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LEHRBUCH
DER
METEOROLOGIE
FÜR STUDIERENDE UND ZUM GEBRAUCHE
IN DER PRAXIS
VON
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D* W. J/VAN BEBBER,
ABTEILUNGSVORSTAND DER DEUTSCHEN SEEWARTE.
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MIT 120 HOLZSCHNITTEN UND 5 TAFELN.
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STUTTGART.
VERLAff VON FERDINAND E N K E.
1890.
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^
APR 23 1890
Druck Ton Gebrüder Krtfner in Stuttgart.
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Vorwort.
fechon bei Abfassung meines Handbuches der ausübenden Wit-
terungskunde habe ich mich mit dem Gedanken beschäftigt, diesem
Werke, welches hauptsächlich für die Benutzung beim Witterungs-
dienste bestimmt ist, noch ein Lehrbuch der Meteorologie folgen
zu lassen, in welchem unsere meteorologischen Kenntnisse nach dem
neuesten Standpunkte der Wissenschaft übersichtlich zusammen-
gestellt werden sollten. Insbesondere stellte ich es mir zur Auf-
gabe, zwischen den vortrefflichen Lehrbüchern von Sprung, wel-
cher die Meteorologie mit Ausschluss der Klimatologie von über-
wiegend theoretischem Standpunkte behandelt, und von Mohn,
dessen vorzügliche Darstellungen durchweg populär gehalten sind,
einen Mittelweg einzuschlagen, indem ich einerseits von der Ent-
wickelung mathematischer Formeln und mathematischer Betrach-
tungen im allgemeinen absah und andererseits bestrebt war, die
Resultate der neuesten Forschungen auf dem Gebiete der theoreti-
schen Meteorologie ihrem Hauptinhalte nach anzugeben und Wege
anzudeuten, welche zur Lösung einer Reihe wissenschaftlicher Fragen
fähren könnten.
Obgleich für klimatische Studien zwei ausgezeichnete Werke in
neuester Zeit erschienen sind, ich meine die Klimatologieen von
Hann und Woeikof, so erschien es mir doch nicht über-
flüssig, den klimatologischen Verhältnissen eine besondere Aufmerk-
samkeit zuzuwenden, da die Klimatologie einen wesentlichen Teil
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VI Vorwort.
■der Meteorologie ausmacht und zum Verständnisse der engeren
Meteorologie durchaus notwendig erscheint. Dass hierbei vorzugs-
weise die Verhältnisse unserer Gegenden in betracht gezogen wur-
den, hat darin seinen Grund, dass dieselben für uns von grösserem
Interesse und grösserer praktischer Wichtigkeit sind und dass das
meteorologische Material für unsere Gegenden im allgemeinen reich-
licher und mehr durchgearbeitet zur Verfügung steht.
In erster Linie ist dieses Buch für Studierende geschrieben,
aber auch dem Lehrer der Naturwissenschaften und der Erdkunde
sollte es als Leitfaden beim Unterrichte dienen und dem Pachmanne
«in Nachschlagewerk sein für die Hauptergebnisse der neueren
meteorologischen Forschungen. Auf die praktische Verwertung der
Meteorologie ist in diesem Buche vielfach Rücksicht genommen und
insbesondere ist dahin gestrebt worden, ein richtiges Verständnis der
täglichen Wetterkarten anzubahnen und Nutzen für das tägliche
Leben daraus zu ziehen.
Das gegenwärtige Lehrbuch unterscheidet sich von den übrigen
neueren Lehrbüchern durch die Beigabe von zahlreichen tabellarischen
Uebersichten , welche überall im Texte verteilt sind. Abgesehen
davon, dass Zahlenwerte ein Naturgesetz viel exakter wiedergeben
tonnen, als es Worte vermögen, hat dieses Vorgehen auch noch den
Vorteil, dass der Studierende sich gewöhnt, Zahlentabellen leicht
zu übersehen und aus denselben das Gesetzmässige herauszulesen,
sowie das Unsichere auch dem Grade nach zu beurteilen. Eine stetige
Uebung im Lesen der Zahlentabellen und im Beurteilen der da-
rin enthaltenen Gesetzmässigkeiten ist für Studierende von grosser
Wichtigkeit und ist ganz besonders geeignet, vor voreiligen Behaup-
tungen zu schützen, welche namentlich in der meteorologischen
Wissenschaft auch gegenwärtig nur zu oft sich breit machen.
Eine besondere Aufmerksamkeit wurde darauf verwandt, will-
kürliche Hypothesen und leere Vermutungen, die so leicht auf be-
dauernswerte Abwege führen können, ganz von der Besprechung
auszuscheiden und so wurden denn alle vermeintlichen kosmischen
Einflüsse, welche übrigens in meinem Handbuche der ausübenden
Witterungskunde eine eingehende Behandlung erfahren haben, in
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Vorwort. VII
diesem Lehrbuche weggelassen und ausserdem sichere Thatsachen
von wahrscheinlichen möglichst strenge geschieden. In keiner Wissen-
schaft haben Spekulationen, welche nicht auf dem sicheren Bodens
der Erfahrung gemacht wurden, mehr geschadet, als gerade in der
Meteorologie. Mögen immerhin über noch manche Punkte in der
Meteorologie Meinungsverschiedenheiten obwalten, wie es bei dem
so ausserordentlich verwickelten Mechanismus der atmosphärischen*
Erscheinungen und ihrer Umgestaltungen wohl nicht auffallend
ist, so gibt es gegenwärtig doch eine sehr erhebliche Summe
sicher festgestellter Thatsachen, welche aus dem massenhaften
Beobachtungsmaterial sowie aus den Lehren der Mechanik und der
Physik abgeleitet wurden und welche überall vor subjektiven An-
sichten und willkürlichen Hypothesen durchaus in den Vordergrund
treten sollten.
Die Wechselwirkung der meteorologischen Elemente oder das-
Wetter habe ich in meinem Handbuche der ausübenden Witterungs-
kunde sehr ausführlich besprochen, insbesondere in bezug auf das-
Verhalten der barometrischen Maxima und Minima, auf Wettertypen
und auf die Aufstellung von Wetterprognosen; auch in dem gegen-
wärtigen Lehrbuche der Meteorologie durfte eine solche Besprechung-
nicht fehlen, indessen habe ich dieselbe hier erheblich abgekürzt
und ausserdem die neuesten Forschungen auf diesem Gebiete, nament-
lich aber in bezug auf „typische Witterungserscheinungen a , bei der
Abfassung dieses Buches benutzt. Hierbei wurden die von der Ver-
lagshandlung in vortrefflicher Weise ausgeführten Figuren zum
Teile verwertet, während der Text mehr oder weniger vollständig
umgeändert wurde.
Um auch den Studierenden Anregung zur selbständigen Be-
arbeitung wissenschaftlicher Fragen zu geben, sind hin und wieder
Unklarheiten und Lücken in unserem Wissen angedeutet, welche noch
einer gründlichen Bearbeitung und einer Richtigstellung harren, und zu
diesem Zwecke wurde auf Angaben der Quellenwerke, welche nament-
lich der neueren Zeit angehören, eine besondere Aufmerksamkeit
verwendet, wenn auch auf Vollständigkeit kein Anspruch gemacht
werden kann.
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VIII Vorwort.
Alle in diesem Lehrbuche vorkommenden Masseinheiten be-
zieben sich, wenn nichts anderes ausdrücklich bemerkt worden ist,
auf Celsiusgrade und auf das metrische Masssystem.
Schliesslich ermangele ich nicht, dem Herrn Verleger für das
stets sehr freundliche Entgegenkommen in jeder Beziehung und für
die schöne Ausstattung dieses Werkes, wie sie dem Enke'schen
Verlage eigentümlich ist, meinen wärmsten Dank auszusprechen.
Hamburg im August 1889.
Dr. W. J. van Bebber.
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Inhaltsverzeichnis.
Seite
Vorwort V
Einleitung 1
Entwickelung der Meteorologie 1
Aufgabe der Meteorologie 2
Meteorologische Elemente 3
I. Die Erdatmosphäre 6
Zusammensetzung 6
Beimengungen 9
Physikalische Eigenschaften 10
Höhe der Atmosphäre 11
II. Die Temperatur 12
Das Thermometer, Einrichtung, verschiedene Arten desselben . . 12
Registrierendes Thermometer 15
Strahlende Wärme 16
Aktinometer 17
Intensität der Bestrahlung . k 18
Einfluss der Erdatmosphäre * . 20
Wirkung der Sonnenwärme auf Wasser und Land 22
Die Lufttemperatur 23
Messung derselben 23
Tägliche Periode 25
Stundenkombinationen für Terminbeobachtungen 31
Jährliche Periode 36
Nicht periodische Aenderungen 39
Aenderungen von einem Tage zum anderen 40
Schwankungen 44
Säkulare Aenderungen 49
Abnahme mit der Höhe 50
Verteilung an der Erdoberfläche 57
Meerestemperatur 63
Meeresströmungen und Meerestemperatur 64
Temperaturtabellen 70
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X Inhaltsverzeichnis.
Seite
III. Der Luftdruck 78
Das Barometer, verschiedene Arten 78
Registrierbarometer 82
Reduktionen der Barometerstände 84
Höhenformel • 86
Tägliche Periode des Luftdruckes 88
Jährliche Periode 92
Zeitliche und räumliche Verteilung des Luftdruckes über die Erde 93
IT. Der Wasserdampf in der Atmosphäre 103
Verdunstung, absolute und relative Feuchtigkeit der Luft . . . 103
Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft, Psychrometer . . 109
Sättigungsdefizit, tägliche und jährliche Periode der Luftfeuchtigkeit 112
V. Die Bewegung der Luft 119
Messinstrumente für die Richtung und Stärke des Windes . . . 120
Anemometer 121
Windstärkemesser 123
Beaufort's Skala 124
Luftdruck und Wind 125
Buys-Ballot's Gesetz, theoretische Begründung 126
Tägliche Periode der Windstärke 133
„ , der Windrichtung 138
Land- und Seewinde 140
Tag- und Nachtwinde 141
Jährliche Periode der Stärke und Richtung des Windes ..... 143
Die Winde in den oberen Luftschichten 152
Verhalten derselben zum Buys-Ballot'schen Gesetze 156
Vertikale Luftströmungen 159
Fallwinde 163
Lokale Winde 167
Tl. Die Niederschläge 168
Tau und Reif \ . 170
Taupunkt und Nachtfrost 172
Nebel * 174
Tägliche und jährliche Periode der Nebelhäufigkeit 175
Wolken 177
Klassifikation 178
Aenderung mit der Höhe 181
Bewölkungsgrösse *. 182
Tägliche Periode der Bewölkung 184
Jährliche Periode . 186
Sonnenscheinmessungen 189
Regen und Schnee 190
Regenmesser 190
Registrierender Regenmesser 193
Tägliche und jährliche Periode der Niederschläge 196
Einfluss der Gebirge auf die Niederschläge 198
Schneegrenze 202
Gletscher 203
Aequatorialgrenze des Schneefalls 205
Verteilung der Niederschläge über die Erde . 206
Tropische und subtropische Regen .211
Niederschläge zu allen Jahreszeiten 217
Veränderlichkeit der Niederschläge 225
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Inhaltsverzeichnis. XI
Seite
Gleichzeitige räumliche Verteilung der Niederschläge ...... 229
Hagel und Graupeln 234
Tu. Elektrische Erscheinungen 237
Luftelektrizität, Elektrometer 237
Tägliche und jährliche Periode der Luftelektrizität 237
Gewitter 240
Gewitterbeobachtungen, Sitz und Höhe der Gewitter, Gewitterwolken 241
Der Blitz 241
Das St Elmsfeuer 242
Der Donner 244
Blitzschläge 245
Blitzableiter 247
Entstehung der Gewitter und begleitende Erscheinungen .... 248
Ausbreitung und Form der Gewitter 251
Fortpflanzung der Gewitter 256
Tägliche und jährliche Periode der Gewitter 257
YHI. Optische Erscheinungen in der Atmosphäre 263
Der Regenbogen 263
Höfe und Ringe um Sonne und Mond, Nebensonnen und Neben-
monde etc 263
Andere optische Erscheinungen, Luftspiegelungen 265
Dämmerungserscheinungen 266
Polarlicht 270
IX. Wechselwirkung der meteorologischen Elemente 273
Das Wetter 273
Windrosen 273
Barometrische Maxima, ihre Bedeutung und ihr Verhalten . . . 276
Barometrische Minima (Cyklonen) 284
Gestalt und Ausdehnung 287
Luftbewegung in Cyklonen 291
Verteilung der meteorologischen Elemente in den Cyklonen und
Anticyklonen 292
Aenderung des Wetters beim Vorübergang einer Cyklone .... 298
Geographische Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit der baro-
metrischen Minima 302
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Minima 306
Zugstrassen der Minima 308
Beziehungen der Luftdruck- und Temperaturverteilung zur Fort-
pflanzung der Minima 311
Typische Witterungserscheinungen 317
Untersuchungen von Hoffmeyer 317
„ » Teisserenc de Bort 319
„ „ van Bebber (Wettertypen) 324
X. Stürme 343
Stürme in den Tropen 844
„ auf dem Atlantischen Ozean 345
„ in der Bai von Bengalen 352
„ in der Chinasee 353
„ im Golfstrome und mexikanischen Golf 354
„ am Kap der guten Hoffnung 355
Böen 355
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XII Inhaltsverzeichnis.
Seite
Wind-, Staub- und Wasserhosen, Wettersäulen 356
Tornados 357
XI. Praktische Meteorologie (Wettertelegraphie) 359
Wettertelegraphische Systeme 361
Bearbeitung des wettertelegraphischen Materials 365
Einrichtung und Verwertung des wettertelegraphischen Materials . 366
Sturmwarnungswesen 372
Wetterprognosen 375
XII. Namen- und Sachverzeichnis 385
Beilagen:
^ I. Isothermen für Januar und Juli.
^11. Meerestemperaturen für Februar und August.
* III. Isobaren für Januar.
^IV. Isobaren für Juli.
' V. Wolkentafel.
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Einleitung.
Das Wort „ Meteorologie B hatte ursprünglich nicht die Bedeu-
tung, welche es jetzt hat, sondern eine viel weitere. Die Meteoro-
logie des Aristoteles umfasste in 4 Büchern: 1. Die Lehre von den
Elementen, die Betrachtung des Himmels, speziell der Milchstrasse
und Kometen, die Natur der Gestirne, des Weltäthers, der Luft und
der von ihr herrührenden Niederschläge und der Winde und fliessen-
den Gewässer der Erde. 2. Die Beziehungen zwischen Luft und
Meer, die Winde, die Erdbeben und die damit in Zusammenhang
gedachten Gewittererscheinungen. 3. Die meteorologische Optik nebst
den Orkanen und Wirbelstürmen und endlich 4. die Grundeigen-
schaften, die allen materiellen Körpern gemeinsam sind. Diese Art
Meteorologie des Aristoteles war bis zur neueren Zeit im allgemeinen
grundlegend und wurde noch vermehrt durch eine zahllose Menge
meist astrologisch-meteorologischer Wetterregeln. Erst in neuester
Zeit, nachdem sich die Meteorologie frei gemacht hatte von Vor-
urteilen und rein fruchtlosen Bestrebungen, und sich auf den sicheren
Boden der Erfahrung und der gesunden, nüchternen Anschauung be-
geben, als sie sich Instrumente geschaffen hatte zur. genaueren Fest-
stellung der einzelnen meteorologischen Erscheinungen und nachdem
die Hilfsmittel der Statistik und Analysis sich verfeinert hatten,
konnte die Meteorologie eine feste wissenschaftliche Grundlage ge-
winnen, auf welcher mit Erfolg weiter gearbeitet werden konnte.
Bis in die neueste Zeit bediente man sich bei den meteorologischen
Forschungen fast ausschliesslich der Mittelwerte, indem man das
rasch anwachsende und nicht mehr übersehbare Zahlenmaterial der
einzelnen Beobachtungsstationen nach Gruppen vereinigte und diese der
Zeiteinteilung anschloss. So erhielt man Tages-, Monats- und Jahres-
mittel für die einzelnen meteorologischen Elemente, aus welchen
nicht unwichtige Folgerungen gezogen werden konnten, wie sich die
tägliche und jährliche Periode der einzelnen meteorologischen Er-
scheinungen im Durchschnitt an einem bestimmten Orte gestalteten.
Ein weiterer Fortschritt war die Untersuchung dieser Mittelwerte in
Rücksicht auf ihre geographische Verteilung, als man anfing, die-
selben kartographisch darzustellen, wie es zuerst von Alexander
von Humboldt und nachher von Dove für die Wärmeverteilung
Van B ebb er, Meteorologie. 1
Digitized by VjOOQlC
2 Einleitung.
auf der Erdoberfläche geschah. Diese Methode lehrt uns zwar den
klimatischen Charakter eines Ortes oder eines grösseren Gebietes
kennen und durch die Anwendung derselben ist, namentlich durch
D o v e, ausserordentlich viel geleistet worden, aber über den schein-
bar regellosen, ja launenhaften Gang der Witterung, die Mannig-
faltigkeit im Witterungswechsel, die diesen bedingende Wechsel-
wirkung der einzelnen Faktoren, den Zusammenhang der einzelnen
Witterungserscheinungen mit den allgemeinen atmosphärischen Vor-
gängen, über alles dieses gibt uns die Methode der Mittelwerte keinen
befriedigenden Aufschluss. Nach der neueren synoptischen Methode
werden die einzelnen Phasen in den Witterungserscheinungen, die
auf grösserem Gebiete gleichzeitig stattfinden, unmittelbar erfasst,
fixiert und verglichen, und so wird den getrennten Erscheinungen
der Charakter des kontinuierlich Fortschreitenden verliehen. Durch
die Einfuhrung dieser neueren Methode wurden schon in ganz kurzer
Zeit eine Reihe sehr wichtiger Gesetze aufgefunden, von denen ich
das barische Windgesetz vor allem hervorhebe, dessen weitere all-
mähliche Ausbildung in den letzten 30 Jahren einen vollständigen
Umschwung in der meteorologischen Wissenschaft und in ihrer
Stellung zu der ganzen zivilisierten Welt hervorrief.
Beide eben besprochenen Methoden scheinen auf den ersten Blick
schroff einander gegenüber zu stehen, und namentlich zwingt die
Anwendung der neueren Methode, manche durch Auctorität sanktio-
nierte Ansicht fallen zu lassen; aber bei reiflicher Ueberlegung er-
scheint es nicht allein möglich, sondern auch zur Förderung der
Wissenschaft notwendig, die beide Methoden trennende Kluft zu
überbrücken und beide vereint bei unseren Forschungen anzuwenden.
Ein weiterer sehr wesentlicher Fortschritt war die Anwendung
der Lehrsätze der Mechanik, insbesondere der mechanischen Wärme-
theorie, auf meteorologische Untersuchungen, wodurch einige Zweige
der Meteorologie, beispielsweise die Lehre von der Bildung der Nieder-
schläge, eine ganz andere Gestaltung erhielten und für eine Reihe
bisher ganz dunkler Erscheinungen, von welchen wir diejenige des
Föhns ganz besonders hervorheben, eine vollständig befriedigende
Erklärung geschaffen wurde.
Die Meteorologie hat in ihrer jetzigen Bedeutung die Aufgabe,
das wissenschaftliche Studium der atmosphärischen Erscheinungen,
die wir mit dem Gesamtworte „Wetter* 4 bezeichnen, zu pflegen. Ihr
Objekt bildet die Kenntnis der physikalischen Eigenschaften der
Atmosphäre und der in dieser sich vollziehenden Vorgänge. Ein
Teil dieser Aufgabe, welcher dem als Klimatologie bezeichneten Zweige
unserer Wissenschaft zufällt, ist die Festlegung der verschiedenen
Klimate und die Erforschung der Gründe und Umstände, welche die
Verschiedenheit derselben bedingen. Bei der innigen Beziehung der
atmosphärischen Vorgänge zu unserem geistigen und materiellen Wohl-
ergehen erscheint es naturgemäss und überaus wichtig und lohnend,
die Kenntnisse, welche wir über die Beschaffenheit und die Verände-
rungen des Wetters uns nach und nach erwerben, auch für die Praxis
möglichst zu verwerten. Dieser Zweig der Meteorologie kann passend
Digitized by LiOOQ iC
Einleitung. 3
mit dem Ausdrucke „Ausübende Witterungskunde u bezeichnet werden;
sein letztes Ziel ist die sichere Vorausbestimmung des Wetters.
Alle irdischen Witterungserscheinungen vollziehen sich der Haupt-
sache nach in der irdischen Lufthülle, in unserer Atmosphäre, und
daher wird es jedenfalls notwendig sein, zunächst die Atmosphäre an und
für sich, ihre Eigenschaften und ihre Bestandteile näher zu betrachten.
Der jeweilige Zustand unserer Atmosphäre wird durch eine Reihe
von Faktoren bestimmt, welche wir als meteorologische Ele-
mente bezeichnen. Das wichtigste von diesen Elementen, welches
auf alle andere einen entscheidenden Einfluss ausübt und welches die
meisten Aenderungen in unseren Witterungsverhältnissen hervor-
bringt, ist die Wärme. Durch die zweifache Bewegung der Erde
um ihre Axe und um die Sonne wird ein beständiger Wechsel der
Sonnenstrahlung an . unserer Erdoberfläche verursacht, welcher sowohl
.an der Erdoberfläche als auch in der Atmosphäre eine ausserordent-
lich grosse Mannigfaltigkeit in den Erscheinungen hervorruft, die auf
dem ganzen Erdball mehr oder weniger periodisch auftreten, so dass
die Wärmeerscheinungen bei allen atmosphärischen Vorgängen bei
weitem die erste Rolle spielen. Eine eingehende Betrachtung der
Temperaturverhältnisse der Erde erscheint deshalb notwendig und
zwar sowohl in Bezug auf die direkt von der Sonne ausgehende
strahlende Wärme, als auch in Bezug auf die Luftwärme. Die letz-
tere hat für die Luftbewegungen und deren Folgeerscheinungen die
grösste Wichtigkeit.
Hauptsächlich infolge der ungleichmässigen Erwärmung unserer
Erdoberfläche ist die Masse der auf derselben lastenden Luft niemals
im Gleichgewichte, sondern in beständiger Bewegung begriffen, und
so ist das Gewicht der Luft, also auch der Luftdruck, an ver-
schiedenen Orten und in verschiedenen Zeiten nicht immer dasselbe,
sondern in stetiger Zunahme oder Abnahme begriffen. Die Verteilung
des Luftdruckes über der Erdoberfläche, welche insbesondere durch die
Wärmeverhältnisse bedingt ist, ist Ursache der Luftbewegungen und
deren Folgeerscheinungen, und wir werden daher die Besprechung
des Luftdruckes und der Winde jener der Temperatur anschliessen.
Ein sehr wichtiges Element ist die Feuchtigkeit der Luft
in gasförmiger oder kondensierter Form. Durch die Kondensation des
Wasserdampfes wird Wärme frei, durch die Verdunstung gebunden,
und durch die stetigen Umwandlungen von Wärme in Arbeit und
umgekehrt werden in der Atmosphäre mannigfache Bewegungen und
Erscheinungen hervorgerufen, welche bei den Witterungsvorgängen
von grosser Bedeutung sind. Die Feuchtigkeitsverhältnisse eines
Ortes oder eines grösseren Gebietes sind gegeben durch die Ver-
dunstung, absolute und relative Feuchtigkeit, und durch die ver-
schiedenen Formen des Niederschlags, Tau, Nebel, Reif, Wolken,
Regen und Schnee.
Andere meteorologische Elemente, welche in einem Lehrbuche
der Meteorologie in Betracht gezogen werden müssen, sind elek-
trische und optische Erscheinungen, von denen die ersteren die
wichtigeren sind.
Digitized by VjOOQ IC
4 Einleitung.
Die mittleren Zustände eines Ortes oder dessen Klima werden durch
das durchschnittliche Verhalten der eben angegebenen meteorologi-
schen Elemente bestimmt, diese gehören also in das Gebiet der
Klimalehre, welche einen Teil der Meteorologie ausmacht. Zur Auf-
führung ihres Lehrgebäudes bedarf die Meteorologie der Klima-
tologie, und daher werden wir in diesem Buche einen grossen Teil
des Raumes klimatischen Besprechungen widmen müssen. Aufgabe
der engeren Meteorologie ist es, das Ganze der atmosphärischen
Vorgänge in die einzelnen Teilerscheinungen zu zerlegen, diese auf
bekannte physikalische Gesetze zurückzuführen und den ursäch-
lichen Zusammenhang der atmosphärischen Erscheinungen zu er-
forschen. Einen Hauptgegenstand der Meteorologie bildet die Unter-
suchung der in einer ganz bestimmten Zeit eintretenden atmo-
sphärischen Einzelvorgänge und ihrer Aufeinanderfolgen, mögen diese
regelmässig oder unregelmässig stattfinden, oder die Untersuchung
der Einzel-Witterungs-Erscheinungen.
Diese letztgenannte Aufgabe der Meteorologie, die Untersuchung
der Einzelerscheinungen, ist bei weitem die schwierigste: denn hier
handelt es sich darum, die Wechselwirkung der einzelnen meteoro-
logischen Elemente, die das Wetter zusammensetzen, klar zu erkennen,
und aus dieser Erkenntnis Gesetze abzuleiten, nach welchen das Zu-
standekommen der verschiedenen Witterungserscheinungen und ihrer
auf einander folgenden Umwandlungen geregelt wird. Die vollständige
Lösung dieser Aufgabe ist so ausserordentlich schwierig, dass sie
noch in unabsehbarer Ferne liegt. Denn durch die doppelte Be-
wegung unserer Erde, durch die Umwandlung der Wärme in Arbeit
und umgekehrt von Arbeit in Wärme (Latentwerden und Freiwerden
der Wärme), durch den beständigen Transport verschieden tempe-
rierter Luft- und Wassermassen aus der einen Gegend in die andere
und durch die ungleiche Verteilung und das ungleiche Verhalten von
Land und Wasser werden die Witterungserscheinungen so kompli-
ziert, dass es ausserordentlich schwer ist, die Wechselwirkung der
einzelnen dabei thätigen meteorologischen Elemente ihrem Werte
nach festzulegen.
Der letztgenannte Teil der Meteorologie hat sich hauptsächlich
mit den barometrischen Maxima und Minima und den sie begleiten-
den Witterungserscheinungen zu beschäftigen, und hieran lehnt sich
dann naturgemäss ein anderer Zweig der meteorologischen Wissen-
schaft, welcher vor dem Jahre 1875 in Deutschland fast völlig un-
bekannt war und der gegenwärtig in kräftigem Aufblühen begriffen
ist, ich meine die ausübende Witterungskunde, deren Haupt-
aufgabe, wie bereits oben bemerkt, darin besteht, aus den meteoro-
logischen Forschungen Nutzen für die Praxis zu ziehen. Die Grund-
lehren der ausübenden Witterungskunde habe ich ausführlich in
meinem Handbuche der ausübenden Witterungskunde *) dargelegt,
*) Van B ebb er: Handbuch der ausübenden Witterungskunde. I. Teil:
Geschichte der Wetterprognose; II. Teil: Gegenwärtiger Zustand der Wetter-
prognose. Stuttgart, Enke.
Digitized by VjOOQ IC
Einleitung. 5
worauf zu verweisen ich hier nicht unterlassen will. Ich werde
diesen Teil am Schlüsse dieses Buches thunlichst kurz behandeln.
Aus dem vorstehend Gesagten ist die Anlage dieses Lehrbuches
im allgemeinen ersichtlich; die speziellere Anordnung des Stoffes ist
aus dem Inhaltsverzeichnisse zu ersehen.
Die Besprechung etwaiger kosmischer Einflüsse auf unsere Witte-
rungserscheinungen ist aus diesem Buche vollständig ausgeschlossen,
da es durch neuere Forschungen zur Genüge festgestellt worden ist,
dass weder der Mond, noch die Planeten noch die Fixsterne
(ausser unserer Sonne) einen merklichen Einfluss auf nnser
Wetter haben.
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I. Die Erdatmosphäre.
Die Atmosphäre, welche unsere Erde als gasförmige Hülle um-
gibt, besteht aus einem Gasgemenge hauptsächlich von Stickstoff und
Sauerstoff, wozu verhältnismässig geringe veränderliche Mengen von
Kohlensäure, Wasserdampf und örtlichen Beimengungen kommen.
Die Zusammensetzung der trocknen, reinen Luft ist in den verschie-
denen Gegenden unserer Erde überall nahezu 21,00 Volumteile Sauer-
stoff, 78,96 Stickstoff und 0,04 Kohlensäure. Indessen zeigen sich in
der Zusammensetzung geringe, aber nicht unwichtige Schwankungen.
Durch Wägung und mittels eines Aräometers untersuchte Jolly l )
die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft in der Nähe von
München in den Jahren 1875 und 1877, und gelangte zu dem Re-
sultate, dass bei Nordostwinden der Sauerstoffgehalt der Luft am
grössten, dagegen am kleinsten bei Südwestwinden (insbesondere beim
Föhn) ist, so dass sich eine Veränderlichkeit von 0,5 °/ ergab. Jolly
glaubte gefunden zu haben, dass in den Tropen und Subtropen trotz
grösserer Vegetation die Oxydation überwiegt gegen die Reduktion,
und umgekehrt in den Polargegenden. Ein anderer Erklärungsgrund
liegt indessen näher, worauf wir unten noch zurückkommen wollen.
Nach einem bekannten Erfahrungssatze ist bei ruhiger Atmo-
sphäre der Gesamtdruck aller in ihr enthaltenen Gase gegen jede in
derselben gedachte Fläche gleich der Summe der Partialdrucke,
welche die einzelnen Bestandteile des Gemenges ausüben würden,
wenn dieselben jeder für sich allein in dem vom Gemenge erfüllten
Volumen ausgebreitet wären. Da nun aber die Partialdrucke der
dichteren Gase mit der Höhe rascher abnehmen müssen als die-
jenigen der dünneren, so muss auch die Zusammensetzung der At-
mosphäre mit der Höhe sich ändern, so zwar, dass der Sauerstoff-
gehalt mit der Höhe abnehmen muss. Die Zusammensetzung der
Luft in verschiedenen Höhen lässt sich mit Hilfe der barometrischen
Höhenformel, die wir noch weiter unten angeben werden, nicht un-
schwer berechnen. Auf diese Weise berechnete Hann die folgende
Tabelle 2 ):
J ) Jolly: Die Veränderlichkeit in der Zusammensetzung der atmosphä-
rischen Luft. Aus den Verhandlungen der königl. bayr. Akad. der Wissensch.
13. Bd. 2. Abth.
*) Hann: Das D a 1 1 o n' sehe Gesetz und die Zusammensetzung der atmo-
sphärischen Luft in grossen Höhen. In der Zeitschr. der Oesterr. Gesellschaft
für Meteor. Jahrg. 1875. S. MM.
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Die Erdatmosphäre.
Höhe*
Partialdruek mm
Volumprozente
Gesamtdruck
Meter
a.
Sauer-
stoff
b.
Stick-
stoff
c.
Kohlen-
säure
Sauer-
stoff
Stick-
stoff
a-fb+c
einheit-
liche
Atmo-
sphäre
Differenz
1000
10000
20000
30000
40000
50000
60000
159,60
139,00
40,00
10,00
2,80
0,60
0,16
0,04
600,10
531,40
178,00
52,80
15,70
4,60
1,38
0,41
0,30
0,25
0,04
0,01
0,00
0,00
0,00
0,00
21,00
20,71
18,25
15,92
13,24
11,54
10,39
8,89
78,96
79,25
81,63
84,07
86,26
88,46
89,61
91,11
760,0
670,7
218,0
62,8
18,2
5,2
1,5
0,4
760,0
670,6
217,4
62,2
17,2
5,1
1,4
0,4
0,0
-0,1
-0,6
— 0,6
-0,4
-0,1
-0,1
-0,0
Hiernach ist die Abnahme des Sauerstoffgehaltes mit der Höhe
im Verhältnis zu derjenigen des Stickstoffs nicht unerheblich, in-
dessen wird die Zusammensetzung unserer Atmosphäre in den uns
erreichbaren Höhen durch die Winde derartig verwischt und gleich-
artig erhalten, dass die Luftanalysen in den verschiedenen Höhen
wenig deutlich ausgesprochene Resultate ergeben.
In der eben erörterten Thatsache dürften auch die Jolly'schen
Ergebnisse ihre Erklärung finden. Für München sind nordöstliche
Winde, die meistens dem barometrischen Maximum angehören, durch-
schnittlich viel schwächer, als südwestliche Luftströmungen, die mei-
stens unter dem Einflüsse einer Depression in nördlichen Gegenden
stehen. Durch die lebhaften südwestlichen Winde wird die Luft in
grosser horizontaler und vertikaler Ausdehnung durcheinander ge-
mischt, wodurch eine mehr gleichmässige Verteilung des Sauerstoffs
und Stickstoffs herbeigeführt, also eine Abnahme des ersteren in den
unteren Schichten herbeigeführt wird. Bei Eintritt ruhigerer Witte-
rung stellt sich das Gleichgewicht wieder her, es findet ein ab-
steigender sauerstoffreicherer Strom statt und der Sauerstoffgehalt
der unteren Luftschichten nimmt zu *).
Weit veränderlicher als der Gehalt an Sauerstoff und Stickstoff
in der atmosphärischen Luft ist derjenige der Kohlensäure. Quellen
der Kohlensäure in der Atmosphäre sind nach Eber may er 2 ) 1. At-
mungs-, Verbrennungs- und Verwesungsprozesse, kohlensaure Exha-
lationen und kohlensaure Quellen, 2. die Grundluft. Die gesamte
Atmosphäre enthält über 2353 Billionen kg Kohlensäure oder 642
Billionen kg Kohlenstoff, während der gesamte Kohlensäurebedarf
der Pflanzen auf ca. 90 kg Kohlensäure pro Jahr geschätzt wird.
Die neueren, genaueren Bestimmungen der Kohlensäure in der
Atmosphäre haben ergeben, dass der Kohlensäuregehalt der Stadt-,
Land-, Wasser- und Gebirgsluft im Mittel keine Verschiedenheit
*) Vergl. Vogler: Die Schwankungen des Sauerstoffgchaltes in der Atmo-
sphäre. In der Zeitschr. der Oesterr. Gesellschaft f. Meteor. Jahrg. 1882. S. 175.
Abweichend ist die Ansicht von Morley (im Amerik. Journ. of Science 1881),
wonach durch die abwärts gerichtete Strömung die sauerstoffarme Luft dem
Boden nahe kommt.
2 ) Ebermayer: Die Beschaffenheit der Waldluft und die Bedeutung der
atmosphärischen Kohlensäure für die Waldvegetation. Stuttgart, Enke 1885.
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g Die Erdatmosphäre. Bestandteile.
zeigt, sondern dass derselbe abhängt von Witterungs- und lokalen
Verhältnissen. Für unsere Gegenden betragen nach neueren zahl-
reichen Kohlensäurebestimmungen die Volumprozente 0,03. Nach
Levj 1 ) ergeben sich aus den Beobachtungen zu Montsouris zwischen
1876/81 folgende Monatsmittel (Anzahl der Liter in 100 kbm Luft):
Jan. Febr. März April Hai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
30,6 80,5 29,9 29,7 30,3 30,9 30,4 29,9 29,9 29,9 30,0 30,0 30,2
In diesen Monatsmitteln sind die Schwankungen verhältnis-
mässig sehr gering und lässt sich die Wirkung äusserer Faktoren
nicht erkennen; allein die Vergleichung der Monatsmittel einzelner
Jahre zeigt nicht unerhebliche Differenzen, wie es auch bei an an-
deren Orten angestellten Beobachtungen vielfach der Fall ist. Die
neuesten Kohlensäurebestimmungen der Londoner Landluft ergaben
für reine Landluft 0,03%; der kleinste Wert war in London 0,030 °/ ;
die an Nebeltagen gemachten Bestimmungen ergaben als Mittel
0,072°/ mit einem Maximum von 0,141% (Dezember 1882 bei lange
andauerndem Nebel 2 ). Für Bayern erhielt Ebermayer folgende Re-
sultate: Waldluft 0,0395, bayrische Hochebene 0,0320, bayrisches
Gebirge 0,0316%.
Die Angaben über die vertikale Verteilung der Kohlensäure
stimmen wenig miteinander überein. Die Brüder Schlagintweit
glaubten in den Alpen und im Himalaja, ebenso Saussure in den
Alpen (allerdings nach nicht einwurfsfreier Bestimmungsmethode)
eine Zunahme des Kohlensäuregehaltes mit der Höhe gefunden zu
taben, Münz und Aubin erhielten auf dem Pic 4u Midi (2877 m)
als Maximum 0,030 und als Minimum 0,027 % , nahezu dasselbe
Resultat wie in den Niederungen, so dass sie eine gleichmässige
vertikale Verteilung der Kohlensäure in der Atmosphäre konstatieren
zu können glaubten, während die Bestimmungen auf dem Sonnen-
blick (August 1887) die Resultate Ebermayer's und ebenso die
Messungen bei Ballonfahrten auf eine Abnahme der Kohlensäure mit
der Höhe schliessen lassen 3 ).
Der Ammoniakgehalt der Luft betrug nach den Unter-
suchungen Levy's zu Montsouris (mgr Stickstoff als Ammoniak in
100 kbm Luft):
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
1,8 2,1 2,5 2,2 2,2 2,3 2,3 2,5 2,3 2,2 2,9 1,9 2,2
1877 1878 1879 1880
3,2 1,8 2,1 1,8
Hieraus geht hervor, dass der Gehalt der Atmosphäre an Am-
moniakstickstoff während der wärmeren Jahreszeit grösser ist als
*) A. L e v y : Ueber die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft. Vergl.
Wolny: Forschungen aus dem Gebiete der Agrikultur-Physik. Bd. 4. 1881.
S. 320. Bd. 5. S. 348 Litteraturbericht.
2 ) Vergl. Report of the Meteorological Council for the Year ending
31. March. 1884. S. 21.
8 ) Schlagintweit: Vergl. Poggendorfs Ann. 76 S. 442 u. 87 S. 293;
Saussure: Pogg. Ann. 14 S. 390 und 19 S. 391: Münz u.. Aubin: Compt.
Rend. T. 93, Nr. 20. 1881. S. 797, vergl. auch Met. Zeitschr. 1887. S. 465.
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Die Erdatmosphäre. Bestandteile. 9
wahrend der kälteren und dass derselbe in den einzelnen Jahrgängen
grossen Schwankungen unterworfen ist. Ferner zeigte sich, dass der
Ammoniakgehalt in der Stadt grösser ist, als auf dem Lande, am
grössten in den Kloaken.
Die Bestimmung des Ozongehaltes der Atmosphäre ist noch
nicht mit sehr grossen Schwierigkeiten verknüpft, insbesondere ge-
statten die Messungen mit sogenannten Ozonometern (Fliesspapiere
mit jodkaliumhaltigem Kleister getränkt) keinerlei irgendwie genaue
Vergleichungen und einwurfsfreie Schlüsse. Die Gewichtsbestim-
mungen, welche durch Hindurchstreichen der Luft durch arsenik-
saures Kali zu Montsouris gemacht wurden, ergaben die nachstehen-
den Werte (mgr pro 100 km Luft):
Jan. Febr. März April Hai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez. Jahr
1,1 1,5 1,4 1,1 1,2 1,2 1,3 1,2 1,1 1,1 0,9 0,7 1,15
1877 1878 1879 1880
1,9 1,5 0,8 0,6
Dem in den Jahresmitteln abnehmenden Ozongehalte der Luft
entspricht eine Zunahme der polaren Winde:
1877 1878 1879 1880
Aeqnatoriale Winde 249 204 175 182
Polare „ 81 118 132 144
Dass von der Atmosphäre auch Wasserstoff, wenn auch in
sehr geringen Quantitäten, aufgenommen wird, unterliegt wohl keinem
Zweifel bei den mannigfachen chemischen Prozessen an der Erd-
oberfläche, wobei Wasserstoff entwickelt wird, und in der That hat
Boussingault 1 ) einen geringen Gehalt an Wasserstoff in der Luft
nachgewiesen (in Paris 0,0002 bis 0,0008 Gewichtsprozente, und zu
Lyon 0,001 bis 0,002 Gewichtsprozente). Nach dem oben über die
Aenderungen der Zusammensetzung der Atmosphäre mit der Höhe
Gesagten muss der Wasserstoffgehalt mit der Höhe rasch zunehmen,
schon in einer Höhe von 9 deutschen Meilen muss der Druck der
Wasserstoffatmosphäre (bei einer Annahme von 0,003 Gewichts-
prozenten an der Erdoberfläche) gleich jenem der Sauerstoff-Stick-
stoffatmosphäre sein, darüber hinaus muss er immer mehr überwiegen
und zuletzt fast nur noch allein vorhanden sein. Hierdurch würde
das Verhalten der Feuermeteore eine Erklärung finden. Auch die
Annahme, dass der Weltenraum mit Wasserstoffgas in äusserster
Verdünnung angefüllt sei, scheint hiernach nahe zu liegen 2 ).
Von hervorragender Wichtigkeit für alle meteorologischen Vor-
gänge ist der Wasser dampf geh alt der Atmosphäre, welchen wir
daher in einem besonderen Kapitel besprechen wollen.
Oertliche Beimengungen oder Verunreinigungen der Luft
werden bedingt durch das Vorhandensein von Staub oder Rauch,
von denen der erstere in den Steppengebieten der Kontinente in
grosser Verbreitung aufzutreten pflegt, der letztere durch Moor- oder
1 ) Boussingault: Pogg. Ann. 36. S. 458.
2 ) Vergl. Zeitschr. der Oesterr. Gesellsch. für Met. 1875. S. 26.
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10
Die Erdatmosphäre. Beimengungen, Eigenschaften.
Grasbrände örtlich hervorgerufen wird. Andere Beimengungen feinerer
Natur und für den menschlichen Organismus von hoher Bedeutung
sind die organischen Keime, mikroskopische Lebewesen, die zum
Teil bei ansteckenden Krankheiten eine hervorragende Rolle zu
spielen scheinen. Nach den Untersuchungen von v. Freudenreich
ist die Reinheit der Luft auf den Bergen hinsichtlich dieser Mikroben
eine sehr grosse, grösser scheint sie in der Seeluft zu sein, da nur
5 — 6 Bakterien auf 10 kbm Luft enthalten sein sollen *). Interessant
ist die folgende von Miquel aufgestellte Tabelle über den Gehalt der
verschiedenen Atmosphären an Bakterien in einem Kubikmeter Luft :
Neue Teile von Paris . . . 4500
Abzugskanäle 6000
Laboratorium auf Montsouris 7420
Aeltere Teile von Paris . . 36000
Im neuen Armenhause . . . 40000
Hospital de la Piti6 .... 79000
Atlantischer Ocean . . . .
Auf hohen Bergen . . . .
In Salons der Seeschiffe . .
Spitze des Pantheons, Paris .
Park von Montsouris . . .
Bern
0,6
1
60
200
490
580
Rivolistrasse, Paris . . .
. 3480
Frankland und Hart fanden auf dem Dache eines Gebäudes
in Süd-Kensington im Jahre 1886 als mittlere Zahl der Mikroorga-
nismen in einem Kubikmeter Luft:
Januar Februar Mai Juni Juli August September Oktober
400 2600 3100 5400 6300 10500 4300 3500
Die Zahl der Mikroorganismen betrug in der Bibliothek der
Royal Society an einem Sitzungsabende 9 h 20 m 32600, 10 h 5 m
43200, am folgenden Morgen 10 h 15 m 13000 2 ). Zieht man in Be-
tracht, dass der Mensch täglich 5—10000 Liter Luft einatmet, so ist
klar, dass der Gehalt der Luft an Mikroorganismen auf den Gesund-
heitszustand doch einen ausserordentlich grossen Einfluss haben kann.
Die atmosphärische Luft hat mit den tropfbar-flüssigen Körpern
die leichte Verschiebbarkeit der Teilchen gemein, unterscheidet sich
aber von denselben dadurch, dass ihre Teilchen sich
wie vollkommen elastische Kugeln verhalten, die un-
gezwungen umherfluten, und die bei dem Versuche,
sie zu vereinigen, mit der Annäherung rasch an-
wachsende Repulsivkräfte zeigen. Die Luft besitzt
weder eine selbständige Form, noch ein selbstän-
diges Volum, sie füllt den ihr gebotenen Raum ganz
aus und übt auf die Wände des umschliessenden Ge-
fässes einen Druck aus, welcher mit ihrer Dichtig-
keit wächst. Findet sich bei gleichbleibender Tem-
peratur in dem geschlossenen Schenkel (Fig. 1) ein
Luftvolum vor, welches durch Quecksilber, das in
b und V gleich hoch steht, abgesperrt ist, so steht
dasselbe unter dem Drucke einer Atmosphäre (a mm
Quecksilber) ; giesst man nun in den offenen Schenkel
Quecksilber hinzu, so wird die Luft im verschlossenen Schenkel auf
Fig. 1.
*) Vergl. Ciel et Terre 1885, und das Wetter. Jahrg. 2. S. 74.
2 ) Royal Society. London 1887. S. 188.
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Die Erdatmosphäre. Eigenschaften, Höhe. 11
ein kleineres Volumen eingeengt. Ist der Niveauabstand der Queck-
silbersäule na, so ist der Druck auf die Luft im geschlossenen
v
Schenkel (n + 1) & und ihr Volum — . .. . Das Volum der einge-
schlossenen Luft ist dem Drucke umgekehrt proportional, oder die
Dichtigkeit wächst im geraden Verhältnisse des Druckes (Boyle-
sches oder Mariotte'sches Gesetz:
V: v 1 = p*:p oder d:d 1 p:p 1 .
Dieses Gesetz, dessen Richtigkeit auch für Drucke unter einer
Atmosphäre nachgewiesen werden kann, gilt innerhalb sehr weiter
Grenzen für alle sogenannten permanenten Gase, mehr oder weniger
beschränkt für sogenannte coecrible Gase oder Dämpfe.
Die atmosphärische Luft erleidet wie alle Gase durch Erwär-
mung eine gleichförmige Ausdehnung und zwar dehnt sie sich für
jeden Temperaturgrad (bei gleichbleibendem Drucke) um 1 J2i3 ihres
Volumens bei ° aus (Charles'sches oder Gay-Lussac'sches oder
ßegnault'sches Gesetz). Es sei v das Volum eines kg Luft bei
dem Barometerstande p und der Temperatur ° C, a der Aus-
dehnungskoeffizient der Luft, so wird jedes kg durch Erwärmung um
1 ° C. (bei gleichbleibendem Drucke) sich ausdehnen um v (1 -j- a),
bei einer Erwärmung auf t ° um v (1 -j— at). Wird der Luftdruck ver-
ändert von p auf p 1 , so ändert sich auch das Volum v nach der
Proportion v 1 : v (1 -}- at) = p : p 1 .
Für p = p 1 , d. h. wird eine Gasmasse ohne Aenderung des
Druckes erwärmt, so ist v 1 = v (1 -f~ a 0i oder das Volumen wächst
im Verhältnisse von 1 : 1 -f- at; ist andererseits v 1 = v' r oder er-
wärmt man die Gasmasse bei gleichbleibendem Volum, so ergibt sich
p 1 = p (1 -f- at), oder der Druck steht im Verhältnisse von 1 : 1 + at.
Die sehr beweglichen Atome der Atmosphäre werden durch die
Schwerkraft an die Erde gefesselt, so dass sie mit derselben fort-
schreiten und mit derselben rotieren. Dass die Luft wirklich schwer
ist, lässt sich durch direkte Abwägung eines mit Luft gefüllten, dann
luftleeren Ballons mit Leichtigkeit zeigen. Wegen der bedeutenden
Höhe unserer Atmosphäre ist der Druck an der Erdoberfläche ganz
beträchtlich: er wird gewöhnlich nur deswegen nicht wahrgenommen,
weil er auf alle Körper nach allen Richtungen hin mit gleicher
Stärke wirkt. Die Grösse des Luftdruckes wird gemessen durch das
Barometer, welches wir noch unten näher besprechen werden.
Die Höhe der Atmosphäre hat man nach verschiedenen Me-
thoden zu bestimmen gesucht. Zuerst behandelte der Araber Alhazen
das Problem, die Höhe jener Wolkenregion zu ermitteln, welche das
Sonnenlicht noch zurückwirft. Er fand für diese Entfernung
52 000 Schritte. Andererseits suchte der Schwede Melanderhjelm
die Entfernung vom Erdmittelpunkte zu bestimmen, für welche
Schwere und Fliehkraft gleich sind, und erhielt für diese Entfernung
4833 geographische Meilen. Nach G. G. Schmidt beträgt die
Atmosphärenhöhe (Gleichgewicht der spezifischen Elastizität mit der
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12 Temperatur.
Schwere) am Aequator 27,5, an den Polen 27,1 geographische Meilen.
Nach Ritters Rechnungen an der Hand der mechanischen Wärme-
theorie ist die Höhe der Atmosphäre nahezu 35 Myriameter, während
Schiaparelli bei seinen Studien über die Sternschnuppen zu dem
Ergebnisse kam, dass die Höhe der Atmosphäre 20 Myriameter weit
übertreffen müsse.
II. Die Temperatur.
Alle meteorologischen Vorgänge haben in dem Wechsel der
Wärme in unserer Atmosphäre ihren letzten Grund und daher er-
scheint es naturgemäss, die Temperaturverhältnisse in den Vorder-
grund unserer Betrachtungen zu stellen.
Da die Gesetze der Wärmestrahlung zur Genüge bekannt sind,
so lassen sich hieraus weitere Gesetze für die Erwärmung der Erdober-
fläche durch die Sonnenstrahlung, sowie für die Ausstrahlung in den
Weltenraum unter Berücksichtigung der vom Innern der Erde nach
Aussen hin sich verbreitenden Wärme an und für sich hinlänglich
genau aufstellen, aber durch das Hinzutreten der Atmosphäre mit
ihren unausgesetzten Bewegungen und mannigfachen Bewölkungs-
verhältnissen werden die Untersuchungen so verwickelt und mit so
grossen Schwierigkeiten verknüpft, dass nur in einzelnen Fällen die
theoretischen Untersuchungen bestimmte und allgemein gültige Re-
sultate herbeiführten.
Wenn auch für meteorologische Untersuchungen nur die Luft-
wärme in Betracht kommt, so darf die strahlende Wärme dennoch
nicht aus unserer Betrachtung ausgeschlossen werden, weil durch sie
die Luftwärme bedingt und modifiziert wird. Wir betrachten also
zuerst die Wärmeverteilung auf einer ganz homogenen Erdoberfläche
zunächst ohne, dann mit Atmosphäre, dann die Luftwärme in Bezug
auf ihre zeitliche und räumliche Verteilung über die Erde sowie in
ihrer Abhängigkeit von der Unterlage. Zuvörderst aber wollen wir
uns mit dem Instrumente bekannt machen, welches uns in Stand
setzt, diese Wärme zu messen, nämlich mit dem Thermometer x ).
Das gewöhnliche Thermometer besteht aus einer Glasröhre
mit feinem über die ganze Länge des Rohres hin gleichem Quer-
schnitte, an dessen einem Ende eine Kugel angeblasen ist, während
das andere zugeschmolzen ist. Die Kugel und ein Teil der Röhre
sind mit Quecksilber oder Weingeist gefüllt, der übrige Theil der
Röhre ist luftleer. Bei der Erwärmung dehnt sich das Quecksilber
in dem Thermometer aus, nimmt also in der Röhre einen grösseren
Raum ein, umgekehrt bei der Abkühlung. Die Grösse dieser Aus-
*) Bezüglich der Geschichte der Thermometer siehe E. Schmidt: Lehr-
buch der Meteorologie S. 64 ff.; Renau: Ann. de la Soctäte' meteorologique
de France 1876. S. 19; R. Scott: Quaterly Journ. of the met. Soc. 1886.
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Temperatur. 13
dehnung oder Zusammenziehung ist proportional der zugeführten oder
entzogenen Wärme und wird gemessen durch eine Skala, welche
hauptsächlich nach drei verschiedenen Methoden eingeteilt wird.
Der Schwede Celsius nahm als feste unveränderliche Punkte die
Temperatur des schmelzenden Eises (Nullpunkt) und diejenige der
Dämpfe des siedenden Wassers hei einem Luftdrucke von 760 mm an
(Siedepunkt), teilte diesen Fundamentalabstand in 100 gleiche Teile
(Centigrade) und führte diese Teilung über die Fundamentalpunkte
hinaus nach beiden Richtungen hin fort. Die unter dem Gefrier-
punkte des Wassers liegenden Grade erhalten gewöhnlich das Vor-
zeichen — , die darüber liegenden das Zeichen -J-. Dies Thermometer
wird auf dem alten Kontinente zu wissenschaftlichen Zwecken fast
allgemein gebraucht. Für gewöhnliche Zwecke kommt in Deutsch-
land das Thermometer nach lUaumur meistens zur Verwendung,
welcher die eben besprochenen Fundamentalpunkte in 80 Teile gra-
duierte. An allen britischen und amerikanischen Stationen ist das
Thermometer nach Fahrenheit eingeführt, auf welchem der Siede-
punkt mit 212 und der Gefrierpunkt mit 32 bezeichnet ist.
Hiernach sind 100 ° C. = 80 R.; also um °C. in °R. zu verwan-
deln, wird man erstere mit 0,8 multiplizieren, umgekehrt wird man
zur Verwandlung der R^aumur'schen Grade in Celsius'sche durch 0,8
dividieren. Z. B.:
13 ° C. = 13 X 0,8 ° R. = 10,4 ° R.
15,2 ° C. = 15,2 X 0,8 ° R. = 12,2 ° R.
13 ° R. = 13 : 0,8 ° C. = 16,2 ° C.
15,2 o R. = 15,2 : 0,8 ° C. = 19,0 ° C.
Es sei noch bemerkt, dass das R^aumursche Thermometer immer
mehr durch das Celsius'sche verdrängt wird, welches mit Rücksicht
auf den Umstand, dass bei meteorologischen und überhaupt wissen-
schaftlichen Angaben das R^aumursche Thermometer so gut wie gar
nicht mehr gebraucht wird, durchaus wünschenswert erscheint.
Beim Fahrenh einsehen Thermometer entsprechen 212 ° — 32 ° F.
= 180° F. = 100 ° C. = 80° R., also 1 ° F. = 5 / 9 ° C. = 4 / 9 R.
Zur Verwandlung der Fahrenheit'schen Grade in °C. oder °R.
haben wir, nach Abzug der 32°, nur mit 5 resp. 4 zu multipli-
zieren und das so erhaltene Produkt durch 9 zu dividieren. Z. B. :
45° F. = (45-32) X 6 /s ° C. = (45-32) X 4 /a ° R.
= 7,2°C. = 5,8°R.
Ein zu meteorologischen Beobachtungen geeignetes Thermometer
muss, wie bereits bemerkt, auf der ganzen Länge der Skala einen
gleichen innern Querschnitt der Röhre haben und jene muss genau
geteilt sein. Die Grösse der einzelnen Gradabstände wird entweder
durch die Festlegung der Fundamentalpunkte und Einteilung des
Fundamentalabstandes, oder durch Vergleichung mit einem durch-
aus richtigen Thermometer bestimmt. Die meisten Thermometer
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14
Thermometer.
zeigen indessen sehr selten ganz genau die richtige Temperatur, son-
dern grössere oder geringere Abweichungen, die teilweise darin ihren
Grund haben, dass sich das Glas der Kugel im Laufe der Zeit zu-
sammenzieht, wodurch der Nullpunkt nach und nach höher verschoben
wird. Es ist also durchaus notwendig, dass die zu Beobachtungen
benutzten Thermometer zu Anfang und von Zeit zu Zeit mit einem
durchaus richtigen Thermometer (Normalthermometer) verglichen wer-
den, so dass die Fehler genau gekannt und berücksichtigt werden
können. Uebrigens ist es ziemlich leicht, den Nullpunkt durch Hin-
einstecken des Thermometers in schmelzenden Schnee bis etwas über
den Gefrierpunkt (bei einer etwas höheren, äusseren Temperatur
als °) zu bestimmen und hieraus die anzubringende Korrektion ab-
zuleiten *).
Extremthermometer sind solche Instrumente, welche mittels
irgend einer Vorrichtung die höchste und niedrigste Temperatur in
Fig. 2.
Extremthermometer.
einem Zeiträume registriren, während welcher jene ausgesetzt waren.
Die Konstruktion dieser Thermometer ist verschieden. Gewöhnlich
ist das Minimumthermometer mit Weingeist gefüllt und hat in der
innern Röhre einen Schwimmer, welcher bei sinkender Temperatur
vom Ende der Weingeistsäule mitgenommen wird, aber bei steigender
Temperatur nicht der Bewegung folgt. Das Maximumthermometer
ist gewöhnlich ein Quecksilberthermometer, welches unmittelbar über
der Kugel eine kleine Erweiterung hat, in welcher ein Glassplitter-
chen eingeschmolzen ist. Bei steigender Temperatur geht das Queck-
silber an dem Glassplitterchen vorbei, bei sinkender reisst die Queck-
silbersäule an dem Splitterchen ab und der darüber liegende Teil der
Quecksilbersäule bleibt liegen und gibt die höchste Temperatur an.
Zweckmässig wird die Teilung auch durch eine in der Säule ein-
geschaltete Luftblase bewerkstelligt, die jedoch bei der niedrigsten
Temperatur nicht in die Kugel zurücktreten darf. — Die Einstellung
dieser Thermometer geschieht im ersteren Falle durch Neigung des
Thermometers mit der Kugel nach oben, im zweiten nach unten,
*) Ueber Prüfung der Thermometer siehe Zeitsehr. für Instrumentenkunde
6. Band. S. 121 und Natur 1887. S. 11.
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Thermometer.
15
im dritten durch Schleudern oder Stossen der Kugel gegen eine
Unterlage.
Figur 2 zeigt das zuerst besprochene (Rutherford'sche) Wein-
geistminimumthermometer (unten) und ein Grein er sches Quecksilber-
maximumthermometer. Letzteres enthält ein eisernes Stäbchen, welches
von der Quecksilbersäule vorgeschoben wird,
aber nicht zurückgeht; nach der Ablesung
bringt man durch einen kleinen Magneten das
Stäbchen wieder vor die Quecksilbersäule zurück.
Eine andere Konstruktion (nach Six) gibt
die Figur 3. Die beiden kommunizierenden
Röhren sind unten mit Quecksilber gefüllt,
darüber ist die Röhre und der erweiterte
Raum L ganz, in R zum Teile mit Amylal-
kohol, dessen Siedepunkt bei 131° C. liegt,
gefüllt. Bei der Erwärmung wird die Flüssig-
keit in L ausgedehnt und treibt das Queck-
silber im linken Schenkel abwärts, im rechten
aufwärts. Kleine eiserne Stäbchen markieren
die höchste und niedrigste Temperatur seit der
vorhergehenden Einstellung, welche wieder durch
einen kleinen Magneten bewerkstelligt wird.
Um den Gang der Temperatur kontinuier-
lich verfolgen zu können, dienen eigentümlich
konstruierte , Registrierapparate u , wie sie jetzt
an fast allen grösseren Observatorien aufge-
stellt sind. Unter den ersten Systemen, welche
gegenwärtig in Anwendung kommen, wollen
wir die von den Gebrüdern Richard in Paris-
Belleville konstruierten Apparate besprechen,
welche sowohl wegen der Einfachheit der Kon-
struktion, als auch des sehr niederen Preises
bei relativ grosser Leistungsfähigkeit Beach-
tung verdienen *).
Figur 4 zeigt das registrierende Thermo-
meter, wobei ein zweites Thermometer (b) an-
gebracht ist, welches beständig feucht gehalten
wird (Psychrometer siehe unten). Das be-
wegende Organ ist eine Bourdon'sche Mano-
meterröhre aus Messing von elliptischem Quer-
schnitte (c), 18 cm breit, 100 mm lang, welche
bei einem Rauminhalte von 2 kern bogenförmig
gekrümmt, mit Alkohol gefüllt und hermetisch verschlossen ist. Diese
Röhre ist ausserhalb des Kastens zur direkten Messung der Wärme
Extremthermometer
nach Six.
*) Vergl. Zeitschrift für Instrum entenk. Jahrg. 1884. S. 62 und Jahrg. 1884.
S. 359; Dingler's Polyt. Journ. Jahrg. 1864. S. 484. Eine ausführliche Be-
schreibung der sehr empfehlenswerten Fuess'schen Registrier-Apparate findet
sich in der erstgenannten Zeitschrift Jahrg. 1883. Heft 7.
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16 Thermometer.
angebracht und ragt mit dem am freien Ende angebrachten Ueber-
tragungsstift (d) hinein, hier in den Hebelmechanismus des Schreib-
stiftes eingreifend, welcher dem durch ein Uhrwerk bewegten Cylin-
der mit Papierstreifen aufliegt. In derselben Weise funktioniert das
feuchte Thermometer.
Die Erfahrungen, welche man beim Gebrauche dieses Instru-
mente» gemacht hat, sind durchaus günstige, wobei noch seine grosse
Empfindlichkeit ganz besonders hervorzuheben ist *).
Zur Messung der Sonnenstrahlung dient ein Thermometer mit
geschwärzter Kugel, die von einem luftleeren Gefässe umschlossen
Fig. 4.
Registrier-Thermometer (Psychrometer) .
ist, zur Registrierung ein Apparat ( Aktinometer) , den Figur 5
veranschaulicht. Zwei dünnwandige Hohlkugeln aus Kupfer, von
denen die eine versilbert und poliert, die andere matt geschwärzt ist,
sind in evakuierten Glasgefässen eingeschlossen, kommunizieren durch
lange Kapillarröhren mit den im Kasten befindlichen Bourdon'schen
Röhren. Damit die Temperaturänderungen der letzteren die Angaben
nicht stören, werden dieselben durch je zwei identische Bourdon'sche
Röhren, die in entgegengesetztem Sinne auf das Hebelwerk wirken,
kompensiert.
Strahlende Wärme.
Die Wärmequellen an der Erdoberfläche sind die Eigenwärme
der Erde und die Sonnenwärme, wenn wir absehen von der äusserst
geringen, unmessbaren, durch Strahlung unzähliger Sterne erzeugten
Wärme.
Dass die Erde noch einen Rest der Wärme besitzt, welche .ihrer
') Vergl. Met. Zeitschr. S. Jahrg. 1888. S. (24).
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Strahlende Wärme.
17
Masse ursprünglich, d. h. von ihrem ersten planetarischen Leben an,
angehörte, geht insbesondere aus der Thatsache hervor, dass die
Temperatur nach dem Innern der Erde hin rasch zunimmt und kon-
stant bleibt, so dass schon bei etwa 90 m die vom Sonnenlaufe
abhängigen Temperaturschwankungen aufhören. Um uns eine an-
genäherte Vorstellung über die Wärmezunahme mit der Tiefe zu ver-
schaffen, nehmen wir nach den in grösseren Tiefen angestellten
Beobachtungen an, dass die Wärme mit je 40 m Tiefe um 1° C.
Fig. 5.
Registrierender Aktinometer.
zunehme, und setzen die mittlere Temperatur der Erdoberfläche zu
12° C, so dürfen wir schon bei 4000 m Tiefe die Siedepunkt-
temperatur des Wassers erwarten, bei einer Tiefe von 6 — 7 deutschen
Meilen werden wir die Temperatur finden, bei welcher fast alle
Metalle im flüssigen Zustande sind; aber nur bis zu dieser Tiefe
dürfte die Zunahme der Wärme gehen, da nach hydrostatischen Ge-
setzen die wärmeren oder wenig dichteren Flüssigkeitsteilchen sich
vom Erdmittelpunkte der Erde entfernen werden, gerade so, wie
dieses auch an der Erdoberfläche der Fall ist.
Die Geologie liefert eine ganze Reihe von Beweisen, dass in
der That die Erdmasse ursprünglich eine bedeutend höhere Tem-
VanBebber, Meteorologie. 2
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18 Strahlende Wärme.
peratur besessen haben muss, als jetzt, und dass eine allmähliche
Abkühlung stattgefunden haben muss.
Die andere Hauptquelle der atmosphärischen Wärme ist die
Sonnen wärme, welche sich durch Strahlung unserer Erde mitteilt.
Denken wir uns zunächst die Erde homogen, als Festland und ohne
Lufthülle, und suchen wir den Wärmebetrag zu bestimmen, welcher
den einzelnen Teilen unserer Erdoberfläche durch Strahlung zu-
kommt.
Nach einem einfachen, physikalischen Gesetze ändert sich die
Intensität der Bestrahlung mit dem Sinus der Sonnenhöhe. Zur Zeit
der Aequinoktien, an welchen Tag und Nacht gleich sind, ändert
sich die Bestrahlung einfach direkt proportional dem Sinus der Sonnen-
höhe um Mittag. Steht aber die Sonne ausserhalb des Aequators,
so wird es sehr schwierig, die Verteilung der Strahlenmenge über
die Erdoberfläche durch ein genaues Gesetz auszudrücken. In der
jährlichen Periode entfernt sich in unserem Winter der höchste Stand
der Sonne um 23 V* südlich, im Sommer um ebensoviel nördlich
vom Aequator, und es wird für jeden Ort der Erdoberfläche eine
stetige periodische Aenderung der Tageslänge, also auch der Be-
strahlungsdauer, sowie eine ebensolche Aenderung in der Sonnen-
höhe, also der Strahlungsintensität bedingt, wodurch das Gesetz der
Bestrahlung sehr verwickelt wird. Die nachstehende Figur, einer
Abhandlung über diesen Gegenstand von Wiener entnommen 1 ),
illustriert die Bestrahlungsverhältnisse in den verschiedenen geogra-
phischen Breiten vom Frühlingsäquinoktium bis zum Sommersol-
stitium.
Nach dieser Darstellung fällt ein Maximum der Bestrahlung am
21. Juni auf den Nordpol, ein zweites kleineres auf 43° Breite, so
dass beide Maxima bei 62° durch ein kleines Minimum geschieden
sind ; nach Süden hin nimmt die Bestrahlung beständig ab und wird
bei 68° südlicher Breite gleich Null. Schon am Schlüsse des Mai-
monates ist die Strahlungsmenge am Nordpole grösser als am Aequator.
In unserem Winter ist die Erde in der grössten Sonnennähe,
im Sommer in der grössten Sonnenferne, während die Intensität der
Sonnenstrahlung dem Quadrate der Entfernung umgekehrt propor-
tional ist. Aber in demselben Masse wächst mit der Annäherung
an die Sonne die Winkelgeschwindigkeit der Erde, so dass unser
Sommer 7 Tage länger dauert, als derjenige der südlichen Hemi-
sphäre (186 Tage gegen 179 Tage), wodurch nachweisbar eine voll-
ständige Kompensation in der Bestrahlungsmenge zwischen zwei
Punkten in gleicher nördlicher und südlicher Breite bedingt wird.
Da dementsprechend im südhemisphärischen Sommer die Erwärmung
intensiver ist und im Winter die Ausstrahlung länger anhält, als
in der nördlichen Hemisphäre, so ergeben sich excessivere Wärme-
verhältnisse für die südliche Hemisphäre, als für die nördliche.
*) Wiener: Ueber die Stärke der Bestrahlung der Erde durch die Sonne
in den verschiedenen Breiten und Jahreszeiten. Zeitschrift der Oesterr. Gesell-
schaft für Meteor. Jahrg. 1879. S. 113.
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Strahlende Wärme.
19
Nach Hann *) beträgt der grösste Unterschied der Bestrahlung
am Aequator in der jährlichen Periode nur 12°/ , und in dessen Um-
gebung bis zu etwa 12° Nord- und Südbreite existiert noch eine
doppelte Jahresperiode, nämlich zwei Maxima um die Zeiten der
Aequinoktien und zwei Minima zur Zeit der Solstitien. Unter
12° Breite ist dieselbe schon einfach, unter 20° Breite ist der
Unterschied der Bestrahlung schon 368 gegen 483, 3 — 4mal grösser
als am Aequator. Ausserhalb der Wendekreise nehmen mit wach-
sender Breite die Unterschiede zwischen der Bestrahlung im Sommer-
Fig. 6.
0.40
035
O.30
0.26
O.20
0.15
0.10
0.05
0.00
90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90
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0.00
90 80 70 60 50 40 30 20 10 10 20 30 40 50 60 70 80 90
und Wintersolstitium rasch zu. Folgende Tabelle enthält die Tages-
summe der Sonnenstrahlung von 10 zu 10 Breitegraden und für den
21. Juni und 21. Dezember:
Nördliche Hemisphäre.
30 40
50
60
70
80
90
21. Juni
21. Dez.
Differenz
1088 1107
520 355
568 752
1105
197
908
1093
56
1037
1130
1130
1184
1184
1202
1202
Südlic
he Hemisp
häre.
21. Dez.
21. Juni
Differenz
1163 1183
487 332
766 851
1180
184
996
1168
52
1116
1207
1207
1265
1265
1284
1284
Welche Jahressumme die einzelnen Breitegrade erhalten, geht
') H a n n : Handbuch der Klimatologie. S. 57 ff. Wir sind dieser klaren
Darstellung der Hauptsache nach gefolgt. Vergl. auch die von der Acad&nie
des Sciences gekrönte Preisschrift von Zenker: Die Verteilung der Wärme auf
der Erdoberfläche. Berlin 1888.
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20 Strahlende Wärme.
aus folgender Tabelle nach Meech hervor, wobei als Einheit die
Wärmemenge eines mittleren Aequatorialtages zu Grunde gelegt ist.
Jahressumme der Sonnenstrahlung.
Aequator = 365,24 gesetzt.
Breite 0© 50 10<> 15° 20<> 25« 30° 35° 40° 45°
Thermaltage 365,2 364,0 360,2 853,9 345,2 834,2 321,0 305,7 288,5 269,8
Differenz 1,0 1,2 3,8 6,2 8,7 11,0 13,2 15,3 17,2 18,7
Breite 50,° 55° 60° 65° 70° 75° 80° 85° 90°
Thermaltage 249,7 222,8 207,8 187,9 173,0 163,2 156,6 152,8 151,6
Differenz 20,1 20,9 21,0 19,9 14,9 9,8 6,6 3,8 1,2
Also in der Nähe des Pols, sowie in der Nähe des Aequators
ändert sich die jährliche Wärmemenge mit der Breiteänderung nur
sehr wenig, das Maximum der Aenderung liegt zwischen dem 50. und
60. Breitegrad. Die Wärmemenge am Pol wächst mit der Schiefe der
Ekliptik.
Nach Meech ist die mittlere Intensität der Bestrahlung des
ganzen Tropengürtels 356,2 Tage, die der gemässigten Zone 276,4,
die der Polarzone 166, für die ganze Erde im Mittel 299 Tage oder
5 /6 der Bestrahlung des Aequators. Der Querschnitt des Strahlen-
bündels, welches die Erde trifft, ist */* der ganzen Erdoberfläche.
Nehmen wir mit Violle an, dass die Bestrahlung an der Grenze
der Atmosphäre in einer Minute pro Quadratcentimeter 2,5 Wärme-
einheiten oder Kalorien beträgt, so ist die gesamte Wärmemenge im
2,5 . 60 . 24 . 365,2 . R 2 tc = 1676 . 10 21 Kalorien,
eine Wärmemenge, welche eine Eisschichte von 4481 cm Dicke über
der ganzen Erdoberfläche schmelzen könnte.
Die Sonnenstrahlen, welche zur Erdoberfläche gelangen, müssen
zuvor die Atmosphäre durchwandern, sie werden von dieser ab-
sorbiert und zwar um so mehr, einen je weiteren Weg sie durch die
Atmosphäre zurückzulegen haben, und so muss die Intensität der
Sonnenstrahlung mit abnehmender Sonnenhöhe abnehmen. Setzen
wir die Höhe der Atmosphäre gleich 1 und den Absorptionskoöffi-
zienten gleich 0,75, so erhalten wir für die bei verschiedenen Höhen
der Sonne durchlaufenen Wege der Strahlen und für die durchge-
lassene Strahlenmenge bei klarem, wolkenlosem Himmel folgende
Tabelle:-
Sonnenhöhe oo 50 100 200 300 500 70<> 90°
Dicke der Atmosphäre 35,5 10,2 5,56 2,90 1,99 1,31 1,06 1,00
Durchgelassene Strahlenmenge 0,000 0,053 0,202 0,434 0,564 0,687 0,736 0,750
Hiernach nimmt die durchgelassene Strahlenmenge mit sinkender
Sonne rasch ab. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die
verschiedenen Strahlengattungen alle nicht in demselben Masse von
der Atmosphäre absorbiert werden. Nach den Untersuchungen von
Langley 1 ) rückt das Maximum der Intensität immer mehr gegen
*) Langley: Research es on solar head and its absorbtion by the Barths
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Strahlende Wärme. 21
das Blau, je höher man sich in der Atmosphäre erhebt, und liegt
ausserhalb der letzteren geradezu im Blau, so dass die Sonne bei
Abwesenheit der Atmosphäre ein blaues Aussehen haben würde;
ferner wächst der Transmissionskoeffizient mit der Wellenlänge, so
dass also die roten und ultraroten Strahlen die kleinste Absorption
in der Atmosphäre, erleiden, während die violetten und ultravioletten
der stärksten Absorption unterliegen.
Nach denselben Untersuchungen sind die Luftschichten um so
weniger transparent für die Sonnenstrahlen, je näher sie der Ober-
fläche sind, so dass es nicht angeht, für eine und dieselbe Wellen-
länge die Luft als homogenes absorbierendes Mittel zu betrachten.
Die früher vielfach vertretene Ansicht, dass die roten und ultraroten
Strahlen ' einer beträchtlicheren Absorption durch den Wasserdampf
unterworfen sind, wird durch Langley's Untersuchungen nicht be-
stätigt.
Die Wärme, welche von der Atmosphäre absorbiert wird, geht
für die Erde nicht ganz verloren, sondern wird durch Strahlung der
Atmosphäre der Erde zum Teil wieder zugeführt. Alle in der Luft
befindlichen Wasserteilchen, sei es in fester oder flüssiger Form (ins-
besondere Wolken), fein verteilte organische oder anorganische Teil-
chen, reflektieren und zerstreuen die Sonnenstrahlen nach allen Rich-
tungen und machen so die Atmosphäre zu einer Licht- und Wärme-
quelle, welche bei ihrer grossen Ausdehnung von nicht unerheblicher
Wirkung ist, insbesondere in höheren Breiten, wo die Sonnenstrahlen
einen weiten Weg in der Atmosphäre zurückzulegen haben, wo also
die Absorption eine ganz bedeutende ist.
Bestimmungen der thatsächlichen Strahlungsmengen sind für das
westliche Europa gemacht worden, welche gestatten, den täglichen
und jährlichen Gang der Strahlung zu erkennen und Näherungs-
werte für die absoluten Wärmemengen der Strahlung abzuleiten.
So fand Hann nach den Messungen Crova's, dass selbst bei ganz
heiterem Himmel für die mittleren Breiten die Atmosphäre die Hälfte
der täglichen Sonnenstrahlung absorbiert. In Paris ist die Wärme-
strahlung (Sonne und Himmel) im Juli mehr als fünfmal grösser als
im Dezember, während das Jahresmittel etwas grösser als die Hälfte
derjenigen ist, welche der Breite entspricht; noch kleiner ist dieser
Betrag im Winter. Nach Crova's Untersuchungen schwankt die
kalorische Intensität der Sonnenstrahlung, selbst an schönen Tagen,
fortwährend zwischen recht weiten Grenzen ; dieselbe besitzt im Sommer
am Tage zwei Maxima, eines am Vormittage, ein anderes am Nach-
mittage. Die Schwankungen an Sommertagen (bei heiterem Himmel
ohne sichtbare Wolken) sind um so schärfer ausgeprägt, je ruhiger
die Atmosphäre und je höher die Temperatur ist; die beiden Maxima
liegen erheblich weit von einander entfernt. An Herbsttagen nimmt
die Amplitude der Schwankungen ab und die beiden Maxima nähern
sich der Mittagsstunde. An Wintertagen dauern zwar die Schwan-
atmosphere. A report of the Mount Whitney expedition. In prof. papers of
the Signal Service.
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22 Strahlende Wärme.
kungen noch fort, allein ihre Amplitude nimmt noch weiter ab und
die Maxima haben das Bestreben, sich noch mehr zu vereinigen.
An Wintertagen mit ausserordentlich tiefer Temperatur und sehr
geringer absoluter Feuchtigkeit verschmelzen sich die Maxima zu einem
Maximum um Mittag. Unter diesen Verhältnissen, besonders wenn
die Atmosphäre von heftigen Stürmen durcheinander gerührt wird,
erhält man stündliche Kurven, die fast ganz symmetrisch zur Mittags-
linie hegen *).
Die Sonnenstrahlen, welche die Erdoberfläche erreichen, bewirken
eine Temperaturerhöhung derselben, deren Grösse von dem Wesen
der Gegenstände abhängt, womit jene in Berührung kommen. Einige
Körper werden rascher, andere langsamer erwärmt. Von grosser
Bedeutung in dieser Beziehung ist der Gegensatz von Land und
Meer. Das Wasser besitzt von allen Körpern die grösste Wärme-
kapazität, d. h. braucht unter gleichen Umständen die grösste Wärme-
menge, um eine bestimmte Temperaturerhöhung zu erreichen. Werden
gleich grosse Flächen von Meer und Festland gleichen Wärme-
wirkungen ausgesetzt, so ist die dadurch erhaltene Erhöhung der
Temperatur beim Festland im allgemeinen fast zweimal so gross, als
beim Meere. Die Wärmestrahlen der Sonne werden teils von der
Oberfläche des Wassers reflektiert, teils zur Verdunstung gebraucht,
während der feste Erdboden fast sämtliche Strahle» in sich auf-
nimmt. Ferner beschränkt sich die Erwärmung des Festlandes fast
nur auf die Oberfläche, wogegen beim Meere die Wärmestrahlen in
die Tiefe eindringen, und so eine dickere Schichte erwärmen. An-
dererseits ist hier die Verschiebbarkeit der Wasserteilchen für die
Erwärmung der Gewässer von der grössten Bedeutung, indem eine
Temperaturzunahme an der Oberfläche ein stabileres Gleichgewicht
der Wasserschichten hervorruft, während Abkühlung das Umge-
kehrte bewirkt. Hieraus folgt, dass die Oberflächentemperatur der
Meere eine verhältnismässig sehr hohe ist, und dass das kalte Wasser
sich nach der Tiefe zurückzieht, wo es nur noch durch Leitung
Wärme erhalten kann und zwar sowohl von der Oberfläche, als auch von
dem Meeresgrunde. Nach den Zusammenstellungen von Woeikof 2 )
beträgt die mittlere Temperatur der ganzen Wassersäule in den
Breiten 20° N. bis 20° S. nahezu 4° C, am Boden ist sie in den-
selben Breiten nur 1,1°, während die Oberflächentemperatur nahezu
26 1 /2° beträgt. Da Wasser von so niedriger Temperatur an der
Meeresoberfläche in den Tropen nicht vorkommt, so muss dasselbe
aus höheren Breiten stammen, wo die Temperatur des Meerwassers
sehr erheblich niedriger ist. Während die oberen Meeresströmungen
durch die Winde hervorgerufen werden, entstehen die Strömungen in
der Tiefe durch Unterschiede in der Dichtigkeit des Wassers, so
dass also in der Tiefe die kalten Wassermassen der Polarmeere, ins-
') Die kleinen Veröffentlichungen Crova's über diesen Gegenstand finden
sich in Comptes Rendus. Vergl. auch Meteor. Zeitschr. Jahrg. 1887. S. 74 und
Jahrg. 1888. S. 25.
2 ) Woeikof: Die Klimate der Erde. Jena 1887.
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Strahlende Wärme. 23
besondere aber der südlichen Hemisphäre, den Tropen zuströmen.
Dass hauptsächlich das südliche Polarmeer das kalte Wasser nach
den Tropen bringt, dafür spricht die Thatsache, dass in der Nähe
des Aequators die Tiefseetemperaturen auf der Nordhemisphäre be-
deutend höher sind, als auf der Südhemisphäre. Der Grund dieser
Erscheinung liegt in der Gestaltung der Meere und in der Ver-
schiedenheit der Eisbildung in den Polarmeeren. Während die
ausgedehnten Eisfelder des nördlichen Polarmeeres Schutz vor wei-
terer Erkaltung des Wassers bieten, können die zerstreuten Eis-
berge am Südpol eine dauernde und kräftige Abkühlung nicht ver-
hindern.
Das Festland dagegen wird an der .Oberfläche erwärmt und
nur durch Leitung kann die Wärme bis zu einer gewissen Tiefe
vordringen; Konvektionsströmungen, wie bei den sehr beweglichen
Wasserteilchen, sind hier ausgeschlossen.
Der Zufuhr der Wärme durch Einstrahlung steht der Wärme-
verlust durch Ausstrahlung gegenüber, indem alle Körper der Erd-
oberfläche ihre Wärme an den Weltenraum abgeben. Die Wärme-
ausstrahlung hängt einerseits von der Himmelsbeschaffenheit, der
Bewölkung, und andererseits von der Beschaffenheit der Erdober-
fläche ab. Heiterer Himmel und trockene Luft sind der Ausstrah-
lung am günstigsten, dagegen Wolken- und Nebelbildung verlang-
samen die Ausstrahlung, indem diese fast alle Wärme von der Erde
zurückhalten.
Ebenso wie bei der Erwärmung zeigen Wasser und Festland
ein sehr verschiedenes Verhalten zur Ausstrahlung. Bei sonst gleichen
Verhältnissen erkaltet das Wasser viel langsamer als das Land,
wozu noch kommt, dass der Wärmeverlust an der Wasseroberfläche
durch die Wärme der unteren Schichten wieder wenigstens teil-
weise ersetzt wird, während beim Festlande, abgesehen von der
Wärmeleitung, kein Ersatz für den Wärmeverlust der Oberfläche
geboten wird.
Ueber dem Meere ist die Bewölkung durchschnittlich viel grösser,
als auf dem Festlande, und daher eine geringere Ein- und Ausstrah-
lung auf dem Meere, als auf dem Festlande.
Lufttemperatur.
Die Wärme, welche die Erdoberfläche durch die Einstrahlung
erhalten hat, teilt sich den ihr aufliegenden Luftschichten mit,
teils durch Leitung, teils durch Strahlung, und wird von den
untersten Luftschichten resorbiert. Diese Wärme, welche sich
von Schicht zu Schicht weiter fortpflanzt, und durch die Luftströ-
mungen in hohem Grade modifiziert wird, die Luftwärme, ist das
wichtigste meteorologische Element, und daher müssen wir dieselbe
eingehender betrachten. Zunächst erscheint die Erörterung der Frage
von fundamentaler Wichtigkeit, auf welche Weise die wahre Tempe-
ratur der Luft richtig bestimmt wird. In neuester Zeit ist diese
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24 Lufttemperatur, Bestimmung derselben.
Frage von verschiedenen Seiten eingehend behandelt worden *), jedoch
ohne zu einem ganz bestimmten Resultate zu führen. Noch bis vor
kurzer Zeit wurde die Wild'sche Hütte — eine Holzjalousienhütte
mit innerem Blechgehäuse — als massgebend für die Aufnahme der
Thermometer angesehen und an einigen Observatorien verschiedener
Länder angewendet. Indessen zeigte sich bei genauerer Untersuchung,
dass die Erwärmung oder Abkühlung der Wände auf die Temperatur
der benachbarten Luft einen sehr merklichen Einfluss ausüben, und
dass die Temperaturänderungen der Wände den raschen Aenderungen
der Lufttemperatur nur langsam folgen können.
Die wahre Temperatur der Luft ist nicht gerade diejenige, welche
ein im Schatten aufgehängtes Thermometer zeigt, sondern vielmehr
diejenige, welche die Luft an irgend einer Stelle der Atmosphäre
besitzt, frei von jeglicher Beeinflussung durch die Strahlung anderer
Körper. Da nun aber bei einem, Strahlungseinflüssen ausgesetzten
Thermometer sowohl das Quecksilber als die es umhüllende Glaskugel
von der Luft abweichende thermische Verhältnisse zeigen und die
Stärke der Luftbewegung die Temperaturangaben beeinflusst, so
kann es sich nur noch darum handeln, eine möglichst grosse An-
näherung an die wirklichen Verhältnisse zu erzielen. Es wird sich
nun zunächst empfehlen, ein Thermometer mit sehr kleiner Kugel
zu nehmen, und diese mit einer möglichst grossen Menge von Strah-
lungseinflüssen freier Luft in Berührung zu bringen. Dieses kann
erreicht werden. durch das Schleuderthermometer, welches an
einem beschatteten Platze und geschützt vor Benetzung durch Regen
und Schnee Angaben liefert, die den wahren Lufttemperaturen sehr
nahe kommen. Beschirmungen hemmen die Luftbewegung und da ihre
Temperatur nur langsam der Lufttemperatur folgen kann, so müssen
diese störend auf die Angaben des Thermometers wirken. Ich glaube
die Ansicht aussprechen zu können, dass die Temperaturangaben um
so mehr von der Wahrheit entfernt sind, je massenhafter die Schutz-
vorrichtungen des Thermometers sind, insbesondere dann, wenn direkte
Strahlung stattfindet. Ich möchte daher empfehlen, die Thermometer
bei Ausschluss der Benetzung durch Regen oder Schnee sowie aller
direkt eingestrahlter und zurückgestrahlter Wärme aufzustellen, das»
die Luft möglichst freien Zutritt hat, wobei die Höhe über dem Erd-
boden nicht allzu niedrig sein darf. Sehr gut eignet sich die Vor-
richtung, welche von Koppen vorgeschlagen und durchgeführt ist,
nämlich eine ganz einfache Jalousienvorrichtung, die nur dazu dienen
soll, die Niederschläge abzuhalten. Die Fig. 7 illustriert diese ein-
fache Vorrichtung.
An den meisten deutschen Stationen ist eine ebenso empfehlens-
werte, aber etwas kompliziertere Vorrichtung im Gebrauch, welche
durch Fig. 8 versinnlicht wird.
*) Eine umfassende Arbeit, welche auch eine Besprechung der anderweitig
angestellten Untersuchungen enthält, ist eben jetzt erschienen. Koppen:
Studien über die Bestimmung der Lufttemperatur und des Luftdruckes, im
Archiv der Seewarte. Jahrg. 1887. Nr. 2.
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Lufttemperatur, tagliche Periode.
25
Das Thermometergehäuse ist hier in der Nähe des Fensters an-
gebracht und an zwei Seiten durch cylindrische Bleche und durch
ein doppeltes Dach vor Regen und Bestrahlung geschützt. Durch
den Arm s kann man das Gehäuse nach dem Fenster hinziehen und
die Thermometer ablesen. Die letztere Stellung zeigt Fig. 9. Ausser
dem gewöhnlichen Thermometer enthält das Gehäuse gewöhnlich noch
ein Maximum- und ein Minimumthermometer sowie ein mit Muselin
umwickeltes (feuchtes) Thermometer, wovon weiter unten noch die
Rede sein soll.
Wäre unsere Atmosphäre ruhend und von unveränderlicher Be-
schaffenheit, so könnten theoretische Betrachtungen Aufschluss geben
Fig. 7.
Thermometer- Aufstellung nach Koppen.
über die zeitliche und räumliche Verteilung der Temperatur in der
Luft. In Wirklichkeit aber ruht weder unsere Atmosphäre, noch ist
ihre Beschaffenheit unveränderlich: horizontale und vertikale Luft-
ströme halten die Luft in steter und lebhafter Bewegung, durch die
Verdunstung tritt der Wasserdampf in die Atmosphäre, durch Kon-
densation scheidet er sich wieder aus als Wolke oder Regen, Schnee,
Nebel etc., alle diese Vorgänge haben einen ausserordentlich grossen,
bestimmenden Einfluss auf die Temperaturverhältnisse der Atmosphäre.
Aus diesem Grunde wird es, um zu einer richtigen Erkenntnis zu
gelangen, notwendig sein, den Weg der Erfahrung zu betreten und
durch fortgesetzte Beobachtungen das Gesetzmässige festzulegen.
Periodische Aenderungen der Temperatur,
a) Die tägliche Periode der Temperatur.
Eine auch nur oberflächliche Beobachtung der Lufttemperatur
führt zur Erkennung der Thatsache, dass die Temperatur im all-
gemeinen am Vormittage steigt, etwas nach Mittag ein Maximum
erreicht und dann wieder sinkt, bis sie etwas vor Sonnenaufgang
Digitized by VjOOQ IC
26
Lufttemperatur, tägliche Periode.
ihren tiefsten Stand erhalten hat. Indessen ist der tägliche Gang der
Temperatur sehr selten regelmässig, sondern es treten häufig un-
regelmässige Schwankungen auf, welche nicht selten den periodischen
Verlauf vollständig verwischen. Um nun den durchschnittlichen Gang
der Temperatur während eines vollen Tages zu finden, wird man an
möglichst vielen Zeitpunkten des Tages und der Nacht regelmässig
Fig. 8.
Thermometergehäuse vom Fenster abgerückt.
Beobachtungen anstellen, dann aus allen Beobachtungen, die zu der-
selben Tages- oder Nachtzeit gemacht sind, das Mittel nehmen.
Dieses Mittel gibt die tägliche Periode der Lufttemperatur um so
genauer wieder, je mehr Beobachtungen zur Mittelbildung verwandt
wurden. Da nun aber die tägliche Temperaturperiode im Laufe des
Jahres mit der jährlichen Periode des Sonnenstandes sich ändern
muss, so ist notwendig, die tägliche Periode für kleinere Zeitab-
schnitte zu berechnen, etwa für jeden Monat oder jede Dekade des
Jahres.
Um Unregelmässigkeiten in dem täglichen Gange der Tempe-
ratur auszugleichen, wird es zweckmässig sein, wenn man alle durch
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I
Lufttemperatur, tägliche Periode.
27
die Beobachtung erhaltenen Mittelwerte in ein Koordinatennetz ein-
trägt, und zwar die Temperaturen als Ordinaten, die Zeiten (Stunden)
als Abcissen, und endlich die Endpunkte der Ordinaten durch eine
möglichst kontinuierlich gekrümmte Linie miteinander verbindet.
Vielfach wird zur Ausgleichung der Unregelmässigkeiten eine Inter-
polationsformel — die Lambert-BesseTsche Formel — angewandt,
indessen hat Wild gezeigt 1 ), „dass die Anwendung der Bessel-
Fig. 9.
PHP 1
Thermometergehäuse zum Fenster eingezogen.
sehen Formel zur Darstellung des täglichen Ganges der Temperatur
bis dahin die Erkenntnis des letzteren weit mehr gehemmt, als ge-
fördert hat und dass die Meteorologen, wenn sie ebenso viele Stun-
den darauf verwendet hätten, die Beobachtungen in grossem Mass-
stabe graphisch darzustellen, als sie Tage zur Berechnung nach der
B es seltenen Formel brauchten, nicht bloss eine richtigere Vorstel-
lung von der täglichen Variation der Temperatur gewonnen, sondern
*) Wild: Die Temperaturverhältnisse des Russischen Reiches. Suppl.-Bd.
zum Repertorium für Meteorologie. St. Petersburg 1881. S. 6.
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28 Lufttemperatur, ' tägliche Periode.
zugleich auf diesem Wege eine grosse Menge von störenden Rech-
nungs-, Schreib- und Druckfehlern im Beobachtungsmaterial ohne
weiteres erkannt und ausgemerzt hätten. Man hätte endlich durch
die graphische Darstellung auch unmittelbar ersehen, dass viele der
vorhandenen stündlichen Beobachtungen mit groben Fehlern behaftet
sind und dass daher bis zur Ansammlung eines besseren Beobach-
tungsmaterials auch die Hoffnung verfrüht sei, durch Berechnung
der Konstanten der Bessel'schen Formel für viele Orte eine Ab-
hängigkeit derselben von der Lage zu erkennen und einer allgemeinen
Lösung der Aufgabe sich anzunähern/
Die Feststellung der täglichen Temperaturperiode hat nicht allein
den Zweck, allgemeine Gesetze für dieselbe in den verschiedenen
Gegenden der Erde abzuleiten, sondern auch den, die an einzelnen
Tages- oder Nachtstunden angestellten Beobachtungen zur Ableitung
der wahren Tagesmittel verwenden zu können. Auf diesen Punkt
werden wir noch weiter unten zurückkommen. Fig. 10 veranschau-
licht den täglichen Gang der Temperatur an einer Anzahl verschieden
gelegener Stationen.
Die tägliche Temperaturperiode ist eine einfache, sie hat nur
ein Maximum und ein Minimum; die Differenz dieser beiden Ex-
treme nennt man die tägliche Amplitude der Temperatur. Nach
Woeikof 1 ) sind es folgende Hauptumstände, welche auf die tägliche
Temperaturperiode wirken: 1. die geographische Breite und die
Jahreszeit; 2. die Unterlage, auf welcher die Luftsäule ruht; 3. die
Entfernung von dieser Unterlage; 4. die nähere Beschaffenheit dieser
Unterlage; 5. die grössere oder geringere Diathermansie der gas-
förmigen Bestandteile der Luft; 6. die Beimischung von Wasser-
teilchen in flüssiger oder fester Form (Wolken, Nebel), deren Höhe,
Dichte etc.; 7. die Beimischung anderer fester Teilchen (Staub,
Rauch etc.).
Von der geographischen Breite hängt unter übrigens gleichen
Umständen die Amplitude der täglichen Wärmeoscillation ab, indem
sie in höherer Breite geringer ist , als in niederer. Die Amplitude
hängt von der Sonnenhöhe und von der Dauer der Bestrahlung
ab. In kurzen Nächten wird nicht alle von der Sonne eingestrahlte
Wärme wieder ausgestrahlt, es sammelt sich Wärme an und zwar
um so mehr, je höher die Breite ist. Daher wird auch mit wachsen-
der Breite die Amplitude abnehmen und am Pole selbst verschwinden.
Am Aeqüator fallen die Sonnenstrahlen in allen Jahreszeiten mittags
fast senkrecht auf, Tag und Nacht sind nahezu gleich lang und
hier muss also unter übrigens gleichen Umständen die tägliche Am-
plitude am grössten sein.
Die Zeit der zunehmenden Temperatur in der täglichen Periode
ist durchschnittlich kürzer, als diejenige der abnehmenden, nur in
den Sommermonaten ist sie in den höheren Breiten länger. Die
beiden Extreme für die Grösse der Amplitude sowie für den Eintritt
der Wendepunkte sind die rein maritime und die rein kontinentale
] ) Woeikof : Die Klimate der Erde. Teil I. S. 153.
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Lufttemperatur, tägliche Periode.
29
Lage für nahezu gleich hoch gelegene Orte. Zwischen beiden Ex-
tremen liegen unzählig viele Uebergänge, und daher die grosse
Mannigfaltigkeit in der täglichen Periode in den verschiedenen
Gegenden. Auf offenem Meere ist die tägliche Periode geringer, als
2 ° und rückt das Maximum gegen Mittag hin, um so mehr, als die
Breite abnimmt, bis es an den Tropen auf Mittag fällt. Viel grösser
ist die Amplitude in den Kontinenten, die grösste, in den Sandwüsten
Fig. 10.
a z ♦ s i » n t* t± tt x* tz u
Nowaja-Semla
Helsingfors . ,
Täglicher Gang der Lufttemperatur. Abweichung vom Tagesmittel.
beobachtete beträgt etwa 18° C. Die Wendepunkte fallen in den
Kontinenten, insbesondere aber in den Sandwüsten, nach 2 Uhr Nach-
mittags. Dabei findet das Maximum auf dem Meere früher, in den
Kontinenten später statt ; das Minimum tritt auf dem Ozean bis zwei
Stunden vor Sonnenaufgang ein, in den Kontinenten, insbesondere
in den Sandwüsten, bei Sonnenaufgang oder kurz nachher. Im Sommer
ist der Eintritt des. Minimums (in Beziehung auf den Sonnenauf-
gang) früher, als im Winter. Die Amplitude der täglichen Tem-
peraturschwankung hängt in der Weise von der Erhebung über dem
Erdboden ab, dass sie mit der Höhe abnimmt, wobei das Maximum
sich der Mittagsstunde nähert, während das Minimum sich zu ver-
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30 Lufttemperatur, tägliche Periode.
frühen scheint. Die Unterschiede sind am grössten in den der Erd-
oberfläche unmittelbar aufliegenden Luftschichten.
Von ganz hervorragendem Einflüsse auf die tägliche Periode der
Temperatur ist die Bewölkung; insbesondere in Bezug auf die Am-
plitude der Oscillation. Die Bewölkung ist aber namentlich für mitt-
lere und höhere Breiten ein sehr veränderliches Element, so dass es
vieler Jahrgänge (20—30) bedarf, um normale Mittel für die Be-
wölkung und somit auch für die tägliche Temperaturperiode zu er-
halten. In einzelnen Fällen wird der Einfluss der Tageslänge auf
die Amplitude durch denjenigen der Bewölkung erheblich überwogen.
Als Beispiel stellen wir die Amplitude der täglichen Temperatur-
oscillation in den einzelnen Monaten mit den Bewölkungsgraden für
Nukuss nach einjährigen Beobachtungen und für Peking ver-
gleichend zusammen:
Nukuss:
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Amplitude 6<> lio 70 12° U<> 16<> 14<> 140 150 140 140 70
Heiterkeit (0—20) 7 16 7 10 14 16 14 18 19 16 15 7
Peking:
Amplitude
Heiterkeit
70
90
100
110
110
100
80
80
80
100
70
70
5
14
12
11
10
9
7
9
11
14
14
15
Der Parallelismus zwischen Bewölkung und den Variationen der
Temperaturamplitude ist in Nukuss ein fast vollständiger, während in
Peking, abgesehen von den Wintermonaten, die Beziehungen zwi-
schen Heiterkeitsgrad und Wärmeoscillation ganz deutlich hervortreten.
Auch durch die der Luft beigemengten Bestandteile, wie Staub,
Rauch etc. wird die tägliche Temperaturperiode beeinflusst, da durch
jene Verunreinigungen die Diathermansie der Luft, also auch die
Amplitude der Temperatur abgeschwächt wird.
Von besonderer Bedeutung ist noch der Einfluss der topographi-
schen Lage auf die tägliche Amplitude und Periode der ' Temperatur.
Woeikof fasst diese Einflüsse in folgenden Sätzen zusammen:
a) Eine konvexe Oberfläche (Hügel, Berg) ist eine Ursache,
welche die tägliche Amplitude der Temperatur verkleinert,
und zwar um so mehr, je grösser das Verhältnis der verti-
kalen Dimension zur horizontalen ist.
b) Eine konkave Oberfläche (Thal, Mulde) vergrössert die täg-
liche Amplitude der Temperatur, aber nur bis zu einem ge-
wissen Verhältnisse der vertikalen Dimension zur horizontalen.
c) Als normal im Verhältnisse zur täglichen Amplitude kann
eine ganz ebene Oberfläche gelten *).
In Bezug auf die tägliche Periode der Temperatur tritt das täg-
liche Maximum derselben auf Berggipfeln eher ein, als in Ebenen
und Thälern, gerade so, wie auf den Ozeanen, wo wir es fast nur
mit der Erwärmung der Luft und nicht der Unterlage zu thun haben.
Die folgende Tabelle enthält für eine Anzahl verschieden ge-
legener Stationen den Betrag der Temperaturamplituden für die ein-
') Amplitude siehe Wild S. 144.
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Lufttemperatur, Stundenkombinationen.
31
zelnen Monate des Jahres, woraus insbesondere der verschiedene Ein-
fluss der maritimen und kontinentalen Lage hervorgeht.
Amplituden
der täglichen Temperaturoscillationen.
Dez.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Seichte Bay .
0,7
0,4
1,2
2,6
5,2
6,2.
3,9
3,1
2,6
2,2
0,9
0,7
Ochotsk . . .
2,3
2,7
5,0
9,7
10,6
7,0
6,9
5,7
5,6
5,0
5,1
4,1
Barnaul . . .
3,5
3,5
7,9
9,8
9,0
10,4
10,7
10,6
10,5
10,2
7,3
4,5
Petersburg . .
0,8
1,3
2,7
4,9
5,7
7,1
6,5
S>1
6,2
4,0
2,7
1,*
Moskau . . .
1,2
1,7
3,4
4,6
5,2
6,9
7,3
?,5
7,2
5,8
4,3
2,0
Odessa . . .
2,6
3,1
3,8
5,1
7,3
8,1
9,1
9,0
8,9
7,7
5,3
3,8
Copenhagen .
0,9
1,0
2,2
3,4
4,7
S>2
6,0
5,9
5,6
4,4
2,7
1,4
Stettin . . .
2,0
1,8
2,9
4,6
7,0
8,8
7,6
2' 6
8,2
6,8
4,3
2,1
Oxford . . .
2,0
2,1
2,9
4,9
7,0
8,0
7,8
8,3
7,7
6,7
4,7
3,0
München . .
3,6
4,4
5,6
7,4
9,4
9,7
9,8
10,0
9,6
9,0
7,3
4,2
Bern ....
3,4
4,2
6,7
5,7
8,6
»,2
8,8
9,4
8,4
9,2
5,5
4,3
Madrid . . .
6,0
7,2
9,6
9,7
11,7
11,«
13,1
14,5
14,0
12,2
9,6
8,6
Das wahre Tagesmittel der Temperatur wird aus 24stündlichen
Beobachtungen in der Weise abgeleitet, dass die Summe der Beob-
achtungswerte einfach durch 24 dividiert wird. Indessen existieren
nur von sehr wenigen Stationen stündliche Aufzeichnungen und daher
hat man aus den vorhandenen 24stündigen Mittelwerten, welche sich
über einen längeren Zeitraum erstrecken, die Werte abgeleitet, welche
an die Mittel anzubringen sind, die aus einer Kombination von Be-
obachtungen an einigen Stunden erhalten wurden, um das wahre
Tagesmittel zu erhalten. Aus diesen Kombinationen heben wir haupt-
sächlich folgende hervor:
Berechnungsformel :
(6h a + 2h p + 10h p) : 3. (Dove's System)
(7 a + 2 p + 9 p) : 3 od. (7 a + 2 p + 2.9 p) : 4
(7a + lp + 9p):3
' (Max. + 8 a + 8 p + Max.) : 4; Mai bis August
(8*+8jE + 8. + 8p + 8p ) s 2; gept fei8 Aprfl
oder (Min. + 8 a + 2p + 8p) : 4
oder (8 a + 8 p): 2
Figur 11 zeigt übersichtlich die in Europa gegenwärtig ange-
wandten Beobachtungstermine, welche auch gleichzeitig für die übrigen
meteorologischen Elemente gelten. Die ersteren Beobachtungstermine
(6, 2, 10) wurden bis vor einigen Jahren im preussischen meteoro-
logischen Institute angewandt, dann aber mit der Neuorganisation
dieses Institutes verlassen zu Gunsten der zweiten Kombination (7, 2, 9,
Mannheimer Stundenkombination, welche auch durch Oesterreich ver-
treten ist), die dritte (7, 1, 9) ist in der Schweiz und Russland, die
vierte (8, 2, 8) an der Seewarte, sowie in Bayern, Sachsen und der
"Wetterwarte in Magdeburg in Gebrauch.
Bei der Wahl der Beobachtungstermine sind dreierlei Punkte zu
berücksichtigen, nämlich, ob die Kombination durch einfache Rech-
nung das wahre Tagesmittel ergibt, oder doch einen Wert, der dem-
selben sehr nahe Hegt, ob die Beobachtungsstunden für die Beobachter
Beobachtungsstunde :
6h a. m., 2 h p. m. u. 10 n p. m.
7 h a. m., 2h p. m. u. 9 n p. m.
7 h a. m., lh p. m. u. 9 n p. m
8 h a. m., 2 h p. m. u. 8 n p. m. <
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82
Lufttemperatur, Stundenkombinationen .
recht bequem liegen, und endlich, ob sich das Beobachtungssystem
auch den benachbarten gut anschliesst. Dabei erscheint es wünschens-
wert, dass die Beobachtungsstunden nach den Tageszeiten zweck-
mässig verteilt sind, wobei äquidistante Termine insbesondere für
synoptische Meteorologie ganz besonders brauchbar sind.
Zur Beurteilung der Qualität der Stundenkombinationen in Bezug
auf die wahren Tagesmittel lassen wir die Reduktionsgrössen der
einzelnen Kombinationen auf wahre Tagesmittel hier folgen, wobei
Fig. 11.
folgende Stationen in Rechnung gezogen wurden (die eingeklammerten
Zahlen bedeuten die Zahl der Beobachtungsjahre):
Schwerin (10), Stettin (3), Copenhagen (26), Plymouth (5),
München (33), Wien (20) *).
I. Kombination 1/3 (6a + 2p + 10p) j
Station
Schwerin
Stettin
Copenhagen
Plymouth
München
Wien
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.
_ o,08 — 0,16 — 0,08 + 0,07 — 0,01 — 0,02 — 0,02 + 0,03 + 0,05 — 0,14 — 0,09
_ o,06 — 0,06 + 0,06 + 0,23 + 0,25 -4- 0,12 + 0,10 + 0,20 + 0,19 - 0,03 — 0,01
— 05 - 07 — 0,03 + 0,02 + 0,16 + 0,10 + 0,10 + 0,17 + 0,12 0,00 — 0,04
— 0,03 - 06 + 0,07 + 0,23 + 0,26 + 0,14 + 0,14 4- 0,27 + 0,12 0,00 — 0,06
— 22 — 18 — 0,01 + 0,19 + 0,07 — 0,02 4- 0,06 + 0,16 4- 0,14 — 0,05 — 0,16
— 11 - 09 + 0,07 + 0,27 + 0,29 + 0,25 + 0,33 + 0,33 + 0,22 ~ "
0,00 —0,07
n. Kombination 1/4 (7a + 2p + 2 X 9p)
Schwerin — 0,06 — 0,10 — 0,09 — 0,12 — 0,20 — 0,26 — 0,18 - 0,13 — 0,01 — 0,07 - 0,07
Stettin — 08 — 0,08 — 0,02 + 0,04 — 0,13 — 0,20 - 0,22 0,00 + 0,06 — 0,01 -f- 0,02
Copenhagen — 02 — 0,03 + 0,01 + 0,06 0,00 — 0,10 — 0,10 4- 0,08 + 0,10 + 0,03 -f- 0,01
PlvmOUth + 0,06 0,00 + 0,08 + 0,09 — 0,01 0,00 + 0,04 -f- 0,11 + 0,18 + 0,04 — 0,02
München — 0,10 — 0,08— 0,03 — 0,09 — 0,27 — 0,29 — 0,31 — 0,15 - 0,08 — 0,03 — 0,06
W ie n _ 12 - 0,12 - 0,10 — 0,21 — 0,24 — 0,16 — 0,16 - 0,07 - 0,09 — 0.06 — 0,06
Dez.
— 0,09
— 0,07
-0,04
— 0,06
— 0,21
— 0,11
-0,08
— 0,10
— 0,02
+ 0,04
— 0,13
— 0,10
*) Die Beobachtungen für München sind entnommen aus Erk: Bestimmung
wahrer Tagesmittel etc. Aus Abhandl. d. k. b. Akademie der Wissenschaften.
2. Klasse. 14. Band. 2. Abteil, die für Wien aus Hann: Ueber den Gang einiger
meteorologischer Elemente in Wien. Siehe Zeitschr. der Oesterr. Gesellschaft f.
Meteor. Bd. 6. S. 280.
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Temperatur. Stundenkombinationen.
33,
HE. Kombination ife (7a + 2p + 9p)
Station Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Schwerin — 0,11 — 0,17 — 0,23 — 0,41 — 0,58 — 0,68 — 0,61 - 0,55 — 0,86 — 0,30 - 0,13 - 0,10
Stettin — 0,15 — 0,17 — 0,16 — 0,24 — 0,47 — 0,51 - 0,50 - 0,31 — 0,17 — 0,18 — 0,10 - 0,17
Copenhagen — 0,06 — 0,12 — 0,14 — 0,16 — 0.25 — 0,38 — 0,39 — 0,23 — 0,16 — 0,12 — 0,07 — 0,06
PlymOUtE — 0,05 — 0,12 — 0,13 — 0,26 — 0,43 — 0,40 — 0,89 — 0,25 — 0,14 — 0,18 — 0,13 — 0,08
München — 0,26 — 0,26 — 0,24 — 0,39 — 0,70 — 0,80 — 0,78 — 0,55 — 0,41 — 0,26 — 0,24 — 0,28
Wien — 0,19 — 0,19 - 0,18 — 0,33 — 0,46 — 0,43 — 0,38 — 0,29 — 0,27 — 0,24 — 0,15 — 0,16
IV. Kombination 1/3 (7a + lp + 9p)
Schwerin — 0,08 — 0,08 — 0,08 — 0,23 — 0,39 — 0,53 — 0,39 — 0,83 — 0,19 — 0,17 — 0,12 — 0,09
Stettin — 0,11 — 0,11 — 0,10 — 0,18 — 0,42 — 0,47 — 0,42 — 0,26 — 0,13 — 0,14 — 0,10 — 0,14
Copenhagen — 0,08 - 0,09 — 0,10 — 0,09 — 0,18 — 0,31 — 0,32 — 0,16 — 0,13 — 0,12 — 0,09 — 0,07
Plymoutfi — 0,10 - 0,15 — 0,19 - 0,35 — 0,41 - 0,43 — 0,41 - 0,24 — 0,20 - 0,25 — 0,19 — 0,13
München — 0,25 — 0,20 — 0,17 — 0,31 — 0,61 — 0,74 — 0,70 — 0,41 — 0,33 — 0,20 — 0,26 — 0,30
Wien — 0,12 — 0,05 — 0,03 — 0,19 — 0,34 — 0,35 - 0,29 — 0,15 — 0,12 — 0,09 — 0,08 — 0,10
Y. Kombination ifo (8a -f 8p)
Schwerin
Stettin
Copenhagen
Plymouth
München
Wien
0,38 + 0,66 -f- 0,70 + 0,58 + 0,35 + 0,12 + 0,14
0,23 ' " --.-—.--..---
0,19
0,48
0,79
0,40
0,66
0,39
0,37
0,62
0,85
0,64
0,54
0,45
0,52
0,80 4- 0,38 -
0,72+0,56-
0,12+0,04+0,12-
0,28 — 0,02 + 0,02 -
0,04 0,00 0,00 -
0,05 — 0,25 — 0,17 -
0,31+0,23+0,21-
0,77
0,73
0,38
0,53
0,52
0,78
0,45
0,86
0,60
0,38
0,68
0,84
0,92 +0;49
0,46
0,25
0,38 + 0,20
0,24 + 0,18
0,38
0,60 --0,58
* '" 0,36
VI. Kombination i/ 8 (8a + 2p + 8p)
Schwerin — 0,14 — 0,21 — 0,50 — 1,01 — 1,22 — 1,36 — 1,33 - 1,20 — 0,96 — 0,56 — 0,23 — 0,12
Stettin — 0,22 - 0,32 — 0,48 - 0,91 — 1,38 - 1,22 — 1,17 — 1,05 - 0,76 — 0,46 — 0,19 - 0,26
Copenhagen — 0,08 — 0,21 — 0,37 — 0,58 — 0,82 — 0,96 — 0,94 — 0,76 — 0,55 — 0,81 — 0,13 — 0,08
Plymouth — 0,11 — 0,25 — 0,47 — 0,83 — 1,18 — 0,94 — 1,17 — 0,97 — 0,66 — 0.37 — 0,28 — 0,19
VII. Kombination 1/2 (Max. + Mia«)
HÄ^ors' I + °' 18 + °' 82 + °> 17 + °' M - °' 12 + °' 05 + °' 09 °' 00 + °' 03 + °' 05 + °' 16 + °' 21
j + 0,03 — 0,10 — 0,83 — 0,20 — 0,17 — 0,32 — 0,35 — 0,85 — 0,28 — 0,33 — 0,27 + 0,07
singtOl
Krakau u.
Wien
München — 0,05 — 0,13 — 0,23 — 0,06 + 0,04 + 0,10 + 0,08 — 0,06 — 0,19 — 0,28 — 0,14 — 0,06
Ham- \ 1871/75 + 0,20 + 0,10 0,00 0,00 + 0,20 + 0,40 + 0,10 + 0,10 — 0,10 + 0,10 0,00 + 0,20
bürg 1 1876/77 0,00 — 0,12 — 0,09 — 0,16 + 0,12 + 0,13 — 0,21 — 0,15 — 0,20 — 0,16 + 0,02 + 0,04
Aus den Tabellen geht hervor, dass die Kombination I,
*/s (6 a -f 2 p -J- 10 p) ganz gute Resultate liefert , allein bei der
praktischen Anwendung dieser Stundenkombination zeigt sich der
Nachteil, dass sie an die Beobachter zu grosse Ansprüche stellt. Die
Anforderung, morgens schon um 6 und spät abends um 10 Uhr zu
beobachten, ist sehr schwer durchzuführen, und dieses war ein Haupt-
grund, weshalb diese Kombination vom preussischen meteorologischen
Institute verlassen wurde 1 ). Viel günstiger sind die Kombinationen II
und III (7, 2, 9), welche, wenn die Abendbeobachtungen mit dop-
peltem Gewichte bei der Berechnung eingesetzt werden, sehr brauch-
bare Werte liefern. Dabei tragen diese Kombinationen den Lebens-
gewohnheiten der meisten Beobachter ganz besonders Rechnung und
nur selten dürften die Berufspflichten der Beobachter durch diese
Beobachtungstermine gestört werden.
Bei der Kombination V, */ 2 (8a + 8p) ist die Korrektion des
Mittels gross in den Monaten September bis April, dagegen gering-
fügig in den 4 wärmsten Monaten Mai bis August. Umgekehrt
liegen die Verhältnisse bei der Kombination VI, */3 (8 a -f- 2 p -j- 8 p),
wo die Korrektionen für die Monate Mai bis August gross und die-
*) Die Gründe, warum für Preussen die Kombination 7a, 2p, 9p gewählt
wurde, siehe in „ Ergebnisse der meteorologischen Beobachtungen im Jahre
1886". Berlin 1888.
VanBebber, Meteorologie. 3
Digitized by VjOOQ IC
34 Temperatur. Stundenkombinationen.
jenigen von September bis April verhältnismässig gering sind. Die
in der Kombination VII, x /2 (Max. -f- Min.) gegebenen Zahlen zeigen
unter einander wenig Uebereinstimmung, indessen sind die Korrek-
tionen wenigstens für unsere Gegenden jedenfalls gering. Für die
Stationen der Seewarte kamen die Kombinationen V, VI und VII in
der Weise zur Anwendung, dass ein dreifaches Mittel berechnet wurde,
nämlich ^ (8a + 8p) und ^ (8a + 2p + 8p)und ^ (Max. -f- Min.).
Das endgültige Monatsmittel wurde nun berechnet für die 8 Monate
September bis April aus dem ersten und zweiten, und für die Monate
Mai bis August aus dem ersten und dritten dieser Mittel. Wenn
auch diese Mittel als angenäherte wahre zu betrachten sind, so
sShliessen dieselben doch einige Missstände in sich. Zunächst muss
der sprungweise Uebergang vom April zum Mai, ebenso vom August
zum September auf die Darstellung des jährlichen Ganges der Tem-
peratur von einigem Einflüsse sein, dann erscheint das Einsetzen des
Maximums für die 2 Uhr-Temperatur nicht vorteilhaft. Einen be-
achtungswerten Vorschlag macht Koppen 1 ), indem er folgenden
Weg als den rationelleren empfahl: „Man nehme die vom Wiener
Kongress empfohlene Methode der Mittelbildung aus 8 a, 2 p, 8 p
und Minimum an, erteile aber dem Minimum nicht das gleiche Ge-
wicht, wie den übrigen Beobachtungen, sondern ein für jeden Ort
und jeden Monat nach Vergleichspunkten zu bestimmendes kleineres
Gewicht." Wenn m das wahre Temperaturmittel, n das arithmetische
Mittel der drei Termine ist, so besteht die Relation:
m = n — k (n — Min.) also K = ^ —
n — Mm
oder die Korrektion, welche an das Mittel V 3 (8a + 2p + 8p) an-
zufügen ist, wird hier als proportional dem Abstände dieses Mittels
vom Tagesminimum angenommen. Als mittlere Werte ergeben sich
für die obigen Grössen aus den Beobachtungen von 6 Orten (St. Pe-
tersburg, Upsala, NW-Deutschland, Brüssel, München, Melbourne):
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
n — m 0,24 0,38 0,63 0,37 1,20 1,41 1,36 1,06 0,85 0,52 0,29 0,23
n — MÜl. 2,7 3,7 4,2 5,8 6,0 6,2 6,2 5,6 5,1 8,6 2,8 3,0
k 0,083 0,113 0,147 0,180 0,202 0,227 0,217 0,195 0,170 0,137 0,095 0,080
Mittlere Abweichung von
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Bez.
n — m 0,120 0,120 0,210 0,200 0,210 0,240 0,270 0,210 0,220 0,190 0,150 0,130
k 0,080 0,030 0,017 0,010 0,008 0,010 0,007 0,012 0.023 0,020 0,082 0.037
desgl. X »»»»»»»»1»»
mittl. (n — m) 0,080 0,070 0,070 0,050 0,060 0,060 0,040 0,007 0, 11 0,070 0,090 0,090
„Die mittlere Abweichung von n — m, also der Korrektion für
x /s (8a -j- 2p -j- 8p), ist hiernach sehr bedeutend, viel grösser, als
die der Kombinationen ^s (6a + 2p + 10), */* (7a + 2p -f- 2 . 9p) etc.
und fast so gross, wie jene von */* (8a + 8p), nämlich im.Jahres-
l ) Koppen: „Die Ableitung wahrer Taffesmittel der Temperatur aus den
Beobachtungsstunden 8h a. m., 2 fl p. m. und 8& p. m. In Ann. der Hydrogr. u.
mar. Met. Jahrg. 1888. S. 341.
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Temperatur. Stundenkombinationen. 35
mittel 0,19. Allein da diese Unsicherheit sich zusammensetzt aus
jener des Faktors k und jener der Differenz n — Min., die letztere
aber bei der hier gemachten Voraussetzung fortfällt (weil diese
Differenz ja aus den Beobachtungen selbst bestimmt wird), so
schrumpft sie bei Anwendung der hier vorgeschlagenen Methode sehr
zusammen. Für die Durchschnittsgrössen von n — Min. ergibt sich
diese Unsicherheit, wenn man die letztere mit der mittleren Ab-
weichung von k multipliziert; diese Werte gibt die letztere Zahlen-
reihe. Das Jahresmittel derselben ist 0,073° C, also genau dieselbe
Grösse, wie sich für die Kombination V 3 (6 a + 2p -f- 10p) ergeben
hatte, und noch etwas günstiger, als ich sie s. Z. für */» (7 a -f 2p -j- 9p)
fand. In den Monaten November bis März ist zwar die mittlere Ab-
weichung von k vergleichsweise gross, aber die Aenderung von k
mit der Breite verläuft ziemlich regelmässig, so dass also die wirk-
liche Unsicherheit der Gesamtkorrektion noch erheblich geringer ist;
nur im September ist die mittler^ Abweichung zugleich gross und
unregelmässig. Wir erreichen also mit den Werten für 8 a, 2 p, 8 p
und dem Temperaturminimum mindestens ebenso gute klimatische
Mittelwerte, wie aus den gebräuchlichsten anderen Kombinationen
dreimaliger täglicher Beobachtungen/
Oft aber liegen von einer Station nur die 3 Terminbeobach-
tungen 8 a, 2 p und 8 p vor. In diesem Falle kann man in ganz
ähnlicher Weise verfahren, indem man den beiden äquidistanten
Mitteln gleiches Gewicht gibt, und das Gewicht der extremen Stunde,
hier 2p, empirisch feststellt. Man wählt die extremere Stunde, um
die Möglichkeit zu haben, in allen Fällen den Mittelwert dem Tages-
mittel genau gleich machen zu können.
Bezeichnen wir das Mittel */* (8 a + 8 p) mit q, so ist
m = q + c (2p — q) also c =
2p -q
Als Wert dieses Faktors c findet Koppen aus den Beobachtungen
an den Stationen St. Petersburg, Upsala, NW-Deutschland, Brüssel,
München und Melbourne: *
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. • Sept. Okt. Nov. Dez.
0,82 0,21 0,18 0,10 0,02 -0,04 —0,03 0,08 0,15 0,20 0,22 0,22 *
Die mittlere örtliche Abweichung beträgt: \
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
m - q 0,28 0,17 0,10 0,05 0,15 0,22 0,18 0,17 0,15 0,14 0,19 0,24*
C 0,008 0,010 0,022 0,017 0,038 0,062 0,052 0,035 0,018 0,013 0,017 0,008"
^ e p g i.^) °> 02 °» os °» 09 °» 07 °» 15 °» 24 °> 19 °> 15 °> 08 °» 05 °» 05 °» 02 -*
m — q 0,30 0,30 0,19 0,15 0,22 0,26 0,21 0,20 0,21 0,20 0,21 0,27;
Also in den 6 Monaten von September bis Februar ist die vor-
geschlagene Korrektion bedeutend sicherer, als die einfache Addition
einer Korrektionsgrösse an das Mittel aus 8a und 8p. „In den
6 Monaten März bis August bietet hingegen das einfache, ohne
Rücksicht auf 2 p korrigierte Mittel aus 8 a und 2 p in dieser Hin-
sicht ungefähr dieselbe Sicherheit, und wird erst durch Hinzunahme
des Minimums resp. der Kombination n — k (n — Min.) der mittler^
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36 Temperatur. Jährliche Periode.
Fehler des Resultats in bedeutendem Grade, im Juni und Juli um
etwa 70°/o seiner Grösse verringert."
Bereits früher, im Jahre 1794, war von Mohn die Formel
8a + 2p + 8p + «Min.
m = 5 , vorgeschlagen und seitdem vom nor-
wegischen Institute angewendet worden, auffallender Weise aber nur
für Stationen jenseits des Polarkreises 1 ).
Die jährliche Periode der Temperatur.
Die mittleren Tagestemperaturen aller Tage im Jahre geben die
jährliche Periode der Lufttemperatur eines Ortes. Allein der Gang
dieser Periode zeigt selbst bei Anwendung von 100jährigen Beob-
achtungen zur Mittelbildung noch Unregelmässigkeiten, welche von
den unperiodischen Veränderungen der Temperatur herrühren. Daher
scheint es sich zu empfehlen, namentlich bei kürzeren Beobachtungs-
reihen, eine rechnerische oder graphische Ausgleichung der Mittel
vorzunehmen und so die Unregelmässigkeiten zu entfernen. Es
empfiehlt sich, bei nicht sehr langen Beobachtungsreihen sich darauf
zu beschränken, die jährliche Periode einfach durch die Monatsmittel
darzustellen.
Unter Amplitude der jährlichen Periode versteht man in der
Regel den Temperaturunterschied des wärmsten und des kältesten
Monats, obgleich eigentlich die Amplitude durch den Unterschied
des durchschnittlich wärmsten und kältesten Tages bestimmt wird.
Indessen ist diese Ungenauigkeit von geringer Bedeutung, da die
durchschnittliche Aenderung der Temperatur in den extremen Monaten
verhältnismässig gering ist. Ausserdem können die Wendepunkte
der Temperatur nur durch sehr lange Beobachtungsreihen festgelegt
werden.
Wie bei der täglichen Periode ist auch bei der jährlichen der
Gang der Temperatur ein einfacher, d. h. es existiert nur ein Maxi-
mum und ein Minimum, und zwar für die nördliche Hemisphäre
ersteres im Juli, letzteres im Januar, für die südliche Hemisphäre
umgekehrt. Das Maximum tritt nicht gleichzeitig mit dem höchsten
Stande der Sonne ein, sondern verspätet sich um etwa einen Monat,
und ebenso findet das Minimum um einen Monat nach dem Winter-
solstitium statt. Dabei zeigt sich die grösste Verspätung beim Ein-
tritt der Maxima und Minima auf den Meeren und deren Umgebung,
insbesondere dort, wo sich grosse Eismassen befinden, und zwar
wegen der grossen Wärmekapazität des Wassers und des Einflusses
der Aenderung des Aggregatzustandes.
Die unten stehende Tabelle (S. 38) gibt für einige Stationen
die mittlere Temperatur für die Monate Januar, April, Juli und
*) Zeitschr. der Oesterr. Gesellschaft. Jahrg. 1884. S. 153 und Jahrb. des
norw. meteor. Instit. 1884. S. XII.
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Temperatur. Jährliche Periode. 37
Oktober, welche die mittleren Monate der vier Jahreszeiten sind,
sowie die mittlere Jahrestemperatur und die jährliche Amplitude.
Vergleicht man die Werte der maritimen Stationen mit denjenigen
der kontinentalen, so wird man finden, dass an ersteren die Am-
plituden erheblich kleiner sind, als an letzteren.
Am Aequator ist unser und der südhemisphärische Sommer nicht
die Zeit der grössten Wärme. Entsprechend dem höchsten Stande
der Sonne sind hier die Frühlings- und Herbstmonate am wärmsten,
dagegen die Sommer- und Wintermonate die kältesten, so dass also
die jährliche Periode zwei Maxima und zwei Minima zeigt, die um
so ausgesprochener sind, je näher der Ort am Aequator liegt. Da
nun aber am Aequator der Unterschied zwischen Tag- und Nacht-
länge sehr gering ist, und die Richtung der Sonnenstrahlen während
des ganzen Jahres von der Senkrechten nur wenig verschieden ist,
so ist die Amplitude der jährlichen Periode in den Tropen nur sehr
gering.
Der Unterschied der Tageslänge und der Erwärmung in den
einzelnen Monaten des Jahres wächst vom Aequator nach den Polen
hin und also müsste auch die jährliche Amplitude der Temperatur
mit der Entfernung vom Aequator nach den Polen hin zunehmen,
wie umgekehrt die tägliche abnimmt. Dieses ist nun auch im all-
gemeinen der Fall, allein die Eigenartigkeiten der Erdoberfläche, ins-
besondere der Einfluss von Land und Meer, bedingen in den ein-
zelnen Gebieten ausserordentliche Verschiedenheiten sowohl in der
jährlichen als auch in der täglichen Amplitude der Temperatur. In
dem zweiten Teile der Tabelle sind die Temperaturangaben einiger
Stationen nach der Breite geordnet worden. Die Stationen von
Nowaja Semlia bis Biskra gehören der nördlichen, die übrigen der
südlichen Hemisphäre an. Man sieht hier sehr auffallend den Einfluss
der kontinentalen und maritimen Lage hervortreten. Sehr deutlich
zeigt diese Unterschiede ein Vergleich der Orte Biskra in der Sahara
und Madeira. Die grössten jährlichen Amplituden entfallen auf die
trockenen Gebiete im Inneren Asiens, Afrikas, Australiens, sowie auf
die Plateaus von Nordamerika. Die grösste bekannte jährliche Ampli-
tude auf unserer Erde findet sich im nordöstlichen Sibirien. Nach
unserer Tabelle beträgt in Werchojansk die mittlere Amplitude 66°;
als absolutes Minimum wurde hier beobachtet — 68°, als Maximum
+ 30°, so dass also die absolute Schwankung in dem jährlichen
Gange der Temperatur nahezu 100° beträgt.
Um den Einfluss der maritimen und kontinentalen Lage ganz
auffällig hervortreten zu lassen, habe ich eine Reihe von Stationen
in der Nähe des 52. Breitegrades so gewählt (siehe erster Teil der
Tabelle), dass dieselben, von West nach Ost fortschreitend, in einem
Streifen liegen, welcher in der Nähe des 52. Breitegrades quer durch
den europäisch-asiatischen Kontinent verläuft. Die stetige Zunahme
der Amplitude nach Osten hin ist hier ausserordentlich deutlich aus*
gesprochen.
Die Amplitude wächst bis nach dem äussersten Osten Asiens
hin , in Nertschinsk (Hüttenwerk) hat sie 48 ° erreicht , dann weiter
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38
Temperatur. Jährliche Periode.
ostwärts nimmt sie wieder ab, am Amur beträgt sie noch 40 °, und
auf Kamtschatka ist sie auf 23 ° herabgesunken.
In der ersten Rubrik unserer Tabelle sind für die einzelnen
Stationen die Seehöhen angegeben; vergleicht man diese mit den
Amplituden, so erkennt man leicht, dass, ebenso wie bei der täg-
lichen Periode, die Amplitude mit der Seehöhe abnimmt, so dass
also die Entfernung von der Erdoberfläche im allgemeinen dieselbe
Wirkung ausübt, wie die Annäherung an das Meer.
Ort
Valentia, Irland . .
Greenwich ....
Hamburg
Brocken
Berlin
Theodulpass. . . .
Warschau ....
Kursk
Orenburg
Akmolinsk ....
Semipalatinsk . . .
Irkutok a. Baikalsee .
Nertschinsk, Hüttenw.
Nikolajewsk a. Amur
Petropawlowsk . .
Wercnojansk . . .
See-
höhe
7
48
26
1142
48
3300
120
210
110
310
180
460
10
50
Jan.
6,1
3,5
-0,4
- 5,4
-0,8
-12,7
-4,5
-10,2
-15,3
-18,2
■20,1
-29,4
-23,2
-8,4
-50,5
-18,2
April
9,6
9,5
7,6
0,7
8,5
-8,2
7,3
4,9
3,2
1,8
3,2
2,4
-0,6
-3,2
-0,9
•15,1
Juli
15,6
17,7
17,3
10,7
18,8
1,7
18,8
19,6
21,6
20,4
22,5
18,6
18,4
16,5
14,6
15,4
Okt.
11,6
11,1
8,9
4,0
9,7
-4,8
8,1
5,8
3,8
2,0
3,0
1,1
-1,7
1,5
4,4
-13,9
Jahr
10,2
10,3
8,5
9,0
— 6,4
7,4
5,0
3,3
1,5
2,4
0,0
-3,7
— 2,7
2,3
-17,1
Ampi.
9,5
14,2
17,7
16,1
19,6
14,4
28,3
29,8
86,9
38,6
40,7
38,7
47,8
89,7
23,0
65,9
Nördlich von N. Semla ,
Vardö
Skudernals
Upsala
Kopenhagen
München
Rom
Lissabon
Palermo
Madeira
Biskra, Sahara . . ,
Ghinchoxo, Loango . .
St. Helena
Kapstadt
Süd-Georgien . . . .
10
4
24
13
530
31
102
klein
klein
125
23,8
-5,7
1,4
-4,8
-0,1
-3,0
7,3
10,3
10,9
15,9
10,1
-18,8
-1,8
4,7
2,6
5,7
7,4
13,8
14,6
14,9
17,1
18,9
+ 1,6
8,7
13,7
16,5
16,6
17,2
«!*
24,9
21,9
32,2
17,2
1,6
8,3
5,2
8,2
8,0
16,6
16,9
19,3
20,7
20,0
-15,8
0,6
7,0
4,8
7,4
7,4
15,5
15,6
17,6
18,8
20,3
25,4
14,4
12,3
21,3
16,7
20,2
17,4
11,0
14,0
6,0
22,1
klein
13
12
klein
25,2
23,0
20,4
4,6
25,4
23,4
17,2
0,5
21,7
18,8
12,6
-2,3
24,7
19,9
16,2
1,3
24,4
21,3
16,5
1,4
4,6
5,1
7,8
6,9
Vergleichen wir ferner in unserer Tabelle die extremen Monats-
mittel untereinander und mit den Amplituden, so sehen wir einer-
seits, dass die Schwankungen der Minima viel beträchtlicher sind,
als diejenigen der Maxima. Die ersteren extremen Schwankungen
betragen nach unserer Tabelle — 50,5° und 6,1°, die letzteren
+ 1,7° und + 22,5°, oder 56,6° beziehungsweise 24,2°. Hiernach
haben die Minima einen grösseren Einfluss auf die Amplituden, als
die Maxima, und so entsprechen die tieferen Minima auch den grösse-
ren täglichen und jährlichen Amplituden.
Bezüglich der Eintrittszeiten der Maxima und Minima stellt
Wild eine für das russische Reich fast allgemein gültige Regel auf,
dass bei den maritim gelegenen Orten das Jahresminimum nach dem
22. Januar und das Jahresmaximum nach dem 22. Juli und bei den
kontinental gelegenen Orten vor diesen Terminen eintreten.
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Temperatur. Unperiodische Aenderungen. 39
Nicht periodische Aenderungen der Temperatur.
Die täglichen synoptischen Karten zeigen, dass die Schwankun-
gen der Temperatur und ihre Abweichung vom Normalwerte stets
über einem grösseren Gebiete in der Weise verbreitet sind, dass an
irgend einer Stelle die Schwankung oder Abweichung am grössten
ist und von dort aus nach allen Richtungen abnimmt, bis sie nach
und nach verschwindet und in die entgegengesetzte tibergeht. Schon
vor mehr als 30 Jahren vor Veröffentlichung der ersten Wetterkarten
war Dove durch eingehende Untersuchungen über die gleichzeitige
Verteilung der Temperatur über die Erdoberfläche zu dieser Er-
kenntnis gekommen und er hatte gezeigt, dass die Abweichungen
der Temperaturmittel von den Normalwerten an benachbarten Orten
für gleiche Zeitabschnitte nahezu konstant bleiben, woraus eine Me-
thode abgeleitet werden konnte, Temperaturbeobachtungen auf eine
Normalperiode zu reduzieren. Dove bildete die Abweichungen jedes
einzelnen Monats in den verschiedenen Jahrgängen von dessen allge-
meiner Mitteltemperatur der ganzen Beobachtungsreihe und vereinigte
alle Abweichungen — gleichgültig ob positiv oder negativ — zu
einem Mittel, welches also die mittlere Abweichung der Monats-
temperatur von ihrem Mittelwerte darstellte (mittlere Anomalie).
Die" Anomalien sind am kleinsten in den niederen Breiten, dann auf
den Meeren, sofern dieses eisfrei ist, dagegen am grössten im Innern
der Kontinente. Die Anomalien sind ferner grösser in den eigent-
lichen Wintermonaten, kleiner im Spätsommer. Die grösste Ano-
malie kommt in den Wintermonaten in Westsibirien vor.
Eine sehr lehrreiche Anwendung der Erkenntnis der Thatsache,
dass die Temperaturanomalien benachbarter Stationen viel konstanter
als die Temperaturmittel selbst sind, machte Hann bei seiner Unter-
suchung über die Temperaturverhältnisse der österreichischen Alpen-
länder 1 ), indem er die Temperaturdifferenzen benachbarter Stationen
für jeden Monat jedes Jahres von ihren Normalwerten ableitete. Er
fand auf diese Weise ein vortreffliches Hilfsmittel nicht allein für
die Reduktion der Stationen auf gleiche langjährige Reihen, sondern
auch zur Kontrolle der Beobachtungen und Berechnungen, insbesondere
aber zu Entdeckungen von Aenderungen in der Beobachtungsreihe,
welche dieselbe nicht homogen sein lassen. Hann zeigt, dass zur
Verringerung des wahrscheinlichen Fehlers auf 0,1 ° C. beim Tem-
peraturmittel in einem Wintermonate 200 — 300 Jahre, in einem
Sommermonate gegen 100 Jahre erforderlich sind, dass dagegen für
die Temperaturdifferenzen zweier Orte bis zu Entfernungen von
1000 km oder Höhendifferenzen von 5000 m viel kürzere Reihen ge-
nügen, wie die nachstehende Tabelle zeigt:
Jahre nöthig für Wahrscheinl. = ± 0,1° C.
*) Hann: Die Temperaturverhältnisse der Oesterreichischen Alpenländer.
Sitzungsber. der Wiener Akad. 1. Th. Nov. Heft 1884.
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40 Temperatur. Unperiodische Aenderungen.
Entfernung 50 100 200 300 400 500 km
Winter 12 18 33 53 77 107
Sommer 6 8 13 19 25 33
Höhendifferenz . . 250 500 750 1000 1500 2000 m
Winter ..... 16 29 44 63 110 172
Sommer 6 7 9 11 15 19
Also eine Höhendifferenz von 250 m ist schon nahe äquivalent
einer Entfernung von 1000 km.
Die obigen Zahlen wurden erhalten durch nachstehende Formeln,
in welchen die mittlere Veränderlichkeit (V) der Temperaturdiffe-
renzen der Monatsmittel als Funktion der Entfernung E (in km) und
des Höhenunterschiedes A H dargestellt ist :
Winter V = 0,32° + 0,00180 E + 0,0617 A H
Sommer V = 0,25° + 0,00086 E + 0,0138 A H
Mittel aller Monate . . V = 0,28° + 0,00131 E + 0,0283 A H
Die Frage nach den Ursachen dieser unperiodischen Temperatur-
erscheinungen ist bis jetzt noch nicht genügend beantwortet worden.
