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Full text of "Lehrbuch der Paläozoologie"

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NATURWISSENSCHAFT UND TECH 
IN LEHRE UND FORSCHUNG. 
BINR SANMLUNG VON LEHR- UND HANDBÜCHERN. 


Herausgegeben von 


Dr. F.DOFLEIN Dr. K. T. FISCHER 


a.o. Professor der Zoologie a. d. Universität München ‚2.0. olandr der Physik an der Kgl. Technischen 
und II. Konservator der Zoolog. Staatssammlung - 0 Hochschule in München 


Gr. 8. In Leinwand geb. 


Diese Büchersammlung soll in wissenschaftlich strenger, kritischer, 
aber objektiver und nicht nur dem Fachmann verständlicher Darstellung 
das enthalten, was die Naturwissenschaften Positives. ‚geleistet habe 
und gegenwärtig leisten. 


Gegenüber einer verflachenden Popularisierung der Naturwissen- 
schaften und einer Überschätzung der Resultate einzelner Zweige derselben { 
macht sich in ernsten Lehrer- und Laienkreisen das Bedürfnis nach einer 
gediegenen sachlichen Klarlegung ihrer Probleme und wirklichen Er- 
rungenschaften immer mehr geltend. Dieses Bedürfnis kann nur befriedigt 
werden, wenn die einzelnen Wissensgebiete von gründlichen Fachmännern 
dargestellt werden, die auf Grund ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit mit 
den Quellen unseres positiven Wissens vertraut sind. NR 


Redaktion und Verlag setzen sich das Ziel, in einer Serie von Deine 
und Handbüchern die großen Werte, welche im Stoffe und in derMethode 
der naturwissenschaftlichen Forschung, in den rein wissenschaftlichen 
Resultaten und in deren praktischen Anwendungen verborgen liegen, “ 
hervorzuheben und nutzbringend zu machen, damit es den Naturwissen- 
schaften leichter werde, in unserem heutigen Leben den sehr nötigen und. BAR 
heilsamen Einfluß zu gewinnen, den jeder ernste, ehrliche Forscher an 
sich erfahren hat und gerne als ein Gemeingut aller sehen möchte. Be 


ea 


Äußerlich wird die ganze Serie in zwei Hauptgruppen eingeteilt: inv® 
eine physikalisch-chemische und eine biologisch-erdgeschichtliche. DerUm- 
fang der einzelnen Bände soll durchschnittlich 10 bis 25 Bogen betragen. 


Naturw. u. Techn. 20:609. 


1 Be eniegögellgn ir Damit der As neueste > Stand 
issenschaft in dieser Handbuchserie Aufnahme finden kann, werden, 


ER 


‚SOW eit nicht Neuauflagen dies Rene a in Abständen von einem 


ER a Sollstandie über den wirklichen worschrlt der Wesen: 
‚unterrichtet. Auf unwichtige Einzelheiten soll nicht weiter als mit 


iteraturhinweis eingegangen werden, da solche genügend leicht. 


= 


iche mit der : gebührenden Ausführlichkeit behandelt werden. 


? 


nie BIOLOGIE UND ERDGESCHICHTE. 


Redigiert von F.Doflein. 


rn nlacır "Nicht die Beschreibung vieler Einzelformen soll 
ser Ziel sein, sondern der Nachweis der Gesetze, welche die Vielheit 
en beherrschen und in ihnen eine Einheit erkennen lassen. 


wollen wir aber versuchen, die Gefahren zu vermeiden, denen 


an so oft verfällt, wu sie oberflächlich und ungründ-. 


bekannten großen Handbüchern zu finden sind. Dafür kann alles 


folgen im ersten Bande der kurzen Definition und Vorgesehiehte der Wissenschaft ein ausführl 


Bisher erschienen in dieser Sammlung Un 
I. Band: Einleitung in die experimentelle M: rpho ie de 
Von Dr. K. Goebel, o. Professor der Botanik an der 
München. Mit 135. Abbildungen. [VI u. 260 sı en. 
In Leinwand geb. # 8.— LS, 


Das Buch gibt zum erstenmal eine ausführlichere Darstellung” der. bis kath vorlie 
Ergebnisse der oxperimentellen Pflanzenmorphologie und bringt zugleich eine Reihe neu 
suchungen des Verfassers in der Absicht, das Interesse für diesen Teil der Botanik auc 
Kreisen anzuregen. Hat doch die experimentelle Behandlung der Gestaltungsverhäl se 1 
lotzten Jahrzehnten in der Biologie einen gewaltigen Anfschwung genommen. Die Pflanzen 
für solche Untersuchungen ganz besonders geeignet, weil sie im SUESEIOFRER., viel PEREIDN her“ 
als die Tiere. 

„Das Tatsachenmaterial, das der Verfasser vorbringt, ist außerordentlich wertv 
lage einer zusammenfassenden Anschauung über das Werdefi der Organismen und über 
ziehungen zur Umgebung.“ . (Naturwissenschaftliche Woch 


H. Band: Lehrbuch der Paläozoologiee Von Prof. Dr. E. 
Privatdozent an der Universität München. 2 Teile: z "Te: 
lose Tiere. II. Teil: Wirbeltiere. > N 


Der Verfasser war bemüht, im engsten Anschlusse an die besser. bekannten hl 
sicherten Resultate der Zoologie vor allem die Organisation der Tiere klar zu legen und 
Lebensweise kurz zu erörtern, während die so wechselnde und vielfach strittige Systematik n 
Prinzipien und sonst im allgemeinen bloß bis zu den Ordnungen genauere Berücksich‘ 
Auch wurde Wert darauf gelegt, der allgemeinen Paläozoologie größeren Raum zu 


Darstellung der E Fraliuugsbedingungen. Yon Tierresten, eine Abhandlung über Skelettbildu g 


schaften. Im speziellen Teile werden FR die Stämme der Wirbellosen nach Bau, ! 
räumlicher und zeitlicher Verbreitung sowie in bezug auf die Stammesgeschichte bespr 
dem zweiten Bande, welcher schon in der Ausarbeitung sich befindet, werden die Wirbelti 
behandelt und zum Schlusse soll eine Ergänzung der einleitenden allgemeinen Paläozoologie } 
nämlich eine Darstellung der Rolle der gesamten Tierwelt in den früheren Zeiten, ih: 
entwicklung und der dabei geltenden Gesetze und damit eine Klarlegung der Bedeu 
zoologie für die Tiergeographie und die Abstammungslehre. 


Unter der Presse: 


ap in Rn aA 


In Vorbereitung befinden sich zunächst folgende Bände: 


Einleitung in die Erkenntnistheorie | däsie a. d. Technischen Hochs wule 
für Naturwissenschaftler. Von Dr. in Braunschweig. { 
H. Cornelius, a. o. Professor der Vergleichende Entwieklungsg 
Philosophie an ‘der Universität der Tiere. Von Dr. O. Maas, . 


München. Professor der Zoologie an der Uni- 
Zellen- und Befruchtungslehre. Von versität München. 
Dr. R. Hertwig, o. Professor der Allgemeine Wirtschaftsgoographie. Von. 
Zoologie an der Universität München. 2 K. SapbRr % I N ‚der | 
{0} 
Biologie. Von Dr. R. Hesse, a. o. Pro- en Pe AN 


fessor der Zoologie an der Uni- Brennstoffe deren Vorkommen, ErR 
versitäb Tübingen, und Dr. F. Dof- winnung a Anwendung. Von! Dr. 
lein, a. o. Professor der Zoologie Gustav Schultz, o. Professor der 
an der Universität München. chem. Technologie an der Tech- 


Geodäsie. Eine Anleitung zu geodü- | mschen Hochschule München. 
tischen Messungen für Anfänger mit | Elektrische Entladungen in Gasen. Von 
Grundzügen der direkten Zeit- und | Dr. M. Töpler, a. o. Professor der hr 
Ortsbestimmung. Von Dr.:$ng. H. Physik an der Technischen Hoch- i 
Hohenner, o. Professor der Geo- schule in Dresden. 


Die Redaktion steht außerdem noch mit einer größeren Anzahl von Gelehrten zwecks Ab- 
fassung weiterer Bände auf den einschlägigen Gebieten in Verhandlung. 


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NATURWISSENSCHAFT UND TECHNIK 
IN LEHRE UND FORSCHUNG 


EINE SAMMLUNG VON LEHR- UND HANDBÜCHERN 
HERAUSGEGEBEN VON 


Dr. F. DOFLEIN Dr. K. T. FISCHER 


A. 0. PROF. DER ZOOLOGIE A. D. UNIVERSITÄT MÜNCHEN A.0O. PROF. DER PHYSIK AN DER KÖNIGL. TECHNISCHEN 
UNDTI ONSERVATOR DER ZOOLOG. STAATSSAMMLUNG HOCHSCHULE IN MÜNCHEN 


LEHRBUCH DER PALÄOZOOLOGIE 


VON 


Pror. Dr. ERNST FREIHERR STROMER VON REICHENBACH 
PRIVATDOZENT IN MÜNCHEN 


IN ZWEI TEILEN 


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LEIPZIG UND BERLIN 
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER 
1909 


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ih IRBUCH DER 


PALÄOZOOLOGIE, 


er D«) ERNST FREIHERR STROMER v. REICHENBACH 


PRIVATDOZENT DER PALÄONTOLOGIE UND GEOLOGIE 
AN DER UNIVERSITÄT MÜNCHEN 


I. TEIL: WIRBELLOSE TIERE 


MIT 398 ABBILDUNGEN 


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LEIPZIG UND BERLIN 
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNER 
1909 


COPYRIGHT 1909 BY B. G. TEUBNER IN LEIPZIG. 


ALLE RECHTE, EINSCHLIESSLICH DES ÜBERSETZUNGSRECHTS, VORBEHALTEN. 


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Vorwort. V 


Vorwort. 


Das vorliegende Werk will eine möglichst exakte Einführung in 
die reine Paläozoologie bieten, wobei zwar einige zoologische, nicht 
aber geologische Kenntnisse vorausgesetzt werden. Ich habe deshalb 
versucht, unter engstem Anschlusse an die Zoologie vor allem den 
Bau der Tiere klar zu legen unter Berücksichtigung des Umstandes, 
daß in Lehrbüchern der Zoologie die für den Paläontologen wichtigen 
Verhältnisse zu wenig erörtert zu sein pflegen, und daß Tiergruppen, 
die nur in vergangenen Zeiten eine größere Rolle spielten, hier eine 
ausführlichere Behandlung verlangten. Der Lebensweise und nicht 
nur der zeitlichen, sondern auch der geographischen Verbreitung der 
Tiere habe ich möglichste Beachtung geschenkt und Wert darauf 
gelegt, in einer umfangreichen Einleitung die Erhaltungsarten und 
-bedingungen der Tierreste, den Zusammenhang der Paläozoologie mit 
anderen beschreibenden Naturwissenschaften und endlich das für den 
Paläozoologen in erster Linie wichtige Skelett im allgemeinen zu 
besprechen. 

Die oft so wechselnde und strittige Systematik dagegen habe 
ich nur in ihren Prinzipien berücksichtigt und, abgesehen von besonders 
gut erforschten Tiergruppen, nur bis zu den Ordnungen herunter 
verfolgt. Denn die Fülle der bekannten Formen ist so groß, daß eine 
ausreichende Darstellung Handbüchern und Einzeldarstellungen sowie 
Lehrbüchern über Leitfossilien überlassen bleiben muß, doch können 
die Hinweise auf die Literatur dem Mangel einigermaßen abhelfen. 
Dabei sind allerdings nur die wichtigsten neueren Abhandlungen 
angeführt, in welchen ja die älteren genannt sind, und es ist ver- 
sucht, durch möglichst genaue Angabe der Herkunft der Abbildungen 
eine Art Ergänzung der Literaturlisten zu liefern. 

Im Gegensatz zu dem sonst üblichen Verfahren bin ich in der 
Rtegel von den lebenden Formen zu den geologisch älteren vorgegangen, 
weil ich für riehtig hielt, vom gut Erforschten zum weniger Ge- 
sicherten zu führen, da die älteste bekannte Fauna doch keineswegs 
eine ursprüngliche ist, und die stammesgeschichtliche Betrachtung 
noch zu wenig gesicherte Resultate ergibt, um in einem Lehrbuche 
anders als im Anhang und mit größter Vorsicht geübt werden zu 


VI Vorwort. 


können. Ich habe deshalb nur am Ende der Besprechung jeder Tier- 
gruppe einiges über deren Stammesgeschichte erwähnt und bringe 
erst am Schlusse des zweiten Bandes eine Zusammenfassung der ent- 
wieklungstheoretischen Resultate der Paläozoologie. Überhaupt war 
ich bestrebt, Unsicheres als solches zu bezeichnen, und habe deshalb 
alle ausgestorbenen Tierformen und -gruppen durch ein vorgesetztes 
+ gekennzeichnet. Endlich habe ich mich bemüht, möglichst den 
allgemein anerkannten Anschauungen und dem gegenwärtigen Stand 
des Wissens Rechnung zu tragen, auch wenn ich sie als unzulänglich 
erkannte, und nur in Ausnahmefällen Neues zu bringen. Denn der 
Schreiber eines Lehrbuches kann nicht alles genau nachprüfen, sondern 
meistens nur Stichproben auf die Richtigkeit der Literaturangaben 
machen, und er hat nieht den Raum, seine Neuerungen genügend zu 
begründen, und vor allem ist ein Lehrbuch nicht der Ort, durch Fach- 
er noch nicht Geklärtes darzubieten. 

Obwohl ich von der Nützlichkeit eines auf solchen amt 
sätzen aufgebauten Lehrbuches reiner Paläozoologie überzeugt war, 
habe ich auf die Aufforderung meimes Freundes Prof. Dr. Fr. Doflein 
hin, ein nicht nur für Geologen bestimmtes Lehrbuch zu schreiben, 
mich nur schwer dazu entschlossen, und nur seinem wiederholten Zu- 
reden und seiner häufigen Unterstützung meiner Bemühungen sowie 
dem liberalen Entgegenkommen des Verlages ist es zuzuschreiben, 
daß ich den Mut nicht verlor, die Arbeit in fast vier Jahren durch- 
zuführen. Denn die Überfülle des großenteils mangelhaft erhaltenen 
und beschriebenen Stoffes, die Zersplitterung der Literatur und die 
Unzulänglichkeit des Referatwesens erschweren sie ungemein, und sie 
übersteigt fast die Kraft eines einzelnen, weil nur derjenige ein ganz 
sicheres Urteil über die einschlägige Literatur hat, der in den be- 
treffenden Tiergruppen selbständig arbeitet. 

Meine Aufgabe wurde mir aber dadurch erleichtert, daß nicht 
nur Herr Prof. Rothpletz und Herr Geheimrat R. Hertwig dahier mir 
die Benutzung der ihnen unterstellten Bibliotheken und Sammlungen 
in freundlicher Weise gestatteten, und daß ich bei den Beamten der 
hiesigen Staatsbibliothek, insbesondere bei meinen Freunden Dr. Hilsen- 
beck und Dr. Gratzl, ds größte Entgegenkommen fand, sondern dab 
auch zahlreiche F chepraosssn mich durch leihweise Üheakesmns von 
Literatur und auch Abnch manche spezielle Auskunft auf das Bemeit- 
willigste unterstützten. 

Ihnen allen spreche ich hier meinen Dank aus, besonders aber 
Herrn Dr. Edgar Dacequ6, der die große und schwer zu behandelnde 
Abteilung der Mollusca in der Grundlage bearbeitet und mir durch 


Vorwort. vu 


seine Spezialkenntnisse deren endgültige Darstellung sehr erleichtert 
hat. Ich bemerke aber ausdrücklich, daß ich schon um der Einheit- 
lichkeit des Werkes willen auch diese Abteilung so überarbeitet habe, 
daß ich auch für sie die volle Verantwortung übernehme Auch für 
die Herstellung des Registers schulde ich Herrn Dr. Dacque Dank, 
und endlich habe ich anerkennend die Genauigkeit und das Geschick 
Herrn Birkmaiers und Fräulem Emma Kißlings zu erwähnen, welche 
fast sämtliche Figuren des Buches nach Abbildungen oder Originalen 
zeichneten. 

Mein so vielfach unterstütztes Bemühen, gewissenhaft zu arbeiten, 
wird hoffentlich dazu führen, daß mein Buch sich als brauchbar er- 
weist. 


München, Juni 1909. 
Ernst Stromer. 


VII allein ensenn, 
Inhaltsübersicht. 
Vorwort. II —VI 
Einleitung. 
Seite Seite 
Inhalt der Wissenschaft . 1 Beziehungen der Paläozoologie 
Gründungsgeschichte 1—3 zu anderen Naturwissen- 
Wissensstand . ß 84 schaften 10—18 
Erhaltungsbedingungen der Das Skelett 19—28 
Fossilien 4—10 
Spezielle Paläozoologie: Wirbellose Tiere. 
I. Stamm: Protozoa. Diagnosen derSpongiagruppen 65—67 
1. Klasse: Rhizopoda . 31-47 | Tabelle der geologischen Ver- 
2. Ordnung: Foraminifera . 31—44 breitung der Spongia . 66 
3. Ordnung: Heliozoa . 44 Literatur zu Spongia . 67 
4. Ordnung: Radiolaria 44__47 | 2. Unterstamm: Cnidaria 67—108 
Anhang: Xenophyophora 47 1. Klasse: Hydrozoa. . . 68 —76 
2. Klasse: Flagellata, 1. Ord- | 1 Ordnung: Hydrocoral- 
nung: Autoflagellata 47—49 linae . 6869 
3, Rh: Be ; 49 2. Ordnung: Tabulariae at 
Diagnosen d.Protozoa- Gruppen 49—51 1. Anhang:  Stromato- 
Tabelle der geologischen Ver- poridea Le 
breitung der Protozoa ; 50 3. Ordnung: Campanu- 
Literatur zu Protozoa . 51—52 lariae . . 1273 
2. Anhang: A Grapbolehi 73—76 
II. Stamm: Coelenterata. 9. Klasse: Sehozos 76—77 
1. Unterstamm: Porifera, 3. Klasse: Anthozoa . ..  78—94 
1. Klasse: Spongia . ..  53—67 1. Unterklasse: Aleyonaria 78—84 
1. Unterklasse: Caleispongia 56—58 1. Ordnung: Alcyonoi- 
2. Ordnung: Heterocoela. 57—58 dea . INGE EN 
2. Unterklasse: Silicispongia 58—63 2. Ordnung: Heliopo- 
1. Legion: Triaxonia, racea . 2 .20.2.0.2.0.0,8081 
1. Ordnung: Hexacti- Anhang: 7 Tabulata 81—84 
nellida ..  58—60 2. Unterklasse:Zoantharia 84—94 
2. Legion: Demospongia ... 61—63 4. Ordnung: Hexactinia- 
il; Öndone: Tetraxonia 61—63 naria, 1. Unterord- 
2. Ordnung: Monaxonia 63 nung: Madreporaria 84—91 
3. Ordnung: Ceraospon- 2. Unterordnung: 
gia 63 r Rugosa 91—94 
Das geologische Vodkomman | Anhang zu Coelenterata: 
ac die Entwicklung der 12 a + Archaeoeyatida : 94—95 
Schwämme 63—65 2. + Receptaculida 95 


Berichtigungen. 


Seite VIII Zeile 23 von unten: statt Tabulariae lies Tubuluriae, 


20 
26 
26 


145 
165 
183 


189 
240) 
317 


322 


Fig. 15: statt Medienseptums lies Medianseptums, 
Zeile 10: statt Richthofeniden lies Richthofeniidae, 

„. 12: statt COalcolidae lies Calceolidae, 

„ 10 von unten: statt Palaeospongylus lies Pulaeospondylus;' 
Mitte: statt Textularida lies Textulıride!' 
Zeile 5 von unten ist einzuschalten: oder „auch“ horizontal, 
Absatz 2 Zeile 2 u. 6: statt Hydrocorallina lies. Hydrocorallinae, 
oben: statt Stromatoporoidea lies Stromatoporidea, 
Fig. 144: statt (upressinidae lies Oupressoerinidae, 

„175: statt Mittelfranken lies Niederbayern! ı 
Cryptozonia ist einzuschalten: „selten mit‘ deutlich, 
Terebratulace« Zeile 4 ist einzuschalten hinter Devon: ‚mit wenigen 
Arten bis in das Untersilur“, 
Terebratulacea drittletzte Zeile: statt Devon lies Untersilur! 
Fig. 304: die Figur ist umgekehrt zu stellen, 
Zeile 12: statt gleichgroße lies „als gleichgroße“! 
sind .die Figuren 394 und 395 umgekehrt zu stellen. 


Stromer, Paläozoologie. 


Inhaltsübersicht. 


Die 
und die Entwicklung 
Cnidaria . 

Diagnosen d. Onidariagruppen 

Tabelle der geologischen Ver- 
breitung der Cnidaria 

Literatur zu Cnidaria und zu 
den Anhängen . 


geologische Verbreitung 
der 


III. Stamm: Vermes... 


IV, Stamm: Echinodermata. | 
. 113-139 | Die geologische Verbreitung 


1. Klasse: Pelmatozoa 
1. Unterklasse: COrinoidea 
1. Ordnung: Larviformia 
2. Ordnung: 7 Fistulata 
3. Ordnung: Articulata 
Ordnung: 7 Camerata . 
. Unterklasse: + Cystoidea 
1. Ordnung: 7 Blastoidea 


0) 
= 


2. Ordnung: 7 Hydropho- 
rida. a: 

3. Ordnung: + Carpoidea 

4. Ordnung: 7 Thecoidea 

Die geologische Verbreitung 


und die ee der 
Pelmatozoa Re 
2. Klasse: Asterozoa : 
1. Unterklasse: Asteroidea. 
1. Ordnung: Phanerozonia 
2. Drdnune- Oryptozonia. 
3 Orkan :rEncrinasteria 
. Unterklasse: Ophiuroidea 
1. Ordnung: Streptophiu- 
rae 
2. Ordnung:  Cladophiurae 
3. Ordnung: Zygophiurae 
4. Ördnung: Lysophiurae 
Die geologische Verbreitung 
und die Entwicklung der 
Asterozoa EEE 
3. Klasse: Echinoidea ; 
1. Ordnung: Regularia 
2. Ordnung: Irregularia . 
3. Ordnung: + Palaeoregu- 
laria a 
4. Ordnung: jPalirregularia 
Die geologische Verbreitung 
und die es der 
Seeigel RER 


[0 


|4. Klasse: Holothurioidea 
Diagnosen der Echinodermen- 
gruppen... 
Tabelle der zealbeise hen Ver- 
breitung der E Enodermenn 
103—104 | Literatur zu Echinodermata . 


95—101 | 
101—105 | 


IX 


Seite 
1653 — 164 
. 164—168 
166—167 
168 —170 


105108 | V, Stamm: Molluseoidea., 
1. Klasse: Bryozoa, Rare 
| 3 
klasse: ih . Ord- 
nung: Be i 


. 171—176 


. 114-123 | und die Entwicklung der 
118—129 | _ Gymnolaemata . 3 179 16 
- 119-120 2. Klasse: Brachiopoda no l92 
120-122 | 1. Ordnung: Ecardines . . 182—184 
122123 2. One: Testicardines . 184—189 
124—134 Die geologische Verbreitung 
124128 und die Entwicklung der 
Brachiopoden 189—192 
128—132 | Diagnosen der Mollaseoaas 
aloe gruppen: . 3 192 
133-134 | Literatur zu Moeorden R 192—193 
Tabelle der geologischen Ver- 
breitung der Molluscoidea 194 
1927139 
139146 VI. Stamm: Mollusca. 
140—143 1. Klasse: Amphineura . 196—197 
141 2. Klasse: Scaphopoda . 197—198 
141—142 3.Klasse: Lamellibranchiata . 198 — 214 
142—143 1. Ordnung: Homomyaria . 204—209 
143—145 2. Ordnung: Anisomyaria . 209—211 
Die geologische Verbreitung 
144 und die Entwicklung der 
144 Muscheln i . 211— 214 
144—145 4.Klasse: Gastropoda . . 214—232 
145 1. Unterklasse:: Streptoneura 219— 224 
1. Ordnung: Aspidobran- 
chia. 0. 219 —221 
145—146 | 2. Ordnung: Ütenobran- 
. 146—163 chiagers . 221— 224 
. 150—153 3. Ordnung: Heteropoda 224 
. 153—157 | 2. Unterklasse: Euthyneura 225—229 
“ 1. Ordnung: Opisthobran- 
. 156—159 chia. BE ... 225— 226 
159) | Anhang: + Tentaculites, 
+Hyolithes und +Co- 
| nularia ) . 226 —227 
. 160—163 2. Ordnung: Pulmonata . 227 — 229 


Inhaltsübersicht. 


Die geologische Verbreitung 
und die Entwicklung der 
Schnecken . . . 

