimpflanze; B. verflachte Sporenspitze
vergrößert; E. Sproß der ausgewachsenen Pflanze; ©. Keimpflanze von Acacia alata;
D. Blätter von Acaeia conspieua, a Kotyledon, b—d zeigen den Übergang zu den
Phyllodien. — Bei A—D ist k Kotyledon, cl Kladodium, ph Phyllodinm, st Achselblatt.
(A, D nach F. Hildebrand, © nach der Natur.)
Dieser Typus läßt sich vielleicht zweckmäßig in mehrere zerlegen,
z. B. den Typus des Nerium (Oleander-Typus), des Olivenbaumes, der
Sapotaceen usw. Derartige Blattgestalten finden sich besonders bei Holz-
pflanzen der tropischen, subtropischen und warm temperierten Länder,
und sind besonders in Ländern mit Winterregen häufig; auch in so
kalten und feuchten Klimaten wie auf den südlichen Inseln Neuseelands
kommen nach Cockayne solche Sklerophyliwälder vor.
224 Lebensformen
’
Xerophyten haben noch andere, im folgenden erwähnte Schutz-
einrichtungen gegen starke Transpiration. (Hierher gehörige Litteratur
besonders bei Vesque, Volkens, Goebel, Warming, Henslow, Schimper.)
Die Sprosse der mit den genannten Blattformen (besonders 1, 2, 3)
ausgestatteten Pflanzen sind gewöhnlich überaus blattreich. Die Anzahl
der Blätter ersetzt ihre geringe Größe teilweise; ferner wird vermutlich
auch das Zusammendrängen der Blätter auf den kurzgliedrigen Sprossen
die Transpiration weniger stark machen.
Be ch
RN
2 -
Fig. 106. Blätter tropisch-amerikanischer Halophyten. A. Aizoaceae (Sesuvium portu-
lacastrum, Fig. 107, 8.225); B. Batidaceae (Balis maritima); ©. Borraginaceae (Tournefortia
gnaphalodes); D. Goodeniaceae (Scaevola Plumieri); E. Cruciferae (Cakile aequalis, s
Fig. 95); F. Calyceraceae (Acicarpha spathulala); @. Compositae (Borrichia arborescens);
H. Amarantaceae (Philoxerus vermiculatus); I. Compositae (Baccharis dioeca); K. Ama-
rantaceae (Alternanthera |Lithophila] muscoides); L. Rubiaceae (Ernodea liloralis);
M. Compositae (Pectis humifusa); N. Borraginaceae (Heliotropium curassavicum);
O. Euphorbiaceae (Kuphorbia buxifolia); P. Portulacaceae (Portulaca oleracea); Q. Phy-
tolacaceae (ENTER marilima). (Eug. Warming, 1897.)
Von den unter 1—6 .erwähnten steifen oder meist: lederartigen und
trockenen Blättern (Sklerophylien) weicht besonders ab:
Die Blattform der Saftpflanzen (Blattsuceulenten). Dieses
Blatt ist nicht wie die vorigen mechanisch versteift durch verdickte
Epidermiswände, Sklerenchym und dergleichen, sondern es erhält seine
Steifheit durch die Dicke und den Saftreichtum. Es ist mehr oder weniger
stielrund, linealisch, länglich oder spatelförmig usw., es hat meist keine
Zähne oder ‚andere Einschnitte (Beisp. Sedum acre, Sempervivum teec-
torum, Mesembrianthemum-Arten, Chenopodiaceen, Batis maritima, Or-
chidaceen). Diese Form hat eine relativ kleinere Verdunstungsfläche, %
als wenn dieselbe Masse flach ausgebreitet wäre. Henslows Meinung,
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25. Kap. Regulierung der Verdunstung 92925
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daß die Sukkulenz eine direkte Wirkung der umgebenden Natur-
verhältnisse sei, ist wahrscheinlich richtig. Indessen sind doch nicht
g% en
aus Westindien. (F. Börgesen 1909.)
Fig. 108. Baccharis genistelloides, a. f. erispa, Südbrasilien.
(Gezeichnet von C. A. M. Lindman 1900.)
alle Sukkulenten Xerophyten, wir finden unter ihnen nicht nur
Schatten-, sondern sogar Sumpf- und Wasserpflanzen (z. B. Sedum-
Arten, Bulliarda u.a.). Vergl. Fig. 23, 24, sowie Fig. 106 und 107.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 15
Ki Dr 1 ; i . *
226
Lebensformen
wähnten, vom breiten, dünnen, weichen, mesoph; tiscl
abweichenden eigentümlichen Blattformen steht eine entsp
Fig. 109. Mwuehlenbeckia platyela
von Sproßformen, welche den Blattform.
resp. lepidophyll, oder myrtoid ge
Außerdem gibt es eine Reihe Sp
werden müssen, weil sie blattlos
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 9297
„Blattlose* Sprosse, das sind mit sehr reduzierten oder bald
abfallenden Blättern versehene; das Laubblatt ist verschwunden, der
Stamm hat dessen Funktion übernommen und hat Palisadengewebe
ausgebildet. Die Epidermis solcher Sprosse funktioniert naturgemäß eine
Reihe von Jahren. — Blattlose Sprosse sind folgende.
Fig. 110. Spartium junceum, blühender Rutensproß. (E. Graebner; nach der Natur.)
1. Die geflügelten, oft blattlosen, oft blattähnlichen schon er-
wähnten Stengel. Sehr viele Pflanzen mit flachen oder geflügelten
Stengeln oder herablaufenden Blättern, z. B. Baccharis triptera
in Brasilien (Fig. 108), Genista sagittalis, Muehlenbeckia platyclada
(Fig. 109), Carmichaelia australis (Fig. 105), Colletia-Arten (Fig. 113) u.a.
15*
228 Lebensformen
Diese Sproßformen sind gewöhnlich blattlos; der Stengel tritt an die
Stelle der Laubblätter. =
2. Der Rutensproß (die Spartiumform). Die Sprosse sind ruten-
förmig, aufrecht, schlank und oft sehr verzweigt; die Blätter sind be
einigen Arten noch recht groß (z. B. bei Genista tinctoria, Spar
junceum), fallen aber meist bald ab, bei anderen haben sie von An
an eine sehr reduzierte Form und keine Funktion. Die Stengel
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 229
durch viele Jahre grün, sind stielrund oder tief gefurcht mit Spalt-
öffnungen und Palisadengewebe in den Furchen, während die Rippen
mechanisches Gewebe enthalten. Diese Form ist bei einem Teile der
Leguminosen der Mittelmeerländer sehr verbreitet (besonders bei Ge-
nisteen; Arten von Genista, Retama, Oytisus), bei Casuarina, Ephedra,
mehreren Chenopodiaceen, z. B. bei Anabasis (die jedoch zunächst zu den
Halophyten gehört), bei Capparis aphylla, Periploca aphylla, Polygonum
equisetiforme usw.!). Abbildungen vergl. Fig. 110, 111.
2 112. Ruscus aculeatus, Fig. 113. Colletia, typischer Dornensproß.
l
attartiger Flachsproß. E. Graebner: h der Natur.
(E. Graebner; nach der Natur.) et
3. Der juncoide Sproß. Die bei vielen Juncus-Arten und Cy-
peraceen vorkommenden hohen, stielrunden, blattlosen und unverzweigten
Sprosse (in der Form den Blättern eines Teiles derselben Arten ähnlich).
Über das Verhältnis des Volumens zur Oberfläche gilt das oben Angeführte.
Diese Sproßform findet sich auch bei sehr vielen Sumpfpflanzen der-
selben beiden Familien (Seirpus lacustris, Se. palustris, bei den Junei
genuini usw., wie früher angeführt). Hierher gehören z. B. auch Restio-
naceen, Irideen (Bobartia spathacea) und andere Pflanzen Südafrikas?).
!) Pick 1881; Volkens 1887; Schube 1885; Ross 1887; Nilsson 1887; Briquet;
Schimper 1898.
?) Marloth 1908.
Zu -- — gun
230 h Lebensformen
4. Das nadelförmige Kladodium bei Asparagus st
der pinoiden Form am nächsten.
3% findet sich bei Muchlenbeck
iyclada (Coccoloba), Buseus,
und wird wohl teilweise am besten
dem sklerophyllen myrtoiden
einigt werden können (siehe 8
Fig.102,8.222, Fig.103, 8.222, Fig.
S.223, Fig.108, 8.225, Fig.109 9,8
Fig. 112, 8. 229). ;
6. Der Dornensproß, wi
bei Colletia, Ulex u.a. ausgebild
(fe: 118), 3.
7. Der salieorda Spr
stielrund, fleischig, langgliede
schuppenförmigen Blättern oder b
Fig. 115. Euphorbia resinifera. (Salicornia, Arthroenemum und :
(Nach Engler.) Chenopodiaceen, Fig. 114).
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 231
8. Die Caeteenform, mit verschiedenen Unterformen, ist bei
Caectaceen, Euphorbia, Stapelia usw. zu finden (vergl. S. 185). Sie wird
unter den Saftpflanzen nochmals erwähnt werden. Vergl. Fig. 79, S. 187
und Fig. 115.
C. Hemmung der Transpiration durch bedeckende Organe
Es ist klar, daß, wenn lufthaltige Teile, in und zwischen denen die
Luft sehr festgehalten wird, eine transpirierende Fläche bedecken, die
Transpiration dadurch sehr wesentlich herabgesetzt werden kann. Dieses
Mittel findet sich bei vielen Xerophyten auf mehrfache Art angewandt.
Haarbekleidung. Der Gegensatz zwischen Hydrophyten und
Xerophyten tritt hier besonders deutlich hervor: jene sind sozusagen
kahl, diese oft stark grau- oder weißfilzig und wollhaarig, oft silber-
glänzend (daher häufige Artnamen wie ar-
gentea, canescens, sericea, tomentosa u. a.);
diese Farben werden durch die in und
zwischen den Haaren eingeschlossene Luft
hervorgerufen. Nur tote, mit Luft erfüllte
Haare sind zu diesem Zwecke geeignet. Man
weiß seit sehr langer Zeit, daß sonst kahle
Arten auf trockenen Stellen behaart und
behaarte hier stärker behaart werden, als
auf feuchten (Ranunculus bulbosus, Poly-
gonum persicaria, Mentha arvensis, Stachys a REN
palustris u. a.); die etiolierten Kartoffel- a ni Blake 1 Fass
sprosse sind in feuchter Luft fast kahl, in (Nach Volkens.)
trockener behaart!). Marloth hat festgestellt,
daß viele Charaktere der südafrikanischen Wüstenpflanzen veränderliche
Anpassungen sind, welche sich in der Kultur oder in einem minder sonnen-
reichen Klima ändern. Von Abbildungen vgl. Fig. 20, 21, S.38, 39; Fig. 116.
Zahlreiche Pflanzen auf den Felsen des Mittelmeeres?) oder in den
trockenen Gebüschen Westindiens, mannigfaltige Wüsten-, Steppen- und
Hochgebirgspflanzen®) sind mit Wollhaaren bekleidet. Am stärksten
filzig ist vielleicht die Komposite Espeletia auf den Hochgebirgen von
Südamerika, bei der mehrere Filzschichten übereinander lagern®). Die
"Wolle ist ein Sonnenschirm, sie gleicht plötzliche Temperaturschwankungen
aus und setzt wie ein Stück Filz die Verdunstung herab. Eine besondere
Form ist das Schildhaar, das den damit dicht bekleideten Pflanzen einen
eigentümlichen Silberglanz verleiht: bei Elaeagnaceen, Croton-Arten u.a.
!) Vesque u. Viet 1881.
2) Für Corsica vergl. Rikli 1903.
®) Vergl. Lazniewski 1896; Goebel 1889—93, II.
*) Goebel 1889—93, II; vergl. die Abbildungen 20, 21, S. 38, 39.
232 Lebensformen
Die Haarbekleidung befindet sich fast immer auf der Unterseite, dort,
wo die Spaltöffnungen liegen, ist sie am dichtesten. Junge Stengel und
Blätter sind oft besonders dicht behaart, diehter als die älteren, im
Einklange mit ihrem größeren Bedürfnis nach Schutz gegen starke
Transpiration. Bisweilen sind die in den trockenen Gegenden der Tropen-
länder nach der trockenen Zeit zuerst entwickelten Blätter viel filziger
und sehen ganz anders aus, als die später erscheinenden, größeren und
mehr grünen).
Nach Marloth?) sind die Haare des „Silberbaumes“ (Leucadendron)
im Kaplande beweglich; bei genügender Wasserzufuhr stehen sie in
einem Winkel von etwa 30° von der Blattfläche ab, so daß die Luft
leicht zu den Spaltöffnungen dringen kann, bei Wassermangel aber
legen sie sich dicht übereinander und bilden dann einen äußerst wirk-
samen Verschluß.
Eine besondere Gruppe von Xerophyten, nämlich die Succulenten,
haben aber keine Haarbekleidung, sie sind im allgemeinen ganz kahl
(die meisten Cacteen, Aloe- und Agave-Arten u. a.).
Die Haarbildung ist wohl, wie alle anderen Mittel der Selbst-
regulierung der Pflanzen, eine direkte Anpassung ans Klima. Über
die wirkenden Ursachen äußert Henslow°) im Anschluß an einen Ge-
danken von Mer die Meinung, daß Haare durch lokale Ernährung in
Korrelation mit der Unterdrückung des Parenchyms erschienen; in dem-
selben Verhältnis wie das Parenchym gehemmt werde, würden Haare
zu dessen Kompensation ausgebildet. Hiermit sind wir jedoch im Ver-
ständnis der Korrelation zwischen Behaarung und Trockenheit nicht viel
weiter gekommen, selbst wenn die Hypothese richtig sein sollte.
Bedeckende Blätter.
Alle jungen Sproßteile sind auf irgend eine Weise gegen starke
Transpiration und starkes Licht geschützt, namentlich durch ältere
Blätter, Nebenblätter, Knospenschuppen usw.®).
Zuerst mögen behandelt werden die Knospenschuppen, die wir
typisch bei den laubwechselnden Bäumen der gemäßigten und der kalten
Gegenden finden, die aber auch in den Tropen auftreten. Durch Ver-
korkung, Haarbildung, Harzbildung u. ähnl. werden sie für ihre Aufgabe
ausgebildet, die noch in der Knospe ruhenden jungen Blätter gegen
Transpiration, desgleichen die Knospen bei der Belaubung gegen Tem-
peraturwechsel zu schützen’) (Fig. 117).
!) Schinz 1893.
?®) Marloth 1909.
®) Henslow 1894, 1895.
*) Vergl. Perey Groom 1893; Raunkiär 1895—99.
%) Grüß 1892; Feist 1884; Cadura u.a.
EEE a EA ai in
a Linn Hi BEE EZ na Zul ne Si na
a in u ne
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 233
In manchen Klimaten sind Knospenschuppen selten oder jedenfalls
äußerst klein, wie auch die Verjüngungsknospen selbst. Bei den Bäumen
der tropischen Regenwälder und bei anderen Tropenbäumen sind äußerst
selten schuppenbedeckte Knospen zu finden).
Selbst in Wüstengegenden, wie es z.B. „The Death Valley“ in
Nordamerika ist, sind Knospenschuppen selten. Coville ?) schreibt:
„Schuppige Knospen sind fast unbekannt bei den Wüstensträuchern‘“.
Dasselbe ist der Fall bei vielen Gehölzen in den Mittelmeerländern mit
Winterregen und in tropischen Regenwäldern ’?).
Die jungen Knospenteile vieler xerophytischer Moose sind durch
weiße Haare an den Spitzen der alten Blätter geschützt (Polytrichum
piliferum u. a.).
Fig. 117. Aesculus hippocastanum, Roßkastanie, junger Sproß, am Grunde ($) noch
die bald abfallenden Knospenschuppen. (E. Warming phot.)
Nebenblätter, Blattscheiden (z. B. bei gewissen Dünengräsern)
können denselben Dienst leisten, ohne Knospenschuppen im engeren
Sinne genannt werden zu können*), desgleichen die häutigen Neben-
blätter von Paronychia-Arten, Herniaria u.a., die die jungen Sproß-
teile mit einer dichten, silberglänzenden Decke bekleiden.
Alte Blätter und Blattreste leisten in vielen Fällen dieselben
Dienste. Tunicagräser nennt Hackel solche Gräser, deren untere
Blatteile nach dem Absterben der oberen sehr lange stehen bleiben,
1) Warming 1892, mit Abbildungen.
2) Coville 1893, S. 53.
®) Schimper 1898, S. 329—351.
*) Vergl. Warming 1907—1909, Figuren.
Lebensformen
234
Fig. 118. Nardus strieta, ein Tunicagras; am Grunde die einhüllenden toten Blattsch
(E. Graebner; nach der Natur.) en
=
25. Kap. Regulierung der Verdunstung 235
Nardus strieta, Andropogon villosus, Seirpus paradoxus, 8. Warmingii,
Aristida-Arten), setzen die Verdunstung herab und sammeln Wasser).
Dieselben Schutzeinrichtungen zeigen auch Velloziaceen der Berggipfel
und der Hochebenen Brasiliens?). Vergl. die Fig. 82, S. 191 und 118
und 119.
Bei gewissen, besonders bei süd-
afrikanischen Oxalis- Arten finden sich
eigentümlich ausgebildete bedeckende
Blätter um die Zwiebeln®); die abge-
storbenen Zwiebelschuppen von Tulipa
praecox tragen innen einen dichten
Filz. Hier müssen auch die kompakten
Rasen mit dicht zusammengedrängten
Sprossen und Sproßresten der S. 182 er-
wähnten Polsterpflanzen genannt werden,
die sich in der subglazialen, besonders in
der südamerikanischen Vegetation allge-
mein finden, und die oft so hart sind,
daß man sie kaum entzweischneiden oder
-schlagen kann; hier schützt ein Sproß
den anderen, die alten Teile schützen die
jungen*). Vergl. Fig. 75, S. 183.
Die Wurzeln mancher Epiphyten
werden gegen zu starke Verdunstung
durch die Blätter geschützt, die sich dicht
über sie hinlegen und die feuchte Luft
um sie festhalten, z. B. bei Conchophyllum
imbricatum°). Die Wurzeln eines Teiles
der ägyptischen Wüstengräser (der Gat-
tungen Aristida, Andropogon, Elionurus,
Fig. 119. Seirpus Warmingii
von einem kürzlich abgebrannten
Campo bei Lagoa Santa in Bra-
silien; 1. Juni. Neue Blütenstände
sprossen hervor. (Warming 1892.)
Panicum, Sporobolus) sind in ihrer ganzen Länge mit Sandhüllen um-
geben, die dadurch entstanden sind, daß die Sandkörner durch einen
von den Wurzelhaaren ausgeschiedenen Klebstoff verkittet wurden®).
Volkens faßt dieses als Verdunstungsschutz auf”).
1) Hackel 1890; vergl. auch Warming 1892, Figuren; Henslow 1894.
2) Warming 1893.
®) Hildebrand 1884.
+) Vergl. auch Lubbock 1899.
5) Goebel 1899.
®) Über ähnliche Vorkommnisse bei Dünengräsern vergl. Warming 1907—1909.
.”) Volkens 1887.
236 Lebensformen
26. Kap. Regulierung der Beleuchtung
Lieht wirkt erwärmend auf die Pflanze und ruft dadurch Ver- .
dunstung hervor; wenn es zu stark wird, kann es das Chlorophyll zer-
stören. Viele Landpflanzen haben daher Einrichtungen, durch welche sie
sich vor zu starker Beleuchtung schützen können (vergl. auch Kap. 2).
Die Einrichtungen sind vorübergehend oder dauerhaft.
A. Bewegungen, wodurch die Beleuchtung reguliert wird
Viele Pflanzen haben eine äußerst feine Empfindung für die Stärke
des Lichtes und können mit ihren Blättern oder Blättchen Bewegungen
ausführen, durch die sie die Beleuchtung regulieren, indem sie für jeden
Fig. 120. I. Blätter von Oxalis acetosella, A in Tagstellung bei mattem Lichte, von
oben gesehen, B Nachtstellung, ebenfalls von oben; II. Blätter von Trifoium repens,
A in Tag-, B in Nachtstellung, das mittlere Blättchen schließt sich zur Deckung der
Seitenblätter über diesen zusammen; III. Blatt von Coronilla rosea in Nachtstellung,
die Fiederblättchen nach oben gerichtet. (Nach Darwin.)
Lichtgrad einen bestimmten Winkel der Blattspreite mit den
einfallenden Strahlen bilden; bei matter Beleuchtung (z. B. in den
Morgenstunden, bei bedecktem Himmel oder im Innern eines Waldes)
werden die Spreiten möglichst dem Lichte voll ausgesetzt, so daß sie
von den Lichtstrahlen unter rechten Winkeln getroffen werden (Flächen-
stellung); aber je nachdem das Licht stärker wird, stellen sich die
Spreiten so, daß sie unter immer spitzeren Winkeln getroffen werden
(Profilstellung). Dadurch werden sie relativ weniger beleuchtet und
erwärmt, und die Transpiration wird dadurch auch herabgesetzt. Hier-
26. Kap. Regulierung der Beleuchtung 937
her gehören sehr viele Pflanzen mit zusammengesetzten Blättern, beson-
ders aus den tropischen, trockenen Gebüschen, z. B. viele Acacia-Arten
Fig. 121. Junger Trieb von Brownea coceinea; die Blätter hängen wie der Stengel
schlaff senkrecht abwärts und decken sich gegenseitig. Die jungen wie auch die älteren
haben sehr ausgeprägte Träufelspitzen (vergl. S. 57, Fig. 32); verkleinert.
(E. Graebner; nach der Natur.)
und andere Mimosoideen, viele Papilionaceen, Oxalidaceen (unter anderem
Ozxalis acetosella), Zygophyllaceen; auch bei Pflanzen mit einfachen
Blättern, z. B. bei Hura erepitans, finden sich von der Lichtstärke
| 238 Lebensformen
abhängige Bewegungserscheinungen'). Bei den erwähnten Pflanzen pflegen
die Blätter ebenfalls nicht xeromorph gebaut zu sein. Die Blätter z. B.
von westindischen Leguminosen mit der Fähigkeit, sich nach der Licht-
stärke zu bewegen, sind oft (immer?) dünn und haben eine kahle und
dünne Epidermis?). Abbildungen vergl. Fig. 120.
Die sich eben aus der Knospe entwickelnden Blätter sind oft senk-
‚recht gestellt, oder bei einigen tropischen Pflanzen hängen sie senkrecht
herab; Fig. 121. (Vergl. auch bei Wirkung der Platzregen usw. Kap. 4,
S. 53).
B. Fixierte Lichtstellung
Bei der Entfaltung aus der Knospenlage usw. führen alle Blätter
zunächst Bewegungen aus (durch das Wachstum bedingt) und nehmen
zuletzt, wenn ihre Wachstumsfähigkeit aufhört, eine für sie günstige
feste Lage an; Wiesner?) hat während vieler Jahre umfangreiche
Untersuchungen über diese Dinge angestellt. Die meisten Blüten stellen
schließlich ihre Blätter senkrecht zum stärksten zerstreuten Licht;
sobald aber das intensive direkte Licht, welches zu stark ist, wirkt,
nehmen sie möglichst Profilstellung ein. — Eine Verminderung der
Wirkung des Sonnenlichtes und damit zugleich eine verminderte Tran-
spiration werden auch durch dauernde Profilstellung oder ähnliche
Stellungen der assimilierenden Flächen hervorgerufen, so daß das starke
Licht (besonders der Mittagssonne) sie mitten am Tage unter spitzen
Winkeln trifft. Dies ist z. B. der Fall bei den sogenannten Kompaß-
pflanzen, zu welchen in unserer nordeuropäischen Flora Lactuca sca-
riola gehört, dessen Blätter sich an stark von der Sonne beleuchteten
Orten streng nordsüdlich aufrecht stellen*), werden sie dagegen seitlich
durch Bäume, Mauern usw. morgens oder abends beschattet, weicht ihre
feste Lage je nach der Stärke der Beschattung von der Mittagslinie ab.
Von anderen Kompaßpflanzen sei namentlich Sdlphrum laciniatum (Nord-
amerika) genannt. Verel. Fig. 8, 9. |
Nach Marloth’) sind solche in die Mittagslinie eingestellte Blätter
in der Kapflora häufig; es gibt kaum eine Familie, von der nicht der
eine oder andere Vertreter diese Einrichtung besäße, soweit die Blätter
groß genug sind, selbst Crassula falcata zeigt diese Einrichtung.
Durch Versuche fand er, daß diese Pflanze immer ihre Blätter in die
Meridianlinie stellt.
') Vergl. C. Darwin 1880.
®) Warming 1899 b.
°») Wiesner 1876 usw.; vergl. S. 12, Fußnote und 1908, 1909.
*) Stahl 1880, 1881.
5) Marloth 1908.
26. Kap. Regulierung der Beleuchtung 239
Kantenständige Blätter haben viele andere Arten, wie mehrere
australischen Eucalyptus-Arten, Acacia-Arten und Proteaceen, Lagun-
eularia racemosa u. a. in Westindien, Bupleurum verticale (Spanien),
südafrikanische Statzce-Arten usw.
Senkrecht oder steil und steif aufwärts gerichtete Blattspreiten
sind bei Xerophyten häufig, die in starkem Sonnenlichte wachsen, z. B.
bei Coecoloba uvifera*) (Westindien), Fig.8, S.23, vielen Gräsern (Brachy-
podium ramosum, Festuca ovina u. a.), Calluna, Peucedanum cervaria?),
Helichrysum arenarium u. a. Seltener sind senkrecht hinabhängende
Blattspreiten. Die Flachsprosse, Rutensprosse usw. (S.227—229) schließen
sich hier eng an.
Runzeln und Falten der Blattspreiten wirken vielleicht ähnlich
und sind desto häufiger, je trockener das Klima ist, z. B. bei der neu-
seeländischen Myrtus bullata, in Westindien bei Lippia involucerata,
A. B. D. C.
Fig. 122. Fensterblätter. A. Mesembrianthemum opticum, blühend, '/,; B. Längsschnitt
durch ein Blatt. C. Haworthia truncata, D. Längsschnitt durch ein Blatt.
(Nach Marloth.)
Plumeria alba u. a.°), in der ägyptischen Wüste bei Salvia und Stachys
Aegyptiaca, Pulicaria und Urginea undulata u.a.*), bei uns z.B. bei
Vieia eracca°).
Da diese Stellungsverhältnisse in der Regel erst während der Ent-
wicklung des Individuums durch Drehungen, Krümmungen usw. erreicht
werden, so werden sich die Blätter gewiß bei allen Arten der genannten
Pflanzenformen nach der Natur des Standortes verschieden stellen. Der
Sonne, der Trockenheit und dem Winde ausgesetzt, sind die Blätter weit
mehr aufwärts gerichtet, kantenständig oder gekräuselt usw., als im
Schatten und in feuchter Umgebung, namentlich in feuchter Luft; dieses
zeigen z. B. Calluna, ‚Juniperus communis, Lycopodium selago und L.
!) Abbildungen bei Börgesen und O. Paulsen 1900.
2) Nach Altenkirch 1894.
») Johow 1884.
4) Volkens 1887.
?) Warming.
240 Lebensformen
alpinum!). Bei Tilia argentea stehen die der heißen Sonne ausgesetzten
Blätter in Profilstellung, die übrigen in Flächenstellung?).
In der Anlage angeborene Profilstellung haben weiter fol-
gende Pflanzen: die mit Phyllodien (blattförmigen, aber senkrecht ge-
stellten Blattstielen ohne Blattspreite) ausgestatteten australischen Acacien.
Hierher gehört ferner das schwertförmige Blatt bei Iridaceen, Tofieldia
und Narthecium. Vergl. Fig. 104, S. 223.
Hier müssen auch die Fensterblätter Marloths?) erwähnt werden;
dies sind Blätter von Mesembrianthemum-Arten usw., wie sie in Südafrika
vorkommen; sie sind mehr oder weniger zylindrisch oder kreiselförmig,
sind in der Erde versteckt, so daß nur ihr stumpfes oder ganz flaches
oberes Ende sichtbar ist. In diesem der Sonne ausgesetzten Teile fehlt .
das Chlorophyll; hier tritt das Licht in das Blatt ein und beleuchtet
das an den im Boden versteckten Seiten des Blattes angebrachte
Chlorophyligewebe (Fig. 122).
27. Kap. Ableitung von Regen
Oft ist es von Wichtigkeit für die Landpflanzen, daß ihre Blätter r
nicht zu lange von Regenwasser benetzt bleiben; besonders an feuchten 3
Orten; in regnerischen Gebieten ist es notwendig, daß die Oberflächen :
schnell abtrocknen, damit die Verdunstung nicht gehemmt wird. (Über
ombrophobe und ombrophile Pflanzen vergl. S. 56.)
Besonders in den tropischen Regenwäldern kann es gefährlich &
werden, wenn die Blätter zu lange zu naß und dadurch auch schwer
sind. Es wird nicht nur die Verdunstung eingeschränkt, sondern epi-
phytische Algen, Flechten, Pilze, Lebermoose, ja sogar (nach Haberlandt)
Bakterien siedeln sich auf den Blättern an und hindern die Kohlensäure-
assimilation (Fig. 123). In der Tat findet man oft die älteren Blätter vieler
immergrünen Bäume in den feuchten tropischen Wäldern mit einer Masse
epiphyller Arten überdeckt (Kap. 35). Es wird also sicher für die Pflanzen
im Regenwalde von Vorteil sein, wenn ihre Blätter schnell trocknen
können. Nach Jungner und Stahl*), die in der Hauptsache gleichzeitig
zu denselben Ergebnissen gekommen sind, der erste in Kamerun, der
andere auf Java, wird dieses durch verschiedene Mittel erreicht, nament-
lich durch folgende:
1. Eine glatte Cuticula, die sich nicht benetzen läßt; dieses
Mittel ist sehr verbreitet.
‘) Figuren bei Warming 1887.
?) Kerner 1887—1891.
®) Marloth 1909.
*) Jungner 1891 (Kamerun): Stahl 1893 (Java).
SE ORERN
an
27. Kap. Ableitung von Regen 241
2. Träufelspitzen. So nennt Stahl die langen, oft von plötzlich
verschmälerten Spreiten. ausgehenden Spitzen, die typisch bei Fieus
religiosa u. a. vorkommen, aber auch bei den verschiedensten Pflanzen
(Farnen, Monokotylen und Dikotylen) und sowohl bei einfachen als auch
bei zusammengesetzten Blättern auftreten und dazu dienen, den Regen
von solchen Blättern, die sich leicht benetzen lassen, schnell abzuleiten.
Sie sind natürlich abwärts gewandt; je länger und je schärfer die Spitze
ist, desto schneller trocknet das Blatt. Die säbelförmige Spitze leitet
das Wasser am besten ab, bisweilen in einem fast zusammenhängenden
Strahle. Träufelspitzen findet man nie bei Blättern, deren Oberfläche
> Rn
22)
“
Eac.
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ER Sa
Fig. 123. Anihurium Huegelüi mit epiphyllen Flechten, und Blechnum oceidentale
als Bodenvegetation in Gebüschwäldern. St. Thomas, Dänisch - Westindien.
(Phot. Börgesen.)
nicht oder schwer benetzt werden kann, und gar nicht bei Xerophyten.
Vergl. Fig. 32, 8. 57; Fig. 57, S. 163; Fig. 121, 8. 237.
3. Ferner kommen oft vertiefte Nerven vor, die das Wasser
gegen die Blattspitze hinleiten. Der bogenförmige Verlauf der Nerven
bei den Melastomataceen u. a. ist gleichfalls für die Wasserableitung
vorteilhaft.
4. Sammetblätter beobachtet man: namentlich bei krautartigen
Pflanzen des Waldbodens und bei Arten der unteren Stockwerke des
Waldes, wo es am meisten Schatten und Feuchtigkeit gibt. Die Zellen
der Epidermis erheben sich in der Form zahlloser, niedriger Papillen,
die dem Blatte einen besonderen Sammetglanz verleihen und zwischen
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 16
242 Lebensformen
denen sich das Wasser infolge der Kapillarität schnell über die ganze
Blattspreite zu einer sehr dünnen Schicht ausbreitet; dadurch wird er-
reicht, daß das Wasser schneller verdunsten kann, als wenn es nicht so
ausgebreitet worden wäre. Übrigens ist über diese Papillen auch die
Meinung aufgestellt worden, daß sie dazu dienten, dem Blatte mehr
Licht zukommen zu lassen!). Viele Sammetblätter, vielleicht die sehr
überwiegende Zahl derselben, sind nicht benetzbar und lassen das
Regenwasser in Tropfen abrollen.
28. Kap. Wasseraufnahme bei Landpflanzen
Untergetauchte Wasserpflanzen haben in ihrer überwiegenden Mehr-
heit keine Organe, die dazu eingerichtet wären, Wasser zu absorbieren;
das Gegenteil ist der Fall bei den Landpflanzen, deren Einrichtungen
in den folgenden Abschnitten besprochen werden sollen.
I. Unterirdische Organe, die Wasser aufnehmen
Unterirdische Organe, wie Wurzeln, Rhizoiden, Mycelien usw., sind
zur Wasseraufnahme bestimmt; ebenso haben einige Grundachsen wasser-
aufsaugende Haare, so z. B. die von Coralliorrhiza, Epipogon, Equisetum,
Pstlotum und von Hymenophyllaceen. Bei xerophilen Pflanzen finden
sich nur wenige Abweichungen von der typischen Wurzelausbildung?).
Zunächst sei erwähnt, daß viele Xerophyten sehr tiefgehende
Wurzeln haben, die sie in trockenen Zeiten bei dem Heranschaffen des
Wassers aus großen Tiefen unterstützen werden. Man hat dieses in
den Wüsten von Afghanistan (bei Astragalus-Arten)?) beobachtet, ferner s
in der ägyptischen Wüste (z. B. bei Koloquinte, Calligonum comosum,
Monsonia nivea); Volkens*) fand hier Wurzeln, die 20mal länger als
die oberirdischen Organe waren. Aristida pungens hat bis 20 m lange,
verholzende Wurzeln). Ähnliches ist von unseren Dünen bekannt,
z. B. bei Eryngium maritimum (Blytt) und bei Carex arenaria; diese
hat zwei Arten von Wurzeln: sehr feine, verzweigte, oberflächlich
liegende und sehr tiefgehende, weniger verzweigte®). Eben dasselbe ist
bei Mesembrianthemum-Arten in Südafrika beobachtet worden”). Pros- ;
opis juliflorus in den nordamerikanischen Wüsten hat bis 15,8 m lange
!) Vergl. Haberlandt 1905, und Fig. 14, 8. 27.
®) Über die Wasserversorgung der Landpflanzen vergl. auch die neueren Arbeiten
von Kearney, Shantz und Briggs 1911—1913. :
®) Aitchison 1887.
*) Volkens 1887.
5) Price.
°) Buchenau; Warming 1891, 1907—1909, mit Figuren.
”, Marloth 1908.
28. Kap. Wasseraufnahme bei Landpflanzen 243
Wurzeln!); Welwitschia muß ungeheuer lange Wurzeln haben. Ein be-
sonders kräftiges Wurzelsystem haben einige Pflanzen des Herero-
Landes, die das Wasser aus dem tief liegenden Grundwasser emporheben
müssen; Beispiel Acanthosieyos?). Die hohen Stauden der ungarischen
Steppen wurzeln ungeheuer tief, und selbst auf den sonnigen Hügeln
Mitteldeutschlands und des norddeutschen Flachlandes kann man bis
über 3 m in die Tiefe gehende Pfahlwurzeln beobachten, die bis zu dieser
Tiefe wenig Verzweigung zeigen (Astragalus exscapus, Falcaria sioides).
Eine eigentümliche Einrichtung zur Wasseraufnahme findet sich
bei dem nordafrikanischen Halfagrase (Stupa tenacissima); dieses hat
auf dem Rhizom eigentümlich gebaute Epidermiszellen, deren Aufgabe
es ist, Wasser aufzusaugen?°).
Diplotaxis harra und Euphorbia cornuta in Nordafrika haben hori-
zontale, recht oberflächlich liegende Wurzeln, welche die nächtliche
Taubildung ausnützen können.
2. Oberirdische Mittel zur Wasseraufnahme
Selbstverständlich muß es für viele in extremer Trockenheit lebende
Xerophyten von großer Wichtigkeit sein, den Augenblick ausnutzen zu
können, an dem sich Wasser vielleicht nur für kurze Zeit darbietet, und
man kann von vornherein erwarten, daß besondere Mittel, die einer
schnellen Wasseraufnahme dienen sollen, vorkommen. Dieses ist
auch an verschiedenen oberirdischen Teilen der Fall. Es kommt
hierbei teils auf die Fähigkeiten der Zellwände, teils auf solche des Zell-
inhaltes, Wasser aufzunehmen, an. Zunächst sei erwähnt, daß Pflanzen
wie Flechten und Moose) und viele Algen langes Austrocknen vertragen
können (vergl. S. 48, 156, 158). Sie können, wie vielleicht gewisse andere
Pflanzen, aus dem Wasserdampfe der Luft Feuchtigkeit aufnehmen;
außerdem ist ihre ganze Oberfläche noch imstande, tropfbares Wasser
augenblicklich aufzusaugen. Wenn die Pflanzen pulvertrocken und
spröde sind, können sie in wenigen Augenblicken weich und wasser-
reich werden (s. die soeben genannten Seiten).
Die Wassermengen, welche die gewöhnlichen phanerogamen Land-
pflanzen durch ihre oberirdischen Organe aufzunehmen vermögen, sind
im allgemeinen unzureichend, um den Transpirationsverlust zu decken’).
Ausnahmen kommen besonders bei gewissen Xerophyten vor; bei ihnen
sind besondere Organe zur Aufnahme von Regen und Tau bekannt.
1) Coville 1893.
2) Schinz 1893.
®, Trabut 1888.
*) Über die Sphagnum-Arten vergl. Hochmoore (4. Abschnitt, 85. Kap.).
°) Ganong 1894; Wille 1887; Kny 1895, vergl. auch Kap: 4.
16*
244 Lebensformen
Schon das Zuckerrohr z. B. hat nach Janse eine außerordentliche Fähig-
keit, durch die Blätter, welche „komplizierte Regenwasserbehälter“ bilden,
Wasser aufzunehmen. Bi
Andere Einrichtungen sind folgende: E
Wasseraufsaugende Haare haben Volkens und Marloth') bei
gewissen Wüstenpflanzen nachgewiesen: bei Diplotaxis harra, Stachys Ei
Aegyptiaca, Convolvulus lanatus, Mesembrianthemum, Orassula usw.
Schimper?) sah ähnliche bei gewissen Epiphyten: bei Tillandsia us-
neoides, Vriesea und anderen Bromeliaceen. Diese Haare sind tot, ohne
Turgeszenz, nur am Grunde enthalten sie Protoplasma, hier sind sie auch
nicht euticularisiert, und an dieser Stelle findet die Wasseraufnahme statt 4
(vergl. S. 52, 55; Fig. 28, 29, 30, 31). a
ON v
Fig. 124. Salzausscheidende Drüse von Aegiceras corniculata (Siam). Das Hypoderm =
hat 2—3 Zellschichten; darunter folgt das Palisadengewebe. Die Drüse ist hauptsächlich
von einem Kranze von schmalen Zellen gebildet. (Johs. Schmidt, 1905.)
Auch Mez?°) fand, daß einige Bromeliaceen darauf angepaßt sind,
Regen, andere (z. B. Tillandsia usneoides) besonders Tau aufzunehmen.
Die vielen feinen Haare der Cacteen sollen gleichfalls hierzu dienen®).
(Über angeblich Wasser saugende Haare in unseren Klimaten vergl.
Lundström, Wille, Henslow)®).
Haberlandt fand durch Versuche, daß mehrere der Seite 211 ge-
nannten Hydathoden imstande waren, Farbstofflösungen aufzunehmen, 4
und schloß daraus, daß sie auch dazu dienen, Wasser aufzunehmen und
der Pflanze zuzuführen. Dieses wird in den Tropen wohl nur an einem
bestimmten Zeitpunkte des Tages stattfinden können, nämlich wenn die
ersten Regengüsse fallen, einige Stunden nach 12 Uhr mittags; wenn die
') Volkens 1887; Marloth, Tr. R. S. South. Afr. 1910.
?) Schimper 1884.
®) Mez 1904a.
*) Über Haarbildungen, die als wasseraufsaugende Organe besonders an Pflanzen
der gemäßigten Zonen gedeutet sind, vergl. bes. Lundström 1884; Wille 1887; Henslow
1894. Über Hydathoden siehe Haberlandt 1904 und 8. 211.
28. Kap. Wasseraufnahme bei Landpflanzen 945
Pflanze zu stark transpiriert hat, werden sie ihr dann helfen können,
schnell ihren Torgor wiederzuerhalten. Die Hydathoden würden hiernach
als Regulatoren für die Wasserversorgung der Pflanzen sein, das über-
flüssige Wasser entfernen und Wasser aufnehmen, wenn ein dringendes
Bedürfnis hiernach vorliegt.
Als ein anderes Mittel werden Salzdrüsen angeführt, eigentüm-
liche von Volkens!) entdeckte Drüsenhaare auf den Blättern mehrerer
Wüstenpflanzen (z. B. bei Reaumuria hirtella, Tamarix, Oressa Oretica,
Frankenia pulverulenta, Statice aphylla u. a.). Diese Drüsen scheiden
Lösungen hygroskopischer Salze aus (Chloride von Natrium, Caleium
Fig. 125. Tamarix mannifera, links Zweigstück mit Salz, rechts Salzdrüse mit
angelagerten Palisaden. (Nach Volkens.)
und Magnesium), die am Tage erstarren und den Pflanzenteilen dann
eine weiße oder graue Farbe verleihen; nachts zerfließt das Salz, weil
es Luftfeuchtigkeit aufnimmt, und dann sind jene Teile grün und mit
zahlreichen Wassertropfen bedeckt, selbst wenn kein Tau fällt. Volkens
meint, daß die Pflanzen hierbei Wasser aufnehmen. Marloth?) sieht
dagegen diese Salzschicht jedoch nur als eine die Transpiration vermin-
dernde Decke an und meint sogar, daß die Pflanzen sich dabei von einem
Teile des aufgenommenen Salzes befreien (S. 205, Fig. 124, 125). Diese
Meinung wird auch von Haberlandt?) geteilt.
Die Luftwurzeln einiger Orchidaceen und Bromeliaceen sind da-
durch zur Wasseraufnahme eingerichtet, daß sie mit einem Velamen
1) Volkens 1887.
®) Marloth 1887a.
®) Haberlandt 1903; vergl. auch Joh. Schmidt 1903.
246 Lebensformen
überzogen sind, d.h. mit einer mehrschichtigen Hülle von Zellen der-
selben Beschaffenheit wie die Wasser aufsaugenden Zellen von Sphagnum:
die Zellen sind nämlich dünnwandig und mit ring-, schrauben- oder netz-
förmigen Verdickungsleisten versehen. Wenn die Zellen mit Luft gefüllt
sind, ist die Hülle weiß; sind sie mit Wasser erfüllt, so wird das Chlo-
rophyligewebe der Wurzel mehr oder weniger erkennbar. Tropfbares
Wasser wird von diesen Hüllen mit Leichtigkeit aufgesaugt und kann
von da zum Leitungsgewebe weitergeführt werden. Auch Wasser in
Dampfform soll von ihnen aufgenommen werden ‚können (vergl. Fig. 27,
S. 53). Sind die Zellen des Velamen lufterfüllt, so müssen sie die
Verdunstung herabsetzen und damit das Austrocknen der Luftwurzeln
verhindern.
Anders verhalten sich die Luftwurzeln bei gewissen epiphytischen
Farnen und Araceen, die kurz sind, mehr oder weniger senkrecht auf-
wärts wachsen, Humus und dadurch Wasser zwischeneinander sammeln).
Faserige Hüllen von Wurzeln oder Blattscheidenresten, oder auch
beiden, finden sich bei einigen Farnen (Dieksonia antarctica u. a. Arten,
Alsophila-Arten), Velloziaceen, Palmen usw. Ein Teil dieser Pflanzen
sind ausgeprägte Xerophyten, und jene Decke dient sicher nicht nur zum
Schutze gegen zu starke Verdunstung, sondern gewiß auch besonders
zu Wasseransammlung durch Kapillarität und zur Wasserspeicherung?).
Dasselbe gilt nach Buchenau?) für das Palmietschilf, die Juncacee
Prionium serratum (P. palmita), in den periodisch trockenen Flußbetten
Südafrikas. Auch die von Hackel?) als Tunicagräser bezeichneten
Gräser sind hierher zu rechnen; sie halten zwischen ihren ausgefaserten
oder schuppigen Blattscheiden Wasser zurück (vergl. Fig. 118, 119,
S. 234, 235).
In diese Gruppe von Vorrichtungen zur Wasseraufnahme kann auch
der Rhizoiden-Filz vieler Moose gerechnet werden. Viele sandliebende
Xerophyten, wohl besonders sandliebende Gräser, wachsen in dichten
Rasen oder Polstern; auch diese Wuchsform kommt ihnen sicher als
ein Mittel, Wasser anzusammeln und festzuhalten, zu gute. Auch die
eigentlichen Polsterpflanzen (S. 182) müssen hier erwähnt werden.
Ferner muß angeführt werden, daß auch andere Organe, z. B. die
Blätter, zu dem Aufsaugen von Regen und Tau wie auch zur längeren
Speicherung des Wassers eingerichtet werden können. Diese sind dann
gewöhnlich mehr oder weniger rinnenförmig; als besonders ausgeprägt
können die meisten Bromeliaceen, Pandanaceen, das Zuckerrohr u.a.
genannt werden; namentlich die trichterförmigen Blattrosetten der
1) Goebel 1891—92; Karsten 1894.
?) Warming 1893.
3) Buchenau 1893.
*) Hackel 1890; vergl. auch Warming 1892, Figuren.
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28., 29. Kap. Wasseraufnahme bei Landpflanzen — Wasserbehälter 947
Bromeliaceen sind dazu vorzüglich eingerichtet, Wasser aufzufangen
und einzusaugen; eine besonders merkwürdige Form besitzt Tillandsia
bulbosa, deren schmal rinnenförmige Blätter sehr leicht Wasser auf-
saugen und zu den Höhlungen zwischen den aufgeblasenen Blatt-
scheiden leiten!) (Fig. 126).
Besondere Blattformen, die für die Aufnahme und das Festhalten
von Wasser eingerichtet sind, haben die Lebermoose. Goebel?) unter-
scheidet drei Typen, je nachdem der Unterlappen zusammen mit dem
Fig. 126. Rosette einer Bromeliacee; in dem Trichter, den die auseinander weichenden
Blätter bilden, sammelt sich Wasser, welches oft eine charakteristische Flora und Fauna
beherbergt. (Nach Warming-Moebius.)
Oberlappen, oder für sich allein den Wasserbehälter bildet, oder ob
eigentümliche becherförmige „Wassersäcke“ (diese bei Frullania cor-
nigera, Physiotium) ausgebildet sind.
29. Kap. Wasserbehälter
Eine sehr wichtige und weit verbreitete Einrichtung, durch die
Landpflanzen befähigt sind, Trockenperioden zu überstehen, und zwar
sowohl Boden- als Lufttrockenheit, ist die Ausbildung von Organen oder
doch Gewebeteilen, die befähigt sind, während der feuchten Zeiten
!) Schimper 1884, 1888 a.
?) Goebel 1898—1901, II, S. 58.
248 Lebensformen
Wasser zu speichern, damit es in den Durstperioden für die Fortsetzung
der Assimilation und andere Lebensfunktionen verwandt werden kann.
Solche Wasserbehälter finden sich besonders bei Xerophyten. Man kann
unterscheiden:
I. Zellinhalt
Es gibt Pflanzen oder auch Pflanzenteile, wie z. B. auch eine
Anzahl niederer Pflanzen und Sporen von Kryptogamen, welche durch
Trockenheit nur sehr schwer getötet werden können, obgleich man an
ihnen keine morphologischen Einrichtungen beobachten kann, die einen
so energischen Schutz andeuten. Diese Fähigkeiten des Ertragens ex-
tremer Trockenheit hängt deutlich mit der Natur des Standortes zu-
sammen!) (vergl. 4. Kap.). In den folgenden Abschnitten mögen die am
meisten ins Auge springenden Einrichtungen besprochen werden.
Schleim, der in verschleimten Zellwänden oder im Zellsafte häufig
ist, nimmt Wasser auf und gibt es sehr langsam ab; er wird daher bei
den Xerophyten in den verschiedensten Organen gebildet: in Haaren,
Laubblättern (S. 204), Stengeln, unterirdischen Knollen und Zwiebeln. Es
besteht ein Wechselverhältnis zwischen der Bildung von Schleimzellen im
Inneren und der Entwicklung des Hautgewebes. Solche Cacteen z. B., die
wie Echinocactus, ein mächtiges Hypoderm haben, führen keine Schleim-
zellen. Häufig liegen die Schleimzellen der Cacteen in den Kanten, den
Warzen und in ähnlichen hervorragenden Teilen, die dem Eintrocknen
besonders ausgesetzt sind?). Andere Stoffe können vielleicht ähnlich
wirken, namentlich
Säuren (z. B. Apfelsäure bei Crassulaceen)°),
Gerbstoff, der bei gewissen Wüstenpflanzen sehr reichlich
auftritt®).
Salze, bei Halophyten.
Milchsaft (vergl. S. 213). In röhrenförmigen Organen (meist in
Gefäßen oder in Zellen) ist eine gewöhnlich weiße „Milch“ enthalten, die
wahrscheinlich eine ähnliche Rolle spielt wie die eben genannten Stoffe.
Wozu sie dient, weiß man noch keineswegs sicher; wahrscheinlich hat
sie mehr als eine Aufgabe, und eine dürfte eben die sein, die Pflanzen
gegen Austrocknung zu schützen. Dafür spricht, daß solche Milch ent-
haltenden Organe in den Tropen und besonders in heißen und trockenen
Gegenden häufig auftreten, und zwar oft bei Pflanzen, die dünnblättrig sind
und anscheinend kein anderes Mittel haben, um das durch Transpiration
!) Vergl. Schröder 1886; V. B. Wittrock 1891.
2) Lauterbach 1889.
3) G. Kraus 1906 a.
*) Jönsson 1902; Henslow 1894.
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2 ee
29. Kap. Wasserbehälter 249
verlorene Wasser zu ersetzen!,. Wenn man in unterirdischen Zwiebeln
(z. B. bei Crinum pratense)?) Milchsaft findet, so kann dieses gut hier-
mit übereinstimmen, wenn solche Zwiebeln in einem festen Tonboden
wachsen, der in der trockenen Zeit Risse enthält?).
2. Wassergewebe
Landpflanzen, besonders solche, die wenigstens zeitweise starker
Trockenheit ausgesetzt sind, entwickeln in der verschiedensten Form
und an den verschiedensten Orten Wassergewebe. Echte Wassergewebe
sind dünnwandig, farblos (führen kein Chlorophyll, sondern Wasser) und
haben keine Intercellularräume (ein Luftwechsel geht hier nicht vor
sich). Es gibt äußere Wassergewebe (Epidermis und hypodermale Ge-
webe) oder innere. Die Zellen sind im allgemeinen sehr groß und meist
abgerundet. Das Wassergewebe hat die Fähigkeit, zusammenzufallen,
wenn ihm Wasser entzogen wird, bei Wiederaufnahme der Flüssigkeit sich
aber wieder auszudehnen und dann wieder völlig turgescent zu werden
(Fig. 127). Wasser- oder Saftwurzeln vergl. S. 216, Fig. 97 (Oxal:s).
Äußere Wassergewebe. Hier bildet schon die Epidermis selbst
ein Wassergewebe (Wasser- und Schattenpflanzen ausgenommen); es ist
als solches zuerst von Pfitzer*), später von Vesque°), Westermaier®) u.a.
gedeutet worden. Für die Richtigkeit dieser Anschauung sprechen die
_ - Farblosigkeit der Epidermis und der Umstand, daß sie eine zusammen-
hängende Schicht bildet, die in gewissen Fällen mit dem inneren Wasser-
gewebe verbunden ist (vergl. z. B. Velloziaceen’). Besonders ausgebildet
ist die Epidermis bei den Gramineen, Cyperaceen, Velloziaceen u. a.,
die die auf S. 217 erwähnten Gelenkzellen in ‘bestimmten ‚Streifen
der Blattoberseite, besonders über dem Mittelnerv, besitzen; es sind
dies Zellen, die größer, namentlich viel höher als die anderen Epidermis-
zellen sind und die entweder beim Schließen und Öffnen der Blätter
eine Rolle spielen®), oder vielleicht auch als besondere Wasserbehälter
dienen ?).
Schleim in den Epidermiszellen haben nicht wenige Wüsten-
pflanzen, z. B. in der ägyptischen Wüste Cassia obovata, Malva parvi-
") Warming 1892.
2) Nach Lagerheim 1892.
®) Über die Milchsafthaare der Cichorioideen vergl. Zander.
*, Pfitzer 1872.
5) Vesque u. Viet 1881.
6) Westermaier 1884.
”) Warming 1893, mit Figuren.
®) Tschirch 1882 b.
®) Duval-Jouve 1875; Volkens 1887.
in
250 Lebensformen
flora, Peganum harmala, Zizyphus spina Christi u. a.'); bei manchen
Arten sind alle Epidermiszellen verschleimt, bei anderen nur ein Teil.
Die Entstehung des Schleimes ist nicht überall bekannt; häufig gehört
er den Innenwänden der Epidermis an (S. 204). Bei vielen Xerophyten
quellen diese so bedeutend, daß der Zellraum nicht mehr als etwa halb
so groß wie das Volumen der Wand oder nicht einmal so groß erscheint,
z. B. bei Empetrum, mehreren Ericaceen, Lozseleuria procumbens?),
ägyptischen Acaeia- und Reseda-Arten, gewisse Rosa-Arten?) u.a. Vergl.
Fig. 88, 89, S. 204. :
Wasser führende Haare. Haare, die als Wasserbehälter dienen,
finden sich z. B. bei mehreren afrikanischen Wüstenpflanzen (Mesem-
brianihemum erystallinum, Malcolmia Aegyptiaca, Heliotropium arboreum,
Hyoscyamus muticus, Aizoon, einigen Resedaceen usw.*), bei vielen
Chenopodiaceen, z. B. bei Atriplex coriaceum, A. halimus?), A. (Halimus)
pedunculatum und A. portulacoides®), als „Mehlhaare“ bei anderen Cheno-
podiaceen (in dem „Mehl“ genannten Überzuge) und vielleicht auch bei
Tetragonia expansa’), Rochea falcata°) u.a. Sie sind in ihren typischen
Formen große, wasserhelle Blasen, die sich über die Epidermis er-
heben, und die im Sonnenlichte funkeln. Indem ihr Inhalt allmählich
verbraucht wird, trocknen sie ein; bei mehreren Chenopodiaceen, z.B.
bei Atriplex (Halimus) portulacoides und bei Oxalis carnosa”) bilden die
eingeschrumpften Haare eine luftführende Decke über der Blattspreite.
Ob alle genannten Haare in gleichem Grade als Wasserhaare dienen,
muß näher untersucht werden (Fig. 130).
Eine höchst merkwürdige Haarform kommt nach Haberlandt!°) auf
den Wurzeln eines epiphytischen javanischen Farnes, Drymoglossum
nummularifolium, vor, Die Haare schrumpfen in der trockenen Zeit
ein; das Protoplasma zieht sich auf den Grund des Haares zurück und
grenzt sich von dem trockenen Teile durch eine Wand ab; wenn Regen
eintritt, wachsen die Haare in wenigen Stunden aus und sind wieder
mit Wasser erfüllt.
Mächtige peripherische Wassergewebe können entweder
durch tangentiale Teilung der Epidermiszellen oder durch Bildung von
1) Pfitzer 1870, 1872; Volkens 1887.
?®) Gruber 1882; Henning E. Petersen 1908.
®) Vesque 1882a, b, 1889—1892.
*) Volkens 1887; Henslow 1894; Schinz 1893.
5) Volkens 1887.
°) Warming 1881, 1906, mit Figuren.
”, W. Benecke 1901.
®) F. Areschoug 1878.
®) Meigen 1894.
10) Haberlandt 1898.
29. Kap. Wasserbehälter 951
hypodermalem Gewebe entstehen. Sie liegen vorzugsweise auf der Ober-
seite der Blätter, und wenn sie sich auch auf der Unterseite finden,
sind sie hier meist weniger mächtig. Sie hindern kaum das Licht, wohl
aber die Wärmestrahlen am Hindurchtritt, schwächen also dadurch die
Verdunstung und sind zugleich Wasserspeicher.
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Fig. 127. Querschnitt durch ein Blatt Fig. 128. Andropogon hirtus.
von Peperomia. A von einem frischen Stück eines Blattquerschnittes (140:1);
Blatte, B von einem abgeschnittenen Blatt, stark entwickeltes Weasserspeicher-
welches 4 Tage bei 18—20 ° C. transpiriert gewebe.
hatte; das Wassergewebe ist geschrumpft. (Nach Volkens.)
w Wassergewebe, a Assimilationsgewebe,
$ Schwammparenchym.
(Nach Haberlandt.)
Eine mehrschichtige Epidermis ist bei Xerophyten häufig,
namentlich bei Felsen bewohnenden und bei epiphytischen Arten; es
können mächtige Gewebe entstehen, deren Dicke die des Chlorophyll-
gewebes übertrifft, z. B. bei Arten von Peperomia (Fig. 127), Begonia,
Fieus, Gesneriaceen').
Hypodermales Wassergewebe kommt bei anderen Xerophyten
vor. In einigen Fällen bildet es nur eine Zellschicht, z. B. bei gewissen
1) Vesque 1882a, b, 1889—92; Pfitzer 1870, 1872.
252 Lebensformen
Genisteen!), Velloziaceen?), Orchi-
daceen?) usw.; oder es sind 2bis
3 Schichten (z. B. bei Nerium,
Aegiceras, Fig. 124), bei anderen
ist es sehr mächtig, wie bei Com-
melinaceen, Scitamineen, Bro-
meliaceen und Rhizophoraceen®).
Vergl. Fig. 128. Ein kollenchy-
matisches hypodermales Wasser-
IM
ii
HN
MM
Äh
car
Ss
Fig. 129. Haloxylon Schweinfurthii.
Querschnitt durch einen jungen Stengel
(30: 1), Wasserspeichergewebe.
(Nach Volkens.)
Fig. 130. Heliotropium Arbainense.
Blattquerschnitt (140: 1), mit Wasser-
speichergewebe. (Nach Volkens.)
gewebe findet sich z. B. bei
mehreren Cacteen; enge, vom
Chlorophyligewebe zu den Spalt-
öffnungen führende Intercellular-
räume durchsetzen es. A
Schleimiger Kork mag
auch hier erwähnt werden als ein
merkwürdiges Korkgewebe, wie
es Jönsson?) bei einer Anzahl
asiatischer -Wüstenpflanzen beob-
achtete (vergl. S. 205). |
Tiefer liegende Wasser-
gewebe. Auf verschiedenerlei
andere Art kann bei den Xero-
phyten Wassergewebe auftreten.
Folgende Fälle seien hervor-
gehoben:
a) Wassergewebe, das in } |
der Form von Längsbändern
durch die ganze Dicke des Blattes,
von der Epidermis der Oberseite
bis zu der der Unterseite reicht, 4
findet sich z. B. bei einigen
Wüstengräsern®), bei Phormium
tenax, gewissen Velloziaceen?).
1) Schube 1885.
?2) Warming 1893.
®) Krüger 1883. ; +
*) Warming 1883; O. G. Petersen ;
1893; Areschoug 1902. %
5) Jönsson 1902; vergl. auch Haber--
landt 1904, S. 363. |
6) Volkens 1887. :
‘) Warming 1893, mit viel. Figuren.
E,
29. Kap. Wasserbehälter 953
Streifen von Chlorophyligewebe, worin die Nerven liegen, wechseln mit
den Wassergewebestreifen ab. Ähnliche Längsbänder verbinden bei
Velloziaceen namentlich die Epidermis der Oberseite mit den Wasser
führenden Gefäßbündelscheiden ).
b) Centrales Wassergewebe, das in der Mitte des Blattes liegt
und ganz von einer dünnen Schicht Chlorophyligewebe umgeben wird,
tritt bei sehr vielen Xerophyten auf, die zugleich Saftpflanzen sind,
außerdem bei vielen Halophyten. Es kommt vor bei Aloe, Agave,
Bulbine, Mesembrianthemum, Salsola?), Atriplex, Halogeton, Zygo-
phyllum usw. In blattlosen Stämmen kann Wassergewebe wie in
Blättern enthalten sein; Beispiele Salicornia und Haloxylon?). Vergl.
die Fig. 129 bis 132.
Fig. 131. Tournefortia gnaphalodes (westindischer Strandstrauch). Die Blätter sind
isolateral mit gleichartiger Epidermis und etwa zwei Schichten Palisadenzellen auf jeder
Seite (5). Die Mittelschicht ist ein echtes Wassergewebe ohne Interzellularräume. Die
Spaltöffnungen sind von dem Haarkleide gedeckt und sind in Harmonie hiermit über
das Niveau der Epidermis erhoben (2, 3). (Gez. v. Warming, 1897.)
Wasser- und Chlorophyligewebe können entweder scharf gegen-
einander abgegrenzt sein (Fig. 128, 129, 131) oder ineinander allmählich
übergehen, indem die Zellen nach dem Innern des Blattes zu weniger
Chlorophyll führen (viele Crassulaceen, Cacteen u. a.). Wasserspeichernde
Idioblasten finden sich im grünen Gewebe verschiedener Wüsten- und
Salzpflanzen ).
| Das Wassergewebe kann unter Umständen während des Lebens
der Pflanze in die Dicke wachsen).
!) Warming 1893, mit vielen Figuren.
?) Areschoug 1878, Figur.
°), Volkens 1887; Warming 1897 b.
*, Volkens 1887.
°) Haberlandt 1904.
254 Lebensformen
Saftpflanzen (Succeulenten, auch „Fettpflanzen“ genannt).
Pflanzen mit Wassergewebe und reichlich Schleim führendem Parenchym
sind diek und „fleischig“, werden Saftpflanzen genannt und sind meist
Xerophyten, die ein besonders ausgeprägtes Wassergewebe haben. Sie
sind gewöhnlich plump gestaltet, meist ausdauernd, oft vieljährig und
gleichen den Kräutern dahin, daß sie grüne Stämme haben, die in der
Regel eine geringe Korkbildung#und oft eine schwache Verholzung 3
aufweisen. Viele der hierher gehörigen Pflanzen haben wie die Bäume
eine sehr lange Lebensdauer. Ihr Zellsaft ist reich an Schleim, oft ist
ihre Epidermis stark cuticularisiert und die Spaltöffnungen sind ein-
gesenkt. Die Succulenten können viel Wasser aufspeichern, geben es
aber äußerst langsam ab (trocknen daher sehr schwierig). Abgetrennte
Stücke können oft Monate, ja Jahre (manche Opuntia-Arten) lang frisch
bleiben, Wurzel schlagen usw., ohne daß ihnen ein Tropfen Wasser oder
auch nur feuchte Luft zur Verfügung stände. Die heißesten und trocken-
sten Gegenden sind zumeist ihre Heimat!).
Fig. 132. Querschnitt durch ein Blatt von Asphodelus luteus. p Palisadenzellen,
s Schwammparenchym, o die morphologische Oberseite, % die Unterseite.
(Nach Frank.)
Man kann zweierlei Succulenten unterscheiden: Stammsaft-
pflanzen und Blattsaftpflanzen?).
Blattsaftpflanzen. Viele Pflanzen zeigen eine Neigung, fleischige
Blätter zu bilden, sobald sie an dürren, besonders sandigen Standorten
wachsen, während sie an anderen dünnblättrig sind (Fig. 23, 24). Andere
Arten haben dagegen eine erblich fixierte Fleischigkeit der Blätter und
bekommen auch dann keine dünnen Blätter, wenn sie an feuchtere Stand-
orte gebracht werden. Bei den Blattsaftpflanzen sind die Stengel meist
kurzgliedrig, dadurch werden die Blätter sehr oft rosettenständig, haben
aber sonst die gewöhnlichen Formen. Die Blätter sind dick, plump,
meist ungestielt, in der Regel lang und schmal, bei vielen zylindrisch
(die Oberfläche von Prismen und Zylindern ist nächst der von Kugeln
die kleinste, die es bei gleichem Volumen geben kann, S. 224); sie laufen
oft am Rande und an der Spitze in Dornen aus, sind aber im übrigen
*) In bezug auf ihre Anpassungen vergl. Burgerstein 1904, 8. 44, 205.
?) Goebel 1889—93.
29. Kap. Wasserbehälter 255
gewöhnlich ungeteilt und ganzrandig (vergl. übrigens Fig. 23, 24, 106).
Solehe Blattrosetten haben z. B. Agave, Aloe, Sempervivum, Echeveria,
mehrere Mesembrianthemum-Arten, epiphytische Orchidaceen u.a.; ge-
streckte Internodien haben mehrere Arten von Sedum, Bryophyllum,
Portulaca, Senecio (Kleinia) u. a.!).
Stammsaftpflanzen (vergl. auch S. 185 und $S. 230). Einen Über-
gang von den Blattsaftpflanzen zu dieser Gruppe bilden solche Blatt-
saftpflanzen, welche einen dicken und fleischigen Stengel haben, z. B.
verschiedene Crassulaceen, Peireskia.
Fig. 133. Euphorbia BReinwardtii, Kandelabereuphorbie. (Nach Schmeil.)
Bei den Stammsaftpflanzen ist der Stamm fleischig und saftig.
Bei den ausgeprägten von ihnen sind die Blätter unterdrückt oder zu
Schuppen oder Dornen umgebildet; der Stamm hat dann die Funktion
der Blätter als Assimilationsorgan übernommen, und die transpirierenden
Flächen der Pflanze sind dadurch sehr verringert worden.
Die’ausgeprägtesten Saftpflanzen sind Cactaceae (Amerika, Fig. 115),
Stapelia (Südafrika), Euphorbia-Arten (meist afrikanisch, Fig. 133). Hieran
schließen sich Sarcocaulon (Geraniacee; Südafrika), einige Arten von
Cotyledon und der Kompositengattung Kleinia. In den verschiedenen
Gattungen kommen eine Reihe Körperformen vor, deren Zweckmäßigkeit
!) Vergl. besonders Marloth 1908, S. 221, 311.
256 Lebensformen
Goebel, Noll u. a.!) nachgewiesen haben: es treten häufig solche Formen
auf, die mit einem gewissen Volumen eine sehr kleine Oberfläche verbinden, E
nämlich Kugeln, Prismen, Zylinder. Ein Schritt zu der Vergrößerung
der Oberfläche findet sich in der Form von Leisten, Kämmen, War-
zen usw. bei Mammillaria, Echinopsis u. a.?). Die Leisten und Kämme
sind meist senkrecht gestellt, so daß sie von der Sonne nicht so stark
erhitzt werden können. “
Einige Cacteen sind äußerst wasserreich, z. B. Echinocactus Ener
der Sonora-Wüste. E
Sowohl Stamm- als auch Blattsaftpflanzen sind unter den Halo
phyten vertreten. a
Die Suceulenten weichen von anderen Chlorophyll führenden Pflanzen =
in der Atmung und der Assimilation ab. Die verschiedenen Bau-
verhältnisse, die der Verdunstung entgegenwirken, verursachen zugleich
eine Hemmung der Kohlensäure-Assimilation; bei der Atmung wird nachts
nur wenig Kohlensäure, wohl aber werden viel Apfelsäure und andere
organische Säuren gebildet, und diese werden am en. Tage zu
Kohlehydraten verarbeitet). “
Der Ursprung der Suceulenten soll nach Vesque ®) folgendem zu-
zuschreiben sein:
1. der Erwärmung des Bodens, die die-osmotische Kraft der Wa
vergrößert; die Saftpflanzen können sehr hohe Wärmegrade ohn
Schaden ertragen und wachsen besonders auf warmen Felsen
2. dem Umstande, daß die Nahrung abwechselnd in starken und Mr
schwachen Lösungen zugeführt wird.
Zwischen den Saftpflanzen und den S. 221 ff. genannten wasser-
armen lederblättrigen Xerophyten gibt es, außer den Unterschieden in
der Dicke usw., gewöhnlich physiognomische Verschiedenheiten. Jene
sind nämlich in der Regel frischer grün (weil kahl), diese hingegen
weiß- oder graufilzig. Es gibt jedoch einzelne behaarte Saftpflanzen,
z.B. Sedum villosum. Infolge von Wachsbildung blaugrüne Arten kommen
in beiden Gruppen der Xerophyten vor. 4
Zu den oberirdischen Knollen gehören auch die knollenförmie
oder doch angeschwollenen Stämme bei gewissen südamerikanischen
Bäumen, welche besonders in der Catingavegetation vorkommen (Fig. 81),
z.B. bei Chorisia erispiflora (Bombacacee), Jaracatia dodecaphylla (Cari-
cacee), Jatropha podagrica (Euphorbiacee), Adansonia und Adenium in 2
Afrika u. a. — (Hier sei erwähnt, daß die von Rob. Hartig ausgesprochene
!) Goebel 1889—93; Noll 1893. Ri
?) Über die Morphologie der Cacteen vergl. Vöchting 1874, 1894; Goebel 1892;
Schumann 1899 a, b. =
®) Aubert 1892; Jost 1903 (Vorles. 15).
*) Vesque 1883,
29. Kap. Wasserbehälter 957
Meinung, das wasserreiche Holz diene bei gewissen Splintbäumen mit
flach streichenden Wurzeln, z. B. bei der Birke, als Wasserspeicher, sehr
wahrscheinlich zutreffend ist.)
Hier können auch die Luftknollen (Pseudobulbi), die meist bei
epiphytischen Orchidaceen vorkommen, genannt werden; sie sind knollen-
förmige, grüne Stengel, ein- oder mehrgliedrig und tragen ein oder
mehrere Laubblätter; noch lange Zeit nach dem Abfallen der Blätter
dienen sie als Wasserspeicher; oft enthalten sie einen schleimigen Saft
(Fig. 78, S. 186).
3. Die Zwiebel- und die Knollenpflanzen
Diese Lebensformen sind schon S. 172 erwähnt, müssen aber hier
ihrer Anpassungen wegen nochmals behandelt werden. Sie sind auf
verschiedene Weise angepaßt, lange trockene Zeiten auszuhalten. In
vielen Fällen sind es nicht nur plastische Vorratsnahrungsstoffe, wie
Stärke usw., sondern auch besonders Schleimzellen oder Schleimgewebe,
die zu ihrer Fleischigkeit beitragen und teils Baustoffe für die neuen
Sprosse!) sind, teils durch die Wasserspeicherung gegen Eintrocknen
schützen. Die Zwiebel- und die Knollenpflanzen wachsen daher beson-
ders in trockenen Gegenden, z.B. in Südafrika und auf den Steppen
Asiens (Liliaceae, Iridaceae, Amaryllidaceae u. a.). Poa bulbosa ist nach
Aitchison ?) „das gemeinste Gras auf den großen Ebenen von Beludchistan“
und wird sicher durch die dicken Blattscheiden, die eine Art Zwiebel
bilden, in stand gesetzt, dort zu leben (Henslow). Marloth?) gibt für
die südafrikanischen Zwiebelpflanzen an, daß sie gegen den gewaltigen
Druck, den der austrocknende Boden auf sie ausübt, gut ausgerüstet
sind, indem sie (z. B. die kapensischen Oxalis- Arten) entweder durch
eine harte Schale geschützt werden, oder durch zahlreiche, übereinander
sitzende, weiche, feinfaserige Schichten, deren Baststränge außen als
steife Borsten zurückbleiben. Einige Knollen sind Stamm-, andere
Wurzelknollen. Es gibt in Südafrika viele merkwürdige, teilweise ober-
irdische Knollen (sicher Stammknollen), die in blattlosem Zustande von
den Steinen, zwischen denen sie wachsen, schwierig zu unterscheiden
sind; ein Beispiel ist Dioscorea (Testudinaria) elephantipes, die durch
riesige Korkbildungen gegen Austrocknen geschützt wird (vergl. Fig. 134).
Viele Knollen entstehen sicher durch die vereinigte Beteiligung
von Stengeln und Wurzeln und bilden eine Art Übergang zu denen,
‘) Derartige Knollen kommen auch bei Wasserpflanzen vor, z. B. bei Sagittaria
sagiltifolia.
®2) Aitchison 1887.
®) Marloth 1887; vergl. auch Hildebrand 1884.
Warming-Graebner. 3, Auflage, illustr. 17
258 Lebensformen
die nur Wurzeln sind; so die verholzten Knollen (Xylopodium)?) bei
vielen Kräutern und kleinen Sträuchern der südamerikanischen Savannen
(vergl. auch S. 78, 169) ?).
Wurzelknollen. Bei Crocus und anderen Iridaceen beobachtet
man bisweilen helle, spindelförmige, von den Knollen ausgehende Saft-
wurzeln®); solche findet man auch an den Zwiebeln gewisser Oxalis-
Arten*) Fig. 97, S.216 und unter den Cacteen z.B. bei Cereus tuberosus,
jedenfalls bei Pflanzen, deren Sprosse nicht viel Wasser halten können
und deren Wurzeln daher knollenförmige, oft von einer Korkhülle um-
gebene Saftwurzeln sind. En
Verschiedene südafrikanische Xerophyten haben auf langen Wurzeln 4
viele spindel- oder kugelförmige Knollen sitzen, die durch Kork geschützte
Wasserbehälter sind; Elephantorrhiza hat dicht unter der Erdoberfläche
einen solchen Wasserbehälter, der bis 10 kg wiegen kann, während der
Stengel kaum fußhoch ist; eine Bauhinia-Art bildet Knollen von 50 kg
Gewicht). In Ägypten gibt es Erodium-Arten mit Wurzelknollen,
die nach Volkens®) als Wasserbehälter dienen. Spondias venulosa hat BE
riesige unterirdische Knollen. Sedum maximum hat bei uns diek- ©
fleischige Wurzeln. | 3
Über solche wasserspeichernde Wurzeln vergleiche auch Marloth n, ee
Die bei vielen südafrikanischen Wüstenpflanzen vorkommenden mächtigen
Wurzeln nützen besonders oder ausschließlich durch ihren Inhalt an \ h.
Wasser; es können zwei oder noch mehr Jahre ohne Regen verstreichen,
ohne daß die betreffenden Pflanzen durch Eintrocknen absterben.
Die Größe der Wasserbehälter ist nach ihrer Rolle in dem
Leben der Arten sehr verschieden; bei einigen müssen sie ohne Unter--
brechung monate- oder jahrelang funktionieren, bei anderen nur wenige
Stunden des Tages (z. B. bei den Bäumen der tropischen Regenwälder)
einige geben ihr Wasser schnell ab, andere äußerst langsam. Damit
müssen naturgemäß die Bauverhältnisse im Einklange stehen.
- An einigen Pflanzen hat man Zwergwurzeln gefunden, die von
manchen Schriftstellern (ob mit Recht?) als Wasserspeicher gedeutet
werden, so z. B. bei Aesculus und Verwandten), bei einigen australischen _
Koniferen°), bei Sedum!°) usw.). 3
2) Lindman 1900.
?2) Warming 1892, Figur.
®) Raunkiär 1895 (1905, 1907; Figuren).
*) Hildebrand 1884.
5) Schinz 1893.
®) Volkens 1887.
”) Marloth 1908, S. 314.
®) J. Klein 1880.
®) Berggren 1887.
10) Warming 1891; 1907—1909 (dort Figuren).
29. Kap. Wasserbehälter 259
Vereinigungen xerophiler Eigenschaften, z. B. morpho-
logischer und anatomischer, kommen sicher überall vor; einige Eigen-
schaften setzen geradezu das Vorhandensein anderer voraus, um zustande
kommen zu können.
Fig. 134. Dioscorea (Testudinaria) elephantipes. (Nach Pax.)
Ferner seien Korrelationen erwähnt. Die eine Eigenschaft führt
bisweilen die andere mit sich. Mit Sukkulenz treten oft zugleich Neben-
zellen der Spaltöffnungen auf, die diese schützen, wenn der Pflanzenteil
durch Austrocknen einschrumpft?).
1) W. Benecke 1892.
177
260 Lebensformen
Isolierte Wasserzellen; Nervenenden. Die vorhin besprochenen
Sukkulenten haben zusammenhängende Wassergewebe, was das Zweck-
mäßigste zu sein scheint; die Milchsaft führenden Pflanzen (s. S. 213)
haben lange, röhrenförmige, verzweigte Behälter. Es gibt jedoch noch
andere Wasserbehälter. Zunächst sei erwähnt, daß gewisse Pflanzen
Zellen haben, die, einzeln oder in Gruppen
in das allgemeine Chlorophyligewebe eingestreut,
größer als die anderen Zellen dieses Gewebes,
dünnwandig und hell sind; Beispiele sind Nitraria
retusa (Fig. 135), Salsola longifolia, Halogeton,
Zygophyllum u.a. in der arabischen Wüste!), Bar-
bacenia auf den Bergen Brasiliens?), dann auch
einige parasitische Loranthaceen?°). |
Es ist für einige Arten nachgewiesen, daß,
wenn man einen Schnitt durch das Blatt ein-
trocknen läßt, jene Zellen zusammenfallen; setzt
man dann Wasser zu, so quellen sie sogleich.
Tracheiden‘). Meist verholzte Idioblasten
Fig. 135. mit gefäßartigen (schrauben-, seltener netzförmigen)
Isolierte Wasserspeichel- Verdickungen kommen bei vielen anderen Arten
zellen von Nitraria re auf ähnliche Weise eingestreut vor; sie gleichen
tusa. Von Palisaden- den Wasserzellen bei den Velamina der Luft-
zellen umgeben. Dir urzein (S. 52) und bei Sphagnum, sind kurz,
schraffierten Stellen sind x ; = a ; :
mit Gerbstoff erfüllt. Ziemlich dickwandig, porös, aber nicht durch-
(Nach Volkens.) löchert und füllen sich mit Luft, wenn das
Wasser ausgetreten ist. Sie kommen in zwei-
facher Form vor: entweder an den Nervenenden, oder ohne Ver-
bindung mit den Nerven. Dieses ist der Fall in den Blättern vieler
tropischen Orchidaceen°), bei Crinum-Arten®), Nepenthes”), Sanseviera,
Capparis und .BReaumuria®), sSalicornia?), Centaurea').. An den
Nervenenden finden sie sich bei anderen Xerophyten (und Halophyten);
sie liegen hier, besonders bei Wüstenpflanzen, als riesige, unregel-
1) Volkens 1887.
?) Warming 1893.
®) Marktanner-Turneretscher 1885.
*) „Reservoirs vasiformes“ bei Vesque 1882, 1886; „Spiralzellen und Speicher-
tracheiden“ bei Heinricher 1885.
°) Trecul 1855; Krüger 1883.
6) Trecul 1855; Lagerheim 1892.
”) Kny und Zimmermann 1885.
®) Vesque 1882 a, b.
®) Duval-Jouve 1868.
10) Heinricher 1885.
30. Kap. Andere anatom. u. morpholog. Eigentümlichkeiten der Landpflanzen 261
mäßige Gefäßzellen mit spaltenförmigen oder länglichen Poren über
den feinen, blind endigenden Nervenenden in den Laubblättern und sind
oft schwierig von den zu den Gefäßbündeln gehörigen Gefäßzellen zu
unterscheiden, z. B. bei Capparis-Arten, Caryophyllaceen!). Die Rolle,
die die Gefäße in den Gefäßbündeln spielen, indem sie sich mit Wasser
füllen und es wieder abgeben, ohne zusammenzufallen, scheinen auch
diese Wasserzellen zu haben.
Parenchymscheiden um Gefäßbündel dienen z. B. einigen ägyp-
tischen Wüstenpflanzen?) und bei Restionaceen?) als Wassergewebe.
Umlagerung von Wasser. Meschajeff*) scheint der erste ge-
wesen zu sein, der darauf aufmerksam machte, daß bei sukkulenten oder
halbsukkulenten Pflanzen in den Zeiten starker und langandauernder
Trockenheit das in den älteren Blättern gespeicherte Wasser aus diesen
heraus in die jüngeren zu deren Erhaltung, und zwar Turgeszenterhaltung,
geleitet wird. Die jungen Blätter bleiben lebend und wachsen womöglich
weiter, während die älteren verschrumpfen und absterben. Besonders
gut läßt sich dieser Vorgang bei Sukkulenten beobachten, die lange Zeit
trocken transportiert sind (vergl. auch Tradescantia Fluminensis u. a.).
Schließlich mag daran erinnert werden, daß die S. 233 besprochenen
Tunikabildungen usw. auch dazu dienen können, Wasserbehälter zu sein.
30. Kap. Andere anatomische und morphologische
Eigentümlichkeiten der Landpflanzen
Bei einem Teile der Bauverhältnisse der Landpflanzen kann nie-
mand an dem Zusammenhange mit der trockenen Umgebung zweifeln,
während ihr Nutzen für das Leben der Pflanzen teilweise noch sehr
ungewiß ist. Schon früher wurden einige Verhältnisse erwähnt, die ver-
mutlich durch starke Transpiration (starkes Licht, trockene Luft) her-
vorgerufen werden, so der anatomische Bau des Sonnenblattes (S. 26),
namentlich die größere Höhe und die zahlreicheren Schichten des
Palisadengewebes in den Sonnenblättern im Vergleiche zu den Schatten-
blättern, in trockener Luft im Gegensatze zu feuchter Luft?), die größere
Höhe und die engeren Intercellularräume des Schwammparenchyms, die
?) Vergl. Vesque 1882 a, b; Heinricher 1885; Kohl 1886; Volkens 1888; Schimper
1898; Haberlandt 1904.
2, Volkens 1887.
») Gilg 1891.
*) Meschajeff 1883; vergl. Burgerstein 1904, 8. 228.
5) Lothelier 1893 u.a.
262 Lebensformen
weniger buchtigen Wände der Epidermiszellen und anderes, dessen sicher
bedeutenden Nutzen für das Pflanzenleben man noch nicht klar einsieht.
Andere Verhältnisse müssen vielleicht als direkt durch die klimatischen
Verhältnisse (Stärke der Transpiration) hervorgerufen aufgefaßt werden, 4
ohne daß sie eine besondere Rolle als Schutzmittel oder ähnliches spielen.
Hierher gehört unter anderem die bei Landpflanzen so häufige Verholzung,
welche bei Wasserpflanzen äußerst gering ist.
Verholzung ist in erster Linie für die Pflanzen von Nutzen, weil
sie deren mechanische Festigkeit erhöht. Bei vielen Pflanzen, auch
bei Bäumen, steht sie aber auch in inniger Beziehung zur Wasser-
speicherung. |
Es ist wichtig, zu bemerken, daß die Verholzung in direkter Be-
ziehung zur Umgebung steht; je trockener der Standort ist, desto stärker
ist (mit Ausnahme der Sukkulenten) die Holzbildung. Familien wie die
Umbelliferen, Caryophyllaceen, Geraniaceen, Linaceen, Labiaten, Rubia-
ceen, Dipsacaceen u.a. sind in den gemäßigten Klimaten vorwiegend
durch Krautgewächse vertreten, in den wärmeren gemäßigten Gebieten,
im Mittelmeergebiete und in den Tropen dagegen sind sie sehr viel
reicher an Gehölzen. |
Die Verholzung ist besonders bei solchen Xerophyten stark aus-
gebildet, die im Gegensatz zu den Sukkulenten nur wenig Wasser zu
speichern vermögen; sie sind äußerst hart und starr.
Das Holz der saftarmen Xerophyten ist dicht und hart, oft zu- .
gleich spröde und leicht zerbrechlich. Es ist dem Sommerholze ähnlich,
indem die Gefäße und die Zellräume eng sind, und der Grund der
Ähnlichkeit ist vermutlich, daß die Entwicklungsbedingungen dieselben
sind; die geringe Weite steht in Korrelation mit der schwachen Tran-
spiration, die durch die starke Unterdrückung der Blätter und die un-
günstigen Wachstumsverhältnisse hervorgerufen wird!).
Nach Cannon?) sind die Zweige bewässerter Pflanzen in der Wüste
von Tucson ärmer an Leitungsgewebe, als Zweige von demselben Durch-
messer von nicht bewässerten Pflanzen. Die Erklärung dafür muß in
der Verschiedenheit der Länge und des Charakters der Vegetationszeit
der beiden Pflanzen gesucht werden. Welchen Nutzen die Wüsten-
pflanzen aus der Struktur des Holzes ziehen, ist nicht klar; groß scheint
er nicht zu sein, da man kaum annehmen darf, daß die Zellwände als 2
Wasserbehälter dienen können. Jedoch sei daran erinnert, daß ver-
holzte Teile extreme Temperaturen besser aushalten, als wasserreiche 3
und dünnwandige, und daß Bäume starke Feuchtigkeit
besser aushalten als Kräuter. “
?) Besondere Eigentümlichkeiten der Wüstenpflanzen erwähnt Henslow 1894.
2) Cannon 1905.
30. Kap. Andere anatom. u. morpholog. Eigentümlichkeiten der Landpflanzen 263
Das mechanische Gewebe wird als Baststränge entwickelt,
die unter und über den Nerven in den Blättern, unter oder in der
Epidermis, an den Blatträndern verlaufen und desto mächtiger sind,
je trockener der Standort ist. Teile des Grundgewebes werden bis-
weilen in den Stengeln, z. B. bei den Restionaceen!), als mechanisches
Gewebe entwickelt. Steinzellen und Stützzellen werden oft aus-
gebildet, mehr oder weniger als Idioblasten, in den Chlorophyligeweben
und unter verschiedenen Formen, wonach Vesque’?) die Arten „proteoide*“,
„oleoide“ usw. nennt, z. B. in den Blättern von Proteaceen?), bei Rhizo-
phora*), Restionaceen, Olea Europaea (lange, wagerecht und senkrecht
verlaufende Sklerenchymzellen), Thea u.v.a. In mehreren Fällen ist
ein Nutzen dieser verdickten und verholzten Zellen, sowie der starken
Epidermis bei den Hartlaubgewächsen, augenfällig, nämlich der, daß sie
das Zusammenschrumpfen, das Zusammenfallen oder das Verschieben des
für das Leben wichtigen Chlorophyligewebes verhindern, wenn die Pflanzen-
teile durch Austrocknen einschrumpfen.
Dornbildungen sind eine andere Form, worin sich die Tendenz
der Xerophyten zur Verholzung zeigt. Es ist von alters her bekannt, daß
Wüstenpflanzen u. ähnl. oft sehr dornig sind, steife und dornige oder
stechende Blätter, dornige Stengel usw. haben. Solche Pflanzen sind
äußerst bezeichnend z. B. für den Scrub Australiens, die Felsensteppen
und die Hochebenen Asiens (Theophrasts Phrygana-Vegetation), die
Kalahari, Ägypten usw. — Die Dornen können morphologisch bekannt-
lich von sehr verschiedener Bildung sein (ganze Blätter und Blatteile,
Haare und Stacheln, verholzende Sprosse, sowohl vegetative Sprosse als
auch Blütenstiele); man hat zum Teil hiernach verschiedene Lebens-
formen aufgestellt (Grisebach die der „Dornsträucher“, Reiter die
„Distelform*).
Dornen werden nach Lotheliers und Cockaynes°) Versuchen durch
Trockenheit der Luft hervorgerufen; in feuchter Luft wird dieselbe Art
dornenlos, die in trockener Luft an Dornen reich ist, z. B. Berberis und
Crataegus. Daß dornige Pflanzen in der Kultur (auf besserem Boden usw.)
oft die Dornen verlieren, ist eine alte Erfahrung®).
Fast von allen, die sich mit den Dornbildungen befaßt haben, ist
die Meinung ausgesprochen worden, daß, da die Dornen für die Assimi-
lation direkt keine Rolle spielen und doch kaum als ganz unnütze
1) Gilg 1891.
2) Vesque 1882.
3) Jönsson 1880.
*) Warming 1883.
®) Lothelier 1890; Cockayne 1905 b.
®) Vergl. Henslow 1894, S. 223; Vesque und Viet 1881 u.a.
264 Lebensformen
Organe angesehen werden können, sie vermutlich zum Schutze der
Pflanzen gegen Tiere dienen'). Wallace?) weist darauf hin, daß dornige
Sträucher besonders in den Gegenden von Afrika, Arabien und Central-
asien vorkommen, die an großen Pflanzenfressern sehr reich sind. Es
erscheint ganz gewiß, daß sie in vielen Fällen auf diese Weise Nutzen
bringen, z. B. die langen Dornen von Acacia horrida, A. giraffae u.a.
Arten in den trockenen Gegenden Südafrikas gegen die zahlreichen, R
umherstreifenden Huftierherden; Marloth?) macht sogar darauf aufmerk-
sam, daß gewisse Arten sich in besonderer Weise dadurch angepaßt
haben, daß die längsten und die kräftigsten Dornen auf den jüngsten
Exemplaren oder den Wurzelsprossen vorkommen, die von den Tieren
am leichtesten erreicht werden können, während die späteren Zweige
auf hohen Bäumen ganz dornenlos sind. Übrigens beobachtet man Ähn-
liches auch bei Zlex aquifolium, deren obere Blätter gewöhnlich dornenlos
bleiben, wenn die Pflanze ein hoher Baum geworden ist?).
Es ist auch klar, daß dornige Pflanzen wegen ihrer Unangreifbar- “
keit dornenlose besiegen und größere Ausbreitung erlangen können; en
aber aus allem diesem darf man doch nicht schließen, weder daß die E
Dornen stets direkte Anpassung an Tiere seien, noch daß sie durch
natürliche Selektion in einem an Pflanzenfressern reichen Lande aufgetreten E
seien. Gegen welche Tiere sollen sich z. B. die Cacteen und die Agaven
Mexikos und Westindiens jetzt zu wehren haben? Und sollte sich de
Erblichkeit dieser nutzlosen Teile durch die unendlichen Zeiträume er-
halten haben, seit die Huftiere hier in größerer Menge vorkamen?
8
v
re
Be
Kerner) nimmt an, das mediterrane Gebiet sei an dornigen Pflanzen
deshalb so reich, weil es auch an Tieren reich ist, und die Hoch-
gebirge wiesen im Einklange mit ihrer größeren Armut an Tieren keine 9
Dorngewächse auf. Aber die arktischen Länder z. B. werden von
vielen Pflanzenfressern, darunter von so großen Formen wie Renntier
und Moschusochse, überdies in großen Herden durchzogen, und gleich-
wohl finden sich hier keine Dornen, offenbar weil die Feuchtigkeits-
verhältnisse, hier wie in den Hochgebirgen, die Dornbildung nicht
begünstigen ®).
Daß andere Dornbildungen bestimmt nachweisbaren Nutzen bringen,
ist hingegen sicher, z.B. bei gewissen kletternden Lianen (vergl. S. 158).
Auch in unserem nordischen, feuchten Klima gibt es viele Dorn-
bildungen, deren Nutzen vorläufig unklar ist. Dasselbe gilt von den
!) Delbrouck 1875; Marloth 1887 u.a.
2) Wallace 1891.
®) Marloth 1887.
*) Wallace 1891; Loesener 1901 u.a.
5) Kerner 1869. |
°) Vergl. unter and. Warming 1892; Henslow 1894; Cockayne 1905; Marloth 1908. a
30. Kap. Andere anatom. u. morpholog. Eigentümlichkeiten der Landpflanzen 965
kräftigen Dornen vieler in den Wäldern des Amazonenstromes lebenden
Palmen (Astrocaryum, Bactris u. a.), die Wallace!) erwähnt.
Die physiologischen Gründe, weshalb die verholzten Elemente so
kräftig werden, sind noch ziemlich unklar. Doch scheinen starkes Licht
und starke Transpiration die Ursachen zu sein. Vesque, Viet, Kohl
und Lothelier?) fanden durch Versuche, daß das mechanische Gewebe
mächtiger wird, wenn die Transpiration stärker wird. Cockayne?) beob-
achtete, daß bei der Rhamnacee Discaria toumatou die Dornbildung in
feuchter Luft nicht stattfand. Stahl, Dufour und Lothelier*) stellten
fest, daß sie im Lichte stärker als im Dunkeln ist (auch etiolierte
Pflanzen werden sehr schwachstengelig). Umgekehrt zeigen Versuche,
daß durch vermehrte Wasserzufuhr die Holzbildung bei Eiche und Robinia
vermindert wird, ebenso wird dadurch besonders bei Monokotyledonen
die Ausbildung der mechanischen Elemente schwächer’).
Zwergwuchs. Gestrüppe und Polsterpflanzen. Schon S. 48 und
219ff. wurde erwähnt, daß Wassermangel und starke Transpiration Zwerg-
wuchs hervorrufen können. Wind, Wassermangel und andere ungünstige
Wachstumsbedingungen erzeugen auch die Krummholzgestrüppe, die
Gestrüppe auf unseren Heiden, die krummästigen Sträucher der Erica-
ceen, die in Nordostdeutschland als Kusselkiefer bekannte krüppelige
Form von Pinus silvestris, u. ähnl. Trockener Boden und starke Ver-
dunstung geben den Pflanzen ihr Gepräge, indem sie kurze und kurz-
gliedrige, gekrümmte Sprosse und Stämme mit spärlicher und unregel-
mäßiger Knospenbildung hervorrufen; reichliche Feuchtigkeit nebst Wärme
bringt lange und gestrecktgliedrige Sprosse hervor. Im Mittelmeergebiete
und anderen subtropischen Gegenden mit Winterregen nehmen viele
Arten die Gestalt von Sträuchern von mittlerer Höhe an. Beim Ge-
strüpp und den Wüstensträuchern sind die Zweige und Blätter oft zu-
sammengedrängt, die Verzweigung wird außerordentlich dicht, und die
Pflanze im ganzen abgerundet und dicht; Beispiele in der nordafrika-
nischen Wüste Achillea fragrantissima, Artemisia herba alba, Cleome
Arabica u. v.a.*), die kugeligen Sträucher von Astragalus und Genista
auf Corsica”), und unter ganz anderen klimatischen Bedingungen die
S. 182 erwähnten Polsterformen der kalten, windigen, nassen arktischen
7) Wallace 1891.
2) Vesque und Viet 1881; Kohl 1886; Lothelier 1890.
®) Cockayne 1905.
*) Stahl 1883; Dufour 1887; Lothelier 1890.
5) Graebner 1895.
®%) Volkens 1887.
‘) Rikli 1903; Massart 1898.
266 Lebensformen
Gegenden, z. B. Draba alpina!), Silene acaulis?) Fig. 136, Arten von
Sazxifraga, viele Moose®), in den Alpen Androsace Helvetica®) u.a. Die
südamerikanischen, neuseeländischen und alle anderen Hochgebirge zeigen
viele Beispiele für diese wie abgebissen dicht geschorenen, abgerundeten,
festen, ja fast harten, aus Sträuchern und aus Stauden bestehenden
Polster, in denen zahlreiche Zweige, Blätter und Blattreste zusammen-
gedrängt sind (in Südamerika die beiden Umbelliferen Azorella und Laretia,
Oxalis-Arten, Valerianaceen: Aretiastrum Fig. 75 usw.?), Cacteen u.a.
Fig. 136. Aufbau einer Polsterpflanze (Silene acaulis\.
Original von F. G. Meyer.
Eine der merkwürdigsten Polsterpflanzen ist Raoulia mammillaria
Neuseeland. Überall ist der Grund derselbe: Trockenheit, durch eine
oder den anderen Faktor hervorgerufen; Henslow hat jedoch mit Re
darauf aufmerksam gemacht,.daß Zwergwuchs auch ‚durch kleinen un
schlechten Samen erzeugt werden kann. Jene dichte Verzweigung un
die Rasenbildung werden für das Individuum dadurch nützlich, daß
jungen Sprosse besseren Schutz gegen die Verdunstung finden;
.*) Kjellman 1884, S. 474, Figur. -
®) Vergl. The Botany of the Färöes (Copenhagen 19018), S. 993 (F. Birgen
®) Andersson und Hesselman 1900. — Grimmia maritima Fig. 76, 8.184.
*, Schröter 1904—8. |
5) Graebner 1906.
30. Kap. Andere anatom. u. morpholog. Eigentümlichkeiten der Landpflanzen 967
schützen einander und werden von den alten Sprossen geschützt, in den
subglazialen Gegenden gegen das Austrocknen durch die Winde (S. 68),
in den tropischen Wüstengegenden gegen Sonnenlicht und Wind.
Die Polsterpflanzen sind in neuester Zeit von Ö. Schröter und
Hauri!) behandelt worden.
Rosettenpflanzen. Viele Landpflanzen, besonders Xerophyten,
haben rosettenblättrige Sprosse, die den erstjährigen Laubsprossen zwei-
jähriger Dikotylen ähnlich sind; man trifft sie in Polarländern, Hoch-
gebirgen, Steppen und Wüsten, bei Epiphyten und tropischen Felsen-
bewohnern, wie auf S. 45 erwähnt wurde. Die Kurzgliedrigkeit und
die daraus folgenden Blattstellungsverhältnisse können sicher nicht in
allen Fällen gleichartig erklärt werden, und der Nutzen ist wohl auch
nicht immer derselbe. Bei vielen Bromeliaceen dient die Rosette zum
Aufsammeln und Aufbewahren von Wasser. Bei Polar- und Gebirgs-
pflanzen hat der niedrige Rosettensproß wohl zunächst den Vorteil, daß
die auf der Erdoberfläche ausgebreiteten Blätter den austrocknenden
Winden nicht so sehr ausgesetzt sind, daß sie eine größere Luftwärme
genießen und zugleich die Wärme des Bodens besser benutzen können.
Daß sie in Wüsten den Tau der Nacht besonders vorteilhaft benutzen
können, ist wahrscheinlich. Meigen?) hebt ferner hervor, daß bei vielen
Rosettenpflanzen die einander bedeckenden Blätter „windstille Räume“
bilden, die ja die Verdunstung herabsetzen. Rosettenpflanzen passen gut
zu einer offenen und niedrigen Vegetation; die nord- und die mittel-
europäischen Grasfluren, die Alpenmatten und ähnliche Vegetationen sind
in der Tat an niedrigen rosettenblättrigen Stauden sehr reich (Formen
wie Plantago major, Taraxacum offieinale, Achillea millefolium, Pimpinella
saxifraga). Dagegen sind sie in den Wäldern viel seltener (Warming).
Rosettenpflanzen vergl. S. 25, Fig. 11; S. 45, Fig. 23; S. 175, Fig. 68;
S. 176, Fig. 69; $. 247, Fig. 126.
Bonnier?) zeigte, daß gewisse Arten, welche in den Ebenen lang-
gliedrige Sprosse erzeugen, in den Hochgebirgen Rosetten bilden.
Niederliegende Sprosse. Viele Arten, die auf trockenem und war-
mem, namentlich auf sandigem Boden wachsen, haben niederliegende
Zweige, jedenfalls soweit als diese vegetativ sind. Nach S. 33 ist dieses
sicher, wenigstens zum Teil, den Wärmeverhältnissen und der Feuchtig-
keit des Bodens zuzuschreiben.
1) Schröter und Hauri 1914; Hauri 1912.
®) Meigen 1894.
®») Bonnier 1890, 1894.
268 Lebensformen
31. Kap. Morphologische und anatomische Anpassung
der Wasserpflanzen
Infolge der Ernährungsverhältnisse, die von denen der Luftpflanzen
sehr abweichen, haben die Wasserpflanzen sehr viele Eigentümlichkeiten
des Baues, die im vorigen Kapitel nur teilweise berührt worden sind.
Für die höheren Arten (namentlich Gefäßpflanzen) seien folgende
Eigentümlichkeiten des Baues hervorgehoben:
1. Wurzeln und analoge Organe. Da die Nahrung von den
untergetauchten Teilen oft vermutlich durch die ganze Oberfläche auf-
genommen wird (Algentypus)'), jedenfalls aber nicht durch die Wurzeln,
Fig. 137. „Windende“ Wurzeln von Hydrilla vertieillata; zur besseren
Befestigung im Schlamm hin- und hergebogen (Graebner).
werden bei untergetauchten Pflanzen die Organe reduziert, die sonst aus
der Erde mineralische Nahrung aufnehmen: die Wurzeln bei den Pha-
nerogamen und die analogen Organe der Kryptogamen. Mehrere G
pflanzen sind ganz wurzellos (Salvinia, Wolffia, Ceratophylium, Utrieularia
vulgaris, Aldrovandia, Genlisea); bei anderen hält das Wachstum d
Wurzeln bald inne, sie verzweigen sich nicht, und es kann sogar die
Wurzelhaube abgeworfen werden (Azolla, Lemna, Hydrocharis, Ponte-
deria, Pistia). Wurzelhaare fehlen bei Lemna minor, L. trisulea, Myrio-
phyllum, Butomus umbellatus, Caltha palustris, Hippuris vulgaris (von
!) Vergl. Graebner 1895, 1906.
31. Kap. Morphologische und anatomische Anpassung der Wasserpflanzen 269
dem Wurzelhalse abgesehen), Nymphaea alba u. a.!). Die Wurzeln sind
zunächst Festheftungsorgane.
Bei einer Reihe von Wasserpflanzen, die in losem Boden haften,
sind die Wurzeln entweder mit sehr langen Wurzelhaaren versehen, die
eine größere Bodenmenge durchziehen, oder sie sind unregelmäßig hin
und her oder spiralig gebogen, wodurch auch das Herausziehen aus
dem Schlamm erschwert wird?) (Fig. 137).
Die steinebewohnenden Algen, Moose und unter den Samenpflanzen
die Podostemaceen sind mit besonderen Haftorganen (Hapteren) versehen
(Fig. 138).
2. Die Assimilationsorgane. Äußerst mannigfaltig sind die
Formen der Algen, worüber die besonderen Werke verglichen werden
müssen (und in Kap. 44, 45, 46).
Fig. 138. Haftorgane verschiedener Algen. A. Polysiphonia nigrescens. B. Spermo-
ihamnion Turneri. C. Laminaria solidungula. (Die größte Figur ca. '/,.) Die Haft-
scheibe ist durch Verschmelzen der „radices scutatae“ dreier Exemplare entstanden.
D. Agarum Turneri. E. Pithopora Roettleri. (A, B nach Rosenvinge, C nach
J. Agardh, D nach Harvey und E nach Wittrock.)
Auch die Formen der Gefäßpflanzen sind ziemlich mannigfaltig.
Es gibt Arten mit Langsprossen und solche mit Rosettensprossen,
Arten ohne und mit Ausläufern; oberirdisch oder unterirdisch kriechende
Pflanzen. Weiter gibt es ganz untergetauchte Arten und solche mit
Schwimmblättern, andere sind frei schwimmende oder flutende. Aber
alle Arten sind krautartig.
Die Blattformen sind auch sehr verschieden, worüber in späteren
Kapiteln berichtet wird. Hervorzuheben ist, daß Heterophyllie bei einigen
Arten vorkommt, indem die untergetauchten Blätter von den Schwimm-
blättern verschieden sind.
1) F. Schwarz 1888.
2) Vergl. Graebner 1906.
270 Lebensformen
3. Lebensdauer. Die allermeisten Wasserpflanzen sind, jeden- Si
falls unter den Gefäßpflanzen mit Ausnahme von einer Anzahl niederer
Pflanzen, wie Salvinia, Naias, Subularia, Podostemaceen und wenigen
anderen, mehrjährig, was mit den günstigen, von dem Wechsel
des Jahres wenig beeinflußten Lebensverhältnissen im Einklange steht.
Die vegetative Vermehrung vieler Wasserpflanzen übertrifft weit die
geschlechtliche; dieses geht so weit, daß der Fruchtansatz durch das
Wasser ganz verhindert werden kann. Gewisse Pflanzen, wie Helodea
Canadensis (in Europa jedenfalls), viele Lemna-Arten u.a. vermehren
sich ausschließlich auf vegetativem Wege, und manche in so ungeheuren
Mengen, daß sie sehr lästig werden können, z. B. Helodea, Azolla, +
Eichhornia usw. Bei Hydrilla sind in Europa alle Blüten deformiert, so
daß keine Früchte ausgebildet werden können). — Im allgemeinen tritt e*
in der Feuchtigkeit und Nässe die geschlechtliche Vermehrung
während diese durch Trockenheit befördert wird. N;
4. Anatomische Eigentümlichkeiten. Das grüne Gewebe
(Chlorophyllgewebe) von Wasserpflanzen ist sehr wenig differenziert; es
gibt sehr geringe oder gar keine Differenzierung in den submersen Laub-
blättern, und keine Differenz zwischen Palisadengewebe und Schwamm-
parenchym. Die Blätter sind daher isolateral.
Die Schwimmblätter haben dorsiventralen Bau.
Die Epidermis ist dünn und führt oft Chlorophyll, was =, dr
geringen Lichtstärke in Verbindung stehen muß. Haare fehlen bei
den allermeisten Blütenpflanzen und sind, wo sie vorkommen, entweder u
schleimbildend (vergl. S. 205), oder dienen zur Verstärkung der Assimi- E
lation oder zur Atmung (die beiden letzten Fälle bei Algen und Po-
dostemaceen). Die Cuticula fehlt oder ist sehr dünn, ebenso fehlen
Überzüge von Wachs und Kork, daher vertrocknen Wasserpflanzen an
der Luft so leicht. h
Sehr oft erscheint die Epidermis größerer, untergetauchter Wasser-
pflanzen (Potamogeton usw.) für Wasser nicht oder sehr schwer benetz-
bar, beim Herausziehen aus dem Wasser läuft dieses sofort ab und
die Oberfläche der Blätter usw. erscheint fettglänzend und trocken.
Lundström?) hat gefunden, daß sich bei den betreffenden Arten in den
Epidermiszellen Öltropfen befinden, die an kleine farblose Stäbchen ge-
bunden sind; Lundström nennt sie „farblose Ölplastiden“. Sie sind
allen Oberhautzellen zu finden, nur in den an die Hauptnerven und an
‘ den Wasserporus grenzenden Stellen fehlen sie, und diese Stellen bleiben
denn auch vom Wasser benetzt. Der Zweck dieser Ölzellen ist nic
!) Caspary 1860.
?) Lundström 1888; Graebner 1906, 8. 412,
31. Kap. Morphologische und anatomische Anpassung der Wasserpflanzen 971
ganz klar; sie werden als Schutz gegen Tierfraß oder gegen die An-
siedelung epiphytischer Algen gedeutet, vielleicht sollen sie aber auch
(sie finden sich schon in ganz jungen Zellen) die Diffusion zuckeriger
Lösungen aus den Blättern in das umgebende Wasser verhindern.
Die Ausscheidung von Wasser ist bei untergetauchten Wasser-
pflanzen nicht ausgeschlossen, sie geschieht in tropfbarflüssiger Form
und wird durch innere Kräfte verursacht. Die Blattspitzen mancher
Arten haben Wasserporen, oder die Blattspitzen zerfallen und die Spitzen
der Gefäßbündel sind daher offen und treten in direkte Berührung mit
dem Wasser).
Fig. 139. Potamogeton perfoliatus. A Querschnitt durch den Stengel,
B ein Gefäßbündel, stärker vergrößert. Bei beiden X der Xylemgang.
. (Nach Schenck.)
Verdunstung im strengen Sinne ist natürlich ausgeschlossen, daher
fehlen Spaltöffnungen an den allermeisten untergetauchten Teilen und
sind bei den wenigen, wo sie vorkommen, vermutlich entweder Wasser-
poren oder ganz ohne Funktion.
Die Schwimmblätter haben Spaltöffnungen auf der Oberseite ’?).
Wasser leitende Röhren werden aus demselben Grunde weniger
notwendig; die Gefäße und der ganze Holzteil werden bei den Gefäß-
pflanzen reduziert. Der Siebteil als eiweißleitendes Gewebe erfährt keine
Reduktion. Die leitenden Gewebe werden immer mehr in der Mitte des
1) Vergl. die Arbeiten von Schenck 1886 a; Sauvageau 1889, 1890, 1891, 1894;
Wieler 1892; Weinrowsky 1898; Minden 1899; Burgerstein 1904; Graebner 1906.
®) Haberlandt 1904.
272 Lebensformen
Organes vereinigt, so daß sie zuletzt einen zentralen Strang bilden.
(Van Tieghem stellt vier Typen degradierter Wurzeln auf)).
Die Menge und Verzweigung der Nerven in den Blättern ist geringer
als in Landpflanzen. — Sehr bemerkenswert sind die bei größeren Wasser-
pflanzen nicht seltenen Xylemgänge?), die .durch .Resorbierung der ur-
sprünglich im Xylem angelegten Gefäßgruppen entstehen und in großen
Gefäßbündeln (Potamogeton lucens usw.) eine erhebliche Größe erreichen
können (Fig.139). Diese mit Wasser gefüllten Xylemgänge durchlaufen die
Gefäßbündel, von dort aus die Blätter und stehen in Verbindung mit den
Wasserporen (s. S. 212) an der Spitze. Es scheint, als ob bei diesen
nicht nach dem Algentypus (s. S. 268) lebenden Pflanzen, deren Epi-
dermis durch Schleim oder Öl (s. S. 270) geschützt ist, also wohl
kaum dort Nahrungsaufnahme zuläßt, eine Art innerer Ernährung vor-
handen ist?).
Das mechanische Gewebe wird reduziert oder gar nicht ent-
wickelt, weil die Tragfähigkeit des Wassers größer ist als die der Luft.
Namentlich werden biegungsfeste Konstruktionen nicht entwickelt. Gegen
die Streckung durch Wasserbewegungen wird möglichst im Zentrum des
Stengels zusammengedrängtes mechanisches Gewebe mit zugfesten Kon-
struktionen angewandt‘); gewisse Algen z. B. haben Verstärkungs-
rhizoiden in den unteren Teilen des Thallus, was Wille®) eingehend
nachgewiesen hat. Verholzung findet sich nicht oder nur sparsam (bei
den Gefäßen). Dazu kommt:
Lufträume bei den Wasser- (und Sumpf-) Pflanzen sind sehr
häufig und sehr groß. Diese Lufthöhlen dienen zur Verminderung des
spezifischen Gewichtes (Schwimmapparate), außerdem zum Luftwechsel
(Atmung); Fig. 47, S. 143; Fig. 92, S.208. Ein eigentümliches Luft-
gewebe ist das Aörenchym®) Fig. 140. Bei einer Anzahl großer Algen,
2. B. Fucus vesiceulosus, Ascophyllum nodosum, Halidrys siliquosus,
Sargassum (Fig. 141), Macroeystis u. a. Laminariaceen, kommen luft-
führende Schwimmblasen vor.
Ohne Lufträume sind die Algen, Moose, kleinere dikotyle Blüten-
pflanzen, speziell die Podostemaceen. Vergleiche oben die ohne Durch-
lüftungseinrichtungen und ohne Xylemgänge lebenden Wasserpflanzen,
den „Algentypus“ ?).
ı) Van Tieghem 1870—71.
2) Schenck 1886 a.
- 3) Graebner 1906.
*) Schwendener 1874. Warming über Podostemaceen 1871—1901.
5) Wille 1885.
°) Schenck 1889 a; Goebel 1891—92, II.
?) Graebner 1895; 1902 u.a.
31. Kap. Morphologische und anatomische Anpassung der Wasserpflanzen 273
Diekenwachstum findet sich bei den Achsenorganen der Wasser-
pflanzen nur ausnahmsweise, was mit den unter 2 und 3 genannten
Umständen zusammenhängt.
Im Gegenteil sind die untergetauchten Stämme von Samenpflanzen
viel länger und dünner als bei Landpflanzen und machen oft den Ein-
druck von etiolierten Stengeln.
Schleim. Bei den verschiedensten Familien der Wasserpflanzen
beobachtet man, daß die jungen Pflanzenteile mit Schleim überzogen
sind. Während Stahl auch diese Einrichtung als Schutz gegen Tier-
fraß deutete, kam Schilling durch Versuche zu dem Schluß, daß die
Fig. 140. Fig. 141. Sargassum sp.; mit Schwimmblasen;
Aörenchym. (Nach Schenck.) etwa !/, vergrößert. (Nach Börgesen.)
Schleimschicht für die Lösungen mancher Salze und Farbstoffe völlig
undurchlässig ist; er hält den Schleimmantel also für eine Schutzschicht
gegen die direkte Berührung der zarten Zellen mit dem Wasser, um
das unerwünschte Aus- und Eintreten von Lösungen bis zu der Zeit
zu verhindern, wo die Epidermis ausgebildet ist und selbst schützend
wirkt!). — Der Schleim wird teils von Haaren, teils von inneren Schleim-
gängen sowie auf Samenschalen gebildet. Der Schleim, der sich oft an
Algen, die am Strande oder in stark bewegtem Wasser wachsen, findet,
z. B. bei Nemalion multifidum, mag sie gegen die Gewalt der Wasser-
bewegungen schützen?). Algen an der Küste, die zur Zeit der Ebbe
1) Stahl 1888; Goebel 1891—92; Schilling 1894.
») Wille 1885.
Warming-Graebner: 3. Auflage, illustr. 18
274 Lebensformen
trocken liegen, haben ebenso wie andere, zeitweise der Trockenheit
gesetzten Algen einen Schleimüberzug, der die inneren Teile ve
Vertrocknen schützt).
Die Eigentümlichkeiten der Wasserpflanzen, die hier
sind, sind im allgemeinen als Beispiele einer Degeneration
morphologischen wie vom anatomischen Standpunkte als Rü
aufzufassen, sobald man die Wasser- mit den Landpflan
Dieser Rückschritt mag mit Henslow?) als eine Anpass
werden. Daß auch einige fortschreitende nützliche Anp
handen sind, zeigt das Vorkommen des Öles in der Epic
Schleimbildung, des Xylemganges usw.
1) Über die Schleimerzeugung bei Pflanzen vergl. die Arbeiten
Schilling 1894; Goebel 1898—1901; B. Schröder 1903.
” Heukaw 189.
Dritter Abschnitt
Das Zusammenleben der Organismen. Sociale
Anpassungen. Die Pflanzenvereine
32. Kap. Das Zusammenleben der lebenden Wesen
Die leblosen, physikalischen, chemischen und anderen Faktoren,
die im ersten Abschnitte behandelt wurden, reichen durchaus nicht zum
vollen Verständnis der Vereinsbildung im Pflanzenreiche hin. Schon
Kap. 15 wurde ein anderer Faktor, nämlich der Wettbewerb zwischen
den Pflanzenarten untereinander, als von so großer Bedeutung hervor-
gehoben, daß viele Arten von großen Gebieten der Erdoberfläche nicht
durch den unmittelbaren Eingriff der leblosen Faktoren, sondern durch
ihren mittelbaren Eingriff, durch den Nahrungswettbewerb mit anderen,
stärkeren Pflanzenarten, ausgeschlossen bleiben.
Auch ein anderer Faktor, das Tierleben, hat für die Art und
die Haushaltung der Vegetation große Bedeutung. Die Rolle der Regen-
würmer, der Insekten und anderer kleiner Tiere bei den physikalischen
oder den chemischen Änderungen des Bodens wurde schon behandelt.
Das Tierleben greift jedoch auch auf vielerlei andere Weise in das Leben
der Pflanzen ein, und unter allen lebenden Geschöpfen steht der Mensch
als der voran, der die größten Veränderungen in den Pflanzenvereinen
und auch Kämpfe zwischen diesen hervorruft.
Die mannigfaltigen, verwickelten Wechselverhältnisse der lebenden
Wesen sind Umstände von allergrößter Bedeutung für das Pflanzenleben
und die Pflanzenvereine, so daß sie in einem besonderen Abschnitte be-
handelt zu werden verdienen (vergl. 5. Abschnitt).
33. Kap. Die Eingriffe des Menschen
Auf vielfache Art stehen der Mensch und die Pflanzenwelt in
Wechselwirkung. Obwohl die Pflanzenwelt auf den Menschen einwirkt,
ist dieser doch bei weitem der stärkere, und die Vegetation wird in dem
18*
276 Zusammenleben der Organismen
Grade sein Werk, daß es bald nur wenige Gegenden der Erde geben
wird, wo er nicht umbildend und zerstörend eingegriffen hat, indem er
die Vegetation nach seinem Gebrauch einrichtete oder indirekt auf sie
einwirkte. Hier sei nur angedeutet, wie der Mensch, teils direkt, teils
indirekt, durch seine Bearbeitung des Bodens, durch seine Kulturpflanzen
und seine Haustiere, in den Zustand und in die ökonomische Stellung
der ursprünglichen Pflanzenvereine eingreift, und wie er in der Form
neuer Kulturpflanzen (z. B. Waldbäume) und neuer Unkräuter den wilden
Pflanzen absichtlich oder unabsichtlich neue Mitbewerber zuführt ?).
Alte Vereine werden vom Menschen ausgerottet und neue Vereinsformen
hervorgebracht; wenn wir z.B. in den Tropen verlassenen Plantagen-
boden mit Gebüschen von Unkrautpflanzen bedeckt sehen, so ist dieses
ein neuer Verein, der natürlich nicht als solcher vorhanden war, bevor
der Boden in den Dienst des Menschen genommen wurde, und die be-
treffenden, nun in riesigen Massen und als ein Verein mit einem beson-
deren Gepräge und einer besonderen Haushaltung auftretenden Arten
müssen vor jener Zeit einzeln am Waldrande und an anderen offenen
Stellen zerstreut gewesen sein?).
Die Bedeutung des Eingreifens der Menschen ist sehr stark von
Crampton®) hervorgehoben worden. Er teilt die Standorte in künst-
liche und natürliche; die ersteren finden wir in Pflanzungen, Gärten,
Hecken, Feldern usw. Zu ihnen gehören auch solche, die durch Drai-
nierung, Rauch, Haustiere usw. verändert worden sind (Graebners‘®)
Kultur- und Halbkulturformationen). Näheres über die Eingriffe des
Menschen folgt im letzten Abschnitte?).
34. Kap. Das Zusammenleben mit den Tieren
Durch die biologischen Forschungen der Gegenwart, zu denen
Darwins Arbeiten den Anstoß gegeben haben, sind wir über mannig-
faltige und verwickelte Verhältnisse des Zusammenlebens zwischen Tieren
und Pflanzen und über Anpassungen der Pflanzen an Tiere und um-
gekehrt aufgeklärt worden.
In floristisch-geographischer Hinsicht kann an den Zusammenhang
zwischen dem Verbreitungsgebiete gewisser Pflanzen und Tiere, z. B.
zwischen Aconitum und Bombus erinnert werden®), oder daran, daß die
») K. Fritsch 1902.
?) Warming 1892.
®) Crampton 1918.
*) Graebner 1909.
°) Über die Veränderungen an Kulturpflanzen, verminderte Fruchtbarkeit usw.
vergl. Zacharias 1911; über ihre Disposition für parasitische Krankheiten, Sorauer 1902.
©) Kronfeld 1890.
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34. Kap. Zusammenleben mit den Tieren 977
Vanille auf Mauritius, wohin sie am Anfange dieses Jahrhunderts ein-
geführt wurde, nur nach künstlicher Bestäubung Frucht bringt, weil die
zur Bestäubung passenden Insekten dort fehlen, oder an die Beziehung,
die nach Aurivillius zwischen der Insektenfauna des hohen Nordens und
den biologischen Blumentypen der hochnordischen Flora besteht. Weiter
seien erwähnt: Angraecum sesquipedale, welches unzweifelhaft an einen
Nachtfalter mit enorm langem Rüssel angepaßt ist, oder Yucca filamen-
tosa, die von der Motte Pronuba yuccasella abhängig ist!).
Es sei ferner auf die ganz verschiedene Rolle hingewiesen, die
mit Hilfe von Wind oder von Insekten bestäubte Blüten in der Physio-
enomie des ganzen Pflanzenvereines und der Landschaft spielen. Die
Bäume der nordischen Wälder sind zumeist an Windbestäubung an-
gepaßt (wenigstens die bestandbildenden), die der tropischen größten-
teils an Insektenbestäubung, und hiermit gehen Unterschiede in der
Blütenpracht einher, die dem Walde ein ganz verschiedenes Ge-
präge geben.
Viele ozeanische Inseln, z. B. die Galapagosinseln, sind arm an
Blütenpflanzen mit schön gefärbten Blüten, aber reich an Farnen oder
an Pflanzen mit kleinen und unansehnlichen Blüten; und dieses muß
vermutlich mit der Dürftigkeit der Insektenfauna in Verbindung ge-
bracht werden ’?).
Über Bestäubungsverhältnisse existiert eine ungeheuer große Litteratur; außer
Darwin und Chr. C. Sprengel mögen genannt werden: Axell, Beccari, Briquet, Burkill,
Delpino, Scot-Elliot, Fritsch, Hildebrand, Keller, Kirchner, Kuhn, Knuth, Lindman,
Loew, Ludwig, MacLeod, Marloth 1908, H. Müller, A. F. W. Schimper, Schumann,
Skottsberg, Warming, Willis und viele andere.
Daß gewisse Pflanzenvereine in unserer nordischen Natur einen
besonderen Charakter haben können, der durch die Formen der Blüten-
stände und durch die Stellung der Blüten im Einklange mit dem
Niveau, das die Blütenstände in der Vegetation einnehmen, und mit
den Insektenbesuchen ausgedrückt wird, hat Grevillius?) nachzuweisen
gesucht.
Ferner sind zu berücksichtigen: die gegenseitige Anpassung, die
sich zwischen Insekten und Blüten findet, die Bauverhältnisse, die die
Pflanzen instand setzen, ihre Früchte oder ihre Samen oder sogar
Knospen und Sproßteile mit Hilfe der Tiere zu verbreiten (saftige und
gefärbte Früchte, oder Früchte und Samen mit Hakenvorrichtungen oder
Drüsenhaaren usw.). Dieses Thema hat in neuerer Zeit besonders Ser-
nander*) bearbeitet.
1) Riley 1873, 1891; Knuth 1904, III, 8. 130.
2) Wallace 1880; siehe M. G. Thomson 1880.
%) Grevillius 1894.
*, Sernander 1901, 1906.
278 Zusammenleben der Organismen
Besonders betont muß ferner werden das Zusammenleben zu gegen-
seitigem Nutzen, das zwischen Ameisen und Pflanzen stattfindet (Myr-
mecodia, Cecropia, Acacia, Triplarıs u. a.!).
Großes Interesse bieten die neuen Studien Sernanders?) über die
Myrmekochorie. Viele Pflanzenarten besitzen an ihren Früchten oder
Samen fleischige Anhängsel, die meist fettes Öl enthalten (Elaiosome
Sernanders) und von den Ameisen begierig gefressen werden. Diese
Pflanzen entstammen den verschiedensten Familien. Die Stärke der
Myrmekochorie ist verschieden, manche Früchte oder Samen werden
sofort in den Bau geschleppt und später wieder fort, andere bleiben
längere Zeit liegen. Je nach der
Lage der Elaiosomen unterscheidet
Sernander eine Anzahl (15) Typen.
Besonders stark ist die Myrme-
kochorie ausgeprägt bei Seila Si-
birica, Corydallis cava, Viola odorata,
Veronica agrestis u. a. (Fig. 142).
Weiter das Zusammenleben, das
sich zwischen Milben und Pflanzen
findet, auf denen Domatien zur
sind?), und das Zusammenleben, das
Geddes zwischen grün oder gelb
Fig. 142. Myrmekochoren-Früchte und gefärbten Algen (Zoochlorella, Zoo-
"Samen. 1; Puschkinia scilloides, Luzula zanthella) und Tieren (Radiolarien,
Dilosn, Corylalie pa Fe Infusorien, Flagellaten, Spongilla,
monioides, Thesium alpinum, Carex mon- ae
tana. Nach Sernander u. Ulbrich. Hydra viridis u. a.) herrscht und
das als mutualistisch aufgefaßt
werden muß, da die Alge kohlenstoffhaltige Nahrung und Sauerstoff
herbeischafft, während das Tier ihr Obdach gibt und für die beständige
Zuführung von frischem kohlensäurehaltigem Wasser sorgt. Ä
Ferner sind z. B. die Bauverhältnisse zu beachten, die für die
Pflanzen nützliche Schutzeinrichtungen besonders gegen die weidenden
Tiere bilden: Gifte, Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherische Öle, Raphiden,
Dornen, Brennhaare, stechende Borsten u. a.?).
Auch sei hier an die Anpassungen der insektenfressenden Pflanzen
an ihre eigentümliche Ernährungsart erinnert; ferner daran, daß gewisse
1) Vergl. Belt 1874; Delpino, siehe Schimper 1898; Raciborski 1898; Warming
1893. Vergl. auch Fiebrig 1909; Ule 1900, 1906.
?2) Sernander 1906; Birger 1907; Ulbrich 1907.
®) Lundström 1887. Penzig u. Chiabrera 1903.
*), Stahl 1904.
Wohnung für jene ausgebildet
nach Cienkowski, Entz, Brandt und
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34.,85.Kap. Zusammenleben m.d. Tieren. — Zusammenleben d. Pflanzen untereinander 279
Tiere in ökologisch-geographischer Hinsicht dadurch eine große Rolle
spielen, daß sie gewisse Pflanzen suchen und zur Nahrung benutzen;
so Hirsche, Hasen, Mäuse und ähnliche in den Wäldern, die großen
Wiederkäuer auf den Savannen und Steppen Afrikas usw. Hierdurch
werden gewisse Pflanzenarten auf Kosten anderer begünstigt, und das
ganze Gepräge des Vereines wird ein anderes; über die dabei erfol-
gende Bevorzugung von giftigen, schlechtriechenden und -schmeckenden
Pflanzen vergl. Graebner').
Die Veränderung der Pflanzenformen durch die weidenden Tiere sind
besonders besprochen und illustriert worden durch L. Klein, Adamovicz?) usw.
Fig. 143. Ficus-Baum (Urostigma doliarium) in Brasilien, in der Trockenzeit.
Der Baum ist blattlos, alles Grüne rührt von Loranthaceen (Struthanthus) her.
(Nach Phot. von Warming 1865 in „Lagoa Santa“ [1892]).
35. Kap. Das Zusammenleben der Pflanzen untereinander
Verschiedenerlei Bande von sehr verschiedener Stärke können die
Pflanzen miteinander verknüpfen; in einigen Fällen greift das Zusammen-
leben in das Leben der betreffenden Arten tief ein, in anderen Fällen
2) Graebner 1909.
2) Klein 1899; Adamoviez 1909. Über das in diesem Kapitel besprochene vergl.
übrigens Ludwig 1895: C. Schröter 1904—08; F. W. Neger, Biologie der Pflanzen 1913;
Jos. Braun 1913, S. 147.
280 Zusammenleben der Organismen
ist es weit loser, sogar rein zufällig. Indem wir im folgenden mit
solchen Formen des Zusammenlebens beginnen, wo die Arten am innig-
sten und am festesten verknüpft, nämlich organisch verbunden sind
(eigentliche Symbiose)?), gehen wir allmählich zu den loseren Formen
über und schließen mit den großen Pflanzenvereinen, die viele Arten
des Zusammenlebens umfassen und demnächst der Gegenstand unserer
Betrachtung sein werden. Die Formen des Zusammenlebens sind gegen-
einander nicht scharf abgegrenzt.
Der Parasitismus ist eine Form des Zusammenlebens, in der die
beiden zusammenlebenden Arten am engsten verbunden sein können.
Die eine Art versieht die andere mit Nahrung, der Schmarotzer lebt
auf oder in seinem „Wirte“, von dessen lebendem Gewebe oder doch
seinem plastischen Material. Der Grad, wie weit der Schmarotzer an
Fig. 144. Keimpflanzen von Orobanche (Phelipaea) ramosa, auf der Wurzel r—r’ sitzend.
A. Ganz junge Keimpflanze, oben noch die Samenschale. — B. a das Wurzelende des
Keimlings ist etwas angeschwollen, doch hat die Wurzel die Rinde erst zur Hälfte durch-
brochen; 5 das hypokotyle Glied ist stark angeschwollen und mit der Wirtswurzel ver-
wachsen; ce Adventivwurzeln treten in Gestalt schwacher Auswüchse hervor. 16:1. —
C. Ältere Keimpflanze, die Adventivwurzeln andere Wurzeln ergreifend. 4:1.
(Nach Caspary.)
seinen Wirt gebunden ist und seine Nahrung aus ihm ziehen muß, kann
jedoch äußerst verschieden sein und stuft sich bei den verschiedenen
Arten ab: Am abhängigsten sind viele Rostpilze oder die Flachsseide
(Cuseuta epilinum) oder Orobanche-Arten usw., die nicht nur Ganz-
parasiten, d. h. außerstande sind, anorganische Nahrung zu be-
nutzen, sondern auch nur auf einer ganz bestimmten Art leben können
(Fig. 143, 144, 145). Ä
Weniger abhängig sind die Arten, die auf mehrfache oder auf
vielerlei verschiedene Weise gleich gut gedeihen können, entweder auf - |
Arten derselben oder sogar innerhalb verschiedener Familien; Ouseuta
epithymum ist eine solche (ganzparasitische) Art, die auf Calluna, Labi-
aten, Papilionaceen, ja auf Monocotylen und Equisetum u. a. leben kann,
und Viscum album ist eine andere (halbparasitische) Art, von der die
?) Schimper 1898.
N rn le lien tete
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 281
eine Rasse etwa auf einem halben Hundert Arten von Laubbäumen, die
andere auf mehreren Nadelbäumen, die dritte nur auf Abies alba schma-
rotzen kann!). Von Laub- auf Nadelhölzer und umgekehrt gehen sie
nicht über. Sie sind physiologische Varietäten („Gewohnheitsrassen“,
Magnus; spezialisierte Formen, Eriksson; biologische Rassen, Rostrup).
In den Tropen leben zahlreiche Loranthaceen, die auf Bäumen schmarotzen
(Fig. 143); einige von ihnen haben prachtvolle Blüten.
H. Winkler betont neuerdings?), daß nach seinen Versuchen die
Mistel wohl im wesentlichen Wasser entzieht und einen Teil ihres
Fig. 145. Rafflesiaceen auf Zweigen von Bäumen und Sträuchern schmarotzend;
1.u.3. Pilostyles, 2. Apodanthes. Die vegetativen Teile sind vollständig im Wirtskörper
eingeschlossen, nur die Blüten treten nach außen heraus. (Nach Kerner.)
Bedarfes an plastischen Stoffen durch Assimilation selbst deckt, daß sie
aber auch wesentlich auf die organische Substanz des Wirtes ange-
wiesen ist.
Während gewisse Arten Zwangsschmarotzer (obligatorische
Schmarotzer) sind, die nur als Schmarotzer leben können, sind andere
weniger gebunden und können gelegentlich vortrefflich als Saprophyten
(Verwesungspflanzen) leben, z. B. der Hallimasch (Armillaria mellea).
Nectria cinnabarina u. a. Pilze sind wohl stets zuerst Saprophyten,
1) Tubeuf 1912—14.
2) H. Winkler 1913.
282 Zusammenleben der Organismen
dringen dann aber auch vom toten Gewebe (Astzapfen usw.) in
das lebende.
Die Euphrasiaceen, die mit ihren Wurzeln die benachbarter Pflanzen
aussaugen (Fig. 146), können zum großen Teil, wenn auch schwächlich
und wenig Samen und Früchte bringend,
gedeihen, wenn im weiten Umkreise keine
Pflanze wächst.
Zwischen dem Schmarotzer und seinem
Wirte besteht ein feindliches (einseitig
antagonistisches) Verhältnis: der Schma-
rotzer greift seinen Wirt an und zehrt an
seiner Kraft. Der Wirt kann so geschwächt
werden, daß er durch den Schmarotzer ge-
tötet wird (Orangenbäume können durch
Loranthaceen getötet werden); natürlich
stirbt dann auch der Schmarotzer.
Der Kampf zwischen einer
Art und ihren Parasiten ist
für die Zusammensetzung der
Vereine von besonders großer
Bedeutung. Viele Waldbäume
unterliegen dem Angriffe von
Pilzen (z. B. Pinus silWestris
den Angriffen von Lophoder-
mium pinastri, von Polyporus
annosus u. a.), und die Natur
Fig. 146. A. Melampyrum pratense, Keim- der Waldvegetation ganzer
pflanze. As Hypokotyles Glied; haust Saug- Länder wird hierdurch beein-
warzen; cot Cotyledonen; 1:1 (E. Warming). — f]jußt. Kulturwälder (meist aus
B.b—b Wurzel von Euphrasia offieinalis (Augen- einer A eleichaltrigen
trost) mit ihren Haustorien, von welchen eins & u
sich auf der Wurzel a—a festgeheftet hat. 1:1. Stämmen; „Forsten“) sind dem
(Nach Warming-Johannsen.) Angriffe von Schmarotzern mehr
ausgesetzt als Naturwälder, weil
sich die Schmarotzer in einem gleichförmigen Bestande leichter aus-
breiten als in einem ungleichförmigen. Der Parasitenangriff ist neben
klimatischen Verhältnissen oft der Grund, weshalb eine Art einer
anderen unterliegt.
Helotismus!). Das Zusammenleben zwischen den Flechtenpilzen
und den Algen muß man offenbar am richtigsten als Helotismus auf-
fassen. Eine Flechte ist ein Doppelorganismus, von einem Pilz und
!) Vergl. Reinke, weiter Warming, Den almindelige Botanik, Kjöbenhavn 189,
S. 381. Von ei\wrng, Sklaven. Warming-Johannsen, $. 348.
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 283
einer Alge gebildet, welch letzere von Hyphen des Pilzes umsponnen
und in den Pilzkörper aufgenommen ist. Das Verhältnis wird gewöhn-
lich als mutualistisch bezeichnet, d. h. die beiden Organismen sollen
einander gegenseitig Dienste leisten, und dieses ist ja wohl auch
richtig, indem die Alge offenbar durch ihr Chlorophyll für kohlenstoff-
haltige Nahrung und für die Verarbeitung der Nahrung zum gemein-
samen Besten sorgen und der Flechtenpilz das übrige herbeischaffen
muß; aber die Gegenseitigkeit ist nicht gleich groß, denn der Pilz muß
sich mit der Alge verbinden, um sich zu seiner vollkommensten Form
entwickeln zu können, aber die Alge braucht den Pilz keineswegs und
zieht es sicher vor, frei, von ihm geschieden, zu leben. Der Ausdruck
„Konsortium“ ist daher auch nicht zutreffend. Daß die Alge kräftig
Fig. 147. Gonidientypen von Flechten. g Gonidien, k Hyphen.
A. Keimende Spore von Xanthoria parielina, deren Keimfaden sich auf Cystococeus
festsetzt. — B. Ein Sceytonema-Faden, der von den Hyphen von Stereocaulon ramulosum
umsponnen wird. — C. Eine Hyphe von Physma chalazanum dringt in eine Zelle von
Nostoce ein. (Nach Bornet.)
wächst und sich rasch vermehrt, vielleicht sogar größere Zellen als im
freien Zustande erhält, braucht nichts anderes als ein Hypertrophismus,
ein Krankheitszustand, zu sein. Man hat gemeint, daß die Alge in dem
Pilzkörper Schutz gegen Austrocknen fände; aber erstens scheint dieses
kaum notwendig zu sein, da die betreffenden Algen gewiß alle ein Aus-
trocknen vorzüglich ertragen, zweitens ist es nicht einmal der Fall,
daß sie wirklich Schutz gegen Austrocknen finden, denn die Flechte
trocknet unter gegebenen Verhältnissen so ein, daß sie spröde wird.
Außerdem ist die Alge daran verhindert, sich auf die für ihre Art voll-
kommenste Weise zu vermehren, z. B. bilden viele derselben im freien
Zustande Schwärmsporen, in der Flechte aber nicht. Die Alge ist in
dem Pilze offenbar in Sklaverei, und dieser ist eine Art Parasit, der
von gewöhnlichen Parasiten namentlich dadurch abweicht, daß er den
Wirt in seinen Körper aufnimmt und daß er selbst für einen Teil der
284 Zusammenleben der Organismen
im Haushalte des Wirtes verbrauchten Nahrung sorgt. Es besteht also
eine gewisse Ähnlichkeit mit den grünen Halbparasiten; aber, während
man annehmen muß, daß diese die kohlenstoffhaltige Nahrung wenigstens
z. T. selbst erzeugen, braucht der Flechtenpilz nur für die nicht kohlen-
stoffhaltige Nahrung zu sorgen (Fig. 147).
Auch hier kann das Band zwischen den beiden Organismen recht 3
eng sein, indem der Pilz bestimmte Algenarten wählt (vergl. Schwen-
dener). — Ganz abweichenden Anschauungen über das Verhältnis
zwischen Pilz und Alge hat früher
Minks und neuerdings Elfving!) Aus-
druck gegeben.
Fig. 148. Mykorrhizen. A, B der Buche aus Waldboden. A. Eine zur Mykorrhiza
umgebildete Wurzel. B. Die Wurzelzweige breiten sich (oft fast rechtwinkelig verzweigt)
zwischen den teilweise verwesten Blattresten aus und sind an der Spitze deutlich an-
geschwollen. — C. Aus einem Längsschnitt durch eine Wurzel von Neottia nidus avis,
in der Nähe der Wurzelspitze; e Epidermis, unten in der Rinde 2 mit Pilzhyphen gefüllte
Zellen; in den oberen fehlen die Pilzhyphen, doch sind solche eben im Begriffe in die
Zellen a und ö einzuwandern. (A, B nach P. E. Müller; C' nach Frank.)
Ob. es einen Mutualismus mit vollkommener Gegenseitig-
keit, einem für beide Teile gleich vorteilhaften Zusammenleben, gibt,
ist zweifelhaft. Die meisten bekannten Verhältnisse des Zusammen-
lebens zwischen Organismen sind nicht so gut bekannt, daß wir den
Zusammenhang vollständig klar durchschauen können. Dieses gilt z.B.
von der Mykorrhiza, wobei Wurzeln einer höheren Pflanze mit immer
sterilen Pilzhyphen eine enge, entweder ektotrophische oder endo-
trophische Verbindung eingehen, d. h. entweder mit Hyphen, die
vorzugsweise eine Kappe auf der Oberfläche der Wurzelspitzen bilden,
2) Elfving 1914.
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35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 285
oder mit Hyphen, die in den Rindenzellen der Wurzeln leben. Mykor-
rhizen sind bei den meisten Kätzchenträgern, Nadelbäumen, Ericaceen
und vielen anderen gefunden worden, besonders bei vielen mehrjährigen
Kräutern, die auf Rohhumus-, Torf- und Humusboden, also auf humus-
reichem Boden leben. Die Mycelien haben sicher von der Blütenpflanze
Vorteil, aber es ist sehr wahrscheinlich, daß sie dieser von Nutzen
sind; sie ersetzen, jedenfalls in gewissen Fällen, die Wurzelhaare und
dienen vermutlich dazu, organische, namentlich stickstoffhaltige Nahrung
aus dem an Humus reichen Boden herbeizuschaffen!) (Fig. 148).
P. E. Müller?) fand, daß die meisten unserer Waldbäume ekto-
trophische Mykorrhizen haben, wenige endotrophische. Bei der Berg-
kiefer fand er zwei Formen, gabelige und traubige, die auf derselben
Wurzel vorkommen können. Er ist auch der Meinung, daß diese dazu
dienen, den Pflanzen stickstoffhaltige Nahrung zuzuführen. Da er durch
ausgedehnte Kultur und Versuche fand, daß die Bergkiefer in Jütland
auf ganz humusfreiem Boden der Heidegegenden gut gedeiht, die Fichte
aber nicht, daß dagegen die Fichte, wenn sie mit Bergkiefern zusammen
gepflanzt wird, gut gedeiht, so glaubt er, daß es die Kiefer ist, die
durch ihre Mykorrhizen den Stickstoffhunger der Fichte befriedigt.
Ist dieses, was zunächst für die ektotrophischen Mykorrhizen gilt,
richtig, so hat man hier ein bemerkenswertes Beispiel dafür, daß die
eine Pflanzenart der anderen hilft, Standorte zu besiedeln, und sich in
einem Boden Nahrung zu verschaffen, von dem sie sonst vielleicht aus-
geschlossen bliebe; die Calluna-Heide, der Fichtenwald usw. würden
dann bis zu einem gewissen Grade diesem Zusammenleben ihr Dasein
verdanken.
Die Frage nach der Bedeutung der Mykorrhizen ist aber bei
weitem nicht gelöst; verschiedene Hypothesen sind neuerdings darüber
aufgestellt worden. Wichtig ist besonders die von Stahl?), nach welcher
die Pilze der ektotrophen Mykorrhizen hauptsächlich Nährsalze für die
von ihnen bewohnten Pflanzen herbeischaffen sollen; dadurch würden
diese besser imstande sein, den Wettkampf mit anderen Pflanzen auf-
nehmen zu können. Er fand, daß besonders solche Pflanzen mit Mykor-
rhizen versehen sind, welche eine schwache Wasseraufnahme haben und
deshalb davon bedroht würden, an Nährsalz Not zu leiden.
Perey Groom®) beobachtete den endophytischen Mykorrhizenpilz
bei Thismia und kommt zu dem Schlusse, daß er“einen Austausch von
Nährstoffen mit der Wurzel bewirkt und namentlich die Erzeugung von
*) Frank 1885; Alfred Moeller 1908 und später.
» P. E. Müller 1902, 1903.
8) Stahl 1900.
*) Percy Groom 1905.
286 Zusammenleben der Organismen
Proteinkörpern befördert. Der Pilz entzieht der Wurzel gewisse Stoffe
und liefert dafür andere wieder; schließlich wird er selbst zu einem
gewissen Teile verzehrt. An der ektotrophischen Form sind die Ver-
hältnisse zwischen Pilz und Wurzel anders geartet').
Einigermaßen ähnlich, namentlich mit der endotrophischen Mykor-
rhiza, scheint das Zusammenleben zu sein, das zwischen Legu-
minosen und Bakterien stattfindet. Daß gewisse frei in der Erde
lebende Bakterien (z. B. Clostridium Pasteurianum, Azolobacter chroo-
coecum) Stickstoff aus der Luft assimilieren können, ist sicher. Das-
selbe muß auch mit denjenigen Bakterien der Fall sein, welche in den
Fig. 149. Strangförmige Bakterienkolonie aus einem in Bildung begriffenen Knöllchen
an der Wurzel der Erbse; ca. 650:1; n Zellkern. Das Cytoplasma ist in der Figur
nicht wiedergegeben (nach Prazmowsky). — B. Wurzelknöllchen an Leguminosenwurzeln,
1. Seitenwurzeln des roten Klees, 2. Stück einer Wurzel der Saubohne, schwach ver-
größert (nach E. Rostrup).
kleinen Wurzelknollen der Leguminosen zu finden sind. Sie sind von
außen eingewandert und scheinen in der Pflanze stickstoffhaltige Nah-
rung aus der Luft zu assimilieren, schließlich zugrunde zu gehen, zu
„Bakteroiden“ umgebildet zu werden und durch ihren Stickstoffgehalt
den Leguminosen zur Nahrung zu dienen. Man nimmt an, daß die
Bakterien von dem Zusammenleben einen Nutzen haben (sie erhalten
wohl Kohlenstoffverbindungen von dem Wirte); anderseits würde es
bemerkenswert sein, daß sie, wie die endotrophischen Pilze, in
') Weiter haben über Mykorrhizen u. a. gearbeitet: Bernard 1910; Kamiensky
1881; P. E. Müller 1886, 1902, 1903; Frank 1887; Sorauer 1893; Perey Groom 1895;
W. Magnus; Stahl; Maze 1900; Weyland; Sorauer 1903—4 (dort Litteraturübersicht)
und viele andere. Weitere Litteratur bei Neger, Biologie der Pflanzen.
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35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 287
die Wurzeln eindringen, wenn jenes nicht der Fall wäre!). Vergl.
Fig. 149, 150.
Auch bei Elaeagnaceae, Myrica und Ceanothus finden sich ähnliche
Wurzelknollen, die aber nicht durch Bakterien, sondern durch Hyphen
eines Pilzes hervorgerufen werden. Auch für diese ist jetzt nachge-
wiesen worden, daß sie Stickstoff aus der Luft aufnehmen und speichern
können.
Gehen wir einen Schritt weiter, so kommen wir zu Pflanzen
(Algen), die in anderen Pflanzen Wohnung nehmen, ohne, soweit wir
wissen, einen Gegendienst zu leisten. Sie leben nicht auf Kosten des
Wirtes, nehmen vielleicht überhaupt nichts von ihm, aber wohnen ge-
wissermaßen frei. Hierher ist wohl die Cyanophycee (Anabaena) zu
AR Aork
Fig. 150. A. Längsschnitt aus einem jüngeren Wurzelknöllchen der Lupine, schwach
vergrößert; kar die Gefäßbündel der Wurzel; kork das Korkgewebe; 5b die mittlere
Partie des Knöllchens (nach Tschirch),. — B. Vier Zellen aus der mittleren Partie,
ca. 250:1. Neben dem Zellkern und einigen Stärkekörnern erscheint der ganze Zell-
raum von Cytoplasma mit „Bakteroiden“ ausgefüllt. — (©. Bakteroiden, ca. 1100: 1
(nach Frank).
stellen, die in besonderen Löchern auf der Unterseite der Blätter von
Azolla lebt, in Löchern, die nur ihretwegen da zu sein scheinen, die
sich bei allen vier Azolla-Arten konstant finden und nie frei von
Anabaena sind. Die Alge kann ebenso gut frei, von Azolla ge-
trennt, leben.
Ähnlich leben andere Algen endophytisch, d.h. in anderen Pflanzen:
in Sphagnum - Blättern, in die Nostoe durch die Löcher der farb-
losen Zellen hineingerät, in gewissen Lebermoosen oder in anderen
Algen, z. B. Entoderma viride in der Zellwand von Derbesia Lamou-
rouxü. Vielleicht liegt aber in dem zuletzt genannten Falle Parasitis-
mus vor.
2) Über die Knöllchen- und Stickstoffbakterien vergl. neuerdings K. Fuhrmann
1908; Bredemann 1908.
288 Zusammenleben der Organismen
Fig. 151. Blatt von Kibessia azurea mit zahl-
reichen epiphyllen Flechten. (Nach Stahl.)
Teilweise muß dieses wohl
auch mit den Cyanophyceen der
Fall sein, die in die aufrechten,
gabelzweigigen Wurzeln der
Cycadeae eindringen und eine
bestimmte Parenchymschicht
anregen, auf eine besondere
Art zu wachsen und ihnen Platz
zu schaffen, und namentlich
mit den Algen (Nostoc), die in
die Stämme von Gunnera ein-
dringen und die auch frei außer-
halb der Wurzeln oder der
Stämme leben können!). Un-
sere gegenwärtigen Kenntnisse
lassen noch nicht zu, überall
klar die Natur des Zusammen-
lebens zu deuten.
Epiphyten. Von den En-
dophyten, die in anderen Pflan-
zen nur Wohnung suchen, führt
ein kleiner Schritt zu den epi- i
phytisch, d. h. auf anderen
Pflanzen ihr ganzes Leben zu-
bringenden Arten, die aus den
lebenden Teilen ihres Wirtes.
durchaus keine Nahrung neh-
men, höchstens von dessen totem
Gewebe leben.
Doch hat Fitting?) nach-
gewiesen, daß die auf Blättern
lebenden („epiphyllen*) Flech-
ten auch teilweise Parasiten
sind. Einige zerstören jeden-
falls die Blätter dadurch, daß
sie tief in das Blattgewebe
eindringen. Andere, und zwar
der größere Teil, dringen nur
unter die Cuticula ein und
verursachen so im allgemeinen
!) Jönsson 1894.
°) Fitting 1909.
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35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 289
nur geringen Schaden. Eine dritte Gruppe wächst über die Cuticula
hinweg, indem sie sich auf deren Oberseite anheftet, und dies sind dann
typische „Epiphyllen“. Die epiphyllen Flechten finden sich vorzugsweise
auf glatten Blättern (Fig. 151; Fig. 123).
Auch sonst ist es nicht immer zulässig zu sagen, daß Epiphyten
nicht auf Kosten ihrer Wirtspflanze leben, denn Epiphyten können auf
anderen Pflanzen in solcher Menge auftreten, daß man annehmen muß,
daß sie ihnen durch ihre Masse schaden oder zu große Feuchtigkeit her-
vorrufen oder die Atmung vermindern, z. B. Flechten auf Bäumen!).
Das Band zwischen dem Epiphyten und der Art, worauf er sich
niederläßt, ist in der Regel weniger innig als in den vorigen Fällen;
die meisten Epiphyten können auf vielerlei Pflanzen wachsen, einige
sogar außerdem auf Fels. Andere sind jedoch an bestimmte Arten ge-
bunden, weil die Beschaffenheit der Rinde oder der Blattfläche für
sie wichtig ist. Es gibt Epiphyten sowohl auf Wasser- als auf Land-
pflanzen. Mannigfaltige Algen leben auf anderen Algen oder auf Blüten-
pflanzen, und einige Algen nur auf ganz bestimmten Arten, z. B. Elachista
fueieola auf Fucus, E. scutulata auf Himanthalia lorea usw.?).
- Epiphyten auf Landpflanzen gedeihen am besten da, wo es reich-
lich Luftfeuchtigkeit und Niederschläge gibt. Hierauf hat schon
Meyen?) aufmerksam gemacht, und Schimper hat den Gegenstand später
in seinen Arbeiten über die Epiphyten*) näher behandelt. Trockene
Klimate oder Klimate mit lange dauernden Trockenzeiten sind den
Epiphyten nicht günstig.
In kalten und in gemäßigten Gegenden sind die Epiphyten meist
Algen („aörophytische* Algen), Flechten und Moose, in warmen Ländern
kommen außerdem eine Menge Farne und Blütenpflanzen aus mehreren
Familien hinzu (Orchidaceae, Araceae, Bromeliaceae, Piperaceae usw.),
und in den feuchten Tropenwäldern finden sich viele epiphylle, d. h.
auf den mehrjährigen Blättern lebende Arten’). Vergl. Fig. 123, S. 241.
Eigentümlichkeiten des Standortes haben mehrere biologische
Anpassungen, die zuerst Schimper bei den Blütenpflanzen aufgeklärt
hat, zur Folge, deren wichtigste®) in den folgenden Seiten behandelt
werden sollen:
Verbreitung. Die Samen und Sporen sind auf zweierlei Art
eingerichtet, um verbreitet und auf der Unterlage befestigt zu werden.
1) Sorauer 1886; Lindau 1895.
2) Über die von Fritsch gewählte Bezeichnung „Konsortium“ vergl. Fritsch 1906.
®) Meyen 1836.
*) Schimper 1884, 1888; vergl. auch Mez 1904.
5) Goebel 1889—92; Raciborski 1898; Mez 1904; G. Karsten 1894; Treub 1888;
G. Jennings. |
°) Außer den eben genannten Forschern vergl. noch Beccari.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 19
290 Zusammenleben der Organismen
Entweder werden sie durch den Wind verbreitet, dann sind sie so klein,
staubfein und sehr leicht oder sie sind mit langen Haaren versehen,
so daß sie leicht vom Winde auf Stämme und Zweige geführt werden
können. Dort finden sie eine Spalte oder eine andere Vertiefung,
worin sie sich festsetzen können. Andere Samen sind in fleischigen
Früchten enthalten, die von den Vögeln gefressen und mit deren Ex-
krementen die Samen verbreitet
und auf Zweigen festgeheftet
ı werden (Araceae, Bromeliaceae,
) Caciaceae). Eine ganz unge-
2 wöhnliche Vermehrungsart hat
die wurzellose Tillandsia us-
neoides; losgerissene Stücke
ihrer langen, dünnen Sprosse
wickeln sich leicht um die
' E Zweige der Bäume (Fig. 152).
N Die, Festheftung dee
PP Y ! Epiphyten an die Pflanzenteile
| u N Pi geschieht entweder durch Rhi-
Ve zoiden, die in die Spalten der
Unterlage (die toten Rinden-
nn een
Haftwurzeln, die reizbar sind
und sich teilweise mit Haft-
ee haaren der Unterlage fest an-
Hi drücken. Oft besteht eine
A Arbeitsteilung zwischen Haft-
er \\ wurzeln und Saugwurzeln
(Fig. 158, 159); Fig. 153;
: Fig. 51; Fig. 52, 2238
Fig. 152. ‚Zweigstück der gänzlich wurzellosen Fig. 70, 8.177; Fig. 86, S. 194.
Tillandsia usneoides. 1:1. (Nach Schimper.) Die Wasserversorgung
ist für die Epiphyten eine
schwierige Aufgabe, da das Regenwasser schnell abfließt. Sie ent-
nehmen sicher das notwendige Wasser mehr dem Tau und Nebeln, als
dem Regen. Viele sind eingerichtet, den passenden Augenblick zu
ergreifen, und können im trockenen Zustande die Feuchtigkeit augen-
blicklich mit ihrer ganzen Oberfläche aufsaugen (Algen, Moose, Flechten
und Tillandsia usneoides, die wie andere Bromeliaceen eigentümliche
Saughaare hat)!). Auf S. 55, Fig. 28 bis 30 sind die charakteristischen
Haare abgebildet, Fig. 30 zeigt eine solche in Tätigkeit.
!) Schimper 1884, 1888a; Mez 1904 a.
teile) etwas eindringen (Moose, _ 7
Flechten usw.), oder durch
nf N
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 29]
2
Bei den Flechten ist es nach Sievers?!) die Oberseite, welche vor-
zugsweise das Wasser aufnimmt. Außerdem kommt den Flechten eine
starke Hyproskopizität zugute; er fand z. B., daß Usnea barbata 27,7 °/o,
Gyrophora hirsula 37,5 °/o und Cladonia rangiferina 50 °/o ihres Ge-
wichtes an Wasser in Dampfform aufzunehmen vermögen. Hierbei muß
aber vielleicht bemerkt werden, daß sich die Wasserdämpfe wohl in
tropfflüssiger Form auf den Flechten niedergeschlagen haben.
Andere Epiphyten (Orchidaceae, Araceae) haben Luftwurzeln, die mit
einer besonderen, zur Wasseraufnahme eingerichteten Wurzelhülle,
Fig. 153. Sphagnum epiphytisch an senkrechten Felsen der Sächsisch - Böhmischen
Schweiz. (P. Graebner phot.)
Velamen, versehen sind (vergl. Fig. 27, S. 53). Wie schon oben bemerkt,
dient die Hülle in trockenem, und weil lufterfüllten, weißem Zustande
wahrscheinlich auch als Transpirationsschutz.
Noch andere, z. B. Tillandsia bulbosa, haben einen Blattbau, der
die Wasseransammlung zwischen den Blättern begünstigt, Fig. 154, und
wieder andere haben z. B. zweierlei Blätter, wovon einige dem Sub-
Strat ganz angedrückt sind, so daß sie zwischen sich und dem Stamme
Wasser kapillar festhalten können, vielleicht auch aufnehmen können
?!) Sievers 1909.
19*
292 Zusammenleben der Organismen
(Beisp. der Farn Teratophyllum aculeatum nach G. Karsten). Vergl.
auch Fig. 126, S. 247.
Dem Austrocknen werden die Epiphyten leicht ausgesetzt sein.
Hiergegen haben gewisse Arten (Algen, Flechten, Moose) keinen sicht-
Fig. 154. Tillandsia bulbosa, 1:1. (Nach Schimper.)
baren Schutz; sie können langes Eintrocknen aushalten, ohne zu leiden
und erwachen beim ersten Regen oder Taufalle wieder zum Leben.
Andere haben sich Wasserbehälter der verschiedensten Art eingerichtet:
Wassergewebe in Blättern und Stengeln, welche daher suceulent werden
(Orchidaceen, Cacteen, Peperomien u. a.), Wasserzellen in den Blättern |
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 293
(Orchidaceen u. a.), krugförmige oder anders geformte Höhlungen,
Cisternen (epiphytische Lebermoose'), Dischidia [Taschenblätter, Fig. 155],
Araceen u. a.).
Im übrigen sind die Epiphyten recht verschieden ausgebildet, je
nachdem sie hoch oben in den Baumkronen sitzen oder ob sie tief
h]
ü
|
|
Fig, 155. Dischidia Rafflesiana mit normalen und Taschenblättern; links ein Taschenblatt
geöffnet mit den darin befindlichen Wurzeln. (Nach Wettstein.)
unten im Schatten des Waldes leben. Die ersteren And in weit höherem
_ Grade der Sonne und dem Winde und dadurch der Verdunstung aus-
gesetzt; sie sind dann oft recht ausgesprochen xeromorph ausgebildet.
Die letzteren befinden sich in weit größerer Luftfeuchtigkeit, und sind
_ daher breitblättriger und mehr mesomorph ausgebildet.
1) Goebel 1889—93, 1898—1901.
294 Zusammenleben der Organismen
Die Nahrung verschaffen sich die Epiphyten auf folgende Weise:
den Kohlenstoff aus der Luft, da sie alle lichtliebende und immergrüne
Pflanzen sind; einige sammeln außerdem zwischen ihren Wurzeln,
Fig. 156. Ficusbaum mit Fagraea, Asplenum nidus und anderen Epiphyten.
Buitenzor@ (Java). (Phot. Hjalmar Jensen.)
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 295
zwischen den Blättern ihrer Rosetten oder mit Hilfe besonderer Blätter
(Nischenblätter, Mantelblätter), wie z. B. mehrere Farne (Asplenum nidus,
Fig. 156, Polypodium quereifolium, Platycerium alcicorne)'), humose und
mineralische Teile, welche namentlich vom Winde herbeigeführt werden.
Andere Arten fangen als echte Epiphyten an, indem sie auf den Bäumen
keimen und dort eine Zeit so ihres Lebens zubringen, dann aber Luft-
wurzeln entwickeln, welche frei abwärts wachsen und schließlich in
die Erde eindringen, um dann als straffgespannte Seile die Pflanze mit
der Erde zu verbinden und aus der Erde Nahrung und Wasser dem
„Hemiepiphyten“ zuzuführen. Man hat Wurzeln von solchen hemiepi-
phytischen Fieus-Arten beobachtet, welche mehr als 30 m lang waren.
Fig. 157. Taeniophyllum Zollingeri, blühend, mit seinen grünen, Kohlensäure
assimilierenden Wurzeln auf der Rinde eines Baumes. 1:1.
(Nach Wiesner.)
Der Sproßbau und die ganze Ausstattung der Epiphyten sind sehr
verschieden. Es gibt ganz wurzellose Arten (T’llandsia usneoides, Fig. 152)
und es gibt Arten, deren Vegetationsorgane fast allein die grünen Wurzeln
sind, z.B. Polyrrhiza funalis; Aeranthus funalis; Taeniophyllum Zollin-
geri Fig. 157 (Orchidaceen). Es gibt krautartige und verholzende Arten,
sogar typische Sträucher; Rosettenpflanzen und gestrecktgliedrige kommen
nebeneinander vor; Arten mit knollenförmigen Stengeln, die als Wasser-
speicher dienen (Fig. 78), und solche mit succulenten blattlosen Stengeln
(Cacteen) finden sich gleichfalls unter ihnen.
Die Epiphyten können in lichtliebende und schattenliebende ein-
geteilt werden. Die ersteren sind die an den höheren, dem Lichte
1) Goebel 1889—93.
296 Zusammenleben der Organismen
exponierten Stellen lebenden, die anderen wachsen im Innern dichter
Gehölze, im Schutze einer feuchten Atmosphäre und einer schwachen
Beleuchtung (Gaßner 1913).
Die lichtliebenden Epiphyten haben mit den auf dem Boden wach-
senden Xerophyten meist viele Bauverhältnisse gemeinsam, denn sie
müssen wie diese daran angepaßt sein, lange dauernde Trockenheit aus-
zuhalten; sie sind eigentlich eine Gruppe von xerophytischen Boden-
pflanzen. Hiernach versteht man leicht, weshalb gewisse Arten sowohl
auf Bäumen als auf Felsen leben können (z. B. Bromeliaceen, Bhipsalis
cassytha und andere Cacteen). Die Epiphyten dürften im allgemeinen
aus Bodenpflanzen hervorgegangen sein, dadurch daß solche gelegentlich
auf anderen Pflanzen, und zwar wohl immer Holzpflanzen, keimten. Wir
>
Bor =
Fig. 158. Querschnitt des zentralen Teiles einer Nährwurzel von Anthurium (aus
Dominica), dick, mit stark entwickelten Gefäßbündeln. (Nach Schimper.)
finden z. B. hier in Nordeuropa eine Menge Arten gewöhnlicher Boden-
pflanzen, welche als Gelegenheitsepiphyten in Baumkronen und auf Baum-
stämmen wachsend gefunden werden (Überpflanzen?), die sich aber noch
nicht an ein epiphytisches Leben angepaßt haben).
Man wird danach die Epiphyten mit Schimper?) in folgende Gruppen
einteilen können:
1. Fakultative Epiphyten, dies sind die zuletzt besprochenen,
gelegentlich auf anderen Pflanzen wachsenden Überpflanzen.
2. Hemiepiphyten, d. h. solche Arten, welche sowohl durch
Haftwurzeln auf anderen Pflanzen befestigt sind, als auch lange Nähr-
wurzeln in die Erde hinabsenden.
3. Nestepiphyten, welche sowohl Haft- als Nährwurzeln haben,
aber diese letzteren wachsen mehr oder weniger aufrecht und da sie sehr
zahlreich sind, sammeln sie Humus zwischen sich auf (Fig. 158, 159).
!) Loew 1893; R. Beyer 1895; Stäger 1908; Wittrock 1894.
2) Schimper 1884, 1888, 1898.
a ee ZI Een
35. Kap. Zusammenleben der Pflanzen untereinander 9297
4. Aörophyten nennt er diejenigen, welche nur Haftwurzeln
haben; die Nahrung muß von und zwischen den Blättern gesammelt
werden. Hierher gehören viele Araceen, z. B. Tillandsia bulbosa, zwischen
deren Blattscheiden!) nicht nur Wasser, sondern auch Humus und stick-
stoffhaltige Nahrung aus den Exkrementen und den Leichen der dort
lebenden Ameisen aufgesammelt werden ?), Fig. 154.
Fig. 159. Querschnitt des zentralen Teiles einer Haftwurzel von Anthurium
(aus Dominica), dünn, mit schwach entwickelten aber mechanisch festen Gefäß-
bündeln. (Nach Schimper.)
Saprophyten (Verwesungspflanzen). Bei vielen Epiphyten
müssen wir annehmen, daß sie aus den toten Pflanzenteilen (der Rinde),
- auf denen sie wachsen, Nahrung aufnehmen; sie nähren sich also von
toten organischen Stoffen, d. h. saprophytisch.
Größere Mengen von Saprophyten und ausgeprägtere Formen
solcher trifft man jedoch nur auf dem Erdboden, besonders in Wäldern,
wo Abfall aller Art (verwelkte Blätter, Zweige, Blüten und Früchte)
Jahr für Jahr angehäuft werden und reichlichen Humus bilden. Die
Saprophyten sind also auch an andere Pflanzen gebunden, aber das
Band ist anders geartet als bei den Schmarotzern; es ist der Abfall,
der Überfluß selbständiger Pflanzen, den sie für sich benutzen. Einige
Saprophyten wählen eine bestimmte Art Abfall, sind also an bestimmte
Pflanzenarten gebunden; andere sind freier gestellt. Olavaria abietina,
Lactarius delieiosus und andere Pilze trifft man nur in Nadelwäldern,
' andere wählen Laubwälder und wieder andere wachsen nur auf Dünger
(von Pilzen z. B. Poronia, Coprinus, Pilobolus, Sordaria; von Moosen
Splachnum); Fig. 160.
!) Vergl. Karsten 1894.
2) Über Epiphyten vergl. übrigens Schimper 1884, 1888, 1898; Treub 1888;
Goebel 1888, in Ann. Jard. Buitenzorg, VII, 1889—92, 1898—1901; Went 1893;
@. Karsten 1894; Raciborski 1898; Mez. 1904 a; Rechinger 1908; Gallemarts 1909;
2.8 Wittrock 1894; Willis and Burkill 1904; Ule 1904; Cockayne 1901; Massart 1898;
_ @aßner 1913; Domin 1913.
298
Fig.
Zusammenleben der Organismen
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160. FPhycomyces nitens als typischer
Saprophyt; m das Mycel auf oder in der
organischen Substanz ausgebreitet; g Spo-
rangienträger.
(Nach Sachs.)
Fig. 161.
Junge Pflanze von Monotropa
hypopitys als typischer Saprophyt.
(Nach Schimper.)
Die Saprophyten sind sowohl
Sporen- als Blütenpflanzen und
stehen auf einer sehr verschiede-
nen Stufe der Anpassung an die
saprophytische Lebensweise, wie
schon oben angedeutet wurde.
Jeder milde Humus wimmelt von
Pilzmycelien und Bakterien. Blü-
tenpflanzen, die an das sapro-
phytische Leben am stärksten
angepaßt sind (Ganz- oder
Holosaprophyten), zeichnen
sich durch folgende Eigenschaften
aus: sie haben kein (oder doch
nur wenig) Chlorophyll, sind daher
gelblich, rötlich oder bräunlich;
ihre Laubblätter sind zu aufwärts
gerichteten, mehr oder weniger
angedrückten Schuppen reduziert;
Spaltöffnungen fehlen meist; auch
die Gefäßbündel sind reduziert;
ebenso mehr oder weniger auch
das Wurzelsystem; die Wurzeln
sind kurz, dick und wenig ver-
zweigt, und die vieler sind My-
korrhizen. Beispiele: Neottia, Co-
ralliorrhiga, Epipogon, Pogonopsis
und and. Orchidaceen; Monotropa
(Fig. 161); Sarcodes (Pirolaceen);
Voyria (Gentianacee); Burmannia-
ceae; Triuridaceae').
Die grünen Saprophyten
(Halb- oderHemisaprophyten)
haben das Äußere und den Bau
der gewöhnlichen, Kohlensäure
assimilierenden Pflanzen. Sie be-
dürfen in äußerst verschiedenem
Grade der organischen Nahrung,
und während einige außerhalb
eines humusreichen Bodens, z. B.
eines Waldbodens, gar nicht
1!) Vergl. Johow 1885, 1889; Percy Groom 1885 a, b; Bernard 1910.
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36. Kap. Der Kommensalismus. Die Pflanzenvereine 299
gedeihen können, sind andere vermutlich als fakultative Saprophyten
anzusehen (viele Orchidaceen, Pirola-Arten usw.) ').
Lianen (vergl. auch unter Lebensformen S. 158)?).. Während das
Bedürfnis nach kohlenstoffhaltiger Nahrung das Band ist, das die Sa-
prophyten an andere Pflanzen knüpft, werden die Lianen mit anderen
Pflanzen durch das Bedürfnis nach einer Stütze für den schwachen
Stengel verbunden. Der Ausdruck Liane wird hier im weitesten Sinne
gebraucht und umfaßt sowohl die windenden Pflanzen, als die verschie-
denen Formen der Kletterpflanzen. Die Lianen sind echte Kinder des
Vereinslebens der Pflanzen, namentlich von Wald und Gebüsch; das
Dunkel der dichten Vegetation hat sie ursprünglich dazu gebracht, sich
emporzustrecken, lange Stengelglieder zu bilden und sich im Laufe der
Zeit auf verschiedene Weise anzupassen, um sich festzuhalten, sowie
um im inneren Bau Aufgaben der Stoffwanderung und andere neue Auf-
gaben zu lösen, die die langen und dünnen Stengel stellen?) (Fig. 48,
S. 157).
Die Lianenform ist gerade durch das Vereinsleben hervorgerufen
worden, aber die Lianen sind im übrigen insoweit von anderen Pflanzen
unabhängig, als tote Stützen in gewissen Fällen ebenso gut wie lebende
dienen können. Die Lianen gehören besonders gewissen Familien an:
Vitaceae, Asclepiadaceae, Apocynaceae, Bignoniaceae, Cucurbitaceae, Pa-
pilionaceae, Sapindaceae, Dioscoreaceae und anderen.
Sehr viele Lianen haben eine sehr charakteristische Blattform:
Das Blatt ist lang gestielt, breit und oft mehr oder weniger herzförmig;
die Spitze ist abwärts gerichtet, bisweilen fast als Träufelspitze aus-
gebildet (S. 163, Fig. 57).
36. Kap. Der Kommensalismus. Die Pflanzenvereine
Im vorigen Kapitel wurden die verschiedenen Bande behandelt, die
die Pflanzen miteinander verbinden können, zunächst ein Individuum
mit einem anderen: den Schmarotzer mit dem Wirte, den Herrn mit
dem Sklaven (Helotismus der Flechten); ferner wurden die Mutualisten,
die Epiphyten, dann die Arten, die sich an ganze Pflanzenvereine an-
schließen, besprochen. Wir haben nun noch die großen, sehr zusammen-
gesetzten Pflanzenvereine zu betrachten, die der eigentliche Gegenstand
der ökologischen Pflanzengeographie (der „Synoekologie“) sind.
1) Vergl. Heinricher 1896, 1897, 1901—3; Wettstein 1902.
2) Aus der neuesten Litteratur vergl. Rothert 1913.
8) Näheres bei Darwin 1875; Schenck 1892, 1893 und Warming 1892, Schimper 1898.
300 Zusammenleben der Organismen
Der Begriff Verein setzt eine Mannigfaltigkeit, aber zugleich eine
gewisse Einheit von Einern voraus. Die Einer sind die vielen Pflanzen-
individuen, die sich in jedem Vereine finden, z. B. in einem Buchenwalde,
auf einer Wiese, auf einer Heide. Die Einheit tritt dadurch ein, daß
eine gewisse, bestimmte Ökonomie dem Vereine im großen und ganzen
sein Gepräge gibt, oder daß eine gewisse Menge verschiedener ökolo-
gischer Lebensformen zu einer Einheit mit einem gewissen, konstanten
Gepräge vereinigt wird, wenn gewisse der im ersten Abschnitte behan-
delten atmosphärischen, terrestrischen u. a. Faktoren zusammenwirken.
Die Analyse eines Pflanzenvereins wird uns meist eine oder mehrere
der vorhin besprochenen Formen des Zusammenlebens zwischen Indivi-
duen, z. B. Parasiten, Saprophyten, Epiphyten usw. bemerken lassen.
Es gibt kaum einen Wald oder ein Gebüsch, wo Beispiele dieser Formen
des Zusammenlebens fehlen, und betrachten wir z. B. den tropischen
Regenwald, so werden wir sicher alle denkbaren Formen des Zusammen-
lebens finden. Aber die Hauptmasse der Individuen eines Vereines wird
durch andere Bande als die erwähnten verknüpft: durch Bande, die am
besten als kommensalistische bezeichnet werden können. Unter dem von
van Beneden!) gebildeten Begriffe Kommensalismus verstehen wir
hier, von dem Sinne des Autors etwas abweichend, ein Verhältnis
zwischen Arten, die den Nahrungsvorrat in Luft und Boden miteinander
teilen, an demselben Tische speisen; „le commensal est simplement un
compagnon de table“ (van Beneden).
Es gibt aber bei näherer Analyse der Pflanzenvereine offenbar
recht große Unterschiede in den Kommensalen. Man wird folgende Ver-
hältnisse finden:
1. Gleichartige Kommensalen. Wenn ein Pflanzenverein allein
von Individuen derselben Art, z. B. von Rotbuchenbäumen und nichts
anderem, oder nur vom Heidekraute, oder nur von Aera flexuosa, gebildet
werden könnte, so würden wir nur gleichartige Kommensalen haben;
denn alle Individuen in jedem von diesen Vereinen würden dann alle
dieselben Anforderungen an Nahrung, Licht und andere Lebensbedin-
gungen stellen; da jedes Individuum einen gewissen Raum sowohl für 2
seine oberirdischen als unterirdischen Organe verlangt und da fast nie
für alle Nachkommen Nahrung genug vorhanden ist, muß ein Nahrungs-
wettbewerb zwischen den Pflanzen entstehen, sobald der Raum von der
bestimmten Anzahl von Individuen eingenommen ist, die je nach der
Natur der Art sich zu entwickeln vermag. Die ungünstig gestellten
und von Anfang an schwächeren Individuen werden verdrängt und ge-
tötet. Ein nur aus gleichartigen herrschenden Kommensalen zusammen- |
1) Van Beneden 1869—70.
36. Kap. Der Kommensalismus. Die Pflanzenvereine 301
gesetzter Pflanzenverein ist unser Kunstwald (Forst), der nur aus einer
Art gebildet wird, dessen Individuen noch dazu gleichaltrig und fast
gleich stark sind (vergl. später). Einen solchen Wettbewerb trifft man
in allen Vereinen, vielleicht nur nicht in den subglacialen und den
'Wüstenvereinen; denn in diesen wird der Boden sehr oft oder immer
so offen und so ungleichmäßig bedeckt sein, daß dort für viel mehr
Induviduen als die schon vorhandenen Platz ist; der Grund ist offenbar
darin zu suchen, daß die ungünstigen klimatischen Lebensbedingungen
entweder die Pflanzen verhindern, Samen oder andere Vermehrungsmittel
in hinreichender Menge zu bilden, um den Boden zu bekleiden oder die
Entwicklung der Keimpflanzen verhindern. Auf einem solchen Boden
ist kaum von einem Nahrungswettbewerb die Rede; Kämpfe finden hier
besonders zwischen den Pflanzen und der leblosen Natur statt, zwischen
den Pflanzen untereinander nicht oder in sehr geringem Grade.
Daß in dem Zusammenschluß von Individuen derselben Art zu
einem sagen wir „reinen“ Vereine etwas für die Art im ganzen Vorteil-
haftes liegen kann, ist einleuchtend; sie wird offenbar auf mehrfache
Weise imstande sein, ihr Dasein zu erhalten, z.B. durch die vermehrte
Möglichkeit einer reichlichen und sicheren Bestäubung (namentlich bei
Anemophilen) und Samenreife, und wahrscheinlich können andere, noch
wenig bekannte Vorteile aus dem Vereinsleben hervorgehen. Aber ander-
seits werden die Parasiten größere Verheerungen und Zerstörungen an-
riehten können.
Die Bande, die gleichartige Individuen auf demselben gleichartigen
Standorte verbinden, sind, wie angeführt, natürlich zunächst dieselben
Lebensanforderungen, die gerade auf diesem Standorte und zwar so gut
befriedigt werden, daß die Art dessen Besitz gegen andere behaupten
kann. Die natürlichen reinen Bestände von Waldbäumen sind immer
das Ergebnis von Kämpfen mit anderen Arten. Aber es besteht ein
Unterschied in der Leichtigkeit, womit der Verein entsteht und sich
ergänzt. Einige Arten sind mehr gesellig (social) als andere, d.h.
tauglicher, Vereine zu bilden. Die Gründe hierfür sind biologische, in-
dem sich die Arten sehr leicht durch Ausläufer vermehren (z. B. Phrag-
mites, Seirpus lacustris, Calamagrostis [Ammophila] arenaria, Tussilago
farfara, Asperula odorata), oder daß sie viel Wurzelknospen bilden (z. B.
Cirsium arvense, Sonchus arvensis), oder auch viele .Samen ansetzen,
die leicht verbreitet werden und vielleicht auch lange keimfähig bleiben
(Calluna, Picea excelsa, Pinus u.a.), oder schließlich kommt auch die
Fähigkeit der Arten, Schatten zu ertragen oder selbst andere Arten
durch ihren Schatten zu unterdrücken (z. B. Rotbuche, Fichte; S. 19)
in Betracht. Eine Anzahl geselliger Arten, die zugleich sehr weit ver-
breitet sind, vermehrt sich fast nur vegetativ; diese erzeugen selten oder
nie Früchte (Pteridium, Acorus calamus in Europa, Hypnum Schreberi,
302 Zusammenleben der Organismen
Helodea Canadensis in Europa usw.)!). Andere Arten stehen fast immer
einzeln, z. B. viele Orchidaceen und Umbelliferen.
Bei manchen Arten haben gewiß erdgeschichtliche Verhältnisse das
Auftreten in reinen Beständen befördert. Wenn die Waldvegetation in
Nordeuropa von wenigen Arten gebildet wird und hier nicht von solchen
gemischten Wäldern die Rede ist, wie in den Tropen, in Nordamerika
oder selbst in Österreich und anderen südlicheren Teilen von Europa,
so könnte ein wesentlicher Grund sein, daß der Boden geologisch sehr
jung ist; die Zeit, die verflossen ist, seit die Eiszeit tabula rasa ge-
macht hat, ist zu kurz, als daß viele mitbewerbende Arten haben ein-
wandern können’).
2. Ungleichartige Kommensalen. Den Fall, daß ein Verein von
Individuen derselben Art gebildet werde, trifft man, streng genommen,
kaum irgendwo an; wohl aber können die vorherrschenden Individuen
eines Vereines, z. B. in einem Walde, zu einer Art gehören (Buchen-
wald, Fichtenwald, Calluna-Heide u. a.). Im allgemeinen wachsen jedoch
viele Arten zusammen, es finden sich viele verschiedene Lebensformen
und Formen des Zusammenlebens in einem Vereine vereinigt. Denn
selbst wenn eine Art den Platz so vollständig ausgefüllt hat, als es die
Natur des Bodens zuläßt, werden andere Arten doch Raum finden und
zwischen ihren Individuen wachsen können; ja, soll der Boden ganz
bedeckt werden, so muß die Vegetation sicher immer ungleichartig
sein; der Landwirt sät daher Samenmischungen auf seine Wiesen. Die
größte Mannigfaltigkeit in der Vegetation entsteht dort, wo die größte
Mannigfaltigkeit der Lebensbedingungen vorkommt (Darwin).
Die Art des Zusammenlebens wird indessen davon abhängen, welche
Forderungen die Arten an die Lebensbedingungen stellen. Wie in den
Menschenvereinen ist hier der Kampf zwischen den Gleichartigen
am heftigsten, in diesem Fall also zwischen den Arten, die dieselben
oder ungefähr dieselben Forderungen stellen und an dem gemeinsamen
Tische dieselben Gerichte suchen. Wenn wir in dem tropischen ge-
mischten Walde Hunderte von Arten in einem so bunten Gemische zu-
sammen wachsen sehen, daß das Auge selten zwei Exemplare derselben
Art gleichzeitig entdecken kann?), so müssen diese Arten sicher ziemlich
übereinstimmende Lebensforderungen stellen und insoweit gleichartig
sein. Ein starker Nahrungswettbewerb muß zwischen ihnen herrschen.
Wenn gewisse Arten, was den Floristen wohl bekannt ist, gern in
Gesellschaft voneinander wachsen, wenn man z. B. gewöhnlich Pilularia,
") Vergl. Graebner 1909, 1910.
®) Warming 1892, 1899 b.
®) Warming 1892.
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36. Kap. Der Kommensalismus. Die Pflanzenvereine 303
Isoetes, Lobelia Dortmannia und Litorella lacustris zusammen findet,
so sind die gemeinsamen Forderungen an die äußeren Lebensbedingungen
offenbar das Band, das sie verbindet. Zwischen solchen Arten muß
ein Nahrungswettbewerb stattfinden. Welche Art mit der größten An-
zahl von Exemplaren auftritt, wird gewiß oft von zufälligen Verhältnissen
abhängen, ein kleines Mehr oder Weniger wird sicher oft eine große
Rolle spielen, ebenso oft die Zufälligkeit, welche Art sich zuerst anfand;
aber im übrigen scheint es, daß morphologische und biologische Verhält-
nisse (z. B. Entwicklung zu verschiedener Zeit) die Natur des Wett-
bewerbes ändern können.
In jedem Vereine gibt es jedoch mannigfaltige Arten, die in den
Anforderungen an Licht, Wärme, Nahrung usw. höchst verschieden
sind. Zwischen solchen Arten wird das Zusammenleben desto freier
von Wettbewerb sein, je verschiedener die Anforderungen sind; es läßt
sich sogar der Fall denken, daß die eine Art gerade das braucht, was
die andere verschmäht; die beiden Arten ergänzen dann einander
zur Ausfüllung und zur Benutzung desselben Bodens.
Vielfach sehen wir auch, daß Arten einander Hilfe leisten, wenn
z. B. viele Kräuter durch Dorngebüsch gegen die Angriffe des weiden-
den Viehes geschützt werden, oder wenn die Moosdecke des Fichten-
waldes den Boden gegen Austrocknung schützt und dadurch ein geeig-
netes Keimbett für die Fichtensamen bereitet; auf der anderen Seite
- zieht das Moos selbst von dem Schatten der Fichte Nutzen.
In der Regel werden gewiß einige Arten die mächtigsten sein, die
Fürsten, die imstande sind, das Gebiet vollständig zu beherrschen,
während andere von ihnen abhängen, indem sie z. B. nur in ihrem
Schatten oder auf ihrem Abfalle die ihnen am meisten zusagenden Stand-
orte finden. So ist offenbar das Verhältnis zwischen den Bäumen des
Hochwaldes und vielen Pflanzen des Waldbodens: Moosen, Pilzen und
anderen Saprophyten (S. 297), Farnen, Oxalis acetosella und anderen Be-
gleitpflanzen verschiedener Waldbäume!). Hier ist dann ein Kommen-
salismus vorhanden, bei dem die Individuen zwar an demselben Tische,
aber von verschiedenen Gerichten speisen.
Anpassungen kommen vor, welche das Zusammenleben der ver-
schiedenen Arten erleichtern, und zwar räumliche sowohl wie zeitliche.
Zu den räumlichen Anpassungen gehört z. B., daß die unterirdischen
Organe in verschiedener Tiefe liegen, daß die Nahrungsforderungen ver-
schieden sind, daß die Luftsprosse verschiedenen Lebensformen ange-
hören und auch in verschiedenen Stockwerken sich befinden usw.
Es ist, wie schon früher berührt, von Wichtigkeit für jede Art, daß
sie eine bestimmte Tiefe für ihre unterirdischen Organe hat; wir
1) P. E. Müller 1887; Höck 1892—96.
304 Zusammenleben der Organismen
sehen deshalb auch, daß die Geophyten dieses auf verschiedene Weise
anstreben und erreichen. Schon längst hat Royer!) von der „loi de
niveau“ gesprochen und viele Untersuchungen liegen vor, welche die
Art und Weise illustrieren, auf welche die Sprosse ihre bestimmte unter-
irdische Tiefenlage aufsuchen”). Namentlich ‘geschieht dieses durch Zu-
sammenziehen der Wurzeln und Einsenkung der Achse in die Erde, Bi:
durch positiv geotropische resp.
negativ heliotropische Bewegungen
der Sprosse oder durch andere
\ physiologisch interessante, offen-
bar oft recht verwickelte Er-
scheinungen. E
Woodhead®) hat den Aue 4
druck„Komplementär-Assoziatioin®
vorgeschlagen für eine Pflanzen-
gemeinschaft, welche friedlich
zusammen lebt, weil ihre Grund-
achsen in verschiedenen Boden-
tiefen leben; z. B. beschreibt er
eine „Assoziation“, in der Holeus
mollis die Oberflächenpflanze
(„surface plant“) ist, Pleridium
aquilinum tiefer liegende Grund-
achsen hat und Seslla festalis ihre
Zwiebeln am tiefsten entwickelt
(Fig. 162). Die lichtliebenden
Teile dieser Pflanzen sind säson-
Fig. 162. Oben die Vegetation von Holeus komplementär („seasonable com-
mollis, tiefer die Grundachsen von Pieridium plementary*). Das Entgegen-
aquilinum, am tiefsten die Zwiebeln von gesetzte wäre eine „kompetitive
Seilla festalis. (Nach Woodhead.) Assoziation“, die zusammengesetzt
se. .Ist aus Arten, die sich gegen-
seitig bekämpfen, also zur selben Zeit denselben Raum für sich in
Anspruch nehmen.
Die Einteilung und Benennung der Pflanzen wird später
besprochen werden.
Zeitliche Anpassungen sind z. B. wenn die Luftsprosse sich zu 4
verschiedener Zeit entwickeln, oder wenn die Nahrung zu 4
1) Royer 1870.
.?) Vergl. Tittmann, Irmisch, "Winkler, C. Schimper, Haberlandt, Hildebrand,
Biribach, Seignette, Raunkiär 1905, 1907, Massart 1903, Sherff (Botan. Gazette ni
1912); P. E. Müller 1894; Graebner 1902, 1909a; Woodhead 1906 u.a.
®) Woodhead 1906, 8. 345; vergl. auch Massart u. Sherff.
36. Kap. Der Kommensalismus. Die Pflanzenvereine 305
verschiedenen Jahreszeiten erfolgt, was nach Ramann!) bei unseren
Waldbäumen der Fall sein soll. Viele Frühlingspflanzen (Galanthus
nivalis, Corydallis solida, C. cava u. v. a.) sind bereits ab-
gestorben, wenn die Sommerpflanzen sich erst recht zu entwickeln
beginnen.
Je besser der Raum und die Zeit verteilt werden kann, desto besser
ist es für das Zusammenleben, desto artenreicher und ausgeprägter kann
der Verein werden. Es werden sich für die Zukunft unzweifelhaft eine
Menge von interessanten Untersuchungen ergeben, die sich zur Aufgabe
machen, die gegenseitigen Verhältnisse zwischen den verschiedenen Arten
der Vereine zu studieren.
Zwischen den Pflanzenvereinen, den Staaten der Menschen und
den Tiervereinen gibt es gewisse Ähnlichkeiten, z. B. den Nahrungs-
wettbewerb, der beiderseits zwischen den gleichartigen Individuen statt-
findet und die Unterdrückung oder den Untergang der schwächeren ver-
ursacht. Weit größer sind jedoch die Unterschiede. Die Pflanzenver-
eine stellen die niedrigste Vereinsform dar, zunächst nur eine Anhäufung
von Einern, zwischen denen es kein Zusammenwirken zum gemeinsamen
Vorteile, eher einen beständigen Kampf aller gegen alle gibt. Nur im
uneigentlichen Sinne kann man sagen, daß gewisse Individuen einander
beschützen, wenn z. B. die äußersten und am meisten ausgesetzten In-
dividuen in den Kap. 5 erwähnten Gestrüppen als Schutz gegen den
_ Wind für die anderen dienen, die dadurch höher und stattlicher werden;
denn sie besorgen diesen Schutz nicht aus besonderem Antriebe, wofür
wir in den Tiervereinen Beispiele finden, und sind in keiner Weise be-
sonders angepaßt, als Wache gegen gemeinsame Feinde aufzutreten. In
den Pflanzenvereinen herrscht nur die Selbstsucht. Sie haben auch
keine höheren Einheiten oder Individualitäten in dem Sinne, wie z. B.
die Menschenvereine, die eine innere Organisation mit einem Mittelpunkt
und einer Reihe Mitglieder haben, welche in gegenseitiger, gesetzmäßig
geregelter Wechselwirkung jedes für das Wohl des Ganzen arbeiten. Es
gibt in den Pflanzenvereinen ganz gewiß oft (oder immer) eine gewisse
natürliche Abhängigkeit und eine gegenseitige Rücksicht der vielen
Glieder eines Vereins von und aufeinander; sie bilden bestimmt organi-
sierte Einheiten höherer Ordnung?); aber es gibt keine solche Arbeits-
teilung, wie in den Menschen- und in gewissen Tiervereinen, daß ge-
wisse Individuen oder Individuengruppen als Organe im weiteren Sinne
zum Vorteile des ganzen Vereines dienen.
2) Ramann 1911.
®) Vergl. z. B. Grevillius 1894.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 20
306 Zusammenleben der Organismen
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der
Vereine (Pflanzengesellschaften)
Schon in der Einleitung (S. 2) wurden die durch eine bestimmte
Physiognomie, einen bestimmten Inhalt an Lebensformen und eine be-
stimmte Ökonomie gekennzeichneten Pflanzenvereine behandelt, die
eine Folge davon sind, daß sich die Arten, welche an die Beschaffen-
heit der Standorte ungefähr dieselben Anforderungen stellen oder aus
anderen Gründen aneinander geknüpft sind, auf natürliche Weise zu
einer Art Einheit zusammenschließen. Es existiert nun aber in der
Natur eine ganz ungeheure, unübersehbare Menge von Pflanzenvereinen,
und um einigermaßen eine Übersicht über sie zu gewinnen, müssen wir
versuchen, sie in Gruppen zu verteilen, ganz wie wir die systematischen
Sippen in ein natürliches System zu fügen bestrebt sind.
In der Ökologie unterscheiden wir drei Haupteinheiten, deren Ab-
stufung jetzt fast allgemein anerkannt ist, in absteigender Ordnung:
Standort, Formation und Assoziation. In den Berichten und Vor-
schlägen zu einer Phytogeographischen Nomenklatur, welche Flahault
und Schröter!) im Auftrage des 2. Internationalen Botaniker-Kongresses
in Wien 1905 ausgearbeitet hatten und dem 3. Kongreß 1910 in Brüssel
vorgelegt haben, werden diese Einheiten folgendermaßen bestimmt: SE
Unter Standort (station, habitat) versteht man die Gesamtheit der 4 |
an einer geographisch bestimmten Lokalität wirkenden isn. soweit
sie die Pflanzenwelt beeinflussen.
Eine Assoziation (= Bestandestypus) ist eine Pflanzengesell- =
schaft von bestimmter floristischer Zusammensetzung, einheit-
lichen Standortsbedingungen und einheitlicher Physiognomie. Sie ist die F
grundlegende Einheit der Synökologie. 4
Eine Vegetations-Formation ist der gegenwärtige Ausdruck = #
'stimmter Lebensbedingungen. Sie besteht aus Assoziationen, welche in 7
ihrer floristischen Zusammensetzung verschieden sind, aber in erster
Linie in den Standortsbedingungen, in zweiter in ihren Lebonsterne E
übereinstimmen ?). Be
Die beiden ersten Definitionen sind einstimmig von den Komite- va
Mitgliedern angenommen worden, die letzte mit 8 Stimmen von 11. Man |
muß wünschen, daß diese Begriffsbestimmungen, welche im ganzen mit 4
dem 1909 von Warming in Oecology of plants gegebenen übereinstimmen, 7
und welche auch diesem Buche zugrunde gelegt werden, auch von den
"\ Flahault und Schröter 1910.
?) Siehe auch die Einleitung.
Ei
a ne EA Er rn N ec une nenne en hie nenn nn a an —_ — _ — —_ — — _—__
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 307
wenigen angenommen werden möchten, welche ihnen noch nicht zu-
gestimmt haben.
Der Standort wird also die Grundlage für die Gruppierung der
Pflanzengesellschaften sein, umfaßt also alle die an einer geographisch
bestimmten Lokalität wirkenden klimatischen, edaphischen und anderen
(biotischen) Faktoren, welche im 1. Abschnitte erwähnt worden sind.
Diese Faktoren sind in der Natur selbstredend in der verschie-
densten Weise kombiniert, daher die ungeheure und unübersehbare
Menge solcher Kombinationen, welche obendrein vielfach durch die un-
merkliehsten Übergänge miteinander verbunden sind. Die erste Aufgabe
der ökologischen Pflanzengeographie wird die sein, sie in natürliche
Gruppen übersichtlich zusammen zu stellen. Es ist noch nicht möglich,
dies mit Sicherheit zu tun, denn es stellen sich verschiedene große und
vorläufig nicht zu beseitigende Schwierigkeiten dabei heraus.
Eine erste Schwierigkeit ist, daß die ökologischen Faktoren der
einzelnen Lokalitäten und Formationen so ungenau bekannt sind. Die
meisten Aufschlüsse, die man in der Litteratur findet, sind höchst un-
vollkommen und unvollständig. Im allgemeinen drehen sie sich nur um
die Flora der Lokalität, höchstens ihre landschaftliche Physiognomie
und um die am meisten hervortretenden Lebensformen. Man findet
dicke pflanzengeographische Werke, in denen hauptsächlich nur Pflanzen-
listen angeführt werden, wo aber keine oder doch nur äußerst unbefrie-
digende, oberflächliche und zerstreute Aufschlüsse über Klima, Wasser-
gehalt des Bodens, Humus, Anpassungen der Lebensformen usw. zu
finden sind. In neuester Zeit haben aber doch verschiedene Forscher
angefangen, die ökologischen Faktoren der Lokalitäten durch physiolo-
gische Messungen und Wägungen wissenschaftlich exakt zu studieren;
besonders in England und Nordamerika ist dieses der Fall (Clements,
Cowles, G. D. Fuller, Crampton, Livingston, Dachnowsky, Tansley,
Moss, Yapp u. a.), aber auch aus anderen Ländern kommen wertvolle Bei-
träge (z. B. P. E. Müller, Hesselman, Graebner, Ramann). Nach dem
Druck des ersten Abschnittes ist das Werk von Glinka erschienen.
Dazu kommt noch die Errichtung von ökologischen Versuchs-
stationen, wie das Carnegie-Laboratorium in Arizona, Massarts Ver-
suchsflächen in Belgien usw.
Der Grund für diesen Zustand ist hauptsächlich darin zu suchen,
daß die Ökologie eine so junge Wissenschaft ist, und daß nur wenige
Botaniker die nötige Vorbildung für diese schwierigen und vor allem
vielseitigen Studien haben. Es kommt dazu, daß die Untersuchungen
viel Zeit fordern, so daß es namentlich für Reisende, die schnell ein
Land durcheilen müssen, ohne längere Zeit an jeder wichtigen Lokalität
verweilen zu können, unmöglich ist, sie durchzuführen. Viele Tatsachen
20*
308 Zusammenleben der Organismen
können aber doch auch von solchen aufgezeichnet werden, so z.B. ob
der Boden lehmig oder sandig ist, von Rohhumus oder mildem Humus
bedeckt ist, ob er wasserreich oder mittelfeucht oder gar trocken ist usw.
Für eine wirkliche Förderung der wissenschaftlichen Ökologie sind ein-
gehende Untersuchungen über chemische und physikalische Natur des
Bodens in der Zukunft nötig. Wenn im folgenden die Natur des Stand-
ortes für die Haupteinteilung zugrunde gelegt wird, ist es somit en
etwas unsicherer Boden, der betreten wird, und man muß vielfach nach
einem gewissen Taktgefühl vorgehen.
Eine zweite Schwierigkeit liegt in der natürlichen Be-
grenzung der Standorte. Jede Lokalität ist, man könnte fast sagen:
immer, so wenig einheitlich, daß man sie fast als ein Mosaik bezeichnen
kann. G. Kraus!) hat durch seine langjährigen, mühsamen Unter--
suchungen gezeigt, daß selbst auf „kleinstem Raume“ so viele Diver-
genzen, so viele verschiedene Bodenstrukturen und so viele verschiedene
kleine Klimaverschiedenheiten vorkommen können, daß ein Standort ganz
verwickelte Bilder darbieten kann und es schwierig wind, eine Einheit-
lichkeit festzustellen.
Dazu kommt, daß die verschiedenen Standorte miteinander durch '
die allmählichsten Übergänge verknüpft sein können, und daß viele Stand- #
orte in fortwährender Entwicklung sind. ei
Es ist unumgänglich nötig, die Einteilung der Standorte auf der Ei
vorläufig unsicheren Grundlage vorzunehmen, um dadurch dann später
zu einer tieferen Erkenntnis der Ursachen für die Vegetationsverschie- 7
denheiten zu gelangen, und es muß der Zukunft überlassen werden, eine 4 |
sichere Grundlage zu schaffen. 4
Wenn wir dann zur Einteilung der Standorte schreiten, so tritt 3
uns gleich die Frage entgegen: welche Faktoren sind für die Pflanzen-
gesellschaften die wichtigsten, die klimatischen oder die edaphischen
oder etwa die biologischen (8. 3). Die Antwort wird wohl die sein, daß
‚jeder Standort immer ein Produkt sowohl von klimatischen wie von
edaphischen Faktoren ist, daß es aber Pflanzenformationen gibt, welche
man unbedingt überwiegend als edaphische bezeichnen muß (z.B. die
Wasserformationen), andere gibt es, die ebenso deutlich klimatisch be-
dingt sind, z.B. Wüsten und Halbwüsten. £
Über andere Grundlagen werden die Meinungen wohl ausein
ander gehen. .
Die Natur des Bodens wird immer ungeheuer von den klimetinch -
Faktoren beherrscht werden. Die Gesamtwassermenge, die den Pflanzen
zur Verfügung steht, namentlich die des Bodens, wird vom Klima ab-
hängig sein; wogegen edaphische Verhältnisse weit weniger auf das
en L
1) G. Kraus 1908.
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 309
Klima Einfluß ausüben können. Derselbe Boden kann in einem trocknen
und in einem feuchten Klima ganz verschieden sein und eine ganz ver-
schiedene Vegetation tragen.
Die Wichtigkeit des Bodens bei der Bestimmung für die definitive
Entwickelung von Pflanzengemeinschaften verrät sich deutlich durch
deren Verbreitung. Da ist keine einzige Pflanzengemeinschaft, die sich
ohne Unterbrechung über größere Strecken Landes hinzieht. Alle sind
unterbrochen, und zwar entsprechend der Bodenbeschaffenheit durch
andere dort besser gedeihende Pflanzengemeinschaften, wie einheitlich
das Klima an den benachbarten Stellen auch sein mag. Auf der an-
deren Seite ist nicht zu verkennen, daß ein und dieselbe Vegetations-
formation in ganz ähnlicher Ausbildung sich in sehr verschiedenen
Klimaten vorfindet, und zwar ist dies sowohl bei Wasser- wie bei Land-
pflanzen zu beobachten.
Es gibt auch Standorte, an welchen die klimatischen und die
edaphischen Faktoren in derselben Richtung wirken und dadurch ihre
Wirkungen verstärken, wie z. B. sandiger oder steinerner Boden in
einem heißen, trockenen Klima; die Folge wird eine ausgeprägte Wüsten-
vegetation sein.
Im 1. und 2. Abschnitte ist auf die große direkte und indirekte
Bedeutung des Wassers für das Pflanzenleben aufmerksam gemacht
- worden. Es ist deutlich, daß die Unterschiede zwischen Wasserpflanzen
(Hydrophyten) und Landpflanzen (Aörophyten) die allergrößten sind,
was Morphologie, Anatomie und Physiologie betrifft. Das Wasser soll
deshalb die Hauptgrundlage für die Klassifikation der Pflanzengesell-
schaften sein.
Zunächst mögen daher die Pflanzengemeinschaften in Wasser-
und Landpflanzen gegliedert werden, zwischen denen allerdings keine
scharfe Grenze besteht, denn die Sumpfpflanzen (Helophyten)
bilden ein Verbindungsglied: ähnlich den Wasserpflanzen haben sie im
Wasser oder in dem nassen Boden ihre unterirdischen Organe, die Wurzeln
und Grundachsen, nicht selten auch einen Teil ihrer unteren Blätter im
Wasser oder im nassen Schlamme ausgebildet; ihre hauptsächlichsten
Assimilationsorgane aber ragen in die Luft und sind deshalb, da sie
verdunsten usw., dem Luftleben angepaßt und stehen dadurch den Land-
pflanzen nahe. Die Helophyten bilden ganz bestimmte und ausgeprägte
Pflanzenvereine. Pflanzen, wie z. B. die Nymphaeaceen, die Schwimm-
blätter besitzen und dadurch mit der Luft in Berührung kommen und
verdunsten, sonst aber ans Wasser gebunden sind, müssen den Wasser-
pflanzen zugerechnet werden.
Die Bedeutung der Wasserversorgung für die Pflanzengesellschaften
zeigen z. B. pflanzengeographische Karten wie die Drudes, welche die
geographische Verteilung der Ozeane und der großen Binnenseen,
310 Zusammenleben der Organismen
daneben die der tropischen Regenwälder, Savannen, Wüsten usw. zeigen.
Aber auch auf kleinsten Gebieten kommen dieselben Gegensätze vor.
Die Formationen der Wasserpflanzen müssen ferner nach der Be-
schaffenheit des Wassers, ob salzig oder süß, eingeteilt werden und
von den Formationen der typischen Wasserpflanzen leiten natürlich
auf beiden Linien die Sumpfpflanzen ganz allmählich zu den typischen
Landpflanzen über, also von den Formationen des Salzwassers gehen
die Vereine durch die der Salzsümpfe zu den Formationen des trockneren
salzhaltigen Bodens über; ebenso werden die Formationen des süßen
Wassers durch die der Süßwassersümpfe mit dessen Sumpfvegetation
auf Böden, die von süßem Wasser durchtränkt werden, verbunden. In
beiden Formationsreihen erscheint es dann natürlich, die Landpflanzen
von den wasserreicheren Böden zu den stetig wasserärmeren fort-
schreitend anzuordnen, so weit dies möglich ist.
Oben ist schon bemerkt worden (vergl. Kap. 22 ff.), daß die Land-
pflanzen mannigfache Grade der Anpassung an das Luftleben zeigen
und daß diejenigen, die die größte Schwierigkeit bezüglich der Wasser-
versorgung haben, Xerophyten!) genannt werden; die, die gewisser-
maßen zwischen den beiden Extremen stehen, wurden als Mesophyten?) 7
bezeichnet; sie sind also weder Xerophyten noch Helo- oder Hydrophyten.
Die verschiedenartige Ausbildung der Landpflanzen nach der einen oder
anderen Richtung wird entschieden durch das Zusammenwirken der öko-
logischen Faktoren, der edaphischen wie der klimatischen, wie sie gerade
am Standorte herrschen. i 4
Mit Schimper?) können wir die Böden in physikalisch trockene
und physiologisch trockene (vergl. auch Kap. 23, S. 197) teilen: =
Physikalische Trockenheit. Ein Boden ist physikalisch
trocken, wenn er nur sehr wenig freies Wasser enthält. Dies ist
der Fall: | E
1. An der Oberfläche von Felsen oder Steinen, die mit Pflanzen
der steinliebenden (lithophilen) Formationen besetzt sind.
2. Im Sandboden, der so hoch über dem konstanten Grundwasser
liegt, daß dieses ‘auf ihn keine Wirkung ausüben kann, und der während
trockener Jahreszeiten durch seine geringe wasserhaltende Kraft und
die starke Verdunstung fast alles Wasser verliert. Auf ihm leben die |
sandliebenden Formationen (psammophile). Ihnen schließen sich
die Geröllformationen an, deren Boden aus Steinen und Kies ge-
bildet wird. |
1) Schouw 1822.
2) Warming 1895.
®) Schimper 1898.
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 311
Hier können auch, wie schon erwähnt, die Epiphyten genannt
werden, die ihr Wasser sich schwierig verschaffen können (Kap. 35).
Physiologische Trockenheit. Ein Boden ist physiologisch
E trocken, wenn er zwar beträchtliche Wassermengen enthält, wenn
_ diese aber nur in geringem Maße den Wurzeln zugänglich sind, oder
wenn das Wasser nur mit Schwierigkeiten absorbiert werden kann, ent-
‘weder dadurch, daß der Boden das Wasser sehr festhält oder daß die
osmotische Kraft der Wurzeln deshalb nicht recht zur Wirkung kommen
; "kann, weil das Wasser stark konzentrierte Lösungen enthält. Dies
kann der Fall der sein:
'euchtigkeit durch Seitenwurzeln ersetzt werden, dadurch starke Hemmung der Stoff-
_ produktion und Schwäche der Pflanzen gegen Parasiten. (P. Graebner phot.)
1. Wenn der Boden reich an freien Humussäuren ist oder
5 gewöhnlichen Kochsalz, welches jenen eigentümlichen ocphen
Bau der Pflanzen mit sich bringt, wie wir ihn bei den halophilen
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!) Vergl. Livingston 1904.
312 Zusammenleben der Organismen : 2
Wiesner!) und Schimper?) hervorhoben und wie es ee auch
Clements betont. n
Diesen xerophytischen Formationen, die nach dem Charakter des
Bodens gruppiert sind, der trocken ist oder doch oft oder schnell selbst
in feuchten Klimaten austrocknet, kann eine andere Reihe von For-
mationen angeschlossen werden, bei denen die physikalischen und
chemischen Eigenschaften des Bodens deshalb von untergeordneter Br
deutung sind, weil das extreme Klima für die Ausbildung den Aus-
schlag gibt. Der Boden ist weder zu sauer, noch zu salzig oder zu
arm an Nährstoffen, ja er kann sogar genügend feucht sein, um eine
üppige Vegetation zu tragen, aber das Klima ist so extrem, d.h. der
Boden ist entweder so kalt, wie z. B. in den kalten Klimaten, oder r
periodisch für längere Zeit so trocken, daß nur xerophile Formationen
auf ihm gedeihen können, ausgenommen in Lagen wie in Sümpfen oder “
an Flußufern, wo der Boden das ganze Jahr über genügend feucht ist;
in diesen Fällen spielen dann also die topographischen Faktoren eine
Rolle. Die Vegetation der Savannen (Campos) im Innern von Brasiien
ist eine durch eine trockene Jahreszeit bedingte Formation; sie ist n-
dessen stets an den höhergelegenen Boden, an hügeliges Gelände ge-
bunden; längs der Wasserläufe und auf den Gebirgen, wo der Boden
eine große Feuchtigkeit erhält, wächst Wald (in Afrika „Galeriewälder“ :
Schweinfurths). Es kann hier keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn
das Klima das ganze Jahr über feucht wäre, dann trügen die Campos
Wald?). Zu diesem Typus von Steppen und Savannen müssen au
gewisse Hartlaubformationen gerechnet werden. Res?
In den „ariden Gebieten“ gesellen extreme Trockenheit des
Klimas sich zu extrem trockenen Böden und erzeugen Wüsten und
Halbwüsten. ah
Mesophyten wachsen auf einem Boden mit etwa intermediärem 4
Charakter, er ist weder besonders sauer, kalt oder salzig, dagegen =
‚mäßig feucht, meist gut durchlüftet, auch reich an Nährstoffen und
oft auch an alkalisch reagierendem Humus. Mesophytische Pflanzen-
gemeinschaften wachsen in sehr verschiedenen Klimaten, nahe den
Polen sowohl wie am Äquator, nur dürfen sie nicht der Gefahr einer B
länger dauernden starken Trockenperiode ausgesetzt sein. An solche
Verhältnisse angepaßte Pflanzen zeigen meist eine ziemlich schwache
Ausbildung der oben als der Regulierung der Verdunstung dienend ge
nannten Einrichtungen; in diesen Dingen stehen sie etwa in der
Mitte ik Xerophyten und Hydrophyten. Die Blätter Sin meist
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1) Wiesner 1889. | RE
?) Schimper 1891, 1898. ee
®) Warming 1892, 1899. . I
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37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der V
Auf einer Erhöhung des Bodens wachsen
Phegopteris polypodioides, Paris quadrifolia, Thalietrum
(A. Hesselbo phot.)
1S.
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Ranunculus acer und Cystopteris fragil
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sparsamer eiınges
Menge typisch mesomorpher Pflanzen, nämlich folgende
alpinum auf dem Absatze, und
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Fig. 164.
eine
314 Zusammenleben der Organismen
groß und-in der Gestalt sehr viel stärker veränderlich als die der Xero-
phyten. Zähne oder andere Einschnitte am Rande sind häufig, ebenso
zusammengesetzte oder reich geteilte Blätter (Fig. 164). Hydathoden
scheinen häufig zu sein. Die vegetativen Organe zeigen meist eine frisch
grüne Farbe; sie haben keine dicken Bekleidungen von Haaren oder
Wachsausscheidungen, die eine graue oder bläuliche Farbe verleihen
würden. Die Blätter sind meist dorsiventral gebaut. Spaltöffnungen sind
häufig und finden sich oft auch auf der Oberseite der Blätter. Anatomische
Eigentümlichkeiten, wie z. B. Wassergewebe, sind sehr selten und wenn
sie vorhanden sind, nicht stark entwickelt.
Die größten Verschiedenheiten der mesophyten Pflanzen unter-
einander hängen davon ab, ob die Blätter nur wenige Monate lebend
oder ob sie ein Jahr oder länger ausdauern. Ilex aquifolium als Unter-
holz in den Wäldern des nördlichen Europa ist zweifellos ein Mesophyt,
aber ihre Blätter bleiben bis zu 2 Jahren lebend und sind daher ähn-
lich den Hartlaubgewächsen von xerophilem Bau, denn im Winter sind
sie ungünstigen Lebensbedingungen ausgesetzt. In jener Zeit ist der
Boden zu kalt (physiologisch trocken), und wenn trockene kalte Winde
herrschen, kann die Verdunstung an den Blättern ziemlich stark sein.
Ebenso liegt die Sache natürlich bei der Fichte (Picea excelsa) und
anderen immergrünen Gehölzen in den kühleren gemäßigten Zonen.
Bei den laubabwerfenden Gehölzen in denselben Ländern sind die Blätter
dünner, heller grün und biegsamer; die Cuticula ist dünner usw., kurz
sie sind typisch mesomorph gebaut.
Im tropischen Regenwalde, der gleichfalls als eine mesophytische
Pflanzengemeinschaft aufgefaßt werden muß, gibt es viele Arten, deren
Blätter recht xeromorph gebaut sind; weil sie länger als ein Jahr
leben, müssen sie so angepaßt sein, daß sie sämtliche Schwankungen, die
während des Jahres einzutreten pflegen, ertragen können. Es ist daher
schwierig, auch alle Nadelhölzer als Xerophyten zu betrachten, selbst
‚wenn ihre Blätter immergrün sind.
Bei den Nadelhölzern kommen Beispiele vor, daß dieselbe Art
ganz verschiedene Standorte bewohnen kann. Schröter!) sagt z. B. von
Pinus montana:' „Sie zeichnet sich durch weitestgehende Anpassungs-
fähigkeit an extreme Standortsbedingungen aus und ist der genügsamste
und abgehärtetste von allen unseren Nadelhölzern,“ „sie bewohnt das
schwankende Hochmoor, das trockenste Dolomitgeröll und die sonnigsten
Felshänge des Hochgebirges, gedeiht aber andererseits in Kulturen treff-
lich, auch auf dem losen Flugsand der Dünen und dem mageren Boden der
Heide.“ „Die Bodenansprüche der Bergkiefer sind außerordentlich gering;
sie gedeiht auf trockenen und nassen Verwitterungsböden von Granit,
!) Schröter 1907 8. 202ff.; vergl. auch P. E. Müller 1871, 1887.
ee
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 315
Gneis, Glimmer- und Tonschiefer, Serpentin, Porphyr, Kalk, Dolomit,
Mergel, Sandstein.“ — „Eine Eigenschaft allerdings, das muß hervor-
gehoben werden, haben alle Wuchsorte der Bergkiefer gemeinsam, näm-
lich die Armut an assimilierbarem Stickstoff.
Auch Pinus silvestris kann sehr verschiedene Standorte bewohnen:
trockenen Sandboden, fruchtbaren reichen Mullboden, dann auch sauren
Rohhumusboden usw.
Es muß auch daran
erinnert werden, daß ein
Standort bisweilen nur
scheinbar sehr trocken
ist, da die Pflanzen in
der Tiefe reichlich Wasser
finden. Pinus silvestris
wächst bisweilen auf ober-
flächlich äußerst trocke-
nen Dünen, aber mittels
ihrer tief gehenden Wur-
zeln wird sie aus der
Tiefe das nötige Wasser
holen können (Fig. 165).
An solchen Orten ist in
normalen oder trockenen
Jahren die Ansiedelung
der Gehölze unmöglich;
die nur flach wurzelnden
Sämlinge vertrocknen in
der Sommerhitze; nur in
besonders feuchten Jahren
bleiben sie erhalten und
erreichen die feuchte Tiefe
(Graebner). Percy Groom
(1914 S. 288) hat eine
ähnliche Bemerkun oe, Pi- Fig. 168. Pinus silvestris, die Kiefer, auf gut
> durchlüftetem Boden als typischer Tiefwurzler.
mus Jeffreyi betreffend, (P. Graebner phot.)
gemacht.
Die Xeromorphie der Coniferen ist, wie Marie C. Stopes!) aus-
einandersetzt, ein erblicher Charakter, der in ihrer Entwicklungsge-
schichte begründet ist. Ihrer Auffassung nach ist der xerophytische
Bau der Nadelhölzer verursacht durch die unvollkommene Ausbildung
des Leitungsgewebes. Die Xeromorphie der Gymnospermen ist nach ihr
!) Marie C. Stopes 1907.
316 Zusammenleben der Organismen
nicht das Resultat direkter Anpassung an trockene Böden, ist keine
ökologische Anpassung im gewöhnlichen Sinne, sondern ist im histolo-
gischen Aufbau der Pflanzen begründet, der sie unfähig macht, schnell
Wasser durch das Holz strömen zu lassen, denn ihr Holz besteht nur
aus Tracheiden, die durch die gehöften Tüpfel verbunden sind. Der
Durchmesser der Tracheiden ist kleiner als der der höheren Blüten-
pflanzen; die ganze Struktur des Holzes ist einfacher und einheitlicher
als bei den letzteren. — Die Nadelhölzer sind eine sehr alte und
noch primitiv gebaute Gruppe, da das holzige Leitungssystem nicht
die Mannigfaltigkeit und Veränderungsfähigkeit erreicht hat, wie bei
den jüngeren Angiospermen. Marie Stopes kommt etwa zu dem fol-
genden Schluß: Es scheint, daß die xeromorphen Charaktere der
Coniferales in sehr vielen Fällen keine Anpassungen an xerophytische
Bedingungen in ihrer eigenen Lebensführung darstellen, sie sind nicht
durch in der Jetztzeit erzwungene Notwendigseiten erzeugt und erst
dadurch vererbt, sondern sie sind das Resultat der physiologisch be-
grenzten Leistungsfähigkeit des Holzes in dieser alten und noch un-
vollkommen entwickelten Pflanzengruppe. Mit andern Worten ist ihr
„Xerophytismus“ nicht ökologisch, sondern phylogenetisch. &
Es kann anscheinend keinem Zweifel unterliegen, daß die Sie: 5
morphie der Coniferen ebenso wie das überwiegende Immergrünsein >
phylogenetische Charaktere sind, die vom Urtypus her überkommen sind,
und daß der xeromorphe Bau der Blätter mit der primitiven Gestal-
tung des Leitungsgewebes zusammenhängen. Stopes irrt doch wohl
darin, daß sie annimmt, daß die jetztzeitigen Nadelhölzer nicht zum
größten Teile unter trockenen Lebensverhältnissen wachsen. Wie schon
bemerkt, müssen in den kühleren Klimaten mit ausgeprägten Wintern
alle immergrünen Pflanzen xerophytisch gebaut sein, weil diese Jahres-
zeit physiologisch trocken wirkt. Diejenigen, die auf Torf oder Roh-
humus leben, leiden auch deshalb an Wassermangel, da der Boden phy-
siologisch trocken ist. a
Der primitive Bau des Coniferenholzes mag für die äußere xero-
morphe Form der Nadelhölzer ausschlaggebend sein und mag auch 7°
die phylogenetische Ursache sein, aber er kann nicht allein für den
jetzt überwiegenden Xerophytismus verantwortlich gemacht werden, da A
die meisten Nadelwälder jetzt auf physikalisch oder physiologisch ie. :
nem Boden leben. |
Die Coniferen bieten überhaupt ungemeine Schwierigkeiten, was
ihre Verteilung nach Standorten betrifft, weil sie einen ausgesprochen
xeromorphen Bau haben, aber auf den verschiedenen Standorten vor-
kommen, sowohl auf ganz trockenen, z. B. auf magerem sandigen oder
steinigen Boden in den Mittelmeerländern (Pinus maritima, P. Hale-
pensis; Juniperus oxycedrus u. a.), als auch in Wäldern, die oft von
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 317
Feuchtigkeit triefen, z. B. Fichtenwälder in feuchten Gebirgen. Weiter
wachsen sie sowohl auf mildem Humus mit einem mittleren Wasser-
gehalt als auf sehr nassem und saurem Rohhumus. Wenn irgendwo, so
ist es hier sehr schwierig, einen Einblick in die Epharmonie der Pflanzen
zu bekommen).
Als Beispiel mag erwähnt werden, daß Cowles und Whitford?) den
Nadelwald der östlichen Vereinigten Staaten als eine edaphisch xero-
phytische Formation erklären, die in den Gegenden vorkommt, wo laub-
wechselnder Wald überwiegt. In dem gänzlich abweichenden Klima der
pacifischen Küste der Vereinigten Staaten überwiegt dagegen der Nadel-
wald, während die laubwechselnden Gehölze sich zu edaphisch mesophilen
Wäldern vereinigen, die den Wasserläufen folgen.
Diese Deutung der Xeromorphie der Coniferen zeigt deutlich, daß
wir noch weit davon entfernt sind, die Epharmonie derselben und deren
Beziehungen zu den ökologischen Verhältnissen ihrer Standorte zu ver-
stehen. Percy Groom?) ist der Meinung, daß wir unsere Schlüsse über
die Xerophilie einer Pflanze nicht aus dem Blattbau derselben her-
leiten dürfen, sondern von der Größe der gesamten Laubfläche („leaf-
area“) der betreffenden Arten.
Graebner hat hervorgehoben), daß neben dem Wasser auch der
Nährstoffgehalt des Bodens oder des Wassers resp. die den Pflanzen
während der Vegetationszeit zur Verfügung stehende Nährstoffmenge
von größter Bedeutung ist, und hat von diesem Gesichtspunkte aus eine
Einteilung der Vereinsklassen gegeben, auf welche in dem folgenden
System auch Rücksicht genommen wird; er teilt (im wesentlichen für
Mitteleuropa) folgendermaßen ein:
A. Vegetationsformationen mit mineralstoffreichen Wässern, d. h. Formationen, in denen
zur günstigen Jahreszeit, also während der Vegetationsperiode, den Pflanzen reich-
liche Mengen von Nährstoffen in geeigneter Form zur Verfügung stehen; daher
für die am Standort herrschende Länge (oder Kürze) der Vegetationszeit verhältnis-
mäßig starker Jahreszuwachs.
I. Übermäßige Ansammlung von Nährstoffen (auch tierischer, organischer Stoffe);
saprophile Flagellatenvereine, Ruderalstellen.
II. Ohne übermäßige Anreicherung von Nährstoffen.
1. Trockener Boden:
Wüsten, Steppen, xerophile Gras- und Staudenvegetation, sonnige (pontische)
Hügel, xerophile Wälder usw.,
1) In Warming, Oecology of plants, 1909, sind die Coniferen in einer selb-
ständigen Sektion untergebracht worden. Richtiger wird es sein, sie nach ihren ver-
schiedenen Standorten zu verteilen, was in diesem Buche versucht worden ist.
2) Cowles 1901 a; Whitford 1905.
®) Vergl. Percy Groom 1910; Compton 1911.
*) Graebner 1898, 1902, 1909 a, 1910 a.
318 Zusammenleben der Organismen
2. Mäßig feuchter Boden; kaltes Klima: arktische und alpine Gras- und Kraut-
matten; wärmere Klima: Waldbildung und zwar:
a) auf Mergelboden Buchenwälder (an sandigeren Stellen oft die Weißbuche
vorwiegend),
b) auf Sand- oder doch weniger mergelhaltigem Boden:
#) trockenerer Boden Eichen-, Birkenwälder (hier allmähliche Übergänge
zu B2b),
8) feuchterer Boden (in einigen Teilen Europas): Fichtenwälder.
3. Nasser Boden: %
a) ohne übermäßige Anreicherung von Nährstoffen, meist an fließendem
Wasser
«) ohne Überschwemmung und Eisgang: Erlenbrücher,
ß) mit Überschwemmung ohne Eisgang: Auenwälder,
x) mit Überschwemmung und Eisgang: natürliche Wiesen,
b) mit übermäßiger Anreicherung [auch (meist pflanzlicher) BR |
Stoffe]: Wiesen- oder Grünlandmoore, „saure Wiesen“, Sumpfgebüsche
und Brücher. |
4. Im Wasser, Landseen, Teiche, Flüsse, Bäche (Rohrsümpfe, Plankton, Ver-
einsklasse der Nereiden).
B. Vegetationsformationen mit mineralstoffarmen Wässern, d. h. Formationen, in denen
entweder die zur Verfügung stehende Nährlösung im Boden absolut arm an verwend-
baren Salzen ist, oder in denen durch Herabsetzung der Aufnahmefähigkeit der Wurzeln
(infolge von Humussäuren, Luftarmut im Boden usw.) die Pflanzen auch in der günstigen
Jahreszeit nur wenig verwendbare Nährstoffe aus dem Boden herausziehen können
(physiologisch arm); daher für die Länge der Vegetationszeit verhältnismäßig geringe
Jahresproduktion.
1. sehr trockener Boden: Sandfelder, Flechtenheiden usw.
2. trockener bis mäßig feuchter Boden:
a) mit Rohhumus, ÖOrtstein oder dicken Bleisandschichten: Moocheiden,
Calluna-Heiden, Pi
b) ohne stärkere Rohhumusschichten, Ortstein oder dicke Bleisandschichten:
Kiefernwälder (hier Übergang zu A 2b).
3. nasser Boden: Heidemoore, Sphagnumtundren.
4. im Wasser: Heideseen, -tümpel.
C. Vegetationsformationen mit salzhaltigen Wässern.
1. trockener Boden: Dünen,
2. feuchter Boden: Strandwiesen,
3. nasser Boden: Salzsümpfe,
4. im Wasser: Seegrasvegetation, Mangrovesümpfe.
In Übereinstimmung mit den jetzt dargelegten Grundanschanungen.
wird die folgende N
Einteilung der Standorte
in 13 Klassen vorgenommen.
I. Serie der Salzwasser- und Salzboden-Formationen
(Halophyten-Vegetation) "ei
Klasse 1. Submerse Pflanzen-Vereine des salzigen oder DrarG
kischen Wassers der Meere und Binnenlandgewässer.
ee SET ee een he beit. bc U PR A hen ri TEE © Km
.—
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 319
Klasse 2. Sumpfvegetation an den Ufern der Meere und
salzigen Binnenlandseen, sowie Salinensümpfe.
Klasse 3. Landvegetation auf salzhaltigen Böden mit mittlerem
oder geringerem Wassergehalt. Vegetation von Land-Halophyten.
Klima gewöhnlich heiß und trocken (Salzwüsten).
Die folgenden Klassen sind an süßes Wasser geknüpft.
IH. Serie des süßen Wassers und der sumpfigen
Süßwasser-Böden
Klasse 4 Submerse Vegetation in Süßwasser-Seen, Tümpeln
und Wasserläufen. Wasser nährstoffreich oder nährstoffarm, öfter
auch sauer. (Parallel mit I, 1.)
Klasse 5. Sumpfvegetation an den Ufern der Wasserbassins
oder Flüsse mit süßem Wasser. (Parallel mit I, 2.)
Die Landvegetation, die von dem süßen Wasser abhängig ist
(parallel mit Klasse 3), ist so umfassend, daß sie alle folgenden Serien
in Anspruch nimmt.
II. Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Der Boden ist nährstoffreich und wasserreich oder auch mäßig
feucht, kann in einigen Fällen periodisch überschwemmt sein. Die
Wurzeln erreichen oft das Grundwasser. Milder (neutraler oder alka-
lischer) Humus wird in den meisten Fällen gebildet. Klima feucht,
regenreich. Geschlossene Landpflanzenvegetation mit überwiegend
mesomorphen Arten.
Klasse 6. Mikrotherme (kalttemperierte) Formationen.
Klasse 7. Megatherme und mesotherme, tropische und sub-
tropische Formationen.
IV. Serie der torfhaltigen, meist sauren Böden
Klasse 8. Klima feucht und kalt oder kalttemperiert. Der
Boden ist aus Torf gebildet, mehr oder weniger wasserreich, aber
entweder arm an Nahrung oder doch physiologisch nährstoffarm (vergl.
S. 109) und physiologisch trocken, weil er sauer ist (Vegetation von
ÖOxylophyten; Heideformationen im weitesten Sinne), oder verhältnis-
mäßig reich an Mineralsalzen und neutral oder alkalisch in Reaktion
(bisweilen die Flachmoore). Landpflanzenvegetation, gewöhnlich
geschlossen, aus mehr oder weniger xeromorphen Arten gebildet.
V. Serie der Kältewüsten
Klasse 9. Klima kalt und windig, feucht oder trocken. Der
Boden ist physiologisch trocken, weil er jedenfalls durch längere
Zeit (im Winter, bisweilen auch im Sommer) so kalt ist, daß die Wurzeln
der Pflanzen kein Wasser aufnehmen können. Landpflanzenvegetation
320 Zusammenleben der Organismen
in polaren und Hochgebirgsgegenden, offen, mehr oder weniger xero-
morph (Psychrophyten-Vegetation).
V]I. Serie der Stein- und Sandböden
Boden physikalisch trocken, weil er nicht imstande ist, selbst 4
in regenreichen Klimaten, hinlänglich Wasser für die Vegetation auf-
zunehmen und festzuhalten. Klima verschieden, von untergeordneter 4
Bedeutung. 7
Klasse 10. Fels- und Steinformationen (Lithophyten-For-
mationen). Steinboden oder sehr flachgründiger Boden. Die Vegetation
in den extremen Fällen nur von gefäßlosen Kryptogamen (Flechten,
Moosen, Algen) gebildet.
Anschluß. Spaltenvegetation (Chasmophyten-Vegetation).
Klasse 11. Trockene Sandvegetation. Landvegetation auf
trockenem Sandboden, aus gefäßlosen Kryptogamen und vorzugsweise 4
xeromorphen Gefäßpflanzen gebildet. Das Grundwasser liegt zu tief,
um von den Pflanzenwurzeln erreicht werden zu können. Keine oder
geringe Humusbildung.
Sandpflanzen-Formationen (Psammophyten-Formationen),
VII. Hartlaubformationen der Gebiete mit Winterregen
Klasse 12. Subtropische Vegetation mit Winterregen und Trocken
ruhe im Sommer. Klima mesotherm (Köppen). Boden verschieden.
Hartlaubformationen (Sklerophyll-Formationen), meist aus immergrünen 4 4
Holzpflanzen zusammengesetzt.
VIII. Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Klasse 13. Grassteppen. Mikrotherme und mesotherme Forma-
tionen mit kalten Wintern, Schnee und Frost. Grasvegetation. Kein
Baumwuchs. Bisweilen Humus. Der regenreichste Monat hat 6 bis Ei
10 Regentage.
Klasse 14. Savannen, subtropische und tropische Formations-
bildung. Trockenzeit im Winter (2—4 Monate). Regen im Sommer
weniger als 2m. Boden gewöhnlich lehmig (Lateritboden) oder sandig;
geringe oder keine Humusbildung. Vegetation mehr oder weniger offen
aus verschiedenen, doch xeromorphen oder subxeromorphen Lebensformen a
gebildet, darunter Bäume.
IX. Serie der ariden Gebiete, extrem-xeromorphe Lebensformen 4
Regenarm bis regenlos; der regenreichste Monat hat weniger denn
6 Regentage (Köppen). Lange Ruhezeit der Vegetation. Boden ver-
schieden. Keine Humusbildung. Offene bis sehr offene Formationen
aus stark xeromorph gebauten Pflanzen gebildet. (Eremophyten-Forma-
tionen.) g
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 321
Klasse 15. Halbwüsten (Strauch-, Succulenten- und andere
Steppen, nur nicht Grassteppen).
Klasse 16. Wüsten (Hitzewüsten).
Zwei andere Versuche, die Pflanzenformationen übersichtlich zu gruppieren, ver-
dienen hier genannt zu werden, namentlich die von Engler und von Drude, beide 1913.
Engler!) gibt eine Einteilung der Pflanzenvereine, von deren grundlegender Idee
der folgende Auszug ein Bild geben wird:
I. Formationen der tropischen und subtropischen Zonen.
A. Halophile Formationen.
A!, Meeresformationen oder Enalidenformationen:
1. stark salzhaltige.
a) Plankton.
b) Benthos (mit 7 Unterabteilungen).
2. Brackwasser.
A®. Litorale:
a) Mangrove (2 Abteilungen).
b) Strandgehölz.
ec) Krautformation des sandigen Strandes.
d) Strandfelsen.
e) Überschwemmungsland der Küste.
A® Im Binnenlande:
a) Salzsteppe oder Salzwüste.
b) Salzsumpf.
c) Salzsee.
B. Hydatophile (Hydrophile) Formationen.
B!. Die Pflanzen größtenteils unter Wasser oder schwimmend.
a) Hydrocharitenformation (2 Unterabteilungen).
b) Plankton (3 Unterabteilungen).
c) Formation heißer Quellen (mit Schizophyten).
d) Abwässerformation (niedere Saprophyten).
e) Limnaeenformation (4 Unterabteilungen).
B?. Die Pflanzen unter Wasser wurzelnd, aber mehr oder weniger
über dasselbe hervorragend (Helophyten). Sumpf (9 Unterabteilungen
nach Regionen usw.).
B?. Die Pflanzen mit den Wurzeln das Grundwasser erreichend,
aber mit dem unteren Teile des Stammes und dem oberen der
Wurzeln in trockener Erde.
a) Baumloses Alluvialland (3 Unterabteilungen).
b) Alluvialwald oder Galeriewald (5 Unterabteilungen).
€. Hygrophile megatherme Formationen.
a) Unterster immergrüner Laubwald (3 Unterabteilungen).
b) Mittlerer immergrüner Regenwald, in den äquatorialen Gegenden meist
um 6—700 m über Meer beginnend (3 Unterabteilungen).
c) Oberer immergrüner Regenwald, in den äquatorialen Gegenden oberhalb
1000—1100 m (4 Unterabteilungen).
!) Engler 1913 (1914).
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 21
322 Zusammenleben der Organismen
D. Hygrophile mesotherme Formationen.
a) Oberer Bambuswald.
.. b) Höhenwald oder Nebelwald.
c) Hochgebirgsbachufer zwischen und über den Höhenwäldern.
d) Feuchtes Hochweide- und Bergwiesenland.
E. Subxerophile Formationen.
E!, Baumformationen der Ebene und des Hügsliander
a) Parkartige Gehölze in den unteren Regionen.
b) Mehr oder weniger dichte Macchia mit hartlaubigem Gehölz.
c) Trockenwald, in welchem neben laubwerfenden Gehölzen auch siehe mi
immergrünem Laub vorkommen. I
d) Trockenes Buschgehölz der Ebene.
e) Palmenhaine.
E?. Grasformationen der Ebene.
a) Offene subxerophile Grassteppe (3 Unterabteilungen).
b) Formation winterfeuchter, blumenreicher Ebenen, ‚subtropisch.
E?. Buschformationen der Gebirgsländer.
a) Buschformation des roterdigen Vorlandes.
b) Buschgehölze des schwarzerdigen Vorlandes.
c) Gebirgsbusch (3 Unterabteilungen).
d) Bergheide.
e) Gebirgsbuschsteppe.
f) Gebirgsbaumsteppe.
g) Trockener Höhenwald.
E®. Pteridium-Formation.
a) Primäre. Be
b) Sekundäre. en
ES. Steinige und felsige Formationen nebst anderen Formati,
des oberen Gebirgslandes. — Verf. unterscheidet hier Formatione
a bis m. 5
F. Xerophile Formationen.
Von a) Sandwüste unterscheidet Verf. Formationen bis s) Busch- und Baum
grassteppe. i
II. Formationen der gemäßigten und kalten Zonen. >
Auch die Formationen dieser zweiten Hauptabteilung werden im worsntlehen nac
dem Muster der ersten Abteilung, natürlich modifiziert durch die klimatisch
Eigentümlichkeiten, eingeteilt.
Drude?) gibt folgende Darstellung der Formationstionseinteilung:
Regenwälder; Klimagruppe I?) der Iso-Megathermen Hygrophyten.)
!) Drude 1913.
2) Drude unterscheidet folgende Klimagruppen auf der Erde: A. Die „Iso“
gruppen: I. Iso-Megatherme Hygrophyten, II. Iso-Mesotherme Hygrophyten, - ie
Mesotherme Xerophyten, IV. Iso-Mikrothermen, V. Iso-Niphothere-Hekistotherm
B. Die „Tropo“-Klimagruppen: VI. Tropo-Brachychimene Megathermen, VII. Tropo-
Brachythere Megathermen, VIII. Tropo-Megatherme Xerophyten, IX. Tropo-Mesoth
Xerophyten. — C. Die „Etesial“-Klimagruppen: X. Etesial-Xerothere Hygrochim
XI. Etesial-Hygromesothermen, XII. Etesial-Poikilotherme Psychrochimenen. — D. Die
„Helio“-Klimagruppen (mit durch Frostwirkung gesteigerter Verkürzung der Vege-
37. Kap. Der Standort als Basis für die Klassifikation der Vereine 323
II. Vegetationstypus der tropisch-regengrünen Waldungen. (Tropen-
wälder mit ausgesprochener Trockenperiode; Savannenwälder, Monsunwälder; Klima-
gruppe VI der Tropo-Brachychimenen-Megathermen bis gegen Klimagruppe VII hin.)
III. Vegetationstypus der subtropisch-immergrünen Hartlaubwal-
dungen. (Klimagruppe II der Iso-Mesothermen und XI der Etesial-Hygromeso-
thermen.)
IV. Vegetationstypus der etesial-borealen sommergrünen Laub- und
frostharten Nadelwaldungen. (Wälder höherer Breiten, streng periodisch; von
Klimagruppe X an mit Hygrochimenen einsetzend, typisch in XII mit heißem Sommer
und kaltem Winter [Poikilothermen], auslaufend in den mannigfachen Nuancen von
Klimagruppe XIV mit Psychrochimenen bis zur nördlichen Baumgrenze, welche erst in
XVI erreicht wird.)
V. Vegetationstypus der immergrünen und periodisch belaubten
Niederholzformationen aus Gebüsch und Gesträuch. (Scrub, Heiden, Krumm-
holzgebüsche, Retamgebüsche; Klimagruppe IV der Iso-Mikrothermen, X der Etesial-
Xerotheren und von da in sehr verschiedenen Gattungen bis zur Klimagruppe XV der
Thero-Mikrothermen.
VI. Vegetationstypus der Hochgrassteppen, Baumsteppen und Sa-
vannen. (Mehr oder weniger geschlossene Grasflurformationen des Iso- und Tropo-
Megathermenklimas bis zur Klimagruppe VI.)
VII. Vegetationstypus der (immergrünen) Graswiesen und Gras-
moore. (Grasfluren der Iso-, Meso- und Mikrothermen; Klimagruppe II, IV, der
Etesialgruppen XI und XII, der Helio-Hygrothermen XIV bis XVI mit winterlicher
Schneedecke.)
VIII. Vegetationstypus der Xerophytensteppen und Wüstensteppen.
(Dornbuschbestände, Strauchsteppen, Sand-, Lehm-, Salz- und Geröllsteppen mit offener,
zerstreuter Vegetation einschließlich zerstreuter Steppengräser. Klimagruppen aller
als Xerophyten bezeichneten Nummern III, VII bis IX, XIII, bis zu dem auch im
Sommer mikrothermen Klima der Gruppe XVII.)
IX. Vegetationstypus der Chamaephyten, Moose und Flechten auf
saurem Boden. (Stauden- und Halbstrauchmatten, Tundren, Moosmoore, Torfmoore;
dazu die „Mikrothermen-Chomophyten“, d. h. Grat- und Geröllbestände im mikro-
thermen und hekistothermen Klima, Gruppe V, XV und XVIII.)
X. Vegetationstypus der Süßwasserbestände und limnischen Ufer-
formationen. (Amphibische Lebensformen und phanerogame Hydrophyten.)
XI. Vegetationstypus der halophytischen Küstenformationen. Die
Lebenslage dieser Bestände wird durch den Salzgehalt und die Wirkung von Ebbe und
Flut bestimmt, deren Wechsel besonders die Mangrove-Formation der tropischen Küsten
zu einer so ausgezeichneten machen. Die vom Salzwasser bespülten Horizonte gehen
nach oben in gesetzmäßiger Folge in xerophytische Kies- und Sandfluren (Dünen) über.
XI. Vegetationstypus der submersen Halophytenformationen. Die
Lebenslage dieser Bestände wird von ihrer Besiedelung zwischen Ebbe- und Flutmark,
oder unterhalb derselben, beziehentlich von der Tiefe des Wassers an felsigen oder
sandigen Küsten bestimmt. Außer ganz wenigen Arten von „Seegräsern* bestehen sie
nur aus Algen. Eben dieselben bilden zwischen Küstenformationen und fern von den-
tationsperiode; Ruheperiode lichtarm): XIII. Helio-Xerothere Psychrochimenen, XIV. Helio-
Hygrothere Psychrochimenen, XV. Helio-Thero-Mikrotherme Niphochimenen, XVI. Helio-
Brachythere Niphochimenen, XVII. Helio-Mikrotherme Xerophyten, XVIII. Helio-
Niphothere Hekistothermen.
21*
324 Zusammenleben der Organismen
selben im hohen Ozean die mikroskopische, meist aus anderen Arten als unter X be-
stehende Schwebeflora, das Plankton der Hochsee.
Die meisten der 12 Abteilungen werden von Drude in einzelne Unter-
abteilungen geteilt.
38. Kap. Physiognomie der Vereine
Die großen ökologischen Klassen, die im vorigen Kapitel genannt ie
sind, umfassen jede viele verschiedene Typen von Pflanzengemeinschaften.