Wahrscheinlich ist die Ursache zu suchen in unregelmässigen Wärme-
verhältnissen der niederen Breiten, wodurch, wie wir weiter unten
noch des Näheren besprechen werden, der Gang der oberen Luft-
strömungen modifiziert wird und die Bildung der barometrischen
Maxima und ihre Beständigkeit in höheren Breiten beeinflusst wird.
Hiernach dürfte aussergewöhnliche Erwärmung der Tropen im Sommer
eine Tendenz zur Bildung barometrischer Maxima über den Meeren,
im Winter über den Kontinenten in unseren Breiten zur Folge haben.
Allein die Erforschung dieser Verhältnisse sind ausserordentlich
schwierig, weil Beobachtungen aus den Tropen nur vereinzelt (so
besonders aus Indien) vorhanden sind.
Einen sehr geeigneten Massstab für die Veränderlichkeit der
Temperatur eines Ortes im Vergleich mit einem anderen gibt die
mittlere Grösse der Veränderung von einem Tage zum an-
deren. Man nimmt den Unterschied zwischen den täglichen Tem-
peraturmitteln je zweier aufeinander folgender Tage, und zwar ohne
Rücksicht auf das Vorzeichen, addiert die Differenzen aller Monats-
tage und dividiert die Summe durch die Anzahl der Tage. Hierbei
wird die tägliche Periode fast vollständig eliminiert, während die
jährliche Periode als sehr gering ohne Bedenken vernachlässigt wer-
den kann.
Nach den Rechnungen von Kremser ist, um die Veränderlich-
keit bis auf 0,1° zu bestimmen, ein Zeitraum von Jahren erforderlich:
für Januar April Juli Oktober
Klaussen 31 — 4 —
Königsberg .... 24 — — —
Emden 5 3 4 2
Köln 6 — — -
Die folgende Tabelle enthält für eine Reihe von Stationen die
mittlere Veränderlichkeit von Tag zu Tag. Die Angaben für Nord-
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Temperatur. Inserdiurne Aenderungen. 41
und Mitteldeutschland sind einer Arbeit von Kremser *), die übrigen
aus einer solchen von Hann 2 ) entlehnt (s. Tabelle S. 42).
Nach der Tabelle ist die Veränderlichkeit am geringsten in den
Tropen (in Georgetown beträgt das Jahresmittel nur 0,6°), wächst
dann mit zunehmender Breite in sehr unregelmässiger Weise und
erreicht etwa unter dem 50. Breitegrad ein Maximum einerseits in
Nordamerika und andererseits etwas südlicher in Westsibirien (Hud-
sonbai 4,0 °, Barnaul 3,4 °). Von diesen Maximalgebieten nimmt die
Veränderlichkeit nach allen Richtungen ab, auch nach dem Pol hin.
Die Veränderlichkeit ist im Innern der Kontinente grösser, als in
der Meeresnähe, grösser an den östlichen Ufern, als an den west-
lichen, grösser in der Höhe, als an der Erdoberfläche. Beim Ver-
gleich der südlichen Hemisphäre mit der nördlichen erhielt Hann
das bemerkenswerte Resultat:
Südliche Hemisphäre 1,8° für 33,6° Breite,
Nördliche „ 1,8° „ 49,3° „
Was nun speziell die Veränderlichkeit der Temperatur von Tag
zu Tag in Deutschland betrifft, so lässt sich hier eine gesetzmässige
Verteilung nicht verkennen. Die grösste Veränderlichkeit fällt auf
die Gebirgsgegenden (Riesengebirge 2,4), nach den Küsten der Nord-
und Ostsee nimmt die Veränderlickheit ab, am geringsten ist sie auf
den Nordseeinseln, wo sie bis auf 1,1° herabgeht (Helgoland 1,13).
Also nimmt auch in Deutschland die Veränderlichkeit zu mit der
Entfernung vom Meere und der Erhebung über der Erdoberfläche.
Eine engere Beziehung zwischen mittlerer Jahrestemperatur und
mittlerer Veränderlichkeit scheint nicht zu existieren, wie folgende
Zahlen zeigen:
Sitka Kapstadt Oxford Sidney Helsingfors Melbourne Nikolaj. Maritzburg
Veränd. 1,3 1,3 1,7 1,7 1,9 1,9 *,2 2,2
Temp. 6,2 16,7 9,2 17,2 4,1 14,4 —2,6 18,2
Nertschinsk Washington Jakntsk Marietta
Veränd. 2,5 2,5 2,7 2,7
Temp. —3,1 16,5 —10,9 11,4
Die jährliche Amplitude der Veränderlichkeit ist im allgemeinen
gering, das Maximum tritt meistens im Dezember ein, wogegen das
Minimum in die wärmere Jahreszeit zu fallen pflegt. Nach Kremser
ist in Deutschland das Maximum im Dezember durchaus vorwiegend,
während die geringste Veränderlichkeit innerhalb ganz Norddeutsch-
land fast ausschliesslich auf den September fällt, nur im eigentlichen
Mitteldeutschland auf den August. »Der Herbstanfang zeichnet sich
also durch sehr gleichmässigen Verlauf der Temperaturverhältnisse
aus und man kann auch im Hinblick darauf sehr wohl sagen: im
Herbste schläft die Natur ruhig ein. Ein fieberhaftes Erwachen im
') Kremser: Die Veränderlichkeit der Lufttemperatur, in Abh. des kgl.
Preu88. met. Instit. Bd. I, 1*
*) Hann: Ueber die Veränderlichkeit der Tagestemperatur. Sitzungsber.
der Wiener Akad. d. W. LXXI, II. Abteil. April 1885. Vergl. Zeitschr. d. Oest.
Ges. Jahrg. 1846. S. 337.
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42
Temperatur. Interdiurne Aenderungen.
«2
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Temperatur. Interdiurne Aenderungen.
43
Frühjahr jedoch, wie man es a priori erwartet hätte, zeigt sich hier
keineswegs; im Gegenteil macht sich in den Frühlingsmonaten ein
sekundäres Minimum geltend, das an der Küste und besonders im
Osten auf den März fällt, weiter westlich sich auf März, April und
Mai verteilt und endlich im westlichen Binnenland sich am deut-
lichsten im Mai ausdrückt. Die sprichwörtliche Veränderlichkeit des
April gilt somit bezüglich der Temperatur ebenfalls nicht. April
und nächst ihm der September repräsentieren mit ihrem absoluten
Betrage der Temperaturveränderlichkeit einen gewissen mittleren Wert.
Beiläufig sei noch erwähnt, dass Kremser einen Zusammen-
hang der Temperaturveränderlichkeit mit der Sterblichkeit wahr-
scheinlich macht, so zwar, dass die Sterblichkeit zunimmt mit der
Grösse der Temperaturveränderlichkeit sowohl in Bezug auf die jähr-
liche Periode, als auch auf die geographische Verteilung, ein Er-
gebnis, dessen genauere Untersuchung für die Medizin von grosser,
praktischer Wichtigkeit sein dürfte, insbesondere für die Auswahl
gebirgiger oder maritim gelegener Kurorte.
Es dürfte interessant sein, die mittlere Grösse derjenigen Aen-
derungen zu kennen, welche von einer bestimmten Stunde bis zu
derselben Stunde des folgenden Tages, also innerhalb 24 Stunden,
einzutreten pflegen. Wir geben daher eine Tabelle für den Gang
der Veränderlichkeit in der kälteren und in der wärmeren Jahreszeit
und zwar für Hamburg nach Kremser, für Barnaul nach Wahlen l ):
lfc
2*
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Vormittags
Hamburg 1878/79
Wärm. Jahresz.
Kalt. Jahresz.
1,87
2,20
1,93
8,24
1,98
2,30
8,01
8,30
1.91
2,33
1,78
8,36
1,74
8,40
1,70
8,35
1,76
8,31
1,92
2,22
2,06
2,08
8,09
1,97
Barnanl 1858/68
Wärm. Jahresz.
Kalt. Jahresz.
3,1
5,8
3,1
5,9
3,8
6,1
3,3
6,2
3,2
6,3
8,0
6,4
8,7
6,8
8,6
6,8
5,8
8,0
5,4
3,1
4,9
8,2
4,6
Nachmittags
Mittel
Hamburg
Wärm. Jahresz.
Kalt. Jahresz.
8,11
1,94
8,11
1,91
8,16
1,89
2,03
1,89
2,12
1,91
8,11
1,94
8,05
1,96
1,94
1,98
1,93
2,04
1,88
2,12
1,87
2,14
1,87
8,16
1,96
8,12
Barnaul
Wärm. Jahresz.
Kalt. Zahreaz.
8,8
M
8,3
M
3,4
4,4
3,4
4,4
-8,3
4,5
3,1
4,7
8,9
4,9
8,8
5,1
2,8
5,3
8,9
5,5
8,0
5,6
8,1
5,7
-
Der Charakter beider Reihen ist im ganzen übereinstimmend : an
beiden Stationen ist der Gang der sommerlichen und winterlichen
Kurve fast genau entgegengesetzt. Bemerkenswert ist die Thatsache,
dass in den Tagesstunden die Temperatur am veränderlichsten ist,
wo sie den extremen Werten nahe ist.
*) Wahlen: Wahre Tagesinittel und tägliche Variationen der Temperatur
an 18 Stationen des Russischen Reiches. Repertorium der Met. Suppl.-Bd. III.
1887.
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44 Temperatur. Schwankungen
Die mittleren Anomalien der Monatstemperatur und die Ver-
änderlichkeit der Temperatur von Tag zu Tag sind voneinander sehr
verschieden, was schon aus den bereits besprochenen Thatsachen her-
vorgeht, dass auf der südlichen Hemisphäre die Veränderlichkeit im
Verhältnis zur Anomalie so ausserordentlich gross ist und dass die
Veränderlichkeit mit der Erhebung über der Erdoberfläche zunimmt,
also gerade umgekehrt wie die Anomalie. Zur Vergleichung möge
folgende Tabelle nach Woeikof dienen, in welcher bedeutet: A
Veränderlichkeit der Temperatur von Tag zu Tag, B mittlere Ano-
malie, C. Verhältnis:
Neapel Oxford Leipzig Petersburg Archangelsk Barnaul Nertschinsk Toronto
A 1,0 1,7 1,8 2,2 2,8 3,5 2,5 2,6
B 1,0 1,2 1,7 2,0 2,3 2,3 1,4 1,3
C 1,0 1,4 1,1 1,1 1,2 1,5 1,8 2,0
Marietta (Ohio)
Leavenworth (Kansas)
Melbourne
A
2,7
3,7
1,9
B
1,6
1,7
0,4
C
1,7
2,2
M
Hiernach sind in Europa Veränderlichkeit und Amplitude von-
einander wenig verschieden, in Westsibirien zeigen sie schon erheb-
liche Abweichungen, noch mehr aber im Innern der Vereinigten
Staaten, am allermeisten in Australien. In Europa sind also die
grossen Temperaturabweichungen vom Mittel häufiger als in Amerika,
und diese Abweichungen sind andauernder, wenn sie einmal ein-
getreten sind. In den Vereinigten Staaten schwankt die Temperatur
viel schneller, aber die andauernden Abweichungen der Temperatur
ganzer Monate sind dort relativ seltener. Die Ursachen dieser
Erscheinung werden wir erst weiter unten kennen lernen, hier
möchte ich nur auf einen Unterschied aufmerksam machen, nämlich
darauf, dass in Nordamerika die Isobaren weit dichter zusammen-
gedrängt sind als in Europa, wodurch auf dem ersteren Gebiete viel
raschere Temperaturwechsel bedingt sind, als auf letzterem.
In den bisherigen Erörterungen wurde keine Rücksicht genommen
auf die Grösse der Temperaturschwankungen, noch auf die Häufig-
keit und Grösse des Steigens und Fallens der Temperatur, obgleich
gerade diese beiden Punkte von ganz erheblicher Bedeutung sind.
Die Mittelwerte können uns über den Gang der Temperatur keinerlei
Aufschluss geben, und doch ist es von grosser Wichtigkeit, zu er-
fahren, ob dieser Gang ganz allmählich oder sprungweise erfolgt und
nach welcher Richtung hin und mit welcher Häufigkeit die grösseren
oder geringeren Temperaturschwankungen erfolgen. Hann x ) berech-
nete für 59 Stationen die Wahrscheinlichkeit einer Temperaturände-
rung von mehr als 2 ° C. und mehr als 4 ° C. im Jahresmittel und
erhielt folgende Resultate:
Wenn man die Stationen nach der Grösse der Wahrscheinlich-
keit einer Temperaturänderung von mehr als 2° im Jahresmittel
ordnet, so erhält man folgende Reihe: Georgetown 0,04, Lissabon
0,17, Kairo 0,18, Kapstadt 0,20, Maüand, Sitka 0,22, Moncalieri
*) Vergl. Zeitschr. d. Oesterr. Gesellsch. Jahrg. 1876. S. 337 u. 369.
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Temperatur. Schwankungen. 45
0,23, Athen 0,25, Smyrna 0,28, Karadagh 0,29, Madrid 0,30, Ox-
ford, Helsingfors, Sidney 0,33, Buenos Ayres, Mendoza 0,34, Hako-
dade 0,35, Zürich, Bukarest, Melbourne 0,36, Paris, Wien 0,37,
Makerstown, Upsala, Leipzig 0,38, Stuttgart 0,39, Hammerfest, Pe-
king, Amerik. Arkt. Archipel 0,41 , München, Uetliberg, Peters-
burg 0,42, Warschau 0,43, Nikolajewsk, Ajan, Jakobshafen, P. Bar-
row 0,44, Washington (Ark.), Maritzburg 0,45, Kaluga, Lugan, Sir
Darja 0,47, Oust Sisolsk 0,48, Rigi 0,50, Archangelsk, Irkutsk, Ner-
tschinsk, Toronto 0,51, Jakutsk, Marietta 0,52, Orenburg, Brun-
swick 0,54, Tobolsk, Providence 0,55, Nijne Taguilsk, Semipalatinsk 0,56,
Bogoslowsk 0,57, Barnaul 0,59, Winnipeg 0,62.
Nach dieser Tabelle schreitet im allgemeinen die Grösse der
Wahrscheinlichkeit einer Temperaturänderung von mehr als 2° C.
nahezu proportional mit der Grösse der mittleren Veränderlichkeit
fort. Nur die hochnordischen Stationen und diejenigen der Süd-
hemisphäre zeichnen sich bei relativ grosser Veränderlichkeit durch
eine relativ kleine Wahrscheinlichkeit der grösseren Aenderungen aus.
Ein gerade entgegengesetztes Verhalten zeigen die Stationen: Paris,
Stuttgart, Leipzig, Warschau und Rigi. Die jährliche Periode der
Wahrscheinlichkeit einer Temperaturänderung über 2° zeigt volle
Uebereinstimmung mit dem jährlichen Gange der mittleren Ver-
änderlichkeit.
Die Wahrscheinlichkeit einer Temperaturänderung von mehr als
4°C. im Jahresmittel beträgt: Georgetown 0,00, Lissabon, Kapstadt 0,02,
Mailand 0,03, Moncalieri, Kairo, Sitka 0,04, Athen, Smyrna 0,05,
Madrid, Karadagh 0,06, Buenos Ayres 0,07, Oxford 0,08, Paris,
Leipzig, Peking, Sidney 0,09, Stuttgart, Zürich, Wien, Hakodade,
Mendoza 0,10, Bukarest 0,11, Makerstown, Upsala, Helsingfors, War-
schau, Melbourne 0,12, München 0,13, Uetliberg, Hammerfest 0,14,
Petersburg 0,15, Maritzburg 0,16, Nikolajewsk a. A. , Amer. Arkt.
Arch. 0,17, Rigi, Sir Darja 0,18, Lugan, Jakobshafen 0,19, Kaluga,
Nertschinsk, Ajan, Washington (Ark.) 0,20, Toronto, Point Bar-
row 0,21, Oust Sisolsk, Irkutsk 0,22, Marietta 0,23, Archangelsk 0,24,
Orenburg, Brunswick 0,25, Providence 0,26, Tobolsk, Semipalatinsk 0,28,
Nijne Taguilsk, Bogoslowsk 0,30, Barnaul, Winnipeg 0,32.
Die Häufigkeit der Temperaturschwankungen von mehr als 4° C.
ist hiernach der Grösse der mittleren Veränderlichkeit entsprechend.
Auch ist der jährliche Gang ebenso deutlich, wie vorhin.
Temperaturänderungen von mehr als 6°C. sind schon so selten,
dass Hann nicht mehr die Wahrscheinlichkeit, sondern die durch-
schnittliche Anzahl der Tage angibt, an welchen Wärmeänderungen
von mehr als 6° C. eintreten:
. a) Mittlere Häufigkeit einer Temperaturänderung von mehr als
6° C. im Winterhalbjahr (Oktober bis März): Georgetown, Lissabon,
Neapel 0,0, Kairo, Kapstadt 0,2, Mailand 0,7, Moncalieri, Madrid 0,8,
Buenos Ayres 1,0, Melbourne 1,2, Sidney 1,6, Athen, Peking 3,7,
Oxford 3,8, Paris 4,0, Sitka 4,3, Stuttgart, Maritzburg 4,5, Leipzig,
Smyrna, Mendoza 5,0, Wien 5,1, Zürich 5,8, Uetliberg 5,9, Maker-
stown, Hakodade 6,8, Warschau 7,5, Bukarest 8,2, München 8,5,
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46 Temperatur. Schwankungen.
Hammerfest 10,8, Upsala 11,7, Rigi 16,0, Helsingfors 16,4, Niko-
lajewsk 16,6, Petersburg 19,7, Amer. Arkt. Arch. 20,4, Ajan 21,5,
Irkutsk 21,8, Sir Darja, Jakobshafen 22,4, Toronto 22,9, Ner-
tschinsk 23,0, .Oust Sisolsk 23,5, Lugan 23,7, Kaluga 25,3, Ar-
changelsk 26,7, Jakutsk 28,2, Marietta 28,7, Providence 29,0, Brun-
swick 32,1, Washington (Ark.) 32,2, Point Barrow 35,0, Nijne
Taguilsk 37,3, Semipalatinsk 38,1, Tobolsk 41,0, Bogoslowsk 46,9,
Winnipeg 48,8, Barnaul 51,7. Sommer (April bis September):
Georgetown, Neapel, Sitka 0,0, Kapstadt 0,2, Lissabon 0,4, Athen 0,6,
Oxford 0,7, Helsingfors 0,8, Smyrna 1,0, Mailand 1,1, Stuttgart 1,3,
Hakodade 1,4, Moncalieri 1,6, Petersburg 1,9, Upsala, Buenos
Ayres 2,0, Paris 2,3, Ajan 2,5, Makerstown, Nikolajewsk a. A. 2,6,
Zürich 2,9, Madrid 3,3, Hammerfest, Peking 3,4, Bukarest, Kairo 3,6,
Leipzig 4,1, Washington 4,4, Wien 4,6, München 4,7, Mendoza 4,9,
Warschau, Point Barrow 5,0, Amer. Arkt. Arch. 5,1, Lugan, Ka-
luga 5,4, Nertschinsk 5,6, Sir Darja 6,2, Uetliberg, Toronto 6,3,
Sidney 6,6, Jakobshafen 7,8, Providence 8,5, Marietta 8,9, Brun-
swick 9,2, Oust Sisolsk, Jakutsk 9,7, Orenburg 10,0, Irkutsk 10,2,
Rigi, Maritzburg 10,5, Tobolsk 10,8, Barnaul 12,3, Semipalatinsk 12,5,
Archangelsk 1 2,8, Melbourne 13,0, Bogoslowsk 1 3,2, Nijne Taguilsk 1 6, 1 ,
Winnipeg 17,1. „In Westsibirien und im Innern von Nordamerika
gibt es jährlich 50 — 60 Tage, an denen Temperaturschwankungen
von mehr als 6° C. vorkommen, in der tropischen und subtropischen
Zone hingegen kommen solche Aenderungen gar nicht mehr vor oder
doch höchst selten. Eine Ausnahme hiervon macht die südliche
Hemisphäre, indem Maritzburg in Natal noch 15, Melbourne 14,
Mendoza 10 und Sidney noch über 8 Tage mit Wärmeschwankungen
von mehr als 6° hat. Im allgemeinen hält auch die Häufigkeit dieser
Schwankungen gleichen Schritt mit der Grösse der mittleren Ver-
änderlichkeit.**
Temperaturänderungen von mehr als 10° C. kommen in den
Tropen und in dem grössten Teile der Subtropenzone gar nicht mehr
vor. In der sibirischen und amerikanischen Maximumregion gibt es
aber immerhin jährlich noch 10—20 Tage mit so grossen Temperatur-
schwankungen , ja selbst Schwankungen von 20° C. sind dort noch
keine grosse Seltenheit, und in einzelnen Fällen kommen solche von
25 und darüber vor. In Amerika erstrecken sich die grössten Tem-
peraturwechsel am weitesten nach Süden. Es sind zweifellos die so-
genannten „Norther**, denen dieselben zugeschrieben werden müssen.**
Die folgende Tabelle nach Hann (Klimatologie S. 504) enthält
eine übersichtliche Zusammenstellung der Veränderlichkeit der Tages-
temperatur, und zwar die Häufigkeit einer Temperaturänderung von
bestimmter Grösse innerhalb 30 Tagen (Monat):
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Temperatur. Schwankungen. 47
NW.-
Mittel-
N.- u. E.-
W.-Si-
E.-Si-
Mittel-
S. He-
misph.
Subtr.
Oestl.
Europa
Europa
Europa
birien
birien
meer-
Länder
Union
Zahl d. Orte
3
5
5
4
4
8
5
5
Breite
52,0
48,80
66,30
56,4
54,7
39,6
34,10
42,9.0
Temp.-Aendg.
Häufigkeit
im Winter.
1
2-40
8,4
8,6
7,6
7,1
9,0
5,4
7,6
8,2
4—6
3,1
3,1
5,0
4,9
4,9
1,0
1,8
5,2
6—80
0,8
1,0
2,8
3,5
2,7
0,3
0,4
3,2
8-10
0,1
0,3
1,7
2,8
1,1
—
0,04
1,0
10—12
0,1
0,8
1,6
0,5
—
—
0,6
12-14
—
—
0,5
0,9
0,1
—
—
0,2
14—16
—
—
0,3
0,4
0,1
—
—
0,1
16—18
—
—
0,1
0,2
—
—
—
18—20
—
—
0,1
0,2
—
—
—
—
20—22
—
—
0,1
—
—
—
—
22—240
—
—
—
0,03
—
—
—
—
Summe
12,4
13,0
18,9
21,0
18,4
6,7
9,8
18,5
Häufigkeit
im Sommer.
2-4
7,8
9,0
8,9
8,9
8,3
5,6
8,3
9,1
4—6
1,6
2,2
8,7
3,0
2,7
0,8
2,8
2,5
6—8
0,8
0,5
1,0
1,3
0,6
0,3
0,9
0,7
8-10
0,04
0,1
0,2
0,3
0,2
—
0,3
0,2
10-12
—
0,1
0,1
0,04
—
0,1
0,1
12—14
—
—
0,03
0,04
0,03
—
Summe
9,7
11,8
12,9
13,6
11,8
6,7
12,4
12,6
Für die Häufigkeit grösserer Erkaltungen, und zwar die
Wärmeerniederung von 5° C. und darüber gibt H an n folgende Werte an:
Oxford Paris Münch. Wien Leipzig Karadagh Barn. Peking Marietta Brunsw. Melb.
Winter 8,0 2,3 5,4 3,0 2,4 2,0 18,8 5,9 13,1 15,8 0,5*
Frühling 1,2 2,0 4,1 2,5* 2,4 1,1 10,5 4,7 10,6 7,9 4,8
Sommer 0,6* 8,9 4,2 8,4 8,1 0,9* 5,0* 4,6 2,7* 4,3* 6,8
Herbst 2,2 1,7* 2,4* 2,6 1,5* 2,1 13,0 4,4* 2,8 7,9 3,8
Jahr 7,0 8,9 16,1 11,5 9,4 6,1 47,3 18,9 39,2 85,4 14,9
Da der Zeitraum für obige Stationen, ausser für Peking und
Melbourne, nur 10 Jahre beträgt, so kann der mittlere jährliche Gang
nur mit einiger Annäherung angegeben werden. Im allgemeinen hat
das europäische Seeklima eine geringe Häufigkeit der grösseren Er-
kältungen; gesteigert wird dieselbe auf Hochebenen und in der Nähe
von Gebirgen, wie z. B. in Wien und München gegenüber Leipzig.
Die Häufigkeit grösserer Temperaturdepressionen ist am bedeutendsten
in Westsibirien und im Osten Nordamerikas, auch Peking und Mel-
bourne zeigen eine auffallend grosse Häufigkeit. Die grösste Häufig-
keit fällt in Paris, Wien, Leipzig und auf der Südhemisphäre auf
den Sommer, an den übrigen der oben genannten Orte auf den Winter.
Ueberhaupt scheinen solche Orte ein Sommermaximum zu besitzen, welche
gegen ihre Nachbarschaft verhältnismässig stark erwärmt werden.
Eine weitere Untersuchung dieses Gegenstandes dürfte insbesondere
für die medizinische Wissenschaft durchaus fruchtbringend sein. Für
manche Fragen erscheint es von Wichtigkeit, zu wissen, wie gross
die Häufigkeit eines Wechsels zwischen Erwärmung und Erkältung
von einem Tag zum anderen ist, oder wi« oft Temperatur-
Umschläge vorkommen. Da nun aber Stationen mit gering aus-
geprägter jährlicher Periode ihre Zeichen verhältnismässig sehr stark
wechseln würden, und beständigere Klimate die grössten Schwankungen
zeigen würden, so erscheint es notwendig, eine*untere Grenze für die
Digitized by VjOOQ IC
48 Temperatur. Schwankungen.
Grösse der Temperaturunterschiede von einem Tage zum folgenden
anzunehmen. Indem Hann nur solche Zeichenwechsel zählte, bei denen
die Summe der zwei sich folgenden Differenzen (ohne Rücksicht auf
das Vorzeichen) den Betrag von wenigstens 2° C. erreichte, erhielt
er folgende Zahlenwerte für die Wahrscheinlichkeit eines Temperatur-
umschlages:
Oxford Paris München Wien Leipzig Barnaul Peking Marietta Brunswick Melbourne
Winter 0,37 0,48* 0,44 0,37 0,34 0,48 0,46 0,46 0,51 0,89*
Frühling 0,35*0,45 0,35* 0,34* 0,33 0,44 0,44 0,44 0,48 0,40
-Sommer 0,37 0,46 0,41 0,89 0,39. 0,38* 0,45. 0,35* iQ,49 0,87
Herbst 0,40 0,46 0,37 0,35 0,38 0,47 0,39* 0,38 0,48* 0,35
Jahr 0,37 0,45 0,39 0,36 0,36 0,44 0,43 0,41 0,47 0,35
Eine einfache Beziehung zwischen den einzelnen Orten in Bezug
auf mittlere Häufigkeit und auf jährliche Periode ist in diesen Zahlen
nicht ausgesprochen. Für Paris sind die Tagesmittel aus den täg-
lichen Extremen abgeleitet und vielleicht daher die auffallend häufigen
Temperaturwechsel. Die westlichen Binnenlandstationen haben das
Maximum nur im Sommer, die übrigen im Winter, Herbst oder
Frühling. „Bemerkenswert ist, dass in Oxford, Paris, München, Wien
und Leipzig im März oder April ein Minimum der Häufigkeit der
Temperaturwechsel eintritt; für München und Wien ist das Minimum
im April sehr ausgesprochen. Was wir also früher über das so-
genannte Aprilwetter sagten, dass es sich nicht auf die Veränder-
lichkeit der Temperatur beziehen kann, findet auch hier seine Be-
stätigung. An allen Orten ist die Wahrscheinlichkeit eines Umschlags
der Temperatur kleiner, als die der Fortdauer, so dass wir die Er-
haltungstendenz des jeweiligen Witterungscharakters wieder ausge-
sprochen finden, welche Herr Dr. Koppen in allgemeinerem Sinne
zuerst nachgewiesen hat."
Als Verhältnis der Erwärmungen zu den Abkühlungen, wobei
die letzteren als Einheit angenommen wurden, erhielt Hann folgende
Zahlen:
Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.
1. Europa (Oxford, Paris, München, Wien, Leipzig)
0,79* 1,00 1,05 1,16 1,19 1,88 1,25 1,15 1,06 1,00 0,87 0,87
2. Sibirien (Oust Sisolsk. Bogosl. Barnaul, Semipalatinsk, Irkutsk)
0,98 0,98 1,19 1,28 ' 1,40 1,35 1,33 1,23 1,08 0,93 0,88 * 0,93
3. Nordöstliches Amerika (Brunswick, Providence, Toronto, Marietta)
0,89* 1,11 1,18 1,24 1,88 1,32 1,28 1,17 1,08 1,16 0,95 1,05
Da eine Elimination der jährlichen Temperaturperiode hier nicht
vorgenommen wurde, so sollte man erwarten, dass in der ersten
Jahreshälfte die Erwärmungen, in der zweiten die Abkühlungen vor-
walten werden, dieses ist indessen nicht der Fall, indem fast alle
Verhältnisse grösser sind als 1.« Also sind Erkaltungen allenthalben
viel seltener und daher der Grösse nach auch durchschnittlich stärker,
als die Erwärmungen. Das Maximum der Häufigkeit der Erwär-
mungen fällt nach der Tabelle für Europa auf den Mai, für Sibirien
und das nordöstliche Amerika auf den April, während das Maximum
der Häufigkeit der Erkaltungen für Europa und für Nordamerika im
Dezember eintritt, in Sibirien aber schon im Oktober.
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Temperatur. 8äkuläre Aenderungen. 49
Was nun speziell Deutschland betrifft, so steigt in den nörd-
lichen Gebietsteilen nach Kremser die Temperatur im Laufe des
Jahres von einem Tage zum anderen durchschnittlich 192mal, wäh-
rend sie nur 174mal fällt. „ Dieser Gegensatz in der Häufigkeit der
positiven und negativen interdiurnen Wärmeänderungen scheint im
südöstlichen Binnenlande, wo die Zahl der Temperaturzunahmen jähr-
lich fast 200, die der Temperaturrückgänge etwas weniger als 170
beträgt, am ausgeprägtesten zu sein, während im westlichen Nord-
deutschland die Häufigkeit nur um 10 zu gunsten der Erwärmungen
differiert/ Während vom Juli bis Januar die Häufigkeit der Er-
kaltungen derjenigen der Erwärmungen die Wage hält, kommen in
dem Halbjahre mit normaler Erwärmung auf 6 Temperaturzunahmen
durchschnittlich 5 Erkaltungen.
f Säkulare Aenderung der Temperatur.
Die Untersuchung der Frage, ob die Temperatur während einer
grossen Reihe von Jahren nach dem einen oder anderen Sinne hin
ab- oder zunehme, oder ob langjährige periodische Schwankungen
derselben vorkommen, ist jedenfalls von hoher Wichtigkeit und von
hohem Interesse 1 ), indem hierdurch Schwankungen der klimatischen
Verhältnisse bedingt werden. Ueber diese Frage gibt die nachfolgende
Tabelle 2 ) einigen Aufschluss, in welcher die Jahresmittel einiger Orte
Europas für nahezu gleiche Zeitepochen zusammengestellt sind (die
eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Jahre, welche aus der be-
treffenden Epoche zur Mittelbildung benutzt wurden):
Epoche
Stockholm
Land . .
Copenhagen
Berlin . .
Warschau
Petersburg
Riga . .
Moskau .
Archangelsk . — — 0,14 (8) 1,09 (10) 0,44 (27)
(Ausserdem Petersburg: 1836-1869 (84) 4,04 o und 1870—1879: (10) 4,01 o C.)
Zunächst ist eine längere Kälteepoche bemerkenswert, welche
am Ende des vorigen und am Anfange des jetzigen Jahrhunderts
stattfand, wobei die Unterschiede für die einzelnen Orte nahezu gleich
sind (0,8° C). Man sieht, dass die Temperaturschwankungen viele
Jahre hindurch zu gunsten der einen oder anderen Richtung andauern
können, allein eine beständige Zu- oder Abnahme der Temperatur
kann nicht nachgewiesen werden. Interessant ist folgende von Wild
*) Wild: Temperaturverhältnisse des Russischen Reiches. Suppl.-Bd. zum
Repert. d. Met. 1881.
*) Eine eingehende Besprechung dieser Frage insbesondere in Bezug auf
kosmische Einflüsse findet sich in meinem Handbuche der ausübenden Witterungs-
kunde, Bd. 1. Wir beschränken uns hier darauf, nur die Zusammenstellungen
von Wild zu geben.
Van B ebb er, Meteorologie. 4
1752-
-1779
1780—1800
1801—1821
1822—1835
1886—1862
5,830
7,17
7,62
9,89
9,08
(25)
(28)
(10)
(26)
(39)
5,690 (25)
6.00 (20)
7,86 (18)
9.01 (21)
7,21 (20)
5,660 (15)
6,60 (20)
7,69 (20)'
8,46 (21)
6.68 (18)
8,250 (14)
9,10 (14)
7,03 (14)
5,910 (15)
7,00 (27)
7,29 (23)
8,72 (23)
7,09 (23)
4,05
(80)
3,25 (21)
6,36 (6)
3,55 (8)
8,20 (17)
5,88 (13)
3,80 (4)
4,02 (14)
6,84 (8)
4,34 (14)
4,04 (34)
5,81 (17)
4,00 (23)
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50
Temperatur. Säkulare Aenderungen.
aus den 5jährigen Mittelwerten zu Petersburg aufgestellte Tabelle
der Wendepunkte der säkularen Temperaturkurve, und der Intervalle,
wobei die Haupt-Maxima und Minima durch dickere Schrift hervor-
gehoben sind, die vorletzte Kolumne (Amplitude) enthält die Differenz
der Maxima und des Mittels der sie einschliessenden Minima und die
letzte das Temperaturmittel der Perioden von einem Hauptminimum
zum folgenden.
Intervalle der
Intervalle
der
Haupt-
Amplitude
der
Periode
Mittel
Minima,
Maxima
der
Periode
minima
Minima
Maxima
1754?
1760
1766
10
12
1
1770
1775
14
9
> 24 Jahre
2,04°
3,28°
1784
1795
17
20
j
1801
1803
9
8
1*26
2,06
2,70
1810
1824
20
21
)
\ 20
1880
11
249
3,12
1835
8
1838
1843
8
8
1846
1852
8
9
► 24
0,78
3,26
1854
1859
15
7
j 21?
1869
12
1,02?
3,55?
1871
6
1875
Hiernach ergibt sich bezüglich der Dauer der kurzen Perioden
keine sichere Regel, indessen scheint es, dass die durchschnittliche
Mitteltemperatur von 5 Jahren in Perioden von ungefähr 23 Jahren
zu- und abnimmt.
Die folgende Tabelle gibt ebenfalls nach Wild die Dauer der
für die Newa eisfreien Zeit:
Epoche . . .
1750—1779
1780—1819
1820-1829
1830—1839
1840—1879
Eisfreie Zeit .
220,7
212,8
236,6
216,4
215,3
Aus diesen Zahlen lässt sich eine stetige Ab- und Zunahme nicht
erkennen.
Temperaturabnahme mit der Höhe.
Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass die Lufttemperatur
mit der Erhebung über der Erdoberfläche abnimmt. Diese Thatsache
hat zuvörderst darin ihren Grund, dass die Erwärmung, welche die
Erdoberfläche durch Einstrahlung erhalten hat, sich den ihr unmittelbar
aufliegenden Luftschichten teils direkt durch Leitung, teils durch
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Temperatur. Vertikale Verteilung. 51
Strahlung mitteilt. Da nun aber die Luft ein sehr schlechter Wärme-
leiter ist und auch die Strahlung im allgemeinen keine sehr erheb-
liche Temperaturerhöhung in den oberen Luftschichten hervorbringen
kann, so würden diese von der der Erde zugestrahlten Wärme keine
erhebliche Menge erhalten können, wenn nicht andere Ursachen zur
Verbreitung der Wärme nach oben hin mitwirkten. Dieses sind vor
allem die aufsteigenden Luftströmungen, welche überall dort ent-
stehen, wo die der Erde aufliegenden Luftschichten stärker erwärmt
werden, als an anderen Orten, und welche die Wärme den obersten
Luftschichten zuführen. Hierbei kommt aber in Betracht, dass die
aufsteigenden Luftmassen mit zunehmender Höhe unter einen stets
geringer werdenden Druck kommen, dass sie sich also ausdehnen
müssen und daher einen Wärmeverlust erleiden, welcher der Grösse
der Ausdehnung, mithin auch der Erhebung über dem Erdboden,
proportional ist. Also bei aufsteigenden Luftströmen wird die Tem-
peratur sinken, wie sie bei absteigenden Luftströmen (wegen der Ver-
dichtung der Luft) in demselben Masse zunehmen muss. Ist die Luft
vollkommen trocken und besteht in der umgebenden Atmosphäre von
vornherein dieselbe Temperaturabnahme, so wird die Temperatur des
aufsteigenden Luftstromes für je 100 m um nahezu einen Grad Celsius
erniedrigt. In Wirklichkeit* befindet sich in der Atmosphäre stets mehr
oder weniger Wasserdampf, welcher sich beim aufsteigenden Luft-
strome immer mehr der Verdichtung zu Wasser nähert. Wenn diese
Verdichtung erfolgt, dann wird Wärme frei und die Abkühlung ver-
zögert, ohne dass eine Steigerung der Temperatur herbeigeführt wird.
Andererseits können im Winter bei hohem Luftdrucke und diesen
begleitenden Windstillen mit klarem Himmel in den Ebenen und
Thälern ausserordentlich tiefe Temperaturen vorkommen und sich
wochen- ja monatelang erhalten, wodurch eine Zunahme der Tem-
peratur mit der Höhe hervorgerufen wird. Wegen dieser Umstände
darf es uns nicht wundern, dass die Temperaturabnahme mit der
Höhe vielfach nicht regelmässig erfolgt und dass das Problem, dieselbe
in ein ganz bestimmtes Gesetz zu fassen, ausserordentlich schwierig
und verwickelt ist. Allerdings glaubte man noch bis vor nicht gar
langer Zeit, hierfür allgemein ziemlich gültige Jahresmittel gefunden
zu haben, insbesondere da die Resultate, namentlich von Hann und
Hirsch für die Alpen, mit den Angaben von Humboldt in naher
Uebereinstimmung waren. Indessen haben die neueren zahlreichen
Untersuchungen gezeigt, dass bis jetzt allgemein gültige Gesetze noch
nicht aufgestellt werden konnten.
Bei der Untersuchung der Temperaturabnahme mit der Höhe
ist in erster Linie Rücksicht zu nehmen auf die Beschaffenheit der
Oberfläche, oder wie sich die Wärme ändert in freier Atmosphäre
und wie in einem Berglande. Daher wird es sich empfehlen, jedes
für sich, also zunächst die Temperaturabnahme mit der Höhe in
der freien Atmosphäre zu betrachten, wobei wir indessen nur auf
die Beobachtungen in Luftballons angewiesen sind, welche allerdings
keine sehr sichere Grundlage für eine exakte Untersuchung abgeben.
Aus praktischen Gründen erscheint es zweckmässig, hier den Zu-
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52 Temperatur. Vertikale Verteilung.
sammenhang zwischen Temperatur und Luftdruck aufzusuchen, wo-
gegen bei Bergländern besser direkt die Temperaturbeobachtungen
mit der Höhe verglichen werden. Aus den Ballonfahrten, welche
Glaisher bei günstigem Wetter gemacht hatte, fand Mendeleef 1 ),
indem er die Temperatur als eine lineare Funktion des Luftdruckes
ansah, folgende Relation: Sei t die Temperatur der unteren Station,
t,, die der oberen Station, p der Luftdruck der unteren, p h der
oberen Station, so ist:
th * Po — tp . ph
Po — Ph
und hieraus ergibt sich:
th = c -f-
t — c . ph
Po
Hierbei ist c die Temperatur an der Grenze der Atmosphäre, wofür
Mendeleef — 36° fand. Andererseits berechnete Woeikof die Tem-
peratur c aus einer Luftschiffahrt von M. A. Rykatschef bei Peters-
burg, welcher zwar eine viel kleinere Höhe erreichte als Glaisher,
aber bei dessen Luftfahrt alle anderen Umstände sehr günstig waren.
Aus den Beobachtungen Rykatschefs ergab sich nun die Grösse
von c in folgender Weise: „Zwischen dfcr Erdoberfläche und dem
Luftdrucke von 468.6 mm, wo der Ballon einige Minuten verweilte,
auf — 42,3°; zwischen Erdoberfläche und Luftdruck 493,6 mm — 41,1°;
zwischen den Luftdrucken 568,6 und 468,6 mm — 43,8°; Mittel also
— 42,2° oder rund — 42°. u Ein weiterer Versuch Woeikof s, die
Constante c aus Beobachtungen in Berggegenden zu berechnen, führte
zu folgenden Resultaten:
Werte von c.
Region Stationspaar Jahr Dez. u. Jan. Juni, Juli u. Aug. Frühling
Felsengebirge Denver u. Pikes Peak ... — 50,3 — 41,1 — 48,7 — 56,8
Appalachen Burlington u. Mt. Washington — 44,1 — 40,8 — 44,1
Auvergne Clermont u. Puy de Dome " "
(St. Bernhard u. Theodul
Schweizer Alpen ]%%£ *• St * Beratod
in. Süs .
( Bern u. Bevers . . . .
Jura Neuchätel u. Chaumont
— 50,8
-41,1
— 44,1
— 40,8
-44,2
— 28,6
— 48,7
— 48,2
-42
—
— 40,0
— 42,9
.— 42,9
— 58,9
— 36,7
— 52,8
— 82,3 — 49,3
— 27,9 —
Mittel — 43,6
Die Temperatur c muss an der Grenze der Atmosphäre sowohl
im Winter und Sommer, als auch an den Polen und am Aequator
nahezu gleich sein. Also nimmt die Temperatur mit der Höhe um
so schneller ab, je höher die Temperatur am Erdboden ist, eine
Folgerung, welche durch die raschere vertikale Abnahme der Tem-
peratur im Sommer und die langsamere im Winter ihre Bestätigung
findet. Wie bereits oben erwähnt, kommen in Sibirien zuweilen
Temperaturen vor, welche weit unter — 42° (X liegen, so beispielsweise
in Werchojansk, wo die mittlere Temperatur des Januar — 50° beträgt
und Temperaturen von — 68° beobachtet wurden. Wie wir weiter
*) Mendeleef: Vergl. Archive des sciences phys. Geneve, Mars 1876.
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Temperatur. Vertikale Verteilung. 53
unten noch des Näheren zeigen werden, findet in solchen Fällen keine
Abnahme, sondern eine Zunahme der Temperatur nach oben statt;
diese Zunahme erreicht schon in massiger Höhe vom Erdboden ein
Maximum, worauf dann wieder Abnahme nach oben erfolgt. Wir
wollen hier nur die Thatsache anführen, dass bei Ballonfahrten und
auf hohen Bergen, wo Minimumthermometer ganze Winter hindurch
aufgestellt waren, keine sehr tiefen Temperaturen vorkamen. Hier-
bei ist noch zu berücksichtigen, dass auf Bergen die Minima er-
heblich unter denen der freien Atmosphäre liegen können, und zwar
wegen der Ausstrahlung des Schnees und wegen der an den Gehängen
aufsteigenden Luftströme, die oft sehr kalte Luft aus den Niederungen
bringen, welche beim weiteren Aufsteigen sich noch weiter abkühlt.
Die erste Reihe der folgenden Tabelle gibt die Abnahme der Tem-
peratur mit der Höhe aus 9 Luftballonfahrten Glaisher's, welche im
Juli und August meist zwischen 3 und 6 Uhr nachmittags ausgeführt
wurden, die zweite Reihe aus 6 Fahrten von Coney Island (New York)
vom 10. — 13. August zwischen 10 Uhr morgens und 6 Uhr nach-
mittags, während die dritte Reihe die Mittelwerte aus den beiden
vorhergehenden Reihen darstellt 1 ).
Höhe in engl. Fuss 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100
Höhe in Metern 80,5 61,0 91,4 121,9 152,4 182,9 218,4 448,8 274,3 304,8 335,3
Reihe I . . . . 22,94 22,33 21,94 31,56 21,28 20,94 20,72 20,44 20,17 19,94 19,67 19,50
Reihe II ... . 23,72 22,44 21,83 21,61 21,83 21,00 20,72 20,50 20,44 20,39 20,17 20,00
Mittel HI ... 23,33 22,39 21,89 21,58 21,30 20,97 20,72 20,44 20,31 20,17 19,91 19,75
Man sieht hieraus, dass in der warmen Jahres- und Tageszeit
die Temperatur in den dem Erdboden zunächst anliegenden Luft-
schichten rasch abnimmt, was mit der starken Einstrahlung in Zu-
sammenhang steht, an kalten heiteren Wintertagen würde eine ebenso
rasche vertikale Zunahme der Temperatur in den unteren Luft-
schichten erfolgen.
Bei der Untersuchung der vertikalen Verteilung der Temperatur
erscheint es notwendig, möglichst nahe gelegene Stationen miteinander
zu vergleichen, die eine möglichst gleiche Lage zum Gebirge haben.
Die kältere Jahres- und Tageszeit zeigen ganz ähnliches Verhalten,
ebenso andererseits die wärmere Jahres- und Tageszeit. Im Winter
sowie in der Nacht werden bei ruhigem, klarem Wetter die Nie-
derungen und insbesondere die Thäler kälter sein, als die Gehänge
und Berggipfel, weil die kältere Luft wegen ihrer grösseren Schwere
nach den niedersten Stellen abfliesst, wobei eine etwa vorhandene
Schneedecke die Abkühlung durch Ausstrahlung begünstigt. Im
Sommer und am Tage liegen die Verhältnisse umgekehrt. Hierbei
muss jedoch berücksichtigt werden, dass in unseren Gegenden im
Sommer in der Nacht, und im Winter am Tagq Verhältnisse herrschen,
welche denjenigen der Jahreszeit entgegengesetzt sind.
In der nachfolgenden Tabelle stellen wir vergleichend die für
die vertikale Abnahme der Temperatur in einigen Gebirgen von
Hann und Wild gefundenen Resultate mit besonderer Berücksich-
tigung Deutschlands zusammen:
*) Vergl. Sprung,. Lehrbuch der Meteorologie. Hamburg 1885. S. 89.
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54 Temperatur. Vertikale Verteilung.
Temperaturabnahme mit der Höhe für je 100 m.
Dez.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
Jahr
II
OQ
0,30*
0,80*
0,53
0,67
0,62
0,71
0,75
0,70
0,66
0,57
0,59
0,52
0,576
3*
s
0,44*
0,45
0,53
0,62
0,61
0,66
0,67
0,67
0,64
0,60
0,56
0,51
0,68«
0,26*
0,28
0,48
0,61
0,66
0,67
0,61
0,64
0,57
0,53
0,47
0,40
0,515
0,15*
0,21
0,41
0,52
0,53
0,54
0,59
0,57
0,48
0,43
0,37
0,47
0,488
0,56
0,37*
0,47
0,63
0,69
0,70
0,66
0,68
0,68
0,61
0,51
0,55
0,41
0,33*
0,55
0,66
0,68
0,67
0,71
0,71
0,67
0,58
0,52
0,43
0,592 0,576
-0,18
-0,16
-0,08
0,04
0,11
0,18
0,11
0,09
0,07
+ 0,03
— 0,03
— 0,12
0,547
*
0,61
0,62
0,66
0,73
0,75
0,75
0,72
0,67
0,67
0,66
0,65
0,57
Kaukasus
i'
0,30
0,34
0,36
0,37
0,54
0,54
0,56
0,54
0,54
0,47
0,44
0,22 *
0,48
0,44*
0,45
0,53
0,62
0,64
0,66
0,67
0,67
0,67
0,60
0,56
0,51
0,58
0,30
0,22
0,33
0,54
0,89
0,60
0,60
0,56
0,54
0,51
0,27
0,28'
0,455
I
I
0,53*
0,54
0,56
0,63
0,76
0,90
0,99
0,97
0,86
0,72
0,61
0,55
0,720
0,57*
0,58
0,58
0,58
0,57
0,59
0,61
0,62
0,62
0,60
0,59
0,58
0,590
Das Maximum der vertikalen Wärmeabnahme fallt nach obiger
Tabelle in den Mai oder in den eigentlichen Sommer, das Minimum
in den Januar oder den Dezember. Das rasche Wachsen des Be-
trages der Wärmeabnahme in den Frühlingsmonaten kennzeichnet
das rasche Ansteigen der Frühlingstemperatur in den Niederungen,
während in der Höhe die Wärmezunahme nur sehr langsam erfolgt.
Nach den vorstehenden Erörterungen dürfte erwartet werden,
dass es auch eine tägliche Periode der vertikalen Wärmeabnahme
gibt. Diese hat zuerst Glaisher durch seine Beobachtungen im Ballon
captiv nachgewiesen; wir geben das Resultat dieser Beobachtungen
im Originale hier wieder:
Wärmeabnahme mit der Höhe von 100 zu 100 engl. Fuss,
Grade Fahrenheit.
Heiteres Wetter
Wolkiges Wetter
Beobachtungs-
zeit
10a
bis
3p
bfs
bPs
fr
bis
6p
bis
bis
bfs
bis
5p
bis
6p
bis
bis
IIa
4 P
5p
6 P
7p
77* P
4p
5p
6 P
7p
7Vtp
0— 100 Fuss
1,0
1,5
1.1
0,9
0,5
0,0
l»3
i,3
0,6
0,5
0,5
100- 200 „
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,1
0,9
9,6
0,6
0,6
0,5
200- 300 „
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,3
0,9 •
0,5
0,6
0,5
0,5
800— 400 „
0,9
0,7
0,6
0,6
0,5
0,4
0,6
0,6
0,6
0,5
0,4
400— 500 „
0,8
0,6
0,6
0,6
0,5
0,3
0,4
0,4
0,5
0,4
0,5
500- 600 „
0,8
0,5
0,5
0,5
0,4
0,3
0,4
0,4
0,5
0,5
0,4
600— 700 „
0,7
0,5
0,5
0,4
0,4
0,4
0,4
0,4
0,5
0,4
0,4
700— 800 „
0,7
0,5
0,4
0,4
0,4
0,4
0,5
0,4
0,5
0,5
0,5
800— 900 „
0,6
0,5
0,4
0,4
0,4
0,3
0,4
0,4
0,5
0,5
0,5
900-1000 „
0,5
0,4
0,4
0,3
0,3
0,2
0,5
0,4
0,4
0,4
0,5
Digitized by VjOOQ IC
Temperatur. Vertikale Verteilung. 55
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass zur Zeit des höchsten
Sonnenstandes die vertikale Wärmeabnahme am Erdboden ausser-
ordentlich gross ist und dass diese nach Abend hin rasch abnimmt.
"Während bei wolkigem Wetter zwischen 7 und 8 Uhr abends die
Wärmeabnahme nach der Höhe noch regelmässig erfolgt, sinkt sie
hei heiterer Witterung in den tieferen Luftschichten auf 0° herab,
wodurch die Tendenz einer Umkehrung vertikaler Temperaturverteilung
angedeutet ist. Auch ist aus der Tabelle ersichtlich, dass die Ab-
nahme bei heiterem Wetter rascher erfolgt, als bei wolkigem.
Bei den Schweizer Stationen nimmt die Wärmeabnahme mit der
Höhe mit zunehmender Breite ab, und man sollte erwarten, dass
dieses auch für die nördlicher gelegenen Stationen der Fall wäre;
allein die Zahlen für das Erzgebirge und den Harz bestätigen diese
Vermutung keineswegs, vielmehr ist bei diesen die Abnahme im
Jahre grösser als in der nördlichen Schweiz. Diese eigentümliche
Erscheinung findet ihre Erklärung in den Gegensätzen der Wetterlage
während der kälteren Jahreszeit über Norddeutschland und über der
Alpengegend. Während zur Winterszeit in Norddeutschland die vor-
wiegend südwestliche Luftbewegung eine sehr lebhafte ist, und die
Temperaturabnahme mit der Höhe eine ziemlich regelmässige bleibt,
ist im Süden unter dem Einflüsse häufiger barometrischer Maxima
das Wetter still und klar, so dass alle Bedingungen gegeben sind,
intensive Kälte zu entwickeln, die sich insbesondere über die Thäler
und die Ebenen ausbreitet, namentlich dann, wenn eine Schneedecke
vorhanden ist, wogegen die Bergeshöhen dann viel wärmer sind als
die Niederungen.
Den letzteren Fall, welcher bei jeder grösseren Kälteepoche
beobachtet werden kann, wollen wir an einem besonderen Beispiele
näher betrachten, wozu die Epoche ungewöhnlich strenger Kälte im
Dezember 1879, welche von Hann eingehend untersucht worden ist 1 ),
sich ganz besonders eignet. Vom 7. bis zum 28. Dezember lagerte
über Mitteleuropa ein Gebiet ungewöhnlich hohen Luftdrucks, das
Wetter war sehr ruhig und die Bewölkung gering. Die Region des
höchsten Luftdruckes war zugleich diejenige einer anormalen Wärme-
erniedrigung, die über die Alpen hinaus nach Italien hinabreichte, wäh-
rend der skandinavische und russische Norden eine höhere Temperatur
hatte als Mitteleuropa und an vielen Tagen selbst Oberitalien. Her-
vorzuheben ist, dass das ganze Gebiet bis weit hinab nach Süden
von einer meist tiefen Schneelage bedeckt war.
Die mittleren Werte einiger der wesentlichsten meteorologischen
Elemente für die 23 Tage, während welcher Westösterreich in der Zone
höchsten Luftdruckes lag, gibt folgende Tabelle für 4 Stationen:
l ) Vergl. Hann, Klimatol. S. 160 und Zeitschr. der Oest. Ges. Jahrg. 1880.
S. 76.
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56
Temperatur. Vertikale Verteilung.
Mittel für 3. und 7.-28. Dezember 1879.
Seehöhe
m
Luftdr.
Mittel
Temperatur
7h
2* 9*
Mittel
Mittl.
Bew.,
Mittl.
Windst.
Wien . . .
Klagenfurt .
Stelling . .
Hochobir . .
202
450
1410
2040
757,0
735,3
597,8
- 9,9
-18,9
" 8,9
-11,2
6,8
-18,4
■ M
" 7,3
— 9,5
— 16,7
— 6,7
— 10,6
- 8,9
-16,4
• 6,4
9,9
3,4
2,3
2,6
0,9
1,0
0,0
450
5
580
5
830
9
1200
7
2040
13,3
25,6
3,9
— 10,4
— 21,10
3,0
— 8,8
— 19,3
2,40
— 6,9
— 18,5
2,4
- 9,4
— 24,4
„Das Dezembermittel für Wien ist fast — 9° C, d. i. nahezu die
normale Januartemperatur von Petersburg (—9,4°), das für Klagenfurt
sogar — 16,4°, gleich dem Dezember von Nowaja Semlja unter
73 ^2° n. B. oder gleich dem von Tobolsk und Tomsk, also eine echt
sibirische Kälte." Aber im Gegensatze zu der Kälte der unteren
Luftschichten erfreuen sich die Alpenstationen in mittleren Höhen
bei fast konstant heiterem Himmel und windstillem Wetter der an-
genehmsten Temperatur; in Hochobir ist es im Mittel wärmer als
in Klagenfurt (Höhenunterschied 1590 m) 7 h a. m. um + 7,7°, 2 h p. m.
um 6,1°, und 9 h p. m. um 6,1°, durchschnittlich also um 6,5°.
Diese Wärmezunahme mit der Höhe war allgemein im ganzen,
Alpengebiete. Für die Wärmeverteilung im ganzen Dezember in
Kärnten erhalten wir folgende Mittelwerte:
Seehöhe Mittel, Meter
Zahl der Stationen .
Temp. Mittel ....
Temp. Min
Bewölk. Mittel . . .
Während die Bewölkung mit der Höhe abnimmt, werden die
Mitteltemperaturen mit wachsender Höhe regelmässig grösser.
In den Tagen vom 16. — 28. Dezember, als das barometrische
Maximum über den Alpen lag, war die vertikale Wärmezunahme am
grössten; die mittlere Temperatur während dieser 13 Tage betrug:
Seehöhe 7h 2»» 9h Mittel Mittl. Bewölkung
Klagenfurt ... 440 m — 19,1 o — 13,0 - 16,4 — 16,2 3,2
Hochobir. . . . 2040m — 5,9 o — 1,2 — 5,5 — 4,5 1,7
Ischl 467 m - 12,7 0-7,3 _ 13,0 — 11,8 1,6
Schaf berg . . . 1776 m — 0,1 0,6 — 1,3 — 0,5 0,7
„Während in Klagenfurt eine wahrhaft sibirische Kälte herrschte,
war die Temperatur zu Obir mild und am Schaf berggipfel selbst
nachts dem Nullpunkte nahe. Höchst bemerkenswerter Weise zeigt'
sich der Temperaturunterschied um 7 h a. m. am grössten, d. h. die
Höhen sind dann relativ am wärmsten. Dies beweist direkt, das^
die ganze Erscheinung ein Effekt der Wärmestrahlung und des Herab-
sinkens der kalten Luft in die Thäler war. tt Nach Cantoni waren
die mittleren Temperaturen und die absoluten Minima für den Zeit-
raum von der zweiten Dekade des Dezembers 1879 bis zur ersten
Dekade des Februar 1880:
Ort
Höhe Meter . .
Mitteltemperatur
Minimum . . .
Alessandria Pavia
— 8,5
— 17,0
- 7,6
-14,0
Mailand
147
- 5,7
- 10,5
Varese
862
— 1,0
-9,4
Also auch an der Südseite der Alpen war die Wärmezunahme
mit der Höhe ganz deutlich ausgesprochen. Das Pothal bildete das
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Temperatur. Geographische Verteilung. 57
Reservoir, in welches die kalte Luft von den umgebenden Höhen ab-
floss. Ebenso zeigt der Puy de Dome dieselbe Erscheinung, wobei
noch ganz besonders die grosse Trockenheit der Luft in den oberen
Regionen hervorzuheben ist:
20.— 28. Dezember 1879 6 h morgens.
Ort Höhe Temp. Rel. Feucht. Bewölkg.
Puy de Dome . . . 1470 m 8,8 38<>/o lSOfo
Clermont (am Fusse) »90 m — 13,8 91 7
Aus allen diesen Darlegungen geht zur Genüge hervor, dass die
Auffindung eines allgemein gültigen Gesetzes für die Wärnieabnahnie
mit der Höhe durch viele Umstände erschwert wird, welches sowohl
für die Theorie, als ganz besonders für die Praxis von ausserordent-
licher Bedeutung wäre. Immer noch ist eine grössere Anzahl ge-
eigneter Bergstationen in den verschiedenen Ländern, insbesondere
in den Tropen, ein sehr dringendes Desiderat. Andererseits erscheint
die Anwendung von Ballons captivs ganz geeignet, die Temperatur-
verhältnisse wenigstens in den unteren Schichten zu erforschen.
Hoffentlich wird in der Jetztzeit, in welcher das Interesse für Meteo-
rologie ein so ausserordentlich reges geworden ist, auch nach dieser
Richtung mehr gethan werden.
Verteilung der Lufttemperatur über der Erdoberfläche.
Die Tafel I veranschaulicht die Verteilung der Lufttemperatur
über der Erdoberfläche für die extremen Monate Januar und Juli,
. Die eingezeichneten Kurven , Isothermen , verbinden die Orte mit
gleicher mittlerer Temperatur. Die Karte enthält nur die Iso-
thermen von 10°'zul0°C. Die den Schnittpunkten beigeschriebenen
Zahlen bezeichnen die Differenz der beiden extremen Monate Januar
und Juli. Bei der Konstruktion . jder Isothermenkarten werden die
Mitteltemperaturen des Jahres oder der Monate oder anderer be-
stimmter Zeitabschnitte von möglichst vielen Orten der Erde in eine
geographische Karte eingetragen, und die Orte mit gleicher Wärme
in bestimmten Temperaturintervallen mit einander verbunden. Da nun
aber nach den vorhergehenden Erörterungen die Lufttemperatur mit
der Höhe abnimmt, so ist es, um eine einfache Anschauung von der
Verteilung der Wärme zu geben, und hierfür eine streng wissen-
schaftliche Grundlage zu schaffen, notwendig, alle Temperaturangaben
auf dasselbe Niveau zu reduzieren, und als ein solches Niveau wählt
man gewöhnlich den Meeresspiegel. Die Darstellung der horizontalen
und vertikalen Wärmeverteilung auf ein und derselben Karte würde
mit den grössten Schwierigkeiten verknüpft sein, wenn man nicht
die grössten Willkürlichkeiten gebrauchen wollte. Für unsere Iso-
thermenkarte, welche mit Berücksichtigung der neuesten Karten von
Hann konstruiert worden ist 1 ), wurde als Korrektionsgrösse 0,5° C.
*) Hann: Atlas der Meteorologie (Berghaus, physik. Atlas, Abteil. III)*
Wir verfehlen nicht dieses musterhafte Kartenwerk allen Freunden der Meteoro-
logie auf das Wärmste zu empfehlen.
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58 Temperatur. Geographische Verteilung.
für jede 100 m Erhebung über dem Meeresspiegel angewendet.
Die Karte zeigt uns also nicht die Wärmeverteilung auf der Erd-
oberfläche, wie sie wirklich ist, sondern wie sie sein würde, wenn
unter sonst gleichen Verhältnissen alle in Betracht gezogenen Orte
die Höhe des Meeresspiegels hätten. Um die Wärmeverteilung über
der Erdoberfläche auf einer einzigen Karte darstellen zu können,
wurde, wie es auch gewöhnlich geschieht, die sogenannte Merka-
torsche Projektion angewendet, wobei alle Meridiane und Parallel-
kreise gerade Linien sind, die sich unter rechtem Winkel schneiden,
wie es ja auch der Wirklichkeit entspricht. Wir machen darauf
aufmerksam, dass bei dieser Kartenprojektion der Massstab in den
verschiedenen Breiten verschieden ist, so zwar, dass derselbe mit der
Breite zunimmt. Unter dem 60. Breitegrade ist er beispielsweise
doppelt so gross, als unter dem Aequator. Es ist dieser Umstand
deswegen wichtig zu bemerken, weil wir hierdurch oft irre geführt
werden, den Einfluss der in hohen Breiten gelegenen Teile der Erde
erheblich zu tiberschätzen. Setzen wir den Flächeninhalt der ganzen
Erdoberfläche gleich 1000, so erhalten wir für denjenigen der Zone
zwischen 25° n. und s. Breite 417, für 25 — 65° n. und s. Breite
490 und für die noch übrig bleibenden Polarzonen nur 95.
Wir haben darauf verzichtet, eine Isothermenkarte für die Ver-
teilung der mittleren Jahrestemperaturen zu entwerfen, weil detail-
liertere Isothermenkarten für die Jahresmittel so vielfach veröffentlicht
worden sind, dass dieselben jedem leicht zugänglich sind. Indessen
kann auch unsere Karte (Tafel I) eine ungefähre Vorstellung von
der Verteilung der Jahresmittel der Temperatur geben, indem diese
annähernd gleich sind dem Mittel aus den Januar- und Juliisothermen,
welche den betreffenden Orten zukommen.
Die unten (Seite 70) stehende Tabelle gibt eine Uebersicht der
Verteilung der Wärme auf der Erdoberfläche und zwar für das Jahr
und die vier Monate Januar, April, Juli und Oktober, welche für die
ektropische Zone fast allgemein die Repräsentanten der vier Jahres-
zeiten darstellen. Für die Tropen sind die Mitteltemperaturen der
extremen Monate angegeben, wenn diese ausserhalb der obigen Monate
fallen. Die mittleren Jahresextreme der Temperatur bezeichnen die
höchsten und tiefsten Temperaturen, die im Jahre durchschnittlich in
der betreffenden Beobachtungsreihe vorkommen. Die Zahlenwerte
sind den Arbeiten von Hann, Wild, Woeikof, Blanfort, Schott
u. a. sowie den Zeitschriften der Deutschen und Oesterreichischen
meteorologischen Gesellschaften entlehnt.
Obgleich alle Orte auf demselben Parallelkreis in derselben Weise
von der Sonne bestrahlt werden, dieselbe Tageslänge bei derselben
Sonnenhöhe haben, so verlaufen die Jahresisothermen doch nicht
parallel den Breitegraden , sondern weichen bald nach Norden , bald
nach Süden hin nicht unerheblich ab. Die höchsten Jahrestempera-
turen über 30° C. finden wir im nördlichen Afrika: Massaua 31,8°,
Chartum 30,5°, Oberer Senegal über 30°, Kuka 30°. Andere Regionen
mit einem Jahresmittel von über 28° C. befinden sich über der Ost-
hälfte der Halbinsel Indiens und über dem Innern von Mexiko. Eine
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Temperatur. Geographische Verteilung. 59
breite Zone mit einer Temperatur von 24 und darüber liegt zu beiden
Seiten des Aequators, am breitesten ist dieser Gürtel über Afrika
und südlich von Asien, am schmälsten westlich und östlich von Amerika.
Es ist dieses das Gebiet der heissen Zone, die wir durch den 25.°
nördlicher und südlicher Breite abgrenzen wollen. Diese Zone ist
wohl die einflussreichste der ganzen Erde, denn mehr als 3 /4 dieser
Zone ist mit Meer bedeckt, welches an seiner warmen Oberfläche
eine ausserordentlich grosse Menge Wasser verdunstet, das den höheren
Breiten zugeführt wird; ausserdem wird das warme Oberflächenwasser
durch die Meeresströmungen nach den kälteren Gegenden des Nordens
und Südens hingetrieben. Die heisse Zone ist gewissermassen als
der Regulator beider Hemisphären anzusehen. Die Isothermen in
jnittleren Breiten zeigen für die nördliche Hemisphäre die charakte-
ristische Eigentümlichkeit, dass sie auf dem atlantischen und auf dem
stillen Ozean nach Nord, über den Kontinenten nach Süd ausge-
buchtet sind, so dass also für diese Breiten die Luft über dem Meere
wärmer ist, als über dem Kontinente. Die niedrigste Jahrestempe-
ratur scheint im Nordwesten Grönlands zu liegen, wo sie in Lady-
Franklin-Bai auf — 19 °herabgeht. Ein anderes Kältegebiet liegt in Nord-
sibirien am mittleren Lauf der Jana, wo Werchojansk eine mittlere
Jahrestemperatur von — 17,1° und Ustjansk eine solche von — 15,9°
aufweisen. Der Unterschied der extremen mittleren Jahrestempera-
turen beträgt also für die Nordhemisphäre rund 50°. Auf der Süd-
hemisphäre zeigen die Isothermen auf dem Meere einen mit den
Breitenkreisen ziemlich parallelen Verlauf, im Süden Amerikas, Afrikas
und Australiens sind sie nach Süden hin ausgebuchtet.
Die Januarisothermen zeigen die grösste Abweichung nach
Süden. Der Gürtel grösster Erwärmung liegt südlich vom Aequator.
Im Innern Australiens steigt die mittlere Januarwärme auf 35° C.
und so bildet Australien mit seinen waldlosen trockenen Länder-
strecken ein mächtiges Wärmereservoir im südhemisphärischen Sommer.
Zwei Wärmemaxima Hegen über Afrika, eins über dem mittleren,
ein anderes über dem südlichen Kontinente, in welchen die Tem-
peratur 30° übersteigt. Ein weiteres Maximum mit einer mittleren
Januartemperatur von 30° befindet sich im Innern des subtropischen
Amerika. Die Isothermen ausserhalb der Wendekreise zeigen auf
der südlichen Hemisphäre einen ziemlich parallelen Gang, dagegen
auf der nördlichen Hemisphäre starke Ausbuchtungen, und zwar auf
dem Meere nach Norden, auf dem Festlande nach Süden. Auf dem
Ozean ist also das Wetter im Winter warm, dagegen kalt auf den
Kontinenten. Die Ausbuchtung der Isothermen wächst rasch mit der
Breite: so liegt die Isotherme von 20° zwischen dem 16. und 20.°
n. B. , die von 10° zwischen dem 25. und 50.° n. B. die von 0°
zwischen dem 34. und 70.° n. B., so dass die Breitenunterschiede be-
ziehungsweise 16°, 25° und 36° betragen. Bemerkenswert sind die Iso-
thermen von 0° und — 10°, die über dem atlantischen Ozean eine mäch-
tige Ausbuchtung nach Norden zeigen, während sie in ihrem weiteren
Verlauf nach Osten hin bis nach China herabreichen. Charakteristisch»
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60 Temperatur. Geographische Verteilung.
für die Januarisothermen ist der sehr starke Abfall im Westen
der Kontinente sowohl in Amerika als auch in Europa, wodurch die
rasche Zunahme der Kälte ostwärts nach dem Innern der Kontinente
angedeutet ist.
Während in der Gegend der Parryinseln die Januartemperatur
unter — 35° sinkt, finden wir eine noch grössere Kälte im nordöstlichen
Sibirien. Die geringste Temperatur, welche uns auf unserer Erde
bekannt ist, hat Werchojansk, eine Stadt auf ebenem Terrain in
geringer Entfernung von der Jana. Hier beträgt die Mitteltemperatur
des Januar der Jahre 1884—1887 —53,1°. Monatsmittel von —50°
und darunter kommen selbst schon im Dezember vor, Temperatur-
mittel, wie sie in anderen Polargebieten überhaupt noch nie beob-
achtet worden sind. In jedem der drei Wintermonate sind Tempera-
turminima von — 60° ganz gewöhnlich. Im Winter 1886 kam ein
Minimum von — 66,5° vor. Andererseits ist in Lady-Franklin-Bai
die kälteste Monatstemperatur (Februar) im Mittel von 3 Jahren — 40,1°.
Die Gegenden grösster Kälte fallen hiernach nicht mit der Gegend
des Nordpols zusammen, sondern bilden zwei getrennt liegende Re-
gionen, von denen die eine nördlich von Amerika, und die andere,
mit intensiverer Kälte, im nordöstlichen Sibirien liegt.
Die Juliisothermen zeigen ganz andere Verhältnisse. Der
Gürtel grösster Wärme ist nordwärts gerückt weit über den Aequator
hinaus. Die grösste Wärme entfällt auf das obere Pandschabgebiet,
Mesopotamien, Nordafrika und den Südwesten Nordamerikas. In
diesen Gegenden erreicht die Temperatur des Juli im Mittel 34 — 36° C.
Bemerkenswert ist die rasche Abnahme der Temperatur nach den
Küsten hin, wodurch der grosse Kontrast zwischen dem Sommer des
Binnenlandes und der Küste sehr deutlich gekennzeichnet ist. In
höheren Breiten laufen auf der südlichen Hemisphäre die Isothermen
im allgemeinen parallel, nur auf der .Ostseite Südamerikas und Süd-
afrikas findet eine Ausbuchtung derselben nach Norden hin statt.
Auf der nördlichen Hemisphäre sind die Isothermen zwar mehr im
Sinne der Parallelen gerichtet, allein es ist im Gegensatz zum Januar
eine, wenn auch geringere Ausbuchtung auf dem Ozean nach Süden,
auf den Kontinenten nach Norden hin nicht zu verkennen. Ferner
sehen wir, dass die Juliisothermen viel weiter auseinander liegen, als
im Januar, woraus hervorgeht, dass im Sommer die Wärme mit
wachsender Breite langsamer abnimmt, als im Winter. Mitteltempera-
turen unter 0° scheinen im Juli auf der Nordhemisphäre nicht vor-
zukommen. Die niedrigsten Temperaturen liegen in der Umgebung
des Nordpols, wo die Wärme geringer ist als 2° C.
Die auf der Karte dargestellten Temperaturschwankungen sind
bereits oben besprochen worden, worauf wir deswegen verweisen.
Die Isothermenkarten geben ein vortreffliches Mittel, die durch-
schnittliche Temperatur eines jeden Breitenkreises zu bestimmen und
so die Wärme festzustellen, welche einem jeden Orte nach seiner
geographischen Breite zukommen sollte, und um wie viel er nach
der einen oder anderen Seite abweicht. Die mittlere Temperatur jeden
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Temperatur. Geographische Verteilung.
61
Breitengrades wurde schon von Dove berechnet, indem er für die
nördliche und südliche Hemisphäre das Mittel aus den Temperaturen
jedes 10. Längengrades auf demselben Breitenkreise nahm. Das
Mittel aus den 36 äquidistanten Punkten gab die mittlere Temperatur
des betreffenden Breitekreises. Seit jener Zeit sind die Isothermen-
karten wesentlich verbessert worden, so in neuester Zeit insbesondere
durch Hann, in Berghaus* Physikalischem Atlas. Auf Grundlage
dieser Isothermenkarten ist die mittlere Temperatur der Parallelkreise
von Spitaler 3 ) berechnet worden und zwar ganz nach dem Vorgange
Dove's. Die von Spitaler gefundenen Werte für das Jahr und die
extremen Monate Januar und Juli sind in folgender Tabelle enthalten:
Jahr
Januar
Juli
Breite
N
S
N
s
N
s
0°
25,9
25,9
26,2
26,2
25,5
25,5
5
26,1
25,5
26,2
26,1
26,1
24,9
10
26,4
25,0
25,7
25,9
26,7
24,0
15
26,3
24,2
23,9
25,7
27,9
22,6
20
25,6
22,7
21,7
25,5
28,1
20,5
25
23,7
20,9
18,4
24,7
28,0
18,1
50
20,3
18,5
13,9
22,6
27,4
15,2
35
17,1
15,2
8,8
19,3
25,8
12,4
35
14,0
11,8
3,9
16,1
23,8
9,7
40
9,6
8,9
-2,3
12,5
20,8
6,7
45
5,6
5,9
-7,2
8,0
18,1
3,2
50
2,3
3,2
-10,9
4,6
15,7
— 0,6
55
— 0,8
0,2
-16,0
—
14,1
—
60
-1,3
—
— 22,5
—
12,2
—
65
— 9,9
-4,9
-25,5
—
7,3
—
70
— 13,3
—
-29,1
—
4,0
—
75
-16,8
-8,4
-32,0
—
2,6
—
80
— 20,0
-9,3
— 36,9
— ~
2,1
"■ ~*
Aus dem Umstände, dass diese Zahlen wenig von den Dove-
sehen abweichen, kann man schliessen, dass dieselben für die einzelnen
Breitegrade schon ziemlich der Wirklichkeit sich nähern. Aus diesen
Zahlen können nun nach Spitaler folgende Schlüsse gezogen werden:
1. Dass vom Aequator bis zum 45. Parallel die nördliche Hemisphäre
wärmer ist, als die südliche; am grössten ist der Ueberschuss am 20.
und 25. Parallel. Jenseits des 45. Parallels kehren sich die Ver-
hältnisse um, die Temperaturen erreichen bei Zugrundlegung der von
Hann abgeleiteten Werte für die höchsten Breiten sogar nahe 10°
Ueberschuss über die der entsprechenden nördlichen Parallele. 2. Der
wärmste Parallel ist nicht der Aequator, sondern der von 10° n. B.,
selbst im Winter der nördlichen Hemisphäre fallt er noch etwas
nördlich vom Aequator. 3. Die Wärmeabnahme vom Aequator gegen
die Pole ist auf beiden Hemisphären ungleich schnell. Das erste
Maximum der Abnahme tritt auf der nördlichen Hemisphäre zwischen
*) Spitaler: Die Wärmeverteil, auf unserer Erdoberfläche, Wiener Akad.
Bd. 51 , vergl. Met. Zeitschr. 1886, 560 und Ueber die Temperaturanomalien
auf der Erdoberfläche (Peterm. Mitth. Jahrg. 1887. S. 364).
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62 Temperatur. Geographische Verteilung.
40 und 50° ein, auf der südlichen zwischen 35 und 40°; das Haupt-
maximum der Wärmeabnahme tritt auf beiden Hemisphären zwischen
65 und 70° ein. 4. Die nördliche Hemisphäre hat ganz ungleich
grössere Wärmeschwankungen als die südliche, wie man leicht er-
kennt, wenn man die Differenzen für den wärmsten und kältesten
Monat für alle Parallele beider Hemisphären bildet. 5. Das Mittel
aus der Januar- und Julitemperatur gibt schon nahe das Jahres-
mittel für die Parallele. Die Formel, welche Spitaler entwickelt
für die Berechnung der mittleren Temperatur der Parallele, ist folgende :
T^p = A -)- B cos ^ -(- C cos 2 ^p + Dn cos 2 ^p, worin n das Ver-
hältnis angibt, wie viel Teile des betreffenden Parallels mit Land
bedeckt sind. Für die mittlere Jahrestemperatur bestimmt Spitaler
unter Berücksichtigung einiger Anomalien die Konstanten und er-
hält: T<p = 2,43 + 17,61 cos <p + 7,05 cos 2 <p -f- 19,29 n cos 2 <p.
Setzt man für eine reine Wasseratmosphäre n = O, und dann
für eine reine Landatmosphäre n = 1 , so lassen siöh die Wärme-
verhältnisse beider ermitteln. Aus den berechneten Werten ersieht
man, dass die Wärmeabnahme vom Aequator nach den Polen auf
der Landatmosphäre viel rascher erfolgt, als auf der Wasseratmosphäre.
Der Unterschied zwischen Aequator und Pol ist auf jener 29,6°, auf
dieser 74,7°. Als mittlere Temperatur für eine reine Wasserhemi-
sphäre findet Spitaler 13,8°, für eine reine Landatmosphäre 20,2°.
Indessen kann aus diesen Zahlen weder gefolgert werden, dass die
südliche Hemisphäre, die einer Wasserhemisphäre nahe kommt, kälter
sei, als die nördliche, noch dass die mittlere Temperatur der ganzen
Erde zwischen diesen Werten liegen muss. Die extremen Fälle
wären: von 0° — 45° Land, von 45° — 90° Wasser, und umgekehrt
von 0° — 45° Wasser und von 45° — 90° Land. Für die erstere würden
die Wärmeunterschiede zwischen Aequator und Pol 51° sein (Aequa-
tor 41,5, Pol —9,5), für die letztere ebenfalls 51° (Aequator 22,2°,
Pol — 28,8°) und die mittleren Temperaturen für die erstere 22,8°,
und für die letztere 11,1°; zwischen diesen Extremen muss die mittlere
Temperatur der Erde liegen. Unter der Annahme, dass auf der
nördlichen Hemisphäre jenseits des 75. Breitenkreises alles Land
mit Eis bedeckt sei, und ebenso jenseits des 65. südlichen Breite-
grades, ergaben sich als wirkliche Mitteltemperaturen der beiden
Hemisphären sowie der ganzen Erde:
Nördliche Hemisphäre 14,7
Südliche „ 14,2.
Bei völlig eisfreier Wasserhemisphäre würde sich aber ergeben:
Nördliche Hemisphäre 15,3
Südliche , 15,7.
Nach Spitaler dürfte man also die mittlere Jahrestemperatur beider
Hemisphären gleich annehmen und zwar zu rund 15°. Für die ex-
tremen Monate erhielt Spitaler folgende Werte:
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Meerestemperatur. 63
Januar Juli
. Nördliche Hemisphäre 7,97 ° 22,54 °
Südliche „ 17,54° 12,35°
Ganze Erde 12,8° 17,4°
Durch die Spitaler'schen Untersuchungen wird der Ausspruch
Dove's bestätigt, dass es für die ganze Erde einen Winter gäbe,
welcher mit dem der nördlichen Hemisphäre, und einen Sommer, der
ebenfalls mit dem der nördlichen Hemisphäre zusammenfällt.
Eine Vergleichung der östlichen Hemisphäre (80° W. bis 100° Ost)
mit der westlichen, von denen die erstere bei weitem die grössten
Länderkomplexe der ganzen Erde enthält, die letztere vorzugsweise
vom Meere eingenommen wird, ergibt folgendes Resultat:
Oestliche Westliche
Erdhalfte
Nördliche Hemisphäre
Südliche „
Mittel
16,7 ° 13,9 °
14,3 ° 14,9 °
15,5 o 14,4 °
Die grössere Wärme fällt also der östlichen Halbkugel zu, welche
mehr Land hat, und zwar kommt dieser Wärmeüberschuss der nörd-
lichen Hemisphäre zu gute.
Meerestemperatur.
Die Temperatur des Meeres an der Oberfläche wird durch ein
gewöhnliches Thermometer beobachtet, wobei indessen Sorge zu tragen
ist, dass die Angabe des Thermometers durch die Lufttemperatur
nicht beeinflusst wird. Für grössere Tiefen sind die Thermometer
besonders konstruiert (Tiefseethermometer) und gewöhnlich zum Selbst-
registrieren eingerichtet.
Fig. 12 zeigt ein solches registrierendes Thermometer nachRichard-
schem System. Die Uebertragung der Meerestemperatur nach der
Bourdon'schen Röhre wird durch eine versilberte Messingröhre be-
werkstelligt.
Die Beobachtungen der Temperatur an der Meeresoberfläche
weisen eine tägliche und eine jährliche Periode nach, welche mit
derjenigen der Luft eine grosse Aehnlichkeit haben. Die tägliche
Amplitude ist ausserordentlich klein und beträgt auf hoher See nur
einen Bruchteil eines Grades. Nur in der Nähe der Küsten und an
seichten Stellen kommt sie einigermassen zur Geltung. Das Maximum
findet dann einige Stunden nach Mittag statt, das Minimum morgens
nach Sonnenaufgang.
Auch die jährliche Amplitude bei Oberflächentemperatur ist wie
die tägliche sehr gering, am kleinsten ist sie auf hoher See, grösser
an den Küsten und an seichten Stellen, immer aber bleibt sie an
demselben Orte hinter der Amplitude der Lufttemperatur zurück.
Wie die Amplitude der Lufttemperatur so nimmt auch sie mit wachsender
Breite unter gleichen Umständen zu. Dabei fallen die Extremen
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64
Meerestemperatur.
nicht mit denjenigen der Luftwärme zusammen, sondern verspäten
sich im allgemeinen um einen vollen Monat. Die extremen Monate
sind also der Februar und August. Tafel II veranschaulicht die
Verteilung der Oberflächentemperatur während dieser beiden extremen
Monate, wobei die den Schnittpunkten beider Kurvensysteme bei-
geschriebenen Zahlen den Temperaturunterschied (Amplitude) in beiden
Monaten angeben. Diese Amplituden sind am Aequator fast Null,
Fig. 12. .
mit zunehmender Breite wachsen sie langsam über Null hinaus,
und erreichen nur stellenweise, so z. B. über der Mitte des nord-
atlantischen Ozeans, 10°. Wie die Karte (Tafel II) nachweist, haben
die Sommer- und Winterisothermen ziemlich denselben Verlauf.
Indessen zeigt sich an den Ost- und Westufern der Ozeane ein auf-
fallender Gegensatz, welcher durch die Meeresströmungen verursacht
wird, welche das Seewasser im beständigen Kreislauf in Bewegung
erhalten.
Meeresströmungen.
Nach den neueren Untersuchungen steht fest, dass die- Meeres-
strömungen durch die vorherrschenden Winde bedingt werden und
dass also die Richtung der Meeresströme mit derjenigen der vor-
herrschenden Winde im allgemeinen zusammenfällt. Wir hätten
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Temperatur des Meeres.
65
deshalb die Meeresströmungen im Anschluss an die Winde zu be-
sprechen, indessen erscheint es wünschenswert, wenn wir uns schon
hier ein allgemeines Bild über den Kreislauf des Wassers an der
Oberfläche der Ozeane zu verschaffen suchen. In der Fig. 13 geben
wir nach Wild (Thalassa) eine schematische Darstellung der Ober-
flächenzirkulation, der vorherrschenden Winde und der ozeanischen
Isothermen. In den höheren Breiten beider Hemisphären herrschen
westliche Strömungen, in den mittleren Breiten in der Nähe des
Fig. 13.
Diagramm der Oberflächenströmungen und der Isothermen der Ozeane.
30. Breitegrades kreist ein mächtiger Strom auf der nördlichen
Hemisphäre mit, auf der südlichen gegen die Bewegung des Uhr-
zeigers, auf der Nordhemisphäre rechts kühle Strömung dem Aequa-
tor, links warme Luft den höheren Breiten zuführend, auf der Süd-
hemisphäre gerade umgekehrt. Hieraus wird sofort einleuchtend, das
in niedrigen Breiten die Westküsten abgekühlt, die Ostküsten dagegen
erwärmt werden. Da in höheren Breiten die Westströmung nichts
anderes ist, als das Stück einer Kreisströmung, deren Kern noch
höher im Norden resp. im Süden gelegen ist, und dessen Bewegung
im Norden gegen die Richtung der Uhrzeiger, im Süden umgekehrt
vor sich geht, so folgt, dass in höheren Breiten die Westküsten er-
wärmt, dagegen die Ostküsten abgekühlt werden.
Als die relativ wärmsten Teile der offenen Ozeane ergeben sich
nach Krümmel 1 ) folgende: im Pacifischen Ozean das inselreiche Ge-
*) Krümmel: Die Temperaturverteüung in den Ozeanen. 1. Oberflächen-
Temperaturen. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie. Bd. VI. S. 30.
Weimar 1887.
VanBebber, Meteorologie.
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66 Temperatur des Meeres.
biet zwischen Hinterindien und den Marquesas 28 — 29° C, und im
Indischen Ozean die östliche Hälfte von den Ghagosinseln an nördlich
von 10° s. B. Im Februar zeigt sich eine zusammenhangende breite
Zone mit der hohen Temperatur von 28 — 29 l /* ° C, von der Ost-
küste Afrikas an bis zu den niedrigen Inseln reichend: eine Strecke,
die dem halben Erdumfang gleichkommt. Im offenen Atlantischen
Ozean ist das Gebiet der Guineaströmung nur im Februar über 28°
erwärmt, dagegen findet sich in der Karibersee eine kleine Fläche,
welche das ganze Jahr hindurch kaum unter 28° Wasserwärme
haben dürfte.
Die Tabelle Seite 67 gibt nach den planimetrischen Berechnungen
von Krümm el für die Ozeane und die Nebenmeere das Areal aller
über 24° und 20° erwärmten Meeresteile, wobei die Zahlen Millionen
Quadratkilometer bedeuten.
Hieraus ergibt sich das bemerkenswerte Resultat, dass fast genau
40 °/o oder 2 j& der ganzen Meeresoberfläche der Erde eine Temperatur
von mehr als 24° besitzen. Hervorzuheben ist die grössere Erwärmung
der Nordhemisphäre gegenüber derjenigen der südlichen; denn die
Wasserfläche der ersteren ist im Nordwinter noch 36,0 °/o, im Nord-
sommer aber 56,0 °/o tropisch (d. h. über 24°) erwärmt, während die
Meere der Südhemisphäre im Südwinter nur 23,2 °/o ; im Südsommer
nur 42,6 °/o nachweisen können. Summieren wir die in den kühlen
Jahreszeiten der beiden Hemisphären noch mehr als 24° besitzenden
Meeresflächen, so finden wir, dass von der ganzen irdischen Meeres-
fläche 29°/o, also fast */* niemals unter 24° sich abkühlt.
Ferner geht aus der Tabelle hervor, dass mehr als die Hälfte
der ganzen Meeresfläche sich über 20° erwärmt; das ganze Jahr hin-
durchhaben 43 °/o der Meeresoberfläche eine höhere Temperatur als 20°,
während 62°/o periodisch darüber erwärmt werden, — „Werte, welche
uns klar zeigen, welch unermesslichen Herd von feuchtwarmer Luft
die tropischen und subtropischen Meere vorstellen : ein Umstand, dessen
Bedeutung für die Meteorologie vielleicht noch grösser ist, als man
gegenwärtig veranschlagt. Es mag in diesem Zusammenhange hier
nur angedeutet werden, dass wohl nicht gerade zufällig auf unseren
Karten die mit 28° und 30° Wasserwärme ausgestatteten Meeres-
striche die Geburtsstätten tropischer Orkane sind."
Die tiefsten beobachteten Temperaturen der Meeresoberfläche
liegen etwas unter Null. Das Gefrieren des Seewassers erfolgt wegen
des bedeutenden Salzgehaltes nicht so leicht, wie das des süssen
Wassers; denn die Temperatur der grössten Dichte liegt unter dem
Gefrierpunkt, und daher sinkt das kältere Wasser bei 0° in die Tiefe.
Indessen ändert sich das spezifische Gewicht in der Nähe des Gefrier-
punktes viel langsamer, als bei höheren Temperaturen und daher kann
bei rascher Abkühlung Eisbildung eintreten; ferner findet bei Schnee-
fällen, wo also eine Kältemischung vor sich geht, ein Gefrieren des
Seewassers statt; auch an den Flussmündungen ist die Gelegenheit
zur Bildung oder zur Ansammlung von Eis mannigfach gegeben.
Ist die Eisbildung einmal eingeleitet, so schreitet diese nach Mass-
gabe der Abkühlung mehr oder weniger rasch fort, indem sich das
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Temperatur des Meeres.
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68 Temperatur des Meeres.
Eis nach allen Seiten vergrössert. Auf der nördlichen Hemisphäre
gefriert das Wasser im allgemeinen leichter, als auf der südlichen,
und zwar wegen der geringeren Tiefe der Meere und dann wegen
der häufigen Durchbrechung der Meere durch ausgedehnte Land-
massen, deren Flusswasser dem Meere reichlich zugeführt wird,
und deren kalte Luft im Winter dem Meere zuströmt. Aus diesen
Gründen ist die Bildung fester Eismassen in der nördlichen Hemi-
sphäre viel leichter, als in der südlichen, und so kommt es denn,
dass der grösste Teil des nördlichen Polarmeeres mehr als 8 Monate
mit Eis bedeckt ist, während in den südlichen höheren Breiten, wo
es nur wenig Land gibt, sich auf dem Meere nur sehr wenig Eis
bildet und das Eis hauptsächlich aus Eisbergen besteht. In den
nördlichen Polargegenden wird das unter der festen Eisdecke befind-
liche Wasser vor weiterer Erkaltung geschützt, wogegen in den
südlichen arktischen Gegenden die Abkühlung bis in die untersten
Schichten hinabdringt, eine Thatsache, die zu dem Schlüsse berechtigt,
dass die Meere der niederen Breiten namentlich durch das kalte Wasser
aus den südlichen höheren Breiten abgekühlt werden.
In den Ozeanen wird die Temperatur um so mehr abnehmen,
je grösser die Tiefe ist. In grösseren Tiefen trifft man selbst in den
Tropen kaltes Wasser an. Nach den Untersuchungen von Woeikof
(Klimatologie I, 137) betragen die mittleren Temperaturen der ganzen
Wassersäule für die verschiedenen Breiten:
Breiten
Atlantischer Ozean
Stiller Ozean
40 • — 20 ° N
5,3°
3,2°
20 o — ° S
4,3°
3,7°
o _ 20 o S
4,1°
4,1»
20 ° — 40 ° S
3,5°
3,3°
Als mittlere Temperatur der ganzen Wassersäule in beiden zwischen
20° n. B. und 20° s. B. ergab sich 3,98 oder rund 4° C. Als Tem-
peratur am Boden ergab sich in denselben Breiten 1,1°.
Mannigfaches Interesse gewähren die von der Seewarte ver-
öffentlichten Karten der Linien gleicher Temperatur des Meerwassers
am Meeresboden und diejenige einer Schichte von 800 — 1000 m
Tiefe, beides für den Atlantischen Ozean *). Beide Karten zusammen
geben uns eine ziemlich klare Vorstellung über die vertikale Wärme-
verteilung in den verschiedenen Teilen des Atlantischen Ozeans. Die
Temperaturverhältnisse in der Tiefe und am Meeresboden verhalten
sich relativ entgegengesetzt, wie nach der Oberfläche. Während hier
die Verteilung von warmem und kaltem Wasser im allgemeinen der
Regel folgt, dass das erstere sich an den Ostküsten der Erdteile
hinbewegt, das kalte Wasser dagegen sich längs der Westküste zeigt,
finden wir, dass am Meeresboden das kalte Wasser an den Ostküsten
gelagert (wenn wir absehen von jenen in unmittelbarer Nähe der Küste
gelagerten Gebieten, in welchen kalte und wärmere Schichten vielfach
*) Atlas zum Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean. Herausgegeben
von der Direktion der Seewarte. 1882.
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Temperatur des Meeres. 69
wechseln) und das wärmere Wasser in der Nähe der Westküsten
der Kontinente angesammelt ist. Ferner ergibt sich, dass das Boden-
relief auf das allgemeine Gesetz einen nur geringen Einfluss ausübt.
Denn wenn auch der südliche Teil des Atlantischen Ozeans in der
Anordnung der Linien gleicher Meerestemperaturen und jener gleicher
Tiefen, wie z. B. im westafrikanischen und brasilianischen Becken
einige Uebereinstimmung zeigt, so kann man doch bei näherer Be-
trachtung und namentlich unter Heranziehung der Erscheinungen im
Nordatlantischen Ozean dies als von untergeordneter Bedeutung erachten.
Wo hier, im nordatlantischen Teile des Ozeans, mit jeder Ortsver-
änderung die Physiognomie des Bodens eine andere wird, ändert das
Bodenwasser seine Temperatur nur langsam und kaum wahrnehmbar.
Die höchsten Meerestemperaturen finden sich am Meeresboden im
tropischen Teile des Nordatlantischen Ozeans, wo unter 5° Nordbreite
und 31 ° Westlänge Temperaturen von 3° und 3,5° gefunden werden.
Höhere Temperaturen zeigen sich in der Nähe der Küstengebiete,
der Südspitzen Amerikas und Afrikas und bei der Annäherung an
die Gründe der europäischen Gestade. In einer Tiefe von 800 — 1200 m
gestaltet sich die Anordnung der Wärme schon ähnlich, wie sie am
Meeresboden gefunden wird.
Dass die Meeresströmungen die Lufttemperatur der angrenzenden
Länder beeinflussen, ist eine allgemein bekannte Thatsache, haupt-
sächlich aber spielen die vorherrschenden Winde, die ja meistens mit
der Meeresströmung gleich gerichtet sind, die Hauptrolle. Die kalten
Meeresströmungen erniedrigen insbesondere die Temperatur in den
Tropen, dagegen warme Strömungen bewirken in höheren Breiten
eine Linderung der Sommerhitze dadurch, dass sie die Eisschmelze be-
fördern und mildern die Winterkälte, indem sie die Eisbildung verhindern.
Bei Seen und Meeren, welche mit den Ozeanen nur durch schmale
Meerengen verbunden sind, und solchen, auf denen sich kein Eis
bildet und die Temperatur des Wassers über den tiefsten Stellen
höher als diejenige ist, welche der grössten Dichte entspricht, ist
nach Woeikof die Temperatur der Wasseroberfläche im Jahresmittel
höher als die Temperatur der Luft, und zwar nicht nur in den mittleren
Breiten, sondern auch in den Tropen. Daher muss an den Ufern
solcher Seen und Meere die mittlere Jahrestemperatur der Luft höher
sein als in einiger Entfernung von ihnen. Die Temperatur der
ganzen Wassersäule ist bei diesen Seen und Meeren im allgemeinen
niedriger als die Lufttemperatur und zwar um so mehr, je grösser die
Tiefe des Bettes ist. Süsswasser- und Salzseen zeigen insofern ein
verschiedenes Verhalten, als die ersteren leichter gefrieren und eine
grössere Verdunstung und auch eine grössere Wärmekapazität haben
als die letzteren.
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78 Luftdruck. Barometer.
III. Der Luftdruck.
Das Barometer.
Die unsere Erde umgebende Lufthülle oder Atmosphäre übt auf
die an der Erdoberfläche befindlichen Körper einen sehr beträchtlichen
Druck aus, den wir für gewöhnlich deswegen nicht wahrnehmen,
weil derselbe auf alle Körper nach allen Richtungen und mit gleicher
Stärke wirkt. Wird aber an irgend einer Stelle der Luftdruck ent-
fernt, wie etwa durch eine Luftpumpe, so tritt seine Wirkung sofort
zu Tage. Da der Druck der Luft sich allseitig gleichmässig fort-
pflanzt, so ist er in allen mit der Atmosphäre kommunizierenden
Räumen, also auch in unsern Zimmern, überall ebenso gross, wie in
der freien Atmosphäre.
Zum Nachweise des Luftdruckes füllte Torricelli eine einerseits
geschlossene Glasröhre mit Quecksilber und tauchte dann das eine
nur mit dem Finger verschlossene, sonst offene Ende in ein weiteres
ebenfalls mit Quecksilber gefülltes Gefäss. Wurde nun die Röhre
vertikal gestellt und der Finger entfernt, so floss das Quecksilber
nicht aus, sondern die Quecksilbersäule in der geschlossenen Röhre
sank nur so weit hinab, dass der Niveauunterschied in dem Gefässe
und in der geschlossenen Röhre eine bestimmte Höhe erreichte, etwa
760 mm. Der über dem Quecksilber befindliche leere Raum, das
Torricellische Vakuum, wurde kleiner beim tieferen Einsenken der
Röhre in das äussere Gefäss oder beim Neigen derselben, so dass
also die vertikale Niveaudifferenz dieselbe blieb. Demnach wurde
die Quecksilbersäule der inneren Röhre von dem auf das Quecksilber-
niveau im äusseren Niveau lastenden Atmosphärendruck im Gleich-
gewicht erhalten.
Die Masse der Atmosphäre, welche auf der Erdoberfläche lastet,
ist zwar im Ganzen unveränderlich, aber für die einzelnen Orte räum-
lich und zeitlich sehr grossen Schwankungen unterworfen. Die Grösse
des Luftdruckes und seiner Aenderungen wird gemessen durch das
Barometer.
Das Barometer besteht der Hauptsache nach aus einer oben
geschlossenen, Quecksilber enthaltenden Glasröhre, mit einer Vorrich-
tung, welche eine möglichst genaue Ablesung der Niveaudifferenzen
des unteren und oberen Niveaus des Quecksilbers gestattet. Je nach
ihrer besonderen Einrichtung unterscheidet man hauptsächlich Gefäss-,
Heber- und Aneroid-Barometer.
Figur 14 stellt ein Gefässbarometer nach Fortin dar. Das Baro-
meterrohr ist gewöhnlich von einem Messingrohr umgeben, welches
am oberen Ende beim Torricellischen Vakuum einen der Axe paral-
lelen Schlitz hat, so dass die Quecksilberkuppe gesehen werden kann.
Hier ist auch der Maassstab angebracht, über welchem sich ein Nonius
fortbewegt, dessen untere horizontale Kanten durch eine Stellschraube S
genau auf die Quecksilberkuppe eingestellt werden können , so dass
Digitized by VjOOQ IC
Luftdruck. Barometer. 79
also die Höhe der Quecksilberkuppe ganz genau gemessen werden
kann. Das Messingrohr trägt an seinem unteren Ende einen Leder-
beutel mit Quecksilber, welches durch die Stellschraube S x gehoben
und gesenkt werden kann, und zwar geschieht dieses stets bis zu
einem ganz bestimmten Niveau, welches durch einen Elfenbeinstift
ein für allemal gegeben ist. Wenn die Spitze des Elfenbeinstiftes
das Quecksilber eben berührt, so gibt die obere Einstellung sofort
die Höhe des Barometerstandes. Es ist klar, dass die Grösse der
Aenderungen im Niveau des unteren Quecksilbers abhängig ist von
dem Verhältnisse des inneren Durchschnittes der Röhre und des Ge-
fässes. Nimmt man das Gefäss recht weit gegen den Querschnitt des
Barometerrohrs, so sind die Niveauschwankungen im Gefässe gering,
so dass sie für die Praxis meist vernachlässigt werden können. Ander-
seits aber können die Niveauschwankungen ein für allemal bei der
Teilung der Skala berücksichtigt werden, so dass die untere Ein-
stellung tiberflüssig wird. Ein solches Barometer mit reduzierter
Skala veranschaulicht Fig. 15. Zur Reise oder zur Versendung wird bei
beiden Instrumenten der Boden des Gef ässes so an das Rohr angeschraubt,
dass die ganze Röhre mit Quecksilber gefüllt ist. Das Barometer
mit reduzierter Skala empfielt sich, abgesehen von anderen Vorzügen,
wegen seiner einfachen Konstruktion, welche nur eine einzige, be-
quem und scharf auszuführende Einstellung des Visiers auf die Queck-
silberkuppe im geschlossenen Rohre zur Ablesung erfordert, am besten
für meteorologische Stationen.
Das Seebarometer (s. Fig. 16) ist ein Gefässbarometer mit
reduzierter Skala, dessen Barometerrohr von c bis e verengt ist, um
die durch das Schwanken des Schiffes verursachten Bewegungen, „ Pum-
pen*, zu verhindern. Um die Schwankungen des Instrumentes mög-
lichst zu vermeiden, ist dasselbe kardanisch bei h aufgehängt und
ausserdem noch mit einer Feder q zu demselben Zwecke versehen.
Das Heberbarometer (s. Fig. 17) besteht aus einer gebogenen
Glasröhre, dessen kürzerer Schenkel B offen und dessen längerer
Schenkel A geschlossen ist. Der Barometerstand wird bestimmt
durch die Höhendifferenz der oberen und unteren Quecksilberkuppe.
Der Maassstab ist an diesem Barometer entweder fest oder verschieb-
bar, und hiernach ist die Ablesung eine verschiedene. Unser gewöhn-
liches Zimmerbarometer ist ein Heberbarometer, dessen kurzer Schenkel
gegen den inneren Durchschnitt des langen Schenkels sehr erweitert
ist, so dass die Schwankungen im Barometerstande nur geringe Niveau-
unterschiede im kürzeren Schenkel hervorbringen können.
Das Gefässheberbarometer, welches durch Fig. 18 (System
Koppen) veranschaulicht ist, ist eine Kombination beider vorhin be-
sprochener Instrumente, das die Vorzüge eines Fortin'schen und eines
Heberbarometers vereinigt. Das Quecksilbergefäss hat einen beweg-
lichen Boden, welcher durch die Stellschraube gehoben und gesenkt
werden kann. In das Gefäss münden die beiden Barometerröhren,
so dass eine Kommunikation zwischen beiden stattfindet. Die Skala
ist an diesem Instrumente unbeweglich und die Einstellung geschieht
dadurch, dass durch die Schraube bei b die Quecksilbersäule im
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80
Luftdruck. Barometer.
kürzeren Schenkel bis zum Nullpunkte der Skala gehoben oder ge-
senkt wird und darauf das Visier auf die obere Quecksilberkuppe
eingestellt wird. Um das Erblinden der offenen Glasröhre (durch
das nach und nach sich oxydierende Quecksilber) zu verhüten, empfiehlt
Fig. 14.
Fig. 15.
Fig. 16.
es sich, nach jeder Ablesung das Niveau des Quecksilbers um etwa
20 mm zu erniedrigen.
Durch das nach und nach eintretende Schmutzigwerden des
Quecksilbers und des Glases im offenen Schenkel des Heberbarometers
ändert sich die Kuppenhöhe und die Kapillardepression, durch welchen
Umstand sich auch die Angaben der Heberbarometer nach und nach
etwas ändern. Von diesem Missstande sind die Gef ässbarometer frei,
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Luftdruck. Barometer.
81
nur bei den Fort irischen Barometern erschwert sich durch das Trüb-
werden des Quecksilberspiegels im Gef ässe die Einstellung und bildet
so eine Fehlerquelle. Wie bereits oben bemerkt, sind die Gefäss-
barometer mit reduzierter Skala für die Beobachtungsstationen am
Fig. 17.
Fig. 18.
■ i
B
geeignetsten. Es sei noch bemerkt, dass diese Instrumente in der
Werkstätte von Fuess (Berlin) in vorzüglicher Güte angefertigt werden.
Ganz verschieden von den eben besprochenen Konstruktionen
sind die Aneroidbarometer, bei denen der Luftdruck durch die
Wirkung gemessen wird, welche er auf eine vollständig verschlossene
VanBebber, Meteorologie.
6
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82
Luftdruck. Barometer.
elastische Metalldose, aus welcher die Luft entfernt ist, ausübt. Mit
zunehmendem Atmosphärendruck wird die Metalldose zusammenge-
drückt, umgekehrt dehnt sich dieselbe bei Abnahme des Luftdruckes
aus, welche Bewegungen leicht durch einen mit der Dose verbundenen
Zeiger gemessen werden können. Häufig wird auch eine luftleere
kreisförmige Messingröhre angewandt (Bourdonsche Röhre), deren
freie Enden (A und B) bei wachsendem Drucke sich einander nähern,
bei abnehmendem sich voneinander entfernen. Fig. 19 zeigt diese
Einrichtung.
Das Aneroidbarometer hat eine durchaus gefällige und handliche
Form und wird auch in der neueren Zeit in grosser Vollkommenheit
Fig. 19.
hergestellt, und daher hat dasselbe einen sehr verbreiteten Gebrauch
gefunden, allein zu den meisten wissenschaftlichen Beobachtungen
ist dasselbe nicht brauchbar. Denn die Elastizität der Metalldose
ist so vielen unkontrollierbaren Aenderungen ausgesetzt, dass die
nötige Genauigkeit in der Konstruktion dieser Apparate sich nicht
erreichen lässt; die geeignetsten Anwendungen findet das Aneroid-
barometer als Variationsinstrument. Dabei ist es bei der grossen
Veränderlichkeit dieser Instrumente unerlässlich notwendig, dieselben
häufig mit guten Quecksilberbarometern zu vergleichen und dieselben
auch auf ihre Empfindlichkeit zu prüfen, die sie nach und nach, oft
aber auch plötzlich, verlieren.
Einen Apparat zur kontinuierlichen Registrierung des Luftdruckes
zeigt Fig. 20 (nach Richard), dessen Einrichtung leicht ersichtlich ist.
Zum Schiffsgebrauch erhält derselbe eine kardanische Aufhängung.
Damit ein Quecksilberbarometer den Luftdruck auch richtig an-
gibt, ist die Erfüllung folgender Bedingungen notwendig:
l. Der Raum über dem Quecksilber in der geschlossenen Röhre
muss vollständig luftleer sein. Ist dieses nicht der Fall, sondern
befindet sich in diesem Räume Luft, so wird der zu messende Druck
der äusseren Luft durch denjenigen der im innern Räume befind-
lichen verringert werden oder das Barometer wird einen zu niedrigen
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Luftdruck. Barometer.
83
Luftdruck angeben. Bei zunehmendem Luftdrucke wird die innere
Luft auf einen kleineren Raum eingeengt und somit ihr Druck auf
die Quecksilbersäule vermehrt werden, umgekehrt bei abnehmendem
Luftdruck. Um nun zu erkennen, ob sich Luft in dem inneren Räume
befindet, neigt man das Barometer, so dass das Quecksilber gegen
die Wandung am Ende der Röhre stösst; ist dabei ein heller metal-
lischer Klang hörbar, so kann man annehmen, dass sich keine Luft
über dem Quecksilber befindet, ist derselbe aber dumpf, oder ist über-
haupt kein Ton bemerkbar, so ist Luft in der Röhre und das In-
strument ist ohne weiteres nicht brauchbar. Beim Gefässheberbaro-
meter lässt sich das Vorhandensein der Luft und ihr Einfluss auf
Fig. 20.
Registrierendes Barometer,
die Angaben des Barometers dadurch bestimmen, dass man in der
kurzen Röhre das Quecksilber um etwa 20 — 40 mm über dem Null-
punkt erhebt und dann abliest, um wie viel sich der Stand der oberen
Quecksilbersäule ändert. Erhebt sich dieser nicht um volle 20 oder
40 mm, sondern um etwa einige Zehntel weniger, so wird der Raum
über dem Quecksilber möglichst angenähert gemessen. Stellt sich
nun heraus , dass die Erniedrigung bei 40 mm Hebung stärker ist
als bei 20 mm, und zwar ungefähr im umgekehrten Verhältnis der
Grösse des darüber liegenden Raumes, so muss ein Luftgehalt an-
genommen werden, und zwar wird die deswegen anzubringende Kor-
rektion
b— 1
sein, worin a die Differenz der beiden Barometerstände,
nach Abzug der 20 mm, und b das Verhältnis des Rauminhaltes über
dem Quecksilber bei tief stehendem und bei um 20 mm gehobenem
Barometer bezeichnet. Diese Korrektion gilt für den niedrigeren
Stand und ist für andere Stände im umgekehrten Verhältnisse zum
Raum über dem Quecksilber abzuändern.
2. Der Massstab muss richtig eingeteilt und vertikal aufgestellt
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84 Luftdruck. Barometerreduktionen.
sein, er muss genau den vertikalen Abstand des oberen und unteren
Niveaus angeben.
3. Das zur Füllung des Barometers angewandte Quecksilber muss
chemisch rein sein. Beimischungen von anderen Stoffen verändern
das spezifische Gewicht des Quecksilbers, verursachen also unrichtige
Angaben. Auch Reinheit des Glasrohrs ist erforderlich, weil sich im
anderen Falle das Quecksilber bei den Schwankungen weniger leicht
auf und ab bewegt, abgesehen davon, dass hierdurch die Kuppen-,
bildung verändert wird.
4. Der innere Durchschnitt der Röhre darf nicht zu klein sein.
Die Kapillardepression zwischen Glas und Quecksilber ist ziemlich
bedeutend; sie beträgt 4,6 mm bei einem innern Durchmesser von
2 mm, 1 mm bei einem innern Durchmesser von 6 1 /* mm und nur
*/i o mm bei einem Durchmesser von 16 mm. Wenn sich auch für den
Einfluss der Kapillarität eine Korrektion feststellen lässt, so empfiehlt
es sich doch, ihre Wirkung so gering wie möglich zu machen.
Wenn auch ein Barometer allen diesen Bedingungen Genüge
leistet, so ist es dennoch unerlässlich, dasselbe von Zeit zu Zeit mit
einem Normalinstrumente zu vergleichen und so seine Korrektion
festzustellen.
Zur Vergleichung der Quecksilber- und der Aneroidbarometer
mit einem Normalbarometer bei den verschiedenen Ständen, innerhalb
welcher der Luftdruck zu schwanken pflegt, dient das Vakuometer,
ein Apparat, in welchem die Luft beliebig verdünnt und verdichtet
und die Instrumente bequem aufgehängt werden können. Die Ab-
lesung geschieht durch eine kathetometrische Einrichtung.
Bekanntlich wird das Quecksilber durch die Wärme ausgedehnt,
und also werden dieselben Barometerstände bei verschiedenen Tempe-
raturen ungleich sein müssen. Um nun die Ablesungen unterein-
ander vergleichbar zu machen ist es notwendig, dieselben auf eine
einheitliche Temperatur zu reduzieren, für welche Temperatur man
allgemein den Gefrierpunkt des reinen Wassers angenommen hat,
Zur Ausführung dieser Reduktion dient die Formel b = ., . r oder
A T r
sehr angenähert b =b — bßt, wobei b und b die Barometerstände
bei und t° und ß die Ausdehnungskoeffizienten des Quecksilbers
bedeuten. Aber nicht allein das Quecksilber, soncfern auch die Skala
ist dem Einflüsse der Wärme unterworfen. Diese kann dann mit
Sicherheit bestimmt werden, wenn der Massstab aus einem Stoff von
bekannter Ausdehnbarkeit besteht und längs der ganzen Röhre der-
selbe ist. Die lineare Ausdehnung des Messings, welches gewöhnlich
zur Herstellung der Massstäbe gebraucht wird, beträgt zwischen 0°
und 100° 0,001868 gegenüber dem des Quecksilbers 0,018153. Diese
Korrektion ist von derjenigen wegen der Ausdehnung des Quecksilbers
zu subtrahieren. Praktisch wird die Reduktion der Barometerstände
auf 0° überall durch eigens hierzu berechnete Tafeln bewerkstelligt.
Dem Namen nach sollte das Quecksilberbarometer ein Schwere-
messer sein, indessen gibt uns dasselbe nicht die Aenderung der
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Luftdruck. Reduktionen. 85
Schwerkraft an , sondern nur diejenige der auf ihm lastenden
Luftmassen. Es ist eine Wage mit Gegengewicht, während das
Aneroidbarometer eine Sprungfederwage darstellt. Da beim ersteren
das Mass und das zu messende in derselben Weise von der Schwere (g)
beeinflusst werden, so ist der Stand des Quecksilberbarometers ab-
hängig von der Masse (m) der darüber lastenden Luftsäule, derjenige
des Aneroids von dem Gewichte (mg) derselben. Nun aber ändert
sich die Schwerkraft g mit der vertikalen Erhebung und mit der
geographischen Breite in der Weise, dass sie mit der Zunahme der
ersteren abnimmt, mit Zunahme der letzteren zunimmt. Die vertikale
Aenderung der Schwere erreicht an der Erdoberfläche nur in den
extremsten Fällen eine zu berücksichtigende Grösse, während diejenige
mit der geographischen Breite nicht unerheblich ist. Zwischen Pol
und Aequator beträgt die Differenz V 193 ? worauf 2 /s auf die direkte
Wirkung der Zentrifugalkraft, */ 3 au ^ die grössere Länge des äqua-
torialen Radius fallen. Für den gleichen Luftdruck von 760 mm wird
also das Quecksilber im Barometer an den Polen um ^m oder um
nahezu 4 mm niedriger stehen , als am Aequator, während vertikale
Entfernungen von 1000 m die Grösse der Schwerkraft um kaum
J /io mm ändern. Ich bemerke hier beiläufig, dass durch die An-
ziehung des Mondes die Atmosphäre in derselben Weise wie das
Quecksilber im Barometer beeinflusst wird, dass also hierdurch an
und für sich keine Aenderung des Barometerstandes verursacht wird.
Bei derartigen Messungen wäre allerdings das Aneroid zu empfehlen,
wenn dasselbe ein zuverlässiges Instrument wäre.
Um die Barometerstände der verschiedenen Breiten miteinander
vergleichbar zu machen, ist man übereingekommen, dieselben auf die
mittlere geographische Breite von 45° zu reduzieren. Die von dem
beobachteten Barometerstande b abzuziehende Grösse ist — b 1 0,0026
cos 2 9, wobei y die Breite bezeichnet. Ein Barometerstand von
760 mm ist je nach der Breite um folgende Grössen auf 45° Breite
zu korrigieren (-f- bedeutet zu vergrössern, — zu verkleinern).
9 =
mm
0«
+ 1,97
90«
7«
+ 1,91
83«
12«
+ 1,80
78°
18«
+ 1,59
72«
22«
+ 1,42
68«
26«
+ 1,21
64«
? =
mm
30«
+ 0,98
60«
33«
+ 0,80
57«
36«
+ 0,60
54«
39«
+ 0,41
51«
42«
+ 0,21
48«
45«
+ 0,00
45°
Da das Barometer um so höher steht, je grösser die Luftmasse
ist, welche auf das Quecksilber im Gefäss oder im offenen Schenkel
drückt, so folgt, dass mit der Erhebung die Höhe der Quecksilber-
säule geringer werden muss. Sollen also die in verschiedenen Höhen
gemessenen Barometerstände miteinander vergleichbar sein, so ist
notwendig, dieselben auf ein und dasselbe Niveau, gewöhnlich das
Meeresniveau zu reduzieren. Um diese Reduktion ausführen zu können,
ist es notwendig, die Gesetze zu kennen, nach welchen der Luftdruck
mit der Höhe abnimmt. Die Kenntnis dieser Gesetze hat eine höchst
wichtige und noch immer zunehmende Bedeutung in der neueren
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86
Luftdruck. Höhenformel.
Meteorologie erhalten. Denn einerseits ist es in der synoptischen
Witterungskunde notwendig, die Barometerstände der einzelnen Sta-
tionen auf dasselbe Niveau zu reduzieren, um sich ein klares Bild
über die allgemeine Wetterlage zu verschaffen und anderseits er-
scheint ein Verständnis der Vorgänge, welche sich in der untersten
Luftschichte abspielen, ohne Berücksichtigung der Verhältnisse der
darüber befindlichen Schichten wohl nicht möglich. Indessen ist die
Frage nach der vertikalen Verteilung des Luftdruckes keine einfache,
vielmehr ist ihre Beantwortung mit den grössten Schwierigkeiten ver-
knüpft, wenn das Ergebnis mit allen einzelnen Fällen in thatsäch-
licher Uebereinstimmung stehen soll. In der That ist bis jetzt eine
vollständige Lösung dieses Problems noch keineswegs erbracht worden,
insbesondere deswegen, weil wir die vertikale Temperaturverteilung,
die mit der Luftdruckabnahme mit der Höhe ganz enge zusammen-
hängt, durch kein endgültiges Gesetz zusammenfassen können. Aber
immerhin geben unsere jetzigen Kenntnisse den Schlüssel zur Lösung
einer ganzen Reihe der wichtigsten meteorologischen Fragen, die uns
ohne jene noch lange rätselhaft bleiben würden.
Da die unteren Schichten der Atmosphäre durch das Gewicht
der darüber befindlichen stärker zusammengedrückt werden, also
dichter sind, als die oberen, so muss mit zunehmender
Höhe die Abnahme des Luftdruckes immer langsamer
erfolgen, und zwar nimmt nach dem Mariotte'schen
Gesetze die Dichte der Luft in demselben Verhältnisse
ab, als der Luftdruck oder der Barometerstand. Um
nun das Gesetz der Abnahme des Luftdruckes mit zu-
nehmender Höhe zu ermitteln, setzen wir eine voll-
ständig ruhende Atmosphäre voraus, von gleicher Zu-
sammensetzung, gleicher Temperatur und ohne Aen-
derung der Schwere.
Man denke sich die vertikale Luftsäule a h durch
horizontale Ebenen in Höhen von je 1 m geteilt, so
dass innerhalb einer jeden Schicht die Dichte d als
gleichförmig betrachtet werden kann. Es sei b der
Barometerstand im Meeresniveau (den wir zu 760 mm
annehmen wollen), \ b 2 etc. seien die Barometerstände
in 1, 2 etc. m Höhe, ferner seien die Dichten der
nebeneinander hegenden Schichten d 2 d 2 etc.
_ Nun ist b — b x = d x
b x — b 2 = d 2 etc.
Nach dem Mariotte'schen Gesetz ist
d x : d 2 = b x : b 2
d 2 : d 3 = b 2 : b 3 etc. ; hierin die Werte für dj d 2 • •
Fig. 21
h
dirv
dih
d3
dZ
d1
i3
iz
11
bO
eingesetzt gibt:
oder
t>o — \ • *>i — b 2 = bj
\ — b 2 : b 2 — b 3 = b 2
b : \ = b x : b 2
b x : b 2 = b 2 : b 3
b 3 etc.
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Luftdruck. Höhenformel. 87
Bezeichnen wir -r- 1 - mit q, so ist h 1 = b q, b 2 = b x q . . . .
"o
b n == b n _i q, q ist ein echter Bruch, und die Barometerhöhen b ,
b v b 2 . . . bilden eine abnehmende geometrische Reihe, wäh-
rend die Höhen in einer arithmetischen Reihe zunehmen.
Da b x = b q, b 2 = b q 2 etc., so ist für die Barometerstände in
den Höhen n und m
b n = b q n und b m = b q m durch Division
also^- = q m - n -=q h
log b m — log b n = h log q
i log b m — log b n 1 { t , , ,
h = — 5 — ; fi = — -= j log b n — log b m
log q log q ( e
Der Faktor — -= .kann bestimmt werden durch Versuch
logq
(durch Einsetzung der gefundenen Barometerstände der bekannten
Höhen in obige Formel) oder durch Rechnung.
Vi A
Da q = -t-^— und b x = b — d v so ist q = 1 r~-
Ein Liter reiner Luft wiegt 1,29278 g und mit Berücksichtigung
von 0,04 °/o Kohlensäure 1,293024, ein Liter Quecksilber 13595,93 g.
Hieraus ergibt sich für d x = ..
Ist m der Modulus des Brigg. Logarithmensystems (= 0,434294 . , .),
so ist:
Iog(l _A )= _ m( A )+ , ( iy + ,(A.)' +
-r 1 - ist eine sehr kleine Zahl, deren Quadrat und höhere Potenzen
b o
hier nicht in Betracht kommen, also bleibt noch
logq=lög(l- A-) = - m -jL
= 18401,
0,76 . 10515
0,434294
wir hatten also
h = 18401 (log b n = log b m ).
Diese Formel bedarf aber noch Korrektionen wegen der Tem-
peratur der in Betracht fallenden Luftsäule, wegen der Schwere und
der Luftfeuchtigkeit. Nach Anbringung dieser Korrektionen geht
die Formel über in:
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88 Luftdruck. Tägliche Periode.
"Uli I Lm\
1,00157 + 0,003665 ^ jil + 0,378 " j.
. (1 + 0,002623 cos 2 ,).( 1 + j±±£) . log £-
Hierin sind: der Barometerstand im unteren Niveau b n? im
oberen bm, t n und t m die Temperaturen, e n und e m die Dunstspannungen
im unteren resp. oberen Niveau, y die geographische Breite, und z
die Seehöhe der unteren Niveaus.
Die obige für die Rechnung sehr unbequeme Formel wurde
durch Bruhns und Koppen in folgende vereinfacht 1 ):
hieraus
h = (18460 + 72)(t + ii^)log^
lo g T-
bm 18460 + 72 (t + ^=^)
und für Temperaturen unter 0°
, b n h
logi— =
" m 1 QA(\C\ _I_ ßO ( V _l_ _ SP
18460
+-0+ ^P>
wobei t die Mitteltemperatur der ganzen Luftsäule bezeichnet. Im
Obigen bedeuten b n und b m durchweg Quecksilberstände, die auf
0° C., aber nicht auf gleiche Schwere reduziert sind.
Periodische Aenderungen des Luftdruckes.
a) Die tägliche Periode des Luftdruckes.
Während der Gang der Temperatur in der täglichen Periode im
allgemeinen an jedem einzelnen Tage stark markiert wird, ist die
tägliche Periode des Luftdruckes so wenig hervortretend, dass sie von
den nichtperiodischen Aenderungen, von den Störungen des Luftdruckes,
fast vollständig verwischt wird. Nur in den Tropen, wo die nicht-
periodischen Aenderungen des Luftdruckes sehr gering sind, tritt die
tägliche periodische regelmässig und mit aller Entschiedenheit hervor.
Die täglichen Minima fallen auf 4 Uhr morgens und abends, die
Maxima auf 10 Uhr morgens und abends, so dass wir also eine
Tages- und eine Nachtschwankung unterscheiden können.
J ) Vergl. Koppen: Bemerkungen über die vertikale Verteilung des Luft-
druckes. Zeitschrift der Oesterr. Ges. für Meteor. 1882. S. 81.
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Lufttemperatur. Tägliche Periode.
89
Für diese interessante Erscheinung, die auch für das Verständnis
der horizontalen und vertikalen Luftströme nicht unwichtig ist, hat
Woeikof (Klimatologie) einige empirische Regeln zusammengestellt,
die wir in der Hauptsache hier wiedergeben wollen 1 ). Die Fig. 22,
welche den täglichen Gang des Luftdruckes an verschiedenen Orten
Fig. 22.
Vormittags Nachmittags
«t» * 8 to n z ♦ 6 g n n
Tägliche Periode des Luftdruckes (Abweichung vom Tagesmittel in mm).
der Erde darstellt, mag zur besseren Veranschaulichung dieser Re-
geln dienen.
Zunächst gilt für die Tropen und niederen Breiten überhaupt:
1. Die tägliche Schwankung des Luftdruckes nimmt im allgemeinen
mit der Höhe ab.
*) Vergl. auch R y k a t s c h e w : La marche diurne du barometre en Russie
et quelques remarques concernant ce phenoraene en geneVal. Rep. f. Met. T. VI.
Nr. 10. Petersburg 1879.
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90 Lufttemperatur. Tägliche Periode.
2. Die Beträge der Tag- und Nachtschwankung sind auf offenem
Meere nahezu gleich. Indessen auf dem Meere in einiger Entfernung
vom Lande ist das Nachtminimum tiefer, als dasjenige am Nach-
mittage, auf dem Lande umgekehrt, wo auch das Tagesmaximum
höher ist (man vergleiche Kalkutta und Golf von Bengalen).
3. Auf dem Lande ist die Tagesschwankung grösser in der
trockenen Jahreszeit, kleiner in der Regenzeit, so dass also in der
letzteren die Verhältnisse sich denjenigen auf dem Ozeane nähern.
Beispielsweise heträgt für Bombay im April (trockene Zeit) die Tages-
schwankung 3,08, die Nachtschwankung 1,17, für den Juli (Regenzeit)
die Tagesschwankung 1,70, die Nachtschwankung 1,26.
4. Für das Innere der tropischen Kontinente fehlen zwar noch
die stündlichen Beobachtungen, indessen wissen wir doch, dass die
Grösse der Tagesschwankung des Luftdruckes nach dem Innern hin
zunimmt.
In niederen mittleren Breiten, bis etwa 45°, ist:
5. die Tagesschwankung grösser im Sommer als im Winter,
wenn der Sommer nicht Regenzeit ist (Beispiele sind Tiflis, Nukuss, Leh).
Herrscht aber im Sommer eine ausgesprochene Regenzeit, dann ist
die Tagesschwankung kleiner, als in den übrigen Jahreszeiten. Li
der trockenen Jahreszeit nimmt sie mit der Grösse der Sonnen-
strahlung zu.
Im Sommer wächst am Tage die Dauer des abnehmenden Luft-
druckes, so dass das Maximum früher, das Minimum später eintritt.
Dagegen ist diese Dauer im Winter kürzer, und daher die rasche
Abnahme des Luftdruckes um die Mittagszeit.
6. Im allgemeinen ist die Tagesschwankung in den Thälern
grösser, als in den Ebenen, in den Ebenen grösser, als auf Hügeln
und Bergen.
7. In trockenen Thälern verschwindet im Sommer die Nacht-
schwankung ganz, wobei die tägliche Periode des Luftdruckes zu
einer mehr einfachen sich gestaltet (Tiflis, Leh).
8. In Gebirgen, insbesondere auf isolierten Bergen, verspätet
sich das Tagesmaximum bis auf den Nachmittag, das Nachtminimum
ist deutlich ausgeprägt.
In den höheren Breiten ist im Innern der Kontinente die
Dauer vom Morgenmaximum bis zum Nachmittagsminimum im Sommer
noch grösser, ebenso auch die Verkürzung im Winter. In der Nähe
des Meeres, insbesondere aber auf offenem Meere, verspäten sich beide
noch mehr und sind überhaupt nicht bedeutend.
Eine befriedigende Erklärung dieses merkwürdigen doppelt-
periodischen Ganges der Temperatur ist bis jetzt noch nicht gegeben
worden. Dass diese Erscheinung mit der Sonnenstrahlung zusammen-
hängt, unterliegt wohl keinem Zweifel, denn hierauf deutet schon
die Abnahme der Amplitude mit der Abnahme der Intensität der
Sonnenstrahlung von dem Aequator nach den Polen hin und ferner
die Zunahme überall dort, wo eine Erhöhung der Temperaturamplitude
stattfindet. Rykatschew sucht diese Erscheinung zu erklären durch
die durch Erwärmung und Abkühlung erzeugten Luftströmungen,
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Lufttemperatur. Tägliche Periode. 91
wodurch eine Verschiebung der Luftmassen und dadurch Aenderungen
im Luftdrucke erzeugt würden. Die Luftsäule über dem Meridian
des Temperaturmaximums wird ausgedehnt, erhebt sich mehr als an
den benachbarten Meridianen und fliesst in den oberen Schichten nach
beiden Seiten zum Meridian des Temperaturminimums. Indem an
der abgekühlten Stelle der Luftdruck zunimmt, fliesst daselbst unten
die Luft an beiden Seiten nach dem Meridian des Temperaturmaxi-
mums. Hieraus ergibt sich ein Kreislauf der Luft mit horizontalen
Strömungen in der unteren und oberen Schicht, einem aufsteigenden
Strome in der erwärmten Gegend, und einem absteigenden in der
abgekühlten, wodurch notwendig Schwankungen des Luftdruckes hervor-
gerufen werden müssen, eine Zunahme, wenn die Geschwindigkeit der
täglichen periodischen Bewegung der Luft in der Richtung von Ost
nach West zunimmt, oder umgekehrt. Nach Rykatschew bewegt
sich allgemein die Luft bei Tag von 8 — 9 Uhr morgens bis 5— 7 Uhr
abends von W nach E, bei Nacht von E nach W und die Luft-
bewegung ist bei Tag grösser als bei Nacht. Diesen allgemein aus-
gesprochenen Satz stützt Rykatschew durch die Beobachtungen
einiger Küstenstationen, während die Stationen des Inlands und der
Tropen, wie Haun ganz mit Recht bemerkt, gerade das umgekehrte
Verhalten zeigen. Bei der Besprechung der Rykatschew'schen
Arbeit bemerkt Hann, dass überhaupt die unten an der Erdoberfläche
beobachteten Windrichtungen und Temperaturamplituden nicht in so
direkter Beziehung zur täglichen Barometeroszillation stehen, wie
Rykatschew annimmt, und lenkt die Aufmerksamkeit auf die oberen
Luftschichten, welche täglich beträchtliche Mengen von Strahlungs-
wärme absorbieren. „Dass durch die periodische, täglich in gleicher
Weise wiederkehrende, soeben erwähnte Wirkung der Sonnenstrahlung
auf die oberen Schichten der Atmosphäre periodische Bewegungen
von grosser Regelmässigkeit entstehen müssen (eine Oszillation der
Atmosphäre in ihrer Gesamtheit), welche mit den von Herrn Ryka-
tschew angenommenen übereinstimmen, ist leicht einzusehen, sie
könnten den typischen Charakter der täglichen Oszillation des Baro-
meters erklären, die lokalen Verschiedenheiten der Grundlage das
modifizierende Element darstellen" *).
Indessen ist durch die einfache Periode der Sonnenstrahlung die
doppelte Periode der Luftdruckschwankung nicht ohne weiteres ge-
geben und bleibt namentlich die Frage in bezug auf das nächtliche
Maximum noch ungelöst.
Am meisten verbreitet ist die Erklärung des Morgenmaximums,
wie sie zuerst wohl von Blanford ausgesprochen wurde 2 ), nämlich
dass durch die Zunahme der Temperatur und durch die rasche Ent-
wicklung der Wasserdämpfe die Spannkraft der Luft zunimmt, wo-
durch ein aufsteigender Luftstrom hervorgerufen wird, weil wärmere
und mit Wasserdampf gemischte Luft leichter ist als kältere trockene
Luft. Am Morgen wird durch die steigende Temperatur zunächst
J ) Vergl. Zeitschrift der Oesterr. Ges. f. Met. 1881. S. 41.
a ) Sprung: Meteorologie. S. 336.
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92 Lufttemperatur. Jährliche Periode.
eine Verminderung des Luftdruckes stattfinden, dann aber wird bei
stärkerer Entwickelung des Wasserdampfes, wobei die Luft bei der
nach oben drängenden Bewegung auf Widerstand sfcösst, der Luftdruck
an der Erdoberfläche zunehmen, so lange bis der aufsteigende Luft-
strom eine solche Geschwindigkeit erreicht hat, dass er dem Drange
von unten her kein Hindernis entgegenstellt. Hiermit ist das Morgen-
maximum des Luftdruckes erreicht, die Luft fliesst oben ab und das
Barometer geht jetzt in rasches Fallen über. In den ersten Nach-
mittagsstunden ist die Erwärmung am grössten und hat der auf-
steigende Luftstrom seine grösste Geschwindigkeit und das Barometer
sein raschestes Fallen, dann aber nimmt die Temperatur am Erd-
boden wieder ab und langsam erlahmt auch der aufsteigende Luft-
strom, während das Barometer aufhört zu fallen, und, bei weiterer
Abkühlung, langsam wieder zu steigen anfängt. Kühlt sich, ins-
besondere infolge der Ausstrahlung, die untere Luftschicht genügend
ab, so kondensieren sich die Dämpfe zu Tau oder Reif, der Druck
der Luft wird um das Gewicht des ausgeschiedenen Wasserdampfes
verringert und daher nimmt der Luftdruck ab. Hieraus erklärt sich
die grössere Tiefe des nächtlichen Minimums an den Meeresufern
und im Innern der Kontinente und ebenso in der Regen- und in der
Trockenzeit. Indessen bleibt unerklärlich, warum das nächtliche
Maximum nicht näher dem Temperaturminimum liegt, sondern schon
um 10 Uhr abends stattfindet.
Augustin verglich nach Prager Beobachtungen der Jahre
1842 — 1861 die tägliche Periode des Luftdruckes mit derjenigen der
Temperatur und erhielt für den Sommer das Ergebnis, dass am Vor-
mittage das Maximum des Luftdruckes mit demjenigen der Temperatur-
zunahme fast genau zusammenfällt und dass das Minimum des Luft-
druckes am Nachmittage um 3 Stunden früher eintritt, als die grösste
Temperaturabnahme, während um Mitternacht nur eine geringe Stockung
in der Abkühlung eintritt.
b) Die jährliche Periode des Luftdruckes.
Der Gang des Luftdruckes in der jährlichen Periode zeigt für
die einzelnen Gebietsteile unserer Erde ausserordentlich grosse Ver-
schiedenheiten. Die grössten und regelmässigsten Veränderungen des
Luftdruckes in der jährlichen Periode finden wir im Innern der Kon-
tinente, die geringsten auf dem Meere und in Meeresnähe. In den
Kontinenten hat der Luftdruck im Sommer ein entschiedenes Minimum,
im Winter ein ebenso entschiedenes Maximum. Diese Thatsachen
stehen offenbar mit den Erwärmungsverhältnissen in engstem Zu-
sammenhang. Denn durch die grosse Wärme im Sommer wird in
den Kontinenten ein mächtiger aufsteigender Luftstrom hervorgerufen,
welcher mit verhältnismässig geringer Menge Wasserdampf gemischt,
in der Höhe über der erhitzten Fläche nach allen Seiten hin abfliesst
und so eine Abnahme des Luftdrucks hervorruft. Dagegen im Winter
erkalten die unteren Luftschichten bei klarem Himmel und kälterer
Nacht, sie ziehen sich stark zusammen und erhalten von oben einen
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Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung. 93
Zufluss, und daher muss der Luftdruck im Winter zunehmen. Der
Luftdruckunterschied wird hiernach im allgemeinen um so grösser
sein, je grösser der Unterschied der Erwärmung in diesen beiden
Jahreszeiten ist. Anders verhält sich die Sache auf den Meeren, wo
im allgemeinen der Luftdruck in der wärmeren Jahreszeit am höchsten,
in der kälteren Jahreszeit am niedrigsten ist, wobei die Amplituden
geringer sind als auf dem Lande. In der jährlichen Periode findet
also eine Verlagerung der Luftmassen statt in der Weise, dass sie
im Sommer vom Lande nach den Meeren, im Winter umgekehrt
von den Meeren nach dem Lande sich verschieben. Entsprechend
der rascheren Luftdruckabnahme mit der Höhe im Sommer als im
Winter und der langsameren im Winter zeigt die jährliche Periode
des Luftdruckes auf hohen Bergen ein Maximum im Sommer, ein
Minimum im Winter.
Die Verteilung des Luftdruckes über die Erde.
Wenngleich die Verteilung und das Verhalten des Luftdruckes
auf unserer Erde mit denjenigen der Temperatur in innigster Be-
ziehung stehen, so wurde doch die Untersuchung der ersteren viel
später in Angriff genommen. Zuerst war es Alexander Buchan,
welcher die Verteilung des Luftdruckes über die Erde für jeden
Monat des Jahres kartographisch darstellte und der zuerst die Winde
mit dem Luftdrucke in Beziehung brachte. Buchan berechnete
für eine grosse Anzahl Orte die mittleren monatlichen Barometer-
stände, reduzierte sie, um eine Vergleichbarkeit zu erzielen, alle auf
das Meeresniveau und trug sie dann in geographische Karten ein.
Dann verband er die Orte mit gleichen Barometerständen und erhielt
so eine vortreffliche Uebersicht über die Luftdruckverteilung über
unserer Erde. Unsere Tafel III und IV veranschaulichen die Luft-
druckverteilung in den beiden Monaten Januar und Juli, wobei die
Isobaren für je 5 mm ausgezogen sind.
Während bei den Isothermen der Verlauf der Kurven im all-
gemeinen parallel den Breitenkreisen ist, so dass also die Temperatur
mit der Entfernung vom Aequator nach den Polen hin abnimmt,
finden wir auf den Isobarenkarten gewisse Gegenden, in welchen der
Luftdruck grösser oder kleiner ist als in der Umgebung. Von dem
Orte des höchsten Luftdruckes nimmt dieser nach allen Richtungen
hin bis zu einer mehr oder weniger entfernten Stelle ab, dagegen
zu von der Stelle des niedrigsten Luftdruckes. Den ersteren Ort
nennt man das barometrische Maximum, den letzteren das barome-
trische Minimum.