5. Klasse: Cephalopoda 


1. Unterklasse: Tetrabran- 
chiata . AN RN 
1. Ordnung: Nautiloidea 


2. Ordnung: 7 Ammonoi- 
dea . 
2. Unterklasse: Dibranchiata 
1. Ordnung: Endocochlia 
2. Ordnung. Octopoda 
Die geologische Verbreitung 
und die Entwicklung der 
Cephalopoda . Auhe 
Diagnosen d. Nollinsengemnen 
Tabelle der geologischen Ver- 
breitung der Mollusca 
Literatur zu den Mollusca 


Seite 
. 229 — 232 
. 232 — 261 
. 235 — 248 
233— 238 
239-— 248 
249 — 253 
249— 253 

253 
253— 261 
261—-264 
262 — 263 
264— 270 


VII. Stamm: Arthropoda. 


1. Klasse: Crustacea 
1. Unterklasse: 
straca e 
. Ordnung: Branchiopoda 
. Ordnung: Ostracoda 
. Ordnung: Cirripedia 
One + Trilobita . 
nterklasse:Malacostraca 
. Legion: Leptostraca 
. Legion: Arthrostraca . 
1. Ordnung: Amphi- 
poda : 
2. Ordnung: Isopoda 
3. Ileeitons Syncarida 
4. esrom: Thoracostraca 
2. Ordnung: Schizopoda 
3. Ordnung: Decapoda 
5. Legion: Stomatopoda . 
Die geologische Verbreitung 


Entomo- 


10) 


und die Entwicklung der 
Krebse BEN: 

Diagnosen der Crustacea- 
gruppen . 


Tabelle der Eeoloeircher lee 
breitung der Orustacea : 


. 273—305 
274— 285 
274— 275 

206 271 

. 278—279 
279 —285 
285—295 

. 285—286 
286— 288 

on 

. 287-—288 | 
288289 
239-294 | 

290 
291— 294 


294—295 | 


295-—300 
300-- 302 
501 


; Seite 
Literatur zu den Crustacea 302-305 
2. Klasse: Merostomata . 305—308 

1. Ordnung: Xiphosura 306—307 
2. Ordnung: TGigantostraca 307—308 
Die geologische Verbreitung 
und die Entwicklung der 
Merostomata . : 308 
3. Klasse: Arachnoidea . 309—314 
1. Ordnung: Scorpionida 309 
2. Ordnung: Pedipalpi 310 
3. Ordnung: Araneida . 310 
4. Ordnung: Opilionida . . 310—311 
Die geologische Verbreitung 
der fossilen Arachnoidea 311 
Tabelle der geologischen Ver- 
breitung der Merostomata, 
Arachnoidea und Myriapoda 312— 313 
ı Diagnosen der Merostomata- 
und Arachnoideagruppen 314 
Literatur dazu . ; 314 
4. Klasse: Protracheata 315 
5. Klasse: Myriapoda . . 315— 316 
6. Klasse: Insecta 316—329 
1. Unterklasse: Apter eD- 
geneaer. 27. 313 
2. Unterklasse: nenne 
nea . ae ae 
1. Legion: Orthoptera . . 319—320 
2. Legion: Archiptera . . 320-321 
3. Legion: Rhynchota . 321 
4. Legion: + Palaeodicty- 
Opter a Ale 
5. Legion: Coleoptera . 322 
6. Legion: Neuroptera . 322—323 
7. Legion: Lepidoptera 323 
8. Legion: Hymenoptera . 323 
9. Legion: Diptera . 323—324 
10. Legion: Aphaniptera . 324 
Die geologische Verbreitung 
' und die Entwicklung der 
Insekten . BA 
ı Diagnosen der größeren In- 
\  sektengruppen 3 327 
Literatur zu den Insekten . | 
Tabelle der geologischen Ver- 
breitung der Insekten . . . 323—329 


Inhalt und Gründungsgeschichte. it 


Einleitung. 


Inhalt der Wissenschaft. 


Die Paläozoologie (Aoyos tov Eoov maAcıov Lehre von den alten 
Tieren) hat sich mit den Resten oder Spuren (Fossilien) der Tiere zu 
befassen, die vor Beginn der jetzigen geologischen Periode gelebt 
haben, gleichgültig, ob ihre unveränderten Nachkommen noch leben 
oder ob sie ausgestorben sind, ob sie „versteinert“ sind oder nicht. 
Indem sie die Gestalt, systematische Stellung, räumliche Verbreitung, 
Entwicklung und Lebensweise dieser Tiere behandelt, gehört sie zu 
den beschreibenden Naturwissenschaften und steht speziell mit der 
Zoologie im engsten Zusammenhang. Aber sie nimmt insofern eine 
ganz besondere Stellung ein, als sie im Bunde mit der Erdgeschichte, 
(Geologie) und ebenso wie die Paläophytologie (die Lehre von den 
ehemaligen Pflanzen) zugleich einen historischen Charakter trägt, indem 
sie die Geschichte der Organismenwelt, ihre zeitliche Verbreitung und 
Stammesgeschichte (Phylogenie) zu erforschen hat. 


Gründungsgeschichte. 


Im Gegensatz zu den meisten Naturwissenschaften reicht die Ge- 
schichte unseres Wissenszweiges gar nicht weit zurück. Allerdings 
haben so vorzügliche Beobachter wie die alten Griechen schon einige 
richtige Mitteilungen über Fossilien gemacht, unter anderen der Vater 
der Geschichte, Herodot, und der ausgezeichnete Geograph Strabo. Sie 
erkannten nämlich das Vorkommen von Resten mariner Konchylien 

im Gestein und erklärten es für ein Anzeichen, daß einst das Meer 
_ die betreffenden Gegenden überflutete. Auch soll Kaiser Augustus 
seine Villa in Capri mit großen fossilen Knochen, die man für Ge- 
beine von Riesen hielt, ausgeschmückt haben; sonst sind aber leider 
die unzähligen Fossilien, welche bei den gewaltigen Bauten der Alten 
zutage gefördert wurden, unbeachtet verloren gegangen, und selbst ın 
den umfassenden Werken des Aristoteles und Plinius findet man fast 
nichts Brauchbares über sie bemerkt. 

Daß bei dem Verfall der Naturwissenschaften, der mit dem Siege 
des Christentums und durch die Völkerwanderung stattfand, an ein 


Stromer, Paläozoologie. 1 


2) Einleitung. 


Aufblühen einer Versteinerungskunde nicht zu denken war, ist selbst- 
verständlich. Die von der Kirche beherrschte Zeit förderte vielmehr 
nur die Idee einer Virtus formativa oder Vis plastica der Erde (Avi- 
cenna um 1000, Albertus Magnus um 1200 n. Chr.) zutage, wonach die 
Versteinerungen nur Naturspiele sein sollten: Eine unglückselige 
Theorie, mit der noch bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts gekämpft 
werden mußte, obwohl schon zur Zeit der Renaissance der geniale 
Lionardo da Vinci und der Arzt, Philosoph und Dichter Fracastaro 
die Fossilien wie die genannten Griechen richtig deuteten, wobei 
letzterer ausdrücklich den Gedanken, sie könnten von der Sintflut 
stammen, zurückwies. 

Trotzdem klammerten sich die von der Bibellehre beeinflußten 
Gelehrten mit größter Zähigkeit an die letztere Anschauung, als end- 
lich die scholastische gefallen war, und erst gegen Ende des 15. Jahr- 
hunderts gelang es wenigstens in wissenschaftlichen Kreisen, auch 
dieses Hemmnis jeden erheblichen Fortschrittes endgültig zu beseitigen. 
Doch wurde immerhin schon damals den Versteinerungen die gröbte 
Aufmerksamkeit geschenkt, wie deren zahlreiche Beschreibungen und 
z. T. vorzügliche Abbildungen, z. B. von Knorr und Walch (Nürnberg 
1755— 1775) beweisen, wenn sie auch oft so schwer verkannt wurden 
wie der jetzt in Harlem befindliche Riesensalamander (Andrias 
Scheuchzeri Cuvier), den der verdienstvolle Scheuchzer um 1700 als 
Homo diluvii testis beschrieb. 

Der französische Zoologe Buffon hat das Verdienst, in seinen 
Epoques de la nature 1778 das Wissen der damaligen Zeit zusammen- 
gestellt zu haben und dabei für die richtige Beurteilung der Ver- 
steinerungen und der Sintflutsage eingetreten zu sein, und der eng- 
lische Ingenieur William Smith, um 1799 die Bedeutung der Fossilien 
für die stratigraphische Geologie als erster richtig erkannt und ver- 
wertet zu haben. 

Eine eigentliche Wissenschaft der Versteinerungskunde schufen 
aber erst im ersten Viertel des vorigen Jahrhunderts verschiedene 
Forscher, so die Deutschen Blumenbach (1803 und 1816) und Sehlot- 
heim on in Deutschland, Miller (1821) und der Engländer Par- 
kinson (1822) ın England nal die Franzosen Lenmanalke (1801 und 
1815—1822) und hat heran Georg Cuvier aus Mömpelgard-Mont- 
beliard (1812) in Frankreich in Monographien teils über fossile 
Faunen teils über größere Tiergruppen. 

Ähnliche Nero und eine Fülle kleiner Veröffentlichungen folgte 
diesen von Seiten von Paläontologen, Zoologen und Georg vor 
allem im deutschen Sprachgebiete, sowie in England und Frankreich 


Gründungsgeschichte. Wissensstand. 3 


und in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auch in den Vereinigten 
Staaten von Nordamerika, in Schweden, Rußland und Italien. Durch 
den in derselben Zeit erfolgten Sieg der Entwicklunestheorie und die 
Erschließung ferner Länder nahm die Wissenschaft einen besonderen 
Aufschwung. 

Welch gewaltigen Umfang das verarbeitete Material schon ein- 
nimmt, und welche Bedeutung es für die beschreibenden Naturwissen- 
schaften haben muß, kann man am besten aus dem vierbändigen Werke 
Zittels, dem Handbuch der Paläontologie (Paläozoologie), München 
und Leipzig 1576—1893, ersehen, welches das ganze paläozoologische 
Wissen des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts in übersichtlicher, 
auf modernen zoologischen Anschauungen beruhender Weise zusam- 
menfaßt!). 


Gegenwärtiger Stand des Wissens. 


Die Paläozoologie ist aber nach dem Ausgeführten eine recht 
junge Wissenschaft, und es sind bei ihrer geringen praktischen Be- 
deutung und den umfangreichen Vorkenntnissen, die sie erfordert, nur 
wenige Kräfte vorhanden, die sich ihr ausschließlich widmen. In der 
Regel ist ihr Studium mit dem der Geologie verknüpft und Geologen 
sind es, die bei ihren Untersuchungen das meiste Material liefern. 
Jedoch auch die Geologie ist eine kaum ältere Wissenschaft, und so 
kommt es, daß fast nur die Oberfläche von Nord-, Mittel- und West- 
europa und der Vereinigten Staaten von Nordamerika seit längerer 
Zeit genau und planmäßig durchforscht wird. Weite Gebiete Asiens, 
Afrikas, Mittel- und Südamerikas, Australiens und der Südpolarländer 
sind noch so gut wie unerschlossen, die Tiefen der Erdkruste nur 
ganz lokal und gelegentlich in Bergwerken, Tunnels und Bohrungen 
erforscht und der Untergrund des Meeresbodens noch gar nicht. 

Wie abhängig der Stand unseres Wissens von äußeren Umständen 
ist, zeigt am besten der berühmte Fossilfundort Solnhofen in Mittel- 
franken. In allen besseren Sammlungen der Welt sind Reste von 
dort vorhanden, das Gestein selbst aber ist im ganzen ziemlich 
fossilarm und nur dem Umstande, daß es als zur Lithographie nötig 
in großen Brüchen gewonnen wird, und daß die Arbeiter alle Fossilien 
ihres Geldwertes wegen sorgfältig sammeln, hat man die bedeutende 
Ausbeute zu danken. Auch ist hier zu erwähnen, daß kleine Reste 
nicht nur leichter zerstört, sondern auch schwerer gefunden und 


1) Auf dieses grundlegende Werk muß betreffs genauerer Orientierung 
über die verschiedenen Tiergruppen verwiesen werden; deshalb sind hier im 
Anhange stets nur die wichtigsten seitdem erschienenen Arbeiten genannt. 

1* 


4 Einleitung. | 


meistens nur von sorgfältig suchenden Fachleuten beachtet werden. 
Deshalb scheinen in so vielen Tiergruppen große Formen früher eine 
viel bedeutendere Rolle gespielt zu haben, als es in der Tat der Fall war. 

Selbst in den am besten bekannten Gebieten und in den am 
eingehendsten durchsuchten Schichtreihen werden immer wieder neue 
fossile Formen gefunden, ein untrüglicher Beweis, daß wir erst am 
Anfange unseres Wissens stehen, daß wir nur in bezug auf die Tiere, 
deren Reste im allgemeinen häufig erhalten sind, uns ein sicheres 
Urteil betreffs des Vorkommens oder Fehlens, d. h. über ihre räumliche 
und zeitliche (geologische) Verbreitung, zutrauen dürfen, und daß nur 
positive Befunde ganz sichere Schlüsse gestatten. 

Mit diesem Stande der Wissenschaft ist es auch zu erklären, daß 
sie wie einst die jugendliche Zoologie in der Hauptsache die Syste- 
matik berücksichtigt, und daß die vergleichende Anatomie, Biologie 
und Tiergeographie bei ihr noch sehr im Rückstand sind. 


Erhaltungsbedingungen der Fossilien. 


Damit uns Reste von Tieren erhalten bleiben, dürfen sie nach 
ihrem Tode nicht lange frei liegen, sonst werden sie durch andere 
Organismen oder durch chemische und mechanische Einflüsse zerstört, 
d. h. sie werden gefressen, verwesen, werden abgerollt, verwittern 
(z.B.ihr Kalk wird in kohlensäurehaltigem Wasser aufgelöst), sondern 
sie müssen bald in ein schützendes Medium eingebettet werden. 

Das findet statt, wenn Objekte in Wasser geraten, das Mineral- 
lösungen enthält und sie z. B. infolge von Abkühlung bei "Thermen 
oder von Kohlensäureverlust als Deckschicht niederschlägt. So ent- 
stehen „Inkrustationen“ meist von kohlensaurem Kalk z. B. im Karls- 
bader Sprudel. Es sind das aber nur lokale Vorgänge von sehr ge- 
ringer Bedeutung. Eine größere Rolle spielt, wenn Tiere an Harz 
kleben bleiben und in dieses vorzüglich schützende Medium einge- 
schlossen werden und mit ihm in Erdschichten gelangen (Kopal, 
Bernstein, Fig. 1), oder daß sie in Torfmoore geraten und dort durch 
Pflanzenwachstum begraben werden. 

Noch häufiger aber kommt es vor, daß Tiere in Sümpfen oder 
in Erdspalten versinken oder bei vulkanischen Ausbrüchen von Asche 
verschüttet werden, und gar nicht selten ist, daß ihre Reste in Sedi- 
mentärgesteinen vom Wind (Löß und Dünensand) oder besonders vom 
Wasser (Ton und Kalkschlamm, Sand und Kies) begraben werden. 

Je nach der Art der Einbettung und nach der Natur des um- 
schließenden Mediums ist natürlich die Möglichkeit der Erhaltung 
von Tierresten sehr verschieden. Je besser die Luft und zirkulierendes 


Denen ungen. 5 


Wasser abgehalten sind, desto günstiger sind die Bedingungen; des- 
halb schützen Eis und Lehmschichten, auch Kalksteine und Moore 
besser als Sande, Sandsteine und lockere Tuffe. Wo lokal besonders 
gute Erhaltungsbedingungen gegeben sind, wie in den außerordent- 
lich feinkörnigen Patenalken von Solnhofen in Mittelfranken (ober- 
ster Jura), Öningen bei Konstanz (Mioeän), Mte. Bolea bei Verona 
(Eoeän) und Hakel sowie Sahel Alma im Libanon (oberste Kreide), er- 
hält man deshalb einen ungewöhnlich guten Einblick in die einstige 
Fauna. 

Die Ablagerungen auf denı Festlande und im Süßwasser sind 
srößtenteils viel unbedeutender und räumlich beschränkter als die im 


Ar Zu 2 


EEE 


Fig. 1. 
Chironomus $ Meyeri Heer (1849) (Diptera, Orthorhapha nematocera, Chironomidae). 


N und Weibchen in Bernstein (Eocän), Ostpreußen. A nat. Gr., B vergrößert. 


Meere, speziell in dessen Küstenregionen und werden wie die der 
Brandungszone nachträglich leicht immer wieder zerstört; deshalb sind 
feinkörnige Sedimentärschichten aus mäßiger Meerestiefe weitaus die 
wichtigsten für die Erhaltung von Tierresten. 

Also sind die Aussichten auf fossile Erhaltung für die Tiere je 
nach ihrem Wohnorte sehr verschieden. Solche, die im Meere leben, 
werden am leichtesten in günstige Bedingungen geraten, Bewohner 
des Süßwassers und von Tiefebenen, wo immerhin die Ablagerung 
überwiegt, schon weniger oft, und Baumbewohner, fliegende Tiere so- 
wie Bewohner von Gebirgen, wo ja mehr Abtragung als Ablagerung 
stattfindet, werden nur ausnahmsweise fossil überliefert werden. 

Vor allem ist es aber der Bau der Tiere selbst, welcher .von 
vornherein eine sehr verschiedene Erhaltungsfähigkeit bedingt. Die 
fast nur aus organischer Substanz bestehenden Teile (Epithel- und 


6 Einleitung. 


Binde-Muskel- und Nervengewebe, auch Knorpel und Hornsubstanz, 
also Weichteile und manche Hartteile) werden leicht und rasch durch 
andere Organismen, vor allem durch Verwesung zerstört. Nur die 
chitinösen, öfters verkalkten Hartteile mancher Wirbelloser, ihre 
Skelette aus Kieselsäure oder kohlensaurem Kalk und die vor allem 
aus phosphorsaurem Kalk bestehenden Knochen und verkalkten 
Knorpel der Wirbeltiere, insbesondere deren feste Zähne leisten der 
Zerstörung großen Widerstand, sie allein sind es in der Regel, die 
erhalten werden oder doch deutliche Spuren in den Gesteinsschichten 
hinterlassen. 

Die unzähligen Tiere, welche keine dieser fossil erhaltungsfähigen 
Hartteile besitzen, also die meisten Protozoen, Quallen, Würmer, die 
Tunikaten und eine sehr große Zahl von Polypen und Moostierchen 
und fast alle Parasiten kommen daher für die Paläozoologie fast nicht 
in Betracht, und bei den anderen hat sie allermeist sich nur mit 
solchen Hartteilen zu beschäftigen. Da nun unter den marinen 
Wirbellosen die pelagischen meistens nackt sind oder nur sehr zarte 
Hartteile ausscheiden und die Stillwasserbewohner auch ziemlich dünne 
Schalen haben, bieten Bodenbewohner bewegten Wassers die günstigsten 
Bedingungen; es macht sich sonach auch hier der Wohnort der Tiere 
geltend. 

Demnach ist es nur eine Ausnahme, daß ganze Leichen in wenig 
verändertem Zustande wenigstens viele Jahrtausende erhalten werden, 
wie die des Mammuth (langhaariger Elephant) im Eisboden Sibiriens, 
doch kommt es manchmal vor, daß auch ein Teil der Weichteile, insbe- 
sondere der Muskeln, in versteinertem Zustande überliefert wird, wenn 
bei Anwesenheit von reichlicher Menge phosphorsauren Kalkes im 
Darm fleischfressender Tiere der Kalk im faulenden Eiweiß ausgefällt 
und so die feinste Struktur der noch weniger verwesten Teile erhalten 
werden kann (Fig. 2). Auch der Darminhalt oder die Kotballen können 
in ähnlicher Weise versteinern (Koprolithen). 

Chitinöse Substanzen Wirbelloser, sehr selten auch die orga- 
nische Grundlage verkalkter Knochen und Knorpel von Fischen können 
bei sehr geringem Luftzutritt verkohlen durch Verlust von Sauerstoff, 
Wasserstoff und Stickstoff und durch entsprechendes relatives An- 
reichern des Kohlenstoffes. In der Regel gehen aber die organischen 
Substanzen rasch zugrunde, die Gerüste verlieren so ihren Gehalt an 
Fett, Eiweis und leimgebenden Substanzen, werden dadurch zunächst 
poröser und farblos (Fig. 3) und verlieren bei zusammengesetzten 
Skeletten nur zu oft ihre Verbindung, so daß man z. B. nur sehr selten 
vollständige Skelette von Seelilien oder Wirbeltier-Individuen findet. 


(Ganoidei, Orossopterygüi). 
Oberster Jura, Solnhofen, Franken (aus Reis 1595). 
Längsschliff durch einen verkalkten Muskel '®/,. 


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Fig. 8. Limulus 7 Walchi 


Desm. (Merostomata, O. Xi- 
phosura). 
Oberster Jura (Tithon), Solnhofen 
in Mittelfranken (Orig. in Mün- 
chen). Panzer von oben !/,. Ge- 
wölbtes Kopfschild in der Mitte 
eingedrückt. Die Spuren, welche 
die Füße und der Schwanzstachel 
des Tieres vor. dessen Verenden 
in dem weichen Schlamm hinter- 
ließen, sind auf der Gesteinsplatte 
deutlich erhalten. 


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Fig. 3. + Dicosmos maculatus Klipst. 


(0. Aspidobranchia, Neritopsidae). 
Mittlere Trias, St. Cassian in Südtirol (nach zwei 
Orig. in München) ?/;. 

Schnecke mit niederer Windung, weiter Mündung 
mit schwielig verdickter Innenlippe. Farbenflecken 
der Schale ausnahmsweise gut erhalten. 


Fig. 5. 


g r Choristoceras (j Ammonoidea). 
Alpine Trias (aus Mojsisovics 1893). 


4A Steinkern durch Verdrückung oval, B unverdrückter Steinkern. 


b a 
Cerithium  rubiginosum Bichw. (Prosobranchia, 
O. Otenobranchia, Cerithiidae). 
Jungtertiär (oberstes Miocän), Österreich (aus Neumayr 1895). 
chale, B Gestein mit Steinkernen « und Abdrücken b der Schale, 


Fig. 7. 7 Grammysia marginata Goldf. (Lamelli- 
branchiata, O0. Desmodonta). 
Unterdevon (Obere Koblenzschichten) am Rhein (aus Beush. 1895). 


4A Steinkern der rechten Klappe mit den zwei Muskeleindrücken 
und der Mantellinie, 3 Skulptursteinkern der linken Klappe mit 
den äußeren Anwachslinien !/,. 


8 Einleitung. 


Falls nun die Reste auf die beschriebene Art gut eingebettet 
werden, dringen Schlamm und Sand ın die ursprünglichen oder durch 
Verwesung entstandenen größeren Hohlräume und aus dem im Gestein 
zirkulierenden Wasser Minerallösungen, meist kohlensaurer Kalk, oft 
Kieselsäure, seltener Schwefeleisen, Eisenoxydhydrat usw. in die feineren 
und füllen sie aus. Dadurch werden die Skeletteile massiv, fest und 
schwer, sie „versteinern“. 

Es bleibt dabei nicht nur die äußere Form, sondern auch die 
feinere Struktur der Hartteile erhalten, so daß man in Dünnschliffen, 
besonders wenn gefärbte Minerallösungen eindringen, 

häufig bessere Bilder als bei künstlichen Injektions- 
präparaten rezenter Hartteile erhält (Fig. 4). 

In der Regel wird aber auch die Substanz 
der Hartteile selbst mehr oder weniger verändert, 
indem sie bald nur kristallinisch wird, wie z. B. 

die amorphe Kieselsäure von HRadiolarıen- 
skeletten, oder indem ein Austausch von 
Mineralstoffen (Pseudomorphose) erfolgt, 
z. B. eine Verkieselung von Kalkschalen, 
eine Verkalkung der Kieselnadeln von 
Schwämmen, eine Verkiesung (Schwefel- 
Fig.4. 7 Mastodonsaurus giganteus kies) Non Kalkskeletten und Kugchenuwz 
Jäger (+ Stegocephala, + Laby- Dabei bleibt zwar die äußere Form er- 
rinthodontidae). halten, die feinere Struktur wird aber in 
Mittlere Trias (oberer Muschelkalk), Crails- der Regel zerstört; doch ist sie 2. B. an 
heim in Württemberg (nach E. Fraas 1889). . SER 
Ausschnitt eines Horizontalschliffes durch Sanz kristallinisch gewordenen Skelett- 
den unteren Teil eines Kegelzahnes, 2,. teilen von Echinodermen nicht selten noch 
Das Dentin ist durch radiäre, labyrinthisch nachzuweisen. 


gewundene Einstülpungen, welche die im 


oberen Teil des Zahnes einfache Pulpa- Häufig wird beı solchen Umwand- 


höhle in radiäre Fächer und sekundäre . ö 
Holen srilen ae eaen Jungen auch, die Gestalt der Hartteile 


(Labyrinthstruktur, Plieidentin). d Dentin, verändert, und dazu kommen oft noch rein 
Zu a on 0 mechanische Einflüsse, wodurch sie platt- 
gedrückt, verbogen, verzerrt oder zusammengepreßt oder in ihren Teilen 
verschoben werden (Fig. 5). Solche Substanzumsetzungen und Ver- 
unstaltungen erschweren natürlich sehr die Erkenntnis des ursprüng- 
lichen Baues der Reste und machen sie oft völlig unkenntlich, ja 
zerstören sie ganz, so besonders bei starkem Gebirgsdruck und Fältelung, 
bei Dolomitisierung von Kalkstein, z. B. von Korallenriffen und bei 
Kontaktmetamorphosen. 