Seit langer Zeit gibt es populäre Begriffe bezüglich dieser Typen, für die
allgemein bekannte Namen vorhanden sind, wie Wald, Busch, Wiese, Moor,
Heide, Steppe, Savanne, Macchie usw., alle diese sind auch in die wissen-
schaftliche Terminologie aufgenommen. Die leitenden Gesichtspunkte
für diese Unterscheidungen sind physiognomische und als solche abhängig
auch von physiologischer Verwandtschaft. Die Physiognomie der
Vegetation ist daher nicht nur ästhetisch, sondern auch wissenschaft- 9
lich zu betrachten: Die Vegetation bestimmt oft wesentlich die Physio-
gnomie der Landschaft und in dieser Beziehung spielt sie eine ganz 2
andere Rolle, wie die Tiere es tun!). Deshalb muß die Physiognomie
auch wissenschaftlich behandelt werden. | |
Die Physiognomie der Pflanzen und dadurch auch der Pflanzen-
vereine wird durch zwei verschiedene Ursachen bedingt. Die Palmen,
der Baumfarn, die Grasform, viele Blatttypen usw., eine ungeheuere
Menge von Formen haben eine Physiognomie, welche von den jetzt in
der Natur herrschenden Verhältnissen ganz unabhängig zu sein scheint.
Wie sie vor undenklichen Zeiten hervorgebracht worden sind, ob durch
Selektion, ob durch direkte Anpassung an längst verschwundene öko-
logische Verhältnisse oder ob orthogenetisch, darüber wissen wir absolut
nichts. Ihre Physiognomie ist phylogenetisch oder systematisch und
erblich.
Die andere Art von Physiognomie ist die epharmonische, sie
steht in offenbarem Zusammenhange mit der jetzigen Lebenslage. Daß
ähnliche Lebensbedingungen ähnliche Organisation und ein ähnliches
Äußeres hervorrufen, ist durch Tausende von Erfahrungen und Beob-
achtungen belegt.
Ob diese epharmonischen Lebensformen erblich sind oder nicht, ist FE
eine Frage für sich, die in jedem einzelnen Falle durch Versuche ent-
schieden werden müßte. Manche dieser Lebensformen sind erfahrungs- |
gemäß nicht erblich fixiert; man denke z. B. an die Versuche Kerners
oder Bonniers mit Pflanzen aus der Ebene, welche, in den Hochgebirgen |
1) Darwin schreibt: „A traveller should be a botanist, for in all views plants form
the chief embellishment“. — Über die Physiognomie der Vegetation vom ästhetischen
Standpunkte vergl. neuerdings W. Lange 1909, 1912.
ee AN
_ In = van »- . —
38. Kap. Physiognomie der Vereine 395
kultiviert, ihre Form änderten, daß sie z. B. Rosettenformen und andere
unter den veränderten Verhältnissen ganz abweichende Formen an-
nahmen, welche wieder nur vergängliche Modifikationen waren, die
wieder verschwanden, sobald die Pflanzen wieder in die alte Lebenslage
zurückgebracht wurden. Es gibt z. B. Polsterformen, welche vorüber-
‚gehende Modifikationen sind, andere aber, die wahrscheinlich vollkommen
‘erblich sind, und unter allen, auch veränderten, Verhältnissen erhalten
leiben, wie z. B. Azorella, Raoulia u. a.; auch Formen wie die Cacteen,
die Agavenform, die Aloeform usw. sind ja erblich fixierte epharmonische
Formen.
Die im 2. Abschnitte, 21. und 22. Kap., besprochenen Grundformen
des Lebens werden im großen und ganzen phylogenetische sein, die im
;:
|
re
Fig. 166. Sandwüste in Tunesien. (Phot. Dr. V. v. Madsen.)
326 Zusammenleben der Organismen
Die Umstände, von denen die Physiognomie der Vegeta
am wesentlichsten abhängt, sind folgende: a
1. Die vorherrschenden Lebensformen: Bäume, Sträuch
und Kräuter mit verschiedener Physiognomie, Blattform und Blat
er Moose, Flechten usw. _ Hiernach werden Formationen
Krkniseeatiih, undra de. Lebensformen wie Lianen und
a modifizierend ein. Mit „vorherrschend* ist Fre
Sandwüste in Tunesien mit Tamarix.
(Phot. Dr. V. Madsen.)
Fig. 167.
“nehmen. Ein Buchenwald ist ein „Wald“ und we
typus. „Wälder ©,
form, z. B. eine Wiese durch die Grasform % ei
2. Die Dichtigkeit (Menge der Individuen). Diese
dicht bedeckt (z. B. auf Wiesen), in anderen ist die Decke so offe
die Farbe des Bodens der Landschaft die Farbe gibt (z. B
nn
38. Kap. Physiognomie der Vereine
327
Fig. 168. Steile Tuffwand in den Ungarischen Karpathen (Opälheger Berg) als
Beispiel für lockere Besiedlung steiler Hänge. (Phot. Hans Bath 7, WM).
328 Zusammenleben der Organismen
Felsenfluren, Wüsten; Fig. 166, 167, 168). Die Formationen werden
danach in „offene“ und „geschlossene“ getrennt.
Offene Formationen kommen z. B. dort zur Entwickelung, wo
der Boden unruhig ist (z.B. an Ufern, wo der Wellenschlag herrscht; in
Sandgegenden, wo der Wind den Boden in Bewegung setzt) oder wo
lebensfeindliche Faktoren herrschen, z.B. Kälte, oder dort, wo der Boden
sehr ungünstig ist (z. B. an senkrechten Felsen (Fig. 168), auf stark salz-
haltigem Boden usw.). In offenen Formationen wird eine Konkurrenz
zwischen den Pflanzen sehr gering sein oder ganz fehlen. Sehr oft ist
denn auch die Mischung der Arten recht groß. Für Einwanderung
anderer Arten sind sie günstig, und sofern die ökologischen Faktoren
sonst günstig sind, wird die offene Formation leicht in eine geschlossene
übergehen können. Einige Formationen sind dauernd offen (z.B. Wüsten),
andere vorübergehend. Dieses beobachtet man sehr oft auf Kulturböden,
die durch die Bodenbehandlung entblößt worden sind.
Die geschlossenen Formationen werden oft von Arten gebildet,
welche aus irgend einem Grunde sozial sind, beispielsweise entweder da-
durch, daß eine Art leicht alle anderen derselben oder anderer Lebens-
form zu unterdrücken vermag (etwa die Buche durch ihren Schatten, oder
Phragmites an den Ufern unserer Gewässer, welches durch eine über-
aus reichliche vegetative Vermehrung den Boden zu erobern vermag)
oder dadurch, daß sie eine große Samenmenge produziert, vorausgesetzt
natürlich, daß der Standort sonst günstig ist.
In den geschlossenen Vereinen ist der Kampf zwischen den Arten
weit heftiger als in den offenen. Die Geschlossenheit ist ein Besiede-
lungshindernis, und eine geschlossene Assoziation wird sich schwerer
zu einer anderen weiter entwickeln, wenn sie nicht selbst die Vegeta-
tionsverhältnisse am Standort ändert, z. B. wenn ein Kiefern-, Fichten-
oder auch Buchenwald durch Rohhumusbildung den Boden verändert
und dadurch für eine Callunaheide vorbereitet. Viele geschlossene
Pflanzenvereine sind deshalb stabile oder Climax-Vereine, welche viel-
“leicht durch Jahrtausende wesentlich unverändert bleiben !).
In den geschlossenen Formationen kommen viefach Anpassungen
an das gesellige Zusammenleben der herrschenden Pflanzen vor, z. B.
Entwickelung von Lianen und Saprophyten. An ihrer Peripherie lösen
die geschlossenen Formationen sich oft auf und gehen in lichtere über,
weil die ökologischen Faktoren sich ändern.
3. Die Höhe der Vegetation. Man vergleiche den Unterschied
zwischen Wald, Gebüsch und Calluna-Heide, die alle wesentlich von Holz- |
pflanzen gebildet werden, zwischen dem hohen Grase der Wiese und dem
niedrigen Rasen der Alpenmatte, oder zwischen Wald und Tundra usw.
!) Vergl. Crampton 1912; dagegen Graebner 1912 b.
Vapor
a
a Keen ui EEE
38. Kap. Physiognomie der Vereine 3929
Viele, namentlich geschlossene, Formationen haben mehrere Stock-
werke von Lebensformen; die größte Anzahl findet sich in den Wäldern,
besonders den tropischen Regenwäldern, wo jedoch die Schichten stark
ineinander fließen. In unseren kühl temperierten Wäldern treten die
Schichten oft deutlicher hervor, so daß man deren folgende unterscheiden
kann: 1. Oberste Baumkronenschicht. 2. Niedere Baumschicht. 3. Strauch-
j = schicht. 4. Hochstaudenschicht. 5. Kleinstaudenschicht. 6. Bodendecke
_ vom Moosen und Flechten. 7. Im Boden lebende Schicht von hetero-
_ trophen Pflanzen (Saprophyten).. Dazu kommen noch Lianen und Epi-
phyten.
Finnische und schwedische Botaniker unterscheiden nach Hults Vorgang!) folgende
Schichten:
I. Baumschicht.
II. Busch-(Strauch-)Schicht 9 dm bis 4 oder 5 m.
III. Höchste Boden-(Kraut-)Schicht 4,5 bis 8 oder 9 dm.
VI. Mittlere Boden-(Kräuter-)Schicht 1 bis 4,5 dm.
V. Untere Boden-(Kräuter-)schicht 0,5 bis 1 dm.
VI. Schieht der Bodenoberfläche unter 5 em hoch (meist Moose, Flechten, Algen).
Eine an diese sich anschließende Darstellung hat neuerdings Kupffer publiziert.
Er unterscheidet in einer Formation folgende 7 Schichten: A. Höhere Waldschicht, bis
15m; B. Niedere Waldschicht, bis 6 m; C. Gebüschschicht, bis 2 m; D. Obere Feld-
schicht, bis 8 dm; E. Mittlere Feldschicht, bis 3 dm; F. Niedere Feldschicht, bis 1 dm;
6. Bodenschicht, bis 3 cm; H. Die eigentliche Boden- bezw. Wasserschicht. (Nach Bot.
Centralbl. 1914, 25, S. 516.)
Es dürfte jedoch im allgemeinen genügen 4 Schichten zu unterscheiden:
I. Schicht der Bodenoberfläche: unmittelbar dem Boden anliegende Pflanzen, meist
Moose, Flechten, Algen).
II. Kräuter-Schicht: von Gräsern und Kräutern gebildet, dazu auch niedrige Sträucher
von ähnlicher Höhe.
III. Busch- und Strauch-Schicht: von größeren Sträuchern gebildet.
IV. Baumschicht?).
Ökologische Verschiedenheiten in den Schichten. In dem
hohen und geschlossenen Pflanzenvereine werden die ökologischen Fak-
toren in den verschiedenen Schichten naturgemäß recht verschieden sein
können. Yapp?) z. B. hat durch gründliche Untersuchungen mittels
Evaporationsmessers gefunden, daß die Verdunstung der Pflanzenteile
_ recht verschieden ist schon in den verschiedenen Höhen einer britischen
Moorwiese. In einer Höhe von 1,35 m, 0,65 m und 0,13 m über dem
Boden verhielten die Prozente der Verdunstung sich wie 100:32: 6,6.
Auch der Bau einer Pflanze kann sich in einer dichten Vegetation in
verschiedener Höhe abweichend gestalten; Frlipendula ulmaria z. B. hat
im ersten Jahre als Keimpflanze nur grundständige Blätter, die unbehaart
») Hult 1881.
®) Vergl. A. Nilsson 1902 a.
®) Yapp 1909.
330 Zusammenleben der Organismen
sind und Schattenblattstruktur haben. Bei älteren Pflanzen sind die ersten
im Frühjahr und die letzten im Herbste gebildeten Rosettenblätter un-
behaart, die im Sommer gebildeten mehr oder weniger haarig. Die
Blätter des gestreckten Stengels werden desto mehr behaart und haben
desto mehr Sonnenblattstruktur, je höher sie stehen — alles in Überein-
stimmung mit den mittleren physikalischen Bedingungen der betreffenden
Schichten; namentlich wirksam sind die austrocknenden Winde!).
SE nn nn bg
Daß die ökologischen Faktoren in den verschiedenen Schichten 7
eines Waldes sehr ungleich sind, .was z. B. Licht, Feuchtigkeit der Luft,
Windwirkungen usw. betrifft, ist allgemein bekannt, aber im einzelnen
wissenschaftlich noch wenig festgestellt?).
4. Die Farbe der Vegetation. Man erinnere sich z. B. an die
braune (immergrüne) Heide und an die grüne (sommergrüne) Wiese.
Hier sind auch die Farben der Blüten und ihre größere oder geringere
Sichtbarkeit zu erwähnen (Gegensatz zwischen Wind- und Insekten-
bestäubung).
5. Die Periodizität der Jahreszeiten: Länge der Ruhezeit
und andere Phasen der Vegetation (Belaubung, Blütezeit, Laubfall), Ver-
teilung der Niederschläge; vergl. die im Winter oder in der trockenen
Zeit das Laub abwerfenden Wälder und die immergrünen; die Steppe,
die wenige Monate lang grün und viel länger graubraun und nackt ist;
die Vegetation bei uns im Winter:und:im Sommer usw. ‘ Nach den
periodischen Änderungen der Vegetation kann man mit Clements einen
Aspectus vernalis, aestivalis und auctumnalis (natürlich auch hiemalis)
unterscheiden.
Die Lebensdauer der Arten muß gleichfalls in Betracht ge-
zogen werden, namentlich die Dauer der oberirdischen Teile, und die
Rolle, die die einjährigen Arten und die Holzpflanzen in der Physiognomie
einer Pflanzendecke spielen. Pflanzenvereine werden sehr selten allein
von einjährigen Pflanzen gebildet (Beispiele Salicornia herbacea, Früh-
. Jahrsflora in Wüsten und gewisse Unkräuter auf kleinen Gebieten).
6. Endlich muß die Artenmenge erwähnt werden, die teilweise
ein Ergebnis des Kampfes der Arten untereinander um den Platz ist;
dieser Kampf kann in hohem Grade gestört werden und wird vom
Se EEE
Menschen in der Tat gestört. In einigen Vereinen herrscht immer eine =
bestimmte einzelne Art vor (Fichtenwälder, Rotbuchenwälder, nordische I:
Zwergstrauchheiden usw.); in anderen ist die Mischung außerordentlich
groß. Reich an Arten ist die Vegetation warmer Länder, z. B. die
Macchien des Kaplandes, dürftig z. B. die nordeuropäischen Pflanzen-
!) Yapp 1912. Vergl. auch G. Kraus 1911; Fuller 1911.
?) Hier mag noch hingewiesen werden auf Ebermayer; Dachnowsky 104
Scherff 1912.
ers Bi
88. Kap. Physiognomie der Vereine 331
vereine. Daß günstigere Lebensbedingungen eine mannigfaltigere Flora
hervorrufen, ist deutlich; oft spielen gewiß auch geologische Gründe mit!).
Mit wachsender Artenmenge steigt in der Regel gewiß die Menge
verschiedener Lebensformen; obenan steht der feuchtwarme Tropenwald,
der seinen unendlichen Reichtum wohl namentlich dem Umstande ver- .
dankt, daß er sich in langen Erdperioden in ungestörter Ruhe entwickeln
konnte).
Daß die Artenmenge unter anderem von den Kampfmitteln der
einzelnen Arten abhängt, ist schon Kap. 36 angedeutet worden. Einige
Arten treten leicht in dichten, an Individuen reichen Massen auf, andere
findet man überall nur in zerstreuten Individuen. Viele Arten können
in verschiedenen Vereinen auftreten, weil ihre Lebensansprüche .inner-
halb weiter Grenzen liegen, und weil sie desto mehr Standorte bewohnen
können, je weiter die Grenzen sind. Viele der abgehärtetsten und ge-
nügsamsten Arten könnten die meisten Standorte erobern, finden sich
aber oft gleichwohl nur auf wenigen, weil sie von den besseren Stand-
orten verdrängt werden. Je eigentümlicher und ungewöhnlicher ein
Standort ist, desto gleichartiger wird seine Vegetation: im allgemeinen
sein, weil in der Regel nur wenige Arten so besonders angepaßt sind,
daß sie auf ihm wachsen können.
Beim Studium der Vegetation eines bestimmten Gebietes in floristisch-geographi-
scher Hinsicht ist es notwendig, die relative Menge der verschiedenen Arten zu bezeichnen.
= Drude®) gebraucht folgende Ausdrücke: soe. (sociales), "den Grundton in der Vegetation
angebend; gr. (gregariae), Arten, die in kleinen Herden auftreten, so daß sie gewisser-
maßen eigene, kleine Bestände in der Hauptvegetation bilden; cop. (copiosae, mit ver-
schiedenen Graden: cop.°, cop.? und cop.', nach der abnehmenden Häufigkeit), Pflanzen,
die zwischen die vorhingenannten mit geringerer Häufigkeit eingestreut sind; sp. (sparsae),
Pflanzen, die hier und da vereinzelt auftreten; sol. (solitariae), ganz einzeln auftretende
Pflanzen. Endlich können diese Bezeichnungen vereinigt werden, z. B. sol. gr. (solitarie
gregariae) für eine einzelne Herde einer Art.
Die relative Zahl der Arten in einem Vereine muß bei genaueren
wissenschaftlichen Untersuchungen zahlenmäßig angegeben werden.
!) Um Lagoa Santa in Brasilien wachsen auf etwa 3 Quadratmeilen ca. 3000 Arten
von Gefäßpflanzen (über 2600 sind bestimmt worden, mindestens 400 müssen als nicht
gesammelt angesehen werden). Hiervon finden sich in den Wäldern ca. 1600 Arten, auf
den Campos ca. 800, wovon 400 resp. 90 Bäume sind, und doch ist das Waldgebiet viel
kleiner als das Camposgebiet und wesentlich auf die Täler beschränkt, wo es allen
'Wasserläufen als Einfassung folgt. Der Grund dieses Reichtums muß wohl in den
physikalischen Verhältnissen (größere Feuchtigkeit, reichere Nahrung, namentlich Humus
usw.) gesucht werden; aber vielleicht spielen auch hier geologische Gründe eine Rolle,
indem die Waldflora wahrscheinlich die älteste ist, und die Camposflora später erst all-
mählich entstand, als sich Südamerika immer mehr über das Meer hob, und Brasilien
daher ein mehr kontinentales und trockneres Klima erhielt (Warming 1892, 1899).
2) Warming 1899.
®) Drude 1889, 1890, 1896, 1913.
332 Zusammenleben der Organismen
Verschiedene Vorschläge zur Berechnung der relativen Artenzahl und
Individuenmenge der Vegetation sind gemacht worden!). Vergl. auch
S. 300, 302 ff., Fig. 162.
Die leichteste statistische Methode zur Bezeichnung der relativen
Häufigkeit der Arten hat Raunkiär?) angegeben. Auf einem quadrati-
schen oder kreisrunden Feld von 0,1 qm zählt man alle vorkommenden
Arten und teilt jeder einen Punkt zu. Nach Untersuchung von 50 Fel-
dern summiert man die Punkte, die jede Art erhalten hat, und man hat
dann Häufigkeitszahlen von 1—50 für jede Art. Raunkiär hat durch
diese Methode eine große Menge von Assoziationen in Dänemark und
den Mittelmeerländern studiert®). Vahl*) hat dieselbe Methode zu Studien
Fig. 169. Meßapparat von Raunkiär; besteht aus einem Ringe, von zwei Hälften
gebildet, welche miteinander durch Gelenk vereinigt sind und durch eine Schraube
an einem hölzernen Spazierstock in jeder beliebigen Höhe befestigt werden können.
Auf der einen Seite des Ringes ist eine Metallstange festgemacht; die Länge des-
selben ist so groß, daß der Abstand von der Medianlinie des Stockes zum Ende
der Stange einem Radius gleich ist, mit welchem ein Kreis geschlagen werden kann,
der !/,. Quadratmeter Fläche umfaßt. (Raunkiär 1912.)
verschiedener Assoziationen in Schweden benutzt, auch die Häufigkeits-
zahlen für die verschiedenen Lebensformen einer Assoziation festgestellt,
um dadurch die Assoziationen genau charakterisieren zu können. Ebenso
hat Hanna Resvoll-Holmsen in Norwegen viele statistische Aufnahmen
nach dieser Methode gemacht.
Durch solche sorgfältige statistische Untersuchungen entdeckt man
bisweilen kleine Arten, welche sich unter höherer Vegetation verbergen
!) Vergl. Stebler und Schröter 1892; Clements 1905, 1907; Oliver and Tansley Ei
1904; W.G. Smith in Journ. of Ecology I: 22; Jaccard 1902, 1907 und viele andere
Arbeiten (vergl. Bot. Centralbl. 107, 284 und IIIe Congres internat. 1910 Bruxelles),
Jaccard hat u.a. die Größe des generischen Koeffizienten in den verschiedenen Vereinen
sorgfältig untersucht. 2
®) Raunkiär 1912 (vergl. auch 1908, 1909).
®) Raunkiär 1909, 1910, 1913, 1914.
%) Vahl 1911, 1912, 1913.
39. Kap. Formationen 333
und oft numerisch weit zahlreicher als diese sind. Es zeigt dies, daß
die Zahlenverhältnisse nicht die Physiognomie zu bestimmen brauchen
und daß sie nie eine absolut dominierende Rolle spielen dürfen.
39. Kap. Formationen
Die großen Klassen der Standorte sind in Kap. 37 so gut wie
möglich abgegrenzt. Innerhalb jeder Klasse gibt es nun eine ungeheure
Menge von Pflanzenvereinen, welche physiognomisch wie floristisch von-
einander verschieden sind und durch gewisse Standortseigentümlich-
keiten hervorgerufen werden. Im vorigen Kapitel wurde erwähnt,
durch welche Umstände diese physiognomischen Verschiedenheiten
hervorgerufen werden. Den allerwichtigsten Faktor bilden die Lebens-
formen der Arten (S. 5, 154), da von diesen nicht nur die Physiognomie
an und für sich, sondern auch mehr oder weniger die Dichtigkeit der
Vereine, die Höhe der Vegetation und die periodischen Erscheinungen
derselben abhängen.
In dem Bestreben, diese Menge von Vereinen der Übersicht-
lichkeit halber zu gruppieren und die Gruppen zu benennen, . dürfte es
als das Natürlichste erscheinen, die Physiognomie der Lebensformen,
wissenschaftlich genommen, d. h. als Ausdruck bestimmter Lebensbe-
dingungen, als Grundlage zu benutzen, und die Vereine nach den
Lebensformen zu benennen: Vereine (Formationen) von Bäumen,
Sträuchern, Zwergsträuchern, Halbsträuchern, Hochstauden,
Kleinstauden, Moosen, Flechten, Algen usw. Bei der Benennung
werden überall, soweit möglich, die volkstümlichen Bezeichnungen be-
nutzt werden.
Diese Aufgabe ist mit sehr großen Schwierigkeiten verknüpft, die
eben in der Natur der Sache liegen, weil es nirgends scharfe Grenzen
gibt. Daher werden denn auch die subjektiven Auffassungen der ein-
zelnen Beobachter eine ungeheuer große Rolle spielen. Es sind diese
Wahrheiten wohl auch allgemein anerkannt!').
Oben (S. 307) wurde erwähnt, daß die Botaniker jetzt, mit sehr
wenigen Ausnahmen, darüber einig sind: die Formation als den öko-
logischen Ausdruck bestimmter, klimatischer und edaphischer Lebens-
bedingungen zu betrachten, welcher nichts mit floristischen Ver-
schiedenheiten zu tun hat; daß jede Formation aber aus Assoziationen
besteht, welche in ihrer floristischen Zusammensetzung verschieden
sein können.
2) Z.B. schreibt Tansley: „A short and easy road to natural classification of
vegetation units can no more be found than a short and easy road to a natural classi-
fieation of species.“
334 Zusammenleben der Organismen
Formation. Der Ausdruck „Formation“ oder „Vegetationsformation*
wurde von Grisebach 1838 eingeführt. Er schreibt: „Ich möchte eine
Gruppe von Pflanzen, die einen abgeschlossenen physiognomischen Cha-
rakter trägt, wie eine Wiese, ein Wald usw., eine pflanzengeographi-
sche Formation nennen. Sie wird bald durch eine einzige gesellige
Art, bald durch einen Komplex von vorherrschenden Arten derselben
Familie charakterisiert, bald zeigt sie ein Aggregat von Arten, die,
mannigfaltig in ihrer Organisation, doch eine gemeinsame Eigentümlich-
keit haben, wie die Alpentriften fast nur aus perennierenden Kräutern .
bestehen.“
Es kann kein Zweifel darüber sein, daß Grisebach den physiogno-
mischen Charakter, zustande gebracht durch ökologische Anpassung, als
entscheidend hervorhebt (siehe „perennierende Kräuter“, „gemeinsame
Eigentümlichkeiten“). Der Begriff „Formation“ in diesem Buche schließt
sich am nächsten an den Grisebachs.
Eine andere, viel engere Begriffsbestimmung von „Formation“ ist die von Hult’);
er stellte etwa ein halbes Hundert „Formationen“ für das nördliche Finnland auf; er
hat z. B. eine Empetrum-Formation, eine Phyllodoce-F., eine Azalea-F., eine Betula ee
nana-F., eine Juncus trifidus-F., eine Carex rupestris-F., eine Nardus-F., eine Seirpus
caespitosus-F. usw. — also kleine, floristisch bezeichnete Gesellschaften ohne ökologische
Rücksichten, dem modernen Begriff der „Assoziation“ entsprechend.
Dies führt zu einer Zerspaltung der Vegetation nach lokal herrschenden Arten,
wodurch die Übersicht und das Gesamtbild leicht verloren gehen, und wobei Vereine mit
derselben Haushaltung, also natürlich zusammengehörige, nicht als solche erkannt werden
können. Diese Begriffsbestimmung von „Formation“ wird jetzt auch allgem verlassen.
Vergl. auch später unter „Assoziation“.
Eine etwas abweichende Begrenzung des Begriffes „Formation“
wird namentlich von englischen Botanikern gegeben?). Auch sie be-
gründen den Begriff „Formation“ auf dem Wesen des Standortes. Aber
sie legen Gewicht darauf, daß man auf ganz demselben Boden und unter
ganz demselben Klima sehr verschiedene Typen von Pflanzenvereinen
vorfinden kann, z. B. eine Waldassoziation, eine Gebüschassoziation,
eine Wiesenassoziation usw. (für welche Assoziationen also die Lebens-
formen die Grundlage bieten), und diese Assoziationen bestreben sich
räumlich und zeitlich eine bestimmte Entwickelung durchzuführen, so
daß sie zuletzt alle in den höchsten Typus, in einen Hauptverein,
welcher unter den gegebenen Bedingungen möglich ist, zusammen-
fließen. Es werden also alle Vereinstypen, welche genetisch verbunden
werden können, als Phasen einer einzigen Formation aufgefaßt.
Die genannten Forscher scheiden denn auch zwischen progressiven- und
regressiven Formationen.
2) Hult 1881, 1887.
?) Moss 1906, 1907, 1910, 1913; Tansley 1909, 1911; cfr. Flahault und
Schröter 1910. E
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39. Kap. Formationen 335
Es liegt dieser Auffassung der richtige Gesichtspunkt zugrunde,
daß man vielfach in der Natur eine Entwickelung von dem einen Verein
zu einem anderen beobachten kann, bis die Entwickelung mit einer
„Climax*-Formation zu Ende gebracht wird („Successions“ der ameri-
kanischen Botaniker). =
Abgesehen davon, daß solche Wandlungen wohl vorzugsweise dort
vorkommen, wo der Mensch die ursprünglichen Naturverhältnisse ge-
ändert hat, durch Umhauen der Wälder, durch Bildung von Kultur-
oder Halbkulturvereinen, welche verschwänden, wenn die menschliche
Hand zurückgezogen würde, wird es praktisch sehr schwierig sein und
oft weitläufige Studien erfordern. die genetischen Verbindungen der ein-
zelnen Vereine zu ermitteln und sie als Grundlage für Formations-
Bestimmungen zu benutzen. Solche entwickelungsgeschichtlichen Studien
der Vegetation werden wohl in vielen Fällen in einem gegebenen Ge-
biete durchgeführt werden können, aber wenn man einen Überblick über
die Formationen der ganzen Welt erhalten will, wird die Sache sich
wohl unmöglich durchführen lassen. Die Begriffsbestimmung wird
sehr oft hypothetischen und subjektiven Meinungen Raum lassen. Wenn
eine Vegetation sich von einem Typus zu einem anderen entwickelt, so
wird dieses oft, ja wahrscheinlich gewöhnlich, mit durchgreifenden Ände-
rungen der ökologischen Faktoren verknüpft sein, namentlich der Boden-
_ verhältnisse: der Standort bleibt nicht konstant. Wo soll man dabei die
_ Grenzen der Formation feststellen? wo hört die eine auf, und wo beginnt
die andere? Wenn z. B. am Meeresstrande eine Marschwiese sich bildet,
indem die Entwickelung mit einem Zosteretum anfängt, durch Salicor-
nietum, Glycerietum usw. ganz allmählich weiter führt!), so ist eben
dadurch die Grundlage für den Begriff der Formation — Einheit des Stand-
ortes — verloren gegangen. Auf ganz dieselbe Weise kann man an un-
zähligen anderen Lokalitäten einen fortschreitenden Wechsel beobachten.
Siegrist?) schreibt über die Uferwälder der Aare in der Schweiz, daß
vom versumpftesten Bruchwald bis zur trockenen, steppenähnlichen, nur
mit spärlichen Sträuchern bedeckten Schotterfläche alle Übergangsstadien
des durch edaphische Faktoren bedingten Waldes sich aufweisen lassen.
Eine rückschreitende Formationsfolge (regressive Succession) haben wir
2. B., wenn einem Buchenwalde durch Rohhumusbildung die Selbst-
verjüngung unmöglich gemacht ist und er zuletzt der Calluna-Heide
den Platz einräumen muß.
Das genetische Studium der Pflanzenvereine ist längst als ein sehr
verlockendes und anregendes anerkannt worden°); aber als Grundlage
") Vergl. Warming 1906, und Kap. 51 (in diesem Buche).
2) Siegrist 1913, 1914.
®) Siehe auch Warming 1895, Abschnitt 7, oder die Ausgabe bei Graebner 1902.
336 Zusammenleben der Organismen
für Formationsaufstellungen kann es entschieden nicht anne
werden ?).
Es wird das sicherste sein, die Formationen auf der Nat
Standorts und nach den die Vereine bildenden Lebensform
begründen. Die Physiognomie, wissenschaftlich vertieft, muß von
tischen Standpunkte in erster Linie maßgebend sein für das,
Formation aufzufassen ist. Danach erst kann man den. ee: ch
sammenhang der verschiedenen Formationen nachweisen, —
gabe von größter wissenschaftlicher Bedeutung.
Typen von Formationen
Die Mehrzahl der vorher erwähnten Grundformen des I
imstande selbständige Formationen zu bilden, indem sie als her:
Glieder der Vereine auftreten. Nach der vorherrschenden Le
(vergl. Kap. 22) wird die Formation benannt, und wenn mehrere
werke vorkommen, wird es wohl immer der oberste sein,
Charakter der Formation bezeichnet. In einem Walde kann
Lichenen, Pilze, Kräuter, Kleinsträucher, Großsträucher, Lia
aber der Baumbestand ist das Tongebende, er gibt der Foı
Namen.
Die Haupttypen der Formationen sind nach den A,
Lebensformen folgende: on
1. Mikrophytenformationen, namentlich im Wanne
Erde (hypogäische Pflanzen). Vergl. Kap. 18.
2. Wasserpflanzenformationen, vorzugsweise aus |
Blütenpflanzen und größeren Algen gebildet.
EI
eh
3. Moosformationen. Schon hier kann von
Stockwerke die Rede sein (Moosheiden usw.) ee
4. Flechtenformationen (Lichenenheiden, Tundren).
5. Krautformationen (Wiesen, Prärieen, Steppen
kann es zwei oder mehrere Stockwerke geben, nämlich ein
Vegetation. von Thallophyten oder Moosen unter der höhe
vegetation; und die Kräuter können sich wiederum in Sto
verschiedener Höhe gruppieren (Hochstauden, Kleinstauden).
passend zwischen Kräutern und Gräsern unterscheiden (G
stäude, Gehälm, Geblätt und Geäß bei Höck?)).
?!) Vergl. auch Flahault und Schröter 1910.
2) Höck 1896.
89. Kap. Formationen 337
6. Zwergstrauch- und Halbstrauchformationen, mit Kräutern
gemischt, die bisweilen sogar höher wachsen als die Zwerg- und die
Halbsträucher. Die länger dauernden holzigen Elemente sind jedoch in
der Überzahl, und unter ihnen können mehrere, von den zuerst genannten
Formationen, als Stockwerke auftreten. Die Vereine der Zwergsträucher
und der Halbsträucher nennt man auch Gesträuche; sie können die Erde
dicht bedecken (Callunetum, Vaceinietum, Garrigue, Cistetum usw.).
7. Gebüsche oder dichte Vereine von Sträuchern, d.h. von
höheren, verholzenden, vielstämmigen Pflanzen. Hier können schon
Epiphyten und Lianen auftreten, und unter dem höchsten Stockwerke
können die vorher genannten Vegetationsformen vorkommen. Die Boden-
vegetation ist oft sehr dürftig, weil der Schatten der Sträucher zu dicht
ist. Viele Gebüsche sind eigentlich nur degenerierte Wälder und lassen
überhaupt schlechte Lebensbedingungen erkennen.
8. Wälder. Die vorherrschende Lebensform ist der Baum. Die
Wälder stellen die höchste Stufe der Formationsbildung dar; es sind
geschlossene Formationen, welche in vielen Fällen Schlußbildungen
(Climax-Formationen) sind. Sie zeigen die größte Mannigfaltigkeit der
Lebensformen und die meisten Stockwerke. Die Zahl der Schichten hängt
von der Stärke des Lichtes und dem Grade der Feuchtigkeit ab').
Im Walde finden sich Lichtpflanzen und Schattenpflanzen bisweilen
mit großem Bauunterschiede (vergl. Kap. 2, 26). Die Vegetation des Wald-
bodens hängt von der Beleuchtung, die durch die Baumkronen mehr
oder weniger geschwächt wird, von der Luftfeuchtigkeit, von der Boden-
feuchtigkeit, vom Humus u. a. ab. Die stark Schatten gebenden, dicht
wachsenden Arten (wie Rotbuche, Fichte, Weißtanne usw.; vergl. S. 19)
haben nur eine sehr spärliche untere Vegetation, die Lichtbäume eine
reichere, ganz nach ihrem Lichtbedarf. Die Waldränder können von
dem Waldinneren floristisch nicht wenig abweichen, weil die Lichtver-
hältnisse dort die Entwicklung vieler Arten zulassen, die hier nicht
gedeihen können. Grevillius?) hat gefunden, daß die hohen Kräuter in
lichten skandinavischen Wäldern auf verschiedene Typen zurückgeführt
werden können, die voneinander durch die Anordnung des floralen
Systemes, die Form und die Stellung der assimilierenden Organe, die
Innovation, die Blütezeit, die Verteilung in verschiedene Niveaus des
gemeinsamen Pflanzenvereines abweichen.
Ein Wald wird somit gewissermaßen aus verschiedenen Formationen
zusammengesetzt, welche ökologisch und floristisch von den obersten
Schichten beeinflußt werden, aber bisweilen mit großer Deutlichkeit
hervortreten. In vielen Wäldern ist der Boden mit Teppichen von
?) Vergl. u. a. Clements 1907.
®) Grevillius 1894.
Warming-Graebner. 3, Auflage, illustr. 22
338 Zusammenleben der Organismen
Moosen oder Flechten oder auch Kräutern und Gräsern usw. bedeckt,
welche in Übereinstimmung mit kleineren Verschiedenheiten des Bodens,
namentlich der Feuchtigkeit desselben, kleinere ver
(Varietäten und „Facies“) zeigen. ”
In dem einen Kiefernwalde (Pinetum silvestris) z. B. findet sich
eine Bodendecke von Moosen, in einem anderen von Flechten, in
einem dritten von Stauden, in einem vierten von Zwergsträuchern
(Calluna vulgaris u. a.) oder von Sträuchern (z. B. Juniperus communis),
und der Wald kann danach durch eine Hinzufügung zur Assoziations-
bezeichnung näher charakterisiert werden (Pinetum silvestris muscosum
oder hylocomiosum, P. s. lichenosum oder cladinosum, P. s. herbosum 5
oder graminosum (z. B. von Aera flexuosa oder Carex arenaria), resp.
P. s. suffruticosum, fruticosum usw. 5
Cajander!) hat die Meinung ausgesprochen, daß die Ökolgischen BE
Verhältnisse der Wälder schärfer durch ihre Bodenvegetation bezeichnet
werden können als durch die Art des Baumes. Er unterscheidet z. B.
in Finnland drei Waldtypen durch eine geringe Zahl von immer von
handenen Leitpflanzen, nämlich, mit aufsteigender Bonität: den Oalluna-
Typus, den Myrtillus-Typus und den Oxalis-Typus. se
Indem die Vereinsformen jetzt hier in dieser Reihenfolge a9
angeführt werden, ungefähr in der umgekehrten wie bei Grisebach?) an02
Drude°), wird (vielleicht) der eigene, fortschreitende Entwicklu A
der Natur von niedrigeren zu höheren, von offeneren zu geschlosseneren
Vereinen, von dürftigeren zu günstigeren Verhältnissen angegeben;
jedenfalls müssen die Wälder als Schlußglieder gesetzt werden, weil die
Vegetation eines Bodens tatsächlich mit ihnen endigen würde, wo die
Bedingungen für das Pflanzenleben überhaupt günstig sind (vergl. Kap. 67 .
den 4. Abschn.). Die Wälder sind auch die Pflanzenvereine, die in die um-
gebende Natur am stärksten eingreifen; dadurch, daß sie Schutz geben
und die Feuchtigkeitsverhältnisse verändern, fördern sie die eine Art
-von Vegetation und hemmen die andere, nach der verschiedenen Art
und der Dichtigkeit des Waldes selbst in verschiedener Weise.
Innerhalb der in Kap. 37 (S. 319) und Abschnitt 4 anzefihrien
Standortsklassen werden*) die Formationen denn auch, soweit möglich,
in derselben Reihenfolge angeführt. Dieses geschieht in der Überlegung, |
daß vielleicht die genetische Folge innerhalb der Standortsklasse, wenn E |
„Successions“ stattfinden, dadurch angegeben werden kann.
Weiter muß noch die Schwierigkeit erwähnt werden, welche darin
besteht, daß es sehr oft sehr zweifelhaft ist, wie weit man die Trennu:
!) Cajander 1909 b.
?) Grisebach 1872.
») Drude 1888, 1890.
*) Wie 1909 in Warmings Oecology.
Formationen 339
europa z.B. Vereine von Salicornien. An den östlichen Küsten der Nordsee
N es nur die einjährige Salieornia Ei welche im Überflutungs-
| Fig. 170. Salicornia herbacea (hier auf Sandboden) und ein Exemplar von
Be Glyceria maritima. Fanö. (Phot. Warming; 1906.)
nd 8 risa), weiter ein anderer von einjährigen Salzcornia-Arten und
n dritter mit einer Mischung dieser beiden Lebensformen vor. In den
nz entsprechenden Standorten der mediterranen und der westindischen
Küsten?) kommt dieselbe Halbstrauchformation aus teilweise anderen
B alieornia-Arten vor (Fig. 171). Die edaphischen Verhältnisse scheinen
nz dieselben zu sein, die klimatischen sind aber sehr verschieden; wahr-
heinlich sind es unter anderem die Eisverhältnisse, welche im Winter in
|; Überflutungsgebieten der Nordseeküsten die Entwiekelung der halb-
ehartigen. wie überhaupt der ausdauernden Salzeornia-Assoziationen
E) Vergl. Flahault und Schröter 1910.
id Bl Bilder und Text bei Börgesen 1909; Raunkiär 1909a, 1914.
22*
340 Zusammenleben der Organismen
verhindern, wogegen die einjährigen, welche ihre Samen im schlammigen
Boden durch Hakenbürsten befestigen, den Platz behaupten können.
Man muß es unbedingt vorziehen, die aus einjährigen Arten gebildeten
Vereine von den aus halbstrauchartigen gebildeten als zwei besondere,
aber allerdings nahe verwandte, Formationen aufzufassen: die Standorte
sind verschieden, die Lebensformen ebenso. Daß Mischungen derselben
- Fig. 171. Ansicht der Mitte von Krausses Lagune (St. Croix, Dänisch-Westindien).
Die das Wasser umfassende Vegetation besteht aus Salicornia, Sesuvium usw. Im Wasser
sind aufsprossende Mangrove-Pflanzen sichtbar. (Phot. F. Börgesen; 1909.) ‘
in den Grenzgebieten vorkommen, ist zu erwarten‘). Auf denselben
oder nahe verwandten Standorten der Nordseeküsten kommen noc
andere einjährige Chenopodiaceenvereine vor?), während die Sub ro pas
und tropischen Küsten wahrscheinlich keine solche haben.
!) Tansley und Moss sagen über diesen Fall: „Dieses Beispiel beweist schlagen
die Künstlichkeit der Einteilung nach Wuchsformen auf identischen oder nahe verwand ®
Standorten.“ (Vergl. Flahault und Schröter 1910).
2) Warming 1906.
39. Kap. Formationen 341
Übrigens wird es für die Zukunft gerade eine wichtige ökologische
Aufgabe sein, die identischen Standorte der Erde genau vergleichend
zu studieren. Was die hier erwähnten Standorte der Überflutungs-
gebiete (Ästuarien-Standorte) betrifft, so wird es z. B. von großem
Interesse sein, die wahrscheinlich fast identischen nordeuropäischen mit
denen von Spartina strieta u.a. Arten der Küsten von NewYersey zu
vergleichen.
Während hier die Formationen zuerst nach Standorten vereinigt werden, danach
innerhalb dieser nach Lebensformen getrennt, haben Brockmann-Jerosch und Rübel?)
neuerdings versucht, ein System der Pflanzenformationen aufzustellen, und zwar stellen
sie dabei die Forderung auf, daß das System sich ohne eingehendes Studium anwenden
läßt, seine Methode soll „induktiv“ sein?). Sie kritisieren die von uns (Warming und
Graebner) zugrunde gelegten Ideen und schlagen folgende Einteilung vor, die unserer
Meinung nach sich mindestens ebensoviel von einer natürlichen entfernt, wie die übrigen
Systeme und dem Studierenden kein klares Bild der Verhältnisse geben kann (vergl.
bes. den II. Vegetationstypus).
I. Vegetationstypus: Lignosa, Gehölze.
Die Formationsklassen der Lignosa:
1. Formationsklasse: Pluviülignosa, Regengehölze.
9, ® Laurilignosa, Lorbeergehölze.
B. > Durilignosa, Hartlaubgehölze.
4, u Ericilignosa, Heidegehölze.
5. 5 Deeiduilignosa, Falllaubgehölze.
6. 5 Conilignosa, Nadelgehölze.
Die Formationsgruppen der Lignosa:
1. Formationsgruppe: Pluvisilvae, Regenwälder.
9. > Pluviifruticeta, Regengebüsche.
3. & Laurisilvae, Lorbeerwälder.
4. ni Laurifruticeta, Lorbeergebüsche.
d. z Durisilvae, Hartlaubwälder.
6 - Durifruticeta, Hartlaubgebüsche.
7 u Erieifruticeta, Heiden.
8 e Aestatisilvae, Sommerwälder.
9. 5 Aestatifruliceta, Sommergebüsche.
10. 2 Hemisilvae, Monsunwälder.
31: 5 Conisilvae, Nadelwälder.
12. = Conifruticeta, Nadelholzgebüsche.
II. Vegetationstypus: Prata, Wiesen.
Die Formationsklassen der Prata:
1. Formationsklasse: Terriprata, Bodenwiesen.
2. : Aquiprata, Sumpfwiesen.
3. „ Sphagniprata, Hochmoor.
1) Brockmann-Jerosch und Rübel 1912; Nachträge Rübel 1915.
2) Gradmann 1909.
Pr 7. OR
AR
=
ae
—
342 Zusammenleben der Organismen
Die Formationsgruppen der Prata:
1. Formationsgruppe: Duriprata, Hartwiesen.
2. 5 Sempervirentiprata, immergrüne Wiesen.
3. ri Alioherbiprata, Hochstaudenwiesen.
4. = Emersiprata, emerse Sumpfwiesen.
D; r Submersiprata, submerse Sumpfwiesen.
III. Vegetationstypus: Deserta, Einöden. ;
1. Formationsklasse: Siceideserta, Steppen. Le
2. = Siccissimideserla, Wüsten.
3. = Frigorideserta, Kälteeinöden.
4, = Litorideserta, Strandsteppen.
B. ci Mobilideserta, Wandereinöden.
IV. Vegetationstypus: Phytoplankton.
Eine ähnliche Einteilung nach Lebensformen hat übrigens längst Kabsch Be
Gewissermaßen hat auch Kerner 1891, 8. 821, dieselben Prinzipien für Aufstellung”
neuen Pflanzenvereinen durchgeführt. In der „Ecology of plants“ 1909 hat Wa
dieselbe Art der Einteilung besprochen. Er schrieb: Weshalb nicht die Lebensformen
nutzen als Grundlage für die Klassen? Man könnte dann folgende Klassen aufstellen:
Waldformationen, Strauchformationen, Zwergstrauchformationen, Staudenformationen,
formationen, Algenformationen. Innerhalb jeder von diesen Klassen könnte m
ferner scheiden zwischen hygrophilen, mesophilen und xerophilen Formationen.
einem morphologischen Standpunkte meint er, würde dieses ein gewisses Interesse
aber von einem pflanzengeographischen muß es verworfen werden, weil ökologisch
verwandte Formationen voneinander gerissen werden. Auf natürlich verwand
orten können verschiedene Assoziationen von Lebensformen zur Ausbild
und die müssen in dieseibe Klasse vereinigt werden. Ein System wie das u
mann-Jerosch und Rübel wird von einer genetischen Ökologie gar keine ‚Yore
geben können. a
Zur genauen Bezeichnung einer Formation, um ea
den Rang der betreffenden Pflanzengesellschaft orientiert zu sein,
Moss vorgeschlagen, das Suffix —ion dem Namen derselben anzu
also sollte z. B. eine Sandpflanzenformation: Arenarion benannt werd
Diels?) hat das Suffix —ium zu griechischen Namen gefügt (z. B.
. lassium = Meeresvegetation, Hygrodrymium = Regenwald usw.). Es
wohl zweifelhaft, ob solche fremde Namen notwendig sind; für
Menschen werden sie jedenfalls recht unverständlich sein.
Je nachdem bestimmte Lebensformen in einer Formation
oder in verschiedenen Kombinationen vorkommen, haben wir zwischer
einfachen und zusammengesetzten Formationen zu unterscheiden.
Zusammengesetzte und gemischte Formationen müssen
auseinandergehalten werden.
Von den zusammengesetzten Formationen war soeben beim
die Rede; bei ihm zeigt sich oft mit besonderer Deutlichkeit, wie
!) Moss 1910.
2) Diels 1908.
EEE in BE
39. Kap. | Formationen 343
schiedene Lebensformen und Formationen, letztere sogar mitunter in
einiger Ausdehnung, zu einem einheitlichen Ganzen vereinigt erscheinen.
Ein anderes Beispiel liefern etwa die Rohrgrasbestände, die aus ver-
. schiedenen fast durchweg monokotylischen Kräutern gebildet werden,
die ausdauernd sind und gesellig leben; ihre Tracht kann mitunter recht
verschiedenartig sein. Zwischen diesen wachsen nun am Grunde oder
gar im freien Wasser ganz andere Lebensformen, die man als unter-
2 geordnete Pflanzengemeinschaften (subordinate communities) be-
zeichnen kann. Diese Gemeinschaften können zusammengesetzt sein aus
N Schizophyceen, Plankton, Pleuston und am Boden wurzelnden Wasser-
Ds
f.
Fig. 172. Gebüsch am Ufer von Amu Daria in der transkaspischen Wüste.
ke _ Im Hintergrunde Tamarix und Erianthus Ravennae (rechts); im Vordergrunde Alhagi
camelorum, Lycium Ruthenicum und Halosiachys Caspica. (Ove Paulsen; 1911.)
pflanzen (s. Limnaeen-Vereinklasse) und sind in ihrer Zusammensetzung
mehr oder weniger durch die herrschende Vegetation beeinflußt. Im Walde
sind ebenso die verschiedenen niedrigeren Stockwerke von solchen Lebens-
formen zusammengesetzt, welche in den meisten Fällen imstande sind,
selbständige und charakteristische Formationen zu bilden, so z. B. Ge-
_ büsche, Heide, Grasland, Moosformationen und andere, aber in beiden Fällen
würden die dann vorkommenden Arten meist etwas verschieden sein. Für
| _ die im Waldesschatten oder unter anderen großen Pflanzen wachsenden
Arten sind wirksam nicht nur die Faktoren der Beleuchtung, sondern
auch die größere oder geringere Feuchtigkeit des Bodens und der Luft-
- temperatnr usw. gegenüber einer entsprechenden offenen Formation.
_ Als Beispiel für eine Pflanze, die sowohl untergeordnete als offene
herrschende Vereine bilden kann, sei Calluna genannt. Diese Art
344 Zusammenleben der Organismen
herrscht auf den weiten mit ihren Zwergsträuchern dicht bedeckten
Flächen, den Heiden, kann aber auch in den Kiefernwäldern als Unter-
vegetation große Bestände bilden (in den kontinentalen Klimaten nur so).
Eine aus mehreren Stockwerken zusammengesetzte Formation kann
auch aus verschiedenen Typen, etwa Xerophyten und Mesophyten, ge-
bildet werden; z. B. gibt es Wälder aus Hartlaubbäumen mit aus-
geprägten xeromorphen Arten des oberen Stockwerks und mesomorphen
Arten als Unterwuchs. Dieser Wald stellt also eine zusammengesetzte
Formation dar.
Fig. 172. Gegend in der Nähe von Lagoa Santa im Staate Minas geraes, Brasilien.
. Aussicht gegen Norden, gegen das Tal des Rio das Velhas. Die Niederungen sind mit
Wald erfüllt; alle Anhöhen sind mit Campos bekleidet, teils offene Grascampos ohne
Bäume, teils solche mit zerstreuten, gekrümmten Bäumen. In der Ferne Campos- oder
Waldbrände. (Gez. von Eug. Warming.) =
Gemischte Standorte
Überall in der Welt finden wir stark kontrastierende Formationen
nebeneinander, z. B. Oasen oder Gebüsch und Wälder mitten in den
Wüsten, dort wo das Grundwasser erreicht werden kann. In den trans- A|
kaspischen Wüsten findet sich solche z. B. längs dem Amudaria!) Fig.172.
4) O. Paulsen 1912.
89. Kap. Formationen 345
In den hügeligen Camposgegenden des inneren Brasiliens, etwa
um Lagoa Santa, finden sich die Wälder überall in den Tälern und
längs der Wasserläufe, weil hier die Bodenfeuchtigkeit größer ist und
anscheinend das Grundwasser erreicht werden kann; Fig. 172. Was hier
im großen ‘der Fall ist, finden wir vielfach auf kleinem, ja auf kleinstem
Raume. Man sieht oft sehr kleine Stücke oder Ausschnitte einer For-
mation in einer anderen größeren eingestreuet, wenn z. B. Gletscher-
blöcke mit Flechten und Moosen bewachsen mitten im Walde oder am
Fig. 174. Hottentottenschädel mit einem darin wachsenden Cotyledon; so in der fast
vegetationslosen Wüste von Deutsch-Südwestafrika gefunden, als Beispiel für Veränderung
„im kleinsten Raume‘“ durch das im Schädel gesammelte Wasser. Original noch im
Botanischen Garten Dahlem. (Nach Ledien.)
Meeresufer zwischen der Salzvegetation vorkommen, oder wenn ganz
kleine Wassertümpel mit Algen in einem Grasfelde liegen. Besonders
mosaikartig wird die Vegetation dort, wo im seichten Wasser an un-
seren Küsten große Massen von Steinen, die aus den ehemaligen
Gletschern herrühren, sich angesammelt haben; während die Steine mit
Algen bewachsen sind oder vielleicht so hoch hervorragen, daß sie oben
auch Flechten als Repräsentanten der Felsvegetation tragen können, ist
der Sandboden des Wassers mit den Mitgliedern der Seegrasformation
bedeckt (Fig. 175, 176).
346 Zusammenleben der Organismen
Fig. 175. Am Strande liegen teils auf dem Lande, teils im Wasser ungeheure Mengen
von Steinen, die im Laufe der Zeit aus den alten Moränen der Eiszeit durch Bespülung
der Küste freigelegt worden sind. Die im Wasser liegenden tragen unten Algen, oben
teilweise krustenförmige Flechten, während der Sandboden zwischen ihnen mit Characeen,
Zostera, Ruppia und Zannichellia bewachsen ist. Auch sieht man im Wasser dunkle
Flecken von Fueus vesieulosus, der auf untergetauchten Steinen befestigt ist. Bü dküste
von Belang (Phot. Eug. Warming.)
Fig. 176. ‚Strand auf der Insel Samsö im Kattegat. Gemischte Formationen von einer
Felsformation (Flechten und Moose auf den Steinen) und einer Halbstrauchformation
von Artemisia maritima (bis 0,5 m hoch) mit eingestreuten Kräutern und Gräsern
(Phot. Eug. Warming.)
39. Kap. Formationen 347
Derartige „gemischte Formationen“ finden sich vielfach in ge-
birgigen Gegenden oder auch in hügeligen Dünenlandschaften, wo das
Terrain plötzlich und stark wechselt; dadurch ergibt sich ein ebenso
Callunetum vulgaris in Jütland mit Arctostaphylos uva ursi, Cladonia rangiferina u.a.
(Phot. Raunkiär; 1909.)
Fig. 177.
| starker und plötzlicher Wechsel der edaphischen Verhältnisse. Man
erinnere sich auch an G. Kraus’ Untersuchungen über „Boden und
Klima auf kleinstem Raume“. In den Dünen z.B. sind die Senkungen
348 Zusammenleben der Organismen
zwischen den Sandhügeln oft von Flächen mit saftigen Wiesen erfüllt,
da die Wurzeln der Pflanzen hier das Grundwasser erreichen können,
oder es finden sich hier auch viele kleine Wassertümpel. Die Anhöhen
dagegen sind mit offenen Formationen von grauer oder fahlgrüner
Dünenvegetation oder mit bräunlichem Heidekraut bedeckt. |
Je ebener und einförmiger der Boden über weite Strecken ist,
desto deutlicher wird die Natur einer Formation zum Ausdruck kommen.
Deshalb ist z. B. Westjütland mit seinen weiten Ebenen ein vorzügliches
Studienobjekt (Fig. 177). Je kleiner die Stücke einer gemischten For-
mation sind, desto leichter verlieren sie ihren reinen Charakter und
nehmen Elemente der fremden Formationen in sich auf. Ein Faktor
ist besonders für Änderung und Mischung der Vegetation VOrAnUU TR
zu machen, nämlich der Mensch.
Es kann nebenbei bemerkt werden, daß je reicher eine Gegend
an verschiedenen Standorten ist, desto reicher wird sie in floristischer
Hinsicht werden.
Sekundäre Formationen. Unter den Begriff der sekundären For-
mationen können wir solche zusammenfassen, die durch menschliche
Einflüsse entstanden sind!). Verschiedene dieser Vereine sind nur in
ihrer Flora verändert worden; diese bezeichnet man als „Halbkultur-
formationen“; hierher zu rechnen ist auch ein Teil der norwestdeutschen
Heideflächen, die durch weidende Tiere beeinflußt sind?). Andere For-
mationen entstehen dadurch, daß der Mensch den Wald zerstörte, um
ihn in irgend einer Weise nutzbar zu machen. In dieser Weise soll
z. B. der „Sibljak“ in Serbien?) entstanden sein, oder auch die Eichen-
kratts in Jütland, die Tristegia glutinosa-Grasländer in Brasilien‘). Diese
Formationen können nur durch die Kultur in ihrer Existenz erhalten
werden und sind echte sekundäre Formationen.
Subformationen. Eine Anzahl verschiedener Formationen besitzen
eine so große Ausdehnung, zeigen dabei verschiedene geringere Ööko-
logische, d. h. edaphische und klimatische Verschiedenheiten, so daß
es passend erscheint, sie weiter in Subformationen einzuteilen, resp. |
als solche zu scheiden; genannt seien Plankton-Formation, dikotyler
Wald usw., die so geteilt werden können?). a
Für die Einteilung der Wälder würde es maßgebend sein, ob die
Bodenvegetation an einer oder zu verschiedenen Lebensformen gehört.
) Warming 1892; Graebner 1909; hierher auch die „Substitute Association“ von
W. 6. Smith 1905, 8. 62.
?) E.H.L. Krause 1892, vergl. dagegen Graebner 1895 und später.
®) Nach Adamovi6 1902.
*) Warming 1892,
5) Vergl. auch Drude 1902.
40. Kap. Assoziationen 349
Die Verschiedenheiten der Lebensformen in einem Walde können so
groß sein, daß sie ein völlig anderes Bild ergeben können und daher
einer Subformation entsprechen werden. Die Subformation als solche
muß aber stets gerechtfertigt erscheinen durch ökologische Ursachen,
als da etwa sind: die Tiefe, der Wassergehalt, die Art des Bodens oder
auch andere Faktoren. Unsere zunehmende Kenntnis der ökologischen
Dinge wird auf alle diese Fragen allmählich Licht werfen. Wie eine
Unterscheidung von Subformationen geschehen soll, läßt sich im all-
gemeinen nicht sagen; es wird wohl vielfach von subjektivem Empfinden
abhängen. Von „Association“ werden sie wohl schwer zu trennen sein').
40. Kap. Assoziationen
Eine Assoziation ist „eine Pflanzengesellschaft von bestimmter
floristischer Zusammensetzung, welche dem Begriffe der Formation unter-
_ zuordnen ist“ ?). Eine Formation kann also nach den floristischen Ver-
schiedenheiten in eine Reihe von Assoziationen A, B, C.. ., geteilt
werden, und sie ist eben die Summe aller dieser. Die Formation der
Zwergstrauchheiden ist in Europa und in den Polarländern aus denselben
- Lebensformen zusammengesetzt (Zwergsträuchern, Kräutern, Gräsern,
_ _Moosen, Algen, Flechten) und hat dieselbe Physiognomie (Fig. 177, 178);
| E- aber die Arten in Nordwest-Europa und in Grönland werden zum größten
| "Teile ganz verschieden sein. Die grönländische und die nordwesteuro-
- päische Heide sind „Assoziationen“ derselben Formation. Auf ganz die-
selbe Weise kann man die Hochmoore, die Süßwassersümpfe, die Dünen,
die laubwerfenden (sommergrünen) Wälder usw. behandeln. Die Alpen-
‚wiesen in der Schweiz entfalten nach Jaccard nicht auf einem Platze
ihre gesamte Artenzahl; die Artenliste der Formation muß also aus den
an mehreren verschiedenen Stellen wachsenden Pflanzen zusammengesetzt
werden. Ein Kornfeld ist eine Kulturformation mit einjährigen. oder
einjährig überwinternden Arten, aber es lassen sich eine Reihe von
verschiedenen Assoziationen unterscheiden, je nach den bestandbildenden
Arten (Roggen, Weizen, Mais, Buchweizen usw.).
Zur Charakteristik einer Assoziation gehört notwendig eine Arten-
liste — eine alle Arten umfassende scheint allerdings überflüssig, wohl:
1) Es ist sehr schwierig, für die verschiedenen Arten der Formationen angemessene
Namen zu finden. Einige von den vielen Worten im allgemeinen Sprachgebrauch, also
die Vulgärnamen, werden auch als wissenschaftliche Ausdrücke gebraucht, so z. B. Steppe,
| Prairie, Tundra, Caa Tinga, Alang Alang, Savanne und andere (vergl. Warburg 1900),
‚aber viele Vulgärnamen sind unbrauchbar. Andere wissenschaftliche Namen sind neueren
Datums, so z. B. Plankton (Hensen) und Garide (Chodat).
®) Flahault und Schröter 1910. Vergl. jedoch z. B. Th. Fries 1913.
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87 e
350 Zusammenleben der Organismen
aber ist eine der vorherrschenden oder der leitenden Pflanzen notwendig,
der so viel wie möglich die anderen Arten beigefügt werden. Nicht n
Gefäßpflanzen sollen hier erwähnt werden, sondern auch Moose
Thallophyten. Zu einer genauen floristischen Charakteristik ‚geht
dann weiter eine zahlenmäßige statistische Angabe der relativen Me
der Arten, nach irgend einer der statistischen Methoden aus;
(Clements, Oliver u. a.; vergl. S. 332). Die einfachste und |
Art der Messung scheint die von Raunkiär angewandte zu sein,
selbst eine sehr große Menge von Assoziationen (von ihm leider
mationen“ benannt) aufgenommen hat. Für die Dichtigkeit de
tation gibt diese Methode indessen doch. nicht die en
nauigkeit.
Es ist einleuchtend, daß die Assoziationen einer Tote ‚tion
Gruppen zusammengestellt werden können, je nach ihrer größe ren
geringeren floristischen Ähnlichkeit; dies berührt aber nicht d
raktion der Formation, so lange die Lebensformen dieselben bl
Das Studium einer Assoziation umfaßt somit folgende N
1. Bestimmung des Charakters des Standortes, d. h
herrschenden ökologischen Faktoren.
2. Die Aufstellung einer Artenliste, für die ganze ‚Ve
möchuh der Masse der Individuen.
3. Feststellung ihrer Physiognomie durch wissense
stimmung ‚der Lebensformen und ihrer See ‚da
reren sozialen Ares von derselben oder ähnlicher Physiognomie
Kurs
4. Feststellung der Veränderungen der Vegetation im Anscl
Das Studium der Vegetation eines Ortes muß mit ı
der einzelnen Assoziationen anfangen, um dann induktiv
schreiten, ganz wie die systematischen Studien mit den ein
beginnen und von diesen dann zur Bildung der Gatten ıT
stellung der höheren Einheiten fortschreiten. Die Assoziationer
die Einheiten (die „Individuen“), aus denen man die Formationen
Der Name „Assoziation“ stammt von Humboldt!), der -
recht unbestimmt — von „plantes associ6es“ sprach ?). Später
Name von A. P. De Candolle, Meyen u. a. benutzt.
1) Humboldt 1807. '
®) Die Pflanzengeographie wird von ihm folgendermaßen ‚definierbi
science qui considere les vegetaux sous les rapports de leur association locale:
differents climats.“
(yooy ‘4 'f ‘des 'Y0yg) "vuoßoaa} adorsso) uoA uorerzossy "purjugisjsopion UI opIog ayosıyyıy 'SLT '
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IS
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352 Zusammenleben der Organismen
Schouw!) führte zur schnellen Bezeichnung einer „Assoziation“ die
Methode ein, das Suffix — etum einem Gattungsnamen beizufügen,
indem er von: Ericeta, Rhododendreta, Arundineta, Pineta, Querceta,
Fageta usw. sprach, um damit Assoziationen von Erica, Rhododendron
usw. zu bezeichnen. Ihm folgte später Meyen und in neuester Zeit
werden die Assoziationen vielfach auf diese kurze und klare Weise be-
zeichnet, wenn sie aus einer einzelnen vorherrschenden Art gebildet
werden. Also z. B. Phragmitetum, Seirpetum, Typhetum usw. zur Be-
zeichnung von Assoziationen der Süßwassersümpfe. s
Zur genaueren Bezeichnung der Assoziationen kann man nach 4
dem Vorgange des finnischen Botanikers Cajander?) den Speziesnamen im 4
Genetiv hinzufügen, als z. B. Seirpetum lacustris (d. h. von Seirpus
lacustris gebildet), Typhetum angustifoliae (d. h. von Typha augusti-
folia gebildet), Pinetum silvestris usw. Diese Bezeichnungsweise ent-
spricht dem volkstümlichen Gebrauche, wenn die Namen der Assoziationen
von zwei Namen gebildet werden, von denen der eine die Formation.
der andere die dominierende Art angibt. Er entspricht den Bezeich-
nungen wie Buchenwald, Birkenwald, Federgras-Wiese usw. \
In vielen Fällen wird eine Assoziation nicht von einer einzeln >
herrschenden, („dominierenden“) oder sie physiognomisch charakterisie
renden Art gebildet, sondern mehrere Arten haben sich in etwa gleiche
Verhältnisse vereinigt, wohl deshalb weil sie unter den gegebenen äuße:
Bedingungen gleich stark im Konkurrenzkampf sind. In diesem Fall:
wird die Assoziation durch Kombination von etwa zwei bis drei Nam
zu bezeichnen sein, z. B. Scirpo-Typhetum, :wenn Arten von Seörpus un
Typha in annäherungsweise gleich großer Zahl die Vegetation bilden
oder man wird z.B. den Namen „mixtum“ hinzufügen können (Coni
feretum mixtum bei Brockm.-Jerosch u. Rübel).
Wie oben (S. 334) bemerkt wurde, wird die Bez „For
mation“ noch hie und da statt „Assoziation“ für sehr kleine floristise
Gesellschaften verwendet; gewöhnlich geschieht dies wohl aus al
Gewohnheit, insofern aber der Gedanke zugrunde liegt, daß floristisch
Verschiedenheiten fast stets mit Standortsverschiedenheiten verknüpft sind,
weil die Pflanzen oft ein sehr feines Reagens auf edaphische Unter-
schiede sind, wird dieses eine Schwierigkeit in der ökologischen Syste
matik offenbaren; wenn aber die Lebensformen in solchen kleinen
Vereinen dieselben sind und die Physiognomie im großen und ganzen
dieselbe ist, dürfen solche floristische Differenzen nicht Veranlassung
zur Benutzung der Bezeichnung „Formation“ geben; solche kleine Vi
eine sind nur Assoziationen von einer sie alle umfassenden Format
oder Abänderungen von einer Assoziation. |
!) De Candolle 1820; Schouw 1822; Meyen 1836.
?) Cajander 1903.
40. Kap. Assoziationen 353
Abänderungen der Assoziationen. Die Assoziationen sind bei
weitem nicht immer ganz gleich zusammengesetzt und auch physio-
_ gnomisch oft nicht ganz gleichartig. Es kommen kleinere Verschieden-
heiten vor. „Innerhalb derselben Assoziation“, sagen Flahault und
- Scehröter!), „können lokale floristische Differenzen edaphischen oder
genetischen oder selbst zufälligen Charakters zu Unterabteilungen Ver-
anlassung geben (Subassoziationen, „patches“, „eommunities“, „societes“),
_ die man mit aller gewünschten Sorgfalt beschreiben muß. Sie sind
aber der Assoziation untergeordnet“.
Diese Verschiedenheiten sind nun zweierlei Art, man kann sie
vielleicht als Varietäten und Facies bezeichnen.
= Varietäten. Edaphische Varietäten. Es gibt z. B. von den
nordeuropäischen Buchenwäldern, welche als eine Assoziation (Fagetum)
innerhalb der Formation: Sommergrüne Laubwälder des kalttemperierten
Klimas betrachtet werden müssen, zwei Varietäten, die eine mit mildem,
- neutralem Humusboden und einer reichen Bodenvegetation von Anemone
_ nemorosa u. a. Arten, Asperula odorata, Arten von Corydallis, Primula,
, Dentaria, Mercurialis, Stellaria nemorum usw. Die andere hat sauren
- Rohhumus und trägt eine ganz andere Flora (Aera flexuosa, Melampyrum
Me ‚pratense, Vaceinium myrtillus usw.).
Diese zwei Varietäten, die als Fageta asperulosa und F. myrtillosa
- bezeichnet werden mögen, können sich dicht nebeneinander finden, ohne
, daß von klimatischen Verschiedenheiten die Rede sein kann; nur Boden-
| 95: - differenzen geben zu ihrer Bildung Veranlassung, und durch geeignete
8 Behandlung des Bodens, unter anderem durch Kalkbeimischung, kann
. Rohhumus wieder in andere, mildere Humusformen übergeführt werden
“ und dadurch die Flora gänzlich geändert werden. Es wird am besten
sein, solche Differenzierungen als Assoziations-Varietäten zu bezeichnen.
In ganz entsprechender Weise kann man Varietäten von anderen
Baumassoziationen feststellen, z. B. von den Pinus silvestris-Wäldern,
was früher erwähnt wurde, von den nordischen Birkenwäldern, die als
- Betuleta hylocomiosa, B. cladinosa usw. ausgebildet sind, von den Eichen-
wäldern usw. Moss?) spricht z. B. von vier verschiedenen „ground
societies“ in den britischen Eichenwäldern. Solche Varietäten sind in
R diesen Fällen wohl allein durch Bodenverschiedenheiten bedingt. Einige
Arten sind wenig wählerisch und können auf sehr verschiedener Unter-
/ K lage vorkommen, z. B. Calluna vulgaris auf trockenem Sande und auf
_ nassen Hochmooren, Pinus montana auf Hochmooren und auf Kalk-
& Eden usw.
*) Flahault und Schröter 1910.
2) Moss 1913.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 23
354 Zusammenleben der Organismen
Graebner!) unterscheidet unter der Heideformation verschiedene
Assoziationen, nämlich: echte Heide (Callunetum) mit verschiedenen
Varietäten, wie z. B. solche mit Pulsatilla, Genista, Solidago oder an-
deren vorherrschenden ausdauernden Kräutern. Woodhead?) hat dasselbe
für die Bestände von Pferidium aquilinum gezeigt, er beschreibt ein
Mesopteridetum, d.h. eine Assoziation von Pieridium mit Holeus
lanatus und Seilla festalis, und ein Xeropteridetum, eine Assoziation
von Pteridium mit Calluna, Vaceinium myrtillus, Aera flexuosa u.a.
Alle diese Fälle zeigen, daß eine Einteilung der Formationen nach
Standorten ihre Übelstände haben kann, aber jede andere Einteilungs-
weise wird denselben Schwierigkeiten begegnen. .
Geographische Varietäten. Die genannten Beispiele waren e
durch Bodenverschiedenheiten bedingt. Aber auch durch geographische °
und historische Ursachen werden Varietäten hervorgerufen werden, ohne
daß von edaphischen Verschiedenheiten die Rede zu sein scheint.
7.B. schreibt Beck von Mannagetta°), daß Pinus laricio als Hoch-
waldbaum über ein so großes Gebiet verbreitet ist, daß die Boden-
vegetation drei verschiedenen Florenbezirken angehört und zwar dem
Pontischen, dem Baltischen und dem Mediterranen. Hier haben wir
also drei geographische Varietäten. Höck hat eine Reihe vo
Untersuchungen über „Begleitpflanzen“ unserer nordeuropäischen Wald.
bäume veröffentlicht®). Selbst wenn die Arealgrenzen der Bäume und
ihrer Bodenpflanzen oft einigermaßen zusammenfallen, ist dieses doch
sehr oft gar nicht der Fall, wodurch floristische Verschiedenheiten, di
"wohl meist historisch (geologisch) begründet sind, in den verschiedenen
Assoziationen hervorgerufen werden. Oft kann man ihnen wohl den Wer
von geographischen Varietäten zuerteilen. |
Facies. Wohl in allen Assoziationen und Varietäten von solchen
kommen ganz kleine Standortsverschiedenheiten vor, die so klein sind,
daß sie nicht den Gesamtcharakter der Assoziationen ändern können.
‘ Hieran knüpfen sich dann kleine floristische Verschiedenheiten, beson-
ders durch soziale Arten hervorgerufen, und diese können wohl auch
durch reinen Zufall hervorgerufen werden, z. B. dadurch, daß die eine
Art leichter einwandern kann, weil sie zufällig in größerer Nähe ist.
Solche kleinere Verschiedenheiten können fleckenweise oder A
förmig verteilt sein.
In den erwähnten Fageten mit mildem Bodenhumus werden durch
kleine Verschiedenheiten der Beleuchtung, der Bodenf en oder
1) Graebner 1895 usw.
2) Woodhead 1906.
3) Beck 1902.
*) Höck 1892, 1893, 1894, 1895, 1896, 1900.
40. Kap. Assoziationen 355
durch zufällige Einwanderungsmöglichkeiten fleckenweise verteilte
Floraverschiedenheiten vorkommen. An einer Stelle trifft man z. B.
Anemone nemorosa ganz überwiegend, an andren Flecken oder Strecken
bilden Asperula odorata oder Stellaria nemorum, Mercurialis perennis
oder Stellaria holostea u. a. ausgedehnte Bestände, die aber den Gesamt-
charakter der Vegetation nicht ändern.
* Solche kleine Verschiedenheiten können Facies genannt werden!).
Auch in den Wiesen, Grasfluren, Heiden und wohl in allen anderen
Assoziationen wird sich diese fleckenweise Verteilung der Arten, nament-
lich der geselligen Formen, finden. Sie ist wohl oft edaphischer Art,
_ aber auch winzige klimatische Verschiedenheiten, z. B. durch die größere
oder geringere Exposition nach der Sonne usw. hervorgerufen. So z.B.
kann derselbe Eisenbahndamm auf der Nord- und der Südseite eine recht
verschiedene Flora haben, aber die Lebensformen, d. h. die Formation,
ist dieselbe. Die alpine Wiese in der Schweiz hat verschiedene Floren
_ in Übereinstimmung mit den verschieden exponierten Abhängen, auf
denen sie vorkommt, oder auch ob sie von einem Walde oder einer
Bergkuppe längere Zeit des Tages beschattet wird?). Eine scharfe
Grenze zwischen solchen Faciesflecken und Assoziationen zu ziehen, ist
unmöglich.
| Gürtelförmige Anordnung der Pflanzenvereine findet sich über-
all längs den Ufern von Seen und Wasserläufen und entsteht dadurch,
En das Grundwasser selbst bei sanfter Erhöhung des Terrains desto
= tiefer liegt, je ferner die Stelle von dem offenen Wasserspiegel entfernt
ist, und daß die verschiedenen Arten verschiedene Forderungen an den
Wassergehalt des Bodens stellen. Es ist merkwürdig, für wie kleine
_ Differenzen im Wassergehalt der Pflanzenbestand oft empfindlich ist.
So lange die Arten der verschiedenen Gürtel im großen denselben
Lebensformen gehören, so lange z.B. alle ausdauernde mesomorphe Kräuter
_ und Gräser sind, wird man die verschiedenen Gürtel als Assoziationen
oder vielleicht als Facies einer Assoziation auffassen können. Werden
aber andere Lebensformen eingemischt, z. B. Zwergsträucher oder Sträu-
cher, und werden diese nach und nach herrschend, so daß Zwerg-
gesträuch oder Gebüsch (z. B. von Myrica gale oder Ledum palustre
_ oder von Salices) entsteht, und wenn nach diesen z. B. Bäume auftreten,
also ein Wald entsteht, so müssen diese Gürtel als Assoziationen von
!) Der Name wird übrigens von den verschiedenen Verfassern verschieden ge-
braucht. Der Ausdruck „Facies“ scheint zuerst von Lorenz 1863 gebraucht zu. sein,
um kleine lokale Verschiedenheiten in einer Formation zu bezeichnen. Von andern ist
der Ausdruck aber gleichbedeutend mit Assoziation gebraucht worden. — Bei englischen
- Schriftstellern ist unter „facies“ oft „the general aspect or appearence“ verstanden.
?2) Vergl. Stebler und Schröter 1889, 1892; Stenström 1905; Gadeceau 1903, 1909;
_ Warming 1909; Jaccard u. a.
23*
356 Zusammenleben der Organismen
anderen Formationen betrachtet werden — eine Reihenfolge, die gerade
oft an den Ufern von nordeuropäischen Seen zu beobachten ist. Be
Die gürtelförmigen Assoziationen sind oft genetische Ent-
wiekelungsglieder von Formationen, indem die verschiedenen Vege-
tationsgürtel mit der Zeit sukzessive vorrücken und nach dem Wasser
zu verschoben werden, während die höheren ihre Stelle einnehmen, in
Übereinstimmung mit der sukzessive fortschreitenden Erhöhung an
Bodens (mit der Verlandung). 4
Nirgends gibt es in der Natur scharfe Grenzen, und so wie es E
unmöglich ist, die Lebensformen scharf in Gruppen zu verteilen, so ist
es ebenso unmöglich, die Pflanzenvereine scharf voneinander abzu-
grenzen. Treffend sagen Flahault und Schröter‘): „Es ist unmöglich,
eine exakte Diagnose der pflanzengeographischen Einheiten zu geben;*
es wird sich deshalb auch zeigen, daß vielfach Meer
darüber herrschen werden, ob dieser oder jener Pflanzenverein als Facies
einer Assoziation betrachtet werden soll oder als selbständige A
ziation, und ob eine Assoziation dieser oder jener Formation zugeteilt
werden soll?).
41. Kap. Succession. Sekundäre Veränderungen der
Formationen und Assoziationen
Es ist schon davon die Rede gewesen, daß wenige Assoziationen
als in sich abgeschlossene, unveränderliche Pflanzenvereine betrachtet
werden können. In kürzeren oder längeren Zeiträumen können sie un-
verändert erscheinen; wenige bleiben durch Jahrhunderte unverändert,
andere werden schnell mehr oder weniger stark verändert, je nachdem
der Standort langsam oder schnell seinen Charakter ändert. Sehr all-
mählich waren jene Veränderungen, durch welche im Laufe der post-
glazialen Zeit die Wälder Nordeuropas ihren Charakter änderten u
‘ von den Birkenwäldern in Kiefernwälder sich umwandelten und di
wieder in Eichenwälder übergingen, welche endlich jetzt mehr od
weniger oft von den Buchenwäldern verdrängt worden sind?).
An anderen Stellen geht die Entwicklung schnell vor sich, z. B.
bei vielen Verlandungen unserer Seen und Weiher, wenn Reste der an
Ort und Stelle lebenden Vegetation und vom Winde hinzugewehte oder. ‘g
durch Wasser hinzugeschwemmte organische und anorganische Körper
nach und nach die Wasserflächen ausfüllen, den Boden erhöhen und die
1) Flahault und Schröter 1910. |
®) Hierher gehörige Litteratur vergl. ferner Tansley 1911; Moss, Rankin und
Tansley 1910; Drude 1913, Th. C. E. Fries 1913 u.a. Ri
®) Nach Beobachtungen zuerst von Steenstrup (1841), später von Gunnar Anderson,
C. A. Weber, Graebner (Bodenmüdigkeit), Harz, Sernander u.2.
. u ———
IR.
1
41. Kap. Succession. Sekundäre Veränderungen der Formationen u. Assoziationen 357
eine Assoziation deswegen die andere verdrängen muß. Solche relativ
schnellen Veränderungen werden besonders vom Menschen hervorgerufen.
Eine Succession wird bisweilen mit einem z. B. von Waldbrand
entblößten Standorte beginnen und, nach einer Reihe von Zwischen-
gliedern, mit einer permanenten Formation (einer Climax-Formation),
z. B. einem Walde, einem Callunetum, enden können.
Diese in der Natur stattfindende Entwickelung, von welcher im
letzten Abschnitte viele Beispiele gegeben werden, ist in neuerer Zeit,
nach dem Vorgange von Cowles und Clements in Nordamerika, vielfach
in Amerika, England und anderswo studiert worden!').
Dachnowski urteilt: „Die Succession von Assoziationen ist eine
Form von edaphischer Selektion, hervorgebracht durch das Eindringen
gewisser Arten und Verdrängung von anderen.“ „Jede Assoziation,
sagen Flahault und Schröter, ist Glied einer Succession, d. h. einer ge-
setzmäßigen Aufeinanderfolge von Vegetationen bei Besiedelung eines
Standortes“, und Cockayne schreibt: Die Assoziationen sind nicht un-
abhängige Bildungen, jede hat ihre Lebensgeschichte, ihre Jugend, ihre
_ Kraftperiode, und ihr Ende. Dieselbe Climax-Formation kann von ver-
schiedenen Ausgangspunkten erreicht werden, und kann das Resultat
nicht von Progression sondern von Reversion sein.
Solche Beobachtungen sind auch die Grundlage für die Begriffs-
_ bestimmung der „Formation“, welche Moss, Tansley und andere englische
Botaniker vorgeschlagen haben, was oben (S. 334) besprochen wurde.
| Im folgenden ist eine Klassifikation der Pflanzenvereine nach den
- hier dargestellten Prinzipien versucht worden, wesentlich in Überein-
stimmung mit der, welche Warming 1909 nach Besprechungen mit Vahl
in der Ecology of plants gab. Innerhalb jeder Standorts-Klasse sind die
Formationen, so weit möglich, wie schon oben gesagt, in einer Pro-
_ gression von den einfacheren zu den stetig mehr komplizierten und zu-
- sammengesetzten geordnet unter der hypothetischen Voraussetzung, daß
die Successionen in der Natur oft demselben Wege folgen werden, daß
die Reihenfolge daher oft zugleich eine genetische ist. In der Serie der
ariden Gebiete ist die Ordnung jedoch abweichend, indem die. reicheren
und mehr zusammengesetzten Formationen den Anfang machen, und die
extremsten Wüsten abschließen.
a !) Die Successionen und hierher gehörende Fragen werden besonders besprochen von
- Clements, Cowles 1899, 1901, 1911 usw.; Chrysler 1905; Cockayne 1911; Cooper 1913;
23 Crampton 1911, 1912; Dachnowski 1912; Drude 1913; Engler 1913; Moss 1907, 1910;
Flahault 1900, 1905; Flahault und Schröter 1910; Fuller 1911; Gadeceau 1909; Gleason
1910; Rübel 1911—12; Schröter 1902, 1910; Tansley 1911; Warming 1895, 1909; Th.
Fries 1913; Josias Braun 1913 u.a.
Vierter Abschnitt
I. Serie der Halophyten
42. Kap. Salzwasservereine und Salzbodenvegetation
Von den im ersten Abschnitte besprochenen ökologischen Faktor
welche den Standort bedingen, wurde das Wasser als der allerwichti
bezeichnet. Das Wasser kommt vor teils als Bodenwasser (9. Ka
teils bildet es an und für sich Standorte (20. Kap.). Das Wasser k
süß oder durch Kochsalzzusatz salzhaltig sein. Der Unterschied zwis el
beiden Wässern ist so groß, daß die Pflanzenvereine in zwei gro
Gruppen geteilt werden müssen, je nachdem sie an salziges W S
resp. an salzigen Boden gebunden sind, oder an süßem Wasser und:
Böden, welche von süßem Wasser durchtränkt werden, leben. Es ke
noch bemerkt werden, daß es außer den obligaten Halophyten &
fakultative Salzpflanzen gibt. Die Halophyten -Vegetation wird zue)
besprochen.
Salziges und brackisches Wasser kommt an vielen Teilen den de ;
vor, erstens in den großen Ozeanen mit ihren sehr verschieden beschaffen 2
Küsten (felsigen, sandigen, sumpfigen), zweitens in den vielen Salzse
im Innern der Kontinente, in den trockenen Gebieten. Weiter gibt es
‘in der Nähe der Küsten eine Reihe von kleineren Standorten, die mi |
salzigem Wasser gefüllt sind, z. B. seichte Vertiefungen in den Meere;
felsen am Strande oder seichte Tümpel auf dem Sandstrande, die me
oder weniger stark vom Regenwasser beeinflußt werden. Ferner s
die Lagunen zu erwähnen, die mehr oder weniger vom Meere get
sind, und deren Wasser mehr oder weniger brackisch ist. Noch s
die letzteren Standorte sehr wenig studiert‘). Der Salzgehalt
Wassers ist sehr verschieden, in den Ozeanen gewöhnlich 3—3®/4°/o, ii
der Nordsee z. B. 3,3 0/0, dagegen in der inneren Ostsee 1/0 bis 0, %
Im Toten Meer in Palästina kann man einen Salzgehalt von 20 u
!) Die Vegetation der Felsenvertiefungen an den Küsten Finnlands studie
Levander und Hayren 1914, die der Färöer F. Börgesen 1905.
En EN An
42. Kap. Salzwasservereine und Salzbodenvegetation 359
mehr Prozent antreffen. Solche Konzentration scheint alles Pflanzen-
leben auszuschließen. Vergl. übrigens S. 148.
In den zunächst folgenden Kapiteln werden die Vereine erwähnt,
für welche Salz und salziges Wasser maßgebend sind; es sind also über-
wiegend edaphische Vereine. Sie können in übersichtlicher Weise nach
n den anderen Eigentümlichkeiten des Standortes, welche in Kap. 20 be-
sprochen wurden, geordnet werden. Diese Eigentümlichkeiten bestehen
namentlich darin, ob die Pflanzen untergetaucht sind oder aerophil
und in welchem Grade, ob der Boden fest oder lose ist, die Gezeiten,
= Tiefe des Wassers, Bewegung des Wassers usw. Das Klima spielt da-
gegen für die Salzwasser-Formationen eine unbedeutende Rolle.
Übersicht der an salziges Wasser oder salzigen Boden
gebundenen Formationen
| , A. Vereine von Wasserpflanzen, d.h. ganz untergetauchten. oder frei
schwimmend oder schwebend lebenden Pflanzen gebildete, in den
ÖOzeanen („marine“ Vegetation) oder Salzseen im Binnenlande.
a) Frei schwebende oder frei schwimmende, also an keinen
festen Boden gebundene Vereine (Plankton) (43. Kap.).
1. Formation des Salzwasserplankton (Halo-Mikroplankton).
2. Formation des Sapro-Plankton.
3. Formation der frei schwimmenden, größeren, untergetauchten
Wasserpflanzen (Halo-Megaplankton).
b) Die Bodenvegetation (Benthos), d.h. auf dem Boden liegende
oder befestigte, jedenfalls festsitzende, untergetauchte oder mit
Schwimmblättern versehene Salzwasservereine (litorale und
abyssale Halo-Benthos); wird nach der Natur des Bodens
eingeteilt in:
* Die an steinigen oder doch festen Boden gebundenen
(lithophilen) submersen Vereine.
4. Formation der Halonereiden (44. Kap.).
** Die untergetauchten, an losen Boden (Sand, Schlamm,
Ton) gebundenen Vereine (45. Kap.).
5. Formation von saprophytischen Mikrophyten.
6. Formation von höheren autophyten Algen.
7. Formation der Seegräser (Enaliden).
_ B. Salzwasser-Sümpfe und ihre Vegetation. Der Boden naß oder
wasserreich. Litorale Vereine, an Ufern mit oder ohne Gezeiten
(Ästuarien) (Kap. 46).
1. Formation von Algen und Bakterien.
2. Formation von einjährigen Kräutern.
3. Formation der Stauden und Gräser.
360 Serie der Halophyten
4. Formation der Halbsträucher. 1
5. Formation der echten Holzpflanzen (Sträucher und Bäume).
Mangrovevegetation. | 4
C. Die halophile Landvegetation kann nach dem Boden in litho-
phile, psammophile und pelophile!) eingeteilt werden, je nach-
dem sie an Felsen und Steine, oder an Sand, oder an Ton gebunden
sind. Es kommen Vereine vor, die nur aus Kräutern bestehen,
ferner solche mit Bäumen, reine Wälder. Flechten und Moose sind
auf Salzboden sehr selten, aber es kommen doch einige ans gen pro i
halophile Arten vor (Kap. 47).
Halophile Landvegetation findet sich teils an den Küsten der
salzigen Gewässer (litoral) oberhalb der Gezeitenzone, teils im
Binnenlande von den Meeren entfernt. a
Es können wohl folgende Vereinsklassen nach den Standorten
aufgestellt werden. 2
1. Felsenformationen (Kap. 48). E
2. Formationen des Strandgerölls (Kap. 49). 2
3. Formationen auf feuchtem Sandboden in der Gezeitenzone. Forma-
tion der Sandalgen usw. (Kap. 50). 4
4. Formationen auf tonigem, feuchtem, oft periodisch überschwemm-
tem Boden. Formation der Strandwiesen u. ä. (Kap. 51). Br
5. Formationen auf trockenem Salzboden. Salzsteppen und Se
wüsten (Kap. 52). = =
Zwischen vielen von den hier aufgestellten Formationen wird a a
in vielen Fällen eine genetische Reihenfolge nachweisen lassen, weshalb
sie ganz natürlich eine Serie bilden. Allgemein sei hinzugefügt, ang 4 =
von Eigentümlichkeiten, wodurch sich die festsitzenden Wasserpflanzen
von denen des Planktons auszeichnen, die Entwicklung mechanischen
Gewebes hervorgehoben werden muß, das je nach den 5
entweder zug- oder biegungsfest ist. Die in stark strömendem Wasser
entwickelten Pflanzen müssen zugfest sein. J
Was die festsitzenden Wasserpflanzen betrifft, so ist zu beta 3
daß auf jedem von höheren Pflanzen bewachsenen Boden, sowohl in
Süß- als in Salzwasser, sich die Vegetation in Gürtel- und Höhen-
resp. Tiefenstufen verteilt; die Gründe hierfür sind in den einzelnen a
Fällen bei weitem nicht sicher nachgewiesen, müssen aber natürlich auf
den Kap. 20 besprochenen ökologischen Faktoren (Licht, Wärme usw. 4
beruhen. Dieselbe gürtelförmige Anordnung findet sich auch bei den
Sumpf- und Landpflanzen, welche vom Salzwassser abhängig sind?). Je i
weiter vom Meere oder von dem Salzsee entfernt, desto kleiner wird
1) Vergl. Kap. 13, 14.
2) Vergl. S. 355.
43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 361
der Einfluß des Salzes, also im vorliegenden Falle des salzigen Grund-
_ wassers und des vom Winde herbeigeführten salzigen Staubes sein; die
Pflanzen werden in Übereinstimmung hiermit gürtelföürmig angeordnet
- sein und entsprechend mehr oder weniger vom Salze beeinflußt werden.
Da Halophyten und Xerophyten der Landvegetation vielfach über-
einstimmen, so ist es nicht auffällig, daß die Lebensformen der einen
Vegetation in die von der anderen Vegetation gebildeten Vereine ein-
gemischt sein können. Man kann z.B. in Venezuela und auf den west-
indischen Inseln Arten der eigentlich nicht salzliebenden Cacteen und
Bromeliaceen in der Strandvegetation zwischen Batis, Sesuvium und
anderen echten Strandpflanzen beobachten. Nach Schimper kommen auf
Java alpine Pflanzen an salzreichen, feuchten Stellen vor, und Battandier
hat zwischen der Strand- und Hochgebirgsflora Algiers eine floristische
Ähnlichkeit gefunden. Cochlearia anglica wächst auf den Gipfeln der
Schottischen Gebirge und im Überschwemmungsgebiete der Fjorde.
Kap. 43. Das Salzwasserplankton (Haloplankton)
| Der Ausdruck Plankton ist 1887 von Hensen eingeführt worden,
um das passiv, durch Wind und Strömungen umhertreibende, in dem
Wasser schwebende oder auf ihm schwimmende, sowohl Totes als
Lebendes, sowohl Tiere als Pflanzen zu bezeichnen').
Lohmann?) gab folgende Definition vom Plankton: „Das Plankton
ist eine in sich geschlossene Lebensgemeinschaft, die das größte Lebens-
gebiet unserer Erde erfüllt und vermöge ihres Pflanzenreichtums die
überragende Nahrungsquelle für das gesamte übrige Leben der Hydro-
sphäre darstellt, zugleich aber eine Welt von frei im Medium schweben-
den Organismen bildet, wie sie nur der Hydrosphäre eigen ist und der
Atmosphäre vollständig fehlt.“ Alle Planktonorganismen müssen dauernd
im Wasser schweben können und ihre Körper sind alle in verschiedener
Weise daran angepaßt (vergl. Kap. 20).
In diesem Zusammenhang ist natürlich nur die Rede von Phyto-
plankton und speziell dem mikrophytischen Haloplankton, das ist die
im Salzwasser lebende Flora von sehr kleinen Pflanzen (Mikrophyten
und Nanophyten). Sie sind niedrig stehende Organismen, die teils wie
autophyte Pflanzen aus anorganischem Material organische Stoffe her-
‚vorbringen können, teils Saprophyten, die gewiß weit weniger zahl-
_ reichen unter ihnen und von ihren Abfallstoffen lebenden Bakterien,
sowie einige Peridineen.
Wir unterscheiden zwischen Mikroplankton und Megaplankton.
= ‘) Der dänische Naturforscher O. F. Müller war wohl der erste, der (1786) zuerst
RE auf diese mikroskopische Welt aufmerksam machte, was das Süßwasser betrifft.
BR 2) Lohmann 1912.
A
E)
362 Serie der Halophyten
Formation des Mikroplankton
Diese Planktonorganismen gehören zu mehreren systematisch
niedrig stehenden Gruppen, die namentlich folgende sind:
1. Blaugrüne Algen (Cyanophyceen), als „Wasserblüte* be-
kannt, wenn sie in Menge vorkommen und das Wasser bläulichgrün,
spangrün, graugrün oder rot färben. In den offenen Meeren kommen
hauptsächlich T’richodesmium-Arten vor, z. B. Tr. erythraeum (im „roten“
Meer [und in anderen Meeren meist in der Nähe der Küsten], färbt das
Wasser rot). Im Brackwasser finden sich Nodularia spumigena (in der
Ostsee gemein und in riesigen Mengen, färbt grünlichgrau, wenn tot),
Aphanizomenon flos aquae (in der Ostsee), Anabaena baltica (desgl.).
Sie sind echte Planktonorganismen, die bei ruhigem Wetter auf der
Oberfläche schwimmen wie Rahm auf Milch, aber bei der geringsten
Bewegung des Wassers unter der Oberfläche tauchen und dort sich
schwebend halten können. Klebahn und Strodtmann haben gefunden,
daß diese Arten kleine, unregelmäßige, mit Luft erfüllte Räume im ;
Protoplasma der Zellen haben und daß diese Luftvakuolen ihre Steig-
fähigkeit verursachen. Nach Molisch und Fischer!) sind diese Körper
nicht Luftvakuolen, und Fischer und Brand?) kamen zu dem Sehlusse,
daß sie nichts mit der Schwebefähigkeit zu tun haben.
2. Die Bakterien seien den Cyanophyceen angeschlossen. 4
B. Fischer hat auf der deutschen Plankton-Expedition Bakterien im
Ozeane nachgewiesen, selbst weit vom Lande weg und in 800 bis 1100 m
Tiefe, von 200 bis 400 m Tiefe sogar in recht großer Anzahl. Dieselbe
Art zeigt in Form und in Größe große Verschiedenheiten. Viele Bak-
terien sind selbstbeweglich und besonders schraubig gewunden; einige
sind leuchtend.
Unter den Schizomyceten sind nitrifizierende und denitrifizierende
Organismen in ihrer Wirkung auf die Veränderung der Zusammensetzung
des Wassers von großer Wichtigkeit, je nachdem sie Ammoniak zu
Salpetersäure oxydieren oder ob sie Abkömmlinge der letzteren zu Stie)
stoff reduzieren. Brandt?) hat danach die Theorie aufgestellt, daß die
stärkere Tätigkeit der denitrifizierenden Bakterien in warmem Wasser
die Ursache dafür ist, daß das Plankton hier ärmer als in Rue
Meeren ist. Nathansohn®) und. andere bestreiten dies aber.
3. Chlorophyceen finden sich nur wenige im Meere. Die Proto-
coccacee Halosphaera viridis, die die Gestalt einer Kugel besitzt, die
!) Molisch 1904; Fischer 1905. Vergl. auch Wille 1908.
®2) Fischer und Brand 1905.
®) K. Brandt 1904.
*) Nathansohn 1908
E 43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 363
bis 0,5 mm Durehmesser aufweist, kommt gewöhnlich in den gemäßigten
und wärmeren Teilen des Atlantischen Ozeans an der Oberfläche oder
- bis zu einer Tiefe von 200 m vor. In beträchtlichen Tiefen, nämlich in
- 100 bis 300 m, hat man in den tropischen Ozeanen Halosphaera, einige
_ besondere Formen von Diatomeen, sowie Planktoniella gefunden, die als
_ eine besondere Form der Schattenflora gelten können.
4. Diatomeen (Fig. 179) bilden eine der wichtigsten Gruppen.
Sie färben das Wasser bräunlich oder grünlich, besonders in den kälteren
- Meeren, wo sie in ungeheuren Mengen mit großem Reichtum an Individuen,
ig. 179. Planktondiatomeen. 1. Plantionella sol. 2. Biddulphia Mobiliensis (2 Zellen).
8. Rhizosolenia styliformis (1'/, Zellen). 4. Chaetoceras paradoxum (4!/, Zellen).
(1, 3, 4 nach Schütt, 2 nach Gran.)
ber mit wenigen Arten auftreten, besonders solchen der Gattungen
4 Thalassiosira, Chaetoceras, Rhizosolenia, Coscinodiscus, Thalassiothri.xc') u.a.
_ (über grünliches Wasser im nördlichen Atlantischen Ozean vergl. K.J.
, Steenstrup)?). Einige leben einzeln, viele sind in Ketten von ver-
schiedener Form vereinigt. Sie sind alle echte Planktonorganismen, die
ch nicht auf der Wasseroberfläche schwimmend ansammeln können.
Einige sind von Schleim umgeben. Die Diatomeen vermehren sich
kanntlich besonders durch schnelle Zweiteilung, es kommen aber auch
erschiedenartige Formen der Sporenbildung vor.
!) Gran 1905.
?) Steenstrup 1877.
364 Serie der Halophyten
5. Peridineen (Dinoflagellata) sind besonders im Salzwasser ver-
breitet. Man findet sie in größeren Mengen, aber in kleinerer Arten-
zahl in den gemäßigten Meeren; in den tropischen dagegen ist die Zahl
der Individuen geringer, aber es sind zahlreichere und gut unter-
schiedene Arten vorhanden!). Die Gattungen Ceratium und Peridinium
sind besonders häufig. Die zahl-reichen Formen (geographische Rassen
von Ceratium tripos spielen im Meere
die größte Rolle. Die Peridineen
sind mit zwei Flagellen ausgerüstet
und besitzen Eigenbewegung. Einige
Arten sind leuchtend und verur-
sachen im Herbste, wenn sie beson.
ders zahlreich sind, im Mittelmeer
in der Nordsee, im Skagerrak, de
westlichen Ostsee usw. das bekanes
„Meeresleuchten“ ?). a
6. Phytoflagellaten (Fig. 181
kommen in großer Menge im Meere vo
Zu ihnen gehören die Silicoflagellaten
und Chrysomonadinen. Von den letz-
teren sind besonders die Coccolitho-
phoridae wichtig, welche einen Haup
bestandteil des von Lohmann?) u.a.
studierten Nanoplankton ausmachen;
zu ihnen gehören die allerkleinsten
Planktonorganismen (ca. 1—20 u),
welche im allgemeinen nicht in den
gewöhnlichen Netzen gefangen wer
den können. Sie sind von eine
Schale von kleinen Kalkplatte;
Coceolithen, umgeben, welche ver-
Fig. 180. Planktonperidineen. schiedene Form haben können. vo
1. ee divergene. 2. Ceratium den Coecolithophorideen sind in de
ripos, 3. Ceratium fusus. Bo
(Nach Stein.) temperierten Meeren besonders Pon
tosphaera Huzxleyi und Coccolithe
phora pelagica wichtig; von der ersten können unter günstigen Um
ständen 5—6 Millionen Zellen in einem Liter Meerwasser vorkommen
In den warmen Meeren leben große Mengen von Coceolithophorideen
welche überhaupt überall in den offenen Meeren und oft in großer Menge
1) Schütt 1893.
?) Ove Paulsen 1904, 1908.
®) Lohmann 1908, 1911, 1912.
*) Gran 1912.
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43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 365
vorzukommen scheinen, während sie in der Nähe der Küsten und in den
kalten Meeren von geringerer Bedeutung sind. Auch Phaeocystis und
Dinobryon sind wichtige Chrysomonadinen; die erstere ist eine arktische
Küstenform, deren Zellen viele in Gallerte eingebettet zusammenleben.
Als Pseudoplankton oder tychopelagisches resp. tycholimnetisches
Plankton hat man Organismen unterschieden, welche zuerst an einem
Fig. 181. Flagellaten. Sphaeroeca volvox, einzelne Zelle aus einer Kolonie (nach
Lauterborn). B. Bodo edax (nach Klebs).. C. Tetramitus sulcatus (nach Klebs).
D. Euglaena viridis (nach Senn). E. Synura wvella, Kolonie (nach Stein). F. Crypto-
monas erosa (nach Senn). @, H. Hydrurus foetidus: @ Schwärmzelle (nach Klebs);
H Zweigende einer Kolonie (nach Berthold). I, K. Dinobryon sertularia: I einzelne
Zelle; K nach der Teilung (nach Klebs).. L. Hexamitus erassus (nach Klebs).
n und nu Kern, cv kontraktile Vakuole, o Mundstelle.
Substrat befestigt sind (Benthos-Organismen), nachher sich aber loslösen
und auf der Oberfläche oder im Wasser schweben. So verhalten sich
2. B. verschiedene Fadenalgen.
In den Flüssen und wohl auch an vielen Küsten werden feine
Schlammteile, organische Detrituspartikeln, selbst feiner Sand im Wasser
für eine Zeit schwebend gehalten werden können. Kolkwitz hat den
Namen Seston für alles, was im Wasser schweben und durch fein-
366 Serie der Halophyten
maschige Netze zurückgehalten werden kann, seien es leblose Teilcher
wie die genannten oder lebende Plankton-Organismen.
Die Anpassung der Planktonorganismen an die Verhältni
Das Vermögen der Planktonorganismen, im Wasser schweben zu könn
hängt von drei Faktoren ab; es sind dies: 1. Das spezifische Gewicht
d. h. der Unterschied zwischen dem Gewicht des Organismus und
des Wassers, das durch ihn verdrängt wird; 2. die Form des Organ
mus; 3. die Viskosität des Wassers, d. h. die Kraft, mit welcher
Teile des Wassers zusammenhängen und Widerstand gegen das = 1
leisten.
Das spezifische Gewicht muß selbstverständlich u
des Wassers und nach der Tiefe abgepaßt sein. Es wird natürlich v
Inhalte der Zellen beeinflußt (die Produkte des Stoffwechsels z.
und Gase, spielen eine Rolle, auch die Dieke der Zellwände: äuße
dünn); es muß bei Arten des Salz- und des Süßwassers vers
sein. Planktondiatomeen sind saftreicher, aber als 2 Grun
diatomeen.
Die Fähigkeit zu schweben ist neuerdings durch Wolfgang
wald!) untersucht worden. Die Tatsache, daß die Pflanzen schw
stellt den Hauptunterschied dar zwischen der Pflanzengemeinsc
des Plankton und allen übrigen Pflanzenvereinen. Das
beruht im wesentlichen darauf, daß das Sinken im Wasser
verlangsamt wird, so daß Strömungen meist einen Auftrieb
Jeder Körper, der in einer Flüssigkeit sinkt, muß ein Quantum
Flüssigkeit von gleichem Rauminhalt verdrängen. Die Schnelligk eit
Untersinkens hängt z. T. von der Größe seiner Oberfläche un
seiner Gestalt ab; je stärker durch beide, namentlich durch ı
stimmte Form, die Reibung gegen das Wasser erhöht wird, dest
samer sinkt der Körper. Z. T. wird das Sinken natürlich auch ı
das spezifische Gewicht und die größere oder geringere Leichtflüs
keit der Lösung gegeben. — Oswald schließt:
Der Grad des Sinkens =
Überschuß des Gewichts (des Organismus
über ein gleiches Volumen Wasser)
durch die Gestalt gegebener Widerstand
x größerer oder geringerer Leichtflüssigkeit.
Wenn daher ein Körper schweben kann, d. h. wenn die Gesch\
digkeit des Untersinkens auf ein Minimum beschränkt ist, so mu
Zähler dieses Bruches möglichst klein, der Nenner aber ziemlich gr
sein, so daß der Bruch selbst sich möglichst dem Nullpunkt nähert.
!) Vergl. Wesenberg-Lund 1900 a, 1908 usw.
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43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 367
den Planktonorganismen bemerkt man deshalb in erster Linie das Be-
streben, den Gewichtsüberschuß über das Wasser zu verringern; das
geschieht zunächst, wie schon oben bemerkt, durch den Zellinhalt (Fette
und Gase spielen sicher eine Rolle) ebenso wie durch die Dünnheit der
Zellwände. Natürlich ist der Bau entsprechend dem verschiedenen Auf-
triebe im Salz- und Süßwasser verschieden. Besonders mag bemerkt
werden, daß fette Öle den Auftrieb stark befördern und daß sich solche
z. B. bei Planktondiatomeen finden; daher spielen sie wohl auch solche
allgemeine und bedeutende Rolle im Plankton!). Auch andere Plankton-
organismen, wie Flagellaten, erzeugen Fett.
Einige Planktonorganismen sind selbstbeweglich, z. B. Peridineen
und andere Flagellaten. Andere sind nicht selbstbeweglich. Die meisten
sowohl von den selbstbeweglichen wie von den nicht selbstbeweglichen
Planktonwesen haben Schwebeeinrichtungen verschiedener Art.
Schwebeeinrichtungen. Der durch die äußere Form gegebene
Widerstand gegen schnelles Sinken wird im wesentlichen bedingt durch
eine Vergrößerung der Oberfläche im Verhältnis zur Masse, d. h. also
eine möglichst starke Abweichung von der kompakten Kugelform. Die
Schwebeeinrichtungen sind naturgemäß, um den Wasserwiderstand beim
Sinken zu erhöhen, möglichst horizontal angebracht, also im rechten
Winkel zur Richtung des Untersinkens. Schütt?) hat mehrere Verhält-
nisse nachgewiesen, die dazu dienen, um die Oberfläche der mikro-
- skopischen Organismen des Planktons größer zu machen, wodurch die
Schwebfähigkeit wächst wie auch die Fähigkeit, einem zu plötzlichen
Steigen oder Sinken zu entgehen. Solche plötzlichen Bewegungen können
durch Änderungen des physikalischen Charakters des Seewassers veran-
laßt werden und können das Leben der Organismen gefährden. Die
Körper der Planktonorganismen sind fast alle (besonders die der Diato-
meen und Peridineen) außerordentlich ausgedehnt; bei einigen ist die
Oberfläche durch lange Fäden, Borsten und Stacheln (Diatomeen, Peri-
dineen) vergrößert, oder der Körper selbst ist im ganzen fadenförmig,
bisweilen gekrümmt oder schraubig gewunden (Diatomeen); andere sind
# münzen- oder fallschirmförmig oder haben segel- oder ringförmige Ver-
längerungen; wieder andere sind zu Ketten oder in gelatinösen Massen
usw. vereinigt. Einige Coceolithophoriden haben Strahlen oder Bürsten
oder besondere „Schwebebecher“ auf ihren Schalen, Verhältnisse, die
unverständlich bleiben, wenn sie nicht gerade die angeführte Aufgabe
} haben (in gewissen Fällen sind z. B. die Stacheln vielleicht zugleich ein
Schutz gegen Feinde). Nach Kofoid?) können einige Ceratium-Arten
!) Beijerinck 1895.
2) Schütt 1893.
®) Kofoid 1908.
368 Serie der Halophyten
ihre Hörner abschnüren und regenerieren, was er als Anpassungen an
veränderte Umgebungen betrachtet.
Dieses wird durch den Unterschied zwischen den Planktondiatomeen
und den Grunddiatomeen bestärkt. Diese sitzen fest oder kriechen
umher, haben auf den Schälen Nähte, wodurch das Protoplasma austritt,
so daß sie sich bewegen, die günstigste Beleuchtung aufsuchen und
sich festhalten können. Die Mehrzahl der Planktondiatomeen hat keine
Nähte. Die Grunddiatomeen haben die erwähnten Körperver ug
rungen usw. nicht.
Die Menge des Planktons. Die starke Teilungsfähigkeit de
Planktonorganismen ist der Grund für ihre oft ungeheure Vermehrung
und Menge. Eine Vermehrungsbeteiligung von über 50 °o ist bei
Ceratium konstatiert!), und unter günstigen Bedingungen sind 25—35 9
normale Zahlen. Die Menge ist jedoch nach Zeit und Ort sehr ver-
schieden. Wenn sie in großer Menge vorhanden sind, färben sie die
Gewässer: „Das reine Blau ist die Wüstenfarbe der Hochsee. Dem
Grün der Wiesen vergleichbar ist die Vegetationsfarbe der arktischen
Fluten; doch die Farbe üppigster Vegetation, des größten pflanzlichen
Reichtums, ist das schmutzig grünliche Gelb der seichten Ostsee*
(Schütt). Hensen hat Methoden erfunden und angewandt, um die
Quantität des Planktons zu berechnen. Seine Methoden sind verbessert
nnd erweitert worden durch Lohmann?) und nach ihm Gran®), die
thoden angewandt haben, durch welche man ein vollständiges Bild
der Zusammensetzung und Menge des Planktons erhalten kann.
teilt Lohmann mit, daß in der Ostsee, in dem offenen nördlichen Meere,
von der Küste beeinflußt, und in der tropischen Hochsee sich di
Dichtigkeit der Individuen in den oberen 15 m wie 500:10:1v
halte (Sommer 1911). Alle Gruppen von Planktonorganismen traten,
soweit sie überhaupt in kühlen Gebieten vorkamen, stets zahlreiel
auf als in den Tropen; es mußten daher ganz allgemein die Existe
bedingungungen im kalten Wasser günstiger sein als im warmen.
Absicht solcher Untersuchungen ist u. a. die Menge organischer Su
stanz zu bestimmen, die in einer gewissen Zeit an einem Orte erzeu
wird. Diese Bestimmung ist von höchster Wichtigkeit, weil alle Leb
wesen des Meeres, gleichgültig ob hoch oder niedrig organisiert,
ihrer Existenz abhängig sind von den zum Pflanzenreiche gehörigen
Planktonorganismen, die Kohlehydrate erzeugen können: Plankton
ist die letzte Nahrungsquelle. Die Erzeugung von Fett, wie
sie bei den Diatomeen, Peridineen usw. beobachteten, unterstüt
1) Gough 1905.
?) Lohmann 1908.
®) Gran 1912.
43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 369
vielleicht die großen Ansammlungen dieses Stoffes bei den Meerestieren,
wie z.B. bei den Heringen, Möwen, Walen und bei allem tierischen
Plankton. Es ist nicht ohne Interesse, noch besonders hervorzuheben,
daß das Hauptassimilationsprodukt nicht wie bei den Landpflanzen Stärke
ist, die spezifisch schwerer ist als Wasser, sondern eben Öl.
Der dänische Botaniker A. S. Oersted war der erste, der die
Wichtigkeit der mikroskopischen Pflanzenwelt des Meeres als letzte
Nahrungsquelle für die Tiere würdigte. Auf seiner zentralamerikanischen
Reise 1845—48 kam er zu diesem Schluß).
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Zeitliche Verschiedenheiten. Die Menge des Planktons ist
zu verschiedenen Jahreszeiten nach Zusammensetzung und Menge
verschieden, ganz wie die Landvegetation, weil die Entwickelung der
einzelnen Arten hier wie dort von der Temperatur, Beleuchtung und
von den Nahrungsstoffen des Wassers abhängig ist.
Es gilt für viele, wahrscheinlich für alle Arten, daß sie zu ge-
wissen Jahreszeiten in der Oberflächenschicht zum Vorscheine kommen,
E E ein Maximum der Menge erreichen und verschwinden (Meroplankton),
' um anderen Platz zu machen (Holoplankton werden diejenigen genannt,
welche immer im Plankton vorhanden sind).
In den nordischen und temperierten Meeren gibt es hauptsächlich
zwei Maxima, nämlich eins im Frühjahr und eins im Herbste, während
der Sommer und Winter ärmer sind. Jedenfalls gilt dieses für viele
Diatomeenarten. Im Skagerrak — Kattegat z. B. kommt im Februar und
März ein reiches Diatomeenplankton zum Vorschein, das aus Arten
_ zusammengesetzt ist, welche später (April und Mai) an den Küsten
Islands und Grönlands auftauchen. Im April und Mai taucht am ersteren
Orte eine andersgeartete reiche Diatomeenflora auf, die etwas höhere
Wärme bedarf. Im Juni und Juli trifft man ein weniger reiches und
_ viel einförmigeres Diatomeenplankton (mit KBhizosolenia alata). Vom
August bis November, in der wärmsten Jahreszeit ist ein reichliches
Plankton von Peridineen zu finden, oft gemischt mit Diatomeen, im
ganzen artenreich. Ein ganz ähnliches Plankton findet sich an der
Südküste der Nordsee. Endlich im Dezember und Januar ist das Plank-
ton ärmer und zusammengesetzt aus den Arten früherer Monate’).
Eine Erklärung für diese Veränderungen, spez. für die geringe
Menge in den Sommermonaten ist noch nicht sicher gegeben. Brandt
meint, sie ständen damit in Verbindung, daß die denitrifizierenden
Bakterien in den wärmeren Monaten eine Stickstoffverminderung her-
beiführen und dadurch eine Verminderung der Nahrung und Zahl der
Individuen. Nathansohn sucht die Erklärung in aufsteigenden Wasser-
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1) Siehe Wille 1904 b.
®) Cleve: Ostenfeld 1913.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 24
370 Serie der Halophyten
strömungen, welche größere Nährstoffmengen herbeiführen; er meint
aber, daß auch verschiedene andere Faktoren wirksam sind. Die ge-
ringe Menge im Winter ist selbstverständlich von dem geringen Lichte
während dieser Zeit abhängig; die Lichtmenge an der Oberfläche ist
z. B. bei Kiel!) im Sommer 40 mal so groß als im Winter.
Die meisten Forscher stellen fest, daß die Küstenformen zum
größten Teil am Schlusse ihrer lebhaften Vegetationsperiode reichlich
Sporen bilden, die untersinken und bis zum Wiederbeginne der günstigen
Jahreszeit auf dem Grunde ruhen. Bi
Die Beschaffenheit des Planktons. Man kann zwischen |
gleich- und ungleichartigem Plankton unterscheiden. Bisweilen ist es 3 }
außerordentlich reich an Arten, bisweilen, namentlich wenn die Menge L.
so groß ist, daß das Wasser gefärbt wird, sehr artenarm (DE
gebiete in arktischen Meeren). Es sind besonders Diatomeen, Peridineen
und Schizophyceen, die das Wasser färben. n
Das Plankton bevölkert die ganze freie Wassersmasse bis zu einer i
gewissen Tiefe, welche verschieden ist. Wahrscheinlich spielt die Licht-
stärke dabei eine wesentliche Rolle. Das Wasser der Ozeane ist weit
durchsichtiger als z. B. das Wasser in den seichten nordeuropäischen
Meeren, und die Lichtstärke hängt natürlich auch von der Jahren“ 3
zeit ab. =
In nördlichen Meeren liegt die Tiefengrenze für das Phytoplank- &
ton ungefähr bei 100 m oder höher. In den Weltmeeren findet sich
nach Karsten die Hauptmasse des Planktons in den oberen 150 (200) m, r
während sich tiefer, bis ca. 400 m, nur eine arme „Schattenflora“ findet.
Nach Ostenfeld kommt im allgemeinen die größte Masse der Individuen
und Arten in den obersten 100—150 m vor, in dem Küstenplanktoı
noch mehr oberflächlich.
Die Pflanzengeographie des Meeres ist nur teilweise be
Im großen und ganzen scheinen die Diatomeen in den kalten, die Cyano-
.phyceen in den tropischen, die Peridineen, Coccolithophorideen u. a.
den warmen und temperierten Meeren am zahlreichsten zu sein. ]
Arten haben als Wasserpflanzen eine sehr weite Verbreitung, weil
äußeren Verhältnisse über ungeheure Strecken gleichartig sind und mi
den Meeresströmungen werden sie weit herumgeführt. So wird ein
Menge von Warmwasser-Planktonorganismen längs der Westküste Euro
nordwärts geführt, und geht schließlich zugrunde, auf dieselbe We
werden eine Menge „kalter“ Arten längs der Ostküste Nordameril
südwärts geführt. Obgleich so weit wandernd, haben die meisten Ar
doch eine gewisse Ortsansässigkeit, d. 'h. es gibt gewisse Meeresgebie
wo sie immer oder periodisch hervorgebracht werden, und nach di
1) Pütter 1909.
43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 371
Gebieten kann man unterscheiden einerseits ozeanische und neritische,
andererseits arktische, temperierte und tropische Arten usw. (Cleve).
Auf diese Weise lassen sich verschiedene Plankton-Elemente
unterscheiden '), z. B. in dem norwegischen Nordmeere sechs verschiedene,
nämlich: arktisch-neritisch, boreal-neritisch, temperiert atlantisch-neritisch,
arktisch-ozeanisch, boreal-ozeanisch, temperiert-atlantisch-ozeanisch, jedes
Gebiet mit seinen Charakterformen.
In den letzten Jahren haben einige Forscher?) versucht, eine Ein-
teilung des pflanzlichen Planktons in Assoziationen zu geben, die
durch verschiedene Temperaturen und verschiedenen Salzgehalt des
Wassers bedingt sind; aber ihre Ökologie ist noch wenig bekannt. Cleve
hat denselben je nach den herrschenden Gattungen und Arten Namen
gegeben, wie: Tricho-Plankton (nach Thalassiothrix), Styli-Plankton
(nach Rhizosolenia styliformis), Chaeto-Plankton (nach Chaetoceras), Sira-
Plankton (nach Thalassiosira), Tripos-Plankton (nach Ceratium tripos)?°).
Die Verbreitung der Arten in den nordischen Gewässern ist durch
die internationalen Meeresuntersuchungen (Conseil permanent pour l’ex-
ploration de la mer, Resum& planktonique, 1910—1914) gut bekannt
geworden.
Die Grenzen zwischen den Gebieten des Meeres, welche dasselbe
Plankton haben, sind teils natürliche geographische, z. B. die Ostsee,
das Kattegat, das Schwarze Meer, welche ein ganz anderes Plankton
- haben als die Meere, mit welchen sie in Verbindung stehen. Teils
können die Verbreitungsgrenzen von den Meeresströmungen sowie von
den Änderungen des Salzgehalts und der Temperatur abhängig sein, in-
dem die verschiedenen Rotationssysteme (Stromwirbel) verschiedenes
Plankton haben, z. B. der Irmingerstrom, das nördliche Atlantische Meer,
das norwegische Nordmeer, die Nordsee (Gran, Ostenfeld, O. Paulsen)®).
Die nordischen Meere sind viel reicher an Plankton als die wärme-
ren, offenen Ozeane, welche im allgemeinen arm an Individuen, aber reich
an Arten sind.
Das Salzwasser-Plankton pflegt man in folgende Floren ein-
zuteilen:
1. Das Küstenplankton (neritisches P.) und
2. Das Hochseeplankton (ozeanisches P.).
Küstenplankton ist an die Küsten gebunden; in den Tropen
besteht es aus Diatomeen, Cyanophyceen und Peridineen, ist aber noch
' 2) Gran 1902.
?) Cleve 1897, 1901; Gran 1900, 1902; Ostenfeld 1898—1900.
®) Neuere Litteratur siehe namentlich C. Hansen Ostenfeld 1909, 1913; H. Loh-
mann 1912 a, b, c; Pavillard 1905.
%, Paulsen 1909.
24*
372 Serie der Halophyten
nicht gut bekannt. In den gemäßigten Zonen sind in der kalten Jahres-
zeit die Assoziationen identisch mit denen, die während des Sommers a
in der arktischen Region leben, nur in der warmen Zeit sind sie ver
schieden. Diatomaceae herrschen in den gemäßigten Zonen außer im Spät-
sommer und Herbst, wo das Wasser mit einer Temperatur von etwa 20°C.
am wärmsten ist. In dieser Zeit sind Peridineen oder, in brackischem
Wasser, Cyanophyceae (Nodularia) und andere die charakteristischen
Arten. Vom arktischen Küstenplankton ist bekannt, daß während des 3
Frühlings zahlreiche Diatomeen an der Unterseite des Eises leben!),
daß aber, wenn das Eis verschwindet, pelagische Diatomeen und ee 4
Flagellaten herrschen. N
Das Küstenplankton ist oft sehr reich an Individuen. Nathansohn
meint, daß dies eine Wirkung der vertikalen Meeresströmungen ist,
welche Nahrungsstoffe von der Tiefe des Meeres emportreiben. Durch
den ständigen Verbrauch von Nahrung an der Oberfläche und durch
Niedersinken von toten Organismen wird das Oberflächenwasser nahrungs- =
arm; er meint nachweisen zu können, daß dort, wo vertikale Strömungen
Forkoinmnen; wo also Wasser, in welchem lange kein Plankton gelebt
hat, zur Oberfläche kommt, Planktonmaxima entstehen, selbst wenn es
nicht an der Küste ist?). u
Hochseeplankton, d. h. das Plankton des offenen Meeres, besteht
aus Peridineen und Coceolithophorideen, aber auch Cyanophyceen, Dia-
tomeen in verhältnismäßig wenigen Arten, und Halosphaera finden sich. >
Es enthält in den Tropen Triehodesmium, eine große Zahl von Arten
der Peridineen und Coccolithophoriden, in rare und kalten Moeren = 4 |
Peridineen und Diatomeen. u
Die meisten Arten, die zum Küstenplankton gehören, verbringen
nur einen Teil ihres Lebens pelagisch, während der übrigen Zeit liegen
sie, glaubt man, als Sporen usw. auf dem Boden; Hochseeplankton da-
.gegen lebt stets freischwebend im Wasser; Dauersporen sind bei ihm
unbekannt. Einige Arten, z.B. Rhizosolenia styliformis, erzeugen Mikro-
sporen, wie sie indessen auch bei Küstenformen bekannt sind°). we
Die. Tiefe, bis zu der das pflanzliche Plankton in der See herab-
geht, ändert’ a je nach der größeren und geringeren Dir 5
des Wassers usw. (vergl. S. 144) ?). i
!) Vanhöffen 1897.
®) Nathansohn 1906, 1908.
®) Gran 1902; G. Karsten 1905—7; P. Bergon 1907. u
*) Übersicht über neuere Plankton- „Untersuchungen vergl.. Journ. of Beology.
II, 123. FE
43. Kap. Das Salzwasserplankton (Haloplankton) 373
Formation des Halo-Saproplankton
Es scheint wahrscheinlich, daß es ein Plankton gibt, welches in
ruhigen Stellen im Innern von Buchten, in Lagunen, in salzigen und
brackischen Wassertümpeln zu finden ist, und welches gleich dem in
nahrungsreichen, besonders stickstoffreichen süßen Gewässern lebenden,
überwiegend aus saprophytischen Kleinwesen besteht. Hierüber scheint
indessen noch sehr wenig bekannt zu sein, das meiste dreht sich um
die Vereine von roten Bakterien, die an vielen Küsten, jedenfalls nord-
europäischen, vorkommen, worüber Warming u. a. publiziert haben).
Bemerkt kann ferner werden, daß das gewöhnliche Phytoplankton der
Meere außer Bakterien auch verschiedene andere saprophytische Formen
enthält, z. B. einige farblose Peridineen.
Formation des Halo-Megaplankton (die Sargassumassoziation)
=
4
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Ü
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i#
|
Seit Columbus wissen wir, daß es ein großes Gebiet im Atlantischen
Ozean zwischen etwa 22—35° nördl. Br. und 40—75° westl. L.?) gibt, wo
große Massen von schwimmenden Algen vorkommen, zu denen wenigstens
zwei Arten von Sargassum gehören: $. natans ($. bacciferum), welche
die häufigste ist, und Sargassum fluitans?). Sie kommen gemischt vor.
Diese Algen sind gelbbraun bis olivengrün und liegen gewöhnlich in langen
Streifen parallel dem Winde. Sie sind immer steril. Einige Botaniker
haben gemeint, daß sie alle losgerissene Stücke seien von Pflanzen,
welche an den Küsten des tropischen Amerikas festsitzen und von dort
durch die Meeresströmungen in die Hochsee hinausgetrieben werden,
| hier eine Zeitlang herumtreiben und dann nach kurzer Zeit zugrunde
gehen. Nach anderen Forschern und nach der neueren Behandlung der
Frage*) setzen die Algen hier indessen ihr Wachstum fort und ver-
- mehren sich durch Freiwerden der Seitensprossen, indem sie von hinten
absterben. Sie sind hier also echt pelagische Oberflächenalgen (Makro-
plankton). Von welcher Spezies das Sargassum natans (S. 273, Fig. 141)
abstammt, ist vorläufig unsicher, und ob die Arten an Amerikas Küsten
festsitzen, ist auch unbekannt. Bekannt ist, daß eine ganz eigentüm-
liche Tierwelt diesen schwimmenden Algenmassen vergesellschaftet ist.
Ein analoges Vorkommen in der Ostsee ist das Auftreten von losen,
auf dem Boden freiliegenden, abnorm ausgebildeten Exemplaren von
Ascophyllum nodosum, das auch im nördlichen Atlantischen Ozean als
!) Warming 1875; verg!. übrigens Kap. 46.
2) Nach Krümmel. Winge (Botan. Tidsskr. 33, 1913) setzt die Grenzen
etwas anders.
®, Börgesen 1909, mit Hinzufügung 1914.
*%) Sauvageau 1907, Winge (1913) und F. Börgesen (1914), wo weitere Litteratur.
374 Serie der Halophyten
Schwebealge vorkommt. Im Indischen und Stillen Ozean kommen ein-
zelne treibende Pflanzen oder unbedeutende Anhäufungen vor, aber so
große Ansammlungen wie im Atlantischen Ozean sind nicht bekannt
(Reinbold).
44. Kap. Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des
Salzwassers)
Die Halonereiden bilden eine untergetauchte, an Felsen, lose Steine,
Schneckenschalen u. ähnl. feste und harte Unterlagen an den Küsten
gebundene Vegetation. Viele der Arten, die sich auf dieser Unterlage
finden, wachsen auch epiphytisch, z.B. auch an Pfählen im Wasser
Die Salzwasservereine werden nur von Algen gebildet, die hier ihre
höchste und reichste Entwicklung erreichen, in vier Farben (blaugrün,
rein grün, braun und rot) und mit einem außerordentlichen Formen-
reichtum auftreten. “
Die chemische Natur des Bodens spielt eine gewisse Rolle, soweit
man weiß nur eine geringe, und es handelt sich gewiß nur um das V' r-
kommen von Kalk; einzelne Algen gedeihen nur in Kalk, den sie mit
hyphenähnlichen Fäden durchbohren, oder worauf sie Erosionsfurch
bilden‘); die meisten anderen wachsen gleich gut auf Steinen wie 2.
auf Pfählen, Tierschalen oder auf anderen Algen. Nach Wille
die Tierschalen durch besondere Assoziationen ausgezeichnet, Z.
Tilopteridaceae. Klimatische Einflüsse sind ökologisch von geringer
Bedeutung. =
Anpassungen zeigen sich namentlich in folgendem:
Die Festigkeit des Bodens macht Haftorgane (Hapteren
haare, „erampons“ französischer Autoren) notwendig, die bei den
bisweilen „Wurzeln“ genannt werden. Sie treten wesentlich i
Typen auf: als kreisrunde Scheiben (z. B. bei Fuecus vesieulosus, Lam
naria-Arten; Fig. 183), oder sie sind finger- bis fast korallenförmig“ ve
zweigt (oma ia saccharina: u. a. A.; Agarum Turneri; Fig. 182); dies
letzteren bestehen bisweilen nur aus Srchilu Zellen Baar Rhizoiden. Di
Anpassungsmittel zum Festhalten hat namentlich Wille?) behandelt.
Anatomisch betrachtet haben die Haftorgane in einigen Fällen
Bau von Wurzelhaaren, in anderen Fällen sind sie solide, vielze
Körper. Die festeste Anheftung haben krustenartige Aal wie Lit
thamnium, Lithophyllum, Hildenbrandia, Lithoderma u. a., die
*) Chodat 1902; Huber 1906; Lagerheim 1892; Cohn 1893; Nadson 1900; M
Roux 1907; P. Boysen-Jensen 1909.
?) Wille 1885; Warming 1881 (Podostemaceen). Siehe auch Fig. 138.
44. Kap. Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwassers) 375
Stein in Krusten überziehen. Eine besondere Stellung nehmen Dia-
tomeen und Desmidiaceen ein, die mit Schleim auf anderen Körpern
sitzen. Ebenso die kalkbohrenden Algen!). Kriechende (wandernde)
Steinalgen sind selten, finden sich aber unter den Florideen und bei
Caulerpa-Arten.
Intercellular-Räume fehlen ganz oder sind jedenfalls sehr klein
und kaum lufthaltig (Ausnahmen sind die Schwimmapparate gewisser in
es 5 as nem
Fig. 182. Laminaria Fig. 183. Die Rotalge (Rhodophycee)
digitata, sehr verkleinert Gigartina mamillosa in natürlicher Größe.
(nach Farlow). a fruktifizierend (nach Luerssen).
der litoralen Region oder in niedrigem Wasser lebenden Algen, z. B.
von Fucus vesiculosus, Halidrys siliquosus, Ascophyllum nodosum, Sar-
gassum, Cystoseira, Sceytosiphon lomentaria). Durch dieses Merkmal
tritt die lithophile Vegetation in scharfen Gegensatz zu jeder anderen
Wasservegetation. Der Grund ist vermutlich der, daß alle Pflanzen
2) Bornet und Flahault 1889.
376 Serie der Halophyten
jener Vegetation in bewegtem Wasser leben, wo ihnen reichlich Luft
zugeführt wird. ee
Für die vielen lithophilen Algen, welche in stark bewegtem Wasser,
in der Brandung an der Felsenküste leben, ist es notwendig, daß sie
Widerstand gegen Zerreißung leisten können. Zugfeste Konstruk-
tionen entstehen durch mechanisches Gewebe, meist durch kollenchyma-
tisches, auf verschiedene Weise!).
Ausscheidung von kohlensaurem Kalk in den Zellwänden kommt
bei einem Teile der Algen vor. Sie spielt jedenfalls bei einigen eine
mechanische Rolle und scheint in anderen Fällen zur Verlängerung des
Lebens zu dienen; gewisse inkrustierte Algen sind mehrjährig, während
ihre nicht inkrustierten Verwandten einjährig sind (Wille). e
Starke Schleimbildung findet sich bei vielen Arten, besonders “
solchen, die in der litoralen Region wachsen, und dient vielleicht als
Schutz gegen Verdunstung während der Ebbe, und wird unzweifel-
haft auch den starken Anprall der Brandung, die die Pflanzen gegen-
einander und gegen die Felsen schleudert, vermindern.
Weiter sind als Anpassungen zum Leben im Wasser zu erwähnen:
Der Mangel an Spaltöffnungen, der verholzten Elemente und der Gefäße,
die Bildung von assimilierenden Chromatophoren in der äußersten Zell-
schicht usw. sind allgemeine, auch hier vorkommende Hydrophyten-
merkmale. Das Assimilationsgewebe reicht bis zur Oberfläche; viele
Algen haben überdies (nach Wille) ein inneres Assimilationsgewebe, das die
durch Atmung in den inneren Geweben gebildete Kohlensäure verarbeitet.
Die Pflanzenformen der steinliebenden Meeresalgen sind
überaus verschieden und können bei weitem nicht alle mit den Um
gebungen in Anpassungseinklang gebracht werden?). Ein ökologisches
Verständnis ist wohl in sehr wenigen Fällen und nur teilweise erreicht
worden. Es gibt einerseits krustenförmige, die für den Aufenthalt
in stark bewegtem Wasser besonders geeignet sind; aber viele krusten-
förmige Algen wachsen, wie angeführt, in tiefem und daher wenig be-
wegtem Wasser. Es gibt Arten, die den Kiemen analog gebaut, d.h.
in haarfeine Zipfel aufgelöst sind, wodurch die Oberfläche viel größer
und die Assimilationstätigkeit gesteigert wird; es gibt Arten mit faden-
förmigen, unverzweigten Körpern, die sich in dem Wasser wellen- NS
förmig bewegen, z. B. Chorda filum; ferner Arten mit blattförmigen
Körpern, z. B. Laminaria, Ulva, Monostroma, und namentlich viele Flori-
deen, z. B. Delesseria?). Vergl. Fig. 182—187, 188.
2) Wille 1885.
2» Oltmanns 1905.
s) Vergleiche hierüber die speziellen algologischen Werke und Engler und Prautl, 4
Die natürlichen Pflanzenfamilien Bd. 1, Abt.2. Auch z.B. Reinke. 2
44. Kap. Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwassers) 377
Fig. 184. Delesseria sanguinea;
etwa !/, der natürlichen Größe.
(Nach Warming-Möbius.)
Fig. 186. Fucus vesiculosus, Blasen-
tang mit luftführenden Schwimm-
‘ blasen (a) und -den- Anschwellungen
der die Geschlechtsorgane enthaltenden
Zweigspitzen.
(Nach Warming-Möbius.)
Fig. 185. Ceramium diaphanum;
natürliche Größe.
(Nach Warming-Möbius.)
Fig. 187. Fucus serratus, Sägetang;
ohne Luftblasen.
a Zweigspitze einer männlichen Pflanze
in natürlicher Größe; 5 Querschnitt durch
ein Zweigstück einer weiblichen Pflanze
mit den Oogonienbehältern. 1: 4.
(Nach Warming-Möbius.)
378 Serie der Halophyten
Die Meeresalgenvereine. Floristisch bestehen zwischen den ver-
schiedenen Meeren große Unterschiede; aber auch an den einzelnen
Küsten gibt es geographische Verhältnisse, die auf dem abweichenden
Haushalte der verschiedenen Arten an den äußerst verschiedenen Stand-
orten beruhen, was hier auch besprochen werden muß.
Die ökologischen Unterschiede hängen besonders von Ver-
schiedenheiten in der Wärme, dem Salzgehalte, der Bewegung und der
Beleuchtung des Wassers wie auch vom Schwanken dieser Verhältnisse
ab, weiter von der Neigung des Bodens, der Art des Gesteins usw.
besonders wichtig ist aber das Vorkommen oder Fehlen von Ebbe un
Flut!) (Kap. 20).
Der Wärmegrad des Meerwassers ist wichtig. Die kräftigsten
„langwälder“ werden in den kältesten Meeren entwickelt (Eismeer, nörd-
licher Atlantischer Ozean, Küsten des Feuerlandes, Südspitze von Afrika),
wahrscheinlich, weil das kalte Wasser reicher an Sauerstoff und Kohlen-
säure ist, daher kräftigere Assimilation und Atmung möglich ist. In den
südlichen Meeren (Chile usw.) finden sich Individuen von ganz enormer
Länge (Macrocystis pyrifera nach Skottsberg wohl 60 m lang, Durvsllea
Lessonia); in den nördlichen erreichen Laminaria-Arten eine sehr b
deutende Größe, z. B. L. longieruris im grönländischen Meere 25 m
Nereocystis im Pazifischen Ozean 100 m. In den tropischen Meeren
sind die Arten durchgehends kleiner. Im nördlichen Eismeer kann
Temperatur des Wassers in der Tiefe, wo die reichste Vegetation aı
tritt, zu keiner Jahreszeit über 0°C betragen?).
Auch die Entwicklungsphasen der Arten werden (nach Rose
vinge u. a.)?) von den Jahreszeiten stark beeinflußt, und mehrere
Arten sehen zu verschiedener Zeit höchst abweichend aus. Einige sind
einjährig (z. B. Chorda, Nereocystis u. a. Laminariaceen); von anderen
überwintern größere oder kleinere Teile, z. B. die Haftorgane oder die
unteren Teile des Thallus; Rhodomela subfusea trägt in der Ostsee im
April bis Mai ein reich verzweigtes Sproßsystem mit Fortpflanzungs-
organen, die später abgeworfen werden. Desmarestia aculeata sieh
gleichfalls zu verschiedenen Jahreszeiten sehr abweichend aus. Einige
(z. B. Delesseria sanguinea) fruktifizieren nur im Winter. Kjellman
bemerkenswerte Aufklärungen über das Algenleben in hochnordischen
Meeren wurden S. 32 erwähnt.
Der Salzgehalt des Wassers ist der zweite äußerst wichtige
Faktor, der in die Zusammensetzung und das Gepräge der Vegetation
Sukreift Je weiter wir von der Nordsee zur Ostsee vordringen, desto
!) Börgesen 1905; Beobachtungen von den Färöern.
°) Kjellman 1875 für Spitzbergen, Rosenvinge für Scoresby Sound.
®) Rosenvinge 1898; vergl. Oltmanns 1905.
44. Kap. Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwassers) 379
süßer wird das Wasser (S. 358), und desto ärmer und verkrüppelter wird
im ganzen die Vegetation'). Das sibirische Eismeer ist gleichfalls arten-
arm, teils weil der Boden großenteils Sand oder Ton ist, teils wohl auch
wegen des vielen, aus Sibirien kommenden Süßwassers.
Gegen Schwankungen in dem Salzgehalt und der Wärme sind
viele Arten sehr empfindlich. Einige Arten können eine geringe Ver-
minderung des Salzgehaltes nicht ertragen, andere können sich nach den
Verhältnissen einrichten.
Die Bewegung des Wassers (Brandung, Strömung) und dem-
zufolge die größere Frische (Sauerstoffreichtum) und die größere
Nahrungszufuhr greifen ebenfalls in die Verteilung ein (vergl. S. 149).
Die Algenflora der stark exponierten Vorberge und der besser geschützten
Felsen im Inneren der Fjords ist gewöhnlich sehr verschieden; vergl.
z.B. Hansteens Untersuchungen über die Flora außerhalb und inner-
halb der norwegischen Schären und Börgesens an den färöischen
Küsten (1905).
Hedvig Loven untersuchte die Luft in den Luftblasen der
Algen und die Atmung der Algen und kam unter anderem zu folgenden
- Ergebnissen: Die Luft in den Fucaceenblasen hat eine andere Zusammen-
setzung als die Luft im Wasser; die Sauerstoffmenge ist mittags am
größten, nachts am kleinsten. Die Algen können jede Spur Sauerstoff
des Wassers absorbieren, aber ziemlich lange in ganz sauerstofffreiem
Wasser leben und in diesem bedeutende Mengen von Kohlensäure aus-
scheiden. Fehlt im Wasser Sauerstoff, so können sie den Sauerstoff
in den Blasen vollständig verbrauchen.
Das Licht ist der fünfte sehr wichtige Faktor (vergl. S. 144—146).
Erstens hat die Lichtstärke Bedeutung; die Grünalgen sind die am
meisten lichtliebenden Algen, und ‘dieses ist nach Kjellman vielleicht
ein Grund, weshalb sie im nördlichen Eismeere verkrüppelt und in
geringer Zahl vorkommen (an den Felsenküsten Grönlands sind sie
jedoch üppig entwickelt); bemerkt kann doch werden, daß die oberste
Algenvegetation dort vielfach durch die Bewegungen des Eises leidet;
dadurch werden die Felsen kahl. — Je weiter man in die Tiefe hinab-
dringt, desto mehr Licht wird absorbiert, desto weniger Arten sind
vorhanden, und zuletzt hören sie ganz auf. Nach Berthold?) sind die
Florideen im allgemeinen schattenliebende Pflanzen. Derselbe fand bei
Neapel eine üppige Algenvegetation in einer Tiefe von 120 bis 130 m,
während in den arktischen wie im Nordatlantischen Ozean selbst in einer
Tiefe von nur 50 bis 60 m eine ärmliche Vegetation lebt?). Der ver-
schiedene Lichtbedarf der Algen verteilt sie nach Tiefenzonen.
t) Svedelins 1901.
®) Berthold 1882; vergl. Oltmanns 1905.
®) Rosenvinge 1898; Börgesen 1905.
380 Serie der Halophyten
Eine Tiefwasserflora kann man bisweilen im Meeresniveau in Höhlen
der Felsen finden, z. B. auf den Färöer!). Falkenberg schreibt von einer
Grotte bei Neapel, daß sich „trotz des niedrigen Wasserstandes hier an
den dunkelsten Stellen Algen finden, die sonst als charakteris
Pflanzen in einer Tiefe von 50—60 m im Golfe leben“. z
Auch die Lichtfarbe beeinflußt höchst wahrscheinlich die Ver-
teilung der Algen in Stufen auf den Felsen der Küsten; jedenfalls
verändert sich die Farbe mit der Tiefe, die Zusammensetzung des Lichtes
wird geändert (die langwelligen, roten und gelben Strahlen gehen
schnellsten verloren) und die Farbe der Algen steht in einem gewiss
Verhältnis hierzu. Engelmann hatte 1883 den Satz aufgestellt, daß die
Farben der Algen komplementär sind zu der im Wasser dominiereı
Lichtfarbe, und Gaidukow schloß sich 1902 dem an. Damit sollte ‚die
Erklärung dafür gegeben werden, daß die Rotalgen am tiefsten hinab-
steigen, weil sie in dem dort herrschenden blauen Lichte am bester
assimilieren. Nach anderen aber (wie W. Magnus, Schindler u. a.) solle
eine solche „chromatische Adaptation“ nicht existieren (?); die Rotalgen 5
seien vorzugsweise „Schattenpflanzen“. Die Blaufärbung vieler Wald-
schattenpflanzen (Asarum, Galium silvaticum usw.) spricht auch für die
erstere Ansicht, da ja bekanntlich im Walde zunächst die k
Strahlen vernichtet werden (vergl. Kissling u. a.). n
Tatsache ist nun jedenfalls, daß die Algen der Kiistenlen Ä
verschiedene Tiefenstufen verteilt sind. Agardh?) benannte sie
„Reiche“ (Regnum Zoospermarum, Olivacearum, Floridearum); Lyngbye?)
„Regionen“. Örsted*) war der erste, der die Verbindung zwischen Licht- |
farbe und Tiefenstufen feststellte; im Öresund fand er drei „Regionen“ ’
die der Grünalgen, Braunalgen un Rotalgen. #
Kjellman?) hat folgende Gürtel oder Stufen („Regionen“) aufgestell f
welche der Küste parallel verlaufen, und deren jede in eine große Me ge
von kleinen „Formationen“ geteilt, je nachdem die Wasserbewegung
stärker oder geringer ist oder ob andere Faktoren einen Einfluß us-
üben. „Ebbe und Flut“ sind es, welche die wichtigste topographis
und biologische Scheidung bestimmen; während der Zeit der Ebbe werden
viele Algen trocken gelegt, der Verdunstung und einem stärkeren Lichte
ausgesetzt. |
1. Der litorale Gürtel, zwischen der höchsten Flut und der nie-
drigsten Ebbe, mit vielen Grünalgen, Braunalgen und einzelnen Rotalgen;
zur Zeit der Ebbe liegen sie bloß; viele können fast amphibisch SODARDE
Re Vergl. Börgesen 1905.
?) Agardh 1836.
®) Lyngbye 1836.
%) Örsted 1844.
®) Kjellman 1877, 1878.
381
Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwassers)
44. Kap.
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382 Serie der Halophyten
Exposed coast Sheltered coast.
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Fig. 189. Schematische Darstellung der Algen Nertellung zo
Felsen an den Küsten der Färöer nach Börgesen (eK) 5).
Die linke Zahlenreihe gibt (in Fuß) die Höhe über oder unter dem n
Wasserstande (0) an. Zwischen den beiden starken horizontalen Linien liegt:
Die horizontale Zahlenreihe bezeichnet die in der nebenstehenden zus |
angegebenen Arten.
44. Kap. Halonereiden (steinliebende Hydrophyten des Salzwassers) 383
Liste zu Figur 189.
1. Hildenbrandia mit Flechten. 16. Laminaria digitata \Laminariaceen
2. Chlorophyceen an exponierten Küsten, 17. Alaria Ian exponierten
Prasiola erispa, Rhizoclonium, 18. Laminaria hyperborea Küsten
Enteromorpha, Prasiola stipilata. 19. Desmarestia an exponierten Küsten.
3. Porphyra. 20. Lithoderma.
4. Rhodochorton. 21. Sublitorale Florideen.
5. Bangia, Urospora. 22. Chlorophyceae an geschützten Küsten,
6. Fucaceae an exponierten Küsten, Enteromorpha.
Fueus spiralis, Fucus inflatus. 23. Fucaceae an steinigen Küsten,
7. Callithamnion. Pelvetia, Fucus vesieulosus, Ascophyl-
8. Rhodymenia. lum, Fucus inflatus.
9. Küsten - Corallina. 24. Stielyosiphon.
10. Monostroma 25. Monostroma, Enteromorpha.
11. Acrosiphonia, Poly- gehören 26. Halidrys.
siphonia zur Küsten- 27. Laminariaceen an steinigen Küsten,
12. Gigartina Corallina. Laminaria faeroensis, Laminaria
13. Himanthalia hyperborea.
14. Phymatolithon. 28. Desmarestia an steinigen Küsten.
15. Sublitorale Corallina. (29. Zostera.)
werden und an sonnigen schattenlosen Tagen stark eintrocknen. Dieser
Gürtel kann bedeutend sein; der Gezeitenunterschied kann bis viele
Meter betragen.
2. Der sublitorale Gürtel unterhalb der niedrigsten Ebbe bis
20 Faden (40 m) Tiefe und tiefer; alle Farben sind vertreten. aber die
Grünalgen hören auf, und die Rotalgen werden nach der Tiefe relativ
zahlreicher. "
3. Der elitorale Gürtel geht unterhalb des vorigen soweit wie
das Licht hinab und ist sowohl an Arten als an Individuen ärmer; diese
werden kleiner und verkrüppelt, was schon Lyngbye bekannt war.
Diese Einteilung ist jetzt allgemein angenommen, mit kleineren
Abweichungen bei den verschiedenen Forschern (z. B. Hansteen, Gran,
Schiller, Börgesen, Helgi Jönsson, Reinke, Cotton, Davis, Kylin u. a.).
Rosenvinge und Börgesen!) z. B. fanden, daß die litorale Stufe dort
gesetzt werden muß, wo die Algenvegetation anfängt, auf den Färöer hoch
oberhalb der höchsten Flutgrenze, an einigen Stellen bis 25>—30 m Höhe,
was von der Steilheit der Felsen und der ungeheuer starken Brandung
abhängt, welche das Wasser hoch hinaufschleudert. In ihn sind an den
Felsen auch Flechten eingemischt, wie Verrucaria maura u.a. Arten,
Lichina, Ephebe. Diese Arten sind jedenfalls teilweise als aerobiotische
zu betrachten, denn sie müssen längere Trockenperioden aushalten können.
Eine elitorale Stufe erkennen sie nicht an.
1) Rosenvinge 1898; Börgesen 1905.
384 Serie der Halophyten
Helgi Jönsson!) schiebt für Island einen semilitoralen Gürtel
ein, zwischen dem Fucus- und dem Laminariagürtel, welcher in dem suh
litoralen oberhalb des Bereiches der Rhodophyceen tonangebend ist.
Von den Haarbildungen der Algen sind einige assimilierend (z
bei Desmarestia aculeata, Chorda tomentosa), andere farblos (besond
bei den Braun- und Rotalgen). Diese werden stärker entwickelt, w:
das Licht stärker ist, und Berthold hat die kaum richtige Meinung 2
gesprochen, daß sie die Aufgabe hätten, die Beleuchtung zu regulieren;
sind wohl nach Rosenvinge?) am ehesten Absorptions- oder Atmungsorgz
Die genannten Faktoren beeinflussen die Vegetation sowohl
großen als im kleinen und tragen, vermutlich mit anderen Fakto
(z. B. mit der Art des Bodens), dazu bei, auch im kleinen eine Me
standortliche Unterschiede, eine Menge von oft sehr kleinen Assoziatio
hervorzurufen, deren Gepräge hauptsächlich einer Art oder eini
wenigen Arten, die die Hauptmasse bilden, sein Dasein verdankt. Hay
z. B. zeigte, welche ungeheuer große Menge von kleinsten Standa se
am Meeresstrande Finlands vorkommen, jeder mit seiner speziellen Flo
Kjellman und andere haben diese kleinen Vereine „Formationen
benannt. Börgesen, Cotton*), Davis u. a. nennen sie richtiger „Associ
tionen“. Die steinliebenden Algen scheinen, trotz der großen, &
keineswegs fundamentalen Formverschiedenheiten, nur eine einz
allerdings sehr große und formenreiche Formation bilden zu könne:
welche vielleicht je nach örtlichen Verschiedenheiten in Gruppen (Su
formationen) geteilt werden kann. Die Zahl der Assoziationen v
jedenfalls ungeheuer groß werden.
In den großen Gesellschaften mächtiger Algen, z. B. zwischen
Laminaria-Stielen, finden viele schwächere Formen einen günsti
Platz, ganz wie die Kräuter der. Bodenvegetation inıden Wäld
Auch eine Menge von Epiphyten kommen in den Algenwäldern vo
Verschiedenheiten der Jahreszeiten. Da die angefül
Faktoren zu verschiedenen Jahreszeiten mit ungleicher Stärke wirk
entstehen auch zeitliche Unterschiede in der Entwicklung der E
nährungs- und der Fortpflanzungsorgane. Jede Art der Meeresalge
scheint ihre bestimmte Entwicklungszeit zu haben, die z. B. unter ve
schiedenen Breitengraden verschieden sein kann: Arten, die bei uns
dem Beginne des Sommers verschwinden, können im Eismeere
t) Helgi Jonsson 1911.
?2) Rosenvinge 1912.
®) Hayren 1914.
*) Cotton 1912.
°) Börgesen 1905, Fig. 161. Tobler, Epiphyten der Laminarien (Englers J,
XLIV, 1910).
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 385
ganzen Sommer fortdauern (Rosenvinge). In unseren Meeren weicht die
sommerliche Algenvegetation von der winterlichen stark ab (Kjellman,
Rosenvinge), und selbst unter der südlichen Breite Neapels beobachtet
man dasselbe (Berthold), Hier sind vielleicht Beleuchtung und Wellen-
schlag entscheidend, aber unter höheren Breiten spielt wohl die Wärme
die größere Rolle.
Die eigentümliche Pflanzengruppe der Diatomeen verdient be-
sonders hervorgehoben zu werden, weil ihre Formverhältnisse von allen
anderen abweichen; zu ihnen gehören die Grunddiatomeen und biologisch
verschiedene Typen: es gibt frei bewegliche, die auf der Unterlage
(Steinen, anderen Algen) umherkriechen, und gestielte, unbewegliche
Formen, die besonders die Randzonen der Salzgewässer bewohnen, sich
leicht losreißen und dann mit dem Plankton vermischen können (Schütt);
vergl. S. 365.
Feuchte Felsen können eine Vegetation von Luftalgen (aöro-
biotischen Algen) tragen, die eine Übergangsform zwischen der unter-
getauchten Felsenvegetation und der Landvegetation bildet. Eine supra-
litorale Stufe tritt hier vermittelnd auf. An Felsenküsten kann, wie
oben erwähnt, der Gischt der Brandung bisweilen besonders hoch hinauf
reichen, und an solchen Orten können Meeresalgen (Ulothrix, Entero-
morpha u.a.) weit über dem höchsten Wasserstande vorkommen (Rosen-
vinge, Börgesen u. a.). Der Haushalt dieser Vereine ist jedoch kaum
wesentlich von dem der im Wasser lebenden verschieden, obgleich die
betreffenden Arten besonders ausgerüstet sein müssen, um größere
Trockenheit als die untergetauchten auszuhalten.
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen
auf losem Boden
Der Bau des Bodens ist der S. 74—76 erwähnte, aber die Poren
sind mit Wasser erfüllt, und die Luft ist sicher in äußerst geringer
Menge vorhanden, wenn sie überhaupt vorkommt.
Die Beschaffenheit des Bodens kann zwischen reinem Sande,
der meist Quarzsand, in den Tropen auch Korallensand ist, und je nach
der Stärke der Wellenbewegung mehr oder weniger kleine Steine oder
- Schalen von Meerestieren beigemischt enthalten kann, Ton und Schlamm
(S. 116) wechseln. Diese Unterschiede spielen sicher eine gewisse flo-
_ ristische und ökologische Rolle; nach Wille ist Schalenboden durch
besondere Algengesellschaften, z. B. durch Tilopteridaceen, ausgezeichnet.
Hierüber weiß man im übrigen noch nicht viel Sicheres. Eine besondere
- Rolle spielt der Schlamm, der aus toten, organischen Resten ge-
bildet ist.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 25
386 Serie der Halophyten
Die Bewegung des Wassers hat eine große gestaltende u
floristische Bedeutung; sie hängt von topographischen Verhältnis
sowie von den Gezeiten, den Winden u.a. m. ab. Stark bewegt
Meeresboden ist sicher ganz pflanzenlos, z. B. große Gebiete
Bodens der Nordsee. Helgoland liegt wie eine Oase in einer Sand
weil der Sand ununterbrochen durch Wellenschlag und Ebbe und.
in Bewegung gesetzt wird (Reinke).
Fig. 190. Caulerpa prolifera; nach Reinke. (Aus Wenig A
Eine große Rolle spielt auch der Salzgehalt des Wassers.
S. 148, 358).
Die Flora des losen Bodens besteht aus wei weniger ana
einfacheren und einförmigeren Algen als die des Felsbodens, (
sind hier vorzugsweise die Blütenpflanzen zu finden. Hieraus
sich mehrere bedeutende Abweichungen von der lithophilen Ve
namentlich folgende:
1. Wurzeln oder andere Organe, die sich wurzelartig i im j
verzweigen, dienen zur Befestigung der Pflanzen und zur Nal
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 387
aufnahme; andere besondere Haftorgane fehlen. Die Wurzeln erreichen
jedoch, wie bei den Wasserpflanzen im allgemeinen, nicht die Aus-
dehnung und die Verzweigung wie bei den Landpflanzen. Verschiedene
tropische Algen, wie Udotea, Halimeda, Penicillus, welche auf losem,
sandigen oder schlammigen Boden wachsen, werden dort befestigt und
nehmen vielleicht auch (?) Nahrung auf durch die hyphenähnlichen
Haare, welche von dem unteren Teile des Thallus ausgehen und in den
Boden eindringen (Fig. 190, 191). Dasselbe gilt für die Characeen.
2. Wagerechte auf oder meist in dem Boden wachsende Rhi-
zome oder solchen analoge Teile (z. B. bei der Alge Caulerpa) sind sehr
verbreitet, woraus eine gesellige, dichte, an Individuen reiche Vegetation
RL
4 1
DR“
Fig. 191. Halophila Aschersonii (natürl. Größe) von Dänisch-Westindien.
(C. H. Ostenfeld, 1902.)
hervorgeht (z. B. „Wiesen“ von „Seegräsern“, wie Zostera). Dieser
Wuchs steht in deutlichem Einklange mit der losen Bodenbeschaffen-
heit (S. 78).
3. Die den Wasserpflanzen eigentümlichen großen, mit Luft er-
füllten Interzellularräume (S. 206) unterstützen alle im Wasser
untergetauchten Organe der Gefäßpflanzen bei der Atmung. Außerdem
werden diese Lufträume für die Atmung der Wurzeln und der Rhizome,
die im Boden leben, notwendig sein, weil jeder unter Wasser liegende
Boden ungefähr die möglichst dichte Lagerung seiner Teilchen hat und
weil die Wurzeln und die Rhizome gewiß in einem an Sauerstoff sehr
armen Boden leben, da dessen Poren ganz mit Wasser erfüllt sein
werden, das nicht leicht erneuert wird.
Nach der Beschaffenheit des Bodens müssen diese Wasserpflanzen
in mehrere Formationen geteilt werden.
25*
388 Serie der Halophyten
1. Die der saprophytischen Mikrophyten auf Schlammböden, die
reich an organischen Stoffen sind,
3. Die Vereine der autophyten Pflanzen, Algen und Blütenpflanzen,
auf Sand- und Lehmböden.
I. Formation. Saprophytische Schlammboden-Vereine
Organischer Schlick, d.h. ein von faulenden und verwesenden
organischen Teilen erfüllter schwarzer Schlamm, wimmelt von gewissen
niederen Tieren, läßt aber kein höheres, autophytes Pflanzenleben ge-
deihen, wohl aber eine reiche Flora von Bakterien und anderen Sapro-
| phyten, welche lose auf oder in dem Schlamm-
boden liegen oder nur durch Schleimhüllen an
dem Schlamme befestigt sind. In solchem an
Fäulnisstoffen reichem Boden wird sich wohl
immer sehr wenig oder gar kein Sauerstoff vor-
finden, so daß die dort lebenden Organismen
vorzugsweise anaörob sein müssen. u
A. Solcher Boden befindet sich besonders
in ruhigen Buchten und in seichten Strand-
tümpeln mit Brackwasser. Hier sieht man oft
Anhäufungen von Tangen und anderen Algen,
die einen an Individuen und an Arten Ines |
Fig. 192. Schwefelbakterien
(Beggiatoa alba). Verein bilden (litorale Vereine)!). Die
a mit reichlichem Inhalt Schwefelbakterien (Beggiatoen, die Ne :
an Schwefelkörnern; terien) scheiden hier wie in den heißen Quellen
b und c nach eintägigem in ihrem Inneren Schwefel ab (was Cohn zuerst
ee ee nachgewiesen hat), indem sie den bei der 3
Flüssigkeit; die Schwefe- Wechselwirkung zwischen den toten organi- J
körner verschwinden zuletzt Schen Teilen und den Schwefelverbindungen
. ganz (Winogradsky). des Wassers gebildeten Schwefelwasserstoff auf-
nehmen und diesen dann zu Schwefel und
Wasserstoff oxydieren. Nach der Beobachtung von Sickenberger spielen
die roten Schwefelbakterien auch bei der Sodabildung in den Agyptischen ig
Salzseen eine wesentliche Rolle (Fig. 192, 193). | \ö
Was die Purpurbakterien betrifft, so hat Molisch gefunden, daß
einige freie Schwefelkörnchen in ihren Körpern ablagern, andere dagegen
nicht; sie können keine Kohlensäure assimilieren und scheiden keinen
Sauerstoff aus, wie man früher glaubte. Sie sind mehr oder weniger
sauerstoffempfindlich. Organische Substanzen sind für ihre Ernährung
unbedingt notwendig; sie assimilieren solche durch die Hilfe des Lichtes.
!) Warming 1875; Engler 1883.
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 389
In gleicher Weise gibt es in den nordeuropäischen Meeren und
Fjorden schlammige Stellen, an denen sich eine saprophytische Vege-
tation finden dürfte. Ein schwarzer Schlamm ist sehr häufig in den
Seen, an den Meeresufern und ebenso im Grunde der Meere; er ist
meist sehr reich an Schwefeleisen. Nach Beijerinck!) und van Delden?)
ist die Reduktion des Sulphates im Wasser auf eisenhaltigem Boden von
bestimmten anaöroben Bakterien, wie Microspira desulfuricans und M.
aestuarii begleitet.
RETTEN TEENS
Fig. 193. Strandsumpf von roten Schwefelbakterien; rot gefärbt ist der helle Teil;
auch andere Farben treten hervor, z. B. weiß durch Beggiatoa. Bei Prästö auf
Seeland. (Phot. Eug. Warming.)
Die Vegetation auf solchen toten organischen Massen, die meist
auf dem Grunde von Wasser aufgehäuft sind, wird teils von Oscillarien,
teils von Bakterien usw. gebildet, bisweilen auch von einzelnen anderen
Algen, die aber hier kaum ihre rechte Heimat haben. Jene Massen
liegen gewöhnlich lose auf dem moderigen Boden, Beggiatoa z. B. in
kreideweißen, flockigen Massen, Clathrocystis rosei-persicina, ferner
Bacterium sulphuratum, B. Okeni u. a. Purpurbakterien in roten Massen,
die weite Strecken an Meeresküsten bedecken und von weitem sicht-
1!) Beijerinck 1895.
2) Van Delden 1903.
390 Serie der Halophyten
bar sind!). Sie bilden weiße oder, wo Purpurbakterien vorherrschen,
rote Überzüge auf den faulenden Massen.
Schon 1818 hat Hofman Bang in Dänemark eine kleine Abhandlung
über die landbildende Tätigkeit der „Conferven* an den Küsten Däne-
marks veröffentlicht. „Oonferva chthonoplastes“, wie er die Alge nannte,
welche jetzt Mieroeoleus chthonoplastes (Hofman Bang) Thuret heißt,
erhöht alljährlich den Boden der Küste, indem sie durch ihre schleim
gen Fäden die sandigen und tonigen Partikel festhält, welche vom
Wasser zugeführt werden. Die Spitzen der Füden wachsen immer
weiter und erheben sich so über die zuletzt abgelagerte Schicht. Auf
diese Weise hat sich bei Fühnen eine Schlamm- und Sandban
gebildet, welche im Sommer durch die schleimigen Algenfäden so
schlüpferig ist, daß es recht schwierig ist, dort zu gehen ohne zu fallen.
Dieser Boden wird dann ein geeignetes Keimbett für Salzphane-
rogamen. Microcoleus ist aber nicht die einzige Art, welche hier eine
Rolle spielt. Örsted untersuchte später diese Formation und fand
verschiedene andere Schizophyceen samt Purpurbakterien. Ganz ent- 4
sprechende Landbildungen beobachteten Vaupell, Warming u. a. auf den
Watten der Nordseeküste?) und später ist dieselbe Formation von won
G. Smith, Fritsch u. a. besprochen worden’). \
Die S. 362ff. erwähnten Algenvereine können wohl auch in Sümpfen >
und auf periodisch trocken liegenden Böden vorkommen. Näher Stadler‘,
sind sie kaum. ie
Eine höchst eigentümliche Verlandung von Salzseen durch Oranas
phyceen kommt nach Handel-Mazzetti*) in Mesopotamien vor. Er schreibt
z. B.: Das größte und konstanteste brackische Wasser ist der mehrere
Stunden im Umfange messende See EI Chattunije. Er verlandet an-
scheinend rasch, denn die Algen an seinen Ufern, Cyanophyceen, in
erster Linie Dichothrix gypsophila (Kütz.) Born. u. Flahault scheiden
reichlich Kalk aus. Dadurch entsteht ein weißklumpiges, anfangs weiches
Gestein, das sich später setzt und erhärtet und den See überall einfaßt.
Es bildet einen günstigen Boden für höhere Pflanzen, vor allem für
Juncus acutus.
B. Eine ähnliche saprophytische Schlammvegetation ist die abyssale. 2
Sie tritt in größeren Tiefen der Meere auf, wo das Wasser ruhig ist, wo
wenig oder kein Licht, wenig Wärme, geringe Temperaturschwankungen,
aber öfter ein reiches Tierleben vorhanden ist. Wahrscheinlich wird sie
nur von Bakterien und ähnlichen Saprophyten gebildet und schließt sich
!) Vergl. Warming 1875, 1906.
*) Warming 1906.
®) Fritsch 1907 b.
*) Handel-Mazzetti 1912.
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 391
daher gewiß naturgemäß hier an. Man weiß indessen so gut wie nichts
von dieser Vegetation. Als Beispiel einer Stelle, wo wahrscheinlich ein
reiches Bakterienleben gedeiht, sei auf das Schwarze Meer hingewiesen.
Nach Andrussow trifft man hier in 100—600 und mehr Faden Tiefe
große Mengen von Schlamm mit subfossilen Resten von Brackwasser-
schaltieren, die aus der nicht fernen Zeit stammen, als das Schwarze
Meer ein Brackwassersee war, und die ausstarben, als das Mittelmeer
hineinbrach. Die Strömungsverhältnisse rufen in der Tiefe eine mangel-
hafte Ventilation hervor, und das Wasser wird hier unten sauerstoffarm,
aber sehr reich an Schwefelwasserstoff. Es lebt hier kein Tier, die
‘organischen Teile des Schlammes werden von Tieren nicht verzehrt; es
ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß sich hier ein reiches, anaörobes
Bakterienleben findet.
C. Aestuarien. Sehr nahe diesen aus Bakterien gebildeten As-
soziationen stehen diejenigen, die auf schlammigem Boden, aber unter
stärkerer Anwesenheit von Sauerstoff auch auf dem Boden seichter
Gewässer vorkommen und zwar ebenso auf Böden, die periodisch trocken
gelegt, vom Meere dauernd überflutet werden (Aestuarien). An unseren
nordeuropäischen Küsten finden sich viele solcher meist aus Schizo-
phyceen gebildete vor, z. B. Assoziationen von Lyngbya, von Rivularia,
‚von Microcoleus chthonoplastes u. a.
$ Auf schlammigem Boden hart am Rande der Gewässer und mehr
oder weniger als Luftalgen lebend, treten viele verschiedene Assoziatio-
nen von anderen Algen auf, z. B. Enteromorpha, Monostroma, Ulothrix,
Vaucheria u. a. in dunkelgrünen dichten sammetartigen und oft polster-
förmigen Massen. Sie nehmen teil an der Bildung der Marschwiesen
(vergl. Kap. 46, 47; Die Salzsümpfe).
2. Formation von höheren, autophyten Algen
Die letztgenannten Algen-Assoziationen in seichtem Wasser und
auf den schlickigen Küsten selbst sind wohl wesentlich von autophyten
Pflanzen gebildet, worüber wir indessen wohl nichts Sicheres wissen.
Vielleicht nehmen sie biologisch zwischen den echt saprophytischen
Vereinen und den ausgeprägt autophytischen eine Mittelbildung ein und
so würde ihr Boden auch ein Mittelding sein — ein lehmiger oder
sandig-schlammiger Boden, der reich ist an organischen Substanzen.
Dasselbe gilt wahrscheinlich auch von den tropischen Lagunen mit
ruhigem oder doch keinem starken Wellenschlag ausgesetztem Wasser,
auf welchem höhere Algen wachsen. Als Beispiel können die von
Börgesen ') besprochenen Assoziationen der westindischen Lagunen
%) Börgesen 1900 und 1911.
392 Serie der Halophyten
genannt werden; es wachsen hier z.B. Arten von Caulerpa'), Halimeda,
Peniecillus und Udotea, die alle durch haarförmige, wurzelähnliche Organe
in dem Boden befestigt sind (Fig. 194).
Characeta. In unseren nordischen, brackischen Gewässern kom-
men ähnliche Assoziationen von Characeen vor, bisweilen ausgedehnte
wiesenähnliche Vereine bildend, die einen eigentümlichen, strengen G
ruch haben. ;
3. Formation der Seegräser (Enaliden)
Die Blütenpflanzen, welche diese Formation bilden, gehören.
2 Familien an: Potamogetonaceen (Zostera, Phyllospadix, Posidonia,
Cymodocea, Halodule, Althenia, ferner, besonders in Brackwa
Ruppia und Zannichelia) und Hydrocharitaceen (Halophila
Enalus, Thalassia). Epiphytische Algen kommen an den Blättern usw
oft vor. RS
Formverhältnisse. Obwohl zu zwei verschiedenen Fol
gehörig, sind die Seegrasarten einander im Äußeren so ähnlich, daß
sterile Individuen oft verwechselt hat.
Die typische Form wird durch Zostera (Z. marina, Z. Be U
dargestellt; alle sind wie diese untergetaucht; echte Schwimmblät
fehlen, was wohl damit im Einklange steht, daß die Wellenb«
stark ist; die Blätter sind bandförmig, an der Spitze abgerundet,
randig. Diese Blattform (das Bandblatt oder zosteroide Blatt) s
mit den Strömungen und der Tiefe des Wasses im Einklange und kom m
unter ähnlichen Verhältnissen bei Arten des süßen Wassers vor. Die
Breite des bandförmigen Blattes richtet sich bei Z. marina deutli
nach der Wassertiefe: je seichter das Wasser ist, desto schmaler ist (
Blatt (forma angustifolia); in tieferem Wasser werden die Pflanz
kräftiger und breitblätteriger.
Infolge der weit wandernden Rhizome treten geselliger Wuchs
und die weit, oft meilenweit ausgedehnten, dichten, ei „unt
seeischen Wiesen“ auf.
Die Blüten sind sehr reduziert und unansehnlich?); das Blühe
geht auf oder unter Wasser und mit dessen Hilfe vor sich; daher si ne
die Pollenkörner bei einigen unter Wasser blühenden Arten fadenföı
(Zostera, Cymodocea) oder in lange Ketten vereinigt (Halophila°), v
z. B. Holm, 1885), offenbar, um von der langen Narbe leichter anigeieh
!) Svedelius 1906; Börgesen 1907.
?) Schenck 1886 b.
s) Vergl. z.B. Ascherson 1871, 1875ff., Balfour 1878, Ascherson u. Gürke im
Engl.-Prantl, Nat. Pfizfam. II. |
a ha a I Di nn te
1
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 393
werden zu können, wenn sie das spezifische Gewicht des Wassers haben
und von der Wasserströmung umhergeführt werden. Die Stiele der
weiblichen Blüten sind bei Enalus und Ruppia spiralis lang und
ziehen sich nach der Bestäubung schraubenförmig zusammen!).
Assoziationen. Zosteretum marinae ist in den nordeuropäi-
schen Meeren die häufigste und mächtigste Assoziation. Das Seegras
oder Aalgras bildet längs der Küsten auf sandigem oder seltener schlam-
migem Boden in geringer Tiefe einen Gürtel; in unseren Meeren ist die
en
Fig. 194. Meeresalgen von losem und weichem Boden (Dänisch -Westindien).
1. Halimeda. 2. Penicillus. 3. Udotea. 4. Caulerpa. (Verkleinert.)
(F. Börgesen.)
untere Grenze etwa bei 14 m; sie hängt natürlich von der Lichtstärke,
also von der Klarheit des Wassers ab. Es fordert einen in gewissem
Grade geschützten Boden. Die wagerechten Grundachsen durchweben den
Meeresboden nach allen Richtungen; sie sind durch büschelig gestellte
Wurzeln befestigt und endigen mit bogenförmig aufsteigenden Spitzen;
sie müssen sich durch den Boden vorwärts pflügen. Die an der Grund-
achse entspringenden bandförmigen bis 1 oder 1,5 m langen und bis
1 cm breiten Blätter fluten im wogenden oder strömenden Wasser hin
und her. Auf seichterem Boden werden die Blätter kürzer und schmaler,
!) Vergl. Svedelius 1904.
394 0... ti Serie der Halophyten
auf den Watten der Nordsee z. B. finden sich ganz schmalblättrige
‘Formen. Die Art ist wintergrün, blüht im Hochsommer unter dem
Wasser.
Epiphytisch wachsen auf den Zostereen verschiedene Algen (Di:
tomeen, Desmotrichum undulatum, Arten von Eetocarpus, Ceramiu
Polysiphonia, Melobesia u. a.), ebenso Bryozoen u.a. kleine Tiere. A'
dem Boden, zwischen den Grundachsen kommen, z. B. auf den periodi
(zur Ebbezeit) trocken gelegten Watten der Nordsee, ebenso an
Küsten von Nordamerika (nach Davis) Assoziationen von Oyanophyc
und Chlorophyceen vor (Anabaenae, Lyngbyae usw.); ihnen beigem
sind bisweilen auch vereinzelte Exemplare von Grün- und Brauna
welche auf Steinen oder Kalkschalen befestigt sind, z. B. Phyllopt
Brodiaei, Cladophora gracilis, Furcellaria fastigiata, Fucus u.a
Rosenvinge. C. G. Joh. Petersen hat durch eigene Methoden un«
Apparate weitläufige Untersuchungen über die Tier-Vereine auf
Meeresboden in Skagerak, dem Kristianiafjord und den dänischer
wässern gemacht. Sie sind in den Berichten von der dänischen Bio
Station veröffentlicht, die letzte 1915. Durch diese seine Bonii
untersuchungen hat er gefunden, daß sich in ganz Dänemark im
ein Quantum von 24 Millionen Tons Zostera findet, und daB die J
produktion doppelt so groß ist!). x
Zostereta nanae sind in nördlichen Meeren a ind
entweder innerhalb der Zostereta marinae auf seichterem (ca. 20—
tiefem) Wasser oder auch wie z. B. im Mittelmeere auf größere S
können.
bildend. =
Eine Anzahl von mehr oder weniger veränderten Formen von vı
schiedenen Algenarten, welche die Strömungen herbeigeführt haben un
welche zwischen den Blättern und Sprossen der genannten Assoziationei
namentlich den Zostereten, zurückgehalten wurden, verbleiben hier, ohn
zu fruktifizieren, wachsen aber und vermehren sich, erleiden dabei veı
schiedene Formveränderungen; solche Formen sind z. B. Ascophy
nodosum var. scorpioöides, Phyllophora Bangiü, Formen von Ph.
diaei, Ahnfeltia plicata, Cladostephus vertieillata u. a. (Rosenvinge)
Im brackischen Wasser der nordeuropäischen Fjorde und Buch
finden sich ausgedehnte Potamogetoneta pectinati, bis zu 3—6
Tiefe, und in noch weniger salzigem Wasser, besonders in Stra
wassertümpeln kommen Batrachium-Arten (B. marinum usw.) vor S0'
Myriophyllum. |
a Über Biologie von Zostera marina vergl. Ostenfeld 1908 a; C. G. Joh. Petersen
1914, 1915.
45. Kap. Vereine der submersen Salz-Wasserpflanzen auf losem Boden 395
Viele Salinengewässer (Solquellen, -gräben usw.) haben eine eigene
envegetation, oft gemischt mit Ruppia und Zannichellia.
In den Eismeeren scheint diese Vegetation fast zu fehlen, vielleicht
weil das Eis ihre Entwicklung nicht zuläßt. Dagegen finden sich ver-
hiedene Assoziationen von Arten der beiden Familien in subtropischen
und tropischen Meeren, z. B. im Mittelmeere Oymodocea nodosa und
Posidonia oceanica.
In den westindischen Lagunen hat Börgesen'!) fünf Meeres-Pha-
Fig. 195. Assoziation von Thalassia testudinum und anderen Seegräsern.
St. Croix, Westindien. (F. Börgesen.)
Er testudinum, Halophila Basllonis und AH. Aschersonäi. Zwischen
ommen war, hat Börgesen aboebildet (Fig. 195).
Seegras spielt in der Biologie des Meeres eine bedeutende Rolle
Bierlegen der Fische; Thalassia testudinum dient Schildkröten zur
twicklung des Aales („Aalgras“) und andere Tiere ?).
1) Börgesen 1909.
2) C. G. Joh. Petersen 1915.
396 Serie der Halophyten
46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe
Zu den Wasserpflanzen werden hier alle Pflanzen gerechnet, der
Assimilationsorgane im Wasser untergetaucht sind oder höchstens a
dem Wasser schwimmen, zu den Sumpfpflanzen (Helophyten, helophilk
Pflanzen) alle Pflanzen, die unter Wasser festgewurzelt oder an was
reichen Boden gebunden sind, deren Laubsprosse sich aber jede
wesentlich über die Wasserfläche emporheben. Daß es keine s
Grenze teils zwischen Wasser- und Sumpfpflanzen, teils zwischen S
und Landpflanzen gibt, ist schon erwähnt worden. Die S. 362 ff.
nannten Schizophyceenvereine schließen sich nahe hier an.
Der Boden ist mehr oder weniger reich an organischem Schlau
das Wasser seicht und verhältnismäßig ruhig. 3
Sümpfe kommen hauptsächlich in kleinen Buchten und a
Wellenschlag und starkem Winde ziemlich geschützten Lokalitäte
wo die feinen schlammigen und tonigen Teilchen sich ansammeln kü
Viele Sümpfe sind den Gezeiten ausgesetzt, und andere werdeı
weise sehr durch zuströmendes süßes Wasser, so z. B. in den Müı
der Flüsse, beeinflußt.
Folgende Formationen können nach as Lebensformen u
den werden:
1. Formation der Sand-Algen und Bakterien,
2: . „ einjährigen Kräuter,
S, > „ Stauden und Gräser,
4 . „ Halbsträucher,
5 5 „ Holzpflanzen.
1. Die Formation der Sand-Algen und Bakterien ist s
besprochen worden; vergl. im wesentlichen S. 388—391.
2. Formation der einjährigen Kräuter
In Nordeuropa gibt es in in den Strandsümpfen hauptsächlie |
Vereine von krautartigen Pflanzen und zwar folgende einjährige:
Salicornieta herbaceae. Salscornia herbacea tritt auf zwe
schiedenen Standorten auf; zunächst auf Sandboden an den Küsten
Nordsee, welcher von der Flut täglich oder jedenfalls oft überschwe
wird. In dem können hier die Sandalgen-Vereine anges
sein (vergl. Fig. 170, S. 339).
Eine solche Vegetation bildet oft den Anfang einer Sandmar
indem der Boden durch zugewehten Sand allmählich erhöht wird
andere Blütenpflanzen einwandern; der Anfang kann z. B. durch Fes
thalassica (Glyceria maritima) gemacht werden. Dieser Verein
(Zur Zu 'Y0yd)
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398 Serie der Halophyten
nicht zu den Sümpfen gerechnet werden, bildet aber eine den Sandalgen
folgende Formation.
Zweitens findet man Salöcornia herbacea auf tiefem, weichem, w:
serreichem Schlammboden, wo diese einjährige, aber merkwürdigerwei
suceulente Pflanze während der Flut tief im Wasser steht.
Oft sieht man das Salicornietum im Vordergrunde; weiter hi
kommt ein Zosteretum; beide kommen während der Ebbe an die
und werden dann deutlich sichtbar. Beide Assoziationen sammeln Sc
auf und bereiten dadurch den Boden einer Salzwiese vor. Vorzü
sieht man dieses an Küsten der Nordsee in den Marschgegenden,
die Flut eine Menge äußerst feiner, organischer und anorganisch
meist toniger Bestandteile herbeiführt, die sich während des Hochwas
niedersenken. Festgehalten und abgeseiht werden diese Bestand
zunächst vom Seegrase (Zostera), das große, Schlick sammelnde
bildet (S. 393), in niedrigerem Wasser demnächst von Algen; beso
aber dient Salicornia herbacea als Schlammfänger, wodurch der B
allmählich erhöht wird. Eine Verstärkung der Verlandung wird
den Anwohnern angestrebt und dadurch befördert, daß sie
Wälle ins Meer hinausführen, auf welchen sich die Salicornia \
einfindet (Fig. 196). a
Salicornia herkunen hi in reinen, aber sehr offenen }
nen die äußerste Zone der eigentlichen Landvegetation; sie üb«
große Strecken der während der Ebbe trocken gelegten Watte
steht während der Flut unter Wasser, obwohl sie eine kaktus
Stammsaftpflanze und anscheinend wie ein sehr ausgeprägter }
ausgestattet ist: mit Blattlosigkeit und einem fleischigen Stengel
die Assimilation übernommen hat, ein von dem inneren Wasse
scharf abgesetztes, zweischichtiges Palissadengewebe') und obendr
tracheidenförmige Wasserzellen (S. 260) besitzt (Fig. 170, 197).
. Schon an Englands südlichen Küsten treten halbstrauchar
Salicornien, meist südlichere Arten?), auf; vielleicht wirkt das Ei
Winter nicht so zerstörend für diese Salicornien, wie es in Däneı
sein würde, weshalb sie dort gedeihen, während an den nördlich
Küsten nur die einjährigen Schutz finden (S. 339).
3. Stauden- und Gras-Formationen
Scirpeta. Eine andere ganz verschiedene Sumpf -Vegetation
krautartigen Pflanzen findet sich auch an den nordeuropäischen Kü
mit verschiedenen Assoziationen, nämlich Scirpeta maritimae
!) Duval Jouve; Hultberg; Warming 1890, Fig. 1, 1906.
?) Vergl. Tansley u. Moss 1910.
er
Be
46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe 399
Seirpeta Tabernaemontani. Auch Phragmiteta communis kommen
in brackischen Gewässern vor.
Alle drei Arten sind vieljährige Hochstauden mit starken aus-
läuferartigen Grundachsen, die die Fähigkeit besitzen, in einer gewissen
Boden- und Wassertiefe zu kriechen. Die Vereine können daher sehr
groß und sehr dicht werden, sie erreichen eine Höhe von ca. 1—1,5 m
oder was Phragmites betrifft, noch darüber (Fig. 198).
In anderen Gegenden treten natürlich andere Arten assoziations-
bildend auf, meist Cyperaceen (Carex-Arten in Nordrußland)!) usw. Auf
Fig. 197. Salicornietum herbaceae an der Westküste von Jütland, im Vordergrunde
und weiter hinaus im Meere (der schwarze Fleck rechts). Im Meere sonst Zosteretum
und zwischen den Zostera-Pflanzen ist der Boden mit Mierocoleus chtonoplastes,
Lyngbya u.a. Schizophyceen gedeckt. (Eug. Warming.)
Samoa bildet nach Rechinger?) der Farn Acrostichum aureum auf Boden,
der mit Brackwasser getränkt ist, dichte Bestände, welche keine anderen
Pflanzen aufkommen lassen. Die starren blechartigen Blätter dieses
Riesenfarns erreichen oft eine Länge von über 3m. Die jungen Pflanzen
wachsen im zähen, schwarzen Schlamm.
Ähnliche Salzsümpfe finden sich auch im Binnenlande weit von den
Meeren, z. B. in Asien im Anschlusse an die Steppen und Wüsten, wo
Wasser vorhanden ist. Nach Martjanow werden die in Zentralasien am
2) Pohle 1907.
?) Rechinger 1908.
400 Serie der Halophyten
Altai vorkommenden von einer dichten Einfassung aus Phragmites com-
munis umgeben, die mehrere Meter hoch wird, und außerhalb deren
man auf trocknerem Boden folgende Arten findet: Salicornia herbacea,
Suaeda maritima, Taraxacum collinum, Lactuca Sibiriea, Triglochin
maritimum, Plantago maritima, Glaux maritima, Atriplex litoralis,
Asier tripolium u.a., also großenteils Arten, die aus der nordischen
Flora wohlbekannt sind.
Fig. 198. Strandsumpf mit Seirpus Tavernaemontani, zurzeit trockengelegt wegen
niedrigen Wasserstandes.. Der horizontale Wuchs der unterirdischen Rhizome tritt
deutlich hervor. (Phot. Eug. Warming.)
Hierher gehören auch die Spartina-Bestände an Englands und 1!
Nordamerikas Küsten.
Diese Hochstauden-Sümpfe sind den Rohrsümpfen der süßen Ge-
wässer ganz parallel, aber floristisch sind sie verschieden, wenn man
von einigen Bestandbildnern, namentlich von Phragmites absehen will.
4. Formation der Halbsträucher
Es ist längst bekannt, daß die Gehölzbildung nach den Tropen hin
häufiger wird, so daß- viele Gattungen, die in gemäßigten Gegenden nur
krautartig sind, in den subtropischen und tropischen Gebieten immer
En
46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe 401
mehr durch verholzende (Halbsträucher, Sträucher oder Bäume) vertreten
werden. Dies gilt auch von der Sumpfvegetation der Küsten. Es
kommen z. B. mehrere halbstrauchartige bis strauchartige Salicornien,
suceulente Halbsträucher wie Batis maritima u. a. in den tropischen
Sümpfen vor (S. 340)'). Da sie jedoch mehr zur Vegetation des trocken-
gelegten Landes gehören, werden sie unter dieser besprochen werden.
An den Küsten des Mittelmeeres findet man sie nicht selten als typische
Uferflora.
5. Formation der von größeren Holzpflanzen (Sträuchern, Bäumen)
gebildeten Salzsümpfe
Von solchen gibt es wahrscheinlich mehrere Assoziationen, jeden-
falls sind mindestens zwei, die Mangrovevegetation und das Ni-
petum, zu unterscheiden.
1. Die Mangrovensümpfe. Von allen an Sümpfe in salzigem
_ oder brackischem Wasser gebundenen Pflanzenvereinen sind die Man-
grovensümpfe die größten, interessantesten und am besten bekannten.
Sie treten an allen tropischen Meeren, besonders an flachen, sumpfigen
Küsten auf, wo das Wasser verhältnismäßig ruhig ist (Lagunen, Buchten,
Flußmündungen), aber selten, wo Sandboden, Felsenboden und Brandung
vorkommen; Ebbe und Flut verhindern ihr Auftreten nicht. An vielen
Stellen erstreckt sich die Mangrovenvegetation längs der großen Flüsse
weitin das Land hinein. Das Wasser ist gewöhnlich mehr oder weniger
_ brackisch, bisweilen sogar fast süß.
Die Mangrovenvegetation ist meist eine niedrige immergrüne
Wald- oder Gebüschvegetation und stellt sich, vom Meere aus
gesehen, als eine dunkelgrüne, diehte, oft undurchdringliche Masse
niedriger Bäume mit einer Unzahl bogenförmiger Luftwurzeln dar.
Rhizophora mangle erhebt sich jedoch auf günstigen Stellen zu einem
stattlichen Hochwalde, z. B. an den Flußmündungen Venezuelas (Johow),
ebenso R. mueronata in Ostasien. Gewöhnlich sind die Kronen unten
in einer geringen Höhe über dem Wasser scharf abgeschnitten, und
unter ihnen sieht man, wo Rhizophora-Arten den äußersten Rand der
Vegetation bilden, den Wirrwarr jener zahllosen braunen Wurzeln. Der
während der Ebbe stellenweise bloßgelegte Boden ist ein weicher, tiefer,
schwarzer Schlamm, der mit organischen, verwesenden, stinkenden, offen-
bar bakterienreichen Massen erfüllt ist. Das Wasser zwischen den
Bäumen kann mit einer schmutzigen Haut bedeckt sein, und Luftblasen
steigen vom Grunde herauf und platzen auf der Oberfläche.
Die Mangrovevegetation kommt auch auf Boden vor, der jedenfalls
naß, aber niemals eigentlich vom Wasser bedeckt ist.
!) Börgesen u. Paulsen 1900: Raunkiär 1909; Börgesen 1909.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 26
ne aan met nenn a an une
402 | Serie der Halophyten
Viele Crustaceen verschiedener Gattungen leben hier, durchwühlen
den Boden, begraben welke Blätter und entfalten eine ähnliche Tätigkeit
wie die Regenwürmer in dem salzfreien Humusboden (C. Keller); vn
Kap. 18.
Die Flora ist artenarm (etwa 26 Arten aus 9 Familien) und aut
den ausgedehnten Gebieten der alten Welt von Ostafrika bis Australien
ziemlich gleichförmig; die amerikanische Flora ist noch ärmer. Die
Mangrove der afrikanischen Westküste ist näher verwandt mit der ost-
amerikanischen als mit der von Ostafrika, was sicher durch die Meeres-
strömungen bedingt ist. Wir haben also zwei große, floristisch ziemlich
verschiedene Mangrovengebiete, das indische und das atlantische; doch
schließt die westamerikanische sich derjenigen der Ostküste an. Der
Grund liegt wohl darin, daß in älterer Zeit eine Wasserverbindung
zwischen den beiden Ozeanen vorhanden war. Die Arten verteilen sich
folgendermaßen: ee
Nur in der östlichen Mangrove finden sich:
2 Meliaceen (Carapa Moluccensis, C. obovata),
4 Lythraceen (Sonneratia acida, 8. alba, S. caseolaris, $. arte),
1 Rubiacee (Sceyphiphora hydrophyllacea),
1 Myrsinacee (Aegiceras majus [corniculatum]),
1 Acanthacee (Acanthus ikeifolius).
Sowohl in der östlichen (asiatischen) wie in der westliche
(atlantischen) Mangrove finden sich: a
Rhizophoraceen (9 im Osten: Brugiera caryophylloides, B. eriope-
tala, B. gymnorrhiza, B. parviflora; Ceriops Candolleana, ©. Rox-
burghiana; Kandelia Rheedi, Rhizophora conjugala, R. ne ur
Westen nur Rhizophora mangle). i
Combretaceen (2 im Osten: Lumnitzera coceinea, L. racemosa
1 im Westen: Laguneularia racemosa). e
'Verbenaceen (1 im Osten: Avicennia offieinalis var. alba; 2 im
Westen: Avscennia nitida, A. lomentosa). :
In Afrika allein findet sich Heritiera litoralıs.
. 2
% 7
Von den genannten Arten ist nur eine krautartig: Acanthus die:
folius, die übrigen sind Sträucher oder Bäume. Auch ein Farn, 2
stichum aureum, kommt vor (siehe 8. 399).
Die Wurzeln sind oft dicht mit Florideen und andern Algelı
bewachsen, welche während der Ebbe periodisch trocken gelegt werden.
Anpassungsverhältnisse.
1. Befestigung. Die verschiedene Weichheit des Bodens une
Tiefe des Wassers machen sich geltend und rufen zunächst eine Ver-
teilung der Arten in BULUEREERIER Assoziationen hervor; zu äußerst“
a 46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe 403
wachsen solche, die sich in dem tieferen Wasser am besten befestigen
können, die Rhizophora- Arten; innerhalb dieser, in niedrigerem Wasser
- oder trocknerem Boden, solche Arten, die dieses in geringerem Grade zu
_ tun vermögen (Avicennia, Bruguiera, Aegiceras, Carapa u. a.).
| Wahrscheinlich machen sich in den verschiedenen Gürteln auch
- Unterschiede im Salzgehalte geltend.
: Die Rhizophora-Arten befestigen sich durch Stützwurzeln, d.h.
durch Luftwurzeln, die vom Stamme entspringen und, indem sie sich
_ gewöhnlich strahlenförmig verzweigen, unter einem großen Bogen in den
Boden hinabwachsen (Fig. 199, 200)'). Diese strahlenförmige Verzweigung
soll dadurch hervorgerufen werden, daß die Wurzelspitzen durch einen
kleinen Käfer angefressen werden (van Leeuwen). So werden die Bögen,
worauf ein Baum ruht, sehr zahlreich; die Basis und der Widerstand gegen
_ die Biegungen, welche die Wasserbewegung und die Winde veranlassen
_ könnten, werden größer, als wenn der Stamm nur auf sich allein stände.
_ Der anatomische Bau der Wurzeln stimmt mit den ungewöhnlichen An-
forderungen, die an sie als Stützwurzeln gestellt werden, überein und
- weicht von dem der meisten anderen Wurzeln dadurch ab, daß das
!) Warming 1883; Börgesen u. Paulsen 1898, 1900; Börgesen 1909.
26*
404 Serie der Halophyten
mechanische Gewebe um ein großes Mark in Röhrenform angebracht 5
ist, die Wurzeln also säulen- oder biegungsfest (Schwendener) gebaut
sind!). Ähnliche Stützwurzeln haben namentlich auch Ceriops und
Acanthus ticifolius.
Indem die Rhizophoren als äußerste Vorposten der Ma
zwischen ihren Wurzeln Schlamm sammeln, befördern sie die La
bildung.
2. Atemwurzeln. Die Atmung ist in dem wasserreichen,
organischen Teilen erfüllten, sauerstoffarmen Boden schwierig. Daher
haben alle Mangrovenpflanzen ein stark entwickeltes System von Li
räumen; die untergetauchten Teile haben einen sehr schwammigen un
weichen Bau; Spaltöffnungen und ungewöhnlich große Lenticelle
den über Wasser befindlichen Teilen verbinden die Intercellula
mit der Atmosphäre. Gegen Druck sind strahlig ne ER
dieses Schwammgewebes mit radiären Versteifungslisten versehen; auc
die unten unter 5h erwähnten bastähnlichen Zellen dienen wahrschei
lich dem selben Zwecke (Figuren bei Warming 1883). Die Lu zeln
von Rhizophora dienen zugleich als Atemwurzeln. Andere A
ganz besondere, ungewöhnliche Atemwurzeln, deren Form vers
den Bäumen ausstrahlen und die Lage der wagerechten W | 3
zeichnen, von welchen sie entspringen?) (Fig. 201, 202). Ähnliche \tem-
wurzeln haben Sonneratia acida*) und Laguneularia (diese gehört j j
nicht zu der eigentlichen Mangrovenvegetation). Knieförmig gel
Wurzeln, deren Knie das Wasser are kommen bei Brugui era
die mit der Wurzel wachsen, hat aa Versuche bekräftigen d
fassung, daß diese eigentümlichen Bildungen Atemwurzeln sind
anatomische Bau ist mit dem Zwecke im Einklange°). | =
3. Keimung; Viviparie. Mehrere Arten der Mango
die seltene Erscheinung, „lebendig gebärend (vivipar)“ zu sein, 5
der Keim schon auf der Mutterpflanze, ohne Ruhezustand und beständig
von ihr ernährt, zu einer mehr oder weniger entwickelten Pflanze
wächst; dieses bei anderen Pflanzen abnorme Verhalten ist hier 10
Man findet folgende Stufenreihe.
‘) Warming 1883; Tansley u. Fritsch 1905.
?) Vergl. Taf. 37—40 bei Johs. Schmidt 1906. |
®) Göbel 1886. Vergl. Warming in Börgesen u. Paulsen 1898, 1900; Börgesen 1
*, Karsten 1891.
5) Ähnliche Atemwurzeln von Pflanzen von Süßwassersümpfen vergl. w
unten, dann Kearney 1901, Koorders 1907.
405
Formationen der Salz-Sümpfe
46. Kap.
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406 Serie der Halophyten
1. Bei Aegiceras tritt der Keim aus dem Samen heraus, bl
aber von der Frucht umschlossen; er hat einen großen Keimstengel
ist grün.
2. Bei Avscennia treten das Endosperm und später der Keim
dem Samen heraus und liegen frei in dem Fruchtfache; der K
grün und wird von der Mutterpflanze durch eine lange, vielfach
zweigte hyphenähnliche Saugzelle, welche die Placenta durchwö
ernährt.
3. Bei Rhizophora und nahestehenden Gattungen (Bi
Ceriops) wächst der Keim nicht nur aus dem Samen, sondern :
der Frucht heraus und ragt aus
der bei einigen Arten über '/; m
grünen Wurzel mit hypokotylem
vor; „wie lange grüne Schot
die ausgewachsenen Keimpflanzen
Zweigen herab“ (Fig. 199). D
dient als Aufsaugungsorgan,
Mutterpflanze Nahrung zuführt.
sich der Keimling mit der Plu
Keimblatte los, das in der
Fig. 201. Avicennia nitida; junge Pflanze, ca. */, der natürlichen
Westindien. (F. Börgesen, 1909.)
bleibt und mit ihr verwelkt. Der Keimling fällt in das Wa
den Schlamm hinab und ist durch seine ganze Form (
keulenförmig und hat ein spitzes Keimwurzelende) an dieses Fall
an das Einbohren in den Schlamm angepaßt; hier entwickeli
schon a Seitenwurzeln ‚schnell?). Gelingt es a
zugleich die Wanderung der Art besorgt. Die Viriparie ei
sehr tiefem Wasser und sehr weichem Boden wachsenden Rhizop
ceen am stärksten und für sie offenbar eine günstige Eigenschaft.
1) Warming 1883; Karsten 1891.
46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe 407
Als eine Anpassung an die Verhältnisse muß auch die Eigentüm-
lichkeit angesehen werden, daß der Keim grün ist, und daß Ver-
ankerungsorgane vorkommen, teils aufwärts gerichtete steife Haare
(Widerhaken) auf dem Keimling, teils Seitenwurzeln, die im Inneren
fertig angelegt sind (bei Avicennia, Aegiceras, Sonneratia, Rhizophora
u.a.) und in kurzer Zeit hervorbrechen können.
4. Wanderungsmittel. Alle Strandpflanzen haben sehr weite
Verbreitungsgebiete. Die Mangrove enthält ziemlich dieselben Arten
Fig. 202. Avicennia nitida- Assoziation auf St. Croix. Große Mengen der Atem-
wurzeln erheben sich aus dem Schlamme. (F. Börgesen, 1909.)
längs allen tropischen Küsten von Australien bis Ostafrika (ausgenom-
men die sehr regenarmen, trockenen Küsten Arabiens). Die Gründe
hierfür sind teils, daß Medium und Temperatur überall gleichförmig sind,
teils die vorzüglichen Wanderungsmittel. Die Früchte, Samen oder
Keimpflanzen der Mangrovenarten können wegen der Lufträume der
Schale oder anderer Teile, die das spezifische Gewicht vermindern, sehr
lange schwimmen und verlieren dabei die Keimfähigkeit nicht!).
5. Xerophiler Bau. Die Mangrovenarten sind bis auf eine
Ausnahme (Acanthus ilieifolius) Bäume und Sträucher. Ihre Laubsprosse
!) Hemsley 1885; Schimper 1891; Guppy 1906.
408 Serie der Halophyten
zeigen, obgleich die Pflanzen in Wasser oder auf einem sehr wass
reichen und schlammigen Boden wachsen, merkwürdigerweise meh
Bauverhältnisse, die auch bei den an Trockenheit angepaßten Pflan
vorkommen!). Es sind namentlich folgende:
a) Die Blätter sind dick, lederartig oder etwas fleischig (besor
bei Sonneratia, Lumnitzera, Carapa, Rhizophora, Avicennia). a5
b) Die Epidermis ist diekwandig und stark kutikularısierp
Blätter sind oft sehr glänzend (z. B. bei Rhizophora mangle).
c) Hydathoden. Verschiedene Organe an Blättern der Ma
Pflanzen sind von Areschoug?) als Hydathoden angesprochen
In der Mangrove der Küste von Siam fand Schmidt?), daß bei A:
cornieulatum Drüsen auf der Oberseite der Blätter Salz :
Während der Nacht nehmen die Salzkristalle Wasser aus der u
und schmelzen; am Morgen verdunstet das Wasser wieder und |
kristallisiert wieder aus. Es ist dies eine ganz gleichartige Ersı
wie sie Volkens (vergl. S. 245) bei gewissen Wüstenpflanzen als?
stungsschutz fand. Schmidt fand diese Einrichtung in der
nur an 2er BOumERER Pflanze Se Fig. 124, S. au:
KRhizophora muceronata werden die älteren Blätter, die ni
assimilieren, dicker als sie in der Jugend waren; dieses r
Vergrößerung ihres Wassergewebes her; das Blatt ändert (
(Haberlandt). Das Blatt ist daher von einem „Regenblatt*
schieden.
D Das Mesophyll hat fast keine Tiere
Palissadengewebe ist das einzige oder das überwiegende
gewebe (Sonneratia, Lumnitzera u. a.).
g) Die Nervenenden breiten sich in kurze Speiche
aus (Bruguiera, Avicennia, Ceriops usw.; vergl. S. 260).
h) Lange Steinzellen oder bastähnliche mechanische
bei einigen Arten zwischen den Palissadenzellen oder sogar im ‘
gewebe, besonders bei Zhizophora, Sonneratia, Carapa (verg
und in dem Marke der Rhizophora®). |
i) Schleimzellen findet man bei mehreren Arten (
Khizophora u. a.).
k) Einige Blätter sind stark und dicht behaart (Avieennia),
!) Über den morphologischen Aufbau vergl. Johs. Schmidt 1903.
.?) Areschoug 1902.
®) Schmidt 1903.
*) Warming 1883.
46. Kap. Formationen der Salz-Sümpfe 409
l) Profilstellung!) der Blätter und damit einhergehende Iso-
lateralität kommen bei Sonneratia, Lumnitzera, Ceriops vor (auch bei
Laguneularia).
(Phot. Hjalmar Jensen.)
KL
IR:
Wi
Fig. 203. Nipa fruticans bei Tandjong Priok (Java).
Der Grund dieses xerophilen Baues ist, wie früher dargelegt wurde,
etwas rätselhaft. Es sei daran erinnert, daß auch viele Sumpfpflanzen
1) Vergl. J. Schmidt 1903.
410 Serie der Halophyten
des Süßwassers und viele Moorpflanzen Bauverhältnisse zeigen, di
jedenfalls scheinbar Anpassungen an Trockenheit sind (vergl. Kap. 8
Nach Faber!) ist die Transpiration bei den Mangroven bei mehre)
Arten sogar recht beträchtlich. Das transpirierte Wasser wird dadu
ersetzt, daß sie hohe, einige sogar gewaltige Druckkräfte in ihrem
webe haben; sie vermögen diese Druckkräfte nach der Konzentrat
des Wassers zu regulieren, in dem sie wachsen.
Es kann bemerkt werden, daß die Rinde der Rhizophoraarten
reich an Gerbstoff ist. Die vegetativen Knospen sind alle, doch
verschiedene Weise, geschützt. Hierüber, sowie über den Sproßbau
Schmidt (1903) eine Menge Beobachtungen.
Assoziationen. Durch die ungeheure Menge von Wurzeln
Pflanzen in einem Mangrovenwalde wird die Anhäufung von Sch
und organischen Resten begünstigt, die Verlandung wird eingelei
Nach und nach wird der Boden höher, das Wasser seichter, und zul.
wird der Boden so stark aufgehöht, daß die tägliche Flut ihn
mehr überschmemmen kann; nach und nach werden die Regengüsse \
Salz auswaschen, und gleichzeitig mit diesen Veränderungen des Sta
ortes tritt eine Veränderung des Bestandes, der Assoziationen, ein.
diesen gibt es mehrere: Rhizophoreta im tiefsten Wasser, in seich
Wasser folgen Avicennieta, Laguncularieta, Sonneratieta u.a. sell
Acrosticheta aurei, und zuletzt treten Assoziationen auf, welche
mehr zu den halophilen Wäldern oder Gesträuchen gerechnet
können, also fast salzfrei sind. Nach Raunkiär (1909) und Bö
(1909) findet sich z. B. in Westindien eine Conocarpus-Assoziati
(C. erecta) mit Anona palustris, Bucida buceras und den suceu
Halbsträuchern Batis, Salicornia ambigua und Sesuvium, auf hö
und trockenem Lagunenboden innerhalb der Mangroveformation.
Fig. 114 und 107. Dieser schließen sich an: eine Halbstrauchforma
Lagunengebüsche aus Batis, Salicornia u. a.
Wo die Mangroven in den Deltas der großen tropischen
vorkommen, z.B. im Amazonas, können sie direkt in die Bopeum
des flachen Alluviallandes übergehen ’?).
Litteratur über die Mangrovenvegetation: Warming 1883; Goebel 1886; Je
1884; Schimper -1891; Schenck 1889; G. Karsten 1891; Haberlandt 1893; Börgesen
O. Paulsen 1898, 1900; Areschoug 1902; Schmidt 1903; Karsten 1904, Vegetationsbild
Tansley u. Fritsch 1905; Holtermann 1907; Raunkiär 1909a; Börgesen 1909; Engl
19
Assoziation von Nipa fruticans. Die Nipa-„Formation“ ı
Schimper?) die von der Palme Nipa fruticans in Ostasien und Aus
ı) Faber 1913.
°) Siehe z.B. C. W. Anderson, Journ. of Ecology, I.
®) Schimper 1891. Siehe auch Karsten u. Schenck, Vegetationsbilder I.
47. Kap. Halophytische Landvegetation 411
gebildete Vegetation, die sich an die ‚Landseite der Mangrovensümpfe
anschließt und also an Lagunen und Sümpfen, aber meist auf trocknerem
und minder salzhaltigem Boden vorkommt; jedoch kann sie auch un-
mittelbar aus dem Wasser emporwachsen. Die Palme ist fast stammlos,
hat aber mächtige, 3—6 m lange, gefiederte Blätter und kann so dicht
wachsen, daß man sich nur mit der Axt einen Weg durch die Vegetation
bahnen kann, worin auch andere Arten, darunter solche der Mangrove,
als untergeordnete Bestandteile auftreten können (Fig. 203). Analog mit
dieser Vegetation ist die Bactris-Vegetation Südamerikas.
= Schimper erwähnt Nipa zuerst mit den Arten der Mangroven-
_ yegetation, kurz darauf sagt er, daß sie besser als eine eigene „For-
mation“ aufgestellt wird, zu der er auch Acrostichum aureum rechnet.
Schmidt?) trennt sie ebenfalls von der Mangrovenvegetation, rechnet sie
aber zu den Sumpfgebüschen des süßen Wassers, obwohl sie auch ge-
legentlich in den inneren Teilen der Mangrovenvegetation auftreten kann.
Auch Acanthus vlicifolius gehört nach ihm nicht zur Mangrove.
47. Kap. Halophytische Landvegetation
- Nachdem im Vorhergehenden die Vereine von in Salzwasser unter-
getauchten Pflanzen und die Vereine der Salzsümpfe besprochen worden
sind, kommen wir jetzt zu der Vegetation, die auf Böden wachsen, wo
- Land und Meer sich begegnen, also zu den auf salzhaltigem Boden des
trockneren Landes, auch des Binnenlandes, vorkommenden Pflanzen-
vereinen, welche ständig oder doch meist dem Luftleben ausgesetzt sind
und höchstens in kurzen Zeiträumen von salzigem Wasser bedeckt sind
(Terrestrische Vegetation).
Salzreicher Boden kommt auf der Erde an mannigfaltigen Stellen
vor, nämlich: längs den Küsten aller Ozeane und den Ufern salziger
Binnenseen, an Salzquellen, die aus der Erde hervorbrechen (z. B. an
vielen Stellen Mitteldeutschlands)?) und in den inneren, regenarmen
Teilen namentlich der großen Kontinente vermutlich z. T. auf altem,
trocken gelegtem Meeresboden, der vom Regen nicht ausgewaschen
werden konnte. Nach Bunge gibt es 9 solcher großen Salzgebiete, wo-
_ von jedes einzelne seine floristischen Eigentümlichkeiten hat: das Tief-
land Australiens, die Pampas, innere Teile von Nordamerika, westliches
Mittelmeergebiet, östliches Mittelmeergebiet, Südafrika, Gebiet des roten
Meeres, Gebiet des kaspischen Meeres, Zentralasien. Die Salze, um die
es sich hier handelt, sind besonders Kochsalz, Gips und Magnesiasalze.
2) Schmidt 1903.
2) Vergl. Ascherson 1859 und später; Petry 1889.
412 Serie der Halophyten
Die Einwirkungen des Salzes sind nicht nur auf die in nächster
Nähe der Meere liegenden Areale der Küsten beschränkt, wo Brandung ii
und Hochwasser den Boden mit Salz durchtränken können, oder wo das
Grundwasser in geringer Tiefe salzig ist; sondern Salzpartikel werden
auch von den Stürmen recht weit in das Land hineingeführt. So hat
z. B. Frödin gefunden, daß an der schwedischen Westküste bei dem Ge-
birge Kullen Salz in einer Höhe von 95 m und in einem Abstande von
500 m vom Meere nachweisbar war, daß weiter nördlich, dem Skagerak
gegenüber, der Einfluß zu wenigstens 3 km vom Strande reichte®).
Innerhalb dieses Gürtels hatten viele Pflanzen einen ungewöhnlich
großen Gehalt an Chlor, und dieser reichte hin, um den Pflanzen eine
deutlich xerophytische Ausbildung zu geben; der Boden wurde in höherem
Grade physiologisch trocken. Auch an der Westküste Jütlands nimmt
man in starken landeinwärts wehenden Stürmen die Salzpartikel inder
Luft viele hundert Meter vom Meere wahr, der Nebel ist salzig und die
Pflanzen können salzig schmecken.
Die Menge des Salzes ist recht verschieden. Nach Kearney finden
sich typische Salzpflanzen auf Sandstrand mit 0,003—0,15°/o Salz, aber
an Salzwiesen kann 0,29—2,6°o vorkommen und in den Salzwüsten im
Innern von Nordamerika 3—3,5/o.
Überall, wo der Boden salzreich ist, erscheint eine ganz besondere
Vegetation, die nur von einigen wenigen, bestimmten Familien zu
sammengesetzt wird und deren Formen in morphologischer und in ana- &
tomischer Hinsicht eigentümlich sind.
Eine bestimmte Anreicherung von löslichen Salzen muß statt- .:
gefunden haben, ehe eine halophytische Vegetation in die Erscheinung
tritt; die Natur des Salzes erscheint dabei einigermaßen indifferent; die
Vegetation stimmt in allen wesentlichen Teilen, z. B. unter folgenden
Standortsbedingungen überein?): Die Salzstellen von Ungarn werden
durch kohlensaures Natron beeinflußt, die von Siebenbürgen durch
Soda-Chlorid; bei Budapest an den Bittersalzquellen sind die Salze Soda-
und Magnesia-Sulphate. Die schädliche Wirkung der einzelnen Salze
unterscheidet sich sehr stark?).
Die Salzpflanzenvegetation ist gegen klimatische Einwirkungen in
hohem Grade unempfindlich, z. B. gegen die Höhe über dem Meere;
überall, in allen Weltteilen und Klimaten und in allen Höhen, die sie
erreichen kann, hat sie dasselbe Gepräge. Gewisse Arten haben sogar
eine sehr weite Verbreitung, z. B. Salsola kali (in vielen Gegenden wie
meist in Mitteleuropa kein Halophyt, sondern ausgeprägter Sandbewohner)
1) Frödin 1912.
”) Bernätsky 1905.
?) Kearney u. Cameron 1902.
47. Kap. Halophytische Landvegetation 413
und Glaux maritima, die nicht nur an den Küsten von Nordwesteuropa,
selbst an der regnerischen Küste Norwegens, sondern auch auf den
Salzsteppen von Tibet vorkommen; Salsola ist in Nordamerika auf Ge-
treidefeldern ein lästiges Unkraut geworden.
Für die Vegetation auf Salzboden ist ferner gemeinsam, daß die
Flora sehr dürftig und der Bestand meist sehr offen ist. Die
ausschließende, für viele Pflanzen giftige Wirkung des Salzes wurde
schon S. 98 behandelt. Es sei noch hinzugefügt, daß die Austrock-
nungsfähigkeit des Bodens eine Rolle spielt, indem eine geringe (an-
geblich 1/0) Salzmenge alle anderen Pflanzen außer den Halophyten
vertreiben kann, wenn er leicht ausgetrocknet ist, während, wenn dieses
nicht der Fall ist, 2—3°/o Salz erforderlich sind. Schweinfurth beob-
achtete noch Weizenbau auf Boden, dessen Wasser 3°/. Salz enthielt,
wenn der Boden dauernd feucht blieb.
Folgende Familien sind salzliebend: Chenopodiaceae, Aizoaceae,
Plumbaginaceae, Portulacaceae, Tamaricaceae, Frankeniaceae, Rhizo-
phoraceae und Zygophyllaceae. Außerdem sind folgende oft auf Salz-
boden vertreten: Cruciferae, Caryophyllaceae, Euphorbiaceae, Oyperaceae,
Gramina, Malvaceae, Primulaceae, Asparagoideae, Compositae u. a. m.
Ausgeprägt salzfliehend sind z. B. Betulaceae, Fagaceae, Pipe-
raceae, Urticaceae, Rosaceae, Ericaceae, Araceae usw. Auch Moose und
Flechten gedeihen auf Salzboden nicht.
Lebensformen und deren Anpassungen !)
Biologische Eigentümlichkeiten. In der Salzvegetation treten
sowohl ein- als auch mehrjährige Kräuter, ebenso Halbsträucher, Sträu-
cher und Bäume auf. Die Anzahl der einjährigen Arten scheint groß
zu Sein; so sind nach Masclef?) von den 35 an Salzboden gebundenen
Arten Nordfrankreichs 20 Arten mehrjährige, halb verholzende Kräuter,
die übrigen, also fast die Hälfte, einmal blühende Arten. Der Grund
für die verhältnismäßig große Menge dieser Arten ist nicht ganz klar;
wahrscheinlich wird sie nur mittelbar dadurch hervorgerufen, daß die
Salzbodenvegetation gewöhnlich sehr offen ist und also solchen Arten .
Platz bietet.
Eigentümlichkeiten des Baues.: Schon früher (Kap. 37, S. 312)
wurde auf eine gewisse Übereinstimmung in dem äußeren und dem
inneren Bau der Halophyten und Xerophyten hingewiesen. Im folgen-
den genannte, bei den Xerophyten auftretende, morphologische und
!) Hierzu kann verglichen werden: Areschoug 1902; Börgesen u. Paulsen 1900;
Diels 1898; Harshberger 1908, 1909; Warming 1897, 1906; Börgesen 1909; Chermezon
1910; Miss B. D. Cross 1910.
?) Masclef 1888.
414 Serie der Halophyten
anatomische Eigentümlichkeiten kommen auch hier vor'!). Der Grund Br
hierzu ist vermutlich, daß Salz den Boden physiologisch trocken macht.
Das augenfälligste Kennzeichen der Salzpflanzen ist, daß die aller-
meisten Suceulenten sind: Die meisten Arten sind Blattsaftpflanzen
(Grisebachs Chenopodeenform), einige sind Stammsaftpflanzen, z. B.
Salicornia und Caralluma-Arten (Asclepiadacee). Die Blätter sind dick
fleischig und hell, ganzrandig, mehr oder weniger durchscheinend.
Vergl. Fig. 14, 16. Blatttypen tropisch amerikanischer Halophyten sind. ;
Fig. 106, S. 224 abgebildet. Dies wird teils durch den großen Saftreich-
tum der Zellen und deren geringeren Reichtum an Chlorophyll, teils
durch die kleineren Intercellularräume verursacht. Es ist eine alte
Erfahrung, daß gewisse Arten sowohl in einer saftreichen, dickblättrigen
Strand- oder Salzvarietät, als auch in einer dünnblättrigen Landform auf-
treten (Beispiele Lotus cornieulatus, Geranium Robertianum, Convolwulus.
arvensis, Matricaria inodora, Hieracium umbellatum, Solanum dulca-
mara u.a.). Kulturversuche?), wie man sie auch vielfach in den botani-
schen Gärten beobachten kann, zeigen gleichfalls, daß gewisse Salzpflanzen
auf einem gewöhnlichen, salzarmen Boden dünnere Blätter erhalten und
auch andere Kennzeichen verlieren (Cakile maritima, Cochlearia lee x E
Salicornia herbacea, Spergularia media, Salsola soda u. a.), während =
sich andere Arten nicht oder doch weniger verändern, und daß um-
gekehrt gewisse Arten der Landpflanzen bei Kultur auf Salzboden (Be-
gießen mit Chlornatrium-Lösung) diekblättriger werden (z. B. Lotus
cornieulatus, Plantago major, Convolvulus arvensis u. a.). Diese Dick- 2
blättrigkeit wird besonders durch eine Vergrößerung der Zellen des
Mesophylis bewirkt; diese werden groß und rundlich; namentlich die =
inneren sind arm an Chlorophyll, werden sehr hell und bilden bei einigen %
ein echtes Wassergewebe (Fig. 95, 131, 129). In einigen Fällen tritt bei '@
zylindrischen Organen ein typisches Wassergewebe auf und wird von einem E
Palissadengewebe umgeben, z. B. bei Salsola kali?), Batis maritima*) und
in dem Stengel von Salicornia?); in anderen Fällen findet es sich ot der
Unterseite. Schleimzellen kommen auch, wie bei den Xerophyten, zur
Entwicklung. Bei einigen Arten schließen sich an die Nervenenden
Speichertracheiden mit Spiralfasern oder dieselben sind im Mesophyll
isoliert, ohne Verbindung mit den Nerven (bei Salicornia-Arten, Fran-
kenia, Statice, Limoniastrum u.a. Nach Duval-Jouve führen sie b
Salicornia bald Wasser, bald Luft’). Die Wanddicke und die Kutiku
‘) Warming 1897, 1906; Schimper 1891; Kearney 1900.
?) Batalin 1884; Lesage 1890; Boodle 1904.
®) Areschoug 1878.
*) Figur bei Warming 1890, 1897. Br
°) Duval-Jouve 1868; Volkens 1887; di 1906 (Fig. 77—84); u
Chermeson 1910. Er
47. Kap. Halophytische Landvegetation 415
larisierung der Epidermis sind bei den Suceulenten nicht bedeutend;
dies ist bemerkenswert und könnte darauf hindeuten; daß die Luft des
Standortes selten sehr trocken sei, hängt aber wahrscheinlich damit zu-
sammen, daß der Schutz gegen Verdunstung auf andere Weise erreicht
wird. Ausnahmen zeigen jedoch der Saxaulbaum u. a. Wüstenpflanzen.
Miß Ann C. Halket!) hat durch Experimente gefunden, daß die
Oberhaut bei Salicornia und Suaeda einen so großen osmotischen Druck
hat, daß sie nicht nur süßes Wasser, sondern auch salziges hindurch-
läßt und daß dieses während der Zeit der Flut die Pflanze mit Wasser
versorgen muß; das Wurzelsystem ist nur unbedeutend.
Die Spaltöffnungen liegen auf beiden Seiten und, nach den vor-
handenen, nicht zahlreichen Untersuchungen der eigentlichen, suceu-
_ lenten Salzpflanzen aus der Strandvegetation, gewöhnlich in dem oder
ungefähr in dem Niveau der Oberfläche, nicht eingesenkt.
Ferner ist das Palissadengewebe der Salzpflanzen mächtig.
Lesage?) hat durch Versuche gezeigt, daß die einzelnen Zellen höher
_ werden, daß oft auch Querteilungen stattfinden; das Salz wirkt mor-
4 phologisch ungefähr ebenso wie Sonnenlicht. Die Blätter sind häufig
S - isolateral (über die Anatomie siehe Warming, Chermezon, Harshberger 1909).
Die Intercellularräume werden klein (Lesage).
: Die succulenten Salzpflanzen haben in der Regel eine dunkel-
& grüne Farbe, die später oft in Gelbgrün oder Rot übergeht; wenn
alles andere durch die Sonne verdorrt worden ist, bilden sie auf salz-
haltigem Boden, z. B. in gewissen Steppen um das kaspische Meer, das
einzige Grün, dem das Auge begegnet. Lesage hat durch Versuche
_ hachgewiesen, daß der Chlorophyligehalt durch vermehrten Salzgehalt
bisweilen abnimmt, indem die Chlorophylikörper kleiner oder weniger
zahlreich werden. Damit scheint die von Griffon?) gefundene Tatsache,
übereinzustimmen, daß bei derselben Art die assimilatorische Tätigkeit
geringer ist bei der an salzhaltigen Stellen lebenden Form als bei der
gewöhnlichen.
Wachsüberzüge findet man bei recht vielen Arten, die dadurch
eine bläuliche und matte Farbe erhalten (Eryngium marilimum, Triti-
cum junceum, Elymus arenarius, Crambe maritima, Mertensia maritima,
Glaueium flavum, Spinifex squarrosus u. a.).
Die meisten Salzpflanzen sind kahl. Einige Arten sind
jedoch behaart, aber seltener weichhaarig oder grauhaarig (Kochia hir-
suta, Senecio candicans). Die behaarten Salzpflanzen sind gewiß be-
sonders Sand- oder Felsenpflanzen; oft haben sie besondere Wasser-
1) Halket 1911.
?2) Lesage 1890.
®) Griffon 1898.
416 Serie der Halophyten
haare (S. 250), deren große, kugelige, dünnwandige, perlenähnliche, mit
Saft erfüllte Endzellen („Mehl“) abfallen oder die zu einer mattgrauen
Decke einschrumpfen (Atriplex-Arten, Obione portulacoides, Mesem-
brianthemum) }).
Die Verholzung ist im ganzen gering, namentlich bei den suc-
culenten, und hierin besteht eine Abweichung gegen die Xerophyten.
Es gibt zwar mehrere dornige Arten, meist mit Blattdornen (Salsola
kali, Eryngium maritimum, Echinophora spinosa, Carthamus lanatus
u.a.); diese Arten sind jedoch vielleicht an Sandboden gebunden, dem 4
dann das Auftreten der Dornen zugeschrieben werden müßte. Stein-
zellen kommen bei einigen im Mesophyll vor, doch wohl besonders bei
Holzpflanzen der Salzwüsten und sandigen Strandgebüschen, welche
weniger halophil sind.
Die äußere Form der Halophyten. Hier sei zunächst erwähnt,
daß die Höhe der Pflanzen nach Versuchen von Lesage bei gewissen
Arten, z. B. bei Lepidium sativum, auf Salzboden abnimmt. Die Halo-
phyten erreichen in der Regel ebenfalls weder eine große Höhe noch
einen großen Umfang. Auch aus Versuchen Stanges?) und anderer geht
hervor, daß konzentrierte Nährlösungen (nicht nur von Kochsalz, son- 4
dern auch von Salpeter und Glycerin) das Längenwachstum hemmen,
während das Diekenwachstum nicht immer größer wird. Auffällig ist, °
daß manche einjährige Ackerpflanzen auf dem salzigen Schlick der
Nordseeküste in Zwergformen auftreten, die nur wenige Blätter und oft
nur eine Blüte resp. Frucht erzeugen; am auffälligsten war dies an
Sinapis alba, deren fruchtende Pflänzchen z. T. noch die Keimblätter
besaßen. re
Die Blätter. Weiter findet man bei den Halophyten dasselbe 4
Bestreben nach Oberflächenverminderung wie bei den Xerophyten; es 4
zeigt sich namentlich darin, daß die Blätter klein bleiben (s. Fig. 106, 9
.8. 224). Versuche von Lesage zeigen, daß viel Salz im Boden die Blätter
kleiner und gleichzeitig dieker macht. Oft sind sie linealisch und halb-
- stielrund (Suaeda, Portulaca, Salsola usw.); die spatelförmige und
die längliche Form sind sehr häufig’). Die Blätter sind selten ein-
geschnitten, sondern gewöhnlich ungeteilt und ganzrandig. Einige
Pflanzen sind schuppenblättrig, z. B. Tamarix (s. Fig. 101C, 125): 4
andere werden fastblattlose Stammsaftpflanzen, z. B. Salicornia, Haloc--
nemum, Arthroenemum, Haloxylon; oder sie bleiben saftarm, wie
Ephedra und Casuarina.
1) Anderen Blattbau vergl. Warming 1897, 1906, Harshberger 1909, Chermezon
1910, Miss Cross 1910. F
2) Stange 1892.
®) 16 Abbildungen vergl. bei Warming 1897 (trop.-amerikan. Typen).
47. Kap. Halophytische Landvegetation 417
Die ericoide Blattform (S. 220), auf der Blattunterseite mit einer
behaarten Furche, worin die Spaltöffnungen liegen, haben Niederleinia
juniperoides (eine Frankeniacee der argentinischen Salzsteppen), Fran-
kenia-Arten u.a. Bei einer Zippia-Art (L. [Acantholippia] Riojana,
einer Verbenacee) liegen die Blätter dem Stengel aufwärts an; zwischen
dem Blatte und dem Stengel treten Haare auf, und auf der assimilie-
renden Außenseite findet man tiefe, behaarte Furchen.
. Sehr häufig nehmen die Blätter eine ähnliche aufrechte Stellung
-_ ein wie bei vielen Xerophyten, so daß die Lichtstrahlen sie bei dem
höchsten Stande der Sonne unter spitzen Winkeln treffen, und hiermit
geht dann ein isolateraler Blattbau einher; Beispiele sind Atröplex
_ (Obione) portulacoides, Suaeda maritima, Sesuvium portulacastrum, ein
Teil der Arten der Mangrovenvegetation!). Vergl. Fig. 107, S. 225.
Die Stengel der Halophyten sind oft niederliegend, von einem
_ gemeinsamen Ausgangspunkte, dem Grunde der Hauptachse, nach allen
Seiten ausgebreitet; auch die Hauptachse ist niederliegend. Dieses
_ beobachtet man bei Atriplex-, Suaeda-, Salsola- und anderen Cheno-
podiaceen-Arten, ferner bei Polygonum persicaria, P. Raji und Ver-
_ wandten, sSenecio vulgaris und anderen Pflanzen unserer Küsten. Es
_ wird nicht durch den Wind verursacht, weil keine bestimmte Richtung
h der Stengel vorherrscht; die große Unregelmäßigkeit deutet auf lokale
_ Verhältnisse hin, die gewiß in der verschiedenen Erwärmung des oft
‚steinigen Bodens bestehen.
Die meisten behandelten Eigentümlichkeiten des Baues findet man
_ auch bei den Xerophyten. Es besteht also eine bemerkenswerte Über-
_ einstimmung zwischen Halophyten und Xerophyten; in der Tat trocknen
beide langsam ein, wenn sie starker Verdunstung und Trockenheit aus-
gesetzt werden; wer suceulente Arten getrocknet hat, weiß dieses aus
Erfahrung. Bei dem langsamen Trocknen sind jedoch nicht nur die
besprochenen Schutzeinrichtungen gegen starke Transpiration wirksam,
a sondern bei den Halophyten wohl auch in hervorragendem Maße der
salzige Zellsaft, da dieser langsamer verdunstet als reines Wasser. Auch
in floristischer Hinsicht ist Gemeinsames nachgewiesen worden, z.B. das
Vorkommen derselben Arten in der Strand- und der Gebirgsvegetation;
besonders auffällig ist in dieser Beziehung das gleichzeitige Vorkommen
der Cochlearia-Arten auf den Spitzen des Schottischen Hochlandes oder
in arktischen Gebirgen und im Flutgebiet der Fjorde.
Was ist nun der Grund für diese merkwürdige Über lartiuinung
zwischen Pflanzen, die auf sehr trocknem Boden und in sehr trockner
Luft wachsen, und solchen Pflanzen, von denen sich viele ganz gewiß
‚unter ähnlichen Verhältnissen entwickeln (Vegetation der kontinentalen
!) Vergl. darüber Johow 1884; Karsten 1891; Warming 1897 b; Schmidt 1899, 1903.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 27
418 Serie der Halophyten
Salzsteppen), andere hingegen an Küsten wachsen, wo die Luft durch-
aus nicht trocken ist und der Boden wasserreich sein kann, zeitweise
sogar vom Meere überspült wird (z. B. die Salicornia-Vegetation an
den Küsten der Nordsee während der Flut, Cochlearia und Ligustiew
[Haloscias] Scoticum in den norwegischen Fjorden), oder beständig
Wasser wachsen, wie die Mangrovenpflanzen? Die Antwort hat Se
zu geben versucht.
Er weist zunächst auf den schädlichen Einfluß hin, den das Salz
im Zellsafte auf die Assimilation und auf das Leben im ganzen ausübt
Salz wird ein Gift für die Pflanze, da es leicht in zu großer Menge
aufgenommen wird und dann tödlich wirkt. Um zu vermeiden, daß :
viel Salz durch die Transpiration emporgehoben und in den Zellen auf
gespeichert werde, müßten sich die Pflanzen, nach seiner Erklärung
gegen zu starke Transpiration schützen, und daher würden die vielen
genannten Schutzeinrichtungen ausgebildet. Es muß zweifelhaft er-
scheinen, ob diese Erklärung richtig ist.
Nach experimentellen Untersuchungen von Delf ?) transpiie
Salicornia annua und Suaeda maritima ebenso stark oder noch stärk
als ein typischer Mesophyt wie Vicia faba. Im nicht turgeszentem Zu
stande können sie Wasser durch die ganze Oberfläche aufnehmen. Dis
stimmt mit dem obenerwähnten Baue der Epidermis.
Stahl?) hatte gefunden, daß die Spaltöffnungen bei Balophyiai
immer offen sind und somit nicht imstande sind, die Transpiration
regulieren. Nach anderen*) ist das aber nicht der Fall. Die Spalt
öffnungen von Salicornia und Aster tripolium sind nach Delf ober-
flächlich gelegen, öffnen und schließen sich wie bei Mesophyten und
sind empfindlich gegen Licht und gegen Änderungen der Luftfeuch
keit. Die echten Xerophyten Sedum acre und $. album verhal
sich ganz ähnlich, auch sie zeigen eine starke Transpiration.
Spaltöffnungen von Suaeda und Atriplex portulacoides fand Delf
-mals offen. |
Über den Stoffwechsel der Halophyten vergl. Diels°), nach des
Untersuchungen es wenig wahrscheinlich erscheint, daß die Xerophyti
struktur die Anhäufung der Chloride dauernd hindern kann, zu
da in allen Halophyten eine dauernde Zersetzung der Be
stattfindet.
Viel wahrscheinlicher als Schimpers erste Erklärung ist eine ande
von ihm angedeutete Ansicht, daß die Schutzeinrichtungen gegen st&
!) Schimper 1890, 1891, 1898.
2) Delf 1911.
®) Stahl 1894.
*) Rosenberg 1897; Diels 1898b; Benecke 1901.
°) Diels 1898 b.
En
u ae un ee m arte? u
48. Kap. Formationen der Strandfelsen 419
Transpiration vielleicht dadurch bedingt seien, daß die Wasseraufnahme
aus einer Salzlösung für die Pflanzen schwierig ist (was Sachs 1859
nachgewiesen hat)!).
Die Frage über die Anpassungen der Halophyten, namentlich der
& succulenten auf feuchtem Boden wachsenden, ist noch gar nicht gelöst.
Es wird notwendig werden, die succulenten von den auf andere Weise
xerophytisch ausgebildeten Arten zu trennen und zu studieren, um die
& Ökologie der ersteren besser verstehen zu können.
Die Vegetation der Land-Halophyten läßt sich in folgende For-
mationen gliedern:
1. Formationen der Strandfelsen und des Strandgerölles (Lito-
phile Halophytformationen); (48., 49. Kap.).
2. Litorale Formationen des salzigen Sandbodens (Psammophile
Halophytformationen); (50. Kap.).
a) Formation der Sandalgen.
b) 5 „ Sandkräuter.
ce) . „ Gebüsche auf Sandstrand.
d) 3 „ Wälder auf Sandstrand.
3. Litorale Formationen auf salzhaltigem, tonigem Boden (Pelo-
phile Halophytformationen) 51. Kap.
4. Salzvegetation des Binnenlandes; Salzsteppen; Salzwüsten
(52. und 116. Kap.).
48. Kap. Formationen der Strandfelsen
Felsenliebende Vereine. Auf Felsen am Meere können die Pflanzen
aus zwei Gründen einen xerophilen Bau erhalten; ein Grund ist die
Felsennatur im allgemeinen (S. 197 und Kap. 92), der andere die Nähe
des Meeres. Der Gischt der Brandung und die vom Wellenschaume und
vom Winde auf den Pflanzen abgesetzten Salzteilchen rufen eine rein
halophytische Vegetation oder jedenfalls eine floristische Modifikation
der Felsenvegetation hervor, indem ihr Halophyten beigemischt werden.
Schon oben ($.382—383) wurde erwähnt, daß solche der Einwirkung
salzigen Wassers ausgesetzten Felsen salzliebende Algen in bedeutender
Höhe über dem höchsten Punkt der Flut und selbst höher als der
_ Wellenschlag zu tragen vermögen (aörophile oder a&robiotische Algen).
Es bildet sich an solchen Strandfelsen eine eigentümliche Vege-
tation aus, welche in Übereinstimmung mit dem verschiedenen Abstande
vom Meere gürtelartig entwickelt ist und sowohl aus Algen und
Flechten, als aus Blütenpflanzen gebildet ist?).
1) Vergl. auch Hedgecock 1902.
?) Vergl. Warming 1906; Gallöe 1908; Sernander 1912; Hayren 1914.
27*
420 Serie der Halophyten
Zu unterst kann ein Brandungsgürtel (Wellengürtel) unter
schieden werden, welcher an der gewöhnlichen Hochwasserlinie anfäng
und unter Umständen viele Meter hoch werden kann, z. B. auf deı
Färöern!).
Über diesem kommen andere Gürtel zur Ausbildung, die von er
Schroffheit der Felsen, der Tiefe des Meeres, dem Salzgehalt des Was
und von der Heftigkeit der Stürme abhängig sind; zu unterst ei
„Spritzgürtel“ bis zur Höhe, bis zu der das Wasser spritzt. Höheı
resp. mehr oder weniger weit landwärts werden noch Salzpartikel v
Winde geführt, durch welche der Boden salzhaltig werden er; un
daher auch der Pflanzenwuchs beeinflußt wird ?). |
Assoziation: Verrucarietum Maurae. (Photograph unboKeE
Als solche Gürtel lassen sich nach Sernander und Hayren unt
scheiden, z. B. der Grenzgürtel auf sanft geneigten Flächen an
Spritzwassergrenze (Hayren), der supramarine Meeresgürtel u
der supramarine Binnenlandsgürtel; sehr eingehend sind
Assoziationen aller Gürtel von Hayr&n besprochen worden.
Auf den Küstenfelsen von Bornholm in der Ostsee, auf d«
Kullen an Schwedens Westküste, sowie an anderen schwedischen Küst
finden sich nach Warming°):
1. Unterst Assoziationen von Algen und Krustenflechten (Lichin
Ephebe, Verrucaria).
1) Börgesen 1905.
2) Frödin 1912.
?) Warming 1906.
48. Kap. Formationen der Strandfelsen 421
2. Über dieser ein Verrucarietum Maurae, welches ein kohl-
schwarzes Band auf dem Felsen in einer geringen Höhe über dem Meere
bildet; es entspricht dem Brandungsgürtel. Diese Assoziation verlangt
offenbar, ab und zu vom Wellenschlage benetzt zu werden; Trockenheit
erträgt sie nicht; starkes Licht scheint sie auch nicht nötig zu haben.
Ihre Höhe hängt ab von der Exposition gegen die Sonne, von der Stärke
des Windes und der Brandung. Sie ist an der Nordseite der Felsen am
schönsten entwickelt; an der Südseite namentlich dort, wo sie gegen
starkes Sonnenlicht geschützt ist (Fig. 204).
Fig. 205. Senkrechte Felsen auf Bornholm (Ostsee). Links das Meer. Assoziationen von
Ramalina scopulorum (links) und Krusten und Blattflechten; rechts vor diesen: Xan-
ihoria parietina, Parmelia saxatilis, P. omphalodes, P. olivacea, Physcia aquila, Rubus
plicatus u.a. (Phot. Eug. Warming.)
3. Über dieser Assoziation folgt wieder eine von krustenförmigen
Flechten, nämlich eine braungelbliche von Placodium murale gebildete,
_ der Spritzgürtel. Hier ist mehr oder weniger die Blattflechte Xanthoria
_ Darietina eingemischt. Hayren hat hier mehrere Assoziationen beobachtet.
4. Noch höher folgt eine Assoziation aus strauchförmigen Flechten,
nämlich ein Ramalinetum, aus Ramalina scopulorum gebildet (Fig. 205).
Die Wirkung des salzigen Wassers ist hier weit geringer, aber doch noch
merklich. Auch eine Reihe anderer Flechten findet sich hier, welche
nicht zu den Halophyten gerechnet werden können. Die Zahl der Blatt-
flechten wird allmählich größer. Es lassen sich nach Frödin dünne Über-
‚züge von Salz noch in einem Abstande von mehreren hundert Metern vom
Meere nachweisen. Frödin hat gefunden, daß R. scopulorum eine Leit-
«
422 Serie der Halophyten
pflanze ist für das Windsalzgebiet. Der Salzgehalt, die Größe und Frucht-
barkeit dieser Pflanze nimmt deutlich mit dem Abstande vom Meere ab.
In den ersten beiden Flechtengürteln wachsen in den Felsspalten
salzliebende Blütenpflanzen, wie Matricaria maritima, Aster tripolium,
Statice, Silene maritima, Arten von Atriplex. u. a.. Etwas höher erlise
die Wirkung des Salzes und die Vegetation der Küstenfelsen wird denen
des Binnenlandes gleich). E
Unter den salzliebenden Pflanzen an der Küste von Bornholm karl
ein Moos genannt werden, Grimmia maritima, welches in kleinen Polstern
auf den Strandfelsen im supramarinen Meeresgürtel auftritt.
Vergl. Fig. 76, 8. 184; zwischen Grimmia maritima sind dort zu
bemerken Plantago coronopus, Festuca rubra (links oben) und auf den 7
Steinen Lecanora atra, Aspieilia einerea, Xanthoria parietina, Five j
aquila, Parmelia omphalodes, Ramalina scopulorum u.a. 4
Über die finnländischen Strandfelsen vergl. die schöne Arbeit von
Hayren 1914. 3
Hayren hat auch die aufeinander folgenden Assoziationen in dor ’
Vegetation der finnischen Strandfelsen studiert. „Der Landhebung zu-
folge werden die Felsen immer höher über den Meeresspiegel empor-
gehoben, d. h. auf einem bestimmten Flecke wird die Wirkung des
Meereswassers im Laufe der Zeit abgeschwächt und die Bedeutung d
atmosphärischen Agentien vergrößert. Der anfangs glatte Felsen wi
rauh. Durch Verwittern und die Arbeit der Pflanzen wird immer mehr
Bodenmaterial herbeigebracht, das vom Winde in den Spalten und ver
tiefungen der Felsen angehäuft wird. Die Vegetationsbedingungen
verändern sich stetig, und dies gibt Anlaß zum Einwandern neuer
Pflanzenarten, die vielleicht einst wieder von anderen Arten verdrängt
werden.“ „Gemäß der Verteilung der Standorte und ihrer verschieden-
artigen physikalischen Bedingungen läßt sich diese Entwicklung der
Vegetation nach drei Hauptreihen verfolgen: die Serien der Felsen-
- Hächen, diejenigen der Spalten und die der Vertiefungen. In jeder Serie
folgen mehrere Assoziationen regelmäßig aufeinander, und die Reihen-
folge sowie der Gang der Entwicklung werden hauptsächlich vs 4
drei Faktoren bestimmt: 1. den nach oben geringer werdenden Wirkung s-
grad des Salzwassers, 2. die wachsende Menge des losen Bodenmateri
und 3. den Feuchtigkeitsgrad der Oberfläche.“ „Bei fortschreitenden ar
Entwicklung bemerkt man eine Tendenz zu demselben Ziele, und zw
zum Überziehen des Felsens mit der Vegetation der trocknen Fels
heide (Oladina und Calluna), die in der Tat auf bedeutenden Area
der waldtragenden Schären zu finden ist.“ |
Koprophile Assoziationen (Vegetation der Vogelsitzplätze).
eine eigene Formation sind vielleicht anzusehen die von Sernander und
?) 'Warming 1906.