Um eine Vorstellung, inwieweit die geographische Verteilung des
Luftdruckes mit der Breite und mit der Verteilung von Meer und
Festland zusammenhängt, zu geben, wollen wir den mittleren Luftdruck
(natürlich reduziert auf Meeresniveau und die Schwere von 45°) für
die Monate Januar und Juli und das Jahr nach der Darstellung von
Ferrel hier wiedergeben.
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94
Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
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.Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung. 95
In diesen Zahlen tritt ganz besonders der grosse Gegensatz der
Druckverteilung in der nördlichen und südlichen Hemisphäre hervor.
Die abnorm rasche Abnahme jenseits des 30. Grades auf der Süd-
hemisphäre würde einer Wasserhalbkugel entsprechen, dagegen wird
in der Nordhemisphäre jenseits des 35. Breitengrades der Luftdruck
durch die Kontinente sehr stark beeinflusst, so zwar, dass die Ab-
nahme nach Norden hin weniger zur Geltung kommt. Aber auf den
Ozeanen der nördlichen Hemisphäre finden wir eine starke Abnahme
bis zum 60. Breitegrade. Am Aequator ist der Luftdruck relativ
niedrig; auf der nördlichen Halbkugel nimmt er mit der Breite zu
bis zum 35. Breitegrade, auf der südlichen Halbkugel bis zum 30. Grad.
Da nach unserer Tabelle in den Tropen auf beiden Hemisphären
nahezu gleich viel Land sich befindet, so ist der Grund des Ueber-
schusses des Luftdruckes nicht in der Verteilung von Land und Meer
zu suchen. Diese Erscheinung hängt jedenfalls zusammen mit der
Thatsache, dass die Meere der nördlichen Tropen wärmer sind als
diejenigen der südlichen. Jenseits des nördlichen Polarkreises geht
der Luftdruck wieder ins Steigen über. Ob eine solche Zunahme
des Luftdruckes auch in den höchsten Breiten der Südhemisphäre
erfolgt, konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden, dürfte in-
dessen als wahrscheinlich angenommen werden. Der Einfluss von
Land und Meer auf die Druckverteilung wird am deutlichsten, wenn
wir diese in der Umgebung des 60.° n. B. im Januar und im Juni
vergleichend betrachten. Im Januar liegt einem barometrischen Mini-
mum von 746 mm bei Island ein Maximum von nicht weniger
als 778 mm im östlichen Asien gegenüber; im Innern Amerikas
beträgt der Luftdruck 764 mm, während er bei den Aleuten unter
752 mm herabgeht. Im Juli ist der Luftdruck bei Island auf
757 mm angestiegen, wogegen er in Ostasien nur noch 755 mm er-
reicht, während in Nordamerika und auf dem Stillen Ozean dieselben
Verhältnisse stattfinden : also im Winter und Sommer totale Umkehr
der Verhältnisse.
Betrachten wir unsere Isobarenkarten etwas näher, so finden
wir im Januar: Maxima des Luftdruckes über Ostasien (über
778 m), über dem Nordatlantischen Ozean nördlich vom Wendekreis
(über 768 mm), über dem nördlichen Stillen Ozean in gleicher Breite
(über 766 mm), mitten über Nordamerika (über 766 mm); auf der
Südhemisphäre im Südatlantischen Ozean etwas südlich vom Wende-
kreis (über 766 mm), auf dem Indischen Ozean westlich von Austra-
lien (über 766 mm), im südlichen Stillen Ozean zwischen 30° und 40°
(über 766 mm). Minima des Luftdruckes liegen im Januar im Nord-
atlantischen Ozean bei Island (unter 746 mm), im nördlichen Stillen
Ozean (unter 752 mm), im südlichen Antarktischen Meere und über
Nordaustralien (unter 752 mm).
Im Juli befinden sich Maxima des Luftdruckes auf der Nord-
hemisphäre nördlich vom Wendekreise über dem Atlantischen Ozean
(über 766 mm) und über dem Stillen Ozean (über 768 mm); auf „der
Südhemisphäre etwas südlich vom Wendekreis westlich von Süd-
amerika und in einer langgestreckten Zone von Südamerika nach
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96 Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
Australien hin (über 7()6 mm), über Australien (über 764 mm);
Minima des Luftdruckes lagern auf der Nordhemisphäre etwas nörd-
lich vom Wendekreise über Südwestasien (unter 748 mm), über
Mexiko (unter 756 mm), auf der Südhemisphäre und über dem Ant-
arktischen Polarmeere.
Alles oben Gesagte gut nur für die untersten Luftschichten, in
der Höhe herrscht eine ganz andere Verteilung, die wir mit Hilfe
der barometrischen Höhenformel nicht unschwer berechnen können,
da wir ja die den einzelnen Breitengraden zukommenden Tempera-
turen kennen. Diese Zahlen fügen wir nach dem Vorgange Sprung's
(Lehrb. d. Met.) der obigen Tabelle bei und zwar für die Höhen von
2000 und 4000 m.
Wenn auch diese berechneten Zahlen immerhin einige Unsicher-
heiten zeigen, so geht daraus doch hervor, dass die Zonen höchsten
Luftdruckes in der Nähe der Wendekreise sich zu einem Maximum
vereinigen, welches sehr nahe dem Aequator liegt und dass die Zu-
nahme des Luftdruckes im hohen Norden in der Höhe verschwindet.
Diese Thatsachen sind für die allgemeine Luftzirkulation von der
grössten Bedeutung, wovon wir weiter unten noch eingehend sprechen
werden.
Am meisten interessieren uns die Luftdruckverhältnisse
über Europa, welche in neuester Zeit eine musterhafte Bearbeitung
durch Hann gefunden haben 1 ), und die für die Beurteilung unserer
Witterungsverhältnisse von eminenter Bedeutung sind, so dass wir
uns nicht versagen können, einige der wichtigsten Resultate hier
wiederzugeben. Betrachten wir zunächst die Veränderungen, welche
im Laufe des Jahres in der Luftdruckverteilung über Europa vor
sich gehen.
Der hohe Luftdruck über der Pyrenäischen Halbinsel hat sein
Maximum im Winter, im Januar, mit 766 — 767 mm, er erstreckt
sich dann auch über Marokko und Algerien. Von Januar bis
zum Februar sinkt der Luftdruck rasch und erreicht im Mai ein
Minimum von 762 mm. Zum Juni steigt er wieder um 2 mm und
hält sich im Juni und Juli auf 764 mm, wobei der hohe Luftdruck
zugleich nach N. vordringt, so dass der Ort höchsten Luftdruckes
für Mitteleuropa nunmehr im Westen liegt. Im August sinkt der
Druck über Südwesteuropa wieder und erreicht im Oktober ein zweites
Minimum von 762,5 mm, um im November wieder auf 765,5 mm zu
steigen.
Das Barometerminimum über dem Nordatlantischen Ozean und
der niedrige Luftdruck über Nordeuropa überhaupt sind das zweite
konstante Element in der Druckverteilung über Europa. Es ist be-
kannt, dass dieses nördliche Minimum im Winter am meisten ent-
wickelt ist, nachdem schon im Oktober eine bemerkenswerte Ver-
tiefung desselben stattgefunden hat, der aber im November wieder
eine Zunahme des Druckes folgt.
') Die Verteilung des Luftdruckes über Mittel- und Südeuropa. Wien,
Hölzel, 1887.
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Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
97
Die Monate April und namentlich der Mai sind dagegen der-
jenige Teil des Jahres, wo der Einfluss des nordatlantischen Mini-
mums am meisten zurücktritt.
Temporäre Maxima treten über den Alpen und Mittel-
deutschland sowie über Südosteuropa auf. Ueber dem Alpengebiet und
dessen nördlichem Vorland tritt eine sehr ausgesprochene Tendenz
zur Entwicklung einer Area hohen Luftdruckes ein. In den Monaten
September bis Mai, ausser im November, findet man daselbst ein
abgegrenztes Maximalgebiet vor, und auch im Sommer legen sich
die von West her vorgestreckten Zungen hohen Druckes an die
Nordseite der Alpenkette an. Während der Monate Dezember und
Januar stellt sich über Stidosteuropa ein wohlabgegrenztes Maximum
von 766,5 mm ein. Gegen den hohen Druck im Innern ßusslands
ist dasselbe geschieden durch ein barometrisches Thal, welches, wie
es scheint, von der Ostsee bis zum Schwarzen Meere hinabführt, ein
Analogon zu den deutlicher ausgeprägten Mulden niedrigen Druckes
über Ungarn und dem mittägigen Frankreich. Im Februar löst sich
dieses Maximum auf in zwei weniger intensive Maxima über Ober-
ungarn resp. der Wallachei. Abgesehen vom März, wo noch Spuren
des Maximums vorhanden sind, fehlt in allen übrigen Monaten das
südöstliche Maximum.
Temporäre Minima kommen vor über dem westlichen Mittel-
meerbecken in allen Monaten ausser im eigentlichen Sommer, im
östlichen Mittelmeerbecken insbesondere im März und November,
über dem Adriatischen Meere im Oktober und November, endlich
über Ungarn und der Balkanhalbinsel im April und Mai, welches
letztere Minimum mit den Kälterückfällen während dieser Monate in
unseren Gegenden im Zusammenhang steht.
„Die Haupterscheinungen in der Luftdruckverteilung über dem
mittleren und südlichen Europa selbst sind: der fast konstant nie-
drige Luftdruck über dem Mittelmeerbecken und die Tendenz zur
Bildung einer Zone hohen Luftdruckes über dem Alpengebiet und
über dessen nördlichem Vorland, sowie im Winter über Siebenbürgen
und der Wallachei/
Sehr anschaulich gibt die nachstehende Tabelle die Veränderungen,
welche im meteorologischen Regime Europas im Laufe des Jahres
vor sich gehen ; dieselbe enthält die Luftdruckdifferenzen (im Meeres-
niveau) von ausgewählten Stationsgruppen in den acht Hauptrich-
tungen der Windrose. In den beiden letzten Zeilen sind die darüber
stehenden Zahlen zu zwei aufeinander senkrechten verbunden und die
Zahlen auf die gleiche Strecke von 20 Aequatorialgraden, unter
Voraussetzung einer gleichförmigen Neigung der betreffenden Iso-
barenflächen reduziert *).
*) Vergl. Met. Zeitachr. 1888. S. 187.
Van ß ebb er, Meteorologie.
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Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
Jährlicher Gang der Luftdruckunterschiede in Europa (mm).
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2226
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
— 2,9 — 2,6 —0,9 —0,6 —0,4 —1,5 —1,9 —1,3 —2,9 —2,9 —1,9 —4,0
— 12,6 —8,0 -4,2 —1,6 0,2 —0,6 —0,4 -1,5 —5,3 —9,2 —6,0 —9,3
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— 1,0 0,4 0,8 1,2 1,3 2,9 8,8 1,8
3,4 -5,0 —3,3 —5,5
0,1 —2,2 —1,2 0,2
NW: Culloden,
SW : St. Martin
(N: Petersburg, üpsala, Christiania. — S: Athen, Korfn, Palenno.
Thorshavn. — SE : Odessa, Konstantinopel. — W : Paris. — E : Czernowitz.
a. H., Lissabon. — NE: Warschau, Lemberg.)
Der Luftdruckunterschied zwischen WSW und ENE wechselt im
Laufe des Jahres sein Zeichen und ist im Jahresmittel fast Null; der
Minderdruck im NNW dauert dagegen das ganze Jahr hindurch und
verschwindet nur im Mai so gut wie ganz. Durch die Eigentümlich-
keiten der Monate Januar, Mai und Juni werden die obigen Zahlen
scharf gekennzeichnet ; die Druckverteilungen des Oktober nähern sich
jenen des Januar, dazwischen schiebt sich der November mit einer
bemerkenswerten Abschwächung des schon eingetretenen winterlichen
Charakters, welche Erscheinung eine weite Verbreitung hat. —
Die unperiodischen Schwankungen des Luftdruckes sind
erst in neuerer Zeit eingehender untersucht worden, insbesondere von
Feiberg und Koppen x ). Unter monatlichen Barometerschwankungen
versteht man die mittleren Unterschiede der extremen Barometer-
stände in den einzelnen Monaten. Wie diese Untersuchungen gezeigt
haben, ist die Grösse der Barometerschwankungen entschieden von
der Breite abhängig, und zwar zu allen Jahreszeiten. Während sich
auf der Südhemisphäre die Grössen der Schwankungen im ganzen Jahre
ziemlich gleich bleiben, zeigt die nördliche Hemisphäre im Sommer
und im Winter der Grösse nach ganz bedeutende Unterschiede.
Die folgende kleine Tabelle gibt nach Koppen die mittlere
Barometerschwankung in Millimetern für die verschiedenen Breiten
der Nordhemisphäre, die kältere und wärmere Jahreszeit und für
Ozeane und Kontinente:
Geogr.
Mittlere Barometerschwankung
Breite
N
Winter
Sommer %
Ozean
Kontinent
1 Ozean
Kontinent
0°
5
672
1 5
6
10
6
8
5
6
20
8
11
6
8
30
16
13
9
11
40
29
18
16
12
50
38
25
25
14
60
45
31
28
19
70
40
29
25
18
80
34
—
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—
*) Feiberg, siehe Archiv der Deutschen Seewarte. 1878. Nr. 3 ; Koppen,
siehe Annalen der Hydrographie etc. 1882. S. 275.
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Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung. 99
Am grössten ist die Schwankung im Nordatlantischen Ozean
zwischen den britischen Inseln und Neufundland im Winter, und zwar
beträgt sie hier nicht weniger als 50 mm. Von hier aus nimmt die
Schwankung nach allen Seiten hin ab, langsam nach Norden und
nach den Kontinenten, sehr rasch nach dem Aequator hin, wo sie
unter 6 mm herabsinkt und . wo sie den täglichen periodischen
Schwankungen gleichkommt. Im Sommer sind die unperiodischen
Schwankungen des Luftdruckes örtlich ganz ähnlich verteilt wie im
Winter, nur sind die Unterschiede bedeutend geringer. Das Maximum
auf dem Nordatlantischen Ozean liegt zwischen 25 und 30 mm, das
Minimum am Aequator zwischen 5° und 10° ist demjenigen des
Winters fast gleichwertig. Die ruhige Zeit des Sommers und die
unruhige des Winters finden in den unperiodischen Schwankungen
des Luftdruckes einen sehr treffenden Ausdruck.
Die Abweichungen des Luftdruckes von seinen normalen
Werten stehen in innigster Beziehung zu den| Temperaturanomalien.
Diese Beziehungen untersucht Hann, indem er aus der Periode 1851
bis 1880 die 40 kältesten und 40 wärmsten Monate auswählt und für
diese die Abweichungen des Luftdruckes vom Normalwerte für Gruppen
von Stationen in Zentraleuropa sowohl als in acht den Hauptrich-
tungen der Windrose entsprechenden Lagen an der Peripherie des
Erdteils zusammenstellt. Folgende kleine Tabelle gibt die Differenzen
dieser Abweichungen zwischen den entgegengesetzten Gruppen:
Unterschiede in der Luftdruckabweichung während 40 extrem
kalter und 40 extrem warmer Monate in Mitteleuropa.
Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.
Anzahl je 4 je 4 je 4 je 3 je 3 je 4 je 3 je 3 je 3 je 3 je 3 je 3
rat«.** I NW-SE 3,3 4,4 3,3 4,2 2,8 3,1 1,7 2,4 1,7 4,« 3,2 5,8
tÄtu?*« 1 N-S 3,5 3,8 8,9 6,0 1,5 1,2 - 0,5 — 1,3 — 1,0 1,5 0,6 1,8
monate / flE-SW 8j7 1>8 5f9 3j3 1>0 — 0,4 — 1,5 — 1,0 — 2,0 0,5 — 0,8 - 0,6
Wärmst« ( NW-SE — 7,8 — 4,6 - 5,6 — 3,4 — 1,5 — 3 N ,1 0,8 0,3 - 1,3 - 2,1 - 3,1 — 5,3
vTm-tT J N " S — 5 » 6 — M — 7 » 3 — M — 0,5 — 1,7 1,4 0,7 — 1,2 - 0,5 — 2,0 - 1,8
nurawe ( NE-SW — 3,6 — 2,6 - 3,9 0,3 1,0 l,fc 2,0 1,5 — 0,7 1,1 — 0,8 — 0,1
„Zusammenfassend können wir sagen: die extremen Winter-
monate in Mitteleuropa stehen in keiner konstanten Beziehung zur
Luftdruckabweichung über Mitteleuropa selbst; es ist aber für sie
charakteristisch, dass in strengen Wintern der Luftdruck im N und
NE von Europa zu hoch ist, dagegen in sehr milden Wintern im
NW und N zu niedrig . . . Wenngleich in strengen Wintern die
Differenz der Abweichungen im NW gegenüber SE circa 3,7 mm
beträgt, bedeutet dies noch immer keine Umkehrung der Gradienten,
denn der normale mittlere Druckunterschied auf unserer Linie NW— SE
ist circa: im Dezember — 5,2, Januar — 7,1, Februar — 3,7. Es
bleibt also noch immer ein durchschnittlicher Drucküberschuss von
rund 1,5 mm im SE. Dagegen steigt dieser Drucküberschuss in
sehr warmen Wintermonaten auf den Betrag von 11,3 mm. Leichter
kehrt sich dagegen der Gradient N — S um, denn die normale Druck-
differenz N — S auf unserer Linie beträgt im Mittel des Winters nur
circa — 3,2 mm. Da nun im Mittel sehr kalter Monate die effek-
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100 Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
tive Abweichung im N +5,4 mm ist, so ergibt dies einen Druck-
überschuss im N von 2,2 mm* In sehr warmen Wintermonaten steigt
dagegen der Drucküberschuss im S auf 6,0 + 3,2 = 9,2 mm.
In sehr kalten Frühlingsmonaten ist in Zentraleuropa selbst
die Luftdruckabweichung häufiger negativ, in sehr warmen häufiger
positiv, jedoch beides nur im Verhältnis 6 : 4. Charakteristisch ist
für die ersteren der zu hohe Luftdruck im NW (stets) und N (meist),
für die letzteren der zu hohe Druck im SE und zu tiefe im NW.
In diesen Beziehungen stimmt der Frühling mit dem Winter überein,
dagegen weicht er in dem Verhältnis zwischen NE und SW von ihm
ab, da die wärmsten Frühlingsmonate sich durch zu hohen Druck im
NE auszeichnen 1 ).
Im Sommer stehen die Temperaturabweichungen über Zentral-
europa in einer viel engeren Beziehung zu den gleichzeitig daselbst
herrschenden Luftdrückabweichungen als in den übrigen Jahres-
zeiten. In den neun kältesten Sommermonaten der Periode 1851 — 80
war siebenmal der mittlere Luftdruck unter dem Mittel, in den neun
wärmsten ausnahmlos über demselben.
Ueber ganz Europa sind in den kältesten Sommermonaten die
negativen Abweichungen des Luftdruckes die vorherrschenden, nament-
lich im NE, während der Druck über Island zu hoch ist. Umgekehrt
ist es in den wärmsten Sommermonaten, nur dass die positive Druck-
anomalie im SE noch durchgreifender ist als im NE.
Im Herbst ist die Situation der Luftdruckabweichungen ganz
analog jener im Winter, nur diejenigen in der Richtung NE — SW
machen eine Ausnahme; auch sind die Druckabweichungen in der
Richtung N — S weniger entscheidend als im Winter.
Ueberblicken wir noch einmal die Beziehungen zwischen den
Luftdruckabweichungen und den Temperaturanomalien in Zentral-
europa, so ergeben sich folgende allgemeinste Resultate. Die Luffc-
druckabweichungen über Mitteleuropa selbst stehen in keinen engeren
Beziehungen zu den Temperaturanomalien; nur der Sommer bildet
eine Ausnahme . . .
In Bezug auf die Luftdruckabweichungen über den verschie-
denen Teilen Europas spielen jene im Nordwesten, d. i. über Eng-
land und dem Nordatlantischen Ozean, das ganze Jahr hindurch die
Hauptrolle; nur im Sommer sind die Luftdruckabweichungen im
Nordosten (gegenüber dem SW) noch einflussreicher. Das ganze
Jahr hindurch entspricht einem zu hohen Luftdrucke im NW gegen-
über dem SE eine negative Temperaturanomalie, hingegen bedeutet
ein zu niedriger Luftdruck in dieser Gegend einen Wärmeüberschuss
in Mitteleuropa. In ähnlicher Weise verhält es sich mit den Luft-
druckanomalien auf der Linie N — S, doch sind die Beziehungen zu
den Temperaturanomalien hier weniger entschieden ausgesprochen
und weniger konstant als jene in der Richtung von NW nach SE.
l ) Bemerkenswert ist in dieser Beziehung der Mai 1889, welcher durch
eine ausserordentlich hohe Temperatur ausgezeichnet ist. Beständig lag der
höchste Luftdruck über Nord- und Nordosteuropa.
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Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung. 101
Da nun die Druckanomalien im NW durchschnittlich erheblich
grösser sind als im SE, so tritt aus obigem hervor, dass die wech-
selnden Druckverhältnisse auf dem Nordatlantischen Ozean das vor-
wiegend aktive Element bei der Erzeugung der anomalen Jahres-
zeiten Europas sind."
Die Veränderlichkeit der Luftdruckmittel, d.h. die
mittlere Grösse der Abweichungen von den Normalwerten, nimmt
für Europa bei gleicher Breite mit der Entfernung vom Atlantischen
Ozean ab, eine stärkere Abnahme der Veränderlichkeit zeigt sich mit
abnehmender geographischer Breite. In Bezug auf die Seehöhe ist
in der kälteren Jahreszeit die Veränderlichkeit kleiner in der Höhe
als an der Erdoberfläche, umgekehrt in der wärmeren. In der jähr-
lichen Periode zeigt sich im allgemeinen auf der Nordhemisphäre ein
Maximum der Veränderlichkeit im Winter, ein Minimum im Sommer.
Von grosser praktischer Wichtigkeit ist die Veränderlichkeit der
räumlichen Luftdruckdifferenzen und ihre Abhängigkeit von der Ent-
fernung und dem Höhenunterschiede der Orte, welches Hann zur
Untersuchung von Stationspaaren und zur Reduktion der Mittel-
werte auf gleiche Zeiträume mit gutem Erfolge benutzte. Die fol-
gende Tabelle gibt nach Hann die Veränderlichkeit der Luftdruck-
mittel und deren Differenzen für die Jahreszeiten:
A.Veränderlichkeit der Luftdruckmittel:
Winter Frühjahr Sommer Herbst Mittel Jahr
Nördl. Mitteleuropa . . . 3,40 2,21 1,35 2,10 2,27 0,69
Südl. „ ... 3,31 2,01 1,10 1,69 2,03 0,63
Südeuropa 2,68 1,59 0,82 1,40 1,62 0,54
B. Veränderlichkeit der Differenzen der Luftdruckmittel:
Entfernung Höhendiff. Winter Frühjahr Sommer Herbst Mittel Jahr
16 Meilen 120 0,29 0,23 0,19 0,22 0,23 0,11
38 „ 80 0,57 0,46 0,31 0,48 0,46 0,16
70 , 300 1,04 0,61 0,43 0,64 0,68 0,20
160 , 54 1,80 1,34 0,76 1,18 1,27 0,43
Hann gelangt zu folgenden Resultaten:
„1. Die mittlere Veränderlichkeit der Differenzen der Monats-
mittel des Luftdruckes beträgt für geringe Entfernungen, d. i. etwa
bis zu 30 Meilen, rund ein Zehntel der Veränderlichkeit der Monats-
mittel selbst. In den Wintermonaten ist das Verhältnis viel günstiger
als in den Sommermonaten, da die jährliche Periode der Veränder-
lichkeit der Differenzen eine erheblich schwächere ist als die der
Mittel. — Bei einer Entfernung von etwa 200 deutschen geographi-
schen Meilen wird namentlich im Seeklima die mittlere Veränder-
lichkeit der Differenzen ebenso gross wie die Veränderlichkeit der
Mittel selbst. Die mittleren Differenzen gewähren also keinen Vor-
teil mehr bei der Ableitung vergleichbarer Mittelwerte und der
Reduktion auf die gleiche Periode. — Die Veränderlichkeit der
Differenzen der Jahresmittel ist bei kleineren Entfernungen von
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102 Luftdruck. Zeitliche und räumliche Verteilung.
10 — 20 Meilen und günstiger Wahl der verglichenen Stationen
gleichfalls nur etwa der zehnte Teil der Veränderlichkeit der Jahres-
mittel selbst . . .
2. Zwischen der Grösse der mittleren Veränderlichkeit der
Differenzen und dem Betrage der letzteren besteht keineswegs eine
einfache direkte Proportionalität, wie man vielleicht annehmen
könnte . . . Ganz auffallend ist die geringe Veränderlichkeit der
Luftdruckdifferenz St. Bernhard-Schafberg in einem Niveau von circa
1800 und 2500 m. Dieselbe beträgt fast nur die Hälfte von jener,
welche die anderen Stationspaare gleicher Entfernung ergeben. Mög-
licherweise ist dieses eine allgemeine Erscheinung und weist darauf
hin, dass in grossen Höhen, wie die Druckdifferenzen selbst, auch
ihre Veränderlichkeit abnimmt. Für die sichere Ableitung der Normal -
mittel des Luftdruckes sehr hochgelegener Stationen ist diese Er-
fahrung von grossem Werte.
3. Im Seeklima und schon beim Uebergange vom Inlande zur
Küste nimmt die Veränderlichkeit der Differenzen der Luftdruckmittel
erheblich zu ... . Die Reduktion der Luftdruckmittel auf die gleiche
Periode erfolgt daher für das Inland viel sicherer als für Küsten und
namentlich für Inseln im Ozean draussen . . .
4. Es besteht auch eine Zunahme der Differenzen von Süden
nach Norden, wie zu erwarten ist. Eine beträchtliche Zunahme der
Veränderlichkeit der Luftdruckdifferenzen zeigt sich ferner, wenn
zwischen den beiden Stationen ein hohes Gebirge liegt, wie in dem
Falle Genf-Lugano/ —
Aus der mittleren Veränderlichkeit der Mittel lässt sich von
einer vonFechner angegebenen und von He 11 mann zuerst in der
Meteorologie angewandten Formel leicht der wahrscheinliche Fehler
der Mittel ableiten.
.~ , , - -i. i -n n • . 1,1955 X mittL Abweichung,
Der wahrscheinliche r ehler w ist = : 2 -
V 2 n— 1
worin n die Anzahl der Jahrgänge (resp. Beobachtungen) bedeutet.
Für n 1 Beobachtungsjahre und den wahrscheinlichen Fehler w 1 ist
w 2
n = n 1 — —-. Soll der wahrscheinliche Fehler 0,1 sein, so ist
Für Mitteleuropa ist der durchschnittliche Fehler eines zwanzig-
jährigen Monatsmittels i 0,4 mm, und jener der extremen Winter-
monate i 0,7 mm; für zehn Beobachtungsjahre betragen diese Fehler
bezw. i 0,6 und i 1,0 mm. Weiter hinauf nach Norden und Nord-
westen wächst der wahrscheinliche Fehler sehr rasch. Für Jahres-
mittel mit einer Genauigkeit von 0,1 mm braucht man im mittleren
Europa 30 Jahre, dagegen im Nordwesten und Norden 60 — 100 Jahre.
Kann man eine Normalstation für Reduktion der Luftdruck-
mittel durch Differenzen benutzen, so genügt eine viel kürzere
Beobachtungsreihe für Bestimmung hinreichend genauer Monatsmittel,
wie folgendes Täf eichen (Hann S. 88) zeigt.
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Wasserdampf. Verdunstung. 103
Zahl der Jahre, die nötig sind, um das Mittel der Differenzen
auf +0,1 mm sicherzustellen:
Entfernung
Winter
Sommer
Mittel
Jahr
16 Meilen
6
3
4
1
28
24
7.
16
2
70
79
14
34
3
160
237
42
118
14
IV, Der Wasserdampf in der Atmosphäre.
Schon oben haben wir erwähnt, dass der atmosphärischen Luft
stets und überall Wasserdampf in veränderlicher Menge beige-
mengt ist. In unseren Witterungserscheinungen spielt der Wasser-
dampf eine ausserordentlich wichtige Rolle, und diese liegt haupt-
sächlich darin, dass er in beständiger Verdichtung und Neubildung
begriffen ist. Während die übrigen Gase, Sauerstoff, Stickstoff und
Kohlensäure, in unserer Atmosphäre ihren gasförmigen Charakter stets
beibehalten, liegen beim Wasserdampf die Temperaturen des Siede-
punktes und des Gefrierpunktes zwischen verhältnismässig sehr engen
Grenzen, wobei die Lufttemperaturen gewöhnlich nahe dem Konden-
sationspunkte sich befinden. Die häufigen Aenderungen des Aggregatzu-
standes und die dadurch bedingte unregelmässige Zu- und Abnahme
des Wasserdampfes an den verschiedenen Stellen der Atmosphäre
verhindern die regelmässige Verbreitung des Wasserdampfes in der
Luft, wie es dem Dalton'schen Gesetze entsprechen würde, so dass
also der Wasserdampf keine selbständige Atmosphäre ausmacht.
Bildete der Wasserdampf wirklich eine eigene Atmosphäre, so müsste
jener wegen seines geringen spezifischen Gewichtes langsamer mit
der Höhe abnehmen, als es dem Luftdrucke entspricht, und schon in
einer nicht sehr grossen Höhe würde, wie wir gleich sehen werden,
Wolkenbildung eintreten, wodurch eine beständige Wolkenschicht
in jener Höhenregion unterhalten würde.
Der der Atmosphäre beigemengte Wasserdampf verdankt seinen
Ursprung der Verdunstung an der Erdoberfläche. Die Verdunstung
des Wassers oder die Ueberführung desselben in den dampfförmigen
Zustand geht bei jeder Temperatur vor sich; dabei wird stets eine
gewisse Menge Wärme verbraucht, welche dem verdunstenden Wasser
und seiner Umgebung entzogen wird. Die bei der Verdunstung
verbrauchte Wärme, latente oder Verdunstungswärme, geht nicht
verloren , obgleich sie sich durch das Thermometer nicht nach-
weisen lässt; sie haftet dem Wasserdampfe an und dient lediglich
dazu, seinen gasförmigen Zustand aufrechtzuerhalten. Wenn man
unter Wärmeeinheit oder Kalorie die Wärmemenge versteht, welche
einem Kilogramm Wasser zugeführt werden muss , um die Tempe-
ratur desselben um 1°C. zu erhöhen, so sind 537 Wärmeeinheiten
erforderlich, um ein Kilogramm Wasser von 100° in Dampf zu ver-
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104 Wasserdampf. Verdunstung.
wandeln. Nach Regnault ist die latente Wärme nicht bei allen Tem-
peraturen dieselbe, sondern sie ist um so grösser, je niedriger die
Temperatur ist, bei welcher die Verdunstung stattfindet. Von allen
Körpern besitzt Wasser die grösste Verdunstungswärme.
An der freien Atmosphäre verwandelt sich das Wasser unge-
hindert in Dampf; lässt man aber Wasser in einem abgeschlossenen
Räume verdunsten, so verdunstet nur ein Teil des Wassers, und zwar
um so mehr , je höher die Temperatur im geschlossenen Raum ist.
Denn ein gegebener Raum kann bei einer bestimmten Temperatur
nur eine ganz bestimmte Menge Wasserdampf aufnehmen, und diese
Dampfmenge nennt man die Sättigungsmenge für die bestimmte
Temperatur. Wenn man die Temperatur des Raumes erhöht, so
kann wieder eine gewisse Menge Wasser verdunsten, kühlt man da-
gegen ab, so muss ein Teil des im Räume vorhandenen Wasser-
dampfes sich als tropfbarflüssiges Wasser niederschlagen. Nach
dem Dalton'schen Gesetze ist die Sättigungskapazität eines Raumes
für den Dampf unabhängig von der Anwesenheit und der Natur eines
anderen in dem Räume vorhandenen Gases. Der Unterschied zwischen
einem luftleeren und einem lufterfüllten Räume in Bezug auf die
Verdunstung ist nur der, dass im ersteren wegen der ungehemmten
Ausdehnung der Dämpfe die Verdunstung und Sättigung rascher vor
sich geht als im letzteren.
Der Druck, welchen der in einem abgeschlossenen Räume be-
findliche Dampf gegen die Gefässwände ausübt, wächst mit der Tem-
peratur und der Menge des Dampfes, und da jeder Temperatur eine
gewisse Sättigungsmenge zukommt, so muss auch der gesättigte
Wasserdampf in dem Räume den grösstmöglichen Druck ausüben.
Die Temperatur, bei welcher der Wasserdampf die grösste Spannkraft
erreicht hat, nennt man den Taupunkt; eine Abkühlung unter den-
selben bewirkt teilweise Kondensation des Wasserdampfes, eine Erwär-
mung über denselben macht den Raum fähig, neue Dämpfe aufzunehmen.
Alle Wassermassen, welche ihre Oberflächen frei der Atmosphäre
darbieten, liefern durch Verdunstung der Atmosphäre Wasserdampf,
vor allem die Meere und Flüsse, dann die Pflanzen, die das Wasser
durch die Wurzeln aufsaugen, in die Blätter treiben und dann an
die Atmosphäre abgeben, und die feuchte Erdoberfläche. Die Ver-
dunstungsgrösse wird angegeben durch die Höhe der Wasserschicht,
welche von der Erdoberfläche verdunstet.
Die Messung der Verdunstung ist mit ausserordentlichen
Schwierigkeiten verknüpft. Denn da die Menge der Dämpfe, welche
eine Wassermasse durch Verdunstung in einer bestimmtenZeit liefert,
unter gleichen Umständen um so grösser ist, je grösser die Ober-
fläche, je höher die Temperatur der verdunstenden Wasserfläche und
je trockener und bewegter die über demselben befindliche Luft ist,
und da in der freien Natur die Verdunstung unter den verschie-
densten Umständen vor sich geht, so ist einleuchtend, dass die Ver-
dunstungsmenge je nach der lokalen Lage sehr stark variieren muss.
Daher zeigen auch die verschieden konstruierten oder verschieden
aufgestellten Verdunstungsmesser, Atmometer, ganz ver-
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Wasserdampf. Verdunstung.
105
schiedenes Verhalten. Von den verschiedenen Verdunstungsmessern
will ich einen ganz einfachen Apparat nach der Idee Piche's hier
kurz beschreiben, welcher, abgesehen von seiner Billig-
keit, einige Vorzüge bieten dürfte.
Eine kubizierte und einerseits geschlossene Glas- Fi £- 23 -
röhre, etwa 20 mm lang und 1 cm im Lichten, wird
mit destilliertem Wasser gefüllt und mit einem Stück-
chen kreisrunden, ziemlich starken Löschpapiers, welches
in der Mitte eine feine Oeffnung hat, geschlossen.
Kehrt man jetzt den Apparat um, so wird das Lösch-
papier und die darüber befindliche Wassersäule durch
den Luftdruck getragen. Indem nun das Wasser an
dem feuchten Papier verdunstet, dringt zum Ersätze
neues Wasser aus der Glasröhre, so dass das Papier
beständig feucht erhalten wird. Da nun das Wasser
in der Glasröhre abnehmen muss und also nicht mehr
den ganzen Raum anfüllen kann, so steigen in dem-
selben Masse, in welchem das Wasser verdunstet, in dem
Glascylinder Luftblasen auf, und die verdunstete Wasser-
menge lässt sich genau an der Teilung ablesen. Das
Wasser verdunstet sowohl an der oberen wie an der
unteren Fläche, und nehmen wir ein kreisförmiges m
Stück Papier, so erhalten wir als Grösse der Ver-
dunstungsfläche
wobei r der Radius des Papiers und p die halbe Dicke des Cylinders
bedeuten und von der Papierdicke abgesehen wird. Die Grösse der
Papierscheibe kann man so wählen, dass durch die Teilung am Cy-
linder die Anzahl der Millimeter der verdunsteten Wasserschicht direkt
angegeben wird. Soll das Instrument dem Wind und Regen ausge-
setzt werden, so thut man gut, noch eine dünne Feder anzubringen,
welche das Papier an den Cylinder andrückt. Im Winter kann man
den Apparat am besten durch ein einfaches Gefäss von bestimmtem
Querschnitte ersetzen.
Es dürfte von einigem Interesse sein, hier die Hauptergebnisse
einer eingehenden Untersuchung von Es er über das Verdunstungs-
vermögen des Bodens wiederzugeben *).
1. Die Wasserverdunstung aus dem Boden ist um so grösser,
je grösser der Feuchtigkeitsgehalt ist. Daher wächst die Verdunstung
unter gleichen Verhältnissen mit der Wasserkapazität des Erdreiches
und mit der Menge des über- und unterirdisch zugeführten Wassers.
In gesättigtem (nassem) Zustande verdunsten die Böden von verschie-
dener physikalischer Beschaffenheit beinahe gleiche Wassermengen.
2. Die Verdunstung geht so lange an der Bodenoberfläche vor
sich, als sich diese feucht erhält. Der hier stattfindende Verlust
') Untersuchungen über den Einfluss der physikalischen und chemischen
Eigenschaften des Bodens auf dessen Verdunstungsvermögen. Wolny's Forsch,
auf d. Geb. der Agrikulturph. Bd. VII. Ref. Met. Zeitschr. 1885. S. 430.
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106 Waeserdampf. Verdunstung.
wird durch kapillares Aufsteigen des Wassers aus den tieferen Schich-
ten des Bodens in dem Falle gedeckt, in welchem der Wassergehalt
über 50°/o der Wasserkapazität beträgt. Ist die Bodenfeuchtigkeit
unter diese Grösse herabgesunken, so wird der Aufstieg des Wassers
sistiert, was zur Folge hat, dass die Oberfläche des Erdreichs ab-
trocknet und die Verdunstungsschicht tiefer zu liegen kommt, und
zwar um so tiefer, je weniger Wasser der Boden ursprünglich ent-
hielt und je schneller die Austrocknung der höheren Schichten des-
selben vor sich ging.
3. Ein Boden mit gewölbter und rauher Oberfläche hat eine
grössere Verdunstungsmenge als mit glatter resp. ebener.
4. Am meisten verdunstet unter gewöhnlichen Verhältnissen der
Humus, am wenigsten der Sand, während der Thon in dieser Be-
ziehung in der Mitte liegt.
r>. Die Wasserabgabe an die Atmosphäre ist um so grösser, je
dunkler die Oberfläche gefärbt ist.
6. Befindet sich in der Tiefe des Bodens Grundwasser, so wird
die Verdunstung um so geringer sein, je grösser der Abstand zwi-
schen dem Grundwasserspiegel und der Bodenoberfläche ist.
7. Einen grösseren Einfluss, als die im Boden selbst liegenden
Faktoren, übt die Bedeckung desselben mit Pflanzen oder leblosen
Gegenständen auf die Wasserverluste aus. Der mit lebenden Pflanzen
bestandene Boden verdunstet die grössten, der durch leblose Gegen-
stände (Stroh, Dünger, Streu, Steine u. s. w.) bedeckte die geringsten
Wassermengen, während der nackte Boden sich zwischen beiden in
der Mitte hält.
8. Bei verschiedener Lage des Bodens gegen die Himmelsrich-
tung verdunsten die Südhänge die grössten Wassermengen, dann
folgt die Ost-, weiterhin die Westseite, während in der nördlichen
Exposition die geringsten Feuchtigkeitsmengen durch Verdunstung
verloren gehen.
9. Bei verschiedener Inklination der Bodenfläche und südlicher
Exposition der betreffenden Hänge ist unter unseren Breiten die Ver-
dunstung während des grössten Teiles des Jahres um so grösser, je
grösser der Neigungswinkel ist. Zur Zeit der grössten nördlichen
Deklination stellt sich der Gang der Verdunstung umgekehrt; von
da ab wandert das Maximum allmählich nach dem Frühjahre, resp.
Herbste zu wieder in die vorerwähnte Lage zurück.
Dass die Pflanzen unter Umständen eine sehr grosse Wassermenge
verdunsten können, geht schon daraus hervor, dass sie der Luft durch
ihre Blätter eine sehr grosse Oberfläche darbieten.
Im Walde selbst zeigt sich hauptsächlich wegen der geringen
Ventilation eine viel geringere Verdunstung als im Freien. So fand
Ebermayer 1 ) aus den Beobachtungen an den bayerischen Forst-
stationen für das Jahr 1868/69 im Freien eine durchschnittliche Ver-
dunstungshöhe von 598 mm, dagegen im Walde von nur 219 mm; es
*) Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Klima und Boden.
Zeitschr. der Oest. met. Ges. 1873. S. 253.
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Wasserdampf. Verdunstung.
107
war mithin im Walde die Verdunstung einer freien Wasserfläche um
379 mm oder 64°/o geringer als auf freiem Felde. Nach den Jahres-
zeiten ergaben sich folgende Differenzen im Mittel aller Stationen:
Millimeter
Prozente .
Sommer
Frühling
Herbst
Winter
149
97
77
38
65
57
68
65
Aus diesen Zahlen geht hervor, dass der absolute Einfluss des
Waldes auf die Wasserverdunstung im Sommer fast viermal grösser
ist als im Winter. Nicht nur der Wald als solcher, sondern die
Streudecke trägt ausserordentlich viel dazu bei, die Bodenfeuchtigkeit
des Waldes zu unterhalten und die Quellen zu speisen. Die Ver-
dunstung des Bodens war unter der Streudecke um folgende Prozente
geringer als bei unbedecktem Waldboden:
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
58
58
62
64
61
62
50
Also ist der Einfluss der Streudecke auf die Erhaltung der Bo-
denfeuchtigkeit ebenso gross als der Einfluss des Waldes selbst als
solcher. Die Verdunstungsmengen sind an den verschiedenen Orten
voneinander sehr verschieden.
Von hohem Interesse sind die Messungen, welche in Russ-
land mit gleich aufgestellten Apparaten erhalten wurden 1 ). Da die
Regen- und Verdunstungsbeobachtungen aus denselben Jahrgängen
sind (mindestens 30 Jahre), so sind die Zahlen miteinander sehr gut
vergleichbar :
Petersburg Elisawetgrad Kischinew Astrachan
Regenmenge cm ... . 51 46 55 16
Verdunstungsmenge cm . 30 69 63 74
Regenmenge cm . . .
Verdunstungsmenge cm
Regenmenge cm . . .
Verdunstungsmenge cm
Akmolinsk Nukuss Petro-Alexandrowsk
23 7 6 1 /2
104 193 232
Katherinenburg Ssalair Nertschinsk Peking
44 36 40 63
42 64 46 97
Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, dass die Regenmenge
nach dem Innern des Landes hin abnimmt, wogegen die Verdunstung
zu beträchtlichen Werten sich erhebt. Ausserdem führen wir noch
folgende Verdunstungsgrössen an: Madras 232, St. Helena 213,
Nagpur 186, Cumana 352, Sidney 120, Madeira 203, Azoren 100,'
Marseille 230, Holland 60—80, englische Küsten 90, London 65,
Ostschottland 80 cm.
Ausserordentlich gross ist die Verdunstungsmenge auf den Ozeanen,
wo wohl fast die Hälfte aller auffallenden Sonnenstrahlen zur Dampf-
bildung verwendet wird. Diese Wärme, welche den unteren Luft-
*) Stelling: Ueber den jährlichen Gang der Verdunstung in Russland.
Repert. f. Met. Bd. VII. Nr. 6.
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108 Wasserdampf. Verdunstung.
schichten entzogen wird, wird bei der Verdichtung des Dampfes
wieder frei und kommt dann entlegenen Gegenden zu gute.
Die Menge des in der Luft befindlichen Wasserdampfes wird
ausgedrückt entweder durch das Gewicht des in einer gewissen Raum-
einheit enthaltenen Wasserdampfes oder durch den Druck, den der
Dampf auf seine Umgebung ausübt. Bei der letzteren Art der Mes-
sung wird der Druck bezeichnet durch die Höhe einer Quecksilber-
säule, welche der Spannkraft des Dampfes das Gleichgewicht hält,
also gerade so wie bei der Bestimmung des Luftdruckes.
Die genaue und möglichst rasche Bestimmung des Feuchtigkeits-
gehaltes der Luft ist insbesondere für die praktische Meteorologie
von grosser Wichtigkeit, indem sie- mit der Bildung der Wolken und
der Niederschläge überhaupt in innigster Beziehung steht. Bereits
oben haben wir erwähnt, dass der Wasserdampf in der Luft dem
Dalton'schen Gesetze nicht folgt, so dass eine unabhängige Dampf-
atmosphäre nicht vorhanden ist. Vielmehr ist die Dampfverteilung
in der Atmosphäre sehr unregelmässig, jedoch ist es im allgemeinen
richtig, dass der Wasserdampf, wie die Temperatur mit der Höhe
abnimmt, und zwar in einem rascheren Verhältnis als diese. Das
Verfahren Dove's, den Betrag der Dampfspannung an der Erd-
oberfläche von dem Luftdrucke abzuziehen, um den Druck der trocke-
nen Luft zu erhalten, muss demnach als unzulässig angesehen werden.
Trotz der unregelmässigen Verteilung des Wasserdampfes in der At-
mosphäre erscheint die Bestimmung desselben dennoch wichtig, in-
dem manche Witterungsvorgänge in den Feuchtigkeitsverhältnissen
der Luft ihre Erklärung finden.
Man nennt die atmosphärische Luft feucht, wenn dieselbe ganz
oder nahezu ganz mit Wasserdampf gesättigt ist, dagegen als trocken
wird sie bezeichnet, wenn sie nur wenig von der Dampfmenge ent-
hält, welche sie vermöge ihrer Temperatur aufzunehmen vermag. Eine
Luftmasse wird bei gleichbleibender Dampfmenge um so trockener
erscheinen, je höher ihre Temperatur ist. Wird bei gleichbleibender
Dampfmenge die Luft mehr und mehr abgekühlt, so wird bei einer
gewissen Temperatur die Sättigung eintreten, so dass bei jeder wei-
teren Temperaturerniedrigung ein Teil des Wasserdampfes sich aus-
scheiden wird. Die Temperatur, bei welcher der Niederschlag be-
ginnt, nennt man, wie bereits bemerkt, den Taupunkt. Je trockener
also die Luft ist, desto mehr muss man sie abkühlen, um den Ein-
tritt des Niederschlages herbeizuführen.
Unter absoluter Feuchtigkeit der Luft versteht man die
Menge Wasserdampf, welche die Atmosphäre wirklich enthält, unab-
hängig von dem Sättigungsverhältnisse oder dem Druck des Wasser-
dampfes. Dagegen ist relative Feuchtigkeit die Zahl, welche
die Prozente angibt, die von der zur Sättigung bei der vorhandenen
Temperatur notwendigen Dampfmenge in der Luft enthalten sind.
Nehmen wir beispielsweise an, die Luft habe die Temperatur 20°,
so könnte der Dampfdruck als Maximum 17,4 mm betragen, d. h.
in dem Falle der Sättigung, enthält sie aber in Wirklichkeit Wasser-
dampf von einem Drucke von 8,3 mm, so ergibt sich" als relative
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Wasserdampf. Feuchtigkeit der Luft.
109
Fig. 24.
Feuchtigkeit (8,3: 17,4) 100, oder 47 °/o. Würde man diese Luft abkühlen,
so könnte dieses bis auf 8,4° geschehen, ohne dass ein Niederschlag
erfolgte ; bei weiterer Abkühlung würde sofort eine Kondensation des
Wasserdampfes erfolgen. Die Temperatur 8,4 ist also die des Tau-
punktes.
Zur Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft können ver-
schiedene Methoden und Apparate angewendet werden. Am ge-
nauesten kann die Dampfmenge der Luft bestimmt werden durch
Absorption und Wägung. Man leitet eine bestimmte Menge der zu
untersuchenden Luft durch mit Chlorcalcium oder konzentrierter
Schwefelsäure gefüllte Röhren und bestimmt die Gewichtszunahme
der Röhre, woraus sich dann leicht der Wasserdampfgehalt der Luft
ergibt. Diese Methode liefert zwar genaue
Resultate, ist aber sehr umständlich und
mühevoll und kommt daher wenig zur An-
wendung. Viel bequemer zu Feuchtig-
keitsbestiminungen der Luft sind die Hy-
grometer oder Apparate, welche auf der
Eigenartigkeit gewisser Körper beruhen,
durch den Einfluss der Luftfeuchtigkeit
eine Aenderung der Gestalt oder der Aus-
dehnung zu erleiden. Zu dieser Art Hy-
grometer gehört das Fischbeinhygrometer
von de Luc und das Haarhygrometer von
Saussure. Das letztere besteht nach der
Einrichtung, welche ihm Koppe gegeben,
aus einem durch verdünnte erwärmte Soda-
lösung entfetteten Haar, welches ganz
frei in einen Rahmen eingezogen ist, so
dass die Luft von allen Seiten freien Zu-
tritt zu demselbeu hat. Das Haar wird
gespannt durch eine Feder F, deren Kraft
durch Einhängen eines Gewichtchens von
l \t g leicht auf diesen Betrag reguliert
werden kann. Zu diesem Zwecke dreht
man das Hygrometer um, hängt das Gewicht vorn an die Feder und
spannt* dieselbe mit einem Schraubenzieher so lange an, oder lässt
so lange nach, bis sie gerade das halbe Gramm trägt. Das ganze
Hygrometer ist in ein Blechkästchen gestellt, welches oben und hinten
durch einen Blechschieber , vorn durch eine Glasscheibe geschlossen
werden kann. Zur Prüfung der Richtigkeit des Zeigers bei 100°/o
relativer Feuchtigkeit wird die auf dem Rähmchen aufgezogene Mus-
selinfläche mit destilliertem Wasser oder frisch gefallenem Regen-
wasser befeuchtet und eingeschoben. Nachdem nun auch das Käst-
chen durch den vorderen und hinteren Schieber verschlossen wurde,
füllt sich der Raum im Innern des Kästchens in wenigen Minuten
mit Wasserdampf, welcher die eingeschlossene Luft vollständig sät-
tigt. Man kann den Raum als gesättigt betrachten, wenn der Zeiger
während etwa zwei Minuten nicht mehr weiter fortrückt , wobei der-
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HO Wasserdampf. Feuchtigkeit der Luft.
selbe auf 100°/o der Teilung stehen sollte. Auf diesen Teilstrich
wird nun der Zeiger eingestellt, und hiertnit ist das Instrument zur
Beobachtung eingerichtet. Die Richtigkeit der Skala wird durch ein
empfindliches, noch näher zu beschreibendes Daniell-Regnault'-
sches Hygrometer geprüft und zeitweise kontrolliert. Dieses Hygro-
meter ist insbesondere bei niedrigen Temperaturen sehr zu empfehlen.
Ein anderes Hygrometer, welches zur genauen Bestimmung des
Taupunktes dient, ist das von Regnaul t angegebene Kondensations-
hygrometer (Fig. 25). Dasselbe besteht aus einer gebogenen Röhre,
welche unten jederseits mit einer Kugel endet. Die eine Kugel ist mit
Musselin umwickelt, die andere mit einer vergoldeten Zone versehen.
Kugeln und Röhre sind luftleer und enthalten nur etwas Schwefel-
äther; in der Kugel befindet sich die Kugel
Fig. 25. eines feinen Thermometers; ein anderes Ther-
mometer zur Beobachtung der Lufttemperatur
ist äusserlich am Stativ angebracht. Beim Ge-
brauch leitet man allen Aether in die Kugel a
und giesst dann etwas Aether auf den Mus-
selin der Kugel b. Bei der raschen Ver-
dunstung des Aethers kühlt sich die Kugel b
ab und mit ihr der in der Kugel enthaltene
Aetherdampf, wodurch wiederum der Aether
in der Kugel a verdunstet und diese Kugel
abgekühlt wird. Sobald die Temperatur der
Kugel diejenige des Taupunktes eben über-
schritten hat, zeigt sich ein Niederschlag auf
der Goldzone; die Temperatur des beginnen-
den Niederschlages, welche durch das innere
Thermometer angegeben wird, ist auch die-
jenige des Taupunktes. Durch Anbringung eines Aspirators, sowie
durch Schaffung einer leichteren Handhabung und grösserer Sicher-
heit in der Beobachtung hat Regnault dieses Instrument wesent-
lich verbessert.
Von allgemeiner Verbreitung ist das Psychrometer von August,
welches eine sehr rasche und für die Praxis eine meist hinreichend
genaue Messung der atmosphärischen Feuchtigkeit zulässt. Dasselbe
besteht aus zwei in ihrem Gange übereinstimmenden Thermometern,
welche nebeneinander aufgehängt sind (vergl. Fig. 26). Die Kugel
des einen Thermometers ist mit Musselin umwickelt, welcher in ein
unmittelbar darunter stehendes Gefäss mit destilliertem Wasser reicht,
so dass die Kugel beständig feucht erhalten wird, oder welcher vor
jeder anzustellenden Beobachtung direkt mit destilliertem Wasser be-
feuchtet wird. Wenn die Luft sich nicht im Zustande der Sättigung
befindet, so muss infolge der Verdunstung das feuchte Thermometer
niedriger stehen als das trockene. Je trockener die Luft ist, um so
rascher erfolgt die Verdunstung und um so grösser ist der Tempe-
raturunterschied beider Thermometer oder die psychometrische Diffe-
renz. Aus der Temperatur der Luft und derjenigen des feuchten
Thermometers lässt sich nun die Luftfeuchtigkeit berechnen. Be-
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Wasserdampf. Feuchtigkeit der Luft.
111
sonders zu diesem Zwecke berechnete Tabellen oder Psychrometer-
tafeln dienen dazu, die absolute oder relative Feuchtigkeit für jeden
gegebenen Fall sofort aufzuschlagen. Ein registrierender Psychro-
meter ist bereits oben Seite 16 (Fig. 4) dargestellt. Bei demselben
ist eine Bourdon'sche Röhre mit Musselin umwickelt, welcher in
ein Gefäss mit Wasser eintaucht.
Die Formel, durch welche in der Regel der Taupunkt aus den
Ablesungen des trockenen und feuchten Thermometers berechnet
wird, wurde zuerst von August (182o) und von Apj ohn aufgestellt.
Fig. 26.
Die Ableitung derselben sowie ihre Verwendung zur Berechnung der
Psychrometertafeln finden sich in fast jeder Psychrometertafel, wes-
halb wir auf diese verweisen.
Neben der absoluten und relativen Feuchtigkeit ist noch eine
Grösse zu berücksichtigen, nämlich das Sättigungsdefizit oder
diejenige Dampfmasse, welche unter den gegebenen Umständen die
Luft noch aufzunehmen im stände ist, eine Grösse, auf welche zuerst
Wild aufmerksam gemacht hat. Dieses Element ist für die Be-
urteilung der Feuchtigkeitsverhältnisse eines Ortes von grosser Wich-
tigkeit. Denn da diese der Hauptsache nach von der Verdunstung ab-
hängen, und da, wie wir oben gesehen haben, die Verdunstungsmes-
sungen unter sich wenig miteinander vergleichbar sind, so gibt die Diffe-
renz des in der Luft vorhandenen Wasserdampfes und des überhaupt
möglichen einen ganz guten Massstab zur Beurteilung, ob ein Ort
trocken oder feucht ist. Da bei der relativen Feuchtigkeit auch die
Temperatur in Betracht fällt, so kann aus jener kein Schluss auf
die austrocknende Wirkung der Luft gezogen werden. Die folgende
Tabelle nach H. Meyer dient zur Bestimmung des Sättigungs-
defizits aus der Lufttemperatur und der psychrometrischen Differenz:
Digitized by VjOOQ IC
112
Wasserdampf. Feuchtigkeit.
Psychrom.
Differenz
Trockenes Thermometer
-15°
-10°
|-5»
0°
5° | 10°
15°
20°
25°
30°
1°
0,6
0,8
0,8
0,9
1,0
1,1
1,4
1,7
1,9
2,3
2°
1,2
1,5
1,6
1,7
2,0
2,3
2,8
3,3
3,8
4,6
3°
—
2,1
2,3
2,5
3,0
3,4
4,1
4,8
5,7
6,9
4°
—
—
—
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Zur Bestimmung des Sättigungsdefizits aus Mittelwerten dient
folgende Formel:
A m = — S sk 2 at
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worin A m das Sättigungsdefizit, a^ die einzelnen Werte der absoluten
Feuchtigkeit und Sk die zugehörigen Spannungsmaxima bedeuten,
wobei n Werte in Betracht gezogen sind. Die ersteren Werte sind
in den Publikationen nach internationalem Schema angegeben, die
letzteren sind dadurch leicht zu finden, dass man die Temperaturen
nach Gruppen gleichen Umfangs ordnet, etwa von Grad zu Grad,
die Spannungsmaxima gruppenweise berechnet und dann das Ge-
samtmittel bildet 1 ).
Tägliche Periode der Feuchtigkeit.
Die Aenderungen des Dampfgehaltes der Luft in der täglichen
Periode sind im Verhältnis zu denen der Temperatur nicht sehr er-
heblich, dagegen sind die Schwankungen der relativen Feuchtigkeit,
welche im Gegensatze zu der absoluten mit steigender Temperatur
abnimmt, viel grösser. Der Gang der täglichen Periode der absoluten
Feuchtigkeit ist von Ort zu Ort grossen Schwankungen unterworfen,
indessen können zwei Haupttypen unterschieden werden. Bei dem einen
fällt das Maximum in die Zeit der grössten Tageswärme, bei dem anderen
spaltet es sich in zwei Maxima, wovon das eine auf den Vormittag
und das andere auf den Nachmittag fällt. Der erstere Typus ist
hauptsächlich vertreten auf dem Meere und am Meeresufer sowie auf
sehr feuchtem Festlande (also auch zur regenreichen Jahreszeit). Der
letztere ist dem Kontinente eigen. In Gebirgsgegenden ist die Am-
plitude kleiner als in den Ebenen, und steigt die absolute Feuchtig-
keit am meisten in den wärmsten Tagesstunden.
In den Jahreszeiten zeigt sich für Europa insofern eine Ver-
schiedenheit, als in den Frühlings- und Sommermonaten das Maximum
') H. Meyer: Jährlicher Gang der Luftfeuchtigkeit in Norddeutschland.
Met. Zeitechr. 1885. S. 153, und 1887.
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Tägliche Periode. Luftfeuchtigkeit.
113
schon früher erreicht ist, als in den Wintermonaten, welcher Umstand
vonDove dadurch erklärt wurde, dass die durch den aufsteigenden
Luftstrom hinweggeführte Dampfmenge nicht so schnell durch die
Verdunstung ersetzt werden könnte.
Die Erklärung der täglichen Periode der absoluten Feuchtigkeit
ist allerdings in dem aufsteigenden Luftstrom zu suchen. Der auf-
steigende Luftstrom, welcher bei steigender Tagestemperatur sich ent-
wickelt, führt die Wasserdämpfe der unteren Luftschichten nach oben.
Am Erdboden kann die Verdunstung den weggeführten Wasserdampf
nicht mehr ersetzen und daher Abnahme der absoluten Feuchtigkeit
bis gegen Abend, wo der aufsteigende Luftstrom erlahmt und die
Dämpfe in den unteren Luftschichten wieder zunehmen und der Sätti-
gung sich nähern. Kann indessen die Verdunstung mit der steigenden
Temperatur gleichen Schritt halten wie auf dem Meere, in .Meeresnähe
oder an grösseren Landseen und in sehr feuchten Gegenden, oder wird
ein Ort von dem aufsteigenden Luftstrome überweht, wie auf Bergen,
so schiebt sich das Maximum der absoluten Feuchtigkeit weiter nach
den wärmsten Tagesstunden hinaus. Auch ist auf dem Meere und an
den Küsten, sowie auch in feuchten Gegenden (wegen Regen und stär-
kerer Bewölkung) der aufsteigende Luftstrom verhältnismässig schwach,
so dass die aufwärts mitgeführte Dampfmenge relativ geringer ist.
Die tägliche Periode der relativen Feuchtigkeit ist viel gleich-
artiger und im allgemeinen viel ausgeprägter als jene der absoluten.
Insbesondere zeigt sich bei der täglichen Periode der relativen Feuchtig-
keit eine ausgesprochene Abhängigkeit von der Temperatur und zwar
in umgekehrtem Sinne. Wo die Temperatur in den Vormittags- und
in den ersten Nachmittagsstunden rasch ansteigt, da sinkt auch in
demselben Masse die relative Feuchtigkeit, und wo jene geringe
Schwankungen zeigt, da hat auch die relative Feuchtigkeit eine ge-
ringe Amplitude. Die folgende Tabelle nach Woeikof und Wild 1 )
gibt eine vergleichende Uebersicht der Amplitude der Temperatur
und der relativen Feuchtigkeit:
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Woeikof : Klimatologie I, S. 186 und Repert. Bd. IV. Nr. 7. S. 28.
Van B ebb er, Meteorologie. 8
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114 Luftfeuchtigkeit. Jährliche Periode.
„Am kleinsten sind in dieser Tabelle die täglichen Aenderungen
der relativen Feuchtigkeit in Petersburg im Dezember, wenn auch
die tägliche Amplitude der Temperatur fast verschwindet. In den
anderen Monaten zeigt Sitka die kleinsten Aenderungen, wie es in
einem so feuchten Seeklima dieser Breite zu erwarten ist. An den
kontinentaleren Stationen beträgt die tägliche Amplitude der relativen
Feuchtigkeit nahezu 30 °/o oder selbst darüber im August. Die
Stationen Barnaul und Hüttenwerk Nertschinsk haben eine zu kleine
Amplitude der Feuchtigkeit im Vergleich zu derjenigen der Tempe-
ratur, was wohl von den mangelhaften Psychrometerbeobachtungen
kommt (die stündlichen Beobachtungen endeten im Jahre 1862). In
Tiflis ist die Amplitude der Feuchtigkeit selbst im Dezember noch 17 /o :
in Peking fast 19 °/o ; an letzterem Orte herrscht dann der trockene
Monsun. Besonders gross ist die Amplitude der Temperatur wie der
Feuchtigkeit in Nukuss in Zentralasien, im August und Oktober ist letz-
tere über 50°/o, im Juni selbst über 53°/o. Hier ist die Luft, wenn
auch im ganzen trocken, doch feuchter, als in den benachbarten
Wüsten, weil die künstliche Bewässerung in der nächsten Umgebung
wie auch in der Oase Chiwa im Westen die Luft mit Wasserdampf
bereichert. 1 *
Die Amplitude der Temperatur nimmt vom ausgesprochenen See-
klima bis zum eigentlichen Landklima nach und nach zu,, ebenso
wächst auch die Amplitude der relativen Feuchtigkeit mit der Ent-
fernung vom Meere in den innern Kontinent. Beim Uebergang vom
Winter zum Sommer zeigt sich für kontinental gelegene Orte höherer
Breiten eine raschere Zunahme der täglichen Schwankung der rela-
tiven Feuchtigkeit, als bei maritim gelegenen Orten; auch für mittlere
Breiten zeigt sich diese Erscheinung.
Die tägliche Periode des Sättigungsdefizits ist bis jetzt noch
nicht genügend untersucht worden. In der unten folgenden Tabelle
(Seite 118) sind für die einzelnen Monate die Mittelwerte für die drei
Beobachtungstermine für einige deutsche Stationen angegeben worden,
woraus hervorgeht, dass der Abend trockener ist als der Morgen;
nur liegt auf Borkum (Seeklima) die Sache umgekehrt. Es erscheint
sehr wahrscheinlich, dass das Sättigungsdefizit in der täglichen Periode
sich dem Gange der Temperatur anschliessen wird, wie dieses auch
in der jährlichen Periode der Fall ist.
Jährliche Periode der Luftfeuchtigkeit.
Der jährliche Gang der absoluten Feuchtigkeit schliesst sich sehr
nahe an denjenigen der Temperatur an. Das Minimum des Dampf-
druckes fällt in den kältesten Monat , also für die nördliche Hemisphäre
in den Januar, das Maximum in die wärmsten Monate. Die grössten
Schwankungen der absoluten Feuchtigkeit im Laufe des Jahres für die
europäisch-asiatischen Gegenden finden nach Wild an den Orten
niedriger Breiten statt, welche unmittelbar an Binnenmeeren liegen
oder im Winter nördlichen Landwinden, im Sommer andauernden
Südwinden (Monsunen) ausgesetzt sind (Peking und Nertschinsk). Die
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Luftfeuchtigkeit. Jährliche Periode.
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Luftfeuchtigkeit. Jährliche Periode.
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Luftfeuchtigkeit. Jährliche Periode. 117
geringsten Schwankungen der absoluten Feuchtigkeit sind dem See-
klima eigen, also hauptsächlich den Orten an den Westküsten der
Kontinente.
In Deutschland schwankt das Jahresmittel des Dampfdruckes
zwischen etwa 6 bis 8 mm, wobei dasselbe von Westen nach Osten
hin abnimmt. Den geringsten Feuchtigkeitsgehalt haben die Berg-
stationen. Die jährliche Amplitude der absoluten Feuchtigkeit ist
am grössten in Westdeutschland, kleiner im Osten und am kleinsten
auf hohen Bergen.
Der jährliche Gang der relativen Feuchtigkeit zeigt nicht die-
selbe Regelmässigkeit wie derjenige der absoluten, sondern ist für
die einzelnen Gegenden ein sehr verschiedener. Das Maximum fällt
in Deutschland fast durchweg in den Januar oder Februar, das Mini-
mum in den Mai. Im europäischen Russland fällt das Maximum
nach der ausführlichen Tabelle von Wild in die Zeit von Dezember
bis Februar, nur in den nördlichen Küstengegenden des Schwarzen,
Asow'schen und Kaspischen Meeres in den März und November, während
die ostasiatischen Küstenländer im Juli und August die grösste rela-
tive Feuchtigkeit aufweisen. Das Minimum der relativen Feuchtigkeit
findet in den eben genannten Gegenden fast überall in den Monaten
Mai und Juni statt, nur im südlichsten Teile am Kaspischen Meere
im Juli und in den ostasiatischen Küstenländern im April und Mai.
Das Jahresmittel der relativen Feuchtigkeit ist im Seeklima am grössten
und nimmt von der Küste -nach dem Binnenlande im allgemeinen
ab. Mit der vertikalen Erhebung nimmt das Jahresmittel zu. Die
jährliche Amplitude der relativen Feuchtigkeit, welche mit der Am-
plitude der Temperatur in naher Beziehung steht, ist in der Regel
um so grösser, je geringer das Jahresmittel ist, sie nimmt zu mit
der Entfernung von der Küste, und ab mit der Erhebung über dem
Erdboden. Bemerkenswert ist, dass lokale Verhältnisse, wie z. B.
Gebirge, unmittelbare Nähe wärmerer Gegenden, das Vorhandensein
einer Schneedecke, Wälder etc. auf die relative Feuchtigkeit der Luft
einen beträchtlichen Einfluss ausüben können.
Das Sättigungsdefizit zeigt in seinem jährlichen Verlaufe grosse
Uebereinstimmung mit jenem der Temperatur. Das Minimum fallt
in den Dezember oder in den Januar oder Februar, das Maximum
fast durchweg in den Juli. * Bemessen wir also die Trockenheit des
Klimas nach der Grösse des Sättigungsdefizits, so ist der Sommer am
trockensten, der Winter die feuchteste Jahreszeit. Der Frühling ist
trockener als der Herbst. Die Amplitude ist im Binnenlande grösser
als an der Küste (in der Ebene grösser als an höher gelegenen Orten)
im Osten grösser als im Westen/ Es sei hierbei noch bemerkt, dass
das Sättigungsdefizit durch die Bewölkung, sowie durch die Winde
nicht unerheblich beeinflusst wird. Die folgende Tabelle nach Meyer
gibt für einige deutsche Stationen das Sättigungsdefizit für drei
Beobachtungstermine und für die einzelnen Monate *).
Die Erklärung der Verteilung und der jährlichen Periode der
*) Siehe Met. Zeitschr. 1887. S. 116.
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118 Luftfeuchtigkeit. S&ttigungsdefizit.
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Bewegung der Luft. U9
Luftfeuchtigkeit ergibt sich aus der Kenntnis der allgemeinen Tem-
peratur- und Windverhältnisse. Die Feuchtigkeit der Luft entstammt
hauptsächlich den Gewässern. Der an ihrer Oberfläche gebildete
Wasserdampf wird durch die Winde fortgetragen und breitet sich
über das Land aus, wobei er durch Kondensation nach und nach
abnimmt. Es wird sich also bei der Beurteilung der Feuchtigkeit
eines Ortes oder Landes darum handeln, ob der vorherrschende Wind
ein Land- oder Seewind ist, welche Gegenden er auf seinem Wege
bestreicht und ob und wie er seine Eigenschaften ändert.
V. Die Bewegung der Luft.
Eine hervorragende Eigenschaft der unsere Erde in verhältnis-
mässig dünner Schicht umgebenden Atmosphäre ist die leichte Ver-
schiebbarkeit ihrer Teilchen, und hieraus folgt ihre leichte Beweglichkeit.
Durch beständig oder zeitweise wirkende Ursachen, insbesondere aber
durch Wärme und Feuchtigkeit ist das atmosphärische Gleichgewicht
stets gestört. Da nun die Luft wegen ihrer ungleichen Dichtigkeit
das Bestreben hat, den Gleichgewichtszustand herzustellen, und dieses
Bestreben nie befriedigt wird, also ein vollständiger Ausgleich wegen
der beständig fortwirkenden Störungsursachen nie zustande kommt,
so ist die Luft in beständiger Bewegung begriffen. Diese Bewegung
der Luft nennen wir Wind. Der Wind, sowohl was seine Richtung
als Stärke betrifft, ist abhängig von der Verteilung des Luftdrucks
und diese wird bedingt durch die Masse der Luft, welche über dem
betreffenden Orte ruht und die durch das Barometer gemessen wird.
Den Zusammenhang des Luftdruckes mit dem Winde werden wir
erst weiter unten des näheren untersuchen; zunächst wollen wir die
Richtung und Stärke des Windes an und für sich besprechen.
Die Richtung des Windes wird angegeben nach den Strichen
des Kompasses, von welchen der Wind kommt. Für gewöhnliche
Zwecke, insbesondere für Binnenlands-Beobachtungen, reichen acht
Hauptstriche des Kompasses vollkommen aus, nämlich N, NE, E,
SE, S, SW, W, NW, N (die östlichen Winde werden mit E bezeichnet,
weil in den romanischen Sprachen für West gilt, welchem Um-
stände Missverständnisse zuzuschreiben sind). Bei Beobachtungen auf
See, auch zu Zwecken der Seewarte und tiberall dort, wo es sich um
genauere Bestimmungen handelt, wird zwischen je zwei Hauptstriche
noch ein Zwischenstrich eingeschoben, und zwar NNE, ENE, ESE,
SSW, WSW, WNW und NNW, so dass also bei 16 Strichen zwischen
je zwei Strichen ein Winkel von 22 '/« ° Hegt. Die Richtung des Windes
wird bei den Beobachtungen auf See nicht nach den wahren astro-
nomischen Himmelsrichtungen angegeben, sondern nach dem Kom-
passe, dessen Richtungen im allgemeinen nicht mit den ersteren tiber-
einstimmen. Die auf letztere Art angegebenen Windrichtungen nennt
man missweisend zum Unterschiede von den nach den wahren Himmels-
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120
Wind. Windfahne.
richtungen bestimmten. Auch Beobachter an der Küste beobachten
nicht selten die Windrichtungen missweisend und dieser Umstand ist
bei Verwertung solcher Beobachtungen gegebenen Falls zu berück-
sichtigen. Die Abweichung der Magnetnadel vom astronomischen
Meridian betrug am Ende des Jahres 1888 für Hamburg 12° 21' W,
und die jährliche Abnahme 7 m . Um also für Hamburg missweisende
Richtungen in rechtweisende zu verwandeln, muss die obige Grösse
von der beobachteten abgezogen werden.
Fig. 27.
Messinstrumente.
Zur Bestimmung der Windrichtung dient die Windfahne. Diese
hat gewöhnlich die in Fig. 27 dargestellte Gestalt ca. Die Kugel bei c
dient als Gegengewicht der keilförmig zusammengefügten Blechstreifen
bei a, die Stangen N, E, S, W geben die
vier Himmelsgegenden an. Die Vorrich-
tung ef, worauf wir noch später zurück-
kommen wollen, dient zur Bestimmung
der Windgeschwindigkeit. Bei der Kon-
struktion der Windfahne ist ganz be-
sonders darauf zu achten, dass dieselbe
möglichst leicht beweglich oder empfind-
lich und dann möglichst stabil sei. In
letzterer Beziehung haben die keilförmigen
Fahnen vor den planen den Vorzug. Die
Oszillation der Windfahne wird um so
kleiner, je länger die Fahne ist; ebenso
wächst die Stabilität mit der Breite des
Keiles. Die Aufstellung der Windfahne
muss eine freie sein, so dass die um-
gebenden Gegenstände keinerlei Einfluss
auf dieselbe ausüben können und die Wind-
fahne auch wirklich die Richtung des
Windes in der ganzen Umgebung angibt.
Andererseits können die Bewegung des
Rauches aus hohen Schornsteinen, sowie
die Richtung eines auf hoher Stange be-
festigten Wimpels ganz gut zur Beobach-
tung der Windrichtung benutzt werden.
Zur Bestimmung der oberen Luftströ-
mungen sind wir auf die Beobachtung
des Wolkenzuges angewiesen, wobei je-
doch die Höhe der Wolken oder, da wir
diese gewöhnlich nicht kennen, die Wolkenform berücksichtigt werden
muss. Es sei hierbei bemerkt, dass der Wolkenzug mit der Wind-
richtung in den unteren Luftschichten nicht immer übereinstimmt,
sondern vielfach von derselben, mitunter erheblich, verschieden ist.
Einen Massstab für die Grösse der Luftbewegung geben die
Geschwindigkeit der Luft, die Windstärke oder der Winddruck. Zur
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Wind. Anemometer.
121
Messung der ersteren dient das Anemometer (Fig. 28). Das Ane-
mometer besteht aus einem oberen aufnehmenden und einem unteren,
registrierenden Teil. Der erstere steht durch eine Kette k und eine
Stange s mit dem unteren in Verbindung. Die Stange s überträgt
Fig. 28.
die Bewegung der Windfahne auf die untere Welle p, die Kette die
Bewegung des Skalenkreuzes auf die obere Welle q, welche Bewe-
gung durch mehrfache Uebersetzungen auf etwa das 20 OOOfache ver-
langsamt wird. Fig. 29 zeigt den eigentlichen Registrierapparat.
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122
Wind. Anemometer.
Ein schmaler Papierstreifen z (siehe Fig. 28) ist zwischen zwei
mit erhaben gearbeiteten Punkten und Zahlen versehene Rädchen ge-
klemmt, uud wird durch die Welle q, der jeweiligen Windgeschwindig-
keit folgend, fortbewegt. In einer bestimmten Zeit, etwa nach jeder
Stunde, wird durch die Uhr ein Hammer auf den Papierstreifen
fallen gelassen, welcher auf demselben einen Pfeil markiert, dessen
Richtung durch den durch die Stange s bewegten Stahlcylinder be-
stimmt ist. Auf diese Weise zeigt also der Papierstreifen Zeit, Wind-
richtung und Windgeschwindigkeit, letztere gewöhnlich in Metern pro
Sekunde. Die Messung der Windgeschwindigkeiten durch das Anemo-
meter hat insoferne seine Bedenken, indem seine Angaben sehr von
Fig. 29.
den zufälligen Eigentümlichkeiten des Aufstellungsortes abhängen und
weil Anemometer verschiedener Grösse und Konstruktion meistens
keine vergleichbaren Werte geben.
Um den Winddruck zu messen, lässt man den Wind auf eine
Platte wirken, welche durch eine Windfahne der Richtung des Windes
stets senkrecht entgegengehalten wird, wobei der Widerstand der
Platte durch Federn oder durch eine Anzahl von Hebeln überwunden
und gemessen wird. Aus der Grösse, um welche die Federn zu-
sammengedrückt werden, lässt sich der Druck des Windes berechnen,
welcher gewöhnlich in Kilogrammen pro Quadratmeter ausgedrückt
wird. Nach Ferrel *) ist die theoretische Formel für das Verhältnis
von Winddruck und Windgeschwindigkeit (die Viskosität der Luft
gleich Null gesetzt) folgende:
_ 0,002698 v 2 P
P ~~ 1 + 0,004 t * P
worin p den Winddruck in Pfunden pro engl. Quadratfuss, v die Wind-
geschwindigkeit in englischen Meilen pro Stunde, t die Lufttemperatur
in Celsiusgraden, P den mittleren Barometerstand von 760 mm und P
den thatsächlich an der Station beobachteten in Millimetern Quecksilber-
höhe bedeuten. Ist t = 15° und P = 760 mm, so wird p = 0,00255 v.
Dagegen ist die empirisch gefundene alte Formel p = 0,005 v und die
Hagensche Formel p = (0,00279 + 0,0001395 u) v 2 A, worin A die
Fläche der gedrückten quadratischen Scheibe und u ihren Umfang be-
') Amerik. Met. Journal 1887. S. 173.
j
Wind. Windstärkemesser. 123
deuten. Diese Formeln nehmen keine Rücksicht auf Lufttemperatur und
Luftdruck. Nimmt man diese zu 15°, resp. zu 760 mm, und setzt in
Hagen's Formel A = 1, so ergibt sich aus den verschiedenen Formeln
eine Schwankung der Verhältnisse der theoretischen Werte zu den em-
pirischen von 1:1,06 bis zu 1:1,19. Indessen machen es die Unter-
suchungen von L o o m i s , abgeleitet aus Experimenten von Newton,
wahrscheinlich , dass das Verhältnis höchstens 1 : 1,224 erreicht.
Für die Reduktion der Windgeschwindigkeit auf Winddruck ist also
bis jetzt eine genaue Methode noch nicht aufgestellt worden, und
ausserdem geben verschiedene Instrumente mit gleicher Plattengrösse
ebensowenig dieselben Resultate, als dieselben Instrumente mit ver-
schiedenen Plattengrössen. Eine genaue Methode, den Winddruck
direkt zu bestimmen, oder ihn aus der Windgeschwindigkeit abzuleiten,
wäre für die Praxis von grosser Bedeutung, da die Kenntnis des
Winddrucks in extremen Fällen bei Konstruktion von manchen Ge-
bäuden und sonstigen Anlagen von nicht geringem Nutzen ist.
Die Apparate zur Messung der Windgeschwindigkeit und des
Winddruckes sind verhältnismässig kostspielig und daher können die-
selben nur an wenigen Stationen angeschafft werden. Sehr gute
Dienste leistet der von Wild angegebene einfache „Windstärkemesser",
welcher an jeder Windfahne anzubringen ist und der noch den Vor-
teil hat, dass die einzelnen Windstösse beobachtet werden können.
Diese Vorrichtung ist in Fig. 27 durch e g dargestellt worden. Der
Bügel g ist vermittelst eines Ringes an der Röhre b festgeklemmt
und dient einer rechteckigen Tafel als Halter. Die letztere wird
nämlich an ihrem oberen etwas verstärkten Ende von den Spitzen
zweier in dem Bügel steckender Schrauben gehalten, die ihr als hori-
zontale Drehungsachse dienen ; bei der Drehung um dieselbe bewegt
sie sich längs eines an demselben Bügel befestigten Kreisbogens f.
Die Blechtafel ist 0,30 m lang, 0,15 m breit und wiegt 250 Gramm.
An dem Bogen f sind sieben Zinken oder Stifte in solchen Abständen
voneinander befestigt, dass der Beobachter aus der (Stellung der
Tafel gegen diese Stifte direkt die augenblickliche Geschwindigkeit
des Windes in Metern pro Sekunde angenähert ablesen kann. Wenn
die Blechtafel die oben angegebenen Masse besitzt, so wird sie nach
empirischen Ermittelungen bei den verschiedenen Winden gehoben:
Hebungswinkel
Windgeschwindigkeit
in Metern pro Sekunde
Hebnngswi]
der Tafe
der Tafel
2,0°
7
52,6°
7,0
8
62,0
14,0
9
66,3
22,8
10
69,9
32,7
12
74,2
42,3
14
77,0
Nach diesen Angaben ist der Windstärkemesser leicht und sehr
billig anzufertigen, es müssen die oben angegebenen Dimensionen, ins-
besondere jene der Grössenverhältnisse der Tafel genau inne gehalten
werden. Bei der Beobachtung empfiehlt es sich, eine Zeitlang, etwa
2 — 3 Minuten, die Schwankungen der Tafel zu beobachten und aus
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124 Wind. Beaufort's Skala.
den äussersten Stellungen das Mittel zu nehmen. Man erhält so an-
genähert richtig die mittlere Windgeschwindigkeit während der Beob-
achtungszeit.
Die älteste und auch jetzt noch überall angewandte Methode,
die Windstärke zu beobachten, ist jene der Schätzung. Wenn auch
diese Methode vieler Willkür unterworfen ist, da sie ja von der Indi-
vidualität des Beobachters abhängt, so gibt sie dennoch bei einiger
Uebung ganz gute Resultate und macht es namentlich möglich, zahl-
reiche und ausgebreitete Windbeobachtungen überhaupt zu erhalten.
Die den Schätzungen zu Grunde liegende Skala (s. folgende S. 125)
wurde im Jahre 1805 vom Adrairal Beaufort aufgestellt. Die ersten
Grade dieser Skala (bis Stärke 4) haben die Geschwindigkeit eines
Segelschiffes, die folgenden die Grösse der Segelfläche zur Grundlage
der Unterscheidungen. Bei den ausserordentlichen Mannigfaltigkeiten
der Schiffsgattungen und der Takelage und der dabei obwalten-
den Umstände ist eine genaue Feststellung der einzelnen Wind-
stärken nach der Be auf ort'schen Skala nicht wohl möglich und wir
sind bei Fixierung der Windstärken darauf angewiesen , denjenigen
Massstab zu wählen, welcher von dem Durchschnitte der beobachtenden
Seeleute als solcher angenommen wird. Die von der Seewarte sowohl
in Bezug auf Beobachtungen an den Küstenstationen als auch auf
Schiffen gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass die Schätzungen
eine durchaus befriedigende Uebereinstimmung durchschnittlich auf-
weisen und also im allgemeinen miteinander ganz gut vergleichbar
sind. Im Binnenlande verhält sich die Sache indessen ganz anders,
indem hier jeder Beobachter mehr oder weniger geneigt sein wird,
die Windskala den an seinem Orte herrschenden Windverhältnissen
anzupassen, so dass hier die Vergleichung der Windstärken verschie-
dener Orte ohne weiteres nicht angängig ist.
Versuche, die Schätzungen nach Beaufort's Skala in Meter pro
Sekunde umzuwandeln, sind von verschiedenen Seiten gemacht worden,
so insbesondere von Scott, Sprung, Koppen, Chatterton u.a.
Bei allen diesen Untersuchungen wurden die Windgeschwindigkeiten
nach den Rubriken der Beaufort* sehen Skala geordnet, und hierin
lag ein systematischer Fehler, auf den Koppen in neuester Zeit
aufmerksam gemacht hat. „Bei der Vergleichung von Werten ein-
zelner Zeitmomente eines unregelmässig veränderlichen Elementes mit
Integralwerten beliebiger Zeitabschnitte muss man die ersteren nach
der Grösse der letzteren ordnen, weil bei umgekehrter Ordnung die
Differenzen der Integralwerte zu klein ausfallen, und die Werte aller
Stufen dem Mittel genähert werden. Es geht dieses aus der ein-
fachen Erwägung hervor, dass die hohen Momentwerte überwiegend
von Wellenbergen, die tiefen von Wellenthälern der Kurve stammen,
in diesem Falle also die hohen Schätzungen von Windstössen, die nie-
deren von stillen Intervallen, während die Anemometerangaben den
gesamten Windweg einer Stunde oder dergl. liefern, welcher sich dem
Mittelwerte aus Bergen und Thälern nähert."
In nachstehender Tabelle geben wir die Beaufort'sche Skala,
wie sie gegenwärtig bei uns in Gebrauch ist, und fügen derselben
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Wind. Beziehung zum Luftdruck. 125
die Windgeschwindigkeiten bei, wie sie für die einzelnen Stufen der
Skala gefunden wurden. Diese Zahlen bedeuten Meter pro Sekunde»
Beaufort's Windskala und entsprechende Windgeschwindigkeit.
Windgeschwindigkeit Meter
pro Sekunde
nach
nach
nach
nach
nach
nach
. Beaufort's Skala
Scott Sprang Koppen Sprang u. Koppen
Koppen
Chatterton
kombiniert
neuere Meth
0. Windstille . . .
(1,5)
1,9
2,1
1,0
—
—
1. Leiser Zug . .
3,5
2,7
2,9
2,8
2 r ,l
—
2. Leichter Wind .
6
4,0
4,2
4,1
3,8
—
3. Schwacher Wind
8
5,4
5,3
5,4
5,4
5,2
4. Massiger Wind .
10
6,8
6,9
6,8
7,2
7,6
5. Frischer Wind .
12,5
8,2'
8,7
8,4
9,0
10,8
6. Starker Wind .
15
9,8
10,7
10,2
11,6
12,5
7. Harter steifer Winc
18
10,7
12,7
11,7
13,3
15,8
8. Stürmischer Wind
21,5
12,4
14,5
13,4
15,8
18,6
9. Sturm ....
25
14,9
15,7
15,3
—
—
10. Starker Sturm . . 29 — — — - —
11. Heftiger harter Sturm 33,5 — — — — —
12. Orkan 40 - — — — -
Die obigen Zahlen weichen sehr voneinander ab, insbesondere
sind die von Scott abgeleiteten Werte, welche von dem meteoro-
logischen Amte in London als massgebend angenommen sind, den
anderen gegenüber auffallend hoch. Hierbei ist zu berücksichtigen,
dass jene (ebenso wie die von Chatterton) sämtlich nach der alten
Voraussetzung von Robinson abgeleitet sind, dass die Windgeschwin-
digkeit dreimal so gross sei als die Geschwindigkeit der Schalen-
mitten, obgleich dieses Verhältnis nach den neueren Untersuchungen
für die Mehrzahl der jetzt gebräuchlichen Anemometer erheblich zu
hoch ist. Von Sprung und Koppen wurde die Trägheitskonstante
zu 1,0 m und der Robinson'sche Faktor zu 2,4 angenommen, so
dass die Relation gilt W = 1,0 + 0,8 W', (W = 3 a), worin a der
Weg der Schalenmitten ist. Die Werte nach Koppen sind durch
andere Gruppierung der von Schott benutzten Beobachtungen und
durch Korrektion auf obige Weise gewonnen. In der vorletzten Rubrik
sind die von Koppen aus der Untersuchung der Stationen Borkum,
Keitum, Swinemünde und Neufahrwasser gewonnenen Endresultate
wiedergegeben worden, indem die Schätzungen nach derBeaufort-
schen Skala nach den entsprechenden Rubriken der Windgeschwin-
digkeiten und nicht die Windgeschwindigkeiten nach den Rubriken
der Beaufort'schen Skala geordnet wurden.
Luftdruck und Wind.
Eine auch nur oberflächliche Betrachtung der Wetterkarten, wie
sie täglich von den meteorologischen Instituten herausgegeben und
auch vielfach von den Zeitungen veröffentlicht werden., lässt sofort
erkennen, dass zwischen der Luftdruckverteilung und der Richtung
und Stärke des Windes ein ganz bestimmtes Abhängigkeitsverhältnis
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120 Wind. Buys Ballot's Gesetz.
existiert, welches wir jetzt näher besprechen wollen. Wie bereits
gesagt, befindet sich die Luft niemals im Gleichgewicht, sondern
dieses ist beständig durch andauernd oder zeitweise wirkende Ursachen
gestört. Diese Ungleichheit in der Verteilung des Luftdrucks verur-
sacht ein Bestreben der Luft, das gestörte Gleichgewicht wieder her-
zustellen, indem jene von dem Orte des höheren Druckes nach dem
des niederen hinfliesst, eine Bewegung, die wir Wind nennen. Diese
Luftbewegung ist um so stärker, je grösser die Luftdruckunterschiede
sind. Die Grösse der Luftdruckunterschiede wird gemessen durch
den Gradienten, d. h. durch eine auf den Isobaren senkrechte Linie
und durch die Anzahl der Millimeter, um welche der Luftdruck auf
dieser Linie in einer Strecke von einem Meridiangrad (111 km) ab-
nimmt. Wenn wir nur die Wirkung der Schwere berücksichtigen,
so müsste die Richtung der bewegten Luft mit derjenigen des Gra-
dienten zusammenfallen und der Wind würde also direkt in gerader
Linie zur Stelle des niedrigsten Luftdrucks hinströmen. Aber ausser
der Wirkung der Schwere ist die bewegte Luft noch anderen Ein-
flüssen unterworfen, welche sie beständig von der Richtung des Gra-
dienten ablenken. Bei ruhender Erde würde die nach irgend einer
Richtung hin bewegte Luft ein Stück eines grössten Kreises be-
schreiben, allein die Erdrotation verursacht eine Ablenkung der Wind-
bahnen vom grössten Kreise, welche sich aus folgender Betrachtung
ergibt, bei welcher ich den Ausführungen von Sprung der Haupt-
sache nach folge 1 ).
Auf einer ebenen Scheibe, welche frei im Räume mit einer kon-
stanten Winkelgeschwindigkeit cd rotiert, bewege sich ein Körper,
der durch einmaligen Impuls nach irgend einer der Scheibe parallelen
Richtung fortgetrieben wurde, sonst aber irgend einer Kraft nicht
unterworfen ist. Offenbar wird der Körper, dem Trägheitsgesetze
folgend, absolut genommen, in gerader Linie mit gleichförmiger Ge-
schwindigkeit fortschreiten, aber die relative Bahn, welche der Körper
beschreibt, für denjenigen, der sich auf der Scheibe selbst befindet,
ist von der Geraden sehr verschieden und lässt sich durch Konstruk-
tion leicht finden.
Vom Drehungspunkte M der Scheibe fälle man auf die absolute
geradlinige Bahn des -Körpers die Senkrechte a, teile die absolute
Bahn durch die Punkte 0, 1, 2, 3, 4 . . ., welche je um den Wert v
der absoluten Geschwindigkeit voneinander entfernt sind, und beschreibe
durch dieselben Kreise um den Drehungspunkt M als Mittelpunkt.
Der absoluten Bewegung des Körpers bis zu den Punkten 1, 2, 3 . . .
entspricht eine Rotation der Scheibe um einen Winkel a>, 2 a>, 3 co . . . .
Um nun diejenigen Punkte I, II, III . . . auf der Scheibe zu bestimmen,
welche 1, 2, 3 . . ., Sekunden später als der Punkt mit dem Körper
in Berührung kommen werden, muss man auf dem Kreise k x um den
Bogen <&r v auf dem Kreise k 2 um 2<or 2 etc. von der Geraden aus
') Annalen derHydrogr. u. mar. Meteor. 1880. S. 603. Vergl. auch Sprung:
Studien über den Wind und seine Beziehungen zum Luftdruck; im Archiv der
Seewarte 1879. Nr. 1.
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Wind. Buys Ballons Gesetz.
127
rückwärts gehen, der Bewegung der Scheibe entgegen. Die relative
Bahn des Körpers 0, I, II, III .. . stellt eine Kurve dar, deren Krüm-
mungsmittelpunkt rechts vom fortschreitenden Körper liegt. Eine
solche Krümmung nennt man eine anticyklonale, im Gegensatze zu
der cyklonalen, bei welcher der Krümmungsmittelpunkt links vom fort-
schreitenden Körper liegt. Die erhaltene Bahn ist die Trägheitsbahn
der relativen Bewegung auf der rotierenden Scheibe. „Jede relative
Bewegung, welche von derjenigen in dieser Trägheitskurve verschieden
ist, weicht auch von der absoluten geradlinigen Bewegung ab und
kann daher nur unter dem Einflüsse äusserer Kräfte von statten
gehen."
Ersetzt man die Scheibe durch eine in der Mitte vertiefte Fläche,
wie sie unter dem Einflüsse einer anziehenden, zur Scheibe überall
Fig. 30.
senkrechten Kraft in einer die Scheibe bedeckenden und mit ihr
rotierenden Pltissigkeitsmasse entstehen würde (Paraboloidfläche), so
wird der Körper durch eine Komponente jener anziehenden Kraft
beständig nach innen gezogen und die Trägheitskurve vereinfacht
sich zu einer Kreislinie, welche vom Körper mit der konstanten re-
lativen Geschwindigkeit v durchlaufen wird, die ihm durch irgend
einen Impuls zu Anfang der Bewegung mitgeteilt ■ wurde. Für den
Radius p dieses Kreises erhalten wir : p =
2(0
-Nun ist aber die
Erdoberfläche eine solche Fläche, welche durch die Rotation und durch den
gleichzeitigen Einfluss der anziehenden Kraft der Erdmasse entstanden
ist und in ihrem tropfbar flüssigen Teile, dem Wasser, durch die an-
dauernde Rotation fortwährend in dieser Form erhalten wird. Die
vorstehende Betrachtung ist daher auf denjenigen Teil der Erdober-
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128 Wind. Buys BallotV Gesetz.
fläche, welcher den Nordpol unmittelbar umgibt, ohne weiteres an-
zuwenden ; od bedeutet dann die Winkelgeschwindigkeit der Erdrotation,
d. h. es ist o> = oüTTä * * n dem eine ganze Erdrotation in t= 86164 Se-
kunden (einem Sterntag) ausgeführt wird. Beiläufig sei bemerkt, dass
der Körper unabhängig von der Grösse seiner Geschwindigkeit v in
12 Stunden Sternzeit wieder zum Ausgangspunkte zurückgelangt,
denn der Umfang des Kreises ist 2prc, die Zeitdauer des Umlaufes
also u = — - — ; setzt man aber für p und o> die obigen Werte, so
erhält man: u = — ^ — Sekunden = 12 Stunden. Da u konstant
ist, so muss p mit v wachsen.
In der Breite <p kann man die Erdoberfläche als um die Spitze
eines Kegels rotierend denken, welcher dieselbe in dem Breitekreise <p
berührt. Denkt man sich den Kegelmantel in einer Seitenlinie auf-
geschnitten und in einer Ebene ausgebreitet, so stellt er das Segment
einer Kreisscheibe dar, welches in 24 Stunden um sich selbst ver-
schoben wird. Die ganze Kreisscheibe verhält sich aber zum Segmente
wie 1 : sin cp und daher beträgt ihre Rotationsdauer — : Stunden.
T e siny
Also ist die Winkelgeschwindigkeit für die Breite <p == <osin<p und
v
somit ist der Radius des Trägheitskreises : p = — — : . Am Pol
2(üsm<p
wird sin <p = 1, also p = -~ — .
Für die verschiedenen Längen des Krümmungsradius (in Kilo-
metern), die Geschwindigkeiten v und die geographischen Breiten
erhält Sprung folgende Werte:
Geogr. Breite . . 2 1 /* 5 10 20 30
( 20m 00 3144 1572 790 401 274
Geschwindigkeit < 10m 00 1572 787 395 200 137
( 5m 00 786 393 197 100 69
„Streng genommen kann die Trägheitsbahn kein Kreis sein,
schon deshalb, weil sich ja für jede derartige Bewegung die geo-
graphische Breite und somit die Länge des Krümmungsradius ändert.
Erhält z. B. ein Körper in 40° n. B. durch einen einmaligen hori-
zontalen Impuls in westöstlicher Richtung eine Geschwindigkeit von
10 m (welche derjenigen eines frischen Windes gleichkommt), so
wird derselbe von diesem Breitekreise alsbald nach rechts abweichen,
bis er sich in 38° Breite genau von Ost nach West bewegt; diesen
Bfreitekreis verlassend, wendet er sich wieder nach Norden und er-
reicht nach 19 Stunden wieder 40° Breite, trifft aber nicht genau
denselben Punkt, von welchem er ausging, sondern einen etwas weiter
westlich gelegenen, so dass er in einer grossen Zahl von Schleifen,
immer zwischen 38° und 40° verharrend, allmählich rings um die
Erde herumläuft."
40
50
60
70
80
90
213
179
158 146 139
137
107
90
79
73
70
69
53
45
40
36
35
34
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Wind. Buys Ballot's Gesetz.
129
Jsobart
In Wirklichkeit finden wir, dass die Bahnen, welche die Luft-
teilchen in den Luftströmungen beschreiben, nicht so stark gekrümmt
sind, wie die Trägheitskurven, ja nicht
selten ist die Krümmung eine entgegen-
gesetzte. Wir müssen also hier eine Kraft
(r e ) annehmen, welche auf unserer Hemi-
sphäre von rechts nach links wirkt. Eine
andere äussere Kraft (F r ) muss ebenfalls vor-
handen sein, welche bei gleichförmiger Ge-
schwindigkeit die Reibung tiberwindet und
deren Richtung mit derjenigen der Be-
wegung zusammenfällt. Die Kräfte T r und
T e repräsentieren zusammen die Wirkung
der Schwerkraft, Diese beiden Kräfte setzen
sich zu einer einzigen resultierenden zu-
sammen. Nach Fig. 31 ist die Richtung
des Luftstromes von derjenigen des Gra-
dienten um den Winkel a nach rechts hin
verschieden.
Bewegte sich ein Luftstrom auf einer
(anticyklonal) stärker gekrümmten Bahn a b c
als in der Trägheitskurve, so müssen wir
eine von links nach rechts gerichtete äussere Kraft annehmen, dagegen
von rechts nach links, wenn die Krümmung der wirklichen Bahn
geringer ist als bei der Trägheitskurve (f b g). Denken wir uns zu-
nächst bei gleichbleibender Geschwindigkeit die Kraft T r unverändert,
so wird die resultierende Kraft T bei Bewegungen in der Trägheits-
kurve mit dieser zusammenfallen, sie wird bei sehr starker Krümmung
der Bewegungsrichtung rechts von derselben liegen, und bei schwä-
cherer Krümmung als in der Trägheitskurve weicht sie links von
der Bewegungsrichtung ab. Im letzteren Falle kann die Bewegungs-
richtung in die entgegengesetzte, oder in die cyklonale Krümmung
übergehen. Hiermit vergrössert sich die Gradientkraft und der Winkel a
und wir erhalten hieraus folgenden wichtigen Satz : Unter sonst gleich-
bleibenden Umständen entspricht der cyklonalen Krümmung ein stär-
kerer Gradient und ein grösserer Ablenkungswinkel als der anti-
cyklonalen Krümmung.
Lassen wir bei übrigens gleichbleibenden Bedingungen die Kraft
zur Ueberwindung des Reibungswiderstandes T T sich ändern, so folgt
sofort, dass unter sonst gleichen Verhältnissen mit zunehmendem Rei-
bungswiderstand der Gradient zu-, und der Ablenkungswinkel abnimmt.
Es wird also auf dem Lande der Wind im allgemeinen mehr von
der Richtung der Isobaren abweichen als auf dem Wasser.
Am Aequator ist der Radius der Trägheitskurve oo und diese
nähert sich der geraden Linie; die Kompenente T e nimmt ab, die
Gradientkraft T wird kleiner, indem sich ihre Richtung mehr der
Windbahn nähert. Wir können also den Satz aussprechen, dass
unter sonst gleichen Umständen der Gradient und der Ablenkungs-
winkel mit der Annäherung zum Aequator abnehmen.
VanBebber, Meteorologie. 9
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130 Wind. Buys Ballot's Gesetz.
Die Kraft F r hat bei gleichförmiger Bewegung nur die Reibungs-
widerstände zu überwinden; ist die Luftbewegung eine beschleunigte,
so ist diese Kraft grösser, als zu diesem Zwecke nötig ist; ist die
Luftbewegung eine verzögerte, so ist die Kraft nicht hinreichend,
die Reibungswiderstände zu tiberwinden.
Die Wetterkarten weisen nach, dass die Windbahnen fast durch-
weg schwächer gekrümmt sind als die Trägheitskurven, so dass die
cyklonale Krümmung vorwiegt.
Aus den obigen Betrachtungen folgt sofort das Buys-Ballot'sche
Gesetz , welches wir in der Form hier wiedergeben wollen , wie es
dem gegenwärtigen Standpunkte der Wissenschaft entspricht: 1. Auf
der nördlichen Hemisphäre weht der Wind so, dass, wenn wir dem-
selben den Rücken kehren, die linke, etwas nach vorne erhobene
Hand das Gebiet niederen, und die rechte, etwas nach rückwärts er-
hobene das Gebiet hohen Luftdruckes anzeigt. Für die südliche He-
misphäre sind Rechts und Links miteinander zu vertauschen. Dabei
hängt die Grösse des Winkels, den die Windrichtung mit der Iso-
bare des betreffenden Ortes bildet, von der geographischen Breite,
der Grösse der Reibung und von dem Beschleunigungs- oder Ver-
zögerungszustande der Luftbewegung ab. 2. Unter gleichen Um-
ständen ist die Windstärke um so grösser, je grösser die am Orte
wirksamen, in gleicher Weise gemessenen Druckunterschiede (Gra-
dienten) sind. Der erste Teil dieses Satzes ist durch unten stehende
Figur nach Koppen illustriert.
Dieses Gesetz bildet die Hauptgrundlage, auf welcher sich die
ausübende Witterungskunde aufbaute und fortentwickelte, hieran
Fig. 32.
Jü&drigererlatftdruxk.
*bart
Kolitrtr Ljrftäruck.
schlössen sich insbesondere die zahlreichen Bestrebungen , mit Be-
nutzung der Telegraphie Wind und Wetter vorauszusagen, was wir
weiter unten noch des näheren zu besprechen haben.
Besonders bemerkt sei noch, dass die Zentrifugalkraft, welche
in demselben Sinne wirkt wie die Erdrotation, ebenfalls wie diese
keine treibende, sondern eine ablenkende Kraft ist. In allen Fällen,
in welchen Körper in krummlinigen Bahnen sich bewegen, tritt diese
Kraft auf und sucht den Körper vom Zentrum der Bewegung weg-
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Wind. Beziehung zum Luftdruck. 131
zutreiben. Die Zentrifugalkraft ist der Krümmung der Bahn einfach
und der Geschwindigkeit im quadratischen Verhältnis proportional,
so dass also der Hälfte des Krümmungsradius eine doppelte und der
doppelten Geschwindigkeit eine viermal so starke Zentrifugalkraft
entspricht. Beide Kräfte, sowohl die Zentrifugalkraft als auch die
Erdrotation, haben beide bei den Cyklonen dasselbe Bestreben, die
Luftbewegung nach rechts abzulenken, so dass die Windbahnen sich
mehr den Isobaren anschmiegen. Ist die Krümmung der Isobaren
sehr bedeutend, und dabei die Windgeschwindigkeit sehr gross, so
verursachen beide Kräfte Windbahnen, die mit den Isobaren fast
ganz zusammenfallen. Dagegen bei den Anticyklonen , bei welchen
die Gradienten vom Mittelpunkte weg nach aussen gerichtet sind,
strebt die Zentrifugalkraft die Windbahn nach dem Gradienten zu
biegen, so dass also die durch die Erdrotation verursachte Ab-
lenkung durch die Zentrifugalkraft geschwächt wird.
Wie bereits erwähnt, ist die Ursache der Luftbewegung in der
Gleichgewichtsstörung der Atmosphäre zu suchen. Diese Störung
hat hauptsächlich ihren Grund in der ungleichen Erwärmung unserer
Erdoberfläche und in dem Verhalten des Wasserdampfes in der Luft.
Bei Erwärmung der Luft über irgend einem Gebiete heben sich die
Niveauschichten und es folgt ein Abfliesscn der Luft, also eine Ver-
minderung der Luftmassen und daher eine Abnahme des Luftdruckes
und ein Zuströmen der unteren Luft, um das gestörte Gleichgewicht
wieder herzustellen. Ist die erwärmte Luft feucht, so wird dadurch
ein aufsteigender Luftstrom begünstigt, welches eine Kondensation
des Wasserdampfes zur Folge hat, wodurch die Luft einen neuen
Impuls zum Aufsteigen erhält und aus diesem Grunde kann die Gleich-
gewichtsstörung eine bedeutende werden und sich längere Zeit er-
halten. Ist auf diese Weise auf irgend einem Gebiete der Luftdruck
niedriger als in der Umgebung, so setzen sich gegen dasselbe Luft-
strömungen in Bewegung und diese werden durch die Erdrotation
(auf unserer Hemisphäre) nach rechts abgelenkt (die Aequatorialzone
ausgenommen, wo der Einfluss der Erdrotation zu gering oder Null
ist). Da die Strömungen von allen Seiten gegen das Gebiet des
niederen Druckes gerichtet sind, so muss die Tendenz zu einer Wirbel-
bewegung entstehen, welche das Bestreben hat, sich einer ellipsen-
oder kreisartigen Form zu nähern, um so mehr, je stärker die Luft-
bewegung ist. Der Einfluss der Erdrotation, sowie die hinzutretende
Zentrifugalkraft bewirken eine weitere Luftverdünnung, also ein weiteres
Fallen des Barometers im zentralen Räume. Auf diese Weise haben
wir uns die Entstehung der atmosphärischen Wirbel zu denken, die
wir in einem späteren Kapitel eingehender betrachten wollen.
Der Luftbewegung tritt als Hindernis die Reibung an der Erd-
oberfläche entgegen, welche mit der Windgeschwindigkeit proportional
wächst und diese verlangsamt. Wir haben bereits oben erwähnt,
dass die Ablenkung des Windes von der Richtung der Isobaren bei
vergrösserter Reibung zunimmt. Diese Ablenkung muss also auf
dem Lande am grössten, geringer auf dem Meere und am geringsten
in den oberen Luftschichten sein. Ausserdem hängt die Grösse des
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132 Wind. Ablenkung vom Gradienten.
Ablenkungswinkels von der Breite ab. Nach Guldberg und Mohn 1 )
betragt der Reibungskoeffizient auf den Meeren mit ziemlich glatter
Oberfläche 0,00002, auf den Meeren der höheren Breiten ist derselbe
wegen der rauheren Oberfläche verhältnismässig erheblich grösser,
und auf sehr unebenen Landoberflächen steigt er bis zu 0,00012.
Nach Mohn und Guldberg beträgt die Grösse der Ablenkung in
den verschiedenen Breitekreisen und bei verschiedenen Reibungs-
koeffizienten :
Reibungskoeffizient
Breite 0,00002 0,00004 0,00006 0,00008 0,00010 0,00012
0,0° 0,0° 0,0° 0,0° 0,0° 0,0°
5
32,4
17,6
12,0
9,0
7,3
6,0
10
51,7
32,3
229
17,6
14,2
11,9
15
62,1
43,3
32,2
25,3
20,7
17,5
20
68,2
51,3
39,7
32,0
26,5
22,6
25
74,7
61,2
50,6
42,4
36,1
31,3
40
78,0
66,9
57,4
49,5
43,2
38,0
50
79,8
70,3
61,8
54,4
48,2
43,0
60
81,0
72,4
64,6
57,7
51,6
46,5
70
81,7
73,7
66,4
59,7
53,9
48,8
80
82,1
74,4
67,3
60,9
55,2
50,1
90
82,2
74,7
67,6
61,3
55,6
50,6
Der Ablenkungswinkel nimmt also in der Nähe des Aequators
mit wachsender Breite sehr rasch zu, nach höherer Breite hin ver-
langsamt sich aber die Zunahme immer mehr, so dass er bei etwa
15° Breite um denselben Wert angewachsen ist, als der Zuwachs zwi-
schen 15° und 90° beträgt. Namentlich rasch ist die Zunahme auf dem
Meere, schon bei 10° Breite ist sie hier grösser als auf dem sehr
unebenen Lande an den Polen. Es ist einleuchtend, dass die Diffe-
renzen des Luftdruckes sich um so leichter ausgleichen können, je
kleiner der Ablenkungswinkel ist, daher sind die Luftdruckunterschiede
am Aequator so ausserordentlich gering, weil hier die Luft ohne
Ablenkung direkt vom Gebiete höheren Druckes nach demjenigen
des niederen hinfliesst. —
Die Windgeschwindigkeit ist abhängig in erster Linie vom Gra-
dienten, ausserdem aber noch von der Reibung resp. von dem Winkel,
unter welchem die Isobaren von der Richtung des Windes geschnitten
werden. Für die deutschen Küstenstationen erhielt Sprung 2 ) aus
Beobachtungen in den Jahren 1877 und 1878 als Beziehung zwischen
Windstärke (Beaufort's Skala) und Gradient:
Stärke 2
Frühling .... 1,12
Sommer .... 1,07
Herbst 1,25
Winter 1,30
Mittel 1,19
3
4
5
6
7
1,42
1,34
1,53
1,48
1,80
1,63
1,87
1,93
2,22
1,96
2,05
2,32
2,72
2,35
2,58
2,76
3,14
3,52
1,44
1,81
2,14
2,61
—
J ) Siehe Zeitschr. der Oesterr. Met. Gesellsch. 1877. S. 49 und 257.
*) Archiv d. Seewarte 1879. S. 5.
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Stärke . .
Gradient für
S + SW -f w
Gradient für
N -f NE + E
Windstärke. Tägliche Periode. 133
2 3 4 5 6 7 8
{ 1877 1,40 1,68 2,03 2,39 3,01 3,58 4,62
( 1878 1,34 1,69 2,04 2,49 2,99 3,55 (4,35)
i 1877 0,88 1,15 1,41 1,78 1,85 2,93 —
( 1878 1,05 1,22 1,50 1,85 — — -
Aus dieser Tabelle folgt, dass im Sommer bei derselben Wind-
stärke der Gradient kleiner ist als im Winter, und zwar im Verhält-
nisse wie 1 : 1,8. Erheblicher als die Differenzen im Sommer und
Winter sind diejenigen zwischen den nach Nord und den nach Süd
gerichteten Gradienten. Der Gradient ist bei Nordostwinden kleiner
als bei Süd Westwinden. Indessen vermindert sich dieser Unterschied
nicht unerheblich bei Anwendung der Schwerekorrektion und bei
Berücksichtigung der in den Jahren 1877/78 konstanten Differenz
zwischen den Barometern an den Stationen der Seewarte und in
Dänemark. In der ersteren Tabelle gleichen sich die Korrektions-
grössen aus. Bei einer Untersuchung der Beziehung zwischen Gradien-
ten und Windgeschwindigkeit nach den Anemometerangaben blieb
das oben angegebene Resultat bestehen. Als empirischer Wert er-
gibt sich im Mittel aller Jahreszeiten und Windrichtungen für die
Beziehung zwischen Windgeschwindigkeit w und Gradient G:
w = a + bG + cG 2
worin a = 2,70, b = 6,37, c = 0,63 ist.
Tägliche Periode der Windstärke.
Obgleich die tägliche Periode der Windgeschwindigkeit in dem
Binnenlande mit Ausnahme hoch gelegener Berggipfel überall ent-
schieden ausgesprochen ist, so ist dennoch das Studium derselben
erst seit einigen Jahrzehnten in Angriff genommen worden. Die
Schwankung der Windstärke findet am Tage statt, während des Nachts
die Windstärke im allgemeinen gering zu sein pflegt. Im Durch-
schnitte frischt der Wind, insbesondere bei heiterem Wetter, einige
Stunden nach Sonnenaufgang, auf, erreicht in den ersten Nachmit-
tagsstunden sein Maximum, wird dann nach und nach schwächer und
schläft dann nachts wieder ein. Auf den Ebenen und im Innern
der tropischen Kontinente, insbesondere aber in den Gegenden der
regelmässigen Herrschaft des Passates und in der Trockenzeit, erreicht
er fast täglich die Stärke eines Sturmes. Im Jahresmittel wird das
Hauptmaximum erreicht: in Upsala, Krakau, Hamburg und Dresden
um 1 Uhr nachmittags, in Wien, Birmingham, Liverpool, Toronto,
Kalkutta und auf Ascension um l 1 ^, in Prag, Oxford, Zikawei
(Shanghai), Batavia und Melbourne um 2, in Petersburg, Nukuss, Hali-
fax und auf Mauritius um 2 ^ , in Bern um 3 und in Rom um 3 x /2
Uhr nachmittags.
Ganz abweichend von dem Verhalten auf dem Festlande ist die
tägliche Periode der Windstärke auf offenem Meere kaum zu er-
kennen, die Windstärken sind hier Tag und Nacht durchschnittlich
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134 Windstärke. Tägliche Periode.
gleich; nur in den Küstengewässern ist die tägliche Periode des
Windes in schwächerem Massstabe vertreten.
Die Amplitude beträgt in der Tropenzone meist mehr als das
Doppelte der nächtlichen Geschwindigkeit, welches allerdings in
unserer Gegend nur an ganz heiteren Tagen der Fall ist, wo die
durchschnittliche Amplitude kaum das Anderthalbfache erreicht.
Indessen beschränkt sich diese tägliche Periode der Wind-
geschwindigkeit nur auf die unteren, dem Erdboden unmittelbar in
weiter horizontaler Ausdehnung aufliegenden Luftschichten. In der
freien Atmosphäre, sowie auf hohen frei gelegenen Berggipfeln ist
sie am Mittag nicht grösser, sondern kleiner als am Morgen und am
Abend, wie dieses zuerst Hellmann für den Mt. Washington und
den Rigi nachgewiesen hat.
Eine Erklärung dieser Erscheinung, welche im grossen Ganzen
befriedigte, die aber lange Zeit fast keine Beachtung fand, hat be-
reits Espy im Jahre 1840 gegeben mit den Worten: Der Beginn
der Bildung aufsteigender Luftsäulen am Morgen wird von einer
Verstärkung des Windes begleitet sein, und seine Stärke wird an-
wachsen mit dem Wachstum dieser Säulen; beide Phänomene halten
Schritt mit der steigenden Temperatur. Diese Verstärkung des
Windes ist zum Teil durch das allseitige Einströmen der Luft an
der Erdoberfläche gegen das Zentrum der aufsteigenden Luftsäule
bedingt, welches unbeständige Brisen erzeugt, zum anderen Teil durch
das Niedersteigen der Luft in der ganzen Umgebung der aufstei-
genden Säulen, welche mit sich die Geschwindigkeit herabbringt, die
sie oben besass und von welcher man weiss, dass sie grösser ist als
diejenige, welche die Luft bei den Unebenheiten der Erdoberfläche
besitzt. Eine umfassendere Erklärung mit Beibringung von that-
sächlichen Beweisen hat Koppen gegeben 1 ). Nach Koppen wird
die tägliche Periode der Windstärke durch zwei Umstände regiert:
1. die wechselnde Intensität des vertikalen Luftaustausches in den
unteren 1 — 4000 m hohen Schichten der Atmosphäre bei durch-
schnittlich, wegen Abnahme der Reibung, nach oben zunehmen-
der Geschwindigkeit der Luftbewegung; 2. die Bevorzugung der
wärmeren Tageszeit in Bezug auf das Auftreten starker Gradienten
durch Druckdifferenzen auf geringen Entfernungen. Die letztgenannte
Ursache, die Verstärkung lokaler Gradienten am Nachmittage (Ge-
witterstürme, Ausbuchtungen, lokale Wirbel von geringer Ausdeh-
nung), kann die Erscheinung nur zum geringen Teil erklären, denn
solcherlei Erscheinungen fehlen in vielen Klimaten in den Jahres-
zeiten, in welchen das Anschwellen des Windes zur Mittagszeit sich
ganz besonders bemerklich macht, so beim Passat in der trockenen
Jahreszeit im Innern Afrikas und Südamerikas und bei anhaltenden
Ostwinden bei beständigem heiterem Wetter in der gemässigten Zone.
Dagegen ist der andere Umstand als die Hauptursache des ganzen
Phänomens anzusehen. Die Geschwindigkeit der Luftbewegung nimmt
*) Koppen: Siehe Annalen d. Hydogr. etc. 1883. S. 625. Die Erklärung
E s p y's findet sich in Philosophy of Storms.
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Windstärke. Tägliche Periode. 135
im allgemeinen wegen der Abnahme der Reibung von der Erdober-
fläche bis zu bedeutenden Höhen zu. Wenn deshalb Luftmassen aus
der Höhe an die Erdoberfläche gelangen, bringen dieselben in der
Regel eine grössere horizontale Gesch windigkeit mit, als die in an-
haltendem Kontakt mit dem Boden stehenden Luftmassen unter dem-
selben Gradienten besitzen.
Da kalte Luft bei gleichem äusserem Drucke dichter resp.
schwerer ist als warme, so ergibt sich, wenn die Grösse der Tem-
peraturabnahme mit der Höhe über eine gewisse Grenze steigt, ein
sogenanntes labiles Gleichgewicht, d. h. eine ins Sinken gekommene
Luftmasse wird dichter als ihre Umgebung und erhält immer mehr
Antrieb zum weiteren Sinken, und umgekehrt eine ins Aufsteigen ge-
kommene zu weiterem Aufsteigen. Die vertikale Temperaturabnahme,
welche diesem labilen Gleichgewichte entspricht, beträgt 1 ° auf 100 m
für trockene Luft und zwischen V 2 un( i 1° f ur feuchte Luft. "Wird
dieser Grenzwert über einer grösseren Fläche überall oder teilweise
erreicht, so bildet sich ein Spiel von auf- und absteigenden Luft-
strömen, welches sich bei feuchter Luft durch hochgetürmte
Haufenwolken und blaue Zwischenräume zu erkennen gibt; die
ersteren repräsentieren Luftmassen, welche im Aufsteigen und zufolge
der dabei stattfindenden Druckverminderung im Erkalten begriffen
sind, wobei ein Teil ihres Wassergehaltes sich in Gestalt kleinster
Tröpfchen ausscheidet, welche die Wolken bilden; die nebelfreien
Zwischenräume dagegen werden durch niedersinkende Luftmassen
gebildet, welche im entgegengesetzten Prozess der Druckzunahme
und Erwärmung begriffen sind und infolgedessen sich vom Sättigungs-
punkte immer mehr entfernen. Die mittlere Temperaturabnahme
mit der Höhe ist nun in den wärmsten Tagesstunden am bedeu-
tendsten, während in der Nacht die Unterschiede der Temperatur zwi-
schen oben und unten gering werden, ja sogar in klaren Nächten
bis zu gewissen Höhen regelmässig eine Umkehrung derselben ein-
tritt, indem die Temperatur am Erdboden tiefer sinkt als in der
Höhe, was ein sehr stabiles Gleichgewicht der Luft und eine sehr
geringe vertikale Luftzirkulation zur Folge hat. An ruhigen Tagen
mit kräftiger Sonnen wir kung , also bei uns vorwiegend in der. war-
men Jahreszeit, tritt hingegen jener labile Gleichgewichtszustand in
der Regel einige Stunden nach Sonnenaufgang ein und hört derselbe
noch vor Sonnenuntergang wieder auf. Die tägliche Periode der
Windstärke hat die grösste Aehnlichkeit mit der täglichen Periode
der Cumulusbildung, obgleich die Verknüpfung beider Erscheinungen
durchaus keine durchgehende ist, weil die Bildung von Haufenwolken
einerseits eine gewisse Luftfeuchtigkeit voraussetzt und andererseits
an vertikale Strömungen gebunden ist, die keineswegs bis zur un-
teren Luftschicht herabzureichen brauchen.
Auf dem offenen Meere ist die Reibung an der Wasserober-
fläche im allgemeinen gering und daher ist die Zunahme der Wind-
stärke mit der Höhe ebenfalls unbedeutend. Da nun auch die täg-
lichen Schwankungen der Temperatur an der Meeresoberfläche
weniger als einen Grad betragen, so folgt hieraus ein nur sehr ge-
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136
Windstärke. Tägliche Periode.
ringer vertikaler Luftaustausch und aus diesen Gründen muss die
tägliche Periode der Windstärke auf dem Meere kaum merklich
Fig. 33.
Mttg
Passat (Atl. Ozean)
Hohes Meer (Chal-
linger)
Küstengewässer (Chal-
linger)
Melbourne
Bermuda .
Ozean . .
St. Helena
Hamburg, Winter
(10 Jahre) . . .
Hamburg, Sommer
(10 Jahre) . . .
Swinemünde, Winter
(10 Jahre)
Swinemünde, Sommer
(10 Jahre)
Swinemünde, heitere
Tage
Sylt, Winter (10 J.) .
Sylt, Sommer (10 J.) .
Krakau (3 J.) ....
/" 3" 5" 7" 9" //" 1 V 3° J" 7" 9" //"
Batavia (2 J.)
/" 3 5 7 9 11 f 3 & 7 9 11
sein. Aber an den Küsten, wo die Reibung und die tägliche Am-
plitude der Temperatur zunimmt, tritt auch die tägliche Periode der
Windstärke sofort wieder hervor.
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Windstärke. Tägliche Periode. 137
Bei der vertikalen verstärkten Zirkulation ist die von unten
nach oben aufsteigende Luftschicht in der Regel schwächer bewegt
als die obere Luftschicht, wie dieses auf Berggipfeln über einer
rauhen Landschaft mit starker Schwankung der Tagestemperatur
der Fall ist ; hier kehrt sich die tägliche Periode der Windgeschwin-
digkeit um und zeigt sich zur wärmsten Tageszeit eine Abnahme
der Windstärke.
Mit der oben gegebenen Erklärung stimmt auch die Thatsache,
dass der vom Land kommende Passatwind über Tag stärker weht
als in der Nacht, so dass der Passat in Bezug auf die tägliche
Periode der Windgeschwindigkeit dieselben Eigentümlichkeiten zeigt
wie der' Wind auf dem Festland.
Es wurde oben bemerkt, dass um 8 Uhr morgens einem und
demselben Gradienten im Sommer eine grössere Windgeschwindig-
keit entspricht als im Winter, und ebenso bei nordöstlichen eine
grössere als bei südwestlichen. Nun ist aber die vertikale Abnahme
der Temperatur mit der Höhe im Sommer und bei nordöstlichen
Winden am grössten und ebenso der vertikale Luftaustausch, und
hieraus folgt dann weiter, dass bei gleichen Gradienten der Wind
stärker sein muss als unter andern Umständen.
Von grossem Einfluss auf die tägliche Periode der Windstärke
sind die Bewölkungsverhältnisse, welche von Hjelström und Sprung
unabhängig voneinander 1877 und 1878 festgestellt wurden. Hier-
nach ergab sich als Verhältnis von Maximum zu Minimum:
heiter Ar trübe
üpsala, Hjelström, Mai bis August 3,03 2,13 1,88
Upsala, Hamberg, Mai bis August 2,45 — 1,96
Frühling 2,13 — 1,23
Swinemünde, Sprung, Sommer 2,64 — 1,38
Herbst 1,75 - 1,18
Deutsche Küste, Hamberg, Mai bis September. . 2,02 1,77 1,50
Petersburg, Hamberg (Hann), Mai bis August . 1,87 1,68 1,40
Wien, Hamberg (Hann) 2,07 1,66 1,21
Heiter bedeutet bei Hjelström mittlere Tagesbewölkung 0—2, trübe
9 — 10, bei Hamberg beziehungsweise 0—3 und 7(9)— 10, bei Sprung — 2
und 8—10.
„Klarer Himmel," hemerkt Koppen, „indem er unbehinderte
Strahlung gestattet, wirkt in zwei Richtungen : bei Tage verstärkt er
durch Verstärkung der vertikalen Temperaturabnahme den verti-
kalen Luftaustausch und damit die Windstärke in der untersten
Schicht; bei Nacht erzeugt er durch die Abkühlung der letzteren
stabiles Gleichgewicht in vertikaler Richtung, verhindert dadurch
die vertikale Luftzirkulation und entzieht so die Luft an der Erd-
oberfläche dem Einfluss der oberen stärker bewegten Schichten. Es
muss deshalb demselben Gradienten tags bei heiterem Wetter stär-
kerer Wind als bei trübem entsprechen, nachts dagegen schwächerer,
und ferner demselben Gradienten bei heiterem Himmel in der Nacht
weit schwächerer Wind als bei Tag, während bei Tage das Ver-
hältnis zwischen Windgeschwindigkeit und Gradient annähernd das-
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138 Windrichtung. Tägliche Periode.
selbe zu allen Tageszeiten ist und nur unperiodischen Schwankungen
unterliegt/
Figur 33 veranschaulicht die tägliche Periode des Windes für
einige Gegenden der Erde.
Die tägliche Periode der Windrichtung.
Aus den früheren Erörterungen geht hervor, dass die rascher
bewegten oberen Luftmassen einen grösseren Ablenkungswinkel haben,
als die unteren, was schon daraus ersichtlich ist, dass der obere
Wolkenzug nach rechts vom Unterwinde abweicht. Hieraus folgt,
dass bei einem starken vertikalen Luftaustausch in den Mittags-
stunden nicht allein die grössere Geschwindigkeit der oberen Luft-
schichten, sondern auch ihre- Richtung dem Unterwinde mitgeteilt
werden, so dass also eine Ablenkung nach rechts zur Mittagszeit
hervorgerufen wird. Auf diese Thatsache hat zuerst Sprung auf-
merksam gemacht 1 ), welcher aus theoretischen Betrachtungen hin-
sichtlich der Form dieses Phänomens folgende Schlussfolgerungen
zusammenstellt :
1. Nördliche Hemisphäre. Auf dem flachen Lande, oder auch
auf Hochebenen, hat der Wind die Tendenz, des Vormittags mit
den* Uhrzeiger, des Nachmittags gegen denselben zu drehen. Auf
Berggipfeln vollzieht sich eine ähnliche oszillatorische Bewegung der
Windrichtung, aber in entgegengesetztem Sinne, vormittags gegen
den Uhrzeiger, nachmittags mit demselben.
2. Auf der südlichen Hemisphäre erfolgt die Drehung der Wind-
fahne unten vormittags gegen den Uhrzeiger, nachmittags mit dem-
selben, also gerade so, wie auf der nördlichen Hemisphäre in höheren
Schichten der Atmosphäre. Auf den Berggipfeln ist die Drehung
umgekehrt.
3. Am Aequator werden die Windrichtungen durch den verti-
kalen Luftaustausch nicht beeinflusst.
4. Auf dem Meere, wo die tägliche Periode der Windstärke
infolge der geringen vertikalen Abnahme der Reibung und geringen
Erwärmung der Basis nicht nachgewiesen werden kann, ist auch
diese Winddrehung nicht vorhanden.
Die obigen Sätze , mit Ausnahme von 2. , wofür genügendes
Material nicht vorliegt, lassen sich durch Beobachtungen direkt
beweisen.
Die Berechnung der mittleren Windrichtungen nach der Lam-
bert'schen Formel
_ E-W + [NE-SW + (SE— NW)] cos 45°
g P ~~ N— S + [NE— SW -f- (SE-NW)] cos 45°
ergab aus den Aufzeichnungen der Registrierapparate zu Magdeburg
vom 1. bis 18. April 1881 und zu Hamburg vom 2. bis 6. April
1882, und vom 30. März bis 10. April 1884 folgende Werte:
*) Met. Zeitschrift 1884. S. 16 und Sprung, Lehrbuch der Met. S. 345.
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Windrichtung. Tägliche Periode.
139
Magdeburg
Stunde
Winkel ß
Geschw.
8a
81°
5,1
9 10 UMttglp 2 3 4
86 86 87 88 91 87 87 86
5,8 6,2 6,3 6,3 6,5 6,6 6,3 6,4
Hamburg
5
83
5,5
6
82
4,8
7 8 9 Diff.
76 72 71* 20°
4,6*4,9 5,1 2,0
Stunde
ß— 90°
12
12°
12 3 4 5 6
15 14 16 18 16 17
7
18
8
21
9 10 IIa
22 26 80
Stunde Mttg lp 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Diff.
ß-90° 26° 28 26 20 21 20 18 14 10* 12 13 13 13 20°
Aus diesen Zahlen ist die tägliche Periode der Windrichtung
ganz deutlich ersichtlich. Die folgende Tabelle gibt nach Sprung
die Vierteljahrssummen der Winddrehungen für Stationsgruppen,
wobei die mit m bezeichneten Rubriken die Zahl der Drehungen
mit dem Uhrzeiger, die mit g bezeichneten diejenigen gegen den
Uhrzeiger bedeuten. Die Gruppen sind : A Sibirien und Zentralasien
mit 8 Stationen, ß Osteuropa mit 7 Stationen, C Westeuropa mit
8 Stationen, D = A, B und C zusammen, E südliche Hemisphäre (Con-
cordia und Corrientes).
März — April — Mai
vormittags nachmittags
Juni— Juli — Aug.
vormittags nachmittags
m g
m g
m g
m g
A . .
. 566 : 340
373 : 479
457 : 401
881 : 379
B . .
459 : 287
328 : 861
897 : 318
295 : 360
C . .
. 567 : 291
389 : 446
620 : 308
127 : 445
D . .
. 1592 : 924
1090 : 1286
1474 : 1027
1103 : 1184
E . .
75 : 157
171 : 82
59 : 187
184 : 70
Sept.— O
kt.— Nov.
Dez. — Ja
n.— Febr.
vormittags
nachmittags
vormittags
nachmittags
m g
m g
m g
m g
A . .
. 495 : 260
298 : 409
402 : 273
311 : 313
B . .
. 425 : 300
301 : 807
849 : 298
286 : 800
C . .
560 : 282
347 : 410
463 : 333
357 : 407
D . .
. 1480 : 842
946 : 1126
1214 : 904
954 :1020
E . .
. 100 : 169
148 : 88
116 : 1666
153 : 116
Jahresummen: Rigi-Kulm 1881—82 (1790 m)
Scbafberg 30 Monate (1776 m)
Schneekoppe 30 Monate 1600
Summe . . .
vormittags
m g
160 : 184
156 : 199
69 : 80
385 : 463
nachmittags
m g
196 : 111
178 : 134
69 : 56
488 : 301
Die Richtigkeit der ohen unter 1. und 2. ausgesprochenen Ge-
setze wird also durch diese Tabelle vollkommen bestätigt, sowohl
für die nördliche, als für die südliche Hemisphäre, sowohl für die
Ebene, als auch für Berggipfel.
Dass eine tägliche Periode der Windrichtung auf dem offenen
Meere nicht vorhanden ist, zeigt die folgende Tabelle, welche aus
141 Beobachtungen im Gebiete des Nordostpassates zwischen 8°
und 39° n. B. und 20° und 40° w. L. v. Gr. von Sprung abge-
leitet wurde.
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140
nachts
mittags
nachts
Land- und Seewinde.
N
NE
E
SE
S
Mittlere
Windrichtung
12b
24,1
85,4
27,7
2,5
1,0
N 47,7° E
2
23,1
91,0
24,5
2,5
0,0
46,1
4
24,0
91,7
24,1
1,0
0,0
45,2
6
27,0
90,8
22,7
1,0
0,0
44,2
8
25,0
94,1
21,3
0,5
1,0
44,6
10
26,3
90,7
24,0
1,0
0,0
44,4
12
26,2
90,5
23,8
0,6
0,0
—
2
26,7
89,0
25,0
0,0
0,0
44,4
4
27,2
89,1
24,2
0,2
0,0
44,1
6
25,8
91,4
24,3
0,0
0,0
44,3
8
26,6
90,0
25,7
0,0
0,0
44,6
10
26,1
86,0
29,4
0,5
0,0
46,1
12h
23,1
85,0
30,5
2,2
0,0
48,2
Es ergibt sich hiernach eine ausserordentlich kleine Schwankung
der Windrichtung auf offener See. Nur in der Nacht erfolgt eine
entschiedene Drehung des Windes nach E hin, dagegen am Morgen
wieder ein Zurückdrehen.
Es könnte auffallend erscheinen, dass die Drehungen am Nach-
mittage gegen den Zeiger der Uhr gegen diejenigen am Vormittage
mit dem Uhrzeiger zurückstehen, indessen wird diese Erscheinung
durch die Erwägung klar, dass die barometrischen Depressionen,
wie noch unten des näheren gezeigt werden wird, vorwiegend die
höheren Breiten westostwärts durchziehen, wodurch ein Vorwiegen
der Winddrehungen hervorgerufen wird, wie es dem Dove'schen
Drehungsgesetze entspricht. Am Vormittage wirken also die beiden
Ursachen zusammen, die Windfahne mit der Uhr zu drehen, während
am Nachmittage die Wirkung beider Ursachen entgegengesetzt ist,
wobei aber die von dem vertikalen Luftaustausche abhängige durch-
schnittlich ein leichtes Uebergewicht hat.
Viel mehr bemerkbar als die eben besprochenen periodischen
Winde auf dem Festlande sind die Land- und Seewinde, welche
ihren Ursprung dem Temperatur- Gegensatze von Land und Wasser
verdanken und die in niederen Breiten jahraus jahrein wehen, wäh-
rend sie in höheren Breiten sich fast nur auf die wärmere Jahres-
zeit beschränken. „Die Bewohner der Seeküste," sagt Mau ry, „in
tropischen Klimaten erwarten jeden Morgen mit Ungeduld die An-
kunft der Seebrise. Sie setzt gewöhnlich ein gegen 10 Uhr vor-
mittags. Mit ihrer Ankunft schwindet die drückende Schwüle des
Morgens, und eine erquickende Frische der Luft scheint allen neues
Leben und Lust zu ihren täglichen Arbeiten zu geben. Um Sonnen-
untergang tritt abermals Windstille ein; die Seebrise hat aufgehört
und bald darauf setzt die Landbrise ein. Dieser Wechsel von Land-
und Seewind, ein Wind von der See bei Tag und vom Land bei
der Nacht ist so regelmässig in den tropischen Gegenden, dass man
ihm mit gleicher Zuversicht entgegensieht, wie dem Auf- und Unter-
gange der Sonne." Fällt die Richtung der Seebrise mit derjenigen
des vorherrschenden Windes zusammen, wie dieses an den tropischen
Ostküsten meistens der Fall ist, so verstärken sie sich oft bis zum
vollen Sturme, während der Landwind eine Abschwächung der Luft-
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Tag- und Nachtwinde. 141
bewegung hervorbringt. Sind dagegen beide Luftströmungen ein-
ander entgegengesetzt, so schwillt der Landwind stärker an, wogegen
die Seebrise schwächer auftritt.
Dass in grösserer oder geringerer Höhe die entgegengesetzte
Luftbewegung stattfindet, folgt schon aus der Ueberlegung, dass die
auf dem Meere oder dem Lande unten abfliessende Luft wieder er-
setzt werden muss, was doch nur in der Höhe geschehen kann.
Die Erklärung der Land- und Seewinde ergibt sich nach Hann
(Klimatologie) aus folgender Betrachtung: „Am Morgen erwärmt
sich das Land rascher als das Meer; die erwärmte Luft über dem
Lande dehnt sich nach oben hin aus, oder, was dasselbe ist, der
Luftdruck steigt in der Höhe über dem Lande, während über der
See dieses nicht der Fall ist. Infolgedessen beginnt zuerst die Luft
über dem Lande in der Höhe gegen das Meer abzufliessen, und es
steigt der Luftdruck draussen über der Meeresoberfläche, während
er über dem Lande sinkt. Dies hat zur Folge, dass nun auch unten
eine Luftströmung eintritt und zwar vom Meer gegen das Land, der
Seewind. Dass nicht, nach der älteren Vorstellung, das erwärmte
Land direkt aspirierend auf das Meer wirkt, zeigt sich deutlich
darirf, dass die Seebrise nicht zuerst an der Küste, sondern draussen
auf dem Meere eintritt (wo der Luftdruck durch den oberen Zufluss
am stärksten zugenommen hat). Bei Nacht verhält es sich umge-
kehrt; das Land erkaltet rascher als das Meer, die Erkaltung der
Luft bewirkt ein Sinken des Luftdruckes in der Höhe über dem
Lande, daher einen oberen Zufluss der wärmeren Luft von der See
her, welcher in der Folge den Luftdruck an der Erdoberfläche über
dem Lande steigen, über der See sinken macht. Daher entsteht in
zweiter Linie eine Luftströmung vom Lande hinaus zum Meer, der
Landwind. In den Morgen- und Abendstunden, zwischen dem Wind-
wechsel, tritt ein Gleichgewichtszustand und Windstille ein."
Diese für die Land- und Seewinde charakteristischen Luftdruck-
diflferenzen, nämlich relativ höherer Luftdruck vom Morgen bis zum
Abend an der Küste, und während der Nacht auf dem Lande, haben
die registrierenden Barometer selbst für die Küsten und das Binnen-
land der Britischen Inseln nachgewiesen.