Gar nicht selten kommt es nun auch vor, speziell in Sandsteinen 
und Dolomiten, aber auch in Kalksteinen, daß allmählich die ganzen 


a ne Me 


Erhaltungsbedingungen. 9 


Hartteile aufgelöst werden!). Es bleiben dann oft nur die zu Stein 
erhärteten Ausfüllungen ihrer Hohlräume, die „Steinkerne“, deren Ober- 
fläche natürlich den Abdruck der Innenwand dieser Räume wiedergibt. 
Ist nun die zerstörte Wand z. B. die Kalkschale eines Weichtieres 
oder der Chitinpanzer eines Krebses nur dünn und ihre Innenfläche 
der äußeren parallel gewesen, so geben die Steinkerne, die oft in 
ganzen Schichtreihen fast die einzigen Reste von Organismen dar- 
stellen, ziemlich gut auch deren äußere Form wieder, bei diekschaligen 
Tieren müssen aber beachtenswerte Unterschiede der Form der Stein- 
kerne von derjenigen der Schale selbst sich ergeben (Fig. 6). Wird 
die Schale nach der Einbettung rasch von innen her aufgelöst und 
dann der gesamte Hohlraum vom Gestein erfüllt, so gibt die Ober- 
fläche des Steinkernes die Form der Schalenaußenfläche wieder als 
„Skulptursteinkern“, wie sie sich in manchen Schichten finden (Fig. 7). 

Recht oft bleiben überhaupt die Hartteile nur so lange erhalten, 
daß in dem erhärtenden Medium nichts als ein „Abdruck“ ihrer Ober- 
flächenform bewahrt wird. Ein besonders günstiger Fall dieser Art 
ist die Konservierung in fossilem Harz, in welchem die äußere Form 
auch der zartesten Teile von Insekten usw. auf das genaueste wieder- 
gegeben ist, während die Reste der Tiere selbst ganz eingetrocknet 
oder zerstört sind (Fig. 1, S. 5). Durch künstliche Ausgüsse (mit 
Wachs, Guttapercha, Leim, Schwefel, Gips) erhält man aber häufig 
auch bei gewöhnlichen Abdrücken eine gute Vorstellung der ursprüng- 
lichen Gestalt der fossilen Reste. 

Derselbe Vorgang findet übrigens auch in der Natur öfters statt, 
indem auf weichem Schlamme oder Sand die so vergänglichen Quallen 
oder die Füße von Krebsen und Wirbeltieren oder kriechende Würmer 
Eindrücke hinterlassen und über die eventuell durch Austrocknen er- 
härtete Form rasch durch Wind oder Wasser eine schützende Deck- 
schicht ausgebreitet wird, deren Unterfläche dann das Hochrelief der 
betreffenden Spuren wiedergibt. 

Manche Sandsteinschichten enthalten solche Tierfährten in großer 
Zahl, die Aufschluß über die Form an sich nicht erhaltungsfähiger 
Teile und über die Bewegungsart der Tiere geben können. Nur 
äußerst selten findet man aber Reste der betreffenden Tiere zusammen 
mit ihnen (Fig. 8, S. 7) und ebenso verhält es sich bei den öfters 


1) Die Kalkschalen und -Skelette Wirbelloser verhalten sich dagegen auffällig 
verschieden. Korallenkelehe und die meisten Molluskenschalen werden z. B. sehr 
leicht aufgelöst, die Schalen von Austern, Kammmuscheln, Brachiopoden und 
Echinodermen viel schwerer, was hauptsächlich mit der verschiedenen Struktur 
und nur z. T. damit zusammenhängt, daß Aragonit sich leichter löst als Kalkspat. 


10 Einleitung. 


erhaltenen Bohrlöchern wirbelloser Tiere, so daß man auf das Vor- 
handensein vieler Tiere aus derartigen dürftigen Spuren schließen 
muß, die man ebenso wie die Steinkerne und die wirklichen Reste 
als Fossilien (fossilis = ausgegraben) bezeichnet. 

Aus all dem Ausgeführten geht hervor, daß die Überlieferung 
von Tierresten eine sehr unvollkommene und lückenhafte sein muß. 
Wir können also durch sie nur ein recht unvollständiges Bild der 
früheren Lebewelt erhalten, und es ist die Zahl der in Resten oder 
Spuren bekannten Tiere im Vergleich zu denjenigen, die wirklich ge- 
lebt haben, sicherlich eine sehr geringe, und es kann das Verhältnis der 
uns bekannten fossilen Angehörigen einer Tiergruppe zu einer andern 
je nach deren Erhaltungsfähigkeit und der Natur des umschließenden 
(Gesteines ein äußerst wechselndes sein. 

Die Paläozoologie hat also mit den größten Schwierigkeiten zu 
kämpfen, da sie trotz der Unvollkommenheit der Überlieferung 
nicht nur den Gesamtbau der Tiere klarlegen, sondern auf Grund 
dieser Kenntnisse auch Schlüsse weitgehender Art ziehen soll. Aber 
gerade das bildet einen großen Reiz, durch ausdauernde geduldige 
Arbeit, scharfsinnige Prüfung und geschickte Kombination dieser 
Schwierigkeiten möglichst Herr zu werden. 


Beziehungen der Paläozoologie zu anderen Naturwissenschaften. 


Wie schon der Name unserer Wissenschaft ausdrückt und wie 
aus ihren eingangs erwähnten Aufgaben hervorgeht, muß sie in erster 
Linie als ein Teil der Zoologie im weitesten Sinne aufgefaßt werden. 
Wie der Zoologe hat ja der Paläozoologe sich mit der Morphologie 
und Anatomie der Tiere zu beschäftigen und daraus sowie allerdings 
auch aus der Art der Erhaltung und des Vorkommens der Reste 
Schlüsse auf die Ontogenie, Physiologie und Biologie, auf Tiergeo- 
graphie, Systematik und Phylogenie zu ziehen. 

Dazu muß er natürlich über genügende Kenntnisse in all den 
betreffenden Zweigen der Zoologie verfügen und stets die so viel 
besser bekannten oder doch leichter und exakter zu erforschenden 
Verhältnisse der jetzigen Lebewelt in Vergleich ziehen, kurz stets die 
Einheit der Tierwelt und damit der Wissenschaften, die sich mit 
ihr beschäftigen, im Auge behalten. 

Nachgewiesenermaßen werden aber in älteren Perioden die Tier- 
formen immer fremdartiger und treten auch in ganz anderer Ver- 
gesellschaftung auf; die topographischen und klimatischen Verhältnisse 
waren ganz verschiedene, und es ist nicht unmöglich, daß noch 
weitere wesentliche Bedingungen erheblich anders waren als in der 


Beziehungen zur Zoologie. al 


Gegenwart. Deshalb verlieren Analogieschlüsse immer mehr an 
Sicherheit und Geltung, je weiter man sich von ihr entfernt. 

Umgekehrt hat aber auch die Paläozoologie die größte Bedeutung 
für die meisten Zweige der Zoologie. 

Da sie sich vor allem auf das Eingehendste mit der Gestalt und 
dem Bau der fossil erhaltungsfähigen Hartteile beschäftigt, so wird 
deren Studium in erster Linie von Paläontologen gefördert. Speziell 
die Wissenschaft der vergleichenden Anatomie ist ohne Berücksich- 
tigung des ergänzenden fossilen Materials gar nicht denkbar; ist ja 
doch ihr Begründer G. Cuvier zugleich der bedeutendste Mitschöpfer 
der Paläozoologie und hat sich 
infolgedessen die vergleichende 
Anatomie zunächst als solche 
der Skeletteile ausgebildet. 

Daß ferner das Studium 
der fossilen Reste wichtige Ge- 
sichtspunkte für die Beurteilung 
systematisch brauchbarer Merk- 
male schafft, ist selbstverständ- 


lich. Noch viel größer ist aber Fig. 9. 
die Bedeutung unserer Wissen- 4 Patella  Rathieri Loriol (Prosobranchia, 
schaft für die zoologische Syste- O0. Aspidobranchia, U. ©. Docoglossa). 


Oberer Jura, Tonnere, Yonne (aus de Loriol 1893). 


matik dadurch, daß nur mit ; 

Beksichtiouno? der fossilen B Siphonaria " crassicostata Deshayes 
sung : 1 (Pulmonata, U. 0. Basommatophora) vergr. 

ausgestorbenen Tierformen ein Alttertiär (Mitteleocän), Paris (aus Deshayes 1866). 


System der Tierwelt geschaffen en von oben kaum unterscheidbar, innerer 
ANNE Muskeleindruck und Weichtier verschieden. 

werden kann, das einigermaßen 

den tatsächlichen Verwandschaftsverhältnissen entspricht. Mißlich ist 
dabei jedoch, daß der Paläontologe notwendigerweise einen einseitigen 
Standpunkt einnimmt, indem er seine Einteilung auf Merkmale der 
normalerweise allein erhaltungsfähigen Hartteile gründen muß, obwohl 
sie nur zu oft schlechten Aufschluß über den Bau und die syste- 
matische Stellung der betreffenden Tiere geben können, wie z. B. viele 
Sehneckenschalen (Fig. 9). 

Für die Ontogenie und Biologie kann die Paläozoologie wenig- 
stens in einigen Fällen ergänzendes Material beibringen, für erstere, 
wenn die Jugendstadien ausgestorbener Tiere fossil erhaltungsfähige 
Teile besitzen, z. B. die Rückenpanzer der  Trilobiten (Fig. 10) oder wenn 
an den Hartteilen sich die Wachstumsstadien verfolgen lassen, wie an 
den Kelchen der Korallen, den Schalenwindungen von Schnecken und 
Uephalopoden, im zweiten Falle, wenn z. B. Speisereste im Körperinnern 


» Einleitung. 


oder Kotballen sich erhalten haben, Kriechspuren sich finden oder 
Symbiosen und Parasitenspuren sich nachweisen lassen (Fig. 11). 
Die größte Bedeutung hat aber die Paläozoologie für die ge- 
nannten Wissenschaften infolge des Sieges der Entwicklungs- oder 
Deszendenztheorie ge- 
wonnen. 
Bacn: Auf deren Begrün- 
iA, (ung kann hier nicht 
S 3 eingegangen werden, her- 
vorzuheben ist aber, daß 
von den ersten Vertretern 
unserer Wissenschaft Cu- 


Fig. 10. 7 Sao hirsuta Barr. (1852) (Entomostraca, yier der schärfste Gegner 
+ Trilobita, ‘+ Olenidae). 


Mittelkambrium, Skrey, Böhmen. dieser Theorie uva 2% La- 
Einige Stadien der Ontogenie des Rückenpanzers von oben, marck aber einer ihrer 


ee nn eoloences 

daß zwar gerade jener 
ihr Aufkommen für Jahrzehnte hinderte, daß jedoch der bedeutende 
Paläontologe und Zoologe Bronn die erste deutsche Übersetzung von 
Ch. Darwins grundlegendem Werke 
(On the origin of species by means 
of natural selection 1859) anfertigte. 


Fig. 11. 5 Plewrodietyum (+ Tabulata F., + Favositidae). 


4 Pl. stylophorum Eaton. Mitteldevon (Hamilton-Stufe), New York (aus F. Römer 1876). Stock 
seitlich !/,. B Pl. problematicum Goldf. Unterdevon, Eifel (Orig. in München). 
Steinkern des Stockes von unten ?/,. Zeigt die Ausfüllungen der Zellen mit den Eindrücken 
ihrer Wandstacheln, sowie die der Wandporen, die sich z. T. um den eingeschlossenen wurm- 
förmigen Steinkern herumbiegen und so beweisen, daß der ?Wurm in dem lebenden Stock 
schon vorhanden war, also in Parasitismus oder Symbiose lebte. 


Die große Mehrzahl der Paläontologen gehört seit den siebziger 
Jahren zu den eifrigsten Vorkämpfern der Theorie und hat schon 
wichtiges Material zur Klärung dieser umfassenden Frage beigebracht. 
Allerdings kann der Paläozoologe keine direkten unzweifelhaften Be- 
weise für die Richtigkeit der Entwicklungstheorie liefern, sondern 
höchstens Wahrscheinlichkeitsbeweise. Denn er ist nicht in der 


Entwicklungstheorie. 13 


Lage, den Vorgang der Entwicklung direkt zu beobachten oder Ex- 
perimente (Zuchtversuche usw.) anzustellen, auch kann er die dabei 
maßgebenden Gesetze nur schwer ergründen. Er hat es ja nur mit 
mehr oder minder unvollständigen Resten und Spuren von Tier- 
leichen zu tun und kennt die früheren Lebensbedingungen nur höchst 
unvollkommen, er muß vielmehr auf sie und die Lebenstätigkeit der 
Tiere nur aus der Form der Fossilien und der Art ihres Vorkommens 
Schlüsse ziehen. 

Trotzdem ist es der Paläozoologie gelungen, im Verein mit der 
Geologie gegnerischen Anschauungen, speziell der Katakiysmentheorie 
Cuviers, die eine periodische plötzliche Vernichtung und Neuschöpfung 
der Lebewelt im Laufe der Erdgeschichte forderte, jede Basis zu ent- 
ziehen, dann aber auch eine Reihe von Wahrscheinlichkeitsbeweisen 
für die Richtigkeit des Grundgedankens, daß eine allmähliche Ent- 
wicklung der Tierwelt stattfand, beizubringen und endlich wichtiges 
Material für die Frage nach den dabei maßgebenden Gesetzen zu liefern. 

Die größte Bedeutung hat aber die Paläozoologie für die 
Stammesgeschiehte (Phylogenie), denn sie allein ist imstande, direkte 
Beweise für die einstige Existenz der Ahnen der jetzigen Tiere bei- 
zubringen und uns über deren Bau und Lebensweise, räumliche und 
zeitliche Verbreitung aufzuklären. 

Besonders von Wert ist dies gegenüber den Resultaten der 
Embryologie; denn nach dem vor allem von BE. Häckel betonten 
„biogenetischen Gesetze“ sollen die Organismen in ihrer Ontogenie 
in kurzer und vereinfachter Weise die Stammesgeschichte wiederholen. 
Diese Hinweise auf die Phylogenie sind aber nur zu oft so allge- 
meiner Natur oder so infolge der Besonderheiten des Embryonal- 
oder Larvenlebens getrübt und zeitlich verschoben, daß sie ohne ihre 
Bestätigung durch paläontologische Befunde, wobei die Vorfahren in 
ihrer wahren zeitlichen Folge und ihrer ausgebildeten Gestalt nach- 
gewiesen werden können, nur von ziemlich fraglichem Werte sind. 

Im folgenden wird noch genug auf spezielle Probleme dieser Art 
einzugehen sein, und am Schlusse des zweiten Bandes sollen die Haupt- 
ergebnisse zusammengefaßt werden. Hier sei nur betont, daß bei der 
Jugend unserer Wissenschaft und der Unvollständigkeit der Über- 
lieferung selbstverständlich nur ‚Anfänge eines einigermaßen klaren 
Überblicks über stammesgeschichtliche Fragen vorliegen können. Ge- 
wiß ist jedenfalls, daß durch die Entwicklungstheorie die genetische 
Betrachtung der Lebewelt maßgebend geworden ist, und daß erst da- 
durch die eingangs hervorgehobene Bedeutung der Paläozoologie als 
historische Wissenschaft zur vollen Geltung kommen konnte. 


14 Einleitung. 


Besonders wichtig ist in dieser Beziehung die enge Verbindung 
der Paläozoologie mit der Geologie, wobei auch ihre Bedeutung für 
die Tiergeographie und physikalische Geographie hervortritt. 

Die meisten Fossilien werden ja von Geologen gefunden und be- 
schrieben, wie oben erwähnt; doch darf dabei nicht verschwiegen 
werden, dab infolgedessen nur zu viele Bearbeitungen von Fossilien 
von mehr oder minder ungenügenden zoologischen Kenntnissen der 
Autoren zeugen oder doch nur im einseitig stratigraphischen Interesse 
ausgeführt sind. 

Aber nur im Bunde mit der Geologie kann die so außerordent- 
lich wichtige Zeitenfolge, in welcher die verschiedenen Tierformen 
auftreten und verschwinden, festgestellt werden, und nur unter Berück- 
sichtigung sowohl des Charakters der Ablagerungen als der darin 
enthaltenen Fossilien können Schlüsse auf die Lebensweise der Tiere 
gezogen werden, ob diese z. B. im Süßwasser oder im Meere, am 
Strande oder in der Tiefsee lebten. Andererseits darf man nur nach 
Untersuchungen in der genannten beiderseitigen Richtung Fragen 
nach der früheren Verbreitung von Land und Meer und den einstigen 
klimatischen Bedingungen und deren Veränderungen in Angriff zu 
nehmen wagen. 

Nach der jetzigen genetischen Auffassung der Probleme ist die 
heutige Verbreitung der Tiere bloß zu verstehen, wenn man nicht nur 
über deren Stammesgeschichte, sondern auch über ihr Entstehungs- 
zentrum, ihre Ausbreitung und Wanderungen Bescheid weiß, wozu 
eine Kenntnis der einstigen topographischen und klimatischen Ver- 
hältnisse und ihres Wechsels unerläßlich ist. Kurz, um wissenschaft- 
liche Tiergeographie zu treiben, muß man außer zoologischen und 
geographischen auch eingehende paläozoologische und geologische 
Kenntnisse besitzen. 

Endlich ist die Paläozoologie auch unbedingt für die Geologie 
nötig. Faßt man diese als Erdgeschichte im weitesten Sinne auf, so 
gehört ja die Geschichte der Tierwelt ebenfalls zu ihr. Die Tiere haben 
aber auch für die Gesteinskunde, die Petrographie, Bedeutung, weil 
ihre Reste oft so angehäuft sind, daß sie gesteinsbildend auftreten, 
z.B. in den Korallenriffkalken, den Foraminiferen- und Coceolithen- 
Gesteinen (Fig. 12), während bohrende und grabende Tiere zerstörend 
und umlagernd wirken. 

Aus dem Charakter und der Erhaltungsart der Fossilien lassen 
sich weiterhin wichtige Schlüsse auf die Art der Ablagerung und 
Umbildung der sie enthaltenden Schichten ziehen. Ersteres ist natür- 
lich mit für die Entscheidung der Frage wichtig, ob das betreffende 


Beziehungen zur Geologie. 115) 


Gestein eine Land-, Süßwasser-, oder Meeresablagerung ist, ob es ım 
Seichtwasser oder in der Tiefsee, in Küstennähe oder -Ferne entstand, 
d.h. welcher „Fazies“ es angehört. Darunter versteht man den Ge- 
samtcharakter eines Gesteins und der darin enthaltenen Fossilien, so- 
weit er durch die bei der Entstehung maßgebenden örtlichen Ver- 
hältnisse bedingt ist.') 

Schon W. Smith und Brogniart erkannten 
endlich um Beginn des vorigen Jahrhunderts, 
daß in gleichaltrigen Schichten gleicher Fazies 
gleiche oder doch sehr ähnliche Fossilarten vor- 
kommen, und daß der Charakter der Fossilien 
sich je nach dem geologischen Alter der Ab- 
lagerungen gesetzmäßig ändert. Da nun infolge 
des häufigen Wechsels der Grenzen von Land Wen 
und Meer und nachträglicher Zerstörung mir- „un, Deir el Nakl, ee 
gends längere lückenlose Reihen von Ablage- (aus Laukaster 1905). Mit Num- 
rungen sich folgen, muß die „stratigraphische re 
Geologie“ die Lücken durch Vergleich der und Yummutitest @uettardiq’Arch., 
Schichtfolgen aller möglichen Orte auszufüllen en m 
suchen. Dabei, ebenso wie bei verwickelter 
Lagerung der Schichten infolge von Gebirgsbildung, kann sie nur mit 
Feststellung des petrographischen Charakters und der Lage der (Gesteine 
wenig erreichen; sie muß sich vor allem auf die Fossilien stützen. 

Sie sind also zur Bestimmung der Fazies und der Altersverhältnisse 
brauchbar und spielen so als „Leitfossilien“ eine Ausschlag gebende 
Rolle (Fig. 13). Für ersteren Zweck sind vor allem vom Untergrund 
abhängige Tiere, also bewegliche oder festsitzende Bodenbewohner 


1) Eine marine Küstenfazies ist z. B. durch das Auftreten oft ziemlich 
grobkörniger Sedimente und den Gehalt der für die Küstenzone charakteristi- 
schen Tiere (diekschalige Muscheln, Schnecken und Seeigel, festsitzende und 
bohrende Muscheln, gewisse Krustazeen wie die Balaniden, Riffkorallen usw.) 
gekennzeichnet. Man kann bei ihr aber noch eine tonige, sandige oder Korallen- 
rifffazies unterscheiden, denn auf Ton oder Sandboden oder einem Korallenriff 
lebt eine verschiedene charakteristische Tiergesellschaft. Für tieferes unbewegtes 
Wasser, „Stillwasser“, sind feine gleichartigere Sedimente und andere Tiere mit 
dünnen Schalen charakteristisch, die küstenferne (pelagische) Fazies ist aber 
keineswegs vor allem durch Reste planktonischer Tiere gekennzeichnet, denn 
sie können bei dem Niedersinken auf den Grund in alle möglichen Ablagerungen 
gelangen. Es ist ja stets daran zu denken, daß die Reste von planktonischen 
Tieren infolge der Meeresströmungen an Orten sich anhäufen konnten, an denen 
nicht das Wohngebiet der Tiere war, ebenso wie in marine Ablagerungen Reste 
von Süßwasser- und Landbewohnern eingeschwemmt werden können, ohne daß 
eine Brackwasserfazies vorliegt. 


16 Einleitung. 


(vagiles und sessiles Benthos) brauchbar, für Altersvergleiche aber 
solche, die möglichst von lokalen Verhältnissen, also auch von der 
Fazies unabhängig, weit verbreitet und geologisch kurzlebig sind. Da 
die Lösung derartiger Fragen oft für die Auffindung nutzbarer Minera- 
lien oder Wassererschließung nötig ist, haben die Leitfossilien auch 
erhebliche praktische Bedeutung. Ihre allzu starke Berücksichtigung 
hat aber auch manche Nachteile für die Paläontologie. Denn der 
Geologe hat ein Interesse, alle Reste, welche für die zu untersuchen- 
den Schichten charakteristisch sind, zu beschreiben und zu benennen; 
es sind dies aber nicht selten vom paläozoologischen Standpunkte aus 
ganz undefinierbare Gebilde oder doch nicht näher bestimmbare Fossi- 
lien, und durch ihr Hereinziehen in das zoologisch geordnete System wird 
ein Ballast mitgeschleppt, der große Schwierig- 
keiten und ständige Unsicherheit schafft. 

Es ist deshalb für den Paläozoologen 
nötig, solche Fossilien als „incertae sedis“ ab- 
zusondern und bei den im System berück- 
sichtigten stets zu bemerken, ob sie gut und 
möglichst vollständig erhalten sind oder nicht. 
Wirbeltier-Genera oder Arten z. B., die nur 
auf isolierte Zähne oder Skeletteile begründet 
sind oder solche fossile Krebse, von welchen 
Fig. 13. 5 Amaltheus mar- man nur isolierte Scheeren oder nur den Kopf- 
garitatus Montf. ( Ammo- hyrustpanzer kennt, dürfen nicht einfach als 
notidea, ‘ Amaltheidae) (aus : 3 ! sn 

Quenstedt 1883/85). gleichwertig mit rezenten, deren ganzer Körper, 
oder fossilen, deren vollständiges Skelett be- 


Leitfossil für den mittleren Lias 
von Süddeutschland, Frankreich, kannt ist, aufgeführt werden. Deshalb sind 


en ee Eee "= im folgenden die ausgestorbenen Formen stets 
durch ein vorgesetztes f bezeichnet und ist 
möglichst genau angegeben, was für Reste man von ihnen gefunden hat. 
Wegen der großen Bedeutung, welche die Feststellung nicht nur 
der räumlichen, sondern vor allem der zeitlichen Verbreitung der 
Tiere hat, ist hier eine stratigraphische Tabelle eingefügt, nach der 
im folgenden verfahren wird. Es ist dazu zu bemerken, daß wie bei 
der Geschichte der Menschheit gemäß der Entwicklung der Wissen- 
schaften in Ruropa die Epochen den Verhältnissen der Mittelmeer- 
und speziell der west- und mitteleuropäischen Länder entsprechen und 
unter sich nicht scharf getrennt und sehr ungleich lang sind, so auch ın 
der Geologie. Das Archaikum und Eozoikum würde danach der prä- 
historischen Zeit, das Paläozoikum dem Altertum, das Mesozoikum 
dem Mittelalter und das Känozoikum der Neuzeit entsprechen. 