48. Kap. Formationen der Strandfelsen 493
Hayren besprochenen Assoziationen von nitrophilen Lichenen, welche
besonders auf Küstenfelsen vorkommen, auf Vogelbergen und Vogel-
klippen, wo die Seevögel sich niederzulassen pflegen und wo sie mit
ihren Exkrementen düngen. Der Standort muß ja hier wesentlich durch
den Dünger der Vögel und die Überreste ihrer Mahlzeiten geändert sein.
Sernander unterscheidet dabei zwischen ornithokoprophilen Vereinen und
koniophilen, welche letztere den vom Winde hergeführten Staub als Stick-
stoffquelle benutzen. Solche Vereine sind aber nicht ausgesprochen litorale,
auch im Binnenlande, weit vom Meere entfernt, kommen sie vor.
Über die Vegetation an den Strandfelsen Schwedens vergl. Ser-
nander 1912, über die Finlands Hayren 1914.
Fig. 206. Ein Exemplar von Pinus Halepensis, durch die Stürme ein dichtes, nur
wenige Meter hohes Gestrüpp bildend; Felsen des Cap Martin an der Französischen
Riviera. (P. Graebner phot.)
Im besonderen kann erwähnt werden, daß Porsild auf Disko in
Grönland eine wesentliche Änderung der Flechtenvegetation an den-
jenigen Strandfelsen beobachtete, auf welche die Eskimos ihre gefangenen
‚Fische zum Trocknen hinlegen (Fig. 17 in 1902).
Die maritimen und marinen Flechten an den Küsten von Dublin
hat Matilda Knowles studiert und abgebildet 1913. Sie unterscheidet
folgende Gürtel der „siliceous rocks“ von oben nach unten gerechnet:
1. Der Ramalina-Gürtel, mit einer oberen und einer unteren Abteilung
und verschiedenen untergeordneten Arten; 2. der Orange-Gürtel, mit
verschiedener Breite der Küste ringsherum, gebildet namentlich von
Physeia parietina und Arten von Placodium; 3. der Lichina-Gürtel
424 Serie der Halophyten
mit der semimarinen Lichina confinis und der marinen L. pygmaea; 4. der
Verrucaria-Maura-Gürtel, welcher normal über Pelvetia canaliculata
und zwischen höchster Ebbe und höchster Flutmarke legt; 5. der Gürtel
der marinen Verrucaria-Arten, der jeden Tag für längere oder
kürzere Zeit vom Flutwasser bedeckt ist. Die herrschenden Arten sind
Verrucaria microspora, V. striatula und V. mueosa, auch Arthopyrenia
halodytes u.a. Auf Kalkfelsen verhielt diese Lichenenformation sich anders.
In Nordamerika hat Cannon ähnliche aus Flechten an Strandfelsen
gebildete Assoziationen erwähnt, zu unterst eine Lichina-pygmaea-Asso-
ziation, als höhere Stufe Lichina confinis.
Eine gleichfalls ähnliche Vegetation bewohnt die Adriatischen Kästen:
auch hier bekleidet Verrucaria Maura mit ihren oft „pechschwarzen
Krusten“ die Felsen und in den Spalten der Klippen leben fleischige:
Halophyten, Kräuter und Sträucher, wie Orithmum maritimum, Statice
cancellata, Inula erithmoides, Alhrocnemum glaueum u.a...
In Madeira leben an dem Salzwasser ausgesetzten Fee wenige
sueeulente Arten. Hier und da heben sich einzelne Individuen ab von
Mesembrianthemum nodiflorum, Portulaca oleracea, Beta maritima. od .
Crithmum maritimum?). Auf den Kanarischen Inseln wachsen an un-
zugänglichen Felsen, die dauernd durch die Salzwasserspritzer der.
Brandung naß sind, zahlreiche Arten von Statice, welche hellgrüne
Blattrosetten bern und blau, rot oder weiß blühen; ihre |
bespritzt werden, beherbergen nach Se auch Be Ei en
bromeliaceen. Fu
Schimper u. a.) machen darauf aufmerksam, daß man hier, wi
natürlich auch bei anderen felsenbewohnenden Formationen u
und solchen (Chanson welche im Erdboden wurzeln, der sich ü
den Felsspalten angesiedelt hat. |
Die Vegetation der Felsspalten (Chasmophyten). Mit | de v
Schimper*) gebildeten Namen Chasmophyten bezeichnet man die Pflanz
welche in den Spalten der Felsen Fuß gefaßt haben. Hier sind.
2) Beck 1901.
2) Vahl 1904 b.
2) Christ 1885; C. Schröter 1908.
*) Schimper 1898; Cockayne 1901; Oettli 1903; Chermezon 1910; Cra
ton 1911.
425
er Strandfelsen
1
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Format
PLLZILLE
IIIr
ın-
lden Kohls (Brassica oleracea) an den Sandste
i
felsen von Helgoland.
des w
Massen -Vegetation
Fig. 207.
l. Biologischen Anstalt.)
..
önig
(Mit Genehmigung der K
426 Serie der Halophyten
ökologischen Verhältnisse ganz verschieden von den auf dem festen
harten Fels herrschenden, weil Detritus, Erde und auch Humus sich
hier anhäufen kann, und eine mehr oder weniger große Feuchtigkeit
hier dauernd bewahrt werden wird, da der die Spalten einschließende
Fels die Verdunstung verhindert. Fig. 206 bis 209.
Fig. 208. Einzelne blühende Pflanze des wilden Kohls (Brassica oleracea)
auf Helgoland.
(Mit Genehmigung der Königl. Biologischen Anstalt.)
Die Arten, welche die Spalten der Strandfelsen bewohnen, sind
mehr oder weniger halophil; man kann hier oft ein Gemisch finden von
deutlichen Halophyten und Pflanzen des Binnenlandes, welche gar nicht
halophytisch sind, aber doch Salzstaub des Meeres und salzige Nebel
vertragen können.
48. Kap. Formationen der Strandfelsen 497
Zu den deutlichen Halophyten der Felsspalten müssen in Nord-
europa z. B.. folgende Blütenpflanzen gerechnet werden: Aster tripolium,
Silene maritima, Triglochin maritimum, Spergularia marina, Festuca
thalassica (Glyceria marilima) und F. distans. Es sind dies also Arten,
die gar nicht für die Strandfelsen besonders charakteristisch sind, son-
dern auf anderen Formationen am Strande vorkommen, wie z. B. in den
Strandwiesen. Brassica (Fig. 207, 208) nur an Felsen.
Sehr eingehend werden die Formationen und Assoziationen der
verschiedenen Gürtel der Strandfelsen Finlands von Hayr&en 1914 be-
handelt.
Fig. 209. Felsenküste auf St. Croix (Dänisch-Westindien) mit Agave, Cereus,
Plumieria u.a. (Phot. Dr. F. Börgesen.)
Im übrigen mag auf das über die‘ Felsenvegetation des Binnen-
landes Gesagte verwiesen werden (Kap. 92 ff.).
Formation der am Strande liegenden Felsenblöcke und großen
abgerundeten Steine (Fig. 175, 176, S. 346). An den nordeuropäischen
Küsten trifft man hier und da große Anhäufungen von abgerundeten
Moränen-Blöcken, wie z. B. auf Bornholm, an der deutschen Ostsee-
küste usw. An anderen sind es eckige, von den Felsenküsten herab-
gestürzte Steine, welche den Strand bedecken. Auch an vielen anderen
Felsenküsten ist dieses der Fall, so z. B. auf den dänischen westindischen
Inseln. Zwischen den Blöcken sammeln sich oft Sand und Pflanzenreste,
namentlich solche von Algen an. Auf einem derartigen Boden entwickelt
428 Serie der Halophyten
sich eine Vegetation, die eigentlich mehreren Formationen angehört, und
zwar einerseits der typischen Felsenformation, andererseits den For-
mationen des losen Bodens. Kräuter, Sträucher und selbst Bäume
welche wohl größtenteils halophil sind, bilden das Gemisch').
49. Kap. Formationen des Strandgerölles
Geröll-Formationen (Strandwälle). Wo der Wellenschlag stark ist,
wird der Sand weggespült und der Strand wird dann oft nur aus s
gerollten und abgerundeten, größeren oder kleineren Steinen bestehe
welche, wenn sie kleiner sind, durch jeden starken Wellenschlag ras-
selnd und lärmend hin und her bewegt werden. Oft werden gerade aus-
gestreckte und recht hohe Standwälle aus Sand und kleinen bis etwa
faustgroßen Steinen aufgeworfen. An tropischen Küsten sind oft größere
und kleinere Korallenblöcke eingemischt, oder die Wälle bestehen über-
wiegend aus Kalkresten der Seetiere. Auch in Nordeuropa werden
solche Wälle aus den Kalkschalen von Muscheln und Konchylien ge-
bildet. Auf solchen Wällen werden bisweilen große Massen von ‚Über-
resten der Seetiere und von Algen ausgeworfen und können dadurch.
die Natur des Geröllbodens: verändern (Fig. 210, 211).
In England haben Oliver, später Salisbury, Hill und Hanley 2
gründliche Studien über die allgemeine Morphologie und Wachst
der Strandwälle publiziert. Die beiden letzteren haben namentlich Ä
Wassergehalt bestimmt, das Wasserniveau, die Verschiedenheiten in
Verteilung des süßen und salzigen Wassers usw. Das süße Wasser
ein „lokales Produkt“, d.h. ist ohne Verbindung mit dem süßen Wasseı
des Inlandes. Der Winterregen und der Schnee scheint den g i
Beitrag zur Menge des süßen Wassers zu liefern, aber auch d Ta
scheint ein sehr wichtiger Faktor zu sein. Zwischen den vielen kleir
Steinen wird das Wasser lange aufgespeichert und ruft eine mesı hy
tische Vegetation hervor, z. B. von Silene maritima und Lathy
maritimus, welche die Schafe in den heißesten Trockenzeiten auf: ch
An der Küste der Nordsee haben die englischen Forsch
schiedene Typen von Strandwällen (Shinglebanks) und die gürtelförm
Anordnung der Assoziationen nachgewiesen, namentlich in Norf
Weybourne-Blakeney, wo ein solcher Wall von ca. 13 km Ausdehn
längs der Küste vorkommt. Die Flora ist verschieden je nach der H
des Walles. Die niederen Teile desselben, welche vom Hochw
überflutet werden, tragen eine halophytische Vegetation, währen( a
1) Vergl. Börgesen 1909, Raunkiär 1909 a.
?) Oliver. 1912, 1913, in Tansley 1911, Oliver und Salisbury 1914, IE
Hanley 1914.
49. Kap. Formationen des Strandgerölles 429
Fig. 210. Strandwall auf der dänischen Insel Langeland.
(Phot. P. Harder, Juli 1904. Aus Warming 1906.)
Fig. 211. Strandwall aus kleinen Steinen gebildet im nördlichen Jütland;
bewachsen mit Hippophaes rhamnoides, Glaueium luteum. Im Vordergrunde
eine Strandwiese. (Phot. Eug. Warming, August 1902.)
430 Serie der Halophyten
höheren und außerhalb des Bereiches des Seewassers liegenden von
Nicht-Halophyten bewachsen sind, die sogar teilweise vom Salzstaub
in stürmischem Wetter getötet werden, so z. B. Rumex erispus var.
trigranulatus. Unter den Halophyten muß Suaeda fruticosa hervor- \
gehoben werden, welche oft Gebüsche von 0,6 m Höhe bildet und ein
starkes Verjüngungsvermögung besitz. Auch Honckenya (Arenaria)
peploides kann recht dichte Assoziationen bilden, sonst ist die Vegetation
sehr offen, die Pflanzen wachsen sehr zerstreut, von nackten Geröll-
steinen getrennt. E
Bis jetzt liegen nur wenige ökologische Studien über solche
Strandwälle vor; vorausgesehen werden kann, daß die Lebensformen
recht verschieden sein werden, und ihre Anpassungen recht verschieden
seien. Zwischen den Steinen wird bedeutende Feuchtigkem zurück- =
gehalten werden können. E
An den dänischen Küsten finden sich derartige Wälle, die haupt-
sächlich nur mit krautartigen Pflanzen bewachsen sind, andere aber
auch, wahrscheinlich ältere, auf welchen sich ein Gebüsch aus niedrigen
Sträuchern gebildet hat, z. B. aus Hippophae rhamnoides‘). Diese Art
zeigt übrigens durch ihre Verbreitung, daß sie salzhaltiges Grundwasser I
vertragen kann, aber trotzdem von Salz ganz unabhängig ist?). %
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens
Wir gehen jetzt zu den aus losen Materialien gebildeten Böden
mit halophiler Vegetation über, zu den alluvialen Strandbildungen, von
denen einige periodisch vom Salzwasser überflutet werden (Aestuaria). “
Andere etwas höher gelegene werden zwar nicht auf diese Weise vom
Salzwasser beeinflußt werden, die sie bewohnenden Pflanzen erreichen a
aber mit ihren Wurzeln das salzige Grundwasser oder die oberirdischen F
Teile werden vom Schaume der Wogen und von salziger Luft, die vom
Winde herbeigetragen wird oder von salzigen Nebeln beeinflußt. Im be
Innern der Kontinente gibt es vielfach seichte Salzseen und Salztümpel,
die im Sommer ganz oder fast ganz austrocknen, und deren E-
nete Böden von Salz imprägniert sind. 2
Der Boden kann aus Sand (Kieselsand, Korallensand) gebildet a
sein, oder auch aus Schlamm, Ton, Lehm, schließlich kann er auch
ein unbestimmbares Gemisch von allen sein. D
Es zeigt sich, daß verschiedene Arten sowohl auf Sand, wie auf
Schlamm oder auf toniger Erde gut gedeihen; z. B. Salicornia herbacea
oder an der französischen Mittelmeerküste Salicornia glauca; es finden ei.
!) Warming 1906, Fig. 29; 1909, Fig. 99—102. E
?) Vergl. z. B. Palmgren. Eu
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 431
sich Salicornieta von dieser Art an einigen Stellen auf reinem Sande,
der fest ist, weil er feucht ist, an anderen auf lehmigem Boden. Für
solche Pflanzen scheint die Feuchtigkeit des Bodens maßgebend zu sein.
Vergl. Fig. 170, S. 339.
Es ist unmöglich, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen den
verschiedenen losen Böden, welche salzliebende Pflanzen tragen; an
geschützten Stellen findet man sehr feinkörnige Böden aus Schlamm
und Lehm oder Ton gebildet, auf Stellen, welche dem Wellenschlage
und den Winden mehr ausgesetzt sind, wird der Boden vorzugsweise
Fig. 212. Sandwatte auf Manö, dänischer Nordseeinsel. Die blaugrünen Algen haben
Krusten auf dem Sande gebildet, welche teils durch ihre Farbe hervortreten, teils da-
durch, daß sie vom Wellenschlag bei Hochwasser teilweise zerstört worden sind.
(Phot. Eug. Warming.)
aus Sand und Grus oder kleinen Steinen bestehen; und endlich gibt es,
wie in Kap. 49 erwähnt, Strandwälle, die hauptsächlich aus kleinen
Steinen, Schalen von Seetieren und Sand gebildet und von der Brandung
aufgeworfen sind.
Zwischen diesen Bodenformen gibt es alle Übergänge und die
Pflanzenvereine werden danach mehr oder weniger verschieden sein.
Ebenso finden sich im Binnenlande alle Zwischenformen. Es wird
hier zweckmäßig sein, folgende salzigen Standorte getrennt zu besprechen.
1. Sandboden, 2. Ton- und Schlammboden.
432 Serie der Halophyten
Formationen des feuchten, salzigen Sandbodens
Der Sandboden und seine Eigenschaften wurden S. 106 behandelt.
Die Vegetation, die sich auf dem losen Boden entwickelt, ist überall
eigentümlich und verdankt ihm und den übrigen physikalischen Be-
dingungen, namentlich den Wärme- und den Feuchtigkeitsverhältnissen,
ihre Kennzeichen. Sandboden kommt zwar auch im Binnenlande, aber
besonders an den Küsten vor, und seine Vegetation ist hier am an-
ziehendsten ausgebildet. E
Der Ursprung der meisten Sandböden ist gewiß dem Wasser zu-
zuschreiben, namentlich der zermahlenden und schlämmenden Tätigkeit
des Wellenschlages, in geringerem Grade anderen Kräften (der schlei-
fenden Wirkung des windbewegten Sandes, der spaltenden Wirksamkeit
der Pflanzenwurzeln, der Kraft der Sonnenhitze, Steine zu zerbröckeln,
vergl. auch die „Schattenverwitterung“ Schweinfurths in Ägypten); da-
her trifft man Sandbildungen an sehr vielen Küsten an, hier oft als
Dünen. Auch in vielen Binnenlandsgebieten findet man sie, oft gleich-
falls als Dünen. | 2
In der chemischen Natur des Bodens besteht, wie $. 106 angeführt
wurde, nicht nur ein Unterschied nach der chemischen Art der Körner, 4
sondern auch nach dem Salzgehalte; hierin besonders unterscheiden sich 4
die Sandbildungen des Strandes von denen des Binnenlandes. Die Vege- 2
tation des Sandstrandes ist eine Halophytenvegetation, weil der Sand
am Meere salzhaltig ist und das salzige Grundwasser meist bereits dicht
unter der Oberfläche liegt. Der Sand kann Quarz-, Kalksand („Koral-
lensand“*) usw. sein.
An den nordeuropäischen Küsten, dort, wo starke Dikleipnzen ;
zwischen Flut und Ebbe vorhanden sind, z. B. an den Nordseeküsten,
kommen die sogenannten Sandwatten vor, d. h. große Sandflächen,
welche während der Ebbe trocken liegen. Die niedrigsten von ihnen
‚sind pflanzenleer. Höher liegende, welche nur kürzere Zeit oder nur
während der Hochfluten überschwemmt werden, tragen die Formation
der im Sande begrabenen oder auf dem Sande liegenden Sandalgen, E
die Cyanophyceen- und Chlorophyceenvereine, welche auf 8.390
erwähnt wurden.
A. Formation der Sandalgen an Küsten mit Gezeiten (Fig.212).
An sandigen Meeresküsten des nördlichen Europa leben Algen und Schizo-
phyten, welche eine dünne Schicht auf oder unter der Oberfläche des E
Sandes bilden und diesem, wenn sie reichlich vertreten sind, eine \
charakteristische Farbe verleihen. An den Küsten Dänemarks. gibt es.
verschiedene derartiger Assoziationen: Chlamydomonadeta, zusammen-
gesetzt aus Arten von Ohlamydomonas und Diatomaceae, welche lose
Dee
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 433
auf dem nicht verklebten Sande liegen. Schizophyceta, gebildet aus
blaugrünen Algen und Diatomeen; diese verkleben vermittels ihrer
Schleimhüllen oder -scheiden die Sandkörner miteinander und bilden
dadurch eine dünne, aber ziemlich derbe, mehr oder weniger krusten-
artige Lage, welche meist dicht unter der augenblicklichen Oberfläche
des Sandes sichtbar wird!). Mit dieser Pflanzengemeinschaft treten in
auffälliger Weise bestimmte Tiergesellschaften auf. Die Assoziation hat
eine riesig weite Ausdehnung längs der Nordseeküsten, wo die Sand-
watten sich oft meilenweit ausdehnen.
Dieser Subformation nahe verwandt ist eine Gemeinschaft von
Cyanophyceen und Diatomeen, die gleichfalls ihren Wohnplatz innerhalb
des Gezeitengebietes hat und die Schliekflächen bewohnt, welche vom
Seewasser während der Flut abgelagert worden sind?).
Auf etwa derselben Höhenstufe wie die Assoziationen der Sand-
algen trifft man auch Areale, wo der feuchte und salzige Sand bis zu
einiger Tiefe bläulichschwarz oder graulichschwarz gefärbt ist. Es rührt
dies von Schwefeleisen-Bakterien her, welche die Salze des Meeres
zersetzen und Schwefeleisen hervorbringen?). Nach Beijerinck*) und
van Delden’) spielen anaörobe Spirillen (Mierospira desulfuricans und
andere) eine wesentliche Rolle dabei. Die Formation trifft man nicht
nur an den Meeresküsten, sondern sie ist auch noch allgemein verbreitet
im Schlamme des süßen Wassers, in Pfuhlgründen usw. Nicht nur Sulfate
_ reduzierende Bakterien, sondern z. B. auch Baeillus subtilis finden und
betätigen sich hier.
Die Formation der Sandalgen bildet eine bestimmte Stufe, und zwar
die äußerste der Ästuarien, d. h. der periodisch überfluteten und trocken-
gelegten Gebiete an den Küsten.
Auf etwas höher gelegenem Boden kommen andere Assoziationen
resp. Formationen zur Entwicklung, die oft in genetischer Verbindung
miteinander stehen. Sie entsprechen also der litoralen Stufe der stein-
liebenden Algen- und Flechtenassoziationen (Kap. 49).
B. Kraut-Formation. Die Assoziationen in nördlich gemäßigten
Gebieten, welche auf die Sandalgen folgen, sind krautartige, und das-
selbe gilt wahrscheinlich auch in den meisten Fällen in subtropischen
und tropischen Ländern.
1) Eine ganz ähnliche Assoziation findet sich in den feuchteren Sandheiden
(Graebner).
2) Vergl. Warming u. Wesenberg-Lund 1904, Warming 1906.
®) Warming u. Wesenberg-Lund 1904.
*) Beijerinck 1895.
5) van Delden 1903.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 28
434 Serie der Halophyten
Diese ans Meer grenzende Fläche, die oft vom Meere überspült
wird und die mehr oder weniger steinig, bisweilen sogar eine Grus- oder
eine Geschiebefläche sein kann, hat in geringer Tiefe unter der Ober-
fläche salzreiches Grundwasser. Die Vegetation ist sehr offen und
sehr dürftig; eine Pflanze steht hier, eine andere dort, von anderen
entfernt; es wird das wohl zunächst durch Wind und Wasser (Hoch-
wasser) verursacht. |
Als die äußerste Assoziation findet man vielfach
am flachen Sandstrande, besonders an der Nordsee,
eine von Triticum (Agropyrum) junceum gebildete;
es ist ein ausdauerndes, niedriges Gras mit weit-
laufenden, unterirdischen Grundachsen, es ist daher
sehr befähigt, Flugsand zu sammeln und Embryon-
dünen, seltener höhere, zu bilden'). |
Meist sind die äußersten Assoziationen von
größtenteils einjährigen Arten gebildet (Sali-
cornieta herbaceae, Atripliceta mit vielen Arten von
Atriplex, Suaeda marilima u. a., Cakileta maritimae
mit Cakile maritima, Salsola kali u. a., Fig. 216).
Schon oben wurden die Assoziationen von der
Fig. 213.
Stämmchen von Poly-
rich ie Bade ‘sich oft auf feuchtem Sandboden findet, und zwar
der Dünen durch die oft mit den Sandalgen vergesellschaftet (Kap. ar h;
Rhizoiden verankert. S. 339, Fig. 170).
(Nach Warming.) Die einjährigen Arten (Cakile maritima, Salsola
kali, Atriplex-Arten u. a.) finden hier den offenen
Platz, den sie fordern; sie werden in ihrer Entwicklung von er
Wandelbarkeit des Bodens nicht gehindert.
Die aus Chenopodiaceen gebildeten Vereine finden sich besonders
dort, wo Überreste von Zostera oder Meeresalgen sich aufgesammelt haben;
sie wachsen zwischen und auf diesen. An gewissen Küsten können so
große Massen von Seegräsern (in Nordeuropa von Zostera, an den medi-
terranen Küsten von Posidonia und Caulina, in Westindien von Thalassia
und Cymodocea) oder Tangen aufgeworfen werden, daß sich‘ Schichten z
von !/—1 m Höhe und mehr bilden, welche mit der Zeit einen
eigentümlichen, ganz neuen Boden und Standort zustande en, RE
(Fig. 214).
Wird den aufgeworfenen Seegras- oder Tangmassen Sand du 4
Aufwehung oder Auswurf beigemengt, so bildet sich ein eigentümlicher
dunkler Sandboden, der die Chenopodiaceen dort oft als grünes Band
1) Reinke 1909; Warming 1907—1909.
?2) Warming 1906, Fig. 53; Skottsberg 1907.
einjährigen Salicornia herbacea besprochen, welche
x
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 435
am sonst kahlen Strande trägt; im Innern enthält die verfaulende
organische Substanz viele Bakterien.
Mehr landwärts auf dem sanft ansteigenden Boden, wo das Meer
noch seltener Unruhe bringt, treten Assoziationen von mehrjährigen
Fig. 214. Boden aus reiner vermodernder Zostera marina gebildet, an der Küste
von Samsö (dänischen Kattegat-Insel). (Phot. Eug. Warming, August 1900.)
Fig. 215. Sandstrand an der Nordküste von Seeland mit Hordeum (Elymus)
marilimum; blühende Exemplare von Crambe maritima, Rumex erispus u.a. sind
eingestreut. (Phot. Eug. Warming.)
436 Serie der Halophyten
Kräutern mit meist kriechenden Grundachsen auf, weil auch sie
mit dem losen Boden im Einklange stehen und sich leicht erhalten,
wenn sie einmal Fuß gefaßt haben: Honckenya peploides, Triticum
junceum. 2,
Nur auf ruhigerem, besonders steinigem Boden, der über A
Meeresfläche wenig gehoben ist, trifft man meist mehrjährige Arten mit
vielköpfiger, tief gehender primärer Wurzel an, wie Mertensia maritima,
Eryngium maritimum (Fig. 219), Orambe maritima, Ligusticum (Haloscias
scoticum, Silene maritima, Matricaria inodora usw. An vielen Stellen
Fig. 216. Sandstrand auf den Färdern mit Assoziation von Cakile maritima.
Außerdem kommen Honckenya (Arenaria) peploides, Arten von Atriplex,
anserina, Carex incurva und Hordeum (Elymus) arenarium vor.
(Phot. Eug. Warming.)
ER:
treten auch Assoziationen von Hordeum (Elymus) arenarium auf
Flächen deckend, in welche die genannten Pflanzen und. anı le
gestreut sein können (Fig. 215).
Die Halophyten-Natur dieser Kräuter zeigt sich in mehreren
zeichen der Vegetation. Fleischige Blätter haben die meisten, eine
bereifte Epidermis einige Arten (Triticum, Eryngium, Orambe, M
Glaueium flavum). Behaart sind Kochia hirsuta und Seneeio vi
dornig ist Salsola kali. An gewissen Orten kann hier auch die bla
lose, kaktusähnliche Salscornia herbacea vorkommen, die sonst besonde
an Salinen heimisch ist. Alle diese Pflanzen sind Lichtpflanzen,
437
Vegetation des losen salzigen Bodens
50. Kap.
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438 Serie der Halophyten
keinen Schatten vertragen (Buchenau). Außer dem Abstande vom
Meere und den dadurch bedingten Verschiedenheiten in der Ruhe
spielt die Höhe über dem Grundwasser eine Rolle für die VE
verschiedenheiten.
Das jetzt angeführte galt Nordeuropa. Auch auf dem Strande da
Färöer trifft man eine der dem südlicheren Europa ganz ähnliche Vege-
tation!) (Fig. 216) ünd ebenso weit nördlicher, z. B. noch in Grönland ?).
Weiter nach Süden, z. B. schon an den Küsten Hollands, findet
man mehrere andere Arten, z. B. Convolvulus soldanella, die zu den
Pflanzen mit unterirdischen Ausläufern gehört, und Euphorbia paralias.
Noch weiter südlich, an den Küsten Frankreichs, Dalmatiens usw. treten
noch andere Arten auf: Matthiola sinuata usw.; aber die Lebensformen
bleiben dieselben’).
Eine ganz ähnliche Sandstrand-Vegetation kommt in Nordamerika
und wohl überall in der Welt vor. Chrysler z. B. erwähnt eine ganz
ähnliche, aber floristisch natürlich etwas verschiedene Sandformation von
Maryland. In Nordamerika kommen übrigens verschiedene europäische
Strandpflanzen vor oder doch nahestehende, vikariierende Arten.
In den Tropen treten andere Arten auf, die der Vegetation
ganz abweichendes Gepräge geben können; diese Vereine dürfen jedoch
gewiß nicht als besondere Formationen aufgefaßt werden. |
Unter dem Namen Pescaprae-„Formation“*) hat Schimper
tropische Sandstrand-Vegetation behandelt, worin die Convolvulacee
Ipomoea pes caprae eine hervorragende Rolle spielt; Fig. 217. Die
großblättrigen, fleischigen, dunkelgrünen und mehrere Meter langen,
bisweilen mit großen, roten Blüten geschmückten Sprosse dieser Art
kriechen auf dem Sande hin, schlagen in ihm Wurzeln und bilden
oft ein dichtes Netzwerk. Zwischen der Ipomoea wachsen z. B. i
Westindien die Gräser Sporobolus Virginieus und Oenchrus echinatus
Euphorbia buzxifolia, Canavalia obtusifolia usw. Überdies kommen
. mehrere andere Arten vor, die gleichfalls großenteils auf dem Sande
wachsen und nicht, wie bei uns Carex arenaria, weit kriechende, im
Sande begrabene Rhizome haben; dieses Verhalten steht vielleicht damit
in Verbindung, daß fliegender Sand hier seltener ist, teilweise we
der Sand oft ein schwerer und grobkörniger Kalksand (Korallensand
ist, und auch weil die Winde nicht mit der Stärke wie an unsere;
nordischen Küsten wehen. |
!) Ostenfeld 1908 b.
®) Porsild 1902.
®) Flahault 1893; Flahault et Combres 1894; Raunkiär 1914.
*) Vergl. Warming 1897; Fr. Börgesen; Raunkiär; H. Schenck 1903; vergl. auch
Tansley und Fritsch 1905. =
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 439
Von den tropischen Küsten werden verschiedene andere Assozia-
tionen erwähnt. Im Wachstum sind der Zpomoea mehr oder weniger ähn-
lich Canavalia-Arten (Warburg erwähnt eine Canavalia-,„Formation*
von den Molukken, Raunkiär ein Canavalietum obtusifoliae von Westindien),
das fleischige Sesuvium portulacastrum u. a. (Fig. 218); daran schließen
sich Amarantaceen (Alternanthera, Achyranthes, Iresine oder Philoxerus
vermicularis), Rubiaceen (Spermacoce, Hydrophylax) und selbst Gräser
(Sporobolus Verginieus, Cynodon dactylon) und Cyperaceen (Ftemirea
maritima, Fimbristylis sericea)*). Verschiedene Assoziationen werden
Fig. 218. Sandstrand bei Salt Pond auf der Südseite von St. Croix.
Von links nach rechts: Das Meer — Schaumstreifen — schmaler Sandstrand ohne Vege-
tation — Sesuvium portulacastrum — Sesuvium, Philoxerus und Batis — Sporoboletum
virginici — Lagunceularia racemosa, Conocarpus ereeta — Coccolobetum uvuviferae.
: (C. Raunkiär.)
erwähnt, z. B. Sporeboletum virginiei, Sesuvietum portulacastri. Am
asiatischen Strande spielt der blaugrüne Spenifex squarrosus eine ähn-
liche Rolle und hat ähnliche unterirdische Grundachsen wie der Helm
bei uns; die Mächtigkeit seines Wassergewebes steht wohl damit in Ver-
bindung, daß er auf salzigem Boden wächst. Der Gegensatz zwischen
der Vegetation der europäischen Quarzsanddünen und der tropischen
Sandstrandvegetation zeigt sich darin, daß Convolwulus soldanella, die
europäische Verwandte der Ipomoea pes caprae unterirdisch wandert ?).
1) Die Anatomie der einzelnen Arten ist abgebildet bei Warming 1897.
?®) Raunkiär 1909 a; Börgesen 1909; über die Formationen. des Strandes sieht
ferner Engler 1910.
440 Serie der Halophyten
Es ist sehr natürlich, daß auch diese Pflanzen in gürtelför:
Assoziationen angeordnet sind. Vergl. auch Fig. 221. %
Der tropische Sandstrand zeigt wie der unserige Beisp
Rosettenbildung und von Sprossen, die niederliegend und na
Seiten ohne Wurzeln zu schlagen, lose auf dem Sand en
198 22333
Fig. 219. Eryngium maritimum;
mit dem Wachstum der Düne durch
den alljährlich neu aufgewehten Sand
sich erhebend; hatte im Vorjahre ge-
blüht. (Nach Warming.)
ni
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 441
der ostindische Strand, z. B. bei Euphorbia thymifolia, E. pilulifera,
_ Sida-Arten, Indigofera enneaphylla‘), der amerikanische bei Euphorbia
— busifolia, Heliotropium inundatum, Cakile aequalis, Portulaca pilosa u. v.a.
Re: Alle diese Pflanzen sind kleinblättrig und mehr oder weniger saftreich.
; Weiter landwärts trifft man dann gewöhnliche Dünen oder
Strandwälle. Von beiden gilt, daß ihre Vegetation mehr der xero-
phytischen des Landes, welche vom Regenwasser beeinflußt ist, an-
gehört, als der halophytischen.
Fig. 221. Sandstrand auf St. Croix. In der Mitte graue dichte Büsche von
Tournefortia gnaphalodes; im Vordergrunde Suriana maritima von Sporobolus
Virginieus umgeben und einigen Ipomoea. Im Hintergrunde Strandwälder von
Coceoloba mit Manchinel. (Phot. Dr. F. Börgesen.)
€. Die Dünen. Die Dünen und ihre Vegetation werden am besten
a einer eigenen Standortsklasse besprochen (Kap. 99—100); denn selbst
_ wenn die Dünenbildung am häufigsten an den Küsten der Meere statt-
findet, kommt sie ja auch in großer Ausdehnung im Binnenlande vor,
- besonders in den Sandwüsten von Afrika und Asien. Selbst wenn viele
Arten für die Küstendünen eigentümlich sind und als halophil bezeichnet
werden können (Fig. 219—225), ist die Formation doch überall dieselbe,
| und zwar eine ausgesprochen xerophile. Die Frage, ob die Vegetation
!) Schimper 1891.
442 Serie der Halophyten
der Dünen als halophil oder rein xerophil zu betrachten sei, en
sprochen worden namentlich von Kearney').
Hier sei nur bemerkt, daß die erwähnten Strandkräuter in Gegend
mit Flugsand Sand auffangen und sammeln können und so Dün
embryonen bilden, welche eventuell später zu höheren Dünen em
wachsen können (Fig. 213, 219, 220). Die größte Bedeutung
natürlich die ausdauernden Arten, und unter diesen an der No
besonders Triticum junceum?).
D. Formation der Gebüsche auf Sandstrand. Auf der Tan
der erwähnten halophilen Krautformation kann oft ein Gebüsch
LArLI HI
GW,
- Sträuchern folgen. In Westindien z. B. ist eine Tournefortia 9
lodes-Assoziation (Fig. 221) nicht selten; diese Art ist ein Strauch
Halbstrauch von ca. 1 m Höhe mit dicken, graufilzigen Blätter
ihm können natürlich andere Sträucher, sowie Kräuter und
Lianen assoziiert sein. en
An der Nord- und Ostsee bildet namentlich der Sanddoı
phaös rhamnoides®), charakteristische Bestände, er und seine B
wie an der Ostsee Salix Pomeranica, werden zu Zeiten der St
1) Kearney 1904.
2) Reinke 1909; Warming 1909.
®) Über die Vegetationsverhältnisse und die Begleitpflanzen des Hippophais
noides vergl. besonders A. Palmgren 1912. Warming 1907—09, Fig. 99—102.
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 443
von großen Mengen Salzwassers überschüttet (Fig. 224, 225) und die
Krautflora ist daher auch zum großen Teile halophil.
In den asiatischen und afrikanischen Küsten sind nicht selten
kleine Tamariskengebüsche auf mehr oder weniger salzigem. Sand-
boden zu treffen; sie können eine recht bedeutende Höhe erreichen und
sehen matt, bläulich, glanzlos aus; in der Blütezeit bedeckeu sich die
schuppigen, dünnen Zweige mit zahllosen kleinen, hellroten Blüten.
Die Conocarpus-Assoziation. Am inneren Rande der west-
indischen Mangrove, auf höherem und trockenerem Boden findet sich
Fig. 223. Sandstrand: bei Ajaccio auf Corsika, mit Serophularia ramosissima u. a.
(Phot. F. Börgesen.)
oft eine aus Conocarpus erectus als dominierende Art gebildete Vege-
tation (S. 410). Der Boden scheint bisweilen tonig, bisweilen recht sandig
zu sein; so soll als Bodenvegetation auf den dänischen westindischen Inseln
2. B. vorkommen): Sporobolus Verginieus, Heliotropium Curassavicum,
Acacia Farnesiana usw. (vergl. Fig. 221).
E. Formation der Wälder auf Sandstrand. Um solche zu finden,
muß man sich am besten in die Tropen begeben.
1) Raunkiär 1909.
444 Serie der Halophyten
Tropische Strandwälder. Psammophyten und Halophyten ver-
mischen sich am Sandstrande in der Nähe des Meeres. Nach dem Lande
hinein wird die Vegetation allmählich rein psammophil, in dem Grade,
wie das Salz aus dem Sande ausgewaschen worden ist; und hier treten
in den Tropen niedrige Strandwälder oder Buschwälder auf, die insoweit
doch halophil sind, als sie nur an den Meeresküsten vorkommen und
als die Wurzeln wahrscheinlich bis zu dem salzhaltigen Grundwasser
hinabreichen. Die Bäume sind niedrig und haben gekrümmte Stämme
und Zweige mit lederartigen, fleischigen oder auf andere Weise xerophil
ausgestatteten, oft großen Blättern. Zwischen den Bäumen treten
Fig. 224. Strandgebüsche auf den Dünen von Kolberg nach einer Sturmflut im Winter, 1
zum Teil zusammengebrochen; zeigt, welche großen Mengen von Salzwasser bei Sturm
in die Dünen gelangen, und welche Belastung die Gehölze ertragen müssen; vergl. Wetter-
bäume der Hochgebirge. (Phot. Käthe Meier-Kolberg.)
Sträucher auf, die oft dornig sind; Lianen und Epiphyten fehlen auch
nicht, und das Ganze kann sehr dicht und unwegsam sein.
Als solche Assoziationen der Strandwälder auf Sandboden mögen
folgende genannt werden:
Das Barringtonietum oder die von Schimper behandelte ost-
asiatische (indische und australische) Barringtonia- „Formation“,
wo die großblättrigen und großblütigen Myrtaceen Barringtonia räce-
m0sa u. a. Arten, ferner Aebiscus tiliaceus, Casuarina, Thespesia populnea,
Terminalia catappa, Heritiera litoralis u.v.a. eine Rolle spielen ?).
') Schimper 1891.
50. Kap. Vegetation des losen salzigen Bodens 445
Diese Vegetation kann durch Caesalpinia bonducella, Canavalia-Arten
und andere Lianen fast undurchdringlich gemacht werden. In den ost-
asiatischen Strandwäldern treten Kokospalmen und eigentümliche Typen
wie Pandanus, z.B. P. labyrinthieus, auf, die den Rhizophoren im
Wuchs ähnlich sind, weil auch sie sich in einem losen Boden befestigen
müssen).
Von den Philippinen erwähnt Whitford Sandstränder mit Arten
von Pandanus, Barringtonia, Casuarina equisetifolia.
Ei
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En A
Fig. 225. Wie Fig. 224. Eisanhang auf den Gehölzen der Dünen an der Ostseeküste:
nach einer Sturmflut (1913). (Phot. Käthe Meier- Kolberg.)
Das Goccolobetum uviferae, die westindische Coceoloba-
Assoziation, wo ©. wvifera vorherrscht, ein kleiner Baum oder Strauch
mit großen, sehr steifen, steil aufwärts gerichteten Blättern?); er bildet am
Strande Gebüsche und kann mit wurzelschlagenden, kriechenden Zweigen
auftreten (Fig. 217, 218). Mit ihm findet man viele andere Arten, auch
Holzpflanzen, auch einige in Asien auftretende Arten oder Gattungen.
Diese niedrigen Wälder oder Gebüsche sind oft durch dornige
Sträucher und Lianen aus den Leguminosengattungen Caesalpinia,
Canavallia und Dalbergia undurchdringlich.
%) Über die singalesischen Küsten vergl. Tansley und Fritsch 1905.
?) Abgebildet von Warming in Börgesen und Paulsen 1900. $.23, Fig. 8.
446 Serie der Halophyten
Von Strandsträuchern, die hier vorkommen, können genannt werde
Ernodea littoralis, Chrysobalanus icaco, Arten von Lantana, Cordia‘).
Hier schließen sich weiterhin die brasilianischen Restinga-
wälder an, die in vielem an die Kap. 107 behandelten Campos cerrad
des Inneren Brasiliens erinnern. Typische Beispiele finden sich z. B
am Strande bei Rio de Janeiro auf feinem Quarzsande. Die Bestän
sind immergrün, xerophytisch, aus kleinen Bäumen (bis 7 m Höhe) unc
Sträuchern (0,5—3 m) gebildet; sie stellen eine mehr oder weniger otfe
Assoziation dar, wo der weiße Sandboden überall zutage tritt.
bewohnende Kakteen, Zwergpalmen, Bromeliaceen, Zwergsträucher,
von niederliegendem Wuchs, Gräser. und Kräuter kommen auch y
Schlingpflanzen, sowie epiphytische Bromeliaceen und Strauchfle
finden sich mehr oder weniger reichlich; sie werden durch die feuch
Luft und die feuchten Winde der Küste begünstigt. Im Schalen {
Holzpflanzen kommen mehrere Kräuter vor.
Diese Strandwälder bilden den Übergang zu den zewöhule
Xerophytenwäldern; die in einigen dieser Wälder häufigen, gekrüm
Stamm- und Zweigformen kommen auch hier vor; die Blätter sind
einigen Arten lederartig, steif, diek und behaart, ohne fleischig
bei anderen fleischig und kahl. ‘Die Restingawälder Brasiliens ersch
nicht streng an den Strand gebunden, weil sie nach Schenck
im Lande auftreten können, wo es keinen Salzboden gibt. S
ihm eher eine Sand-Assoziation?).
Der Strandwald auf Koh Chang in Siam, oberhalb des. Gez
gebietes, wird nach Joh. Schmidt?) auch von vielen periodis h
wechselnden Arten gebildet. Casuariana equisetifolia kommt N
hier wie an den Küsten Australiens usw.
Halophyten-Wälder auf Sandboden im Binnenlande.
Beispiel von solchen mögen die von der Chenopodiacee Haloxylon an
modendron auf dem salzhaltigen Sandboden Centralasiens gebildet
Wälder genannt werden. Der Saxaulbaum erreicht eine Höhe ve
5—6 m und eine Stammdicke etwa von 20 cm; die grauen Stämme s
gekrümmt und gedreht und sehen mit ihren zahlreichen, schuppii
dünnen, Salicornia-ähnlichen Zweigen wie ein „grün gefärbtes Bür
von Reisern“ aus*). Der Baum bildet einen Wald ohne Nadeln
Blätter, der aber doch grün ist und blüht und an die Casuarinen-W
Australiens erinnert. (Das Holz ist hart, sehr spröde und ohne Ja
ringe). An ihn schließen sich wenige andere Pflanzen: Calligor
*) Näheres bei Börgesen und C. Paulsen 1900; Raunkiär 1909 a; Börgesen
?) Über diese Wälder vergl. Schenck 1903a, auch Hemmendorff 1912.
®) Joh. Schmidt 1906.
*) Basiner 1848.
51. Kap. Formationen des salzigen Tonbodens 447
Persicum, Pteropyrum Aucherii u. a. an; an solchen Stellen beobachtet
_ man auch den Wurzelschmarotzer Oistanche tubulosa mit seinen schmutzig
violetten Blüten.
% Der Salzgehalt im Stamme ist bedeutend, der in der Rinde beträgt
etwa 6,25°/o; sogar die Epidermiswände sind durchsetzt mit Kristallen
_ und ähnlichen Ablagerungen. Ausgeschiedene Mengen von hygroskopi-
schen Salzen nehmen des Nachts Tau auf. Der Kork ist so gebaut,
daß gewisse schleimige Schwellpolster Wasser aufnehmen. Wenn die
_ Wasserzufuhr aufhört, wird die Schleimerzeugung eingestellt und be-
n ‚deckender Kork erzeugt. Weiter erscheinen zahlreiche Tannin enthaltende
\ _ Idioblasten. Die assimilatorische Tätigkeit wird erhalten durch die Aus-
illaung von Chlorophyll in der sekundären Rinde).
51. Kap. Formationen des salzigen Tonbodens
A. Krautformation
En Nordeuropäische Strandwiesen. An der Küste der Nordsee
finden sich Marsch- oder Strandwiesen, die auf zwei verschiedene Weisen
stehen können und danach Sandmarsch und Schlickmarsch ge-
2 nannt werden. Für die erstere Form bildet eine sandige Strandebene
die Grundlage, für die andere Schlick, d.h. sehr feine Partikel von
on und organischen Stoffen. Auf ee Wiese können beide Boden-
arten vorkommen, ebenso alle möglichen Mischungen derselben.
a Die Sandmarschen liegen den störenden Einflüssen des bewegten
Meeres am nächsten; die eigentlichen Marschwiesen oder Schlickmarschen
_ bilden sich unter ruhigeren Verhältnissen, wo, gegen die starken Wellen-
bewegungen geschützt, die sehr feinen, tonigen und organischen Teile,
_ welche von der Flut zugeführt werden, abgelagert werden können.
| Die Sandmarsch fängt ihre Entwicklung auf einer Sandfläche an,
‚auf welcher man namentlich die Formation der Sandalgen (S. 431) und die
"Formation der halophytischen Kräuter auf Sandboden erwarten kann, z. B.
"Salicornietum herbaceae. Nach Salicornia wandern nämlich an: Festuca
thalassica (Glyceria maritima), Tritieum junceum, Agrostis alba, Festuca
rubra, Glaux maritima u. a.; an den Küsten Englands findet man
‚mehrere Arten von Ei nd Bali an solchen: Plätzen. Nach
‚und nach fangen diese Pflanzen die vom Meere aufgeworfenen und vom
"Winde landeinwärts getragenen Sandmassen?) auf; der Boden wird für
andere Kräuter bewohnbar, und nach und nach wird die Sandfläche von
‚einer zuletzt ganz geschlossenen Krautdecke mit wenigen beigemischten
2) Über die merkwürdigen Anpassungserscheinungen am Saxaulbaum vergl.
® Jönssen 1902.
e ?) Vergl. Abbildungen bei Warming 1906.
448 Serie der Halophyten
Halbsträuchern und Moosen gebildet. Auf dem Sande entwickelt sich
ein aus verflochtenen Wurzeln und Grundachsen gebildeter, zäher, von
organischen Resten grau oder schwarz gefärbter Bodenteppich ?).
Die Schlickmarsch dagegen hat einen weit fruchtbareren Bode
der aus einem in feuchtem Zustand zähen Ton gebildet ist. a
Hierher gehören die großen Strecken von Marschwiesen, welche
geschützten Stellen der Nordseeküste in Dänemark, Deutschland, AR
und England vorkommen.
Bei der Ausbildung derselben spielen zwei Assoziationen eine
bedeutende Rolle, 1. die Zostereta auf den Schlickbänken der Wat
(S. 393 und Fig. 196) und die diesen folgenden 2. Salicornieta R
baceae, welche S. 396 und Fig. 197 erwähnt wurden.
In England tritt auch an einigen Küsten ein Ser
es wird dies von drei Spartina-Arten gebildet, büschelförmigen Gr
mit steifen Blättern, welche dieselben Stellen wie Salicornia einnel h.
und auch ebenso stark schlickfangend sind’).
Diese Vereine fangen während der Flut, wenn das Ware
ist, die feinen tonigen und anderen Partikel ask Dadurch, daß
Dierk. erhöht sich der Boden langsam und wird dadurch
für andere Arten günstig.
Die dritte gürtelförmige Assoziation ist das Fo
lassicae (Glycerietum maritimae), Fig. 226. Wenn der Boden
und trockner geworden ist, nachdem sich der Schlick im Laufe ns
zwischen den einjährigen Salicornien niedergeschlagen hat, so
sich diese Assoziation ein. Festuca thalassica (Glyceria maritime) | bi
mit ihren schmalblättrigen, bläulichgrünen Sprossen?) einen niedri;
zusammenhängenden und dichten, oder nach dem Meere zu unterbr:
nen, saftigen Grasteppich; mit ihr finden sich andere ausgeprägte
phyten ein: T’riglochin maritimum, Spergularia marina, Suaeda mar
. Plantago maritima, Aster tripolium, Glaux maritima, Statice lin 7
Arten von Atriplex, Cochlearia u.a.; alle sind auf eine oder die
Art deutlich halophytisch gebaut. re Rhizoelonium-
Vaucheria-Arten sind auf Tonboden häufig. Raunkiär®) hat du
statistische Aufstellungen verschiedene Facies gefunden. 1. Glyceria
Salicornia; 2. Glyceria — Suaeda maritima und Salicornia; 3. a: je
und Te 4. Glyceria — Aster tripolium; 5. Glyebrn — Plan
maritima.
!) Vergl. Reinke 1909.
®) Über die Marschwiesen Englands vergl. Tansley und Rankin in . 1
®) Warming 1890, Fig. 3.
*) Raunkiär 1909. Vergl. auch Warming 1906.
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51. Kap. Formationen des salzigen Tonbodens 449
Fig. 226. Marschwiese auf der dänischen Nordseeinsel Manö, Juli 1903. (Phot. Eug. Warming.)
Erklärung zu Fig. 226. Die Flut dringt eben ein und hat die vielen Löcher
und Vertiefungen, welche sich immer in alten Marschwiesen finden, bedeckt. Im Vorder-
grunde eine solche, in welcher sich der der Hitze und Trockenheit ausgesetzte Schlick
in polygonale Felder zusammengezogen hat. Die Hauptmasse wird von Festuca thalassica
(@lyeeria maritima) gebildet; in dem weichen, saftigen Teppiche derselben sieht man
die Blüten von Spergularia marina; ebenso eingestreut Exemplare von Suaeda marilima,
Aster tripolium, Triglochin maritimum u. a.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 29
450 Serie der Halophyten
Merkwürdig ist, daß auch verschiedene höhere Algen sich
und mit den Marsch-Blütenpflanzen assoziieren können, was da
daß diese ersten Assoziationen noch sehr naß und salzig sind.
Armeria, Statice, Aster usw. wandern z. B. in England Fucus
und F. spiralis, Pelvetia canaliculata, Catenella opuntia, Bost
pioides, viele Grünalgen wie Rhizoclonium, Chaetomorpha, Ent
und andere Algen ein; sie werden teilweise mit ihren unt«
im Schlicke begraben find dadurch wie mit Wurzeln befestigt
sie Haftorgane bilden, oder sie liegen auch lose zwischen d
pflanzen. Viele nehmen auf diesem ungewöhnlichen Stando
ungewöhnliche Formen an. Einige leben sogar epiphytisch
Blütenpflanzen !). 2
Sarah Baker fand in England eine Pelvetia- Salicornia-
und eine Fucus- Aster- Assoziation. Cotton unterscheidet i
nach den Algenvereinen vier verschiedene Assoziationen der
Die Erklärung dieses Auftretens von Algen liegt dariı
Festucetum thalassicae (Glycerietum maritimae) täglich «
während der Flut überschwemmt wird. ;
Der Boden wird fortwährend, Jahr für Jahr, während
Schlick bedeckt, und langsam schreitet die Erhöhung des
Daraus folgt aber zuletzt die Unterdrückung der F‘
und die Vegetation geht in die der höheren Stra:
die wesentlich eine aus mehrjährigen Kräutern (darun
bestehende, sehr niedrige und dichte Vegetation ist
wegen I Anschlusses an einem ausgeprägten Salzbod
mesophilen Wiesen gerechnet werden darf. Ihre verschi
sind stufenweise folgende: Junceta Gerardi, Fest
Armeria-Festucetum rubrae usw.?). Hier treten unte
gende Arten auf: Juncus Gerardi, Plantago maritima,
maritima, Trifolium fragiferum, Spergularia, Artemisia
Gräsern z. B. Arten von Hordeum, Festuca, Poa usw.
Arten findet man Zepturus filiformis, Erythraea-Arten
schmarotzer Odontites. Die Wurzeln dieser Pflanzen dure)
oft bis 20 em dicke Rohhumusschicht. Die genannten
entsprechen verschiedenen Höhen des Bodens und werden
in verschiedenen Zeiträumen überschwemmt, die höchsten
ein paarmal im Jahre.
Durch Eindeichen der Strandwiesen, dadurch hervorg
waschen des Salzes und durch Kultur erhält man
lichen, äußerst fruchtbaren Marschwiesen (Fig. 226).
!) Sauvageau 1908; Sarah Baker 1912; Cotton 1912.
?) Warming 1890, 1906; Raunkiär 1909.
51. Kap. Formationen des salzigen Tonbodens 451
An einigen Stellen an der Nord- und Ostsee kommt eine dem
Glycerietum etwa parallel stehende Assoziation vor, das Juncetum
maritimi, mit Juncus maritimus als dominierende Art, eine steife,
graulichgrüne bis etwa halbmeterhohe Pflanze').
Eine ganz entsprechende Vegetation, zum Teil mit ganz denselben
Assoziationen, kommt an Englands Ostküste vor. Über den Salzgehalt
der verschiedenen Gürtel wird folgendes angegeben: im Salicornietum
0,21°/0, im Festucetum thalassicae 0,09°/o, im Festucetum rubrae 0,03 °/o.
In den Kultur-Marschwiesen ist schließlich der Salzgehalt sehr gering ?).
Fig. 227. Marschwiese auf den Färöern mit ebensolchen Wasserlöchern wie an den
Nordseemarschen. Die Grasdecke ist von Festuca thalassica gebildet, auch kommt
eine Assoziation von Plantago maritima vor. (Phot. Eug. Warming.)
Auch auf den Färöern kommen solche Strandwiesen vor, welche
vorzugsweise aus Festuca thalassica gebildet werden, daneben Plantago
maritima, Triglochin maritimum, Armeria vulgaris, Festuca rubra,
Agrostis alba f. stolonifera, und zerstreut Cochlearia, Festuca distans,
Seirpus paueiflorus, Leontodon auctumnalis usw.
Fleckenweise tritt auch eine Carex salina- Assoziation auf, welche
| aus höheren Stauden und Halbgräsern gebildet ist: Carex salina, ©.
| Zuyngbyei, Heleocharis palustris usw.°).
2) Fig. bei Warming 1906; Tansley 1911.
?) Pristley in Journ. Ecol. I, 54. Vergl. auch Chermezon und Mascleff.
®) Ostenfeld 1908 b.
\ 29*
452 Serie der Halophyten
In Ostgrönland finden sich wohl kaum ausgedehnte Strandwiesen, f
aber doch Anfänge von solchen, wo Glyceria vilfoidea und Stellaria
humifusa auf Schlickboden eine dünne aber dichte Schicht bilden; i
höheren Niveau kommen viele andere Kräuter hinzu). ca
Eine ganz ähnliche zonale Strandwiesen-Vegetation wird von
Küsten des weißen Meeres erwähnt („üppige Salzwiesen* mit Alopeeuwı
ventricosus u. a.: Pohle) und aus Nordamerika, z. B. von Chrysle
Bray (Texas), Ganong, Transeau. Nach Harshberger?) findet man 2. ]
folgende Gürtel: 1. Spartina stricta maritima im Ebbe- und Flutgebi
auf schlammigem Boden, entsprechend Salieornia herbacea an der Nord-
see; 2. Spartinetum patentis, nur vom hohen Wasser erreicht; 3. S
petum pungentis; 4. Assoziation von Hochstauden mit Sträuchern®).
Nach Ganong*) ist an der Fundy-Bay die äußerste Zone ein S
tinetum, gebildet von Spartina strieta; ihr folgt auf der Landseite e
Gürtel von Salicornia und Suaeda, der wieder in eine Wiese (Staticetun
von Statice und Spartina juncea übergeht. Die Salzwiesen von Nebras
sind in der Hauptsache aus Distichlis spicata strieta gebildet).
Hierher muß wahrscheinlich auch die Salicornia- Assoziation d
Oberen Anden, die R. Fries®) beschrieben hat, gestellt werden.
Strandwiesen sind in Südafrika’) nur wenig verbreitet, und zw
meist an den Flußmündungen. Im wesentlichen werden sie gebildet
Eragrostis glabrata, welches mit seinen Grundachsen dichte Ge
bildet. Dazwischen kriecht die Convolvulacee Falkia repens und e
häufig Frankenia capitata; beigemischt sind oft Plantago earnosa ui
Stalice scabra, an besonders salzigen Stellen Salicornia fruticosa u
Ohenolea diffusa. An erhöhten Stellen übezieht das Gras Stenotaphr
glabrum den Boden mit einem grünen Teppich, in dem hie un
Samolus campanuloides, $. Valerandi und FPolypogon Monspel, e
wachsen. a
Die Vegetation in der Umgebung der Salzquellen (Soolequell 1
- oder in salzigen Niederungen im Innern eines Kontinents, wie z.
Europas, unterscheidet sich nicht wesentlich von der Strandwiese;
besonders guten Vergleich gestatten die stellenweise bis in die Nähe
Meeres reichenden Soolquellen von Kolberg in Pommern. In Sibi
!) Chr. Kruuse 1912.
®) Harshberger 1909, siehe auch 1911.
3) Über die den Strandwiesen entsprechenden Assoziationen Grönlands, Is
und der Färöer vergl.: Warming 1887; Porsild 1902; Ostenfeld 1908b; H. Jonsson 1
*) Ganong 1908.
5) Pounds and Clements 1898 (1900). Über die nordamerikanischen Strand
vergl. auch: Harshberger 1900, 1909; Hitchcock 1898; Kearney 1900.
e) R. Fries 1904.
?) Vergl. Marloth 1908.
51. Kap. Formationen des salzigen Tonbodens 453
werden nach Cajander in der Nähe von Salzquellen Wiesen gebildet von
Potentilla anserina, Glaux maritima, Salicornia herbacea und Festuca
(Glyceria) distans. Auf ungarischen Steppen wachsen vielfach dieselben
Arten wie an den Küsten des nördlichen Europa'). In Polen finden
sich salzige Niederungen mit Aster tripolium und etwa 10 anderen Arten
des Salzbodens der Meeresküsten.
Viele Arten und Gattungen der Salzwiesen haben eine merkwürdig
weite Verbreitung; z. B. stimmt nicht nur die Halophytenflora Nord-
amerikas in vielen Punkten durchaus mit der Europas überein, sondern
sogar in Neuseeland findet sich eine Anzahl von Gattungen, die auch
auf europäischen Salzwiesen in derselben oder in anderen Arten vor-
kommen. Von diesen Gattungen sind zu nennen: Apium, Atriplex
(A. patula), Carex, Chenopodium (C. glaueum), Eryngium, Festuca,
Lepidium, Samolus ($. litoralis), Seirpus und Triglochin.
B. Halbstrauchformation
Längs den subtropischen und tropischen Küsten, z.B. in Westindien,
auch in den warm temperierten Mittelmeerländern, kommen an vielen
Stellen Vereine von niedrigen succulenten Halbsträuchern vor. Es ist
schwierig zu sagen, ob sie am besten den Salzsümpfen oder der halo-
_ phyten Landvegetation zugerechnet sein sollen. Die Standorte sind
Mittelbildungen zwischen dem Sumpfe und dem Landboden, so wie auch
_ die Pflanzen selbst zwischen krautartigen und Holzpflanzen in der
_ Mitte stehen. Ebenso ist der Boden verschieden; bald ist er vorzugs-
weise tonig, bald sandig, bald stellt er Zwischenbildungen zwischen Sand
und Ton resp. Gemische derselben dar. Bisweilen wird das Gelände
, wohl überflutet, wenn Hochwasser eintritt. Es gilt vielleicht für die
dort wohnenden Pflanzen, namentlich Salicornia-Arten, dasselbe, was
Hill?) für die Wurzelhaare von Salicornia (herbacea) gezeigt hat, nämlich,
daß sie ihr osmotisches Vermögen nach dem umgebenden Medium ändern
können.
Diese Assoziationen sind entschieden mit der von Salicornia her-
bacea in Nordeuropa nahe verwandt. Sie repräsentieren dieselbe Stufe
am Strande, zeugen aber von einem verschiedenen, nämlich subtropischen
oder tropischen Klima. Es sind ebenso succulente Arten, blattlos
(Salicornia) oder mit zylindrisch-spindelförmigen, succulenten Blättern
versehen (Sesuvium, Batis). Vergl. Fig. 106, 107, 170.
Verschiedene Assoziationen kommen vor, z. B. folgende:
Salicornietum fruticosae. Auf Tonboden der Küsten des Mittel-
meeres, zZ. B. bei Montepellier?), tritt eine ungefähr !/;—!/s m hohe,
!) Bernatsky 1905. — Die böhmischen Salzwiesen hat T. Domin (1905) beschrieben.
®) Hill 1908.
®) Flahault et Combres 1894; Raunkiär 1914.
454 Serie der Halophyten
dichte, dunkelgrüne Halophytenvegetation auf, die besonders aus der
halbstrauchigen Salicornia fruticosa oder Arthroenemum glaucum be-
steht!), der besonders Atriplex portulacoides, Statice limonium, St. beli-
difolia u. a. Arten, Seirpus holoschoenus usw. beigemischt sind. Di
genannten Salicornieen wurden schon als Pflanzen der Felsküsten
besonders der Adria, genannt. Im Schatten der Sträucher wächst oft ein
Fig. 228. Halbstrauchformation an der Südküste von St. Croix. Salicornia ambix ı
(vergl. Fig. 114), Sesuvium portulacastrum und Batis maritima. Im Wasser ju
Mangrovenbäume. (F. Börgesen.) S. dasselbe auch Fig. 171, 8.340.
ser
Dieser Verein weicht von unseren, vorhin behandelten Tonstrandverein
durch die strauchartigen Arten ab und muß von ihnen als Formati
der Lagunengebüsche geschieden werden, die zunächst mit
Salzsteppe auf Tonboden zu vergleichen ist (Batis, Sesuwvium). Ve
Fig. 171, S. 340.
1) Duval-Jouve 1868.
52. Kap. Salzvegetation des Binnenlandes. Salzsteppen. Salzwüsten 455
Salicornietum ambiguae. An den Küsten des karibischen
Meeres findet man an den Lagunen flache und tonige Strecken, die mit
einer, dieser südeuropäischen ökologisch offenbar nahe verwandten Vege-
tation bewachsen sind. Von halbstrauchartigen Arten kommen hier fol-
- gende vor: Batis maritima (gewöhnlich !/s m hoch), Salicornia ambigua,
Sesuvium portulacastrum (kann gesellig auftreten und weite Strecken mit
_ einer häufig niedrigen, saftreichen, blaugrünen Decke überziehen), ferner
Arten von Portulaca und Heliotropium (H. Curassavieum) u. a.*).
: An der Südküste von St. Croix findet sich eine dichte Vegetation
von Salicornia ambigua und anderen der genannten Halbsträucher.
Der aus Schlamm gebildete Boden hat sich an vielen Stellen, ähnlich
wie es auch in kühlen Gebieten geschieht, der tropischen Hitze aus-
gesetzt, in polygonale Felder zusammengezogen.
” Sehr interessant ist eine Formation von Halbsträuchern und Sträu-
chern, wie sie sich stellenweise in Wiesenform übergehend in der Nähe
des Mittelmeeres findet‘). Mit Ruscus aculeatus und Cotoneaster pyr-
_ acantha wuchsen dort auf engem Raume an der ostitalienischen Küste,
einen lockeren Bestand bildend, u. a. Thalictrum angustifolium, Althaea
offieinalis, Linum maritimum, Oenanthe Lachenalü, Aster tripolium,
_ Imula erithmoides, Artemisia Gallica, Sonchus maritimus, Erythraea
tenuiflora, E. spicata, Samolus Valerandi, Statice serotina, Plantago coro-
nopus, Suaeda maritima, Juncus acutus, J. maritimus, Schoenus nigri-
ans, Seirpus litoralis, S. holoschoenus, Carex extensa, Orypsis aculeatus,
also #3 eigenartiges und interessantes Gemisch der verschiedenen Typen.
=
52. Kap. Salzvegetation des Binnenlandes. Salzsteppen.
Salzwüsten
An den tiefsten Stellen des nordafrikanischen Wüstenlandes, wie
_ Tunesien und Algerien, liegt eine Reihe von zum Teil großen, seichten
_Salzseen, die sogenannten Chotts (Fig. 229). Sie finden sich in einem
abflußlosen Gebiete. Zur Regenzeit sind weite Strecken überschwemmt,
da ihnen die Flüsse von den Gebirgen Wasser zuführen, in der langen
Trockenzeit verdunstet das Wasser mehr oder weniger, und blendend
_ weiße Salzkrusten, die wie Eis aussehen, bezeichnen ihre Lage. „Über
_ der erhitzten Hochebene ist die Luft nun in zitternder Bewegung, und
. ‚die Fata morgana zaubert dem erschöpften Wanderer allerlei verlockende
_ Trugbilder vor“ (Rikli und Schröter).
Auf dem trockengelegten Boden ist die Vegetation äußerst arm;
_ doch kann man hier und da einige Pflanzen treffen, aber sowie man
*) Börgesen u. Poulsen 1900.
1) Ascherson u. Graebner 1895.
456 Serie der Halophyten
sich von diesen Salzseen und Salzwüsten entfernt, wird sie immer reicher,
und man kann von „Salzsteppen“ sprechen, denn der Unterschied
zwischen Steppe und Wüste beruht in den trocknen Gebieten nur auf
einem mehr oder weniger dichten Pflanzenbestande: wo mehr Bodk
unbedeckt, als von der Vegetation bedeckt ist, hat man Wüste, wod
Umgekehrte der Fall ist, Halbwüste und Steppe.
Die Vegetation in den Salzsteppen wird hauptsächlich von succeu-
lenten Chenopodiaceen gebildet, von denen nur wenige einjährig sind,
die meisten sind knorrige, kleine Halbsträucher. Aus anderen Familien
sind auch Statice, Frankenia u. a. reichlich vertreten.
Fig. 229. An den Ufern des Salzsees Chott el Djerid in Südtunesien. ‘Das Ufer
morastig; man sieht die Fußstapfen. (Phot. Eug. Warming.)
Salzsteppe und Salzwüste kommen besonders in Afrika un
Asien vor. .
Die Lebensformen sind vorzugsweise succulente Kräuter und H
sträucher mit fleischigen, gewöhnlich stielrunden Blättern, oder fleischig
aber blattlosen Stengeln. |
Auf den Salzsteppen kommen sowohl ausdauernde, nament|
Stauden und Halbsträucher, als einjährige Arten vor; die ausdauern
sind oft in der Minderzahl, besonders’ Artemisia-Arten und Chenopodiac
Die einjährigen können sehr reich an Individuen sein. Die klimatise
und edaphischen Faktoren sind baumfeindlich; Bäume kommen da
nur selten vor.
52. Kap. Salzvegetation des Binnenlandes. Salzsteppen. Salzwüsten 457
Salzsteppen gibt es an vielen Stellen der inneren, kontinentalen
Teile der Länder (Spanien, Ungarn, Südost-Rußland, Nordafrika, Ost-
afrika, Asien, Nordamerika, Pampas Argentiniens, Australien usw.; vergl.
neunte Serie).
Der Boden ist mehr oder weniger tonig und undurchlässig. Humus
wird nicht oder äußerst wenig gebildet. In der Regel liegen sie in .
abflußlosen Senkungen, nach welchen Wasser von den höher liegenden
Stellen abfließen kann. In der Mitte derselben liegt oft ein kleinerer oder
größerer Salzsee oder ein Salzsumpf, der im Sommer austrocknet und
sich mit weißen Salzkrusten bedeckt, wie früher erwähnt wurde.
Fig. 230. Salzsteppe in der Nähe von Tooele in Utah.
Die Pflanzen sind Arten von Salicornia und Spirosiachys nebst Atriplex confertifolia
und einigen Exemplaren von Suaeda. (Phot. O. Paulsen.)
Die Salzsteppen sind mit den äußersten Zonen des Tonstrandes,
namentlich mit der Salöcornia- und der Festuca-Zone, ökologisch nahe ver-
wandt, aber doch besonders mit der besprochenen halophilen Strauchvege-
tation an den Küsten des Mittelmeeres und Amerikas. Der Boden ist sehr
unvollständig bewachsen; die Arten sind wenig zahlreich, sie bilden auf
dem oft grauen oder weißlichen Boden zerstreute Rasen, die als dunkle
Flecken erscheinen, und sind meist entweder dunkelgrün und kahl, oder
mit einer grauen (mehligen, schuppigen, filzigen) Haarschicht bedeckt,
2.B. Artemisia herba alba in Nordafrika, Chenopodiaceen usw., oder
durch Wachs blaugrün. Die Salzsteppe bleibt grün, wenn alle andere
458 Serie der Halophyten
Vegetation ringsum welk geworden ist. Viele Arten sind mehr oder
weniger strauchartig und haben schmale, linealische oder spatelförmige
Blätter oder sind blattlos.
Die Arten gehören zum großen Teile der Familie der Chenopodia-
ceen an und sind succulent. :
In Algerien fanden Rikli und Schröter!) z. B. folgende Reihenfolge
der Arten. Zuerst 1. eine Salzwiese, ein Juncetum acuti. Auf
schwach salzhaltigem Boden bildete Juncus acutus stachelige Horste;
daneben Arten von Atriplex, dann Schismus und andere Gräser (Hor-
deum maritimum, Lepturus incurvatus, Sphenopus divaricatus), ferner
Arten von Spergularia, Frankenia usw. Auch vereinzelte Sträuche
kamen vor. 2. Ein Staticetum. Je näher das Ufer des Salzsees
desto einförmiger die Flora. In größter Mannigfaltigkeit trat Stat
Sebkarum auf, neben ihr zwei andere Staticen, ferner einige Bla
suceulenten, wie Spergularia marina, Suaeda fruticosa, Inula erith-
moides usw. 3. Ein Salicornietum, fast nur von (vier) Arten von
Salicornia gebildet, wuchs in nächster Nähe des Salzsees, da wo der
Boden den größten Salzgehalt aufweist. Ihnen gesellen sich Arten von
anderen Chenopodiaceen. Auf Wurzeln der Salicornien und Atrü x
Arten schmarotzt die einzige Balanophoracee der Mittelmeer
Oynomorium coceineum. 4. Der Salzsee selbst; dort wachsen
Flahault und Doumergue verschiedene Blütenpflanzen (Althenia
mis, zwei Ruppia-Arten) und Characeen nebst dem Lebermoose
helicophulin, |
Über die „Salzsteppen“ des südlichen Algeriens schrieben Rikli une
Schröter, daß mit Ausnahme von Halogeton sativus und Salicornia I
bacea, welche einjährig sind, die übrigen zahlreichen Arten knorrige.
un bedornte Kleinsträucher sind, mit linealischen bis pfriemlichen
oder gebüschelten Blättern, die mehr oder weniger succulent sind.
Zwischen dem Gewirr der dem Boden angedrückten Äste sammelt sie
Sand, und es entstehen höckerartige Miniaturdünen. Die Chenopodiaceen
wachsen in einem Boden, der bald-völlig von Salzwasser durchtränkt
ist, bald aber so ausgetrocknet ist, daß er von Trockenrissen durchzogen
wird. Die genannten Forscher geben ein Verzeichnis von etwa 30 Begleit-
pflanzen. 0
Auf den europäisch -asiatischen Sulosienpeh findet man Arten der
Gattungen Anabasis, -Halimocnemis, Salicornia, Atriplex, Halozy N,
Brachylepis (Asclepiadacee), Frankenia, N , |
In Nordamerika kommen z. B. folgende Chenopodiaceen vor: Sarco-
batus Maximiliani (S. vermieulatus, „Pulpy-thorn“, Saftdornstrauch),
1) Rikli u. Schröter 1912.
52. Kap. Salzvegetation des Binnenlandes. Salzsteppen. Salzwüsten 459
Atriplex confertifolia, Spirostachys oceidentalis, Salicornia herbacea,
Suaeda u.a.; sie sind teilweise Sträucher. Die von ihnen gebildeten
Salzsteppen liegen auf den großen Hochebenen westlich der Rocky
_ Mountains, z. B. in der Gegend des Salzsees von Utah.
Die Salzsteppen Argentiniens (los Salitrales) sind in die Pampas
eingemischt und gehen in sie über. Pflanzen, die nur auf Salzboden
wachsen, sind Suaeda divaricata, Spirostachys Patagonica und S. vagi-
nata, Halopeplis Gilliesii, Niederleinia juniperoides, Statice Brasilien-
‚sis u.a. (F. Kurtz).
Fig. 231. „Szor“ (Salzwüste) in der Nähe von Buchara.
Der Boden ist weiß von Salz und von zerstreuten Exemplaren von Aeluropus
littoralis und Halostachys caspica (den Sträuchern) bewachsen. Im Monat Mai.
(Nach O. Paulsen 1912.)
Etappen und andere Steppen sind natürlich häufig durch sehr
allmähliche Übergänge miteinander verbunden, weil der Boden der
‚Steppen oft etwas salzhaltig ist. Sie gehen auch in reine, ganz vege-
_ tationslose Wüsten über.
: Salzwüsten. Als typisch kann die nach Buhses!) Beschreibung
große persische Salzwüste genannt werden, die noch unfruchtbarer
‚als die Sahara ist und !/so des persischen Reiches umfaßt. Der tonige,
‚in der Tiefe schlammige Boden hält das Salz zurück, das stellenweise
?) Buhse 1850.
460 Serie der Halophyten
auskristallisiert und bis fußdicke, weiße, glänzende Schichten bildet,
Auf dieser gelblichgrauen, 115 geographische Meilen weit ausgedehnten
Fläche, deren Hauptmasse Sand ist, welchem Kalk, Eisenoxyd, Kochs
schwefelsaures Natron, sowie andere Salze und Ton beigemischt si
gedeiht gar keine Pflanze, kein Grashalm, kein Moos, auch keine a0
niedrigere Pflanze: sie ist die Wüste der Wüsten.
Die Salzwüsten Argentiniens sind nach Brackebusch!) oft riesiger
Schnee- und Eisfeldern und in der Regenzeit Salzseen ähnlich; einige
sind ganz pflanzenlos. Von den Chenopodiaceen werden folgende genann
Arten von Atriplex, Spirostachys, Halopeplis, Suaeda, von Gräs
Munroa, Muehlenbergia, Pappophorum, Chloris usw. Außerdem gibt
Papilionaceen, Portulacaceen, Apocynaceen, Cactaceen usw.
Über die Ökologie der Salzsteppen, Salzwüsten und Salzwi
wissen wir noch wenig. Das meiste und beste ist bei O. Paulsen :
finden, der die transkaspischen Gebiete durchforschte?). Die meister
Arten der Wüsten sind sommer-annuelle (z. B. Salicornia herbacea,
von Statice, Frankenia u.a.) oder mehrjährige krautartige Haloph
Ephemere Frühlingspflanzen gibt es nicht. Holzpflanzen kommen d e
gegen zerstreut vor. Durch große Entfernungen getrennt wachsen ‚kleine
Sträucher von der blattlosen Halostachys Caspica. Andere Sträucher
Haloenemum strobilaceum und Lyeium Ruthenicum (Fig. 231).
Die meisten Arten sind Halophyten, und besonders succı
Chenopodiaceen. Daß die Nacktheit der Salzwüste nur dem Mangel
süßem Wasser zuzuschreiben ist, zeigte sich nahe Buchara, als eine
Bewässerung eines Areals stattfand; es bildete sich eine Decke v
Aeluropus litoralis so dicht, daß fast alle anderen Bl unt
drückt wurden (0. Paulsen). B
Die Salzvegetation wird übrigens am Ende des vierten Abschnitts
unter Halbwüsten und Wüsten wieder erwähnt werden. -
1) Brackebusch 1893.
:?) O. Paulsen 1912.
53. Kap. Süßwasservereine 461
II. Serie. An süßes Wasser gebundene Vereine
53. Kap. Süßwasservereine
Über die ökologischen Faktoren im Wasser im allgemeinen vergl.
Kap. 20, sowie auch Kap. 31.
Nach den Verschiedenheiten der Standorte und der Lebensformen
werden die obengenannten Vereine in eine mit der Einteilung der Salz-
wasservereine und Salzwassersümpfe gleichartige Form eingeteilt werden
können. Eine Einteilung der Standorte nach den chemischen Verschieden-
heiten der Gewässer (Reichtum an Kalk, Humussäuren, organischen
Zersetzungsprodukten usw.) wird sich vielleicht in der Zukunft durch-
führen lassen, namentlich für die Planktonorganismen, aber vorläufig
scheint es unmöglich. Analysen des Wassers der süßen Seen als Bei-
träge zur Lösung dieser Aufgabe finden sich in verschiedenen Werken,
2. B. bei Brönsted und Wesenberg-Lund (Dänemark), bei Guyer (Schweiz).
Am meisten abweichend scheinen das braune, humussaure und wahr-
scheinlich meist nährstoffarme Wasser der Moorteiche und das von vielen
> organischen Stoffen und Salzen verunreinigte Wasser der Dorfteiche,
_ Abwässer usw. Vorläufig werden die ersten indessen nur teilweise als
spezielle Standorte abgetrennt.
I. Vereine von Wasserpflanzen (ganz submerse oder nur mit aerophilen
Laubblättern versehene).
A. Schwebe- und Schwimmvegetation. Ganz frei schwebende,
untergetauchte und schwimmende Pflanzen.
1. Schwebepflanzen - Formation von autophyten Arten.
(Plankton-Formation; Limnoplankton)!). Kap. 54.
2. Formation des Saproplankton Kap. 55.
3. Schwimmpflanzen-Formation (Pleuston- oder Megaplankton-
Formation) Kap. 56.
B. Bodenvegetation (Limno-Benthos) von auf dem Boden liegen-
den oder befestigten Pflanzen, welche entweder ganz unter-
getaucht sind oder höchstens Schwimmblätter haben. Nach der
Beschaffenheit des Bodens, ob Sand oder Schlamm, ob Steine
oder Felsen, ist sie weiter einzuteilen.
1. Der Boden ist steinig, lithophile Vereine: Kap. 57.
2. Der Boden ist lose und oft weich (Sand, Schlamm, Ton).
2) Von Aw, See, Teich.
462 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
a) Vereine von Fäulnisbewohnern auf losem Bodens -
Kap. 59.
b) Vereine von selbständigen (autophytischen) Limnäen
(Algen, Moose, Gefäßpflanzen) auf losem, weichen Bode
Kap. 60. :
II. Ufervegetation (Helophyten-Formationen)!). Pflanzenvereine auf
wasserreichen Böden, die entweder periodisch trockengelegt
werden, oder auf denen die Pflanzen immer die unteren Teile Im
Wasser haben, die höheren assimilierenden Teile in die Luft ragen
lassen. Semiaörische Vegetation. re
Nach den Bodenverhältnissen und der Tiefe des Wassers
mehrere Formationen einzuteilen (siehe Kap. 61). SR
IH. Die von süßem Wasser abhängige Landvegetation (A&ris
Vegetation) ist so mannigfaltig, daß eine Einteilung an die
Stelle nur angedeutet werden kann. Sie kann nach folgenden Stan
orten geteilt werden, und wird in besonderen Serien bo
werden. .
a) Böden mit mittlerem Wassergehalt, naß oder feucht; W;
nährstoffreich und sauerstoffreich. (Mesophyt-Vereine; Serie
b) Boden physiologisch trocken (Vegetation des Bohlen
Torfbodens; Kältewüsten). Serie IV und V.
c) Boden physikalisch trocken (Vegetation des Steinbodens. er
Sandbodens). Serie VI.
d) Boden klimatisch trocken (Vegetation der Hartieube $
der Grassteppen, Savannen und der Trockengebiete). bei
VIII und IX.
Über die Vereine von Wasserpflanzen und an den Ufern wachsend:
Pflanzen (Sumpfpflanzen usw.) kann weiter folgendes bemerkt we
Die ökologischen Faktoren werden mehr oder weniger beeinflu
von der Größe und der Tiefe der Gewässer; von der Beschaffenhe
der Ufer (ob schroff oder sanft verlaufend). In kleinen Wassertüm ;
und am flachen Ufer mit seichtem Wasser wird die Temperatur?)
Wassers leicht erhöht und es kommen andere Arten zur Entwicklun
als in tieferem Wasser. Die kalten Bergbäche haben andere und ärme:
Assoziationen als wärmere Gewässer. Die Wasserbassins der Polarländ
sind arm an Vegetation.
Große Unterschiede werden durch die Bewegungen des Wo;
hervorgerufen, ob es stehend, schwach fließend oder stark strömeı
ist). Besonders der Sauerstoffgehalt und die alkalische Real i
2) Eioc, Sumpf.
Über Temperaturverhältnisse in der Litoralregion vergl. Weber 1
8) Über speziellere Standorte der Algenvegetation vergl. Comere 1914.
53. Kap. . Süßwasservereine 463
des Wassers werden dadurch beeinflußt. Flüsse, Bäche, Quellwasser
und anderes strömendes Wasser, ja selbst die dem Winde zugänglichen
Waldseen werden weniger erwärmt und sind daher reich an Sauerstoff;
in stillen Tümpeln und Weihern wird der Sauerstoffgehalt dagegen sehr
vermindert, besonders wenn starke Humusstoffbildung stattfindet (Heide-
_ gewässer, Moortümpel). Auch die Unterschiede in der Bewegung des
_ Wassers sind von großer Bedeutung; die Flußvegetation (potamophile
Vegetation)!) ist von der der Seen mehr oder weniger verschieden.
Die Klarheit des Wassers ist von Bedeutung und zum Teil von
der chemischen Zusammensetzung desselben abhängig. Huitfeld Kaas
z.B. hat die norwegischen Seen in vier Gruppen mit verschiedener
Durchsichtigkeit des Wassers geteilt: 1. Seen, welche durch den Schlamm
des Gletschers getrübt sind; 2. Seen mit braunem Wasser, reich an
- Humussäuren; 3. Seen, reich an Plankton, mit langsamer Strömung;
4. tiefe Seen, arm an Plankton und nicht getrübt durch suspendierte Teile.
| Gewässer, welche reich an Stickstoffnahrung und an faulenden or-
ganischen Teilen sind (Exkremente von Tieren usw.) und solche, welche
sehr kalkreich oder sehr eisenhaltig sind, rufen Verschiedenheiten der
Assoziationen hervor, die besondere Standortklassen bilden müssen.
Periodische Erscheinungen. Ganz wie im Meere werden auch
_ in süßen Gewässern in Abhängigkeit vom Klima periodische Erschei-
nungen vielfach beobachtet, sowohl was die Gefäßpflanzen betrifft, als
die Thallophyten. Noch sind sie wohl wenig studiert. Beispielsweise
kann auf die Untersuchungen von Fritsch (1906, 1907), Fritsch mit
Miß Rich (1909, 1913), Kolkwitz, Rabanus verwiesen werden. Die erst
genannten unterscheiden in England vier jährliche Perioden in der Algen-
vegetation: 1. Winterphase, von Mitte Dezember bis Ende Februar;
viele freie Diatomeen (Diatom&-Phase). 2. Frühlingsphase, von Anfang
März bis Ende Mai oder Mitte Juni; „Spirogyra-Phase“ mit vielen
Arten von Spirogyra, dazu Cladophora fracta. 3. Sommerphase von
Anfang Juni bis Mitte September; Cladophora-Phase, mit vielen epi-
phytischen Diatomeen. 4. Herbstphase, von Mitte September bis Mitte
"Dezember; eine nicht scharf charakterisierte Übergangsphase, oft mit
vielen Spörogyra, Oedogonium. Diese Veränderungen hängen nach innen
ab von Veränderungen in der Stoffkonzentration und von der Temperatur
des Wassers, von der Menge aufgelöster Luft, von dem Gehalt an or-
ganischer Substanz und von der Beleuchtung).
Gürtelbildungen. Wie in den salzigen Gewässern und an den
- Ufern derselben, wird die Vegetation in den süßen Gewässern sich überall
nach der Tiefe des Wassers und nach den damit in Verbindung
1) noranös, Fluß.
2) Über diese noch wenig studierten Erscheinungen siehe auch Come£re.
464 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
stehenden Verschiedenheiten in Beleuchtung und anderer ökologischer
Faktoren, gürtelförmig oder stufenförmig anordnen. Ganz das-
selbe findet man an allen Ufern, da die verschiedenen Arten der
Sumpf- und Landpflanzen nach der verschiedenen Tiefenlage des Grund
wassers verschiedene Abstände von dem offenen Wasser einnehmen.
Die Breite der Gürtel hängt von der geringeren oder größeren Neigung
des Bodens ab. Wenn die Tiefe des Wassers oder der Abstand von
Grundwasser nach und nach verändert wird, die Tiefe verringert oder
der Abstand vergrößert wird dadurch, daß organische Überreste und
anorganisches Material hinzugeführt werden (vergl. 9. Kap.), wird. der.
Wohnplatz der Assoziationen in Übereinstimmung hiermit verände
und zwar wird eine Verschiebung derselben immer in der Richtung
auf die Mitte des Wasserbassins zu stattfinden. Durch diese „Ver-
landung“ werden die Gewässer zuletzt ganz verschwinden können, wie
es ja auch vielfach auf weiten Strecken geschehen ist.
Ganz wie am Meere werden sich auch hier in den süßen Gewässern
ein Brandungsgürtel, ein Spritzgürtel, ein supralakustriner
Gürtel und wohl hier und da noch andere Gürtel unterscheiden
lassen }).
Die Flora der süßen Gewässer ist im ganzen sehr vorhin
von der der salzigen; im Brackischen können doch einige Süßwasser-
arten vorkommen, und nach Comere können bisweilen Süßwassera
sich dem salzigen Wasser anpassen, selten umgekehrt; so findet man
nicht selten Enteromorpha intestinalis in süßem und salzigem Wass
54. Kap. Formation der mikrophytischen Schwebepflanzen
(Limnoplankton)
Über den Namen „Plankton“ und über das Salzwasserplanktoı
vergl. 43. Kap. (S. 274). Es
Die Flora des Süßwasserplankton (Limnoplankton) besteht hau t
sächlich aus denselben systematischen Gruppen wie die des Me ee
und zwar namentlich aus folgenden:
1. Cyanophyceae. Eine nicht geringe Zahl von Denon
fadenförmigen, blaugrünen Algen; in unseren europäischen Gewäs |
besonders: Anabaena circinalis, A. los aquae, Aphanizomenon flos aqu
Clathrocystis aeruginosa, Polyceystis aeruginosa, P. prasina, Gloeotri
echinulata, Nostoc, Oseillatoria, Lyngbya, Microcystis u. a., die
Wasser gewöhnlich grünspanartig oder bläulichgrün färben und e
!) Über die Vegetationsgürtel an den Rändern und Ufern der Gewässer vergl.
Magnin 1893; Macmillan 1897; Warming 1897a; Gadeceau 1909; Graebner 1909
Massart 1910; Baumann 1911: Dachnowski 1912; Comere 1914.
54. Kap. Formation der mikrophytischen Schwebepflanzen 465
eigentümlichen Geruch verbreiten. Über Arten, die auf der Oberfläche
des Wassers als „Wasserblüte* schwimmen, vergl. S. 362.
5 2. Schizomyceten (Bakterien) sind sehr verbreitet, aber ihre
Menge ist recht verschieden und wechselt von wenigen bis zu vielen
tausend Individuen im Kubikcentimeter. Die pelagische Region der
meisten Seen enthält die wenigsten!). Im Züricher See waren in einer
Tiefe von 80 m 28—30 im Kubikcentimeter, im Konstanzer See in einer
Tiefe von 60—65 m deren 31—146. Die Zahl ist am kleinsten an der
Öberfläche und größer in etwas tieferen Lagen. Nach der Ansicht
_ einiger Forscher werden die Bakterien an der Oberfläche durch Licht
getötet, andere vertreten die Meinung, daß die Zahl in der Tiefe ver-
mehrt wird durch die dort vorhandene größere Menge sich zersetzender
organischer Substanz, die meist ihren Ursprung in den abgestorbenen
Plankton-Organismen habe.
| 3. Diatomeen. In frischem Wasser kommen vor Melosira (be-
sonders in Niederungsseen), Cyelotella (besonders in alpinen Seen),
Fragilaria, Asterionella, Tabellaria und andere?). Die Gattungen Rhizo-
solenia und Attheya sind im süßen Wasser nur durch wenige resp. die
% - letztere durch eine Art vertreten, welche aber weit verbreitet sind; die
_ übrigen Arten dieser Gattungen sind Meeresbewohner. Einige von ihnen
leben einzeln, viele aber leben zu Ketten verschiedener Art in Kolonien
_ verbunden. Alle sind sie echte Planktonorganismen, welche nicht im-
_ stande sind, auf der Wasseroberfläche schwimmende Massen zu erzeugen.
- Sie sind in Schleim eingehüllt.
E Außer den echt limnetischen (pelagischen) Arten kommen nach
% "Wesenberg-Lund u. a. noch zwei andere Gruppen vor: die eine „tycho-
- limnetische“ ?) Arten umfassend, die andere eigentlich Bodenorganismen,
_ welche gelegentlich zum Schweben gebracht werden.
4. Peridineen (Dinoflagellaten) finden sich besonders in Salz-
wasser und färben, wenn sie in großen Mengen auftreten, die Gewässer
braun, z. B. das kosmopolitische Ceratium hirundinella; vergl. Kap. 43.
5. Euflagellaten, meist einzellige, nackte, selbstbewegliche
Organismen, welche bisweilen in großen Mengen, namentlich in kleinen
"Wassertümpeln auftreten und die Gewässer färben können, z. B. Euglena
sanguinea rot, E. viridis (S. 365, Fig. 181) grün.
6. Chlorophyceen sind sehr zahlreiche, besonders in Teichen
und in kleineren Seen. Durch eine große Anzahl von Gattungen werden
‚sowohl selbstbewegliche (Volvocaceen) als nicht selbstbewegliche (be-
‚sonders Desmidiaceen, Pediastrum und Scenedesmus) vertreten. Einige
") Forel 1878, 1901; Schröter 1897.
2) (Schröter u.) Kirchner 1896.
®) Zufällige Planktonten; öyn, Zufall, Glück.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 30
466 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
“
müssen als echte Plankton-Organismen betrachtet werden, z.B. Sphaero-
cystis Schroeteri, Dietyosphaerium, Ooeystis, Botryococeus und Golenkinia
radiata‘). Die allermeisten aber sind gelegentlich limnetisch.
7. Durch Lohmanns Untersuchungen im Meer veranlaßt, hat me
in den letzten Jahren das Nanoplankton des Süßwassers studiert. E
hat sich gezeigt, daß viele äußerst kleine Mikroorganismen die feins
Garnnetze passieren; sie werden jetzt durch Zentrifugen ausgeschieden
(daher auch der Name Zentrifugenplankton) und dann weiter studiert.
Es scheint vorläufig, als
ob besonders die Ch
mulinen von Bedeutun
sind. Man meint, daß (
Nanoplankton als Hau
nahrung für die Zooplan
tonten eine große Rol
spielt und die Wanderun
gen derselben regulier
bisher ist unsere Ken:
nis hiervon nur se
gering ?). a
Fig. 232. Volvox globator.
Fig. 233. G@onium peeto
Von den genannten Planktonten sind einige selbstbewegliche (z.
Bakterien, Flagellaten, Volvocaceen), andere nicht, und von diesen hal
einige Einrichtungen, durch welche sie leichter schweben können (ü
Schwebevermögen s. 43. Kap.). Wesenberg-Lund?) ist übrigens zu dem
Resultate gekommen, daß die größte Menge des Planktons in unsereı
.Gewässern Boden- und Litoral-Formen sind, welche sich einem
?) Lantzsch 1914, Colditz 1914.
?) Vgl. Chodat 1898; (Schröter u.) Kirchner 1896.
®) Wesenberg-Lund 1908.
54. Kap. Formation der mikrophytischen Schwebepflanzen 467
oder weniger pelagischen Leben angepaßt haben. Nur von solchen Arten,
welche schweben können, wird natürlich hier die Rede sein können.
2 Gelegentliches Plankton (tycholimnetisches Plankton). Zum
Plankton im eigentlichen Sinne dürfen die Pflanzen nicht gerechnet
werden, die wie viele Süßwasseralgen (Oedogonium, Oladophora u. a.)
anfangs festsitzen, später in ruhigem Wasser emporsteigen und sich mit
Hilfe von Luftblasen (vermutlich Sauerstoff- oder Kohlensäureblasen),
die zwischen ihren verfilzten Fäden ausgeschieden werden, schwimmend
_ erhalten. Sie werden deshalb als gelegentliches oder auch falsches
Plankton zu bezeichnen sein, im Gegensatze zu dem „eulimnetischen‘“,
welches seine ganze Entwickelung im offenen Wasser durchführt (aus-
genommen die Ruhestadien auf dem Boden des Gewässers).
£ Die Verteilung des Planktons nach den verschiedenen kleinen
Standorten der Gewässer ist noch wenig studiert. Es gibt in den
größeren Seen pelagische Assoziationen im offenen Wasser, welche von
{ = neritischen in der Nähe der Ufer verschieden sind. An den Ufern
und in seichten Gewässern sind sie am reichsten, besonders Volvocaceen
spielen eine Rolle.
en Weiter kann zwischen Potamoplankton (Plankton der Flüsse),
Heleoplankton (Pl. der Sümpfe), Sphagnoplankton (Pl. der Torfsümpfe)
geschieden werden!).
2 Auch in vertikaler Richtung finden sich Verschiedenheiten;
_ Apstein?) unterscheidet in einem See bei Kiel folgende 3 Zonen: Ober-
flächenschicht bis 2 m Tiefe, Mittelschicht 2—10 m Tiefe, Tiefenschicht
_ unter 10 m. Nach Com£re ist das Plankton unter 5 m spärlich.
Die Menge des Plankton ist bisweilen sehr groß, ganz wie beim
H - Haloplankton, sie wechselt aber auch hier mit den Jahreszeiten. Die
Diatomeen haben Maxima im Herbste und Frühjahr, doch für verhältnis-
_ mäßig kurze Zeit. Im Sommer treten Arten von Peridineen, von
_ Anabaena, Aphanizomenon u. a. auf. Cyanophyceen steigen bisweilen in
_ ungeheurer Menge zur Oberfläche und bilden „Wasserblüte“.
in Die vorliegenden Untersuchungen von Wesenberg-Lund und anderen
zeigen, daß die verschiedenen Planktonarten in verschiedenen Seen große
‚ Unterschiede zeigen in bezug auf das Eintreten der Maxima. Als ein
Beispiel von der Periodizität in einem bestimmten See kann auf die
_ Untersuchungen Guyers in dem Greifensee in der Schweiz verwiesen
werden. „In den Wintermonaten, von November bis April dominieren die
tomeen, im Sommer sind die Individuenzahlen jeder anderen Familie
_ überlegen, und in erster Linie muß hier Ceratium hirundinella genannt
_ werden.“ Vergl. auch Rabanus.
Fahr
1) H. Bachmann 1911.
?) Apstein 1896.
30*
468 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Eine Tabelle zeigt, wie das Vegetationsmaximum von Me
crenulata in den Dezember fällt, das von Asterionella in den Fe
und März, das von Synedra in den April und Mai, das von Cer
hirundinella in den Juli usw. Guyer meint, daß die Temperatur
der entscheidende Faktor ist, sondern die mehr oder weniger
Ernährungsbedingungen des Wassers und zweitens die Ko
fähigkeit!).
Die Farbe der Baltischen Seen wird im allgemein
durch die der Chromatophoren der herrschenden Plankton-Organi
Übereinstimmung mit der Periodizität des Süßwasser-Plankton un
der Farbenwechsel der Seen bestimmten Perioden. Die Zeit, in
Planktonorganismen die Farbe nur in geringem Maße beeinflus
meist zu Anfang Juni, zu einer Zeit, wo die Diatomeen versch
sind und die Cyanophyceen noch nicht aufgetreten sind. Die I
alpinen Seen in arktischen Regionen wird nur wenig durch
verändert, weil dies dort eben nur in geringer Menge vorhandk
Über die Periodizität siehe übrigens oben und ferne
sowie Fritsch und Miß Rich°). Ähnliche Perioden hat Comere
schieden: in der Frühjahrsperiode üppige Vegetation und Bildu
Reproduktionsorganen, in der Sommerperiode schwache |
bis die biologische Tätigkeit in der Herbstperiode °
genommen wird.
Die Veränderungen der Planktonorganismen nach den Ja
(die Temporalvariationen) hat besonders Wesenberg
auch andere haben Beiträge geliefert, z. B. Guyer.
Die Planktonorganismen sind ziemlich kosmopolitisch;
breitung durch Vögel muß ungemein leicht sein. W. u. @. 8
unterscheiden drei verschiedene Florengebiete: Das britisch-skandiı }
das des Viktoria-Njänsa und das von Viktoria. Im bie
dominieren die Desmidiaceen (40 °/o). e
Die Planktonvegetation scheint die erste zu sein, die,
Eiszeit die süßen Gewässer bevölkerte 8),
' Ypl. Whipple 1894, 1896.
®) Die quantitative Menge des Plankton zu bestimmen hat Apstein versucht
Zacharias 1891; Lohmann.
®) West 1912; Fritsch u. Miß Rich 1909.
*) Wesenberg-Lund 1904—1908, 1910.
°) In den letzten Jahren ist eine riesige Literatur über das Plankton
unter den Forschern seien genannt: Gran und Wille in Norwegen, Cleve in S
Ostenfeld, Ove Paulsen und C. Wesenberg-Lund in Dänemark, Apstein, Hensen,
Zacharias, Chun, Haeckel, G. Karsten, Lohmann, Schütt, Marsson und Kolkwitz
1907 —8, 1910), Volk (1903) in Deutschland, G.S. West (in Tansley 1911), W.u.&
(1908) und John Murray in England, G. Huber und Schröter in der Schweiz,
u. Kirchner 1896—1902, Kofoid in Nordamerika. Er die Litteratur verg)
Oltmanns 1905.
Kap. Formation der mikrophytischen Schwebepflanzen 469
Kryoplankton'). Die glaziale Vegetation des Eises und des Schnees
Diese Vegetation, aus Mikrophyten zusammengesetzt, welche
auernd eiskaltem Wasser und äußerst niedriger Temperatur ausgesetzt
ist, schließt sich der des Limnoplanktons aufs engste an, und darf wohl
ur als eine Assoziation desselben betrachtet werden.
Schon lange weiß man, daß Tiere und Pflanzen auf den ausgedehnten
en“ Schnee- und Gletscherfeldern der Polarländer (der Arktis und
Antarktis)”) und der Hochgebirge (Alpen, Pyrenäen, Anden) leben; es
i 1d meist mikroskopische, aber sie können wie das Plankton in so
heuren Mengen auftreten, daß sie Schnee und Eis färben. Die
sind besonders Poduriden (Desoria saltans, der blaue Achorutes
s), Tardigraden, Rädertiere, Rundwürmer. Die Vegetation, womit
esonders Wittrock und Lagerheim?) bekannt gemacht haben, wird
von Wasserpflanzen, nämlich von Algen (Diatomeen, Grünalgen,
ophyceen, Bakterien), und von Moosen (im Vorkeimzustande) gebildet;
2 schätzte Lagerheim ihre Artenzahl auf 72. Nach den Farben
rscheidet man roten, braunen, grünen und gelben Schnee.
Roter Schnee ist der gewöhnlichste und am längsten bekannte;
Farbe wechselt von blutrot bis rosenrot, ziegelrot und purpur-
. Er wird besonders durch die Schneealge Chlamydomonas (Sphae-
nivalis, und durch ihre Var. lateritia verursacht. Diese einzellige,
- oder eiförmige Alge hat einen roten Inhalt und färbt die obersten
neeschichten bis zu wenigen cm Tiefe; sie vermehrt sich im ge-
)lzenen Schneewasser durch Schwärmsporen. Außerdem kommen
capsa sanguinea, Diatomeen u. a., in Ecuador besonders Chlamy-
ıonas-Arten vor.
Brauner Schnee wird unter anderem durch eine Desmidiacee,
Ancylonema Nordenskiöldit, hervorgebracht, die einen violetten Zellsaft
hat und zusammen mit anderen Algen und dem „Kryokonit“ (sehr feinen
mineralischen Teilen) auf dem grönländischen Inlandeise eine wichtigere
Rolle spielt, indem sie die Sonnenwärme stärker aufsaugt als das Eis
‚und in dieses tiefe Löcher schmilzt. Mit ihr leben z. B. Pleuroeoceus
vulgaris, Seytonema gracile, Diatomeen u. a. zusammen.
Grüner Schnee wird durch Grünalgen verursacht, z. B. durch
Desmidiaceen, ferner durch Raphidium nivale*), Cyanophyceen und
oosvorkeime und grüne Individuen von Chlamydomonas (Sphaerella)
is. Hellgelber und grüngelber Schnee werden durch eine
4) Schröter 1904—8, S. 623. »pöor, Frost, Eis.
2) Wille in Gain 1908—10.
®) Wittrock 1883. Lagerheim 1892.
*#, Chodat 1896.
470 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
andere Alge, vielleicht durch den von den Schneefeldern der Karpaeg i
bekannten Chlamydomonas flavivirens hervorgerufen. B;
Diese Pflanzenvereine sind deutliche Beispiele für die außerorden
liche Abhärtung der Pflanzenzellen; einen anderen Schutz, um starke
Kälte auszuhalten, als die eigentümlichen Eigenschaften des Protoplasmas
scheinen sie nicht zu haben; allerdings wird die rote Farbe ihnen viel-
leicht möglich machen, Wärme zu absorbieren!). Den größten Teil des
Jahres liegen sie in Eis und Schnee eingefroren und im Dunkel der
Polarnacht; wenn die Sommersonne Eis und Schnee schmilzt, erwachen
sie zum Leben, und führen in Wasser, dessen Temperatur nur wenig
über 0° beträgt, ihre Ernährung und Fortpflanzung aus. Jede Nacht
friert an manchen Orten das am Tage geschmolzene Wasser, und so
vergeht ihr Leben in Eis und Eiswasser (vergl. S. 34). Auch in einer
anderen Hinsicht ist die Schneealge merkwürdig abgehärtet: sie kann
trocken aufbewahrt und viele Monate relativ hoher Temperatur aus-
gesetzt werden, ohne zu sterben?). Dasselbe gilt von gewissen
Schneetieren. ze
55. Kap. Die Formation des Saproplanktons
Als eine besondere Formation können neben den Vereinen des
reinem Süßwasser lebenden Planktons die saprophilen Flagellate
vereine erwähnt werden. Es wird darunter die von Flagellaten y |
Euglena viridis und E. sanguinea, von Arten wie die farblose Polytoma
uvella, von verschiedenen Cyanophyceen und Bakterien gebildete Vege-
tation verstanden, die allgemein in stehendem Wasser vorkommt, d
besonders reich an organischen Stoffen und gewiß sehr sauerstoffai
ist, z. B. in Wasser bei menschlichen Wohnungen (Mistjauche, Straße
pfützen usw.), wo Wasservögel und andere Tiere ihre Exkremente
legen usw. Das Wasser kann von den Organismen gefärbt sein u
zwar gewöhnlich stark grün. Die grünen Organismen können verm
lich Kohlensäure assimilieren, während sie Stickstoffverbindungen un«
andere Nahrung aus den organischen Teilen des Wassers aufnehme
sie sind also wohl Halbsaprophyten. Euglena sanguinea u. a. färben
rot. Diese Organismen sind außerdem dadurch von den Lebensformen
des Planktons unterschieden, daß die am häufigsten auftretenden
selbstbeweglich sind. Echte Planktonorganismen sind hier durch «
Beschaffenheit des Wassers ausgeschlossen?). Euglaena viridis verg
S. 365, Fig. 181. ;
1) Wulff 1902.
®2) Wittrock 1883. Er:
®) Über die Vegetation der Hanflöcher mit fauligem Wasser vergl. A. Raben 191 15
55. Kap. Formation des Saproplanktons 471
Die saprophilen Organismen (die Saprobien) werden jetzt von
Kolkwitz und Marsson!) in drei Gruppen verteilt: Poly-, Meso- und
Oligosaprobien. In der Polysaprobienzone findet die stärkste organische
Verschmutzung statt und deshalb herrscht dort der größte Reichtum an
- Spaltpilzen. In den folgenden Zonen sind die Selbstreinigungsprozesse
geringer, und in der Zone der Oligosaprobien überwiegen die Diatomeen,
die Zahl der Spaltpilze ist geringer und auch höhere Blütenpflanzen
_ können hier gedeihen.
Unter den saprophilen Organismen eines solchen Gewässers finden
sich auch viele Infusorien. Sobald die Reinigung weiter fortgeschritten
ist, treten Chlorophyll führende Pflanzen auf, wie Scenedesmus, Rhaphi-
dium, Diatomeen und andere, mit der fortschreitenden Reinigung ver-
mehren sie sich?).
Die Selbstreinigung der Flüsse?), die beim Durchfließen großer
Ortschaften verunreinigt sind, beruht im wesentlichen auf der Tätigkeit
von Bakterien und anderen Mikrophyten. Der Prozeß kann bis zur
_ völligen Reinigung des Wassers von organischen Substanzen weiter
_ gehen. Mitunter nimmt das Endprodukt die Form von Schwefeleisen-
_ verbindungen an, welches dann ein Bestandteil der schwarzen Schlammes
ist. Schenck*) studierte den Rhein zwischen Bonn und Köln und kam
zu dem Schlusse, daß grüne Algen keine große Rolle bei diesem Prozeß
; - spielen, sondern daß fadenförmige und stabförmige Schizomyceten die
organische Substanz zersetzen’).
56. Kap. Formation des Megaplankton oder Makroplankton‘)
An den Ufern von Süßwasser, an Stellen mit Schutz gegen
Wellenschlag, z. B. zwischen Sumpfpflanzen, in kleineren Gewässern
(Gräben, Teichen usw.) lebt eine Vegetation, die zwar schwimmend und
zum Teil schwebend wie das eigentliche Plankton (also jedenfalls nicht
festgeheftet) ist und zwischen deren Arten Planktonorganismen zwar
oft eingemengt sind, die aber doch so wesentlich von dem Plankton ab-
weicht, daß sie zu einer besonderen Formation gestellt werden muß.
Sie unterscheidet sich von ihm in zwei Punkten: 1. in dem Vorkommen
von größeren Pflanzen, namentlich Blütenpflanzen, Wasserfarnen und
2) Kolkwitz und Marsson 1908. — Kolkwitz 1911, 1914.
2) Vergl. Kolkwitz u. Marsson 1902; Volk 1903; Marsson 1907, 1908.
®) Schorler 1898.
*%) Schenck 189.
°) Nach 1814 erschien: Lauterborn, Die Sapropelische Lebewelt. Heidelberg 1915.
°) Der Name Hydrochariten-Vereine muß diesem allgemeineren weichen. Siehe
auch S. 373.
472 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Moosen, also von ganz anderen Lebensformen, und 2. von Algend aus
ganz anderen Gruppen als im Plankton.
Die Lebensformen der ersten Gruppe sind doch nie scharf vonein
ander verschieden; es gibt Arten, deren Assimilationsorgane ganz
auf der Oberfläche des Wassers schwimmen oder herumtreiben un«
andere, bei welchen sie völlig untergetaucht bleiben, so daß höchsten
die Blütensprosse in die Luft erhoben werden. Die ersten sind di
eigentlichen Schwimmpflanzen. i
Kirchner wandte 1896 den Ausdruck „Pleuston“ an, um die wirk .
lich typischen Vertreter der Hydrochariten-Formation zu bezeichnen!
indem er das Hauptgewicht auf deren Eigenschaft legte, daß sie
schwimmen, so daß sie also von Wind und Wellen umhergetriel
werden können. Ihre Atmungsorgane usw. sind in direkter Berührun,
mit der atmosphärischen Luft. 1902 hat Schröter den Ausdruck in deı
Umfange angewandt, wie er auch in diesem Buche angenommen
Er schloß auch solche Samenpflanzen der Hydrocharitenformation e
die zwar auch wurzellos und freischwimmend sind, die aber unter
getaucht bleiben wie z. B. Ceratophyllum, Utrieularia vulgaris
andere. Außerdem unterscheidet Schröter mit vollem Recht zwise
der konstant und der nur zeitweise flutenden Flora. Zu den zeit
flutenden Pflanzen rechnet er die im Frühjahr schwimmenden A
weiter gehören hierher Lemna trisulea, die nur zur Blütezeit
Oberfläche schwimmt, sonst stets untergetaucht bleibt; Stratiotes aloi
schwimmt im Sommer oben, in den kalten Jahreszeiten lebt sie auf
Gewässergrunde?).
A. Schwimmpflanzen (plantae fluitantes); Plouete von Schro
und Kirchner. “
Die konstanten und meist typischen, also schwimmenden
präsentanten des Pleuston oder Megaplankton sind DE Gru
1. Moose, nämlich Arten von Röiccia.
2. Wasserfarne Azolla und Salvinia (beide sind schwimme
Fig. 234). Von anderen Farnen Ceratopteris thalictroides.
3. Blütenpflanzen. | {
a) Mit Schwimmblättern oder Schwimmsprossen v
sehene: Hydrocharis, Hydromystria stolonifera (Ti
Bogotensis), Lemna minor (Fig. 235), L. polyrrhiza, L. gil
Wolffia arrhiza, Phyllanthus fluitans, Pistia und Eich
crassipes.
‘) Der Name Pleuston von dem griechischen: r\:w, segeln. Schröter u. Ki
1896—1902.
2) Graebner 1906.
56. Kap. Formation des Megaplankton oder Makroplankton 473
b) Übergangsformen zu der durch Wurzeln befestigten Limnäen-
vegetation: Hottonia palustris, Jussieua repens, Desmanthus
natans u. a.
Viele Blütenpflanzenarten können die Gewässer in
außerordentlicher Menge erfüllen, z. B. Lemna, Pistia, Eich-
hornia crassipes.
B. Untergetauchte (also schwebende) Arten finden sich bei folgenden:
1. Moose: Arten von Sphagnum, Hypnum, Amblystegium.
2. Farne: Arten von Kiceia.
3. Blütenpflanzen: Ceratophyllum, Utrieularia, Aldrovandia
(Fig. 236) und zeitweise schwimmend Lemna trisulca (Fig. 235),
Stratiotes aloides.
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Fig. 234. Salvinia natans. A Stück der schwimmenden Pflanze von der Seite gesehen,
die beiden oberen Blätter als Schwimmblätter ausgebildet, das dritte des Quirls zum
wurzel- und kiemenartigen Wasserblatt ausgebildet. B Pflanze von oben gesehen.
(Nach Bischoff.)
Anpassungen... Die untergetauchten Arten müssen, wie die
Planktonorganismen, etwa das spezifische Gewicht des Wassers
haben; die normal schwimmenden Arten halten sich besonders durch
Schwimmblätter, die alle stark mit Luft erfüllt sind, auf der Oberfläche.
_ Dieser Umstand erhält z. B. bei Lemna gibba und bei Hydromystria in
- der Dicke der Sprosse und in der stark gewölbten Unterseite der Blätter
seinen Ausdruck. Besondere Schwimmorgane finden sich entwickelt bei
\ Eichhornia erassipes, Neptunia und Jussieua repens.
Der Sproßbau ist verschieden. Bei den meisten untergetauchten
Blütenpflanzen haben die Sprosse sehr gestreckte Internodien und sehr
- dünne Stengel; die gewöhnlich sitzenden oder kurzgestielten Blätter sind
474 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
in fadenförmige Zipfel geteilt (Utrieularia, Ceratophyllum, Hottonia u. a.)
Bei den schwimmenden sind die Sprosse meist kurzgliedrig und kurz,
und die Spreiten haben oft die für Schwimmblätter typische Form,
d. h. sie sind sehr breit, schildförmig herzförmig, oder eiförmig mit
herzförmigem Grunde (Riceia natans, Salvinia, Hydrocharis, Hydro-
mystria; auch Azolla kann hier genannt werden); etwas anders geformt,
aber doch breit, sind die Sprosse von Lemna und die Blätter von
Pistia. Die Aufgabe des Schwimmblattes ist unter anderem, die Gleich-
gewichtsstellung der Pflanze auf dem Wasser zu sichern; in Überein-
stimmung hiermit werden Schwimmblätter oder ähnliche Gleichgewichts-
organe bei einigen Keimpflanzen frühe gebildet (Salvinia, Lemna usw.)').
Vergl. Fig. 234 bis 237. Ss
Fig. 235. A Lemna minor, Sproß mit Tochtersproß und Frucht. B—E Lemna .
B steriles Sproßsystem, C Teil einer blühenden Pflanze, D Blütenstand in der Spatha
eingeschlossen: in der Mitte die @, nur aus einem durchsichtigen Fruchtknoten bestehen: e
Blüte, rechts und links je eine 5‘, auf ein Staubblatt reduzierte Blüte, E Keimpflänzch
s Samen mit Chalaza (ch), o Operculum, r Würzelchen, e Cotyledon, pl Plumularspro
(B, C nach Eichler; A, D, E nach Hegelmaier.)
Daß dieser Unterschied zwischen untergetauchten und schwimm
den Blättern eine enge Anpassung an die Umgebungen ist, sieht
besonders deutlich bei Salvinia und bei Wasserpflanzen, die mit Wurze
“ befestigt sind, z. B. bei Ranunculus (Batrachium), Trapa, Cabomba u. a
die sowohl untergetauchte als schwimmende Blätter haben (Fig. 234, 2
Bei den frei im Wasser schwebenden Pflanzen wird die Nahrun
von der ganzen Oberfläche aufgenommen, und bei den Gefäßpflan
fehlt daher entweder die Wurzel (Wolffia, Aldrovandia, Ceratophyliu
Utrieularia vulgaris u. a.) oder ist stark reduziert (vergl. 31. Kap.); di
wichtigste Rolle der Wurzel bei Pflanzen wie Lemna, Hydrocharis u. :
ist gewiß, der Pflanze eine bestimmte Stellung im Wasser zu sicher!
sie gegen Umwerfen zu schützen (dieselbe Funktion haben die Wasseı
blätter von Salvinia). |
1) Goebel 1891.
56. Kap. Formation des Megaplankton oder Makroplankton 475
Fortpflanzung. Die Teilung der vegetativen Organe spielt bei
allen eine große Rolle; nicht nur die Algen, sondern auch Farne wie
Azolla, Blütenpflanzen wie Lemna, Hydrocharis, Stratiotes, Eichhornia
azurea. Daher können viele Arten in ungeheurer Menge auftreten und
_ reine Assoziationen bilden (Lemneta, Hydrocharideta, Azolleta usw.) und
- oft so dicht werden, daß sie den Verkehr stark hindern können (Eich-
hornia azurea).
Da die hervorragendsten Vertreter dieser Formation auf der Wasser-
- oberfläche schwimmen, werden sie durch den Wind leicht segelnd fort-
_ getrieben oder durch die Strömungen mitgerissen, bis sie in ruhige
Buchten gelangen, wo sie sich oft in großer Zahl
_ ansammeln können, man vergleiche Lemna in
_ unseren Gewässern. Huber!) gibt einige Auf-
_ klärung über die flutenden Inseln in den ruhigen
Buchten des Amazonas. Diese sind oft sehr aus-
gedehnt und werden z. T. durch Pleuston gebildet,
Fig. 236. Aldrovandia vesiculosa. A Habitus. B Blatt mit Fangschlauch und den
borstenförmigen Gipfeln. (Nach Schnizlein.)
z.B. durch Eichhornia azurea, aber auch aus halbflutenden Gräsern,
die nicht zu dieser Formation gehören; ebenso finden sich andere Sumpf-
_ pflanzen, die losgerissen sind. In gleicher Weise kommen im südlichen
Nordamerika große Massen von Eichhornia erassipes vor (vergl. Fig. 238).
In Norddeutschland bilden unzählige Exemplare von Stratiotes aloides
ähnliche, oft sehr ausgedehnte schwimmende Inseln oder Wiesen.
Als Verbreitungsmittel dienen vorzugsweise die vegetativen
Teile, z. B. bei Lemna; die kleinen Sprosse von Wolffia Brasiliensis u. a.
werden durch Wasservögel verbreitet. Im Einklange hiermit ist Sporen-
oder Samenbildung bei mehreren fast unbekannt oder sehr selten (z. B.
bei Lemna).
Die Befruchtung ist bei den Kryptogamen ans Wasser gebunden,
und einige wenige Blütenpflanzen blühen unter Wasser (Ceratophyllum) ;
%) Huber 1906.
476 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
die Blüten anderer werden in der Luft entwickelt, sind sogar meist
Insektenblüten (Utrieularia, Hottonia, Hydrocharis usw.). Die Fruc
reife geht in den meisten Fällen unter Wasser vor sich.
Lebensdauer. Die allermeisten sind mehrjährig, wie die Was
pflanzen im ganzen. Einjährig sind z. B. Salvinia natans (S. aurie
ist ausdauernd) und Ceratopteris. Die Blütenpflanzen bilden ©
sondere, knospenähnliche Wintersprosse (hibernacula), die im Ic
Stratiotes!), viele Potamogeton-Arten usw.), oder die mit Vorratsı
erfüllten, jüngeren, noch nicht stark lufthaltigen Sprosse üb er
Fig. 237. Ranunculus (Batrachium) aquatilis, die untergetauchten Blüten kie
artig zerspalten, die oberen flache Schwimmblätter. (Nach Warming-Meinecke
ohne irgend eine Umbildung, nachdem die entwickelten Teile a |
sind (Lemna). (Auch gewisse Algen, z. B. Oladophora fracta,
eine ähnliche ‚Entwicklung, indem sie ‚im Herbste zu Boden: ink
Individuen Wille).
Assoziationen. Verschiedene Assoziationen lassen e ch
erwähnt, leicht unterscheiden (Lemneta, Hydrocharideta, Stratiote
tederieta, Pistieta usw.), und werden aus allen Teilen der Welt
— von Neu-Seeland (Cockayne), Amerika, Europa usw. Auch
von submersen Arten sind bekannt (Ceratophylleta z. B.). Für ih
kommen spielt der Reichtum des Wassers an Nährstoff und chemi
1) Wesenberg-Lund 1912.
56. Kap. Formation des Megaplankton oder Makroplankton 477
Eigenschaften eine wesentliche Rolle. Einige Vereine sind an nähr-
stoffarme, andere an nährstoffreiche Wässer geknüpft. In Heide-
tümpeln oder Torflöchern in Sphagnum (Heidemooren) findet sich oft
(Phot. Hjalmar Jensen.)
Blühende Pontederia spec.
Fig. 238. Wasservegetation in Soerobaja (Java).
R
EZ
eine entsprechende sehr artenarme Vegetation, sehr oft ist es nur flutendes
Sphagnum, welches die Gewässer vollständig erfüllt. Das Tierleben ist in
solchen Gewässern äußerst arm, wie überhaupt in den echten Heidewässern.
478 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Über diese Formation vergl.:
Kirchner in Schröter u. Kirchner 1896—1902.
Schenck 1886 b.
Gadeceau 1909. Baumann 1911.
Dachnowski 1912.
Schließlich mag erwähnt werden, daß temporär erscheinendes
Pleuston vorkommt, d.h. Pflanzen oder Pflanzenteile, die von der Ufer-
vegetation oder von der Bodenvegetation losgerissen worden sind und
nun für kürzere oder längere Zeit auf der freien Wasserfläche herum-
treiben. Ihm schließen sich auch die Kap. 54 besprochenen tycholimne-
tischen grüngelben Algenmassen an (Zygnemeta, Conferveta usw.), welche
sich im Frühjahr und Frühsommer auf ruhigen Gewässern ansammeln.
57. Kap. Vereine von steinliebenden (epilithischen) Süßwasser-
pflanzen (Limno-Nereiden) 3
Die Süßwasservereine steinliebender Pflanzen sind viel ärmer als
die der halophilen und bestehen teils aus Algen (fast allein Chlorophy-
ceen, Schizophyceen und Diatomeen), teils aus Moosen (Fontinalis,
Dichelyma, Oinclidotus u. a.), oder auch aus Blütenpflanzen, nämlich
aus Podostemaceen und Hydrostachydaceen. Sie sind viel ärmer sowohl
an Arten, Formen und Individuen, als auch an Kräftigkeit und Größe
Die Algen. Von den Grünalgen sind namentlich Cladophorace 4
und andere Fadenalgen repräsentiert (Oedogoniaceen, Zygnemacee }
Ulothrix, Chaetophora, Stigeoclonium u. a.); von Braunalgen kommen sehr
wenige vor (Pleurocladia lacustris); ebenso Rotalgen (z. B. Lemanea,
Batrachospermum, Hildenbrandtia)‘). Die blaugrünen Algen (Cyanophy-
ceen) sind repräsentiert wie im Salzwasser, besonders durch Rivularia u. a.
Furchensteine. Eine eigentümliche Assoziation findet sich am.
Rande vieler Seen, wo Calothrix, Plectonema und andere Cyanophyceen 1
sich mit kohlensaurem Kalk inkrustieren und „Furchensteine* bilden, °
d.h. Algenkrusten, welche jahrringartig in die Höhe wachsen, so daß 4
die Algen sich nur in der äußersten Schicht lebend finden?). Schröter |
und Le Roux nennen sie Schizothricetum.
Nach Wesenberg-Lund werden die Kalkkrusten erzeugt außer“ |
durch die Oyanophyceae (Schizothrix, Rivularia) auch durch Diatomeen, |
Chlorophyceae (Cladophora) und die Phaeophycee Pleurocladia lacustris.
Diese Krusten finden sich besonders an Steinen, wo das Ufer flach ist,
nur selten reichen sie bis zu einer Wassertiefe von 1m. Im Sommer,
2) Vergl. Comöre. 2
?) Baumann, Schenck u. Karsten, Vegetationsbilder IX, 3, Taf. 13; Baumann 19 1 S
Boysen Jensen 1909. Ljungquist 1914. =
57. Kap. Vereine von steinliebenden Süßwasserpflanzen 479
wenn der Wasserstand sinkt und viele Steine vom Wasser entblößt
werden, reißen die Krusten auf und fallen ab; während des Winters
werden sie vom Eise abgekratzt. Auf diese Weise können die Algen
zur Kalkablagerung in den Seen beitragen ').
Ähnliche Bildungen finden sich auch bisweilen am salzigen Wasser
und in der Heidevegetation auf Rohhumus, wo sich in länger stehenden
Pfützen eine Schicht blaugrüner Algen in jeder Regenperiode auf der
vorhergehenden bildet, so daß allmählich dieke Krusten entstehen.
Die Diatomeenflora kann recht reich sein; oft sieht man dichte,
schleimige, braune Überzüge über den Steinen, die von Diatomeen ge-
bildet sind. Auch treten eine große Menge epiphytisch an anderen
Pflanzen auf.
e Moose. Besonders die Gattung Fontinalis liefert häufig dichte
und große Bestände. 2
Blütenpflanzen. Die beiden Familien Podostemaceae, welche
5 vorzugsweise über die tropischen Gegenden von Amerika, Afrika und
Asien in einer Anzahl von etwa 100 Arten verbreitet sind, und die
2 a reiochydaceen, die auf Afrika und Madagaskar beschränkt sind,
sind hier als Repräsentanten zu nennen. An stark fließendes Wasser
sind besonders die Podostemaceen gebunden.
= Die Anpassungen sind in der Hauptsache dieselben wie bei den
z Salzwasserpflanzen, nur einfacher, der geringeren Mächtigkeit und dem
einfacheren Bau der Pflanzen entsprechend. Haftorgane (Hapteren) sind
bei allen notwendig; finden sich namentlich in größerer Mannigfaltigkeit
_ bei den Podostemaceen entwickelt (Fig. 239). Bei diesen kommen oft
kriechende oder thalloide Wurzeln vor, welche den Felsen durch zahlreiche
- Hapteren angeheftet sind. Interzellularräume fehlen auch hier, und
5 zwar selbst (was recht bemerkenswert ist) in den Vegetationsorganen
dieser Blütenpflanzen, welche hierin eine ganz algenähnliche Anpassung
an stark bewegtes, sauerstoffreiches Wasser (Wasserfälle) zeigen (vergl.
Algentypus Graebners $. 203). Nur in den in die Luft emporragenden
Blütenstandsachsen kommen Interzellularräume vor. Ausscheidung von
_ Kalk in den Zellwänden ist hier selten; dagegen finden sich bei den
Podostemaceen gewöhnlich Kieselkörper in den Zellen, wodurch ihre
Körper zweifellos ein: größeres Widerstandsvermögen gegen die zer-
reißende Macht der Wasserströme sowie gegen das Eintrocknen
während niedrigen Woasserstandes erhalten. Auch Schleimbildungen
kommen seltener vor, sie dürften auch hier die Bedeutung haben, Wider-
stand gegen Austrocknung zu leisten.
Der Mangel an Spaltöffnungen, an verholzten Elementen und
Gefäßen (oder diese sind doch sehr stark reduziert), die Bildung von
wi
2) Chodat 1902; Forel 1901; Schröter u. Kirchner 1896.
480 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
assimilierenden Chromatophoren in der äußersten Zellschicht us
allgemeine, auch hier vorkommende Hydrophyteneigentümlichkei
Die Formen der Algen sind gewöhnlich sehr einfach; unve
_ oder verzweigte Fäden sind die häufigste Form. Bei den Podos
ist die Formmannigfaltigkeit die größte; es kommen sowohl
krustenförmige Vegetationsorgane vor (Erythrolichen, Lawia,
bryum u. a.), als kiemenförmige, d. h. in haarförmige Zipfel a
wodurch die Assimilationsfähigkeit vergrößert wird; es kommk«
ähnliche Formen vor (Tristicha hypnoides, Arten von Mni |
Podostemon, Fig. 239)), unverzweigte fadenförmige (z.B. Wur.
Fig. 239. Podostemon ceratophyllum, von einem Sprosse entspringt eine |: ge
Wurzel (r—r), mit Hapteren (k) versehen; verschiedene kiemenartig feine
sind auf ihr teils schon zur Entwicklung gekommen, teils (bei gm) noch e
auf dem Muttersprosse bedeutet fl! die Blüte 1. Ordnung, fl? die
B, C Mniopsis Weddelliana; B die stark abgeflachte thalloide Wurzel
zur Entwicklung gelangte Sproßpaare (ein Sproß bei ei abgebrochen),
Knospe eingeschlossene Knospenpaare (9m); C Wurzelspitze mit einsei
Nach Warming. — Bei anderen Podostemaceen sind Haftorgane ausgeb
der steinbewohnenden Meeresalgen (vergl. Fig. 138, S. 269) ähnli
Dicraea elongata, welche sich in dem Wasser wellenförmig
und auch ganz blattförmige Vegetationsorgane (Marathrum
Mourera). Dieser Parallelismus zwischen den Formen der
und der Podostemaceen muß besonders hervorgehoben werden
darauf hindeutet, daß diese Formen Anpassungsformen sind!)
Nach den Verschiedenheiten der Lebensformen können
oder drei Formationen aufgestellt werden, selbst wenn die ök
Verschiedenheiten zwischen ihnen geringer sind als bei en
Landpflanzen, der einförmigen Lebenslage entsprechend.
!) Vergl. Warming, Familien Podostemaceae (dänisch mit franz 1
Kgl. Danske Videnskab. Selsk. Skrifter. VI R. 2 (1881, 1882), 4 (1888),
(1899), 11 (1901).) Re:
en 2 EN han ET
57. Kap. Vereine von steinliebenden Süßwasserpflanzen 481
Formationen der Algen
Viele Assoziationen (oder möglicherweise Subformationen)
müssen in Übereinstimmung mit der großen in der Umgebung entfalteten
"Variation unterschieden werden. So z.B. ist die Flora des strömen-
den Wassers mehr oder weniger von der des ruhigeren verschieden. Zu
denen des fließenden Wassers (potamophilen Arten) gehören nach Comere
besonders Lemanea, Chantransia, Batrachospermum, Cladophora, Ulo-
thrix, viele Diatomeen usw. — Die Wärme des Wassers ruft Ver-
'schiedenheiten hervor und wirkt hervorragend bei dem periodischen
Auftreten, der Schnelligkeit der Entwickelung und beim Verschwinden
einzelner Arten in den verschiedenen Jahreszeiten').
Eiskalte Gebirgsströme haben eine sehr eigenartige Flora, in ihnen
finden sich Hydrurus, Prasiola fluviatilis, Tetraspora eylindrica u. a.2).
Auf Steinen in flachem Wasser längs der Seeufer lebt eine völlig
verschiedene Flora mit Arten von Cladophora, Bivularia, mit Diato-
meen uSw.
Verschiedene Moose sind mitunter den Algen beigemischt, so unter
anderen Fontinalis.
Schröter und Kirchner?) unterscheiden im Bodensee ein Encyone-
metum mit verschiedenen Untergruppen, nämlich Spirogyretum, Tolypo-
trichetum und Schizotrichetum.
Über Verschiedenheiten der Assoziationen vergl. z. B. Fritsch und
Miß Rich. Die Verbindungsglieder der verschiedenen Assoziationen an
Verschiedenheiten der Standorte (Nährstoffmenge, Kalkgehalt des Wassers,
Bewegungen und Wärme der Gewässer usw.) sind noch nicht erläutert
worden.
Formation der Moose
Scheint selten zu sein und wird wohl wesentlich durch Asso-
ziationen von Fontinalis repräsentiert.
Formation der Samenpflanzen
Wird nur durch die schon besprochenen Podostemaceen und Hydro-
stachydaceen repräsentiert. Sie kommen besonders in stark strömenden
Flüssen vor, besonders in Stromschnellfelsen und Wasserfällen, welchen
Standorten sie denn auch auf merkwürdige Weisen angepaßt sind. Sie
scheinen nur bei niedrigem Wasserstande zu blühen, wenn sie auf einige
Zeit trocken gelegt werden®).
2) Rabanus 1915.
?) Lagerheim 1892.
®) Schröter u. Kirchner 1896, 1902.
*, Vergl. außer Warmings 6 Abhandlungen neuere Untersuchungen von Willis,
Went, W. Magnus.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. al
482 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Die Arten wachsen gewöhnlich gesellig; von Assoziationen zus
daher eine recht große Menge geben.
Formation der aerobiotischen oder aörophilen Algen
Im Anschluß an die Vereine der steinliebenden Wasserpflan
wird ein etwas verschiedener Standort besprochen werden Kö
nämlich die von Algen bewohnten, periodisch trockenen und perio
vom Regen oder herabrieselndem Wasser benetzten Felsen. So
Vereine von aörobiotischen („subaörischen“* oder „semiaquatischen‘
entwickeln sich reichlich an Wasserfällen, deren Schaum und G
beständig die Felsen benetzt, und in Gegenden mit großen und ü
das ganze Jahr verteilten Niederschlägen (z. B. auf Java) oder in
bieten mit großer Luftfeuchtigkeit. Auf Felsen, die von Süßwas
benetzt werden, Stromfelsen, welche über das Wasser emporragen,
sich ein schwammiger, filziger Teppich von Algen (Trentepohlia, R
corton islandicum, Rh. purpureum, Vaucheria, Diatomeen, Desmidia
blaugrünen Algen), Moosen, Farnen und anderen Kräutern bilden,
sogar kleine Sträucher, die beständig sehr naß sind oder von Wa
triefen, können sich einfinden. Assoziationen von dieser Forma
kommen aber auf vielen anderen Standorten vor, z. B. Baumstämn
an Mauern u. a., wo sie von Regen, Nebel und Tau benetzt we
Die senkrechten schwarzen Streifen an den kahlen Steilhäng
Gebirge werden von Algen gebildet an den Stellen, wo bei Regen
Wasser herunterrieselt, die aber sonst trocken sind.
Auch hier am Süßwasser finden sich Vogelsitzplätze (
S. 422), wo die Düngung der Wasservögel und Sickerwasser eigeı
liche Vegetation hervorrufen kann. BR
58. Kap. Vereine von Süßwasserpflanzen auf losen Böde
Der Bau des Bodens ist der im 7. und 13. Kap. erwähnte, aber die
Poren sind mit Wasser erfüllt, und die atmosphärische Luft ist sie
äußerst geringer Menge vorhanden, wenn sie überhaupt vorkommt.
aus ergeben sich mehrere Abweichungen von der lithophilen Veget
namentlich folgende, die schon $. 386 ff. besprochen worden sind,
ebensowohl für die Arten des süßen als des salzigen Wassers g
Dazu gehört für die größeren Arten Ausbildung von Wurzeln
wurzelartigen Organen zur Befestigung im Boden, jedoch nicht in
Ausdehnung wie bei Landpflanzen. Bei einigen fehlen sogar die W
haare, z. B. bei Hippuris, abgesehen vom Wurzelhalse bei Hottonia
1) Vergl. Comere, Cotton. Nach 1914 erschien Boye Petersen 1916.
58. Kap. Vereine von Süßwasserpflanzen auf losen Böden 483
Elodea. Oft sind die Wurzeln zur besseren Befestigung im Boden hin-
und hergebogen oder gewunden (vergl. darüber Kap. 31, S. 268). Das Vor-
kommen von wagerecht wachsenden Grundachsen (Rhizomen und
ähnlichen Bildungen) ist im losen Boden recht häufig. Die Ausbildung von
großen Interzellularräumen, um die untergetauchten Teile mit Luft
zu versehen, ist sehr allgemein verbreitet, damit Hand in Hand geht oft
die Reduktion der Gefäße (über die Xylemgänge vergl. Kap. 31, S. 271),
des mechanischen Gewebes u. a. m.
! Abweichend hiervon sind namentlich die Thallophyten.
Die meisten Arten und die eigentlichen Wasserpflanzen sind ganz
_ untergetaucht; ausgenommen bei einigen die Befruchtungsorgane, die
Blüten oder Blütenstände; es kommen hier aber auch Arten vor, welche
Schwimmblätter haben (semiaörische Arten), und die dadurch einen
Übergang bilden zu den in der Luft lebenden Pflanzen.
N Nach der spezielleren Beschaffenheit des Bodens und anderer öko-
logischen Faktoren kommen viele verschiedene Assoziationen vor, welche
_ im ganzen zu vier Formationen gerechnet werden können:
= 1. Formation der Saprobien. 59. Kap.
52 2. Formation der autophyten Thallophyten. |
3. Formation der Moose. 60. Kap.
Fr 4. Formation der Gefäßpflanzen. )
ee Im folgenden werden sie aber nur in zwei Kapiteln behandelt und
= zwar im 59. Kap. die aus Saprophyten gebildete Formation und im
60. Kap. die Autophyten.
59. Kap. Formation der Saprobien auf losem Boden
Auf toten organischen Substanzen auf dem Boden der Seen, oder
wo Schlamm abgelagert ist, der an solchem reich ist, kommt eine Vege-
tation von saprophytischen Algen und Bakterien vor, die bisweilen sehr
reich sein kann. Sie liegt mehr oder weniger lose auf der Oberfläche
. des Bodens, und findet sich natürlich nur dort, wo der Boden nicht
vom Strom oder von den Wellen in Bewegung gesetzt wird, also ent-
weder in den größeren Tiefen der Gewässer oder an anderen Stellen,
- wo Ruhe herrscht. Diese Vegetation ist noch wenig studiert, aber man
weiß, daß sie existiert. Nach Forel gibt es im Genfer See bis 100 m
Tiefe eine bräunliche Schicht niederer Algen (meist Schizophyceae und
Diatomeae), einen organischen Filz.
RE Auch weit höher hinauf trifft man eine solche Vegetation, auf
_ einem Boden, in welchem viele niedere Tiere: Würmer, Wasserregen-
_ würmer, Larven u.a. gedeihen, und wo auch der Aal wühlt und sich
an diesen Tieren fett frißt.
31*
484 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Auch in den süßen Gewässern kommen Assoziationen aus P
bakterien mit Beggiatoen und anderen, allerdings grünen, aber
scheinlich saprophytischen Cyanophyceen (Oseillatoria, a
bya u.a.) vor (vergl. Kap. 45).
Da die Flüsse, die große Städte durchlaufen, z. B. die
und die Seine, sehr viele organische Abfälle aufnehmen, da ihr \
aber nur wenige Meilen weiter unterhalb wieder klar und bakter
wird, hat man die Anschauung ausgesprochen, daß diese „Selbstre
der Flüsse Pflanzen, besonders Schizophyceen zuzuschreiben sei.
(1893) untersuchte den Rhein zwischen Bonn und Köln und
dem Ergebnis, daß grüne Algen hierbei keine große Rolle spiell
daß Faden- und Stabbakterien die organischen Stoffe aufnehm:
Auch in den nährstoffarmen Wässern der Heiden finden
unter einen entsprechenden Verein. In flachem, ganz durch Hun
braun gefärbtem Wasser ist oft nur eine einzige blaugrüne a
lariacee) in großen Massen vertreten. .
Kolkwitz und Marsson?) haben die Saprobien in de GH
geteilt, je nachdem sie in stark, schwächer oder wenig veru ii
Wasser leben: Polysaprobien, Mesosaprobien und Olig on
Eigene Assoziationen bilden die Eisenbakterien, welche
gallertartigen Hüllen Eisenoxydverbindungen in mehr oder
großen Massen ablagern. Dadurch bekommen sie eine braunrot
Der „Brunnenfaden*, Orenothrix polyspora und Olamydothrix f
sind de gewöhnlichen, die neben einigen anderen oft große Assozia
in stillem stehendem oder langsam fließendem Wasser bilden.
können sie auch ohne Eisen sehr gut wachsen (Molisch)?).
Warme Quellen
Andere Assoziationen von Cyanophyceen und Bakterien.
auf einem anderen, durch die Wärme des Wassers etwas abwei
Standort vor, das sind die der warmen Quellen oder Therm
in den verschiedensten Teilen der Erde finden. Der W
natürlich höchst verschieden; bei niedrigeren Temperature
noch Blütenpflanzen in ihnen, aber unter höheren Temperaturen N
nur Cyanophyceen mit Beggiatoa zurück (Beggiatoa, Lyngbya, O.
Hypheothrix, Phormidium, Spirulina, Nodularia u.a.). Die
über die ganze Erde ungefähr dieselben. Sie bilden grüne, gel
rote oder braune, schleimige oder fadenförmige Massen oft v
cm Dicke, die bisweilen anscheinend fast strukturlose Galle
-
1) Über die Selbstreinigung der Elbe unterhalb Dresden Eu Schot
?) Kolkwitz und Marsson 1908; Kolkwitz 1911, 1914.
®) Molisch 1910.
59. Kap. _ Formation der Saprobien auf losem Boden 485
Aus europäischen Thermen kennt man z. B. Anabaena thermalis
(in Wasser mit Temperaturen bis 57° C.), Arten von Leptothrix (in
Karlsbad: 55,7° C.), Beggiatoa, Oseillaria (44—51° C.), Hypheothrix
(Island), Tolypothrix lanata (Grönland) u.a. ZLyngbya thermalis kennt
"man von Island, von den Schlammvulkanen Italiens und von den warmen
Quellen Unartok in Grönland (40° C.).
Mit den Cyanophyceen kommen Eisenbakterien, Schwefelbakterien
und andere vor, auch Diatomeen und höher organisierte Algen.
Die höchsten Temperaturen, die man angegeben findet, sind fol-
gende: 81—85° C. von Ischia (Ehrenberg), bis 90°C. von den Azoren
(Moseley) und sogar 93° (200° F.) von Kalifornien (Brewer). Bei Las
Trincheras in Venezuela kommt eine warme Quelle vor, die bei ihrem
_ Ursprung eine Wärme von 85—93°C. hat; die Algen wachsen hier in
Wasser von mehr als 80°C. (Warming).
Das Wasser vieler heißer Quellen, die sich ja meist in vulkanischen
- Gegenden vorfinden, enthält Schwefel, Kalk oder andere mineralische
Stoffe, ohne daß die Zusammensetzung der Vegetation dadurch wesent-
‚lieh geändert wird.
Eine besondere Rolle spielen gewisse dieser Algen, indem sie kri-
stallinische Massen von kohlensaurem Kalk oder von Kieselsinter aus-
scheiden; im Arno wird von Schizophyceen Travertin gebildet; in den
Thermen von Karlsbad werden gleichfalls mächtige Kalksinter aus-
‚geschieden. In Nordamerika finden sich zahlreiche heiße Quellen und
Geiser im Yellowstoneparke; Weed!) hat die merkwürdige, gesteins-
bildende Wirksamkeit, die die Algen hier ausüben, geschildert; sie
wachsen hier besonders in Wasser, das etwa 30—85° warm ist und
variieren in bunten Regenbogenfarben zwischen rot, orange, weiß und
grün je nach der Temperatur des Wassers. Cohn meint, daß sich eine
besondere Fähigkeit, kohlensauren Kalk aufzuspeichern, bei diesen
Algen finde.
Sollten diese von den am niedrigsten organisierten Algen gebildeten
Vereine heißer Quellen uns nicht ein Bild von der ältesten Vegetation
der Erde geben?!?)
Auf den feuchten Felsen in der nächsten Umgebung der Quellen
können viele von denselben thermophilen Algen subaörisch vorkommen.
2) Weed 1887—88; vergl. die von ihm angeführte reiche Literatur.
2) Hierzu vergl. auch Comere; Podpera, 1904, in Englers, Jahrb. XXXIV
Harshberger 1897; Josephine Tilden 1898; Istvanffi 1905; über Japan: Miyoshi 1897.
486 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf |
Süßwasserboden
Hierher gehören alle auf losem (sandigem, tonigem, schlan
Boden, in Süßwasser, besonders in ruhigem, wachsenden Ve
autophyten Pflanzen, deren Individuen entweder ganz unte
sind oder höchstens Schwimmblätter haben (die Blüten wei
immer über das Wasser gehoben).
Die Flora wird gebildet:
1. von Grünalgen, namentlich von Characeen, die sich be
auf Mergelboden finden, den sie oft mit einem dichten, eig
unangenehm riechenden Teppich überziehen (Characeta).
2. von Moosen (Fontinalis, Arten von Hypnum und.
3. von Pteridophyten: Wasserfarnen (Marsilia, Pi
Isoetes (Fig. 240, 241). ;
4. von Blütenpflanzen: Wie im Meere kommen Potan
ceae, aber in größerer Artenzahl, vor, ferner teilweise Hydroc
(Elodea, Vallisneria, Hydrilla), Sparganium simplex, S. affıı
nimum, Elisma natans, außerdem viele Dikotyledonen: N
Cabombaceae, Ranunculaceae (Ranunculus: die Mehrzahl der
Arten), Arten von dCallitriche, Subularia, Elatine,
inundatum, Limosella, Myriophylium, Montia, Timer
Dortmanna u.a
S. 369, 468) der Algenvegetation in Baden ausführlich I ji
durch zahlreiche tabellarische und graphische Darstellungen
Gewisse Algen (z. B. Spirogyra) gehen mit Beginn der Wär.
zurück, andere (die Mehrzahl) zeigen dann stärkeres Wach
Anpassungen. Die Formenmannigfaltigkeit i
satze zu der entsprechenden Salzwasservegetation außeroı
was sicher durch den größeren Wechsel in den Lebens
erklärt werden kann, namentlich dadurch, daß es sowohl st
des als sehr oft ganz ruhiges Wasser gibt, während das M
große Ruhe darbietet und seine Wasserbewegungen vorz
eigentümliche Form des Wellenschlages haben. Ein Hau
ist demnach der, daß nicht nur ganz untergetauchte Ty
auch Arten mit Schwimmblättern oder mit Sprosseı
dem Wasser schwimmen, vorkommen. |
1) Rabanus 1915.
60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 487
Alle Arten sind krautartig und fast alle ausdauernd (einjährig sind
2. B. Subularia aquatica, Najas, Trapa, welche nur dann gesellig wachsen
können, wenn zahlreiche Samen über den Boden ausgesät werden).
Der Sproßbau ist sehr verschieden. Die allermeisten haben im Ein-
klange mit dem losen Boden kriechende Grundachsen (Fig. 240) und
zeigen daher geselligen Wuchs (z.B. Potamogeton, Hippuris, Nymphaea
"und Nuphar mit unterirdischen, Myriophyllum, Ranunculus, Callitriche u.a.
mit oberirdischen wagerechten Stengeln). Die Characeen gehören mu-
"tatis mutandis auch hierher. Bei anderen wurzeln die rosettenblättrigen
Sprosse an langen Ausläufern in gewissen Abständen von der Mutter-
nn
wr
===
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Veen
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“ ._. —
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nn
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Fig. 240. Pilularia globulifera. Fig. 241. Isoetes lacustris.
(Warming-Johannsen.)
pflanze fest (z. B. Litorella, Vallisneria, Fig. 246). Alle solche mit
wandernden Sprossen versehenen Arten können auf dem Seeboden dichte
Bestände bilden, die reich an Individuen, aber arm an Arten sind.
Eine kleinere Zahl von Arten hat senkrechte, kurzgliedrige Grund-
achsen mit Laubblattrosetten, ohne solche Wanderungsmittel; ihre
Individuen stehen dann mehr einzeln (Isoötes, Lobelia Dortmanna).
Es gibt folgende drei wesentlich verschiedene Formen von Assi-
| milationsprossen.
A. Der völlig untergetauchte Rosettentypus. Die Sprosse
| sind senkrecht, unverzweigt und kurzgliedrig, die Blätter rosettenständig,
| sitzend und meist untergetaucht (Vallisneria mit bandförmigen Blättern,
2
\
!
| mit mehr stielrunden). (Fig. 241.)
i
“
Isoötes, Lobelia Dortmanna, Subularia aquatica und Litorella uniflora
Een on
fällig hervor. Es gibt fünf Hauptformen von Blättern: 1.
“
488 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
B. Der völlig submerse gestrecktgliedrige Langspr
Die Sprosse sind aufrecht, gestrecktgliedrig, dünnstengelig und v
Haupt- und Seitensprosse haben in der Regel gleiche Dicke (kein
wachstum), ganz wie bei gewissen im 56. Kap. behandelte
Die oft sehr langen und dünnen Sprosse sind sehr biegsam
der Wasserbewegang nachzugeben. Die Länge hängt von
und der Strömung des Wassers ab. Die Landformen de
haben kürzere Internodien. Hierher gehören z. B. Myriophi
Hippuris, Potamogeton pectinatus, P. perfoliatus u. a. A
culus Baudoti, Zannichellia, Callitriche autumnalis, Elodea.
sind linealisch oder länglich (selten breit) und bei ei
geteilt. Vergl. auch Chara, Fig. 248.
Die anatomischen Verhältnisse der meisten Wasse |
gleichfalls sehr eigenartig, sie wurden bereits auf S. 268- —
(Ölgehalt, Xylemgänge, Schleimgehalt der jungen Teile u
C. Die Schwimmblattform. Außer untergetau
von verschiedener Form kommen Schwimmblätter vor.
entweder wie bei A oder wagerechte Grundachsen
Nymphaea alba u. a. Nymphaeaceen, Fig. 243); in beide
Schwimmblätter äußerst langgestielt, um die Oberflä
reichen zu können. Bei anderen sind die Sprosse gestrec
Stiele der gewöhnlich auf dem kurzgliedrigen Stengelend
vereinigten Schwimmblätter kürzer; z. B. Ranuneulus
trachium-Arten), Trapa natans, Potamogeton natans,
Callitriche verna, Fig. 237, 244.
D. Eine etwas abweichende Form ist Nelumbium,
nächsten an die Nymphaeaceen mit wagerechten Grundachs
und auch zuerst Schwimmblätter entwickelt, nachher &
Luftblätter auf eleganten Stielen hoch über den Wasse
Fig. 242. |
Die Blattformen. Die Abhängigkeit der
teilweise die des Sprosses) von dem Medium tritt hier b
blatt und vier untergetauchte Formen, die man in zwei
einigen könnte, einerseits die hauptsächlich bei Dikotyle ®
sehr fein zerteilten (2. myriophylloiden) Blätter, anders
langen und linealischen ungeteilten (3. zosteroiden, 4. die
5. die isoötoiden) Blätter (Literatur: vergl. Schenck 1
1. Das Schwimmblatt begegnete uns schon b
(55. Kap.). Es tritt auch hier bei Nymphaea, Nuphar, (
senia u. a. Nymphaeaceen, Lömnanthemum, Hydrocleis, El
*) Hj. Jensen 1905.
60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 489
eulus, Trapa, Callitriche, Potamogeton (natans u. a.), Polygonum (amphi-
bium) u. a. Gattungen mit derselben allgemeinen Form auf: es ist breit
(kreis-, ei-, herz-, nierenförmig, rhombisch oder elliptisch, selten lanzett-
Fig. 242. Wasservegetation mit Nelumbium im Botan. Garten in Buitenzorg.
(Phot. Hjalmar Jensen.)
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490 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
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lich), ungeteilt und ganzrandig, selten gekerbt oder eingeschnitten (z. B. ’
bei Trrapa (Fig. 244), Ranunceulus [Batrachium] und R. sceleratus), ferner ”
recht dick und fest (lederartig), hat bisweilen einen mechanisch verstärkten ji
oder nach oben gebogenen Rand und ist vorzüglich geeignet, auf dem
Wasser zu schwimmen und den Wasserbewegungen zu widerstehen; die
riesigen Schwimmblätter von Vietoria regia, Euryale ferox und ähnlichen
werden außerdem durch mächtige Rippen auf der Blattunterseite ge-
kräftigt. Linealische Spreite findet sich z. B. bei @lyceria fluitans, den
Sparganium-Arten usw. Die Spreite des Laubblattes ist dorsiventral‘
gebaut und hat das Palisadengewebe anf der Oberseite. Die Unterseite
2
Fig. 243. Teich mit blühendem Nuphar pumilum. Eine kleine Assoziation von
Myriophyllum erhebt ihre Infloreszenzen. (Phot. Eug. Warming.)
ist oft durch Anthocyan dunkelrot, dessen Nutzen nicht mit Sicherheit
bekannt ist. Stacheln auf der Unterseite der Spreite und auf dem
Stiele haben Victoria und Euryale. Sie ist zum Leben in der Luft. N
angepaßt. Vergl. Fig. 242—244 und Fig. 237, S. 476. 3
Spaltöffnungen werden ausgebildet, doch nur oder überwiegend“ N
auf der Oberseite, deren Epidermis kein Chlorophyll enthält, und werden
gegen die Verstopfung mit Wasser dadurch geschützt, daß die Blattober-
seite das Wasser nicht annimmt (wegen der sehr fetthaltigen Kutikula
oder wegen Wachs). Hiermit geht einher, daß die Oberseite oft stark €
N
2
glänzend oder weißlich ist?).
1) Jahn 1886.
F 60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 491
Die Länge des Stieles richtet sich nach der Wassertiefe; wenn
lie Spreite mit der Luft in Berührung gelangt, wird sein Wachstum
gehemmt. Bei den gestrecktgliedrigen Sprossen werden zugleich die
nodien gehemmt, z. B. bei Trapa, Callitriche; das Längenverhältnis
hen den Stielen der Schwimmblätter und die Stellung der Schwimm-
he: Trapa natans. A Keimende Pflanze, a Frucht, 5 Stiel des in der Frucht
on Keimblattes, ce das andere Keimblatt, s Stempel, w Wurzeln; links oben
die kiemenblattartigen Wasserwurzeln. B Schwimmblatt.
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245. Potamogeton natans. A Untergetauchtes Blatt, binsenförmig. B Schwimmblatt,
flach und völlig anders gebaut (vergl. dieselben Fig. 47, 8.143, Fig. 92, S. 208).
lätter sind bei solchen Arten so, daß alle Spreiten auf dem Wasser
Platz finden. Frank hat die Meinung geäußert, daß der Druck der
\öher liegenden Wassersäule das Wachstum des Stieles befördere; Ver-
uche anderer haben ergeben, daß die Berührung mit der Luft und die
rößere Lichtmenge die Form des Schwimmblattes hervorrufen.
492 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Eine Anzahl von Arten sind heterophylil (Fig. 245), sie haben ı
nur flutende, sondern auch untergetauchte Blätter. Nach Askenasy?)
anderen erscheinen die Schwimmblätter bei Batrachium und Ca
nicht eher, als die Pflanze blühen will, so daß sie besonders dazu
die Blüten über Wasser zu heben. vn
Die untergetauchten Blätter weichen von den Schwimmb
anatomisch bedeutend ab (besonders in der Epidermis und dem Ch
phyligewebe). Sie haben folgende Formen:
\
Fig. 246. Vallisneria spiralis als Beispiel für das Bandblatt. A männliche
. B Spatha derselben, vergrößert; C' weibliche Pflanze (wie A verkleinert); D v
Blüte mit Spatha, vergrößert; E untere Hälfte des Fruchtknotens, vergrößert; F'
der Länge nach durchschnitten, stark vergrößert. (Nach Schnizlein.)
gräsern allgemein vorkommt, ist hier seltener (Vallösneria, Fig. 246
ganium, Potamogeton-Arten u. a.). Daß es an tiefere oder an strö)
Askenasy 1870.
| - 60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 493
_ Ähnliche Blattformen trifft man unter denselben Verhältnissen bei Pota-
mogeton natans (*/s m lange Stromblätter) und Seirpus lacustris.
2 3. Das helodeoide Blatt, d. h. das längliche oder schmal
linealische, kurze, flache, sitzende, ungeteilte Blatt findet sich häufig
bei Helodea, Fig. 247, Potamogeton densus, obtusifolius, pusillus u. a.
"Arten, Hippuris, Zannichellia, Callitriche autumnalis u. a. Arten, Najas.
| - Hierher gehören auch dieWassermoose. Breitere Blattformen finden sich bei
- anderen Potamogeton-Arten; etwas abweichende zeigt besonders P.lucens.
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Fig.247. Helodea Canadensis. Fig. 248. Chara fragilis
Blatt, schwach vergrößert; dunkele mit den an myriophylloide Blätter
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Streifen Luftkanäle (l); d abge- erinnernden, seitlichen, röhren-
storbene Partien im Blatte. förmigen Kurzsprossen. ;
(Nach Devaux.) (Nach Strasburger.)
4. Das linealische, ungeteilte, ganzrandige, sitzende, stiel-
runde Röhrenblatt kommt bei Pilularia, Isoetes, Fig. 241, Potamogeton
| natans, Lobelia Dortmanna, Litorella lacustris vor, die meist kurzstengelige
Pflanzen sind. Subularia, Seirpus fluitans und die Characeen können
hier am nächsten angeschlossen werden, Fig. 248.
| Daß diese beiden ziemlich übereinstimmenden Blattformen gleich-
falls, jedenfalls teilweise, durch die Einwirkung des Wassers hervor-
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494 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
gerufen werden, beobachtet man bei Arten, die sowohl Land-
Wasserformen haben, z. B. bei Hippuris vulgaris, Elatine alsinas
Isoötes lacustris, Pilularia (Fig. 240, 241) u. a.; die Wasserblätter
viel länger und schlaffer als die Luftblätter.
5. Das myriophylloide oder in fadenförmige oder line
sche Abschnitte geteilte Blatt (analog den Kiemen der Fische)
sehr verbreitet (Myriophyllum, Helosciadium inundatum, RBanu
[Batrachium, Fig. 237, 249], Cabomba) und findet sich auch bei me
Sumpfpflanzen, wenn sie in tieferem Wasser wachsen, z. B. bei Oen
phellandrium, Oen. fistulosa, Sium latifolium. In seine Nähe kan
ungewöhnliche, durchlöcherte Blatt von Ouvirandra fenestralis ges
werden. Daß die Tiefe der Einschnitte und die Feinheit der Abschr
durch den Einfluß des Mediums hervorgerufen werden (Tiefe des Wa
Stärke der Strömung u.a.), geht aus vielen Beobachtungen hervor;
Fig. 249. Keimpflanze einer Ranuneulus sect. Bikochinis mit rien
Blättern oberhalb der girl (Nach ©. Gelert.) >
die Sprosse die Wasseroberfläche erreichen, erscheinen Schwimm
(Beisp. Ranunculus [Batrachium] aquatile, Fig. 237), oder Blätter
kürzeren, breiteren, dickeren Abschnitten, besonders wenn die Spro: \
-Wasser überragen (Beisp. Myriophyllum). Der physiologische Grund
diese Verschiedenheit liegt vermutlich besonders in der durch das
dämpfte Licht veranlaßten größeren Streckung und in dem Ausse
der Transpiration. Die fein geteilten Blätter passen gut zu dem Me
indem ihre Oberfläche größer geworden und dadurch die Nahruı
aufnahme, vermutlich auch die Lichtwirkung begünstigt worden ist. 1:
Wasserbewegungen lassen kaum größere Flächen zu).
1) Über die Formverschiedenheiten der Wasser- e Sumpigewnuie und über
Abhängigkeit von den ökologischen Standortsfaktoren hat in neuerer Zeit H. 6
(1905, 1906, 1911 ff.) ausgedehnte gründliche Untersuchungen veröffentlicht. — Über
Verschiedenheiten der Wasser- und Landformen von Polygonum amphibium siehe
1902. — Siehe auch: Bau der Wasserpflanzen, Chatin 1856; H. Schenck 1886 a, b.
60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 495
Die Fortpflanzung. Die Fortpflanzung der Kryptogamen geht be-
kanntlich im Wasser vor sich. Von den Blütenpflanzen hingegen heben
fast alle ihre Blüten über das Wasser empor; einige suchen die
- Hilfe von Insekten zur Bestäubung (Hottonia, Utrieularia- Arten, Nym-
phaceaeae usw.), andere die des Windes oder des Wassers oder haben
Selbstbestäubung (Hippuris, Myriophyllum, Potamogeton u.a.). Mit Hiffe
des Wassers wird der Pollen z. B. bei Zannichellia, Ruppia'), Callitriche
und Najas übergeführt; kleistogam können unter Wasser blühen Subularia
aquatica, Limosella aquatica, Euryale ferox, Elisma nalans, Ranuneulus
(selten). Ein besonderes Verhältnis (parallel mit dem von Ruppia) zeigt
Vallisneria (die kleinen männlichen Blüten reißen sich los, schwimmen
auf der Wasseroberfläche umher und bestäuben hier die Narben der auf
_ dem Wasser ruhenden weiblichen Blüten); ihr steht Helodea am nächsten.
? Bei Ruppia schwimmt der Pollen an die an die Wasseroberfläche ge-
- langenden Narben.
Nach der Bestäubung werden viele Früchte unter das Wasser ge-
zogen oder gebogen und reifen hier (Beisp. Potamogeton, Trapa, Ranun-
eulus). Die Samenverbreitung findet oft durch besondere, zu dem Medium
passende Mittel statt: die Samen oder die Früchte vieler Arten sind
wegen eines eigentümlichen Baues leichter als das Wasser, werden von
diesem getragen und nach anderen Standorten fortgeführt (Ravn, Ohlen-
- dorff), viele andere aber, wie die vieler Potamogeton, von Helosciadium
inundatum u. a., sind schwerer als Wasser und sinken unter, die von
der erstgenannten Gattung können oft lange liegen, ehe sie keimen?).
k Vegetative Vermehrung ist wie bei den meisten Wasserpflanzen
sehr verbreitet, sie geht leicht durch einfaches Losreißen von Sproß-
- teilen vor sich und hat eine große biologische Bedeutung; einige Arten
- werden sogar fast apogam. Calla palustris, viele Potamogeton-Arten und
Stratiotes?) haben besondere sich leicht losreißende Knospen. Die schnelle
4 Ausbreitung von Elodea und ihre ungeheure Menge von Individuen in
4 Europa ist allein durch vegetative Teilung bewirkt worden, da sie keine
} Samen bringt, weil hier nur ein Geschlecht (die weibliche Pflanze) vor-
- kommt, auch von Stratiotes kommt meist auf weite Strecken nur ein
- Geschlecht vor. Die starke vegetative Vermehrung ist der Brutknospen-
bildung, der Verzweigung, den wagerechten gestrecktgliedrigen Grund-
“ achsen und der leichten Beiwurzelbildung zuzuschreiben.
E. Die allermeisten Arten überwintern grün auf dem Grunde des
| Wassers, wo die Wärmeverhältnisse nicht so extrem wie in der Luft
1) Vergl. Graebner 1906.
?) Sauvageau 1890, 1891; Graebner 1906.
®) Wesenberg-Lund 1912.
496 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
sind (Callitriche, Zannichellia, Nymphaeaceae, Siratiotes, Vallisneria u.a.
Besondere Überwinterungsorgane, die im Herbste von dem abfaulende
Muttersprosse frei werden, sind die knorpeligen Wintersprosse von P
mogeton erispus u. a. Arten (vergl. Sauvageau), die kugeligen, dicht
drängte Blätter enthaltenden Knospen von Utrieularia, Muri
Brutknospen von Stratiotes, Hydrilla, Helodea') u. a.
Assoziationen
Nach den ökologischen Standortsfaktoren und dem für jede Art
eignetsten Optimum ordnen die Limnäen sich, wie S.355 und 380 erwäh
wurde, in mit dem Ufer mehr oder weniger parallelen Gürteln. Daß d
Größe des Wasserbassins, die Tiefe und Bewegung des Wassers, Art de
Bodens u.a. m. für die Bildung der Assoziationen eine große R
spielen, ist auch erwähnt. Auch der größere oder geringere Gehalt
Wassers an Nährstoff, also an löslichen Salzen, Sauerstoff und
Humussäuren spielt floristisch eine bedeutende Rolle. In den näh
stoffreichen Gewässern, wie Flüssen, Landseen und Landteic
kommen andere Arten vor als in den nährstoffarmen der Heideseen
Heidetümpel. In den ersteren kommen viele Grünalgen, nament
Characeen, von Moosen Fontinalis und Hypnum-Arten, von Blü
pflanzen viele Batrachium-Arten, Sparganium simplex, 8. ramosum u
vor. In den nährstoffarmen von Moosen namentlich Sphagnum
Blütenpflanzen Sparganium affıne, $. minimum, $. diversifo
S. Friesei u. a. Auch der verschiedene Reichtum an Kalk wird vielf.
eine floristische Rolle spielen, ne: namentlich englische: Botanik
großes Gewicht legen.
Die Assoziationen zeigen über ungeheure Strecken der temperi
Weltgegenden große Übereinstimmungen, selbst wenn die Arten recl
verschieden sind; aus Europa und Nordamerika liegen viele wa
vor, auch aus Ta
Die periodischen Erscheinungen in einem Teiche sind von Fri
und Miß Rich auch rücksichtlich der Blütenpflanzen studiert worden?
Assoziationen von Algen. In den tiefsten Teilen von S
in Europa, gewöhnlich 8—12 m, befinden sich Assoziationen von auto-
phyten Grundalgen, hauptsächlich bestehend aus einem Filz vo)
Cladophoraceen mit Chotophoraceen, Palmellaceen, Cyanophyceen 0
Diatomeen, wo auch Fontinalis antipyretica eingemischt sein kan
Brand fand einen Gürtel von dieser Art in einer Tiefe von 20m &
Hier trifft man auch große kugelige Gebilde von Oladophora Sauteri®
t) Ascherson-Graebner Synopsis.
°) Vergl. Journ. of Ecology, 1913, 1, 295; vergl. auch Rabanus 1915.
®) Fleroff 1907.
% 60. Kap. Die autophyten Limnäen. Formationen auf losem Süßwasserboden 497
Assoziationen von Characeen bilden gewöhnlich den äußersten,
tiefsten Gürtel in sehr verschiedener Tiefe. Die Characeen gehen im Genfer
See bis 20—25 m (Forel), im Bodensee bis zu 30 m nach Schröter und
Kirchner, aber meist gewiß nur 6—17 m tief hinab; bei 60 m Tiefe fand
- man im Genfer See merkwürdigerweise noch ein Moos, Thamnium alo-
pecurum var. Lemani.
Die Characeen werden aber auch in sehr seichtem Wasser gefunden
und bilden oft ausgedehnte, dichte Teppiche, „Wiesen“, eigentümlich
streng riechende, kalkreiche. Bisweilen wachsen sie in so seichtem
. Wasser, daß sie in Trockenzeiten trockengelegt werden und als weiß-
_ liche Massen erscheinen. Auch im braunen, sauren Wasser der Moor-
gräben können sie sich finden.
Assoziationen von Moosen. Es ist namentlich Fontinalis antı-
Pyretica, die in Europa Teppiche in einigen Metern Tiefe bilden (3—4 m),
_ welche nach Wesenberg-Lund für das Tierleben im Winter große Be-
deutung haben.
Assoziationen von Blütenpflanzen. Helodeeta. Assoziationen
von Helodea canadensis kommen hie und da vor und gehen höchstens
bis zu 6 m Tiefe herab.
Myriophylleta und untergetauchte Potamogetoneta bilden oft
‚den nächsten Gürtel, der bis 4—6 m hinabsteigen kann. Von Potamogeton-
Arten können hier z.B. P. lucens, P. pectinatus, P. perfoliatus und P.
usillus genannt werden; ersterer geht wohl am tiefsten und erreicht
die größte Mächtigkeit, aber auch die anderen finden sich öfter tief und
massenhaft. Die kleineren Arten behaupten meist die untiefen Stellen,
“die mächtigeren gehen am weitesten hinaus. Die untergetauchten können
esser stark bewegtes, strömendes Wasser ertragen als die mit Schwimm-
lättern versehenen, sie finden sich daher auch weiter vom Ufer entfernt.
"Mit ihnen vergesellschaftet findet sich Ceratophyllum.
i Von anderen untergetauchten Assoziationen im seichteren Wasser
nahe den Ufern können erwähnt werden: Isoöteta lacustris, Lo-
_ belieta Dortmanna, Littorelletae lacustris. Diese Arten in Gesell-
schaft miteinander und im Norden oft mit Subularia aquatica bilden
isweilen eine eigentümliche niedrige Vegetation aus ähnlich geformten
Rosettenpflanzen mit Röhrenblättern auf Sandboden. Es ist Littorella,
welche gewöhnlich vorherrschend ist, weil sie durch ihre reichliche Aus-
uferbildung leicht die Überhand über die drei anderen, an den Platz
gebundenen Arten bekommt. Letztere finden sich daher meist nur
pärlich eingestreut, aber Zitorella bleibt, solange sie untergetaucht ist,
‚steril, nur auf dem trockengelegten Ufer können die windbestäubten
"Blüten sich entwickeln. In demselben Vereine finden sich auch mitunter
Elatine triandra, Bulliarda aquatica, Seirpus acicularis u. a. Die
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 32
498 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Schwimmblatt-Assoziationen gehen gewöhnlich nicht zu so großen
Tiefen hinab wie die untergetauchten Arten, suchen auch mehr die
ruhigeren, gegen Wind und Wellenschlag geschützten Stellen der Ge-
wässer auf. Folgende Assoziationen kommen vor: Nuphareta lutei;
Nymphaeeta albae u.a., bisweilen in reinen, bisweilen in gemischten
Vereinen; maximale Tiefe wohl 3—5 m, gewöhnlich gehen sie nur bis
2—3 m oder sogar noch weniger tief!). |
Polygoneta amphibii leben in etwas geringerer Tiefe. Ebenso
die Assoziationen von Batrachium, Trapa natans, Elisma natans. 4
In Nordamerika kommen Gürtel vor, welche den europäischen
ganz ähnlich sind nach Erläuterungen von Coulter, Cowles, Transeau,
Pieters. Überhaupt hat die Flora Nordamerikas mit der europäischen
große Ähnlichkeit; in Nebraska z. B. finden sich folgende europäise
Gattungen: Baba Myriophyllum, Ceratophyllum, Polamogeto
Lemna u. v. a.
In Maryland finden sich nach Chrysler folgende Gürtel: 1. Pota-
mogeton-Assoziation, 5—10 Fuß, in welcher Brasenia purpurea u. a.
eingemischt sein können; 2. Nymphaea-Assoziation, 2—5 Fuß; 3. Ponte-
derietum cordatae, 1—2 Fuß, in welchem Sagittaria u.a. Danach
kommen die Rohrsümpfe mit folgenden Gürteln: 4. Zizania aquatica;
5. Typha latifolia; 6. Alnus rugosa u. a.?). Berühmt sind: Vietorieta
regiae im Amazonas, wie auch Pontederieta cordatae u. a. vorkommen.
In Japan nach Nakano um die in der Mitte der Seen lebenden
untergetauchten Arten von Potamogeton, Vallisneria, Hydrilla u.a. kommen
4 andere Gürtel vor von 1. Zizania aquatica, 2. Typha angustifoli,
3. Phragmites communis und 4. Sagittaria sagittifola.
In den erwähnten Assoziationen können verschiedene andere
Arten eingestreut sein, in den Potamogeta z. B. Murphy Cerato-
phyllum u. a., vom Plankton abgesehen.
Die Linnäenyereialen steht dem Megaplankton nahe (55. Kap). Die
. Grenze zwischen ihnen ist nicht scharf; sie finden sich oft vermischt,
und in beiden treten dieselben Gattungen, aber mit verschiedenen Arten
auf. Gewisse gewöhnlich schwimmende Arten können gelegentlich fest-
wurzeln (Pontederia crassipes, Hydrocharis, Stratiotes, Pistia); um-
gekehrt können normal festgewurzelte Arten gelegentlich schwimmen,
z. B. Ceratopteris?). i
1) Über die europäischen Gewässer vergl. Schröter u. Kirchner 1896—190
Baumann 1911; Gadeceau 1909; Magnin 1893, 1894; Chatin 1856; Fleroff 190
Bachmann 1911; Glück 1905, 1906, 1911; Kurz 1912; Groß 1912. — Über die Wasser,
vegetation in England vergl. Marietta Pallis in Tansley 1911.
?) Die nordamerikanischen Assoziationen sind besprochen worden von Piete
Mac Millan; Jennings 1909; Dachnowski 1912; Pool 1913, Harshberger u. a.
®) Goebel 1889—91, Il. Teil.
61. Kap. Ufervegetation 499
Natürlich gibt es auch keine scharfe Grenze zwischen der Vege-
tation der festgewurzelten Wasserpflanzen und der der Sumpfpflanzen;
es gibt viele „amphibische“ Arten, die sowohl in besonderen Wasser-
als in Landformen auftreten, z. B. Polygonum amphibium, mehrere
Sparganium-Arten, Glyceria fluitans u.a. Die Quellenpflanzen sind auch
eine Art Übergangsform zwischen Land- und Wasserpflanzen; sie ziehen
das stark strömende, sauerstoff- und kohlensäurereiche Wasser vor;
_ _Beisp. Montia rivularis.
61. Kap. Ufervegetation
P
u,
’ Am Rande der Gewässer ist eine Grenzvegetation entwickelt, die
gleichsam zwischen Wasserpflanzen und Landpflanzen in der Mitte steht.
Wie die Wasserpflanzen sind diese Pflanzen an offenes Wasser oder doch
jedenfalls an sehr wasserreichen und oft überschwemmten Boden ge-
bunden und haben ihre Wurzeln in diesem Boden, oder auch frei im
Wasser, wie die Landpflanzen aber erheben sie ihre Assimilationsorgane
— frei in die Luft. Sie werden Sumpfpflanzen genannt (Helophyten,
helophile Pflanzen, von &20s, Sumpf), besonders wenn sie in tieferem
Wasser leben und mächtiger sind. Sie sind den Schwankungen des
| - Wasserstandes unterworfen und können bisweilen trockengelegt werden.
So gibt es Assoziationen, die an periodisch trockengelegte Böden ge-
= bunden sind und gewöhnlich niedrige Kräuter enthalten.
j Daß es keine scharfen Grenzen zwischen den Wasser- und Sumpf-
- pflanzen oder anderen Uferpflanzen, sowie auch zwischen diesen und den
- Landpflanzen gibt, ist schon oben erwähnt.
| Die Ufervegetation eines und desselben Sees oder Wasserlaufes
- kann an den verschiedenen Stellen sehr verschieden sein; die Verschieden-
- heit hängt wohl meist auch von der Verschiedenheit der Standorte ab.
8o gibt es oft große Verschiedenheiten zwischen den Seiten eines Sees,
welche den herrschenden Winden und dem Wellenschlage ausgesetzt sind,
_ und denjenigen, welche an der Windseite liegen, geschützt gegen den
_ Anprall des Windes, ebenso ist die Vegetation in eingeengten, ruhigen
| Buchten geschützt. Daß die Verlandung der Seen an der ruhigen Wind-
GE EEE EEE
seite vorzugsweise gefördert sind, hat schon längst Forchhammer beob-
achtet, ist auch in neuerer Zeit ausführlich besprochen worden').
An dieser Seite bilden sich oft echte Sümpfe mit hohen Stauden
und Holzpflanzen, und eine lebhafte Torfbildung findet statt; oft ist das
Wasser mehr oder weniger kaffeebraun, d.h. durch Humusstoffe ver-
unreinigt. An den den Winden und dem Wellenschlage ausgesetzten
Seiten ist das Ufer oft niedrig (wenn nicht aus Felsen gebildet) und
1) Klinge 1890; Warming 1897 a.
32*
500 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
sandig oder auch von vielen kleinen rundlichen Steinen oder Geröll
deckt. Das Wasser ist klar und die Vegetation besteht gewöhnlich
aus niedrigen Kräutern.
Es gibt ferner Verschiedenheiten zwischen den Nord- und Sü
seiten der Seen; jene Ufer, welche der Sonnenwärme am meisten 2
gesetzt sind, zeigen eine frühere Entwicklung der Vor
Wesenberg-Lund'!) besonders hervorgehoben hat.
Es gibt natürlich auch Vegetationsunterschiede nach der Größe
Wasserbassins; ein großer See wird in dieser Hinsicht von einem klei
Tümpel verschieden sein.
Ein besonders wichtiger Faktor ist die Periodizität des waeh 3
standes (vergl. 20. Kap.). Für die in tieferem Wasser wachsen
Pflanzen spielt sie gewöhnlich keine Rolle; aber an den flachen Uf
gibt es ein Grenzgebiet, das auf eine größere oder geringere Breite
kürzere oder längere Zeit trockengelegt werden kann; hier kommen alsd
ganz andere Assoziationen zur Entwicklung als anderswo. Die Sch
kungen des Wasserstandes können durch verschiedene Ursachen heryo
gerufen werden, das Anschwellen z. B. durch die Schneeschmelze
Frühjahr, oder durch gewöhnliches Hochwasser im Frühjahr durch lang
andauernden Regen, die Senkung durch Verdunstung des Wassers
langen Trockenzeiten.
Dieses Überschwemmungsgebiet oder die sandigen Eben
Tropen, die in der Regenzeit überschwemmt werden, mit ihren
oder weniger amphibischen Pflanzen haben ihre eigenen Assoziati
die sowohl von der eigentlichen Sumpfvegetation als auch von der 3
dem starken Wellenschlag exponierten Standorten vorkommenden |
schieden sind.
Die Formationen der Ufervegetation sind verschieden,
kann mindestens folgende unterscheiden. >
1. Die Rohrsümpfe aus vielen verschiedenen Assoziationen von & 15-
dauernden Kräutern, namentlich Hochstauden gebildet E
2. Die Sumpfgebüsche und Sumpfwälder Kap. 64.
3. Die amphiphytische?) Ufervegetation aus niedrigeren,
periodisch trocken gelegten Kräutern. Die Formation der
fluren Kap. 65.
Hieran schließen sich noch andere Formen von Süßw
vegetation, z. B. Fi
4. Vegetation des Alluviallandes der Flüsse. U
waldungen Kap. 66. u
1) Wesenberg-Lund 1912.
2) Schröter u. Kirchner 1902, 8. 42.
REIERTEE
62. Kap. Formationen der Sumpfpflanzen 501
EN ETEFERNREEESN TER,
62. Kap. Formationen der Sumpfpflanzen
Ber Trade
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Die Sumpf- und Moorpflanzen sind an seichtes und ruhiges Wasser
gebunden, oder an Boden, der jedenfalls während eines längeren Zeit-
raumes eine bedeutende Wassermenge (vermutlich über 80°/,) enthält.
Der Boden ist lose, oft sogar sehr lose und weich, ferner meist reich
an Humus (Torferde, Schlamm; vergl. 13. Kap.). Es gibt unzweifelhaft
Unterschiede zwischen der Vegetation, welche an nährstoffreiches, be-
# sonders an kalkreiches Wasser gebunden ist („swamps“ der Engländer)
und derjenigen, die in nährstoffarmem oder in säurereichem Wasser
_ wachsen. Es ist aber noch nicht möglich, einen allgemeinen scharfen
- Unterschied zu fixieren, im allgemeinen weisen die ersteren einen starken,
W
die letzteren einen schwachen Jahreszuwachs auf.
| Die Anpassungen an die Standorte werden im allgemeinen fol-
gende sein. |
1. Die Sumpfpflanzen sind (wie die Wasserpflanzen) vorzugsweise
- mehrjährig ($. 270).
} 2. Viele Sumpfpflanzen bilden leicht Beiwurzeln und haben
_ kriechende Grundachsen oder Ausläufer. Unterirdisch sind diese bei
14 Equisetum limosum, Phragmites, Typha, Acorus, Butomus, Seirpus
lacustris, $. (Heleocharis) palusiris, Eriophorum amgustifolium und E.
— alpinum, Sparganium, Carex limosa, CO. chordorrhiga, C. acutiformis
u.a. Arten, Epipactis palustris, Scheuchzeria palustris u. a. Monokotylen,
Myrica gale, Rubus chamaemorus, Andromeda polifolia, Vaccinium uli-
f ginosum, Lysimachia vulgaris und L. thyrsiflora, Ranunculus lingua,
| Sium latifoliwm (knospenbildende Wurzeln) u.a. Oberirdische Wander-
- sprosse finden sich besonders in Mooren: bei Vaceinium oxyeoceus,
_Nartheeium ossifragum, Hwydrocotyle vulgaris, Lycopodium inun-
— datum u.a.
h Rasenbildende Pflanzen mit einer geringen vegetativen Wander-
- fähigkeit oder ohne solche kommen jedoch auch vor, z. B. Lythrum
salicaria, Oicuta virosa, Alisma planlago, Rumex hydrolapathum u. a.
- Oft wachsen sie teilweise in ihrem eigenen Abfalle und erheben sich
_ auf ihren eigenen Resten immer höher; ein Grund hierfür ist offenbar
_ der, daß das Wasser in diesen schwammigen Rasen, wo Stengel- und
Bi
Blattreste nebst Wurzeln miteinander verfilzt sind, kapillar gehoben
Der
m m 2
= Carex stricta, paniculata, Aera discolor (A. uliginosa) u.a.
R Außerdem kommen Pflanzen mit anderem Wuchs vor; z. B. müssen
| solche, die auf Sphagnum vorkommen, die Fähigkeit haben, mit dem
| wachsenden Boden emporzuwachsen (P. E. Müller).
Er.
TE.
502 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
3. Als Anpassung an die geringe, in gewissen Fällen durch be-
besondere Verhältnisse (Aufhäufen organischer Reste, Torfbildung, 13. und
16.Kap.), Verweben von Wurzeln und anderem, was eine Luft abschließend
Decke bildet) verringerte Luftmenge des feuchten Bodens finden s
hier innere Lufträume in Stengeln, Blättern und Wurzeln, wie b
den Wasserpflanzen. Besondere Einrichtungen sind: =
a) Das Aerenchym!), d. h. ein Gewebe von dünnwandigen, nich
verkorkten Zellen, das wie Kork sein eigenes Kambium hat und große
Luft führende Intercellularen bildet (Fig. 140, 8. 273). Äußerlich t
es als weiße, schwammige Hülle auf (bei Epdlobium hirsutum u.
Arten, Lythrum salicaria, Lycopus Europaeus, der Mimosacee Nepf 17
oleracea U. a.). ö
b) Atemwurzeln (Pneumatophoren). Bei einigen Bäumen 1
Sträuchern werden wie in den Mangrovesümpfen (S. 404) senkree
aufwärts wachsende Wurzeln gebildet, deren Spitzen über das Was
hervortreten und die durch ihre Pneumathoden, d.h. durch die Len
cellen oder durch andere Verbindungen mit der Atmosphäre, dem Inter
cellularsystem der im Schlamme wachsenden Teile Luft zuführen (Goebi
Wilson, Schenck, Schimper, G. Karsten). Sie finden sich bei gewi
Palmen, Taxodium distichum u. a., vielleicht auch bei Jusszeua r:
(Goebel). An vielen Standorten wird das Wasser wahrscheinlich
arm an Sauerstoff sein. Abbildung eines Taxodium-Sumpfes siehe
nächsten Kapitel. Be
4. Die Assimilationsorgare der eigentlichen Sumpfpflanzen
gewöhnlich mesomorph, aber bei einer beträchtlichen Anzahl komm
auch Xeromorphie vor. Diese wird Kap. 80 ff. näher bespro
werden. De
Viele Sumpfpflanzen sind heteroblastisch; ihre aufeinandn
folgenden Blätter sind voneinander wesentlich verschieden. Die An
passungsfähigkeit an die äußeren Verhältnisse des Standorts sind
groß, und eine Menge Blattformen werden in Epharmonie mit den
Leben im Wasser oder in der Luft entwickelt?). En
Als Beispiel kann Sium latifolium erwähnt werden. Die unte
untergetauchten Blätter haben doppelt fiederteilige Blättchen mit lin
schen Zipfeln, während die der Luftblätter schief lanzettlich, ung‘ e
und scharf gesägt sind.
5. Die Samen und die Früchte vieler Sumpfpflanzen sind Re ;
räumen und anderen Einrichtungen versehen, die sie bei der Verbrei
durch Wasser unterstützen°), sind also ganz wie bei den Wasserpfla
eingerichtet.
1) Schenck 1889.
2) Vergl. Costantin 1886; Schenck 1886; Glück 1905—11; Baumann 1911.
®) Vergl. Ravn.
EEE TE ERSTE ARE
55
63. Kap. Rohrsümpfe 503
63. Kap. Rohrsümpfe
Diese namentlich von hohen monokotylen Stauden gebildete, in
mehr oder weniger tiefem, meist stillem oder langsam fließendem Wasser
wachsende Vegetation scheint sich den nährstoffreichen Vereinen der
Süßwasserpflanzen am nächsten anzuschließen; zwischen den einzelnen
Sprossen oder Blättern sieht man im allgemeinen überall das klare
Wasser, das gerade hier oft Vertretern des Megaplanktons Platz gibt.
Die Assoziationen bilden oft lange ununterbrochene Gürtel an den Ufern
von Seen und Flüssen und spielen eine landschaftlich wichtige, physio-
gnomische Rolle. Bei der Verlandung der Gewässer sind sie von größter
Bedeutung; als Pioniere der Landvegetation und als Wellenbrecher
schreiten sie vor und erobern Land (Näheres im 5. Abschnitte).
Flora in nordeuropäischen Gewässern. Von den verschiede-
nen Gattungen oder Arten, die sich hier finden, seien angeführt Phrag-
mites communis, Scirpus lacustris, S. Tabernaemontant, Typha, Butomus
umbellatus, @lyceria spectabilis u. a. Arten, Phalaris arundinacea, Iris
pseudacorus, Cladium mariscus, Oarex paniculata, O. gracilis, C. filiformis,
©. acutiformis, CO. strieta, 0. riparia, O. vesicaria u. a. Arten, Alisma
plantago, Sagittaria, Sparganium ramosum, S. simplex, Acorus calamus
und Calla palustris, die die wichtigsten bei uns vorkommenden mono-
kotylen Vertreter dieser Vereinsklasse sind; daran schließen sich Zquw:-
setum heleocharis und von den Dikotylen Senecio paludosus, Sonchus
paluster, Menyanthes trifoliata, Lythrum salicaria, Eptlobium hirsutum,
Rumex hydrolapathum, Lysimachia vulgaris und L.thyrsiflora, Ranun-
culus lingua, Oenanthe aquatica, Sium latifolium, Cieuta virosa und
viele andere. Wo diese Sumpfformation sehr offen ist, wird man viel-
fach eine Mischassoziation von Sumpfpflanzen finden, namentlich in den
Seirpeten mit Nymphaeeten, und natürlich auch mit Plankton.
Die großen und herrschenden Arten dieser Formation lassen oft
eine eigentümliche Verbreitung erkennen. Manche Teiche und sogar
_ mittelgroße Seen sind von nur einer herrschenden Art der „Hochgräser“
eingefaßt, so z. B. öfter von Phragmites communis oder von Typha
angustifolia. An anderen, besonders an den großen Seen, an den Aus-
buchtungen großer Flußläufe sieht man die einzelnen herrschenden Arten
zwar größere Bestände bilden, aber nach kürzerer oder längerer Strecke
werden sie von einer anderen Art abgelöst, häufig, ohne daß auch an
den Rändern eine Mischung eintritt. Der Grund für diese eigenartige
Ablösung ist nicht leicht anzugeben und auch nicht ganz klar. Es
scheint, als ob die erste besiedelnde und sich kräftigende Art wenigstens
für lange Zeit die Oberhand an der betreffenden Stelle behält und der
Konkurrenz der anderen erfolgreich Widerstand leistet.
504 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Ordnung der gürtelförmigen Assoziationen. Nach der Tiefe
des Wassers und vielleicht nach anderen davon abhängigen Verhältnissen
(Licht, Wärme, Wasserbewegung) ordnen sie sich in Gürteln, die in
einem großen Teile von Europa ungefähr dieselben sind und fast reine
Bestände sein können!). Zu bemerken ist doch, daß die Arten nicht
immer in derselben Reihenfolge vorkommen.
Folgende Assoziationen kommen vor, hier soweit möglich in ı der
Reihenfolge vom tieferen zum seichteren Wasser angeführt.
en
Fig. 250. Scirpetum Tabernaemontani, bei niedrigem Wasserstande trockengelegt.
(Phot. Eug. Warming.)
Scirpeta von Seirpus lacustris oder S. Tabernaemontani gebildet.
Die blattlosen, von nur einem einzigen gestreckten Stengelglied gebildeten
Stengel mit dem Blütenstande an der Spitze werden 2—-3,5 m lang; ge-
wöhnlich und am üppigsten finden die Assoziationen sich bei 1—2 m
Wassertiefe. Diese Art geht nicht in die Landvegetation hinein; kann
aber Wasserblätter bilden.
Phragmiteta von Ph. communis, dem Rohr oder Schilfrohr.
Diese Art hat eine außerordentlich weite Verbreitung; sie bildet in
!) Vergl. Magnin in Jura: 1893, 1894; Kirchner u. Schröter 1896—1902;
Warming 1897 a; Gadeceau 1909.
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506 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
erreicht am Syr Darja eine Höhe von 6 m. In Deutschland in der Lau
sitz wächst die Rasse pseudodonax, die sogar fast 10 m hoch wird
wohl identisch ist mit dem aus manchen Tropenseen erwähnten Riesen-
rohr; wie es auch in Westindien („Canna indica* nach Urban) ein.
gebürgert ist!). Sie erträgt Salzwasser gut und kann in einer Wass
tiefe von 3 m wachsen. In den Mittelmeerländern bildet es biswe
mit den oft mehrere Meter hohen Gräsern Arundo donax und Eriant
Ravennae Vereine. Als Beispiele für seine Fähigkeit, sich nach
Verhältnissen zu richten, sei noch angeführt, daß es an vielen Si
der Nordsee und anderwärts auf die Dünen hinaufgeht und oberirc
Ausläufer bis zu 6 und mehr Meter Länge bildet (Inseln Manö, Fanö
Sie vermag noch auf wenig wasserreichem Boden, z.B. in einem Niede
moor, zu gedeihen, wenn auch kümmerlich; ist aber auch fast gar ni
hydrophytisch angepaßt. Die Phragmiteta sind oft so dicht, daß
Sonne nicht zum Wasser hinab dringen kann, was wohl meistens
‘ den Seirpeta lacustris der Fall ist.
Wie starke Trockenheit Phragmites zu ertragen vermag,
die Beobachtungen von Schweinfurth in Ägypten, wo die Art
Wüstenränder wächst, ganz niedrig bleibt und die eingerollten HI
und kurzen Triebe fast stachelartig abstehen. Ganz ähnlich
Jahren als das Wasser des Sees etwa 3 m abgesunken
Phragmiteten dadurch an dem Rand der sonnbestrahlten
Böschung zu stehen kamen. &
Typheta, T. angustifoliae und T latifoliae, sind auch
sonders auf schlammigem Boden. Sie erreichen Höhen von meist
4 m, werden aber noch höher; die südeuropäische 7'. Schuttleworth
sogar bis 15 m hoch. “
Glycerieta G. aquaticae (6. spectabilis) und A. A
können auch sehr ausgedehnt sein; auf dem salzhaltigen Bodı
- Neusiedlersee bildet diese Art „wahre Graswälder“ fast von 2m Hö
auch an den Havelufern (Havelmielitz, Schilf) bildet sie ausgede
Bestände, oft neben Phragmites und Seirpus lacustris. ;
Phalaris arundinacea kann auch reine Assoziationen bilden.
doch niedriger und weniger dicht sind; gewöhnlich sind Nebenbest
in den anderen Assoziationen.
Eine ähnliche Rolle spielt Butomus umbellatus, der steilen:
(so öfter im norddeutschen Flachlande) an durch die Schiffahrt us
bewegten und verschmutzten Buchten die Herrschaft auf ern St
erreicht hat.
t) Ascherson-Graebner Synopsis II ete.; Graebner in Aus der Natur X.
507
”
Rohrsümpfe
63. Kap.
tionen
SS0Z14
In seichterem Wasser finden sich folgende A
graugrüne, eigentümliche
fast reine,
’
imosi
Equiseteta E. |
Assoziationen.
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508 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Heleochareta lacustris; dunkelgrün, auch auf den nassen
Landboden einwandernd (Fig. 253).
Ebenso in seichtem Wasser und an der Grenze von Land und
Wasser treten auf die: :
Magnocariceta aus größeren, vorzugsweise geselligen, kriechendaln
Arten gebildet (wie Carex acutiformis, O. vesicaria, O. rostrata, O. riparia),
oft aber auch aus mächtigen Bülten zusammengesetzt (so namentlich
durch Carex strieta, C. disticha, C. paradoxa, CO. paniculata usw.)
Fig. 256.
Die großen Bülten von Carex strieta stehen mehr oder weniger
isoliert im Wasser, und zwischen ihnen gedeihen oft Wasserpflanzen
Fig. 253. Assoziation von Seirpus (Heleocharis) palustris in einer sandigen Dünengegend
in Jütland. Zwischen den zahlreichen Sprossen von Heleocharis finden sich zerstreut;
Juncus lamprocarpus, Polygonum amphibium, Lobelia Dortmanna, Lysimachia thyrs
flora u.a. Viele Algen sind an die Heleocharis-Sprosse geheftet oder vegetieren zwisch
ihnen. (Phot, Eug. Warming.)
#2
wie Wassermoose, Characeen, Pofiineieionen u.a. Diese Magnocariceta
spielen eine wichtige Rolle bei der Verlandung. Sie kommen nur
nährstoffreichen Gewässern vor (die Distrophophyten von Gadeceau).
Zwischen ihnen und am inneren Rande der Assoziationen der großen
Monokotyledonen und 'geschützt von ihnen gegen die Gewalt der Wellen
treten eine Menge schwächere Arten auf, z.B. Alisma plantago aquatica,
Iris pseudacorus, Rumex hydrolapathum, Caltha palustris, Ranunceul
lingua, Epilobium hirsutum, Lythrum salicaria, Oenanthe fistulo
Cieuta virosa und viele andere. Auch von diesen können einige ziem-
‚lich reine Assoziationen bilden, z. B. Iris pseudacorus (Fig. 255) und Su |
latifolium, dessen Individuen sich besonders blühend durch die weißen
63. Kap. Rohrsümpfe 509
Blütenstände bemerkbar machen. Als Unterwuchs in den Rohrsünipfen
können verschiedene Moose usw. auftreten).
Genau dieselben gürtelförmigen Assoziationen wie in Nordeuropa
kommen in Nordamerika wieder. Nach Transeau?) folgt in den
Michigan-Seen nach der Wasservegetation, die aus Potamogeton und
Nymphaea besteht, die „cat-tail- Dulöchium- Assoziation“ mit Typha,
Phragmites und Dulichium. Weiter binnenländisch folgen die „Cassandra-
Society“, Strauch- und Jungbaum-Assoziation und Wald. Cowles?) findet
Fig. 254. Ein Teich in Nord-Seeland, Mitte Juli. Die Wasserfläche ist von Potamogeton
natans gedeckt. Rechts streckt sich eine Assoziation von Seirpus lacusiris weit hinein,
links ebenso ein Caricetum rostratae. Im Hintergrunde links Typhetum latifoliae und
Scirpetum lacustris. Der Teich ist links von einem Alnetum incanae umgeben; rechts
Buchenwald; im Hintergrunde Fichtenwald (Piceetum excelsae).
(Phot. Mag. Ö. Winge, 1907.)
in der Umgebung von Chicago folgende Zonen: 1. Chara, 2. Nynıphaea,
3. Carex und Seirpus, 4. Cassandra calyculata und andere Sträucher,
5. Wald. An anderen Stellen folgt auf die Cariceta die Graswiese®).
1) Über die Rohrsümpfe usw. in Europa vergl. Kerner, Warming 1897 a; Schröter
u. Kirchner, Gadeceau 1909; Marietta Pallis bei Tansley 1911.
®) Transeau 1903, 1905.
®) Cowles 1901.
*) Vergl. auch Pieters 1894, 1901; Hitcheock 1898; V. Borbäs (Bernätsky) 1907;
Früh u. Schröter 1904.
510 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
In Virginia kommen nach Kearney!) ähnliche Rohrsümpfe vor, in
denen er Assoziationen von Typha-Sagittaria längs der Flüsse und
von Seirpus-Erianthus am Rande der Waldsümpfe unterscheidet. Hier
kommt auch die Arundinaria macrosperma- Assoziation vor, welche große
Flächen der Dismal-Sümpfe überzieht. Längs der Flüsse wachsen nach
Harshberger?) in Pennsylvanien ausgedehnte Rohrsümpfe, in welchen
er verschiedene Assoziationen unterscheidet, darunter die von Zizania
von Typha, von Sagittaria latifolia und Ambrosia trifida. In Sümpfen
mit langsam fließendem Wasser findet man andere Assoziationen, dar-
Fig. 255. Bestand von Iris pseudacorus am Erlenbruchrande. (Phot. R. Groß.)
unter die von Symplocarpus (mit Spathynema foetida und Arten von Os-
‘munda), von Iris — Typha — Acorus und von Heracleum — Veratrum —
Eupatorium. Überall ist die Physiognomie und bis zum gewissen Grade
sind auch die Gattungen dieselben wie in Europa. Er
In arktischen Gegenden kommen solche Assoziationen von Hoch-
stauden nicht vor; aber es können sich noch solche von kleineren Arten
finden, wie z. B. von Hippuris vulgaris (Fig. 257), von Menyanthes tri-
foliata, von Eriophorum Scheuchzeri oder nordischen Sparganien. Sumpf-
pflanzen fehlen auch in den Hochalpen nach Jos. Braun; sind aber in
anderen Gegenden in hohen Gebirgslagen vorhanden.
!) Kearney 1901. Über Nordamerika vergl. ferner Pool 1913.
?) Harshberger 1904.
er
ET ETENEEEEEITEN
63. Kap. Rohrsümpfe 5ll
In Südeuropa tritt schon Oyperus Syriacus auf, „Graswälder“
bildend, und besonders weit ausgedehnte und mächtige Assoziationen
bildet Cyperus papyrus im inneren Afrika, z. B. am oberen Nil, „Sadd“
genannt!). In lagunenartigen Altwässern nehmen sie ihren Ursprung,
Hochwasser hebt die Pflanzendecke empor, bis sie schließlich losreißt
und als schwimmende Insel weiterlebt. Stellenweise werden sie zu ge-
waltigen Barren zusammengeschoben, welche der Schiffahrt fast unüber-
windliche Hindernisse entgegenstellen. Mit zur Bildung des „Sadds“
helfen auch andere, so namentlich Arten von Aeschynomene (Deuerling).
Fig. 256. Moortümpel von Assoziationen der Rohrsümpfe umgeben und mit Potamogeton
_ natans auf der freien Wasserfläche. Das Wasser ist am nächsten begrenzt von einem
Magnocaricetum, bestehend namentlich aus Caricetum strietae. Weiter nach außen auf
weniger wasserreichem Boden eine Assoziation von, Calamagrostis lanceolata.
(Phot. C. Raunkiär.)
Andere Typen von Sümpfen von krautartigen Pflanzen in Afrika
werden von Marloth und Engler?) erwähnt, nicht nur Phragmiteta,
Typheta und Cypereta papyri, sondern auch Scitamineta, Zantede-
Schieta u. a. und gemischte Assoziationen von diesen Arten und vielen
anderen. Eine besondere Assoziation ist die vom Palmietto (der Juncacee
Prionium palmito) in Südafrika gebildete. „Zu Tausenden“, sagt Marloth,
„stehen die dicht gedrängten Stämme in dem sumpfigen Gelände der
Flußläufe. Sie hindern den Lauf des Wassers in solchem Maße, daß
’) Vergl. Hope 1902 in Ann. of Botany XVI.
?) Marloth 1908; Engler, Die Pflanzenwelt Afrikas.
512 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
an einer Lokalität das Gebirgswasser vier Tage gebraucht hat, um eine
Strecke von sieben Stunden zurückzulegen“. Buchenau!) hat den Bau
der Stämme untersucht; „als Wasserspeicher dient vor allem das reie
entwickelte Schwammparenchym, welches durch die dicke, wohl die Hälfte
der Stammasse bildende Faserhülle wirksam gegen Wasserverlust nace
außen geschützt ist“.
Im warmen Amerika firden, sich andere, teils aus europäischen
Gattungen, teils aus ganz anderen gebildete ähnliche Sümpfe; die Ufer
des Valencia-Sees in Venezuela sind von dichten Rohrsümpfen aus Tyoh a
Fig. 257. Assoziation von Hippuris vulgaris in Nordost-Grönland.
(A. Lundager 1912 in „Danmark-Expeditionen*“.)
Domingensis umgeben, die höher als mannshoch werden, die Ufer des
Titicaca desgleichen von der Cyperacee Malacochaele tatora usw.
Von den Araceen sind viele Arten Sumpfpflanzen, wie gewöhn-
lich mit pfeil- oder herzförmigen Blättern; dichte, oft mehrere Meter
hohe Bestände werden von ihnen gebildet, z. B. von Montrichardia ar-
Caladium u.a. (vergl. Martius). Von Seitamineen treten He
Arten ähnlich im tropischen Amerika auf, ja selbst riesige Amarylli-
daceen (Orinum) begleiten die Flüsse von Guayana. Selbstverständlich
1) Buchenau 1893.
63. Kap. Rohrsümpfe 513
sind diese Vegetationen nie absolut rein; andere, vielleicht sogar viele
andere Arten sind den hier genannten tonangebenden Arten beigemischt.
Dickichte von Gunnera Chilensis begleiten die Fluß- und Bachufer
im südchilenischen Urwalde'). In den tropischen Ländern treten Holz-
pflanzen in größerer Anzahl auf und beeinflussen das Gepräge der
Rohrsümpfe. Die Physiognomie dieser tropischen Staudensümpfe ist
Fig. 258. Sumpfvegetation in Lake County, Florida, mit Arundinaria, Taxodium
und Sabal palmeito. Febr. 1893. Dedit Th. Holm.
durch diese abweichenden Formen von der der europäischen sehr
verschieden.
Im extratropischen Südamerika, z. B. in Uruguay, kommen nach
Gassner typische Rohrsümpfe vor, zusammengesetzt aus dichten Horsten
hoher Gräser (Panicum, Paspalum, Andropogon oder Phragmites com-
munis). In die Zwischenräume eingestreut finden sich Sträucher und
Halbsträucher.
!) Dusen u. Neger 1908.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 33
514 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Anpassungen
Nur die Krautsümpfe der nördlich temperierten Länder sind, wa
Lebensformen und Anpassungen betrifft, einigermaßen gut bekannt.
Fast alle Arten sind mehrjährige Kräuter, zweijährig z.
Ranunculus sceleratus. Besondere, knollenförmige Überwinterungs- un
Vermehrungsorgane (Stengelknollen auf Ausläufern) hat Sagittaria. Ei
und die andere Holzpflanze kann sich auch einfinden (Salix einere
Alnus glutinosa u. a.).
' Kräftige kriechende Grundachsen bringen bei gewissen A
geselliges Wachstum und dichte, reine Bestände hervor Dig
Seirpus lacustris, Equisetum heleocharis, Typha usw., im Nil z.B. Cyp
papyrus). Die Bildung von Wurzelsprossen, die besonders an tro
Orten auftritt, ist in der Vegetation der Rohrsümpfe selten (Sium
folium); desgleichen sind rasenbildende Arten selten. |
Die Laubsprosse sind verschieden gebaut, hauptsichle ©
3 Typen: 1. Der oben erwähnte Typus von Seirpus lacustris, S. Tabe
montani usw. mit den langen, blattlosen Stengeln; 2. neben 1a
linealischen Blättern, die vom Rhizom oder von dem Grunde des bli h
den Stengels ausgehen, finden sich hohe Schäfte, die den Blütenst
tragen (Typha, Acorus, Butomus usw.); 3. hohe Halme mit = nge1
zwei Reihen abstehenden Blättern bei den Gräsern u.a. — G
sam ist, daß die vorherrschenden, meist monokotylen Pflanzen,
das Gepräge der Vegetation hervorrufen, hoch, schlank und unv
zweigt sind. Selbst bei einer Ranunculacee wie Ranuneulus |
findet sich derselbe Habitus wieder, so daß sich auch in diesem
mutlich eine Anpassung ausdrückt, deren Natur noch unklar ist. J
kann hervorgehoben werden, daß diese hohen, schlanken Sprosse Wi
Wellen und Strömungen leicht und elastisch ausweichen und sich v
aufrichten; besonders gilt dieses für die in sehr tiefem Wasser wa
- den Sprosse und Blätter (von Seirpus lacustris, Sparganium, Typi
Phragmites u. a.). N
Die Rohrsümpfe und die an ihrem äußeren (dem Lande näher
Rande auftretenden Assoziationen (Magnocariceta usw.) bilden oft ein
Entwicklungsglied in einer Reihe, die mit den folgenden, aus Holzpflan en.
gebildeten Assoziationen abschließt. Diese letzteren werden deshalb hier
angeschlossen, obgleich sie gewöhnlich namentlich durch Säurebildung i
Wasser abweichen. Während die Rohrsümpfe besonders in strömende:
Wasser Kalk und Sauerstoff haben („swamps“), wird das Wasser in
ihren äußeren Teilen oft sauer und sauerstoffarm („bogs“ der Engländer
Zu diesem Kapitel vergl. ferner Worth, 1914, in Beihefte z. Bot. Centralbl.
64. Kap. Formation der Sumpfgebüsche und Brücher in Süßwasser 515
64. Kap. Formationen der Sumpfgebüsche und Brücher
in Süßwasser
n In Rohrsümpfen und Wiesenmooren kommen oft einige Holzpflanzen
vor, aber an anderen Orten werden diese so zahlreich, daß sie Gebüsche
und Wälder (Brücher) bilden. In Nordeuropa findet sich ein geringer
Anfang zu solchen in den Beständen der Erlen, Birken und Weiden in
den Rohrsümpfen an den Ufern süßer Gewässer; als eigene Assoziationen
treten namentlich die Erlenbrücher auf.
0 Die Erlenbrücher Nordeuropas sind von vielen Botanikern be-
sprochen worden'). Sie können auf einem Schlammboden auftreten,
_ wo zu gewissen Jahreszeiten und vielleicht das ganze Jahr das klare
Wasser zwischen den Bäumen steht. Wenn die Erlen in größerer Zahl
in einer flachen, offenen Wasserfläche aufsprossen, so geschieht dies oft
so, daß sich bei der bekannten Form der Verlandung in dem Wasser
zahlreiche Bülten der Magnocariceta (vergl. S. 508) gebildet haben, die
_ bei zunehmendem Alter in ihrer Mitte locker werden und verkahlen
(beginnende Hexenringbildung), auf dieser lichten Stelle im Carex-Rasen
keimen die Erlen gern, wachsen mit ihren Wurzeln durch die Bülten
q _ hinab und wenn sich die Erle ausbreitet, beschattet sie den Carex, auf
dem sie Fuß faßte, dieser stirbt allmählich ab und zerfällt. Dadurch
wird der obere Teil der Erlenwurzeln, der über das Wasser ragt, frei
und die Erlen stehen in der charakteristischen Weise auf „Stelzen“.
Im Wasser können Assoziationen von Lemma minor, Calla palustris,
Stratiotes aloides und anderen Wasserpflanzen auftreten. In älteren
_ Erlenbrüchern wird der Boden von torfbildenden Pflanzenresten auf-
gefüllt und nach und nach trockener. Viele Landpflanzen wandern dann
E: allmählich ein, z.B. Farne, Moose, Oxalis, Lythrum, Valeriana, Filipendula
ulmaria (Spiraea ulmaria), Cieuta virosa, Menyanthes, Carex-Arten u.a.,
die sich besonders an die trockneren Stellen um den Fuß der Erlen
anschließen. Auch Salix- Arten, Viburnum opulus, Rhamnus frangula,
Rubus idaeus u. a. können den Erlen beigemischt sein. An andern
Orten bilden Humulus lupulus und Urtica dioeca undurchdringliche
Dickichte. ;
Zuletzt kann sich ein Wald bilden, wo der Boden von Assoziationen
- gewöhnlicher Waldpflanzen bedeckt wird, z. B. von Mercurialis perennis,
Stellaria holostea u. a., und die Bodenvegetation kann sehr mannig-
faltig werden.
Saliceta bilden anderswo in Europa die Ufervegetation an Seen
_ und Flüssen; sie sind meist aus Arten von Salöx zusammengesetzt, und
ER EN Tr:
e A, 4 a nn e
ie ) z. B. Abromeit 1912; Fleroff 1907; Graebner 1909; Marietta Pallis bei
Tansley 1911.
33*
516 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
zwar meist aus $. alba, die besonders an norddeutschen Fluß- und See-
ufern die charakteristischen hohen Bäume erzeugt, $. fragilis, S. cinerea,
S. pentandra und anderen; an diesen Orten beobachtet man besonder
häufig Weiden-Bastarde. Zwischen den Weiden wachsen ausdauernd
dikotyle Kräuter, wie Lysimachia vulgaris, Epilobium hirsutum, Arten
von Valeriana, Filipendula ulmaria, ebenso auch Gräser, wie Calam
grostis lanceolata und Phragmites. Schlinggewächse in diesen Sumpli
gebüschen sind Solanum dulcamara, Convolvulus sepium und Humulus-
lupulus. a
Betuleta und Pineta kommen nach Fleroff!) auf Sumpfland in
Rußland vor; beide findet man auch in Norddeutschland, die letzteren
sind aber meist niedrig und kränklich. Diese Assoziationen komm
aber meist nicht auf so nassem Boden vor wie die vorigen, insbesonde
die Erlenbrüche. | /
Ausgedehntere Sumpfgebüsche und Sumpfwälder kommen im sü
lichen Teil der Vereinigten Staaten vor, wo sie sich als ausgedehn
Wälder auf nassem, torfigem Boden erheben. In Virginia sind zw
ähnliche Assoziationen: Wachholder-Sumpf und der „Black-gum-swamp
mit verschiedenen untergeordneten Assoziationen ?).
Wachholder-Sumpf (Juniper-swamp) wird, mitunter ausschließ-
lich, aus Chamaecyparis gebildet. Der Boden besteht aus sehr sa
Torf, der im Sommer mit 3—6 dm Wasser bedeckt ist.
Black-gum-swamp ist aus Nyssa biflora und Taxodium distich
(Fig. 258) zusammengesetzt. Auf den horizontalen Wurzeln des letztere
entspringen keilförmige Wurzeln, die die Höhe eines Meters erreichen; siı
sind denen von Bruguiera der Mangrovesümpfe ähnlich und denen gleich-
falls als Atemorgane (vergl. S. 404). In dem Schlamm bieten sie die fes
Stellen, auf die man treten kann. Viele Epiphyten leben an den Stämmen
Im Wasser zwischen den Stämmen wachsen Azolla, Wolffiella und andere.
Der Boden ist sauer, aber nicht so torfig und trocken wie bei «
“ Wachholder-Sümpfen. Das Wasser bedeckt in der Regel den Boden 3 bi:
10 dm hoch. Nyssa und Taxodium sind laubwechselnd, und ebenso ver
halten sich in Virginien im wesentlichen die niedrigeren Pflanzen. Weite
südlich treten dann eine Anzahl immergrüner Sträucher auf, dazu ver
schiedene kurze Palmen mit Sabal und Chamaerops. In der Nähe d
Tropen erscheinen Tllandsia usneoides und andere Epiphyten in den
Baumkronen. Nahezu alle in den amerikanischen Sumpfwäldern wachs
den Gehölze sind gegen schnelle Verdunstung geschützt. Spaltöffnung:
kommen bei fast allen Arten lediglich auf der Unterseite vor, bei einige
") Fleroff 1907.
®) Kearney 1901.
®) Theodor Holm brieflich an Warming.
64. Kap. Formationen der Sumpfgebüsche und Brücher im Süßwasser 517
sind sie eingesenkt. Im wesentlichen treten folgende Bildungen auf:
Haar- oder Wachsbekleidung, dicke Kutikula und dicke Außenwände der
Epidermis, Verschleimung der äußeren Epidermiszellen, Hypoderm, Mehr-
schichtigkeit des Palisadengewebes. Die starke Entwicklung der Schutz-
Erane gegen das Vertrocknen ist eine Folge der Bodensäure, die sich
- in organischen Ablagerungen anhäuft.
Hierher gehören auch Harpers Cypress-Ponds von Taxodıum
imbrieatum gebildet; in nassem Wetter steht das Wasser 2—3 Fuß hoch,
aber sie trocknen oft aus und der Basen ist nur von einer dünnen
_ Humusschicht bedeckt.
4 Auch andere Assoziationen von Sumpfbäumen kommen im atlanti-
schen Nordamerika vor, z.B. Tamarack-Swamps mit Larix Americana
und Abies balsamea; Cedar-Swamps von Thuja oceidentalis gebildet;
- Sumpf-Kiefernwald von Pinus Elliottü u. a. m.!).
e In den Tropen kommen mehrere, noch sehr wenig untersuchte
- Formen von Sumpfwäldern und Sumpfgebüschen vor. Eine kleine Fächer-
_ palme, eine Bactris, bedeckt z. B. auf Trinidad große, sumpfige Gebiete
1
im Tieflande am Caroni-Fluß. Eine andere Palme, Phoenix paludosa,
_ Jebt in ostasiatischen Sümpfen. Nach Kurz gibt es in Burma Sumpf-
wälder, die während der Regenzeit blattlos sind. Koorders?) gibt eine
k interessante Schilderung eines Waldsumpfes im Inneren von Sumatra,
in dem Atemwurzeln (bei Calophyllum, Eugenia u. a.), Stützwurzeln,
Brettwurzeln und merkwürdige besenartige Luftwurzeln vorkommen;
letztere sind 1—1,5 m lang. Die physiologische Trockenheit und diese
Eigentümlichkeiten des Baues sind eine Folge des Sauerstoffmangels
im Boden.
- Bambuswald (Bambusetum). Tropische Bambuswälder müssen
offenbar als ein Assoziationstypus betrachtet werden, der zu den Sumpf-
_ wäldern gehört. Tropische Flüsse sind oft umgeben von Bambus-
gebüschen, welche meist undurchdringliche Dickichte bilden. Humboldt
_ erwähnt, daß längs des Magdalenenflusses ununterbrochene Wälder von
e und bananenblättrigen Heliconia-Arten stehen.
An das Nipetum von Nipa fruticans kann auch hier erinnert
_ werden. Ist unter den salzigen Sümpfen erwähnt (S. 410, Fig. 203).
2 In diesen Sumpfgebüschen wird wie erwähnt das Wasser, wenn es
stagnierend ist, oft braun und säurehaltig, sobald Torfbildung im Boden
: beginnt. Diese Vereine schließen sich dadurch den Sauerbodenpflanzen
Bi (Oxylophyten) an und hätten auch bei diesen untergebracht werden
können; anderseits schließen sie sich durch den Wasserreichtum des
*) Vergl. Harper 1906; Bray 1906.
| 2) Koorders 1907.
518 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Bodens den eigentlichen Wasserpflanzenvereinen an. Es gibt ja auch
'Wassertümpel und Gräben in Mooren, wo das Wasser braun, reich an
Humussäuren und arm an Nährstoff ist, welche sich doch durch ihre
Lebensformen sehr eng an die Wasserformalionen schließen. Die Sumpf-
gebüsche und Sumpfwälder sind eben Zwischenformen zwischen ver-
schiedenen Formationen und wahrscheinlich immer Übergangsglieder
in einer Entwicklungsreihe. Eine scharfe Grenze zwischen den As-
soziationen des sauren Bodens und des nicht sauren zu machen ist:
unmöglich.
Ebenso ist es unmöglich, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen
Sumpfwald und dem mesophilen und hygrophilen Walde auf trocknerem, =
nur feuchtem Lande; es zeigt uns dieses z. B. die semi-aquatischen
Urwälder, welche den Amazonas begrenzen, gewöhnlich als „Igapo“ 7
bekannt, und welche alljährlich überschwemmt werden ?). \
GM
u
65. Kap. Vegetation der flachen, sandigen und kiesigen Ufer.
Periodisch wechselnder Wasserstand 4
Von den Rohrsümpfen abweichende Assoziationen kommen auf
flachen, sandigen oder kiesigen Ufern vor, wo der seichte Wasserstand
periodisch wechselt. Die Ursachen können verschieden sein, und danach
werden die Assoziationen verschieden werden. Man kann unterscheiden
zwischen:
1. Flachen kleinen Tümpeln, wo in trockenen Zeiten das Wasser 3 |
verschwunden ist. Hierher zu rechnen ist auch die Vegetation vieler
Gräben und anderer zeitweise überschwemmter und überfluteter Stellen
resp. solche mit dauernd niedrigem Wasser. 5
2. Überschwemmungsgebiete am Rande der Flüsse oder über-
haupt weite flache Mulden, die in der Regenzeit überschwemmt sind,
in der Trockenzeit aber ausgetrocknet daliegen. Engler®) z. B. erwähnt ei
vom Kapland weite baumlose Ebenen, von tiefem beweglichem Sande E
bedeckt, welche im Winter und Frühjahr überschwemmt, im Herbste 4
fast gänzlich ausgedörrt sind. Diese Sandfelder sind durch das reich- 3
liche Vorkommen von Restionaceen charakterisiert, denen sich halb- F
strauchige Proteaceen, Ericaceen, Bruniaceen, Thymelaeaceen, Penaeaceen,
Verbenaceen hinzugesellen. Mannigfache Assoziationen kommen hier vor; 4
zahlreiche Zwiebel- und Knollengewächse, z. B. Oxalidaceen und manche
andere Pflanzen mit wasserspeichernden Knollen. Auch blattsuceulente |
1) Eine gute Abbildung vergl. Huber Bull. Herb. Boiss. n. s. VI t. 10 (1906).
®, J. Huber 1906.
®) Engler 1910.
K 65. Kap. Vegetation der flachen, sandigen und kiesigen Ufer 519
Dikotylen, insbesondere Mesembrianthemum-Arten. In Usambara kommt
a ebenso nach Engler Grasland der Creeks vor, große Sandfelder, die sich
oft stundenlang landeinwärts dehnen und in der Regenzeit größtenteils
- unter Wasser stehen. Hier wachsen Cyperaceen, Eriocaulaceen, Ipomoea
2: pes caprae u.a. Aus ähnlichen periodischen Teichen erwähnt Marloth
2 Aponogeton distachyum, welches bisweilen Hunderte von Quadratmetern
E sie gleich Kartoffeln verwendet werden.
Aus Brasilien erwähnt Ule von den Ufern des Rio Säo Francisco
In temperierten Ländern, z. B. Nordeuropa und Nordamerika,
kommen ähnliche trockengelegte Mulden und baumloses Alluvialland
wor. Nach Hitchcock!) finden sich z. B. solche im westlichen Kansas,
wo doch hapaxanthe Arten allgemein sind. Ähnliches auf Sandflächen
4 in Nordeuropas Dünengebieten (Juncus ranarius, Juncus Baltieus, Sagina
nodosa, im westlichen Europa Anagallis tenella u. a.).
” Eine andere Reihe von hierher gehörigen Lokalitäten findet sich
* "im Grenzgebiete des Landes und der flachen Teiche, wo der Boden
E sandig und kiesig ist, welches Grenzgebiet ebenfalls dem Wechsel des
Wasserstandes ausgesetzt ist. Die hier lebenden Pflanzen, welche also
E periodisch vom Hochwasser bedeckt werden und bei Niederwasser mehr
oder weniger trocken gelegt sind, sind dadurch ausgezeichnet, daß sie
oft in auffallender Weise diesem Wechsel des Wasserstandes angepaßt
sind, „amphibisch“ geworden sind?).
a 3 Dieser Gürtel gehört halb zum See und halb zum Lande; es kommen
= ‚sowohl eigentliche Wasserpflanzen als eigentliche Landpflanzen vor.
hi; ‚Gadeceau nennt diesen Gürtel „Heterophylletum“, Schröter und
Kirchner haben den Namen „Amphiphyten“ für die hierher gehörigen
Arten. Sie schreiben®) etwa: Jeder Teil an der Grenzzone wird jähr-
lieh für längere oder kürzere Zeit überschwemmt, welche um so länger
ist, je näher er dem See liegt... . So stellt diese Zone einen all-
mählichen Übergang dar von den Lebensbedingungen vom Lande zum
See. Daher sind die bedeckenden Pflanzen in Zonen angeordnet, je nach
dem Grade der Anpassung an das Wasserleben. Die geographische
_ „Grenzzone“ muß in drei Unterabteilungen geteilt werden: a) Sumpf-
!) Hitchcock 1898.
2) Vergl. namentlich Glück.
®) Schröter (und Kirchner) 1902.
520 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
wiese, die dem trockenen Lande am nächsten liegt und meist nicht über:
schwemmt ist; b) die Verlandungszone; c) kiesige oder sandige Stre
die arm an Vegetation sind. — Nur die beiden letzteren kommen
in Betracht. In ihnen wachsen sowohl Landformen von Wasserpflan
typische Vertreter der Grenzzone, als auch solche, die den Sumpfwi
oder Gräben ‘angehören und bis hierher vorgedrungen sind. Die
nannten Botaniker unterscheiden am Bodensee zwei Assoziatione
Heleocharetum (mit Seöirpus [Heleocharis] acicularis, Litorella,
nuneulus reptans, Myosotis palustris var. eaespititia, Agrostis alba ı
anderen), und ein Polygonetum. — Weiter unterscheiden sie ei
vierte Formation, nämlich die von Alluvialpflanzen, einschli
einer Tamaricetum-Assoziation (mit Myricaria [Tamarix] Germanic
Hippophaös und anderen), welche die „Grenzzone* bedeckt, wo sie
Form der sandigen oder kiesigen Küste angenommen hat und Pflanze
der Ufer-Alluvionen wie auch alpine Pflanzen umfaßt.
Zu diesen amphibischen Formationen, die namentlich am vi
waldstätter See usw. große Flächen bedecken, gehören auch die in d
Schweiz „Streurieder“ genannten Pflanzengesellschaften, in denen m
Phragmites vorwiegt, welche aber ein buntes Gemisch von Sum
Wiesen- usw. Pflanzen darstellen.
Als eine der häufigsten im nördlichen Europa vorkommenden A
soziationen kann genannt werden: Das Litorelletum, aus den klei
Rosetten von Zitorella lacustris gebildet, welche nur trockengelc
blühen kann. Mit ihr kommen viele kleine krautartige Pflanzen vor,
z. B. Ranunculus reptans und R. flammula, Seirpus [Heleochar
acieularis, Juncus bufonius, J. lamprocarpus, Arten von Callitri
Elatine, Bulliarda, Isoetes und andere; auch einige Wasserpflanzen,
Arten von Potamogeton, welche sich nach Baumann!) hier wie a
Arten verhalten.
Auch größere Stauden können hier auftreten und gemischte oc
reine Assoziationen bilden, z. B. Scörpus [Heleocharis] palustris, Hippu:
vulgaris, Polygonum amphibium, Agrostis alba, Alısma ranunculoi d
A. plantago aquatica, Myosotis palustris?).
H. Baumann hat auch ein Agrostidetum erwähnt, gebildet v
Agrostis alba, Juncus lamprocarpus, J. alpinus, Seirpus (ee
palustris u.a.
In dieser Formation finden sich eine Menge Arten, welche be
Wachstum im Wasser sich verändern, entweder eine Reduktion all
vegetativen Teile erleiden, oder umgekehrt eine Vergrößerung; aucl
kommen bei ihnen verschiedene Blattformen vor (heteroblastische A en)
1) Baumann 1911.
?®) Vergl. Baumann in Karsten u. Schenck, Vegetationsbilder IX, 3.
TE nn
ER
66. Kap. Alluvialland der .Flüsse, Uferwaldungen 521
wie sie durch die verschiedenen äußeren Faktoren hervorgerufen
werden, Phänomene, die Glück in großer Fülle und Vollständigkeit
studiert hat.
Dieselbe Formation kommt natürlich auch in anderen Ländern vor,
z. B. in Nordamerika. Hierher scheint die von Pool besprochene As-
soziation von Nebraska zu gehören, welche auf niedrigem Wasser mit
Sandboden vorkam und einen breiten Gürtel einnahm. Hier fanden sich
Arten von Chara, Najas flexilis, Zannichellia palustris, Ruppia, Heleo-
charis acicularis und Algen; wahrscheinlich war das Wasser etwas salzig.
Noch muß erwähnt werden, daß es eine Reihe von verschiedenen
Standorten der strömenden Gewässer gibt, z. B. Quellfluren, deren
Vegetation von der Temperatur des Wassers abhängig ist; bei sehr
niedriger Temperatur und bei sehr hoher kommen hauptsächlich nur
Cyanophyceen vor. In anderen gibt es reichlich Moosteppiche, z.B.
von Philonotis fontana, Paludella squarrosa, Arten von Auläcomnium,
Hypnum u. a., meist dicht und strotzend, welchen verschiedene
wasserliebende Gefäßpflanzen angehören; in Grönland z. B. Ranuneulus
Lapponicus, R. nivalis, R. hyperboreus, Sazxifraga rivularis, 8. stellaris
f. comosa u.a.
In nordeuropäischen, moorreichen Quellfluren ist besonders Montia
rivularis häufig, aber auch Epilobium, Cardamine kommen vor, und in
alpinen Quellfluren der Alpen und in Norwegen ist z.B. Saxifraga
aizoides, S. stellaris, S. saxatilis, Viola biflora u. a. nicht selten.
Andere Assoziationen kommen auf reicherem Boden und bei höheren
Temperaturen vor, z. B. die Vegetation von Hochstauden, welche von
Filipendula ulmaria (U. pentapetala), Equisetum maximum (E. telmateia),
Geranium palustre, Impatiens noli tangere, Cardamine amara u. a. Arten
gebildet wird. Selbst wenn eine Reihe von Florenlisten zusammen-
gestellt wird, so wird dadurch nur wenig erreicht, weil die ökologischen
Verhältnisse aller dieser, oft nur wenig umfangreichen und wenig hervor-
tretenden Assoziationen nicht genauer studiert sind.
66. Kap. Alluvialland der Flüsse, Uferwaldungen
Das Alluvialland an den Flüssen ist sehr verschieden, was die
edaphischen Verhältnisse anbetrifft. Es gibt nasse und es gibt trockene
Flußbänke, es gibt sandige und schotterreiche Ufer und es gibt mehr
oder weniger lehmige Ufer; es gibt solche, die periodisch überschwemmt
werden und andere, deren Vegetation sich nur mit dem Grundwasser
begnügen muß.
Nach allen diesen Verschiedenheiten wird auch die hier ent-
wickelte, edaphisch gebundene Vegetation verschieden sein; zugleich
522 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
bieten die Flußufer vielfach Beispiele von Entwicklung einer Formation
zu einer anderen. 4
Ein Standort, der wohl auch verschiedene besondere Eigentümlich-
keiten hat, sind die Flußbetten, deren Sand, wie auch oft unendliche
Mengen von gerollten Steinen, periodisch trockengelegt werden, un
mitunter am Ende dauernd trocken bleiben, so daß dann eine Ent-
wicklung beginnt, welche mit der Waldbildung enden kann!). In Nor-
wegen finden sich hier oft Bergpflanzen, welche von den Höhen mit
dem Wasser herabgeführt worden sind.
Das Schwemmland der großen Flüsse weist vielfach interessante
Folgeformationen auf, welche noch wenig bekannt sind. Es gibt sandige
und tonig-schlammige Standorte, wo die Erde wasserdurchtränkt ist, un d.
von welchen die Entwicklung ihren Ursprung nimmt). e.
Interessante Verhältnisse der Auenwälder an der Aare in der Schweiz |
erwähnt Siegrist!). Sie scheinen eine einförmige Waldformation zu sein
zeigen aber in der Tat äußerst komplizierte Verhältnisse. „Weisen sie
doch vom versumpftesten Bruchwald bis zur trockenen steppenähnlichen,
nur mit spärlichen Sträuchern bedeckten Schotterfläche alle Übergangs-
stadien des edaphisch bedingten Waldes auf.“ Ausschlaggebend sind
zwei edaphische Faktoren: 1. Die Zusammensetzung des Bodens, ganz
besonders die Mächtigkeit der dem Schotter aufgelagerten Sand- un
Humusdecke, und 2. der Wassergehalt des Bodens. Es finden sicl
Böden, die das höchste Maß von Nässe aufweisen, welches Laubbäum
ertragen können, Bruchwald; Böden, welche zeitweise überschwemmt
oder doch naß sind, Auenwald; mäßig feuchte Böden, welche einen
durch das Klima bedingten mesophytischen Mischwald tragen, eine
Übergangsformation zu dem Föhrenwald und den Sanddorn-
beständen, welche auf Böden wachsen, welche meist über dem Bereich
der heutigen Hochwasser, und daher auf verhältnismäßig trockenen
Schotterbänken wachsen. In allen diesen Gehölzformationen kann man
‚eine Formationsfolge beobachten, da alle in einem ganz bestimmten
Abhängigkeitverhältnis zu einander stehen. An ein und derselben Stelle
folgen die verschiedenen Pflanzengesellschaften aufeinander, je nachdem E
der Lauf des Flusses und damit die edaphischen Verhältnisse sich
ändern. „Bruchwald und Auenwald sind nicht stabile unveränderliche
Formationen, sondern nur Phasen einer langen Entwicklungsreihe, die 1
ihren Abschluß findet in einem mesophytischen Mischwald.* |
Ganz so wie an der Aare Gebüsche von Heppophaös rhamnoa M
auf den Schotterbänken des Flusses zur Entwicklung kommen, findet
man an vielen anderen Flüssen nur Sand- und Kieselalluvionen mit
1) Vergl. Hanna Resvoll-Holmsen 1914; Drude, Auenwälder; Siegrist 1913, 1914. 3
2) Vergl. z. B. Flahault et Combres 1894; Raunkiär 1914.
66. Kap. Alluvialland der Flüsse, Uferwaldungen 523
Sträuchern oder Halbsträuchern bewachsen (Fig. 172, S. 343), in der
Schweiz z. B. von Myricaria Germanica').
Viel bedeutender als in den Alpenländern sind in ihrer Ausdehnung
die meist aus Eichen bestehenden Auenwälder in den ebenen Gebieten,
wie sie aus Norddeutschland zuerst Drude beschrieben und behandelt
hat. Sie bilden sich in den weiten Überschwemmungsgebieten der großen
Ströme außerhalb der Strömungs- (Eisgang-)Zone. Ihre Flora ist vor
allen andern Laubwäldern schon physiognomisch durch den kraftvollen
Fig. 259. Vegetative Vermehrung von Cardamine palustris auf Schwemm- und
Schlammboden. Auf den Mittelstreifen der Blätter entstehen junge Pflanzen, die
einwurzeln und (links) selbständig werden. Wächst besonders in Formationen wie
S. 509, Fig. 254. (Phot. Graebner.)
Unterwuchs an Sträuchern und namentlich an hohen Stauden (oft fast
undurchdringlich) ausgezeichnet. Oft auch nähert sich ihr Unterwuchs
sehr dem der übrigen Laub-, besonders Buchenwälder, namentlich bez.
der Frühlingsflora, Anemone nemorosa, A. ranunculoides, Corydallıs
cava u. a. bedecken weite Flächen. An den tiefliegenden Stellen geht
die Flora in die der Waldbrücher, besonders Erlenbrücher, über; Brenn-
nessel und Hopfen sind oft in großen Massen vorhanden.
2) Vergl. z. B. Schröter u. Kirchner.
524 Serie der an süßes Wasser gebundenen Vereine
Was für die Auenwälder gilt, gilt ganz sicher auch für zahlı
andere Uferwälder und Wälder, die im Überschwemmungsbereich
Flüsse vorkommen, was in den Tropen von Schweinfurth „Galeriew
genannt wird. Es sind dies Wälder, die an das Grundwasser
bunden sind und daher in der trockensten Wüste vorkommen ki
die Ufer der Flüsse begleitend. Man denke z.B. an die Dattelv
in den Oasen Nordafrikas „mit den Füßen im Wasser, mit dem
in der Hölle“. In den transkaspischen Wüsten kommen auch hö)
Wälder von Pappeln vor.
Es könnten hier auch die Igapos, die S. 518 erwähnt v
wieder genannt werden. :
Die verschiedenen Reisenden erwähnen aus allen Ländern
waldungen und Galeriewälder, die natürlich nach den Ländern un
Klima starke floristische und auch physiognomische Verschiedenh.
aufweisen, so daß sie zu verschiedenen Typen oder Subformationen
rechnet werden können!).
Von diesen Uferwäldern gehören viele den im folgenden er
mesophilen und hygrophilen Assoziationen an, nämlich de
nur an feuchten Boden gebunden sind.
Diese jetzt besprochenen Sumpf- und Flußufer-Formationen setz
sich unmittelbar in einer Kette der verschiedenen Landpflanzen-
mationen fort: Zuerst begegnen wir sandigen Ufern, wie beim Meeı
mit offener Vegetation oder feuchten Standorten mit einer geschlossen
_ Grasdecke (Wiesen, Wiesenmoore und ähnliches). Danach folgen d
allmählich immer trockenere Assoziationen, in welchen die Wurzeln
Grundwasser nicht mehr erreichen können. Diese werden im folgend
besprochen.
Über den Sandstrand der Süßwasserseen liegen z. B. von en
Beobachtungen vor.
An den Ufern der großen Süßwasserseen ist die gürtelförmige
ordnung der Vegetation oft ähnlich der der Meeresküsten (vergl. 50.K:
Auch hier haben wir oft Lebensformen, die von dem losen, feinkörni
Sande abhängig sind, je nachdem der Sand noch flüchtig oder s
fester gelagert ist. Im allgemeinen liegen aber über diese Uferbildun;
nur wenige Beobachtungen vor. Nach Cowles?) ist der untere Teil
Ufers durch Sandalgen charakterisiert (vergl. S. 432), der mittlere,
zwischen der Hochwassergrenze der Winter- und der Sommerstürme li
wird von einjährigen Kräutern bewohnt, unter denen viele fleischige
!) Vergl. z.B. Gassner 1913; Dusen u. Neger 1908; Adamoviez 1909;
Afr. I, 942.
2) Cowles 1900.
- 67. Kap. Serie der mesophil. u. hygrophil. Formationen. Allgem. Bemerkungen 525
sich befinden, wie sie auch an den salzigen Küsten wachsen. Als Beispiele
seien genannt Oakile Americana, Oorispermum hyssopifolium und Euphor-
bia polygonifolia. Über der Hochwassergrenze des Winters beginnt dann
- ein Sandfeld, auf dem namentlich Arten mit kriechenden Grundachsen
gedeihen, unter ihnen Triticum (Agropyrum) dasystachyum und Lathyrus
_ maritimus. Zwischen ihnen findet man dann auch ein- und zweijährige
i E esnter und einige in ihrem Wachstum zurückgebliebene Sträucher.
e Auf Presque Isle hat Jennings ganz entsprechende Gürtel beob-
achtet: 1. „The lower beach“ mit der „Ohlamydomonas-Formation“,
e, „The Drift-Beach“ mit der „Oakile-Xanthium-Formation*, entsprechend
> Mac Millans „Midstrand“ und Cowles „Middle-Beach“, auf losem Sand
mit vielem Treibholz; das Grundwasser liegt hoch. Nach dieser For-
_ mation kommen noch trockenere und mehr xerophytische. Sie werden
unter Sandvegetation besprochen !).
a. Serie der mesophilen und hygrophilen
Formationen
67. Kap. Allgemeine Bemerkungen
# Schon oben (S. 198) wurde der Begriff der Mesophyten besprochen.
_ Unter Mesophyten sind solche Pflanzen zu verstehen, welche in
_ mittleren edaphischen Verhältnissen leben; extreme Faktoren werden
_ gemieden. Der Boden muß feucht und frisch sein, weder sehr wasser-
reich noch besonders wasserarm sein. Die Mesophyten meiden Böden
mir stagnierendem, sauerstoffarmem Wasser und ebenso solche mit sal-
zigem (kochsalzhaltigem) Wasser.
Der Boden muß gut drainiert und, jedenfalls zu gewissen Jahres-
zeiten, gut durchlüftet sein. Er muß durchlässig und unter günstigen
_ Verhältnissen tiefgründig sein. |
R Die Mesophyten lieben reichliche Niederschläge, die über die
‚Jahreszeiten gleichmäßiger verteilt sind, als dort, wo Xerophyten ihre
Heimat haben; ebenso ziehen sie eine Luft vor, die reich an Wasser-
dampf ist („Hygrophyten“). Die Bodendecke der hierher gehörigen
Formationen speichert gewöhnlich leicht große Mengen der Nieder-
‚schläge auf.
Die Mesophyten lieben Schutz vor austrocknenden Winden.
- *) Jennings 1909. Hierher gehörige Beobachtungen finden sich weiter bei Holmboe
(1914) für Cypern.
526 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Der Boden ist reich an Nährstoff, oft kalkhaltig und auch g
wöhnlich reich an mildem, also nicht saurem Humus, besonders n
den schattenreichen Wäldern. In alten Humuserden kommt oft viel
assimilierbarer Stickstoff vor.: Die Mesophytenvereine haben daher eiı
hohe Stoffproduktion und zeigen oft eine sehr große Fülle und ein
Reichtum an Lebensformen und Arten.
Die Vegetation ist dicht geschlossen; kein mesophiler Verein
so offen und pflanzenarm, wie gewisse xerophile und halophile Vere
was durch die günstigen Lebensbedingungen zu erklären ist. In
niedrigsten und einfachsten Vereinen spielen Gräser und andere Krä
die wichtigste Rolle; solche Vereine sind die Wiesen, Weiden, K
fluren u. a.; reicher sind die Vegetationen der hohen Stauden und
mesophilen Gebüsche, wo mehrere Stockwerke der Pflanzen vorkomm
am reichsten ist der tropische Regenwald. Oft sind die mesoph
Vereine Schlußformationen einer Entwicklungsreihe. Nach Cowles ne
extreme Vereine immer mehr zur Entwicklung in mesophile.
Das Tierleben im Boden ist gewöhnlich sehr reich (Regenwürme
Insekten u. a.).. Ebenso wimmelt der Humusboden wohl immer
Bakterien und Pilzen, darunter auch Saccharomyceten.
Der morphologische und der anatomische Bau der M
phyten ist verschieden; bei den meisten mesomorph, bei anderen xe
morph. Im allgemeinen ist er mesomorph, d.h. von so mittl:
Beschaffenheit und für die Botaniker der gemäßigten Gegenden, wo
wissenschaftliche Forschung ihre Heimat hat, ein so alltäglicher,
man Schwierigkeiten gehabt hat, die hier vorkommenden Anpassun
zu verstehen. Der Laubsproß ist verschieden, aber die Laubblätt
sind, der feuchten Luft entsprechend, gewöhnlich relativ groß, fl
und dünn; ihre Formen sind mannigfaltig, aber bei den dikotylen A
der gemäßigten Klimate sind sie oft eingeschnitten und im Rande
zähnt oder gesägt. Der Reichtum an Blattformen ist im ganzen gr
als in den anderen Serien. Die Spreiten der Laubblätter sind gewöh!
lich dorsiventral, die Haut dünn, ohne starke Kutinisierung, die Wän:
_ der Hautzellen sind wellenförmig. Haare von verschiedenen Forme
kommen vor, aber das Haarkleid ist dünn und meist nicht dichtfilzig. Viel:
Arten sind recht plastisch, z.B. die Buche (vergl. Fig. 15) und jedenf
sehr viele andere unserer gemeinen Pflanzen. Die Fähigkeit, sich nach d
Verschiedenheiten der Umgebungen zu richten, ist bei Mesophyten
leicht sogar stärker als bei anderen Pflanzen; aber hierüber weiß ma
noch zu wenig. Es besteht jedoch kein Hindernis, daß einzelne xe
morphe Bauverhältnisse vorkommen, weil, wie der tropische Regenw.
zeigt, kurz dauernde, aber stark trockene Zeiten eintreten könne
ee Pa
Pe.
nt
67. Kap. Allgemeine Bemerkungen 527
i sowie ganzrandig, aber doch nicht hartlaubig. Dieses hängt damit zu-
& sammen, daß die Wasseraufnahme in kalten Klimaten im Winter un-
möglich ist.