Die Tag- und Nachtwinde im Gebirge haben mit den Land-
und Seewinden an den Küsten eine sehr grosse Aehnlichkeit. Wenn
nicht allgemeine stärkere Luftströmungen über den Gebirgsgegenden
herrschen, weht in denselben bei Tage ein thalaufwärts und in der
Nacht ein thalabwärts gerichteter Wind. „Diese Luftströmungen,"
bemerkt Fournet, welcher zuerst die Gebirgswinde der Westalpen
eingehend studierte, „entwickeln sich am stärksten in den Thälern,
ohne ihnen ausschliesslich eigen zu sein, denn sie^ äussern sich längs
allen Abhängen und der Strom der Thäler ist nur das Resultat von
partiellen aufsteigenden Bewegungen (Tag) oder lateralen Kaskaden
(Nacht). Der Uebergang von der absteigenden zur aufsteigenden Be-
wegung ist rascher in engen und kurzen, Schluchten artigen Thälern,
langsamer in weiteren Thalbecken, wo die aufsteigende Bewegung
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142 Tag- und Nachtwinde.
erst gegen 10 Uhr morgens frei im Gange ist und der absteigende
Nachtwind erst gegen 9 Uhr abends regelmässig zu werden anfangt.
Die Uebergangszeiten schwanken mit den Jahreszeiten. Die Kon-
figuration des oberen Teiles der Thäler übt einen grossen Einfluss
auf diese Winde aus nach den Stunden und Jahreszeiten; so wird
sie bald ausgeprägter bei Tag als bei Nacht, bald umgekehrt stärker
bei Nacht als bei Tag. Zuweilen ist der Winter mit seinen Schnee-
fällen den Nachtwinden am günstigsten, während dagegen im allge-
meinen der Sommer die Tagwinde verstärkt."
Die Erklärung dieser vom Tag zur Nacht ihre Richtung um-
kehrenden Luftströmungen ist nach Hann folgende: In der Nacht
folgt der kalte Nachtwind dem natürlichen Gefälle des Bodens und
fliesst in die Sohle der Thäler abwärts. Dieser Abfluss muss dort
am stärksten auftreten, wo enge, schluchtenartige Thäler, die um
viele Stunden in der Insolation verkürzt sind und noch durch Wal-
dungen und grössere Feuchtigkeit abgekühlt werden, gegen stark
erwärmte weitere Thalbecken oder Niederungen ausmünden. Am
Vormittage wird die ganze Luftmasse im Thal und am Bergabhang
erwärmt, die Luft dehnt sich immer mehr aus und da die Ausdeh-
nung jeder Luftsäule durch die zunehmende Wärme proportional
ihrer Höhe ist, so muss die Ausdehnung gegen den Berggipfel hin
abnehmen, und also müssen sich die Flächen gleichen Druckes gegen
das Gebirge hinneigen, wodurch die Luft in jedem Niveau ein Ge-
fälle gegen das Gebirge erhält. Kommt nun noch dazu, dass der
Gebirgsabhang selbst von der Sonne erwärmt wird, so ist die Luft
am Abhänge wärmer als in der freien Atmosphäre und erhält so
ein Bestreben aufwärts zu steigen. „So sind es zwei Kräfte, welche
die Bewegung der Luft an den Bergabhängen bestimmen, eine hori-
zontal gerichtete und eine vertikale, beide zusammen bewirken, dass
die Luft tagsüber längs den Bergabhängen emporsteigt, während die
Luft über dem Thale oder der Niederung überhaupt dem Gebirge
horizontal zufliesst. So kann man sagen, dass das Gebirge bei Tag
saugend auf die umgebenden Luftmassen wirkt, gleichsam wie eine
lokale stationäre Depression. Sind die Bergabhänge kälter als die
umgebende Luft, so können auch bei Tage kalte Fallwinde auf die
erwärmte Niederung herabstürzen. Solche Winde beobachtet man
z. B. regelmässig an warmen Tagen am Fusse der Gletscherströme."
Nach Sonnenuntergang erkaltet die Luft insbesondere am Erd-
boden durch Wärmeausstrahlung, die Luftschichten ziehen sich zu-
sammen und die Flächen gleichen Druckes gehen durch ihre normale
horizontale Lage allmählich in eine vorn Gebirge gegen die Niede-
rung geneigte Lage über, so dass also die Luft ein Gefälle vom
Gebirgsabhange weg erhält. Auf diese Weise fliesst die stark ab-
gekühlte Luft an den Bergabhängen in das Thal hinab und füllt
die unteren Teile desselben aus.
Wir haben bereits oben gesehen, dass die Gebirgswinde auf die
tägliche Periode der Feuchtigkeit einen entschiedenen Einfluss aus-
üben, wir werden weiter unten noch ihre Wirkung auf Bewölkung
und Niederschläge nachweisen.
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Wind. Jährliche Periode. 143
Jährliche Perioden der Stärke und Richtung des Windes.
Die jährlichen Perioden der Stärke und Richtung des Windes
sind abhängig von der Verteilung des Luftdruckes und von der
Grösse der Gradienten. Eine angenäherte Vorstellung über das Ver-
halten dieser beiden Elemente in den extremen Monaten Januar und
Juli geben die Luftdruckkarten Tafel III und IV, in welchen auch
die vorherrschenden Winde verzeichnet sind. Die Tabelle auf S. 144
und 145 enthält die mittleren Windgeschwindigkeiten für eine Reihe
von Stationen aus dem europäisch-asiatischen Kontinent und den
Vereinigten Staaten 1 ).
Nach dieser Tabelle fällt das Maximum der Geschwindigkeit
für das, nordwestliche Europa in die Wintermonate, das Minimum
in den Sommer. Wien weist ein Maximum im November und auch
im Februar auf. Im westlichen Mittelmeerbecken zeigen sich im
jährlichen Gang der Windgeschwindigkeit zwei Maxima, ein sehr
ausgesprochenes im März und ein schwächeres im Herbst. Ein
Hauptminimum fällt in die wärmere Jahreszeit, ein sekundäres ist
durchschnittlich im Februar vorhanden, also in Uebefeinstimmung
mit Wien.
Aus der Untersuchung von Kiersnowski geht hervor, dass
die Aufstellung des Anemometers von entschiedenem Einflüsse ist
auf die Angabe der Windgeschwindigkeit, insbesondere geben höher
aufgestellte Anemometer erheblich grössere Werte, als niedriger
aufgestellte. Im Russischen Reiche wachsen, wie in Westeuropa, die
Windgeschwindigkeiten mit der Annäherung an die Küsten; die
grössten Windgeschwindigkeiten haben die Stationen im nördlichen
Teile der Ostsee, die geringste im europäischen Russland entfällt auf
die nördlichen zentralen Landstriche der nordwestlichen und südwest-
lichen Gouvernements, am geringsten sind die Windgeschwindigkeiten
im eigentlichen Zentralasien; jenseits dieses Gebietes nimmt die
Windgeschwindigkeit unter dem Einfluss der Meeresnähe wieder zu.
Im Winter nimmt die Windstärke im ganzen Gebiete sehr bedeutend
zu, mit Ausnahme an den Küsten des Kaspischen Meeres, im öst-
lichen Teile von Transkaukasien und in Ostsibirien, wo dieselbe
im Gegenteil sich zu einem Minimum abschwächt. Frühling und
Herbst bilden, wenigstens für das europäische Russland, die Ueber-
gangsjahreszeiten hinsichtlich der Windstärke, und zwar vom Winter-
maximum zum Sommermaximum der Frühling, und umgekehrt der
Herbst. Küstenstationen zeigen im Frühjahr die grösste Wind-
geschwindigkeit. Im Gegensatze zum Winter werden im Sommer
im ganzen russischen Reiche, mit Ausnahme der südlichen Teile
des Kaspischen Meeres, des südlichen Kaukasus und Ostsibiriens, die
Windstärken sehr erheblich geringer, um im Herbste nach dem
*) Die Zahlen für Russland sind entnommen aus Kiersnowski: Ver-
teilung der Windgeschwindigkeiten in Russland, Rep. f. Met. XII, 3, 1889; für
die Verein. Staaten aus Waldo, Mittl. Windgeschw. in den Verein. Staaten,
Met. Zeitschr. 1888. S. 285.
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144
Wind. Jährliche Periode.
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146 Wind. Jährliche Periode.
Winter hin wieder zu wachsen; an der Ostsee insbesondere findet
eine bedeutende Steigerung der Windstärke statt.
In den Vereinigten Staaten zeigt sich für die atlantischen Sta-
tionen eine merkliche Zunahme der Windgeschwindigkeit an den am
meisten exponierten Oertlichkeiten. Für die Stationen an der atlanti-
schen Küste ergibt sich als Jahresmittel der Windgeschwindigkeit 14,1
engl. Meilen pro Sekunde, für diejenigen am Golf von Mexiko 10,4,
für die Seenstationen 9,4, für Orte von grosser Ausdehnung, oder
im Herzen der Städte 8,3 Meilen. Auch hier zeigt sich der erheb-
liche Einfluss der Aufstellung der Anemometer. Eine Zunahme der
Windgeschwindigkeit mit der geographischen Breite ist nicht zu
verkennen, indessen lässt sich hierfür ein bestimmtes Gesetz nicht
ableiten. Bezüglich der jährlichen Periode finden wir im Osten der
Vereinigten Staaten die meisten Maxima im März und die meisten
Minima im August, während in den hochgelegenen westlichen Sta-
tionen viele Maxima im April eintreten, aber in so grosser Unregel-
mässigkeit, dass eigentlich der August und September die einzigen
Monate sind, in denen für mehrere Stationen Maxima nicht vorkommen.
Nach der obigen Tabelle fällt das Maximum der Geschwindig-
keit für das nordwestliche Europa in die Wintermonate, das Minimum
in den Sommer. Wien weist ein Maximum im Novembar und auch
im Februar auf. Im westlichen Mittelmeerbecken zeigen sich im
jährlichen Gang der Windgeschwindigkeit zwei Maxima, ein sehr
ausgesprochenes im März und ein schwächeres im Herbst; ein
Hauptminimum fällt in die warme Jahreszeit, ein sekundäres ist
durchschnittlich im Herbst vorhanden, also in Uebereinstimmung
mit Wien.
Es ist eine vielverbreitete Ansicht, dass in den Aequinoktien
die Winde viel stärker auftreten, oder wenigstens heftige Stürme
häufiger sind, als in anderen Jahreszeiten, obgleich eine den Aequi-
noktien innewohnende besondere Kraft zu atmosphärischen Störungen
nicht bekannt ist. Die folgende Zusammenstellung gibt die Häufig-
keit der stürmischen Winde für England (14 Jahre, enthaltend die
Anzahl der Stürme mit einer Windstärke 9 der Beauf.-Skala), Keitum
(auf Sylt), Hamburg, Swinemünde und Memel (10 Jahre, Wind-
geschwindigkeit mindestens 15 m pro Sekunde) und Pola, (11 Jahre,
Windgeschwindigkeit grösser als 14 m pro Sekunde 1 ):
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
England . . 14 Jahre 70 46 42 17 4 3 2 11 18 55 58 47
Sylt . . . Jahresm. 43 42222 2 2446
Hamburg . , 54 4312122244
Swinemünde „ 43 4421122443
Memel .. „ 53 4121122556
Pola . . . Prozent 13 6 14 9 10 3 3 4 7 10 10 11
Aus diesen Zahlen geht unzweifelhaft hervor, dass ein Zusam-
menhang der Ajequinoktien mit den Stürmen wenigstens in unseren
*) Vergl. Ann. d. Hydr. 1884, S. 625; 1887, S. 246 und Met. Zeitschr. 1888,
S.241.
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Wind. Jährliche Periode. 147
Gegenden nicht existiert, vielmehr gehen sie nur zu erkennen, dass
die Stürme fast ausschliesslich auf die kältere Jahreszeit be-
schränkt sind.
Die jährliche Periode der Windrichtung.
Die jährliche Periode der Windrichtung ist abhängig von der
jeweiligen durch die wechselnden Wärme Verhältnisse, insbesondere
des Landes und der Gewässer, bedingte Luftdruckverteilung in den
einzelnen Jahreszeiten. Wie der tägliche Wechsel der Land- und
Seewinde durch die Temperaturdifferenzen zwischen Land und Meer
bedingt werden, so wird durch die Unterschiede in dem jährlichen
Gange der Temperatur ein jährlicher Wechsel der Windrichtung in
weit grösserem Massstabe hervorgerufen, in einer Weise, dass wenig-
stens auf der nördlichen Hemisphäre die allgemeinen atmosphärischen
Bewegungen in den unteren Schichten zum grossen Teile gestört
werden können. Diese mit den Jahreszeiten regelmässig wechseln-
den Winde nennt man Monsune, wenn sie in grösserer Mächtigkeit
und in grösserer Ausdehnung auftreten und von längerer Dauer
sind. Die Ursache dieser Winde ist, wie gesagt, in erster Linie die
wechselnde Verteilung des Luftdruckes, und diese steht in innigstem
Zusammenhange mit der Erwärmung durch die Sonne. Ueber den
Einfluss der Erwärmung und Erkaltung des Landes auf die Ver-
teilung des Luftdruckes hat Hann in seiner Klimatologie (S. 108 ff.)
eine treffliche Erklärung gegeben, der wir der Hauptsache nach
folgen wollen.
Die Erdoberfläche grösserer Landstrecken wird im Sommer
am Tage durch die Sonne erwärmt und mit ihr die unmittelbar
aufliegenden Luftschichten. Diese steigen in einzelnen Partien auf-
wärts, während andere kühlere niedersteigen, so dass ein beständiger
vertikaler Luftaustausch stattfindet. In der Nacht wird dieser Luft-
austausch unterbrochen, wenn die unteren Luftschichten infolge der
Ausstrahlung sich abkühlen, aber am folgenden Tage beginnt mit
der steigenden Wärme wieder derselbe Vorgang, und auf diese Weise,
sowie durch die Ausstrahlung des erwärmten Bodens nach den oberen
Schichten, breitet sich die Wärme immer mehr und mehr nach oben
hin aus. Eine Folge dieses Vorganges ist eine Ausdehnung der Luft
über dem Lande und eine Hebung der oberen Schichten, also eine
Zunahme des Luftdruckes in der Höhe und Hebung der Flächen
gleichen Luftdruckes über dem erwärmten Lande, die gegen das
kältere Meer hin sich mehr oder weniger abdachen. Bei dieser
Druckverteilung in der Höhe wird die obere Luft gegen das Meer
hin abfliessen, also wird auch der Luftdruck über dem Meere steigen
und über dem Lande sinken. In den unteren Schichten wird der
Luftdruck über dem Meere zunehmen, über dem Continente aber
geringer werden, und daher am Boden eine Strömung vom Meere
nach dem Lande, die dem barischen Windgesetze Folge leistet
(cyklonale Bewegung). Wir werden also im Sommer auf der Nord-
hemisphäre an den Westseiten am Kontinente NW-, an den Ost-
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148 Wind. Jährliche Periode.
Seiten SE-, an den Nordseiten NE- und an den Südseiten SW- Winde
haben, auf der südlichen Hemisphäre beziehungsweise SW-, NE-,
NW- und SE- Winde.
Im Winter zeigt sich ein umgekehrtes Verhalten zwischen Land
und Meer: denn jetzt ist das Meer wärmer als das Land und die
Luft fliesst in der Höhe vom Meere auf das Land und die Folge
dieses Luftzuflusses ist ein Maximum auf dem Lande, während auf
dem Meere der Luftdruck am niedrigsten wird, so dass also in den
unteren Schichten ein Abfluss von dem Meere nach dem Lande hin
stattfindet. Wir werden also im Winter nahezu umgekehrte Wind-
richtungen haben, wie im Sommer: an den Westseiten SE-, an den
Ostseiten NW-, an den Nordseiten SW- und an den Südseiten
NE -Winde (auf der nördlichen Hemisphäre anticyklonale Luft-
bewegung).
Diese Verhältnisse bedingen, insbesondere für die Ost- und
Westseiten der Kontinente sehr einschneidende Verschiedenheiten
in den 'Witterungsvorgängen, welche sehr starke Klimagegensätze
hervorrufen.
Die folgende Tabelle gibt nach Hann die prozentische Häufig-
keit der Winde für den grössten Teil des europäisch -asiatischen
Kontinentes im Winter und die Zu- (+) oder Abnahme ( — ) der
einzelnen Windrichtungen vom Winter zum Sommer:
Winter:
N NE E SE S SW W NW
Westeuropa 6* 7 9 11 15 24 18 10
Mittelrussland 8 7* 9 14 16 17 17 12
S- und SE-Russland ... 9* 12 19 14 11 11 13 11
Krim 11 18 25 11 7* 9 11 8
Nördl. W-Sibirien ... 5* 6 4 13 13 30 17 12
Turkistan 11 16 22 15 6* 6* 13 11
Aenderung der Windrichtung vom Winter zum Sommer:
N NE E SE S SW W NW
Westeuropa +3+1 -3-4-5-2+2 +8
Mittelrussland +4+2 -4-6-2 +1 +5
S- und SE-Russland ...+2-1 -3 -4-1 +4 +3
Krim -6 -10 0+2 0+4 +10
Nördl. W.-Sibirien ... +8 +9 +2 -2-3-13-7 +6
Turkistan +5+6 -12-7+0+3 +13 +4
Aus diesen Zahlen folgt, dass in den nördlichen Gebietsteilen
die SW- Winde vorherrschen, in den südlichen Gebieten die E- Winde.
Im Sommer werden im Norden die nördlichen und nordwestlichen
Winde häufiger, in Nordwestsibirien die nördlichen und nordöstlichen,
während in der Krim und in Turkistan die Westwinde stark zu-
nehmen, dagegen die östlichen und nordöstlichen seltener werden..
Nach Eaemtz hat das ganze nördliche Eismeer einen Sommer-
monsun vom Meere her. Aus dem obigen ist klar, wie sich die
Windrichtungen mit der von der Erwärmung abhängigen Luftdruck-
verteilung ändern.
Ebenso lassen wir für Nordamerika die Aenderung der Häufig-
keit der Winde vom Winter zum Sommer folgen (°/°) :
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s sw
W
NW
+ 7 +14
-3
-16
+ 8 +7
-2
-14
+ 5 +9
+ 3
-5
+ 4 +3
-3
-8
+ 11 +1
-8
-10
Wind. Jährliche Periode. 149
N NE E SE
Nördl. aÜ. Küstengebiet -5 -2+1+4
Mittl. atl. Küste -2-3 0+6
Nordküste des Golfes -10-6 0+3
Oberes Mississippithal — 2 +1+2+3
Oberes Missourigebiet —11+2+7+9
Am Arkansas Red River und in Texas —15—4+5+21+11—1 — 5 — 12
Am unteren Colorado -28-6+2+14+26+6 -2 -11
Westküste Amerikas -1-5-8-9-4+4 +12 +8
Pikes Peak -4 +3+3+1 +3 +13-10-9
An der atlantischen Küste nehmen gegen den Sommer hin die
nordöstlichen bis nordwestlichen Winde ab, dagegen die östlichen
bis südwestlichen zu, wie es der jahreszeitlichen Aenderung des
Luftdruckes entspricht. Ganz ähnlich ist der Wechsel im Innern.
Aehnlich den ostasiatischen Verhältnissen herrscht in den südwest-
lichen Gebietsteilen ein ausgesprochener Monsunwechsel. An der West-
küste werden die westlichen Winde häufiger, während die übrigen
Windrichtungen abnehmen. Bemerkenswert ist, dass in der Höhe die
Westwinde jahraus jahrein vorwiegend sind, wie die Beobachtungen
auf Berggipfeln nachweisen (Pike's Peak, Winter W-{-SW = 47°/o,
E -f- NE = 9°/o; Sommer W + SW = 50°/o, E + NE == 15».
Die jährliche Periode der Winde in Australien entspricht der
Aenderung in der Verteilung des Luftdruckes in der Jahresperiode,
die Winde sind cyklonisch im Sommer, anticyklonisch im Winter
(der Südhemisphäre). Die folgende Tabelle gibt die Windrichtungen
an der Ost-, Süd- und Westküste im Winter und ihre Aenderungen
zum Sommer (°/o):
Häufigkeit der Winde im Winter:
N
NE
S
SE
S
SW
W
NW
6
8
3*
6
15
20
28
14
24
15
7*
8
11
11
7
17
3*
31
12
9
8
12
8
17
Ostküste
Südküste
Westküste (Perth) . .
Aenderung der Windrichtung vom Winter zum Sommer:
N NE E SE S SW W NW
Ostküste +1 +19+13+12+3 -14-25-9
Südküste J -13-11+1 +12+12+6 +1 -8
Vom Winter auf den Sommer nehmen an der Westküste die
südwestlichen Winde, an der Ostküste die nordöstlichen erheblich
zu, dagegen die nordöstlichen Winde an der Westküste, die südwest-
lichen und westlichen an der Ostküste erheblich ab.
Die Windrichtungen des östlichen subtropischen Südamerikas,
sowie diejenigen der Westküste enthält folgende Tabelle (°/o):
Ostküste
Westküste 20—30° S.
35-40° S.
50—60° S.
20—40° S.
40-60° S.
N NE E SE S SW W NW
Winter 26 11 9 9 14 9 8 12
6 6 8 23 22 16 11 8
12 7 3 6 15 18 21 18
10 7 9 9 10 14 20 18
Sommer 5 4* 7 26 28 17 9 7
12 4 1* 2 7 17 29 28
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SE
S
SW
W NW
14
25
36
7 9
16
5
12
8 3
150 Wind. Jährliche Periode.
Aenderung der Windrichtung vom Winter zum Sommer:
N NE E SE S SW W NW
Ostküste -7 +4 +9 +7 -2-2 -3 -6
An der Ostküste sind die nördlichen Winde vorherrschend. Im
Sommer erhalten die nordöstlichen bis südöstlichen Winde die Ober-
hand. An der Westküste zeigt sich, 30 bis 45° und 45 bis 60° s. B.,
ein entgegengesetztes Verhalten, indem in den ersteren Breiten die
N-— W- Winde abnehmen, die S — SE-Winde vom Sommer zum Winter
zunehmen, in den letzteren umgekehrt.
Die folgende kleine Zusammenstellung der Windrichtungen zu
Lado am oberen Nil (5° n. B.) zeigt, dass die südlichen Winde
während der nördlichen Deklination vorwiegen, dagegen die nörd-
lichen und nordöstlichen während der südlichen Deklination.
N NE E
April bis September .... 1 53
Oktober bis März 25 24 7
Sehr schön zeigt sich die Abhängigkeit der Temperatur, des
Luftdruckes und der Winde in Indien. Im Spätherbste beginnt in
Indien die Abkühlung am kräftigsten in den Ebenen des Pandschab,
und mit dieser Abkühlung steigt auch der Luftdruck, welcher im
Dezember ein Maximum in Nordindien erreicht, wogegen derselbe im
Süden der Bai am niedrigsten ist. Der Unterschied des mittleren
Luftdruckes im Dezember beträgt zwischen 31° n. und 6° s. B.
etwa 7 1 /* mm. Die Winde sind in Nordindien sehr schwach, die
kalte Luft fliesst als NW durch das Gangesthal der Bai zu und
vereinigt sich mit dem NE-Monsun der Halbinsel. Dieser Nordost-
monsun des Winters ist kein Passat, der etwa den Himalaya über-
schreitet, dafür spricht schon seine geringe Stärke und seine unbe-
deutende vertikale Mächtigkeit, indem er kaum über 1800 m hinauf-
ragt, wogegen die Kammhöhe des Himalaja meistens 5400 m tiber-
steigt. Anders liegen die Verhältnisse in Ostasien, wo der Monsun
seinen Ursprung in Nordasien hat. Die LuftdruckdifFerenz ist in
Ostasien in denselben Breiten, wie oben für Indien angegeben, viel
bedeutender, nämlich ca. 11 mm.
Mit der steigenden Temperatur im Frühjahre nimmt auch der
Luftdruck in Indien wieder ab, erheblicher im Osten als im Westen,
und mehr im Norden als im Süden, die Luftdruckverteilung wird
zunächst ausserordentlich gleichmässig, dann aber bildet sich über
der Bai ein entschiedenes barometrisches Maximum, welches, nach
und nach südwärts vorrückend, immer mehr mit dem niedrigen
Luftdrucke auf dem Festlande in Gegensatz tritt. Im Juli beträgt
der Luftdruckunterschied zwischen 6° s. und 31° n. B. 15 mm, ist
also doppelt so gross, als im Winter. Dementsprechend weht jetzt
ein viel kräftigerer Luftstrom als im Winter, der SW- Monsun,
welcher auch zu sehr bedeutenden Höhen hinaufreicht.
Speziell für unsere Gegenden hat die Windrichtung eine
mehr oder weniger ausgesprochene jährliche Periode, wie neuere
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Wind. Jährliche Periode.
151
Untersuchungen zweifellos nachgewiesen haben 1 ). Wenn man für
die einzelnen Windrichtungen die Maxinia ihrer Häufigkeit zusammen-
stellt, so ergibt sich für frei gelegene Orte eine bestimmte Auf-
einanderfolge in der Art, dass die Windrichtungen in der jährlichen
Periode den Horizont von einer Richtung zur anderen durchwandern.
Die folgende Tabelle gibt nach August in die Verteilung der
Windrichtungen für eine Reihe Stationen des westlichen Europas:
Posen
(25 J.)
Brockengi
pfel (23 J.)
N
NE
E SE
S SWWNW
N
NE E
SE
S SWWNW
Januar
. 24
7
15 13
13 18 15
8
7
6 8
11
9 24 22 12
Februar
. 5
7
11 9
9 15 20
10
6
5 9
10
7 23 26 14
März .
. 8
8
16 10
11 13 17
10
8
7 9
7
8 22 22 7
April .
. 9
11
12 9
9 13 17
10
9
10 12
8
9 20 16 15
Mai .
. 11
13
12 10
7 10 16
18
8
9 12
9
10 16 19 17
Juni .
. 10
10
9 8
5 10 18
17
7
6 6
6
9 21 27 18
Juli .
. 9
8
6 6
7 10 22
19
5
5 4
4
8 30 27 6
August
. 9
7
8 8
9 15 22
15
5
5 7
7
12 29 22 13
Septembe
r . 9
8
11 9
9 15 19
11
6
6 8
11
10 24 19 16
Oktober
. 5
8
15 12
11 15 16
6
4
5 5
8
10 31 24 13
Novembei
• . 6
8
13 13
11 15 15
9
7
5 8
9
8 26 23 13
Dezember
. 4
8
12 12
15 20 15
8
6
5 6
10
10 25 24 14
Leipzi
g (38 J.)
München (38 J.)
N
NE
E SE
S SWWNW
N
NE E
SE
S SW W NW
Janaar .
. 3
9
8 11
15 32 13
9
5
9 24
5
3 11 32 5
Februar .
4
8
10 10
13 31 14
10
2
10 21
4
2 12 38 5
März . .
. 6
12
10 8
10 25 14
15
2
11 22
4
2 11 88 7
April .
. 7
13
11 10
7 19 15
18
4
11 22
3
1 10 34 10
Mai .
. 8
16
12 10
6 17 13
18
5
17 21
3
1 9 30 11
Juni .
. 6
9
7 9
7 24 17
21 .
4
15 17
3
1 10 34 11
Juli .
. 6
7
5 7
7 25 21
22
4
11 16
3
1 12 36 12
August
. 6
9
6 8
10 26 17
18
4
11 18
3
1 13 14 10
Septembe
r . 5
11
10 11
11 24 14
14
4
13 23
3
2 11 30 8
Oktober
. 4
7
9 12
15 29 14
10
3
11 25
6
2 11 29 6
Novembei
r . 4
9
10 12
17 29 11
8
2
11 23
7
3 12 31 5
Dezembei
• . 3
8
9 10
17 31 13
9
2
9 23
6
3 13 32 4
Wien
(20 J.)
Triest
(10 J.)
N
NE
E SE
S SW W NW
N
NE E
SE
S SWW NW
Januar
. 8
5
12 17
9 9 24
17
4
24 42
10
6 4 5 6
Februar
. 9
6
13 14
5 8 22
23
9
18 33
8
6 6 11 11
März .
• 10
6
9 16
6 8 23
21
5
18 37
13
5 5 9 9
April .
. 13
7
6 12
8 10 25
19
7
10 37
9
3 5 15 18
Mai
. . 10
8
9 13
9 11 21
18
8
14 35
8
3 5 16 11
Juni .
. . 10
7
5 8
6 11 29
23
10
11 39
7
2 4 15 12
Juli .
. 8
4
4 7
6 12 84
25
7
12 36
6
3 6 18 12
August
. , 6
5
7 9
7 13 32
21
6
15 40
8
2 5 13 11
Septembe
r . 9
7
8 14
7 11 25
19
5
12 42
9
3 4 14 10
Oktober
. . 6
8
11 21
7 10 21
15
4
20 39
11
4 4 7 7
Novembei
r . 10
5
12 20
6 6 23
17
3
19 44
18
5 6 6 4
Dezembei
' . 9
4
8 17
9 8 23
19
4
22 40
14
8 5 5 3
*) Vergl. August in: Die jährl. Periode der Windrichtung in Mittel- und
Westeuropa, in Met. Zeitschr. 1887, S. 399 und S a t k e : Die Drehung des Windes
in der jährl. Periode, in „Wetter" 1887, S. 34.
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152
Winde in oberen Luftschichten.
Paris (40 J.)
Dublin
(33 J.)
N
NE
E
SE S SWW NW
N
NE E
SE
S SWW
N^
Januar
. 12
12
7
11 16 18 15 9
4
2 10
9
10 20 29
8
Februar
. 11
9
6
10 19 17 18 10
5
3 11
8
9 18 29
12
März .
. 12
8
7
6 13 17 17 10
6
6 14
6
7 15 27
12
April .
Mai .
. 15
15
9
6 15 13 14 12
9
8 20
7
5 11 21
13
. 13
14
8
8 13 18 15 10
9
12 22
6
6 . 9 20
10
Juni .
. 14
12
5
6 9 20 21 13
8
5 13
7
8 14 26
11
Juli .
. . 10
9
4
5 11 21 26 14
7
3 9
4
6 14 31
18
August
. . 9
9
6
4 12 22 25 13
6
3 12
5
6 16 27
16
Septembe
r . 10
13
9
7 16 20 15 10
6
6 14
8
8 14 25
10
Oktober
. 8
9
8
10 20 19 16 10
8
4 6
7
9 16 31
12
Novembei
r . 6
9
7
10 18 24 17 9
6
2 9
9
9 19 31
9
Dezembei
• . 7
12
7
10 17 23 15 8
4
2 8
9
11 21 28
8
Der Gang der Häufigkeitsmaxima ist bei allen Stationen über-
einstimmend. Während des Winters bewegen sich die Häufigkeits-
maxima von Ost über Süd nach West, während des Sommers um-
gekehrt von Ost über Nord nach West. Die Winddrehung erfolgt
am raschesten in den Frühlingsmonaten, wo das Häufigkeitsmaximum
oft in einem Monate die Richtungen von Ost bis Nord durchläuft,
ebenso rasch wird in den Sommermonaten das Häufigkeitsmaximum
für die nordwestlichen bis südwestlichen Richtungen durchwandert.
Dagegen viel langsamer, aber auch viel gleichmässiger, sind die
Aenderungen in den Sommer- und Herbstmonaten, als in den beiden
eben genannten Jahreszeiten.
Indessen ist der Gang der Windrichtung in der jährlichen Pe-
riode manchen Unregelmässigkeiten unterworfen. So ist beispiels-
weise in München das Frühlingsmaximum der Ostwinde nur wenig
entwickelt, auch das Julimaximum der Westwinde ist kleiner, als
das Maximum des Februar oder März. In Wien treten die Häufig-
keitsmaxima sehr schwankend und unregelmässig auf. Diese Ver-
schiedenheit dürfte hauptsächlich ihren Grund haben in der Ver-
schiedenartigkeit der Beobachtungsreihen in Bezug auf die in Betracht
gezogenen Zeiträume, und dann scheinen sehr lange Reihen notwendig
zu sein, um die wirklichen Thatbestände bei einem so sehr schwan-
kenden Elemente mit Sicherheit feststellen zu können.
Diese Erscheinung hängt offenbar von der Häufigkeit des Auf-
tretens der Cyklonen und Anticyklonen, sowie von deren Beständig-
keit ab. Wir werden noch weiter unten gelegentlich auf diesen
Gegenstand zurückkommen.
Die Winde der oberen Luftschichten.
Die Kenntnis der Bewegungen in den oberen Luftschichten ist
für die Entwickelung der Meteorologie von der weittragendsten Be-
deutung. Die Witterungsphänomene, welche wir übersehen können,
umfassen nur einen Teil der Atmosphäre, nicht einmal die Hälfte,
und doch stehen offenbar die Vorgänge über uns in einem unmittel-
baren Zusammenhang, in innigster Wechselwirkung mit denjenigen,
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Winde in oberen Luftschichten. 153
die wir direkt in den unteren Schichten beobachten, so dass ein
vollständiges Verständnis der Witterungserscheinungen ohne Kenntnis
der Bewegungen in den oberen Schichten wohl nicht erlangt werden
kann. Daher erscheint es geboten, alle Hilfsmittel zu benutzen und
zu schaffen, die Zustände und Bewegungen über uns zu studieren,
sei es durch direkte (Bergstationen oder Ballons captivs) oder in-
direkte (Wolken-) Beobachtungen.
Beobachtungen über die Windgeschwindigkeiten in der Höhe
liegen nur wenige vor, so dass wir durch sie kein vollständiges Bild
über die oberen Luftbewegungen gewinnen können, allein der Gegen-
stand ist so hochwichtig, dass wir ihn nicht übergehen können.
Thomas Stevenson stellte an einem Mäste von 50' in der
Nähe von Edinburg Beobachtungen über die Zunahme der Wind-
geschwindigkeit mit der Höhe an und erhielt folgende Mittelwerte *)
(engl. Meile pro Stunde):
Höhe Windgeschw. Höhe Windgeschw. Windgeschw. Windgeschw. Windgeschw. Windgeschw.
8,1
V«
6,9
9,8
22,2 (1 1 /«')
—
—
10
18,4
2
6,7
—
—
—
—
20
19,4
4
9,8
12,4
25,6
13,9
19,7
30
20,1
9
10,1
13,8
31,9
22,7
28,5
40
20,3
14
10,5
14,3
33,7
24,9
31,0
50
21,0
25
11,3
15,0
37,1
28,9
35,4
51
12,1
16,3
42,7
32,2
39,9
Hieraus leitet Stevenson folgende Sätze ab:
1. Die Windgeschwindigkeit nimmt mit der Höhe zu. Diese
Zunahme lässt sich von 15 — 50' und wahrscheinlich noch für grössere
Höhen sehr nahe durch Parabeln darstellen, deren Scheitelpunkt 72'
unter der Oberfläche liegt.
2. Zwischen 15' und dem Boden existiert eine grosse Störung
der Strömungen und die Symmetrie der Kurven ist gestört.
3. Die Parameter dieser Parabeln wachsen direkt mit den Qua-
draten der Windgeschwindigkeiten. Wenn x die Geschwindigkeit
des Windes in der Höhe H über der Erdoberfläche bezeichnet, so
ist der Parameter der korrespondierenden Parabel x 2 : (H + 72).
4. Wenn man für geringe Höhen die Windgeschwindigkeit V
an einem Punkte H über dem Erdboden finden will aus der ge-
gebenen Windgeschwindigkeit v in der Höhe h (wobei h grösser ist
als 15), so dürfte die Formel gelten: V = v \ / H + 72 .
Ist aber H grösser als 50', so gibt die Formel etwas zu grosse
Werte und dann ergibt folgende Formel für nicht allzu grosse Höhen
angenäherte Werte V = v (H : h).
Andere Beobachtungen über die Windgeschwindigkeiten in den
unteren Luftschichten wurden von Fines mit 3 in verschiedenen
Höhen in der Stadt (Paris) und auf freiem Lande befindlichen Ane-
*) Report on simultaneous Observat. of the Force of Wind at different
Heights above the Ground, Joura. of the Scott. Met. Soc. New Ser. Bd. V, 1880.
Digitized by VjOOQ IC
154 Winde in oberen Luftschichten.
mometern gemacht 1 ). Als Verhältnis der Windgeschwindigkeit in der
Stadt 7 m über dem Erdboden zu demjenigen auf freiem Felde er-
gab sich:
auf freiem Land in der Stadt
in 7 m Höhe 18 m Höhe 31 m Höhe
allgemeines Mittel 1,23 1,63 1,81
bei starken Winden 1,14 1,52 1,92
absolute Maxima 1,14 1,36 1,82
Die Werte, welche man aus den Beobachtungen der Windgeschwin-
digkeiten in den unteren Luftschichten erhält, sind in hohem Masse ab-
hängig von lokalen Verhältnissen, und so sind die an verschiedenen
Orten gewonnenen Resultate, so wichtig sie insbesondere für die
Praxis sind, wie bereits oben bemerkt, wenig untereinander ver-
gleichbar. Viel vergleichbarer sind diejenigen Beobachtungen, welche
sich auf grössere Höhen beziehen, wobei insbesondere die Geschwin-
digkeit der Wolken in den verschiedenen Höhen zu Grunde gelegt
wird, vorausgesetzt, dass die Wolkenhöhe annähernd genau be-
stimmt werden kann. Hier sind es hauptsächlich zwei Arbeiten,
welche uns besonders interessieren, nämlich diejenige von Vettin
über die Luftströmungen über Berlin und die von Eckholm und
Hagström über die Wolkenmessungen über Upsala 2 ).
Die Beobachtungen Vettin's umfassen den Zeitraum vom April
1873—1875 und vom April 1877—1878. Das Verfahren Vettin's
bestand darin, dass zuerst die Zeit gemessen wurde, in welcher die
Wolke einen bestimmten Winkel am Himmel beschrieb, und dann
entweder die wirkliche Geschwindigkeit aus dem Laufe des Schattens,
woraus sich dann die Höhe ergibt, oder die wirkliche Höhe aus der
Zeit, wo die Wolke zuerst vor Sonnenuntergang oder zuletzt nach
Sonnenuntergang noch beschienen war, woraus sich dann die wirk-
liche Geschwindigkeit ergibt. Bei vielen Beobachtungen wurde in-
dessen auf eine direkte Messung verzichtet und die Höhe aus der
Form und scheinbaren Geschwindigkeit der Wolken geschlossen.
Die mittlere Geschwindigkeit der Luftbewegung in den ver-
schiedenen Höhen gibt die folgende Tabelle (Meter pro Sekunde):
Wolkenform Höhe Winter Frühling Sommer Herbst Jahr
Obere Cirri 7200 m 19,9 18,9 17,5 19,1 18,7
Untere Cirri 4020 17,9 15,8 14,7 17,8 16,2
Wölkchen ..... 2260 13,7 10,5 9,5 12,0 11,0
Wolken 1173 12,1 9,4 7,3 10,9 9,5
Unteres Gewölk ... 490 13,7 11,6 9,0 12,1 11,7
Wind — 6,5 6,8 6,3 5,4 6,2
Die mittlere Geschwindigkeit der Luftbewegung nimmt also
vom Erdboden bis zu einer Höhe von 7200 m um das Dreifache zu,
aber nicht stetig, sondern mit einer Unterbrechung in einer Höhe
von ungefähr 1000 — 2000 m und zwar in allen Jahreszeiten. Der Grund
') Ciel et Terre, 1885, S. 95.
2 ) Vettin siehe Met. Zeitschr. 1896, S. 333, Ekholm und Hagström
siehe Ann. de la Societe Met. de France, 1886, S. 15.
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Winde in oberen Luftschichten. 155
dieser Verzögerung liegt nach Vettin darin, dass in jener Region
die Wolkenbildung und die damit verbundene Wärmeentwickelung
am grössten ist , namentlich in der wärmeren Jahreszeit. Be-
merkenswert ist,* dass Broun bei seinen Untersuchungen der Luft-
bewegung über den britischen Inseln zu dem Ergebnisse kommt,
dass die Region des Maximums der Windgeschwindigkeit über Gross-
britannien wahrscheinlich nicht über 5000' liegt, und dass von
dieser Höhe die Geschwindigkeit sich nach oben und nach unten
wieder vermindert 1 ). An der Erdoberfläche ist sie nach Broun
kaum ein Drittel des Maximums ; die obere Grenze, wo die Bewegung
aufhört, liegt wahrscheinlich ein wenig über der mittleren Höhe der
Cirri. Ein etwas verschiedenes Verhalten in bezug auf die Zunahme
der Geschwindigkeit nach oben hin zeigen nach Vettin die süd-
lichen und die nördlichen Luftströmungen, wie aus folgender Tabelle
hervorgeht :
Winter Frühling Sommer Herbst
(preuss. Fuss) bei SE, 8, SW / Verhältnis u w 23 lJß
( Obere Cirri . . 218 196 151 171
Desgl. bei NW, N, NE . . . ] Unteres Gewölk 128 104 82 108
( Verhältnis 1 : . 1,7 1,9 1,8 1,6
Hiernach nimmt die südliche Luftströmung in der wärmeren
Jahreszeit mit der Höhe rascher an Geschwindigkeit zu als die nörd-
liche, während in der kälteren Jahreszeit sich die Sache umgekehrt
verhält.
Ueberhaupt zeigen die westlichen Luftströmungen während des
ganzen Jahres grössere durchschnittliche Geschwindigkeiten als die
östlichen.
In der folgenden Tabelle sind die beobachteten Geschwindig-
keiten nach Gruppen von 5 zu 5 m pro Sekunde in Prozenten tiber-
sichtlich zusammengestellt, wobei sich die Zahlen auf vierjährige Mittel
(1873, 1874, 1877, 1883) beziehen:
Januar:
0,5 m 5—10 10—15 15—20 20—25 25—30 30—35 35—40 40—45
45— 3<
) 50
Obere Cirri
4
11
7
7
28
14
18
7
4
—
—
Untere Cirri .
3
11
13
13
21
16
16
5
—
—
—
Wölkchen . .
5
22
30
15
13
8
3
2
—
2
—
Wolken . . .
9
30
25
25
5
3
1
1
—
—
—
Unteres Gewölk
2
17
34
29
9
5
2
1
—
—
—
Juli:
Obere Cirri .
5
13
23
26
15
7
5
3
3
Untere Cirri .
3
17
36
20
16
5
2
—
—
—
—
Wölkchen . .
19
49
18
9
3
1
Wolken . . .
34
46
15
4
1
Unteres Gewölk
21
45
26
3
5
J ) Zeitschr. d. Oest. Ges. 1878, S. 232.
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156
Winde in oberen Luftschichten.
Jahr:
0,5 m 5—10 10-15 15—80 20—25 25—30 80—35 35—40 40—45 45—50 50
Obere Cirri . .
4
17
23
19
17
8
5
3
2
1 0,6
Untere Cirri . .
3
18
29
21
16
8
3
1
1
0,2 0,5
Wölkchen . . .
14
34
27
14
7
2
1
0,2
0,3
0,2 —
Wolken . . . .
22
41
21
10
4
1
0,2
0,2
—
— —
Unteres Gewölk .
14
33
24
18
6
2
1
0,2
—
— —
In Upsala wurden von Ekholm und Hagström Messungen
über die Höhe und Bewegung der Wolken angestellt, wozu zwei
Theodolite in einer gegenseitigen Entfernung von 421 m verwendet
wurden 1 ).
Das Verhältnis der Wolkengeschwindigkeit v zu der Geschwin-
digkeit des Unter windes beträgt nach Beobachtungen im Sommer 1884
für Upsala:
Untere Wolken:
Mittl.
Stunde
12h 41m
17h 32m
Mittl.
Stunde
11h 59m
17h 38 m
Höhe -t=t
1558
1407
v
V
1,40
1,59
Wahrsch.
Fehler
±0,09
±0,11
Obere Wolken:
Höhe
5710
6180
V
2,76
2,90
Wahrsch.
Fehler
±0,22
±0,34
Mittl.
Geschw.
m. p. Sek.
6,69
6,96
Mittl.
Geschw.
m. p. Sek.
13,1
12,6
Wahrsch.
Fehler
±0,41
±0,48
Wahrsch.
Fehler
±1,04
±1,48
Hiernach wird die Windgeschwindigkeit in der Höhe in den
Mittagsstunden ein Minimum, und zwar zu derselben Zeit, wo die
Geschwindigkeit des Unterwindes am grössten ist.
Die sehr verschieden schnell und nach verschiedenen Richtungen
hin bewegten Luftschichten verursachen Reibungswiderstände, welche
von denen an der Erdoberfläche sehr verschieden sind. Bei dem
Buys-Ballot'schen Gesetze wird vorausgesetzt, dass diese Rei-
bungswiderstände direkt der , Bewegung der Luft entgegengesetzt
sind; es fragt sich nun, ob das Buys-Ballot'sche Gesetz auch
für die oberen Luftschichten noch seine Gültigkeit behält. Setzen
wir voraus, dass der Reibungswiderstand zu seiner Ueberwindung
eine Kraft verlangt, die in der Richtung der relativen Bewegung der
hier in Betracht kommenden Schichten wirken muss, und betrachten
wir zunächst den Fall, dass die obere Luftströmung, deren absolute
Geschwindigkeit durch die Linie a c bezeichnet ist, mit der relativen
Geschwindigkeit ad = ab-j-ac gegen die untere sich bewegt, wobei
die Reibung nach der Richtung ab hinwirkt. Die von a nach c
treibende Kraft wächst mit der relativen Geschwindigkeit ad, sie
wird bestimmt durch die Kraft a e, welche die Abweichung der Be-
wegung von der Trägheitskurve bewirkt, und die Resultante aG,
deren Richtung entweder nach oder vom Minimum fällt. Hier liegen
also die Verhältnisse ganz ähnlich wie an der Erdoberfläche und
3 ) Mesures des hauteurs et des mouvements des nuages. Upsula 1885.
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Winde in oberen Luftschichten.
157
die oberen Luffcströme folgen in diesem Falle dem Buy s -Ball ot'-
schen Gesetze. Nehmen wir nun weiter an, dass die obere Luft-
bewegung um einen spitzen Winkel b a c x abweiche, so ist a d x in dem
Parallelogramme a b c x d x die relative Bewegung der oberen Luftschichte
gegen die untere. Hieraus, sowie aus der Richtung der zum' oder
vom Minimum gerichteten Gradientkraft wird die Kraft aG x bestimmt,
'- ,***
itri
welche in diesem Falle viel kleiner ist als im vorhergehenden, und
die nicht nach rechts, sondern nach links vom Gradienten abweicht.
In diesem Falle folgt also die Bewegung dem Buy s -Ball ot'schen
Gesetze nicht. Bei kleiner werdendem Winkel bacj wird die Gra-
dientkraft aGj immer kleiner, so dass sich die Bahn immer mehr
der Trägheitskurve anschmiegt.
Aus den Beobachtungen zu Makerstoun erhielt Broun für den
Zeitraum 1843 — 46 als resultierende Richtung der Cirren, verglichen
mit der Richtung des Unterwindes 2 ) (-f- bedeutet Abweichung des
Cirruszuges nach rechts):
Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Jahr
+ 59 +38 +16 +57 —32 -94 +30 +39 +20 +30 +39 +25 +84
Hiernach liegt ausser in den Monaten April und Mai, in wel-
chen E- und NE-Winde vorherrschen, die Richtung des Cirruszuges
stets rechts von der Richtung des Unterwindes. Da die Zeit der
Wolkenbeobachtung nicht mit der der Windbeobachtung zusammen-
fällt, so bedarf es einer Korrektion auf denselben Zeitraum. Wird
diese angebracht, so ergibt sich als Differenz im Jahresmittel 29°,
und mit Hin weglassung des abnormen Jahres 1842 24°, welches mit
dem von Quetelet aus fünfjährigen Beobachtungen gefundenen
1 ) Vergl. Ann. d. Hydr. 1880, S. 608.
2 ) Proced. of the Roy. Soc. Vol. XXV, Dec. 1876, Ref. in Zeitschr. d. Oest.
Ges. 1878, S. 232.
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158
Winde in oberen Luftschichten.
Werte 24° sehr gut übereinstimmt. Die direkten gleichzeitigen Be-
obachtungen von Windrichtung und Wolkenzug zu Makerstoun aus
den Jahren 1843 — 1846 ergaben nach Broun folgendes Resultat:
Zahl der
Prozente derselben
Mittlere
Beobachtungen
+
—
Differenz
1. Cirruswind . . .
359
77
18 5
+ 29,6
2. Cirrostratuswind .
754
79
18 3
+ 22,8
3. Cumuluswind . .
1434
79
17 4
+ 14,5
4. Cirrocumulus . .
339
67
25 8
+ 13,7
5. Cirrostratu8-Cumulus
683
57
30 13
+ 6,9
Der mittlere Cirruszug stimmt also ganz gut mit den oben ge-
fundenen Werten überein. Aus 1 — 3 ergibt sich als Mittel +19,1
mit Berücksichtigung der Zahl der Beobachtungen, und 22,3 wenn
allen Beobachtungen dasselbe Gewicht beigelegt wird. Als mittlere
Ablenkung des Cirruszuges vom Unterwinde glaubt Broun 20° an-
nehmen zu dürfen, und da die Ablenkung des Windes von den Iso-
baren ebenfalls 20° nach entgegengesetzter Richtung beträgt, so er-
gibt sich folgender Satz:
„Die mittlere Richtung der Isobaren und der ganzen bewegten
Luftmassen sind nahezu gleich. "
Auch nach Clement Ley ist der mittlere Winkel der oberen
Strömungsrichtung mit den Isobaren nach aussen hin nahezu gleich
mit demjenigen, den die Richtung des Unterwindes mit den Isobaren
nach innen hin bildet.
Mit diesen Ergebnissen stimmen auch die von Hildebrands-
so n für Upsala gefundenen in der Hauptsache überein. Wir werden
noch weiter unten bei Besprechung der Cyklonen und Anticyklonen
auf diesen Gegenstand zurückkommen.
Die Luftbewegung um die Gegend des höchsten Luftdruckes
und um diejenige des tiefsten Barometerstandes, welche erstere man
mit dem Ausdrucke „barometrisches Maximum" und welch
letztere man als „barometrisches Minimum" bezeichnet, er-
folgt nach folgendem Schema:
Fig. 35.
Untere Luftströmungen.
Obere Luftströmungen.
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Vertikale Luftströmungen. 159
In der Figur 35 geben die dicken ausgezogenen Kurven die un-
teren, die dünneren, gestrichelten Linien die oberen Luftströmungen
an. Man sieht aus der Figur, dass die Luft an der Erdober-
fläche dem tiefsten Barometerstande in spiralartigen Linien zuströmt
und vom höchsten Luftdrucke abströmt, im ersteren Falle der Be-
wegung der Uhrzeiger entgegen, im letzteren mit derselben kreisend,
und ferner dass die Luftbewegung in der Höhe von derjenigen des
Unterwindes erheblich abweicht, und zwar beim Minimum ausströ-
mend, beim Maximum einströmend, jedoch nicht so, als wenn sich
über dem Minimum in der Höhe ein barometrisches Maximum be-
fände und ein Minimum über dem Maximum. Wir erhalten so einen
Kreisstrom, welcher in unserer Figur angedeutet ist, indem beim
Minimum die Luft emporsteigt, in der Höhe nach der Region des
Maximums abfliesst, um dann am Erdboden dem Minimum zuzu-
fliessen.
Das eben Gesagte gilt indessen nur für die nördliche Hemi-
sphäre; vertauschen wir aber in der Figur obere Luftströmungen
mit unteren und Maximum mit Minimum, so erhalten wir, wenn
wir von einigen kleinen Unregelmässigkeiten in der Figur absehen,
die sich auf die Nordhemisphäre beziehen, die Verhältnisse, welche
für die südliche Hemisphäre massgebend sind.
Vertikale Luftströmungen.
Apparate, welche die Existenz und die Geschwindigkeit der ver-
tikalen Luftbewegungen mit Leichtigkeit und genügender Genauig-
keit anzugeben im stände wären, fehlen bis jetzt noch, obgleich sie
ein sehr dringendes Bedürfnis sind. Nur an sehr wenigen Orten sind
die mit bedeutenden Schwierigkeiten verbundenen Messungen aus-
geführt worden, so in Upsala und in Zi-ka-wei, so dass wir bei Be-
sprechung dieses Gegenstandes hauptsächlich auf die Theorie ange-
wiesen sind.
Die Beobachtungen in Zi-ka-wei x ) beziehen sich auf den Winter
1886—1887 und den Sommer 1887. In der folgenden Tabelle ist
die Neigung des Windes durch. das Verhältnis V : H, Vertikal- und
Horizontalkomponente gegeben, wobei die erstere durch den Wind-
neigungsmesser, die letztere durch das Schalenkreuz dss Anemo-
meters erhalten war:
Tägliche Variation der Inklination der Bewegung der Luft, 41 m
über dem Boden, Einheiten der vierten Dezimale:
Mttn.— 1 1—2 2—» 8-4 4—5 5—6 6-7 7-8 8—9 9—10 10-11 11—12
Winter . . 29 26 44 76 100 99 64 9—43—75—81 -71
Sommer. . —52—52-61—77—88-83—54-14 25 47 56 60
l ) M. Dechevrens: Die Neigung der Windes gegen den Horizont
Compt. Rend. T. CVI. 1888
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160 Vertikale Luftströmungen.
Mttg— 1 1—8 2—3 3—4 4—5 5—6 6—7 7—8 8-9 9—10 10—11 11— Mttn.
Winter . . -62 -61—67—71—65-47—19 13 41 57 59 44
Sommer . . 67 78 84 79 63 42 22 -4 —14 —32 -47 —56
Mittlere Neigung Winter : 0,0970 (5° 34'), Sommer : 0,0883 (5° 4').
„Während ihrer täglichen scheinbaren Bewegung um die Erde
gibt die Sonne durch ihre intensive Strahlung auf den Parallelkreisen,
welche die grösste Erwärmung erleiden, Veranlassung zu einem Auf-
blähen der Atmosphäre, das einen Luftstrom längs der beschienenen
Meridiane veranlasst. Während der Nacht senken sich die Massen,
die sich erhoben haben, und diejenigen, welche anderswo aufgestiegen
sind, kehren an ihren ursprünglichen Ort zurück. In einer geringen
Distanz vom Mittelpunkte dieser verschiedenen Bewegungen wird die
Luft eine aufsteigende Richtung während des Tages annehmen, eine
absteigende während der Nacht. Das Umgekehrte wird stattfinden
an Orten, die sehr weit entfernt sind. Bei einer Breite von 31°
befindet sich Zi-ka-wei abwechselnd in diesen beiden Lagen. Es ist
somit nicht zu verwundern, dass dort die Bewegung der Luft wäh-
rend des Tages aufsteigend im Sommer, absteigend im Winter, und
umgekehrt während der Nacht absteigend in der warmen, aufstei-
gend in der kalten Jahreszeit."
Die im Sommer 1885 in Upsala von Ekholm und Hag-
ström angestellten Beobachtungen führten zu folgenden Resultaten :
Richtung Luftdruck Unterwind
S 87°W 755,1 SW 3,9 Minimum ganz nahe im NW
S 56 W 753,4 WSW 7,9 Isob. parallel, Gradient NW
S 67 W 751,9 WSW 8,2 Minimum Finnmarken
S 80 W 751,7 SSE 4,0 Gradient und Wind unbestimmt
W 15 N 755,5 SSW 2,9 Minimum im WNW
S 37 W i 760,2 SSE 4 ' 3 Max * üb * 760 mm üb ' ganz Eur °P a -
Es geht aus diesen Zahlen hervor, dass die vertikale Luftströ-
mung gegen die horizontale eine verhältnismäsig geringe ist, und es
scheint, dass die Richtung der Bewegung in der Nähe eines Mini-
mums eine aufsteigende und in der Nachbarschaft eines Maximums
eine absteigende ist, also gerade so, wie die Theorie es fordert.
Die Theorie der vertikalen Luftströmungen ist von verschiedenen
Seiten behandelt worden; so von W. Thomson, Poisson, Reyhe,
Hann, Guldberg und Mohn, Oberbeck, Sprung und anderen,
auf deren Untersuchungen wir hier verweisen wollen. Wir wollen
uns damit begnügen, hier nur die Hauptresultate jener Untersuchungen
wiederzugeben.
Eine Luftmasse kann nur dadurch eine vertikale Bewegung er-
halten, dass die sie beeinflussende vertikale Druckdifferenz grösser
oder kleiner ist als das Gewicht der Luftmasse, so dass also die
vertikale Luftdruckverteilung eine andere ist als diejenige, welche
der barometrischen Höhenformel entspricht. Störungen im Gleich-
gewichte der Atmosphäre werden hervorgebracht insbesondere durch
die Aenderungen der Temperatur und der Feuchtigkeit.
TT/u»* Geschwindigk.
Hohe horiz. vertik.
8061 19,4
+ 5,1
8009 42,3
+ 2,6
9223 44,1
+ 6,1
9237 36,5
-1,3
8268 34,5
+ 2,8
8825 13,5
-1,7
10604 15,1
-0,8
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Vertikale Luftströmungen. 161
Setzen wir zunächst eine trockene Atmosphäre voraus, und sehen
wir ab von den geringen Aenderungen, die durch die Abnahme der
Schwerkraft verursacht werden, so ergibt sich eine Temperatur- Abnahme
von 0,993° oder rund 1° mit der Erhebung auf je 100 m. Wenn
die Abnahme so ist, ist die Atmosphäre im indifferenten Gleich-
gewicht. Ist die Temperaturabnahme mit' der Höhe geringer als 1°
für je 100 m vertikaler Erhebung, so ist das Gleichgewicht ein sta-
biles, und ein labiles, wenn die Wärmeabnahme mit der Höhe
rascher erfolgt. Die Abkühlung der aufsteigenden Luft beträgt fast
genau 1° für je 100 m und bleibt dieselbe, von welchem Niveau
auch das Aufsteigen stattfindet, oder was auch die anfängliche Tem-
peratur war. Um denselben Betrag erwärmt sich der absteigende
Luftstrom. Berücksichtigen wir die durch Hebung der Luft ent-
zogene Wärme, so kann man sagen, dass beim indifferenten
Gleichgewichte die oberen und unteren Luftschichten dieselbe Wärme-
menge enthalten, während jene beim stabilen einen Wärmeüberschuss,
beim labilen einen Wärmemangel aufweisen. In dem Falle eines
labilen Gleichgewichtes entstehen auf- und absteigende Luftströmungen
um so leichter, je rascher die Temperatur mit der Höhe abnimmt.
Das labile Gleichgewicht kommt insbesondere dann vor, wenn die
Erdoberfläche durch die Sonne stärker erwärmt wird, also um die
Zeit der grössten Tageswärme, wie wir es oben auseinandergesetzt
haben. In extremen Fällen kann die Dichtigkeit einer Luftschicht
an ihrer Unterseite gleich oder geringer werden als oben. Für den
ersteren Fall findet Sprung eine Temperaturabnahme von durch-
schnittlich 3,42° für 100 m. „Sobald sich die Temperaturabnahme
über diese Grenze erhebt, was nur bei vollkommener horizontaler
Trennungsfläche beider Schichten möglich ist, ist der Zustand ein
derartiger, als wenn Wasser über Oel geschichtet wäre. Jede kleine
Störung der Horizontalität muss eine vollkommene Umlagerung der
beiden, verschieden schweren Flüssigkeiten herbeiführen/
Ist der emporsteigenden Luft Wasserdampf beigemengt, und
findet während des Aufsteigens keine Kondensation statt, so wird
zwar die Wärmeabnahme etwas verlangsamt, weil die spezifische
Wärme des Wasserdampfes etwas grösser ist, als die der Luft, aber
dieser Unterschied ist so unbedeutend (selbst bei den grössten
Mengen, die in der Atmosphäre vorkommen, kaum 0,03°), dass
man ihn vernachlässigen und den Wert 1° für je 100 m fest-
halten kann.
Ist aber der aufsteigende Luftstrom mit Wasserdampf gesättigt,
so dass dieser fortwährend teilweise kondensiert wird, so wird die
Abnahme der Temperatur mit der Höhe durch die bei der Konden-
sation frei werdende Wärme erheblich verzögert. Die zu der Aus-
dehnungsarbeit erforderliche Wärme wird hier nur zum Teile der
Luftmasse selbst entzogen, während der andere Teil von der Ver-
dampfungswärme bestritten wird. Findet die Kondensation des Wasser-
dampfes unter dem Gefrierpunkte statt, so kommt noch ein Wärme-
zuschuss hinzu bei dem Uebergang in den festen Aggregatzustand.
Van Bebber, Meteorologie. 11
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162 Vertikale Luftströmungen.
Die folgende von Hann entworfene Tabelle gibt in bequemer
Weise auf alle Fragen Antwort, die sich auf die Temperatur eines
gesättigt feuchten aufsteigenden Luftstromes beziehen:
Wärmeabnahme in gesättigt feuchter aufsteigender Luft
für je 100 m Cels.
Anfängl.
Druck
Anfängliche Temperatur
Seehöhe
hei oo
mm
— 10
— 5
5
10
15
20
25
30
m
760
0,76
0,69
0,63
0,60
0,54
0,49
0,45
0,41
0,38
20
700
0,74
0,68
0,62
0,59
0,53
0,48
0,44
0,40
0,37
680
600
0,71
0,65
0,58
0,55
0,49
0,44
0,40
0,37
—
1910
500
0,68
0,62
0,55
0,52
0,46
0,41
0,38
—
—
3360
400
0,63
0,57
0,50
0,47
0,42
0,38
—
—
—
5150
300
0,57
0,51
0,44
0,42
7430
200
0,49
0,43
0,38
10670
G
ramme
Wasserdampfes
in einem K
ilogramm
gesätt
igt
feuchter
Luft:
mm
— 10
-5
5
10
15
20
25
30
Seehöhe
bei oo m
760
1,7
2,6
3,8
5,4
7,6
10,5
14,4
19,5
26,3
20
600
2,2
3,2
4,8
6,8
9,6
13,3
18,3
24,8
—
1910
400
3,2
4,8
7,2
10,2
14,4
20,0
—
—
—
5150
200
6,5
9,7
10670
Ist die aufsteigende Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt, so
erfolgt die Abkühlung anfänglich bis zur Sättigung wie bei trockener
Luft, und die Werte obiger Tabelle kommen zur Geltung, sobald
die Abkühlung den Taupunkt erreicht hat.
Steigt z. B. ein gesättigt feuchter Luftstrom mit einer Anfangs-
temperatur von 15° zu einer Höhe von 3000 m auf, so wird er an-
genähert um 0,49 X 30 = 14,7° abgekühlt, oder seine Temperatur ist
noch 0,3 °. Ein trockener Luftstrom würde sich unter sonst gleichen
Verhältnissen um 30° abkühlen, also Unterschiede, die ganz be-
deutend ins Gewicht fallen müssen. Bei dem absteigenden Luftstrom
kann eine Kondensation des Wasserdampfes nicht eintreten, die Luft
wird wärmer und trockener, wie es bei den Föhnerscheinungen der
Fall ist, die wir weiter unten noch besprechen werden.
Die Wärmeabnahme mit der Höhe erfolgt in der Regel lang-
samer als diejenige beim trockenen aufsteigenden Luftstrome und
daher wird bei trockener Luft der Auftrieb rasch erlahmen, so dass
das Aufsteigen zu grösseren Höhen ohne Kondensation nur selten
möglich ist. Ist aber der aufsteigende Luftstrom feucht, so erfolgt
das Aufsteigen bis zur Erreichung des Taupunktes, wie bei trockener
Luft, dann aber, wenn die Kondensation eintritt, verlangsamt sich
bedeutend die Abkühlung und der Auftrieb erhält stets wieder neue
Impulse. So kann die Luft zu ganz bedeutenden Höhen aufsteigen,
um so mehr, je höher ihr Taupunkt liegt.
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Fallwinde. Föhn. 163
Fallwinde.
Eine absteigende Luftmasse, welcher Wasserdampf beigemengt
ist, wird durch die Verdichtung, die sie beim Abstiege erleidet, um
nahezu 1° auf 100 m erwärmt, während die Temperaturabnahme mit
der Höhe in der ruhenden Atmosphäre im Sommer etwa 0,6, im
Winter etwa 0,4 m beträgt. Im allgemeinen wird also eine ab-
steigende Luftbewegung, oder ein Fallwind Erwärmung in die unteren
Schichten bringen. Indessen sind die eben angegebenen Werte für
die Temperaturabnahme mit der Höhe keineswegs^immer dieselben,
sondern sie variieren innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Es können
hierbei die bereits oben unterschiedenen Fälle des stabilen, indiffe-
renten und des labilen Gleichgewichtes vorkommen, je nachdem die
Temperaturabnahme mit der Höhe grösser, ebensogross, oder kleiner
ist als 1° auf 100 m. Im ersteren Falle wird dann ein Fall wind
die Temperatur erhöhen, im zweiten Falle dieselbe unverändert lassen
und im dritten Falle wird seine Wirkung eine abkühlende sein. Wenn
auch der Zustand des stabilen Gleichgewichtes die Regel ist und die
anderen Zustände in der freien Atmosphäre durch vertikale Strö-
mungen, im Gebirge durch Tag- und Nachtwinde, leicht in den ersteren
Zustand übergeführt werden, so kommen dennoch, namentlich im
Gebirge, viele Fälle vor, in welchen die Ausgleichung in grösserem
Massstabe und gewissermassen gewaltsam erfolgt. Solche Winde,
welche von den Gebirgskämmen in die Thäler und Niederungen
hinab wehen, nennt man Föhnwinde, wenn sie erwärmend wirken,
und boraartige Winde, wenn sie mit Abkühlung verbunden sind.
Betrachten wir zuerst den Föhnwind, welcher vielen Gebirgs-
gegenden unserer Erde eigen ist und welcher selbst im nördlichen
Europa nicht fehlt, wobei ich meine Erörterungen hauptsächlich an
die epochemachenden Arbeiten von Hann anlehne.
Der Föhn unserer Alpen ist ein warmer, trockener Wind, welcher
mit grosser Heftigkeit von den Kämmen aus SE oder S herabstürzt.
Das Hauptgebiet des Föhn liegt zwischen Genf und Salzburg un-
mittelbar an die Hauptalpenkette angelehnt, und mit der Entfernung
von dieser an Stärke abnehmend. Im oberen Teile der Thäler des
Rheins, der Linth, der Reuss und im unteren Rhonethal steigert er
sich zuweilen bis zum Orkan.
Am häufigsten weht der Föhn im Herbst und Winter, am sel-
tensten im Sommer, wobei auf das Jahr im Mittel 30 bis 40 Föhn-
tage fallen. Die Wirkungen des Föhn auf Temperatur und Feuch-
tigkeit sind ausserordentlich gross, wenn jener mit einiger Stärke
auftritt. Um diese zu veranschaulichen, wählen wir als Beispiel den
Föhn vom 1., 4., 7. — 8. Januar 1877 in der Schweiz:
Temperatur Rel, Feuchtigkeit Wind
7* lh 9h 7° lh 9h Mittel
i Altdorf . . . 13,8 15,8 13,0 31 29 42
Mittel
Altstätten . . 15,1 16,0 14,0 25 29 35 SSW
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164 Fallwinde. Föhn.
Die Abweichung der Temperatur vom mittleren Werte betrug
zu Altstätten am 1. Januar 17,1° und am 8. 17,2° und fast ebenso
gross war sie auch in Altdorf. Die relative Feuchtigkeit war nach
obigen Zahlen ausserordentlich klein.
Der Ursprung des Föhns wurde von den schweizerischen Natur-
forschern in der Sahara als ,der Gegend grösster Hitze und Trocken-
heit gesucht, während Dove den Föhn als den herabgekommenen
Passat ansah, der durch die ungeheuren Niederschläge, welche er
erzeugt, seine Wiege, das warme Karibische Meer, verräth. Zwar
erkannte Dove die Erwärmung der herabsinkenden Luftmassen des
Aequatorialstromes, allein die physikalischen Ursachen dieser Erschei-
nungen erwähnt Dove nicht.
Die gleichzeitigen Beobachtungen auf der Nord- und Südseite
der Alpen widerlegen entschieden die eben erwähnten Ansichten.
Dass der Föhn nicht der Sahara entstammen kann, geht schon daraus
hervor, dass der Föhn hauptsächlich im Winter auftritt und die Sa-
hara nur im Sommer heiss ist. Ferner sind, bei der Herrschaft des
Föhns auf der Nordseite der Alpen, die Witterungserscheinungen auf
der Südseite jenen auf der Nordseite gerade entgegengesetzt: im
Norden warm und trocken, im Süden feucht bei wenig veränderten
Temperaturverhältnissen und nach Einsetzen des Föhns mit ganz er-
heblichen Niederschlägen. Auch ist auf den Alpenkämmen, wenn
der Föhn in die Thäler stürzt, ein warmer trockener Südwind nicht
bemerkbar, denn die Temperatur steigt wesentlich nicht und die
Feuchtigkeit der Luft zeigt keine wesentliche Aenderung. Die hohe
Temperatur und die grosse Trockenheit stammen nicht aus der Höhe,
sondern bilden sich nach und nach, während der Föhnwind in die
Thäler niederfällt, wie dieses aus den Beobachtungen in verschiedenen
Höhen im Föhngebiete ganz deutlich hervorgeht. Fügen wir noch
hinzu, dass auch auf der Südseite der Alpen föhnartige Erscheinun-
gen vorkommen und dass auch Grönland seinen Föhn hat, so dürften
jene Ansichten als völlig unhaltbar erscheinen.
Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass die Entstehung und
das Verhalten des Föhns in den Gebirgen selbst zu suchen sind.
Seine Erklärung folgt einfach % aus den Gesetzen, die wir oben für
absteigende Luftströme angegeben haben. Mit der Anwendung der
Gesetze der mechanischen Wärmetheorie auf die Föhnerscheinungen
betrat die Meteorologie ein neues fruchtbares Feld, welches für die
Entwickelung der meteorologischen Wissenschaft sich immer ergie-
big zeigt.
Die erste richtige Erklärung des Föhns, welche allerdings nicht
mit der mechanischen Wärmetheorie in Beziehung gebracht wurde,
ist zu Anfang der fünfziger Jahre von Espy gegeben worden*).
„The theory also," sagt Espy, „would indicate that during the
great rains that take place north of the head of the golf of Venice,
and south of the Garnic Alpe, there would be feit on the north
l ) Philosophy of Storms, 1841; siehe Met. Zeitschrift 1885, S. 393.
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Fallwinde. Föhn. 165
slope of these Alps a very hot, dry wind, such as the sirocco is
described to be u .
Etwa 19 Jahre später (1865) veröffentlichte Helmholtz einen
populär- wissenschaftlichen Vortrag „Ueber Eis- und Gletscherbildung ",
in welchem eine Erklärung der Föhnerscheinungen gegeben wurde
und zwar mit Rücksicht auf die mechanische Wärmetheorie. Obgleich
diese Erklärung die richtige war, so blieb sie, als eine nebenbei ge-
gebene Bemerkung in einem populär-wissenschaftlichen Vortrag ohne
eine besondere Wirkung, zumal es sich bei dem damaligen Stadium
der Föhnfrage hauptsächlich um die Erklärung der Trockenheit han-
delte, welche in dorn Helmholtz'schen Vortrage nicht erwähnt wird.
Unabhängig von Espy und Helmholtz stellte Hann die jetzt
allgemein angenommene Föhntheorie auf, wobei er zuerst durch
Beobachtungen nachwies, dass alle anderen Erklärungsversuche aus-
geschlossen werden müssten, und dass nur die thermodynamische
Theorie des Föhns alle Erscheinungen erkläre.
Die Föhnerscheinungen stehen in einem innigen Zusammen-
hange mit den atmosphärischen Vorgängen, die sich nördlich von den
Alpen abspielen. Wenn wir die täglichen Wetterkarten von Europa
verfolgen, so werden wir fast auf jeder Karte barometrische Depres-
sionen antreffen, welche mit grösserer oder geringerer Geschwin-
digkeit über Nordeuropa meist in westöstlicher Richtung hinweg-
gehen. Diese wirken aspirierend auf die Luft über den südlich davon
gelegenen Gegenden, so dass also die Luft beim Vorübergange der
Depression als SE- oder als SW-Wind zuströmt. Auch aus dem
Alpenvorland wird die Luft nach dem Orte des tiefsten Luftdrucks
hingezogen, während die Luft aus den Alpenthälern zum Ersätze
herbeiströmt. Ein direkter Zufluss der Luft aus den auf der Süd-
seite der Alpen gelegenen Gegenden wird durch die hohen Alpen-
kämme gehindert, und so müssen dann die Luftmassen, wenn der
Druckunterschied zwischen Nord und Süd immer mehr zunimmt, von
den Alpenkämmen in die Thäler hinabstürzen und so die Föhn-
erscheinungen hervorbringen. Die orkanartige Heftigkeit der Föhn-
stösse, deren oft merkwürdig lokale Beschränkung und grosse Unregel-
mässigkeit erklären sich aus der Entstehungsart und aus dem ver-
schiedenen Einfluss der Bodengestaltung.
Obgleich die Depressionen, welche über dem Mittelmeer häufig
vorkommen, in der Regel viel schwächer sind, als diejenigen, die
über Nordeuropa hinwegziehen, so können sie doch in den südlichen
Alpenthälern Nordföhn erzeugen, welcher sich zuweilen noch in
Mailand fühlbar macht. Indessen tritt der Nordföhn in der Regel
viel schwächer auf, als der Südföhn, wenn auch sonst die Erscheinung
dieselbe ist.
Dass die Föhnerscheinungen im Sommer nicht so intensiv und
weniger häufig sind als im Winter, folgt aus der Thatsache, dass
die Wärmeabnahme mit der Höhe im Sommer erheblich rascher ist,
als im Winter und dass die Depressionen über Nordeuropa eine viel ge-
ringere Tiefe haben als im Winter, so dass also im Sommer die
Aspiration der Luft nach Norden hin verhältnismässig unbedeutend ist.
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166 Fallwinde, Föhn, Mistral, Bora.
Aus der Föhntheorie folgt unmittelbar, dass überall dort Föhn-
erscheinungen auftreten müssen, wo hohe Gebirgskämme sich er-
heben und wo infolge der barometrischen Minima ein Luftaustausch
zwischen den beiden Seiten des Gebirges stattfindet. In den Tropen,
wo barometrische Minima nur selten auftreten, dürften die Föhn-
erscheinungen ebenso selten auftreten, nur dann, wenn die tropi-
schen Wirbelstürme höheren Gebirgszügen sich nähern.
Ausser in den Alpen kommen Föhnwinde vor an den Nord-
abhängen der Pyrenäen und an der Südküste des Biscayischen Busens,
in Siebenbürgen, am Südufer des Kaspischen Meeres, in Ostsibirien,
Indien, im oberen Missourithal, auf der Südinsel von Neuseeland,
auf Grönland und in vielen anderen Gebirgsgegenden. In Grönland
hat der Föhn dadurch ein ganz besonderes Interesse, weil er über
das völlig vergletscherte Innere Grönlands herüberkommt und als
sehr warmer SE-Wind mit Sturmesstärke in die Fjorde herabstürzt,
die Temperatur im Winter durchschnittlich um 12 — 20°, im Herbst
und Frühling etwa um 11° erhöhend.
Kalte Fallwinde sind der Mistral im südlichen Frankreich
und die Bora an der istrischen und dalmatinischen Küste und am
Südwestfusse des Kaukasus am Schwarzen Meere. Die Entstehung
dieser Winde liegt in den grossen Temperaturgegensätzen im Winter
zwischen dem Mittelmeerbecken und den schneebedeckten Bergen
auf der Nordseite, so dass die häufig auftretenden nördlichen Winde
zeitweise mit ausserordentlicher Heftigkeit wehen, und in heftigen
Stössen, Kälte verbreitend und an Trockenheit zunehmend, nach
dem Meere hin hinabstürzen.
Der Mistral ist besonders häufig und heftig im unteren Rhone-
thal, wo die kalte Luft einen natürlichen Abzugskanal findet. Er
tritt dann besonders auf, wenn über Frankreich ein Gebiet hohen
Luftdrucks sich lagert, während im westlichen Mittelmeer der Luft-
druck abnimmt, so dass also nördliche Winde sich entwickeln können.
Nicht selten verdankt der Mistral seine Entstehung lokalen Ursachen,
wenn beispielsweise lokale Luftdruckdifferenzen entstehen. Dass auch
die tägliche Periode der Erwärmung auf die Entstehung und das
weitere Verhalten des Mistrals eine Rolle spielt, geht aus der That-
sache hervor, dass derselbe sehr häufig am Morgen sich erhebt,
mit der Erwärmung zunimmt und am Abend wieder abflaut.
In bedeutend höherem Grade ist die Bora des Adriatischen Meeres
ein Fallwind. Der Entstehungsgrund der Bora ist demjenigen des
Mistrals ganz ähnlich. Auch hier ist es die Wechselwirkung eines
barometrischen Minimums über dem Mittelmeer und eines Maximums
im Norden, welche diesen W T ind verursacht. Die Bora weht als
trocken-kalter NE- Wind in heftigen Böen im Adriagebiete von Triest
bis gegen Albanien hin. Wenn die Bora bei heiterem Himmel aus-
bricht, so erscheinen gewöhnlich über den Gebirgskämmen, von denen
sie herabstürzt, Haufenwolken, welche immer mehr an Umfang zu-
nehmen und eine dichte Wolkendecke bilden, welche erst verschwindet,
wenn die Bora zu wehen aufgehört hat.
Die Entstehung der Bora kann auch einen andern Grund haben.
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Lokale Winde. Scirocco, Wüstenwinde etc. 167
Im Winter sammelt sich nicht selten die kalte Luft in den Thälern
an und zwar in einem Masse, dass die Thäler bis an den Rand des
Kammes angefüllt sincl. Bei noch weiterer Abkühlung fliesst die
Luft über die Kämme hinaus ab und stürzt sich mit Heftigkeit in
die relativ warmen Niederungen, während die ebenfalls kalten Luft-
massen zum Ersätze dem Randgebiete zuströmen.
Am Schlüsse dieses Kapitels wollen wir noch einige lokale
Winde erwähnen, welche für die Gegenden, in welchen sie wehen,
charakteristisch sind.
Der Scirocco ist ein schwüler, Regen bringender Wind aus
südlicher Richtung, welcher im Winterhalbjahr (während der Regen-
zeit im mediterranen Gebiete) an der Ostseite barometrischer De-
pressionen in Italien auftritt. Seine Wärme und Feuchtigkeit ver-
dankt er seiner Ursprungsstätte auf den südlicher gelegenen Meeren.
Sehr verschieden hiervon ist ein heisser und sehr trockener SE- bis
SW-Wind, welcher in allen Jahreszeiten, insbesondere aber in den
Frühlingsmonaten in Sizilien und an der Südspitze Italiens vorkommt.
Häufig führt dieser Wind einen feinen rötlichen Staub mit sich, welcher
nach Fischer in den meisten Fällen wahrscheinlich der Sahara ent-
stammt. Seine Wirkung auf die Vegetation, insbesondere zur Blütezeit
des Weinstockes und der Olive, ist eine sehr verderbliche. Aehnlichkeit
mit diesem Winde hat der Levechein Spanien, ein heisser, trockener
Südwind, welcher sich auf die südöstlichen Küsten von Spanien be-
schränkt. Noch über 80 Meilen westwärts von der afrikanischen
Küste weht zuweilen ein heisser, trockener östlicher Wind, welcher
rötlichen Staub mit sich führt und Leste genannt wird.
Die Wüstenwinde in Nordafrika, Arabien und Syrien er-
halten zuweilen eine ausserordentliche Heftigkeit, insbesondere Ende
Juli und Anfang August. In Aegypten werden diese Winde Cham sin,
im übrigen meist Samum genannt. „Der Wüstensturm hebt schwere
Staub- und Sandwolken auf, die Temperatur steigt bis 50° und dar-
über. Der Horizont verschwindet in dickem Dunste, der Himmel
ist verschleiert, die Sonne bleich und wirft keinen Schatten, die At-
mosphäre, staubig und glühend, nimmt eine gleichmässig rötliche
Farbe an. Der aufgewirbelte Sand ist dabei (infolge der Reibung)
oft sehr stark elektrisch geladen. Man hat dem Samum früher gif-
tige Eigenschaften zugeschrieben, es ist aber wohl nur der hohe
Grad von der Hitze und Trockenheit, durch welche dieser Wüsten-
wind gefährlich werden kann" (Hann). Die hohe Wärme dieses
Windes ist erklärlich, da sich der Wüstensand am Boden bis über
70° erwärmen kann, so dass die vom Winde mitgerissenen Sand-
teilchen die Luft ausserordentlich stark erwärmen müssen.
Ausserdem erwähnen wir noch die heissen Nordwestwinde, welche
im März und April am Tage das Gangesthal hinabwehen, und die heissen,
trockenen Nordwinde Australiens, welche insbesondere der Südküste
im südhemisphärischen Sommer eigentümlich sind. Bei ihrer Herrschaft
erhebt sich nach Neumayer die Temperatur in Melbourne durch-
schnittlich um 15° über den Normalwert, während die Feuchtigkeit
auf 26 °/o herabsinkt.
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168 Niederschläge.
Die Stürme in den russischen Steppen werden Burane genant.
Im Sommer ist der Buran heiss, trocken und dichten Staub mit sich
führend, im Winter kalt und von dichten Schneemassen begleitet.
„Während eines heftigen Winterburans verlieren Menschen und Tiere
völlig jede Orientierung. Die Leute erfrieren wenige Hundert Schritte
von ihren Wohnungen, bisweilen selbst auf den Strassen der Dörfer.
Das Vieh flieht vor dem Winde und läuft ohne anzuhalten vielleicht
100 Werst und nicht selten stürzt es in Abgründe oder über steile
Ufer hinab und kommt um. Der Schaden, den ein Buran zuweilen
in den Viehherden anrichtet, ist ein ungeheurer. Selbst noch in
den Steppen der Krim kommen gelegentlich Burane vor, die vielen
Schaden im Viehstand zur Folge haben."
An der Guineaküste bildet der Harmattan eine bemerkens-
werte Eigentümlichkeit des Klimas, ein kühler, trockener Staubwind,
welcher im Dezember und Januar am häufigsten dort vorkommt und
aus östlicher Richtung weht.
Einen boraartigen Charakter haben die in Texas so sehr ge-
fürchteten Northers, die bei nach Süden hin abnehmendem Luft-
drucke und nach derselben Richtung hin rasch ansteigender Tem-
peratur vielfach ausserordentlich heftig auftreten und die auf der
Rückseite von Depressionen ostwärts fortschreiten.
Bemerkenswert sind die jähen Temperaturänderungen, welche
das Wehen des Northers begleiten : oft fällt die Temperatur plötzlich
von 25° auf den Gefrierpunkt herab.
VI. Die Niederschläge.
Bei Besprechung des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft wurde be-
merkt, dass die Luft nur eine gewisse Menge Wasserdampf aufnehmen
kann, und dass diese Menge proportional der Temperatur zunimmt.
Wird nun ein Quantum Luft durch irgend welche Ursache abgekühlt,
ohne dass ihr absoluter Wasserdampfgehalt geändert wird, so nimmt
ihre relative Feuchtigkeit zu, bis bei weiterer Abkühlung ihre Tem-
peratur auf den Taupunkt herabgesunken ist. Jede weitere Tem-
peraturerniedrigung hat zur Folge, dass ein Teil des Wasserdampfes
sich ausscheidet, so dass nur so viel Wasserdampf zurückbleibt, dass
er die Luft noch gerade sättigt. Der ausgeschiedene Wasserdampf
geht entweder in den tropfbar-flüssigen Zustand über, oder in den
festen, wenn der Kondensationsprozess unter dem Gefrierpunkte er-
folgte, und die dabei frei werdende Wärme nicht hinreichte, das
Gefrieren zu hindern. Kondensierten Wasserdampf nennen wir
Niederschlag. Nach der verschiedenen Art der Bildung der Nieder-
schläge nehmen diese eine verschiedene Form an und daher unter-
scheiden wir auch verschiedene Niederschlagsformen wie Tau und
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Niederschläge. 169
Reif, Nebel und Wolken, Regen und Schnee, Graupeln und Hagel.
Ehe wir zur Betrachtung dieser einzelnen Formen übergehen, wollen
wir zuerst die Bedingungen uns klar machen, unter welchen Nieder-
schlag überhaupt sich bildet.
Vorzüglich sind es drei Ursachen, welche die Kondensation der
Wasserdämpfe in der Luft bewirken, nämlich der aufsteigende Luft-
strom, die Mischung ungleich warmer Lüftmassen und endlich die
Abkühlung der Luft am Orte selbst. Die erste Ursache wurde be-
reits oben besprochen. Ein aufsteigender Luftstrom entsteht durch
Erwärmung der unteren Luftschichten, wie es am Tage durch die
Sonnenstrahlung geschieht, ferner durch die spiralförmige Bewegung
der Luft um ein barometrisches Minimum, wobei die Luft eine auf-
steigende Bewegung annimmt, und bei ursprünglich horizontalen
Luftströmungen, welche gezwungen werden, Gebirgszüge zu über-
schreiten. Ist die Anfangstemperatur der Luft und die Feuchtigkeit,
sowie die Geschwindigkeit des aufsteigenden Luftstromes gegeben,
so kann man nach dem Seite 162 Gesagten hieraus die Nieder-
schlagsmengen berechnen, welche sich beim Aufsteigen ausscheiden
müssen. Nehmen wir wie oben an, eine mit Wasserdampf gesättigte
Luftmasse habe im Meeresniveau und in unseren Breiten eine Tem-
peratur von 15°, so beträgt der Dampfdruck 12,1 mm und das
Gewicht des Wasserdampfes 12,7 gr für jedes Kubikmeter. Steigt
nun diese Luft in eine Höhe von 3000 m, so wird sie ange-
nähert um 0,49.30 = 14,7° abgekühlt, oder ihre Temperatur ist
noch 0,3°. In dieser Höhe beträgt aber die Wärmeabnahme 0,55°,
also die mittlere Wärmeabnahme 0,52°, und die Temperatur bei
3000 m = — 0,4°. Bei dieser Temperatur ist aber der Dampfdruck
4,5 mm und das Gewicht des Wasserdampfes noch 3,2 gr; also sind
in dieser Höhe 9,5 gr Wasserdampf ausgeschieden. Nehmen wir
ferner als vertikale Geschwindigkeit des aufsteigenden Luftstromes
nur 1 m p. s. an, so werden sich in der Minute von jedem Quadrat-
meter 60 kbm Luft erheben. Hieraus berechnet sich die Menge
des Niederschlages für jeden Querschnitt von einem Quadratmeter
und jede Minute zu 60 . 9,5 = 570 gr und für jede Stunde zu
34,2 kg, so dass also hieraus die beträchtliche Regenhöhe von
34 mm resultieren würde, die in einer Stunde gefallen wäre. Man
sieht also aus diesem Beispiele, dass selbst bei sehr massiger verti-
kaler Luftbewegung sehr erhebliche Niederschläge sich bilden können.
Wäre im obigen Falle der Luftstrom trocken gewesen, so würde er
sich unter sonst gleichem Volumen um 30°, statt 15,4° abgekühlt
haben. Die Abkühlung des nicht ganz mit Wasserdampf gesättigten
Luftstromes erfolgt verhältnismässig rasch, und verlangsamt sich
erheblich, wenn die Kondensation ihren Anfang nimmt. Auch hier
kann die Menge des ausgeschiedenen Wasserdampfes sehr leicht
durch Rechnung gefunden werden.
Die grössten und ausgebreitetsten Niederschläge werden im
allgemeinen durch aufsteigende Luftströme verursacht, viel geringer
sind diejenigen, welche durch die Mischung ungleich warmer Luft-
massen entstehen. Denken wir uns 2 kbm mit Wasserdampf
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170 Niederschläge. Tau und Reif.
gesättigter Luft nebeneinander mit den Temperaturen 14° und 10°,
so enthalten sie beziehungsweise 11,99 -f- 9,36 = 21,35 gr Wasser-
dampf. Findet nun eine Mischung statt, so wird die Temperatur der
Mischung 12°, bei welcher Temperatur die Luft aber nur 10,61 gr
pro Kubikmeter (also 2 kbm = 21,22 gr) aufnehmen kann, so
dass also noch nicht 0,13 gr aus der Mischung sich ansscheiden
müssen, da hier die Kondensations wärme noch in Betracht fällt.
Ausserdem muss hier noch berücksichtigt werden, dass die Mischung
der Luftmassen nur sehr langsam von statten geht, so dass also die
Niederschläge bei der Mischung verschieden warmer Luftmassen
wenigstens in kurzer Zeit nicht sehr ergiebig sein können.
Erkaltet die Luft am Orte selbst, z. B. durch Berührung mit
der durch Ausstrahlung erkalteten Erdoberfläche, so entsteht Nieder-
schlag, wenn dabei die Lufttemperatur unter den Taupunkt sinkt.
Tau und Reif.
Tau nennt man den Niederschlag am Erdboden, welcher da-
durch entsteht, dass die dem Erdboden aufliegende Luftschicht
unter den Taupunkt abgekühlt wird. Die Hauptursachen der Tau-
bildung sind folgende zwei: die Erkaltung der an der Erdoberfläche
befindlichen Körper unter die Temperatur der umgebenden Luft
durch Ausstrahlung und dann die durch Verdunstung des Bodens
und der Pflanzen erzeugte Abkühlung, welche beide meistens zu-
sammenwirken. Durch die am Boden vor sich gehende Abkühlung
wächst daselbst die relative Feuchtigkeit und die Temperatur nähert
sich nach und nach dem Taupunkte. Ist dieser erreicht und geht
die Abkühlung immer weiter vor sich, so scheidet sich der Wasser-
dampf ununterbrochen aus, wobei der Dampfdruck immer geringer
wird. Der Verlust an Wasserdampf wird wahrscheinlich durch Dif-
fusion aus den oberen dampfreicheren Schichten ersetzt, so dass die
Abnahme der Feuchtigkeitsmenge von unten nach oben hin langsam
vor sich geht. Während der Taubildung kann die Temperatur der
Erdoberfläche oft ganz erheblich niedriger sein, als die der unmittel-
bar aufliegenden Luftschichten. So fand Alvord 1 ) den Erdboden
nicht selten 3 bis 4,5° kälter, als die Luft in 0,1 m Höhe.
Nach Aitken 2 ) stammt der Wasserdampf, der sich als Tau
niederschlägt, wenigstens zum grösseren Teil aus dem Erdboden
und nicht aus der Luft. Aitken stützt diese Behauptung durch
die Beobachtung, dass auf der Unterseite kleiner ausgestellter Schalen
die Betauung grösser war, als auf der Oberseite, und dass ferner ein
gewogenes Stück Erde, das mit dem Erdboden in Kontakt blieb, an
Gewicht verlor, während die über demselben sich neigenden Gräser
betaut wurden. Auch scheint ein Teil des Taues, der sich an den
Pflanzen bildet, von diesen selbst ausgeschieden zu werden, da der
J ) Siehe Science, vol. VIII, 1886, S. 207.
2 ) Siehe Nature, 1885, S. 256.
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Niederschläge. Tau und Reif. 171
Tau sich oft auf die Mündungen bestimmter Organe an der Blattober-
fläche beschränkt. Die Ansichten Aitken's haben allerdings viel
für sich, indessen bedürfen dieselben zum Nachweise ihrer zweifel-
losen Gültigkeit wohl noch einer weiteren Begründung.
Der Taubildung sind alle Umstände günstig, wodurch die Aus-
strahlung und die Verdunstung befördert wird: also klare Luft und
ein feuchter, die Wärme leicht ausstrahlender Boden (Rasen). Bei
windigem Wetter pflegt der Tau sich nicht einzustellen, weil die
Luft zu kurze Zeit mit dem Boden in Berührung bleibt, um erheb-
lich genug sich abzukühlen und eine Kondensation des Wasser-
dampfes herbeizuführen.
Die Messungen der Taumengen sind mit ausserordentlichen
Schwierigkeiten verknüpft, und es fehlen bis jetzt noch genügende
Apparate zur Taubestimmung, da die Berücksichtigung aller beein-
flussenden Umstände kaum durchgeführt werden kann.
Erfolgt die Kondensation bei einer Temperatur, welche unter
dem Gefrierpunkte liegt, so bildet sich der Niederschlag in fester
Form, und wir nennen ihn dann Reif. Nach den Untersuchungen
von Aitken 1 ) ist die gewöhnliche Vorstellung, dass der Reif ge-
frorener Tau sei, nicht ganz berechtigt, und sind auch die Be-
dingungen, unter welchen sich beide Niederschlagsformen bilden,
nicht dieselben, was schon daraus hervorgeht, dass eine in der Nähe
des Bodens exponierte Glasplatte in einer Taunacht an der dem
Winde zugekehrten Seite keinen Tau zeigt, dagegen in einer zur
Reifbildung günstigen Nacht an dieser Seite gerade die stärkste
Reif bildung aufweist. Aus den Untersuchungen , namentlich von
Ramsay und Young, geht hervor, dass, wenn Eis und Wasser
auf dieselbe Temperatur abgekühlt werden, die Dampfspannung des
Eises geringer ist, als die des Wassers. Befinden sich also eine
Oberfläche von Eis und eine von Wasser nebeneinander, so wird,
gleiche Temperaturen vorausgesetzt, der Dampf vom Wasser zum
Eise übergehen, weil die Luft, die für eine Wasseroberfläche ge-
sättigt ist, für eine Eisfläche schon die Sättigung überschritten hat.
Wenn die Luft sich abkühlt, so erfolgt die Verdichtung an den
in derselben stets vorhandenen feinen Staubteilchen, es entsteht
Nebel. Diese Nebelteilchen scheinen auch bei Frostwetter nicht
fest, sondern flüssig zu sein, wenigstens gibt es keine optische oder
eine andere Erscheinung, welche auf den festen Zustand hinwiese,
und zudem ist bekannt, dass Wasser auch in Berührung mit festen
Oberflächen sehr weit unter dem Gefrierpunkte flüssig bleiben kann.
Der Druck des Wasserdampfes in der Luft entspricht somit dem einer
flüssigen Oberfläche und wird also grösser sein, als der Dampfdruck
für Eis bei derselben Temperatur. Kommt nun die Luft in Berüh-
rung mit einer Eisoberfläche, so wird sie einen Teil ihres Wasser-
dampfes ausscheiden und dieser Teil wird in Reif übergehen. Daher
ist erklärlich, dass der Reif (Rauhreif oder Rauhfrost) nach der
Richtung hin anwächst, aus welcher die Luft den Gegenständen
J ) Proc. of the Roy. Soc. of Edinb. Vol. XIV, S. 121.
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172 Niederschläge. Tau und Reif.
zugeführt wird, während bei der Taubildung besondere Umstände
die Kondensation verursachen.
Wenn bei Windstille die Luft mit Wasserdampf nahezu ge-
sättigt ist, finden sich die Körper allseitig mit Reif bedeckt, dagegen
bei lebhafterem Winde und blauem Himmel und nicht gesättigter
Luft findet die Reifbildung nur sehr allmählich statt. Es bedarf
längerer Zeit, ehe die Oberflächen sich hinreichend abgekühlt haben,
dass die Ausscheidung der Feuchtigkeit erfolgen kann. Bei ganz
klarem Himmel, oder unter Umständen, in welchen
Fig 36. reichliche Taubildung eintritt, beobachtete Aitken nie
starke Reifbildung. In allen Fällen, in welchen die
Bäume und alle exponierten Oberflächen in Reif gehüllt
waren, scheint eine dicke nebelige Luft bei diesem Vor-
gange vorhanden gewesen zu sein. Ueberhaupt scheint
dichter Nebel für das Wachstum des Rauhfrostes not-
wendig zu sein. Nebelnächte können wohl Reif, aber
keinen Tau bringen, dagegen die Taubildung erfordert
klare ruhige Luft, welche der Ausstrahlung und der Ab-
kühlung der Gegenstände am Boden günstig ist, während
jene für die Rauhfrostbildung nicht nötig ist. Die Reif-
bildung um Zweige erfolgt m der durch Fig. 36 ver-
anschaulichten Weise, worin der Pfeil die Windrichtung
angibt, so dass also der Reif gegen den Wind wächst.
Die Kondensation des Wasserdampfes bei der Tau- und Reif-
bildung wirkt der weiteren Erkaltung der Körper am Erdboden
entgegen, indem durch diesen Prozess eine mehr oder weniger reich-
liche Menge Wärme frei wird, die vorher nicht zur Wirksamkeit
gelangte, so dass aus diesem Verhalten die praktisch wichtige Fol-
gerung gezogen werden kann, dass auch bei klarer Nacht um so
weniger Nachtfrost zu befürchten ist, je weiter der Taupunkt über
dem Gefrierpunkt liegt. Sobald bei der erkaltenden Luft der Tau-
punkt erreicht ist, wird der weitere Wärme verlust durch die Kon-
densationswärme ganz oder fast ganz gedeckt, so dass die weitere
Abkühlung entweder ganz aufhört, oder sich doch sehr verlangsamt,
um so mehr, als auch nach Erreichung des Taupunktes ein die Ab-
kühlung sehr begünstigendes Moment, nämlich die Verdunstung, in
Wegfall kommt.
Aus dem eben Erörterten geht hervor, dass es für den Land-
wirt und Gärtner und überhaupt solche, welche sich vor den schäd-
lichen Wirkungen des Nachtfrostes schützen wollen, von grosser
Bedeutung ist, die Feuchtigkeitsverhältnisse der Luft und insbeson-
dere die Lage des Taupunktes in den kritischen Zeiten zu kennen,
um hieraus Folgerungen über die grössere oder geringere Wahr-
scheinlichkeit des Eintreffens von Nachtfrösten zu ziehen l ). Ueber
die Lage des Taupunktes gibt uns das Psychrometer Auskunft.
*) Eine klare Auseinandersetzung gibt Lang in Zeitschr. des landwirt-
schaftlichen Vereins, München 1884, Märzheft. Siehe auch Beobachtungen der
meteorologischen Stationen im Königr. Bayern, Bd. X.
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Taupunkt und Nachtfrost. 173
Nehmen wir als Grundsatz an, dass Nachtfrost dann eintritt, oder zu
befürchten ist, wenn der Taupunkt unter liegt, so lässt sich leicht
eine kleine Tabelle entwerfen über diejenige Grösse der Psychro-
meterdifferenz und der relativen Feuchtigkeit, welche bei verschie-
denen Temperaturen einem Taupunkte von 0°, oder einem Dampf-
drucke von 4,6 mm entsprechen. Es ist Gefahr vor Nachtfrost
vorhanden, wenn
bei einer Temperatur von 14° 12° 10° 8° 6° 4° 2°
die Angaben des trockenen und feuchten ) - Q , Q aa Q1 OQU Ano
Thermometers diiferieren um mindestens $ ' ' ' ' ' ' '
und die rel. Feuchtigkeit höchstens beträgt 39 44 50 58 66 75 87°/o
Dabei wird nun vorausgesetzt, dass die in den Nachmittags-
stunden anzustellende Beobachtung in Bezug auf den Dampfdruck
auch für die kältesten Nachtstunden Gültigkeit habe, so dass jener
derselbe bleibt. Indessen ist diese Voraussetzung nicht ganz richtig,
indem der Taupunkt zur Zeit des nächtlichen Minimums im Durch-
schnitt niedriger liegt, als in den Nachmittagsstunden. Diese Dif-
ferenz betrug nach Koppen für den Monat Mai und für die Sta-
tionen München, Petersburg, Tiflis, Barnaul, Sitka und Melbourne
1 — 2°, bezogen auf die Beobachtungen um 6 p. m, welche Differenz
bei der Aufstellung der Prognose auf Frostwetter wohl berücksichtigt
werden muss.
Aus der Thatsache, dass die Differenz zwischen der Temperatur
des feuchten Thermometers in irgend einer Nachmittagsstunde und
des darauffolgenden nächtlichen Minimums im Mittel während des
ganzen Jahres nahezu konstant bleibt, folgerte Kammermann eine
neue Methode zur Bestimmung des Nachtfrostes, welche vor allem
den Vorzug grösster Einfachheit für sich hat, indem er die Beob-
achtung des feuchten Thermometers zu Grunde legte. Nach den
Beobachtungen in Genf ergeben sich aus den Mittelwerten folgende
Differenzen zwischen der Temperatur des feuchten Thermometers
und dem nächtlichen Minimum:
Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.
Diff. 3,7 4,3 4,3 4,1 4,1 4,0 3,7 3,9 4,2 4,2 . 3,3 3,1
Der Unterschied variiert also hier nur zwischen 3,1 und 4,3,
also nur um 1,2.
Es ist hierbei wohl zu berücksichtigen, dass diese Zahlen nur
Mittelwerte sind, durch welche die Einzelfälle nicht zum Ausdruck
kommen, während gerade diese für die Praxis am wichtigsten sind.
Indessen zeigen doch eingehende Untersuchungen der Einzelfälle,
dass wenigstens in unserem Klima diese Methode zur Voraussage
des Nachtfrostes sehr gut zu empfehlen ist 1 ).
*) Vergl. Lang: Welche Zuverlässigkeit besitzt die abendliche Taupunkts-
bestimmung als Anhaltspunkt für die Stellung der Nachtfrostprognose? in
Beob. d. meteor. Stationen in Bayern, Bd. X.
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1 74 Nebel.
Nebel.
Eine Eigentümlichkeit der Wasserdämpfe besteht darin, dass
sie nur bis zu einem gewissen Drucke (Sättigungsdruck) komprimiert
werden können, welcher von der Temperatur abhängig ist, so dass
bei einer Zunahme des Druckes oder einer Abnahme der Temperatur
ein Teil des Wasserdampfes sich ausscheiden muss. Diese Aus-
scheidung geschieht meist in Form von kleinen Wasserkügelchen,
die wir Nebel nennen 1 ). Dehnt sich ein Luftquantum auf Kosten
seines innern Wärme Vorrats aus. so wird der darin, enthaltene
Wasserdampf abgekühlt, wobei sein Druck abnimmt. Durch die
erstere Ursache wird die Ausscheidung von Wasserdampf begünstigt,
durch die letztere verzögert. Indessen lässt sich die Druckabnahme
auf Kosten des inneren Wärme Vorrates so weit treiben, dass unter
dem überwiegenden Einfluss der Abkühlung ein Niederschlag erfolgt.
Diese Art der Nebelbildung dürfte bei der Entstehung der Wolken
am häufigsten sein, indem auf diese Weise der aufsteigende Luft-
strom sich bei abnehmendem Luftdrucke abkühlt.
Ist die Luft mit Wasserdampf vollständig gesättigt, so genügt
die kleinste adiabatische Ausdehnung (Ausdehnung allein auf Kosten
des inneren Wärmevorrates), um Nebel zu erzeugen. „In der That,"
bemerkt Helmholtz, „ist es wohl auch nicht zweifelhaft, dass die
relativ kleinen Depressionen von wenigen Millimetern (adiabatische
Druckabnahme), die in den Witterungsprognosen eine so grosse
Rolle spielen, häufig die alleinige Veranlassung der starken Nebel
sind, wie sie in der Nähe der See oder an sonstigen feuchten Orten
auftreten. Andererseits haben mir aber genauere Untersuchungen
gezeigt, dass selbst ganz gesättigte Luft immer eine endliche, wenn
auch kleine Depression braucht, um Niederschläge entstehen, zu
lassen. Dieselbe beträgt bei 20° C. etwa 10 mm Wasserdruck oder
0,73 mm Quecksilber: d. h. um so viel muss der Barometerdruck
adiabatisch abnehmen, damit aus gesättigter Luft Nebel entstehe.
Der Dampf wird durch diese Depression um V 200 seines Druckes
übersättigt. a
Wenn man atmosphärische Luft durch Filtration durch reine
Watte von den beigemengten sehr kleinen Staubteilchen reinigt und
sie dann mit Wasserdampf vermischt, so findet eine Nebelbildung
nicht statt, so dass wir also schliessen müssen, dass die Anwesenheit
von Staubteilchen in der Luft zur Nebelbildung durchaus notwendig
ist. Nun aber befinden sich, wie bereits oben bemerkt, in der Luft
stets feine Staubteilchen, und diese bilden die festen Punkte, an
welchen die Nebelbildung vor sich geht.
Auf Seite 55 haben wir den namentlich zur Winterszeit bei
der Herrschaft eines barometrischen Maximums häufig eintretenden
a ) R. v. Helmholtz: Ueber Nebelbildung, in Naturwissenschaftl. Rund-
schau, Jahrg. I, Nr. 2.
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Nebelhäufigkeit. Tägl. und jährl. Periode. 175
Fall besprochen, in welchem die Temperatur mit wachsender Höhe
zunimmt, wo also die Atmosphäre sich im Zustande eines sehr stabilen
Gleichgewichtes befindet. Bei diesem Zustande findet kein verti-
kaler Luftaustausch statt, und bei der ausserordentlich ruhigen
Atmosphäre sinken die kleinen Nebelkörperchen vermöge ihrer
Schwere abwärts in die untersten Luftschichten herab und lagern
sich oft in sehr scharfer Abgrenzung dicht am Boden. Diese Er-
scheinung ist unter dem Namen „Bodennebel" bekannt und den
barometrischen Maxima im Winter eigen; im kleinen zeigt sie sich
oft über feuchten Wiesen und feuchten Orten überhaupt.
Findet dagegen ein vertikaler Luftstrom statt, welcher, wenn
er aufsteigt, sich abkühlt und der Kondensation sich nähert, wenn
er herabsteigt, sich erwärmt und sich vom Sättigungspunkte ent-
fernt, so ist die Luft unten nebelfrei, während oben die Bedingungen
zu Niederschlägen gegeben sind. Hieraus ergeben sich einige Ver-
schiedenheiten bei der Bildung und dem Bestehen des Bodennebels
und der Wolken.
Tägliche und jährliche Periode der Nebelhäufigkeit.
Obgleich die Häufigkeit des Nebels für die Insolations- und
Feuchtigkeitsverhältnisse irgend einer Gegend von hoher Bedeutung
ist, so besitzen wir dennoch nur wenige Zusammenstellungen hier-
über und diese sind miteinander nicht direkt vergleichbar, weil die
Abstufungen von einer leichten Trübung bis zum dichten Nebel ge-
radezu unendlich sind, so dass in jedem einzelnen Falle die Indivi-
dualität des Beobachters in erster Linie in Betracht kommt.
Wir lassen im folgenden eine kleine Tabelle für drei Tages-
intervalle folgen, welche die tägliche Periode für das Ostseegebiet
veranschaulicht (Jahresmittel in °/o J.-
Petersburg Kronstadt Reval Hangö Riga Libau Windau Upsala
9h p. m. bis 7h a. m. 6,2 6,9 4,6 4,7 6,4 4,0 5,3 19,2
7ha. m. „ lhp. m. 7,9 7,4 3,2 4,3 1,7 3,4 2,8 16,1
lh p. m. „ 9h p. m. 2,9 .4,6 2,7 3,0 1,5 2,6 3,7 13,5
Hiernach ist Nebel im allgemeinen am häufigsten in den Nacht-
stunden, am seltensten in den Nachmittag- und Abendstunden, wäh-
rend die Vormittagstunden in Bezug auf die Nebelhäufigkeit in der
Mitte liegen. Dass in Petersburg und Kronstadt die Nachtnebel zu-
rücktreten, rührt wohl daher, dass Nebel in der Nacht den Beob-
achtern häufig entgehen.
Die folgende Tabelle bringt die jährliche Häufigkeit des Nebels
für einige Stationen des westlichen Europas zur Darstellung. Be-
trachten wir die beiden Reihen für Hamburg, so zeigt sich sofort
ein sehr bedeutender Unterschied, der nur in der verschiedenen Art
der Schätzung seinen Grund haben kann. Ebenso ist die sehr ge-
ringe Nebelhäufigkeit in London auffällig, da ja allgemein bekannt
ist, dass dieselbe dort ausserordentlich gross ist, viel grösser als in
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176
Nebelh&ufigkeit. Tügl. und j&hrl. Periode.
Südnorw. Küste
Petersburg . .
Hangö . . .
Riga ....
Upsala . . .
Breslau . . .
Karlsruhe, Nebel
„ Dunst
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Wolken. 177
Hamburg. Daher können die obigen Zahlen kein genaues Mass
für die absolute Nebelhäufigkeit abgeben, indessen zeigen sie recht
gut den Gang in der jährlichen Periode. Es geht daraus hervor,
dass die Nebelerscheinungen dem Winter und dem Spätherbste eigen-
tümlich sind, und dass der Sommer allenthalben fast nebelfrei ist.
Nur die Stationen an der norwegischen Küste (dasselbe gilt von
den Stationen des nördlichen Norwegen), welche vom Atlantischen
Ozean und vom Eismeere bespült werden, machen eine sehr be-
merkenswerte Ausnahme, indem sie das Maximum im Sommer und
das Minimum zur Winterszeit aufweisen. Diese Ausnahme dürfte
sich indessen nur auf die dem Meere unmittelbar anliegenden Küsten
beschränken."
Wolken.
Während der Nebel hauptsächlich durch Abkühlung der unteren
Luftschichten und bei Abwesenheit vertikaler Luftströmungen ge-
bildet wird, verdanken die Wolken ihr Entstehen insbesondere dem
aufsteigenden Luftstrome, welcher beim Aufsteigen in der oben an-
gegebenen Weise sich abkühlt und so zur Kondensation seiner
Wasserdämpfe gezwungen wird. Offenbar fängt die Wolkenbildung
dort an, wo die Temperatur des aufsteigenden Luftstroms den Tau-
punkt erreicht hat. Diese untere Grenze der Wolkenbildung wird
in der Regel horizontal sein, weil die Kondensation für grössere
Luftmassen gewöhnlich in denselben Horizontalebenen stattzufinden
pflegt. Beim etwaigen Herabsinken der Wolkenschichte erwärmt
sich die Luft wieder und die Wolke löst sich wieder auf. Ist die
aufsteigende Luft trocken, so kann die Ausscheidung des Wasser-
dampfes oder die Wolkenbildung erst in grösserer Höhe erfolgen.
Mit dem aufsteigenden Luftstrome, welcher noch durch einen hori-
zontalen Strom in grösserer Höhe mit beschleunigter Bewegung durch
Hinaufsaugen gehoben werden kann, steigt auch die Wolke aufwärts.
Hört der aufsteigende Luftstrom auf, dann fängt die Wolke an zu
sinken und löst sich mehr oder weniger rasch in ihre Bestandteile
auf. Nicht selten geht der aufsteigende Luftstrom in einen hori-
zontalen über, die oberen Gipfel werden mit fortgeführt, und so
verwandelt sich die Wolke zu einem grossen Teppich, welcher häufig
den ganzen sichtbaren Himmel überdeckt.
Eine Einteilung der Wolken nach streng wissenschaftlichen
Prinzipien % die nur einigermassen eine scharfe Unterscheidung zu-
lassen könnte, dabei aber die für die allgemeine Durchführbarkeit
notwendige Einfachheit besitzt, ist bis jetzt noch nicht geschaffen
worden. Die ältere bekannte Einteilung der Wolken rührt von
Luke Howard 1 ) her. Obgleich man in jener Zeit nur sehr rohe
Vorstellungen über atmosphärische Vorgänge hatte, und man von der
wahren Ursache der Entstehung der Wolken keine Ahnung hatte,
so stellte dieser ausgezeichnete und scharfe Beobachter doch ein
l ) Luke Howard: Essay on the Modification of clouds. London 18ÖB.
Van B ebb er, Meteorologie. 12
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178 Wolken. Klassifikation.
System auf, welches trotz der neueren erfolgreichen Bestrebungen,
insbesondere durch Clement Ley, Hildebrandsson und andere,
eine mehr wissenschaftliche Einteilung der Wolken zu schaffen, bis
zu unserer Zeit allgemein verbreitet ist und auch wohl noch ge-
raume Zeit nicht verlassen werden wird. Deshalb wollen wir die
Howard'sche Einteilung, so ungenügend sie auch sein mag, der
Hauptsache nach und die Entstehungsweise* und Umwandlung der ein-
zelnen Wolkenformen hier kurz besprechen.
Es wurde bereits oben bemerkt, dass sich der aufsteigende Luft-
strom je nach seinem ursprünglichen Feuchtigkeitsgehalte in ge-
ringerer oder grösserer Höhe zur Wolke verdichtet. Ist die Luft
ruhig, und sind die Winde am Erdboden und in der Höhe der Rich-
tung und Stärke nach ziemlich gleich, so bildet sich eine abgerun-
dete, ziemlich scharf begrenzte Wolkenmasse, welche unter dem
Namen Haufen- oder Cumuluswolke bekannt ist (vgl. Wolken-
tafel e). Diese Wolkenform ist besonders an ruhigen heiteren
Sommertagen zu beobachten, wo sie meistens nach Sonnenaufgang
entsteht, bis zur höchsten Tageswärme zunimmt und dann allmählich
verschwindet. Bei kräftig aufsteigendem Luftstrom kann sich diese
Wolke bis zu einer sehr bedeutenden Höhe erheben.
Haben die unteren und oberen Luftströmungen verschiedene
Richtungen, oder sind die horizontalen Geschwindigkeiten in den
verschiedenen Höhen verschieden, dann wird die Wolke streifen-
förmig auseinandergezogen und erhält so eine geschichtete Lagerung.
Diese Wolke, Schicht- oder Stratuswolke genannt, erscheint
als eine lang hingezogene Schichte, die oft den ganzen Himmel
teppichartig überzieht (vgl. Wolkentafel f) ; ihre Streifung und Rich-
tung, wenn solche vorhanden ist, ist bedingt durch die Richtung des
Oberwindes in bezug auf diejenige des Unterwindes. Ein gutes
Bild dieser Wolke gewähren die langgestreckten bandartigen Nebel-
streifen, welche sich an heiteren Sommertagen sehr häufig über
Wiesengründe hinziehen.
Eine Kombination dieser beiden Wolken sind Cumulo-stra-
tus (vergl. Wolkentafel g) und Strato- cumulus (vergl. Wolkentafel h,
unten Wulst-Cumulus). Für die Nimbuswolke (vergl. Wolkentafel i)
steht eine einheitliche Erklärung noch aus.
Gelangt die Wolke zu den höheren Regionen der Atmosphäre,
dorthin, wo ein Abströmen der aufgestiegenen Luftmassen stattfindet,
so wird sie von diesem Strom erfasst und mit fortgerissen und über-
zieht dann das Himmelsgewölbe bald mit zarten Fäden, bald mit
zartem Schleier, dessen Struktur vielfach nicht zu erkennen ist. Es
ist diejenige Wolke, welche unsere Sonnen- und Mondhöfe bedingt.
Diese Wolkenart, welche zum Verständnisse der Witterungsvorgänge
sehr wichtige Aufschlüsse ermöglicht, wird Feder- oder Cirruswolke
genannt (vergl. Wolkentafel a a, ab). Die Federwolken haben sehr
verschiedenartige Gestaltungen, bald sind sie einfach geradlinig,
bald quergestreift, bald gebogen, bald gerollt, bald filzartig oder
schleierähnlich. Wenn man über das Wesen und die Bedeutung
dieser so ausserordentlich mannigfachen Wolkenformen bis jetzt
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Wolken. Klassifikation. 179
noch so gut wie ganz im unklaren ist, so scheint doch ein inniger
Zusammenhang dieser Formen mit den atmosphärischen Zuständen
und deren Aenderungen obzuwalten, so dass das Studium dieser
Beziehungen durchaus lohnend sein dürfte. Manchmal durchfurchen
mächtige Bänder dieser Cirrusstreifen den ganzen sichtbaren Himmel
und scheinen dann infolge der Perspektive nach zwei gegenüber-
liegenden Punkten des Horizontes (den Radianten) zu konvergieren,
ähnlich wie die Baumreihen an unseren Landstrassen. Diese Bil-
dungen wurden von Humboldt mit dem wenig passenden Namen
„ Polarbande" benannt.
Als Unterabteilungen erwähnen wir noch zwei Wolkenformen,
nämlich die Cirrocumulus- und die Cirrostratuswolke. Die erste ist
zusammengesetzt aus kleinen zarten Wölkchen auf blauem Grunde,
während die letztere dichtere Wolken darstellt, die oft als eine un-
unterbrochene Schichte teppichartig den Himmel überziehen. Beide
Arten befinden sich in grosser Höhe, wie die eigentliche Cirruswolke.
Unsere Tafel enthält noch eine besondere Art Wolke, die Cle-
ment L ey seinen „Liebling* 4 nennt und die öfters an unserem Himmel
gesehen wird (vergl. Wolkentafel k). Es ist eine sehr hohe Stra-
tuswolke, aus deren oberer Fläche zahlreiche Erhöhungen und Türm-
chen entspringen. Diese Wolkenform ist deswegen von Interesse,
weil sie nicht selten der Vorbote eines Gewitters ist, insbesondere
dann, wenn sie mit grosser Geschwindigkeit von einem östlichen oder
südlichen Punkte des Horizontes zieht, während etwas tiefere Wolken
rasch aus Nordost oder Ost sich bewegen.
Die vorstehende Klassifikation bezieht sich nicht auf die Ge-
samtheit der Eigenschafben, welche den Wolken anhaften, son-
dern lediglich nur darauf, wie uns die Wolken erscheinen. Nun
aber ändert sich das Aussehen der Wolken, je nachdem wir sie von
vorne oder von hinten, von links oder von rechts betrachten, je
nachdem wir sie im Zenith oder im Horizonte sehen, so dass wir
also für dasselbe Wolkengebilde unter Umständen fünffach verschie-
dene Namen gebrauchen. Trotzdem ist eine andere Klassifikation,
wie bereits oben bemerkt, bis jetzt nicht durchführbar gewesen,
obgleich die Lösung dieses interessanten Problems schon von vielen
Gelehrten in Angriff genommen wurde.
Ein sehr wichtiger und naheliegender Zweck der Wolkenbeob-
achtungen ist die Bestimmung der Bewegungszustände in den ver-
schiedenen Schichten unserer Atmosphäre, also Windrichtung und
Windgeschwindigkeit. Hierzu ist nötig zu wissen, dass die Wolken-
formen für alle Gegenden im allgemeinen dieselben sind, und dass
man die mittleren Höhen der verschiedenen Wolkenarten durch di-
rekte Messungen kennt. Die Vergleichung der Wolkenbeobachtungen
in den verschiedenen Gegenden, zum Teil auch die Vergleichung
photographischer Aufnahmen scheinen das Vorkommen derselben
Wolkenformen in den verschiedensten Klimaten ausser Zweifel zu
setzen, und auch ihr Verhalten scheint überall dasselbe zu sein.
Direkte Messungen der Wolkenhöhen sind, wie oben erwähnt,
in Upsala und in Berlin gemacht worden. Wir geben in nach-
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180 Wolken. Klassifikation.
stehender Tabelle die Resultate dieser Messungen für Upsala 1 ) wieder.
In der zweitfolgenden Tabelle ist eine Klassifikation nach Hilde-
brandsson und Abercromby angegeben, welche nur die vier
Howard'schen Hauptformen in verschiedenen Kombinationen ent-
hält und sich aus den Höhenmessungen der Wolken ergibt:
Mittlere, grösste und kleinste Höhe der verschiedenen Wolken-
formen (m).
A n zah l
^ _ - > Mittel Max. Min.
Messungen Wolken
Stratus 18 13 623 994 414
Nimbus • . 188 125 1527 3700 213
Cumulus (Gipfel) 215 129 1855 3611 900
Cumulus (Basis) 50 36 1386 2143 730
Cumulus (Punkt in J /2 Höhe) ... 52 28 1507 2078 901
Cumulo-Stratus (Gipfel) 18 14 2848 5970 1400
Cumulo-Stratus (Basis) 2 2 1405 1630 1180
.Falsche Cim« 5 4 3897 5470 2465
Strato-Cumulus 165 99 2331 4324 887
Niedrige Alto-Cumuli (unter 4000 m) 112 76 2771 3820 1498
Hohe Alto-Cumuli (oberhalb 4000 m) 100 56 5586 8297 4004
Cirro-Cumulus 99 60 6465 10235 3880
Niedrige Cirro-Stratus 4 3 5198 5657 4740
Hoher Cirro-Stratus-Schleier ... 56 25 9254 11391 6840
Cirrus 373 142 8878 13376 4970
a Getrennte bezw. geballte Formen ß Ausgebreitete oder schleierartige
(vorwiegend trockenes Wetter). Formen (regnerisches Wetter).
A. Höchste Wolken, 9000 m im Mittel.
1. Federwolken, Cirrus. 2. Feiner Schleier, Cirro-Stratus.
B. Mittelhohe Wolken, 4—6500 m.
3. Kleinere Bälle, glänzend weiss, wie
Seide (6600 m), Cirro Cumulus. 5. Dicker asch- oder blaugrauer
4. Grössere Bälle wie von weisser Schleier (5000 m), Strato - Cirrus
Baumwolle (4000), Cumulo-Stratus (Cirro-Stratus Kämtz).
(Alto-Cum.)
C. Niederige Wolken, 1500—2000 m.
6. Grosse Bälle oder Rollen von grauen _ n • o i.i •
Wolkenmassen, Strato-Cumulus 7 ' ^ r " 8sene Soleier von grauen
(Deutschland : Stratus, Strato-Cum., ^?| ke °/ l° YOn S ewolinllcl1 *»&*
Wulst-Cum.). ? allt ' Nimbus -
D. Wolken im aufsteigenden Luftstrome.
8. Haufen -Wolken, Gipfel 1800 m,
Basis 1400 m, Cumulus.
9. Gewitter-Wolken,Gipfel3-5000m,
Basis 1400 m, Cumulo -Nimbus.
E. 10. Gehobene Nebel, unterhalb 1000 m, Stratus.
Es sei ausdrücklich bemerkt, dass die oben angegebene Klassi-
fikation eine vorgeschlagene und keineswegs durchgeführte ist,
indessen dürfte sie mannigfache Anregung zum Studium geben.
Die Höhe der Wolken hat eine sehr erhebliche tägliche Periode,
wie die folgenden Tabellen zeigen:
*) Vergl. Met. Zeitschr. 1887, S. 73 und 252.
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Wolken. Aenderung mit der Höhe.
181
Tägliche Veränderung der Höhe der Cum. und Cum.-Str.
Gipfel
Stunde
Höhe
Zahl der
in m
Wolken
8^ a. m.
1306
12
9 h a. m.
1420
6
Mittag
1842
22
l h p. m.
2055
42
2 n p. m.
2088
45
5 n p. m.
1758
15
Höhe
»BIS
Zahl der
Differenz
in m
Wolken
m
1087
8
219
1075
5
345
1266
7
576
1572
12
483
1554
8
534
1703
2
55
Tägliche Veränderung der Höhe der übrigen Formen.
Nimhnq Strato- Alto- Cirro- /«__„ Cirro-
Stunde Aimous Cumulus Cumulus Cumulus CUTUS Stratus
m Zahl m Zahl m Zahl m Zahl m Zahl m Zahl
8*- 9* a. m. 1183 38 2012 24 3780 28 6024 24 8708 44 9687 12
lh_2h p m. 1548 62 1755 11 4259 33 6566 8 8761 29 8924 8
7h— 8h p. m. 2156 16 2641 56 4000 52 6227 24 9501 45 9670 26
Hiernach steigt die Grundfläche der Cumuluswolken allmählich
vom Morgen bis zum Abend, während die Gipfelhöhe und die Mäch-
tigkeit oder Dicke um l 1 /» p. m. ein Maximum erreicht. Dabei ist
der Zuwachs am Vormittage rascher als die Abnahme gegen Abend.
Auch die übrigen Wolkenformen haben im allgemeinen die Tendenz,
im Laufe des Tages aufwärtszusteigen.
Die nachstehende Tabelle enthält die Zahl aller Wolken, mit
Ausnahme der Cumuli, die in verschiedenen Höhen zu den drei
Beobachtungsstunden in Upsala gemessen wurden (pro Mille):
Zahl der Wolken in verschiedenen Formen.
m
8-9li
1-2*
7-8*
m
8-9*
l-2h 7-8I1
m
8-9I1 l-3li 7-8*
0— 500
34
13
45-5000
29
7
31
90— 9500
57
33
31
5—1000
126
66
10
50-5500
26
86
95—10000
17
40
86
10—1500
91
152
25
55—6000
29
40
20
100—10500
61
27
61
15— ?O00
91
152
86
60—6500
11
27
81
105—11000
29
13
20
20-2500
80
99
86
65—7000
40
27
86
110—11500
11
18
15
25—3000
62
46
132
70—7500
40*
58*
25
115—12000
5
30—3500
11
33
66
75—8000
34
27
20
120—12500
5
35—4000
11
20
102
80—8500
57
20
30*
125—13000
40—4500
23
23
61
85—9000
86
33
21
130—13500
5
1000
1000
1000
Man sieht hieraus, wie sich das Maximum der Wolkenhäufigkeit
im Laufe des Tages nach aufwärts verschiebt.
Auf Grund ihrer Beobachtungen stellen Ekholm und Hag-
ström für alle Formen, mit Ausnahme der Cumulusgipfel, das Ge-
setz auf: „Die mittlere Höhe sämtlicher Wolken steigt im Laufe
des Tages. Die Aenderung beläuft sich auf nahezu 2000 m. a
Aus den Beobachtungen in Upsala von 1865 — 1884 wurde fol-
gendes Verhältnis zwischen Cirrocumulus und Cirrus und zwischen
Cirrostratus und Cirrus berechnet:
Stunde Cir.-Cum. : Cir.
81» a. m. 0,634
loa a. m. 0,568
Mittag 0,477
ir.-Cum. : Cir.
Stunde
Cir.-Cum. : Cir.
Cir.-Cum. :
0,555
2h
P-
m.
0,501
0,537
0,514
5h
P-
m.
0,500
0,618
0,517
7h
P-
m.
0,471
0,626
9h
P.
m.
0,478
0,790
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182 Bewölkungsgrösse.
Hieraus geht hervor: «Morgens, wenn Cirrnswolken am nied-
rigsten gehen, ist die Frequenz der niedrigsten Formen, der Cirro-
cumuli, am grössten; abends, wenn die Höhe der Cirrnswolken am
grössten ist, ist auch die Frequenz der höchsten Formen, Cirrostra-
tus, am grössten. tt
Auf die Richtung des Wolkenzuges werden wir unten bei Be-
sprechung der barometrischen Maxima und Minima noch zurück-
kommen ; hier wollen wir noch das Resultat einer Untersuchung er-
wähnen, welches Richter aus vierjährigen Beobachtungen in Lich-
tenwalde ableitete 1 ): „In Höhen, wo eine direkte Beobachtung der
Windfahne nicht mehr möglich ist, gehen vom Morgen bis Abend
nahezu dieselben täglichen Aenderungen der Windrichtung vor sich,
wie sie auf den südlicheren Gipfelstationen beobachtet worden sind,
und die Aenderungen reichen hier zum Teil bis in die Schichten
der oberen Wolken hinauf.*
Grösse der Bewölkung.
Unter Bewölkung versteht man den Grad der zur Zeit der Be-
obachtung vorhandenen Himmelsbedeckung. Die ältere Methode, die
Bewölkungsverhältnisse nur durch die Ausdrücke „heiter*, „wolkig*
und „trübe* anzugeben, ist gegenwärtig fast ganz verlassen worden.
Man schätzt den Bruchteil des sichtbaren Himmelsgewölbes, welcher
zur Zeit der Beobachtung von Wolken bedeckt ist, und drückt diesen
Bruchteil durch Vier-, Zehn- oder Hundert-Teile des gesamten sicht-
baren Himmels aus, so dass beispielsweise die Bewölkungszahl 3
bedeutet, dass nach der ersteren Methode 3/4, nach der zweiten 3/10
und nach der dritten 3/100 des Himmels von Wolken bedeckt sind.
Die erstere Methode ist gegenwärtig noch üblich bei der Wettertele-
graphie, die beiden anderen werden bei der Publikation meteorolo-
gischer Beobachtungen jetzt allgemein angewandt. Eine vorzügliche
Ergänzung dieser Schätzungsmethode ist die in neuerer Zeit vielfach
in Anwendung gebrachte Methode, die Dauer des Sonnenscheins durch
ein einfaches Instrument (Sunshine recorder) zu registrieren, worauf
wir noch weiter unten zurückkommen werden.
Die Bewölkung hat auf die Temperatur der Luft einen ausser-
ordentlich grossen Einfluss, indem sie die Wärmestrahlung verhin-
dert und ebenso die Wärmeeinstrahlung abschwächt. Daher ist klar,
dass im Winter die Temperatur bei ganz heiterem Himmel ernied-
rigt, bei trübem Himmel dagegen gesteigert wird, und dass im Som-
mer die umgekehrten Verhältnisse stattfinden müssen. Aus den vor-
liegenden Beobachtungen in höheren und mittleren Breiten dürfen
wir folgern, dass in niederen Breiten durch geringe Bewölkung die
Jahrestemperatur erhöht, also die Sommerwärme erheblicher gesteigert
wird, als die Wintertemperatur erniedrigt wird, dass dagegen in
höheren Breiten durch geringe Bewölkung die Jahrestemperatur
J ) Vergl. Met. Zeitschr. 1886, S. 403.
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Bewölkungsgrösse. 183
herabgeht, indem die Erkaltung im Winter bedeutend grösser ist als
die Erwärmung im Sommer, wie eine Betrachtung der Isothermen-
karten sofort zeigt.
Da die Wolkenbildung durch den aufsteigenden Luftstrom be-
dingt ist und durch feuchte Luft ganz besonders gefördert wird, so
dürfen wir dort die grösste Bewölkung erwarten, wo die Luft feucht
ist und eine Neigung hat aufzusteigen. Dieses wird auch durch die
Erfahrung bestätigt, indem in der That dort der Himmel am meisten
bedeckt ist, wo sich am häufigsten Depressionsgebiete befinden,
in welchen die Luft eine nach aufwärts gerichtete Bewegung hat,
wie über den Meeren; dagegen in den Gebieten mit hohem Luft-
druck, wo die Luft im allgemeinen eine absteigende Bewegung
hat, ist die Bewölkung in der Regel gering. Im Sommer entstehen
über den Kontinenten sehr oft aufsteigende Luftströme, indessen ist
meistens die Luft zu trocken, um selbst bei sehr grosser Erhebung
ihren Wasserdampf kondensieren zu können, wie es beispielsweise in
den Wüstengebieten der Fall ist.
In neuerer Zeit hat Teisserenc de Bort 1 ) Linien gleicher
mittlerer Bewölkung für das Jahr und die einzelnen Monate über
die ganze Erde gezogen, die uns einen Ueberblick über die Bewöl-
kungsverhältnisse unseres Erdballs gestatten und aus denen sich
folgende Schlüsse ziehen lassen:
In allen Jahreszeiten zeigt die Bewölkung eine Tendenz, im
Sinne der Parallelkreise zu verlaufen. Im allgemeinen fällt ein
Maximum der Bewölkung mit dem Aequator zusammen, welches sich
etwas mit der Deklination der Sonne verschiebt; zwischen 15 — 35°
n. Br. und s. Br. befindet sich eine Zone schwacher Bewölkung und
zwischen 35 — 50° eine solche mit starker Bewölkung, während die
Wolkenmenge nach den Polen hin im Durchschnitte abnimmt. Diese
Verhältnisse gelten nur im grossen Ganzen, im einzelnen ist die
Verteilung der Bewölkung eine sehr unregelmässige. Diese Unregel-
mässigkeiten werden verursacht durch mannigfache Umstände. Auf
den Kontinenten ist die Bewölkung unter sonst gleichen Verhältnissen
geringer als über dem Meere ; dann zeigen die Küsten, insbesondere
wenn sie aus grösserer Höhe gegen die See abfallen und sich
den vorherrschenden Seewinden quer entgegenstellen, eine sehr
grosse Bewölkungszahl, dagegen Küstenstriche und Meeresstrecken,
die von einem vom Kontinent kommenden Winde überweht werden,
haben nur eine sehr schwache Bewölkung. Ein Wind, welcher seinen
Ursprung einem warmen Festlande verdankt und welcher gegen ein
wärmeres Gebiet weht, gibt hier leicht zur Wolkenbildung Veran-
lassung.
Durch Fig. 37 sind die Isonephen (Linien gleicher Bewölkung)
der beiden extremen Monate Januar und Juli für Europa nach
Teisserenc de Bort dargestellt, wobei einen ganz wolkenlosen,
10 einen ganz bedeckten Himmel bezeichnen. Man sieht daraus,
*) Etüde sur la distribution moyenne de la nebulosite ä la surface du globe
in Annales du bureau central met^orolqgique de France. Ann6e 1884. I. P. p. 27.
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184
Bewölkung; Tägliche Periode.
wie an den Nordwestküsten, dort, wo die barometrischen Minima am
häufigsten auftreten, die Bewölkung am grösstenist, und dass diese land-
einwärts abnimmt. An der norwegischen Küste, insbesondere im Winter,
ist die Bewölkung sehr gross, denn die steil abfallenden Küsten sind
den herrschenden Winden gerade entgegengesetzt, dagegen nach
Schweden hin, welches gegen die Seewinde geschützt ist, nimmt die
Bewölkung sehr erheblich ab. Auffallend gering ist die Bewölkung
im Mittelmeerbecken, insbesondere im Sommer. Aber im Sommer
herrschen über dem Mittelmeergebiet infolge des niedrigen Luft-
Fig. 37.
Isonephen für Januar und Juli.
druckes über Afrika nördliche Winde bis über den 45. Breitegrad
hinaus, welche nach Süden an Beständigkeit zunehmen und all-
mählich in den eigentlichen Passat übergehen. Es sind also vom
Lande kommende trockene Winde, die das Mittelmeergebiet be-
streichen, und daher die sehr geringe Bewölkung und Reinheit des
Himmels, welche für Italien und Griechenland sprichwörtlich ge-
worden sind. Im Winter ist dort die Bewölkung erheblich grösser als
im Sommer, denn dann bilden sich auf dem Mittelmeer häufig baro-
metrische Minima, welche Trübung und Regenfalle im Gefolge haben.
Die Windrichtung ist dann an den Nordküsten häufig nördlich, wäh-
rend an den Südküsten die südlichen Winde am meisten vertreten
sind; diese bringen zwar kurze, heftige Regengüsse, die aber bald
wieder dem Sonnenschein Platz machen.
Tägliche Periode der Bewölkung.
Da die Nebel und die Stratuswolke gewöhnlich in den Morgen-
stunden vorkommen, während die Cumuluswolke der Mittagszeit eigen
ist, so wird hierdurch der tägliche Gang der Bewölkung, obgleich
dieser im allgemeinen sehr deutlich hervortritt, zum Teil etwas
kompliziert, indem das Tagesmaximum sich in den verschiedenen
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Bewölkung. Tägliche Periode.
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Turin (10)
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3,8
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Mittel
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W
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6
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5,0
4,8
10
5,5
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5,4
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Mittel
8,0
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5,2
7,3
Mittel
6,2
6,1
5,6
5,2
Mittel
5,6
6,9
6,4
5,9
Bombay (8— 10)
1
Melbourne (6)
Los Angeles
Mttn.
1,0
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3,1
Mttn.
5,5
5,2
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5,5
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6,3
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6
8,6
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1,7
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Mttg.
1,5
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5,9
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6,7
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Mttg.
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3p
1,6
1,1
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5,5
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6 P
1,5
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3,8
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5,8
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Mittel
1,3
1,7
7,8
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Mittel
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Hamburg (6)
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Mittel
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6,9
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7,2
Mittel
5,8
6,1
3,8
5,4
Mittel
4,9
4,7
1,3
4,3
Digitized by VjOOQ IC
186 Bewölkung. Jährliche Periode.
Gegenden nach dem häufigeren Vorkommen der einen oder anderen
der obigen Formen richtet. Stündliche Beobachtungen über die Be-
wölkung sind noch wenig vorhanden, so dass es schwer ist, sich
ein vollständiges Bild über die tägliche Periode der Bewölkung zu
verschaffen. Die Tabelle auf S. 185 enthält nach Liznar den täg-
lichen Gang an verschiedenen Orten für die Repräsentanten der vier
Jahreszeiten und das Jahr, denen wir noch einige Mittelwerte aus
den Terminbeobachtungen in Deutschland und Oesterreich hinzufügen *).
Die eingeklammerten ersten Zahlen hinter der Station bedeuten die
Anzahl der Beobachtungsjahre.
Wenn man die fehlenden Stunden durch graphische Inter-
polation ergänzt, so lassen sich nach Liznar vier Typen der täg-
lichen Periode der Bewölkung ableiten:
1. Ein Maximum um Mittag, Minimum abends (Madrid).
2. Ein Maximum am Morgen, Minimum mittags (Los Angeles).
3. Zwei Maxima und Minima, Hauptmaximum am Morgen, Haupt-
minimum am Abend (Wien).
4. Zwei Maxima und Minima, Hauptmaximum am Mittag, Haupt-
minimum am Abend (Tiflis).
Die Amplitude der täglichen Periode der Bewölkung ist meistens
gering, und nur Stationen niedriger Breite zeigen vielfach eine recht
erhebliche tägliche Schwankung.