RT 


Formationskunde. 


Aus dem Archaikum kennt man keine, aus dem Eozoikum nur 
wenige dürftig erhaltene Fossilien, offenbar sind die allermeisten durch 
ehemische und mechanische Vorgänge zerstört worden. Vom Paläo- 
zoikum an aber sind alle Abschnitte auf den Charakter ihrer Faunen 
und z. T. auch Floren und auf topographische Verschiebungen und 
dadurch bedingte Lücken in der Ablagerung und Fazieswechsel be- 
gründet; und zwar ist die Einteilung in der Hauptsache auf die ma- 
rınen Faunen basiert, weil sie, wie auf Seite 5 ausgeführt, am reich- 
sten und leidlich lückenlos vorliegen. Land- und Süßwasserablage- 
rungen findet man in den bestbekannten Gebieten außer im Diluvium 
und Tertiär fast nur im Karbon, dem unteren Perm und in der Trias 
sehr reich entwickelt. 

Auf die vielfach gestellte Frage, wie alt die Fossilien seien, läßt 
sich nur antworten, daß ihr Alter bloß relativ, entsprechend den Ab- 
schnitten der Tabelle, sich feststellen läßt. Man hat noch keinerlei 
Anhalt für die Annahme bestimmter Jahreszahlen, und auch die rela- 
tive Dauer der einzelnen Epochen läßt sich nur nach ganz rohen und 
ungenauen Methoden abschätzen, vor allem nach der größten Mächtig- 
keit der in jeder Epoche abgelagerten Schichten. 

Sicher ist nur, daß die ganze, Tausende von Jahren umfassende 
historische Zeit nur den kleinsten Unterabteilungen der Formationen 
entspricht, daß man also mit Millionen von Jahren rechnen muß, daß 
die großen Ären wie die Perioden sehr ungleich lang sind, und daß 
die ersteren von den ältesten zur jüngsten an Dauer stark abnehmen. 
In einer Schätzung ist das so ausgedrückt, daß das Paläozoikum sich 
— 12, das Mesozoikunı — 3 und das Känozoikum —= 1 setzen ließe. 
Es wurde dies hier angenommen und auch für die Perioden entspre- 
chend verschiedene Dauer angesetzt, um die Ungleichheit der Ab- 
schnitte möglichst hervorzuheben; doch ist nochmals ausdrücklich die 
Mangelhaftigkeit solcher Schätzungen zu betonen. 


Meister ae 
(Ara) 


Quartär Alluvium (Gegenwart) | 
| Diluvium (Pleistocän) | 


Periode (Formation) ') Stufe 


| Jungtertiär (Neogen) y | Plioeän 
ı Miocän 


Tertiär ! EEE RT REIN 


Olieoc än 
Alttertiär (Paläogen) ı Eocän 
' Paleocän 


Känozoikum 


1) Die relative Länge der Perioden ist erst in den folgenden Tabellen wiederzugeben ver- 
sucht. Von den Stufen sind nur die bekanntesten Namen erwähnt. 


Stromer, Paläozoologie. 2 


N Periode (Formation) Stufe 
: ( NEN | Damen | 
' Obere Kreide , „Denon | 
Turon 
Kreide ' ÖCenoman | 
Gault (Albien) 
ı Untere Kreide ı Aptien | 
|  Neokom 
az Amon 
T , Oberer Jura (Malm) | Kimmeridge 
=) | Oxford-Stufe 
ie , Kelloway 
© 1 Jura DET TEE EN 
S Mittlerer Jura (Dogger) | _Bathstufe | 
6) | Bajocien | 
= | m m — 
| , Unterer Jura (Lias) | | 
Beer. 2 Den 
Obere Trias (Keuper) ‚, Mittlerer Keuper 
| | Unterer Keuper 
| . TER TSG ENGEEITETTRE N SERRSRANFERFE E 
| | Trias Mittl. Trias (Muschelkalk) 
| Re R  Röth 
| | Unt. Trias (Buntsandstein) Mittlerer Buntsandstein | 
| | | Unterer Buntsandstein 
NE \ | Oberes Perm (Zechstein) | 
| er Bermi(Dyas)ın re N ren 
| ‚ Unteres Perm(Rotliegend.) | 
_ Karbon | Oberes Karbon (Produkt.), | 
| Unteres Karbon (Kulm) | 
|  Oberdevon | 
Mitteldevon | Eifelstufe | 
| | Unterdevon | Koblenzstufe | 
| = | Gedinnien | 
ER ae | Daloneins | 
Se  Obersilur (Gothlandien Wenlockstufe 
NEN & 
| iS | Llandoverystufe | 
I & || Sim | Een 
| Untersilur (Ordovicien) Llandailostufe 
| | Arenigstufe 
| Tremadoestufe 
| ' Oberkambrium (Olenus- | m 
| zeit) | 
een Mittelkambrium (Parado- 
xideszeit) 
Unterkambrium (Olenel- | 
\ luszeit) 


Archai- | Präkambrium | 5 
| kum | | (Eozoikum) | 


Skelett. h 19 


Das Skelett. 


Da wir es fast ausschließlich mit den Hartteilen der Tiere zu 
tun haben, ist es von Wichtigkeit, das Wesen, die Bedeutung und 
Bildung der Skelette im allgemeinen sich klar zu machen, um die 
Gesetzmäßigkeiten bei der großen Manmnigfaltigkeit zu erkennen. Sie 
äußert sich ja nicht nur in der Form und Struktur, sondern auch ın 
der chemischen Zusammensetzung. 

Die verschiedensten Substanzen können sich. am Aufbau beteiligen. 
So kann es zunächst rein organisch sein, aus Gallerte bestehen, die 
bei den Quallen knorpelige Härte erreichen kann, aus Spongin bei den 
Hornschwämmen, aus Zellulose bei den Tunikaten, aus Konchin bei 
den Weichtieren, aus Chitin bei den Insekten, aus Horn bei vielen 
Aleyonaria und den Antipatharıa und bei den Schuppen der Reptilien, 
aus Bindegewebe und Knorpel bei Öephalopoden und niederen Wirbel- 
tieren. Konchin, Chitin, hornige Teile mancher Wirbellosen, Binde- 
gewebe und Knorpel können aber auch verkalken, indem sie mehr 
oder weniger phosphorsauren oder auch kohlensauren Kalk aufnehmen. 

Solche Skelettarten leiten über zu denjenigen, bei welchen die 
stets vorhandene organische Grundlage ganz zurücktritt, und das Ske- 
lett fast vollständig aus kohlensaurem Kalk in der Form von Calecit, 
wie bei den Foraminiferen, den Stachelhäutern und meisten Brachio- 
poden, oder von Aragonit, wie bei den Korallen und der Mehrzahl der 
Weichtiere, besteht. Oder es setzt sich aus phosphorsaurem Kalk mit ge- 
ringer Beimengung von kohlensaurem Kalk zusammen, wie bei den 
Knochen der Wirbeltiere, bei deren Zähnen noch etwas Fluorcaleium 
dazukommt, oder endlich aus amorpher Kieselsäure, wie bei den mei- 
sten Radiolarien und den Kieselschwämmen, oder aus Silikaten, wie bei 
einem Teil der Radiolarien. 

Nicht selten können aber bei Einzellisen und Wirbellosen auch 
fremde Skeletteile oder anorganische harte Körperchen wie z. B. Sand- 
körner aufgenommen und durch organısche Substanz oder kohlen- 
sauren Kalk oder Kieselsäure, selten auch durch Eisenverbindungen 
verkittet werden, so bei vielen Foraminiferen, manchen Hornschwän- 
men, köhrenwürmern und Phryganidenlarven. 

Ist schon mindestens die Grundlage aller Skelette eine organische, 
so werden sie auch stets durch die Tätigkeit lebender Zellen der 
Embryonen, Larven oder reifen Tiere gebildet. Einfache chemische 
Niederschläge finden dabei kaum statt, und direkte Kristallisations- 
vorgänge spielen nur bei manchen Wirbellosen wahrscheinlich eine Rolle, 
es handelt sich vielmehr in der Regel wohl um recht verwickelte Prozesse. 

9% 


x a 


20 Einleitung. 


Bald wird dabei das Skelett ceuticulaartig ausgeschieden, wie bei 
den meisten Wirbellosen, wobei die Oberhaut allerdings manchmal 


08, 
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Bo E 000 Aa 


Fig. 14. Längsschnitte durch einen Seeigelstachel, der auf der Stachelwarze gelenkt. 


A Cidaris sp., schematisch (aus Lang 1894.) a Rindenschicht, d Mittelschicht, c Achse, d Hals, e Kopf, 

f Achsenband, y Warzenkopf mit Grube für das Achsenband, 3 Warzenhals, ö Warzenhof, k Bandhülle 

um das Gelenk, ! Ringmuskel, m Öberhaut. B Sphaerechinus esculentus L. rezent. (aus Fraas 1886). 

Das vergrößerte Kalkskelett zeigt in der Anordnung seiner Bälkchen deutlich die Beeinflussung 
durch den Druck im Gelenk und durch den Muskelzug. 


stark eingefaltet wird, so bei der Bildung der Kalksepten der Korallen, 
bald werden die Skelettelemente im Innern der Gewebe intrazellulär 
wie die Nadeln der Schwämme und 


: on der Stachelhäuter und die Spiculae 
\ mau der Aleyonarier gebildet. 


FIN Die Gestalt, in welcher die 

Ä Skeletteile angelegt werden, ist also 
abhängig von der Form der schon 
vorhandenen, sie umgebenden und 
bildenden Weichteile. 

Außert sich schon hierin die 
sekundäre Stellung der Skelette 
N ER N gegenüber den Weichteilen, so geht 
Fig. 15. 7 Orthis striatula Schloth. (Bra- 7. feiner. noch daran hessen dit 

chiopoda, Strophomenacea). a = 2 % war von 2 
Devon, Rheinlande (aus Davidson 1551). Dorsal- auch später ihre Form durch sie 
seite des Steinkernes mit Abdrücken da des dor- beeinflußt wird. So ist die Ge- 
salen Geschlechtsorgans, mas der Mantelsinusse, * 
maa und map der vorderen und hinteren stalt und Struktur der Knochen vom 
a es s Ges Medienseptums, zst Muskelzug abhäneio und ändert sich 
der Zahnstützen. SE ST SEO) i 

mit ihm (Fig. 14), und ein ange- 
preßtes Blutgefäß weicht dem Knochen oder der Schale nicht aus, sondern 
bringt sie zum Schwinden und erzeugt so einen Gefäßeindruck (Fig. 15); 


Skelett-Struktur. 21 


E —— u. — 


auch können Hartteile wieder aufgelöst (resorbiert) und darauf oder 
nach Verletzungen wiederhergestellt werden. Es beruht das auf der 
Gesetzmäßigkeit, daß die von intensiverem Leben durchfluteten Weich- 
teile den weniger im Stoffwechsel stehenden Hartgebilden überlegen sind. 

Wenn einerseits solche Erwägungen den Paläozoologen vor der 
ihm naheliegenden Überschätzung der Bedeutung der Hartteile be- 
wahren müssen, so erhellt andererseits aus ihnen, daß das genaue 
Studium der Skelette die mannigfachsten Schlüsse auf die Natur der 
sie bildenden und umgebenden Weichteile zuläßt. Es können so selbst 
isolierte Bruchstücke, wenn sie nur die feine Struktur gut erkennen 
lassen, von großem Werte sein; denn deren 
Erkenntnis ist für die Erforschung der Ent- 
stehungsart und Funktion und insbesondere 
sehr oft auch der systematischen Bedeutung 
der Skelette unbedingt nötig. 

Die von Epithelien ausgeschiedenen Hart- 
teile sind zwar oft einfach dicht, lassen aber 
dabei sehr häufig eine der Ablagerungsfläche 
parallele Schichtung erkennen, wie z. B. die 
Epithek der Korallen, die Perlmuttersubstanz 
der Weichtiere und die Röhrenknochenrinde 
der Wirbeltiere in ihren Haversischen Lamellen. 
Abgesehen von Öffnungen zum Durchtritt 
mancher Organe, z. B. Poren für die Ambu- 
lakralfüßchen der Seeigel, Nervenlöcher im Fig. 16. Limulus polyphe- 
Schädel der Wirbeltiere, sind in den Hartteilen ”s F rezent mach ehr 
aber oft noch Hohlräume für Weichteile, die een 


panzer, stark vergr. «a Cuticula, 
zu ihrer. Eirnährung dienen, so die Blutgefäß- 3 gefärbte Schicht,c stark ver 
5 = kalkte Schicht, d unverkalkte 
(Haversischen) Kanäle und Knochenkörperehen schicht, e Kanal, wohl für ein 
in den Knochen und die im allgemeinen senk- „nrw and sche fein geschichtet 
recht zur Schichtung verlaufenden feinen Poren 
und einfachen oder mannigfach verzweigten Röhrehen für Fortsätze 
der Epithelzellen wie in Krebspanzern und in der Zahnsubstanz 
(Fig. 4, 5.8 und Fig. 16). 

Nicht selten erweisen sich übrigens die Kalkschichten als aus 
kleinen Prismen aufgebaut, die senkrecht oder schräg zur Oberfläche 
stehen und unter sich gewöhnlich parallel sind, so bei den Konchylien 
(Fig. 17), den meisten Brachiopoden und dem Schmelz der Säugetier- 
zähne. 

Im Knorpel der Haifische kommt auch eine körnelige Anordnung 
der Kalkteilchen neben einer grobprismatischen der Oberfläche vor, 


22 Einleitung. 


und bei den Korallen sind winzige, im Innern strahlig aufgebaute Kalk- 
körperchen, bei den Schwämmen meist Kiesel- oder Kalknadeln von 
kristallartiger Regelmäßigkeit vorhanden. 
Bei den Hydrozoen wiederum ist das Kalk- 
skelett oft insofern ein lockeres, als z. B. 
bei den Milleporen und 7 Stromatoporen 
ein vielverzweigtes Balkennetz sich findet, 
während für die Stachelhäuter eine sehr 
regelmäßige Balkennetzstruktur bezeich- 
nend ist (Fig. 145, S. 20). 
Prismenstruktur der äußeren Vielfach ist übrigens ein Skelett- 
Kalkschicht p von Margaritana <Jjement aus chemisch und strukturell ver- 
(Lamellibranchrata) rezent (aus 3 5 

O. Römer 1903). schiedenen Teilen aufgebaut; so besteht 
Querschliff durch den Schalenrand. das Gehäuse mancher Foraminiferen innen 
Lupenvergr. e Organische Epidermis aus Kalk, außen aus verkitteten Sand- 
(Konchin), p Prismenschicht, 7 lamellöse Ze } A 
Perlmutterschicht mit Konchinzwischen- Körnchen (Fig. 18), das vieler Konchylien 

Bee aus einer Konchin-, Prismen- und Perl- 

mutterschicht (Fig. 17), die Zähne der Wirbeltiere in der Regel aus 
prismatischem oder dichtem Schmelz und fein porösem Zahnbein (Fig. 4, 
S. 5), und viele Skeletteile der Amphibien aus 
Knochen und Knorpel (Fig. 19). 

Die meisten Tiere besitzen nicht ein ein- 
faches, einheitliches Skelett wie die Foraminiferen 
und die Mehrzahl der Schnecken, sondern es 
besteht aus vereinzelt angelegten Elementen. 
Sie bleiben aber selten isoliert wie bei vielen 
Schwämmen, Octokorallen und Holothurien oder 
verflechten sich nur locker wie bei manchen 
Schwämmen (Hexactinellida Iyssacina), sondern 
sie verschmelzen häufig zu einem dichten oder 
lockeren einheitlichen Skelett, so bei den Hexac- 
tinellida dictyonina und den Steinkorallen. 

7 Olimacammina textulari- Größere Skelettelemente bleiben oft zeit- 
oe Möller (1579) (F0- Jebens nur durch Häute, Bänder oder auch 
Ah ae a Muskeln verbunden und grenzen nur in mehr 
schnitt durch die innen kalkig oder weniger beweglichen Gelenken der ver- 
nn „senäniee schiedensten Art (Fig. 14, 19) aneinander, wie 

viele Kalkglieder der Stachelhäuter und die Ex- 
tremitätenknochen der Wirbeltiere oder die dachziegelförmig aufeinander 
gelagerten Schuppen vieler Wirbeltiere und mancher Seeigel, oder 
endlich sind sie unbeweglich durch Nähte verbunden, so speziell 


Korrelations-Gesetz. 23 


plattige Teile (pflasterartig) bei den allermeisten Seeigeln, an Seelilien- 
kelehen oder am Hirnschädel der Wirbeltiere und am Schildkröten- 
panzer. Dabei kommen dann nicht selten Verschmelzungen durch 
„Ankylose“ vor, z.B. an den Großplatten der regulären Seeigel, dem 
Pterodactylus- und Vogelschädel. 

Wo festere Verbindungen der Skelettelemente fehlen, werden sie 
natürlich nach dem Tode leicht zerstreut. Deshalb war es für die 
Paläozoologie von größter Bedeutung, daß Cuvier das „Gesetz der 
Korrelation“ fand, wonach die einzelnen Teile eines Tieres in derar- 
tigem gesetzmäßigem Zu- 
sammenhange stehen, dab 
man in der hegel aus der 
Beschaffenheit des einen 
Schlüsse auf diederanderen 
ziehen kann. Es genügt 
also z.B. ein einziger Zahn 


Fig. 19. Vorderfuß mit Brustgürtelhälfte von Amphiumidae (Urodela) verkleinert. 

A Oryptobranchus japonicus v. d. Hoeven, rezent, Japan (aus Hyrtl 1865). B j Andrias Scheuchzeri 

Tshudi. Jungtertiär (Obermiocän), Öningen bei Konstanz (aus H. v. Meyer 1845). k knorpelige 

Teile, s Schulterblatt, br ventrale Brustgürtelteile, % Oberarm (Humerus), r Radius, « Ulna, 

c Handwurzel, p 4 Finger. Bei der fossilen Form sind nur die knöchernen Teile so ziemlich in 

ihrer natürlichen Lage erhalten, die knorpeligen Gelenkenden, die Handwurzel und der Hauptteil 
des Brustgürtels hinterließen keine Spur. 


oder Knochen eines Wirbeltieres, ein Insektenflügel oder eine Tafel 
eines Seeigels zu Folgerungen auf dessen Gesamtbau, und das Sprichwort 
„ex ungue leonem“ hat danach wissenschaftliche Bedeutung. Doch gibt 
es nur zu viele Ausnahmen, und nur ein Teil der Skelettelemente hat so 
charakteristische Form und Struktur, um ganz sichere Schlüsse zu gestatten. 

Je nach der Lage unterscheidet man ein Rinden- oder Hautskelett 
und ein Innen- oder Achsenskelett. Doch kommen vielfach Übergänge 
insofern vor, daß ursprünglich äußerlich angelegte Hartteile im Laufe 
der Entwieklung nach innen verlagert werden, wie z. B. manche Ge- 
sichts- und Hirnschädelknochen (Deckknochen) der Wirbeltiere, oder 
indem bei manchen Octokorallen das eingefaltete Ektoderm der Tier- 
kolonie eine Achse ausscheidet. 


24 Einleitung. 


In der Regel soll ein Skelett den Weichteilen einen gewissen 
Halt geben, sei es, daß Muskeln ein fester Angriffspunkt gewährt 
wird, wie bei den Extremitäten- 
skeletten der Glieder- und Wirbel- 
tiere, sei es, daß es dem ganzen 
Tiere oder einer Tierkolonie nur 
eine Basis und Stütze wie bei 
den meisten Korallen bietet; das 
Hautskelett dient aber vor allem 
dem Schutze der Weichteile oder 


Fig. 20. wie die Zähne zum Ergreifen 
tn Hmmm Bl A >) x: A 
+ Monticeulipora mammulata a0ı b.( + Tabu und zur Zerkleinerung der Nah- 
lata oder ? Bryozoa, ‘ Monticuliporidae). & 
Untersilur (Lorraine-Stufe), Cincinnati, Ohio (aus „ulndı 


Ulrich u. Baßler 1904). Während dementsprechend 


A Vertikalschliff ?°°%/,. Röhrenwände in der Außen- Y . a 
zone des Stockes verdickt, in den Röhren Quer- dem Achsenskelette die Form eines 


böden und blasige Kalkablagerungen. B Querschliff festen oder .„eoliederten manch- 
durch den äußeren Teil °5/,. Az x 
mal verzweigten Stabes zugrunde 
liegt, z. B. bei der Achse der Hornkorallen, den Armwirbeln der 
Schlangensterne, der O'horda dorsalis und der Wirbelsäule der Wirbel- 
tiere, hat das bei den Wirbellosen weitaus wichtigere Hautskelett sehr 
häufig eine Röhrenform. 

In den verschiedensten Tiergruppen kommen gerade 
oder gebogene Röhren von sehr wechselnder Länge 
und Querschnitt vor, so bei Foraminiferen,  Tabulaten, 
Anneliden, Bryozoen, Sca- 
phopoden und Pteropoden 
(Fig. 20). Manchmal sind 
sie auch aufgeknäuelt wie 
bei gewissen Rökrenwürmen, 
häufiger in einer Ebene oder 
in einer Kegel-(Schnecken-) 
spirale regelmäßig aufge- 
wunden wie bei den aller- 
meisten Schnecken (Fig. 28, 
S.26). Jenach dem Wachs- 
Fig. 21. tum des Tieres nimmt die 
Arıa spec.‘ LT. © .. 
rain Weite solcher Röhren lang- Fig. 22. + Arcestes sp. indet. (Ce- 

Lagenidae). sam oder sehr rasch zu, und phalopoda, U. O0. + Ammonitida). 


Fossil (Orig. in ım letzteren Falle ergeben Obere alpine Trias (Orig. Münchner pal. 


München), Schalen- sich Übereänee zu trıeh- Sammlung). Längsschnitt der spiral 
längsschnitt, stark oO >) 3 ä involuten Schale, '/,, hinter der sehr 
Vergt. ter- oder mützenförmigen langen Wohnkammer Luftkammern. 


Skelett-Formen. 


25 


Schalen wie bei vielen Steinkorallen und manchen Schnecken (s. Fig. 9 


u. 11, Seite 11 u. 12). 


Wenn die Röhrenmündung verengt wird, 


formen wie bei‘vielen Bryozoen, und 
wenn dann ohne Auflösung der Mün- 
dung ein neuer Abschnitt sich ansetzt, 
aber auch indem im Röhreninnern 
Querverengerungen durch Scheide- 
wände sich bilden, entstehen ge- 
kammerte Gehäuse wie bei der Mehr- 
zahl der Foraminiferen (Fig. 21). Oft 
zieht sich auch das wachsende Tier 
aus dem An- 
fangsteil der 
Röhre nach 

vorn oder oben 
zurück, und 

dann wird die- 
ser leere Raum 
durch ähnliche 


Fig. 23. 7 Carbonicola ob- 


tusa Hind (1894). (La- i 

mellibranchiata, 7 An- Querscheide- 
thracosiidae.) wände (Böden, 

Oberkarbon (untere Kohlen- Septa) abge- 


schichten, Süßwasserablage- 
rungen), Straffordshire, Eng- 
land. Aufgeklappte Schale von 
oben ?),. 


grenzt oder 
durch blasiges 
Kalkgewebe er- 


Fig. 24. 


entstehen Flaschen- 


y Hippurites gosaviensis 


Dowuv. (Lamellibranchiata, y Rudistae). 


Obere Kreide (Turon), 
Schale mit der Spitze (Wirbel) 


Zittel 1864). 


Gosau, Ostalpen (aus 


der rechten Klappe festgewachsen, darauf die 


2 


deckelförmige linke Klappe ?°/;. 


füllt, so bei vielen Steinkorallen, den  Tabulaten (Fig. 20), manchen 
Schnecken (Fig. 27, Seite 26) mid | in besonders regelmäßiger WERE bei 


sehr vielen Oernltelopnardlem (Fig. 22). 

Sehr häufig finden sich bei den 
Wirbellosen Schalen aus zwei beweg- 
lichen Klappen (Fig. 23), deren Schluß 
stets durch quere Timekalln erfolst, 
deren Öffnen aber nur bei den Brachio- 
poden auch durch Muskeln, bei den 
Muscheln und Muschelkrebsen jedoch 
durch ein elastisches dorsales Band 
besorgt wird. Die Schalen der letzteren 
gehen eben aus einem unpaaren Schild 
hervor, dessen Seitenteile sich ver- 
stärken und verkalken, während die 


Eig. 25. 

T Rhizophyllum 
elongatum 
Lindstr. (1882) 
(r Rugosa, TCal- 
ceolidae). 
Obersilur, Gotland. 


Deckeltragende 
Einzelkoralle ?/, . 


Fig. 26. 
+ Protocardia judaica 
Hamlin (1884). (La- 
mellibranchiata, He- 
terodonta,Cardridae). 
Obere Kreide, 


Libanon, 

Syrien. Rechte Klappe 

von außen; vorn konzen- 

trisch, hinten radial ge- 
rippt 


Einleitung. 


dorsale Mittellinie biegsam bleibt, wie man das auch bei den lepto- 
straken Krebsen beobachtet. 