= Eine ganz eigentümliche Stellung nehmen dabei die Coniferen
ein; nach ihrem äußeren und inneren Bau sind sie xeromorph, aber sie
kommen auf sehr verschiedenen Böden, besonders der nördlichen kalt
temperierten Zone, sowohl trockenen, als mäßig feuchten bis sehr
. feuchten, vor — sogar 'Sumpfwälder werden von Coniferen gebildet, wie
Kap. 64 erwähnt wurde. Sie nehmen aber im großen und ganzen ähn-
liehe Lokalitäten .ein, wie die mesophyten Wälder der nördlichen meso-
thermen Gegenden. Näheres Kap. 74—76.
| Die mesophilen Formationen sind gewöhnlich sehr artenreich, was
wohl sicher eine Folge der günstigen Lebensbedingungen ist!). Es wird
ja allgemein angenommen, daß günstige Lebensbedingungen und ein
relativ leichtes Leben neue Abänderungen hervorrufen oder begünstigen,
‚also zur Bildung neuer Arten beitragen.
Die mesophilen Vereine sind vorzugsweise in den gemäßigten
Gegenden heimisch, namentlich innerhalb des nördlichen Waldgebietes,
wo der Regen meist Sommer- und Herbstregen ist, also in der immer-
grünen Nadelholzzone und der Zone der laubwechselnden Laubwälder,
kommen aber auch in den Polarländern und den Tropen vor. Sie
‚sind ferner, besonders in gemäßigten Gegenden, oft an Kulturland
e gebunden; ihr Boden und ihr Klima passen zu den Kulturpflanzen der
=“ - Menschen vortrefflich. Durch die Eingriffe der Kultur sind die ursprüng-
4 E lich gewiß sehr wenigen Vereine in eine Menge neuer Vereine, besonders
a Kulturvereine, aufgelöst und gespalten worden, die miteinander be-
B4 ständig kämpfen und ebenso schwierig zu kennzeichnen wie zu benennen
= sind. Die Kulturpflanzenvereine bestehen größtenteils aus ein- oder
_ zweijährigen Arten, sind ebenfalls mesophile Vereine, werden aber in
| diesem Werke nicht näher behandelt.
Ä Die vielen Formationen und Assoziationen von dieser großen Serie
werden am besten in drei Gruppen geteilt:
A. Mesophile Formationen der kalten und kalttemperierten Gegenden
(der nördlichen Polarzone und der nördlichen kalten Gürtel Koeppens).
a) Mesomorphe Gräser- und Kräutervereine.
Arktische und alpine Gras- und Krautmatten. 68. Kap.
Wiesen. 69. Kap.
Hochstaudenfluren. 70. Kap.
2 Weiden auf Kulturland. 71. Kap.
. (Kulturformationen werden in diesem Buche nicht besprochen.)
RE Sa a FE > N
EN EU N
!) Vergl. über das Verhältnis zwischen den Wäldern und den Campos bei Lagoa
Santa in Brasilien Kap. 38, $. 250.
528 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
b) Formationen von breitblättrigen, meistens dikotylen, laubwerf
den, mesomorphen Holzpflanzen.
Mesomorphe Gebüsche. 72. Kap.
Mesomorphe Wälder. 73. Kap.
c) Vereine von, meist immergrünen und xeromorphen, Conife
Allgemeine Bemerkungen. 74. Kap. ;
Laubwechselnde Nadelholzwälder (Lärchenwälder). 75. Ka
Immergrüne Nadelholzwälder. 76. Kap. 1%
B. Subtropische mesophile Vegetation.
Grasfluren, Wiesen (auch tropische). 77. Kap.
Immergrüne Wälder. 78. Kap.
Kanarische Lauraceenwälder.
Subtropische Regenwälder.
C. Tropische mesophile Vegetation. 79. Kap. (Grasfluren, siehe 77.
Monsunwälder (laubwechselnde tropische Wälder).
Regenwälder von breitblättrigen Bäumen.
Palmen-, Bambus- und Farnwälder.
Krautmatten
In den Polarländern und oberhalb der Ba vieler -
gebirge kommen ausgedehnte grüne Fluren monokotyler und dik
Kräuter vor: eine Vegetation, die floristisch mit den angrenzer
Felsenfluren verwandt sein kann, jedoch immer eine Menge an
Arten enthält, weil die Lebensbedingungen günstiger sind. Man k
zwei Vegetationsschichten unterscheiden, nämlich eine Bodenschicht.
Moosen und vielleicht Algen, und eine Feldschicht aus Gräs
Kräutern; letztere kann bisweilen in zwei zerlegt werden, und
. eine höhere aus höheren Arten und eine niedrigere. Holzpflanzen sow
Zwerg- und Halbsträucher fehlen oder die letzteren sind selten
sehr klein.
Diese Vegetation tritt als eine frisch grüne, geschlosse
dichte und, wenn sie typisch ist, niedrige und weiche Decke
was durch den Ausdruck Matte bezeichnet wird. Wurzeln und
kurzen senkrechten oder wandernden Rhizome sind meist dicht verf
so daß ein Humusboden entsteht, ungefähr wie auf unseren Strandwi
mit denen die Vegetation die größte physiognomische Übereinstim
hat. Rosettensprosse sind bei den Dikotylen, vermutlich im Eink
mit der geringen Höhe der Vegetation und dem reichlichen Lichtzutr
wie in den subglazialen Vereinen allgemein; mit diesen haben die Ma
auch anderes gemeinsam, z. B. die tiefen, reinen Blütenfarben
68. Kap. Mikrotherme (arktische und alpine) Gras- und Krautmatten 529
gewisse xerophile Merkmale. Die meisten Arten sind mehrjährig, Gräser
_ und Stauden. Typische Holzpflanzen fehlen (jedenfalls höhere), aber Halb-
Ei sträucher können eingemischt sein. Moose findet man oft in größerer
oder kleinerer Menge eingemischt; aber Flechten fehlen, oder sind selten
und spärlich.
= Die Matten der Polarländer und der mitteleuropäischen u. a. Hoch-
gebirge scheinen ökologisch so übereinzustimmen, daß sie nicht getrennt
ei werden dürfen; aber vielleicht muß eine Einteilung in Grasfluren und
_ Krautfluren stattfinden, die beide aus Kräutern bestehen, jene haupt-
= sächlich aus Gramineen, diese besonders aus dikotylen Stauden. Man
würde vielleicht verschiedene Subformationen nach den vorherrschenden
Lebensformen unterscheiden können, ob Gräser, Kleinstauden oder Hoch-
_ stauden. Von Assoziationen gibt es eine chaotische Menge, was teils
durch die geographische Lage, teils durch edaphische Verhältnisse (Be-
_ wässerung, Nährstoffmenge usw.) bedingt wird. Ein Faktor, der hier
n von spezieller Bedeutung sein wird, ist die Zeit, bis zu der die Schnee-
Be decke im Frühling liegen bleibt.
= Als ein erster Schritt zur Bildung einer Matte werden vielleicht
E en Formationen betrachtet werden können, welche übrigens am nächsten
der Kältevegetation zugerechnet werden können.
Eine Lebermoosformation kommt nach Th. E. C. Fries!) in der
alpinen Höhenstufe der lappländischen Gebirge bei Überrieselung mit
_ Schmelzwasser vor; besonders findet sich eine Anthelia nivalis-Assoziati on
_ welche einen dichten, schwärzlich-graublauen, dünnen Überzug über dem
- mehr oder weniger feuchten Schneeboden bildet. Innerhalb der höheren
_ Teile dieser Höhenstufe ist sie dominierend, sie kommt aber auch
niedriger vor?).
A, Eine andere sehr charakteristische Formation sind die von Oettli
und Schröter?) erwähnten Schneetälchen in den Alpen sowohl wie
in den nordeuropäischen Gebirgen (Schottland usw.). Dies sind nach
"Schröter meist sanft geneigte, flache oder konkave Stellen, die in den
_ Gebirgen ebenso wie in den Polarländern vorkommen und vom Wasser
_ des schmelzenden Schnees benetzt werden. Wo sie Mulden darstellen,
in denen der Schnee lange liegen bleibt, da ist in ihnen meist eine
mehr oder weniger dicke schwarze Humusschicht abgelagert, die ihren
Ursprung dem Schnee verdankt. Der letztere bringt jedesmal einen
_ kleinen Teil organischen Staubes aus der Luft mit herab, anderer wird
Beh den Wind zugeführt; auf diese Weise wird der Schnee „gedüngt“.
2) Th. E. C. Fries 1913.
?) Vergl. auch W. G. Smith 1912; Hanna Resvoll Holmsen 1914 b; Josias Braun
11913; Furrer 1914.
®) Oeltli 1903; Schröter 1904—1908.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 34
530 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Diese Standorte sind scharf charakterisiert durch die niedrige Temperatur,
durch den Reichtum an Humus und die dauernde Sättigung des Bodens
mit Wasser. In der Schweiz ist die Pflanzengesellschaft, die sich hie
ansiedelt, sehr konstant und nur aus wenigen Arten zusammengesetzt
in erster Linie wächst hier Salix herbacea, mit ihr Alchimilla penta-
phylla, Gnaphalium supinum, Ligusticum mutellina, Plantago re
Soldanella-Arten, Sibbaldia procumbens und andere. Erwähnt oder be-
schrieben sind die Schneetälchen auch von Rübel 1912; Vahl 1913; E
Jos. Braun 1913. ve
Diese beiden Formationen könnten, vielleicht auch besser, unter“
den Kältewüsten (V. Serie) besprochen werden.
Arktische und subarktische Grasmatten. In vielen arktisch
Matten überwiegen die Gräser die andern monokotylen oder dikotylen
Pflanzen. Von Kola erwähnt Brotherus üppige Grasmatten, die a 3
Poa pratensis und Festuca rubra bestehen, neben denen sehr viele
Stauden vorkommen: Arten der Gattungen Trollius, Ranuneulus, Coch-
learia, Geranium, Melandryum, Cerastium, BRubus (R. chamaemorus,
R. arcticus), COhamaeperichymenum (Cornus) Suecicum, Archangelica,
Matricaria, Solidago, Rhinanthus usw. Den genannten Matten ähnliche.
Grasmatten werden von Novaia Semlja angegeben, kommen in Grönlan
besonders bei Eskimowohnungen und auch auf Island vor. Auf diese
Insel greift die Kultur gewiß oft bedeutend ein, indem namentlich Dünge
ein Faktor von großer Bedeutung wird; „auf das Gras wird des Lande
Wohlfahrt gebaut“ (Thoroddsen). Die gemeinsten Arten sind hier An-
thoxanthum odoratum, Alopecurus geniculatus, Aera caespitosa, Poa
trivialis, P. pratensis, Agrostis alba usw.; andere mono- und dikoty
Stauden sind natürlicherweise eingemischt.
Die Reisenden unterscheiden übrigens die vorzugsweise mit Gräserme
bewachsenen Fluren nicht scharf von den besonders mit dikotylen Kräu-
tern bedeckten Fluren; als „Weide“ wird offenbar meist jede Flur
zeichnet, die eine trösch grüne, dichte und niedrige Decke hat und sich
zum Abweiden eignet.
Ri
Krautfluren. Den arktischen Grasmatten ist wohl immer eine
größere oder geringere Menge monokotyler und dikotyler Stauden bei.
gemischt. Wo diese das Übergewicht über die Gräser erhalten,
eine andere Vegetation auf, die man Krautflur oder (mit Rosenying
„Urteli“ d.h. Krauthalde nennen kann, weil sie meist auf Abhänge 0
vorkommt. Sie ist in den Polarländern sicherlich weit verbreiteter ls
die typische Grasflur; man kann sogar Vereine finden, wo sich Gräser
kaum entwickeln. Solche blütenreichen, frischgrünen Fluren komme
in Grönland an geschützten Stellen allgemein vor, wo der Boden gleich-
mäßig feucht bleibt, und nicht nur im Tieflande, sondern bisweilen auch |
68. Kap. Mikrotherme (arktische und alpine) Gras- und Krautmatten 531
in recht großer Höhe. Sie sind niedrig, dicht, weich, ihre Stauden be-
sonders rosettenblättrig. Außer mehrjährigen Kräutern sind den Gräsern
oft Zwergsträucher wie Salix herbacea, 8. polaris und Cassiope hypnoides
_ beigemischt. Auch frischgrüne Moose (Hypnum, Aulacomnium usw.)
spielen eine Rolle'). Dieselbe Vereinsform findet man auf Island, auf
& den Färöern?), in England, in Skandinavien und in Finnland.
| Was Island betrifft, so schildert sie Thoroddsen 1914 folgender-
= maßen: Es gibt vier Varianten von Grasland. Grasige Abhänge
= finden sich oft auf den Bergen, besonders wo die Felsen von Tuff oder
Breccia gebildet sind. Die Gräser sind besonders Agrostis vulgaris, A.
eanina, Anthoxanthum odoratum, Festuca ovina, Poa alpina, P. nemo-
_ ralis; diesen schließen sich Kräuter wie Geranium silvatieum, Trifolium
Re repens, Brunella vulgaris, Leontodon autumnalis u.a. an. Die Vege-
tation ist reich an Arten und sehr gemischt, doch die Gräser herrschen
_ vor. Von den anderen Varianten kann erwähnt werden: das trockene
_ unkultivierte Grasland auf grobem, steinigem Sande mit einer dünnen
Humusschicht und einer niedrigen, ziemlich offenen Vegetation aus Arten
_ von Festuca, Aera, Poa, Agrostis, untermischt von Juneus, Luzula und
4 Elyna. Rings um die Höfe findet man den „Tun“, d. h. Haus-Feld,
_ etwa entsprechend den alpinen „Lägern“; es ist gedüngtes Grasland,
oft sehr holperig und stark bultig. Eine Reihe von Gräsern herrschen
hier mit Ranuneulus acer, Taraxacum offieinale, Rumex acetosa, Poly-
gonum viviparum u. a. untermischt.
er Die Blumenmatten auf Kolgujew am Weißen Meere werden von
Pohle®) geschildert als „liebliche Oasen“ in der subarktischen Pflanzen-
_ welt. An geneigten Hängen der Ufer, unter dem Einflusse günstiger
* - Verhältnisse des Luft- und Bodenklimas vereinigt sich eine ganze Reihe
von Pflanzen zu geschlossener Vegetationsdecke auf nicht zu schwerem,
j rise :»hem, sandig-tonigem Bodenmaterial. Alles überschüssige Wasser
fließt schnellstens ab. Die schützende Schneedecke verschwindet schnell
im Frühjahr. Der wichtigste Faktor für die Entwicklung dieser Oasen
ist nicht die Exposition, sondern Schutz vor den Winden. Diese sub-
_ arktische Matte trägt einen dichten Bestand von Stauden und Gräsern.
_ Der Boden ist humusreich; Moose finden sich in geringer Zahl, es fehlen
_ diejenigen, die zur Bildung von Rohhumus Veranlassung geben. Auch
Hochstauden kommen vor, und von den Insekten sind besonders die
_ Bombus-Arten auffällig.
| Wie reich die arktischen und subarktischen Krautfluren sein können,
geht daraus hervor, daß Heuglin von Novaia Semlja Stellen erwähnt,
4) Warming 1887, $S. 37—39.
®») Vergl. Ostenfeld 1908 b.
®) Pohle 1907, Taf. 30.
34*
532 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
wo etwa 50 Arten Blütenpflanzen auf einem Gebiete von wenigen
Quadratellen wachsen. Stefänsson berichtet von einer Krautflur im
Vatn-Tale des nördlichen Islands, wo auf einer Quadratelle 24 Arten
vorkommen.
Auf den Krautfluren können die Blätter der Kräuter bie
recht groß und üppig werden, z. B. bei Alchimilla vulgaris, Ranunkeln.
Potentillen usw., und zwar wegen der großen Luftfeuchtigkeit, der lange
dauernden aber Schrüchen Beleuchtung und des geschützten, gewöhnli. h
sonnigen und humusreichen Bodens. Die Arten sind mehrjährig, gewisse =
Gentiana-Arten ausgenommen, und nur in der Vegetationszeit grün.
den Sproßbau ist zu bemerken, daß die Rasenform mit bleibende |
märer Wurzel oder mit senkrechter mehrköpfiger Grundachse (ra be- |
sonders Pohle) zu überwiegen scheint, daß aber auch wandernde.S
vorkommen; .diese Verhältnisse sind jedoch noch zu wenig zube ht.
Rosettensprosse sind sehr allgemein). en
Die alpinen Matten. An ähnlichen Standorten wie in den
tischen und subarktischen Ländern kommen Matten vielfach in den Hoc
gebirgen der Schweiz und anderer Teile der Alpen und anderer
gebirge vor, und werden von dort von vielen Forschern besproch«
finden sich besonders auf humusreichen, sanften Abhängen ohne
sicht auf die Exposition, wo aber die Bewässerung dem Boden
gewisse Frische und Feuchtigkeit gibt. Vielfach gehen sie in '
über. Der Unterschied zwischen den Matten und den Wiesen ist
groß und muß namentlich darin gesucht werden, daß die Matten
niedrigere Vegetation sind, so daß sie wesentlich zum Abweiden ( di
wogegen die Wiesen gemäht werden können. %
Als typisches Beispiel kann man wohl Kerners Carex Aa
„Formation“ bezeichnen, welche Pflanzen enthält wie Soldanella «
Gentiana acaulis, Alpenaurikeln, Alpenanemonen, Nigritella, Globula
nudicaulis, Phaca frigida, Lotus corniculatus u. v. a. Kräuter, von Gräs
Sesleria caerulea, Festuca violacea, F'. pulchella u.a.; auch einen und
den anderen Zwergstrauch oder niederliegenden Strauch kann man finden: i
Erica carnea, Salix reticulata, S. retusa, Dryas usw.
Es gibt eine sehr große Zahl von floristischen Varianten och
Assoziationen, vergl. z. B. Stebler 1897 und 1899, Stebler und Schröter, |
Stebler und Volkart, Schröter 1904—08; Brockmann-Jerosch 1907;
Rübel 1911—12, 1913; und was S. 349 var Jaccard angeführt vr
Braun und Furrer u.a. Furt scheidet zwischen Mähwiesen und mahdfreien
Wiesen (Nardeta, Curvuleta, Cariceta, Elyneta usw.)?) (Fig. 260, u;
1) Über arktische Matten vergl. Middendorff, v. Baer, Nathorst, Kjellman (188
Warming (1887), Rosenvinge, Pohle u. a.
2) Furrer 1914.
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68. Kap. Mikrotherme (arktische und alpine) Gras- und Krautmatten 533
Zu den Matten scheint auch folgende Assoziation gerechnet werden
zu können: Steblers und Schröters Leontodon-Matte oder „Milch-
krautweide“; diese ist zusammengesetzt aus Leontodon hispidus, L.
autumnalis, L. Pyrenaicus, Orepis aurea, Homogyne alpina, Meum
mautellina, Arten von Potentilla, Geum, Sibbaldia, Plantago, Soldanella
(S. alpina), Veronica (V. alpina), Polygonum viviparum usw., außerdem
aus Gräsern. In anderen Vereinen herrschen Meum mutellina oder
Plantago alpina oder Salix herbacea oder Gnaphalium supinum oder
Alchimilla pentaphylla vor; diese fünf Arten sind für die „Schneetälchen-
Fig. 260. Alpenmatte auf der Mussalaspitze des Rilagebirges in Bulgarien, etwa
2400 m. Pedieularis orthanitha, Dianthus microlepis, Sesleria comosa, Campanula
Orbelica, Alopecurus brachystachys. (Phot. Adamovi£.)
Rasen“ (vergl. S. 529) kennzeichnend, deren niedrige, dichte Matten
meistens Schafen und Ziegen als Weide dienen. Die Matten der Alpen
haben bekanntlich einen Teil der Arten mit den Polarländern gemeinsam.
Die „Fettmatten“ von Rübel gehören alle der subalpinen Stufe
an, sie sind gebunden an flachen Boden und schwach geneigte Hänge.
Von 1700—2080 m gehören im Bernina-Gebiet alle Fettmatten zur Asso-
ziation des Trisetum flavescens und seiner „Subassoziationen“. Die ge-
Tingste Erhöhung und Feuchtigkeitsverringerung bringt Festuca rubra
fallax zum Vorherrschen. Auch Agrostis tenuis kann solche „Sub-
534 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
assoziationen“ bilden. Die obersten Fettmatten bei 2100 m Höhe.gehö
besonders der Poa alpina- Assoziation an.
Als „Matten“ werden von manchen Bkaniuen viele Assoziatio
bezeichnet, die teilweise ein sehr verschiedenes ökologisches Gepräge
haben scheinen und wahrscheinlich zu anderen, besonderen Vereinskl
gestellt werden müssen. Stebler und Schröter behandeln unter an
folgende Vereine: 1. Die Nardus strieta- Assoziation, die auf mag
und trockenem Boden (Trockenwiesen anderer) auftritt und oft mit Z
gebüsch der Alpenrosen oder mit Zwergstrauchheiden abwechselt.
den Bestand sind folgende Pflanzen eingestreut: Potentilla aur:
silvestris, Calluna vulgaris, Leontodon Pyrenaicus, Trifolium
Geum montanum, Arnica montana, Homogyne alpina, 1
alpinum, ferner Gräser (Aera [Deschampsia], Anihoxanthum
Festuca rubra u.a.), Luzula albida und spicata, Massen v«
(Cladonia, COetraria) und außerdem Vaceinium-Arten. Ein
Beziehungen der Heide nahestehender Verein. Ein andere
2. die Carex firma- Assoziation, die in den Kalkgebirgen auf i
Stellen in 2000—2900 m Höhe den letzten zusammenhängend
dichter, niedriger Rasen mit kurzen, steifen Blättern b
Begleiter der Carex firma folgende Arten enthält: Zlyn
feinblättrige Rasen bildende F'estuca pumila, Carex nigra
Pflanzen und „wie in den grünen Rasen eingestreute Perlen‘
Sazxifraga- und Gentiana- Arten, Alsine verna, Campanula 8
Primula integrifolia usw. Diese beiden Vereine haben offenbar
lich xerophiles Gepräge, und namentlich der erste kann wohl am ii
werden. Daß die Matten in gewisse subglaziale Vereine üb
ganz natürlich, da sie oft zwischen ihnen vorkommen und 2
birgen deren Fortsetzung nach unten bilden, also unter
Wachstumsverhältnissen auftreten.
Die Schwierigkeit, diese vielen verschiedenen alpinen Aka
richtig beurteilen zu können und danach zu verteilen, rührt wohl
weise daher, daß der Charakter der Standorte oft ungenügend angeg
wird, teilweise auch daher, daß eine Art an mehreren Standorten
in thekirandn Assoziationen vorherrschen kann; nicht nur, nach Braun |
Furrer, z.B. Pinus montana auf Hröhmuoten und Kalk, sondern au
Gräser wie Sesleria eoerulea als xerophile Pflanze auf trockenem son
reichem Boden in den Alpen und auf nassem Boden auf der Insel
in der Ostsee, oder die Carex ceurvula- Assoziation (das „Curvuletu
in den Hochalpen.
Wenn das prozentuale Vorkommen der verschiedenen Tiebanı
in den verschiedenen Assoziationen statistisch aufgeführt würde
Anpassungen der Laubsprosse angegeben wären und die
68. Kap. Mikrotherme (arktische und alpine) Gras- und Krautmatten 535
beschaffenheit genau studiert wäre, würde man mit größerer Sicher-
heit urteilen können.
In unserer nordeuropäischen Natur scheint die Kap. 51 besprochene
Strandwiese der Verein zu sein, der mit den arktischen und den
alpinen Grasmatten und Krautfluren physiognomisch am nächsten ver-
wandt ist. Die Strandwiese ist eine dichte, niedrige, oft weiche Vege-
tation mit dicht verfilzten Sprossen und Wurzeln in einem Rohhumus-
boden, wie viele, aber durchaus nicht alle jener Matten. Als den
Strandwiesen ähnlich erscheinen z. B. gewisse Grasmatten der Hochalpen,
Fig. 261. Alpenmatte am VitoSgebirge in Bulgarien, mit Dianthus microlepis,
Campanula Steveni und ©. Orbelica, Sesleria marginata.
(Phot. Adamovi(.)
die viele xerophile Merkmale haben, indem dieselben Kennzeichen auch
an Salzboden gebunden auftreten; schmale, fast stielrunde Blätter,
schwache Dickblättrigkeit u. a.
Alle hohen Gebirge haben sicher solche Gras- und Krautmatten
an der Waldgrenze. Boris Keller!) scheidet im Altaigebirge zwischen
Pratum subalpinum, P. subpaludosum, P. humidum und vielen anderen
Assoziationen. In den Anden treten nach Brackebusch „Alpenwiesen*
auf: vorzügliche Weiden, auf denen sich wegen der reichlichen Nieder-
!) Boris Keller 1914.
536 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
schläge ein vortrefflicher Graswuchs einfindet und die auf einem frucht-
baren, oft von Felsenmassen durchbrochenen Boden vorkommen. Die |
Flora ist nach der Breite und nach der Höhe über dem Meere sehr. |
verschieden. Außer sehr vielen Grasarten gibt es eine Menge vor
Stauden, einjährigen Arten (?) und kleinen Sträuchern, die sich alle
durch einen prächtigen Blütenschmuck auszeichnen und zu den Famili
der Ranunculaceen, Malvaceen, Cruciferen, Polygalaceen, Geraniace
Caryophyllaceen, Rosaceen, Passifloraceen u. a. gehören. Doch komm
auch viele niedrige Cacteen, Farne, Moose und Flechten eingestreut v
so daß diese Vegetation den typischen Matten und Wiesen der Alp
nicht ganz entspricht. Sie steht wohl einem Teile der xerophilen Mat
der Alpen ökologisch am nächsten. R. Fries!) erwähnt als weit ver-
breitet in den Argentinischen Anden immergrüne Aypsela-Wiesen 3
welchen die Vegetationsorgane, Blatt- und Blütenstiele, sehr Kung
und bei den Sprossen der Rosettentypus überwiegt. |
„Alpenmatten“ im Kaukasus werden von Rikli und Rübel?)
wähnt: Die Gräser treten stark zurück; vorherrschend sind safti
Kräuter, daneben treten aber auch Zwergsträucher und einige The
phyten auf. Nach der Höhe der Vegetation (vergl. Taf. 6—7) scheinen
diese Matten eher zu den Hochstaudenfluren oder Wiesen zu gehör
69. Kap. Wiesen
Alle im vorhergehenden behandelten, in den Polarländern und den 7
Hochgebirgen vorkommenden Mesophytenvereine müssen wir insoweit als
natürliche Vereine betrachten, als der Mensch in ihre Natur gar nicht
eingegriffen hat oder ihnen doch nur in geringem Grade seinen Stempel |
aufzudrücken vermocht hat, meistens dadurch, daß er sie zu Weiden für
Rindvieh, Schafe und Ziegen benutzte. Es gibt ganz sicher Ländereien
die von der Natur selbst mit mesophilen Gras- und Krautvereinen b
deckt worden sind. Von welchen Faktoren ihr Auftreten abhängt, muß
näher untersucht werden; doch kann man so viel sagen, daß es beson-
ders die niedrigen Wärmegrade, die kühlen regnerischen Sommer, die 2 3
kurze Vegetationszeit oder die heftigen Winde und unzureichenden Nieder-
schläge, in den Hochgebirgen auch häufig das Abgleiten des Schnees oder |
Lawinenbildung sind, welche die kräftigeren Lebensformen, besonders
die Bäume, daran hinderes jenen Boden zu erobern, so z. B. in Islan
auf den Färöern, in Schottland usw. Mayr führt an, daß es in No
amerika Stellen gebe, wo die relative Luftfeuchtigkeit während d
Vegetationszeit so tief (unter 50°/o) herabsinke, daß Wälder unmögli
ı) R. Fries 1905.
®) Rikli u. Rübel 1913.
ir,’ »
69. Kap. Wiesen 537
seien und nur die im Bereiche des Taues liegende Vegetation bestehen
könnte.
Aber in allen Ländern mit Klima von mittlerer Wärme und Feuchtig-
keit, wo der Mensch, namentlich der Kulturmensch, hinreichend lange
seinen Einfluß hat geltend machen können, wo Niederschläge und Luft-
feuchtigkeit über das ganze Jahr gleichmäßig verteilt sind, kommen
künstliche Gras- und Krautvereine (Halbkultur-Assoziationen)'!) vor,
? _ nämlich Wiesen und Weiden, die ihre Entstehung und ihre Zusammen-
setzung gänzlich dem Menschen verdanken (Düngung, Drainage, Mahd,
Abweiden). Die allermeisten dieser Vereine wachsen auf einem früher
® bewaldeten Boden; der Wald hat dem Eingriffe der Menschen weichen
% müssen. Flahaults?) „prairies pseudo-alpines“ in den Pyrenäen sind
- solehe Wiesen, die sich auf entwaldetem Boden entwickelt haben. Über-
ließe man solche Vereine sich selbst, so würden sie sicherlich im Laufe
&E der Zeit in Wälder übergehen. Andere Wiesen hingegen sind, z.B. an
"Strömen, wo der Baumwuchs durch Überschwemmungen, Eisgang u. a.
; unmöglich gemacht wird, gewiß keine Kulturprodukte >).
Im folgenden legen wir namentlich nordeuropäische Wiesen und
_ Weiden zugrunde; zwei Formationen, die an einen ziemlich feuchten
oder einen ziemlich trocknen Boden gebunden sind. Die Wiesen kommen
_ häufiger in natürlicher Form vor, die Weiden jedoch ganz gewiß
_ mur selten.
Als Typus der Wiesen können zunächst die der nordeuropäischen
"Tiefländer genannt werden.
Die Wiesen stehen auf der Grenze zwischen den mesophilen und
den hydrophilen Vereinen; einige Wiesentypen schließen sich diesen am
nächsten an; andere gehören bestimmt zu den mesophilen Vereinen. Der
Boden hat eine gewisse Feuchtigkeit (60—80°/o Wasser im Sättigungs-
zustande). Sein Grundwasser liegt indessen nicht so hoch wie in den
Sümpfen, hat einen Stand, der nach den Jahreszeiten mehr als in diesen
wechselt, und strömt zugleich mehr, wodurch der Boden periodisch durch-
lüftet wird. Dieser ist oft ein reicher, tiefer Humus, kann aber auch
1) Graebner 1909.
2, Flahault 1901.
®) E.H.L. Krause gibt an: „Das Wort Wiese bezeichnet anscheinend ursprüng-
lich ein von der Kultur nicht beeinflußtes, nasses Gelände“. Die gegenwärtigen Wiesen
_ Norddeutschlands sind nach ihm „Kulturprodukte“. Graebner (1909 und früher) führt
hierzu Ausnahmen an. Der Begriff „Wiese“ wird übrigens in verschiedenem Umfange
g ” g
angewandt, in weiterem Umfange von Stebler und Schröter, welche 21 Typen der Wiesen
aufstellen. Nach ihnen ist eine „Wiese“ eine Pflanzengesellschaft von zahlreichen, vor-
zugsweise mehrjährigen und krautartigen Landpflanzen oder auftauchenden Sumpf- und
Wasserpflanzen gebildet, welche die Erde mit einer mehr oder weniger geschlossenen
Narbe decken; verholzende und hapaxanthische Arten können als Nebenbestandteile
auftreten.
538 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Sandboden sein, so besonders auf neuen Wiesen. Es gibt auch Wiesen, r
die sich auf Torfboden entwickelt haben. j
Die Wiesen sind wie die Matten Assoziationen von mehrjährigen
und krautartigen Pflanzen, besonders von Gräsern, und die
Pflanzendecke ist ebenso sehr dicht geschlossen und zusammen-
gedrängt, aber die Wiese hat eine höhere Vegetation, weshalb die
krautartigen Hauptbestandteile mehr als eine Schicht bilden können.
Die Pflanzendecke hat wie die Matte einen dichten, zähen Filz
von Wurzeln und Rhizomen, und da die Pflanzen so hoch (fußhoch und
höher) sind und eine geschlossene Decke bilden, so sieht man den Boden
nicht. Zu der Dichtigkeit der Decke trägt nicht wenig bei, daß die
Wiese gemäht oder (seltener) abgeweidet wird. Mitten in der Vegetations- n
zeit werden alle Pflanzen ihrer vegetativen Teile beraubt. Das Mähen
greift in die Naturvervältnisse der Wiese bedeutend ein, indem es die
Samenreife verhindert, die Verzweigung befördert und die floristische
Zusammensetzung verändert. In der Natur wird der durch die Mahd
hervorgerufene Einfluß durch die bei vielen Flüssen regelmäßigen .
Sommerüberschwemmungen hervorgebracht. a
Die Pflanzendecke ist im Sommer frisch grün und besteht so-
wohl nach den Individuen als auch oft nach den Arten größtenteils aus
Gramineen: Aera (Deschampsia), Avena, Dactylis, Festuca, Poa,
Holcus, Anthoxanthum, Alopecurus, Phlai, Briza, Agrostis usw. Oft 4
sind 20—30 Arten auf derselben Wiese ziemlich gleichmäßig gemischt.
Außer diesen wird die Pflanzendecke noch von vielen monokotylen und 3
dikotylen Stauden gebildet (Ranunculaceen, Papilionaceen, Compo-
siten usw.). Bäume, Sträucher (z. B. Salix repens) und einjährige Arten ; |
(letztere fast nur auf Maulwurfshaufen, z.B. Saxifraga tridacetylites) sind
fast ausgeschlossen. Die Wiesen zeichnen sich durch ihren Blüten- £
reichtum aus, weshalb ein reiches Insektenleben an sie gebunden ist,
weiterhin durch ihre frisch grüne Farbe, wodurch sie zu den ebenfallg 3
grünen und sehr ähnlichen, aber namen Wiesenmooren einen Gegen ei;
satz bilden. Zwischen den Kräutern findet man, an ihrem Grunde, be-
sonders wenn sie niedriger sind, oft viele Moose: Hypnum, Aulacom-
nium, Mnium, Bryum usw.
Die Ruhezeit der Vegetation wird nur durch Frost herbeigeführt;
aber die Wiese steht, obgleich im Winter gelbgrau und verwelkt, doch
einer immergrünen Vegetation ökologisch sehr nahe, weil unter den alten
Blättern frisch grüne vorkommen und weil viele gelbgewordene Blätter °
bei mildem Wetter schnell wieder grün werden... Das Wachstum der
Gräser beginnt erst bei 11—15° C. 3
Die Anpassung der Vegetation zeigt sich in folgendem.
1. Die Arten sind überwiegend mehrjährig; für einmal blühende. |
ist offenbar nicht Licht und Platz genug vorhanden (von den halb-
a 69. Kap. Wiesen 539
parasitischen Rhinantheen muß, wie bei anderen Pflanzenvereinen, ab-
gesehen werden); von einjährigen kommt (außer der eben erwähnten
Saxifraga) Linum catharticum vor, von zweijährigen z. B. Cirsium
palustre.
2. Einige Arten haben vorzugsweise kriechende Rhizome und
sind auf diese Weise ausgeprägt teppichbildend (von Gräsern Poa pra-
tensis, Festuca rubra, Agrostis alba, ferner einige Carices usw.). Andere
Stauden mit kriechenden Rhizomen sind Lathyrus pratensis, Valeriana
dioeca, Epilobium palustre, Mentha, Lycopus, Equisetum palustre usw.).
Die meisten Gräser sind jedoch rasenbildend, z.B. Aera caespi-
tosa, Avena pubescens, Dactylis glomerata, Alopecurus pratensis, An-
thoxanihum, Festuca elatior, Poa trivialis, Briza media, Holeus lana-
Zus u. a.; überhaupt haben die meisten Stauden nur eine schwache oder
gar keine vegetative Wanderungsfähigkeit (Myosotis palustris, Bumex ace-
tosa, Suceisa pratensis, Geranium pratense, Polygonum bistorta, Coronaria
(Lyehnis) flos euculi, Parnassia, Arten von Ranunculus, Caltha, Trollius,
Primula u. a... Der Grund hierfür ist wahrscheinlich der Widerstand,
den die zahlreichen, zähen und verflochtenen Graswurzeln und Gras-
rhizome für Arten mit wandernden Sprossen bilden. Zwiebel- und
Knollenpflanzen sind seltener (Orchis, Colehieum autumnale).
i 3. Die Blätter sind mesomorph, d.h. dünn, flach, breit, biegsam
und kahl, haben weder eine dicke Epidermis noch einen anderen beson-
deren Verdunstungsschutz. Die Grasblätter führen auf beiden Seiten
“ Spaltöffnungen und können sich nicht einrollen. Mechanisches Gewebe
ist schwach oder gar nicht entwickelt. Turgeszenz macht viele Sprosse
und Blätter steif.
Assoziationen. Die Flora ist auf den verschiedenen Wiesen
natürlicherweise sehr ungleichartig, namentlich im Einklange mit den
Unterschieden in der Feuchtigkeit des Bodens und je nach den Floren-
gebieten, ferner nach dem Eingriffe der Kultur (Weiden, Mähen, Graben-
ziehen, Bewässerung; vergl. auch Wittmack). So führt C. A. Weber‘)
mehrere Assoziationen (die er als „Subformationen“ bezeichnet) des
natürlichen Graslandes an, wovon folgende zu den mesophilen Wiesen
rechnet werden müssen: 1. Im Graslande der hohen Geest die Assozia-
tion der Poa pratensis (etwa 2—3 m über dem mittleren Grundwasser-
stande), 2. die der Poa trivialis (1—1,5 m über diesem Stande), 3. die
der Aera caespitosa (im Juni und Juli 0,4—0,7 m über dem Wasser der
Gräben). Die „Assoziationen“ der Carex panicea, der O. graciis und der
Molinia caerulea hingegen dürften eher zu den Mooren gehören oder
dem Übergangsgebiete von der Geest zur Marsch ist die „Assoziation“
der Festuca elatior, und aus dem Graslande der eingedeichten, eigent-
ı) C. A. Weber 1892; vergl. auch 1909.
540 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
lichen Marsch sind die „Subformationen“ der Agrostis alba, der Pı
pratensis und des Lolium perenne zu mesophilen Wiesen oder Wei
zu rechnen.
Es mag hier auch an die S. 82, 83 erwähnten Untersuchun
Feilbergs erinnert werden.
In Norwegen hat Hanna Resvoll-Holmsen!) die Häufigkeit
Arten in einigen Wiesen statistisch gemessen; am meisten hervortreten
waren Agrostis borealis und A. vulgaris, Festuca rubra, Poa alpina
P. pratensis; Carex alpicola in einigen Wiesen, andere Arten in ande
Typen von Grasland. |
Das Grasland in England wird von Will. G. Smith und Crampton
besprochen. Die Entwicklung derselben wird durch die kalttemperiert
feuchten Sommer, durch den vielen Regen und Nebel begünstigt.
der Höhe über dem Meere ist sie nicht abhängig. Aber dieses Kli
führt sauren Boden und Bildung von Rohhumus und Torf mit si
welche Bodenarten nach Norden und Westen an Häufigkeit eig:
und für das Grasland ungünstig sind. %
Das natürliche Grasland muß in zwei Gruppen geteilt werden:
der stabile Typus findet sich an Orten, welche durch lange Zeiträume
nur langsamen geologischen Änderungen ausgesetzt gewesen sind;
findet sich z. B. auf Kreideboden und auf exponierten kalkreichen Hüg
und Felsanhöhen, z. B. den Dolerithügeln im mittleren Schottland.
andere Gruppe wird gebildet aus den veränderlichen („migratory“)
an Arten, deren Oberflächen Änderungen verschiedener Art ausgeset
sind. Darunter werden fünf Typen von Grasland unterschieden: 1.
eine Grasnarbe bildenden Typen („turfforming Types“), sowohl mit kon
stanten als mit veränderlichen Untertypen. 2. Die Wiesen-Typen
höheren Gräsern und Kräutern. 3. Die Rasen-Typen („Tussock Types
mit groben, harten oder zähen Gräsern und dichter Rasenform, besond
auf veränderlichen Lokalitäten, z. B. Nardus strieta. 4. „The stoo
. meadow Types“, hauptsächlich aus Aera caespitosa und Molinia coerule
auch bültenbildenden Carices (z. B. Carex panieulata) gebildet. 5. „L
grasslands and the Camp-follower Types“, eine heterogene Gruppe,
Halbkulturformation durch Tiere hervorgerufen, welcher sich ander
durch die Kultur mehr unmittelbar hervorgerufene Varianten von 6
land anschließen. es
Wiesen wie unsere nordischen findet man noch in den Ebene
Südeuropas; in den Tropen scheinen sie zu fehlen oder jedenfalls si
selten zu sein (Deutsch-Ostafrika, Matto grosso in Brasilien); häufi
sind sie wohl nur auf den Gebirgen.
1) Hanna Resvoll-Holmsen 1914.
?) Will. @. Smith u. Crampton 1914.
70. Kap. Hochstaudenfluren 541
| In Gebirgsgegenden treten echte Wiesen an vielen Stellen auf,
z. B. in einer Menge von Assoziationen in Norwegen, in der Schweiz,
in Serbien usw. Adamovic!) hat eine Reihe von Typen erwähnt: Wald-
_ wiesen, Bergwiesen, Talwiesen usw. Günther Becks „Talwiesen* sind
_ solehe; sie werden meist zweimal gemäht und enthalten 12 Grasarten.
_ und viele andere Kräuter. Es gibt allein in der Schweiz eine Menge
verschiedener Wiesenbestände?). Schröter teilt sie in trockene, nasse
und frische Wiesen.
Gewisse Pflanzengesellschaften von den östlichen Prärien Nord-
amerikas scheinen sich Wiesen zu nähern. Zum Beispiel schreiben Roscoe
ns Pound und Clements?) über die Prärien Nebraskas: sie müssen im all-
B gemeinen als mesophytisch betrachtet werden; man kann zwei Formen
unterscheiden, die hohen und die niedrigen Prärien; die letzteren haben
ei mehr mit Wiesen und Weiden gemein; die erstere besitzt in mancher
“ Hinsicht keine geringe Ähnlichkeit mit den Sandhügeln. Die haupt-
_ sächlichsten Gräser der ersteren sind Rasenbildner, die der letzteren
_ Bültenbildner*).
70. Kap. Hochstaudenfluren
Die Hochstaudenfluren können von den Wiesen unterschieden werden
sowohl durch das Zurücktreten der Gräser, als auch durch die größere
ahl von hohen Stauden, dann auch durch ihren weniger dichten Wuchs,
so daß man den dunkeln, humusreichen und feuchten Boden zwischen
a den Pflanzen oft leicht sehen kann.
; 2. Sie kommen sowohl in den Polargegenden als auch in südlicheren
_ Gegenden der kalt temperierten nördlichen Halbkugel und in ‚hohen
Gebirgen der wärmeren Länder vor.
Ganz ähnliche Hochstaudenfluren erwähnt Thekla Kl 5) aus
- Norwegen und Pohl von den Ufern des weißen Meeres (Kolgujew).
Als ein erstes Beispiel können die „Oasen der Tundren“ ge-
nannt werden, die blütenreiche Hochstaudenfluren darstellen. Sie werden
_ von Middendorff geschildert und für Sibirien angegeben, z. B. für die
Abhänge am Taimyr-Flusse, wo sie gegen die rauhen Winde geschützt
sind und wo der Boden ein schwarzer Humus ist. Caltha palustris,
G@eum glaciale, Arten von Potentilla, Ranunculus, Polemonium, Eri-
_ trichium, Oxytropis, Pedicularis, Saxifraga, Papaver (P. nudicaule),
2) Adamovic 1909.
2) Stebler u. Schröter 1892; Schröter 1904; Rübel 1911—1913; Brockmann-
Jerosch; Furrer 1914.
3) Roscoe Pound u. Clements 1900.
4) Über die Wiesen Nebraskas vergl. Pool 1913.
5) Th. Resvoll 1913; Pohle 1907, Taf. 30.
542 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Delphinium und viele andere hohe Stauden dieser Oasen be
trostlose Umgebung mit ihren zahlreichen Blüten und lebhafte
Eine ähnliche Vegetation Novaia Semljas schildern v. Baer und
Nathorsts „Sluttningar“ (d.h. Abhänge) auf Spitzbergen und
„Blomstermark“ (d. h. Blumenflur) in Sibirien sind jedenfalls
nahe verwandte Vegetationen. Ebenso sind die 8. 531
Blumenmatten Pohles diesen Vegetationen nahe VerWaREE
ihnen zu trennen.
Von Grönland werden sie von verschiedenen dänischer
erwähnt). Sie finden sich in Tälern, feuchten Pe |
wo Wasser niederrieselt. |
Eine ähnliche Vegetation, die weder zu den Matten
typischen Wiesen gerechnet werden kann, findet sich an
licheren Stellen. Hayek?), Domin?) und C. Schröter (a. a.
solche. Der letztere beschreibt die reichbeblätterten Ste N
breite, horizontal abstehende Blätter in ihrem Schatten Be
nichts aufkommen lassen.
Sehr bekannt sind dann auch die oft schwer durchail
Bestände südosteuropäischer und asiatischer Gebirge,
Kaukasus, des Himalaja u.a. In Deutschland finden
an den Hängen des Altvatergebirges. Die Eigenart der
bedingungen beruht bei diesen Hochstaudenfluren darin, da
der kalten Monate Verhältnisse dort herrschen, wie sie
der Matten und Alpenwiesen führen, daß aber die reichlic
im Sommer einer üppig wachsenden Mesophytenvegetati
so daß der dichte Krautbestand mehrere Meter hoch we
„Hochstaudenwiese“. Brockmann-Jerosch erwähnt von
eine „sehr charakteristische Formation“ von Hochstauden.
guter, milder und humoser Boden mit genügender Feue
bindet, entsteht an sonnigen Lagen oft eine unvergl.
Vegetation, die sich vornehmlich aus hochstengeligen Kräutern
setzt und Hochstaudenwiese oder Karflur benannt v
erwähnt Roth vom Murgtal, wo sie gebildet wird von /
tum, Adenostyles, Mulgedium usw. \
Viele andere ähnliche Vereine sind erwähnt, z. B. ai Au
Nordural von Pohle®).
Östasiens Wiesen zeichnen sich durch die größere
Gräser aus; auch die dikotylen Kräuter werden viel höher, ste
") Warming 1887; Kruuse 1912.
2, Hayek 1907.
®) Domin 1904, 1905 a.
*) Pohle 1907.
70. Kap. Hochstaudenfluren 543
mehrere Fuß hoch. Das Gepräge der Wiesen geht hierdurch verloren:
es entstehen Hochstaudenvereine, von denen Asien in mehreren
Gegenden Beispiele aufweist und die Kittlitz abgebildet hat, gemischte
Bestände stattlicher, hoher Stauden, namentlich riesiger Heracleum-
‚Arten, welche sich über einen üppigen Wiesenboden erheben, und ferner
die „Parklandschaften“ Ostasiens, deren Grasfluren Bäume und
Sträucher in sich aufgenommen haben und dadurch an die Savannen
erinnern!). Über diese verschiedenen Vereine liegen noch so wenige
Fig. 262. Kräuterhalde, von Wasser überrieselt, auf der Ostküste von Grönland,
600 m üb. M. Die Vegetation ist vorzugsweise gebildet von Alchimilla glomerulans,
A. filicaulis f. vestita und Taraxacum eroceum, dazu eine Menge andere dikotyle Stauden,
einige Gräser, Farne und Moose, welche eine Schicht von 30—35 cm Höhe bilden;
dazu Salix und Archangelica offieinalis, welche letztere bedeutende Größe (1 m) erreicht.
(Phot. Chr. Kruuse; vergl. 1912: 127.)
und unvollständige Mitteilungen vor, daß es unmöglich ist, ihnen ihren
rechten Platz anzuweisen.
Im allgemeinen scheint das häufige Vorkommen der Hochstauden-
fluren eine charakteristische Erscheinung des Eurasischen Südostens zu
sein. Für den Wanderer ist es ein eigenartiges Gefühl, innerhalb der
meist über mannshohen Stauden zu wandern, die scheinbar unendlich
sich ausdehnend, ihm jede Möglichkeit der Orientierung nehmen. Der
Grund ihrer Ausbildung liegt augenscheinlich in den großen Kontrasten
!) Grisebach 1872.
544 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
des Sommer- und Winterklimas in den betreffenden Gebirgen. Die
Winter sind ausgezeichnet durch die starken und trockenen, absolut
waldfeindlichen, kalten Winde (vergl. Schimper); in den Sommermonaten,
die infolge der südlichen Lage bezw. der günstigen Einstrahlung deı
Sonne gegenüber den nördlicheren Gebirgen eine verhältnismäßig lan
Vegetationszeit haben, herrschen an denselben Orten bei günstigen Bode
verhältnissen die denkbar besten Lebensbedingungen für Pflanzen der ge-
mäßigten Zone. In der Folge entwickelt sich eine so üppige Sommerflora,
wie sie ähnlich in ihrer Massenvegetation wohl nur bei den zeitweise
feuchten, zeitweise sehr trockenen Steppengebieten mancher Tropenländer
(vergl. Kap. 106) vorkommt. 7
71. Kap. Weiden auf Kulturland (Kultur- und Halbkultur-
assoziationen)
Von der Wiese zur Weide ist kein großer Sprung. Der Unterschied
beruht besonders auf der Feuchtigkeit des Bodens. Die Weiden sind
gewöhnlich höher gelegen und trockener; sie werden keiner größer
Feuchtigkeit ausgesetzt, als der, welche die allgemeinen Niederschläge
ihnen bringen. Die Vegetation der Weiden ist niedriger und offener als
die der Wiesen; sie können oft nicht gemäht, sondern nur abgeweidet
werden. Viele Grasfelder i in den dicht bevölkerten temperierten Gegenden
der nördlichen Halbkugel zeigen eine trostlose Einförmigkeit und Öde,
weil sie immer und immer von Schafen und anderen Haustieren abgena
werden; der Boden wird ganz wie bei den Matten, die oben besprochen
wurden, nur von einem sehr kurzen aber dichten Grasrasen mit ein-
gestreuten Kräutern, besonders dikotylen Stauden, bedeckt. Nur solche
Pflanzen, welche die Tiere meiden, erreichen einen höheren Wuchs, 2. B.
Disteln, Aera caespitosa, Sträucher von Juniperus communis usw. =
Ä Die Färöer sind zum größten Teile von einer solchen Grasnarbe
* bedeckt, welche die Schafe geformt haben).
Die isländischen, durch die Kultur verhältnismäßig weniger beein- |
flußten Weiden haben Feilberg und Stefänsson?) behandelt. Ihre wich-
tigsten Gräser sind Festuca rubra, Poa alpina, P. pratensis und Aera
caespitosa, auf gedüngten Stellen und an Quellen treten viele andere
auf. (Vergl. auch Thoroddsen, 8. 400). N
Die Weiden sind in den nordeuropäischen Ebenen und in anderen
Gegenden, die ursprünglich bewaldet waren, fast ohne Ausnahme Kunst-
produkte, die, falls die Menschen untergingen, verschwänden, und dan
vom Walde ersetzt würden, wie auch ihr Boden ursprünglich vom Wal
1) Ostenfeld 1908 b.
2) Stefänsson 1894.
71. Kap. Weiden auf Kulturland (Kultur- und Halbkulturassoziationen) 545
_ erobert worden war. Ausnahmen hiervon bilden nur kleinere Weide-
_ liehtungen innerhalb alter Wälder, die durch das Wild regelmäßig ab-
_ geweidet werden und von ihm auch eine Düngung erhalten. Stellenweise
ist Spiranthes spiralis in Norddeutschland für solche Orte charakte-
_ ristisch. Die Weiden bestehen sicher meist hauptsächlich aus Gräsern;
es sind über große Teile Europas dieselben Arten: Festuca rubra, Lolium
E: perenne, Nardus strieta, Anthoxanthum, Poa pratensis, Agrostis vulgaris,
Bromus-Arten, Triticum repens, Holeus mollis u.a. (selbst auf den
„pascoli* Italiens findet man viele dieser Arten); aber auch dikotyle
Kräuter, namentlich dikotyle wie Chrysanthemum leucanthemum, Achillea
müällefolium, Campanula rotundifolia, Arten von Plantago, Taraxacum,
E: Leontodon, Bellis, Ranunculus, Cerastium, Trifolium, Daucus, Pimpi-
nella, Carum usw. spielen eine wesentliche Rolle. Viele Moose (Hypnum)
können beigemischt sein.
3 Assoziationen. Die floristische Zusammensetzung hat hier ein
q F geringeres Interesse, weil die Weiden durch die Kultur, nach dem Ge-
02 erden. Jedoch sei bemerkt, daß man bei in Weiden mehr Erfahrungen
darüber hat, eine wie eingreifende Bedeutung das Wasser hat und wie
empfindlich die Pflanzen sind. Schon 8.83 wurde nach Feilberg er-
_ wähnt, wie sich die Vegetation auf den Ebenen bei Skagen in Jütland
mit dem Grundwasserstande verändert; nach demselben ausgezeichneten
Beobachter besteht ein Unterschied zwischen dem Gräserwuchs in Jüt-
land und auf Seeland, der dem Umstande zuzuschreiben ist, daß in
"Jütland im Frühjahr etwas mehr Niederschläge fallen, als auf Seeland.
- Ferner zeigen die auf S. 539 angeführten Beobachtungen Webers, wie
a die Vegetation von dem Abstande vom Grundwasser abhängt!).
= Auch die mineralische Zusammensetzung des Bodens spielt eine
Rolle; so unterscheidet R. Smith?) z. B. in Schottland Weiden auf Basalt-
zen, solche auf Silurischen Hügeln und solche des „Pentland“. Auch
E. andere edaphische und geographische Faktoren spielen eine Rolle. Eine
große Menge von Assoziationen kommt in Übereinstimmung mit kli-
Fi matischen, edaphischen, biotischen und historischen Faktoren vor?).
} So wie die Matten und Wiesen sich nicht durch scharfe Charaktere
” voneinander und von den Weiden trennen lassen, gibt es auch keinen
scharfen Unterschied zwischen den letzteren und den trockeneren,
Migeigen, mehr oder weniger offenen Triften im mittleren Europa,
welche mit Namen wie Grastriften, Hügeltriften) usw. belegt worden
?) Vergl. auch Wittmack; Graebner 1898 a, b; 1909.
2) R. Smith 1900 a.
®) Florenlisten z. B. bei Tansley 1911.
*) Drude 1905.
y3 Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 35
546 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
sind, und welche mehr oder weniger stark xerophil ausgeprägte
sind, welche in die Grassteppen übergehen.
Hierher scheint eine Anzahl von Assoziationen zu gehör
Warming früher!) unter dem Kapitel „Chersophyten“ angebr
Einige von ihnen werden wohl hier unter die mesophilen
gestellt werden können, andere schließen sich den Steppe
Eine detaillierte ökologische Bearbeitung derselben ist (
In den Assoziationen der trockenen Wiesen in Deutse
sich nicht selten auch Arten, die für die steppenartigen Ve
ristisch sind und die ebenso wie die oben beschriebenen F
Übergangsglieder zwischen diesen Vereinsgruppen darstellei
deutschland ist es besonders die Formation der sonnigen
Hügel, die die steppenartigen Pflanzenvereine vertritt und :
die trockenen Wiesen überleiten. Unter anderen findet
Helianthemum chamaeeistus, Phleum Boehmeri, Avena
auch Ausläufer der sonst wenig dicht bewachsenen, sonn
sowie flache oder gemuldete Kuppen, in denen die (
sammenrücken, nehmen öfter die Physiognomie einer W:
72. Kap. Formation der mesophilen Gebüsche
kalttemperierter Klimate
In mikrothermen Ländern oder in gewissen Höhens
kommen an vielen Stellen Gebüsche vor, welche zu den
hygrophilen gerechnet werden müssen. Ein Teil dersel
in den Polarländern und in alpinen und subalpinen Höh
Teil in den Tiefländern; letztere sind zum größten Teile ode
Kulturprodukte. Sie schließen sich den in dem vorigen
sprochenen Krautvereinen nahe an, und solche beson«
stauden gebildeten finden sich oft unter ihnen.
Arktische und subarktische Gebüsche sind gewö n.
man findet sie im Grunde der Täler an geschützten,
besonders wo fließendes oder von den Felsen herab
Wasser eine gleichmäßige Feuchtigkeit schafft, wo sich dur
neutraler Humus angesammelt hat, den Regenwürmer
Grönland?) sind sie besonders von Salix glauca (Fig. 263-
die jedenfalls zum 72.—73. Breitegrade hinaufgeht. In Süc
sie ausgedehnte, oft fast undurchdringliche Gebüsche vor
Metern Höhe, mit Stämmen von 5—6 und mehr cm Dicke,
1) Warming 1909.
?) Der Name stammt von Clements 1905; von &poos, trocken, öi
°») Warming 1887; Rosenvinge 1898; Porsild 1902, 1912; C.K
72. Kap. Formation der mesophilen Gebüsche kalter und kalttemperierter Klimate 547
Gebüsch von Salix glauca, Ostgrönland (ca. 66° n. Br.). (Phot. Chr. Kruuse.)
Fig. 263.
Erklärung zu Fig. 263. Die Sträucher erreichen über 1 m Höhe und die Stämme,
welche dem Boden aufliegen, werden über 3m lang und 3 cm im Durchmesser. Selten
fand Kruuse mehr als 40—60 Jahresringe. Jedes Individuum hat 3—6 Stämme. Der
Boden hat eine Laubdecke von 2—5 cm, darunter 5—10 em poröse Mullerde und dar-
unter ca. 10 cm feste Mullerde. Die Bodenvegetation ist aus Arten von Potentilla,
Saxifraga, Stellaria, Cerastium, Arabis, Pirola, Taraxacum, Gräsern u.a. gebildet, und
viele von diesen hatten merkwürdige Höhe. Näheres bei Kruuse 1912: 134.
35*
548 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
nördlich erreichen sie kaum 1 m Höhe und haben mehr oder weniger
niederliegende Zweige. Unter den Weiden gedeihen große und breit-
blättrige, frisch grüne, mehrjährige Kräuter wie Archangelica 0
cinalis, Oxyria, Taraxacum offieinale, Alchimilla vulgaris, Potentilla-
Arten, Epilobium angustifolium, Arabis alpina, ferner Poa alpina |
andere breitblättrige, grasartige Pflanzen, Farne und große, lock
Moose (Hylocomium, Hypnum, Dieranum usw.).
Noch bei 72° 30° n. Br. fand Porsild bei Orpik eine Bodenver a
von Gräsern (Poa pratensis, Trisetum, Hierochloe) und Stauden
Stellaria longipes, Pirola grandiflora (Fig. 265), Arten von Saxifraga, Cam
panula u.a., oder an schattigeren Stellen aus gewöhnlichen Waldmoose
Ebenso ist Island reich an Saliceten‘), z. B. von Salix lanata
(Fig. 266), S. phyleifolia, S. glauca von 1—2 m Höhe.
Oberhalb der Waldgrenze auf Europas Bergen kommen vielf
Gebüsche vor, z. B. in Norwegen. Hier treten oberhalb (und auch
der Birkenstufe (der „Birkenregion“) Saliceta mixta auf, besonders
längs den Bachufern und an den Flüssen und auf feuchtem, abschüssi
Terrain. Sie weichen von den grönländischen dadurch ab, daß
verschiedene Arten (Salix Lapponum, 8. lanata, 8. arbuscula, 8. gla
S. phylicifolia, S. nigricans u. a.) die Gebüsche bilden und daß eine n
reichere Kräuterflora auf ihrem Boden gedeiht. Einige derselben w
2—3 m hoch, andere bleiben niedriger. Salix myrsinites kann 2
hohe Gebüsche bildend gefunden werden. Die Bodenvegetation |
meisten Ähnlichkeit mit der der Birkenwälder 2). Bonnier und Fla
nennen sie „Weiden-Prärien“ und heben diese ausgedehnten We
gebüsche als einen Unterschied gegen die Alpen hervor, wo die me
jener Weidenarten zwar auch vorkommen, aber weniger vorherrs
Dieselben Gebüsche findet man in Lappland und Sibirien.
Diese Weidengebüsche haben verschiedene xerophytische Anpassı
gen, sind aber doch laubwechselnd. Sie sind überhaupt in dem gemäß
Europa allgemeine Begleiter von Flußufern außerhalb der Sumpfgebiet«
Andere Gebüsche werden oberhalb der Waldgrenze von Birken oder vo:
Birken und Weiden gebildet, die von Erle, anderen Sträuchern ı 1 }
von hohen Stauden begleitet sind, z. B. von Arten von Aconitum,
Ranuneulus, Digitalis, Geranium silvaticum, Vieia, Lathyrus, Epiüobi: |
Thalietrum, Polemonium, Equisetum, im Inneren Lapplands von Veratrı
Senecio nemorensis u.a. Diese Birkengebüsche gehen natürlich
weise hier und da in Birkenwälder über. D
Von alpinen Mesophytengebüschen in der Schweiz und Balkan
mögen die Grünerlengebüsche genannt werden. Alnus veridis bil
?) Thoroddsen 1914.
?2) Statistische Aufzeichnungen hat Vahl gegeben, 1913.
al ap ES EI Ele Kl re at
l
72. Kap. Formation der mesophilen Gebüsche kalter und kalttemperierter Klimate 549
in den Alpen in 1200—2000 m Höhe auf überrieselten Stellen dichte
Gebüsche mit einer Grundvegetation von Hochstauden.
= In den Alpen kommen oberhalb der Waldgrenze andere Gebüsche
von niederen Sträuchern vor, z. B. Pineta montanae und Rhododendreta;
da der Boden aber in diesen wohl meist mit Rohhumus bedeckt zu sein
scheint, müssen sie unter den Assoziationen des saueren Bodens be-
sprochen werden. Sie sind offenbar auch weit mehr xeromorph, als die
jetzt erwähnten Gebüsche bildenden Sträucher, da sie immergrün sind.
Die Tiefländer gemäßigter Gegenden sind an den Weidengebüschen
ähnlichen Gebüschen reich. Immergrüne Zlex-Gebüsche treten an den
Fig. 264. Gebüsch von Salix glauca, auf 72° 30’ n. Br. in Westgrönland
(wahrscheinlich das nördlichste in Westgrönland). (Phot. M. Porsild.)
südwestlichen Küsten von Norwegen wie auch im nordwestdeutschen
Flachlande wie überhaupt im westlichen Europa auf, und diese sind,
offenbar ganz natürlich, von der großen Luftfeuchtigkeit und Regenmenge
des ozeanischen Klimas bedingt.
Gebüsche der Mesophyten verdanken gewiß verschiedenen Ursachen
ihr Dasein. Die vorhin aus den Polarländern und den Hochgebirgen
erwähnten sind natürliche Gebüsche; sie treten an Stellen auf, wo die
Wachstumsbedingungen (Wärmeverhältnisse, Winde usw.) für die Wälder
ungünstig, aber für die Gras- und Krautmatten zu gut sind. Andere
- Gebüsche sind Kulturprodukte (Halbkulturformationen), indem sie
550 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Reste der durch Menschenhand gefällten Wälder darstellen und nun
fortdauernd durch ungünstige Verhältnisse niedergehalten werden, die
direkt oder indirekt durch den Eingriff des Menschen hervorgerufen
worden sind; Beispiele hierfür sind Eichengebüsche in Jütland?), auf der
Balkanhalbinsel, zusammengesetzt an einer Stelle aus Cofinus, an anderen
aus Quercus, Orataegus oder Paliurus?), und die von Focke®) erwähnten
Weißbuchengestrüppe auf der Geest der deutschen Nordseeküste. |
Fig. 265. Pirola grandiflora als Bodenvegetation in dem Gebüsch
von Salix glauca. (Phot. M. Porsild.)
obgleich er mehr xerophil ist, mit Anklängen an die Steppe.
*) Vaupell 1863; Warming 1907.
2) Adamovic 1898; Vahl 1907.
®) Abh. naturw. Ver. Bremen, Bd. XIII, S. 261.
*) Brockmann-Jerosch 1907.
5) Adamovic 1902.
72. Kap. Formation der mesophilen Gebüsche kalter und kalttemperierter Klimate 551
ein aus sommergrünen Sträuchern zusammengesetztes, wärmeliebendes
Buschwerk, welches, der vollen Sonne ausgesetzt, einen Grenzverein
_ zwischen Wald und Steppe darstellt. Die Sibljak-Sträucher sind Arten
von Oytisus, Prunus chamaecerasus, Paliurus, Juniperus und anderen,
die nie in Wäldern wachsen. Zwischen diesen wachsen als untergeordnete
Bestandteile eine Anzahl von Steppenpflanzen. Die Sibljak-Formation
ist streng vom Walde geschieden und zeigt auch keine Übergänge zu
der an die Luftfeuchtigkeit der Meeresufer gebundenen Macchia; diese
letztere ist immergrün, der Sibljak vorwiegend laubwechselnd. Sibljak
Fig. 266. Gebüsche von Salix lanata in Island. Im Hintergrunde Betula odorata
auf schwarzem Flußsande (vulkanischer Asche) wachsend. Aus Thoroddsen 1914.
(Phot. A. Hesselbo.)
4
ist wohl auch als natürliche Formation zu betrachten, obgleich er sicher
jetzt viele früher bewaldete Flächen bewohnt, die durch Waldverwüstung
kahl geworden sind und die jetzt oft allen mühseligen Versuchen der
Wiederbewaldung widerstanden haben. Typisch ausgebildet ist die For-
_ mation in den niederen Gebirgslagen der Balkanhalbinsel.
Ähnliches Buschland kommt in Rumänien im Süden der Dobrudscha!)
vor und ganz nahe schließen sich ihm auch oft ausgedehnte Gebüsch-
assoziationen in den übrigen Teilen des Mittelmeergebietes an, so die
Ostrya-carpinifolia-Gebüsche im südlichen Istrien, die selbst nach der
!) Grecescu 1898; Vahl 1907.
552 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
größten Sommerhitze noch lebhaft grün sind, die Bestände von F%
Carica an den trockenen Hängen selbst noch an den südlichen A
läufern der Alpen. Letztere werden oft als Brennholz abgeschlag
und dadurch werden dann auch andere Arten, wie Castanea usw.
der Baumbildung gehindert und in Buschform erhalten. — Auc
warmen Lagen anderer Länder finden sich ähnliche Gebüschformation
so in Ungarn!) und selbst noch so weit westlich wie in Böhmen?) u
bei Wien?), ja auch die charakteristischen Buschbestände Süd- u
Mitteldeutschlands sind hierher zu rechnen, so z. B. die Sauerkirs
(Prunus acida)-Bestände des Saaletales.
Im Kaukasus ist nach Radde*) Buschland aus Pakurus a
in beträchtlicher Ausdehnung vorhanden; in diesem wachsen Pfl
der Steppe und des Waldes bunt durcheinander. Buschland aus ‚Arte
von @lyeyrrhiza, wie es in Transkaukasien vorkommt, muß gleichfa l
zu diesen Typen gerechnet werden, ebenso wie das von laubwechsel
Sträuchern in Aragonien°) usw.
Mesomorphe und xeromorphe Gebüsche gehen natürlichem
einander über. Als eine solche Mittelform kann man auch die
Günther Beck®) behandelten, auch vielfach in anderen Teilen Buı
vorkommenden Gebüsche von Prunus spinosa, Crataegus, Rosa,
Berberis, Brombeere, Himbeere u. a. betrachten, die sich im Frühj;
meist mit einem schneeweißen Blütenschmucke bekleiden und im Herb
glänzende Beeren oder Steinfrüchte tragen. Unzählige Stauden bede 3
den Grund der Gebüsche; was im Hochwalde Licht braucht, s
sich in solchen lichtreichen Gebüschen. Auf vielen Stellen me
gebüschbildenden Arten als Unterholz unter Lichtbäumen wie Fra
Populus tremula und Prunus padus auf.
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder
Unter sommergrünen Wäldern versteht man solche Laubwälder
laubwechselnd sind, deren Bäume eine kürzere oder längere Zeit
Jahres, im Winter, blattlos stehen und also nur einige (meist 5—8)
nate belaubt sind”). Dieses Verhältnis steht in enger Verbindung
2) Pax 1896.
®2, Domin 1905 a.
8) Beck 1890—9.
*) Radde 1899.
5) Willkomm 1896.
®) Beck 1890—93.
’) Die Esche kann sich in Dänemark damit begnügen, 4 Monate lang belau
sein. Die Buche soll auf Madeira 8 Monate (etwa 250 Tage) Laub tragen, die
aber 9—10. Monate. Gewisse Wälder innerhalb der Wendekreise sind offenbar
länger belaubt. ;
Formation der sommergrünen Laubwälder 553
dem Klima und kommt am häufigsten in den gemäßigten und den kalten
Gegenden mit einem ausgeprägten Winter vor, überdies auch innerhalb
der Tropen auf trocknem Boden. Die Blätter in den mesophilen laub-
wechselnden Wäldern sind dünn und biegsam, durchscheinend, haben
eine schwache Epidermis, sind dorsiventral gebaut und verhalten sich
gegen äußere Einflüsse oft plastisch (z. B. bei Fagus). Sie stellen sich
senkrecht zu der Richtung der stärksten diffusen Beleuchtung. Ihre
Formen sind recht mannigfaltig.. Es kommen ungeteilte, geteilte und
zusammengesetzte Blätter vor; aber sie sind doch nicht so stark und
in so viele Blättchen geteilt, wie es bei Arten des tropischen Regen-
waldes oft vorkommt.
Es gibt also eine Zeit der Belaubung und eine des Laubfalles.
In jener Zeit sieht man nur die jungen, gewöhnlich frischgrünen Sprosse;
‚jedoch können bisweilen (z. B. bei Quereus und Acer-Arten) auch röt-
liche Farben vorkommen, die durch Anthocyan verursacht werden. Das
Laub wird im Laufe des Sommers allmählich dunkler grün; vor dem
Laubfalle treten gelbliche und rötliche Farben auf, indem teils das
Chlorophyll entfärbt wird (bei den gelblichen Blättern), teils Anthocyan
auftritt (bei den rötlichen Blättern, die bei nordamerikanischen Bäumen
besonders prächtig gefärbt sind).
Der Laubfall steht gewöhnlich in Verbindung mit dem Eintritte
ler kalten Zeit des Jahres; dieselbe Art kann ihre Vegetationszeit
ız nach den klimatischen Verhältnissen verlängern oder verkürzen.
Einige Arten können ihre Vegetationszeit in hohem Grade verkürzen.
_ Im Tieflande Madeiras wird das neue Laub schon im Dezember oder
Januar sichtbar. Die Gelbfärbung der Blätter fängt im September oder
Oktober an. Andere Arten besitzen diese: Fähigkeit in weit geringerem
Grade. Die Buche, Vitis vinifera und V. labrusca, Aeseulus, Plalanus
orientalis belauben sich alle im März. Die Blätter der Buchen entfärben
sich im November, die anderen Arten schon im September oder Oktober
_ (Menezes; Heer, Botan. Zeitung 1853). In Dijon belaubt sich die Eiche
früher als die Buche, in Nordeuropa umgekehrt (Vaupell 1858). Wahr-
- scheinlich muß der tiefere Grund zu diesen Verschiedenheiten in der
_ mit der Kälte (dem kalten Boden) einhergehenden Austrocknung gesucht
werden; die Ursachen des Laubfalles sind, soweit sie in klimatischen
Schwankungen zu suchen sind, gewiß dieselben, sowohl wo Kälte als
auch wo Hitze und Trockenheit sie hervorrufen. Volkens!) hat neuer-
dings darauf hingewiesen, daß namentlich in den Tropen auch andere
Dinge, wie z. B. Stoffwechselverhältnisse, den Laubfall veranlassen
können; davon soll ausführlicher im 79. Kapitel die Rede sein. — Auch
bei uns kann man beobachten, daß eine Anzahl von Bäumen (sehr deutlich
2) Volkens 1912.
554 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
z. B. die Roßkastanie, Aesculus hippocastanum) eine so weitgehende °
Anpassung an die Notwendigkeit des Laubwechsels zeigen, daß sie
Herbst ihr Laub verfärben und abwerfen, auch wenn in anomalen Jal
noch keine irgendwie stärkere Herabdrückung der Temperatur erfolgt
Während der Ruhezeit sind die jüngsten Sproßteile gegen zu s
Transpiration durch Knospenschuppen (Fig. 117), die älteren dı
Kork geschützt. Ein hervortretender Unterschied zwischen den Knos
der Tropenbäume und der mesomorphen Bäume der temperierten K]
ist die Größe; bei jenen sind sie gewöhnlich sehr klein, bisweil
unscheinbar und haben keine großen mit starkem Kork beklei
Knospenschuppen; bei letzteren sind sie weit größer, bisweilen
sehr groß und mit großen, stark xeromorph ausgestatteten
schuppen versehen, wenn auch die Schuppen wie bei Pierocarya,
num lantana u.a. deutlich aus zurückgebildeten Laubblättern
Die Unterschiede müssen mit dem verschiedenen Klima in Z
hang stehen; die Größe der Knospen muß damit in Verbindun;
daß der junge Sproß weit entwickelt sein muß, weil die Veget:
so kurz ist; es müssen eine Menge von Blättern, sowie of
Blütenstände schon in dem Jahre vor der Vegetationszeit
werden; das erfordert Platz, und deshalb müssen die überwini
Kudson groß sein und dahai auch viele und große Knosper
ausgebildet werden; diese müssen dann auch besonders als
für die jungen Blatt- und Blütenteile teils im Winter, teils w.
Laubentfaltung im Frühjahr dienen, deshalb sind sie mehr oder
xeromorph gebaut. Neben dem Schutz gegen Austrocknen (\
Waldfeindlichkeit der trockenen Winterwinde 5. Kap.), liegt si
Hauptaufgabe auch in der Verlangsamung der Temperaturschw:
durch schlechte Wärmeleiter (vergl. 16. Kap.). Bei den trans Bär
kommt solches nicht in Frage (Warming)').
Vorratsnahrung ist notwendig und wird im Paroie hym
. Stämme, in den Knospen und den Wurzeln abgelagert.
Die mesomorphen laubwechselnden Bäume haben oft eine Te
Verzweigung, sie sind mit vielen kleinen Zweigen versehen;
Knospen, die unten auf dem Jahressprosse sitzenden aus
werden zu Zweigen entwickelt, worin die Beleuchtungsverhältnisse
Störungen hervorrufen können. Dadurch entsteht ein mehr zus
hängendes Laubdach, als man es bei tropischen Bäumen gewöhnlie
Die laubwechselnden Bäume haben keine so günstigen Veget
bedingungen wie die immergrünen, da ein großer Teil ihres Le
Untätigkeit vergeht; sie erreichen auch selten die riesigen ET
immergrünen Bäume des tropischen Regenwaldes.
1) Vergl. auch Warming 1892.
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 555
Die Familien, die in den mesophilen Wäldern des gemäßigten
Europas eine Rolle spielen, sind besonders die Familien der Kätzchen-
träger, ferner die Gattungen Fraxinus, Acer, Tilia und Ulmus, denen
sich in wärmeren Gegenden allmählich viele andere anschließen. In den
Fig. 267. Dichter Laubwald mit dichtem Unterholz und Bodenwuchs
in den Ungarischen Karpathen. (Phot. Hans Bath 7, .)
556 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
nordamerikanischen und den ostasiatischen Wäldern kommen
andere Gattungen vor.
In den nordeuropäischen Laubwäldern, die wir hier
sächlich zugrunde legen müssen, sind die Bäume meist Windbe
und blühen gewöhnlich sehr früh, vor oder während der Belaubung
Blüten überwintern in den Knospen oder nackt. Von den sü
Formen blühen mehrere bei uns erst im Sommer und sind T
bestäuber; Beispiele hierfür sind die Linden.
In den Laubwäldern gibt es mindestens ein, oft mehrer
tationsstockwerke unter dem Hochwalde, nämlich eine Stı
(diese kann in feuchtem Klima sogar doppelt sein), eine Ho
schicht, eine Kleinstaudenschicht und eine Bodenschicht, an l e
noch die hypogäische Vegetation anschließt!). Die „Schichten* £
lich nicht als scharf abgegrenzte Stockwerke aufzufassen (q g.
Sie entsprechen den in den vorigen Kapiteln erwähnten Format
Sträuchern und Kräutern. Die ökologische Ausstattung
die sich bestimmten Bäumen anschließen, ist nach dem
diese geben, sowie auch nach der Bodenfeuchtigkeit S
Die Kräuter des Waldbodens sind meist hoch und
(keine oder sehr wenige Rosettenpflanzen kommen vor,
schwachen Beleuchtung des Waldbodens in Verbindung gebr.
muß)?). Die Blätter der Pflanzen des Unterholzes und de
sind denen des Hochwaldes ähnlich, aber noch dünner un
meso- oder hygrophil gebaut; einige sind ausgeprägte Scha
die sich im Bau den Blättern der Hydrophyten nähern.
zunächst durch den Schatten und die feuchtere Luft v
wohl auch durch den feuchten Humusboden (S. 113 ff.).
demgemäß durchgehends groß, breit, flach, dünn, matt
bei Oxalis acetosella, Anemone nemorosa, Impatiens noli t
muralis, Arten von Corydallis, Circaea, Paris, Adoxa, M:
vollaria usw. Die Waldgräser haben breite, biegsame
förmige Blätter ohne Einrollungsvorrichtung, und trage
flora, M. nutans, Dactylis Aschersoniana, Festuca gigantı
erectus, Brachypodium silvatieum u. a.). — Die häufig voı
bläuliche Färbung der Blätter der Waldbodenarten hängt
der Regulierung der Lichtzusammensetzung (ee
(vergl. S. 21).
) Vergl. S. 329, 337; ferner Kupffer 1914 (Ref. im Botan. C nt
8. 516). nn
?) Warming 1901. Über Lichtgenuß im Walde siehe 2. Kap.
N
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 557
Viele Pflanzen in feuchten und schattigen Wäldern sind nach
Wiesner ombrophob („regenscheu“), d.h. ihre Blätter lassen sich nicht
benetzen; aber einige, wie Sanicula Europaea, sind ombrophil (S. 56).
2
r 6 TO
» >
;
Dichter Laubwald ‘mit diehtem Unterholz und Bodenwuchs in den Ungarischen Karpathen.
Fig. 268.
In den sommergrünen Wäldern der temperierten Klimate gibt es
eine merkwürdig große Zahl von Geophyten; dieses wird man nicht als
eine Anpassung an besonders ungünstige Verhältnisse auffassen können,
(Phot. Hans Bath 7,
.)
558 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
denn gerade in Wäldern werden alle extremen Verhältnisse, was Käl
und Hitze, Wind und Feuchtigkeit betrifft, wesentlich gemildert;
steht es damit in Verbindung, daß sie Jahr für Jahr von dem fallend
Laube bedeckt werden und durch Jahrtausende sich diesem Zustat
angepaßt haben (Warming).
Die Bodenschicht wird oft im wesentlichen aus Gräsern, Kle
stauden und Moosen gebildet; die von ihnen und von dem gefall
Laube gebildete Decke wirkt in hohem Grade wassersammelnd
Feuchtigkeit bewahrend. Ist sie besonders dicht geschlossen, S
sie auch die Verjüngung der Bäume hindern, indem die Bodenveg
die Keimlinge derselben erstickt. ie
‘Von Epiphyten gibt es wesentlich nur Moose und Flech
England usw. oft noch massenhaft Polypodium u. a. Farne, aber
Blütenpflanzen, und von Lianen kommen sehr wenige vor: Z
perielymenum, Hedera, Humulus, Ulematıs.
Der reiche humose Waldboden trägt viele Saprophyten
Herbste feuchter Jahre besonders Pilze. Unter den Blütenpflanzen
es wenige Holosaprophyten (Monotropa, Neottia, Epipogon, Oo
rhiza), aber wahrscheinlich sind auch viele Hemisaprophyten, z.B.
daceen und Pirola-Arten.. Mykorrhizen findet man bei vielen ER
und bei Saprophyten.
Die Bodenvegetation der Wälder ist oft nicht für di
Baumart dieselbe; sie kann sogar recht verschieden sein, w
edaphischen Verhältnissen und allen anderen Standortfaktoren i
bindung steht (Nährstoffreichtum und Feuchtigkeit, auch Beleuchtun;
Wie auf $. 339 erwähnt wurde, will Cajander sogar danach drei
der Wälder besonders nach seinen Untersuchungen in Deutschland
stellen; sie sind mit aufsteigender Bonität: der Calluna- Typus,
Urin Typus und der Oxalis-Typus. |
Nach diesen Verschiedenheiten kann man Subasoa
stellen. Besonders muß die Bildung von saurem Rohhumus in
Wäldern hervorgehoben werden; solche gehören dann streng gend
der Klasse der saueren Standorte an (IV. Serie). |
Vahl hat in Buchen-, Eichen-, Erlen- und Birkenwäldern
gemischten Laubwäldern in Südschweden folgende Typen von ]
vegetation gefunden. Auf Mullboden sind Kräuter mit unterir
Wanderung an Zahl herrschend. Nur in wenig schattigen Birke
Eichenwäldern, die von Menschen gelichtet sind und von Hausti
beweidet werden, sind Kräuter mit oberirdischer Wanderung un
Wanderungsvermögen herrschend. Auf Rohhumus sind Moose zahl
und die Bodenvegetation besteht aus unterirdisch wandernden Zw
sträuchern, wozu auch viele unterirdisch wandernde Kräuter sich $
sellen. Auch im Buchenwald kommt der harte Rohhumus vor,
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 559
welchem Pflanzen ohne Wanderungsvermögen, besonders Aera flexuosa,
errschen !).
3 Es gibt eine große Menge von Assoziationen von sommergrünen
Wäldern der temperierten Klimate, und zwar sowohl reine Assoziationen,
B. Buchenwälder, Birkenwälder, Eichenwälder u. a., als auch Misch-
der. In den seit Jahrhunderten kultivierten Ländern, z. B. hier in
ıropa, werden sehr wenige „Urwälder“ sein, die meisten sind auf ver-
edene Weise von den Menschen geändert. Ihr Vorkommen hängt
klimatischen, historischen und edaphischen Verhältnissen ab (nament-
von der Bodenfeuchtigkeit, der Nährstoffmenge u.a.). Der Kalk-
htum des Bodens spielt sicher eine große Rolle; kalkhaltiger Boden
bei weitem der reichste an Arten, mit Kieselboden (Sandboden) ver-
: E. und oft sind die Bestände verschiedener Bodenarten floristisch sehr
rschieden. Die englischen Botaniker legen besonders großes Gewicht
auf diese Bodenunterschiede, wie S. 334 erwähnt wurde?). Sie ordnen
6 Wälder Englands in drei Reihen nach den edaphischen Verhältnissen:
[. Wälder mit sehr feuchtem Boden, die Alnus-Salix-Reihe (hier im
54. Kap. besprochen). 2. Die Quereus-Betula-Reihe auf kalkarmem
oden und mit mehreren Assoziationen nach Feuchtigkeit des Bodens usw.
e Fagus-Fraxinus-Reihe auf kalkreichem, das heißt auch nährstoff-
nem Boden; ebenso mit mehreren Assoziationen.
Viele Wälder der nördlichen gemäßigten Länder sind vom Menschen
ern chtet worden und haben dem Kulturboden weichen müssen); viele
amineta (Wiesen, Grasheiden, z. B. Nardeta strietae®), Aereta flexuo-
‚ Festuceta ovinae) stehen auf altem Waldboden und würden dem
Walde wieder Platz machen, wenn sie von der Kultur verlassen würden.
Auf viele andere Weise greift der Mensch in die Zusammensetzung
Ökologie der Wälder ein, weil die Bäume von so großer ökonomischer
eutung für ihn sind; es kann dies hier aber nur angedeutet werden.
Von Bedeutung für die Physiognomie und Flora der Wälder sind
gens auch die Feuersbrünste, die in vielen Ländern vorkommen.
; die Laubwälder betrifft, werden sie wohl nur durch den Menschen
legt werden, wenn er z.B. in den Tropen einen Wald umhaut und
er trockneren Jahreszeit abbrennt, um den Boden für wenige Jahre
für Kulturzwecke nutzbar zu machen, wonach er den Boden sich wieder
Ibst überläßt. Der Wald wächst dann wieder auf ‚„ aber mehr oder
iger verändert und verschlechtert.
E.
!) Vahl 1911, 1912. Über die schwedischen Laubwälder siehe ferner Birger 1908;
ersson u. Hesselman 1907. |
?) Vergl. Moss 1907, 1913; Moss, Rankin und Tansley 1910; Tansley 1911.
®) Graebner 1909.
*) Siehe Tansley 1911.
560 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Was die Nadelwälder betrifft, so wird nicht nur der Mensch
durch Abbrennen für Kulturzwecke vernichten, um ebenso nach ei
Jahren den Boden sich selbst zu überlassen, z. B. in Finnland
Schweden, sondern vielfach werden sie auch durch Blitzschlä
gezündet und brennen so nieder.
Über die Nadelwälder von Nordamerika schreibt z B.-
Harper!), daß man ruhig versichern kann, daß es keinen wi
Pinus palustris gibt und nimmer gegeben hat, welcher nicht 7
von Feuersbrünsten aufwiese. Weiter meint er, daß wenn es mö
wäre die Feuersbrünste zu verhindern, dann würde diese Art |
sterben; denn wo das Gras nieht abgebrannt wird, werden die
Samen von der Grasdecke des Bodens am Auskeimen verhindert
und andere Bäume würden auch den Wuchs der Kiefer hindern.
Es ist auch leicht zu verstehen, daß, selbst wenn ein \
einer Feuersbrunst den selben Boden wieder mit der Zeit zurü
die sozialen und ökologischen Verhältnisse vielfach verändert sein we
Im folgenden werden einige besonders nordeuropäische W
als Beispiele von laubwechselnden Wäldern des kalttemperi
hervorgehoben; es muß aber bemerkt werden, daß es eine un
Menge von Varianten gibt, Mischwälder, Schluchtwälder, Berg
welche floristisch und teilweise auch ökologisch voneinander
Die unendliche Variation der klimatischen und edaphischen
dingt diese Unmenge von Varianten. ei;
Von den Assoziationen in Nordeuropa sollen hier folgende
spiele ausführlicher besprochen werden: Die Buchonwaliseg
wälder, die Birkenwälder’?).
Die Buchenwälder (Fageta silvaticae) sind in Dän
‚dem westlichen Deutschland usw. auf mildem, kalkhaltigem Huı
am schönsten entwickelt. Die Buche (Fagus 'silvatica) ist
geprägter Schattenbaum, dessen hoher, schlanker, glatter und he
Stamm eine Krone trägt, welche durch ihre zweizeilige Blatts
ihre vielen Kurztriebe, ihre Blattmosaik und die Fähigkeit der k
selbst in schwachem Lichte zu assimilieren, dicht und scha
wird. Nur ein sehr gedämpftes Licht erreicht den Waldbodeı
dieser kein Unterholz aufweist und in vielen Wäldern sogz
pflanzenarm ist, wozu auch die dichte Decke des herabgefallenen
beiträgt (Fig. 269).
!) Roland Harper 1913.
?) Von wichtigeren, hier nicht in Einzelheiten referierten Werken verg
1902; Graebner 1909; Tansley 1911; Thekla Resvoll 19183—1914; Hanıs.
Holmsen 1914; Cajander 1909a und b; Thore Fries 1913. &
ei ar Sa ————
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 561
Dadurch, daß die weit ausladenden Äste benachbarter Bäume sich
ineinander schieben, fällt auch zwischen den einzelnen Baumkronen
wenig Licht hindurch.
Die Art des Bodens ist übrigens sehr verschieden, und die Boden-
3 _vegetation hiermit in Übereinstimmung; die Hauptunterschiede liegen
darin, ob der Boden milder Humus oder saurer Rohhumus ist?).
_ Im ganzen bevorzugt die Buche einen guten tiefgründigen Mergelboden.
Es lassen sich dann zwei Subassoziationen unterscheiden, von denen
der Buchenwald auf Rohhumus eine rückschreitende Entwicklung zeigt
_ und oft sich nicht verjüngen kann. Die meisten unserer Buchenwälder
Fig. 269. Eine Assoziation von Mercurialis perennis deckt dicht den Boden in
einem Buchenwalde der Insel Möen (Dänemark). (Phot. K. Yendo.)
sind, wie überhaupt unsere „Forsten“, Kunstbestände, in denen die
Bäume etwa gleichaltrig nebeneinander stehen, statt daß wie im Ur-
walde alle Altersklassen gemischt sind. Dadurch sind die Ansprüche
der einzelnen Individuen an den Boden sehr gleichartig, eine bestimmte
_ Bodenschicht ist gleichmäßig von den Wurzeln durchzogen, so daß die
Wurzelkonkurrenz den höchsten Grad erreicht und deshalb das Unter-
holz auch oft so gut wie ganz fehlt, ebenso wie eine natürliche Ver-
Jüngung.
1. Subassoziation. Der humusreiche Buchenwaldboden ist
Fmelig und porös, von Regenwürmern und anderen kleinen Tieren
2 E. Müller 1878, 1884, 1894, 1899; auch Höck 1895; Graebner 1901, 1909.
86...
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr,
562 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
durchwühlt und durchlüftet. Das Volumen seiner Poren beträgt ie
Oberfläche 50—60°/o, seine Teile verschieben sich leicht. Im :
sommer wird er oft fast nur von dem braunen, welken Buchen
bedeckt, das samt den herabgefallenen Zweigen, Früchten usw.
dichte Decke bildet, welche gegen die zersetzte Unterlage scharf begı
ist. Nur hier und da, wo mehr Licht hinabdringt, findet man
Blütenpflanzen wie Asperula odorata, Oxalis acetosella, Anemon
rosa, A. ranunculoides, Hepatica, Viola silvatica, Mercurialis peı
Melica uniflora, Milium effusum, Daetylis Aschersoniana
nemorum, Corydallis-Arten, Hedera helix u.a. Moose sind fası
vertreten; solche, die bisweilen vorkommen, bilden auf dem Boden
sehr lien Überzug (z. B. Bryum argenteum). =
Die Vegetation des Buchenwaldbodens ist dadurch 3
daß sie vorwiegend eine Frühjahrsvegetation mit
Vegetationszeit ist; sie muß das Licht benutzen, bevor si
wald belaubt, oder während er noch ganz junges Laub tri
Assimilieren und Fruchtreifen finden eilig statt, und
sind von mehreren Arten nur wenige Spuren über dem Bo
geblieben. So verhalten sich solche unserer Pflanzen, die
waldboden am meisten kennzeichnen: Arten von Anemon
Gagea, teilweise auch Primula usw.
Andere Pflanzen bleiben längere Zeit grün: u
(Fig. 269), Oxalıs acetosella, Stellaria holostea, S. nemoru
offieinalis, Luzula pilosa, Carex digitata, ©. remota un
bei dem Abfallen der Samen äußerst wenig entwickelt ist;
er: sogar nur einzellig (bei Ficaria und Corydallis cava, = €
hiemalis angeschlossen werden kann). Auch dieses steh 2
auch damit in Verbindung, daß diese Frühjahrspflanzen eine
Vegetationszeit haben; die Samen erhalten von der Mutterpfla
gewebe mit, aber 3 sonst auf der Mutterpflanze vor sie
Entwicklung findet erst als eine Nachreife des en en
Samens statt.
Im Einklange mit der kurzen Vegetationszeit und den
Blühen steht ferner, daß fast alle Arten mehrjährige Kräu
(einjährig sind Impaenk noli tangere, Cardamine impatiens u.
Ferner begünstigt die lose Beschaffenheit des Bodens di
wicklung wagerecht unterirdisch wandernder Sprosse. Daher
man viele Arten mit solchen, z. B. Aspidium (Phegopteris) dr:
Anemone nemorosa, A. ranuneuloides, Asperula odorata, Me
7 Verel. Graebner 1909.
N CE
De
un
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 563
perennis, Dentaria bulbifera, Stellaria nemorum, St. holostea, Oxalis
acetosella, Adoxa, Stachys silvaticus, Convallaria majalis, Arten von
Polygonatum, Cephalanthera, Circaea, Paris, Epipactis, Listera ovata,
Melica uniflora, Daetilis Aschersoniana usw., von Saprophyten Neottia,
Coralliorrhiza, Epipogon, Limodorum und Monotropa (diese hat knospen-
bildende Wurzeln). Oberirdisch wandern @lechoma hederacea, Lysi-
Fig. 270. Bodenvegetation eines Laubwaldes auf Bornholm.
Assoziation von Allium ursinum. (Phot. Eug. Warming.)
Mmachia nemorum, Lamium galeobdolon und Lycopodium annotinum. In
ganz ähnlicher Weise wie die oberirdisch wandernden Kräuter vermehren
Sich eine größere Anzahl von Sträuchern, wie z. B. Ribes grossularia,
R. alpinum (Fig.271), R.nigrum, Cornus sanguinea und die amerikanische
0. alba. Ihre schlaffen Zweige senken sich mit der Spitze zu Boden, diese
wird im Laub usw. eingeschüttet, wurzelt und bildet einen neuen Strauch.
So können die genannten und andere Arten durch vegetative Vermehrung
36*
564 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
allmählich große Strecken überziehen. — Keimung im losen Laubschu
ist stets schwierig. Von den Arten mit starkem Wanderungsvermö,
werden oft reine Assoziationen gebildet, z. B. Mercurialieta.
An den Standpunkt gebunden sind z.B. Campanula tracheli
Epilobium monlanum, Sanicula Europaea, Hieracıum murorum,
monaria offieinalis, Primula-Arten, Actaea spicata, Brachypodium
vaticum, Festuca gigantea u. a. Gräser, Luzula pilosa, Aspidium
mas, A. spinulosum, Athyrium filix femina. Hierher gehören
knollen- und zwiebeltragende Arten: Knollen haben Cora Arte
Arum maculatum, Cyclamen (z.B. in den Buchenwäldern der A
Phyteuma spicatum, Orchis-Arten u. a. Ophrydeen; Zwiebel
Gagea, Allium ursinum (Fig. 270), Lilium martagon, Galanthus, $ı
bifolia u.a. Allium ursinum kann dichte Assoziationen bilden, we
durch die große Samenmenge hervorgebracht werden. ®
Von Moosen gibt es einige, besonders am Fuße der
Flechten kommen aber auf dem Boden nicht vor.
Dieser Typus von Buchenwald entspricht dem „Fagetum silv
calcareum“ von Tansley.
2. Subassoziation.e Der Buchenwald auf Bohhume
eine ganz andere Bodendecke („Siebenstern-Vegetation“ P. E. Müllers)
findet sich glücklicherweise fast nur in geringer Ausdehnun;
nommen, wo er der Verheidung entgegengeht (s. unten). Auf (
von Wurzeln und Pilzmycelien durchwebten Boden, dessen Poren
verringert worden ist, der nicht von Regenwürmern durchwühl
nicht durchlüftet ‚wird, der deshalb Humussäuren bildet (8. 11
von der Sonne ausgetrocknet wird und von dem die Laubdecke ı
fortgeweht wird, gedeiht meist eine dichte Vegetation der Aera flezu
eines fadenblättrigen und xerophil gebauten Grases, das weiche, di
Rasen bildet, ferner der Siebenstern (Trientalis Europaea), Majantl
bifolium, der Halbparasit Melampyrum pratense (die beiden letzten
kommen auch auf losem Humus vor) und eine sehr reiche Mo:
tation. Die dichten und weichen Moosteppiche bestehen aus Polyti
(P. formosum), Hypnum Schreberi, H. cupressiforme, H. purum u
Arten, Hylocomium triquetrum, H. Re u.a. Arten, Dieranum.
parium, Leucobryum glaueum, Mnium-Arten; selbst Sphagna ki n
sich auf dem oft nassen, etwas versumpften Boden einfinden. Cal
und Vaceinium myrtillus finden sich auch oft ein, und dann nähert
der Boden dem der Calluna-Heide. Ist dieser der Weg gebah
kann die natürliche Verjüngung der Buche nicht mehr vor sich &
so verschwindet der Buchenwald schließlich an vielen Stellen und
der Calluna-Heide Platz'). ;
1) P. E. Müller 1899; Graebner 1895, 1901, 1904, 1909.
3. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 565
8 Die Nordgrenze der Buchenwälder geht von Südnorwegen, über
Westschweden durch Ostpreußen bis zum Kaukasus (die hier vor-
ommende Buche wird mit Recht als eigene Art [Fagus orientalis?]
betrachtet). Natürlich sind die Begleitpflanzen der Buche je nach den
Orten sehr verschieden. Von den Facies der kaukasischen Buchenwälder
ebt Rübel hervor ein Fagetum asiaticae laurocerasorum').
Über Buchenwälder vergl. ferner Ascherson 1883; Hoeck 1892, 1895, 1896;
- Hub. Winkler 1907; Moss, Rankin u. Tansley 1910; Tansley 1911; Macgregor 1913;
- Skene in Journ, of Ecology I, 94.
Bi u Br ke hr
“ Fig. 271. Zweig von Ribes alpinum, mit der Spitze niederliegend und wurzelnd,
so eine neue Pflanze erzeugend. (Phot. P. Graebner.)
Die Eichenwälder (Querceta). Die Eiche (Quereus pedunculata
und Q. sessilis [Q. sessiliflora]) ist ein Baum von mittlerem Lichtbedürfnis,
mit */s-Blattstellung und ziemlich unregelmäßiger Verzweigung. Ihre
gekrümmten Zweige bilden eine Krone, die nicht so dicht und schattig
ist wie die der Buche, bei der auch die Äste benachbarter Bäume nicht
so ineinanderfahren, so daß erheblich viel mehr Licht zwischen ihnen
auf den Boden fällt. In Dänemark wird die Eiche bekanntlich von der
_ Buche verdrängt, unter anderem deshalb, weil diese ein Schattenbaum
!) Rübel 1914.
566 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
ist, dessen Belaubung einige Wochen vor der der Eiche eintritt. N
an den feuchten Stellen, z. B. auf dem niedrigen Tonboden von Laalz
und auf dem mageren Sandboden von Westjütland kann sie den W
bewerb der Buche aushalten. In Norddeutschland läßt sich wenig v
der Konkurrenz beider Baumarten bemerken.
Der Hochwald ist sehr gemischt, gerade weil das Lichtbedü
der Eiche ein mittleres ist. In deutschen und österreichischen Wälde
sind Tilia, Acer, Populus tremula, Ulmus, Fraxinus, Oarpinus u.a.
in Eichenwälder eingemischt; in Frankreich bilden Fagus und Castan
oft Nebenbestandteile der Eichenwälder. In Westeuropa spielt
aquifolium oft eine große Rolle.
Im Gegensatze zur Buche und gerade weil der Eichenwald ı
mehr lichtoffen ist, hat er ein reiches Unterholz und steht oft in
einem dichten Gebüsche von Corylus, Orataegus, Acer campestre, Prun
spinosa, Carpinus, Rhamnus frangula, Euonymus Europaea, $ 1
Viburnum opulus, Rubus Idaeus, Lonicera zylosteum u.a.; diese Strauc
arten wechseln nach den Verhältnissen des Standortes. In gewiss
Fällen können sich Juniperus, Pteridium und sogar Calluna einfinde
namentlich wo der Wald auf magerem Sandboden steht. Im österreic)
schen Wäldern kommen außerdem Veburnum lantana, Ligustrum vulga
Staphylea pinnata, Daphne mezereum usw. vor. Wenn auch nicht in d
Maße wie beim Buchenwald, so läßt sich doch auch hier das Zurückt
des Unterholzes in den gleichalterigen Kunstbeständen (Forsten) bemer
Der Waldboden des Eichenwaldes kann ein guter, schwa
oder graubrauner, krümeliger, mürber und von Regenwürmern bewohnte
humushaltiger, feuchter Lehm sein; unter und zwischen den Sträue
des Gebüsches gedeihen dann eine Menge Gräser und Kräuter, ol
indessen eine zusammenhängende Decke zu bilden: Arten von £
mone und Viola, Vieia cracca, Hypericum perforatum, H. quad
gulum, Potentilla silvestris, Campanula rotundifolia, Achillea x
. foleum usw. Außerdem spielt besonders bei Anwesenheit von e
Lehm Pteridium aquelinum eine hervorragende Rolle. Die meisten Wal
bodenpflanzen blühen im Frühjahre; vergl. S. 562. _ En
Der Boden kann aber auch sandig sein, und dann wird er we
reich an Humus und die Flora des Unterholzes und der Bodenk
wird verschieden sein. In solchen Eichenwäldern wird z. B. Junip
communis häufig sein können. In England, wie auch schon in
westdeutschland und nach Vahl in Schweden, kommt eine Subasso:
vor mit vorherrschenden Calluna vulgaris und Vaceinzum myrtillus
dem Boden. Der Boden kann auch, obgleich seltener, ein Rohhuı
boden sein!); aber der Rohhumus der Eichenwälder ist von dem
‘) Vergl. P.E. Müller 1899; Moss, Rankin u. Tansley 1910.
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 567
Buchenwälder sehr verschieden (P. E. Müller. Hin und wieder wächst
der Eichenwald auch auf sumpfigem, luftarmem oder auf feinsandigem,
dichtem Boden oder im Überschwemmungsgebiet der Flüsse an ruhigen
Stellen (Drudes „Auenwälder“)t).
Die Birkenwälder (Betuleta). Die Birke (Betula pubescens [oder
- odorata] und B. verrucosa) ist ein ausgeprägter Lichtbaum, was schon
- ihre offene Krone zeigt; sie kann auf sehr verschiedenem Boden wachsen:
in Felsspalten, auf trockenem, nährstoffarmem Grus- oder Sandboden,
- auf feuchtem Humus, sogar oft auf nassem Torfboden, in Hochmooren,
_ und zwar bevorzugt die Hängebirke (B. verrucosa) die trockenen, die
Besenbirke (B. pubescens) die feuchten Böden. Die Birkenwälder werden
denn auch unter verschiedenen Standortsklassen zu erwähnen sein.
Die Bodenflora der Birkenwälder kann nach der Beschaffenheit des
_ Bodens und auch nach dem Klima sehr verschieden sein; oft ist sie
sehr reich, weil viel Licht zu ihr hinabgelangt.
1. Der Boden ist mäßig feucht. Die Bodenvegetation gleicht der
- der Wiesen, die von Gräsern und vielen Stauden gebildet wird. In
' einigen Fällen hat man Betuleta graminosa, Gräser vorherrschend,
z.B. Milium effusum, in anderen Fällen Betuleta herbosa mit vielen
und großblättrigen, schönblühenden Hochstauden unterschieden, in Nord-
skandinavien bisweilen in südländischer Üppigkeit und 1—1,5 m hoch.
Hier wachsen z. B. @eranium silvaticum, Cirsium-Arten, Polemonium
eampanulatum, Solidago virga aurea, Trollius Europaeus, Equisetum sil-
waticum, Geum rivale, Filipendula ulmaria, Anthriscus vilvestris, Angelica
offieinalis, Paris quadrifolia, Aspidium-Arten. Ein solcher Wald könnte
„Birkenwiese“* genannt werden. Eine Bodenschicht von Waldmoosen
_ ist bisweilen reichlich entwickelt, so daß von Betuleta muscosa ge-
_ sprochen werden kann. In anderen Fällen bildet Equisetum silvaticum
Bodenassoziationen (Facies), Betuleta equisetosa?).
iA 2. Der Boden ist trocken, oft sandig. Die Bodenvegetation ist
eine Art Heide mit einer dichten Vegetation von Cladonia rangiferina,
Polytrichum juniperinum u. a. Moosen, Molinia coerulea, Salix repens,
Calluna, Carex-Arten usw., Betula nana, Empetrum, Juniperus com-
munis: Betuleta eladinosa.
| 3. Betuleta callunosa (Graebner: Birkenheide). Der Boden ist
mit mehr oder weniger mächtigem, trockenem oder feuchtem, sauerem
- Torf oder Rohhumus bedeckt. Die Bodenvegetation wird besonders von
us
2
EEE
.
nen
ee
2: Darp ai yT;
Ur
3
2 1) Über die Eichenwälder Englands siehe auch Tansley 1911; ‚Moss 1913;
Adamson 1912.
nn ?) Beispiele von Birkenwald mit Wiesenvegetation und Angaben des Häufigkeits-
grades der Arten siehe Hanna Resvoll-Holmsen 1914.
568 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Gräsern (Molinia coerulea, Aera flexuosa) und Zwergsträuchern
Calluna vulgaris, Vaceinium myrtillus, V. uliginosum und anderen H
moorpflanzen oder Nadelwaldpflanzen gebildet.
4. Betuleta fruticosa. Viele Sträucher wie Rhamnus fraı
Juniperus communis kommen hier vor. Betuleta juniperosa we
erwähnt (Sylven). a
Die Schwierigkeit einer scharfen Abgrenzung der Vereine in
phyten-, Mesophytenvereine usw. zeigt sich hier wie in manchen
Fällen; die immergrüne, xeromorph angepaßte Form und die 1 me
Form können nebeneinander wachsen. s
Die Birkenwälder sind oft oder gewöhnlich nicht reine
nen, weil sie so lichtoffen sind. Bäume wie Dorbus aucuparia
können beigemischt sein).
Birkenwälder finden sich besonders in den nördlich
von Europa, von Asien und Nordamerika. In Island und
ist es die Birke, besonders B. odorata, welche am nörd
welche die ärmlichen und offenen Wälder bildet?). Es ist
Birke, welche auf der skandinavischen Halbinsel die
assoziation bildet (in der subalpinen Höhenstufe oder „Regi:
Nach Thoroddsen?) besteht der größte Teil der Birke
Island aus krüppeligen Kleinbäumen oder Sträuchern, 1—
unzweifelhaft besonders den Zerstörungen der Schafe zuzusch
Wohlgewachsene Birken kommen hie und da vor; am meisten
ist der Hallormstada-Wald in Ost-Island und zwei andere;
erreichen die Birken eine Höhe von 8—9 m mit einem Umfa
70—80 cm, und viele haben eine Höhe von 5—7 m. Mit
findet man auch Sorbus aucuparia, Salıx phylieifolia, 8. lamatı
Betula nana, Juniperus communis. Die Bodenvegetation ist
moor-ähnlich, und dieselben Arten werden denn sowohl im W
auf den Heidemooren gefunden; in anderen Fällen domini
Gräser oder Moose (Hylocomien) auf dem Waldboden und auch
stauden kommen vor (Frlipendula ulmaria, Angelica silves ris,
um silvaticum, Alchimilla vulgaris u. a.). T u
Auf ähnliche Weise können mehrere andere unserer wildw
Bäume reine oder gemischte Bestände mit einem mehr ‘ode
ı) Vergl. Resvoll- Holmsen 1914. 5
®) Über die Birkenwälder vergl. namentlich schwedische und norweg
scher: Gunnar Andersson und Selim Birger, Hesselman, Sylven, Simmons, The
voll, A. Blytt, Hanna Resvoll-Holmsen 1914; Vahl 1911, 1913. Ein Bild der
landschaft in Südgrönland siehe Bikli in Karsten u. Schenck, Vegetationsbilde
8. Heft. SER
®) Thoroddsen 1914. x B 2
II nn
ii
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 569
verschiedenen Charakter je nach den Unterschieden in der Feuchtigkeit
des Bodens und in den Lichtverhältnissen des Waldes bilden.
Erlenwald in der Nähe von Köbenhavn (C. Raunkiär). Der Boden ist mit Mereurialis perennis bedeckt.
Außerdem können Anemone nemorosa, Geum rivale, Aegopodium podagraria, Ranuneulus repens, Poa trivialis, Urtica
Fig.. 272.
Die Esche (Frazxinus excelsior) bildet in Dänemark und ander-
wärts, z. B. in Norddeutschland, Niederösterreich usw. auf losem,
feuchtem, reichem Boden, eigene Wälder mit einer dichten Waldboden-
dioeca und viele andere vorkommen.
570 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
vegetation von Hochstauden, die sonst gewöhnlich auf offenen, feu
Fluren oder Wiesen vorkommen. Übrigens sind wohl die me
Eschenwälder künstliche Pflanzungen in den feuchten Niederungen
den Wäldern, wo die Buche nicht gedeihen kann; an manchen geeigne
Orten schlägt die Esche aber auch selbständig auf und macht
andern Bäumen erfolgreich Konkurrenz. In England kommen offe
öfter größere natürliche, wertvolle Eschenwälder vor, welche von
Botanikern der Cambridge Schule zu der auf kalkhaltigem Boden
senden „Ash-beech“-Series gerechnet werden und deren Flora sch
der der Eichen-Birken-Series auf Kieselboden geschieden wird!). A
den englischen Eschenwäldern finden sich verschiedene Facies in
Bodenvegetation, je nachdem der Boden feuchter oder trockene
Tansley sagt, daß die Esche nur auf nicht kalkhaltigem Boden > |
wird, wenn der Boden feucht oder naß ist.
Die Grauerle (Alnus incana) bildet im nördlichen Schw
Wälder mit einer Bodenvegetation von Hochstauden wie Filipe
ulmaria, Geranium silvaticum, Geum rivale, Aera caespitosa,
effusum, Urtica dioeca, Moosen usw.?). Sie ist wenig anspruchsvol
züglich der Boden- und Feuchtigkeitsverhältnisse, gedeiht sie doch
den nordostdeutschen Stranddünen ebensogut wie auf Kalksı
der Rüderdorfer Kalkberge usw.
Die Schwarz- oder Roterle (Alnus glutinosa) ware San |
den Sumpfwäldern besprochen. Es kommen aber auch Erlenw:
auf einem tief humosen, weichen aber nur feuchten Boden vor,
Bodenvegetation von der der feuchteren Eschenwälder wenig abw
und in welchen z. B. Mercurialis perennis reine und große Assoziati
bilden kann (Fig. 272). n
Andere laubwechselnde Wälder.
In gleicher Weise bilden andere europäische Bäume rein:
gemischte Bestände, deren Charakter mit der Feuchtigkeit und
tung des Bodens wechselt. a
In Schweden gibt es einen Mischwald, „Gehölz-Wiese*“,
aus laubwechselnden Gehölzen .wie Eiche, Rüster, Linde un
buche, unter denen ein Unterwuchs von Sträuchern und groß:
tern, der sehr reich an Arten und üppig ist. Der Bestand ist
gut belichtet und parkartig, hat einen reichen Humusboden; mög
weise ist er mehr oder weniger durch die Kultur verändert
!) Vergl. Adamson; Moss, Rankin u. Tansley 1910; Tansley 1911; es. ,
ley u.a.
2) Grevillius 1894.
73. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 571
_ Hesselman?) hat den Wald in seinen Einzelheiten studiert, namentlich
® die Belichtungsverhältnisse, die assimilatorische Tätigkeit und die Ver-
dunstung der ausdauernden Kräuter, also die wesentlichen Lebens-
funktionen derselben.
Die Kap. 66 erwähnten „Auenwälder“ Drudes zeigen gewöhnlich
einen ähnlich üppigen oft fast undurchdringlichen Unterwuchs von
Sträuchern und Kräutern.
Die Auenwälder in Nordkurland werden von Pohle?) besprochen.
Sie scheinen solche Bodenverhältnisse zu haben, daß sie am besten den
esophilen Wäldern angeschlossen werden müssen. Sie sind natürliche
arklandschaften, deren Schönheit zum Teil durch die Mannigfaltigkeit
r biologischen Wuchsformen bedingt wird. Es finden sich in ihnen
Sträucher wie Arten von KRibes, Spiraea, Lonicera und die Liane Atra-
gene Sibirica, mit Hochstauden wie Paeonia anomala.
Jenseits der Waldgrenze nimmt der Wald nur kleinere Teile des
Landes ein, die besten, entwässerten Böden und windgeschützten Orte,
‚gewissermaßen Inseln in dem offenen Gelände.
Im Gebiete der Donau, namentlich in ihrem Mittellaufe, sind die
"Wälder in auffallendem Grade gemischte Wälder von Fagus, Car-
pinus, Quercus sessiliflora, Acer, Betula, Prunus cerasus, Pirus com-
munis, Populus, Tilia und Coniferen „in reichster Abwechselung“; das
Unterholz besteht aus Berberis, Cornus sanguinea, C©. mas, Evonymus
Europaea, E. verrueosa, Prunus-Arten, Juniperus communis usw. Auch
Zwergsträucher von Ericaceen, Polygala chamaebuxus usw. kommen vor?).
Diese Mannigfaltigkeit weist auf die größere Nähe der Tropen hin und
} hat wahrscheinlich zugleich einen geologischen Grund: das Land war
‚nach der Eiszeit länger eisfrei als z. B. Skandinavien, und die Ein-
wanderung der Arten ist leichter gewesen als hier. Übrigens kommen
ch reine Assoziationen vor z. B. von Aesculus auf den Balkan-
birgen usw.
Ein ähnlicher urwaldartiger Mischwald ist der von Rikli und
übel?) besprochene „kolchische Niederungswald“, ein außer-
rdentlich reicher, feuchter Wald, in welchem Coniferen mit verschiede-
n Laubbäumen zusammenwachsen und dessen Unterholz teilweise aus
ergrünen Arten besteht (Buxus, Ilex aquifolium, Prunus lauro-
cerasus, Ruscus hypoglossum); dieser Wald enthält eine große Menge
von Kletter- und Schlingpflanzen, macht den Eindruck von „fabelhafter
Üppigkeit“ und „erinnert einigermaßen an subtropische Regenwälder*.
“ ı) Hesselman 1904. Er nennt ihn „Laubwiese“.
E, ®) Pohle 1901. >
= ®) Kerner 1863; Günther Beck 1890—93; Vierhapper und Handel-Mazetti 1905;
Adamovie 1909.
= * Rikli 1913.
572 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
In den Mittelmeerländern kommen in den Bergen auch ande
Wälder vor, solche von Castanea sativa (diese nähern sich den xeı
philen Wäldern), Platanus orientalis usw. In den Kastanienwälde
Portugals kann eine schöne Bodenvegetation von Hochstauden v
kommen z. B. Paeoniae, Iris, Lupinus u. a.'). Populus nigra und
alba bilden den Klein-Poppelwald in Serbien?), und namentlich auf €
ungarischen Puszta, wo ihn schon Alexander von Petöfi besang (Bernatz
Nordamerika hat einen dem europäischen entsprechenden Wa
gürtel mit sommergrünen Bäumen. Auch für die nordamerikanisch
Wälder ist die starke Mischung der Arten kennzeichnend. Fern
das Unterholz dichter und höher; viele europäische Gattungen
Beiträge zu diesen, in Nebraska z. B. Arten von Sambucus, ©
Ribes, dazu kommen amerikanische wie Symphoricarpus usw.
treten häufiger auf. Die Physiognomie der Wälder ist jedoch ungefö
dieselbe wie bei uns. Von Epiphyten gibt es, wenn die südlich:
Gegenden ausgenommen werden, jedenfalls keine anderen als Moose
Flechten. Die Herbstfarben (rot, gelb) sind ungewöhnlich tief, beson
bei Arten von Quercus, Crataegus usw. Die Flora ist versch
Viele Gattungen sind gerade in der gemäßigten Zone heimisch
kommen hier in zahlreichen Arten vor: Quereus, Juglans, Cary
tula, Alnus, Ulmus, Celtis, Fagus (F. ferruginea), Castanea, Can
Ostrya, Populus, Salix, Acer, Fraxinus u. a. Aber überdies gehen
subtropische oder an die Tropen erinnernde Typen bis hierhin, nam
lich in den südlichen und den östlichen Gegenden, weil die Verbin«
des Landes mit südlichen Gegenden nach der Eiszeit eine leichte
_ wanderung zuließ; von solchen für unsere nordeuropäische en
Gattungen können genannt werden: Magnolia, Liriodendron,
Gleditschia, Gymnocladus, Catalpa, Morus, Liguidambar, Sassay Fre
Platanus, Aesculus u.a. (Näheres bei Mayr).
Nach Fuller ist die am meisten verbreitete Assoziation in den
einigten Staaten der mesophytische „Klimax“-Wald, charakteı
namentlich entweder durch Acer saccharinum oder Fagus grandifolic
beide. In ihnen kommen viele verschiedene. Assoziationen vor.
Livingston?) bilden in Michigan die Buchen-Ahorn-Wälder di
sten Bestände, die auch auf den besseren Boden wachsen; ihn
die Ahorn-Rüster-Assoziation, die Eichen-Hikory(Carya)-/
tion, die Eichen-Hasel-Assoziation und die Eichen-Kiefern-.
tion; diese Stufen zeigen nacheinander die allmähliche Verschlech
u Bonens ant). a
t) Chodaf 1909. EEE
®) Adamovi6 1898: Er Ken,
®) Livingston 1903.
*) Weitere Einzelheiten vergleiche bei Mayr 1890 ; Cowles 1901; Whitford 190
u 78. Kap. Formation der sommergrünen Laubwälder 573
Sommergrüner Wald kommt auch im Feuerlande vor, reiner Ur-.
wald von Nothofagus pumilio und N. antaretica. Eine hohe Schneedecke
det sich hier im Winter. Die Regenmenge beträgt hier nur etwa die
Hälfte von der in dem westlichen und nördlicheren Regenwalde. Die
Dunkelheit im Inneren ist nicht so groß wie in diesem, und der Boden
st entweder nur mit Stämmen, Zweigen und Blättern bedeckt, oder
auch mit Moospolstern und Grasteppichen samt schönblühenden Wald-
äutern. Zahlreichere immergrüne Sträucher als in unseren nord-
europäischen Buchenwäldern kommen vor, z. B. Berberis vieifolia.
uf den Bäumen schmarotzen Myzodendron punctulatum und M. ob-
ngifolium'). Bemerkenswert ist das Vorkommen von immergrünen
äldern von anderen Nothofagus-Arten in westlicheren Teilen des
euerlandes (siehe später) ?).
Japanische Wälder. Bei seiner großen nord-südlichen Aus-
dehnung und den sehr verschiedenen Höhenlagen muß Japan äußerst
_ verschiedene Waldtypen besitzen; Japan hat eine tropische Zone mit
_Fieus Wightiana u. a., eine subtropische, in der auch immergrüne Laub-
_ wälder vorkommen (besonders wichtig ist der Kampferbaum); weiter
eine temperierte Zone unter anderen mit Buchenwäldern (Fagus Ja-
ponica) und eingemischten Nadelbäumen, und schließlich eine kalte
Zone, wo reine Nadelwälder vorkommen, mit ihnen auch Birkenwälder.
an sieht in Japan und China?), daß im Walde Arten von den-
selben Gattungen nebeneinander wachsen, einige immergrüne, andere
laubwerfend. Hier ist der Sommerwald „in statu nascendi“. Geht man
weiter nördlich, so wird er immer typischer, aber er verarmt und wird
Feleichmäßiger.
Übrigens ist auch der japanische Wald im ganzen sehr reich an
- Arten und steht dadurch im Gegensatze zu den gewöhnlichen europä-
ischen Wäldern; man kann im Monate Juni in einem üppigen Gebirgs-
walde etwa 100 Baum- und Straucharten mindestens aus 76 Gattungen
blühen sehen. Hier sind die Gründe für die Mannigfaltigkeit sicherlich
ebenfalls geologische. Die Waldregion auf dem Fuji-no-yama enthält
nach Rein®) wesentlich Laubwälder, aber hier und da bilden Nadelhölzer
geschlossene Bestände. Die Laubwälder bestehen besonders aus laub-
wechselnden Eichen, Buchen und Ahornen, denen sich Arten von Zel-
kova, Juglans, Pterocarya, Betula, Tilia, Fraxinus, Magnolia, Cereido-
hyllum, Acanthopanax und Aesculus anschließen. Die Flora hat be-
nntlich eine große Verwandtschaft mit der des östlichen Nordamerika.
1) Skottsberg 1906.
°®) Vergl. Neger 1897, 1901; Dusen 1905; Reiche 1907.
3) Diels 1908.
*) Rein in Petermanns Mitteil. 1879.
574 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Es gibt eine Menge Lianen der Gattungen Actinidia, Oelastrus,
‚Rhus, Wistaria (W. polystachya — W. Chinensis), Akebia, Clematis
Das Unterholz ist sehr reich. Dieser Wald erinnert offenbar vielfz
an die tropischen Wälder.
74. Kap. Nadelwälder (Conifereta)
Die Coniferen haben eine schon im Äußeren stark ausges ät
"Xeromorphie. Kennzeichnend ist das nadelförmige Blatt, dessen gerin
Oberfläche zusammen mit der starken Cuticularisierung der Epide
der häufigen Einsenkung der Spaltöffnungen und anderen xeromo)
Eigentümlichkeiten die Transpiration herabsetzt. Die immerg
Nadelbäume verdunsten nach Versuchen viel weniger Wasser als
Laubbäume; im übrigen ist die Verdunstungsfähigkeit je nach den
verschieden. Die Lärche verdunstet aus den weichen und einjö
Nadeln natürlich stark!). Die Nadelbäume haben in Übereinstimn
mit dem xeromorphen Bau nur wenige oder unbedeutende Wurzell
- Es wurde oben (S. 315) erwähnt, daß diese xerophytischen (
tere der Coniferen in ihrer Morphologie, Anatomie und Physiologie
Tat nicht leicht zu erklären sind. Nach Marie Stopes sollen sie mi
phylogenetisch hohen Alter der Coniferen zusammenhängen, und mit
unvollkommenen Wasserleitungsvermögen ihres trachealen Systems.
Groom nennt sie „architeetural xeroophytes“. Er macht doch da
aufmerksam, daß von den amerikanischen Pinus-Arten diejenigen,
die engsten Tracheiden besitzen, in ihrer Verbreitung mehr xer
sind als diejenigen, welche die weitesten Tracheiden haben?); er m
daß die große Fläche sämtlicher Blätter eines Baumes es not
macht, daß das einzelne Blatt xeromorph gebaut wird?).
M. Vahl legt besonders darauf Gewicht, daß die Xeromorphie
die immergrünen Nadelbäume ein Schutzmittel gegen die Verdunsi
im Winter sein muß. Viele Arten, wohl besonders der südlich
Gegenden, aber auch z.B. Pinus silvestris sind auch an trockenen B«
gebunden oder oft an Humus- oder Torfboden, die im Frühjahr erst
tauen, wenn die Temperatur der Luft schon sehr hoch sein kann.
Compton legt bei den Coniferen besonders Gewicht auf den \
an Plastizität, sie können ihre Blätter nicht den ökologischen vo rI
nissen des Standorts anpassen’).
In der Tat wachsen Nadelhölzer, mit, soweit wir sehen Kö
im wesentlichen denselben anatomischen Eigentümlichkeiten, auf ä
verschiedenen Standorten, doch zum allergrößten Teil in den gemä
!) Vergl. Percy Groom 1910.
®) Perey Groom 1914.
®) Percy Groom 1910. Vergl. auch Compton 1911.
Mn. Kap. Nadelwälder (Conifereta) 575
"Ländern der nördlichen Halbkugel, wo auch die sommergrünen Wälder
orzugsweise zu Hause sind.
Sie bilden einen mächtigen Gürtel um die ganze nördliche kalte
ıd temperierte Zone, der polaren Baumgrenze folgend, also in denselben
Regionen wie viele der sommergrünen Laubhölzer, und vielfach in Kon-
kurrenz mit diesen tretend. Die Fichte (Picea excelsa) z.B. ist von
a ordosten in die skandinavische Halbinsel eingedrungen, während die
Buche von Südwesten ankam; im südlichen Schweden sind sie sich be-
egnet und kämpfen hier um den Platz (Hult). Bisweilen scheinen die
ladel- und die Laubwälder sich nach klimatischen Verschiedenheiten zu
# ver silen; z. B. herrscht nach Hayata Laubholz auf der Südseite des
Berges Fuji in Japan, Nadelwald dagegen auf der Nordseite. Unter
enselben klimatischen Verhältnissen finden wir die verschiedenen Arten
n sehr verschiedenen Standorten, ohne daß sich diese Verschiedenheiten
u Äußeren oder Inneren kundgeben. Am Lena findet man nach Ca-
inder, daß Pinus silvestris auf den trockensten Stellen, Larix Sibiriea
af mittelfeuchten und Picea obovata auf den nassesten, fast sumpf-
tiven Standorten wachsen.
- Noch schroffer tritt der Gegensatz zwischen den Standorten her-
vo r, wenn man z. B. die Kiefernwälder des kalttemperierten und regne-
rischen Norwegens oder Schottlands aus Pinus siWwestris gebildet mit
en mediterranen Wäldern von Pinus pinea oder der auf noch trocknerem
| "und heißerem Boden wachsenden P. Halepensis vergleicht. Sie zeigen uns,
\ daß Physiognomie und Ökologie nicht immer übereinzustimmen brauchen.
Die Coniferen Nordamerikas wachsen gleichfalls an den verschieden-
sten Standorten; in der Sierra Nevada in Kalifornien ist die Regenmenge
ehr verschieden je nach den Höhenstufen der Berge; wo die Regenmenge
2—90 cm beträgt, wachsen Seguoia gigantea, Abies concolor, Arten
on Pinus und Libocedrus; wo sie 80—180 cm hoch ist, gedeiht Sequoia
'mpervirens, Picea, Tsuga. Im größeren Höhen (1500—2150 m), wo
ne Niederschlagsmenge von 100—125 em fällt, wachsen andere Arten
Pinus und Abies.
Ein Beispiel eines gemischten Waldes in Connecticut gibt Nichols!);
st ein „Urwald“, welcher hauptsächlich von Tsuga Canadensis und
us grandifolia gebildet wird, die beide im ganzen etwa gleich zahl-
ich sind und wenigstens 55 °/o des gesamten Bestandes ausmachen;
erdem kommen ca. 10 andere Baumarten vor, den Gattungen Acer,
cus, Betula, Castanea, Fraxinus, Tilia, Prunus und Pinus an-
»hörend, welche zerstreut vorkommen. Der Boden ist mit mesophytischen
utern und Moosen bedeckt.
Noch rätselhafter wird die xerophytische Natur bei denjenigen
en, welche an ganz verschiedenen Standorten wachsen können.
2) Nichols 1913.
576 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Pinus silvestris kommt sowohl an sehr trockenen Standorten vor,
auf Sanddünen oder auf den norddeutschen mageren Sandfeldern als
auf sehr nassem Torf- und auf mittelfeuchtem Boden, ganz ähnlic
Calluna vulgaris, Juniperus communis oder anderen Heidepflanzen,
daß sich ihr Bau, soweit wir wissen, nach den verschiedenen Bedi
gungen wesentlich ändert. In vielen Fällen wird wohl Sauerstoffmang
im Boden ein den verschiedenen Standorten gemeinsamer Faktor
Pinus silvestris ist vielleicht eigentlich besser von den mesophyten
mationen zu trennen.
Die Unterbringung der Nadelhölzer in einer einzigen Stan or
klasse ist eine Unmöglichkeit; anderseits sind die Standortsfakto)
welche für die verschiedenen Arten die günstigsten sind, noch nic
genau studiert, daß man darnach alle mit Sicherheit in bestimmte a
verteilen könnte.
Die Bodenvegetation ist nach den herrschenden Antis
der Verschiedenheit der Standorte sehr verschieden. E
In solchen Nadelwäldern, die aus stark schattensporan Bänm
bestehen, z. B. aus Picea excelsa, ist die Bodendecke oft sehr dürft
weil die Wälder dunkel sind, infolge der vielen blatttragenden Sp
deren Blätter kein Licht durchgehen lassen und das ganze Jahr
bleiben. Die Dunkelheit dauert also das ganze Jahr. In anc
mehr lichtoffenen Wäldern, besonders den hellen Lärchenwäldern,
sie äußerst reich sein.
Rohhumus wirdin vielen, vielleicht den meisten reinen Nadelwäld
gebildet, und zwar besonders in denjenigen, welche in kühlen und se
regenreichen und nebeligen Gegenden vorkommen. Auch hierüber s
die Untersuchungen wohl noch unvollständig'). ar
Bodenvegetation der immergrünen nordeuropäischen Nadel
wälder. DieWaldbodenpflanzen sind alle mehrjährig, aber im S
bau und anderen Lebensverhältnissen z. T. sehr verschieden. Zwergsi
cher und Halbsträucher sind zahlreich, namentlich Vaceinzum
Ledum, Calluna, Empetrum, Juniperus; hierher können auch die
Pirola-Arten gerechnet werden. Die meisten dieser Sträucher si
viele Kräuter immergrün. Die Gräser sind in gewissen Wälde
spärlich, in anderen wieder zahlreich. Stauden, besonders Kleins
sind gleichfalls vertreten. Kryptogamen kommen häufig vor.
Kriechende Grundachsen oder knospenbildende Wurzeln
nicht wenige Arten (Arten von Pirola, Monotropa, Vaceinium, Mi
mum, Goodyera repens, Oxalis acetosella, Trientalis Europaea, Pt
aquilinum, Aspidium [Phegopteris] dryopteris u.a.), was vermu
der losen Beschaffenheit des Bodens zusammenhängt (mit der
!) Vergl. indessen namentlich von Bentheim bei Graebner 1904; Erdmanı |
Laubwechselnde Nadelwälder (Lärchenwälder) 577
De ke der abgefallenen Nadeln und des Mooses). Oberirdisch wandern
Linnaea, Lycopodium clavatum, L. annotinum, Veronica offieinalis u.a.;
ber die meisten sind doch an den Standort gebunden und besitzen
ine vielköpfige primäre Wurzel oder eine senkrechte, vielstengelige
indachse.
- Die Kräuter haben meist keinen xerophilen Ban: sie sind Meso-
ten, die zu dem Schatten und der feuchten Luft des Waldes passen ;
den Zwergsträuchern dagegen sind die immergrünen deutlich xero-
Eine Eigentümlichkeit, welche die nordischen Nadelwälder zu den
ıbwäldern in einen gewissen Gegensatz stellt, ist die Menge von
sträuchern mit fleischigen Früchten (Vaceinzum-Arten, Arcto-
ylus uva ursi, Empetrum, Juniperus communis u.a.) Dies hängt
cheinlich mit dem Aufenthalte zahlreicher Vögel in den Nadel-
n zusammen, die die gefressenen und ihrem Körper anhängenden
oder Früchte von Ort zu Ort tragen; sie haben z. B. in Däne-
Schleswig-Holstein usw. Linnaea, Pirola-Arten und Goodyera in
‚oft nur etwa hundert Jahre alten Kieferpflanzungen wahrscheinlich
orwegen und Schweden eingeführt').
Die Bodenvegetation der laubwerfenden Nadelwälder (der Lärchen-
r) ist ökologisch deutlich von der immergrünen verschieden.
Die Nadelwälder sind teils A. laubwechselnd (Lärchenwälder),
p-., teils B. immergrün, 76. Kap.
75. Kap. Laubwechselnde Nadelwälder (Lärchenwälder)
- Die laubwechselnden Nadelhölzer, die Lärchenwälder, erscheinen
den Lebensverhältnissen von den andern Nadelwäldern sehr ver-
den. |
Die Lärchen (Larix-Arten in Europa L. deeidua = L. Europaea)
sind die frosthärtesten aller Nadelbäume, indem sie die Nadelform ihrer
h tter mit dem Laubfalle vereinigen. Sie bilden noch rings um den
ältepol Sibiriens Wälder (L. Sibirica), ertragen eine größere Trocken-
t als die Fichte und können eine sehr kurze Vegetationszeit benutzen,
lleicht weil ihre sehr stark verdunstenden Nadeln?) weit rascher
ilieren können, als die der immergrünen Arten, sie sind in dieser
sicht den sommergrünen Laubbäumen ähnlich. Die Lärchen sind
er von der Winterkälte weniger abhängig als von der Wärme des
nmers; sie sind kontinentale Bäume. Ferner sind sie ausgeprägte
4) Warming 1904.
®2) Siehe Perey Groom 1910.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 37
578 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Liehtbäume; daher ist es in ihren Wäldern hell, und der Boden
deshalb mit zahlreichen krautartigen Blütenpflanzen nebst Farnen
Moosen bedeckt; in den Lärchenwäldern der Alpen (L. decidua) 2.
findet man Arnica montana, Solidago alpestris, Campanula barbata,
Orchidaceen usw. |
Rübel!) setzt den mittleren Lichtgenuß im Berninagebiet auf !
Bei dieser Helligkeit gedeiht ein Wiesenunterwuchs, der als We
dienen kann. Die Wiesentypen, die hier zur Entwickelung komme
sind: das Nardetum strictae, das Trifolietum alpini und das
folietum repentis. Die Assoziation nennt er daher Laricetum pr
tosum; Boris Keller erwähnt von Altai ein Laricetum berg
waldher wohl ähnlich ist.
Rübel macht auf eine merkwürdige Assoziationsfolge aufmenkk
die hier vorkommt, da die alten Lärchen nicht mehr genügend Lie
für die jungen Lärchen durchlassen. Zugleich hat sich am Boden Q
nug Humus angesammelt, so daß junge Arven gedeihen können;
diese Art ist noch hinreichend Licht (Lichtgenuß !/s) vorhanden;
verwandelt sich dann der Lärchenwald in einen Arvenwald um.
Im Altai scheinen die Lärchenwälder ebenso verdrängt zu werd.
und zwar durch die mesophile Kraut- und Grasvegetation des Wal
bodens. Nach Krassnoff?) stehen hier hundertjährige riesige Lärche
einzeln oder gruppenweise, weit voneinander in den Wäldern, und
dem von den feinen Nadeln gebideten alten Humusboden ist eine so
und üppige Hochstaudenvegetation aufgewachsen, daß man sich leie
darin verbergen kann. Diese besteht aus Arten von Aconztum, Del
nium, Paeonia, Clematis (Atragene) u.a. Jedes Jahr fallen Million
von Lärchensamen in dieses Krautmeer hinab; aber nur wenige finden
Platz, um zu keimen: der Wald wird hier anscheinend verschwinden.
Rohhumus wird nach Pohle°?) in Nordrußland in den Wäldern
Larix Sibirica von Astmoosen gebildet. Dasselbe gilt vielleicht au
von anderen Lärchenwäldern. ei
76. Kap. Die immergrünen Nadelwälder
Von den vielen Nadelwaldformen sind die europäischen N
wälder am besten untersucht worden. Folgende verdienen hier
spielsweise behandelt zu werden. a
Kiefernwälder (Pineta). Die Kiefer (Pinus silvestris) kann
sehr verschiedenen (an natürlichen Standorten meist ziemlich nährs
armen) Böden wachsen, von trockenem und warmem Sandboden
1) Rübel 1913.
?) Krassnoff 1888.
8) Pohle 1907.
Kap. Die immergrünen Nadelwälder 579
"elsenboden mit einer dünnen Schicht losen Bodens bis zu feuchtem (mit-
inter nassem) und weichem Moorboden (S. 315). Sie ist ein außerordentlich
nügsamer Baum und darin dem Heidekraute ähnlich; sie ist ein Licht-
baum, dessen innere Zweige daber bald absterben, so daß der Stamm
n: wird; die Nadeln sitzen meist nur 3—4 Jahre und zwar allein an
ı Zweigenden und auf dem Wipfel, in schlechteren Beständen oft nur
1 oder 2 Jahre. Der Waldboden ist im Einklange hiermit oft recht
dieht bewachsen, bald mit dieser, bald mit jener Pflanzengemeinschaft,
yer doch mit einer im ganzen xerophilen Vegetation!). Folgende Vari-
nten (Subassoziationen) können unterschieden werden:
— Pineta silvestris celadinosa („Kiefernflechtenheiden“). Die
3odendecke ist im wesentlichen eine Flechtenheide. Renntierflechten
Nadonia rangiferina, C. alpestris, ©. silvatica, Cetraria Islandica und
ere Strauchflechten breiten ihren weißgrauen Teppich, in den oft
driges, verkrüppeltes Heidekraut und andere Heidepflanzen (Zinnaea,
Iretostaphylos uva ursi, Pirola-Arten, Lycopodium annotinum, L. clava-
n 1, Potentilla silvestris, Viola canina, Majanthemum bifolium usw.)
ingesprengt sind, über den Boden aus, so besonders dort, wo der nähr-
arme Boden trocken und warm ist.
Pineta silvestris hylocomiosa. Der Bodenteppich ist dicht
Waldmoosen (Hylocomium, Hypnum), aber auch anderen Gattungen,
Polytrichum und Dieranum, gebildet. Diese Assoziation ist mitunter
'benso charakteristisch für lichtere Fichtenwälder als für Kiefernwälder,
Te: gl. auch die Abbildungen bei der Heideformation Kap. 88.
_ Pineta silvestris graminosa und herbida (oder herbosa [Boris
teller). Die weiche und dichte Bodendecke aus Gräsern und Stauden
ildet. Von Gräsern finden sich namentlich Aera (Deschampsia) flexuosa
d Festuca ovina, dann auch z. B. Carex arenaria, oft steril mit langen
ttern, ©. Ligerica, Luzula pilosa und dikotyle Stauden wie Oxalis
tosella, Fragaria vesca, Epilobium angustifolium, Potentilla arenaria,
Tieracium murorum u. v. a., dazwischen oft viele Moose.
_ Pineta silvestris fruticosa (Kiefernheide). Die Bodendecke
im wesentlichen eine Zwergstrauchheide, gebildet aus Calluna, Vac-
jum myrtillus, V. uliginosum, V. vitis Idaea, Populus tremula, und
wetrum, zwischen ihnen als höherer Strauch Juniperus com-
ris, mitunter zahlreich (ein kleiner „Wald im Walde“); auch die
hte (Picea excelsa) kann als Unterholzstrauch auftreten. Es gibt
dische Kiefernwälder, deren Boden eine außerordentlich trockene
‘ke ist, die aus Arctostaphylos uva ursi, Juniperus, Calluna, Betula
‚ Antennaria dioveca u. a., ferner aus Massen von Flechten (Cladonia)
d Moosen (Grimmia usw.) besteht.
2) Gute Bilder bei Hanna Resvoll-Holmsen 1914.
87*
580 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Eine Liste der Kiefernwaldpflanzen in Norddeutschland hat Höck!)
aufgestellt.
Vahl und Hanna Resvoll-Holmsen?) haben die Zusammenset
der Bodenvegetation in Pineten statistisch studiert.
Vahl?) hat folgendes gefunden: In Skandinavien ist der flec
reiche Kiefernwald auf trockenem Sandboden besonders verbreitet. Ur
den Zwergsträuchern der Bodenvegetation sind solche, welche oberir
wandern oder ohne Wanderungsvermögen sind, an Zahl der Individ
überwiegend. Auf weniger trockenem Boden ist der Kiefernwald re
an Moosen. In der Bodenvegetation sind unterirdisch wande
Zwergsträucher, besonders Vaceinien herrschend. Selten ist schatti
Kiefernwald, wo die Bodenvegetation aus Moosen mit wenigen Ge
pflanzen besteht.
Die Bodenvegetation des nordischen Kiefernwaldes besteht
namentlich aus Xerophyten; denn der Boden ist mager und tro
Licht und Wind können gewöhnlich leicht herabdringen und auf
Vegetation austrocknend wirken. Einer und der andere Mesophyt
jedoch auch hier Fuß fassen. Im ganzen passen diese Kiefernw.
also eigentlich nicht gut in die Serie der Mesophyten, aber des
sammenhanges wegen werden sie hier besprochen. Die südrussis
Kiefernwälder z. B. sind dagegen von den skandinavischen offenbar
wenig verschieden, weil auf ihrem Waldboden viele stattliche S
wachsen (Tanfiljew); die berühmten ostpreußischen Kiefernwälder
ihren erstklassigen Bäumen, die außerhalb des Verbreitungsgebietes
Buche oft auf besseren Böden wachsen, haben eine ganz entschied:
Mesophytenvegetation, der der Mischwälder entsprechend und gehören des
halb hierher. ee
Die auf Heidemooren mitunter Bestände bildende Form ist me
eine eigene Rasse (turfosa). ER
Birken und Populus tremula sind bisweilen in den Kiefernw
eingemischt; sie sind ja alle Lichtbäume ungefähr mit demselben I
bedürfnis*).
Die Arvenwälder (Cembreta oder Pineta cembrae) der Schw
sind in einem großen Werke von Rikli°?) behandelt worden, dann aı
!) Höck 189.
®2) Vahl 1911, 1914; Resvoll-Holmsen 1913.
3) Vahl 1911.
*) Über die Pineta silvestris vergl. z. B. Domin 1905b; G. Andersson
Hesselman 1907; Nielsson 1896, 1897a, b, 1902; Hesselman 1906; Birger
Tansley 1911; Vahl 1911;;Rübel 1913; Boris Keller; Graebner 1895, 1901,
1909, 1912; Hanna Resvoll-Holmsen 1914.
5) Rikli 1909.
76. Kap. Die immergrünen Nadelwälder 581
von Schröter, Rübel!) u. a. Nach Rikli sind sie jetzt von vielen Punkten
der Schweiz verdrängt worden.
Der Arvenwald ist dunkler als der Lärchenwald (Kap. 75) und be-
siedelt im Berninagebiete alten humosen Boden. Der Unterwuchs ist
besonders aus Kleinsträuchern und Zwergsträuchern gebildet (Cembretum
'ruticosum); verschiedene Facies kommen vor, so z. B. Vaccinieta
myrtilli, Rhodoreta, Junipereta, Arctostaphyleta uvae ursi, Calama-
rostideta villosae.
Von anderen europäischen Pineten könne noch hier die Pineta
montanae genannt werden, obgleich sie sicher zum größten Teile einen
‘sauren Rohhumusboden haben. |
Die Krummholzkiefer (Pinus montana)?) bildet in den Pyrenäen
d den französischen Alpen stattliche Wälder, sinkt aber weiter östlich
zu Gestrüpp (Krummholz, Legföhren-Gebüsch, Latschen) herab und muß
ich hier, von anderen Arten von den besseren Standorten verdrängt,
nit den dürftigsten Standorten begnügen. Sie ist ein schattenspenden-
jer Baum, obgleich nicht in so hohem Grade wie die Fichte (vergl.
P. E. Müller 1887), und der Boden ihrer Wälder bleibt daher pflanzenarm.
_ Merkwürdig ist, daß sie sowohl auf den trockensten und unfrucht-
jarsten Gebirgsabhängen als auch auf nassem Moorboden vorkommt, in-
lem sie an beiden Stellen Gestrüppe oder Buschwälder bildet (8.314). Unter
hr wachsen auf den Mooren teils Sträucher wie Ledum palustre, Andro-
meda polifolia, Calluna, Vaceinium uliginosum, V. myrtillus, V. vitis Idaea,
f. oxwyeoceus, teils niedrige Kräuter wie Eriophorum und Carex, Moose
wie Hylocomium, Dieranum und Sphagnum, ferner Flechten. Es ist
li eses ein Calluna-Moor (Kap. 86) mit Baumwuchs. Viele dieser Pflanzen
sind xerophil gebaut (vergl. Kap. 80). Auch die Kiefer (Pinus sil-
jestris) geht, wie bemerkt, in ähnlicher Weise auf die Moore hinaus.
Rs sind die genügsamsten, am meisten abgehärteten Pflanzen, sowohl
jaum- als auch strauchartige, die auf so extremen Böden wachsen
önnen®). Vergl. übrigens Kap. 88.
- Die südlicheren Pinus-Wälder haben wohl im allgemeinen trockene
;tandorte mit einer xerophilen Bodenvegetation, namentlich die großen
Wi der der Pinus Halepensis in Südeuropa, welche die Hülseneiche
Quereus ilex) auf Stellen, wo der Felsen ziemlich verwittert ist, ver-
ngen®). Mitunter sind die Bestände der Aleppokiefer sehr dicht
ıssin), so daß nur eine dürftige Grasvegetation gedeiht. Wo sie
ıter sind, dringen verschiedene Formationen in sie ein, so am Kap
ER EBTTTETRTT
1) Rübel 1913.
2) Vergl. P.E. Müller 1887; Ascherson ü. Graebner Synops. 1. u. 2. Aufl.
®) Vergl. Graebner 1895, 1898 ff.
*) Flahault 1893.
582 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Martin an der französischen Riviera die Cistus-Macchia usw., dort ge
die Bestände auch bis ans offene Meer, und völlig niedergedrückt s
sie mit Strandpflanzen aller Art gemischt.
Die Pineten von Pinus pinea im Mittelmeergebiet mit einer sehn
interessanten, teils sehr xerophilen, teils sumpfigen und sogar hal ile
Flora!) (Ascherson-Graebner, 1893) zeigen oft ein buntes Gemisch
laubwechselnden und immergrünen Sträuchern und Halbsträuchern, sow
ausdauernden und einjährigen Kräutern.
Die Pinares der kanarischen Inseln (Christ, 1885). Diese wä
bestehen aus Pinus Canariensis und kommen etwa von 1600 bis
2000 m Höhe besonders auf den trockneren, windigen und sonnigen .
hängen vor (der Lorbeerwald wählt den feuchteren Boden). P. Canaı
(der Pinar) hat einen kegelförmigen, bis zur Erde Zweige tragen
Stamm, 15 cm lange Nadeln, die in eleganten Bogen herabhängen.
hört keinen Vogelgesang in diesen Pinares, nur das Sausen des Wi
Die Bodenvegetation weicht wie der Hochwald selbst von unserer
dischen Natur stark ab; sie besteht besonders aus Cistus- und Gen
Arten, denselben xerophilen Gattungen, die in den mediterranen Maccl
eine hervorragende Rolle spielen, und ist ein Abglanz dieser Macchie
und der Garigues, gleichwie sie in den nordischen Wäldern wesentlic]
mit der Flechten- und der Zwergstrauchheide oder der Felsenflur
einstimmt. Außer den genannten Sträuchern sind Daphne gnü
Asphodelus ramosus, der Farn Notochlaena Marantae, zwei Adenoce
Arten (Leguminosen) u. v.a. häufig. Die Cedernwälder des Lib
Cyperns?) und Nordafrikas gehören auch hierher. Diese auf
trockenem Boden wachsenden Nadelwälder können jedoch kaum zu de
Serie der mesophilen Formationen gerechnet werden, eher zu der de
Hartlaubformationen (XIII, $ 104).
Auch weiter südlich in Afrika finden sich Nadelwälder. N
Engler kommen in vielen Teilen von Ostafrika in der obersten Wa
region eine baumartige Juniperus-Art vor, J. procera, dessen Stän
30 bis 50 m Höhe und unten nicht selten über 1 m Dicke erreich
sie bilden zusammenhängende Bestände oder werden wenigstens in
Waldbeständen herrschend. Die Art scheint eine geringe Feuchti
zu beanspruchen. In Natal kommen nach Bews Podocarpus-W
vor, diese gehören wohl, wie auch in Brasilien, den megathermen
bieten an.
Fichtenwälder (Piceeta). Die Fichte oder Rottanne (.
excelsa) gedeiht wie die Kiefer auf Boden von verschiedener Beschz
heit, ist aber bezüglich der Grundfeuchtigkeit doch anspruchsv:
!) Ascherson-Graebner 1893; Holmboe 1914.
®2) Holmboe 1914.
73 Kap. Die immergrünen Nadelwälder 583
Brockmann-Jerosch schreibt sogar von der Fichte am Puschlav, daß sie
_ ganze Hänge beherrscht unbekümmert um die Änderungen der ökologi-
T schen Bedingungen. Im allgemeinen muß man sie doch weit mehr als
h _ die Kiefer den mesophilen laubwechselnden Bäumen gleichstellen.
Die Fichte ist ein stark schattenspendender Baum, dessen Zweige
und Nadeln im Einklange hiermit viel länger sitzen bleiben als bei der
Kiefer (die Nadeln 8—13 Jahre) und dessen Krone die bekannte, dicht
geschlossene Kegelform erhält. Die Vegetation des Waldbodens stimmt
hiermit überein: Unterholz fehlt, der Boden ist in den dunkelsten Fichten-
wäldern oft ganz nackt; nur einige spärlich entwickelte Moose gedeihen
auf der dichten, meist mehrere Zentimeter (ja mitunter mehrere Dezi-
meter) dicken Nadeldecke, aus der sich jedoch im Herbste Scharen von
Hutpilzen entwickeln. Übrigens ist auch bei ihr die Bodenvegetation
nach den Standorten und den Alterszuständen der Bäume sehr ver-
chieden. Es finden sich z. B. folgende Subassoziationen:
Piceeta excelsae hylocomiosa. Wo das Licht reichlicher ist,
_ werden die Moose üppiger; die Bodenvegetation kann in guten Wäldern
eine zusammenhängende, dichte, gleichförmige, grüne, weiche Moos-
_ matte werden (meist Hylocomium-Arten, deren Polster lose auf dem
Boden liegen und einen von Regenwürmern bewohnten Humus ver-
hüllen, ferner Polytrichum, Dieranum usw.; diese beiden Gattungen
können jedoch auch Moosrohhumus bilden). In die Moosdecke und den
sen Boden sind oft viele Blütenpflanzen eingestreut, viele mit krie-
chenden Grundachsen (Oxalis acetosella, Trientalis Europaea, Ütrcaea,
| Vaceinium myriillus, V. vitis Idaea, Anemone-Arten, Viola silvatica,
| Listera cordata, Linnaea, Pirola-Arten, Farne, Bärlappe usw.). Diese
Pflanzen sind teilweise ausgeprägte Schattenpflanzen, einige zugleich
Saprophyten (Monotropa, Goodyera u. a.).
x Ein Piceetum sphagnosum wird von Boris Keller von Altai an-
geführt; es ist vielleicht ein zugrundegehender versumpfender Wald,
wie solche von Nordschweden bekannt sind und auch im Gebiete der
Lüneburger Heide beobachtet sind. Piceeta excelsae herbida mit
vielen Kräutern, z. B. Matten von Oxalis acetosella oder Piceeta ex-
celsae graminosa mit dichten, weichen Grasteppichen namentlich aus
4era flexuosa sind besonders in jüngeren Beständen oder in lichteren
Gebirgswäldern zu beobachten (letztere mit zahlreichen Übergängen der
Flora zu der der Misch- und Laubwälder). Für die Flechten ist der
_ Fiehtenwald meist zu dunkel, weder Boden noch Stämme sind mit ihnen
bekleidet; eine Ausnahme bilden jedoch Wälder mit magerem Boden
| und höhere Gebirgswälder, wo besonders Usnea in langen Bärten von
I den Zweigen herabhängt und dem Walde ein eigentümliches Gepräge
verleiht (Blytt).
Ense een
584 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Piceeta excelsae fruticosa. Im nördlichsten Europa sind &
Verhältnisse oft anders: der Boden wird mehr von den xeroph
Zwergsträuchern des Kiefernwaldes bedeckt, es kann sich ein Unter
von Salix, Betula, Alnus, Sambueus nigra:usw. entwickeln, und Fleece
sind vorhanden, obgleich spärlich.
Piceeta excelsae vacciniosa mit reichlichen Moosen sin
Skandinavien sehr verbreitet!).
Die dichten Fichtenwälder halten natürlich die Feuchtigkeit
besser fest als die Kiefernwälder, und sind von den Niederschl
weniger abhängig als diese. Rohhumus kommt auch nicht selte
Fichtenwäldern vor; die Bodendecke der Fichtennadeln kann von deı
feinen Fichtenwurzeln durchwebt sein und einen Torf bilden, u
welchem Bleisand und Ortstein auftreten, ganz wie in der Call
Heide oder im Buchenwalde. Der Fichtenrohhumus ist heller und & n
fangs weniger fest als der Calluna- oder der Buchenrohhumus?), späte e
kann er sich zu sehr festem Torf verdichten. In den feuchten Klim
bringt es in den Beständen der Ebenen die Rohhumusbildung und die
damit Hand in Hand gehende Bodenverdichtung also der Luftabs
mit sich, daß jede folgende Fichtengeneration immer flacher wurzelt
die vorhergehende. An Orten, wo die alten Bäume bis weit über
tief wurzelten, dringt die zweite Generation kaum mehrere
ein, die dritte streicht mit ihren Wurzeln ganz flach?). x
Die Fichte bildet aus den niederliegenden Zweigen, die ‚oft
umher liegen, öfter Beiwurzeln und neue Gipfelsprosse. Daher
sie vielstämmig werden und Gestrüppe bilden (J. M. Norman). Sie I
hierin vor der Kiefer etwas voraus; während diese die Bauform behäl
bis die Verhältnisse ihrem Wachstum eine Grenze stecken, geht
Fichte in Lappland in der Gestalt von verkrüppelten und niederlie
den Formen über die Waldgrenze hinaus (Kihlman); sie tritt in di
Formen auch an dem norwegischen Meeresufer auf (Blytt).
Die Omorica-Wälder von FPicea omorica in entlegenen
der Balkanhalbinsel sind besonders von Beck*) und Adamovi6?)
sprochen und abgebildet.
Tannenwälder. Abieta. Abies alba (A. pectinata), die Edelt
bildet im mittleren und südlichen Europa in den Gebirgen oft
gedehnte hohe Bestände, deren Boden mitunter sehr feucht ist.
1) Statistik bei Vahl 1911.
2) Über Fichtenrohhumus siehe P. E. Müller 1887 a; Grebe 1896; v. Ben
bei Graebner 1904; Erdmann 1904.
®) Graebner in Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwes. und 1909.
*) Beck 1901.
5) Adamovic 1909a, b.
- 76. Kap. Die immergrünen Nadelwälder 585
vielen Gebirgen, wie in dem sächsisch-böhmischen Sandsteingebirge, im
_ Riesengebirge, im Harz, in Thüringen usw. ist die Tanne meist mit der
Fichte gemischt, in anderen Gebirgen wiegt die Tanne auf weite Strecken
_ vor (Schwarzwald). Beide scheinen nicht an besondere Bodenarten ge-
u bunden zu sein und treten oft miteinander in Konkurrenz.
#
Taxus baccata ist in England oft häufig in Buchenwäldern, bildet
5 ‘doch auch an einigen Stellen kleine eigene Assoziationen auf ähnlichen
& - Verhältnissen wie die Buchenwälder (Tansley). Auch in Deutschland
s gab es ausgedehntere Bestände von Taxus, meist mit Laubholz gemischt,
_ die aber meist der Axt zum Opfer gefallen sind. Noch jetzt enthält der
Zießbusch in Westpreußen einige 1000 Stämme und auch in den Mittel-
% gebirgen (Fränkischer Jura usw.) findet man Eibenbestände').
® Die ausgedehnten sibirischen Nadelwälder müssen hier über-
® gangen werden. Einige Worte wurden bereits von ihnen gesagt. Nach
Cajander sind die Wälder an der Lenamündung sehr feucht und reich
2 an Epiphyten.
DI
Gemischte Wälder. In vielen Nadelwäldern sind mehrere Arten
miteinander gemischt, besonders, wie es scheint, je weiter man in
Europa nach Osten geht (vielleicht weil das Land hier länger als in
den nordwestlichen Gegenden bewachsen gewesen und weil die Arten-
wanderung großenteils von Osten nach Westen vor sich gegangen ist).
E russischen Gouvernement Perm z. B. sind unter anderem Larix
Be rr3ca, Pinus cembra, Abies Siberica nebst Laubbäumen den von der
a Fichte (Picea excelsa und P. obovata) gebildeten Wäldern beigemischt.
& Das Gepräge der Bodenvegetation hängt wie sonst von den Lichtver-
‚hältnissen und dem Alter des Waldes ab; man findet dieselben Moos-
Auch die nordamerikanischen ungeheuren Nadelwälder müssen
ji hier unberücksichtigt bleiben. Über die Abies- und Pinus-Wälder Nord-
* _ amerikas, deren nördlichste auf Eisboden wachsen und deren Physio-
. gnomie teilweise von der der europäischen Nadelwälder abweicht, vergl.
= Mayr und viele nordamerikanische Verfasser.
N Viele amerikanische Pinus-Arten und andere Nadelhölzer kommen
_ an edaphisch und klimatisch sehr verschiedenen Lokalitäten vor, was in
_ der Zukunft näher zu studieren sein wird.
: Bilder von den verschiedenen Arten finden sich an vielen Stellen, z. B. in Karsten
u. Schenck, Vegetationsbilder IX 1—2; Purpus 1907; Sargent; Cowles; Harshberger
1914 u.a.
%
1) Vergl. Conwentz 1912; Ascherson-Graebner Synopsis I (1. u. 2. Aufl.).
586 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Von anderen Nadelwäldern, welche den mesothermen Klimaten ZU-
gerechnet werden müssen, aber des Zusammenhanges wegen hier an-
gefügt werden können, kann an folgende erinnert werden:
Araucarienwälder. In Brasilien kommen ungefähr vom We
kreise ab und weiter südlich in Rio grande große, fast reine Pinhei
Wälder der Araucaria Brasiliensis, vor. Dieser breitnadelige Baum
eine dunkelgrüne, pinienförmige Krone (vergl. Martius). Lianen fehlen.
Daß sich die tropische Natur hier geltend macht, z. B. durch das
treten epiphytischer Blütenpflanzen, ist natürlich; auch in anderer W
z. B. durch Sproß- und Knospenbau, weichen sie von den Nadelhöl
der gemäßigten und kalten Klimate ab. Der Waldboden kann
niedrigem Gesträuch mit Gräsern und Stauden oder von hohen St
chern und kleinen Bäumen bedeckt sein!).
Die Araucarienwälder in Chile werden von A. imbricala geb
Diese Art wird 60 m hoch mit Stämmen von 2—2,5 m Durchme
In geschlossenem Bestande und dem Winde ausgesetzt, reinigt sie
frühzeitig; die Krone auf dem langen kahlen Schaft, wird schirmförm
und ist oft völlig flach. Die Wälder bilden die obere Baumgrenze, voı
1000—2000 m; in tieferen Lagen nehmen sie krüppelhaften Wuchs an
Nach dem anatomischen Baue der Blätter muß A. imbricata als eim
ausgesprochen xerophile Pflanze betrachtet werden. Im Inneren des
Waldes herrscht ein lichter Schatten; die große Trockenheit der Luf
bedingt den fast vollkommenen Mangel einer Lianen- und Epiphy
vegetation. Die Bodenvegetation wird teils von Holzpflanzen (Arte
von Nothofagus, Embothrium, Colletia, Ribes, Escallonia, Berberis u. a.)
gebildet, teils von einer ziemlich reichen krautartigen Vegetation.
Podocarpus-Wälder kommen nach Fiebrig?) in Bolivien in
unteren Teil der alpinen Höhenstufe vor. Stattliche Wälder, bis 1
hoch, fassen auf den steilen Wänden der Abhänge Fuß; wo sie
deihen, da ist Feuchtigkeit vorhanden, da ist der meist felsige Bo
- reichlich mit Wasser durchtränkt, und der Wald selbst vermehrt dı
seinen Schatten und durch das Zurückhalten des Regens die Feuch
keit und schafft dadurch auch eine feuchte Atmosphäre. Eine
Anzahl von Lianen aus den Familien der Vitaceen, Cucurbitae
Asclepiadaceen, Convolvulaceen, Leguminosen, Dioscoreaceen verf
die Bäume; auf dem Boden gedeihen eine große Anzahl von Kräuterr
darunter dem Feuchtigkeitsgehalt entsprechend auch viele Farne. E
ist dieses also ein Nadelbergwald, der auch etwas von dem Chara
des tropischen Regenwaldes in sich birgt. In dem tropischen Tie:
kommen wohl keine Nadelwälder vor.
2) Schenck 1903a; Dusen und Neger 1908.
2) Fibrig 1910.
77. Kap. Subtropische und tropische Grasfluren und Wiesen 587
% Kap. Subtropische und tropische Grasfluren und Wiesen
4 In den warmtemperierten und tropischen Tiefländern sind natür-
_ liche Grasfluren sicher sehr selten. Der Wald hat wohl immer die für
ihn geeigneten Standorte eingenommen, und wo jetzt Wiesen vorkommen,
a sind sie gewiß meist Kulturprodukte, ausgenommen vielleicht in manchen
a nanegetieten der Flüsse, in denen die starke Strömung
_ den Baumwuchs ähnlich wie in den gemäßigten Klimaten hindert.
& In Brasilien kommen sehr oft Grasfelder vor, die einen äußerst
- dichten Bestand der klebrigen Melinis minutiflora (Tristegia glutinosa,
„Capim gordura“) aufweisen. Einige wenige andere Pflanzen, darunter
_ auch strauchartige, können eingestreut auftreten; aber jenes Gras
herrscht vor und verleiht der Landschaft zur Blütezeit eine rotbraune
Farbe. Es sind diese „Capim gordura“-Felder immer Kennzeichen eines
alten, jetzt entblößten Waldbodens)!.
In Westindien kommen ebenfalls Grasfluren vor, die teils aus
14 wilden Arten, teils aus eingeführten Panicum- und Paspalum - Arten,
x ferner aus Avena (Arrhenatherum) Domingensis, Pennisetum setosum,
Sporobolus u. a. bestehen; den Gramineen sind einige Cyperaceen bei-
& gemischt, z. B. Arten von Kyllingia und Frimbristylis. Zwischen dem
_ Grase wachsen Cassia-Arten, Sida-Arten, Cipura und andere Kräuter
& und kleine Sträucher. Die Sträucher würden die krautartige Vegetation
. "bald verdrängen, wenn man sie nicht regelmäßig abschnitte. Diese
14 Weiden findet man auch auf altem Waldboden; sie waren auf den
“ Inseln ursprünglich nicht vorhanden.
& Im Kaplande kommen Wiesen vor, welche nach Marloth den
_ europäischen sehr ähnlich sind; auf den tonigen, feuchten Flächen hat
sich eine Vegetation entwickelt, welche meist aus Süßgräsern und Cy-
3 peraceen besteht, zwischen welchen sich zahlreiche andere Kräuter,
darunter auch Zwiebel- und Knollengewächse entwickelt haben. Viele
schöne Monokotylen in ungeheurer Zahl, Tausende des prächtigen Ornz-
thogalum thyrsoides, Drosera-Arten usw. wachsen dazwischen.
Die Sandwichinseln weisen ungewöhnlich ausgedehnte Gras-
_ fluren auf, die nach Hillebrand von Paspalum, Panieum und außerdem
besonders von dem vor wenigen Jahrzehnten eingeführten Oynodon dac-
yon gebildet werden; sie sind also jedenfalls vom Menschen bedeutend
_ verändert worden und verdanken ihr Dasein wohl ganz der Kultur.
$ Sie werden als „dichte Matten“ beschrieben.
In Australien scheinen von der jungfräulichen, unberührten
- Natur gebildete Grasfluren vorzukommen, die teils aus Gräsern, wie
Poa, Glyceria, Briza, Festuca und Panicum, teils aus Liliaceen u. a.
Een rt
Ei, ee Een nn Zr urn
ar A .: 5 ee +
=
1) Warming: 1892.
588 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
zusammengesetzt sind. Besonders häufig ist das Känguruhgras (A)
stiria eiliata und A. imberbis), das im Blattbau an unsere Wiesengr
erinnert. Jedoch zeigen diese Grasfluren teilweise die Beschaffenhe
der Steppen. :
78. Kap. Subtropische immergrüne Laubwälder
Immergrüne Laubwälder kommen besonders in den regenreic
warmen Tiefländern der Tropen vor („tropische Regenwälder“), f
an mehreren Orten in gewissen Höhen der Gebirge und an den südw
lichen feuchten und regnerischen Küsten Südamerikas sowie den
sprechenden Gegenden von Neuseeland. Zwar treten in vielen
Wälder Arten auf, die eine kürzere oder längere Zeit ganz entla
sind; aber bei den meisten Bäumen bleiben die Blätter bis nach der näe
sten Belaubung oder jedenfalls länger als 12 Monate sitzen (s. S. 6
Da trockenere Zeiten in den meisten Gegenden zu einer oder
anderen Zeit des Jahres eintreten können, und da die Blätter länger
ein Jahr ausdauern, es selbst in dem Gebiete des tropischen R«
waldes, z. B. auf Java, Tageszeiten geben kann (vormittags, bi
Regen etwa um 2 oder 3 Uhr nachmittags einsetzt), an denen die]
relativ trocken ist und die Transpiration gefährlich werden kö
(Haberlandt), so sind die allermeisten Blätter des immergrünen
waldes auf eine oder die andere Art gegen zu starke Transpiratio
schützt. Das Blatt ist daher keineswegs so gleichförmig gebaut, wi
den Laubwäldern der gemäßigten Gegenden. Es ist von derber, ı
oder weniger lederartiger Konsistenz und nähert sich auf verschiec
Weise dem eigentlichen Hartlaube. Es ist gewöhnlich ganzrandig
oft ganz ungeteilt von elliptischer, lanzettlicher oder ähnlicher Form.
wendet wohl immer die Fläche dem zerstreuten Lichte zu. Gewöhn
ist es unbehaart, doch finden sich auch Blätter, die an der Untersei
mit einem dichten Haarkleide bedeckt sind (z. B. Saptacen).
In den immergrünen, subtropischen und tropischen Laubwi
finden Laubfall und Belaubung nicht so allgemein und gleichzeitig
wie in den gemäßigten Gegenden; der damit einhergehende Wech
der Blattfarbe fehlt. Indem das Laub älter wird, fällt es allmählie
jedoch vorzugsweise in gewissen Monaten, in dem mittleren Bra
z. B. in den Monaten Juli, August und September. Der Wald ha
ganze Jahr eine dunkler grüne Farbe, als unsere Wälder sie in der
zeigen; obgleich einzelne Arten zu der Zeit ihrer Belaubung eine bes
_ ders auffallende Farbe aufweisen (gewöhnlich sind die jungen Blätter :
braun), verlieren sie sich in der Menge der übrigen Arten. Knos
schuppen fehlen gewöhnlich, jedenfalls in dem tropischen Regenwa
1) Vergl. Warming 1892.
8. Kap. Subtropische immergrüne Laubwälder 589
- Da die Laubblätter vermutlich das ganze Jahr tätig sein können
einige Arten bilden fast während des ganzen Jahres neues Laub), ist
es leicht verständlich, daß es der Pflanze möglich wird, viel mehr
plastisches Material hervorzubringen, als unsere laubwechselnden Bäume
ss tun können; darauf beruhen das rasche Wachstum und die riesige
Größe vieler tropischen Bäume.
_ Typen der mesophilen oder hygrophilen immergrünen Laubwälder
sind folgende: die subtropischen immergrünen Laubwälder, z. B. der
a irische Lauraceen-Wald (der jedoch vielleicht zu den xerophilen
Wäldern zu rechnen ist) und die tropischen Regenwälder, außerdem
inige besondere, von bestimmten tropischen Pflanzenformen gebildete
Välder, z. B. Palmenwälder, Farnwälder.
Wie es auf der einen Seite unmöglich ist die mesophilen Laub-
er von den echten Hartlaubwäldern zu trennen, so ist es auf der
eren Seite auch nicht möglich, eine scharfe Grenze zu ziehen nach
; Seite der auch Feuchtigkeit liebenden mikrothermen Wälder, in
en nen der Boden Rohhumus oder Humustorf bildet. Die antarktischen
Yälder Südamerikas und Neuseelands werden unzweifelhaft, jedenfalls
ei weise, am richtigsten zu den letzteren gerechnet.
. Subtropische hygrophile immergrüne Laubwälder. Die Laura-
en-Wälder der Kanarischen Inseln hat Christ!) geschildert. In
FE Wolkenregion, wo sogar im Sommer täglich dicke Nebel lagern,
entwickeln sich die Lorbeerwälder besonders in Tälern und Klüften.
De: E Roden bedeckt sich mit einem dichten grünen Teppiche von Farnen
nd Moosen. Die Wälder bestehen aus Bäumen der Lorbeerfamilie
Persea Indica, Laurus Canariensis, Ocotea foetens, Phoebe Barbusana),
onen Ilex Canariensis, Erica arborea, Myrica faya usw. reichlich bei-
scht sind. Das Unterholz wird von großblättrigen Sträuchern wie
Aven von Ilex, Rhamnus glandulosa, Viburnum rugosum u. a. gebildet
ı Lianen treten z. B. Smilax-Arten auf. Die Blätter gehören be-
onders zur Lorbeerform, d. h. sie sind ungeteilt, unbehaart, ganzrandig,
ost und lederartig; aber auch andere, rein xerophile Typen beobachtet
Pr Die Knospen haben gewöhnlich Knospenschuppen. Nur wenig
ic it dringt zum Boden hindurch. Ein eigentümlicher, tief grüner
hatten herrscht in dem Walde unter dem Dache der Lauraceen-Bäume.
Tar ade hier eine Frische und Luftfeuchtigkeit, die zu der glühenden
ze der offenen Abhänge in starkem Gegensatze steht, welcher durch
vom Waldboden ausgehenden Erd-, Moos- und Veilchengeruch ver-
tärkt wird. Der Waldboden ist fast allein von einer überwältigenden
Farnmenge bedeckt und erinnert dadurch an die Wälder auf Neu-Guinea
1) Christ 1885, 8. 481.
590 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
und anderen Inseln des stillen Ozeans; im übrigen ist er an Kräutern
arm. Durch allmähliche Übergänge sind diese Wälder mit den xerophiler
Macchien verbunden. a
Derselbe Waldtypus findet sich auf Madeira!) und vers |
tropischen Hochländern, z. B. Ceylon. Marloth gibt eine meister
Schilderung des Knysnawaldes im Kaplande?). Be:
Es schließen sich hieran verschiedene Coniferenwälder, z. B
Araucariaceen-Wälder, die jedoch nicht nur physiognomisch sondern
in anderen Hinsichten bedeutend abweichen (erwähnt 8. 586.
Auch die in den regenreichen Gegenden von Südchile, Patag
und Neuseeland vorkommenden an Farnen, Moosen und anderen
togamen reichen immergrünen Wälder schließen sich nahe an, sind
entschieden oxylophytische Wälder mit torfigem Boden, was bisher
von den Lorbeerwäldern und Araucarien-Wäldern angegeben wird,
für die ersteren, soweit sie von uns selbst beobachtet werden Et:
auch sicher nicht zutrifft. /
Zu den subtropischen Regenwäldern gehören Wälder in Fl
wo Schimper den Wald vorzugsweise aus einer immergrünen Ei
Quercus virens, zusammengesetzt fand, neben welcher Arten
Magnolia, Palmen u. a. auftraten. rn Harper?) sind die dortige
immergrünen Wälder von Arten von Persea, Magnolia, Quercus, Tlex u
gebildet mit einer Untervegetation von immergrünen Sträuche:
Kräutern. Hieran schließen sich ähnliche Wälder in Mexiko. e
Ähnliche Wälder finden sich weiter in den Bergen tropischer |
biete im Wolkengürtel derselben. Hierzu wären die Farnwälder
Jamaika und anderen westindischen Inseln zu rechnen.
Das ozeanische Klima begünstigt immergrüne Baumvereis
Wir finden daher solche z. B. an den Küsten von Chile und auf
Juan Fernandez Inseln. Hauman Merck schildert die Flora der rı
waldähnlichen Wälder in den Bergen von Valdivia (40° s. B.), die s
durch großen Reichtum an Pflanzen auszeichnen, darunter Lian
Epiphyten und viele Hymenophyllaceen, mit ihren durchscheine
Blättern, die stets von Wasser triefen; auch Basidiomyceten
sich veichBeh
Der antarktische Wald in Patagonien geht weiter nördlich. in
subtropischen Regenwälder über und wird dabei artenreicher. 1
Epiphyten und Bambus wachsen hier in Menge und so zeigt der
arktische Wald schon die Übergänge zum tropischen Regenwalde.
chilenische Regenwald zeigt noch Arten von Nothofagus, aber mit i
!) Vahl 1904b; vergl. auch Engler, Afrika I: 863; Svedelius 1907.
2) Marloth 1908.
®) Harper 1911.
78. Kap. Subtropische immergrüne Laubwälder 591
wachsen zahlreiche andere Arten, wie z. B. Laurelia sempervirenz, Dri-
_mys Chilensis, Persea lingue und Podocarpus nubigena. Unterholz ist
reichlich. Unter den Epiphyten sind neben Moosen und Farnen zwei
Gesneraceen, Sarmienta repens und Mitraria coccinea und auch zwei
Arten von ZLuzuriaga gemein. Im Gegensatz zum tropischen Regen-
_ walde sind die Blätter der meisten Bäume aufwärts gerichtet und leder-
artig, während Träufelspitzen selten sind').
we Im Regenwalde von Juan Fernandez haben nach Johow?) die
_ Stämme lederartige oder häutige Blätter ohne Träufelspitzen; Lianen
sind selten; epiphytische Farne sind häufig und im Unterholz leben viele
Farne. Ehrlich Schilderung von diesen bergigen Inseln im indischen
Ozean an den Küsten Chiles geben Skottsberg sowie Dusen und Neger?).
_ Besonders wird der große Reichtum an Farnen hervorgehoben, Farn-
_ bäume von Dieksonia Berteroana von 6—8 m Höhe und einem Stamm-
_ durchmesser von fast 1 m. Skottsberg bezeichnet diesen Regenwald
jedoch nicht als subtropisch, sondern als warmtemperiert, von aus-
gesprochen xeromorphem Bau, dabei stellt er aber keinen Hartlaubwald
dar. Alle echten höheren Epiphyten und Lianen fehlen. Der Boden ist
nach Skottsberg von tiefem, feuchtem und reichem Humus bedeckt, und
Moosdecken bekleiden die Baumstämme.
ir Diesen chilenischen Wäldern schließen sich dann die echten tro-
pischen Regenwälder an. Bis nähere Untersuchungen namentlich über
die Beschaffenheit des Humus vorliegen und bis wir über die Ökologie
der Pflanzen in den patagonischen, südchilenischen und tropischen
_ Regenwäldern genauer unterrichtet sind, wird es unmöglich sein, sie
1 htig ökologisch voneinander zu scheiden.
B; Im äußersten Norden von Neuseeland kommen noch Regenwälder
H vor, wie sie sonst die Nordinsel überwiegend bedeckten, und zwar in
mehreren Assoziationen, den lokalen ökologischen Verhältnissen ent-
sprechend. Die Kauri ee australis), Beilschmidia, Lauraceen u. a.
en diese fast subtropischen*) Wälder.
3 Farnwälder. Baumfarne sind abhängig von feuchter Luft; sie
‚sind die Anzeiger dafür, daß die Luft dauernd mit Wasenlanpt ge-
füllt ist und daß das Klima gleichmäßig ist. Die Wälder in Neuseeland,
Australien und Tasmanien sind reich an Baumfarnen; dort bilden sie
stellenweise mit anderen Farnen und dünnblättrigen Kränkörn die Haupt-
masse der Vegetation. Auf einigen der höheren westindischen Inseln,
2.B. auf Jamaika, welches außerordentlich reich an Farnen ist, findet
») Philippi 1858; Neger 1897 a, b, 1901.
2) Johow 1896.
®) Skottsberg 1914; Dusen und Neger 1908.
*) Cockayne 1908.
592 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
man in einer gewissen Höhe der Gebirge, besonders in der Nebelre
eine Pflanzenformation, die man Farnwald nennen kann, in denen
tungen wie COyathea und Alsophila vorkommen. Im südwestlic
Zipfel Englands (Lizard) hat man in Waldlichtungen zwischen E
vor langen Jahren Baumfarne angepflanzt, die sich selbständig \
rend, dort sich völlig einzubürgern scheinen. — Vielleicht g
Farnwälder ein Bild eines der ältesten Typen der Waldveget
Baumfarne sind oft sehr reichlich in subtropischen Regen
die in einer gewissen Höhe tropischer Gebirge ee - ;
dann die tropischen Regenwälder ersetzen. e
Subtropische Regenwälder kommen nicht nur an den
Monate sehr stark ist und in Regionen, wo der Winter mehr
regenlos ist, trotzdem im wesentlichen der ganze Regenfall
letzteren Regionen findet man an den Ostseiten aller Kont
in den Vereinigten Staaten, in Südbrasilien, im östlichen
australien bis Tasmania, in Südchina und Südjapan. In Be
überwiegt, wie Schimper?) auseinandersetzte, der subtropise ‚
dort, wo die jährliche Regenhöhe groß ist, während Sa
Savanne trocknere Länder bewohnen. An solchen (
Regenwald sich dem tropischen an Üppigkeit nähern®).
79. Kap. Tropische Wälder
Es gibt verschiedene Typen von tropischen Wäldern
einem Kapitel vereinigt werden mögen.
Laubwechselnde Wälder kommen in den Ton
vor, nähern sich jedoch gewiß stets den xerophilen Laubw
findet z. B. im Inneren von Brasilien auf Kalkfelsen W
vorherrschende Arten (Mimoseen) das Laub in der trocken
lieren, so daß die Lichtverhältnisse im Walde ganz andeı
Besen werden; aber viele andere Bäume bleiben belaubi
von den oft dem und brennenden Sträuchern und
Unterholzes und des Waldbodens®). Es ist dieses ein
dingter Trockenwald. “
1) Vergl. Hochstetter 1863; Tennison-Woods in Nature XXI; Cocke
1896, 1905.
?) Schimper 1898.
®) Rein 1881; Mayr 1890.
*) Warming 1892.
79. Kap. Tropische Wälder 593
Anders verhalten sich z. B. die Monsunwälder der Tropen,
regengrüne, durch lange Trockenheit laubwechselnde Wälder, welche viel
weniger reich als die tropischen Regenwälder sind. Hierher gehören
ein
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Fig. 273. Boden des Urwaldes zwischen Tjibodas und Kandangbadog auf Java,
ca. 6500° über dem Meere. (Phot. Hjalmar Jensen.)
innen iind > uam
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 38
594 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
z. B. die indischen und ostasiatischen Teakwälder'!). Büsgen?) schilde
und bildet ab den javanischen Teakwald; ein Drittel der Wälder Jav
sind reine Bestände des Teakbaumes, Tektona grandis. Er bevorzugt
Gegenden, in denen ein ausgesprochener Wechsel zwischen trocke
ÖOstmonsun und sehr regenreichem Westmonsun vorhanden ist.
heißen Ebenen und niederen Hügel sind auf weite Strecken :
förmigem Teakwalde bedeckt. In der Trockenzeit stehen die
ganz kahl. Sie gedeihen sowohl auf tonigen als nn E
durch die ‚große Menge epiphytischer Farne und Blüten iR 1 n =
durch die Loranthaceen, die auf den entblätterten Zweigen
bei uns die Misteln im Winter aussehen.
Die tropischen immergrünen Regenwälder. Rings um
wald ist natürlich jeder jungfräuliche Wald, dessen u
Beschaffenheit dadurch bewahrt ist, daß ein Eingriff des 1
nicht oder nur in unmerklichem Grade stattgefunden hat.
bleiben stehen, bis ihr Leben von selbst oder im Kampfe n
barn aufhört, bis der tote Körper zu Boden sinkt, verwe
Stelle offen läßt, welche ein Kampfplatz für andere Arten
ziemlich gleichmäßige Wärme horncht, wo von der hoch.
mel stehenden Sonne ein Lichtmeer- herabflutet, und wo die
aufsteigenden, mit Wasserdampf gesättigten Luftmassen bei i
dehnung und Abkühlung in den höheren Luftschichten tägli h
tigsten Niederschläge hervorrufen®). Hier steigen zwischen den
der Bäume häufig warme Nebel auf, Wassertropfen triefen
zu gewissen Jahreszeiten während des größten Teils des Tages
Blättern, und die Luft kann fast mit Wasserdampf gesättigt
Buitenzorg auf Java ist die Luftfeuchtigkeit etwa von 2—3 Uh
') Vergl. Kurz 1875; Schimper 1898; Brandis 1898; Karsten 1908b.
?) Büsgen, Jensen und Busse, 1905, in Karsten und Schencks Veg
bilder III 3.
3) Über physiologische Beobachtungen über Feuchtigkeit, Transpiration
dem Regenwalde Jamaikas siehe Forrest Shreve 1914.
79. Kap. Tropische Wälder 595
mittags bis nächsten Vormittag ungefähr 95°/o); wochenlang sinkt sie
nach Giesenhagen nicht unter 90°/o. Die somit über das ganze Jahr
regelmäßig verteilte Regenmenge kann auf mindestens 200—400 em
Fig. 274. Vegetation an dem Ufer einer Igarape in der Nähe von Braganza (Amazonas).
(Phot. J. Huber.)
38*
596 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
angenommen werden. Die jährliche Regenmenge wird angegeben: f
Buitenzorg zu 499 cm, für Kamerun 388 em, für Ceylon 240—384
Für Mitteleuropa ist sie ungefähr 50—100 em. Eine Trockenzeit kom
auf großen Strecken überhaupt nicht vor, und dauert, wo sie eintt
höchstens wenige Monate. Wo dies der Fall ist, wird immerg
Wald an die feuchten Flußufer gebunden sein (als „Galerie:
Schweinfurths).
Der Waldboden dieser Regenwälder ist sicher immer ein mi
nährstoffreicher Humus, schwarz und porös, mit verwesenden Res
Zweige, Blätter und Früchte erfüllt und wird vermutlich von
durchwühlt. Jedoch ist die Humusschicht nicht so dick, wie m:
annimmt; viele Meter dicke Humusschichten sind nicht die Reg
Reinhardt u. a.). Während einige den Boden als immer durch un
naß ansehen, sagen andere und sicherlich mit mehr Recht, d
Regen in ihm wegen der Porosität bald hinabsickert. Auf Samoa
es nach Rechinger Regenwald mit humusarmem Boden. re
Unter solchen Verhältnissen muß sich die Pflanzenwelt
Fülle und Mannigfaltigkeit wie nirgends sonst entwickeln. Di
milation der Laubblätter kann durch das ganze Jahr vor sich ge
Der tropische Regenwald ist der Höhepunkt der Entwicklung der V
tation auf der Erde. Er hat namentlich folgende Eigent
Die Ausnutzung des Raumes. Es gibt Vereine, der
stark besetzt ist. Man findet gewöhnlich so viele Stockwerke derP!
das Ganze beinahe ein zusammenhängendes Wirrwarr ist (S. Fig
Die Unordnung ist für den tropischen Regenwald äußerst charakt
Es gibt einen „Wald über dem Walde* sagt Humboldt treffend.
dem höchsten Stockwerke der Bäume, daß sich mit schlanken,
zweiglosen Stämmen vielleicht bis zu 40—50 m Höhe und höher eı
wachsen andere Bäume von mittlerer Größe, welche die Zwei
Stockwerkes erreichen; unter ihnen wieder andere: schlanke, d
“ mige, niedrige Palmen, Baumfarne usw., und zwischen diesen Stri
und Halbsträucher der Urticaceen, Piperaceen, Myrsinaceen, R
Acanthaceen, Melastomataceen u. a: Mächtige, 4—-5 m hohe Krä
von den Typen der Seitamineen und der Araceen sind eingestreu
afrikanischen Wäldern kommen auch hohe Gräser und Cyperaceen
ist noch eine Stelle auf dem Waldboden übrig, wohin Licht herabdr
kann, so wird sie von dunkelgrünen Farnen, Selaginellen, Moos
und ähnlichen Schattenpflanzen eingenommen. Der Raum wird au:
und zwar vorzugsweise von hohen „Phanerophyten“ (Fig. 273, 274
dem javanischen Vulkane Gedeh, sagt Domin!), ist die jährliche
menge fast 500 cm; es ist hier schwer, Etagen des Waldes zu untersche
2) Domin 1913.
"XI esımousorsÄyd 'qe] Sure - uppzinnypaıg yım aumeg ‘seuozeuy sep omg we pfeman) 'Cız "did
3)
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598 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
der Raum wird vom Boden bis zu den Gipfeln des Waldriesen m
oder minder erfüllt, es herrscht hier tatsächlich ein wahrer „h
vacui“, wie Junghun treffend gesagt hat. In anderen Wäldern
man aber bestimmte Etagen gefunden; z. B. fand Burkill im Ost-Hir
laya in den Regenwäldern drei Stockwerke, einen obersten von B
riesen mit relativ kleinen Blättern und Windverbreitung der Sa
einen mittleren von großblättrigen kleineren Bäumen und zur
schleppung durch Tiere angepaßten Früchten resp. Samen, un
Bodenvegetation, in welcher die Pflanzen nicht so großblättri
ausgenommen die längs der Waldwege. Die Lichtstärke in «
diesen Wäldern fand er bis auf 0,005—0,002 des vollen So:
reduziert.
Es gibt jedoch auch Urwälder, in denen der Boden fast ganz
ist; Martius hat ein ausgezeichnetes Beispiel aus dem Tie
Amazonas in seinen „Tabulae physiognomicae* abgebildet (Fig. 2'
solchen, wie in den anderen Regenwäldern, wird der schwarze Hu
Bodens von abgefallenen, verwesenden und feuchten Blättern, Zx
Fruchtresten u. ähnl. bedeckt, zwischen denen nur noch Sap 2
der bizarrsten Gestalten (Burmanniaceen, Pirolaceen, Gen
vergl. S. 297) oder Wurzelparasiten (Rafflesiaceen, Balanoph
Platz finden. Große Hutpilze sind indessen selten.
In den tropischen Regenwäldern kommen nicht nur
Anzahl von systematischen Typen vor, wie Palmen, Seitam
busen, welche an die Tropen gebunden sind, sondern auch
eigentümlicher epharmonischer Lebensformen.
Äußerst charakteristisch und zahlreich wegen der gro
feuchtigkeit in allen Regenwäldern sind die Scharen der E;
(S. 288), welche Stämme und Zweige, jedenfalls in den
Bäume, wo die Lichtmenge hinreichend ist, bedecken Orchidacee
Bromeliaceen (Fig. 276), Piperaceen u. a. Blütenpflanzen, i
-und Afrika auch Cactaceen (Rhipsalis), ferner Farne, Moose us
Bäume in den Wäldern der javanischen und der molukkanisch
region sind in einen durchnäßten Moosfilz, bisweilen hoch )
die Kronen, eingehüllt, der selbst dicker als die Stämme sein ‚kaı
ihnen ein sonderbares, dunkles Aussehen verleiht (Fig. 278). Von
sind hier namentlich die moosähnlichen Hymenophyllaceen heimisch, die
ihrem anatomischen Bau „wahre Nebelpflanzen“ darstellen (Fig. 277)
den beständig von Regenwolken umhüllten Farnwäldern auf Samoas Be
gibt es nach Rechinger?) buchstäblich nicht einen Baum oder St
1) Vergl. die Fig. 52, S. 160, bei dieser ist die Unterschrift folgenderm n
berichtigen: Urwald in Tiibodas (Java) mit am Stamm aufkletternder Aracee. ( hc
Hj. Jensen.)
2) Rechinger 1908.
BE VE
9. Kap. Tropische Wälder 599
Fig. 276. Wald auf St. Jan (Dänisch-Westindien).
Auf den Zweigen eines links stehenden Seidenwollenbaumes sieht man Girlanden
von der epiphytischen Tillandsia usneoides; ebenso andere Epiphyten (Tillandsia
utrieulata u. a. m.). (Phot. Dr. Börgesen.)
600 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
der nicht epiphytische Farnkräuter trägt, z. B. Polypodium subaurieu
latum, dessen Blätter eine Länge von 2—3 m erreichen können. S
die Blätter von immergrünen Arten können dicht von epiphylien Al
Lebermoosen und kleinen Flechten bedeckt sein (Fig. 151). Die M
formen der Regenwälder hat Giesenhagen!) bearbeitet; er unte
verschiedene Typen derselben, welche in unserer heimischer Flo
bekannt sind. Die Moose können nach ihm zuletzt so zahlreich unc
werden, daß die Zweige der Bäume brechen. Zu den Epiphyte
Niederschläge am allermeisten bedürfen, gehören nach Schimper
zigen, wovon sich in den regnerischen Urwäldern viele entwi
feuerrote Rhododendron Javanicum schmückt die Baumkrone
Gebirgswäldern Javas, und zusammen mit ihm beobachtet m
Fieus, Medinilla (Melastomacee), Fagraea (Loganiacee),
(Araliacee) usw. In den javanischen Gebirgswäldern findet ma
meinen, mächtigen epiphytischen Farne Asplenum nidus
cerium aleicorne, ferner große Pflanzen von Lycopodium phlı
L.-Arten und Psölotum (P. flaccidum), die wie ‚meterlange Pfe
von den Bäumen schlaff herabhängen. Endlich gibt es eine <
Lianen (8.152 und Fig. 48), deren Blätter und Blüten ma
deren oft wunderlich geformte, lange Stämme jedoch zwisch
und den Baumwipfeln ausgespannt sind oder in Bogen von (
hängen oder teilweise auf dem Boden liegen. Die vielen
geben den Lianen unzählige Stützpunkte — bisweilen dien.
sogar die Luftwurzeln der Araceen — und helfen ihnen,
emporzugelangen und dadurch die für ihre Assimilation nöti:
stärke zu finden, die auf dem Waldboden nicht vorhande
Die Anzahl der Arten des tropischen Regenwal
ordentlich groß. Der Mangel an geselligem Zusammenleb:
dividuen einer Art, den man hier beobachtet, ist oft erw
er steht zu der Gleichförmigkeit unserer nordeuropäischen W;
größten Gegensatze und wird z. B. dadurch erläutert, daß
auf 3 Quadratmeilen um Lagoa Santa etwa 400 Baumarten in deı
wachsen (Warming). Whitford?) erwähnt, daß auf den Phil
einer Fläche von 1200 Quadratmetern 896 Stämme über 3m H
die zu 120 Arten gehörten. — Diese Mannigfaltigkeit hat sic]
Teil einen geologischen Grund, nämlich das hohe Alter und
unterbrochenen Entwicklungsgang der Tropennatur?), dan
einen physikalischen, nämlich die günstigen Lebensbedingunge
es gibt Beispiele dafür, daß ein feuchter und reicher Boden eine
Artenmenge als benachbarter trockner und dürftiger Boden hery
1;
| 1) Giesenhagen 1910.
2) Whitford 1911.
3) Wallace; Warming 1892, 1899b; vergl. auch 8. 612f.
Luger
BEE EZ En ee nn u he
79. Kap. Tropische Wälder 601
Es mag z. B. erwähnt werden, daß die Wälder um Lagoa Santa,
welche alle Täler und alle feuchten humusreichen Niederungen längs
Vegetation von Hymenophyllum auf Stein im Urwalde bei Gede (Java), ca. 1600 m über dem Meere.
Fig. 277.
den kleinen Wasserläufen erfüllen, eine Flora von 400 Bäumen und ca.
1000 anderen Lebensformen haben. Die Campos, welche die Anhöhen
einnehmen und deren Boden ein roter, steifer in der Trockenzeit harter,
(Phot. Hjalmar Jensen.)
602 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
in der Regenzeit schlüpferiger Lateritboden ganz ohne Humus ist
nur ea. 730 Arten, wovon 80 Arten Bäume sind. Das Klima ist na
lich ganz dasselbe, nur die Feuchtigkeit, die Lockerheit und der Hum
reichtum des Bodens sind gegeneinander abgegrenzt. Wälder und Ca
stehen mit äußerst scharfen Grenzen einander gegenüber.
Die Formen der Bäume. Die meisten Formen bieten
Auffallendes dar, aber einige sind bemerkenswert. Haberla
einige erwähnt und abgebildet: die Schirmform, die Kandela
Etagenbäume, und mehrere andere könnten außer der Palmenfor:
anderen bekannten Formen genannt werden. Die Verzwe
mannigfaltiger, anscheinend viel unregelmäßiger als bei unse
besonders häufig ist es, daß die Zweige nur an der Spitze e
von großen Blättern tragen, und daß jeder Sproß nur sel
Seitenzweige hat. Gerade in den unteren Stockwerken de
kommen kleine dikotyle, oft unverzweigte Bäume vor mit se]
Blättern an der Spitze. Sehr auffällig sind auch die oft fast
artigen Verdiekungen des Stammgrundes einiger Bäume (Pa
die zweifellos der stärkeren Windfestigkeit dient. .
Brettwurzeln kommen bei mehreren Arten vor. H
steht man Wurzeln, die vielmal höher als dick sind und als
gekrümmte Platten von dem unteren Teile des Stammes
zu einer Höhe von 2—3 m ausgehen; der Querschnitt des
hält am Boden die Form eines vielstrahligen Sternes, und ı
den Fuß des Baumes wird in eine Menge Kammern geteilt (
Diese Wurzeln dienen jedenfalls wesentlich dazu, Bäume
Stamm und sehr großer Krone einen festen und breiten G
Brettwurzeln findet man besonders bei gewissen Arten vol
und Ficus, ferner bei Myristica, Carallia, Stereulia, C:
Nach Schimper sind sie ein besonderes Merkmal regenreich
und fehlen in regenarmen?). Zum Vergleich sei erwähnt, daß
Wäldern senkrecht stehende flach brettartige Wurzeln nan
Kiefern und Fichten vorkommen, wenn der Boden stark
sauer ist und dadurch die Wurzeln gezwungen werden fla«
lich zu streichen; das Dickenwachstum erfolgt dann im bi > tI1e
der Oberseite der Wurzeln?).
Stützwurzeln (vergl. Fig. 199, 200), ähnlich der bei
vorkommenden Form (S. 403), zeigen einige Palmen (Iriartea,
dorea u. a.); ferner Pandanus. Sie treten als stielrunde Stützen
. vom Stamme in einer gewissen Höhe entspringen und unter einem
1) Haberlandt 1893, 1899 b.
?) Vergl. auch Whitford 1906.
®) Graebner in Zeitschr. f. Forst- u. Jagdwes. und 1909.
79. Kap. Tropische Wälder 603
Winkel in den Boden hinabdringen; sie haben bisweilen dieselbe strahlen-
förmige Verzweigung wie bei Rhizophora; die Anzahl der Stützen, die ein
einzelner Baum erhält, ist mitunter sehr bedeutend (oft viel über 20).
Fig. 278. Podocarpus-Baum mit dicken Moospolstern bewachsen. (Die Pbotographie
ist fast senkrecht gegen den Himmel genommen.) Im Urwalde von Tjibodas (Java).
(Phot. Hjalmar Jensen.)
604 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Unter einer anderen Form treten sie bei Frcus religiosa u. a. auf, wo
von den Zweigen entspringen und es einem einzelnen Baume ermöglich
sich über eine riesige Fläche auszubreiten und einen ganzen Wald
einer außerordentlich dicken Laubdecke und einem tiefen Schatten
bilden; der Schatten ist wohl einer der Gründe dafür, daß die Wurz
so Zt gedeihen. we
Noch andere eigentümliche Wurzeln kommen hier vor, so z.
am Stamme entspringenden in harte Dornen umgewandelten, )
Palme Acanthorrhiza usw.
Die Rinde. Die Borke ist meist dünn, tritt aber in sehr
schiedenen Formen auf. In dieser Beziehung tritt zum Beis
großer Gegensatz hervor zwischen den Bäumen der brasilie
Campos, die eine sehr dieke Kork- und Borkenbekleidung
Stämmen zeigen, obwohl sie oft nur wenige Meter von den W
entfernt wachsen!).
Dornige Stämme sind nicht selten (Hura?), Brythrina,
tia usw.), am häufigsten bei Palmen. Ferner findet man
merkwürdigen geschichteten Korkkegeln au den Stämmen
lum u. a).
| "Die Kno spen hoben ‚nicht (oder doch selten und Er
in trockeneren Wäldern) solche trocknen Knospenschuppen
meisten unserer Bäume); aber krautige Nebenblätter, Bla
Blattauswüchse schützen die Knospen, und oft tritt au
Wasser, Harz oder eine gallertartige Flüssigkeit zwischen | de
- und ihrer Hülle auf®); vergl. S. 232.
‚ Blüten sieht man nicht viele, sogar auffallend wenige
der Tropenwald immer reich an Blüten ist; sie kommen in
allzuhoch oben in den Baumkronen vor. Aber wenn man vo
hoch gelegenen Punkte den Wald überschauen kann, so sieh
große gelbe, weiße, violette oder rote Flecken in ihn eingestreu
sind blühende Bäume oder Lianen. In vielen Fällen sind die B
sehr klein (z. B. bei den Lauraceen und den meisten Papilio
aber ihre große Menge macht sie den Insekten leicht sichtbar.
Stammblütige (Cauliflore) Arten. Bei einigen Arten si
Blüten merkwürdigerweise auf den dicken Stämmen und den
(oder mitunter sogar nur an dem Grunde des Stammes); Jahr für Jahr
wickeln sie sich aus denselben „schlafenden Augen“. Das bekannt
1) Warming 1892 Fig. auf $. 225.
°) Anatomie und Entwickelungsgeschichte bei Didrichsen, Botanisk Tidsskr.
(Köbenhavn 1897).
®) Warming 1892. Figuren auf $. 409—411.
*) Percy Groom 1892; Schimper 1898; Raunkiär 1905, 1907.
79. Kap. Tropische Wälder 605
Beispiel solcher Arten ist der Kakaobaum (T'heobroma Cacao) Fig. 280;
andere Beispiele bieten Myrtaceen, Sapotaceen, Leguminosen, Fieus Rox-
burghäi u.a. Arten, Orescentia eujete, Swartzia-Arten u.a.'). Wallace meint,
daß die Blüten dieser stammblütigen Arten an Bestäubung durch Schmetter-
linge angepaßt seien, die in dem stillen Walde oft umherschweben. Ob
dieses richtig sei, ist unentschieden. Nach dem Blütenbau erscheint es
2. B. für T’heobroma nicht richtig; hier sind eher andere Insekten wirk-
sam oder es findet Selbstbestäubung statt. Vergl. Fig. 280.
Fig. 279. Ficus-Baum mit Brettwurzeln im Staate Rio de Janeiro.
(Martius, Tab. physiognomicae X VI.)
Daß diese Stammblütigkeit, die sich bei den Bäumen gemäßigter
Zonen ziemlich selten findet (Cereis, Gymnocladus, Gleditschia usw.),
eine eigenartige Anpassung an das Tropenklima darstellt, deutet
die entsprechende Caulicarpie in den Urwäldern der Steinkohlen-
periode an?).
E 2) Wallace 1891; Haberlandt 1893; Whitford 1906; Esser in Verh. naturh. Ver.
Rheinl. Westf. 1887; Huth in Verh. bot. Ver. Brand. 1888.
2) Gothan 1887.
606 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Periodizität. In dem tropischen Regenwalde gibt es wec
Sommer noch Winter, weder Frühjahr noch Herbst; die in a
Pflanzenvereinen deutliche periodische Entwicklung ist hier verschwi
klein oder fehlt. Der Regenwald ist immer grün. Einige Arten er
während des ganzen Jahres neues Laub; zeigen einzelne Arten :
eine deutliche Ruhezeit, oder sind sie eine kurze Zeit sogar ganz bl
so verschwinden sie doch unter den vielen anderen, denen eine
Ruhezeit fehlt oder deren Ruhezeit in eine andere Zeit des Jahres
Es haben zwar vermutlich die allermeisten Arten eine bestimmte
des Blühens; diese ist jedoch keineswegs für alle Arten dieselbe.
Wald ist daher (wie auch die Savannen Südamerikas) das ga
blütenreich. Im Leben des Waldes als Ganzes gibt es also kei
riodizität. Bei Lagoa Santa in den Camposgegenden Brasiliens ist
Verhältnis folgendes: Die Blätter der Waldbäume dauern geı
nicht viel über ein Jahr; eine kürzere oder längere Zeit steh
schiedene Arten ganz kahl, namentlich Bombacaceen, Arten von Fr
Erythrina, Jaracatia, Cedrela u. a.'). Doch muß bemerkt werden,
diese Wälder nicht typische Regenwälder sind?).
Volkens?) hat der Periodizität des Laubfalles neuerdings ein 2
Werk gewidmet. Viele Botaniker, vielleicht die meisten, sind der:
Meinung wie Volkens, daß die Periodizität eine erblich‘ ‚fixierte
schaft ist, welche sich unveränderlich zeigt, selbst wenn (
Lebensbedingungen geändert werden. Im Gegensatze hierzu s
G. Klebs, der in mehreren Abhandlungen durch vieljährige Ui
suchungen zu zeigen bestrebt ist, daß die periodischen Ersche
alle von der Umwelt abhängig sind; die Ruheperiode sei somi
erblich fixierte, sondern lasse sich durch geeignete Mittel aufheben,
daß es ihm sogar gelungen ist, Arten das ganze Jahr hindurch
Wachsen zu bringen®). Das wahrscheinlichste ist wohl, daß es Pe
zität gibt, die in Epharmonie mit den äußeren Verhältnissen
fixiert ist und sich deshalb regelmäßig, aber von den gleichn
klimatischen Verhältnissen in den Tropen gänzlich unbeeinflußt,
und solche, die noch nicht erblich geworden ist.
Volkens tritt nach seinen Beobachtungen dagegen dafür kin
ebenso wie in den laubwechselnden Wäldern in den Gegenden mit
lichen Wintern auch in den Tropen eine deutliche Periodizität im
wechsel sich bemerkbar macht, die mit den äußeren Verhält
nicht in direktem Zusammenhange steht. Die Ursachen dafür
*) Näheres über die Periodizität und Abbildungen bei Warming 1892.
?2) Über die Periodizität im Regenwalde von Jamaika hat Forrest Shreve
hübsche Beobachtungen publiziert.
3) Volkens 1912.
*) Vergl. hierzu Klebs 1911, 1912, 1914.
79. Kap. Tropische Wälder 607
innere sein, die z. T. physiologisch noch nicht völlig aufgeklärt sind.
Er schreibt a. a. O.').: Es ist eine weitverbreitete Meinung, daß in
_ regenreichen Tropenländern die Natur nie zur Ruhe komme, daß Werden
_ und Vergehen sich ohne Pause aneinander schließen. Mit Bezug auf den
Laubwechsel hieße dies: Die Bäume treiben fortwährend, lassen an der
Spitze aller Zweige unaufhörlich neue Blätter hervorsprießen, während
früher gebildete in der Reihenfolge ihrer Entwicklung zum Abfall ge-
langen. Ein solches Verhalten kommt im westjavanischen Regenwalde
zwar vor, ist aber äußerst selten. Volkens nennt nur zwei Bäume, die
sich derartig verhalten, nämlich die Leguminose Albizzia Moluccana und
die Sapindacee Felieium deeipiens, beides Arten, die auch sonst bio-
Fig. 280. Kakao (Theobroma cacao) als Beispiel für Cauliflorie, Blüten
und Frucht am Stamme. (Aus Warming, System. Bot.)
logisch von der Mehrzahl der Baumarten recht abweichende Eigen-
tümlichkeiten haben. So entwickelt sich die Albizzia z. B. ganz außer-
ordentlich rasch in 18 bis 20 Jahren zu einem großen Baume von 30 m
Höhe mit einem Stammumfange von 2 bis 3 m, stirbt dann aber schon
wieder ab, in einem Alter also, in dem die meisten Bäume erst mit
ihrer vollen Blüten- und Fruchtentwicklung beginnen.
Die bei weitem überwiegende Mehrzahl der Bäume verhält sich
ganz anders; es lassen sich nach Volkens zwei Gruppen von Bäumen
unterscheiden, und zwar solche mit weichen Blättern, ähnlich unseren
Linden, Erlen usw. und solche mit derben, lederartigen Blättern, wie
‚sie die sogenannten immergrünen Gehölze, Ilex, Efeu usw., besitzen.
1) Vergl. auch Neger 1913, S. 75 ff.
608 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
A. Bäume, die zweimal im Jahre, im Frühjahr und Herbst (zu dı
Monsunzeiten) oder noch öfter das Laub werfen: so verhalten sich
Ficus hirta, Stereulia laevis und andere Arten, tropische Acer-Arten
Fieus hirta wirft die Blätter in Fristen von etwa 4!/s bis 5 Mon
ab; jedesmal dauert die Zeit des Abwerfens 8 bis 10 Tage und die Bö
stehen dann 3 bis 5 Tage kahl, dann öffnen sich die Knospen wi
und nach 1!/s bis 2'!/s Wochen ist die völlige Wiederbelaubung volle
Fast alle Zustände kann man bei verschiedenen Individuen nebenein:
beobachten, da die einzelnen Bäume in ihrem Laubwechsel nicht an
bestimmte Jahreszeit gebunden sind. Anders verhält sich z. B. die
guminose Pongamia glabra; diese wirft im Januar und Juli, also z
mal im Jahre, das gesamte Laub, steht etwa 5 Wochen kahl
belaubt sich dann wieder. Bei noch anderen Arten bleibt das
noch länger als ein halbes Jahr am Baume, nämlich etwa 8 bis 10 Mo
So kann man beobachten, daß ein Exemplar etwa im August das Laı
abwirft, dann wieder im Juli und im darauf folgenden April. Daduı
entsteht naturgemäß das Bild eines scheinbar völlig regellosen Vorga
wenn man nicht die einzelnen Individuen betrachtet. Ebenso ist
Zeitdauer, wie lange der Baum kahl steht, äußerst wechselnd, wie s
oben bemerkt, bei einigen nur einige Tage, bei anderen Wochen, j
wieder anderen (zZ. B. Albrzzia lebbek) bis zu 6 Monaten. Durch
diese Vorgänge wird das von den Reisenden oft erwähnte Bild
immergrünen Tropenwaldes hervorgerufen. Mitunter beginnt der
fall am Grunde der Krone, bei anderen an der Spitze und sch
nach unten fort.
B. Einen gewissen Übergang zu den immergrünen Bäumen b
diejenigen, bei denen alljährlich auch nur einmal ein Schub neuer Bl
erscheint, bei deren Erscheinen dann erst die alten Blätter abf:
Hier können sogar die individuellen Eigentümlichkeiten soweit ge
daß ein Individuum kurze Zeit kahl bleibt, das andere derselben
die letzten alten Blätter erst nach dem Erscheinen der neuen ab
Bei manchen Arten erscheinen die jungen Blätter zu derselben :
wenn die alten fallen, so daß zugleich junge und abfallende vorhan
sind, bei anderen werden die alten Blätter erst abgeworfen, wenn
neuerschienenen bereits ausgebildet sind, so daß nicht einmal
Lichtung der Krone erfolgt. Der dritte vorkommende Fall ist, daß
die einzelnen Äste eines Baumes unabhängig voneinander ent- und
lauben, so daß also einzelne oder mehrere Äste ihr Laub wechseln
einer Zeit, wo die andern noch belaubt bleiben (z. B. Strychnos
vomica). Als bei diesem Baum im April einige Äste ihr Laub gewe
hatten und schon junge rötliche Blätter hatten, hatten andere noch
alte dunkelgrüne Laub; diese letzteren warfen aber nach zwei Wochen
das Laub, um nach einer weiteren Woche wieder junge Blätter zu ha
79. Kap. Tropische Wälder 609
i C. Auch bei den Pflanzen mit lederartigen Blättern lassen
sich gewisse Typen unterscheiden. Die Mehrzahl der tropischen Gehölze
ist immergrün, d.h. sie werden nie kahl und werfen zu den bestimmten
erioden nur einen Teil ihres Laubes ab. Am verbreitetsten ist die
cheinung, daß etwa so viel Laub zu derselben Zeit fällt, als der
euaustrieb erzeugt. — Bei den meisten immergrünen Gehölzen kann
man beobachten, daß zwei Schübe im Jahre vorhanden sind, von denen
‚der älteste der beiden vorhandenen vergeht, wenn ein neuer hinzutritt. —
Bezüglich der Gleichzeitigkeit ist folgendes zu bemerken:
1. Alle Knospen treiben gleichzeitig aus und zwar, wie oben be-
merkt, zumeist in zwei Schüben, so daß also stets die ältere
Hälfte des vorhandenen Laubes abfällt, wenn ein neuer Schub
erscheint. Es sind also stets zwei Schübe lebend am Baume
‚vorhanden.
2. Nur ein Teil der Knospen treibt zu gleicher Zeit aus; infolge-
dessen fällt auch nur ein Teil des Laubes am ganzen Baum.
Sehr häufig ist bei diesem Typus Fallen und Treiben zeitlich
nicht aneinander geknüpft.
Die Laubblätter sitzen in dem tropischen Regenwalde fast immer
änger als ein Jahr auf dem Baume (also etwa 13—14 Monate)!) und
anche sind wahrscheinlich oft viele Monate tätig, vielleicht länger
s ein Jahr, was für die Pflanzen von grundlegender ökonomischer Be-
deutung ist und ihr riesiges Wachstum und die Produktion der großen
Masse organischer Substanz erklärt. Die alten Blätter krümmen sich
_ nach Haberlandt bisweilen durch aktive Bewegungen, um den jungen
Blättern Platz zu schaffen. Über die Farbe des Waldes vergl. das
S. 588 Angeführte.
Es ist eine für mehrere tropische Bäume charakteristische Er-
cheinung, daß die jungen Blätter schlaff herabhängen, oft selbst, nach-
m sie schon ihre volle Größe erreicht haben (Fig. 121).
Die Zahl der Blattformen des tropischen Regenwaldes ist außer-
ordentlich groß. Wir finden nicht nur die auch bei uns vorkommenden
eiförmigen, elliptischen und ähnlichen, einfachen oder einmal zusammen-
setzten Blätter, sondern es gibt auch viele andere neue Formen,
B. das fiederförmige oder das fächerförmige Laub der Palmen, die
oßen, ungeteilten, eine eigentümliche Nervatur aufweisenden Blätter
der Seitamineen, die gefiederten Blätter der Leguminosen, namentlich
das mehrmals zusammengesetzte Mimosenblatt, dessen zahllose Blättchen
von der Lichtstärke abhängige Bewegungen ausführen, das gefingerte
Blatt bei Bombacaceen und Panax (Araliacee), das fingerförmig geteilte,
1) Vergl. Warming 1892; Holtermann 1902; Volkens 1903.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 39
610 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
schildförmige Blatt der Ceeropia u. a., die langgestielten, he
oder herzeiförmigen Blätter der Abuse, ferner die (sich an der Spit
der Zweige fingerförmig stellenden) Blätter der Bambusgräser usw. TE
häufigste Blattform bei den Bäumen ist jedoch wohl das „Lorbeerblati
d.h. das große, kahle, glänzende, elliptische oder lanzettliche, mehr
weniger lederartige und ganzrandige Blatt, wofür Ficus elastica
Beispiel bietet. Glänzende und lederartige Blätter sind überhaupt e
auffallender Charakterzug der Tropenwälder („Glanzlichter des Tro
läaubes*), während die Blätter unserer Wälder matt und durchscheine
sind!). Ganzrandige Blätter sind weit häufiger als bei uns (vergl. S. 31.
die gezähnten und zerschlitzten Blätter der Mesophyten kommen I}
oder sehr selten vor. Im allgemeinen kann man wahrnehmen, daß die
Blätter oft riesig groß sind, z. B. in den feuchten Küstenwälde
Brasiliens und in den Wäldern am Amazonenstrome, überdies
dunkler grün als in den gemäßigten Gegenden, weil die Blätter
besonders wohl das Palisadengewebe dicker als bei uns sind. An
Blätter hingegen sind, besonders bei den Stauden und Sträuchern
den unteren Stockwerken der Wälder, infolge des schwachen Li
und der feuchten Luft, welche hier herrschen, sehr dünn. Sie find
sich bei Pflanzen, welche weder direktes Sonnenlicht lieben noch st
Luftbewegungen.
Die Regulierung des Wassergehaltes der Planen
den Untersuchungen Haberlandts und anderer sind die Pflanzen in
javanischen Regenwalde und wohl überhaupt in den höheren Stoe
werken der tropischen Regenwälder Verhältnissen ausgesetzt, die we
extremer sind, als sie z. B. unsere europäische Natur irgendwo au
weisen kann. Ungefähr von 6—7 Uhr morgens ab steigt die Wär:
bis um 1—2 Uhr, und die Lufttrockenheit nimmt unter der direkt
Beleuchtung durch die Sonne andauernd und allmählich zu. Die Li
hat zuletzt oft ein Sättigungsdefizit von 30°. Die andere Periode I
ginnt mit den Gewittern und den heftigen Regengüssen etwa ı
2—3 Uhr; die Luft ist im übrigen Teile des Tages so mit Feuchtigk
gesättigt (93—95°/,), daß fast alle Transpiration unterdrückt
Zwei Drittel des Tages ist die Luft demgemäß ungefähr mit Wasse
dampf gesättigt. Gegen die Gefahren, die also im Laufe des Tages v
zwei ganz verschiedenen Seiten die Pflanzen, besonders ihren Assin
tionsprozeß bedrohen, schützen sie sich auf verschiedene Art, wie
dem Folgenden hervorgeht.
Wenn durch die erwähnte Sättigung der Luft mit Were |
die Transpiration herabgesetzt wird, so entsteht die Gefahr, daß
Pflanzen wegen des fortdauernden starken Wurzeldruckes aus &
2) Über die „lackierten“ Blätter vergl. Volkens 1890.
9. Kap. Tropische Wälder 611
nassen Erde zu große Wassermengen aufnehmen, so daß „ein Zustand
| höchster Turgeszenz“ einträte, wodurch die Luft aus den Intercellular-
_ räumen ausgetrieben und diese vollständig mit Wasser erfüllt werden
könnten. Diese Gefahr wird durch wasserausscheidende Organe,
„Hydathoden“, abgewandt, deren verschiedene Formen schon im Kap. 25
en (8. 211) erwähnt wurden. Nach Faber sind nicht allein die Hydathoden,
sondern auch die gewöhnlichen Spaltöffnungen imstande, flüssiges Wasser
_ austreten zu lassen.
= Eine andere Gefahr entsteht durch die große Lufttrockenheit und
die damit Hand in Hand gehende starke Transpiration am Vor-
_ mittage. Zwar ist die gesamte Transpiration sehr gering (nach Haber-
landt sogar zwei bis dreimal geringer als bei Pflanzen des mitteleuro-
| : päischen Klimas, was jedoch Stahl!) als teilweise unzutreffend ansieht),
aber vormittags ist sie stark und führt die Gefahr des Welkens oder
| herbei, dab die Kohlensäureassimilation darunter leiden könnte. Da-
n öttnungen, lnzellen: Speichertracheiden, Wassergewebe u. a.
Das Wassergewebe von Ficus elastica ist wohlbekannt. Man weiß auch
ange, daß mehrere Palmenblätter und die großen und dünnen Blätter
% der Seitamineen Wassergewebe auf der Oberseite oder bisweilen auf
beiden Seiten führen; es kann ebenso mächtig wie das Assimilations-
| gewebe sein (Pfitzer?): nun wird dieses Wassergewebe verständlich.
_ Mehrere Arten des :javanischen Regenwaldes (z. B. @onocaryum piri-
_forme, Anamirta cocculus) haben nach Haberlandt im Chlorophyli-
_ gewebe, ganz wie mehrere auf S. 263 erwähnte Xerophyten, mecha-
nische Zellen; diese haben offenbar eine ähnliche Bestimmung, nämlich
a die, das Slorobhyligewebe gegen Schrumpfung bei Trockenheit zu
schützen.
2 Das Knzeführte gilt selbstverständlich zunächst für die Pflanzen
‚der oberen Stockwerke, deren Blätter sich an der Oberfläche des
® Waldes befinden und von den Sonnenstrahlen getroffen werden. Bei
den unteren Pflanzen hingegen, die sich im Waldinneren in dem Schatten
der anderen verbergen, muß man andere Verhältnisse erwarten. Hier
findet man in der Tat Pflanzen, die stark an Schatten und feuchte
_ Luft angepaßt sind, wie die Hymenophyllaceen, deren papierartig dünne
Blattspreiten nur eine oder wenige Zellschichten ohne eine eigentliche
=
1) Stahl 1894.
°) Figuren bei O. G. Petersen 1893.
39*
612 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
Epidermis und ohne Intercellularräume haben, deren Sten
haare tragen usw.!).
Andere Bauverhältnisse scheinen mit den Regengüssen d
in nächster Verbindung zu stehen, teils mit deren Heftigk
in unseren Klimaten nichts Ähnliches gibt, teils mit deren
Anpassung an mechanische Einwirkungen?). ]
Entfernung hörbare Geräusch des auf die Wälder he
Regens zeigt dessen Heftigkeit an; aber die Bäume sind
diese zu ertragen. Viele einfache Blätter sind fest und
die Epidermis kann so stark verkieselt sein, daß die gan
und zerbrechlich wird (Medinilla magnifica); sie sieht wie
tes Blech“ aus. Die Blätter anderer Arten, namentliel
mosen, Akazien und anderen Leguminosen und von Palmer
Blättchen oder Abschnitte geteilt, so daß sie dem Regen
stand leisten; sehr oft können sie obendrein Bewegung:
wodurch sie die Blattspreiten zusammenfalten, so daß sie
tropfen eine geringere Oberfläche oder sogar nur eine Ka
Bei anderen Pflanzen sind die Blätter in Falten gelegt ode
was sie gleichfalls aus mechanischen Gründen widerstan
dieses ist am deutlichsten bei den Palmenblättern der F
oder fächerförmig angeordnete Abschnitte der Spreite
sind, indem der Winkel zwischen den Seitenteilen
oder abwärts gewandt ist. Die Blattstiele sind oft aufw
hier also vermutlich aus einem anderen Grunde als in d
vereinen, nämlich um dem Schlage der Regentropfen
Widerstand entgegenzusetzen. In vielen anderen Fällen
spreiten oder die Zweige jedoch hängend, namentlich s
sind, was denselben Nutzen schafft (vergl. S. 609 und
große Blätter der Araceen verbleiben in dieser Ste
richten sich später aufwärts. Die riesigen Blätter der
mineen u.a. haben große, stengelumfassende Blattsche
beitragen, dem Stamme und den Blättern eine be
zu Po
zen wirken, nämlich dadurch, daß die Blatteprei /
schwer werden. Hierdurch wird die Transpiration ehem N
durch hervorgerufenen Übelständen wird auf verschiedene
*) Warming-Johannsen. — Weitere Einzelheiten über die Verdu
tropischen Klimaten vergl. Haberlandt 1892, 1897; Stahl 1894; B
tay 1897, 1898; Holtermann 1902, 1907.
3) Wiesner 1895 a, 1897.
3) Über ombrophile und ombrophobe Arten siehe $. 56; vergl. aucl
| 79. Kap. 'Tropische Wälder 613
| namentlich durch glatte Cuticula, Träufelspitzen, rinnenförmig vertiefte
Nerven und Sammetblätter, was im 27. Kap. näher erörtert ist.
- Assoziationen der tropischen Regenwälder‘). Die Flora der
tropischen Regenwälder ist so mannigfaltig, daß es zu weit führen
würde, über sie Näheres mitzuteilen. Die vorherrschenden Bäume ge-
hören besonders zu den Leguminosen, Lauraceen, Myrtaceen, Mora-
en usw.
Von einzelnen Arten gebildete Bestände gehören in der tropischen
etation zu den größten Seltenheiten. Die Wälder auf den
Philippinen sind besonders von Dipterocarpaceen gebildet, vom Meere
bis zu einer Höhe von 2500 Fuß. Merkwürdig ist, daß sie fast reine
Bestände von wenigen Arten bilden (Brown and Mathews). Die tropischen
Regenwälder bilden wegen der starken Mischung ihrer Arten auf der
ganzen Erde offenbar nur eine einzige Vereinsklasse. Die Regenwälder
sind im höchsten Grade Mischwälder. Es ist schon angeführt worden, daß
die Wälder auf ca. drei Quadratmeilen um Lagoa Santa in Brasilien
ca. 400 Baumarten aufweisen?). Wenn in Brasilien in der Trockenzeit
ein Waldkomplex umgehauen wird („Derrubada“ der Brasilianer), um un-
mittelbar vor dem Beginn der Regenzeit abgebrannt zu werden, damit
der Boden für Kulturpflanzen vorbereitet werden kann, gibt es für den
_ Botaniker eine vorzügliche Gelegenheit, die Zusammensetzung der Wäl-
der zu studieren. Beim Studium von sechs solcher Derrubaden erhielt
Warming®) folgende Resultate:
Unter 62 Individuen . . . 32 Arten.
100 ; re
50 5 ee
105 = . 2 ..56 „ (wenigstens 26 Familien).
81 i a
250 n . ....91 „.. (wenigstens 32 Familien).
In den fünf ersten aufgeführten Beispielen war jede Art ungefähr
durch zwei Individuen vertreten, bei dem letzten etwa durch deren drei.
Es kann vorausgesetzt werden, daß es eine große Menge von
Varianten (Assoziationen) der tropischen Regenwälder geben muß. Die
Flora ist ja äußerst verschieden in den verschiedenen ungeheuer aus-
gedehnten tropischen Ländern, und innerhalb jedes einzelnen von diesen
2) Außer den schon genannten Autoren über tropische Wälder vergl. Haberlandt
1893; Schimper 1898; Koorders 1907.
2) Die zahlreichsten Familien sind: Papilionaceae 30 Arten, Myrtaceae 27, Rubia-
tege 23, Lauraceae 23, Artocarpaceae 18, Caesalpiniaceae 17, Euphorbiaceae 17, Melia-
eeae 15, Mimosaceae 12, Anonaceae 11 (Warming 1892).
®) Warming 1892.
a
614 Serie der mesophilen und hygrophilen Formationen
gibt es wieder verschiedene Typen, je nach den unzähligen Vers
heiten der ökologischen Faktoren: der Höhe über dem N
Klima, der Exposition, der Bodenfeuchtigkeit usw.'!). So un
z. B. Whitford?) zwischen zehn Waldtypen auf den Philippi
hat ebenso am Amazonas verschiedene Assoziationen und
unterscheiden können?). Der vom Flusse entferntere Wald is
der Flußufer selbst floristisch verschieden. s
Der Wald, der auf den wieder verlassenen Kulturböden
aufwächst, ist zunächst floristisch recht verschieden von
lichen Walde (mato virgem), und zwar in jeder Hinsich
Ganz ähnlich geht es anderswo mit den sekundären Forma
erwähnt, daß ein kleiner Wald auf Java, der 40 Jahre
verschieden von dem Urwalde war; nur 140 Arten von |
wuchsen dort, und kaum eine Spur von Lianen und Epiphy
Auch ist der Charakter des Regenwaldes verschieden
schiedenen Weltteilen; von Afrika wird z. B. angegeben,
Lianen und Epiphyten weniger reichhaltig ist. |
'Im Vorhergehenden hatten wir den tropischen
Augen, dessen Physiognomie von dikotylen Bäumen bei
selbst wenn Palmen, Bambusen und Farnbäume vielfach
sind. Es kommen aber kleinere Assoziationen von die
welche dann eine gänzlich abweichende Physiognomie
dienen speziell hervorgehoben zu werden. |
Besondere Typen tropischer Wälder sind die Palm
Bambuswälder und die Farnwälder.
Palmenwälder
In die tropischen Regenwälder sind oft Palmen
namentlich kleine und dünnstämmige Arten in den unteren
der Wälder. Im tropischen Südamerika findet man j;
überwiegend aus Palmen bestehende Wälder, namentlich
ufer oder auf noch feuchterem Boden. So gibt es in Bre en
sales“, d.h. Wälder der Buritypalmen (Mauritia vinifera und
Lund’) schreibt über diese Wälder: „Die Täler sind mit einem
lebhaften Grasteppiche überzogen und in dem Grunde,
Bach fließt, mit Gruppen der unvergleichlich schönen Burity ;
‘) Vergl. z. B. Forrest Shreve über den Regenwald in Jamaika
®) Whitford 1906; vergl. z.B. auch Engler 1910; Dusen 1910
®) Huber 1906.
*) Treub 1908.
®) Lund vergl. Warming 1892.
Tropische Wälder
79. Kap.
(wempurf "WW 9)
"Aendee U UOrB939 A-uoufeFf
"183 "14
616 Serie der mesophilen und hygrsphilen Fermatisnen
Martins bildet im seinen Tahulse a 3 1? aus ang A
Gaßiner") bespricht ähnliche „Palmares“ in Uruguay. W.
werden von Cocos yataı bedeckt, einem Palmenwalde mit wis
Untervegetation, öfters savamnenartiz. Aus einem dichten Te
driger Gräser und Kräuter, hebt sich dieser einförmige Wald
Höhe, auf verhältnismäßig feuchtem schwach lehmisem Sa;
prophezeit jedoch den Untergang dieser lieblichen Wälder,
weidenden Herden alle aufwachsenden jungen Pflanzen ver
sind „eine aussterbende Vegetation“. Diese Wälder nähern :
Savannen und werden von Lindman sehr anschaulich abgebilde
In Afrika kommen Borassus-Haine aus B. flabellifera
die fast stammiosen Rapkia-Palmen mit bis 15 m langen
Wedeln bilden zn den Fiußufern und in versumpften E
durehäringliehe Diekiehte?). Diese letzten Palmenwälder
eher zu den in Kap. 64 besprochenen Wäldern. Überhau
„hygrophil®.
Bambuswälder
gaifungen) Iidet: in Ontnsich, seiner ie Anke Ser ri
Wälder. Im äguaiorialen Afrika oberkalb 1900 m wenden zu]
ziationen von der bis 10 m hohen Arundimaria alpına*) zehil
östlichen Himalaya fand Burkill gieantische Bambusbesiände |
- Abhängen. Busse erwähnt den Bambuswald auf Java; zw
eirentlichen Regenwald und dem Casuarinenwald in der „Well
liegt eine Zone von Bambuswald in 12001600 m Höhe
„Begenregion“ gehörend (verzi. Fig. 80). Eingestreut finden
von Quereus, Acer, Maeropanazr, Fieus u.a.; der Boden wird
Strauch- und Krautflora bedeckt, welche mit der des Regem
der gleichen Höhenstufe am nächsten verwandt ist. Unter
phyten wird eine Freyeinetia genannt. en
2), Gaßner 1913.
2) Eagler 1910.
®, Busse 1908.
*) Engler 1910.
79. Kap. Tropische Wälder 617
_ dem Magdalenenstrome ununterbrochene Wälder aus Bambus und pisang-
blättrigen Heliconia-Arten vorkommen. Die tropischen Ströme sind oft
‘von einer Bambuseinfassung umgeben.
Farnwälder
Während Palmen- und Bambuswälder z. T. einen ziemlich nassen
e 3oden zu fordern scheinen, sind die Baumfarne namentlich an Luft-
uchtigkeit gebunden; sie sind ein sicheres Kennzeichen für eine an-
la Eerna mit Wasserdampf gesättigte Luft und für ein gleichmäßiges
Rli ma!). Baumfarne sind oft sehr häufig in tropischen und subtropischen
Regenwäldern in einer gewissen Höhe der Berge. Die Wälder Austra-
liens und Tasmaniens sind reich an Baumfarnen (Fig. 283). Oft können
diese zusammen mit anderen Farnen und dünnblättrigen Kräutern die
H Jauptmasse der Vegetation bilden. Chamberlain fand einen schönen
Farnbaum, Dicksonia Young, so häufig in gewissen Gegenden von
Südost-Australien, daß er fast undurchdringliche Wälder bildet. Auf
mehreren der höheren westindischen Inseln, z. B. auf der an Farnen
= ußerordentlich reichen Insel Jamaika (Fig. 282), findet man auf den
Foren in einer gewissen Höhe eine Vegetation, die als Farnwald
eichnet werden kann (Oyathea, Alsophila).
_ 3) Vergl. über die Farnwälder auch Kap. 78.
618 Serie der Formationen der Torfböden
IV. Serie. Formationen der Torfböden |
80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torf
Böden
Wenn wir von den Verlandungszonen (Kap. 53) an den ı
sümpfen unseren Weg weiter landeinwärts nehmen, werden wir
indem die Vegetation immer dichter wird, als eine weitere
Entwicklung eine Landvegetation auf torfhaltigem Boden treffen,
dem der milden Humusböden der Wiesen, Gebüsche und Wäl:
in der dritten Serie besprochen wurden, bedeutend abweichen.
Der Boden hat in den extremen Fällen den Chara
saurem Torf und Rohhumus (vergl. Kap. 13). Schon in d
fing eine solche Torfbildung an, und in verschiedenen Sumpf‘
das Wasser zwischen den Bäumen braun und sauer (sieh
und 64); solche Wälder könnten auch in diese Serie gebr
Eine Übergangsformation zwischen den in der dritt
sprochenen Humusböden und den sauren Torfböden bilde
welche von neutralem oder alkalischem Torf gebildet werden
sonders die Flachmoore). x
Der torfhaltige Boden wurde Kap. 13 besprochen. e;
folgendes ausgeführt werden: Be:
Der saure Torfboden ist nährstoffarm, besonders arm
assimilablem Stickstoff; die Assoziationen sind „oligptr Opa
oder „dystrophisch“ (Calköen) a),
Der Boden ist ferner sauer, namentlich wo Sphagnum a
‘(daher werden die Sauerbodenvereine Oxylophyten genannt)?).
meisten Arten dieser Vereine sind nicht kalkliebend. Oft wand
zuerst auf sterilen Sandboden ein, auf welchem sie dann selbst Rol
hervorbringen und dichte, weit ausgedehnte eigentümliche Verein
Ob diese Säuren als Humussäuren im alten Sinne betrachtet
müssen oder ob eher kolloide Substanzen vorliegen, durch welcl
frei gelassen werden, die als wirksam betrachtet werden müssen,
die Pflanze ganz gleichgültig. Nach Baumann und Gully ist von
Humussäuren in den Sphagneten keine Rede; die Säurewirkungen
t) Von öktyog, wenig; doc, schlecht; tpopn, Nahrung.
2) Von d&vs, sauer; yporöv, Pflanze.
80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden
Fig. 282. In „The blue mountains“ auf Jamaica. Urwald mit reicher Farnvegetation.
(Phot. Dr. F. Börgesen.)
620 | Serie der Formationen der Torfböden
nicht von solchen her, sondern von quellbaren Kolloiden der Zell-
membranen des Sphagnum!). =
Dachnowski, der vorzügliche Arbeiten über die Torfbildung
Nordamerika geliefert hat?), ist der Meinung, daß für die Pflanze se
liche Stoffe durch die Wirksamkeit von Bakterien und anderen nie
Organismen produziert werden; jede Assoziation hat ihre be
Bakterienflora und die chemische Zusammensetzung des Wassers
Boden wird dadurch jedenfalls geändert. Auch Livingston
„Sumpf-Giftstoffen* („bog toxins“).
Der Boden ist schlecht durchlüftet und mehr oder wenige
an Sauerstoff. Hesselman?) z. B. hat gezeigt, daß die Sp
moore in Schweden äußerst arm an Sauerstoff sind; die Ficht
auf Sphagnummoorboden mit stagnierendem Wasser leiden an
Sauerstoffmangel; wenn das Wasser sehr reich an Humu
kann es völlig frei von Sauerstoff sein. In den dichten
polstern fehlt der Sauerstoff vollständig. Eine Humusschicht von I
Höhe kann langsam hindurchfließendem Wasser 36°/, des Sauersto
entziehen. In versumpften Fichtenwäldern zeigte sich das W
20 cm Tiefe so gut wie sauerstofffrei. &
Das Wasser kann in größerer oder geringerer Meng
vorhanden sein, aber zu den Vereinen mit ständig freiem obe
Wasser Brh0rEN die im een u nicht‘). i
reichlich Regen und dichte Nebel begünstigen Torfbildung
Klimaten. Denn unter diesen Verhältnissen verwesen die Pflaı
langsam oder gar nicht, es werden durch Fäulnis vegetabilisch«
als Rohhumus angehäuft, in welchen, wie überall da, wo
Stoffe unter Luftabschluß oder unter mangelhafter Sauersto
zu zersetzen gezwungen sind, Säuren u. a. gebildet werden.
. daher die im folgenden besprochenen Formationen z. B. im nordw
Europa (Fig. 284), dann auch in subarktischen, weniger in
Gegenden, und klimatisch entsprechenden Teilen von Norda
auf den höheren Bergen Europas in der alpinen und subalpin
weiter sind sie entwickelt an den südwestlichen Küsten von Südame
Patagonien und im Feuerlande; auch auf den antarktischen Insel
von Neuseeland finden sich ge Torfbildungen; bis 10 m Ti fe
alles ein sehr saurer Torf sein, der als nahrungsreich angegeben w
!) Baumann u. Gully 1910.
?) Vergl. namentlich 1912, 1909.
®) Hesselman 1910.
#) Über das Grundwasser siehe Kap. 9.
5) Chilton 1909; Cockayne 1904 u.a. a. Stellen.
80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden 621
Brockmann-Jerosch und Rübel!) betonen gleichfalls die Abhängig-
keit der Heidebildung usw. von den feuchten Klimaten in ihrer Kritik
gegen die Verwertung ökologischer Grundprinzipien zur Einteilung der
Fig. 283. Urwald in Australien (Neu Süd Wales). Eucalyptusbäume und Farne.
Pflanzenformationen; indem sie hervorheben, daß ja Heiden, die zu den
typischen Formationen der „sauren“ Böden gehören, auch auf reinem
622 Serie der Formationen der Torfböden
Sande in den geeigneten Klimaten vorkommen können!). Esi
zweifellos zutreffend, aber gegenüber der ungeheuren Ausdehnt
Heideflächen auf Rohhumus sprechen die kleinen Flächen mit abw
den Verhältnissen kaum mit und man würde sicher gegen je
teilungsprinzip genau dasselbe einwenden können, denn es wird,
man auch wählen mag, stets Ausnahmen resp. Übergänge zu
Gruppen geben, weil wir es ja mit lebenden und z. T. wandh
anpassungsfähigen Dingen zu tun haben. 8 5
Torfbildung findet in tropischen Ländern fast nur auf Be rgen
teils weil die Sphagneta hohe Temperaturen fliehen und viel Lufi
tigkeit brauchen, teils weil die Wärme die Zersetzung der o nis
Teile in hohem Grade begünstigt. In den Polarländern ist sie
und gering, meist jedoch wohl deshalb, weil die Masse der V:
gering ist; Torfbildung findet auf Grönland z. B. durch Wa 7
und Aypnum stramineum statt.
Auf Böden mit Eigenschaften wie die geschilderten
sich Vereine, die aus sehr verschiedenen Lebensformen ;
gesetzt aber doch nahe verwandt sind und oft genehla ng
. sein können. x
Die niedrigsten stark hervortretenden Liebenstoru sind.
und Flechten, welche dem erwähnten feuchten und kühlen
züglich entsprechen. Die Gefäßpflanzen, welche sich h
und sowohl Stauden als Zwergsträucher, Sträucher und
können, zeigen merkwürdigerweise viele xerophytische Chaı
sie sind auf verschiedene Weise vor starker Transpiration &
was in einem sonderbaren Gegensatze zum Klima zu ste
Der Boden ist aber physiologisch trocken. |
Die wichtigsten von diesen xerophytischen Charakı
folgende: =
1. Starke Haarbekleidung. Haare auf der Blattuı ıte
z. B. der Haarfilz bei Ledum, Salix repens, $. lanata und
und die Schildhaare bei Zyonia (Andromeda) cealeyeulata,
Nordamerika z. B. Nyssa uniflora, Persea pubescens und Mag
giniana, welche in Sümpfen wachsen?). Die Haare haben
weise wesentlich die Aufgabe, zu verhindern, daß das Wasser
öffnungen verschließe, die nur auf der Unterseite vorkommeı
aber auch die Transpiration herab.
2. Im Anschluß hieran sei erwähnt, daß bei Salıx myrsir
in Lappland besonders auf Sumpfwiesen wächst, die Blätter
Verwelken sitzen bleiben und die Jahressprosse bedecken (Ki
!) Grillbach 1884; Graebner 1901 ff.
®) Kearney 1901.
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Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden
80. Kap.
3
624 Serie der Formationen auf Torfböden
3. Papillen, die vielfach die Spaltöffnungen überdecken (meh
Gramineen und Cyperaceen, z. B. Oarex limosa, ©. panicea, Ö. rarü
u. a., Lysimachia thyrsiflora, Polygonum amphibium). Sie sollen '
leicht zunächst die Spaltöffnungen davor schützen, durch Wasser
stopft zu werden !).
4. Wachsüberzüge auf dem ganzen Blatte (Vaceinium uligin
oder nur auf der mit Spaltöffnungen versehenen Unterseite (Ana
polifolia, Vaceinium oxycoccus, Primula farinosa, Salix Groenla
Carex panicea usw.) und in Nordamerika z. B. Acer rubrum,
pubescens u. a.?). |
5. Starke Cuticularisierung (verschiedene Blätter, die Ste
von Seirpus caespitosus U. a.).
6. Lederartige Blätter. Diese Eigenschaft wird nam
durch eine dicke Oberhaut hervorgerufen (Andromeda polifolia, V.
um oxycoccus, V. vitis Idaea, Ledum palustre?) und steht vielleicht
mit in Verbindung, daß solche Blätter grün überwintern.
7. Schleim bildet sich z. B. in den Oberhautzellen von Bere
scandens, und eine kontinuierliche hypodermale Schicht findet sich u
der Epidermis der Oberseite von Pieris nitida*).
8. Ericoide Blätter. Es finden sich Arten mit schmalen, 1
lischen oder fadenförmigen Blättern, deren Spaltöffnungen in ı
„windstille“, von Haaren usw. beschützte Räume eingeschlossen |
daß der Wasserdampf schwierig heraustreten kann (Erica tetral
petrum, Calluna vulgaris, andere Beispiele sind Arten der näch
Gruppe).
9. Die Assimilationsorgane sind bei vielen Arten an N
stielrunde Blätter oder blattlose, assimilierende Stengel, 2
bei Equisetum limosum, Arten der Junei genuini, in geringerem G:
bei anderen Juneus-Arten, Seirpus caespitosus u.a. Arten, Eriop
vaginatum, Carex microglochin, O. diveca, ©. chordorrhiza, 0.4
flora usw.