Bei den deutschen Stationen zeigen die an der Küste liegenden
den Einfluss der See durch die starke Bewölkung in den Morgen-
stunden in allen Jahreszeiten, so dass hier, auch im Sommer, die
Wirkung der nächtlichen Ausstrahlung auf die feuchte Seeluft zum
Ausdrucke kommt. Im allgemeinen erreicht die Bewölkung ein Mi-
nimum am Abend; in der Nacht nimmt die Bewölkung ab und er-
reicht am Morgen in der kälteren Jahreszeit ein Maximum, dagegen
in der wärmeren Jahreszeit nur eine mittlere Grösse. Mit steigen-
der Sonne nimmt in der kälteren Jahreszeit die Bewölkung ab, in
der wärmeren zu, so dass sie im letzteren Falle ihr Maximum er-
reicht. Mit sinkender Sonne nimmt in allen Jahreszeiten die Bewölkung
bis zum abendlichen Minimum ab.
Jährliche Periode der Bewölkung.
Die Aenderungen der Bewölkung, welche im grossen Ganzen in
der jährlichen Periode vor sich gehen, hat Teisserenc de Bort
nicht mit Unrecht an die Aenderungen geknüpft, welche die grossen
Gebiete mit hohem und niedrigem Luftdrucke im Laufe des Jahres
erfahren, insbesondere in bezug auf die Fälle, in welchen eine völlige
Umkehr der Luftdruckverhältnisse stattfindet. Ein vortreffliches Bei-
spiel hiefür bietet Indien, wo im Winter, wenn unter dem Einflüsse
eines Maximums in den nördlichen Gebietsteilen der Ostmonsun weht,
J ) Liznar: Vergl. Zeitschr. der Oesterr. Ges. 1885, S. 342; Eifert: Die
Bewölkungs Verhältnisse von Mitteleuropa. Inaug.-Diss. Halle 1885.
Digitized by VjOOQ IC
Bewölkung. Jährliche Periode. 187
der Himmel ausserordentlich heiter ist, wogegen im Juni, wo das
Maximum einem Minimum Platz gemacht hat und der Südwestmonsun
zur Herrschaft gelangt ist, der Himmel sich meistens bedeckt zeigt.
Auf den nördlichen Teilen des Atlantischen und Stillen Ozeans ist
die Bewölkung auch im Sommer, trotzdem die Luftdruckdifferenzen
viel geringer geworden sind, sehr gross. Aber hier dauern auch
die Südwestwinde mit geringer Intensität fort, während zahlreiche
kleinere Depressionen häufig dieses Gebiet durchziehen.
Im grossen Ganzen betrachtet ist wohl der Dezember der Monat,
welcher die grösste Bewölkung aufweist. Die Ursachen dieser Er-
scheinung sind nach Teisserenc de Bort: 1. Die grosse Aus-
dehnung der barometrischen Depressionen auf dem Ozean und die
verhältnismässig geringe Intensität der Maxima über den Kontinenten.
2. Das Vorhandensein einer grossen Dampfmenge in dieser Jahres-
zeit, die sich infolge der Verdunstung während des Sommers in der
Atmosphäre angehäuft hat. 3. Die verhältnismässig hohe Tempe-
ratur der Gewässer, welche auch die Bildung von barometrischen
Depressionen begünstigt. 4. Die Abnahme der Temperatur nach
der winterlichen Jahreszeit hin, weshalb die relative Feuchtigkeit der
Luft zunehmen muss.
Im Monat September verlaufen die Isonephen am meisten im
Sinne der Parallelkreise, eine Situation, die am meisten einer homo-
genen Erdoberfläche entsprechen dürfte.
Die geringste Bewölkung zeigt im allgemeinen der März. In
dieser Jahreszeit sind die Depressionen weniger beständig und wechseln
häufig mit Gebieten hohen Luftdruckes ab. Der Hauptgrund liegt
aber in der geringen Dampfmenge, welche in dieser Zeit in der
Atmosphäre der Nordhemisphäre vorhanden ist, und in der rasch
steigenden Temperatur, wodurch die relative Feuchtigkeit der Luft
vermindert wird. Die eben ausgesprochenen Sätze über die Ver-
teilung der Bewölkung haben nur im allgemeinen Gültigkeit, im ein-
zelnen zeigt der jährliche Gang der Bewölkung in den verschiedenen
Gegenden ausserordentlich grosse Verschiedenheiten. Im Tief- und
Hügellande Mitteleuropas haben Herbst und Winter die grösste Be-
wölkung, dagegen die geringste Frühjahr und Sommer, so zwar,
dass in den westlichen Gebietsteilen die Extreme um einige Monate
früher eintreten, als in den östlichen. In den Alpengegenden liegen
die Verhältnisse anders. Auf den Gipfeln und höheren Gebirgsthälern
ist der Herbst, insbesondere aber der Winter heiter, dagegen hat der
Sommer die grössten Wolkenmengen, also gerade umgekehrte Ver-
hältnisse, wie in den Niederungen.
Im europäischen Russland nimmt nach W o e i k o f die Bewölkung
von Norden nach Süden hin ab, während die jährliche Amplitude
zunimmt, und zwar erstere im Sommer rascher als im Winter. Ein
weiterer Unterschied ist der, dass im Norden die Extreme der Be-
wölkung früher eintreten, als im Süden. In den baltischen und
westlichen Provinzen, sowie im zentralen Russland sind November,
Dezember und Januar die wolkenreichsten Monate, dann nimmt die
Bewölkung mit kurzer Unterbrechung von April zu Mai zu und er-
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188
Bewölkungsgrösse.
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Norw. Küste N . . .
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München
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45*
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Südfrankreich ....
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44
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Rom
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85
87
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80
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Sonnenschein-Dauer. 189
reicht ihr Minimum im Nordwesten im Juni, im mittleren Russland
im Juni oder August, getrennt durch eine geringe Zunahme im Juli.
Weiter nach Süden hin fällt das Minimum in den August. In West-
sibirien tritt das Minimum der Bewölkung im März und das Maxi-
mum im Spätherbste ein.
In Ostsibirien ist die Bewölkung sehr gering, das Maximum fällt
im allgemeinen in den Herbst, das Minimum in die Wintermonate.
Die Tabelle (Seite 188) enthält die Bewölkung für das Jahr
und die einzelnen Monate einer Auswahl von Stationen und Stations-
gruppen.
Am Schlüsse dieses Kapitels erwähnen wir noch kurz die erst
in neuerer Zeit angefangene Messung des Sonnenscheins durch
den Registrierapparat (Sunshine recorder) von H. F. Gampbel
(verbessert von Stokes), welchen die nachstehende Figur veran-
schaulicht. Eine Glaskugel wirft das Sonnenbild auf einen halb-
Fig. 38.
Sonnenschein-Autograph.
kreisförmig um die Kugel gebogenen und mit einer Zeiteinteilung
versehenen Papierstreifen. Wenn die Sonne scheint, markiert sich
das Sonnenbildchen auf dem Papier als schwarzer Punkt, welcher
mit der Sonne weiter fortrückt und ausbleibt, wenn eine Unter-
brechung des Sonnenscheines stattfindet. In der Tabelle (Seite 190)
ist die tägliche Periode des Sonnenscheins für einige Stationen
angegeben; es bedeutet D die Dauer des mittleren Sonnenscheines
in Stunden des mittleren Monatstages und V das Verhältnis derselben
zu der möglichen Dauer. Ausserdem sind für Rostock noch die Tage
angegeben, an welchen Sonnenschein nicht stattfand.
*) Zeitschr. der Oest. Met, Gesellsch. 1881, 82, 84 und Met. Zeitschr. 1888,
S. 199.
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190
Niederschläge. Messung.
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Regen und Schnee.
Der Wasserdampf, welcher durch Verdunstung von dem Erd-
boden der Atmosphäre sich beimischte, wird jenem hauptsächlich
durch die Niederschläge in Form von Regen oder Schnee wieder
zurückgegeben. Geht nämlich die Kondensation des Wasserdampfes
in den oberen Schichten rasch vor sich, so bilden sich bei Tempe-
raturen über dem Gefrierpunkte Wassertropfen, bei niedrigeren Tempe-
raturen Eisnadeln, die sich, da sie dem hexagonalen Systeme an-
gehören, zu regelmässigen sechsstrahligen Sternen gruppieren. Bei
grösserer Menge setzen sich letztere zusammen zu unregelmässigen
Schneeflocken, die wegen der vielen Zwischenräume und der unregel-
mässigen Anhäufung der sie zusammensetzenden Eiskristalle weiss
und undurchsichtig aussehen. Die Geschwindigkeit der fallenden
Regentropfen ist nach theoretischen Untersuchungen *) höchstens 5,03 m
pro Sekunde gefunden worden. Die unter dem Einfluss des fallen-
den Regens in die Tiefe ausströmende Luft kann diese Geschwin-
digkeit unter den günstigsten Bedingungen nicht erreichen, ist viel-
mehr erheblich geringer, so dass also grosse Windgeschwindigkeiten
durch den fallenden Regen allein, wie wir sie wohl bei Gewitter-
erscheinungen anzunehmen geneigt sind, wenigstens direkt wohl
nicht hervorgerufen werden können.
Regenmesser.
Die Menge des gefallenen Niederschlages wird durch die Höhe
gemessen, welche das Regenwasser oder das Wasser des geschmol-
zenen Schnees einnehmen würde, wenn dasselbe nicht verdunstete
oder versickerte (Niederschlags- oder Regenhöhe). Die Häufigkeit des
Niederschlags wird in der Regel durch die Anzahl der Tage be-
*) Siehe Met. Zeitschr. 1888, S. (42).
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Niederschläge. Messung. 191
zeichnet, an welchen es geregnet oder geschneit hat. Allein hier
zeigt sich eine sehr grosse Schwierigkeit, die bis jetzt noch nicht
beseitigt ist, so sehr dieses auch zur Vergleichbarkeit der Beobach-
tungen notwendig wäre. Die Grenze nämlich zwischen einem ganz
trockenen Tage und einem Regentage ist keine ganz bestimmte, indem
Tage vorkommen, an welchen nur einige Tropfen Regen fallen, die
von unseren Messinstrumenten nicht angegeben werden. Wollte man
nur solche Tage als Regentage bezeichnen, an welchen ein mess-
barer Niederschlag gefallen ist, so würde man auch hier in grosse
Verlegenheit wegen der Grenze der Messbarkeit kommen, und diese
Grenze würde schon je nach dem Masssystem verschieden ausfallen.
Es wird sich haupsächlich darum handeln, die untere Niederschlags-
grenze für den Niederschlagstag einheitlich festzustellen, aber auch
dann noch würde für die Praxis die Schwierigkeit fortbestehen, diese
Grenze genau innezuhalten, was bei kleineren Regenmengen allgemein
wohl nicht möglich ist, da hierbei die Verdunstung, die Konstruktion
des Regenmessers, die mehr oder weniger grosse Sorgfalt des Beob-
achters von dem grössten Einflüsse sind. Bei der grossen Schwierig-
keit, in der Zählung der Regentage eine Einigkeit zu erzielen, macht
Hann den Vorschlag 1 ), neben der in jedem Lande üblichen Zählung
der Regentage noch eine Rubrik einzuführen, welche die Anzahl der
Tage angibt, an denen mindestens 1 mm (0,04 Inches) an Niederschlag
gemessen worden ist. Wir können diesem Vorschlag nur beistimmen,
indem so einerseits eine Vergleichbarkeit der Beobachtungen unter
sich geschaffen und andererseits die Homogenität längerer Beobach-
tungsreihen nicht gestört wird.
Zur Messung der Niederschlagshöhe dient der Regenmesser. Fig. 39
veranschaulicht die Regenmesser, welche an den Normalbeobach-
tungsstationen der Seewarte in Gebrauch sind und welche so auf-
gestellt werden, dass ihre Entfernung etwa 1 m beträgt. Die Grösse
der Auffangsfläche misst 1 : 20 qm und wird abgegrenzt durch
einen scharfen, konisch abgedrehten Ring, welcher dem Auffangs-
gefässe aufsitzt. Eine der beiden Auffangsöfrnungen ist jederzeit mit
einem Deckel bedeckt, die. andere offen dem Regen und Schnee
fall ausgesetzt, und zwar so, dass um 8 Uhr abends und 8 Uhr mor-
gens der Deckel durch den Beobachter von dem einen Regenmesser
auf den anderen übergesetzt wird. Die Messung des Niederschlags
geschieht nur einmal täglich um 8 Uhr morgens für beide Regen-
messer. Der bedeckte Regenmesser enthält den Niederschlag für
die Zeit von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends des vorhergehenden
Tages, der andere den in der Nacht von 8 Uhr abends bis 8 Uhr
morgens gefallenen. Die Regenmenge wird in einen Glascylinder
abgezapft und dann die Niederschlagshöhe direkt abgelesen. Be-
findet sich Schnee im Regenmesser, so muss jener vor der Messung
geschmolzen werden, indem man den mit dem Deckel bedeckten
Regenmesser an einen warmen Ort bringt. Bei der Aufstellung der
Regenmesser wird darauf geachtet, dass die Niederschläge von allen
') Met. Zeitschr. 1888, S. 39.
Digitized by LiOOQ IC
192
Niederschläge. Messung.
Seiten freien Zutritt haben und daher die Entfernung der Regen-
messer von den nächsten sie tiberragenden Gegenständen irgend er-
heblichen Durchmessers mindestens das Doppelte von der Höhe dieser
Gegenstände über dem Rande der Regenmesser betrage und ferner,
dass die Regenmesser nicht an einen dem Winde allzusehr ausge-
setzten Orte zu stehen kommen. Von den vielen anderen Konstruk-
tionen erwähnen wir noch einen von Assmann vorgeschlagenen und
Fig. 39.
-* - Im — ->~
sehr zweckmässigen (Fig. 41) Regenmesser, welcher zu empfehlen
sein dürfte. Er besteht aus zwei fast identischen Gefässen, welche
bei Schneefall einzeln funktionieren können und dadurch in bequemer
Weise die Schmelzung und Messung des Schnees ermöglichen. Bei
höheren Temperaturen wird das eine Gefäss auf das andere gesetzt,
wodurch die Verdunstung des Wassers aus dem als Reservoir dienenden
unteren Gefässe verhindert wird.
Fig. 40 zeigt einen registrierenden Regenmesser nach Hottinger's
System. Aus dem Auffangsgefässe A fällt der Regen (oder ge-
schmolzenes Schneewasser) in den Trichter a, b, welcher sich in das
Gefäss d entleert, wenn sich eine bestimmte Niederschlagsmenge an-
gesammelt hat. Das Gewicht des Niederschlags wirkt auf die Feder H,
und diese hierdurch hervorgerufene Bewegung teilt sich dem Schreib-
stifte 1 mit, welcher in bekannter Weise die Regenmenge auf einer
durch ein Uhrwerk bewegten Trommel k markiert. Zur Schmelzung
des Schnees ist eine konstant wirkende Wärmequelle anzubringen.
Form und Grösse der Auffangsfläche, insbesondere aber Auf-
stellung und Höhe haben auf die gemessene Niederschlagsmenge
einen Einfluss, welcher bei der Vergleichung der Beobachtungen unter
Umständen störend sein kann. Ist die Auffangsfläche allzu klein,
etwa unter 20 mm Durchmesser, so verringert sich die Niederschlags-
menge, insbesondere dann, wie es scheint, wenn der konische Auf-
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Niederschläge. Messung.
193
satz verlängert ist, da hierdurch Luftwirbel entstehen, welche das
Hineinfallen des Regens in den Regenmesser verhindern.
Wenn man ganz gleiche Regenmesser in verschiedenen Höhen
unter sonst gleichen Umständen aufstellt, so erhält man um so ge-
ringere Niederschlagsmengen, in je grösserer Höhe dieselben aufge-
fangen wurden. Diese Abnahme der Niederschlagsmenge mit der
Höhe beruht nicht, wie man früher
meinte, auf einer Vergrösserung der
Regentropfen oder Schneeflocken
_l||||l| H j|||W| während ihres Falles durch die
f Fig. 41.
Fig. 40.
feuchten Luftschichten, sondern hat
vielmehr ihren Grund einerseits in
der Ablenkung der Regentropfen
durch den Wind am Auffanggefäss,
andererseits in dem Herauswirbeln
des Schnees aus dem Regenmesser,
wenn man dabei berücksichtigt, dass
die Windgeschwindigkeit in den
unteren Luftschichten mit der Höhe rasch zunimmt. Für das Be-
obachtungsjahr November 1871—1872 erhielt Wild für die Nieder-
schlagshöhen nach der mittleren Windgeschwindigkeit geordnet fol-
gende Resultate 1 ):
Höhe über dem Boden
Nov. bis Dez
Jan., Febr., März . .
April bis Okt
100
100
100
100
Im
89
86
95
94
pt Windgeschwindigkeit
£,D m pro Sekunde
86
82
92
84
26
16
81
56
2-5
6-9
2-5
6-9
') Wild: Einflus8 der Qualität und Aufstellung der Regenmesser auf die
Angaben der Regenmengen. Rep. f. Met. Bd. IX. Nr. 9.
Yan Bebber, Meteorologie. 13
Digitized by VjOOQ IC
194 Niederschläge. Messung.
Hiernach nimmt die Abnahme der Niederschläge in den Regen-
messern mit der Erhebung derselben über den Boden bei stärkeren
Winden zu, und zwar rascher bei vorwiegendem Schneefall als bei
vorwiegendem Regen. Es würde die Niederschlagsmenge die rich-
tige sein, welche durch einen Regenmesser erhalten wäre, dessen
Auffangsfläche in der Höhe der Erdoberfläche sich befinden würde.
Nun ist aber eine derartige Aufstellung des Regenmessers, insbesondere
wegen der Schneeverwehungen nicht zu empfehlen und daher begnügt
man sich mit den Angaben, welche in einer etwas grösseren Höhe,
in welcher Schneeverwehungen nicht mehr stattfinden, gesammelt
werden.
Aus den in England in verschiedenen Höhen angestellten Be-
obachtungen erhielt Wild folgende Mittelwerte:
Höhe m 13 m 26 m 59 m
Niederschlagsverhältnis 100 75 ±4 64 ±7 58 ±6
Die in obiger Zusammenstellung mit + bezeichneten Zahlen be-
zeichnen die mittlere Abweichung der einzelnen Beobachtungsdaten
der betreffenden Gruppen von den vorstehenden mittleren Werten.
Es ist klar, dass derartige Werte je nach den Windverhältnissen
und auch der Natur der Niederschläge verschieden sein müssen.
Die Vergleichbarkeit der Beobachtungen wird ferner noch erschwert
durch die verschiedene Aufstellung der Regenmesser in Bezug auf die
Umgebung. Um den Einfluss der Hausnähe zu untersuchen, stellte
Wild Beobachtungen mit zwei Regenmessern an, von denen der
eine 1,8 m hoch über dem Boden, in 3 m Abstand von dem unge-
fähr 6 m hohen magnetischen Observatorium und ungefähr 40 m
von dem erheblich höheren Hauptgebäude entfernt im Hofe, der
andere in doppelter Höhe über dem Boden und in 7,8 m Abstand
vom Observatorium aufgestellt war. Es ergab sich im Mittel zweier
Jahre, dass das Verhältnis der jährlichen Niederschlagssummen im
Regenmesser in der Höhe von 1,8 m zu der im Regenmesser in
3,6 m Höhe wie 1071:1000 war, während bei gleich freier Ex-
position die Niederschlagsmengen in diesen beiden Höhen im Jahr
sich verhalten sollten wie 1048: 1000, wonach die Differenz von 2,3 °/o
der geschützteren Lage des ersteren Regenmessers hauptsächlich bei-
zumessen ist.
Weitere Beobachtungen wurden gemacht an dem eben genannten
Regenmesser in 1,8 m Höhe und einem zweiten gleichen in 1,0 m
Höhe, welcher zuerst mit einem 1 m hohen Zaune umgeben und nach-
her auf einem freien Platze aufgestellt war. Die Jahressummen des
geschützten in 1,8 m Höhe und cles frei stehenden in 1,0 m Höhe
verhielten sich wie 1062:1000, während bei gleich freier Lage das
Verhältnis 975 : 1000 sein sollte. Ebenso zeigte der durch den
Zaun geschützte eine grössere Regenmenge als der durch das Haus
geschützte.
Ein frei aufgestellter mit zwei vertikalen senkrecht sich schnei-
denden Scheidewänden versehener Regenmesser, um das Hinauswehen,
insbesondere des Schnees zu verhindern, lieferte in 2 m Höhe 1,4 °/o
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Niederschläge. Messung. 195
und in 5 m Höhe 3,0 °/o mehr Niederschlag, als der ohne Kreuz
bei gleicher Aufstellung. In der kälteren Jahreszeit belief sich dieser
Unterschied auf 3,5 resp. 8,8 °/o.
. Zur Verminderung des Windeinflusses hat Nipher 1 ) einen
Schutztrichter vorgeschlagen, oder ein den Regenmesser umgebendes
trichterförmiges Gefäss, dessen Oeffhung nach oben gekehrt ist und
dessen Rand ungefähr in die Höhe des Regenmesserrandes oder
wenig darüber fällt, während die untere engere Oeffnung an die
Regenmesserwand anschliesst. Die Beobachtungen ergaben nach Wild
folgendes Resultat (der Zaun ist hier eine Bretterwand von 2,5 m
Höhe in nahezu gleichem Abstand vom Regenmesser in der Mitte):
Regenmesser in 3 Höhe 1 m hoch
1885 Gewöhnl. mit Kreuz ^tridter*" in Zaun
Januar . . . 20,3 mm 20,2 mm 28,7 mm 29,3 mm
Februar . . 38,9 41,0 47,9 43,8
März ... 8,0 10,1 12,3 12,4
April . . . 17,5 18,9 20,4 21,1
Summe 84,7 90,2 109,3 106,6
Die von Nipher vorgeschlagene Schutzvorrichtung dürfte jeden-
falls empfohlen werden, indessen erscheint es sehr wünschenswert.,
dass die Ansammlung des Schnees auf dem Rande des Trichters
und die Anfüllung des innern Raumes mit Schnee, wodurch Ver-
wehungen in den Regenmesser veranlasst werden, durch irgend eine
Vorrichtung vermieden werden. „Behufs strenger Vergleichbarkeit
der Resultate von Niederschlagsmessungen an einem und demselben
Orte zu verschiedenen Zeiten oder von gleichzeitigen Beobachtungen
an verschiedenen Orten unter Anwendung diverser Instrumente und
ungleicher Aufstellung derselben sollte man also, da der Effekt der
letzteren selbst bei massigen Höhen leicht mehr als 10 Prozent be-
tragen kann, suchen, besonders bezüglich der ungleichen Höhe und
Aufstellungsweise Korrektionen der Reduktion auf angenäherte Ver-
hältnisse anzubringen. In einzelnen Fällen dürfte dieses wohl an-
näherungsweise auf Grundlage der mitgeteilten Erfahrungen ge-
schehen können, weitaus in der Mehrzahl der Fälle wird man sich
aber namentlich in betreff der Aufstellungsart resp. der näheren und
ferneren Umgebung so sehr im Ungewissen befinden, dass die An-
bringung von Korrektionen als eine sehr gewagte Sache erscheinen
dürfte. Will man also auch nur relative Fehler bis zu 5 Prozent
in den Jahressummen und von 10 Prozent und mehr in den Monats-
summen der Niederschläge von dieser Seite her vermeiden, so wird
man sich durchaus über eine mehr konforme Höhe und Art und
Weise der Aufstellung der Regenmesser einigen müssen (Wild).*
a ) Vergl. hierüber auch Börnsteinin Met. Zeitschr. 1884, S. 381.
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196
Niederschläge. Tägliche Periode.
Die tägliche Periode der Niederschläge.
Ueber die Verteilung der Niederschläge auf die einzelnen Tages-
stunden sind bis jetzt verhältnismässig nur wenige Beobachtungen
gemacht worden, ein Umstand, welcher darauf zurückzuführen ist,
dass Registrier- Apparate für die Niederschläge erst in neuester Zeit
an einigen Stationen aufgestellt wurden. Indessen ist die Kenntnis
der täglichen Periode des Niederschlags nicht allein für die theo-
retische Meteorologie, sondern auch für die Praxis von grosser Be-
deutung. Die Tabellen S. 197 u. 198 geben den täglichen Gang des
Regenfalles für einige Stationen in Bezug auf die Menge und in
Bezug auf die Regenhäufigkeit.
Bei fast allen diesen Stationen lassen sich zwei Maxima und
zwei Minima sowohl der Regenmenge als auch der Regenhäufigkeit
unterscheiden und zwar (die Hauptmaxima und Hauptminima sind
fett gedruckt):
a)
Regenmenge
.
Maxima:
Minim
a:
G-reenwich .
. Winter
0— 2a
6-8a
2-4p
2— 4a
10— 12a
6-8p
Sommer
2— 4a
—
4— 6p
—
10— 12a
6-8p
8-lÖp
Zechen . . . .
. Winter
2— 4a
—
2— 4p
—
8— 10a
Sommer
4— 6a
—
4-6p
2— 4a
6-8a
—
Prag
. Winter
4— 6a
—
2-4p
o-2a
8— 10a
8— 10p
Sommer
—
—
4-6p
4-6a
—
—
Wien ....
. Sommer
o— 2a
8— loa
2-4p
4— 6a
10-12a
10— 12p
Bern
. Jahr
6— 8a
8— 10p
2-4a
12— 2p
Modena . .
. Jahr
4— 6a
—
4— 6p
0-2a
10— 12a
6— 8p
Pawlowsk .
. Jahr
2- 4a
—
2-4p
—
8-lOa
10-12p
Coimbra . .
. Winter
4 -6a
—
2-4p
10— 12p
10-12a
6— 8p
Sommer
4-6a
—
2— 4p
2— 4a
8— loa
6— 8p
Batavia . . .
. Dez.— Febr.
0— 2a
4— 6p
10-l2a
8— 10p
März— Sept.
—
—
4-6p
—
6-8a
—
Okt. -Nov.
—
—
4-6p
—
6-8a
—
New York .
. Winter
4- 5a
10— IIa
3— 4p
—
8— 9a
—
Sommer
3— 4a
11— 12a
4-5p
10— llp
5— 6a
3 -4p
b) Regenstunde
n.
Maxima:
Minima:
Greenwich .
. Winter
10— 12p
10— 12a
_
—
8-10a
8— 10p
Sommer
2— 4a
—
6-8p
0— 2a
—
12-2p
Zechen . . .
. Winter
4— 6a
—
6— 8p
0— 2a
—
12— 2p
Sommer
4— 6a
—
4-6p
—
10-12a
0— 12p
Coimbra . .
. Jahr
4-6a
—
2— 4p
—
10— 12a
10— 12p
New York .
. Winter
ll-12p
11— 12a
2-8p
0— 2a
0— lp
8— 9p
Sommer
10— llp
3— 4a
6- 7p
0— Ja
9- io a
6- 7a
12— lp
ll-12p
8— 9p
8— 9p
Aus diesen Zahlenwerten geht im allgemeinen hervor, dass
sowohl in Bezug auf Regenmenge als auch Regenhäufigkeit das
Hauptmaximum nach 2 h p. m. eintritt, das sekundäre Maximum
etwa 12 Stunden später in den ersten Morgenstunden, das Haupt-
minimum gegen Mittag und das sekundäre Minimum um die Mitter-
nachtszeit. Die Differenz zwischen Maximum und Minimum ist nach
den vorstehenden Zahlen teilweise recht erheblich und für die Praxis
von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Bemerkenswert ist, dass
im nördlichen und mittleren Europa die Maxima im Sommer später
eintreten, als im Winter.
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Niederschläge. Tägliche Periode.
197
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o
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Digitized by VjOOQ IC
198
Niederschläge. Einfluss der Gebirge.
b) Regenstunden.
Green wich
Zechen
Coimbra
Winter-
Sommer-
Winter-
Sommer-
Jahr
halbjahr
halbjahr
halbjahr
halbjahr
0-2
30,3
25,7*
32,9*
21,0
47,0*
2-4
30,1
28,1
37,5
24,1
59,2
4-6
30,3
27,1
40,1
25,1
60,8
i
6—8
29,9
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*[
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10—12
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22,3
51,2
10—12
31,5
27,0
34,1
20,9*
47,0*
Trotz der wenigen vorhandenen Beobachtungen treten die Haupt-
züge der täglichen Periode der Niederschläge ganz markant hervor,
so dass wir hoffen dürfen, durch Aufstellung einer grösseren Zahl
registrierender Regenmesser bald zu einer vollkommeneren Kenntnis
dieses interessanten Phänomens zu gelangen.
Die jährliche Periode der Niederschläge ist hauptsächlich ab-
hängig von der geographischen Lage, weshalb wir dieselbe gleich-
zeitig mit der geographischen Verteilung der Niederschläge be-
sprechen werden.
Der Einfluss der Gebirge auf die Häufigkeit und die Menge
des Niederschlags tritt in allen Klimaten der Erde ganz bedeutungs-
voll hervor und hat seinen Grund in dem aufsteigenden Luftstrome,
welcher veranlasst wird teils durch allgemeine Luftströmungen, die
zum Ansteigen an den Gebirgsabhängen gezwungen werden, teils
durch aufwärts gerichtete Luftströmungen im Gebirge selbst, wo-
durch, wie bereits oben auseinandergesetzt wurde, Abkühlung und
Verdichtung des Wasserdampfes verursacht wird. Ueberall, selbst
in fast regenlosen Wüstengegenden, wo grössere Gebirge sich er-
heben, finden reichlichere Niederschläge statt, welche eine Zunahme
der Vegetation mit der Höhe ermöglichen. Diejenigen Gebirgszüge,
welche zu den vorherrschenden Winden mehr oder weniger senk-
recht gerichtet sind, haben nach der Luvseite hin reichliche Nieder-
schläge, während die Leeseite trocken ist, wie ohne weiteres einge-
sehen werden kann. In den Passatgebieten ist es die Ostseite,
namentlich wenn ein Seewind von Osten her weht, dagegen in
höheren Breiten ist es die Westseite, welche die grösseren Regen-
mengen aufweist.
Digitized by VjOOQ IC
Niederschläge. Einfluss der Gebirge. 199
Als Beispiele der sehr verschiedenen Regenmengen auf der Lee-
seite und der Luvseite der Gebirge führen wir folgende an: Der
Passat, aus kühleren Gegenden kommend, nimmt kontinuierlich an
Wärme und daher auch an Trockenheit zu, und ein Grund zu
Niederschlägen ist wenigstens auf dem Meere und in der Ebene
nicht gegeben. Indessen ist sein Dampfgehalt bei der hohen Tempe-
ratur immerhin ein beträchtlicher, insbesondere dann, wenn er längere
Zeit über dem warmen Meere geweht hat, so dass schon eine uner-
hebliche Abkühlung genügt, denselben in einen Regenwind zu ver-
wandeln. Ueberall dort, wo er gebirgige Küsten zu überschreiten
hat, oder wo er landeinwärts auf höhere Gebirge stösst, gibt er
Veranlassung zu anhaltenden und ergiebigen Regenfällen und be-
wirkt nicht selten eine völlige Aenderung in den Regenzeiten. Diese
Verhältnisse zeigen sich deutlich ausgesprochen auf den Inseln des
Grossen Ozeans und in Westindien. Hier wird die Regenmenge und
die Regenverteilung auf die einzelnen Monate des Jahres durch die
Lage geregelt. Die Seite der höheren Inseln, welche dem Passate
zugekehrt ist, zeichnet sich durch reichliche Feuchtigkeit während
des ganzen Jahres und durch üppige Vegetation aus, während auf
der dem Passate abgewendeten Seite die Regenzeit mit dem höch-
sten Sonnenstande beginnt und mit der Entfernung der Sonne der
Trockenheit Platz macht, weshalb dieselbe meist an Dürre leidet.
Im östlichen Polynesien liegen die niedrigen Guanoinseln, auf welchen
jahraus jahrein der Passat weht, in unserem Sommer aus südöst-
licher, im Winter aus nordöstlicher Richtung. Hier über weht der
Passat ungehindert das niedrige Land, welches noch ausserdem
kräftig erwärmt wird, und daher die sehr grosse Regenarmut, welche
die Bildung von Guanolagern gestattet. Die westindischen Inseln,
welche unter der Herrschaft des Nordostpassates stehen, zeigen auf
der Nord- und Südseite ganz erhebliche Unterschiede. Auf St. Helena,
welche Insel im Bereiche des Südostpassates liegt, fallen auf der
Nordseite zu Jamestown jährlich durchschnittlich nur 135 mm Regen,
während in Longwood (frei dem Passate ausgesetzt bei einer Höhe
von 440 m) die mittlere Regenmenge 1055 mm, also ungefähr das
Achtfache, beträgt Auf Madagaskar weisen die Ost- und Westseite
schroffe Gegensätze auf, die letztere wird durch den Südostpassat
sehr reichlich befeuchtet.
Sogar dort, wo die herrschenden Winde sehr arm an Wasser-
dampf sind, sind die Gebirge mehr oder weniger regenreich. So
fällt in den gebirgigen Gegenden der Sahara viel mehr Regen, als
man früher anzunehmen geneigt war.
Im tropischen Südamerika und Südafrika bedingt die verschiedene
Lage der Gebirge grosse Kontraste in den Regenverhältnissen. In
Südamerika schlägt der Südostpassat seinen Wasserdampf an den
Gebirgshöhen der Ostküste nieder, dagegen ist die Westseite der
Anden regenarm.
Der Einfluss der Gebirge zeigt sich sehr ausgesprochen in Indien.
Jn Bombay, an der Westseite des Ghatsgebirges, welche dem Südwest-
monsun offen liegt, beträgt die jährliche Regenmenge an der Küste
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200 Niederschläge. Einflusa der Gebirge.
1881 mm, in Mahabaleswar, in einer Seehöhe von 1384 m auf
dem Kamme der Westghats, steigt sie zu der ausserordentlichen
Menge von 6460 mm, dagegen in Puna, auf der Ostseite in 610 m
Seehöhe, fällt sie plötzlich auf 760 mm.
Von den europäischen Gebirgen kann allenthalben nachgewiesen
werden, dass die Westseite, die den vorherrschenden dampfreichen
südwestlichen und westlichen Winden ausgesetzt ist, die regenreichste
ist. Die grössten Regenmengen entfallen auf die Westseite Schott-
lands und Nordwestenglands, dagegen ist die Ostküste verhältnis-
mässig sehr regenarm. Auf der Westseite fallen jährlich bis über
3000 mm Regen, wogegen die Ostküste durchschnittlich etwa 700 mm
aufweist. Auch an der norwegischen Küste zeigt sich diese Ver-
schiedenheit ebenso deutlich : während an der Westküste die Regen-
menge bis zu 1900 mm ansteigt, sinkt sie an der Ostküste bis auf
etwa 300 mm herab.
Nicht minder ausgeprägt ist das rasche Herabsinken der Regen-
menge im nordwestlichen Spanien von dem regenreichen Galicia, an
der Westseite der Gebirgskette gegen das Trockengebiet von Sala-
manca, welches nach allen Seiten von Gebirgen geschützt ist. Der
Unterschied in der jährlichen Regenmenge zwischen den nur 20
geographische Meilen auseinanderliegenden Orten Santiago und Sala-
manca beträgt 1370 mm.
In Deutschland erstrecken sich die meisten Gebirgszüge von
Nordwest nach Südost. Da nun in Deutschland Südwestwinde vor-
herrschend sind, so werden diese fast senkrecht zur Richtung der
Gebirge wehen und daher wird die Südwestseite die regenreichere,
die Nordostseite die regenärmere sein, und zwar um so mehr, je
mächtiger die Gebirge sind. Selbst kleinere Gebirgszüge zeigen
dieses sehr deutlich; so haben Münster, Güterslohe und Paderborn,
an der Südwestseite des Teutoburger Waldes, eine durchschnittliche
jährliche Regenmenge von 694 mm, wogegen an der Nordostseite
in Salzuflen und Hannover im Mittel nur 578 mm Regen fallen.
Auch mit Annäherung an die Gebirge nimmt der Niederschlag
zu; dieses zeigen die Niederschläge im Harz und Umgebung, wo
die Regenmenge mit der Annäherung wächst und, nachdem der
Gipfel überschritten ist, wieder abnimmt.
Göttingen ^jff 1 " B B *tedt" Klausthal Brocken Wernigerode Salzwedel
Seehöhe . . 130 221 255 565 1134 246 40 m
Regenmenge 550 601 953 1427 1700 724 585 mm
Für die Tropen gibt Blanford folgendes Beispiel, wobei die
Stationen in einer Ebene, in einer Seehöhe von nahezu 20 m liegen:
Dacca Bogra
Entfernung vom Fuss des Chassiageb. 161 96
Regenmenge 191 231
Der Grund dieser Erscheinung liegt offenbar darin, dass die
fortbewegte Luft schon in grösserer Entfernung von dem sich ihr
entgegenstellenden Hindernisse zum Aufsteigen gezwungen wird.
Mymensingh
Silliet
48
32 km
274
380 cm
Digitized by VjOOQ IC
Niederschläge. Einfluss der Gebirge. 201
Dass die Regenmengen mit der Höhe zunehmen, veranschaulicht
jede Regenkarte, auf welcher die Orte gleichen Niederschlags durch
Linien verbunden sind: diese gibt gleichzeitig ein allgemeines Bild
der orographischen Verhältnisse des bei ihr zu Grunde liegenden
Gebietes. Als Beispiel der Zunahme der Regenmenge mit der Höhe
wählen wir (nach Hann, Klim.) das deutsche Mittelgebirge:
Seehöhe 1—200 2—300 3-400 4—500 5—700 700—1000 m
Regenfall cm . . . 58 65 70 78 85 100
Welche Seite eines Gebirges die Regenseite ist, hängt offenbar
ab von der Windrichtung und diese von der Druckverteilung, so
dass also bei veränderter Druckverteilung die sonst normalen Ver-
hältnisse sich umkehren können. So hat Ferrari 1 ) für die Apen-
ninenketten nachgewiesen, dass es am Westabhange fast nur dann
regnet, wenn das Depressionszentrum im Norden liegt (also bei süd-
westlichen Winden), dagegen auf der Ostseite, wenn die Depression
im Süden und besonders im Südwesten Italiens sich befindet (also bei
östlichen Winden).
Da der aufsteigende Luftstrom immer mehr an Temperatur und
Feuchtigkeit abnehmen muss, so muss die Zunahme des Niederschlags
mit der Höhe notwendig eine Grenze haben, so dass sich in irgend
einer Höhe eine Zone findet, wo das Maximum des Niederschlags
erreicht ist und dieser sowohl auf- als abwärts abnimmt. Für den
nordwestlichen Himalaja hat Hill 2 ) diese Maximalzone in 1200 m
(960 m* über der Ebene) nachgewiesen, in jener Region, wo im
Mittel der aufsteigende Monsun den Punkt der Sättigung mit Wasser-
dampf erreicht. Ist der Regenfall in der Ebene gleich 1, so beträgt
derselbe nach Hill für je 1000 Fuss (304,8 m):
inl23456789 10
2,52 3,40 3,70 3,56 8,10 2,44 1,70 1,00 0,46 0,20
Im Winter und Frühjahr erreicht der Regenfall in beträchtlich
grösserer Höhe sein Maximum, als in den übrigen Jahreszeiten.
Die Maximalzone für die westlichen Ghats beträgt nach Sykes
1400 m. „Alle regenreichsten Stationen in Indien/ bemerkt Hill,
„einschliesslich Mahabaleswar, Merkara und Utray Mulay in den
Ghats, sowie Cherra Punji in den Chassia Hills liegen ungefähr in
der Seehöhe von 4000 Fuss (1219 m)."
Ferner ist die Höhe der Maximalzone in Java nach Junghuhn
ungefähr 1000 m für Java und nach Phillipps für den eng-
lischen Seendistrikt circa 500 m.
Die vertikale Verteilung und die Maximalzone des Niederschlags
am Nordabhange der Bayerischen Alpen ist von Erk 3 ) für die Zeit
von November 1883 bis November 1885 eingehend untersucht worden.
Als Schlussresultat ergab sich: „Es existiert eine jahreszeitliche
>) Vergl. „Das Wetter" 1887, S. 15.
*) Vergl. Zeitschr. der Oesterr. Met. Gesellsch. 1879. S. 161.
8 ) Vergl. Met. Zeitschr. 1887. S. 55.
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202 Niederschläge. Schneegrenze.
vertikale Verschiebung der Zone maximalen Niederschlags am Nord-
abhange der Bayerischen Alpen, welche, soweit die bisher zur Ver-
fügung stehenden Mittel erkennen lassen, in erster Linie von der
Jahresperiode der Temperatur abhängig ist. Mit Bestimmtheit tritt
eine einfache Maximalzone häufig im Winter in den Lagen von
600—1000 m auf; es darf aber nicht verkannt werden, dass die-
selbe nicht regelmässig und durch den ganzen Winter anhaltend
erscheint, sondern sie bildet ein Seitenstück zur Temperaturumkehr
mit der Höhe, welche ja auch fast in jedem Winter und ebenfalls
mit zeitlicher Unterbrechung wiederkehrt." Bemerkenswert ist, dass,
wenn die Maximalzone im Sommer höher hinaufrückt, in den tieferen
Lagen gewöhnlich ein sekundäres Maximum zurückbleibt, welches
im allgemeinen seinen Grund in den Gewitterregen im Alpenvorlande
hat. Die höchste hier in Betracht kommende Station war der Wendel-
stein in einer Höhe von 1730 m und über diese Höhe scheint die
Maximalzone hinauszurücken; nach Hann dürfte dieses Maximum
nicht weit über 2000 m liegen.
Schneegrenze.
Unter Schneegrenze versteht man die äusserste Seehöhe, über
welche hinaus der Schnee nicht mehr wegschmilzt. Diese Grenze
befindet sich in stetiger Wanderung auf- und niederwärts begriffen
und ist abhängig vom Schneefall und von der Temperatur des Erd-
bodens. Sie wird also steigen bei höherer Temperatur und geringerem
Schneefall, dagegen sinken bei geringerer Wärme und ergiebigeren
Schneefällen. Auch in der Ebene kann man von einer Schneegrenze
sprechen, indessen gilt dieses nur für die kältere Jahreszeit, indem im
Hochsommer, wenigstens auf der nördlichen Hemisphäre sich nirgends
Schnee befindet. Im Winter rückt die Schneegrenze weit nach Süden,
im mittleren und östlichen Asien, sowie in den östlichen Gebieten
Nordamerikas bis zu etwa 45° n. B. , so dass also die Schnee-
bedeckung in der kälteren Jahreszeit eine ganz bedeutende Aus-
dehnung hat.
Die folgende Tabelle gibt nach Berghaus die untere Schnee-
grenze und die mittlere Jahrestemperatur für einige Gebirge:
a<»v«WÄ Geograph. Schnee- Mittlere
ueDurge Breite grenze Jahrestemp.
Anden von Quito Aequator 4800 m 1° C.
Himalaya, indische Seite 27— 34 °N 4940 0,5
tibetanische Seite .... 27-34 5670 —2,8
Karakorum 28—36 5800 —3,9
Mittel- und Westalpen 46 2700 — 2,8
Tiroler Zentralalpen 47 2820 —3,8
Hohe Tauern 47 2860 —3,4
Nowaja Semlja (Matotschkin Scharr) . 78 V« 600 - 11,0
Spitzbergen (Hornsund) 77 460 — 10,0
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Niederschläge. Schneegrenze.
203
Die Bearbeitung der 30jährigen Reihe über die Höhe der Schnee-
linie am Säntis und in der NE-Schweiz durch Denzler 1 ) ergab
folgendes Resultat:
Untere Schneegrenze, mittere Temperatur
an derselben und Höhe der Isotherme von
0° am Säntis:
Höhe der Isotherme
0° C. in Metern:
Untere
Mittlere
Differenz
Monat
Schnee-
grenze
m
Temperatur
an der-
selben o C.
Isotherme
von oo m
gegen
Schnee-
grenze m
Nord-
alpen
Süd-
alpen
Differei
März
720
2,4
1130
410
1040
1380
340
April
910
6,3
1910
1000
1900
2070
170
Mai
1310
7,4
2510
1200
2500
2600
100
Juni
1910
7,2
3040
1130
3080
3180
100
Juli
2500?
5,6
3400
900
3500
3590*
90
Aug.
?
— .
.3400
?
3520*
3550
30
Sept.
2100
5,5
3080
980
3170
3170
Okt.
1740
3.2
2370
630
2400
2470
70
Nov.
1020
0,5
1120
100
1080
1460
380
Dez.
750
-1,9
250
— 500
110
770
660
Jan.
—
—
—
80*
550*
470
Febr.
—
—
—
—
540
930
390
Hiernach rückt die untere Schneegrenze nicht parallel mit der
Isotherme von 0° aufwärts, sie bleibt am tiefsten unterhalb derselben
zur Zeit des raschesten Emporsteigens der Nullisotherme, der Unter-
schied erreicht sein Maximum im Mai mit 1200 m, im Hochsommer
bleibt die Schneegrenze etwa 1000 m unter der Nullisotherme, sinkt
dann aber langsamer wieder herab als diese, so dass letztere sie schon
Ende November einholt und im Dezember beträchtlich tief unter die-
selbe hinabsinkt. Auf der Nordseite (Säntisstock bis zum Brenner)
und auf der Südseite (Südtirol und Gebiet der italienischen Seen) ist
der Unterschied zwischen der Höhe der 0°-lsotherme im Winter am
grössten, am kleinsten (0°) im September, dann folgt wieder sehr
rasche Zunahme. Ferner rückt die 0°-lsotherme rasch hinauf im
März und fällt sehr rasch im Oktober und November.
An den Nord- und Südgehängen des mittleren Innthales sind
in der Zeit von 1863 — 78 von Kern er Beobachtungen über die
Höhe der Schneegrenze gemacht worden 2 ) ; sie ergaben folgendes
Resultat (s. Tabelle S. 204).
Im Laufe des Frühlings steigt die Schneegrenze langsam, rascher
nach dem Sommer hin; das Abfallen geschieht am raschesten vom
September nach dem Oktober. Die weitere Untersuchung zeigte
ferner, dass die Beziehungen zwischen Schneegrenze und Temperatur
keineswegs so innige sind, als man erwarten sollte. Den bedeutend-
sten Einfluss auf die Schneegrenze haben Insolation, Wind und
Niederschlagsmenge.
Die unteren Schneemassen an der Grenze des ewigen Schnees
verwandeln sich in der Regel in Eis, welches weiter nach unten
bis in die Thäler hinunterdringt. Diese Eismassen, die unter dem
a ) Zeitschr. d. Deutsch, u. Oest. Alpenvereins 1886, 17. Bd.
2 ) Met. Zeitschr. 1888/8.(30).
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204
Niederschläge. Schneegrenze.
Okt. . .
Nov. . .
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Niederschläge. Gletscher.
205
Namen Gletscher bekannt sind, ändern ihre untere Grenze während
des Jahres sehr wenig. Die Gletscher dringen um so tiefer hinab,
je reichlicher die Verluste durch Schmelzung ersetzt werden. Die
folgende Tabelle nach Woeikof zeigt den sehr grossen Unterschied
der mittleren Jahrestemperaturen an den unteren Gletscherenden:
Gegend
Bergkette und Abhang
Breite
See-
höhe
m
Wahr-
scheinliche
Jahres-
temperatur
Now^ja Semlja, W-Ufer
Westabhang
73l/ a
— 7,9°
W-Norwegen
Skand. Alpen , Gruppe Jootedal
61»k
400
4,8
E-Sibirien, Gouv. Irkut.sk
E-Sajan, M.-Sardyk, S-Abhg.
52
3240
-9,7
w „
Altai
50
1240
-1,6
Tirol
Zillerthaler Alpen
47
1740
1,5
»
Ortler Alpen
46l/ 2
1850
M
Schweiz
Berner Alpen, N-Abhg.
46l| 2
983
5,8
Savoyen
Alpen, Montblanc-N-Abhg.
46
1099
5,9
Swanetien (Gouv. Eulais)
Kaukasus, SW-Ahhg.
48
1954
4,9
Daghestan (Gr. d. Gouv. Baku)
Kaukasus, Gruppe Schach-Day,
N-Abhg.
41.
3163
-2,3
Hittelasien, Peries Sarawsthan
Altaigebirge, SW-Abhg.
39i/ 2
2700
3,0
W-Tibet
Karakorum, Gletscher Biafo
35 « 2
3012
5,9
Mexiko
Orizaba
19
4015
4,8
Neuseeland, S-Insel
Neuseeländische Alpen, E-Abhg.
481/a
835
7,0
n t»
n W-Abhg.
431/a
212
10,0
Patagonien
Anden, W-Abhg.
46J/ 2
8,7
Als sehr bemerkenswert heben wir aus dieser Tabelle die
geringe Höhe der Gletscherenden in Neuseeland und in Westpata-
gonien bei mittleren Jahrestemperaturen von 10 resp. 9° C. hervor.
In hohen Breiten, wie in Grönland und auf Spitzbergen, senken sich
die Gletscher bis hinab ins Meer, dabei brechen die Gletscherenden
ab und schwimmen als mächtige Eisberge weit weg auf dem Ozean,
wo sie oft von den Strömungen erfasst und in wärmere Meeresteile
hingetrieben werden. Der durch die Schmelzung verursachte Wärme-
verlust ist sehr erheblich und dürfte auf die Lufttemperatur einen
nicht zu unterschätzenden Einfluss ausüben.
Die Aequatorialgrenze des Schneefalls reicht nach
H. Fischer 1 ) über den Kontinenten im allgemeinen bis zu den
Wendekreisen hinab, im westlichen Südamerika sogar bis zum 8. Grad
s. B. und läuft auf dem Meere im allgemeinen mit den 35. Breite-
graden parallel.
Interessant ist noch die Frage, innerhalb welcher Temperatur-
grenzen die Schneefälle stattfinden. Diese Frage ist für das Erz-
gebirge in 500 m Seehöhe (Schneeberg) von Berthold mit Hilfe
lOjähriger Beobachtungen untersucht worden 2 ), wobei sich das fol-
gende Resultat ergab:
] ) Aequatorialgrenze des Schneefalles. Inaug.-Diss. Leipzig 1888.
*) Siehe Met. Zeitschr. 1888, S. 30.
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206
Niederschläge. Verteilung.
M ._. f Zahl Mittlere Mittlere Temperatnr-
muiiitfc der Faie starke mm Temperatur grenzen
Oktober... 25 2,2 +13° +8° -3°
November . . 65 3,1 — 1,3 +3—10
Dezember . . 111 3,1 - 1,9 +5 - 13
Januar .... 103 2,1 —3,8 +3 —13
Februar ... 85 2,4 — 1,3 +6 - 13
März 118 3,5 — 1,3 + 4 — 10
April 47 2,4 ~ 1,6 +7-7
Mai 20 1,5 +3,9 +9 - 1
Jahr 57,7 2,75 - 1,33 +9 — 13
Verteilung der Niederschläge.
In allen Teilen der Erde sind die Niederschlagsverhältnisse
grösstenteils abhängig von lokalen Umständen, so dass schon in
ganz geringen Entfernungen grosse Verschiedenheiten sich zeigen
können. Dieses gilt nicht nur für Hügel- und Gebirgsländer, son-
dern auch für ganz ebene Distrikte, insbesondere in Bezug auf die
Regenmenge. Sehr lehrreich sind die Ergebnisse, welche Hellmann
aus Regenmessungen erhielt, die in Berlin und Umgebung auf einem
Gebiete von ca. 40 qkm an einer grösseren Anzahl von Orten ge-
inessen wurden. Das Verhältnis der grössten zur kleinsten Nieder-
schlagsmenge betrug:
im Winter
1,73
Frühling
1,53
Sommer
2,13
Herbst
1,57
Im Winter ist das Verhältnis grösser, als im Frühlinge und
Herbste, aber kleiner als im Sommer. Ueberhaupt sind die Unter-
schiede sehr erheblich und scheinen ihren Grund zu haben in der
verschiedenen Zugänglichkeit der einzelnen Regenmesser für den
Wind. Daher kommt Hellmann zu dem Schlüsse, dass es sich
empfehlen würde, einen auf freiem Terrain aufgestellten Regenmesser
mit einem Schutzzaun zu umgeben (vgl. oben S. 196). Die Ver-
schiedenheiten in der Regenmenge sind bei hügeligem oder gebir-
gigem Terrain je nach der Lage im allgemeinen viel grösser, selbst
bei Orten, die in unmittelbarer Nachbarschaft liegen, als in freier
Ebene. Aus diesen Gründen ist die einigermassen genaue Karto-
graphierung der Regenmengen selbst für Heinere Gebiete mit reich-
lichen Stationen sehr schwierig, für grössere Gebiete, für welche
zum Teil spärliche oder lückenhafte Beobachtungen vorhanden sind,
kaum möglich. Daher kann die Karte Fig. 42, welche nach Loomis
konstruiert ist, nur eine sehr rohe Vorstellung von der Verteilung
der Regenmengen auf den Festländern geben, wobei die Angaben
für mehrere ganz grosse Gebiete nichts weiter als Vermutungen und
rohe Schätzungen sind.
Die grösste bekannte Regenmenge unserer Erde fällt zu Chera*-
punji, auf dem Plateau der Chassia Hills in 1200 m Seehöhe. Hier
fallen nach langjährigen Beobachtungen im Jahre durchschnittlich
1209 cm Regen. Diese Regenmenge tritt indessen ganz lokal auf,
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Niederschläge. Verteilung.
Fig. 42.
207
Digitized by VjOOQIC
208 Niederschläge. Verteilung.
da hier der Südwestmonsun bei hoher Temperatur und gesättigtem
Wasserdampf besonders rasch emporsteigt. Hier sind Regenfälle
von über 50 cm in 24 Stunden nicht selten, welche Regenmenge
etwa 3 /4 der in Deutschland durchschnittlich fallenden Menge ent-
spricht; ja an einem Tage, am 14. Juni 1876, fielen daselbst nicht
weniger als 104 cm Regen. Sehr grosse Regenmengen fallen ausser-
dem in den Westghats (Mahabaleswar 663 cm), in Burma (Akyab
502 cm, Sandoway 538 cm, Tavoy 498 cm, Port Blair 300 cm) und
an der Westseite der Insel Ceylon.
In Niederländisch-Indien haben nach 10jährigen Beobachtungen
Buitenzorg 482 cm, Oenarang 481 cm, Pelantoegan 455 cm und
Padang 458 cm Regen im Jahresmittel. Grosse Regenmengen fallen
auf fast allen tropischen Inseln, insbesondere dann, wenn sie gebirgig
sind, an den Westküsten des tropischen Afrika, im tropischen
Amerika, an den Westküsten Nordamerikas nördlich vom 40. Breite-
grade und in den höheren Gebirgen der ektropischen Gegenden.
In Europa fallen im Seendistrikte von Cumberland Regen-
mengen, die sich nur mit den tropischen vergleichen lassen: The
Stye 472 cm, Seatwaite 364 cm, in Schottland Glencroe 326 cm,
Wales 297 cm. Auf der Nordseite der Serra da Estrella fallen an
350 cm Regen.
In Deutschland treten die jährlichen Regenmengen gegen die
oben genannten ganz erheblich zurück; die regenreichsten Gegenden
(über 150 cm) mögen durch nachstehende Stationen vertreten sein:
Kreuth (im obersten Thale der Mangfall) ca. 200 cm, Wildenstein
(Hochvogesen) 192 cm, Melkerei in den Mittel vogesen 172 cm,
Schweigmatt 167 cm, Höchenschwand (im Schwarzwald) 159 cm,
Baden-Baden 166 cm und Brockengipfel ca. 167 cm.
Die geringsten Regenmengen der Erde fallen in der grossen
Wüstengegend, die sich vom Atlantischen Ozean ostwärts über ganz
Nordafrika hinaus nach dem Indus erstreckt (Biskra in Algerien
22 cm, Alexandria 21 cm), in der aralokaspischen Region (Astrachan
14 cm, Alexandrowsk 13 cm), in der Gobi-Wüste, in den Wüsten-
gegenden Australiens, Südwestafrikas, Südamerikas westlich von den
Anden, in Nordamerika am Koloradoflusse, in Britisch- Amerika öst-
lich vom Felsengebirge und in Nordostasien.
In Europa sind die Regenmengen sehr gering: unter 30 cm in
Salamanca und Lerida, welche Orte im Windschatten der westlichen
und nördlichen Gebirgsketten liegen. In Norddeutschland existieren
nach Hellmann nur drei kleine Trockengebiete mit einer Regen-
menge von unter 50 cm, nämlich eins in Westpreussen, nordöstlich
von Thorn, bis zur Drewenz und Liebe, ein zweites im Anhaltischen
um Bernburg und ein drittes, noch kleineres bei Riesa an der Elbe.
In Süddeutschland ist der westliche Teil von Rheinhessen am regen-
ärmsten. Am intensivsten und umfangreichsten sind die Trocken-
gebiete des ganzen mittleren Böhmen, sowie der Grenzlande von
Mähren und Niederösterreich, wo die jährliche Regenhöhe an einzelnen
Orten bis auf etwa 38 cm herabsinkt, wie es sonst nirgends in Mittel-
europa der Fall ist.
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Niederschläge. Verteilung.
209
Die von Loomis konstruierte Regenkarte (Figur 42) benutzte
John Murray 1 ), die Wassermasse zu berechnen, welche jährlich
auf die Landfläche der Erde fällt, indem er die Areale unter 10,
10—25, 25-50, 50—75 und über 75 Zoll Regenhöhe mit dem
Planimeter abmass. Diese Rechnung führte zu dem folgenden inter-
essanten Resultat:
p fl i,' fl i Areal Regenhöhe
ueoieu in 1000 qm mm
1. Nach Kontinenten (ohne Inseln):
S-Amerika 18260 1670
Afrika 29475 825
N-Anierika 21760 730
Europa 9800 615
Asien 42015 555
Australien 7780 520
Antarktis 9230? 765?
Totaler
Regenfall
cbm
30420
24255
15890
6015
23295
4035
7030?
2. Nach Einzugsgebieten der Ozeane:
Atlantischer Ozean . .
37015
1340
49420
Mittelländischer Ozean
7690
870
6655
Ostsee
1585
465
735
Arktisches Meer . . .
22420
400
8915
Stiller Ozean ....
19620
1C65
20885
Indischer Ozean . . .
17640
1035
18240
Antarktisches Meer . .
9230?
765?
7030?
Summe . .
115200
970
111850
3. Abflusslose G<
äbiete:
Abessini en 130
1270
155
S-Amerika ....
1315
530
695
N-Amerika ....
710
510
365
Kalabari
160
375
60
Sahara
8930
340
3035
Europa und Asien .
14495
275
3980
Australien ....
3990
265
1000
Summe .
29730
315
9340
4. Nach der geographischen Breite:
80—90 ° N 220 340 75
70—80 3135 355 1105
60-70 13120 370 4895
50—60 14445 550 7890
40-50 16305 570 9220
30-40 15205 555 8380
20-30 15255 675 10270
10-20 11745 950 11160
0—10 ...... 10045 970 19730
J ) Scott: Geogr. Magazin. Vol. III, Nr. 2, 1887; Referat in Met. Zeit-
schrift. 1887. S. (63).
Van Bebber, Meteorologie. 14
Digitized by VjOOQ IC
210
Niederschläge. Verteilung.
Areal
in 1000 qm
Eegenböh«
mm
Totaler
Regeniall
cbm
60— 90 °S
923
765?
7030
50—60
200
1045
210
40-50
990
1055
1045
30-40
3890
700
2705
20-30
9280
655
6080
10—20
9500
1230
11635
0—10
10525
1885
19805
5. Nach Schwellenwerten der Regenhöhe:
Unter 10 Zoll 31620 125 4015
15—25 44310 465 20475
25-50 36135 615 32990
50-75 23660 1505 37635
üeber 75 Zoll 9200 2930 27165
Summe . . . 145020 840 122280
Aus diesen Zahlen berechnet Murray die Wassermassen, die
jährlich von den Gewässern der Kontinente den Ozeanen zugeführt
werden (9340 cbm Niederschlag fällt in abflusslosen Gebieten und
wird von der Verdunstung vollständig absorbiert, indem hier die
mittlere Regenhöhe 315 mm der Verdunstung das Gleichgewicht
hält). Eine Vergleichung der Abflussmenge, der im betreffenden
Stromgebiete gefallenen Niederschlagsmenge und der Verdunstung
gibt nachstehende Tabelle:
Areal in Regenfall
1000 qm cbm
Abflnss
cbm
Abfluss-
faktor
Ver-
dunstung
mm
Regen
mm
1. 50-60° N
480
238
92
1:2,9
365
555
2. 40-30
4750
3537
1104
1:3,1
510
745
3. 30-40
6300
6003
748
1:8,0
835
955
4. 20-30
6385
6000
865
1:6,9
805
940
5. 10—20
1325
1893
722
1:2,6
885
1430
6. 10° S bis 10° N
11425
20282
4549
1:4,5
1375
1775
7. 20-40° S
3700
4506
1014
1:4,5
950
1225
Summe . .
34365
42519
9094
1:4,7
965
1240
1. Rhein, Oder, Memel, Weichsel. 2. St. Lawrence, Donau, Po, Wolga,
Seine, Rhone, Dnjepr, Loire, Dnjestr. 3. Yangtsekiang, Hoango, Nil, Peiho.
4. Mississippi, Rio grande, Indus, Ganges. 5. Magdalena, fiuwadi, Kistna,
Godavery. 6. Orinoco, Amazonas, San Francisco, Congo. 7. Orange, Olifant,
La Plata, Uruguay.
Hiernach ist das Verhältnis der Abflussmenge zu der Nieder-
schlagsmenge, oder der Abflussfaktor in höheren Breiten verhältnis-
mässig hoch. In etwa 30° Breite erreicht dasselbe sein Minimum
und nimmt in den Tropen wieder zu. Die im Laufe eines Jahres
zum Ozean abfliessende Wassermasse aus den gesamten auf die peri-
pherischen d. h. nicht abflusslosen Gebiete fallenden Wassermassen
beträgt 24600 cbm. Johnson fand 56800, Reclus 28000 und
Woeikof 16800 für das Jahr. Von jenen 24600 cbm strömen nicht
weniger als 16400 dem Atlantischen Ozean zu. Zieht man vom
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Tropische und subtropische Regen. 211
totalen Regenfall die den Ozeanen zugeführten Wassermassen ab,, so
bleiben noch 8720 cbm , welche jährlich durch Verdunstung von
der Landoberfläche der Atmosphäre wieder zurückgegeben werden.
Wenn auch die oben mitgeteilten Zahlen nur ein sehr rohes
Bild der wirklichen Thatsachen geben, so haben sie doch ein ganz
entschiedenes Interesse und dürften zu weiteren Untersuchungen nach
dieser Richtung hin Veranlassung geben.
Nach diesen allgemeineren Darlegungen wollen wir versuchen, die
Regenverhältnisse der verschiedenen Klimate im grossen Ganzen
darzustellen.
Tropische und subtropische Regen.
Wie in den Tropen der Verlauf der Witterungserscheinungen
in der jährlichen Periode überhaupt ein sehr regelmässiger, von dem
Sonnenstande abhängiger ist, so steht auch der Gang des Regen-
falls in inniger Verknüpfung mit dem jährlichen Laufe der Sonne.
Indessen zeigen die Regenverhältnisse in den Tropen unter sich so
viele Verschiedenheiten untereinander, dass diese viel mannigfaltiger
sind, als die Verhältnisse der übrigen meteorologischen Elemente.
Der Grund dieser Verschiedenheiten liegt hauptsächlich in dem Ver-
halten der Passate, deren Regelmässigkeit schon durch kleine Ur-
sachen gestört werden kann, und in den durch die ungleiche
Erwärmung von Wasser und Land hervorgerufenen Luftdruckunter-
schieden, wodurch Monsunwinde hervorgerufen werden, welche sowohl
in grossem Massstabe wie auch im kleinen auftreten können, und
die in der Sommerzeit fast stets von Regen begleitet sind. Auch
der Passat kann zum Regenwind werden, insbesondere dann, wenn
er auf hohe Gebirgszüge stösst, wie schon daraus hervorgeht, dass
die Ostabhänge der tropischen Gebirge viel regenreicher sind, als
diejenigen an der Westseite.
Die Hauptursache der tropischen Regen ist der aufsteigende
Luftstrom. Ein aufsteigender Luftstrom wird aber in den Tropen
hauptsächlich dort vorhanden sein, wo die grösste Erwärmung durch
die Sonne stattfindet, also in einem Gürtel, welcher sich mit dem
Stande der Sonne zwischen den Wendekreisen verschiebt.
Der aufsteigende Luftstrom fliesst in der Höhe nach Norden
und Süden hin ab, und daher die Abnahme des Luftdruckes an der
Erdoberfläche und das Hinzuströmen der Luft aus nördlicheren und
südlicheren Gegenden, die Passatwinde. Da nun aber die Erwärmung
durch die Sonne keine gleichmässige sein kann, weil dabei vielfach
örtliche Verhältnisse, namentlich aber das ungleiche Verhalten von
Land und Meer, beeinflussend mitwirken, so entwickeln sich grössere
oder kleinere Depressionsgebiete, die ihrerseits ein eigenes Wind-
system hervorrufen, wie dieses in grossem Massstabe in den asiatischen,
afrikanischen und australischen Monsungebieten der Fall ist, in klei-
nerem selbst bei jeder kleineren Insel sich zeigt, wo eine Neigung
zur Bildung von Depressionszentren mehr oder weniger vorhanden
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212 Tropische und subtropische Regen.
ist. Die Monsunwinde des Sommers würden, wenn sie in horizon-
taler Richtung von dem Meere auf das wärmere Land wehten, nicht
im stände sein, Regen zu erzeugen, allein auf dem Lande erhalten
sie eine aufsteigende Bewegung, die sie rasch der Sättigung zuführen.
In der Kalmenregion ist der Luftdruck sehr gleichmässig ver-
teilt, Luftdruckunterschiede gleichen sich dort rasch aus und daher
ist die Luftbewegung im allgemeinen schwach. Hier steigt die stark
erhitzte Luft mit grossem Wasserdampfgehalte aufwärts und so
entstehen die starken Regenfälle, begleitet von Gewittererscheinungen,
wie sie auch in unseren Gegenden bei hoher Wärme und gleich-
mässig verteiltem Luftdrucke vorzukommen pflegen. Der Regen tritt
hauptsächlich dann ein, wenn der Passatwind in der jährlichen Periode
unterbrochen wird. Da der Kalmengürtel sich mit der Sonne zwischen
den Wendekreisen verschiebt, so ist zu erwarten, dass in der Um-
gebung des Aequators zwei Regenzeiten auftreten, welche beim
höchsten Stande der Sonne ihr Maximum erreichen. Dieses ist aber
in der Wirklichkeit nicht überall der Fall, indem die Ausgleichung
in der Druckverteilung nicht überall in derselben Weise erfolgt.
Indessen finden wir zwei ausgesprochene Regenzeiten im äquatorialen
Afrika und Südamerika, ferner sind vielfach doppelte Maxima der
Regenmenge in den tropischen Gegenden angedeutet. Im allgemeinen
rückt der Regenfall mit der Sonne nach höheren Breiten fort.
Dass der Passat zum Regenwinde werden kann, sobald er eine
aufsteigende Bewegung erhält, ist schon oben bemerkt worden. Da
die Lufttemperaturen an seinem Ursprungsorte und in jenen Gegenden,
wohin er fliesst, nur geringe Unterschiede aufweisen, und er haupt-
sächlich über warme Meere seinen Weg nimmt, so ist seine Tem-
peratur nicht weit vom Sättigungspunkte entfernt und daher bedarf
es nur einer geringen Temperaturerniedrigung zur Verdichtung des
Wasserdampfes. Ueberall also, wo er auf hohe Küsten stösst, oder
wo er landeinwärts gegen hohe Gebirgszüge anweht, wird er Regen
bringen und zwar sehr reichlich, weil er mit sehr grosser Beständig-
keit weht. Daher sind alle tropischen Inseln, welche von Gebirgen
durchzogen sind, an der Westseite trocken und auf der Ostseite
regenreich.
Anstatt die einzelnen Regengebiete der Tropen hier nacheinander
zu besprechen, wollen wir für einige Orte die Regenverteilung in
der jährlichen Periode durch eine Tabelle veranschaulichen (die Zahlen
bezeichnen die Regenmengen, die hinter den Stationen eingeklam-
merten Zahlen bedeuten die Beobachtungsjahre):
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Tropische und subtropische Regen.
213
Ort
Seehöhe
m
i
8
es
ß
■8
i
3
S
3
1
2
8
1
!
o
Jahr
«
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fe
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»-»
«1
o
5<
mm
Pr. Santiago (5)
St. Louis (13)
G-oree (10)
St. Thome (io)
w
estküs
te von
Afr
ika.
—
18
1
1
12
103
126
4
9
—
6
12
6
11
65
204
94
13
3
—
2
21
103
278
118
7
3
—
78
107
121
184
116
129
22
9
14
19
126
150
Sansibar
Port Louis
.Ostseite von Afrika und Südost-Asien.
(9) I — I 300 I 100 I 125 I 250 I 000 I 425 | 100 |
(13) I — I 94 | 146 I 299 1 131 I 80 I 53 I
> | 100 I 75 I 75 I 75 I 150 I 226 |
1 1 38 I 22 I 38 I 11 I 18 I 42 |
Bombay (88/68)
Mangalore (26/31)
Colombo (15)
Hambantota (15)
Madras (72)
Calcutta
Secunderabad
Cherrapunje
Muzaffargarh
Sandoway
(55)
(41)
(22,28)
(24)
(22/42)
Pt. Blair
Manila
Makao
(17)
(16)
(16)
Padang
Brisbane
(8)
(17)
Norda
12,80 mittl. Br. . .
20,50 n „ . .
27,70 „ „ . ,
30,00 n n . .
I
ndi
en.
12
2
3
0,5
l
14
525
623
381
275
45
12
16
14
4
2
3
54
210
970
952
601
293
201
47
12
169
60
48
142
233
828
194
137
121
121
316
884
12
102
89
48
54
49
89
50
33
39
64
138
168
7
131
24
8
10
17
56
51
97
113
121
276
847
6
8
11
24
33
60
141
299
329
858
255
137
15
544
7
7
6
19
18
36
91
150
143
132
83
19
1202
9
18
67
230
745
1311
2832
8086
1988
1388
361
51
128
7
6
7
10
9
8
10
34
87
18
2
2
15
5
2
2
4
32
352
1282
1514
1192
637
281
83
19
136
25
35
11
62
411
467
430
390
606
300
221
—
24
26
28
12
30
80
240
282
488
408
220
117
-
28
15
41
53
117
807
274
183
252
269
155
61
I :
Australien.
527 I 316 I 259 I 379 I 386 I 361 1 273 I 363 I
118 | 167 | 201 I 196 I 130 I 72 I 106 74 |
69
Nordaustralien (längs des Ueberlandtelegraphen) (%).
—
18
20
22
12
13
1
6
8
—
5
27
87
4
7
4
3
3
4
2
4
—
3
28
21
6
6
6
10
1
5
9
4
1
—
5
14
23
4
5
11
21
4
4_
8
1
Pacifische Inseln (cm)»
Waikiki (4i/ 3 )
Delanasau (10)
Papiti (8)
248
111
213
617
175
178
131 I 104
417 I 501
175 I 199
108
128
42
39
230
121
60
52
116
111
26
16
44
48
100 1
84
164
162 1
34
45
121 1
Mexiko
(14)
Cordoba
(9)
Guatemala
(6)
Habanna
(20)
Porto Rico
(9)
Santa Cruz
(22)
Trinidad
(29)
Cayenne
(16)
Rio Janeiro
(12)
Tropis c
he 8
Amerika.
—
7
4
6
10
27
51
100
106
140
104
53
19
—
92
75
53
85
96
160
487
443
409
516
332
119
—
9
7
3
21
75
142
281
274
226
227
183
12
—
56
83
42
39
81
104
144
124
122
152
172
56
—
93
96
53
85
120
114
117
164
143
129
168
198
—
74
53
38
53
69
104
91
79
112
157
191
109
—
131
74
48
43
52
99
198
231
290
208
181
165
—
332
372
420
527
536
590
415
149
45
16
37
76
—
133
136
120
150
86
121
40
32
70
83
98
145
323
412
502
1066
2250
972
1882
3358
2220
922
1252
1663
711
12087
151
5383
2995
1905
1755
1450 I 564 I 487 I
43 I 69 I 85 I
4734
1330
116
41
13
37
1131
2718
1211
627
2867
1460
1175
1480
1133
1720
3515
1214
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214 Tropische und subtropische Regen.
Entsprechend der grösseren Wärme und der grösseren Aus-
dehnung und Stärke der Südostpassate in der Tropenzone nördlich
vom Aequator hält sich die Kalmenzone mit andauerndem Regen
durchweg nördlich vom Aequator. Da das Meer viel langsamer er-
wärmt wird als das Land, und die Sonne nur kurze Zeit über den
Regionen des Wendekreises senkrecht steht, so rückt die Kalmenzone
auch nur bis 10 oder 12 ° nach dem nördlichen Wendekreise hinauf.
Hiernach sind die Regen der Kalmenzone auf einen verhältnismässig
engen Raum beschränkt.
Im Norden und Süden der Kalmenzone befindet sich ein fast
regenloser Gürtel, welcher auf dem Meere in der Südhemisphäre
durchschnittlich bis zum Wendekreise, in der Nordhemisphäre bis
zum 24. Breitegrade reicht. Die nördliche regenarme Zone setzt
sich ostwärts über Afrika hinaus bis nach dem Amur hin fort, in
Asien sich weit nordwärts bis zum 50. Breitegrade ausbreitend und
Wüstengebiete bildend. Auch das Wüstengebiet im Osten der Ver-
einigten Staaten schliesst sich dem regenarmen Gebiete des Stillen
Ozeans an. Der südliche regenarme Gürtel, welcher über dem Meere
sehr regelmässig verläuft, nimmt auch den grössten Teil von Austra-
lien und einen Teil des südwestlichen Afrika ein.
Es ist klar, dass in ebenen Gegenden, in welchen der Passat
jahraus jahrein weht, Regenfälle nur selten, wie bei atmosphärischen
Störungen, stattfinden können, und daher erklärt sich die scharfe
Abgrenzung dieser regenarmen Zone auf den Ozeanen. Obgleich
die Saharawüste gegen die Luftströmungen von den Meeren her
nicht geschützt ist, so ist sie dennoch ausserordentlich regenarm,
sogar bis in fast unmittelbarer Nähe des Mittelmeeres. Der Grund
dieser Erscheinung ist in folgenden Thatsachen zu suchen. Im Winter
liegt der Gürtel grösster Erwärmung etwas südlich vom Aequator
und mit ihm der relativ niedrigste Luftdruck. Hierdurch kommen
Nordostwinde zur Herrschaft, welche bei der fast ebenen Erdober-
fläche mit der Regelmässigkeit des Passates wehen, gerade so, wie
auf dem Meere. Da diese Passatwinde höhere Gebirge nicht zu
übersteigen haben, so ist ein Grund zu Regenfällen nicht gegeben.
Im Sommer liegt der Wärmegürtel und der niedrigste Luftdruck
etwas nördlich vom Aequator. Vom Mittelländischen Meere her
wehen nördliche Winde, die aus kälteren Gegenden kommen und auf
ihrem Wege nach Süden hin sich immer mehr erwärmen und vom
Sättigungspunkte immer mehr entfernen. Auch diese können für
die Sahara keinen Regen bringen. Wäre das Mittelmeer nicht vor-
handen, so würde der niedrige Luftdruck weiter nordwärts über den
Wendekreis hinaus vordringen, aber das Dazwischentreten des Mittel-
ländischen Meeres verhindert eine stärkere Erwärmung und daher
bleibt auch hier der Luftdruck höher, als über Nordafrika.
Die Wüstengegenden Asiens, die zu den regenärmsten unserer
Erde gehören, sind durch hohe Gebirge von allen wärmeren Meeren
abgeschlossen und werden meist von nördlichen Winden überweht.
Wäre die gewaltige Gebirgsmauer des Himalaya nicht vorhanden,
so würde der indische Südwestmonsun auch in diesen Gegenden reich-
Digitized by VjOOQ IC
Tropische und subtropische Regen. 215
liehen Regen spenden, wie es in dem östlichen Teile der Wüste
Gobi, wo die Gebirgswälle an Höhe abnehmen, durch den ostasiatischen
Monsun geschieht.
Die Regenarmut im Gila- und Coloradothal scheint darin be-
gründet zu sein, dass hier östliche Winde selten wehen, welche die
feuchte Seeluft nach diesen Gebietsteilen führen, dagegen bringen
Westwinde, welche an den hohen Gebirgen ihren Wasserdampf kon-
densieren, dort keinen Regen.
Die Regenarmut an der Westseite von Südafrika nördlich von
Kapstadt bis zum Wendekreise dürfte von dem kalten Meeresstrome
herrühren, welcher an der Küste vorbeiläuft und von dem die kalten
Winde auf das wärmere Land wehen.
Die regenarmen Zonen werden von den subtropischen Zonen
begrenzt, welche sich auf den Meeren bis etwa zum 40. Breiten-
grade erstrecken. Die subtropische Zone ist viel mehr, wie die
regenarme, ein den Oceanen zukommendes Regengebiet. Sie be-
schränkt sich fast lediglich auf das Meer, nur das Mittelmeerbecken
bis zum Kaspisee hin und ein kleiner Teil Asiens östlich vom Kaspi-
see ist von ihr aufgenommen. Im Sommer liegt diese Zone in der
Passatregion oder doch in einem Gebiete beständiger kälterer Winde,
so. dass eine Kondensation des Wasserdampfes nicht eintreten kann.
Auf der nördlichen Hemisphäre wird die Regenlosigkeit für einen
Ort in dieser Zone desto länger andauern, je südlicher derselbe liegt,
oder je länger er sich im Bereiche der Passate befindet. Rückt
die Passatzone mit der Sonne nach Süden, so stellen sich wieder
feuchte Südwestwinde mit Regenfällen ein. Auf den Kontinenten
liegen die Verhältnisse ganz anders wie auf dem Meere. Im Winter
ist der Luftdruck am höchsten über den Kontinenten und daher fliesst
die kalte Luft nach« den Meeren hin ab, während im Sommer die
Verhältnisse umgekehrt sind, so dass also im Winter Trockenheit,
im Sommer Regen im allgemeinen zu erwarten sind. Also werden
die Kontinente in der zwischen dem Wendekreise und dem 40. Breite-
grade liegenden Zone gerade das umgekehrte Verhalten zeigen, wie
die Ozeane. in der subtropischen Zone.
Sehr eigenartig ist die Ausbreitung des subtropischen Ge-
bietes über das ganze Mittelmeerbecken, eine Erscheinung, deren
Erklärung schon in den vorhergehenden Erörterungen enthalten ist.
Im Sommer erstreckt sich ein umfangreiches Depressionsgebiet von
Nordafrika nach dem Inneren Asiens hin mit zwei Orten tiefsten
Barometerstandes, nämlich westlich vom mittleren Nillauf und etwas
nördlich vom Himalayagebirge, während ein Luftdruckmaximum bei
den Azoren liegt. Dementsprechend wehen über dem Mittelmeer
und Umgebung nördliche Winde, welche mit grosser Beständigkeit
dort auftreten. Es sind die Etesien der Griechen, die die Fahrt nach
der Nordküste Afrikas so sehr begünstigen. Diese Winde sind, wie
bereits oben auseinandergesetzt wurde, nicht geeignet, Niederschläge
zu erzeugen. — Während im Winter die umgebenden Landmassen
viel rascher erkalten, als das Mittelmeer, bildet sich über diesem
sozusagen ein Trog niederen Luftdruckes, wobei sich gleichzeitig das
Digitized by VjOQQ IC
216 Tropische und subtropische Regen.
barometrische Maximum von den Azoren zungenförmig über das
nordwestliche Afrika ausbreitet, so dass südwestliche Luftströmung
über dem Mittelmeer vorherrschend werden muss. Ausserdem haben
einige Teile des Mittelmeeres die Neigung, barometrische Depressionen
zu entwickeln, wie beispielsweise die Meeresteile westlich und östlich
von Italien, und daher kommt es, dass der Winter für das Mittel-
meerbecken so sehr regenreich ist. Indessen können diese Regen
nicht weit in Afrika eindringen, da die Zunge höheren Luftdruckes
an der Nordseite Afrikas die Grenze zwischen dem Minimum im
Süden und demjenigen des Mittelmeeres bildet.
Nach Fischer (Klima der Mittelmeerländer) dauert die fast regen-
lose Zeit in Alexandrien fast acht Monate (Ende März bis Mitte
Oktober), in Palästina 6 — 7 Monate (Ende April bis in den Oktober
hinein), in Syrien 4^, im vorderen Kleinasien und Griechenland 4,
am Marmarameer ungefähr nur noch 2 Monate. Im mittleren Mittel-
meerbecken sind in Tripolitanien 7 Monate (April bis Oktober) regen-
arm, auf Malta haben 4 — 5 Monate, in Sizilien 4^2 Monate an der
Süd- und Ostküste, an der Nordküste 4, in Neapel 3, in Rom
2 Monate sehr geringe Niederschläge, dagegen nördlich davon sind die
Regen im Sommer schon sehr ergiebig und fällt die geringste Regen-
menge etwa in den Februar (Pogebiet und Südfuss der Alpen). Im
Westen des Mittelmeerbeckens, an der Küste von Algerien und Süd-
spanien sind 5, an der marokkanischen Küste 6—7, auf Madeira
und den Kanarischen Inseln 5 Monate regenarm, dagegen im nörd-
lichen Spanien fallen im Sommer im allgemeinen schon sehr erheb-
liche Regenmengen. „Während also an der nördlichen Grenze unseres
Gebietes die Zeit, wo Regen zu erwarten ist, alle 12 Monate umfasst,
schrumpft sie von Norden nach Süden allmählich auf 4 Monate
zusammen. "
Auf der Westhälfte des Mittelmeerbeckens fallen im Herbste
die meisten Regen ; in dieser Jahreszeit beträgt die Regenmenge an
der spanischen Küste 40 °/ , im mediterranen Frankreich $7 °/ , in
Oberitalien 30°/ , in Mittelitalien 34°/o, in Süditalien 33 °/o, auf
Sizilien und Malta, sowie an der Ostküste der Adria 36 °/o der Jahres-
summe, während Alexandrien nur 19°/o, Palästina nur 11 °/o auf-
weisen. Ein zweites Maximum der Regenmenge zeigt sich im
westlichen Mittelmeergebiet im Frühjahr, welches weiter ostwärts
nach Italien hin sich immer mehr gegen den Sommer verschiebt.
Die absoluten Regenmengen nehmen von Norden nach Süden
stetig ab und ebenso von Westen nach Osten.
In der nachfolgenden Tabelle stellen wir die jährliche Verteilung
der Regenmenge in Prozenten der Jahressummen nach Hann und
Woeikof für die einzelnen Gebiete des Mittelmeeres übersichtlich zu-
sammen, wobei die Jahressummen in Centimetern ausgedrückt sind:
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Niederschläge in allen Jahreszeiten.
217
Gebiß t
i
Laguna Teneriffa . . .
Madeira
Gibraltar
Algerien, Küste . . .
Algerien, Teil . . . .
Hochebene und Sahara
Süd-Portugal . . . .
Ost-Spanien
Frankreich, Südküste .
Pogebiet
Mittelitalien
Süditalien
Sizilien
Rom und Neapel . . .
Adria, E-Küste, N . .
Mittl. .
N-Griechenfand . . .
Konstantinopel . . .
Smyrna
Beirut
Jerusalem
Alexandrien
26*
15
14
18
11
8
12
8
7
8
10
18
15
12
9
11
15
17
17
17
21
21
22
20
14
5
9
5
11
8
14
7
14
11
14
12
11
7.
10
8
7
7
7
9
9
8
9
9
12
8
9
7
7
7
10
6
9
6
10
5
9
7
13
7
12
9
18
6
11
1
0*
0*
0,3*
1*
2*
1»
4*
2*
7*
4*
2*
1*
2*
6*
3*
1*
1*
3*
1
0*
0*
111
74
76
70
57
31
70
42
63
81
84
80
60
80
130
83
128
(53)
72
65
92
55
22
Niederschläge in allen Jahreszeiten.
Nördlich (auf der Südhemisphäre südlich) von der subtropischen
Regenzone sind die Regen an keine Jahreszeit mehr gebunden; es
regnet dort in allen Monaten des Jahres. Aber hier sind auch be-
ständig herrschende Windrichtungen nicht vorhanden und zeigen
die meteorologischen Elemente eine sehr grosse Veränderlichkeit.
Warme feuchte Südwestwinde sowie barometrische Minima kommen
in allen Jahreszeiten vor und daher ist die Möglichkeit zu Nieder-
schlägen stets vorhanden. Auf den Ozeanen dieser Zonen ist der
Luftdruck nach dem Aequator zu am höchsten und nimmt nach
den Polen hin rasch ab und daher müssen auf der nördlichen
Hemisphäre die südwestlichen, auf der südlichen die nordwest-
lichen Winde vorwiegend sein. Auf der Nordhemisphäre sind
die Luftdruckunterschiede im Winter am grössten und dem ent-
sprechend sind in dieser Jahreszeit die südwestlichen Winde sowohl
am häufigsten als auch am stärksten, daher auch die Niederschläge
am häufigsten und ergiebigsten. Dieses gilt zunächst nur für das
Seeklima, aber die westlichen Winde dringen auch in den Kontinent
ein und lassen noch weithin im Binnenlande ihren ozeanischen Ur-
sprung erkennen. Im Innern der Kontinente liegen die Verhältnisse
ganz anders. Hier ist, wie bereits bemerkt, der Luftdruck im Winter
hoch und daher der Niederschlag gering, im Sommer niedrig und
daher Regen im allgemeinen häufig und ergiebig. Die Zone mit
Regen zu allen Jahreszeiten hat also auf dem Meere und den an-
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218
Niederschläge in allen Jahreszeiten.
grenzenden Westküsten ein Maximum der Regenhäufigkeit in der
kälteren, dagegen auf dem Festlande ein Maximum in der wärmeren
Jahreszeit.
Betrachten wir zunächst die Niederschlagsverhältnisse des west-
lichen Europa, so finden wir eine Anlehnung an das ozeanische
Klima, indem die britischen Inseln und Umgebung ausgesprochene
Winterregen haben, woran sich auch die Nordwestküste Frankreichs
beteiligt. Im allgemeinen hat Frankreich Herbstregen, ausserdem
existiert noch ein zweites Maximum im Mai. Nach dem Inneren
dieses Landes nehmen die Sommerregen zu, während die Winter-
regen abnehmen, so dass wir also eine Annäherung an die kon-
tinentalen Verhältnisse haben. Ebenso bilden die Länder an der
südlichen Nordsee den Uebergang von den Herbst- zu den Sommer-
regen. In Norwegen hat die Westküste bis zum 69. Breitegrad
Herbstregen, weiter nach Osten hin kommen die Sommerregen
immer mehr zur Geltung. Oestlich vom Gebirgskamme fallen die
meisten Regen im August, während es im Februar und März am
wenigsten regnet.
Figur 43 veranschaulicht die Zeit des jährlichen Maximums der
Regenmenge. Die Zahlen bedeuten Regenwahrscheinlichkeit in Pro-
zenten.
Die folgende Tabelle gibt die Regenverteilung in Prozenten der
Jahressumme für das westliche Europa:
Gebiet
u
i
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1
1
3
s
3
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1
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NW-Frankreich, Küste . . .
10
10
7
7
6*
8
6
7
7
9
12
11
78
W-Frankreich, 44i/ 2 -46i/ 2 o N .
9
9
7
7
7
8
8
7
6*
10
11
10
66
Paris
8
7
8
8
7*
8
7*
6*
8
7
8
8
9
8
9
10
9
10
9
10
9
10
9
8
58
Belgien, Holland
W-England
69
10
11
8
7
6*
6*
8
7
9
9
11
9
118
O-England f
W-Schottiand
8
9
6*
7
6*
7
8
9
9
10
12
9
65
12
12
9
7
6
5*
7
7
9
8
10
9
127
Irland
10
9
11
10
7
7
8
8
7
6
7
5*
8
6
7
8
9
8
8
11
10
11
9
10
100
Norwegen, W 65—70 ....
115
„ 60-63 ....
10
9
8
6
7
5*
5*
8
9
11
11
10
—
„ innere Thäler . .
6
6
12
6
3*
5
11
13
13
10
8
7
40
N-Schweden
7
6
4*
5
6
7
9
11
18
10
12
10
41
Zentral-Schweden
6
5
4*
4*
5
8
10
12
14
11
11
10
—
Dänemark
8
7
6
5*
6
9
10
10
12
9
8
8
63
Weiter nach Osten hin nehmen die Niederschläge der kälteren
Jahreszeit ab und prägen sich nach und nach zu einem einzigen
Maximum aus. Am meisten interessieren uns die Niederschläge
Deutschlands und daher geben wir in der Tabelle auf S. 220 die
Regenverteilung in Deutschland für die einzelnen Distrikte in Prozenten
der Jahressumme wieder 1 ).
*) Vergl. Töpfer und van Bebber: Regenverhältnisse Deutschlands.
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Niederschläge in allen Jahreszeiten.
219
1. Wir unterscheiden in Deutschland drei Regengebiete:
a) Gebiet mit vorwaltendem Herbstregen. Diesem Gebiete
gehören hauptsächlich die Stationen an, welche an der
Nordseeküste liegen.
b) Gebiet mit vorwaltendem Winterregen. Dieses Gebiet
beschränkt sich nur auf die hochgelegenen Stationen des
Elsass.
c) Gebiet mit vorwaltendem Sommerregen. Dieses umfasst
alle anderen Länderstrecken.
2. Die östlichen Stationen an der Ostseeküste haben die Tendenz,
das Maximum der Regenmenge auf den Herbst zu verlegen, eine
Fig. 43.
Tendenz, die auch im ostdeutschen Tieflande und im westlichen
Russland hervortritt.
3. Die Sommerregen treten um so entschiedener hervor, je
weiter wir uns nach Osten und Südosten entfernen.
4. Die Regenmenge ist im allgemeinen am kleinsten am Ende
des Winters oder im Anfange des Frühlings , sie ist am grössten
im Juli.
5. Die Regenmenge beträgt durchschnittlich im Winter 20°/o,
im Frühling 22°/o, im Sommer 33 °/o und im Herbst 25 °/o der
ganzen Jahressumme.
6. Die absoluten Regenmengen für die einzelnen Gruppen im
Frühjahr sind ziemlich gleich, indessen betragen die Frühjahr sregen
im Schwarzwald, in den Vogesen, im Neckarland und Odenwald,
Böhmerwald, in den Alpen, aber auch an den höher gelegen Stationen
Mitteldeutschlands doppelt so viel, als der Durchschnitt der übrigen
Stationen.
7. Mit Beginn des Jahres vom tiefsten Stande langsam an-
steigend erreicht die durchschnittliche Regenhöhe etwa im Mai das
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220
Niederschläge in allen Jahreszeiten.
Mittel, erhebt sich im Juni und Juli schnell zur grössten Höhe, um
im August zunächst langsam, dann aber rasch im September zum
Mittel und unter dasselbe zurückzusinken. Nach einer geringeren
Steigung über das Mittel, die im November eintritt, erfolgt im Monat
Dezember und Januar wieder eine Senkung der Jahreskurve.
8. Für die jährliche Periode des Regenfalls in Bezug auf tiefer
und höher gelegene Orte gilt der von Töpfer ausgesprochene Satz:
„In den tieferen Lagen ist während der Sommermonate die prozen-
tische Menge des Niederschlages durchaus grösser, als in den höheren;
in der übrigen Zeit kehrt sich das Verhältnis um, oder, da die
absolute Menge der Niederschläge während der Wintermonate immer
geringer ist, als im Sommer, so zeigen die oberen Stationen eine
viel gleichmässigere Verteilung der Niederschläge über das ganze
Jahr, als die tiefer gelegenen."
3
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11
Gebiet
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Nördl. Schlesw. -Holstein .
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7
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6
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6
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70
SW-Holst., N.-Hann., Old. .
12
8
7
6*
7
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7
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10
11
10
8
8
72
Westl. Ostseegebiet . . .
9
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7
6*
6*
6*
8
10
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54
NE d. Mecklenb. Seenplatte
5
7
6*
6*
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50
Preussen u. Hinterpommern
9
7
6
5*
6
6
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10
12
13
10
8
8
58
Ostdeutsches Tiefland . .
9
7
6*
6*
7
7
8
12
12
13
8
7
7
54
Mitteldeutsches Tiefland .
17
8
6*
7
7
7
8
12
12
10
7
7
8
53
Westdeutsches Tiefland . .
8
8
7
6*
7
6*
8
11
11
11
8
8
8
64
Weserbergland u. Thüringen
9
7
6*
6*
6*
7
10
12
13
11
7
8
8
51
Harz
4
9
7
8
8
7
8
11
12
10
8
8
8
106
Thüringer Wald ....
Sachs. Bergland ....
2
9
8
9
8
6
8
9
9
9
7
8
10
93
9
7
5*
7
8
7
9
18
12
10
6
7
9
61
Erzgebirge
NW-Böhmen
6
8
8
8
6*
6*
8
6
8
6
8
7
9
10
11
18
11
11
9
10
7
7
7
7
9
8
82
50
Oberlaus. Elbe-Isergebiet .
8
8
6*
7
7
7
9
12
11
11
7
7
9
62
Oberschles. Bergland . .
6
6
5*
5*
6
7
10
18
13
12
9
8
7
58
Riesengebirge
6
7
6
6
8
7
9
11
12
12
8
7
8
86
Niederrhein. Münsterland .
9
8
8
7
7
6*
8
10
10
10
8
9
8
68
Linksrhein. Schiefergebirge
3
8
8
6*
7
7
8
9
11
10
8
8
9
68
Sauerl., Rothargeb., Taunus
5
8
8
7
7
6*
8
10
10
10
7
9
10
84
Hess. Bergland, Rhön . .
5
8
7
6*
7
6*
9
12
11
10
7
8
8
62
Lothr. Plateau, Hardt . .
4
9
7
6*
7
7
8
10
10
8
9
8
9
70
Vogesen
4
9
11
8
9
7
7*
8
8
9
7*
8
8
126
Oberrh. Tiefeb., unt. Stufe .
7
7
7
6*
7
7
9
11
12
11
8
8
9
65
n „ ob. „
4
6
7
4*
7
7
11
11
10
10
10
8
8
60
Schwarzwald, W u. SW .
7
7
7
8
8
8
9
10
10
7
9
10
7
146
Neckar!., Odenw., Spessart
4
6
6
5*
7
8
10
12
11
11
8
7
8
77
6
8
6*
7
7
6
9
11
11
10
8
8
10
88
Schwab. Jura
10
5*
5*
6
6
8
10
18
12
12
9
8
8
73
Schwab. Terrasse ....
10
7
6
5*
7
6
10
12
11
11
8
7
9
62
Frank. Terrasse, Oberpfalz
7
8
6*
7
6*
7
9
12
11
10
8
8
9
71
Böhmerwald
2
9
9
8
10
6
8
9
10
8
6
7
10
143
Schwäb.-bayer. Hochebene,
westl. Alpenvorland . .
14
6
5
5*
6
8
10
18
12
12
8
8
7
105
Oestl. Alpenvorland . . .
Inneres der Nordalpen . .
6
6
5*
6
7
7
10
12
13
13
9
6
6
102
8
7
6*
6*
7
8
9
11
12
12
9
6
7
121
.
•Niederschläge in allen Jahreszeiten.
221
Im ganzen russischen Reiche mit Ausnahme der Westküsten
der Krim, des Kaukasus, des transkaspischen Gebietes und Turkistans
fällt nach Wild (Regen Verhältnisse des russischen Reiches) das Maxi-
mum der Niederschläge auf die Sommermonate, das Minimum in
den Winter. Dieses Minimum verschiebt sich durchweg an den Nord-
küsten und an einigen wenigen Stellen des Innern nach dem Frühjahr
hin. An den Ostseeküsten tritt zu dieser Verschiebung des Mini-
mums zum Frühjahr noch eine solche des Sommermaximums auf
den Herbst, so dass dort die Sommerregen in vorwiegende Herbst-
niederschräge übergehen. An der Nordküste des Finnischen Busens
tritt das letztere auch ohne Aenderung des Winterminimums ein.
An einigen Orten des Kaukasus verlegt sich das Sommermaximum
gegen das Frühjahr hin, so dass Winterminimum und Frühjahrs-
maximum sehr nahe zusammenfallen. An den Südküsten der Krim
und an den Ost- und Westufern des Kaspischen Meeres in 40 ° Breite
fällt das Maximum des Niederschlags auf den Winter und das
Minimum auf den Sommer.
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u
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1
N
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'-
Archangelsk (26)
Petersburg (57)
Riga (31)
Helsingfors (39)
Warschau (73)
Gorki (33)
Bogoslowsk (45)
Tibit (11)
Orenburg (32)
Moskau (32)
Kiew (29)
Odessa (36)
Astrachan (36)
Tiflis (38)
Baku (35)
Lenkoran (21)
Nukuss (8)
Petro-Alex (11)
Taschkend (11)
Beresow (7)
Tobolsk (10)
Tomsk (10)
Barnaul (45)
Irkutsk (9)
Nertschinsk (42)
Jakutsk (9)
Ocholsk (6)
Ajan (6)
Nikolajewsk (20)
Wladiwostok .... (12)
Peking (33)
No wo -Archangelsk . . . (23)
40
47
51
56
57
52
41
42
40
54
53
40
16
49
25.
120
8
7
33
37
47
37
26
42
41
35
19
112
41
37
62
215
In dem gemässigten Nordamerika herrschen im allgemeinen auf
der ganzen Westseite des Felsengebirges Winterregen neben einem
regenarmen Sommer. Umgekehrt fallen in den östlichen Gebiets-
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222
Niederschläge in allen Jahreszeiten.
teilen die meisten Regen im Sommer, die geringsten in der kälteren
Jahreszeit. In den nordöstlichen Küstengebieten herrschen die Herbst-
regen, an den atlantischen Küsten nehmen die Winterregen zu, so
dass die Regenmengen sich gleichmässiger über das Jahr verteilen.
In Florida walten die Sommerregen vor, wie im Binnenlande.
Vereinigte Staaten
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117
Mit«. Atlant. Staaten ....
8
9
8
9
7
7
6*
10
11
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7
8
111
Südl. . . . . .
Florida-Halbinsel
7
9
7
9
7
6*
9
10
11
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8
6*
145
5
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6
5
6
7
12
11
15
13
11
4*
129
Oestl. Golfstaaten
9
10
8
10
9
8
7
8
4*
8
6
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152
Westl. „
8
8
8
8
9
10
9
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8
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116
Bio-Grande-Thal
6
6
5
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12
5
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14
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20
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Tennessee
8
12
10
11
10
7
8
7
7
6*
6*
8
139
Ohio-Thal
9
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9
8
8
9
10
10
8
6
7
8
111
Untere Seenregion
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10
10
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9
9
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Obere „
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6*
6*
7
10
12
10
10
10
10
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Aeusserster Nordwesten . . .
3*
3*
3*
5
8
13
16
14
13
9
8
4
56
Oberes Mississippi-Thal . . .
6
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6
7
8
12
10
12
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9
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92
Missouri-Thal
3*
3*
3»
4
10
15
17
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10
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/nördl. Teil . .
6
6
4*
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41
Felsengebirge { mittl. „ . .
7
2*
2*
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11
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Isüdl. „ . .
5
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4*
4*
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11
15
14
16
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5
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Südliches Plateau
10
5
10
9
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3
6
16*
21
7
6
5
34
Mittleres „
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9
9
10
14
12
7
2*
3
5
9
9
33
( nördl. Teil .
17
15
15
10
7
5
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1*
1
4
8
14
123
Paciflsche Küste mittl. „
18
18
15
13
12
4
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2
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12
56
( südl. „
22
13
24
15
10
3
1*
1
2
3
7
24
In Südamerika sind auf der Ostseite Sommerregen vorwiegend,
so dass die tropischen Regen sich ununterbrochen nach der Südspitze
fortsetzen, im Westen dagegen fällt im Winter der meiste Regen,
der sich weiter südwärts immer mehr, über die einzelnen Monate des
Jahres verteilt. An der Mündung des La Plata fallen 15 °/o der
Jahressumme auf den Winter (Juni bis August), dagegen 30 °/o auf
den Sommer, iu Parana 14 °/o auf den Winter, 32 °/o auf den Sommer,,
in der Argentina nur 4 °/o auf den Winter und 51 °/o auf den Sommer,,
dagegen an der Westküste von Chile 52 °/o auf den Winter und nur
6 °/o auf den Sommer, an der Südspitze 31 °/o auf den Winter und
25 °/o auf den Sommer. Die Regenverhältnisse Südafrikas (insbe-
sondere des Kaplandes) haben grosse Aehnlichkeit mit denen Süd-
amerikas, indem auch hier im Osten entschieden Sommerregen und an
dem schmalen westlichen Küstensaume Winterregen vorherrschen. Deu
Uebergang der Winterregen an der Westküste zu den Sommerregen
an der Ostküste bildet die gleichmässige Verteilung des Regenfalls über
alle Monate des Jahres an der Südküste. An der Ostküste sind die
Sommerregen sehr reichlich, nehmen aber landeinwärts sehr rasch ab.
Auch in Australien treffen wir Regenverhältnisse an, welche
denen in Südamerika und Südafrika sehr ähnlich sind: im Osten
Sommer-, im Westen Winterregen, an der Südostküste Ueber-
gang von Sommer- zu Winterregen. Die Südwestküste (Perth) ist
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Niederschläge in allen Jahreszeiten.
223
im Sommer sehr regenarm, fast regenlos, dagegen im Winter desto
regenreicher. Auf Neuseeland ist der Regenfall über das Jahr ziem-
lich gleichmässig verteilt, nur zeigt der nördliche Teil ein Vor-
herrschen der Sommerregen.
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Mittl. Parana « . >
Untere Parana . . .
Pr BuFnoR-Ayies .
.Argentinien, Innere 3
Chile, Westküste
Südspitze . * ♦ ,
fiaitlaml (e St,) . . ,
Klein Namaqua (S St.l .
JiiBtrea Südafrika (13 St.)
0-Australien T Küate (13 St.)
Inneres {$1 St
S -Australien (sra St.) - ,
W* Australien (1 St.) . .
Neuseeland (13 St.) .
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41
117
Gl»
48
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Die Niederschlagsverhältnisse der Polargegenden sind nur zum
geringen Teil bekannt, am wenigsten diejenigen der Südhemisphäre.
Die Verteilung der Niederschläge über Island schliesst sich an die-
jenige des nordwestlichen Europa an: Herbst und Winter liefern
am meisten Regen, dagegen Frühling und Sommer sind regenarm.
In Ostgrönland scheinen die Niederschläge am häufigsten im Juni
und Juli und im Dezember und Januar zu sein. In Westgrönland
fallen die häufigsten und ergiebigsten Niederschläge im Herbst, die
geringsten zur Sommerzeit, wobei die Niederschläge von Norden
nach Süden zunehmen. Auf Spitzbergen fällt Schnee in allen Monaten.
Die Niederschlagsverhältnisse der asiatischen Polargegenden schliessen
sich denen der südlicher gelegenen Gegenden an, indem die Sommer-
regen überwiegend sind. Im arktischen Nordamerika scheinen die
Verhältnisse denen in Grönland ähnlich zu sein.
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9
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W-Grönland ;
Sitka (Alaska) .
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5
3
10
14
11
—
Regenwahrscheinlichkeit.
Insbesondere von praktischer Bedeutung ist die Kenntnis der
Regenwahrscheinlichkeit. Man erhält sie einfach dadurch, dass man
die Anzahl der Regentage vergleicht mit der Anzahl der Beobachtungs-
tage überhaupt. Die folgende Tabelle enthält die Regenwahrschein-
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224
Regenwahrscheinlichkeit.
lichkeit für die einzelnen Distrikte Deutschlands, so dass die Zahlen
die Anzahl der Regentage unter 100 Tagen überhaupt bedeuten (die
eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Anzahl der Stationen 1 ):
Regenwahrscheinlichkeit für Deutschland und angrenzende Lander (°/ ).
Gebiete
A. Norddeutsches Tiefland.
Schleswig-Holstein . . .
Hannover, Oldenburg . .
Nordöstliches Deutschland
Posen
Schlesische Ebene . . .
(3)
41
42
41
41
36
31
40
41
40
41
41
44
40
(6)
45
46
38
49
42
42
49
49
46
47
40
43
45 1
(7)
48
46
49
49
44
41
47
47
45
40
39
47
45
(2)
50
46
49
52
44
39
49
45
45
38
34
47
45 '
(7)
87
36
36
42
38
36
41
40
36
32
31
40
37
25)
44
43
43
47
41
38
45
44
42
40
37
44
42
B. Mitteldeutsches Bergland.
Harz
Westfalen, Rheinlande
Hessen, Rheinpfalz . .
Königreich Sachsen
Schlesisches Gebirge .
Mittel
(2)
49
50
47
48
49
44
46
52
46
43
35
45
49
(6)
47
48
45
49
44
42
46
46
43
40
41
46
44
(6)
46
46
45
44
41
45
45
42
39
35
39
46
43
(4)
50
52
52
54
53
50
55
60
49
44
43
54
49 ,
(3)
37
41
39
43
42
39
42
38
36
30
35
43
39
21)
46
47
46
50
46
44
47
46
42
38
38
47
45
C. Süddeutsches Bergland.
Baden, Elsass (5)
Württemberg (11)
Bayern, nördlich der Donau (10)
„ südlich der Donau (9)
Mittel (35)
Deutschland überhaupt.
42
43
44
44
44
45
46
45
43
38
41
45
43
39
45
43
45
44
46
47
44
42
36
41
45
43
47
40
40
40
40
41
46
39
40
32
37
43
41
34
36
39
39
43
47
51
48
44
34
36
35
41
41
41
42
42
43
45
47
440
42
35
39
42
42
44
44
43
46
43
42
47
45
43
38
38
44
43
D. Nachbarländer.
England
Westküste von Frankreich
Belgien
Dänemark
Gemässigtes Norwegen . .
Russland :
a) Ostseeländer ....
b) Zentral- u. N-Russland
c) Mittlerer Ural . . .
Nördliche und östliche Seite
der Alpen
Böhmen, Galizien ....
55
61
49
45
45 1
44
44
45
49
50
54
49
41
85
39
37
40
37
37
34
27
34
38
41
42
41
37
43
48
47
52
51
48
38
50
50
43
40
42
36
32
34
36
38
43
43
45
48
49
44
48
38
36
33
37
38
41
47
47
52
40
37
37
37
35
35
39
42
42
42
46
45
35
29
20
29
29
32
38
87
32
33
35
38
33
32
32
28
34
40
48
50
50
43
29
41
27
28
29
31
32
39
45
43
38
30
41
30
43
42
42
44
41
43
47
46
40
36
35
40
Aus dieser Tabelle lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
1. In Deutschland überhaupt regnet es durchschnittlich an 43
unter 100 Tagen; am kleinsten ist die Regenwahrscheinlichkeit in der
schlesischen Ebene (37), am grössten im Harzgebirge (49).
2. Die Regenwahrscheinlichkeit zeigt in der jährlichen Periode
keine erheblichen Unterschiede, etwas weniger als die Hälfte aller
1 Siehe van Bebber: Regenverhältnisse Deutschlands.
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Niederschläge. Veränderlichkeit.
225
Monatstage sind durchschnittlich Regentage. Die einzelnen Gebiete
Deutschlands zeigen grosse Uebereinstimmung in Bezug auf die
Regenwahrscheinlichkeit in der jährlichen Periode.
3. Im Winter ist die Regenwahrscheinlichkeit ziemlich gross im
norddeutschen Tiefland (ausgenommen die schlesische Ebene und
die angrenzenden mitteldeutschen Länder) ; die Gebiete, welche im
Windschatten der Alpen liegen, zeigen im Winter eine geringere
Regenwahrscheinlichkeit.
4. Die grösste Regenwahrscheinlichkeit fällt für das norddeutsche
Tiefland und Mitteldeutschland auf den März, für Süddeutschland
auf den Juni oder Juli, das Minimum für die nördlichen Gebietsteile
im allgemeinen auf den Oktober, für die südlichen auf den September.
Der Mai zeigt für Norddeutschland ein sekundäres Maximum.
Die Regenhäufigkeit im europäischen Russland hat nach Wild
(Regenverhältnisse d. russ. R.) zwei Maxima, nämlich im Sommer und
Winter, zwischen welchen je ein Minimum liegt, nämlich im Früh-
jahr und Herbst, nur am Ural tritt neben einem Sommermaximum
nur ein Minimum im Frühjahre auf und an den Ostseeküsten fallen
stellenweise Frühjahrsminima und Herbstmaxima der Niederschlags-
tage mit entsprechenden Niederschlagsmengen zusammen. Ueber-
einstimmend mit der Niederschlagsmenge fällt für einen Teil des
mittleren Sibirien und für das östliche Russland die grösste Regen-
häufigkeit auf den Sommer, die geringste auf den Winter. Auch
in der Krim, im Kaukasus, um das Kaspische Meer und in Turkistan
regnet es in den Monaten am häufigsten, in welchen die Regenmenge
am grössten ist.
Die mittlere Zahl der Regenstunden an einem Regentage beträgt
nach Koppen 1 ) (die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Zahl
der Stationen):
Gebiet
Stun-
den
ü öbi Bt
Stan-
den
Nördliches Norwegen (4)
Südl. Norwegen, W-Küste .... (4)
„ „ SE -Küste u. Inneres (4)
London
Deutsche Ostseeküste (2)
Holstein (2)
Deutsche Nordseeküste (2)
Mitteldeutschland (3)
Süddeutschland (2)
10,8
9,6
7,5
4,7
3,9
3,6
4,5
M
6,0
Atlant. Küste (Yer. Staaten) . (32)
Region d. grossen Seen . . (15)
Mississippi-Becken (24)
Golfküste (9)
Arizona
Felsengebirge
5,1
5,2
5,0
4,1
2,6
3,2
Veränderlichkeit der Niederschläge.
Die Regenmengen für die einzelnen Monate sind in den ver-
schiedenen Jahrgängen grossen Schwankungen unterworfen, deren
Kenntnis notwendig ist zur Lösung der Frage, eine wie lange Beob-
*) Met. Zeitschr. 1885, S. 20.
Van B ebb er, Meteorologie.
15
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226
Niederschläge. Veränderlichkeit
achtungszeit dazu gehört, um eine bestimmte Genauigkeit der Jahres-
und Monatsmittel zu erhalten; ausserdem ist die Gesetzmässigkeit,
welcher dieses Element unterworfen ist, von hohem Interesse. Die
Veränderlichkeit der Niederschläge wurde zuerst von Hann für
Oesterreich-Ungarn 1 ), dann von Kremser 2 ) hauptsachlich für West-
europa, von Hellmann für Spanien und zuletzt von Wild 8 ) für
Russland untersucht. Diese Untersuchungen ermöglichen zusammen
einen Ueberblick über fast den ganzen europäisch-asiatischen Kontinent.
Unter mittlerer Veränderlichkeit der Niederschlagsmengen ver-
steht man die mittlere Abweichung derselben an irgend einem Orte
in den einzelnen Jahren einer Beobachtungsreihe vom gesamten
Jahres- beziehungsweise Monatsmittel. Man erhält den Zahlenwert
für die Veränderlichkeit nach Kremser auf folgende Weise 4 ): Ent-
weder addiert man diejenigen Werte, die kleiner als das Mittel, und
zieht die Summe von dem so vielfachen Mittel, als die Anzahl jener
Werte beträgt, ab, oder man addiert die Werte, welche grösser sind
als das Mittel und zieht hiervon das mit der Anzahl der addierten
Mittel multiplizierte Mittel ab ; jede dieser Differenzen, mit 2/n (n be-
deutet die Gesamtzahl der Abweichungen) multipliziert, gibt die
mittlere Abweichung, welche noch zweckmässig gewöhnlich in Pro-
zente umgerechnet wird. Die folgende Tabelle veranschaulicht die
Veränderlichkeit der monatlichen und jährlichen Niederschlagshöhen
vom Gesamtmittel in Prozenten der Mittel:
Station
Beobach-
tungs-
Jahre
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
Mittel
Königberg .
Stettin. . ,
Lübeck . .
Bremen . ,
Berlin . . .
Breslau 1799/1870 .
„ 1856/1876 .
„ 1858/1876 .
Klausthal ....
Güterslohe ....
Dresden
Köln. .
Norddeutschland.
82
43
43
39*
46
42
28
88*
47
42
47
43
81
47
46*
46*
64
48
37
68
46*
48
53
51
28
40*
47
47
43
44
72
51»
52
52
64
52
18
43
83*
62
45
43
18
42
34*
50
42
42
16
48
46
40*
64
47
39
46
41
40*
47
44
50
45
43
42*
64
48
28
50
45*
46
52
42
Jahr
14
14
17
25
10
9
13
17
14
Brüssel
| 50
Mannheim .
Karlsruhe
I 26 I 43 I
I 34 1 45 I
Belgien.
46 | 40* I 40*
Süddeutschland.
43 I 44 I 41*
45 I 46 40*
44
60
60
44
45
I M
16
2 ) Zeitschr. d. Oest. Ges. 1881. S. 334.
2 ) Met. Zeitschr. 1884. S. 93.
8 ) Regenverh. des russ. Reiches. S. 62.
4 ) Bezeichnet x diejenigen Werte, die kleiner sind als das Mittel (m),
X diejenigen, welche grösser sind, und i die Zahl der x, k die Zahl der X, n die
Gesamtzahl, so ist
. M A , . , 2 (im — Ex) 2(SX — km)
mittlere Abweichung = — =— ■ *
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Niederschläge. Veränderlichkeit.
227
Station
Beobach-
tungs-
jahre
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
Mittel
Jahr
Stuttgart
Metz
Regensburg ....
München
40
33
70
33
40
45
44
34
36*
42
35»
28*
44
40*
46
40
52
65
42
45
43
46
42
86
13
17
15
10
Prag
Wien ....
Hermannstadt
Triest ....
Lesina ....
Oesterreioh.
50
48
41*
58
53
50
34
44*
44*
45
48
45
28
45
34*
47
50
44
35
58
43*
46
«4
52
—
50
58
52
48
52
Lissabon . . .
S. Fernando .
Alicante . . .
Madrid ....
Santiago . . .
Iberische Halbinsel.
49
59
96
67
51*
68
35
61
180
68
54*
78
22
80*
119
86
87
93
29
63*
79
64
63*
87
25
51
58
45*
52
50
Paris |
Genf |
Venedi«
Mailand
Genua .
Florenz
Rom . .
Neapel .
Palermo
Algier
Oran
Kern . . . .
Petersburg .
Helsingfors
Riga. . . .
Warschau .
Moskau
Wologda
Kiew
Odessa
Sebastopol ....
Woronesh ....
Orenburg ....
Kasan
Katharinenburg .
Bogoslowsk . . .
Tiflis
Pr. Alexandrowsk
Taschkend ....
Barnaul
Enisseisk ....
Nertschinsk . . .
Peking
Nikolajewsk a. A.
Wladiwostok. . .
Konstantinopel. .
Providence .
Sacramento
50
Frankreich.
43 I 42 I 38* | 44
Schweiz.
56 I 43* I 43* I 48
Italien.
I s I
51*
73
Algier.
I 122
I 121
63
71
. I 29 I 37* |
. I 30 I 67 |
Nordamerika.
37 # I 49 I 41
67 | 148 | 112
58
60*
39 I
59* I
42 I
48 I
34
55
61
53*
70
60
117
50*
54
54
61
56
47
57
75
55*
63
63
48
48*
63
50
64
56
55
51*
67
60
57
59
59
51
78
48*
53
58
74*
61
100
55
43*
65
I s I
Russisches R
eich.
19
40
44
37 #
38
40
57
44
41
36 #
44
41
37
42
46
37 #
41
41
31
38*
50
46
44
45
70
43
41*
49
54
47
28
37*
39
47
42
41
10
43
42
86 #
45
41
29
47
44
36 #
58
50
35
55*
59
66
72
63
21
61
74
64
58*
64
24
54
48
55
43*
50
82
53
47*
54
48
50
24
51
41*
56
48
48
47
53
39*
59
68
54
44
53
45*
50
57
51
38
48*
55
62
60
56
10
76
135
184
70*
104
13
58
117
84
57*
79
45
64
58*
62
59
60
13
52
36
33*
40
40
40
62
44*
53
80
60
32
83
47*
74
104
77
19
63
38*
58
89
62
11
57
46*
58
89
63
38
49
49
74
40*
56
42
91
23
28
27
16
14
16
22
15
16
20
18
15
16
18
29
17
16
16
19
18
13
18
17
23
20
15
21
16
22
20
15
37
21
34
7
23
21
24
29
17
11
Digitized by VjOOQ IC
228 Niederschläge. Sicherheit der Mittelwerte.
Betrachtet man zunächst die Jahresmittel und vergleicht un-
sere Tabelle mit den Angaben der Regenhöhe, so ergibt sich,
dass im allgemeinen den grösseren Niederschlagsmengen auch eine
grössere Veränderlichkeit entspricht, indessen lässt sich hierfür kein
bestimmtes Gesetz aufstellen. Ferner geht aus diesen Tabellen hervor,
dass die Veränderlichkeit der Niederschlagshöhen von Norden nach
Süden hin zunimmt, jedoch auch hierfür lässt sich keine feste Regel
aufstellen, ebenso existiert eine Zunahme von Nordwest nach Süd-
ost hin, aber auch diese erfolgt nicht regelmässig.
In den einzelnen Monaten findet man nach Wild die grösste
Veränderlichkeit — 100 und mehr — überall dort, wo die Nieder-
schläge jeweilig geringe Werte aufweisen, so im Winter im ost-
asiatischen Monsungebiete, im Sommer im ganzen subtropischen
Gebiete des Mittelmeeres und Transkaspiens, im Herbst in der Wüste
südlich vom Aralsee. Umgekehrt ist die Veränderlichkeit in den
Gegenden geringer, in denen die Niederschläge relativ reichlicher
sind. „Deshalb bemerken wir im Winter eine Zunahme der Veränder-
lichkeit mehr von West nach Ost, im Frühjahr eine solche von allen
Seiten her gegen die aralo-kaspische Niederung und die Gobi hin,
im Sommer von Nordwest nach Südost in Europa und in Ostasien
von Ost nach West, und endlich im Herbst in Westeuropa, im
europäischen Russland und in Mittelasien von Nord nach Süd, in
Ostasien von Ost nach West, in Mitteleuropa und im Kaukasus teil-
weise von West nach Ost."
Inwiefern die prozentische Veränderlichkeit der Monatssummen
in den Gebirgen oder bei der maritimen oder kontinentalen Lage
sich ändert, kann bis jetzt durch bestimmte Regeln nicht festgelegt
werden.
Die Veränderlichkeit der Niederschlagshöhe kann dazu dienen,
die Sicherheit der Mittelwerte beziehungsweise ihren wahrscheinlichen
Fehler zu bestimmen. Zu diesem Zwecke dient die bereite ange-
gebene Fechner'sche Formel
_ _, , 1,1995 . mittl. Abw.
W. F = ± — . .
V2n — 1
Die folgende Tabelle, welche von Kremser nach dieser Formel
berechnet wurde, zeigt den der mittleren Abweichung von 10 zu 10°,o
für die Beobachtungsdauer von 10 zu 10 Jahren entsprechenden
wahrscheinlichen Fehler in Prozenten, wobei die dazwischen liegenden
Werte leicht interpoliert werden können:
100
0,8
8,5
3,4
4,8
5,1
5,9
6,8
7 'J
8,5
Hiernach würde der wahrscheinliche Fehler der monatlichen
Regenmengen durchschnittlich betragen:
Zahl der Jahre
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Mittl. Abw. 10*/
2,7
1,9
1,6
1,3
1,2
1,7
1,0
0,1
0,9
20
5,5
8,8
3,0
2,7
2,4
2,2
2,0
1,9
1,8
30
8,2
5,7
4,7
4,0
3,6
8,3
8,0
2,8
2,7
40
11,0
7,7
6,2
5,4
4,8
4,4
4,0
3,8
3,6
50
18,7
9,6
7,8
6,7
6,0
5,5
5,0
4,7
4,4
60
16,5
11,5
9,3
8,2
7,0
6,5
6,2
5,6
5,3
70
19,0
13,4
10,9
9,4
8,4
7,6
7,1
6,6
6,0
80
21,9
15,3
12,4
10,8
9,6
8,7
8,1
7 t 5
7,1
90
24,7
17,2
14,0
12,2
10,8
9,8
9,7
8,5
8,0
100
27,4
19,1
15,6
13,4
12,0
10,9
10,1
M
8,9
Digitized by VjOOQ IC
Niederschläge. Gleichzeitige räumliche Verteilung. 229
Algier
Süd-
spanien
Unter-
italien
Mittel-
italien
Ober-
italien
Schweiz
JL>eM8(
unter
300 m
iniana
über
soo m
Mittl. Verändert.
80
70
65
60
55
50
45
40
^ ( lojähr. Mittel
±22
19
18
16
15
14
12
11
^ 'so n
+ 12
11
10
9
9
8
7
6
±10
8
8
7
7
6
5
5
Die Verhältnisse sind also im allgemeinen für die südlichen
Gegenden am ungünstigsten, indessen gilt dieses nur für die regen-
ärmeren Monate. Im Osten Russlands ist bei gleicher Beobachtungs-
reihe der wahrscheinliche Fehler erheblich grösser, als im Westen.
Die Veränderlichkeit der Niederschlagstage ist zuerst
von Wild für Russland untersucht worden. Diese Untersuchung
ergibt, dass die Monate mit sehr geringer Anzahl von Niederschlags-
tagen auch solche mit kleinster Veränderlichkeit sind, so die Sommer-
monate in Baku und in Transkaspien und die Wintermonate zu
Nertschinsk und Peking.
Die räumliche Veränderlichkeit der Niederschlagshöhen ist nach
Hann eine viel geringere, als die zeitliche oder „die Unterschiede
in der jährlichen Periode der Niederschläge zwischen benachbarten
Orten ist eine viel geringere, als die zwischen den Mitteln aus ver-
schiedenen kürzeren Perioden an ein und demselben Orte". Dieser
Umstand bietet ein bequemes Mittel,, die Beobachtungsreihen benach-
barter Stationen miteinander zu vergleichen.
Eine sekuläre Veränderlichkeit der Niederschläge konnte bis
jetzt nicht nachgewiesen werden. Bemerkenswert ist die Thatsache,
dass um das Jahr 1863 fast im ganzen europäisch-asiatischen Kon-
tinente eine Epoche geringer Niederschläge eintrat. Im übrigen
ist die Verbreitung von Jahren gleichen Charakters der Niederschläge
verhältnismässig nicht sehr gross, welcher Umstand schon gegen
das Vorhandensein kosmispher Wirkungen spricht.
Die räumliche Verteilung gleichzeitiger Niederschläge.
Die Dove'schen Untersuchungen über die Ausbreitung der Tem-
peraturabweichungen nach demselben Sinne lassen sich auch auf die
übrigen meteorologischen Elemente mit Erfolg ausdehnen, und haben
insbesondere für die Niederschläge ein hohes Interesse. Der erste,
welcher zuerst diese Untersuchung mit Bezug auf die räumliche
Verteilung gleichzeitiger Niederschläge aufnahm, war A. Winkel-
mann 1 ), indem er auf Grund lOjähriger Beobachtungen in Württem-
berg untersuchte, wie viele Prognosenbezirke mit Rücksicht hierauf
einzurichten und wie diese zu begrenzen wären.
Indem wir bezüglich der Methode der Untersuchung auf die
Originalabhandlung verweisen, bemerken wir nur, dass die Abwei-
chungen jeder Station von dem Verhalten der Mehrheit der Stationen
bestimmt wurden.
*) Zeitschr. d. Oesterr. Gesellsch. 1881. S. 225.
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230 Niederschläge. Gleichzeitige räumliche Verteilung.
Ordnet man die Stationen nach der Grösse ihrer Abweichungen,
so erhält man folgende Reihe (Abweichung in Prozenten):
Calw 11,50* Freudenstadt . . 15,09 Schopfloch. . . . 15,87
Biberach 12,26 Salz 15,45 Mergentheim . . . 18,74
Stuttgart .... 12,84 Ulm 15,59 Isny 17,74
Heidenheim . . . 13,02 Bruchsal 15,82 Friedrichshafen . 17,78
Heilbronn .... 14,63
Beispielsweise hat also Calw unter 100 Tagen des Jahres durch-
schnittlich 88,5 (100 — 11,5) Tage in Bezug auf Regen und Nicht-
regen ein übereinstimmendes Wetter mit der Mehrheit aller Stationen.
Das Gesamtmittel beträgt 15,04, d. h. eine württembergische Station
hat unter 100 Tagen durchschnittlich 85 Tage ein mit den übrigen
Stationen übereinstimmendes Wetter.
Es sei bemerkt, dass die Abweichungen für die einzelnen Jahr-
gänge bei den einzelnen Stationen nicht unbedeutend schwanken,
z. B. für Mergentheim (für 1866—1875) zwischen 20,9 und 13,2.
Eine getrennte Behandlung der positiven und negativen Ab-
weichungen gibt folgende Zusammenstellung, wobei die positive
Abweichung die Anzahl der Tage unter 100 bezeichnet, an welchen
es an der betreffenden Station regnet, und es an der Mehrheit aller
Stationen nicht regnet, die negative die Anzahl der Tage unter 100,
an welchen es an dieser Station nicht regnet, und an der Majorität
aller Stationen regnet:
+ - + - + -
Mergentheim . . 10,00 6,61 Freudenstadt . . 5,37 9,61 Ulm 3,71 11,87
Bruchsal 5,25 10,54 Sulz 7,06 8,38 Biberach 6,12 6,13
Heilbronn t . . . 5,12 9,49 Heidenheim . . . 7,67 5,21 Isny 6,25 11,49
Stuttgart . . . . 5,71 7,10 Schopfloch. . . . 10,56 5,48 Friedrichshafen . 5,25 12,52
Calw 7,56 8,92 Mittel 6,59 8,30
Hiernach besteht keine Uebereinstimmung zwischen den positiven
und negativen Abweichungen im allgemeinen; indessen zeigen die
Zahlen, dass im Mittel eine Abweichung häufiger dadurch entsteht,
dass es an einer Station nicht regnet, während es an den meisten
anderen Stationen regnet. Dieses Ergebnis ist aber teilweise darin
begründet, dass die Berücksichtigung kleiner Regenmengen für die
einzelnen Stationen nicht gleichmässig stattfand.
Eine derjenigen von Winkelmann ähnliche Untersuchung ist
von 6. Mantel für die Schweiz durchgeführt worden 1 ), wobei die
Regenbeobachtungen von 26 Stationen zur Rechnung benutzt wurden,
welche sich über das ganze Gebiet mit Ausnahme des Hochgebirges
ziemlich gleichmässig verteilen. Der in Betracht kommende Zeit-
raum umfasst 6 Jahre (1875 — 1880); als Regentag wurde jeder Tag
gerechnet, für welchen die gemessene Niederschlagsmenge mehr als
0,1 mm betrug. In der folgenden Tabelle geben die mit + ver-
sehenen Reihen an, wie viel Prozent aller Stationen im Monats- oder
Jahresmittel an Tagen mit überwiegend trockenem Wetter durch
Regenwetter von der Mehrheit abweichen, die mit — versehenen
umgekehrt, wie viel Prozent aller Stationen an Tagen mit über-
wiegendem Regenwetter sich durch trockenes Wetter auszeichnen.
*) Zeitschr. der Oesterr. Gesellsch. 1882. S. 377.
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Niederschläge. Gleichzeitige räumliche Verteilung.
231
Dez.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
1
+
Summe
M
11,1
20,3
6,6
8,5
15,1
9,7
10,9
20,6
11,5
8,4
19,9
8,0
11,9
19,9
9,0
10,1
19,1
6,7
13,2
19,9
5,9
10,2
16,1
7,4
9,5
16,9
8,5
6,8
15,8
8,1
7,2
15,3
9,1
10,4
19,8
8,3
9,8
18,1
Uebereinst.
79,8
84,9
79,4
80,1
80,1
80,9
80,1
83,9
83,1
84,7
84,7
80,2
81,9
Diese Uebereinstimmung (82°/o) ist für ein so gebirgiges Land
wie die Schweiz sehr bemerkenswert und deutet auf die unterge-
ordnete Bedeutung der lokalen Einflüsse hin, welche meistens in
hohem Grade überschätzt werden.
Indem Mantel die Schweiz in 5 Distrikte einteilte, erhielt er
folgende Zahlen für die Uebereinstimmung:
I. NE-Schweiz 87,0%
n. W-Schweiz 89,8
HE. Genfer-See und Rhonethal . 90,3
IV. Südschweiz . .
Y. Graubünden
Ganze Schweiz.
93,8 0/
90,7
81,9
Die Uebereinstimmung ist für die einzelnen Distrikte grösser,
als für das ganze Gebiet, offenbar aus dem Grunde, dass die Ueber-
einstimmung mit der Grösse des Gebietes, unter sonst gleichen Um-
ständen, abnehmen muss. Da die Schweiz Württemberg an Grösse
ungefähr um das 2fache übertrifft, so dürften unter Berücksichtigung
dieses Umstandes die Resultate von Winkelmann und Mantel
also nahezu gleich zu nehmen sein.
Eine andere, der Ausführung und den Zielen nach weiter gehende
Untersuchung ist für Bayern von F. Hörn 1 ) gemacht worden, welche
zu wichtigen und interessanten Schlussfolgerungen führte.
Als Material wurden die Beobachtungen der bayerischen meteoro-
logischen Stationen von 1879 — 1883 benutzt und das Gebiet in vier
Distrikte geteilt, nämlich in 1. Rheinpfalz mit 6 Stationen, 1 Station
auf ca. 990 qkm; 2. Distrikt nördlich der Donau mit Einschluss
von Regensburg mit 15 Stationen, 1 Station auf 2200 qkm; 3. Distrikt
südlich der Donau mit 9 Stationen, 1 Station auf 3100 qkm; 4. öst-
licher Distrikt mit 4 Stationen, 1 Station auf 2250 qkm.
Als Niederschlagstag wurde jeder Tag gezählt, an welchem der
Regenmesser auch nur eine Wasserhöhe von 0,1 mm lieferte, oder
eine Menge, welche mit den vorhandenen Messvorrichtungen eben
noch mit Schärfe wahrzunehmen war.
Die Figur 44 gibt nach Hörn die Wahrscheinlichkeit gleich-
zeitigen Niederschlags und gleichzeitig trockenen Wetters, sowie,
als Summe aus diesen beiden, des gleichzeitig gleichen Witterungs-
charakters an sämtlichen Stationen für die einzelnen Monate.
In den Kurven dieser Figur zeigt sich eine grosse Ueber-
einstimmung, indessen machen sich die klimatischen Verschieden-
heiten der einzelnen Bezirke teilweise geltend; auch die Grösse
*) Beitrag zur Kenntnis der zeitlichen und räumlichen Verteilung der
Niederschlagshäufigkeit in Bayern. Inaug.-Diss. München 1885.
Digitized by VjOOQ IC
232
Niederschläge. Gleichzeitige räumliche Verteilung.
derselben, sowie die Anzahl der in Betracht kommenden Stationen
üben ihren Einfluss aus.
Eine Berücksichtigung der Tage, an denen nur an einigen
wenigen Stationen Niederschlag gemessen wurde, oder an welchen
Fig. 44.
JfccJhn. £&r Mi^^riiJU.Jumi JU. ^up. ScpLCH Mo Zh,.
Met. Jm. I&r J&hz AjtriU&iJuxi Ju&. Jty S<p£ Od. Mo J?ez
cj?%t/tr*AcütIicA2ceU der fäpejjricfan, (ffiaraAfars .
;r^ *> Osten
PfoU
*° Süden,.
ffcsammipe&ct
Den. Jan. JHr. Marx. JjmlJCd. Juni Juli. Ata <fytt. Oct Jbo. Dez»
es ausser an einigen wenigen Stationen ganz trocken war, gab keine
anderen Verhältnisse, sondern nur graduell verschiedene Werte.
Dabei ergab sich das interessante Resultat, dass in den Herbst-
Digitized by VjOOQ IC
Niederschläge. Gleichzeitige räumliche Verteilung. 233
und Wintermonaten das abweichende Verhalten der Stationen mit
zunehmender Höhe sehr markant zunimmt.
»Die Uebereinstimmung im Witterungscharakter ist in der Pfalz
und dem östlichen Teile Bayerns ziemlich gross. (Unter 100 Tagen
ist durchschnittlich im Jahre an 63 beziehungsweise 70 Tagen in
Bezug auf Niederschlag das gleiche Wetter.) Ueberhaupt herrscht
hier auch in den einzelnen Jahreszeiten eine viel grössere Gleich-
mässigkeit. In der Pfalz ist die Schwankung eine minimale, des-
gleichen im Osten mit Ausnahme des Herbstes; zu dieser Zeit ist
die Wahrscheinlichkeit der Tage gleichen Charakters dort eine geringe.
Im nördlichen wie südlichen Bayern zeigt sich die geringste
Uebereinstimmung im Frühjahr ; die grösste findet sich auf ersterem
Gebiete im Winter, auf letzterem im Sommer ; März und Juli bieten
zumeist die grösste Wahrscheinlichkeit der Tage gleichen Charakters.
Die gleichzeitigen Niederschläge, der eine der beiden Faktoren,
aus welchen sich obige Uebereinstimmung zusammensetzt, werden
im südlichen Bayern am seltensten im Winter verzeichnet, in den
übrigen Gebieten im Frühjahr. Am öftesten fallen sie teils im
Herbste, und zwar in der Pfalz und dem Norden, teils im Sommer,
und zwar im Süden und Osten. Im Juli findet sich für alle Gebiete
mit Ausnahme des nördlichen Bayern die grösste Häufigkeit gleich-
zeitigen Niederschlags, in diesem Bezirke im November. Die ge-
ringste weist der Süden und Osten im Januar, der Norden und die
Pfalz im Mai auf.
Gleichzeitig trockenes Wetter herrscht in den vier Teilgebieten
am seltensten im Herbste, und zwar bietet der November für die
Pfalz und das nördliche Bayern die geringste Wahrscheinlichkeit,
der Juni dagegen für den Süden und Osten. Am häufigsten ist es
gleichzeitig trocken im diesseitigen Bayern im Winter mit Aus-
nahme seines östlichsten Teiles, hier und in der Pfalz im Frühjahr.
Die Monate Januar, Februar und März weisen die grösste Wahr-
scheinlichkeit auf.
Sieht man von den einzelnen Gebieten ab und betrachtet, welches
Verhalten Bayern in seiner Gesamtheit zeigt, so ergibt sich:
Trockenes Wetter herrscht zu gleicher Zeit im ganzen Lande
im Winter am häufigsten, im Herbste am seltensten. Gleichzeitige
Niederschläge fallen im Sommer am meisten, am wenigsten werden
sie im Frühjahr verzeichnet. Der Juli bietet hierfür die grösste,
der April und Mai die geringste Wahrscheinlichkeit. Noch ist zu
bemerken, dass in den meisten Monaten die Zahl der Tage, an
welchen allenthalben Niederschlag fällt, grösser ist, als die Zahl der
gleichzeitig trockenen Tage, Nur in den beiden Wintermonaten
Januar und Februar, wie in den drei Frühlingsmonaten gestaltet
sich das Verhältnis umgekehrt. Wie Mantel und Winkelmann
für ihre Gebiete nachgewiesen haben, so ergibt sich auch für unser
Land die Thatsache, dass im Mittel die Abweichungen durch trockenes
Wetter häufiger sind als diejenigen durch Niederschlag/
Digitized by VjOOQ IC
234 Niederschläge. Hagel und Graupeln.
Hagel und Graupeln.