Um eine Verschiebung der zusammenstoßenden Klappenränder 
zu verhindern, sind übrigens oft sich entsprechende Fortsätze und 
Vertiefungen, Zähne und Zahngruben, ein sogenanntes Schloß, an 
ihnen in wechselnder Weise ausgebildet. Beide Klappen sind meistens 
nur ein wenig ungleich, manchmal aber stark verschieden, und dann 
kann die eine Klappe nur als Deckel der größeren trichterförmigen 
erscheinen wie bei den } Rudisten (Muscheln Fig. 24) und 7 Richt- 
hofeniden (Brachiopoden). So ergeben sich gestaltliche Übergänge 
zu röhrenförmigen Gehäusen, die auch oft bewegliche Deckel haben 
wie bei vielen Röhrenwürmern, Bryozoen, y Calcolidae 
(7 Tetracorallia Fig. 25) und sehr vielen Schnecken und 
auch bei manchen Balaniden (Cirripedia). 

An der Innenseite solcher Haut- 
skelette, also auch auf der Oberfläche ihrer 
Steinkerne, sieht man häufig die Spuren 
der Ansätze der Muskeln oder der An- 
lagerung anderer Organe (Fig. 7A, 8.7). 
Die Außenfläche aber läßt bei allen mög- 


lichen Arten von Hautskeletten nicht nur Fig. 28. 
häufig das allmähliche Wachstum in der Yryipara, (Tulo- 
a Form von „Anwachsstreifen“ erkennen, toma)-+}Hoernesi 
o. 937. ‚UN: ee B % [z D mE\ 
ee (Fig. 7B 8.7 u. Fig. 23 25) sondern zeigt Neumayr (1875) 
Vermetus (Tyla- 2 = ? x (Gastropoda, O 
codes)+ Morchii auch oft noch abgesehen von der fossil 2: m u 
odes) 7 Morchri ; ” ; u enobranchia, 
Deshayes (1866) fast nie erhaltenen Färbung eine mannıg- Pen, 


(Gastropoda, O. 
Otenobranchia, 
Vermetidae). 
Mitteleocän, Pariser 
Becken. Schale mit 
Längs- und Quer- 
skulptur ®/,. 


faltige Skulptur. Sie kann unregelmäßig 
verteilt sein, meistens ist sie aber ent- 
weder parallel den Anwachsstreifen, d.h. un- 
gefähr konzentrisch bei scheibenförmigen, 
quer bei längsgestreckten Hartteilen, oder 
senkrecht dazu, d. h. radial bei ersteren, 


Junetertiär (Unter- 
pliocän),Slavonien. 
Schale von hinten 
2/,, mit Längs- 
kielen, die sich z. T. 
in Knotenreihen 
auflösen. 


längs bei letzteren angeordnet, oder beiderlei Riehtungsarten kommen 


zugleich vor 


(Fig. 26 u. 27). 


Selten sind es Gruben oder Furchen 


wie bei manchen Muschelkrebsen und den Krokodilschildern, häufig 
Runzeln, Leisten, Rippen oder Kanten oder auch Knoten, Höcker, Warzen 
und Stacheln oder auch deren Kombinationen (Fig. 30) und öfters sieht 
man ontogenetisch Rippen in Höckerreihen sich auflösen oder umgekehrt 
solche zu Rippen verschmelzen (Fig. 28). Die funktionelle Bedeutung 
solcher Verzierungen ist sehr schwer zu beurteilen, systematisch sind 
sie aber, besonders im Kleinen, sehr wichtig. 


Hautskelett. 


Weiterhin ist zu beachten, daß das Hautskelett äußeren Ein- 
tlüssen besonders ausgesetzt ist und oft Spuren solcher Einwirkungen 


zeigt. So sind die Stellen stärkster Wöl- 
bung bei Muscheln, die im strömenden 
Süßwasser leben, absorbiert und bei fest- 
gewachsenen Tieren wirkt die Form der 
Unterlage häufig stark auf die des Skeletts 
ein (Fig. 29). . Während die Bewohner 
von ruhigem Wasser dünnere Schalen 
haben als die bewegten Wassers, besitzen 
planktonische besonders zarte Schalen; 
hinwiederum sind in warmem Wasser 
Kalkschaler viel reicher und kräftiger ent- 
wickelt als in kaltem. 

Endlich ist vom Hautskelett zu er- 


Fig. 29. 
+ Bordeni Hall and Whitf. (Bra- 


Crania (j Philhedra) 


chiopoda, Oraniacea). 


Mitteldevon (Hamilton-Kalk), Indiana 


(aus Hall and Clarke 1892). 


4A von oben, B seitlich. Die Rippen des 
Brachiopoden - Schalenstückes, welchem 
die Orania aufgewachsen ist, beeinflussen 
die Form ihrer kegelförmigen radial- 


gestreiften Dorsalklappe. 


wähnen, daß es im Gegensatz zum Innenskelett nicht selten im Ganzen 
und in größeren Teilen erneuert werden kann, wie der Panzer der 
meisten Krebse und die meisten Zähne und Hornschuppen der Wirbel- 


tiere, weil es bei dem Wachstum des Tieres 
zu eng oder zu stark abgenutzt wird. Letzterem 
wirkt auch oft entgegen, dab Hautskeletteile 
ständig von der Basis aus nachwachsen wie 
die Zähne der Seeigel, die Nagezähne und 
die Klauen und Hufe bei Säugetieren. 

Alle Skelette können endlich nicht nur 
durch ihre Größe und Wachstumsstadien Auf- 
schlüsse über das Lebensalter der Tiere ge- 
währen, sondern auch durch Anreicherung 
anorganischer Substanz bei höherem Alter. 
Dadurch werden sie dichter und starrer, bei 
Wirbellosen öfters sekundär verdickt, isolierte 
Teile können verschmelzen, wie die Kiesel- 
nadeln der Hexactinellida Iyssacina, und 
Schädelknochen bei Wirbeltieren. Bei Säuge- 
tieren sind übrigens in der Jugend die 
Gelenkenden der Röhrenknochen nur durch 
Knorpel verbunden und der Eintritt des Zahn- 
wechsels wie der Grad der Zahnabnutzung 


= 


Fig. 30. + Reineckia Fraasi 
Oppel (7 Ammonitida, + Ste- 
phanoceratidae). 
Mittlerer Jura, Württemberg (aus 
Oppel 1862). 

Steinkern ®/,., Auf den innersten 
ersten Windungen der Schale nur 
Querrippen, dann auch spitze 
Knoten, auf dem zuletzt gebildeten 
Umgang wieder nur (@uerrippen, 
auf den Seiten der Wohnkammer 
auch sie nicht mehr ausgebildet. 


kann Anhaltspunkte über ihr Lebensalter geben. Während bei ihnen 
das Scharfwerden von Knochen, Kanten und Spitzen für Band- und 
Muskelansätze höheres Alter beweist, gibt es sich bei Wirbellosen 


28 Einleitung. 


öfters durch unregelmäßiges Wachstum oder durch Schwinden der 
Verzierungen (Fig. 30) kund. 

Wenn also der Paläozoologe nicht ın der Lage ist, die so wich- 
tigen Weichteile direkt zu studieren und sich an der Farbenpracht 
der Tierwelt zu erfreuen, so findet er doch überreichen Stoff ın den 
so mannigfaltigen, fossil erhaltenen Hartteilen, deren erstaunliche Ge- 
staltenfülle und häufige Formenschönheit ihn im höchsten Maße fesseln. 


Literatur. 


Geschichte. 
Zittel, K. v.: Geschichte der Geologie und Palaeontologie, München 1899. 


Erhaltungsarten und -bedingungen der Fossilien. 


Häberle, D.: Über die Entstehung von Lumachellen ete. In: Paläontologische 
Untersuchung triadischer Gastropoden aus dem Gebiet von Predazzo. Verh. 
naturh. med. Ver., N. F., Bd. 9, S. 552ff., Heidelberg 1908. 

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ontologisca betydelse. Memoire sur quelques traces d’animaux sans vertebres 
etc. et de leur portee paleontologique. K. Svenska Vetensk. Akad. Handl. 
Bd. 18 u. 21, Stockholm 1880 u. 1886. 

Neumayr, M.: Die Stämme des Tierreiches, S. 2—9, 14—16, Wien u. Prag 1889. 

Rauff: Palaeospongiologie, S. 205—232, Palaeontogr., Bd. 40, Stuttgart 1894. 

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mikrosk. Anat. Bd. 41., Seite 492—584, Taf. 29—31, Bonn 1893 und Über 
Phosphoritisierung der Cutis, der Testikel und des Rückenmarkes bei fossilen 
Fischen. Ebenda, Bd. 44, S. 87—119, Tafel 6, Bonn 1895. 

Sollas, W. J. a. J. B.: An account of the devonian fish Palaeospongylus Gunni 
Traquair. Philos. Trans. R. Soc., Ser. B, Bd. 196, London 1904. 

Walther, Joh.: Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft. II, 
S. 199—206, Jena 1893/94. 

Walther, Joh.: Die Fauna der Solnhofer Plattenkalke, bionomisch betrachtet. 
Festschr. z. 70. Geburtstage E. Häckels. Jena 1904. 

White, ©. A.: Conditions of preservation of Invertebrate fossils. Bull. U. St. 
geol. a. geogr. Surv. Territ. Bd. 5, S. 133—141, Washington 1829. 


Sammeln und Präparieren von Fossilien. 
Keilhack, K.: Lehrbuch der praktischen Geologie, 2. Aufl., Stuttgart 1908. 


SPEZIELLE PALAOZOOLOGIE 


WIRBELLOSE TIERE 


Rhizopoda. 31 


I. Stamm: Protozoa, Einzellige. 


Bei den einzelligen Tieren wird die ganze Lebensbetätigung durch 
das Protoplasma vermittelt, das oft ziemlich differenziert ist, während 
echte Gewebe und Organe fehlen. Nur ein Teil der Angehörigen 
zweier Klassen, der Rhizopoda und Flagellata, besitzen fossil erhaltungs- 
fähige Hartgebilde, so daß die Kenntnis der Vorgeschichte der nıedersten 
Lebewesen stets eine sehr beschränkte bleiben muß. 


1. Klasse: Rhizopoda. 


Fortsätze, die der Protoplasmakörper je nach Bedarf aussendet 
oder einzieht, die Pseudopodien, die zur Fortbewegung und Nahrungs- 
aufnahme dienen, sind für die umfangreichste Gruppe kernhaltiger 
Protozoen bezeichnend. Die Ordnung der primitiven skelettlosen 
Amoebina ist natürlich fossil unbekannt. Die Organisation der höher- 
stehenden Rhizopoden, der Foraminifera, Heliozoa und Radiolaria, die 
alle das Wasser und meistens das Meer bewohnen, ist aber nur scheinbar 
eine einfache; denn sie bilden Gehäuse oder Gerüste oft von sehr 
komplizierter Art und von außerordentlicher Manniefaltigkeit der Form, 
die aber bei den Arten konstant genug bleibt, um in erster Linie 
systematisch verwertet zu werden. 


2. Ordnung: Foraminifera. 


Das Protoplasma der Foraminifera, welches größtenteils von einer 
einheitlichen Schale umhüllt ist, zeigt keine Zonenbildung, und die 
fadenförmigen Pseudopodien können sich netzförmig vereinigen. Die 
Tiere sind ein- oder vielkernig, gleichviel, ob die Schale ein- oder 
vielkammerig ist. Ihr Durchmesser beträgt meistens nur 0,25 bis 
l mm, bei einigen känozoischen marinen Bodenbewohnern (festsitzenden 
Rotaliden und alttertiären Nummuliten) aber bis zu mehrere cm, ja über 
1 dm. Nur einige Arten weniger Genera sind im Plankton besonders tro- 
pischer Meere verbreitet, alle anderen sind Bodenbewohner, und zwar 
selten im Süß- und Brackwasser und nicht häufig in der Tiefsee, 
sondern vor allem in der Korallinenzone. 


Protozoa. 


Die marinen Formen sind zwar z. T. kosmopolitisch verbreitet, 
viele aber nur lokal und die Bodenbewohner oft an bestimmte Fazies 
gebunden. Einige sind festgewachsen, die meisten aber kriechen mit 
Hilfe der Pseudopodien, durch welche sie auch winzige Organismen 
fangen oder organische Zerfallsprodukte als Nahrung aufnehmen. 

Die vor allem zum Schutz dienende Schale bildet sich in der 
Außenschieht des Protoplasmas als dünnes Schalenhäutchen, das zu 
einer chitinartigen Schale sich verdicken kann (Chitinosa), meist aber 
kohlensauren Kalk (Caleit) und etwas Magnesia aufnimmt (Calcarea). 
Sowohl chitinöse als kalkige, marine und brackische Bodenbewohner 
können aber von außen, selten auch von innen her, sich mit Fremd- 
körpern (Schlamm, Sand, Spongiennadeln, Radiolarien 
und Foraminiferenschälchen) umkleiden (Agglutinantia) 
(Fig. 31). Das Zement solcher meist spezifisch aus- 
gewählter Fremdkörper ist also chitinös oder kalkig, 
selten auch eisenoxydreich. Manche einfach gebaute 
kalkige Bodenbewohner können alle Übergänge zu 
agglutinierenden zeigen, und einige Formen scheiden 
auch ein kieseliges Skelett aus. 

Die Chitinosa haben stets, die Agglutinantia 
meistens eine dichte Schale, während die der Calcarea 
teils dicht und dann porzellanartig (Imperforata- 
Porcellanea), teils porös und dann glasartig durch- 

Fig. 31. sichtig (Perforata-Vitrocalcarea) sind. Ihre Poren 
Haplophragmium durchsetzen bald fein und dichtgedrängt (Fig. 21, 
v irregulare Römer 5.24), seltener weit und dann in größeren Abständen 
ee S (Fig. 47, 8. 39) die Schalenwand. Ihre Bedeutung ist 
Böhmen (Orig. in Mün. Schwer festzustellen, um so mehr da es auch hier 
ae Übergänge gibt, indem z. B. eine Generation von 

Re Peneroplis eine perforierte Anfangskammer und später 
dichte Wände hat, bei manchen Perforata das Umgekehrte der Fall 
ist und endlich gewisse poröse Kalkschaler im Alter agglutinierend 
und damit dicht werden können. 

Bei manchen fossilen Formen, wie bei 7 Orbitolina und den T Fu- 
sulindae (Fig. 40, 5.35) kommt nach neueren Untersuchungen noch 
eine besondere Struktur vor, indem die Schalenwand aus einer dünnen, 
diehten Deckschicht und senkrecht dazu dicht gestellten Pfeilerchen 
besteht, so daß sie im Tangentialschnitte netzförmig erscheint. Doch 
ist auch bei einigen sicheren Perforata, z. B. Operculina, die Schale 
aus senkrechten, von je einem Porenkanal durchsetzten Prismen auf- 
gebaut. 


Foraminifera, Schalenbau. 33) 


Bei den Perforata ist übrigens die Schale oft durch ein stets 
unperforiertes kalkiges „Zwischenskelett“ verstärkt, das Lücken aus- 
füllt und speziell äußere Verzierungen bilden hilft. Endlich kann im 
Zwischenskelett wie in bestimmten Teilen der Schalenwand ein mehr 


Fig. 32. Nummnlites cfr. Iucasanus Defr. (Nummulitidae). 
Mitteleocän, Kressenberg, Oberbayern (Orig. in München). 
Stark vergrößerte Rekonstruktion der Schale. Median quer und halb flach durchschnitten, links 
Außenschale abgesprengt. Im Rückenstrang und den Septen der gekammerten Spiralen Kanalsystem. 
Die Septen der Seitenflügel der reitenden Kammern sind einfach und nur geschlängelt am ab- 
gesprengten Teile sichtbar. Hier knopfförmig die Pfeiler des dichten Zwischenskelettes, die am 
Querschnitt hell hervortreten. 


oder weniger verzweigtes „Kanalsystem“ unabhängig von den Poren 
vorhanden sein, das wohl die Ernährung der starken Hartteile er- 
leichtert und diese Formen als komplizierteste erscheinen läßt (Fig. 32). 

Das Wachstum der Schalen besteht selten nur in der Erweite- 
rung eines ungefähr kugeligen Gehäuses wie bei  Saccamina (Fig. 55) 
oder im Verlängern einer Röhre, die einfach gerade, n 


gekrümmt oder in einer Ebene aufgerollt (planospiral) f A 
2 \ F N EN 
sein kann, z. B. Cornuspira NS) 


i v3 v 999. (Fig. 34), oder bei Agglutinan- 


fa auch verästelt oder undeut- Fig. 34. Cornu- 


L 


Fig. 33. Saccamina 7 Car- Jich segmentiert (Monothala- spira x cretacea 


teri Brady (Astrorhizidae),. mia — Einkammeri ge), son- Reup(Mtliolidae). 
Unterkarbon (Saccamina-Kalk), ° 6 Obere Kreide. Baye- 
Northumberland (aus Brady 1876). dern meistens im Ansetzen rische Alpen (aus Eg- 


Einzelne und verkettete Schälchen, einer neuen Kammer an die 3er 1399). Stark ver- 
nat. Gr. n rn . größert. 
kugelige oder eiförmige An- 
fangskammer und so fort (Polythalamia = Vielkammerige). Bei diesem 
periodischen Wachstum wird ein Teil von deren Wand zur Scheide- 
wand (Septum) und die fast stets vorhandene Hauptöffnung, die ein- 
fach rundlich, schlitz- oder hufeisenförmig oder siebförmig und oft 


Stromer, Paläozoologie. 3 


34 


Protozoa. 


in einen Hals ausgezogen ist, zur Verbindungsöffnung der mit Proto- 
plasma erfüllten Kammern (Fie. 31, 5.32 u. 21, 5. 24). 


Fig. 35. 
Nodosaria 
 Zippei Reup 
(Lagenidae). 
Turon (Pläner- 
mergel), Böhmen 
(aus Reuß 1846). 
Schale seitlich ?/,. 


Je nach der Gestalt der Kammern und nach der Art 
ihres Ansetzens an die älteren Schalenteile entstehen die 
mannigfachen Formen der vielkammerigen Gehäuse, deren 
wichtigste Grundtypen folgende sind: 1. Die Kammern sind 
einreihig gerade oder gebogen angeordnet, Nodosaria (Fig. 
35), 2. ebenso, aber alternierend zweireihig, Textularia (Fig. 
36) oder dreireihig, 3. spiral in einer Ebene (nautiloid), Urs- 
siellaria (Fig. 37), 4. zyklisch in einer Ebene 7 Orbitopsella 
(Fig. 38), 5. spiral in Kegelform (Schneckenspirale), z.B. Ro- 
talia, 6. knäuelförmig in einer, drei oder fünf Ebenen, Miliola 
(Fig. 39 u. 41), 7. unregelmäßig, z. B. 7 Stacheia (Karbon). 

Dadurch, daß auch die spiralen und zyklischen Formen 
oft mehrreihig sind, daß die Kammern und Umgänge, die 
in der Regel langsam an Größe zunehmen, häufig die 
älteren mehr oder weniger umschließen (aufeinander reiten; 
involute (Fig. 32, 40, 41) im Gegensatz zu weitnabeligen 
oder nicht umhüllenden Gehäusen (Fig. 34)), und dab 
bei Kalkschalern sich sekundäre Kammern bilden können 


(Fig. 40), entstehen natürlich weitere Komplikationen. 


Damit nicht genug 


9, gibt es „multiforme“, allerdings meist nur biforme 


Foraminiferen, bei welchen die ersten Kammern anders, und zwar in der 


De 


Fig. 36. 


Regel nach einem kompli- 
zierteren Typus angeordnet 
sind als die späteren. So 
sind sehr viele zyklische, 
manche unregelmäßige und 
gerade Formen zuerst spiral 


Gaudryina + gradata 
Berthelin (1880) (Textu- 
lariidae). 

Mittlere Kreide (Gault), Dep. 
Doubs, Frankreich. 
4A seitlich °°/,, B von oben 
mit halbmondförmiger Mün- 
dung °°/,, © von unten, stärker 
vergr., um die zuerst drei- 
reihige Kammeranordnung zu 
zeigen. 


ale 2 

gebaut (Fig. 31, S. 32, u. 
35), manche einreihige 
zuerst zweireihig usw. 
(Fig. 36). 

Sehr beachtenswert ist, 
daß Schalen von verschie- 
dener Zusammensetzung 
oder Struktur häufig gleich- 


Ya I LER h 
gestaltet, „isomorph“, sind; 


b 
alle 
Oristellaria crepidula Fich- 
tel u. Moll. (Lagenidae). 
Senon (Feuersteinmehl) (nach 
Eley 1859 aus Chapman 1902). 
A Schale, B kieseliger Stein- 
kern, zeigt die makrosphärische 
Anfangskammer und die Ver- 
bindung der größer werdenden 
Kammern °®/,. 


so gibt es eine einkammerige Planospirale einer sandigen (Ammodiscus), 
kalkig dichten (Cornuspira) (Fig. 34, S. 33) und kalkıg perforierten 


Form (Spirillina). 


Foraminifera, Fortpflanzung. 35 


Die Fortpflanzung findet entweder durch einfache Zweiteilung 
statt, indem das zur Schalenmündung herausquellende Protoplasma 
sich mit einer neuen Schale umgibt und sich abschnürt, oder durch 


Fig. 39. 
Triloculina +  lia- 
ngerie sina Terquem (1858) 
Fig. 38.  Orbitopsella praecursor Gümbel (1872) (Miliolidae). (Mtliolidae). 


Lias, Roveredo, Südalpen. Lias, Lothringen. 
Anat.Gr., B Flächenschliff !°/,, zeigt anfangs spirale und später zyklische Von der Seite 
Kammeranordnung. 12,5. 


Bildung von beschalten Embryonen oder von Geißelsporen im Innern 
des Protoplasmas. In letzterem Falle findet man in allen Gruppen, 
auch bei einkernigen Formen, einen Generationswechsel verbunden 
mit „Dimorphismus“. 

Eine mit kleinen Anfangskammern versehene „mikrosphärische 
oder B-Form“ erzeugt nämlich Embryonen mit großer Anfangskammer, 


Fig. 40. 7 Schwagerina fusulinoides Schellwien (1898) (F Fusulinidae). 
Oberkarbon, Karnische Alpen. 
A Ganzes Exemplar von vorn °®/,, B Medianer Längsschnitt 5/,, € Medianer Querschnitt 10/,, 
D 7 Schwagerina princeps Ehrenbg. Ebendaher (aus Schellwien 1898). Schalenwand, Tangentialschliff 
nahe ihrer Innenfläche °>/,. 


„Megalosphäre“, die sich zur megalosphärischen oder A-Form aus- 

wachsen, welche oft kleiner als die B-Form und auch in der Anord- 

nung der Kammern, sowie durch das Vorhandensein eines groben 

neben den kleinen Kernen, von ihr verschieden sein kann (Fig. 41). 
3 


36 Protozoa. 


Die A-Form kann wieder Embryonen gleicher Form erzeugen oder 
ihr Protoplasma zerfällt in Geißelsporen, die sich kopulieren und dann 
zur B-Form auswachsen, die demnach geschlechtlich entsteht und als 
Ammengeneration gegenüber der geschlechtlichen zu bezeichnen ist. 

Ist so ein gewisser Zusammenhang des Schalenbaues mit der Art 
der Fortpflanzung festgestellt, so ist bis zu einem geringen Grade auch 
seine Abhängigkeit von der Lebensweise nachweisbar. Denn in Sübß- 
und Brackwasser leben fast nur COhitinosa, und die marine, kalkige 
Miliola wird bei Abnahme des Salzgehaltes des Wassers allmählich 
chitinös und klein und in der Tiefsee kieselig, 
wie überhaupt unter den Tiefseebewohnern 
Agglutinantia vorherrschen. Im Oberflächen- 
plankton dagegen leben nur perforierte Kalk- 
schaler, ohne Kanalsystem und Zwischenskelett, 
die fast alle mehrkammerig und spiral sind. 
Die festsitzenden zeigen zwar oft zuerst noch 
9 | eine reguläre Kammeranordnung, dann aber 
Fig. 41. Beloculina depressa . e SUR Se 2 

Orb. (Miliolidae). werden sie fast alle irregulär und z. T. ziem- 
Atlantischer Ozean, Tiefsee (aus Nch stattlich. Die kompliziertesten Formen 
» en a u Kanalsystem agglutinieren nie und sind 
zuerst in fünf, damn in einer Stets fein poröse Bodenbewohner, und end- 
a en lich gedeihen die Kalkschaler am besten im 
schnitt der ersten Kammern °,. wärmeren Meerwasser. 
re en Die Nummulites Ägyptens gehören zwar 
volutaufgewunden, AQuerschnitt zu den ältesten Versteinerungen, die als solche 

ie 8 erkannt wurden (Strabo), und die jungtertiären 
und rezenten Foraminiferen Italiens fanden schon im 18. Jahrhundert 
viel Beachtung, und zahlreiche Forscher klärten seitdem über sie auf, 
ein brauchbares System ist aber noch nicht gefunden. Ein- und viel- 
kammerige sind ja durch undeutlich segmentierte verbunden, und die 
äußerst mannigfaltigen Variationen in der Schalenform und der An- 
ordnung der Kammern, welche alle denkbaren Übergänge zu finden 
erlauben, sowie die multiformen Foraminiferen erschweren ein nur auf 
die Schalengestalt begründetes System. Die Übergänge hinwiederum 
zwischen Agglutinantia und den anderen, die isomorphen Formen und 
diejenigen, deren erste Kammern andere Struktur haben als die spä- 
teren, lassen eine auf die chemische Zusammensetzung und die Struktur 
begründete Einteilung nicht als natürlich erscheinen. 