10. Kantenständige Blätter (Profilstellung) bei Narth
Tofieldia, Xyris wie in den Sümpfen bei Iris und Acorus.
trifft die Blätter unter spitzen Winkeln.
11. Es kann hier auch an Sumpfpflanzen erinnert werden,
denen die Blätter flach, breit, aber gleichfalls senkrecht oder au
gerichtet, lang und ungeteilt sind, z. B. bei Alisma plantago, Sag
u.a. Alismataceen, Butomus, Typha, Sparganium, Ranunculus I
Lathyrus nissolia.
1) Kihlman 1890; Volkens 1890; Raunkiär 1895—9, 1901.
2) Kearney 1901; Dachnowski 1912.
3) Anatomie bei H. E. Petersen 1908.
*) Kearney 1901.
Me -
en
w I 4
h 80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden 625
| 12. Breitblättrige Cyperaceen können ihre Blätter schließen
immer?), deutlich bei Carex vulgaris (©. Goodenoughii); die Spaltöff-
ungen sind jedoch nicht auf die Oberseite beschränkt.
& 13. Polsterpflanzen. Cockayne!) nennt eine Anzahl von neu-
seeländischen Arten in Torfsümpfen, z. B. die Caryophyllacee Coloban-
thus muscoides, die Polsterbildung zeigen.
gs 14. Krummholz- und Zwergbildungen finden sich allgemein
bei den Holzpflanzen.
Daß hier ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem
n allen Fällen sehr nassen Standorte und den erwähnten Bau-
rhältnissen besteht, an deren Stelle man zunächst ganz andere er-
1® en sollte, ist offenbar. Bei Gattungen, die sowohl Sumpf- als auch
‚ solehe Landarten enthalten, die nicht an sehr trocknen Orten wachsen
esophyten), wird man oft finden, daß diese letzten die breitblättrigsten
d, während man eher das Umgekehrte erwarten sollte. Die Sumpf-
arten Epilobium palustre und Lysimachia thyrsiflora sind unsere
-schmalblättrigsten Arten ihrer Gattungen; Galium palustre und
@. elongatum sind gleichfalls schmalblättriger als die mesophilen
en, USW.
Der Boden muß physiologisch trocken sein, wenn nicht immer-
während, so doch periodisch. Die Wurzeln können nur mit Schwierig-
\ keit Wasser aus dem feuchten oder sogar wasserreichen Boden auf-
nehmen und müssen deswegen durch Xeromorphie gegen Austrocknung
eschützt werden (Kap. 13). Es ist aber eine noch ungeklärte Frage,
lche von den ökologischen Faktoren maßgebend sind.
Hier muß auch hervorgehoben werden, daß viele Arten, besonders
deidepflanzen?) merkwürdigerweise sowohl auf trocknem und warmem
den als auf äußerst feuchtem und kaltem Boden wachsen können,
1. B. Calluna, Empetrum, mehrere Pinus-Arten, Juniperus communis,
tula nana, Saxifraga hirculus, Ledum palustre, Vaccinium myrtillus
a. in Europa, Pinus taeda in den Dismal Swamps in Nordamerika?)
der Phormium tenax und Phyllachne Colensot in Neuseeland*). Man
te also meinen, daß es zwischen beiden Bodenarten wesentliche
ereinstimmungen gäbe und daß unter den Lebensbedingungen der
mpfpflanzen einige seien, die sie zwängen, mit dem Wasser ökono-
sch zu verfahren. Die Sache ist noch unklar; für die Heidepflanzen
sicher, daß sie oft an nährstoffarme Substrate gebunden sind.
1) Cockayne 1904.
®) Vergl. Graebner 1895, 1901.
®) Kearney 1901.
*) Cockayne 1904, 1910.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 40
626 Serie der Formationen der Torfböden
Folgende Erklärungen sind gegeben worden:
1. Johow und Kihlman!) haben auf die Beobachtung von Ts
lowitz hingewiesen, daß es ein Transpirationsoptimum gibt und
deshalb selbst die Sumpfpflanzen gezwungen sein können, die Trans]
tion herabzusetzen.
2. Nasse Erde ist kalte Erde (Kap. 10); daher entwicken
die Vegetation im Frühjahr auf Mooren und in Sümpfen spät, und da
Blühen findet spät statt (gewisse Arten ausgenommen). Kihlman un
Goebel?) weisen darauf hin, daß viele Pflanzen, obgleich sie auf echt
nassen Stellen wachsen, doch mit Wollhaaren bedeckt sind (wie die
Espeletia-Arten von Venezuela, 8. 37, Fig. 20, 21) oder auf andere Weis
gegen Transpiration geschützt sind, weil die starken Winde die Vi
tation austrocknen, wenn die Wurzeltätigkeit durch den kalten B«
gehemmt ist. Dieses erklärt den xerophilen Bau bei Pflanzen des h.
Nordens und der Hochgebirge gut und spielt sicher eine große
aber da z. B. die Rohrsümpfe ihre Physiognomie sogar in den T’rope
unter Verhältnissen bewahren, wo es weder austrocknende Winde noc
kalten Boden gibt, so kann diese Erklärung nicht alle Fälle umfassen
In jedem Frühjahr kann man sich davon überzeugen, daß noch 2
einer Zeit, wo die Lufttemperatur und damit die Verdunstung dur
Sonnenwärme schon recht hoch sind, in geringer Tiefe Eis im Bi
im Moore steckt. Er
Dachnowski?), der auf die biologischen Prozesse im Boden beson
Gewicht legt, hat jedoch die Hochmoore auf Cranberry Island nicht b
sonders kalt oder kälter als andere Substrate gefunden, auch ist d
Evaporation daselbst nicht besonders stark. Auch weist er darauf hi
daß Torf sich in tropischen Ländern bilden kann, wo niedrige Tem
turen nicht vorkommen.
3. Ein anderer Umstand, dem auch eine Rolle zugeteilt wird,
daß die Wurzeltätigkeit in dem sehr nassen und sauerstoffarme
Boden durch die schwierigere Atmung erschwert wird. Die W
der Sumpfpflanzen verbrauchen nach Freyberg in einer gewisse:
weniger Sauerstoff als die der Landpflanzen, und damit ihre Arbe
der der oberirdischen Organe im Gleichgewichte bleiben kann, muß
die Tätigkeit dieser Organe herabgesetzt werden. Daß viele auf H
und anderen trocknen und warmen Böden wachsende Pflanzen au
Mooren wachsen können, bleibt hiernach nicht unverständlich,
man berücksichtigt, daß der Heideboden, wo die Pflanzen (z. B. Ca
Pinus-Arten u. a.) wachsen können, oft ein äußerst schlecht dure]
1) Johow 1884; Kihlman 1890.
2) Kihlman 1890; Goebel 1889—1891.
®) Dachnowski 1911.
80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden 627
_ lüfteter, zeitweise sehr nasser Rohhumusboden, „eine Torfbildung auf
_ dem Trocknen“ (P. E. Müller) ist, immer ist dies aber keineswegs der
Fall, z.B. Dünenheiden. Im übrigen darf man auch nicht vergessen,
_ daß der Heidetorf periodisch ziemlich stark ausgetrocknet sein kann.
Fr Der Luftmangel in den wachsenden Hochmooren zeigt sich be-
sonders darin, daß Gehölze (bes. Pinus silvestris) ihre neuen Wurzeln
schräg aufwärts, also nach den besser durchlüfteten jüngeren oberen
Teilen des Moores schicken (Graebner).
4. Ferner muß als ein für die Torfbodenpflanzen vielleicht wich-
tiges Agens hervorgehoben werden, daß Torfboden ein starkes Wasser-
bindungsvermögen hat (S. 85 und 109). Nach Crump!) ist !/s des
_Wassergehalts nicht aufnehmbar für Erica tetralix, Molinia eoerulea und
_ Pieridium; */ı nicht für Deschampsia und Nardus; '/s nicht für Calluna
vulgaris in reinem Torf; ?/s nicht für Vaceeinium und Agrostis;
u7 nicht für EEE sp., Calluna vulgaris in sandigem Torf;
er? nicht für Vaceönium vitis Idaea. Es scheinen nach diesen Eraahen
diesen Arten doch recht große Quantitäten von Wasser zur Verfügung
zu stehen.
5. Es kann auch daran erinnert werden, daß viele Moore im
Sommer in den oberen Schichten stark austrocknen können. Durch ein
aus Scheuchzeria, Echynchospora alba, Carex limosa u. ähnl. Sumpf-
pflanzen bestehendes Moor kann man oft nicht nur mit trocknen Schuhen
_ hindurchgehen, sondern die Sphagna können so trocken sein, daß sie
bei jedem Schritte knistern. Auch viele arktische Sümpfe oder Moor-
gebiete trocknen oft ganz aus. Dieser wechselnde Wasserstand muß
auch von großer Bedeutung für die Wasserversorgung der Hochmoor-
pflanzen sein?).
6. Ferner sei darauf hingewiesen, daß die Spaltöffnungen der an
feuchten Orten (in Sümpfen, feuchten Wäldern) wachsenden Pflanzen
die Transpiration nicht ebenso wie andere Pflanzen regulieren können.
Sie behalten offene Spaltöffnungen und transpirieren ununterbrochen
gleich stark, bis sie welken®). Dieses ist vielleicht auch ein Grund für
die erwähnten xerophilen Bauverhältnisse.
7. Der bedeutendste Faktor muß doch gewiß in den chemischen
Eigenschaften des Wassers in den Böden gesucht werden; in diesen
erblicken auch viele Forscher die Erklärung der Tatsachen.
_ Dachnowski und Livingston®) suchen die Ursache in chemischen
Substanzen, vorläufig unbekannter Art, vielleicht Wurzelsekrete bei
1) Vergl. Journ. of Ecology I.
2) Burns 1911.
®) Stahl 1894.
*#) Livingston 1904; Dachnowski 1908, 1909, 1911, 1912,
40*
628 Serie der Formationen der Torfböden
Sauerstoffmangel gebildet oder Toxine durch die Wirkung von Bakte
und Pilzen hervorgebracht, welche die Xeromorphie direkt oder in
hervorrufen sollen. Dachnowski hat im Gegensatz zu früheren
suchungen gefunden, daß Torfboden sehr reich ist an Bakterien, wel
große chemische Stoffumwandlungen verursachen. Sowohl aörobe
anaörobe Bakterien kommen vor. er.
Andere suchen die Ursache der physiologischen Trockenheit
Bodens in den Säuren, welche man gewöhnlich in Torfböden finde
doch nicht immer sind sie vorhanden. Tansley?) gibt an, das g
Typen von Flachmooren neutrale Reaktion geben; Moss und Cra
sagen sogar auch, daß gewisse Torfgewässer alkalisch und
sauer sind.
Die Frage nach allen Ursachen der Xeromorphie muß alas
läufig unbeantwortet bleiben. In der Tat ist es wohl auch nich
einzelne Ursache, sondern mehrere, die mitwirken. In dieser Hi
sind z. B. die Untersuchungen von Yapp über Xeromorphose bei S
pflanzen, besonders Filipendula ulmaria, interessant. Er fand, d
dieser Pflanze die Keimlinge und Blätter des ersten Jahres kahl sin
aber an den blühenden Pflanzen werden die Sproßteile regelmäl
desto mehr behaart, je höher sie sitzen, sind also oben stärker
morph; die Menge der Haare und die Größe der Palisadenzellen w
in den oberen Teilen im allgemeinen in desto höherem Grade entw
je stärker die Transpiration und die Lichtstärke steigen; die Blätte
unteren Blattrosetten haben noch keine Haare. An den alten Pfl
sind die unteren Teile hygrophil und mesomorph, die oberen mehr
morph. Auch die Periodizität des Jahres macht sich geltend; von
oder Juli nimmt die Stärke der Behaarung ab. Mehr oder wen l
zeigen andere Arten denselben Wechsel.
Schließlich sei noch hervorgehoben, daß es andere Bauverhäl
und andere Formen der Blätter als die angeführten gibt, die ansc
kein xerophiles Gepräge haben oder noch in keinen nachweisbaren
klang mit den Standorten gebracht werden konnten, z. B. breite,
liche oder nierenförmige Blätter bei Rubus chamaemorus, Caltha
stris, Comarum palustre, Viola palustris, Hydrocotyl.. Hier m
phylogenetische Verhältnisse sich wahrscheinlich geltend; die m
sind indessen auch xeromorph gebaut. Andere Charaktere entspr
einem wasserreichen Boden, z. B. die Luftkanäle bei Er
dium u.a.
!) Siehe Weber 1902, 1903; Schimper 1898; Cowles 1901; Bruncken 19
Früh und Schröter 1904.
2) Tansley 1909.
80. Kap. Eigentümlichkeiten der Vegetation auf torfhaltigen Böden 629
Über die große Variabilität der anatomischen Charaktere bes. bei
nonokotylen Sumpfpflanzen vergl. Graebner!). Diese Veränderlichkeit
it die jetzt von vielen Schriftstellern beliebte Verwendung der Ana-
mie für die Systematik von Sumpfpflanzenfamilien nur mit größter
rsicht anwendbar erscheinen.
Die Formationen, welche auf Torf- und Rohhumus vorkommen,
nnen folgendermaßen geordnet werden:
. Gras- und Krautformationen.
1. Wiesenmoore (Niederungsmoore) bilden oft die erste Ent-
wicklungsstufe und sind den hydrophytischen Formationen am
nächsten verwandt (81. Kap.).
2. Die Tussock-Vegetation der antarktischen Gegenden
(82. Kap.).
‚Moos- und Flechten-Formationen.
3. Moos-Tundren und Moos-Heiden (83. Kap.).
4. Flechten-Tundren und Flechten-Heiden (84. Kap.).
5. Sphagnum-Moore (Hochmoore) (85. Kap.).
Formationen von Holzpflanzen.
6. Zwergstrauch-Moore und -Heiden (86. Kap.).
7. Formation der Kleinstrauchgebüsche (87. Kap.).
8. Wälder auf torfhaltigen Böden (88. Kap.).
Die Reihenfolge dieser Formationen entspricht mehr oder weniger
iner Entwicklungsreihe, indem Gras- und Krautformationen wie die
'mationen der Thallophyten sich oft in solche von Holzpflanzen ent-
keln und dann niedrigere Stockwerke in den Strauch- und Wald-
mationen bilden. Die Tussock-Vegetation steht etwas fremdartig
hen den anderen.
Über die Vegetation auf Torf- und Rohhumusböden siehe namentlich das große
von Früh u. Schröter 1904. Vergl. auch ferner Weber 1902, 1903. Ramann 1895,
6; Pound and Clements 1900; Clements 1904; Mac Millan 1893, 1896, 1897; Living-
on 1904 usw.; Dachnowski 1912 u. früher; Tansley 1911; Graebner 1895 usw.; Yapp
)09, 1912; Wheldon and Wilson 1907; W.G. Smith and Moss 1903; Moss 1913; Potoni6
0 8, 1911 (vergl. auch unter Wiesenmoore); P. E. Müller 1887, 1906; Mentz 1912;
sten Olsen 1914; Hanna Resvoll-Holmsen 1913; Pammel; Roland Harper 1913;
der 1913; Preuß 1910; Ljungquist 1914 und viele andere.
2) Graebner 1895.
630 Serie der Formationen der Torfböden
81. Kap. Wiesenmoore
Die Wiesenmoore bilden sich oft außen um die Rohrsümpfe
am Rande stehender oder fließender Gewässer, deren Umfang si
wöhnlich immer mehr einschränken, indem die Rohrvegetation allm
fortrückt. Sie stehen in genetischer Verbindung mit der Sumpfvege
mit offenem Wasser und sind oft durch Übergänge mit dieser verbun:
Sie sind gewöhnlich Schlußglieder der Verlandung und können
lange Zeit auf großen Strecken die herrschende Vegetation bilden.
werden auch mit vielen anderen Namen bezeichnet, z. B. Sumpfwi
Seewiesen, Riedwiesen, Sumpfmoore, saure Wiesen, Grünmoore, G
landsmoore, Grasmoore, Flachmoore, Niederungsmoore. Der N
Wiesenmoor dürfte der zweckmäßigste sein, da er am wenigsten
Verwechslungen Veranlassung gibt und die vorherrschende Vegeta
am schärfsten kennzeichnet. „Infraaquatische Moore“ sind sie au«
nannt worden, weil die Torfbildung unter dem Wasser stattfindet
Diese Vegetation braucht eine geringere Wassermenge, als die
Rohrsümpfe. Namentlich tritt weniger offenes Wasser auf; man
das Wasser weniger als in den Rohrsümpfen, oft nur periodisch.
Grundwasser jedoch steht immer hoch. Die Vegetation ist di
und ihre Laubsprosse ragen fast ganz in die Luft empor. Das Wo
steht oder fließt langsam; das Gelände ist flach und wagerecht, in
tischen Ländern, in Gebirgen usw. aber auch schwach geneigt.
Im Boden bilden die verflochtenen Wurzeln und Grundachsen
dichten zähen Torf. Der Boden wird durch die aufgehäuften Pfla
teile zuletzt (vergl. Kap. 13) moorartig; mächtige Torfschichten kön
besonders von gewissen Arten gebildet werden, denen sich biswe
auch Arten der Rohrsumpfvegetation, besonders Phragmites, ansc
Die Pflanzenreste bilden schwarzen, amorphen Torf und sind so ze
daß sie kaum wiedererkannt werden können; in den jüngeren
:mooren sind sie besser erhalten. Der Torf ist gewöhnlich dicht,
naß, meist schmierig, leitet das Wasser schwer, daher kann er oben
trocken und in geringerer Tiefe schmierig naß sein (für gärtne
Kulturen fast unbrauchbar). Torf der Hochmoore ist dagegen fast 2
gleichmäßig feucht oder trocken, weil er das Wasser gut leitet un
!) Der englische Name ist fen; der schwedische kärr, flackmossa;
nische Kär, Kärmose. Derselbe Name wird offenbar oft in verschiedenem Si:
braucht. Unter Myr versteht man in Norwegen und auf Island im allgemeinen
bildungen. Man unterscheidet in Norwegen zwischen Gräsmyr (auch kurz Myr
Sumpfmoore) und Mosmyr (dies sind die Heidemoore). Nach v. Post sind Myr
mit Sphagnum und vielen Flechten (also Heidemoore); „die Flechten konkurrie;
den Moosen“.
i 81. Kap. Wiesenmoore 631
reich ist (für gärtnerische Kulturen sehr gesucht). In jüngeren Mooren
a kann die eigentliche Torfbildung noch recht unbedeutend sein.
2 Die Wiesenmoore werden mehr oder weniger von mineralreichem
tellurischem) Wasser gespeist im Gegensatze zu den Hochmooren, für
‚welche die atmosphärischen Niederschläge am wichtigsten sind.
Das Wasser ist gewöhnlich neutral oder alkalisch, oft kalk-
reich, wird aber auch als mitunter stark säurehaltig angegeben. In
_ Hochmooren dagegen ist es immer sehr sauer und kalkfrei resp.
_ kalkarm.
- Der Torf der Wiesenmoore ist schwer und sehr reich an Pflanzen-
nahrung (10—30°/, Asche), der der Hochmoore sehr arm an Nahrung,
unter anderem an Stickstoff, der jedoch der Vegetation nicht immer leicht
gänglich ist. Wahrscheinlich steht hiermit in ursächlichem Zusammen-
ange, daß hier Pflanzen, die sich durch ihre Blätter Stickstoff ver-
schaffen können, vorkommen: die insektenfressenden Pflanzen. Diese
werden bei uns und anderwärts besonders auf Hochmoorboden gefunden;
- Beispiele: Drosera, Dionaea, Sarracenia, Darlingtonia, Cephalotus.
| Flora in Nordeuropa. Die Wiesenmoore werden besonders von
grasartigen Pflanzen gebildet, denen viele Dikotylen beigemischt sind.
Folgende Familien und Gattungen sind vertreten: vor allem Cyperaceen,
N amentlich Carex-Arten in großer Anzahl (daher die Namen Gras-
moore), Cariceta —; oft bilden die Cyperaceen Rasen („Bulten“ oder
„Bülten“), besonders in den dem offenen Wasser nächsten und wasser-
reichsten Gürteln („Sumpfmoore“), oder auch eine verfilzte Decke;
n ferner sind Arten von Eriophorum, Rhynchospora, Seirpus, Schoenus
| u.a.; von Gramineen Aera caespitosa, Agrostis vulgaris, Molinia coeru-
IE. lea; serhin Schachtelhalme (Zquisetum limosum und E. palustre); von
H arnen namentlich Aspidium (Lastraea) thelypteris,; Juncaceae, Junca-
einaceae (Triglochin palustre), Orchidaceae (Epipactis palustris, Orchis-
rten u. a.), Umbelliferae (Peucedanum palustre, Angelica und Archan-
lica), Ranunculaceae (Caltha, Trollius, Ranunculus), Rosaceae (Coma-
m palustre, Geum rivale u. a.), ferner Menyanthes, Galium palustre,
pilobium palustre, E. parviflorum, Parnassia palustris u. v. a.
Lebensformen. Die krautartigen Pflanzen sind fast alle mehr-
jährig; einzelne sind zweijährig, aber von einjährigen finden sich nur
enige (meist schmarotzende Rhinanthaceen) außerhalb des aufgewühlten
odens der Maulwurfhaufen usw. (Saxifraga tridactylites usw.). Oft
nd Sträucher eingemischt, namentlich von Salices, Betula nana u.a.
ten, Alnus, Rhamnus frangula, Empetrum, Ericeen u. a., besonders
den Rasen und den trockeneren Stellen. Unsere Sumpfpflanzen
d vielleicht teilweise Reste aus der Eiszeit, z. B. Saxifraga hörculus
und Carex chordorrhiza (vergl. 5. Abschn.).
632 Serie der Formationen der Torfböden
Unter und zwischen den höheren Pflanzen gibt es in den S
mooren meist zwei Stockwerke: außer den vielleicht einzeln auftret
den niedrigeren Stauden eine Bodenvegetation von Moos
(Arten von Amblysiegium, Hypnum euspidatum, cordifoloum u. a. Ar
Mnium- und Polytrichum-Arten, Paludella squarrosa u. a., aber jedenf;
in den jüngeren Mooren keine oder spärliche Sphagna, später fin
sich solche ein, und Übergänge zu den Sphagneta werden gebildet).
Moose sollen ein untrügliches Kennzeichen dafür sein, daß keine
zirkulation in der Erde stattfinde. Sie spielen lange nicht die R
wie in den Sphagnummooren. Für Flechten ist es bei uns im allge,
zu warm; in arktischen Mooren hingegen finden sie sich bisweile:
an ganz nassen Stellen (mitunter bestandbildend) beigemischt.
Der Sproßbau der Gräser und Stauden ist in der reichen
sehr verschieden. Eine allgemeine Anpassung kann kaum nachgewi a T
werden. Von den tonangebenden Monokotylen bilden einige dichte
hohe Rasen, z. B. Carex strieta, die bisweilen eine Zone auße
der Rohrsümpfe (d.h. näher nach dem Lande zu als diese) bildet
zwischen deren Rasen oft offenes Wasser vorkommt, bis eine and
Vegetation dessen Platz einnimmt‘). Rasenbildende Arten sind,
starkem Gegensatze zur Rohrsumpfvegetation, hier ziemlich häufig, z. Z
Carices und einige Gräser.
Arten mit Ausläufern und mit Wanderrhizomen finden
sehr reichlich (Equisetum palustre, Carex Goodenoughü, 62 p
©. graeilis, CO. acutiformis, Menyanthes etc... Aus statistischen Un
suchungen Vahls nach der Methode Raunkiärs geht hervor, daß
Wiesenmoor eine Formation ist, in welcher unterirdisch wander
Kräuter überwiegen ’?).
Die Wiesenmoore sind also eine geschlossene Forma
überwiegend aus grasartigen Pflanzen, namentlich Cyperacee
spärlichen eingestreuten Stauden und Klein- oder Zwergsträuc 1
Physiognomisch werden sie also durch die grasartigen Pflanzen
kennzeichmet. (Von den österreichischen „Sumpfwiesen“ führt G ni
Beck an: 34 Cyperaceen, 12 Gramineen, 3 Juncaceen, ferner eine M«
Stauden und Kräuter, wovon 18 Monokotylen sind.) Sie enthalten
Winterszeit graue, verwelkte Blätter und Sprosse. Der Frühling
ginnt wegen des sehr spät in dem schlecht wärmeleitenden Humus :
tauenden Bodeneises, wegen der durch vieles Wasser und dnrch
dunstung hervorgerufenen Kälte des Bodens und wegen der k
Luft über den Bodeneinsenkungen spät, einige früh blühende .
z.B. Eriophorum vaginatum ausgenommen, ruht die Vegetation sehr
!) Kerners „Zsombek-Formation“; vergl. Verh. zool.-bot. Ver. Wien, VII.
®) Raunkiär 1909; Resvoll-Holmsen 1912; Vahl 1911.
EEE
81. Kap. Wiesenmoore 633
Erklärung zu Fig. 285. Im Vordergrunde ein Wassertümpel von einer Assozia-
tion von Eriophorum Scheuchzeri umgeben. Danach folgt ein Flachmoor mit Horsten
von Carex rigida, ferner mit Carex rariflora, Eriophorum Scheuchzeri und Moosen
(Amblystegium, Polytrichum, Grimmia, Dieranum u. a.). Zerstreut finden sich Poten-
dla palustris, Cerastium trigynum, Polygonum viviparum und Salix herbacea. Hinter
dem Moor sandige Abhänge, deren Sand durch die Föhnstürme hergeweht ist. (Näheres
bei Kruuse 1912, 103.)
Aus Ostgrönland (Angmagsalik).
Fig. 285.
634 Serie der Formationen der Torfböden
Die Assoziationen sind sehr verschieden in den verschiedenen,
namentlich in den kalttemperierten und kalten Ländern, wo Wies
moore vorkommen, selbst in demselben Lande und an demselben S
Der Sauerstoffgehalt und Wasserreichtum (Tiefe des Grundwasse
Nahrungsgehalt des Bodens wie andere edaphische Faktoren sind hier
von Bedeutung. Viele Wiesenmoore sind Halbkulturformationen u
werden durch Düngung, Kanalisierung usw. vielfach verändert. Nach
den an den einzelnen Orten vorherrschenden Gattungen können
Sümpfe Cariceta, Eriophoreta, Hypneta, Junceta, Seirpe: :
Molinieta usw. genannt werden'), ferner nach den Arten Carex strieta,
©. rostrata usw., Cariceta strietae, rostratae usw., Junceta obtusi
flori, effusi, compressi, conglomerati, Scirpeta Car USW., Briopho
reta polystachii usw.
Statistische Untersuchungen von Hanna Resvoll-Holmsen?) ze a
daß die Torfmoore Norwegens große Unterschiede darbieten, daß i
einigen die Cyperaceen die Physiognomie bestimmen, in anderen Zwe
sträucher, wie Andromeda polifolia; diese müssen dann zu einer and:
Formation gehören. In Grönland finden sich bis zu den höchsten Bre
hier und da Junceta besonders solche von Juncus arcticus (Hartz 1
und Eriphoreta Scheuchzeri®). Auch in den Hochalpen finden sich
weilen Eriophoreta von derselben Art?).
Potoni&°) hat sich sehr eingehend mit der Klassifikation name
lich der Torf- resp. Humusablagerungen beschäftigt und deren Ne
klatur durch eine allgemeine Sachverständigenkonferenz besonders
die geologische Kartierung Deutschlands festzulegen sich bemüht. ir
Einteilung der Torfe und Humusablagerungen (der „rezenten Kaustob
lithe“) legt er eine solche der lebenden Humusformationen zugrunde;
Moore teilt er, außer den Hochmooren, folgendermaßen ein: r
1. Flachmoore: 5
A. Verlandung durch Organismen (SapropelfFanlschlammjbildung 4
Seen,
Weiher (Teiche),
Meeresküsten, Gezeitenzone.
B. Flachmoorwiesen:
Sumpfflachmoorwiesen,
Strandflachmoorwiesen, a
Schwingflachmoorwiesen; Schwingmoore und schwimmende M [oor |
inseln. :
!) Stebler u. Schröter 1889— 92; Hult 1881, 1887.
?) H. Resvoll-Holmsen 1914, S. 32.
®) Kruuse 1911/1912; Lundager 1912.
*) Rübel 1913.
5) Potonie 1906, 1908, 1911.
Wiesenmoore 635
€. Flachmoorwälder:
Sumpfflachmoorwälder,
Strandflachmoorwälder,
Schwingflachmoorwälder.
Zwischenmoore:
Birkenmoore,
Birken-Kiefernmoore,
Zwischenmoornadelwälder.
Eine besondere Form der Wiesenmoore sind die Schwingmoore,
Boden „schwingend“ ist, weil er auf dem Wasser schwimmt.
einer Anzahl von Moosen (Aypnum-Arten, Aulacomnium palu-
\ Mnium-Arten, Paludella squarrosa usw.) findet man hier besonders
um (Polystichum) thelypteris, Carex limosa, CO. lasiocarpa, CO. chor-
za u. a., Sceirpus trichophorum (Eriophorum alpinum), E. gracile
Malaxis paludosa, Menyanthes trifoliata u. a. Blütenpflanzen').
Moossümpfe. Bisweilen überwiegen die Moose (Aulacomnium,
wm cuspidatum u. a. Arten, Polytrichum) die Blütenpflanzen. Es
ehen dann dichte, weiche Moosteppiche mit sparsam eingestreuten
pflanzen, Lycopodien und Flechten. Solche Moossümpfe finden
arktischen Ländern?), müssen vielleicht als eine eigene Vereins-
aufgestellt werden, die den Moostundren nahe stände, und gehen
alls in diese wie besonders in die Sphagnummoore über, d.h. so-
ohl in Polytrichum- als in Sphagnum-Tundren.
Hieran lassen sich wohl die Quellmoore anschließen. In Nord-
ropa trifft man oft am Fuß von Anhöhen oder in den Tälern Areale,
Wasser hervorquillt, ohne daß von einer eigentlich strömenden Quelle
de sein kann. Langsam tritt das Wasser aus den wasserführen-
Erdschichten. Die Oberfläche ist oft schwach uhrglasförmig ge-
t oder auch deutlich an der Berglehne ansteigend.
Diese „Quellmoore“ sind sowohl von Geologen (Wahnschaffe, Po-
) als Botanikern (in Dänemark A. Mentz)°?) besprochen worden.
haben eine eigentümliche Flora, sowohl von Moosen als von Gefäß-
zen. Von den Moosen ist in Dänemark und auch anderwärts am
ten charakteristisch Paludella squarrosa; mit ihr kommen vor:
onotis fontana, Acrocladium cuspidatum, Climacium dendroides,
nocybe palustris, Arten von Hypnum, verschiedene Sphagnum-Arten.
den Gefäßpflanzen besonders Arten von Carex (O. limosa, C©. Goode-
2) Die Floren der Moore Ostpreußens siehe H. Groß 1912.
2) „Wiesenmoore“ bei Brotherus; Warming 1887; Porsild 1902; Dusen 1905;
1910.
®) A. Mentz 1912.
636 Serie der Formationen der Torfböden
noughü, ©. diandra, Ö. canescens, u. a.), Eriophorum, Agrostis, Cal
Comarum, Menyanthes, Pedieularis silvatica, Viola palustris usw.)?).
Allmählich, wenn man weiter landeinwärts geht, verändert sich di
Vegetation mit der größeren Tiefe des Grundwassers; es kommen Übe
gänge zu den Süßwiesen vor (Kap. 69)?) (vergl. Abromeit). Anc re
seits gehen die Moorwiesen auch in Hochmoore über, indem die S
nach und nach zahlreicher werden und zuletzt den Boden beher
Früh spricht von „Mischmooren“, als sehr allgemein in der S
vorkommend, wo das Flachmoor von Hochmoor überlagert ist un
flachen durchtränkten Saum um die gewölbten Hochmoore bilde
In einigen Mooren können sich recht dichte Saliceta ent
aber diese sind wohl dann eigentlich alte Moore.
Wiesenmoore finden sich in den meisten Teilen der | Eı
Sumpfwäldern. Als Beispiel sei eine Form der Sumpfwiese erwäl
Adamovi6*) aus Serbien beschreibt: Hier werden Assoziationen
von Salix pentandra und Betula pubescens, welche vom Gri
reichlich verzweigt sind und niemals Mannshöhe erreichen. er
sich Calamagrostis lanceolata, Avena rufescens, Cream v
cisa praemorsa ($. pratensis), Caltha palustris, Trollius Buropn
lemonium coeruleum und andere. “
Wiesenmoore kommen z. B. auch im östlichen Paraguay v
der Grundwasserstand hoch ist. Die dichten Horste der GER
krautige Arten aus anderen Familien an, z. B. Eriocaulaceen, _
auch Sphagna°).
Übrigens ist noch wenig über ihr Vorkommen und ihre a
in anderen Weltteilen bekannt).
!) Die Quellmoore Ostpreußens siehe H. Groß 1912. Siehe auch oben
®) Die Wiesen aus Gramineen schließen sich eng an die Cariceten an. a
zuträglichste Wassermenge ist vermutlich 60—80°/,, während sich Saatfelder mi
60°/, begnügen. Die Cariceten haben eine größere Wassermenge als 80%. Der
spiegel der Wiesen steht im Sommer in 15—30 cm Tiefe. :
®) Pohle 1903, 1907.
*) Adamovic 1898.
5) Gaßner 1913.
®) Bews erwähnt aus Natal „March“-bildungen, welche vielleicht wi
sind. — Litteratur über Wiesenmoore: Mentz 1910, 1912; Vahl 1911; Eri
Rübel 1911—12; Groß 1912; Alb. Kurtz 1912; Hanna Resvoll-Holmsen 1914
1914: Wangerin.
folgende: Auf den subantarkti-
schen Inseln südlich von Neu-
v ‚seeland ist an vielen Stellen
die bis 1!/;m hohe Poa litorosa
% die leitende Tussockpflanze, an
® er P. anceps. In Neuseeland
_ kommen in dem östlichen
Steppenklima „Steppen“ von
Tussockgräsern vor (Danthonia,
_ assoziationen. Auf Südgeorgien
Assoziationen, in denen die
2. Kap. Tussock -Vegetation 637
82. Kap. Tussock-Vegetation
„Tussock* bedeutet im allgemeinen eine Vegetation von dichten,
- hohen Horsten von Gräsern und Halbgräsern. Der Name wird besonders
_ verwendet für eine Assoziation der antarktischen Inseln und anderer
Gebiete. Gräser verschiedener Arten bilden mächtige Bulten, Rasen
oder Horste von 1—2 m Höhe. Der Sockel wird von den abgestorbenen
- Stengel- und Blattmassen ge-
bildet, ganz wie bei Carex
strieta in Europa; dieser kom-
pakte Sockel wird von zahl-
_ zeichen Grundachsenzweigen
_ and Wurzeln durchzogen, und
_ alte Sockel werden auch von
anderen Pflanzen besiedelt.
Die Arten sind namentlich
anderen Poa foliosa, P.flabellata
Triodia) und sind hier Schluß-
tritt Poa flabellata auf und
bildet auf weite Strecken reine
Fig. 286. Tussock-Formation in Neu-Seeland;
$ Bestand von Poa litorosa, ganz vorn (Carex
Horste so dicht stehen, daß ternaria, im Hintergrunde Olearia Lyallii
nur wenige Pflanzen zwischen (Cockayne).
ihnen wachsen können. Eine
ähnliche Schilderung der Tussock-Vegetation auf dem Graham-Lande gibt
Skottsberg'), der Poa flabellata als eine halophile Art betrachtet, da sie
auf die Nähe des Meeres beschränkt ist und gegen die binnenländische
Gras-Tundra scharf abgegrenzt ist. Er erwähnt, daß, wenn ein Tussock-
Horst stirbt und dekomponiert wird, Moose, Acaena und andere Pflanzen
einwandern, welche für eine Zeit den Platz aufnehmen, bis ein anderer
Horst das Loch ausfüllt.
—_
!) Skottsberg 1912.
638 Serie der Formationen der Torfböden
Die Tussockassoziationen sind offenbar sehr verschieden
müssen vielleicht später anderen Formationen zugeteilt werden; ein
scheinen den halophytischen Formationen nahe zu kommen, und wach
z. B. auf Strandfelsen, andere haben einen ausgeprägten Torfbod
wieder andere schließen sich den alpinen Heiden an und finden
auf Abhängen des Binnenlandes. Skottsberg schreibt, daß Poa fi
lata und Festuca erecta auf Graham-Land „eine Art Moorformat
bilden“. R
Cockayne nennt die Poa foliosa-Assoziation „a meadow“, ein
Wiese; diese Formation muß indessen von unseren europäischen Wiese;
sehr verschieden sein, wie das Folgende zeigt. Cockayne beschreibt di
Tussock-Formation von Neuseeland etwa folgendermaßen: Die Ob
fläche des Bodens ist ein sehr nasser Torf, der an vielen Orten
echten Sumpf bildet. Die Tussock-Wiese ist keineswegs eine einh
liche Formation, sondern ändert so sehr in der Zusammensetzung
in der Physiognomie ab, daß sie in verschiedene Subformationen ge
werden muß. Eine von diesen ist |
(a) Der Tussock-Abhang am Meere. Vom steilen Abhang des
Ufers aus weichem, nassem und schwammigem Torf erhebt sich eiı
dichte Masse von Tussocks in etwa 15 m Höhe, welche auf di
Sockeln so dicht nebeneinander wachsen, daß es schwer ist, zwis
ihnen zu gehen. Diese Tussocks bestehen hauptsächlich aus Gras
wahrscheinlich Poa anceps. Gemischt mit diesen Tussocks sind.
von Poa foliosa und Carex trifida. |
(b) Flache Tussock-Wiese „würde vielleicht besser unter
Heiden angebracht werden“. Der schlecht drainierte Boden, ar
Nährstoffen, das reichliche Vorkommen von Flechten und Bärlappen
verkümmerten Büsche von Coprosma und die halbxerophytischen
sprechen sicher für ihre Zugehörigkeit zu den Heiden. Auf der and
Seite scheint die Anwesenheit eines Grases als vorherrschende
sie in die Gesellschaft der Wiesen zu verweisen. Die Oberfläche
Wiese besteht im wesentlichen aus lockerem braunem Torf. Z
häufigsten Pflanzen hier gehören Blatt- und Strauchflechten, verschie
Arten von Moosen und Lebermoosen. =
Diese Ausführungen Cockaynes genügen, um zu zeigen, daß es
dabei um eine Formation mit saurem Torf handelt. Sie steht ab:
von der nördlichen Halbkugel beschriebenen Formationen so fern,
nicht mit einer derselben zusammen in eine Gruppe gebracht werden
Auf anderen Neuseeland benachbarten Inseln wird die Tus;
Formation im allgemeinen von Poa foliosa, Danthonia bromoides
Carex trifida gebildet.
Die Assoziation von Poa litorosa von der „Antipoden-Inse
schreibt Cockayne als so dicht, daß es kaum möglich ist auf dem
Kap. Tussock-Vegetation 639
rfigen Boden sich zwischen den Horsten hindurchzudrängen; es ist viel
chter über sie hinweg zu wandern, indem man von dem einen zu dem
deren springt. Die Vegetation der ganzen Insel erhält ihr Gepräge
irch die Tussocks. — Ein Farnkraut (Aspidium [.Polystichum] vesti-
) kann reichlich mit den Tussocks auftreten, und unter diesen beiden
n wachsen viele niedrige Pflanzen. Der Boden kann aus einem
weichen, losen, braunen Torf bestehen, daß ein Stock tief hinein-
eckt werden kann.
In Patagonien, Süd-Georgia, ebenso auf den Falkland-Inseln und
ideren subarktischen Inseln kommt die Tussock-Formation vor.
irger hat die Tussock-Formation der Falkland-Inseln beschrieben.
kann hier ausgedehnte Strecken überziehen; die Tussocks erreichen
' Höhe und einen Durchmesser von mehr als 2 m. Die einzelnen
ste sind voneinander durch so weite Zwischenräume getrennt, daß
ı Mann sie durchschreiten kann. Diese Zwischenräume werden durch
Seelöwen erzeugt und im Inneren eines „Tussock-Waldes“ („tussock-
st“) findet man ein reiches Tierleben. Wo die Tussocks zusammen-
ießen, herrscht Poa flabellata vor. Das Tussock-Gras von Süd-Ge-
ı ist ebenfalls Poa flabellata; es erreicht eine Höhe von 1,5 m; der
e Horst zeigt graugrüne Blätter, welche, obwohl 1 bis 2 m lang,
sehr stark dem Winde widerstehen; sie erheben sich auf dicken, tor-
gen Polstern, welche 5 bis 6 Dezimeter hoch sind und von der faulen-
Masse der Grundachsen, Wurzeln und Blätter gebildet werden.
dieser Insel beginnt die Tussock-Formation an der Küste an der
jeren Grenze der Gezeitenzone und zieht sich ununterbrochen hin bis
zu einer Höhe von annähernd 300 m, und an den geschützten Nord-
abhängen bedeckt sie weite Flächen öhhe Unterbrechung. Die einzelnen
Polster sind voneinander durch Zwischenräume getrennt, welche durch
die bogenförmig darüberragenden Blätter des Tussock völlig zu-
gedeckt sind').
Was in unserer nordischen Natur wohl der Tussock-Vegetation am
a x nächsten kommt, sind die Moore, in welchen rasenförmige Cyperaceen die
- Hauptmasse bilden. Ein Bild von solcher Vegetation gibt die von Ostgrön-
land von Kruuse abgebildete (Fig. 285). Im Vordergrunde sieht man eine
Wasserlache, umgeben von einem Eriophoretum Scheuchzeri, und
e chen diesem und den sandigen Halden am Fuße der Berge auf dem
flachen Boden liegt ein solches Rasenmoor („Tue-Kär“ bei Kruuse),
er ‚hauptsächlich bewachsen mit Carex rigida, C. rariflora, Eriophorum
| ‚Seheuchzeri, Moosen (Amblystegium-, Polytrichum-, Grimmia-, Dieranum-
a 1) Über Tussock-Assoziationen auf Neuseeland und den umliegenden Inseln vergl.
Cockayne 1904, 1909, 1910. Über Süd-Georgien und die berg ae siehe S. Birger
1906; Beeaberg 1909 b, 1912.
640 Serie der Formationen der Torfböden
Arten und in den Rinnen Anthelia pilacea). Von Gefäßpflanzen kön
ferner genannt werden: Potentilla palustris, Cerastium trigynum, P
gonum viviparum und Salix herbacea. Ähnliche Rasenmoore sind gem
in Grönland; die Rasen sind 10—30 em hoch, durch ca. 10 cm b
Furchen getrennt, in welchen das Wasser im Frühling und Herl
stagniert. Im Winter sind sie mit Schnee bedeckt, der erst im Früh
verschwindet; das Schmelzwasser hält sich lange zwischen den Bul
und friert jede Nacht zu Eis. Die Rinnen sind im Sommer schw:
von den Amblystegien und Hypnen, selten von Sphagnum (teres ı
riparium) angefüllt. Viele andere PEN als die
können eingestreut sein!). a
In der Tracht der Tussock en recht ähnliche Best and
nur niedriger, bilden in Deutschland usw. die Schoenus-Arten; auch
ökologischen Verhältnisse scheinen ähnlich zu sein.
83. Kap. Moostundren, Moosheiden
Tundren werden die großen, flachen oder schwach welligen,
losen Gebiete in Sibirien und Nordrußland genannt; jedoch nen!
Finnen jede waldlose, offene Strecke, z. B. von Wald entblößte
gipfel, eine Tundra. Auch die „barren grounds“ in Nordamerika
wahrscheinlich teilweise jedenfalls „Tundren“ im finnischen |
Wortes. In der Phytogeographie bezeichnet der Ausdrucl ke
baumlose moorähnliche Pflanzengenossenschaften im ola
Klima. Die Tundra erhebt sich vom arktischen „Fell-field“, wen
Moose oder die Flechten die Oberhand über alle anderen Pfl:
bekommen und eine ununterbrochene weiche Decke bilden. Übe
stadien zwischen „Fell-fields“ und Tundra hat Porsild?) aus a
beschrieben.
Boris Keller?) erwähnt viele Varianten von Tundren; z. B. 7 i
lapidoso-lichenosa, T. herboso-lichenosa, T. fruticoso-hylocomiosa usw. :
Während der Eiszeit waren die mittleren, unvereisten Teile voi
Europa wohl echte Tundren‘®). |
Nach Middendorf°) ist die Tundra stets von nassem Boden |
feuchter Luft begleitet; das ausschließliche Überwiegen von Sump
ist charakteristisch für die Polargebiete. Als erste Ursache hi
müssen wir die kurze Dauer der schneelosen Jahreszeit ansehen,
bunden mit niedriger Temperatur im Sommer und häufigem Nebel.
!) Kruuse 1912. }
?) Porsild 1902. Über den Begriff Tundra siehe Sernander 1898, Pohle 1
3) B. Keller 1914.
‘) Vergl. auch C. A. Weber: 1903 usw.: Graebner 1912.
>) Middendorf 1867. Ye
ee Le ge
83. Kap. Moostundren, Moosheiden 641
arktische Sommer ist dem Frühling der gemäßigten Zonen ähnlich; im
Winter überwiegt dagegen große Lufttrockenheit. Die Verdunstung ist
gering, der Boden ist naß und in den Polarländern gibt es keine warme
Jahreszeit, während der der Boden trocknen könnte. Zu diesen klima-
tischen Faktoren kommen edaphische hinzu, besonders das Bodeneis,
welches das Versickern des Wassers verhindert. Bodeneis ist nicht die
Hauptursache der Versumpfung, wie schon durch die Tatsache gezeigt
wird, daß der größere Teil des nordrussischen Waldgebietes sumpfig ist,
trotzdem dort kein Bodeneis ist. Hier ist aber auch während des
kurzen Sommers die Zeit zu kurz für den Abfluß des Wassers. An
Fig. 287. Torfhügel in der Tundra am Ufer eines Sees.
Die höckerige Tundra besteht ganz aus solchen Hügeln oder Höckern, die eine
Höhe von 2—3 m erreichen. (Phot. Tanfiljew.)
steil geneigten Abhängen ist das Abfließen des Wassers erleichtert und
die Moorbildung ist daher auch gehemmt. Dies erklärt auch, weshalb
in Gebirgsländern wie Grönland die Tundren nur ein kleines Gebiet
bedecken, während sie sich in Sibirien nahezu über das ganze Land
erstrecken. Nach Porsild!) kommt in Grönland die Moostundra auf
Felsen in Senkungen im Terrain vor, auf horizontalen, nicht-drainierten
Terrassen der Basaltklippen, auf den flachen Vorgebirgen unter den
Basaltklippen und auf den flachen feuchten Moränen. Der Böden ist
kalt, besonders wenn das Bodeneis in der Nähe der Oberfläche liegt.
—___
2) Porsild 1902.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 41
642 Serie der Formationen der Torfböden
Pohle, der so vorzügliche Schilderungen der arktischen russischen
Vegetation gegeben hat!), schreibt von den Tundramooren auf Kaniı
daß sie sich unter dem Einflusse häufiger Nebel, überhaupt großer Luf
feuchtigkeit bilden. Rohhumus oder Torf entsteht unter diesen Ve
hältnissen und wird von Moosen, namentlich Polytrichum- und Dier
num-Arten, Flechten, verschiedenen Zwergsträuchern (Salices, Arctoil
phylos alpina, Halmgewächsen u. a.) gebildet, besonders aber von Rubu
chamaemorus, der viele Buckel vollständig bedeckt und andere Gewä
mit seinem üppigen Geblätt unterdrückt.
Nath Pohle spielen die Sphagna nicht die führende Rolle nör
der Waldgrenze, wie etwa in den südlicheren Breiten der Nadelv
zone. Sie sind den klimatischen Einflüssen nicht mehr gewachsei
und werden von anderen Pflanzen überflügelt. Es sind namentlic
Polytrichum und Dieranum, welche assoziationsbildend sind; in i
geschlossenen Rasen leben auch verschiedene Gefäßpflanzen (St:
Gräser, Zwergsträucher), ganz wie in den ee in en,
Breiten.
Die Moostundra der Halbinsel Kola ist von Kihlman beschri
in diesem Distrikt ist die Tundra ebenso wie die im vorigen Abschr
beschriebene von Tanin aus zwei Formationen, Torfhüge n
Lachen, zusammengesetzt. ;
In den Tundramooren tritt nach Pohle durch Ung
Boden eine Differenzierung ein, indem die schwerer verwe
nischen Reste Erhöhungen schaffen; unter Mitwirkung von Wind
Schmelzwassern, welche hier Material abtragen, und es dort °
um anfügen, schließen sich Hügel zu Torfrücken aneinander, ı
sich die Vertiefungen zu Lachen und Teichen. Die Torfhü
isolierte hügelige Gebilde von kalottenförmiger Gestalt, oft mehrere
hoch, welche einen ewig gefrorenen Kern haben und wie alle Erhöhu
in der Tundra der austrocknenden Wirkung der Winde in erh
Maße ausgesetzt sind und deshalb nur xeromorph organisierte Gew
tragen können (Fig. 287).
Die Torfhügel erheben sich bis zu Höhen von 2 bis 3 m
die Oberfläche der Umgebung. Pohle?) ist der Meinung, daß Toı
ganz normale Bülten von Moos sind, die im Laufe. von Jahrhund
oder Jahrtausenden sich durch allmähliches stufenweises Wachstw
hoben haben?). Die Torfhügel sind während des Winters von 8
entblößt, während die umgebenden niedrigeren Teile davon erfüllt
Infolgedessen zeigen sich dort Verschiedenheiten im Boden. W
Schnee tief liegt, kann die während des Winters vorherrschende ı
2) Pohle 1907.
?2) Pohle 1903.
83. Kap. Moostundren, Moosheiden 643
Temperatur nicht tief in den Boden eindringen; dieser bleibt dadurch
verhältnismäßig warm und taut schnell auf, nachdem der Schnee ge-
schmolzen ist, so daß sich also an solchen Orten kein Bodeneis findet.
Auf der anderen Seite wird an den Stellen, wo die Schneedecke dünn
- ist oder ganz fehlt, der Frost tief in den Boden eindringen und es
bildet sich Bodeneis, welches in dem kühlen Sommer in tieferen Lagen
nicht auftauen kann. Das Bodeneis schmilzt im Torfboden mit der
größten Schwierigkeit (wie ja auch bei uns im Frühjahr in den Hoch-
mooren) und deshalb bleibt es in den kalten Klimaten während des
ganzen Sommers oft in einer Tiefe von wenigen Zentimetern erhalten.
Fig. 288. Ein Sphagnummoor im Waldgebiet an der Grenze der Tundra.
Bewachsen mit Sphagnum, Betula nana, Rubus chamaemorus (blühend; die weißen
Punkte im Vordergrund sind Blüten von R. ch... Auf dem Moor einige Kiefern.
(Phot. Tanfiljew.)
Die Vegetation der Torfhügel ist ausgesprochen xerophil. Arten
von Sphagnum kommen nur spärlich vor, während Arten von Polytrichum
reichlich vorhanden sind in der Gestalt großer Moose, deren aufrechte
Stämme dicht gedrängt stehen und so einen weichen flachen Teppich
bilden. Selbst wenn der Boden, auf welchem sie wachsen, von schmel-
zendem Schnee unter der Oberfläche sehr naß ist, kann er durch die
Sommersonne oberflächlich ausgetrocknet sein und dadurch hart werden.
Während des Winters, wenn die größte Lufttrockenheit über der nor-
dischen Tundra herrscht, werden die Pflanzen durch die Winde aus-
getrocknet. Die Polytricha können in ihren dichten Polstern Wasser
41*
644 Serie der Formationen der Torfböden
festhalten, aber trotzdem zeigen sie eine xeromorphe Struktur; eini;
Arten haben Blätter, die, wenn sie trocken sind, ihren Rand umrollen
können, so daß derselbe sich über das Assimilationsgewebe legt. N
den Polytrichen bilden Dieranum elongatum, D. tenuinerve und an
Dieranum-Arten dichte feste Polster; eingemischt in diesen luft
abschließenden Teppich von Rohhumus erzeugenden Moosen sind A te
von Hylocomium, Hypnum, Rhacomitrium, Jungermannia und an
Bryophyten, Flechten, Zwergsträucher, so Empetrum, Betula nana
Vaceinium myrtillus, dazu auch Kräuter, die zu den Arten der Fe
fluren („Fell-fields“) gehören.
Moose sind befähigt das unwirtliche Gebiet zu besiedeln,
allein durch ihre Fähigkeit auszutrocknen und bei Wiederbefeuch
weiter zu leben, sondern auch durch ihre Unempfindlichkeit, die sie
fähigt schon bei niedrigen Temperaturen zu assimilieren; darin
den meisten Blütenpflanzen überlegen.
Die Senkungen führen kein Bodeneis; der Boden ist, wie Sı
oben betont, nicht so kalt wie der in den Torfhügeln, und in der trocl
nen Jahreszeit sammelt sich hier das Wasser. Hier kann die F
tion des Sphagnum-Moores, wie es eigentlich der gemäßigten Walc
eigentümlich ist, in die Tundra einwandern. Diese Sphagnum
dehnen sich aber nicht weit über die Waldgrenze aus. In den
Bergen und in asiatischen Tundren sind sie nur spärlich zu
weiter nördlich fehlen sie ganz.
Die Torferzeugung in der Tundra ist sehr verschieden
sah in Nordrußland Lagen von mehr als 6 m Dicke. Nach
überwiegt auf der Halbinsel Kola nicht so sehr die Bildung von
torf, als die von Rohhumus, der von lebenden Pflanzenteilen dı
ist. Im allgemeinen scheint die Bildung neuen Torfs in der !
nicht groß zu sein; im Gegenteil scheint die Tendenz oft rückschr
zu sein, wie es im folgenden Abschnitt besprochen wird. Der
enthält stets reichlich Humussäuren, und diese Eigentümlichkeit
sehr wesentlich zur Xeromorphie der darin wachsenden Pflanzen
Rückschreitende Entwicklung der Moostundren. Nach Cajanı
erleiden die Moore des nördlichen Europa eine rückschreitende
wicklung; z. B. am Weißen Meere sind sie in ein hügeliges Gel
verwandelt, welches mitunter sehr große Torfhügel aufweist. Caja
ist der Meinung, daß mit zunehmender Ausdehnung oder auch
wachsender Meereshöhe (in den Alpen) diese rückschreitende Enty
lung deutlicher wird.
1) Pohle 1903.
®) Kihlman 1890.
®) Cajander 1905.
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ie ee ee. rn Ba De
PN
83. Kap. Moostundren, Moosheiden 645
Öfter wird jedoch sicher als rückschreitende Entwicklung seitens
der Pflanzengeographen der Zustand angesprochen, der durch einen
„Moorbruch“ veranlaßt wird. Wenn das wachsende Moor eine gewisse
Höhe über seiner Umgebung erreicht hat, kommt es vor, daß die Vege-
tationsdecke an einem Rande aufreißt und dann die ganze innere Moor-
masse als zähe schwarze Flüssigkeit reichlich austritt und sich über das
niedrigere Gelände wälzt oder talwärts abfließt. Die zurückbleibenden
Teile des Moores, namentlich die durch die seitliche Bewegung zer-
reißende Vegetationsdecke, trocknen natürlich in der Folge stark aus,
es bilden sich Vegetationsinseln und zwischen ihnen Taleinsenkungen
mit nacktem Torf, der in der Sonne und im Winde zu fliegen anfängt').
Fig. 289. Tundra mit Birkengestrüpp. (Phot. Tanfiljew.)
Auch Simmons?) spricht von den Moorhügeln in Lappland, welche
wesentlich aus Sphagnen und anderen Mooren aufgebaut sind und 0,5
bis 1 m hoch werden. Aufihnen sind viele von den arktischen Stauden
und Zwergsträuchern zur Entwicklung gekommen. Zwischen den Hü-
gein kommt bisweilen das Grundwasser zum Vorschein, und hier wachsen
andere Arten. Diese Hügel werden oft von den heftigen Winden zer-
stört ?).
Die rückschreitende Entwicklung der Torfhügel, die schon be-
rührt wurde, geht nach Pohle auf folgende Weise vor sich. Spalten,
2) Vergl. C. A. Weber 1894a, b; Graebner in Tansley 1913; Tansley 1914.
”) Simmons in Engl. Jahrb. XLIII.
®) Cajander 1910 und Pohle.
646 Serie der Formationen der Torfböden
welche durch Frostwirkung entstanden sind, werden durch Reg:
Schmelzwasser erweitert; Winde führen dann die gelockerten
chen hinweg und es können sich durch die Erosion Mulden
Unter günstigen Umständen kann jedoch die Neubildung de
sogleich wieder beginnen.
Eine ähnliche Rückbildung von Torfböden kennt man aus
land. Crampton und Macgregor!) erwähnen, daß Ben Armine
bedeckt gewesen ist; jetzt sind die Gipfel nackt, Regen und W.
den Torf entfernt. Stellenweise spielen in Schottland und Nord
nach Graebner sicher auch die oben erwähnte Moorbrücke
Assoziationen. Die physiognomische und die botanische Be
heit der Tundren sind nach den besprochenen sehr wechselnd;
geben Unterschiede in der Bodenfeuchtigkeit ihnen ein vers
Gepräge. Die trockenste Moostundra, die Polytrichum-Tun
Sommer Austrocknung ertragen kann, gehört zu den ausgesp
philen Vereinen. Die Dieranum-Tundra schließt sich hier a
Sphagnum-Tundra hingegen ist eine mit Wasser belade
Heidemoore sehr verwandte, durch die mangelnde Wärme
Vegetationsformation (Middendorffs „schwappende Tundra
sich auf den großen, wellenförmigen Flächen, wo das
abfließt. Mit diesen Moosassoziationen wechseln dans
pflanzenlose Seen ab.
In der nordischen und der mitteleuropäischen Na
Moore, die das beste biologische und floristische Bild von
geben; ein Teil unserer Moorpflanzen sind, wie bereits früher
vielleicht Relikte der Tundren, die nach der Eiszeit auftrate
jetzigen Tundren ähnlich gewesen sein müssen?).
Auf den hohen Bergen von Schweden und Norwegen,
Färöern, und so weit man sehen kann auch in anderen k
feuchten Gegenden der nördlichen Halbkugel kommen in gr
geringerer Ausdehnung Moosassoziationen vor (Moosheiden),
besonders auf trocknerem, oft felsigem Boden entwicl
Fähigkeit der Moose, einzutrocknen und wieder aufzuleb
Feuchtigkeit eintritt, ihre große Genügsamkeit und ihre Fähi
scheinend bei sehr niedrigen Temperaturen, eher als die Blü
zu assimilieren, ist schon oben besprochen. Die Moosheiden
eine trocknere Form der Moostundra.
!) Crampton u. Maegregor 1913.
?) Die Tundren Nordeuropas und Sibiriens sind n von Midde
Heuglin 1874; Kjellman 1882; Kihlman 1890; Sernander 1898, 1900; Cajai
1905; Pohle 1907; Hanna Resvoll-Holmsen 1913 und Thore €. E. Fries 1913
worden. Kjellmans „Kärrmark“ d.h.Sumpffeld steht offenbar einer Moostundra am n
83. Kap. Moostundren, Moosheiden 647
Moosheiden kommen anscheinend am häufigsten nur auf der nörd-
lichen Halbkugel, besonders in Sibirien und Lappland, vor. Heuglin
schildert sie von Jugor Shar; auch in Nordamerika und Grönland sind
sie bekannt. Sie schließen sich den später zu besprechenden Felsen-
fluren am nächsten an. Die subglazialen Felsenfluren gehören zu den
Tundren im weitesten Sinne und sind eine Abteilung derselben. Moose
und Flechten, alles sehr genügsame, mit nährstoffarmem Substrate vor-
liebnehmende und abgehärtete Pflanzen, sind auf ihnen fast immer in
großen Mengen heimisch. Als Moosheiden kann man solche Felsenfluren
Fig. 290. Grimmia-Heide auf den Färöern, in 768 m über dem Meere.
Die Oberfläche ist mit einer nur von Steinen durchbrochenen Matte von Grimmia
erieoides bedeckt. Diese Formation wird nie unter 400 m getroffen; sie liebt horizon-
talen oder schwach abschüssigen Boden, der nicht besonders naß und nicht zu starken
Stürmen ausgesetzt ist. In der Matte finden sich andere Moose, Flechten und wenige
Blütenpflanzen. (Der Bryologe C. Jensen sitzend.) (Phot. C. H. Ostenfeld.)
bezeichnen, wo die Moose über alle anderen Pflanzen die Oberhand ge-
winnen und den Boden ganz mit einer zuammenhängenden, weichen
Matte bedecken. Oben wurden die Sphagnum-Tundren erwähnt, die
eine sehr nasse Vegetation sind. Die Moosheiden hingegen kommen auf
trocknerem Boden vor, besonders da, wo Verwitterungsboden und Mo-
ränengrus vorhanden ist. Verschiedene Assoziationen kommen vor.
Die Grimmia-Assoziation!). Diese Vegetation ist sehr mono-
ton und stellt eine weiche, graulich-grüne Decke von Grimmia hypnoides,
seltener von @. ericoides, dar, in welche wenige Blütenpflanzen, Flechten
1) Vergl. Ostenfeld 1908 b.
648 Serie der Formationen der Torfböden
und andere Moose eingestreut sind (Fig. 290). Diese Assoziation fin
sich auf den höchsten sturmgepeitschten Gipfeln, nie unter 400 mH
über dem Meere, auf flachem oder wenig geneigtem Boden. Ähnliche Grim 1-
mieta hypnoidis finden sich auf den Lavafeldern Islands!) (Fig. 291).
Andere Assoziationen sind Dieraneta (elongati, tenuinervi; „Di
eranum-tundra“*), welche dichte feste Rasen darstellen ?).
Die Polytrichum-Arten bilden auch oft Assoziationen;
hohen, aufrechten Stengel schließen dicht aneinander und bilden
niedrige, weiche Decke. Selbst wenn der Boden, worauf sie wach
im Frühjahre durch den schmelzenden Schnee sehr wasserreich ist, v
die Sommersonne ihn doch oberflächlich trocknen können, so daß er
wird; und im Winter, wenn über den nordischen Tundren große
trockenheit herrscht, sind es die Winde, welche die Pflanzen austrockr
Die Polytrichum-Moose können, wie auch bereits oben hervorgeho
wurde, in ihren dichten, verfilzten Rasen Wasser festhalten, Banane
trotzdem einen xerophilen Bau.
Diesen Decken von Luft abschließenden, Rohhumus bilde
Moosen sind ähnlich wie bei den Torfhügeln beigemischt: Arten
Hypnum, Grimmia, Jungermannia u. a. Moose, Flechten, Zwerg
(Empetrum, Betula nana, Vaccinium myrtillus u. a.) und ebenso
derselben Arten wie auf den Felsenfluren. =
Diese Moosassoziationen schließen sich solchen an, wele
trockenem Boden, sogar Sandboden wachsen, z. B. in Kiefer
Dünen; wahrscheinlich ist es die Luftfeuchtigkeit, die ihnen in
bindung mit ihrer großen Genügsamkeit das Leben auf solchen |
orten erlaubten. In den Alpen soll Polytrichum septentrionale
lassenem Gletscherboden Moosteppiche bilden, und z. B. im Ötztal
man aus Sand und Grus (die von den Bergen herabgespült wurde
stehende große Flächen sehen, die mit einer weichen Grimmia-Matte n
eingestreuten kleinen Fichten, Juniperus und Kräutern bedeckt sind
In den gemäßigten Zonen finden sich seltener entspreche
Vereine auf trocknerem, nährstoffarmem Sandboden ?). Auf sole
Boden kommen in den Heidegegenden Dänemarks Assoziationen °
welche eine Mittelstellung zwischen Heide und Moor einne
dänische Botaniker nennen sie „Moskär“ und scheiden zwi
Sphagnum-Kär, Polytrichum-Kär, Diane, Kär und Grimmia-
Ähnliche finden sich in Irland?) und auf den Faröer®).
1) Thoroddsen 1914.
?) Sernander 1898.
®) Graebner 1895, 1901.
*) Vergl. Börgesen und C. Jensen 1904; Mentz 1902.
5) Pethybridge und Praeger 1905.
©) Ostenfeld 1908.
84. Kap. Flechtenheiden, Flechtentundren 649
Selbst so südlich wie auf Madeira kommen Grimmia-Assoziationen
auf den hohen Bergen auf periodisch überschwemmtem Boden vor, an-
scheinend ohne daß Rohhumus gebildet wird').
Auf der südlichen Halbkugel scheinen auch ähnliche Moos-
heiden wenigstens sehr lokal vorzukommen. Skottsberg erwähnt mehr oder
weniger reine Moosmatten in Graham Land, welche von Brachytheeium
antareticum oft mit Hypnum-Arten gemischt auf gut exponierten Ab-
hängen mit reichlicher Wasserzufuhr vorkommen.
BP. ae
En
Fig. 291. Lava-fjeld in Nordrärdal im Distrikt des Borgarfjord.
Die Lava ist bis zu einer Dicke von 3 dm mit Decken von Grimmia hypnoides belegt;
die herausragenden Teile sind mit Krustenflechten bedeckt; zerstreut Polster von Festuca
ovina; im Hintergrunde Birkengebüsch. (Phot. A. Hesselbo; in Thoroddsen 1914.)
84. Kap. Flechtenheiden, Flechtentundren
In der alpinen und subalpinen Region der Gebirge der nördlichen
Halbkugel und im Tieflande der arktischen und subarktischen, seltener
in kleineren Flächen in den Heidegebieten der gemäßigten Zone, auf
den öden Flächen im hohen Norden, in Lappland, Sibirien, Spitzbergen,
Island, Grönland und Nordamerika, sowie auch in den südlichsten
Gegenden von Südamerika trifft man reine Flechtenassoziationen mit
!) Vahl 1904b. Außer den schon genannten Arbeiten vergl. Ramann, Bodenkunde
1895 und 1911; Sernander 1898 und Dusen 1905.
650 Serie der Formationen der Torfböden
sparsamer Einmischung von Moosen, grasartigen Pflanzen, Kräutern
Halbsträuchern — Flechtenheiden und Flechtentundren.
Die Flechtenheide ist noch trockner als die Moosheide. Hi
gibt für seine COladena-Formation eine Bodenfeuchtigkeit an, die
mutlich nicht über 40°/o betrage?), wächst wie die vorige auf nährs
armem Boden und kommt besonders in hügeligem, bergigem Geli
vor, wo in geringerer Tiefe Felsenboden auftritt. Eine schwache S
von Humus, zunächst von Rohhumus, bedeckt diesen oft und
die Flechtenheide. Der Boden ist zwar trocken, aber Luftfeuch
können die Flechten nicht entbehren; selbst wenn sie es er!
können, periodisch durch Verdunstung stark auszutrocknen, werden
doch nur da gut gedeihen können, wo es häufig Nebel, Regen un
gibt. Die Abhärtung der Arten ist im übrigen verschieden.
Kihlman?) gibt es mehrere Formen (Assoziationen) der Flechten
welche verschiedene Stufen der Empfindlichkeit bezeichnen, und
besonders gegen trockene Winde. ©
Strauchförmige Flechten gedeihen am besten dort, wo die
still und feucht ist, und sind daher seltener im äußersten Norden.
Cladina-Heide (gebildet von Cladonia rangiferina, Ol. alpestris u.
beigemischtem Sphaerophoron corallioides) ist am empfindlichsten:
liebt lange Schneebedeekung, erträgt keinen trocknen Wind un =
daher besonders Einsenkungen im Gelände auf; sie ist übr. en
allen ausgedehnten, im Binnenlande liegenden alpinen Hocheben«
europas und des arktischen Amerika gemein. Die Arten der Pl
. Heide (Platysma eueullatum, Pl. nivale u. a., Cetraria erispa, ©.
dica u. a.) sind mehr abgehärtet. Die besonders aus Aleetoria
leuca, A. divergens und A. nigricans bestehende und an Zwergsträ
reichere Alectoria-Heide ist am meisten abgehärtet. In Übereinstim
mit diesen Unterschieden in der Abhärtung sind die Standorte, wo
Flechtenheiden vorkommen, verschieden.
Die Heiden dicht wachsender, hoher Strauchflechten sind w
dicke Matten, die der Landschaft einen eigentümlichen gelbe
Ton verleihen, der selbst von weitem in die Augen fällt. Man
sie in typischen Formen auf den Fjelden (Hochebenen) Norw
(z. B. zwischen Gudbrandsdalen und Österdalen), in Lappmark u
Sibirien. In Grönland z. B. sind sie jedoch spärlich und schwa
wickelt (Rosenvinge, Hartz), typisch nur in dem Inneren des süd
Teiles, wo sie große Gebiete bedecken können und besonders
Stereocaulon alpinum und Oladonia rangiferina bestehen. Letztere
ı) Hult 1881, 1887.
2) Über die Lebensform der Flechten vergl. $. 156, 282.
®) Kihlman 1890; vergl. auch Hult a.a. O.; Th. C. E. Fries 1913.
e 84. Kap. Flechtenheiden, Flechtentundren 651
von der Bevölkerung „Hungermoos“ genannt, bildet auch in der Lüne-
_ burger Heide usw. Bestände.
z Zwischen den Flechten findet man auf der nördlichen Halbkugel
_ Empetrum und Betula nana, Loiseleuria procumbens und andere Erica-
ceen, Juniperus communis sowie andere kriechende niedrige Sträucher
und Zwergsträucher. Verschiedene Kräuter sind in diese Decke spär-
lieh eingestreut (Arten von Lycopodium, Carex, Aera |Deschampsia]
flexuosa, Nardus strieta, Juneus, z. B. J. trifidus, Hieraecium, und viele
andere Arten), ganz wie in der Moosheide; natürlich sind auch Moose
| beigemischt. Sowohl die Zwergsträucher als auch die Kräuter sind oft
xeromorph, und die Arten dieselben wie in den angrenzenden Felsen-
. ‚fluren; sie bleiben gewöhnlich niedrig und in der Flechtenmatte mehr
3 oder weniger verborgen. Die Ursachen der Xeromorphie werden die-
len sein wie in der Moosheide, d. h. Säure und Kälte des Bodens
ebenso wie Wind.
6 In den antarktischen Ländern scheint die Flechtenheide, haupt-
_ sächlich aus Neuropogon Taylor: gebildet, auf den höheren Bergen
der Kerguelen vorzukommen: sie wächst auch in Südgeorgien mit
Sphaerophorus, Stereocaulon Magellanicum, Neuropogon melaxanthus
und Stieta Freyeinetit!).
F Auf den wagerechten oder welligen Tundrenflächen Nordeuropas,
die im Winter durch die Stürme von Schnee rein gefegt werden, ge-
- deihen Strauchflechten schlecht; hier bekommen Krustenflechten das
_ Übergewicht, und namentlich erreicht Lecanora Tartarea eine riesige
3 _ Ausbreitung, z. B. auf den lappländischen Heiden. Hier überwächst sie
_ mit ihren spröden, weißlichen Krusten den dichten Filz der Flechten-
_ heiden, den die trocknen Winde getötet haben?); ferner kommt sie an
_ mehreren Stellen in Grönland vor, obgleich in weniger großem Maß-
stabe. Auch in den gemäßigten Zonen sind Flechtenheiden vertreten,
allerdings nicht in großer Ausdehnung).
Die Formationen nährstoffarmer Substrate, also die Felsenfluren, die
Moosheiden, die Flechtenheiden (übergehend in die Zwergstrauchheiden)
_ und von nassen Vegetationen die Sphagnum-Moore teilen sich in die
meisten öden Gegenden des hohen Nordens, namentlich von Lappland,
Sibirien, Nordamerika („barren grounds“), Grönland, Spitzbergen und
Island, ferner in die höheren Gebiete der Hochgebirge und in den ant-
_ arktischen Ländern an der Magellan-Straße usw. Sie geben uns gewiß
ein Bild von der ersten Vegetation, die im Norden nach der Eiszeit
1) Vergl. Schenck 1905 b; Skottsberg 1905.
2) Kihlman 1890.
%) Graebner 1895; Warming 1907—09.
652 Serie der Formationen der Torfböden
herrschte. Ihnen schließen sich unter etwas günstigeren Vegetat:
bedingungen die Zwergstrauchheiden an.
Wenn die Zwergsträucher, namentlich Betula nana, Callun
garis, Vaceinium myrtillus, V. uliginosum und einzelne Weiden
werden, so erhalten wir eine Vegetation mit zwei Stockwerken
wenn die Zwergsträucher zahlreicher werden, so geht die Flechte
in die Zwergstrauchheide über (86. Kap.).
85. Kap. Sphagnummoore (Sphagneta, Heidemoore, Moosmc
Hochmoore)
Diese Moore werden vorzugsweise von Torfmoos (Sphagnum,
bildet und entstehen auf verschiedene Weise — als lakneigaes 4
extralacustrische (2.) Moore. |
1. In Waldsümpfen und Torflachen sieht man in ]
oft ausgedehnte schwimmende Sphagnum-Teppiche, von denen
kaum die allerobersten Sproßteile über die Wasserfläche ei
Verschiedene Arten können solche Teppiche bilden, z. B. &;
acutifolium und Verwandte, seltener $. eymbifolium und
Mit der Zeit werden die Teppiche dichter und fester, indem
pflanzen sich einfinden, wie Calla palustris, Menyanthes 1
marum palustre, Carex limosa, CO. filiformis u. a. Es b
schwimmende Inseln, „Schwingmoore*, „Schaukelmoore*.
schildert solche aus Rußland, auf welchen wuchsen Ledum
Andromeda polifolia, Vaceinium oxycoceus (Ox. palustris), Dro 0
difolia, Eriophorum-Arten, Scheuchzeria palustris u.a. Wenn die
fester geworden ist, wandern auch Sträucher und Bäume ein, vorw
Birken, Kiefern (Pinus silvestris) und Salices. Auch Erlen könn
wachsen und ein Erlenbruch entstehen, dann müssen aber (di
liche Wasserzufuhr usw.) die ursprünglichen Verhältnisse vol lig ve
ändert worden sein. | &
2. Auch auf feuchtem, wenig durchlässigem Boden, über dı
feuchte Luft lagert, der aber nicht offenes Wasser zu haben b
können Sphagnum-Moore entstehen. Feuchte Luft und Tau sind die
bedingungen für jedes Sphagnum-Moor; die meisten derselben
ihre gesamte Feuchtigkeit aus den atmosphärischen N
schlägen?). Sehr oft bilden sie sich oben auf alten Flachm
auch können sie auf nassem Sandboden entstehen, ja sog:
Felsen, die oft von Wasser benetzt werden, z. B..an der We
2) Fleroff 1907.
?) Vergl. Graebner 1898.
85. Kap. Sphagnummoore 653
von Schweden und Norwegen. Die Torfmoose lieben reichliche Nieder-
schläge, aber weder hohe Temperatur, noch große Lufttrockenheit.
Das milde feuchte Klima, z. B. von Nordwesteuropa, begünstigt die Bil-
dung von Sphagneten. In trockenen und heißen Klimaten kommen sie
nicht zur Entwicklung. Ein gewisser Gleichgewichtszustand zwischen
_ Verdunstungsgröße und Menge der Niederschläge muß vorhanden sein.
Die Oberfläche des Grundwassers steht oft hoch und verhindert das zu
_schmelle Niedersickern des Regenwassers. Für die Ernährung der Moor-
pflanzen hat es dagegen geringe oder gar keine Bedeutung.
Fig. 292. Beginnende Hochmoorbildung. Zwischen den Sträuchern (Salix) bilden
Molinia und Eriophorum vaginatum Bulten, zwischen denen wieder Sphagnum
aufwächst. Lüneburger Heide. (Phot. P. Graebner.)
Der Bau, die Lebensbedingungen und der Wuchs der Sphagnum-
Arten rufen die eigentümliche Vegetation dieser Moore hervor. Die mit
Blättern dicht besetzten, kahlen Stengel tragen neben jedem vierten
Blatte einen Zweig; die Zweige hängen bei vielen Arten herab und
legen sich dem Stengel mehr oder weniger dicht an. Der Umfang
der Stengel enthält in 1—5 Zellschichten große, dünnwandige Kapillar-
zellen, deren Wände oft durch ring- und schraubenförmige Verdickungs-
leisten abgesteift und zugleich von Löchern durchbrochen sind. Hier-
durch und durch den dichten Wuchs der Moose werden Kapillaren
654 Serie der Formationen der Torfböden
gebildet, die das Wasser stark ansaugen und festhalten (Fig. 294). Dal
die Sphagna das Wasser aus dem Boden heraufsaugen, ist irrtümlich
sie heben das Wasser nur auf eine ganz geringe Höhe; ihr Gedeihe
hängt ganz vom atmosphärischen Wasser ab („aerisches“ Wasser, im
Gegensatz zu „tellurischen“). Die Wasserbewegung im Heidemoor i
im wesentlichen absteigend!). Wurzeln oder wurzelähnliche Orga
werden nicht gebildet. Die Blätter bestehen aus einer Zellschieht:
teils aus schmalen, langen, grünen Zellen, die ein Netz bilden, tei
aus Zellen, die den Kapillarzellen des Stengels ähnlich sind, Da |
aus farblosen: durchlöcherten Zellen, welche größer als die ine ;
Zellen sind, die Maschen zwischen ihnen ausfüllen und gleichfalls k
pillar wirken. Die Folge ist, daß die Sphagnum-Pflanzen durch F K:
pillarität von unten bis oben mit Wasser beladen werden, wenn dieser
vorhanden ist. Während die älteren Teile allmählich absterben und i
Torf übergehen (über dessen Wasseraufsaugungsvermögen vergl. S.
wachsen die Spitzen stets mit großer Energie weiter; eine Gene
wird auf der anderen aufgebaut. Dadurch wächst das Sphagnum-
andauernd an Höhe, außerdem an Umfang, also auch an Ausdehn
solange die atmosphärischen Niederschläge (bes. Regen, Tau) ausreich nc
vorhanden sind (austrocknender Wind ist ein wesentlicher Feind
Vegetation);.es entstehen dicke, weiche Moosmassen, die sich be
über den Stand- des Grundwassers erheben können („supraaqu
Moore), und die sich oft in der Mitte höher emporwölben als
Rändern, weil das Wasser in der Mitte am längsten Zutritt .ge
Daher stammt der Name „Hochmoore“, der aber sehr wenig zwei
erscheint, da er von vielen Schriftstellern, selbst namhaften Bo
und Pflanzengeographen, irrtümlich für hochliegende Moore geb
wurde und noch wird. Man wird diese Mißverständnisse in der
tur bei Beibehaltung des Namens stets erneuern. Der Name Heid
(oder auch Sphagnum-Moor) scheint hier bei weitem besser, da er
eine echte Heidevegetation tragenden Verein sofort kennzeichnet ne
Mißverständnisse ausschließt. Wenn dagegen eingewendet wird, daß de:
Name auch von Nichtbotanikern für ein verheidetes Moor gebraucht
so kann man erstens Fehler von Nichtfachmännern doch nicht verme
und zweitens wird jedes verheidete Moor tatsächlich einen diesem
ein sehr nahe verwandten darstellen, ja in den meisten Fällen ihm :
geordnet werden müssen. 2
Von den Sphagnum-Arten seien hervorgehoben: 8. eymbif
S. fuscum, $. Austini, $. rubellum, $. teres, $. recurvum, $. mediun
Sie bilden verschiedene Assoziationen von Sphagneten und sind
gürtelförmig angeordnet.
2) C. A. Weber 1902.
Sphagnummoore 655
' Warnstorff!) teilt die Sphagnen nach ihrem Verhältnis zum Wasser
olgende Gruppen: 1. hydrophile; 2. helodeophile; 3. hygrophile.
Die hydrophilen sind ganz in Wasser untergetaucht oder ragen nur
len obersten Sproßspitzen über das Wasser heraus (die Gruppen
data und Subsecunda).
Die helodeophilen stehen gleichfalls mit ihren unteren Teilen im
er (Gruppe Oymbifolia), und die hygrophilen treten nur in sehr
Jahren mit tellurischem Wasser in Verbindung (Gruppe Acutifolia).
298. Profil eines alten Hochmoores, am Grunde die kegelförmig zugespitzten
® des ehemaligen Waldes, darüber der (dunkle) untere und der (hellere) obere
Sphagnum-Torf. (Nach C. A. Weber.)
Das Wasser im Hochmoor unterscheidet sich von dem im Niede-
;smoor unter anderm auch dadurch, daß es kalkarm ist. Der Torf
rm an assimilierbarem Stickstoff, Kali, Phosphorsäure und
natürlich auch an den meisten wichtigen Nährstoffen, er ist im
meinen sehr nährstoffarm. Nach den meisten Schriftstellern ver-
rt die Anwesenheit von Kalk die Entstehung der Hochmoore, weil
um als kalkfeindlich angesprochen wird. Graebner?) hat nach
4) Warnstorff 1911.
2), Graebner 1895 ff.
656 Serie der Formationen der Torfböden
den Beobachtungen von Ramann!) und den Versuchen von C. A. W
dem es gelang, gewisse Sphagnum-Arten in reiner Kreide gut zu
tivieren, die Ansicht ausgesprochen, daß nicht der Kalk, sondern
Anwesenheit größerer Mengen löslicher Salze das Wachstum des 5%
num verhindern; nur in ganz schwachen Lösungen vermögen die
moorsphagnen zu leben, jede Düngung tötet sie sofort ab. W
und Transeau?) wollen der Anwesenheit gewisser Mengen von lö
Salzen kein so entscheidendes Gewicht zusprechen. Paul*) hat
dings nachgewiesen, daß die Sphagnen zu ihrer Ernährung ı
Fig. 294. Sphagnum (Torfmoos).. A Flächenansicht des Blattes von ;
folium, a chlorophyliführende Zellen, w Wasserzellen mit ringförmigen V
! Löcher; B Querschnitt durch das Blatt von Sphagnum fimbriatum;
Stengelquerschnittes von Sphagnum cymbifolium, ce Mark, sk Zellen mit
Wänden, w Wasserzellen mit Löchern und Verdickungsleisten, e
(Nach Strasburger.)
nen das Leben unmöglich. Die verschiedenen Arten der
verhalten sich den Kalkverbindungen gegenüber verschieden;
gemeinen sind die Formen der Hochmoore viel empfindlicher als
Wälder usw. ‘
Nach Bertsch kann die Nährstoffmenge in der Mitte aus
Hochmoore auf !/ıı derjenigen der Wiesenmoore herabsinken.
auch Früh und Schröter (1904) über die Vegetation der Hoc
1) Ramann 1895.
2) C. A. Weber 1900.
?) Transeau 1905 a.
*) Paul 1908.
5) Über den Torf der Wiesenmoore vergl. S. 630.
Sphagnummoore 657
i Nach Paul (vergl. oben) führen die verschiedenen Arten ver-
"schiedene Säuremenge. Die Hyalinzellen sollen nach Baumann und
Gullis‘) die Säurewirkungen hervorrufen.
Die Sphagnum-Moore sind sehr arm an Sauerstoff und sehr
| säurehaltig. Wo Sphagnum in die nordschwedischen Fichtenwälder oder
in Kiefern-, seltener Laubholzwaldungen Norddeutschlands hineindringt,
wersumpfen und leiden diese durch den großen Sauerstoffmangel im
"Boden; gegen Nässe ist die Fichte weniger empfindlich, wohl aber gegen
Fig. 295. Schwimmendes Polster von (fruchtendem) Polytrichum in einem Heide-
kolk. Junge Pflanzen von Erica tetralix und Seirpus caespitosus wachsen auf.
(Phot. P. Graebner.)
- Sauerstoffmangel des Substrates. „Die Versumpfung des Fichtenwaldes
ist nicht so sehr eine Wasser-, sondern eine Sauerstofffrage“?).
Flora und Lebensformen. Auf diesem weichen, losen, von
Sphagnum gebildeten Boden finden sich natürlich auch andere Pflanzen
ein, unter anderem einige Arten der Wiesenmoore; aber die Flora wird
nicht so reich wie in diesen, wahrscheinlich weil der Boden viel ärmer
an Nährstoff ist als in den Wiesenmooren. Die Pflanzen müssen ja alle
hauptsächlich als Saprophyten leben.
1) Baumann u. Gullis 1910.
2) Hesselman 1910 b.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 42
658 Serie der Formationen der Torfböden
Folgende Pflanzengruppen sind in den nordeuropäischen Moo
vorhanden:
Moose. Von anderen Laubmoosen finden sich z. B. Arten
Polytrichum, Aulacomnium, Bryum, Paludella, Dieranum u.a. Ga
gen ein; von Lebermoosen z. B. Aneura, Cephalozia, Jungerma
Flechten sind in den nassen Mooren nur noch sparsam. Arten
Grastypus sind zahlreich; von Cyperaceen, z. B. Eihynchospora
mehrere Carex- und Eriophorum-Arten (besonders E. vaginatum), 8
pus caespitosus; von Gräsern z. B. Molinia coerulea, Agrostis canı
Nardus strieta, Aera flexuosa, Sieglingia (Triodia) deeumbens.
Juncaceen z. B. Juncus filiformıs.
Stauden. Von Farnen: Aspidium (Lastraea) irelipien
Monokotylen z. B. Nartheeium ossifragum, Scheuchzeria palustris
chin palustre; von Dikotylen: Viola palustris, Pedieularis palus
P. silvatica, Drosera-Arten, Pinguicula vulgaris, Menyant e.
Rubus chamaemorus, Chamaepericlymenum (Cornus) Suecieum
hirculus, Malaxis paludosa, Lycopodium inundatum. Halb
Comarum palustre. Zwergsträucher, besonders die Bie
häufig: Vaceinium uliginosum, V. oxycoccus und V. vitis
meda polifolia, Ledum palustre, Erica tetralix, auch Callw
ferner Empetrum nigrum, Myrica gale, Betula nana, Salı
besonders $. rosmarinifolia. Höhere Sträucher: Arten
Betula. — Bäume. Aufälteren, höheren und trockneren Moo
sich Kiefernarten ein (Pinus silvesiris bes. die var. turfos
u. a.); sie sind hier verkrüppelt, sind dem Krummholz- oder
gestrüppe der Hochalpen ähnlich. Auf österreichischen Mooren
P. uliginosa und P. pumilio physiognomisch und botanisch vers
Bestände?).
In anderen Ländern trifft man natürlich ganz andere Gat
und Arten, in Nordamerika z. B. Kalmia, Sarracenia, Darlingtoni
von denen sich z. B. Kalmia angustifolia in Deutschland (Hannoy
völlig eingebürgert hat. In allen ökologischen Dingen scheine
nordamerikanischen Hochmoore den nordeuropäischen gleich zu
Ökologisches. Lebensdauer der Arten. Fast alle sind
jährige. Außer den etwa vorhandenen Schmarotzern (Rhinantheen
men noch Öicendia a Montia lamprosperma und andere
jährige Arten vor.
Über den Sproßbau läßt sich kaum etwas Allgemeines
Vahl hat durch statistische Untersuchungen nach der Methode Rau
t) @. Beck in Ann. naturhist. Hofmus. Wien, III.
?) Vergl. Ganong 1897; Transeau 1903, 1905, 1906; Mac Millan 1893,
Harshberger 1911.
nn
ET
85. Kap. Sphagnummoore 659
‚gefunden, daß unterirdisch wandernde Arten wenig zahlreich sind, wo-
gegen oberirdisch wandernde Arten und solche ohne Wanderungs-
vermögen vorherrschen').
So lange das Moor noch sehr naß ist, wird es als Sphagnum-Moor
bezeichnet werden können; die Sphagnum-Arten dominieren, die anderen
Arten sind in das Sphagnum-Moor eingestreut. Groß?) schreibt über die
ostpreußischen Moore, daß die Vegetation eines Hochmoores stets relativ
sehr gleichförmig ist, und nur folgende, mehr topographisch als flori-
stisch differente Facies sind zu unterscheiden: 1. Die Vegetation der
"Randgehänge und 2. die Vegetation der Hochfläche; wozu denn noch
Fig. 296. Geitabergsvatn in Island. Moorvegetation mit Eriophorum angustifolium,
Seirpus caespitosus, Carex chordorhiza u. a. Carex- Arten, Menyanthes trifoliata,
Equisetum limosum u.a. (Phot. A. Hesselbo, in Thoroddsen 1914.)
hinzuzufügen sind 3. die Vegetation der Hochmoorteiche, und 4. die der
Rüllenbäche. „Die Vegetation der Hochmoore ist ein mehr oder weniger
bultiges, braungrünes, braunes oder purpurrotes Sphagnetum, in dem
Blütenpflanzen eine untergeordnetere Rolle spielen, wenn sie auch ge-
wöhnlich reichlich vorkommen: Eriophorum vaginatum, Seirpus caespi-
tosus und Calluna vulgaris sind die herrschenden Arten.“
Natürlich kommen verschiedene Assoziationen vor, nicht nur
solche, die von den verschiedenen Sphagnum-Arten gebildet werden,
%) Vahl 1911, 1912.
2) Groß 1912; über denselben Gegenstand vergl. ausführlicher die grundlegenden
Arbeiten von C. A. Weber (bes. 1902).
42*
660 Serie der Formationen der Torfböden
die eigentlichen Sphagneta, sondern auch solche aus Staud
sammengesetzt, letztere allerdings nur so, daß der Charakter als
num-Moor nicht verloren geht; es sind dies namentlich Eriophc
vaginati, E.Scheuchzeri, Scirpeta caespitosi, Molinieta ec
Wenn das Moor aus irgend einem Grunde auszutrocknen
ändern sich die Verhältnisse, floristisch sowohl wie auch physiog;
und verschiedene andere Pflanzen nehmen überhand, womit sc
andere Formationen in die Erscheinung treten. Zu diesen
in Nordeuropa namentlich Calluna vulgaris; es entstehen auf
boden Zwergstrauchheiden, Calluneta vulgaris, an deren E
nosum, V. vitis Idaea, Andromeda polifolia u. a. teilneh
Flechten, besonders Cladonien, werden zahlreicher).
dem sauren Boden können z. B. die Buche, die ne ä
nicht gedeihen; aber Arten wie Pinus montana, P. pu
var. turfosa, Betula odorata und B. verrucosa können .
bilden, niedrige Wälder, die dem Krummholz- und L
der Hochalpen ähnlich sind. Auf dem trocknenden M
auch niedrige Zwergsträucher und Stauden, welche
Sphagnum- Teppiche nicht leben können, 2. B. Va
Nardus strieta, Erica tetralix, ein Zeichen, daß der
saurer Rohhumus ist.
Formationen, welche eine mehr oder weniger geänderte N Moosı
tation mit ihrer Bodenschicht aus Moosen und Feldschichten
artigen Pflanzen und Zwergsträuchern als Bodenvegetation hz
in den folgenden Kapiteln spezieller besprochen vr
tionen sind gewöhnlich nur als Altersstadien in der Entw
betrachten, welche auf demselben Moore nacheinander und ne
zum Vorschein kommen können. Gewöhnlich sind sie gürtel
das Wasserbassin herum angeordnet; oft findet sich nächst
z. B. ein Caricetum, nach diesem folgt ein Eriophoretı
diesem wieder ein Callunetum oder Vaceinietum uliginosi
die Serie z. B. mit einem Cladinetum oder etwas Ähnliche
!) Vergl. z.B. Tansley 1911; Moss 1913.
85. Kap. Sphagnummoore 661
trockensten Boden abschließt, vielleicht ist auch zum Schluß ein Pi-
netum silvestris mit Heideboden vorhanden. Es ist der Wassergehalt
und die Humusmenge des Bodens, welche entscheidend sind.
? In England ist die Gürtelbildung in den südlichen Pennines nach
der Höhe folgende: Vaceinietum myrtilli ca. 520—635 m, Eriophoretum
yaginati ca. 365—610 m, Calluni-Eriophoretum ca. 380—540 m, Callu-
netum vulgaris ca. 230—470 m!).
Nach Dachnowski existiert eine genaue Übereinstimmung zwischen
dem Bau und der Farbe des Torfes und der rezenten Vegetation; licht-
Fig. 297. Ein Hochmoor auf Seeland im Frühsommer.
Die Vegetation hauptsächlich Calluna, Vaceinium oxycoceus und Eriophorum vaginatum,
welche letztere gerade in Fruchtbildung steht. (Phot. C. Raunkiär.)
gefärbter Torf z. B. trägt eine wiesenähnliche Vegetation, dunkler ho-
mogener, dekomponierter Torf Bäume, Sträucher usw. In den Wäldern
gibt es vielfach strukturlosen Torf. Auch der Wassergehalt in den ver-
schiedenen Torfarten ist verschieden ’?).
Nur solche Arten können auf Sphagnum-Mooren wachsen, die den
Moosen im Höhenwachstum zu folgen vermögen, wie nur solche Arten
auf beweglichem Dünensande gedeihen, die den zufliegenden Sand durch-
wachsen können.
”) Tansley 1911, wo auch andere Angaben; ebenso Moss 1913.
2) Näheres bei Dachnowski 1912.
662 Serie der Formationen der Torfböden
Indem die älteren Teile der Pflanzen allmählich vom Sphagnun
überwachsen werden und in Torf übergehen, werden auch die
jener Pflanzen im Torfe begraben. Der Torf kann 3—4 m, in h
preußen auch 6—10 m Mächtigkeit erreichen. Besonders torfbild
sind, außer Sphagnum-Arten, Polytrichum juniperinum, Seirpus «
spitosus, Eriophorum vaginatum, Erica und Calluna. Auch Tie R
Kulturgegenstände u. a. können in Torf eingeschlossen und aufbewal
werden. Die Säuren schützen organische Teile gegen Fäulnis vorzi
lich; Moorwasser ist bakterienfrei oder doch bakterienarm. Die i
Moorwasser begrabenen Pflanzenteile (Blätter, Früchte, selbst mensch.
liche und tierische Körper usw.) können Jahrtausende lang erhalter
werden. Auf diese Weise wird man die Ontogenese eines Moores 5 |
dem Zeitpunkte ab verfolgen können, wo nur eine Wasserfläche ı
Plankton und anderen Wasserpflanzen existierte, durch den Zei ral um
wo die Verlandung und Ausfüllung des Gewässers mit Resten '
Wasser- und Sumpfpflanzen vollendet wurde, bis zu dem Zeitpunk ık
wo die Bildung eines Sphagnum-Moores durch die fortschre
Trockenheit des Moores mit Bildung von Strauch- und Waldforma
abgeschlossen wurde. Während die Wiesenmoore flach sind (dah
Name „Flachmoore“), werden die Hochmoore mit der Zeit in Si
uhrglasförmig gewölbt erscheinen.
Nordeuropas Waldmoore, die vor Jahrtausenden in Kir
und Teichen in Wäldern gebildet wurden und die von Bäume
wachsen und teilweise oder zeitweise mit Bäumen bestanden
schließen sehr viele Pflanzenreste ein, die uns den Entwicklung
der Vegetation und der Flora des Landes zeigen. Die Unterla;
Moore ist oft ein feiner, von den umgebenden Höhen bald nach dı
zeit herabgeschlämmter Ton nit Resten von Betula nana, Dryas,
polarıs, 5. reticulata u. a. Pflanzen aus den Tundren, die nach d
zeit die erste Vegetation des vom Eise verlassenen Moränenb:
bildeten (Nathorst hat 1870 jene Reste zuerst gefunden). Die v
Entwicklung hat Steenstrup dreißig Jahre früher (1841) in seiner
merkenswerten Arbeit: über die Waldmoore Vidnesdam- und Lille
auf Seeland nachgewiesen!). Der erste Baumwuchs nach der Tu
periode wurde nach Steenstrup von Populus tremula gebildet, &
Moosen (Hypna, Sphagna) begleitet wurde; hiermit begann die
bildung. Auch Betula trat früh auf und begleitete die folgenden
ten. Allmählich wurden die Moore von einer Waldvegetation um
deren Bäume in das Moor stürzten und nebst ihren Blättern, I
usw., die der Wind wegführte, begraben wurden. Die erste Hoc
") In erster Linie vergl. über alle diese Fragen die Anderes gewissenh
kritischen Arbeiten von C. A. Weber.
Kap. Sphagnummoore 663
etation war die der Kiefer (Pinus silvestris); sie wurde von der
e (Quercus sessiiflora und Qu. pedunculata) abgelöst, und diese zu-
; von der Buche, die in den obersten Schiehten der Moore nur sehr
sam angetroffen wird. In Norwegen meint Blytt einen Wechsel von
f- und Waldschichten (Baumstämmen) gefunden zu haben, der einem
'hsel feuchter und trockner Perioden entspreche; Sernander teilt die-
e Ansicht. Die Waldmoore sind an Baumresten reicher als die
pfmoore, und haben mehr Wassermoose als diese (vergl. A. Schulz).
Geographische Verteilung der Sphagnum-Moore
Viel mehr als die Niederungsmoore wird das Hochmoor durch die
jatischen Verhältnitse beeinflußt, da es einzig und allein von den
phärischen Niederschlägen, nicht aber vom Bodenwasser abhängt.
halb ist seine Verbreitung auch beschränkter als die der Moore im
einen.
In den Tropen ist die Torferzeugung meist auf die Gebirge be-
nkt, weil die hohe Temperatur sehr stark die Verwesung der
ischen Substanzen befördert. An Teilen der Ostküste von Brasilien,
der Regenwald überwiegt, kommen an feuchten Stellen Sphagnum-
er vor, wahrscheinlich wird aber kein Torf gebildet. Die Torfbildung
am stärksten in Ländern mit mäßig hoher Temperatur und großer
chtigkeit. In sonnigen Gebieten ist sie spärlich und schwach, in
sropischen Ländern mit Winterregen ist das Hochmoor ausgeschlossen.
nso ist die Formation in arktischen Ländern nur schwach entwickelt,
überhaupt der Vegetationszuwachs gering ist. In Grönland wird
f von Webera nutans und Hypnum stramineum!) gebildet; er wird
ieben aus Sibirien (obgleich nicht in solcher Menge wie in der
e der Ostsee) ?), in Spitzbergen), in Waigatsch und auf der Tierra
Fuego.
Die eigentliche Heimat der Hochmoore ist die kalttemperierte Zone
_Nadelhölzer und die westlichen Teile der Laubwaldzone, wo das
ozeanisch ist. Die Laubwaldzone der östlichen Teile der Kon-
te (Asien, Amerika) ist für Hochmoore ungünstig wegen der hohen
mertemperatur und der geringen relativen Luftfeuchtigkeit. Hoch-
re sind in den östlichen Vereinigten Staaten selten. In den Russi-
on Steppengebieten kommt Hochmoor hier und da in Gruppen von
rnwäldern vor®).
In kalttemperierten Teilen der südlichen Halbkugel, z. B. in Pata-
ien und Tierra del Fuego, wird das Hochmoor aus Sphagnum, Azorella,
*%) Warming 1887.
- %) Middendorff 1867; Pohle 1907.
®) Nathorst 1883.
*%) Kuznezow 1898.
664 Serie der Formationen der Torfböden
Carex, Empetrum rubrum und anderen Pflanzen zusammengeset
In den nördlichen Teilen der Westküste von Patagonien wird es S
mit der Abnahme der atmosphärischen Niederschläge im Sommer
Neuseeland hat alpine Moore, die durch eine Reihe antarktis
Gattungen charakterisiert sind?). 2
Gramineta auf Torfböden
Nach W. G. Smith?) gibt es große Areale von Glazialbildun
Südschottland und dem westlichen englischen Hochlande, welt
Grasformationen bedeckt sind. Die Pflanzen sind im wesentlichen
Juncaceen und Cyperaceen. Molinia coerulea forma depauper
" lingia und Nardus strieta sind die am meisten charakteristischen
welche häufig auf weite Strecken herrschen. Der Boden ist saurer
der gewöhnlich während des größten Teiles des Jahres naß ist.
aber kleine Areale kommen in der Umgebung von vielen T rfı
Dänemarks, Norddeutschlands usw. vor.
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfha 1
Boden
Wie bereits auf S. 658 erwähnt wurde, können die Sphagnu
reichlich mit Zwergsträuchern bewachsen sein; nach und nach
diese Decke so dicht werden, besonders wenn die Kultur nicht eir
daß die Physiognomie des Moores ganz verändert wird; es entsteht
neue Formation, eine Zwergstrauchformation, deren Boden noch
von Sphagnum beherrscht wird, nach und nach aber, je nachd N
Trockenheit größer wird, sich wesentlich ändert. Er bleibt immer
sehr nährstoffarmer und saurer Torfboden. — Auf solche Weise
z.B. im nördlichen Jütland, in Nordwestdeutschland (Fig. 284)
kilometerweite Flächen sich mit einem einförmigen, braunem Te
von Calluna vulgaris bedeckt, z. B. „das große Wildmoor in Jü
das mehrere Kilometer in jeder Richtung mißt?®).
Auch auf ganz anderem, nährstoffarmem und ursprünglie h
torfhaltigem Boden können sich solche Zwergstrauch-Assoziatie
wickeln, die in Nordeuropa „Heiden“ genannt werden. So ne
in Nordeuropa die baumlosen Gebiete, die überwiegend mit
1) Dusen 1905. ee
?) Diels 1896; Cockayne. Neuere Litteratur über Hochmoore vergl.
u. Schröter, Weber, Graebner und C. W. G. Smith.
®) In Tansley 1911.
*) Solche Zwergstrauch-Assoziationen werden in Dänemark „Lyngmoser“ (
Moore) genannt, in Schweden „Rismyrar“ (Ris bezeichnet Zwergsträucher).
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 665
Fig. 298. Lüneburger Heide bei Munster. Auf alter unbeweideter (fiskalischer)
Ortstein-Heide stehen Anflugkiefern, von denen aber mindestens ebensoviele absterben
als neu aufwachsen. (Phot. P. Graebner.)
Fig. 299. Lüneburger Heide bei Munster. Anderer Teil derselben Heide, in der
einzelne Bäume viel älter geworden sind, aber (z. B. in der Mitte) ohne ersichtlichen
Grund absterben. (Phot. P. Graebner.)
666 Serie der Formationen der Torfböden
grünen, kleinblättrigen Zwergsträuchern bewachsen sind, b
ders mit Ericaceen (Ericaceen-Heiden)t). Die Pflanzendecke ist n
den herrschenden Feuchtigkeits- und Beleuchtungsverhältnissen
schieden hoch, oft etwa '/s m hoch und noch höher, oft aber auch
einen oder zwei Dezimeter; ‘sie kann einerseits so dicht sein, daß
Boden nicht zu sehen ist, anderseits so offen, daß er stark e
erscheint und zwischen den Sträuchern anderen Pflanzen Pla
In vielen Fällen haben die Zwergsträucher die Spalierform ang
(in den arktischen Heiden z. B. Betula' nana, Salix, Juniperus
frühere Kap.), und einige haben normal diese Form (Arcto:
Arten, Empetrum usw.). Ein-Callunetum kann sich auch auf
trockenem Dünensande entwickeln (vergl. Kap. 97), und di
aus ausgewaschenem Gletschersande in der Eiszeit gebilde)
Norddeutschlands und Dänemarks waren ursprünglich sicher
Teile von meilenweiten Heiden gedeckt, welche vielfach dem.
haben weichen müssen. Sobald aber ein früher bebauter Bodı
halb der Heidegebiete für längere Zeit unbearbeitet liegt, rü rüc
sofort ein; man sieht die kleinen aus Keimpflanzen entstande:
auf dem Boden erscheinen, zuerst bilden sie eine offene Veg
aber eine geschlossene Decke. Auf Sandflächen der diluvialen €
flüsse bildet sich dann später eine Schicht von saurem Ro
mitunter auch als Brennmaterial (Heidetorf) benutzt werd
aber zu viel Sand enthält. Unter der Humusdecke di
Boden sich in Bleisand und Ortstein (vergl. S. 111ff.; Fig. 44, 4
den Meeresdünen scheint diese Ausbildung nicht Platz zu n
Zwergstrauchheiden bilden sich auch auf Felsenfluren
lichen kalten, auch arktischen, sowohl wie entsprechenden ant:
Gegenden. ee
Die Zwergstrauchheiden sowohl wie die Heidemoore
mationen mit wenigstens zwei Stockwerken von Pflanzen:
aus den herrschenden, tonangebenden Zwergsträuchern;
Gräser, Moose und Flechten, namentlich Moose und Flechten
zweites Stockwerk die Zwischenräume unter und zwischen
sträuchern aus. b.
Lebensformen. Die Zwergsträucher (siehe $. 187)
bogene, gekrümmte, oft zerbrechliche Zweige. Die meisten,
die tonangebenden Arten sind immergrün (Calluna, Empet
perus, Arctostaphylos usw.); aber die Farbe ist immer d
bräunlichgrün, im Winter noch mehr als im Sommer. Die
!) Über den Ausdruck Heide vergl. Focke (Abh. naturw. Ver. Bren
S. 254); E. H.L. Krause 1892a; Graebner 1895, 1901; Rübel 1914a.
®) Warming 1907—09.
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 667
sitzen dicht, sind sehr zahlreich, klein, meist linealisch und häufig
ericoid (S. 220).
Die Arten sind in Nordeuropa, dessen Heiden wir zuerst im fol-
genden vor Augen haben, vorzugsweise folgende immergrüne Zwerg-
sträucher: von dem ericoiden Typus Calluna vulgaris und Empetrum
nigrum, an feuchteren Stellen auch Erica tetralix; mit breiteren,
_ lederartigen, flachen, ganzrandigen Blättern Arctostaphylos uva ursi (be-
sonders an den offeneren Stellen der Vegetation), Vaceinium vitis Idaeca,
Thymus serpyllum, ‚von dem .pinoiden Typus Juniperus communis.
Dünne Blätter, die im Herbste abfallen oder jedenfalls welken, haben
Fig. 300. Teil derselben Heidefläche wie Fig. 298. 299.
Salıx repens, Vaccinium myrtillus, das jedoch mehr auf Waldboden vor-
kommt, ferner in den nördlichsten Gegenden Arctostaphylos alpina,
Betula nana, Salix herbacea, $. polaris und $. retieulata und mehrere
andere, darunter in südlicheren Gegenden Vertreter der Rutensproß-
form (Sarothamnus, Genista-Arten; S. 228). Mehrere dieser laub-
wechselnden oder wenigstens nicht wintergrünen Pflanzen haben einen
Verdunstungsschutz in der Form von grauen oder silberweißen Deck-
haaren oder von Wachs. Dornig sind einige Genista-Arten und Ulex.
Die in Nordeuropa vorherrschenden Zwergsträucher, Calluna, Erica
und Empetrum sind rasenbildend, haben lange ausdauernde primäre
Wurzeln. Empetrum hat niederliegende, wurzelnde Sprosse.
668 Serie der Formationen der Torfböden
Viele Sträucher haben fleischige Früchte, die von Vögeln gefres:
werden (Empetrum, Vaccinium, Arctostaphylos).
Unter und zwischen den Zwergsträuchern wachsen einige Mo«
und Flechten, die mit ihren Rhizoiden den Boden durchweben,
Flechten besonders Oladonia rangiferina, Cetraria Islandiea, Sphe
phoron coralloides usw., von Moosen namentlich Arten von Polybri chr
Rhacomitrium, Bären und Hylocomium.
Ferner treten Gräser und Kräuter auf, vorzugsweise
jährige; die ein- und zweijährigen Arten halten sich in dem di
Gesträuche schwierig und kommen höchstens auf seinen nackten $ı
vor (z. B. Aera praecox, A. caryophyllea; von den schmarotzenden
nantheen muß auch hier abgesehen werden). Die Kräuter und die G
sind meistens an den Standort gebundene, mehr oder weniger stark
geprägte Rasenbildner (z. B. Arnica montana, Solidago vwirg
Campanula rotundifolia usw.), die zu dem dichten Boden besser
Arten mit unterirdisch wandernden Sprossen passen. a
Deutlich xerophil gebaut sind besonders die immergrünen
sträucher, aber auch viele Kräuter. Über diese sei hier n
daß breite, dünne, kahle Blattspreiten kaum vorkommen, daß
Gräser meist borsten- oder fadenförmige Blätter mit Spaltöff
solchen Furchen haben, die sich nach den Verhältnissen öffnen und
können: bei Weingaertneria canescens, Nardus strieta (einem
Festuca ovina u. a.; vergl. 8.221 (vergl. Fig. 118). Sehr klein
. schmalblättrig: ae viele nur hin und wieder beigemisch e
2. B. Rumex acetosella, Campanula rotundifolia, Seleranthus,
campestris, im Vergleiche mit ihren nächsten Verwandten anderer
orte; wollhaarig sind andere, z. B. Antennaria und Grapia un
Succnlenten findet man nur Sedum acre vor. n
Die Zwergstrauchheide kommt in mehreren Ländern der gemi
und kalten Gegenden der nördlichen Halbkugel vor und entwiel
“ typisch auf ausgedehnten Flächen, z. B. in Jütland und b
in Nordwestdeutschland. (Vergl. Karte S. 623.)
Assoziationen. Diese sind oft gemischt, aber viele Arten
reine Assoziationen, d.h. solche, die vorzugsweise aus einer
Zwergsträuchern gebildet sind. Diejenige, welche die größte A
hat und viele Quadratmeilen von Land bedeckt oder doch bed:
ist das Callunetum vulgaris. Das Heidekraut, Calluna vu
tonangebende, Bestand bildende Art, ist eine merkwürdige Pfla
ist genügsam und zählebig, weder im Boden noch im Klima wä h
Es kann, wie gesagt, ebenso gut auf dem unfruchtbarsten m
(wenigstens oberwärts) ziemlich trockenen Sandboden wie auf sehr 12
Moorboden (der mitunter periodisch trocken ist) wachsen und
669
Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden
86. Kap.
("u9sadıgg 'I 'I0yA)
‚Paspnf
ur puw[1log9Y SOALOynIF 4139019 ApIoyeunjfeg) Id
"108 "314
DE Ve —
7
670 Serie der Formationen der Torfböden
besonders auf humusreichem Boden gut. Es kann noch auf mäßie
gutem Boden wachsen, was ihm jedoch selten erlaubt wird, weil
durch andere Arten von dort verdrängt wird. Diese Arten, we
größere Lebensanforderungen stellen und besonders eine höhere St
produktion zeigen, verschmähen den mageren oder sauren und luftarn
Boden der Heide und überlassen ihn dem Heidekraute. Hier wird es
gesellige Art und ist dann auf meilenweiten Gebieten fast allein
schend. An vielen Stellen, z. B. in Dänemark, bedeckt das Heidekr:
alte Waldgebiete, namentlich von Buchen- und Eichenwäldern, wel,
durch Rohhumusbildung die Fähigkeit der Selbstverjüngung verlo:
haben, und hierdurch oder auch durch den Wind zugrunde gegang
sind. Es gibt viele Fälle, die zeigen, daß das Heidekraut in die Wä
eindringen kann und schließlich den ganzen Waldboden erobert; es
auch einige Beispiele, die zeigen, daß Waldbäume in die Heide e
wandern können und schließlich die Heide verdrängen. Dann muß
Heideboden aber sicher immer reich an Nährstoff sein und die
vegetation war mehr oder weniger künstlich (Schafweide).
Auf Kalk und Mergel wächst es wegen der herrschenden Ko
auf dem guten Boden selten; auf armem Kalkboden (besonders
kalk) tritt es mitunter auf (De Candolle, Graebner, Rayner, J
Tayleur)t), fordert in Klimaten mit größerer Luftfeuchtigkeit
licht und offenen Boden (in kontinentaleren Gebieten wächst
Ebene nur in Wäldern) und erträgt große, mit Trockenheit veı
Winterkälte gewiß nicht, wie es eben gegen große Trockenheit übe
haupt empfindlich ist. Aber im übrigen sieht man es sowohl an d
niederschlagsarmen Küsten des Mittelmeeres als auch im rege
Norwegen gut gedeihen. Die Lebensdauer des Heidekrautes wird
20—30 Jahren als Durchschnitt gewiß schon sehr hoch angege
bisweilen sieht man die Calluna-Vegetation plötzlich auf großen St
ausgehen, wahrscheinlich weil die betreffenden Pflanzen jenes Al
‘reicht haben, junge Pflanzen treten dann meist in Menge an ihre St
Rayner fand durch seine Versuche, daß Pilze schon am Samen
handen sind und ihn infizieren; die Mykorrhiza wird sehr früh gebi
Statistische Artsauszählungen im Callunetum vulgaris in Jüt
finden sich bei Raunkiär?). =
Die Gründe für den niedergedrückten Wuchs und die xeı
Natur der Heidevegetation Nordwesteuropas müssen teils im Klim
im Boden, namentlich in letzterem gesucht werden. B
Die Vegetationszeit ist gewöhnlich trocken und die Transpir
kann dann stark sein, wenngleich eine herrschende Heideveg
ı) Rayner 1911.
2) Raunkiär 1909 b.
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 671
wenigstens stets eine gewisse Luftfeuchtigkeit voraussetzt. (Vergl. Karte
8. 623.) Im Frühjahre (Mai, Juni) ist die Luftfeuchtigkeit, jedenfalls in
Dänemark, am geringsten. Im Winter spielen in den nördlichsten Gegen-
den die Winterkälte und die Trockenheit samt den Stürmen für die immer-
grünen Pflanzen eine wichtige Rolle. Die Winde wehen über die trockenen
Flächen, auf denen Zwergstrauchheide besonders vorkommt, mit großer
Stärke, und sind wohl der wichtigste klimatische Faktor, der stellen-
weise den Wald verhindert, den Boden zu erobern.
Im Norddeutschen Flachlande mit seinem ziemlich monotonen geo-
logischen Aufbau macht sich die Abhängigkeit der Verbreitung der Heide-
Fig. 302. Der Wald wandert in die Heide ein (vergl. Fig. 298—300).
(Die dänische Ostseeinsel Bornholm.) (Phot. Eug. Warming.)
formation von den Niederschlagsverhältnissen sehr deutlich bemerkbar.
In den niederschlagreichen Teilen des Nordwestens dehnen sich die Riesen-
flächen der ostfriesischen bis Lüneburger Heiden und in Schleswig-
Holstein schließen sie sich an die dänischen an. Ein schmaler Heide-
streifen folgt der Ostseeküste, ist aber an den Trockengebieten an den
Strommündungen unterbrochen. Losgelöst von dem Hauptkomplex der
Heidegebiete tritt die Formation wieder in den feuchteren Landesteilen
der Priegnitz, besonders aber in der Lausitz auf. Als charakteristischer
Begleiter ist etwa Myrica gale zu nennen, dessen Verbreitungsgrenze
fast genau der Niederschlagsgrenze von jährlich 60 cm Regen folgt.
Andere Charakterpflanzen der Heide (Erica tetralix, Empetrum usw.)
folgen in ihren Grenzen in mehr oder weniger großen Abständen dieser
672 Serie der Formationen der Torfböden
Grenze fast parallel, wodurch der ausschlaggebende Einfluß der Nied
schlagshöhe sich erweist. Dem entsprechend meiden viele südös
pontische (kontinentale) Arten in gleichfalls parallelen Verbreit
grenzen @ie Heidegebiete').
Die Beschaffenheit des Bodens ist jedoch offenbar weit
licher als das Klima. Der Boden ist meist ein äußerst na
armer, nach der Eiszeit vom Wasser stark ausgewaschener un
geschlämmter Quarzsandboden (S. 106), auf welchem sich, wie g:
eine oft nur dünne Rohhumusschicht gebildet hat. Besonders Ca
und Vaceinium myrtillus gehören zu den im Rohhumus üppig wachse
Pflanzen, die dadurch, daß sie ihn mit ihren Wurzeln verfilzen,
Heidetorf (Trockentorf) hervorbringen, wobei sie von Moos-Rhiz«
Cladosporium-Hyphen usw. unterstützt werden. Die Rohhumuss«
nimmt begierig Feuchtigkeit auf, hält sie lange fest, hindert d
dunstung aus dem Boden und erschwert den Zutritt der Luft,
Humussäuren entstehen. In trockenen Zeiten jedoch kann di
wegen ihrer dunkeln Farbe leicht erwärmt und stark ausge
werden. Bei starker Austrocknung verschwindet jedoch das Hei
und macht dann gewöhnlich der Flechtenheide Platz (so in N
land). In den nicht seltenen Fällen, wo unter echten Callu
ein mehr oder weniger nährstoffreicher Boden liegt, ist es die
dichte Rohhumuslage, die den Wald fernhält und ihn meist vo
vernichtet hat. In den feuchteren atlantischen Klimaten bi
wie schon früher auseinander gesetzt, sehr leicht früher o
sicher wenigstens in den reinen Nadelholzbeständen?), eine
schicht, die durch ihre ungünstigen Wirkungen (vergl. S. 90) di
verjüngung des Waldes hindert und keiner anderen Veg«
Lebensmöglichkeit läßt als der Heide.
Zwischen Calluna-Heide auf trockenem Boden und Callı
läßt sich keine scharfe Grenze ziehen; im letzteren ist der Bode
und der Torf kann viel dicker werden, bis meterdick und mehr; :
ersteren ist der Trockentorf gewöhnlich nur wenige Zentimeter bis
Dezimeter dick und weit trockener. Erhebliche floristische Mi
gehen hiermit Hand in Hand.
Ericeta tetralicis. Auf den feuchteren Stellen der Zwergs
heiden finden wir mit Calluna gemischt oft Erica tetralix ii
gewöhnlich auf kleineren, seltener größeren Strecken. Nicht se
sie bestandbildend und mit ihr treten dann oft die Mehrzahl
Pflanzen auf, die wir als für Heide-(Sphagnum)-moore char:
kennen. Ist das Klima feucht genug, so daß Sphagn
1) Graebner 1895 ff.
2) Vergl. v. Bentheim bei he usw.
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 673
wachsen kann, so verwandelt sich solcher Verein leicht in Heidemoor.
Umgekehrt wird stets, wenn ein Heide-(Sphagnum)-moor aus irgend
(Phot. ©. Raunkiär.)
Im Vordergrunde Myricetum mit eingestreuter Erica tetralix;
danach folgt auf etwas trockenerem Boden ein Ericetum tetralieis; schließlich um die beiden Grabhügel auf noch
trockenerem Boden ein Callunetum.
Fig. 303.
einem Grunde trockener wird, Calluna die Oberhand erhalten (Fig. 303).
Wenn die Trockenheit zu groß wird, alsdann verschwindet auch das
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 43
674 Serie der Formationen der Torfböden
Heidekraut und nur wenige anspruchslose Moose, Flechten und Blatt
pflanzen finden sich zerstreut auf dem kahlen Boden.
Myriceta, aus Myricae gale gebildet, finden sich an vielen Stelle
in Nordeuropa auf nassem Boden, oft gürtelförmig im Umkreise um Set
und Wiesen oder um Sphagnum-Moore. Oft sieht man gemischte A
soziationen von Myrica, Erica tetralix und Calluna valgaris, an wel
alle drei fast gleich großen Teil nehmen.
Vaceinieta myrtilli (oder Myrtilleta) finden sich auf trocl
Boden und als reine Assoziationen vorzugsweise als Bodenschi
Wäldern aus Nadelholz (Pineta silvestris, Piceeta excelsae und in Bu
wäldern mit Rohhumusboden). Wo die Art sich außerhalb des
findet, wird man gewiß immer den Schluß ziehen können, daß
früher Wald gestanden hat. Sie ist eine echte Rohhumuspflanze.
Gräser überwiegen die Calluna in zwei Fällen (Grashe
entweder ist der Boden verhältnismäßig nährstoffreich, dann bil
Verein einen Übergang zu Wiesen oder Weiden, oder der Boden tr
zeitweise zu stark aus (bezw. die Lufttrockenheit wird zu groß), au
dann treten oft trockenheitliebende Gräser (Weingaertneria) in
Vordergrund. Die allertrockensten oft nur Cladonia van
genden Flächen sind heidekrautlose Sandfelder.
. In den Heiden Englands unterscheidet W. G. Smith (in Ma
1911) fünf Facies (d. s. Assoziationen): I. Die trockene Reihe:
pisches Callunetum; b) Calluna-Vaccinium-Heide; c) Calluna-Pteris:
OH. Nasse Reihe: a) Calluna-Nardus-Heide; b) Calluna-Deteneee
Vergl. auch Elgee.
Über die Zwergstrauchheiden Nord- und Mitteleuropas vergl. Graehner
C. A. Weber 1900; Koernicke und Roth 1907. Die Heiden Englands siehe
1911; Moss 1913; Elgee 1912, 1914. Die Heiden Dänemarks: Mentz 1900,
Raunkiär 1889a, 1909 b; Warming 1907—9.
Im nördlichsten Europa findet man noch Calluneta in rn
licheren Teilen, aber gegen Osten hin treten sie mehr zurück,
wie sie auch in Norddeutschland an die westlichen Gegenden ge
sind, wo das Klima mehr ozeanisch ist.
Aus den Untersuchungen von Vahl und Frau Resvoll- Ho
scheint hervorzugehen, daß die Hochgebirgsheiden an trockener:
reich an Flechten sind, und daß Zwergsträucher ohne unterir
Wanderungsvermögen, z. B. Empelrum, Arctostaphylos-Arten,
nana, an Zahl den unterirdisch wandernden Vaceinien überlegen
Auf feuchterem Boden ist die Heide moosreicher, wogegen d«
Flechten eine untergeordnete Rolle spielen. Hier sind die Va
sehr zahlreich.
ı) Vahl 1913; Resvoll-Holmsen 1912.
"86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 675
Fe Teer
ENTE EREEE
Im nördlichen Europa treten andere Arten auf, namentlich Betula
& nana, Arctostaphylos alpina, Ledum palustre (schon in Nordostdeutsch-
land öfter an trockeneren Orten, in Kiefernwäldern usw.), Loiseleuria
‚procumbens, Phyllodoce coerulea, Rhododendron Lapponieum u. a., die
gemischte und teilweise auch reine Assoziationen bilden, namentlich aus
etula und Ledum.
Betuleta nanae gehören zu den höheren (t/;—1 m hohen) Assozia-
tionen. Nach Pohle!) ist die „Zwergbirkentundra“ im Osten des Samo-
edenlandes geradezu eine herrschende Assoziation. Hier kommen weite
om sparrigen Gesträuch der Zwergbirke eingenommene, gewöhnlich
wa kniehohe Gefilde vor. Der bindige Boden ist tonig mit Bei-
üischung von Sand und kleineren Gesteinsbrocken, und mäßig feucht.
ie Birke selbst ist xeromorph mit kleinen, harzüberzogenen, glänzenden
lättern. Unter dem dichten Gesträuche findet sich eine kurze Decke
on Moosen mit wenigen Flechten (Cladonien, Stereocaulon, Nephroma
aretieum u.a.), Salix reticulata, Arten von Pedicularis, Sagina, Stellaria,
3 Tuncus, Luzula und dichte Horste von Gräsern, Eriophorum Scheuch-
| zeri u. a.; die Holzgewächse machen stets die größte Masse aus (Zedum,
Eetrum, Vaeeinium vitis Idaea, V. uliginosum, Salices u.a.). Obgleich
Rohhumus nicht erwähnt wird, scheint es kaum zweifelhaft, daß der Boden
auer sein muß; jedenfalls kommen die erwähnten Sträucher an anderen
tellen vielfach aut Rohhumus vor. Daß hier im östlichen Teile der sub-
ktischen Zone vielleicht wenig Rohhumus gebildet wird, mag daher her-
‚rühren, daß nach Pohle eine relativ große Trockenheit der Luft herrscht
nd die Menge von Niederschlägen gering ist.
ber. Im hohen Norden, z. B. auf den Tundren Tesnlanıs. ein
etula nana (die Zwergbirke) und andere Birken als Sträucher auf,
elche niedrige, flach gedrückte Gebüsche bilden, oft zusammen mit
auhaarigen Weiden (Salix glauca, S. lanata u.a. Arten). Gleich ober-
alb der Baumgrenze tritt in den Gebirgen Skandinaviens eine Grau-
eiden-Zone mit Salix lanata, S. glauca u. a. auf, deren Blätter gegen
arke Transpiration im ganzen durch Haarfilz, aber auch durch dicke
aut, Wachsbildungen usw. geschützt sind. In Grönland findet man
h um den 72.° n. Br. ähnliche Weidengebüsche, die bis 1m hoch
erden, deren Stämme und Zweige dicht verflochten sind und die aus
alixz glauca und Betula nana bestehen. Diese Gebüsche müssen jedoch
‚vielleicht am ehesten zu den mesophilen Vereinen gerechnet werden
(vergl. Kap. 72). Desgleichen bilden Zwergbirke, Weiden und Wacholder
:
Be
gemeinsam auf den Gebirgen Norwegens ausgedehnte, niedrige (!/,—?/s m
1) Pohle 1907.
Ä 48*
676 Serie der Formationen der Torfböden
hohe) Gebüsche, die am meisten den Alpenrosengebüschen der Al
entsprechen.
Empetreta nigri. Eine Assoziation von Empetrum nigrum, €
„Empetrumtundra“ kommt nach Pohle auch am Weißen Meere vor.
Früchte werden in Menge gefressen und zerstreut durch Zarus &
tatus. Zugleich mit Arctostaphylos uva ursi und A. alpina bildet 1
petrum dem Boden fest aufliegende, schwellende Teppiche, welch
für die windoffene Tundra wichtiges, bodenschaffendes Elemen
Hnmussammler sind. Mit einer Reihe anderer niederliegender H
pflanzen schaffen sie mit der Zeit ein neues Substrat, einen
schwarzen, torfartigen Rohhumus, der ein deutliches Zeichen
Eigenschaften des Klimas ist, d.h. er zeigt beständig feuchte L
beständig trocknende Winde an, sowie niedrige Temperaturen. Di
Faktoren erklären denn auch die xeromorphe Organisation der o
irdischen Teile der Pflanzen: Verkürzung der Zweige, Verkleinert
Blattflächen, Einrollung der Blattränder, oder daß die Blätter
übereinander gelegt werden usw. gs
In den norddeutschen Heidegebieten finden sich auch hier U
wie auf den Bergheiden der Mittelgebiete Bestände von E:
wenn auch meist von geringerer Ausdehnung. Auch mehrere
Arten können Bestände bilden; in Finnland gibt es z.B.
Bestände, Phyllodoce-Bestände usw. (bei Hult „Formationen*), c
weise auch auf den Felsenfluren vorkommen können. ats
Zwischenformen zwischen Heide und Hochmoor kon im .
liehsten Europa!) (Finnland, Schweden, Norwegen, Schottland ?),
deutschland usw.) vielfach vor. So erwähnt Hult?) eine eigent
Assoziation, die „ein vollständiges Mittelding zwischen Heide und
ist und deren Vegetation hauptsächlich aus kleinen Weiden (Salıx
culata, 8. herbacea und $. polaris), überdies aus zahlreichen Stauden
Zwergsträuchern besteht (von diesen sind z.B. Dryas, Arctost
alpina, Loiseleuria, Phyllodoce zu nennen). Alle diese Vorkomm
beweisen, daß Heiden und Heidemoore eine natürliche Gruppe
Ähnliche Übergangsformen kann man auch auf den Gebirgen
europas beobachten, so auch auf dem Heide- und Moorgelände
Brockenmassivs im Harz usw. n
In der arktischen Zwergstrauchheide spielen Ca
Erica fast keine oder gar keine Rolle, sondern namentlich &:
und eine Reihe Ericaceen: Cassiope tetragona (Fig. 178), Vacei
ginosum var. microphyllum, V. vitis Idaea, Ledum palustre f. decı
1) Über die Heiden des subarktischen Europa vergl. weiter Simmons 1912
2) Crampton 1911.
®) Hult 1887; Graebner 1895 ff.
86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 677
hyllodoce caerulea, Loiseleuria procumbens, Aretostaphylos alpina, A. uva
ursi, Rhododendron Lapponicum, ferner Diapensia Lapponieca, Dryas
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Betula nana in der Vace
Fig. 304.
opetala, Betula nana und glandulosa, ‚Juniperus communis, Salise
678 Serie der Formationen der Torfböden
Auf Island kann Dryas octopetala in einer solchen Menge von In
duen (zusammen mit Silene acaulis, Armeria maritima, Thymus ser
pyllum u. a.) auftreten, daß sie eigene Assoziationen bildet, die
„Dryas-Heide*“ '). 4
Die Zwergstrauchheiden bedecken weite Gebiete Grönlan
Nordamerikas und des nordöstlichen Asiens; sie haben viele Po
reisende mit Feuerung versehen, reichen jedoch kaum bis zu den
lichsten Gegenden und bis zu großen Gebirgshöhen; da trete
dürftigeren und genügsameren Felsenfluren an ihre Stelle. Der
ist wie in Europa ein Rohhumusboden.
Die grönländischen Heiden sind an vielen Stellen in den „Mi
elser om Grönland“ von den vielen dänischen Botanikern, die Wes
Östgrönland bereist haben, eingehend besprochen und abgebildet).
Sehr ausgebreitet sind Assoziationen von der etwa 15—30 cm ho
Cassiope tetragona, deren Blüten denen von Convallaria majalis in Fo
Farbe und Duft ähnlich sind.
Auch andere Arten bilden reine Assoziationen, z. B. Vace
uliginosum, Empetrum nigrum, Dryas octopetala und D. integrife v0
Kräuter (darunter viele immergrüne), Gräser, Moose und Flecl
sind wie sonst in größerer oder geringerer Menge beigemischt,
vielen Stellen findet man sehr allmähliche Übergänge von der
schlossenen Formation der Zwergstrauchheide zu den Felsenfluren,
zu den Moos- und den Flechtenheiden; die Arten sind teilweise
selben, aber ihre Menge ist eine andere. Über die Arten verglei
zitierte Litteratur.
-Floristische Mittelformen zwischen der arktischen und A
deutschen Heide kommen auf Island, in Lappland und dem nörd
Skandinavien vor (Grönlund, Hult, Brotherus u. a.).
Südeuropäische Gebirge. In den Alpen finden sich
gedehnte Zwergstrauchheiden mit verschiedenen Assoziationen.
. Brockmann-Jerosch z. B. in der Puschlaw Assoziationen von Vac
myrtillus, V. uliginosum, Ithododendron ferrugineum, Calluna v:
Juniperus communis var, nana und Arctostaphylos uva ursi.
ziehen schneefreie Stellen vor, andere meiden sie. Man kann di
Assoziationen auch als Bodenvegetation in lichten Wäldern
„Die Bergheide“ der südöstlichsten Kalkalpen hat nach Krasan
aus dieselben xerophilen Lebensformen, aber teilweise andere
z. B. Erica carnea, Rhododendron hirsutum, FPolygala chamae
Globularia u. v. a. Ericaceen.
1) Stefansson, S. 189.
2) Warming 1887; Porsild 1902; Hartz und Kruuse 1911; Kruuse
Lundager 1912. Alle in „Meddel. om Grönland“, Köbenhavn, gewöhnlich englisch e-
schrieben oder mit französischen Resumees. ’
4 86. Kap. Formation der Zwergsträucher auf torfhaltigem Boden 679
Erica carnea kommt sowohl in als über dem Waldgürtel vor; in
- der subalpinen Region der östlichen Kalkalpen findet man Heide, die
_ aus Daphne striata gebildet wird, mit Polygala chamaebuxus und @lo-
bularia nudieaulis. In größeren Höhen bildet Loiseleuria (Azalea) pro-
' _ eumbens Heiden; in der Azalea-Heide kann der Rohhumus eine Dicke
von einem halben Meter erreichen).
# Im südöstlichen Europa erscheint an Stelle der fehlenden
Calluna an gewissen Stellen Bruckenthalia spieulifolia?).
Be Die Antarktische Heide wird auf den Kerguelen von Acaena
| adscendens gebildet. Auf den nördlichen und östlichen Abhängen, wo
v4 die atmosphärische Feuchtigkeit groß ist, herrscht Acaena meist allein
auf dem sehr humosen Boden. Die kriechenden Hauptachsen bedecken
ee ‚den Boden mit einem engmaschigen Netze, von welchem sich die be-
5 blätterten Triebe senkrecht bis zu einem halben Meter Höhe erheben.
An Orten, wo die Luft weniger feucht ist, ist das Aussehen der For-
| _ mation verschieden, denn Acaena legt sich dort dicht auf den Boden
Ü nd die einzigen aufrechten Teile derselben sind die Triebspitzen und
_ die zahlreichen Blütensprosse. Derartige Plätze sind durch die große
7 ahl der Begleitpflanzen ausgezeichnet, wie z. B. Lomaria alpina,
Azo ella, Pringlea, Galium antarctieum und Ranuneulus biternatus.
m ie Heide der Kerguelen ıst diejenige Formation, die die für den
e anzenwuchs günstigen Stellen bedeckt, besonders die vor dem
Winde geschützten?). Auch in Südgeorgia bildet Acaena adscendens
#: Heiden *
Die „ozeanische“ Heide auf den Falklandsinseln bespricht
Skottsberg>). Assoziationen von Cortaderia, Empetrum rubrum und Poa
fi Aabellata kommen vor. Die Heide von Empetrum ist „die klimatische
v8 Vormalformation des Gebietes“, welche er als Seitenstück zu der nord-
atlantischen Heide betrachtet. Von anderen Zwergsträuchern kommen
Pernettya pumila, Gaultheria mierophylla, Daphne muscosa, Vaceinium
0xycoccus und Myrtus nummularia vor.
In Neuseeland scheint die Myrtacee Teptospermum scoparium
_ mit ihren steifen Stämmen und schmalen Blättern Heiden zu bilden, bis-
weilen allein, auf trockenem oder feuchtem, aber immer armem Boden.
In Sümpfen, in sauren Sphagnum-Mooren, auf sturmumwehten Sand-
1) Über die Zwergstrauchheiden der südeuropäischen Berge vergl. Kerner 1863;
rist 1877; Krasan 1883; Hayek 1907; Brockmann Jerosch 1907, S. 278; Schröter
904—08; Engler 1901; Furrer 1914.
2) Adamovi6 1898.
®) Schenck 1905.
*#) Will 1890; Skottsberg 1912 a.
5) Skottsberg 1913.
680 Serie der Formationen der Torfböden
hügeln, auf trockenen Felsen, ja selbst nahe bei heißen Quellen u
Vulkanen, überall gedeiht sie, ein Seitenstück zu unserer Oalluna‘).
Die Zwergstrauchheiden gehen einerseits in die tropischen Straudl
steppen über, andererseits in die subglaziale Vegetation, und endlie
drittens in die Moore, nämlich durch die nasse Heide, worin bei ur
Norden von Zwergsträuchern Erica tetralix, Andromeda polifolia
Myrica gale vorherrschen, von Kräutern Nartheeium, Gentiana
monanthe, Pedieularis silvatica, Drosera-Arten, Pinguieula, einige
ceen (Rhynchospora alba und Kh. fusca, Seirpus caespitosus, Eriopho
und Carex-Arten), von Gräsern besonders Molinia caerulea; ferner
Moose, darunter Sphagnum-Arten, auf, aber Flechten fehlen am
87. Kap. Formation der Sträucher auf Torfboden
Schon oben (Kap. 86) wurde erwähnt, daß nicht nur die Zw
sträucher, aufrechte oder spalierförmig niederliegende wie Empe
den Moorboden bedecken, sondern daß auch etwas höhere Sträw
wie Salix-Arten, einwandern können. Man sieht hier und da in
europa, daß Gebüsche auf trocknerem Moorboden, der hauptsächlich
Moosen gebildet wurde, entstanden sind, namentlich Salie
Salıx cinerea, S. aurita und anderen Salices, zum Teil auch mit
gestreuten Büschen von Alnus glutinosa, Myrica gale, Betula
(B. humilis, B. verrucosa u.a.). Die Bodenvegetation kann vers
sein und gehört wohl im allgemeinen der Wiesenmoor-Formati
aber auch Calluneta können auftreten.
Junipereta. Eine andere Art, die in gewissen Gegend
große Rolle spielt, ist Juniperus communis, besonders in den t
Heidegegenden. Die Lüneburger Heide ist reich an Sträuchern
Art, z.B. im Totengrunde bei Wilsede; in der Eifel ist ein großes
holdergebiet geschützt. Verschiedene Wuchsformen dieser Art
vor: aufrechte säulenförmige bis buschige und niederliegende
große baumartige. Oft findet man alle diese Formen dicht bei
Saliceta?). Im subarktischen und arktischen Europa so
Island und Grönland kommen oft Gebüsche vor, welche aus Salices
Fig. 263—266), z. B. Salix glauca, $. Lapponum, $. hastata, $. myr.
S. arbuscula u.a., strauchartiger Betula odorata und auch höheren
plaren von Betula nana gebildet sind. Auf den Bergen Norwegei
Schwedens findet sich ein Gürtel von grauen Weiden, welche
dicke und behaarte Blätter, dieke Oberhaut oder Wachsüberzi
oder weniger xeromorph sind. Sie sind gewöhnlich etwa meterho;
?) Cockayne 1910.
?) Vergl. z. B. Thore C. E. Fries 1913.
Formation der Sträucher auf Torfboden 681
Ebenso bildet Betula nana und Juniperus communis niedrige
(/a„—?/s m hohe) weitausgedehnte Strauchbestände. Diese Gebüsche
jaben offenbar nicht immer einen aus Rohhumus gebildeten Boden
ergl. unter den mesophilen Formationen Kap. 72). Dieses hängt von
r Wasserzufuhr ab; auf Boden mit frischem und daher sauerstoff-
tigem Wasser wird sichmilder Humus mit reicher Bodenvegetation
den können, auf moosigem Boden mit stagnierendem sauerstoffarmem
er entsteht Rohhumus mit einer anderen Vegetation. Die Boden-
tation kann z.B. folgende sein: Die Bodenschicht ist ein Moosmoor
Sphagnum, Amblystegia, Paludella squarrosa und anderen Moosen
gebildet; die „Feldschicht“* ist aus Arten von Juneus, Eriophorum,
arex, Caltha, Comarum palustre u. a. Gefäßpflanzen zusammengesetzt.
enn aber der Schatten sehr dicht wird, kann der Boden fast nackt
den !).
Subalpine Gebüsche auf Rohhumus. Wo wie in Mitteleuropa
e Gipfel der höchsten Gebirge bereits in der Wolkenregion liegen,
rd die Rohhumusbildung sehr durch die feuchte nebelige Atmosphäre
d die niedrige Temperatur befördert, und dort erheben sich auf dem
ıren Boden Gebüsche, die über der Waldgrenze beträchtliche Strecken
_ Die Alpenrosengebüsche in den Alpen, den Pyrenäen und unter
höheren, waldähnlicheren Formen im Himalaya werden von Rhododendron-
Arten gebildet, bisweilen in Gesellschaft mit Juniperus communis (dem
Wacholder); der Verdunstungsschutz sind hier Schildhaare und Harz-
erzug. Diese Gebüsche schließen sich den Zwergstrauchheiden an. —
uf den Kalkalpen bildet Rhododendron hirsutum diese Gebüsche, wäh-
rend in den Zentralalpen R. ferrugineum an seine Stelle tritt. In den
Rhododendron-Beständen wächst eine Anzahl von Zwergsträuchern der
Heide, z. B. Vaceinium oder Calluna?).
Andere subalpine Assoziationen — z. B. in Serbien?) — werden
Ss Juniperus communis oder aus Vaceinium-Arten bezw. aus Mischungen
s beiden gebildet.
Gestrüppe der Zwergbäume. Auf hohen, windigen Stellen der
irge und an windigen Orten der hohen nördlichen Breiten treten
Gebüsche oder Zwergwälder solcher Baumarten auf, die anderwärts
Hochwälder bilden. Die Fichte (Picea excelsa) z. B. tritt in Lappland
s kriechender und wurzelschlagender Strauch auf; sie nimmt eigentüm-
he, abgerundete, äußerst dicht verzweigte, niedrige Gestrüppformen
2) Sylven 1904.
2) Einzelheiten vergl. bei Kerner 1863; Hayek 1907; weiter Christ 1870;
hröter 1904—08.
®) Adamovie 1898.
682 Serie der Formationen der Torfböden
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Fig. 305. Weacholderschutzpark am Wibbelsberg bei Niederheckenbach, Kreis
Ahrweiler in der Eifel. Nach einer käuflichen Karte des Eifelvereins.
Auch die Kiefer (Pinus silvestris) und, in Sibirien z. B., die Arve
Ben
(P. cembra) bilden auf ähnliche Art Gestrüppe. — Die Birke (Betula
pubescens) wächst auf den Flechtenheiden Lapplands (wohl in der Untera
!) Figuren bei Kihlman 1890.
87. Kap. Formation der Sträucher auf Torfboden 683
B. Carpatica) zum Teil in zerstreuten Exemplaren; diese drücken sich
- verkrüppelt dem Boden an und brauchen bisweilen 50 bis 60 Jahre, um
einen 2 m langen und 4cm dicken Stamm zu bilden, dessen Zweige
TEE]
2
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Fig. 306. Wacholderschutzpark am Wibbelsberg bei Niederheckenbach, Kreis
Ahrweiler in der Eifel. Nach einer käuflichen Karte des Eifelvereins.
sich nicht über die Flechtenheide erheben. Aber an günstigeren Stellen
wird sie höher und bildet Gestrüppe, die etwa 1—2 m Höhe erreichen
und worin großblättrige (mesöphile) Stauden auftreten können. Die
Birke nähert sich in der Ökologie den xerophil gebauten Arten; sie
684 Serie der Formationen der Torfböden
heftet sich z. B., ebenso wie die Nadelbäume, auf den nackten, von de
Sonne erwärmten Sandsteinfelsen der sächsischen Schweiz fest und bi
im nördlichen Europa oberhalb der Zone der Nadelbäume Gebisch@l
Wälder. Als Verdunstungsschutz dienen ihr offenbar ee
„lackierten“ Blätter. Es ist kaum zweifelhaft, daß der Boden in dies
Geabripu torfig ist.
In den Hochgebirgen hört der Wald nicht plötzlich auf; er
zu einem Gestrüppe von niedrigen Bäumen und Sträuchern herab,
die offenen Matten und Felsenfluren beginnen, die aus Kräutern, Fle
Moosen und Zwergsträuchern bestehen. Diese Gestrüppe werden j
den Gegenden der Erde von verschiedenen Arten gebildet. In den Ho
alpen sind die Krummholz- oder Legföhrengestrüppe die bekan
testen Xerophytengebüsche!). Sie werden von Varietäten der Krummho
kiefer (Pinus montana f. pumilio, f. uncinata, f. mughus) gebilde
sich in westlicheren Gegenden (Westalpen, Pyrenäen) zu stat
Bäumen (10—20 m) erheben, und treten zwischen der Waldgrenze
den alpinen Matten auf. Ein aufrechter Stamm wird nicht entw
die Stämme kriechen über den Boden hin, an Abhängen hinab,
von Moosen und anderen Pflanzen bewachsen, schlagen Wurzeln,
bogenförmige, kräftige Seitenzweige aufwärts, die mehr als manı
werden, und schließen sich oft dicht und fest beinahe zu Polste
sammen, welche die schwersten Schneelasten tragen könn
Gebirgsabhänge und -kämme können von den dunkelgrünen, ver
Massen des Krummholzes so dicht bewachsen sein, daß sie ganz u
dringlich werden; man kann oft eher auf ihnen, als in ihnen
Der weiche, humusreiche, oft ganz torfartige Boden saugt viel Wa:
auf. Durch die Kronen des Krummholzes gegen den Wind ges
entwickeln sich hier, je nach den Lichtverhältnissen und der Meng
gefallener Nadeln usw., mehr oder weniger viele andere Pflanze
früher zur Blüte kommen als auf den nahen Felsen oder Matte
jüngeren Beständen treten besonders Alpenrosen, Wacholder,
Daphne, Polygala chamaebuxus, Empetrum, Vaceinium- „Arten,
carnea, Oalluna und andere niedrige xerophile Zwergsträucher
außer ihnen Arten von Brunella, Digitalis, Campanula usw., fern
Gräser und Cyperaceen, überdies Moose und Flechten’). Dies
holzgestrüppe sind eine echte xerophile Vegetation, die gut
ist, einerseits die starke Verdunstung, das- starke Sonnenlich
schneidend kalten Winde, anderseits die große Feuchtigkeit des
reichen Bodens, die häufigen und dichten Nebel, Regengü
Schneefälle auszuhalten. Das Krummholz und das Heidekraut
1) Vergl. z.B. Kerner 1863a, 1869; Schröter 1904; Kirchner, Loew, Se
?) Näheres bei Kerner 1863.
Kap. Wälder auf Torfboden 685
arallele, in ihren Forderungen genügsame Arten, die von anderen leicht
ach den schlechtesten Lebensbedingungen hin verdrängt werden. Über-
‚haupt sind diese alpinen Legföhrengestrüppe auf torfigem Boden der
wergstrauchheide verwandte Vereine.
Gestrüppe findet man sicher auch auf allen anderen hohen Gebirgen
halb der eigentlichen Waldgrenze. Beispielsweise kann angeführt
en, daß es auf den hohen Gebirgen Japans eine solche Region in
0)0— 2500 m Höhe gibt, die aus Pinus parviflora (mit der Arve ver-
t) nebst Birke, Alnus viridis u. a. besteht.
88. Kap. Wälder auf Torfboden
_ Auf die Wiesenmoore, Sphagnum-Moore und Heidemoore in Nord-
ropa wandern auch Bäume ein, wie schon vorne berührt wurde.
Die häufigsten sind Betula pubescens (resp. B. odorata) und B. verrucosa,
; Pinus silvestris, seltener Picea excelsa, Alnus glutinosa. In sehr vielen
illen werden die Moore sich in einen Wald verwandeln können, nament-
Erlen- und Birkenwälder. (Die Erlensümpfe sind schon $. 515 be-
ochen worden.)
In südlicheren Gegenden ist es namentlich Pinus montana, welche
Hochmoore mit einem niedrigen, offenen Wald aus krüppelhaften
einlich Ursache des Krüppelwuchses von Bäumen auf Mooren.
Die Bodenvegetation kann recht verschieden sein, entweder treten
Dieselben Verschiedenheiten finden sich auch in den schwedischen
d norwegischen Wäldern. Die Nadelwälder in Schweden und Nor-
en sind in großer Ausdehnung Rohhumuswälder; namentlich gilt
ses von den Fichtenwäldern; auch in den künstlichen Fichtenbeständen
nordwestdeutschen Flachlandes kann der Rohhumus bis zu !/z m dick
rden (Fig. 311). Diese Wälder sind entweder ganz künstlich oder an
natürlichen Standorten der Fichte waren sie, nach den Unter-
hungen von v. Bentheim und Graebner Eichenmischwälder.
In altem Wald auf gutem Boden besteht die Bodenvegetation aus
osen mit wenigen Gefäßpflanzen. In weniger schattigen Wäldern ist
Boden zwar reich an Moosen, aber dazu gesellen sich zahlreiche
ergsträucher, besonders unterirdisch wandernde Arten. Nur wo der
!) Vergl. hierzu Groß 1912: Die Zwischenmoore.
686 Serie der Formationen der Torfböden
Boden durch Quellwasser berieselt wird, findet man Mullboden,
Unterwuchs ist dann reich an unterirdisch wandernden, me:
Kräutern. Die gepflanzten Fichtenwälder von Dänemark sind
dunkler als die natürlichen norwegischen und schwedischen Wäle
der Boden ist oft ohne grüne Pflanzen. Nur wo der Wald
wird, finden sich grüne Pflanzen ein und bilden eine zusamm
Bodenvegetation. Zwei verschiedene Fazies sind hier häufig
mit Oxalis acetosela und eine mit Aera flexuosa als herrs
Über die Wurzelbildung in den Heidewäldern vergl. S. 686,
und 308.
Die natürlichen Kiefernwälder Englands sind in der is
Schottland beschränkt und von Pinus silvestris var. Seotiea
Sie kommen auf demselben Boden vor wie die Calluneta,
von englischen Botanikern der „Heideformation“ angesc en
Kap. 76). Der Boden kann Rohhumus von mehreren Zentimeter
sein, und die Bodenvegetation wird hauptsächlich von Callı
wenn der Wald offen ist, dagegen von Vaceinium myrtillus m
flexuosa, wenn er geschlossen und der Schatten stärker ist
Die Birkenwälder Lapplands wachsen auch auf ve
Böden, wonach die Bodenvegetation entsprechend verschi
sind schon 8. 567 unter den mesophilen Formationen ery
Hier muß noch hinzugefügt werden, daß z. B. nach Simmons?)
sten heideartiges Gestrüpp tragen, aus Zwergsträuchern („ER
stehend, wie Betula nana, Vaceinium-Arten, Empetrum, J
munis und anderen, ferner Linnaea borealis, Lycopodium
andere haben eine Bodenschieht von Moosen, sie sind Be
cosa, mit eingestreuten Stauden wie Trientalis Europaea,
Lapponica u.a. Andere haben eine flechtenreiche Bodenv
wieder anderen, wo der Boden feuchter ist, findet sich
Strauchschicht von größerer Betula nana mit anderen Kle
oder Zwergsträuchern, mehreren Gräsern und Stauden a
Bodenvegetation von Hochstauden kann vorkommen, sowie
Stellen und beinahe humusfreie Stellen.
Birkenwälder von Betula tortuosa umsäumen nach pP
die Ufer des Weißen Meeres in Gegenden, wo die Ficht:
Unbilden des Klimas nicht mehr aufkommen kann; sie sine
x
!) Vahl 1911; Raunkiär 1909. Über die schwedischen Nadelwä
-Birger 1908; Anderson und Hesselman 1907; J. V. Eriksson 1912.
2) Tansley 1911; die genannte schottische Form der Kiefer ist se
‚und gehört augenscheinlich der „altenglischen“ Flora an (vergl. Graebner
®) Simmons 1912.
“) Pohle 1907. Über die Birkenwälder NO DE vergl. auch
1914 und Th. C. E. Fries.
687
Wälder auf Torfboden
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A93ımgqaun] I9p sn AOPeLy uayfe Aaur Ylampzmy "LOR "DIA
688 Serie der Formationen der Torfböden
die Stämme und Zweige sind gekrümmt und knorrig, unregelmä
wärts gebogen; aus niederliegendem Grunde steigen sie allmä
Zickzack auf. Die Blätter sind lederartig hart. Am Boden fin
unter relativem Windschutz und Halbschatten, wobei es an Feuc
nicht mangelt, eine dicke Rohhumusschicht mit einer ge
Vegetationsdecke von Moosen (Hylocomium- und Dieranum-!
große Lagen der fahlgrünen Flechte Nephroma areticum,
Gestrüppe von Vaccinium myrtillus mit Ohamaepericlymei
Suecicum, Aera flexuosa. ge
Ganz ähnliche Birkenwälder wie die in Nordeuropa fi
obgleich sparsam in der Jetztzeit, in Island!). 5
Auch im südlichsten Grönland?), im Innern der Fibi
Birkengestrüpp oder niedrige Birkenwälder aus Betula a
tuosa und var. alpestris vor. Die Stämme sind, wie in
geschilderten, niederliegend, werden aber recht dick und
meist aber erheben sie sich sowie auch die Zweige bis zu ]
etwas höher. Der Boden ist vielleicht nicht Rohhumus; in (
Birkenvereinen ist der Boden fast nackt, sonst ist die Bod
überwiegend eine trockene Grasvegetation (besonders aus F
und Anthoxanthum odoratum), doch können Flechten ein:
und Flechtenheide kommt auch vor. Sie gehören vi
Serie IIT3).
Afrikanische Wälder auf Torfboden. Über die
vorkommende Heideformation schreibt Engler®): Sehr
um 3000 m beginnende Heideformation von baumartige
Philippia Johnstonii (Ericacee) gebildet, welche so wi
vorkommende Erica arborea mit Usnea, Stieta und Ana
ist; abgestorbene Stämme sind im Ericaceenurwald massenh
und dicht von Moosen bedeckt. Der Boden ist hier mit
dicker Schicht von Sphagnum Pappeanum überzogen;
aber auch Polytrichum, Peltigera und Sphaerophorus.
wachsen hier noch Arten von Gymnosporia, Cornus,
der bis zu 3m hohe Rubus Runsorensis, Ranunculus, P:
Orchidee, kleine Farne und Impatiens zieren den Moostep
1) Vergl. Thoroddsen 1914 und hier 8. 690, Fig. 310.
2) Sie sind von den dänischen und anderen Grönlandsforscher
om Grönland“ besprochen worden, besonders von Rosenvinge 1898.
®) Es bestätigt dieses und andere Beispiele in dieser Serie (
Anschauung von Th. C. E. Fries (1913), daß eine Assoziation nur
angegeben werden muß, daß dagegen die Beschaffenheit des Stand
Bedeutung sein kann. „Eine Assoziation ist ein Pflanzenverein von best;
Zusammensetzung und gleichförmiger Physiognomie“.
*) Engler 1910, S. 678.
Kap. Wälder auf Torfboden 689
3100 und 3400 m tritt dann 1—1,5 m hohes Vaceinium Stanleyi auf.
h viele andere Arten von derselben Zone werden genannt. Es ist
ein echtes Hochmoor im tropischen Afrika als Bodenschicht für
n „Heidewald“.
Die nordamerikanischen Wälder auf Torfboden sind von ver-
iedenen Forschern erwähnt. Namentlich muß auf Dachnowski!) ver-
jesen werden. Auf den Mooren sind folgende amerikanische Typen
_ charakteristisch: Larix pendula mit eingestreuten T'suga Cana-
is, Betula lutea und T’huja oceidentalis.
Er stellt folgende Formationsfolge auf: 1. Planktonformation;
Fig. 309. Rata-Skov auf den Aucklandinseln; das charakteristische Gehölz
ist Meterosideros lucida. (Nach Cockayne.)
_ Ufervegetation (Rohrsümpfe usw.), „Bog-Succession“ oder Torf-
nvegetation mit 4. Torfwiese (bog meadow) mit Carex, Juneus,
aceinium macrocarpum, Sphagnum-Arten, Menyanthes; 5. Torfheide
| mit den Zwergsträuchern Chamaedaphne, Andromeda, Vaceinium-Arten,
| Potentilla fruticosa usw.; 6. Moorgebüsch (Alnus, Rhus, Aronia, Ilex
| verticillata, Salix-Arten, Populus tremuloides, Cephalanthus, Cornus usw.;
"Nadelwald mit Larix pendula (L.laricina), Thuja, Viburnum usw.;
‚8. Mesophytischer Laubwald, in welchem die Larix- Assoziation durch
Assoziation von Acer- Fraxinus-Ulmus eraotzi wird, welche die Schluß-
tion bildet.
2) Dachnowski 1912; vergl. auch Journ. Ecology I, 8. 286—292.
ne Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 44
690 Serie der Formationen der Torfböden
Die antarktischen Wälder. Die antarktischen Wälde
amerikas sind durch die Schilderungen von Darwin, Hooker und
bekannt geworden. Man findet sie von dem südlichen Chile, von
36.° südlicher Breite bis zum Feuerlande, wo sie das Land
Meere bis zu 1700—2000 m Höhe auf der westlichen Seite der
kette bedecken. Das Klima zeigt eine geringe jährliche m
ae un Sem Bi 1.1. Den nn ne a
TR
er ENTE VENEN
Fig. 310. Birkenwald bei Hallormstad, Island.
Wärme des Winters und der des Sommers, aber eine
fast über alle Monate des Jahres verteilte Regenmenge. U
Verhältnissen entwickelt sich ein äußerst üppiger Wald, d
nördlichen Gegenden durch die große Menge Lianen und
ferner durch das Unterholz, worin Baumfarne und B
Rolle spielen, ein tropisches Gepräge erhält. Diese Wäl
88. Kap. Wälder auf Torfboden 691
sicher als den immergrünen Regenwäldern der Tropen am nächsten
stehend betrachtet werden und wurden auch bei diesen berührt. Süd-
wärts verliert sich dieses; aber die Wälder stehen doch infolge des
feuchten Klimas das ganze Jahr dunkelgrün da. Buchen aus der Gattung
Nothofagus sind hier die gewöhnlichsten Bäume. Immergrün sind N.
betuloides, N. Dombeyi, N. alpina, N. nilida u. a. Arten; laubwechselnd
und im Winter kahl sind N. antaretica, N. pumila, N. obliqua, N. pro-
cera. Die Blätter dieser Buchen sind klein (1—2 em) und myrtenähnlich
aber zahlreich, lederartig mit glänzender, dunkelgrüner Oberseite; die
Fig. 311. Polster von Leucobryum glaucum im künstlichen Kiefernwald.
Unterlüss in der Lüneburger Heide. (Phot. P. Graebner.) Vergl. S. 685.
Physiognomie ist daher eine ganz andere als die unserer Rotbuche.
Die Knospen sind durch Schuppen geschützt.
Einige Arten (N. antarclica, N. pumila u.a.) bilden fast reine
Assoziationen; im allgemeinen sind sie mit anderen gemischt.
Floristisch bemerkenswert ist, daß die mit Fagus nahe verwandte
Gattung Nothofagus hier mit Proteaceen, Myrtaceen, Podocarpus, Libo-
cedrus, Fitzroya Patagonica (der Alerze, einem riesigen Nadelbaume)
und anderen tropischen und australischen Typen gesellige auftritt und
daß auf den Buchen das schmarotzende Myzodendron wächst. Nament-
lich mit Neuseeland ist die Ähnlichkeit groß. In den südlichen Wäldern,
44*
692 Serie der Formationen der Torfböden
auf dem Feuerlande, wo der Wald fast nur aus einer Buchenart
betuloides) gebildet wird, sind Drimys Winteri und Maytenus Mag
fast die einzigen baumförmigen Begleiter.
Der immergrüne Wald von Nothofagus Dombeyi hat eine du
grüne, fast schwarze Laubmasse und bleiche Stämme. Im
herrscht nach Skottsberg eine chaotische Wildnis von unbesch.
Dichtigkeit. i
Die nördiicheren Wälder sind nach Darwins Schildern
durchdringlich, daß niemand, der es nicht gesehen hat, sich von
Gewirr absterbender und toter Stämme eine Vorstellung machen
„Wir befanden uns häufig 10—15 Fuß über dem Boden, so
Matrosen zum Scherz wie beim Loten ihre Messungen ausrufeı
und Epiphyten, bambusartige Gräser usw. rufen mit vielen ander
undurchdringliche Wildnis hervor. i“
Die südlichsten Wälder sind weit ärmer und einförmigen
wenig Unterholz. Als Epiphyten kommen Hymenophyllaceen ur
Farne vor, aber Flechten sind spärlich. Der Waldboden ist
einem dichten, ununterbrochenen Teppich von mit Wasser
Moosen und Lebermoosen, zwischen denen Hymenophyllacee:
Der immergrüne Charakter der Laubmasse muß als Folge der
warmen Jahreszeit angesehen werden.
Die Stellung aller dieser Wälder ist nicht ganz klar
es deutlich, daß die südlichen durch ihre wasserdurchträn!
teppiche einen sauren Rohhumusboden haben müssen und
den in diesem Kapitel besprochenen Formationen am ni
schließen. Die nördlichen dagegen haben kaum einen sau
und gehören daher wohl zu den subtropischen immergr ün n
wäldern (Kap. 79). Si
Offenbar ganz ähnlich den magellanischen sind ai ne
schen Wälder, welche in mehreren Publikationen von
vorzüglich geschildert werden. Von den Wäldern des Be
Island sagt er, daß die Moose in größter Üppigkeit wuchern.
boden ist von Moosen und Hymenophyllaceen bedeckt. Gew
arten wachsen in großen Kugelpolstern von 50—60 em Durchm
vertorfend, außen fortwachsend, also ähnlich wie die großen Z
Polster in manchen nordwestdeutschen 'Heidewäldern (Fig. 2
Dasselbe gilt für die Auckland-Inseln, für die feuch
wälder der Nebelregion auf Kermadec Island.
Der Wald, den Cockayne den „Rata Forest“ (Fig. 309)
besonders von der Myrtacee Minden; lueida gebildet, an
Stellen ca. 5—12 m hoch, an windigen mehr strauchförmig
Die Stämme sind oft in mehr als ihrer halben Länge auf
niederliegend, die Zweige sonderbar gekrümmt. In dem dich
88. Kap. Wälder auf Torfboden 693
die Luftfeuchtigkeit groß und das Licht schwach; viele gefallene, tote
Stämme liegen umher; große Mengen von Moosen, Lebermoosen, groß-
blättrigen Flechten und Hymenophyllaceen bedecken den Boden und die
Bäume im ruhigen Inneren des Waldes. Die Moose bilden große Polster.
Zwei Faktoren, welche Xeromorphie besonders hervorrufen, sind die
Bäume ausgesetzt, nämlich den fürchterlichen Stürmen und dem schlecht
drainierten, oft tief torfigen Boden. Der Boden kann uneben sein durch
den während vieler Generationen gebildeten Torf. Die Blätter von
Meterosideros lucida sind daher dick und lederartig, dabei glänzend
grün. Im Inneren des Waldes herrschen dagegen Ruhe und hygrophytische
Verhältnisse, was die vielen Moose und Hymenophyllaceen zeigen).
1) Über die letzten in diesem Kapitel besprochenen Wälder vergl. C. Darwin
1845; J. D. Hooker 1847; Dusen 1898—1905; Reiche 1907; Neger 1897a, b, 1901;
Aboff 1902; Cockayne 1904, 1908a, b, 1909, 1910; Diels 1905; auch Haumann-
Merck 1913.
694 Serie der Kältewüsten
V, Serie. Kältewüsten -
(Vergl. Kap. 3 und S. 319)
89. Kap. Die subglazialen Formationen
Gleich unterhalb der Schneegrenze, in den Polarländern
Meeresniveau, und in den Hochgebirgen auf der höchste
Stufe, auf welcher ein Pflanzenleben sich entfalten kann, e
morphe Vegetation tragen („Fjäldmarker*). Sie schließen sich
am nächsten an, sind verarmte und degenerierte Tun
Wüstennatur zeigt sich in der Offenheit der Vegetation;
zeigt sich der nackte, humusarme Boden.
Die maßgebenden Faktoren in diesen Gebieten sinc
lich klimatische?). .
1. Die Lufttemperatur ist im ganzen niedrig und nimm!
Gebirgen je auf 100 m Steigung um ca. 0,6° ab. Die Mitteltemper:
wärmsten Monats ist niedrig und erhebt sich nur wenige
den Nullpunkt. Hauptsächlich die Wintertemperaturen sind
niedrig (namentlich in den Polarländern), besonders für die
Schnee bedeckten Pflanzen. Die bestimmte Abnahme der
gewisse Höhen- und Breitengrenzen der Arten und gewisse
grenzen hervor (örtliche Verhältnisse, wie Neigungsrichtung us’
in hohem Grade ändernd ein; vergl. Kap. 19). In der Veget
können starke Temperaturschwankungen vorkommen, auch
Schneefälle, welche die Entwicklung hemmen und auf di
formen einwirken. De
Die Schwankung der Tagestemperatur in hohen Ge
von der der Ebenen wesentlich verschieden; sie ist in den
Tälern und auf Hochebenen größer als in den Tiefländern
_ gleichen Breite; während durch die starke Insolation die Ta
ziemlich hoch steigen kann, sinkt die Temperatur während der ®
") Vergl. z.B. Kerner 1869; Schröter 1904—1908.
EN GER
89. Kap. Die subglazialen Formationen 695
erheblich unter 0°. Anders auf den Berghängen und in offenen und ge-
neigten Tälern; hier sind die täglichen Temperaturschwankungen klein.
Der jährliche Gang der Temperatur ist in den Gebirgen, namentlich in
den Tropen, von dem des Tieflandes nicht wesentlich verschieden). Auf
dem Antisana in Ecuador ist der Unterschied zwischen dem heißesten
und dem kältesten Monat nur 3,2°. Je mehr man sich den Polen nähert,
desto schärfer sind natürlich die Jahreszeiten auch in den Gebirgen aus-
geprägt. Auf Hochebenen sind die Jahresschwankungen der Temperatur
in der Regel größer als in den umgebenden Tiefländern, auf den Berg-
hängen und Gipfeln dagegen kleiner. Daß die Kälte allein die Wald-
bildung nicht ausschließt, wurde bereits S. 30 betont, da ja die kältesten
Fig. 312. Stammstück von Juniperus, von den Stürmen kantig geschliffen.
(Nach Josias Braun.) Vergl. auch Fig. 35—38.
Teile der Erde noch Wälder tragen. Dagegen findet sich nirgends Wald,
wo die Mitteltemperatur des wärmsten Monats unter 10° beträgt.
2. Die Bodentemperatur ist niedriger als in den umgebenden
Tiefländern, jedoch nimmt sie mit der Höhe viel langsamer ab als die
Lufttemperatur. Beobachtungen auf dem Pie du Midi zeigen, daß die
Maxima der Bodentemperatur jenen der tieferen Lagen ungefähr gleich-
kommen, während die Minima bedeutend tiefer sind. Die Temperatur
des Bodens ist in der Sonne viel größer als die der Luft, z. B. kann in
den argentinischen Punas die Luft 24° warm sein, der Boden gleichzeitig
65° C.?), und der Unterschied zwischen der Bodentemperatur am Tage
») Hann, Klimatologie, 3. Aufl., 1908—11, Bd. II.
2) Seckt in Petermanns Mitteilungen 1914. Obgleich die Vegetation der Puna
kaum als Kältewüste, sondern als Hochgebirgssteppe zu betrachten sein wird, ist es
doch das Zweckmäßigste, sogleich hier die Lebenslage derselben zu besprechen.
696 Serie der Kältewüsten
und in der Nacht ist viel größer als in tiefer gelegenen Gegenden. 38
vielen Stellen findet sich Bodeneis in geringer Tiefe.
3. Die Bewegungen der höheren Luftschichten sind stärker als
jene der tieferen, was besonders für isolierte Gipfel Bedeutung hat. D
Berghänge sind oft der Trockenheit herabsinkender Luftmassen ausgesetzt,
und die Luft kann plötzlich sehr trocken werden, wenn ein solcher Fall-
wind einsetzt, aber eben so plötzlich wieder gesättigt werden.
Wind ist wohl der wichtigste ökologische Faktor; er trocknet
Pflanzen aus, und selbst wenn dieselben im a wachsen, wi
seine Kälte die Wassererneuerung in den in die Luft ragenden Teil
hemmen; die Pflanzen müssen sich gegen das Austrocknen schüt
Die Winde kühlen auch den Boden ab (vergl. Kap. 10). Fig. 312,
Fig. 313. Androsaces Helveticum, das dichte Polster ist in der Mitte
von den Stürmen abgetötet. (Nach Josias Braun.)
4. Feuchtigkeit ist in der Vegetationsperiode zeitweise groß,
wohl in der Luft als auch im Boden. Es kann Überfluß an Re
und Nebel herrschen und viel Schnee fallen; die aufsteigende Bewe
der Luft kann eine Abkühlung und Verdichtung des Wasserdampfes
ursachen. In den Polarländern ist die relative Feuchtigkeit de
während des Sommers an den meisten Orten hoch; die Zahl der
an welchen atmosphärische Niederschläge fallen, ie sehr gerin
die Nebel sind häufig. Auf der Polaris-Expedition fand man,
relative Feuchtigkeit während des Sommers etwa 75°/, betrug,
dieser Betrag ist wohl außerordentlich niedrig; an der a Fra
Bay maß man 81°/o.
In den Gebirgen wächst die Regenmenge mit der Höhenl
zu einer gewissen Höhe und fällt darüber hinaus wieder ab; diese
liche Maximalhöhe ändert sich je nach der Gegend und der Jahre
Die Zone der größten Regenmenge ist die untere Grenze der Wi
region. In größeren Höhen sinkt die Regenmenge, weil bei der
nehmenden Temperatur die für jeden Grad Temperaturerniederung
89. Kap. Die subglazialen Formationen 697
geschiedene Wassermenge kleiner wird. In vielen Gegenden befindet
sich über der Wolkenregion eine trockene Zone, in der die Luft sehr
(Phot. Kruuse.)
Alter Polygonboden auf Jamesons Land (Ostgrönland) mit Cassiope tetragona und Dryas.
Fig. 314.
trocken ist und wo nur selten Regen fällt, z. B. auf dem Teeyde-Peak
(Teneriffa) und in Centralasien. Nach Meyen ist auf den Anden der Wind
698 Serie der Kältewüsten
mitunter so trocken, daß die Haut aufreißt, Blut austritt und man nur
in wollenen Kleidern reisen kann; in der Puna hat die Luft mitunter
nur 20°/, Feuchtigkeit. Die Verdunstung ist in den Gebirgen wegen
des niedrigeren Luftdruckes größer als in den Ebenen unter gleic
Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Vertikale Luftströmungen zwise
den Bergen sind stets von großer Wichtigkeit. Jeder aufsteigend
Luftstrom bringt große Luftfeuchtigkeit mit sich, daher Nebel o
Regen, jeder absteigende große Lufttrockenheit. Danach kann Trocken
heit und Feuchtigkeit sich sehr plötzlich ändern. Periodisch kann :
in der Luft und im Boden große Trockenheit herrschen, weshalb
Vegetation xerophil werden muß, selbst wenn die trocke:
Zeiten nur wenige Stunden dauern. Die Vegetation der Hochal
kann nach Kerner bisweilen triefend naß stehen, so daß sich
Wasser aus den Moosrasen auspressen läßt, aber wenige Stunden spä
nachdem trockener Ost- oder Südwind geweht hatte, kann sie so tro
sein, daß sie unter den Füßen knistert. Ähnliches gilt für gew
Stellen in den Polarländern; in Grönland, besonders in Nordostgrönlan
wird große Lufttrockenheit und Wärme mit starker Verdunstung lure
die starken Föhnwinde hervorgerufen '). ae
5. Das Licht. Das Licht in den Hochgebirgen ist Bi
blauen, violetten und ultravioletten Strahlen. Die Intensität
Sonnenstrahlen wächst mit der Höhe über dem Meere und ist
den Hochgebirgen wegen der dünneren und staubloseren Luft ı
schwächeren Luftschicht, welche die Sonnenstrahlen zu durchlau
haben, sehr groß. Die Sonnenwärme weckt die Sprosse zu Leben.
Wachstum zu einer Zeit, wo der Boden noch sehr kalt ist. m
Polarländern ist die Intensität der Sonnenstrahlen geringer,
dafür aber mit geringeren Unterbrechungen; der Unterschied zwi
Tag- und Nachttemperatur wird verwischt. Der große hie
zwischen den Polarländern und den tropischen Hochgebirgen ist name
lich die monatelange Dunkelheit in jenen und die Gleichförmigkeit
diesen. Das starke Licht am Tage und die Kälte in der Nacht arlı
in den Hochgebirgen dem Wachstum entgegen; das andauernde, 0
bedeutend schwächere Licht und die im ganzen niedrigen T
turen der Polarländer haben dieselbe ERDE Diese Umstände
Zwergwuchs hervor.
6. Die Vegetationszeit. Bezüglich der Vegetationszei
man zwei Extreme unterscheiden: die WENSC Rp und
tropische.
Der arktisch- -teimperierte drin In der aktischen Zon
auch auf hohen Gebirgen innerhalb der gemäßigten Zonen ist die
1) Vergl. Hartz und Kruuse.
89. Kap. Die subglazialen Formationen 699
tationszeit kurz; in der Regel dauert sie nur wenige Wochen. In
Franz-Josefsland haben nur 1 oder 2 Monate eine Mitteltemperatur, die
über 0° steigt. In den östlichen Alpen dauert in den größten Höhen,
die noch von Samenpflanzen bewohnt werden (etwa 3300 m), ebenso
wie an ungünstigen Stellen (Schneelöchern usw.), die Vegetationszeit
nur einen Monat. Bezüglich der Feuchtigkeit und der Beleuchtung sind
größere Differenzen vorhanden in den arktischen Flachländern, als in
den Hochgebirgen der gemäßigten Zonen. .» Nichtsdestoweniger ist der
allgemeine Charakter der Vegetation derselbe an beiden Orten, die auch
viele Arten gemeinsam haben. Beiden gemeinsam sind die heftigen
Fig. 315. Junges Polygonfeld mit Stellaria humifusa. Nordostgrönland.
(Hartz und Kruuse.)
Winde, die sehr kurze Vegetationszeit und vor allem die Häufigkeit der
Fröste während der Vegetationszeit.
Der tropische Typus unterscheidet sich von dem vorigen dadurch,
daß die Vegetationszeit während des ganzen Jahres andauert.
Der subtropische Typus mit einer langen Vegetationsdauer steht
zwischen beiden Extremen.
Auf tropischen Gebirgen ist die Insolation stärker als in höheren
Breiten, und folglich sind auch die Maxima der Bodentemperatur viel
höher. Dies gibt der Vegetation einen gänzlich verschiedenen Charakter.
7. Die edaphischen Verhältnisse sind recht verschieden und
spielen für die Entwicklung verschiedener Formationen eine gewisse
Rolle. Humus wird wohl oft nicht gebildet, jedenfalls nur Rohhumus,
700 Serie der Kältewüsten
aber die Winderosion wird ihn wohl immer entfernen. In vielen Fällen,
z.B. in den Alpen, in der Puna, hat der Wechsel von Frost und Sonnen-
hitze das Gestein in Trümmer zersprengt, so daß große „Geröllhalden*“
und „Geröllfluren“ von scharfkantigen Steinen entstanden sind, die
reine Steinwüsten darstellen.
Im allgemeinen kann der Boden in den Polarländern und in vielen
Hochgebirgen sicher als älterer oder jüngerer Moränengrus bezeichnet
werden, und selbstverständlich nähert sich die Vegetation auf Boden, der
an Steinen reich ist (die „Schuttfluren*), der Felsenvegetation (92. Kap.).
In anderen Fällen ist der Boden lehmig oder tonig und mit nur
wenigen Steinfragmenten bedeckt. An diesen Arten wird man rech
häufig ein Phänomen wahrnehmen können, das längst von Scoresby,
v. Baer, Heuglin, Middendorff u. a. erwähnt, und von Kjellman näher
besprochen ‘wurde, nachher von Kruuse und Hartz in Grönland und von
Thoroddsen in Island, von Th. Wulff und Hanna Resvoll-Holmsen aı
Spitzbergen beobachtet und abgebildet wurde‘). Es entsteht das, was
Kjellman „Rutemark“, Polygonboden, nannte; der Tonboden ist durch
Austrocknung steinhart geworden und bildet unregelmäßige Polygon
getrennt durch Spalten, die etwa 6 cm breit und 10—20 cm tief sein
können. In solchen Spalten sammeln sich oft Steine, wie Thoroddsen
gezeigt hat, und es wandern zuerst Moose und Flechten ein. Nach un
nach finden sich auch Blütenpflanzen an, und zuletzt kann der ‚ga
Boden mit einer Tundravegetation bedeckt sein. Die Folgeformation 1%
die hier stattfinden, sind z. B. von Wulff geschildert.
Die von keiner losen Erde bedeckten Felsen mit ihren Chasm
phyten (vergl. Kap. 94) werden in Kap. 92 besprochen werden.
Im allgemeinen gilt, daß der Boden als kalt bezeichnet werden
muß, selbst wenn er an günstig exponierten Stellen zur Mittagszeit
bisweilen stark erwärmt werden kann. Besondere Bedeutung für
Entwicklung und Verbreitung der Vegetation hat die Schneede:
(vergl. $. 128); je nach den Unebenheiten des Terrains und der
position für Schnee und Wind wird die Schneedecke verschieden h
sein und längere oder kürzere Zeit im Jahre liegen bleiben, und dad
die Entwicklung der Vegetation mehr oder weniger verzögert we
Die Dauer der Schneedecke ist von größter Wichtigkeit; auf ausgedehn
Strecken wird der Schnee von den Winden weggeführt. Auch wo
Schnee vielleicht verhältnismäßig früh schmilzt, aber der Boden viellei
in der ganzen Vegetationszeit von geschmolzenem Schneewasser befeuch
wird, wird er kalt werden, und die Wurzeltätigkeit wird dadurch her
gesetzt. Es rufen Verschiedenheiten von dieser Art eine Unzahl
!) Kjellman 1882; Hartz 1895; Hartz und Kruuse 1911; Thoroddsen 1914; Hanna
Resvoll-Holmsen 1909, 1913; Thorild Wulff 1902.
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 701
kleinen und großen Standorten, auch mit entsprechenden floristischen
und Vegetations-Verschiedenheiten hervor. Es kann hier an die S. 128
bis 129 und 529 erwähnte „Schneetälchen*-Vegetation erinnert werden,
welche durch den Schnee gedüngt wird.
Wahrscheinlich in den allermeisten Fällen mag der lose Boden in
der Tat reich an Nährstoff sein; es bekommt diese Tatsache aber
geringe Bedeutung den erwähnten klimatischen Faktoren, namentlich
der Kälte und den Winden, gegenüber.
Unter „Kältewüsten“ hätten auch die Firn- und Eisfelder (die
glaziale Natur, „die Schneeflur“) besprochen werden können. Es mag
genügen, auf das S. 469 besprochene Kryoplankton zu verweisen.
BR 2 &
d 4 2 ON = ® gd
Fig. 316. Polygonfeld mit Steinen in den Furchen. Island.
(Von Thoroddsen gezeichnet.)
Eine wichtige Arbeit über die Natur und die Pflanzenwelt der
„alpinen Schneestufe“ ist neuerdings (1913) erschienen: Jos. Braun, Die
Vegetationsverhältnisse der Schneestufe in den Rätisch-Lepontischen
Alpen.
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten
Die Kälte, die starken Winde und die übrigen jetzt besprochenen
ökologischen Faktoren drücken den Pflanzen ihren Stempel auf!). Der
Boden muß als „physiologisch trocken“ bezeichnet werden (vergl. S. 197),
und eine Reihe von xeromorphen Pflanzenformen wird hervorgerufen,
namentlich unter den Geröllpflanzen.
") Daher der Name Psychrophyten, d. h. Pflanzen der kalten Orte; von
Voypös, kalt.
7023 Serie der Kältewüsten
Im folgenden müssen zuerst die arktischen und europäischen Kälte-
wüsten vorzugsweise berücksichtigt werden. i
1. Die Lebensformen. Moose und Flechten sind zahlrei
Diese Pflanzen können große Kälte ertragen; der Erfrierpunkt
Blätter vieler Moose kann unter — 20°C. sein (Irmscher)!). A
Algen kommen wahrscheinlich vor.
Von den Gefäßpflanzen sind die allermeisten mehrjährig: Kräu e@
Halmträger oder Zwergsträucher. Bäume und höhere Sträuc
fehlen; das feuchte Klima ist für die Verholzung nicht günsti
dieses ist einer der wesentlichsten Punkte, in welchen die Kältew
von den Hitzewüsten abweichen. Der Mangel an Wärme und die s
Winde begrenzen das Vorkommen der größeren Holzgewächse nac
wärts auf den Bergen und gegen die Pole hin. Dagegen sind
Holzgewächse (Zwergsträucher, Spaliersträucher) allgemein a
Loiseleuria, Diapensia u. a.).
BT EEE
Einjährige und einjährig überwinternde Arten sind gelte
In den nördlichen Polarländern sind einjährig Koenigia Islandiea |
gonacee), wahrscheinlich auch Gentiana-Arten (G. nivalis, serra
und Pleurogyne (Gentianacee); einige wenige andere (Draba
folia usw.) jedoch sind wahrscheinlich zweijährig. In den Alpen kon
mehrere Gentiana-Arten vor, die jedenfalls nur einmal blühen Ä
jährig werden z. B. auch Euphrasia-Arten aufgeführt; aber diese
ähnliche Halbparasiten sind nicht zu berücksichtigen, weil ihre Leb
bedingungen ganz andere sind). Bonnier und Flahault?) geben f
Westalpen folgende Stufenfolge an, womit sich die Dauer ändert
Anzahl der einjährigen Arten ist zwischen 200 und 600 m übe
Meeresspiegel 60°/o, bei 600—1800 m 33°/o und über 1800 m nur 6°
Kerner gibt für Tirol übereinstimmend 4°/, an, während in den
ungefähr gleich viel ein- und mehrjährige Arten vorkommen. Für
schiedene Breiten geben Bonnier und Flahault an: 45°%0 bei
(49° n. Br.), 30°/o bei Christiania (fast 60° n. Br.), 26°/o bei .
Norwegen (61° 40° n. Br.). In entsprechender Weise gibt V
verschiedene Breiten folgende Zahlen an: Portugal 34°/o; Dän
20°/0; Island 11°/0; Grönland 8°. — Nach Warming*) gibt es
Grönland nördlich von 73° n. Br. keine einjährige Pflanze, abe
von den vielleicht durch Menschen eingeführten; zwischen 7
finden sich 1°/o, zwischen 71—67°: 2°), zwischen 67—64
zwischen 64—62°: 4,1°/o und zwischen 62—60° n. Br. 5°). ]
2) Vergl. S. 156, 158.
2) Bonnier und Flahault 1878; Kerner 1869.
®) Vahl 1904 b.
*) Warming 1887.
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 703
Arten sind im Tieflande einjährig, im Gebirge mehrjährig, z. B. Arenaria
serpyllifolia, Poa annua!), oder einjährige Tieflandarten werden im
Hochgebirge durch mehrjährige Arten vertreten, in den Alpen z. B.
Draba verna durch D. laevigata, Viola tricolor durch V. lutea usw.
Zweijährig sind Arten von Cochlearia, Arabis, Hutchinsia (Kjellman,
'Josias Braun).
Die Gründe für diese Verhältnisse sind in der kurzen Vegetations-
zeit und der geringen Wärme zu suchen. Die einjährigen Arten blühen,
wenn die Wärme am größten ist; ihre Samen müssen bei abnehmender
Wärme, unter ungünstigen Verhältnissen, reifen und werden daher leicht
unfruchtbar. Möglicherweise sind mehrere einjährige Arten dadurch in
mehrjährige verwandelt worden, daß der Samenansatz verhindert wurde
und die Vegetationsorgane in Korrelation hiermit kräftiger wurden oder
länger dauerten.
Raunkiär?) hat das arktische Klima als Chamaephyten-Klima be-
zeichnet, während das kalttemperierte ein Hemikryptophyten-Klima ist
(über diese Namen vergl. S. 153); er sieht die Ursache für diese Ver-
schiedenheiten darin, daß je weiter gegen Norden, desto mehr muß die
Pflanze kämpfen, nicht nur gegen die Kälte von oben, sondern auch
gegen die Kälte von unten, d.h. gegen die Kälte des ständig in der
Tiefe gefrorenen Bodens. Die Pflanze muß daher eine passende Stellung
diesen beiden Gefahren gegenüber einnehmen, und diese Mittelstellung
gibt, meint er, eben den Chamaephyten-Typus. Er glaubt auch, daß
man eine Grenzlinie, welche er „Biochor* nennt (indem er Köppens
Namen in einem anderen Sinne benutzt), zwischen dem nordischen und
dem arktischen Klima ziehen kann, und er zieht sie dort, wo die Prozent-
zahl der Chamaephyten 20°/o ist, welche Linie etwa mit der Juni-
Isotherme von 4,5° zusammenfällt. Ähnliche Resultate findet er in den
Hochgebirgen (Alpen) °).
Da hohe Pflanzen fehlen, EN ERIN sich keine kletternden
und windenden Arten.
2. Die Entwicklung beginnt zwar spät, geht aber in der
Vegetationszeit sehr schnell vor sich. Der Frühling bricht namentlich
in den Polarländern eilig herein. Pflanzen, die in der Ebene zu den
spät blühenden gehören, blühen in den Alpen früher, obgleich sie sich
weit später entwickeln. Die Entwicklungszeit mancher Arten ist (sicher
unter der Einwirkung der Winterkälte) im ganzen viel kürzer als
anderswo von der Natur ausgewählt.
1) Kerner 1869; Bonnier 1884.
2) Raunkiär 1907, 1908, 1911.
®) Zu demselben Resultat ist Drude (Deutschlands Pflanzengeographie, 1896, S. 405)
für die Pflanzen des Hochgebirges gekommen: „Die Triebknospen liegen meistens in oder
an der bestehenden Blattrosette zu Tage“.
704 Serie der Kältewüsten
3. Die subglazialen Arten sind im ganzen Frühlingspflanzen,
d.h. sie blühen sehr früh, bevor die Laubblätter ganz entwickelt sind;
einige blühen sogar schon unter dem Schnee (Soldanella, Primula acaulis,
Crocus vernus u.&.); dieses beruht darauf, daß die Blüten in dem
Jahre vor dem Blühen angelegt werden, und daß den Blüten-
knospen eine reichliche Nahrung in den angrenzenden Sproßteilen zur
Verfügung gestellt ist. Es scheint in der Tat, daß sehr viele, vielleicht
die allermeisten der arktischen Blütenpflanzen ihre Blüten im Jahre
vorher anlegen).
Dadurch wird erreicht, daß die kurze Vegetationszeit zu dem Reifen
der Samen ausgenutzt werden kann, das wohl sonst aus Wärmemangel
kaum hätte stattfinden können. Ausnahmen bilden z. B. Compositen,
die in wenigen Wochen ihre Früchte reifen können, oder solche Arten,
die wie die nordischen Cochlearia-Formen das Blühen wie die Fort-
setzung der Fruchtreife selbst nach den strengsten und längsten Frost-
perioden unbeschädigt fortsetzen (S. 35).
4. Vermehrung auf vegetativem Wege (bes. durch Brut-
knospenbildung) spielt in dem Leben gewisser Arten sicher eine große
Rolle, vielleicht als Ersatz für den fehlenden Samenansatz oder den
Verlust der Blütenbildung (Saxifraga cernua, S. stellaris f. comosa, 8.
flagellaris, Polygonum viviparum, vivipare Gräser (Fig. 317). An vielen
Standorten sind die Lebensbedingungen jedoch so schlecht, daß der
Boden von Pflanzen durchaus nicht bedeckt wird und daß diese einzeln
zerstreut, mit großen Abständen voneinander, stehen.
Sproßverhältnisse. Besondere Schutzmittel gegen Kälte gibt es
nicht; was man als solche gedeutet hat, sind Schutzmittel gegen Aus-
trocknung durch zu starke Verdunstung (vergl. S. 37) oder gegen zu
starke plötzliche Wärmeschwankungen. Aber auf verschiedene Weise
drücken die klimatischen Verhältnisse der Pflanzenwelt ein eigenes Ge-
präge auf. ne
1. Die meisten Sprosse sind oberirdisch: es geht dann weder ®
Zeit noch Nahrung mit dem Durchbrechen des Bodens verloren. Die
Sprosse leben gewöhnlich länger als ein Jahr und entwickeln zuerst
eine Reihe von vegetativen Jahressprossen, bevor sie blühen; eine lange
Ernährungsarbeit muß dem Blühen vorausgehen, dem das letzte Jahr f
gewidmet wird. v2 a:
2. Die Sprosse sind ferner bei einem Teile der Arten, bei Kräutern
und Zwergsträuchern, immergrün; dieses hat den Nutzen, daß günstige
Temperatur und Beleuchtung während des ganzen Jahres ausgenutzt 3
1) Einzelheiten z. B. bei Warining 1908, 1909; K. Jessen 1911, 1914; Mentz 1909,
in „Structure and Biology of Arctic Flowering Plants“, in Meddelelser om Grönland, 2
Bd. 36, 37, Kopenhagen.
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 705
werden können (S. 40). Die überwinternden Laubblätter sind jedenfalls
bei einigen Arten reich an Nahrung, die im Frühjahre verbraucht wird,
wonach sie verwelken. Kerner vergleicht die kurzen, rosettenblättrigen
Sprosse von Saxifraga-Arten und ähnlichen recht treffend mit ober-
irdischen Zwiebeln. Die verwelkten Blätter bleiben lange sitzen. Im
Herbste nehmen die Blätter von vielen Arten stark rote Farben an
(Anthokyan).
—_
7 Pr
Fig. 317. Saxifraga cernua mit Brutknospen in den Blütenständen
an Stelle des Fruchtansatzes. (Phot. P. Graebner.)
Echte Zwiebel- und Knollenpflanzen sind sehr selten (in
den Alpen z.B. Lloydia serotina, Chamaeorchis alpina), vielleicht weil
mit umständlicher Sproßentwicklung keine Zeit verloren gehen darf.
In den andinen Felsenfluren (Punas) sollen jedoch viele Pflanzen mit
unterirdischen Reserveorganen vorkommen. Die allermeisten Dikotylen
haben eine vielköpfige, kräftige primäre Wurzel und bilden keine oder
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 45
706 Serie der Kältewüsten
wenige Beiwurzeln (Typen sind Srlene acaulis, Arten von Arenaria,
Draba, Dryas, Saxifraga oppositifoha u. a.).
Kräuter mit wagerecht wachsenden, wurzelschlagenden, ober-
oder unterirdischen Sprossen und Zwergsträucher mit unterirdischen
Sprossen sind seltener. Die kleinen polaren Weiden, Salöx herbacea und
S. polaris, gehören zu den letzteren. Sie entwickeln ihre dünnen, verr
holzenden und verzweigten, wurzelschlagenden Stämme in der Erde,
und nur ganz kurze Zweige mit etwa 2—3 rundlichen Blättern ragen
in die Luft hervor.
3. Äußerst bezeichnend ist der Zwergwuchs, der durch die auf a n
S. 694 ff. unter 1—5 erwähnten, das Wachstum hemmenden Verhältnisse
verursacht wird (vergl. auch Kap. 3, 5, 10), und der sich namentlich e.
im folgenden zeigt. eo
Folgende Formtypen sind häufig:
a. Rosettenstauden (8.45, 174). Die vegetativen Sprosse rs
kurz und kurzgliedrig, oft Rosettensprosse, während die blüten-
tragenden mehr oder weniger schaftartig entwickelt sind und kleine, hoch-
blattartige Blätter tragen (z.B. Papaver nudicaule, Saxifraga). ‚Alpine _
Arten weichen daher von den verwandten oder den parallelen Tieflandarten
in der Tracht oft bedeutend ab (z. B. Artemisia nana von A. campestris,
Aster alpinus von A. amellus)*.. In der Puna der Anden ‚komme
„kryptokaule* Zwergsträucher vor, deren unterirdischer Stammteil olz
ist und, ohne eigentlich knollenartig zu sein, oft das mehrhundertfach
Volumen einnimmt von dem die Erdoberfläche Sberragenen rosetten-
blättrigen Teile der Pflanze?).
b. Niederliegende (prostrate) Pflanzen (S.42, 192). Bei a
besonders Zwergsträuchern, sind die Sprosse jedoch lang, aber niederliegend L
und dem Boden dicht angedrückt, indem sie die wärmsten Luftschichten
und den besten Windschutz aufsuchen, sich oft zwischen Flechten und
Moosen verbergend. Die verbogenen, gekrümmten und gedrehten Sprosse
liegen oft spalierförmig über dem Boden (Betula nana, Juniperus,
Empetrum, Salix retusa, S. retieulata, 8. glauca, Dryas octopetala, Loise-
leuria procumbens u. a.)°). Diese spielen in der Zusammensetzung der
arktischen und alpinen Vegetation eine hervorragende Rolle. Die knorrigen
Äste von Salix retusa in den Alpen liegen flach, ohne Adventivwurzeln
dem Boden auf, oder überkleiden auch die Felsblöcke mit einem grünen
Teppich ®%). Diese Kriechsträucher haben einen äußerst langsamen Wuchs.
Die Jahresringe sind oft nur 0,1—0,2 mm breit. Bisweilen bekommen
!) Bonnier 1890. ;
2) Fiebrig 1910; Weberbauer 1911. — Vergl. 8. 265 ff.
®) Vergl. S. 193 und Hayren 1914.
4) H. Schenck 1908.
Es
ch EN “ ö Aal
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 707
sie in Ostgrönland durch die schleifende Kraft der Sand- und Stein-
gebläse merkwürdig abgeschliffene und zugeschärfte Stämme, was Hartz
u. Kruuse und J. Braun (vergl. Fig. 312) durch viele Bilder illustriert
haben. Juniperus nana bildet in der alpinen Höhenstufe dicht der
Erde angeschmiegte, teppichartige Rasen, die oft nur 5—10 em hoch
sind, und je höher sie auf den Bergen wachsen, desto unansehnlicher
werden sie').
ec. Polsterpflanzen (vergl. S. 182, 265). Übergänge zu den echten
Polsterpflanzen kommen in den Polargegenden und Hochalpen bei vielen
Arten von Sazxifraga, Caryophyllaceen, z. B. Silene acaulis, Cruciferen
Fig. 318. sSilene acaulis, Polster von den Färöern.
(Phot. Börgesen.)
(Draba), Diapensia Lapponica u. a. vor; die oberirdischen Sprosse sind
dicht gedrängt, bilden aber doch im ganzen keine so dicht und fest ge-
schlossene Halbkugel wie die ausgeprägten Polsterpflanzen ?). Ebensolche
Lebensformen bilden in den Hochanden verschiedene Compositen, Azorella,
Adesmia, ja selbst eine Ephedra und Cacteen?).
Solche und auch feste Polsterpflanzen sind in den subglazialen
Gegenden sehr allgemein verbreitet. Die Verzweigung ist oft sehr
dicht; dadurch erhalten viele Arten eine sehr niedrige und dichte,
) Adamovie 1909.
2) Vergl. Warming 1909, Fig.12; Henning E. Petersen 1908b (Diapensia, Fig. 1, 2);
Thoroddsen 1914, Dryas Fig. 838; Ostenfeld 1908b; Hauri 1914, 1916.
®) Fiebrig 1910.
45*
708 Serie der Kältewüsten
gewölbte, oft halbkugelförmige Rasen- oder Polsterform, die nicht nur für
Blütenpflanzen, sondern auch für Moose bezeichnend und die sehr augen-
fällig ist, wenn man die subglazialen Arten mit den parallelen oder den
verwandten Tieflandarten vergleicht. Die Dichtigkeit der Rasen wird
dadurch vergrößert, daß die alten, toten Pflanzenteile (Blätter usw.)
lange sitzen bleiben, ohne zu verwesen. Diese dichten Polster, die z.B.
in den Hochgebirgen Südamerikas in typischen Formen (bei Azorella,
Aretiastrum u. a.) auftreten, können sich gegen Austrocknen unter
anderem dadurch schützen, daß ihre alten und dichten Massen sehr
begierig Wasser aufsaugen und festhalten, daher wohl auch wegen der
hohen spezifischen Wärme des Wassers länger warm bleiben, wenn sich
die Umgebung abkühlt!).
Wie schon erwähnt, sind es in Sudamerika und den subantarkti-
schen Inseln besondere Arten von Azorella und Bolax (Azorella selago,
A. Iypopodioides, Bolax Bovei, B. glebariü)?), auf Neuseeland und
den anliegenden subantarktischen Inseln, z. B. auf der Stewart-Insel
dagegen auf allen weniger geschützten Stellen Polster von Dracophyllum
politum (Epacridacee), Donatia, Raoulia Haastii u. a., welche eine Rolle
spielen?). Selbst die Gräser müssen sich in den subglaziain Gegenden
den Verhältnissen, namentlich den Winden, anpassen; die Blätter werden
nicht nur trocken, hart, spitz und steif, sondern auch, z.B. bei Festuca
orthophylla, steil aufgerichtet, so daß die Pflanze einen dicht geschlossenen. N
Horst bildet®). nn
Die Laubblätter. Die Laubblätter sind klein, und viele in u
haben abgerundete, mehr oder weniger ganzrandige Formen; selbst
bei den Moosen werden sie bei derselben Art kürzer und relativ breiter,
als an anderen Standorten; die Laubblätter anderer Pflanzen hingegen AM
sind linealisch, so daß diese (z. B. Saxifraga- und Sagina-Arten) mooSs-
ähnlich werden, oder sie sind auch schuppenartig oder ericoid.
Die Richtung der Blätter kann anders sein, als an anderen
Standorten derselben Pflanzenart; sie werden mehr aufrecht, angedrückt
und konkav (vergl. z. B. die Figuren von Juniperus und Lyeopodium
bei Warming)?) und sind bei einigen Arten immer aufwärts bis vertikal
gerichtet (bei Arten mit Juncus-ähnlichen Blättern, nämlich bei Ottoa 3
oenanthoides und Orantzia linearis, nach Goebel).
Blattbau. Der xerophile, namentlich durch die unter 3 nd 4 3
(S. 696 ff.) genannten Verhältnisse hervorgerufene Bau offenbart sich
1) Goebel 1889—91; Meigen 1894.
2) Weberbauer 1911; Skottsberg 1906.
®) Cockayne; Diels 1896, 1905.
*) Fiebrig 1910.
5) Warming 1887.
ns
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 709
zunächst bei den mehrjährigen, immergrünen Laubsprossen in folgendem:
Die Blätter sind oft lederartig, steif und stark glänzend (euticulari-
siert), z. B. bei Loiseleuria procumbens, Globularia cordifolia, oder sie
sind dick und saftig (Arten von Saxifraga, Sempervivum u. a.), oder
sie haben eine mehr oder weniger dichte Haarbekleidung, besonders
auf der Unterseite (PRrhododendron, Draba-Arten, Cerastium alpinum,
Espletia, Culeitium usw.). Die Spaltöffnungen sind oft in Furchen, oder
unter zurückgerollten Blatträndern, oder unter Deckhaaren verborgen
Fig. 319. Dryas octopetala auf Island. (Phot. A. Hesselbo in Thoroddsen 1914.)
(Cassiope tetragona, Ledum palustre f. decumbens u. a. Ericaceen, Eın-
petrum, Dryas usw.). Die Haardecke wird namentlich gegen zu starke
Transpiration, zu starkes Licht und zu schnelle Temperaturwechsel
schützen. Die nur im Sommer grünen Blätter haben diesen xerophilen
Bau nicht oder in geringem Grade.
Der Blattbau der alpinen Pflanzen ist von Lazniewski, Leist,
Wagner und Bonnier untersucht worden. Die beiden letzten Forscher
stimmen in ihren Ergebnissen im ganzen überein; diese sind folgende,
wenn man die alpinen Blätter mit denen entsprechender Tieflandpflanzen
710 Serie der Kältewüsten
vergleicht: Die alpinen Blätter sind durch ein mehr entwickeltes Pali-
sadengewebe an eine stärkere Assimilation angepaßt, weshalb ihre Blätter
durchgehends (um !/s—!/s, bisweilen sogar um !/;) dicker als die der
Tieflandpflanzen sind, und zwar im Verhältnis zu der Größe der Fläche,
oft auch absolut. Sie sind stets dorsiventral und wegen größerer Inter-
cellularen lockerer gebaut. Sie haben auf beiden Seiten viele Spalt-
Öffnungen, aber besonders auf der Oberseite, bisweilen hier viel mehr
als auf der Unterseite. Die Schließzellen liegen in dem Niveau der
Epidermis-Oberfläche, die vorhin besprochenen überwinternden Blätter
ausgenommen. Wagner meint, daß die Alpenpflanzen eine größere
Assimilationsenergie brauchen, weil der Kohlensäuregehalt der Luft ge-
ringer sei (vergl. jedoch S. 10 und den sogleich zu besprechenden
arktischen Blattbau) und die Vegetationszeit kürzer sei; dazu komme,
daß die Lichtstärke, der die Alpenpflanzen ausgesetzt sind, größer sei
und die stärker brechbaren Strahlen zahlreicher seien.
Bonnier!) verglich bei 19 Arten Blätter von Spitzbergen und Jan
. Mayen mit solchen aus den Alpen und kam zu den folgenden, gewiß
zu allgemein ausgedrückten Ergebnissen. Das arktische Blatt ist
dicker und fleischiger, hat ein lockereres, an großen Lufträumen reicheres
Mesophyll, dessen Palisadengewebe schwächer ausgebildet ist und ab- 1
gerundete Zellen aufweist, und eine dünne Cuticula (bei den immererünen
Arten jedoch kaum dünner: Börgesen). Dieser Bau wird nach ihm da- & i
durch verursacht, daß die Luftfeuchtigkeit in den Polarländern mit dr
Breite zunimmt, während sie in den Hochgebirgen von einer gewissen
Höhe über dem Meere an abnimmt, und daß die Alpenpflanzen in einer
gewöhnlich nebelfreien Luft mit oft wechselnder, am Tage sehr starker
Beleuchtung, die Polarpflanzen hingegen fast beständig in Nebel oder
in einem wenig starken Lichte leben. Diese Erklärung steht im Ein-
klange mit Versuchen, die Lothelier?) und Bonnier mit Pflanzen in
feuchter und trockener Luft anstellten, und mit Versuchen Bonniers n
-Pflanzen in dauernder (elektrischer) Beleuchtung. Das wenig starke #
Licht scheint jedoch von größerer Bedeutung zu sein als die Nebel, die,
bei hinlänglicher Entfernung von den Küsten, in den Polarländern kaum
häufiger sind als in den Alpen. Diese Ergebnisse Bonniers stimmen
mit den älteren Untersuchungen von Th. Holm?) und den neueren von
Börgesen überein ®).
!) Bonnier 1894.
?) Lothelier 1890, 1898.
®) Holm 1887. a
*) Viele Abbildungen vom Blattbau arktischer Pflanzen finden sich in „Meddellsr |
om Grönland“, Bd. 36 u. 37. Kjöbenhavn. =
90. Kap. Anpassungen der Pflanzen in den Kältewüsten 711
Farbe. Die Laubblätter werden nach Bonnier mit wachsender
Höhe (und Breite?) oft tiefer grün; sie bilden mehr Chlorophyll, wo-
dureh sie eine größere Assimilationsenergie erhalten und ihre geringe
Größe ersetzen. Bonnier!) bemerkt, daß es ein Optimum der Höhe
‚gebe, in welchem die Blätter den tiefsten Ton des Grünes erreichen.
Roten Zellsaft (Anthocyan) findet man in den Hochgebirgen und Polar-
_ ländern oft; er wird von einigen als ein Schutz gegen das intensive
Sonnenlicht angesehen, und nach Tischler sind rote Rassen von Pflanzen
_ widerstandsfähiger gegen Kälte als grüne. Lidforss fand indessen, daß
_ eine rote Varietät von Veronica hederifolia in kaltem Wetter zugrunde
ging, während eine grüne dieses überlebte; die rote war aber früher zum
Leben geweckt worden und ging dann durch die Spätfröste zugrunde.
Die Wirkung von Anthocyan ist vielleicht nicht immer dieselbe?).
Die Blüten. Zwergwuchs kommt nur beim Ernährungssprosse
vor, während Blüte und Frucht im Hochgebirge dieselbe Größe wie
im Tieflande haben®). Wenn angegeben wird, daß die Blüten dort so-
gar größer würden, so ist dieses sicher meist nur eine subjektive, nicht
auf Messungen gestützte Auffassung, die vielleicht gerade durch die
Kleinheit der Vegetationsorgane veranlaßt wird.
Die Farben der Blüten werden in größerer Höhe über dem
re und unter höheren Breiten tiefer und reiner. Die gesättigten,
_ reinen Farben namentlich von Enzianen, Glockenblumen, Potentillen usw.
in den Alpen, von Mimulus, Lupinus, Sida u. a. in den Anden sind be-
nnt. Besonders findet man viele weißblütige Arten in den subglazialen
enden stärker rot, als in tiefer liegenden; nach Blytt sind z. B. die
Blü en von Achillea millefolium, Trientalis, Carum carvi und die Hüll-
lätter von Chamaepericlymenum (Cornus) Suecieum in den Gebirgen
Norwegens oft stärker rot als im Tieflande. Der subjektive Eindruck
spielt gewiß auch eine Rolle: die Blütenfarben erscheinen an den
niedrigen Pflanzen, die oft in einer unfruchtbaren Umgebung wachsen,
stärker; aber Bonnier und Flahault haben durch Vergleiche mit Farben-
kalen gefunden, daß die Farben wirklich tiefer sind. Dieses muß dem
in den Gebirgen starken, in den Polarländern lange andauernden Sonnen-
hte zugeschrieben werden.
Die am höchsten in den Hochgebirgen aufsteigenden und am
weitesten gegen die Pole vordringenden Arten sind alle frühblühend
und schnell fruchtend, besonders aus den Gattungen Sazxifraga, Draba,
1) Bonnier 1890.
: 2) Vergl.8.27, 203. Stahl; Tischler 1905; Lidforss 1909; ER Resvoll-Holmsen
1913; Th. Wulff 1902.
®) Vergl. z.B. B. Bonnier 1890.
712 Serie der Kältewüsten
Silene, Gentiana, Ranunculus usw. Viele Arten können unter tiefem
Schnee im Winter schon blühend angetroffen werden (Saxifraga oppositi-
folia, Soldanella u. a.). 4
Was die Blütezeit betrifft, kann übrigens bemerkt werden, daß man h
dieselbe Art zu sehr verschiedener Zeit in Blüte finden kann, je nach-
dem sie früher oder später von der Schneedecke entblößt wird.
Weniger ausgebildet sind Dornen und Stacheln; sie fehlen
bei den subglazialen Pflanzen fast ganz; die Rosa- und Rubus- Arten
haben meist weniger oder keine Stacheln. Dieses muß wohl dr
großen Feuchtigkeit, die in der Entwicklungszeit herrscht, zugeschrie- >#
ben werden.
Aromatische, wie auch bittere und harzartige Stoffe werden n
den Polarländern nur in geringer Menge entwickelt, in den Hochgebirgen 3 |
aber jedenfalls häufiger. In den Anden z. B. sind kleine Compositen
mit solchen Stoffen (nach Meyen) viel häufiger als in der verwandten
Flora des Tieflandes. Es wird dies vermutlich durch das stärkere Licht
verursacht. Die Blüten der Hochgebirge sind sicher durchgehends weit |
wohlriechender als die der Polarländer.
91. Kap. Die Formationen der Kältewüsten
(subglaziale Felsenfluren)
Das besonders Charakteristische für die Vegetation ist, daß sie
offen ist. Es ist eine oft besprochene Tatsache, daß die Wälder an
ihrer Polargrenze oder an der Grenze der alpinen Höhenstufe offener
und niedriger werden als weiter unten; die Bäume werden in ihren
Kämpfen mit den Unbilden der Natur mehr und mehr voneinander ent-
fernt gestellt und dabei allmählich krüppelhafter; es wird ihnen stets
schwieriger, ihre Samen auszureifen und Jungwuchs hervorzubringen.
‘Auch mit den Moos- und Flechtenheiden und den Tundren geht es so,
je weiter sie gegen die Pole vorrücken oder je höher sie in die Hoch-
gebirge hinaufsteigen. Schließlich wird keine zusammenhängende Pflanzen- |
decke mehr gebildet, und wir haben die Kältewüste erreicht. Nur hier
und da an besonders günstigen Stellen findet sich etwas, was man mit
Middendorff eine „Oase“ nennen kann!), ein Stück der FI
oder Zwergstrauchheiden usw. |
Für die Felsenfluren (dänisch „Fjeldmarker“) oder die Kältewüsten
ist am meisten bezeichnend, daß die Pflanzen niedrig sind (Zwergwuchs
zeigen), und daß der Boden durchaus nicht von Pflanzen bedeckt
N) Vergl. 8. 531, 541.
91. Kap. Die Formationen der Kältewüsten 713
ist. Ein Individuum steht hier, ein. anderes da; zwischen ihnen sieht
man den nackten, kiesigen, steinigen, sandigen oder tonigen Boden, der
demgemäß die Farbe der Landschaft bestimmt. Pansch, Hartz und
andere Polarforscher sahen in Ostgrönland Gegenden, die so nackt
waren, daß sie kaum ein Moos oder eine Flechte fanden. Der Grund
für diese Armut an Individuen liegt in dem Mangel an Wärme und
Schutz gegen Wind. Zwischen dem Klima und der Dichtigkeit der
Vegetation muß offenbar ein gewisses konstantes Verhältnis bestehen,
so daß nicht mehr Samen oder andere Vermehrungsorgane sich bilden
oder sich zu Pflanzen entwickeln können, als gerade für die nun einmal
vorhandene Vegetation hinreichen. Humus entsteht kaum, dazu ist der
Pflanzenwuchs zu dürftig und die Zersetzungsprozesse sind zu schwierig.
Die subglazialen Arten (und die Felsenpflanzen) können als Pioniere
der Pflanzenwelt betrachtet werden, weil sie von andern Pflanzen oder
Tieren am wenigsten abhängen. Auf dem Übergange zur Zwergstrauch-
heide treten unter den zahlreicheren Zwergsträuchern Rohhumusbildungen
auf. Auf Nowaja Semlja vermissen wir nach Pohle!) eine Torftundra
und eine Zwergstrauchheide; nur die Kältewüste herrscht dort. Die
_ — Kältewüsten sind verarmte Tundren.
Als ein anderes Merkmal können die vielen Sporenpflanzen hervor-
gehoben werden. Es sind besonders Flechten und Moose, namentlich
in nordischen und arktischen Kältewüsten; dieses erklärt sich dadurch,
daß diese Pflanzen bei den niedrigen Temperaturen gedeihen können.
Ihre Menge ist jedoch je nach den Standorten verschieden, teilweise
sicher nach der Natur des Bodens; auf Schiefer soll im Norden die An-
zahl der Blütenpflanzen größer, als die der Moose und Flechten, und
die Vegetation mannigfaltiger sein; umgekehrt auf Urgebirge, wo die
Vegetation in Flechten- und Moosheiden übergeht. Aber außer diesen
Sporenpflanzen trifft man höhere Pflanzen an, sowohl Kräuter als auch
Zwergsträucher, wie schon erwähnt wurde.
Die Kältewüsten müssen sicher nach dem Klima und dem Boden
in mehrere Formationen geteilt werden, wenn sie näher ökologisch
studiert werden, namentlich Flecken von Zwergstrauchheide, von Moos-
tundra, von Flechtentundra, von Schneetälchenvegetation, die auch hier
angebracht werden könnte (vergl. S. 529), Grassteppe (z. B. auf den Falk-
landsinseln). Von Assoziationen gibt es jedenfalls eine große Menge.
Denn die Flora ist je nach den Erdteilen äußerst verschieden. Wenn
Formationen unterschieden werden können, würden sie wohl vorzugsweise
durch die oben besprochenen Bodenverhältnisse hervorgerufen werden,
‚je nachdem ob der Boden flach und lehmig, oder felsenartig mit nacktem
Steinboden („Felsentundra“), wo vielleicht blaugrüne Algen und Flechten
1) Pohle 1907.
714 Serie der Kältewüsten
die einzige Vegetation bilden, oder von Schutt oder Felsentrümmern ge-
bildet ist. Eine solche Kältewüste schildert Pohle: auf der Hochfläcke
an der Ostküste des Weißen Meeres liegen Felstrümmer überall umher,
wie von Riesenhand ausgestreut, von kleinen Gesteinsbrocken bis zu 5
riesenhaften Granitblöcken!). Hier ist das Reich der Flechten, deren
Krusten alles Gestein bedecken, — eine furchtbare Öde?). =
In den Kältewüsten spielt der Schnee eine äußerst wichtige Rolle, i
indem er je nach den Windverhältnissen und Unebenheiten des Terrains
in diekeren oder dünneren Schichten abgelagert wird oder auch ganz
weggeweht wird, so daß die Pflanzen im Winter den eisigen Winden 5:
ausgesetzt sind. Die dünneren Schneeschichten schmelzen im Frühling
und Sommer natürlich weit schneller als die dicken, von welchen vie
sogar Jahre lang liegen bleiben können. Die Folge ist, daß für die
Pflanzen der Frühling zu sehr verschiedener Zeit eintritt, selbst auf en
ganz kleinen Flächen. Derselbe Schneefleck zeigt in zonenförmiger SE
Anordnung sehr verschiedene Jahreszeiten um sich herum. Über ds
Abschmelzen der Schneelager und das damit Hand in Hand gehende
Erwachen der Vegetation haben Rübel im Berninagebiet und Thekla
Resvoll?) in Norwegen sorgfältige Beobachtungen angestellt. Diese Ver-
hältnisse der Schneelager tragen ungeheuer mit zu dem kleid
Äußeren in vielen arktischen Kältewüsten bei.
Die arktische Felsenflur trifft man rings um den Nordpol, in dem
nördlichsten Nordamerika, in Sibirien, Nordeuropa, Grönland, auf Island
(wo sie wohl im allgemeinen Melur, im Plural Melar, genannt wird) ® }
Ihre wichtigsten Sträucher und Zwerg-Kriechsträucher sind Juniperus
communis, viele Salices, Betula nana, Empetrum, Diapensia Lapponica,
die Ericaceen Cassiope tetragona, Arctostaphylos alpina, Loiseleuria pro-
cumbens, Rhododendron Lapponicum, Phyllodoce caerulea, Vaceinium,
Ledum, Kalmia und die Rosaceen Dryas octopetala und D. integrifolia. —_
Die wichtigsten Kräutergattungen sind von Gräsern Poa, Festuca,
'Trisetum, Hiörochloe, Nardus u. a.; von (Cyperaceen Carex, Elyna
(E. Bellardi), Kobresia (K. bipartita); von Juncaceen ZLuzula, Junceus;
von Liliaceen Tofieldia. Ferner kommen viele Caryophyllaceen vor,
1) Vergl. hierzu Kap. 9. a =
2) Litteratur der arktischen und europäischen Kältewüste: Kihlman 1890; Hult
1887; Warming 1887; Hartz 1895; Th. Holm 1887; Nathorst 1883; Kjellman 1882, 1884;
G. Andersson 1900, 1902; Porsild 1902; A. Cleve 1901; Sernander 1898; Pohle 1903; r
C. Hansen-Ostenfeld 1908; Hartz u. Kruuse 1911; Kruuse 1912; Hanna Besvoll-Holaee
1913, 1914; Th. C. E. Fries 1913.
®) Sie werden in den Berichten der 16. Skandinavischen Naturforscher- Versammlung
in Kristiania 1916 veröffentlicht.
*, Vergl. Stefansson; Thoroddsen.
Die Formationen der Kältewüsten 715
namentlich Cerastium alpinum, Silene acaulis, Viscaria alpina, ferner
Compositen, Cruciferen (Draba, Cochlearia, Vesicaria, Braya usw.), Cam-
anula uniflora, Papaver nudicaule, Polygonum viviparum, Pirola ro-
tundifolia, Rhodiola rosea, Arten von Ranuneculus, Potentilla, Saxifraga,
edicularis usw. Außerdem gibt esimmer viele Moose und Flechten
verschiedener Form, auch Strauchflechten (Cetraria, Cornicularia, Sphae-
jhoron, Oladonia usw.), und diese Sporenpflanzen spielen an vielen
Orten die größte Rolle oder sind fast allein vorhanden.
Assoziationen. An den verschiedenen kleinen Standorten treten
isweilen gewisse Arten in größerer Menge auf (je nachdem der Boden
hr steinig, felsig, kiesig, tonig oder sandig, mehr warm oder kalt ist,
sere oder kürzere Zeit von Schnee bedeckt ist, mehr oder weniger vor
len Winden geschützt ist, vom Schmelzwasser gewässert wird usw.) und
n der Vegetation ein besonderes Gepräge, wonach man verschiedene
An den tonigen Polygonboden (Kap. 89) muß hier erinnert werden.
der Zeit können die Spalten eine recht dichte Vegetation darbieten,
'end die Tonflächen sonst nur in großen Zwischenräumen mit Polstern
Büscheln bekleidet sind; es wachsen hier Arenaria, Stilene acaulis,
eria, Taraxacum, — alle mit tiefen Pfahlwurzeln, mit zerstreuten
hten und in der Sommerzeit, wenn feucht genug, mit blaugrünen
n bedeckt.
-Äußerst sparsam bewachsen sind nach Kruuse namentlich die Grus-
hen, deren Körner zu mehr als 50°/. über 5 mm Durchmesser haben.
Die Pflanzen sind im höchsten Maße von dem Winde und der Erosion
durch die Gruskörner beeinflußt.
_ Nordeuropäische Gebirge. Eine ähnliche Vegetation wie die
Ss ben beschriebene findet sich auf den höchsten Bergen von Nor-
wegen und Schweden, ebenso in Schottland, von welcher W. G. Smith
e eingehende, vorzügliche Darstellung gegeben hat?), und auf den
1) Vergl. z. B. Hult 1887; er nennt sie „Formationen“.
2) Tansley 1911.
3) Ostenfeld 1908b. Über Island vergl. Thoroddsen 1914.
716 Serie der Kältewüsten
In den Hochalpen‘) kommen Felsenfluren mit derselben Physio-
gnomie vor, bis zu den Feldern des „ewigen“ Schnees und Eises und
zwischen diesen, wo die Sonne und die Neigung des Bodens zur Sommer-
zeit nackte Stellen hervorbringen; aber die Arten sind neben vielen ge-
meinsamen teilweise von denen der Polarländer abweichend. Hier findet
man besonders in den Kalkgegenden der Alpen Geröllanhäufungen (Geröll-
halden, pierriers) mit einer bestimmten Krautvegetation; in weit von-
einander getrennten, aber von einem Punkte aus nach allen Seiten ent-
wickelten rundlichen Rasen liegen die Pflanzen auf dem nackten, zeitweise 4
sehr trockenen Gerölle. Der Boden trägt hier mehr als in den Polarländern
dazu bei, Xerophyten hervorzurufen?). In den Tiroler Hochalpen werden die
Geröllhalden nach Kerner (1864) zuerst von einer zerstreuten Vegetation
aus einigen Cruciferen (Arabis alpina, Hutchinsia alpina usw.), Saxifraga-
Arten, Linaria alpina, Salix retusa und $. herbacea besiedelt, zwischen
denen sich Gräser und Riedgräser, dann Zwergsträucher, Dryas, später
Loiseleuria procumbens, die beiden Arctostaphylos-Arten usw. einfinden.
Namentlich Zoiseleuria kann stellenweise schließlich die Herrschaft er-
halten und Assoziationen bilden, die den Anfang einer Zwergstrauchheide
darstellen ?). Moose und Flechten sind weniger wesentlich, als in Nord-
europa und in den Polarländern; jedoch spielt Polytrichum septentrionale
auf allen unlängst von Moränengrus bedeckten Stellen eine große Rolle.
Schenck*) bespricht die Vegetation der alpinen Höhenstufe in de
Alpen, die hochalpine Fels- und Steinwüste, die Schuttformation, und
zu oberst die Felsblockhalden mit ihren Flechten und Moosen, ER
die anderen durch verschiedene Bodenbeschaffenheit hervor
Assoziationen.
Merkwürdigerweise findet sich nach Rübel im Berninagebiete in
der nivalen Stufe, sogar noch in 3120 m Höhe, ein wohl entwickeltes
Curviletum (6a: Caricetum curvulae) mit eingestreuten Stauden u. a.
Auch J. Braun spricht von diesem Curvuletum als „kleinste und aller- i
kleinste, oft noch hoch über den letzten Beständen in sonnigen, wind-
geschützten Felsnischen geborgenen Krummseggenteppichen“. Unter den
„Pionierrasen“ der Schneestufe der Rätisch-Lepontischen Alpen be-
spricht er ferner das Elynetum, von 1800—3000 m, welches wi:
offene, frühzeitig schneefreie und trockene Kämme er Vorsprünge
bevorzugt, das Semperviretum, aus Carex sempervirens gebildet, d
') Litteratur: Christ 1879; Kermer 1869, 1886; Günther Beck 1901; Stebler
Schröter 1889, 1892; Schröter 1904—08; Rübel 1911—12, 1913: Oettli 1903; Brockman
Jerosch 1907. Eine eingehende Darstellung der Vegetation der Schneestufe siehe
Braun 1913.
®) Vergl. auch Kap. 95 und 96 in Serie VI.
®) Vergl. auch Rübel 1913.
*) Schenck 1908.
91. Kap. Die Formationen der Kältewüsten 717
Festucetum pumilae und Seslerietum coeruleae. Die hochalpine
Blumenmatte dringt in wenig blütenreicher Gestalt mit vorherrschenden
Glumifloren in die Nivalstufe hinein. Jedoch schildert Jos. Braun auch
„Dikotylenteppiche* meist von ausdauernden Dikotylen auf ruhigem
Feinschuttboden gebildet, mit buntem Farbenschmuck, als Oasen im
dunkeln Schieferschutt. Zu der Schuttflora gehören eine Reihe ver-
schiedener Assoziationen, welche die von Verwitterungsprodukten des
umgebenden Gesteins gebildeten Bodenflächen in Besitz genommen haben,
darunter z. B. Flechten- und Moospolster, die Geröllflora, und die
Saliceten, welche aus Salix serpyllifolia gebildet werden, der einzigen
Holzpflanze, welche noch in der „Schneestufe* bei 2640 bis 3000 m
Höhe häufig vorkommt. Ihre abgefallenen Blätter können mit der Zeit
eine Humusschicht bilden, in welcher verschiedene Stauden einen passen-
den Standort finden.
Als ein besonderer Vegetationstypus wird die Felsflur besprochen:
der nackte Fels, der keine Rasenflecken wie die erwähnten trägt, und
wo ein großer floristischer Unterschied zwischen Kalk- und Kieselboden
beobachtet wird (vergl. Kap. 92).
Die Schneefelder in den Hochgebirgen der Herzegowina haben nach
Günther Beck im Sommer sehr viele Frühjahrspflanzen, die merkwürdiger-
‚weise zum Teil Zwiebel- und Knollenpflanzen sind (Seilla bifolia, Muscari
botryoides, Corydallis tuberosa, Anemone nemorosa, Orocus Heuffelianus,
- Saxifraga, Viola u. a.); hierin zeigt sich eine deutliche Abweichung von
den Felsenfluren der Polarländer, die der größeren Trockenheit und der
stärkeren Hitze des Sommers zugeschrieben werden muß.
Sehr viele Gattungen sind den nördlichen Polarländern, den Hoch-
gebirgen der nördlichen Halbkugel und denen Javas gemeinsam!).
Antarktische Kältewüsten. Das antarktische Festland ist
überall unter Schnee begraben. Nur an wenigen schneefreien Orten
mit günstigen Verwitterungsverhältnissen kommen Pflanzen vor. Die
Vegetation besteht aus Moosen und Flechten, die bald vereinzelt wachsen,
bald kleine Flecken von Moos- oder Flechtentundren bilden. In den
Moospolstern können vereinzelte Exemplare von ÄAera antarctica vor-
kommen ?).
Physiognomisch und floristisch schließen sich die Felsenfluren und
Kältewüsten des Feuerlandes, der Falklandsinseln, sowie der
antarktischen Inseln (Kerguelen) an die der Anden an. Doch wird
die Feuchtigkeit größer als in den Punas sein und die Ähnlichkeit
mit den polaren Kältewüsten ist größer. Das Klima der antarktischen
Inseln zeigt eine große Ähnlichkeit mit dem der tropischen Hochgebirge,
!) Vergl. Meyen 1836.
2) Skottsberg 1912 b.
718 Serie der Kältewüsten
weil die Temperaturunterschiede in den verschiedenen Jahreszeiten gering 4
sind. In einer langen Jahreszeit steigt die Temperatur wenige Grade
über 0°. Auf den Kerguelen hat der Winter eine Mitteltemperatur von
1°, der Sommer eine solche von 6°C. In Süd-Georgia haben nur die
drei kältesten Monate Mitteltemperaturen unter 0° C., die Mitteltemperatur
des wärmsten Monats ist aber nur 5,3°C. Hierdurch erhellt die Ähn-
lichkeit zwischen tropischen und antarktischen Hochflächen. Auf dem
antarktischen Kontinent ist die Mitteltemperatur des wärmsten Mana
0° und noch tiefer. Südlich von 70° südl. Br. herrscht lange Zeit ein
kalter Antizyklon, wie er sicher zur Eiszeit bei uns als vegetation-
feindlichstes Moment gewütet hat.
In Süd-Georgia wird die Vegetation der Gesteinsfelder im wesent-
lichen durch zerstreute Rasen von Poa caespitosa (Tussock-Gras) ge-
bildet!). Zwischen den Tussocks wachsen nur wenige andere Arten.
Auf den Falklandsinseln ist das Tussock-Gras gleichfalls gemein. Schon
oben (Kap. 82) wurde bei der Besprechung dieser Grashorste- darauf auf-
merksam gemacht, daß ihre ökologische Stellung noch recht unsicher ist.
Auf den Falklandsinseln ist die Gesteinswüste in der Form viel reicher
als in Süd-Georgia; es kommen immergrüne Zwergsträucher vor, so
Chiliotrichum amelloideum, Pernettia empetrifolia, welche sich oft zu
einer wirklichen Heide erheben. Weiter findet man hier besonders die
polsterförmige Umbellifere Azorella caespitosa?), welche schmutzig grü:
halbkreisförmige, oft mehr als ein Meter hohe und sehr harte Polster
bildet; der Umkreis wird gebildet durch zahlreiche kleine Schosse, die
alle gleich groß sind und dicht mit schuppenähnlichen Blättern bedeckt
sind. Diese Schosse hängen so dicht und fest an den dazwischen liegen-
den alten Blättern und Schossen, daß man selbst mit dem Messer schwer
ein Stück der Pflanze loslösen kann.
Dusen beschreibt eine „Bolax-Heide*, gebildet aus Bolax glebaria,
d.h. Azorella caespitosa, in den südlichen Landstrichen von Rio Grande;
die Polster dieser Pflanze fließen fast überall zusammen und bilden so
eine meist ununterbrochene, weite Fläche, die dicht und hart ist).
Flechten, Moose, wie z. B. Rhacomitrium, und andere Pflanzen können
über diese Polster zerstreut wachsen.
Nach Skottsberg gibt es in Süd-Georgien alle möglichen Überginin
zwischen grasreichen Tundren und Moos- und Flechtenteppichen®),
!) Skottsberg 1912.
?) Vergl. Goebel 1891; Schenck 1905 b.
®) Dusen 1905.
*) In Raport of The Voyage of 8. Y. „Scotia“ (Edinburgh) finden sich i
Bd. III Abhandlungen über die Botanik von Rudmose Brown, Cardot u. a. — (mir un- ;
bekannt. W.). =
91. Kap. Die Formationen der Kältewüsten 719
Dieser Vegetation steht die der Gesteinsfelder auf den Hochgebirgen
von Neuseeland nahe. Hier sind die Mehrzahl der Arten xerophytische
Polsterpflanzen, die über die Felsen zerstreut sind. Besonders bemerkens-
wert sind die „Vegetabilischen Schaf“-Pflanzen, Arten von Raoulia und
_Haastia. Dichte Polster werden auch von Oelmisia viscosa, Arten von
Veronica, Hectorella und anderen gebildet').
Tropische Hochgebirgsformationen. Auf den Hochgebirgen Süd-
amerikas (in Venezuela, Bolivien, Peru, Chile) findet man in den sub-
glazialen Höhenstufen ausgedehnte Felsenfluren mit der typischen offenen
Vegetation der Kältewüsten, deren Individuen auf dem felsigen, schotte-
rigen Boden in kleinen Rasen zerstreut sind, und in ähnlichen Lebens-
formen wie die auf den erwähnten nördlichen Felsenfluren auftreten.
Doch kommen auch verschiedene abweichende Typen vor, und in meh-
- reren Richtungen sind die klimatischen Verhältnisse hier unter den
_ Tropen oder nahe denselben bedeutend abweichend. Besonders gilt
dieses von den sehr trockenen Hochgebirgen, z.B. den Punas in
Peru und anderen, welche daher wahrscheinlich am besten als Hoch-
gebirgssteppe bezeichnet werden können.
Die Paramos von Venezuela bis Ecuador sind nach Goebel?)
uchter als die Punas von Peru, deren starke Winde tote Tiere schnell
_ austrocknen und ihre Verwesung hindern sollen. Die Paramos sind
‚pflanzenreicher; aber Cacteen, die auf den Punas gemein sind, kommen
hier selten vor. Trotz der großen Feuchtigkeit, der vielen Regen und
Nebel, die den Sonnenschein plötzlich ablösen können, ist die Vegetation
doch xeromorph. Viele Arten haben pinoide, ceupressoide, juncoide oder
_ wollhaarige Sprosse. Unter den hier vorkommenden Typen erwähnt
Goebel besonders die Compositen Espeletia und Culeitium (Frailejon ge-
_ nannt, die er auch abbildet), wovon namentlich E. grandiflora ein
sonderbares Gewächs ist, ein Schopfbaum, der 2 m hoch wird, unver-
zweigt bleibt, durch die zahlreichen alten Blattreste so dick wie ein
menschlicher Körper wird und oben eine Menge in sehr dichte Wolle
gehüllte Blätter und Blütenstände trägt. In den höchsten Regionen
_ bilden sie zusammen mit niedrigen Alpenkräutern, Gräsern und Farnen
die einzige Vegetation.
Afrika. Die Vegetation auf den hohen afrikanischen Bergen hat
gewisse Ähnlichkeit mit der hochandinen, aber auch hervortretende Unter-
schiede. Aus der Ferne betrachtet scheint es ein ununterbrochener,
grasiger Rasen zu sein, bei näherem Zusehen sieht man aber, daß die
2) Diels 1896, 1905. Vergl. auch Cockayne.
2) Goebel 1889.
720 i Serie der Kältewüsten
Grasbulten getrennt sind. Gräser und Seggen bilden Polster, die zwischen
Faustgröße und Tellergröße schwanken; ihre Halme, etwa 7 cm hoch,
erheben sich aus den Achseln von aufrechten oder umgefallenen Blättern.
In der trockenen Jahreszeit ist der Boden kahl oder mit Moosen und
Flechten bedeckt; sobald der Regen einsetzt, sprossen zahlreiche Kräuter
hervor. Zuerst erscheinen monokotyle Knollen- und Zwiebelgewächse,
wie Hypozxis angustifolia, Hesperantha Volkensii und andere; ihnen folgen
dikotyle Kräuter und Halbsträucher, wie Wahlenbergia Olivieri, Tolpis
Abyssinica, Helichrysum Meyeri-Johannis und viele andere. Schließlich
wachsen dort kleine Bäume, welche eine Höhe von 5—8 m erreichen
und vom Winde nach Südwest übergebogen sind. Es sind nur wenige
Arten, unter ihnen Agauria salieifolia, Erica arborea und Erieinella a
Manni. Ihre Äste sind mit Flechten behangen. In größerer Höhe
werden die Grasbulten kleiner, während schwächliche Sträucher, beson-
ders von Ericinella Manni und Seneeio Jonstonii überwiegen. Die
letztgenannte Art repräsentiert hier dieselben Lebensformen wie Esp-
letia in Südamerika. In Abessinien wird sie durch die Inbelioiee os
Rehynchopetalum montanum ersetzt!).
Charakteristisch für tropische Hochgebirgsvegetation ist das Vor- a
kommen von Zwergbäumen, welche sie von anderen in diese Klasse
gehörigen Formationen unterscheiden. Die tropische Hochgebirgs-
vegetation nähert sich dadurch der der Savannen und Steppen an.
1) Volkens 1897; Rosen 1909.
92. Kap. Serie der Stein- und Sandböden. Allgemeines 721
VI. Serie der Stein- und Sandböden
92. Kap. Allgemeines. Die eigentlichen Felsformationen
(Lithophyten-Formationen)
Seite 320 ist diese Serie kurz charakterisiert worden; sie umfaßt
Formationen, deren Böden meist physikalisch trocken sind, weil sie nicht
imstande sind, selbst in regenreichen Klimaten Wasser in größerer
H Menge für die Vegetation aufzunehmen und für längere Zeit festzuhalten.
= Solche Standorte, die entweder aus dem festen Felsboden (vergl. S. 105)
gebildet sind, oder aus Trümmern der Felsen in den verschiedensten
Größen, von großen Steinen bis herab zum feinen Sande bestehen,
finden sich über die ganze Erde verbreitet und werden natürlich auch
vom Klima stark beeinflußt. Der Charakter des Bodens ist jedoch für
die Art der Vegetation maßgebend. Humus kommt nicht oder in sehr
geringen Mengen vor, wenn es sich um die typischen, ausgeprägten
Formationen handelt. Die Standorte können folgendeımaßen geordnet
werden:
Klasse 10. Fels- und Steinformationen.
1. Die eigentliche Felsformation (Lithophyten-Formation)). 92.Kap.
2. Flachgründiger Boden. 93. Kap.
3. Spaltenvegetation (Chasmophytenvegetation)?). 94. Kap.
Hierzu als Anhang: Vegetation der Bergklüfte und Höhlen.
4. Vegetation der Trümmerfelder von großen, ruhenden Steinen
(Blockmeere; Felsenmeere). 95. Kap.
5. Geröll- oder Schutthalden. Grusböden. 96. Kap.
Klasse 11. Trockene Sandvegetation (Psammophile Vegetation) ?).
1. Eigenschaften des Standortes (Sandboden; vergl. S. 106). Dünen.
97. Kap:
2. Lebensformen und Anpassungen. 98. Kap.
3. Europäische Formationen und Assoziationen. 99. Kap.
4. Außereuropäische Länder. 100. Kap.
2) Atos, Stein; Yoröv, Pflanze.
?) yaopıu, Spalte, Kluft.
3, Von bäppa, Sand, und gikerv, lieben.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 46
722 Serie der Stein- und Sandböden
Die Vegetation auf der Oberfläche von schroffen Felsen und großen
Steinen, welche Schimper lithophytisch nannte, soll zuerst in diesem
Kapitel besprochen werden. Zu bemerken ist jedoch, daß diejenige
Felsenvegetation, welche den Spritzgürtel der am Meere oder an Sal;
seen liegenden Felsen bekleidet (vergl. Fig. 204), sowie die, welche i
haupt vom Salzwasser beeinflußt wird, schon Kap. 48 besprochen w
und daß ebenso die Felsvegetation, welche den Spritzgürtel der sül
Gewässer bilden, in Zusammenhang mit der Hydrophytenformation beh
delt wurde. Es ist hier also nur die Rede von solchem Steinboden
das Wasser nur in Form von den atmosphärischen Niederse
in ihren verschiedenen Formen empfängt (vergl. 4. Kap.). Die
phytische Vegetation der Kältewüsten ist auch hier eingeschl:
Die Pflanzen, welche senkrechte oder doch sehr schroffe
zu einer Neigung von etwa 40°) Felsen allein zu bekleiden v
sind ausschließlich Kryptogamen. In wenigen Fällen können auc
hängende Flächen von solchen bewohnt werden. Dion X
sind: Algen, Flechten und Moose.
Die Algen können selbst den senkrechten Fels auf grol
- färben; sowohl im hohen Norden, als auch in Skandinavien
Alpen sieht man schwarze Streifen an den Felsen herablaufen
Vegetation von Schizophyceen (Stigonema-Arten) anzeigen, d
legentlich, zu Regenzeiten, herabsickernden Wasser folgt. Die
Felsen“ in Angola sind so nach Algen (Seytonema, nach
benannt, und die kegelförmigen Granitgipfel um Rio de Janeiro
durch eine kleine Alge braun gefärbt. Die Algen Trentep«
und T. aurea färben die Felsen rot und gelb. Die Algen
in den meisten Fällen einfach mit Hilfe der Schleimschichte
Zellwände fest. Sie werden „Luftalgen“ oder aörophytische
genannt. Einige Algen leben nur oberflächlich (sind „epilithisch*), a
im Innern des Gesteins (sind „endolithisch“). In Felsenhöhlen Is
kommt 150 m über dem Meere Rhodocorton Islandieum vor!) un
den Lavafeldern Trentepohlia-Arten und andere Algen?).
Die Flechten sind besonders Krustenflechten (Zecanor
Biatora u.a.) und Blattflechten (Parmelia, Xanthor:a, die schwarzen
Gyrophora-Arten u. a.). Auf weniger schroffen Flächen, wo die Veg
tation älter ist, finden sich auch Strauchflechten ein. An den
felsen kommen auch endolithische Flechten vor, d. h. solch
Hyphen den Stein durchwachsen, wogegen die Apothecien immer
den Tag treten, z. B. Verrucaria caleiseda®). Die Farben sind oft le
bei Buellia geographica und Xanthoria elegans grüngelb und gelb
?) Helgi Jonsson.
2) Vergl. weiter Schade, Schorler 1914, Diels 1914.
®) Darbishire 1914; Bachmann 1904 und in Pringsh. Jahrb. 1907.
92. Kap. Die eigentlichen Felsformationen 723
Die Moose sind z. B. Hypnum-Arten, graue Grimmia-Arten, oder
Andreaea-Arten, schwarzbraune Moose, die auf dem Gesteine dichte
Polster bilden und deren Vorkeime zu flachen Krusten auswachsen.
Die Farben sind also oft dunkel, schwarz oder grau.
Anpassungen
Anheftung. An den steilsten Felsen können die losen Ver-
witterungsmassen nicht liegen bleiben; hier können sich nur solche
Pflanzen niederlassen, welche Mittel haben, sich auf dem Gesteine selbst
Fig. 320. Bornholm 1903. Eine reiche Flechtenvegetation auf senkrechten
Felsen. Die Hauptmasse ist Parmelia saxatilis; ferner findet sich Parmelia
omphalodes und P. olivacea, Lecanora atra und pallida, Anaptychia ciliaris,
Physeia aquila, eine einzelne Ramalina scopulorum. Auch einige Moose finden
sich (Orthotrichum, Leucodon sciuroides usw.). (Phot. E. Warming.)
anzuheften, und die wenigen Pflanzen, die in etwaigen Rissen und
Spalten des Gesteines festen Fuß fassen können. Die genannten Litho-
phyten haben denn auch alle Hapteren, durch welche sie sich (ähnlich
den Nereiden, Kap. 44) den festen, selbst glatten Steinen anheften
können, wenn der Thallus nicht selbst, wie bei aerophytischen Algen,
dem Fels sich eng ankleben kann. Merkwürdigerweise wird berichtet,
daß in Ostafrika eine Blütenpflanze (Barbacenia) massenhaft auf glatten
Felsen wächst, indem sie diese mit zahlreichen oberirdischen Wurzeln
überzieht.. Eine andere merkwürdige Blütenpflanze ist nach Johs.