Hagel sind mehr oder weniger feste und undurchsichtige Eis-
stücke, Graupeln dicht zusammengeballte Schneekügelchen. Die Hagel-
körner bestehen in der Regel aus konzentrischen Schichten von weichem
oder festem Eis und haben das Aussehen von Kristallen, an denen
die Ecken abgestumpft sind. Ueber die Entstehung des Hagels sind
die Ansichten der Meteorologen noch sehr geteilt, so dass eine all-
gemein gültige Theorie der Hagelbildung bis jetzt noch nicht ge-
schaffen ist. Am einfachsten und auch wohl der Wahrheit am näch-
sten scheint uns die von 0. Reynold aufgestellte Theorie zu sein,
welche sich kurz mit folgenden Worten zusammenfassen lässt x ) : Wenn
die Partikelchen von Wasser oder Eis, die eine Wolke oder einen
Nebel bilden, von ungleicher Grösse sind, so werden die grösseren
mit grösserer Geschwindigkeit fallen, als die kleineren, und daher
mit unterhalb ihnen befindlichen Teilchen zusammenstossen. Sie
werden nun mit diesen noch grössere Aggregate bilden, eine ver-
mehrte Geschwindigkeit erhalten und so mit immer mehr Partikelchen
auf ihrem Wege zusammentreffen und sich auf diese Weise rasch
vergrössern. Unter solchen Umständen wird sich also die Wolke
verwandeln in Regen oder Hagel, je nachdem die Teilchen aus Wasser
oder Eis bestehen. In der That entspricht die Gestalt der Hagel-
körner dieser Entstehungsweise, indem sie mehr oder weniger un-
vollkommene Kegel mit abgerundeter Grundfläche und streifiger
Oberfläche bilden. Es gelang Reynold, auf künstlichem Wege Hagel-
körner von x /2 — 8 /4 Zoll herzustellen, indem er umgekehrt, wie es in
der Natur der Fall ist, einen Strom gefrorenen Nebels gegen einen
kleinen Gegenstand führte, so dass gleichsam die Wolke aufstieg
und das Hagelkorn traf.
Die Figuren 45 — 61 veranschaulichen eine Anzahl an verschie-
denen Orten beobachteter Hagelkörner von sehr verschiedenen For-
men 2 ), welche sämtlich (ausser 60 b ; a und c sind die Querschnitte
hierzu) in natürlicher Grösse dargestellt sind. Die weissgelassenen
Stellen bezeichnen die aus klarem Eis bestehenden Stellen (ausser
Durchschnitte 58, 60 und 61).
Bei der Hagelbildung sind jedenfalls heftige Bewegungen in der
Atmosphäre mitthätig, wie aus den das Hagelwetter in der Regel be-
gleitenden heftigen Windstössen hervorgeht, insbesondere dann, wenn
kalte Luftströme in ein warmes Gebiet einfallen, wie es nicht selten auf
der Rückseite unserer Cyklonen geschieht. Die Graupeln entstehen
wahrscheinlich aus Schneeflocken, die bei ihrer horizontalen und ver-
tikalen Bewegung durch Aneinanderstosssen zusammengeballt werden.
Die Graupeln fallen zwar in allen Jahreszeiten, jedoch vorzugs-
weise in den Frühlings- und Herbstmonaten, wogegen der Hagel
hauptsächlich dem Sommer eigen ist, zu welcher Jahreszeit er mei-
stens in Begleitung von Gewittern fällt.
*) „Nature" vol. 15. 1876. S. 163 und „Der Naturforscher". 1878. Nr. 16.
2 ) Met. Zeitschr. 1888. S. 445.
Digitized by VjOOQ IC
Niederschläge. Hagel und Graupeln. 235
Fig. 45. Fig. 46. Fig. 47.
Fig. 48.
Fig. 49.-
Digitized by VjOOQ IC
236
Niederschläge. Hagel und Graupeln.
Fig. 53.
Fig. 54.
Fig. 56.
Fig. 57.
Fig. 60.
Fig. 55.
Fig. 59.
Fig. 61.
Digitized by VjOOQ IC
Luftelektrizität.
237
TU. Elektrische Erscheinungen.
Luftelektrizität.
Was wir bis jetzt über den Ursprung der atmosphärischen Elek-
trizität wissen, ist grösstenteils Hypothese. Man hat versucht, die
Entstehung derselben aus Thermoströmen, aus der Kondensation und
Verdampfung des Wassers und aus Reibungsvorgängen in der Atmo-
sphäre zu erklären, indessen ist ein sicherer Beweis für die Richtig-
keit einer dieser Hypothesen , der allgemein als gültig erkannt wurde,
bis jetzt noch nicht beigebracht worden.
Zum Nachweis der atmosphärischen Elektrizität werden gewöhn-
lich die Influenz- oder die davon abhängigen Spitzenwirkungen be-
nutzt. Ein einfaches und sehr empfindliches Instrument ist dasjenige
von Peltier, welches durch Fig. 62 dargestellt ist. Der unbeweg-
Fig. 62.
liehe Kupferstab mn ist mit der Stange o verbunden, aufweiche die
Luftelektrizität influenzierend wirkt. Der Stahlbügel ab ist niagne-
tisiert und legt sich an den Kupferstab mn an, wenn dieser im magne-
tischen Meridian liegt. Bei Zuführung von Elektrizität durch o wird
der Bügel abgestossen, und zwar mit einer Kraft, welche propor-
tional ist dem Sinus des Ablenkungswinkels.
Die folgenden Tabellen geben die tägliche und jährliche Variation
der Luft elektrizität; die Zahlen haben nur einen relativen Wert, so dass
die absoluten Mengen der verschiedenen Orte nicht vergleichbar sind.
Digitized by VjOOQ IC
288
Luftelektriritit.
nonc
mit
Alien
ohne
Perpignan
Lissabon
Melbourne
St. Louis
Stunde
1886
1887
1858
-63
(Miss.)
1858-68
(Volt)
(Dan.-Elem.)
Juli
Jan.
12 Jahre
Mitternacht
17,4
16,9
33,7
— 8,8
«,*
*,7
—
l a. m.
16,2
16,0
30,9
-12,8
M
2,«
—
2
16,1*
14,9*
28,5
— 15,9
2,8
2,3
—
3
17,3
15,7
28,3*
— 16,6
2,7*
2,5
—
4
16,3
15,4
30,0
— 17,7 #
2,9
2,4*
—
6
16,9
16,1
31,9
— 17,5«
3,0
2,7
—
6
20,6
18,2
35,0
— 13,6
8,4
3,7
6,2
7
20,2
18,7
30,9
-9,2
2,3
*,8
—
8
90,8
19,4
48,6
— 7,2
5,8
3,5
—
9
20,3
19,6
48,5
-5,0
5,8
2,6
6,7
10
19,8
19,2
37,6
-3,5
4,8
2,2
—
11
19,1
17,2
37,8
*,o
3,9
2,0
—
Mittag
17,5
16,2
37,8
6,8
8,4
1,8
5,8
l p.m.
15,8
15,4
38,1
16,1
8,9
1,8
—
2
14,8
14,1
88,0»
22,5
2,8
M
—
3
14,6*
14,0*
38,3
22,4
2,7*
1,8*
M*
4
15,5
14,3
40,7
18,0
8,3
1,7
5
15,5
15,0
43,8
13,0
3,8
2,0
—
6
19,5
17,7
47,5
11,3
4,5
2,2
5,6
7
19,2
17,8
50,2
7,9
4,6
2,6
8
19,4
18,5
49,6
7,4
4,8
2,9
—
9
90,5
19,1
47,0
4,7
4,2
8,8
4,5
10
19,1
18,0
42,6
-0,6
3,8
3,0
11
18,1
15,9
38,3
-4,0
3,8
8,9
—
Täglicher Gang in der jährlichen Periode für Moncalieri
1867-78:
Stunde Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Jahr
14,6* 16,8* 16,6* 16,8* 17,1 18,8 18,5 14,5 13,5 12,9 12,9* 16,5* 14,9*
16,8 20,2 28,2 19,8 17,4 13,0 11,6 14,4 13,1 15,8 15,8 19,2 16,4
17,8 19,4 19,4 14,9 15,1 10,5* 9,7* 11,2* 9,5* 10,5 10,5 16,2 13,7
6 a. m.
9
Mittag
3 p.m.
Mittel
15,2* 17,0* 18,6* 13,4* 15,5 11,3 18,9 18,8 11,9 10,3* 10,3* 18,8* 13,6*
22,0 21,8 22,0 16,5 18,1* 12,3 16,0 14,5 12,8 15,2 15,2 19,4 16,4
19,2 18,6 21,1 16,3* 13,6 12,8 11,7* 14,2 14,0 14,9 14,9 18,7 15,6
17,6 18,8 20,2 16,1 15,8 12,2* 12,6 13,7 12,5 13,2 13,2 17,3 15,1
Monatsmittel:
Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Jahr
Perpignan 55,6 65,0 60,8 46,9 28,9 27,6 28,8* 81,2 26,8 27,2 22,8* 43,0 -
Lissabon 69,4 50,5 32,0 44,2 12,2*46,2 46,6 55,6 85,1 60,5 77,9 44,4 —
S. Louis (10 J.) ... 7,8 10,6 10,0 7,5 5,8 8,8 2,2 2,0* 2,5 2,4 5,4 7,7 5,6
Melbourne + E Intens. . 2,6 2,5 2,3 2,2* 2,6 2,8 2,5 3,5 8,7 8,4 3,1 2,6* 2,9
„ — E in 0/ . 12,6 18,6 18,4 7,8 5,2 5,0 3,6 2,9* 5,4 9,7 10,8 10,5 100,0
Jahresmittel 1 ):
Jahre 1867 1868 1869 1870 1871 1872 1873 1874 1875 1876 1877 1878, 1867—78
Moncalieri . . 7,8 11,0 12,1 8,0* 8,3 19,1 19,1 23,2 27,6 19,1 12,5 11,7
Jahre 1861 1862 1868 1864 1865 1866 1867 1868 1869 1870 1871 1872 1861—72
S. Louis . . 8,4 8,4 9,2 6,8 5,7 5,2 4,6 2,5* 3,0 4,5 4,5 4,6 5,6
*) Die Tabellen sind entnommen für Perpignan aus: Tines, Bull, m&eor.
d. Dep. d. Pyr. 1868; für Moncalieri aus Meteor. Ital. 1879, Fase. V; für Lis-
sabon aus Annais do observatorio do Inf. D. Luiz, Lisboa 1879; für Melbourne
aus Neumayer: Discussions of the meteor. and magn. Observ. made at the
Flagstaff Obs. during 1858—63, Mannheim 1867; für S. Louis aus Oesterr.
Zeitschrift für Met. 1872. S. 406 und 1874 S. 88.
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Luftelektrizität. 239
Windrichtung und Elektrizität für Melbourne 1858—63 (+E):
S SE E NE N NW W SW
Juli 5,0 5,6 6,6 5,1 8,7 2,7 2,5* 3,8
Januar 3,0 8,2 8,2 2,5 2,3 2,3* 2,3 2,6
Jahr 2,5 3,8 #,1 3,4 2,5 2,4* 2,6 2,7
Nach allen bisher gesammelten Erfahrungen ist die atmosphä-
rische Elektrizität in allen Gegenden der Erde tiberwiegend positiv,
und zwar stets bei heiterem oder bewölktem trockenen Wetter. Die
Spannung der Elektrizität wird vergrössert durch Regen und Schnee
und besonders durch Gewitter- und Hagelerscheinungen, wobei häufig
negative Elektrizität auftritt (nach 12jährigen Beobachtungen zu Mon-
calieri in der Hälfte der Fälle). Die negative Elektrizität zeigt sich zu-
weilen vor und nach dem Gewitter, seltener vor und nach Regen oder
Schnee; dabei können zwei aufeinanderfolgende Niederschläge, die
durch Aufklaren getrennt sind, verschiedene elektrische Zeichen haben.
Nebel vergrössert die positive Spannung der Elektrizität.
Nach Dellmann sind die Wolken in verschiedenen Teilen ent-
gegengesetzt elektrisch. Nach seinen Beobachtungen in Kreuznach
hatten alle daselbst vorüberziehenden Wolken einen negativen elektri-
schen Kern, welcher mit positiv elektrischen Gürteln oder Zonen
umgeben war, deren Elektrizität nach der Grenze hin an Dichte all-
mählich abnahm. „Das Maximum der Elektrizität liegt meist nicht
in der Mitte. Einem schroffen Aufsteigen der einen Elektrizität ent-
spricht immer ein schroffes Aufsteigen der benachbarten entgegen-
gesetzten."
Interessant sind die Untersuchungen Neumayers über die Be-
ziehungen der Windrichtung zu der Art der Elektrizität für Mel-
bourne. Aus unserer Tabelle geht hervor, dass die Spannung der
positiven Elektrizität bei Südostwinden am grössten, bei Nordwest-
winden am kleinsten ist. Dieses stimmt mit den Untersuchungen
von Dellmann überein, wonach die „Polarwinde die elektrische
Spannung steigern, dagegen die Aequatorialwinde dieselbe verringern".
Die atmosphärische Elektrizität hat eine tägliche und eine
jährliche Periode; ob auch eine säkulare Periode existiert, bleibt
nach dem jetzt vorhandenen Beobachtungsmaterial durchaus zweifel-
haft. Aus unserer Tabelle ergeben sich für die Eintrittszeiten der
Extreme in der täglichen Periode folgende Stunden:
Maxima: Minima :
Moncalieri (mit Störung) . 8^ a. m. 9 h p. m. 2 n a. m. 3kp.ro.
? (ohne » ) . 9 h a. m. 8 Ü p. m. 2 n a. m. 3* 1 p. m.
Perpignan 8 u. 9 n a. m. 7 h p. m. 3 Ü a. m. 2 n p. m.
Lissabon — - 2— 3 n p. m. 4 a. m. —
Melbourne, Juli .... 9^ a. m. 7 n p. m. 3 n a. m. 3 n p. m.
„ Januar ... 7 h a. m. 9 Ü p. m. 4* 1 a. m. B n p. m.
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich also ein doppeltes
Maximum zwischen 8 und 9 Uhr vormittags und nachmittags, welche
beide durch Minima um 2 — 4 Uhr nachts und nachmittags getrennt
sind. Dagegen Lissabon zeigt nur ein einziges Maximum von 2 — 3 Uhr
nachmittags und ein einziges Minimum um 4 Uhr morgens; da sich
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240 Gewitter.
indessen diese Angaben nur auf eine einjährige Reihe beziehen, so
bedürfen dieselben noch einer weiteren Bestätigung. Der tägliche
Gang der Luftelektrizität entspricht fast genau jenem des Luftdrucks.
Diese Beziehung wurde insbesondere von Neumayer aus seinen Be-
obachtungen in Melbourne mit voller Bestimmtheit abgeleitet. Es
liegt somit nahe, die Entwicklung der atmosphärischen Elektrizität
von der Wirkung der Sonnenwärme oder des Wasserdampfes oder
aus der vereinten Wirkung beider abzuleiten.
Der Gang der Luftelektrizität in der jährlichen Periode ist
sehr unregelmässig, jedoch findet im allgemeinen das Maximum
in der kälteren, das Minimum in der wärmeren Jahreszeit statt, wie
die Zahlen der obigen Tabelle zeigen, denen wir noch folgende
hinzufügen:
Dez. Jan. Febr. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.
Kiew . . .
. 109
151
167
75
57
38
29*
39
29*
33
50
70
Stuttgart .
. 16
24
18
10
8*
. 8*
8*
10
11
10
12
12
Gewitter.
Wenn wir auch über den Ursprung der Luftelektrizität noch
sehr im unklaren sind, so ist uns doch die Erscheinung und der Ver-
lauf der Gewitterphänomene in den wesentlichsten Zügen ziemlich
gut bekannt, und zwar haben wir diese Kenntnis hauptsächlich den
Bestrebungen der neueren Zeit zu danken. Die Beobachtung und
Untersuchung der Gewitter wurde zuerst in systematischer Weise in
Frankreich begonnen (1865), dann folgten Schweden, Norwegen und
Belgien. In Deutschland wurde zuerst in Bayern (1879) durch
v. Bezold ein geordneter Dienst für Gewitterbeobachtungen einge-
richtet, welcher bald darauf auch in Sachsen, Württemberg und Pro-
vinz Sachsen und Umgebung und zuletzt auch in Preussen eingeführt
wurde. Auch in Italien und dem russischen Reiche sind zahlreiche
Gewitterstationen eingerichtet, so dass gegenwärtig die Gewitter über
fast dem ganzen europäisch-asiatischen Kontinent verfolgt werden
können. Alle diese Beobachtungen und die daran sich reihenden
Untersuchungen haben unsere Kenntnis über das eigentliche Wesen
der Gewitter wenig gefördert, dagegen eine ganze Reihe von Gesetz-
mässigkeiten aufgedeckt, welche theoretisch und praktisch von der
grössten Wichtigkeit sind.
Der Sitz des Gewitters ist gewöhnlich eine eigentümlich gestaltete
Haufenwolke mit einer Unterfläche von meist graublauer Färbung.
Die Höhe der Gewitterwolken ist verhältnismässig gering und scheint
fast nie bis zur Höhe der Cirrusregion hinanzureichen, was schon
daraus hervorgeht, dass die eigentliche Cirruswolke von den heftigen
Bewegungen der unteren Luftschichten während der Gewittererschei-
nungen nicht berührt wird. Für die Höhe der Gewitterwolken bei
lokalen Gebirgsgewittern gibt Hann 1 ) in Uebereinstimmung mit
*) Met. Zeitschr. 1886. S. 23.
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Gewitter. Blitz. 241
Kämtz x ) als untere Grenze 1400 m an. Reimann *) bemerkt, dass von
18 Gewittern im Riesengebirge 10 unterhalb des Gipfels der Schnee-
koppe (1599 m) hinwegziehen, wobei der Himmel über den Gewitter-
wolken ganz heiter ist, 5 — 6 streifen den Gipfel, während 2—3 ganz
darüber hinweggehen. Auch von Anderen werden ahnliche Angaben
über die Höhe der Gewitterwolken gemacht. In den meisten Fallen
sind die Wolken, welche sich zu einem Gewitter ausbilden, anfäng-
lich klein und nehmen rasch an Umfang zu, so dass es scheint, als
wenn sie aus sich heraus wüchsen, und bedecken in kurzer Zeit den
vorher meistens blassblauen Himmel. Charakteristisch ist die eigentüm-
liche, in vielen Kontrasten spielende Beleuchtung; an einigen Stellen
sind die Farben dunkelgrau und dicht daneben befinden sich gelbliche
Streifen, zuweilen, insbesondere bei Sonnenuntergang; liegen im Westen
mächtige Längsstreifen, die allmählich in Grau und Stahlblau über-
gehen. Durch dieses verschiedene Farbenspiel erhält manchmal die
ganze Landschaft ein eigenartiges Aussehen. Auf die Aenderungen,
welche vor, bei und nach dem Ausbruche des Gewitters vor sich
gehen, werden wir noch weiter unten zu sprechen kommen.
Die Elektrizität der Gewitterwolken, welche bald positiv, bald
negativ ist, wirkt auf die Elektrizität ihrer Umgebung verteilend, die
entgegengesetzte anziehend, die gleichnamige abstossend, so dass also
zwischen den einzelnen Wolken und zwischen Wolken und Erde eine
elektrische Spannung stattfindet. Ist diese Spannung oder die An-
ziehungskraft der beiden Elektrizitäten gross genug, den Widerstand
der dazwischenliegenden Luft zu überwinden, so findet eine Aus-
gleichung statt, die sich durch den elektrischen Funken, den Blitz,
kundgibt, welcher gewöhnlich von einem heftigen Knall, dem Donner,
begleitet ist.
Der Blitz. Das Elmsfeuer.
Man unterscheidet drei Formen des Blitzes: den Zickzackblitz,
den Flächenblitz und den Kugelblitz. Der Zickzackblitz ist
ganz ähnlich dem Funken unserer Elektrisiermaschinen. Er besteht
aus einem zickzackartigen Hauptstrahl, von welchem viele Ver-
ästelungen ausgehen, die gewöhnlich erst am Ende beginnen. Wahr-
scheinlich rührt diese eigentümliche Form von dem ungleichen Lei-
tungsvermögen der Luft her. Die Blitze sind in der Regel blendend
weiss, jedoch kommt bei den Zickzackblitzen nicht selten eine leb-
hafte Färbung vor. Figuren 63 und 64 veranschaulichen zwei Blitz-
schläge, welche in Brüssel am 23. Mai 1886 um 3 Uhr morgens
durch M. W. Prinz photographisch aufgenommen wurden 8 ). Der
Flächen blitz ist ein Aufleuchten der Gewitterwolke in grösserem
Umfange. Das Wetterleuchten, welches mit dem Aufleuchten des
Flächenblitzes Aehnlichkeit hat, ist nichts anderes, als ein Wider-
*) Met. Vorlesungen. S. 428.
*) Met. Zeitschr. 1886. 8. 249.
») Siehe Ciel et Terre. 1886.
VanBebber, Meteorologie. 16
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242
Gewitter. Blitz. Elmsfeuer.
schein der Blitze eines entfernten Gewitters. Dass sich dieses wirk-
lich so verhält, ist von Mohn und Hildebrandsson für Skandi-
navien nachgewiesen worden. Dieselben konstatierten dabei das
Vorhandensein eines Gewitters oft in einer Entfernung von 4 — 500 km.
Ebenso gibt v. Bezold Fälle an, dass in Bayern Wetterleuchten
herrschte, während gleichzeitig jenseits der Alpen im südlichen Oester-
reich ferne Gewitter sich entluden. Die Kugelblitze, welche sehr
selten vorkommen, sind eine rätselhafte, bis jetzt noch unerklärte
Erscheinung. Die Gestalt der Kugelblitze ist die einer Kugel von
sehr verschiedener Grösse, welche mit verhältnismässig geringer Ge-
Fig. 63.
seh windigkeit sich fortbewegt, bald harmlos verlaufend, bald von
furchtbaren Zerstörungen begleitet. Selten tritt diese Erscheinung
auf, ohne dass nicht andere Blitze vorhergingen oder folgten.
Die Geschwindigkeit des Blitzes ist eine ausserordentlich grosse,
sie beträgt längs eines isolierten Drahtes ungefähr 63000 geo-
graphische Meilen in der Sekunde, also um etwa die Hälfte mehr,
als diejenige des Lichtes.
Das St. Elmsfeuer, welches zuweilen bei tiefgehenden Gewitter-
wolken beobachtet wird, ist eine andere Form elektrischer Entladung.
Die Spannung der Elektrizität ist bei dieser Erscheinung so stark,
dass sie aus erhabenen, spitzigen Gegenständen in Gestalt eines
Flammenbüschels ausstrahlt, wie wir dieses an den Spitzen unserer
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Gewitter. Blitz. Elmsfeuer.
243
Elektrisiermaschinen wahrnehmen. Je nachdem die ausströmende
Elektrizität positiv oder negativ ist, ist auch die Form des Aus-*
Strömungsbüschels verschieden. Man kann mit Hilfe einer Elektrisier-
maschine positive oder negative Büschel erzeugen, und diese zeigen
nach Obermayer 1 ) folgende Unterschiede (s. Fig. 65). Die posi-
tiven Büschel haben einen deutlich ausgebildeten rötlich-weissen Stiel,
der sich in das Büschel fortsetzt. Die Verzweigungen des Stieles
sind ausgesprochen feinstrahlig und gegen die Enden violett. Der
Kegel, welchen die Strahlen des Büschels am Stiele bilden, hat einen
Oeffnungswinkel, der in der Regel grösser ist, als ein rechter Winkel.
Fig. 64.
Die einzelnen Strahlen haben eine Länge von 1,5 — 3 cm und können
selbst 5 — 6 cm lang werden. Die negativen Büschel sitzen auf einem
feinen Lichtpunkte auf und sind von so zarter Struktur, dass die
einzelnen Starahlen nicht unterschieden werden können. Der Licht-
punkt ist von einer sehr zarten Lichthülle umgeben, welcher sich wie
ein Blütenkelch zum Büschel erweitert. Die Oeffhung der Büschel
ist viel kleiner als 90°, etwas über 45°, die Länge des gesamten
Büschels bleibt stets unter 1 cm. Das Elmsfeuer scheint am häufig-
sten in Gebirgen und auf der See vorzukommen; im letzteren Falle
*) Met. Zeitschr. 1888. S. 324.
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244 Gewitter. Donner.
leuchten insbesondere die Mastspitzen und die Raaennocken. Bei den
Alten war dieses Phänomen unter dem Namen „Castor und Pollux"
bekannt.
Der Donner.
Kürzere oder längere Zeit nach der Erscheinung des Blitzes
hören wir den Donner, welcher dadurch entsteht, dass die Luft auf
dem ganzen Wege der elektrischen Entladung, plötzlich ausgedehnt
wird und dann mit grosser Heftigkeit sich wieder zusammenzieht.
Wegen der viel geringeren Geschwindigkeit des Schalles gegenüber
derjenigen des Lichtes hören wir den Donner viel später, als wir
den Blitz bemerkten, und aus der Zeit zwischen Blitz und Donner
Fig. 65.
Elmsfeuer.
lässt sich die Entfernung der Entladungsstelle angenähert berechnen,
indem man für jede 3 Sekunden etwa 1 km rechnet. Der Donner
ist je nach der Entfernung des Beobachters und der Richtung des
Blitzes zu demselben sehr ungleich. Findet die Entladung in unserer
unmittelbaren Nähe statt, so hören wir meistens nur einen mehr
odeT weniger heftigen Knall, während entferntere Personen ein
längeres Geräusch vernehmen. Das Rollen des Donners, welches oft
viele Sekunden lang anhält und in Zwischenräumen durch heftige
Stösse verstärkt wird, dürfte seinen Grund haben in der ungleichen
Grösse und Entfernung der Entladungsflächen, dann aber auch in
der ungleichen Fähigkeit der verschieden erwärmten Luftschichten,
den Schall fortzupflanzen. Die Entfernung, auf welche der Donner
gehört wird, ist eine verhältnismässig geringe; selbst sehr heftige
Donnerschläge scheinen nicht weiter als etwa 25 km weit gehört zu
werden, während starke Kanonenschüsse auf mehr als die vierfache
Entfernung unter Umständen noch vernommen werden.
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Gewitter. Blitzschläge. 245
Blitzschläge.
Die meisten elektrischen Entladungen scheinen von Wolke zu
Wolke stattzufinden, indessen sind Entladungen zwischen Wolke und
Erde häufig. Dabei folgt der Blitz, wie der Funke unserer Elek-
trisiermaschine, stets den besseren Leitern, also den Metallen und
den feuchten Körpern, und wählt den nächsten Weg, zur Erde zu
gelangen. Nicht selten springt er von dem besseren Leiter ab, wenn
er auf einem anderen Wege rascher die Erde erreichen kann. In
diesem Falle übt der Blitz öfters eine ausserordentliche mechanische
Gewalt aus: die schlechten Leiter werden durchbrochen, weit umher-
geschleudert, entzündet, zersplittert u. dergl., vom Blitze getroffene
Menschen und Tiere werden betäubt oder getötet. Wichtige Bei-
träge zur Statistik der Blitzschläge in Deutschland hat in neuerer
Zeit Hell mann gegeben, von denen wir einige Resultate hier wieder-
geben wollen 1 ).
„In Schleswig-Holstein waren im Jahrzehnte 1874—1883 von
allen Blitzschlägen auf Gebäude
mit harter Dachung 9 °/o zündende, 91 °/o kalte,
„• weicher , 68 °/o , 32 °/o ,
so dass also Blitzschläge auf Gebäude mit weicher Dachung 7 — 8mal
öfter als auf solche mit hartem Dache zünden/
Im Jahre entfallen Blitzschläge auf je eine Million:
gewöhnlicher Gebäude mit harter Dachung 163
, „ „ weicher „ 386
Kirchen 6277
Windmühlen . . 8524
gewerblicher Gebäude, Dampfschornsteine . 306.
In Schleswig-Holstein ist demnach die Blitzgefahr von Türmen und
Glockentürmen 39mal, die von Windmühlen sogar 52mal grösser, als
die von gewöhnlichen Gebäuden mit harter Dachung.
„Die relative Blitzgefahr nimmt unter gleichen Umständen um
so mehr ab, je mehr Häuser zu einer geschlossenen Ortschaft
gruppiert sind. Im Königreich Preussen ist die Blitzgefahr auf dem
Lande fünfmal grösser als in den Städten. In Berlin werden durch-
schnittlich nur 0,2 — 0,3 °/o aller Brände durch Einschlagen des
Blitzes verursacht. Für ein gewöhnliches Wohngebäude, welches
weder vereinzelt dasteht, noch besonders hoch ist, dürfte daher die
Anlegung eines Blitzableiters hier unnötig erscheinen. Im Gross-
herzogtum Baden sind die Unterschiede im Betrage der Blitzgefahr
der einzelnen Kreise so gross, wie vielleicht in keinem anderen Teile
Deutschlands; im Heidelberger Kreise erreicht dieselbe nur 24, da-
gegen im Waldshuter 265 für eine Million Gebäude. In Hessen sind
die blitzgefährdetsten Gegenden die der mittelrheinischen Tiefebene,
während die Bergkreise des Odenwaldes und des Vogelsgebirges am
wenigsten durch Blitzschäden leiden. Bei Bergkreisen schützt die
*) Siehe Veröffentl. des Kgl. Preuss. -Stat. Bureaus. 1886. S. 177.
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246 Gewitter. Blitzschläge.
Belegenheit der Ortschaften in tief eingeschnittenen Thalern, welche
von höheren Gegenständen überragt werden; daher vermehrt die Lage
im Flachlande, zumal wenn es, wie Rheinhessen, überaus waldarm
ist, die Gefahr bedeutend.
„Im 15jährigen Durchschnitte für 1869 — 1883 wurden von je
einer Million Menschen durch Blitzschlag getötet in Preussen 4,4,
Baden 3,8, Frankreich 3,0, Schweden 3,1.
„Die geologische Beschaffenheit des Bodens, insbesondere seine
Wasserkapazität, hat auf die Grösse der Blitzgefahr einer Gegend er-
heblichen Einfluss. Bezeichnet man diese Gefahr für Kalkboden mit 1,
so ist diejenige für Keupermergel gleich 2, für Thonboden 7, für Sand-
boden 9 und für Lehmboden 22. Diesem Umstände hat der grösste
Teil Süddeutschlands und Oesterreichs seine geringe Blitzgefährdung
gegenüber dem norddeutschen Flachlande teilweise zu verdanken.
„Von allen Bäumen werden Eichen verhältnismässig am häufig-
sten, Buchen am seltensten durch den Blitz beschädigt. Bezeichnet
man die Blitzgefahr der Buchen mit 1, so ist dieselbe für Nadel-
hölzer gleich 155, für Eichen 54 und für andere Laubhölzer 40.
Der Blitz trifft relativ oft kranke, bevorzugt freistehende und Rand-
bäume vor solchen im Bestände und beschädigt am leichtesten 16 bis
20 m hohe Bäume.
„Der Blitzstrahl trifft nahezu dreimal häufiger den Schaft als
die Spitze der Bäume, fährt meistens bis zur Erde nieder und springt
nur in 3 unter 100 Fällen zu anderen Bäumen über. Bei einem
Drittel aller vom Blitze berührten Bäume wird der Stamm zer-
splittert. Meistens fährt der Blitzstrahl, den Längsfasern folgend,
in gerader Richtung am Stamme herab, und halb so oft schlägt er
eine gewundene Bahn ein, wobei er zuweilen zwei volle Umläufe am
Stamme zurücklegt/
Interessant ist die Thatsache, dass in Deutschland die Zahl der
Blitzschläge im allgemeinen erheblich zugenommen hat. Auf Grund-
lage der Akten der bayerischen Brandstatistik wies v. Bezold nach,
dass innerhalb der 50 Jahre von 1833 — 1882 eine prozentische Ver-
mehrung der jährlichen zündenden Blitzschläge in Bayern um nahezu
das Dreifache stattgefunden habe. Die während dieses Zeitraumes
sich zeigenden Schwankungen sucht v. Bezold mit der jährlichen
Periode der Wärmeschwankung und mit der Sonnenfleckenperiode in
Zusammenhang zu bringen, indessen scheinen hier noch weitere Nach-
weise notwendig zu sein, um so mehr, als man die Wahrnehmung
gemacht hat, dass die Kurven der Blitzgefahr in den verschiedenen
Gegenden einen ganz verschiedenen Verlauf haben, so dass entgegen-
gesetzte Extreme manchmal zusammenfallen. Eine Vermehrung der
Blitzgefahr wurde ebenfalls nachgewiesen von Gutwasser und Frey-
berg 1 ) für das Königreich Sachsen, von Oberbeck für die Provinz
Sachsen, von Holtz für mehrere deutsche Gegenden, hingegen fand
Hellmann für den kleinen Distrikt Altona-Pinneberg-Segeberg eine
Abnahme der Blitzgefahr.
l ) Elektr Zeitschr. 1885. SepL-Heft.
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Gewitter. Blitzableiter. 247
Ob der Mond irgendwelchen Einfluss auf die Gewitter hat, ist
nach den jetzigen Untersuchungen noch durchaus zweifelhaft, jeden-
falls aber ist derselbe äusserst gering. An der Unterelbe herrscht
fast allgemein die Ansicht, dass die Gewitter mit der Flut sich ent-
wickeln. Sollte sich durch eine gründliche Untersuchung eine solche
Beziehung herausstellen, so wäre sie weniger direkt dem Monde, als
dem Umstände zuzumessen, dass durch das Hochwasser umfangreiche
Länderstrecken unter Wasser gesetzt werden, wodurch die Leitungs-
fahigkeit des Bodens erheblich vermehrt wird.
Blitzableiter.
Franklin's Gedanke, die zerstörenden Wirkungen des Blitzes
an Gebäuden durch die Anbringung guter Leiter mehr oder weniger
unschädlich zu machen, hat in der Praxis überall Verwirklichung
gefunden. Im Laufe der Zeit sind nach und nach Regeln aufgefunden
worden, welche bei Errichtung von Blitzableitern mit Vorteil befolgt
werden.
Jeder Blitzableiter besteht aus drei Teilen, dem auffangenden,
dem fortleitenden und dem ableitenden Teile. Der auffangende Teil
ist eine hohe, in eine Spitze auslaufende Stange, welche über das
Gebäude hinausragt. Die Spitze besteht am besten aus vergoldetem
Kupfer oder aus Platin mit konischer oder dreikantiger Form und
ist gut leitend mit der Auffangstange verbunden. Sie soll vor allem
dazu dienen, die entgegengesetzte Elektrizität auszuströmen, um so
eine Neutralisation herzustellen und eine etwa eintretende Entladung
auf gefahrlosem Wege in die Erde zu führen. Die Befestigung der
Stange auf dem Dache muss derart sein, dass kein Regenwasser in
das Innere des Gebäudes eindringen kann, wodurch eine Abzweigung
des Entladungsstromes stattfinden könnte.
Der ableitende Teil soll aus einer ganz zusammenhängenden
Metallstange oder aus geflochtenem Metalldrahte bestehen, welcher fest
und gut leitend mit der Auffangstange und dem in die Erde führenden
Teile verbunden ist. Um die Verbindungsstellen befestigt man am
besten eiserne Flanschen, die noch mit Blei umgössen werden. Die
Stange wird gehalten durch Eisengabeln. Um das Abspringen zu
verhüten, sollen alle scharfen Ecken und Kanten vermieden werden.
Eine besondere Aufmerksamkeit ist auf die Ableitung in die
Erde zu legen und es muss darauf gesehen werden, dass diese Leitung
in feuchter Erde ruht, wo man sie in mehrere Zweige auslaufen lässt.
Alle hervorstehenden Nebenteile des Gebäudes, höhere Kamine,
Türmchen etc. erhalten eine Auffangstange und werden mit der Haupt-
leitung gut leitend verbunden. Auch Gas- und Wasserleitungen
sollten mit dem Blitzableiter verbunden werden. Wo ein Blitzableiter
nicht vorhanden ist, erscheint es vorteilhaft, die oberen Teile dieser
Rohrleitungen über das Dach hinaus zu verlängern und oben mit
einer Auffangstange zu versehen; diese Vorrichtung ersetzt den Blitz-
ableiter mehr oder weniger vollständig.
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248 Gewitter. Entstehung.
Was das Material anbetrifft, woraus die Blitzableiter am besten an-
gefertigt werden sollen, so ist dasjenige bei derselben Dicke am besten,
welches die Elektrizität am besten fortleitet, indessen kommt hier auch
der Kostenpunkt in Frage. Wendet man Kupfer an, so erscheint für
gewöhnliche Zwecke ein Durchmesser von wenigstens 6 mm erforderlich;
bei Anwendung von Eisen muss der Querschnitt etwa fünfmal grösser sein.
Messing ist seiner inneren Veränderlichkeit wegen nicht zu empfehlen.
Die folgende Tabelle gibt nach Recknagel *) für massive Eisen-
und Kupferdrähte den einer gegebenen Länge entsprechenden Durch-
messer, wie sie zugleieh der Theorie und den über zureichende und
unzureichende Leitungen vorliegenden Erfahrungen entsprechen:
Länge des
Durchmesser des erforderlichen
Gewicht der laufenden Meters
Leitungsdrahtes
(m)
Eisendrahtes
Enpferdrahte8
Kupfer Eisen
(nun)
(mm)
(g) (g)
1
2,8
1,1
49 9
5
6,3
2,5
245 45
10
9,0
3,6
489 90
15
10,7
4,4
733 134
20
12,7
5,1
978 179
25
14,1
5,7
1223 224
30
15,5
6,2
1467 269
40
17,9
7,2
1956 359
50
20,1
8,0
2445 448
60
22,0
8,8
2935 538
70
23,7
9,5
3424 628
80
25,4
10,1
3913 717
90
26,8
10,8
4402 807
100
28,3
20,3
4891 897
Wie die Erfahrung gelehrt hat, schützt der Blitzableiter im all-
gemeinen einen Umkreis, welcher die vierfache Länge der Höhe der
Auffangstange zum Durchmesser hat.
Zum Schutze der Telegrapheneinrichtungen und der Telegraphen-
beamten dienen eigene Vorrichtungen, welche bewirken, dass jeder
in der Leitung fortgehende Strom atmosphärischer Elektrizität und
jeder in die Leitung induzierte Strom, welcher so kräftig ist, dass
er den Apparaten oder den Beamten schaden könnte, sich selbst den
Weg nach den Apparaten abbricht, oder sie verwerten die Eigen-
schaft der atmosphärischen Elektrizität, durch kleine isolierende
Zwischenräume auf andere mit der Erde verbundene Leiter leicht
überzuspringen, während die galvanische Elektrizität wegen ihrer
geringen Spannung eher einen ununterbrochenen Stromkreis von
vielen Meilen durchläuft, als dass sie eine in der Leitung befindliche
noch so kleine Unterbrechung überspringt.
Entstehung der Gewitter und begleitende Erscheinungen.
Alle bisherigen Erfahrungen sprechen dafür, dass die Entstehung
der Gewitter durch hohe Temperatur und hohen Dampfgehalt der
*) Recknagel: Kompendium der Experimental-Physik. Tascher, Kaisers-
lautem 1888. S. 462.
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Gewitter. Begleitende Erscheinungen.
249
Luft begünstigt wird. Ist über einem Gebiete der Luftdruck gleich-
massig verteilt und also die Luft ruhig, so erheben sich über dem
erhitzten Boden die Isothermen-
flachen, wodurch ein Abfliessen der
Luft in der Höhe, und daher eine
barometrische Depression erzeugt
wird. Diese existiert entweder
selbständig weiter und bildet sich
weiter aus, oder gesellt sich zu
einer anderen schon vorher be-
stehenden Depression als sekun-
däres Gebilde, mit dieser weiter,
gewöhnlich ostwärts , fortwan-
dernd. Mit der Entwickelung der
Depression ist auch eine stärkere
Luftbewegung gegeben, die sich
nicht selten zu sturmartigen Böen
steigert. Infolge der Niederschläge,
die in der Höhe als Schnee, in
den tieferen Schichten als Regen
fallen, wozu sich zuweilen die
Wirkung kälterer Winde gesellt,
fällt auf der Rückseite der fort-
schreitenden Depression erheblich
die Temperatur, am meisten, wie
Ferrari 1 ) für Italien und die
Alpen nachgewiesen hat, in der
Höhe von ungefähr 500 m. Unter
diesen Umständen scheinen die
meisten Gewitter zu entstehen und
sich zu entwickeln.
Der Gang der meteorologi-
schen Instrumente während eines
Tagesgewitters ist in Fig. 74 durch
ein Diagramm nach Ferrari
veranschaulicht, in welchem die
Pfeile den Anfang und das Ende
des Gewitters, die Vertikalen die
Stunden angeben, während T die
Temperatur, B den Luftdruck,
RF die relative Feuchtigkeit und
WG die Windgeschwindigkeit be-
deuten. Der Gang des Gewitters
ist also folgender: „Vor dem Ge-
witter nehmen Luftdruck und relative Feuchtigkeit ab, die Temperatur
.
Fig.
66.
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• *) Stadi sni temperali del 1882 e 1883. Annali dell' Ufficio centrale di
meteorologica. Vol. VIII, Parte I. Siehe auch Met Zeitschr. 1888. S. 1 und 62
und 1888, S. 353.
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250
Gewitter. Begleitende Erscheinungen.
zu, so dass beim Beginne desselben die beiden ersteren ein Minimum,
die letztere dagegen ein Maximum aufweisen. Mit diesem Momente
steigen Luftdruck und relative Feuchtigkeit sehr rasch und die
Temperatur sinkt in gleichem Masse, so dass mit dem Ende des
Gewitters die ersten zwei Elemente ein Maximum, das dritte gleich-
zeitig ein Minimum zeigen. Die Stärke des Windes, vor dem, Gewitter
nur sehr schwach, frischt, wann dies beginnt, sehr rasch auf, weist
gegen dessen Ende ein
lg * Maximum auf, um nach-
her schnell abzuflauen/
DieFiguren66,67u.68
veranschaulichen den Gang
der Registrierapparate zu
Hamburg, Figur 69 zu
Magdeburg, Figur 70 a die
Barogramme auf einem
grösseren Gebiete bei Ge-
wittern. Die ausgezogene
Kurve bedeutet das Baro-
meter, die punktierte das
Thermometer.
Aehnlich sind die Aen-
derungen der meteorologi-
schen Elemente bei den
Nachtgewittern im Som-
mer, nur nicht so ausge-
sprochen wie bei den Tages-
gewittern. Die Entste-
hungsart dieser Nachtge-
witter ist noch nicht mit ge-
nügender Sicherheit erklärt
worden, jedenfalls aber sind
auch hier Temperatur-
unterschiede, wie sie ja
leicht durch die ungleiche
Bewölkung und die da-
durch bedingte ungleiche
Ausstrahlung hervorge-
bracht werden, die nächste
Veranlassung dazu. Be-
merkenswert sind diejeni-
gen Gewitter, welche sich
in der kälteren Jahreszeit
an den Küsten des nord-
westlichen Europa ent-
laden. Sie entstehen hauptsächlich bei stürmischer Witterung, wenn
kalte Luftströme in ein warmes, feuchtes Gebiet einfallen und so zu
rascher Kondensation Veranlassung geben. Für das nordwestdeutsche
Küstengebiet sind solche Gewitter nicht selten, wenn nach Vor-
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Gewitter. Ausbreitung und Form.
251
Übergang intensiver Cyklonen und Ausschiessen der stürmischen Winde
nach Nordwest daselbst eine plötzliche Abkühlung eintritt.
Fig.
68.
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Aufzeichnungen der Registrierapparate zu Hamburg während des Gewitters am 19. Mai 1888.
Fig. 69.
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Hamburg
Hamburg
Aufzeichnungen der Registrierapparate zu Hamburg und Magdeburg am 15. Juni 1889.
(Hamburg, von derselben Depression beeinnusst, hatte kein Gewitter.)
Ausbreitung und Form der Gewitter.
Hat sich an irgend einem Orte ein Gewitter ausgebildet, so
breitet sich dasselbe gewöhnlich nach einer Richtung hin aus und
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252
Gewitter. Ausbreitung und Form.
nimmt die Form eines langgestreckten Streifens an, welcher sich im
allgemeinen parallel mit sich selbst verschiebt. Nach den Unter-
suchungen von Ferrari, welche im grossen Ganzen auch für unsere
Gegenden gelten, breitet sich das Gewitter aus wie ein Band, welches
geradlinig, öfters zackig und in kürzeren Zeitabschnitten parallel zu
sich selbst, sich fortbewegt. , Hinsichtlich der Fortschreitungsart
glaube ich nicht, dass es als ein bestimmtes Phänomen zu betrachten
ist, welches sich von Ort zu Ort bewegt, wie ein festes, sich
verschiebendes System, unabhängig von den vorher bestehenden
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Gewitter. Ausbreitung und Form.
253
meteorologischen Bedingungen, sondern als ein fortschreitend nach-
einander folgender Umformungsprozess , der teils durch die vorher
Fig. 70 b.
Gewitter am 16. Juli 1884 9h p. m.
bestehenden örtlichen Bedingungen geschaffen ist, ähnlich einer Welle,
tun ein wohlbekanntes Beispiel zu gebrauchen. Angenommen, dass
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254
Gewitter. Ausbreitung und Form.
sich die Sache wirklich so verhalte, so müssen immerhin noch zwei
Fälle unterschieden werden. Der erste wäre der, dass die Welle, in
einem bestimmten Zentrum entstanden, sich kontinuierlich und regel-
mässig fortbewegt, gleich einem augenscheinlich starren, sich ver-
Fig. 71.
4-
Fig. 72.
Fig. 73.
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schiebenden System; der zweite, wenn in der fortschreitenden Welle
sich neue Ursprungszentren ausbilden. Die Figuren 71, 72 und 73
veranschaulichen drei solche Fälle. (Die Zahlen geben die Zeit der
Entstehung des Gewitters in Stunden an). In der Fig. 71 bildet
sich das neue Zentrum am Rand des schon fortschreitenden Ge-
witterganges; in der Fig. 72 inmitten des Gewitters; in Fig. 73
Fiff. 74.
1 t
endlich endet ein Gewitter und es beginnt gleichzeitig ein neues, so
dass es die Fortsetzung des ersteren zu sein scheint.*
Nicht selten folgen sich zwei oder mehrere Gewitterzüge oft in
ganz kurzer Zwischenzeit wellenförmig hintereinander; in diesen Fällen
lässt sich indessen ein Gewitter unterscheiden, welches sich ganz be-
sonders aus den übrigen heraushebt. Dieses Hauptgewitter bildet in
der Regel den Anfang oder den Schluss der betreffenden Gewitter-
periode. Die Form des Gewittergebietes ist gewöhnlich die eines
mehr oder weniger rechteckigen Streifens, dessen Länge die Breite
mehr oder weniger erheblich tibertrifft. Eine andere häufige Form
ist diejenige des Kreisausschnittes, dessen Achse gewöhnlich nicht
die Gewitterachse, d. h. die Richtung der Fortpflanzung, ist.
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Gewitter. Ausbreitung und Form. 255
Figur 70 a veranschaulicht die Luftdruckschwankungen während
der Gewitter vom 16. und 17. Juli 1884 für ein grösseres Gebiet;
die Kärtchen der Figur 70b, welche das Gebiet umfassen, auf wel-
ches sich die Barogramme der Figur 70a beziehen, enthalten für
9 Uhr abends des 16. Juli neben den Isobaren und Isothermen
Linien, welche die Kämme und Thalwege der Druck- und Wärme-
wellen, sowie den Vorderrand der Gewitter darstellen und mittelst
charakteristischer Buchstabenreihen bezeichnet sind x ). »Wir sehen
zwei Wärmerücken (www) und dazwischen ein Kältethal (kkk),
drei Niederdruckrinnen (ttt) und dazwischen drei Hochdruckkämme
(hhh), endlich zwei Gewitterfronten (ggg). Die an den Barogrammen
so scharf hervortretende ,Gewitternase' entspricht dem ersten Hoch-
druckkamm, die sie einfassenden Minima entsprechen der ersten und
zweiten Niederdruckrinne, deren erste mit dem ersten Wärmerücken,
deren zweite aber merkwürdigerweise mit dem ersten Kältethal nahe
zusammenfällt. Das Gewitter, welches etwa eine Stunde dauerte,
umfasste den ganzen Baum zwischen den beiden Rinnen (ttt). Der
zweite Wärmerücken und die dritte Niederdruckrinne, welche beide
mit der Vorderfront des einen von West anrückenden Gewitters
zusammenhängen, sind in den Aufzeichnungen der Registrierapparate
der hier angeführten Stationen nur undeutlich zu erkennen, vermut-
lich weil diese Gewitter wegen der vorgerückten Abendstunde er-
starben, ehe sie die Elbe erreichten. Sie endigten zwischen 10 und
ll h p. m., 40 — 60 km östlich von dem Punkte, auf dem wir sie um
9 h p. m. auf dem obigen Kärtchen sehen.*
Nach Börnstein ziehen Gebirge das Gewitter in der Weise an,
dass sie sein Herannahen beschleunigen, sein Abziehen verlang-
samen. Die Flüsse erweisen sich geradezu als Hindernisse. Viele
Gewitter werden ganz oder auf einem Teil ihrer Front zum Auf-
hören gebracht, sobald sie das Ufer eines grossen Flusses erreichen.
Wenn aber dennoch der Fluss überschritten wird, so kommt es zu-
weilen vor, dass nach vorangegangener Annäherung an das eine
Ufer zuletzt das Gewitter auf beiden Ufern gleichzeitig ausbricht.
Zuweilen, wenn die Gewitterfront auf ein Hindernis (Gebirge
oder Fluss) stösst, schreitet der nicht behinderte Teil der Front
an dem Hindernisse vorüber und dehnt dann seine Front seitwärts
aus, so dass es dann aussieht, als wenn das Hindernis gar nicht da-
gewesen wäre.
Diese Erscheinungen dürften ihre Erklärung finden durch das
Verhalten und die Ortsveränderung des aufsteigenden Luftstromes,
welcher als schmaler Streifen mit der Gewitterfront zusammenfällt
und mit dieser senkrecht zu seiner Längsrichtung fortschreitet.
*) Siehe Köppen's Referat über Börnstein's Abhandlung im Archiv
der Seewarte VIII, 1885, über die Gewitter vom 13.— 17. Juli 1884 in Deutschland.
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256 Gewitter. Fortpflanzung.
Fortpflanzung der Gewitter.
Die Fortpflanzungsrichtung der Gewitter stimmt im all-
gemeinen überein mit der Richtung des vorherrschenden Windes im
Gewittergebiete und mit der Fortbewegung der die Gewitter beglei-
tenden Depressionen. Die folgende Tabelle gibt die Verteilung der
Gewitterhäufigkeit in Prozenten nach 8 Kompassstrichen:
Gebiet jJtei* d^Hw. K HE ■"'*■ s sw w NW
Frankreich 1865-67 MS» 0,9* 1,9 S,6 3,9 11,9 44,1 »1,9 4,6
OberiUüen 1 i«ftn_«i »ai M M M 0,8* 9,0 13,3 66,5 16,9
Mittel- und Unteritalien \ 18W -" 81 » 0l i«,i o,8 0,6 - — 5,4 fö,0 «9,1
Bayern 1881—85 751 5,5 2,9 9,7« 4,3 6,5 30,0 S5^ 19,7
Prag 1840—65 449 4,3 3,9« 3,9« 8,8 11,1 17,4 38,2 19,4
Wien 1853—84 444 11,1 9,5 7,5* 8,1 9,0 14,9 «,8 16,8
Budapest 1861—70 195 19,1 8,7 8,9* 16,2 12,3 7,9* 16,2 19,9
Beiehstelegraphengebiet 1889—85 10488 3,4* 4,8 5,3 8,4 11,8 83,5 92,9 10,5
Telegraphengeb. Kasan 1880-89 4036 8,1 6,7* 7,8 8,1 13,5 90, 1 21,0 15,7
Götaland \ 3544 3,9* 6,6 9,7 10,4 17,4 2S,7 20,4 5,9
Svealand [1871—75 2789 6,6 6,4* 8,8 11,3 19,1 26,» 18,1 8,5
Norrland ) T549 6,8* 8,0 10,8 15,3 22,1 15,4 13,6 8,0
Man ersieht aus der Tabelle, dass die Zugrichtung in Oberitalien
eine fast rein westliche ist, im übrigen Italien nimmt die nörd-
liche Komponente zu. In Frankreich und Schweden ist die Zug-
richtung vorwiegend südwestlich, nach Osten hin wird sie immer
mehr westlicher.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gewitter ist ab-
hängig von derjenigen der sie begleitenden Depressionen. Nach meinen
Untersuchungen l ) über die Geschwindigkeit der barometrischen Mi-
nima beträgt dieselbe für Westeuropa (Myriameter in 24 Stunden):
Winter Frühjahr Sommer Herbst Jahr
40—45° n. B. 66 58 54 70 64
45—50 88 64 57 70 66
50-55 68 63 62 74 67
55-60 60 70 60 63 62
«0—65 77 63 53 71 65
Vergleichen wir diese Zahlen in Bezug auf die Sommermonate,
in denen ja die Gewitter am häufigsten sind, so finden wir die geringste
Geschwindigkeit der Minima in Italien, eine Zunahme in dem Alpen-
gebiete, ein Maximum in dem Gebiete südlich von der Nord- und
Ostsee, worauf dann wieder eine Abnahme nach Norden hin erfolgt.
Andererseits beträgt die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gewitter
in Italien (1880/81) 34,1 km in der Stunde, in Süddeutschland (1882/86)
41,1 km, in Frankreich 41,3 km und in Norwegen 38 km. Diese
Thatbestände machen es wahrscheinlich, dass die Fortpflanzungs-
geschwindigkeiten der Gewitter und die der barometrischen Depressionen
in einem engen Zusammenhange stehen. Im Jahrgange 1886 der
*) Siehe Monatl. Uebers. der Witterung. Jahrg. 1881. Einleitung.
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Gewitter. . Tägliche und jährliche Periode.
257
Meteorologischen Beobachtungen in Bayern bemerkt Lang, dass der
Gedanke sehr nahe liege, „dass die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
der Gewitter in Beziehung steht zur Entfernung von der nächst-
liegenden Depressionsstrasse und zu der Lage des bezüglichen Ge-
bietes von ihr, d. h. ob nördlich oder südlich einer solchen*. Aus
den zweijährigen Gewitterbeobachtungen in Steiermark, Kärnten und
Oberkrain (1886/87) ergibt sich eine mittlere Geschwindigkeit der
Gewitter von nur 29,8 km, aber hier beträgt die Geschwindigkeit der
Minima im Sommer auch nur 23 km in der Stunde.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gewitter nach den 8 Haupt-
zugrichtungen wird durch die folgende Tabelle dargestellt, wobei die
eingeklammerten Zahlen die Anzahl der in Betracht gezogenen Ge-
witter bedeuten:
Gebiet
Beob.-
Jahre
Frankreich 1865—77
Süddeutschland . . . 1882—87
Oberitalien 1880-83
Mittel- u. Süditalien . 1880—83
Steiermark etc. . . . 1886 — 87
NE
SE
SW
W NW
34 ( 4 )
31 (47)
28 ( fl2 )
26 (go)
31 (257)
«{(9,3) 39( 755 ) 32(,„)
28
31
36
31
37
42 48 38
30 («(,)
28 ( 18 )
25 ( 17 )
—
28 ( 6 )
87 (ei) *> («84) 37 ( 165 )
**<5>
—
—
—
—
48 ( 2 ) 37 ( 39 ) 40 («3)
25 ( 12 )
25 (, 7 )
23 (15)
24( 26 )
28 (4)
85 ( 52 ) 83 ( 62 ) 28 ( 62 )
Hiernach haben (in Uebereinstimmung mit dem Verhalten der
Depressionen) die Gewitter aus SW die grösste Geschwindigkeit, da-
gegen diejenigen aus östlicher Richtung die geringste.
Tägliche und jährliche Periode der Gewitter.
Die Gewitter haben eine ausgesprochene tägliche und jährliche
Periode. Die tägliche Periode ist durch folgende Tabellen dargestellt:
Norrland
Svealand
Götaland
Norw. Binnen-
Norw. Küste
Stunde
(10 J.)
(10 J.)
(10 J.)
land (10 J.)
(10 J.)
1871—1880
lh a. m.
28
48
105
20
63
2
14
39
94
13*
54
3
23
41
89*
15
58
4
14*
54
97
20
57
5
11
42
98
15
47*
6
30
30*
110
25
86
7
26
30
133
33
95
8
15
46
132
30
92
9
21
72
114
70
79
10
34
73
136
73
106
11
72
110
236
101
100
Mittag
125
222
422
152
101
lh p. m.
108
362
479
220
103
2
205
454
540
350
150
3
250
599
667
400
175
4
268
747
694
401
197
5
247
747
663
365
205
6
249
568
543
330
172
7
180
406
358
223
159
8
115
254
319
160
156
9
96
165
278
117
1+4
10
87
133
237
59
105
11
56
111
178
45
101
Mittern.
87
• 65
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25
63
Van Bebber, Meteorologie.
17
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258
Gewitter. Tägliche und jährliche Periode.
Mit«.
Deutschland
(4 J.)
Glatz (9 J.)
Göttingen
(24 JT)
Reichs-
telegraphen-
gebiet (4 J.)
München
(18 J.)
Bayern
Stunde
April
bis
Okt.
Aprü
Okt.
April
Okt.
bis
bis
bis
bis
bis
Sept.
März
Sept.
März
Sept.
März
o— lh a. m.
70
62
11
2
)
2
323
22
1—2
289
80
6
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4
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310
20
2—3
147
58
19
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4
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14
3—4
164
31
10
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2
282
15
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154
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5
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218
4
8—9
100
26
6
6
—
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2
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20
10—11
365
130
9
9
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19
7
567
29
11—12
463
222
—
17
)
20
995
26
0— lh p. m.
622
311
23
28
555
17
16
1572
23
1—2
782
444
47
53
800
20
22
2244
47
2—3
1014
470
98
50
1170
7
54
2999
96
3—4
1184
479
87
69
1358
27
37
3148
87
4—5
1160
564
68
70
1374
20
42
8165
68
5—6
933
528
68
56
1315
22
44
2591
68
6—7
788
451
58
47
1019
18
13
2075
58
7—8
617
340
31
41
749
6
27
1813
51
8-9
492
315
21
20
450
7
9
1458
21
9—10
319
258
23
10
)
10
885
13
10—11
208
177
25
15
[857
25
4
650
15
11-12
193
111
32
9
)
11
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Stunde
Württem-
berg (4 J.)
Wien (32 Jahre)
Steier-
mark
(3 J.)
Süd-
russland
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Su.SW
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29
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—
1,0
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—
1,0
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—
1,0
1,0
1,0
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10—11
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1,0
0,0
0,0
1,0
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70
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123
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5,0
8
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5,0
3,0
8,0
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75
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280
12,5
18,5
12,5
28,5
67
354
72
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276
9,0
9,5
12,0
86,5
67
890
76
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234
11,5
8,5
13,0
14,0
47
378
78
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217
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9,0
13,0
22,5
60
328
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175
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5,0
7,0
14,5
36
267
32
7—8
198
0,0
2,0
5,5
12,5
20
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1,0
8,0
4,0
16
199
28
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1,0
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10—11
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—
—
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1,5
4
31
13
11—12
61
"
1,0
1
62
4
Man ersieht aus diesen Tabellen, dass ein Hauptmaximum der
Gewitterhäufigkeit tiberall auf die Nachmittagsstunden von 3 — 6 Uhr
fällt; ausserdem existiert noch ein zweites Maximum zur Nachtzeit,
auf welches v. Bezold zuerst besonders aufmerksam machte. In
Digitized by VjOOQ IC
Gewitter. Tägliche und jährliche Periode.
259
Bezug auf die Wintergewitter bemerkt Hellmann 1 ), „dass die
Wintergewitter (oder Gewitter der kalten Jahreszeit von Oktober bis
März) in Mittel- und Nordeuropa stets in Begleitung von Wirbel-
stürmen und mit Vorliebe bei Nacht auftreten; dass sie zwar oft
grosse Länderstrecken rasch durchziehen, aber doch vereinzelter, in
mehr unterbrochener Aufeinanderfolge und auf räumlich beschränk-
terem Gebiete, als die meisten Gewitter der wärmeren Jahreszeit sich
zeigen; dass sie zwar von kurzer Dauer, aber zumeist von einigen
wenigen Blitz- und Donnerschlägen, welch erstere wegen der ge-
ringeren Höhe der sie entsendenden Wolkengebilde häufiger als im
Sommer zünden, begleitet sind*.
Nach den Untersuchungen von Mohn und Hildebrandsson 2 )
finden die Wintergewitter an der norwegischen Küste entschieden
häufiger in der Nacht als am Tage statt; in den Monaten von Sep-
tember bis Dezember fällt hier ein entschiedenes Maximum auf
9 Uhr abends. Ebenso fällt an der Westküste ein Maximum der
Häufigkeit auf die späte Abendstunde.
Die Häufigkeit der Gewitter ist aus folgender Tabelle zu ersehen:
Gebiet
Jahr«
I
Norrland
Svealand
Götaland
Norweg., SW-Küste
„ Inneres .
Trondhjem, Küste .
„ Inneres
Nordland, Küste . .
„ Inneres .
Finnmarken, Küste
. Inneres
1871—80
London
Ostende
Brüssel
Paris .
Keitum . . .
Hamburg . .
Swinemünde .
Memel . . . .
Hannover . . .
Löningen . . .
Göttingen . . .
Trier
Grafschaft Glatz
Scbneekoppe . .
Eichberg. . . .
Breslau ....
;l
Stattgart
Württemberg (19 St.)
München
Regensburg
Prag
Wien
Brunn
Zürich
1807—22
1854—79
58 J.
51J.
1876—85
1856-85
1857—84
1783-1858
1880—85
1859-85
1850—85
1792—1854
1866-75
1842-59
1782—92
1800—50
1793-1850
1848—83
90 J.
53
141
137
28
4
3
8
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2
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3,4
4,6
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18,1
22,2
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18,7
21,3
28,2
22,8
21,3
19,3
15,8
22,4
') Met. Zeitschr. 1885. S. 436.
2 ) Le8 orages dans la peninsule Scandinave.
Upsal 1888.
Digitized by VjOOQ IC
260
Gewitter. Tägliche und jährliche Periode.
Gebiet
Jahr«
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Baltische Provinzen
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—
Ueberall fällt das Maximum der Gewitterhäufigkeit in den Sommer
und zwar in den Monat Juni oder Juli. Nur an den atlantischen
Küsten des nordwestlichen Europa nehmen die Wintergewitter zu,
auf Island und im nordwestlichen Schottland sind sie sogar häufiger
als die Sommergewitter. Wintergewitter im Innern der Kontinente
sind äusserst seltene Erscheinungen.
Die auf die beiden Monate Juni und Juli fast gleich verteilten
Häufigkeitszahlen, wobei an den einzelnen Stationen das Maximum
bald auf den einen, bald auf den anderen Monat fällt, lässt erwarten,
dass der Verlauf der Jahreskurve kein ganz einfacher ist. In der
That hat v. Bezold 1 ) zuerst für Mitteleuropa ein doppeltes Maximum
der Gewitterhäufigkeit nachgewiesen. Die Tabelle auf S. 258 gibt nach
Meyer 2 ) die jährliche Periode der Gewitter nach Dekaden. Die
Zahlen werte sind alle, wenn nichts anderes bemerkt ist, aus den
Jahren 1876 — 85 genommen.
Mit Ausnahme von Breslau ist das doppelte Maximum im Sommer
vorhanden. Dabei treten die extremen Werte allgemein im Westen
später ein, als im Osten. Das erste Maximum fällt im Westen auf
den Anfang Juli, bei den zuletzt aufgeführten Stationen bereits auf
Ende Juni. Das zweite Sommermaximum fällt im Westen auf Ende
August, in Triest, Petersburg und Moskau auf Anfang August und
im Uralgebiete auf die zweite Hälfte des Juli.
Dass auch eine jährliche Periode der Fortpflanzungsgeschwindig-
keit der Gewitter wenigstens für unsere Gegenden vorhanden ist,
geht aus folgender Zusammenstellung für Süddeutschland aus den
Jahren 1882 — 1887 hervor, in welcher die mittlere Fortpflanzungs-
geschwindigkeit für die einzelnen Monate angegeben ist:
Dez.
Jan.
Febr.
März
April
Mai
Juni
Juli
Aug.
Sept.
Okt.
Nov.
49,0
68,6»
—
46,0
36,6*
37,8
39,6
39,1
44,0
41,8
44,8
64,0
In der kälteren Jahreszeit ist also die Fortpflanzungsgeschwin-
digkeit erheblich grösser, als in der wärmeren, eine Thatsache, die
höchst wahrscheinlich mit der jährlichen Periode der Windstärke und
*) Ueber das doppelte Maximum in der Häufigkeit der Gewitter während
der Sommermonate. Sitzungsber. d. k. b. Akad. d. Wiss. zu München. 1875. Heft II.
2 ) Met. Zeitschr. 1888. S. 86.
Digitized by VjOOQ IC
Gewitter. Geographische Verteilung.
261
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März 1-11
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1
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April 1-10
11—20
21—30
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Mai 1—10
11—20
21—30
10
31
40
10
12
8
9
8
18
11
4
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12
13
15
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10
11
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11
8
7
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2
13
6
8
5
Juni 31—9
10—19
20-29
43
44
46
10
9
13
10
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12
15
16
20
20
15
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19
13
20
15
19
12
16
17
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19
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10
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22
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27
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12
Juli 30—9
10—19
20-29
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17
13
19
20
14
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13
22
23
20
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15
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13
20
14
15
12
17
22
16
26
17
17
23
24
28
16
29
27
Aug. 30—8
9—18
19—28
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14
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9
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12
15
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10
11
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17
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12
10
Sept. 29—7
8—17
18—27
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2
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2
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10
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4
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1
Okt. 28-7
8—17
18—27
28-31
8
4
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1
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1
2
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—
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-
—
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1
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-
-
-
-
November .
Dezember .
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—
-
1
1
-
2
1
2
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1
1
-
—
der davon abhängigen Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Depressionen
zusammenhängt.
Ueber die geographsiche Verteilung der Gewitter gibt die nach-
stehende Tabelle nach Fritz Aufschluss, in welcher I.. die Anzahl
der Gewittertage im Jahre, II. die Anzahl der in Rechnung ge-
zogenen Stationen und III. die Längen der Beobachtungsreihen an-
gibt; neu eingefügte Werte sind durch ein * neben der Station ge-
kennzeichnet.
I. II. III.
Frankreich, S 16 3 6—76
N 17 7 8-9
Schweiz, nördlich vom Hochgebirge ... 19 15 6—52
Schweiz, Hochgebirge 7 15 2—25
Holland 18 4 7-29
Belgien 21 7 4—31
Italien 88 4 11—50
Griechenland 31 2 5—10
Ungarn 22 3 11—14
Oesterreich, südlich der Donau 23 13 4—91
, nördlich der Donau .... 24 5 4—51
Baden 22 4 17-32
Württemberg* 21 19 10
Digitized by VjOOQ IC
262
Gewitter. Geographische Verteilung.
I. IL III.
Bayern, südlich der Donau 21 10 7—57
nördlich der Donau 20 7 4-25
Rheinland, Hessen, Westfalen 19 16 5-75
Sachsen 17 18 3-29
Preussisch-Schlesien 21 3 11—12
Hannover 15 2 13—20
Schleswig-Holstein, Mecklenburg .... 18 4 10-38
Provinz Sachsen und Brandenburg ... 17 3 8 — 120
W-Preussen 13 1 15
Deutsche Nordsee . . . . 22 4 10
Deutsche Ostsee 16 5 10
Grossbritannien 7 6 5—25
Norrland* 6 — 10
Svealand* 8 — 10
Götaland* 10 — 10
Norwegen, SE* 7 - 10
SW* 6 — 10
Romsdal, Trondhjem* 4 — 10
Nordland* 2 - 10
Finnmarken* 2 — 10
Finnland 2 — ?— 12
Kurland, Esthland, Petersburg 11 5 4—102
Grossrussland, nördlich von 60 ü n. B. . . 10 2 ?— 15
südlich von 60° n. B. ... 23 3 5-9
W-Russland 16 1 11
Klein-Russland 9 1 13
S-Russland 16 3 4—11
Kasan 17 3 1—8
Perm (Ural 25 3 11
Georgien (Tiflis) 25 1 6
Altai 19 2 7-11
Borneo 54 1 9
Java 97 3 6—17
Aegypten selten
Vereinigte Staaten, nördlich von 40 ° n. B. . 33 3 13—35
südlich von 40 ° n. B. . 88 3 1—20
Westindien 36 3 (mehrere).
Diese Zusammenstellung lässt allerdings eine Zunahme der Ge-
witter mit abnehmender Breite im allgemeinen zwar erkennen, in-
dessen ist diese Zunahme keineswegs eine regelmässige, indem sie
abhängig ist von der Temperatur, von der Dampfmenge der Luft
und von den Niederschlägen.
In den Tropen, wo zur Zeit, wenn der Passat aufgehört hat zu
wehen, warme, feuchte Luftmassen in einer fast bewegungslosen Atmo-
sphäre mit verhältnismässig grosser Intensität emporsteigen, kommen
fast täglich heftige Gewitter zum Ausbruch. Selbst in den Konti-
nenten ist bei ruhiger Luft die Dampfmenge hinreichend, um in dem
mächtig aufsteigenden Luftstrome Gewitter zu erzeugen. Wenn da-
gegen der Passat weht, so wird im allgemeinen die Entstehung eines
aufsteigenden Luftstromes verhindert und lokale Gewitter können nicht
zustande kommen. In der gemässigten Zone sind die Gewitter weniger
häufig und beschränken sich fast ausschliesslich auf die wärmere Jahres-
zeit. Weiter nach Norden hin werden Gewitter noch seltener und
kommen dann, wie bereits gesagt, am häufigsten in der kälteren
Jahreszeit vor.
Digitized by VjOOQ IC
Optische Erscheinungen. 263
VIII. Optische Erscheinungen in der Atmosphäre.
Der Regenbogen.
Die Erscheinung des Regenbogens beruht auf der Brechung und
Reflexion der Sonnenstrahlen im Innern der kugelförmigen Wasser-
tropfen. Der Regenbogen erscheint bei niederfallendem Regen, wenn
gleichzeitig die Sonne scheint. Er bildet der Sonne gegenüber einen
nach aussen hin rot, nach innen hin violett gefärbten Kreisbogen,
dessen Mittelpunkt mit dem Auge des Beobachters und der Sonne
in einer Geraden liegt. Jeder Beobachter sieht hierbei einen eigenen
Bogen. Steht die Sonne gerade im Horizonte, so ist der Regenbogen
ein voller Halbkreis, kleiner erscheint er, wenn die Sonne höher,
grösser, wenn dieselbe niedriger steht. Da der Radius des Regen-
bogens nahezu unveränderlich ist (etwa 41°), so entsteht ein Regen-
bogen überhaupt nicht mehr, wenn die Höhe der Sonne eine gewisse
Grenze überschritten hat. Die Aufeinanderfolge der Farben entspricht
derjenigen des Spektrums, bei welchem die Farbenabstufung eine
unvollständige ist. An der äusseren Seite des Hauptbogens sieht man
häufig einen viel lichtschwächeren Nebenbogen, der die umgekehrte
Farbenfolge von derjenigen des Hauptbogens zeigt. Der Radius
dieses Nebenbogens beträgt, bis zum Violett gerechnet, 54°.
Die Theorie des Regenbogens findet sich in jedem Lehrbuch der
Physik, worauf wir hier 'verweisen. Wir bemerken nur, dass der
Hauptregenbogen durch eine einmalige Zurückwerfung und eine zwei-
malige Brechung der Sonnenstrahlung, und der Nebenbogen durch
zweimalige Zurückwerfung und durch zweimalige Brechung entsteht.
Zuweilen, insbesondere bei böigem Wetter, wo die Regenschauer
vielfach nur eine beschränkte Ausdehnung haben, erscheinen unvoll-
ständige Regenbogen, welche wohl als Vorboten von stürmischer
Witterung gehalten werden, die aber eher das Erlöschen der Stürme,
deren Begleiter die Böen sind, anzeigen dürften.
Auch bei starkem Nebel kann ein Regenbogen entstehen (Nebel-
regenbogen oder Nebelfresser), welcher indessen keine Färbung
zeigt, sondern weiss ist. Der Radius dieses Regenbogens ist um
etwa 3 l j% ° kleiner, als derjenige des gewöhnlichen. Es lehrt nämlich
die Theorie des Regenbogens, dass der Radius um so kleiner ist, je
kleiner die Wassertropfen sind, welche ihn verursachen.
Auch der Mond erzeugt einen Regenbogen, gerade so wie die
Sonne, indessen ist derselbe, entsprechend dem schwächeren Lichte
des Mondes, erheblich schwächer, und daher kommt es, dass wir ihn
sehr selten bemerken und dann nur bei Vollmond.
Höfe und Ringe um Sonne und Mond. Nebensonnen und
Nebenmonde etc.
Die Höfe oder kleinen Ringe, welche man namentlich um den
Mond zuweilen bemerkt, zeigen prismatische Färbungen in derselben
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264 Optische Erscheinungen.
Weise, wie der Regenbogen, nach aussen rot, nach innen violett.
Der innerste Ring schliesst sich unmittelbar dem Mond oder der Sonne
an, während der äusserste nur wenige Grad Durchmesser hat. Diese
Erscheinung, welche durch dünne, vor der Sonne oder dem Monde
vorüberziehende Wolken verursacht wird, erklärt man durch die
Beugung, welche die Lichtstrahlen an den in der Atmosphäre schwe-
benden kleinen Wasserkügelchen erleiden. Man kann diese farbigen
Ringe beobachten, wenn man durch ein schwach angehauchtes Glas
eine Lichtflamme betrachtet.
Die grösseren Ringe haben gewöhnlich einen Durchmesser von
22° oder 46°. Mitunter ist diese Erscheinung begleitet von lichten
Bogen, welche an den Durchschnittsstellen am hellsten sind, welch
letztere Nebensonnen oder Nebenmonde genannt werden. Die Er-
scheinung der Nebensonnen, welche bei niedrigem Sonnenstande,
strenger Kälte und im hohen Norden am häufigsten vorkommen, zeigt
sehr viele Verschiedenheiten. In der folgenden Figur 75 geben wir
nach dem Vorgange Günthers (Geophysik) eine Darstellung des
Fig. 75.
von dem jüngeren Lowitz beschriebenen „ Petersburger Phänomens",
in welcher der äussere Kreis den Horizont, Z das Zenith, P den
Nordpol der Ekliptik, £ den wirklichen Ort der (gerade kulminierenden)
Sonne, Ii V £ 2 etc. die Nebensonnen angeben. Die in der Figur
nicht ausgefüllten Kreisringe erschienen in der Natur auch nur mit
weissem Glänze, die in der Figur schraffierten waren farbig.
Man erklärt diese Erscheinung als eine Wirkung der Reflexion
und der Brechung der Lichtstrahlen in den feinen Eisnadeln, welche
in den höheren Regionen unserer Atmosphäre schweben.
Andere optische Erscheinungen, welche bei Nebelwetter
vorkommen, sind der Ulloaring, das Brockengespenst und der
Glorienschein. Die erstere Erscheinung tritt dann auf, wenn der
Beobachter die Sonne im Rücken und die Nebelwand vor sich hat,
wobei derselbe den Schatten seines Kopfes mit Farbenringen umgeben
sieht. Das Brockengespenst beobachtet man unter denselben Um-
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Optische Erscheinungen.
265
ständen nicht selten in Gebirgsgegenden. Fig. 70 zeigt eine der-
artige Erscheinung, welche Tissandier beim Besteigen des Pic-du-
midi beobachtete. Man sieht dann sein eigenes Schattenbild in
riesiger Grösse. Die Riesengrösse des Schattenbildes beruht auf
optischer Täuschung, indem wir die Entfernung grösser schätzen, als
sie wirklich ist. Unter Glorien- oder Heiligenschein versteht man
farbige Ringe, die man zuweilen um den eigenen Kopfschatten er-
Fig. 76.
blickt, wenn derselbe auf eine betaute Fläche fällt. Der Vorgang
erklärt sich nach Lommel durch eine wiederholte Brechung und
eine einmalige Reflexion der Lichtstrahlen.
Eine weitere optische Erscheinung, welche auf der totalen Re-
flexion beruht, ist die Luftspiegelung. An heiteren windstillen
Tagen kann es vorkommen, dass die Erdoberfläche so stark erhitzt
wird, dass die ihr unmittelbar anliegenden Luftschichten eine Zu-
nahme des Luftdruckes nach oben hin, allerdings nur bis zu einer
geringen Entfernung vom Erdboden, zeigen. Ein von einem höheren
Gegenstande kommender Lichtstrahl wird beim Uebergange in die
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266
Optische Erscheinungen.
dünneren Luftschichten immer mehr vom Einfallslote gebrochen, bis
er zuletzt so schief auffällt, dass er nicht mehr gebrochen werden
kann, sondern zurückgeworfen wird. In diesem Falle erscheint das
umgekehrte Bild unter dem Horizonte. Andererseits sieht man auf
der See oder an den Meeresküsten zuweilen ein umgekehrtes Bild
über dem Horizonte, wenn die der Meeresfläche unmittelbar auf-
lagernden Luftschichten eine erhebliche Abnahme der Dichte mit der
Höhe haben. Fig. 77 zeigt eine Luftspiegelung, welche von Kapitän
Mehring am 3. April 1885, 8 h p. m. in der Bass-Strasse beobachtet
wurde (Wetter: Himmel heiter, NE 5, Lufttemperatur 18°, Wasser-
temperatur 16°).
Andere Erscheinungen, wie das Zittern der Gegenstände über
einer stark erhitzten Fläche, das Funkeln der Sterne etc. beruhen
Fig. 77.
auf der Brechung und der Reflexion der Lichtstrahlen durch Luft
von ungleichmässiger Dichte.
Die Dämmerungserscheinungen haben nach Kiessling
ihren Grund in der Absorption und Beugung des Lichtes, welche die
Kondensationsprodukte in den untersten Atmosphärenschichten auf
das durchgehende Sonnenlicht ausüben. Sie lassen sich in allen
Einzelheiten durch Lichtbeugung in künstlich erzeugtem Nebel experi-
mentell darstellen. Die Theorie der Dämmerungserscheinungen ge-
hört in das Gebiet der Optik; wir wollen uns hier nur mit den Vor-
gängen selbst beschäftigen.
Kiessling beschreibt den Verlauf einer normalen Dämmerung
in folgender sehr zutreffenden Weise *) :
„Eine normale, in allen Phasen vollständig ausgeprägte, farben-
*) Die üämmerungserscheinungen im Jahre 1883 und ihre physikalische
Erklärung. Hamburg und Leipzig 1885.
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Optische Erscheinungen. 267
reiche Dämmerung kann sich nur unter den ihr günstigen Bedingungen
bei wolkenlosem Himmel entwickeln und ist deshalb eine nicht regel-
mässig auftretende Erscheinung. In seltener Vollkommenheit konnte
dieselbe im vergangenen Jahre (1883) in der letzten Hälfte des Sep-
tember im ganzen nördlichen Deutschland beobachtet werden...* 4
Die folgende Darstellung bezieht sich ausschliesslich auf die Er-
scheinungen bei der Abenddämmerung, welche sich von der Morgen-
dämmerung im wesentlichen nur durch die umgekehrte Reihenfolge
unterscheidet, in welcher die einzelnen Phasen aufeinander folgen.
„Das Phänomen einer vollkommen entwickelten normalen Däm-
merung kann als ein dreiaktiges Schauspiel bezeichnet werden, wel-
chem stets ein einfaches Vorspiel vorausgeht und bisweilen, aber
doch verhältnismässig selten, ein Nachspiel folgt; es spielen sich
jedoch diese als verschiedene Akte bezeichneten Phasen des gesamten
Phänomens nicht zeitlich streng voneinander getrennt ab, sondern sie
entwickeln sich zum Teil gleichzeitig nebeneinander, und ineinander
übergehend.
„Das Vorspiel der Dämmerung umfasst eine Reihe wenig in
die Augen fallender Veränderungen, welche sich am westlichen
Himmel noch vor Sonnenuntergang vollziehen. Bereits am frühen
Nachmittag, wenn die Sonne noch am Himmel steht, ist dieselbe,
wenigstens in unseren nördlichen Breiten, von einem hellen, weiss-
lichen Schein umgeben, welcher in gleicher Ausdehnung nach allen
Seiten hin sich deutlich vom dunkleren Himmel abhebt. Seit dem
Herbst des Jahres 1883 scheint dieser Schein von einem rauchig
rötlichen Ring umgeben zu sein, welcher noch gegenwärtig (März
1885) unter günstigen Verhältnissen wahrgenommen werden kann;
derselbe tritt um so deutlicher hervor, je klarer und reiner die Luft
ist. Solange die Sonne noch hoch über dem Horizont steht, befindet
sie sich genau in der Mitte dieses kreisförmigen Scheines; sobald sie
sich aber dem Horizont nähert, tritt sie unter den Mittelpunkt des
Scheines, dessen Randfärbung zugleich an Ausdehnung erheblich zu-
nimmt. Damit hat der erste Akt des allmählich am Abendhimmel
sich entwickelnden Dämmerungsschauspieles begonnen. Während die
Sonne ganz zum Horizont hinabsinkt, bildet sich die exzentrische
Stellung in dem sie umgebenden Schein immer entschiedener aus.
Bei 2 — 3° Horizontalabstand ist sie schon unter den unteren Rand
desselben hinuntergetreten. Zugleich erblasst die Randfärbung ver-
hältnismässig schnell, und wenn die Sonne meist als dunkelorange
leuchtende, aber glanzlose Scheibe in die gewöhnlich dem Horizont
aufgelagerte Nebelbank einsinkt, hat sich über ihr in etwa 15 — 20°
Höhe ein heller, gelblichweiss glänzender, nahezu kreisförmiger Fleck
ausgebildet. Unterdessen hat auch schon, bei aufmerksamer Beob-
achtung deutlich erkennbar, der zweite Akt der Dämmerung be-
gonnen, nämlich die Entwickelung zum Horizont parallel liegender
farbiger Schichten. Dieselben machen sich zuerst in erheblichem
Masse der untergehenden Sonne gerade gegenüber am östlichen
Horizont bemerkbar, wo der Himmel in grosser seitlicher Ausdehnung
allmählich eine bläulich violette, bisweilen ins Rötliche hinüber-
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268 Optische Erscheinungen.
spielende Färbung annimmt. Diese bildet die sogenannte Gegen-
dämnierung, deren Höhe und Intensität wesentlich von der An-
wesenheit lichtreflektierender Nebel oder Wolkengebilde beeinflusst
wird. Sobald die Sonne unter den Horizont hinabgesunken ist, wird
am Osthimmel, unmittelbar dem Horizont aufliegend, ein mehr oder
minder deutlich nach oben abgegrenzter, sehr schmaler, ganz dunkel-
blaugrauer Streifen, der sogenannte Erdschatten, erkennbar. Während
die Sonne immer tiefer unter den Horizont hinabsinkt, gewinnt die
Gegendämmerung erheblich an Farbentiefe und räumlicher Ausdeh-
nung, aber mit stets wechselndem Umfang; zugleich steigt die obere
Grenze des Erdschattens gleichmässig. Etwa 20 — 25 Minuten nach
Sonnenuntergang nimmt jedoch die Färbung der Gegendämmerung
auffallend schnell an Intensität ab, und zugleich entzieht sich die
Grenze des Erdschattens der Wahrnehmung. Während diese Er-
scheinungen am östlichen Horizont sich abspielen, sind gleichzeitig
am westlichen Himmel, über der untergegangenen Sonne, erhebliche
Veränderungen eingetreten. Der helle weissliche Schein hat weder
seine Färbung, noch seine Stellung zum Horizont wesentlich geändert,
hingegen haben sich, nachdem die Sonne den Horizont überschritten
hat, intensiv leuchtende, horizontale farbige Schichten entwickelt, und
zwar unter fortgesetzter seitlicher und vertikaler Ausbreitung. Daher
wird, trotz bedeutender Abnahme der allgemeinen Helligkeit, doch
in der unmittelbar vom westlichen Horizont ausgehenden Lichtwirkung
eine Steigerung bemerkbar. Ueber dem meist bräunlich glänzenden,
dem Horizont aufliegenden Dunst erhebt sich eine breite, ockergelb
leuchtende Schicht, welche bisweilen durch einen deutlich entwickelten
gelblichgrtinen Streifen von dem über den ganzen westlichen Himmel
ausgebreiteten weisslichen Dämmerungsschein getrennt erscheint. Un-
mittelbar nachdem die Gegendämmerung im Osten ihre grösste Aus-
breitung und Farbenintensität erreicht hat, also 20 — 25 Minuten nach
Sonnenuntergang, beginnt der dritte, weitaus interessanteste Akt der
Dämmerung, die Entwicklung des sogenannten Purpurlichtes. Ver-
hältnismässig hoch über den horizontalen Farbenschichten beginnt in
ziemlicher Ausdehnung ein rötlicher Farbenton im hellen Blau des
Himmels sich geltend zu machen, zuerst so schwach, dass nur ein
sehr geübtes Auge diese Farbenyeränderung zu erkennen vermag;
doch wächst dieser rötliche Schimmer überraschend schnell an In-
tensität, während zu gleicher Zeit die Gegendämmerung im Osten
ganz schnell erblasst, so dass oft schon nach 2 — 3 Minuten nur noch
ein schwacher blassvioletter Schimmer am östlichen Horizont be-
merkbar ist. Diese rosenrote Färbung erreicht ungefähr in derselben
Höhe, in welcher unmittelbar nach Sonnenuntergang der oben er-
wähnte hellglänzende Fleck sich ausgebildet hatte, also etwa 25°
über dem Horizont, die grösste Intensität. Sie bildet dann eine
nahezu kreisförmige Fläche mit äusserst zart, namentlich oben und
seitwärts verwaschenen Rändern, welche selten höher als 45° hinauf-
reichen. Dieser wunderbar glänzende rosenrote Schimmer gleitet in
schnell sinkender Bewegung hinter den horizontalen Farbenschichten
hinab, dehnt sich dabei seitwärts aus und vermischt sich deutlich
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Optische Erscheinungen.
269
erkennbar mit den vor ihm liegenden Färbungen, das Gelb in
Orange, das Orange in Zinnoberrot verwandelnd. Ist die Sonne etwa
5 — 6° unter den Horizont gesunken, so ist auch das Purpurlicht
hinter dem hellen Segment am westlichen Himmel verschwunden,
und der weitere Verlauf der Dämmerung besteht im allgemeinen nur
in dem fortgesetzt schnellen Sinken des zuletzt nur noch mattrötlich
schimmernden Dämmerungsscheines am westlichen Himmel. Die Fi-
guren 78, 79 und 80, in welchen die horizontale Strichelung rosa und
blaue Farbentöne (resp. zuunterst weiss und hellgrün), die senk-
rechte gelbe und rotbraune bezeichnet, sollen in drei aufeinander-
folgenden Phasen die Entwicklung des Purpurlichtes am westlichen
Abendhimmel nach Sonnenuntergang veranschaulichen.
Fig. 78.
Fig. 79.
Fig. 80.
„Bisweilen, aber verhältnismässig selten, folgt dem dritten Akt
der Dämmerung als merkwürdiges Nachspiel ein einmaliges Wieder-
aufleuchten des bereits untergegangenen Purpurlichtes über dem
bereits tief gesunkenen Dämmerungsschein, mit vorausgehender Gegen-
dämmerung im Osten. Dieses sogenannte zweite Purpurlicht ist aber
meistenteils von so geringer Intensität, dass nur das Auge eines auf-
merksamen Beobachters es zu erkennen vermag; sehr selten be-
wirkt es eine allgemein auffallende Verlängerung der gewöhnlichen
Dämmerung."
Die sehr glänzenden Dämmerungserscheinungen, welche vom
Herbste 1883 bis zu Anfang des Jahres 1884 dauerten, sind, wie
Kiessling nachgewiesen hat, durch die vulkanische Katastrophe auf
der Insel Krakatau verursacht worden, indem die in die Atmosphäre
emporgetriebenen, vergasten und zerstiebten, mit Verbrennungspro-
dukten vermischten Wassermassen jene optischen Wirkungen her-
vorriefen.
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270
Polarlicht.
Mit den vorhin genannten glänzenden Dämmerungserscheinungen
im Zusammenhange stehend und derselben Ursache entspringend ist
der zuerst von Sereno Bishop in Honolulu am 5. September 1883
beobachtete und nach ihm benannte Bishop'sche Ring* Diese Er-
scheinung bestand darin, dass die gewöhnlich blassblaue Umgebung
der Sonne in einem Abstand von etwa 5 — 6° eine rötliche Färbung
zeigte und nach aussen hin eine mehr bräunlichrote Farbe annahm,
welche nach und nach in das Blau des Himmels überging. Die
grösste Farbenentwickelung war in einem Radius von 14 — 15°, die
Ausdehnung der ganzen Erscheinung etwa 25 — 30° von der Sonne 1 ).
Schliesslich führen wir noch eine kleine Tabelle nach Riggen-
bach 2 ) über die Bestimmung der Sonnentiefe bei den Phasen der
beiden Purpurlichter an, welche zeigt, dass diese Momente wesentlich
dieselben geblieben sind:
Jahr 1800
Erstes Purpurlicht
Zweites Purpurlicht
Beobachter
Beginn
Grösste
Helle
Ende
Beginn
Grösste
Helle
Ende
Necker ....
Bravais . . .
v. Bezold. . .
Hellmann . .
Riggenbach .
33—37
41—44
63—64
76—77
83—85
4,1«
2,6
3,8
3,1
4,40
4,4
4,3
4,0
5,80
6,4
6,0
6,0
6,1
6,80
9,80
8,3
12,70
13,4
11,3
10,1
Die blaue Farbe des Himmels hat ihre Ursache in der Eigen-
schaft der Luft, von den verschiedenfarbigen Strahlen, die das Sonnen-
licht zusammensetzen, am leichtesten die blauen Strahlen zu reflek-
tieren. Die Intensität der blauen Färbung ist im allgemeinen grösser
im Zenith, als am Horizont, grösser nach dem Regen, als vor dem-
selben, grösser in den Tropen, als in höheren Breiten, grösser mit
der Erhebung von der Erdoberfläche. Dunstkügelchen, Nebel, Rauch-
und Staubteilchen beeinträchtigen das Blau des Himmels.
Das Polarlicht.
Eine interessante, bisher noch nicht genügend erklärte Erschei-
nung, die aber ohne Zweifel mit dem Erdmagnetismus zusammen-
hängt, ist das Polarlicht, welches auf unserer Hemisphäre als Nord-
licht, auf der südlichen als Südlicht bezeichnet wird und in hohen
Breiten häufig beobachtet wird. Nach Ende der Dämmerung beginnt
das Nordlicht mit der Bildung eines hellen Lichtbogens mit einem
darunterliegenden dunklen Segment. Indem der Lichtbogen sowohl
an Breite als auch an Glanz zunimmt, beginnen aus ihm Licht-
strahlen emporzuschiessen, welche an Intensität und Ausdehnung eine
J ) Beobachtungen über den B i s h o p'schen Ring und über das erste
Purpurlicht. Arnsberg 1886.
2 ) Siehe Met. Zeitschr. 1886. S. 471.
Digitized by VjOOQ IC
Polarlicht.
271
ausserordentlich grosse Abwechselung zeigen. Bei sehr starker Ent-
wicklung des Nordlichtes, wie sie in unseren Breiten wohl kaum vor-
kommt, -schiessen diese Strahlen über den Zenith hinaus, sich zu einer
Krone vereinigend, deren Mittelpunkt südlich vom Zenith liegt. Der
Mittelpunkt des hellen Segments liegt nicht im astronomischen, son-
dern im magnetischen Nordpol, und ferner fallen die konvergierenden
Lichtstrahlen mit der Richtung der erdmagnetischen Kraft zusammen.
Dieses, sowie der Umstand, dass Nordlichter fast stets von erd-
magnetischen Störungen begleitet sind, um so stärker, je intensiver
das Nordlicht ist, führt unmittelbar auf den Zusammenhang dieser
beiden Erscheinungen hin. In besonderem Glänze erscheinen die
Nordlichter in den Polargegenden. Auf der Station Nain, welche
etwas südlich von der Maximalzone der Intensität und Häufigkeit der
Fig. 81.
Nordlicht, beobachtet in Belgien (31. Januar 1881).
Nordlichter liegt, bestanden die Nordlichter hauptsächlich aus Bogen
und Bändern, die sich oft in grösserer Anzahl über den Himmel
spannten. „ Polargewölk und -Strahlen waren sehr häufige Erschei-
nungsformen. Das Polarlicht begann meistens mit Strahlen, die von
irgend einem Punkte gegen den Zenith schössen; bald darauf zeigte
sich dann durch den Zenith oder über dem Nordhimmel ein Bogen
oder ein Band; dasselbe teilte sich, es bildeten sich andere parallel
zu ihm, die Bänder und Bogen erhoben sich darauf zum Zenith,
überschritten denselben und senkten sich gegen den Südhorizont,
wanderten darauf zurück, bildeten hierbei beim Passieren des Zeniths
eine Krone und senkten sich wieder zum Nordhorizonte, darauf er-
blasste die Erscheinung oder es begann das Spiel von neuem. Bei-
nahe jedesmal, wenn eine intensivere Erscheinung vorübergegangen
war, blieb der Himmel an den verschiedensten Stellen mit Polarlicht-
dunstmassen bedeckt; eine aufmerksamere Betrachtung derselben
zeigte, dass diese Dunstmassen nichts anderes waren, als die übrig-
gebliebenen Fragmente der voraufgegangenen brillanteren Erschei-
nungen. Sehr häufig wurde beobachtet, dass ein Bogen seine
Digitized by VjOOQ IC
272
Polarlicht.
regelmässige Kontur und Gestalt behielt, solange er eine Höhe von
25° nicht überschritt; stieg jedoch sein Scheitel höher gegen den
Zenith, so verlor der Bogen seine regelmässige Gestalt, nahm Bänder-
form an, geriet ins Wallen und überschritt dann, häufig hierbei eine
Krone bildend, den Zenith** *). Die Figuren 82 und 83 zeigen zwei in
Nain beobachtete Nordlichterscheinungen.
Das so vielfach bestrittene Nordlichtgeräusch wurde auf den
Polarstationen (Nain, Kingua-Fjord , Bossekop) nicht vernommen.
Fig. 82.
Nordlicht zu Nain, 1883 am 3. Febr. 8h 33m p. m.
Fig. 83.
Nordlicht zu Nain, 1882 am 11. Dez. 7h 50m p. m.
Unterhalb der Wolken und zwischen naheliegenden Bergen wurden
Nordlichter nicht beobachtet.
Die Zahl der beobachteten Tage mit Nordlichtern betrug in
Kingua-Fjord vom 13. September 1882 bis Ende April 1883 104,
in Nain vom 12. Oktober 1882 bis 3. August 1883 132, die Summe
*) Koch: Resultate der Polarlicht-Beob. , äugest, im Winter 1882—83;
aus dem deutschen Polarwerke.
Digitized by VjOOQ IC
Wechselwirkung der meteorologischen Elemente. 273
der Nordlichtstunden in Bossekop von September 1882 bis April
1888 war 1101.
Nach den Beobachtungen in Kingua-Fjord von Januar bis April
1883 scheint daselbst das Polarlicht zur Zeit des Wintersolstitiums
zwei Maxitaa zu haben, die bei Annäherung an das Frühlingsäqui-
noktium auf die Mitternachtsstunden zusammenrücken.
IX. Wechselwirkung der meteorologischen Elemente.
Das Wetter.
In den vorhergehenden Kapiteln haben wir die einzelnen meteoro-
logischen Elemente unabhängig voneinander betrachtet, ohne besonders
Bücksicht darauf zu nehmen, dass dieselben in stetiger Wechsel-
wirkung zu einander stehen und das zusammensetzen, was wir mit
dem Ausdrucke „Wetter" bezeichnen. Um nun aber die Entstehung
der verschiedenen Witterungszustände und ihre mannigfaltigen Wechsel
kennen zu lernen und hierfür bestimmte Gesetze abzuleiten, wird es
notwendig sein, die Wechselwirkung der einzelnen Elemente kennen
zu lernen und die Einwirkung jedes Elementes auch dem Grade nach
so viel wie möglich zu bestimmen.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass durch den Wind die
Witterung einer Gegend nach der anderen übertragen wird, so dass
also die gegenwärtigen und zukünftigen Witterungsphänomene in
innigem Zusammenhange stehen mit den Windverhältnissen und deren
Aenderungen. Nun aber wissen wir, dass die Windverhältnisse eines
Ortes abhängig sind von der jeweiligen Luftdruckverteilung und diese
wiederum ihren letzten Grund hat in der Erwärmung durch die
Sonnenstrahlung und der Unterlage. Es wäre also der Meteorologie
das Problem gestellt, die Wärmeverhältnisse unserer Atmosphäre genau
festzustellen, ihre Aenderungen in der täglichen und jährlichen Periode
für jeden Ort der Erde zu bestimmen, hieraus Gesetze für die Luft-
druckverteilung und deren Aenderungen abzuleiten, woraus sich dann
die Erklärung aller Folgeerscheinungen ergeben würde, so dass sich
also hieran eine sichere Vorausbestimmung des Wetters knüpfen liesse.
Dieses Problem ist aber bis jetzt noch lange nicht gelöst und
wird voraussichtlich noch lange der vollständigen Lösung harren.
Wir sind daher nicht imstande, die Wechselwirkung der einzelnen
meteorologischen Elemente in erschöpfender Weise zu behandeln,
sondern müssen uns damit begnügen, die Thatsachen hier wiederzu-
geben, welche durch Beobachtung und Untersuchung mehr oder
weniger sicher festgestellt sind.
Am auffallendsten ist die Beziehung des Windes zu den Witte-
rungserscheinungen, so dass man schon frühzeitig hierauf aufmerksam
wurde» Schon Lambert schlug im Jahre 1771 vor, die Witterungs-
erscheinungen nach den Winden zu klassifizieren (Windrosen).
Van Bebb er , Meteorologie. 18
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274
Windrosen.
Später haben hauptsächlich Leopold v. Buch und Dove für die
verschiedenen meteorologischen Elemente Windrosen, d. h. Mittel-
werte, die bestimmten Windrichtungen entsprechen, konstruiert. Allein
schon bei Berechnung der Windrosen machte man die Wahrnehmung,
dass eine und dieselbe Windrichtung in derselben Jahreszeit mit sehr
verschiedenem Witterungscharakter behaftet sein kann, und diese
Thatsache war der Untersuchungsmethode sehr hinderlich. Wie wir
bereits oben S. 158 kurz auseinandergesetzt haben, kreist der Wind
auf der nördlichen Hemisphäre um ein barometrisches Minimum gegen
die Bewegung der Uhrzeiger, um ein Maximum mit derselben, so
dass ein und derselbe Wind ganz verschiedenen Ursprung haben kann,
eine Thatsache, welche Dove durch die Worte kennzeichnet: „Die
Winde sind Lügner, welche ihren Ursprung verleugnen/ Beispiels-
weise entstammt in unseren Gegenden ein SW einem W und NW,
wenn er einem Minimum angehört, und einem S oder SE, wenn er
einem Maximum angehört.
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend, ordnete Koppen 1 ) das
zweijährige Beobachtungsmaterial von St. Petersburg (1872/73) von
7 h a. m. auf Grundlagen der Wetterkarten nach folgenden vier Kate-
gorien: 1. das Zentrum der Isobare von Petersburg liegt im niederen
Luftdrucke (Cyklone); 2. im höheren Luftdrucke (Anticyklone); 3. die
Isobare verläuft auf längerer Strecke geradlinig, oder in unregel-
mässigen kleinen Knickungen (neutral): I.Petersburg liegt im wind-
stillen inneren Räume einer Anticyklone. Trotz der sehr kurzen
in Betracht gezogenen Beobachtungsreihe lassen sich aus der Tabelle
Seite 272, welche die Hauptresultate der Köppen'schen Unter-
suchung wiedergibt, die charakteristischen Züge doch sehr gut er-
kennen. Die Zahlen für Luftdruck und Temperatur bedeuten Ab-
weichungen vom Mittel.
Nach der Bess ersehen Formel berechnet, ergibt sich für die Lage
der Extreme der thermischen Windrose und die Amplitude derselben:
Temperatur - Abweichung. Mittel
der 8 Windstriche
Richtung des wärmsten Windes .
Richtung des kältesten Windes .
Wärmster — kältester Wind . .
Winterhalbjahr
Cyklone
Anti-
cyklone
Neutral
+ 2.760
S30E
NSOW
5,80
— 1,420
S68<>W
N680E
10,30
+ 0,600
S41°W
N410 E
10,20
Sommerhalbjahr
Cyklone
— 0,490
S 120 e
N120W
5,10
Anti-
Cyklone
+ 1,150
S220W
N220E
2,10
Neutral
+ 0,510
S50W
N50E
5,20
Es ist bekannt, dass ein Witterungsumschlag eintreten kann,
ohne dass die Windrichtung sich ändert; dieses erklärt sich daher,
dass der Wind, ohne Aenderung der Richtung aus der anticyklonalen
Krümmung in die cyklonale übergeht, wenn beispielsweise ein Mini-
mum im Westen sich nähert, und umgekehrt.
Indem wir die eben erörterte Methode bei neuen Berechnungen
von Windrosen empfehlen, verzichten wir darauf, hier nach der älteren
*) Ueber die Abhängigkeit des klimatischen Charakters der Winde von
ihrem Ursprünge. Rep. für Meteorologie. Bd. IV. Nr. 4. 1874.
Digitized by VjOOQ IC
Windrosen.
I. Oktober bis März.
275
NE E SE
s sw
w
NW Diff.
Cyklone
Zahl
Stärke .
Luftdruck
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
Anticyklone
Zahl
Stärke
Luftdruck
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
Neutral
-Zahl
Stärke
Luftdruck -
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
5
2,4
— 10,8
+ 0,6
9,4
0,8
4
2,0
+ 2,3
-6,6
6,7
0,5
5
2,2
-8,0
+ 2,0
10,0
1,0
4
1,8
+ 11,5
— 3,0
8,8
0,2
6
5
2,0
1,8
+ 6,7
+ 4,6
-0,8
-5,6
7,3
7,2
0,8
0,6
7
2,0
— 5,0
+ 2,6
10,0
0,5
12
1,7
+ 13,1
- 7,1
4,9
0,2
10
3,1
+ 5,0
— 3,5
6,5
0,5
12
2,8
— 6,8
+ 4,0
10,0
0,9
20
2,3
+ 10,9
-M
8,0
0,7
25
2,6
+ 1,7
+ 1,7
8,8
0,5
2,8
-8,6
+ 5,6
9,3
0,7
15
1,8
+ 10,1
8,0
0,5
23
1,9
+ 8,1
+ 4,1
9,0
0,5
26
3,2
-9,9
+ 5,5
8,5
0,8
20
2,0
+ 7,1
4-3,6
8,7
0,8
10
2,3
-2,6
+ 7,1
9,1
0,3
9
2,9
— 8,5
+ 3,7
7,3
0,7
12
2,7
+ 1,1
+ 5,8
7,2
0,5
7
2,1
— 0,4
+ 2,4
6,9
0,4
13
2,8
-8,5
-M
7,5
0,6
13
, 2 ' X
+ 5,4
-0,1
7,2
0,2
13
3,0
— 3,4
-0,6
5,4
0,5
5,8
7,5
2,7
0,5
12,0
12,9
3,9
0,5
9,1
12,7
3,7
0,5
n. April bis September.
NE
SE
SW
w
NW
Diff.
5,6
6.9
3,9
0,5
5,9
8,6
2,3
0,5
3,4
7,6
3,1
0,5
Cyklone
Zahl
Stärke
Luftdruck
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
Anticyklone
Zahl
Stärke
Luftdruck
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
Neutral
Zahl
Stärke
Luftdruck
Temperatur
Bewölkung
Regenwahrscheinlichkeit
7
2,0
-6,9
-6,0
7,1
0,9
12
1,7
+ 3,3
-0,1
4,1
0,2
8
1,5
+ 1,9
-3,8
5,6
0,1
8
1,5
- 2,9
-1,0
8,5
0,8
12
1,0
+ 7,2
+ 0,6
3,6
0,2
27
1,4
+ 3,4
0,0
5,4
0,3
11
2,2
-4,7
+ 0,5
7,6
0,8
t
10
2,5
+ 1,3
- 1,0
6,6
0,5
29
2,5
— 5,9
+ 1,0
7,7
0,7
11
2,4
+ 4,4
+ M
4,5
0,5
17
1,8
+ 2,5
+ 2,4
5,9
0,4
18
1,6
-8,7
+ 1,9
7,9
0,8
2
1,0
+ 3,5
+ 1,0
5,0
0,0
6
2,0
+ 0,3
+ 3,8
7,7
0,7
21
2,0
— 6,2
+ 1,7
6,2
0,9
t
6
1,2
1,3
8,5
3,0
0,0
12
, *'*
+ 0,8
+ 2,6
4,6
0,3
14
2,0
-6,6
-2,3
7,1
0,6
t
4
1,2
0,0
-1,0
4,7
0,3
10
2,8
-7,4
-0,7
4,6
0,4
1,0
+ 5,1
+ 0,3
3,5
0,1
10
2,0
4-1,8
+ M
6,1
0,6
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276 Barometrische Maxima.
Methode berechnete Windrosen wiederzugeben, da sie aus dem an-
gegebenen Grunde im allgemeinen nicht geeignet sind, Thatsachen
mit voller Bestimmtheit darzustellen. Es sei hier nur noch bemerkt.
dass die Aufstellung der Regenwindrosen zum grossen Teile die Ur-
sache dazu gab, dass die irrigen Vorstellungen von der Entstehung
der Niederschläge sich so lange erhalten konnten.
Erst nachdem man die Eigentümlichkeiten der barometrischen
Maxima und Minima erkannt hatte, war es möglich, einen innigeren
Zusammenhang zwischen Luftdruck, Wind und Wetter aufzufinden.
Mit dieser Erkenntnis hatte man neue Gesichtspunkte gewonnen, die
man noch vor etwa 30 Jahren kaum gekannt hatte. Von diesen Ge-
sichtspunkten aus wollen wir die Wechselwirkung der meteorologischen
Elemente nun näher betrachten. Im folgenden werden wir zunächst
die barometrischen Maxima und Minima und die sie begleitenden
Witterungserscheinungen betrachten, wobei wir uns hauptsächlich
auf unsere Gegenden beschränken.
Barometrische Maxima.
Bei den Witterungsvorgängen in unseren Gegenden spielen die
beiden auf unseren Isobarenkarten Tafel III und IV angegebenen baro-
metrischen Maxima, das der Rossbreiten über dem nordatlantischen
Ozean und das nur in der kälteren Jahreszeit existierende im asiati-
schen Kontinente, die Hauptrolle, wie ich weiter unten noch des
näheren zeigen werde. Charakteristische Züge in der Druckverteilung
im Winter sind der hohe Luftdruck über Südeuropa und die rasche
Abnahme desselben nach Norden, insbesondere nach Nordwesten hin
über die britischen Inseln hinaus, wodurch lebhafte südwestliche
Winde mit trüber, feuchter Witterung bedingt werden, dann die
Abnahme dieser Luftdruckdifferenzen nach dem Sommer , hin durch
Zunahme des Luftdrucks über Nordeuropa und Abnahme im Süden,
womit eine Schwächung der südwestlichen Luftströmung und häufigeres
Umkehren des Gradienten verknüpft sind. Der hohe Luftdruck im
Süden Europas ist im Winter die Brücke zwischen dem atlantischen
barometrischen Maximum der Rossbreiten, welches den Passat vo*i
den vorherrschenden Westwinden trennt, und dem grossen asiatischen
Maximum. Wenn das asiatische Maximum im Sommer einem Mini-
mum Platz gemacht hat, beschränkt sich das atlantische Maximum
auf den Ozean, zuweilen eine Zunge hohen Luftdruckes nach Süd-
westeuropa hinübersendend und so das Vorwalten der südwestlichen
und westlichen Winde mit Trübung und Niederschlägen begünstigend.
Der hohe Luftdruck des asiatischen Maximums breitet sich im
Winter nicht selten westwärts nach Nordeuropa aus, östliche Winde
mit klarer, trockener und eisigkalter Luft hervorrufend; zuweilen um-
schliesst es Zentraleuropa, welches, jetzt ausser dem Bereiche des
wanmen, feuchten ozeanischen Luftstromes liegend, unter dem Ein-
flüsse der durch klare^ trockene und ruhige Luft begünstigten Aus-
strahlung rasch und stark erkaltet, oder es verschiebt sich nach Süd-
osteuropa oder nach der Alpengegend und schafft der ozeanischen Luft
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Barometrische Maxima. 277
über Europa freien Zutritt, welche jetzt in breitem, lebhaftem Strome
bis weit in den Kontinent hinein vordringt, tiberall mildes, feuchtes
Wetter hervorbringend.
Aber auch das atlantische Maximum breitet sich nicht selten
nord- oder nordostwärts nach den britischen Inseln oder Frankreich
aus, und dieser Vorgang ist durch das Eintreten von nasskalter
Witterung gekennzeichnet, wie sie insbesondere im Frühjahr und
Sommer vorzukommen pflegt. Greift dieser hohe Luftdruck nach
unseren Gegenden hinüber, wobei (im Winter) öfters eine Verbindung
mit dem asiatischen Maximum stattfindet, so ist die Witterung ruhig
und heiter, im Winter kalt, im Sommer warm.
Von diesen beiden grossen Maxima lösen sich nicht selten kleinere
Teile los, die dann eine kürzere oder längere Zeit Bestand ha-ben,
sich selbständig weiter umgestalten und fortbewegen, oder es ent-
wickeln sich auf irgend einem Gebiete barometrische Maxima, die
aber gewöhnlich rasch wieder verschwinden oder sich an ein Haupt-
maximum anschliessen.
Diese wenigen Bemerkungen dürften genügen, den entschiedenen
Einfluss der barometrischen Maxima auf unsere Witterungsvorgänge,
ja auf den Witterungscharakter ganzer Monate und Jahreszeiten anzu-
deuten, aber es geht auch daraus hervor, dass diese Wirkungen nicht
durch die Maxima an und fttr sich hervorgebracht werden, sondern
nur durch das Zusammenwirken mit den barometrischen Minima.
Wir dürfen daher die Maxima nicht allein für sich betrachten, son-
dern in Verbindung mit den barometrischen Minima. Indessen lassen
wir zunächst einige allgemeine Erörterungen folgen, welche sich
hauptsächlich auf barometrische Maxima beziehen.
Bereits oben hatten wir Gelegenheit zu bemerken, dass die Ent-
stehung und Unterhaltung des die Tropenzone einschliessenden Gürtels
hohen Luftdruckes durch den aus der Höhe niedersinkenden Luft-
strom bedingt wird, welcher am Aequator aufstieg, so dass die Luft-
druckdifferenzen beständig unterhalten werden, wodurch ein fort-
dauernder Kreislauf der atmosphärischen Bewegungen geschaffen
wird. Auch die barometrischen Maxima oder die Anticyklonen unserer
Gegenden werden durch Luftmassen gespeist, welche aus grösserer
Höhe, entweder aus anomal erwärmten Gegenden hauptsächlich
niedriger Breiten oder aus Gebieten niederen Luftdruckes (Depressionen),
die beständig den hohen Luftdruck umkreisen, abfliessen und nieder-
sinken (siehe S. 158, Fig. 35), so dass hierdurch die unten nach
allen Seiten hin fortströmenden Luftmassen ersetzt werden und eine
vertikale Zirkulation der Luft unterhalten wird. Während die De-
pressionen gewöhnlich nur einen verhältnismässig geringen Querschnitt
haben, aber in ihrem Innern eine sehr energische Luftbewegung
zeigen, überdecken die barometrischen Maxima meist grosse Länder-
strecken und zeigen in ihrem Bereiche Winde, die im Innern ausser-
ordentlich schwach sind und nach der Peripherie hin nur sehr lang-
sam an Stärke zunehmen.
Ein vertikaler Kreislauf der Luftmassen im obigen Sinne kann
nur dadurch zustande kommen, dass der nach aussen gerichtete
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278 Barometrische Maxima.
Gradient über dem Maximum nach und nach mit der Höhe abnimmt,
bis er nach und nach in den entgegengesetzten, nach innen gerichteten
übergeht und an Grösse zunimmt. In der Umgebung der angrenzenden
Cyklonen scheint der Gradient gewöhnlich sehr ähnliche Aenderungen
mit der Höhe zu zeigen, so dass derselbe allmählich eine der unteren
entgegengesetzte Richtung annimmt.
Da die Strömungen der Luftmassen über dem barometrischen Maxi-
mum in der Höhe nach dem zentralen Teile hingehen und unten von
diesem sich entfernen, so muss in jenem die Luft herabsinken zum
Ersätze der unten abfliessenden Luft. Beim Herabsinken wird die Luft
erwärmt, und zwar für je 100 m um etwa 1° C; dabei nimmt die
relative Feuchtigkeit der Luft beständig ab, und diese erlangt, unten
angekommen, die Fähigkeit, den Wasserdampf leicht in sich aufzu-
nehmen. Hiernach werden wir über dem Gebiete des Maximums
warme und trockene Luft antreffen. Indessen ist dieses in den
untersten Schichten häufig nicht der Fall, vielmehr zeigen diese in
der kälteren Jahreszeit gewöhnlich eine grosse Kälte, so dass unsere
strengen Winter (Strahlungswinter) vielfach der Entwickelung und
Beständigkeit von Luftdruckmaxima ihren Ursprung und ihre längere
Dauer verdanken. Die Bewegung der über dem Maximum herab-
sinkenden Luft erlahmt nämlich nach und nach und geht in grösserer
oder geringerer Entfernung von der stark abgekühlten Erdoberfläche,
auf welcher eine kalte, schwere Luftschicht unmittelbar aufliegt, in
die horizontale Richtung über. Besonders geeignet zur Ansammlung
von kalter Luft sind die Thalbecken, die bei diesem Zustand von
jeder Zirkulation ausgeschlossen sind. Die in diesen sich entwickeln-
den Wasserdämpfe kondensieren sich bei Unterbrechung der Insolation
zu Nebeln, welche sich immer weiter aufwärts ausbreiten bis hinauf
zu den Regionen, wohin die warme trockene Luft niedersinkt. Da
die Luftschichten sich nach der Schwere übereinander ordnen und
das Niedersinken des von oben kommenden Luftstromes in sehr
schräger Richtung geschieht, die weiter unten in die horizontale über-
geht, so kommt es nicht selten vor, dass die Nebelschichte in einer
gewissen Höhe ganz scharf von trockener durchsichtiger Luft begrenzt
ist, und von den daraus hervorragenden Berggipfeln gesehen, wie
ein leicht wogendes Meer aussieht, eine Erscheinung, die man selbst
auf niedrigen Berggipfeln zu sehen Gelegenheit hat. Durch den eben
dargestellten Vorgang ist der Wärmetransport von oben her fast voll-
ständig abgeschnitten und nur selten stürzen die warmen Luftmassen
der Höhe föhnartig in die Niederungen. Daher erklärt es sich auch,
warum die oben besprochenen Zustände sich so lange erhalten können.
Bei der Besprechung der vertikalen Temperaturzunahme haben
wir Beispiele angeführt, welche auf die Eigentümlichkeiten der baro-
metrischen Maxima zurückzuführen sind , weshalb wir auf jene hier
verweisen (vergl. S. 55).
Die barometrischen Maxima sind die beständigen Begleiter strenger
Winterkälte. Hierbei ist aber das Vorhandensein oder die Abwesenheit
einer Schneedecke von sehr hervorragender Bedeutung. Die Schwan-
kungen der Bodentemperatur sind schon in geringer Tiefe bedeutend
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Barometrische Maxima.
279
Heiner als die der Luft, und folgen denjenigen der Luft sehr langsam,
so dass mitten im Winter der Boden in sehr geringer Tiefe erheblich
wärmer ist, als die Luft. Das Hinzutreten der Schneedecke, welche
bekanntlich ein sehr schlechter Wärmeleiter ist, hebt die Verbindung
von Boden und Luft auf, die Wärmezufuhr vom Boden wird der Luft
entzogen und die Schneeoberfläche strahlt jetzt ungehemmt bei klarem
Himmel aus, ohne hierfür vom Boden einen Ersatz zu erhalten. Bei
Abwesenheit der Schneedecke wird ein Wärmeaustausch zwischen
Boden und Luft unterhalten, und hierdurch das Temperaturminimum
abgestumpft. Es ist bekannt, dass den grossen, denkwürdigen Kälte-
epochen 1788/89 und 1829/30 ausgedehnte Schneefälle vorangingen.
Ebenso wurde der sehr strenge Winter 1879/80 durch einen Schnee-
sturm eingeleitet, welcher ganz Zentraleuropa mit einer dicken Schnee-
decke einhüllte. Dagegen war auch im Winter 1881/82 Zentral-
europa von lang andauernden Maxima frequentiert, aber hauptsächlich
wegen der fehlenden Schneedecke kamen sehr tiefe Kälteextreme
nicht vor.
Die barometrischen Maxima können eine ausserordentliche Höhe
erreichen. Die mittleren und absoluten Maxima, auf das Meeres-
niveau reduziert, betrugen nach Woeikof 1 ):
See-
höhe
Mittlere Maxima
Absolute Maxima
Dez.
Jan.
Febr.
Nertschim
Barnaul .
Irkntsk .
k, Hüttenwerk .
1870—77
1873—77
1870—77
140 m
461
660
788,1
790,4
787,8
787,8
790,8
490,4
782,6
786,2
784,9
802,1
790,5 (vergl. unten)
790,6
Ferner gibt Hann 2 ) noch folgende absolute barometrische Maxima
(reduziert auf das Meeresniveau):
St. Petersburg ... 16. Jan. 1869 9h p. m. (Seehöhe 4,7m) = 796,5mm bei — 20,00 C. u. SE
Moskau 16. „ 1869 10 a. m. ( „ 156 ) = 797,2 „ — 28,4 u. Calme
Wilna 16. „ 1869 7 a. m. ( „ 118 ) = 793,9 „ — 16,9 u. SE 4
Jenisseisk .... 15. „ 1872 7 a. m. ( „ 80 ) = 796,8 „ — 18,6 u. Calme
„ .... 16. Dez. 1877 9 p. m. ( „ 80 ) = 799,7 „ — 38,0 U. „
Irbit 14. „ 1877 9 p. m. ( „ 68 ) = 797,3 „ —35,0 U. „
Omsk 15. „ 1877 9 p. m. ( n 80 ) = 799,4 „ —38,1 u. „
Barnaul 17. „ 1877 9 p. m. ( „ 140 ) = 803,7 „ — 47,9 U. „
Semipalatinsk ... 16. „ 1877 9 p. m. ( „ 182 ) = 805,7 „ — 48,6 u. E 1
NukUBS 16. „ 1877 7 a. m. ( „ 66 ) = 796,0 „ - 31,3 U. ENE
Petro-Alexandrowsk . 16. „ 1877 7 a. m. ( „ 100 ) = 795,0 B - 31,0 u. NE
Dass auch in unseren Gegenden sehr erhebliche Maxima vor-
kommen können, zeigen folgende Zahlenangaben: In Paris wurde am
6. Februar ein Barometerstand von 787,2 mm, am 17. Januar von
786,7 mm beobachtet. Am 16. Januar 1882 überdeckte ein baro-
metrisches Maximum von über 785 mm das grosse Gebiet zwischen
Triest, Brüssel, Kopenhagen, Wilna und Hermannstadt; in Hamburg
erreichte der Barometerstand am Vormittage dieses Tages 786,9 mm,
während seit 1836 der höchste Stand etwa 782 mm betrug. Der
') Zeitschr. d. Oesterr. met. Gesellschaft, XV, 1880. S. 408.
*) ebend. XVII, 1882. S. 94.
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280
Barometrische Maxima.
Barometerstand an jenem Tage ist als der höchste zu bezeichnen,
welcher innerhalb 50 Jahren in Nordwestdeutschland beobachtet
wurde. Das Maximum war in Swinemünde 787,5 mm, in Neufahr-
wasser 788,3 mm. In Zentraleuropa betrug der Luftdruck innerhalb
des Zentralraumes des Maximums 5 Tage hindurch mehr als 785 mm
und 8 Tage hindurch mehr als 780 mm. Während der Herrschaft
dieses Maximums war in den Alpengegenden in d^en höheren Re-
gionen das Wetter hell und ausserordentlich mild, während unten
eisige Kälte bei Dunst und Nebel herrschte.
Vergleichen wir den höchsten in Semipalatinsk beobachteten
Barometerstand (805,7 mm) mit dem tiefsten bisher beobachteten (in
Ochtertyrhe am 26. Januar 1884 694,3 mm), so erhalten wir die
ausserordentliche Differenz von 111,4mm, ein Betrag, der nahezu
dem Gewichte des sechsten Teils der Atmosphäre gleichkommt.
Die Form, Ausdehnung und Fortpflanzung der barometrischen
Maxima, sowie die Beziehung der Maxima und Minima hat E. Loomis
in neuerer Zeit eingehend untersucht 1 ). Einige der Hauptresultate
dieser Untersuchung mögen hier eine Stelle finden, um so mehr, als
die Loomis'schen Arbeiten weniger bekannt sind und beachtet wer*
den, als sie es in der That verdienen.
Die Isobaren um ein barometrisches Maximum sind sehr selten
kreisförmig, sondern nähern sich meistens der Ellipsenform, deren
Achsen nach ihren (Jrössenverhältnissen zwischen weiten Grenzen
variieren. Um das mittlere Verhältnis der Achsen zu erhalten, be-
stimmte Loomis das Verhältnis der grossen und kleinen Achse der
Isobare von 30,2 engl. Zoll =s 767,1 mm, oder der nächst höheren
(30,3 Zoll). Diese Verhältnisse wurden sowohl für Nordamerika als
auch für den Nordatlantischen Ozean und Europa untersucht (d. h.
für die beiden letzteren Gebiete für Maxima über 775 mm). Für das
erstere Gebiet kamen 238 Fälle, für die letzteren 252 Fälle in Be-
tracht. Aus diesen Messungen ergaben sich folgende Zahlen:
a) Nordamerika
grösser als 1,5 in 78% aller Fälle
» » 2 „ 33 „ „
* J» ^ j» 1 » >i
Mittleres Verhältnis 1,91.
b) Atl. Ozean und Europa
grösser als 1,5 in 63°/o aller Fälle
„ 9 2 n 36 „ »
1) $ W J> O „ n
t « ^ n 1 n *
Mittleres Verhältnis 1,84»
Durch Anwendung desselben Materials erhielt I^oomis für die
Richtung der grösseren Achse folgende Werte (von N über J2 nach
S zu zählen):
a) Für Nordamerika:
Azimut
o/o der Fälle
Azimut
% der Fälle
Azimut
o/ der FäOle
0-10
8
60—70
8
120-130
4
10—80
6
70—80
4
130—140
3
20-40
30—30
6
80—90
5
140—150
4
12
90—100
1
150—160
3
40—60
10
100—110
1
160—170
4
50—60
13
110-120
2
170—180
6
*) Contributions to Meteorology by Elias Loomis. Chaptqr II, Revised
Edition. New Haven 1887.
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Barometrische Maxima. 28 t
b) Für den Atlantischen Ozean und Nordeuropa:
Azimut o/o der Fälle Azimut % der Falle Azimut % der Fälle
0—10 8 60—70 10 HO— 180 «
10^20 8 70—80 12 180—140 7
80—30 8 80—90 9 140—160 4
80—40 4 »0-100 « lßO— MO 2
40-50 6 100—110 7 160—170 2
50—60 8 110—120 5 170—180 8
Nach der letzteren Tabelle fällt die grösste Häufigkeit der
Richtung der grossen Achse auf N 44° E für die Vereinigten Staaten,
und für den Atlantischen Ozean und Nordeuropa auf N 75° E; im
ersteren Falle kommen 72°/o aller Fälle auf das Azimut 0—90°,
im letzteren 69°/o auf das Azimut 40—130°. Wie wir weiter unten
sehen werden, sind die Verhältnisse für die Minima ganz ähnlich.
Hervorzuheben ist, dass sowohl bei den Maxima als bei den Minima
die Isobaren in Nordamerika eine länglichere Gestalt haben, als auf
dem Atlantischen Ozean und Europa, und dass für die letzteren Ge-
biete die Richtung der grossen Achse mehr nach Ost neigt, als filr
das erstere Gebiet, und zwar beträgt dieser Unterschied im Mittel 31 °,
wogegen die Richtung der grossen Achse bei den Minima in allen
diesen Gebieten fast gleich ist.
Nahezu drei Viertel aller hier bezüglich der Maxima in Betracht
kommenden Fälle entfallen auf die kälteren 6 Monate, in welcher Zeit
der hohe Luftdruck über Asien westwärts über Europa hinaus sich
mit der Zone höchsten Luftdruckes über dem Ozean in der Nähe
von 32° n. B. verbindet, und hierin liegt wahrscheinlich der Grund
der Abweichung in der Lage der grossen Achse höchsten Luftdruckes
in Europa.
Zwischen einer Area mit hohem und einer benachbarten mit
niederem Luftdrucke bildet die Isobare von 30,0 Zoll (762,0 mm) ge-
wöhnlich eine nahezu gerade Linie. Liegt eine Area hohen Luft-
druckes zwischen zwei nicht zu entfernt liegenden Depressionen, so
hat sie gewöhnlich eine längliche Form, so dass die sie umgebenden
Isobaren auf viele tausend Seemeilen nahezu geradlinig verlaufen.
Die 52 Maxima (783,6 mm und darüber), welche Loomis in
Bezug auf Geschwindigkeit und die sie begleitenden Temperatur-
verhältnisse untersuchte, verteilten sich in der jährlichen Periode
folgendermassen :
Oki Nov. Dax. Jan. Febr. Harz
Fälle l (am 86) 10 a H 16 3 (spätestens am tf.)
Hiernach entfallen diese sämtlichen Maxima auf die Zeit vom
26. Oktober bis zum 12. März.
Am häufigsten sind die barometrischen Maxima nördlich vom
46.° n. B. und westlich von 100° N. w. L,, wobei sie in 4,8° mehr süd-
licher Breite und in 16,4° östlicher Länge zuletzt beobachtet wurden,
so dass dieselben also nach südöstlicher Richtung fortschreiten, und
zwar im Mittel nach S 40° E (S 57° E für die Maxima östlich vom
Felsengebirge). Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit betrug mit Berück-
sichtigung der Krümmungen 9,4 m pro Sekunde. Hieraus folgt, dass
für die Vereinigten Staaten die Bewegungsrichtung der Maxima mehr
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282 Barometrische Maxima.
südlich und ihre Fortpflanzungsgeschwindigkeit erheblich geringer
ist, als die der Minima.
Hervorzuheben ist die ungewöhnlich tiefe Temperatur, welche
die Maxima in Nordamerika begleitet. Die folgende kleine Tabelle
gibt die Temperaturabweichungen für die kältere Jahreszeit eines
12jährigen Zeitraumes:
Barometer mm 774,7—777,2 777,2—779,8 779,8—782,3 782,3-784,8 784,8—787,4 787,4—789,9
Temp.-Abw. °C. — 10,0 — 11,3 - 13,2 — 14,6 — 18,2 — 18,8
Es nimmt also mit wachsendem Luftdrucke die Temperatur be-
ständig ab. Die tiefste Temperatur in obigen Fällen wurde beobachtet
zu Fort Bufort (—40,6° C).
Eine weitere Untersuchung ergibt, dass das barometrische Maxi-
mum und die grösste Temperaturabweichung örtlich gewöhnlich nicht
zusammenfallen, sondern im Mittel 400 Miles auseinanderliegen, wobei
die letztere gewöhnlich auf der Nordseite des Barometermaximums
sich befindet.
Umgekehrt wurde untersucht, wie hoch der Luftdruck bei sehr
tiefen Temperaturen war, und auch hier stellte sich dasselbe Ver-
hältnis heraus.
Für die wärmere Jahreszeit stellte sich ein ähnliches Resultat
heraus: Bei Maxima über 770 mm lag die Temperatur um 4,7° unter
dem Normalwerte, so dass also in jeder Jahreszeit für Nordamerika
die Temperatur im Bereiche des Maximums unter dem Normalwerte
liegt. Dabei ergab sich, dass die Temperaturabweichung bei hohem
Drucke mit der Annäherung an die atlantische Küste abnimmt.
Als mittlerer Abstand des Zentrums des barometrischen Maxi-
mums von demjenigen des Minimums wurde gefunden: auf der Ost-
seite 2371 und auf der Westseite 2381 Miles, welchem die niedrigsten
Isobaren entsprechen: auf der Ostseite 741,4, auf der Westseite
751,1 mm, so dass bei gleichem Abstände der Gradient auf der Ost-
seite doppelt so gross war, als auf der Westseite.
Einem ungewöhnlich hohen barometrischen Maximum entspricht
in der Regel ein Minimum von massiger Tiefe, und umgekehrt einem
ausserordentlich tiefen Minimum ein massiges Maximum; sind aber
beide Gegensätze extrem ausgebildet, so zeigen auch die Zentren eine
ungewöhnlich grosse Entfernung.
Diese Untersuchungen hat Loomis auch für den Nordatlantischen
Ozean und Europa durchgeführt. Es wurden 82 Fälle mit einem
Maximum von 785 mm in Betracht gezogen, welche alle auf die
kältere Jahreszeit fielen. Nur in 2 Fällen lag das Maximum über
dem Atlantischen Ozean, in den übrigen 80 Fällen über dem euro-
päisch-asiatischen Kontinente, und zwar in drei Viertel der Fälle über
Asien. In 19 Fällen betrug die höchste Isobare 790,0 mm, in 5
795,5, in einem Falle 800,0 mm (1. Januar 1867 bei Omsk). Die
Fortpflanzung war meistens langsam und unregelmässig, aber unter
14 Fällen, wo das Gebiet ungewöhnlich hohen Luftdruckes mehrere
Tage nacheinander erkenntlich blieb, waren 11, an welchen das
Zentrum am letzten Tage südlicher lag, als am ersten, dagegen in
3 Fällen lag dasselbe mehr nördlich, so dass also eine Fortpflanzung
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Barometrische Maxima. 283
nach Süden vorherrschte. Dabei war die Bewegung in 5 Fällen west-
wärts, in 8 Fällen ostwärts, so dass also die südostwärts gerichtete
Bewegung die häufigere zu sein scheint.
Die mittlere Geschwindigkeit der Fortpflanzung betrug 3,6 ni
pro Sekunde.
Die mittlere Temperatur im Zentrum der Maxima war — 25,4°,
in den drei eigentlichen Wintermonaten — 28,9° C, ein Resultat,
welches mit demjenigen für die Vereinigten Staaten ganz gut über-
einstimmt.
Die mittlere Breite der Maxima, 2740 Miles, ist etwas grösser,
wie sie oben für die Vereinigten Staaten angegeben ist. Die niedrigste
Isobare auf der Westseite war im Mittel 739,0 mm (nur in zwei
Fällen unter 730,0), so dass auch hier, wie in Nordamerika, einem
aussergewöhnlich hohen Luftdruck nicht auch ein ungewöhnlich tiefer
Luftdruck in der Nachbarschaft entspricht. Die mittlere Entfernung
des Zentrums des hohen Luftdruckes von demjenigen des niedrigen
auf der Westseite betrug 2280 Miles, war also um weniges geringer
als in Nordamerika.
In 81 Fällen (1877 — 84) existierte in irgend einer Gegend der
Nordhemisphäre eine Isobare von 784,4 mm, von diesen entfielen 29
auf den Januar, 4 auf den Februar, 5 auf den März, 1 auf den
Oktober, 8 auf den November und 34 auf den Dezember, so dass
Januar und Dezember allein 79°/o aller Fälle umfassen. 74 Fälle
kamen auf den europäisch-asiatischen Kontinent, 6 auf Nordamerika
und 1 auf den Ozean südwestlich von Island; die ersteren 74 Fälle
verteilen sich folgendermassen:
Station n. B. ö. L. Fälle Station n. 8. ö. L. Fälle
Viatka 58,6<> 49,70 i Barnaul .... 53,3<> 83,80 9
Jenisseisk . . . 58,4 92,1 32 Irkutsk .... 52,3 104,3 2
Katharinenburg 56,8 60,6 4 Warschau . . . 52,2 21, 1
Tomsk 56,5 85,0 1 Nertschinsk . . 51,3 119,6 7
Kasan 55,8 49,0 2 Akmolinsk . . . 51,2 71,4 1
Moskau .... 55,8 37,5 1 Senüpalatinsk . 50,4 80,2 7
Krotkowo . . . 53,8 48,6 3 Taschkent! ... 41,3 69,3 3
Alle oben angegebenen Stationen liegen zwichen dem 50. und
60. Breitengrade, ausser Taschkend, dessen Seehöhe zweifelhaft und
dessen Luftdruckangaben wahrscheinlich etwas zu hoch sind.
In allen 81 Fällen, der eine oben genannte ausgenommen, lag
das Maximum über dem Kontinente, wodurch die Ansicht bestätigt
wird, dass die Kontinente die Bildung hoher Maxima zur Winters-
zeit begünstigen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit dieser hohen
Maxima ist ausserordentlich gering, meistens sind sie mehrere Tage
hindurch stationär. Der mittlere Durchmesser, von N nach S ge-
messen, betrug 55 Meridiangrade oder nahezu 3800 engl. Meilen.
Bemerkenswert ist die niedrige Temperatur in den Maxima: sie
betrug für Europa-Asien (für 7 h a. m. Wash. Zeit) im Mittel — 28° C,
welche Temperatur einer Abweichung von der Normaltemperatur von
— 10,6° entspricht, also einer geringeren, als unter gleichen Um-
ständen in Nordamerika, was dem Umstände zuzuschreiben sein dürfte,
dass in Zentralasien in dieser Jahreszeit das Thermometer fast un-
unterbrochen sehr niedrig steht. Hoher Luftdruck und tiefe Tem-
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284 Barometrische Minima.
peratur bedingen sich nach Loomis gegenseitig, indem bei tiefer
Temperatur die Luft eich verdichtet und einen Zufluss in den oberen
Regionen erhält, und umgekehrt hoher, von klarem Wetter begleiteter
Luftdruck die Entstehung tiefer Temperaturen durch Ausstrahlung
begünstigt.
Uebereinstimmend mit den Verhältnissen in Nordamerika fällt
im Innern des asiatischen Kontinentes in der Nähe des 50. Parallel»
die grösste Sommerwärme durchschnittlich mit einem Barometerstande
zusammen, welcher einige Millimeter unter dem Normalstande liegt.
Für Nordeuropa scheint das Umgekehrte Regel zu sein, während
Zentraleuropa den Uebergang bildet.
Auf den Einfluss der barometrischen Maxima auf die Witterung
in unseren Gegenden werde ich weiter unten noch zurückkommen-
Barometrische Minima (Cykionen).
Die bedeutsamsten Forschungen auf dem Gebiete der Cykionen-
theorie wurden in Amerika gemacht, und zwar hauptsächlich von
Ferrel. Die genialen Arbeiten dieses Gelehrten wurden schon vor
etwa 20 Jahren veröffentlicht, fanden jedoch, wenigstens in Europa*
bis vor wenigen Jahren fast keine Beachtung. Gegenwärtig dürften
die Hauptresultate der FerreTschen Untersuchungen keinem Meteoro-
logen mehr unbekannt sein. Während Ferrel seine Resultate fast
ausschliesslich auf dem Wege der Rechnung fand, war Loomis
eifrig und unablässig bemüht, nach statistischer Methode die Gesetze
aufzufinden, welche bei den Witterungserscheinungen , insbesondere
aber in Beziehung zu den Cykionen und Anticyklonen , zu Grunde
liegen. In Europa war durch die Dove'schen Theorien über das
Verhalten der Aequatorial- und Polarströme und die daraus abge-
leiteten Ansichten über Wind und Wetter die Meteorologie in ein
falsches Fahrwasser geraten, woraus sie erst allmählich und nach
vielen Kämpfen wieder freigemacht werden konnte. Nur wenige wagten
es, von Dove abweichende Ansichten zu haben, von welchen wir den
um die Meteorologie hochverdienten Buys»Ballot, dann in Deutsch-
land Prestel, vielleicht auch Mürrhy, dessen kühne, sanguinische
Behauptungen uns allerdings nicht sympathisch sind, nennen wollen.
Hervorzuheben sind die wenigstens für Europa epochemachenden
Untersuchungen über die europäischen Stürme von Mohn, welcher
durch eine Reihe synoptischer Karten den unzweifelhaften Beweis
lieferte, dass die durch Dove vertretenen Ansichten über die Ent-
stehung der europäischen Stürme durch das Nebeneinanderfliessen
der Polar- und Aequatorialströme und den Kampf derselben unhalt-
bar sind, so dass hierdurch in Europa der weiteren Verfolgung einer
falschen Fährte bei Erforschung der Stürme und der Luftbewegung
überhaupt das Ziel gesteckt wurde. Seit dieser Zeit sind die Cykionen
mit ihren Folgeerscheinungen oftmals und von vielen Seiten unter-
sucht worden, und zwar mit entschiedenem Erfolge. Konnten auch
alle bisher bestehenden Unklarheiten noch nicht gänzlich aufgeklärt
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Barometrische Minima. 285
werden, so können wir doch mit grosser Befriedigung auf die in der
neuesten Zeit gewonnenen Resultate zurückschauen und eine ver-
gleichsweise vollständige Lösung des Problems in kürzerer oder
längerer Zeit mit Zuversicht erwarten.