Immerhin wird eine Unterscheidung von Perforata und Imper- 

forata dadurch gestützt, daß erstere mit Agglutinantia enger ver- 
knüpft sind, letztere viel später als sie auftreten und im Gegensatz 


Foraminifera, System. a 


zu ihnen ursprünglich und hauptsächlich spiral aufgewunden zu sein 
scheinen. 

Hier ist das besonders verbreitete System Bradys, das eine An- 
zahl von Formen um bestimmte Typen gruppiert und Gestalt und 
Struktur berücksichtigt, beibehalten, obwohl es durch neuere Unter- 
suchungen vielfach erschüttert ist. Es werden aber nur die wich- 
tigeren der fossil bekannten Formen erwähnt. 

Die einkammerigen Gromviidae mit chitinöser, manchmal auch 
agglutinierter, selten kieseliger Schale sind nur ın diluvialen Süß- 
wasserablagerungen Schwedens und Finnlands fossil nachgewiesen. 

Von den zwei Gruppen stets agglutinierter Formen, die bis in 
das Obersilur zurück bekannt sind, umfaßt die der Astrorhizidae in 
der Regel einkammerige, oft röhrenförmige oder Bon 


strahlige und meist unsymmetrische Formen, aber En 


7 » an = y 3, Ne > 4 tr 
auch kugelige wie Saccamina (Fig. 33, } ee 


5. 33), die der Lituolidae jedoch ERTET R 
meistens regelmäßig vielkammerige, N R 
wie Haplophragmium (Fig. 31, 8. 32), Fig. 42. 


allerdings oft mit labyrinthischem Orbitolina concava Lam. (Lituolidae). 
Innern. So bestehen die auf die Kreide °P‘r° Kreide, Br Alpen (aus Egger 
beschränkten F Orbitolinen (Fig. 42), 4 Schale seitlich %/,, B Horizontalschliff, 
bi >) oroß konk k _ mäßig vergr. Am Mantel Kammern regel- 
15 zu cm gro e onkav-kKonvexe mäßig zyklisch, in der Mitte mäandrisch. 
Scheiben, aus sehr vielen Kammern, 
die z. T. zyklisch, in der Mitte der Konkavseite aber labyrinthisch an- 
geordnet sind und an letzterer Öffnungen nach außen besitzen. Viele 
der Zituolidae sind übrigens mit Kalkschalern isomorph. 
Von den anderen Foraminiferen, die in der Regel kalkschalie 
} Ü ? fe) : fe) 
sind, gehen die Miliolidae (= Porcellanea = Imperforata) nur bis in 
> Ro) 
das Permokarbon, in welchem in Australien die festsitzenden viel- 
kammerigen Nubecularien sich fanden, während ihre anderen freien 
Formen noch kaum sicher über das Mesozoikum zurückverfolet sind. 
o oO 
Sie sind in der Regel vielkammerie und spiral, und weniestens bei 
oO oO 3 ? £ {) 
der makrosphärischen Anfangskammer ist die Mündung in eine ge- 
bogene Röhre verlängert (Fig. 410). Hierher gehört die oben auf S. 33 
8 Z Nele = f 
und 34 erwähnte Cornuspira (Fig. 34), die schon im Oberkarbon vor- 
kommen soll, und die Gruppe der Miliolinae, bei welcher die einen 
2) 1 ’ ; 
halben Umgang langen Kammern in einer, drei oder fünf Ebenen 
Se Te 5 2 Sl i 
meist involut spiral sind (Fig. 39, 5.35 u.41), und die auf S. 36 hervorge- 
hobene Anderung der Schalensubstanz vorkommt. Nur bis in das 
” RI ” . ” 
Tertiär lassen sich die außerordentlich variable, in der Regel füllhorn- 
förmige Peneroplis (Fig. 43), und nur bis in die obere Kreide die 
\ oO I 


38 Protozoa. 


kammerreichen Orbitolites und Alveolina nachweisen, von welchen die 
letzte spindelförmig und aus involuten gekammerten Umgängen zu- 
sammengesetzt ist, Orbitolites aber eine aus zyklischen Kammerreihen 
bestehende Scheibe darstellt. Doch findet sich die sehr ähnliche 
-* Orbitopsella (Fig. 38, 5.35) schon im südalpinen Lias. 

Alle übrigen auch fossil vor- 
kommenden Foraminifera sind Per- 
forata (= Vitrocalcarea). Die ein- 
fach gebauten ein- bis mehrkamme- 
rigen, welche nie ein Zwischenskelett 
oder Kanalsystem haben, finden sich 


Fie. 43. in allerdings meist unsicheren For- 

Peneroplis pertusus Forskäl (Miliolidae). men schon im Silur und Kambrium. 

; Rezent, Rotes, Meer (aus ‚Dreyer 1898). Darunter sınd die primitivsten 
Drei verschiedene Varietäten einer Art von einem : Ä ® - 

Fundort 13. die stets fein poröskalkigen Lage- 


nidae, zu welchen die einkammerige 
Lagena (Fig. 44), die aus einer geraden Kammerreihe bestehende Nodo- 
saria (Fig. 55, 8. 34 u. 21, 8.24) und die aus einer planospiralen auf- 
gebaute Oristellaria (Fig. 37, S. 34) gehören. 

Interessanter sind die Textulariidae, die in der Regel aus zwei 
oder drei geraden, seltener spiralen Reihen alternierender Kammern be- 
stehen, eine spalt- oder siebförmige Öffnung besitzen und besonders 
bei größeren Individuen oder 
Formen eine agglutinierte Aubßen- 
schicht erwerben. Die typische 
Gattung Textularia ist keilförmig 
aus zweizeilio alternierenden Fig. 45. 
Kammern mit Schlitzöffnung auf- + COlimacammina tex- 


Fig. 44. ; : = 
Lagena en gebaut, aber sonst gleiche Fora- tulariformis Möller 


(1879) (Textulariidae). 
Oberkarbon, Moskau. 
Schale seitlich !!/,. 


Will. (Lagenidae). miniferen sind biform, indem 
en. (Hoeän), Paris die Anfangskammern dreizeilig 
aus rquem 1882). ; R 0 

Schale ®/,. (Fig. 36, 8. 34) oder einzeilig 

planospiral und in einer Kegelspirale angeordnet 
sind. Verwandte Formen gehen dann noch zuletzt in einzeilige über, 
können also triform sein. Die Textulariiden sind schon im Karbon 
häufig und dort besonders oft agglutiniert oder auch mit Sieböffnungen 
versehen (Fig. 18, S. 22, u. 45). 

Die kleine Gruppe der @Globigerinidae ist insofern wichtig, 
als ihre Angehörigen z. T. in wärmeren Meeren planktonisch leben. 
Ihre Schalen sind stets kalkig und grobporös. Bei Globigerina sind 
wenige kugelige Kammern mehr oder weniger deutlich spiral angeordnet 


Foraminifera, System. 


(Fig. 46), bei Orbulina scheint die Jugendform ebenso gebaut zu sein, 


dann aber umschließt eine Kugelschale das Ganze (Fig. 47). 


Sie 


sollen schon im untersten Kambrium von Nordamerika vorkommen, 


Fig. 46. Globigerina bul- 
loides d’Orb. (1846) (G@rlo- 
bigerinidae). 
Jungtertiär (Miocän), Wien. 


A Schale von oben, B von 
unten °°/. 


Fig. 47. Orbulina universa 
d’Orb. (Globigerinidae). 


Rezent, Plankton (aus Rhumbler 
1900). 
Schale mit Stacheln und einge- 
schlossener @lobigerina °!/, . 


sind aber nur im Ter- 
tıiär und Mesozoikum 
ganz sicher nachge- 
wiesen. 


Fig.48. + Endothyra Pan- 
deri Möller (1879) (Ro- 
talvidae). 
Oberkarbon, Tula (Rußland). 
4A Schale seitlich, B von vorn 


nf) 


1° 


Bei den umfangreichen Gruppen der Rotaliidae und Nummulitidae, 
die spirale Schalen mit meist spaltförmiger Offnung haben, ist häufig 
ein Zwischenskelett und Kanalsystem 


Fig.49. Assilina 


mamillata d’ Arch. 


(Nummulitidae). 


Eocän, Südalpen (aus 
d’Archiac et Haime 
1853). 
A Schale seitlich, 
B von der Kante !/,, 
© Schale seitlich, z. T. 
Medianebene ?/,. 


entwickelt. Es sind 
meistens Bodenbewoh- 
ner wärmeren Seicht- 
wassers, nur einige bald 
unregelmäßig werdende 
Rotaliidaesind sogar fest- 
gewachsen, und wenige 
lebenauch planktonisch. 
Vonden Rotaliidaetindet 
sich die mit Cornuspira 
isomorphe einfache Spi- 
rillina schon im Kam- 
brium, die typischen 
aber, deren Kammern 
eine Kegelspirale bilden, 
an deren Basis nur die 
letzte Kammer sichtbar 
ist, sind wie die Num- 


Fig. 50. Nummulites + striata d’Orb. 
(Nummulitidae). 


Eoeän, Dep. Aude, Frankreich (aus Ehren- 
berg 1855). 
Eisensilikat - Steinkern zweier Kammern 
seitlich 5°/,. s Verbindungspore und Kanäle 
in den Kammersepten, r Kanäle im sog. 
Rückenstrang der Schalenumgänge. 


AO Protozoa. 


mulitidae nur bis in das Karbon nachgewiesen. Erwähnenswert ist 
von ihnen Calcarina, deren Zwischenskelett radiale Fortsätze am Rande 
der linsenförmigen Schale bildet, sowie die in Trias, Perm und Karbon 
verbreitete 7 Endothyra, die biform, oft mit siebförmiger Mündung 
versehen und häufig agglutiniert, aber nicht durch ein Zwischenskelett 
oder Kanalsystem kompliziert ist (Fig. 48, S. 39). 

Die stets feinporösen Schalen der Numulitidae endlich bestehen 
aus meist involut planospiralen, vielkammerigen Umgängen. Es sind 
zweiseitig symmetrische, meist scheiben-, linsen- bis kugelförmige 
Gehäuse, und es ist in den Septen und im Rücken der Spirale fast stets 
ein Kanalsystem entwickelt, während das dichte Zwischenskelett Pfeiler 
bildet. Die relativ einfache Amphistegina und Opereulina findet sich 
schon in der Kreide, Niummulites aber fast 
nur im Alttertiär (Fig. 32, 3.33, 49 u. 50). 
Bei ıhm reiten die spiral angeordneten 
Kammern auf den früher gebildeten und 
umhüllen sie mit ihren Seitenflügeln. Der 
einfache, mäandrische oder netzförmige 
Verlauf der Septen dieser Seitenflügel er- 
a laubt die zahlreichen dimorphen Arten 


Fig. 51. 7 Orbitoides d’Orb. 


(Nummulitidae). 
Eocän (aus Carpenter, Park und Jones 
1862). 
Modell eines Stückes der scheiben- 
förmigen, feinporösen Schale °°).. 
a Rechteckige Kammern der Median- 
ebene, b ihre Verbindungsporen, c nie- 
dere oberflächliche Kammern, d deren 
schräge Verbindungsporen, e Kanal- 


einzuteilen. Ihre B-Form ist oft viel größer 
als die viel bäufigere A-Form, und zwar 
steht ihre Größe meistens im Verhältnis 
zu derjenigen der Megalosphäre der A-Form 
(siehe Fig. 12, S. 15!). 

Ebenso kompliziert ist 7 Orbitoides, 
ein vom Miocän bis in die obere Kreide 


system, f dichte Zwischenskelettpfeiler, , 5 x $ 
welche die Skulptur der Oberfläche verbreitetes Genus, gebaut. Hier ist 


Di eine Medianschicht zyklisch angeordneter 
Kammern von charakteristischer Form vorhanden, und darüber und 
darunter befinden sich Zyklen kleiner flacher Kammern (Fig. 51). 
Die früher zu den Nummulitidae gerechneten F Fusulinidae 
(Fig. 40, S. 35) nehmen infolge ihrer auf S. 32 erwähnten Schalen- 
struktur und wegen des Mangels eines Kanalsystems eine besondere 
Stellung ein. Ihre involut planospiralen Schalen, deren Windungs- 
achse gestreckt ist, so dab sie spindelförmig bis kugelig und Alveolina 
(5. 38) ziemlich isomorph sind, haben höchstens ein ganz schwaches 
Zwischenskelett. Dafür sind aber Sekundärkammern sehr entwickelt. 
Sie finden sich nur ım Karbon und Perm, und einige kugelige dünn- 
schalige, die besonders weit verbreitet sind, haben vielleicht plank- 
tonisch gelebt. 


Foraminifera, Verbreitung. 41 


Die geologische Verbreitung und Entwicklung der 
Foraminiferen. 


In der Gegenwart ist der feine Sand und Schlamm der Meeres- 
küsten oft ganz erfüllt von Schalen meist benthonischer Foraminiferen, 
besonders an den tropischen Korallenriffen, und, wenn auch in der 
Tiefsee nicht viele Formen leben, so bestehen doch die verbreitetsten 
Tiefseeabsätze, speziell unter Warmwasserströmungen, größtenteils aus 
den Schalen der planktonischen Globigerinidae. 

Dementsprechend spielen auch in älteren Formationen Foramini- 
ferengesteine eine große Rolle. Mehr oder minder deutliche Stein- 
kerne sind besonders häufig glaukonitisch und erfüllen die Grünsande, 
und die Schalen selbst bilden oft die Hauptmasse mächtiger Kalk- 
schichten (siehe Fig. 12, S.15!). Für genauere Untersuchungen der 
fossilen Reste kommen allerdings Steinkerne sowie harte Gesteine, 
die sich meist nur in Dünnschliffen studieren lassen, nicht so in 
Betracht wie die in lockeren Schichten aufbewahrten Schälchen, die 
durch Schlämmen isoliert werden können. 

Echter fossiler Globigerina-Schlick findet sich übrigens nur selten 
und fast nur im Jungtertiär des Bismarck-Archipels, der Salomons- 
Inseln, von Malta und Barbados. Die meisten Foraminiferengesteine 
dürften in geringer Tiefe entstanden sein. 

Die diluvialen und jungtertiären Foraminiferen-Faunen zeigen den 
rezenten gegenüber nur bemerkenswerte tiergeographische Verschie- 
bungen. So enthalten die diluvialen von Südschweden, Schleswig- 
Holstein und Maine (Nordamerika) viele jetzt nordische Arten, wäh- 
rend das an Resten reiche ‚Jungtertiär (OÖbermiocän) des Wiener 
Beckens eine Anzahl jetzt tropischer oder subtropischer Seichtwasser- 
formen aufzeigt. Wegen seines Reichtums bemerkenswert ist übrigens 
auch das jüngste Tertiär (Pliocän) Italiens. 

Im Alttertiär (Oligocän, Eocän und Paleocän) finden sich zwar 
auch noch sehr viele jetzt lebende Formen, doch sind die Unterschiede 
von der Gegenwart schon recht deutlich. Für das Oligocän des Südens 
der Nordkontinente sind gewisse 7 Orbitoides-Formen und die jetzt 
nur sehr seltenen Nummulites charakteristisch, während z. B. ın Nord- 
deutschland (im Septarienton) Lagenidae, hotaliidae und Textularvidae 
herrschen. 

Im Eocän haben die benthonisch freilebenden Kalkschaler und 
besonders die komplizierteren Formen der Perforata ıhre höchste 
Blüte gehabt, nieht nur was Individuen- und Formenreichtum anlangt, 
sondern auch in der Größenentwicklung. Miliolinae, Alveolina und 


42 Protozoa. 


Orbitolites sind oft felsbildend, erstere z. B. im Grobkalk von Paris, 


die Alveolinae besonders östlich der Adria; auch Cristellaria und ge- 


wisse Rotalöidae sind stellenweise häufig, wie im Paleocän Südenglands. 
Sie alle werden aber weit übertroffen durch die erstaunliche Entfal- 
tung der in Begleitung von Operceulina und 7 Orbrtoides und auch 
Alveolina auftretenden Nummulites, die mächtige Schichten unserer 
Hochgebirge zusammensetzen und in Menge so weit verbreitet sind, 
daß sie mit Recht als charakteristische Marintiere des Eoeäns gelten. 
Denn wie seit dem Jungtertiär waren die Numimulites vorher offenbar 
sehr selten, man fand ja nur ganz vereinzelte kleine und noch dazu 
nicht ganz sichere im oberen Jura und Karbon Europas. 

Im Mittelmeergebiet und in Europa war ihr Höhepunkt entschie- 
den während des Mitteleocäns, wo bis über 1 dm große Formen im Seicht- 
wasser lebten. Ihre damalige geographische Verbreitung zeigt deutlich 
eine Abhängigkeit von warmem Wasser, indem sie für das einstige 
Mittelmeer (Tethysozean) charakteristisch sind und nur mit der warmen 
Strömung im Osten Afrikas und Australiens weit nach Süden vor- 
drangen, während sie infolge des kalten Auftriebs und der kalten Strö- 
mungen im Westen der Südkontinente sich nicht so entfalten konnten 
(siehe nebenstehende Karte Fig. 52). 

Daß auch zur Kreidezeit die Foraminiferen eine große Rolle 
spielten, beweist das häufige Vorkommen von Grünsanden, deren 
Glaukonitkörner oft noch die Entstehung aus ihren Steinkernen er- 
kennen lassen, aber auch Kalkschaler sind nicht selten reich ent- 
wickelt. So ist in der obersten Kreide von Maastricht die sternförmige 
Calcarina massenhaft vorhanden, und die Schreibkreide ist erfüllt von 
Resten von Textularien und Rotalien und auch Globigerinen, wenn sie 
auch kein fossiler Tiefseeschlick ist. In der unteren und mittleren Kreide 
sind endlich in Europa die stattlichen 7 Orbitolinen manchmal fels- 
bildend, die wie 'r Orbitoides eine ähnliche geographische Verbreitung 
wie Nummulites gehabt zu haben scheinen. 

Im Jura dagegen fehlen große Formen fast völlig, und es treten 
die Foraminiferen nicht gesteinsbildend auf. Doch sind viele ZLage- 
nidae (besonders Cristellaria) und Textulariidae, manchmal auch Milio- 
lidae und vor allem Lituolidae, also agglutinierte Formen und ein- 
fachere Kalkschaler oft in ziemlicher Menge vorhanden. 

Bedeutend weniger ist von Foraminiferen der Trias bekannt, von 
welchen Lituolidae und Lagenidae, in der nordalpinen oberen Trias 
auch Globigerina zu erwähnen sind. Die Binnenfazies ist eben arm an 
solchen hauptsächlich rein marinen Tieren, und in der alpinen sind die 
Reste wohl meistens infolge der Gebirgsbildung unkenntlich geworden. 


ee 


'eitung zur Mitteleocänzeit. 


mitteleocäne (in Ostgrönland, Oberguinea und im Sudan eher untereocäne) Meeresablagerungen 
de Lapparent 1906). Die Verbreitung der Nummuliten ist durch rote Punkte angedeutet. 


Fig. 52. Nummulitenverbreitung zur Mitteleocänzeit. 


Ganz unsichere Grenzen von Meer und Land sind nur mit einer blauen Linie angegeben, wo mitteleocäne (in Ostgrönland, Oberguines und im Sudan eher untereociine) Meeresablugerungen 
einen sicheren Anhalt geben, ist das Meer mit blauem "Ton eingetragen (abgeändert aus de Lapparent 1906). Die Verbreitung der Nummuliten ist durch rote Punkte angedeutet. 


Stromer, Paläozoologie. 


Foraminifera in Paläozoikum. 


Auch die Binnenfazies des Perms enthält anscheinend nur wenige 
und kleine Reste, besonders von Litwolidae und Lagentidae, reicher 
aber ist die hochmarine Fazies der Alpen sowie von Texas und Neu- 
mexiko, in welcher neben agglutinierten und glasig-porösen Formen 
die jüngsten j Fusulinidae eine gewisse Rolle spielen. Im Perm finden 
sich auch die ältesten sicheren Miliolidae. 

Im Karbon tritt uns aber wieder eine auffällig reiche bentho- 
nische Fauna entgegen. Im Oberkarbon der Nordkontinente, der 
Nordpolarregion, Sumatras, Guatemälas und des Amazonasgebietes 
sind die F Fusulinidae vielfach felsbildend und gewisse Frotalirdae und 
Textulariidae reich und relativ stattlich entwickelt, und im Unterkarbon 
Großbritanniens und Belgiens erfüllt Saccamına oder y Eindothyra manche 
Kalksteine. Auffällig ıst in letzterem die große Zahl agglutinierter 
und halb porös-kalkschalig, halb agglutinierter Formen (Fig. 18, 5.22). 

In unerklärtem Gegensatz zu diesem Reichtum steht die geringe 
Zahl bestimmbarer Foraminiferenreste in den doch so wohl entwickelten 
und gut durchforschten Marinschichten der älteren Formationen. Aus 
dem Devon Europas sind nur Globigerina und eine Textulariida, aus 
seinem Obersilur Lagena und wenige z. T. festgewachsene Lituolidae 
und aus seinem Kambrium Spirillina zu nennen, wozu wohl noch Globi- 
gerina und Orbulina aus dem Unterkambrium Neu -Braunschweigs 
kommen. Daß diese Armut aber nur eine scheinbare ist, beweisen 
mittelsilurische Schiefer in Wales und die oberkambrischen Grünsande 
bei St. Petersburg, deren Glaukonitkornformen auf das Vorhandensein 
zahlreicher ein- und vielkammeriger Textularridae, Rotaliidae und an- 
derer Perforata schließen lassen. 

Es scheinen also alle fossil erhaltungsfähigen Familien bis min- 
destens in das jüngere Paläozoikum zurückzugehen und Perforata 
schon im Kambrium in verschiedenen ein- und mehrkammerigen Typen 
vorhanden zu sein. Schon im Karbon finden sich biforme wie dimorphe 
Foraminiferen und so hoch spezialisierte wie 7 Fusulina und sogar Num- 
mulites. Auch lassen sich viele Genera ganze Formationsreihen hindurch, 
manche, wie Spirillina und Lagena, bis in die ältesten Formationen 
verfolgen, ja auch manche Arten überdauern mehrere Formationen. 

Es herrscht also großenteils eine Stabilität, die in auffälligem 
Gegensatz steht zu der Variabilität vieler Formen und der Kurzlebig- 
keit anderer, wie der kretazischen 7 Orbitolinae. Ganz besonders be- 
merkenswert ist die anscheinend unvermittelt auftretende Blütezeit 
mancher langlebiger Formen wie Saccamina im Unterkarbon und 
Nummulites im Alttertiär und relativ kurzlebiger wie 7 Fusulina im 
Oberkarbon und f Orbitoides im Alttertiär. 


44 Protozoa. 


Mehrfach ist übrigens wahrscheinlich gemacht, dab gewisse Genera 
nur gestaltlich gleiche Entwicklungsstadien verschiedener Stammreihen 
sind, daß z. B. verschiedene Perforata ein Textularia-Stadium durch- 
laufen, in welehem ihre Kammern zweireihig alternierend angeordnet 
sind. Auch sind schon Anfänge zur Aufstellung von Stammbäumen 
gemacht, z. B. der Miliolinae aus Cornuspira-artigen Formen im Jura 
von einer Stammesgeschichte im großen ist aber keine Rede. 

Gesichert ist nur, daß die kompliziertesten und größten Formen 
und die planktonischen erst in der Kreide und im Tertiär auftreten 
oder doch eine Rolle spielen, und daß die /mperforata die jüngste 
große Gruppe, die Perforata dagegen sehr alt sind. Wenn die Agglu- 
tinantia noch nicht im Kambrium gefunden sind, beweist das bei der 
Dürftigkeit altpaläozoischer Foraminiferenreste nichts, auffällie ist 
aber doch, daß die vielfach für besonders primitiv gehaltenen Astro- 
rhizidae im Altpaläozoıkum so wenig: vertreten zu sein scheinen. 


? 