46*
724 Serie der Stein- und Sandböden
Schmidt!) die kleine Orchidee Eria semiconnata. Das Bild in Karsten
und Schencks Vegetationsbilder zeigt eine fast senkrechte Felswand im
Urwalde von Koh Chang (Siam) mit den Knollen dieser Pflanze bedeckt;
sie sind „dem Fels dicht angeschmiegt“ und jetzt, in der trockenen Zeit,
ganz blattlos. Sie sind ca. 1 cm breit und gleichen fast kreisrunden
Knöpfen.
Die Art des Gesteins (ob eugeogen oder dysgeogen [S. 123)
spielt für solche Pflanzen eine sehr wichtige Rolle; je härter und freier
von Spalten es ist, desto schwieriger heften sich die Pflanzen an. Auf
dem Ätna fand Schouw?) prähistorische Lavaströme, die noch keine
Vegetation hatten; im übrigen wird eine Flechte, Pterocaulon Veswvia-
num, als die erste Pflanze, die sich auf der Lava niederläßt, genannt.
Andererseits werden weiche Gesteine, wie viele Kalkfelsen, leicht be-
wachsen; die Rhizoiden der Moose und der Flechten, die Fäden der
Algen durchbohren und zernagen sie; bei gewissen endolithischen Kalk-
flechten liegt der ganze Thallus sogar mehrere Millimeter tief in dem
Gesteine, nur die Apothecien kommen zuletzt außen zum Vorschein.
Der Kalk wird durch ausgeschiedene Säuren und Enzyme schwamm-
artig durchlöchert, er kann dann größere Mengen von Feuchtigkeit
aufnehmen und festhalten. Selbst die Gonidien (Chroolepus) können
selbständig eindringen. Die Luftalgen, vorzugsweise Chrooccaceen, sind
bessere Kalklöser als die Flechten °).
Das Gestein ist für die meisten, wie für die Meeresalgen, wesent-
lich nur eine Unterlage, aber für andere, namentlich für die Flechten,
zugleich ein Nährboden, in den sie mehr oder weniger tief hinabdringen.
Großenteils müssen die Felsenpflanzen jedoch ihre mineralische Nahrung
aus den Niederschlägen und den vom Winde auf ihnen abgesetzten
Staubmassen entnehmen.
Für Saprophyten erscheint der Boden nicht günstig, und doch
sollen sich solche einfinden, sobald eine geringe organische Grundlage
vorhanden ist. Im Berner Oberlande soll ein Salpeterbacterium an
gewissen Standorten (z. B. auf dem Faulhorn) die Felsen durchsetzen
und mürbe machen.
Wasseraufnahme. Da der Standort absolut physikalisch
trocken ist, weil die Unterlage kein Wasser enthält und das Regen-
wasser schnell abläuft, müssen die genannten echten Lithophyten im-
stande sein, Wasser durch ihre ganze Oberfläche aufnehmen zu können.
Das ist eben bei den drei Lebensformen der Fall, wie S. 156—158
erwähnt wurde. Regenwasser, Schneeschmelzwasser, auf den Felsen
1) Johs. Schmidt 1906.
2) Schouw 1821.
®) Bachmann 1914; Darbishire 1914; Nadson 1900.
92. Kap. Die eigentlichen Felsformationen 725
niedersickerndes Wasser, Nebel und Tau spielen daher für die an einen
solchen Boden gebundene Vegetation eine weit größere Rolle, als sonst.
Es sind zunächst die Feuchtigkeitsverhältnisse und die Wärme der Luft
sowie die Menge der Niederschläge dafür bestimmend, wie relativ üppig
die Vegetation wird und welche Lebensformen zur Entwicklung kommen;
der Boden spielt in dieser Hinsicht keine oder eine äußerst geringe
Rolle. Nur einige Moose und Lebermoose haben Einrichtungen, durch
welche Wasser aufbewahrt werden kann, z. B. Rhizoidenfilze, hohle Blatt-
teile, Wassersäcke usw.').
Vermögen, Austrocknung zu ertragen. Selbst wenn die Luft-
feuchtigkeit groß ist, gibt es kaum eine Gegend, wo sie das ganze Jahr
gleichartig ist und nicht periodisch, obwohl für kurze Zeit, auf ein
Minimum sinkt; aber die kurze Zeit könnte die Vegetation töten, wenn
diese nicht an Trockenheit angepaßt wäre. Die Vegetation kann auf
den Felsen, denen sie angeheftet ist, durch die Sonne zu Temperaturen
erhitzt werden, die den gewöhnlichen Grenzen des Lebens nahe sind
(50—60°; z. B. bei den Pflanzen auf den Kalkbergen Dalmatiens:
Kerner); umgekehrt wird die Temperatur nachts sehr tief sinken können,
tiefer als bei Pflanzen, die auf anderem Boden wachsen. Die Felsen-
- pflanzen sind mit den Epiphyten ökologisch nahe verwandt und oft
identisch. Der Felsboden ist der wärmste von allen Böden; in Überein-
stimmung hiermit wachsen gewisse Arten auf hohen Bergen nur auf
Felsen, aber in der Ebene auch auf losem Boden.
Es ist schon S. 156 und 158 erwähnt worden, daß es für die
Lebensformen der Flechten und Moose eigentümlich ist, daß sie zum
Teil völlig austrocknen können, und bei Wiederbewässerung schnell
Wasser aufnehmen. Zugleich sind sie gegen hohe Kältegrade wenig
empfindlich ?). Dasselbe gilt für gewisse aörophytische Pflanzen.
Kein Wunder, daß die Kryptogamen in den Polarländern und den
höchsten Stufen der Hochgebirge eine so große Rolle spielen.
Es gibt große floristische Unterschiede zwischen Kalk- und Kiesel-
felsen, Sandstein- und Schieferfelsen, und als besondere Standorte können
Hausmauern und Hausdächer erwähnt werden?). An dieser Stelle können
auch die nitrophilen Assoziationen von Flechten erwähnt werden,
welche auf Felsen zum Vorschein kommen, die von den Exkrementen
der Vögel gedüngt werden. Sernander hat hierüber eine bemerkenswerte
Arbeit geschrieben®). Auf gewissen Gipfeln von Felsen und Steinen,
wo Krähen, Möwen und andere Vögel ihre Aussichts- und Ruheplätze
») Goebel 1889—91.
?®) Für die Moose vergl Irmscher 1912.
®) Vergl. z. B. Adamovie 1913.
*) Sernander 1912.
726 Serie der Stein- und Sandböden
haben, und wo diese Vögel ihre Exkremente hinterlassen, welche vom
Regen in Streifen an den Stein- und Felsenseiten hinuntergespült werden,
fehlen die gewöhnlichen Flechten und werden von koprophilen Arten
ersetzt. Eine ausgeprägt koprophile Assoziation, welche sowohl auf der
südlichen als auf der nördlichen Halbkugel besonders an Küstenfelsen
gebunden ist, ist die Prasiola-Assoziation, eigentlich also eine Algen-
Assoziation, aber oft mit eingestreuten Flechten. Auf den Felsen
Schwedens treten viele Verschiedenheiten in der Flechtenvegetation her-
vor, je nachdem stickstoffreiches Wasser von den Exkrementen herab-
sickert oder nicht; nitrophile Assoziationen sind z. B. Physcietum caesiae,
Physcietum obscurae. Hult ist der Meinung, daß die vielen verschiedenen
Assoziationen sogar zu einer Formation vereinigt werden können, „die
Formation der nitrophilen Lichenen“. Einige Assoziationen sind schwach
koprophil, z. B. das Lecanoretum saxicolae; stark koprophil sind z. B.
Ramalinetum polymorphae, Xanthorietum lychneae usw.
Andere Faktoren, welche Verschiedenheiten des Standortes und da-
durch Verschiedenheiten der Vegetation hervorrufen, sind die Exposition
und der Neigungsgrad der Felsen.
Die Exposition kann höchst verschieden und daher von äußerstem
Einfluß auf die Vegetation sein; benachbarte Felsen können sich daher
in allen Teilen gänzlich verschieden verhalten und ebenso können auch
die Seiten eines Berges in ihrer Zugänglichkeit für Wind, Regen und #
Sonne gänzlich verschieden beeinflußt sein und daher eine völlig ab-
weichende Flora tragen.
Der Neigungsgrad ändert in gleicher Weise ab und ist von
nicht geringerer Bedeutung. Je steiler der Abhang ist, an desto größe-
ren Stellen wird der kahle Fels zum Vorschein kommen; je flacher er
dagegen ist, desto mehr wird die Ablagerung von Detritus aller Art,
abgewitterte Felsteile, Pflanzenreste usw. begünstigt, und je mehr lose
Bodenteile abgelagert oder von den Pflanzen festgehalten werden, desto
dichter kann sich das Ganze mit Vegetation bedecken.
In seinen gründlichen Untersuchungen über die Flechtenvegetation
scheidet Sernander zwischen Zenitflächen, senkrechten Wänden und
überhängenden Wänden. Es ist namentlich die Wasserzufuhr und
die Stärke der Beleuchtung, von welchen die Verschiedenheiten der vi
Assoziationen abhängen. Auch die Verteilung des Schnees, die Exposition
für Nebel und Tau u. a. m. hat Bedeutung.
Eine wichtige, auf exakten Messungen des Lichtgenusses, der Luft-
temperatur, der Felstemperatur, der Temperatur im Innern der Moos-
rasen usw. fußende Untersuchung über die Differenzen an den Fels-
wänden der Sächsischen Schweiz hat Schade!) veröffentlicht. Er hat AM
2) Schade 1912.
92. Kap. Die eigentlichen Felsformationen 727
drei Haupttypen von Standorten: feuchte, überrieselte und trockene.
Die „bergfeuchten“, welche feucht sind, ohne daß Wasser herabtropft,
sind von zahlreichen Moosen und teilweise von Feuchtigkeit liebenden
Flechten bedeckt. Eine ganze Reihe von Assoziationen kommen hier
vor. Auf den überrieselten Felsen zeichnet das Sickerwasser seinen
Weg in scharf begrenzten Streifen durch drei Assoziationen: von Dia-
tomeen, Grünalgen und Sphaerocarpa. Die trockenen Felsen haben vor-
wiegend südliche Exposition und sind hauptsächlich von Flechten bedeckt.
Später hat Schorler'!) die „Elementar-Assoziationen“ der Algen an den-
selben Felsen geschildert, und zwar folgende: 1. Assoziationen der nassen
Felsen: das Stephanosphaeretum, das Cladophoretum, das Bacillaria-
cetum, das Chromulinetum, das Gloeocapsetum, das Gloeocystetnm.
2. Assoziationen der bergfeuchten Felsen: das Mesotaenietum, das
Pleurococcetum.
Kihlmans?) Untersuchungen beweisen, daß verschiedene Arten von
Flechten eine verschiedene Widerstandskraft gegen die Wirkungen der
kalten Winde haben. Nach Zukal?) brauchen Arten von Parmelia
mehr Feuchtigkeit als die krustenartigen von Lecanora; die letzteren
sind weniger befähigt, Wasserdampf der Luft aufzunehmen, als die
. ersteren.
Geographische und klimatische Unterschiede. Zu den Fak-
ee toren, welche große floristische Unterschiede der senkrechten und stark
- schroffen Felswände hervorrufen müssen, gehören auch die geographischen
Unterschiede in der Breite und der Höhe über dem Meere. Die Vereine
der tropischen Tiefländer müssen ungeheuer von denen der kalt tempe-
rierten oder der polaren abweichen. In den Kältewüsten begegneten
wir schon den Felsformationen mit ihren Flechten und Moosen.
Folgeformationen. Die ersten Ansiedler auf kahlen Felsen,
namentlich Algen und Flechten, erzeugen allmählich ein Substrat für
höher entwickelte Arten, deren nächste Moose und Strauchflechten sind.
Während die ersten Ansiedler horizontal ausgebreitete vegetative Teile
haben und dem Felsen angedrückt sind oder ihn sogar krustenförmig
überziehen, erheben sich ihre Nachfolger als kleine Rasen oder strauch-
artig (so Arten von Ramalina, Oladonia u. a.), welche sowohl die Algen,
als die Krusten- und Blattflechten überwuchern, mehr Wasser als diese
festhalten können und mehr organische Substanz erzeugen. In solchen
Beständen von Moosen und Strauchflechten kann auch Platz für Algen
als Untervegetation bleiben.
2) Schorler 1914.
2) Kihlman 1890.
8) Zukal 1895.
728 Serie der Stein- und Sandböden
Selbst bei den Felsbewohnern findet man eine deutliche Konk
einen Kampf um den Platz und die Unterdrückung einer Art de
andere. In Nordamerika haben Cooper und Bruce Fink!)
Beiträge geliefert; sie untersuchten verschiedene Flechten:
einschließlich der Lecanora- Assoziationen exponierter „Boul
nora calcarea-contorta- Assoziationen von exponierten, wage
flächen und andere. In Schweden ist der Wettbewerb
Arten von A. Nilsson, Malme und Sernander studiert?). M
Krustenflechten sich als getrennte Flecke ansiedeln; die
sich allmählich aus, bis sie zusammenfließen, indem jeder
umgrenzten Rand bewahrt, oder indem sie ineinander
unterdrückt eventuell die andere.
Die ersten Ansiedler auf entblößten Steinflächen.
nach Sernander Krustenflechten und aörophytische Algen
Blattflechten hinzu und überwachsen die Krustenflech!
Flechten ein wenig Humus gebildet haben, siedeln sich
sonders Grimmia lanuginosa, zuerst als vereinzelte
zusammenwachsen und sich über die Flechten ausbrei
rasen wachsen vereinzelte Blütenpflanzen. Indem die
durch Humusbildung und angeflogenen Sand tiefer gev
“ die Moosformation durch eine von xerophilen Gräsern g@
ersetzt. Die häufigsten Gräser sind Agrostis vulgaris
4Aera flexuosa usw. Grimmia stirbt aus, wogegen
Moosen zwischen den Gräsern auftreten. Eine ähn
beobachtete Hayren in Finnland (1914). In Dänemark
zwei großen Abhandlungen mit mehreren hundert Ab
Ökologie uud Anatomie der Flechten bearbeitet und
assoziationen besprochen ?).
Die erste Notwendigkeit für die sich ansiedelnden
sich fest anzuheften, und gerade die ersten Ansiedler
Moose, bereiten einen günstigen Ansiedlungsboden für di
vor, als da sind Farne und Blütenpflanzen. In den
sich aus ferner Samen von Sedum acre und anderen Blü
dort dann keimen und sich entwickeln; in den Trope
Peperomia-Arten u.a. vor. In den Polstern von Sedum u
die Wurzeln anderer Pflanzen Platz zur Anheftung.
Andere Beispiele von Folgeformationen auf Felsboden
Nichols 1914, und besonders gründliche Aufschlüsse über
Verhältnisse und die Folge der Assoziationen finden sich
Litteratur. Diels 1914, dort andere Litteratur; Ostenfeld 10091
!) Fink 1902; Cooper 1913.
”) A. Nilsson 1899 b; Malme 1901; Sernander 1908 und 1912.
®) Gallöe 1908, 1918.
Flachgründiger Boden
98. Kap.
(Zummey Zug Yoyg) (
I+
6°
Ss
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730 Serie der Stein- und Sandböden
93. Kap. Flachgründiger Boden
Je weniger geneigt der Hang eines Felsens ist, desto leichter
können sich die am Schluß des vorigen Kapitels erwähnten Folge-
formationen entwickeln. Allmählich wird auf diese Weise ein Felsblock
oder ein ganzer Abhang sich mit Samenpflanzen und Moosen bekleiden,
und im Laufe von Jahren, wie sich Humus anhäuft und Erde durch
Wind oder Wasser herangeführt ist, können Gebüsche oder Wald ent-
stehen. Solche oberflächliche Vegetation ist natürlich ökologisch im
höchsten Maße beeinflußt durch die Dicke des Substrates. Die dünne
Erdschicht wird leicht erhitzt und trocknet daher auch leicht aus; infolge-
dessen müssen die angesiedelten Pflanzen xeromorphen Bau besitzen. 2
In diese flachwurzelnde Vegetation müssen auch all die Pflanzen
eingerechnet werden, die sich auf allen kleinen Blöcken ansiedeln, de =
sich über die Oberfläche eines Felslandes erheben. Auf vielen Felsen
sieht man nur ganz geringfügige Siedelungen, in denen Gräser oder
andere Kräuter aufsprossen, in denen in Nordeuropa auch öfter Calluna E
wächst oder, wenn die Bodenlage dicht genug ist, auch Sträucher.
Als ein Beispiel von sehr flachgründigem Boden mögen die A
Schwedens genannt werden (Fig.43, 321). So nennt man von
harten Silurkalkstein gebildete Ebenen, welche weitausgedehnte hori
tale Plateaus auf den Ostseeinseln Gotland und Öland bilden und auch in
Westergötland vorkommen. Sie sind höchstens von einer dünnen Erd-
schicht, einer Verwitterungsschicht des Gesteins gebildet, oft ganz nackt.
Die Vegetation ist oft sehr offen, jedenfalls ist sie, wenn auch strecken- E
weise geschlossen, eine sehr niedrige felsensteppenartige. Wo die Erd- EB
krume etwas dicker wird und drainiert ist, kann man eine geschlossene
Grasnarbe finden. Die Lebensformen der Pflanzen sind Kräuter, Moose,
Flechten und einige Zwergsträucher. Von höheren Sträuchern kommt ee
nur Juniperus communis und Prunus spinosa vor, von Bäumen kein ii
einziger. Die krautartigen Pflanzen sind teils Gräser, teils Stauden, aber Ei
auch nicht wenige hapaxanthe Kräuter finden sich. Die Vegetation ist
ausgesprochen xeromorph; bemerkenswert ist das Vorkommen von vielen 4
Zwergformen, alle Arten sind hier kleiner als an allen anderen Stand-
orten; die Reduktion des oberirdischen und starke Ausbildung des unter-
irdischen Achsensystems; die Reduktion der transpirierenden Flächen,
Einrollung der Blätter, z. B. bei Festuca ovina und F. Oelandica, Poten- 4
tilla fruticosa u. a., Plantago lanceolata var. dubia, P. maritima var.
gentilis, Medicago lupulina; Wachsüberzüge (z. B. Festuca ovina var. 3
glauca); niederliegende Sprosse, starke Behaarung usw. Die Blätter
sind gewöhnlich aufrecht gerichtet und mehr oder weniger isolateral; 2
N
93. Kap. Flachgründiger Boden 731
ihre Oberhaut ist dickwandig und die Intercellularräume klein. Mehrere
schwedische Botaniker haben diese eigentümliche Vegetation besprochen ').
An vielen Stellen wird der Kalk von in verschiedene Richtungen
gehenden Spalten durchsetzt. In diesen entwickelt sich eine höhere und
oft ganz mesomorphe Vegetation. Selbst die Kiefer kann sich hier ein-
finden und eine Höhe von 3—4 m erreichen. Hesselman erwähnt, daß
dort, wo der Verwitterungsboden dicker ist und ein fruchtbarer Boden
Fig. 8322. Vegetation auf den Felsen von Lapa vermelhae in der Nähe von Lagoa Santa.
Das Bild ist von dem Rande eines Felsens genommen, die Zweige von Bäumen, die gesehen
werden, sind von hohen Waldbäumen am Fuße der senkrechten Felsen (z. B. sieht man
rechts oben Zweige von der Anonacee Uvaria macrocarpa mit einer aus Teilfrüchten,
die 10—12 cm lang sind, gebildeten Frucht). Der Cereus ist wahrscheinlich coerulescens.
(Phot. Eug. Warming 1864; vergl. 1892.)
von Mullhumus mit bis 20°/o Kalk zuoberst, und Mullhumus mit bis
34°/o darunter gebildet worden ist, sich ein höherer Kiefernwald ent-
wickeln kann; bisweilen kann auch ein Fichtenwald entstehen; seine
Höhe hängt von der Tiefe des Mulls ab. Der Boden dieses Waldes
2) J. Erikson 1895; Grevillius 1896; Hemmendorff 1897; Witte 1906; Sernander
1908; Hesselman 1908b; Falck 1913 (Sv. Bot. Tidskr. VII).
732 Serie der Stein- und Sandböden
ist mit Gräsern und Kräutern bedeckt, auch Spaliersträucher, wie Areto- 4
staphylos uva ursi, können vorkommen. Liegt dagegen undurchlässiger B
Boden unter der Erdkrume, so ist Baumwuchs ausgeschlossen, und die
Vegetationsverhältnisse sind ungünstig.
Flachgründiger Boden spielt sicher auch eine bedeutende Rolle an 4
vielen anderen Standorten, z. B. bei der Garigue, Garide usw. 4
Ein anderes Beispiel ist folgendes. In der Nähe von Lagoa Santa,
im Inneren Brasiliens, finden sich Kalkfelsen aus einem sehr harten,
kristallinischen Gesteine bestehend. Sie liegen von typischen Campos
umgeben, sind aber selbst mit Wald bedeckt. Der Wald ist hier offen
und sehr xerophytisch, mit den anderen, in den Talniederungen der
Gegend wachsenden Wäldern verglichen. Während diese immergrün 4 |
sind, verlieren die Mimusoideen und anderen Bäume auf den Kalkfesen
früh in der Trockenzeit ihre Blätter. Außer den Bäumen sind diese
Felsen reich an brennenden und dornigen Pflanzen; es ist eine Plage,
in der Hitze dort zwischen all diesen menschenfeindlichen Pflanzen zu ”°
wandern. Auch Cacteen kommen dort vor, während sie in den Campos
der Umgegend unbekannt sind!). Die Flachgründigkeit des Bodens und =
der schnelle Ablauf des Wassers müssen die Ursachen dieser xerophyti- 1
schen Vegetation sein. ie .
Zu den „flacheründigen Böden“ müssen auch die meisten wage-
rechten oder schwach geneigten vorspringenden Absätze oder Gesimse
gerechnet werden, die sich, oft von sehr geringer Größe, auf Felsen
vorfinden (in den Alpen „Bänder“ genannt). Erde und Pflanzenreste ni
sammeln sich hier und eine recht verschiedene Vegetation entwickelt
sich hier, gewöhnlich aus hingeführten Arten von Formationen der Um-
gegend bestehend. Ein Beispiel der Vegetation von Ostgrönland findet
sich bei Kruuse?). Die Bändervegetation in den Alpen mit Eryngium
alpinum, oft auch Gentiana lutea und anderen auffälligen FINDEN a
ist oft erwähnt. ;
94. Kap. Spaltenvegetation (Chasmophytische Vegetation) .
Durch die Vegetation der Alvaren werden wir zu einem von dem “
harten Fels abweichenden Standorte, zur Vegetation der Spalten, zu dn
Chasmophyten, hinübergeführt. Chasmophyten nennt Schimper die-
jenigen Pflanzen, welche in den oft vielen Spalten der Felsen wurzeln,
die mit Detritus ausgefüllt sind. In diese Spalten werden durch Wind
und Regen feine Erdteile usw. hinein gebracht und Wasser wird an- 4
gesammelt. Die Größe der Ansammlung hängt von der Weite und der |
) Warming 1892.
2) Kruuse 1912.
94. Kap. Spaltenvegetation 1733
Lage der Spalten ab. In den Ablagerungen finden sich Pflanzen ein,
und deren tote Reste vermehren die Menge des Substrates; es bildet
sich ein Mullboden. Bald erscheinen, falls es die exponierte Lage nicht
verhindert, auch Regenwürmer, und wie andere Bodentiere durchwühlen
und durchlüften sie den Boden. Je nachdem eine solche Spalte nun
weit oder eng ist, je nach der geographischen und lokalen Lage, und
nach Oettli auch je nachdem Schnee liegt oder nicht, ist die Vegetation
der Spalten verschieden (Fig. 323).
E Wenn ein Felsen sehr steil ist und keine Spalten hat, können
sich nur echte Steinbewohner anfinden, wenn anderseits die Felsen viele
Spalten und Klüfte aufweisen, so siedeln sich zahlreiche Chasmophyten
Fig. 323. Matricaria maritima in den Spalten auf Strandfelsen auf Bornholm.
(Phot. Eug. Warming.)
an, die meist wurzeltragende, oft sehr tief wurzelnde Pflanzen sind.
Viele der charakteristischen Spalten- wie auch die Geröllpflanzen haben
die Eigentümlichkeit, daß ihre tiefgehenden Wurzeln, die im Grunde der
Spalte oder im Gerölle keine erheblichen Feuchtigkeitsschwankungen,
jedenfalls keine Trockenheit gewohnt sind, ein Eintrocknen des Bodens
um ihre Wurzeln herum nicht ertragen können; sie sind deshalb in der
Kultur auf unbedecktem Boden zum Teil äußerst heikel.
| Mitunter sind die Spaltenpflanzen nur Arten von anderen und sehr
verschiedenen Standorten (Wiesen, Waldboden, Äcker u.a.), welche hier
einen gemeinsamen Standort gefunden haben; floristisch sind die Spalten
deshalb wenig von der Umgegend verschieden; aber einige Arten sind
734 Serie der Stein- und Sandböden
doch für die Spalten mehr geeignet als andere, und das richtieste wird
es sein, die Spalten-Vegetation als eine eigene Formation zu betrachten,
denn die Spalten bilden ja einen recht abweichenden Standort. Die
Vegetation eines steilen Felsabhanges wird auf diese Weise aus zwei
Formationen gebildet, die mit Lithophyten bekleideten harten, unzer-
klüfteten Partien nnd die mit Chasmophyten bewachsenen, humuserfüllten
Ritzen. Die Lebensformen der beiden Formationen sind auch ganz ve
schieden. Die Lithophyten sind mit wie es scheint äußerst wenigen
Ausnahmen nur niedrige Kryptogamen mit Hapteren, die Chasmophyten
nicht nur solche, sondern auch höhere, wurzeltragende Kryptogamen und
Phanerogamen, darunter sogar Sträucher und Bäume.
Die chasmophytische Vegetation &
Schweiz ist von Oettli behandelt worden!
weiter finden sich nur hier und da zerstreute
Beobachtungen bei anderen Autoren?),
Die Rhizoiden und Wurzeln sind oft i
enge Spalten eingeengt und dann fast- wi
Papier flachgedrückt; die Wurzeln von Gr:
ı sern zZ. B. bilden oft ganz flache Büsche
die die Spalte ausfüllen. Die Pfahlwurzeln
anderer Pflanzen sind oft in gleicher Weise
flach, wenn die Spalten eng sind. Die Wur-
zeln, die dem Wasser in die Spalte folge
Alu gehen oft sehr tief (Fig. 324). Die Fähigkeit
= der Hauptwurzel, sich später zu verkürzen,
scheint sehr verbreitet und für die betreffen:
den Arten von Wichtigkeit zu sein. /
Die in Betracht kommenden Arten habe
Fig. 324. Adenia Pechuellus
mit seiner in den Felsritz ein. Meist einen büschelförmigen Wuchs und ent
dringenden Pfahlwurzel. fernen sich nicht weit von ihrem Han
wurzelsystem.
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NN
\ NE
E
Die Lebensformen sind sehr verschieden.
Einjährige Pflanzen sind an Felsen selten, weil sie nur wenige
für ihre Keimung günstigen Stellen finden. In Ländern mit einer
langen trockenen Jahreszeit können sie nichtsdestoweniger eine herv:
ragende Rolle spielen. An den Felsen von Madeira sind sehr häu
Gnaphalium lutei-album, Campanula erinus, Gymnogramme leptophyli
zwei einjährige Arten von Aschryson und Sinapidendron rupestre;
den Tiefländern sind gerade die einjährigen Kräuter an Individı
», Oettli 1903.
2) Z. B. Christ 1885; Marloth 1908; Schenck 1908; Warming 1906, 1914.
94. Kap. Spaltenvegetation 735
reicher als die ausdauernden und werden in dieser Hinsicht nur von
den Halbsträuchern übertroffen !).
Ausdauernde Rosettenpflanzen sind häufig; die Rosetten-
sprosse sind ja im ganzen charakteristisch für dem Licht stark aus-
gesetzte Stellen. Von Rosettenpflanzen können genannt werden in der
nördlichen kalttemperierten Zone: Arten von Saswifraga ($. aizoon,
S. cotyledon usw.), von Sempervivum, Draba, Primula, Androsaces,
Papaver und viele Farne vom Rosettentypus (Arten von Aspideum
[Lonchitis], Cystopteris, Asplenum, Woodsia usw.); in den wärmeren,
subtropischen und tropischen Gegenden: Arten von Bromeliaceen, Agaven,
Aloe, Ootyledon, Echeveria und anderen Crassulaceen.
Polsterpflanzen sind auch nicht selten. Auf den Felsen Klein-
asiens wächst z. B. Draba Cappadoeica; die oft 20 cm im Durchmesser
großen, an die Felsen angeschmiegten, äußerst dichten Polster setzen
sich aus dicht beblätterten Zweigen zusammen. Die Blätter sind klein
und dicht wollig behaart. Diese Polster vermögen in hohem Grade
Wasser festzuhalten, was sehr vorteilhaft ist. Vom Ural nennt Pohle
mächtige Polster von @ypsophila Uralensis.
Viele andere Stauden mit verschiedenem Wuchs kommen vor, auf
den Tuffelsen auf Disko in Grönland z.B. Viscaria alpina, Potentilla-
Arten, Sedum villosum u. a.?), in den Alpen Arten von Cerastium, Are-
= naria, Veronica, Sedum u. a.
Auch Orchideen, Liliaceen und Amaryllidaceen, Umbelliferen usw.
= "können beteiligt sein.
Die Dikotylen haben eine ausdauernde primäre Wurzel, die in
Felsenspalten eindringen kann, und gewöhnlich keine Beiwurzeln; auch
die Monokotylen sind an eine einzelne Stelle (eine Felsenspalte) ge-
bunden und können auf vegetativem Wege nicht wandern.
Zwergsträucher finden sich auch ein, z.B. Calluna vulgaris,
deren Samen vom Winde herbeigeführt werden. Von den Spalier-
sträuchern der Kalkfelsen in den Alpen kann Rhamnus pumila be-
sonders genannt werden; er wurzelt in den Spalten von oft senkrechten
Kalkwänden, und die Äste legen sich dicht den Felsen an, ohne Haft-
wurzeln zu bilden; wahrscheinlich ist es die Hitze des von der Sonne
erwärmten Gesteins, welche diese enge Anschließung verursacht. Im
Ural z. B. Cotoneaster?).
Auch größere Sträucher können vorkommen, z. B. auf den Kalk-
felsen im Ural Juniperus nana mit armdicken Stämmen, niedrige Büsche
1) Vahl 1904b; für Cypern vergl. Holmboe 1914.
2) Porsild 1902.
3) Pohle 1907.
736 Serie der Stein- und Sandböden
von Betula tortuosa‘). Ebenso sind Bäume nicht selten; auf den
Felsen von Bornholm (in der Ostsee) wachsen z.B. Birken, Weiden,
Eichen u. a. In Brasilien z. B. baumartige, 2—4 m hohe Velloziaceen,
und auch Pflanzen der Lebensform der Cacteen sind allgemein.
Je nach den Umständen sind die Pflanzen xeromorph oder
mesomorph. An Örtlichkeiten der Tropen, wo die Luft feucht ist,
also z. B. auf Felsen in Wäldern und in den feuchten Gebirgstälern,
wo der Nebel oft über dem Boden schwebt, kann man ebenso wie in =
gemäßigten, feuchten Gegenden eine Vegetation antreffen, die von der
trockener Felsen durch ihre dichten, grünen Moospolster abweicht,
zwischen denen sich auch kleine Farne und Blütenpflanzen von mei s
oder weniger xerophilem Bau ansiedeln können. nn
Rikli schreibt von den Felsfluren auf dem Montserrat in der Nähe, .
von Barcelona, daß aus allen Spalten und Ritzen der Felsmauern und
Felsritzen in schattigen Lagen Pflanzen hervorwachsen; an den feuchten
Nordlagen sind die Felsen stellenweise mit einem zusammenhängenden,
saftiggrünen Teppiche förmlich bekleidet von Hedera und schwellenden
Moospolstern; aus den mit dunkler humoser Erde ausgefüllten Ritzen
wachsen Mengen großer, dünner Blattflächen hervor. Ähnliche Bilder
kann man an luftfeuchten Lagen mediterraner Inseln, z. B. an der dal-
matinischen Küste und sicher auch anderwärts beobachten.
Unterschiede in der Exposition verursachen große Vegetation
unterschiede, weil die Feuchtigkeitsmenge, die zur Verfügung steht, sehr
verschieden sein kann.
Mesophyten sind oft ein nicht unbeträchtlicher Teil der an-
wesenden Pflanzen. Einige der Spalten bekommen Wasser von höher
gelegenen Teilen des Berges und halten während langer Trockenperioden
Wasser fest; andere Spalten erhalten Wasser nur gerade durch den
Regen, der sie trifft. Einige enthalten reichlich Detritus und haben
deshalb eine größere wasserhaltende Kraft, andere sind arm daran und 5
lassen das Wasser daher schnell abfließen. Auch die chemische Zu.
sammensetzung des Detritus spielt eine Rollle; reichlicher Humus, w
möglich mit Regenwürmern gibt andere Lebensbedingungen als humu
armer Detritus. Felsspalten können eben endlos verschiedene Standort
darbieten ?).
Aber xerophytische Arten sind im ganzen gemein, besonde
auf der Mittagssonne exponierten Seiten der Berge. |
Die Felsen können schon in kalten und gemäßigten Klimaten in
Spalten und zwischen den Moosrasen auch Succulenten tragen (be-
sonders Crassulaceen wie Sempervivum, Rhodiola rosea und Sedum-Arten
1) Pohle 1907.
2) Oettli 1908,
94. Kap. Spaltenvegetation 737
und sueculente Saxifragen), oder Pflanzen mit kleinen, dieken, dach-
ziegeligen Blättern wie Saxifraga oppositifolia oder Silene acaulis, oder
Pflanzen mit trockenen, lederartigen Blättern wie Diapensia u. a.
Je wärmer und trockener das Klima wird, desto mehr werden Moose,
Flechten und Algen zurückgedrängt, während die Zahl der Blütenpflanzen,
die sich in den Spalten der Felsen und auf ihren kleinen Vorsprüngen
anheften, zunimmt; ganz andere Familien treten auf als in den kühleren
Gegenden. Auf den Felsen der Kalkalpen, zwischen dem Gesteine ihrer
„steinernen Meere“, in den Gebirgen der Herzegowina usw. findet man
häufig weißwollige Cerastium-Arten, steife Rasen von Arenaria-Arten,
ferner Arten von Veronica, Alchimilla, Saxifraga usw., Arten, die nie-
drige, dichte Rasen, kleine, steife Blätter, kräftige Epidermen, Behaarung,
dieke Korkschichten!) und viele andere Anzeichen einer xerophilen Natur
besitzen. Schon in den niedrigeren Zonen der Alpen werden Succeu-
lenten wie Sempervivum- und Sedum-Arten zahlreicher, und gehen wir
zu den echten tropischen, von der Sonne beschienenen und durch-
wärmten Felsen, so sehen wir zwar z. B. noch einige Krustenflechten
gedeihen, aber die Menge der Saftpflanzen und der anderen xerophilen
Blütenpflanzen wird größer: wir finden sowohl xeromorphe, immer-
grüne Rosettenpflanzen, z.B. Agaven, Bromeliaceen, Velloziaceen
und Yucca-Arten in Amerika, Aloe, Dracaena, Mesembrianthemum,
Rochea, Echeveria, Aizoon, Sempervivum, Cotyledon und andere Crassu-
laceen oder Senecio (Kleinia) in Afrika?), unter anderem auf den Kanaren
(Christ), als auch Stammsaftpflanzen wie die Euphorbien in der alten
Welt, und die Cacteen in der neuen. Neben diesen Pflanzen findet man
grauhaarige, kleine Sträucher, nämlich Croton-Arten, wohlriechende
Lippia-Arten (Verbenaceen), Halbsträucher oder Zwergsträucher mit
linealen, zum Teil ericoiden Blättern (Erica, Coleonema u.a.), kleine
Kräuter mit fleischigen Blättern wie Peperomia, Pilea und Pedtilanthus,
ferner knollentragende Orchidaceen und knollen- und zwiebeltragende
Liliifloren.
Viele dieser Pflanzen scheinen fast darauf angewiesen zu sein,
von der Luft zu leben, und doch erreichen sie eine bedeutende Größe;
die „saftstrotzenden Prachtpflanzen* hängen von den scharfkantigen,
festen Felsen der Canaren, Madeiras usw. anscheinend rein oberflächlich
herab; aber in Wirklichkeit senden sie ihre Wurzeln in die Spalten
und holen aus diesen das kapillar festgehaltene Wasser; „ihre strick-
ähnlichen Wurzeln laufen unglaublich tief in das feuchte Innere des
Felsens hinein“). Zu gewissen Zeiten, besonders in dem kurzen Früh-
!) Vergl. Holmboe 1914: 263.
?) Vergl. Christ 1885; Marloth 1908.
8) Christ 1885.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 47
738 Serie der Stein- und Sandböden
jahre, schmücken sie die braunen oder grauen Felsen meist mit’ bunten
Blüten. Auch die Saftpflanzen sind bisweilen von der Luftfeuchtiokeit
abhängig, z. B. nach Marloth Rochea coceinea von den „Som m EN
Wolken“. =
Über die Felsvegetation im Urwalde von Koh Chang (Siam) sche
Johs. Schmidt), daß der nackte Fels, wo er hervortritt, eine äußerst
charakteristische Vegetation trägt, nämlich kaktusähnliche Euphorbien,
verschiedene Knollen- und Zwiebelgewächse, einjährige während der
Trockenperiode abgestorbene Kräuter, xeromorphe Orchideen und Farn- 4
kräuter, xeromorphe Moose und aörophytische Algen. Die Mehrzahl
zeigt die Eigentümlichkeit, daß sie im Gegensatze zu den gewöhnlichen
Pflanzen des Urwaldes ihre Vegetationsperiode auf die Regenzeit (im
Sommer) beschränken, während sie in der Trockenzeit z us
blattlos, oft aber mit Blüten stehen.
Es hängt also von der Luftfeuchtigkeit, der Exposition, un 3
Wasserreichtum und der Wasserzufuhr der Spalten usw. ab, wie die ne
Anpassungen der Assimilationsorgane sich gestalten. Xeromorphe und
mesomorphe Arten sind oft beisammen. So ist nach Vahl?) die Vege-
tation an den senkrechten Felsen von Madeira eine verschiedenartige e
Mischung von Xerophyten und Mesophyten; an der Seite weißwollig “
behaarter Zwergsträucher wachsen Farne und Lebermoose. In den
heißen, trockenen Niederungen Madeiras aber trocknen alle Triebe im
Sommer ab; die Felsspalten haben nicht genügend Feuchtigkeit, u
den Meiochrien den Ersatz des verdunsteten Wassers zu gestatten. n-
Die senkrecht gespaltenen Basaltfelsen sind oft fast frei von Pflanzen,
weil sie nicht imstande sind, Wasser festzuhalten; an schattigen Plätzen
und in feuchten Klimaten sind aber auch die Basaltspalten pflanzen-
reich. Unregelmäßig gespaltene Basaltfelsen sind meist von wenigen
streng xerophytisch gebauten Halbsträuchern und einigen Kräutern be-
wohnt. Wo sich Basalt- und Tufflagen abwechseln, wird ihre gro
Verschiedenheit bezüglich ihrer wasserhaltenden Kraft sehr deutlich.
Der Tuff, der ein guter Wasserleiter ist, ist bedeckt mit Adiantum ca-
pillus Veneris u. a., oder in der Nähe von Kulturland mit Parietaria
Judaica und hebt sich meist in Form wagerechter Bänder ab. Während
des Sommers trocknen diese Mesophyten zum Teil ein. Felsen, die ga
aus Tuff bestehen, haben meist eine ebenso ärmliche Vegetation wie die
aus Basalt, weil sie nicht von undurchlässigen Lagen durchsetzt sind
oder keine solche unter ihnen liegt’).
1) Schmidt 1906.
®) Vahl 1904 b.
3) Über Spaltenvegetation finden sich ferner Beobachtungen z. B. bei Holmb:
1914 (Cypern).
94. Kap. Spaltenvegetation 739
Bergklüfte. Als Anhang zur Spaltenvegetation der Felsen mag
hier ein eigentümlicher, abweichender Standort erwähnt werden, nämlich
die großen, tiefen, schattigen Klüfte, die in vielen Gebirgen vorkommen.
In diesen kann sich eine üppige mesophytische und hygrophile Vegetation
entwickeln, weil sie hier feuchte Luft und Schatten vorfindet, ebenso
Schutz vor den Winden. Besonders viele Farne kommen hier vor.
3 Bisweilen ist die Vegetation auf den verschiedenen Seiten ver-
schieden, was von der Exposition abhängen kann und auch von der
‚Neigung der Schichten im Gesteine. Wenn diese in einer bestimmten
- Richtung geneigt sind, und diese Richtung schräg zu der Kluft steht,
- wird man z.B. auf der einen Seite eine stetige Bewässerung durch
niedersickerndes Wasser sehen, während die andere Seite trocken ist;
dies ruft natürlich einen bedeutenden Unterschied in der Vegetation
hervor. Auf den Färöern sind solche Klüfte im Basalt häufig"), ebenso
- in manchen Gegenden der Alpen („Kamine“), auf dem Karst usw. In
_ West-Irland wächst in solchen Spalten im Kalk viel Adiantum und oben
- auf der Fläche Dryas so dicht beieinander, daß man mitunter beide
mit einer Hand greifen kann.
- Auch Verschiedenheiten der Windexposition rufen Unterschiede her-
vor?2). Auf dem Boden, wo Humus sich vielleicht zwischen großen
Steinblöcken gesammelt hat und wo Wasserrinnen fließen, wird die
Vegetation noch üppiger. In Island findet sich vielfach ähnliches.
Höhlen im Fels. Eine eigene, aber seltene Variation der Felsen-
_ vegetation findet sich in Höhlen, die nicht so tief und dunkel sind, daß
doch Pflanzen sich in ihnen entwickeln können. Oben wurde schon die
hoch über dem Meere auf den Westmaninseln gelegene Höhle erwähnt,
wo H. Jönsson eine rote Meeresalge (Rhodochorton) entdeckte. Ganz
verschiedene Höhlen sah Holmboe?) auf Cypern; wo die Wände feucht
sind, trift man gewöhnlich Selaginella denticulata in Menge, hier und da
mit Adiantum capillus Veneris, und am tiefsten Schattenformen von
Parietaria offieinalis. An einer Stelle sah er eine Höhle, von deren
Wänden das kalte, klare Wasser in Menge herausrieselte; die Wände
_ waren mit Moosen bedeckt und Adiantum capillus Veneris wuchs hier in
großer Üppigkeit; außerdem fand sich hier Samolus Valerandi.
| In den durch elektrisches Licht künstlich erleuchteten Höhlen,
z.B. in den Tropfsteinhöhlen des Harzes, des Fränkischen Jura usw.,
_ haben sich sehr bald an den Felsen um die Lampen herum Moose an-
gesiedelt und zum Teil dichte Polster erzeugt. In ganz dunklen
- Höhlen finden sich nur Pilze als Verwesungspflanzen auf hineingeratener
1) Ostenfeld 1908 b.
2) Für Schottland siehe W. G. Smith bei Tansley 1911.
8) Holmboe 1914.
47*
740 Serie der Stein- und Sandböden
organischer Substanz, auf Hölzern usw. (z. B. Paxillus acheruntius).
Blütenpflanzen gehen zum Teil, wenn auch nie blühend und nur mit,
großen, schlaffen Blättern vegetierend, so weit in die Höhleneingänge
hinein, daß man an ihren Standorten an hellen, sonnigen Tagen kaum
eine Zeitung mehr zu lesen imstande ist. =
95. Kap. Vegetation der Trümmerfelder von größeren Fels-
blöcken (Felsenmeere, Blockmeere) |
Der Formation der Felsen schließen sich sehr nahe die oft} wei
ausgedehnten Felder oder Abhänge von größeren oder kleineren Steinen
an, oft gemischt mit großen Blöcken, wie sie durch das Abwittern von
steilen Felswänden (durch Hitze und Frost) oder in noch größerer Aus-
dehnung durch Bergstürze entstehen. Meist bestehen sie aus scharf. i
kantigen Steinen, die meist am Grunde steiler Felsen oder großer Massive
aufgeschichtet sind (Fig. 325). u
Ist die Lage großer Blöcke und Steine sehr dick, so können J hr
hunderte vergehen, bis sich außer Algen, Flechten und Moosen an de
Blöcken zwischen ihnen eine nennenswerte Vegetation höherer Pflanze:
anfindet. Je zahlreicher die kleinen Steine zwischen den großen. li
oder je dünner die Blockschicht ist, desto schneller und reichliche
sammelt sich Erde, Humus usw. an Stellen an, an denen Pflanzen g
deihen können. Dann findet man im Schutze der Steine und Blöck
oft eine sehr üppige mesophile Vegetation mit Farnen und Blütenpflanzen.
An günstigen Stellen wachsen auch Wälder an solchen Orten und be- !
schatten das Felsenmeer völlig, so daß eine Waldvegetation einzieht.
An lichten Orten wird die Krautvegetation oft sehr üppig und ho
Wo Luftfeuchtigkeit genügend vorhanden ist, wachsen im Baumschu
oft mächtige Moospolster, in denen höhere Pflanzen, von Bäumen
sonders Fichten, keimen und später mit ihren Wurzeln die Blöcke
umspannen. RR
An solchen Geröllflächen findet man besonders zwei Formationen el
1. Lithophyten auf den Steinen.
2. Die übrige Vegetation zwischen und auf den Steinen. =
Je nach der Stärke der Ansammlung von Erde werden die Ste
früher oder später überwachsen und schließlich von Erde eingehüllt.
verschwinden die Lithophyten alsdann. Die Vegetation ändert sich de
gemäß mit dem Alter, geht in andere Formationen über, es kommt &
deutliche Succession zur Entwicklung bis eine Climax-Vegetation, w
immer der Wald, den Abschluß bringt. "
Solche Steinanhäufungen finden sich in allen bergreichen Länd
mit leichter zerklüftenden Felsen. Fig. 326 zeigt ein Bild von ein
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Win En 1 DEE DM nn
u
95. Kap. Vegetation der Trümmerfelder von größeren Felsblöcken 741
Trümmerfeld an den Küsten des Kattegat; es gehört allerdings der
halophytischen Serie an, weil die Pflanzen wesentlich Halophyten sind,
mag aber hier als Darstellung von einem Trümmerfeld im ersten
Stadium dienen.
Je nach den klimatischen Verhältnissen werden sich solche steinigen
Abhänge verschieden entwickeln. Es tritt ein großer Unterschied her-
vor zwischen den trockenen und den feuchten Klimaten. In dem kalt-
temperierten, regenreichen Norwegen z. B. werden die Zwischenräume
Fig. 325. Färöer; 2—300 m über dem Meere.
Die erste Vegetation auf und zwischen den Steinen ist eine Moosvegetation, welche zuletzt
reiche Teppiche bilden kann. In diesen finden sich ein z. B. Oxyria digyna, Rumex
acetosa, Festuca rubra u. a. Ferner, wenn durch die Moosvegetation eine dickere
Humusschicht gebildet worden ist, können andere, kräftigere Blütenpflanzen einwandern.
Unter den eingewanderten kann sich auch das kleine Hymenophyllum Tunbrigense vor-
finden. Weitere Steine stürzen immer herab. (Phot. Eug. Warming.)
zwischen den Felsblöcken nach und nach mit so vielen Resten der
örtlichen Vegetation und so vieler vom Winde hingeführter Erde und
Detritus ausgefüllt werden, daß eine reiche Vegetation aus Bäumen,
Sträuchern mit allerlei Gräsern und Kräutern, besonders Hochstauden,
sich auf dem gebildeten Humus entwickeln kann. Solche Standorte sind
dort unter dem Namen „Ur“ bekannt!). Sie tragen zuletzt Gebüsche oder
niedrige lichte, seltener hohe dichte Wälder von Corylus, Ulmus, Tilia,
Fraxinus, Acer, Sorbus, Quercus, Rosa, Orataegus u. a. (die von Blytt
1) „Urd“ im Isländischen; vergl. Stefansson S. 236.
742 Serie der Stein- und Sandböden
behandelt wurden), in deren Schutz sich eine reiche Flora südl
Pflanzenformen ansiedelt: stark duftende Labiaten, Geranien,
cum, Dentaria bulbifera, Lathyrus silvester, L. (Orobus) vernus,
verschiedene Gräser usw. Wenn eine solche Geröllhalde sehr r
Arten ist und kräftig entwickelte Pflanzen trägt, so wird dieses
nur darauf beruhen, daß der Wind anorganische Teile und H
zwischen den Steinen anhäuft, sondern auch darauf, daß
diesen Feuchtigkeit sammelt, die dann sehr schwer verdunstet
der Gesteinsboden leicht durchwärmt wird, und daß solche H
immer auf geneigten Stellen am Fuße der Felsenwände vo
leicht erwärmt werden. Diese Vegetation ist überwiegend
aus mesomorphen Arten zusammengesetzt. Daß auch in
gegenden ein Wald den steinblockreichen Boden zuletzt D
wenn sich hinreichender Humus gesammelt hat, sieht
Cockayne (1911).
Socotranum, Dendrosicyos Socotrana, Euphorbia arbus
cinnabari, Boswellia Socotrana, Stammsuceulenten und
von auffälligem Habitus.. Die ganze Vegetation u a
wüstenartig. e-
Ähnliche Standorte mit anderen Arten sind die Blc
Kleinasien, die Zederbauer erwähnt!), wild zerklüftete Fe
welchen z. B. Paeonia corallina gern wächst in Gese
Amelanchier vulgaris und Cotoneaster nummulifolia. Ihre ‘
etwas rübenförmig verdickt, die Blätter sind groß und
mesomorph.
Hierher können wir auch die von Karsten und Stahl
Kalksteintrümmer Mexikos ziehen, obgleich die Steine
feinkörnige Erde häufiger ist. Es hat sich hier eine a
reiche und mannigfaltige, aber höchst interessante, extren
Vegetation auf dem von kahlen weißen Steinen ü
1) Zederbauer 1906 a.
?) Veg. Bilder I, 8, Taf. 44.
95. Kap. Vegetation der Trümmerfelder von größeren Felsblöcken
Fig. 326. Felspartie auf Kullen (Schonen in Südwest-Schweden). 10. Juli 1907.
In der Mitte zwischen den Steinen Silene maritima, Festuca rubra, Aster tripolium; auf den
Steinen Ramalina scopulorum und andere graue, weiße und schwarze Flechten.
(Phot. Eug. Warming.)
Fig. 327. Felsentrift in Serbien in der submontanen Region.
Salvia-offieinalis- Assoziation. (Phot. Adamovic.)
744 Serie der Stein- und Sandböden
umgerollten Blättern (Compositen), Leguminosen, /pomoea usw. In diesem
ausgesprochen trockenen Klima hat sich auf dem sehr trockenen Boden
eine ausgesprochen xeromorphe Vegetation entwickelt — eine Stein-
Halbwüste. {
Während die oben erwähnte mesophytische Vegetation auf Nor-
wegens Geröllhalden („Urer*) sehr wohl den mesophilen Wäldern an-
geschlossen werden kann, hat man da eine weit typischere Felsen-
vegetation, wo die Spalten im Gesteine von den Zwischenräumen zwischen
den Felsblöcken ersetzt worden sind. Diese Formationen bilden auch
einen Übergang zu den „Felsensteppen“ und könnten so benannt .
resp. zu den Steinwüsten.
Ähnliche Standorte finden sich in vielen heißen tropischen oder
subtropischen und warmtemperierten Ländern, z. B. die von Adamovi6!)
beschriebenen „Felsentriften“ Dalmatiens, wo große und kleine Steine
den Boden bilden und die Pflanzen zwischen sich aufnehmen, so daß
hier eine offene Vegetation von Hochstauden gebildet wird, ähnlich der
S. 741 abgebildeten von den dänischen Küsten. Felsentriften sieht man
in ganz Dalmatien in jeder Höhenstufe und auf jedem Substrat (Fig. 327).
Sie können reicher und ärmer sein. Eine reiche Vegetation und eine kom-
paktere Pflanzenmenge tritt an jenen Stellen auf, die nicht zu steil sind
und wo zwischen den Felsblöcken noch ziemlich viel Feinerde sich. an-
sammeln kann. Grasige Felsentriften kommen da hervor, wo die Steine
in gewissem Abstande voneinander liegen. Alle Pflanzen sind xero-
morph und an solche Standorte ganz besonders angepaßt (Adamovi6).
Selbst die anspruchslose Seestrandföhre, Pinus Halepensis, wird auf
den unwirtlichsten Steinfluren einwandern und kann prächtige Wr
bilden ?). 3
Handel-Mazzetti?) hat uns ein Bild von der verbreitetsten Vege- 4
tationsformation der Hochgebirgsstufe in Kleinasien gegeben — Schutt-
und Gesteinsfluren mit reichlichem, wenn auch mehr oder weniger
zerstreutem Pflanzenwuchs®). Hier muß auch an die Garigues der
Mittelmeerländer (Ser. VII) und die Felsenheide der Canaren (Christ)
erinnert werden. _ 5
Ein Bild einer üppigeren tropischen Vegetation an einer Felsenküste
in Westindien hat Börgesen gegeben; sie wurde oben bei der Vegetation
der Strandfelsen erwähnt, obgleich sie vielleicht äußerst wenig vom
Salzwasser beeinflußt wird (Fig. 209).
4) Adamovie 1909.
?) Adamovie 1913, Taf. 45.
®) Handel-Mazzetti 1912 b, Taf. 35.
*) Über Blockfelder vergl. ferner Hess 1909.
96. Kap. Geröllhalden, Schutthalden 745
96. Kap. Geröllhalden, Schutthalden (Geröllfluren)
Ein abweichender Standort bildet sich dort, wo durch Verwitterung
am Fuße der Berge große, etwa unter 45° geneigte Abhänge von
kleinen eckigen Felsstücken gebildet werden, welche eine leicht
bewegliche, unstete, rutschende Masse darstellt, und dessen Ge-
röll bei jedem Schritt in Bewegung kommt. Auch feinkörnige Massen,
mit der Zeit auch eine geringe Menge von Humus werden sich hier
einfinden. In Tirol werden diese Abhänge Muren, sonst auch
' Schurren usw. genannt.
Auf solch losem Boden müssen die Pflanzen oft einen harten
Kampf um ihre Existenz mit dem stetig rutschenden Trümmerschutt
führen; ihre Existenz muß dann auf verschiedene Weise gesichert
werden, z. B. durch sehr kräftige, tiefgehende Wurzeln, welche die ober-
irdischen Organe oft an Größe bedeutend übertreffen; durch kriechende
Grundachsen u. a. Viele Pflanzen wurzeln indessen auch sehr flach,
so daß sie stets mit den rutschenden Steinen mitgleiten, soweit sie
nicht verschüttet werden. Schröter hat eine Menge von ökologischen
Typen aufgestellt, und auch von Hess und von Cockayne!) werden
die Wuchsformen eingehend besprochen (ortsfeste Rasentriebe und
Polster, wandernde Schuttüberkriecher und Schuttwanderer, Ausläufer
von zweierlei Formen usw.). Die Formen hängen von der Ruhe oder
Bewegung des Gerölls ab.
So lange ein Geröllabhang noch jung. ist, macht auch ein anderer
Faktor sich geltend: das Regenwasser läuft zwischen den Steinen
schnell fort, aber die Feuchtigkeit hält sich lange Zeit unter den Steinen,
so daß sogar ausgeprägt mesomorphe Arten zur Entwicklung kommen
können; der Boden ist eine edaphische Einöde mit floristischen Unter-
schieden je nach den Bodenverschiedenheiten (Unterschiede namentlich
zwischen Kalk- und Kieselboden). Die Vegetation ist sehr offen und
oft mehr oder weniger wüstenartig („Geröllwüsten“) und xeromorph;
vergl. z. B. Cockayne?), nach welchem auch die großen Polsterpflanzen,
welche „vegetable sheeps“ genannt werden, auf solchem Boden zur
Entwicklung kommen können.
Wenn viele Feinerde da ist, wird die Vegetation dichter und reicher
werden, denn die Erde gibt einen größeren Nahrungsvorrat und unter
den Schottern hält sich die Feuchtigkeit besonders lange ?).
Auf solchem ruhenden Geröllboden werden mit der Zeit verschiedene
Formationen sich entwickeln können, je nachdem der Standort in feuchten
1) Schröter 1904—08; Adamovie 1909a; Hess 1909; Cockayne 1910, 1912.
2) Cockayne 1908 b, 1910, 1912 b.
®) Vergl. auch S. 76—77.
746 Serie der Stein- und Sandböden
oder trockenen Regionen liegt; in den Alpen z. B. Geröllhei
welche von dichten Teppichen von Erica herbacea (E. carnea) mit
anderen Pflanzen gebildet sind. In Neuseeland sind nach Cockayn
Alpenwiesen auf solchem Boden erwachsen, und auch Gebüse.
Wälder werden hier einen passenden Boden finden können. Geröll
(oder Geröllfluren) werden somit vielfach in unbewegliche, ruhend e.
übergehen, Schuttfluren, welche sich mit der Zeit mit einer
nen Decke von Kräutern, Gräsern u.a. Lebensformen bedee n
Es versteht sich von selbst, daß zwischen den Geröllwüs
aus Felsenblöcken oder aus Schutt gebildeten Fluren der
und den flachen Steinwüsten oder Steinsteppen in der
und ähnlichen subtropischen Wüsten kein wesentlicher Unters«
stehen kann; die Lebensformen müssen vorzugsweise xeromo p
und die Vegetation ist sehr offen, die Pflanzen stehen äußerst
Diese Steinsteppen und Steinwüsten werden aber ganz besonder
trockenen und heißen Klima ein Gepräge bekommen und
besten unter den trockenen Klimaten besprochen werden (Serie
auch in den Polarländern und z.B. in Neuseeland, sowie
gebirgen kommen horizontale oder wenig geneigte Geröll- u
vor, die aber in diesem Buche, des abweichenden Klimas
„Kältewüsten“ besprochen worden sind.
Mit dieser Geröllvegetation kann verglichen bb.
- Vegetation der Salzbodenvereine (Kap. 48, 49).
Eine eigentümliche Form von Steinwüsten entsteht z. ’B:
indem die Stürme alle kleinkörnigen Teile wegführen, un:
Körner und kleine und große Steine zurückbleiben; Dane
spricht und bildet diese Steinwüsten ab*®). 8
Selbst in Jütland kommen in kleinerem Stile solche
vor, indem der Wind die Sandkörner der alten fluvio-glazi
entfernt hat, zurückgeblieben sind nur die rund ab
Steine; in diesen horizontalen Einöden finden sich nur
morphe, vom Winde geprägte Arten sehr zerstreut vo
Koeleria glauca, Weingaertneria canescens, Armeria marü
rubra?) fristen hier ein ärmliches Leben in Gesellschaft
kleinen Krustenflechten und kümmerlichen Cladonien?).
!) Thoroddsen 1914.
2) Warming 1%X07—)09.
®) Über die in den vorhergehenden Kapiteln besprochene
Hitchcock 1898; Oettli 1903; Pohle 1903; Rikli 1903; Adamovie 1
.1908b; Brockmann-Jerosch 1907; Schröter 1904—08; C. Flahault 19
1%07—)09; Diels 1896; Chodat 1909; Rübel 1911—12, 1913. — Rikli 1
Sizilien in Karsten u. Sckencks Vegetationsbilder, 13.R., H.1-—2. 6
Württemberg die Vegetation verschiedener Steinböden sorgfältig studiert
Josias Braun 1913.
Geröllhalden, Schutthalden 747
ten Teile Jütlands.
"dliens
ö:
ım no
Landschaft in der Nähe der Nordsee
Fig. 328.
Erklärung zu Fig. 328. Der Wind hat zum Teil den Sand weggeweht. Die
Ebene ist ein gelbbrauner, von kleinen Kieselsteinen (die meisten weniger als 5 cm Durch-
messer) bedeckter Sandboden. Die Steine sind schwarzgefleckt von Krustenflechten. Einige
sehr zerstreute krüppelige Phanerogamen finden sich auch (vorzugsweise Weingaertneria
canescens und Koeleria glauca; auch einige Exemplare von Festuca rubra, Armeria vul-
garis, einige schwarze Moose und die Flechte Cladonia foliacea var. aleicornis). Auf der
Ebene liegen einige Dünen. Das Meer fern im Westen. (Phot. Eug. Warming.)
748 Serie der Stein- und Sandböden
97. Kap. Sandvegetation (Psammophile Formationen)
Die im folgenden besprochene Vegetation auf Sandboden ist
jenige, die so hoch über dem Grundwasser liegt, daß die Wirkunge,
desselben ausgeschlossen sind; also nur die Vegetation, in welcher dis
Eigenschaften des trockenen Saar höchstens feuchten Sandes zum A ;
druck kommen, und deren Vegetation eine ausgesprochen xeromo
werden muß, weil ein solcher Sandboden physikalisch trocken
Die Formationen des Sandbodens sind überwiegend edaphisch bedin
Oft bilden solche Standorte die unmittelbare Fortsetzung
wasserdurchtränkten Standorten, oder Standorten, auf welchen das Gr
wasser so hoch liegt, daß es leicht von den Pflanzenwurzeln err:
wird, und daß der Sand fest gebunden wird, welche daher eher «
Salz- oder Süßwasserformationen (Kap. 50, Kap. 65) zugerechnet wer
müssen. Solche Standorte finden sich am Sandstrande von Meeren
von Binnenlandseen; Cowles und Jennings haben in Nordamerika sole
eingehend besprochen. Jennings z. B. fand auf der Presque = \
Erie See in Pennsylvanien folgende Reihe): a
1. Der niedere Strand mit einer Chlamydomonas- - Asso:
reichend vom Wasser bis zu der höchsten Grenze, bis zu we
Wellen von den Sommerstürmen getrieben werden.
2. Der „Drift“-Strand mit der Cakıle- Xanthium- Forma
von der vorigen Grenze bis zu der oberen Grenze der Winterstürme
Auch dieser Gürtel ist von losem Sand gebildet; zuzeiten wird die Ob:
fläche sehr heiß und trocken, aber das Grundwasser ist der Oberf
sehr nahe. Die Vegetation besteht aus einjährigen Arten und
Pflanzen sind jedenfalls in ihren oberen Teilen xerophytisch. D:
Gürtel entspricht ganz dem Gürtel der einjährigen Halophyten au
digem Meeresstrande, z. B. in Nordeuropa. Danach folgen die trocke N
Assoziationen (hier „Formationen“ genannt). ;
3. Die Sandebene mit der Artemäsia-Panicum-Assoziation
bestimmte Abgrenzung gegen den zweiten Gürtel. Sie entsprich
dem Verfasser Cowles’ „Upper beach“, Mac-Millans „Backstrand“
Hier reichen die Wellen nicht hinauf, weshalb zweijährige un:
dauernde Arten hier gedeihen können. Sie ist auch etwas besser g
den Wind geschützt. ‚Mit der Zeit kann sich hier Humus bilde
der Boden an Pflanzennährstoffen reicher werden. Die Vegetation
offen, indem die Pflanzen im allgemeinen nur etwa 20°/o der Fl
1) Jennings 1909.
© 97. Kap. Sandvegetation 749
bedecken. Die herrschenden Arten sind Artemisia Canadensis, A. cau-
data und Panicum virgatum; verschiedene Assoziationen und Facies
_ kommen indessen vor, selbst eine Oladonia-Assoziation.
4. Ferner entwickelt sich eine Arctostaphylos-Juniperus-
Heide, also eine immergrüne Zwergstrauchheide von xerophytischem
Charakter, und eine geschlossene Vegetation.
Ferner entwickelt sich auf dem sandigen Boden eine Reihe von
anderen Formationen, über welche der Verfasser berichtet: Eine Pinus-
strobus-Assoziation, eine Quereus-velutina-Assoziation, die vielleicht nicht
die Schlußvegetation sind, es scheint aber, daß sie als solche lange Zeit
' existieren können. Ferner wird eine andere Reihe von „Formationen*
- unterschieden, welche reich an Teichen und Lagunen ist, und wo z.B.
Myriea-Gebüsch, Wald von Prunus serotina, Dünen mit verschiedener
Vegetation, nämlich Populus-Dünen, Ammophila-(Psamma) arenaria-
Dünen, Andropogon-Dünen, Prunus-Dünen und gemischte Prunus-
Smilax-Dünen vorkommen.
E Der Sandboden und seine Eigenschaften wurden S. 106 besprochen.
- Es wurde hervorgehoben, daß Sandböden
1. aus sehr kleinen, lose liegenden Körnern bestehen (Größe ge-
wöhnlich im Durchschnitt 0,25—0,1 mm);
2. ein sehr geringes Absorptionsvermögen besitzen, besonders wenn
sie aus Quarzsand bestehen;
3. einen geringen Wassergehalt haben, wenn sie über dem Grund-
wasser liegen, weil das Wasserhebungsvermögen in der Regel
sehr gering ist;
4. in der Regel oberflächlich schnell austrocknen und sich daher
in der Sonne schnell und stark erwärmen, aber sich nachts auch
schnell und stark abkühlen.
5. Sandböden sind sehr durchlässig, werden daher auch leicht aus-
gelaugt und sind deshalb unfruchtbar.
6. In allen nackten Sandböden wird die oberste, oft nur wenige
Zentimeter bis einige Dezimeter dicke Schicht völlig ausgetrocknet,
so daß die Sandkörner ganz lose liegen. Diese Schicht schützt
dann die tiefer liegende Sandmasse gegen Verdunstung, und in
nackten Sandböden wird man daher gewöhnlich in geringer Tiefe
unter der Oberfläche feuchten und kühlen Sand treffen, der sich
mit den Händen zu Klumpen formen läßt.
I Die oberste lose Schicht wird, wenn die Körner sehr klein sind,
leicht vom Winde weggeführt und anderswo abgelagert. Dadurch können
„Dünen“, d.h. Sandhügel, gebildet werden. Dünen sind immer äolische
5 Bildungen, nur von feinem Sande gebildet, und können sehr verschiedene
ci
750 Serie der Stein- und Sandböden
Höhen, bis 100 oder gar bis 300 m erreichen. Sie entstehen nicht nur
an den Küsten, wo die Meereswellen das Material liefern, sondern auch =
im Binnenlande an den Ufern von großen Seen und durch Ausblasen
von Sand aus trockenen Flußbetten, besonders in trockenen kontinen-
talen Klimaten, in den Sandwüsten usw. In den subtropischen Wüsten
in Afrika, Asien und anderswo stellt die Form solcher nackter Sand-
hügel gewöhnlich die eines Halbmondes dar, welcher die ‚konkave
Seite vom Winde abwendet. Sie sind unter dem Namen „Bogendünen* A
(„Barkhanen“) bekannt. |
In regenreichen (humiden) Gegenden können sich Dünen schwieriger a
bilden, oder einmal gebildete Dünen werden für lange Zeiten festliegen,
weil die oberste Sandschicht oft feucht wird und weniger leicht aus-
trocknet; aber wenn dieses letztere in trockenen Zeiten dennoch ge-
schieht, werden sich auch hier Sandhügel bilden. Dünen finden sich
daher über die ganze Erde verbreitet, von den Polargegenden bis zum
Äquator, wenn nur die zwei Faktoren vorhanden sind: Wind und
trockener Sand. An der Ostküste Grönlands!) finden sich typische
Dünen, von Sax und Festuca rubra bewachsen (Fig. 329). Dünen
kommen: denn auch sowohl in feuchten als in trockenen Klimaden;y vor
sie sind Standorte überwiegend edaphischer Art.
Dünen können sich bilden auf Flächen wo keine deutlichen Hinder
nisse des Bodens die Anhäufung des Sandes fördern; wenn eine |
nackte Düne sich bildet, wird der windwärts gewendete Abhang ein
Neigung von nur 5—10° haben, die Leeseite des Hügels dagegen eine
Neigung von ca. 30°. An dieser Seite gleitet der Sand herab und blei
je nach seiner Korngröße, Kohäsionskraft usw. in mehr oder weniger
steiler Böschung, deren Neigungswinkel vom Winde gänzlich unabhängi
ist, liegen. Beim Vorherrschen einer bestimmten Windrichtung geschis
die Dünenbildung meist sehr regelmäßig, wenn die Vegetation spärl i
ist oder fehlt, wie überhaupt die Form der Dünen sehr von der ve e
tation beeinflußt wird ?).
Diese Form der nackten Düne kommt in unseren kalttemperierten
Gegenden seltener, und vorzugsweise nur bei jungen und kleinen Dünen
vor. In der Regel wird die Anhäufung des Sandes durch Pflanzen ver-
anlaßt, indem diese den fliegenden Sand zwischen ihren Sprossen auf-
fangen oder seine Ablagerung an der Leeseite veranlassen. Weil
Dünen werden solche Dünen genannt, bei denen die Vegetation
spärlich ist, daß die Farbe des Sandes das Gesamtbild der Düne b
stimmt; mitunter sind solche Dünen äußerst arm an Pflanzen oder diese
1) Vergl. Hartz u. Kruuse 1911 Figur 9, 15, 19, 24.
?\ Vergl. Sokolow 1894; Gerhardt 1900; Cowles 1899; Cornish 1897; Wesst
1873; Warming 1891, 1907—09; Massart 1893, 1898a, 1908; Wery 1906.
751
Sandvegetation
97. Kap.
ie vom
iufi
€
c
Ganz kahle weiße Dünen werden h
fehlen so gut wie ganz.
Winde in ihrer Form ver
der Windrichtung verschoben
ndert, werden in
ä
‘
c
und heißen dann „Wanderdünen“ (vergl. unten).
(osnnıy ’ayg) "Y0yg) "puessy ame; !
A919UNI}F 97807 9Ip Aap ıayun “un«] Puasejqasge aıp PpunısıapıoA WI
-USUWON UOUISIOA UMZ UOTEIOHOA
4 Dons9 7 pun xyog yım puesängg 638 "DId
752 Serie der Stein- und Sandböden
An unseren sandigen Küsten ist die Dünenbildung eine allgemeine
Erscheinung. Die Wellen und die Flut werfen Sand, dessen durch-
schnittliche Größe der Körner in der Regel weniger als !/; mm beträgt,
auf den Vorstrand, und die Flut kann ihn nicht höher hinaufschaffen.
Die Sonne trocknet ihn aus, und der Wind führt ihn darauf fort. Der
fliegende Sand lagert sich, wie der vor dem Winde einherfliegende
Schnee, überall ab, wo es Ruhe und Schutz vor dem Winde gibt, hinter
Steinen, Schneckenschalen, Holzstücken usw., auch um die Pflanzen: es E
bilden sich kleine Dünen („Dünen- mb pen, |
Belie
Fig. 330. Schematischer Längsschnitt durch eine kleine Düne auf Ci
von Medicago marina gebildet. Die punktierte Linie gibt den gemeinsamen
Ursprung aller Sprosse an, d. h. die Oberfläche des Sandbodens zur Zeit der
Keimung. Die Höhe der Dünen war ca. 1m, der Durchmesser einige Meter
Die Wurzel wurde in drei Fällen zu einer Tiefe von 44, 64 und 71 cm vertolge,
(J. Holmboe 1914.)
Die Pflanzen befördern das Höherwerden der Düne, indem der Sand
zwischen ihnen zur Ruhe kommt (Fig. 330). Namentlich gilt dieses von
gewissen „sandbindenden“ Arten, die mit der Natur des Dünenbo«
in besonderem Einklange stehen und eigentümliche Lebensformen
sitzen, welche man auf allen anderen wandernden Dünen über die g
Erde antrifft, und welche die Veranlassung sind, daß die Dünenvegeta
als besondere Formationen aufgestellt werden muß. Die typischen Dünen-
pflanzen haben die Fähigkeit, eine Bedeckung durch den zufliegend
97. Kap. Sandvegetation 753
Sand ertragen zu können und danach wieder durch den Sand zu wachsen;
es ist einleuchtend, daß dadurch, daß die neuen Sprosse wieder Sand
ansammeln, die Düne immer höher werden muß (Fig. 330). In dem
von feinem Sande gebildeten Inneren der Düne wird man eine große
Zahl von alten Rhizomteilen, Wurzeln und überirdischen Sprossen finden;
reißt der Wind eine alte Düne nieder, so kommen diese Eingeweide
der Düne zum Vorschein. In Nordeuropa haben Calamagrostis (Psamma,
Ammophila) arenaria und Elymus arenarius besonders ein solches
Vermögen, in anderen Gegenden andere, z. B. Medicago marina
Fig. 331. Sedum aere auf Dünensand. In der Mitte die durch den aufgewehten
Dünensand wachsende Pflanze, daneben verschiedene losgelöste Sproßstücke, die
einwurzeln. Daneben eine Keimpflanze. (Warming gez.)
auf Cypern nach Holmboe, Aristida pungens und andere in Nordafrika
und Asien, Myrica cordifolia und Rhus erenata im Kaplande nach
Marloth, usw. Vergl. auch Fig. 219, 220 (S. 440).
Die Düne ist fast durch und durch eine sehr lose Masse, die von
den Pflanzenwurzeln und den Rhizomen der auf ihr lebenden Vegetation
durchwachsen wird. Solange die Düne noch in dem beweglichen Stadium
- ist, werden Arten, die an die Stelle gebunden sind, schwerlich existieren
- können; die Folge ist denn auch, daß die herrschenden Pflanzen auf
den flüchtigen Dünen der ganzen Welt solche ausdauernden Arten
sind, die mit reich verzweigten Grundachsen kriechen, welch
letztere ebenso wie die aus ihnen hervorsprossenden Wurzeln lang
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 48
754 Serie der Stein- und Sandböden
und strähnig sind. Daß die Pflanzen xerophytisch gebaut sein müssen, e
leuchtet ein. &
Die Pflanzen müssen ständig einen Kampf mit dem Winde führen,
der fortwährend bestrebt ist, den Sand weiter zu treiben, wodurch wieder
die Pflanzen losgerissen werden. Oft gelingt es dem Winde, in Dünen,
die schon mit einer Pflanzendecke versehen sind, große Teile zu zer-
stören, die Pflanzen loszureißen, große Löcher oder kesselförmige Ver-
tiefungen in den Sandhügeln zu bilden, an deren Wänden die Rhizome
und Wurzeln, die „Eingeweide“ der Dünen, lang herabhängen und vom
Winde in Bewegung gesetzt werden (Windmollen, „blow-outs“ SBE ei
Engländer). |
Die Dünen können auf diese Weise in der Windrichtung weiter
wandern, sie werden „Wanderdünen“, und die Richtung der
Hügelketten wird z. B. im nördlichsten Jütland die Richtung der °
herrschenden Winde auf schöne instruktive Weise angeben, was
K. J. V. Steenstrup gezeigt hat!). Für West- und Ostpreußen vergl.
Gerhardt und Abromeit. ; |
In diesen Windmollen beginnt der Kampf zwischen dem Winde und 7
den Pflanzen von neuem, indem von der umgebenden Vegetation ständig
Pioniere vorgeschickt werden, um den neuen Boden zu besiedeln; aber
diese Pioniere sind wohl meist andere Arten als die, welche die . E
neuen weißen Dünen zu bevölkern beginnen. : e
In anderen Fällen gelingt es den Pflanzen, welche die Düne ne 4
Hilfe des Windes und des Sandes bildeten, sich stärker zu vermehren
und eine immer dichtere Decke zu bilden; in den Zwischenräumen
zwischen ihnen finden dann andere Arten ein gutes Unterkommen, kleinere
und andere Lebensformen, welche hier Windschutz haben. Die „weiße*
und „bewegliche* Düne wird zur „grauen“ oder „befestigten“.
Nach und nach wird die Düne mit einer dichten Vegetation bedeckt,
welche den ferneren Angriffen der Winde Trotz zu bieten vermag. Es
wird sich dann eine Entwicklungsreihe (Succession) von verschiedenen n
Formationen ergeben, z.B. Gras- und Krautflur, re n
Gebüsch, Wald. |
Ein Dünengelände kann ein ungeheuer chaotisches Oomenpe von E
Sandhügeln und dazwischenliegenden Tälern sein, und die Vegetation 4
wird danach meist außerordentlich verschieden sein, je nach dem Alter
der Dünen, nach der Exposition (da die der Mittags- und Nachmittags- E
sonne ausgesetzten Seiten viel trockener sind als die entgegengesetzten, Re
nn
!) Steenstrup 1894 in Meddel. Dansk Geolog. Forening. I. Vergl. Warming
1906—09, wo einige seiner Karten reproduziert sind und wo viele Bilder von solchen
Aushöhlungen gegeben sind. Siehe auch: Cowles; Gerhardt 1900 mit vielen Abbildungeräig
Graebner 1910 mit vielen Abbildungen. e;
Sandvegetation 755
Von der Westküste Jütlands.
Fig. 332.
Erklärung zu Fig. 332. Im Hintergrunde die Nordsee. Zwischen der äußeren
_ Dünenkette und einer zweiten inneren liegt eine grüne mit Gräsern und lieblich
blühenden Kräutern bedeckte Ebene. Die Dünen im Vordergrunde sind recht offen,
nur spärlich mit Calamagrostis (Psamma) arenaria und anderen Pflanzen bewachsen.
(Phot. Eug. Warming.)
48*
756 Serie der Stein- und Sandböden
viel „grauer“, während diese oft frisch grün sind) und je nach dem ”.
Abstande der Vegetation vom Grundwasser. 2
Die Oberfläche der eigentlichen Dünenhügel wird im allgemeinen
so hoch über dem Grundwasser liegen, daß die Vegetation von diesem
ganz unbeeinflußt ist; viele von den Dünentälern liegen gleichfalls =
noch hoch über dem Grundwasser, so daß dies auch hier keine Wirkung
haben kann; andere von ihnen aber können so tief sein, daß die Pflanzen
vom Giaidwasie Vorteil ziehen können. Oft finden sich größere, flache
Ebenen zwischen den Dünenketten, deren Vegetation dann völlig ver-
schieden ist von der der Sandhügel; während jene grau oder grünlich- B
gelb sind, hier und da vom Winde zerrissen, so daß der gelblich-weiße
Sand zum Vorschein kommt, sind diese Dünentäler und Ebenen, wo der
feuchte Sand mehr oder weniger humos ist, von einer lieblichen, frisch
grünen und blumenreichen, dichten Narbe bedeckt (Fig. 332). In poetischen
Worten hat z. B. Buchenau von der bezaubernden Schönheit der Dünen- "a
täler an der Nordseeküste gesprochen. Bisweilen liegen diese Ebenen
so tief, daß offene Wasserlachen und Teiche mit den Formationen des
Süßwassers entwickelt sind (vergl. Fig. 252). ii
Es ergibt sich von selbst, daß diese Standorte, wo das Grund. 2
wasser so hoch liegt, daß Wiesen und mesophile Blumenteppiche sich
entwickeln können, oder wo es sogar ans Licht tritt und Teiche au. 4
Wassertümpel bildet, nicht zu der hier besprochenen trockenen Sand-
vegetation gerechnet werden können; der Standort ist zu verschieden
(vergl. Serie II und III). |
Dagegen müssen hier solche Sandebenen angeführt werden, wie
wir sie z. B. in Jütland und Norddeutschland auf dem alten ns
Gletscherboden gebildet sehen. Auf diesen mageren, trockenen Sand-
flächen finden sich ganz dieselben Formationen, welche auf den lee =
Dünen hintereinander hervortreten. 4
Sehr eng schließen sich hieran die Sandsteppen und Sandpußten,
z. B. in Südosteuropa, welche so vorzüglich von Adamovi6!) geschildert
sind, und welche sich auf trockengelegten Becken des PaunoBaea
Mares gebildet haben.
Was für die Entwicklung der Vegetation auf einer weißen Dü
von großer Bedeutung ist, sowohl inbetreff der Schnelligkeit der En
wicklung, als der Höhe, Dichtigkeit und des Reichtums der Vegetatio
ist der Gehalt des Bodens an Nährstoff, besonders an Kalk. Die Dünen
. Belgiens und Hollands sind weit reicher au Kalk, der von Schalen der
Seetiere herrührt, als die nur aus ausgewaschenem, armem Gletsch
sande bestehen Dünen der Westküste der jütländischen Halbinsel.
2) Abromeit (1900); Adamovic 1909.
98. Kap. Lebensformen und Anpassungen 757
Es ergibt sich von selbst, daß auch Einmischungen von Humus oder
Lehm in den reinen Kieselsand die Vegetation beeinflussen müssen!).
98. Kap. Lebensformen und Anpassungen
Die Lebensformen sind äußerst verschieden, was mit dem Alter
des Standortes in Verbindung steht; man trifft jedenfalls in den Dünen
der Nordseeküste nicht nur Algen, Flechten und Moose, sondern auch
Gräser und Kräuter von den verschiedensten Typen, ebenso Zwerg-
sträucher, Sträucher und Bäume. Dies wird dann verschiedene For-
mationen nacheinander zur Ausbildung bringen.
Die Pflanzen werden sich überall auf Sandboden, wo das Grund-
wasser nicht in erreichbarer Tiefe liegt, xeromorph ausbilden. Die
Ursachen sind folgende:
1. Es herrschen meist starke Winde, wo es Sandboden und
namentlich Dünen gibt; der Wind hat zwei Wirkungen: er trocknet
2 aus (Kap. 5), und die Sandkörner, die er fortführt, wirken mechanisch.
Sie können Steine glatt schleifen und bei solchen Pflanzen, die in diese
Vereine nicht hinein passen, z. B. bei Pappeln, die auf Flugsandgebieten
gepflanzt sind, die dünnen, breiten Blätter durchlöchern ?).
2. Der Nahrungsmangel ist sehr groß; nur in den dem Meere
am nächsten liegenden Dünen findet man etwas kohlensauren Kalk,
der aus den Schalen der Meerestiere stammt; aber in den weiter ent-
fernten Dünen ist er von dem kohlensäurehaltigen Regenwasser auf-
gelöst worden. Von Stickstoff und Humus ist äußerst wenig vorhanden;
die gebildeten Humusstoffe werden schnell zu Kohlensäure und Wasser
oxydiert und verschwinden.
3. Die von der Sonne beschienene Düne erwärmt sich stark und
schnell: die Wärme kann in der Oberfläche zur Mittagszeit im Monat
Juli bis zu 50—80°C. steigen (vergl. Giltay 1886); warme Luftströmungen
gehen vom Boden aus und treffen die Pflanzen.
4. Das Licht wird vom nackten Sandboden reflektiert und trifft
die Blattunterseiten. Die Beleuchtung ist im ganzen stark. Die Sonnen-
_ wärme trocknet die obersten Schichten oft ganz aus, so daß die Sand-
körner lose liegen, aber in geringer Tiefe ist der Sand doch feucht. Der
Temperaturwechsel kann in 24 Stunden sehr stark sein.
2) Über Dünenbildung in Nordeuropa vergl. Gerhardt 1900; Warming 1909 b;
Ostenfeld 1908 b; Reinke 1903 a, b, c, 1909, 1911, 1915; Graebner 1910b, ff.;
Tansley 1911.
?2) Über die furchtbaren Wirkungen der Föhnwinde in Nordostgrönland vergl.
Hartz u. Kruuse 1911, mit vielen Abbildungen. Vergl. ferner Massart 1904.
758 Serie der Stein- und Sandböden
5. Dazu kommt noch der in den Eigenschaften des Sandes liegende
Wassermangel ($. 106 und oben, $. 749). e*
Das alles trägt dazu bei, der Vegetation des trockenen Sandbode
mehr oder weniger den Charakter einer Wüstenvegetation aufzudrücker
aber, wie Harper bemerkt, die Trockenheit der Dünen liegt im Boden
und nicht in der Luft wie in den meisten Dünenregionen; Ascherso
verglich oft die physiognomische Ähnlichkeit der Wüstendünen der Saha
mit großen weißen Dünengebieten an der Ostsee oder im norddeutsch
Binnenlande. :
Die Sandvegetation der an den Meeresküsten oder Salzseen lieg
den Dünen wird allerdings etwas von der Nähe des salzigen Wasse
beeinflußt; Marloth erwähnt, daß die Sanddünen in Süd-Nanib noch I
gegen 30 km binnenwärts chloridhaltig sind, aber im allgemeinen läl
sich die Wirkung nicht so weit spüren und wird jedenfalls wohl
sehr klein sein. Die Sandvegetation ist im ganzen genommen eine
xerophile, nicht halophile, enthält deshalb auch keine oder sehr wenig
Succulenten. Jedoch ist die Grenze unmöglich scharf zu ziehen, und
es gibt ja Assoziationen, wie z. B. die S. 444 erwähnten Strandwälder
auf Sandboden, deren Arten nur in der nächsten Nähe des sie
vorkommen !).
6. Die biotischen Faktoren auf Sandboden, also solche, wele
die Vegetation selbst hervorruft, sind nur wenige: Windschutz un
Schatten in den Dünen mit hohen Pflanzen, eine geringe Humusbildung
auf altem, mit Vegetation bedecktem Sandboden.
Von der Sandvegetation der verschiedenen Gegenden der
muß die nordeuropäische zum Ausgangspunkt genommen we
weil sie bisher am besten studiert ist. Auch die nordamerikanisc
sind vorzüglich studiert (Cowles a. a.). Weiter kann bemerkt werd
daß viele Arten von Dünenpflanzen eine sehr weite geographische Ve
breitung haben. Verschiedene europäische Arten finden sich auch
Nordamerika, z. B. Oalamagrostis (Ammophila, Psamma) arenaria,
thyrus maritimus, oder es kommen vikariierende Arten vor, so z.B.
der Gattung Cakile. Maximovicz nennt nicht weniger als sechs Aı
welche sowohl in Nordeuropa, als im Amurlande vorkommen. Ar:
pungens spielt eine wichtige Rolle sowohl in der Sahara, ne in
Sandwüsten Asiens?).
!) Vergl. Kearny 1904; Chermeson 1910.
?) Anatomie von Sandpflanzen findet sich besprochen z. B. bei: Bargeig |
Paulsen 1900; Abromeit bei Gerhardt 1900; Warming 1906—09; Harshberger
Chermeson 1910; A.M. Starr 1912; O. Paulsen 1912.
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 759
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa
Sandboden und Dünenbildung finden sich sowohl im Binnenlande,
als an den Küsten, an den letzteren am stärksten hervortretend.
Der Sandboden und seine Vegetation wurde, soweit sie vom Salz-
- wasser des Meeres beeinflußt werden, schon Kap. 50 unter der Halo-
- _ phytenvegetation erwähnt. Es finden sich, wie gesagt, eine Reihe von
- Formationen mit gürtelförmiger Anordnung längs der Küsten; namentlich
folgende:
1. Die Sandalgenformation in dem feuchten Sande der Aestuarien
(S. 432).
2. Die Formation der Schwefeleisen-Bakterien; ebendort.
3. Die Formation der einjährigen Halophyten (S. 434).
4. Die Formation der mehrjährigen Halophyten; ebendort.
= Als Fortsetzung dieser Formationen folgen dann eine Reihe von
anderen, die auch oft gürtelförmig angeordnet sind; es sind etwa folgende;
F 1. Die weißen oder beweglichen Dünen.
2. Die befestigten, grauen Dünen mit verschiedenen Formationen.
3. Dünenheide.
4. Dünengebüsche.
5. Dünenwälder.
Ferner finden sich auf dem flachen oder welligen Sandboden,
ohne stets an Dünenbildung gebunden zu sein:
n 6. Sandfluren des Binnenlandes.
E 7. Calluneta des Binnenlandes (vergl. Kap. 86).
ıR
4 Die beweglichen oder „weißen“ Dünen. Es wurde schon erwähnt,
daß verschiedene Halophyten, wie Triticum junceum und Honckenya
2 peploides, beides ausdauernde Arten mit unterirdischen Ausläufern, und
_ auch andere Arten oft den Anfang der Dünen bilden; „Dünen-Embryonen“
E entstehen durch sie, auf welchen die hohen eigentlichen Dünengräser
- sich dann einfinden. Die beiden wichtigsten derselben sind Hordeum
4 (Elymus) arenarium und Calamagrostis (Ammophila, Psamma) arenaria.
Alle beide, besonders Psamma, sind Horstgräser mit mächtigen unter-
irdischen Ausläufern. Elymus hat breite, blaubereifte Blätter, Psamma
- weit schmälere und rinnenförmige, welche die Fähigkeit haben, sich ein-
zurollen, wenn die Verdunstung zu groß wird (vergl. S. 217), und im
Winde sich so zu drehen, daß sie dem Winde den Rücken zuwenden,
- andem ein starkes Hypodermalgewebe angebracht ist, so daß die Blätter
von der schleifenden Wirkung des fliegenden Sandes nichts zu fürchten
haben ').
4 2) Morphologie und Anatomie dieser Gräser vergl. Warming 1907—09.
B
760 Serie der Stein- und Sandböden
Alle beide bilden reine Assoziationen. Die Elymeta finden
sich gewöhnlich in dem äußersten Gürtel, dem Meere am nächsten. Die
Sprosse dieses hohen, stattlichen Grases stehen gewöhnlich zerstrea
so daß die Assoziation recht offen erscheint (vergl. Fig. 41).
Die Psammeta arenariae sind die wichtigsten Dünenbildner an
Nordeuropas Küsten, und die Art wird gewöhnlich zur Bepflanzung und.
Fixierung der Dünen verwendet (Fig. 333). Die Sprosse sind zu dichteren >
Fig. 333. Dünenpartie im Inneren Jütlands. Calamagroslis (Psamma) arenaria :
und Carex arenaria. (Phot. F. Börgesen.) nr
Horsten vereinigt und können eine weit mehr geschlossene Assoziati
een als die von Elı eg Dasselbe gilt für die weit seltenere Cala-
x
Alıeliche Festigung von Dünen besonders beliebt ist. Die beiden ..
beide, 0,7—1m Bas Gräser bauen die Dünen sich höher und. ho
wenn Sand vom Winde hinzugetragen wird; zwischen ihren Spre
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 761
und Horsten wandern andere Arten ein, und es entstehen nach und
nach „die grauen Dünen“.
“ Verschiedene andere, aber kleinere Arten vom Grastypus können
_ wegen unterirdischer Ausläufer reine Assoziationen bilden, z. B. Festuca
rubra var. arenaria und Carex arenaria; ebenso einige Dikotylen wie
thyrus maritimus.
Die Eigentümlichkeiten der Lebensformen, welche besonders durch
e Lockerheit des Bodens veranlaßt sind, sind schon früher erwähnt
en
WET DAN
Fig. 334. Hippophaes rhamnoides. Eine flachstreichende Wurzel
mit zahlreichen aufsteigenden Adventivsprossen. (Nach Warming.)
\)
y
4
(a0)
N
orden: es sind besonders Bildung von mächtigen, unterirdischen Aus-
ufern und die Fähigkeit, vom Sande begraben zu werden und durch
en Sand wieder in die Höhe zu wachsen. Die Arten sind in den ver-
'hiedenen Gegenden der Welt natürlich sehr verschieden, aber was für
Ei e nordeuropäischen Arten gilt, wird in der Hauptsache auch in anderen
_Weltteilen zu finden sein.
Da der Dünenboden wandelbar ist, weil Meer und Wind ununter-
brochen neue Sandmassen zuführen und dieser die Dünenform unaufhör-
ch verändert, so werden sich an den Standort gebundene Pflanzen
762 Serie der Stein- und Sandböden
nicht in den beweglichen „weißen“ Dünen erhalten können. Die unter- a
irdischen Teile in typisch ausgeprägten Dünen sind daher weit aus-
gedehnte (viele Meter lange), reich verzweigte Grundachsen; so E:
beim Helm (Calamagrostis [Ammophila] arenaria), der wichtigsten Dünen-
pflanze Nordeuropas, welcher durch die dichte rasenförmige Stellung
seiner Blätter und durch seine Fähigkeit, den Sand anzusammeln und
durch ihn hinaufzuwachsen, die anderen weit übertrifft; ferner bei
Hordeum (Elymus) arenarium, Triticum junceum, Carex arenaria,
Calamagrostis (Psamma) Baltica, Lalhyrus maritimus u. a. Hierher
kann weiter Hippophaös rhamnoides mit weit kriechenden Wurzeln,
welche zahlreiche Wurzelsprosse bilden, gerechnet werden (Fig. 334)').
Triticum junceum ist eine von den Sandpflanzen, deren Assozia-
tionen an der Nordseeküste die Dünenbildung auf dem salzigen Sande 4
am Dünenfuße beginnen?), desgleichen Honckenya peploides, welche an
den baltischen Küsten häufiger ist als Trilicum junceum, aber sie
können nur niedrige Dünen bilden. Calamagrostis arenaria und Hordeum
arenarium verdrängen sie und bilden die hohen Dünen. Viele andere
Dünenpflanzen haben die Fähigkeit durch über sie gehäuften Sand empor- i
wachsen zu können.
Die feststehenden oder grauen Dünen. In den grauen, be-
festieten Dünen Nordeuropas werden die erwähnten Eigentümlichkeiten
zurückgedrängt, sie stehen eben mit der Beweglichkeit des Bodens in |
den weißen Dünen in Verbindung (vergl. S. 78). Zwischen den Sprossen |
von Calamagrostis (Ammophila) arenaria und Hordeum (Elymus) are-
narium können sich andere Pflanzen niederlassen, wenn der Wind die
Düne in Ruhe läßt; je mehr jene beiden Pflanzen den Sand zur Ruhe
bringen, desto mehr bereiten sie anderen Arten einen festen Boden und
sich selbst den Untergang vor. Niedrigere Pflanzen mit weniger kräf-
tigen unterirdischen Organen, an den Standort gebundene, ein- oder
mehrjährige Pflanzen, wie Erophila verna, Teesdalia nudicaulis u.a,
welche ein Begraben durch den Sand nicht ertragen, finden sich ein;
die Vegetation wird immer dichter, auch Moose (Polytrichum, Ceratodon 4
purpureus, Rhacomitrium u. a.), Flechten und einzelne Cyanophyceen 3
siedeln sich an, und ihre Rhizoiden oder Thalli durchwehen und verkitten
den Sand: der Boden wird fester und dichter bewachsen (Fig. 338) ?). Au |
Arten mit Rasenform oder mit Rosetten und vielköpfiger primärer Wurzel
können nun hier gedeihen, z. B. Leontodon auctumnalıs, Hypochaeris
At:
radicata, Weingaertneria canescens, und zuletzt ist der Boden bei
1) Warming 1907—09, Fig. 99—102.
2) Reinke 1909 usw.; Warming a.a. O0. — Vergl. oben S. 434.
®) Graebner 1897 ff
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 763
mit einem ganz niedrigen, aber dichten, graugrünen Teppiche bedeckt —
die „graue Düne“ ist gebildet (Fig. 336) !).
Die Entwicklung geht nicht an allen Seiten der Dünen und Dünen-
wer auf ganz dieselbe Weise vor sich; floristische Verschiedenheiten und
- Verschiedenheiten der Lebensformen kommen je nach den ökologischen
ee ehiedenbeiten zum Vorschein.
Bi. Die Assoziationen der beweglichen Düne waren alle sehr offen;
die Entwicklung geht in der Richtung, den Boden mit immer dichterer
Fig. 335. Ebene in Nord-Seeland. Der Sandboden ist mit einem Teppiche von Cladonia
_ rangiferina bedeckt, in welchen sich eingestreut finden niedrige Polster von Empetrum
_ nigrum (in welchen wieder andere Blütenpflanzen Standorte finden, z. B. Armeria vul-
‚garis, Pulsatilla nigricans, Hieracium pilosella u. a.). Auf dem Bilde sieht man auch
ein paar kleine angeflogene Kiefern (Pinus silvestris) und einen Horst von Calamagrostis
| (Psamma) arenaria. (Phot. Eug. Warming.)
Vegetation zu bedecken. Jenen beiden Gräsern wird es schließlich zu
‚eng; lange kämpfen ihre unfruchtbaren Sprosse, besonders die des Helms,
ums Leben, aber dann unterliegen auch sie; die dichte Narbe, welche
jetzt die Sandoberfläche deckt, hindert wahrscheinlich die Atmung ihrer
_ unterirdischen Organe, sie kränkeln deutlich und sterben ab. In den
Binnendünen, wo Calamagrostis epigeios eine ähnliche Rolle spielt
wie Elymus am Strande, hält sich das genannte Gras viel länger, es
2) Über die Flora vergl. z.B. Warming 1909; Buchenau 1890; Graebner 1910.
764 Serie der Stein- und Sandböden
bildet schließlich Bestände, die nur wenige kräftige Arten z'
sich dulden.
Auf dieser ai wiehlunfentufe der Düne, wenn noch die q
liche Kruste auf dem Sande dünn und spröde ist, ereignet es
daß der Wind Löcher in sie reißt, besonders auf den der S
stärksten ausgesetzten Süd- und Südwestseiten, und es ent
Windmolle, wie oben erwähnt.
Die Arten, welche diese entblößte Stelle zu decken sich.
sind durchschnittlich andere als die hohen Dünengräser,
weißen Dünen aufbauen; es sieht aus, als ob diese alten
die schon früher Pflanzen ernährt haben und wahrscheinlie
weniger vom Regen ausgelaugt worden sind, jetzt keine
orte mehr für sie sind; es sind jetzt z. B. Festuca
Carex arenaria, Lathyrus maritimus, alle mit unterirdise
weiter auch hapaxanthische Pflanzen, wie Jasione
color, Erophila verna, oder büschelförmige Gräser, wie 4
kolonisieren. Reine Assoziationen könne von
Arten gebildet werden, z. B. Weingaertnerieta, Fes
reta maritimi.
Unter den anderen krautartigen Pflanzen, welch
tionen bilden können, müssen ganz besonders die Fle
hervorgehoben werden. Auch Flechtenassoziationen xy
hervorrufen. |
Verschiedene Arten von diesen Lebensformen E
den Krusten.
Flechten gedeihen nur, wo kein oder nur wenig flü tig
mehr vorkommt; sie wachsen meist zu langsam, um sich au or
Strecken durch Sandhberiamnrn ee heraufarbeiten zu können.
Arten, die sich zuerst einfinden, kann Cornicularia aculeat
gähohen werden; später kommen Cladonia rangiferina, cı.
Cl. gracilis, Cl. coccifera und andere Arten, Cetraria nivalis, 8
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 765
paschale u. a. hinzu, und auf älterem Sandboden kann namentlich
Oladonia rangiferina weite, graue Cladonieta bilden — Bild der
Flechtentundra (Fig. 337, 336).
Durch das Zusammenwirken von Moosen, Flechten und Blüten-
pflanzen kann der Boden zuletzt mit einem dicht geschlossenen Teppiche
bedeckt werden'). Hier und da überwiegen die Blütenpflanzen, sonst die
Fig. 336. Oberfläche einer Düne auf der Ostseeinsel Bornholm; 4. Juni.
Die Vegetation ist geschlossen, hauptsächlich aus Flechten und Moosen gebildet. Die
Hauptmasse ist Cladonia eoceifera, Cl. graeilis und Cl. fimbriata. Auch kommt hie
und da Cladonia rangiferina vor (z. B. rechts unten), sowie Cornieularia aculeata und
Parmelia physodes. Von Blütenpflanzen sieht man hier z. B. Calluna, Blätter von Carex
arenaria, Artemisia campestris. (Phot. Eug. Warming.)
Moose oder die Flechten und bilden kleine, selbständige, eigene For-
mationen dieser Lebensformen. Durch alle diese Pflanzen wird auch
Humusbildung eingeleitet und damit eine weitere bedeutende Ver-
änderung des Bodens: die Luftzirkulation in der obersten Schicht des
Sandes wird wesentlich herabgemindert, die Pflanzen können daher ihre
2) Tafel bei Graebner 1910.
766 Serie der Stein- und Sandböden
Wurzeln nicht so tief senden; der Boden wird trockener werden, we
die Verdunstung durch die Pflänzendeckä stark vergrößert wird, un
damit folgt denn auch eine stärkere Xeromorphie der Pflanzen. fe
Arten werden nach und nach die zuerst eingewanderten verdränge
Von den Varianten der Krautdüne muß noch besonders die Ho
staudendüne genannt werden, welche an den baltischen Küste:
weniger windigen Lagen vorkommt und durch ihren Reichtum an hohe
Kräutern ausgezeichnet ist (z. B. Hieracium umbellatum [oft
herrschend], Epilobium angustifolium, Silene viscosa, Chrysa
[Tanacetum] vulgare und andere Stauden von 0,5—0,7 od«
1:m Höhe).
Fig. 337. Cladonia. Allmählich sich erhöhender Boden der grauen .
dem die Flechte folgt. (Nach O. Gallöe bei Warming 1909.)
we
Die trockene Sandflur auf Stellen des Binnenlandes ist
teils ein Kulturprodukt, das auf altem Heideboden entsteht und
wieder zu Heide wird, wenn der Mensch dieses nicht verhindert.
Sandflur hat wesentlich dieselben Arten wie die graue Düne ı
mehrere Arten mit der Zwergstrauchheide gemeinsam; die Arten. Ss
genügsam und im ganzen zum Ertragen langer Trockenheit
ausgerüstet als das Heidekraut usw. Da der Boden meist ein
nährstoffarmer ist und sich von dem der Zwergstrauchheide
durch größere Trockenheit unterscheidet, ist diese Vereinsklas
Graebner!) als heidekrautloses Sandfeld der Heide t
Fig. 335). re
1) Graebner 1895 ff.
%
En
Eu
nm
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 767
Zwergstrauch-Vegetation. Die graue Düne behält vielleicht
nicht immer diese niedrige Krautvegetation, sondern geht oft in
Zwergstrauch-Formation, namentlich in Calluneta vulgaris, die Dünen-
heide, über: die gewöhnliche Schlußvegetation dieser Entwicklung.
Aber auch Salix repens argentea und Empetrum nigrum können öfter
eine recht bedeutende Rolle spielen; man findet Dünenseiten und Dünen-
täler, welche über große Strecken von Saliceta argenteae bedeckt
sind, in welche liebliche, schön blühende Kräuter eingestreut sein können.
Fig. 338. Düne auf der Nordküste von Seeland.
Der Sand wird zuerst von einer Moosvegetation (Tortula ruralis) befestigt; auf dem
Bilde sind auch Exemplare von Cerastium semidecandrum und Thalietrum minus u.a. m.
zu sehen. (Phot. Eug. Warming.)
Auch andere Zwergsträucher finden sich ein, z. B. die schöne, weiß-
gelbblühende Rosa pimpinellifoia dunalis!) und Genista Anglica..
Calluneta vulgaris. Die bedeutendste Rolle spielt jedoch Calluna
vulgaris; in einem Abstande vom Meere oft bis zu vielen Kilometern
kann sie in den regnerischen Teilen Nordeuropas das ganze Dünen-
_ areal erobert haben, Hügel und Täler mit einem niedrigen, braunen
Kleide überdeckend. Ganz dasselbe gilt von den Alten Binnenlanddünen
2) Graebner 1910, S. 230.
768 Serie der Stein- und Sandböden
auf dem Gletschersande, z. B. im Inneren von Jütland. Einen Unter-
schied gibt es indessen doch im Standorte, insofern als der Sandboden
in den Stranddünen sich meist nie in Rohhumus, Bleichsand und Ort-
stein zu differenzieren scheint, wie es im eisenhaltigen Gletschersande
der Fall ist. Das Callunetum mit seiner xeromorphen Vegetation und
seiner Rohhumusbildung ist schon unter den Formationen des Torfbodens
besprochen worden (Kap. 86). =
Ganz wie der Wind große Löcher in den Dünen verursachen oder
sie durchbrechen kann, ist er auch imstande, die Heide aufzubrechen,
wohl besonders, öfter nur dann, wenn Feuer die Heidevegetation zerstört
hat und selbst die Schicht von Rohhumus (Torf) verzehrt hat, oder 4
noch häufiger, wenn auf regelmäßigen Pfaden des Menschen oder der
Schafe der Sand unter dem Humus freigelegt ist (vergl. S. 112); der “
unterliegende Bleisand kann dann ein Spiel seiner Launen werden;
Dünen werden gebildet, und solche, die vielleicht spätglazialen Ursprungs
oder auch ganz modern sind, finden sich an vielen Stellen der jütländi- ;
schen Halbinsel, wie in der Lüneburger Heide und anderswo.
Die von der Vegetation befreiten Sandflächen verhalten sich - im
übrigen wie die Windmollen, da die Pflanzen wie dort so auch ‚hier 4
von neuem bestrebt sind, diese Narbe zu heilen und die sandige
Flächen wieder mit Verstation zu decken. Auch hier werden es ndere
Pflanzen als Calluna sein, welche den Anfang bilden, wie B;
trichum piliferum, das durch seine Rhizoiden die Sandkörner zu
Decken verkitten kann, ferner Empetrum nigrum U.2.
Gebüsch-Formationen. Hippophaöta. Weiter führt die Ent-
wicklung an verschiedenen Stellen in Nordeuropa, namentlich an der ä
Küste, zur Bildung von grauen Gebüschen von Hippophaös rhamnoides,
welche eine Höhe von mehreren Metern erreichen können und wegen
der unheimlichen, langen Zweigdorne undurchdringlich werden können,
besonders in abgestorbenem Zustande. Sie haben durch ihre schmalen
Blätter, ihre dichte Schildhaardecke und ihre Dornbildung eine ganz
xerophile Natur‘). Auf den Dünen der pommerschen Ostseeküste, öfter
auch ziemlich binnenländisch, gesellt sich meist ziemlich regehnä
Salıx (daphnoides) Pomeranica als Charakterstrauch bei.
Gebüsche von anderen Salöix-Arten und Rosen oder von Popul
tremula kommen auch vor, sind aber meist unbedeutend, sehr häu
werden sie als Kunstbestände zur Festigung älterer Dünen angewan
Auch Kleinwälder von Populus tremula finden sich, obwohl selten r
ebenso (künstlich) von P. nigra. 2
1) Näheres bei Warming 1891, 1907—09, dort 195 Bilder von Dünen und D
pflanzen; Buchenau 1895—96; Palmgren 1912; Graebner 1910 usw.
Eu o. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 769
Bewaldete Dünen. Auf Sandboden, selbst auf Dünen haben Wälder
sich hier und da entwickelt, wo die Windverhältnisse es erlauben. Die
4 Westküste Jütlands ist von Natur baumlos, aber in neueren Zeiten
- sind verschiedene Dünen mit Nadelwald bekleidet worden, namentlich
_ haben Pinus montana und Picea Canadensis (P. alba) Verwendung ge-
funden; . dann, wenn diese den Weg gebahnt haben, auch Picea excelsa,
Pinus silvestris, Picea Sitchensis u.a. Auf vielen deutschen Binnen-
dünen bildet die Kiefer große Bestände je nach der Feuchtigkeit des
Bodens mit reicherer bis sehr armer Unterflora.
| An den baltischen Küsten, wo die Windverhältnisse günstiger sind,
kommt natürlicher Baumwuchs auf den Dünen vor, z. B. auch dort
3
Fig. 339. Kies-Sandflora im Inneren von Jütland.
Der Sand wird zuerst von Polytrichum piliferum befestigt (die grauen punktierten
| Areale) Auf diesem Boden findet sich Empetrum nigrum ein (die schwarzen Polster).
Auch Calluna vulgaris findet sich (mehr halbkugelig als Empetrum), aber noch sparsam.
Die rum: Polster sind am höchsten auf der Westseite wegen eingewehten Sandes.
2 (Phot. Eug. Warming.)
natürliche Pineta silvestris, ebenso auf den schwedischen Ostsee-
seln usw. | |
Die Dünenlandschaft um Riga reicht stellenweise bis über 30 km
ndeinwärts und ist mit Kiefernwald bedeckt (Pineta silvestris hylo-
comiosa, cladinosa, vacciniosa, callunosa) nach Kuppfer, also äußerst
ähnlich dün deutschen Binnendünen. In neuerer Zeit legt man auf vielen.
Dünen der Küsten wie des Binnenlandes Baumpflanzungen an; auf der
- kurischen Nehrung Pinus silvestris und P. montana, an den Küsten
ankreichs Pinus maritima u. a.
Querceta. Noch kann erwähnt werden, daß krummholz-ähnliche
i _ Gebüsche von Quercus pedunculata und Qu. sessiliflora, durch Menschen
4 Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 49
770 Serie der Stein- und Sandböden
und Wind degenerierte Überreste der früheren Wälder, in Jütland ge-
funden werden, selbst auf Dünen (vergl. Fig. 222). An einigen Stelle
sind sie eigentlich die Gipfel von alten, im Flugsande begrabenen
Eichenwäldern, welche sich alljährlich erneuern!)., Eine mesomorphe
Bodenvegetation findet sich hier, und wie in allen geschlossenen vw. |
kann Humus entstehen.
Anpassungen der Vegetation auf den „grauen Dünen“. Es
schon erwähnt worden, daß die Assoziationen der hohen Dünengräser
in den nackten oder weißen Dünen anderen Lebensformen angehören,
als die Arten der grauen Dünen; je beweglicher der Boden ist, de
mehr wird er von Arten mit weit streichenden unterirdischen Organe
(Rhizomen, Wurzeln) und mit lebhafter Bildung von Sprossen und Bei
wurzeln bewohnt, den Arten, welche ein Begraben ertragen können un
durch die Sanddecke hinaufwachsen; je fester und ruhiger der Boden
desto mehr fällt er den anderen Lebensformen zu. In der grauen Di
und auf den trockenen Sandfluren, sowie den trockenen Zwergstrau
heiden kann man Lebensformen mit folgenden Merkmalen unterscheiden
1. Weit kriechende Rhizome oder Sprosse bildende Wurze
haben Carex arenaria, Galium verum, Sonchus arvensis, Festuca rubra,
Lathyrus maritimus, Sedum acre, Rumex acetosella u.a. Hierher Site
man am natürlichsten auch die Moose und von straucharugggs pfla
Hippophaes, Salix repens, Rosa pimpinellifola u. a.
2. Eine ortsfeste Rasenform haben andere, z. B. von Gräsern
Weingaertneria canescens, Festuca ovina, Nardus strieta; von Dikotylen
Ononis repens, Anthyllis vulneraria, Eryngium a Dianthus- -
deltoides, Artemisia campestris, Ama vulgaris u. a., die fast alle sehr
tief gehende Wurzeln besitzen. Einige sind gestrecktgliedrig, and
haben Rosettensprosse. Hier schließen sich Zwergsträucher wie Callu
und Empetrum, wie auch der Halbstrauch T’hymus serpyllum an.
3. Viele Arten haben Sprosse, die auf dem Sande niederliegen
ihm angedrückt sind (ohne Wurzeln zu schlagen), und Blätter, die
dem gemeinsamen Ausgangspunkte, dem oberen Ende der primär
Wurzel ausstrahlen (Beispiele Artemisia campestris, Ononis).
4. Einige wenige haben oberirdisch kriechende Sprosse: _
tennaria dioeca, Hieracium pilosella, Polypodium vulgare, Thymus s
pyllum, Sedum acre, von den Zwergsträuchern Empetrum nigrum.
5. Endlich findet man sehr viele einjährige und einjährij
überwinternde Arten (vergl. Fig. 338), die darauf hinweisen, daß di
Düne viel von der Natur der Steppe besitzt; sie keimen im Herbst
1) Warming 1909; Fig. vorne auf S. 442.
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ee TE: Re
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 71
oder im Frühjahre, entwickeln sich und blühen in dem zeitigen Früh-
jahre, schließen aber vor dem Beginne der Sommerhitze ihr Leben ab,
weil der warme Boden die Entwicklung befördert (Trifokum arvense,
Filago minima, Aera praecox, Bromus mollis, Phleum arenarium usw.
Von den einjährig-überwinternden Arten können Jasione montana,
Erophila verna, Cerastium semidecandrum, ©. tetrandrüm und Teesdalea
nudicaulis genannt werden). Hiernach würde auch das angeblich nur
einmal blühende (oft allerdings vieljährige) Eryngium maritimum ge-
hören. Diese hapaxanthen Arten fangen übrigens an, sich schon in
- den beweglichen Dünen zwischen den hohen Dünengräsern einzufinden
(vergl. Fig. 41).
Was weiter die Anpassungen der krautartigen Pflanzen betrifft,
sind sie im ganzen genommen niedrig und haben kleine oder schmale
Blätter, meist mit ausgeprägter Xeromorphie in enger Übereinstimmung
mit den ökologischen Faktoren, die oben genannt wurden. Im Einklange
mit der Trockenheit, der Sonnenhitze und dem Nahrungsmangel steht das
zahlreiche Auftreten der kleineren, einjährigen, schnell blühenden Pflanzen.
Die mehrjährigen Kräuter, die Gräser und die Sträucher sind im
ganzen kleinblättrig, schmalblättrig; die wesentlichste Ausnahme hiervon
bilden Hordeum (Elymus), Calamagrostis (incl. Ammophila) und einige
- andere auf den weißen Dünen wachsende Pflanzen, die hoch und kräftig
- sind, was dadurch verursacht sein wird, daß die Wanderdünen wasser-
- reicher und wohl auch nahrungsreicher sind als die bewachsenen und
feststehenden Dünen. Die meisten Gräser haben tief gefurchte Blätter,
die sich einrollen können (Calamagrostis [Ammophila], Triticum junceum,
Nardus, Festuca ovina u. a.); kein Gras hat breite, saftige und hellgrüne
Blätter. Hordeum arenarium hat zwar breite Blätter, die jedoch wie
bei Tritieum junceum durch eine Wachsschicht blaugrün sind. Mit
Wachs bedeckt sind auch die Blätter von Lathyrus maritimus, Eryn-
gium maritimum, Mertensia maritima, Glaucium flavum, Crambe mari-
tima u.a. Wollhaarig sind z. B. Salix repens argentea, Gnaphalium
und Antennaria; schildhaarig ist Heppophaös; auch stark drüsen-
haarige Pflanzen findet man, deren Oberfläche von Sandkörnern dicht
bedeckt wird (Senecio viscosus, Ononis repens, ÜCerastium semidecan-
2 drum u.a.). Zu den Tunicagräsern gehören Nardus und Koeleria
glauca (s. S. 234, Fig. 118).
Nicht wenige Arten setzen die Transpiration dadurch herab, daß
sie ihre Blätter senkrecht stellen (Salix repens) oder stark kräuseln
(Eryngium). Vesque und Giltay haben darauf aufmerksam gemacht,
daß der bei einem Teile der Sandpflanzen vorkommende dorsiventrale
- Bau mit Palisadengewebe auf der Blattunterseite, obgleich die Blatt-
3 spreiten wagerecht sind, dem vom Sandboden reflektierten, starken Lichte
_ zugeschrieben werden muß.
49*
772 Serie der Stein- und Sandböden
Dornbildungen kommen bei Hippophaes vor und machen dessen
Gebüsche fast undurchdringlich, ferner bei Eryngeum, Genista Anglica,
@G. Germanica und Ononis (S. 263).
Gleichfalls kann angeführt werden, daß die Blätter vieler Pflanzen
namentlich von Rosettenstauden, oft dem Boden fest angedrückt sind
(z. B. Sonchus arvensis, Leontodon auetumnalis, Hypochaeris radicata,
Taraxacum), und daß viele Arten ihre Sprosse im ganzen wagerecht no
dem Sande ausbreiten, vermutlich wegen der Wärmeverhältnisse?).
Von Suceulenten gibt es nur einige Arten (Sedum acre).
Als Schutz gegen die mechanische Wirkung des Windes dienen ie
oben erwähnte bemerkenswerte Fähigkeit des Helms, seine Blätter in
großem Bogen mit der Rückenseite gegen den Wind zu wenden, und
diese festen, kahlen und glänzenden Blattrückenseiten selbst, die mit
hypodermalem Sklerenchym versehen sind. Ferner sind die großen
Blattscheiden, welche die Blütenstände des Helms, von Hordeum.
arenarium, Weingaertneria u. a. lange umschließen, offenbar ein gu
Schutz gegen jene Wirkung. 5
Tief gehende und wenig verzweigte Wurzeln, die teils u
reißen verhindern können, teils Wasser aus großen Tiefen heraufsch |
können, wenn die Oberfläche ausgetrocknet ist, haben viele Arten 2.
Calamagrostis arenaria, Hordeum (Elymus) arenarium, Carex are
(zweierlei Wurzeln; vergl. Buchenau, Warming) und Eryngium.
Wurzelhaare der grasartigen Pflaumen funktionieren lange; die Sanc
körner haften an den Wurzeln mehrerer Arten, z. B. beim Helm, . e
glauca und beim Strandhafer mit besonderer Kraft fest, und bilden 8
röhren um sie, welche gegen Vertrocknung schützen können, falls si
losgerissen werden sollten. Es ist dieses ein spezifischer a
charakter). N
Unserer nordischen Vegetation am ähnlichsten ist nos A an
anderen Küsten Nordeuropas vorkommende; aber es kommen andere Arten
hinzu, z. B. Euphorbia paralias und Convowulus soldanella in Nordwest-
deutschland, Holland und weiter südlich. Eine große Reihe von For-
schern haben sich mit der englischen, holländischen, belgischen Sand-
vegetation, besonders den Dünen, beschäftigt?). Mi
. Im Innern von Norddeutschland kommt, wie bereits oben.
wähnt, Sandboden (Gletschersand) mit Sandvegetation und hier und da:
oft mächtigen Dünenbildungen vielfach vor. Bis auf die allerdürrsten, wi
!) Warming 1907—09, 8. 259. Fig. 46, 154, 155.
?) Vergl. Volkens 1887; R. Price 1911; oben S. 235. =
°) Litteratur über nordeuropäische Dünen. Abromeit 1900; Buchenau 1
Gerhardt 1900; Giltay 1886; Graebner 1895 a, 1901, 1910; Hesselman 1908a; Massart
1893, 1908, 1912; Preuß 1910; Raunkiär 1889, 1909 b, 1913; Reinke 1903 b, 1909, 191
1912, 1915; Warming 1891, 1907 (1909); Thekla Resvoll 1906.
99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 773
sie besonders im östlichen Teile verbreitet sind, sind die meisten mit
Kiefern und Birken bewachsen. Ihre charakteristische Flora zeigt oft
viele Vertreter der Pflanzen der sonnigen Diluvialhügel (Steppen) und
daneben die typischen Sandbewohner, wie z. B. Dianthus arenarius,
Astragalus arenarius, Heliotropium arenarium, Antennaria dioeca, Heli-
chrysum arenarium, Euphorbia cyparissias, Potentilla arenaria und
Verwandte, Sedum-Arten, Calamintha acinos, Verbasceum-Arten, Galium
verum und @. mollugo, Hieracium püosella und viele andere, dazu die
Pulsatilla-Arten, besonders P. pratensis. Mit Ausnahme der heißesten
Fig. 340. Düne auf den Färöern.
Die Vegetation besteht hauptsächlich aus Calamagrostis (Psamma) arenaria
und Honckenya peploides. (Phot. Eug. Warming.)
Zeit zeigt die Vegetation fast das ganze Jahr Blütenschmuck. Von gras-
artigen Pflanzen sind meist in großen Mengen, oft größere Bestände
bildend, zu finden: Calamagrostis epigeios, Carex arenaria, Festuca ovina,
F.rubra, Weingaertneria canescens usw., auch Rumex acetosella überzieht
oft große Strecken durch ihre zahlreichen Wurzelsprosse (Fig. 73). Von
Gehölzen bildet besonders Sarothamnus scoparius oft große Bestände, die
. die Landschaft im Frühjahr oft weithin gelb färben. Des Vorkommens
vieler einjährig überwinternder Arten wurde schon oben gedacht').
1) Graebner 1909, 1910 b.
774 Serie der Stein- und Sandböden
Auch im Süden Europas treten ähnliche Sandvegetationen
z. B. auf dem alten Meeresboden der ungarischen Ebenen; Borbas ı
Kerner!) haben dessen Vegetation geschildert. Hier findet man im
klange mit dem losen Boden dieselben meterlangen Wurzeln und R
(z. B. bei Festuca vagınata, die hier die Rolle des Helms zu
scheint) und denselben Schutz gegen Transpiration; von hier
auch knollenförmige unterirdische Organe angeführt.
Adamovi6?) hat die Dünen Serbiens geschildert. Hier
ersten Ansiedler das einjährige Polygonum arenarium und Veronica
phyllos; ihnen folgen Medicago minima, Bromus-Arten, Viola tricolor
Später kommen dann auch zweijährige und ausdauernde Kräu
Vom zweiten Jahre an erscheinen die ausdauernden Pflanzen,
bilden sich verschiedene Assoziationen, wie die Festuca-Assozia
Euphorbia-Assoziation u.a. Sanddünen können in die Sand-Pußta
die Sandsteppe übergehen. =
Der Dünensand ist übrigens verschieden; teilweise ist er aus yı
wittertem Nummulithenkalk gebildet, und auf diesem kommen eine Men
kalkliebender Pflanzen vor. Die Sandmassen werden teils von kriecl
Stengeln, teils von starken, langen Wurzeln durchzogen. Dün 1,
steppen, samt Wäldern auf Sandboden in Südrußland aan u
in Englers Jahrb. Bd. 50.
Die Dünen der Färöer (Fig. 340) vergl. bei Ostenfeld
von Island bei Jonsson 1905 und Thoroddsen 1914. Nach
ist Hordeum (Elymus) arenarium das am meisten charakteristi
oft mit Festuca rubra arenaria und, wenn der Sand ruhiger gewo )
mit anderen Arten gemischt. Ausgedehnte Strecken werden vo
Arten bedeckt, und auch Betuleta können auftreten. Der Fl
oft schwarz, vulkanischer Herkunft; die Neubesiedelung der Wi
wird auch von ihm besprochen. Vena in diesen und anderen
Gesträuche und selbst Wälder sich auf den Dünen oder
auf Flugsand entwickeln können, so mag der Grund dazu wohl
zu suchen sein, daß tiefgehende Wurzeln ihnen das nötige \V
verschaffen.
Was die Polargegenden betrifft, so sind z. B. die grön
von Rosenvinge, Porsild und Hartz und Kruuse®) besprochen
die des Weißen Meeres von Pohle®); hier fehlt Calamagrostis
arundinaria und wird durch Hordeum (Elymus) arenarium,
und andere Spezies ersetzt.
!) Kerner 1863.
2) Adamovic 1904, 1909 a.
®) Rosenvinge 1896; Porsild 1902; Hartz und Kruuse 1911.
*) Pohle 1903.
Hi # '99. Kap. Assoziationen der Sandvegetation in Europa 775
— Chodat!) schilderte die Dünen am Südufer des Genfer Sees, und
- in Verbindung damit die Assoziationen der Strandvegetation und der
_ Flußufer. Er führt ein neues Wort, „Garide“, in die Wissenschaft
ein, um eine Vegetation zu bezeichnen, welche mit den französischen
Garigues Ähnlichkeit hat und auf „aridem“, also sehr trockenem Boden
vorkommt; er vergleicht sie mit der deutschen „Steppenheide“, sie hat
aber floristisch und morphologisch große Ähnlichkeit mit der Dünen-
vegetation. Sie kommt im Rhonetal und in den Jurabergen vor, auf
offenen, besonnten und auch mehr oder weniger steinigen Lokalitäten;
daher sind die Pflanzen xeromorph, kleinblättrig, behaart, niedrig, ge-
_ krümmt usw.; sie haben oft unterirdische Wasserbehälter und ein großes
Wurzelsystem. Die Vegetation ist besonders zusammengesetzt aus Sträu-
‚chern wie Juniperus communis, Berberis vulgaris, Ligustrum vulgare,
Arten von Rosa u.a., ferner aus einer Reihe von Halbsträuchern und
Kräutern, darunter auch psammophile Arten, die sich zum Teil auch in
der Landvegetation an der mediterranen Küste wiederfinden. Es scheinen
die Gariden zwischen die Sandfluren und die Steinfluren der Garigues
estellt werden zu müssen.
Die Dünen an der Mittelmeerküste sind niedrig und unbedeutend;
ie Flora ist von der unserer nordeuropäischen Dünen recht verschieden,
‚namentlich viel reicher an Arten, und es scheinen viel mehr Arten grau-
filzig zu sein. Die sandbindenden Gräser sind Calamagrostis (Psamma)
renaria, Oynodon dactylon u.a. Selbst so weit gegen Osten, wie auf
Cypern, gehören Triticum junceum und Calamagrostis (Psamma) arenaria
zu den wichtigsten sandbindenden Arten, aber neben ihnen ist z.B.
Imperata eylindriea zu nennen’).
Im Rhonedelta sind die Dünen mit fast undurchdringlichen aro-
matischen Maechien bewachsen, deren Gebüsch aus Juniperus Phoenicea
_ (die 6—8 m hoch wird), Pistacia lentiscus, Phillyrea angustifolia, Ta-
_ marix Gallica, Ruscus aculeatus u. v.a. besteht. Auf alten Dünen bilden
‚sich oft Wälder von Pinus pinea oder P. Halepensis mit Macchia- oder
Gariguepflanzen als Unterholz.
_— Sandvegetation wie die behandelte mit ähnlichem oder anderem
Schutz gegen Transpiration, mit vielen bei uns in Europa unbekannten
Lebensformen findet man auch sonst auf der Erde, sind aber (Nord-
amerika ausgenommen) bisher ökologisch wenig untersucht worden.
er Wir müssen uns mit zerstreuten Notizen begnügen.
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2) Chodat 1902.
2) Flahault 1893; Flahault und Combres 1894; BRaunkiär 1909b, 1914;
Holmboe 1914.
776 Serie der Stein- und Sandböden
100. Kap. Dünen außereuropäischer Länder
Die Ökologie der Sandpflanzen anderer Länder ist im ganzen \
bekannt. Doch sind einige Züge hier und da erwähnt, welche ze
daß die wichtigsten obengenannten Eigentümlichkeiten auch
finden sind; z.B. hat der dänische Botaniker Hj. Jensen!
squarrosus in‘ Java erwähnt und abgebildet; er sagt ausdrüc
diese Pflanze die Rolle von Elymus und Psamma in Nordeuropa
nimmt; sie hat ebenso lange Ausläufer, aber sie sind oberir s
bei verschiedenen anderen tropischen Dünenpflanzen?),
Afrika. In Afrika werden die Faktoren der Sandböden
Faktoren eines Wüstenklimas kombiniert, und die Vegetation |
noch extremer xeromorph als in Nordeuropa; wir kommen hie
Sandwüsten mit ihren Dünen, im Osten von Nordafrika Be
im Westen Erg genannt.
Die ungeheuren Gebiete mit Sandboden finden sich teils a
Küsten, teils im Inneren (Sahara usw.). Echte Flugsanddün
man in der Sahara (Fig. bei Schirmer und Massart 1908) und
nach Syrien, Turkestan usw.; sie erreichen eine Höhe von 1(
sind oft fast ganz pflanzenleer. Die Dünen entstehen oft um
welche den Sand aufsammeln (Astragalus-Arten, Genisten,
Calligonum comosum u.a.), und welche auch befähigt sind
sich ständig anhäufenden Sande im oberen Teile weiter zu w
Charakterpflanzen, die sonst noch hier vorkommen, können
den: Aristida pungens, Genista Saharae, Retama monosperm«
Guyoniana, Scorzonera, Serophularia Saharae, Reaumuria
Saccocalyx satureoides, Ephedra alata u. a., die man teilw
Sandwüsten Asiens wiederfindet.
Die Vegetation ist am Tage der brennendsten Hitze
einer bedeutenden Kälte ausgesetzt; hier gibt es eine sehr la
Zeit und eine kurze Vegetationszeit; oft fällt jahrelang kein
Pflanzen müssen dazu eingerichtet sein, teils sich gegen jene
teils diese auszunutzen (vergl. Kap. 114, Wüstenvegetation)
In den Dünentälern ist die Vegetation anders als auf
hier kann eine halbstrauchartige Artemisia, die bis 0,6 m hoh
sperma, oft weithin die Täler überziehen. Es kann dabei bem
daß der Sand den Regen aufnimmt, und auch hier wie im
unter der Oberfläche (S. 106f.) feucht ist, daher die Sandv
2) Hj. Jensen 1905.
?) Vergl. auch Ipomoea pes caprae, Canavalia u.a., Kap. 50.
Dünen außereuropäischer Länder 777
ben weit günstiger sind als Felsen und Felsblock- oder Stein-
Vergl. im übrigen Kap. 114—116: Die Wüsten). |
- Socotra schreibt Engler, daß die trockene, von Flugsand
Ebene im Süden eine extrem xeromorphe Wüstenflora be-
Fast alle Pflanzen zeigen das den Wüstenpflanzen eigene
der Sprosse und Blätter, manche auch dichte Behaarung.
sind es dornige Halbsträucher mit sparrigen Ästen und kleinen
reduzierten Blättern, ferner Stauden mit tiefgehenden Grund-
uceulenten und Einjährige.
ı Deutsch-Südwestafrika hat dichte, hier und da undurch-
Gebüsche, die die Dünenhügel des Strandes mit Lebensformen
n, welche entweder zu der Eriken-, der Myrten- nnd der Oleander-
jer zu sehr verschiedenen Familien gehören, oder welche durch
wollige Behaarung oder auf andere Weise gegen starke Tran-
geschützt sind. Ein sehr merkwürdiger Strauch der afrikani-
nen ist die Naras, die Cucurbitacee Acanthosieyos horrida,
® Höhe eines Mannes erreicht. Ihr fehlen Blätter; aber Dornen
den verfilzten Zweigen, in welchen die Spaltöffnungen in
chen versteckt sind, paarweise so dicht und in solcher Menge,
hdringliche Gebüsche, wie unsere Hippophaös-Gebüsche, ent-
‚Die Wurzeln können 15 m lang und länger werden und die
ines Armes erreichen; sie dringen bis zum Grundwasser hinab.
de häufen den Sand um die Pflanzen auf, aber die Sprosse
t den Sandmassen und kommen wieder nach oben, ganz wie
in unseren Dünen. Marloth erwähnt auch andere Pflanzen
dfluren®). |
Vegetation Südafrikas weicht offenbar, weil das Klima ganz
t, von der Sandvegetation Nordafrikas bedeutend ab. Marloth?)
die Dünenvegetation des Kaplandes. Als wichtiger Strauch
*ica cordifolia mit zahlreichen unterirdischen Zweigen erwähnt.
ea empetroides scheint an die Nähe des Meeres gebunden zu
meisten Dünensträucher gehören zu Familien, welche in der
hen Flora weit verbreitet sind (Anacardiaceen, Celastraceen,
1, Santalaceen u.a.). Auf den Dünen werden auch australische
angepflanzt, welche ebenso gut wie in Australien gedeihen
saligna, A. cyelops).. Nach Engler kann man unterscheiden:
lockeren, trockenen Steppensand, welcher ausgelaugt ist und
Nährstoffe enthält; er trägt oft hochstämmigen, meist unter-
Über die afrikanischen Dünen vergl. Flahault; Rikli und Schröter 1912;
ı-Jerosch und Heim 1908; Massart 1898 a.
'®) Marloth 1908.
178 Serie der Stein- und Sandböden
holzlosen, lichten Trockenwald von laubabwerfenden Bäumen, welche
jedoch infolge des in ihren Wurzeln und Stämmen aufgespeicherten
Wassers noch grünes Laub während des größten Teiles der Trocken-
zeit besitzen und sogar während derselben blühen und Frücht y
bilden; 2. nicht tiefen Sand über steinigem Boden, mit arme
Buschgehölz besetzt, welches sich stellenweise zu undurchdrin
lichem Gestrüpp verdichtet; 3. humosen, lehmigen Sand mit größer
Grundfeuchtigkeit, auf welchem sich Ufer- oder Niederungswald €
wickelt.
Auf den Hochebenen des Kaplandas kommen stellenweise Sand-
ebenen vor, welche ganz vegetationslos sind. Es kommen auch and
Ebenen mit tiefem, beweglichem Sande vor, welche zu gewissen Jah
zeiten ganz überschwemmt sind. Hier entwickelt sich eine sehr ver
schiedene, eigentümliche Vegetation, hauptsächlich durch Restion:
charakterisiert, Restionaceen-Heiden ).
Es ist offenbar, daß sich hier Sandböden vorfinden, deren Vege-
tation nach den edaphischen und klimatischen Faktoren sowohl un
sich recht verschieden ist, als auch von derjenigen der nordafrikanise
Wüsten bedeutend abweicht. Es muß der Zukunft überlassen a
Nähere hierüber aufzuklären.
Asien. Nach den klimatischen Verhältnissen ist die Vegei
der Sandfelder und Sanddünen sehr verschieden. Es kann z.B
geführt werden, daß auf den Sanddünen der Kirgisensteppen
Betula, Populus, Salix und Ulmus zusammen wachsen. Die meist se
Sandessenden scheinen sonst typische Sandwüsten zu sein. Kots
schildert das unendliche, isabellgelbe Sandmeer östlich von Suez; Dü
bildung veranlaßt hier z. B. Nitraria tridentata. Die De
bindenden Pflanzen der transkaspischen Steppen sind Carex phy
und Aristida pungens. Auf Sandboden treten außerdem die teil
blaugrünen und blattlosen Arten von Oalligonum, Pteropyrum, Ephedı
und Ammodendron (Papilionacee) auf, auch die merkwürdigen, bis 3—8
hohen und bis über 1 m dicken (gewöhnlich doch nur 15—30 em stark
Saxaul-Bäume (Haloxylon ammodendron), die beinahe Wälder |
(vergl. Halophytenvegetation), aber nach Bessey einen Unterkaa
Ton oder Kalk verlangen.
Eine eingehende, durch morphologische und anatomische Dars
der betreffenden Arten gründliche ökologische Schilderung der
kaspischen Sandvegetation gibt der dänische Botaniker O. Paulse
Transkaspien ist Arzstida pennata der erste Pionier auf dem Fl
21) Marloth 1908.
2) O. Paulsen 1912a, b. Mit 79 Figuren.
N 100. Kap. Dünen außereuropäischer Länder 779
Wenn der Sandflug durch die Wirksamkeit der Aristida etwas weniger
lebendig geworden ist, siedeln sich verschiedene Rutensträucher an, z.B.
ag Ammodendron Conollyi und A. Karelini, Calligonum- und Salsola-Arten,
4 - Haloxylon ammodendron usw. Zwischen den Sträuchern können auch
= _ Kräuter vorkommen. In den beweglichen (weißen) Dünen sind 62°/o
Ei _ der Kräuter einjährig. Wenn der Sandflug aufhört und die Vegetation
dichter wird, werden die Ammodendron-Arten selten, Salsola arbuscula
I: und Calligonum-Arten dominieren. Kräuter werden häufiger, besonders
= ‚die mehrjährigen, die hier 56°/o der krautartigen Arten ausmachen.
a Am besten ist die Vegetation der Sandebenen dort ausgeprägt, wo zwar
auch die Rutensträucher dominieren, wo aber viele Stauden und ein-
_ jährige Pflanzen wachsen. Die Mehrzahl der Kräuter gehören der
ahlingstlora an. 25°/o der Kräuter sind einjährig. Mit Ausnahme
der Aristida-pennata- Assoziation sind die Sandsteppen demnach den
- Strauchsteppen (Kap. 111) nahe verwandt').
Von den Sandpflanzen der Küsten des indischen Ozeans ist, nach
Cleghorn und Goebel, besonders Spinifex squarrosus hervorzuheben, ein
‚blaugrünes, steifes Gras mit weit kriechenden, unterirdischen Ausläufern
und schmalen Blättern. Seine fast kopfgroßen Blütenstände sind kugel-
förmig, federleicht und haben steife, elastische, lange Ährenstiele, die
nach allen Seiten auseinander spreizen; sie werden, in großen Sprüngen
hüpfend, vom Winde über den Sand hin gerollt und streuen bei dieser
Bewegung ihre Samen aus (Steppenläufer). Oben (S. 439) wurde Spinifex
von den Dünen Javas nach Hj. Jensen erwähnt. Er erwähnt auch, daß
z.B. Pandanus und Calotropis gigantea auf den Dünen wachsen, und
selbst eine Zwiebelpflanze, Gloriosa superba, deren Zwiebeln oft metertief
im Sande zu suchen sind.
E: Nordamerika. Die nordamerikanischen Botaniker Cowles, Coville,
: ‚Rydberg, Kearney, Pound and Clements, Hitchcock, Harshberger, Fuller,
Harper, Pool u. a. haben in den letzten Jahren eine lange Reihe von
ausgezeichneten Bearbeitungen ihrer Sandvegetation veröffentlicht. Nur
wenige Worte können hier darüber gesagt ‘werden. Eine besonders
große Rolle für die genannten Schriftsteller spielt das Studium der
Entwicklungsserien („Successions“) der verschiedenen Formationen; dazu
kommt, daß man mit Instrumenten, wie Athmometer, die Entwicklung
in Verbindung mit der Verdunstung und dem Bodenwassergehalt
_ bringt und erklärt?). Auch die „Blowouts“ sind gründlich floristisch
besprochen worden.
2) Über Centralasiens Dünen vergl. auch Bessey 1905 in Karsten u. Schencks
Vegetationsbilder, III, 2.
®) Vergl. z. B. Fuller 1914.
780 Serie der Stein- und Sandböden
Auf den Dünen der Ufer des Michigan-Sees, die besonders von
Cowles studiert sind, spielt als Dünenbildner die Hauptrolle Calama-
grostis (Psamma) arenaria, in zweiter Linie sind zu nennen Tritieum
(Agropyrum) dasystachyum, Elymus Canadensis, Calamagrostis longi-
folia, Salix adenophylla, S. glaucophylla, Prunus pumila und Populus
monilifera. Sobald einer der Weidenbüsche vom Sande begraben ist,
treiben die bedeckten Zweige Wurzeln. Ebenso wachsen Populus mo
nilifera und P. balsamifera am Ufer auf und bilden Gebüsch- u
Baumgruppen, die die Ursache zur Sandansiedlung werden können.
Genau wie bei den nordeuropäischen Dünen werden allmählich die Leben
bedingungen für die dünenbildenden Pflanzen ungünstige. Die Dü
wird hoch und trocken und die Pflanzen sterben allmählich ab, d
Fläche wird wieder kahl und der Sand wird wieder in Bewegung g
setzt. Manche Arten, wie die Calamagrostis, können durch ihre ver-
webten Grundachsen noch nach dem Absterben sandbindend wirke
andere, wie die Pappeln, können dies nicht. Auf der Leeseite wachs
Weiden, Pappeln, Vitis cordifotia, Gräser und auch andere Dünenpflan
auf der Windseite fehlen sie naturgemäß, da sie bei der Schnelli:
der Oberflächenveränderung nicht Fuß fassen können. Je weiter die
vom Ufer entfernt ist, je schwächer die Windwirkung ist und je
sie etwa durch vorgelagerte Dünen geschützt ist, desto schneller bewäe
sie. Die erste Pflanze, die auf der Leeseite der sich nur noch
bewegenden Wanderdüne erscheint, ist Calamagrostis (Psamma) (
dann erscheinen Asclepias Cornuti, Equisetum hiemale und Calam
longifolia. Innerhalb weniger Jahre ist die Leeseite von Sträue
und Bäumen bedeckt, z. B. von Cornus alba (C. stolonifera), Salix aa
phylla, 8. glaucophylla, Vitis cordifolia, Prunus Virginiana und
Americana. Die Sträucher unterdrücken die Kräuter; Bäume wachsen auf
und bilden einen Wald, in dem Pappeln, Eichen, Kachöi Walnüsse, Sassa-
fras und andere Bäume wachsen; an ihnen klimmen zahlreiche Lianen;
Celastrus scandens, Vitis cordifolia, Rhus toxicodendron, Parthenoeciss
quinquefolia und Smilax hispida. An offenen Stellen und am Wald-
rande sind die Sträucher zahlreich; zu den ursprünglichen Arten ge-
sellen sich viele andere. Die Mehrzahl der Arten in den Dünenwäldern,
wie wir sie ganz ähnlich auch an der Ostseeküste in Europa fin
sind ausgesprochene Mesophyten. An der Windseite sind es einjäh
und zweijährige Kräuter, die sich zuerst ansiedeln; unter ihnen spiel 1
Corispermum hyssopifolium, ebenso wie nach seiner Einschleppung ii
Europa an ähnlichen Orten, die Hauptrolle. Auch hier erheben sich |
Laufe der Zeit Sträucher und bilden eine Formation‘), die zusammen
gesetzt ist aus Arctostaphylos uva ursi mit Juniperus saDııR und
1) Cowles nennt diese Formation „Heide“.
100. Kap. Dünen außereuropäischer Länder 781
J. communis. Im Schutze der Strauchformation keimen Baumgehölze und
bildet sich ein Nadelwald von Pinus strobus, P. Banksiana, P. re-
in0sQ, Thuja oceidentalis, Abies balsamea und Juniperus Virginiana.
“Unter den Bäumen wachsen Dünensträucher, im Schatten siedeln sich
Moose an. An den Ufern des Michigan-Sees ersetzt Buschland von
Quereus coccinea teilweise die Nadelholzwälder.
In Virginia und Nord-Carolina sind nach Kearney!) Calamagrostis
amma) arenaria, Uniola paniculata, Panicum amarum und Iva im-
ata die ersten sandbindenden Arten. Später werden vom Ufer her
Fig. 341. Sandhügel östlich von Yuma (Colorado, Nordamerika)
mit Yucca glauca, Artemisia filifolia, Menzelia nuda (vorne links), Andropogon
scoparius (oder A. Hallüi). 10. August 1913. (Phot. G. E. Nichols, New Haven ct.)
Dünen mit Grasland aus Psamma und Panicum besiedelt, in dem
iucher von Myrica Carolinensis, Quercus Virginiana und Khus copallina
'hsen. Die ältesten Dünen sind mit Kiefernwald bedeckt.
- Die Dünen von Nebraska sind mit folgenden sandbindenden Gräsern
wachsen: Calamovilfa longifolia, Redfieldia flexuosa, Eragrostis tenuis,
er mit Muehlenbergia pungens und vielen anderen.
Die Sandhügel in Georgia sind nach den Darstellungen Harpers
vielen Bäumen und Sträuchern bedeckt (Arten von Quereus, Pinus),
%) Kearney 1901.
7823 Serie der Stein- und Sandböden
dazu Lianen und viele ausdauernde Kräuter, aber die einjährigen sin
auch sehr zahlreich. Eine Anzahl Arten sind immergrün. Man bemerk
dadurch schon die Nähe der Tropen !). |
In den sandigen Gebieten des nördlichen Mexiko (in der Tularosa
Wüste) bilden sich Dünen, in denen Yucca radiosa die wichtigste sand
bindende Pflanze ist; ihre Wurzeln streichen wagerecht auf eine Ent
fernung von über 10 m; ihr Stamm kann ohne zu leiden vom Sandı
eingedeckt werden; man hat bis zu 10 m lange eingeschüttete Stämm
beobachtet. Zwei Gräser (Andropogon und Sporobolus), wenige Sträucl
und Halbsträucher mit vielen einjährigen Arten vervollständigen d
Vegetation?). Der Triebsand in der Tularosa-Wüste wird von. Gips
nicht von Kiesel gebildet.
In Südamerika kommt Sandvegetation an den Küsten vor, al
auch im Innern von Chile?) und der Argentinischen Republik gib
ungeheure Sandgebiete und mächtige Dünen®). Außer mehreren
arten (Cenchrus, Diachyrium, Bouteloua) wachsen hier andere, me
scheinbar blattlose Pflanzen: die Zygophyllee Bulnesia retamo, & g:)
echte Sandpflanze, die dem Vordringen des Sandes oft eine
steckt, Ephedra- und Cassia-Arten, Mimosa ephedroides, die Bo
Cortesia cuneata u. a.
In den Argentinischen Anden unterscheidet Rob. Pi
In Australien spielt nach Diels®) in den Dünen ein Gras
raphis rigidissima, dieselbe Rolle wie Aristida pungens in der alten Wel
Exocarpus, ferner die Gattungen Frenela, Eucalyptus, Fusanus,
donocarpus. Casuarina scheint eine charakteristische Dünenpfla
zu sein. --
Neuseeland. Nach Cockayne finden sich Dünen auf dem Vul
plateau mit Podocarpus nivalis, Dacrydium laxifolium, Drasepe
recurvum, Olearia nm arolln Ui;
!) Litteratur: Coville 1893; Cowles 1899; Fuller 1911, 1914; Gleason 1
Harper 1906; Harshberger 1900, 1902, 1911a; Hitchcock 1904; Kearney 1904;
1912; Pound and Clements 1898; Rydberg 1895; Mac Dougal 1903, 1912; Anna
1912; Pool 1913. Die „Sand plains succession“ wurde auch von Nichols in co necti
studiert (1914). :
?) Vergl. Coville und Mac Dougal 1903.
®) Albert 1900.
*) Brackebusch 1893; Hauman Merck 1913 b.
5) Rob. E. Fries 1905; Gassner 1913.
®) Diels 1906, mit Abb. von Pritzel. Vergl. auch Ostenfeld 1915 b.
EEE RT
100. Kap. Dünen außereuropäischer Länder 7183
Später hat Cockayne andere Veröffentlichungen über die Sand-
vegetation Neuseelands herausgegeben. Eine verholzte Lupine, Zupinus
arboreus, wird als Sandbinder benutzt; andere ebenso benutzte Arten
sind Seirpus frondosus und Spinifex hirsutus; die niederliegenden Sprosse
dieser letzteren werden viele Fuß lang; zuerst liegen sie oberflächlich
auf dem Sande, sich durch viele Nebenwurzeln befestigend, aber zuletzt
bohren sie sich in den Sand hinein, und nur Horste von langen, mit
silberweißen Haaren bedeckten Blättern sind über dem Sande zu sehen.
Nach dem Gürtel der weißen Dünen mit den sandbindenden Arten folgt
ein Strauchgürtel mit Coprosma, Cassinia, Pimelea u.a., und ein dritter
Gürtel mit Leptospermum. scoparium, Arundo, Phormium u. a.!).
Aus der eben gegebenen Darstellung der Vegetation der Dünen
und des trockenen Sandbodens geht erstens hervor, daß solche Stand-
orte in allen Gegenden der Welt, in allen Klimaten vorkommen, von
den Polargegenden bis zum Äquator, von den regenreichen Küsten Nord-
europas bis in die trockenheißen Binnenländer der großen Kontinente.
Es folgt daraus, daß die Flora des trockenen Sandbodens äußerst ver-
schieden sein muß.
Zweitens ist es einleuchtend, daß es gerade hier mehr als sonst
sehr schwierig sein muß, scharfe Grenzen zwischen den Formationen
ziehen zu können; die große Unbeständigkeit und Veränderlichkeit der
F- Dünen, jedenfalls in ihrer ersten Lebenszeit, tritt hier hindernd in den
Weg. In älteren Dünen, die schon festgelegt sind, oder in den trocke-
nen Sandebenen ist eine Abgrenzung schon leichter. In einer typischen
Dünengegend wird ferner eine scharfe Abgrenzung, auch wegen der
chaotischen Vermengung von Hügeln und Tälern, mit der verschieden-
artigsten Exposition und Höhe über dem Grundwasserstande zu den
Unmöglichkeiten gehören. Kleine Stücke vieler verschiedener Formationen
werden miteinander bunt gemischt erscheinen.
Im allgemeinen kann man wohl sagen, daß die beweglichen Dünen
vorzugsweise mit größeren Gräsern, die tiefliegende Ausläufer haben,
bewachsen sind. Mit der Zeit, wenn die Düne ruhig wird, siedeln sich
andere und kleinere, krautartige Pflanzen in den großen Zwischenräumen
zwischen ihren Sprossen an, darunter sowohl einjährige (sommerannuelle
4 und winterannuelle) wie pollakanthe Kräuter und Gräser, Algen, Moose
und Flechten; die Vegetation wird immer dichter und dichter, bis zuletzt
der Boden zum Schluß ganz bedeckt ist. Später kommen dann andere
Lebensformen wie Halbsträucher, Kriechsträucher, Zwergsträucher, Hoch-
sträucher und schließlich Bäume hinzu. Die Entwicklungsfolge kann aber
auch in anderer Weise vor sich gehen.
%) Diels 1896; Cockayne 1904, 1908, 1909a, 1910, 1911.
784 Serie der Stein- und Sandböden
Die eine Formation geht somit allmählich in eine andere ü
Die Vegetation der festliegenden Dünen stimmt floristisch vielfach
der Vegetation der Sandfelder und Sandfluren desselben floristise
Gebietes, selbst mit den ganz ebenen, wenn nur das Grundwasser
liegt, überein. |
Die Pflanzen der offenen, weißen Dünen, sowie die der festli
Dünen in ihren ersten Entwicklungsphasen, sind im großen und
xeromorph. Mit der Zeit, wenn andere und höhere Formatio
entwickeln, ändert sich dies, da gleichzeitig auch die Bodenver
sich oraudarn, denn nach und nach bildet sich eine une
im Schatten der Gebüsche und Wälder kommen auch mesomo) D
zur Entwicklung. Die Transpirationsverhältnisse in dem gaı 1Ze1
ändern sich auch, wie Fuller in Nordamerika durch se:
alten Dänenbodan‘
101. Kap. Hartlaubvegetation 785
VI. Serie. Hartlaubvegetation der Gebiete
mit Winterregen
(12. Klasse; vergl. S. 320)
ea rl a Ban Th a re a
101. Kap. Hartlaubvegetation. Hartlaubformationen
4 Der Ausdruck Hartlaub (Sklerophyli)!) stammt von Schimper’);
er bezeichnet damit xerophytisches Buschgelände und Busch-
\ 3 wald in subtropischen Gebieten mit Winterregen, weil das
schmale, dicke, ganzrandige, immergrüne Blatt in diesen Gebieten so
- außerordentlich häufig ist, im Gegensatz zu dem breiten, weichen Blatte
- der Mesophyten in den temperierten Gegenden.
Be Solche Gebiete mit Winterregen sind die Mittelmeerländer, Kali-
fornien, der südwestliche Teil der Kapkolonie, die Küstenstriche von
‘ Süd- und Westaustralien und Chile zwischen 30 und 38° südl. Br. Das
Klima ist nach Köppen mesotherm. Theobald Fischer hat?) die mittlere
- jährliche Regenmenge der Mittelmeerländer zu 759,4 mm berechnet,
also mehr als für Deutschland (708,9 mm), aber die Verteilung der
Regen ist der ausschlaggebende Faktor: der Regen fehlt, wenn die
Wärme am größten ist; der Sommer ist fast regenlos, der Niederschlag
_ weniger als 50 mm. — In den genannten Gebieten sind die Winter
_ mild, selbst wenn leichter Frost vorkommt. Der Regen fällt in wenigen
- aber heftigen Schauern; der Winter erfreut sich vielen Sonnenscheins.
— Der Sommer ist trocken; die leichten Regenfälle sind wenig häufig;
es herrscht längere Zeit eine Trockenruhe der Vegetation. Mehr im
- Innern großer Kontinente ist der Winter oft sehr regenarm, wie z. B.
in dem südlichen Kalifornien, im Innern Chiles, Spaniens, Klein-
_ asiens usw. In solchen Gebieten überwiegt die Halbwüste. Wo indessen
‘ die Winterregen reichlicher sind, ist das Land mit niedriger Halb-
strauch- und Buschvegetation bedeckt. Wohl entwickelter Wald ist
ndessen selten.
no - .
Se OUT per: REIT RIEF =
eure RE
1) Von oxXmpöc, hart, steif und „öAkov, Blatt.
2) Schimper 1898.
®) Nach Rikli u. Schröter 1912. Vergl. die Hydrothermfigur S. 61.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 50
786 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
Eine Verlängerung der Sommertrockenheit ist der Vegetati
lich, daher die Seltenheit großer Bäume. Diese sind klein, mit ]
Stämmen und Ästen, meist bleiben sie strauch- oder halbs
Die Blätter der Bäume oder Sträucher sind in der Regel
und in verschiedener Art gegen Austrocknung geschützt, d
Bau nicht so ausgeprägt wie der der Wüstenpflanzen. Deı
laub ist insofern nicht gut, als es auch andere Vegetation
gibt, deren Blätter überwiegend hart und steif sind, z. B.
wälder in Patagonien, die Ratawälder in Neuseeland. D
auch das Natürlichste sein, hier auch Formationen anz
Blätter vom typischen Hartlaub etwas abweichen, aber
xeromorph sind. Die häufigste Anpassung ist die Redukti
spreite und deren charakteristische Form; die Blätter :
ungeteilt, Blätter von mittlerer Größe sind selten und
an besonders begünstigten Stellen. Unter den verschieden
sind zu erwähnen: das breite elliptische Blatt, das h:
förmige Blatt, das ericoide, wie das von Erica, Elytro
cerotis, Oliffortia falcata u. a., das pinoide Blatt an
Capensischen Familien, das linealische eingerollte Blatt
Labiaten; dreizählige und gefiederte Blätter kommen vor bei
nosen, bei Pistacia und Cunonia Capensis.
Die meisten Blätter sind steif, diek, stark eutieula
durch Wachsausscheidungen: bläulich bereift und reich an
die Intercellularräume sind reduziert. Nach Guttenberg
alle immergrünen hartlaubigen Blätter des Mittelmeerge
charakteristischen Mechanismus zur Verhinderung des Z
des Assimilationsgewebes in Gestalt von Hilfszellen oder
Die Blattunterseite ist mitunter behaart; selten sind beide
haarig. Knospenschuppen sind nicht häufig.
Winter und Frühling sind die Hauptzeiten des Zı
Hartlaubvegetation, wenn auch kurze Kälteperioden im
wachs unterbrechen. In den Mittelmeerländern beginnt
die Blütezeit vieler ausdauernder Frühlingskräuter und i
die Sträucher an zu treiben?). Im Sommer blühen n
xerophytisch gebaute ausdauernde Kräuter; die a
Knollengewächse ruhen zu dieser Zeit im Boden, die einjäh
tragen Früchte und Samen. Im Spätsommer und Her
mannigfache, jenen des Frühlings in den kühleren Kine
Lebenserscheinuugen auf.
1) Guttenberg 1907.
2) Vaupell 1858,
13 102. Kap. Formationen von Halbsträuchern und Kleinsträuchern 1787
Be: Die Lebensformen sind verschieden. Nach Raunkiär haben die
\ Mittelmeerländer Therophytklima, d.h. sie sind reich an sommerannuellen
_ Pflanzen‘). Übrigens kommen sowohl Kräuter als Halbsträucher und
echte Gehölze vor.
Danach unterscheiden wir zwischen
Formation der Halbsträucher und Kräuter (Garigues, Tomillares);
Formation der Zwergsträucher und „Landes“;
Formation der Hochsträucher (Maquis);
_ Formation der Wälder.
108. Kap. Formationen von Halbsträuchern und Kleinsträuchern
e (Felsentriften, Felsensteppen, Halbstrauchsteppen)
ge Auf Steppen und Savannen sind die Gräser vorherrschend, Stauden,
b: 3 Halbsträucher und Sträucher in der Minderzahl; es gibt indessen andere
y _ xerophile Vegetation, bei der das Umgekehrte der Fall ist, die aber
im übrigen je nach den Gegenden ein sehr verschiedenes Aussehen
hat. Im allgemeinen kann sie „Felsensteppe*“ ?) genannt werden. Der
Felsenboden liegt der Oberfläche nahe und tritt oft zutage, wodurch
die ganze Vegetation sehr mannigfaltig wird; sonst ist der Boden gewiß
yewöhnlich ein fester Ton. Beispiele für diese Art Vegetation sind
nde:
Die Garigue. Von den trockenen, hügeligen und bergigen Gegen-
den Südfrankreichs, in den Südalpen und bis zu den Felsen Griechen-
lands und Syriens findet man eine sehr verbreitete, in Frankreich „la
2 garigue“ genannte Vegetation. Flahault hat sie wiederholt behandelt;
später namentlich Rikli, Schröter und Tansley, Chodat?).
Der Boden hat keinen Humus, ist flachgründig und steinig und
_ meist sehr kalkreich; die Felsen liegen oft nackt. Kleine Sträucher,
Halbsträucher und Kräuter bemächtigen sich bald des Bodens und der
Felsenspalten und schmücken sie trotz der scheinbaren Dürftigkeit mit
_ einer bunten Mamnigfaltigkeit;. nirgends kommen sie jedoch zu einer
geschlossenen Decke zusammen; die Vegetation ist offen und der
- starken Insolation ausgesetzt. Die Farbe der Landschaft wird oft mehr
_ dureh den Boden als durch die Vegetation. hervorgerufen. Hier entwickelt
2) Raunkiär 1914.
2) Mit einer Heide hat dieser Verein, ausgenommen vielleicht die Luftfeuchtig-
keit, ökologisch nichts gemein, sein Boden ist nährstoffreich, der Steppe entsprechend
trocken (Gr.).
= #) Flahault 1888, 1893, 1901b, 1906b; Chodat 1909; Rikli u. Schröter 1912,
Vergl. auch Tansley, Journ. of Ecol., I.
| | 50*
788 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
sich die echte mediterrane Flora. Der Winter hemmt deren Ent-
wicklung kaum; gewisse Arten wachsen das ganze Jahr hindurch, z.B.
Ruseus aculeatus, und mitten im Winter kann man viele Pflanzen
blühend finden. Das Frühjahr (April, Mai) ist die schönste Zeit d
Vegetation. Der Sommer hingegen mit seiner Regenlosigkeit und Hit
bringt eine Ruhezeit hervor; dazu kommt, daß der Boden sehr trocke
ist; „das wenige Wasser sickert sofort in die Tiefe, so daß bei der täg
lichen intensiven Insolation der Boden oberflächlich steinhart au
getrocknet wird“. Die Pflanzen müssen sich, um dort aushalten zu
können, gegen die starke Transpiration wappnen, was sie auf sehr ver-
schiedene Weise besorgen, z. B. indem sie die Transpirationsflächen ein-
schränken, sich mit Wollhaaren bekleiden, ätherische Öle ausscheiden, n.
oder unterirdische Zwiebeln und Knollen usw. bilden. =
Die Vegetation besteht meist aus immergrünen Kleinsträuchern
und Halbsträuchern und ist gewöhnlich etwa fuß- bis kniehoch, seltene
bis zu 1—-1,5 m. (Die „Garide* dagegen ist nicht immergrün.) Viele
der Pflanzen sind dornig, andere Hartlaubpflanzen, andere wieder Ruten
oder Filzpflanzen. Hier findet man z. B. Dornsträucher wie Calyeotome
intermedia, die bisweilen Halbkugelform annimmt, Ulex Africanus, Asp
ragus horridus, die dornige Genista scorpius, Halbsträucher wie die aro-
matischen Labiaten Lavandula spica, Thymus vulgaris und Rosmarinus
offieinalis, ferner die drüsenhaarigen, aromatischen und großblütig:
Cistus-Arten, Pistacia terebinthus und lentiseus, Phillyrea angustifoli
Daphne gnidium, Quercus coceifera, Juniperus Phoenicea, Chamaerop
humilis, Euphorbia dendroides u. a., auch verholzende Umbelliferen (B
pleurum frutieosum), Plantago-Arten (P. cynops), Borraginaceen (Zith
spermum fruticosum) u. a. treten auf; „je heißer und trockener
Natur ist, desto mehr verholzende Arten“ sind vorhanden.
Zwischen diesen Dornsträuchern, Kleinsträuchern und Halbsträuchern
wachsen zahlreiche Stauden, teils Kleinstauden, teils Hochstauden. Au
die Anzahl der Zwiebel- und der Knollenpflanzen ist groß; Arten v
Narcissus, Iris, Asphodelus, Muscart, Tulipa, Orchidaceen u. a. schmüc
die Felsen im Frühjahre. Einjährige Pflanzen sind verhältnismäßig za
reich, da das Klima heiß ist und es genug offenen Boden für sie gi
Die krautartigen Pflanzen gehören meistens zu den Gramineen, K
positen, Papilionaceen und Labiaten und sind so zahlreich, daß sie
Physiognomie der Vegetation bestimmen. Von den Gräsern kann name
lich das gesellig wachsende, borstenblättrige Brachypodium ramos
genannt werden. Die aromatischen Pflanzen sind außerordentlich
reich; überall bemerkt man das starke Aroma der Labiaten, Oistu.
Arten, Terebinthen (Ruta u. a.), der Leguminose Psoralea bitumin
der Kompositen u. a.
102. Kap. Formationen von Halbsträuchern und Kleinsträuchern 789
Die Flora ist außerordentlich reich. Rikli und Schröter!) be-
sprechen artenreiche Garigues im nördlichen Algerien. Die etwas feuch-
teren Stellen tragen eine Garigue, die meist nur Kniehöhe, ausnahms-
weise auch halbe Mannshöhe erreichen. Mit zunehmender Trockenheit
kann man alle Übergänge bis zur typischen Felsensteppe verfolgen. Wo
der Boden trockener oder steiniger ist, rücken die Gebüsche ausein-
ander, und es entsteht Raum für eine mannigfache Begleitflora, teils
aus Arten zusammengesetzt, welche das ganze Jahr über zu grünen
vermögen, z. B. xerophytische Gräser (Brachypodium ramosum, Am-
pelodermus tenax u. a.), teils aus mehr oder weniger ephemeren Arten.
„Der steinharte Boden ist ein wahres Reservoir von Keimen der ver-
schiedensten Art: Zwiebeln, Rhizome, Wurzel- und Stengelknollen,
Samen: alle erwarten sie nur den befruchtenden Regen, um dann wie
durch Zauberschlag dem sonst steinigdürren Boden zu entsprossen.
Zum Teil besitzen diese Arten farbenprächtige Blüten, saftige Triebe,
die in einem auffallenden Kontrast zu ihrer Umgebung stehen. Bleibt
der Regen aus, so ist die Flora kaum zu erkennen, viele Arten er-
scheinen dann nur in dürftigen Kümmergestalten, andere fehlen ganz.“
Die Zahl der Therophyten (Sommer-Annuellen), die im ersten Frühjahr
eine sehr bedeutungsvolle Rolle spielen, ist 117.
Die Garigue schließt sich einerseits an die Felsen, anderseits an
_ die Macchie und andere Xerophytengebüsche an. Auch geht sie in
E „Garide“ über. Sie wird von verschiedenen Forschern, z. B. Flahault,
Adamovi6, L. Blanc, als durch Waldzerstörung entstanden bezeichnet.
Nach Rikli sind ihre Komponenten einerseits dürftig entwickelte Pflanzen
der Macchien, anderseits Bestandteile der „Felsenheide“. Hierher ge-
hören offenbar auch die „steinigen Hügeltriften“ Adamovics.
Die Garigue ist natürlich nicht überall gleichartig; es gibt offenbar
eine Reihe von verschiedenen Assoziationen, z. B. Cistus-Bestände
in Spanien, „Jarales“ genannt?). Asphodelus- und Acanthus-Arten
scheinen z. B. der Garigue von Attika ein besonderes Gepräge zu
verleihen.
- Zu den Gariguen muß auch die Zwergpalmen-Assoziation
(Chamaerops humilis) gerechnet werden, aus den stammlosen oder kurz-
stämmigen (gelegentlich mit bis 6 m hohen Stämmen), meist büscheligen,
_ 4/s—1 m hohen Pflanzen dieser Art mit ihren sparrigen Blättern gebildet.
_ Über weite Strecken hat sie sich gesellig ausgebreitet, indem sie fast
| 5 jede andere Vegetation verdrängt hat (Palmensteppe könnte man sie
5 - mennen). Mit ihr finden sich z.B. Myrtus communis, Pistacia lentiseus,
2) Rikli u. Schröter 1912.
?) Vergl. Chordat 1909.
790 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
Olea Europaea var. oleaster, Arten von Asparagus, Asphodelus u. a.!
kleinen Kräutern. |
Die Palmito-Assoziationen sind nach Rikli und Schröter Vi
zwischen Garigue und Felsenheide. Durch ihre tiefsitzenden Wurz
stöcke ist die Zwergpalme ein gefürchteter Feind der Urban
des Bodens.
Ob andere Gesträuche von Palmen, z.B. folgende, hierher zu füh
sind, muß vorläufig unentschieden bleiben. Mayr schildert die Gebüsch
von sSerenaea serrulata; diese Sabalee streckt sich über die E
hin und bedeckt den mageren Sandboden, wo früher Wälder von Pi
australis und P. Cubensis standen, nachdem diese Wälder niedergebran
oder gefällt worden waren. Die Palme hat schon viele Quadratmei
mit Beschlag belegt. Fährt das Feuer über sie hin, so verbrennen ©
verwelken zwar die fächerförmigen Blätter, aber aus den im Boden ver
borgenen Stämmen sprießen neue Blätter hervor. R.
Ferner müssen hierher gerechnet werden die Tomillares; die
sind Formationen von Halbsträuchern, besonders Labiaten, wie sie ii
den Mittelmeerländern häufig sind und besonders auf den trockene
spanischen Plateaus vorkommen?). Der Name kommt vom spanisc
Namen für Thymus, „tomillo“. Man kann verschiedene Assoziatio)
unterscheiden je nach den vorherrschenden Pflanzenarten, nament C
Thymus-Tomillares, Lavandula-Tomillares und Salvva-Tomillares.
der weiten Verbreitung dieser Formation ist meist nichts über Be Ökc
logie bekannt?).
Adamovi6*) schreibt von ihnen: In mediterranen Ländern (im
sonderen spricht er von den Balkanländern) begegnet man oft mehr
weniger ausgedehnten Gruppen von Halbsträuchern, welche meist
maulwurfshügelartiges Aussehen besitzen und durchgehend stark du
infolge des außerordentlichen Reichtums-an ätherischen Ölen. Es
xerophile, immergrüne Labiaten-Assoziationen mit Stauden.
Den Namen Theophrasts „Phrygana“ verwendet er für.
meist xerophile mediterrane Vegetation, bestehend aus laubabwerfe
Halbsträuchern und Stauden, die in der Regel stark dornig und stac
sind; sie findet sich oft in derselben Gegend wie die Tomillares, e
weisen auf nährstoff- und humusreicheren Boden mit nördlicher ı
östlicher Exposition hin, letztere auf sehr mageren, schotterig-sandig
stark besonnten Boden. Alle beide stehen auf altem Waldboden ı
sind von großer Bedeutung für die Physiognomie der Landschaft.
1) Vergl. z.B. Rikli u. Schröter 1912, 73.
®) Willkomm 1896; Chodat 1905; Rikli 1907.
8) Über Tomillares der Balkanhalbinsel vergl. Adamovie 1909a, b.
*#) Adamovie 1909.
102. Kap. . Formationen von Halbsträuchern und Kleinsträuchern 791
Phrygana haben eine außerordentlich weite Verbreitung in den südlichen
Balkanländern und zeigen fast durchgehend Poterium spinosum und
Astragalus Thracicus als Hauptleitpflanzen. Verschiedene andere Asso-
ziationen kommen vor.
3 „Les Landes“. Die „Heiden“ in der Gascogne, welche unter
dem Namen „Les Landes“ bekannt sind, und die ähnliche in Nordspanien
vorkommende Vegetation, die aus oft gegen meterhohen Sträuchern und
Kleinsträuchern gebildet werden, haben nichts mit den nordischen Zwerg-
strauchheiden zu tun. Der Boden ist verschieden. Sie sind eine immer-
grüne Vegetation. In neuerer Zeit hat sie A. Mentz!) besprochen. Er
hebt hervor, daß die nordischen Ericaceen hier fehlen, dagegen sind
andere Arten vertreten (Erica scoparia, E. eiliaris, E. vagans und andere
Sträucher von 0,7—2 m Höhe). Von den nordeuropäischen „Heiden“
weichen sie durch den Mangel an Rohhumus ab. Gräser und Cypera-
ceen, sowie Flechten und Moose haben hier eine geringere Bedeutung
als in den nordischen Heiden. Sie bilden den Übergang zu den von
Erica arborea gebildeten Gestrüppen und Wäldern und zu den steppen-
artigen Macchien.
Ei
Halbstrauchsteppen. Obgleich es unmöglich ist, eine scharfe
Grenze zwischen Sträuchern und Halbsträuchern zu ziehen (Kap. 22),
scheint es doch natürlich, als eine von den trockenheitliebenden
Hochsträuchern und Dornsträuchern recht verschiedene Formation
die der Halbstrauchsteppen zu trennen. Sie werden vorzugsweise
von Artemisia-Arten gebildet, sowohl in der alten Welt als in
Nordamerika.
=
#
Sn
2 Die Artemisia-Steppen in Südosteuropa, an den Ufern des
Schwarzen Meeres, sowie im centralen Asien, z. B. im nördlichen
vs Turan, sind bewachsen mit niedrigen, auf dem braunen, besonders leh-
migen Boden zerstreut stehenden Kräutern und Halbsträuchern, die
hauptsächlich graugrüne, behaarte, aromatische Achillea-Arten und gegen
Re Ende des Sommers Artemisia-(Wermut-)Arten (A. maritima, A. frigida u.a.)
sind, außer vielen anderen Arten, die gewöhnlich in folgender Reihen-
folge auftreten: im Anfange des Frühjahres zarte, saftreiche, grüne
Kräuter (Ranunculaceen, Cruciferen, Papaveraceen, Liliaceen und ein-
_ jährige Arten), später mit zunehmender Hitze und Verdunstung andere,
teilweise sehr dornige Kräuter (Xanthium spinosum, Alhagi Camelorum,
Eryngium campestre, Ceratocarpus arenarius usw.) und zuletzt die grau-
weißen Artemisia-Arten mit Salzkräutern, deren Wurzeln sehr tief hinab-
_ dringen (Krassnoff).
1) Mentz 1911.
792 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
Die Sommervegetation der transkaspischen Lehmsteppen wird
nur gebildet von Artemisia herba alba und anderen Artemisien.
anderen Orten ist Salsola rigida die Hauptart. Andere Halbsträuch
und Sträucher werden gebildet von Salsola-, Ephedra-, Calligonum-
Astragalus-Arten. Im Frühling wachsen zwischen den Sträuchern
bulbosa und Hordeum secalinum, die einzigen mehrjährigen Grö
und verschiedene Stauden, z. B. Arten von Tulipa, Geranium, Fer
Rheum usw. Diese verschwinden im Sommer wie die zahlreichen
jährigen Kräuter. Die Steinwüsten gehören ebenso zur Formation
Strauchsteppen ').
Weiter gegen Nord und West, wo der Regenfall größer ie
diese Halbstrauchsteppen von den Grassteppen begrenzt. Grasste
Halbstrauchsteppe und Wüste bilden drei Stufen der Abnahme der R
menge. In den Wermutsteppen wird der Boden oft etwas salzig
Bisweilen kommen Grassteppen und Wermutsteppen in derselben Ge
gemischt vor; die ersteren bewohnen dann die Anhöhen, von wel
das Salz ausgewaschen ist, die letzteren die etwas salzigen Niederunge
Auf ähnliche Weise bilden die Wermutsteppen einen Gürtel rings um
Salzwüsten und Salzseen. Wo Wermutsteppe herrscht, ist Kultur
Erdbodens nur durch künstliche Bewässerung möglich; doch ist &
Vegetation nicht nutzlos, insofern als sie den nomadisierenden vö
Futter für ihre Schafe und Kamele gibt. =
Die Wermutsteppen haben unzweifelhaft ihre nächsten Torsaı
in den Tomillares in Spanien und den Garigues. Sie sind wie
eine Halbstrauchformation aus durch ätherische Öle stark aromatis
Pflanzen. Durch die dornigen Phrygana des Adamovie sind sie mit
trockenen Dornstrauchsteppen verwandt. ,
In Nordafrika kommen auch Wermutsteppen vor aus Artemisia
alba und A. campestris mit einer Anzahl von anderen xerophyti
Gewächsen; hierzu gehören xeromorphe Gräser, wie Lygeum sp
Stipa Ina. Aristida pungens, Koeleria pubescens, oder
Chenopodiaceen-Halbsträucher, wie Halocenemum strobilaceum, 4
halimus oder Anabasis articulata, weiter können auch andere A
wie Plantago albicans, Peganum harmala usw. beteiligt sein (Listen
Flahault); die Artemisien können aber auch recht reine, offene A
tionen bilden.
Artemisia-Steppen Nordamerikas. Als ein anderes RB
einer Vegetation, wo wie bei den eben geschilderten zerstreut wac
Sträucher und Halbsträucher mit Kräutern gemischt die Hau
spielen, sei das trockene und öde Land zwischen den Rocky Mou
") Paulsen 1912a u. b.
103. Kap. Hartlaubgebüsche 793
und der Sierra Nevada genannt. Es herrschen nach Asa Gray besonders
Artemisia-Arten, verholzende Kompositen mit kleinen Köpfen und Cheno-
. podiaceen vor. Nach Watson ist keine Stelle, selbst in der trockensten
Jahreszeit, ohne Vegetation. Bäume fehlen; Grasteppiche findet man
auch nicht, wohl aber einige vorherrschende Arten strauch- oder halb-
strauchartiger Pflanzen, die anscheinend alle andere Vegetation aus-
schließen. Kennzeichnend sind auch die gleichförmig gefärbten, vor-
zugsweise grauen oder dunkel olivenfarbigen Kräuter. Am häufigsten
ist Artemisia tridentata („everlasting sage-brush“), ein Strauch, der so
weite Gebiete bedeckt, daß das Auge sie nicht überschauen kann.
Auch andere Arten bilden dort große Assoziationen, wie z. B. Arte-
misia filifolia').
Südafrikanische Garigues. Auch in Südafrika kommen Gegen-
den mit Winterregen vor. Nach Schimper finden sich typische Garigues
im Kaplande, besonders von Ericaceen und ericoiden Kleinsträuchern
gebildet. Was Marloth als „Hügelheide“ bespricht, ist eine Garigue mit
Arten von Zwergsträuchern (Arten von Erica, Blaeria ericoides, Thy-
melaea, Passerina, Rutaceen u.a.). Viele andere Lebensformen kommen
_ auch vor (vergl. die kapländischen Macchien, 8. 798) 2).
103. Kap. Hartlaubgebüsche (Macchien)
Einige von den im vorigen Kapitel behandelten Halbstrauch-Asso-
ziationen werden bisweilen „Macchie“ genannt, z. B. Macchie von Cistus
und Rosmarinus. Der Name muß aber für ein höheres, aus wirklichen
Sträuchern und Kleinbäumen gebildetes Gehölz reserviert bleiben. Die
Gehölze können eine Höhe von 1—2—3 m erreichen und einen „fast
undurchdringlichen, durch dornige Schlingpflanzen verfilzten Wirrwarr“
bilden (Petit). Einige sind sogar dichte, dunkle Gebüsche. Nach
Brockmann-Jerosch kommen sie auch auf Silikatgestein vor, und da
dieses wasserreicher ist, werden sie hier höher. Adamovi6 beschreibt
sie als immergrüne Buschwerke, welche teils undurchdringliche Dickichte
bilden, teils von Karren und Schratten zerstückelt und gelockert sind,
= und die uns überall in mediterranen Küstengegenden begegnen. Nach
Flahault, Chodat und anderen Forschern sind sie jedenfalls teilweise
Halbkulturformationen, aus zerstörten und degenerierten Wäldern hervor-
gegangen. Briquet betrachtet sie als eine selbständige Vegetation.
Die mediterranen Macchien werden in Italien Maechie (im
Singular Macchia), in Spanien Monte baxo, in Griechenland Xerovuni,
2) Pool; Pound and Clements; O. Paulsen 1915a; Rübel 1915.
?) Vergl. Engler 1910; Marloth 1908.
794 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
in der Litteratur nach dem korsischen Ausdrucke auch Maquis benannt
Sie sind an einen stellenweise 4—6 Monate lang regenlosen Sommer
und einen milden Winter mit etwas Regen und feuchter Luft gebunde;
Die Sträucher sind daher meist immergrün, wenige laubwechsel
Bei einigen immergrünen Arten sind die Blätter lederartig u
glänzend oder grauhaarig, gewöhnlich elliptisch oder eiförmig, ganz
randig; zu diesem Typus gehören z. B. Myrtus, Buxus, Nerium, OÖ
Europaea var. oleaster, Laurus, Quercus tlex, Pistacia lentiscus,
perus oxycedrus und andere Arten, Veburnum tinus, Phillyrea, Art
unedo, Ilex aquifolium u.a. Zu den verbreitetsten im östlichen 1
terraneum gehören Phillyrea media und Juniperus oxycedrus. Erik
Typen sind Erica arborea, E. Corsica und andere Arten. Zur Rı
sproßform gehören sehr viele Arten, z. B. Spartium junceum, de
große, gelbe Blüten sich gegen Ende des Frühjahres von dem Gebi S
abheben, Genista-Arten, auf Corsica z. B. die steifdornige @. Cors a
Von Formen mit Kladodien kommen Ruscus und Asparagus, die
ordentliche Rolle spielen und von denen noch andere zu ne}
namentlich Halbsträucher, z.B. Labiaten (Thymus wi
crium usw.), ferner Myrtus communis, Terebinthinen usw.
Blätter, eingerollte Blätter, schmale Blätter und andere früher erı
Bauverhältnisse zeigen die trockene Natur an. Dornige Pflanzen
es nicht wenige, z. B. wilde Olivenbäume, Ilex aquifolium, 1% c
spinosa, Prunus spinosa. Schließlich sei angeführt, daß h
Menge Zwiebelpflanzen vorkommen, die in dem zeitigen
jahre blühen: Orocus, Romulea, Hyacinthus usw. Adamovii
eine Übersicht über die Flora der -Küsten: des Adriatischen i
geliefert!).
Die Macchien sind in den Mittelmeerländern von Spanien bis
Palästina, an Europas wie Afrikas Küsten, sehr verbreitet, bede
besonders auf den warmen Kalkfelsen weite Gebiete und sind floristiscl
sehr übereinstimmend. Sie sind eine öde, unfruchtbare, nicht nutzbar
Vegetation, die mit den S. 787 behandelten Garigues ökologisch
floristisch nahe verwandt ist. Auch auf den Dünen im Rhoned
(Camargue) kommt Gebüsch vor, welches von Flahault zu den Mace
gestellt wird. Es ist in ihnen heiß; sie sind reich an Blüten (je
falls im Frühjahre, d. h. im Februar und März) und an Aroma. Was
2) Adamovic 1909
103. Kap. Hartlaubgebüsche 795
wesentlich dazu beiträgt, sie undurchdringlich zu machen, ist die Menge
windender und kletternder Pflanzen, die hier auftreten: teils Rubus-Arten,
teils Formen wie Smilax aspera, Rosa sempervirens, Rubia peregrina,
Asparagus acutifolius, mehrere Clematis-Arten usw.
Fig. 342. Macchie an der Rhonemündung (Camargue, Juni)
mit Pinus pinea, Juniperus Phönicea, Phillyrea angustifolia, Pistacia lentiscus,
Juncus acutus, Erianihus Ravennae u.a.; fast undurchdringlich. (Von Flahault zur
Verfügung gestellt.)
Die Macchien können auch als Untervegetation in lichten
Wäldern auftreten, z.B. in von der Korkeiche, Pinus Halepensis, usw.
gebildeten.
Einige Macchien sind sehr artenreich und die Arten in fast
gleicher Menge gemischt, andere werden von wenigeren aber sozial in
größerer Menge auftretenden gebildet. Verschiedene Assoziationen
796 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
kommen vor. Von solchen, welche vorzugsweise aus einer Art gb e
werden, kann genannt werden:
Das blattlose Retama-Buschland im südlichen Spanien,
a mit der echten ee als:
werden !).
Rikli und Schröter besprechen eine ee Macchiei in.
reicher Rasen aus?).
Pseudomacchien. Pseudomacchien nennt Adamo 6
den echten Macchien nahe verwandte xerophile Vegetation
grünen Sträuchern, welche die montanen und submontaneı
Berge im östlichen Mittelmeergebiete bedecken und daselbs
gen von Hügeln und Bergen bekleiden. Sie köunen ein
Winter aushalten. Die höchsten Arten sind aus den G
perus (J. oxycedrus, J. excelsa), Quercus, Buxus (B. sem
von Prunus lauracerasus gebildet. Die echten Macchi
-Küstenklima mit milderen Wintern und einer Hasen:
periode gebunden. |
Der Sibljak, den Adamovi6*) ebenso ausführlich
ist eine verschiedene, namentlich laubabwerfeude Formatio
die sonst ähnlichen von Ficus Cariea, Ostrya carpinifolia
Außer von den schon genannten werden die mediterraı
besprochen von Raunkiär 1914.
Makaronesische Macchie. Auf den Azoren, auf
den Kanarischen Inseln ist der Winter so milde, daß
Teile der Gebirge innerhalb der subtropischen Klimazon«
Sommer ist im allgemeinen regenlos, aber regelmäßige Wr ;
in einer bestimmten Zone eine Nebelregion, in der die atm
Feuchtigkeit steigt, dadurch der , Feuchtigkeit z
unter ihnen sind einige mediterrane RR wie Erica Be
scoparia; in der Hauptsache aber sind die Arten von denen des
meergebietes verschieden, besonders durch die Blattgröße. Die Bl:
!) Vergl. S. 789; Börgesen 1897.
®) Litteratur: Flahault; Adamovie; Rikli und Schröter; Chodat.
3) Adamovid 1909.
*) Adamovie 1901.
103. Kap. Hartlaubgebüsche 797
sind meist mittelgroß, gehören aber sonst zum Hartlaubtypus. Die
häufigsten Arten sind Laurus Canariensis, Ilex Canariensis, Heberdenia
(Phot. F. Börgesen.)
Links Calyeotome spinosa, in der Mitte Myrtus
communis und Genista Corsica, rechts Helichrysum mierophyllum u.a.
Dornige Macchie auf Korsika, in der Nähe von Ajaeccio.
Fig. 343.
excelsa und Myrica faya. Lianen sind spärlich vorhanden, zwiebel- und
knollentragende Pflanzen fehlen meist ganz. An den Südabhängen der
798 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
Kanarischen Inseln, wie auf Madera und den Azoren wird die Ma
oberhalb der Nebelregion von kleinblättrigen Sträuchern gebildet.
Kapländische Macchien. Die eigentliche Kapflora ist
Marloth keine Hartlaubflora, denn sie erträgt keine extre
trockenheit, fordert Grundwasser und ein bestimmtes Regenn
aber an den Bergseiten und Abhängen bei Kapstadt und an
Kaplande finden sich 4m hohe Formationen, welche sich deı
und den Macchien der Mittelmeerländer anschließen. Auch
- von niedrigen (bis 3 m hohen), immergrünen Sträuchern m
_ oft ericoiden oder pinoiden, steifen, nicht selten bräunlichgr
grauen Blättern gebildet. Zur Winterszeit (Mai bis Oktober)
Boden häufig vom Regen durchnäßt, und die Sträucher trief
‘ von Wasser; dies ist die Zeit ihres Wachstums. Danach
- lange trockene Sommerzeit, die es auszuhalten gilt. Die Lauh
“fängt an, wenn im Mai der Regen beginnt, und unmittelbar
ersten Winterregen fangen auch die Pflanzen an zu blühen, zı
. Bolus) viele Oxalis-Arten, danach Lilüifloren und andere mit Zwi
Knollen versehene Gewächse; schließlich folgen die Mesembri
Kompositen u.a. Niemals fehlen Blüten ganz, selbst in den
Monaten (März, April). Übrigens ist die Verteilung des R
Kapvegetation nach Marloth nicht überall dieselbe, und
nicht allgemein die regenreichere Jahreszeit.
Die Sträucher und Halbsträucher sind immergrün, w
peratur der Monate so gleich ist; ihre Blätter sind klein, weil
in den Wintermonaten entwiekeln müssen, auch die Blüten
demselben Grunde klein. Die Flora ist besonders durch d
Proteaceen charakterisiert (Protea, Leucadendron, Faure
Sehr viele Arten haben genau dieselbe, namentlich er
pinoide Tracht, so daß es sehr schwierig ist, sie in blütenlosem
zu unterscheiden, obgleich sie äußerst verschiedenen Familie
Ericaceen (etwa mit 400 Erica-Arten), Proteaceen, Rham
talaceen, Polygalaceen, Rutaceen (Diosmeen) usw. (Cypera
Gramineen spielen hier eine untergeordnete Rolle; hingegen
ein Reichtum an Zwiebel- und Knollenpflanzen (Iridaceen,
Ozxalis-Arten usw.), denen sich Pelargonium-Arten, Crassul:
beigesellen (Rehmann). Die Restionaceen sind auch zahlreie
jedoch mehr an feuchten sandigen Standorten. Früher Ww
liche Bäume recht häufig, jetzt sind sie selten.
Diese Macchien sind vielleicht darin von den mediteraN
schieden, daß sie eine etwas größere Feuchtigkeit verlangen
Auch in anderen Teilen des Kaplandes kommen typische Ma«
mit verschiedenen Assoziationen. N
103. Kap. Hartlaubgebüsche 799
„Das Rhenosterveld“ ist nach Marloth eine besondere, eigenartig
_ ausgeprägte Modifikation der Macchia, eine Halbkulturformation, die
hauptsächlich von Elytropappus Rhinocerotis gebildet wird, einer ericoiden
Komposite, die nur etwa 0,7 m hoch wird und weite Strecken gesellig
bedecken kann, indem sie spärlich von Mesembrianthemum-Arten, Zygo-
hyllaceen, Zwiebelpflanzen u. a. begleitet wird.
4 Wo Gelände von der Kultur verlassen und sich selbst überlassen
bleibt, kommen nach Marloth schöne Folgeformationen vor. Es gibt
Strecken, welche vor 15 Jahren typische Hügelsteppe (Garigue) trugen,
_ und welche jetzt von dicht geschlossenen Beständen von Protea in-
— compta oder Leucadendron plumosum eingenommen sind. Es ist dann
selbstverständlich, daß es allmählich Übergänge zwischen garigue- oder
icchienartigen Formationen geben muß. Die Arten der Hügelsteppe
_ treten in den niederen Stockwerken der Macchien auf.
$ Die Vegetation des südlichsten Afrika ist in verschiedenen Pu-
blikationen von Marloth vorzüglich geschildert worden).
Eine Übergangsform zu den Strauchsteppen scheint die von ihm
Dornmacchia genannte Formation zu sein, ein fast lückenloses
- Gebüsch von 3—4 m Höhe, von giftigen Euphorbien, scharfdornigen
- Celastraceen und Apocynaceen, buschigen zwergbaumartigen Caesalpinia-
_ ceen und der Salvadoracee Azima tetracantha gebildet, und überragt
von den schlanken Kronen der Aloe pluridens. Auch Brunnthaler’?)
bespricht und bildet diese Dornmacchia ab; vegetationslose Flecken in
der Masse von dornigen Sträuchern mit Baumeuphorbien und den anderen
_ merkwürdigen Lebensformen kommen zwar vor, sie sind jedoch zum
- Durchschreiten des Ganzen zu klein.
i Nahe verwandt mit diesen Dornmacchien erscheinen folgende For-
_ mationen:
h Chile hat Espinales oder „Espinarwaldungen“, wo Colletia (Rham-
_nacee) mit immergrünen, gegenständigen Dornzweigen eine wichtige
Faolle spielt, und auch Cacteen und Bromeliaceen nicht fehlen. Meigen
ie Bromeliacee Puya Chilensis besonders hervortreten. Hier und da
_ erhebt sich ein Baum über die Sträucher. Schlinggewächse sind häufig,
' ebenso Knollen- und Zwiebelpflanzen aus den Familien der Liliaceen,
| Amaryllidaceen, Iridaceen und Oxalidaceen.
“= In Kalifornien werden die Macchien oder macchienähnlichen As-
" soziationen Chaparals genannt; diese werden vielleicht besser unter
den Steppen angebracht. Von den vielen vorläufig noch mit Zweifel
2) Vergl. besonders Marloth 1908.
?) Brunnthaler 1911.
800 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
die argentinische „Monte“, die Haumann Merck von Rio negro erwähn
und die ostandinen Hartlaubhölzer (Weberbauer).
Die australische Gebüschvegetation, die Scrub genan
wird, scheint indessen besser der Macchie angeschlossen werden
können; doch muß bemerkt werden, daß dieser Name „Scrub“
schieden benutzt wird, sogar selbst für Hochwald. Der Serub Au
liens kommt namentlich im Inneren und in den westlichen und
westlichen Gegenden vor, welche trocken sind, weil der über
hinwehende Passat seine Feuchtigkeit längst auf den östlichen Kü
bergen abgegeben hat. Diese Gebüsche werden etwa 3—4 m hoch
bestehen aus verfilzten, sehr oft undurchdringlichen Sträuch
immergrün sind, aber schmutzig grüne und braungrüne Töne
Eigentliche Dornsträucher sind hier seltener, aber die Blätter sin
sehr schmal oder in viele linealische und steife Abschnitte geteilt
in stechende Spitzen auslaufen. Pflanzen der ericoiden und de
Form sind allgemein, besonders Proteaceen; andere haben Phy
oder kantenständige Blätter (Akazien, Eucalypten); aber a
steife, rasselnde Blätter kommen vor. Der Boden zwischen
chern ist oft nackt, da es dort äußerst wenig Gras und Kr
in anderen Fällen aber ist er von einem dichten Untergebüs
Viele Arten, die je nach den Teilen des Landes verschieden si
diese trostlose und nicht nutzbare Vegetation zusammen. Die
wertesten Familien sind Proteaceen, Myrtaceen (Gattungen E
Melaleuca, Leptospermum u. a.), Epacridaceen, Mimosoideeı
Myoporaceen usw. a2
Unter ihnen sind verschiedene Assoziationen zu unt
welche von den Einwohnern, zum Teil mit besonderen Nam
worden sind, z. B. folgende:
Mallee-Scrub ist im wesentlichen aus Eucalyptus (E. daima
gebildet, deren Büsche etwa Mannshöhe besitzen. In schrecklicher
tönigkeit erinnern diese weiten Strecken an ein unendliches Mee
Sträuchern, welches sich über das tischförmig flache, trockene Land
dem kahlen, gelben oder rostfarbigen Boden erstreckt, der
zwischen dem Gewirr verflochtener Zweige hervorsieht. Mit den
lypten wachsen auch Melaleuca, Casuwarina und andere Holzge:
Mulga-Serub ist im wesentlichen aus dornigen Acacia
zusammengesetzt, welche an den Stellen, wo sie dicht stehen,
durchdringliches Dickicht bilden.
Brigalow-Scrub, der sich besonders in Queensland findet,
vorzugsweise von Acacia harpophylla gebildet!). 2
!) Michaelsen und Hartmeyer 1907. Über Südwest- Australien vergl. in
Linie Diels 1906. Ostenfeld 1915 b. Tschirch 1881.
104. Kap. Hartlaubwälder 801
104. Kap. Hartlaubwälder
Die Grenze zwischen Gebüsch und Wald ist natürlicherweise nir-
gend scharf. Das sieht man z. B. auf den Zwergstrauchheiden Jütlands
und Schleswig-Holsteins, deren Eichengestrüpp gegen Osten oft un-
mittelbar in Wald übergeht. Bei allen diesen Gebüschen dürfte man
Gelegenheit haben, zu sehen, wie sie sich auf der Seite, wo sie von
Fig. 344. Niedrige, vom Winde geprägte dicke Gesträuche von Pistacia lentiscus
bei Ajaccio in Corsica. (Phot. Dr. F. Börgesen.)
den schädlichen Faktoren besonders angegriffen werden, allmählich in
einsam stehende, haufenförmige Individuen auflösen. Die Eichengebüsche
Jütlands sinken vor dem Ungestüm der Winde gegen Westen oft zu
solchen vereinzelt stehenden, immer niedriger werdenden, flachen und
breiten Haufen herab; dasselbe beobachtet man in den Hochalpen auf
der Grenze der Krummholzgestrüppe und der Alpenmatten; das Krumm-
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. öl
802 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
holz sieht man zuletzt wie riesige Heidekrautsträucher in die Al
matte eingestreut. Ebenso ist es mit den Gariguen, Macchien und
Hartlaubwäldern.
Die Klasse der Hartlaubformationen hätte eigentlich mit den
dern beginnen sollen und mit den Macchien und Felsentriften schli
weil jedenfalls sehr oft die Entwicklung in dieser Reihenfolge vor si
gegangen ist; die Felsentriften sind oft degenerierte Macchien, d
Macchien degenerierte Wälder, und eine scharfe Grenze zwischen
Formationen zu ziehen ist unmöglich; spricht doch z.B. Choda
einer „Maquis arborescente“.
In Niederungen, wo der Boden für längere Zeit feuchter
werden die Sträucher der Macchien höher, und auf solchen 8
gehen die Macchien oft in Wälder über. An besonders günstigeı
kalitäten findet man echte Wälder, in welchen nicht nur Holzpi
welche den Macchien angehören, vorkommen, sondern auch echte Walı
bäume, und der Boden wird von schattenliebenden, mes
und Moosen bedeckt. x
Die typischen Hartlaubwälder treffen wir, wie die Mac h'
Felsentriften, in den subtropischen Gegenden mit Winterregen
die Mittelmeerländer zeigen uns typische Beispiele. Die Blä!
immergrünen Arten sind gewöhnlich ungefähr lanzettlich o
und ungeteilt, ferner ganzrandig, steif und lederartig (Griseh
ander-, Lorbeer-, Oliven-, Eucalyptus-Form u. a.), oder sie sind zı
gesetzt (meist einfach oder doppelt gefiedert). »<
Eigentliche Knospenschuppen fehlen z. B. bei Olea E ro}
wohl bei den meisten anderen, oder es kommen wenige Nied
an der unteren Grenze der Jahreaeosse vor, wie bei L ı
und anderen Lorbeergehölzen. i
Von den Assoziationen müssen folgende genannt werden,
denen die zwei ersten ganz typisch sind.
Die mediterranen Eichenwälder. In den Mittelmeerländ
men niedrige Wälder immergrüner Arten vor, z. B. aus Eichen,
lich aus Quereus dex bestehende!). Diese Art hat lanzettliche, dor
wollhaarige Blätter und ist ein echter Xerophyt, der auf trocken:
steinigem Boden, teilweise sogar auf Felsenboden wächst. Ihr s
sich eine Menge anderer baum- oder strauchartiger Pflanzen, auc
sträucher und Stauden an, welche alle xerophil gebaut sind und
man teilweise draußen in den sonnigen Garigues oder in den M:
wiederfinden kann. „Die Garigue ist eine Waldboden-Vegetation,
!) Über die Steineichenwälder (Quercus ilex und ballota) siehe ferner
Schröter 1912.
104. Kap. Hartlaubwälder 803
ohne Bäume“ (Flahault), Von diesen Pflanzen kann Quereus coceifera
- genannt werden, die niedrige und strauchförmige Eiche, welche durch
_ ihre Wurzelsprosse von ganzen Strecken der Garigues Besitz ergreift
und niedrige, nicht nutzbare Gebüsche bildet; ferner Juniperus oxycedrus,
(istus-Arten, Arbutus unedo, Viburnum tinus, Paliurus australis, Ilex
aquwifolium usw. Kleine Lianen findet man dort auch: Lonicera im-
— plexa, Smilax aspera, Rosa sempervirens u.a.
& In größeren Höhen, auf nassem, kaltem, tonigem Boden treten die
_ laubwechselnden Quercus pubescens, Qu. Apennina und andere zum Teil
- systematisch sehr kritische Arten an die Stelle der immergrünen, eben-
falls wegen ihrer steifen, meist behaarten Blätter deutlich xerophile
= Formen !).
E In Algier bildet nach Trabut?) und anderen Quereus suber auf
E kalkarmem Boden Wälder an Orten, wo die jährliche Regenhöhe 60 em
- überschreitet. In diesen Waldgebieten ist Ackerbau ohne künstliche
_ Bewässerung möglich. Dort, wo der Wald zwischen den immergrünen
Bäumen auch laubwechselnde, wie Castanea, Populus tremula, Alnus
a glutinosa, Fraxinus und Ulmus enthält, erinnert seine Flora mehr an
die mesophyten Wälder Mitteleuropas als an die der Macchien. Auf den
= Atlasgebirgen wird Wald von Quereus ballota gebildet.
- Auch in den nördlicheren Teilen des Mittelmeergebietes finden sich
nicht selten ähnliche immergrüne und besonders gemischte, zum mehr
oder. weniger großen Teil laubwechselnde Eichenwälder, so namentlich
auf den dalmatinischen Küstengebirgen und den vorgelagerten Inseln
(Graebner)).
E In den Mittelmeerländern findet man ferner Olivenwälder oder
vielmehr Olivenpflanzungen, die von der ausgeprägt xerophil gebauten
4 Olea Europaea (S. 263) gebildet werden; sie ist eine ausgeprägt immer-
grüne Holzpflanze, deren Blätter 2—3 Jahre sitzen bleiben, lanzettlich
und graubehaart sind.
7 Die Lorbeerwälder. Wälder aus Laurus nobilis kommen z. B. an
der österreichischen und kroatischen Küste vor, wo sie hier und da
- mehr oder weniger ausgedehnte, ziemlich reine Assoziationen bilden.
$ In diesen Wäldern bilden die Macchienelemente nach Adamovi6 das
l : Unterholz und den Niederwuchs, mitunter sind sie aber auch so dicht,
daß sie nur einen höchst dürftigen Unterwuchs aufkommen lassen
: (Graebner). Von Lianen sind z. B. Smilax aspera, Ephedra campylopoda,
2) Flahault 1893; Ascherson u. Graebner Syn. IV.
ni ?) Trabut 1888; Rikli u. Schröter 1912. Vergl. auch Chodat 1909, der die Nieder-
waldvegetation bespricht.
) zaR Adamovic 1909; über die Insel Arbe besonders Morton 1912.
51*
804 Serie der Hartlaubvegetation der Gebiete mit Winterregen
Lonicera implexa, Asparagus acutifolius, Tamus communis und Arten
von Olematis eingestreut. An den südistrischen Küstengebirgen folgen
über dem Lorbeerwalde oft charakteristische dichte Bestände von Os
carpinifolia, die selbst nach langen Trockenperioden im August
September noch frisch grün sind. Zwischen ihnen finden sich Casta
und andere; ihr Unterwuchs ist im wesentlichen mesomorph.
Die lederartigen Blätter sind für ein Hartlaubgewächs ziem
groß, sie sind unbehaart und frisch dunkelgrün. Sie sind wohl au
an feuchtere Standorte gebunden, wovon die Lorbeerwälder zeu;
welche auf den Kanarischen Inseln vorkommen; sie bewohnen hier
feuchteste von den Höhenstufen der Berge, die jedoch im Sommer
legentlich mehrwöchentlich sehr wolkenarmen Trockenperioden ausg:
sein können (Burchard)?).
Christ?) hat eine anziehende Beschreibung von ihnen a
entwickeln sich in der Nebelregion und besonders in den Tälern
Schluchten, in denen selbst im Sommer täglich oder fast täglich di
Nebel sich erhebt. Der Boden ist mit einem dichten Teppich von Fa
und Moosen bedeckt. Der Wald besteht aus Lauraceen-Bäumen
Persea Indica, Laurus Canariensis, Ocotea foetens und Phoebe
sana; reichlich untermischt sind Ilex Canariensis, Erica arborea,
faya und andere. Das Unterholz ist zusammengesetzt aus A
glandulosa, Viburnum rigidum u. a., als Lianen sind Smilax-2
handen. Die Blätter gehören dem Lauraceen-Typus an, d. !
sind ungeteilt und lederartig, aber auch andere rein xerophytische
kommen vor. Ein eigener, tiefer Schatten herrscht in diesem
Die erfrischende Feuchtigkeit kontrastiert scharf mit der glühend
an den offenen Hängen und wird erhöht durch den Geruch der
Moose und Erde. Zahllose Farne bekleiden den Waldboden, und
erinnert an Wälder in Neuguinea und anderen pacifischen Due l
weichend von diesen sind Kräuter selten.
Den selben Waldtypus trifft man in Madera.
Diese Lorbeerwälder nähern sich den mesophytischen W
sonders den tropischen Regenwäldern, aber ZLaurus nobelis ko
in den waldähnlichen Maechien vor in Gesellschaft mit solchen A
wie Olea Europaea, Myrica faya, Ilex perada, Khodlod En F
cum (Chodat).
Viele andere Hartlaubwälder kommen in anderen a f
Erde vor, wo der Regen im Winter fällt, z. B. Australien, Chile,
fornien. Noch vermissen wir genaue ökologische Studien über,
t) Burchard, Englers Jahrb. XLIX, Beibl. 109.
?) Christ 1885.
104. Kap. Hartlaubwälder 805
Fig. 345. Westaustralien: Hochwald von Eucalyptus marginata Sm. im Hügellande.
Am Boden Hartlaubgebüsche, rechts ein niedriger Grasbaum (Xantorrhoea Preissii).
(Phot. E. Pritzel.)
806 Serie der Hartlaubvegetation im Gebiete mit Winterregen
Wälder, um ihre Stellung zu den vorhergehenden und zueinander rich
beurteilen zu können.
Die in Australien so häufigen Wälder von Eucalyptus-
scheinen jedenfalls teilweise hierher gerechnet werden zu können.
dere wachsen in den Gegenden, wo der Regen im Sommer fäll
werden wahrscheinlich ökologisch verschieden sein und el.
zu den Savannen!) (Fig. 345).
In Kalifornien werden die Wälder aus Arten von a ;
macrocarpa) und Big Se Be
anderswo im Mittelmeergebiete. Rikli und Schröter?) besp
Pinetum Halepensis im nördlichen Algerien. Maechien- und
pflanzen bilden ein ziemlich reichhaltiges Unterholz, wo z.
Arten vorkommen: Chamaerops humilis, Pistacia lentiscus,
Cistus, Helianthemum fumana, Genista, Calycotome, La:
marinus, Zollikoferia, von Gramineen z. B. Lygeum sp
parviflora, Ampelodesmus tenax, Andropogon hirtus, Poa
einigen annuellen, sowie eine große Anzahl von Kleins
Stauden. Die Zahl der Sommer-Annuellen ist sehr groß.
1) Vergl. Diels 1906; Ostenfeld 1915 b.
2) Rikli u. Schröter 1912. “;
105. Kap. Subxerophile Gras- und Staudenvegetation 807
VII. Serie der subxerophilen Formationen
mit Grasboden
(Klasse 13 und 14, S. 320)
105. Kap. Subxerophile Gras- und Staudenvegetation
(Steppen und Prärien)
Indem wir zu den subxerophilen Vereinen fortschreiten, die an
Individuen reicher sind, kommen wir zuerst zu den mehr oder wenig
geschlossenen, stauden- und grasreichen Vereinen, die als
Steppen und Savannen bekannt sind, und zu den sich ihnen an-
schließenden Abänderungen. Diese Vereine sind alle an Gegenden ge-
Re bunden, die im Binnenlande der großen Kontinente liegen und von den
_ Meeren gewöhnlich durch Gebirge und Wälder geschieden werden, welche
die Feuchtigkeit der von den Meeren kommenden Winde abfangen. Die
_ _ Regenmenge in der Vegetationszeit ist im Verhältnis zur Verdunstung
‚gering, wenn auch die Jahressummen der Niederschläge oft nicht sehr
klein sind, im Präriengebiete von Nordamerika z. B. 50—70 em, in den
russischen Grassteppen 40—50 cm. In anderen Gegenden ist die Regen-
menge weit geringer und beträgt nur etwa 30—40 em.
Der Boden in den Steppen und Savannen hat oft keinen Humus,
oder ist doch humusarm, oft viel reicher an löslichen Salzen als der
Boden der Waldgegenden. In den besseren Grassteppen hat jedoch
humusreicher Boden (Tschernosem) große Verbreitung, besonders in Süd-
rußland, Marokko und den Prärien Amerikas.
Der Ausdruck „Steppe“ stammt aus Rußland und bezeichnet
dort die baumlosen oder baumarmen Gegenden Südrußlands, obgleich
sie in vieler Hinsicht untereinander abweichen. In der Botanik gibt es
mehrere Vegetationsformationen, welche „Steppen“ genannt werden; man
spricht von Grassteppen, Strauchsteppen, Salzsteppen, Ton- oder Lehm-
steppen, ja selbst von Sandsteppen und Wüstensteppen, neben den nach
‚gewissen vorherrschenden Pflanzengattungen benannten Steppen (Arte-
misia-Steppe, Siupa-Steppe usw.). Humboldt rechnet mit Unrecht zu
den Steppen im weitesten Sinne sogar die niedereuropäischen Zwerg-
strauchheiden, und Middendorf nennt die Tundren „Eissteppen“. Heiden
und Steppen sind sehr streng zu unterscheiden; bei der Steppe finden
wir stets nährstoffreichen Boden, der eine viel höhere Stoffproduktion
808 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
erreichen würde, wenn nicht durch die langen Trockenperioden
Vegetation gehemmt und Waldwuchs gehindert würde; die Steppe
pflanzen erzeugen meist in der kurzen Vegetationszeit ganz unverhäl
mäßig kräftige Sprosse. Der Zwergwuchs der Heide stammt von
Nährstoffarmut (resp. der physikalischen oder chemischen Unmöglich
für die Pflanzen, reichlich Nahrung aufzunehmen), sehr trocken darf
nicht werden, sonst wird sie eine Sandflur. Rohhumus wird in
Heide gebildet.
Die typischen Steppen in engerem Sinne sind die Grassteppe
z.B. die baumlosen, meist mit Gräsern und anderen Stauden bewae
senen ausgedehnten Ebenen in Südrußland, Ungarn, Centralasien, Nor
amerika (Prärien) und Argentinien (Pampas). Die Pflanzendecke is
mehr oder weniger geschlossener Teppich und hat ein xerophiles 0
subxerophiles Gepräge. Durch diese beiden Verhältnisse unterscheid
sich die Steppen von den Wiesen mit ihrer dichten Vegetation und i
hellgrünen, weich- und breitblättrigen Gräsern und Stauden; aber an
seits ist die Pflanzendecke bei den Grassteppen dichter und höher
in den subtropischen und tropischen Steppen und in den Wüsten.
stehen jedenfalls an der Grenze von ariden Steppen und Wiesen;
südrussischen werden auch bisweilen Wiesensteppen genannt.
Diese baumlosen Grassteppen sind im wesentlichen extrat
in den kalttemperierten Gegenden und in subtropischen Gegen«
breitet. Sie bilden die 13. Klasse in dieser Serie (Kap. 106). |
Am engsten an diese schließen sich die baumtragenden
steppen, die gewöhnlich Savannen (in Brasilien Campos) und
steppen genannt werden; sie werden als subxerophile Vegetations
mit zu dieser VIII. Serie gerechnet und als Klasse 14 bespro«
(Kap. 107).
Im Gegensatz zu dieser Vegetationsform stehen dann die
mehr xerophilen Formationen, die als Strauchsteppen, Dornbuschs
Catinga, Succulentsteppen, Halbwüsten und Wüsten bezeichnet w.
Sie gehören der „ariden Serie“ an und sind in tropischen so
subtropischen und kalttemperierten Gegenden, die durch ein Mini
von Niederschlag ausgezeichnet sind, verbreitet (z. B. dem trop
Afrika, dem mexikanischen Hochlande, dem inneren Australien).
die Halbstrauchsteppen könnten vielleicht den Anfang dieser VIH.
bilden; sie werden aber wohl am besten der ariden Serie is:
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!) Über Formen von Steppen und Wüsten vergl. oben O. Paulsen 1912, .
Rübel 1914a, c, 1915a, c.
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106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 809
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen
Der Charakter der Grassteppen wird vom Klima erzeugt, nament-
lich durch die Verteilung der Niederschläge. Es gibt gewöhnlich zwei
Ruhezeiten, eine von der Sommerdürre (Sommerruhe) und eine von
der Kälte hervorgerufene Winterruhe. Die Steppen haben meist kein
stehendes Grundwasser, und ihre Vegetation hängt von den Nieder-
schlägen stark ab. Jedoch ist die Bodenbedeckung den ganzen Sommer
über sichtbar und kann während dieser ganzen Zeit beweidet werden.
Die Grassteppen stehen etwa in der Mitte zwischen den Wiesen der
kühltemperierten Gegenden und den ariden Steppen, nähern sich jedoch
am meisten den ersteren.
Europa. Die Grassteppen Südosteuropas. Ökologisch und flo-
ristisch betrachtet sind die Steppen Südrußlands und die Pußten Ungarns
dieselbe Vegetation (Beketow u. a.)!).
Die Frage nach der Vorgeschichte der Steppen hat in Rußland
eine reiche Litteratur veranlaßt; einige (Baer, Dokutschajew, Ruprecht,
Tanfiljew u. a.) meinen, daß sie immer Steppen gewesen seien, andere
(Pallas, Palimpsestow), daß sie nach Waldverwüstungen aufgetreten seien.
Die Steppen des südlichen Rußlands bedecken zum größten Teil
einen trocken gelegten alten Meeresboden. Der Boden ist verschieden.
In den nördlichsten Steppengegenden gibt es viel Lößboden, in süd-
licheren ist Sediment (eines aralo-kaspischen Quartärmeeres) vorherr-
schend, und im nördlichen Kaukasien geben Glazialbildungen den Unter-
grund. Ein großer Teil des Steppengebietes wächst auf dem schwarzen,
humusreichen Tschernosem („Schwarzerde*); südlicher kommt der
chokoladefarbige Boden vor, und in Südosten gehen die Grassteppen in
die Wermutsteppen über. Das Tschernosem bedingt die große Frucht-
barkeit des südlichen Rußland; der Boden kann 3—5 m tief sein und
bis 13—16°/o Humus enthalten.
Es ist unentschieden, ob die Verteilung von Wald und Steppe vom
Klima oder vom Boden abhängt — wahrscheinlich von beiden. Baer
meinte, daß die lange Trockenheit die Baumlosigkeit der Steppen erzeuge;
Middendorff war der Ansicht, daß die heißen und trockenen Winde des
Sommers dieses täten; Beketow, der Geologe Dokutschajew und der
Pflanzengeograph Tanfiljew sehen den Salzgehalt des Bodens als einen
Grund an, weshalb sich die Wälder nicht des Steppenbodens bemächtigt
haben. Tanfiljew macht darauf aufmerksam, daß der Wald mit dem all-
1) Nach Rübel (1914) bedeutet der russische Name „Steppe“ unbebaute Ebene;
Pußte in Ungarn ist ein slavischer Name, der bezeichnet: öde, leer, wüst. Weit ver-
schiedene Formationen werden somit als „Steppe“ bezeichnet, wie oben hervorgehoben.
810 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
mählichen Auswaschen des Bodens vorrückt. Die Wälder findet man n
ihm in den Steppengegenden unter anderem besonders auf den Hö
der Wasserscheiden, weil diese Höhen am meisten ausgewaschen $
Ramann (1911) schreibt dagegen, daß die Schwarzerden als echt kli
tische Böden auf den verschiedensten Gesteinen und Ablagerungen
stehen. Man kennt Schwarzerden auf Löß, Tonen, Kalkgestein, Gneiß u
Ihre Humusstoffe sind aus der Zersetzung der abgestorbenen Stepp
pflanzen, besonders der Wurzeln der Steppengräser, hervorgegan;
Leicht lösliche Salze sind in den Schwarzerden nur selten in so
Menge vorhanden, daß sie sich als kristallinische Lagen absch
dann gehören die Böden zu den Salzböden. Der größere
eine Folge des Klimas. |
Die Klimatologen!) stimmen indessen alle darin überein, |
Klima der Steppengebiete trockener ist als das der Wälder; im
deren fällt der Regen selten. Die einzelnen Regenfälle sind oft heftig,
so daß die Hauptmenge des Wassers oberflächlich abläuft, ohne in de
Boden einzudringen. In den Regionen, in denen die Grasste]
wiegt, scheint der Baumwuchs keineswegs absolut ausgeschlos
sein; er wird nur durch klimatische Ursachen erschwert. Im
schildert Radde?), wie an den Flüssen, die die Steppe dur:
Bäume des Uferwaldes im Wachstum gehindert werden und
ihrer Blätter im Sommer vertrocknen. In diesen Gebieten ist
auf die edaphisch günstigen Stellen beschränkt; er kommt
Flußtälern vor, ebenso bewohnt er die weniger salzhaltige
und den groben Sand oder Kies, in den das Wasser leichter a
schweren Lehmboden eindringen kann®). |
Die het Steppen sind große Ebenen, u be chi
zu trennen.
Das Klima der Steppe ist kontinental. Im Winter haben
5 Monate Mitteltemperaturen unter 0°. Der Niederschlag ist im Win
nicht groß, und überdies gestatten die heftigen Stürme keine An |
lungen einer diekeren Schneelage, weshalb auch die Schneeschmelze i
Frühling nur eine Bodenschicht von mäßiger Tiefe zu durchtränk
mag. Das Frühjahr fängt im April an. Dann sprießen die
schnell aus dem Boden hervor, frisch grün und blütenreich. Im Fr
1) Woeikof, Hann und Köppen. Siehe Rikli 1907 b.
2) Radde 1899.
®) Middendorf 1867; Tanfiljew 1898, 1903, 1905.
*) Kostytscheff 1890.
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen sı1
und Frühsommer ist die Regenmenge nicht gerade klein. Der Juni ist
der regenreichste Monat (5—7 cm), aber der Regen kommt in Form
von wenigen, heftigen Gewittern, daher fließt der größte Teil des
Wassers oberflächlich ab. Im Juli hat die mittlere Temperatur eine
Höhe von 19—23° erreicht. Die Luftfeuchtigkeit ist während des
Sommers 60—70°/o, also nicht extrem klein. Zu dieser Zeit ist jedoch
der Boden ausgetrocknet; die Steppe nimmt einen graugelben und welken
Ton an, der Boden birst und wird staubig (vergl. S. 61). Doch ver-
schwindet die Vegetation nie ganz, kann auch im Sommer beweidet
werden, wodurch die Grassteppen sich gerade von den Wüsten unter-
Fig. 346. Steppe mit Salvia nulans (und Silene viscosa, ein Exemplar).
Stupa ist hier von Salvia überdeckt. Gouv. Charkow; Juni 1893. (Phot. Tanfiljew.)
scheiden, wo die krautartigen Pflanzen im Sommer ganz verschwinden,
so daß nur die mehr oder weniger verholzten Halbsträucher und Klein-
sträucher übrig bleiben. Im August und September ist die Regenmenge
bedeutend kleiner als im Frühsommer. Im Herbst, wo die sinkende
Temperatur die Verdunstung herabsetzt, wird dann durch die Feuchtig-
keit auf der Steppe wieder etwas Grün hervorgerufen; es ist dann, ab-
gesehen von gewissen Artemisia- und anderen Arten, besonders die Zeit
einjähriger Chenopodiaceen und ähnlicher Salzkräuter. Der Winter folgt
dem Sommer oft unmittelbar. Im November, Dezember fängt der Winter
mit seinen Schneestürmen an; die Schneefälle sind für die Vegetation eine
wichtige Wasserquelle. Der Winter ist lang und außerordentlich streng.
812 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Der Wechsel der Witterung drückt natürlich der Vegetation d:
Gepräge auf. Im Frühling erscheint eine reiche Vegetation von Zwie
und Knollenpflanzen, Tulpen, Fritillarien, Hyazinthen, Iris und and
Pflanzen mit schönen und großen Blüten. Im Sommer herrschen z
reiche Hochgräser, wie Stupa-Arten, Salvien und andere reich blüh
Pflanzen. Im Herbste endlich entwickeln sich besonders viele Komposi
namentlich Artemisien, weiter Staticen u. a.
Lebensformen. Daß die angeführten Lebensbedingungen
xerophile Vegetation hervorrufen müssen, ist leicht einzusehen.
mehrjährigen Kräuter erhalten ihr Leben wesentlich durch
unterirdischen Teile, die im Boden gegen vollständiges Austro
geschützt sind. Die Pflanzen sind teils Frühjahrspflanze
Zwiebeln und Knollen, in der Gegend von Orenburg z.B. ein
Schmuck von Liliaceen (Fritillaria, Allvum, Scılla, Gagea, Tulipa)
Corydallis, Adonis vernalis u. a., teils sich später entwickelnde St
mit tiefer gehenden Pfahlwurzeln und oft graufilzigen Sprossen (
ders weiter nach Asien hin), z. B. Labiaten, Cruciferen, Artemisia-.
Caryophyllaceen, Malvaceen, Papilionaceen und viele Gräser. Die G
sind mehrjährige Rasengräser; die höchsten Rasen bestehe
Stupa-Arten; die Blätter sind schmal, steif, oft stechend; sie
obgleich in verwelkin Zustande, viele Monate erhalten. D
bilden die Hauptmasse der Vegetation, geben die Physiognomie a
Wurzeln gehen tief und sind oft stark verzweigt; die Gräser verbra
viel Wasser und wirken daher austrocknend auf den Boden.
können andere Pflanzen oft nur schwierig den Kampf mit ihn
stehen. Die echten Steppengräser sind hoch und steif und könne
Stürmen Trotz bieten.
Viele einjährige, kurzlebige Arten findet man eingest ut
Folge der Kürze der Vegetationszeit und der Offenheit der Vex
Dies bildet einen großen Unterschied sowohl gegen die subgla:
Fluren, als auch gegen unsere mesophilen Wiesen und Weiden. H
sträucher kommen vor, Bäume und Sträucher dagegen fehlen
genaueres Studium der Samenverbreitung wird wahrscheinlich z
daß teils der Wind, teils die Tiere den Transport der Samen beso
Zu den Erscheinungen der Steppen gehören auch die „Steppenlä
als welche z. B. Gypsophila paniculata, Ceratocephalus arenarius
pistrum perenne u.a. vorkommen; wenn diese Pflanzen abges
sind, werden sie vom Winde losgerissen und zu kugeligen, oft
Klumpen verfilzt, die von den Stürmen mit meterlangen Sprüngen i
die Ebenen fortgeführt werden („Steppenhexen“)!).
!) Vergl. Ascherson 1892,
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 813
Üppigkeit und Reichtum der Steppe sind je nach den Gegenden
sehr verschieden und hängen größtenteils vom Boden ab. Auf der besten
südrussischen Steppe, deren Boden die erwähnte „schwarze Erde“ ist,
herrschen Festuca ovina, Koeleria eristata mit Medicago faleata, Thymus
E serpyllum u. a. vor; auf der weniger guten Steppe ist das Thyrsagras
(Stupa pennata, S. Lessingiana und $. capillata) zahlreicher vorhanden,
während weniger Stauden auftreten; die schlechteste Steppe ist fast
allein mit den hohen Rasen der xerophilen Thyrsagräser, besonders mit
denen von Stupa pennata, bewachsen. Wie offen der Boden ist, zeigen
die interessanten Tafeln von Cornies, auf denen die sorgfältig abgesteckten
- und abgemessenen Areale einzelner Arten dargestellt sind.
Nach Krasnoff ist die Flora der eigentlichen Schwarzerdesteppen
vorzugsweise aus lebhaft gefärbten Stauden gebildet, während mit zu-
nehmender Trockenheit die Gräser die Oberhand gewinnen und die große
Einförmigkeit der Steppe hervorrufen. Er ist auch der Meinung, daß
die Steppenflora von einer alten Flora abstammt, die bereits vor der
Glazialzeit das ganze Gebiet bedeckte.
Die russischen Grassteppen gehen gegen Osten in die des süd-
westlichen Sibirien über; dagegen grenzen sie gegen Südosten an andere
Formationen, nämlich an die Strauchsteppen mit oft salzigem Boden und
an die Einöden der transkaspischen Länder!?).
Die Steppen Asiens bieten offenbar eine höchst verschiedene
_ Physiognomie dar. Am Altai gibt es Krautsteppen und Grassteppen,
die mit ihren wogenden Thyrsagräsern und ihren Gypsophilla-Arten den
Steppen der südrussischen „schwarzen Erde“ ähnlich sind (Krasnoff,
Martjanow). Es gibt ferner Strauchsteppen, in welchen Klein-
sträucher und Halbsträucher vorherrschen; sie entwickeln sich auch in
Rußland, z. B. von Spiraea cerenifolia usw. gebildet ’?).
| Rumänien und Serbien. Im Tieflande von Rumänien wächst
_ eine Steppe, die der russischen nahe verwandt ist?). Auf sandigem
Boden in Serbien leben Steppen, deren Vegetation aus xerophilen Gräsern,
_ ausdauernden Kräutern, Knollen- und Zwiebelgewächsen, Sträuchern und
einjährigen Kräutern zusammengesetzt ist. Die Blätter stehen mehr oder
weniger aufrecht oder aufwärts gekrümmt; viele von ihnen sind imstande
sich einzurollen oder sie schützen sich durch photometrische Bewegungen
vor der Insolation, andere haben reduzierte Blätter. Die Wurzeln sind
lang und dringen oft sehr tief in den Boden. Adamovi6 gibt eine aus-
gezeichnete Schilderung von der Vegetation, die er „Wüstensteppe“ nennt®).
1) Vergl. O. Paulsen 1912.
2) Über Persiens Steppen und Wüsten siehe Stapf 1888.
3) Grecescu 1898.
#) Grassteppen auf Cypern, vergl. Holmboe 1914.
814 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Ungarns Sandpußten sind den Steppen Südrußlands im grof
und ganzen sehr ähnlich; die ökologischen Verhältnisse, die Entwicklu
die Lebensformen, teilweise auch die Arten sind dieselben. Kerne
unterscheidet verschiedene Assoziationen, z. B. die Federgras-Assoziati
(Stipetum), die Goldbart-Assoziation, die aus den hohen, dicht ane
ander schließenden Rasen des Andropogon gryllus besteht und insow:
von der typischen Steppe abweicht, ferner eine Assoziation aus einjährig
Bromus-Arten. Die Vegetation ist nicht geschlossen, der sandige Bo
tritt zwischen den Pflanzen hervor). :
In den Sandpußten trifft man viele xerophytische Charaktere,
senkrechte Stellung der Laubblätter (Lactuea scariola, L. saligna,
thrum virgatum, Linaria vulgaris und andere Arten, welche in N
europa nicht diesen Charakter haben).
Von den Sandpußten ganz verschieden sind die Salzpußiten
auf undurchlässigem Boden auftreten, wo das Regenwasser sehr
versickert; es kommt hier eine mehr oder weniger hygrophile \
mit Halophyten gemischt zum Vorschein. Diese Assoziationen
zu den Halophytvereinen). %
„Die pontische Heide“ in Niederösterreich oder
österreichische „Federgrasflur“ auf trockenem, sandigem oder s
Boden sind nach der Darstellung von G. Beck den Ungarise
sehr ähnlich. Es kommt offenbar eine recht große Anzahl vo
der Grassteppe vor, die je nach den Assoziationen verschieden
Ein gleichfalls hierher gehöriger Verein ist der besond
lichen Deutschland, Ungarn und im westlichen Rußland verbr
sonnigen, pontischen (auch pannonischen) Hügel, der,
Kultur genommen ist, wegen seiner Hitzigkeit mit Vorliebe zur Z
von Weinbergen, Obstplantagen usw. Verwendung findet. Im Au
unterscheidet er sich in nichts von manchen Steppen Südosteurc
Im Frühjahre zeigen die Abhänge und welligen Flächen oft eine blu
reiche Flora, in der an manchen Orten besonders Adonis vernalis
führende Rolle spielt. Sonst sind die Peucedanum-Arten, Dianth
Carthusianorum, Tunica prolifera, Scorzonera purpurea und viele and
besonders aber Stupa pennata und $. capillata, Charakterpflanzen
Ökologisch sehr abweichend, wenn auch in der Physiognomie
ähnlich ist die Grasheide, die zu den echten Heideformationen <
und durch die geringe Stoffproduktion aller ihrer Pflanzen auch in
regenreichen Zeiten von den Grassteppen verschieden ist. Von
‘) Kerner 1863. Vergl. auch Bernätsky 1904 b.
?) Bernätsky 1905.
®) Vergl. auch Kerner 1863 a, 1886.
*) Vergl. Graebner 1896 b, 1898a, b, 1901, 1903, 1907, 1909.
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 815
Zwergstrauchheiden abweichend und dadurch zu den Steppenformationen
hinneigend sind die trockenen von ihnen dadurch, daß infolge einer
alljährlichen stärkeren Austrocknung des Bodens die Herrschaft der
Heidesträucher unmöglich ist. Die dürrste Assoziation unter ihnen ist
das heidekrautlose Sandfeld, welches im wesentlichen von Wein-
gaertneria, Flechten usw. gebildet wird!).
Auch in der Schweiz und anderen Teilen der Alpen kommt eine
Menge von Assoziationen vor, welche vielleicht am besten den Gras-
steppen angeschlossen werden, z. B. folgende.
Fig. 347. Bergsteppe in Serbien, 1300—1500‘, mit Vegetation von Stupa Grafiana,
Centaurea chrysolepis, Ferulago monticola, Achillea elypeolata, Bromus fibrosa, Salvia
amplexicaulis, Veratrum nigrum, Anchusa Barrelieri, Dianthus.
(Phot. Adamovic.)
Die Assoziation der Feestuca Valesiaca, die sich an sonnigen,
trockenen Stellen mit flachgründigem Boden in Wallis entwickelt. Die
herrschende Art bildet kleine Polster, die aus zahlreichen dichtstehenden
Schossen gebildet sind, die viele graugrüne, gefaltete Grundblätter er-
zeugen, zwischen denen die steifen, 2 bis 3 dm hohen Halme stehen.
Zwischen den Gräsern wachsen verschiedene ausdauernde Kräuter, unter
denen sich auch Zwiebelgewächse, wie Gagea saxatilis und Muscari
2) Graebner 1895 a, 1901, 1904.
.816 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
comosum befinden. Bei den Gräsern sind eingerollte Blätter häufig, so
bei Festuca Valesiaca, Koeleria Valesiaca und Stupa pennata; and
Gräser, wie Poa bulbosa und P. coneinna, haben Knollen als Wa
oder Nährstoffspeicher. Der häufigste Verdunstungsschutz sind H
so bei Oxytropis Halleri und Artemisia Valesiaca, oder Suceulenz
Sempervivum arachnoideum, oder auch eine Oberflächen vormin
Assimilationsorgane, bei Onobrychis arenaria und Plantago serpen
Weniger xerophytisch ist die Bromus-Wiese, in der B. er
' vorwiegt; sie kommt im wesentlichen an den trockenen, sonnigen Le
der Kalkgebirge vor (auch auf der Balkanhalbinsel usw.). Als Beg
pflanzen sind zu nennen Galkum mollugo, Festuca rubra, F. ©
F‘. pratensis, Arrhenatherum elatius, Carex montana, O. verna, Bru
vulgaris, Salvia pratensis und andere. (Vergl. übrigens Kap. 68.)
Die iberischen Steppen. Die trockene Natur Spaniens ha
mehreren Stellen echte Steppen hervorgebracht, die Willkomm geschild
und durch folgende Verhältniszahlen gekennzeichnet hat: °/; Kräut
!/, Halbsträucher, ?/; Gräser, über !/so Sträucher, Y/ar Flechteı
Algen. Etwa !/s aller Arten haben eine frische grüne Farbe E 6
anders gefärbt. |
Von interessanten Arten der iberischen Steppen sei das
gras (Stupa [Macrochloa] tenacissima) genannt, das mit seinen
steifen Rasen auf dem spanischen Hochlande weite Fläch
bekleidet und die nahe verwandten russischen Thyrsagräser e
Andere iberische Steppengräser sind Stupa parviflora und Avena
nach Rikli!), der die Blattanatomie von dieser Art untersuchte |
Steppen erscheinen ökologisch etwas verschieden von den ı
indem sie trockener sind und sich den Wüstensteppen nähern
Rikli sind namentlich die Küstensteppen im südöstlichen Spani
xerophytisch und kommen Drudes „Wüstensteppen“ am nächsten
denen die Vegetation sehr offen ist. Wenn der Boden durch anha
Trockenheit steinhart geworden ist, vermag das Regenwasser nich
zusickern, es fließt schnell ab und unter dem klaren Himmel mit
gewaltigen Insolation muß sich eine sehr trockene und offene Vege
entwickeln.
Die Nordafrikanischen Grassteppen gehören ebenso zu den
neren Typen (Wüstensteppen). Oft erwähnt sind die Halfa-St
in Nordafrika?), welche von Stupa tenacissima gebildet werden. E
‘) Rikli 1907 b. Vergl. auch Chodat 1909, der eine „Macrochloa- Asse
erwähnt. i
?) Flahault 1906 b; Rapport sur les herborisations de la Soc. bot. de F
pendant la Session d’Oran. Bull. Soc. Bot. France, LIII (in der Litteraturliste
gefallen). Rikli 1907; Rikli, Schröter und Tansley 1912; Schröter und Rikli 191
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 817
ein Büschelgras, dessen Horste zerstreut stehen. „Das heiße, trockene
Klima gestattet nur die Entwicklung einer mehr oder wenig offenen
Pflanzendecke fast ausschließlich aus graugrünen Xerophyten“. Es ist
ein stark xeromorphes Steppengras mit mehrjährigen, harten, zähen
_ Rollblättern, die nur in der Regenzeit nicht eingerollt sind und ge-
4 -wöhnlich 5—8 dm, bisweilen bis 1,4 m lang werden. Die Art bevorzugt
- Grusboden, fehlt aber auch auf Löß- und Sandboden nicht. Oft sind
- Hunderte von Quadratkilometern von Stupa und Artemisia herba alba
bedeckt; in den Niederungen wird die letztere gewöhnlich allein herr-
“ ‚schend, so wie Halfa in den höheren Lagen. Die Begleitpflanzen sind
sehr verschieden. Listen der Arten vergl. besonders bei Flahault.
Die Drinn-Steppe. Nach Rikli und Schröter ist Aristida pun-
gens die Leitpflanze. Dieser Typus ist bezeichnend für Sandböden und
_ Dünengebiete, erreicht aber seine Hauptverbreitung in der Wüste, wo
_ er unter anderm durch sein weitauslaufendes Wurzelwerk den beweg-
- liehen Sand festlegt.
Die Sennah-Steppe ist ein dritter Typus Nordafrikas, durch
- das Spartogras, Lygeum spartum, charakterisiert. Sie nimmt die Stand-
orte in Besitz, welche Übergangsgebiete zwischen Sand- und Lehm-
boden sind. |
Er Ein vierter Typus ist die Schih-Steppe, die von Artemisia herba
alba gebildet wird.
E Die beiden letzten Typen bewohnen besonders die mehr zentralen
4 Teile des inneralgerischen Hochlandes. „Wie wasserlose Flüsse durch-
ziehen sie die Halfasteppe oder umsäumen sie gegen die zentrale De-
_ pression des Hochlandes in einer Breite von mehreren Kilometern“.
Auch in Südafrika kommen Grassteppen in großer Ausdehnung
- vor, zu verschiedenen Typen gehörend, welche noch ein gründliches
- ökologisches Studium bedürfen. Die Regenzeit ist gewöhnlich kurz, die
_ Trockenperioden sind lang. Engler!) nennt verschiedene Typen.
a) Die Niedergrassteppe. Niedrige Gräser bedecken meist in
- Abständen den steinigen oder sandigen Boden.
; b) Die Hochgrassteppe hat Gräser von 1—2 m Höhe, meist
Büschel bildende Andropogoneen. Zwischen ihnen wachsen krautartige
_ Pflanzen, teils einjährige, teils Zwiebel- und Rhizomgewächse mit ein-
zelnen blühenden Sprossen oder auch Stauden, welche aus einem kurzen,
niedrigen Grundstock einen Büschel von blühenden Sprossen empor-
senden. Amarantaceen kommen ganz besonders gern in den baumlosen
Grassteppen vor, meist graugrünliche, oft sehr hohe Stauden. Eigent-
= liche Grassteppen ohne oder mit sehr vereinzelten Bäumen und Sträuchern
finden sich besonders in Ostafrika unter 1200 m.
t) Engler 1910 (1908b— 1915).
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 52
818 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
c) Hochgrassteppe des höheren Gebirgslandes. U
an Abhängen, wo sie den Steppenwinden, aber nicht den as
gänglich sind, lebt diese eigenartige Vegetation.
In Rhodesia kommen nach R. Fries Grassteppen aus 2-
Gräsern vor, welche im September und Oktober vollständig
Aus Natal hat Bews gute Schilderungen der Grasvegetation
schiedenen Varianten gegeben. Auf dem Hochlande ist Ant
das wichtigste Gras, welches auf losem, gut durchlüfteteı
‚Assoziationen bilden kann. Wenn Unterschiede des Bo«
druck kommen, treten andere Arten hinzu, z. B. Andropog
diese kann auch herrschend werden. Die Einwirkung der M
man an vielen Stellen bemerken. — Die Grasvegetation
geheure Strecken in Natal. Die Gräser sind fast alle au
wenige nur sind einjährig. Die ausdauernden haben
vielen intravaginalen Verjüngungssprossen, welche At
Die Stengel und Blätter sind oft mit groben Ha ü
Ährchen sind oft behaart.
Bews unterscheidet zwei Haupttypen, der eine ae li
feld mit gut durchlüftetem Boden, größerer Regenm:
Frost im Winter. Die Gräser sind hoch; meist he
imberbis und Arten von Andropogon. Es findet sic
Menge von Variationen. Aristida juneiformis bildet
Assoziationen, besonders längs der zahlreichen Wege
Land führen. Der andere Typus auf niedrigem Nive
getrocknetem Boden hat andere Grasarten und dort ni;
Auch in Ostafrika kommen nach Engler!) Hoc
zahlreiche Arten von Andropogon, Chloris, Pennis
Aristida u. a. bilden hohe, Getreidefeldern ähnliche
häufig aber mit Vorherrschen einer einzigen Art. Z
treten besonders Convolvulaceen, Malvaceen, Legumin
und Cucurbitaceen auf.
Diese Hochgrassteppen entfernen sich unzweifeikh
von den fruchtbaren, russischen Schwarzerdesteppen;
mit dem Grasboden in den Savannen und Campos di
genden sehr nahe verwandt, wo die klimatischen
denen Südeuropas sehr abweichen, indem eine au ig
den Sommer charakterisiert, wogegen die kalte aber
den Winter bezeichnet. Anderseits finden sich i
welche den Schwarzerdesteppen Südrußlands sehr äh
!) Engler, A., 1910. Die Pflanzenwelt Afrikas. Grundzüge d
in Afrika und die Charaklredansed Afrikas. Die Vegetation -
erschienen Bd. I, II, 1, 2, III.
re
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 819
Krassnoff!) wachsen im Altai solche Steppen mit wogenden Thyrsa
gräsern, Arten von Gypsophila u. a. Die Abekansche Steppe in der
Nähe des Altai wird von Martjanoff erwähnt.
- _ Nordamerikanische Prärien und „Great plains“. Die Prärien
Nordamerikas sind teilweise echte Steppen und durch dieselben phy-
sikalischen Faktoren hervorgerufen: durch kontinentales Klima, lange
und strenge, trockene Winter mit trockenen Winden, Schnee und
Minimaltemperaturen von —20 bis — 50°, heiße und trockene, von
Mitte Juli ab oft regenlose Sommer mit kalten Nächten. Sie haben
Fig. 348. „Low Prairie“ bei Lincoln, Nebraska. Vorne @lycorrhiza lepidota (?)
und Aselepias purpurea. August. (Phot. Brockmann-Jerosch.)
eine kurze Vegetationszeit, die durch vorübergehende Niederschläge ein-
geleitet wird. Auch hier kommen jedenfalls in gewissen Gegenden zwei
Ruhezeiten vor,
Das Klima kann kurz dadurch charakterisiert werden, daß es
gegen Süden ‚langsam wärmer wird, gegen Westen zu trockener und
im Sommer zugleich heißer. So ist die durchschnittliche jährliche Regen-
menge für Kansas, Nebraska und Colorado beziehungsweise 73, 65 und
0 em (abgerundete Zahlen, berechnet nach Briggs und Belz). In Über-
1) Siehe 1888, Martyanow, und Referat in Englers Jahrb. 1882, IX.
52*
820 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
einstimmung hiermit findet man im östlichen Teile üppige Gra
die eigentlichen Prärien, die kulturfähig sind und jetzt auch
nutzt werden, wogegen der westliche Teil, „the great plains“
eine arme Vegetation von kurzen und kurzwurzeligen Gräs
und nur teilweise feucht genug ist, um lohnende Erträge
können; das Gedeihen der Kulturgewächse ist hier wie westli:
Rocky Mountains von speziellen Kulturmethoden (dry farming)
Die Regenzeit fällt in den Sommer, Mai bis Juni, di
Zeit ist überall der Winter; North Platte (Nebraska) hat z
Monaten November bis einschließlich März nur ungefähr
Im Januar geht die 0°-Isotherme, im Juli die 28°-Isothe
Präriegebiet. Die Temperaturschwankungen, tägliche so:
sollen groß sein.