Schon oben, bei der Betrachtung der Beziehungen zwischen Luft*
druck und Wind, haben wir die Kräfte besprochen, welche bei der
Entstehung und weiteren Entwickelung einer Cyklone thätig sind, und
die Luftbewegung um die Cyklone klargestellt. Hier wird es not-
wendig sein, auf die Eigenschaften der Cyklonen, ihre Beziehungen
zu den Anticyklonen und insbesondere zu den Witterungserscheinungen
näher einzugehen.
Die Ursache der Entstehung der Cyklonen liegt in der Gleich-
gewichtsstörung der Atmosphäre, welche ihrerseits bedingt ist durch
die ungleiche Erwärmung durch die Sonne und durch das Verhalten
des Wasserdampfes in der Luft. Die Erwärmung der Luft über
irgend einem Gebiete erfolgt in der bereits oben angegebenen Weise:
die Niveauschichten heben sich und daher erfolgt ein Abfliessen der
Luft, also eine Verminderung der Luftmassen und also auch des
Luftdruckes. Um das gestörte Gleichgewicht wieder herzustellen,
fliesst zum Ersätze die untere Luft hinzu. Ist die erwärmte Luft
feucht, so wird dadurch ein aufsteigender Luftstrom begünstigt, wo-
durch eine Kondensation des Wasserdampfes hervorgerufen wird;
hierdurch erhält die Luft einen neuen Impuls zum Aufsteigen, und
auf diese Weise kann die Gleichgewichtsstörung eine ganz bedeutende
werden und grössere Beständigkeit erhalten.
Wie bereits gesagt, setzen sich gegen die Stelle niedrigsten
Luftdruckes Luftströmungen in Bewegung und diese werden nach
früheren Erörterungen durch die Erdrotation auf der nördlichen
Hemisphäre (die Aequatorialzone ausgeschlossen) nach rechts abge-
lenkt. Da die Luftbewegung von allen Seiten gegen das Gebiet
niedrigsten Luftdruckes gerichtet ist, so muss (ähnlich der Bewegung
des Wassers, welches man aus einem Gefässe durch ein am Boden
befindliches Loch abfliessen lässt) die Tendenz zu einer Wirbel-
bewegung entstehen, welche das Bestreben hat, sich einer kreis- oder
ellipsenartigen Form zu nähern, um so mehr, je stärker die Luft-
bewegung ist. Der Einfluss der Erdrotation, sowie die der hinzu-
tretenden Zentrifugalkraft bewirken eine weitere Luftverdünnung oder
das Fortbestehen derselben, oder, mit anderen Worten, ein weiteres
Fallen des' Barometers im zentralen Räume oder Erhaltung des baro-
metrischen Minimums. Die Bewegung erlischt erst allmählich, haupt-
sächlich durch den Einfluss der Reibung.
Durch die zufliessenden Luftmassen, die allerdings durch Erd-
rotation und Zentrifugalkraft von der direkten Bahn abgelenkt werden,
würde ein verhältnismässig rascher Ausgleich zustande kommen,
wenn nicht die Luft aus dem zentralen Räume der Cyklone beständig
fortgeschafft würde, und dieses geschieht dadurch, dass die Luft im
Innern derselben aufsteigt und in geringerer oder grösserer Entfer-
nung nach auswärts, etwa nach dem barometrischen Maximum, ab-
fliesst, wodurch ein vertikaler Kreislauf der Luft eingeleitet wird,
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286 Barometrische Minima.
wie wir es bereits oben erkannt haben. Kommt noch hinzu, dass
der aufwärts steigende Luftstrom eine grosse Menge Wasserdampf
mit sich führt, welcher beim Aufwärtssteigen sich abkühlt und ver-
dichtet, so wird hierdurch der Auftrieb vermehrt und die Kraft der
Wirbelbewegung verstärkt.
Bei der Besprechung des Wasserdampfes in der Luft haben
wir eingehend die Aenderungen des Wasserdampfgehaltes in auf-
und absteigenden Luftströmen besprochen, wir haben uns hier nur
noch über die Bedeutung der Feuchtigkeit für die Entstehung, Ent-
wicklung und Erhaltung der Cyklonen klar zu machen. Die Wärme-
abnahme mit der Höhe erfolgt im aufsteigenden feuchten Luftstrome
langsamer, als im trockenen, und daher muss bei trockener Luft der
Auftrieb rascher abnehmen, so dass ein Aufsteigen zu grösseren
Höhen mehr erschwert wird. Ist aber der aufsteigende Luftstrom
feucht, so steigt derselbe bis zur Erreichung des Taupunktes wie
trockene Luft empor, dann aber, wenn die Kondensation eintritt,
verlangsamt sich die Abkühlung bedeutend und der Auftrieb erhält
stets wieder neue Impulse, so dass in dieser Weise die Luft zu ganz
bedeutenden Höhen aufsteigen kann. Die aus dem Kondensations-
prozesse hervorgehende Wärme leistet dabei ununterbrochen die
Arbeit, die Luftmassen im Innern der Cyklone emporzuheben und so
zum Abflüsse nach aussen hin zu bringen. Aus dieser Arbeitsquelle
schöpft die Cyklone immer wieder neue Energie und so kann sie sich
längere Zeit erhalten, sich ausbreiten und fortschreiten. Durch die
Bewegung der Luftmassen von einem grösseren Gebiete nach einer
einzigen Stelle hin und durch das Hinzutreten der Erdrotation und
der Zentrifugalkraft wird die Kraft der Bewegung nach dem Innern
der Cyklone konzentriert, so dass hier die Isobaren dicht zusammen-
treten und die Luft die stärkste Bewegung und ihre Richtung die
grösste Abweichung vom Gradienten zeigt. Indessen würde dieser
Zustand von nicht gar langer Dauer sein, wenn nicht der Wasser-
dampf die Hauptrolle übernähme, die unten zufliessende Luft aus
dem Wirbel wegzuschaffen.
Eine Folgeerscheinung der Cyklonenthätigkeit sind Wolken-
bildung und Niederschläge, welche die Cyklone, wie es die Natur
der Sache bedingt, in allen Phasen begleiten. In unseren Gegenden
erfolgen die Niederschläge auf der östlichen Seite der Cyklonen,
d. h. nach jener Richtung hin, nach welcher, wie wir weiter unten noch
des näheren besprechen werden, die Cyklonen fortzuschreiten pflegen.
Aus einer Untersuchung der synoptischen Karten der Ver-
einigten Staaten für 1872 — 73 erhielt Loomis das Ergebnis, dass
jede grössere barometrische Depression von Regenfall begleitet ist,
und die Fläche, über welche sich jener erstreckt, gewöhnlich auf der
Ostseite des Depressionszentrums sich viel weiter ausdehnt, als auf
der westlichen Seite. Nähert sich dort eine Depression der Küste,
so nimmt, wahrscheinlich wegen des vermehrten Wasserdampfes, die
Windgeschwindigkeit rasch zu, während der Regenfall reichlich wird.
Im allgemeinen erfolgt nach Loomis der Hauptregenfall nicht im
Zentrum selbst, sondern bedeutend östlich von diesem.
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Cyklonen, Gestalt und Ausdehnung. 287
Dasselbe Ergebnis erhalt Mohn in seinem Sturmatlas *), dass
nämlich auf der vorderen, also auf der östlichen Seite, Feuchtigkeit
und Wolkenmenge zunehmen, und dass daselbst starker und an-
haltender Regen oder Schnee fällt.
Indessen sind weniger entwickelte Cyklonen, insbesondere solche,
welche die Neigung haben, sich rasch auszufüllen, nicht selten ohne
Regenfall; viele solcher Fälle lassen sich aus den Wetterkarten der
Seewarte zusammenstellen.
In den Tropen sind die Verhältnisse bezüglich der Niederschläge
nicht viel anders, wie in höheren Breiten, nur meist noch aus-
gesprochener.
Der Regenfall kann an und für sich keine bedeutenden Aenderun-
gen des Luftdruckes hervorbringen, sonst müssten rein örtliche Regen-
güsse stets von einem Fallen des Barometers begleitet sein, wenn
auch eine deutliche Wirbelbewegung nicht vorhanden ist. Zudem
müssten in den Tropen bei den ausserordentlich starken Regengüssen
die Luftdruckschwankungen sehr beträchtlich sein, was in der That
fast nie der Fall ist.
Die Entstehung einer Cyklone kann hauptsächlich auf zweierlei
Art geschehen: 1. Auf einem Gebiete mit ziemlich gleichförmig ver-
teiltem Luftdrucke, welches von zwei oder mehreren Gebieten hohen
Luftdruckes begrenzt ist und sich durch höhere Wärme und Wasser-
dampf (auch in den höheren Regionen) von der Nachbarschaft unter-
scheidet, so dass ein Aufsteigen und Abfliessen der Luft in der oben
angegebenen Weise bedingt ist, entwickelt sich ein Gebiet niedrigen
Luftdruckes, eine barometrische Depression, und durch die hinzu-
tretenden Wirkungen der Erdrotation und der Zentrifugalkraft ent-
steht der Wirbel oder die Cyklone, eine Entstehungsart, die den
tropischen Wirbelstürmen eigen ist, oder 2. es bildet sich am Rande
einer schon bestehenden Cyklone in dem Bereiche der cyklonalen
Luftbewegung ein sekundäres Minimum (Teilminimum), welches zu-
erst gewöhnlich durch Ausbuchtung der Isobaren angedeutet ist. Diese
Ausbuchtung verschwindet entweder sehr rasch, oder bildet sich zur
selbständigen Cyklone aus, wobei das Hauptminimum in der Regel
verschwindet. Der letztere Vorgang ist in den ektropischen Zonen
der gewöhnlichere.
Gestalt und Ausdehnung der Cyklonen.
Die Cyklonen der Tropen unterscheiden sich von denjenigen
höherer Breiten, abgesehen von der grösseren Heftigkeit der Luft-
bewegung in denselben, hauptsächlich durch den geringeren Umfang
und die mehr abgerundete, dem Kreise sich nähernde Form. Ausser-
halb der Wendekreise ist die Gestalt der Cyklonen ausserordentlich
verschieden. Entschieden vorherrschend ist die elliptische Form. Als
*) Mohn: Det norske meteorologiske Storm- Atlas udgiv.et med Bistand
af Voden8kabnels. Kabel i Christiania 1860.
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288 Cyklonen, Gestalt und Ausdehnung.
Verhältnis der längeren Achse zur kürzeren fanden Loomis *) als
Mittel aus einem 3jährigen Zeitraum für Nordamerika 1,94, aus den
Hoffnieyer'schen Karten für 1874—76 für den Atlantischen Ozean
1,70, und Verfasser dieses 2 ) aus dem Zeitraum 1876—80 (77 Fälle)
1,78 (für die kältere Jahreszeit 1,75, für die wärmere 1,82). Hier-
nach nähert sich die Form der Cyklonen auf dem Atlantischen Ozean
mehr dem Kreise und weicht von diesem in Amerika am meisten ab.
Die elliptische Form der Cyklonen ist hauptsächlich durch die Lage
der angrenzenden Maxima bedingt. Liegen nämlich zwei Maxima
entgegengesetzt zu beiden Seiten der Cyklone, so wird diese sozu-
sagen zusammengedrückt und nimmt eine ovale Form an. Ausserdem
nimmt der Einfluss der Erdrotation mit der Breite zu, welcher Um-
stand auf die Form der Cyklonen nicht ohne Einfluss sein dürfte.
Aus der ovalen Form folgt nach Loomis noch nicht, dass die Zentri-
fugalkraft in unseren Breiten fast ganz zurücktreten müsse.
Durch Benutzung desselben Materials erhielt Loomis für die
Richtung der grösseren Achse folgende Mittelwerte (der Winkel
[Azimut] ist von N über E nach S zu zählen):
1. Für die Vereinigten Staaten:
Azimut
o/o der Fälle
Azimut
o/ der Falle
Azimut
o/ der Fälle
o—ioo
io~aö
SO— 30
30—40
40—50
50—60
7
*
7
15
10
9
60-70
70— 80
80—90
90—100
100—110
110-120
3
7
4
6
4
3
120—1300
180—140
140—150
150—160
160—170
170—180
1
3
3
3
3
4
2. Für
den Nordatlantisohen
Ozean:
o—ioo
10-20
20—30
»0—40
40—50
50-60
8
7
7
8
9
8
60—70
70—80
80—90
90—100
100—110
110—120
5
6
6
8
5
2
120-1300
130-140
140—150
150-160
160—170
170—180
4
6
4
2
2
8
Nach meinen Untersuchungen (Typische Witterungserscheinungen)
ergaben sich für Europa folgende Lagen der längeren Achse:
1. Oktober bis März
N NNE NE
ENE
E
ESE
SE
SSE
9 3 11
5
10
1
6
3
2. April bis September
3 3 4
6
6
1
4
1
3. Jahr
12 6 15
11
16
2
10
5
Die mittlere Richtung der grossen Achse ist für die Vereinigten
Staaten N 36° E, für den Atlantischen Ozean übereinstimmend
N 35° E, für Europa ist die nordöstliche bis östliche Richtung Über-
wiegend, und scheint dieselbe von der Jahreszeit wenig abhängig zu
*) Loomis: Contrib. of Met. XI Paper. Amer. Journ. of sc. and astr.
Vol. XVIII. July 1879.
2 ) Van Bebber: Typisohe Witterungsersch. in „Aus dem Archiv d. See-
warte". V. 1882. S. 45.
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Cy klonen, Gestalt und Ausdehnung. 289
sein. Die Resultate stimmen also für das ganze Gebiet zwischen
Felsengebirge und Ural im allgemeinen ganz gut überein, und diese
Uebereinstimmung deutet auf eine allgemein wirkende Ursache hin,
welche in der mittleren Luftdruckverteilung und in dem Einflüsse
der Erdrotation zu suchen sein dürfte.
Ist das Depressionsgebiet umfangreich und von länglicher Form,
so befinden sich in demselben nicht selten zwei Depressionszentren,
von welchen jedes sein eigenes Windsystem besitzt, wobei indessen
beide durch eine neutrale Zone mit schwachen,, veränderlichen Winden
geschieden sind. Gewöhnlich entwickelt sich eines von diesen beiden
Depressionszentren auf Kosten des andern, welch letzteres sich dann
. Jsoiare/ inv Meeresrubreau/
.._„_....•.. J&obartw tut/ Tniülerav JVvfretat/ der
Mm .... •Isothermen*,
rasch ausfüllt. Auch drei und noch mehr Depressionszentren kommen
in demselben Gebiete niedrigen Luftdruckes vor; gewöhnlich sind diese
dann von unbedeutender Tiefe und von schwacher Luftbewegung
umgeben, aber für die Witterungsverhältnisse oft von hervorragender
Bedeutung.
Der Umfang der Cyklonen ist sehr verschieden; derselbe ist
in den Tropen gewöhnlich sehr gering und nimmt mit zunehmender
Breite rasch zu. In unseren Gegenden ist der Umfang der De-
pressionsgebiete meist erheblich. Loomis bemerkt, dass der Durch-
messer einer Depression mit einem Windsystem häufig 1600 engl.
Meilen beträgt, während Depressionen mit mehreren Zentren und
mehreren Windsystemen oft 6000 engl. Meilen umfassen. In Europa
beherrscht nicht selten eine Cyklone mit einem einzigen Zentrum die
Van B ebb er, Meteorologie. 19
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290 Cyklonen, Gestalt und Ausdehnung.
Luftbewegung des ganzen Erdteils und greift noch manchmal über
denselben weit hinaus. Andererseits beschränken sich in unseren
Breiten ausgeprägte Cyklonen mit heftiger Luftbewegung nur sehr
selten auf kleine Distrikte, wie es z. B. bei Gewitterstürmen zuweilen
vorkommt.
Ueber die Höhe der Cyklonen fehlen noch sichere Anhalts-
punkte, indessen scheint sicher zu sein, dass die Höhe im allgemeinen
um so grösser ist, je grösser der Umfang des Depressionsgebietes ist.
Jedenfalls ist bei unseren Cyklonen der horizontale Durchmesser an
der Erdoberfläche in der Regel um viele hundert Mal grösser, als die
Höhe der Cyklone.
Da wegen der ungleichen Wärmeverteilung die Luftdruckabnahme
Fig. 85.
/ # * *
» JUcÄtunp des UnttrwuvS.es
^ * des Zuge* der unteren, Wolken,
». - des Zuges der Orri/
OOO Windstill* in der letr Schuht.
mit der Höhe in allen Teilen der Cyklone nicht nach demselben Ver-
hältnis erfolgen kann, so muss auch die Form der Cyklonen mit der
Höhe sich ändern. Insbesondere muss auf der Westseite, wo die
gewöhnlich kältere Luft aus nördlicheren Gegenden zuströmt, der
Luftdruck rascher nach oben hin abnehmen, als auf der Ostseite,
welcher in der Regel wärmere Luft zugeführt wird. Bezeichnen wir
der Kürze wegen die Verbindungslinie des Zentrums in der Höhe mit
demjenigen an der Erdoberfläche mit dem Ausdrucke „ Achse" der
Cyklone, so wird diese nach der Seite hinfallen, an welcher der Luft-
druck mit der Höhe am raschesten abnimmt. Ob diese Achse vor-
wärts oder rückwärts oder seitwärts zur Bewegungsrichtung der
Cyklone gerichtet ist, hängt daher lediglich von den Temperatur-
verhältnissen der gesamten Luftmassen in der unmittelbaren Um-
gebung der Cyklone ab, so dass jene sich nach der kälteren Seite
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Luftbewegung in Cy klonen. 291
hinneigt, die ja in unseren Gegenden gewöhnlich nach Norden liegt.
Indem ich für eine grosse Anzahl Cyklonen die Luftdruckverteilung
für die Höhe von 2500 m berechnete, erhielt ich das Ergebnis^ dass
das Zentrum des Wirbels in der Höhe durchschnittlich nach der
linken Seite der Bahn verschoben und die Form der Cyklone weniger
ausgeprägt ist, als an der Erdoberfläche (Typische Witterungserschei-
nungen S. 26). Die Fig. 84 u. 85 veranschaulichen nach Koppen
die Druckverteilung und die Luftbewegung an der Erdoberfläche und
in der Höhe, sowie die Lage des Wirbelzentrums in der Höhe.
Die Luftbewegung in Cyklonen.
In meinem Handbuche der ausübenden Witterungskunde, 2. Teil,
habe ich die Luftbewegung innerhalb der Cyklonen sowohl an der
Erdoberfläche als auch in den verschiedenen Höhen eingehend be-
trachtet und aus diesen Betrachtungen eine Reihe wichtiger Ergeb-
nisse zusammengestellt. Indem wir auf jene Auseinandersetzungen
verweisen, wollen wir hier nur die Hauptresultate wiedergeben.
Fig. 85 veranschaulicht die Luftbewegungen an der Erdoberfläche
und in der unteren und oberen Wolkenregion.
a. Gradient nnd Winde an der Erdoberfläche.
1. Für West- und Nordwesteuropa liegen die steilsten Gradienten
auf der Südseite (in den Südost-Südwest-Segmenten), die kleinsten
auf der Nordseite.
2. Daher sind die südwestlichen Winde durchschnittlich am
stärksten, und die östlichen in der Regel am schwächsten.
3. Der Winkel, welchen die Windrichtung mit dem Gradienten
bildet, ist auf dem Meere grösser als auf dem Lande, grösser in der
wärmeren Jahreszeit als in der kälteren, grösser in den Cyklonen
als in den Anticyklonen , grösser auf der Rückseite und kleiner auf
der Vorderseite der Cyklonen (letzteres umgekehrt in den östlichen
Vereinigten Staaten).
4. Der Wind ist in allen Teilen der Cyklone nach innen hin
gerichtet, und es nähert sich im allgemeinen die Windbahn einer
logarithmischen Spirale.
5. Die Windstärke nimmt im allgemeinen zu mit dem Gra-
dienten; sie ist am kleinsten im Zentrum der Cyklone sowohl als
der Anticyklone und in der Region zwischen zwei Depressionen vom
Innern des Maximums nimmt sie nach Massgabe der Abnahme des
Luftdruckes beständig zu und erreicht ein Maximum in der Nähe
des Zentrums der Cyklone.
6. Die mittlere Windgeschwindigkeit für denselben Gradienten
ist im Sommer merklich grösser als im Winter.
7. Bei demselben Gradienten haben die nördlichen und östlichen
Winde die grössere Intensität.
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292 Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
b. Zug der unteren Wolken«
1. Die unteren Wolken ziehen in den allermeisten Fällen aus
einem Punkte des Horizontes, der rechts yom Unterwinde liegt, und
zwar steht ihre mittlere Richtung fast senkrecht zum Gradienten
oder ist nahezu parallel zur Tangente der Isobaren.
2. Auf der Vorderseite der Cyklone ist der Winkel des Zuges
der unteren Wolken mit dem Gradienten etwas grösser als 90°,
so dass sich in dieser Region die Luft yon der Cyklone nach dem
höheren Drucke entfernt.
c. Zug der oberen (Cirras-)Wolken.
1. Die Cirruswolken ziehen fast stets rechts sowohl von der Rich-
tung des Unterwindes als von derjenigen des unteren Wolkenzuges.
2. In der Region der Cirruswolken bewegt sich die Luft über
der Cyklone nach dem Maximum, und zwar ist das Ausströmen am
schwächsten in der Umgebung des zentralen Raumes, und nimmt
von dort an nach aussen hin zu.
3. Die mittlere Richtung der Cirrusbewegung bildet mit den
Isobaren fast denselben Winkel nach aussen, als der Unterwind
nach innen. Nahezu dürfte die Richtung der Isobaren die mittlere
Strömungsrichtung der Gesamtluftmasse darstellen.
4. Auf der Rückseite einer Cyklone haben die Cirruswolken in
Europa nahezu gleiche Richtung mit den unteren Wolken und dem
Unterwind.
5. Auf der Vorderseite einer Cyklone findet das grösste Ein-
strömen an der Erdoberfläche, dagegen das grösste Abströmen in
der Höhe statt.
6. Es ist anzunehmen, dass die Südostwinde auf der Vorderseite
einer Cyklone kaum die halbe Höhe von derjenigen der Nordwest-
winde auf der Rückseite erreichen.
7. Bei Annäherung einer neuen Cyklone scheinen die unteren
Luftströmungen die Windfahne eher zu beeinflussen, als die oberen.
8. Die Lage des oberen Zentrums der Cyklone zu derjenigen an
der Erdoberfläche ist abhängig von der Temperaturverteilung; im
Winter liegt dasselbe für unsere Gegenden vorzugsweise links von
der Bahn nach vorne, im Sommer links nach hinten.
Die Verteilung der meteorologischen Elemente in den Cyklonen
und Anticyklonen. >
Um die Verteilung der meteorologischen Elemente in den Cy-
klonen und Anticyklonen näher kennen zu lernen, benutzte ich haupt-
sächlich zwei Untersuchungen, welche um so schätzenswerter sind,
weil sie sich direkt miteinander vergleichen lassen, nämlich diejenige
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Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
293
von Hildebrandsson 1 ) für Upsala und die von Krankenhagen für
Swinemünde 2 ). Ersterer benutzte zu seiner Untersuchung die Hof f-
meyer'schen Wetterkarten vom September 1873 bis September 1876,
die Manuskriptkarten des dänischen Instituts von 1868 und der ersten
Hälfte 1869, sowie die Karten des schwedischen Instituts von 1877.
Für die Cyklonen und Anticyklonen unterschied Hildebrandsson je
5 Zonen nach untenstehender schematischer Darstellung: C x = Baro-
meter unter 745 mm, C 2 =Bar.745 — 755 mm, C 3 = Bar. 755— 760 mm,
A x = Bar. 760 — 765 mm, A 2 = Bar. über 765 mm. Je nach den
8 Richtungen der Gradienten wurde jede Zone in 8 Regionen ein-
Fig. 86.
geteilt, so dass also, wenn wir noch den inneren Raum des Mini-
mums (C ) und des Maximums (A ), sowie die Zone zwischen dem
Maximum und dem Minimum (M) hinzurechnen, im ganzen 43 Re-
gionen entstehen.
Krankenhagen bearbeitete den Zeitraum vom 16. Februar
1876 bis zum 31. Dezember 1883 für Swinemünde. Hier bedeutet:
C = Cyklone, A = Anticyklone, N x = neutrale Lage, wo zwei Cy-
klonen zusammenstossen, Barometer unter 760 mm, N 2 ebenso, aber
Barometer über 760 mm, N s = Minimum im NW und auch im NE,
V = Lage im Gebiete eines kleinen Teilminimums, auf den Karten
besonders durch grössere Ausbuchtung der Isobaren markiert.
Die folgenden Tabellen enthalten die Abweichungen der Tem-
peratur von ihren Normalwerten um 8 h a. m. für Upsala und Swine-
münde, und zwar für die kältere (Oktober bis März) und für die
wärmere Jahreszeit (April bis September).
s ) Sur la distribution des el&nents m£t&>rologiques autour des minima et
des maxima barom&riques. Nova Act. Soc. Upsala. Ser. III. 1883.
*) Beitrag zum Studium der barom. Minima und Maxima. Stettin 1885.
Schulprogramm.
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294
Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
p a & 1 a (Winter) :
U p s a 1 a (Sommer) :
C,
C_ V 3
A,
A 2
Mittel
Ci
c 2
c 8
Ai
A 2
| Mittel
N . . .
— 5,0
+ 3,0
+ 3,0
+ 0,9
+ 3,4
+ 0,2
+ 2,92
±0,0
+ 0,7
+ 0,1
+ 1,7
+ 0,9
+ 0,68
NE . .
-0,6
— 1,3
— 0,0
-4,0
— 0,99
-4,8
-M
-0,6
-0,2
-0,7
— 1,56
E . . .
-8,7
-4,8
-3,8
— 4,0
-6,7
-4,41
— 3,0
— 3,5
-1,6
-1,6
— 1,9
— 2,32
SE . .
+ M
— 0,0
+ 1,3
— 3,2
-2,6
— 1,23
-2,9
-2,7
— 4,2
— 0,4
-1,4
— 2,33
S . . .
+ 1,9
+ 0,9
-3,1
— 2,7
— 1,0
— 0,89
+ 3,1
— 0,8
- 0,5
-0,9
-0,4
+ 0,25
+ 1,34
sw . .
+ 1,9
— 0,6
+ 2,0
-0,8
+ 0,8
+ 0,64
4-2,2
+ 0,6
+ 1,1
— 0,2
-3,0
W. . .
+ 3,5
+ M
+ 3,6
+ 3,0
+ M
+ 2,0
+ 1,«
+ 2,22
+ 1,0
+ 0,5
+ 2,0
+ 0,7
-0,0
+ 0,86
NW. .
+ 4,3
+ 2,0
+ 0,3
+ 2,60
+ 0,4
+ 1,1
+ 0,9
+ 1,6
hl,8
+ l f »
Mittel .
+ 1,45
+ 0,32
+ 0,75
— 0,48
— 1,43
— 0,47
- 0,69
— 0,34
+ 0,09
+ 0,25
: + 1,32, M = - 3,00, Ao = — 1,86, C = — 2,45, M = + 0,31, A = + 0,14.
C
A
N NE
— 0,8 —1,9
+ 0,9 —0,7
5
g
Swinemünde:
E SE S SW W NW Mittel Nj N 2 N 3 V Ao
. 2 ,0 -1,8 -1,3 +1,6 +1,5 +1,2 -0,3 j _ 4 , 7 __ 4 , , 5 , 6
•0,3 -1,2 -1,3 +0,8 +0,8 +2,7 —0,1 \ °' 4 + ' 7 °' 4 +1 ' 5 + ' 6
ijs ± ?£ ±°oi \ -M -2,1 +2,8 +0,8 -2,2
Winter:
+ 1,9 +0,6 —1,0 +0,2 —2,3 —2,2
+ 1,2 +2,0 —0,2 —0,9 —2,1 -2,1
Sommer :
N
NE
W
NW
C 2
— 1,4
-8,4
+ 1,6
+ 0,1
C 3
— 0,6
-1,6
,3
,2
+ 2,S
C 4
— 0,2
— 0,9
+~1,3
A,
+ 0,4
— 0,9
+ 2,<
A 2
+ M
— 0,6
+ 0,2
9 —
Ci
+ 3,1
Ca
+ 1,9
-0,1
— 0,5
+ 3,1
C 8
+ 2,2
+ 0,7
-M
+ 1,6
C*
+ 2,2
+jl,0
+ 0,8
Ai A 2
1,2
— 0,4 —1,6
-0,7 -1,4
+ 1,3 +1,2
+ 1,0 +2,2
Aus diesen Tabellen geht hervor, dass an beiden Stationen, so-
wohl bei Cyklonen als auch bei Anticyklonen, sowohl im Winter als
auch im Sommer, die Temperatur (um 8 b a. m.) unter dem Mittel liegt,
wenn der Gradient nach Osten hin gerichtet ist (also auf der West-
seite der Cyklone resp. Ostseite der Anticyklone unter dem Einflüsse
der nördlichen Winde). Indessen zeigt sich bei Swinemünde im Winter
nur insofern eine Ausnahme, als bei der Anticyklone alle Gradienten,
die eine westliche und südliche Komponente haben, negative Ab-
weichungen aufweisen, so dass also nur noch positive Abweichungen
bei nach Nord und Nordost gerichteten Gradienten bei der Anti-
cyklone im Winter vorhanden sind (also Maximum im Süden und
Südwesten).
Die Abhängigkeit der Temperatur von der Bewölkung spiegelt
sich dadurch ganz deutlich ab, dass an beiden Stationen im Winter
in der Cyklone die Temperatur über dem Mittelwerte, in der Anti-
cyklone unter demselben liegt; im Sommer erhebt sich dieselbe in
den Maxima (A x und A 2 ) durchschnittlich nur wenig oder gar nicht
über dem Mittel, in der Cyklone liegt sie unter demselben.
Hervorzuheben ist ferner, dass in Upsala im Winter die Tem-
peratur nach dem Innern der Cyklonen hin von allen Seiten zu-
nimmt; für Swinemünde ist dieses nur für die nach Nordwest ge-
richteten Gradienten (Maximum im Südosten) der Fall, wogegen bei
den nach Nord und Nordost gerichteten die Temperatur nach aussen
hin wächst.
Das innere Gebiet der Anticyklone zeigt im Winter die tiefsten,
im Sommer die höchsten Temperaturen, und zwar sind in Upsala die
Digitized by VjOOQ IC
Wetter iu Cyklonen und Anticyklonen.
295
negativen Abweichungen im Winter und die positiven im Sommer
in der Anticyklone am grössten bei einem nach Osten gerichteten
Gradienten, dagegen finden sich in Swinemünde die tiefsten Tempe-
raturen in dem zentralen Maximalgebiete bei den Südwest- und Süd-
gradienten. Diese Falle sind auf das entgegengesetzte Verhalten von
Land- und Seewinden zurückzuführen.
In dem neutralen, durch ruhiges, heiteres Wetter ausgezeich-
neten Teile N x und N 2 liegt die Temperatur im Winter unter, im
Sommer über dem Durchschnittswerte, nur wenn für Swinemünde
eine Cyklone im Nordwesten, eine andere im Nordosten liegt, so gilt
das Umgekehrte.
Die Bewölkungsverhältnisse in den Cyklonen und Anti-
cyklonen für die kältere und wärmere Jahreszeit sind durch folgende
Tabelle dargestellt (die Bewölkung bezieht sich für Upsala auf
8 h und 10 h a. m., für Swinemünde auf 8 h a. m.):
Wolkenmenge zu Upsula:
N
NE E
SE
S
SW
W
NW
Mittel
Co
N
Ao
Winter C
A
6,8
7,2
8,6 6,7
6,0 4,4
9,5
9,0
M
8,4
9,6
9,4
9,2
9,0
8,7
8,6
7.7 >
7.8 \
8,6
2,3
6,8
Sommer C
A
6,5
5,2
8,5 6,4
3,5 4,9
9,0
5,3
9,0
6,8
8,8
5,6
8,1
4,4
7,1
6,6
7,3 (
5,2 \
9,7
2,3
2,8
Wolkenmen
ge zu Swinemünde:
N
NE
E SE
S
SW
W
NW
Mittel
Ni
N 2
N 3 V
Ao
Winter C
„ A
8,8
6,8
7,8
6,0
8,5 9,0
5,2 6,8
10,0
7,2
8,8
7,2
8,0
7,2
8,2
4,5
8,2 )
6,5 \
7,8
6,8
8,5 8,5
5,0
Sommer G
A
7,8
5,8
8,2
6,2
8,2 9,0
4,8 4,5
8,8
5,2
5,5
3,5
6,2
2,5
7,2
2,0
7,5)
4,8 S
6,5
5,0
7,2 7,8
3,2
Hieraus folgt für beide Stationen die grössere Bewölkung im
Winter und in den Cyklonen. Der Einfluss der Ostsee spricht sich
insofern aus, als die Bewölkung am stärksten ist, wenn der Gradient
nach Süden und Südosten gerichtet ist, also bei nordöstlichen Winden,
welche Verhältnisse für das deutsche Binnenland wohl nicht mass-
gebend sind. In Upsala ist die geringste Bewölkung bei den nach
Nordost gerichteten Gradienten, also bei Landwinden, in Swinemünde
in den Cyklonen bei Südwestgradienten im Sommer, in den Anti-
cyklonen im Winter und Sommer bei West- und Nordwestgradienten,
also ebenfalls bei Landwinden.
Nach den Untersuchungen von Hildebrandsson ist im Sommer
in Upsala die Nimbuswolke häufiger als im Winter, häufiger in der
Cyklone als in der Anticyklone, häufiger bei Nordwest- und Südwest-
gradienten, als bei Nordost- und Ostgradienten. Die Stratocumulus-
wolke (gewellter Wolkenteppich im Hildebrandsson'schen Sinne)
dagegen ist viel häufiger im Winter als im Sommer. Während der
heissesten Monate Juni-August fehlt sie ganz. Diese Wolkenform
erscheint öfter in der Anticyklone als in der Cyklone, ihre Masse
scheint unabhängig von der Richtung des Gradienten.
Gleichförmige Bedeckung des ganzen Himmels mit einem dichten
niedrigen Wolkenteppich, in welchem man weder Form noch Be-
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296 Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
wegung unterscheiden kann, ist im Winter häufiger als im Sommer;
am häufigsten kommt diese Erscheinung in Upsala auf der Nordseite
der Cyklone und Anticyklone vor. Die Cumuluswolke, welche ge-
wöhnlich auf der Rückseite der Cyklonen auftritt, ist dem Sommer
eigentümlich, im Winter dagegen ist sie sehr selten. Die Cumulo-
stratus- oder Gewitterwolke ist am häufigsten auf der Vorderseite
im Südosten vom Zentrum der Cyklonen, und zwar übereinstimmend
in Skandinavien und Frankreich. Die Cirruswolken , welche in den
meisten Fallen durch die unteren Wolken verdeckt sind und sich so
unseren Beobachtungen entziehen, scheinen hauptsächlich auf der
Rückseite der Depressionen aufzutreten, insbesondere aber auf dem
Gebiete zwischen zwei Minima. In diesem letzteren Falle zeigen sich
dieselben ausserordentlich schön und ausgeprägt, so dass man bei
Erscheinen derselben nach Vorübergang einer Cyklone mit sehr
grosser Wahrscheinlichkeit auf das Herannahen einer neuen Cyklone
schliessen kann. — Die Cirrocumuluswolke ist bei tiefem Luftdrucke
selten, am häufigsten bei hohem Luftdrucke im Sommer. — Die Cirro-
stratuswolke, welche sich hauptsächlich im Südosten und Süden des
Depressionszentrums zeigt, breitet sich weithin über die benachbarten
Maxima aus und gilt als ein Vorbote einer herannahenden Cyklone.
Die relative Feuchtigkeit wächst in der Regel nach dem
Innern der Cyklone hin. Für Swinemünde ergaben sich als mittlere
Werte für alle 8 Gradienten: C 2 = 83 °/ , C 3 = 79 °/ , C 4 = 79 °/ ,
^ = 77 0/0,^ = 77%..
Bemerkenswert ist die grosse Nebelhäufigkeit auf dem Ge-
biete zwischen Cyklone und Anticyklone; ein langes Band nebeligen
Wetters zieht sich oft über ganze Länderstrecken zwischen dem
niedrigsten und höchsten Luftdruck hinweg. Für Swinemünde fallt
die grösste Nebelhäufigkeit im Winter mit dem barometrischen Maxi-
mum zusammen und dieses dürfte für Deutschland überhaupt mass-
gebend sein. Für Upsala und Swinemünde zeigt sich eine Abnahme
der Nebel nach dem Zentrum der Cyklone hin. Uebereinstimmend
ist ferner der Umstand, dass die Nebelhäufigkeit bei den nach
Osten bis Südwesten gerichteten Gradienten gringer ist, als bei den
übrigen.
Von besonderem Interesse sind folgende Tabellen, welche die
Regenhäufigkeit für Upsala und Wäderöbod, für Swinemünde
Regenhäufigkeit und Regenmenge veranschaulichen, wobei für die
beiden ersteren ein Tag als Niederschlagstag gezählt wird, wenn
es vor Mittag geregnet hatte.
Regenwahrscheinlichkeit für Upsala:
N NE E SE S SW W NW | Co M Ao
20 12 29 65 49 55 45 45 67 6 10
Cj = 56, C 2 = 47, C 8 = 32, Ai = 24, A 2 = 88.
Regenwahrscheinlichkeit für Wäderöbod:
NE E SE S SW W NW i C M A
5 7 7 22 30 27 51 36 I 60 9 4
d = 55, C 2 = 32, C 3 = 26, Ai = 12, A 2 = 11.
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Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
297
Niederschläge fttr Swinemünde.
Sommer:
a) Cyklonen.
NW Mittell Ni
N
NE
SE
SW
W
N 8
Wahrschein-
lichkeit . .
Menge |
4— 12h a. m. . . .
letzte 24 St. . . .
nächste 24 St. . .
letzte 24 St. ...
nächste 24 St. . .
26
41
56
59
3,1
3,0
b) Antlcjklonen.
N
NE
E
SE
S
SW
W
17
15
9
12
19
7
3
35
40
19
24
21
18
9
30
21
12
12
25
13
23
o,a
1,2
1,0
0,2
0,6
0,0
0,2
0,9
0,5
0,3
0,2
0,1
0,4
1.1
NWHlßttelj N 2
Wahrschein-
lichkeit
Menge
in- jj
4— 12h a. m. .
letzte 24 St. .
nächste 24 St.
letzte 24 St. .
nächste 24 St.
6
32
47
12
26
21
0,4 0,7
0,5 0,5
Winter:
a) Cyklonen«
Dilti
NE
SE
SW
NW Büttel
Ni
Wahrschein-
lichkeit . .
4— 12h a. m. . .
letzte 24 St. . .
nächste 24 St. .
letzte 24 St. . .
nächste 24 St. .
48
62
74 !
M
47
66
66
2,0 «2,3
2,0 2,5
b) Anticjklonen.
Mittell N 2
N
NE
E
SE
S
SW
W
11
15
27
38
33
13
12
25
31
42
25
37
21
21
20
36
45
25
28
24
18
0,6
0,9
0,7
0,5
0,4
0,8
0,3
0,3
0,7
0,6
0,1
0,6
0,2
0,1
NW
'Ao
rin- (
Henkelt.. I nächgtegiSt.
7 n i6
9 H 25
25 H 27
8
80
21
Menge
\ letzte 24 St. . .
( nächste 24 St. .
0,2 0,5 0,4
0,8 0,4 0,5
Nach der Höhe des Barometerstandes gebildete Gruppen
Sommer: Winter:
C 2
Ca
o.
-
A 2
Ao
Ci
c 2
Cs
C*
A,
A 2
Ao
Wahrscfaeii
lichkeit .
„ i 4— 12h a. m. . . .
a " ) letzte 24 St
- \ nächste 24 St. . .
60
71
72
30
52
59
33
45
42
15
35
80
10
19
15
7
7
62
89
83
53
72
72
40
64
60
36
60
56
26
38
44
13
21
22
6
10
12
Menge . . .
i letzte 24 St. . . .
' i nächste 24 St. . .
4,6
4,8
2,«
2,7
1,6
*'2
0,7
0,5
0,4
0,1
0,1
4 '2
2,6
8,1
2,8
1,5
1,6
1.3
1,$
0,8
0,9
0,3
0,3
0,1
0,1
Digitized by VjOOQ IC
298 Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
Also in Upsala, am Kattegatt und an der Odermündung nimmt
die Regenhäufigkeit und in letzterer Gegend auch die Regenmenge
mit der Zunahme des Luftdruckes ab. Liegt die Station auf der
* Südwestseite der Cyklone , so regnet es in Upsala und Wäderöbod
am wenigsten, dagegen fallt in Swinemünde am wenigsten Regen auf
der Vorderseite (im Osten und Nordosten), eine Thatsache, welche
mit der gewöhnlichen Ansicht nicht im Einklänge steht, dass sowohl
Regenmenge als auch Regenhäufigkeit auf der Vorderseite einer De-
pression am grössten sind, ebensowenig mit der oben erwähnten, von
Loomis ausgesprochenen Behauptung, dass sowohl in Nordamerika
wie in Europa die Ostseite der Cyklone die regenreichere sein soll.
Jedenfalls ist dieses eigentümliche Verhalten von Swinemünde aus
der Thatsache zu erklären, dass für diesen Ort die Winde auf der
Nord- und Westseite einer Cyklone Seewinde, dagegen die auf der
Süd- und Ostseite Landwinde sind.
Die meinen Untersuchungen über „ Typische Witterungserscheinun-
gen" *) entnommene Tabelle auf S. 299 gibt einigen Aufschluss darüber,
inwiefern diese Verhältnisse auch für die übrigen Gebietsteile gelten.
Nach dieser Tabelle nimmt die Regenmenge und Regenhäufig-
keit beim Vorübergange einer Depression im Sommer und Winter
für den Nordquadranten meist zu, für den Südquadranten ab. Für
den Ostquadranten wächst, insbesondere im Winter, die Regenmenge,
für den Westquadranten nimmt sie ab, und zwar scheint dieses auch
für die Fälle zu gelten, in welchen derselbe Zeitraum auf die Vorder-
seite (letzte 24 Stunden) und auf die Rückseite (nächste 24 Stunden)
sich bezieht. Im allgemeinen ist hiernach in unseren Gegenden die
Vorderseite einer Cyklone regenreicher als die Rückseite, wobei in-
dessen die oben erwähnte Ausnahme für den mittleren Teil der
deutschen Ostseeküste bestehen bleiben kann. Auch für eine Anzahl
anderer Orte im Windschatten der Alpen (Wien) und des Riesen-
gebirges (Breslau, Zechen, Görlitz) ist von Hann (Oesterr. Zeitschr.
1875, S. 13) nachgewiesen, dass die grösste Regenmenge bei West-
und Nordwestwinden fällt, also ebenso wie in Swinemünde auf der
Rückseite der Cyklone (dagegen in der norddeutschen Niederung bei
Südwestwinden).
Nach den Untersuchungen von Krankenhagen ist die Häufig-
keit der Gewitter am grössten an der Ost- und Südostseite der
Minima, dagegen ausserordentlich gering an der Nord- und Westseite
derselben. Eine ausgesprochene Abhängigkeit der Gewitter vom
Barometerstande ist nicht vorhanden.
Fig. 87 veranschaulicht schematisch die Witterungsvorgänge beim
Vorübergange einer ostwärts fortschreitenden Depression für Swine-
münde , während Fig. 88 diese Erscheinungen für die britischen
Inseln (nach Abercromby) darstellt.
Eine klare Uebersicht der Wirkung einer vorüberziehenden De-
pression auf Wind und Wetter in unseren Gegenden gibt Fig. 89.
Der grosse Pfeil bezeichnet die Fortpflanzungsrichtung der Depression,
*) Siehe Archiv der Seewarte 1882, Nr. 3 und 1886, Nr. 2.
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Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
299
Lage der Depressionszentren:
Dänemark und Südschweden; tags vorher: über der Südhälfte der britischen
Inseln und der Nordsee; tags nachher: am Finnischen Busen und Umgebung.
I. Oktober bis März:
Zahl der Fälle 21 (für letzte 24
= 14).
Ort
Stockholm . .
Christiansund .
Bodo . . . .
Borkum . .
Hamburg .
Swinemünde
Münster . .
Leipzig . .
München .
Regen-
wahrschein-
lichkeit
Regen-
menge
2g
3~
71
57
21
100
71
100
57
57
77
3,4
62
2,8
46
2,0
Südquadrant
| 77
7,3
85
7,5
69
4,3
62
5,8
46
3,5
77
3,1
Nordquadrant
3,7
3,4
3,7
4,8
4,»
3,4
4,1
1,5
4,2
Ort
Neufahrwasser
Memel . . .
Riga ....
Petersburg . .
Pinsk. . . .
Moskau . . .
Eeitum . .
Skudenäess
Yarmouth .
Shields . .
Stornoway .
Valencia . .
Regen-
wahrschein-
liehkeit
i*
50
64
57
29
60
07
100
79
86
64
57
««
Regen-
menge
l*
Ostquadrant
62
1,9
100
3,0
69
8,5
74
0,6
46
1,4
54
0,3
69
8,5
85
7,5
69
4,9
69
3,0
100
4,6
46
3,3
3,4
4,0
4,7
4,2
1,8
3,5
2,5
4,5
2,3
2,8
6,6
2,7
II. April bis September:
Zahl der Fälle 24, resp. 26.
Ort
Stockholm . .
Christiansund
Bodo . . . .
Borkum . .
Hamburg .
Swinemünde
Münster . .
Leipzig . .
München
Wahrschein-
lichkeit
3*
58
25
19
I*
Regen-
menge
4*
42
3,6
42
1,2
36
0,8
Südquadrant
85
68
8,5
81
79
5,5
81
53
4,6
73
74
4,6
62
37
2,2
75
63
4,4
3,2
1,2
1,3
2,7
3,3
1,8
1,2
1,4
6,4
Ort
Neufahrwasser
Memel . . .
Riga ....
Petersburg
Pinsk . . .
Moskau . . .
Eeitum . .
Skudenäess
Yarmouth .
Shields . .
Stornoway .
Valencia
Regen-
wahrschein-
lichkeit
S*
Regen-
menge
SS
1«
50
21
42
42
Ostquadrant
47
3,9
53
74
3,1
2,9
74
68
58
2,9
3,1
2,0
81
47
6,2
42
16
5,3
85
63
3,7
65
68
2,9
50
64
2,0
81
79
3,2
1,4
1,9
5,8
1,5
5,0
3,4
Westquadrant
1,5
0,5
2,2
4,0
2,4
4,6
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300
Wetter in Cyklonen und Anticyklonen.
die kreisförmigen Linien die Isobaren, die gekrümmten ausgezogenen
Pfeile bedeuten die Windbahnen an der Erdoberfläche, die gestrichelten
die Richtung der oberen Luftströmungen.
Nehmen wir nun zunächst an, dass eine Depression nördlich von
Hamburg vorüberzieht, etwa von den britischen Inseln ostwärts über
Sonkner. WwUr.
Das Wetter in den Cyklonen für Swinemünde.
Fig. 88.
TitiHr
Ttrst+euJt*
Cum -5T/".
heiter
Wind-Cirrus
Das Wetter in Cyklonen für die britischen Inseln.
das Skagerrak hinaus nach Skandinavien hin, so lassen sich die
hierdurch bedingten Witterungsverhältnisse etwa folgendermassen
darstellen. Bei Annäherung der Depression fängt mit nach Südost
umgehenden und unter Auffrischen nach Süd, später nach Südwest
drehendem Winde und heiterem oder aufklarendem Wetter in der
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Wetter in Cyklonen und Anticy klonen. 301
Regel das Barometer an zu sinken; bald darauf erscheinen! im Westen
langgestreckte Fäden Cirrusstreifen oder ein zarter Wolkenschleier,
welcher langsam zum Zenith heraufzieht. Das sind die ersten Vor-
boten schlechten Wetters, welches im Westen bereits zur Herrschaft
gelangt ist, und die mehr oder weniger massenhafte Entwickelung und
die Geschwindigkeit dieser Wolkenart deutet in der Regel schon auf
die geringere oder grössere Intensität der herannahenden Depression.
Die oberen Wolken haben in diesem Falle nicht dieselbe Zugrichtung,
wie der Unterwind, sondern beide Richtungen kreuzen sich, wie in
der Figur angedeutet ist, fast unter einem rechten Winkel. Allmäh-
lich überzieht eine dichtere Wolkenschicht wie ein Teppich den
ganzen sichtbaren Himmel, bald tauchen unter dieser Hülle schwarze
Fig. 89.
Regenwolken auf und nun beginnen ausgebreitete und anhaltende
Niederschläge meist von nicht sehr erheblicher Intensität, der soge-
nannte Landregen, der erst nach Vorübergang der Depression sein
Ende erreicht. Hat die Linie cd (Auf klarungslinie) den Ort passiert,
so dreht der Wind, welcher allmählich unter fortgesetztem Auffrischen
nach West umgegangen war, entweder allmählich oder plötzlich in
einer mehr oder weniger heftigen Böe nach Nordwest, die Nieder-
schläge haben jetzt ihre grösste Stärke erreicht und werden, indem
die Wolkendecke zerreisst, plötzlich unterbrochen. Ein ganz neuer
Witterungszustand ist mit einemmal eingetreten: blauer Himmel
wechselt jetzt rasch mit schwerem Cumulusgewölk, aus welchem bei
böigem, rasch anschwellendem und plötzlich nach nördlicheren Rich-
tungen springendem Winde und bei sprungweisem, oft rapidem Sinken
des Thermometers heftige, aber meist nur kurze Zeit andauernde
Regen-, Schnee oder Hagelschauer herniederstürzen. Das Barometer,
welches vorher seinen tiefsten Stand erreicht hatte, steigt, oft mit
ausserordentlicher Geschwindigkeit. Allmählich werden die Böen
seltener, der Wind schwächer, die Niederschläge fallen immer spär-
licher und hören dann gänzlich auf; die Bewegungen des Barometers
werden langsamer, und nach längerer oder kürzerer Zeit heiterer,
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302 Cyklonen, geogr. Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit.
ruhiger Witterung macht eine im Westen erscheinende neue De-
pression ihren Einfluss geltend.
Nicht so typisch dagegen sind die Witterungsvorgänge, wenn
die Depression südlich an dem Orte vorbeigeht, oder dieser auf der
linken Seite der Bahn der Depression gelegen ist. Alsdann zeigen
sich zuerst die Cirruswolken oder der Cirrusschleier am südwestlichen
Horizont. Während jene, aus Nordost ziehend, den Himmel über-
ziehen, dreht der Wind bei fallendem Barometer gegen die Bewegung
des Uhrzeigers. Unter der gleichmässig aschgrauen Decke ist die
Entwickeiung schwerer Regenwolken viel seltener und die Ausbreitung
des Regengebietes ist viel beschränkter als auf der Südseite. Hört
der Regen auf, so bleibt noch eine Zeitlang die aschgraue Decke
und das Aufklaren geht nur ganz allmählich von statten, nachdem die J
Depression sich entfernt und das Barometer zu steigen begonnen hat. j
Die Wärmeänderungen beim Vorübergange einer Depression sind, l
insbesondere im Winter, sehr beträchtlich; auf der Vorderseite der
Depression wehen südliche Winde, welche meistens warme, feuchte
ozeanische Luft in unsere Gegenden hinübertragen, und zudem hemmt
die Wolkendecke die Ausstrahlung der Erde; auf der Rückseite da-
gegen wehen nördliche Winde, welche kalte Luft aus nördlichen
Gegenden bringen und ausserdem ist der Wärmeausstrahlung in den
Weltenraum kein Hindernis entgegengesetzt.
Geographische Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit der
barometrischen Minima 1 ).
Bei der grossen Wichtigkeit der Minima in Bezug auf unsere
Witterungserscheinungen erscheint es notwendig, das Verhalten der
ersteren etwas eingehend zu besprechen. Die barometrischen Minima
sind auf die verschiedenen Gebietsteile nicht gleichmässig verteilt,
sondern es zeigen sich in ihrer Verteilung ganz bedeutende Verschieden-
heiten. Insbesondere macht sich ein Gegensatz von Meer und Kon-
tinent geltend. In Europa treffen wir eine grosse Häufigkeit der
Minima in der unmittelbaren Umgebung der britischen Inseln, über
der Nordsee, an der norwegischen Küste, über dem südlichen Ostsee-
gebiete und in der Umgebung Italiens. Ein entschiedenes Häufig-
keitsmaximum fällt auf Südschweden. Gering verhältnismässig ist
die Häufigkeit auf einem breiten Streifen, welcher sich von Spanien
ostwärts über das Alpengebiet nach dem Innern Russlands erstreckt;
auch auf dem Ozean, in einiger Entfernung von den westeuropäischen
Küsten, ist im allgemeinen die Anzahl der Minima nicht so bedeutend,
als man es erwarten sollte, insbesondere westlich von den britischen
Inseln. Auffallend gering ist die Häufigkeit im Binnenlande Gross-
britanniens und Skandinaviens, Stidschweden ausgenommen. Hier-
nach kann man annehmen, dass die Minima am häufigsten in den
*) Siehe VanBebber: Wissenschaftliche Ergebnisse aus den monatlichen
Uebersichten der Witterung von 1876—1880. (Weitere Folge.) Jahrg. 1880.
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Cyklonen, geogr. Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit. 303
Küstengebieten, am seltensten im Binnenlande auftreten. In ge-
birgigen Gegenden scheinen die Minima nicht sehr häufig. zu sein,
indessen sind diejenigen Küsten stark frequentiert, in deren Nähe
hohe Gebirge sich erheben. Die jährliche Periode der Häufigkeit
ist für die einzelnen Gebietsteile sehr verschieden, die gleichmässigste
Verteilung über alle Jahreszeiten finden wir in Norddeutschland
und Westrussland, ausser in den Ostseeprovinzen, dagegen zeigen
sich die grössten Schwankungen an der norwegischen Küste, in der
Umgebung Italiens und insbesondere in Südschweden.
Hierbei dürfen wir indessen nicht vergessen, dass die Häufigkeit
der Minima in irgend einer Gegend zum grossen Teile bedingt wird
durch das langsame Fortschreiten und die Neigung derselben*, in
ihren Bahnen Schlingen zu bilden, wie es beispielsweise über Süd-
schweden der Fall ist.
Die intensivsten Minima, d. h. solche, welche in ihrer Umgebung
stürmische Winde verursachen, sind am häufigsten über Nordeuropa,
namentlich in Südschweden, wo die Häufigkeit fast doppelt so
gross ist, wie auf gleichen Flächenräumen in Schottland, in der
Nordsee und dem norwegischen Meere, dreimal so gross als in Eng-
land, dem südlichen Nordseegebiete und Norddeutschland, sechsmal
so gross als in der Umgebung Italiens und endlich neunmal so gross
als in Frankreich und Süddeutschland. Die jahreszeitliche Verteilung
der Häufigkeit der Sturmzentra fallt nicht ganz mit derjenigen der
Minima überhaupt zusammen. Im Winter sind die Sturmzentra am
häufigsten im hohen Norden, über Grossbritannien und Umgebung
und im nördlichen Deutschland, während sie im mittleren Schweden,
sowie in der Gegend südlich vom Weissen Meere verhältnismässig
am seltensten sind. Die gleichmässigste Verteilung finden wir im
Frühjahr, ein Maximum entfällt auf Italien, wogegen Südschweden,
das ganze östliche Ostseegebiet und die Nordsee ein Minimum auf-
weisen. Im Sommer tritt die Häufigkeit allenthalben zurück, ohne
jedoch überall das Minimum zu erreichen. In dem ganzen Gebiete
südlich von der Nord- und Ostsee fehlen Minima mit stürmischer
Luftbewegung im Sommer fast gänzlich, über Nordskandinavien und
den britischen Inseln tritt in dieser Jahreszeit ein Minimum der
Häufigkeit ein, welches indessen von der Häufigkeit im Frühjahre
nur wenig verschieden ist. Der Herbst zeigt ein Maximum auf dem
Meere zwischen den Farörn und Norwegen, in Finnland, Südschweden
und den russischen Ostseeprovinzen.
Die Stärke der Luftbewegung in den Cyklonen ist hauptsächlich
abhängig von der Tiefe der Minima. Die mittlere Tiefe ist durch
Fig. 90 dargestellt.
Die grösste mittlere Tiefe liegt in allen Jahreszeiten über dem
Meere nordwestlich von Europa, die geringste über der Südhälfte des
europäischen Kontinentes. Dieser Gegensatz ist im Herbste am
meisten entwickelt, wo die mittlere Tiefe der Minima von 734 mm
im Nordwesten von den britischen Inseln bis auf 756 mm in der
Alpengegend anwächst. Im Sommer ist dieser Unterschied am ge-
ringsten, kaum halb so gross als im Herbste, im Winter und Früh-
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304
Cyklonen, geogr. Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit.
jähr ist er beträchtlich, nur um einige Millimeter geringer als im
Herbste. Ein entschiedener Zusammenhang der Tiefe mit der Häufig-
keit ist nicht erkennbar, obgleich man denselben früher wohl anzu-
nehmen geneigt war. Es kann also eine Gegend von Depressionen
stark besucht sein, ohne dass diese durchschnittlich eine beträchtliche
Tiefe erreichen. So zeigen Südschweden und die mittlere Ostsee
trotz der starken Frequenz im Sommer und Herbst doch nur eine
Fig. 90.
Mittlere Tiefe der barometrischen Minima i n den Jahren 1876-1880-
Mittlere Tiefe der barometrischen Minima.
sehr massige Tiefe der Depressionen, ganz im Gegensatz zu den öst-
licher gelegenen Gebieten, wo die Minima viel spärlicher auftreten.
Die grösste (absolute) Tiefe der barometrischen Minima zeigt
sich im Nordwesten der britischen Inseln, die geringste über Süd-
zentraleuropa und Stidfrankreich. Oestlich und nordöstlich von Zentral-
europa nimmt die grösste Tiefe zu, während nach Süden hin der
Einfluss der Breite über dem westlichen Mittelmeer kompensiert wird.
Die tiefsten barometrischen Minima wurden im nordwestlichen Europa
beobachtet; hier wurde, wie bereits oben erwähnt, am 26. Januar
1884 ein Minimum von 694 mm konstatiert.
Ueber der Nordsee, sowie über dem norwegischen Meere kommen
noch sehr tiefe Minima vor, aber in den Alpengegenden sinkt der
Barometerstand in den Depressionen selten unter 740 mm.
Es sei ausdrücklich bemerkt, dass die Intensität der Minima
nicht allein von der Tiefe abhängig ist, sondern auch bedingt wird
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Cyklonen, geogr. Verteilung, Tiefe und Veränderlichkeit.
305
von der Luftdruckverteilung in der Nachbarschaft, und zwar in der
Weise, dass diejenigen Minima die intensivsten sind, bei denen der
Luftdruck am raschesten nach aussen hin zunimmt oder die Gra-
dienten am steilsten sind. In weitaus den meisten Fällen sind die
tieferen Minima auch die intensiveren.
Die grössten Tiefen fallen für das Gebiet nördlich und westlich
von Schottland, sowie für Norddeutschland auf den Frühling und
Herbst, für alle übrigen Gebietsteile, auch für Westrussland, auf den
Winter, für keine Gegend auf den Sommer, so dass sich hier^ der
ruhige Witterungscharakter der wärmeren Jahreszeit, welcher nur
zeitweise durch Gewittererscheinungen unterbrochen wird, ausspricht,
Fig. 91.
Mittlere Veränderlichkeit d. barom. Minima
?7T7"
d. Jahren 1876-1880
Mittlere Aenderungen der Tiefe der Minima.
andererseits aber auch die durch häufige Stürme gekennzeichnete
Witterung der kälteren Jahreszeit. Ebenso geht aus der Thatsache,
dass die tiefsten Depressionen über Nord-, insbesondere über Nord-
westeuropa vorkommen, hervor, dass unsere Gegenden stürmische
Winde namentlich aus westlicher oder südwestlicher Richtung am
häufigsten zeigen werden.
Die mittleren Aenderungen der Tiefe der Minima, bezogen
auf zwei aufeinander folgende Morgenpositionen, ohne Rücksicht auf das
Yorzeichen sind in den vorstehenden Kärtchen (Fig. 91) dargestellt wor-
den (1876—1880).
In allen Jahreszeiten ist die mittlere Veränderlichkeit der Minima
Van Beb Der, Meteorologie. 20
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306 Cyklonen, Fortpflanzung.
am grössten im nordwestlichen Europa. Während im mediterranen
Gebiete die Veränderlichkeit nur eine geringe jährliche Periode zeigt,
tritt im übrigen Europa ein entschiedener Gegensatz in der kälteren
und wärmeren Jahreszeit hervor. Die Veränderlichkeif im Winter
ist am grössten über Nordwesteuropa, woran sich auch das nordöst-
liche und das nördliche zentrale Europa beteiligen; in den letzten
beiden Gebieten wird sie im Frühjahr und Herbst geringer, und im
Sommer kehren sich diese Verhältnisse fast ganz um, da jetzt die
geringste Veränderlichkeit im hohen Nordwesten, die grösste im Süd-
osten sich einstellt. Bemerkenswert ist, dass im Sommer ein Streifen
geringster Veränderlichkeit Frankreich, Norddeutschland und die
russischen Ostseeprovinzen durchzieht. Die grössere Veränderlichkeit
im Winter und die erheblich geringere im Sommer charakterisieren
wieder sehr ausgesprochen den ruhigen Witterungscharakter des
Sommers und den unruhigen des Winters.
Wollten wir auch auf den Charakter de* Veränderlichkeit eingehen
und auch das Vorzeichen berücksichtigen, so würde sich folgendes
Resultat ergeben: Die Tiefe der Minima nimmt im allgemeinen mit
der Annäherung an die europäischen Küsten ab, auch das Nordsee-
und südliche Ostseegebiet zeigen diese Tendenz. Dies gilt für alle
Jahreszeiten, hauptsächlich aber für den Winter, und diesem Um-
stände haben wir es zu danken, dass die Gewalt der von Westen
herkommenden Stürme schon über Grossbritannien oder der Nordsee
gebrochen wird.
Wenn die Minima das Festland südlich der Nord- und Ostsee
einmal erreicht haben, so nimmt im Sommer bei weiterem Fort-
schreiten in der Regel ihre Tiefe zu. Diese Neigung zur Zu-
nahme erstreckt sich auch über das westliche Mittelmeer, Westruss-
land, Finnland und Nordskandinavien, eine Erscheinung, die jedenfalls
mit der starken Erwärmung des europäischen Kontinents zusammen-
hängt. Dagegen im Herbst, und ganz besonders im Winter, zeigen
die Minima eine entschiedene Neigung, sich in dem Gebiete östlich
der Ostsee zu verflachen, denn jetzt ist ja der osteuropäische Kon-
tinent viel kälter als der ganze Westen.
Fortpflanzungsgeschwindigkeit der barometrischen Minima.
Da durch die barometrischen Minima die Witterungserschei-
nungen in unseren Gegenden in erster Linie bestimmt werden, so
erscheint es von besonderer Wichtigkeit, zu wissen, nach welcher
Richtung sich dieselben vorzugsweise fortpflanzen und mit welcher
Geschwindigkeit diese Fortpflanzung erfolgt. Wenn wir zuerst die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit der Minima betrachten, so zeigt schon
eine oberflächliche Betrachtung einiger Einzelfälle, dass jene ausser-
ordentlich grossen Schwankungen unterworfen ist: oft erscheinen die
Minima fast bewegungslos, oft schreiten sie mit Sturmesgeschwindig-
keit fort. Die folgende Tabelle gibt die mittlere Geschwindigkeit der
Minima in Myriametern pro 24 Stunden für den Zeitraum 1876 — 1880:
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Cyklonen, Fortpflanzung.
307
Mittlere Geschwindigkeit
Anzahl der Fälle . . .
67
106
121
132
63
153
55
156
54*
153
64
1676
Die mittlere Geschwindigkeit überhaupt betrug also 64,2 Myr.
in 24 Stunden oder 27 km pro Stunde, oder 7,4 m pro Sekunde,
welche Geschwindigkeit ungefähr derjenigen eines massigen Windes
entspricht. Die geringste Geschwindigkeit fällt in den August
(54,2 Myr.), die grösste in den Oktober (73,2 Myr.).
Für die Vereinigten Staaten (1872—1884) und für den mittleren
Nordatlantischen Ozean (1879 — 1882) erhielt Loomis folgende Werte:
i
1
1
!
3
1
3
**
t
QQ
1
I
3
Vereinigte Staaten . .
Atlantischer Ozean . .
129
71
180
67
188
76
121
76
106
75
98
64
94
68
95
61
87
63
95
66
107
72
115
77
111
70
Hiernach ist also die mittlere Geschwindigkeit der Minima in
den Vereinigten Staaten fast doppelt so gross als in Europa, auf
dem mittleren Nordatlantischen Ozean ist sie grösser als in Europa,
aber kleiner als in Nordamerika, so dass also eine Abnahme der Ge-
schwindigkeit von Nordamerika ostwärts über den Ozean hinaus nach
Europa stattfindet. Diese Thatsache erklärt sich wohl dadurch, dass
die Winde auf der Vorderseite der Minima auf dem amerikanischen
Kontinente meistens Seewinde, in Europa Landwinde sind, während
auf dem Ozean die Verhältnisse auf allen Seiten nahezu dieselben sind.
Ordnen wir die Weglängen der Minima in 3 Gruppen: in solche,
welche kleiner sind als 65 Myr., solche, welche zwischen 65 und
100 Myr. liegen, und solche, die grösser sind als 100 Myr., so er-
halten wir folgende Verhältniszahlen der Häufigkeit: 4:2:1. Sehr
lange Bahnen, über 150 Myr., sind am häufigsten in der kälteren
Jahreszeit: es entfallen auf den Winter die Hälfte, auf den Frühling
der vierte und auf den Herbst der fünfte Teil dieser Bahnen.
Vergleichen wir die mittlere Geschwindigkeit der Minima der
einzelnen Gebietsteile Europas mit dem Gesamtmittel, so ergibt sich,
dass dieselbe im Westen der britischen Inseln, über Finnland, Süd-
schweden und dem westlichen Bussland zu gering, über Italien und
Umgebung nahezu normal, in allen übrigen Gebietsteilen West-
europas zu gross ist. Hervorzuheben sind die auffallend grossen und
fast gleichen Jahresmittel über Frankreich, dem südlichen Nordsee-
gebiete, Deutschland und Oesterreich-Ungarn, sowie die Abnahme
derselben nordostwärts nach dem Ostseegebiete und dem Innern Russ-
lands hin. Dieses Verhalten gibt die Erklärung zu der Thatsache,
dass in den ersteren Gegenden die Witterungserscheinungen so häufigen
und erheblichen Wechseln ausgesetzt sind.
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308 Cyklonen, Zugstrasaen,
Während die Minima im allgemeinen im Nordseegebiete keine
Neigung zeigen, sationär zu bleiben, so ist diese für das Ostsee-
gebiet deutlich ausgesprochen, nur im Frühjahr und Herbst gewährt
das südliche Schweden den Minima keine Ruhestätte mehr, welche
Erscheinung wahrscheinlich in der gleichmässigeren Verteilung der
Wärme über Land und Meer in diesen Jahreszeiten ihren Grund hat.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Minima scheint abhängig
zu sein von der Grösse der Gesamtbewegung der die Cyklone um-
gebenden Luft, so zwar, dass dem intensiveren Minimum auch eine
grössere Geschwindigkeit entspricht. Thatsächlich bewegen sich die
Sturmzentra mit grösserer Geschwindigkeit, als die weniger intensiven
Minima. Auch die Aenderung der Tiefe scheint mit der Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit in Beziehung zu stehen, indem Minima mit
zunehmender Tiefe rascher fortschreiten, als diejenigen mit ab-
nehmender Tiefe, während die Minima mit geringer Tiefeänderung
durchschnittlich nur geringe Geschwindigkeit besitzen. Auch die
Feuchtigkeitsverhältnisse und die Form der Cyklonen scheinen mit
der Fortpflanzungsgeschvrindigkeit in Zusammenhang zu stehen.
Zugstrassen der Minima.
Neben der Fortpflanzungsgeschwindigkeit ist die Fortpflan-
zungsrichtung der Minima von hervorragender Bedeutung, indem
hiervon die Aenderung der Witterungszustände ganzer Länderstrecken
abhängt.
Wenn man versucht, die Minima nach ihren Fortpflanzungsrich-
tungen zu gruppieren, so gelangt man gar bald zu der Einsicht, dass
die Minima bei ihrer Fortpflanzung mit Vorliebe gewisse Strassen
(Zugstrassen) verfolgen, welche in Abhängigkeit stehen von der
Verteilung von Land und Wasser, von orographischen Verhältnissen,
von der Jahreszeit und vielleicht noch von anderen Umständen. Die
Fig. 92 veranschaulicht die Häufigkeit und Bewegungsrichtung der
Minima in Europa, wie sie für den Zeitraum 1876 — 1880 aus den
Wetterkarten der Seewarte abgeleitet wurden. (Die Pfeile bezeichnen
die Richtung, die Breite der Zugstrassen die relative Häufigkeit der
sie frequentierenden Minima.)
Nehmen wir die britischen Inseln als Ausgangsstelle an, wohin
die meisten Minima vom Ozean her kommen, so lassen sich folgende
Hauptzugstrassen unterscheiden:
1. Zugstrasse I. Diese, ausser im Frühjahr, sehr häufig be-
suchte und für die Witterungsverhältnisse unserer Gegenden wichtigste
Zugstrasse beginnt im Nordwesten Schottlands, zieht sich der nor-
wegischen Küste entlang nordostwärts über den Polarkreis hinaus
nach Finnmarken, hier die Minima noch aufnehmend, die hauptsäch-
lich von Island und Umgebung kommen, und teilt sich dann in
2 — 3 Zugstrassen, von denen die eine nordwärts zum Eismeere (Ia),
die zweite (Ic), häufiger besuchte zum Weissen Meere und die dritte
(Ib) südostwärts nach dem, Innern Russlands führt.
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Cyklonen, Zugstrassen.
309
2. Zugstrassen II, III und IV. Weitere 3 Zugstrassen führen
von der Umgebung der britischen Inseln quer über das Nordsee-
gebiet und Südskandinavien hinaus nach Finnland und den russischen
Ostseeprovinzen. Die aus # dem Meere nördlich und östlich von
Schottland kommenden Minima bewegen sich teils nach Ost (II),
teils nach Südost (III), die vor dem Kanal zuerst erscheinenden haupt-
sächlich der Küste entlang in ostnordöstlicher Richtung (IV), teils
über die Helgoländer Bucht (IVb), teils über das Skagerrak (IVa)
hinaus nach Finnland, wobei Südskandinavien die Konvergenzstelle
Fig. 92.
Zugstrassen der
'Minima
1876 'bis 1880.
Zugstrassen der Minima in Europa.
dieser Zugstrasse mit Zugstrasse IE bildet. Diese Zugstrassen sind in
allen Jahreszeiten vertreten, nur im Frühjahr und Sommer scheint
die südöstliche Richtimg seltener zu sein.
3. Zugstrasse V. Vom Südwesten der britischen Inseln führt
eine andere Zugstrasse, die im Frühjahr stark besucht ist, jedoch
auch im Winter und Herbst nicht selten eingeschlagen wird, dagegen
im Sommer fast gänzlich fehlt, südostwärts über Frankreich nach
dem Mittelmeerbecken hin (Va). Hier vereinigt sie sich mit einer
Zugstrasse, welche aus dem westlichen Teile des Mittelmeeres kommt,
und verläuft dann südostwärts an der Ostküste Italiens entlang (IYd),
teils, wie es im Frühjahr am häufigsten ist, nordost- und nordwärts
nach der Gegend des Finnischen Busens (IVb).
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310
Cyklonen, Zagstrassen.
Als bemerkenswert erwähnen wir noch, dass die Minima mit
Vorliebe die Küstenlinie verfolgen (norwegische, nordfranzösische und
deutsche Küste).
„In Amerika," bemerkt Koppen *), ^tritt uns das Bild der Zug-
strassen in grossen und einfachen Zügen entgegen; eine Strasse,
die über die oberen Seen und Canada in gerader östlicher Richtung
nach Neubraunschweig führt, dominiert vollkommen und zeigt eine
Frequenz der Minima, welche das 2 1 /* — 3fache von jener der
frequentesten übrigen Zugstrassen beträgt. Auf dieser Strecke be-
wegen sich die im allgemeinen nicht sehr tiefen Minima mit einer
doppelt so grossen durchschnittlichen Geschwindigkeit, als sie in
Europa einhalten, und voneinander getrennt durch ebenso fort-
schreitende Maxima, so dass der mittlere Luftdruck auf dieser Zug-
strasse trotz ihrer Frequenz höher ist, als weiter im Norden.
„Ganz anders in Europa, wo keine einzige Zugstrasse ein nur
entfernt ähnliches Uebergewicht zeigt, sondern eine Anzahl verschie-
dener Wege einander ziemlich gleichwertig gegenüberstehen, welche
zusammen ein kompliziertes Netz bilden. Ein ähnlich kompliziertes
Netz zeigt sich indessen auch schon über dem Ozean. Sieht man
von der einen nordwestwärts gerichteten Strasse im Nordwestteile
des Ozeans ab, so verlaufen die Fäden jenes Netzes in Nordamerika
nach Ostsüdost bis Nordost, über dem Ozean nach Ostsüdost bis Nord,
über Europa von Südost bis Nord. Höchst bemerkenswert sind die
Knoten des Netzes, die Konvergenz- und Strahlungspunkte der baro-
metrischen Minima, besonders da eine nähere Untersuchung zeigt, dass
in der Gegend derselben die Minima länger zu verweilen pflegen und
häufig sogar retrograde, d. h. westwärts gerichtete Bewegungen auf
kurze Zeit annehmen. Diese Gegenden sind es auch, welche am häufig-
sten die Ausbildung stationärer Depressionen und Teilminima zeigen.
Alle diese Umstände wirken natürlich dahin, dass die Wahrscheinlich-
keit, ein barometrisches Minimum an einem Tage anzutreffen, in der
Nähe dieser Strahlungspunkte viel grösser ist, als in der Umgebung/
Die Zugstrassen der barometrischen Minima und das Verhalten
der Minima auf denselben sind eingehend von mir untersucht worden 2 ).
Nur einige Hauptresultate mögen hier einen Platz finden.
Nahezu der vierte Teil sämtlicher über Europa sich hinweg-
ziehender Depressionen bewegt sich auf den oben angegebenen Zug-
strassen (siehe Fig. 92) ; auf die einzelnen Zugstrassen verteilen sich
dieselben folgendermassen:
Zugstrasse .... I
Oktober bis März . 20
April bis September 22
1876—1880
II in IV Va Vb
18 28 14 12 10
11 8 19 5 9
1881—1885
i n ni iv va vb
41 23 14 6 7 7
82 6 4 12 4 18
Bemerkenswert ist, dass die nach Südost gerichteten Zugstrassen
(III und Va) hauptsächlich der kälteren Jahreszeit angehören, wäh-
') Ann. der Hydrogr. etc., 1882, 337.
*) Van Bebber: Typische Witterungserscheinungen im Archiv d. Seew.
Jahrg. 1882, Nr. 3 und 1886 Nr. 2. Eine vorläufige Mitteilung findet sich in der
Einl. zur Mon. Uebers. d. Witterung. VII, 1882.
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Cyklonen, Zugstrassen. 311
rend die nach Nordost gerichteten (I und IV) in der wärmeren
Jahreszeit sehr häufig sind. Eine Untersuchung der Einzelfälle er-
gibt ferner, dass die Minima die Neigung haben, die einmal einge-
schlagene Bahn auf längere Zeit beizubehalten, und dass auf den
Zugstrassen die Bedingungen sowohl einer grösseren Tiefe und In-
tensität, als auch eines rascheren Fortschreitens gegeben sind. Alle
diese Thatsachen , welche sowohl für die theoretische wie für die
praktische Meteorologie von hoher Bedeutung sind, werde ich weiter
unten zu erklären versuchen.
Betrachten wir zunächst die Luftdruckverteilung für jede Zug-
strasse, welche unten in Fig. 119 u. 120 zur Anschauung gebracht ist.
Die mittleren Isobaren sind von 2 */s zu 2 1 \% mm angegeben, und zwar
für die Zeit des ersten Erscheinens der Minima auf den Zugstrassen.
Die in den Karten durch Kreuze markierten Stellen geben die An-
fangspositionen der Minima an, wobei die kleinen Kreise Sturmzentra
bedeuten. Eine Vergleichung ergibt für die einzelnen Zugstrassen
ganz charakteristische Verschiedenheiten in der Verteilung des Luft-
druckes, welche für die kältere und für die wärmere Jahreszeit nahezu
gleich sind. Bei Zugstrasse I und IV verlaufen bei verschiedenen
Ausgangsstellen die dichtgedrängtesten Isobaren nach Nordost, bei
Zugstrasse II nach Ost, bei Zugstrasse III nach Südost und Ost-
südost, bei Zugstrasse Va nach Süd und bei Zugstrasse Vb nach Nord,
während überall der höchste Luftdruck rechts von der Zugrichtung
des Minimums liegt. Hieraus ergibt sich folgende, sehr wichtige
Hegel: Fällen wir aus dem Gebiete des tiefsten Barometerstandes
auf die dichtest gedrängten Isobaren eine Senkrechte, so erfolgt die
Fortpflanzung des Minimums nahezu senkrecht zu dieser Linie, so
dass der höchste Luftdruck rechter Hand liegen bleibt. Diese Regel
gilt nicht allein für Europa, sondern auch für alle Teile unserer Erde,
wobei allerdings, wie wir gleich sehen werden, die Temperatur in
hohem Grade modifizierend einwirkt.
Aus unseren Karten (Taf. IH und IV) kann aus der mittleren Luft-
druckverteilung auch auf die mittlere Windstärke geschlossen werden,
und so lässt sich die oben ausgesprochene Regel auch noch folgender-
massen aussprechen: Die Fortpflanzungsrichtung der Minima fällt
durchschnittlich mit der Richtung der stärksten Winde zusammen.
Um diese Regel durch Thatsachen zu prüfen, unterschied ich die
mittleren Windstärken nach der Beaufort'schen Skala in der Um-
gebung des mittleren Depressionszentrums beim Vorübergange für
die einzelnen Zugstrassen nach 4 Quadranten und erhielt folgendes
Resultat, wobei A die Anzahl der in Rechnung gezogenen Fälle,
K die kältere und W die wärmere Jahreszeit bedeuten.
Vorderseite. Bückseite,
links: rechts: rechts: links:
Zugstrasse AKW AKW AKW AKW
I — — — 5 4,3 3,1 5 5,6 4,8 1 4,7 4,2
II 4 2,9 2,4 5 4,3 4,0 7 4,5 4,0 5 3,8 3,2
IV 5 2,5 2,8 3 3,9 3,3 5 3,4 4,1 5 2,3 3,2
Va 6 2,6 2,9 3 3,2 4,9 3 4,1 3,5 6 8,4 3,1
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass die Luftbewegung auf der
rechten Seite der Bahn des Minimums nach der Rückseite hin am
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312
Cyklonen, Zugstrassen.
grössten ist. Die Minima der Zugstrasse III zeigen insofern ein
eigentümliches Verhalten, als ein Teil derselben von der nördlichen
Nordsee südostwärts über die dänischen Inseln hinaus direkt nach
der ostdeutschen Grenze fortschreitet, während ein anderer Teil von
derselben Ausgangsstelle zuerst nach Dänemark oder Südschweden
sich fortpflanzt, dann aber nordostwärts umbiegt und nach Finnland
wandert. Die ersteren habe ich auf der Karte Fig. 119 mit IQa,
die letzteren mit Hlb bezeichnet. Für diese beiden Gruppen wurden
die mittleren Windstärken im Umkreise von 6 Meridiangraden be-
stimmt, und zwar ungefähr für die Stelle, wo das Umbiegen erfolgte.
Fig. 93 veranschaulicht das Ergebnis dieser Untersuchung.
NW 4.9
N3.8
W5.0(
SWS.
Fig. 93.
NE 3.2
£2.8
SE 3.1
N 3 1
NW 2 S
W 4
SW4 6
S 5
Mittlere Position: Dänische Inseln.
Gruppe lila.
NE 3 4
E2.7
SEI 4.7
S 4.3
Mittlere Position: Südschweden.
Gruppe Ulb.
Neben der Verteilung des Luftdruckes ist auch diejenige der
Temperatur für die Fortpflanzung der Minima von grosser Bedeutung.
Wie beim Luftdrucke spricht sich auch hier eine innige Beziehung
der Fortpflanzungsrichtung der Minima zu den Isothermen aus, wie
aus den Kärtchen in Fig. 119 u. 120 hervorgeht. Ziehen wir nämlich
von dem Gebiete niedrigster Temperatur auf die dichtest gedrängten
Isothermen eine Senkrechte, so bezeichnet diese Linie die Richtung,
nach welcher in der Umgebung der Depression die Temperatur am
raschesten zunimmt, und diese bildet mit der Fortpflanzungsrichtung
des Minimums einen Winkel, welcher zwischen 45 und 90° liegt, so
dass die höchste Temperatur zur rechten Hand der Bahn liegen
bleibt. Die Richtigkeit dieser Regel wird durch die mittlere Tem-
peraturverteilung für die einzelnen Zugstrassen in befriedigender
Weise bestätigt. Am meisten markiert tritt diese Beziehung in der
wärmeren Jahreszeit hervor, wo die Temperaturverhältnisse in Bezug
auf Fortpflanzung der Minima die Hauptrolle spielen, während in
der kälteren Jahreszeit die Luftdruckverteilung als das wichtigste
Moment in den Vordergrund tritt. Diese Verhältnisse werden durch
die kartographischen Darstellungen Fig. 119 u. 120 in genügender
Weise veranschaulicht.
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Cy klonen, Zugstrassen. 313
Die Beziehung der Fortpflanzungsrichtung der Minima zur Tem-
peraturverteilung fällt bei Zugstrasse Vb ganz besonders in die Augen.
Die Nordufer des Schwarzen Meeres haben in der kälteren Jahres-
zeit einen Wärmetiberschuss von 7 °, von hier an nimmt nach Nordwest
und West hin die positive Abweichung vom Normalwerte rasch ab,
schon in Oesterreich wechselt sie ihr Zeichen, Wien hat 2°, Mün-
chen 3°, Karlsruhe 4° Wärmemangel. Ganz ähnlich sind die Ver-
hältnisse in der wärmeren Jahreszeit, wo die Temperaturabweichung
vom Schwarzen Meere nach Paris von -f- 5° bis auf — 5° abnimmt.
Interessante Unterschiede zeigen die Zugstrassen Dia und DDLb,
indem bei der ersteren beim Erscheinen der Depression hohe Wärme
über Grossbritannien, Frankreich und Zentraleuropa, dagegen grosse
Kälte im hohen Nordosten herrscht. Bei der letzteren Zugstrasse
ist im Gegensatze hierzu der Osten und Nordosten warm, der Westen
und Südwesten kalt. Ganz ähnliche Beziehungen lassen sich auch
für die übrigen Zugstrassen darthun.
Die beiden oben ausgesprochenen Regeln über die Beziehimg
der Fortpflanzung der Minima zu der Verteilung des Luftdruckes und
der Temperatur kommen nicht allein in den Mittelwerten, sondern
auch in den Einzelfällen zum deutlichen Ausdruck und gelten sogar
dann, wenn Minima anomale Bahnen einschlagen. Nur in einzelnen
wenigen Fällen scheinen sich die Minima diesen Regeln nicht fügen
zu wollen, allein diese dürften auf einen störend wirkenden Umstand
zurückzuführen sein, nämlich auf eine anomale vertikale Temperatur-
verteilung. Wie oben erwähnt wurde, nimmt die Temperatur in
wärmerer Luft mit der Höhe langsamer ab als in kälterer. Wenn
nun der höhere Luftdruck mit der grösseren Wärme zusammenfällt,
so wird sich der Gradient mit der Höhe in der Weise ändern, dass
derselbe nach der Seite des höheren Luftdruckes und der grösseren
Wärme immer steiler wird, dagegen, wenn der höhere Luftdruck mit
der geringeren Wärme zusammenfällt, wird der Gradient mit der
Höhe stetig abnehmen und in einer gewissen Höhe sich umkehren.
Im ersteren Falle wird die ganze Luftmasse vom barometrischen
Maximum nach der Seite des niedrigen Luftdruckes hin nahezu die-
selbe Bewegungsrichtung zeigen, und zwar mit einer vertikal zu-
nehmenden Geschwindigkeit und Ablenkung des Windes von dem
Gradienten, Die Wärme wird also in diesem Falle in den oberen
Luftschichten dieselbe Wirkung haben als in den unteren Schichten
der Luftdruck, oder Luftdruck und Wärme werden mit der Höhe
den Gradienten verstärken. Im letzteren Falle dagegen wird eine
Abschwächung des Gradienten und der Luftbewegung mit der Höhe
und nach und nach eine Umkehrung des Gradienten und der Wind-
richtung stattfinden. Die Verteilung des Luftdruckes und der Wärme
sind also die Ursachen der Bewegung der Luftmassen in der Um-
gebung der barometrischen Minima, und die gesamte Luftbewegung
ist massgebend für die Fortbewegung der Minima. Hiernach lassen
sich die beiden Regeln zu einer einzigen zusammenfassen und
folgendermassen formulieren: Die Fortpflanzung der Minima
geschieht annähernd in der Richtung der überwiegenden
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314 Cyklonen, Zugstrassen.
Luftströmung in ihrer unmittelbaren Umgebung und in
ihrer Zugstrasse.
Die Fortpflanzung der Cyklone ist nun nicht in der Weise auf-
zufassen, als wenn dieselbe Luftmasse in fortschreitender Bewegung
um das Zentrum fortwährend rotiere, denn dann müsste auf der
Vorderseite des Wirbels eine Ausströmung, auf der Rückseite eine
Einströmung stattfinden, im Zentralraume müsste eine Luftbewegung
im Sinne des Fortschreitens des Minimums erfolgen und endlich
müsste die Beziehung des Gradienten zur Windgeschwindigkeit auf
der rechten und linken Seite der Bahn ein sehr verschiedenes Ver-
halten zeigen. Dieses ist weder für die unteren noch für die oberen
Regionen in der Cyklone der Fall, und so ist nur noch die Ansicht
berechtigt, dass die Wirbelbewegung sich stetig auf neue Luftmassen
überträgt, wobei auf der Vorderseite der Luftdruck fortwährend ab-
nimmt und so die Neubildung des Zentrums kontinuierlich bewerk-
stelligt wird.
Aus der eben angegebenen Regel lassen sich einige sehr wichtige
Thatsachen erklären. Wie wir bereits oben sahen, befindet sich ein
barometrisches Maximum zwischen dem 30.° und 40.° n. B. Nun
nimmt aber die Temperatur vom Aequator nach den Polen hin be-
ständig ab, und wenn wir den Gradienten in den verschiedenen Höhen
berechnen, so finden wir, dass schon in einer Höhe von 3000 m das
Maximum nördlich von den Wendekreisen nicht mehr vorhanden ist,
sondern dass der Luftdruck vom Aequator bis zu den Polen beständig
abnimmt, so dass also in der Höhe eine ostwärts gerichtete all-
gemeine Luftströmung stattfinden muss, deren Geschwindigkeit mit
der Höhe zunimmt. TJeber unserer Hemisphäre (ebenso auf der süd-
lichen) liegt also eine ungeheure Cyklone mit kaltem Zentrum in der
Nähe des Poles, deren isobarische Flächen vom Aequator nach den
Polen sich neigen, so dass hieraus eine allgemeine westliche Luft-
strömung resultiert, in deren Bett Cy klonen zweiter Ordnung ent-
stehen und sich fortbewegen, dieser allgemeinen Luftströmung folgend.
In ihnen steigt die warme Luft in die Höhe und wird von der west-
lichen Strömung ostwärts fortgetrieben, so dass der Luftdruck vor
der Depression abnehmen muss. Hierin liegt die Erklärung für die
Thatsache, dass in der ganzen aussertropischen Zone die Cyklonen
von West nach Ost ziehen. Dass dieses letztere in der That der
Fall ist, veranschaulicht Fig. 94 (nach Loomis), welche die mittleren
Zugstrassen der Minima für die Nordhemisphäre darstellt.
Die oberen Regionen nehmen an der Wirbelbewegung um das
»Cyklonenzentrum nicht teil, dennoch ist ihr Einfluss auf die Fort-
pflanzung der Cyklonen insofern von grosser Bedeutung, als sie durch
Fortschaffung der oberen Luftmassen die Verlegung des Cyklonen-
zentrums bewerkstelligen, wie es durch die Bewegung der obersten
Wolken, die der Depression vorausziehen, sehr deutlich angedeutet ist.
Die oben ausgesprochene Regel gibt in Bezug auf das Verhalten
der Zugstrassen einige wichtige Aufschlüsse. Die nahezu parallelen,
nach Südost gerichteten Zugstrassen IH und Va verlangen hohen
Luftdruck im Südwesten und eine nach Südwest oder West hin
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Cyklonen, Zugstrassen.
315
am stärksten zunehmende Temperatur als günstigste Bedingung ihrer
Frequenz, Und da letztere Verhältnisse der kalten Jahreszeit am
meisten entsprechen, so müssen diese Zugstrassen auch in der kalten
Jahreszeit am meisten besucht sein. Auch die rein nach Ost ge-
richtete Zugstrasse II, welche einen von Süd nach Nord gerichteten
Fig. 94.
Zagstrassen der Minima nach Loonüs.
Gradienten und eine Temperaturzunahme nach Süd oder Südwest
voraussetzt, ist in der kälteren Jahreszeit häufiger besucht, als in der
wärmeren, doch tritt hier der Gegensatz in der Frequenz nicht so
schroff hervor, wie bei den vorher genannten Zugstrassen. Die nach
Nordost oder Ostnordost gerichteten Zugstrassen I und IV verlangen
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316 Cyklonen, Zugstrassen.
hohen Luftdruck im Südosten und zunehmende Temperatur nach Süd*
ost oder Süd hin, daher sind diese Zugstrassen in der wärmeren
Jahreszeit am häufigsten vertreten, sind aber auch (insbesondere Zug-
strasse I) in der kälteren Jahreszeit nicht selten, eine Thatsache,
deren Erklärung jedenfalls in der bedeutend grösseren Luftdruck-
differenz zwischen Nordwest und Südost in dieser Jahreszeit zu suchen
ist. Die meisten unsere Gegenden beeinflussenden Minima der Zug-
strasse I sind Randbildungen oder Teilminima grösserer Depressionen,
die ihren Kern in der Gegend von Island haben, und hier wächst in
der That die Temperatur nach Südost hin. Zugstrasse Vb gehört
hauptsächlich dem Frühjahr an; sie verlangt nach Nordwest gerichtete
Luftdruck- und Temperaturgradienten , , wie sie auch nach unseren
Karten (Fig. 119 u. 120) stark entwickelt sind.
Der Luftdruck und die Temperatur um die Minima sind in
vielen Fällen nicht gleichmässig um das Depressionszentrum verteilt,
und diesem Umstände ist es hauptsächlich zuzuschreiben, dass die
Fortpflanzung und Umwandlung der Depressionen und hiermit auch
die Witterungsphänomene unserer Gegenden so ausserordentliche
Mannigfaltigkeiten aufweisen, so dass über die allgemeine Gültigkeit
des obigen Satzes bei flüchtiger Betrachtung Zweifel aufkommen
kann, um so mehr, als auch noch die Temperaturverteilung am Erd-
boden für diejenige der höheren Regionen nicht ganz massgebend
ist. Nichtsdestoweniger lässt sich die Richtigkeit dieses Satzes auch
für Einzelfälle aufrecht erhalten, wenn nur alle mitwirkenden Um-
stände klar erkannt und gewürdigt werden, wobei allerdings die
vertikale Temperaturverteilung eine sehr wichtige Rolle spielt. Be-
rücksichtigen wir aber in letzterer Beziehung die durchschnittlichen
Verhältnisse, so können folgende Sätze als allgemein gültig angesehen
werden: 1. Ist Luftdruck und Temperatur um das Minimum in
gleichem Sinne verteilt, so dass sowohl der höchste Luftdruck als
auch die höchste Temperatur auf derselben Seite der Depression
liegen, so erfolgt die Fortpflanzung der Depression nahezu senkrecht
zum Druck- und Temperaturgradienten. 2. Ist die Verteilung der
beiden Elemente eine entgegengesetzte und beide ziemlich gleich-
wertig, so wird die Bewegung der Depression gehemmt oder ganz
aufgehoben, wobei dieselbe meistens eine längliche, mehr oder weniger
verzerrte Form annimmt, deren Längsachse senkrecht zum Luftdruck-
resp. Temperaturgradienten steht und an deren Enden sich häufig
Teilminima loslösen, die dann der Luftströmung folgen, welche in der
ganzen Luftsäule über der entsprechenden Gegend vorwiegt. 3. Ist bei
der Verteilung wie vorhin nach der einen Seite der Depression ent-
weder der Druck- oder der Temperaturgradient überwiegend, so wird
die Richtung der Ortsbewegung durch das vorwaltende Element be-
stimmt. 4. Sind Luftdruck und Temperatur zwar nicht entgegen-
gesetzt, aber auch nicht in demselben Sinne um das Minimum ver-
teilt ^ so wird von dem Minimum eine resultierende Richtung ein-
geschlagen.
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Wettertypen. 317
Typische Witterungserscheinungen.
Die vorhergehenden Erörterungen haben die Abhängigkeit der
Fortpflanzungsrichtung der Depressionen von der Verteilung der Tem-
peratur und des Luftdruckes klargelegt. Da nun aber die Witterungs-
vorgänge in unseren Gegenden am allermeisten von der Bewegung
der Depressionen abhängen, so folgt hieraus die Wichtigkeit der
Kenntnis der Druck- und Temperaturverteilung zur Beurteilung der
Wetterlage auf grösserem Gebiete. Ziehen wir die allgemeinen atmo-
sphärischen Vorgänge in Betracht, wie sie sich im grossen Ganzen
über unserem Erdteil abspielen, so sind von hervorragender Bedeutung
die grossen Gebiete höchsten und niedrigsten Luftdruckes, welche
bestimmte Gegenden der Erde charakterisieren, und deren Umwand-
lungen und Verschiebungen das Auftreten, die Entwicklung und die
Fortpflanzung unserer kleineren Cyklonen, somit auch die Witterungs-
phänomene unserer Gegenden bestimmen. In der That kann der
launenhafte Wechsel der Witterungsvorgänge auf kleinerem Gebiete
nur dann verstanden und richtig gedeutet werden, wenn wir sie an-
lehnen an die allgemeinen atmosphärischen Zustände und Umwand-
lungen, so dass wir sozusagen die scheinbar unentwirrbaren Einzel-
erscheinungen von einem höheren Standpunkte aus übersehen. In
jedem einzelnen Falle und an jedem einzelnen Orte hat der jeweilige
Witterungscharakter und dessen Wechsel seinen primären Grund in
der allgemeinen Wetterlage und erst in zweiter Linie wirken lokale
Einflüsse modifizierend ein. Daher betrachten wir zunächst die all-
gemeinen atmosphärischen Zustände und Bewegungen in Beziehung
zu unseren Witterungsvorgängen und dann, hieran anlehnend, die
Wetterphänomene, wie sie sich bei der allgemeinen Wetterlage auf
beschränkterem Gebiete abspielen.
Aus vieljährigen Beobachtungen hat Hoffmeyer *) nachgewiesen,
dass im Winter das Gebiet niedrigen Luftdruckes auf dem Nord-
atlantischen Ozean im Mittel drei Luftdruckminima aufweist, von
welchen das bedeutendste südwestlich von Island, und je ein ge-
ringeres auf der Ostseite gegen das Nördliche Eismeer und auf
der Westseite gegen die Davisstrasse liegen. Diese Minima bilden
die Hauptaspirationsstellen für die gesamte Luftbewegung über dem
Nordatlantischen Ozean und Nordwesteuropa. Auf ihrer Südseite
westliche und südwestliche Winde hervorrufend, führen sie die dampf-
reiche ozeanische Luft niederer Breiten den Westküsten Europas zu,
welchem Umstände wir den milden Charakter unseres Klimas ver-
danken. Aber nicht zu jeder Zeit sind diese Minima so gleichmässig
entwickelt, wie es die mittleren Isobarenkarten angeben, sondern
meist ist das eine oder das andere vor den übrigen ganz besonders
*) Hof f mey er: Die Verteüung des Luftdruckes über den Nordatlantischen
Ozean während des Winters und deren Einfluss auf das Klima von Europa.
Vortrag geh. in Paris im August 1878; siehe Oesterr. met. Zeitschrift. 1878.
S. 338.
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318 Wettertypen.
markiert und dieses übernimmt dann die Hauptrolle in der Entwickelung
und Gestaltung der Witterungsphänomene über Nordwesteuropa, und
zwar in so entschiedener Weise, dass hierdurch der Wettercharakter
in unseren Gegenden meist für längere Zeit eine durchgreifende Um-
wandlung erfahren kann.
So war im Januar 1874 das Minimum im Eismeere sehr stark
entwickelt, während die beiden anderen oben genannten Minima be-
deutend zurücktraten. Ein Rücken höchsten Luftdruckes erstreckte
sich vom Ozean ostwärts über Spanien und das Alpengebiet hinaus
nach Oesterreich hin. Die Folge dieser Druckverteilung war ein leb-
hafter südwestlicher Luftstrom, welcher über dem Atlantischen Ozean
durch das Minimum an der Davisstrasse eingeleitet wurde und durch
das Minimum im Eismeer einen neuen Antrieb erhielt, so dass Europa
von einem kräftigen, feuchten und warmen Luftstrome überflutet
wurde, der sich etwa vom 45.° bis 69.° n. B. erstreckte.
Figur 95, IV (siehe S. 322) zeigt eine andere Luftdruckverteilung,
wonach das Minimum bei Island erheblich südwestwärts verschoben
und sehr stark entwickelt ist, wogegen die anderen Minima ganz
zurücktreten. Das erstere Minimum entwickelt auf seiner Südseite
südwestliche Winde, die aber auf den britischen. Inseln nordwärts
umbiegen und nur noch die Westküste Skandinaviens streifen,
während ein Teil des südwestlichen Luftstromes sich über Frankreich
und Deutschland ergiesst, so dass nur Island und das westliche
Mitteleuropa erwärmt werden. Dieses war die mittlere Wetterlage
im Januar 1875.
Im Februar 1875 war das Minimum der Davisstrasse ungewöhn-
lich stark entwickelt, und so wurde die warme ozeanische Luft ge-
zwungen, schon südlich von Grönland und Island nach Nord hin
umzubiegen. Während das äusserste nordwestliche Europa erwärmt
wurde, blieb das übrige Europa unter dem Einfluss kontinentaler
Winde kalt.
Eine sehr ungewöhnliche Verteilung des Luftdruckes zeigt der
Dezember 1874 (siehe Fig. 95, III). Das isländische Minimum liegt
an der südnorwegischen Küste, rechts östlich vom hohen Luftdruck,
welcher sich von den Azoren nordwärts nach Grönland hinzieht. Der
Luftdruckverteilung entsprechend, drang ein vom hohen Norden
kommender Luftstrom, welcher teilweise durch eine über der Ost-
see lagernde Depression nach Deutschland abgezweigt wurde, direkt
nach den südwesteuropäischen Küsten, so dass ganz Westeuropa in
diesem Monat kaltes Wetter hatte.
Jedenfalls war durch die Hoffmeyerschen Untersuchungen ein
bedeutender Schritt zum Verständnis der Witterungsvorgänge und
auch des Klimas des nordwestlichen Europa vorwärts gethan und
insbesondere der Beweis erbracht, dass es zur Deutung unserer
Witterungserscheinungen keineswegs genügt, auf beschränktem Ge-
biete die atmosphärischen Phänomene in Betracht zu ziehen, sondern
dass hierzu der Ueberblick über ein verhältnismässig sehr grosses
Gebiet durchaus erforderlich ist.
Bei derselben Lage der drei oben besprochenen Minima können
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Wettertypen. 319
die Witterungszustände über Westeuropa einen ganz verschiedenen
Charakter haben, und hier sind es vor allem die grossen barometri-
schen Maxima, ihre Lage, ihre Umwandlungen und ihre Wechsel-
wirkung mit den barometrischen Minima, welche in erster Linie die
ganze Wetterlage, ihre Aenderung und dadurch auch die Witterungs-
vorgänge in unseren Gegenden bestimmen. Diese sind zuerst von
Teisserenc de Bort *) für den Winter in Betracht gezogen worden,
und so erhielten die Hoffmeyer'schen Untersuchungen eine all-
gemeinere Grundlage.
Unsere Isobarenkarten (siehe Tafel HE und IV) zeigen gewisse
umfangreiche Gebiete mit hohem Luftdrucke, welche die atmosphärische
Zirkulation in ausgedehntem Masse beherrschen. Wenn auch diese gros-
sen Maxima, ebenso wie die grossen Depressionen, in gewissen Gegen-
den unserer Erde entweder beständig oder zu gewissen Jahreszeiten
fast ausschliesslich anzutreffen sind, so sind doch ihre Grenzen sehr
veränderlich und ihre Lage mannigfachen Verschiebungen unterworfen,
und diese Aenderungen sind hinreichend, um dem Witterungscharakter
unserer Gegenden die verschiedensten Formen zu geben. Für West-
europa am wichtigsten ist das Maximum, welches von den Bermuden
ostwärts über die Azoren und Madeira nach Spanien sich erstreckt.
Wenn sich dieses Maximum ohne Aenderung der Breite ostwärts
verlagert, so wird durch die südwestlichen Winde der Transport
ozeanischer Luft begünstigt und hierdurch ein milder Winter bedingt;
verschiebt sich das Maximum nach Frankreich oder Westdeutschland,
so sperrt es den Zutritt der Seewinde ab, das Wetter ist ruhig und
(abgesehen von Bodennebeln) meist heiter und kalt; wandert endlich
das Maximum nordwärts etwa nach dem Biscayischen Busen oder
nach den britischen Inseln, so hat dieses im Gefolge nordwestliche
und nördliche Winde mit nasskaltem Wetter und häufigen und er-
giebigen Schneefallen.
Das Maximum im Osten hat über Zentralasien seine grösste Be-
ständigkeit, indessen kann dasselbe grosse und mannigfache Modi-
fikationen erleiden, und zwar kann sich dasselbe derart teilen, dass
etwa das Flussgebiet des Ob das östliche Maximum von demjenigen
des Westens scheidet, welch letzteres sich nicht selten westwärts
auch über Skandinavien erstreckt, welche Wetterlage in der Regel
kontinentale Winde und kalte Winter bedingt (wie z. B. im Januar
1842 und 1879), oder die das Maximum im Osten und dasjenige im
Westen trennende Zone liegt mehr westwärts nach Europa zu, wobei
das westliche Maximum in der Regel mit dem hohen Luftdrucke über
Zentraleuropa sich vereinigt (wie in den kalten Monaten Dezember
1865 und 1879 und im Januar 1882), oder endlich das Maximum
verlagert sich südwärts und nimmt an Höhe ab.
Die Umwandlungen, Verschiebungen und Teilungen des Mini-
mums über dem Nordatlantischen Ozean stehen jedenfalls in innigstem
*) Teisserenc de Bort: Etüde sur Thiver 1879— 1880 et recherches sur
la position des centres d'action de l'atmosphere dans les hivers anormaux. In
Ann. du Bureau Centr. met. de France. Jahrgang 1883, IV.
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320 Wettertypen.
Zusammenhange mit den eben besprochenen Maxima, insbesondere
mit jenem im Süden. Nach Teisserenc de Bort lassen sich fol-
gende Fälle unterscheiden: 1. Ein Minimum liegt über dem Eismeere
und Finnmarken, ein zweites an der grönländischen Küste. Diese
Druckverteilung bedingt für Nordeuropa einen warmen Winter, wäh-
rend für das Wetter in Mitteleuropa die Lage des barometrischen
Maximums entscheidend ist. 2. Das Minimum liegt tiefer, südlich
über der Nordsee und der skandinavischen Halbinsel, während relativ
hoher Luftdruck das Minimum über Grönland abscheidet. Nicht
selten, insbesondere dann, wenn das Maximum der Rossbreiten sich
nach Nord verschiebt, bewegen sich an dessen Nordostrande die
barometrischen Depressionen südostwärts über Zentraleuropa, wodurch
in der Gegend westlich von dieser Bahn nasskaltes Wetter hervor-
gerufen wird. 3. Das Minimum liegt über den britischen Inseln, in
welchem Falle zumeist hoher Luftdruck über Nordrussland zu lagern
pflegt. Hierdurch wird milde, aber nicht selten unruhige Witterung
für das westliche Mitteleuropa bedingt. 4. Ein Minimum ist an der
westfranzösischen Küste ausgebildet, während gleichzeitig Depressionen
über dem Mittelmeere auftreten und hoher Luftdruck sich über West-
europa erstreckt. Bei dieser Druckverteilung bewegen sich die Minima
in der kälteren Jahreszeit südostwärts nach dem Mittelmeere hin und
die hierdurch bedingten kontinentalen Winde begünstigen die Ab-
kühlung (wie im Januar und Dezember 1871, Februar 1879). 5. In
selteneren Fällen kommt ein Minimum in der Gegend der Azoren
zur Entwickelung; liegt das Zentrum desselben längere Zeit südlich
von den Azoren, so kann diese Störung sehr bedeutend sein. Dieser
Zustand ist geeignet, länger anhaltende Kälte und Trockenheit im
westlichen Teile von Mitteleuropa hervorzurufen. — Ueberhaupt sind
es nicht allein diese Depressionen, welche die ganze Thätigkeit des
ozeanischen Minimums zusammensetzen, andere zeigen sich an der
Davisstrasse, im Eismeere und besonders über Sibirien oder Bussland,
welch letztere das asiatische Maximum von dem europäischen trennen.
Aus der gegenseitigen Lage der Maxima und Minima und ihrer
Beziehung zu den Witterungszuständen in unseren Gegenden ergeben
sich folgende Wintertypen, welche in der Karte auf S. 322 durch
Repräsentanten vertreten sind. Ich habe diese Karten dadurch ver-
vollständigt, dass ich neben der Druckverteilung (ausgezogene Linien)
die Linien gleicher Temperaturabweichung (punktierte Linien) ein-
trug, so dass auch die Ausbreitung des Kältegebietes übersichtlich
dargestellt ist. Die Kärtchen III und IV erhielten eine ziemlich
erhebliche Abänderung, insbesondere für den Westen, da es mir ge-
boten erschien, die Isobaren (mit Berücksichtigung der Breite) mehr
an die von Hoffmeyer veröffentlichten genaueren Karten anzulehnen,
wenn auch die allgemeine Situation hierdurch wenig verändert wird.
Ich bemerke ausdrücklich, dass die folgenden Typen für Frankreich
und dessen nächste Umgebung aufgestellt sind, wie jene von Hoff-
meyer sich vorzugsweise auf Skandinavien und Dänemark beziehen.
Typus A. Kalt und trocken. Das Maximum über Asien ver-
schiebt sich gewöhnlich nach West und teilt sich derart, dass der
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Wettertypen. 321
westliche Teil sich über das nördliche Russland und Finnland er-
streckt und der Luftdruck sowohl nach West als auch nach Süd
hin abnimmt, eine Druckverteilung, die am häufigsten im Januar
zustande kommt. Es ist einleuchtend, dass bei dieser Situation
östliche kontinentale Winde über Mitteleuropa vorwiegen müssen,
welche die Kälte Russlands in unsere Gegenden übertragen. Beispiele
dieses Typus sind der Januar 1838, 1842, 1861, 1876 und 1879.
Typus B. Kalt und trocken (Strahlungswinter). Das baro-
metrische Maximum hat sich über den westlichen Teil von Mittel-
europa verlegt, während im Obgebiete und in der Gegend der Azoren
der Luftdruck relativ niedrig ist. Dieser Typus ist charakterisiert
durch ruhiges, heiteres und trockenes Wetter (abgesehen von ßoden-
nebeln). Der Lufttransport vom Ozean ist für unsere Gegenden ab-
gesperrt, so dass durch die Ausstrahlung die Temperatur erniedrigt
wird, insbesondere, wenn vorher eine Schneedecke sich gebildet hat
(wie im Dezember 1879). Diesem Typus gehören an: Dezember
1864, 1865, 1873, 1875, 1879 und Januar 1859 und 1864. Zu-
weilen liegt der Kern des barometrischen Maximums etwa mitten in
Deutschland oder noch südlicher, dann werden die weiter nördlich
und westlich davon gelegenen Gebietsteile in die ozeanische Luft-
zirkulation aufgenommen und erfreuen sich milder Witterung, wäh-
rend östlich resp. südlich davon strenge Kälte herrscht. So zeigt
eine Vergleichung der Dezembermonate 1865 und 1879, dass die
Luftdruckverteilung in beiden Monaten grosse Aehnlichkeit hat, und
doch war der Dezember 1865 für Frankreich mild, dagegen der
Dezember 1879 (vergl. Karte II) für ganz Mitteleuropa ausserordent-
lich kalt. Aber im ersteren lag der höchste Luftdruck häufiger im
Osten von Frankreich und machte so öfters den Zutritt von See-
winden in den westlichen Kontinent möglich. Der Hauptrepräsentant
dieses Typus ist der Dezember 1879, welcher wohl als der kälteste
Dezembermonat dieses Jahrhunderts anzusehen ist. Es ist dieser
Monat denkwürdig nicht allein wegen der tiefen Kältegrade, sondern
ganz besonders durch die Beständigkeit aller Ursachen, welche eine
grosse Temperaturerniedrigung in dieser Jahreszeit hervorbringen
können. Als solche können für diesen Monat hervorgehoben werden:
1. die geringe Luftbewegung, 2. die sehr geringe Bewölkung und
die dadurch bedingte starke Ausstrahlung in den Weltenraum und
3. die lange Anwesenheit einer Schneedecke. Die grösste Kälte
herrschte im Innern Frankreichs, in Süddeutschland und Oesterreich,
wo das Monatsmittel der Wärme stellenweise bis zu 12° C. unter
dem Normalwerte blieb. Einige Temperaturextreme mögen hier an-
geführt werden: Paris — 25,6, Chälons — 25,1, Clermont — 23,0,
Toulouse — 10,2, Montpellier — 11,2, Nizza — 3,5, Hamburg — 19,2,
Münster i. W. —22,4, Berlin —18,8, Bromberg —26,4, Königs-
berg — 26,9, Breslau —26,1, Kassel —25,8, München —25,3,
Utrecht — 17,5, Kopenhagen — 8,3, Wien — 20,7, Krakau — 29,6,
Basel —24,0°.
Typus C. Feuchtkalt. Dieser Typus ist charakterisiert durch
die Verschiebung des Maximums bei den Azoren nach Nord hin,
Van Bebber, Meteorologie. 21
Digitized by VjOOQ IC
322
Wettertypen.
Fig. 95.
WINTERTYPEN.
Digitized by VjOOQ IC
Wettertypen. 323
während relativ niedriger Luftdruck über Zentraleuropa und dem
Mittelmeergebiete lagert. Der Druckverteilung entsprechend, breitet
sich ein kalter Luftstrom aus dem hohen Norden am Ostrande des
hohen Luftdruckes über Westeuropa aus und bringt dort die Tem-
peratur zum Sinken. In der Regel ist dieser Typus gekennzeichnet
durch häufige und ergiebige Schneefälle, die nicht selten die Er-
haltung und Verstärkung der Winterkälte begünstigen. Vorherrschend
war dieser Typus im Dezember 1867, 1870, 1871, 1874, 1878 und
im Januar 1868 und 1871.
Typus D und E. Milde Winter. Beide Typen stimmen darin
überein, dass dieselben eine Luftdruckverteilung bieten, welche der
ozeanischen Luft freien Zutritt in den europäischen Kontinent ge-
stattet, so dass ihre Herrschaft durch milde Witterung mit häufigen
Regenfällen charakterisiert ist. Bei Typus D liegt der hohe Luft-
druck über der Iberischen Halbinsel und dem Mittelmeere, während
das ozeanische Depressionsgebiet sich über den Nordatlantischen
Ozean, Nordeuropa und Nordsibirien erstreckt. Dieser Typus ist
vertreten im Dezember 1863, 1866, 1874, 1875 und hauptsächlich
im Winter 1883/84. Typus E unterscheidet sich von D durch die
Verschiebung des asiatischen Maximums nach Nordrussland und des
nordatlantischen Minimums nach den britischen Inseln. Diese Typen
kamen vor im Dezember 1862, 1872, 1876 und im Januar 1860, 1872,
1873 und 1877.
Einige Monate schliessen sich nicht den vorhin besprochenen
Typen an und bilden dann meistens Uebergänge von einem Typus
zum anderen. Ausserdem kommen häufig durch den eigentümlichen
Verlauf der Isobaren Windverhältnisse vor, welche eine abnorme
Temperaturverteilung hervorrufen.
Würden wir diese Untersuchungen auch auf die wärmere Jahres-
zeit ausdehnen, so würden wir, wie schon aus der Isobarenkarte für
den Juli ersichtlich ist , abweichende Verhältnisse finden , indem das
Maximum im Osten einer Depression Platz gemacht hat und das nord-
atlantische Minimum bedeutend abgeschwächt ist. Ausserdem be-
dingen Maxima und Depressionen im Sommer und Winter nicht den-
selben Witterungscharakter. Eine eingehende Untersuchung nach
dieser Richtung hin würde durchaus lohnend sein.
Alle diese Untersuchungen liefern den sicheren Beweis, dass
unsere Witterungszustände , ihre Fortdauer und Aenderungen in
innigster und unmittelbarer Verknüpfung mit der allgemeinen Wetter-
lage und ihren Umwandlungen stehen, und dass ein klares und rich-
tiges Verständnis derselben nur in Anlehnung an diese erfolgen kann.
Indessen vollziehen sich innerhalb dieses Rahmens meist rasch vorüber-
gehende Veränderungen, die auf den vorwaltenden Witterungscharakter
auf grösserem Gebiete zwar keinen sehr beträchtlichen Einfluss haben,
aber doch für die Witterungserscheinungen auf verhältnismässig
kleinen Distrikten von eingreifender Bedeutung sind. Barometrische
Minima, meistens Randbildungen der grossen Depressionszentren,
gleiten oft in rascher Aufeinanderfolge am Rande der grossan baro-
metrischen Maxima fort, äussern auf Wind und Wetter des Gebietes,
Digitized by VjOOQ IC
324 Wettertypen.
welches sie durchziehen, im weiteren Umkreise einen ausserordent-
lichen Einfluss und drücken so der Witterung den Charakter des
Veränderlichen, Launenhaften auf. Als eine vermittelnde oder er-
gänzende Untersuchung über diesen Gegenstand dürfte die von mir
über „Typische Witterungserscheinungen* 4 angestellte angesehen wer-
den, welche ich Anfang des Jahres 1882 (also etwas vor dem Er-
scheinen der Abhandlung Teisserenc de Bort's) in der Einleitung
zu der „Monatlichen Uebersicht der Witterung" auszugsweise und
bald darauf im „Archiv der Seewarte" in ausführlicher Behandlung
veröffentlichte (siehe oben Anmerkung S. 310).
Eine kurze Wiedergabe der Ergebnisse dieser Untersuchung
dürfte hier nicht überflüssig sein, da dieselbe eine Uebersicht über
die in unseren Gegenden am häufigsten vorkommenden Wetterlagen
gewährt und Anhaltspunkte zur Beurteilung ihres Verlaufes bietet.
Wenn wir auch über die Entwickelung, Verwandlung und Wir-
kung der Depressionen, über die vielen, manchmal scheinbar un-
bedeutenden Modifikationen in der Wetterlage, die jedoch häufig
ausserordentliche Aenderungen der Witterung hervorbringen, in vielen
einzelnen Fällen noch im unklaren sind, so erscheint es doch von
hoher Wichtigkeit, die durchschnittlichen Verhältnisse zu kennen, um
hieraus sozusagen eine schematische Uebersicht der Witterungsvor-
gänge abzuleiten, deren Vergleichung mit den Einzelfällen sehr lehr-
reich ist. Um feste Anhaltspunkte zur Gruppierung der so ausser-
ordentlich mannigfaltigen Witterungsvorgänge zu erhalten, lehnen
wir diese an die oben besprochenen Zugstrassen an, welches Vor-
gehen schon von vornhererein erwarten lässt, dass wir Gruppen von
gleichartigen Witterungserscheinungen erhalten werden. Da die Wir-
kung der Luftdruckverteilung für die wärmere und kältere Jahreszeit,
wie bereits bemerkt, eine verschiedene ist, so erscheint es geboten,
die Beziehungen der Witterungsvorgänge zu den Zugstrassen getrennt
für beide Jahreszeiten zu betrachten.
1. Zugstrasse I. 1. Kältere Jahreszeit. (Siehe Fig. 119.) Diese
Zugstrasse ist für die Witterungsverhältnisse des westlichen und nord-
westlichen Europa entschieden die wichtigste. Das barometrische
Minimum geht bei dieser Zugstrasse nordwestlich und nördlich von
Europa vorüber, für das nordwestliche Europa südliche bis westliche
Winde mit feuchter, milder Witterung verursachend. Von ent-
scheidender Bedeutung für die Witterungsverhältnisse unserer Gegen-
den ist bei dieser Zugstrasse die Lage des barometrischen Maximums,
indem hierdurch der Wirkungskreis des Minimums bestimmt wird.
Wir unterscheiden hier drei verschiedene Fälle, je nachdem das baro-
metrische Maximum über Südosteuropa (insbesondere Oesterreich-
Ungarn) oder Südeuropa (hauptsächlich Stidfrankreich und dem Alpen-
gebiet) oder Zentraleuropa lagert. Die beiden ersteren Fälle, welche
auch häufig kombiniert vorkommen, sind die häufigeren.
a) Maximum über Südosteuropa. Die Isobaren über Mittel-
europa haben eine nordöstliche Richtung, so dass die ozeanische Luft
Digitized by VjOOQ IC
Wettertypen.
Fig. 96.
325
Fig. 97.
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326 Wettertypen.
über Süd- und Mitteleuropa freien Zutritt hat, welche um so stärker
bewegt ist, je grösser die Luftdruckunterschiede sind. Ist dieser
Typus ganz rein ausgeprägt, was übrigens in selteneren Fällen der
Fall ist, so breitet sich das warme Wetter über das ganze nord-
westliche und mittlere Europa aus, wobei das Regengebiet westost-
wärts vorzudringen pflegt. In den meisten Fällen kommen auf der
Südseite des Hauptminimums, entweder auf dem Ozean oder im Süden
der britischen Inseln, Randbildungen vor, welche, in Form von
Furchen niederen Druckes ostwärts fortschreitend, die ozeanische
Luftströmung aus niederen Breiten von unseren Gegenden abhalten,
so dass zunächst südöstliche und südliche, dann westliche und nord-
westliche Winde zur Herrschaft kommen. Diese Randbildungen sind
besonders in der Gegend des Kanals ausserordentlich häufig, und
zwar nicht allein bei diesem Typus, sondern überhaupt bei allen
Depressionen, welche über Nordwesteuropa vorbeischreiten, und diese
haben auf den Verlauf unserer Witterungsphänomene einen sehr
grossen Einfluss. Durch diese Teilbildungen geht das ganze De-
pressionsgebiet nicht selten über in eine breite Furche niedrigen
Luftdruckes, insbesondere dann, wenn im Mittelmeer eine grössere
Depression lagert. Eine solche Furche ist dann charakterisiert durch
trübes, regnerisches, im Osten warmes, im Westen kaltes Wetter.
Als Beispiel dieser Wetterlage wähle ich die Wetterkarten vom
30. und 31. Dezember 1878 (Fig. 96 u. 97).
Am 30. Dezember 8 Uhr morgens liegt ein tiefes Minimum von
etwa 730 mm bei den Hebriden , seinen Wirkungskreis über ganz
Westeuropa ausbreitend, während ein Maximum über 770 mm über
Südosteuropa lagert. Der ozeanische Luftstrom ergiesst sich über
Frankreich, Deutschland und über das Nord- und Ostseegebiet. Am
stärksten ist dieser Luftstrom auf der Südseite des Minimums, und
hier ist auch die Erwärmung am grössten. In Frankreich Hegt die
Temperatur 10 — 15° über dem Gefrierpunkte, an der westdeutschen
Grenze herrscht noch eine Temperatur von 5°, während die ost-
deutsche Grenze nahezu mit der Frostgrenze zusammenfällt; am
Finnischen Busen, welcher noch im Bereiche der warmen ozeanischen
Luftströmung liegt, herrscht eben noch Tauwetter, wogegen Haparanda,
welches von diesem Strome abgeschlossen ist, — 24° C. aufweist. Auf
der Süd- und Ostseite der Cyklone ist das Wetter trübe, vielfach
fällt Regen, nur in Deutschland herrscht zur Beobachtungsstunde
noch vielfach heiteres oder nebeliges Wetter.
Die Karte vom 31. Dezember weist nach, dass in den vorher-
gehenden 24 Stunden das Minimum, auf der Zugstrasse I fort-
wandernd, nach der norwegischen Küste fortgeschritten ist, an seiner
Stelle ist ein anderes Minimum von derselben Tiefe erschienen. Zwei
barometrische Maxima liegen über Südeuropa, eins über Südfrank-
reich und das andere über der Adria. Diesen Aenderungen ent-
sprechend, hat der ozeanische Luftstrom einen weiteren Antrieb nach
Ost hin erhalten und dringt mit grosser Lebhaftigkeit in den
Kontinent ein und verbreitet sich auch weit in die nördlichen Länder,
seinen Einfluss überall hin kennzeichnend durch Erwärmung und Regen-
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Wettertypen.
327
fälle. Die Isotherme von 10° ist nach dem westlichen Deutschland,
diejenige von 5 nach dem östlichen Deutschland gertickt, während
die Frostgrenze sich nach dem Innern Russlands verlegt hat; Ha-
paranda hat Tauwetter. In Deutschland hat sich das Wetter sehr
geändert: an Stelle der heiteren, meist trockenen Witterung ist trübes
Wetter mit Niederschlag getreten, in den letzten 24 Stunden ist in
ganz Deutschland Regen gefallen, an der Küste bis zu 13, im Binnen-
lande bis zu 15 mm. Das Minimum über Schottland schlägt den-
selben Weg ein wie sein Vorgänger und erzeugt in der Neujahrs-
nacht Südweststurm.
Breitet nun aber das Maximum im Südosten seinen Wirkungs-
kreis weit westwärts, etwa über Deutschland hinaus, aus, und ist
Fig. 98.
über Südwesteuropa der Luftdruck relativ niedrig, so hat die ozeanische
Luft zu unseren Gegenden keinen Zutritt und der Witterungscharakter
ist ein ganz anderer, als wir ihn eben dargestellt haben. Sehr schön
zeigt dieses die Wetterkarte vom 28. Januar 1880, welche dem denk-
würdigen strengen Winter 1879/80 angehört (Fig. 98).
Der Gegensatz der vorhin dargestellten Witterungserscheinungen
zu denjenigen im letzteren Falle ist sehr auffallend: im ersteren
Falle warmes, regnerisches Wetter bei lebhaftem ozeanischem Luft-
strome, im letzteren eisig kaltes und heiteres Wetter mit schwachen
kontinentalen Winden.
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328
Wettertypen.
Wesentlich für das Zustandekommen dieser Zugstrasse erscheint
der Umstand, dass der Luftdruck über Nord- und Nordosteuropa
verhältnismässig niedrig ist, indem im anderen Falle die Depressionen
die Neigung haben, nordwärts fortzuwandern. Einen solchen Fall
zeigt die Wetterkarte vom 2. Januar 1888, bei welcher das Maximum
Fig. 99.
im Osten sich weithin nach dem Norden ausgebreitet hat. Hier
haben die Isobaren eine nördliche Richtung, so dass auch hier keine
Luft vom Ozean in unsere Gegenden gelangen kann. Bemerkens-
wert sind hier zwei Kältezentren, von denen das eine ( — 24°) bei
München, das andere ( — 31 °) bei Lemberg liegt (Fig. 99).
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Wettertypen. 329
b) Maximum über Südeuropa. Bei dieser Wetterlage haben
die Isobaren eine mehr östliche Richtung als bei der vorhergehenden und
herrscht lebhafte, vielfach stürmische, zunächst südwestliche, nachher
gewöhnlich westliche und nordwestliche Luftströmung. Das Regen-
wetter dringt in der Regel tief in den Kontinent hinein, wobei die
Temperatur sich erheblich über ihren Durchschnittswert erhebt,
d. h. wenn, wie dieses häufig zu geschehen pflegt, ein zweites Mini-
mum nachfolgt; ist dieses nicht der Fall, so ist Abnahme der
Temperatur die Regel. Im ersteren Falle schiessen die Winde nach
Nordwest und Nord aus, im letzteren drehen sie wieder nach Süd-
west und Süd mit aufklarender Witterung zurück.
Die Wetterkarte vom 2. Januar (Fig. 100) zeigt ein Maximum von
über 775 mm über Südwesteuropa und ein Minimum unter 720 mm,
ostwärts fortschreitend, östlich von Irland. In lebhaftem, stellenweise
stürmischem Strome überfluten die. feuchtwarmen Seewinde unsere
Gegenden. Das Wetter ist trübe, regnerisch und ungewöhnlich warm.
Am folgenden Morgen (Fig. 101) liegt das Minimum über Nord-
skandinavien, während das barometrische Maximum sich etwas nordwärts
nach den britischen Inseln ausgebreitet hat. Dementsprechend sind im
Nordseegebiete die Winde, ohne ihren Charakter als Seewinde zu ver-
lieren, mehr nach Nord umgegangen und haben einen böigen Cha-
rakter angenommen. Die Temperatur liegt zwar noch erheblich über
dem Durchschnittswerte, ist aber an allen deutschen Stationen gesunken.
c) Maximum über Zentraleuropa. Diese Situation ist cha-
rakterisiert durch heiteres oder nebeliges Wetter mit schwachen
lokalen, kontinentalen Winden ohne erhebliche Niederschläge. Dabei
werden die Wärmeverhältnisse weniger bedingt durch horizontale
Luftströmungen, als durch die Insolationsverhältnisse und den verti-
kalen Luftaustausch. Für ein bestimmtes Gebiet sind also in Be-
tracht zu ziehen neben den vorherrschenden Winden und ihrem
Ursprung die Himmelsbedeckung, das Vorhandensein oder Fehlen
einer Schneedecke und insbesondere die dynamischen Wirkungen des
absteigenden Luftstromes.
Wie verschieden bei anscheinend derselben Wetterlage die Tem-
peraturverhältnisse sein können, zeigen die beiden Wetterkarten
vom 22. Dezember 1879 (Fig. 102) und vom 19. Januar 1884 (Fig. 103) :
im ersteren Falle sehr strenge Kälte, im zweiten warmes Wetter. Zur
Erklärung dieser auffallenden Erwärmung müssen wir annehmen, dass
die oberen Luftströme, welche, wie wir oben gesehen haben, über
dem Maximum herabsinken und sich durch die Verdichtung erheblich
erwärmen, im letzteren Falle die Erdoberfläche berühren. In dem
strengen Winter 1879/80 kommen mehrere solche merkwürdige Er-
wärmungen vor, welche sich nur auf diese Weise erklären lassen.
2. Wärmere Jahreszeit. Das barometrische Maximum liegt
in dieser Jahreszeit am häufigsten über Zentraleuropa. Das Maximum
sowohl wie das Minimum sind im allgemeinen viel weniger entwickelt,
wie in der kälteren Jahreszeit, und daher ist die Luftbewegung in
der ersteren schwächer als in der letzteren.
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330
Wettertypen.
Fig. 100.
Fig. 101.
8* Morgens.
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Wettertypen.
331
Fig. 102.
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332 Wettertypen.
a) Maximum über Südasteuropa. Der Charakter des Wetters
ist ruhig, heiter und warm, indessen wird derselbe sehr häufig durch
ausgedehnte Gewittererscheinungen unterbrochen, welche nicht selten
von heftigen Niederschlägen begleitet sind. Häufig kommt bei dieser
Wetterlage auf der Südseite des Hauptminimuins, etwa vor dem Kanal
oder im südlichen Nordseegebiet, eine Teildepression zur Entwickelung,
und diese hat in der Regel die Ausbildung von Gewitterböen zur
Folge, welche mit der Teildepression ostwärts insbesondere über das
nördliche Deutschland fortziehen.
b) Maximum über Südeuropa. Diese Wetterlage unterscheidet
sich von der eben besprochenen durch grössere Bewölkung, geringere
Wärme, geringere Häufigkeit der Gewitter und durch lebhaftere Luft-
bewegung in unseren Gegenden. In der Regel ist die Bewölkung
veränderlich und nimmt, wenn sich das Maximum nach Zentraleuropa
verlegt, ab, oder macht nebeligem Wetter Platz. Die Aenderungen
der Temperatur hängen hauptsächlich von der Bewegung des Maxi-
mums ab; bleibt dieses, wie es gewöhnlich der Fall ist, über Südwest-
europa stationär, so tritt Abkühlung ein, dagegen meist Erwärmung,
wenn sich dasselbe nach Zentraleuropa oder nach Osten hin verlegt.
Niederschläge sind bei dieser Wetterlage häufig, insbesondere beim
Erscheinen und beim Vorübergange der Depression, Gewitter sind
nicht so häufig und ausgedehnt, wie bei der vorher besprochenen
Wetterlage, jedoch sind in etwa der Hälfte der Fälle in Deutsch-
land irgendwo Gewitter zu erwarten.
c) Maximum über Zentraleuropa. In der wärmeren Jahres-
zeit kommt diese Situation am häufigsten vor; sie ist charakterisiert
durch sehr ruhiges, heiteres und trockenes, nur im Frühjahr und
Herbst vielfach nebeliges Wetter. Dabei ist die Temperatur beim
Erscheinen der Depression nahezu normal und erhebt sich dann
bei weiterem Fortschreiten derselben über den Normalwert; die
Nachmittagstemperaturen haben häufig einen sehr hohen Wert. Ge-
witter sind bei dieser Wetterlage sehr selten und kommen dann nur
vereinzelt, höchst selten in grösserer Ausdehnung vor. Auch wenn
Niederschläge stattfinden, sind dieselben nur gering und auf kleinere
Gebiete beschränkt. Das barometrische Maximum wandert ebenso
oft nach West als nach Ost und ist ebenso oft sationär. Die
Wetterkarten vom 18. und 19. Mai 1878 (Fig. 104 u. 105) veran-
schaulichen recht gut diese Wetterlage.
2. Zagstrasse II. 1. Kältere Jahreszeit. Der Luftdruck
ist bei dieser Zugstrasse am höchsten gewöhnlich über Spanien oder
über Südfrankreich, seltener über dem Alpengebiet oder Italien
und noch seltener über Zentral- und Südosteuropa; am niedrig-
sten ist der Luftdruck über dem ganzen nördlichen Europa. Der
Verlauf der Isobaren ist auf der Südseite der Depression ostwärts
gerichtet, während die kontinentale Achse d. h. der Rücken höchsten
Luftdruckes, durch Spanien, Südfrankreich und Oesterreich-Ungarn
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Wettertypen.
Fig. 104.
333
r> f f •-, 7;t---.. u
38. Mai 1878,
8* Morgens .
Fig. 105.
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334 Wettertypen.
nach dem Schwarzen Meere verläuft. Die Luftbewegung ist bei dieser
Wetterlage ausserordentlich lebhaft, meist stürmisch, nicht allein für
die Küste, sondern auch für das Binnenland, wobei beim Vorübergange
und auf der Rückseite stürmische Böen aus West und Nordwest zur
Entwicklung kommen. Bei dieser Zugstrasse kam eine Reihe sehr
schwerer Stürme vor, von denen ich aus neuester Zeit insbesondere
folgende hier hervorhebe: 14. und 15. Oktober 1881, 28. und 29. Oktober
1884, 5. und 6. November 1882, 29., 30. und 31. Dezember 1882,
5. Dezember 1885, 27. und 28. Februar 1883, 18., 19. und 20. Februar
1882. Die Temperaturverteilung liegt beim Erscheinen der Depression
über ganz Mitteleuropa erheblich über dem Normalwerte und behält
ihren Wert während des ganzen Verlaufes der Erscheinung; nur wenn
beim Vorübergange der Luftdruck auf der Rückseite rasch ansteigt und
böige nordwestliche und nördliche Winde einsetzen, erfolgt unter von
der jeweiligen Temperaturverteilung abhängigen Umständen rasche
Abkühlung, welche zuweilen von Gewittererscheinungen begleitet ist.
Die Bewölkung ist für diese Zugstrasse beträchtlich grösser, wie bei
Zugstrasse I. Ausserordentlich gross ist bei dieser Zugstrasse die
Regenwahrscheinlichkeit: in dem ganzen Gebiete nördlich von den
Alpen bis hinauf nach Nordskandinavien liegt diese über 0,50.
Die Wetterkarte vom 7. Januar 1882 (Fig. 106) veranschaulicht den
Witterungszustand bei der Herrschaft dieser Zugstrasse. Unter der
Wechselwirkung eines tiefen barometrischen Minimums über Skandi-
navien und eines hohen Maximums über Spanien wehen im Nord- und
Ostseegebiet lebhafte, vielfach stürmische südwestliche Winde. Ueber-
all ist das Wetter trübe, auf der Südseite regnerisch und allenthalben
ungewöhnlich warm ; Deutschland hat bis zu 1 1 ° Wärmeüberschuss.
Aber über den britischen Inseln ist Abkühlung eingetreten, die sich
bis zum folgenden Tage über Frankreich und Deutschland ausbreitet.
2. Wärmere Jahreszeit. Die Luftdruckverteilung ist ganz
ähnlich derjenigen in der kälteren Jahreszeit, und es zeigt sich im
Westen eine Tendenz zur Entwicklung eines neuen barometrischen
Minimums auf der Rückseite. Auch der Verlauf der kontinentalen
Achse entspricht demjenigen der kälteren Jahreszeit. Im Gegensatz
zu der kälteren Jahreszeit ist das Wetter auf der Südseite der De-
pression kühl, insbesondere über Frankreich und Westdeutschland.
Obgleich die Bewölkung für unsere Gegend im Durchschnitt nicht
sehr erheblich ist, so sind doch Niederschläge sehr häufig und er-
giebig, meistens von ausgebreiteten Gewittern begleitet, welche mit
den häufigen Randbildungen auf der Südseite der Hauptdepression
in Zusammenhang stehen. Die Luftbewegung ist bei dieser Wetter-
lage lebhaft, starke Winde sind nicht selten, zuweilen kommen
stürmische Winde von grösserer Ausdehnung vor.
Ein Beispiel dieser Wetterlage gibt Fig. 107, die Wetterkarte
vom 22. Mai 1878. Das barometrische Maximum erstreckt sich vom
Biscayischen Busen ostwärts nach Galizien hin, während das Minimum
über Schweden einen Ausläufer nach der östlichen Ostsee entsendet,
welcher gleichzeitig mit der Depression ostwärts fortschreitet. Der
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Wettertypen.
Fig. 106.
335
7. JamiairlKfö«
8^ Morgens.
Fig. 107.
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336 Wettertypen.
Vorübergang dieser Teildepression macht sich bemerkbar durch
starke bis stürmische Böen, rechtsdrehende, nach Nordwest um-
gehende Winde und Gewittererscheinungen. Letztere fanden statt
am 23. um Mittag in der Gegend von Kiel, am Nachmittage bei
Rostock und in der Nacht zu Memel; auf dieser ganzen Strecke
traten Regenböen ein, wenn auch die Regenmengen nicht sehr gross
waren. In Deutschland fand beim Vorübergange des Phänomens
überall Trübung statt, stellenweise stellte sich Regenwetter ein. Die
Temperatur hielt sich andauernd unter dem Normalwerte mit einer
weiteren Abkühlung am 22. in ganz Deutschland.