3. Ordnung Heliozoa. 


Die kugeligen Tierchen, deren Protoplasma eine Rinden- und 
Marksubstanz unterscheiden läßt und strahlenförmige Pseudopodien 
aussendet, bilden teilweise isolierte Kieselstückchen, meist Nadeln 
oder sogar eine kieselige Gitterkugel. Fossil sind aber Reste der 
fast nur das Süßwasser bewohnenden Heliozoa bloß in diluvialen See- 
ablagerungen Schwedens und Finnlands nachgewiesen. 


4. Ordnung Radiolaria. 


Die Angehörigen der viel formenreicheren Ordnung unterscheiden 
sich hauptsächlich dadurch von den vorgenannten, daß eine chitin- 
ähnliche Kapselmembran die beiden Protoplasmateile scharf trennt 
und daß in der Regel ein Skelett vorhanden ist. Auch leben sie nur 
planktonisch in reinem Meerwasser, wobei ihnen die Fähigkeit, die 
Ausdehnung des extrakapsulären Protoplasmas und so ihr spezifisches 
Gewicht zu verändern, ein Auf- und Absteigen gestattet und oft lange 
Stacheln das Schweben erleichtern. Abgesehen von einigen Tiefsee 
bewohnenden Phäodarien von 20—30 mm Größe sind sie mikrosko- 
pisch klein oder bis 1—2 mm groß. 

Die Fortpflanzung findet meistens durch die Entwicklung von 
Geißelsporen in der kernhaltigen Zentralkapsel statt, seltener durch 
deren Teilung. Folgt letzterer nicht auch eine Teilung des gallert- 
artigen äußeren Protoplasmas, so entstehen Kolonien. 

Das Skelett besteht nur bei den Acantharia aus Strontiumsulfat, 
bei den Phaeodaria aus einem organischen Silikat oder auch aus 


a 


Radiolaria. 45 


Fremdkörpern, bei den allein fossil erhaltungsfähigen Spumellaria und 
Nassellaria aber aus opalartiger Kieselsäure Nur bei den ersten setzt 
es sich aus 20 gesetzmäßig vom Zentrum ausstrahlenden Nadeln zu- 
sammen, sonst bilden tangentiale Nädelchen, die in der Regel sich zu einer 
Gitterschale zusammenschließen, die Grundlage des ursprünglich extra- 
kapsulären Gerüsts, von dem nach außen radiäre Strahlen ausgehen 
können. Bei weiterem Wachstum können sich dann mehrere konzentrische 
Gitter bilden, wobei die ersten Strahlen zu Radialstrebepfeilern werden. 
Die kugelige Grundform geht durch Abplattung oder Streckung 
in eine Reihe anderer über, häufig findet man aber auch unipolare, 
kegel- oder helmförmige 
oder auch zweiseitig sym- 
metrische Gerüste, ja auch 
zweiteilige Gitterschalen 
kommen vor. Dazu wird 
durch Ornamente die For- 
menfülle. zu einer fast 
unübersehbaren, doch ist 
es gelungen, wenigstens 
für manche Gerüstformen 
die mechanischen DBe- 
dingungen nachzuweisen. 
Nach dem Verhalten 
der Zentralkapsel und des Re Ohren 
>keletts kann man zwei Cenosphaera 7 macropora Rüst !2°/,, B Heliodiscus } acueinctus 


/19 
Gruppen trennen, die der Aüst %/,, Untersilur Cabriöres (Languedoc), Frankreich, 0 Ceno- 
Keen > ne discus 7 intermedius Rüst "®/,, Unterkarbon (Harz), Preußen, 
Poı ulosa mit allseitig D Amphymenium y Krautiü Rüst \°%/,, Oberdevon (Harz), Preußen 


durchbohrter Tentral- (A bis D aus Rüst 1892). EZ Dictyastrum  neocomense Rüst 4%, 
N untere Kreide (Neokom), Gardenazza, Südalpen (aus Rüst 1888). 
kapsel, welche die Acan- 


tharia und Spumellaria umfaßt, und die Osculosa mit eiförmiger, nur 
an einem Ende geöffneter Zentralkapsel, zu welcher die Nassellaria 
und Phaeodaria gehören. 

Die Unterordnungen der Acantharia und Phaeodaria, welche jetzt 
besonders in der Tiefsee häufig sind, konnte man fossil noch nicht 
nachweisen. 

Bei der Unterordnung Spumellaria (= Peripylea) bilden die 
allermeisten ein Kieselskelett in Gestalt von tangentialen Nadeln oder 
einer Gitterschale, die kugelig bis scheibenförmig und dann am Rand 
oft radiär gelappt ist. Solche Formen sind rezent vor allem im Ober- 
tlächenplankton häufig und lassen sich bis in das Präkambrium zurück 
verfolgen (Fig. 53). 


46 Protozoa. 


Ebenso verbreitet sind auch die Nassellaria, deren Kieselskelett, 
der einen siebförmigen Hauptöffnung entsprechend unipolar, meist 
helm- oder netz ne ist (Fig. 54). 

Die rezenten nella gelangen als planktonische Organismen 
natürlich in Meeresablagerungen aller Art, angereichert sind aber ihre 
Reste, und zwar fast nur die dauerhaften der Spumellaria und Nassel- 
laria in Absätzen solcher Tiefen, wo Kalkschaler aufgelöst werden. 
Ebenso verhielt es sich wohl früher, doch sind z. B. die jungtertiären, 
von Radiolarien erfüllten Tripelgesteine von Caltanisetta in Sizilien 
offenbar in küstennahem Seichtwasser gebildet. 

Solche jungtertiären Tripel, die meist auch an Diatomeen, Kiesel- 
nadeln von Spongien und an Foraminiferen reich sind, enthalten die 
Radiolarienskelette häufig fast unverändert, in älteren Gesteinen ist 
aber entweder die Kieselsäure kristal- 
linisch geworden oder sie ist durch andere 
Mineralien ersetzt. Phosphatknollen, viel 
häufiger aber kieselige Kalke, Kiesel- 
schiefer, Hornsteine und Jaspisse ent- 
halten vor allem solche Reste, besonders 
rote Kieselgesteine manchmal in solcher 
Menge, daß man von verkieseltem Radio- 


Fig. 54. Nassellaria 

g 6 6 
A Eucyrtidium sphaerophilum Ehrbg. 2%), , z D b x 
Miocän, Barbados (aus Ehrenberg 1875), larienschlick (Radiolarit) sprechen kann. 
B Lithocampe 7 Tschernytschewii Rüst °*/, , = 201 . o e = 
Unterdevon, Südural (aus Rüst 1892), Leideı sind aber, abgesehen Nom Jung 
C Olathrocyclas 7 tintinnabulum Vinassa tertiär, fast nur die europäischen For- 


125/,, oberster Jura (Tithon), Carpena bei 


Spezia in Italien (aus Vinasa 1898.  WMationen systematisch auf Radiolarien- 


reste durchsucht worden. 

Im Jungtertiär ist außer reichen Ablagerungen in Italien, Sizilien, 
Griechenland, Tripolis, Oran und Maryland vor allem die Antilleninsel 
Barbados zu nennen, wo richtiger Tiefseeschlick nachgewiesen ist. 
Aus dem Alttertiär dagegen ist wenig bekannt. 

In der Kreide sind besonders kieselige Schichten der oberen 
Kreide Venetiens, mittelkretazische Phosphatknollen Norddeutschlands 
und unterkretazische Kieselkalke der Alpen reich an guten Resten 
befunden worden. Weiterhin sind kieselige Gesteine des oberen Jura, 
von Spezia und Bologna in Italien, sowie in den Nordalpen besonders 
gehaltvoll, während ınan aus dem mittleren Jura fast nur aus Ungarn 
reiche Hornsteine kennt. 

In der Trias finden sich Radiolarien in den Alpen und in Ungarn 
in nur mäßiger Menge, im Sunda-Archipel wies man sie aber, und 
zwar beenden Nassellaria, in größerer Zahl nach, einige beschrieb 
man auch aus dem Perm Europas und Vorderindiens. Reich sind 


Radiolaria. AT 


dann wieder schwarze Kieselschiefer und andere kieselige Gesteine des 
unteren Karbons und oberen und unteren Devons von Nordwestdeutsch- 
land und Rußland, auch des Oberdevons von Neusüdwales und des 
Untersilurs von Westeuropa. Endlich fand man sogar in wohl präkam- 
brischen Kieselschiefern der Bretagne zahlreiche ganz winzige lveste. 

Was den Charakter der fossilen Spumellaria und Nassellaria an- 
langt, so schließen sich die tertiären auf das engste an die noch leben- 
den an, die älteren Faunen zeigen aber deutliche Unterschiede, indem 
die Nassellaria seltener werden, so daß im Paläozoikum Spumellaria 
stark vorherrschen. Im Devon und Silur fand man z. B. vor allem 
kugeligse Formen mit Radialstacheln (Sphaeroidea), fast keine kegel- 
Dome (Cyrtoidea), während letztere im Küänozoikum überwiegen. 
Aber schon aus jener Ära kennt man äußerst komplizierte Formen 
und viele noch jetzt lebende Genera aller möglichen Gruppen, so daß 
man von einer erheblichen Veränderung und Entwicklung der Radio- 
larienformen nichts nachweisen kann. Im Gegensatz zu den plank- 
tonischen Foraminiferen haben also die Radiolarien schon seit den 
ältesten Zeiten eine große Rolle gespielt. Bemerkenswert ist nur, dab 
die paläozoischen Formen großenteils recht stattliche und feste Ge- 
rüste haben, während die präkambrischen, die zu den ältesten bekannten 
Fossilien gehören, auffällig klein sind, und endlich, daß einige Sphae- 
roidea und CUyrtoidea der Kreide- und Juraformation sich eng an jetzige 
Tiefseebewohner anschließen. 


Anhang Xenophyophora. 


Scheiben-, klumpen- oder bäumchenförmige Tiefseebewohner bis 
zu einigen Zentimeter Größe werden neuerdings an die Rhizopoda an- 
gereiht. Ihr vielkerniges Protoplasma ist in Röhren einer spongin- 
ähnlichen Substanz eingeschlossen, und zwischen das Röhrengeflecht 
sınd fremde Hartteile (Xenophya), meistens Spongiennadeln, auch Ra- 
diolarien- und Foraminiferengerüste und Sandkörner eingelagert. Unter 
günstigen Bedingungen könnten sie sich also fossil erhalten, nachge- 
wiesen sind sie aber noch nicht. 


2. Klasse: Flagellata. 


Von den drei Ordnungen der dauernd mit Geißeln versehenen 
Protozoen kennt man in fossilem Zustande nur Angehörige der 


1. Ordnung Autoflagellata. 


Man könnte die an einem Pole mit einer oder zwei Geibeln 
versehenen Formen ebensogut zu den Pflanzen rechnen, denn sie 


Protozoa. 


enthalten wie die Diatomeen stets gelbbraune Ühromatophoren, die zur 
Assimilation dienen, doch nehmen nahe Verwandte auch geformte. 
Nahrung auf. 

Von den zwei Familien, die hier allein in Betracht kommen, 
umfaßt die der Coccolithophoridae nur marine Tiere von winziger 
Größe (ohne Fortsätze 4,5 bis 32 u d.h. 0,0043 bis 0,032 mm). Die 
mit zwei Chromatophoren versehenen Zellen zeichnen sich dadurch 
aus, daß in ihrer sehr feinen Schalenhaut mehr oder minder dicht 
Scheibehen aus kohlensaurem Kalk (Coccolithes) liegen, die höchstens 
wenige u groß in ihrer Form zwar an einem Individuum verschieden 
| sein können, aber doch für die Arten 
charakteristisch sind (Fig. 55). 

Teils sind sie einfach un- 
durehbohrt mit verdicktem Rande 
(Discolithes), wobei durch Randerhöh- 
ung eine Becherform entstehen oder 
in der Mitte ein Fortsatz sich er- 
heben kann, teils ist ihre Mitte durch- 
bohrt, wobei dann der Rand dünn 
bleibt. Der Lochrand aber ist ın 


Fig. 55. Syracosphaera pulchra Leh- 
mann (Ooceolithophoridae). 


Mittelmeer - Plankton (aus Lehmann 1902). 


n Kern, c Chromatophor, Oberfläche mit Disco- 
lithen, die neben der Geißel je einen zentralen 
Fortsatz haben. A bis E, @, I Discolithen, 
A, B aus dem miocänen Radiolarienlager von 


diesem Falle stets in eine senkrechte 
Röhre ausgezogen, die entweder lang 
und einfach ist ( Zrhabdolithes) oder kurz 


und am Einde wieder zu einer durch- 
bohrten Scheibe erweitert(Oyatholithes) 
(Fig. 55). 

Die Coccolithophoridae leben als 
assimilierende, also lichtbedürftige Or- 
ganismen nur im Oberflächenplankton 
und sind bisher nur in wärmeren oder 
gemäßigten Zonen gefunden worden. Ihre Skeletteile, welche nach 
dem Tode fast stets auseinanderfallen, gelangen in Meeresablagerungen 
aller Art, aber wie überhaupt die Reste planktonischer Kalkschaler 
treten sie vor allem in kalkigen Tiefsee-Ablagerungen hervor, und 
dies so sehr, daß sie in manchen Globigerina->Schlicken zwei Drittel 
der Masse ausmachen. 

Hierin wies man auch zuerst die rezenten, und zwar z. T. noch 
zusammenhängenden Panzer (Üocco- und Rhabdosphaera) nach. Aber 
auch in Seichtwasserbildungen, so im quartären Kalk der ostafrikani- 
schen Aldabra-Inseln, im jungtertiären, an Kalkalgen reichen Leitha- 
kalk bei Wien, in alttertiären Mergeln am Kressenberg in Bayern 


Caltanisetta in Sizilien, 0, D aus der oberen 
Kreide von Meudon in Frankreich 5%), (aus 
Gümbel 1883), E, @, I aus oberer Kreide (Grün- 
sand) Englands '%/,, (aus Sollas 1876), F, H 
Rhabdolithen .’%/, ebendaher, X Cyatholith 
von Coccosphaera Murray et Blackmann, re- 
zentes Plankton, schematischer, sehr stark 
vergrößerter Querschnitt (aus Lehmann 1902 
nach Murray). 


Autoflagellata. 49 


und in der Schreibkreide (Senon) sind sie in enormen Mengen, z. T. 
direkt gesteinsbildend, nachgewiesen und aus letzterer überhaupt zu- 
erst bekannt geworden. Bis zum Kambrium zurück sollen sie in allen 
Formationen vorkommen, wenn auch selten in gutem Zustande. 

Erwähnenswert ist von den fossilen nur, daß in der Kreide auch 
Formen gefunden sind, die rezent anscheinend nicht vorkommen, 
(Fig. 55E) und daß in der Binnenfazies der Trias, also in dem ab- 
geschlossenen Meeresbecken, Coceolithen kaum vorhanden sind. 

Bei der anderen noch ungenügend bekannten Familie der Dietyo- 
 chidae enthält die Zelle in der Regel zahlreiche Öhromatinkörner und 
steckt in einem Gehäuse aus hohlen oder massiven A 
Kieselbalken, das etwa 0,02 mm Durchmesser hat, 
äußerlich dem mancher Radiolaria gleicht und 
von gewissen skelettlosen Phaeodaria oft als 
Schutzhülle aufgenommen wird. Deshalb wurden Fig. 56. 
die zuerst fossil nachgewiesenen Gerüste bisher 4A, B Dietyocha aculeata 
jenen zugerechnet. Sie bestehen in der Haupt- Ehrenbg. (Dietyochidae). 


N ö . . A seitlich, B von oben, 
sache aus ein oder aus zwei konzentrischen Ringen, . N 
Ü Dictyocha fibula 


X 
. 


die durch Radialstreben verbunden und dazwischen Ehrenbg. 
oft mit Radialstacheln besetzt sind. Mioeäner Tripel von Caltani- 
© N E une . ,„ setta in Sizilien 15%, (aus 
Die rezenten leben kosmopolitisch im Ober- Hhrenberg 1852), 


flächenplankton, fossile Reste fand man häufig 

in radiolarien- oder diatomeenreichen Ablagerungen der Jungtertiärzeit, 
z. B. in Caltanisetta in Sizilien (Fig. 56) und in Maryland. Seltene, 
fragliche Skelette kennt man auch aus der oberen und mittleren Kreide 
Europas. 


3, Klasse: Infusoria. 


Die zu den Oligotricha gehörigen Tintinnidae, großenteils marine 
Planktonformen, scheiden ein chitinöses, selten agglutiniertes Gehäuse 
aus. Fragliche fossile Reste wurden aus Phosphatknollen der mitt- 
leren Kreide (Gault) von Hannover beschrieben und diluviale aus Süb- 
wasser - Seeablagerungen Schwedens und Finnlands. Die sonstigen 
rezenten Infusoria, die parasitischen Protozoa (4. Klasse Sporozoa), so- 
wie die Übergangsformen zu den vielzelligen Formen besitzen keine 
fossil erhaltungsfähigen Hartteile. 


Diagnosen der Protozoen-Gruppen. 
1. Klasse: Rhizopoda. Mit Pseudopodien versehene einzellige Tiere. 
1. Ordnung: Amoebina. Mit wechselnder Körpergestalt und plumpen Pseudo- 
podien. Bezent. 
2. Ordnung: Foraminifera. Mit feinen, ein Netz bildenden Pseudopodien, mit 


Stromer, Paläozoologie. 4 


4. Kl. 
Spo0- 


m — 


T0Z03 


3. Kl. 


Infu- 
soria 


— 


Fla- 


gellata 


Fu 


2.Kl. 


Protozoa. 
1. Kl. Rhizopoda 


50 


8yorıl 
-0370 'O 


eye][oseH 
-omvY 'O "TI 


«ıoyd 
-o£ydouox 


@TTeL 
SOrPEIEOFT, 


14077 
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BA9FTUTUL 
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-9ouy 'O 'T 


| Diluvium und 
Tertiär 
Kreide 


Karbon 


Perm 


wmYTOZOosoN 


wnyTozoaefeg 


Kambrium 


Praekambrium 


Protozoa, Diagnosen und Literatur. 51 


dichter oder poröser, kalkiger, agglutinierter oder nur chitinöser, ein- oder 
vielkammeriger Schale. Meist marin benthonisch bis Unterkambrium. 

3. Ordnung: Heliozoa. Kugelig, Mark- und Rindenschicht des Protoplasmas 
unterscheidbar, mit strahligen feinen Pseudopodien, manchmal mit Kiesel- 
skelett. Meist Süßwasser, auch diluvial. 

4. Ordnung: Radiolaria. Kugelig, durch Membran getrennte Zentralkapsel 
und extrakapsuläres Protoplasma mit feinen strahligen Pseudopodien. Meist 
mit Kieselgitterskelett. Marin planktonisch, zwei Unterordnungen bis Prä- 
kambrium. 

Anhang: Xenophyophora. Protoplasma in Schläuche verteilt, zwischen deren 
Geflecht harte Fremdkörper. Rezent, Tiefsee, benthonisch. 

2. Klasse: Flagellata. Einzellige Tiere mit einer oder zwei Geißeln. 

1. Ordnung: Autoflagellata. Mit Chlorophyll versehen. Nur marin plankto- 
nische, ein Kalk- oder Kieselskelett ausscheidende Formen, bis Kambrium. 

2. und 3. Ordnung: Dino- und Cystoflagellata. Nur rezent. 

3. Klasse: Infusoria. Mit feinen Wimpern, Zellenmund und After. Von den 
fünf Ordnungen nur 

Ordnung: Oligotricha. Mit adoraler Wimperzone, einige planktonische mit 
Chitinhülle, auch diluvial. 

4. Klasse: Sporozoa. Parasitisch, nur rezent. 


Literatur. 
Foraminiferen. 


Toutkowski: Index bibliographique de la litterature sur les Foraminiferes 
vivants et fossiles 1883—1898, (russisch) Kiev 1898. 

Winter, F. W.: Foraminifera für 1896 bis 1900. Arch. f. Naturg. Bd. 71, 
Berlin 1905. 


Faunen: 
Tertiär: 

Jones, T. R, Parker and Brady: A Monograph of the Foraminifera of the 
Crag, II und III. Paläontogr. Soc., London 1895—97. 

de la Harpe: Monographie der in Ägypten und der libyschen Wüste vorkom- 
menden Nummuliten. Paläontogr., Bd. 30, Kassel 1883. 

Schwager, C.: Die Foraminiferen aus den Eocänablagerungen der libyschen 
Wüste und Ägyptens. Ebenda. 


Kreide: 
Egger: Foraminiferen und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der oberbayeri- 
schen Alpen. Abh. k. bayer. Akad. II. Cl. Bd. 21, München 1899. 
Berthelin, G.: Memoire sur les Foraminiferes fossiles de l’etage Albien de 
Moncley (Doubs). Mem. soc. geol. France, Ser. 3, Bd. 1, Paris 1880. 
Jura: 
Häusler, R.: Monographie der Foraminiferen der Transversarius-Zone. Abh. 
Schweiz. paläont. Ges. Bd. 17, Zürich 1891. 
Issler, A.: Beiträge zur Stratigraphie und Mikrofauna des Lias in Schwaben. 
Paläontogr. Bd. 55, Stuttgart 1908. 
Trias: 
Chapman, F.: On some Foraminifera of Rhätie age from Wedmore in Somerset. 
Ann. Mag. nat. hist. Ser. 6. Bd. 16, London 1895. 
4* 


52 Protozoa. 


Perm: 
Schellwien, E.: Die Fauna des karnischen Fusulinenkalks, II. Paläontogr. Bd. 44, 
Kassel 1898. 
Präkarbon: 
Stromer, E.: Bemerkungen über Protozoen. Zentralbl. f. Miner. usw., Stutt- 
gart 1906. 
Einzelformen: 
Douville, H.: Sur la structure des Orbitolines. Bull. Soc. geol. France, Ser. 4, 
Bd. 4, Paris 1904. 
Prever: Le Nummuliti della Forca di Presta nell’ Apennino centrale e dei din- 
torni di Potenza nell’ Apennino meridionale. Mem. Soc Paleont. Suisse, 
Bd. 29, Genf 1902. 
Schlumberger: Notes sur l’Orbitoides. Bull. Soc. geol. France, Ser. 4, Bd 1, 
2, 3, Paris 1901, 1902, 1903. 
Schubert, R. J.: Beiträge zu einer natürlichen Systematik der Foraminiferen. 
Neues Jahrb. f. Miner. usw., Beil. Bd. 25, Stuttgart 1908. 
Staff, H.v.: Zur Entwicklung der Fusuliniden. Zentralbl. f. Miner., Stuttgart 
1908. 
Radiolarien und Dietyochiden. 


Faunen. 


Dreyer, Dr. Fr.: Die Tripoli von Caltanisetta auf Sizilien. Jena. Zeitschr. f. 
Naturw., Bd. 24, Jena 1890. 

Rüst: Beiträge zur Kenntnis der fossilen Radiolarien aus Gesteinen der Kreide. 
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Squinabol, S.: Radiolarie cretacee degli Euganei. Padova 1904. 

Rüst: Beiträge zur Kenntnis der fossilen Radiolarien aus Gesteinen des Jura. 
Palaeontogr. Bd. 31 und 45, Kassel 1885, Stuttgart 1898. 

Parona, C. F.: Radiolarie nei noduli selciosi del calcare giurese di Cittiglio 
presso Laveno. Boll. Soc. geol. ital. Bd. 9, Roma 1890. 

Vinassa de Regny: Radiolari delle ftaniti titoniane di Carpena (Spezia). Pal. 
ital. Bd. 4, Pisa 1898. 

Hinde, G.: Radiolaria from the triassie and other rocks of the Dutch East 
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Rüst: Beiträge zur Kenntnis der fossilen Radiolarien aus Gesteinen der Trias 
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Hinde: On the Radiolaria in the Devonian rocks of New-South-Wales. Quart. 
Journ. geol. Soc. Bd. 55, London 1899. 

Cayeux, L.: Les preuves de l’existence d’organismes dans le terrain Precam- 
brien, I. Bull. Soc. geol. France, Ser. 3, Bd. 22, Paris 1894. 


Coceolithen und Infusorien. 


Barrois, Ch.: Recherches sur les terrains anciens des Asturies et de la Galice. 
Lille 1882. 

Gimbel: Grundzüge der Geologie. Kassel 1888. 

Rothpletz, A.: Über die Flysch-Fucoiden usw. Zeitschr. D. geol. Ges., Bd. 48, 
Berlin 1896. 

Lagerheim, @.: Om lämmingar of Rhizopoder, Heliozoer och Tintinnider i 
Sveriges och Finlands lakustrina kvartära flagringar. Geol. Fören. Förh. 
Bd. 23, Stockholm 1901. 


Coelenterata. 53 


II. Stamm: Coelenterata. 


Die niedersten vielzellisen Tiere (Metazoa) sind alle Wasser- 
bewohner, leben meistens festsitzend, zeigen dementsprechend einen 
radialstrahligen Bau und bilden vielfach durch unvollständige Teilung 
oder Knospung Stöcke, so daß der Name Pflanzentiere und häufig ein 
Vergleich mit Blumenkelchen, Bäumehen, Büschen oder Rasen gerecht- 
fertigt erscheint. 