Die Prärien sind riesige Ebenen, an deren Horizont di
der Erde erkennbar sein kann; heftige Stürme können
wehen; ihr Boden soll im Osten fast ebenso wie der in Süc
nämlich ein schwarzer, mit Sand vermischter Ton, der we
weise tiefen, aus den Resten zahlloser vorausgegange
bestehenden Humus enthält und hierin einen za
kommende Zeiten besitzt. |
Die Prärien sind baumlos, nur längs der Wass
Wald. Der Ursprung und die Entwicklungsgeschichte
eine vielumstrittene Frage. Nach einer Hypothese von
der Prärieboden ein alter, langsam ausgetrockneter Seeb
von Seen, denen durch die Aufwölbung der Anden in
die Wasserzufuhr entzogen wurde. Auch nach Harvey
präglazialen Ursprungs, die von den Prärien der Te
welche dadurch entstanden sein sollen, daß der Niede
hebung der Rocky Mountains vermindert wurde.
Bezüglich der Wasserversorgung sind die Prärien
als die Steppen Asiens; sie werden vom Regen mehr
mächtige Flüsse, denen sich eine Baumvegetation an
strömen sie. Die gewöhnlichste Erklärung ihrer Bauml
das Feuer, durch die Indianer oder durch Blitz hervorge
tigste Rolle gespielt hat. Andere suchen die Ursache
baumfeindlichen, südwestlichen Winden, in chemischen
keiten des Bodens oder auch im Charakter des Klimas.
ist der wohl kaum haltbaren Meinung, daß Boden und Klir
vegetation günstig sind, daß aber die Entwicklung des
Besiedlung mit Gräsern günstiger war als für jede and
!) Harvey 1908.
?®) Harshberger 1911.
1, Kap. Die baumlosen Grassteppen 821
und daß die Grasvegetation, nachdem sie einmal das Land erobert hatte,
"mächtig genug war, den Wald fernzuhalten, jedenfalls eine schnelle Er-
ng durch denselben zu verhindern.
Harshberger schreibt: Eine Prärie ist ein dicht mit Gräsern be-
chen, physiographischen,
edaphischen und historischen Faktoren,
Fig. 349. „Short-grass“-Prärie mit Opuntia und Buchlo& dactyloides
2 bei Akron (Colorado, Nordamerika). (Phot. G. E. Nichols.)
viel mehr als durch Wassermangel und Bodenbedingungen, die Ein-
wanderung der Waldbäume zu verhindern. Daß die Prärien sehr lange
baumlos gewesen sind, ist daraus ersichtlich, daß die östlichen und
lichen Wälder keine einzige Baumart gemeinsam haben.
Mayr gibt an, die Feuchtigkeit sei stellenweise hinreichend groß,
daß die Prärie hier einen Wald tragen könnte, und meint, daß die
östlichen Teile ursprünglich einen Wald besessen hätten, der durch
| Präriebrände zerstört worden sei; gerade zu der Zeit der großen Prärie-
brände (September und Oktober) herrschen die erwähnten trockenen
822 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Westwinde vor. Harvey glaubt, daß die Bodenpilze fehlen, durch
welche die Waldbäume ernährt werden sollen, daß die Schwierigk
der Keimung der Samen in der dichten Grasmatte und schließlich av
Präriebrände weitere Gründe sind, weshalb die Krautvegetation d
Sieg davon getragen hat. Dazu kommen noch die ungeheuren Herd
von Büffeln. (Bisons), welche zu Millionen die Prärien beweidet hah
Durch die Beweidung wurde die Grasnarbe dichter, und die Biso
sind wie die Indianer hin und her gezogen, welche das Gras, der
wegen, anzündeten.
Die hauptsächlichsten Präriegebiete finden sich mitten in N
amerika in den Staaten Nebraska, Jowa, Kansas und den beiden Dak
Von diesem Zentrum ab nehmen die typischen Prärien sowohl
Süden als Norden langsam ab. Nach Harshberger zerfällt dieses g
Areal in vier natürliche Abteilungen mit nord-südlicher Ausdehn
die durch die Unterschiede der Regenmenge hervorgerufen sind Er
Osten liegt ein Übergangsgebiet, das mit den baumtragenden ]
beginnt, dann folgen nach Westen zuerst der Präriedistrikt, ar
hügeldistrikt und schließlich nach den Rocky Mountains hin d
Distrikt“, durch welchen der Übergang zu den Hochgebirge
wird und wo die Flora bereits montane Einmischungen er
Eine große Menge von Assoziationen, welche wohl
formationen genannt werden können, kommen auf diese
Strecke vor, selbst wenn wir nur die typische Grasformation v
haben; die Wälder, Sümpfe, Felsen usw. gehören ja anderen Foı
und zum Teil sogar anderen Formationsklassen an.
1. Im östlichen Übergangsgebiet, wo der Wald
Prärien konkurriert, kann man in Illinois und Wisconsin
trockenen und nassen Prärien unterscheiden. In den trockenen
von Gräsern „Bunch-grasses“, das heißt hohe Gräser (1/s bis In
von dichtem büschel- oder horstförmigem Wuchs vor, besonders
sopogon nutans, Andropogon furcatus, A. scoparius, Koeleria c
Eatonia obtusata, Stupa spartea u.a. Mit ihnen gemischt komm
Menge von Kräutern vor, welche zu verschiedenen Jahreszeite
Blüten entfalten und dadurch der Prärie ein zeitweilig sehr verschi
Aussehen geben könne.
2. Das Zentrum der echten Prärie ist wesentlich eleichtö
in der Vegetation. Es tritt an vielen Orten ein deutlicher Unte
zwischen der Vegetation in den Niederungen und der auf den h
Prärien hervor; die erstere ist mehr geschlossen, die letztere ©
Zwei Hauptassoziationen kommen vor: a) Die „Prairie-grass*-Asso
auf leichterem Boden, und b) die „Buffalo-grass“-Assoziation auf ı
lehmigem Boden.
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 823
a) Die Prairie-gras-Assoziation wird hauptsächlich von Gräsern
gebildet, welche Ausläufer haben und daher den Boden mit einer ge-
schlossenen Narbe decken. Die Arten sind hauptsächlich Sporobolus
asperifolius, Koeleria eristata, Eatonia obtusata und Panicum Serib-
nerianum; auch Bouteloua curtipendula und B. oligostachya sind sehr
häufig. Dagegen sind die „Bunch-gräser“ Andropogon scoparius und
A. fureatus, welche anderswo charakteristisch sind, hier von geringer
Bedeutung. Das verschiedene Aussehen in den einzelnen Jahreszeiten
(„Aspeets“) wird von Pound und Clements und von Harvey beschrieben.
Fig. 350. „Great plains“ bei Yuma, Colorado.
„Bunch grass“- Assoziation mit Andropogon scoparius, Eriogonum annuum
(die weißen) u. a. (Phot. Ove Paulsen.)
b) Die Buffalo-gras-Assoziation („short-grass- Assoziation“)
wird vom Büffelgras (Buffalo-gras, Buchloe [Bulbilis] dactyloides) und dem
Grama gras (Bouteloua oligostachya) gebildet; ersteres wächst namentlich
auf lehmigen Plateaus, letzteres auf sandigen Strecken. Namentlich die
letztere Art bildet fast reine, dichte Teppiche. Andere Gräser sind
dort nie in Menge zu finden, nur hier und da leben sie zwischen dem
- Büffelgras. Dieses „Kurz-Grass“ ist von zwergigem Wuchse, und die
Wurzeln sind auch sehr kurz. In Übereinstimmung hiermit findet es
sich auf lehmigem Boden, wo das Wasser nicht schnell den tieferen
Bodenschichten zugeleitet werden kann. Es ist zugleich die Haupt-
824 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
vegetation der westlichen „plains“. Verschiedene Er Stauden
kommen hier vor (Fig. 349). a
Auch Asa Gray hat diese östlichen und nördlichen Prärien
schildert; sie sind reines Grasland, wo zahlreiche Compositen (besonders
Heliantheen und Astereen), Leguminosen (besonders Galegeen) und andere
Stauden den Gräsern beigemischt sind, die der Landschaft ihr Gepräge
geben. Das „Büffelgras“ besteht nach Asa Gray namentlich aus Mun
squarrosa, den Chlorideen Buchloe dactyloides und Bouteloua, ferner
vielen anderen Gattungen (Stupa, Aristida, Hordeum, auch mit Se
Elymus u. a.). Man nennt dieses Gebiet das Land des Büffelgras
es ist eine niedrige, sammetartige Grasdecke, die, wenn auch ke
Rasen, so doch etwas Ähnliches bildet, und die nur in der ers
Frühlingszeit grün, sonst grau ist. Aber es hat selbst im Win
Nahrungswert. Hier ist, oder richtiger war, die Heimat der En
Bison- und Antilopen-Herden (Asa Gray).
Diese Prärien reichen im Süden bis nach Texas, welches ein Klim:
hat, das passend „Grassplains“-Klima genannt werden kann, denn
Gräser bilden das Grundelement der Vegetation. Doch selbst wo
Regenmenge am größten ist, ruft das Klima in Verbindung mit :
Faktoren doch eine ausgeprägt xerophytische Vegetation hervor
3. Der Sandhügeldistrikt gehört zu den sogenannten
plains“; er reicht von Nebraska gegen Norden bis Dakota, g
bis Kansas, Oklahoma, Indianer-Territorium und Texas, sowie
Nordost-Colorado hinein. Dieses Areal ist die Region des „
grases“, welches auch weiter östlich vorkommt, sowie der Dün
der Windmollen („blowouts“). x
Die Bunchgras-Vegetation wird gebildet aus Andropogon scopa
Stupa comata, Calamagrostis (Calamovilfa), Andropogon Halli und
Anzahl von untergeordneten Arten von Gräsern usw. Die „beardgrass
Assoziation dagegen von Aristida purpurea und A. basiramea, Spo
bolus cuspidatus und Stupa spartea.
Wire Gras-Assoziation wird von Pool und Shantz eine name
lich aus Aristida longiseta gebildete Assoziation genannt (Fig. 351).
Wurzeln dieses Grases gehen 2—3 Fuß tief in den Boden. |
Neben dieser Art kommen andere Gräser (z. B. Grama-Gras)
deren Wurzeln nicht so tief eindringen, dazu verschiedene Dikotyl
z. B. Ipomoea leptophylla mit ihren riesigen unterirdischen Knolle
Bunch gras und Wire gras, die beide leichtere, vom Wasser
durchdringliche Böden bevorzugen, können nach Shantz als Anzeiger
kultivierbares Land gelten, wogegen Kurzgras einen Boden anzeigt,
das Wasser in den obersten Schichten festhält, so daß es schnell wi
verdunstet. Wenn Kurzgrasland gepflügt wird, kommen langwurzel
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 825
Arten und besiedeln es (z. B. Wire gras), weil der Boden jetzt für
Wasser leichter durchdringlich ist. Die Vegetation kehrt aber langsam
zu der des Kurzgrases zurück.
Die Flugsandgebiete und deren Windmollen („Blowouts“) in den
Sandhügeln haben eine abweichende Vegetation; Yucca glauca findet
sich hier; Gräser kommen nicht zur Herrschaft. Redfieldia flexuosa
dominiert in den Windmollen der vom Winde zerrissenen Dünen, sie
gleicht biologisch der europäischen Calamagrostis (Psamma) arenaria.
Rydberg und Bessey haben nähere Aufschlüsse über sie gegeben !), aber
Fig. 351. „Wire-grass“-Prärie mit Aristida longiseta, Eriogonum, Grindelia
squarrosa, Artemisia Canadensis. (Phot. Ove Paulsen.)
die Lebensformen scheinen noch nicht eingehend genug; studiert zu sein.
Im übrigen gehören sie auch zu den eigentlichen Sandformationen und
nicht zu den Grassteppen.
4. Der „Foothill Distrikt“ erstreckt sich nordwärts durch Da-
kota, Montana, Assinibora und Alberta, erreicht seine Nordgrenze in
Athabasca; südwärts ist er verbreitet durch Colorado und New-Mexico.
Er ist ein hohes Tafelland von zahlreichen Canons durchbrochen. Von
den drei von Harshberger hier aufgestellten „Formationen“ interessieren
uns hier nur die Gras-Assoziationen. In der Ferne sehen sie typischen
ı) Harshberger 1911, S. 532.
826 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Prärien ähnlich. Zwei. Gräser beherrschen die Vegetation und
der Landschaft ihre Physiognomie, nämlich Stupa comata und
(Agropyrum) spicatum. Die Stupa-Assoziation entwickelt sich :
höher gelegenen Prärien, eine Grasnarbe bildend mit vielen eing
Kräutern, so Arten von Lupinus, Astragalus, Oxytropis,
Tradescantia Virginica, alle mit blauen Blüten; andere
Blüten usw. Auch die Bouteloua (Grama-Gras)-Assoziation
vor. Auf den niedrigen, sandigen und den „Gumbo-Pl
die Agropyrum-Assoziation; die herrschende Art ist 7
spicatum.
Zwischen den Rocky Mountains und der Sierra Ne
Natur sehr abweichend (nach Mayr sinkt die Luftfeuch
Vegetationszeit bis auf 40—50°/,, und die Niederschläge
Jahres betragen nur ca. 100 mm). Es entsteht daher i
eine niedrige Strauch- und Halbstrauch-Vegetation; stellenv
wie im inneren Asien, kommen Halbwüsten und Wüsten au
Boden oder ohne solchen vor. ;
Südwärts verändert sich die Natur gleichfalls; hier
teen, Agave- und Yucca-Arten und ähnliche Saftpflanzen
gebaute Xerophyten allmählich zahlreicher; einerseits g@
in die Wüsten der Hochebenen von Deka und Mexiko,
trockene Gebüsche über.
Die Lebensformen und Anpassungen der Prärien
unvollständig bekannt. Gute Aufschlüsse gibt z. B.
Prärien von Texas. Er schildert vier „Aspeets“ im Jahre.
wird von einjährigen Kräutern beherrscht. Nach diese
der Sommer mit einer Grasvegetation, die so dicht is
Spur der vorhergehenden Phase übrigläßt; die Grasdeck
als wäre es ein wohlkultiviertes Timothyfeld, also eine
Wenn die Gräser abwelken, kommt die Herbstflora, wi
jährigen Kräutern, jedoch nicht mit so zahlreichen, daß si
verdecken können. Schließlich das Winterbild, in welchem
ein nahrungsreiches Futter bieten; diese Jahreszeit ist
sie dem Graslande erlaubt, grün zu bleiben bis in den Feb
Frühling wiederkommt. ne
Bray unterscheidet zwischen mehreren Typen von G
semihumide, semiaride und aride Typen. Die Prärie
Typen mesophytischer Vegetation (mit Ausläuferbi u
Wuchs usw., vergl. 8. 541). Die Gräser der Kurzgrasy
Great Plains, sind stark xerophytisch gebaut, zwergartig,
u a nn er men a Ba ann
# Bray 1901, 1906.
. Kap. Die baumlosen Grassteppen en 827
kurz und schmal sind und im Sommer schnell verwelken. — In
gen Prärien sind Pflanzen mit unterirdischen Knollen häufig‘).
Trockenkultur („Dry farming“) wird in den trockeneren Gegenden
damerikas allgemein betrieben. Sie besteht in einer Behandlung des
ı muß die Oberfläche wieder gelockert werden, damit eine trockene
rauhe Kruste zustande kommt, die die Feuchtigkeit im Untergrunde
Fig. 352. Steppenläufer von Salsola pestifer in der Prärie bei Akron,
August 1913. (Phot. Brockmann -Jerosch.)
rügt, kann auf besseren Stellen jedes Jahr eine Ernte gewonnen
erden, aber in dem „Great basin“ (zwischen den Rocky Mountains und
den Küstengebirgen), wo der Niederschlag unter 85 cm bleibt, müssen
die Felder jedes zweite Jahr unter ständiger Bearbeitung brach liegen
jleiben, damit sie sich für das nächste Jahr mit Wasser füllen können.
"Über ökologische Untersuchungen, die mit „Dry farming“ in Ver-
indung stehen, siehe Briggs und Belz, Briggs und Shantz und Shantz.
Wie in Südeuropa, hören Steppenläufer auch mit zu den Eigen-
828 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Neuere Litteratur über die Prärien: Bray 1901; Harshberger 1911; Harvey
Shantz 1911; Briggs und Belz 1911; Briggs und Shantz 1912, 1913; Pool 19 &
Paulsen 1915; Rübel 1915; Journ. Ecol. IV, 45 (fünf Abhandlungen); Ijin
Die Pampas sind das dritte große Steppengebiet.
stammt von den Quichua-Indianern und bezeichnet „grasb
völlig baumlose ebene Strecken“ (Brackebusch). Sie nehmen
steinlose, alluviale Fläche in Südamerika ein, die von dem a
Ozeane bis zu den Anden, von Patagonien bis zu den Wälc
Paraguay und Brasilien reicht. i
Der Boden ist meist ein sandiger, an manchen St
toniger und salzhaltiger Löss. Das Klima ist wie in den
Prärien, jedoch etwas feuchter und weniger extrem. Nach
nicht die absolute Regenhöhe, sondern die Häufigkeit der N
der ausschlaggebende Faktor. Die Regenmenge in den Pamy
klein (etwa 4dm bis 1m im Jahre), aber die Zahl der R«
sehr gering, so daß allmonatlich Trockenperioden eintreten
reichste Monat weist selten mehr als 5 bis 10 Regentage
kann bisweilen sehr lange ausbleiben; der Boden verw:
in eine trockene, für Wasser undurchdringliche Masse
Gewitterregengüsse unwirksam abfließen. Stürme wehen
unbehindert dahin. Die Pampas von Uruguay haben n
Regenmenge von 762 mm jährlich, die fast gleichmäßig v
in den einzelnen Jahren große Unregelmäßigkeiten zeigt;
liche Trockenperioden können auch hier zu allen Jahres
Es bestehen wesentliche Unterschiede zwischen (
Klima der russischen Steppen: die strengen Winter und
bende Schneedecke kommen nicht vor, und Taubildung
Daher bleibt die Grasdecke lange grün, in gewissen G
während des Winters.
Gassner ist der Meinung, daß die Baumlosigkeit unzwe
klimatischen Verhältnissen zuzuschreiben ist, daß diese
klärung allein nicht hinreichen, denn gewisse eingeführte
Eucalyptus, gedeihen vorzüglich. Daß das Pflanzen von Bä
da gelingt, wo es kein fließendes Wasser gibt, war auch Da
Er suchte demgemäß auch einen geologischen Grund für Ba
keit; für wahrscheinlich hielt er den, daß das Land in
Sinne so jung ist.
| Lebensformen. Ausdauernde Gräser bilden die A
Vegetation; sie sind mehr oder weniger xeromorph, dah
oder graugrün gefärbt. Die unendliche, ebene oder etwas w:
förmige, baumlose Fläche ist mit mehrjährigen Gräsern und
bewachsen; die Grasflur ist vorherrschend; „ein uferloses
106. Kap. Die baumlosen Grassteppen 829
en. wo das Auge am Horizonte keinen Ruhepunkt findet, außer
wo die Sonne aufgeht und niedersinkt“'). Die hauptsächlich vertretenen
Gattungen sind Melica, Stupa, Aristida, Andropogon, Pappophorum,
. Panieum, Paspalum u. a.
Er Die Gräser werden in der kalten Jahreszeit in ihrem Wachstum
gehemmt, aber einige von den eingeführten, z. B. Poa annua, gedeihen
‚gerade im Winter massenhaft; letzteres fehlt aber dann vom Frühjahr
‚bis Herbst, ist also einjährig-überwinternd. Von den anderen Gräsern
entwickeln sich einige im Frühjahr, andere sind eigentliche Sommer-
= gräser, und eine dritte Gruppe vermittelt den Übergang zum Winter.
Das Bild der Jahreszeiten ist somit recht wechselnd. Unterschiede in
der Bodenfeuchtigkeit rufen auch Vegetationsverschiedenheiten hervor.
Fig. 853. Pampa im Staate Buenos Aires, mit Postwagen.
Die Gräser gehören zu den Gattungen Erianthus und Elionurus.
(Phot. Lindman.)
- Zwischen den Gräsern wachsen eine Menge Stauden aus vielen
Familien, under anderem Verbena, Portulaca, Oxalis, Solanum, Apocy-
naceen, Compositen, Eryngium u.a., deren Blüten farbige Flecken in
der Grasvegetation bilden. Merkwürdigerweise kommen sehr viele euro-
"päische Arten vor, die auf meilenweiten Strecken die inländische Vege-
tation haben verdrängen können; distelartige Compositen wie Oynara
Carduneulus (die Artischocke), Silybum Marianum, Lappa, ferner Lolium
Derenne, Hordeum murinum, H. secalinum, Medicago dentieulata, Foeni-
Culum eapillaceum. In der Flora um Buenos Aires sind nach Otto Kuntze
mindestens ®/, eingewanderte, meist mediterrane Arten.
2) Grisebach 1872.
830 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Von den Stauden haben viele knollige Grundachsen ode
dauernde oberirdische Teile; die Zahl der Zwiebelpflanzen sch
ringer zu sein. Im Winter blühen viele Oxalis-Arten. pe.
Die Anzahl der einjährigen Arten ist sicher sehr gering. |
Assoziationen. Es bestehen in den Pampas wesentlich
sche Verschiedenheiten, die aber noch wenig studiert sind; n
kann man von einer Verbena-Pampa, Junquillo-Pampa (mit
[Diachyrium] arundinaceus), Tupa-Pampa (mit Panieum Pa
Zamba-Pampa, Chinata-Pampa u. a. je nach den herrse
reden. Ebenso unterscheidet Gassner eine Anzahl Assoziatio
den örtlichen und edaphischen Verschiedenheiten. Westlich“
also in den mehr kontinentalen Gegenden, ist die Ähnlichk
russischen Steppen offenbar am größten, indem die Gräser
blättriger werden und wie hier in Rasen wachsen, die z
nackte Räume lassen. In dieser Hinsicht nähern sich. die
den Savannen.
Nach Gassner sind die Pampas der Jetztzeit gewiß
anders als zu der Zeit, als die Europäer einwanderten
tiere einführten. Die ursprünglichen Pampas hatten
hohe, steppengrasartige und im Winde unablässig wieg
jetzigen haben weit kürzere und oft wiesenartige Rase
Die Steppen Patagoniens sind von Dusen, N
berg näher besprochen worden?). Es macht sich deu
Klima auf die Vegetation geltend, welche sich der der
steppen nähert. Eine Eigentümlichkeit ist das Au
Horst- und Polsterpflanzen. Letztere können so hart se
Revolverkugel in sie kaum eindringen kann, z. B. Azorella
und Bolax glebaria. ‘Viel lockere Polster bilden andere,
spinosum und Stupa humilis. Die Polster dieser letzteren si
hoch und haben schmale, steif aufgerichtete Blätter, deren Sp
und stechend sind; die Polster oder Büschel haben 6—8 cm
und stehen bieyiilen in Abständen von 10—20 cm voneinand
ders auf den weitgestreckten Treibsandfeldern am Ostfu
scheint diese Stupa zu gedeihen; sie kann hier als einz
in Gesellschaft weniger anderer spärlich auftretender A
50—60 km oder mehr Ausdehnung bedecken.
In Australien und Neuseeland kommt auch eleich
- tation vor, welche sich hier am besten anzuschließen se
!) Über die Pampas von Argentinien und Uruguay vergl. Bra
Ch. Darwin 1845; Gassner 1918; Grisebach 1872; Koeppen 1900; F
?) Dusen und Neger 1908; Skottsberg 1910.
([ozyrag '30yg) usgdAfeong oyuag Aours ur uoyurg syyooy "(waydıuy) Pydsngen SYUrT
-pıpor4z Zungen ıop usyıy sne gopfiqad uopıom ung all "pueg ne oysn M-„xopurdg“ :usrpeigsuny-Js08%p1oN 'FGE "dA
831
Die baumlosen Grassteppen
& 106. Kap.
832 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
‚wenig bekannt ist. Domin!) z. B. spricht von offenen Grasebenen in Queen
land mit Vorherrschen vom Mitchell-Grass (Astrebla sp.) und Flindeı
Grass (Anthistiria membranacea), in südlicheren Gegenden dagegen m
von „Blue Grass“ (Andropogon). Gewöhnlich ist die Vegetation ni
dicht, und zwischen den Grasbulten sprossen nach Regen eine Me
einjähriger Kräuter hervor (Fig. 354).
Aus Neuseeland spricht Cockayne auch von Steppen, die z. r
Danthonia Raoulit („Red tussock*) gebildet werden.
. Grassteppen von geringer Ausdehnung werden von verschiedene
reisenden Botanikern aus verschiedenen und auch aus tropischen Länd
erwähnt, aber so unvollständig beschrieben, daß ihre Natur nicht ie ;
beurteilt werden kann. Es gibt aber offenbar eine Menge von Variante
Hier können nur noch folgende tropische Gras- Assoziae
rührt werden:
In Ostasien kommen gewisse gesträuchartige Assoziationen, nam
lich Bestände des Alang-Alang-Grases (Imperata arundinacea) vo
es gibt auf Java kein zäheres und lästigeres Unkraut als dieses Gra
das sich solcher Stellen bemächtigt, wo der Wald ausgerodet wurd
und das 1—2 m hoch wird. Nach Rechinger?) kommt es im Archij
von Neuguinea namentlich auf jung vulkanischem Boden vor. Die Grö
können so dicht zusammenschließen, daß fast nichts zwischen ihnen
kommen kann, ausgenommen einige andere Gräser und einige dü
stengelige Dikotylen. Rechinger meint, daß Warburg sie nicht mit E
als eine ausschließlich sekundäre Vegetation betrachtet. Da auch Bä
eingesprengt vorkommen können, bildet die Assoziation wohl einen U
gang zu den Savannen.
Auf der Insel Koh Chang in Siam finden sich Strecken bekleid.
mit Gräsern, die oft eine riesenhafte Größe erreichen, z. B. Aruns
Madagascariensis, welche 3—4 m hoch wird?). | |
Auch auf den hohen tropischen Bergen kommen wie es sch
typische Grassteppen (Bergsteppen) vor. In Mexiko?) z.B. gibt
solche oberhalb der Baumgrenze aus Gräsern mit harten, schme
Blättern gebildete (Sporobolus, Aera, Festuca, Calamagrostis u. &.);
stehen in dichten, hohen Büscheln, zwischen welchen Stauden von
Gattungen wachsen’).
Farnsteppen. Schließlich kann hier eine andere Art sekun
Vegetation erwähnt werden, die allerdings nicht Gras-Steppe ge
21) Domin 1910.
2) Rechinger 1908.
®) Johs. Schmidt 1906.
*) Purpus 1907.
5) Ebenso erwähnt Weberbauer (1912) aus Peru in 3000—4200 m Höhe 6
steppen mit eingestreuten Sträuchern.
HET
=»
107. Kap. Baumsteppen 833
werden kann, weil die Komponenten ganz anderen Lebensformen an-
gehören, die aber doch mit den Gräsern den Charakter gemeinsam
haben, daß die oberirdischen Organe krautartig sind, und daß das Aus-
sehen der Formation nach der Jahreszeit, ähnlich den Grassteppen,
wechselt. Es gibt „Farnsteppen“, die von dem weit verbreiteten Adler-
farn (Pteridium aquilinum) gebildet werden. In den Mittelmeerländern
wie auch in Brasilien usw. gehört er zu den Pflanzen, die sich des
Bodens bemächtigen, nachdem die Wälder zerstört worden waren; seine
großen Blätter können so dicht werden, daß man in sie ohne Busch-
- messer nicht eindringen kann, und daß fast alle anderen Pflanzen aus-
geschlossen werden. Auch in Afrika, z. B. in Usambara, scheinen die
Farnsteppen ähnlich auf waldlosen Gebieten, gewöhnlich entwaldeten
- Flächen aufzutreten. Ganz ähnliche Adlerfarnbestände kann man an
den entwaldeten Hängen der schottischen Gebirge beobachten !).
Auf der chilenischen Insel Juan Fernandez kommt nach Skottsberg ?)
_ eine „Farnsteppe“* vor auf dem stark. den Winden ausgesetzten Hoch-
plateau mit hervorragenden Steinen; Hymenophyllen und Moose wachsen
- auf ihrem Grunde. Ob diese Vegetationsform hierher gebracht werden
_ kann, ist etwas zweifelhaft.
107. Kap. Baumsteppen (Savannen, Campos)
E Unter diesen Namen fassen wir jene tropischen (megathermen),
64 in Gegenden mit Sommerregen und mit Trockenperiode im Winter vor-
| kommenden Grasfluren zusammen, welche mehr oder weniger mit
kleineren Bäumen bewachsen sind. Die Baumvegetation ist im
E jedem Falle so offen, daß die Sonne den Boden reichlich bescheinen
kann, so daß der Baumwuchs keinen wesentlichen Einfluß auf die Boden-
_ vegetation hat. Bisweilen stehen die Bäume so weit voneinander, daß
N: man nur alle 100—200 Schritt einen Baum trifft und kilometerweite
Strecken zwischen den Bäumen entlang sehen kann. Der Boden kann
verschieden sein, sandig, lehmig, und oft ist er wohl von dem roten
_ Laterit (S. 108) gebildet.
Das abfallende Laub und die verwelkende Bodendecke wird durch
die Hitze und Trockenheit zerstört ohne Humus bilden zu können. Die
_ Vegetation hat nur eine Ruhezeit (die trockene und kühlere Zeit), sie
steht dann mehr oder weniger welk da, mit gelbgrauen Tönen, ist aber
_ auch dann keineswegs blütenlos. Die mit xerophil gebauten, oberirdischen
Organen ausgestatteten Pflanzen halten diese Zeit aus, wo die Savannen
_ oft durch Brände verwüstet werden. Die Regenzeit fällt mit dem
1) Tansley 1911; Graebner 1913b, S. 68.
2) Skottsberg 1914.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 53
834 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Sommer zusammen; bei ihrem Beginne wird alles frisch grün, und die
Menge der Blüten wird vielmal größer. Namentlich die abgebrannten
Savannen bedecken sich schnell mit einer frisch grünen, blütenreichen
Vegetation.
Die Bäume bekommen beim oder vor dem Anfange der Be
neues Laub und etwa gleichzeitig fällt das alte zu Boden.
Die Bodenvegetation ist in den typischen Fällen eine Hochgr
steppe. Die Hauptmasse der Pflanzen sind hohe (ca. !/;—1 m hoh
grob- und steifblättrige Gräser, die in Rasen wachsen, zwisch
denen man jedoch den gewöhnlich tonigen, oft roten Boden allenthalben
sehen kann, wenn die Pflanzendecke nicht allzu hoch ist. Aber neb
ihnen gibt es besonders auf gewissen Savannen (gewisse Savannen sin
einen Teil des Jahres überschwemmt) viele Oyperaceen, z. B. auf denen
Guayanas, ferner eine Menge Stauden und Halbsträucher, und im Gegen.
satze zu den echten Steppen auch Sträucher und Bäume, die wiederum
von wenigen Lianen und Epiphyten begleitet werden. In Wirklichk
besteht ein allmählicher Übergang zwischen der Grassteppe und {
Savannen (Campos der Brasilianer). Die mit Bäumen am dichtes
bewachsenen Campos nennen die Brasilianer geschlossene Camp
(Campos cerrados), die eine Art niedrige, offene, sonnige Wälder ı
gekrümmten und gedrehten Stämmen und Ästen und einer reichen, 3
Gräsern, Stauden und zerstreuten kleinen Halbsträuchern und Stäuche
bestehenden Bodenvegetation darstellen. Zwischen den offenen Sayann
mit sehr zerstreuten Bäumen („Reine Campos“, Campos limpos d
Brasilianer) und den lichten Savannenwäldern gibt es ganz allmähli
Übergänge. Um Lagoa Santa im Staate Minas Geraös in Brasilien si
die steileren Seiten der Hügel, wo der Boden durch Auswaschen des
Regens mehr steinig ist, oft nur mit Hochgräsern und Stauden bedeckt,
während die ebeneren Teile der Campos dort, wo die Erde steinfrei ist,
mit Campos cerrados bedeckt sind; an einigen Stellen werden die Bäu
höher, zeigen einen geraderen Wuchs, so daß man wirklich von ein
Savannenwald sprechen kann. =
Die Vegetation ist subxeromorph oder xeromorph, und zw
wegen der in vielen Gegenden monatelang andauernden trockenen Wint«
zeit, in der oft kein Regen fällt und der Tau die einzige oberirdis
Wasserquelle zu sein scheint; außerdem ist das Klima im ganzen trocken
und kontinental. Dies zeigt sich in Folgendem, dem wir zunächst die
am besten bekannten, südamerikanischen Savannen, die Campos Brasiliens,
zugrunde legen!).
1) Warming 1892. Dänisch mit französischem Resume.
-CIgT "Ydag ‘zZ ‘Furunre UOA 'zan) "NSOUUAFULIAT, UI 72415 owmmeIg we !puoynq uoyos
“(seaoeruoustg) muoHa7z, (SYDFA) pun (ewsseıysrdem) vwruossig “uoixosyphrr Kaeaapıyyug) Duhawmpıyy (veadeıskydo A) DaronG “gyanıyz u ‘syur)
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un
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B
S
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836 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Die Campos Brasiliens. Auf einem etwa dreijährigen Aufenthalte
in Lagoa Santa im Staate Minas Geraös in Brasilien fußend, hat Warmin
die dortige Camposvegetation eingehend geschildert!). Dieselbe bedeckt
weitaus den größten Teil der Oberfläche, namentlich alle Hügel des stark
welligen und hügeligen Landes, während die Wälder die Täler einnehm
in denen die Feuchtigkeit größer ist, und wo sie weiterhin den Ufern
der kleinen Wasserläufe oder des Flusses Rio das Velhas folgen. D
Grenze zwischen Wald und Campo ist, wie man sagen könnte, h
scharf; ganz unvermittelt, mit einem Schritte, tritt man aus dem sonne
reiches Campo in den dunklen Wald hinein, dessen Ränder von Sträu-
chern dicht geschlossen sind, und in welchem die Lianen oft in großeı
an überaus schönen Blüten reichen Girlanden (namentlich Bignoniacee
herabhängen. Vergl. Fig. 172, S. 344.
Die Camposvegetation wird aus Gräsern und Stauden geb mit
eingestreuten Halbsträuchern und Sträuchern, und wie gesagt gewöh
lich findet man auch mehr oder weniger zahlreiche, zerstreute Bäume,
welche oft der Landschaft einen parkartigen oder
Charakter geben.
Die Pflanzen sind bis auf wenige Prozente mehrjährig; der Gru
hierfür ist gewiß. darin zu suchen, daß die einjährigen Pflanzen in
Wettbewerbe mit den hohen, dichten, mehrjährigen unterliegen, a
dem vielleicht in den Savannenbränden und in anderem. Zwiebel-
Knollengewächse, sowie eigentliche Suceulenten sind, jedenfalls in d
Campos von Lagoa Santa, sehr selten.
Die Gräser, welche die Hauptmasse bilden, wachsen in w:
dichten Rasen (die Formation gehört nicht zu den „Rasensteppen“) u
bilden selten Ausläufer; ihre Blätter sind gewöhnlich schmal, steif, rau
behaart und bisweilen mit Wachs bedeckt. Sie gehören besonders
Gattungen Paspalum, Panicum, Andropogon und Aristida an. In
mehr offenen Campos (Campos limpos) ist die Höhe ca. 0,3—0,5 m, in
dichter und mit Bäumen bewachsenen bis 1 m, ja die blühenden Spr
einiger Arten erreichen 1,5—2 m. Die Blätter sind derb, grau-
bläulichgrün und oft langhaarig. Auch die Cyperaceen sind
(Arten von Seörpus, Bihynchospora); alle sind steif- und
die sonderbarste Art ist Seirpus. paradoxus IE
Die mehrjährigen Kräuter, ferner viele Halbsträucher
Sträucher haben einen eigentümlichen Wuchs, indem sie in der F
knollige, unregelmäßige, verholzende Körper aufweisen, die vermutlic
sowohl aus Stengeln als auch aus Wurzelteilen, meist jedoch aus
geln bestehen (Xylopodien, S. 169) und aus denen zahlreiche, meist
!) Figuren bei Warming 1892, $. 192.
107. Kap. Baumsteppen 837
unverzweigte oder wenig verzweigte Sprosse emporwachsen !). Aus-
läufer fehlen auch bei den Kräutern, desgleichen oberirdisch wan-
dernde Sprosse.
Die Arten gehören vorzugsweise zu folgenden Familien und Gruppen
Compositen, Papilionaten, Caesalpinioideen, Mimosoideen, Convolvulaceen,
Labiaten, Verbenaceen, Amarantaceen u. a.; viele Orchideen, darunter
das prachtvolle Epistephium sclerophyllum, auch Bromeliaceen, im ganzen
etwa 550 krautige Arten, sind vertreten.
- Von Halbsträuchern und Sträuchern gibt es namentlich an
inigen Lokalitäten eine nicht geringe Zahl; die Höhe derselben beträgt
etwa 0,5—1 m. Es ist besonders schwierig, hier zwischen echten Sträu-
- chern und Halbsträuchern zu unterscheiden, weil die Camposbrände ver-
‚ändernd eingreifen. Rasenbildung (caespitoser Wuchs) kommt auch bei
diesen sehr oft vor, und einzelne Sträucher können sich über mehrere
_ Quadratmeter ausbreiten, da ihre langen Sprosse nur wenig verzweigt
sind. Dieser Wuchs ist augenscheinlich auch durch Camposbrände ver-
ursacht. Von den ca. 170 Arten gehören die meisten den Myrtaceen
(42), Malpighiaceen (27), Melastomataceen (18) und Compositen (12) an;
etwa 25 andere Familien sind außerdem vertreten.
E Die Bäume sind durchgehends niedrig, die höchsten in den dich-
testen Campos ungefähr so hoch wie unsere Obstbäume (3—8 m, andere
ur 0,5—3 m) und sind diesen in den gekrümmten Stämmen und Zweigen
ähnlich; ihre Rinde hat im allgemeinen einen sehr dicken und leichten,
kettenförmig aufgerissenen Kork, der oft durch die Brände geschwärzt
‚ist (vergl. Abbildungen bei Warming a.a.0.). Die Rinde der Waldbäume
hat diese Eigentümlichkeiten nicht. Die wichtigsten Camposbäume der
twa 80 Arten gehören den Vochysiaceen (8 Arten), Papilionaten
(5 Arten) und anderen Leguminosen, Myrtaceen, Guttiferen, Bignonia-
ceen, Apocynaceen, Proteaceen, Compositen, Rubiaceen, Bombacaceen
(4 Arten) usw. an. |
Flechten, Moose und Algen fehlen auf dem Boden ganz und kommen
höchstens auf Steinen und Bäumen äußerst spärlich vor.
| Die Xerophyten-Natur zeigt sich ferner in der Steifheit der Di-
kotylenblätter (einige sind so steif und trocken, daß sie im Winde
'rasseln, z. B. die Rubiacee Palicourea strepitans, die Bombacaceen,
Ouratella u. a.), ferner in ihrer Richtung, oft in ihrer geringen Größe;
iele sind lanzettlich oder lanzettlich- verkehrteiförmig; der erikoide und
er pinoide Typus fehlen indessen fast ganz. Auch die starke Behaarrung
zeigt ihren xeromorphen Bau; einige sind kahl und mit Wachs bedeckt,
andere drüsenhaarig oder „lackiert“. Ätherische Öle findet man bei
einer ganzen Reihe Pflanzen, in Südamerika besonders bei Verbenaceen,
1) Figuren bei Warming, S. 215.
838 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Labiaten und Myrtaceen. Ein Teil der Gräser und der Cyperaceen hat 4
„Tuniken“ (Figuren bei Warming 1892, S. 189, 191, 192, 240). | e
Viele Bäume verlieren in der trockenen, kälteren Zeit vollständig
das Laub und stehen dann längere oder kürzere Zeit blattlos, z. B. die
Bignoniaceen (Tecoma-Arten), Anona crassiflora, Eugenia dysenterica. R
Camposbrände. In der trockenen Jahreszeit, namentlich gegen
Ende derselben, werden die Campos vielfach angezündet und große
Strecken brennen ab. Der Zweck ist, das trockene Gras, das den Haus-
tieren schlecht als Futter dient, durch neues zu ersetzen. Wenn €
Campo angezündet ist und die Rauchwolken emporsteigen, eilen (
Vögel von allen Seiten herbei, die insektenfressenden, um die aus dem
Grase herausgetriebenen Insekten zu fangen, Raubvögel, um ander:
Vögel und Schlangen zu erbeuten. Unmittelbar nach dem Brande bietet
ein Campo ein trauriges Bild; verkohlte Äste und Stämme, alle Kräu
und Gräser bis zum Boden abgebrannt, höchstens die untersten 4—5 cm
über der Erde stehenden noch lebendig, sind aber auch schwarz v
den verkohlten Blatt- und Astresten. Die Erde ist mit Kohle und Asche
dicht bedeckt. In kurzer Zeit findet ein vollständiger Laubfall d
Bäume und Sträucher statt; der Eintritt des Frühlings wird aber b
schleunigt, schnell sproßt das grüne Gras, und grüne, reichblühen
Kräuter kommen bald aus dem schwarzen Boden hervor; je näher
Regenzeit der Brand stattgefunden hat, desto schneller entwickelt sich
alles. Wird ein Campo im September abgebrannt, so kann der Bod
etwa nach einer oder zwei Wochen mit einer grünen, blütenreich
Decke geschmückt sein, obgleich noch kein Regentropfen gefallen i
Es folgt von selbst, daß die Formen der Holzpflanzen im höchst
Grade von dem Feuer beeinflußt werden; die unregelmäßige Verzweigung,
die gekrümmten Stämme und Zweige sind zum großen Teile eine Folge
der Brände, und die Sträucher und Halbsträucher erhalten wohl dur
die Brände die so häufigen Formen mit vielen einfachen oder wenig ve
zweigten, rasenförmig gestellten, aus einem gemeinsamen, unterirdische
unregelmäßigen, verholzten Stamm- und Wurzelgebilde entspringend
Sprossen. (Viele Bilder bei Warming 1892.) j
Das Camposgebiet Brasiliens (os campos gera&s) umfaßt ungeh
Gebiete in San Paulo, Minas, Goyaz, Mattogrosso, Bahia und and
Teilen des Inneren. |
Alle Campos Brasiliens sind denen von Lagoa Santa nicht ganz äl
lich. Es gibt bei den großen Verschiedenheiten im Boden, Klima, Meere
höhe usw. viele Abänderungen in der Physiognomie der Savannen,
teils auf der Höhe der Pflanzendecke, teils auf dem Verhältnis zwiscl
Gräsern und Stauden einerseits, zwischen Sträuchern und Bäum:
anderseits beruhen. Es gibt also Campos, wo die Bäume über dem
107. Kap. Baumsteppen 839
einer !/s bis fast 1 m hohen Vegetation bedeckten Boden so dicht zu-
sammenschließen, daß eine Art Wald entsteht, der offen, sonnig, schatten-
los und heiß ist, worin man frei wandern, oft sogar nach allen Rich-
tungen reiten kann (Campos cerrados). Es gibt andere, wo Bäume
außerordentlich spärlich und niedrig sind, oder wo sie ganz fehlen und
die Gras- und Staudendecke sehr niedrig und fast dem Boden angedrückt
ist. Auf den hohen Bergen kommen Campos vor, welche recht erheblich
_ abweichend sind. Warming!) hat einen solchen von Serra da Piedade
_ im Staate Minas geschildert. Dieser Berg ist 1783 m hoch. In jeder
Nacht bis oft weit in den Vormittag hinein ruhen die kalten Nebel,
_ welche von den östlichen Waldgegenden hergezogen sind, über dem
Gipfel, während solche Nebel in den trockenen eigentlichen Campos-
gegenden unbekannt sind oder höchstens während des Nachts und Vor-
. mittags in den Flußtälern sich sammeln. Die Vegetation auf dem aus
rg Eisenerz gebildeten Gipfel von Serra da Piedade wird natürlich schon
von diesem klimatischen Unterschied beeinflußt, der sich zeigt z. B.
sehon in der Menge der Flechten, unter anderen der hohen Strauch-
__ Hechten (Cladonien). Die Flora ist von der der nur 35—40 km entfernten
Lagoa Santa total verschieden.
u Auf dem höchsten Gipfel Brasiliens, der Serra do Itatiaia (fast
& 3000 m hoch), kommen andere, mehr oder weniger ähnliche Campos
1% - vor. Dusen hat ihren Charakter und die Vegetation geschildert. —
SE Bigentnmliche Lebensformen kommen in wieder anderen hochliegenden
trockenen Campos des inneren Brasiliens vor, nämlich baumförmige
E.“ "Velloziaceen; ihre Stämme sind dichotomisch verzweigt, und die Zweige
enden mit einem Blattschopf von xeromorphen, linealischen Blättern,
deren bleibende Reste die Zweige und Stämme bedecken. Unzählige
Wurzeln brechen aus den Achsen hervor und streben, indem sie diesen
Mantel aus Blattresten durchwachsen, parallel zu den Achsen abwärts
_ zur Erde. Die ganze Hülle von Blattresten und Wurzeln scheint ein
| Wasser (Tau, Nebel, Regen) absorbierender Apparat zu sein?).
Die Campos der südlichsten brasilianischen Staaten, welche wohl
- vielfach den Pampas ähneln, hat Lindman geschildert).
a Palmares. Ein eigentümlicher Campo von Gran Chaco, westlich
des Paraguayflusses, ist gleichfalls von Lindman beschrieben worden.
Er schildert ihn als trockene, mit Hochgräsern (Andropogon u. a.) be-
_ wachsene weite Ebene, wo Billionen von Copernieia australis, der Cha-
D: rakterpflanze für den Gran Chaco, lichte Wälder bilden. Vergl. Fig. 281,
EB. 615.
1) Warming 1869.
2) Oben $. 191, Fig. 82. Warming 1893 mit vielen anatomischen Bildern.
3) Lindman 1900.
840 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Während diese offenbar mit den echten Campos zusammenzubringen
sind, entfernen sich die Pantanaes bedeutend von diesen; sie sind
offene, ebene Campos oder Wiesen, welche wenigstens in der Regenzei
überschwemmt sind. Sie haben einen zarten, aber dichten Graswuchs
aus kleinen Cyperaceen, Eriocaulonaceen, Xyridaceen u. a. und Buri
Gruppen von der Palme Mauritia vinifera. Sie gehören offenbar me
mesophyten Vereinen an. — Dieselben Buritisales erwähnt P. W. Lund
in seinem Reisetagebuche von den inneren brasilianischen Staaten.
Araucarieta Brasiliensis. Die subtropischen Wälder von Arau-
caria Brasiliensis dagegen würden sich weit besser den Campos r
schließen können (vergl. S. 586). |
Ganz typische Baumsavannen, denen von Lagoa Sand physio
misch vollkommen gleich, kommen im nördlichsten Südamerika vor,
auf den trockenen Hügeln in der Nähe von Valencia in Venez,
Xerophyten, wie Rhopala (Proteacee), Curatella americana, Byrson
Plumiera und andere Holzpflanzen, Gräser wie Paspalum und ‚Andro
pogon usw., ganz wie in Brasiliens Campos, sind hier die Cha:
pflanzen (Warming). Auch andere Arten sind mit den letzteren g
sam, in welcher Menge ist näher zu untersuchen (Fig. 356), A
Dagegen weichen offenbar bedeutend mehr die Savannen ab,
als Llanos (aus llano, d.h. eben) in Venezuela und angrenze
dern bekannt sind. Die unendlichen Ebenen Venezuelas $
Humboldts großartige Schilderungen bekannt geworden. Es gibt,
sehr wenige Bäume; stellenweise fehlen sie sogar ganz, ausgeno
an den feuchtesten Stellen, wo Palmen (Mauritia flexuosa, ©
inermis) und andere Pflanzen Wälder bilden; an anderen Stellen ko
vereinzelte Bäume von Rhopala (Proteacee) und anderen Arten vor
sonst bilden Gräser einen oft mannshohen Bestand, worin Comp
Leguminosen, Labiaten, Amarantaceen usw. wachsen. Große Teile
Llanos stehen in der Regenzeit infolge der Überschwemmungen
Orinoko unter Wasser; aber offenbar gibt die lange trockene Zeit
ganzen Vegetation Auch ein xerophiles Gepräge, worüber indessen k
näheren Untersuchungen vorliegen. Be
Über die Llanos vergl. Humboldt, ©. Sachs, Ernst.
Die Patanas in Ceylon sind nach Pearson!) xerophytische, gr
sige Abhänge und Ebenen von beträchtlicher Ausdehnung, welche
Teil von Arten derselben Grasgattungen (Panicum, Paspalum, 8%
bolus, Aristida u. a.) bewohnt sind wie die der Savannen und Pan
Bäume sind verhältnismäßig spärlich vorhanden, gebildet von 2 A
(1 Myrtacee und 1 Euphorbiacee). Es gibt trockene und feuchte Pate
1) Pearson 1899; Holtermann 1906.
. Baumsteppen > 841
ind zweifellos den amerikanischen Savannen nahe verwandt; und ebenso
e bei diesen, sind verschiedene Theorien aufgestellt worden über die
Fig. 356. Savanne in der Nähe von Valencia in Venezuela.
Zerstreute, gekrümmte Bäume auf mit Hochgräsern: bewachsenem Boden.
(Gez. von Eug. Warming 1892.)
genartigen klimatischen Verhältnissen muß wohl der Grund für den
Übergang des Savannenwaldes in die Savanne gesucht werden. Ober-
lb 1500 m erscheinen die feuchteren Patanas, die durch einen sauren
Tumusboden ausgezeichnet sind, und mit den Formationen auf solchem
Boden in den gemäßigten Klimaten verglichen werden können.
Die Savannen oder Baumsteppen Afrikas nehmen große
lächen ein, besonders in den südlichen Teilen. Sie erscheinen vielfach
842 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
denen von Südamerika sehr ähnlich. Sie sind wohl weniger zeroph ya
als die Hochgrassteppen im nördlichsten Afrika, welche oben (S. 828 a
erwähnt wurden. Der Boden ist verschieden, meist lateritisch mit
wechselndem Sandgehalt, ziegelrot bis hellrot, oder sandig. Es spielt
eine große Rolle, ob das Grundwasser für de Pflanzen erreichbar i
oder nicht; die Danpsimen (Hyphaene Bussei und H. plagiocarpa) finde
sich in Ugogo nur, wo sie das Grundwasser zu erreichen vermögen.
In Ostafrika unterscheidet Engler!) verschiedene Assoziationen
(oder möglicherweise Formationen), die zu den Savannen gehören:
1. Baumlose Gras-Savanne; hierher gehören:
a) Niedergras-Savannen.
b) Hochgras-Savannen. Nach Passarge?) kommen im Hin
lande von Kamerun baumlose Savannen nur aa ‚den
teaus vor.
2. Busch-Savanne mit Gräsern, Sträuchern und kleinen Bä
3. Baum-Savanne mit großen Bäumen, darunter Adansonia 6 ;g
tata, dieser in Afrika so verbreitete Riese. Die Bu ind
laubwechselnd’). BE
Pechuel-Lösche®) schildert Savannen vom Kongo und bez chn«
sie als Campine. 2
Im Kaplande (in Britisch-Kaffrarien) kommen nach Thode
aussehende Savannen in Gegenden mit Sommerregen und ausgeprä,
trockener Zeit vor; jedoch treten hier, sicher besonders auf mehr
gigem und steinigem Gelände, ein Teil der merkwürdigen südafrikani
Succulenten auf, wie die mehrere Meter hohe Euphorbia tetragon
Aloö-Arten, Senecio-(Kleinia-)Arten u.a., und außerdem Zwiebelpflanze
Gräser bilden jedoch die Hauptmasse (Gattungen Danthonia, Panicum,
Eragrostis) und stehen dem Vieh das ganze Jahr über zur Verfügu %
Zwischen ihnen gibt es eine Menge Stauden und Halbsträucher. „Dieser
bunte Blumenteppich, in welchem indessen doch die gelben und
weißen Farben vorherrschen, gewährt, an die Physiognomie der Prärie
Nordamerikas erinnernd, einen erfreulichen Anblick, der nur in de
trockenen Periode für einige Wochen vermißt wird“ (Thode). Im Früh:
jahre herrschen wie in Steppen und Wüsten Zwiebelpflanzen und Ore
deen, im Sommer Asclepiadaceen, Scrophulariaceen, Gnaphalieen u. a.
vor. Später treten Malvaceen, Oxalidaceen u.a. auf, und zu allen Zeiten
findet man Leguminosen und Compositen. In die Decke sind ferner
!) Engler 1895, vergl. auch 1906 ff., 1910 (1908—1915).
®) Passarge 189.
3) Über die Baumsteppe („Veld“) in Rhodesia vergl. auch Gibbs 1906.
*) Pechuel-Lösche 1882.
—
TTV ESS
107. Kap. Baumsteppen 843
in ganz Südamerika einzeln oder gruppenweise stehende Holzpflanzen
eingestreut, meistens Akazien; Acacia horrida, der Karroodorn, ist be-
sonders bezeichnend; „wohin es sich auch wenden mag, begegnet das
Links vorn
Eucealyplus celastroides.
Sehr lichter Eucalyptuswald im trockenen Innern.
West-Australien:
zwei kleine Bäume von Fusanus spicalus.
357.
Fig.
Auge des Wanderers dem feinzerteilten Fiederblatte der Akazien“
(Thode). Die Bäume in den Savannen Afrikas sind meist laubwerfend
sommergrün.
(Phot. P. Pritzel.)
Die übrigen Gebüsche Acacia und Melaleuca.
844 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Sehr instruktive Bilder von südafrikanischen Savannen gibt Busset).
Die Baumsteppe in Togo scheint teilweis ganz den brasilianischen Camp
cerrados gleich zu sein. Es sind ebenfalls Hochgrassteppen mit Bäumen
In einigen sind die Gräser höher als in Brasilien, z. B. das Elefanten-
gras (Pennisetum Benthami) von über 1m Höhe. Es scheint dies abe
von größerem Wasserreichtum des Bodens abzuhängen, denn dieses Gra
wird als ein nichtxeromorphes bezeichnet, so wie auch die Bäume u
der Elefantengras-Savannen nicht xerophytisch sind. Sein Borass
Hain in der Steppe ist eine Savanne mit hohen Gräsern (Andropogor
Arten). Borassus flabellifer ist eine anspruchslose Palme, die auf
verschiedenen Bodenarten wächst (z. B. auf bindigem Ton, s
Boden, Rotlehm, Küstensand usw.); die Stämme bilden eigenartige
bauchige Anschwellungen, das Holz ist leicht und schwammig. Sie
reine Assoziationen bilden, ist aber, wie auch Hyphaene Thebaica
echter Grundwasserbaum, und die Bodenvegetation ist daher wol
weniger xerophytisch als in den trockneren Savannen, welche hoch X:
dem Grundwasser liegen. I
Eine der auffallendsten Erscheinungen der afrikanischen B
grassteppen sind die Kigelien und der Affenbrotbaum. Der let
(Adansonia digitata) hat merkwürdige, fleischig-dicke Stämme, w
sehr wenig verholzt sind und einen ausgezeichneten Wasserspeie
darstellen. Deshalb kann der in der trockenen Zeit 5—6 Mona
durch laublose Baum seine kolossale Entwicklung auf einem trocke
Boden durchmachen; der Baum wird bis 25 m hoch und kann ı
Stammumfang von 8m erreichen. Diese Eigentümlichkeiten sind
genetischer Natur; man findet sie z. B. wieder bei amerikanischen
bacaceen (Chorieie ventrieosa u. a.), obwohl nur bei wenigen in
extremer Entwicklung.
Eine Gattung, welche für die afrikanischen Savannen in
charakteristisch ist und in einer großen Zahl von Arten auftritt
Acacia. Gewöhnlich sind sie durch ihre ausgeprägte Schirmkron
kennbar, z.B. Acacia spirocarpa, welche von Busse vorzüglich abge
worden ist. Er unterscheidet zwischen Schirmkrone und Terrassenkro
Acacia horrida hat bis 10 em lange Stipulardornen, die oft von Ameis
bewohnt sind. Ebenso hat Acacia spirocarpa scharfe und schlanke
zu 4 cm lange Dornen, welche zwischen dem spärlichen, fein gefied
Laube hervorstechen.
Verschiedene Akazien sind in der Karroe in den oft trock
Flußbetten an das Grundwasser gebunden.
Viele andere Varianten von Baumsteppen finden sich auße
noch in Afrika, z.B. in Angola, der südlichen Kalahari und an
2) Busse 1906.
107. Kap. Baumsteppen 845
Gegenden, echte Savannen mit hohen Gräsern, welche Rasen, aber keinen
Teppich bilden. Hierher scheinen auch die fruchtbaren Buschsteppen
von Usambara (Engler)!) zu gehören, wo sich auf losem Boden aus-
(Phot. E. Pritzel.)
ee Ar > $ ee
Xantorrhoea Preissii (links) und
Die lichten Bäumchen sind Proteaceen (Xylomelum und Banksia).
Offene Landschaft im Vorlande mit Grasbäumen.
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gedehnte Grasflächen von in Büscheln wachsenden Gräsern mit ver-
einzelten Sträuchern und zahlreichen Termitenhügeln vorfinden. Zu den
%) Engler 1894, 1910 u.a. Über die Grasflora Südafrikas siehe Stapf 1904.
846 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
Ursachen, welche diese Verschiedenheiten hervorrufen, gehört es au
ob die Savannen in der Regenzeit überschwemmt werden oder nicht.
Australien. Obwohl in verschiedener Hinsicht, wohl namentli
durch die Höhe und dichtere Stellung der Bäume und die schla
Stämme, von den typischen Savannen mit ihren niedrigen, obstba
ähnlichen Bäumen abweichend, scheinen einige von den Eucaly
Wäldern Australiens doch zu der Formation der Steppenwälder zu
hören. Grisebach spricht auch von den „Waldsavannen“ Australie
und sieht „das bewaldete Grasland“ als eine Eigentümlichkeit A
liens an.
Auf eigentümliche Weise werden Wald und Grasland verei
In den offenen, hellen Eucalyptus-Wäldern stehen die Bäume so
entfernt, daß ihre Kronen einander nicht berühren können; der W.
boden ist hier eine zusammenhängende Grasdecke mit beigemis
Stauden, die am Anfange der Regenzeit hervorsprießen und
frischen, saftigen Rasen bilden. In der trockenen Zeit versch\
. viele Pflanzen; am längsten halten Gräser und Compositen aus,
wie in den Campos Brasiliens. Das Land erscheint, von ferne gese
dicht bewaldet; aber man kann durch diese Wälder reiten, ja nach
Richtungen hin fahren. Es besteht offenbar eine große i u
den brasilianischen Campos cerrados; nur sind die Bäume vi
und schlanker, und die Artenzahl ist vermutlich geringer.
Die Eucalyptus-Wälder des subtropischen Australiens, v
Regen im Sommer fällt, sind immergrün und müssen auch zu dı
philen Wäldern gerechnet werden. Sie sind hell, nicht schattig
die glanzlosen, schmutzig grünen Blätter schmal oder stielrund ı
kantenständig sind; steif und lederartig sind sie alle‘). Da die Bä
wenig Schatten geben, bedeckt sich der Boden mit Gras und blü
reichen Kräutern; „das bewaldete Grasland ist eine Eigentümlich
des australischen Bodens“. „In rascher Folge wechseln die Bl
zuerst blühen die monokotyledonischen Knollengewächse, von Woc
Woche folgen andere Formen, bis tief in die Zeit der Dürre erhalte
sich zahlreiche Compositen und namentlich Gnaphalieen (die Imr
tellen)“ (Grisebach). Wir haben hier eine Vereinigung von Steppe
Savanne und Wald. Vergl. Fig. 357, 358, 359.
Domin hat die Ansicht RT daß die wälder s
sind, indem sie durch die Brände der Eingeborenen hervorgeruf
Der Tjemoro-Wald (Casuarina-Wald) auf den ostasiatischen In
und die Catinga-Wälder Brasiliens werden wohl besser den ariden 3
mationen zugerechnet (vergl. Kap. 110). 5
1) Über die Anatomie vergl. Tschirch 1881.
N
en ns net
107. Kap. Baumsteppen 847
Bei allen Savannen, Prärien und wohl auch bei Grassteppen hat
man immer wieder die Frage aufgeworfen: Weshalb fehlen die Bäume,
oder weshalb kommen nur wenige und zerstreute Bäume vor? Die
Savannenwald mit Eucalyptus loxophleba (links und Mitte) und Acacia acuminata
Fig. 359. West- Australien}
Gründe hierfür sind sicher teils geologische, teils klimatische. Das
brasilianische Hochland war vermutlich ursprünglich bewaldet, aber all-
mählich erhielten die zentralen und ältesten Teile, als sich das Land
(Phot. E. Pritzel.)
(rechts und Hintergrund, die niedrigen Bäume).
848 Serie der subxerophilen Formationen mit Grasboden
in immer größerer Ausdehnung hob, ein kontinentales und trock
Klima, und die Waldvegetation wurde in Campos umgewandelt!).
eigentümlichen Formen der Bäume und vieler anderen Pflanzen w:
hier nicht nur durch das Klima, sondern auch durch die Campos
verursacht. Auf Java und Sumatra sind Savannen nach Junghuhn
Zerstörung von Wäldern entstanden. Die Llanos sind mit eine
jungen Vegetation bedeckt, die von den Gebirgen Guayan:
zuelas eingewandert ist (Ernst). Zwischen dem Alter einer Veg
und ihrem Artenreichtum besteht ein bestimmtes Verhältnis. I
die Pampas, die Prärien z.B. sind, nach dem, was über
offenbar jünger und zugleich viel artenärmer als die uralten
Brasiliens und Guayanas. Auch die Artenarmut Nordeur«
lich in den Wäldern, ist gewiß dem wegen der Eiszeit
Alter eines Teiles der Vegetation zuzuschreiben ?).
ı) Warming 1892. Oben $. 838.
®) Warming 1899 b.
108. Kap. Aride Gebiete. Halbwüsten und Wüsten 849
IX. Serie. Die ariden Gebiete (Einöden)
‚108. Kap. Aride Gebiete. Halbwüsten und Wüsten
4 Die in den vorigen Kapiteln 105—107 besprochenen Gras- und
Baum-Steppen (Savannen) haben im großen und ganzen eine subxero-
_ morphe oder xeromorphe Vegetation, und streckenweise, wo Grundwasser
hinreichend hoch liegt, kommen auch mesomorphe Formen zum Vorschein,
‚so daß Übergänge zu Wiesen und Alluvialwald gebildet werden. Die
Vegetation ist, obwohl der nackte Boden gewöhnlich sichtbar ist, den-
noch im wesentlichen geschlossen zu nennen, Gräser bilden zum größten
Teile die herrschende Vegetation oder in den Baumsteppen die Boden-
vegetation.
3 Andere Formationen entwickeln sich in den tropischen und sub-
tropischen Regionen dort, wo die jährliche Regenmenge kleiner bis sehr
‚klein wird und wo die Niederschläge selten oder sehr unregelmäßig
werden, oder auch wo edaphische Verhältnisse größere Trockenheit mit
sich bringen. Wenn der Regen selten und unregelmäßig fällt, oder die
@ _ Regenzeiten von kurzer Dauer sind, wo also die heißen und trockenen
Zeiten den längsten Teil des Jahres dauern, wird die Vegetation noch
_ ausgesprochener xeromorph, und eine Menge von höchst merkwürdigen
Anpassungen der Lebensformen kommen zum Vorschein. Den langen,
bisweilen jahrelangen Ruhezeiten der Vegetation und der Regenarmut
müssen sie angepaßt sein. . Gräser sind spärlich und geben jedenfalls
der Vegetation nicht ihr Gepräge.
ee Es bilden sich Halbwüsten und Wüsten: Besonders wird die
_ Wüstennatur sich geltend machen, wenn der Boden noch dazu extrem
physikalisch ‚trocken ist (Sand, Felsen, steifer Lehm, salzig). In vielen
Fällen mag er vielleicht sehr reich an Nährstoff sein; dieser nützt aber
der Vegetation nichts, weil das allein belebende Wasser fehlt.
4 Der Übergang zu den Halbwüsten und Wüsten ist allmählich und
nieht unvermittelt. Es gibt hier wie überall alle Übergänge und Zwischen-
ö Ei Stufen zwischen den verschiedenen Formationen; scharfe Grenzen werden
sich überhaupt unmöglich ziehen lassen. Die Maquis (Kap. 103) sind
den Halbwüsten nahe verwandt; es muß der Zukunft vorbehalten sein,
schärfere Grenzen zwischen den im folgenden besprochenen Pflanzen-
vereinen zu ziehen.
® Der Übergang zu den Halbwüsten wurde schon im vorigen Kapitel
durch die dort erwähnten Trockenwälder eingeleitet. Dieser Formations-
; % Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 54
850 Serie der ariden Gebiete
typus muß aber hier ausführlicher besprochen werden; seine extremen
Formen gehören hierher. A
In der folgenden Darstellung wird die Reihenfolge der Formatione
folgende sein: Trockenwälder, Suceulentenformationen, Trockengebüsch
Halbstrauchformationen mit Polsterformationen, und zuletzt die ech
Trocken- und Hitzewüsten. Die Schilderung wird auf diese We
von höherer, reicherer und weniger offener Vegetation zu der s
armen und ganz offenen, aus sehr vereinzelten Pflanzen gebilde:
fortschreiten, und schließt mit derjenigen ab, in der der Boden w
der Hitze und Trockenheit ganz oder fast ganz nackt bleibt. W
scheinlich geht die Entwicklung jetzt an vielen Stellen gerade in di.
Richtung vor sich; es ist eine recht verbreitete Annahme, daß
Klima in vielen Weltgegenden fortwährend trockener wird. Daß
Formationen vielfach ineinander übergehen, ist selbstverständlich.
Eine interessante Untersuchung hat Engler vorgenommen, ind
er sich bemüht hat, herauszufinden, ob alle Xerophyten sich auf hyc
phytische oder hygrophile oder subxerophile Typen zurückführen
Schon in der Kreidezeit gab es seiner Meinung nach erophy
Formationen). Er
109. Kap. Trockenwälder
Die afrikanischen Reisenden sprechen oft von „Trockeswäld or
Insoweit hiermit eine von den Baumsteppen abweichende Form t
bezeichnet werden soll, muß ein Baumverein gemeint sein, in welch
die Bäume weit dichter stehen als in den Savannen oder Baumster
Solche Wälder mit Grasboden gibt es aber auch. Rob. Fries 5.
spricht von Trockenwald in Rhodesia: er ist „im allgemeinen“
grün; der Boden ist mit meterhohem, trockenem Grase bedeckt,
von Lianen gibt es keine. Diese Wälder gehen in die sparsam
Bäumen bewachsenen Baumsteppen über und sind ihnen offenbar
verwandt. Ein anderer Waldtypus ist nach Fries reicher an Li
und wohl auch ein dichterer Trockenwald. 5
Andere „Trockenwälder“ entfernen sich von den Baumsteppen
durch, daß nicht Gräser auf dem Boden herrschen, dieser dagegen mit
Sträuchern, Sueceulenten und anderen Lebensformen bedeckt ist. Di
Wälder nähern sich offenbar bezüglich der Trockenheit des Klimas
des Bodens einen Schritt weiter der Wüstennatur. Sie werden
Anfang der Vegetation der „Ariden Gebiete“ darstellen. er
Als erstes Beispiel von echten Trockenwäldern können die in
schiedenen Gegenden Afrikas vorkommenden erwähnt werden. In
2!) Engler 1914 b.
?) Rob. Fries 1913.
109. Kap. Trockenwälder 851
das zu den trockensten Gebieten in Deutschostafrika gehört, gibt es
typischen Trockenwald, der vorwiegend aus Brachystegia- Arten ge-
bildet wird).
Die Boswellia-Wälder in Abessiniens Hochland werden von Bos-
wellia papyrifera gebildet und wachsen auf sehr steinigem Boden und
an sonnigen dürren Felsabhängen. Schweinfurth 2) beschreibt diese
| 3 niedrigen und lichtoffenen, sonst aber recht dichten Wälder. Die wollig
behaarten Blätter stehen gehäuft an den Spitzen der Zweige. Sie leben
- nur während der Sommerregen (wenige Wochen), die ganze übrige Zeit
des Jahres stehen die Pflanzen mit völlig kahlen Ästen da. Unterholz
i s gibt es in diesen Wäldern fast nicht. In der Trockenzeit scheint jede
Spur von vegetativer Tätigkeit erloschen.
'Zu den Trockenwäldern müssen auch die Wälder aus Dracaena
einnabari gerechnet werden, welche auf Socotra, meist auf Granit-
und Kalkboden wachsen, und fast undurchdringliche Buschwälder sind).
Über Wälder aus Euphorbien vergl. S. 854.
2 In südlicheren Teilen Afrikas kommen viele andere lichte Wälder
- vor, die von laubabwerfenden und immergrünen Arten gebildet werden,
r wie sie Engler“) näher bespricht. Die Bäume sind meist Leguminosen
— (Caesalpinioideen). Es gibt wenig Unterholz, so daß man bequem zwischen
den Bäumen hindurchgehen kann.
En Gehen wir auf Amerika über, so trifft man im inneren Brasilien,
x wo das Klima selbst für Camposvegetation zu trocken ist, die merk-
würdigen Caatingawälder, die zuerst Martius beschrieben und abgebildet
hat (Fig. 81). In mehr zentralen und nördlichen Gegenden Brasiliens
% findet man diese Wälder besonders auf Kalkboden; die meisten Bäume
schützen sich gegen die dauernde Trockenheit und Hitze durch Laub-
E fall, weshalb die Wälder in der trockenen Zeit außerordentlich heiß
1 sind. Merkwürdige Baumformen treten hier auf; am bekanntesten ist
Ohorisia erispiflora, eine Bombacacee mit einem tonnenförmig ange-
schwollenen Stamme, dessen lockeres und weiches Holz als ein riesiger
Wasserbehälter aufzufassen ist; Spondias tuberosa hat in ihren Wurzel-
_ wülsten vermutlich unterirdische Wasserbehälter. Kleinere Bäume und
_ — Gebüsche sind immergrün, haben dann aber in den lederartigen, dicken
_ und steifen oder weißbehaarten Blättern einen Verdunstungsschutz.
Die Caatinga-Wälder sind reich an dornigen und brennenden Pflanzen
— (Jatropha u.a.), an säulenförmigen Cacteen und anderen Suceulenten.
Sie sind regengrüne Wälder. Kaum wird die trockene Zeit von dem
ersten Frühjahrsregen abgelöst, so tritt die Belaubung eilig ein; in ein
2) Busse 1907; Taf. 40—45.
2) Schweinfurth in Karsten und Schencks Veget. Bild. II, 8.
®) Wettstein 1905.
*) Engler 1910 (1908—1915).
54*
852 Serie der ariden Gebiete
bis zwei Tagen kann alles grün sein. Ganz anders verhalten sich die
verwandten westindischen trockenen Gebüsche oder Buschwälder. Die
große pflanzengeographische Rolle des Wassers zeigt sich hier auf vielerlei
Art; ist in der Nähe der Oberfläche Grundwasser, welches die Wurzeln
erreichen können, so sollen die Caatinga-Wälder auch in der trocken
Zeit grün bleiben können. er:
Die in den nördlicheren Gegenden Brasiliens (im Staate Bal
vorkommenden Caatinga-Wälder hat Ule!) beschrieben und abgebild
Sie sind von mimosenartigen Bäumen, Capparis yto, Bombacace
Manihot u. a. gebildet, mittelhohen Bäumen, zwischen denen au
Sträucher und Kräuter wachsen. Das Klima ist sehr trocken. V
April bis Oktober fällt kein Regen, und in den übrigen Monaten si
die Niederschläge zuweilen sehr spärlich. In der trockenen Jahresz
verlieren fast alle Gehölze ihr Laub. Wenn im Oktober der Frühling
kommt, bedeckt sich der Boden mit vielen Kräutern; eine Amaryllida«
bedeckt große Strecken. Gräser sowie Compositen sind aber selten
wodurch eben ein starker Gegensatz zu den Campos und Savann
hervortritt. Einen anderen Unterschied bilden die vielen dornig
Sträucher. Auch hier kommen merkwürdige Baumgestalten vor, Z.
die Bombacacee Cavanillesia arborea mit tonnenförmig verdickt!
Stamme, der oft mehrere Meter im Durchmesser erreicht; sie blüht
der trockenen Jahreszeit. Viele Cacteen, Arten von Üereus, Opu
und Melocactus, sowie auch Euphorbia phosphorea u.a. Letztere
blattlos und mit kantigem Stengel versehen, dadurch erinnert sie
afrikanische Formen; sie bildet oft mehrere Meter hohe, dicht v
zweigte Gebüsche. Viele Bromeliaceen bedecken gruppenweise (
Boden. — Übergänge von dieser Formation zu den Campos und
einer Bergstrauchformation wachsen ebenfalls in Bahia.
Bei Lagoa Santa?) finden sich Kalkfelsen, die von Wald bede
sind; in der Trockenzeit verlieren die Bäume ihre Blätter weit früher
die Gaspo bins, die oft nur wenige hundert Meter von ihnen wachs
weiter leben hier dornige, brennende Sträucher und Cacteen, währe
solche Lebensformen in den Campos fehlen (vergl. Kap. 107; Fig. 32
Blattlose Wälder. Von merkwürdigen Waldformen könne
von Casuarina-Arten gebildeten Tjemoro-Wälder auf dem trock
und nackten Boden der Gebirge von Ostjava und den Sunda-Inseln
nannt werden, wo die Niederschläge gering sind und von dem po
Boden nicht zurückgehalten werden. Ihr Verdunstungsschutz be
in ihrem eigentümlichen Sproßbau: schachtelhalmähnliche, fast blat
stielrunde, dunkle, matte und grüne Sprosse, oft mit Spaltöffnungen,
1) Ule 1908.
2) Warming 1892.
110. Kap. Suceulenten-Halbwüsten 853
in tiefen Furchen der Zweige liegen. Schimper!) schildert diese Wälder
von dem javanischen Berge Gunung Ardjuno etwa aus 2500—3000 m
Höhe. Der Boden ist von den braunen, toten, nadelähnlichen Zweigen
der Casuarinen bedeckt, ganz wie mit Kiefernnadeln in einem europäi-
schen Kiefernwalde; und auf dieser Decke wachsen einige Kräuter,
2. B. die schmalblättrige Festuca nubigena und Euphorbia Javanica, die
zahlreich vorkommen. Polster kleiner, geruchloser Veilchen (Viola ser-
pens u.a.), Plantago Asiatica, kleine, weißblütige Umbelliferen (Pim-
pinella-Arten), kleine Gnaphalium-Arten, besonders aber Pteridium
Sr aquilinum geben der Flora ein europäisches Gepräge. Auf weniger
= steilen Stellen wird die Vegetation üppiger, und es kommen mehrere
Sträucher hinzu, darunter Antennaria-Arten und Rubus pruinosus. Von
- den Kräutern erinnert Sonchus Javanieus an unseren S. arvensis; Vale-
riana Javanica ist unserer V. offieinalis sehr ähnlich; ferner findet man
aus europäischen Gattungen z. B. Ranunculus prolifer, Galium Javani-
eum, Alchimilla villosa, Oynoglossum Javanicum, Thalietrum Javanicum
und Agrimonia Javanica. Moose sind hier spärlich.
E Hier können auch die Saxaul-Wälder im inneren Asien, aus
Haloxylon gebildet, erinnert werden (S. 446); sie finden sich besonders
auf salzhaltigem Sandboden.
E: Auch Coniferen-Wälder können hier angeführt werden. In
_ Arizona in Nordamerika macht der Wüstencharakter sich auch in den
Wäldern von Pinus edulis geltend. Sie wachsen besonders auf Kalk,
Basalt und Sand und sind licht. Neben dem genannten und anderem
Nadelholze finden sich auch Quercus undulata, Juniperus monosperma,
Yucca, Agave, Opuntia usw. Während der Trockenperiode ist der Boden
kahl oder nur dürftig mit starren Gräsern und Stauden bestanden, so-
bald aber die Regenzeit eintritt, sprießen zahlreiche ausdauernde und
_ einjährige Kräuter hervor?).
110. Kap. Succulenten-Halbwüsten
| In vielen von den erwähnten Trockenwäldern und Trockengebüschen
kommen eingestreut mehr oder weniger zahlreiche Repräsentanten der
_ merkwürdigen Lebensformen: Blatt- und Stammsucculenten vor. An
_ anderen Stellen sind es eben die Succulenten, welche der Vegetation
ihren Charakter geben und im wesentlichen der Landschaft die Physio-
_ gnomie aufdrücken. Solche Vegetation bezeichnet noch einen Schritt
weiter in die Gebiete der Trockenheit, wahrscheinlich namentlich be-
a züglich der Trockenheit und Wärme des Bodens. Es ist besonders
2) Schimper 189.
?) Purpus 1907.
854
Serie der ariden Gebiete
felsiges und steiniges Terrain, aber auch lehmiger Boden, der in der
Trockenzeit von der Sonne steinhart gebacken wird. Hat doch Vesque
gefunden, daß große Hitze des Bodens gerade succulente Formen hervor-
ruft (S. 256).
Die Pflanzenformen, welche hier erscheinen, haben oft im Ver-
hältnis zu dem trockenen, heißen
Fig. 360. Bryophyllum calyeinum.
Starke vegetative Vermehrung durch wur-
zelnde Adventivsprosse an den Blättern,
Stengeln und in den Blütenständen.
Trockene und steinige Plätze in allen
Tropenländern. (P. Graebner phot.)
wüstenartigen Küstenlandes.
1) Schenck, Veget. Bild. I, Taf. 26.
Boden eine ganz merkwürdige Höhe
und Mächtigkeit, können auch in
großer Menge gesellig auftreten.
„Wüste“ kann eine solche Vege-
tation nicht genannt werden, wo
mächtige Cacteen, Agaven, Alo&, E
Euphorbien hervorwachsen können,
wohl aber eine Halbwüste, denn
sie dient dem Menschen zu nichts i
und auch für die großen Tiere ist
sie von keinem Nutzen.
Floristisch ist die Vegetation
der Succulenten - Halbwüsten
größten finden, sehr verschieden;
aber eine merkwürdige ökologische
Kongruenz hat dieselben Formen
hervorgerufen. Die Agaven Ameri-
kas entsprechen ganz den Aloe-
Arten in Afrika, die Cacteenform
Amerikas ganz den stammsuccu-
lenten Euphorbien und Stapelien E11
Afrikas (Fig. 115).
Afrika ist besonders reich
man könnte
sagen abenteuerlichen Gestalten.
Die blattlose Säulenform wird be-
durch Euphorbia-Arten
vertreten. In Südwestafrika (Groß-
Namaland, Damaraland), wo die
1!/,—2!/s m hohen, dunkelgrauen
Büsche zerstreut auf der weißen,
sandigen Fläche stehen, in ihrer
Gesamtheit eine dicht gedrängte, oben abgeflachte Gebüschmasse bil-
dend!). Schinz spricht von einer „Euphorbienzone* innerhalb des
an merkwürdigen,
sonders
Br:
in ;
Afrika und Amerika, wo sich die
110. Kap. Succulenten-Halbwüsten 855
Selbst Trockenwälder werden von. den Euphorbien gebildet. In
Abessinien, in 1500—2000 m Höhe über dem Meere, bildet Euphorbia
(Phot. Stahl.)
Cacteen.
.
jesige
R
kanischen Halbwüste bei Canada Islapam.
iner mexi
Aus e
Fig. 361.
Abyssinica ganze baumartige Assoziationen; soweit das Auge reicht,
reihen sich die graugrünen Kandelaberbäume einer an den anderen, auf
856 Serie der ariden Gebiete
weiten Strecken der Berggehänge allen Raum für sich allein in Ans
nehmend. An den etwas beschatteten Lücken am Grunde der Stämn
haben sich mancherlei strauchförmige Gewächse angesiedelt, welche
mit hartem Laube versehen sind!). (Fig. 133.)
Das Unterland der Canarischen Inseln ist ein Bergland, we
von tiefen Schluchten durchzogen ist, deren Abhänge mit einer
teristischen Steppenvegetation bedeckt sind. Die größten St
bilden die kaktusähnliche Euphorbia Canariensis und die gle
succeulente Kleinia neritfolia. Unter den kleineren Sträuchern,
ungefähr 1 m hoch sind, befinden sich mehrere Euphorbia- Arten
diesen ist E. aphylla blattlos, die übrigen haben nur im Sommer k
Laub. Untermischt mit den Sträuchern wachsen xerophytische }
sträucher, und in einer Höhe von etwa 100 m werden sie von zal
Crassulaceen begleitet; zwischen diesen leben Gräser mit eingerc lt
Blättern, Zwiebelgewächse (darunter Urginea und Seilla) und einjäh;
Kräuter?). Das Hochland der Cap Verdischen Inseln ist gleicherw we
Euphorbien-Halbwüste.
Festland von Afrika. Die Succulentensteppe in Ostafr
von Volkens?) beschrieben worden. Sie wird im wesentlichen von
ähnlichen Arten von Euphorbia, Stapelia, Sanseviera und Kleini
bildet. Zwischen ihnen wachsen Sträucher, darunter die
Caralluma codonoides und Adenia globosa. Verschiedene Stra
haben knollige Stämme, aus denen die Zweige entspringen.
In Marokko gibt es aus Arten von Euphorbia zusammenge
Buschland. Die führende Art E. Mauritanica hat im Winter
ist aber im Sommer entlaubt.
Höchst merkwürdige Lebensformen finden sich auf der
Socotra: hohe, säulenförmige, unverzweigte oder nur wenig ve
Stämme mit mächtigem Speichergewebe und relativ kleinen K
namentlich Adenium Socotranum, Dendrosicyos Socotrana, Do
gigas u.a. bilden solche Gestalten. Auch in anderen trockner:
bieten des tropischen Afrika sind diese Arten heimisch ®).
Eine andere dikotyle Pflanze, welche hier erwähnt werden
ist Cotyledon fascieularis. Der hellrindige Stamm ist 1—2 m ho
fast mannsdick und dient als Wasserspeicher. „Butterbaum*
‘genannt, weil der Stamm so weich ist. Das Wurzelsystem ist so s
entwickelt, daß ein schwacher Stoß genügt, selbst große Eı»
umzuwerfen. Zur Zeit der Herbstregen bedecken sich die z2
1) Karsten und Schenck, Veget. Bild. II, 8.
2) Christ 1885; Vahl 1904 b; Schröter 1908.
3) Volkens 1897.
*) Wettstein in Karsten und Schenck, Veget. Bild. III, 5.
nee et Dr ern rennen een
110. Kap. Succulenten-Halbwüsten 857
dünnen Zweige mit kleinen, fleischigen, kurzlebigen Blättern. Zur
Sommerzeit steht die Pflanze kahl da, ist aber dann mit zahlreichen,
großen, roten Blüten geschmückt. Diese Art bildet eigene Assoziationen;
Die weißlaubigen Büsche im Hintergrunde
im Inneren.
auf Sand
Strauchheide
Eucalyptus macrocarpa, zwei Grasbäume (Xantorrhoea) und vorn blütenreiche Hartlaubsträucher, besonders Proteaceen.
Fig. 362. West- Australien:
zu Tausenden stehen diese dickstämmigen Gewächse beisammen, meist
in Gesellschaft mit anderen Suceulenten?).
2) Brunnthaler 1911.
(Phot. E. Pritzel.)
858 Serie der ariden Gebiete
Die Karroo ist eine an Succulenten reiche Halbwüste Südafrikas,
die Marloth!) eingehend besprochen hat. In der Karroo ist nach ihm En
und Brunnthaler die Regenmenge sehr gering (unter 100 mm) und fällt
sehr unregelmäßig. Der Boden wird mitunter ungeheuer stark erwärmt
(z. B. bis 60°, während man in der Luft 45° mißt); in der Nacht sinkt 2
die Temperatur um 30° und mehr. Winde sind häufig. Der Boden ist
tonig und reich an mineralischen, löslichen Salzen und an Kalk, aber
arm an Humus. Wo eine Wasserzufuhr möglich ist, ist er naturgemäß
sehr fruchtbar.
Die Grasvegetation ist dort für die Physiognomie ganz un-
wesentlich; eine Grasnarbe fehlt vollständig. Die herrschende Vege-
tation wird von Zwergsträuchern und Succulenten (Mesembrianthe- En
mum, Crassula,. Cotyledon, Euphorbia, Stapelia, Kleinia, Aloe u.a.)
gebildet, welche gemischt sind, oder auch in reinen Assoziationen
auftreten. 3
In der Karroo finden sich auch merkwürdige, steinenachahmende
Succulenten aus den Gattungen Mesembrianthemum und Crassula; sie
werden durch diese Ähnlichkeit dagegen geschützt, von Pavianen und
anderen Tieren gefressen zu werden. Die Mesembrianthemum-Arten
haben übrigens einen äußerst verschiedenen Habitus und Ausbildung
der Vegetationsorgane. Einige Arten sind über mannshohe Sträucher,
welche ein Gebüsch bilden, andere sind nur erbsengroße Gebilde, z. B. 3
M. pygmaeum und andere von den steinähnlichen (vergl. Fig. 122). In
der Karroo sind sie in ungeheurer Anzahl von Individuen und Formen
vorhanden. Bei einigen sind die Blattpaare bis gegen die Spitze ver-
wachsen, und durch die eingetrockneten Reste der vorjährigen Blätter, e
welche sie umgeben, erhalten sie ein weißes Aussehen. Sie können
schließlich auch den Habitus von Polsterpflanzen annehmen. =
Viele stark xeromorphe Bildungen kommen hier vor, Organe zur
Wasserspeicherung oder unterirdische Knollen, Zwiebeln und Rhizome
als Mittel gegen die Gefahren der Trockenheit. Von den Sträuchern,
die meist nur kurze Zeit nach einem Regen belaubt sind, sind viele mit
Dornen versehen und bilden die Blüten meist zur Zeit der Trockenheit.
Viele Arten sind blattlos. Be:
Nach Marloth bedeutet das Wort „Karroo“ „dürr“. Er sagt, daß
„wo im Osten die Grassteppe beginnt, hört die Karoo auf“. Die meistens
trockenen Flußbetten werden von Akazien (A. horrida) und Karree-
bäumen (Rhus viminalis) umsäumt. Im übrigen muß auf das aus-
gezeichnete Werk von Marloth verwiesen werden.
Von den Monokotylen spielen in den südafrikanischen Halbwüsten
und Wüsten die Aloe die größte Rolle; einige Arten derselben sind baum-
2) Marloth 1908.
110. Kap. Suceulenten-Halbwüsten 859
förmig, bis 3 m hoch mit dichotomer Verzweigung, mit fleischigen, zwei-
zeiligen oder spiralig rosettenartig gestellten Blättern. Aloe plöcatilis,
die zu den baumförmigen mit zweizeiligen Blättern gehört, ist nach
Brunnthaler ein uralter Typus, wie eben Südafrika überhaupt ein uraltes
Land ist, das seit der Kreidezeit über dem Meere gelegen hat. Eine
eigentümliche blattsucculente Gattung ist Sansevieria, deren lange steife
Fig. 363. Halbwüste (bei Base Camp, Tuczon plain, Nordamerika), mit
Cereus giganteus, Bigelowia coronopifolia (auf dem Boden) und Prosopis
im Hintergrunde. (Phot. Ove Paulsen.)
Blätter bei den am meisten xerophytischen Arten etwa stielrund, 2 bis
3 cm diek sind und dabei eine Länge bis etwa 2 m erreichen können.
S. longifolia wird von Busse!) besprochen: die aus den unterirdischen
Grundachsen entspringenden Blätter schießen fast senkrecht aus dem
Boden auf und ähneln Bajonetten oder zugespitzten Stöcken. Wie
andere Arten bilden auch bei dieser die Blätter dichte Gruppen, reine
1) Busse 1907.
860 Serie der ariden Gebiete
Assoziationen. An der Ostgrenze von Ugogo wandert man bisweilen 4
stundenlang durch fast ununterbrochene dichte Assoziationen von San-
sevieria, die hier und da mit wenigen Exemplaren einer Aloö-Art oder
RE Reinhardtii (vergl. Fig. 133) vergesellschaftet sind. Die flei-
schigen Blätter aller Arten sind vortreffliche Wasserbehälter und liefern
bekanntlich auch wertvolle Faser. 2
Amerikas Succulenten-Vereine. Nordamerikas Halbwüsten
sind wie die Südafrikas reich an Suceulenten. Die Cacteen repräsen-
tieren die blattlosen Stammsucculenten und treten mit einem großen
Reichtum von Arten und Formen auf, namentlich auf felsigen und
steinigen Bergabhängen. Sie können nach Stahl, der vorzügliche Abe B
bildungen von ihnen geliefert hat, so dichte Assoziationen bilden, daß
man kaum in diesen gehen kann. Es gibt flachgedrückte, nie B-
ÖOpuntien, zylindrische oder kugelförmige Melocacteen, hohe zylindrische,
höchst sonderbare, baumförmige Gestalten u.a. Cereus giganleus, der
mexikanische an acdan, streckt seine gigantischen Armleuchtern
ähnlichen Zweige bis zu 18 m Höhe empor und bedeckt die niedrigeren
Berge, so daß sie von ferne aussehen, als ob sie mit Nadeln bespick
wären. Andere Cacteen bilden kurze, reich verzweigte, mit weißlichen.
Stacheln übersäte Stämme, oder liegen zu einem Gebüsche verflochte
auf dem Boden. Viele von ihnen werden von den Eingeborenen a
giftig angesehen; jedenfalls ist es äußerst schwierig und schmerzhaft,
ihre Stacheln aus dem Fleische herauszureißen, wenn sie sich in dieses
eingebohrt haben, und oft durch Widerhaken festsitzen. Opuntia-Arten
mit roten und gelben Dornen erheben sich längs der Wege und sind stets
zerrissen; aber wo ein Stück auf der Erde liegt, da schlägt es Wurzel
und wächst zu einer neuen Pflanze heran (Mayr).
In den nordamerikanischen Halbwüsten sind die Cacteen gewöhn-
lich mit anderen Lebensformen gemischt, namentlich mit a und
Liliaceenbäumen (Arten von Yucca).
Stahl schreibt von den letzteren: Die 5—6 m hohen, ul bis
zu 2 Fuß dicken, grauen Stammsäulen tragen an ihrem Ende eine
Schopf von aufrechten, starren, grünen Blättern. Unter den lebend
Blättern trägt der Stamm einen dichten Besatz von abgestorbenen, ab-
wärts gerichteten Blättern, deren älteste gebräunt, die im Absterben
begriffenen dagegen lebhaft gefärbt sind.
In diesen Suceulenten-Halbwüsten in Nordamerika finden sich a
viele gymnosperme und dikotyle, stark xeromorphe Sträucher, z. B.
Kreosotstrauch (Covillea tridentata), Arten von Ephedra und Ac
Fouquiera splendens usw. ;
Einen Schritt weiter zum Wüstencharakter scheint die Pflanzen
gesellschaft gemacht zu haben, welche Stahl aus Mexiko beschreibt und
En
Non
111. Kap. Formation der Trockengebüsche 861
abbildet. Auf einem schwach nach Süden geneigten Abhang!) war der
sonnendurchglühte, äußerst grelle Licht- und Schattenkontraste auf-
weisende Boden streckenweise ganz pflanzenleer. Zwischen den Steinen
wuchsen hier Echinocereus conglomeratus, und wenn Regen gefallen ist,
sproßt eine Anzahl von Kräutern hervor.
In Südamerika kommen so ausgedehnte Wüstensteppen wie die
Nordamerikas nicht vor. Doch auf den trockenen Höhen der Anden
von Peru finden sich Anklänge; Weberbauer spricht von der kräuter-
armen Region der Säulencacteen und Wüstensträucher; ein Xerophyten-
gemisch aus Säulencacteen, regengrünen Sträuchern, Halbsträuchern und
kurzlebigen Einjährigen ?).
Ausgezeichnete Bilder von derartigen Suceulenten-Halbwüsten finden
sich in Schenck und Karstens Vegetationsbildern, I, und in vielen nord-
amerikanischen Werken.
111. Kap. Formation der Trockengebüsche.
„Dornstrauchsteppen“
Die im 109. Kapitel erwähnten Wälder waren im ganzen niedrig,
licht und enthielten mehr oder weniger xeromorphes Gesträuch, nament-
lich Dorngesträuch als Unterholz. Eine andere, gleichfalls recht dichte
- Formation wird allein ‚von solchem Gesträuch gebildet.
In den Tropen und heißen Gegenden der Erde, besonders in den
tropischen und den subtropischen findet man überall Gebüsche xerophil
gebauter Sträucher, die gewöhnlich dicht und undurchdringlich, steif-
blättrig, dornenreich und schmutziggrün sind; sie können oft als Dorn-
gebüsche bezeichnet werden und sind gewöhnlich immergrün, einige
sind aber auch laubwechselnd.
Trockengebüsch findet sich an manchen Stellen in Afrika. Sehr
verbreitet besonders auf sehr trockenem Boden ist Akaziengebüsch.
Engler bespricht es öfters; im Damaralande, Amboland und Kalahari
bedeckt es, abwechselnd mit Steppen, die weiten Ebenen?).
. Busse schreibt von dem Dorngebüsch in Ugogo. Grau ist der
Grundton der Landschaft, grau der felsige Boden, grau bis silberweiß
sind die Rinde und die Zweige der zu undurchdringlichen, 3—5 m hohen
Mauern an beiden Seiten des Weges zusammentretenden Bäume und
Sträucher, die durch zahllose Dornen gegen jeglichen Angriff geschützt
erscheinen: eine zur Todesruhe erstarrte Umgebung. Ab und zu
1) Karten und Schenck, Veget. Bild. II, Taf. 22.
2) Weberbauer 1912.
3) Vergl. namentlich Engler 1910 (1908—1915).
862 Serie der ariden Gebiete
Schirmakazien und Armleuchter-Euphorbien, Commiphora-Arten (Bur-
seraceen) mit papierdünner, abblätternder Borke und bläulicher oder
grünlicher Rinde — alles in allem bietet der Dornbusch eine Pflanzen-
vereinigung dar, deren Vertreter ihre Anpassung an lange Trocken-
perioden aufweisen. “
Viele andere merkwürdige Lebensformen kommen in der zirka
schen Buschsteppe vor, z. B. die Apoeynacee Strophanthus Eminii, deren
Nebenwurzeln zu fleischigen Walzen von 2—5,5 cm Durchmesser an-
schwellen; in kürzeren oder längeren Abständen sind sie wurstförmig
eingeschnürt und an den Einschnürungsstellen entspringen die kleinen,
dünnen, normal gebildeten Seitenwurzeln, welche die Nahrung auf-
nehmen (Fig. 364). Derartige Wurzeln leisten den Pflanzen große
Dienste als Wasserspeicher. Der Strauch steht während des a
Teiles des Jahres in trostloser Kahlheit.
An anderen Stellen herrschen Akazien uneingeschränkt, z. B. in
der südöstlichen Kalahari, besonders Acacia horrida, A. detinens und
A. heteracantha, deren Namen ihre Dornen andeuten, und andere Arten,
die auch alle dornig sind. Gewöhnlich ist es eine bunte Gesellschaft,
in der besonders trockene Xerophyten aus den Familien der Ericaceen,
Proteaceen, Compositen u. a., mit Succulenten, wie säulenförmigen
Euphorbia-Arten u. a., gemischt hervortreten. Zwischen ihnen komm
viele Zwiebel- und Knollenpflanzen vor. In Usambara findet man trockeı
„Creek“-Gebüsche, die durchschnittlich 7—8 m hoch werden, sehr lie
sind und zahlreiche schmarotzende Loranthaceen aufweisen; sie bestehen
namentlich aus Acacia spirocarpa. Der Boden ist mit Stauden und Saf
pflanzen bewachsen (Engler). 5
Die Akazien werden nach Engler von Insekten bestäubt, und di
leichten dünnhäutigen Früchte dann durch den Wind verbreitet; di
dicken, nährstoffreichen Samen sichern den Keimpflanzen eine rasc
Entwicklung. So sehen wir denn die Akazien in großen Teilen Afrik
immer siegreicher auftreten, je mehr anderen Holzgewächsen die Existenz
erschwert wird. Arten mit doppelt gefiederten Blättern sind häufig i
allen Gegenden mit großer Lufttrockenheit; wahrscheinlich schützen
sich gegen das zu starke Licht durch Bewegungen der Blättchen?).
Die Sträucher in den afrikanischen Halbwüstengebüschen verliere
nach Engler fast alle in der Trockenzeit das Laub; mit dem Regen be
kommen sie neue Blätter.
In anderen Gegenden Afrikas ist es Tamarix, die die Charak
pflanze der „Wüstensteppen“ bildet, indem sie in vereinzelten klein
Bäumen und Sträuchern auftritt. B-
1) Vergl. Warming 1892, 8. 179.
111. Kap. Formation der Trockengebüsche 863
Amerika. Ähnliche Gebüsche findet man z.B. in Venezuela, und
ihnen nahe stehen vermutlich die in dem nördlichen Mexiko, in Texas
und Arizona vorkommenden Chaparals, die großenteils aus Mimosoi-
deen und vielen anderen Dornsträuchern bestehen, in Texas besonders
aus Prosopis juliflora, P. pubescens, Cereis u.a. Leguminosen, Prunus,
Juglans nana, Morus, Rutaceen (Xanthoxylum), Simarubaceen (Castela),
der Zygophyllacee Larrea Mexicana usw.
Nach Bray!) kommen im westlichen Texas zwei Formen des Cha-
parals vor, die ihre Verschiedenheit klimatischen, geologischen und phy-
siographischen Gründen verdanken. Nach demselben Beobachter ist das
Chaparalgebiet trockener als das der Grassteppe. Im Chaparal kommen
viele Zwiebel- und Knollengewächse vor. Parish?) gibt an, daß in der
Fig. 364. Strophanthus Emini; Wurzel mit den eigentümlichen Einschnürungen.
E. Graebner, nach der Natur.
Strauchsteppe des südlichen Kalifornien die einjährigen Arten 36,5 °/o
der Flora ausmachen. Die Sträucher bleiben hier während des Sommers
blattlos.. Durch diesen Charakter dürften die Chaparals sich stark von
den sonst verwandten mediterranen Macchien, den Dornmaecchien und
Espinales (vergl. S. 799) entfernen.
Nach Spalding?) gibt es Mesquite-Wälder und Gebüsche in der
unteren Sonora-Zone; „Mesquite* ist der Name für Prosopis glandulosa
ns f. velutina, die teils als Strauch von wenigen Fuß Höhe auftritt, teils
baumartig und bis über 10 Fuß hoch wird; ihr Stamm erreicht eine Dicke
von 3 dm und mehr im Durchmesser. In ihrer allgemeinen Erscheinung
) Bray 1901.
2) Parish 1903.
®) The Plant world, XIII.
864 Serie der ariden Gebiete
ist diese Art ein Xerophyt: dornig mit lederartigen Blättern; sie fordert
aber eine reichlichere Wasserversorgung als die meisten ihrer Begleiter. { 3
Nach Brayt) wandert die Mesquite an vielen Stellen in die Prärien
von Texas ein; sie muß nach ihm als ein Pionier für „The lower Sonoran*
Waldland betrachtet werden. m
Aus Brasilien (Bahia) werden dornenreiche „Caatinga“-Gebüsche
erwähnt. | Be.
Argentinien. Reich an trockenen, meist dornigen Gebüschen
oder Buschwäldern ist ferner Argentinien. Hierher muß die Vege-
tation gerechnet werden, welche Grisebach die „Chanar-Steppe*, 4
Hieronymus „Espinarwaldungen“ nennt, deren Blätter so klein sind,
daß die langen braunen, langdornigen Zweige mehr in die Augen fallen 3
als das Laub selbst. Der Name bezieht sich auf den dornigen Chanar-
Strauch, Gourliea decorticans (Leguminose), der zusammen mit Akazien
(Acacia Farnesiana), Zigyphus, immergrünen Compositen (Baecharis,,
Tessaria u. a.) vorherrscht. Auch Cacteen und Bromeliaceen kommen
vor. Die Monte-„Formation“ (Lorentz), worin periodisch blattlose
Sträucher wie Arten von Prosopis, Lippia, Acacia, Cassia u. a. mit
Cacteen und Atriplex-Sträuchern zusammen auftreten, gehört gleichfalls
hierher. (Monte bedeutet Gebüsch, Buschwald.)
Diese argentinische Chanar-Steppe und die Monte-Vegetatio
werden von Brackebusch u. a. zu den Wäldern gerechnet. Der Bod
wird von einem geringen, oft verschwindenden Humus bedeckt, weil di
Vegetation nur schwachen Schatten gibt, die Niederschläge unbedeute
sind und das Wasser schnell in den Boden sickert. Nach den vor
herrschenden Bäumen können mehrere Bestände unterschieden werde
Eine Menge Lianen und auch einige epiphytische Blütenpflanzen trete
hier auf: ein Zeichen für die Nähe der Tropen.
Auf den Inlandsdünen Argentiniens kommen nach Otto Kunta
andere Gebüsche vor, mit Baccharis-Arten, Atriplex pamporum (t}
hoch), dem blattlosen Rutensproßstrauche Heterothalamus sparti
(Composite) und anderen Compositen. Noch armseliger und offener sind
die auf Grusboden wachsenden dornigen Gebüsche Patagoniens, meist
von Leguminosen, Compositen, Solanaceen u.a. gebildet. Hieran schlief
sich ferner die von Gassner?) beschriebene Sierra-Vegetation Urugua
Im tropischen Amerika gibt es andere Xerophytengebüsche, wahı
scheinlich sekundären Ursprungs, die hier genannt werden können,
gleich sie nicht vorzugsweise aus Dornsträuchern gebildet sind, z. I
die trockenen Crotongebüsche (Crotoneta) Westindiens. Die „Virginia
Islands“ und andere Inseln der regenarmen Antillen sind großentei
er EN ande
1) Bray- 1906.
2) Gassner 1913.
111. Kap. Formation der Trockengebüsche 865
von einem grauen trostlosen, nicht nutzbaren, brennend heißen Gebüsche
bedeckt, zwischen dessen dornigen, verfilzten Sträuchern und niedrigen
Bäumen man ohne Axt nicht vordringen kann. Viele Arten sind grau-
filzig, z. B. die Oroton-Arteu, die stellenweise in dem Grade vorherrschen,
daß sie ausgedehnte, fast reine Gebüsche bilden (z. B. im östlichen Teile
- von St. Croix nach Eggers), ferner wachsen hier aromatische Verbenaceen
(Zantana), Cordia-Arten, Melochia tomentosa usw. Andere hingegen
stehen in frisch grünem, glänzendem Laube da, und gewöhnlich sieht
man solche Arten als dunkelgrüne Flecken mit dem grauen Buschwerk
seltsam kontrastierend eingestreut, was besonders auffällt, wenn man
Fig. 365. Offener Campo cerrado bei Lagoa Santa.
- Der Baum ist Andira (inermis?), am Boden links Bromelia bracteata, rechts Eremanthus
| Ophaerocephalus, in der Mitte dieselbe und Ipomoea sp. — Die Höhe des Grases ist 0,3
bis 0,5 m. (Aus Warming 1892.) Vergl. Kap. 107.
in einiger Entfernung größere Gebiete überschauen kann. Hier gibt es
_ viele dornige Sträucher, besonders Acacia Farnesiana, A. tortuosa,
_ Parkinsonia aculeata, Randia aculeata usw., außerdem Cacteen (Cereus,
Opuntia, Melocactus) und Agave-Arten; nicht wenige Pflanzen mit
: Milchsaft finden sich, z.B. Plumiera, Rauwolfia, Calotropis, ferner viele
- Sträucher mit aufwärts gerichteten oder sich nach der Lichtstärke be-
wegenden Blättern (besonders Akazien) oder anderen Einrichtungen für
den Verdunstungsschutz. In diesen tropischen Gebüschen gibt es auch
einige Lianen und Epiphyten (Bromeliaceen), obgleich die große Luft-
trockenheit deren kräftige und reichliche Entwicklung behindert. Die
Blätter werden nicht regelmäßig abgeworfen; nach langer Trockenzeit
\ Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 55
866 Serie der ariden Gebiete
hängen sie schlaff und mehr oder weniger verwelkt hernieder!). Die
Crotoneten werden auch von Boldingh besprochen.
Asien. In Zentralasien sind die Sandstrecken an gewiss
Stellen mit Dornstrauchgebüsch („Dornstrauchsteppen“) bewachse:
Man findet sie besonders in Persien, Tibet und anderen Gegende
Zentralasiens. Der Boden ist auch nicht selten tonig und steinig und
trocknet leicht aus. In der gleichfalls offenen Vegetation spiel,
Gräser nicht die Rolle wie sonst in Steppen, sondern es kommen V
zugsweise dornige Sträucher vor, namentlich auf dem mehr steini
Boden; sie stehen jedoch keineswegs so dicht, daß sie ein zusammen
hängendes Gebüsch bilden. Es sind hauptsächlich Papilionaceen (Astro
galus-Arten, Alhagi camelorum, Caragana-Arten, Halimodendron haloden-
dron [H. argenteum] u. a.), denen sich viele Compositen anschließ
besonders solche der Gattungen Artemisia, COnicus, Echinopus, Ce
taurea u. a., ferner Caryophyllaceen, Staticen, mächtige Umbellife
(Scorodosma, Narthex, Dorema, Ferula) und Fcheum-Arten. Wo &
Sträucher in den trockensten Gegenden einzelner werden, geht d
Gebüsch in die Wüste über. An anderen Orten wird der Graswuch
reichlicher, und die Strauchsteppe geht in eine Grassteppe ü
‘ In Persien und in den armenischen Bergen sind Arten von Astrago
vorherrschend. Auf den Felsen zerstreut wachsen sie zusamı
mit Arten von Acantholimon, Siene und anderen sehr RD
Pflanzen.
Diese Arten treten häufig in Polsterform oder als ‚Kugelbn hl
auf. Astragalus-Arten aus der Sektion Tragacantha wachsen nicht
in den Steppen Kleinasiens und in den meisten orientalischen Gebirge
sondern auch in alpinen Höhen auf den westlichen Bergen, z.B.
dem Ätna. Auch die Plumbaginacee Acantholimon caryophyllaceum
mit nadelförmigen Blättern spielt als dornige Polsterpflanze eine
Rolle ?).
Eine ganz ähnliche Vegetation aus zerstreuten, kugeligen Sträuch
kommt an vielen Stellen im Mittelmeergebiete vor, so z. B. in Spani
auf den Balearischen Inseln usw.; besonders auf hartem, Ich nie
beobachtet man diese Lebensform. Viele von den Sträuchern oder E
sträuchern gehören zu den Labiaten, z. B. zur Gattung Salvia. Eren
stachys macrophylla (Labiate) bildet runde, niedrige Gebüsche von 1
2 m Durchmesser mit rauhbehaarten Blättern. Auch Compositen b
solche Kugel-Halbsträucher, z. B. Centaurea spinosa auf den
asiatischen Inseln (vergl. Fig. 77, S. 185).
Be
1) Börgesen und Paulsen 1900; Boldingh 1909.
2) Vergl. Zederbauer 1906; Handel-Mazzetti 1912 b.
112. Kap. | Hochgebirgssteppen 867
Die Strauchvegetation, welche in diesem Kapitel besprochen ist,
ist auch den Hartlaubformationen nahe verwandt und geht an vielen
Stellen in diese über!).
” Das Bambusgebüsch (Fig. 80) ist eine andere Form derartiger
- Vegetation, die man z.B. in hochliegenden, trockenen Gegenden Ostindiens
findet. Niedrige, dornige Bambusgräser wachsen gesellig zusammen, sind
miteinander verflochten, bedecken den Boden mit ihren Blattresten und
schließen bisweilen alle anderen größeren Pflanzen aus; hier und da
sind sie in Gesellschaft von Feronia und Aegle (zwei Aurantioideen),
- Mimosoideen, Rhamnaceen-Sträuchern, cactusähnlichen Euphorbia-Arten,
4 des Oschur (Asclepiadacee) usw. Auch auf den Anden und anderen
Gebirgen Südamerikas kommen Bambusgebüsche vor, z. B. aus Chusquea
aristata bestehende, die fast den ewigen Schnee erreichen können.
” Der erwähnte Oschur, Calotropis procera, ist ein Strauch mit
= großen, steifen, rundlichen, blau bereiften Blättern und ist reich an
- Milchsaft. Er bildet in Asien, auch z. B. auf weiten Gebieten um den
Tsad-See, die sogenannte Oschur-Vegetation und wurde in Amerika ein-
& geführt, wo er an vielen Stellen Westindiens und Venezuelas in Menge
ä - vorkommt und mitten in der glühendsten Sonnenhitze auf dem trocken-
sten Boden vortrefflich wächst.
) Es kann hier auch an die Chamaerops-Bestände in den westlichen
Erden -Gebieten erinnert werden; diese sowohl wie die Macchien
_ haben viel Ähnlichkeit mit dem soeben erwähnten Trockengebüsch, aber
die klimatischen Verhältnisse sind verschieden, der Blattbau usw. soviel
bekannt auch.
112. Kap. Hochgebirgssteppen
In noch unwirtlicheren Gegenden hört selbst das zusammen-
hängende Gesträuch auf, und zwar wegen klimatischer Trockenheit,
heftiger Winde usw.; die Individuen trennen sich, größere oder kleinere
Zwischenräume bilden sich zwischen den einzelnen Büschen, und die
| K Sträucher selbst formen sich gewöhnlich zu Kugelbüschen oder großen
_ halbkugeligen Polsterbüschen von 1 bis 3 m Durchmesser und bis etwa
1m Höhe.
Hierher gehören viele Hochgebirgssteppen, die den im vorher-
gehenden besprochenen Dornbuschsteppen nahe stehen. Es ist erwähnt
_ worden (S. 696), daß die oberste subnivale Höhenstufe der tropischen
- und subtropischen Hochgebirge sich durch große Lufttrockenheit, intenses
- Licht und starke Stürme auszeichnet: Faktoren, die eine stark xero-
morphe und offene Vegetation hervorrufen. Die Vegetation, die sich
2) Vergl. Holmboe 1914.
55*
868 Serie der ariden Gebiete
hier entwickelt, muß sicher als eine selbständige Formation angesehen
werden, ist aber ökologisch lange nicht hinreichend bearbeitet; es ist,
eine eigenartige Felsenflur, deren Vegetation als Hochgebineves il De
zeichnet werden kann und die vielfach in typische Hochgebirgswüste
übergeht. Folgende Beispiele seien erwähnt:
Afrika. Auf den Kanarischen Inseln liegt die Peak-Region über
den Wolken und stellt eine meist pflanzenleere Wüste dar. Die
ist hier sehr trocken, die relative Feuchtigkeit nur 12—35°%. D
kann die kanarische Pinie noch recht ansehnliche Bestände bilden?)
Auf den hohen Gebirgen Teneriffas treten oberhalb der Kief
wälder zunächst Gebüsche des weißblütigen Cylisus prolifer auf; a
sobald man die obere Grenze der Wolkenzone erreicht, tritt man
_ eine vollkommen trockene Region ein, die von der wegen der H
brennenden Sonne beschienen wird und wo Spartocytisus supramu
ungefähr die einzige vorherrschende Pflanze ist. Der Boden ist
Tausenden und Abertausenden von Sträuchern dieser Art wie üb
die bis 3 m hoch, dicht, halbkugelförmig, der Erde angedrückt
' schwarz sind und sich am Grunde in außerordentlich viele dunke
Zweige auflösen (Fig. 366). Im Monate Mai erscheinen die kleinen Bl:
und die weißen oder rötlichen Blüten, aber schon im Juli sind Blät
Blüten und Früchte verschwunden; den Rest des Jahres über scheint
Pflanze beinahe leblos zu sein. Ein zusammenhängendes Gebüsch
diese Sträucher jedoch nicht; sie stehen weit eher in dem scharfkanti
Bimssteingeröll inselartig zerstreut. Wenige andere Keropnye un |
jährige Pflanzen wachsen zwischen ihnen (Christ).
Asien. Auf hohen Gebirgen Zentralasiens dehnen sich vi
über den Wäldern der Wolkenregion alpine Steppen aus, deren Flo:
merkwürdiges Gemisch von Steppenpflanzen und alpinen Typen d i
In Tibet fand Rockhill in großer Höhe eine Vegetation von zerstı
Horsten von Gras, Rhabarber und Allkum senescens.
Südamerika. Die Punas der Anden müssen als Gebirg
betrachtet werden. Benrath, Weberbauer?) und Fiebrig haben sie
schildert. In einer Höhe von 3500—3700 m trifft man die typis
Punavegetation. Die wichtigsten klimatischen Faktoren sind die
öfter orkanartigen Luftbewegungen, der Mangel an Niederschl d
große Lufttrockenheit und die anßerordentlich starke Intensität d
Licht und Wärme liefernden Insolation in Verbindung mit starke
verdünnung. Den Boden bilden gewöhnlich Schottermassen. /
Potosi ist die Mitteltemperatur selbst im November 14,200.
*) Burchhard in Englers Jahrb. XLIX, Beibl. 109.
?) Weberbauer 1911.
“.i
(uueyoqun yderdogoyg) *(„oddagsusgsn -sFurgesysog“) woyosngesfdny zu worode A PdrNteusgsnM "FLUT, jue apraf, It "998 "Si 4
869
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Hochgebirgssteppen
112. Kap.
Te ——
Er
870 Serie der ariden Gebiete
destoweniger kann zu allen Jahreszeiten Frost eintreten. Schnee fällt
oft im Sommer, bleibt aber selten länger als einen Tag liegen, selbst
wenn er hoch liegt. Starke Winde trocknen alles aus. Tote Tiere
bleiben als Mumien liegen; sie gehen nicht in Fäulnis über. Br
Die Puna ist eine Halbwüste mit ausgesprochener Xeromorphie.
Alle Arten sind ausdauernd. Namentlich drei Lebensformen herrsche
vor: Die Polsterpflanzen (Fig. 75), die Rosettenpflanzen (besonders Com-
positen) und die stengellosen Zwergsträucher (Compositen, Amaranten,
Astragalus-Arten usw.). Zwergsträucher und Polsterpflanzen bilden die
Fig. 367. Stangea Henrici, eigenartige Valerianacee der höchsten Anden;
alle Arten der Gattung leben hier über 4000 m. — Rechts die Componite
Werneria nubigena. (Nach Weberbauer.)
charakteristische Höhenvegetation. Von Stauden gibt es nur we
jedoch kommen auch Zwiebelgewächse vor. |
Die Anpassungen der Sprosse äußern sich namentlich in der sta
Reduktion des oberirdischen Wuchses („kryptokaule“ und „akaule“ P
zen, Fig. 367—369), dem stark entwickelten Wurzelsystem, der
holzung der Achsen, den kleinen, meist dicken, stark kutikularisie
und häufig dornigen Blättern, der dichten Behaarung und der Bilc
von Harz und ätherischen Ölen.
Die Punas sind ärmer an Pflanzen als die Paramos. Andere A
und Gattungen als in den arktischen Gegenden und auf Europas Bei
112. Kap. Hochgebirgssteppen 871
geben der hochandinen Vegetation ein abweichendes Gepräge; außer
Viola, Anemone, Alchimilla, Draba, Senecio, Gentiana, Poa, Hordeum
und vielen anderen europäischen Gattungen gibt es hier z.B. Nassauvia,
Ohuquiragua, Baccharis-Arten mit
-_ wunderlicher Form und andere Com-
positen, Tropaeolum, Loasa, Blumen-
bachia, Verbenaceen, Caetaceen,
Calceolaria, Mimulus, Melastomata-
ceen, Krameria, Lupinus, Calycera-
ceen u. v.a. Besonders müssen die
_ Umbelliferen der Gattung Azorella
hervorgehoben werden. (Vergl. auch Fig. 368. Zueilia Tunariensis (Composite).
Fig.75.) A. caespitosa auf den Falk- (Nach Weberbauer.)
landsinseln bildet mehr als meterhohe,
— halbkugelige, außerordentlich harte
Polster von schmutziggrüner Farbe.
— Der Umfang wird von zahlreichen
- kleinen Sprossen gebildet, die alle
- gleich hoch und mit Schuppenblättern
dicht bedeckt sind; sie sind mit den
zwischenliegenden alten Blatt- und
Sproßteilen so dicht zusammenge-
packt, daß es mitunter schwierig
ist, ein Stück mit dem Messer
_ herauszuschneiden. Flechten und
- andere Pflanzen können sich auf den
- Polstern ausbreiten. Die Alpenrosen
der Schweiz werden hier durch Es-
eallonia- und Bejaria-Arten ersetzt.
u Unter den eigentümlichen Typen
der Puna müssen die Cacteen ge-
_ nannt werden. In der Puna Boli-
_ viens gibt es Säulencacteen, welche
die absolut höchstwüchsigen Pflanzen
in allen über 3000 m gelegenen
Höhen sind, gerade auf den den
_ Stürmen am meisten ausgesetzten Fig.369. Nototriche longirostris (Malvacee).
freien Anhöhen, Bergrücken usw. (Nach Weberbauer.)
erreichen sie die stattliche Höhe
Big von 5 und mehr Metern und einen Stammdurchmesser von 40 cm und
mehr. Andere Cacteen können auch Polster bilden.
Er Auf den chilenischen Punas treten (nach Meigen) Moose und
dir
872 Serie der ariden Gebiete
Stellen in größerer Menge vorhanden; eine Moosdecke oder sogar nur
ausgedehnte Moospolster gibt es nirgends. Der Grund hierfür ist die
große Trockenheit!).
In den Argentinischen Anden unterscheidet Rob. Fries drei Type
von Strauchsteppen: Hoffmannseggia- Assoziation, Cactus- Assoziati
und Azorella-Assoziation. Die letzte gehört wohl kaum zu den Hoch-
gebirgssteppen.
Eine Vegetation, welche die Mitte zwischen den Hochgebirgssteppen,
dem Trockengebüsch und den Macchien bildet, scheint folgende zu sein
Als „Buschsteppe“ bezeichnen Rikli und Schröter eine nordafrikanisc]
Vegetation, welche aus sehr dicht verzweigten Büschen gebildet ist,
gewöhnlich nur eine Höhe von 1—3 m erreichen, und die sich f
immer dicht über der steinigen Unterlage in mehrere gleichwert
Stämmchen teilen. Da das dichtbelaubte und ineinander verflochte
Astwerk bis an den Boden reicht, so besitzen sie Kugel- oder Kegel
form. Vorherrschend ist der nackte, gelbbraune, einen Ton ins Rötlich
zeigende Boden. Über demselben zerstreut sind in gleichmäßiger Ver
teilung die dunklen, fast schwarzgrünen Flecken der immergrünen (
büsche. So kommt eine Landschaft zustande, die in ihrem Gesa
eindruck ganz an das Fell eines Panthers erinnert; man könnte sie
„Pantherbuschsteppe“ bezeichnen. =
Die Leitpflanzen sind am Djebel Moktar im Atlas am
der Sahara: Quereus öex v. ballota und Juniperus oxycedrus, am d
Stelle ist J. Phoenicea zu nennen. Die tonangebenden Arten wären so
mediterrane Niederungspflanzen, Vertreter der Macchien und Garigu
die hier eine Gebirgsflora bilden. i
Hierher muß wohl auch die Vegetation gerechnet werden, we
Holmboe?) auf Cyperns höchsten Bergen oberhalb der Waldgrenze fa
welche aus Sträuchern von Berberis, Juniperus, Rosa canina, $o
arca und aus knollenbildenden Standan. sowie einjährigen Kräuter
bestand.
113. Kap. Dornenlose Halbstrauchsteppen
Schon im Kap. 52 sind diese Steppen erwähnt worden, weil S
gewöhnlich an salzhaltigen Boden gebunden sind. Es muß hier je
wieder an sie erinnert werden, weil der Boden doch wohl nie st
salzhaltig ist und oft stark ausgelaugt sein muß, falls er über
überall salzhaltig war. Sie schließen sich den vorigen Formati
recht gut an.
!) Meigen 1893. Über die Punas vergl. auch Tschudi, Goebel 1891. Über
Geröllhalden in der alpinen Höhenstufe Mexikos vergl. C. A. Purpus 1907.
?) Holmboe 1914.
113. Kap. Dornenlose Halbstrauchsteppen 873
Die dornenlosen Halbsträucher treten, wie schon S. 146 erwähnt,
in Menge in den Gebieten des Winterregens auf, aber gehen auch in
angrenzende Steppen- und Wüstengebiete hinein; jedoch schreibt Engler'):
„an steinigem und sandigem Boden treten in ganz trockenen Gebieten
Halbsträucher, wie Pelargonium, Sarcocaulon, Hermannia, Corchorus nur
sehr vereinzelt vor“. Die meisten Arten gehören zu den Compositen,
namentlich zur Gattung Artemisia. Als solche „Wermutsteppen“ sind
schon die russischen und westasiatischen (S. 791) erwähnt worden. Es
kann hier folgendes hinzugefügt werden:
Fig. 370. Assoziation von Artemisia tridentata („Sage brush“)
bei Toole in Utah.
Wermutsteppe. Im nördlichen Turan und in Südost-Rußland,
wie in den Kalmückensteppen der unteren Wolga, sind unendliche Flächen
vorherrschend mit Artemisia-Sträuchern (A. maritima und A. frigida) be-
deckt. Sie bilden eine Zone um die Wüsten von Turan. Weiter nörd-
lich und westlich, wo die Regenfälle häufiger sind, werden sie von einem
Kranze von Grassteppe begrenzt. Grassteppe, Strauchsteppe und Wüste
stellen drei Stufen der Abnahme der Häufigkeit der Regenfälle dar. Die
Wermutsteppe zeigt eine Vorliebe für den Lehmboden, der meist eine
hellbraune Farbe (Rübel) zeigt und keinen Humus enthält; meist ist
er in diesen trockenen Gebieten mäßig salzig und daher auch physio-
!) Engler 1910.
874 Serie der ariden Gebiete
logisch trocken. In den Übergangsteilen zwischen Wermut- und Gras- 2
steppe werden die salzigen Senkungen von den Wermutsträuchern bewohn
während die Abhänge der Hügel, aus denen das Salz ausgelaugt ist,
Grassteppe bedeckt sind. In gleicher Weise bildet die Wermutstep
eine Zone um die echten Halophyten der Ufer der Salzseen und Ki
Wo Wermutsteppe herrscht, ist Kultur nur mit Hilfe künstlicher
wässerung möglich, das Land liefert nur nomadisierenden Stämm
Unterhalt, da es für die Schafe und Kamele Futter liefert.
Grau und tot erscheinend dehnt sich die Wermutsteppe über
endliche Flächen, die Farbe wird durch die weißbehaarten Blätter d
Artemisien hervorgerufen. Die Wurzeln dieser Arten gehen bis zu ein
Tiefe von 4m in den Boden und ermöglichen so den Pflanzen die E»
stenz selbst zu einer Zeit, wo die dörrenden Sonnenstrahlen fast all
übrige Leben verschwinden lassen. Zwischen den Artemisia- Büscher
wachsen Sträucher und Stauden, wie Alhagi camelorum, Xanthium s|
nosum und Eryngium campestre, gleichfalls sehr tiefwurzelnde Arten.
Im Frühling blühen zahlreiche einjährige Kräuter und Knollenpflanze
die mit Beginn des Sommers bereits in Frucht stehen).
In Nordamerika finden sich ausgedehnte Wermutsteppen “
kontinentalen Gegenden, besonders auf salzhaltigem Boden. A
tridentata und andere Arten dieser Gattung bilden bisweilen we
gedehnte Assoziationen. x
Ein anderes Beispiel einer Vegetation, in der zerstreute $ |
und Halbsträucher untermischt mit Kräutern die Hauptrolle spielen, bi
die trockenen Gebiete zwischen den Rocky Mountains und der Sie
Nevada dar (Fig. 370). Auch hier sind nach Asa Gray die herrschen
Pflanzen Arten der Gattung Artemisia, mit ihnen kleinköpfige Composi
und auch Chenopodiaceen. Nach Watson ist dort selbst in der trocken
Jahreszeit kein Fleck ohne Vegetation. Bäume fehlen, ebenso ein Gr:
teppich; an seine Stelle treten aber strauchige oder halbstrauchige A
die scheinbar alle andere Vegetation verdrängen. Charakteristisch
die einfarbig meist grauen oder dunkel olivfarbigen Kräuter; am häufi
sten ist auch hier der „everlasting sage-bush* Artemisia triden
dessen Halbsträucher unendliche Flächen bedecken, nirgends aber wä
er so dieht, daß er das Durchwandern hindert; meist erreicht er n
1 m Höhe. Eingemischt sind auf diesem häufig salzigen Boden Atri
confertifolia, A. caneseens, Artemisia spinescens, Kochia prostrata, Eur
lanata, Graya polygaloides u. a.?). |
Compositensteppe im Caplande in Südafrika. Die Gipfel
Tafelberge nördlich der Karroo sind von einer Steppenvegetation bede
1) Nazarow 1886; Krasnoff 1886, 1888; Radde 1899; Rübel 1914.
2) Pound und Clements 1898—1900; Rübel 1915 a.
114. Kap. Hitzewüsten 875
in der Halbsträucher vorherrschen, die. zumeist zur Familie der Com-
positen gehören. Die wichtigsten Gattungen sind Helichrysum, Seneeio,
Berkhaya, Euryops, Pentzia und Gazania; auch Leguminosen, Crassula-
ceen und Scrophulariaceen sind häufig. Zahlreiche Arten von Knollen-
und Zwiebelgewächsen sind hier heimisch '!).
114. Kap. Hitzewüsten (Die Trockenwüsten)
Wenn wir mit den „Wüsten“ unsere Darstellung der Vegetations-
2 typen abschließen, folgen wir wahrscheinlich teilweise dem Gange der
Natur. Scheint es doch, daß alle bekannten großen Wüsten ständig
zunehmen, alle sind einer vermehrten Austrocknung unterlegen; das
Wüstenareal der Erde scheint sich stetig zu vergrößern.
Durch ganz allmähliche Übergänge sind die Halbwüsten mit den
Wüsten verbunden; der Unterschied ist nur ein quantitativer; es handelt
sich hier stets um eine mehr oder weniger offene Vegetation, um kleinere,
ja zwerghafte bis größere Pflanzengestalten. Eine scharfe Grenze kann
unmöglich ebensowenig hier wie anderswo ‚gezogen werden. Wenn Diels
sagt, daß eine Wüste mehr offenes Land hat als von Vegetation
bedecktes, so dürfte er damit eine korrekte Definition der „Wüste“
gegeben haben (Fig. 166, 167).
Die Bezeichnung „Wüste“ ist nicht streng wissenschaftlich; sie
_ bedeutet im allgemeinen nur ausgedehnte Gebiete, wo kein Leben vor-
kommt oder wo sich nur ein außerordentlich schwaches Leben zeigt.
Das Meer ist trotz seines Reichtumes an Organismen für das Auge des
Laien eine ungeheure „Wasserwüste“; man spricht von den „Schnee-
und Eiswüsten“ der Polarländer (den Kältewüsten), und die fruchtbarsten
Lande (wie die Magdeburger Börde) nennt Ascherson sogar mit dem-
selben Rechte eine „Kulturwüste“; aus den weiten grünen Flächen hebt
sich nichts ab, auf dem das Auge ruhen kann. Es gibt sowohl in den
Hochgebirgen als auch in den tropischen Tiefländern Wüsten, und in
Persien kommen Salzwüsten vor, pflanzenlose weißgraue Salzflächen von
vielen Quadratmeilen Ausdehnung. Im allgemeinen herrscht in den echten
Wüsten immer Armut an irgend etwas, Armut an Nahrung, an Wärme
oder an Wasser, oder auch Überfluß an Stoffen, die in zu großer
Menge dem Pflanzenleben schädlich werden; die Hauptrolle spielt hier
das Kochsalz ?).
1) Bolus 1886.
2) Rikli und Schröter (1912, S. 128) stellen eine lange Reihe von Typen auf:
Trockenwüsten, Kältewüsten, Dunkelwüsten (die Urtiefen der Ozeane und Binnengewässer),
Hitzewüsten (heiße Quellen), Hungerwüsten (nährstoffarme Gewässer und Böden), osmo-
tische Wüsten (zu hoher osmotischer Druck wirkt schädlich), Giftwüsten, mechanisch
bedingte Wüsten, anthropogene Wüsten.
876 Serie der ariden Gebiete
Indessen wird der Name Wüste doch gewöhnlich für solche weit
ausgedehnten Gegenden auf beiden Seiten des tropischen Waldgürtels 3
angewandt, die sich durch eine außerordentliche Hitze und durch
Mangel an Feuchtigkeit auszeichnen, wo die Niederschlagshöhe
bisweilen nur wenige Millimeter jährlich erreicht, und wo die Vege-
tationsperioden durch den zeitweiligen Mangel an Feuchtigkeit ver-
ursacht werden. Solche Trockenwüsten werden in diesem Ru s
behandelt. i
Es ist nicht Nahrungsmangel des Bodens, der die Wüstenbildung
hervorruft, sondern einzig und allein die Trockenheit. Was das Wasser 4
ausrichten kann, zeigen uns die unterirdisches Wasser führenden Oasen
und die Wadis (trockene Flußtäler) der Wüsten.
Die Dattelpalmen-Oasen (vergl. S. 614), welche von allen Seiten
von der pflanzenärmsten, brennend heißen und trockenen Wüste umgeben
sind, sind zum Teil schattenreiche Wälder, deren feuchter, periodisch
bewässerter Boden eine frisch grüne Vegetation von Fruchtbäumen,
krautartigen Kulturpflanzen und anderen mesomorphen Kräutern und
Gräsern trägt.
Ebenso findet sich längs der Flußläufe Wald oder Gebüsch. Am
Amu Darja in Transkaspien gibt es Ufergehölz und selbst Wälder von
Populus, Tamarix, daneben hohe Gräser in dichten Vereinen, z. B.
von Phragmites und Erianthus, sowie Sträucher und Schlingpflanzen?).
Die Wasserläufe in Nordafrikas Wüsten sind von Tamarisken und Neriı
umkränzt, welche beide oft Buschwerk bilden. An ihren Seiten findet man
Halophyten, wie Seirpus holoschoenus, Sonchus maritimus, Cyanophy-
ceen usw., ähnlich wie in den Marschsümpfen in Süd- und Nordeuropa?).
Auch die S. 295 besprochenen durch Schwefeleisen schwarz gefärbten °
Schlammassen, welche durch Bakterien gebildet wurden, kommen z.B.
an den Ufern der Flüsse in Südtunesien vor (Warming).
Die Wüstenvegetation gleicht in vielen Punkten der der Felsen-
fluren, zunächst darin, daß die Pflanzendecke nie zusammenhängend ist;
die Pflanzen stehen in vereinzelten, weit voneinander entfernten Indivi-
duen, und manche Gebiete sollen absolut pflanzenlos sein. Die Farbe der
Pflanzen ist graugrün, aber auch hier bestimmt die Farbe des Bodens die
der Landschaft (vergl. Fig. 166, 167). Ferner stimmen beide Vegetations-
gruppen darin überein, daß die Pflanzen verkrüppelte Zwerge sind. Rasen-
form und Strauchform sind in der Wüste ebenso allgemein, wie in d
Felsenvegetation, und weit wandernde, unterirdische Sprosse findet m
nur da, wo der Boden sandig wird. Ferner ist die Vegetation ausgep
xeromorph, in enger Anpassung an die starke Sonnenhitze der Wüs
ı) O. Paulsen 1912. Vergl. 8. 343, Fig. 172.
») Flahault 1906.
114. Kap. Hitzewüsten 877
an die oft außerordentlich starke Erwärmung des Bodens und die oft
viele (bis neun) Monate lange trockene Zeit; was in den Felsenfluren
durch Kälte und Wind hervorgerufen wird, verursachen hier neben den
- Winden Hitze und Regenmangel. Rikli und Schröter definieren „die
_ Wüste“ folgendermaßen: „Sie ist ein klimatisch bedingtes Trocken-
gebiet, das entweder ganz vegetationslos oder von vereinzelten xero-
phytischen Stauden und Sträuchern besiedelt ist, so daß der nackte
_ Boden weit vorherrscht*.
N Die Wüsten sind, was die Ärmlichkeit der Vegetation betrifft, einen
Schritt weiter entwickelt als die Halbwüsten.
\ Die Wüste ist nahe verwandt mit den vorangehend besprochenen
Halbwüsten und Steppen. Steigt die Feuchtigkeit des Standortes, geht
Ss sie in Steppen über. Wüsten- und Steppenpflanzen zeigen dieselben
Lebensformen und ökologischen Anpassungen.
= Das Klima. Die Hitzewüsten sind in erster Linie klimatisch
- bedingt und können auf recht verschiedenen Bodenarten entstehen. Als
__ klimatisch wichtige Faktoren können hervorgehoben werden: Mangel
_ der Niederschläge, starke Hitze und Verdunstung am Tage, starke
_ austrocknende Winde).
Die Regenmenge ist oft sehr gering, sie bleibt meist unter
25cm jährlich, und ist sehr unregelmäßig verteilt; es können in
_ einigen Wüsten Jahre vergehen, in welchen fast kein Regen fällt.
Massart schätzt die Regenmenge in der Sahara auf 15 cm im Jahre.
In der Wüste von Atacama in Südamerika fällt fast nie Regen. An der
Walfischbay an der Küste von Südafrika ist die jährliche Regenmenge
_ 7 mm, und diese fällt meist in nur sechs Tagen im Jahre. Regelmäßige
Beobachtungen über die Regenmenge sind von mehreren Stationen am
nördlichen Rande der Sahara veröffentlicht; hier fällt der Regen im
_ Winter, aber auch zu dieser Jahreszeit können Monate vergehen ohne
einen einzigen Regentag. Im Wüstengebiet von Arizona ist nach Purpus
die Regenmenge 176—298 mm. Köppen rechnet diejenigen Gegenden
zu den Wüsten, in denen der regenreichste Monat höchstens sechs Regen-
tage hat.
A Vergleichsweise mag angeführt werden, daß in Dänemark die
_ jährliche Regenmenge ca. 614 mm beträgt, in Norddeutschland 450 bis
gegen 700.
In allen Wüsten gibt es jedoch günstigere Lokalitäten, sei es daß
_ Gebirgsketten vorhanden sind, an denen die Regenmenge bedeutender
ist, oder daß nach Regengüssen in trockenen Flußbetten Wasser fließt,
_ und zwar oft in ungeheuren, gewaltsam strömenden Massen, so daß der
2) Einzelheiten, was das Folgende betrifft, siehe Rikli und Schröter 1912, Kap. 9.
878 Serie der ariden Gebiete
Untergrund für eine längere Zeit feucht bleibt. Der Regen fällt in
manchen Wüsten oft in gewaltiger Menge wolkenbruchartig, so daß sich
tiefe Erosionstäler bilden und große Felsblöcke herumgewälzt werde:
können. In der Wüste in Nordafrika z. B. gibt es viele trockene Fluß-
betten. Die Nebelbildung hat in gewissen Küstengegenden eine ro
Bedeutung, z. B. an der Walfischbay in Südwestafrika.
Der Tau spielt gewiß in vielen Wüsten eine nicht zu unte
schätzende Rolle, namentlich dort, wo Seewinde das Wüstengebiet e
reichen. Volkens sagt vom Tau in der ägyptischen Wüste, daß in de
langen, trockenen Zeit wegen der starken Erniedrigung der nächtliche
Temperatur eine reichliche Taubildung stattfinden kann, der dann di
einzige oberirdische Wasserquelle ist. Hierzu muß jedoch bemerkt werde
daß seine Beobachtungen an der Grenze der Wüste und des fruchtbaren
Niltals gemacht sind; nach anderen ist die Menge des Taues in dı
eigentlichen Wüste fast Null und die Erscheinung ungeheuer selte
Fitting!) fand in den Monaten März bis April niemals Tau bei Biskra
in Algier?).
Die Temperaturen der tropischen Wüsten nn oft sehr hoch.
Im Sommer steigt die Temperatur bisweilen über 50°C. In der Sahara
hat man bis 51,4° C. beobachtet, und von amerikanischen Wüsten gi
Mac Dougal 53,3° an. |
Starke Temperaturschwankungen gehören zu den Eigentümlichke
der Wüsten. In der Nacht findet eine starke Abkühlung statt, bisweil
so stark, daß die Temperatur unter Null sinkt. Ascherson beobachte
in der Libyschen Wüste nach einem Tage von fast 30° in der Nacht — 4
Frost ist im Winter nicht selten. Im Inneren von Arabien saı
die Temperatur in der Nacht im Winter auf 1893 bis — 5 und — 10°C
während das Thermometer am Tage mehr als 25° C. zeigte?). In Tra
kaspien sinkt die Temperatur im Winter bis — 40°, steigt im Somm
bis + 48°, und die Mitteltemperatur ist +25 bis 30°%). Aus afri.
kanischen Wüsten wird sogar eine Temperatur von 60 bis 70° am Tage
und 15° in der Nacht angegeben; also eine Differenz in 24 Stund
von 45 bis 55°).
Die Luftfeuchtigkeit ist äußerst gering. Massart hat einm
sogar nur 2°/, gemessen. Eine Anzahl Beobachtungen am Nordran
der Sahara zeigt Zahlen von 51,3°/. bis herab zu 3°%/0 ®).
1) Fitting 1911.
?) Vergl. auch Rikli und Schröter 1912, S. 133.
®) Nolde, Meteorol. Zeitschr. 1895.
*) O. Paulsen 1912.
5) Engler, Afr. I.
°) Rikli und Schröter $. 136.
REISE
114. Kap. Hitzewüsten 879
Licht in der Wüste. Am Nordrand der Sahara hat Rübel, wie
schon früher Wiesner in Kairo und Strakosch in Ägypten und dem
ägyptischen Sudan, nach Wiesners Methode den Lichteinfall studiert!).
Er bestätigt Wiesners Resultate. Das Charakteristische ist die geringe
chemische Lichtintensität, deren Ursache ist, daß die Luft infolge der
Suspension von Staubteilen meist sehr trübe ist; besonders die chemisch
wirksamen Strahlen werden abgeschwächt. In Ain-Sefra regnete es am
30. und 31. März, und durch die dadurch gereinigte Luft drang eine
Lichtintensität von 1100; am 5. April konnte sich die Lichtintensität
trotz voller Sonne und höherem Sonnenstande nicht über 580 erheben.
Das Gesamtlicht am Nordrand der Sahara zeigt große Übereinstimmung
mit dem Ägyptens.
Die Winde sind ein Faktor, welcher die Austrocknung in hohem
Grade befördert, und in den meisten Wüsten herrschen starke Winde.
Die Verdunstung ist daher in allen Wüsten sehr groß?). Sie
überwiegt den Niederschlag sehr erheblich. Nach Trabut betrug die
Regenmenge im Jahre 1906 in Bini-Ounif am Nordrande der algerischen
Sahara 91,6 mm, aber der Verdunstungsmesser zeigte eine verdunstete
Wasserschicht von 4637,7 mm; die Verdunstung war also 50,6 mal größer
als der Regenfall.
E Es ist leicht zu verstehen, daß die erwähnten Faktoren eine
- äußerst xeromorphe Vegetation hervorrufen müssen. Ihnen schließen
sich nun aber in den meisten Fällen die Eigenschaften des Bodens ver-
stärkend an.
Der Boden, namentlich der lehmige, wird wohl. in den meisten
Fällen reich an Nahrung (Kali, Phosphorsäure, Nitraten) sein. Die Nähr-
salze, die anderswo vom Regen ausgewaschen werden, werden in dem
trockenen Wüstenklima aufgehäuft. Durch Bewässerung, z. B. der Im-
perial Valley am Südrande der Coloradowüste in Nordamerika, schuf man
ebenso wie in Turkestan ein reiches Ackerland, in welches auch viele
fremde Unkräuter einwanderten. Die Wasserarmut hindert in den Wüsten
aber die Aufnahme der Nahrung und dadurch die Ausbildung einer kräf-
tigeren Vegetation. Das Grundwasser liegt zu tief für die Vegetation
oder ist zu salzig.
Die Bodenfeuchtigkeit der oberen Erdschichten in der Wüste
kann dagegen auffällig groß sein. In Tucson waren die obersten, nach
Spalding und Livingstone, nach einer langen Trockenperiode staubtrocken.
In 3 cm Tiefe enthielten sie jedoch noch 2°/o Wasser, in 10—12 cm
— 5-10°%, in 15 cm 13°/o, bei 35 cm Tiefe 15°/, (berechnet auf das
2) Rikli und Schröter 1912.
2) Über das Klima der Wüsten vergl. besonders Rikli und Schröter 1912.
880 Serie der ariden Gebiete
Volumen, welches die untersuchte Bodenprobe beim Absetzen in Wasser
einnimmt!). Vergleiche über die Trockenschicht der Dünen S. 750 und
über „Dry farming“ S. 827. u
Der Boden ist im allgemeinen genommen ohne Humus, aber
salzhaltig, sehr verschieden, wonach die Wüsten zu verschiedenen Typen
geführt werden: Felswüsten, Sandwüsten, Tonwüsten, Salzwüsten. 4
Fels- und Steinwüsten. Es gibt wenige Felsarten, welche den n
so enorm großen, täglichen Temperaturschwankungen Widerstand leisten
können; die meisten werden zersprengt, und oft sieht man Blöcke solcher 4
Felsreste mitten in einem wüsten Trümmer- und Kiesfelde liegen. Dazu
gesellen sich die Winde, welche durch ihr Sandgebläse die Felsstücke
abschleifen und abrunden. Es gibt Gebiete, in denen die vereinigten
Kräfte der Erosion, der Sonne und des Windes die Felsen in eine Un- “
zahl von Steinen und Grus zerteilt haben. Man findet z.B. in Ägypten
„Kieswüsten (Serir)*, wo abgerundete, braunschwarze, klingende 4
Kieselgeröllstücke die wesentlich sandigen Flächen weithin bedecken
und von ferne über dem rotgelben Wüstensande dunkel erscheinen;
Grussteppen („steppes rocailleux“, Trabut, Flahault) kommen ferner mn
Algier vor, und ausgedehnte, steinige Hochebenen, die „Hammada* =
der Eingeborenen, mit scharfkantigen Sand- und Kalksteinen, bilden den Bi
größten Teil der Sahara; auch auf der oberen Karroo-Terrasse des Kap-
landes trifft man wasserlose Steinwüsten an. E:
Wird die Zertrümmerung fortgesetzt, so entsteht Sand, und aus-
gedehnte Sandwüsten kommen in Sahara, Südafrika, Zentralasien, BR
Arabien usw. in allen großen Wüstengebieten vor, ein Spiel der heftigen
Winde, welche „Barkhane“ aufbauen und wieder zerstören, bewegliche
Dünen, die absolut pflanzenleer sind oder höchstens ganz vereinzelte
Pflanzen tragen.
Tonwüsten. Endlich gibt es Wüsten, deren Boden aus einem 4
an Steinen reichen, festen, rötlichken Ton besteht, der in der
trockenen Zeit fest und steinhart wird, so daß er Risse erhält, und
fast als ein Felsenboden zu betrachten ist, z. B. auf den Hochebenen 4
Mexikos. D
Diesen schließen sich die Salzwüsten an, welche sich in mehr
oder weniger großen, abflußlosen Becken finden, in welchen sich Schlamm,
Lehm und namentlich Löß gesammelt haben, und in welche auch öfter 3
salzhaltige Gewässer ihr Wasser ergießen, welches dann in der trockenen
Luft verdunstet, so daß die im Wasser gelösten Salze (Kochsalz, Natron-
salz, Glaubersalz u. a.) ausgeschieden werden und als weiße Krusten
auskristallisieren. Die Vegetation der Salzwüsten ist schon Kap. 52 2
1) Nach Rikli und Schröter.
115. Kap. Lebensformen der Wüste 881
(vergl. S. 459) besprochen worden; sie wird aus höchst eigentümlichen
Halophyten gebildet, aber immer nur aus wenigen Arten, welche diesem
eigentümlichen Boden angepaßt sind.
Wie die Salzwüsten sind auch die Steinwüsten und Sandwüsten
oben (Serie VI) besprochen worden.
Zu den erwähnten Verschiedenheiten des Wüstenbodens kommt noch
E eine gemeinsame Eigentümlichkeit: Der Wüstenboden ist heiß; in
den afrikanischen und den asiatischen Wüsten erreicht seine Temperatur
nicht weniger als 50—60° C., und an der Loangoküste hat man Tem-
peraturen von 75—80° C. gemessen, einmal sogar fast 85°C. (Hann
Klimatologie, S. 381). Nachts kühlt er so stark ab, daß die Gesteine
mit lautem Knall springen können.
Alle diese edaphischen Faktoren haben eine Wirkung, welche in,
derselben Richtung geht wie die des Klimas: eine äußerst xeromorphe
Vegetation zu schaffen. Im allgemeinen wird man wohl darüber einig
sein, daß die klimatischen Faktoren die größte Bedeutung haben. Es
mag wohl aber auch vorkommen, daß es Lokalitäten gibt, wo die .
- edaphischen überwiegen, wie z. B. in Texas!).
115. Kap. Lebensformen der Wüste
Schnelligkeit der Entwicklung. In allen Wüsten beobachtet
man die erstaunliche Schnelligkeit der Entwicklung nach oder gar schon
kurz vor?) den ersten Regenfällen bei Beginn des Frühlings. Frische
grüne Triebe erscheinen plötzlieh; zahlreiche und oft schöne Blüten
entfalten sich an den dürren Sträuchern oder entsprießen dem eben
noch so trockenen Boden.
Diese Flora der Regenzeit wird zum großen Teile von einjährigen
Kräutern gebildet, welche bald blühen und Frucht ansetzen, um danach
gleich wieder zu verschwinden und in den meist gut geschützten Samen
gegen die sengende Hitze Widerstand zu leisten. Viele vollenden ihren
Lebenslauf in wenigen Wochen, „bisweilen in wenigen Tagen“ (Flahault),
„Ephemere“, wie sie Volkens nennt, so z. B. Odontospermum pygmaeum.
Es ist leicht verständlich, daß sie äußerst zwerghaft werden und oft
nur wenige Samen ansetzen. Die Laubsprosse haben mesomorphen
Bau; von Xeromorphie ist keine Spur zu bemerken, ausgenommen
daß einige Salzpflanzen succulent sind oder in anderer Form Xero-
morphie zeigen.
. 2) Bray 1906.- Hierüber vergl. auch namentlich Ove Paulsen 1912; Massart.
_ Über den Bau der Graswurzeln Price 1911.
2) Volkens 1887.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 56
882 Serie der ariden Gebiete
Unter den vielen von O. Paulsen sorgfältig studierten und ab-
gebildeten Arten mag beispielsweise der einjährige Ceratocarpus arena-
rius hervorgehoben werden. Im Frühlinge erscheinen die linenlisch
lanzettlichen Laubblätter, die mit Sternhaaren dicht bedeckt sind; die
Mittelrippe ist von einem dicken Sklerenchymring umgeben. Im August
gleicht die Pflanze einer dornigen Kugel; die Blätter sind auf di
dornig gewordenen Mittelrippen reduziert, das Parenchym der Fläc
ist abgestorben und verschwunden; alle Blätter sind jetzt nur noch
Dornen vorhanden, und die Assimilationsarbeit wird allein von den
beiden verwachsenen Vorblättern, welche die Frucht umschließen,
geleistet.
Die Zahl der einjährigen Arten in den Wüsten ist verhältnismäßig
groß (Raunkiärs Therophytenklima). Nach Coville beträgt ihre Zahl aı
den Felsen 35°/o, in der Sandwüste 55°/o in Death Valley. Nach Raunkiä
ist daselbst die Prozentzahl 42, und ebenso in der Libyschen Wü
Watson!) hat beobachtet, daß in Neumexiko die einjährigen und klein
Stauden keine zeitliche Fixierung für ihre Funktionen zeigen, indem
grünen, blühen und fruchten, sobald es geregnet hat.
Von Pollakanthen gibt es sowohl Gehölze als Kräuter von v
schiedenen Typen: Bäume, Sträucher, Halbsträucher, Stauden (
Knollen, Zwiebeln, Rhizomen), Alison Lianen fehlen; es würde i
sie zu schwierig sein, in der so offenen Vegetation Stützen zu finde:
Auch Epiphyten sind selten, was in der wasserdampfarmen Luft natür
lich erscheint; doch hat G. Karsten Beispiele davon angegeben, daß eir
äußerst xerophile Gesträuchvegetation (also eher die einer Halbwüste
einen reichen Behang von Epiphyten tragen kann. Es kann auch b
merkt werden, daß große Wurzelparasiten nicht selten sind; in de
Tunesischen Wüsten (und Halbwüsten) kann man mächtige, stark geiärbU 4
Orobanchen finden.
Von den Pollakanthen der Wüsten sind eine Menge regengrün, |
d.h. die unterirdischen Organe schlummern in der Erde, bis sie vom
Regen geweckt werden; dann entfalten sie schnell ihre saftigen, meso _
morphen Blätter und Tirhtenreien, welche mit zunehmender Trockenheit
wieder verschwinden.
Andere behalten ihre Sprosse über der Erde mit verschiedener
xeromorpher Anpassung (vergl. Abschnitt 2); auch von diesen sind
einige laubabwerfend, nachdem die Laubblätter mit dem Regen zum
Vorschein kamen.
Daß „Aridität“ der bedeutungsvollste Faktor für die Entwickl
dieser Pflanzen ist, hat Mac Dougall besonders betont?); die Quanti
1) Watson 1912.
2) Plant world XII (1909).
115. Kap. Lebensformen der Wüste 883
der organischen Stoffproduktion wird durch die Trockenheit vermindert
(Zwergwuchs, Kleinblättrigkeit, blattlose Sprosse sind die Folge); die
Bodenfeuchtigkeit wird vermindert und aller Humus verschwindet; die
Wurzel- und Sproßsysteme werden alle verändert; die längerdauernden
Blätter müssen der großen Trockenheit angepaßt werden, breite, dünne,
Fig. 371. Ceratocarpus arenarius, sommerannuelle Wüstenpflanze aus Transkaspien.
A Junge Pflanze mit grünen Blättern und wenigen Früchten, Mai ('/,). B Ältere
Pflanze (*/,. © Zweig von B (?/,); das Parenchym der Blätter ist verschwunden und
die Mittelrippen bleiben als Dornen zurück; August. (O. Paulsen.)
mesomorphe Blätter sind unmöglich, jedenfalls wenn sie für längere Zeit
assimilationsfähig bleiben sollen. Die Veränderungen gehen namentlich
_ in zwei Richtungen: 1. Reduktion und Schutz der Oberflächen (Blatt-
losigkeit), 2. Entwicklung von Speicherorganen, namentlich von Wasser-
speichern: einige sammeln Wasser „für Dekaden“. Mac Dougall meint
h ferner, daß die Xerophyten im allgemeinen junge Typen sind. Zu den
56*
854 Serie der ariden Gebiete
früheren, alten Typen gehören Bennettitales, Cycadeen und Core 4
einige von diesen bewohnen jetzt Gegenden mit der größten Fülle von
Feuchtigkeit, weshalb man nur mit vielem Rückhalt einen ursächlichen
Zusammenhang zwischen dem Blattbau einer Pinus- oder Cyeadoen-Ant
uud der Trockenheit des Standorts annehmen kann. 3
Von den im zweiten Abschnitte besprochenen xeromorphen Typen
kommen auch viele in den Wüsten vor, namentlich solche, welche der
Wasseraufnahme dienen, die Verdunstung regulieren und die Wass
speicherung besorgen. Bei den oberirdisch lange dauernden Spross
finden sich solche Anpassungen, wogegen bei den Rhizom-, Knollen- un
Zwiebelgewächsen, bei welchen die oberirdischen Teile vergänglich sind,
diese ganz mesomorph sind, wie bei den einjährigen. Hier können n
noch einige Punkte von größerer Wichtigkeit berührt werden.
Man hat oft von den Schwierigkeiten der Pflanzen bei der Wissen
versorgung gesprochen, und auf die enorm langen, weit streichenden
Wurzeln hingewiesen, als ein Mittel zur Aufnahme des nötigen Wassers
(man hat z. B. Wurzeln von Tamarix gemessen, welche 50 cm |
waren; das Gras Aristida pungens soll 20 m lange, tauähnliche Wurzeln
Kabanis oder auf die tiefgehenden Wurzeln, oder die Wasserspeicher,
welche sich in Regenzeiten mit Wasser füllen. Verschiedenartige Haare
dienen dazu, Wasser aufzunehmen (vergl. S. 250). Ebenso dient dies
Zwecke die lange Dauer der Wurzelhaare').
Einen ganz neuen Gesichtspunkt in dieser Frage hat Fitting
eingenommen; er meint, daß es hier sicher keine so sehr tief gehenden
Wurzeln gibt. In trockenen Wüstengebirgen werden sie nicht in zu
große Tiefen vordringen können, gewiß nicht bis zum Grundwasser,
Nach Fitting ist es weder der Tau, noch sind es die tief im Boden ver-
borgenen wasserreichen Schichten, welche von den ausdauernden Pflanzen
ausgebeutet werden, sondern die meisten von diesen Gewächsen ver-
stehen es, sich die spärliche Feuchtigkeit der obersten, höchstens 1 b
3 m mächtigen, scheinbar sehr trockenen Bodenschichten zugänglich
machen. Dieses stimmt auch mit Livingstons Beobachtungen in Arizona?):
der Feuchtigkeitsgehalt ist hier schon wenige Zentimeter unter der Ober-
fläche groß genug, um manche Wüstenpflanzen dauernd genügend mit
Wasser zu versorgen. Die Wüstengewächse nach Fitting haben besondere
Anpassungen und Einrichtungen, um die Feuchtigkeit auch noch aus
relativ sehr trockenen Böden heraus zu reißen, und zwar: hohe,
ungeheuer hohe osmotische Druck-(Saug-)kräfte, die bei einigen I
100 Atmosphären steigen. Er fand solche hohen Werte in der trocke
1) Massart; R. Price 1911. Über die Wurzeln vergl. Cannon 1911.
2) Fitting 1911.
®) Livingston 1906, 1910.
115. Kap. Lebensformen der Wüste 885
Fels-, Geröll- und Lehmwüste, in der. Sandwüste und auf feuchtem
Kulturboden sind sie indessen wesentlich niedriger. Es wird dadurch
verständlich, daß Kräuter, die gar nicht xeromorph gebaut sind, dennoch
in der Wüste gedeihen können.
Diese Höhe des osmotischen Druckes wird nach Fitting bei einigen
durch Speicherung von Kochsalz erreicht, bei anderen ohne solche.
Die Wüstenpflanzen haben nach Fitting auch ein ungeheures Re-
gulationsvermögen der Saugkräfte. Die Pflanzen der Salzsümpfe zeigen
nicht so hohe Druckkräfte wie die auf trockenem Salzboden, und auch
in den Dünen ist der osmotische Druck wesentlich geringer als in der
Felsenwüste.
Was die Lebensformen betrifft, so kann zu dem im zweiten Ab-
schnitte Mitgeteilten noch hinzugefügt werden, daß Mac Dougall!) zwei
Typen von Wüstenpflanzen auch physiologisch trennt, nämlich die Skle-
rophyllen und die Succulenten. Die ersteren haben hohe osmotische
Druckwerte im Zellsaft, die Succulenten dagegen verhältnismäßig niedrige,
Z. B. Echinocaetus Wislizeni 3—6, Cereus giganteus (Carnegia) 6—8
(Fig. 363), Opuntia 6—8, Agave wenig höhere; doch wächst der Druck
durch Austrocknung. Die Succulenten scheinen, und das ist für die
Ökologie von großem Interesse, solche Standorte vorzuziehen, wo der
Regen regelmäßig zu bestimmten Jahreszeiten fällt; das Wurzel-
: system dieser Pflanzen breitet sich horizontal ganz oberflächlich aus,
wodurch das Regenwasser sofort ausgenutzt werden kann. Manche
Suceulenten vermögen es mit ihren oberirdischen Organen durch aus
toten Zellen bestehende Stacheln aufzunehmen. Daß Haare Wasser
aufnehmen können, welches dann den lebenden Teilen des Pflanzen-
körpers zugute kommt, ist bereits früher beobachtet und erwähnt worden
(vergl. Kap. 28).
Losgerissene Pflanzen der Wüsten. Sowohl in vielen Wüsten,
als auch in den verwandten Steppen, in welche die Wüsten oft über-
gehen, findet man gewisse Arten, die vom Boden losgerissen werden und
eine Zeit lang im Winde umhertreiben („Steppenläufer“, „Steppen-
hexen“*). (Vergl. S. 813, 827.) Unter diesen wird von alters her die „Rose
von Jericho“ (Anastatica Hierochuntica) aufgeführt, aber nach Volkens
mit Unrecht. Jedoch gehört eine Composite, Odontospermum (Asteriscus)
pygmaeum, die nach Michon und Schweinfurth sicher die wahre „Rose
von Jericho“ ist, hierher, und in Südafrika kommt eine Amaryllidacee,
Brunsvigia, vor, deren Fruchtstand nach Bolus ähnlich ein Spiel der
Winde ist, wie die Fruchtstände von Spinifex in den Dünen Ostindiens
(S. 779). Schließlich kann auch an die der lithophilen Wüstenvegetation
1) Mac Dougal 1912.
886 Serie der ariden Gebiete
angehörige Krustenflechte Parmelia esculenta erinnert werden, die
durch Stürme von den Felsen losgerissen und massenweise als „Manna®
fortgeführt wird und an anderen Stellen niederfällt; sie gehört zu
den häufigsten Erscheinungen der Wüsten von Zentralasien bis nach
Algier ').
Die Hygrochasie?) ist gleichfalls eine meist den Wüstenpflanze
zukommende Eigenschaft; Stengel, Fruchtstiele, Fruchtklappen, Hüll
blätter usw. sind in trockenem Zustande eng zusammen gebogen und
spreizen, sobald sie feucht werden. Dadurch können z. B. Samen nur
in feuchter Zeit ausgestreut werden (z. B. Anastatica Hierochunti
Lepidium spinosum, Odontospermum pygmaeum, Ammi visnaga, Arten
von Mesembrianthemum usw. Viele Pflanzen feuchterer Klimate zeigen
umgekehrt Xerochasie (z. B. Daucus carota). Vergl. Kap. 25.
Blüten. Nur wenig untersucht ist die Anpassung der Blüte
nach Flahault?) ist die Anzahl der Anemophilen verhältnismäßig gro
es gibt jedoch eine Anzahl schöngefärbte Arten. Henslow*) hat wohl d
meisten Blüten untersucht; er fand häufig Selbstbestäubung; die ad
stehen oft auf derselben Höhe wie die Narbe; Volkens und Massart s
jedoch ‚nicht derselben Meinung.
Die Samenverbreitung ist wenig bekannt Rn: ner 0
hair ar
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde
Es gibt ungeheure von Wüsten bedeckte Areale in Nord- un
Südafrika, Zentralasien, Nordamerika und Australien. Eine kurze B:
sprechung einiger derselben mit ihrer Flora muß hier gegeben werd n.
Nordafrika. Als Typus wählen wir die von Volkens vorzüglic
bearbeitete ägyptisch-arabische Wüste. Sie ist ein Gemisch vo
Felsen-, Grus- und Sandwüsten, wo oft in 8—9 Monaten kein Rege
tropfen fällt. Es regnet fast nur im Winter (Dezember bis April).
Nordrand von Sahara fallen ca. 17,5 cm Regen, im Inneren 7—10 em‘
) Vergl. z. B. Basiner, S. 65.
?2) Ascherson 1892.
®) Flahault 1906.
*, Henslow 1894.
®) Die Anatomie und Morphologie der Wüstenpflanzen sind bearbeitet von Voll
1887; Massart 1898; Coville 1893; Jönsson 1902.
Die Physiologie von Mac Dougal 1903, 1906, 1907; Spalding 1904; Fitting 1
Feruer: Cannon (1913) in der Publikation des Carnegie-Institutes Nr. 178; ver
Bot. Centralbl. CXXV, 414; CXXVI, 261.
®) Brockmann-Jerosch 1908.
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde 887
Nirgends hat man die Luft am Tage trockener gefunden als in Nord-
afrika (2—25°/o relative Feuchtigkeit), und nachts kann die Temperatur
sehr bedeutend fallen (oft unter 0°). Die Luft kann in der trockenen
Von links und rechts Euphorbia Guyoniana. In der
Mitte Oleome Arabica (mit Früchten). Hinten große Dünen von Limoniastrum Guyonianum. (Phot. E. Pritzel.)
Fig. 372. Algerische Sahara: Sandwüste südlich von Biskra.
Zeit über 50°C. erwärmt werden, und der Boden ist am Tage in der
Regel noch bedeutend wärmer als die Luft. Im allgemeinen herrscht
“ dann eine vollkommene Windstille, besonders in den Tälern.
888 Serie der ariden Gebiete
Das Gepräge der Vegetation ist in der trockenen Zeit folgendes: 2
Die meisten Pflanzen sind grauweiße, oder schmutziggrüne, niedrige,
bisweilen halbe Mannshöhe erreichende, abgerundete, halbkugelförmige :
Sträucher, und teilweise niedrige, meist niederliegende, rasenbildende
Kräuter; selten treten windende oder mit größeren bleibenden Blätte
BE Kräuter auf.
Kaum sind etwa Anfang Februar die ersten Regengüsse gefallen, so. 3
belauben sich die strauchartigen Pflanzen und blühen bald und es keimen 5
sehr viele „ephemere“ Arten mit einer Lebenszeit von 1—2 Monaten R
(z. B. Odontospermum pygmaeum); auch einige wenige saftreiche, daher :
länger dauernde einjährige Arten entwickeln sich (z.B. Mesembrianthemum; k
vergl. Kap. 29). Nach der Anzahl der einjährigen Arten besteht also ei
außerordentlicher Unterschied zwischen der Wüstenvegetation und de
- süubglazialen Vegetation (S. 702). Demnächst sprießen eine Menge Zwiebe
pflanzen hervor, deren Sprosse und Blüten fertig vorgebildet waren un
nur auf Regen warteten, um sich voll zu entwickeln. Diese Frühjahrs
flora erinnert an die subglaziale Vegetation, wo es jedoch nur weni
Zwiebelpflanzen gibt.
Weiter kommen sehr viele andere, mehrjährige Kräuter mit Erd-
sprossen und sicher meist mit einer vielköpfigen primären Wurzel vo:
viele haben Rosettensprosse und breiten die Blätter flach auf deı
Boden aus.
Bei den einjährigen oder „ephemeren* Arten gibt es im Ba
natürlicherweise nur wenig, was Anpassung an das- trockene Klim
zeigt; denn das Leben verläuft ja gerade unter den günstigsten Ve
hältnissen, und die wesentliche Anpassung ist seine kurze Dauer. Wo
die meisten von ihnen haben indessen eine im Verhältnis zur Kleinhei
der oberirdischen Teile ungeheuer lange Wurzel, so z.B. Anastat
Hierochuntica. Bei allen anderen Arten zeigt sich die Anpassung au
im Bau. Die Bauverhältnisse der Suceulenten und der Zwiebelpflanze
wurden S. 192 ff., die Wassergewebe und die mit Wasser erfüllten Haare
S. 189 ff. behandelt. Die Blätter der Gräser sind kurz, steif, eingeroll
saftarm. Die Hammadas haben fast ausschließlich kleine Sträucher.
deren Blätter und Stämme mit filzigen Haaren bedeckt sind. V
Sträucher haben‘ ‚blattlose Sprosse, oder solche mit schuppenähnliche
Blättern, z.B. Tamariz, Ephedra, Polygonum equisetiforme; viele Blät
werden zu Dornen usw. Häufig ist die Ansammlung von Schleim
den inneren Teilen der Pflanze, besonders in der Rinde, seltener
Halimodendron im Mark. Das Assimilationsgewebe bleibt lange tä
nachdem die primären Assimilationszellen verschwunden sind, ersche
das Chlorophyll in der sekundären Rinde und man findet es dort soga
noch in alten Ästen.
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde 889
Die Sahara hat dieselbe Natur wie die ägyptisch-arabische Wüste.
Schirmer, Flahault, Massart, Hochreutiner, Brockmann-Jerosch, Rikli,
Schröter u. a. haben sie besprochen. Es kommen hier die verschiedenen
Typen trockener Wüsten vor. Von der Felsen- und Steinwüste
(Hammada) sagt Flahault, daß man über ihren floristischen Reich-
tum erstaunt ist. Hier findet sich z. B. Anabasis articulata, Stupa
tenacissima, Limoniastrum, Thymelaea mierophylla, Halocnemum
strobilaceum, Zollikoferia arborescens, Forskälea tenacissima, Asparagus
horridus.
Die Kieswüste (Serir, Reg) hat eine äußerst arme Vegetation.
Nach Brockmann-Jerosch haben viele ausdauernden Pflanzen Polster-
wuchs oder sind halbkugelig; Polsterwuchs hat z. B. Anabasis aretioides,
welche von Hauri eingehend studiert worden ist. Halbkugelig sind z.B.
Zila macroptera, Arten von Zollikoferia u. a. Er sieht in diesen Wuchs-
formen in erster Linie einen Schutz gegen die Wirkung des Windes,
namentlich der Sandgebläse, sowie auch gegen zu starke Erwärmung,
zu starke Verdunstung u. a. m.
In der Steinwüste kommen auch viele einjährige Arten vor,
namentlich in den flachen Mulden, wo der Boden etwas feuchter ist;
ihnen verdanken wir es, daß der Boden in so kurzer Zeit nach dem
Regen grün erscheint; eine ungeheure Menge von Samen muß in der Erde
verborgen liegen. Übrigens werden als Pflanzen der Kieswüste z. B.
genannt: Arten von Anabasis, Zollikoferia, Ephedra, Pancratium, Stupa,
Lygeum, Peganum, Artemisia, Statice usw.
Die Felsensteinwüsten und Kieswüsten sind es, welche den
größten Teil der Sahara einnehmen. Neben ihnen kommen auch Sand-
wüsten mit ihren hohen Dünen („Erg“) vor. Wo der Sand ganz fest
liegt, ist Vegetation und Flora reich, was mit der Feuchtigkeit in Ver-
bindung steht, welche im Sande erhalten bleibt (siehe S. 106—107); die be-
weglichen Dünen können ganz pflanzenleer sein. Die Pflanzen der Dünen
sind Kap. 100 erwähnt. Charakterpflanze ist Arzstida pungens!).
Die Lehm- oder Tonwüsten finden sich in den Niederungen
und sind mehr oder weniger von Salz imprägniert. In Nordafrika finden
sich große Salzseen (Chott) von Salzsümpfen und Lehmwüsten umgeben.
Die Pflanzen, die hier wachsen, sind Arten von Frankenia, Stalice u.a.
(Kap. 52, Fig. 229).
Wo das Grundwasser hoch liegt, in trockenen Flußbetten usw.,
findet man wilde Dattelpalmen, und hier spielt hie und da. Nerium
Oleander eine ähnliche Rolle wie die Weiden in Europa.
1) Über die Sandwüsten der Sahara vergl. Massart 1898a; Reinke 1915 in Englers
Jahrb. LIII; Brockmann-Jerosch und Heim 1908.
890 Serie der ariden Gebiete
Die südafrikanischen Wüsten. Südafrika hat ähnliche Grus-,
Sand- und andere Wüsten wie Nordafrika, die jedoch weniger pflanzen-
arm sind (die Kalahari, die Karroo, Groß-Namaqua-Land usw.); viele
merkwürdige Lebensformen entwickeln sich hier. Von diesen sei hier
an Tumboa Bainesü (Welwitschia mirabilis) erinnert, welche Welwitsch
und Baines im Damaralande entdeckten; auf einer ganz trockenen Ebene
fanden sie außer wenig Gras nur diese Art, die ihre beiden einzigen,
riesigen Laubblätter auf dem trockenen Boden ausbreitet, ihre Wur-
zeln tief hinabsendet und das ganze Jahr ununterbrochen vegetieren
kann, ohne durch Kälte oder Trockenheit zum Stillstande gezwungen
zu werden !).
Die Küste von Deutsch-Südwestafrika ist eine fast regenlose Ein
öde, eine 150—200 km breite Sandwüste mit vielen Dünen, die von den
trockenen Südwestwinden aufgeworfen sind. Weiter landeinwärts fäll
mehr Regen, und hier geht die Wüste in Steppen über?).
Weiter nach Osten zu folgen Kies- und Steinwüsten und weiter
Steppen, wie die Regenmenge von der Küste nach dem Inne
zunimmt. |
Die Karroo, welche oben (S. 858) erwähnt wurde, ist u )
Halbwüste mit tonigem Boden und Vorherrschen von Suceulenten u
Zwergbüschen, teils aber auch reine Wüste. „Braun ist die Farbe des
Karroo“, schreibt Marloth?), „braun sind Gestein und Geröll, gelb ode1
rötlich der Boden, grau, gelb oder bräunlich die starren Büsche*, „Es
gibt hier“, schreibt er, „weite Flächen ohne jeden Pflanzenwuchs unc
andere, sandige sowohl wie steinige, welche nur vereinzelt stehende
verkümmerte Gewächse tragen“.
Viele Wüstenpflanzen Südafrikas haben oberirdische Knollen, die
den Steinen, zwischen denen sie wachsen, so ähnlich sind, daß es in
der trockenen Zeit, wenn sie keine Blätter haben, fast unmöglich |
sie ohne nähere Betrachtung von den Steinen zu unterscheiden, was
Wallace als Mimiery auffaßt (S. 257).
Hier findet man eine Menge Zwiebel- und Knollenpflanzen (Lilia- :
ceen, Amaryllidaceen, Iridaceen, Oxalidaceen u. a.), Succulenten in großer
Mannigfaltigkeit und Anzahl von Individuen (nach Bolus gehören in
gewissen Gegenden der Karroo 30°/, der Vegetation zu diesem Typ’
z. B. Mesembrianthemum, Euphorbia, Aloö, auch Pelargonien) und sa
arme Xerophyten vieler verschiedenen Familien: Proteaceen, Restion
ceen*), Mimosoideen (Acacia-Arten) usw.
1) Über Welwitschia vergl. J. D. Hooker in Transact. Linn. Soc. XXIV, 18
Karsten und Schenck, Veget. Bilder I, Tab. 28.
2, Dinter 1915.
®) Marloth 1908.
*, Gilg 1891
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde 891
In allen diesen Wüsten beobachtet man dieselbe überraschend
schnelle Entwicklung der Vegetation, wenn in den Monaten Juni oder
Juli die ersten Regengüsse gefallen sind und der Frühling kommt.
Grüne, frische Sprosse erscheinen plötzlich, und zahlreiche, oft prächtige
_ Blüten entfalten sich auf den trockenen Sträuchern oder sprießen aus
dem bisher trockenen Boden hervor.
Zentralasien. Vorzügliche und gründliche Schilderungen der asiati-
schen Wüsten verdanken wir russischen Forschern (Basiner, Borszezow,
Antonow, Korshinsky, Semenow u. a.) und dem dänischen Botaniker
Fig. 373. Frühlingsbild der „Halbwüste“ in Samarkand.
Im Vordergrunde halbverwelkte Rosetten von Ferula asa foetida. Eine Artemisia-Art
dominiert, dabei Poa bulbosa, Haplophyllum lasianthum, Carum Turkestanicum,
‚Eremostachys labiosa. Mai. (Phot. O. Paulsen.)
©. Paulsen!). Der letztere hat die Wüsten ökologisch bearbeitet. Das
Klima im Transkaspischen Tieflande ist kontinental mit kaltem Winter
- und sehr heißem Sommer; in Kasalinsk ist das Winterminimum —40°C,,
das Sommermaximum + 48°. Der Winter ist nicht sehr lang; der Frost
dauert nicht lange, ist aber streng. Der Januar ist der kälteste Monat
(für zwei Stationen ca. — 28° als mittleres absolutes Minimum für
10 Jahre). Schnee ist nicht selten. Der Frühling beginnt Ende Februar
und ist verhältnismäßig warm. Der Juli ist am heißesten; die absoluten
Maxima für zwei Stationen betragen ca. 42—43°. Die Luft ist klar
1) Ove Paulsen 1912.
892 Serie der ariden Gebiete
und die nächtliche Ausstrahlung groß. Die täglichen Temperatur-
Schwankungen können daher sehr groß sein. Radde beobachtete in
einer Sandwüste eine Schwankung von 36° in 24 Stunden und Capus
fand sogar 40°. Die Niederschläge sind unbedeutend; die meisten fallen
im Winter und im Frühling; Juli und August sind äußerst trocken; in
Merw hat es in diesen Monaten in vier Jahren nicht geregnet. Die Z
der Regentage ist klein. Die Lufttrockenheit ist groß (im Mittel 61°
Feuchtigkeit). Hitze und Trockenheit rufen im Sommer eine sehr stark
Verdunstung hervor; nach Semenow ist sie an manchen Orten 3—4m
größer als der Niederschlag, an anderen 24 mal und in Petro Alexan-
drowsk sogar 270 mal. Das Land wird daher immer trockener und
trockener; Syr Darya, der Aralsee und andere Seen werden fortwährer
yerkleioert; nach einigen Schriftstellern sinkt der Aralsee 1 m, na
anderen 4,2 m im Jahrhundert.
Folgende Wüstensteppen kommen nach O. Paulsen in Transkaspi
vor: Salzwüste, Lehmwüste, Stein- und Kieswüste und Sandwüste.
Die Salzwüste ist im 51. und 52. Kapitel besprochen worde
Die Lehmwüste. Der Boden ist nicht so salzreich, daß das S
oberirdisch zum Vorschein kommt, er ist aber trockener als in der Sal
wüste. Wo diese beiden Formationen beisammen vorkommen, ;
die Salzwüsten die Niederungen ein, wo das salzige Grundwasser
Vegetation beeinflussen kann. Der Boden ist meist aus Löß gebil
da die obere Schicht des Bodens gewöhnlich sehr dicht ist, fließt
Regenwasser leicht fort, und da Löß ein feinkörniger Boden ist, ı
noch prozentualiter viel des Wassers festgehalten, so daß die Pflar
nur eine verhältnismäßig geringe Menge aufnehmen können. Löß
dunkel gefärbt und wird in der Sonne stark erhitzt. Middendorf
an einem sonnigen Tage im Mai eine Temperatur von 62°C. auf.d
Löß, aber nur 45°C. auf einer weißen Salzinkrustation beobachtet.
Die Vegetation ist reicher als in der Salzwüste; es findet sich
hier eine Flora, die den Frühlingsregen ausnutzt, im wesentlichen vo
kurzlebigen, einjährigen Arten gebildet; außerdem ist eine Somm
und eine Herbstflora zu unterscheiden. Die Frühlingsvegetation ist
reichsten am Fuße der Berge, wo die zusammenfließende Wasserme
größer ist; sie kann so reich sein, daß sie den Namen einer „Halbwüs
verdient (Fig. 373); sie wird wesentlich von Gräsern gebildet (Poa bulbo
Hordeum secalinum) und einer Reihe anderer einjähriger Arten aus
Familien der Papaveraceen, Cruciferen, Boraginaceen, Umbelliferen u
Auch einige Stauden blühen im Frühling, nämlich Arten von Tu
Ixiolirion, Allium, Gagea, und Knollenpflanzen wie Geranium tubero
!) Vergl. auch Bot. Centralbl. CXXV, 39.
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde 893
und Leontice incerta usw. Die Frühlingsvegetation ist niedrig, bis nur
etwa 3 dm hoch, und ist nicht xeromorph gebaut. Mitte Mai beginnt
diese Vegetation schon zu verwelken, ja viele von den Frühlingspflanzen
haben schon im April ihre Samen zerstreut. Im Juni ist schon das
typische Bild einer Wüste vorhanden; der Boden ist stellenweise ganz
nackt, in der Regel aber trägt er zerstreute Sommerpflanzen. Die Zahl
dieser ist äußerst begrenzt; oft bilden die Artemisien die ganze Sommer-
vegetation, an anderen Stellen ist Salsola rigida die häufigste Art;
ferner kommen andere Chenopodiaceen, Arten von Ephedra, Calligonum,
Reaumuria, Astragalus usw. vor; nahe den Oasen und Flüssen wachsen
|
I
Fig. 374. Eine Sandebene nahe Buchara; mit Alhagi camelorum, Zygophyllum
Eichwaldi, Peganum harmala, @oebelia alopecuroides, einigen Exemplaren von
Suaeda pterantha, Salsola sclerantha, Atriplex dimorphostegium, Ceratocarpus
arenarius. Mai. (Phot. O. Paulsen.)
Kleinsträucher von Tamarix, Niträria, Halimodendron, weiter Cheno-
podiaceen, Prosopis, Lycium, Frankenia, Heliotropium, Statice usw.
Einige Halbsträucher der Lehmwüste sind laublos oder dornigbelaubt.
Von einjährigen Sommerpflanzen kommt eine Anzahl vor, welche meist
zu den Chenopodiaceen gehören, die alle suceulent sind. Paulsen hebt
drei Typen hervor: Arten mit dornigen Blättern, solche mit dornlosen
Blättern und „Bracteol-Succulenten“ mit wasserspeichernden Hochblättern
in den Blütenständen. Über Ceratocarpus vergl. S. 882.
Die Steinwüsten. Der Boden ist Felsen oder Kies oder ein
Konglomerat, z. B. mit Löß als Bindemittel. Die Vegetation ist äußerst
arm, nach Boris Keller ist oft nur !/s mit Pflanzen bedeckt; nur in
894 Serie der ariden Gebiete
Mulden und wo die Zahl der Steine geringer ist, kommen einige niedrige
Halbsträucher und Zwergsträucher vor (Arten von Salsola, Artemisia,
Capparis, Atraphaxis; Haloxylon Ammodendron, die etwa 0,5 m hoch
werden, u. a.).
Die Sandwüsten zeigen verschiedene Typen (Fig. 166, 167, 37
Allen gemeinsam ist das Vorkommen von Sträuchern und Bäumen m
Rutenzweigen; die Halophyten sind hier in der Minderzahl. Auf de
beweglichen Dünen (Barkhanen) ist Aristida pennata Pionier; sie binde
den Sand zuerst, und ihre dichten Horste sind die einzigen Stellen,
die Samen anderer Pflanzen keimen können. Später finden sich auf min
beweglichen Flächen in bestimmter Folge Gehölze ein wie Ammodendr
Calligonum und Salsola, die dann sehr lockere Assoziationen bilden, dene
auch einige ausdauernde Kräuter beigemischt sind. Auf den gefestigte
Dünenhügeln treten die Holzpflanzen dichter zusammen, und die au
dauernden Kräuter werden zahlreicher, ganz wie auf unseren nord.
europäischen Dünen; ein typisches Beispiel von Folgeformationen in d
asiatischen Wüste. Auf den Sandebenen sind die Kräuter zahlreiche
die Bäume aber klein oder sie fehlen ganz.
Es wird angegeben, daß die großen Flugsandwüsten in Asien
Ostrußland von der Vegetation gebunden werden würden, wenn sie s
selbst überlassen und nicht von den Nomaden und ‘ihren Tieren b
treten würden.
Nordamerikanische Wüsten. Viele Teile des Südwestens vo
Nordamerika haben den Charakter echter Wüsten oder nähern sich ihnen
doch erheblich in Gestalt der Strauchsteppe. Durch die Einrichtun
des-Carnegie-Laboratoriums zu Tucson inmitten der Wüsten von Arizo
wird durch die gemeinsame Forschertätigkeit mehrerer Botaniker (wie
Coville, Mac Dougall, Clements, W. A. Cannon, Spalding, Livingston u. a.
diese Wüste bald zu den am besten bekannten in bezug auf die do
herrschenden biologischen und physiologischen Verhältnisse gehöre
(vergl. Kap. 110, 113).
Auch Purpus!) hat amerikanische Wüsten geschildert. Die Hänge
der zahlreichen Mesas in Arizonas Wüstengebiet haben meist ei
felsigen und geröllreichen Boden. Viele xerophile Dorngehölze, welch:
nur während einer kurzen Zeit belaubt sind, kommen hier vor.
Parkinsonia microphylia hat die grüne Rinde hauptsächlich die Funk
der Blätter übernommen. Fouguiera splendens ist charakteristisch fü
dieses Gebiet; ferner finden sich Prosopis juliflora, Larrea Mexicäa
Acacia, Ephedra, Lycium und zahlreiche Halbsträucher (Compositen
Labiaten, Malvaceen, Papilionaceen u. a.), Cacteen und Yucca-Arten
") Purpus 1907.
116. Kap. Die Wüstenregionen der Erde 895
Ein reicher Flor von Stauden und Einjährigen schmückt die kahlen
Flächen während der Regenperiode').
Australien?). Die xerophilen Savannen und Strauchvereine Austra-
liens lösen sich in vielen Gebieten des Inneren, die nur 20 cm Regen
oder noch weniger Niederschlag erhalten, gänzlich auf und machen
Kies-, Lehm- oder Sandwüsten Platz. In der Lehmwüste sind buschige
Acaeia-Arten mit steifen Ästen und starren Phyllodien, auch schön-
blütige Eremophela-Sträucher und Chenopodiaceen mit succulenten, oft
hellgrau gefärbten Blättern besonders bezeichnend. Namentlich auf
chloridreichem Boden sind solche Chenopodiaceen, die „Salt-bushes“ der
Australier, häufig und charakteristisch. In anderen Gegenden der Wüste
herrschen starre, stechende Gräser aus der Gattung T’riodia vor und
bilden jene „Spinifex“-Einöden, die wegen ihrer Wasserlosigkeit und
Unpassierbarkeit bei den Reisenden verrufen sind.
Die sandigen Strecken der Wüsten und ihre Dünen sind sehr spär-
lich bewachsen, pflegen aber einige dürftige Holzgewächse zu enthalten:
so die cupressoide F'renela, blattlose starre Casuarina und Exocarpus,
auch ein paar kümmerliche Eucalyptus.
Die unregelmäßig, in oft jahrelangen Pausen niedergehenden Regen-
güsse der Wüste rufen einen vergänglichen Wuchs von Annuellen her-
vor, unter denen kleine Compositen weitaus am häufigsten und gesellig-
sten auftreten; viele davon sind mit farbigen scariösen Hüllen versehen
(„Immortellen*) und beleben während der kurzen Zeit ihrer Blüte an-
mutig das Bild der Wüstenlandschaft.
Es kann noch auf ein Sammelreferat von sieben Arbeiten über Wüsten von
Mac Dougal, Shreve usw. in Journ. Ecology III: 42 ff. verwiesen werden. Über Wüsten
vergl. übrigens: Bladnell 1910; Handel-Mazetti 1914; B. Jönsson 1902; Spalding 1904,
1909; Rübel 1915; Livingston 1906, 1910; Gleason 1910; Price 1911; Rikli und Schröter
1912; Darbishire 1914; B. A. Keller 1911—12; Cannon 1905, 1908, 1911, 1913.
2) Litteratur über nordamerikanische Wüsten siehe namentlich bei Mac Dougal.
2) Von L. Diels.
Fünfter Abschnitt
Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
117. Kap. Einleitende Bemerkungen
Im vorhergehenden wurden die Pflanzenvereine im allgemeinen
fest bestehend, in Ruhe befindlich, in ihrer Entwicklung abgeschlos
und nun friedlich nebeneinander lebend betrachtet. So verhalten
sich in Wirklichkeit durchaus nicht, wie schon S. 9 bemerkt worden
es findet überall und ununterbrochen ein Kampf zwischen ihn
statt, jeder einzelne versucht beständig, in das Gebiet der anderen ei
dringen, und jede kleine Veränderung in den Lebensbedingun
verändert sofort das bisher bestehende Gleichgewicht, bringt sogle ch
eine Verschiebung und eine Veränderung in dem gegenseitigen
Verhältnis hervor. Oft rufen anscheinend äußerst kleine Ver-
änderungen in den Lebensbedingungen merkwürdig große Veränderun
in der Vegetation hervor. „Die Hebungen und die Senkungen
Grundwasserstandes sollen nicht erst, wenn sie Fuße, sondern sch
wenn sie Zolle betragen, beachtet werden“ sagt der erfahrene Pra
Feilberg!). Die Verteilung der Vegetation um kleine Seen und Was
ansammlungen in Zonen, oder die Verteilung von Webers „Subformation
der Wiesen oder die der einzelnen „Typen und Subtypen“ der H:
zeigt dasselbe?). Ferner gibt P. E. Müller?) an, wie verschwind
kleine klimatische Veränderungen genügen, damit sich eine Waldve
tation in eine andere verändere. Aus Graebner*) geht hervor, wie
verhältnismäßig geringen Unterschiede im Klima einzelner Teile
norddeutschen Flachlandes scharfe Florengrenzen hervorgebracht ha
Verschiedene Pflanzenformationen folgen in der Tat nacheinander
demselben Standorte; jede einzelne ist ein Glied vielleicht in ei
langen Reihe.
1) Feilberg 1890.
2) Weber 1892.
®) P. E. Müller -1887 b.
*) Graebner 1895, 1901.
117. Kap. Einleitende Bemerkungen 897
Y Der Kampf zwischen den Vereinen gründet sich natürlich auf den
_ schon im 15. Kap. und 36. Kap. erwähnten Kampf zwischen den Arten;
dieser Kampf entsteht durch das Bestreben der Arten, ihr Verbreitungs-
gebiet durch die Wanderungsmittel, die jeder einzelnen zur Verfügung
- stehen, zu erweitern. „Platz wird gesucht“ in der Welt der Pflanzen
- nicht weniger als im Menschenleben. Millionen und aber Millionen von
Samen, Sporen und ähnlichen Vermehrungsorganen werden jährlich aus-
gesandt, um den Arten neue Standorte zu erwerben; Millionen und aber
_ Millionen gehen zugrunde, weil sie an Stellen ausgesät werden, wo die
- physikalischen Verhältnisse oder die Bodenverhältnisse ihre Entwicklung
_ direkt hindern oder wo andere Arten stärker sind.
; Erst in neuerer Zeit ist man auf den ununterbrochenen Kampf in
der Natur zwischen den Arten untereinander aufmerksam geworden.
Es ist Darwins Verdienst, auf die große biologische Bedeutung dieser
_ Kämpfe hingewiesen zu haben, die bekanntlich ein Glied seiner Hypo-
: these über den Ursprung der Arten bildet. Andere haben den Kampf
- jedoch schon früher beobachtet, so Augustin Pyramus de Candolle, in-
dem er sagt: „Toutes les plantes d’un pays, toutes celles d’un lieu
donne, sont dans un &tat de guerre les unes relativement aux autres“
- (Essai &l&m. g6ogr. bot. 1820).
Von wesentlicher Bedeutung dafür, daß der Kampf und der Wett-
- bewerb zwischen den Arten sehr hervortreten, sind selbstverständlich
E ‚die Veränderungen, die auf der Erdoberfläche ununterbrochen in den
Bodenverhältnissen, den klimatischen Verhältnissen und den anderen
_ Lebensbedingungen der Pflanzen, kurz in den Veränderungen des
Standortes, vor sich gehen. Die Ergebnisse der Kämpfe würden ohne
diese Veränderungen nicht so deutlich werden. Diese sind namentlich
folgende: 1. Bildung neuen Bodens, 2. Veränderungen des alten Bodens
_ oder seiner Pflanzendecke und der im ersten Abschnitte behandelten
_ Faktoren, besonders durch die Eingriffe des Menschen. Die Eingriffe
des Menschen sind teils unmittelbare, wenn er z. B. den Boden für seine
Zwecke bearbeitet, Wälder urbar macht, Moore trocken legt, teils mittel-
u bare, indem er z. B. die Haustiere weidet, indem er mäht, düngt usw.
Hier kann auch Clements!) erwähnt werden; bezüglich der Wan-
derungen und der Einwanderung von Pflanzen unterscheidet er zwischen
- Wanderung und „Ecesis“?). Wanderung (migration) ist die durch Sporen
- oder Samen usw. bewirkte Einwanderung in ein neues Gebiet, Ecesis
bedeutet die Einordnung einer Pflanze am neuen Standort; sie ist natür-
lich der entscheidende Faktor bei der Einwanderung, weil eben ohne sie
- eine Wanderung unmöglich ist. Im übrigen behandelt er die Formen
1) Clements 1904.
2) Von o!xos (vergl. S. 2, Fußn. 2) abgeleitet.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 57
898 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
der Einwanderung, Hindernisse, Endemismen usw. wie schon aı
Schriftsteller.
Schröter hat die Faktoren der Standortsänderungen folgenderm
rubriziert als Seiten der genetischen Pflanzengeographie!). 1. Geog
Veränderungen der edaphischen Verhältnisse; 2. Klimatogene; 3.
. gene, Veränderungen der lebenden Umwelt; 4. Anthropogene, d
Einwirkung des Menschen hervorgerufene, und 5. Phylogenetis
oder Änderungen in der Pflanze selbst, teils von innen heraus
durch den Reiz oder die Auslese durch die äußeren Faktoren.
Seite der ökologischen Pflanzengeographie ist übrigens in den
Jahren nach dem Vorgange von Cowles und .Clements sehr eifrig
nordamerikanischen Botanikern betrieben worden (vergl. Kap. 15 u
Auch von anderen Seiten sind wertvolle Beiträge geliefert \
z. B. von Ernst Furrer (1914), Siegrist (1913), nn.
Jos. Braun (1913).
Die Kämpfe zwischen den Vereinen werden im folgenden & an
Beispielen erläutert.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Bod
Wenn irgendwo ein neuer Boden auftritt, so wird er I
Pflanzen erobert. Es ist sehr anziehend, die weitere Entwie
Vegetation in allen ihren Phasen zu verfolgen. Man wird Ze
langen Reihe von Kämpfen zwischen den nacheinander einwan
Arten; diese Kämpfe werden bisweilen erst in vielen Jahrzehnten
relativen Abschluß erreichen.
Neuer Boden wird namentlich an folgenden Stellen Pr
den Küsten, wo das Meer neues Material herbeiführt, an
mündungen, in den Flußbetten selbst und in den Gewässern,
geschwemmte Massen oder die Reste der Pflanzen abgelagert
durch die Tätigkeit der Gletscher, durch herabstürzende Gestei
durch vulkanische Ausbrüche, durch Feuer, das die alte Vege
zehrt, ferner durch verschiedene Eingriffe des Menschen, besor
wo bebautes Land sich selbst überlassen wird usw. In den
Fällen ist der Boden nicht in demselben Maße neu wie in d
er ist nicht steril, sondern schließt mehr oder a Samen,
und andere Pflanzenteile ein. 3
Geogene Änderungen können im übrigen Sowie seht
als sehr langsame, vielleicht säkulare sein; im letzten Falle si
schwer zu beobachten, und die eingreifenden Faktoren treten
deutlich hervor. Es mögen Beispiele beider hier angeführt we
1) €. Schröter 1913 im Handwörterbuch der Naturwissenschaften.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 899
Plötzliche Bodenveränderungen. Vulkanische Ausbrüche
können pflanzenlose Gebiete hervorbringen. Die Lavafelder hatten selbst-
verständlich anfangs keine Vegetation. Wo sie pflanzenreich sind, be-
ruht dies auf der Beschaffenheit der Lava; einige sind noch nach langen
Zeiträumen äußerst pflanzenarm. Grönlund gibt an, daß auf den großen
Lavafeldern bei Myvatn im nordöstlichen Island, die 1724—29 ent-
standen, oft nur Krustenflechten mit einzelnen Arten von G@yrophora
und Stereocaulon wachsen; selbst Moose gibt es nur sehr wenige, be-
sonders Rhacomitrium lanuginosum.
Die Verwüstung der Insel Krakatau bei Java im Jahre 1883 ist
ein vorzüglich studiertes Beispiel. Die alte Vegetation wurde durch die
gewaltige Eruption vollständig verwüstet, und ein neuer Boden, aus
Aschen-, Lapilli- und Lavafeldern bestehend, entstand. Die Pflanzen-
_ einwanderung aus Java und anderen Inseln (Java und Sumatra liegen
resp. 35 und 45 km von Krakatau entfernt) wurde zuerst (1886) von
Treub untersucht, der zu dem Ergebnis kam!), daß die Asche und der
Bimsstein zuerst von einer dünnen Schicht Schizophyceen (besonders
E Lyngbya Verbeekiana und L. minutissima) bedeckt wurden, die den
Boden für die Keimung von Farnsporen, welche sich in Menge einfanden,
vorbereiteten. „Drei Jahre nach dem Ausbruche bestand die neue Flora
von Krakatau fast allein aus Farnen (12 weit verbreitete Arten). Die
- Phanerogamen fanden sich nur vereinzelt vor, hier und da an der Küste
oder auf dem Berge.“ Sie waren besonders durch Wasser und Vögel
Rn herbeigeführt worden. Später, 1906, wurde die neue Insel von Ernst?)
besucht, der das Problem der Wiederbesiedlung solcher durch vulkanische
Ri. Ausbrüche vegetationslos gewordenen Böden gründlich studiert hat. Er
fand die Differenzierung der Vegetation weiter fortgeschritten, am Strande
r n; _ eine Pes caprae-Assoziation und einen typischen Strandwald, höher hin-
_ auf und im Innern waren die Abhänge bis an den oberen Rand dicht
bewaldet von mehr oder weniger krummholzartigen Bäumen. Aus allen
Untersuchungen geht hervor, daß die Besiedlung gleichzeitig sowohl im
- Innern wie am Strande vor sich ging. Als Zahl der Blütenpflanzen stellte
Wi Treub 1886: 15, 1897: 56 und Ernst 1906: 92 fest (die Gesamtzahl
aller Arten 1906: 137). Letzterer ist der Meinung, daß in einem Klima
Rs wie dem von Krakatau die Besiedlung neuen Bodens verhältnismäßig
rasch vor sich geht. Auf Salak stehen jetzt auf Boden, der vor kaum
240 Jahren verwüstet wurde, dichte „Urwälder“, nach seiner Ansicht
Be: kann aber noch weit schneller, nach z. B. 60 Jahren, oder selbst nach
12 Jahren, der neue Boden dicht bewachsen sein, wenn die Verhältnisse
günstig sind. Beccari fand, daß der Vulkan Tamboro auf Sumbava, der
ı) Treub 1888; 1897 mit Penzig (Penzig 1902).
2) Ernst 1907, 1909.
900 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
1815 vollständig urbar gemacht worden war, im Jahre 1874 von 0
bis unten mit einem jungfräulichen Walde bedeckt war.
Anderswo sind es Bergstürze, Bergschlipfe, Bergrutsche 0
menschliche Arbeiten, die den Felsenboden bloßlegen. In den Al
und in vielen anderen Gebirgsländern sieht man gewaltige Geste
massen mit- einem bestimmten Neigungswinkel den Fuß der Berge ı
geben: herabgestürzte Massen (Geröllhalden, Schuttkegel, Muhr, U
vergl. 56. Kap... Der Entwicklungsgang ist in der Regel folgen:
Zuerst finden sich Felsenpflanzen ein: Flechten, Algen und Mo
(S. 722); ihre Rhizoiden dringen ins Gestein, je nach dessen Härte
Porosität, mehr oder weniger tief ein und machen es mürbe. Fe
führen Regen und Wind auf und zwischen diese Pflanzen Staubt
hin, und schaffen in Verbindung mit den verwesenden Teilen der Pfl
selbst einen spärlichen Humus, auf dem jedoch höhere Pflanzen _
fassen können!). Es hängt von der Steilheit und der Verwitterun
fähigkeit des Bodens ab, wie reich die Vegetation wird. An den ste
Seiten bleibt die Vegetation offen und niedrig, im wesentlichen
Thallophyten- und Moosvegetation (Felsenvegetation); auf weniger steil
Boden, wo sich das Gestein bald mit Pflanzen und Humus bedeckt
entsteht oft schließlich ein Wald. Bei Eisenach hatten Regengüsse t
Klüfte und ferner Grus-Terrassen gebildet. Auf diesen zeigte die Vi
tation nach Senft?) folgenden Entwicklungsgang. Zuerst wurden
nackten Halden von Flechten und Moosen (Aypnum sericeum, Ba
muralis u. a.) bekleidet. Nach einigen Jahren folgten einige xerof
Gramineen (Festuca ovina, Koeleria eristata usw.) und Stauden
flach streichenden Wurzeln (eine Vegetation trockener Stellen). In
Vegetationsteppich fanden sich später andere xerophile Kräuter
Helianthemum annuum, Ononis spinosa, O. repens, Origanum v
Anthyllis vulneraria u. a. ein, auch einige Sträucher wie Crat
‚Juniperus und Viburnum lantana. Namentlich Juniperus bildete
Gebüsche. Als die Pflanzendecke so weit fortgeschritten war, sie«
sich mit Hilfe der Tiere mehrere andere Sträucher mit fleise
Früchten an und bildeten in 12 Jahren ein undurchdringliches Gebü:
endlich traten Sorbus, Fagus u. a. Bäume auf, und es entstand ein W
Der Boden wurde stets durch den Tod der früheren Bewohner verän
und verbessert; eine Vegetation unterdrückte die andere; zuletzt be:
1) Die meisten Geröllhalden können nicht als ganz neuer Boden bezeichnet
indem das Herabstürzen langsam vor sich geht und Humus mit Pflanzensamen und
lichem mitgeführt wird, oder wenn ein großer Bergsturz einen Abhang auf
verwüstet, so bedeckt sich dieser allmählich mit den gemeinen Arten der benachb
Vereine (Biytt).
2) Senft 1888.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 901
der Wald das Gebüsch, das sich schließlich nur am Waldsaume als
Grenzzone erhalten konnte.
Durch Absturz, Erosion usw. entblößte Abhänge mergelhaltiger
Diluvialhügel bedecken sich zuerst meist mit einem im wesentlichen
aus Bestandteilen der Segetal- und Ruderalflora bestehenden Vereine
vorzugsweise einjähriger Pflanzen und erst allmählich findet sich die
für diese sonnigen Abhänge charakteristische Flora überwiegend aus-
dauernder Pflanzen an.
Flur- und Waldbrände. Neuer Boden ist natürlicherweise nicht
immer ganz frei von Pflanzenkeimen. Es kommt wesentlich auf seine
Entstehung an. So wird auch Boden, dessen Vegetation von Feuer ver-
wüstet worden ist, hierdurch gewöhnlich nicht ganz sterilisiert worden
sein; er wird mit Ausnahme ausgebrannter Moorflächen Samen, lebende
Wurzeln und Rhizome in großer Anzahl bewahren und hieraus neue
Pflanzen hervorsprießen lassen. Jedoch wird die Pflanzendecke oft derart
zerstört, daß eine wesentlich neue Vegetation einwandern kann; auch
wird der Nährstoffgehalt des Bodens durch die Asche verändert, ebenso
die Beleuchtung und anderes. Über Prärie-, Savannen- und Waldbrände
liegen in der Litteratur viele Mitteilungen vor!).
Tropische und subtropische Grasfluren (Steppen und Savannen)
werden in allen Weltteilen von den Bewohnern absichtlich nieder-
'& gebrannt, in einigen Gegenden wegen der Jagd, in anderen wegen des
'Viehes, indem man durch Abbrennen der alten, trockenen Gras- und
Staudendecke schnell eine neue Grasflur hervorrufen will. Mehrere
dieser Vereinsformen, namentlich die Savannen und die Prärien, tragen,
wie Kap. 105, 106 erwähnt wurde, zerstreute Bäume. Es liegt der
Gedanke nahe, daß dort, wo ein Baum wachsen kann, auch viele Bäume
gedeihen und einen Wald bilden können. Wenn nun tatsächlich kein
Wald vorhanden ist, so hat man daraus den Schluß gezogen, daß sein
Fehlen den Bränden zuzuschreiben sei. Es ist eine alte Frage, ob die
Prärien Nordamerikas früher bewaldet oder baumlos waren. Einige,
z. B. Miller Christie, Mayr und Redway?) meinen, die Prärien Nord-
amerikas seien baumlos, weil die Brände das Aufwachsen der Bäume
verhindern, die Brände seien auch die Ursache dafür, daß Schnecken
und Regenwürmer fehlen. Andere, z. B. Asher, sind der Meinung, daß
sie ursprünglich baumlos waren. Asa Gray hat die Ansicht ausgesprochen,
daß es zwischen dem Boden, der genug Regen erhält, um einen Wald
hervorzubringen, und dem, der hierzu zu wenig Regen empfängt, ein
umstrittenes Gebiet gebe, wo verhältnismäßig schwache Ursachen ent-
scheiden können, ob das Land Wald oder Prärie werden solle; hier
ı) Warming 1892; L.S. Gibbs 1906; Pearson 1899; oben S. 820, 838, 847.
2) Christie 1892; Mayr 1890; Redway Geogr. Journ. III (1894).
902 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
hätten die Präriebrände viel zu bedeuten. Dieses scheint unbedingt
richtig zu sein.
Über die Campos Brasiliens hat P. W. Lund in Lagoa Santa!
folgende Ansicht geäußert: sie seien Wald gewesen, den das Feuer
Savannen (Campos) umgewandelt hat. Reinhardt und Warming?) s
anderer Ansicht, obgleich keiner von ihnen, namentlich nicht Warmindl |
die große gestaltende Bedeutung der Brände leugnet (vergl. Fig. 355, 356,
' 365); vergl. auch Volkens?), der gleichfalls diese Anschauung vertritt.
Die selbe Frage ist auch über die Steppen Afrikas erhoben worde
Busse®) nimmt an, daß das südliche Togo, welches jetzt Steppenland
ist, in einer „noch nicht allzu weit zurückliegenden Epoche“ von einem
typischen Regenwalde bedeckt war. Der Mensch hätte aber diesen
durch Axt und Feuer zerstört, und nachher hätte der Wald sich nicht
wieder bilden hönnen. .
Das Feuer ist eines der Mittel, womit der Mensch in die N.
verhältnisse eingreift; es tritt in allen Tropenländern direkt in dei
Dienst der Kultur, indem sich der Mensch hier gewöhnlich durch Fälle
und Niederbrennen von Wäldern Kulturland verschafft?). Se
Boden kultiviert wird, was oft nur wenige Jahre der Fall ist, muß maı
beständig mit den wilden Pflanzen kämpfen, um die Kultorplan a
schützen, unter anderem mit den Stamm- und Wurzelsprossen der
Waldbäume. Kaum hat man den Boden sich selbst überlassen, so
decken ihn die wilden Pflanzen wieder. Zuerst siedeln sich eine M
einjährige und andere Kräuter, ferner Sträucher an: eine schli
plebejische Unkrautvegetation, deren Samen und Früchte von al
Enden herbeifliegen oder durch Vögel herbeigeschafft werden. Es en!
steht ein Verein, der allmählich ein Unkrautgebüsch wird (eine „sek
däre Formation“). Bald aber wachsen die Waldpflanzen aufs neu
empor; sie sprießen aus Stämmen und Wurzeln hervor, vielleicht aud)
aus Samen, die im Waldboden verborgen lagen: nach einer Reihe vo
Jahren steht der Wald wieder da. Oft aber entspricht die neue For
mation keineswegs der alten, so stammen nach Pearson°) die Patana
in Ceylon vom Savannen-Walde ab, dürften ‚aber jetzt wohl dauern
Grasland bleiben, da sie durch die Veränderungen des Bodens nich
wieder Wald werden können.
Auch in manchen Gegenden Nordeuropas ist es noch Gebra uch
Boden durch Abbrennen der Wälder für Kulturzwecke bloß zu legen
') Lund 1835.
2) Reinhardt 1856; Warming 1892.
3) Volkens 1897.
*, Busse 1906.
5) Vergl. Warming 1892, 1899 b.
*) Pearson 1899.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 903
diese Brände werden die Pflanzendecke gründlich ändern, selbst wenn
der Boden später sich selbst überlassen bleibt. Nach Kihlman!) hindern
Waldbrände in Finnland die Fichte, sich in gewissen Gegenden der
nordischen Waldzone auszubreiten.‘ Die Kiefer haben sie erweislich aus
Gebieten verdrängt, wo sie vorher reichlich vorhanden war. Je nörd-
licher die Gebiete liegen, desto größer ist der Einfluß der Waldbrände,
weil die Samenreife schwieriger wird. Zwischen Kola und dem Imandra-
See entdeckte Kihlman eine 3 km lange Erhöhung, deren Flora vor
mehreren Jahren durch Feuer verwüstet worden war; die hier früher
Fig. 375. Links und hinten alte Heide, in der Mitte und rechts verlassenes
Ackerland, auf welchem Birken usw. aufwachsen, dazwischen wieder Heide-
kraut. Die beiden Personen stehen an der Grenze des in die Heide gelegten
ehemaligen Ackers. (Phot. P. Graebner.) Vergl. auch Fig. 301.
herrschenden Fichten waren alle tot, standen aber noch da nebst ein-
zelnen Kiefernbäumen, welche die Zerstörung überlebt hatten. Der
Boden war im übrigen von einem jungen, schon ziemlich dichten Birken-
bestande eingenommen, worin man vergeblich nach Nadelbäumen suchte.
Es scheint, daß die Birke hier mit Hilfe des Feuers die Fichte verdrängen
wird, weil ihre Samen leichter reifen. Hult?) schildert, wie mächtig die
Waldbrände in Blekinge (Südschweden) in den Kampf der Vegetationen
eingreifen. Kihlman sagt wörtlich: „Die Waldbrände waren in Nord-
Skandinavien bisher so häufig, daß man mit ihnen als mit einem
?) Kihlman 1890.
2) Hult 1885.
904 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
konstanten, die Physiognomie der Landschaft beeinflussenden Fakt
rechnen muß“. |
In Nordamerika, wo man mit großer Rücksichtslosigkeit gegen
Wälder auftrat, hat sich auch die Vegetation und Physiognomie
Landschaften gewaltig geändert‘). Harper?) hat in Florida einen
wissen Zusammenhang zwischen der Vegetation wasserumschloss
Inseln und Halbinseln und der der übrigen Teile gefunden; Se
gegen Feuer ist die hauptsächlichste Ursache für einen „Wald-Clim
Krassnoff?) berichtet, daß er in den inneren Tälern des A
10—11 km längs abgebrannten Wäldern reiste. Obgleich es lange
war, seit das Feuer hier gewütet hatte, war doch kein neuer W;
entstanden, sondern es wogte hier ein mehrere Fuß hohes Meer
Kräutern, und zwar von solchen, die keinen Rasen bilden: Hellebo
Aconitum, Thalictrum, Ligularia, Paeonia, Pedicularis usw. Der \
scheint hier durch eine ganz andere Vereinsklasse verdrängt zu wer
Auch die Heidebrände geben uns Beispiele für die Bildung nı
Bodens (Fig. 375). Oft tritt eine Entwicklung der Vegetation ein,
der die zuerst auftretende Vegetation von der späteren recht verschi
ist; zuletzt erobert Calluna das verlorene Gebiet zurück, oft aber
Calluna sofort wieder Bestand bilden, die bis zum Boden abgebra
Pflanzen schlagen am Grunde wieder aus und zahllose Sämlinge
auf. Oft aber dauert es auch Jahrzehnte, bis Calluna wied
anfangs wird sie dann von Gräsern (Molinia, Festuca usw.) über
und unterdrückt. Moorbrände geben eine andere Gelegenheit, Kä
der Vegetationen zu beobachten; nach ihnen finden sich zunächst se
silvatieus und Epilobium angustifolium ein. Die Namen „Ildmärke*
„firewood“ dieser Art weisen darauf hin, daß sie sowohl in Däne
als in Amerika auch zu den Pflanzen gehört, die sich an Brandstell
zuerst ansiedeln.
Hier sei auch an die durch den Plaggenhieb hervorgebr
Bloßlegung neuen Bodens erinnert. Nachdem die Heidesträucher
der oberen Bodenschicht abgestochen worden sind, um als Streu od
zur Aufsaugung von Dünger benutzt zu werden, überzieht sich der b
Boden zunächst meist mit Moosen (Polytrichum) und einjährigen kle
Kräutern (Radiola, Centunculus, Cicendia), zwischen denen Heidekr.
keimpflanzen, oft auch junge Bäume, besonders Birken und Kie
aufgehen. Arnica siedelt sich oft in Massen an solchen Stellen auf
nordwestdeutschen Heiden an).
)) Rübel 1915.
®) Harper 1911.
®) Krassnoff 1888.
*) Focke, Graebner 1895.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 905
- Ähnlich wird an allen anderen Stellen, wo eine alte Vegetationsdecke,
oft durch Menschenhand, zerrissen wird, ein neuer und von dem alten
verschiedener Verein auftreten, der jedoch in der Regel wieder von dem
früheren verdrängt werden wird. Wo der Wind in die alte, lange be-
wachsene feststehende Düne ein Loch reißt, wächt eine andere Vegetation
empor; besonders ist dann wieder für den Helm Platz. Wo das Wasser
Fig. 376. Alte Fichte im „Urwald“ von Lübberstedt in der Lüneburger Heide.
Die ehemals im lichten Eichenmischwald aufgewachsene Fichte ist nach Entfernung der
Eichen und Bildung einer dieken Rohhumusschicht durch die um sie aufgewachsene
jüngere Fichtengeneration eingeengt und hat ihre Äste daher zum Teil aufwärts gerichtet.
(Phot. P. Graebner.)
auf den Matten der mehrjährigen Kräuter der Strandwiesen (51. Kap.)
offene Stellen bildet, findet sich gleichfalls eine andere, wesentlich aus
einjährigen Halophyten (Salicornia, Suaeda maritima u. a.) bestehende
Vegetation ein. Wo eine Lawine in einem Walde einen baumlosen
Streifen gebildet hat, stellt sich meist eine ganz andere Pflanzen-
decke ein.
906 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Durch die Eingriffe des Menschen werden in ausgedehntem Ma
stabe die Bodenverhältnisse verändert, Wälder werden umgehau
Kulturboden bereitet und vielleicht wieder verlassen. Simmons hat
läutert, wie die Flora in Lappland sich durch die Tätigkeit der M
schen gegenwärtig verändert!). en
Ein neuer Boden, der schnell von einer Schar von Pflanzen. Ai
siedelt wird, die wesentlich Unkräuter sind, erscheint nicht nur in dem
soeben genannten Falle, sondern überhaupt da, wo bisher bebautes nd
sich selbst überlassen wird. Man sieht dieses z. B. auf den Feldern
Nordwestdeutschlands und Jütlands, wenn der magere Boden, der e
dürftigen Getreideertrag geliefert hat, unbenutzt liegt und allmi
zur Heide wird. Man beobachtet es ferner in Blekinge, wo nach
mustergültigen Untersuchungen Hults der neue Boden zuerst von
kräutern und Pflanzen mit leicht fliegenden Samen bedeckt wird;
einigen Jahren ist das Feld eine ziemlich artenreiche Grasflur gew«
(mit 40—60 Arten Blütenpflanzen), und die Unkräuter sind verschn vur
Dann finden sich Bäume und Sträucher ein; es entsteht ein Wald.
magerem Boden erobert das Heidekraut die Flur, kann aber, wer
geringerer Tiefe besserer Boden lagert und kein Ortstein vorha den
vom Walde verdrängt werden. a
Man beobachtet allenthalben denselben Kampf; nur ei
sei noch angeführt. Wenn man auf Korsika einen kultivi ri
der früher mit einer Maechia bedeckt war, sich selbst überläßt,
sich zuerst Kräuter ein: Papaver hybridum, Helianthemum gutto
Trifolium agrarium, Galactites tomentosa, Jasione montana u.a. 2).
einigen Jahren verdrängt‘ Oistus _Monspeliensis diese Krautve get
nach und nach kehrt auch die übrige Macchien-Vegetation z
zuerst siedelt sich Daphne gnidium an, dann folgen die anderen
und Cistus Monspeliensis wird schließlich auf den Platz zurückged
der ihm in der Macchia zukommt.
Langsamere Bodenveränderungen werden oft durch die ei
Tätigkeit der Vegetation herbeigerufen. Beispielsweise können folg
hervorgehoben werden:
Die Sandvegetation unserer Küsten wurde Kap. 50 un: 97
handelt. Zuerst entsteht auf dem flachen, bisweilen mehrere Hun
Fuß breiten Vorstrande, auf dem das Meer Sand ablagert, eine V'
tation von Sandhalophyten: die Vegetation des Sandstrandes. Da
wirft der Wind in diesem Gebiete Dünen auf, die von den eigentli
Dünenpflanzen, wie Helm usw., besiedelt werden (wandernde oder „'
Dünen). Diese Pflanzen bereiten einer neuen Vegetation den Pla
!) Simmons, siehe Journ. of Ecology I, 64.
2) Vergl. Fliche 1888.
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 907
wenn sie aus dem Kampfe mit dem Winde als Sieger hervorgehen; denn
zwischen ihnen und in ihrem Schutze können nun andere Arten ge-
deihen. Indem diese aufwachsen und eine immer dichtere Decke bilden,
wird es den Dünenpflanzen zu eng; sie sterben allmählich ab und an
ihre Stelle tritt die Vegetation der „grauen“ (feststehenden) Düne oder
_ die Sandflur, in vielen Fällen die Zwergstrauchheide !).
G. Beck?) schildert die Vegetationsformationen, die auf den in der
Donau durch Hochwasser gebildeten Sandbänken nacheinander auftreten.
Zuerst finden sich auf dem nackten feuchten Sande einige Kräuter ein
(Polygonum- und Ohenopodium-Arten), zwischen denen dann Samen von
Fig. 377. Schwimmende Sphagnum-Decke in einem Heidetümpel.
In der Mitte hat sich eine Keimpflanze von Carex rostrata als erster phanerogamer
Ansiedler eingefunden. (Phot. P. Graebner.)
Salix, Populus, Alnus und Myricaria Germanica keimen. Darauf siedeln
sich eine Menge anderer Kräuter an, besonders solche mit kriechenden
- Achsen, einige an den feuchteren, andere an den trockeneren Stellen,
und bilden eine „Wellsandflur“. Die Weiden, Pappeln, Erlen und
andere Bäume wachsen inzwischen auf und bilden einen Buschwald, die
„Weidenau“, die durch ihren Schatten die Kräuter unterdrückt. Wo sich
aber Humus bilden kann, den das Hochwasser nicht wegführt, da werden
1) Näheres bei Warming 1891, 1906, 1907 usw.; Graebner 1895. 1901; Cowles 1899;
Gerhardt 1900; Adamovic 1904; Pool 1913. Vergl. ferner Ove Paulsen 1912 und Kap. 99.
2) G. Beck 1890.
908 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
die Weiden und Erlen zurückgedrängt, und es-entsteht ein ganz and
aus Populus und Ulmus bestehender Wald, die „Pappelau“. Ä
verhält sich die „Kämpen-Flora* in der Weichselniederung.
Überall auf der Erde kann man an ähnlichen Standorten ähn
Kämpfe beobachten!).
Es sei hier noch auf die von Stefänsson?) behandelte Entwie klur
der Vegetation im Vatn-Tale auf Island hingewiesen, wo Schlamm ur
Sand in dem Flusse kleine Inseln bilden, die allmählich von Eriophorun
Carex und Gräsern besiedelt werden. Diese Pflanzen verdrängen
ander nach und nach in einer bestimmten Reihenfolge. N
Wie die Heidemoore auf Sandboden entstehen, hat Graebner
schildert: zuerst treten Schizophyceen auf, deren Fäden den San
zu 3 mm Tiefe durchweben; dann finden sich Polytrichum juni
Radiola millegrana, Juneus capitatus und andere ein- und me
Pflanzen ein, schließlich Sphagnum, Ledum, Calluna usw. D
Ansiedelung oder Einwanderung von Sphagnum in die Wälder
vernichtet werden können, wurde mehrfach betont.
Die Marschbildung. An der Küste der Nordsee u
lichen Stellen der Küsten des Kattegats und der Ostsee, werd
meist Ebbe und Flut, ferner Schutz gegen starken Well
während der Flut die mitgeeführten, äußerst feinen, „Sch
Ton-, Sand- und Humusteilchen abgelagert (vergl. Kap. 5
tation spielt bei dieser Landbildung eine wichtige Rolle, ir
tieferen Wasser der Watten zuerst Seegrasbestände (Zos mar
S. 393), nach diesen in weniger tiefem Wasser Salicornia
(S. 396, 448) sich festsetzen und zwischen ihren Sprossen
niederschlagenden Schlick sowie den sich festsetzenden S
(besonders Mierocoleus chthonoplastes) Ruhe und Platz gewähr
sam wird der Boden höher; endlich ist er so hoch, daß die tägliche
ihn nicht. überspülen kann. Dann wird die Salicornia Zune von &
Pflanzen erobert: nach und nach entwickeln sich Fesiuca-, e
Gerardi- und andere Bestände aus der Klasse der Strandwiesen.
dem allmählich höher und trockener werdenden Boden). In den.
wiesen leben keine Regenwürmer; wird aber eine solche Wiese
gedämmt und durch den Regen ausgewaschen, so geht ihr Rohhun
milden Humusboden über, und die Regenwürmer finden sie
Im Laufe der Zeit wird ‚der Boden der Strandwiesen sicher
!) Vergl. z. B. Siegrist.
2) Stefänsson 1894.
®) Graebner 1901. 5
*) Über diese Zonen vergl. in 51 und Warziogi 1890, 1894, 1906. e
°) P. E. Müller 1878. en
118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 909
ausgewaschen werden, und ihre Vegetation sich dann in Übereinstimmung
damit ändern.
Die Entwicklungsgeschichte der Vegetation, die sich auf dem an
der Rhonemündung gewonnenen neuen Boden einfindet, haben Flahault
und Combre?!) geschildert. Auf dem niedrigen, feuchten, salzreichen
- Alluviallande von Camargue siedelt sich zunächst Arthroenemum maero-
stachyum an. Um diese Pflanze sammeln sich kleine Mengen von Sand
und organischem Staube und erhöhen den Boden in sehr geringem Maße.
Bald schließen sich Salicornia fruticosa, Atriplex portulacoides und Aelu-
ropus litoralis den ersten Rasen des Arthroenemum an. Durch .neues,
Fig. 378. Arktisches Moor in Island. Betula nana, untermischt mit Salix lanata,
S. phylieifolia, darunter Empetrum, Arctostaphylos, Anthoxanthum odoralum und
Polygonum viviparum. (Phot. Hesselbo.)
angewehtes Material entstehen zwischen den niederliegenden Stengeln
dieser Pflanzen kleine Erhöhungen von 2—3 m Durchmesser und 10 cm
Höhe und es bildet sich etwas Humus. Das Regenwasser wäscht die
Erhöhungen aus; es finden sich andere Pflanzen ein, auch einjährige.
Die Vegetation kann in eine ganz andere übergehen und sogar Nadel-
hölzer (Juniperus Phoenicea, Pinus pinea) in sich aufnehmen.
Auf Strandwällen geht auch eine regelmäßige Entwicklung vor
sich, die mit Gesträuch enden kann (49. Kap.). Auch in Grönland hat
Porsild die Entwicklung geschildert).
») Flahault et Combres 1894.
2) Porsild 1902. Ferner für Europa Warming 1906; Oliver 1911—13.
910 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Noch ein anziehendes Beispiel für die Landbildung an den Mee
küsten durch die Arbeit der Vegetation und für die damit einhergeh
Ablösung einer Vegetation durch eine andere sei angeführt: nämlich €
Arbeit der Mangrovenvegetation (Kap. 46). Die äußerste Zone bild:
die Rhizophora-Arten. Tausende ihrer Luftwurzeln schwächen die
des Wellenschlages; herbeigeführte organische und andere Teile sam
sich hier und schlagen sich nieder. Dadurch bereiten die Rhizoph
den Boden für andere Pflanzen der Mangrovenvegetation vor, die I
so tief in das Meer hinausgehen können. Landeinwärts, auf trockneı
Boden, geht diese endlich in die xerophilen Strandwälder, z.B. in &
Barringtonia-Wälder, über. So rückt die Mangrovenvegetation an
stigen Stellen immer weiter in das Meer hinein. :
Kämpfe in süßen Gewässern. Außer Salicornia und Zos
wirken viele andere Pflanzen als Schlammfänger. Wassermoose, A
und andere Süßwasserpflanzen fangen in Flüssen und Seen zwische
ander Sand und Schlamm auf; z. B. Lemanea flwviatilis und Cine
riparius können in Gebirgsbächen durch und durch mit Sand dur
sein; ebenso anderswo Vaucheria. !
„Verlandung“ (vergl. auch Fig. 377). In den süßen Gewä
Europas findet ein Entwicklungsgang statt, der in den Grundzüge
gender ist. Die Pflanzen sind hier in Zonen verteilt, die teils
Wassertiefe, teils von der Art des Bodens abhängen, und die sehr
Glieder einer Folgeformation („Suceession“) sind. In tieferem Wasser
schen neben dem Plankton namentlich die Limnäen-Vereine (Ka
unter dem Wasser breiten sich Myriophyllum, Characeen u.a. aus, &
Wasseroberfläche in seichterem Wasser die Schwimmblätter von
geton, Nuphar und Ranunculus. Näher nach dem Ufer beginnt i
terem Wasser die Sumpfvegetation; ganz außen herrscht die Rohr-
tation, die von den höchsten und kräftigsten Arten, von Seörpus lacı
Phragmiles u. a., gebildet wird (vergl. Kap. 63). Die Reste aller
Formationen werden im Laufe der Zeit nebst anorganischen Teile
durch Wasserströmungen und Wind herbeigeführt werden, auf
Boden des Wassers .aufgehäuft, und dieser wird nach und nac
Dadurch wird anderen Sumpfpflanzen der Platz bereitet, die
seichterem Wasser wachsen können, z. B. Sium latifolium, Sparge
Carex-Arten, Ranunculus lingua, Menyanthes, Lythrum, Oeı
aquatica (Oe. ohelandikan, Iris, Butomus, Acorus, Equisetum hel
(E. limosum). Allmählich gehen die Rohrsümpfe in Wiesenmoore
(Kap. 81); das Wasserbecken wächst durch Carices und andere \
moorpflanzen zu. Wenn diese so hoch aufgewachsen sind,
Wasser bis zum Wasserspiegel oder über diesen hinaus mit ]
und Pflanzenresten erfüllt ist, so finden sich auf dem torfhaltigen
boden mehrere Gräser, ferner monokotyle und dikotyle Kräuter @
Geogene Veränderungen; neuer Boden 911
eht eine Wiese, die jedoch gewiß meist mit Gebüsch (z. B. mit
. 379. Pflanzen der Tundravegetation, deren Reste im norddeutschen Moränenboden
finden. 1. Empetrum nigrum. 2. Salic polaris. 3. Diapensia Lapponica.
4. Dryas oetopetala. 5. Betula nana.
Es ist nicht notwendig, daß die Entwicklung zuletzt gerade so,
‘es eben angeführt wurde, vor sich geht. Die Sumpfmoore können
ich in Sphagnummoore übergehen, wenn sich verschiedene Sphagna
912 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
ansiedeln und diese die Entwicklung fortsetzen (Kap. 85); das Sphagn
moor baut sich oben auf dem Sumpfmoore auf, immer höher, hoch
dem Stande des Grundwassers (vergl. Fig. 293). Auch dabei braucht
Entwicklung nicht stehen zu bleiben. Der trocknere Boden wird für an
Pflanzen, namentlich für Holzpflanzen, passend; das Sphagnummoor ber
bei irgendwelcher Austrocknung der Calluna-Heide den Weg, inde
Calluna, Vaccinium-Arten und andere Heidepflanzen auf der trockn
Oberfläche einwandern (Kap. 86). Ein solches verheidetes Moor ist 1
etwa 100 Quadratkilometer große „Wildmoor“ in Nordjütland. Zule
kann diese Calluna-Heide auch in Wald übergehen, indem sich
und Pinus silvestris einfinden (Kap. 87, 88). Wird der Boden tr
gelegt, etwa künstlich, so treten an die Stelle jener Bäume. and
zZ. B. Picea excelsa und Quercus. 3
Über diese und ähnliche Eklunebeehe vergl. Steenstrup 1841; K
1863; Hult 1881; Klinge 1890; Stebler und Schröter 1892; Weber 1894; Magnin. 18:
Seott Elliot 1900; Früh und Schröter 1904; C. Mae Millan; Graebner a ER
1911; Marietta Pallis 1916 u.a.
Auf dem nordeuropäischen Moränenboden bildeten sich wihte Mo
in kleinen Seen und Wasseransammlungen, die aus der Eiszeit stamme
Unter dem Moore findet man eine dünne Tonschicht, die durch /
schlämmen der umgebenden Höhen entstanden ist und worin die
glaziale Tundrenvegetation, die in dem Lande gleich nach der
zeit auftrat (die Dryasvegetation: Dryas oetopetala, Salix retieu
S. polaris, Betula nana, Oxyria digyna, Arctostaphylos a ‚Po
gonum viviparum U. &.), hirte Reste abgelagert hat (Fig. 379). Die
fossilen Reste wurden 1870 von Nathorst in Schonen, später in Dän
und vielen anderen Ländern entdeckt. In den Wasserbecken fand fol
Entwicklung statt. Die Limnäen-Vegetation entwickelte sich zuerst,
an ihrem Rande begannen sich Rohrsümpfe -oder auch Moorbild g
(Sphagnum, Hypnum) in dem Wasser auszubreiten. Allmählich schr
die Entwicklung vom Rande nach der Mitte des Beckens in der
eines schwimmenden Sphagnummoores (dänisch: „Hängesäk“) vor,
dem Eriophorum, Carices u. v. a. Pflanzen wuchsen. Die umgeber
Höhen erhielten, da das Klima milder wurde, Baumvegetationen in
gender Reihenfolge: Populus tremula, Betula, Pinus silwestris
Quercus, wie Jap. Steenstrup!) zuerst zeigte. Stämme dieser Bäuı
wurden vom Winde umgeworfen und im Moore nebst ihren Blä
Früchten usw. begraben: es entstanden die namentlich in Nord-S
häufigen, baumreichen Waldmoöore (Fig. 293). Auf ihrer Oberfläche t
diese oft ein Wiesenmoor oder Sphagnumvegetation; viele von ihnen
von Wiesen bedeckt oder in neuerer Zeit, nachdem die Kultur sie
Beschlag belegt hatte, selbst von Weiden und Getreidefeldern.
1) Steenstrup 1841.
Geogene Veränderungen; neuer Boden 913
Es gibt selbstverständlich noch viele andere Formen des Ver-
sens der Wasserbecken, die teils nicht näher untersucht worden
‚teils hier nicht erwähnt werden können. In Torfgruben z. B. sieht
‚bisweilen Rhizome oder sogar wagerecht liegende Assimilations-
se des Equisetum heleocharis von den Wänden oder Rändern der
jen nach der Mitte wachsen und allmählich anderen Pflanzen den
eg. bahnen.
Im großen und ganzen ist die Entwicklung der Vegetation in
emark und vielen anderen Ländern in den letzten Jahrhunderten
vielleicht in Jahrtausenden in der Richtung der Trockenlegung vor
gegangen und geht noch in dieser Richtung vor sich. Die Wasser-
tation unterliegt, Seen und Teiche verschwinden, die Wasserläufe
en eingeschränkt. Darüber liegen viele historische, archäologische
‚geologische Zeugnisse vor. Das Verwachsen der dänischen wie
haupt der baltischen Küstenseen und der in der Nähe der Nordsee
von der Windrichtung ab, worauf schon der dänische Geologe
hhammer vor Jahrzehnten in seinen Universitätsvorlesungen auf-
sam gemacht hat. Klinge!) hat in den russischen Ostseeprovinzen
be Abhängigkeit beobachtet. Die westlichen Ufer der Seen sind
‚ seicht, flach und sumpfig, während die östlichen Ufer aus steilen,
igen Abhängen bestehen. Der Grund hierfür ist der, daß es an
westlichen Ufern der Seen gegen die herrschenden südwestlichen
westlichen Winde mehr Schutz und Ruhe gibt als an den östlichen
n, wo der Wellenschlag das Verwachsen hindert. An den west-
n Ufern kann die Sumpfvegetation daher vorrücken, sie weichen
er weiter ins Wasser zurück, während sich die östlichen Ufer viel-
landeinwärts bewegen.
| Ein eigentümlicher, durch steigende Trockenheit hervorgerufener
Entwicklungsgang ist aus Lappland bekannt?). Hier unterliegen die
Sphagnummoore bei zunehmender Trockenheit folgenden Veränderungen.
Sphagnum-Moose sterben allmählich ab, indem ihre Rasen von an-
n Moosen, die geringere Feuchtigkeit verlangen, und namentlich von
echten überwachsen werden. Zuerst treten Strauchflechten und einige
vergsträucher auf (Flechtenheide, Kap. 84). In einem späteren Stadium
verden sowohl jene als auch diese kränklich und gehen aus; gleichzeitig
kor mmen die grauweißen Flecken der Lecanora Tartarea zum Vorschein
ind überdecken nach und nach alles mit ihren spröden, rissigen Krusten,
lurch welche schwächliche Zweige von Empetrum, Vaceinium myrtllus,
Ledum u.a. hervorragen. In verschiedenen Gegenden Lapplands sind
@ am höchsten liegenden Teile der wellenförmigen Moosdecke mit
*) Klinge 1890.
2) Kihlman 1890.
'arming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 58
914 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
diesen Krusten wie mit Leichentüchern überzogen. Übrigens ist die
wicklung hiermit nicht immer abgeschlossen; dadurch daß die begra
Pflanzen allmählich verwesen und erdig werden, verliert die ZLeca
Kruste ihre sichere Befestigung. Die durch Frost oder Trock:
gebildeten Risse bieten dem Winde Angriffspunkte; bald wird die
zerrissen. Der schwarze Torf liegt dann für jede Pflanzenansied
offen; aber der Zusammenhang seiner Teile ist zu lose, als daß
eine Vegetation dauernd niederlassen könnte. Die Stürme wühle
aufhörlich in den losen Massen, graben in ihnen große Löcher
wie in den Sanddünen, und es entstehen Mullwehen. Im Grunde
auf den Seiten der Löcher, die oft bis zu dem alten Moränen
hinabreichen, kann sich dann eine neue Vegetation ansiedeln®).
Ein etwas anderes Bild bietet die Entwicklung natürlich dort
wo sich der Wasserspiegel plötzlich bedeutend senkt. Feilberg?)
hierfür ein Beispiel an. Die ursprüngliche Sumpfvegetation im.S
See auf Seeland mit Menyanthes, Phragmites, Equisetum heleocharis
wurde nach künstlicher Senkung des Wassers zuerst von Carex'
formis, Agrostis vulgaris, Poa trivialis abgelöst; bei fortgesetzter
nahme der Feuchtigkeit eroberte Poa. pratensis große Gebiete,
jedoch allmählich von Festuca rubra verdrängt. Greift dann die F
ein, indem der Untergrund gelockert und der Boden mit einer
Schicht sandigen Tones bedeckt wird usw., so wandern die guten
gräser (Dactylis glomerata, Festuca elatior, Poa trivialis u. %) u
folıum repens ein.
Neuer Boden tritt auch da auf, wo Senkungen des Was
Felsen bloßlegen, die sich bisher unter Wasser befanden. Ein
Fall ist vom Mälar-See bekannt und von Callm& und Grevillius
sucht worden.
Das vorhergehend Gesagte hat schon mehrere Beispiele
hervorragende Rolle geliefert, welche die Höhe des Grundwasse
das Niveau, bis zu dem das Wasser steigen kann, spielen. Es
jedoch nicht genug hervorgehoben werden, daß der Wassergeha)
Bodens von allergrößter Bedeutung ist und daß äußerst geringe
unmerkliche Unterschiede dieses Gehaltes oft einen entscheidend
fluß ausüben (Kap. 9). n
Die besprochenen Beispiele zeigten Übersinse von hydro
zu mesophilen oder xerophilen Vereinen. Den umgekel
Entwicklungsgang kann man finden, wenn der Wasserreichtt 1
Bodens aus irgend einem Grunde steigt (z.B. durch Aufdämmung ein
chens oder Baches durch Dünen, durch Verstopfung des Ausflusses
‘) Vergl. oben Kap. 85 und auch Cajander 1904 b, 1905 b. Br:
2) Feilberg 1891. a:
Geogene Veränderungen; neuer Boden 915
So beobachtete Graebner!) in der Nähe der pommersch-westpreußi-
n Grenze beim Orte Ossecken, daß durch den abgerutschten Sand
Wanderdüne dem dort mündenden Bache der Ausfluß verstopft
‚und wie statt des Kiefernwaldes mit Heidevegetation in dem auf-
auten Wasser Typha und andere Sumpf- und Uferpflanzen, am Rande
s usw., sich ansiedelten.
Nach Blytts Theorie?) wechseln trockene und feuchte Zeiträume
großer Länge miteinander ab, und in Übereinstimmung hiermit
n die Moore wechselnde Schichten von Baumstämmen, die auf dem
ore während der trockenen Zeiten wuchsen, und von Moos aufweisen,
s aus den feuchten Zeiten stammt, in denen die Waldvegetation zurück-
ängt worden war (Fig. 293). Die gegen die Blyttsche Theorie ein-
ndeten Tatsachen sind oben schon berührt.
Die großen Moore Norddeutschlands sind angeblich nach einer
ımpfung der ursprünglich mit Wald bedeckten großen Flächen ent-
den. — In Nordamerika sollen durch Biberwohnungen hervor-
ene Überschwemmungen vorkommen: ein Beispiel für das Eingreifen
Die Folgeformationen auf Felsen sind wohl bekannt. Zuerst be-
en sich die nackten Felsen mit Algen und Krustenflechten. Diese
ten den Untergrund für Strauchflechten (für ein Cladinetum usw.)
für Moosgesellschaften. In dem mehr oder weniger dicken Teppich der
en keimen einige Phanerogamen; schließlich kann sich unter Um-
en eine Callunaheide entwickeln und als Schlußformation vielleicht
Nadelwald (vergl. auch Serie VI und Malme 1901).
Alle anderen Veränderungen, die in den Naturverhältnissen des
inen oder des anderen Standortes eintreten, werden dieselben Folgen
jaben: nämlich Veränderungen in der Vegetation dadurch, daß gewisse
n nun instand gesetzt werden, die älteren zu verdrängen. Diese
nderungen können, wie besprochen, von sehr verschiedener Art sein
überaus langsam, für uns fast unmerklich, vor sich gehen. Welche
oren in der Entwicklung der Vegetation die wichtigste Rolle spielen,
ehr oft außerordentlich schwierig zu entscheiden, und gewöhnlich
nicht ein einzelner Faktor, sondern es sind eine ganze Reihe
oren, die ineinander eingreifen und zusammenwirken. |
Die Veränderung in dem Wasserstande und dem Wassergehalte
les Bodens ist ein Faktor, wie wir gesehen haben; die Veränderung in
ler chemischen Natur des Bodens, z. B. die Auswaschung des Kalkes,
st ein anderer. Es wurde Kap. 106 erwähnt, daß Steppe und Wald in
and miteinander kämpfen; wenn Tanfiljew recht hat, so ist das
#) Graebner 1895 b.
9) Blytt 1882.
| 58*
916 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
langsame, aber beständig fortschreitende Auswaschen des Bodens
Grund für den Sieg des Waldes).
Auch in Mitteleuropa gab es nach Nehrings Annahme e
Steppen, nämlich nach der Tundrenperiode, die der Eiszeit folgte;
Steppen sollen später zu Wäldern geworden und von den jetzt
handenen steppenartigen Vereinen vielleicht durch den Salzgehalt
schieden sein. Die Gründe für diese Veränderung der Vegetation,
sie wirklich in der angenommenen Weise vor sich gegangen ist
wohl noch nicht nachgewiesen, müßten aber gewiß zunächst in}
schen und physikalisch-geographischen Änderungen oder Einflüsse
sucht werden. In späterer Zeit haben die Wälder auf weiten Gebik
dem Ackerlande weichen müssen. |
Graebner führt?) Beispiele von Veränderung der Vegeiatii ion
ohne Klimawechsel. Besonders hat er auf die „Bodenmüdig
hingewiesen, die dadurch hervorgerufen wird, daß eine Art in
Generationen denselben Boden bewohnt, so daß dieser unfähig
auch ferner derselben Art günstigen Stand zu bieten. Boden: {
tritt desto deutlicher hervor, je weitere Strecken die Art bew
Die Kiefer z.B. versagt in der Lüneburger Heide meist gänz
in der zweiten bis dritten Generation, sie wird kränklie
von Parasiten getötet. Dieses dürfte der Bodenmüdigkeit 7
sein; wie auch sicher die meisten bestandbildenden Arten
anderen weichen. Je langlebiger eine solche Art ist (wie z. B
Buchen usw.), desto weniger wird naturgemäß die Bodenmüdi (dis
fällig werden resp. im Zeitraum einiger Menschenleben in
nung treten. Mischbestände werden in der Theorie unbesclh
wieder erneuern können, weil ja eine Art immer wieder an Ste
anderen aufwachsen kann, ohne daß die. Zusammensetzug des Wal
merklich geändert würde. Graebner konstatierte, daß sämtliche geı
dem Standorte nach festgelegten Bestände von Kräutern, z. B. im
berger Stadtwalde usw., nach einigen Jahrzehnten weiter ge
oder verschwunden waren und anderen Platz gemacht haben.
chende Arten, wie Anemone nemorosa, A. ranunculoides, Mer
perennis, hatten sich meist in der Nachbarschaft angesiedel
jährige, wie die Melampyrum-Arten usw., waren zumeist De
gewandert.