3. Zagstrasse III. 1. Gruppe lila. Das barometrische Maxi-
mum liegt südwestlich von den britischen Inseln und breitet sich
weit nach Nord hin aus, so dass die Isobaren über Westeuropa
nach Südost verlaufen. Das Maximum zeigt meistens nur geringe
Verschiebungen. Die kontinentale Achse verläuft vom Ozean ost-
wärts über Nordspanien nach der Adria hin. Die Gradienten auf
der Süd Westseite der Depression sind durchschnittlich steil, und daher
sind die Winde im Nordseegebiete in der Regel stürmisch. Da
diese Winde gewöhnlich in heftigen Böen aus Nordwest wehen, sind
sie nicht selten für Schiffahrt und Fischerei äusserst gefährlich.
Dringen die kalten Nordwestwinde in ein hoch temperiertes Gebiet
ein, so sind Gewittererscheinungen häufig.
Die Isothermen auf der Südwestseite der Depression verlaufen
durchschnittlich nach Südost, und es liegt die Temperatur in West-
deutschland ziemlich erheblich über dem Normalwerte, dagegen im
Nordosten unter demselben ; bei weiterem Verlauf der Erscheinung
folgt in der Regel im Westen Abkühlung. Bewölkung und Nieder-
scnlagshäufigkeit sind bei dieser Zugstrasse erheblich. Als Beispiel
diene die Wetterkarte vom 31. Januar 1877 (Fig. 108), an welchem
Tage an der deutschen Küste heftige Stürme herrschten und die
deutsche Nordsee von einer verheerenden Sturmflut heimgesucht wurde.
2. Gruppe Illb. Ausser dem Maximum im Westen liegt ge-
wöhnlich noch ein zweites im Osten. Auf der Süd- und Südostseite
der Depression entwickeln sich ziemlich steile Gradienten, während
auch die Temperatur im Osten ansteigt. Nach Vorübergang erfolgt
erhebliche Abkühlung, die sich über ganz Mitteleuropa ostwärts bis
weit in Russland hinein ausbreitet. Wie bei Gruppe lila ist auch
hier die Windstärke bedeutend und haben die Winde einen entschieden
böigen Charakter, wobei nicht selten Gewitter zur Entladung kommen.
Auch Bewölkung und Niederschläge sind nicht minder erheblich als
bei Gruppe lila.
Als Beispiel diene die Wetterkarte vom 2. Oktober 1880 (Fig. 109).
Eine Vergleichung dieser Wetterkarte mit derjenigen vom 31. Januar
zeigt erhebliche Verschiedenheiten in der Luftdruck- und Temperatur-
verteilung.
4. Zugstrasse IV. 1. Kältere Jahreszeit. Das barometrische
Maximum liegt in der Regel über Südost- oder Osteuropa, während
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Wettertypen. 337
eine Furche niedrigen Luftdruckes sich nach Nord- oder Nordost-
europa erstreckt. Die Luftbewegung ist in der Regel lebhaft, zu-
weilen stürmisch, wobei nicht selten Gewitter auf der Rückseite vor-
kommen. Bei dieser Wetterlage liegt die Temperatur in unseren
Gegenden erheblich über dem Normalwerte, worauf nach Vorüber-
gang wieder Abkühlung erfolgt, falls diese nicht eine neue De-
pression im Westen verhindert. Trübes, regnerisches Wetter ist für
diese Zugstrasse charakteristisch.
Die Wetterkarte vom 14. Oktober 1881 (Fig. 110) illustriert einen
für die britischen Inseln, das Nordsee- und westliche Ostseegebiet,
sowie für das deutsche Binnenland ungewöhnlich heftigen Sturm,
welcher dieser Zugstrasse angehört.
Ein Minimum von 720 mm liegt an der Nordwestküste Jütlands,
wo nur schwache Winde herrschen, seinen Wirkungskreis über Europa
bis nach dem Innern Russlands ausbreitend, in weiter Umgebung
überall Sturm erzeugend. Eine Vergleichung der Windverhältnisse
über dem Nordseegebiet ergibt äusserst günstige Verhältnisse, grosse
Wassermassen an unserer Nordseeküste anzustauen und in die Fluss-
mündungen hineinzutreiben. Die durch diese Wetterlage in der
Nacht auf den 15. Oktober 1881 verursachte Sturmflut war in der
That eine ausserordentlich hohe und von vielen und argen Ver-
wüstungen begleitet.
2. Wärmere Jahreszeit. Die Zugstrasse IV ist in dieser
Jahreszeit häufiger vertreten als in der kälteren. Die Isobaren und
Isothermen verlaufen durchschnittlich nach Ostnordost. Die Luft-
bewegung ist meist nur massig, Bewölkung und Regenwahrschein-
lichkeit sind auch in dieser Jahreszeit sehr beträchtlich, und besonders
hervorzuheben ist die Gewitterhäufigkeit, welche diese Zugstrasse
charakterisiert. Die auf dieser Zugstrasse ziehenden Depressionen sind
fast stets von Gewittererscheinungen begleitet, welche sich meistens
mehrere Tage hindurch wiederholen.
5. Zugstrasse Va. Diese Zugstrasse gehört der kälteren Jahres-
zeit an, indessen ist sie auch in den Frühlings- und Herbstmonaten
vertreten. Während das Hauptmaximum auf dem Ozean lagert,
finden wir in der Regel noch ein zweites Maximum im Nordosten,
so dass zwischen beiden eine Zone niedrigen Luftdruckes lagert. Da
die Depressionen dieser Zugstrasse meist wenig entwickelt sind,
sondern meistens ein grösseres, abgeschlossenes Gebiet niederen Luft-
druckes darstellen, so ist die Luftbewegung in der Umgebung des
Minimums meistens nur schwach. Die Isothermen verlaufen über
der Nordwesthälfte Europas nach Südost, nach Süd hin ostwärts
umbiegend. Die Temperatur liegt dabei erheblich unter dem Normal-
werte, die Bewölkung und die Niederschlagswahrscheinlichkeit sind
für das maritime Europa sehr beträchtlich, woran sich Deutschland
indessen öfters nicht beteiligt. Gewitter kommen bei dieser Zug-
strasse selten zum Ausbruch.
Van Bebber, Meteorologie. 22
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338
Wettertypen.
Fig. 108.
31. Januar 1877,
8* Morgen«.
Fig. 109.
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Wettertypen.
Fig. 110.
339
k.nYlW
äi^i
^1 IJl L " gl
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340 Anomale Bahnen der Minima.
Als Beispiel dieser Zugstrasse diene die Wetterkarte vom 30. No-
vember 1882, wobei die rasche Abnahme der Temperatur von West
nach Ost und Nordost sehr bemerkenswert ist (siehe Fig. 111).
6. Zagstrasse Vb. Im Gegensatz zu Va ist diese Zugstrasse
in der wärmeren Jahreszeit häufiger vertreten als in der kälteren.
In der Regel ist der Luftdruck über Ost- und Westeuropa hoch,
wobei eine Rinne niederen Luftdruckes Europa von Nord nach
Süd durchschneidet, so dass bei dieser Situation die Depressionen
mit Leichtigkeit sowohl die Zugstrasse Va als auch Vb ununter-
brochen durchlaufen können. In der That kommt zuweilen der Fall
vor, dass beide Zugstrassen von einer und derselben Depression durch-
wandert werden. Die Temperaturverteilung ist in beiden Jahreszeiten
fast dieselbe: hohe Wärme über Südosteuropa, dagegen kühles
Wetter im Westen. Die Bewölkung ist für das südliche und öst-
liche Deutschland, die Regenwahrscheinlichkeit für ganz Zentraleuropa
sehr gross. Gewitter pflegen hauptsächlich im Süden und Osten
Deutschlands während der wärmeren Jahreszeit vorzukommen.
Als Beispiel diene die Wetterkarte vom 6. Oktober 1883 (Fig. 112).
Eine Rinne niederen Luftdruckes erstreckt sich von den russischen
Ostseeprovinzen südwärts nach der Balkanhalbinsel, so dass der Luft-
druck im Westen und Osten am grössten ist. Ein Gebiet mit relativ
niedriger Temperatur liegt zwischen der deutschen Küste und dem
Alpengebiet, so dass das Fortschreiten sowohl auf der Zugstrasse
Va als auch Vb begünstigt ist. Eine Depression, welche schon in
weitem, bis nach Mittelitalien hinführendem Bogen Zentraleuropa um-
zogen hat, liegt über Ungarn, um dann den Weg nach dem Innern
Russlands fortzusetzen.
Es sei noch erwähnt, dass bei Annäherung der Minima an das
Ostseegebiet die östlichen Winde daselbst zuweilen sehr stark auf-
frischen und einen stürmischen Charakter annehmen, wodurch in
extremen Fällen Sturmfluten an der westlichen Ostsee hervorgerufen
werden. Weiteres Interesse bieten die Depressionen der Zugstrasse Vb
durch den Umstand, dass sie zuweilen auf ihrem ganzen Wege ausser-
ordentlich starke Niederschläge herbeiführen und so unheilvolle Ueber-
schwemmungen hervorrufen können. Einen solchen Fall illustrieren
die Wetterkärtchen vom 3. und 4. August 1 888, wo eine Depression,
von der Adria kommend, nach den russischen Ostseeprovinzen hinzog;
in Niederösterreich und Mähren wurden von einem orkanartigen Winde
und heftigen Hagelfall fast alle Weinberge und Felder vernichtet, im
ganzen östlichen Deutschland fielen so grosse Regenmengen, dass an
vielen Stellen die Ernte völlig vernichtet und mannigfache Betriebs-
störungen herbeigeführt wurden (Fig. 113).
Anomale Bahnen der Minima.
Wenn der oben (S. 313) ausgesprochene Satz richtig ist, dass
die Fortpflanzung der Depressionen in der Weise erfolgt, dass sowohl
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Anomale Bahnen der Minima.
Fig. 111.
341
Fig. 112.
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342
Anomale Bahnen der Minima.
die höhere Temperatur als auch der höhere Luftdruck auf der rechten
Seite der Depressionsbahn liegen bleiben, so muss derselbe auch An-
wendung finden auf diejenigen Depressionen, welche, abweichend von
der Regel, nicht nach östlicher Richtung hin fortschreiten. Eine
Fig. 113.
U , JiugJBSi jg ■ Stlhrmßs.
aufmerksame Betrachtung dieser anomalen Bahnen zeigt, dass auch
hier diese Beziehungen zwischen Luftdruck- und Temperaturverteilung
und der Fortpflanzungsrichfcung der Depressionen gültig sind. Fol-
gende kleine Tabelle gibt eine Zusammenstellung solcher anomalen
Bahnen aus dem Zeiträume 1876 — 85, in welcher die Fälle angegeben
sind, in welchen die Fortpflanzung gerichtet war nach
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Stürme 343
N
NW
W
SW
S
Oktober fcis März . .
3
12
6
9
11
April bis September .
18
19
10
3
5
Jahr
21
31
15
12
10
Aus dieser Tabelle ist die mit der Temperaturverteilung in der
kälteren und wärmeren Jahreszeit zusammenhängende Thatsache ganz
deutlich ersichtlich, dass die nach Nord gerichteten Bahnen der
wärmeren Jahreszeit, in welcher die grösste Wärme im Osten herrscht,
angehören, dagegen die nach Süd gerichteten der kälteren Jahres-
zeit eigentümlich sind, in welcher die westlichen Gegenden Europas
wärmer sind als die östlichen.
X. Stürme.
Wenn die Stärke oder die Geschwindigkeit des Windes eine ge-
wisse Grenze überschreitet, so wird der Wind Sturm genannt. Man
bezeichnet einen Wind von der Stärke 8 der Beaufort'schen Skala
als stürmisch, und einen solchen von der Stärke 9 als vollen Sturm *).
Die letztere Stärke entspricht einer Windgeschwindigkeit von etwa
19 m per Sek., und diesen Wert können wir als die untere Grenze
des Begriffes „ Sturm" annehmen. Die äusserste Geschwindigkeit,
welche bei Stürmen vorkommt und Verwüstungen verursacht und
bei welcher das Schiff kein Segel führen kann, wird mit dem Aus-
druck „Orkan" bezeichnet (Stärke 12 der Beaufort'schen Skala).
Obgleich in den Angaben über die grössten Geschwindigkeiten bei
Stürmen noch viel Unsicherheit herrscht, so kann man doch an-
nehmen, dass in unseren Breiten bei schweren Stürmen zuweilen
40 m per Sek. vorkommen, während bei den tropischen Orkanen in
besonderen Fällen 60 m per Sek. überschritten werden dürften, eine
Geschwindigkeit, welche sich nur mit derjenigen von Geschützen ver-
gleichen lässt.
Die Stürme folgen denselben Gesetzen wie die Winde überhaupt,
sie unterscheiden sich nur graduell durch die stärkere Aeusserung
dieser Gesetze. Die Stürme sind stets die Folge grösserer Störungen
im Gleichgewichte der Atmosphäre oder der Bildung starker Gra-
dienten. Starke Gradienten treten bei weitem häufiger in der Um-
gebung der barometrischen Minima als der Maxima auf und daher
ist die Luftbewegung bei hohem Luftdruck in der Regel schwächer
als bei niedrigem Druck, und kommen die Stürme in der Regel im
Umkreise der barometrischen Minima vor. Man hat. früher zwischen
geradlinig fortschreitenden und Wirbelstürmen unterschieden, allein
die Erfahrung hat gezeigt, dass Stürme zwar auf einer längeren
Strecke geradlinig wehen können, aber bei genauerer Betrachtung
*) Die englische Bezeichnung ,, Storni" ist vieldeutig und wird nicht bloss
in Beziehung auf die Stärke des Windes, sondern auch allgemein für atmo-
sphärische Störungen, Depressionen etc. angewandt.
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344
Stürme.
meistens Bruchstücke von Wirbeln sind, deren Form eine unregel-
mässige ist. Ausserdem sind die Wirbel fast nie ganz kreisförmig, son-
Fig. 114.
I —
—
^tV^
4$*
30° NORD-BREITE W ' 4 IcS^'tS^^
N0RD-BRE1TE30 ||
/jF^™
A
20° ^S^
VC*
20° I
-
%Ü
10° Gewöhnlicher Typus der Bahn
S5 V
10°
eines Orkans zwischen den
IrV
Westindischen Inseln und
an der Nordamerikanischen
Küste
*%;%(
0°AEQUAT0R
AEQUATOR 0°
Gewöhnlicher Typus der Bahn
*
eines Orkans irn Sudindischen
Ocean
10°
<*
12!
ri?
^^*" "r
&
\>
s^
20"
25° SÜD-BREITE ^#P z | v
SÜD-BREITE 25°
3#£
§2!
>»» * * — TT" V
MV v
i°!
12!
Digitized by VjOOQ iC
Stürme.
345
dem meist elliptisch und insbesondere in höheren Breiten unregelmässig
geformt, so dass also alle Stürme mehr oder weniger der einen oder
der anderen Art der obengenannten Formen sich anschliessen. Am
meisten nähern sich den Wirbelstürmen die tropischen Stürme, da-
gegen weichen die Stürme der höheren Breiten sehr erheblich von
dieser Form ab und zeigen auch in ihrem Umfange stets nur mehr
oder weniger ausgedehnte Sturmfelder.
Rücksichtlich der Fortpflanzung der Stürme gilt dasselbe, was
wir oben über die Fortflanzung der barometrischen Minima gesagt
haben. Auf beiden Hemisphären wandern die Sturmzentra, der
vorherrschenden Luftströmung folgend, von Ost nach West fort,
nur in der Aequatorialzone findet in der Regel ein Umbiegen der
Bahn statt, nach rechts in der nördlichen, nach links in der süd-
lichen Halbkugel. In der Fig. 114 sind die Bahntypen der Sturm-
zentra im äquatorialen Gürtel der Erde schematisch dargestellt; die
Kreise bedeuten die Sturmfelder, die dunklen Teile die „gefähr-
lichen 44 Halbkreise, die Pfeilgruppen zu beiden Seiten der Sturmbahn
die Windrichtungen für ein dort beiliegendes Schiff und ihre Aende-
rungen während des Vorüberganges des Minimums.
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit wächst im allgemeinen mit der
Grösse des Gradienten, im Mittel beträgt sie pro Stunde: auf dem
Ozean in circa 18 — 25° n. B. (Fortschreiten nach NNW) 28 km; auf
dem Ozean 45—65° n. B. (Fortschreiten nach ENE) 22,5 km, west-
indische Wirbelstürme, in die gemässigte Zone abbiegend; in der Breite
von 35 — 40° (mittlere Richtung NE) 33 km, barometrische Minima
über Europa 25 km und Minima in den Vereinigten Staaten 41 km.
Ueber die Häufigkeit des Auftretens der Stürme gibt folgende
Tabelle einigen Aufschluss:
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Verteilung der Stürme über dem Atlantischen Ozean.
(Prozente aller Beobachtungen.) 1 )
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8
*) Nach Maury'8 Sailing Directions. Siehe: Segelhandbuch für den At-
lantischen Ozean, herausgegeben von der Direktion der Seewarte. Hamburg 1885.
Dieses Buch ist bei Abfassung dieses Kapitels wiederholt benutzt worden.
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346
Stürme.
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Für die jährliche Häufigkeit der Stürme in dem westlichen und
östlichen Teile des Atlantischen Ozeans ergeben sich nach den Zu-
sammenstellungen des Niederländischen Instituts folgende Zahlen:
Westlicher Teil
Oestlicher Teil
Breite
Länge
Zahl der Beobachtungen
Länge
Zahl der Beobachtungen
-
überhaupt
mit Sturm
überhaupt
mit Sturm
50—550 N
20—450 W
2624
638
5—200 W
4188
450
45—50
25—55
8635
1365
0—25
28255
2497
40—45
35-75
18217
1888
10-35
19063
1252
35—40
40—75
14180
1779
10—40
17568
710
30—35
45—80
8978
781
10—45
17578
386
25—30
60-85
5996
187
15-60
17223
186
20—25
60—85
3092
41
15—60
15330
97
15—20
10—15
60
40
j zu wenig Beobachtungen.
15—60
15—40
14514
18089
52
52
5—10
10—50
27146
19
10—50
27146
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0—5
10—50
26910
0—50
26910
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25-500 W
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32
0-250 W
11861
7
5—10
25—35
11590
33
0—25
11745
24
10—15
25-40
11631
72
100 E— 250 W
11688
31
15—20
25—40
15297
105
10 —25
11810
32
20—25
25—50
17155
207
10 —25
13589
38
25—30
30—50
10014
228
15 —30
21791
251
30—35
80—55
9531
516
20 —30
37898
1219
35—40
30—60
10493
957
16 -30
31986
2458
40-45
35-65
9227
983
15 —35
5838
628
45—50
40-65
6616
703
—
—
—
50—55
45—65
6235
726
—
—
—
55—60
50—70
7437
1228
—
—
—
„Die Häufigkeit der Stürme nimmt in allen Jahreszeiten mit der
Entfernung vom Aequator zu und ist zugleich fast stets in allen
Breiten im westlichen Teile des Atlantischen Ozeans etwas grösser,
als im östlichen; sie ist auf beiden Hemisphären ausserhalb der
Wendekreise grösser im Winter als im Sommer der betreffenden
Halbkugel, doch ist der Unterschied zwischen den Jahreszeiten viel
grösser auf der nördlichen als auf der südlichen Halbkugel; die süd-
liche Halbkugel übertrifft die nördliche an sommerlichen Stürmen,
noch viel mehr aber die nördliche die südliche an Winterstürmen,
so dass im Jahresmittel die nördliche erheblich sturmreicher zu sein
scheint, als die südliche Halbkugel in gleichen Breiten, worauf bereits
Maury aufmerksam gemacht hat."
Gebiete grösster Häufigkeit der Stürme sind auf dem Nord-
atlantischen Ozean, ein grosses nördlich vom 50. Breitegrade und ein
kleines in der Nähe des Golfstromes zu beiden Seiten des 80. Parallels ;
im Südatlantischen Ozean sind die Stürme am häufigsten östlich und
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Stürme. 347
westlich von den Falklandsinseln und südlich vom Kap der guten
Hoffnung.
Die tropischen Stürme haben vor denjenigen der höheren Breiten
manche Eigenartigkeiten. Sie entstehen gewöhnlich in einem grösseren
Gebiete sehr gleichmässig verteilten Luftdruckes, also bei geringer
horizontaler Luftbewegung. Bei ihrer Entstehung ist die Luft bis
zu beträchtlichen Höhen erheblich erwärmt und enthält grosse
Mengen Wasserdampf. Sind nun diese warmen, dampfreichen Luft-
massen umgeben von kälteren Luftmassen, so wird die warme Luft
von allen Seiten in die Höhe gedrängt, sie kühlt sich infolge ihrer
Ausdehnung ab und ihr Wasserdampf scheidet sich in heftigen Regen-
güssen aus, wobei die Kondensationswärme der Luft immer neuen
Auftrieb verleiht. Während die Luft in der Höhe abfliesst, sinkt
unten der Luftdruck sehr rasch, und nun setzen sich am Erdboden
die dichteren Luftmassen der Nachbarschaft in Bewegung, um die
entstandene Auflockerung der unteren Luftschichten auszugleichen,
aber sowohl die Erdrotation als auch die Zentrifugalkraft treten jetzt
in Thätigkeit und verhindern das Einströmen in den Raum niedersten
Luftdruckes, also eine Ausgleichung, und so kann bei der ausser-
ordentlichen Geschwindigkeit des aufsteigenden Luftstromes der Luft-
druck sehr beträchtlich erniedrigt werden. Während der Einfluss
der Erdrotation in höheren Breiten in der ganzen Umgebung des
Minimums erheblich ist und eine Ausbreitung des Sturmfeldes be-
wirkt, fehlt in den Tropen die Wirkung des ablenkenden Einflusses
der Erdrotation und daher kommen auch hier Wirbel von grösserer
Ausdehnung nicht vor. In den tropischen Stürmen bildet das Sturm-
feld einen kreis- oder ellipsenförmigen Raum, dessen Durchmesser
meistens zwischen 100 und 600 km variiert und in dessen Zentrum
ein sehr tiefes Minimum meist wenig über 700 mm liegt, welches
in einer Ausdehnung von einigen Kilometern eine ziemlich gleich-
massige Druckverteilung hat (windstiller Raum). Aber mit dieser
Entfernung von diesem Orte nimmt der Luftdruck ausserordentlich
rasch zu, bis zu einer gewissen Entfernung die Luftdruckunterschiede
wieder geringer werden und die Luftdruckverteilung wieder eine mehr
gleichmässige wird. Figur 115 zeigt die Aenderungen des Luft-
druckes bei dem Vorübergange eines tropischen Orkans bei den
Bermuden und gibt eine Vorstellung von der Luftdruckverteilung um
das Zentrum desselben.
Um den Raum mit geringer Windstärke sind die Isobaren fast
kreisförmig und fallen die Richtungen des Windes, welcher mit
der Gewalt eines Orkans rast, mit den Isobaren nahezu zusammen.
In weiterer Entfernung vom Zentrum wird der Wind wieder
schwächer und seine Richtung ist wieder mehr nach dem Zentrum
gekehrt.
Die tropischen Orkane kommen im Atlantischen, Stillen und
Indischen Ozean vor, indessen treten sie selten unmittelbar in der Nähe
des Aequators auf und erstrecken sich in nicht sehr hohe Breiten.
Am heftigsten und häufigsten sind diese Stürme in Westindien, bei
Mauritius, in der Bai von Bengalen und in den chinesischen Ge-
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348
Stürme.
wässern, und zwar von Juli bis Oktober in der nördlichen, von De-
zember bis April in der südlichen Hemisphäre. In der Bai sowie
im Arabischen Meere ist die grösste Häufigkeit von April bis Juni
und von Oktober bis Anfang Dezember.
Von ausserordentlicher Heftigkeit sind die Stürme, welche in
der zweiten Hälfte des Jahres auf den westindischen Inseln und in
7. Aug. 1885
Fig. 115.
8. Aug. 1885
9. Aug. 1885
Mittag
abbog Nacht Mittag Nacht Mittag
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Windrichtung
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ihrer unmittelbaren Umgebung einigemal jährlich auftreten und auf
einem verhältnismässig schmalen Streifen jedesmal grosse Ver-
wüstungen anrichten. Auf offenem Meere nimmt die zuerst nach
Nordwest gerichtete Bahn eine mehr und mehr nördliche Richtung
mit Annäherung an die Wendekreise an und biegt dann zwischen
23 und 30° n. B. nach und nach nach Nordost um, so dass die
Bahnkurve einer Parabel sehr ähnlich ist.
Beim Herannahen und dem Vorübergange eines tropischen Orkans
Digitized by VjOOQ IC
Stürme. 349
gestalten sich die Witterungsvorgänge nach den umfassenden Studien
des Pater Vines folgendermassen x ) :
„Das früheste Merkmal für die Existenz eines Orkans in der
Entfernung ist ein ungewöhnliches Steigen des Barometers, mit
einigermassen anhaltenden anticyklonischen Winden und trockenem,
frischem und schönem Wetter, klarem Himmel und ungewöhnlich
durchsichtiger Luft. Diese Winde sind leicht kenntlich durch ihre
Beständigkeit und angenehme Frische bei hohem Barometerstande;
der Wechsel von Land- und Seewind wird in der Regel dabei unter-
drückt, und das Verhältnis der Winde zu den Tageszeiten und zum
Barometer nicht selten umgekehrt. So wehte am 14. September
1876, während der Orkan auf Hayti herrschte, in Havana den Tag
über Südwind mit hohem Barometer, welcher in der folgenden Nacht
durch Ostnordostwind mit fallendem Luftdruck ersetzt wurde; es ist
aber in Havana ebenso anomal, Nordwind in der Nacht und mit
sinkendem Barometer, wie Südwind am Tage und mit steigendem
Barometer zu haben.
Wie es im allgemeinen der Fall ist, so zeigen auch hier die
anticyklonischen Winde langsamere Aenderungen in ihrer Richtung,
als die cyklonischen ; die Lage des Zentrums des hohen Druckes er-
gibt sich auch hier aus ihrer Richtung in der Weise, dass bei Süd-
wind der hohe Druck im Süden bis Osten, bei Westwind im Westen
bis Süden u. s. w. liegt. In Bezug auf die Witterung ist noch zu be-
merken, dass nach Vines die Anticyklonen, welche die auf der grossen
Zugstrasse der barometrischen Minima zwischen 45 und 50° n. B.
fortschreitenden Depressionen im Süden begrenzen, zuweilen eine
Ausnahme von obiger Regel bilden, indem sie an der Nordküste von
Cuba regnerisches Wetter herbeiführen, wie dieses nicht selten bei
Nord- und Nordoststürmen hier vorkommt. Solche Anticyklonen
haben keinen Orkan im Gefolge.
In dem Masse, wie sich das Zentrum des hohen Druckes ent-
fernt und der Orkan sich dem Beobachter nähert, sinkt das Baro-
meter langsam und überzieht sich der bis dahin klare Himmel mit
einem zarten Schleier, welcher sich allmählich verdichtet und Höfe
resp. weite Ringe um Sonne und Mond erzeugt. Bei Aufgang und
Untergang der Sonne färbt sich der Himmel, und dadurch auch alle
Gegenstände, in ein feuriges, dunkles Rot und Violett, wodurch die
Dämmerung verlängert wird; ist der Schleier schon dichter (milchige
Trübung am Tage), so scheint alsdann die ganze Atmosphäre in
Flammen zu stehen. Diese, bald der dunklen Rotglut eines Metalls,
bald der Ziegelfarbe oder Kupferfarbe verglichenen Beleuchtungen
sollen einen so eigenartigen Charakter haben, dass sie von keinem,
der sie einmal gesehen hat, übersehen oder mit gewöhnlichem Abend-
rot verwechselt werden können.
Neben diesem dünnen Schleier, welcher in seinen ersten Phasen
*) Apuntes relativos a los huracanes de las Antillas en setiembre y octubre
de 1875 y 1876; benutzt wurde Referat in Met. Zeitschrift 1884, S. 348; siehe
auch Segelhandbuch für den Atl. Ozean, S. 160.
Digitized by VjOOQ IC
350 Stürme.
kaum bemerkbar ist, zeigen sich die ersten deutlich sichtbaren Vor-
läufer des Orkans am Himmel, lange, zarte, weisse Federwolken.
Dieselben sind auch das letzte Signal des Orkans bei seiner Ent-
fernung. Nach Vines würde der den Orkanen eigentümliche Typus
dieser Wolken, welcher besonders auf der Vorderseite des Orkans
vom September 1876 ausgeprägt war, die Federform sein (vom Ver-
fasser ,Cirro-Stratus plumiformis 1 genannt), mit einer in den Radius
der Depression fallenden Achse und einer Fahne von nach auswärts
divergierenden Fasern, der Stiel dieser Feder steckt in der Wolken-
bank, welche den eigentlichen Orkan bedeckt. Der zweite Typus
der Federwolken zu Havana wäre der fädige (aus geraden langen
Linien), welcher sowohl bei Orkanen, als auch in der gewöhnlichen
oberen westlichen Luftströmung vorkommt und also nicht alarmierend
ist. Die Bewegung dieser Wolken ist nach Vines im allgemeinen
der Längsrichtung der Federn parallel und von dem Zentrum des
Orkans nach allen Seiten ausströmend. Die Analogie mit den euro-
päischen Wirbeln macht indessen diese Behauptung nur für die
Vorderseite der Cyklone wahrscheinlich und lässt für die Rückseite
hingegen eine Prüfung der Frage auf Grund reichhaltigeren Materials
notwendig erscheinen. Das genauere Studium des Charakters, der
Lage und der Bewegung der Federwolken in der Umgebung des
Orkans ist um so wichtiger, als es voraussichtlich imstande sein wird,
<|em Seemanne Auskünfte über die Existenz, Lage und Fortpflanzung
eines Orkans zu erteilen zu einer Zeit, wo er noch die volle Herr-
schaft über sein Schiff hat, während die jetzigen Vorschriften erst -
zur Anwedung kommen, wenn er schon in das Gebiet der starken
oder stürmischen Winde hinein geraten ist und es häufig schon zu
spät ist.
Der cirröse Schleier bleibt auch während deren Existenz fort-
bestehen, ja derselbe ist auch in Lücken der Regenwolken näher zum
Orkanzentrum und sogar in diesem selbst stets zu sehen. Die Höfe
um die Sonne, den Mond und selbst die Sterne erster Grösse, welche
er erzeugt, nehmen bei seiner allmählichen Verdichtung zuerst an
Intensität zu, um bei weiterem Wachstum seiner Dicke zu ver-
schwinden: doch bleibt der Ort der Sonne stets erkennbar. Das
Auftreten von Höfen nach klarem Wetter ist vom Seemanne
sehr zu beachten als Zeichen der nahen Nachbarschaft schlechten
Wetters.
Mit dem Eintritt dieser Trübung ändert sich auch im übrigen
der Charakter der Witterung sehr wesentlich. Es tritt, bei sinkendem
Barometer, eine feuchtschwüle Luft ein, welche im schroffen Gegen-
satze steht zum erfrischenden Wetter der vorhergehenden Anticyklone;
der Schweiss verdunstet nicht, sondern wird zur Plage und eine all-
gemeine Ermattung bemächtigt sich des Körpers; auf den Antillen
ist diese Phase allen gut bekannt und sind die Klagen über das
äusserst drückende Wetter alsdann allgemein.
Das Gebiet des Orkans selbst ist von ferne erkennbar als
Wolkenwand, die zuerst, auf dem Meere gesehen, täuschend einer
fernen Küste ähnlich sieht, dann mehr und mehr sich über den
Digitized by VjOOQ IC
Stürme. 351
Horizont erhebt, ohne sich von ihm zu trennen, und dabei auch im
Orkan selbst, nachdem die Regenwolken den ganzen Himmel bedeckt
haben, nach der Richtung, wo das Zentrum liegt, am schwärzesten
bleibt, bis beim Eintritt der zentralen Windstille der Himmel im
Zenith teilweise aufklart und ein Ring dicker Wolken den Beobachter
umgibt. Ein aufmerksamer Beobachter vermag, unter günstigen
Umständen, die Wolkenbank eines nahe vorbeiziehenden Orkans
längere Zeit hindurch zu beobachten, wie z. B. der Beobachter von
Trinidad auf Cuba die Wolkenmasse des Orkans vom Oktober 1876
durch fünf Tage (vom 15. — 20.) verfolgen konnte, wie sich dieselbe von
Süd durch West nach Nord verschob, während der gegenüberliegende
Teil des Himmels im Anfang und zum Schluss teilweise heiter, am
16.— 18. aber von einer minder schweren Wolkendecke bedeckt war.
Während die Wolkenbank sich höher schiebt, löst sich ihr bis
dahin scheinbar kompakter Rand in einzelne Regenwolken auf,
welche, indem dieselben rasch durch den Zenith eilen, Sprühregen,
Regenschauer und Böen bringen, deren Stärke mehr und mehr zu-
nimmt, während auch in den. Zwischenzeiten der Wind auffrischt.
Der Regen ist zwar eines der allgemeinsten Phänomene bei den
Orkanen, doch tritt er in verschiedenen Formen auf, im äusseren
Teile oft für ganze Stunden nur in Form eines feinen und dichten
Nebelregens (span. garüa) mit seltenen Schauern darin, dann in
häufigeren Schauern mit Böen von zunehmender Stärke, mit immer
finsterern und tiefer hängenden Wolken, endlich in der Nähe des
Zentrums fallen aus tief herabreichenden Wolken Regenströme wie
in zusammenhängenden Massen, welche auf dem Lande, namentlich
wenn der Orkan langsam fortschreitet, Ueberschwemmung erzeugen.
Das Regengebiet erstreckt sich auf der Vorderseite weiter vom
Zentrum, als auf der Rückseite.
Die stürmischen Winde im Orkan haben stets einen böigen
Charakter. In den Böen zeigt sowohl das Barometer, als die Wind-
fahne rasche Schwankungen, letztere zuweilen ganze Umdrehungen,
gewöhnlich aber nur ein Ausschiessen nach rechts um mehrere Striche.
Die Böen sind aufs engste mit den Regenschauern verknüpft; die
Richtung der regnenden Wolke kann häufig als abweichend von der
Richtung des Unterwindes vor und nach der Böe beobachtet werden,
und weicht von dieser dann nach rechts ab, also in demselben Sinne
wie die Richtung des Windes in den Böen; der Zug der Regenwolke
und die Richtung des begleitenden Windstosses stehen beide beinahe
unter rechtem Winkel zum Gradienten, während der Unterwind
zwischen den Böen durchschnittlich nur etwa einen halben rechten
Winkel mit der Richtung des Gradienten resp. dem Radius des
Wirbels bildet. Dass die Richtung der Böen in diesem Sinne von
der herrschenden unteren Strömung abweicht, davon möge als Bei-
spiel der Umstand aufgeführt werden, dass eine Windfahne vom
Observatorium zu Havana durch eine Böe nach West entführt wurde,
als der Orkan im übrigen aus Nordost blies. Es bestätigt sich also auch
bei tropischen Orkanen das anderwärts in Bezug auf Böen Gefundene,
und ist die Neigung der Böen, nach rechts vom herrschenden Winde
Digitized by VjOOQ iC
352 Stürme.
abzuweichen, als eine direkte, durch den Regenschauer vermittelte
Wirkung der entsprechenden Richtung der Nimbuswolken anzusehen.
Ganz ähnlich, wie Koppen und andere es in den letzten
Jahren mehrfach ausgesprochen haben, nimmt auch Vines im Wirbel
einen unteren konvergierenden, einen mittleren und nahezu kreis-
förmig am schnellsten fliessenden, und einen oberen divergierenden
Teil an, und bringt die Böen in Zusammenhang mit der rascheren
und weniger konvergenten Bewegung der Wolken; er ist in dieser
Hinsicht sogar Vorgänger von Mallock. Den Einfluss des Regens
aber stellt er sich als durch explosionsartige Luftverdünnungen bei
der Kondensation vermittelt vor. Auch er erklärt die Bildung kleiner
Wirbel durch den schiefen Stoss der Böe auf feste Objekte oder
andere Luftmassen für naheliegend. Endlich macht er auf die Ver-
grösserung der bewegten Masse durch den Regen aufmerksam und
glaubt die Wirkungen der Böen teilweise dadurch erklären zu können.
Lässt das Zentrum des Orkans bei seiner Fortpflanzung den
Beobachter auf seiner rechten Seite, so geht der Wind bei seinem
Vorübergange rechts herum; auf der linken Seite des Zentrums geht
der Wind links herum. Dies ist die allgemeine Regel der Wind-
änderung in der Nähe von Orkanen in beiden Hemisphären. Die
Drehung des Windes geschieht um so rascher, je näher das Zentrum,
und je mehr seine Bewegung quer ab zu seiner Verbindungslinie
mit dem Beobachter steht; ist die Drehung sehr langsam, so ist
dieses ein schlechtes Vorzeichen; in diesem Falle ist entweder die
Bewegung eine sehr langsame, oder sie geschieht direkt auf den
Beobachter zu.
Land scheint die Fortpflanzung des Wirbels gar nicht zu ver-
zögern, schwächt aber den Wind und die Böen und Schauer sehr ab.
Auffallend abweichend von dem gewöhnlich Angenommenen
ist das Zeugnis von Vines über das Auftreten elektrischer Ent-
ladungen in den Orkanen. Auf Cuba sollen sie nach ihm so selten
sein, und fast ausschliesslich auf der Rückseite des Wirbelsturmes
vorkommen, dass ,Donner und Hahnenschrei' als gute Zeichen beim
Landvolke gelten, welche das nahe Ende des Sturmes verkünden ; öst-
licher, auf den Kleinen Antillen und auf dem Ozean, treten hingegen
Blitze in manchen Orkanen in ausserordentlicher Häufigkeit und In-
tensität auf. Es scheint, dass in dieser Hinsicht die Orkane westlich
und östlich vom 70. Meridian sich merklich verschieden verhalten,
da auch die Fortsetzungen der westindischen Orkane über Florida
und den übrigen Staaten der nordamerikanischen Union selten von
Gewittern begleitet zu sein scheinen. Dass die Abwesenheit von
elektrischen Entladungen in einem Unwetter ein schlimmes Anzeichen
sei — insofern es die grossen Orkane von den blossen Gewitter-
stürmen unterscheidet — soll schon Oviedo in seiner ,Historia
Natural de Indias' (1535) ausgesprochen haben, jedenfalls auf Grund
von auf den Grossen Antillen gesammelten Anschauungen/
Die Stürme in der Bai von Bengalen haben ihren Ursprung
meistens in der Nähe der Andamanen und entwickeln sich nament-
lich zur Zeit des Ueberganges des einen Monsuns in den andern,
Digitized by VjOOQ IC
Stürme. 353
wo über ganz Indien eine gleichmässige Verteilung des Luftdruckes
herrscht, also in den Frühlings- und Herbstmonaten. In südlicheren
Breiten, in der Nähe des Aequators, gibt es eine atmosphärische
Zone, welche den Doldrums auf dem Atlantischen Ozean entspricht,
in welche der Südostpassat des Südindischen Ozeans sich ergiesst,
und welche eine beständige Quelle nahezu gesättigten Wasserdampfes
bildet. Noch bevor der Südwestmonsun an der indischen Küste ein-
gesetzt hat, gelangt zuweilen ein Strom gesättigter Luft aus diesem
Wasserdampfreservoir nach dem Innern der Bai, und dieses ist nach
Eliot die Bedingung zur Bildung jener schweren Cyklonen, welche
die Frühlingsmonate charakterisieren, insbesondere den Mai in ge-
wissen Jahren. Diese Stürme sind viel heftiger als diejenigen, welche
von Zeit zu Zeit während der Höhe des Sommermonsuns über Ben-
galen oder an dessen Küsten sich bilden, dagegen weniger beständig
als diese: sie ziehen rasch ab oder gleichen sich aus, wenn sie durch
Hügelland in ihrem Laufe gehindert werden, da sie nur eine geringe
Höhe haben. Die grössten Verheerungen werden durch die in Be-
gleitung der Stürme auftretenden Sturmfluten hervorgerufen. Am
7. Oktober 1787 sollen um Hugly 300 000 Menschen durch eine
Sturmflut zu Grunde gegangen sein; am 5. Oktober 1864 wurden
ebenfalls 48 000 Menschen und mehr als 100 000 Stück Vieh von
der Flutwelle fortgerissen; die Cyklone, welche am 16. Oktober 1874
über Balasare und Midnapore hinwegging, verursachte einen Verlust
von 4000 Menschen; am 1. November 1876 ertranken oder starben
an der Cholera, der unmittelbaren Folgeerscheinung, 280 000 Menschen.
— Gegenwärtig werden alle grösseren Cyklonen der Bai eingehend
untersucht.
Die Wirbelstürme in der Chinasee werden Taifune genannt.
Die Taifune sind am häufigsten in der Zeit von August bis Oktober,
Nach Doberck 1 ) zieht ein Teil derselben über die Chinasee ent-
weder nach Westnordwest, aus der Gegend von Luzon nach Tonquin
und Hainan oder, wenn der Luftdruck über Anam hoch ist, zuerst
nach West und dann nach Südwest; gewöhnlich können sie 5 — 6 Tage
verfolgt werden. Ein anderer Teil, welcher weiter verfolgt werden
kann, zieht in der Nähe Luzons nach Nordwest und trifft entweder auf
die Küste Chinas südlich vom Formosakanal, worauf er im Innern
von China umbiegt, zwischen Shangai und Tschifu wieder das Meer er-
reicht, seine Kraft teilweise wiedergewinnt und dann sich durch Korea
oder daran vorbei nach Ostnordost entfernt, oder er wandert durch den
Formosakanal, biegt nach Nordost um und zieht den Küsten Japans
entlang, oder endlich er erreicht die chinesische Küste nördlich von
Formosa. Andere Taifune ziehen östlich von Formosa nordwärts
und nähern sich Japan gewöhnlich nach dem Umbiegen, andere ziehen
namentlich im April und im Spätherbst südlich von Luzon vorüber;
sie sind von geringerem Umfange und im Herbst am heftigsten. —
*) The law of Storms in the Eastern Seas (in „Hongkong Telegraph"),
Wiederabdruck in Nature 1886, Nr. 893; Referat in Met. Zeitschr. 1887, S. [34].
Van B ebb er, Meteorologie. 23
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354 Stürme.
In den Gegenden ausserhalb der Wendekreise entstehen die
Stürme am häufigsten am Rande schon vorhandener Depressionen,
wobei sie sich auf Kosten des Hauptminimums ausbilden, so das»
dieses meist rasch verschwindet. Solche Ausbildungen kommen am
häufigsten auf der Südseite der Depressionen vor (Teilminima).
Wie bereits oben bemerkt wurde, sind die Stürme am häufigsten
auf dem Nordatlantischen Ozean auf dem grossen Gebiet nördlich
vom 50. Breitegrade und auf einem kleineren zu beiden Seiten des.
38. Parallelkreises, auf dem Südatlantischen Ozean auf dem Gebiete
östlich und westlich von den Falklandsinseln und südlich vom Kap
der guten Hoffuung.
Die Stürme auf dem Golfstrome und dem Mexikani-
schen Golfe sind entweder die Fortsetzung tropischer Orkane,,
welche nach Nordost umgebogen sind, oder sie haben ebenfalls eine Be-
wegung nach Nordost, ohne dass sie auf tropische Wirbel zurückgeführt
werden können, oder sie gehören ausgedehnten Wirbeln an, deren
Kern weiter im Norden ostwärts sich fortbewegt. Obgleich die
Stürme der ersten Klasse nicht so häufig sind, als diejenigen der
übrigen, so sind sie dennoch sehr bemerkenswert, teils durch ihre
ausserordentliche Heftigkeit, teils wegen ihres ausgeprägten Cha-
rakters, und teils wegen ihrer Beschränkung auf eine Jahreszeit,,
nämlich den Herbst. Die Stürme der zweiten Klasse fehlen im
Sommer fast ganz, spielen dagegen in den Monaten von November
bis Februar eine ganz bedeutende Rolle. Folgt diesen Stürmen ein
intensives barometrisches Maximum, so pflegen die oben (S. 168)
besprochenen Northers aufzutreten. Dagegen sind die Stürme der
dritten Klasse auch im Sommer, allerdings mit geringerer Heftigkeit,
ziemlich reichlich vertreten, indessen fallt auch ihre grösste Häufig-
keit und grösste Intensität auf den Winter.
Im Atlantischen Ozean ist das Gebiet nördlich vom 40. Breitegrade
das sturmreichste des ganzen Ozeans. In dem Segelhandbuch für
den Atlantischen Ozean sind folgende Eigentümlichkeiten angegeben,
welche diesen Stürmen einen besonderen, von demjenigen der tropi-
schen und subtropischen Stürme verschiedenen Charakter geben r
1. Die fortwährenden grossen, unregelmässigen Schwankungen de»
Barometers und die daraus folgende Veränderlichkeit der barometri-
schen Gradienten nach Richtung und Stärke. 2. Das bei alledem
entschiedene Vorwalten nordwärts gerichteter Gradienten, resp. west-
licher Winde. 3. Die vorherrschende Fortpflanzung der Depressionen
von West nach Ost und die zwar sehr wechselnde, aber durchschnitt-
lich grosse Geschwindigkeit der Fortpflanzung. 4. Die grossen Gegen-
sätze der Temperatur, und infolgedessen auch der übrigen Witterungs-
faktoren, auf den verschiedenen Seiten der Wirbel.
Bei der Besprechung der barometrischen Minima wurde haupt-
sächlich das Verhalten der ausgeprägten Minima zu Grunde gelegt,
d. h. solcher Minima, welche in ihrer Umgebung meistens stürmische
Winde erzeugten, so dass wir auf diese Darlegungen hier verweisen
können. '•
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Stürme. 355
Die meisten der Stürme am Kap der guten Hoffnung
wehen aus westlicher Richtung, also auf der Nordseite der De-
pressionen. Sie scheinen besonders beeinflusst zu sein durch die
Nachbarschaft kalter und warmer Strömungen, wodurch eine Un-
gleichheit in den Temperaturen und im Wasserdampfgehalte der Luft
bedingt wird. Alle diese Stürme bewegen sich, entsprechend dem
Verhalten auf der Nordhemisphäre, an der Nordseite einseitig aus-
gebildeter Depressionen von West nach Ost fort. Denselben Charakter
haben auch die Stürme, welche auf dem Ozean südlich von Amerika
vorkommen.
Die im vorstehenden besprochenen Stürme haben eine grössere
räumliche und zeitliche Ausdehnung gemeinsam, ausserdem gibt es
aber noch Stürme, welche plötzlich oft mit orkanartiger Heftigkeit
auftreten und an demselben Orte nur sehr kurze Zeit verweilen. Es
sind dieses hauptsächlich Böen, Tornados und Wind- und Wasser-
hosen (Wettersäulen), die wir jetzt kurz besprechen wollen.
EineBöe ist ein Windstoss von verhältnismässig kurzer Dauer,
im allgemeinen begleitet von einer dichten vorüberziehenden Wolke,
einem starken Schauer von Regen, Schnee, Graupeln oder Hagel,
häufig auch von Gewittern (Gewittersturm), ohne grosse Aenderung
der Windrichtung. Die bisher gewonnenen Erfahrungen sprechen
dafür, „dass wir es in den Böen mit einem stossweisen Herabsteigen
rasch strömender Luftmassen aus höheren Luftschichten in die unterste,
durch die Bewegungshindernisse am Erdboden zurückgehaltene Schicht
zu thun haben. Dass die mittlere Windgeschwindigkeit mit der Er-
hebung über dem Erdboden rasch zunimmt, haben wir schon oben
gesehen, ebenso, dass die Richtung des Wolkenzuges — also der
oberen Luftströmungen — von der Richtung des Unterwindes durch-
schnittlich auf der nördlichen Hemisphäre nach rechts, auf der süd-
lichen nach links abweicht, ebenso wie die Richtung des Windstosses'
von jener des Windes vor- und nachher; dass die vorherrschende
Richtung der Böen mit dem herrschenden Wolkenzuge übereinstimmt,
wird auch für die tropischen Teile des Atlantischen Ozeans hervor-
gehoben. . . . Das Herniederkommen der rasch bewegten Luftmassen
aus der Höhe an die Erdoberfläche scheint hauptsächlich unter zwei
Umständen zu geschehen: entweder durch starken Regen, welcher
die Luft mit sich in die Tiefe reisst, oder dadurch, dass sehr kalte
Luft über hoch erwärmte hinstreicht; ist die Temperaturabnahme
im letzteren Falle rascher als a / 2 — 1° 0. für je 100 m (je nach
dem Feuchtigkeitsgehalt), so ist in jedem Niveau die herabsteigende
Luft dichter, als die zu ihrem Ersätze emporsteigende, und gewinnt
also die Bewegung immerwährend neue Antriebe. Die emporsteigende
Luft verdichtet ihren Wasserdampf durch Abkühlung zur Wolke;
hieraus und aus dem Mitgerissenwerden der Luft durch den Regen
erklärt es sich, warum die Windstösse gewöhnlich mit Wolken und
Regenschauern verknüpft sind, und fast nur in der Nähe der Ge-
birge, wo noch anderweitige mechanische Einflüsse hinzukommen
— das Empordringen des Windes auf geneigten Ebenen und der
Ausschluss allen horizontalen Luftaustausches in der Tiefe — harte
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356 Stürme.
Windstösse auch ohne Kondensation und Regenfall auftreten. Aus
dem Obigen wird auch verständlich , warum Böen in gemässigten
Breiten besonders auf der Rückseite von ostwärts fortschreitenden
Depressionen auftreten, wo die vorhergehenden äquatorialen Winde
noch warme Luft an der Erdoberfläche zurückgelassen haben, während
in der Höhe dieselbe rasch durch den frei dahinstürmenden polaren
Luftstrom verdrängt wird.
Die Aenderungen des Thermometers und Barometers in Böen
sind sehr bemerkenswert. Wenn in den vorhergehenden Stunden
desselben Tages heiteres Wetter mit warmem Sonnenschein herrschte,
so fällt die Lufttemperatur während der Böe gewöhnlich sehr rasch
um 2 — 7°; war dagegen das Wetter auch vorher bewölkt und
regnerisch, so pflegt die Temperaturänderung unbedeutend zu sein.
Das Barometer schnellt unmittelbar vor und während der Böe in
20 — 30 Minuten um 1 /*~2 mm und darüber empor, um dann in der
Regel nicht vollständig wieder auf seinen früheren Stand zu sinken,
obwohl das Steigen schon während der Böe leichtem Fallen Platz
macht." (Segelhandbuch für den Atlantischen Ozean.)
Wirbelwinde von geringerem Umfange, Wind-, Staub-, Wasser-
hos en, Wettersäulen, kommen allenthalben vor, am meisten in
warmen Klimaten, Der Durchmesser der Windhosen ist sehr ver-
änderlich, man beobachtet Windhosen, welche nicht mehr als 1 m
Durchmesser haben, und solche, welche einen Raum von 1000 m
Durchmesser umfassen. Bei geringer Höhe, welche oft niedrig ziehende
Wolken nicht erreicht, ist die Gewalt des Windes oft so ausser-
ordentlich gross, wie in den schwersten tropischen Orkanen. Der
aufwärts gerichtete Luftstrom ist zuweilen so bedeutend, dass schwere
Gegenstände, wie Bäume, Wagen etc., vom Boden gehoben und weit
weggeschleudert werden. Ziehen diese Windhosen über dürre, sandige
Gegenden hin, so wirbeln sie oft grosse Staub- und Sandmengen auf,
so dass dieselbe das Ansehen einer mächtigen Staubwolke hat, in
welcher nicht selten elektrische Entladungen vor sich gehen.
Auf dem Wasser nehmen die Windhosen die Form von Wasser-
hosen an. Dann bestehen sie aus einem aus dem Wasser sich er-
hebenden Fuss, der in einen geraden oder nach oben hin gekrümmten
Schlauch übergeht, welcher in eine Wolke endet. »Auf einem Räume,
der meist den beträchtlichen Durchmesser von 30 — 100 m hat, zeigt
die Meeresoberfläche eine kochende, sprudelnde Bewegung; spring-
brunnenartig steigen spitzige Wasser- oder Schaummassen empor und
versinken, während andere sich heben; nach der Mitte zu erreichen
sie die Höhe von 4 — 8 m und darüber; eine Wolke von Wasserstaub
umgibt und tiberragt sie; dieses ist der Fuss der Wasserhose, aus
dessen Mitte sich die eigentliche Säule oder der Schlauch erhebt.
Dieser tritt vorzugsweise in zwei Formen auf, nämlich entweder als
breite, dunkle, mehr oder weniger stundenglasförmige Säule, oder
als dünner, meist hell mit dunklen Rändern (scheinbar hohl) er-
scheinender Strang von grosser Länge und annähernd überall gleicher
Dicke. Beide Formen scheinen dadurch ineinander überzugehen, dass
zuweilen die letztere, wenigstens teilweise, von einer Nebelhülle in
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Stürme. 357
Walzen- oder Kegelform umgeben ist, welcher mit den Wasserhosen
der ersten Form Aehnlichkeit hat, so dass die zweite Form zuweilen
den Kern der ersten zu bilden scheint, welcher durch die Hülle
durchscheint oder in ihren Lücken und namentlich bei ihrem Zer-
fallen gegen Ende der Erscheinung frei zu Tage tritt. Wie die
ganze Bildung der Wasserhosen noch viel Rätselhaftes an sich hat,
so sind auch die Ursachen ihrer so verschiedenen Formen noch un-
bekannt; jedoch ist es sehr bemerkenswert, dass auch die wirbelnden
Rauchsäulen, welche bei grossen Schilf branden beobachtet wurden,
beide oben genannten Eigenschaften zeigen, also auch die bei den
Staubsäulen auf dem Lande sonst kaum beobachtete zweite, die Strang-
form, welche für die Wasserhosen die häufigste zu sein scheint.
Nach oben zu schliesst sich der Schlauch in der Regel an eine sehr
schwere, dunkle Wolke durch einen Ansatz an der letzteren, von
der Form eines umgekehrten Kegels (Trichters) an, in welchen die
dunkle Säule der breiten Form direkt übergeht oder in dessen Um-
hüllung der dünne Strang der zweiten Form unseren Blicken ent-
zogen wird.
„Häufig reicht auch der Wirbel nicht bis auf die Meeresfläche
herunter, so dass auf dieser keine Bewegung bemerkbar ist und also
auch der Fuss der Wettersäule fehlt. Es hängt dann, wie dieses
namentlich in den Tropen ein gar nicht ungewöhnliches Phänomen
ist, wenn man es bei uns auch nur selten beobachten kann, ein
blosser trichterförmig nach unten sich verjüngender Zipfel von der
unteren Fläche der Wolke herab, in welchem man den Nebel, aus
dem er besteht, emporwirbeln sieht wie bei ruhigem Wetter den
Rauch aus einem Schornstein. Bei der Ausbildung einer vollständigen
Wasserhose verlängert sich dieser Zipfel abwärts, bis er sich mit
den immer höher aus dem Meere emporsteigenden Schaum- und
Nebelsäulen zu einem langen Schlauche vereinigt. Diese Abwärts-
verlängerung des oberen Wolkentrichters hängt jedenfalls nicht mit
einem Niedersinken der Luft, sondern nur mit einer weiteren Ab-
wärtsverlegung des Ortes zusammen, an welchem in der aufwärts
strömenden Luft die Verdichtung des Wasserdampfes zu Nebel be-
ginnt. Ebenso verschwindet beim Aufhören der Wasserhose der
mittlere Teil des Schlauches zuerst, nicht etwa weil die Bewegung
hier aufhörte, während sie oben und unten noch fortdauerte, sondern
weil sie aufhört, sichtbar zu sein, indem sie nicht mehr Wasser-
tropfen resp. Nebel in diesem Teile führt." (Segelhandbuch für den
Atlantischen Ozean.)
Tornados sind äusserst heftige, orkanartige Windstösse, welche
mit dichter Wolke, gewöhnlich auch mit starken Regen- und Hagel-
fällen rasch fortschreiten, wobei der Wind an jedem Orte der Bahn
eine rasche Drehung erfährt. Die Tornados, welche an der West-
küste Afrikas vorkommen, deren Häufigkeit und Stärke nicht sehr
bedeutend ist, haben Aehnlichkeit mit den gewöhnlichen Böen, wäh-
rend diejenigen in den Vereinigten Staaten einige charakteristische
Eigentümlichkeiten zeigen.
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358 Stürme.
„Die Dauer des Windstosses bei den nordamerikanischen Tor-
nados an jedem einzelnen Orte überschreitet selten eine Minute, und
in diesem kurzen Zeiträume, häufig fast momentan, werden auf dem
scharf begrenzten Striche, welchen der Tornado berührt, die fürchter-
lichsten Verwüstungen angerichtet, von denen eine grosse Menge be-
glaubigter Beispiele vorliegen, welche beweisen, dass die Stärke des
Windstosses in diesen Tornados den Windstärken in den grössten
tropischen Orkanen gleichkommt. Vor dem Eintritt des Tornados ist
die Temperatur in der untersten Luftschicht sehr hoch für die Jahres-
zeit, im Sommer herrscht drückende Schwüle; eine bis zum Boden
in Gestalt einer Säule oder eines umgekehrten Kegels hinabreichende
Wolke nähert sich mit der Geschwindigkeit, welche gewöhnlich
15 — 20 m in der Sekunde beträgt; Begenguss und Hagelfall begleiten
gewöhnlich den Fortgang des Meteors; ein Stoss, ein Krach, und
vorüber ist es, einen Streifen von sehr wechselnder, durchschnittlich
etwa 700 m oder fast eine halbe Seemeile betragender Breite hinter
sich lassend, auf welchem alles verwüstet ist: Häuser demoliert,
Bäume entwurzelt oder abgebrochen, schwere Gegenstände gehoben
und meilenweit fortgeführt; die ganze Erscheinung gleicht mehr einer
plötzlichen, furchtbaren Explosion, als einem Sturme. Der verwüstete
Streifen zeigt eine Länge von 3 — 1300 km; bei den langen Bahnen
ist er gewöhnlich an einigen Stellen durch Stücke unbeschädigt ge-
bliebenen Gebietes unterbrochen, welche der Tornado übersprungen
zu haben scheint, ohne den Erdboden zu berühren. Die Tornados
treten gewöhnlich in der südliches Hälfte einer barometrischen De-
pression auf, häufig in der Nähe voneinander zu mehreren zugleich,
oder in geringen Zeitabständen; die Richtung ihrer Bahnen ist im
allgemeinen annähernd dieselbe, welche die Luftmassen in dem
grösseren Wirbel in der Wolkenhöhe besitzen. Auf dem verwüsteten
Wege des Tornados zeigen die hingestreckten oder fortgeführten
Gegenstände die Richtung des Windstosses an, welche im allgemeinen
zu beiden Seiten der Bahn und, wie es scheint, in einem beträcht-
lichen Streifen zu beiden Seiten derselben (und namentlich auf
der rechten) mit der Fortpflanzungsrichtung des ganzen Tornados
übereinstimmt. Zahlreiche Thatsachen sind gesammelt f welche eine
rasche Aenderung der Richtung in dem Windstosse selbst während
der wenigen Augenblicke des Yorüberganges des Tornados nachweisen,
und in der Regel bezeugen diese Thatsachen eine Drehung der Luft
unter der Tornadowolke in dem Sinne gegen den Uhrzeiger, also in
demselben, wie in den grossen Wirbelstürraen dieser Halbkugel.
Aehnliche kurze Windstosse von zerstörender Kraft, wie die
nordamerikanischen Tornados, kommen in Europa, obwohl sehr selten
und in geringerer Heftigkeit, vor; auch sie hinterlassen, namentlich
in Wäldern, eine schmale, aber lange Bahn, die durch Zerstörungen
erkennbar bleibt.
Sucht man sich aus allen bisher über die nordamerikanischen
Tornados gesammelten Thatsachen ein Bild von der Natur dieser
zerstörenden Phänomene zu formen, so scheinen sie eine Verbindung
der Vorgänge in einer Wettersäule und einer Böe darzubieten. Stellt
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Praktische Meteorologie. x 359
«ine Böe herabsteigende, in rascher Bewegung befindliche Luft dar,
so muss angenommen werden, dass vor derselben die von dieser ver-
hängte untere Luft aufsteigt; geschieht dieses Aufsteigen, wenn die
Böe stark und die untere Luft warm und feucht ist, in einigermassen
stürmischer Weise, so ist die Veranlassung zur Bildung von Wirbeln
gegeben, die uns, unter günstigen Umständen, als Wettersaulen und
, Wasserhosen erkennbar werden. So ist voraussichtlich die wiederholt
gemachte Beobachtung zu verstehen, dass vor der auf der Meeres-
oberfläche heranbrausenden Böe eine oder mehrere Wasserhosen einher-
tanzen. Ist die Mächtigkeit der aufsteigenden Luftmasse grösser und
ihr Auftrieb durch ihren grossen Gehalt an Wärme und Wasserdampf
bedeutender, so haben wir eine Wettersäule von riesigen Dimensionen,
-in welcher die Luft stürmisch zum Zentrum und im Wirbel um die-
selbe sich bewegt, und in welcher der aufsteigende Luftstrom von
der — im Sinne der Fortpflanzung des Wirbels — hinteren und
rechten Seite genährt wird durch niedersteigende Luftmassen, welche
die grössere Geschwindigkeit der Bewegung aus den höheren Luft-
schichten mitbringen und diese mit der rotierenden Bewegung im
Wirbel zu einer ungeheuren Windstärke verbinden. Durch diese,
allerdings noch der schärferen Begründung und Bestätigung an den
Thatsachen bedürfende Auffassung würden die thatsächlich vorhan-
denen allmählichen Uebergänge von den Tornados zu den gewöhn-
lichen Böen einerseits und den Wasserhosen andererseits erklärlich
sein. Die Tornados an der Westküste Afrikas schliessen sich, wie
gesagt, mehr den ersteren, die nordamerikanischen mehr den letzteren
an, abgesehen von ihrer ungeheuren Stärke/
XI. Praktische Meteorologie (Wettertelegraphie).
Hauptsächlich zwei Ursachen waren es, welche der Entwickelung
der Meteorologie einen gewaltigen Vorschub leisteten und namentlich
der neueren synoptischen Methode in der ganzen zivilisierten Welt
Eingang verschafften und ihr raschen Aufschwung verliehen, nämlich
die Einführung des Telegraphen in den meteorologischen Dienst und
die Aussicht auf praktischen Nutzen, den man aus der Voraus-
bestimmung des Wetters ziehen konnte. Durch Einführung der
neueren Methode war es erst in neuerer Zeit der meteorologischen
Wissenschaft beschieden, ein auf wissenschaftlicher Grundlage und
Erfahrung beruhendes Urteil über die zu erwartende Witterung ab-
szugeben, wenngleich die Wahrscheinlichkeit des Zutreffens der Vor-
hersagungen wegen der mannigfachen Schwierigkeiten der dabei in
Betracht kommenden Fragen nur sehr langsam zunehmen kann. Die
erste erfolgreiche Anwendung der meteorologischen Kenntnisse auf
das praktische Leben geschah in einem Berufe, bei dessen Ausübung
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360 Praktische Meteorologie, Wettertelegraphie.
Wind und Wetter in erster Linie zu berücksichtigen sind und dessen
Erfolg von den atmosphärischen Vorgängen ganz besonders abhängig
ist. Der Seefahrer, und insbesondere der Küstenbewohner, welcher
sich mit Fischerei und anderen mit dem Seewesen in Verbindung
stehenden Verrichtungen zu beschäftigen hat, hat ununterbrochen
sein Augenmerk auf Wind und Wetter zu richten, und die Kenntnis
der Gesetze, welche den Witterungserscheinungen zu Grunde liegen,
ist für die Ausübung seines Berufes von der entschiedensten Be-
deutung. Hier hilfreiche Hand zu bieten, hat schon vor geraumer
Zeit die Wissenschaft sich bemüht, als Dove sein Gesetz der Stürme
und der Drehung des Windes veröffentlichte. In demselben Sinne
arbeiteten Reid, Piddington, Espy und andere, und wenn auch
die Resultate ihrer Untersuchungen und daher auch ihre Anwendung
auf die Schiffahrt erheblich untereinander abwichen, so waren doch
diese Bestrebungen, die allgemeinen Lehrsätze für die Meteorologie
zu verwerten, von entschiedenem Erfolge, insbesondere in Bezug auf
die tropischen Stürme, welche einen viel regelmässigeren Verlauf
haben, als die Stürme in unseren Gegenden. Bei der stetigen An-
wendung der bisherigen Kenntnisse und bei fortschreitender Erfah-
rung wurden die Grundlagen immer mehr verbessert und so kam
man nach und nach dahin, für verschiedene tropische Küstengegenden
die verheerenden, die Passate und Monsune begleitenden Orkane aus
den Aenderungen der meteorologischen Elemente sowie der Himmels-
ansicht mit ziemlich gutem Erfolge vorherzusagen.
In unseren Breiten sind die Sturmphänomene viel unregelmässiger
und verwickelter, so dass es erst in der neuesten Zeit möglich war r
eine befriedigende Charakteristik für dieselben aufzustellen. Erst
durch langjährige, mit stetiger, unermüdlicher Forschung Hand in
Hand gehender Erfahrung gelang es, für unsere Gegenden ein Sturm-
warnungssystem zu schaffen, welches einigermassen den Bedürfnissen
der Küstenbevölkerung entsprechen und sich so die nötige Achtung
und das nötige Vertrauen erwerben konnte. Mag auch im Binnen-
lande und ebenso bei dem der Sache fernstehenden Küstenpublikum
vielfach ein geringschätziges Urteil laut werden, so sind doch fast aus«»
nahmslos die Männer, welche an den Erfolgen und der Entwickelung
des Sturmwarnungswesens ein unmittelbares und grosses Interesse
haben und von Vorurteilen nicht befangen sind, fast ausnahmslos
der Ansicht, dass die gegenwärtigen Einrichtungen die Küsten-
bevölkerung befriedigen und durch sie mancher Schaden und Verlust-
verhütet wurde.
Während das Interesse des Seemanns hauptsächlich auf die
Stärke und Richtung des Windes und ihre Aenderungen gerichtet
ist, sind für den Landmann Wärme und Niederschläge von der
höchsten Bedeutung. Die Windverhältnisse sind unmittelbar von der
Luftdruckverteilung abhängig und mit viel grösserer Wahrscheinlich-
keit des Eintreffens vorherzusagen, als Wärme und Niederschlag,
welche mit den übrigen meteorologischen Elementen in einem sehr
komplizierten Zusammenhange stehen. Die Wetterprognose im In-
teresse der Landwirtschaft ist hiernach ihrer Brauchbarkeit nach
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Praktische Meteorologie. Wettertelegraphie.
361
naturgemäss geringwertiger als die Sturmwarnung, aber immerhin
ist dieselbe entwicklungsfähig, und aus ihrer richtigen Anwendung
kann, wie die Erfahrung zeigt, unter Umständen nicht unerheblicher
Nutzen gezogen werden.
Bei der folgenden Betrachtung über die Wettertelegraphie lege
ich hauptsächlich das System zu Grunde, welches' in Deutschland an
der Deutschen Seewarte in Anwendung ist, eine ausführliche Be-
Fig. 116.
Schlüssel für die Wetterberichte der Seewarte.
O Station, von welcher nur die Morgenbeobachtungen telegraphisch einlaufen.
O Station, von welcher dem Morgentelegramm auch die Beobachtung vom vorhergehenden
Abend hinzugefügt wird.
# Station, von welcher ausser dem Morgentelegramm ein zweites vom Nachmittage einläuft.
Station, für welche das unter O und $ Gesagte gleichzeitig gilt.
. Station , von welcher von Mitte September bis Ende April die Abendbeobachtungen ein-
laufen (für Abenddienst).
Von den Stationen, deren Namen eingeklammert sind, erhält die Seewarte keine Wetterdepeschen.
sprechung auch mit Rücksicht auf die ausländischen Systeme findet
sich in meinem Handbuch der ausübenden Witterungskunde, worauf
ich hier verweise.
Im allgemeinen lassen sich drei Systeme der Wettertelegraphie
unterscheiden, nämlich das kontinentale, das englische und das
amerikanische System. Das kontinentale oder europäische System
hat seinen Ursprung in dem französischen, von Leverrier ge-
gründeten und erstreckt sich über den ganzen europäischen Konti-
nent. Obgleich die Grundzüge dieses Systems ziemlich unverändert
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362 Praktische Meteorologie. Wettertelegraphie.
geblieben sind, so hat es sich doch nach und nach erheblich ver-
vollkommnet. Die Wetterdepeschen werden von den Telegraphen-
verwaltungen teils unentgeltlich, teils mit Ermässigungen und dann
im allgemeinen als Diensttelegramme, teils mit voller Gebühren-
entrichtung befördert. Ein Zusammengehen der einzelnen Tele-
graphenverwaltungen ist für die gedeihliche Entwickehmg dieses
Systems durchaus erforderlich. Die Beobachtungen werden durchweg
nach Ortszeit angestellt, welche in den verschiedenen Ländern ver-
schieden ist, und unentgeltlich nach der betreffenden Zentralstelle
befördert. Die meisten Stationen versenden nur ein Morgentelegramm,
dem indessen in der Regel die Abendbeobachtungen beigegeben sind.
Die Verwertung der Wettertelegramme geschieht hauptsächlich durch
Zeitungen, durch tägliche Wetterkarten und Bulletins, durch Hafen-
telegramme, Sturmwarnungen und Wetterprognosen.
Das englische System, welches von dem Admiral Fitzroy
gegründet wurde, hat mit dem eben besprochenen manche Berüh-
rungspunkte, unterscheidet sich aber hauptsächlich dadurch von dem-
selben, dass, entsprechend der vorgeschobenen Lage der britischen
Inseln nach West hin, die Depeschen des Inlandes sowohl der
Anzahl als auch der Bedeutung nach in hohem Masse überwiegen.
Die Berichterstatter erhalten eine massige Remuneration; die Be-
obachtungen werden nach Simultanzeit (Greenwich-Zeit) angestellt.
Die Verwertung des Depeschenmaterials geschieht durch Bericht-
erstattung an Zeitungen und Häfen, durch Wetterkarten und Bulletins.
Das amerikanische System zeichnet sich durch eine auf
grossen Geldmitteln und einer Reihe sehr einschneidender Massregeln
beruhende Leistungsfähigkeit aus. Die Depeschen sind fast sämtlich
inländische, die Beobachter gehören großenteils zur Armee, stehen
unter militärischer Disziplin und werden gut besoldet, so dass eine
einheitliche und straffe Organisation hier durchgeführt werden kann.
Sämtliche Telegraphenlinien sind verpflichtet, dreimal des Tages zu
ganz bestimmter Zeit (Simultanzeit) die nötigen Leitungen für die
Wetterdepeschen frei zu halten. Für die Verwertung der Telegramme
ist durch das eigentümliche sogenannte „Circuitsystem" und durch
Mitwirkung der Post- und der Eisenbahnverwaltungen Sorge getragen,
wodurch bei möglichst geringer Belastung des Telegraphen die aus-
gedehnteste und rascheste Verbreitung der Nachrichten über das
ganze Land erreicht ist, und zwar sowohl von Angaben über den
jeweiligen Zustand des Wetters, als von Wetterprognosen.
Das System der Deutschen Seewarte, welches wir unseren Be-
trachtungen fast ausschliesslich zu Grunde legen, umfasst an der
Küste, abgesehen von der Zentralstation Hamburg, acht Normal-
stationen oder Stationen erster Ordnung (Memel, Neufahrwasser,
Swinemünde, Wustrow, Kiel, Keitum auf Sylt, Wilhelmshaven und
Borkum) und ausserdem zwei Ergänzungsstationen (Cuxhaven und
Rügenwaldermünde). Zu Zwecken der Wettertelegraphie wird die
Seewarte noch mit einer genügenden Anzahl Depeschen aus dem
deutschen Binnenlande sowie aus dem Auslande versorgt. Gegen-
wärtig laufen an der Seewarte täglich ein: morgens 100, davon
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Praktische Meteorologie. Schema für Wetterdepeschen.
363
aus dem Inlande 30, aus dem Auslande 70; nachmittags 25 De-
peschen, davon aus dem Inlande 14, aus dem Auslande 11; abends
(von Mitte September bis Mai) 29 Depeschen, davon aus dem In-
lande 18, aus dem Auslande 11 Depeschen. Figur 116 veranschau-
licht die Verteilung des wettertelegraphischen Materials der Seewarte.
Das Schema für die Wetterdepeschen, nach internationalem
Schema in fünf zifferigen Zahlengruppen geschrieben, denen etwaige
Bemerkungen in Worten zugefügt werden, ist folgendes:
Schema für Morgendepeschen (europäischer Kontinent).
Gestern abend
Heute morgen
I. Gruppe
n. Gruppe
III. Gruppe H IV. Gruppe
V. Gruppe
VI. Gruppe
s
s
BBB
ll S l
J>T-lb3©
WW
TTT
BBB
I I
I i
ww
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TTT
T'T'T'
RR MM
i
33
G(F)
Schema für Nachmittagsdepeschen. Schema für Abenddepeschen.
i
BBB
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a
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tti
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1
1
2
0)
I
g
«
£
i*
£
£
BBB
WW
s
H
TTT
Es bedeuten:
BBB den auf 0° und Meeresniveau reduzierten Barometerstand in
Millimetern und Zehnteln (mit Hinweglassung der Hunderter)
ausgedrückt; z. B. 624 = 762,4, es ist also stets die 700 zu
ergänzen.
WW die wahre Windrichtung, nach dem astronomischen Norden be-
stimmt; es ist
02 = NNE
04 = NE
06 = ENE
08 = E
10 = ESE
12 = SE
14 = SSE
16 = S
18 = SSW
20 = SW
22 = WSW
24 = W
26 = WNW
28 = NW .
30 = NNW
32 = N
00 = Windstille.
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364 Praktische Meteorologie. Schema für Wetterdepeschen.
S die Windstärke nach Beaufort-Skala 0—12, wo = Windstille,
1 und 2 = leicht, 3 =. schwach, 4 = massig, 5 = frisch,
6 = stark, 7 = steif, 8 = stürmisch, 9 = Sturm, 10 = starker
Sturm, 11 = heftiger Sturm, 12 = Orkan. — Da nur eine
einzifferige Zahl für S eingesetzt werden darf, so wird bei
grösserer Stärke als 9 eine Angabe in Worten nötig.
H die Hydrometeore und Bewölkung zur Zeit der Beobachtung;
= wolkenlos, 1= */* bedeckt, 2 = */* bedeckt, 3 = 8 /4 be-
deckt, 4 = ganz bedeckt, 5 = Regen, 6 = Schnee, 7 = Dunst,
8 = Nebel, 9 = Gewitter.
TTT die Temperatur des trockenen Thermometers in Celsius-Graden
und Zehnteln; im Falle die Temperatur 10° nicht erreicht, ist
die erste Ziffer durch eine Null zu ersetzen; bei Temperaturen
unter 0° wird zur Anzahl der abgelesenen Grade 50 hinzu-
gefügt; z. B. 167 = 16,7°, 058 = 5,8°, 509 = —0,9°,
662 = — 16,2°.
ip/ip/rry entsprechend die Temperatur des feuchten Thermometers:
RR die von gestern morgen 8 Uhr bis heute morgen 8 Uhr ge-
fallene Niederschlagsmenge auf ganze Millimeter abgerundet;
bei weniger als 10 mm ist an die erste Stelle zu setzen;
99 bedeutet beobachteten, aber nicht gemessenen, 00 keinen
Niederschlag oder weniger als 0,5 mm.'
MM die Angabe des Maximumthermometers, mm die des Minimum-
thermometers, beide um 8 Uhr morgens abgelesen und auf ganze
Grade abgerundet. Bei Minusgraden ist, wie bei TTT, zur An-
zahl derselben 50 hinzuzufügen, so dass z. B. 62 = — 12
bedeutet.
F, G Im internationalen Schema bezeichnet diese letzte Ziffer G den
Seegang, und zwar bedeutet = schlicht , 1 = sehr ruhig,
2 = ruhig, 3 = leicht bewegt, 4 = massig bewegt, 5 == un-
ruhig, 6 = grob, 7 = hoch, 8 = sehr hoch, 9 = äusserst hoch.
Auf den deutschen Stationen bezeichnet die Ziffer F dagegen
die vorwiegende Form der Himmelsbedeckung; = wolken-
loser blassblauer Himmel, 1 = Cirri, 2 = Cirro-strati , 3 =
Cirro-cumulus, 4 = Cumuli und Cum.-strati, 5 = Strati und
Strat.-cumuli , 6 = schwere dunkle Wolken, 7 = mehrere
Wolkenschichten, 8 = einförmig grauer Himmel, 9 = wolken-
loser tiefblauer Himmel.
FZZZ'Z' ist die Cirrusgruppe, welche im internationalen Schema
fehlt und nur von deutschen Stationen (seit 1886) hinzugefügt
wird. In derselben bedeutet F die Form der beobachteten
oberen Wolken und wird also entsprechend durch 1 = Feder-
wolken, 2 = Schleier (Cirro-strati), 3 = Schäfchen (Cirro-
cumuli) gegeben; ZZ die Richtung, aus welcher die Wolken
ziehen (ebenso ausgedrückt wie WW); Z'Z' die Richtung, in
welcher die Wolken gestreift erscheinen, z. B. 02 = Streifang
NNE, 20 = SW.
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Praktische Meteorologie. Bearbeitung des Depeschenmaterials. 365
Ist keine Bewegung zu unterscheiden, so wird 00 gesetzt,
ebenso 00, falls eine Streifung fehlt; 99 bedeutet, dass diese
Grössen nicht genau beobachtet werden konnten.
Zur Zeit des Abenddienstes an der Seewarte, vom 16. Sep-
tember bis 30. April, senden einige Stationen ihre Beobachtungen
von 8 h p. m. am Abend in einem Abendtelegramm, welches
BBBWW, SHTTT lautet und in welchem die Ziffern die obige Be-
deutung haben; diese Gruppen werden in solchem Falle im Morgen-
telegramm nicht wiederholt.
Die Nachmittagstelegramme übermitteln die Beobachtungen
von 2 b p. m. und haben die Form BBBWW, SHTTT, T'T'T'OF,
FZZZ'Z', deren Bedeutung aus obigem ersichtlich ist.
Beispiel einer vollständigen Morgendepesche
von einer Inlandstation.
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gestern abend
66906 22599 60502 54617 32016
heute morgen
Dies bedeutet: Gestern abend 8 Uhr Barometer 765,8 (0° und
Meeresniveau), Ostwind von der Stärke 3, wolkenlos, Temperatur
— 8,9°; heute morgen 8 Uhr Luftdruck 766,9, ENE leicht, halb
bedeckt, Temperatur — 9,9°, feuchtes Thermometer — 10,5°, Nieder-
schlag 2 mm, Maximumtemperatur seit gestern 8 h a. m. — 4°, Mi-
nimumtemperatur seit gestern 2 h p. m. — 11°, verschiedene Wolken-
schichten; Cirro-cumuli ziehen aus SW, Streifung Süd,
Wenn auch die Zentralstellen im grossen Ganzen mit der gegen-
wärtigen Einrichtung der Wetterdepeschen zufrieden sind, so wäre
doch eine Revision des Schemas nach dem jetzigen Stande der
Wissenschaft auf internationalem Wege geboten, wobei sich einige
Angaben als entbehrlich, andere als zu dürftig herausstellen würden.
Ich möchte nur einen allgemeinen Vorschlag der Erwägung empfehlen,
nämlich dass die einzelnen Zentralstellen von ihren inländischen
Stationen in jeder Beziehung vollständige Telegramme für jeden Be-
obachtungstermin sich verschaffen und insbesondere diese Beobach-
tungsdaten in ihren täglichen Bulletins publizieren, wobei auch die
Wiedergabe der Kurven von einigen Registrierapparaten sich dringend
empfiehlt. Die Wiedergabe der ausländischen Depeschen kann sich
auf solche Daten beschränken, welche für den wettertelegraphischen
Dienst unbedingt notwendig sind. In diesem Falle wäre es möglich,
interessante Witterungserscheinungen schon einige Tage nach ihrem
Auftreten sowohl intensiv als auch extensiv in kurzen Zeitintervallen
fruchtbringend zu verfolgen, wie es gegenwärtig leider nicht gut
möglich ist. Die Benutzung der Bulletins von den einzelnen In-
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366 Praktische Meteorologie. Verwertung des Depeschenmaterials.
stituten bietet leider nicht sehr viel mehr Material, als was durch
den gegenseitigen Depeschenaustausch mitgeteilt wird. Wenn auch
die einzelnen Institute ihr Beobachtungsmaterial nachher in extenso
publizieren, was vielfach erst sehr spät nach Ablauf des Beobach-
tungsjahres geschieht, so sollte doch das wettertelegraphische Material
für die weitere Verwertung kein totes sein.
Für die Bearbeitung des Depeschenmaterials ist es dringend
wünschenswert, dass die Depeschen in ununterbrochener und geord-
neter Reihenfolge kurz nach der Beobachtung einlaufen und wahrend
des Einlaufes gleichzeitig für die verschiedenen Zwecke der Wetter-
telegraphie verarbeitet werden. An der Seewarte werden in der
ruhigeren Jahreszeit (Mai bis Mitte September) täglich sieben, in der
übrigen Zeit (bei Ausübung des Abenddienstes) täglich zehn Wetter-
karten gezeichnet, und zwar:
Vormittags: eine Karte für Luftdruck, Wind und Bewölkung
für 8 bezw. 7** a. m., eine für Temperatur, Seegang für dieselbe Zeit
und Hydrometeore für die letzten 24 Stunden, zwei Aenderungskarten
für Luftdruck und Temperatur in den letzten 24 Stunden, eine für
Luftdruck, Wind und Bewölkimg für den Vorabend.
Nachmittags: zwei Karten für Luftdruck und Temperatur für
2 h p. m. mit den Variationen in den letzten 6 bezw. 24 Stunden.
Abends: eine Karte für Luftdruck, Wind und Bewölkung für
den Abend, eine für Temperatur und Seegang für den Abend, zwei
Aenderungskarten für Luftdruck und Temperatur in den letzten
12 bezw. 24 Stunden.
Auf diesen Arbeitswetterkarten, welche fast sämtliches wetter-
telegraphische Material enthalten, werden die Isobaren von 5 zu
5 mm und die Isothermen von 5 zu 5° eingezeichnet. Nachdem man
nun aus den verschiedenen Karten eine genügende Uebersicht der
Witterung und ein Urteil über den Verlauf derselben gewonnen hat,
wird für die Hafentelegramme für die deutschen Nord- und Ostsee-
häfen sowie für die Zeitungsabonnementsdepesche eine Witterungs-
übersicht gegeben und werden beide Telegramme sofort befördert.
Ausserdem kommen Telegramme zur Versendung an die deutschen
und ausländischen meteorologischen Institute.
Am Nachmittage werden die von einer beschränkten Anzahl
Stationen einlaufenden Telegramme ähnlich verarbeitet, und im An-
schluss hieran wird die Wetterprognose für den folgenden bürger-
lichen Tag aufgestellt, welche in den täglichen autographierten
Wetterberichten der Seewarte veröffentlicht wird.
Der Abenddienst wird nur im Interesse des Sturmwarnungs-
wesens für die deutsche Küste ausgeübt.
Nicht selten wird der eben besprochene regelmässige Dienst an
der Seewarte durch die eine Vermehrung des Depeschenverkehrs be-
dingende Ausgabe von Sturmwarnungen erheblich modifiziert, so dass
eine Verspätung der übrigen Depeschen nicht vermieden werden
kann, da naturgemäss Sturmwarnungen vor allen übrigen in erster
Linie befördert werden müssen.
Die Verwertung des wettertelegraphischen Materials ist je nach
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Praktische Meteorologie. Wetterkarten der Seewarte.
367
Fig. 117 a.
Jahrgang XL
DEUTSCHE SEEWARTE.
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Praktische Meteorologie. Wetterkarten der Seewarte.
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Fig. 117c.
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1 : 2 der natürlichen Grösse.
Van Bebber, Meteorologie.
24
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370
Praktische Meteorologie. Wetterkarten der Seewarte.
Fig. 117 d.
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1 : 2 der natürlichen Grösse.
Digitized by VjOOQ IC
Praktische Meteorologie. Verwertung des Depeschenmaterials. 371
den verschiedenen Bedürfhissen des Publikums verschieden, indessen
lässt sich eine dreifache Richtung in der Verwertung desselben unter-
scheiden, nämlich: 1. Berichterstattung an das Publikum über that-
sächliche Witterungszustände auf grösserem Gebiete, 2. Mutmassungen
über die für die nächste Zeit wahrscheinlich zu erwartende Witterung
und Mitteilung darüber an das Publikum, und 3. Sammlung von Er-
fahrungen zur Bereicherung unserer Kenntnisse auf dem Gebiete der
Wettertelegraphie, also auch Ausbau des Sturmwarnungswesens und
der Wetterprognose. Alle diese drei Richtungen sind an der See-
warte vertreten.
Die Berichterstattung seitens der Seewarte findet sowohl täglich
als auch in aussergewöhnlichen Fällen statt. Die tägliche Bericht-
erstattung geschieht durch eigene, von der See warte autographierte
und herausgegebene, von kartographischen Darstellungen begleitete
Bulletins, durch Berichte oder Wetterkarten in den Zeitungen, durch
telegraphische Berichte, wie Mitteilungen an Institute, Zeitungen
oder Private, durch öffentlichen Anschlag von Witterungsaussichten
gewöhnlich in Verbindung mit Witterungsthatbeständen und in An-
lehnung an dieselben, und durch Hafentelegramme. Die ausser-
gewöhnliche Berichterstattung beschränkt sich nur auf die Sturm-
warnungen im Interesse der Fischerei und der Küstenschiffahrt.
Die Einrichtung der Wetterkarten der See warte ist aus Fig. 117 a,
b, c, d ersichtlich.
Die Mitteilungen in den Zeitungen geschehen entweder in Ta-
bellen, welche gewöhnlich mit einer allgemeinen Witterungsüber-
sicht in Worten verbunden sind, oder durch Wetterkarten. Die
ersteren Berichte werden, abgesehen von Hamburg und Altona, wo
dieselben durch Boten abgeholt werden, durch den Telegraphen be-
fördert. Andererseits erhalten einige Zeitungen oder Private gegen
volle Gebührenzahlung tägliche Wetterdepeschen, welche die Kon-
struktion der Wetterkarten ermöglichen, und ausserdem wird noch
die Luftdruckkarte nach einer einfachen Methode telegraphisch an
einige Institute und Private übermittelt.
Eine weitere und sehr wirksame Verbreitung finden die täg-
lichen Wetterberichte durch Öffentlichen Anschlag, und in dieser Be-
ziehung sind die Hafentelegramme, welche täglich den Küstenorten
im Interesse der Fischerei und der Küstenschiffahrt übermittelt werden,
von der hervorragendsten Wichtigkeit. Schon im Jahre 1865 wurden
tägliche telegraphische Wetterberichte für die preussischen Häfen
eingerichtet, welche aus einer Tabelle ohne Text bestanden, aber in
welchen die so überaus wichtigen Nachrichten von den britischen
Inseln fehlten. Bei Einrichtung der Seewarte, im Jahre 1875,
wurden diese zwar dem Wesen nach beibehalten, aber wesentlich
modifiziert und erweitert und auf die ganze deutsche Küste aus-
gedehnt. Gegenwärtig übermittelt die Seewarte an 29 Häfen der
deutschen Küste (abgesehen von Hamburg-Altona) tägliche Hafen-
telegramme, welche aus einem chiffrierten Teile und einem Texte
bestehen, nämlich an: Memel, Pillau, Neufahrwasser, Stolpmünde,
Rügenwaldermünde, Colbergermünde, Swinemünde, Stettin, Wolgast,
Digitized by VjOOQ IC
372 Praktische Meteorologie. Sturmwarnungen,
Stralsund, W arnemünde, Wustrow, Lübeck, Travemünde, Kiel,
Flensburg, Arösund, Tönning, Glückstadt, Brunshausen, Cuxhaven,
Wilhelmshaven, Geestemünde, Bremerhaven, Elsfleth, Brake, Leer,
Emden, Keitum (Sylt). Der erste Teil der Depesche ist chiffriert
nach dem Schema: BBBWW SHTTG, wobei TT die Temperatur
in ganzen Graden bedeutet, während die übrigen Zeichen dieselbe
Bedeutung haben, wie oben angegeben wurde.
Die erste Einführung der Wettertelegraphie ging hauptsächlich
von dem Gedanken aus, dass man durch dieselbe in Stand gesetzt
sei, die vom Sturme bedrohten Küstenstrecken vor der hereinbrechen-
den Gefahr zu warnen. Bekanntlich gab der denkwürdige Sturm
vom 14. November 1854, welcher die alliierten . Flotten auf dem
Schwarzen Meere arg bedrängte, den Verlust des französischen Linien-
schiffes „Henri IV. Ä herbeiführte und das Lager von Balaklawa
zerstörte, Veranlassung zu einer eingehenden Untersuchung dieses
Phänomens durch Leverrier, und diese Untersuchung hatte die Ein-
führung der Wettertelegraphie, insbesondere im Interesse des see-
fahrenden Publikums in Frankreich zur Folge, welchem Beispiele
bald darauf die übrigen Seefahrt treibenden Nationen folgten. In-
dessen waren die damaligen Grundlagen der Wettertelegraphie trotz
der sanguinischen Erwartungen, denen man sich allgemein hingab,
keineswegs der strengen Wissenschaftlichkeit entsprechend, indem
die Regeln, welche damals für die Entwickelung und Fortpflanzung
der Stürme als massgebend angenommen wurden, nur eine sehr be-
schränkte Gültigkeit hatten. Man ging von der hauptsächlich von
Dove vertretenen Ansicht aus, dass die Stürme in der Richtung
ihres Wehens sich fortpflanzten und dass das Nebeneinanderwehen
eines Aequatorial- und Polarstromes das Hereinbrechen des letzteren
in den ersteren befürchten Hesse, und so glaubte man zuerst, dass
es leicht wäre, einem Sturm, der an irgend einem Punkte Europas
auftrete, durch den elektrischen Strom voranzueilen und die bedrohten
Küstenstrecken rechtzeitig warnen zu können. Bei weiterer Ent-
wickelung der Wettertelegraphie kam man zu der Einsicht, dass bei
den Stürmen die Luftmassen einen Ort niedrigen Luftdruckes spiral-
förmig umkreisen und diese Luftwirbel in der Regel von West nach
Ost fortschreiten. Diese Erkenntnis bildete zwar für die Sturm-
warnungen sehr wichtige Anhaltspunkte, aber bei fortschreitender
Erfahrung machten sich auch die vielen Unsicherheiten in der An-
wendung derselben bemerkbar, und die Mannigfaltigkeit der Sturm-
phänomene und die sehr verwickelten Umgestaltungen derselben
stellten die praktische Verwertbarkeit dieser Grundregel fast ganz
in Frage. Nach und nach — in England geschah dieses nach
Fitzroy's Tode bei Wiederaufnahme der Sturmwarnungen —
verliess man den Optimismus, welcher früher allgemein Platz ge-
griffen hatte, und wandte sich der Ansicht zu, dass unsere Hilfs-
mittel bei dem Sturmwarnungsdienste zwar unzulänglich sind, dass
aber trotzdem die Sturmwarnungen einen so eminent praktischen
Wert haben, dass die einzelnen Institute es gewissermassen als ihre
Pflicht ansehen müssen, alles für das Sturmwarnungswesen zu thun,
Digitized by VjOOQ IC
Praktische Meteorologie. Sturmwarnungen. 373
was nur irgendwie in ihren Kräften steht. Daher sind auch bei fast
allen zivilisierten Nationen, welche Seefahrt treiben, Sturmwarnungen
eingeführt, Einrichtungen, welche nach und nach bei der Ktisten-
bevölkerung hohe Achtung sich erworben haben und unentbehrlich
geworden sind.
Welches im Jahre 1873 die Ansichten über die Grundlagen und
die Praktibilität des Sturmwarnungswesens und der Wettertelegraphie
überhaupt waren, ist in dem an den Wiener Kongress erstatteten
Bericht von der in Leipzig ernannten Kommission ausführlich dar-
gelegt. Ich will hier nur bemerken, dass fast alle Urteile zu gunsten
des Sturmwarnungswesens ausfielen.
Zur Ausübung des Sturmwarnungswesens, sowie zur Vermittelung
von Witterungsmitteilungen sind an verschiedenen Stellen unserer
Küste mehr oder weniger vollständig ausgerüstete Signalstellen ein-
gerichtet worden. Diese zerfallen in zwei Klassen : die Signalstellen
der ersten Klasse haben einen Signalmast mit Raae und einen vollen
Signalapparat zum Signalisieren der Stürme in die Ferne, nämlich
zwei Kegel, eine Kugel und zwei rote Flaggen, nach Bedürfnis auch
eine rote Laterne als Nachtsignal (die Trommel als Signal für
schwere Stürme ist in Wegfall gekommen). Die Signalstellen der
zweiten Klasse sind nur mit einer einfachen Stange versehen, woran
ein Ball aufgezogen wird, um dem Publikum anzudeuten, dass ein
Warnungstelegramm von der Seewarte eingelaufen ist, dessen Wort-
laut an der Signalstelle zu erfahren ist. Figur 118 veranschaulicht
die Anordnung und Bedeutung der Signale. Vergleichend haben
wir noch die in England und in den Vereinigten Staaten gebräuch-
lichen Signalsysteme beigefügt.
Das Sturm warnungstelegramm , welches für beide Klassen der
Signalstellen identisch ist, enthält ganz kurz die Motive der Warnung
und die Anordnung des Signals und soll sofort nach Ankunft in
besonders hierzu eingerichteten Kästen dem Publikum zugänglich
gemacht werden. Es sei noch bemerkt, dass das aufgehisste Signal
die zu erwartende Störung nicht speziell für den Ort selbst anzeigen,
sondern besagen soll, dass in der Umgebung dieses Ortes in einem
Umkreise von circa 100 Seemeilen (185 km) stürmische Winde oder
Sturm aus der angegebenen Richtung zu erwarten ist, so dass also
ein Fahrzeug, welches den Hafen verlassen würde, innerhalb dieses
Raumes stürmische Winde wahrscheinlich antreffen wird.
Sämtliche Signalstellen sind mit einem Aneroidbarometer, einem
Thermometer und zwei Regenmessern versehen. Ausser den regel-
mässigen Beobachtungen werden zur Zeit unruhiger Witterung, ins-
besondere nach erhaltener Warnung, in kurzen Zeitintervallen Auf-
zeichnungen gemacht, welches Material an der Seewarte gesammelt
und weiter verwertet wird.
Das folgende Verzeichnis enthält diejenigen Signalstellen, welche
am Anfang des Jahres 1889 thätig waren, wobei die Signalstellen
zweiter Klasse mit einem Sternchen versehen sind:
Memel, Brüsterort, Pillau, Neufahrwasser, Heia*, Rixhöft, Leba*-
Stolpmünde, Rügenwaldermünde , Colbergermünde , Swinemünde, Ah-
Digitized by VjOOQ IC
374 Praktische Meteorologie. Sturmwarnungen.
Fig. 118.
Tagessignale. Nachtsignale.
Sturm wahrscheinlich aus der Richtung:
Deutsche
Küste
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Ersetzt alle Tagessignale.
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Wind
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Vereinigte Staaten.
Signal-Tafel.
Britische
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Praktische Meteorologie. Wetterprognose. 375
beck*, Thiessow*, Arkona, Wittower Posthaus*, Stralsund, Greifs-
walder-Oie, Warnemünde, Wismar*, Travemünde, Marienleuchte,
Schleimünde , Friedrichsort, Flensburg*, Aarösund, Keitum*, Tön-
ning*, Altona, Glückstadt, Brunshausen*, Geestemtinde, Brake*,
Weserleuchtturm, Cuxhaven (Helgoland), Bremerhaven, Neuwerk,
Nesserland - Emden , Wilhelmshaven , Wangerooge , Karolinensiel*,
Norderney, Borkum, Schillighörn.
Orte ohne Signalapparat, welche Sturmwarnungen erhalten, sind:
Stettin, Freiburg in Hannover, Fredrikkoog, Meyers-Legde, Helgo-
land, Burgstaken, Ort und Lübeck.
Ausser den direkt unter der Leitung der Seewarte stehenden
Signalstellen ist noch eine erhebliche Anzahl Signalstellen thätig,
welche von den Regierungen in Königsberg, Stettin und Schleswig,
sowie von Privaten errichtet wurden und vollständig unterhalten
werden. Diese sind:
Neukrug, Balga, Cranz, Rossitten, Nidden, Palmnicken, Schwarz-
ort, Fischhausen*, Windenburg, Inse*, Wehrdamm*, Nest* (bei Gross-
mölln), Neuendorf, Coserow, Putziger Heisternest (auf Heia), Oxhöft,
Sarkau*, Göhren (Rügen), Rostock, Labö*, Bülk, Ellerbeck*, Husum,
Amrum, Ellenbogen (Sylt), Drochtersen* , Neuhaus* (a. d. Oste),
Otterndorf*, Dorum*.
Die Wetterprognosen begannen am 1. September 1876, von
welchem Tage an Witterungsaussichten für den folgenden bürger-
lichen Tag am Fusse der täglichen Wetterkarten gegeben wurden,
welche sich je nach Umständen auf das ganze Deutschland oder
auf die nordwestlichen, östlichen oder südlichen Gebietsteile bezogen.
Später wurde für jedes dieser drei Gebiete täglich je eine Prognose
gegeben.
Eine Anleitung zur Aufstellung von Wetterprognosen
habe ich in meinem Handbuch der ausübenden Witterungskunde ge-
geben, wie sie sich aus meinen Untersuchungen über typische Wit-
terungserscheinungen ergeben und wie sie sich aus den vorstehenden
Darlegungen S. 324—343 ergeben. Ich will mich hier darauf be-
schränken, einen ganz kurzen Auszug aus der grösseren von mir
gegebenen Tabelle nach dem Referat Köppen's über meine Unter-
suchungen über typische Witterungserscheinungen 1 ) wiederzugeben,
wobei sich die Angaben auf den Zeitraum von 1876 — 1884 beziehen.
(Siehe Figur 119 und 120 und TabeUe S. 380 und 381).
Die leer gelassenen Felder bedeuten, dass nichts Besonderes zu
bemerken ist; ausser den Fällen, wo die Zahl der Beobachtungen
für und wider ziemlich gleich war, sind auch jene weggelassen, wo
der in Depressionsgebieten gewöhnliche Charakter der Trübung,
Neigung zu Regenfällen und im Winter Wärme vorhanden, aber
nicht sehr ausgeprägt war. Wir setzen:
*) Siehe Met. Zeitschr. 1886. S. 169.
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376 Praktische Meteorologie. Wetterprognose.
ruh. (ruhig) — wo die Winde mit schwach bezeichnet und kein
Sturm (um 8 b a. m.) in den neun Jahren beobachtet worden ist;
frisch, stark — wo die Winde als frisch resp. stark bezeichnet
sind;
Sturm — wenn über 40°/o der betreffenden Beobachtungen stürmisch
waren;
warm — wenn im Winter mindestens viermal, im Sommer min-
destens zweimal öfter -f- als — Abweichung vorkam;
kalt — mindestens zweimal öfter — als -f- Abweichung;
i wenn die Temperatur in den vorhergehenden 24 Stunden
z , n ' < mindestens zweimal öfter zunehmend resp. abnehmend, als
* das Gegenteil war;
hei. (heiter), trock. (trocken) — mindestens anderthalbmal öfter als
das Gegenteil;
bed. (bedeckt), R. (Regen) — mindestens dreimal öfter als das
Gegenteil ;
(NB. Regen und trocken beziehen sich auf die folgenden
24 Stunden, als „Regen" wurden die Fälle gerechnet, wo min-
destens an zwei Stationen im Gebiet Regen vorkam oder an
einer in grösserer Menge.)
G. (Gewitter) — wo in mindestens einem Drittel aller Fälle Gewitter
in den folgenden 24 Stunden aus* denl Gebiet (telegraphisch)
gemeldet wurde;
kein G. — wo höchstens in einem Zehntel aller Fälle dieses statthatte.
Die Aufstellung ist getrennt für die drei Bezirke ausgeführt, in
welche Deutschland für die tägliche Wetterprognose in den Wetter-
berichten der Seewarte geteilt ist, nämlich Nordwest-, Süd- und Ost-
deutschland; als Grenze wird etwa die Linie Rügen-Eger-Eifel an-
genommen.
Da bei der am weitesten von uns entfernten Zugstrasse I Deutsch-
land häufig mehr unter dem Einfluss eines Maximums als unter dem
des betreffenden Minimums steht, so sind die Fälle in dieser Zug-
strasse nach der Lage von jenem in drei Gruppen gesondert; die
erste derselben, Maximum in Südosteuropa, entspricht im Winter
dem häufigsten Fall, fehlt dagegen im Sommer; gewöhnlich ist
dieses Maximum in Südosteuropa eine Fortsetzung des kontinentalen
asiatischen Maximums nach West hin; in der zweiten Gruppe, wo
das Maximum über Spanien, Südfrankreich und den Alpen liegt,
ist dasselbe gewöhnlich eine Ausbreitung desjenigen von den Azoren ;
in der dritten Gruppe verläuft die Linie höchsten Luftdrucks über
Deutschland und Frankreich selbst.
Als wichtigste Resultate scheinen uns aus diesen Tabellen die
folgenden hervorzugehen.
Die Windstärke ist am grössten beim Vorübergang der Mi-
nima auf den Zugstrassen II und III, in zweiter Linie auf der Zug-
strasse IV und in den Fällen von I, wenn der höchste Luftdruck in
Süd- und Südwest-Europa liegt; im Osten Deutschlands verspäten sich
naturgemäss die Erscheinungen etwas. Dagegen ist, wenn ein Mi-
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Praktische Meteorologie. Wetterprognose.
377
Fig. 119.
Oktober bis März.
Mittlere Verteilung des Luftdruckes und der Temperatur bei dem Erscheinen der
Depressionen auf den einzelnen Zugstrassen , und Zugstrassen der Depressionen für den Zeit-
raum 1876—1880.
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378
Praktische Meteorologie. Wetterprognosen.
Fig. 120.
April bis September.
Mittlere Verteilung des Luftdruckes und der Temperaturabweichung bei dem
Erscheinen der Depressionen auf den einzelnen Zugstrassen, und Zugstrassen der Depressionen
für den Zeitraum 1876—1880.
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Praktische Meteorologie. Wetterprognosen.
379
nimum auf der Zugstrasse V (a und b) fortschreitet, oder auch auf
der Zugstrasse I, Fall c, wenn das Maximum im Südosten oder in
Zentraleuropa selbst liegt, der Charakter der Witterung beim Heran-
nahen und selbst beim Vorübergange des ersteren fast stets ruhig.
In Bezug auf die Temperatur zeigen sich auffallend wenig
entschiedene Züge. Wie zu erwarten war, verhalten sich Winter
und Sommer darin sehr verschieden, nur die von Süden herauf-
kommenden Minima der Zugstrasse Vb bringen in beiden Jahres-
zeiten auf ihrer Vorderseite und beim Vorübergange Abkühlung, die
unter die normale hinabgeht, mit sich. Die als normal angenommene
Abkühlung auf der Rückseite findet sich hier nur bei den Zug-
strassen II, III und IV ausgesprochen, im Winter bei II und IV
übrigens nicht in Ostdeutschland, welches im Gegenteil warm bleibt.
Die Zunahme der Temperatur bis zum Vorübergange des Minimums
zeigt sich nur im Winter bei den Zugstrassen II, Hlb und IV, bei
letzterer erst spät.
Besser charakterisiert sind die Vorgänge in den Hydrometeoren,
dem eigentlichen „Wetter". Im Winter ist die Zugstrasse I von
trockenem, wenn auch grossenteils bedecktem Wetter in Deutschland
begleitet, die Zugstrassen Va und Vb im Nordwesten von heiterem
Wetter, letztere gleichzeitig im Süden und Osten von Regen; da-
gegen sind die Zugstrassen II, III und IV vorwiegend von Regen
und Schneefällen begleitet. Im Sommer verhalten sich die Sachen
ähnlich, nur ist das Wetter bei I und Va sogar vorwaltend heiter,
während besonders die Zugstrasse IV viele Gewitter hervorruft. Aus-
buchtungen („Gewittersäcke") auf der Südost- und Südseite von De-
pressionen, die auf dieser Zugstrasse sich bewegen, sind die typischen
Gewitterbringer für Deutschland, wie auch für Frankreich, Belgien etc.;
in bedeutend geringerem Grade ist dieses auch bei der Zugstrasse II
der Fall; dass die Depressionen der Zugstrasse Va Deutschland fast
nie Gewitter bringen, darf schon darum nicht wundern, weil diese
Zugstrasse in den eigentlichen Sommermonaten nicht betreten wird.
Die Prüfung der Sturmwarnungen und Wetterprognosen oder Ab-
leitung bestimmter Zahlenwerte, welche einen Ausdruck für die Er-
folge oder Misserfolge der Sturmwarnungen und der Wetterprognosen
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380
Praktische Meteorologie. Wetterprognosen.
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Praktische Meteorologie. Wetterprognosen.
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382 Praktische Meteorologie. Ergebnisse.
geben sollen, ist mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft, in-
dem einerseits die persönlichen Auffassungen das richtige Urteil be-
einträchtigen und andererseits die Wahrscheinlichkeit des zufalligen
Eintreffens nicht vernachlässigt werden darf.
Seit Beginn wurden an der Seewarte die einzelnen Sturmwar-
nungen stets mit den nachfolgenden Thatbeständen verglichen und
je nach dem vollständigen oder teilweisen Gelingen oder dem völligen
Misserfolge für jede Signalstelle Zahlenwerte gewonnen, welche
wenigstens einige Anhaltspunkte für die Brauchbarkeit der War-
nungen geben können. Diese Zahlenwerte sind allerdings abhängig
von den individuellen Urteilen der einzelnen Signalisten, und in der
That weichen diese Urteile ausserordentlich voneinander ab, indessen
gleichen sich dieselben im Mittel mehr oder weniger aus.
In dem Zeiträume von 1877 — 1889 wurden im ganzen nahezu
20000 Anordnungen zum Hissen von Signalen gegeben. Prüfen
wir diese Fälle nach der eben angegebenen Weise, so ergibt sich als
Mittelwert 55°/o Treffer. Diese Trefferzahl erscheint gering und eben
über dem zufälligen Eintreffen zu liegen, wenn wir nicht berück-
sichtigen, dass das zufällige Eintreffen nicht gerade 50 Treffer-
prozenten entspricht. Die Trefferprozente für den Zufall liegen im
allgemeinen zwischen ausserordentlich weiten Grenzen und sind räum-
lich und zeitlich grossen Schwankungen unterworfen. Berechnen
wir aus den zehnjährigen Beobachtungen die Wahrscheinlichkeit des
Eintritts stürmischer Winde, also von der Stärke 8 der Beaufort-
schen Skala und darüber, so ergibt sich für Neufahrwasser 7, Swine-
münde 8, Hamburg 9, Borkum,' Wilhelmshaven, Keitum und Memel
10, Kiel und Wustrow ll°/o, wobei allerdings die verschiedene
Aufstellung der Anemometer, deren Aufzeichnungen bei der Zählung
der stürmischen Winde benutzt wurden, zu berücksichtigen ist. Wir
können für die ganze Küste rund 10°/o annehmen, und so würden
also für die Sturmwarnungen 45 Trefferprozente folgen, welche über
dem zufälligen Eintreffen liegen. Andererseits ist die Wahrschein-
lichkeit, dass für irgend einen Küstenstrich eine Sturmwarnung er-
lassen wird, 13°/o.
Nach einer anderen Methode wurde der Gesamtcharakter jeder
einzelnen Warnung beurteilt und durch die Zahlen 1, 2, 3, 4, 5
qualifiziert, so zwar, dass 1 vollständig gelungen und .5 völlig ver-
fehlt bedeuten. Hiernach ergab sich für den zehnjährigen Zeitraum
1879—1888 als durchschnittliches Ergebnis für die Nordsee 2,3, für
die westliche Ostsee 2,1 und für die östliche Ostsee 2,1, während
der Durchschnitt 2,2 betrug.
Bei der Prüfung der Sturmwarnungen musste ausser acht ge-
lassen werden, dass Winde, welche an den Signalstellen die Stärke
6 — 7 der Beaufort'schen Skala erreichten, in welchen Fällen die
Warnung als verfehlt oder doch nur als teilweise gelungen betrachtet
wurde, nicht berücksichtigt werden konnten. Andererseits wurde bei
der Prüfung der Sturmwarnungen auf die Erklärung in der In-
struktion für die Signalstellen, dass eine Warnung als gelungen zu
betrachten sei, wenn innerhalb eines Raumes von 100 Seemeilen
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Praktische Meteorologie. Ergebnisse. 383
(185 km) Halbmesser vom gewarnten Orte Sturm eintrete, nicht ge*
achtet. Der erstere Umstand kann naturgemäss nicht in Betracht
gezogen werden, dagegen kann der letztere gewissermassen berück-
sichtigt werden. Ich habe diese Rechnung für das Jahr 1888 durch-
geführt und fand für die Nordsee 74, für die westliche Ostsee 82,
für die östliche Ostsee 78 und für die ganze Küste 79°/o Treffer,
ein Resultat, welches mit den Ergebnissen der Wetterprognosen ganz
gut übereinstimmt. Indessen bleibt hier zu erwähnen, dass verspätete
Warnungen für irgend eine Signalstelle, welche 7 °/o aller Fälle aus-
machen, einfach als misslungen betrachtet wurden ohne Rücksicht
auf die Umgebung. Ziehen wir für diese Fälle etwa 4°/o ab, so
können wir als Ergebnis 75°/o Treffer annehmen. Da nun aber die
Wahrscheinlichkeit des Eintritts stürmischer Winde etwa 10°/o ist,
so ergibt sich als Endresultat für die Güte der Sturmwarnungen
65 Trefferprozente, welche über dem Zufall liegen.
Immerhin sind die eben besprochenen Prüfungen der Sturm-
warnungen schwierig und unvollkommen. Jedenfalls der beste Aus-
druck für den Wert oder Unwert der Sturmwarnungen in Bezug auf
ihre Wirksamkeit und Brauchbarkeit ist das Gesamturteil der Küsten-
bevölkerung, welche dabei in hohem Grade interessiert ist. Schon
im Jahre 1882, bei Einrichtung des Nachtdienstes, wurde eine Reihe
von Gutachten von Lootsenkommandeuren, Hafenmeistern, Vorständen
von Signalstellen und überhaupt von solchen Personen, von denen
man ein durch Erfahrung begründetes, zuverlässiges Urteil erwarten
konnte, über die Wirksamkeit des Sturmwarnungswesens an unserer
Küste eingeholt. Fast alle sprachen sich über dieses System durchaus
günstig aus.
Im Jahre 1888 wurde dieses Verfahren wiederholt, und die
82 Gutachten, welche von den verschiedensten Teilen unserer Küste
einliefen, äussern sich fast ausnahmslos dahin, dass die bestehenden
Einrichtungen des Sturmwarnungswesens die Küstenbevölkerung be-
friedigen und geeignet sind, viele Schäden und vieles Unglück von
unserer Küste fernzuhalten, wie es auch durch verschiedene that-
sächliche Fälle nachgewiesen wurde.
Ein weiteres indirektes, aber nicht minder wichtiges Zeugnis
für die Brauchbarkeit unseres Warnungswesens ist die Thatsache,
dass in den verschiedenen Küstengebieten von den Provinzialregie-
rungen, sowie von Privaten Signalstellen auf eigene Kosten errichtet
und unterhalten werden, deren Anzahl in stetigem Wachsen be-
griffen ist.
Kann der Fortschritt in den Erfolgen des Sturmwarnungswesens
naturgemäss auch nur ein sehr allmählicher sein, so sind doch die
Ziele, welchen zugestrebt wird, sehr bedeutende und die bereits er-
zielten Erfolge nicht zu unterschätzen, und daher erscheint ein be-
harrliches Weiterarbeiten zunächst auf dem einmal betretenen Wege
durchaus geboten. —
Nicht minder schwierig ist die Prüfung der Wetterprognosen,
welche hauptsächlich im Interesse des Binnenlandes gegeben werden.
Zunächst galt es, eine genaue Begriffsbestimmung der in den Prognosen
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384
Praktische Meteorologie. Ergebnisse.
angewandten Ausdrücke, dann die Verteilung der einzelnen Elemente
in ziemlich gleich stark vertretenen Gruppen und endlich eine Prüfungs-
methode, welche jede Willkür möglichst ausschliesst, zu schaffen.
Eine Erklärung der in den Prognosen gebrauchten Ausdrücke wurde
bereits im Jahre 1878 gegeben 1 ). Um jede Willkür zu vermeiden,
wurde die Prüfung der Prognosen an die Terminbeobachtungen
8 h a. m. und 2 h p. m. angelehnt, so dass diese direkt mit der Prognose
des vorhergehenden Tages verglichen wurden 2 ). Diese Prüfung wurde
für Hamburg, Neufahrwasser und München als die Repräsentanten
des nordwestlichen, östlichen und südlichen Deutschlands in Bezug
auf Temperaturabweichung, Temperaturänderung, Bewölkung, Regen,
Windrichtung und Windstärke durchgeführt und ergab unter Berück-
sichtigung des zufälligen Eintreffens folgendes Resultat (die Zahlen
bedeuten Trefferprozente, welche über dem blossen Zufall liegen 8 ):
1. Temperatur, Bewölkung und Niederschlag
2. Windstärke
3. Windrichtung
Hamburg . . .
Neufahrwasser .
München . . .
1886
00
14
14
14
1887
°0
19
16
17
1888
°/o
16
14
16
Hamburg . . .
Neufahrwasser .
München . . .
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11
10
3
9
7
10
Hamburg . . .
Neufahrwasser .
München . . .
-
20
18
10
23
21
14
J ) Vergl. Annalen der Hydrogr. u. mar. Met. 1878. S. 220.
2 ) Vergl. van Bebber: Ausüb. Witterungskunde. IL S. 404.
8 ) Siehe Beihefte zu den Monatsberichten 1887 und 1888.
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XII. Namen- und Sachverzeichnis.
A.
Abercromby und Hildebrandsson, Ein-
teilung der Wolken 180.
— Wetter in Cyklonen 292.
Absorption der Wärme durch die At-
mosphäre 20.
Aequinoktien und Stürme 146.
Aitken, Tau-Reifbildung 170.
Aktinometer 17.
Ammoniakgehalt der Luft 8.
Anemometer 121.
Aneroid-Barometer 81.
Anticyklonen, siehe auch Maxima.
— Verteilung der meteorologischen
Elemente 292.
Aristoteles, Einteilung der Meteoro-
logie 1.
Assmann, Regenmesser 192.
Atmometer 104.
Atmosphäre, Bestandteile 6.
— örtliche Beimengungen und Ver-
unreinigungen 9.
— physikalische Eigenschaften 10.
— flöhe 11.
— Gleichgewicht 161.
Aubin, Kohlensäure in der Atmo-
sphäre 8.
August, Psychrometer 111.
Augustin, tägliche Periode des Luft-
druckes, Erklärung 92.
— jährliche Periode der Windrichtung
151.
B.
Barometer (siehe auch Luftdruck), ver-
schiedene Arten 78.
— registrierendes 82.
Van Bebber, Meteorologie.
— Eigenschaften eines richtigen Baro-
meters 82.
Barometerstand, Reduktionen auf 0°C,
Schwere und Meeresniveau 85.
Barometrische Maxima, siehe auch
Anticyklonen.
— Luftbewegung in denselben 158.
— Verhalten 276.
Barometrische Minima, siehe auch Cy-
klonen.
— Luftbewegung in denselben 158. 291 .
— Verhalten derselben 281.
Beaufort, Windstärke-Skala 125.
van Bebber, Regen Verhältnisse Deutsch-
lands 218.
— Cyklonen 288.
— Verteilung der meteorologischen
Elemente in Cyklonen und Anti-
cyklonen 298.
— geographische Verteilung, Tiefe und
Aenderung der Minima 302.
— Zugstrassen der Minima 310.
— Wettertypen 324.
Berghaus, Schneegrenze 202.
Berthold, Lufttemperatur und Schnee-
fall 205.
Bessersche Formel 27.
Bewölkung, Grösse 182.
— tägliche und jährliche Periode 184.
v. Bezold, Wetterleuchten 242.
— Blitzgefahr 246.
— doppeltes Maximum der Gewitter-
häufigkeit 260.
Blanford, tägliche Periode des Luft-
druckes, Erklärung 91.
— Einfluss der Gebirge auf Nieder-
schläge 200.
Blitz 241.
Blitzableiter 247.
Blitzschläge, Blitzgefahr 245.
25
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386
Namen- und Sachverzeichnis.
Brockengespenst 264.
Broun, obere Luftströmungen 155. 157.
Böe 355.
Bora 166.
Börnstein, Nipher'sch.er Trichter 195.
Boussingault , Wasserstoffgehalt der
Luft 9.
v. Buch, Windrosen 278.
Buchan, Isobarenkarten 93.
Buran 168.
Buys-Ballot's Gesetz 130.
für obere Luftströmungen nicht
anwendbar 157.
Stellung zu Dove 281.
c.
Campbel, Sunshire recorder 188.
Crova, über Wärmestrahlung 21.
Cyklonen, siehe auch barometrische
Minima.
Cyklonen 284.
— Gestalt und Ausdehnung 287.
— Umfang 289.
— Höhe 290.
— Luftbewegung 291.
— Verteilung der meteorologischen
Elemente 292.
— Witterungsvorgänge beim Vorüber-
gang 300.
D.
Dämmerungserscheinungen 266.
Dechevrens, Inklination des Windes 159.
Dellmann, Luftelektrizität 239.
Den zier, Schneegrenze in den Alpen 203.
Doberck, Taifune 353.
Donner 244.
Dove 1. 2.
— Temperaturabweichungen 89.
— mittlere Temperatur der Breiten-
kreise 61.
— Druck der trockenen Luft 108.
— Föhnwind 164.
— Windrosen 271.
— Theorien 281.
E.
Ebermayer, Kohlensäure in der Atmo-
sphäre 7.
— Wald und Verdunstung 107.
Ekholm, obere Luftströmungen 154. 156.
— vertikale Luftströmungen 160.
Ekholm und Hageström, Höhe der
Wolken 181.
Elektrische Erscheinungen 237.
Elmsfeuer, St. 242.
Erk, Maximalzone des Niederschlags 201.
Eser, Verdunstungsvermögen des Erd-
bodens 105
Espy, tägliche Periode der Windstärke
134.
— Föhnwind 164.
F.
Fallwinde 163.
Farbe, blaue, des Himmels 271.
Fechner'sche Formel 102.
Feiberg, unperiodißche Schwankungen
des Luftdruckes 98.
Ferrari, Einfluss der Apenninen auf
Niederschläge 201.
— Verhalten meteorologischer Ele-
mente beim Gewitter 249.
— Ausbreitung und Form der Gewit-
ter 251.
Ferrel, Verteilung des Luftdruckes über
die Erde 93.
— Winddruck und Windgeschwindig-
keit 122.
— Cyklonentheorie 284.
Feuchtigkeit der Luft, Bestimmung 108.
— absolute und relative 108.
— Sättigungsdefizit 111. 114. 117.
— tägliche Periode 112.
— jährliche Periode 114.
Fischer, Scirocco 167.
— Aequatorialgrenze des Schneefalls
205.
— Regenfall im Mittelmeergebiet 216.
Fitzroy, System der Wettertelegraphie
862.
Föhnwind 163.
Fournet, Tag- und Nachtwinde 141.
Frankland und Hart, Mikroben in der
Luft 10.
Franklin, Blitzableiter 247.
Freudenreich, Mikroben in der Luft 10.
Fritz, geographische Verteilung der
Gewitter 261.
G.
Gestirne, Einfluss auf das Wetter 5.
Gewitter, Entstehung und begleitende
Erscheinungen 240.
— Ausbreitung und Form 251.
— Fortpflanzung 256.
— tägliche und jährliche Periode 257.
— geographische Verteilung 261.
Glaisher, Ballonfahrten 52. 53. 54.
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Namen- und Sachverzeichnis.
387
Gletscher 205.
Glorienschein 264.
Graupeln 234.
Gutwasser und Freyberg, Blitzgefahr
246.
H.
Hagel 234.
Hagen'sche Formel für Windgeschwin-
digkeit und Winddruck 122.
Hagström, obere Luftströmungen 154.
156.
— vertikale Luftströmungen 160.
Hagström und Ekholm, Höhe der Wol-
ken 181.
Hann, Zusammensetzung der Atmo-
sphäre in verschiedenen Höhen 6.
— . Wärmestrahlung 19.
— Temperaturabweichungen 39.
— Grösse der Temperaturschwankun-
gen 44.
— Temperaturabnahme mit d. Höhe 53.
— anomale vertikale Temperaturver-
teilung 55.
— Verteilung des Luftdruckes über
Europa 96.
— Abweichungen des Luftdruckes von
den Normalwerten und Temperatur-
abweichungen 99.
— Veränderlichkeit der Luftdruck-
mittel 101.
— Erklärung der Land- und Seewinde
141.
— Erklärung der Tag- und Nacht-
winde 142.
— jährliche Periode der Windrich-
tung 147.
— Wärmeänderung in aufsteigenden
Luftströmungen 161.
— Föhnwinde 163.
— Niederschlagsmessung 191.
— Veränderlichkeit der Niederschläge
226. 229.
— Gewitterhöhe 241.
— barometrische Maxim a 276.
Harmattan 168.
Hellmann, Niederschlagsverteilung 206.
— Niederschlagsgebiete Norddeutsch-
lands 208.
— Veränderlichkeit der Niederschläge
226.
— Blitzgefahr 245.
— Wintergewitter 256.
Helmholz, Föhnwind 165.
— Nebelbildung 174.
Hildebrandsson, obere Luftströmungen
158.
— Verteilung der meteorologischen
Elemente um Cyklonen und Anti-
cyklonen 292.
Hildebrandsson und Abercromby, Ein-
teilung der Wolkenformen 180.
Hildebrandsson und Mohn, Wetter-
leuchten 242.
— Wintergewitter 259.
Hjelström, tägliche Periode der Wind-
stärke und Bewölkung 137.
Höfe um Sonne und Mond 263.
Hoffmeyer, Wintertypen 317.
Höhenmessung durch das Barometer,
Formel 86.
Hörn, räumliche gleichzeitige Verteilung
der Niederschläge 231.
Hottinger, registrierender Regenmesser
192.
Howard, Wolkenformen 177.
Humboldt, Alex. 1.
Hygrometer nach Koppe 109.
— Kondensations- nach Regnault 110.
Isonephen 184.
I.
J.
Johnson, Regenmenge und Abfluss-
menge der Erde 210.
Jolly, Zusammensetzung der Atmo-
sphäre 6.
Junghuhn, Maximalzone des Nieder-
schlages 201.
Kämtz, Gewitterhöhe 241.
Kammermann, feuchtes Thermometer
und Nachtfrost 173.
Kerner, Schneegrenze am Innthal 203.
Kiersnowski, jährliche Periode der
Windstärke 143.
Kiessling , Dämmerungserscheinungen
266.
Klima, Erklärung 4.
Koch, Polarlichtbeobachtungen 269.
Kohlensäure in der Atmosphäre 6.
Koppen, über Stundenkombinationen 34.
— unperiodische Schwankungen des
Luftdruckes 98.
— tägliche Periode der Windstärke
134.
— Taupunkt und nächtliches Minimum
178.
— Regenstunden an einem Regen-
tag 225.
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388
Namen- und Sachverzeichnis.
Koppen, Windrosen 274.
— Zugstrassen der Minima 310.
-Koppe, Hygrometer 110.
Krankenhagen, Verteilung der meteoro-
logischen Elemente in Cyklonen
und Anticyklonen 293.
Kremser, interdiurne Temperaturände-
rungen 40. 49.
— Veränderlichkeit der Niederschläge
226.
Krümmel, Meerestemperaturen 65.
L.
Lambert, Windrosen 273.
Lambert'sche Formel für mittlere Wind-
richtung 138.
Lang, Nachtfrost 172.
— Fortpflanzungsgeschwindigkeit der
Gewitter 257.
Langley, über Wärmestrahlung 20.
Leste 167.
Leveche 167.
Leverrier, System der Wettertelegraphie
361.
Levy, Ammoniakgehalt der Luft 8.
Ley, Cl., obere Luftströmungen 158.
— Gewitterwolken 179.
Liznar, tägliche Periode der Bewölkung
185.
Loomis, barometrische Maxima 280.
— barometrische Miuima 286. 289.
— Fortpflanzungsgeschwindigkeit der
Minima 307.
— Zugstrassen der Minima 308.
Lowitz, Petersburger Phänomen 264.
Luftdruck, siehe auch Barometer 78.
— tägliche Periode 88.
— jährliche Periode 92.
— geographische Verteilung, siehe auch
Tafel III und IV (Januar- und Juli-
Isobaren) 93.
— Verteilung über Europa 96.
— unperiodische Schwankungen 98.
— Abweichung von den Normalwerten
und Temperaturabweichungen 99.
— Veränderlichkeit 101.
— und Wind 125.
Luftelektrizität 237.
Luftfeuchtigkeit, siehe Feuchtigkeit der
Luft.
Luftspiegelung 265.
Luftströme, auf- und absteigende, Ver-
halten 51.
— Wärmeänderung bei auf- und ab-
steigenden 161.
Luftströmungen (siehe auch Wind), ver-
tikale 159.
M.
Mantel, räumliche gleichzeitige Ver-
teilung der Niederschläge 230.
Maury, Land- und Seewinde 140.
Maxima, barometrische, Verhalten der-
selben 276.
Meech, über Wärmestrahlung 20.
Meeresströmungen 64.
Melanderhjelm, Höhe der Atmosphären.
Mendeleef, Temperatur an der Grenze
der Atmosphäre 52.
Meteorologie, Bedeutung nach Aristo-
teles 1.
— Aufgabe derselben, synoptische
Methode 2.
— praktische 359.
Meteorologische Elemente, Erklärung 3.
Meyer, H„ Sättigungsdefizit 111. 117.
— Gewitterhäufigkeit 260.
Minima, barometrische, siehe auch
Cyklonen.
— Verhalten derselben 284.
— geographische Verteilung 302.
— Tiefe 303.
— Aenderungen der Tiefe 305.
— Fortpflanzung 306.
— Zugstrassen 308.
— über Nord- und Nordwesteuropa,
Bedeutung für unser Wetter 317.
— anomale Bahnen 340.
Miquel, Mikroben in der Luft 10.
Mistral 166.
Mittelwerte in der Meteorologie 1.
Mohn, Stundenkombinationen 36.
— Stormatlas 284. 287.
Mohn und Hildebrandsson, Wetterleuch-
ten 242.
Wintergewitter 259.
Mond und Gewitter 247.
Münz, Kohlensäure in der Atmosphäre 8.
Murray, Regenmenge und Abfluss der
Erde 209.
N.
Nachtfrost 173.
Nebel, Bildung 174.
— tägliche und jährliche Periode 175.
Nebelregenbogen 263.
Nebensonnen, Nebenmonde 264.
Neumayer, Nordwinde in Australien 167.
— Luftelektrizität 239.
Niederschläge, siehe auch Regen.
— - Ursachen derselben 169.
— Messung 190.
— Einfluss der Gebirge 196.
— Verteilung 206.
— zu allen Jahreszeiten 217.
— in Polargegenden 223:
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Namen- und Sachverzeichnis.
389
Niederschläge , Veränderlichkeit der
Menge 225.
— Veränderlichkeit der Häufigkeit 229.
— räumliche gleichzeitige Verteilung
229.
Nipher'scher Trichter 195.
Northers 168.
o.
Oberbeck, Blitzgefahr 246.
Obermayer, Elmsfeuer 243.
•Optische Erscheinungen 263.
Orkane, tropische 346.
Ozongehalt der Luft 9.
Peltier, Elektrometer 237.
Phillipps, Maximalzone des Nieder-
schlags 201.
Piche, Atmometer 105.
Polarbande 179.
Polarlicht 267.
Prestel, Stellung zu Dove 281.
Psychrometer nach August 111.
— registrierendes nach Richard 16. 111.
Quetelet, Richtung der Cirrus wölken 157.
R.
Ramsay und Young, Dampfspannung
bei Eis und Wasser 171.
Recknagel, Dicke des Blitzableiters 248.
Reclus, Regenmenge und Abflussmenge
der Erde 210.
Regen, siehe auch Niederschläge.
— tropische und subtropische 211.
Regenbogen 263.
Regenkarte der Erde 207.
Regenmenge und Abflussmenge der
Erde 209.
Regenmesser 190.
— Aufstellung, Nipher'scher Trichter
194.
Regenwahrscheinlichkeit 223.
Regnault,Konden8ationshygrometerll0.
Reimann, Gewitterhöhe 241.
Reynholds, Hagelbildung 234.
Richard's Registrierapparate 15.
Richard's registrierendes Thermometer
(Psychrometer) 16.
— registrierendes Aktinometer 17.
— „ Barometer 83.
— „ Seethermometer 64.
Ritter, Höhe der Atmosphäre 12.
Rykatschef, Ballonfahrten 52,
— tägliche Periode des Luftdruckes 90.
S.
Samum 167.
Sättigungsdefizit 111.
Sauerstoff in der Atmosphäre 6.
.Seethermometer, registrierendes, nach
Richard 64.
Seewarte, Material und System, Wet-
tertelegraphie 363.
— Bearbeitung und Verwertung des
Materials 366.
Schiaparelli, Höhe der Atmosphäre 12.
Schmidt, G.G., Höhe der Atmosphären.
Schneefall, Aequatorialgrenze 205.
Schneegrenze 202.
Scirocco 167.
Signalstellen der Seewarte 375.
Sonnenscheinautograph 188.
Spitaler, mittlere Temperatur der Brei-
tenkreise 61.
— mittlere Temperatur der ganzen
Erde 62.
Sprung, Buys-Ballot's Gesetz 127.
— tägliche Periode ,der Windstärke
und Bewölkung 137.
— tägliche Periode der Windrichtung
139.
Stelling, Verdunstung in Russland 107.
Stevenson, Zunahme der Windgeschwin-
digkeit mit der Höhe 158.
Stickstoff in der Atmosphäre 6.
Sturmwarnungen , Prüfung derselben
379.
Sturmwarnungssignale an der deutschen
Küste 374.
— in England 374.
— in den Vereinigten Staaten 374.
Sturmwarnungswesen 373.
Stürme 343.
— Fortpflanzung 345.
— Häufigkeit und Verteilung 345.
— tropische 347.
— westindische 348.
— der Bai von Bengalen 352.
— des Chinasees 353.
— auf dem Golfstrome und dem mexi-
kanischen Golf 354.
— am Kap der guten Hoffnung 355.
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390
Namen* und Sachverzeichnis.
T.
Tau 170.
Taupunkt 104.
Taifune 853.
Teisserenc de Bort, Bewölkungsgrösse
183. 185.
— Wintertypen 319.
Temperatur, Zunahme nach dem Erd-
mnern 17.
— der Luft 23.
— tägliche Periode 25.
— Bestimmung des wahren Tages-
mittels 31.
— Stundenkombinationen 31.
— jährliche Periode 36.
— nicht periodische Aenderungen 39.
— Veränderung von einem Tage zum
andern 40.
— Grösse der Schwankungen 44.
— säkulare Aenderung 49.
— Abnahme mit der Höhe 50.
— an der Grenze der Atmosphäre 52.
— anomale vertikale Verteilung 55.
— geographische Verteilung (siehe auch
Isothermenkarte für Januar und
Juli, Tafel I) 57. 70.
— mittlere der Breitenkreise 61.
— mittlere der ganzen Erde 62.
— des Meeres (siehe auch Meeres-
isothermen für Februar und August,
Tafel II) 63.
— des feuchten Thermometers zur Be-
stimmung des Nachtfrostes 173.
— Thermometer, Aufstellung 24.
— - Schleuder- 24.
— verschiedene Arten 13.
— Extremthermometer 14.
— registrierendes Thermometer 15.
— Aktinometer 16.
Töpfer, Regenverhältnißse Deutschlands
218.
Tornado 357.
Ulloaring 264.
u.
Y.
Verdunstung 103.
Verdunstungsmesser 104.
Vettin, obere Luftströmungen 154.
Vines, tropische Stürme 349.
w.
Wahlen, Veränderlichkeit der Tempe-
ratur in Russland 43.
Waldo, jährliche Periode der Wind-
stärke 143.
Wärmestrahlung 12. 16.
Wasserdampf in der Atmosphäre 9. 103.
Wasserhosen 356.
Wasserstoffgehalt der Luft 9.
Wetter in Cyklonen und Anticyklonen
292.
Wetterdepeschen, Schema 363.
— Bearbeitung des Materials 365.
— Verwertung des Materials 366.
Wetterkarten der Seewarte 367.
Wetterleuchten 242.
Wetterprognosen, Anleitung für Auf-
stellung derselben 375.
— Prüfling derselben 383.
Wettersäulen 356.
Wettertelegraphie 359.
— Systeme 361.
Wettertypen 817.
Wiener, über Wärmestrahlung 18.
Wild'sche Hütte 24.
Wild, Eintrittszeiten der Temperatur-
extreme 38.
— säkulare Aenderung der Tempe-
ratur 49.
— Temperaturabnahme mit der Höhe53.
— Meeresströmungen und Meeresiso-
thermen 65.
— Amplitude der Temperatur und
relative Feuchtigkeit 113.
— Sättigungsdefizit 114.
— jährliche Periode der Luftfeuchtig-
keit 114.
— Windstärkemesser 120. 123.
— Aufstellung der Regenmesser 193.
— Regen Verhältnisse Russlands 221.
— Veränderlichkeit der Niederschläge
226. 229.
Wind 119.
— Messinstrumente 120.
— und Luftdruck 125.
— Land- und Seewind 140.
— Tag- und Nachtwind 141.
— in oberen Luftschichten 152.
— Fallwinde 163.
— lokale 167.
Winddruck 122.
Windhosen 356.
Windrichtung, tägliche Periode 138.
— jährliche Periode 147.
Windrosen 270.
Windstärke, tägliche Periode 133.
— jährliche Periode 143.
Windstärkemesser nach Wild 120. 123.
Windstärkeskala nach Beaufort, Sprung,
Koppen und Chatterton 125.
Winkelmann, räumliche gleichzeitige
Verteilung der Niederschläge 229.
Wintertypen 317.
Witterungskunde, ausübende 3. 4.
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Namen- und Sachverzeichnis.
391
Woeikof, Meerestemperatur 22.
— tägliche Periode der Temperatur 28.
— Veränderlichkeit der Temperatur 44.
— Temperatur an der Grenze der At-
mosphäre 52.
— tägliche Periode des Luftdruckes 89.
— Amplitude der Temperatur und der
relativen Feuchtigkeit 113.
— Bewölkung in Russland 187.
— Gletscherenden 205.
— Regenmenge und Abflussmenge der
Erde 210.
Woeikof, barometrische Maxima 279.
Wolken, Bildung und Einteilung 177.
— Höhe 181.
— Bewölkungsgrösse 182.
— „ Periode 184.
Wüstenwinde 167.
z.
Zugstrassen der Minima 308.
— Charakteristik derselben 324.
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t
Berichtigungen.
Seite 9, Zeile 6 von oben ist „nicht 4 * zu streichen.
„ 9 „ 10 von oben ist zu lesen „arsenig*.
„ 41 im Kolumnentitel ist zu lesen „ Interdiurne* 1 .
„ 64 ist die Ueberschrift zu streichen.
„ 196 Ueberschrift soll lauten: Tägliche und jährliche Periode der Nieder-
schläge. Einfluss der Gebirge.
„ 234 Zeilen 9 und 23 von oben ist zu lesen „Reynholds a .
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160 ÜIIO-W
14Ö
Jsothermen d. Januar u. Juli
mm ^ mmm Januar- Jsothermen,
- Juli » »
Die unterstrichenen Ziffern bezeichnen
denTemperatifrWnierschiedtLJuku Januar.
van Behher t Meteorologie.
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Tafel I
lith.Anst.v.Ebtnihmen &Fckst£in, Stuttgart.
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0-»«»^W i«0
Obeiflächen-Jsothermen
für die Monate Februar u.Augusl .
——Februar, fette Zahlen Februar.
__AujSust,magere » August.
vanBebhev, Meteorologie.
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Tafel E
liÜi.Anst.v.Ebcnhiisen k Eckstein, Stuttgart.
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van Bebber, Meteorologie.
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Tafel I.
liÜi.Anst.v.Ebenhusai AEckstan, Stuttgart.
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. van Beiher, Meteorologie.
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Tafel W.
Jjith.Jnst.v.EbmJmsen & Eckstein, Stuttgart.
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Digitized by VjOOQ IC
WOLKENTAFEL.
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