Im allgemeinen wird sich die natürliche Regel aus
daß die Bodenmüdigkeit für eine bestimmte Pflanzenart desto eher
tritt, je kurzlebiger sie ist und je dichter sie ohne Beimischung an
Arten den Boden bedeckt resp. mit ihren Wurzeln durchzieht. Einj;
2) Tanfıljew 1894, 1905.
2) Graebner 1913.
je 118. Kap. Geogene Veränderungen; neuer Boden 917
E Arten werden im wesentlichen schnell bodenmüde werden, Gehölze und
‚“ - namentlich natürlich Bäume verhältnismäßig langsam. Von den letzteren
“ - können solche bis über 1000 Jahre alt werdende, wie die Eiche, sehr
; viel länger ein Terrain bewohnen, als die kurzlebige Kiefer, die ja meist
n - kaum mehrere Jahrhunderte alt wird und deren Generationen im dichten
Bestande schnell einander folgen. Als eine anscheinende Ausnahme mag
# 2. B. auf Calluna hingewiesen werden (vergl. unten).
“ Die Bodenmüdigkeit ist eine den Landwirten in ihrem Vorkommen
® seit langem wohlbekannte Erscheinung; die allgemeinen Regeln der
Be reiolee sind überall anerkannt. Die letzten Ursachen für die sicher
Fig. 380. Lärche in der Lüneburger Heide, unter Rohhumusbildung krankend
und durch Flechtenansiedlung völlig erstickt. (Phot. P. Graebner.)
in die ganze Ökologie der Pflanzen tief eingreifende Erscheinung der
Bodenmüdigkeit sind noch nicht bekannt. Die ursprüngliche Annahme,
daß gewisse Nährstoffe von einer Pflanze zu stark in Anspruch genommen
würden, ist sicher irrtümlich; in botanischen Gärten, wo alljährlich
wielfach dieselben Pflanzen an derselben Stelle stehen müssen, die wieder
alljährlich reichlich gedüngt werden, werden sie trotzdem an ihren alten
Standorten kümmerlich und krank, während sie in den Randteilen üppig
wachsen. Vielleicht ist die Ursache für die Bodenmüdigkeit eher in
der Ansammlung bestimmter Exkretstoffe oder gewisser Bodenbakterien
_ zu suchen.
918 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Eine gleichfalls auf Bodenmüdigkeit zurückzuführende Erscheinun;
ist die Bildung der Hexenringe, die zuerst bei den größeren Pilze
beobachtet wurde. Die einzelnen fruchtbildenden Generationen der
treffenden Arten entstehen exzentrisch nacheinander, so daß sie alln
lich immer größer werdende Kreise bilden, die schließlich mehrere M
Durchmesser haben können. Genau dieselbe Bildung kann man auc
bei rasenbildenden oder kriechenden Blütenpflanzen beobachten, die Mitt
stirbt aus und die Pflanzen wachsen exzentrisch weiter. In den ve
lassenen Kreis kehrt die betreffende Art nicht oder doch erst nac
langen Jahren zurück. Auch bei einjährigen Pflanzen kann man
liches finden, am alten Standort verkümmern die ee und
schwinden.
In eigentümlicher Weise entsteht ein neuer Boden da, wo die
Vegetation von selbst abstirbt. Dieses geschieht bei der Calluna-He
da, wie es sowohl aus Jütland als auch (nach Graebner) aus
deutschland bekannt ist, Calluna meist nur 10—20 Jahre lebt und
an Altersschwäche stirbt. Wenn die Calluna-Pflanzen auf großeı
bieten gleichzeitig absterben, weil sie dasselbe Alter erreicht h: n,
aus unbekannten anderen Ursachen, so tritt ein bloßer Boden auf, ı
die Heide verjüngt sich dann durch Keimpflanzen. Überhaupt sche
Calluna insofern eine bemerkenswerte Ausnahme zu bilden:
scheinend viele Generationen hintereinander an demselben
kann, ohne bodenmüde zu werden. Wenigstens gilt das für di
seiner Wohngebiete; in den Gebieten lockerer Verbreitung sc
nicht der Fall zu sein. Eine Entwicklung in entgegengesetz ic
geht übrigens vor sich, wo die Calluna-Heide von nährstoffreichem 1 ;
überrieselt wird. Schon ein Jahr nach dem Beginne der Überries
geht das Heidekraut aus, und nach Verlauf von 3 Jahren kann
von einem Grasteppich abgelöst und der Boden, nachdem die
säuren vermindert sind, von Regenwürmern bewohnt sein.
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen
Im vorigen Kapitel wurden Beispiele von Vegetationsänder!
gegeben, von denen es einigermaßen deutlich war, daß geogene Fak
die wirksamsten waren. Sicher haben klimatische und biogene,
andere Faktoren in vielen Fällen mit hineingespielt. In vielen an
‚Fällen ist es weit schwieriger, die Causae efficientes festzustell
aber biotische wie auch oft klimatische zusammenwirken, dürfte :
sein. Eine Anzahl Beispiele können dafür angeführt werden.
Oft haben Arten nicht die Grenzen ihres natürli
Areales erreicht. Es ist durch viele Tatsachen bewiesen
daß es viele Arten gibt, die noch wandern und durchaus nicht die
Eu
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen 919
breitung erlangt haben, welche Boden, Klima, das eigene Wanderungs-
“vermögen und andere Verhältnisse zulassen. Solche Arten werden in
vielen Vereinen siegreich :aus dem Kampfe hervorgehen können, ohne
daß Veränderungen in den Verhältnissen der leblosen Natur einzutreten
brauchen. Im kleinen sieht man oft Beispiele von solchen Veränderungen.
Es gibt z. B. auf der dänischen Insel Bornholm (in der Ostsee) wie auch
“zahlreich in der Lüneburger Heide usw. Zwergstrauchheiden (Calluneta),
in welche Samen von den westlich davon liegenden Wäldern hinein-
fliegen und keimen; verschiedene junge Bäume von der Kiefer, Fichte
und Birke sind jetzt in ordnungsloser Mischung und von sehr verschie-
Fig. 381. Erica-Heide in Jütland als Schlußvegetation in Heidegebieten.
(Phot. Börgesen.)
denem Alter emporgewachsen; nach und nach werden die Heiden sich
in Wald verwandeln, wenn nicht die bei der Heideformation besprochenen
waldfeindlichen Faktoren seinen Zusammenschluß und sein Heranwachsen
verhindern (vergl. Kap. 86; Fig. 302).
Viele Unkräuter wandern aus fernen Gegenden in alle Länder ein.
"Seneeio vernalis z.B. hat sich erst seit nicht viel mehr als zwei Menschen-
altern in Norddeutschland als bestandbildendes Unkraut nach Westen
verbreitet!). S. 829 wurden die Scharen europäischer Pflanzen erwähnt,
2) Ascherson 1863; Graebner 1907, 1909b; vergl. dort auch die übrigen in
Deutschland eingebürgerten Arten.
920 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
die in Argentinien eingewandert sind und hier stellenweise die ursprür
liche Vegetation verdrängt haben. Anderseits sind Pflanzen von Am
nach Europa eingewandert und haben stellenweise unsere ursprünglich
Arten verdrängt; nordamerikanische Einwanderer sind Helodea Canaden |
in unseren süßen Gewässern, Opuntia und Agave Americana in d
Mittelmeerländern, und mehrere Unkräuter (Oenothera biennis, Erig 0
Canadensis usw.). Auf ähnliche Weise ist eine ungeheure Menge
Arten in Neuseeland eingewandert (nach Cockayne etwa 555), und
von ihnen unterdrücken wilde Arten des Landes, ähnlich wie bei
Impatiens parviflora die I. nolitangere. Es ist natürlich notw
daß Klima und Boden für die einwandernden Pflanzen passen; 01
gelingt ihnen ihr Eindringen nicht, selbst wenn der Mensch sie beschüt
was z. B. aus mißlungenen Versuchen, Bäume einzuführen, hervor;
In den Wäldern Nordeuropas ist vielfach ein Arten‘
eingetreten, der noch gegenwärtig fortdauert. Steenstrups Mooru
suchungen (1841) lehrten uns, daß in Dänemark eine Vegetati
anderen folgte (S. 662, 912). Die älteste Baumvegetation va
seinen Untersuchungen von Birken und Zitteraspen gebildet; s
wanderte die Kiefer (Pinus silvestris) ein und bildete den ersten Ho
wald; nach ihr folgte die Eiche und zuletzt die jetzige, in Dänem:
und südlicheren Gegenden besonders aus Buchen gebildete Waldv
tation. Diese letzte Phase des Kampfes zwischen Eiche und
wurde besonders durch Untersuchungen von Vaupell!) klargeste]
1870 ergänzte Nathorst die Untersuchungen Steenstrups, indem er
oben erwähnt, in Schonen bei Malmö die arktische Tundrenveget:
in tonigen Süßwasserablagerungen unter den Mooren und den Übe
der ersten Baumvegetation entdeckte. Hier sei ferner auf P.E.
Studien?) über den Kampf zwischen Wald und Zwergstrauchhei
gewiesen?).
Welche Ursachen diese durch Jahrtausende forte Ve
rungen der Vegetation haben, ist schwierig zu sagen®). Es.
offenbar mehrere Faktoren zusammengewirkt. Klimatische Ve
rungen haben vielleicht die wichtigste Rolle gespielt: das im
milder werdende Klima, dazu das milde und feuchte Klima der
periode, nach welcher wieder eine kältere Zeit eintrat. Die
eingewanderten Arten sind die im allgemeinen größere Kälte
genden nördlichen. Daß eine säkulare, großartige Wechselwirts
stattfinden sollte, daß die eine Art den Boden für die nachfo
!) Vaupell 1857, 1863.
®) P. E. Müller (1878, 1884), 1887a, 1899.
°) Eine übersichtliche Darstellung’ siehe Warming 1904. SL
#) Siehe auch Adams 1905. a
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen 99]
Fig. 382. Zusammenbrechender (künstlicher) Kiefernwald in der Lüneburger
Heide. Der Boden ist bereits ganz mit (im Schatten noch nicht blühendem)
Heidekraut bedeckt. (Phot. P. Graebner.)
Fig. 383. Die umgestürzten Stämme des Bestandes (Fig. 382) werden von Moos
und Heidekraut überwuchert. (Phot. P. Graebner.)
922 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
passender und für sich selbst weniger passend machen würde („Bode
müdigkeit“), ebenso wie dieses gewisse niedrige Organismen tun, ist
wenigstens bezüglich großer Landstriche recht wahrscheinlich. Es wi
unter gewissen Bedingungen eine fortgesetzte Veränderung des Boden
durch Anhäufen von Humus, wenn eine Abfuhr der die Hauptnährstoff
des Bodens enthaltenden Pflanzenteile (in Gestalt von Ernte jeder Art,
Heu oder Holz) nicht stattfindet, die anspruchsvolleren Arten auf Kosten
der zuerst auftretenden genügsamen Arten begünstigen, oder anderseits”
durch Bodenverschlechterung (Rohhumus usw.) die anspruchsvolleren A
vertreiben und den anspruchslosen (Heide usw.) den Platz schaffen.
den anspruchsvolleren Waldbäumen gehören Eiche und Rotbuche, wähı
Birke und Kiefer genügsam sind (vergl. auch Fig. 385). Ferner ist
Wanderungsfähigkeit der Arten sehr verschieden. Birke, Espe
Kiefer haben leichte, mit Flügeln oder Haaren zum Windtransport
gerichtete Samen, sie wanderten daher zuerst ein; die der Eiche und Bu
sind viel schwerer und für Wanderungen weit weniger geeignet. D
kommt, daß Birke und auch Espe schon in recht jugendlichem Alter
Sträucher reichlich fruchten können; älter muß schon die Kiefer werden..
Eiche braucht im allgemeinen mehrere Jahrzehnte, und die Buche muß
ein halbes Jahrhundert alt werden, ehe sie reichlich zu fruchten ver!
Es kann weiter nicht ‚zweifelhaft sein, daß auch das verschi
Verhältnis der Bäume zum Lichte (vergl. 2. Kap.) eine wichtige
gespielt hat. Für die Kämpfe zwischen Eiche und Rotbuche in
mark ist ferner die Tätigkeit des Menschen (Fällen von Bäum
Trockenlegen und Grabenziehen) von Bedeutung gewesen und hat
Rotbuche fortgeholfen, so daß sich die Eiche nur an feuchteren Ste
und in mageren Gegenden Jütlands hat halten können. An die
Stellen gedeiht die Buche nicht gut, sie erreicht eine geringere H:
und reift die Samen schlecht; dadurch erhält die Eiche das Übergewi
Auf Sandboden bildet die Buche überdies leicht Rohhumus und wir
außer stande, sich zu verjüngen. Noch hat die Buche anscheinend n
ihr durch das Klima begrenztes Gebiet erobert; sie schreitet a n
wärts, z. B. im südlichen Norwegen, fort.
In einer Reihe von Jahrhunderten ist die Calluna-Heide
Dänemark und Norddeutschland auf Kosten der Wälder vorgedrung
Jütland war früher von Eichenwäldern bedeckt, kaum jedoch ein
sammenhängender Wald, die Lüneburger Heide trug Eichen-, Buch:
und Mischwälder; jetzt sind die Eichengestrüppe der Heiden fast
einzigen Erinnerungszeichen des Waldes. Die Auslaugung der obe
Schichten des Bodens durch die Niederschläge muß zuerst einen zi
lich hohen Grad erreicht haben, wenn die Erneuerung des Waldes
») Graebner 1912a.
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen 923
hindert wird und die Calluna-Heide an seine Stelle tritt‘). Dann wirken
andere Faktoren oft plötzlich der Heide den Sieg verschaffend ein.
Rücksichtsloses und unkundiges Holzfällen, die Benutzung des Holzes
zu der in Jütland im Mittelalter in großem Maßstabe betriebenen Ge-
winnung von Eisen aus Raseneisenstein oder zur Salzgewinnung in
Lüneburg und der Westwind haben den Wald ausgerottet. Sobald der
Boden austrocknet, entsteht eine Decke von Rohhumus, und die Vege-
tation verändert sich, wie P. E. Müller nachgewiesen hat?). Die Regen-
würmer verschwinden, die Erde wird fester. In der Rohhumusschicht
Fig. 384. Infolge von selbstgebildetem Rohhumus absterbender Fichtenwald.
Die krankenden (schüttekranken) Fichten haben nur noch oberflächlich tätige
- Wurzeln, werden daher vom Winde umgestürzt. (Phot. P. Graebner.)
entstehen Humussäuren, und in dem Untergrunde infolge der aus-
schlämmenden Wirkung des Regenwassers die bekannten Schichten
des Bleisandes und schließlich vielfach auch des Ortsteines (Kap. 86).
Die Bodenvegetation des Waldes wird gleichzeitig eine ganz andere.
In dem humusreichen Buchenwalde wächst die $. 561 besprochene
Vegetation von Anemone, Corydallis, Asperula odorata usw. Wird der
Boden Rohhumus, so wandert die S. 564 erwähnte Vegetation von Aera
caespitosa, Trientalis, Majanthemum usw. ein, und der Boden ist für
1) Graebner 1895, 1896, 1901; vergl. auch Kap. 86.
2?) P. E. Müller 1887, 1899.
924 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
armut der oberen Schichten unmöglich wird, die Vegetation in e
Heide um (Kap. 86). Diese Veränderung geht besonders auf den
digen Hügeln und auf den Westseiten der Wälder vor sich (Fig. :
nicht ausgelaugt, sondern bis in die oberen Schichten BI zi
nährstoffreich, dann veranlaßt auch falsche Waldwirtschaft (
keine Heidebildung, ‚sondern wenn durch zu starken Wind ode
heit die Bewaldung gehindert wird, entstehen in Norddeut
bekannten vielen südosteuropäischen naheverwandten es
ESSENER
a —
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen 425
daß oft schon die zweite Generation so flach wurzeln muß, daß sie
dem Winde nicht standhalten kann').
Eine andere Art, die stellenweise auch noch nicht ihre natürlichen
Grenzen erreicht hat und noch weiter nach Westen wandert, ist die
Fichte (Picea excelsa). Sie ist auf der skandinavischen Halbinsel von
Osten eingewandert und nach Süden vorgedrungen, hat aber Südwest-
schweden und Dänemark noch nicht erreicht. An mehreren Stellen ist
sie in Norwegen durch die Pässe eingedrungen (Gloersen) und hat die
Fig. 386. Fichte im tiefen Schatten erwachsen, breiter als hoch.
Durch die Fähigkeit, Jahrzehnte lang tiefen Schatten zu ertragen, imstande bei
späterer Lichtstellung sofort in die Lücke zu wachsen und dadurch den erst
als Sämlinge aufwachsenden Lichtpflanzen erfolgreich Konkurrenz zu machen
(vergl. S. 20, 30). (Phot. P. Graebner.)
Kiefer verdrängt, hat jedoch nicht überallhin gelangen können, so
daß die Verbreitung merkwürdige Lücken zeigt. Daß sie die Kiefer
besiegen kann, beruht besonders auf ihrer größeren Abhärtung und ihrer
Fähigkeit, Schatten zu ertragen (näheres bei G. Andersson; Fig. 386),
sowie daß sie durch ihren dichten Schatten alles andere erdrücken kann.
Im südwestlichen Schweden ist sie der von Südwesten einwandernden
1) Vergl. Bentheim bei Graebner 1904.
996 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Buche begegnet, und der Kampf zwischen diesen beiden Arte
hier stehend !).
Die Entwicklungsgeschichte der Vegetation Europas ist von vielen Botan
behandelt worden, namentlich Ad. Engler 1879—82, G. Andersson 1896, Clemens
Marie Jerosch 1903, Graebner 1912, A. Blytt 1882, 1893, Sernander 1896 usw.
Von vielen anderen Ländern liegen Beobachtungen über 3
Kämpfe zwischen verschiedenen Baumarten vor, und nicht übe
das Ergebnis dasselbe für dieselben Arten, die miteinander
Das hängt von den ökologischen Bedingungen ab. Innerh:
Hauptverbreitungsgebietes, sagt Mayr, sind die meisten Holzarten
vag, d.h. können auf sehr verschiedenen Standorten ihr Fortk
finden, aber außerhalb desselben sind sie an einen Standort
stimmter Beschaffenheit gebunden. Dasselbe ist für Pflanzen d
der sonnigen Hügel und anderer an bestimmte klimatische ode
verhältnisse gebundenen Formationen konstatiert worden.
Schlußvegetation („Klimax-Vegetation*). 1892
Warming in der ersten (dänischen) Auflage dieses Buches
Auf jedem Gebiete gehen ganz gewiß langsame, für uns vielle
in großen Zeiträumen wahrnehmbare Vegetationsveränderungen Y
die durch die Kämpfe zwischen den Arten entstehen, ohne daß
lich die physikalischen Verhältnisse verändert werden. Keine /
ist ewig unverändert, ist etwas Fertiges. Man muß diese
gewinnen, wenn man sieht, wie die verschiedenen Assoziationen
langen Reihe aufeinander folgen können, nachdem einmal «
neuen Bodens bloßgelegt worden war. Es kann auf das von H
schilderte Gebiet von Blekinge in Südschweden hingewiesen.
dessen meiste „Vegetationsformationen nur Zwischenstadien
wenige Schlußglieder sind, deren Verteilung über das Gebiet sch
vom Boden bestimmt wird“. Man muß jedoch annehmen, daß (
sprochenen Kämpfe in sehr alten Ländern selten seien, deren
nicht in nennenswertem Grade von Menschen oder Tieren
wird und die in sehr langen Zeiträumen der Einwanderung
aus den Nachbarländern ausgesetzt gewesen sind; hier muß z
gewisser Gleichgewichtszustand erreicht werden. Denn die 3
Vegetationsveränderungen, die wir eintreten sehen, z. B. die y
änderungen in der Waldvegetation, von denen aus den verschi
Gegenden der Erde berichtet wird, wurden sicherlich durch pl
Veränderungen verursacht, die in neuerer Zeit stattgefunden
namentlich durch Veränderungen, welche die Zerstörung des
durch den Menschen hervorgerufen hatte. Einige Veränderu
Natur der Wälder werden wohl einfach durch die Einwanderur
1) Hult 1885.
|
'
7
und
nt
119. Kap. Klimatogene und biogene Änderungen 9
Fig. 387. Rand des Bestandes von Fig. 388 gegen die freie Heide. Munster in
der Lüneburger Heide (vergl. auch Fig. 298 ff... (Phot. P. Graebner.)
Fig. 388. Kampf zwischen Kiefernwald und Heide. Einige Bäume, besonders der
große mittlere, sterben ohne ersichtlichen Grund wieder ab. (Phot. P. Graebner.)
998 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Arten verursacht; vielleicht sind so die Waldveränderungen aufzufas
die in Rußland vor sich gehen, wo die Eiche nach Korzchinsky!) fr
oder später von der Rotbuche verdrängt werden wird und wo sog
diese von der Fichte verdrängt werden soll, und ebenso die entsprec)
den Veränderungen in Norddeutschland?).
Überläßt man die Vegetation eines größeren Gebietes ganz
selbst, so wird zweifellos auf einem gewissen Terrain eine bes
Formation zuletzt, nachdem eine hinreichend lange Zeit vergange
alle anderen verdrängen und das Schlußglied der Entwie lu:
bilden.
Auf S. 922 wurde der Sieg der Ericaceen-Heide über den
behandelt. Borggreve und E. H. L. Krause?) haben die Heide als.
„Halbkulturform“ bezeichnet, die nur der menschlichen Kultur (Pl.
wirtschaft, Schafweide) ihr Auftreten verdanke; dieses ist jedoch
richtig. Die Ericaceen-Heide ist an gewissen Stellen Nordeuropas
lich eine natürliche Schlußvegetation, nicht nur auf den Bergablh
von Blekinge in Schweden,.sondern selbst auf dem mageren Sandb:
Westjütlands; sie ist gewiß ebenso ursprünglich und natürlich wie
Eichenwald; in Jütland wie in Nordwestdeutschland ist es siche
sie schon im Steinalter existierte*). Etwas anderes ist es selbstve
lich, daß sie sich gerade durch die Hilfe der Kultur auf Koste
Waldes bedeutend ausgebreitet hat. Beachtenswert sind die Beob
tungen, daß die (wohl stets künstliche) Ericaceen-Heide stellenw
vom Walde verdrängt wird (vergl. auch oben, S. 670, Fig. 302: Born
Als andere Schlußglieder in Blekinge führt Hult namentlie
gende Vegetationstypen an: 1. Kiefernwälder auf trockenem Sande,
Moränenboden mit Geschieben und auf Torfmooren; 2. Fichten
auf wenig mächtigen Strandmooren; 3. Birkenwälder der Betula
cens auf tieferen Mooren und auf Wiesenmooren; 4. die „Haintäl
formation“ an Flüssen und Quellen; 5. Dorngebüsch auf den wär
trockenen Stellen, und 6. Buchenwälder auf jedem anderen Boden.
übrigen „Formationen“ verwandeln sich allmählich, nicht nur die
fluren, sondern auch die Menyanthes-„Formation“, die Sümpfe und
Wiesenmoore; „sogar auf den Felsen entwickelt sich eine lange F
von Übergangsbildungen“*, ehe sich die abschließende Waldvegeta
einfindet (Hult 1885).
*) Korzchinsky 1891.
?) Vergl. Grisebach 1872 und Göppert; später C. A. Weber, Graebner u.
®) Borggreve 1872; E. Krause 1892.
‘) Sarauw 1898; unter einigen der „Steinhäuser“ der Lüneburger Heide
echter Heideortstein.
119. Kap. Klimatogene und biogene Anderungen 999
> Mit Ausnahme des Dorngebüsches sind alle anderen Schlußglieder
_ dieser Vegetationsformationen Wälder, also Bestände, deren Verteilung
- im Gelände von der Beschaffenheit des Bodens abhängt. Der Wald
- ist in allen Gegenden das natürliche Schlußglied in der Ent-
4 ‚wicklung der Vegetation, ausgenommen da, wo Felsenboden, Nährstoff-
- mangel, Wasser, Kälte oder Trockenheit (Wassermangel, Wind) die
E Entwicklung der Bäume verhindern. An solchen Stellen werden Felsen-
-flur, Zwergstrauchheide, Tundra, Wiese, Steppe, Wüste, Gestrüpp und
_ andere Vereine die Schlußglieder der Vegetation bilden.
Alle diese Fragen sind ‚in/neuester Zeit eifrig studiert worden,
namentlich in Dänemark, Mitteleuropa, Großbritannien und Nordamerika;
vergl. z. B. Kerner 1863; Whitford 1901; Cowles 1901b; Clements und
‚andere nordamerikanische Botaniker, sowie auch englische (Moss, Tansley,
Crampton). In Großbritannien z.B. von Crampton'), der zwischen „migra-
- tory formations“ und „stable formations“ unterscheidet; „migratory“ sind
_ diejenigen, welche sich leicht verändern, weil sie dem Einflusse von
_ geologischen Änderungen der Oberfläche ausgesetzt sind, „stable“ die-
- jenigen, deren Verbreitungszentrum in einer langen Periode verhältnis-
- mäßig unverändert geblieben ist, „from the geological standpoint and
- under climatie conditions favourable to the type of vegetation“; er hat
- vier Haupttypen von „stable formations“, nämlich Moorvegetation, Wälder,
- Heiden und Grasland („Moorland“, „Woodland“, „Heathland“, „Grass-
_ land“). Andere britische Forscher sind Oliver und seine Schüler,
-Darbishire, Moss, Tansley usw. Es ist in Kap. 30 erwähnt worden, daß
Moss u.a. sogar alle Vereinstypen, welche genetisch verbunden werden
- können, als Phasen einer einzigen Formation betrachten. In der eng-
- lischen Zeitschrift „Journal of ecology“ hat die Ökologie ein vorzüg-
_ liches Organ gefunden.
E Namentlich ist die „dynamische Pflanzengeographie“ in ausgedehntem
Maßstabe und von einer großen Anzahl von Botanikern nach dem Vor-
(a ‚gange von Cowles und Clements studiert worden, und unter dem, dem
deutschen Begriffe der Folgeformationen entsprechenden, Schlagworte
„Successions“ ein beliebtes Studium geworden. Als erste größere Arbeit
e von Cowles muß wohl seine Arbeit von 1899 über die „Successions“
in der Vegetation der Sanddünen am Michigan-See genannt werden. Er
unterscheidet im übrigen zwischen 1. „regional successions“, d.h.
solchen Vegetationsänderungen, welche durch säkuläre, also wesentlich
_ klimatische Änderungen hervorgerufen werden, z. B. die postglazialen
I Verschiebungen der Vegetationstypen; 2. „topographie successions“,
| welche viel schneller verlaufen und von topographischen Veränderungen
\, abhängen, also Veränderungen des Bodens, sie sind progressive oder
EEE
2) Crampton 1912.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 59
930 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
regressive; und 3. „biotie successions“, welche dur
lebende Wesen verursacht werden, also auch alle durch
hervorgerufene. re
Vergl. ferner Cowles 1911. Die Moos-Folgevereine studierte fi
der zwischen „primären“, die auf Neuland anfangen, und „sekundären
Störungen einer primären Lokalität anfangen, scheidet; und von anderen
Verfassern z. B. Cooper?), der die Successionen auf Isle Royale,
Klimaxvegetation hinauf führen, in „xerarche“ und „hydrarche®
sie auf xerophytischem oder hydrophytischem Standorte anfangen,
mehr mesophytisch auszubilden. Ferner Brunckin 1902; Chrysler 1
über die Bedeutung der Verdunstung für die Vegetationsänderungen
geeignete Methoden und Instrumente die Verdunstung in den verschied
erläuterte; Harvey 1908; Pool 1918; Livingston (siehe Litteraturliste
Sc. Rev. VI); Harper 1905; Transeau 1905, 1906; Whitford 1901; 4
Auch von vielen anderen Ländern liegen Untersuchungen vor ü
folge von Vegetationstypen; außer den schon oben genannten Forschern |
werden z. B.: aus Schweden von Sernander, Malme, J. E. Ljungquist 1914
von Warming 1890, 1891, 1906, 1909; aus Rußland Paczoski 1898, Kr
Siehe ferner: Doskarık (Tongariro National Park) und al, \
Raunkiär 1902, 1914; Briggs and Schantz.
120. Kap. Allgemeine Sätze über Besiedlung ve
Waffen der Arten in ihren Kämpfen. Selte
In der ersten (dänischen) Ausgabe (1895) dieses
Warming: Es ist schwierig, schon jetzt etwas Allgeme
einem neuen Boden auftretende Vegetation zu sagen,
wenige eingehende Untersuchungen gibt; noch jetzt is
mehr zu sagen als er damals wagte, nämlich: a
1. Die erste Vegetation auf neuem Boden ist offen
immer einige Zeit, bevor sich eine zusammenhängende Ve
bildet. Die Individuen stehen anfangs sehr zerstreu:
wird ihre Menge größer, Es kann noch hinzugefügt
oft die niedrigsten, durch Sporen verbreiteten Pflanzen
gehören; z. B. auf Krakatau waren es Algen, namentli
ebensolche sind es an den Sandküsten (S. 389, 433);
Algen und Flechten die ersten Bewohner.
2. Die Artenzahl ist anfangs gering, wächst jedoch
Verlauf einer gewissen Zeit größer als später, inde
fänglich einen günstigen Platz finden, aber später
!) Clements 1904, 1905, 1907.
®) Cooper 1912, 1913; siehe auch Journ. Ecol. I, 148.
®) Fuller 1911, 1914.
*) Nach Actes du Congrös international de ns de a
Allgemeine Sätze über Besiedlung von Neuland 931
sich die Decke schließt und sich tyrannischere Arten eingefunden
- Verschiedene Teile des neu bewachsenen Geländes werden sich
ir ungleichartig mit Pflanzen bedecken. Allmählich wird die
tion gleichartiger und artenärmer.
Sehr oft werden ein- und zweijährige Arten zuerst viel zahl-
als später sein, indem sie auf dem offenen Gelände günstigere
ungen finden als auf dem bedeckten; viele werden der Unkraut-
er Gegend angehören. Darauf werden die mehrjährigen Kräuter
vielleicht die Holzpflanzen überwiegen.
Die zuerst einwandernden Arten werden die sein, welehe in
‚vorkommen und die besten Mittel für die Verbreitung durch
er Vögel haben. Die Geröllhalden der Alpen werden zuerst von
it fliegenden Samen besiedelt‘). Wird in Norwegen ein Nadel-
sört, so wandern zuerst Birke und Pappel deichter fliegende
und Samen) nebst Sorbus (Beeren) ein?).
Handelt es sich um die Einwanderung von Bäumen, so werden
tbäume oft vor den Schatten ertragenden erscheinen; das
rte kann nicht stattfinden. Sträucher werden von Bäumen
erst nach und nach auf die passendsten Standorte verteilen.
ı demnach von Anfangs-, Übergangs- und Schlußassozia-
nie Pflanzen können unter Umständen später einen günsti-
er
Standort erlangen als anfangs. Fliche hat eine gedankenreiche
erner 1863; Vogler 1901b.
'®) Blytt 1882; Hult 1885.
#%) Rübels Übersetzung 1913 im Handwörterbuch der Naturwissenschaften. Vergl.
Bemerkungen und Darstellung Rübels. Vergl. weiter Clements 1904, 1905,
s En letzten Werke er auch einen Paragraphen mit „The laws of succession“*
hat. (Siehe ferner 1916 am Ende dieses Buches.)
| 59*
9393 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen ’
Schilderung der Veränderung gegeben, die im Laufe der Zeit mit
jungen Waldpflanzungen bei Champfetu vor sich gingen!). Zuerst w: a
der junge Wald so hell, daß eine kräftige, dichte Vegetation mehr
jähriger, geselliger Arten nebst Moosen auftreten konnte. Nach ın
nach vermehrte sich die Anzahl der Holzpflanzenarten; Quercus, Carpinu
und Fagus überwuchsen die anderen, schwächten .oder unterdrückte
die Bodenvegetation. Da sich der Boden gleichzeitig veränderte, j
nach der Menge des Waldabfalles in verschiedener Weise, so fa
die einjährigen Arten in diesem gemischten Walde immer güns
Standorte.
Die Kampfwaffen der Arten. In nächster Verbindung mi
hier besprochenen Frage über Besiedlung von Neuland und der K
zwischen den Pflanzen steht die Frage nach den Mitteln, durch w
eine Art die andere verdrängt. Es gibt kaum eine anziehendere
logische Aufgabe als diese; aber sie ist noch äußerst wenig studiert
worden; der erste Schritt ist, die faktisch vorkommenden und vielfae
beobachteten Vegetationsänderungen festzustellen; der nächste ın
schwierigste ist aber, die causae efficientes klarzulegent Ein weite
und besonders anziehendes Arbeitsfeld liegt hier der Forschung
Noch sind wir überaus weit davon entfernt, die Fragen auch n
eine einzige Ärt zufriedenstellend gelöst zu haben; z. B. verstehen w
den Kampf der Buche mit der Eiche nicht vollständig. Selbstverstän
lich kann man nicht bei einem solchen Gerede stehen bleiben, wie be
dem, daß Platzmangel entscheidend wäre, oder daß sich im Pflanze
reiche wie in allen anderen Vereinen um die Nahrungsfrage alles drehe
Denn wissenschaftlich betrachtet lösen sich diese Rendensarten in eii
Reihe der schwierigsten Fragen auf, welche die Wissenschaft stell
kann und welche allseitige Untersuchungen erforden werden, , bey
beantwortet werden können: Ist es der Mangel eines oder des anı
Nahrungsstoffes oder des Wassers im Boden, oder die zu große 1
eines anderen Stoffes, ist es Mangel an Wärme oder an Licht od
einer passenden Vereinigung beider, oder können Wurzeln und Rhi
so dicht zusammen wachsen, daß sie rein mechanisch anderen P
den Weg versperren, oder können auch bei den höheren Pflanzen
bei gewissen Bakterien und Schimmelpilzen, chemische Stoffe von
Wurzeln ausgeschieden werden, welche für die sie erzeugenden 0
andere Arten giftig sind? usw. b
Wir sehen wie die einjährigen Kräuter auf dem vor kurzem.
gelegten Boden, worauf sie sich niedergelassen hatten, durch mehrjä
verdrängt werden; aber mit welcher Waffe diese siegen, können wir
1) Fliche 1883.
Waffen der Arten in ihren Kämpfen 933
mit Sicherheit sagen. Wir sehen vielfach die kieselliebende Vegetation
der „Sandes* (Ornithopus perpusillus, Teesdalia, Spergula, Rumex ace-
allmählich wiederkehren, je nachdem das kohlensäurehaltige Wasser den
Kalk auflöst oder wegschafft; aber wir kennen den tieferen Grund
Das Zusammenleben zwischen den lebenden Wesen ist in Wirklich-
keit so verwickelt, mannigfaltig und reich, und die vielen Glieder sind
o eng verknüpft,. daß Veränderungen an einem Punkte weit reichende
Veränderungen an anderen herbeiführen können. Hier ist für den For-
scher genug zu tun.
Eine interessante Arbeit über den Einfluß des Schattens auf die
Verteilung der Kräuter haben Stebler und Volkart!) publiziert. Aber
nicht nur die mannigfaltigen Verhältnisse der Arten zu den im
srsten Abschnitte behandelten ökolegischen Faktoren (Licht, Wasser,
"Wärme usw.) spielen bei diesen Veränderungen eine Rolle, sondern auch
die verschiedenen biologischen Eigentümlichkeiten der Lebensformen,
von denen man nicht sagen kann, daß sie eine unmittelbare Folge jener
- Faktoren seien, z. B. der normalen Lebensdauer der Arten. Wenn der
Wald auf einer Reihe von Standorten das Schlußglied der Vegetation
-_ werden wird, so beruht dieses unter anderem auf dem langen Lebens-
“alter und der bedeutenden Größe der Waldbäume; diese können sich
über die Kräuter und die Sträucher erheben, sie überschatten und Jahr
- für Jahr viele Samen hervorbringen. Hierdurch siegen die Waldbäume
über viele andere Lebensformen leicht, wenn auch langsam, selbst wenn
es nur einem einzigen Individuum gelungen war, einzuwandern. Es spielt
in den Kämpfen nicht nur eine Rolle, ob die eine Art mehr Licht ver-
langt oder mehr Schatten erträgt als die andere (Kap. 2), oder feuchten
Boden, feuchtere Luft oder stärkeren Wind oder stärkere Verdunstung
(vergl. Fuller) besser erträgt als eine andere Art, sondern auch, ob sie
schneller oder langsamer wächst, im Frühjahre früher das Laub ent-
faltet, als die mitbewerbenden Arten, und ob sie sich hierbei als junge
und als alte Pflanze anders verhalten kann. Es spielt nicht nur eine
olle, ob der Nahrungsgehalt des Bodens für eine Art passender ist
für eine andere, sondern auch, ob die eine Art mehr Samen bildet,
; die andere, in einem früheren Alter fortpflanzungsfähig wird,
sie sich vielleicht reichlicher auf vegetativem Wege durch Wurzel-
s prosse oder Brutknospen vermehrt (vergl. gesellige Arten, Kap. 36, 38),
ob ihre Samen die Keimfähigkeit lange bewahren („harte Samen*)
*) Stebler und Volkart 1904.
934 | Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
oder sie schnell verlieren, ob die Samen leichter keimen, ob die
Zweigstellung und die übrige Architektonik die eine oder die ande [
ist. So sind biologische, physiologische und andere Eigentümlic
keiten neben den vielen im ersten Abschnitte besprochenen Faktore
in dem Kampfe von wesentlichem Einflusse; bisweilen ia ein
Art fast durch unmerkliche Vorteile vor einer anderen Are
Vorsprung.
Die verschiedene Zeit der Entwicklung im Jahre En es
Reihe von Arten ermöglichen, nebeneinander an derselben Stell
leben; ebenso die verschiedene Tiefenlage der Wurzeln, Knollen
sonstigen ausdauernden Organe. Oben S. 304 (Fig. 162) ist be
der von Woodhead!) gegebene Bodenquerschnitt besprochen. A
mollis wurzelt dort oberflächlich, tiefer liegen die Grundachsen
Pteridium, während seilla festalis mit ihren RR am.
sten liegt. | | HR
Außer den Lebenseigentämlichkeiten der einzelnen Pe
viele andere Verhältnisse in diesen Kämpfen von Bedeutung sein
der Angriff der Schmarotzerpilze, der Insekten oder anderer Tiere
in Wäldern usw.), das Vorkommen und der Mangel wühlender Ti
Boden (vergl. die Regenwürmer, Kap. 18), kurz die game? Rei
Freunde und der Feinde der Pflanzen. TTERE
Von besonderer Bedeutung sind noch die Wander
welche den Arten zur Verfügung stehen. Von geringerem Nutze
meist die vegetativen Wanderungsmittel, jedoch muß in dieser
auf eine tiefere Kenntnis der Lebensformen Gewicht gelegt w
durch solche können die Pflanzen meist nur in langsamem Tem
wärts kommen (vergl. indessen Helodea in Europa) im Vergleich ı
„Siebenmeilenschritten“, welche die Samen machen können. Ein wi
Kapitel in der Pflanzenökologie sind daher auch die Wanderung
der Pflanzen. Hier kann nur ganz kurz auf die Ep
gewiesen werden. Es sind folgende:
Der Wind (anemochore Ausrüstungen). Im Anschluß :
S. 899 über Krakatau Gesagte kann erwähnt werden, daß ca. 3
Gefäßpflanzenflora dem neuen Boden zugebracht worden sin
Distanzen von 18,5—40,8 km. Nach Warming?) führte ein S
12. Februar 1881 zahlreiche Zweigstücke und Früchte von
vulgaris von Schweden nach Jütland über eine Strecke von
120 km hinweg, und zwar in solcher Menge, daß sie auf einer
von 4 km Länge ausgestreut waren. Über glatte Eis- und Sch
») Woodhead 1906.
?) Warming 1887.
E .120. Kap. Waffen der Arten in ihren Kämpfen 935
- können Pflanzenteile auch leicht und weit durch den Wind transpor-
_ tiert werden ').
E Die Strömungen des Meeres und der süßen Gewässer
- (hydrochore Verbreitung). Untersuchungen von Hemsley, Darwin,
- Schimper, Warburg, Sernander, Guppy, Rosenvinge, Warming?) und
vielen anderen haben gezeigt, daß viele Samen und Algen durch die
- Meeresströmungen verbreitet werden können; man erinnere sich auch,
daß Samen aus Westindien vom Golfstrome nach den nordwestlichen
_ Küsten Europas getragen werden und daß die Früchte der Zodoicea
Seychellarum eher in der Drift der nordischen Meere bekannt waren,
Fig. 389. Frucht von Lodoicea Seychellarum, wurde lange,
ehe die Palme bekannt wurde, in der Drift selbst nördlicher
Meere gefunden.
(Original P. Graebner jun.)
Gewässer liegen Untersuchungen von Kölpin Ravn u. a. vor. Treibeis,
"Eisberge, schwimmende Baumstämme u. a. können Träger von Pflanzen-
‚samen sowie von Tieren oder Eiern von solchen sein; im Laufe von
25 Jahren wanderten 263 Tierarten in Krakatau ein, darunter ein
_Regenwurm.
| Tiere (zoochore Verbreitung). Bei endozoischer Verbreitung
'erden die Samen von den Tieren verschluckt und mit den Exkrementen
usgestreut. Es wurde vielfach bezweifelt, ob die Samen wirklich über
eitere Strecken unbeschädigt transportiert werden können, obgleich
2) Holmboe 1898. Über die Wanderungsmittel der Pflanzen vergl. namentlich die
wei Arbeiten von Sernander 1901 und 1906.
?) Warming 1887.
936 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
gewisse Vögel 50—80 km in der Stunde fliegen können. Nach neuere
Untersuchungen ist dies sicher möglich und spielt eine große a
die Verbreitung der Arten. -
Bei epizoischer Verbreitung heften sich die Samen. resp. Früchte
den Tieren an, und in vielfacher Weise sind sie zu einem sole
Transporte eingerichtet. In Nadelwäldern Dänemarks, Schleswig-
steins usw. wachsen jetzt Linnaea borealis, Goodyera repens und ei
seltene Prrola-Arten, und da alle Nadelwälder in den genannten Gebi
im Laufe der letzten 100—150 Jahre angelegt worden sind, kann
kaum zweifelhaft sein, daß die Samen dieser Arten durch die Zugv
von den Wäldern Norwegens, Schwedens oder Norddeutschlands.
gebracht sind. |
Bei synzoischer Verbreitung werden die Samen absichtlir N
Tieren weggeführt, weil ihnen irgend ein nährstoffhaltiges Organ
gehängt ist. Diese Verbreitungsweise hat namentlich Sernander!
einem großen Werke studiert und experimentell für die Ameisen nach
gewiesen; „Elaiosome“ nennt er diejenigen nährstoffreichen, ölreicheı
Samenanhängsel („Carunculi*, „strophiolae“), welche dem Be
durch Ameisen angepaßt sind (vergl. Fig. 142). RK,
Schleuderfrüchte werfen selbst durch explosive Bewegung:
Samen von der Mutterpflanze weg (Impatiens, Oxalis acetosella,
thera und andere Cucurbitaceen, Cardamine, Hura erepitans a. a.).
Wir müssen uns hier mit diesen Andeutungen begnügen. Es |
eine außerordentlich große Litteratur über Pflanzenwanderungen
außer den schon genannten Namen können folgende aufgeführt w
Birger 1907, Clements 1907, Goebel, Heintze, Hesselman, Holr
1898; Hult, Hildebrand, Jouan 1865, Kerner, Kjellman, E. K
Mac Tase (in Dodonaea), Massart, Ostenfeld 1908, J. Schiller, V
F. E. Weiss. :
Sernander hat?) die skandinavischen Pflanzenarten nach
Verbreitungsmitteln eingeteilt, besonders interessant sind dabei
Untersuchungen über die Drift der Meere und des Süßwassers und
die Verbreitung durch den Wind, sowohl die Verbreitung vege
Sprosse als der Samen und Früchte betreffend. Er weist auch
daß die verschiedenen Pflanzen auf die Verbreitung in bestir
Jahreszeiten eingerichtet sind und je nach der Art weit oder wı
weit wandern können. |
Weiter kann auch auf den Aufsatz von Schröter, 1913, „Gene
Pflanzengeographie* im Handwörterbuch der Naturwissenschaften
wiesen werden, Bd. IV.
!) Sernander 1906; vergl. Ulbrich 1907.
2) Sernander 1901.
120. Kap. Waffen der Arten in ihren Kämpfen 937
Die Fähigkeit der Arten, sich auszubreiten, hängt nicht nur von
der Beschaffenheit der Verbreitungsmittel, sondern auch von anderen
Verhältnissen ab. In der Regel wird man geneigt sein, die Geschwindig-
keit, womit die Wanderungen vor sich gehen, zu überschätzen. Der
genannte, vortreffliche französische Forstbotaniker Fliche hat bei dem
Studium eines besonderen Standortes folgende Ergebnisse über die Ge-
- schwindigkeit, womit gewisse Arten wandern, erhalten. Die größte Ent-
fernung, bis wohin die Samen geführt werden, ist für Fagus silvatica
500-600 m, für Castanea sativa 500—550 m, für Pinus silvestris 115 m,
für Sorbus aucuparia 1400—2100 m. Diese Entfernungen sind kurz;
Fig. 390. Aldrovandia vesiculosa; wurzellose, seltene Art. Vergl. auch Fig. 236.
(Phot. P. Graebner.)
die fleischigen Früchte des Sorbus zeigen die größte, die geflügelten
Samen der Kiefer die kleinste, obgleich diese für lange Wanderungen
am besten ausgestattet zu sein scheinen. Mit Rücksicht auf das Alter,
wann jene Bäume Früchte tragen, berechnete Fliche, daß sie für die
Wanderung von Nancy nach Paris (280 km) 18640, 12925, 48680 und
-1330—2000 Jahre brauchen würden. Selbstverständlich sind diese Zahlen
mit Vorsicht zu benutzen; soviel scheint jedoch aus ihnen hervorzugehen,
daß Wanderungen (ohne die Übertragung durch Vögel!) erstaunlich
langsam erfolgen; sie sind beachtenswert, zumal da wenige Unter-
To
suchungen auf diesem Gebiete vorliegen.
938 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Die Erfahrungen der Landwirte weisen auf ähnliche Verhältnisse
hin. Auf eingedämmten und trocken gelegten Gebieten kann mitunter
erst nach einer langen Reihe von Jahren eine zusammenhäng:
Pflanzendecke entstehen, wenn der Mensch nicht durch Aussaat
Gräsern nachhilft. Gewisse leicht fliegende Arten siedeln sich zuers
an. Nach Mayr!) ist das Präriengebiet Nordamerikas nur etwa 500 kn
breit, und doch gibt es nicht eine einzige Baumart, die der atlantis
und der pazifischen Flora gemeinsam wäre, abgesehen von solchen
dischen Arten, welche die Prärien im Norden umgehen können. ]
zeigt, wie schwierig es für Vögel und Wind sein kann, Samen d
weite Entfernungen, jedenfalls über Land, zu tragen. Hult kam bei
Studium der Moose Finnlands zu ähnlichen Ergebnissen: die Wande
gehen sehr langsam vor sich und werden durch die säkularen klimat
und die geologischen Veränderungen reguliert.
Alphonse de Candolle hat in Übereinstimmung hiermit a
daß in den Alpen gewisse Gebiete verhältnismäßig weit pflanzenr
als andere sind, weil jene Gegenden in der Eiszeit nicht mit E
deckt waren oder weil sie früher als die anderen eisfrei wurden.
kann wohl auch mit Recht annehmen, daß die Armut Nord- und
europas an Baumarten in den Wäldern davon herrührt, daß der Be
geologisch sehr jung ist und eine größere Anzahl von Arten Fa
vor der Eiszeit in Nordeuropa wohnten, den Weg ohne Hilfe
Menschen nicht über die großen ost-westlichen Gebirgszüge der.
Karpathen, Balkangebirge usw. haben zurückfinden können, wie z
Aesculus hippocastanum, Picea omorika, Corylus colurna, Juglans
In derselben Weise scheinen die uralten Gebiete Südamerikas (na
lich das Hochland Brasiliens und Guayana) weit artenreicher zı
als die jüngeren (die Pampas und die Savannen). Innerhalb jener
ist wiederum die Waldvegetation viel artenreicher als die Savannen.
dieses darauf beruhe, daß sie älter sei als diese, oder darauf, daß
günstigeren Vegetationsverhältnisse die Artenbildung mehr als auf dis
gefördert hätten, ist noch unentschieden?). |
Über die Meere werden die Vögel Samen in weite Ferne ehe
tragen können, als über Land, weil sie dort keine Ruhepunkte f
wo sie sich niederlassen und die Samen verlieren können.
Noch ein Umstand sei errargehbben der für die Vorbreiän
Arten von Bedeutung ist, nämlich: welche Art zufällig zuers
langte. Sind die Verhältnisse derart, daß sie für mehrere Arten gl
gut passen, so wird der Ausfall des Kampfes .dawon abhängen, wele e
2) Mayr 189.
?) Warming 1892, 1899 b.
E, 120. Kap. Waffen der Arten in ihren Kämpfen 939
_ Art es gelingt, das Gelände zuerst zu besetzen; „beati possidentes*
werden dann den Besitz möglicherweise behaupten können. Hierdurch
ist vermutlich die Verteilung der Phragmiteta, der Scirpeta und anderer
Bestände in unseren Rohrsümpfen oder die Verteilung verschiedener
'wergsträucher auf den Zwergstrauchheiden zu erklären.
| Es muß jedoch betont werden, daß für die Übersiedelung einer Art
an einen anderen Ort es nicht hinreichend ist, daß sie gute Wanderungs-
mittel besitzt; es ist selbstverständlich auch notwendig, daß sie einen
ginstigen endort trifft, wo sie keimen und sich entwickeln kann.
Fig. 391. Verbreitung der Dryasablagerungen in der Umgebung der Ostsee.
O Wichtige Fundstellen. (Nach Nathorst und Andersson.)
Clements hat, wie Kap. 117 erwähnt, dafür den Ausdruck „Ecesis*
(olxnoıs) geprägt !).
Im allgemeinen kann man sagen, daß eine Art desto größere Aus-
sicht hat, aus dem Kampfe siegreich hervorzugehen, je mehr sie sich in
ihrem optimalen Gebiete befindet, d.h. je mehr für sie am meisten
_ passende ökologische Verhältnisse vorhanden sind; daher hat eine Art
_ die härtesten und aufreibendsten Kämpfe immer an der Grenze ihres
Verbreitungsgebietes zu bestehen, insofern sie auf ihrer Wanderung hier
an die in klimatischer Hinsicht äußersten Grenzen gekommen ist. Je
besser das Klima für eine Art paßt, desto weniger wählerisch ist sie
2) Clements 1904, 1905.
940 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
bezüglich des Bodens und anderer Verhältnisse, und desto besser kann
‘sie den Kampf mit den Mitbewerbern aufnehmen. Ein Beispiel für d
Angeführte ist das S. 903 erwähnte Schicksal der Kiefer und der Fich
in Lappland. Wird eine Baumart auf einem Standorte innerhalb ihr:
Optimums gefällt oder niedergebrannt, so wird sie in der Regel na«
der bloßgelegten Stelle zurückkehren, wenn die Natur sich selbst übe
lassen wird; begegnet ihr dieses Schicksal jedoch außerhalb des Gebie
ihres Wachtums, so kehrt sie nicht mehr zurück, sondern es wande
die Baumart ein, auf deren optimalem Gebiete der Standort liegt (nac
Mayr). In den großen Heidegebieten Nordeuropas kann man die Heide-
pflanzen an allen nur erdenklichen Standorten finden, so auch an Bahn 2
dämmen, Ackerrainen usw., ja Erica tetralix. fand sich in der Lüneburger
Heide in den Ritzen einer Kalksteinmauer, und Empetrum, Rubus e
maemorus usw. wachsen im westlichen Norwegen sogar auf Dächern;
außerhalb der Hauptheidegebiete sind alle diese Pflanzen, wie auch
Calluna, an bestimmte Standorte gebunden.
Die Ergebnisse der Kämpfe sind also 1. die Verteilung der Arte
in natürliche Vereine, 2. Veränderungen in der Zusammensetzu
der Vegetation überall auf der ganzen Erde; dazu kommen noc
3. das Auftreten seltener Arten und möglicherweise 4. die Bildu
neuer Arten.
Seltene Arten. Der Kampf der Pflanzen untereinander erhäl
einen floristischen Ausdruck auch in den seltenen Arten, die bei viele
botanischen Sammlern bekanntlich die Hauptrolle spielen.
Eine Art kann in einem Gebiete aus verschiedenen Gründen
selten sein: ;
1. weil passende Standorte fehlen, z. B. Felsenboden im Flachlande,.
2. weil sie ein Ansiedler ist und auf ihrer Wanderung eben er
in das betreffende Gebiet gekommen ist, aber vielleicht J
für Jahr häufiger werden wird (Helodea Canadensis in Euro
Senecio .vernalis USW.),
3. weil sie eine „Reliktenpflanze“ d.h. ein Rest einer frühere
nun verdrängten Vegetation ist,
4. weil sie eine neu entstandene Art ist (eine endemische Pflanze).
Die S. 912, 922 ff. behandelte, große Pflanzenwanderung, die nac
der Eiszeit in Europa stattfand (vergl. Fig. 391), hat ihre Spuren in d
vielen Reliktenpflanzen zurückgelassen, die sich hier und da erhalte:
haben, gegenwärtig stellenweise nur in wenigen Exemplaren vorkomme
und immer mehr aussterben. Die Örtlichkeiten, wo sie sich erhalten habe
sind solche, die mit den Naturverhältnissen der Tundrenperiode am beste
übereinstimmen: nämlich kalte und nasse Sumpf- und Sphagnummoore
Solche Überbleibsel sind in Dänemark und Norddeutschland vielleie
121. Kap. Die Entstehung der Arten 941
Chamaeperielymenum (Cornus) Sueeicum, Betula nana, Rubus chamae-
morus, Polygonum viviparum, Saxifraga hireulus, Scheuchzeria palustris,
— Primula farinosa, Carex chordorrhiza. ‚Diese Arten werden möglicher-
weise zum Teil allmählich seltener werden oder ganz aus den Floren
- verschwinden, wie es schon anderen Reliktenpflanzen ergangen ist.
e, In den Gebirgen (Alpen, Riesengebirge) sind diese Reliktenpflanzen
— wyiel ausgeprägter und deutlicher erkennbar!).
= | Endemische Pflanzen sind oft sehr selten, weil sie vielfach „neue
Arten“ sind, die noch nicht Zeit gehabt haben sich weiter zu verbreiten.
= Die Hochgebirgsflora Ceylons z. B. hat eine große Menge von Endemis-
men; Willis und Svedelius haben über diese interessante und wichtige
Arbeiten veröffentlicht ?).
Dr Willis zieht aus seinen Beobachtungen den Schluß, daß die Arten
- durch Mutation entstehen. Bastardierung scheint hier jedoch nicht
ausgeschlossen zu sein.
|
|
|
121. Kap. Die Entstehung der Arten
4 Durch alles Vorhergehende geht wie ein roter Faden der Gedanke:
der Bau und die ganze Entwicklung der Arten stehen in ge-
- nauestem Einklange (Epharmonie)?) mit ihren Umgebungen, sie
sind an diese angepaßt (zeigen Anpassung, Epharmose). Es wurde
schon $. 5 angedeutet, daß sich die Pflanzen verändern und an die
neuen Verhältnisse anpassen können, unter denen sie sich entwickeln
_ müssen. Die Arten kommen, wie in den vorhergehenden Kapiteln er-
wähnt, unter neue Verhältnisse entweder dadurch, daß sich die Natur-
verhältnisse ihres Standortes ändern, oder dadurch, daß sie nach anderen
Standorten wandern, deren Verhältnisse von denen der ursprünglichen
verschieden sind. Es wurde ferner angedeutet, daß die Folge dieser
- Veränderung der Arten wahrscheinlich die Entstehung neuer Arten
sein kann.
= Eine Veränderung der Individuen, -die zur Veränderung der
_ Arten führen kann, ist eine notwendige Voraussetzung für jede Ab-
- stammungslehre, sei es die Lamarcks oder Darwins oder aller denkbaren
_ anderen. Über diese Bildung von neuen Arten sei hier einiges bemerkt,
- ohne daß eine umfassende Betrachtung dieser größten und BEER
E Frage der Biologie versucht werden soll.
2) Engler 1879—82.
; “. 2) Willis 1903; 1915: The endemic Flora of Ceylon with reference to geo-
R graphical distribution and evolution in general, in: Philos. Transact. Roy. Soc. of
‘ London B. Vol. 206. Svedelius 1907.
3) Vesque 1882 a.
9493 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
Neue Arten können auf verschiedene Weise entstehen, aber in jed
Falle muß vorausgesetzt werden, daß die genotypischen Anlagen
selbst verändert werden müssen, weil nur dadurch neue Eigen-
schaften auf die neue Generation erbli ch übertragen werden Be
(Nach de Vries- Klebahn.)
Die sexuellen Zellen können erfahrungsmäßig durch Bas
dierung verändert werden, d. h. durch Kombination von Anl
welche sowohl vom Vater wie von der Mutter herstammen ‚kön
(z. B. Circaea intermedia).
121. Kap. Die Entstehung der Arten 943
Fig. 393. Saisondimorphismus von Gentiana campestris, links die Frühjahrs-,
in der Mitte die Sommer- und rechts die Spätsommerform. Nach Wettstein.
Fig. 394.
Saisondimorphismus bei
Euphrasia offieinalis,
links die Frühjahrs-,
rechts die Sommerform.
Nach Wettstein.
"944 Der Kampf zwischen den Pflanzenformationen
Eine andere Form ist diejenige, welche jetzt gewöhnlich Mutati
genannt wird; sie ist eine dauerhafte Veränderung der Anlagen dur
für uns noch rätselhafte Ursachen; letztere sind uns gewöhnli
ganz unbekannt, vielleicht oft rein zufällig und jedenfalls in ihreı
Wirkungsweise am Ende noch unverständlich; aber überall müssen 4
davon ausgehen, daß die Eigenschaften der Organismen die notwendige
Folgen bestimmter Ursachen sind, was Nägeli in seinem großen Werke
von 1864 so scharf hervorgehoben hat. Seine „Theorie der bestimmten
und direkten Bewirkung“ ist ja, allgemein eo wenigstens teil-
weise auch die Lehre Lamarcks, welche er besonders in seinem Buc
von 1809: „Philosophie zoologique* entwickelt hat. Der Lamarckis
oder die Annahme von der Vererbung erworbener Eigenschaften, c oder ?
besser ausgedrückt: „erworbener Anlagen“, gewinnt in der neueste
Zeit wohl immer mehr Anhänger, obgleich sie bisher nur wenige si
Stützen gewonnen hat. Wie Darwin und andere Anhänger der
wicklungstheorie nahm Lamarck die Veränderlichkeit der Formen
und ebenso schenkt er den Haustieren und Kulturpflanzen beson
Beachtung. Nach Lamarck geht die Fortentwicklung der Natur
die natürliche Veränderung der Formen unaufhörlich vor sich. Die Zeit
und die Natur der Umgebung sind die beiden wichtigsten Faktoreı
für die natürliche Gestaltung all der verschiedenen zur Entwick
gelangenden Formen. Die Umgebung wirkt auf die Organismen, ae de
wenn sie sich ändert oder wenn der Organismus wandert und so
anderen Umgebung ausgesetzt wird, das Tier die „Notwendigkeit“ (bes
fühlt, sich den neuen Bedingungen anzupassen, es macht natürlich e
verschiedenen Gebrauch von seinen Gliedern oder hört auf, sie zu
brauchen und veranlaßt sie so, sich dem Wechsel zu unterwe
Lamarck, aber noch mehr sein Zeitgenosse Geoffroy St. Hilaire, le
Gewicht auf die direkten Einwirkungen des umgebenden Mediums
den Organismus, aber Lamarck nimmt dies im wesentlichen für di
Pflanzen an. Im Neo-Lamarckismus wird der frühere Typus der aktiver
Anpassung kaum diskutiert, der passiven Anpassung resp. der Selbst t
regulierung (Selbstanpassung, Epharmosis) dagegen wird größere Be h.
tung gezollt. Lamarck versichert ohne Versuche, daß die in d
Weise entstandenen Formen ihre erworbenen Eigenschaften auf ihre N
kommen übertragen; dies ist ein sehr schwacher Punkt in seiner The
und eine heute viel erörterte Frage. Es versteht sich von selbst,
Lamarck keine Ahnung von Protoplasma, Idioplasma, Sexualzellen,
Wesen der Befruchtung usw. hatte; auch ist es ja deutlich, daß s
Lehre im höchsten Grade auf Spekulation begründet war; sie exper
mentell zu begründen, lag ihm fern. Daß aber die Umweltfak
also der Standort im weitesten Sinne, die von ihm als die wichti
angesehenen Entwicklungsfaktoren waren, ist deutlich.
8
1. Kap. Die Entstehung der Arten 945
Die erste Bedingung dafür, daß sich eine neue Art durch Anpassung
Ss einer anderen zu entwickeln vermag, ist, daß diese plastisch ist,
d.h. ihren Bau und ihre Lebenstätigkeit in Übereinstimmung mit den
uen Verhältnissen verändern kann. Man muß annehmen, daß alle
n in allen ihren Organen, in der äußeren Gestalt wie in dem inneren
‚ mehr oder weniger plastisch sind, am wenigsten vielleicht die
alten und aussterbenden Arten. Diese Plastizität findet man so-
bei den allerniedrigsten Organismen, z. B. bei den Plasmodien der
hleimpilze; sie muß überall auf Eigenschaften des Protoplasmas zurück-
hrt werden.
Daß die meisten Pflanzen nun in der Tat sehr plastisch sind, ist
'h eine sehr große Menge von Experimenten und Erfahrungen be-
ätigt worden; Beobachtungen von einer langen Reihe von Botanikern
en hierfür vor. Es kann hier noch kurz auf einige von den in den
eren Seiten besprochenen Tatsachen hingewiesen werden.
Die wichtigsten Standortsfaktoren, die hier in Betracht kommen,
ad Licht, Wärme, Luftfeuchtigkeit, Wasser und Qualität
'r Nahrung im Boden. Zur Erläuterung diene das Folgende.
Im 2. Kapitel wurden die Eigentümlichkeiten der Sonnen- und der
ttenpflanzen behandelt. Wie Lichtwechsel Drehungen, Formen-
nderungen oder Wanderungen der Chlorophylikörper in den Pflanzen
orrufen kann, und wie Lichtwechsel die Stellung der Blattspreiten
rn kann (26. Kap.), so kann eine Veränderung der Beleuchtung auch
ne Entwicklung nach dem morphologischen und dem anatomischen
au hin veranlassen, der für die genannten Pflanzen kennzeichnend ist
ıd als ihnen nützlich angesehen werden muß. Sogar die eigentüm-
lichen Formen der blattförmigen Cacteen sind hauptsächlich dem
Lichte zuzuschreiben, was Vöchting und Goebel nachgewiesen haben.
e Etiolierung der Lichtpflanzen im Dunkeln ist vermutlich als eine
iche Anpassung aufzufassen. Daß das Licht die Differenzierung
Vegetationsorgane von Marchantia und die Bildung der Arche-
nien auf der von ihm abgewandten Seite der Farnvorkeime hervor-
t, sind andere, wohlbekannte Beispiele für die gestaltende Wirkung
; Lichtes.
Bekanntlich gibt es bestimmte und konstante Verschiedenheiten
ischen Erdsprossen und Lichtsprossen im ganzen und bei derselben
oder zwischen dem Bau von Wurzeln und Lichtsprossen. Costantin
denselben Sproß oder dieselbe Wurzel im Boden und in Luft kul-
iviert und nachgewiesen, daß die mannigfaltigen äußeren Verhältnisse
die Organe sowohl anatomisch als auch morphologisch verschieden aus-
äcen und daß die vorkommenden Unterschiede dieselben sind, welche
unter den entsprechenden Verhältnissen normal lebenden Pflanzen-
teile auszeichnen.
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr. 60
‘946 Der Kampf ’zwischen::den Pflanzenvereinen CRD
Man hat auch Versuche über die: Einwirkung der Wärme auf
Pflanzenteile angestellt. Die Versuche von Emil Chr. Hansen zeige
daß Wärme auf verschiedene Weise Gärungspilze erblich ändern kan
Die von Prillieux und Vesque beweisen, daß die Erwärmung des Bodeı
die osmotische Kraft der Wurzeln steigert, so daß die Pflanzen suceule
werden und gerade die Wasserbehälter und den bedeutenden Umfai
‚nebst der geringen Transpirationsfläche erhalten, die sie darin
'stützen, auf dem erwärmten trockenen Felsenboden oder auf ähnliche
-Boden auszuhalten. Den Wärmeverhältnissen kann man vielleicht au
die stärkere Entwicklung von Wachs auf den Halmen von Hor
Tritieum Sect. Secale und anderen: Gräsern zuschreiben, welche P.N
und Raunkiär (nach mündlichen Mitteilungen) in warmen Sommern
‘achtet haben, wodurch die Transpiration vermutlich auf eine mit
veränderten Verhältnissen übereinstimmende günstige Weise herabg
wird. Bekannt ist in naturhistorischen und landwirtschaftlichen K
‚daß auch die Tiere in Anpassung an die Wärmeverhältnisse (Beha
stärker in kälteren Umgebungen, ZRH der Farben ET
tiere ae abändern können. u
Tufkteuchligkeit: Wasser. ‚Im ersten Abschnitte und.
sind in verschiedenen Kapiteln die-anatomischen und. die morphol:
Eigentümlichkeiten der Hydrophyten und der Xerophyten bes
worden. Versuche von Costantin, Schenck, Askenasy, Lothelier,
‚Volkens u. a. zeigen, daß sich die ‚verschiedenen Organe (Wurz:
Stamm, Blätter, Haare) bei derselben Art morphologisch und anatomi |
verändern, je nachdem sie sich in Luft oder in Wasser, in troc N
‚oder in feuchter Luft entwickeln, und daß dadurch gerade solche B:
'verhältnisse erzeugt werden, die für Land- und Wasserpflanzen
für Xerophyten und Hydrophyten im allgemeinen kennzeichnend
.oder daß jedenfalls eine Entwicklung in der Richtung nach diese
‚verhältnissen eintritt. Es ‘ist eine deutliche Selbstregulierung, d
‚Intercellularräume kleiner. werden, je stärker die die Transp ft
-hervorrufenden Faktoren wirken, und umgekehrt. Gewisse Arten
bekanntlich sehr plastisch, z. B. kann man die Landform des Poly:
amphibium in wenigen Wochen in eine Wasserform umwandeln (
brand, Massart); besonders Monokotylen der Heide besitzen ei
Etannliche Wandlungsfähigkeit an trockenen und nassen Stan
‚vergl. Juncus supinus usw. (Graebner .1895). |
Verschiedene Nahrung ruft, wie den Landwirten wohlbl
‘ist, Unterschiede in der Tracht hervor; auch Unterschiede im Blüt
scheinen hieraus hervorgehen zu können, indem eine stärkere Ernö
eine größere Blütenachse, größere Blüten und mehr Blütenblätter
mehr Fruchtblätter bei Papaver, bei schlechter Ernährung
2 1. Kap. Die Entstehung der Arten 947
arming) hervorbringt. Die 8.415 erwähnten Versuche von Lesage,
anzen an Salzboden anzupassen, zeigen dasselbe.
- Von Versuchen, bei welchen verschiedene Außenweltfaktoren gleich-
zusammenwirken, kann hingewiesen werden z. B. auf die von
er und Bonnier, welche Pflanzen der Ebene in den Hochgebirgen
tiviert haben und umgekehrt. Überall bestätigt sich, daß Ver-
derungen der Faktoren auch mehr oder weniger durchgreifende Ver-
rungen der betreffenden Pflanzen hervorrufen.
Ferner kann erwähnt werden, daß mechanische Kräfte, z.B.
ermehrter Zug oder Druck auf den Bau der Organe abändernd wirken,
vie Heglers Versuche nachgewiesen haben: je größere Anforderungen
an die Stärke eines Pflanzenteiles gestellt werden, desto stärker wird
Schwendener).
Es werden also nicht nur die äußeren Bauverhältnisse beeinflußt,
ern auch die inneren: nicht nur die Länge der Wurzel und der
gelglieder, die Größe und die Dicke oder die Länge der Blätter,
reichlichere oder die spärlichere Entwicklung der Haare usw., son-
auch die relative Dicke von Rinde, Zentralzylinder und Mark in
Achsenorganen, von Palisadengewebe und Schwammparenchym in
Blättern, die Höhe der Epidermis, die Dicke der Cutieula, die An-
und die Mächtigkeit der Gefäßbündel, die Verholzung, und nament-
die Mächtigkeit des Holzes, der Gefäße und der Tracheiden, die
des mechanischen Gewebes, die Größe der Intercellularräume!), die
Bi dung des Chlorophylis, die Entwicklung der Spaltöffnungen, der
Endodermis usw.
Die Pflanze hat also eine auf vielfache Art nachweisbare Fähig-
it, auf äußere Einflüsse zu reagieren. Bisweilen kann der eine Teil
lirekt beeinflußt werden, ohne daß sich andere verändern. Sogar das-
‚Blatt paßt sich bisweilen verschieden an, wenn es unter ver-
denen Bedingungen lebt; z. B. überragen die oberen Teile der
tter von Stratiotes oft das Wasser, werden dann weniger durchsichtig
und ‚überdies dunkler grün, als die untergetauchten Teile, erhalten Spalt-
st fnungen usw. (Costantin).
e Ferner sind nicht nur die Formenverhältnisse, sondern auch bio-
(ogische Eigenschaften plastisch. Die Gärtner wissen aus Erfahrung,
aß verweichlichte Pflanzen durch Frost leichter getötet werden, als
dere Individuen derselben Art; einjährige oder zweijährige Arten
önnen durch äußere Verhältnisse mehrjährig werden; die Zeiten der
tuhe, der Belaubung und des Laubfalles, die Blütezeit können andere
en; kleistogame Blüten können durch kaltes und dunkles Wetter
= %ı) Vergl. Graebner 1895.
a 60*
948 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
hervorgerufen werden!), und alpine oder arktische Blüten erscho
an Selbstbestäubung mehr angepaßt, als Blüten derselben Arten
anderen Gegenden (Warming, Lindman). Einen Teil der hierher R
hörigen Tatsachen hat Henslow?) gesammelt. Im ganzen ist der Stoff
wechsel der Pflanze sicherlich überall den Gesetzen der Anpassung
oder Selbstregulierung unterworfen. Saecharomyces richtet sich nach le
Gegenwart oder dem Fehlen des Sauerstoffes, der un der Wu 7%:
nach den Hindernissen, denen sie begegnet, usw. i
Natürlich sind nicht alle Pflanzen in gleichem Maße plasti
Teils werden sich bei den Arten Unterschiede in der von ihrer Verwa
schaft stammenden Disposition geltend machen, teils die Entwicklungs
stufe, auf der die Art oder die Gattung als Ganzes steht (gewiss:
Gattungen, wie Hieracium und Rubus, scheinen bekanntlich in leb
hafter Entwicklung zu sein), teils der Grad, in welchem die erwo. €
nen Kennzeichen durch Vererbung befestigt worden sind. Demn
werden sich einige mehr in der einen, andere mehr in der and
Richtung verändern. Auch sind nicht alle Individuen ae
gleich variabel.
Hinzuzufügen wäre noch°): Jede Art variiert, und zwar je
verschiedener Weise. Während Typen, die uns systematisch als
fixierte, „wenig abändernde* bekannt sind, gewöhnlich nur hin
wieder in einem Merkmal (also etwa in Blattform, Blütengestalt,
haarung usw.) variieren, sehen wir bei den Individuen polymoı
Formenkreise mehr und mehr Organe und Organteile (bis zu anatomische
Unterschieden herab) abändern. Von den ersteren Typen, also (der
„alten“, wenig variablen) lassen sich nun erfahrungsgemäß sehr schw L
neue irgendwie konstante Formen züchten, trotz der auch bei den ir
nern selbstredend geübten strengsten Isolierung. Bei den polymorphere
(und schließlich den polymorphsten Gruppen) bilden sich aber &
immer mehr und mehr konstante Formen, die (natürlich immer
der Voraussetzung strengster Isolierung) um so konstanter sin
mehr von den der betreffenden „Art“ eigentümlichen Abänderu
verschiedener Organe sich in dem betreffenden Mutterin
duum vereinigt finden. Ob eine einzelne Abänderung dabei
den Rahmen einer bestimmten Variation (Galtonsche Kurve usw.) h
geht oder nicht, scheint ziemlich nebensächlich. Bei überhaupt
variierenden Gruppen (polymorphen Formenkreisen) wird man
redend danach eine viel viel größere Tendenz zur Konstanz der einz
1) Voechting 1893; Graebner 1893; Goebel, Einleitung in die experin
Morphologie 1908.
?) Henslow 1894, 1895.
®) Graebner in diesem Werke 2. Aufl., 393.
I. Kap. Die Entstehung der Arten 949 |
derungen finden, sobald Bastardierung ausgeschlossen ist, als bei
ur wenig Abänderung zeigenden Arten, bei denen also eine Kom-
nation einer größeren Zahl von abändernden Merkmalen viel viel sel-
ist. Bei den Gärtnern, die sich wissenschaftlich mit der An-
neuer Formen beschäftigen, ist es eine längst bekannte Tatsache,
von den Tausenden aus den Aussaaten hervorgehenden jungen
zen (deren Blüten- oder Frucht- usw. Merkmale man noch nicht
| Fig. 39.
a RR bursa pastoris mit geflügelter Frucht mit abfallenden Klappen;
b C. Hesgeri mit ovaler Frucht und durch Zerfallen der Klappen freiwerdenden
Samen. (P. Graebner jun. gez.)
ıt!) nur von denjenigen Pflanzen die Entstehung einer konstanten
ı zu erwarten ist, die schon als junge Pflanzen (also auch in ganz
ensächlichen Merkmalen) sich von dem Gros möglichst abweichend
gen. Je weniger stark die Abweichung der neuen Form ist, d.h. je
ver zahlreich die Zahl der abändernden Merkmale ist, desto schwie-
rer ist die Fixierung der Form (also ihrer Merkmale). Je mehr diese
h wierigkeit hervortritt, desto mehr ist die Selektion, die Zuchtwahl
950 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen re
notwendig. Bei ganz polymorphen Gruppen hat durch die stets
tretende Summierung der Merkmale fast jede Pflanze (wenn sie isoli
wird) ihre konstante Nachkommenschaft (vergl. Oenothera usw.). Je
weniger groß die Variationsfähigkeit (vieler Merkmale) ist, desto mel
wird in den Nachkommen des betreffenden abändernden Individ Bi
sich eine Tendenz zum Rückschlag eines verhältnismäßig (etwa
centualiter) großen Teils der Merkmale der Abänderung beme
machen. Es wird also eine verhältnismäßig immer größere Zahl
rückschlagender“ Individuen auftreten, die zur Erzielung einer Konstan
ausgemerzt werden müssen. Je weniger Merkmale bei einer bestim
erzogenen Abänderung eines einzigen Organs (etwa Blütenform
mit dieser Abänderung zugleich abweichend vom Typus auft
desto mehr Generationen mit steter Zuchtwahl gehören dazu,
Abänderung als solche samenbeständig zu machen. Capsella Hk
(vergl. Solms-Laubach) scheint auch eine solche in neuester Zeit
standene Art. zu sein, in der sich eine Menge von Merkmalen
verhältnismäßig sehr wenig abändernden ©. Bursa pastoris ver
haben, und die trotz ihrer zweifellos“ sehr großen Jugend (bei
nur zufälliger Isolierung!) eine Konstanz aufweist, die Erstaunen
regen muß (Fig. 395). Für die künstlichen durch Isolierung und Z
wahl erzogenen konstanten Rassen liegen eine große Reihe
Beispielen vor, namentlich in unseren bekannten Kulturpeg NZenr:
(kurzlebige Nutz- und Zierpflanzen). ;
Es ist also sicher, daß die Pflanzen sich ändern können und si
in Harmonie mit den Außenweltfaktoren bringen können. Eine w
größere Anzahl von Beobachtungen und Versuchen als die hier :
gedeuteten lassen sich anführen unter Hinweisung auf Costantin, Vol
Lothelier, Stahl, Vöchting, Schenck, Lesage, G. Karsten, Frank, Du
Vesque, Bonnier, Askenasy, Goebel, Lewakoffski, Graebner und
über die morphologische und die anatomische Plastizität des ein
Individuums oder der einzelnen Art. Das Ergebnis dieser Versuche i
daß durch die Veränderung der Lebensbedingungen eine Entwi
hervorgerufen wird, die eben in der Richtung der Anpassung
Lebensbedingungen geht, von welcher wir wissen, daß sie die nor
und konstante Anpassung der Lebensformen oder der Pflanzen’
ist, welche unter apn betreffenden Slam oriEDR A 2
zubringen. X
Es entsteht dann aber die große und we Wagen
diese Arten (Lebensformen, Pflanzenvereine) nun auch
durch solche Epharmose (Selbstanpassung, Selbstregul
ihre konstanten Eigentümlichkeiten erhalten, also
das geläufige Schlagwort zu benutzen, durch Vererbung erworh
' Die Entstehung der Arten | 951
nlagen').; ‚Daß dieses der Fall sein kann, ist die Überzeugung des
fassers dieses Buches, trotzdem es ebenso eine sichere Erfahrung
daß die allermeisten der erwähnten Änderungen ebenso schnell
hwinden können, wie sie gekommen sind, wenn die Pflanzen bald
‘ die früheren Standortsverhältnisse zurückgebracht werden und
haupt bald anderen Außenfaktoren ausgesetzt werden. Es ist des-
‚wohl verständlich, daß so viele Forscher die Möglichkeit der
verbung neuer Anlagen durch Außenweltfaktoren verneinen. Lamarck
; aber außer diesen genannten auch einen anderen Faktor als beson-
‚wichtig hervor, nämlich lange Zeit, aber dieser Faktor fehlt
n in den betreffenden Versuchen; die Pflanzen müssen durch viele
'nerationen, vielleicht Jahrhunderte lang, den betreffenden Faktoren
setzt sein, damit die Wirkungen von ihnen im Idioplasma der
» fixiert werden können.
‘Für die Möglichkeit der Vererbung „erworbener“ Anlagen kann
ens erstens auf eine Reihe von Indizienbeweisen in der Pflanzen-
aphie verwiesen werden, z.B. die vielen Beispiele von Konvergenz,
ähnliche Epharmonie verschiedener systematischer Typen unter
chen Lebensbedingungen, z. B. in den Hochgebirgen und Polar-
nden, in den Steppen und Wüsten, am Meeresstrande und auf Salz-
n im Binnenlande, wovon der vierte Abschnitt in diesem Buche
Menge Belege gibt. Auch die Zoologie liefert eine Menge von
ielen (die Höhlentiere, Wüstentiere, Polartiere usw.).
_ NVikariierende Arten. Weiter gehört hierher z. B. das so all-
neine Vorkommen von nahe verwandten Arten, Kleinarten, Unterarten
r Rassen, in nahe aneinander grenzenden, aber doch, was Standort
ft, etwas ‚verschiedenen Gegenden und, was Ausbildung betrifft, in
pharmonie mit diesen Verschiedenheiten, wie z. B. verschiedene von
ttstein nachgewiesene Verhältnisse, oder die Nachweisung von Diels
‚der fein abgestuften Anpassung südwestaustralischer Arten an die
rechenden feinen Abstufungen des Klimas. Es kann daran erinnert
erden, daß es eben das Vorkommen von vikariierenden Arten auf den
alapagosinseln und auf dem südamerikanischen Festlande war, welches
i Darwin die Überzeugung von erblicher Umbildung der Arten
1% a) Es muß darauf hingewiesen werden, daß der Ausdruck ET SER Eigenschaften“
verschiedenen Schriftstellern verschieden gebraucht wird. Während einige darunter
nigen Eigenschaften verstehen, die von einem Individuum während seiner Lebens-
erworben resp. angenommen sind, verstehen andere darunter auch die Eigenschaften,
ein Individuum abweichend von seinen Erzeugern durch die (oder bei der) Geburt
ben“ ‚ d. h. mitbekommen hat. Über das letztere (Mutation, Variation) braucht
diskutiert zu werden, strittig bleibt die erstere Frage: sind während der Lebens-
erworbene (durch Anpassüng ERERSEERN) REN auf die Nachkommen-
übertragbar?
952 Der Kampf zwischen den Pflanzenvereinen
befestigte; viele andere biogeographische Tatsachen müssen zu d
selben Schluß führen. Die ozeanischen Inseln spielen ja überha
eine große Rolle in den Diskussionen über die Abstammungslehre
allgemeinen, aber viele von diesen „stellvertretenden* Arten spr
allerdings nicht mit absoluter Deutlichkeit für eine „bestimmte
direkte Bewirkung“,
Auch das häufige Vorkommen von geographischen Varietäten
Kleinarten besonders in der Peripherie von Arten mit einem gro
Verbreitungsgebiet sprechen für die Einwirkung der Außenweltfakto
Direkte Beweise für erbliche Veränderungen durch Einwi
gen von Umweltsfaktoren gibt es zurzeit noch wenige, aber doch &
um zu zeigen, daß auf diese Weise eine Bildung neuer konstanter Si
stattfinden kann. Es gibt Versuche, welche beweisen, daß chemi
Eingriffe erbliche Umwandlungen hervorrufen können, indem die
anlagen der Sexualzellen, männlicher sowohl wie weiblicher, geän
werden können. Der Nordamerikaner Mac Dougal gibt an, daß er
kömmlinge von Pflanzen, in deren unbefruchtete Fruchtknoten er
mische Auflösungen eingespritzt hatte, erhielt, und von diesen Abköm
lingen zeigten einige erbliche Abweichungen von der Mutterpflanze.
Hier kann auch auf die Erfahrungen hingewiesen werden, wel
über Umwandlungen von asexuellen Organismen durch äußere Fakto
hervorgerufen werden können (Hefezellen, Bakterien), Umwandlu
welche ganz oder für eine Anzahl erblich sind. Am deutlichsten a
sind, was die Erblichkeit anbetrifft, die von Em. Chr. Hansen, Tov
Standfuß, Fischer u.a. ausgeführten Umwandlungen durch physikalis
Einwirkung, namentlich durch abweichende Temperatur oder Feue
keit der Umgebung. Besonders sind Insekten Versuchsobjekte ge
(Schmetterlinge, Käfer); von den erhaltenen Abweichungen zeigte
eine größere oder geringere Prozentzahl erblich. Besonders de
sprechen die Experimente von Tower mit Koloradokäfern (Leptinota
undecimlineata), welche erhöhter Wärme und trockenerer Luft ausge
wurden, wenn die Tiere sich in einem bestimmten Entwicklungsstad
befanden; er konnte dann erbliche Farbenabweichungen erhalten.
Uberhaupt scheinen physikalische Einwirkungen deutlicheren
zu geben als chemische. Es kann erinnert werden an die merkwür
Resultate, die Em. Chr. Hansen in Kopenhagen mit Hefezellen erhi
gewissen erhöhten Temperaturen ausgesetzt, wurden sie asporogen
zwar so konstant, daß sie später nicht in ihren ursprünglichen Zu |
zurückgebracht werden konnten, selbst wenn unzählige Generatio
anderen Einwirkungen ausgesetzt wurden. Die ursprünglichen erblic
Anlagen waren vollständig verändert worden. Daß die Hefezelle ke
sexuelle Fortpflanzung hat, muß als unwesentlich betrachtet wer:
Die Entstehung der Arten 953
se Resultate Hansens scheinen in .der Litteratur wenig beachtet
sein !).
Auch Pasteur und andere haben durch Versuche gezeigt, daß
ılente Bakterien ihrer giftigen Eigenschaften in manchen Fällen
lich beraubt werden können; es hat sich gezeigt, daß farblose
ssen sich aus farbstoffbildenden Bakterien züchten lassen und für
gere Zeit erblich fixiert sind, selbst wenn sie wieder unter normale
Verhältnisse gebracht worden waren. „Da man jetzt allgemein“, sagt
‚Hertwig in seinem neuesten Werke?), „eine dauerhafte idioplasma-
ne oder genotypische Veränderung der Keimzellen als eine Mutation
ichnet, ist jeder durch Beobachtung gefundene oder durch Experi-
nt hervorgerufene Fall einer solchen, wenn sie auf die nächste
neration übertragen wird, auch ein Beweis für die Vererbung
vorbener Eigenschaften“. Hertwig selbst hat experimentell nach-
wiesen, daß Samenzellen durch radioaktive Bestrahlung in ihrer Kon-
titution so verändert werden können, mögen sie noch in der Keimdrüse
des lebenden Tieres sein oder nach ihrer Entleerung der Einwirkung
esetzt werden, so daß die Radiumwirkung auf das Ei übertragen
den kann, und Hertwig hat kein Bedenken, dieses als eine Vererbung
er erworbenen Anlage zu bezeichnen.
Auch scheint er mir recht zu haben, wenn er ferner den Schluß
t, daß die Umweltsfaktoren „auf den ganzen Lebensprozeß der sich
twickelnden Versuchsobjekte, namentlich auf ihren Stoffwechsel und
re ganze Konstitution eingewirkt“ haben; der ganze Organismus ist
ändert worden. Das mag nun richtig sein oder nicht, so viel steht
enbar fest, daß die Umweltsfaktoren Organismen dauerhaft verändern
inen, so daß ihre Abkömmlinge als „neue“ Typen bezeichnet werden
issen. Das ist ja aber eben der Kern im Lamarckismus; viele von
en so allgemeinen durch äußere Einwirkung hervorgerufenen Ab-
weichungen, welche schnell verloren gehen, wenn die betreffenden Or-
nismen anderen Einwirkungen ausgesetzt werden, würden nach meiner
uffassung wahrscheinlich mit der Zeit dauerhaft werden — es ist aber
ıge Zeit erforderlich, vielleicht Jahrtausende — aber Zeit spielt in
r Natur keine Rolle, was eben die Ansicht Lamarcks war.
Es gibt also jedenfalls, wie erwähnt, zwei verschiedene Arten der
ildung neuer erblich dauerhafter Arten, nämlich die Bastardierung und
® Einwirkung von Außenfaktoren auf die Organismen. Ob es noch
eine andere Form gibt muß dahingestellt sein; ich denke an das, was
_Vesque „variabilit6 phylötique“ nannte, eine ererbte Variabilität, die von
2) Siehe Gesammelte theoretische Abhandlungen über Gärungsorganismen von Em.
r. Hansen, herausgegeben von A. Klöcker. Jena 1911.
®%) Hertwig 1916: Das Werden der Organismen.
954 Der Kampf zwischen: den Pflanzenvereinen
der Abstammung der Arten, aber nicht von den Umgebungen abhä
Es ist diese phylogenetische Entwicklung wohl identisch mit der, welche
später von Eimer Orthogenesis genannt worden ist, Nägelis Pro-
gressionsprinzip. gi e
Die Darwinsche Selektion hat nach der Auffassung der neue
ren Zeit nicht ganz die Bedeutung, welche ihr ursprünglich und du
viele Jahre zugeschrieben wurde; aber ganz ohne Bedeutung bleibt ; sie
nicht. Aus dem oben Gesagten ER hervor, daß äußere Einwirkun
bisweilen abnorme Organismen hervorrufen, schwache und wenig leb
fähige Individuen; hier kommt „die Selektion“ als regulierender F3
und entfernt diese Individuen im Kampfe um Existenzmittel mi R
befähigteren, der Lebenslage besser angepaßten.
‘Von den durch die artbildenden Kräfte ber orge Indivi
gibt es drei Kategorien, nämlich erstens diejenigen, die nicht exi
fähig sind, jedenfalls nicht mit anderen Individuen den Kampf au
können und deshalb früher oder später verschwinden. Zweitens
jenigen, deren Charaktere indifferent sind, weder schädlich noch be;
ders nützlich; solche werden wohl oft ihren Platz unter den and
Lebewesen behaupten können und ihre neuen Eigenschaften auf
Abkömmlinge vererben, und ich denke mir solcherart viele von
Baumarten der tropischen Regenwälder entstanden, in welchen, wie
79. Kapitel erwähnt, die Artenmischung ungeheuer ist, ohne daß
Art die anderen zu besiegen vermag. Drittens gibt es diejenige
dividuen, welche durch besonders nützliche Eigenschaften ausgestattet
sind, sich also in ausgeprägter Weise den Umweltsfaktoren angepa 3
zeigen; diese werden vorzugsweise imstande sein, eine Stelle im Kar
ums Leben zu behaupten und sich in der Welt zu vermehren. W
man die Veränderungen beobachtet, welchen die Arten durch veränd er ‚e
Lebenslage in der wilden Natur gewöhnlich unterworfen sind und vor
welchen oben Beispiele gegeben wurden, wird man, wie es sche
finden, daß diese Veränderungen in einer für das Leben nützlie
Richtung vor- sich gehen; es haben die Organismen vorzugsweise die
Fähigkeit, sich den äußeren Einwirkungen in zweckmäßiger Weise zu
adaptieren, und das ist es, was ich direkte AnDDRRUUE OU
Selbstregulierung genannt habe. ©
Die Selbstregulierung scheint vorzugsweise bei den Vogeta
organen oder auf dem Gebiete des Stoffwechsels, also auch bei
Ausprägung der Lebensformen und der Formationen, ihr Wirkun
zu haben. Der Blütensproß folgt in seiner Entwicklung offenbar
weise ganz anderen Gesetzen, als die vegetativen Organe; jede
sind seine Reaktionen, soweit man weiß, gegen die Einwirkunge
Klimas und des Bodens viel geringer. Dies wird wesentlich darau.
ruhen, daß der Blütensproß. eine kurze Dauer hat, und daß die Proze
Kap. Die Entstehung der Arten 955
Stoffwechsels im Vergleiche mit denen der vegetativen Organe
ergeordnet sind. Daß Eigentümlichkeiten, welche die Lebensformen
nnzeichnen, aus direkter Anpassung an die Umgebung, aus einer
Iche neuen Anpassungen entgegenarbeitet) die erworbenen Merkmale in
'kerem oder geringerem Grade befestigte, erscheint als unzweifelhaft.
rck hat in dieser Hinsicht einen schärferen Blick für die Wahrheit
bt, als Darwin und andere seiner Nachfolger. Die direkte An-
ng ist sicherlich einer der mächtigsten Entwicklungsfaktoren der
schen Welt. Durch ihr Studium wird das große Lebensgeheimnis
etwas klarer werden; wir dürfen freilich nicht erwarten, dessen
‚je zu erkennen.
Im allgemeinen haben Werke oder Abhandlungen, welche nach 1914 erschienen
nicht ausgenutzt werden können, sind aber doch teilweise in der Litteraturliste
hrt worden. Speziell muß ich aber doch hier am Ende dieses Abschnitts erwähnen,
n neues, großes Werk von Frederic E. Clements in Minnesota mir zu spät in die
kam, um hier benutzt zu werden; es heißt: „Plant succession. An Analysis of
development of vegetation“. Published by the Carnegie Institution of Washington,
242, 1916. Es enthält in seinen über 500 Seiten unter anderem: Concept and
of succession; Initial causes; Ecesic causes; Reaction; Stabilisation and Climax;
are and Units of Vegetation; Direction of Development; Classification of Series;
x formations of North America; Past Climates and Climaxes. Es ist durch 61 Tafeln
51 Textfiguren illustriert. (Warming.)
logräs 393, 395
ies 575
alba 281, 584
—_ balsamea- 517, 781
concolor 575
ectinata 584
'Sibirica 585
- Absorptionsvermögen 98,
100, 106, 109
cacia 223, 237, 239, 250,
A 800, 843, 860, 864,
conspicua 223
— deinen, 777
etinens 862
_ — Farnesiana 443, 864
— Giraffae 264
— harpophylla 800
— heteracantha 862
— heterophylla 222
En horrida 264, 844, 858, 862
'— saligna 777
— spirocarpa 844, 862
— tortuosa 865
_ Acaena 637
— adscendens 679
a es 789°
RE Be rolins 402, 404, 407,
Acer 553, 555, 566, 571, 572,
2.572, 575, 608, 616, 741
Br campestre 566
3 -Fraxinus- Ulmus 689
— pseudoplatanus 20, 36
— rubrum 624
E- saccharinum 572
und Namen-Register
von H. Stange
Achillea 791
— atrata 120, 127
— clypeolata 124, 814, 815
— fragrantissima 265
— millefolium 119, 267,
545, 566, 711
— moschata 121, 127
Achorutes viaticus 469
Achyranthes 439
Acicarpha spathulata 224
Aciphylla 183
Ackererde 84
Aconitum 276, 542, 548,
578, 904
Acorus 501, 510, 514, 910
— calamus 33, 301, 503
Aretia 183
Acrocladium 635
Acrosiphonia 383
Acrostichum aureum 399,
402, 411
Actaea spicata 564
Actinidia 574
Acutifolia 655
Adansonia 190, 256
— digitata 842, 844
Adenia 734
— globosa 856
Adenium 256
— Socotranum 742, 856
Adenocarpus 582
Adenostyles 174, 542
Adesmia 707
Adhäsion 85
Adiantum 739
— capillus Veneris 738, 739
Adonis vernalis 812
Adoxa moschatellina 170,
171, 556, 563
Adventivwurzeln 88, 280
Aegiceras 252, 403, 406, 407
— corniculatum 244, 408
— majus 402
Aegle 867
Aegopodium podagraria 569
Aeluropus litoralis 459, 460,
909
Aenderungen, biogene 918
— klimatogene 918
Aera 531, 534, 538, 832
— antarctica 717
— caespitosa 181, 530, 539,
540, 544, 570, 631, 923
—_ caryophyliea "668
— discolor 501
— flexuosa 309ff., 354,
559 ff.
— praecox 668, 771
— uliginosa 501
Aeranthus funalis 295
Aörenchym 272, 273
Aörophyten 196, 297, 309
Aeschynomene 511
Aesculus 258, 553, 571, 572,
573
— hippocastanum 233, 554,
938
Astuarien 341, 359, 391
Agarum Turneri 269, 374
Agathis australis 591
Agathosma erectum 220
Agauria salicifolia 720
Agave 45, 165, 174, 178,
232, 258, 255, 427, 826,
858, 865, 885
— Americana 164, 920
—, hundertjährige 165
Agavenforın 325
Agrimonia Javanica 853
Agropyrum 74, 826, s. a.
Triticum
— dasystachyum 525, 780
— junceum 434
— spicatum 826
Agrostis 531,
636
— alba 447, 451, 520, 530,
539, 540
— borealis 540
— canina 531, 658
— stolonifera 451
— tenuis 533
— vulgaris 531, 540, 545,
631, 728, 914
538, 627,
958
Ahl 113
Ahnfeltia plicata 394
Aichryson 734
Ailantus 20
Aira s. Aera
Aizoaceae 224, 413
Aizoon 45, 250, 737
— Canariense 44
Akebia 514
Alang Alang 349
Alaria esculenta 381
Albizzia lebbeck 608
— Moluccana 607
Alchimilla 737, 871
— filicaulis 543
— glomerulans 543
— pentaphylla 530, 533
— villosa 853
— vulgaris 532, 548, 568
Aldrovandia vesiculosa 268,
473, 474, 475, 476, 987
Alectoria divergens 650
— nigrieans 650
— ochroleuca 650
Algen 32, 116, 117,
143, 145, 149, 269,
120,
272,
282, 283, 320, 333, 336,
349, 359
—, aörobiotische 385,
482
—, a@rophile 419, 482
419,
—, aörophytische 158, 289
— auf Strandsteinen 346
—, autophyte 359, 391
—, blaugrüne 146, 362,
431
—-Farben 380
—-Formation 481
—, krustenförmige 149
—-Luftblasen 379
—typus 268, 272
— verteilung,
Darstellung 382
Alhagi 203, 219
— Camelorum 343, 791,866,
874, 893
schematische
Alisma plantago aquatica
492,
624
— ranunculoides 520
Alkalien 110
Alkoholgärung 79
Allium 812, 892
— senescens 868
— ursinum 563, 564
Allobophora turgida 137
Alluvium 73, 521
Alnus 559, 572, 584, 631,
689, 907, 908, 915
_ glutinosa 514, 570, 680,
685, 803
_ incana 570
— rugosa 498
— viridis 129, 548, 685
501, 503, 508, 520,
Sach- und Namen-Register
Alo& 178, 192, 232, 253,
255, 735, 737, 842, 854,
858, 890
— plicatilis 859
— pluridens 799
Aloeform 325
Aloegewächse 151
Alopecurus 538
— brachystachys 533
—_ - genieulatus 530
— pratensis 539
— ventricosus 452
Alpenmatte 328
Alpenrosen 684 er
| Alsine verna 534
Alsophila 246, 592, 617
Alternanthera 439
— muscoides 224
Althaea officinalis 455
. Althenia 392
— filiformis 458
Aluminium-Silikate 74
Alvaren 729
Alvarvegetation 96, 97
Amarantaceae 224
Amaryllidaceen 173, 257
Amblystegium 473,632, 633,
639, 681
Ambrosia trifida 510
Ameisen 136, 278, 297
Amelanchier vulgaris 742
Ammi visnaga 51, 886
Ammodendron 778
— conollyi 779
— Karelini 779
Ammoniak 98, 121, 147
Ammophila 78, 209, 217,
301, 771,08 Calam-
agrostis
— arenaria 181, 217, 758,
759, 762
—-Dünen 749
Amorphophallus 179
Ampelodesmus tenax 789,
806
Amphilophium 163
Anabaena 287, 394
— Baltica 362
— circinalis 464, 467
— flos aquae 464, 467
— thermalis 485
Anabasis 229, 458
— aretioides 65, 184, 889
— arcticulata 221, 792, 889
Anagallis tenella 519
Anamirta coccculus 611
Anaptychia 688
— ciliaris 723
Anastatica 214
— Hierochuntica 51, 885,
888
Anchusa Barrelieri 814, 815
Ancylonema Nordenskiöldii
469
— -Dünen 749
— glaeialis 102
. — Helvetica 130, 266
Anemone 562, 566,
Andira inermis 177, 865.
Andreaea 723
Andromeda 689
— calcyculata 509, 622
— polifolia 210, 501
624, 634, 652, 658
680 \
Andropogon 513, 782
— cerisiiformis 818.
— furcatus 822, 823
rn 814 |
allii 24
— hirtus a, 252,
— scoparius 781, 822
824 ER
— villsus 2335
Androsace 696, 735
— Hausmanni 102
871, 923
— alpina 101
— nemorosa 178,
355, 523, , 562
717, 96 > a
— ranunculoides
562, 916
— sulphurea 101
Anemophile 301
Aneura 658°
Anflug-Kiefern 1
Angelica 681
— offieinalis 567
— silvestris 568
Angiospermen 316
Angraecum sesquipeda
Anguilluliden 111
Anisomeris obtusa
Anona 85
— crassiflora 838.
— palustris 410
Anordnung, güı
355
> assung, anatoı
iologische 289
—_ Se al
— physiognomisc
—_ Beer: 303.
— soziale 275°
— zeitliche 304
Anpassungsmerkmall
Anthelia pilacea 640
Anthemis arvensis 12
— cotula 127
Antennaria 668, m,
— dioeca 218, 579, 77
Anthistiria ciliata. £
-— imberbis 588, 818
— membranacea
Anthocyan 27, 20
ıoxanthum 538, 539, 545
Anthoxanthum odoratum
1, 217, 530, 531, 5834,
909
; riscus silvestris 567
;äure. 248, 256
anizomenon flos. aquae
2, 464, 467
anothece 496
m 453
graveolens 164
00 een 299
nthes 281
nogeton distachyum 519
is 547, 708
pina 548, 716
pen öl, 151, 160, 185,
, 290, 291, 298, 413
piphytische 194
caria Brasiliensis 586,
' e
imbricata 586
ienwälder 586
tus unedo 204, 794,
, 803
elica 530, 631
fficinalis 543, 548
tostaphylos 666, 674,
5, 716, 909
pina 193, 642, 667, 668,
6, 677, 7 14, 912
uniperus- Heide 749
uva ursi 193, 347, 577,
79, 667, 668, 676, 677,
678, 780
Area 1
aonia agrimonioides 278
snaria 706, 715, 735, 737
peploides 480, 16
rpyllifolia 703
enicola 138
astrum 183, 266, 708
ıtea-Arten 231
giseta e 825
sta 778, 779
ungens 242, 753, 758,
6, 778, 782, 792, 884
urpurea 824
olochia triangularis 163
neria 450, 715
maritima "678, 746
— spinescens 874
u ke 798, 873, 874
Sach- und Namen-Register
Armeria vulgaris 176, 451, |
747, 768, 770
Armillaria nielles 281
Arnica 904
— montana 534, 578, 668
Aronia 689
Aronstab 8
Arrhenatherum 587
— elatiüs 816
Artemisia 181, 213, 812,
866, 873, 889, 891, 894
Euer, campestris 44, 221, 668,
706, 765, 770, 792
— Canadensis 749, 825
— caudata 749
— filifolia 781, 798
— frigida 791, 873
— Gallica 455
— herba alba 265, 457, 792,
817
— maritima 346, 450, 791,
873
— monosperma 776
— nana 706
— -Panicum- Assoziation
748
Fer 1 791, 792, 807,
— Valesiaca 816
Arthopyrenia halodytes
. 424
Arthrocnemum 230, 416
— glaucum 424, 454
— macrostachyum 909
Arum 179
— maculatum 8, 564
Aruncus silvester 57
Arundinaria 513
— alpina 616
— macrosperma 510
Arundineta 352
Arundo 783
— donax 190, 506
— Madagascariensis 832
Arvenwälder 580
Asarum 380
Asclepiadaceae 299, 414
Asclepias Cornuti 730
— purpurea 819
Ascophyllum 383
— nodosum 272, 373, 375,
394
— scorpioides 394
Asparagoideae 413
Asparagus 230, 790, 794
— acutifolius 795, 804
— horridus 788, 899
Aspectus aestivalis 330
— auctumnalis 330
— hiemalis 330
— vernalis 330
Asperula longiflora 92
959
Asperula odorata 170, 301,
358, 355, 562, 928.
Asphodelus 788, 789, 790
— luteus 254
— ramosus 582
Aspicilia cinerea 422
Aspidistre 175
lurida 173
Aspidinm 567, 785
— dryopteris 178, 562, 576
— filix mas 564
— spinulosum 564
-— t elypteris 631, 635, 668
— vestitum 639
Asplenum 735
— adiantum nigrum 101
— adulterinum 101
— nidus 294, 295, 600
— Seelosii 102
— septentrionale 102
— Serpentini 101
— trichomanes 21, 22
— viride 101
Assimilation 31, 256
—sgewebe 251
—sorgane 269
Assoziationen 2, 3, 306, 349,
352, 410
—- Abänderung 353
—, koprophile 422
—-Veränderungen, sekun-
däre 356
— kompetitive 304
Astelia 178
Aster 450
— alpinus 706
— amellus 706
Asterionella 465, 468
Asteriscus pygmaeus 214,
885
Aster tripolium 400, 418,
422, 427, 448, 449, 458,
455, 743
Astragalus 203, 242, 265,
776, 792, 826, 866, 893
— arenarius 773
— exscapus 243
— Thracieus 791
Astrebla 832
Astrocaryum 265
Atemhöhle 208, 210
Atemwurzeln 404
. Athyrium filix femina 564
Atmung 48, 256
Atragene 578
— Sibirica 571 .
Atriplex 42, 44, 253, 416,
434, 436, 448, 453, 458,
460, 831, 864
— canescens 874
— confertifolia457,459, 874
— coriacea 250
— dimorphostegia 893
— halimus 250, 792
960
Atriplex litoralis 400
— pamporum 864
— patula 453
— pediculata 250
— portulacoides 250, 417,
418, 454, 909
Attheya 465
Auenwälder 318, 522
Aufbau, histologischer 316
Auftauen 38
Aulacomnium 521, 531, 538,
658
Ausläufer 78, 181, 301
Austrocknung 135, 292
Austrocknungsvermögen197
Autophyten 72, 147
Avena 538, 587
— filifolia 816
— pratensis 546
— pubescens 539
— rufescens 636
Avicennia 403, 404, 406, 407,
408
— nitida 402, 406
— offieinalis 402
— tomentosa 402
Azalea procumbens 116
Azalea procumbens- Heide
679
Azima tetracantha 799
Azolla 268, 270, 287, 472,
474, 516
Azorella 183, 184, 220, 266,
325, 663, 679, 708, 871
— caespitosa 718, 871
— 1lycopodioides 708
— madreporica 830
— selago 708
Azotobacter chroococcum
286
Bacharis 864, 871
— crispa 225
— dioeca 224
— genistelloides 225
— triptera 227
Bacillus azotobacter 148
— Pasteurianus 148
— subtilis 433
— tetani 139
Bacterium Okeni 389
— sulphuratum 389
Bactris 265, 411, 517
Bäume, fettspeichernde 35
—-Gestalt 64, 190
—, immergrüne 129
—, Kämpfe 19
— mit Brettwurzeln 597
Bakterien, anaerobe 82, 116
—, denitrifizierende 147
Bakterienkolonie, strangför-
mige 286
Bacterium oligocarbophilum
140
Sach- und Namen-Register
Bakteroiden 286, 287
Bambusa 616
Bambusen 186, 190
Bambusform 188
Bambusgräser 168
Bambusgruppe 183
Bambuswald 517, 616
Bananen 151, 165
Bandblatt 392, 492
Bangia 3853
Banksia 209, 845
Barbacenia 260, 723
Barbula muralis 900
Barringtonia-Formation 444,
445
— racemosa 444
—- Wälder 910
Basalt 94, 106
Basaltsand 94
Basidiomyceten 138
Basis 306
Bastgewebe 217
Baststränge 263
Batidaceae 224
Batis 361, 410, 414, 439, 453,
454
— maritima 224, 401, 454,
455
Batrachium 474, 486, 488,
490, 492, 494, 496, 498
— aquatile 476, 494
— marinum 394
Batrachospermum 478, 481
Bauhinia sp. 163, 258
Baum der Reisenden 193
Baumfarne 324, 617
Baumgrenze 131, 132
Baumkronenschicht, oberste
329
Baunsschicht, niedere 329
Baumsteppen 833, 841
Baumwuchs-Formen 64
Bauverhältnisse,anatomische
70
—, besondere 70
—, morphologische 70
Bau, xeromorpher 311
—, xerophiler 311, 407
Beggiatoa alba 388, 389
Beggiatoen 389, 485
Begleitpflanzen 303, 354
Begonia 251
Beilschmidia 591
Bejaria 871
Bellis 545
— perennis 32
Beleuchtungsdauer 15
Beleuchtung,
201, 236
Bennettitales 884
Benthos 359
Berberis 263, 552, 571, 586,
872
— empetrifolia 220
Beigaliorung
Berberis ilieifolia 573
— vulgaris 775 Be
Berchemia scandens 624
Bergheide 5
Bergkiefer 285, 314
Berkhaya 875 |
Besiedlung, lockere 327
— von Neuland 980
Bestäubung 277, 301
Bestrahlungsdauer ne
Beta 164
— maritima 424
— vulgaris 164 a
Betula 42, 571, 57
575, 584, 778, 912.
ae alpestris 688 |
— Carpatica 688
— glandulosa 677°
umilis 680°
— lutea 689
— nana 13, 567, 508,
625, 631, 643
658, 662, ’
675, 677, $
706, 714, 909, 911,
941.
— odorata 551, 567,
660, 680, 685, 686
— pubescens 567, 636
685, 928 =
— tortuosa 686, 688,
— verrucosa 507, ig.
685
Betulaceae 43
Betuleta cladinosa 353
— hylocomiosa 853
Bewegungen 8° —_
Bewegungserscheinungen 1:
Biatora 722
Biddulphia Mobiliensis 36:
Bignoniaceae 299 °
Bignonia (mit Kletterkı
162 j
Binnenlandes nn 3
Binnenlandsgürtel,
mariner 20
Binsenblatt 221
Birke 20, 35
Birkengestrüppe 129
Birkenwälder 8, MS
356, 567
—, nordische 358
Bitterstoffe 278
Blaeria ericoides 798
Blätter, s. auch Bla
—, aphotometrische
—, bedeckende 232
—, behaarte 408.
—, re e 23°
—, kleinbleibende 4
ter, lackierte 205
aNervator 154
"2 otometrische 25
I otnetrische 24
astische 29
filstellung 409
Richtung 22
rinnenförmige 246
lasen, wasserhelle 250
jlattbau, anatomischer 26
att, borstenförmiges 221
coides 220
juncoides 221
josaik 28, 25
yriophylloides 494
myrtoides 221
iefte 57
—, pinoides 220
-rosette der Ananas 45
stten von Sempervivum
, triehterförmige 246
planzen 254, 414
huppenähnliches 220
eite, Falten usw. 236,
le, rinnenförmig ver-
57
culenten 45, 224
—typen 324
—, zosteroides 492
3lutl chen 29
3iuten, inneres 49
Bluthasein 29
ia spathacea 229
Boden-Abkühlung 95
—-Arten 4, 86, 105
rung 85
=
— - Beleuchtung 134
— -Beschaffenheit,
sche 73, 93
m bewachsener 134, 135
— —--Bindigkeit 76, 77, 78
chemi-
ven, rinnenförmig ver-
Sach- und Namen-Register
Boden, chemisches Verhalten
99, 100, 118, 119, 136
—-Decke 88, 329
—-Durchlüftung 79, 125
—-Erwärmung 92
—-Farbe 86, 94
— -Feinheit 73
—, fester 77
—-Feuchtigkeit 104, 318
=, EN 96, 97,
—, flüchtiger 77
—, garer 137
—, gefrorener 94
—-Gewicht 80
—-Heizung 90
—, hetero-, homotermischer
92, 94
—-Kälte 68
—, kalter 88, 92, 132
—-Kapillarität 78
—, krümeliger 137
—-Lagerung 73
—, leichter 98
—, loser 73, 74, 77, 78
—-Luft 79
— -Mächtigkeit 96
—, magerer 99
—. milder 77
—, mürber 77, 137
—, nackter 134
—, nährstoffarmer 103
— -Nährstoffgehalt, 72, 99,
104, 125
—, neuer 898
—, pelopsammitischer 123
—, physikalische Eigen-
schaften 118, 119, 125
—, physikalisch trockener
100, 310
—, physiologisch arm 100
—, physiologisch trocken
100, 144, 310, 311
— -Porosität 94, 137
—, salzhaltiger 310
—, saurer 88, 311
—schichten 96, 98
—, schwerer 77, 98
—, sekundärer 72, 73
—-Skelett 74
—, sterilisierter 139
—, stickstoffhaltiger 139
—, strenger 77
— -Teile 74
—, tiefgründiger 96
-—--Temperatur 91, 125
—, torfhaltiger 319, 618
—, trockener 100, 317
— -Untergrund 96, 98
—veränderungen 899, 906
— - Verdunstung. 125
— - Volumen 80
—-Wärme 89, 91, 9%,
134
Warming-Graebner. 3. Auflage, illustr.
961
Boden- Wasser 72, 80, 88,
94, 125, 134
—, wasserreicher 310
—, zinkhaltiger 101
Bodo edax 365
Bolax 708
— Bovei 708
— glebarii 708, 718, 830
Bombacaceen 151, 190, 256
Bombus 276
Borassus flabellifera 616,844
— -Haine 616, 844
Borke 206
Borraginaceae 224
Borrichia arborescens 224
Borsten 278
Bostrichia scorpioides 450
Boswellia Socotrana 742
Botryococcus 466
Bouteloua 782, 826
— curtipendula 823, 824
— oligostachya 823, 824
Brachylepis 458
Brachypodium ramosum 239,
788, 789
— silvaticum 556, 564
Brachystegia 851
Brachythecium antarcticum
649
Branderde 113
Brandung 149
Brandungsgürtel 420
Brasenia purpurea 488, 498
Brassica oleracea 164, 425,
426, 427
Braunalgen 380
Braya 715
Brennhaare 278
Briza 538, 587
— media 539
Brombeere 552
Bromelia bracteata 865
Bromeliaceen, epiphytische
56
Bromeliacee, Rosette 247
—, Schuppe 55
Bromus 545, 774, 814
— erectus 556, 816
— fibrosus 814, 815
— mollis 771 r
—-Wiese 816
Broussonetia 37
Brownea coccinea 237
Bruchwald 522
Bruckenthalia
679
Brücher 318
Bruguiera 403, 404, 406, 408,
516
— caryophylloides 402
— eriopetala 402
— gymnorrhiza 402 -
— parviflora 402
Brunella 634
61
spiculifolia
962
Brunella grandiflora 127
— vulgaris 127, 541, 816
Bruniaceen 220
Brunnenfaden 484
Brunsvigia 885
Bryophyllum 255
— calycinum 854
Bryum 538, 658
— argenteum 562
Buchen 19, 38, 71, 127, 284,
328, 553
—blätter 29, 207
— -Rohhumus 111
—- Wälder 8, 134, 302, 318,
852, 356, 560
Buchlo& dactyloides 821, 823,
824
Buchweizen 349
Bucida buceras 410
Buellia geographica 722
Bulbilis dactyloides 823
Bulbine 253
Bulliarda aquatica 225, 497,
520
Bulnesia retamo 782
Bupleurum fruticosum 788
Burmanniaceae 298
Butomus 501, 514, 624, 910
— umbellatus 268, 503, 506
Butterbaum 856
Buttersäuregärung 82
Buxussempervirens571,794,
796
Byrsonima 835, 840
Caa Tinga 349
Cabomba 474, 488, 492, 494
Cabombaceae 486
Cactaceae 185, 231, 255, 290
Cacteen 232, 253, 256, 292,
825, 361, 834
Cacteenform 231
Cactus 872
Caesalpinia bonducella 445
Cakile 525, 758
— aequalis 212, 224, 437,
441
— Americana 525
— lanceolata 437
— maritima 414, 434, 436
— -Xanthium-Formation 748
Caladium 512
Calamagrostis 209, 217, 771,
824, 882
— arundinacea 677, 774
— arenaria 217, 301, 753,
755, 758, 759, 760, 762,
768, 772, 773, 775, 780,
781, 825, s.a. Ammophila
— Baltica 760, 762
— epigeios 763, 773
— lanceolata 511, 516, 636
— longifolia 780
Calamintha 794
Sach- und Namen-Register
Calamintha acinos 773
Calamovilfa 824
— longifolia 781
Calamus-Palmen 159
—-Triebspitze 158
Calceolaria 871
Calcium 74, 99, 245
Calendula arvensis 32
Calla palustris 194, 495, 515,
652
Calligonum 204, 778, 779,
792, 893
— comosum 242, 776
— Persicum 446, 447
Callithamnion 383
— arbuscula 381
Callitriche 486, 487, 489,
491, 495, 496
— autumnalis 488, 493
— verna 488
Callitris-Macchie 796
— quadrivalvis 221
Calluna-Heide 285, 302, 318,
328, 669, 670, 672, 912
— -Moor 672
— -Rohhumus 111
—-Typus 338
Caliunetum 337, 347, 854,
857
Calophyllum 517
Calothrix 478
Calotropis 865
— gigantea 779
— procera 867
Caltha 539, 631, 636, 681
— palustris 211, 268, 503,
508, 541, 628, 636
Calyceraceae 224
Calycotome 806
— intermedia 788
— spinosa 794, 796, 797
Campanula 177, 548, 684
— barbata 578
— Carpatica 176
— evinus 734
— Orbelica 533, 535
— persicifolia 28
— rotundifolia 545, 566, 668
— Scheuchzeri 534
— Steveni 535
— trachelium 564
— uniflora 715
Campomanesia aurea 222
Campos 141, 213, 344, 345,
833, 836
—flora 221, 331
Canarium 602
Canavalia 445
— obtusifolia 437, 438, 439
—-Formation 439
Canna indica 506
Capparis 260, 261, 894
— aphylla 229
— spinosa 203
— ceanescens 636
Capparis yto 852
Capsella bursa pastoris
949, 950
— Heegeri 949, 950
Caragana 866 i
Carallia 602
Caralluma 414
— codonoides 856
Carapa 403, 404, 408
— Molucensis 402
— obovata 402
Cardamine 521, 986
— amara 521
— impatiens 562
— palustris 523 e
Carex 399
— acutiformis 501, 508,
632, 914
— alpicola 540
— arenaria 181, 242
— chordorrhiza 501,
631,.635, 659, 941
— curvula 534
— diandra 636
— digitata 562
— dioeca 624
— distichia 508
— extensa 455
— ferruginea 532
— filiformis =
— firma 534
— Goodenoughü 625
> PO 636
racilis 503, 539,
irta 118
— — baum 118 SL
— incurva 436 "ER
— lasiocarpa 503, 635,
— Ligerica 579 }
— limosa 501, on
635, 652
E= Lyngbyei 41
— microglochin 624
— montana 278, 816
— nigra 534
— panicea 539, 624,
— paniculata 501, 508,
remota 562 x
rigida 633, 639
riparia 503, 508
rostrata 508, 634,
rupestris 715
salina 451
sempervirens 716
stricta 501, 508,
632, 634, 637
a,
ex ternaria 637
- trifida 638
verna 816
1egia 885
ırpinus 71, 566, 572, 932
hamus lanatus 416
Turkestanicum 891
rya 572
a calyculata 509,
dromoda
elia- Wurzelknolle 77
519, 587, 782, 864
— tetragona 209, 351, 676,
678, 697, 709, 714
ea 552, 566, 572, 575,
tiva 120, 572, 937
863
arina 151, 209, 229,
6, 444, 446, 782, 800,
2, 895
uisetifolia 445, 446
ald 846
pa 572
nella opuntia 450
ıga 189, 256
a 375, 387, 392, 393
ifera 386
’
hrysolepis 815
‚chrysolepus 814
— spinosa 184, 185, 866
sentunculus 904
ephalanthera 563
Sach- und Namen-Register
Cephalozia 658
Ceramium 394
— diaphanum 377
Cerastium 530, 545, 547,
735, 787
— alpinum 709, 715
— semidecandrum 767, 771
— tetrandrum 771
— trigynum 633, 640
Ceratium 364, 367, 368
— fusus 364
— hirundinella 465, 467,
468
— tripos 364, 371
Ceratocarpos arenarius 791,
882, 883, 893
Ceratocephalus arenarius
812
Ceratadon purpureus 762,
764
Ceratonia siliqua 796
Ceratophylium 39, 268, 472,
473, 474, 475, 476, 497,
498
Ceratopteris 476, 498
— thalictroides 472
Cereidopyllum 573
Cercis 605, 868
Cereus 427, 852, 865
— giganteus 859, 860, 885
— quisco 799
— tuberosus 258
Ceriops 406, 408, 409
— Candolleana 402, 404
— Roxburghiana 402, 404
Cetraria 534, 715
— crispa 650
— Islandica 579, 650, 668
— nivalis 764
Chaetoceras 363, 371
— paradoxum 363
Chaetomorpha 450
Chaetophora 478
Chamaedaphne 689
Chamaedorea 190, 602
Chamaeorchis alpina 705
Chamaepericlymenum Sue-
cicum 530, 658, 688, 711,
941, s. a. Cornus
Chamaephyten 153, 165
Chamaerops 516, 867
— humilis 788, 789, 806
Chantransia 481
Chara 488, 509, 521
Characeen 117, 145, 147,
8346, 387, 392
Chara fragilis 493
Chasmophyten 78, 320, 424
Chenolea diffusa 452
Chenopodiaceae 120, 121,
220, 224, 229, 230, 250,
413
Öhenopodiaceen-Vereine 840
Chenopodium 453, 907
963
Chenopodium glaucum 453
Chevaliera lingulata 177
Chiliotrichum amelloideum
718
Chitinpanzer 117
Chlamydomonas 432
— flavivirens 470
— lateritia 469
— nivalis 469
Chloride 245
Choris 460, 818
Chorisia erispiflora 256, 851
— ventricosa 844
Chlorkalium 148
Chlormagnesium 148
Chlornatrium 118, 148
Chloroform 189
Chlorophyceen 362, 383, 432,
478
Chlorophyll 298
Chlorophyligewebe 212, 253,
263, 270
Chlorophyll-Zersetzung 22
Chorda 378,
— filum 376, 378
— tomentosa 384
Christushand 174
Chroolepus 724
Chrysanthemum leucanthe-
mum 119, 545
— vulgare 766
Chrysobalanus icaco 446
Chrysomonadinen 364, 365
Chrysophyllum marginatum
222
Chrysopleniumalternifolium
74
Chrysopogon nutans 822
Chuquiragua 871
Chusquea aristata 867
Chymocorea empetroides
7
Cicendia 904
— filiformis 658
Cichorioideen 213
Cieuta viro8a 501, 508, 508,
515
Cinclidotus 478
— scoparius 910
Cipura 587
Circaea 27, 556, 563, 583
— intermedia 170, 942
— Lutetiana 74, 170
Cirsium 567
— arvense 166, 179, 301
— palustre 539, 636
Cissampelos sp. 163
Cistanche tubulosa 447
Cistetum 837
Cistus 213, 582, 788, 789,
793, 803, 806
— ladaniferus 794
— Monspeliensis 906
Cladina 422, 650
61*
964
Cladium 628
— mariscus 503
Cladonia 534, 715, 727, 766
— aleicornis 747
— alpestris 579, 650
— - Assoziation 749
— coceifera 764, 765
— fimbriata 764, 765
— foliacea 747
— gracilis 764, 765
— rangiferina 291, 347,
567, 579, 650, 668, 674,
763, 764, 765
— silvatica 579 '
Cladophora 478, 481, 496
— fracta 463, 467, 476
— gracilis 394
— Sauteri 496
Cladosporium 672
— humifaciens 138
Cladostephus verticillata
394
Clamydothrix ochracea 484
Clatrocystis aeruginosa
464
— rosei-persicina 389
Clavaria abietina 297
Clematis 558, 574, 577, 795,
804
Cleome Arabica 265, 887
Cliffortia falcata 786
Climacium dendroides 635
Climax - Formation 323, 335,
357
Clostridium azotobacter 148
— Pasteurianum 148, 286
Clusia 159
Cnicus 866
Cobaea 159
Coccolithophora pelagica
364
Coccolithophoridae 364, 367,
370
Coceolithophorideen 370
Coccoloba 230, 245
— uvifera 23, 239, 445
Coceolobetum uviferae 439
Coceulus leaeba 206
Cochlearia 417, 418, 448,
451, 530, 703, 704, 715
— fenestrata 16, 35
— offieinalis 414
Cocos yatai 616
Codonocarpus 782
Coelogyne Sanderae 186
Colchicum autumnale 539
Coleonema 737
Coloetriche 520
Colletia 227, 229, 230, 586,
799
Colobanthus muscoides 625
Comarum 636
— palustre 628, 631, 652,
658, 681
Sach- und Namen-Register
Combretaceen 402
Commelinaceen 181, 252
Commiphora 862
Communities 353
Compositae 224, 413
Conchophylium imbricatum
235
Conferva chthonoplastes 390
Conferven 390
Coniferen 315
Coniferales 316
Coniteretum 852, 574
Conocarpus-Assoziation 410
— erectus 410, 439, 443
Convallaria 556
— majalis 563, 678
Convolvulus arvensis 414
— lanatus 244
— sepium 516
— soldanella 438, 439, 772
Copernicia australis 839
Coprinus 297
Coprosma 638, 783
Corallina 383
Coralliorrhiza 242, 298, 558,
563
Corchorus 873
Cordia 446, 865
Cordyline 192
Corispermum hyssopifolium
525, 780
Cornicularia 715
— aculeata 764, 765
Cornus 552, 572, 688, 689
— alba 563, 780
— mas 571
— sanguinea 563, 571
— Suecica 530, 658, 688,
711, 941, s. a. Chamae-
perielymenum
Coronaria flos ceuculi 539
Coronilla rosea 236
Corophium crassicorne 138
Cortaderia 679
Cortesia cuneata 782
Corydallis 173, 353, 556,
562, 564, 812, 827, 923
— cava 278, 305, 523, 562
— solida 173, 305
— tuberosa 717
Corylus 566, 741
— colurna 938
Corynephorus canescens 217,
221, s. a. Weingaertneria
Corypha inermis 840
— umbraculifera 192
Coseinodiscus 363
Cotinus 550
Cotoneaster 735
— nummulifolia 742
— pyracantha 455
Cotula cinerea 44
Cotyledon 255, 735, 737,
858
Cotyledon fascicularis
— im Hottentottens
345 |
Covillea tridentata 860
Crambe 436 |
— maritima 415, a0R
771
Crantzia linearis 708
Crassulaceen 45, 244,
253,.255, 58
Crassula falcata 238
Crataegus 263, 550,
566, 9578, 741, 900
Crenothrix "polyspora
Crepis aurea 58
— tectorum 218 h
Cressa Cretica 245
Crescentia eujete 605
Crinum 260, 512°
ratense 249
Crit mum maritim
Crocus 8, 179, 258,
— Heuffelianus 7179
— vernus 704
Croton 218, 231, 7
— flavens 7°
Cruciferae 121, 183,
Crypsis aculeatus 455
Cryptomonas erosa
Cucurbitaceae 299
Culeitium 38, 709,
Cunonia Capensis 786
Cupania (fulva?) 17
Cupressoideen
Curatella 837
— americana 840
Cuscuta 116
— epilinum 280
— epithymum 280
Cuticula 202, 240,
Cyanophyceen 146
287, 288, 362,
390, 478 e
—-Vereine 432
Cyathea 592, 617°
Cycadeen 192, 288
Cyclamen 174, 178
Cyclanthera 936
Cyclotella 465
Cydonia Japonica
Cymhirohe 655
Cymodocea 392, 434
— manatorum 395
— nodosa 35
en vincetox:
169
Cynara cardunculus
Cynodon dactylon
439, 587, 775
Cynoglossum Javan
Cynomorium cocein
Cyperaceen 82, 1
181, 217, 221, 2
399, 413, 631
- Cyperus papyrus 511, 514
; RE — Syriacus 511
Cystopteris 735
i — fragilis 313
seira 375
Cytisus 229, 551
= I 868
; Baroplasna 287
Daerydium laxifolium 782
| Dactylis 538
@ Aschersoniana 556, 562,
2 K BB
lomerata 539, 914
A — Raoulii 832
684
— gnidium 582, 788, 906
— muscosa 679
— mezereum 566
— striata 679
i = Darlingtonia 631, 658
Daucus 545
u- carota 52, 164, 886
Decke, lebende 4
= Decke, leblose 4
5 Delesseria 376
ee sanguinea 377, 378
Delphinium 542, 578
_ Dendrobium inaequale 186
— nobile 53
Dendrosicyos 190
— Socotrana 742, 856
Dentaria 353
— bulbifera 563, 742
Derbesia Lamourouxii 287
Deschampsia 534, 538, 627
— flexuosa 579, 651, s. a.
ÄAera
Desmanthus natans 473
Desmidiaceen 120, 148, 375
Desmoncus 162
_ Desmotrichum undulatum
894
Desoria saltans 469
Detritus 123
H Diachyrium 782
_ — arundinaceus 830
Dianthus 814, 815
_ —- arenarius 773
— caresius 181
_ — Carthusianorum 815
— deltoides 770
_ —— microlepis 533, 535
Diapensia 702, 715, 737
— Lapponica 183, 677,
RR 707, 714, 911
Er Diatomacege 372, 432
Sach- und Namen-Register
Diatomeen 148, 363, 367,
370, 385, 483
Diatomeenplankton 369
Dichelyma 478
Dichothrix gypsophila 390
Dichtigkeit 326
Dickenwachstum 273
Dicksonia 133
— antarctica 246
— Berteroana 591
— Yourgii 617
Dicraea elongata 480
Dicranum 135, 548, 579,
581, 583, 638, 639, 642,
646, 648, 658, 688
— elongatum 644
— scoparium 564, 764
— tenuinerve 644
Dictyosphaerium 466
Digitalis 548, 684
Di otyledonen 190, 218
Dilleniaceen 209
Diluvium 73, 82
Dinobryon 365
— sertularia 365
Dinoflagellata 364
Diodia radicans 437
Dionaea 178, 631
Dionysia 183
Dioscoreaceae 299
Dioscorea 56
— dodecaneura 163
— elephantipes 206, 257,
259
Diphotaxis harra 55, 243
Dipsacaceen 262
Discaria toumatou 265
Dischidia 293
— Rafflesiana 293
Distichia muscoides 184
Distichlis spicata strieta
452
Dolomit 102, 106
—geröll 314
—grus 95
— - Verwitterungsböden 315
Domatien 278
Donatia 708
Doppelorganismus 282
Dorema 866
Dornbildung 27, 263, 278
Dornensproß 229, 230
Dorngebüsch 303
Dornsträucher 187
Dornstrauchsteppen 861
Dorstenia gigas 856
Draba 174, 178, 706, 707,
709, 711, 715, 735, 871
— alpina 266
— Cappadocica 735
— crassifolia 702
— laevigata 703
— verna 164, 703
'‘ Dracaena 192, 737
965
Dracaena ceinnabari 742, 851
Dracophyllum politum” 708
— recurvum 782
Drainage 137
Drainzöpfe 79
Drimys Chilensis 591
— Winteri 692
Drinn-Steppe 817
Drosera 178, 587, 631, 686,
658, 680
— rotundifolia 174, 652
Drüsenflecke 212
Drüsenhaare 245, 277
Drüse, salzausscheidende 244
Dryas 193, 221, 532, 662,
676, 697, 702, 706, 709,
715, 716, 789
—ablagerungen 939
— -Heide 678
— integrifolia 678, 714
— octopetala 65, 209, 677,
678, 706,709, 714, 911,912
Drymoglossum nummulari-
folium 250
Dünen 73, 75, 318, 437, 441,
749
—, außereuropäische 776
—, bewaldete 769
—-Bildung 63
—-Embryonen 752
—, feststehende oder graue
762
— -Flugsand 314
—gräser 217
—, graue 762, 763
—heide 767
—, in Afrika 776
—, in Asien 778
—, in Australien 782
—, in Neuseeland 782
—, in Nordamerika 779
—, in Südamerika 782
—, weiße, bewegliche 759
Dulichium 509
Durchlüftungssystem 207
Durvillea 378
Eatonia obtusata 822, 823
Echeveria 45, 178, 255, 735,
737
Echinocactus 248, 742
— Emoryi 256
— Wislizeni 885
Echinocereus conglomeratus
861
Echinodorus ranunculoides
492
Echinophora spinosa 416
Echinopsis 256
Echinopus 866
Ectocarpus 394
Edelweiß 37
Eiche 20, 38, 71, 89, 127,
265, 553, 570
966
Eichenkratt 348
Eichenrohhumus 111
Eichentorf 111
Eichenwälder 318, 353, 356,
565
Eichhornia 270
— crassipes 472, 473, 475
— azurea 475
Eingriffe des Menschen 275
Einöden 849
Eisanhang auf Dünenge-
hölzen 445
Eisen 98, 99, 121
—oxyd 112
—oxydul 121
—oxydulsalze 105
—oxydulverbindungen 108
—sulfat 121
—sulfide 116
—- Verbindungen 74
Elachista fucicola 289
— seutulata 289
Elaeagnaceen 210, 231, 287
Elaiosome 278
Elatine 486, 520
— alsinastrum 494
— triandra 497
Elektrizität, Wirkung 71
Elephantorrhiza 258
Elionurus 235, 829
Elisma 488
— natans 486, 488, 495, 498
Elodea 483, 486, 488, 493,
495, s. a. Helodea
Elymus 78, 771, 776, 824
— arenarius 75, 415, 436,
753, 759, 762, 763, 772,
s. a. Hordeum
— Canadensis 780
Elyna 531, 714
— Bellardi (spicata)534, 714
Elytropappus Rhinocerotis
786, 799
Embothrium 586
Empetrum-Heide 67
Empetrum nigrum s. Heide
— rubrum 664, 666, 679
Empfindlichkeit des Chloro-
_ phylis 27
Enaliden 359, 392
Enalus 392, 393
Endemismus 1
Endodermis 207
Endophyten 288, 289
Enteromorpha 383, 385, 391,
450
— intestinalis 148, 464
Entoderma viride 287
Entwickelungsglieder, gene-
tische 356
Epacridaceen 220
Epharmonie (Epharmose) 5,
195, 317
Ephebe 383, 420
Sach- und Namen-Register
Ephedra 209, 229, 416, 707,
778, 782, 792, 860, 888,
889, 894
— alata 776
— altissima 796
— campylopoda 803
Epidermis 26, 202, 249, 270
— -Verschleimung 204
—, mehrschichtige 251
Epidermiszellen 28, 29, 211
Epilobium 521, 548
— angustifolium 548, 579,
766, 904
— hirsutum 502, 503, 508,
516
— montanum 564
— palustre 539, 625, 631
— parviflorum 631
Epipactis 563
— palustris 501, 631
Epiphyllen 289
Epiphyten 50, 52, 106, 156,
197, 288, 311, 326, 329
—, licht-, schattenliebende
295
Epipogon 242, 298, 558, 563
Epistephium sclerophyllum
837
Epithem 212
Equisetum 242, 280, 548
— arvense 119
— heleocharis 503, 514, 910
— hiemale 780
— limosum 170, 501, 631,
624, 659, 910
— maximum (telmateia)
221, 521
— palustre 539, 631, 632
— silvaticum 567
Eragrostis 818, 842
— glabrata 452
— tenuis 781
Eranthis 179
— hiemalis 562
Erbse 286
Erdbeerblätter 29
Erdboden 137
—, chemischer Einfluß 4
—, fester 4
—, Mächtigkeit 4
—, Nahrung 4
—, physikalischer Einfluß 4
Erde 72
—, schwarze 108
Erdwärme, eigene 95
Erdoberfläche, Relief 62
Erdvolumenveränderungen
130
Eremanthus sphaerocephalus
865
Eremophila-Sträucher 895
Eremophyten - Formationen
320
Eremostachys labiosa 891
‚Eritrichum 541
Eremostachys macrophy
866 =
Eria semiconnata 724
Erianthus 510, 829, 8
— Ravennae 343, 506,
Erica 88, 100, 120, 209, 2
737, 786 a:
— arborea 589, 688,
791, 794, 796, 804
— carnea 532, 678
684, 746 |
— ciliaris 791
— Corsica 794
—-Heide 919
— herbacea 746
— scoparia 791, 796
— tetralix 218, 624,
657, 658, 660, 662,
671, 672, 673, 674,
680, 940
— vagans 791 Er
Ericaceen 151, 204, 25
413
Ericeta 352
Ericinella Mannii 720
Erigeron acris 119
— Canadensis 127,
Eriocaulaceen 181°
Eriogonum annuum 823,
Eriophorum 581, 62
631, 636, 652, 680,
908, 912: 2. ey
— alpinum 501, 635
— angustifolium 181.
675
— vaginatum 181, 501
632, 658, 658, 65
662
Erlenbrücher 318,
Erlenwald 569
Ernodea litoralis 224,
Erodium 258
— cicutarium 2199 |
Erophila verna 762,
771, 942
Erosion 83
Eryngium 436, 453,
— alpinum 732
— campestre 791, 874
— maritimum 242, 41
436, 440, 770, 77
Erythrolichen 480
Erythraea 450
— spicata 455
— tenuiflora 455
Erythrina 604, 606
Erythrophyll 7°
Erythroxylon 835
Escallonia 586, 871
Esche 20, 89, 552,
- Espeletia 38, 39, 231, 626,
E709, 719, 720
— grandiflora 719
Eucalyptus 239, 782, 806,
828, 895
— celastroides 843
dumosa 800
— loxophleba 847
_ —— macrocarpa 857
marginata 805
Eucalyptusbäume im Urwald
621
- Wälder 843, 846
uchytreus 137
Eugenia 517
dysenterica 838
Euglaena sanguinea 465, 470
- viridis 365, 465, 470
_— Euonymus s. Evonymus
_ Eupatorium 510
Euphorbia 185, 231, 255,
856, 858, 890
Abyssinica 855
— aphylla 856
— arbuscula 742
—-Assoziation 774
buxifolia 224, 437, 438,
441
Canariensis 856
cornuta 243
cyparissias 773
dendroides 788
- Guyoniana 776, 887
- Javanica 853
- Mauretanica 856
— meloformis 187
— myrsinites 124
— paralias 208, 218, 438,
772
—— phosphorea 852
- — pilulifera 441
olygonifolia 525
Reinhardtii 255, 860
— resinifera 230
— tetragona 842
— thymifolia 441
Euphorbiaceen 181,
256, 413
Euphorbien 6
Euphrasia 702
offieinalis 119, 943
Eurotia lanata 874
uryale ferox 490, 495
ops 205, 875
Evolvulus 519
Evonymus Europaea 566,
571
— verrucosa 571
Excoecaria biglandulosa var.
_ 222
224,
Exocarpus 782, 895
Facies 353, 354, 355
Facultative Epiphyten 296
Sach- und Namen-Register
Fadenalgen 365
Faguceae 413
Fageta 352, 353
— asperulosa 853
— myrtillosa 353
Fagraea 294, 600
Fagonia Cretica 44
Fagus 23, 553, 566, 571,
572, 691, 900, 932
— ferruginea 572
—-Fraxinus-Reihe 559
— grandifolia 572, 575
— Japonica 573
— orientalis 565
— silvatica 129, 560, 937
Falcaria sioides 243
Srrgg, salzfliehende usw.
Farbe der Vegetation 330
Farben 145
—filter 21
Färbung der Pflanzen 27
Faktoren der Außenwelt 3
—, biotische 4
—, chemische 72
—, direkte 80
—, edaphische 3, 4, 72, 310
—, klimatische 3, 4, 10, 310
—, mittelbar wirkende 3, 4
—, ökologische 310
—, orographische 140
—, physikalische 72
—, topographische 312
—, unmittelbar wirkende 3,4
Falkia repens 452
Farnbäume 192
Farnform 151
Farnkräuter, rosettenbilden-
de 177
Farnvegetation, im Urwald
619, 621
Farnwälder 591, 617
Fastigiaria furcellata s. Fur-
cellaria
Faurea 798
Fäulnis 92
Faulschwamm 117
Federgras- Wiese 352
Feinerden 76, 106
Feinsand 106
Feldspat 106
Feldspatgestein 123
Felicium deeipiens 607
Felsarten 123, 124
Felsbewohner 197
Felsblöcke am Strande 427
Felsenboden 105
Felsen, feuchte 385
—fiuren 328
—, subglaciale 712
—formationen 320, 360, 721
—heiden 96
—meere 740
—pflanzen 27, 33, 52
967
Felsen, senkrechte 421
—steppen 787
—triften 787
Fels, fester 72
—, loser 72
—hänge 314
Fensterblätter 239, 240
Feronia 867
Ferula 792, 866
— asa foetida 891
Ferulago monticola 814, 815
Festheftung der Epiphyten
290
Festuca 217, 453, 581, 588,
587, 714, 832, 908
— -Assoziation 774
— distans 427, 451, 453
— elatior 539, 914
— erecta 638
— gigantea 556, 564
— glauca 730
— nubigena 853
— Oelandica 730
— orthophylla 708
— ovina 209, 239, 531, 579,
649, 668, 764, 773, 728,
730, 770, 771, 813, 816,
900
— pratensis 816
— pulchella 532
— pumila 534
— rubra s. b. T. ovina 914
— rubra arenaria 761, 764,
773, 774
— rubra fallax 533
— thalassica 181, 396, 427,
447, 448, 449, 450, 451
— vaginata 774
— Valesiaca 815
— violacea 532
—-Zone 457
Festucetum rubrae 764
Fettpflanzen 254
Feuchtigkeit 62
Ficaria 562
Fichte 20, 71, 285, 301, 314,
337, 575
—, alte im „Urwald“ 905
Fichtenblätter, in Schatten
u. Sonne 30, 925
Fichtenrohhumus 111
Fichtenwald 285, 302, 303,
817, 318, 330, 582
—, absterbender 923
Ficus 160, 251, 295, 600,
602, 606, 616
—baum 279, 294
—baum mit Brettwurzeln
18, 605
— Carica 552, 796
— elastica 26, 610, 611
— hirta 608
— religiosa 56, 57, 241, 604
— Roxburghii 605
968
Ficus Wightiana 573
Filago minima 771
Filipendula ulmaria 329, 515,
516, 521, 567, 568, 570,
628, s. a. Ulmaria
Filtrationsvermögen 83, 197
Filz 111, 135
Fimbristylis 587
— sericea 439
Fittonia Verschaffeltii 28
Fitzroya Patagonica 691
Fixierungsorgane 135
Flächenstellung 236
Flachsseide 280
Flachsproß 230
—, blattartiger 229
—, blütentragender 222
Flacourtia 604
Flagellaten 278, 365, 367
—vereine 317
Flechten 120, 154, 156, 196,
282, 283, 289, 290, 320,
326, 333, 336, 349, 383,413
— auf Bäumen 289
—, epiphylle 288, 289
—formationen 336
—heiden 318, 649
—, koniophile usw. 121
—pilze 282
—, saprophile 121
—tundren 649
Florideen 375
—, sublitorale 383
Flugsanddünen 106
Flüsse 318
Foeniculum capillaceum 829
Föhn 64, 140
Föhrenwald 522
Fontinalis 478, 479, 481,
486, 496
— antipyretica 496, 497
Formae procumbentes 192
Formation 333, 334, 352
Formationen, gemischte 342
eschlossene 328
—, halophile 311
—, hygrophile 319, 525
—, kaltte mperierte 319
u lithophi e 310
—, megatherme 319
—, mesotherme, mesophile,
mikrotherme 319, 525
offene 328
progressive 334
psammophile 810
regressive 334
sandliebende 310
sekundäre 348
steinliebende 310
subtropische 319
subxerophile 807
tropische 319
—-Typen 336 -
—-Veränderungen 356
Peer
Dee GE Eee EV] BEER EEE ee
Sach- und Namen-Register
Formationen, zusammen-
gesetzte 342, 344
Formationsfolge, rückschrei-
tende. 335
Furskälea tenacissima 889
Forsten 282, 300
Fouquiera splendens 208,
860, 894
Fragaria 29, 166, 179
— vesca 579
Fragilaria 465
Frailejon 37
Frankenia 42, 414, 417,
456, 460, 889
— capitata 452
— pulverulenta 245
Frankeniaceae 413
Fraxinus 552, 555, 566, 572,
573, 575, 741, 803
— excelsior 569
Frenela 782, 895
Freycinetia '616
Fritillaria 812
Frost 107
—brand 37
—krebs 37
Fruchtwechselwirtschaft 105
Frühjahrsflora 330
Frühlingspflanzen 305
Frullania cornigera 247
Fruticuli 187
Fucaceae 383
Fuchserode 113
Fuchsia 181
Fucus 104, 289, 394
— inflatus 383
— serratus 377
— spiralis 383, 450
— vesiculosus 272, 374, 375,
377, 383, 450
— — auf submersen Steinen
346
Furcellaria fastigiata 394
Fusanus 782
— spicatus 843
Gagea 562, 564, 812, 892
— saxatilis 815
Galactites tomentosa 906
Galanthus 564
— nivalis 305
Galeriewälder 88, 312
Galinsoga parviflora 33,
127
Galium antarcticum 679
— elongatum 625
— Javanicum 853
— mollugo 773, 816
— palustre 625, 631
— silvaticum 380
— verum 773
Galmeiveilchen 101, 122
Ganzparasiten 280
Ganzrosettenpflanzen 176
Ganzsaprophyten KR
Garide 349
Gartenerde 139
—humus 113
Gaultheria mich
Gazania 875
Gebirgsketten, Höhe und
Richtung 140
Gebüsch 328, 337
Gebüsche, mesophile
— auf Sandstrand 442,
Gebüsch - Formationen
—- in der Wüste 344
Gehölze, immergrüne
314
—, laubwechselnde2
314
Gehölzsämlinge Me
Gelenkzellen 217, 249
Genista 181, 209,
354, 582, 667, 806
— Anglica 120, 76
— Corsica 794, '797
— Germanica 772
— sagittalis 227
— Ss arae ri unse
— scorpius 788
— tincetoria 228
Genisteen 252
Genlisea 268
Gentiana 532, 584,
— acaulis 532 %
— campestris 43
— lutea 732
— nivalis 702 Re
— pneumonanthe 680.
— serrata 702
Geogene Veränderı
Geophyten 165, 304
Georgine 174 E
Geraniaceen 255, 262
Geranium 530, 792.
— palustre 521
ratense 5389
— Robertianum 414
— silvaticum 313, 5
567, 568, 570
— tuberosum 82
Gerbstoff 203, 248, 260
Geröllformationen 310
—halden 745
Geschiebemergel 11
Gesneraceen 181, :
Gesteinsarten 106
Gesteine, Erwärmun
keit 105
—, Härte 105
—, Porosität 105
— -Verwitterungsfähi
rivale 567, 569, 570, 681
urbanum 25
ebe, eiweißleitendes 271
grüne 270
81, 108, 121, 148
cium flavum 415, 436,
maritima 400, 413,
7, 448, 450, 458
choma hederacea 563
itschia 572, 605
scherablagerungen 73
nmer 106
-Verwitterungsböden 315
lobularia 678, 709
20capsa sanguinea 469
iosa superba 779
yoym
lepidota 819
Gnaphalium 668, 771, 853
iuteo-album 734
supinum 530, 533
neis 106, 125
-Verwitterungsböden 315
vebelia alopecuroides 893
olenkinia radiata 466
onium Bere 466
onocaryum piriforme 611
Goodeniaceae a4
oodyera 577, 583
ens 576, 936
ea decorticans 864
mineentypus 180, 181
ranit 94, 106
—boden 105
—fels 72
-- Verwitterungsböden 314
asdecke 132
Grasfluren 587°
Grasform 151, 180, 188, 324
ras-Formationen 398
Sach- und Namen-Register
Grasmatten, alpine 318, 528
—, arktische 318, 528
—, mikrotherme 528
Grassteppen 320, 321
—, baumlose 809
— Nordafrikas 816
— Südafrikas 817
— Südosteuropas 809
Grastypus 168
En an, subxerophile
07
—, xerophile 317
Grauerde 570
Graya polygaloides 874
Great plains 819
Grenzgürtel 420
Grimmia 579, 633, 639, 647,
648, 723
— ericoides 647, 764
—-Heide 647
— hypnoides 647, 649
— lanuginosa 728
— maritima 184, 422
Grindelia squarrosa 825
Grobsand 76, 106
Großsträucher 336
Grubbia 209
Grubengas 82
Grünalgen 380
Grundachsen 78
—bildung 74
—, kurzgliedrige 181
Grunddiatomeen 368
Grundformen 151
Grundwasser 81
— spiegel 79, 83
—schwanknngen 83
—-Stand 81
Grünlandmoore 82, 318
Grus 106, 123
Gunnera 288
— Chilensis 513
Gürtelbildung 141, 380, 388,
384 |
Gürtelstufen-Vegetation 360
Guttation 211
Gymnocladus 572, 695
Gymnocybe palustris 685
Gymnogramme leptophylla
734
Gymnospermen 315
Gymnosporia 688
Gypsophila 819
— paniculata 812
— Uralensis 735
Gyrophora 722, 899
— hirsuta 291
Gytja 117
Haarbekleidung 231
Haare 211, 270.
—, wasseraufsaugende 244
—, wasserführende 250
Haarleisten 56
969
Haastia 183, 719
Habitat, Habitatio 1, 2, 3, 10
Hagel 54
Hafthaare 374
Haftorgane 269, 374
Haftscheibe 269
Haftwurzeln 296
Hakea suaveolens 210
Hakenvorrichtungen 277
Halbkulturformationen 348
Halblianen 159
Halbrosettenpflanzen 177
Halbsaprophyten 116, 298
Halbsträucher 153, 155, 168,
181, 333, 860, 396, 787
Halbstrauchformationen 337,
400, 453
Halbstrauchsteppen 787
—, dornenlose 872
Halbwüsten 308, 321, 849
—, succulente 853
Halfagras 243
Halidrys 383
— siliquosus 272, 375
Halimeda 387, 392, 393
Halimocnemis 458
Halimodendron halodendron
(argenteum) 205, 866, 888,
893 .
Halimus pedunculatum 250
— portulacoides 250
Hallimasch 281
Halo-Benthos 359
Halocnemum 416
— strobilaceum 460, 792,
889
Halodule 392
— Wrightii 395
Halogeton 253, 260
— sativus 458
Halonereiden 359, 374
Halopeplis 460
— Gilliesii 459
Halophila 392
— Aschersonii 387, 395
— Baillonis 395 ;
Halophyten 120, 197, 199,
248, 311
—form 416
—-Serie 358
—, tropisch - amerikanische
224
— -Vegetation 318
Haloplankton 359, 361, 373
Halo-Saproplankton 373
Haloscias 418
Halosphaera 372
— viridis 145, 362, 863
Halostachys Caspica 348,
459, 460
Haloxylon 204,253, 416,458,
853
— ammodendron 446, 778,
894
970
Haloxylon Schweinfurthii
252
Haplophyllum
891
Haptere 269
Hapaxanthen 176
hard-pan 113
Harpixsträucher 205
Hartlaubformationen 312,
320, 785
Hartlaubgebüsche 793
lasianthum
Hartlaubgewächse 68, 268
Hartlaubvegetation 785
Hartlaubwälder 801
Hauslauch 218
Hautgewebe 248
Haworthia truncata 239
Heberdenia excelsa 796
Hectorella 719
Hedera 558, 736
— helix 562
. Heide 41, 314, 324, 326
—, alte 903
—, arktische 351
—, braune(immergrüne)330
—, echte 354
—, freie 927
—.erde 139
—gebiete Deutschlands
(Karte) 623
—gewässer 104
—gräser 217
—humus 104
—moore 52, 82, 103, 110,
318, 652
-— pflanzen 27
—rohhumus 111
—sand 112
—seen 318
—torf 85, 86, 104, 110, 111
— —, saurer 138
—tümpel 318
Hekistothermen 63
Heleocharis acicularis 520,
521, s. a. Scirpus
— palustris 451, 501, 507,
508, 520
Helianthemum chamaeecistus
546
— fumana 806
— guttatum 906
Helianthus annuus 900
Helichrysum 875
— arenarium 239, 773
— miecrophyllum 797
Heliconia 512, 517, 617
Heliophyllon 214
Heliotropie 45
Heliotropium 455, 519, 893
— Arbainense 252
— arboreum 250
— arenarium 773
— Curassavicum 224, 443,
455
Sach- und Namen-Register
Heliotropium inundatum .
441
Helleborus 904
Helm 217
Helodea s. Elodea 117, 270,
496, 934
— Canadensis 127,270, 302,
493, 497, 920, 940
Helophyten 309, 310, 396
Helosciadium inundatum
486, 494, 495
Helotismus 282
Helrosetplanter 176
Hemikryptophytun 153, 165
Hemiparasiten 156
Hemiepiphyten 295, 296
Hemisaprophyten 156, 298
Hepatica 562
Heracleum 510, 643
Heritiera litoralis 402, 444
Hermannia 873
Herniaria 233
— glabra 44
Hesperantha Volkensii 720
Heterothalamus spartioides
864
Heterotrophen 156
Hexamitus crassus 365
Hibiscus tiliaceus 444
Hieracium 651, 948
— murorum 564, 379
— pilosella 119, 179, 218,
763, 770, 773
— umbellatum 414, 766
Hierochlo@ 548, 714
Hildenbrandia 374, 383, 478
Himanthalia 383
— lorea 289, 381
Himbeere 552
Hippopha&s 520, 770
— -Gebüsche 777
— rhamnoides 429, 430,442,
522, 761, 768, 771, 772
Hippuris 482, 487, 488, 493,
495
— vulgaris 268, 494, 510,
512, 520
Hitzewüsten 875
Hochgebirgsformationen,
tropische 719
Hochgebirgsgegenden 41
Hochgebirgspflanzen 37,133,
231
Hochgebirgssteppen 867
Hochgebirgs - Wüstensteppe
869
Hochgräser 503
Hochmoore 82, 103, 314, 353,
652
Hochmoor, altes 655
—bildung 653
— im Frühsommer 661
Hochseeplankton 371, 372
Hochstauden 169, 333, 359
Hochstaudenfluren 541,
— schicht 329
—-Sümpfe 400
Hochwald 303
—pflanzen 134
Hoffmannseggia 872
Höhenstufen-Vegetation 3
Holcus lanatus 354, 539
— mollis 304, 545, 984
Holosaprophyten 154,
298
Holoparasiten 154, 156
Holoplankton 369
Holzparasiten 187
Holzpflanzen 153, 360,
Holzstauden 181 |
Homogyne alpina 533,
Honckenya peploides
436, 440, 759, 762,
Hopfen 161
Hordeum 450, 824, 871,
— arenarium "436, 759,
771, 772, 774 (Eiymus
— maritimum 435,
— murinum 829
— secalinum 792, 829,
Hornblende 106
Hottonia 482, 495
— palustris 473, 474, 47
Hügel, pannonische,
tische 142, 317
—, sonnige 149, 317
Hüllen, faserige 246
Humulus 161, 558 -
— lupulus 57, 515, 51
Humus 76, 77, 78, nn
94, 108, 109 i
—, brauner 109
— bildung 133
—boden 105
, gewöhnlicher 18
kohle 112
—, milder 113
—, neutraler 126 N
—säure 79, 100, 109, 11
144, 149, 311
_ freie 197
— stoffe 74, 99
Hungerformen 100
Hura 604
— crepitans 237, 288.“
Hutschinsia 703
— alpina 101, 716
— brevicaulis 101
Hyacinthus 8, 794
Hydathoden 211, 314,
Hydra viridis Pr
Hydrilla 270, 496, 498,
> yerticllata 268
obryum 480
Hydrockane 6, 268,
474, 475, 476, 498
Hydrocharitaceen 392
Hydrocleis 488
Hydrocotyle 628
— vulgaris 193, 194, 501
Hydromegathermen 62, 63
Hydromystria stolonifera
472, 473, 474
Hydrophylax 439
Hydrophyten 123, 156, 196,
199, 309, 310
R —, lithophile, steinliebende
207, 374
“ Hydrothermfigur für Süd-
italien 61
' / = an Bus 39
roxyd 108
=
drurus 146, 481
F Z poetidus 865
Hygrochasie 51
- Hygrophyten 50
em
x Hy
nn: 83, 84, 291
ocomium 548, 568, 581,
583, 644, 668, 688
— splendens 564
— triquetrum 564
_ Hymenaea courbaril 177
Hymenophyllaceen 26, 27,
50, 158, 242
Hymenophyllum 26
— tunbrigense 141
| Bi; im Urwalde 601
Hyoscyamus muticus 250
Hypericum 742
y — perforatum 566
— qnadrangulum 566
_ Hypertrophismus 283
- Hyphaene Bussei 842
.— Enmep 842
— The
aica 844
Hyphen 283
Hypheothrix 484, 485
Hypnaceae 82
I Hypnum cordifolium 632
— cupressiforme 564
u _ cuspidatum 632, 635
— purum 564
— Schreberi 301, 564
— sericum 900
— stramineum 622, 663
Hypochaeris 178
Hypochaeris radicata 762,
172
Hypoderm 248
Hypoxis angustifolia 720
Hypsela 536
Hysterophyten 153
Hyssopus 221
e Jahres-Amplituden 134
Jahresproduktion,
318
geringe
1 R Jahreszeiten - Periodizität
330
| ; —-Verschiedenheiten 384
—, physiologisch trockene 62
Jahreszuwachs 317
Sach- und Namen-Register
Jaracatia 606
— dodecaphylla 256
Jasione 119
— moutana 764, 771» 906
Jasminum nudiflorum. 40
Jatropha 851
— podagrica 256
Idioblasten 260, 283
—, wasserspeichernde 253
Ilex 549, 589, 590
— aquifolium 202, 264, 314,
566, 571, 594, 808
— Canariensis 589, 797, 804
— perada 804
— verticillata 689
Imbibitionswasser 47, 85
Impatiens 688, 936
— noli tangere 521, 556,
562, 920
— parviflora 127, 920
Imperata arundinacea 832
— ceylindrica 775
Indigofera enneaphylla 441
Infusorien 278
Insekten 113, 136, 150
—bestäubung 330
—Jarven 136
Insolationsmaxima 41
Intercellularräume 207, 210,
375, 887, 415
Inula crithmoides 414, 455,
458
Jod 104, 149
Ipomoea 33, 744
— bona nox 163
— leptophylla 824
— pes caprae 193, 437,438,
439, 441, 519
— sphaerocephalus 865
Iresine 439, 519
Iriartea 602
Iridaceen 240, 257, 258
Irideen 229
Iris 8, 572, 624, 738, 812,
910
— pseudacorus 179,503, 508,
510
Isoetes 303, 486, 487, 493
— lacustre 487, 494
Juglans 572, 573, 988
— nana 863
Juncaceen 181, 184
Juncus 82, 221, 229, 531,
624, 675, 681, 689, 708,
714
— acutus 390, 455, 458, 795
— alpinus 520
— arctiens 634
— Balticus 519
— bufonius 520
— capitatus 908
— filiformis 658
— Gerardi 450, 908
— lamprocarpus 508, 520
971
Juncus maritimus 451, 455
— monanthos 101
— ranarius 519
— squarrosus 660
— supinus 946
— trifidus 101, 651, 715
Jungermannia 194, 644, 647,
658
Juniperus 706
— excelsa 796
— monosperma 853
— nana 678, 695, 707, 785
— oxycedrus 316, 794, 796,
803, 872
— Phoenicea 775, 788, 795,
872, 909
— procera 582
— sabina 780
— Virginiana 781
Jussieua repens 473, 502
Iva imbricata 781
Ixiolirion 892
Kahmhaut 140
Kakteen 6
Kaktus 151
—form 185
Kali 98, 110, 147
Kalium 99
Kalk 98, 102, 103, 105, 106,
124, 148, 149
—ablagerungen 147
—algen 149
— -Ausscheidung 376
—berge 101
—boden 103, 105, 107, 353
—fels 72
—inkrustation 149
—, kohlensaurer 101, 117,
147
—mergel 107
—, oxalsaurer 202
—pfianzen 102, 103, 120,
122, 132, 127
—salze 81
—sand 84, 85, 9, 107
—stein 106
— -Verwitterungsböden 315
Kalmia 658, 714
— angustifolia 658
Kälte 66
— schutz 28
— wüsten 319, 694, 712
—, antarktische 717
Kampf zwischen Kieferwald
und Heide 927
— zwischen den Pflanzen-
vereinen 896
— waffen der Arten 930, 932
Kandelabereuphorbie 255
Kandelia Rheedii 402
Kaolin 107
Kapillarität 85
Kapillarräume 76
972
Karstkalk 94
Kartoffeln 38
—sprosse, etiolierte 231
—-Typus 170
Kätzchenträger 555
Keimpflanzen 280
Keimung 404
Kellerasseln 136
Kibessia azurea 288
Kiefer 126, 315
—rohhumus 111
—wälder 318, 356, 578
— wald, zusammenbrechen-
der 921
—-Wurzelbildung 687
Kielmeyera 835
Kingia 210
— australis 845
Kies 76, 106
—bedeckung 128
Kieselboden 102, 103
Kieselpflanzen 120, 121, 122,
123, 127
Kieselsäure 105, 148, 202
Kissen 184
Kladodien 223
Kladodium, nadelförmiges
230
Klassifikation der Pflanzen-
gesellschaften 306
Klee, roter 286
Kleinia 255, 737, 842, 856,
858
— neriifolia 856
Kleinstauden 333
Kleinsträucher 336, 787
Kletterpflauzen 299
Klima 100
—, atlantisches 42
—, extremes 312
—, kaltes 318
—, kontinentales 42
—, waldfeindliches 39
—, wärmeres 318
Knallgas 140
Knick 113
Knöllchenbakterien 140, 287
Knollengewächse 49
Knollenpflanzen 169, 215,257
Knospenbau 165
Knospenschuppen 39, 165,
232
Kobresia 714
— bipartita 714
Kochia hirsuta 415, 436
— prostrata 874
Kochsalz 101, 104, 105, 120,
148, 311
Koeleria cristata 813, 822,
823, 900
— glauca 746, 747, 764,
771, 772
— pubescens 792
— Valesiaca 816
Sach- und Namen-Register
Koenigia Islandica 702
Kohl, wilder 425, 426
Kohlehydrate 256
Kohlensäure 10, 114, 143,
— -Assimilation 47
— Bildung 79
Kohlenstoff 99, 114
Kollateren 205
Kolioiden 112
Kolonie-Zweigende 365
Kommensalen, gleichartige
300
—, ungleichartige 7, 302
Kommensalismus 299, 303
Kompaßpflanzen 22, 24, 238
Komplementär-Assoziation
304
Kompost 109
Konglomerate 73
Koniferen 190, 202, 220
—, australische 258
Konvergenz, epharmotische6
Kork 39, 206
—, schleimiger 252
—-Überzüge 270
Kornfeld 349
Korallensand 106
Korrelationen 259
Kraft, osmotische 311
Krameria 871
Krankheitszustand 283
Kraulis 113
Kräuter 193, 336, 349
—, bienne 155, 164
—, dicyklische 162
—, dikotyle 174
—, einjährige 161, 359, 396
—, einjährig überwinternde
162
—, hapaxanthe 138, 155
—, holzige 193
—, kryptogame 174
—, mehrmals fruchtende 174
—, monokotyle 161, 174
—, pleiocyklische 153, 155
—, pollak-anthe 180
—, sommerannuelle 155, 161
—, winterannuelle 155, 162
—, zweijährige 164
Krautformationen 336, 433,
447
Krautmatten, alpine 318,528
—, arktische 318, 528, 530
—, mikrotherme 528
Kreide 103
Kreosotstrauch 205
Kriechpflanzen 154, 156,
165, 166, 168, 181, 187,
192
Kronenbäume 154, 156, 168,
186
Krümel 76
Krummholzgestrüpp 129,265
Krummholzkiefer 581
‚Kulturwälder 282
Krustaceen 137
Kryoplankton 469
Kryptogamen 156, 218,
—, gefäßlose 320
Kryptophyten 153, 165
Kugeln 256 - |
Kunstwälder 300
Kusselkiefer 265
Küstenplankton 27 37
Kutikula 52
Kyllingia 587
Labiaten 120, 213, 262,
Lactarius delieiosus 29
Lactuea muralis 27, 556
— saligna 814
— scariola 22, 24, 238,
— Sibiriea 400 }
Laguncularia 409
— racemosa 239, 402
439
Laminariaceen 272°
Laminaria 376, 378
— digitata 375
— faroensis 383
— hyperborea 383
— longieruris 378
— saccharina 374
— solidungula 269
Lamium album 57
— galeobdolon 563
Lampaya-Assoziation.
Land-Halophyten 319
Landpflanzen 155, 158, 19
0 360, 396 Sa
, Anpassungen 199,
— , mesorphe 319
—, pollak-anthe 165
—, polykarpische 165
Landseen 318
Landvegetation 319
—, halophile 360
—, halophyreiadden 4409
Langsproße 165 a
—, orthotrope 155
Langstauden, pollak-
167, 167
Lantana 446, 865
= involucrata 210
Lappa 829
— nemorosa 27 SR
Lärche 20, 574, 577, 917
Lärchenwälder 577
Laretia 266
Larix 577
— Americana (pendula)
689 i
— decidua (Europaea) 91,
577, 578
— larieina 689
— Sibirica 575, 577,8
585
Larrea Mexicana 863,
straea thelypteris 631, 658
7
niger 742
maritimus 428, 525, 758,
1, 762, 764, 770, 771
nissolia 624
bblätter 214, 216, 218
Dauer 166
ubblatt-Verkleinerung
gefallenes 128, 132
‚ Anpassung 167
-, orthotrope 167
bmoose 48, 120
bwald, dichter 555, 557
wälder, sommergrüne
‚ subtropische 588
urelia sempervirens 591
us 7
argen rgentatus 676
Canariensis 589, 797, 804
ilis 802, 803, 804
felsen-Grube 313
Fjeld 649
ndula 181,221, 794, 806
spieca 788
sdauer 57, 270
bensformen 3, 5, 6 ft.
151, 336
‚ Anpassung 195, 413,,757
-, muscoide 158
-Physignomie 333
vorherrschende 326
er Wüste 881
Lebens-Grundformen 154
rmoose 247, 287
epiphytische 293
hora 722, 727, 728
tra 422, 723
calcarea-contorta 728
esculenta 33
allida 723
atarea 128, 651, 913
scidea 715, 722
dum 576, 622, 714, 908,
3
- decumbens 676, 709
- palustre 209, 218, 355,
581, 624, 625, 652, 658,
675, 676, 709
Sach- und Namen-Register
Leeseite 63 3
Legföhrengestrüppe 129
ae rag 122, 181, 288,
—wurzeln 140
Lehm 108
—boden 100
Leisten 256
Leitungsgewebe 315
Lemanea 478, 481
-— fluviatilis 910
Lemna 268, 270, 498
— gibba 472, 478
— minor 268, 472, 478, 474,
475, 515
— polyrrhiza 472, 473, 475
— trisulca 268,472, 478, 474
Leontice incerta 893
Leontodon 178, 545
— auctumnale 119, 451,
531, 533, 762, 772
— hispidus 533
— Pyrenaicus 533, 584
Leontopodium alpinum 37
Lepidium 453
— sativum 416
— spinosum 51, 886
Lepidophyllum 209
Leptinotarsa undecimlineata
952
Leptospermum 800
— scoparium 679, 783
Leptothrix 485
Lepturus filiformis 450
— incurvatus 458
Lerchensporn-Arten 8
Lesquerella arctica 46
Lessonia 378
Leucadendron 232, 798
— plumosum 799
Leucobryum glaucum 564,
691, 692
Leucodon seiureides 723
Leuchtmoos 27
Lianen 151, 154, 155, 158,
299, 326, 328, 329, 336
—, brasilianische 163
—, kletternde 264
—, schmarotzende 159
Libanotis montana 121
Libocedrus 575, 691
Lichina 383, 420
— confinis 424
—-Gürtel 423
— pygmaea 424
Lichenen 154, 156, 196, 336
—, ephylle 156
— auf Strandsteinen 346
Licht 3, 11, 148, 144, 265
—bäume 19
—, Bedeutung 15
—farbe 380°
—intensität, stündliche 20,
21
973
Lichtpflanzen 15, 337
—mangel 50
—messer 12, 13
—, Nennen. Bedeutung
4
—, zu schwaches 18
—sinnesorgane 28
—stärke 15, 879
— stellung, fixierte 238
—, zerstreutes 238
Ligularia 904
Ligusticum mutellina 530
Ligusticum Seoticum 418,
436
Ligustrum vulgare 566. 775
Liliaceen 173, 257
—bäume 192
Liliengewächse 151
Lilium martagon 564
Lilium (Zwiebelbildung) 175
Limnaeen 486
Limnanthemum 6, 486, 488
Limno-Nereiden 478
Limnoplankton 464
Limodorum 563
Limoniastrum 414, 889
— Guyonianum 887
Limosella 486
— aquatica 495
Linaceen 262
Linaria alpina 716
— vulgaris 172, 814
urzelsprosse) 172
Linde 20, 556, 570
Linnaea 577, 579
— borealis 8, 181, 182, 193,
936
_— (
Linum catharticum 539
— maritimum 455
Lippia 737, 864
— involucrata 239
— Riojana 417
Liquidambar 572
Liriodendron 572
Listera cordata 583
— ovata 563
Lithoderma 374, 883
Lithophyllum 374
Lithothamnium 374
Lithophila 224
Lithophyten 78
—-Formationen 320, 721
Litorella 487, 497, 520
— lacustris (uniflora) 303,
487, 498, 520
Lithospermum fruticosum
788
Lloydia serotina 705
Loasa 871
Lobelia Dortmannia 303,
486, 487, 493, 508
Lodoicea Seychellarum
935
Loiseleuria 676, 679, 702
974
Loiseleuria procumbens 130,
209, 250, 651, 675, 677,
706, 709, 714, 716
Lolium perenne 540, 545,
829
Lomaria alpina 679
Lonchitis 735
Lonicera 571
— implexa 803, 804
— perielymenum 558
— xylosteum 566
Lophodermium pinastri 282
Loranthaceae 116, 187, 260,
279, 281, 282
Loranthus Europaeus 187
Lorbeer 37
—form 151
—wälder 803
Lösungen, konzentrierte 311
Lößboden 114
Lathyreta maritimi 764
Lotus corniculatus 119, 414,
532
Lucilia Tunariensis 871
Luft 4, 49, 72, 74, 76, 79,
184, 135, 143
—algen 158, 196, 385
— Bewegungen 3, 63
—feuchtigkeit 3, a7, 49, 289
—, Verteilung 57
—knollen 257
—, Maximaltemperaturen 91
— pflanzen 196, 268
— räume 272
— -Sättigungsdefizit 86
—sproß-Verkleinerung, dau-
ernde 218
—strömungen 72
— wurzeln 245, 260
—- Zusammensetzung 3, 10
Lumbricus purpureus 187
— rubellus 137
— terrester 137
Lumnitzera coccinea 402,
404, 408
— racemosa 402, 404, 408
Lupinus 572, 711, 826, 871
— arboreus 783
Lupine, Wurzelknöllchen
287
Luzula 531, 675, 714
— albida 534
— multiflora 181
— spicata 534
— pilosa 278, 562, 564, 579
Luzuviaga 591
Lychnis flos cuculi 539
Lycium 893
— Ruthenicum 343, 460
Lycopodien-Form 194
Lycopodium 116, 651, 708
— alpinum 239, 240, 534,
686
— annotinum 563, 577, 579
Sach- und Namen-Register
Lycopodium clavatum 198,
577, 579
— inundatum 501, 658
— linifolium 194
— phlegmaria 600
— selago 239
Lycopus 539
— Europaeus 502
Lygeum 217, 889
— spartum 792, 806, 817
Lyngbya 391, 394, 399, 464,
484
— aestuarii 454
— minutissima 899
— thermalis 485
— Verbeekiana 899
Lyonia calcyculata 622
‚Lysimachia nemorum 563
— nummularia 193, 194
— thyrsiflora 74, 501, 503,
508, 624, 625
— vulgaris 501, 503, 516
Lythraceen 402°
Lythrum 515, 910
_ salicaria501, 502,503,508
— virgatum 814
Macchie 96, 213, 324, 830,
793
Macrochloa tenacissima 816
Macrocystis 272
— pyrifera 378
Macropanax 616
Magnesia 105
—, schwefelsaure 148
Magnesiasilikat 101
Magnesium 99
Magnolia 572, 573, 590
— Virginiana 622
Majanthemum 576, 923
— bifolium 21, 564, 579
Mais 349
Makroplankton 373, 471
Malacochaete tatora 512
Malaxis paludosa 635, 658
Malcolmia Aegyptiaca 250
Malva parviflora 249
Malvaceae 413
Malvaceen 151
Mammillaria 256
Mangifera Indica 23
Mangrovenform 190
Mangrove, östliche 402
— - Pflanzen 340
_—sümpfe 116, 318, 401, 405
— vegetation 360, 401
—, westliche 402
Manihot 852
Mannaflechte 33
Mantelblätter 295
Marathrum 480
Marcgravia 194
— Schimperiana 159
Marchantia 945
'Melicocca bijuga 177
Marschen 116
Marschwiese 335
Marsilia 486
Matricaria 530
— inodora 42, 414, 486
— maritima 422, 738
Matten, alpine 532
Matthiola sinuata 438
Maulwürfe 137
Maulwurfshaufen 119
Mauritia flexuosa 614,
— vinifera 614, 840
Maytenus Magellanica
Medicago denticulata 829
— falcata 813
— lupulina 730
— marina 752, 753
— minima 774
Medinilla 600
— magnifica 612
Meere 318
Meeresalgen 149, 393, 4
_ , krustenförmige 376
—, steinliebende 376
—-vereine 378
Meere, Salzgehalt 148, 1
Meeresboden 138
— stark bewegter 386
Meeresgürtel, sup
420, 422
Meer, Höhe über
(Meereshöhe) 62
Meeresleuchten 364
Meeresnähe 62
Meeres - PER
370
Meerwasser 149
—-Wärmegrad 378
Megaplankton 361, 471
Megistothermen 63 \
Mehlhaare 250
Melaleuca 800, 843
Melampyrum 916
— pratense 353, 564
Melandryum 530
Melastomaceen 8, 181, 2
Melastomenform 151
Meliaceen 402
Melica 829
Melica nutans 556 ;
— uniflora 556, 562, 563
Melinis minutiflora 587°
Melobesia 394
Melocactus 852, 865
Melochia tomentoss 865
Melosira 465
— crenulata 468
Mentha 166, 539
— arvensis 231
Menyanthes 194, 515,
632, 636, 689, g1ofk.
— trifoliata 193, 503, 51
635, 652, 658, 659
2
- Meum mutellina 533
Menzelia nuda 781
_ Mercurialis 28, 353, 556
_ — perennis 355, 515, 561,
er 568, 570, 916
6, 107
— boden 123
-- Verwitterungsboden 315
' Meroplankton 369
Mertensia 436
— maritima 415, 486, 771
esembrianthemum 32, 224,
240, 242, 244, 253, 416,
519, 737, 799, 858, 886,
‚888, 890
erystallinum 250
opticum 239
- pygmaeum 858
- Mesocarpaceae 121
' Mesophyll 218, 408
Mesophyten 56, 198, 199,
205, 310, 312
Mesopteridetum 354
Mesothermen 63
Prrlanparat von Raunkiär
eterosideros lucida 689,
692, 693
Microcoleus chthonoplastes
390, 391, 399, 908
Microcystis 464
licrospira desulfuricans 433
licrospora aestuarii 389
— desulfuricans 389
Mikania cardifolium 163
Mikroorganismen 108, 139
ikrophyteu 361
2 en er
_ —, saprophytische 359
| Mikropiankton 361, 362
' Mikrothermen 63
—saft 213, 248
_ Milium effusum 356, 562,
567, 570
_ Mimosa 519
ephedroides 782
Mimosen 151
- Mistel 281
Mitraria coceinea 591
niopsis 480
eddelliana 480
nium 538, 564, 632, 685
olinia 653, 904
-— caerulea 539, 540, 567,
568, 627, 631, 658, 660,
664, 680
Sach- und Namen-Register
Molinia depauperata 664
Moneren 108
re arg 221, 265‘
Monostroma 376, 883, 891
Monotropa 7, 116, 298, 558,
568, 576, 583
— hypopitys 298
Monsonia 203
— nivea 242
Montia 486
— lamprosperma 658
— rivularis 499, 521
Montrichardia arborescens
512
Moor 324
—, gotländische 110
—-pan 113
—pflanzen 116
Moosdecken 134, 135, 308
Moose 183, 266, 269, 289,
290, 303, 320, 326, 333,
336, 349, 350, 413
— auf Strandsteinen 346
—formationen 336, 481
—heiden 318, 640
—moore 652
—humus 111
—teppiche 92, 135
—tundren 640
Moränenblöcke 97
Mor (dänisch) 110
Morus 572, 863
Mourera 480
Muehlenbeckia
226, 227, 230
Muehlenbergia 460
— pungens 781
Muld 113
Muldegium 542
Mulinum spinosum 830
Mull 113
—boden 315
— pflanzen, mesophile 126
Munroa 460
— squarrosa 824
Musa 180
Muscari 8, 788
— botryoides 717
— comosum 815, 816
Mutualismus 284
Mycel 298, 242, 285
Mykorrhiza 111, 138, 284,
285, 298
— pflanzen 140
Myosotis caespititia 520
— palustris 520, 539
Myrica 287
— cordifolia 753, 777
— (arolinensis 781
— faya 589, 796, 804
— gale 355, 501, 658, 671,
674, 680
— -Gebüsch 749
platyclada
975
Myrica palustris 222
Myricaria Germanica 520,
523, 907
Myriophyllum 268, 394, 486,
487, 488, 490, 494, 495,
496, 498, 910
Myristica 602
Myrmekochorie 278
Myrmecodia 278
Myrsinacee 402
Myrtaceen 213, 220
Myrte 37
—ngewächse 151
Myrtillus-Typus 338, 558
Myrtus 794
— bullata 22, 29, 239
— communis 221, 789, 794,
797
— nummularia 679
Myzodendon 187, 691
— oblongifolium 573
— punctulatum 573
Nachtblüten 32
Nachttemperatur 107
Nadelblatt 220
Nadelhölzer 35, 151, 314,
316
Nadelwälder 8, 574
—, immergrüne 578
—, laubwechselnde 577
Nährboden, Bau 4, 72
—, chemische Beschaffenheit
101
Nährstoffgehalt 317
Nahrung 47, 149, 294
— aufnahme 47
—mangel 100
—stoff 47, 143
—stoff-Menge 99, 103
— stoffe, notwendige 99
— wettbewerb 105, 300, 301,
302
Nährwurzeln .296
Najas 270, 487, 488, 493,
495
— flexilis 521
— marina 394
Nanismus 48
Nanoplankton 364
Nareissus 788
Nardus 627, 714, 771
— strieta 181, 234, 285,
534, 540, 545, 651, 658,
660, 664, 668, 770, 771
Narthecium 240, 624, 680
— ossifragum 501, 658
Narthex 866
Nassauvia 871
Natrium 245
Naturwälder 282
Nebel 52, 54
—region 50, 54, 140, 141
Nebenblätter 233
976
Nectria cinnabarina 281
Nelumbium 489
Nemalion multifidum 273
Nemophyten 361
Neottia 7, 116, 298, 558,
563
— nidus avis 284
Nepenthes 260
Nephroma arcticum 675, 688
Neptunia 473
— oleracea 502
Nereiden 318
Nereocystis 378
Nerium 209, 221, 223,
794
— oleander 209, 889
Nervenenden 260, 408
Nerven, vertiefte 241
Nestepiphyten 296
Neuropogon melaxanthus651
— Taylori 651
Niederschläge 3, 47, 52, 289
—, Aufnahme 52
—, Größe 57
—, Schutz gegen 26
—, Verteilung 57, 63
—, Zeit 60
Niederschlagsmenge 59, 83
Niederleinia juniperiodes
417, 459
Nigritella 532
Nipa fruticans 409, 410, 517
Nipetum 401
Nischenblätter 295
Nitraria 893
— retusa 260
— tridentata 778
Nitrophyten 121
Nodularia 372, 484
— spumigena 862
Nomenklatur, phytogeogra-
phische 306
Nostoc 283, 287, 288, 464
Notochlaena Marantae 582
Nothofagus 573, 586, 590
— alpina 691
— antarctica 573, 691
— betuloides 691, 692
— Dombeyi 691, 692
— nitida 691
— obliqua 691
— procera 691
— pumilio 573, 691
Nototriche longirostris 871
Nummularia-Form 194
Nuphar 487, 488, 910
— luteum 488
— pumilum 490
Nymphaea 487, 488, 498, 509
— alba 269, 488
Nymphaeaceae 6, 117, 309,
486, 495, 496
Nyssa biflora 516
— uniflora 622
252,
Sach- und Namen-Register
Oasen 88, 344
Oberflächenalgen 373
Oberfläche, verdunstende
214
Oberflächenverminderung
214, 215
— wasser 83
Obione portulacoides 416
Oceta foetens 589, 804
Odontites 450
Odontospermum pygmaeum
51, 214, 215, 881, 885,
888
Oedogonium 463, 467
Oele, ätherische 213, 278
Ölplastiden, farblose 270
Ölzellen 270
Oenone 480
Oenanthe aquatica 503, 910
— fistulosa 494, 508
— Lachenalii 455
— phellandrium 494, 910
Oenothera 950
— biennis 32, 127, 920
Olea 210, 221
— Europaea 210, 214, 263,
790, 796, 802, 803, 804
— oleaster 790, 796
Oleander 37, 223
Olearia Lyallii 637
— nummularifolia 782
Olinia 688
Olivenbaum 223
—form 151
— wälder 803
Onobrychis arenaria 816
Ononis natrix 120
— repens 770, 771, 772,
90 .
— spinosa 900
Oocystis 466
Ophrydeen 173
Ophrys 174
— muscifera 121
Opuntia 254, 821, 852, 853,
860, 865, 885, 920
Orange- Gürtel 423
Orangenbäume 282
Orchideen 51, 53, 116, 120,
151, 185, 224, 245, 252,
255, 260, 289, 291, 292,
293, 298, 299, 302
—, Knollenstämme 186
Orchis 539, 564, 631
— maculatus 174
Organismen, Zusammenleben
275
Organe, unterirdische 242
Origanum vulgare 900
Ornithogalum thyrsoides
587
Ornithopus perpusillus 933
Orobanche 116, 280
— ramosa 280
' Palicourea strepitans®
Orobus vernus 742
Orthotrichum 723
Ortstein 113, 318
— boden 115
—-Heide 665, 667 Br
—heide, Bodenprofil 118
Oscillaria 484, 485
Öseillarien 146
Oscillatoria 464, ui
Oscillatorieae 146
Osmose 47
Osmunda 510
Ostrya 572
— carpinifolia 551, 796,
Ottoa oenanthoides 7
Ouvirandra fenestralis
Oxalidaceen 237
Oxalis 235, 257,
515, 558, 798,
— acetosella 7 27, 236,
308, 556, 562, Ki ;
579, 583, 686, 936
— carnosa ’250
— tetraphylla 216
—-Typus 338
Oxyeoceus palndtrik
Oxyd 108 d;
Orr 319
Oxyria 5
— digyna 741, 912
Oxytropis 26
— Halleri 8336
Ozothamnus 200
Paconia 572, 578, 904
— anomala 571
— corallina 742
Palaegonium arenicola-
ziation 782
Paliurus 550, 551
— aculeatus "552
— australis 803
Palisadengewebe 26,212,
Palisadenparenchym 29
Palisadenzellen 260
Palmen 22, 34, 151,
246, 265, 324, 590
— form 192
—wälder 614, 615
Palmietschilf 246 >
Paludella 658 N
— squarrosa 521, 632, €
681 ee,
Pampas 828
Panax 609
Pancratium 889
Pandanus 22, 192, 445
779
— labyrinthieus 445
Pandanaceen 246 Be
Panicum 235, 513, 587, &
836, 840, 842
— amarum 781
m Patagonicum 830
bnerianum 823
E atum 749
javer 178, 541, 785
bridum 906
dicaule 176, 541, 706,
n 209
68
horum 460, 829
on 56, 71, 116
smus 280, 287
ymscheiden 261
ria Judaica 738
sonia aculeata 865
icrophylla 894
722, 727
ta 846
cea 421, 723
halodes 421, 422, 723
65
636, 658, 680
inthus 737, 742
um 889
eaniculata 424, 45
nicillus 387, 392, 393, 395
nise 18
peromia 177, 251, 292,
128, 737
eridineen 361, 364, 867,
BI
ridinium divergens 364
a Nankinensis 29
Sach- und Namen-Register
Periodizität 195
Periploca aphylla 229
Pernettya pumila 679
— empetrifolia 718
Persea Indica 589, 590, 804
— lingue 591
— pubescens 622, 624
Pes caprae-Formation 488
Petraea volubilis 28
Peucedanum 688, 815
— cervaria 239
— palustre 631
Pflanzen, autophyte 361 _
— autotrophe 154, 155, 158
—, Bewegungen 48
— im Boden 4
—, bodenholde, bodenstete
he
—, bodenvage 118, 119
—decke 183
—, einjährige 214
—, etiolierte 265
—fresser 264
—gemeinschaften, unter-
geordnete 343
—geographie, floristische,
genetische 1, 2
—-Gewebe, mechanisches
149
—, giftige 279
—, grasartige 155
—, insektenfressende 278
—, helophile 396
—, heterotrophe 154
—, holocyklische 216
—, hygrophile 123
—, hypogäische 336
—, immergrüne 166, 214,
216
—, kalkfliehende 120
—, kriechende 156
—, laubwechselnde 60
—, Leben 48
—, lithophile 197
—, moosartige, muscoide 196
—, nitrophile 121
—ökologie, genetische 9
—, ombrophil, ombrophob
56
—-Physiognomie 151
—, pleiocyklische 164, 216
—-, perenne 166
—, pollakanthe 155
—, Pontische 52
—, redivive 166
—, regenfreundlich, regen-
scheu 56
—, saprophile 138
—, schlechtschmeckende,
schlechtriechende 279
—, schwimmende 155
—, soziale 167
—, sommergrüne 216
—, Sterben 48
arming-Graebner. 3. Auflage, illustr.
977
Pflanzen, subglaciale 116,
133
—, submerse 818
— -Tätigkeit 138
—, therophylle 216
—, trockenheitliebende 198
—, tropische 38
—, untergetauchte 155
—-vereine 2, 6, 275, 299, 306
—vereine-Verteilung 64
7 een 166
—, windende 299
—, windharte 130
—-Wassergehalt 130
—, wintergrüne 216
—, xerophile 123, 198
—, Zusammenleben 6, 105,
279
Phaca frigida 532
Phaeocystis 365
Phaeoflagellatae 146
Phalaris arundinacea 508,
506
Phanerophyten 153, 165
Be he 562
— dryopteris 173, 318, 576
— polypodioides 313
Phelipaea 280
Philippia Johnstonii 688
Phillyrea 794
— angustifolia 775, 788,795
— media 794, 796
Philonotis fontana 521, 635
Philoxerus 439
— vermicularis 224, 437,
439
Phleum 538
— arenarium 771
— Boehmeri 546
Phoebe Barbusana 589, 804
Phoenix paludosa 517
Phormidium 484
Phormium 783
— tenax 252, 625
Phosphor 99
—säure 98, 110, 147
Photometrische Bewegungen
23
Phragmites pseudodonax 506
Phragmitetum 352, 505
Phycomyces nitens 298
Phylica 209
Phyllachne Colensoi 625
Phyllanthus fluitans 472
Phyllocactus 29
Phyllocladus 230
Phyllodien 222, 240
Phyllodoce 676
— caerulea 209, 675, 677,
714
Phyllophora Bangii 394
— Brodiaei 394
Phyllospadix 392
Phymatolithon 383
62
978
Physcia aquila 421, 422, 723
— parietina 283, 423
Physiognomie, epharmoni-
sche 324
— der Pflanzen 40
—, phylogenetische 324
— der Vegetation 2, 5, 324,
326
— der Vereine 324
Physiotium 247
Physma chalazanum 283
Phyteuma spicatum 564
Phytoflagellaten 364
Phytolacaceae 224
Phytoplankton 361, 370
Picea 53, 575
— alba 68, 769
— Canadensis 68, 769
— excelsa 91f.
— obovata 575, 585
— omorica 584, 938
— Sitchensis 769
Pieris nitida 624
Pilea 737
Pilobolus 297
Pilostyles 281
Pilularia 302, 486, 493, 494
— globulifera 487
Pilze 121, 138, 281, 283,
303, 336
Pilzhyphen 110, 284
Pilzmyzelien 113, 138, 298
Pilze, parasitische 116
Pilzvegetation 108
Pimelea 783
Pimpinella 545, 853
— saxifraga 267
Pinetum 352, 769
— silvestrisu. Assoziationen
338, 352
Pinguicula 178, 680
— vulgaris 658
Pinus 92, 301, 574, 575, 625,
626, 778, 781, 884
— australis 790
— Banksiana 781
— Canariensis 582
— cembra 585, 682
— Cubensis 790
— edulis 853
— Halepensis 316, 423, 575,
581, 744, 775, 795, 806
— Jeffreyi 315
— laricio 354
— maritima 120, 316, 769,
806
— montana 20, 68, 91, 129,
140, 314, 353, 534, 581,
584, 660, 684, 685, 769
— mughus 684
— palustris 560
— parviflora 685
— pinea 575, 582, 775, 795,
909
— pumilio 658, 660, 684
Sach- und Namen-Register
Pinus resinosa 781
— Scotica 686
silvestris 18 ff.
—-Wälder 353
strobus 20, 781
—- Assoziation 749
taeda 625
turfosa 580, 658, 660
uliginosa 658
-—— uncinata 684
Piperaceen 181, 289, 413
Pirola 116, 202, 299, 547,
558, 576, 577, 579, 583
— grandiflora 548, 550
— rotundifolia 179, 715
— umbellata 74
Pirolaceen 298
| Pirus communis 571
Pistacia 786
— lentiscus 775, 788, 794,
789, 795, 796, 801, 806
— terebinthus 788
Pistia 268, 472, 473, 474,
498
Pisum sativum 214
Pithospora Roettleri 269
Placodium 423
— murale 421
Plankton 117, 318, 343, 359,
361, 464
— -Beschaffenheit 370
—diatomeen 363, 367, 368
—-Elemente 371
— -Formation 348
Planktoniella 363
Planktonmenge 368
Planktonorganismen 149,
362
—-Anpassung 366
Planktonperidineen 364
Plantae caespitosae 46
Plantago 176, 178, 533, 545
— albicans 792
— alpina 530
— Asiatica 853
— carnosa 452
— coronopus 422, 455
— cynops 788
— dubia 730
— gentilis 730
— lanceolata 174, 175, 730
— major 267, 414
— maritima 400, 448, 450,
451, 730
— serpentina 816
Plantionella 363
Platanthera 174
Platanus 572
— orientalis 553, 572
Platycerium alicicorne 295,
600
Platysma 650
— cucullatum 650
— nivale 650
Platzregen 53
. — annua 703, 829
— nubigena 591
' Podostemaceae 144,
_ Polemonium 541, 548
: Pollenschlamm 116
— aviculare 45
Plectonema 478
Pleurocladia lacustris 4
Pleurococcus vulgaris
Pleurogyne 702
Pleuston 343
Plumieria 427, 840, 865
Plumeria alba 239°
Plumbaginaceen 205,
Poa 450, 531, 538, 58
—_ alpina 531, 534,
544, 548
— anceps 637, 638
— bulbosa 257, 792,
816, 891, 892
— caespitosa 718
— concinna 816
— flabellata 637, 688,
679
— foliosa 637, 638
— litorosa 637, 688
— nemoralis 531, 556, 5
— pratensis 530, 539,
544, 545, 548, 914
— trivialis 530, 589,
914
Podocarpus 582, 603,
— nivalis 782
—-Wälder 586
270, 272, 479
Podostemon 480
— ceratophyllum 480
Pogonopsis 298
Polarländer 41
Polarpflanzen 37, 133
— campanulatum 567
— coeruleum 636
Polster 184, 185
— bildung 68
Polster, dichte 246
Be. 325
— pflanzen 68, 155, 1
535, 246, 265, u
Polyeystis aeruginosa
— prasina 464
Polygala chamaebuxus
678, 679, 684
Polygonaceen 205
Polygonatum 563
— Japonicum 172
— multiflorum 172
Polygonfeld 699, 701
Polygonum 907
— amphibium 489,499
‚508, 520, 624, 946
— arenarium 774
_ bistorta 539
Polygonum viviparum 17,
581, 583, 633, 640, 704,
715, 909, 912, 941
Polypodium 558
_ — quercifolium 295
- — subauriculatum 600
— vulgare 770
_ Polypogon Monspeliensis
452
Polyporus annosus 282
_ Polyrrhiza funalis 295
- Polysiphonia 383, 394
. — nigrescens 269
Polystichum thelypteris 635
— vestitum 639
Polytoma uvella 470
_ Polytrichum 135, 434, 564,
579, 583, 682, 633, 689,
642, 643, 646, 648, 658,
668, 688, 762, 904
— formosum 564
_ — juniperinum 567, 662,
908
_ — piliferum 218, 233, 764,
768, 769
_ —-Polster, schwimmendes
= 657
— septentrionale 647, 648,
2.716
Pongamia glabra 608
Pontederia 268, 477
— crassipes 498
_ Pontosphaera Huxleyi 364
- Populus 571, 572, 778, 876,
907, 908
— alba 572
_ — balsamifera 780
—-Dünen 749
_ — monilifera 780
— nigra 572, 768
— tremula 552, 566, 568,
579, 580, 662, 768, 803,
= 912
_ — tremuloides 689
- Porenvolumen 76
Poronia 297
Porphyra 383
Porphyr-Verwitterungs-
böden 315
Portulaca 416, 455, 829
— oleracea 224, 424
— pilosa 441
Portulaceae 224, 413
_ Posidonia 392, 434
— oceanica 395
_ Potamogeton 39, 117, 177,
270, 487, 492, 495, 498,
509, 520, 910
_ — erispus 496
— densus 493
_— lucens 272, 493, 497
_ — natans 143, 208,488, 489,
491, 493, 509, 511
_ — obtusifolius 493
_ —— pectinatus 148, 497
-
a
Sach- und Namen-Register
Potamogeton perfoliatus
271, 488, 497
— pusillus 493, 495, 497
Potamogetonaceen 392
Potamogetoneta pectinati
394
Potentilla 538, 541, 547,
548, 715, 735
— alba 40
— anserina 436, 453
— arenaria 40, 579, 773
— aurea 534
— fruticosa 689, 730
— nivea 715
— palustris 633, 640
— silvestris 534, 566, 579
Poterium spinosum 185, 791
Pothosgewächse 151
Prärien 349, 807, 819
Prasiola 726
— crispa 383
— fluviatilis 481
— stipitata 383
Pringlea 679
Primula 174, 176, 183, 353,
539, 562, 564, 735
— acaulis 704
— auricula 101, 120
— farinosa 624, 941
— hirsuta 121
— integrifolia 534
— Sinensis 211
— villosa 101
Primulaceae 413
Prionium palmito 246, 511
— serratum 246
Profilstellung 236, 240
Pronuba yuccasella 277
Prosopis 859, 864, 893
— glandulosa 863
— juliflorus 242, 863, 894
— pubescens 863
— velutina 863
Protea 798
— incompta 799
Proteaceen 68, 220, 239, 263
Proteinkörper 286
Protococcaceae 145, 362
Protococeus viridis 283
Prozesse, chemische 92
Prunus 571, 575, 863
— acida 552
— cerasus 571
— chamaecerasus 551
—-Dünen 749
— laurocerasus 571, 796
— padus 552
— Pissartii 29
— pumila 780
— ‚serotina 749
—-Smilax-Dünen 749
— spinosa 552, 566, 730, 794
— Virginiana 780
Psamma 217, 776, s.a. Am-
mophila, Calamagrostis
979
Psamma arenaria 181, 753,
755, 758, 759, 760, 763,
773, 775, 780, 781, 825
— —-Dünen 749
— arundinacea 774
— Baltica 760, 762
Psammophile Formationen
Psammophyten 107
—-Formationen 320
Pseudobulbi 257
Pseudoplankton 365
Pseudorhizom 169
Psilotum 242, 600
— flaccidum 600
Psoralea 826
— bituminosa 788
Psychroclinie 44
Psychrophyten-Vegetation
320
Pteridium 301, 566, 627
— aquilinum 120, 173, 304,
354, 566, 576, 833, 853,
933
Pterocarya 554, 573
Pterocaulon Vesuvianum 724
Pteropyrum 778
— Aucherii 447
Pulicaria 239
Pulmonaria officinalis 562
564
Pulsatilla 354
— nigricans 763
— pratensis 773
Purpurbakterien 388
Puschkinia scilloides 278
Puya Chilensis 799
mes 835
uarz 106, 123
— sand 83, 84, 85, 93, 104,
106, 107
Quellen, warme 484
Querceta 352
Quercus 550, 553, 572, 575,
616, 741, 781, 796, 912,
932
— Apennina 803
— ballota 803, 872
— - Betula 559
— coccifera 788, 803
— coceinea 781
— ilex 214, 581, 794, 802,
872
— macrocarpa 806
— pedunculata 565, 663, 769
— pubescens 803
— sessiliflora (sessilis) 124,
565, 571, 663, 769
— suber 803
— -velutina- Assoziation 749
— undulata 853
— virens 590
— Virginiana 781
62*
980
Radiola 904
— millegrana 908
Radiolarien 278
Rafflesiaceen 281
Räume, windstille 267
Ramalina 727
— scopulorum 421,
723, 743
—-Gürtel 423
Randia aculeata 865
Rankenpflanzen 159
Ranunculaceae 486
Ranunculus 474, 486, 487,
488, 489, 490, 494, 495,
530, 539, 541, 545, 548,
631, 688, 712, 715, 910
— acer 313, 531
— alpestris 101
— aquatilis 476, 494
— Baudotii 488
— biternatus 679
— bulbosus 231
— crenatus 101
— flammula 520
— glacialis 715
— hyperboreus 521
— Lapponicus 521
— lingua 501, 503, 508, 514,
624, 910
— nivalis 521
— prolifer 853
— repens 166, 167, 509
— reptans 520
— sceleratus 410, 514
Raoulia 183, 325, 719
— Hastii 708
— mammillaria 266
Rapanea 688
Raphia-Palmen 616
Raphiden 278
Raphidium nivale 469, al
Raphis 190
Rapistrum perenne 812
Rasen 235, 246
—bildung 46, 68
—form 44 ;
— von Dryas octopetala 65
Rassen, biologische 281
Rauhfrost 52
Ravenala Madagascariensis
192, 193
Rauwolfia 865
Reaumuria 260, 893
— hirtella 245
— vermiculata 776
Redfieldia flexuosa 781,
825
Regen 52
"Fe 1 kldiking 56, 57, 240
—blatt 57, 408
— menge 58
— wald, tropischer. 7, 310,
314, 591, 594
— — subtropischer 590
—-wasser-Entfernung 201
492,
Sach- und Namen-Register
Regenwürmer 108, 111, 113,
133, 136
Regionen 58, 141
Regulierungsmittel,
tomische 202
Regulierung der Transpira-
tion 31
Reisseckia 162
Remirea maritima 439
Resedaceen 250
Reseda lutea 166
Restionaceae 181, 210, 229,
261, 263
Retama 229
— monosperma 776
Rhacomitrium 644, 668,
. 718, 762
— canescens 218
— lanuginosum 899
Rhamnaceen 220, 265
Rhamnus frangula 515, 566,
568, 631
— glandulosa 589, 804
— pumila 735
Rheum 165, 792,
Rhinanthus 530
Rhipsalis 598
— cassytha 296
Rhizoclonium 383, 448, 450
Rhizoiden 111, 135, 242, 290
—-Filz 246
Rhizoma multiceps 169
Rhizome 78, 110, 169, 181
—, wagerechte 387
Rhizophora 263, 602, 603,
910
— conjugata 402
— mangle 401, 402, 403, 408
— mucronata 401, "402, 408
Rhizophoraceen 252, "402,
406, 407, 408, 413
Rhizopoden 111
Rhizosolenia 363, 465
— alata 369
— styliformis 363, 371, 372
Rhodiola rosea 715, 736
Rhodochorton 383
Rhodocorton islandicum 482,
1722
— purpureum 482
Rhododendreta 352
Rhododendron 210, 709
— ferrugineum 121, 127,
678, 681
— hirsutum 120, 127, 678,
681
— Javanicum 600
— Lapponicum 221, 675,
677, 714
— Ponticum 804
Rhodomela subfusca 378
‚Rhodophycee 375
Rhodymenia 383
Rhopala 840
Rhus 209, 574, 689
ana-
.866
Robinia 265, 572
— canina 872
‘Rotbuche 7, 20, 89,
Rhus copallina 781
— crenata 753
— toxicodendron 780
— viminalis 858
ang Ara Sagang mon
Kbrrchhoaphie 836
— alba 627, 631,
— fusca 680
Ribes 571, 572, 586°
— alpinum 563, 565
— grossularia 563
— nigrum 563
Riccia 472, 473, 474
Riella helicophylla
Riesenfarn 399
Rivularia 391, 478,
— pseudacacia 21
Rochea 737
— falcata 250
Rodochorton 739
Röhrenblatt, linealis
Röhrenwürmer 137
Roggen 349
133, 135, 311, 318
Rohrpalmen 168
Rohrpalmenform 1
Rohrsümpfe 318, 4
Rollblatt 220
Romulea 794 _
741, 775
— pimpinellifolia duı
767, 770
— sempervirens 795,
Rosaceae 120, 413
Rose von Jericho 5l,
Rosettenbildung 41,
Rosettenbäume 180°
Rosettenformen 325
Rosettenkräuter 180
Rosettenpflanze 45,
267
Rosettensprosse 165
Rosettenstauden 16
Rosmarinus 79,
— officinalis 788
Rostpilze 280 ;
Roßkastanie 233, 554
Rotangform 151 \
Rotangpalme-Triebspit
158 R
Rotalgen 375, 380°
124, 300, 301, 33
Rotbuchenwälder 330
Roterde 113 {
Roterle >;
Rotfärbun
Rotliegendes "18
Rottannenwälder 1
Rubia peregrina 795
Rubiaceen 181, 216, 220,
224, 262, 402
Rubus 530, 712, 795, 948
— areticus 530
— chamaemorus 501, 530,
628, 642, 643, 658, 940
— idaeus 182, 515, 566
— plicatus 421
— pruinosus 853
— Runsorensis 688
Ruderalpflanzen 121
Ruderalstellen 317
Ruellia Daveauana 28
Ruhezeiten 40
Rumex acetosa 531, 539,
741
— acetosella 120, 166, 179,
180, 668, 770, 773, 933
— crispus 430, 435
— hydrolapathum 501, 503,
508 j
— tri ulatus 430
Rundblätter, langgestielte
194
Ruppia 392, 393, 394, 395,
458, 495, 521
— auf Strandboden 346
Ruscus 230
— aculcatus 223, 229, 455,
775
- — hypoglossum 571
Rüster 570
Ruta 788
Rutensproß 228, 239
—, blühender 227
—, typischer 228
Sabal 516
— palmetto 513
Sabularia 493
— aquatica 487, 495, 497
Saccharomyces 948
Saccharomyceten 138
Saccharum officinarum 190
Saccocalix satureoides 776
Sägetang 377
Sättigungsdefizit der Luft 49
Säuren 248
Saftpflanzen 224, 254
Saftreichtum 01
Saftwurzeln 258
Sagina 675, 708
— nodosa 519
Sagittaria 498, 503, 510, 514
— latifolia 510
— sagittifolia 257, 492, 498
Salices 355, 642, 714
Salicornia 42, 44, 230, 253,
260, 340, 414, 416, 447,
448, 457, 458, 905, 910
— ambigua 230, 410, 454,
455
— annua 416
— fruticosa 452,
454, 909
— glauca 430 ;
T
Sach- und Namen-Register.
Salicornia herbacea 330,339,
414 bis 416, 430, 434, 436,
452, 453, 458, 459, 460,
908
— lignosa 339
— radicans 339
—-Zone 457
Salicornien, halbstrauch-
artige 398
Salicornieta herbaceae 396
bis 400
Salicornietum 335
Salinensümpfe 42
Salix 515, 543, 566, 568,
572, 584, 631, 653, 666,
689, 750, 751, 778, 907
— adenophylla 780
alba 516
arbuscula 548, 680, 779
arctica 43
aurita 660, 680
cinerea 514, 516, 680
daphnoides 768
— fragilis 516
— glauca 546 bis 550, 568,
622, 675, 677, 680, 706
—_ aan ar 780
— Groenlandica 624
— hastata 680
— herbacea 530, 531, 533,
633, 640, 667, 676, 677,
706, 716
— lanata 548, 551, 568, 622,
675, 909
— Lapponum 548, 680
— myrsinites 548, 622, 680
— nigricans 548
— pentandra 516, 636
— phyliecifolia 548, 568, 909
— polaris 531, 662, 667,
676, 677, 706, 911, 912
— Pomeranica 442, 768
— repens 538, 567, 622,
658, 667, 770, 771
— — argentea 767
— reticulata 532, 662, 667,
675, 676, 706, 912
— retusa 532, 706, 716
— rosmarinifolia 658
— serpyllifolia 717
Salpeter-Bakterien 139
—bildung 139
— pflanzen 121
—säure 98, 114, 121
Salsola 253, 416, 894
— sclerantha 893
— kali 127, 412, 413, 414,
416, 434, 436
— longifolia 260
— pestifer 827
— rigida 792, 893
— soda 414
Salvia 181, 239, 866
— amplexicaulis 814, 815
— nutans 810
981
Salvia-officinalis- Assoziation
743
— pratensis 816
—-Tomillares 790
Salvinia 268, 270, 472, 474
— aurieulata 476
— natans 473, 476
Salzboden 105, 118
—bewohner 311
—-Formation 318, 360
—-Gräser 217
— vegetation 358
Salzdrüsen 245
Salze, gelöste 99, 100, 1083
—, lösliche 197, 311
—, hygroskopische 51, 245
Salzgehalt 386
Salzkrusten 205
Salzpflanzen 101, 120, 122,
197, 253
—, behaarte, kahle 415
Salz, schwefelsaures 103
—see 456
—steppen 360, 455, 456, 457
—sümpfe 310, 318, 396
Salzwasser 148, 310
—-Formation 318
—pflanzen, submerse 385
—plankton 359, 361, 371,
464
— -Sümpfe 359
— vereine 358
Salzwiese 458
Salzwüsten 319, 360, 455
Sambucus 572
— nigra 584
Samen, lufttrockene 33
—, myrmekochore 278
—reife 301
—verbreitnng 70
Sammetblätter 57, 241
Samolus 453
— campanuloides 452
— litoralis 453
— Valerandi 452, 455, 739
Sand 78, 83, 95, 105, 106,
123, 310, 315, 320, 721
—-Algen 396
—algenformation 360, 432
—dorn 522
— ebenen 82
—felder 213
—, feuchter, salziger 432
—flora 107, 318
—flur, trockene 766
—gebläse 64
—, gelber 113
—gräser 210
—hüllen 235
—körner 106
—marschen 447
— - Nährwert 107
—pflanzen 197
— —-Formationen 320
—pußten Ungarns 814
982
Sandstein 73, 106
Sandvegetation 320, 748, 759
Sandstein -Verwitterungs-
böden 315
Sandwälle 431, 432
Sandwüste 325, 326
Sanicula Europaea 557, 564
Sanseviera 260, 856, 859
Santalaceen 220
Sapindaceae 299
Sapium 222
Sapotaceen 223
Saprobien auf losem Boden
483
Sapropel 117
Saprophyten 7, 281, 297,
298, 303, 328, 329, 361
—, fakultative 299
Sapro-Plankton 359, 470
Sarcobatus Maximiliani 458
— vermiculatus 458
Sarcocaulon 203, 255, 873
Sarcodes 298
Sargassum 272, 373, 375
Sargassum- Assoziation 373
— bacceiferum 373
— fluitans 373
— hystrix 373
— natans 373
Sarmienta repens 591
Sarothamnus 667
— scoparius 120, 773
Sarracenia 178, 631, 658
Sassafras 572, 780
Saubohne 286
Sauerstoff 10, 79, 99, 143,
149
Saughaare 290
Savannen 141, 310, 312, 320,
324, 349, 833
— Afrikas 841
Saxaulbaum 415, 446, 447
Saxifraga 178, 183, 205, 266,
534, 541, 547, 548, 708,
709, 711, 715, 717, 787
— aicoides 521
— aizoon 735
— Brunonis 178
— caesia 130
— cernua 704, 705
— comosa 521, 704
— cotyledon 735
— flagellaris 704
— flagellifera 179
— hirculus 625, 631, 658,
941
— oppositifolia 706, 712,
737
— retusa 130
— rivularis 521
— saxatilis 521
— stellaris 521, 704
— tridactylites 538,539, 631
Scaevola Plumieri 224
Scenedesmus 465, 471
Sach- und Namen-Register
Schachtelhalme 80
Schatten 29, 301
—bäume 19
—blätter 27, 261
—flora 370, 380
— pflanzen 15, 337
— pflanzen, Unterschied 21
— — auf Waldboden 50
Scheuchzeria 627
— palustris 501, 652, 658,
941
Schiefer 73
—alpen 101
—fels 72
— pflanzen 120
Schih-Steppe 817
Schildhaar 231
Schismus 458
Schistostega 27
Schizomyceten 362
Schizophyceen 148,343, 370,
399, 483
Schizothrix 478
Schlamm 78, 106, 116
Schlammablagerungen 117
Schlammboden -Vereine,
saprophytische 388
Schlammvegetation 390
Schleim 205, 248, 249, 273
— bildung 376
—kork 205
— zellen 248, 408, 414
Schleusenschlamm 139
Schlickmarsch 448
Schlick, organischer 388
Schlingpflanzen 159
Schmarotzer 154, 280
—, obligatorische 281
Schnee 52, 128
—alge 34
—, brauner 469
—bruchfichten 129
—decke 96, 129, 130, 131
— grenze 42
—, grüner bis roter 469
—tälchenflora 129
—, Wärmeverhältnisse 129
— wasser 131
Schoenus 631
— nigricans 455
Schopfbaum 156
Schopfbäume 168, 180, 186,
192
Schößlingssträucher 182
Schutthalden 745
Schutz gegen extreme Tem-
peraturen 34
—kork 205
—organe 201
Schwärmsporen 283
Schwärmzelle 365
Schwammparenchym 26, 29,
251, 261
Schwammwirkung 183
Schwarzerde 114
' Serophularia ramosi
443
Schwarzerle 20, 570
Schwarzrotfärbung 29
Schwebealge 374
Schwebebecher 867
Schwebeeinrichtungen
Schwebepflanzen -Form
Schwefel 99, 147
Schwefelbakterien 388
Schwemmlands-Boden 72
Schwimmblasen 272,
Schwimmblätter 309
Schwimmblatt-Que:
208
Schwimmpflanzen - For
tion 461
Scilla 812, 856
— bifolia 564, 717
— festalis 304, 354, 9
— Sibirica 278
Sciadophyllum 600
Scirpetum 352
— lacustris 352
— maritimae 398
— Tabernaemontani 2
504
— acicularis 497, 520
— caespitosus 501, 624,
658, 659, 662, 680
— fluitans 3°
— frondosus 3°
— holoschoenus 454
876
— lacustris 78, 166, 22
508, 520
— paradoxus 235, 83
— pauciflorus 451
— Tabernaemontani :
503, 514 i
— trichophorum 635
— Warmingii 235
Scitamineen 252
— -Blätter 192
Scleranthus 119, 668
Scorodosma 866
Scorzonera 776
— purpurea 835
Scrophulariaceen 220
— Saharae 776 Br.
Scutellaria galericulata
Scyphiphora hydrophylla
402 Be
Scytonema 722
—-Faden 283
— gracile 469
Scytosiphon lomentaria
Sedentaria 137
Sedum 225, 258, 736, 737,
773
— acre 224, 418, 668, 728,
753, 770, 772
— album 418
— maximum 258
— villosum 256, 735
See, diatomeenreiche 117
—gräser 359, 392, 393
Be rertstion 318
—-Wiesen 387
Selaginella denticulata 739
_ Bphrlia 48, 198, 218,
21
Semele 230
— androgyna xylophylla
223
"Sempervivum 33, 45, 178,
-
179, 255, 709, 735 bis
737
— arachnoideum 816
— tectorum 224
Senecio 225, 737, 842, 871,
875
— candicans 415
— Jonstonii 720
— nemorensis 548
— paludosus 503
silvaticus 904
vernalis 919, 940
viscosus 436, 771
— vulgaris 417
Sennah-Steppe 817
Sequoia gigantea 575
— sempervirens 575, 806
Serenaea serrulata 790
Serjania 162
Serpentin 101 .
—-Verwitterungsböden 315
Sesleria caerulea 532, 534
— comosa 533
— marginata 535
Seston 365
Sesuvium 340, 361, 410,
439, 453, 454
— portulacastrum 224, 225,
417, 487, 439, 454, 455
Sibbaldia 533
— procumbens 530
Sibljak 348
Sida 441, 587, 711
Sieglingia decumbens 658
Silberbaum 232
Silene 712, 866
— acaulis 17,18, 68, 69, 183,
266, 678, 706, 707, 715,
737
— maritima 422, 427, 428,
436, 743
— venosa 169
— viscosa 766, 810
Silybum marianum 829
Silicoflagellaten 364
Silphium laciniatum 238
Sach- und Namen-Register
Sinapidendron supestre 734
Sinapis alba 416
Sium latifolium 494, 501,
502, 5038, 508, 514, 910
Smilax 589, 804
— aspera 794, 808
— hispida 780
Sklerenchym 224
— zellen 263
Sklerophyll 219
—-Formationen 320
—wälder 223
Sklerophyten - Sträucher-
Blatttypen 222
Sodasee 118
Solanaceen 121
Solanum 829
— dulcamare 414, 516
— tuberosum 166, 170,
171
Soldanella 174, 176, 580,
533, 704, 712
— alpina 532, 533
Solidago 354, 530
— alpestris 578
— virga aurea 567, 668
Solitarie gregariae 331
Sommerholz 262
Sommerpflanzen 305
Sommerregen 60.
Sonchus arvensis 179, 301,
770, 772, 858
— Javanicus 853
— maritimus 455, 876
— oleraceus 166
— paluster 503
Sonne 29
Sonnenblätter 27, 261
Sonnenpflanzen 50
—, Unterschied 21
Sonnenstrahlen-Einfalls-
winkel 92
Sonnenwärme 92
Sonneratia acida 402, 404,
407, 408
— alba 402, 407, 408
— apetala 402, 407, 408
— caseolaris 402, 407, 408
Sorbus 741, 900, 931
— aria 872
— aucuparia 568, 937.
Sordaria 297
Spalierform 42, 68
Spaliersträucher 168, 193
Spaltöffnungen 207, 271,
408, 415
Spaltenvegetation 320, 732
Sparganium 490, 492, 494,
501, 514, 624, 910
— affıne 486, 496
— diversifolium 496
— Friesii 496
— minimum 486, 496
— ramosum 496, 503
— simplex 486, 496, 503
983
Spargelwurzeln 404
Spartina 400, 448
— juncea 452
— strieta 341
— strieta maritima 452
Spartiumform 228
Spartium junceum 227, 228,
794
Spartocytisus supranubius
868
Spathyema foetida 510
Spergula 933
Spergularia 450, 458
— marina 427, 448, 449,458
— media 414
Spermacoce 439
SpermothamnionTurneri 269
Sphaerella nivalis 34, 469
Sphaerocarpa 727
Sphaerocystis Schroeteri 466
Sphaeroeca volvox 365
Sphaerolobium 228
Sphaerophoron 715
— corallioides 650, 668
Sphaerophorus 651, 688
Sphagnum acutifolium 652
— Austini 654
— cymbifolium 652, 654, 656
— fimbriatum 656
— fuscum 654
— medium 654
— Pappeanum 688
— recurvum 654
— riparium 640
— rubellum 654
— teres 640, 654
— -Blätter 287
— -Decke, schwimmende 907
—-Moor 643, 644, 652, 672
—torf 110
—tundren 318
Sphenopus divaricatus 458
Spinifex 885
— hirsutus 783
— squarrosus 415, 439, 776,
779
Spiraea 571
— crenifolia 813
— ulmaria 515
Spiranthes spiralis 545
Spirogyra 463, 486
Spirostachys 457, 460
— occidentalis 459
— Patagonica 459
— vaginata 459
Spirulina 484
Splachnaceae 121
Splachnum 297
Spondias lutea 177
— tuberosa 851
— venulosa 258
Spongilla 278
Sporangienträger 296
Sporen 150, 289
—, keimende 283
984
Sporenpflanzen 298
Sporoboletum virginici 439
Sporobolus 235, 587, 782,
832, 840
— arundinaceus 830
— asperifolius 823
— ceuspidatus 824
— spicatus 209, 211
— Virginicus 42 437, 438, 439,
441, 443
Spreizklimmer 159
Spritzgürtel 420
Sprosse, blattlose 226, 237
—, cupressoide 221
—, epigeische 165
—, juncoide 229
—, kurzgliedrige 41
—, lepidophylle 221
—, niederliegende 267
—, orthotrope, plagiotrope
165
—, salicornoide 230
Sproßbasis-Komplex 169
Sproßfolge 154
Sproßformen 165, 226
Stäbchenbakterium 139
‚Stachys 794
— Aegyptiacus231,239,244
— palustris 231
— silvaticus 170, 563
— tuberiferus 170
Stämme, falsche 180
Stammsaftpflanzen 254, 414
Stammsukkulente 155, 168,
185
Standorte
336
—, Begrenzung 308
—, Beschaffenheit 306
—, Einteilung 318
—, gemischte 344
Stangea Henrici 870
Stapelia 6, 185, 231, 255,
856, 858
— pinnata 566
Statice 239, 414, 422, 447,
450, 452, 456, 460, 889
— aphylla 245
— bellidifolia 454
— Brasiliensis 459
— cancellata 424
— limoniam 448, 454
— scabra 452
— Sebkarum 458
— serotina 455
Stauden-Formationen 398
Staudenvegetation, subxero-
phile 807
—, xerophile 317
Steenstrups Lichtmesser 13
Steiffrieren 38
Steine, große abgerundete
427
Steinalgen, kriechende 375
Steinbedeckung 128
2, 306, 307, 310,
Sach- und Namen-Register
Steinböden 320, 721
Steinformationen 320
Steinzellen 263, 408
Stellaria 547, 675
— holostea 355, 515, 562,
563
— humifusa 452, 699
— longipes 548
— media 56
— nemorum 74, 353, 355,
562, 563
Stengel-Bewegungen 217
—, bandförmige 226
—, blattlose 226
—, geflügelte 227
Stenotaphrum Americanum
437
— glabrum 452
Steppen 141, 213, 312, 317,
324, 326, 349, '807
— Asiens 818
— Australiens usw. 830
— Rumäniens 813
— Serbiens 813, 814
— Südrußlands 809
—, iberische 816
—, orientalische 8
— südeuropäische 8
—gräser 217, 221
—pflanzen 27, 49, 231
Sterculia 602
— laevis 608
Stereocaulon 43, 675, 899
— alpinum 650
— Magellanicum 651
— paschale 764, 765
— ramulosum 283
Stigeonlontam 478, 496
Stigonema 722
Stickstoff 99, 114
—-Armut 315
—bakterien 287.
Sticta 688
— Freyeinetii 651
Stietyosiphon 383
Stipa s. Stupa
Stoffwanderung 47
Stolon-Rhizome 166, 181
Strandfelsen 420
—-Formationen 419
Strandgeröllformationen
360, 428
Strandpflanzen 42
—, gemeine 127
Strandstrauch, westindischer
253
- Strandsumpf 400
Strandwiesen 318
—formation 360
Strandwälder, tropische 444
Strandwälle 428, 429
Stratiotes 475, 476, 495, 496,
498, 947
— aloides 472, 473, 515
Sträucher, kugelige 265
Sträucher, krummästi
—, monokotyle 155, 18
— auf Torfboden 680 ‚N
Ban, er 337 \
Strauchflechten 128
Strauchschicht 329
—-Steppen 321
Strelitzia 192
—-Form 192
Strömungen 149°
Strophanthus Eminii
863
Struthanthus 279
Struthiopteris Germ
chnos 162
— nux vomica 608
Stufe 141
Stupa 209,217,810,8
829, 889
— capillata 815
Suncdn 1 4.
Subassoziationen 353
Subformationen 348
Subglaziale Forma
Submerse-Vegetati
Subularia 270, 48
Subxerophile "Fo 1
320
Succession 356
—, regressive 335
Succisa praemorsa (pr
539, 636
Succulenten 254
— -Step 81:
—-Vereine Amerikas
Süßwasser 116, 148
— boden, loser 486
Kakton a
—pflanzen, epili
— —, auf losen Bödeı
—plankton 464
—sümpfe 310, 352
—tiere 117
—vereine 461
Suffrutices 81°
Sumpfgebüsche 318
h Bespfgeblsche in Süßwasser
R 51
- Sumpfpflanzen 80, 155, 309,
360, 396
_ —-Formationen 501
Sumpfvegetation 99, 319
8wartzia 605
$8ymbiose 7, 156, 280
— — mit Algen 154, 155
- $ymphoricarpus 572
"Symedra 468
_ Synökologie 9, 229, 306
Syntrophie 7
Synura uvella 365
System, physiognomisches
151
Szor (Salzwüste) 459
4 4 Tabakpflanzen 87
Tabellaria 465
Taeniophyllum Zollingeri
| Tallophyten 153
— Tamaricaceen 220, 413
Tamariskengebüsche 443
- Tamarix 37, 203, 205, 245,
7848, 416, 862, 876, 884,
m 7 898
— Gallica 88, 775
i — Germanica (Myricaria)
1 520
— mannifera 245
— . — pauciovulata 221
— —— Tamus communis 804
Tanacetum vulgare (Chry-
= santhemum) 766
Tangwälder 378
Tannenrohhumus 111
Tannenwälder 584
Taraxacum 174, 176, 178,
545, 547, 715, 772
— collinum 400
..— eroceum 543
— — offieinale 267, 531, 548
— vulgare 32
Taschenblätter 293
Tau 52, 54, 107
Tausendfüße 136
Taxodium 513
— distichum 502, 516
— imbricatum 517
‚Taxus baccata 585
Tecoma 835, 838
"Teesdalia 933
— nudicaulis 164, 762, 771
Teiche 318
Teichschlamm 139
Tektona grandis 594
Temperaturanomalien 89 .
Temperaturen, zuträgliche
39
De ne ng ne
een be a fr
Ve ER
Temperaturfortpflanzung 90
Temperatur-Gang, täglicher
B)
’
Temperaturgrenzen 32, 34
Sach- und Namen-Register
Temperaturwechsel 34
Teppichform 42°
ki süidngge aculeatum
Tessaria 864
Testudinaria 257, 259
— elephantipes 206
Tetragonia expansa 250
Tetramitus sulcatus 365
Teucrium 794
Teufelshand 174
Thalassia 392, 434
— testudinum 395
Thalassiosira 363, 371
Thalassiothrix 363, 371
Thalictrum 548, 904
— alpinum 313
— angustifolium 455
— Javanicum 853
— minor 767
Thallophyten 336, 350
Thallus 272
Thamnium alopecurum var.
Lemani 145, 497
Thea 263
Theobroma cacao 56, 605,
607
Thermotropie 95
Thermotropismus 44
Therophyten 153, 161
Thesium alpinum 278
Thespesia populnea 444
Thismia 285
Thlaspi cepaeifolium 101
— rotundifolium 101
Thuja occidentalis 517, 689,
781
Thymelaea 793
— hirsuta 204, 209
— microphylla 889
Thymelaeaceen 220
Thymian 213
Thymus 181
— serpyllum 667, 678, 770,
813
—-Tomillares 790
— vulgaris 788, 794
Tiefenstufen-V egetation 360
Tiefwasserflora 380
Tiefwurzler, typischer 8315
Tiere 79, 81
— im Boden 4
Tierleben 275
Tiere, Tätigkeit 136
Tilia 555, 566, 571, 578, 575,
741
— Americana 780
— argentea 240
Tilopteridaceen 374, 385
Tillandsia bulbosa 247, 291,
292, 297
— usneoides 56, 158, 244,
290, 295, 516, 599
— — (Schuppen) 55
— utriculata 599
985
Tjemoro-Wälder 852
Tofieldia 240, 624, 714
Tolpis Abyssinica 720
Tolypothrix lanata 485
Tomentosa-Arten 231
Ton 83
— boden 77, 84, 85, 93, 98,
105, 107, 128
— —, salziger 447
—erdehydrat 108
—erdesilikat 107
—glimmerschiefer 125
Tonschiefer 106
—- Verwitterungsböden 315
Tonnenstämme 189, 190
Torf 109
Torfboden 84, 85, 93, 109,
110
—-Formationen 618
Torfhügel in der Tundra 641
Torfmoos 656
Torfmull 110
Tortula ruralis 764, 767
Tournefortia gnaphalodes ,
224, 253, 441, 442
Toxine 140
Tracheiden 260, 316
Tradescantia Fluminensis
261
— Virginica 826
Träufelspitzen 56, 57, 241
Tragacantha 866
Transpiration 14, 31, 39, 265
—, euticulare 202
—-Hemmung 231
—, Regulierung 199
— schutz 291
—,; stomatäre 207
—, stomatale 202
— - Unterschiede 50
Trapa 23, 474, 487, 489, 490,
491, 495
— natans 25, 488, 491, 498
Trapaeolum 871
Trentepohlia 482
— aurea 722
— iolithus 722
Trianea Bogotensis 472
Trifolium 120, 545
— agrarium 906
— alpinum 534
— arvense 119, 771
— fragiferum 450
— pratense 119
— repens 164, 236, 531, 914
Trichodesmium 372
— erythraeum 362
Trientalis 23, 711, 923
— Europaea 170, 564, 576,
583, 660, 686
Triglochin 453
— maritimum 400,427, 448,
449, 451
— palustre 631, 658
Triodia 637, 831, 845
986
Triodia decumbens 658
Triplaris 278
Triraphis rigidissima 782
Trisetum 548, 714
— flavescens 533
Tristegia glutinosa 587
— glutinosa-Grasländer
348
Tristicha hypnoides 480
Triticum 436, 946
— acutum 210
— dasystachium 525, 780
— junceum 217, 415, 434,
436, 442, 447, 759, 762,
771, 775
— repens 181, 545
— spicatum 826
Triuridaceae 298
Trockengebüsche 861
Trockenheit, physikalische
197, 310
—, physiologische 88, 197,
all
Trockenheitspflanzen 83
Trockentorf 110
Trockenwälder 850
Trockenwüsten 875
Trollius 530, 539, 631
— Europaeus 567, 636
Tropaeolum 211
— majus 22
Tropenpflanzen 23, 53
Tropenvereine, immergrüne
41
Tropfenbildung 49
Tropophyten 166
Tschernoseım 108, 114
Tsuga 575
— Canadensis 575, 689
Tubicolae 137
Tuffwand, steile 327
Tulipa 788, 792, 812, 892
— praecox 235
Tumboa 49
— Bainesii 890
Tundra 103, 326, 328, 349
— mit Birkengestrüpp 645
—flora Lapplands 38
Tundrenpflanzen 116
Tunikabildungen 261
Tunikagräser 133, 233, 234,
246
Tunica prolifera 815
Turgor 218
Tussilago farfara 120, 301
Tussock-Vegetation 637
Typen, muscoide 155
Typha 166, 501, 503, 509,
510, 514, 624, 915
—_ angustifolia 498, 503
— Domingensis 512
— latifolia 118, 498, 636
reise angustifoliae 852,
Typheta latifoliae 106
Sach- und Namen-Register
Typheta Schuttleworthii 506
Typhetum 352
Ubiquisten 123
Udotea 387, 392, 393
Überflutungsgebiete 341
Überpflanzen 296
Ufer, flache, sandige und
kiesige 518
—gebüsch 343
—vegetation 499
— — einer Igarape 595
—wälder 335, 521
Ulex 230, 667
— Africanus 788
— Europaeus 120, 220
Ulmaria pentapetala 521,
s. a. Filipendula
Ulme 20
Ulmus 555, 566, 572, 741,
778, 803, 908
— campestris 214
Ulothrix 385, 391, 478, 481
Ulva 376
Umbelliferen 183, 184, 220,
221, 262, 302
Uncaria 162
Uniola paniculata 781
Unkräuter, amerikanische
127
Unkrautflora 118
Untergrund 98
Unterholz 20
Urginea 856
— undulata 239
Urospora 383
Ursprungsfels 126
Urostigma doliarium 279
Ursachen, ökologische 349
Urticaceae 413
Urtica dioeca 166, 219, 515,
569, 570
Urwald am Rio das Ama-
zonas 597
— boden auf Java 598
—Jianen 157
Usnea 583, 688
— barbata 291
Utricularia 495, 496
— vulgaris 268, 472, 473,
474, 476
Uvaria macrocarpa 731
Vaceinietum 337
Vaccinium 534, 576, 577,
661, 677, 684, 686, 714,
912
— macrocarpum 689
—_ at hyllum 676
us 111 ff.
— ih 193, 501, 581,
624, 652, 658, 679, 681
— uliginosum 116, 501, 568,
579, 581, 624, 652, 658,
660, 675, 676, 678
Vaccinium Stanleyi 689
— vitis Idaea 187, 57
581, 624, 627, 650,
667, 668, 675, 676
Valeriana 515, 516
— dioeca, 539°
— Javanica 853
— offieinalis 853
Valerianaceae 8
Valerianaceen der A
Vallisneria 492, 4
487, 496, 498
— spiralis "492
Vanille 277
Varietäten 353
—, geographische 354
—, physiologische 281
Vaucheria 391, 448, 48
Veen aphotis
—, ec ek
—-Decke, leblose
—, dyphotische 145
—, euphotische 1455
— auf Felsen 731
— der Felsspalten
—-Formen 6, 151
—tormation 306, 309,
ürtel 356
—-Höhe 328
—-, marine 359
—periode 104
—tage, Anzahl 41
—, terrestrische al
— der Trümmerfe
—, ungleich: 0:
—, Unterschiede 57
—, Verteilung 70
zeit zu Fi 132 Ru
elamen 51, -
260, 291 “
Vellocia 192
Vellozien, baum
Velloziaceae 133,
— nigrum 814, 815
Verbascum 773
hoeniceum 174
ve ena 184 829, 8
— .ciliaris 208
Verbenaceen 181, 2
—, cuticulare 202
— -Herabdrücku
— Be
BR, == 46
—, Haushaltung
—, Kämpfe 46 |
—, littorale 388°
— Verteilung 46
- Vererbungsmerkmale 152
- Verholzte Teile 27
Vermehrung, geschlechtliche
970
—, vegetative 166
Veronica 183, 533, 719, 785,
B 737
— agrestis 278
— alpina 533
— — chamaedrys 56, 127
— — ceupressoides 220
— hederifolia 711
- — offieinalis 577
— teuerium 127
_ — thuyoides 220
— triphyllos 774
Verrucaria 420
— calciseda 722
— -Maura-Gürtel 424
; Browsern Maurae 420,
en
Verstärkungsrhizoiden 272
Verteilung, topographische
72
- Verwesungspflanzen281,297
Verwesungspilze 113
Verwitterungsboden 73, 314
Verzweigung, monopodiale
154
—, sympodiale 154
Vesicaria 715
Viburnum 689
— lantana 554, 566, 900
'— opulus 515, 566
— — calaminaria 101
— canina 219, 579
— lutea 101, 703
— odorata 40, 278
— palustris 628, 636, 658
iscaria alpina 715, 735
Viscum album 187, 280
— cordifolia 780
Sach- und Namen-Register
Vitis labrusca 553°
— vinifera 5583
Viviparie 404, 406
Volvox globator 466
Voyria 298
Vriesea 244
Wacholder 684
—schutzpark 682, 683
Wachs 203
—ausscheidungen auf
Zuckerrohr 203
—palme 203
Wachstum-Hemmung 22
Wachsüberzüge 52, 270, 415
Wahlenbergia Olivieri 720
Wälder, blattlose 852
—,edaphische, mesophile317
—, gemischte 585
—, japanische 573
—, tropische 592
— auf Sandstrand 443
— auf St. Jan 599
— aaf Torfboden 685
— in der Wüste 344
—, xerophile 317
Wald, wandernder 671
Waldboden 298
— pflanzen 23, 27
—-Tierleben 133
—vegetation 133, 134
Waldflora 331
Waldhumus 113
Waldsavannen Australiens
846
Waldzonen 57
Wanderdünen 751
Wandersprosse 181
Wanderungsmittel 407
Wärme 3, 4, 32, 62, 143, 146
—, ökonomische Bedeutung
47
—erzeugung 14
—kapazität 90, 93, 109
—Jeiter, schlechte 37
—schwankungen 129
—summe 41
Warzen 256
Wasser, absorbiertes 81
—, alkalisches 149
—, an den Boden gebnndenes
57
—, Ausscheidung 271
—, blaues 149
—, braunes 149
—, chemisch gebundenes 81
—, emporgezogenes 81
—, gelbes 149
—, geographische Bedeu-
tung 57
—, hartes 147, 149
—, mineralstoffarmes,
-reiches 317, 318
—, ökonomische Bedeutung
47
987
Wasser, salzhaltiges 310, 818
—, stehendes 82
—, süßes 310, 319
—, Umlagerung von 261
Wasser- Absorption 200
—adern 79
—aufnahme bei Landpflan-
zen 242
— —, oberirdische 243
—aufstau 83
—behälter 247
— —-Größe 258
— bewegung 149, 379
—blüte 362
—dampf 50, 51, 84
— —-Absorption 92
—-Farbe 143, 149
—formationen 308
— gehalt 81
—gewebe 203, 249, 251,
260, 314, 408, 414
— —, äußere 249 bis 253
—hebungsvermögen 83, 84,
110
—kapazität 83, 85, 109, 110
—menge 35, 49, 80
— pflanzen 4, 80, 153 bis 156,
196, 309, 343, 396
— —, mehrjährige 270
— —, anatomische Anpas-
sung 268
— —-Formationen 336
— —-Verbreitung, geogra-
phische 150
— —, morphologische An-
passung 268
—-Standort 143
— —-Vereine 359
—-Phanerogamen 146
—-poren 49, 212
—säcke 247
—-Salzgehalt 358, 378, 379
—speicherung 200
— stand, periodisch wechseln-
der 518
—stoff 90, 114, 140
—strömungen 73
— verlust- Einschränkung
200
—versorgung 48, 290
—vögel 150
— wege 211
— wurzeln 89
— zellen 260, 292
Webera nutans 622, 663.
Weichstämme 155, 168, 185
Weide 68
Weidenform 151
Weiden auf Kulturland 543
Weingaertneria 815, s. a.
Corynephoris
—-Assoziation 119
— canescens 119, 209, 217,
221, 668, 674, 746, 747,
762, 764, 770, 772, 778
988
Weißbuche 7, 20, 71, 318,
570
Weißtanne 20, 127, 337
Weizen 349
—samen 35
Welkungskoeffizienten 87
Wellengürtel 420
Wellenschlag 149
Welwitschia 49, 243
— mirabilis 49, 243, 890
Wermutsteppe 792, 873
Werneria nubigena 870
Wettbewerb 275
Weymoutskiefer 36
Widerstandskraft 68
Wiese 324, 326, 536, 587
—, sommergrüne 330
—, saure 318
—, subtropische, tropische
587
—, unterseeische 392
—moore 82, 110, 318,
630
—torf 110
Wind, austrocknend 66
—, Feuchtigkeitsgehalt 62
—, Nutzen 70
—bestäubung 330
—-erosion 69, 130
—schäden 66
—schattenseite 63
— -Schutz 69, 136
—-Schutzwehren, topogra-
phische 70
—wirkung-Gründe 66
Winterregen 60, 785
Wipfelbäume 154, 156, 168,
180, 186
Wirt 280, 281
Wirtspflanze 289
Wirtswurzel 280
Wistaria 574
— Chinensis 574
— polystachaya 574
Wohngebiet 1
Wolffia 268
— arrhiza 150, 472, 474
— Brasiliensis 475
Woltffiella 516
Wolken 52, 54
—region 141
Wolle 231
Woodsia 735
— glabella 102
— hyperborea 102
Wästen 308, 310, 317, 321,
9
Sach- und Namen-Register
Wüstenpflanzen 49, 51,116,
205, 231, 253
—, australische 210
—, nordamerikanische 208
IE RIONN der Erde
86
Wüstensträucher 233, 265
Wüstenzonen 57
Wurzel, windende 268
—form 100
— haare 268
—hals 269
—haube 268.
—hüllen 53, 133, 291
—kletterer 159
—knollen 258
—knospen 301
—tätigkeit 89
Xanthium 525 {
— spinosum 791, 874
Xanthoria 722
— elegans 722
— parietina 421, 422
Xanthorrhoea 192, 857
— Preissii 805, 845
Xanthoxylum 604, 863
Xeromorphie 315, 316
Xerochasie 51
Xerophilen 63
Xerophyten 52, 56, 123,
198, 199, 205, 207, 296,
810, 311
—vegetation 92
Xerophytismus 316
Xeropteridetum 354
Xerothermen 62
Xylemgang 271, 272, 274
Xylophylla 222
Xylopodium 169, 258,
836 i
Xyris 624
Xyromelum 845
Yucca 192, 737, 742, 826,
853, 860, 894
— filamentosa 277
— glauca 781, 825
— radiosa 782
Zannichellia 392, 394, 395,
488, 493, 494, 496
— palustris 521
— auf Strandböden 346
Zechstein 118
Zelle, einzelne 365
Zellinhalt 34, 248
Zellen, lichtreflektie
27 SE
Zellsaft 27, 47
Zelkova 573
Zilla 219 !
— macroptera 889
Zitterpappel 20
Zizania 510
— aquatica 498
Zizyphus 864
— spina Christi 250
Zollikoferia 806
— arborescens 889
Zonation 81
Zonen 61, 62, 1.
Zoochlorella 278°
Zooxanthella 278
je
Zwergbäume 190
ZwerB rn N
en er. 16
3, 349 be
— anf torfhaltige:
Zwergstrauchhei
349
Zwergwuchs 48, 91,
265 ER
Zwergwurzeln 3
Zwiebeln, unte
Zwiebelgewächse
Zwiebelpflanzen
. 216, 357
ygophyllaceae
Zygophyllum 2:
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Zylinder 256
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ENTER EIER
(30) Auswahl der Litteratur
Sonnenlichte vor sich gehenden Prozesse ohne weiteres zu übertragen ?
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QK Warming, Eugenius
901 Lehrbuch der Ökologischen
W288 Pflanzengeographie
1918
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