Ihr Körper ist stets von einem Hohlraume durchzogen, der ur- 
sprünglich und meistens nur eine Hauptöffnung (Osculum) an einem 
Ende der Hauptachse besitzt und zugleich die Funktionen des Magens 
und der Leibeshöhle und durch seine oft vorhandenen Ausläufer auch 
des Gefäßsystems erfüllt (Coelenteron, Gastrovaskularsystem). Die 
Fortpflanzung ist entweder eine geschlechtliche oder eine ungeschlecht- 
liche oder ein Wechsel von beiden. Die zwei Unterstämme Porifera 
und Unidaria, die in erster Linie durch die Ausbildung charakteristi- 
scher Zellen sich unterscheiden, sind scharf getrennt. 


1. Unterstamm: Porifera. 


1. Klasse: Spongia, Schwämme, 


Die meistens festgewachsenen Schwämme, die nur eine sehr ge- 
ringe Beweglichkeit zeigen, besitzen in der einfachsten Grundform 
einen sackförmigen Körper (Olynthus- oder Ascon-Typus), der aus 
einem lockeren Mesektoderm, das in der Regel ein Skelett bildet, 
und einem Entoderm besteht, dessen Geißelzellen den Wasserstrom 
ın Bewegung setzen, der durch feine Wandporen in den Gastro- 
vaskularraum (Magen, Paragaster) gelangt. Er bringt Sauerstoff und 
die mikroskopisch kleine Nahrung und geht durch die oben gelegene 
Hauptöffnung, das Osculum, ab. 

Bei den allermeisten Schwämmen entsendet aber der Gastrovasku- 
larraum Radialausstülpungen, auf welche dann das Geißelepithel be- 
schränkt ist (Sycon-Typus), oder das Mesoderm ist dick und die 
Geißelzellen sind auf Kammern in ihm konzentriert, zu welchen zu- 
führende Kanäle von den Hautporen (Ostia) und abführende zum 
Magen hin führen (Zeucon-Typus). Durch Verästelung der Kanäle, 


54 


Coelenterata. 


geringe Entwicklung des Magens oder durch dessen Teilung kann 
weitere Komplikation entstehen. Endlich kann sich ‘bei sehr vielen 
Genera der ganze Körper durch Knospenbildung verzweigen und an 
jedem Astende sich ein Osculum bilden (Fig. 614 S.57), das oft kaum 
von den Mündungen der Zwischenräume der Aste, des Interkanalsystems, 
zu unterscheiden ist, denn die Äste sind häufig dicht beisammen, unvoll- 
kommen getrennt oder sekundär verschmolzen. 

Solche Stöcke, die sich vor allem bei Seichtwasserbewohnern 
finden, sind durch alle Übergänge mit Einzeltieren verbunden. Je 
nach dem verschiedenen Wachstum und der Knospung ist also die 
Form der Schwämme eine vielgestaltige und wie oft bei festgewach- 
senen Tieren sehr häufig eine unregelmäßige, 
der Unterlage oder den Strömungsverhält- 
nissen angepaßt. Bei Stillwasserbewohnern 
ist sie aber meistens regelmäßig, und dann 
pflegt auch der innere radıäre Bau deutlicher 
hervorzutreten. 

Außer einfachen Zylinder- oder Schlauch- 
und Becherformen findet man ästige, massige 
oder fächerförmige Stöcke (Fig. 57), die sich 
Fig. 57. + Verruculina mii- wiederum zu einem Becher oder einer Röhre 
aris Reuß (U. O. Lithistida, zusammenrollen können, deren Innenwand 

Tribus Rhizomorina). dann die Oscula trägt, oder endlich flache 
a minmtoruen men Keusten. “Meist sitzt der, ‚öfters gesbielte 

(aus Hinde 1883). Körper (Fig. 58) oder Stock der Unterlage 
Fächerförmiger Schwammstock, Os- . 3 ; . - 

on direkt auf, seltener und zwar in ruhigem 

Wasser ist er nur durch ein Büschel von 
Wurzelnadeln im Schlamm verankert. 

Das findet sich fast nur bei Tiefseebewohnern, unter welchen 
auch Einzelindividuen und regelmäßigere Stockformen häufiger vor- 
kommen als unter den vielgestaltigen und nie so großen Seichtwasser- 
bewohnern. Sie sind besonders in tropischen Gegenden häufig, während 
die eine im Süßwasser lebende Familie kosmopolitisch verbreitet ist. 

Die Fortpflanzung findet in der Regel geschlechtlich, seltener 
durch Knospenablösung statt, das Wachstum ist anscheinend meistens 
ein beschränktes, so daß bestimmte Formen nur eine gewisse Größe 
von 1 mm bis mehrere dm erreichen; doch gibt es auch rezente Riesen- 
formen unter den Kieselschwämmen in der Tiefsee, die bis über Im 
hoch sind. 

Bei den meisten Schwämmen bildet sich im Mesektoderm ein 
Skelett, das in der Regel aus Nadeln besteht, die in Zellen sich 


ANETTE 


Spongia, Nadeln. 98 


anlegen. Teils sind sie massiv und entsprechen je einem Calcitkristall, 
teils bestehen sie aus opalartiger Kieselsäure und sind geschichtete 
Röhren, deren Ende sich bei dem Abschluß ihres Wachstums schließt, 
und die eine organische Achsensubstanz enthalten (Fig. 69, S. 61). 
Oft besteht das Skelett aber auch aus einer seidenartigen Substanz, 
den Sponginfibrillen, die bald Kieselnadeln, bald auch Fremdkörperchen 
umschließen können. 

Alle Nadeln wachsen von ihrem Entstehungspunkt aus in der 
Riehtung einer bestimmten Zahl von Achsen, und man unterscheidet 
danach monaxone, triaxone (Einachser, Dreiachser) 
usw. Nadeln, doch brauchen nicht in allen gerade 
möglichen Richtungen Strahlen sich auszubilden, 
weshalb man monaktinale, diaktinale (Einstrahler, 
Zweistrahler) usw. Nadeln unterscheidet. So erhält 
man als Grundtypen 1. Monaxonia, ein- oder zwei- 
strahlige Nadeln in einer geraden oder gebogenen 
Achse, 2. Triaxonia, Nadeln mit drei sich recht- 
winklig schneidenden Achsen, so daß bei voller 
Ausbildung ein sechsstrahliger Stern vorhanden ist, 
3. Tetraxonia, Nadeln mit vier unter 109%), °, also 
wie die Lotlinien der Flächen eines Tetraeders, zu- 
sammenstoßenden Achsen und höchstens mit vier 
Strahlen, oft aber auch mit wechselnden Winkeln, 
und endlich 4. Polyaxonia, Nadeln mit zahlreichen 
Achsen, die sich an einem Punkte schneiden (Fig. 75, RER 
S. 63, 640, 8. 59, 69, 8. 61 u. 67, 8. 60). ni ee 

: 5 Siphonia tulipa Zittel 

Die verschiedenen so entstehenden Nadel- (0.0, Drttastida, Tri. 
formen, deren oft kristallartige Regelmäßigkeit in bus Tetracladina). 
so auffälligem Gegensatze zu dem wirren Bau und Obere Kreide (unterer Sca- 

ö “ phiten-Pläner), Halberstadt, 
der variablen Gesamtform der Schwämme steht, pr.sachsen (Orig.München), 
und die fast nur bei Kieselnadeln durch Gabelung ®estielter Schwanmkörer 
und durch kleine Fortsätze besonders an den sonst = 
meist spitzen Enden noch kompliziert werden können (Fig. 72, S. 62), 
haben bestimmte Namen erhalten, da sie in erster Linie systematisch 
wichtig sind. Meist sind sie von mikroskopischer Größe, nur manche 
_Kieselnadeln können bis 2 m lang und mehrere mm dick werden. Oft 
kann man größere, das eigentliche Skelett zusammensetzende Megasklere 
und lose verteilte Fleischnadeln, die winzigen Mikrosklere, unterscheiden. 

Auch die Skelettnadeln sind oft alle isoliert oder nur eng ver- 
flochten, oft aber auch durch sekundäre Kiesel- resp. Kalkabscheidung 
verlötet. Sie sind mehr oder weniger regelmäßig angeordnet, teils 


56 Coelenterata. 


parallel der Oberfläche, teils entlang den Kanälen. Sind letztere groß, 
so kann daher ihr Verlauf an den Lücken des Skeletts erkannt wer- 
den (Fig. 71, 8.62). Es befindet sich hauptsächlich in der Region 
der Geißelkammern, vielfach ist aber noch ein Haut- oder Rindenskelett 
ausgebildet, teils aus isolierten Fleischnadeln, teils als feste Deck- 
schicht, leider fossil nur selten erhalten. Die Enden der Nadeln 
ragen dabei oft frei heraus, so vor allem an den Körperöffnungen, 
zum Schutze, oder an der Basis, der Befestigung der Schwämme dienend. 

Die mit Kalknadeln versehenen Schwämme stehen als Unterklasse 
Caleispongia allen anderen, den Srlieispongia gegenüber, unter welchen 
die mit dreiachsigen Kieselnadeln ausgestatteten Triaxonia von den 
übrigen, den Demospongia, scharf getrennt sind, die durch Übergänge 
verbunden erscheinen. Im weiteren wird bei den (aleispongia der 
Bau des Weichkörpers, bei den Silieispongia vor allem der des Skeletts 
zur Einteilung verwandt, in der Detailsystematik jedoch stets in erster 
Linie der letztere, weniger die Körperform. 


1. Unterklasse: Caleispongia. 


Alle Kalkschwämme durchlaufen ein sackförmiges (Olynthus-) Sta- 
diıum und fast sämtliche scheiden Caleitnadeln aus; und zwar nur 
monaxone mit ver- 

SM schiedenen Enden und 


am | triaktinale mit wech- 
A \\ selnden Winkeln, an 


welchen noch ein vier- 
ter, gastralwärts ge- 
richteter Strahl vor- 
kommen kann. Oft 
iu finden sich alle Typen 
Fig. 59. + Plectroninia Halli Hinde (1900) (O. Hetero- gleichzeitig, Fleisch- 
coela, Pharetrones). Eocän, Victoria, Australien. nadeln kommen aber 
4—C Hautskelettnadeln, A Dreistrahler 1?3/),, B Vierstrahler 133/, , nicht vor (Fig. SB); 


€ Gabel ®?%,, D unregelmäßiger Vierstrahler 13/,, E Stützskelett 2 
aus verschmolzenen Vierstrahlern, Vertikalschnitt 3%,. Bei den dünnwan- 


digen ( Ascon-) Formen 
sind die Nadeln einschichtig tangential ziemlich regelmäßig angeordnet, 
bei den diekwandigen (Sycon- und Leucon-) Formen aber finden sich 
außerdem noch Nadelsysteme den Kanälen entlang, auch am Osculum 
und am Stiel, oder die Nadeln sind ziemlich unregelmäßig verteilt. 
Manchmal sind sie bei ihnen aber auch dieht aneinander geschoben oder 
sogar verschmolzen und dann großenteils in netzförmigen Zügen ange- 
ordnet; sehr selten sind statt Nadeln Aragonitkügelchen vorhanden. 


Caleispongia. 


cz 
I | 


Die vielgestaltigen, nie großen Formen bilden sehr 
meistens Seichtwasserbewohner. 


und sind alle marın und 


häufig Stöcke 
Da die 


1. Ordnung Homocoela (Ascones), welche die dünnwandigen Formen 
enthält, fossil unbekannt ist, kommt hier nur die 


2. Ordnung: Heterocoela 


in Betracht, die nur diekwandige umfaßt. Von den kleinen Sycones. 
um deren radiale Geißeltuben die freien Nadeln angeordnet sind, kennt 


man wenigstens einige unsichere Angehörige in 
Kreide und Jura, und wahrscheinlich schließen 
sich ihnen die y Sphinctozoa an, die von der 
Kreide bis zum Karbon in Europa und im Ober- 
karbon von Indien und Nebraska gefunden sind. 
Ihre Körper, die meist zylindrisch oder keulen- 
förmig, manchmal zu ästigen Stöcken zusammen- 
gesetzt sind, zeigen stets eine eigentümliche 
äußere und innere Segmentierung und durch 
kragenartige Einstülpung des Oscularrandes oft 
noch einen zentralen zylindrischen Hohlraum, z. B. 
bei 7 Barroisia (Fig. 60), bei der auch außer einer 
Wandschicht von Dreistrahlern an den Ostia sehr 
feine Stabnadeln nachgewiesen sind. 

Angehörige der mit kompliziertem Kanal- 
system versehenen Leucones sind nur ganz 
vereinzelt gefunden, z. B. Leucandra im Lias 
von England. 


Fig. 60. 
A + Barroisia helvetica 
de Loriol (1869) (0. He- 
terocoela,  Sphinctozoa). 
UntereKreide(Urgonien), Neu- 
chätel, Schweiz. Seitlich !/.. 
B 7 Barroisia anasto- 

masans Mant. 

Untere Kreide (Aptien), Nord- 
frankreich (aus Steinmann 
1882). Medianer Vertikal- 

schnitt °/,. 


Im Stillen Ozean leben aber ganz wenige in den Ka- 


nälen ähnliche Gattungen, an welche sich die wohl etwas heterogene 


Fig. 61. + Peronidella pistilliformis Lamouroux (0. Heterocoela, Pharetrones). 
Mittlerer Jura (Groß-Oolith), Bath, England (aus Hinde 1393). 
4A Stock '/,, B Wandquerschnitt, im Kalkfasernetz Nadeln erkennbar *°/,, € Gabelnadeln aus 


demselben ?%/,. 


Gruppe der Pharetrones am besten anreiht, 


Australiens sowie formenreich und weit verbreitet 
Hier sind die Nadeln, die sehr 


und bis in das Devon vertreten ist. 


die fossıl im Eocän 
ım Mesozoıkum 


58 


Coelenterata. 


oft die Form zweizinkiger Gabeln haben, in verästelten Zügen und 
häufig auch in einer Deekschicht angeordnet und greifen teils nur 
ineinander, teils verschmelzen sie innig (Fig. 59, S. 56, u. 61). Bei den 
fossilen ist aber selten mit Gewißheit zu entscheiden, ob die erhal- 
tenen Faserzüge ursprünglich oder nur durch Fossilisation entstanden 
sind, und es herrscht deshalb in der Gruppe noch viel Unsicherheit. 


2. Unterklasse: Silieispongia. 


Bei der Hauptmasse der Schwämme finden sich nur syconale und 
vor allem leuconale Typer, und hier treten all die verschiedenerlei 
Formen von Kieselnadeln, seltener nur ein Spongingerüst auf oder 
es fehlt jedes Skelett. Einzelindividuen wie Stöcke aller Art und 
Größe finden sich hier, und dieser Mannisfaltigkeit entspricht die des 
Wohnortes, indem Süßwasser-, Seichtwasser- bis Tiefseebewohner vor- 
kommen, auch gehen die Kieselschwämme bis in das Kambrium zurück. 


l. Legion: Triaxonia. 
l. Ordnung: Hexactinellida, Sechsstrahler. 


Bei den zahlreichen Formen mit dreiachsigen Nadeln ist nicht 
nur dadurch eine große Manniefaltigkeit gegeben, daß sechs bis einer 
der rechtwinklig sich schneidenden Strahlen ausgebildet sein können, 
sondern daß insbesondere die Enden der 
winzigen Fleischnadeln in der verschie- 
densten Weise kompliziert sind. Sie sind 
systematisch besonders wichtig, fossil 
aber fast nie erhalten (Fig. 62). Da die 
Schwämme trotz ihrer meist dünnen 

Fig. 62. Wand in der Regel ein dem leuconalen 
Fleischnadeln von Trriaxonia = 

2 Kg “ °  Typusentsprechendes Kanalsystem haben, 
A Hyalonema spec. indet. (U. 0. Amphidisco- , E e S 2 4 
phora). Jungtertiär (Miocän, Oamaru- Ist ihr Stützskelett mehrschichtig. Bei 
Stufe). Otago, Neuseeland (ausHinde1891). _: n ’ kaınmA. 1 ın 1 
Pinnul 133/ und Amphidiske 6%). B Holascus vielen Formen (Dielyonina) sind ee ihm 
tenuis Fr. E. Schulze (1904). Rezente Tie- die Sechsstrahler regelmäßig mit ihren 


oe sy aneinander gelegten Strahlen verlötet, bei 

anderen (Lyssacina) bleiben sie frei oder 

werden nicht so regulär verkittet. Der Verlauf der Achsenkanäle 

läßt aber auch bei einem festen Skelett noch die Elemente erkennen 
(Fig. 630). 

Da die Hexactinellida jetzt im tieferen Stillwasser, vor allem in 

500 bis 1000 m Tiefe leben, sind sie oft nicht festgewachsen, sondern 


nur durch einen basalen Wurzelschopf von langen Nadeln verankert 


Hexactinellida. 59 


(Fig. 66, 5. 60), auch ist ihre Form meist eine regelmäßige, besonders 
häufig zylindrische oder becherförmige (Fig. 63, 64), und wie viele 
Tiefseetiere erreichen manche eine ganz 
erhebliche Größe. 

Ihre eine kleine Unterordnung Am- 
phidiscophora, bei welcher das Skelett 
stets locker ist und außer einem Basal- 
schopf die charakteristischen Amphi- 


m 


Fig. 63. + Coeloptychium incisum Römer (U. O. Hexasterophora). 

Oberste Kreide (Mukronaten -Stufe), Vordorf bei Braunschweig (aus Zittel 1876). 
A von der Seite ?/,, B von unten, rechte Hälfte von oben ?/,, © + Coeloptychium Seebachi Zittel (1878). 
(U. 0. Hexasterophora). Oberste Kreide, Haldem, Hannover. Stützskelett *°/,. 


vorhanden sind, ist in isolierten Nadeln rezenter 
id (Grenera nur im Miocän Neuseelands fossil sicher 
nachgewiesen. Denn, wenn auch ähnliche 
lockere Skelette mit Basalschöpfen bis in das 
Silur hinein gefunden werden, so sind doch 
die zarten Amphidisken nicht erhalten. 


Fig. 64. 7 Cratieularia parallela Goldfuß (U. O. Hexasterophora). 
Oberer Jura (Stufe d), Balingen, Württemberg (aus Quenstedt 1878). A Stock von 2 Individuen !/, 
 Craticularia stellitexta Quenst. (U. ©. Hexasterophor.a). 
Oberer Jura (Kimmeridge, Wettinger-Schichten), Baden, Schweiz (aus Oppliger 1397). 
B Teil des inneren Öberflächenskeletts *%/,, © Teil des Stützskelettes ?°/,. 


Coelenterata. 


Bei der anderen umfangreichen Unterordnung Hexasterophora 
sind die charakteristischen Hexaster (Fig. 62B, S. 58) zwar auch fast 
nie fossil erhalten und es gehören dazu auch Formen mit 


lockerem Skelett, die 


2. T. ebenfalls einen Basalschopf 


besitzen, aber viele haben regelmäßig verlötete Stütz- 
nadeln und sind direkt festgewachsen. 
Mehrere der lebenden Familien und auch Gattungen 


Fig. 65. 
r FProtospongia Hicksi 
Hinde(1887)( Triaxonia). 
Mittelkambrium (Menevian- 
Stufe), Südwales, England. 
Unvollständiges Stütz- 
skelett °/,. 


reihen. Sie haben 


lassen sich bis in die Kreide zu- 
rückverfolgen, und im Tertiär, vor 
allem aber ın der Kreide- und Jura- 
formation schließen sich ihnen zahl- 
reiche ausgestorbene Genera und 
einige Familien an, teils Formen 


‚mit festen Kreuzungspunkten der 


Stütznadeln (Fig. 64), teils mit 
durchbrochenen, sogenannten Lych- 
nisken (Fig. 630). 

Fast alle paläozoischen Familien 
aber, die vom Unterkarbon bis in 
das Unterkambrium verbreitet sind, 
lassen sich nicht sicher hier ein- 
sämtlich unverlötete Stütznadeln 


al Bee 
LET LEERE 


Een 
az 


Een 


Fig. 66. 
7 Dietyospongia 
charitaHalland 
Clarke (1898) 
(?Triaxonia). 
Oberst. Devon (Che- 
mung-Stufe), Well- 
ville, New York. 
Abdruck und Stein- 
kern !)ı. 


und meistens 


ein regelmäßiges dünnes Gittergerüst aus Vier- und Fünfstrahlern 


1 
u 
Fig. 67. 

r Asteractinella expansa 
Hinde (1887) (? Tria- 
xonia). 
Unterkarbon, Ayrshire, Eng- 


land. Polyaxone Kieselnadel 
Se 


(Fig. 65 und 66). 


Ganz fraglich in ihrer Stellung sind endlich 
einige zugleich vorkommende Genera, deren Nadeln 


Fig. 68. 
y Astraeospongia meriscus F'. Römer (1860) (? Triaxonia). 
Obersilur, West-Tennesee, Nordamerika. 
Schwammkörper von der Seite !/,. 


Sterne mit sechs oder mehr, meistens in einer Ebene liegenden Strahlen 
sind, also nicht dem triaxonen, sondern dem polyaxonen Typus an- 
gehören (Fig. 67 und 68). 


[er) 
[5 


Demospongia, Tetraxonia. 


2. Legion: Demospongia. 


Die weiteren Schwämme lassen sich als Demospongia zusammen- 
fassen, denn ihre Kieselnadeln sind außer Polyaxonen z. T. regelmäßige 
oder irreguläre Tetraxone, die durch Strahlenreduktion in Monaxone 
übergehen; letztere sind öfters von Sponginfasern umhüllt, und so 
gibt es Übergänge zu Hornschwämmen, und zuletzt schließen sich auch 
skelettlose an.!) 

Diese orößte Abteilung der Spongia ist jetzt in allen Breiten 
und Tiefen des Meeres und auch im Süßwasser vertreten, und dem 
entsprechend gibt es auch in ihr die mannigfachsten Formen, Über- 
gänge und Konvergenzen. Der vielgestaltige, meistens dickwandige 
Körper enthält ein kompliziertes Kanalsystem mit kugeligen Geißel- 
kammern, und durch Faltung und Überwachsen seiner Außenseite ist 
an ihm oft noch eine besondere Rindenschicht mit einem Rinden- 
skelett vorhanden. Nach dem Skelett kann man Tetraxonia, Mona- 
zonia, Cerao- und Myxospongia trennen, von welchen die skelettlosen 
Myzospongia natürlich hier nicht in Betracht kommen. 


1. Ordnung: Tetraxonia. 


Bei den sehr mannigfaltigen Angehörigen der umfangreichen Ord- 
nung sind die Nadeln scharf in Mega- und Mikroskleren geschieden, 
tetraxon, monaxon und bei den Fleischnadeln Us, 
auch polyaxon, und ihre Vielgestaltigkeit ist NG 
noch dadurch vermehrt, daß sie sehr oft Fort- 


sätze haben und an den Enden verästelt und 


\ | 


so oft ganz irregulär werden (Desmen). Doch A B\ 

läßt sich noch ontogenetisch nachweisen, daß Fig. 69. Tetractinellida, 

sie aus einfachen Vier- und Einachsern hervor- reguläre Nadeln. 

no A T Ophiraphidites ceylindricus 

O 

iS en ; ” Schrammen (1899). Oberste Kreide, 
Die Stütznadeln sind manchmal regulär Misburg, Hannover 735/,. 


A, ı 2 2 Ren! B ? 7 Tethyopsis Zittel spec. indet. 
angeordnet, wobei die oft auftretenden Triäne operste Kreide (Schreibkreide). 


(Fig. 69D) ihren langen Strahl meistens zen- Norfolk, England (aus Hinde 1880). 
tr ] arts Eee ht + hab 1 . B dis S Triän mit z. T. abgebrochenen 
ralwärts gerichtet haben und so einen radıären Seahlenendem 0, 

Bau anzeigen. Häufiger aber sind sie unregel- 

mäßig angeordnet, und bei vielen Formen sind sie mit ihren ver- 
ästelten Enden zu einem festen Gerüst verflochten, wonach man Stein- 
schwämme, Lithistida, den mit losem Skelett versehenen Tetractinellida 


gegenüberstellt, denn das vor allem auf die Mikroskleren begründete 


1) Einige rezente skelettlose und Hornschwämme schließen sich eher an 
Triaxonia als hier an. 


62 Coelenterata. 


System der rezenten Tetraxoma läßt sich noch nicht gut bei den 
fossilen durchführen. Vielfach ragen übrigens die Nadeln auch aus 
der Oberfläche heraus, und eine ganze Anzahl der meist in mäßiger 
Meerestiefe lebenden Gattungen ist durch einen Wurzelschopf verankert. 


Fig.71. + Aulocopium aurantium Oswald 
$ 5 (Tribus Tetracladina). 
Eig. 70. Astylospongia JIPCKANOTET F. Silur(Diluvialgeschiebe), Kiel(Holst.) (a. Rauff 1895). 
Römer (Tribus 7 Eutaxieladina). Medianer Vertikalschliff '/,. Zeigt das Stützskelett 
Mittelsilur (Borkholm-Schicht). 4 VerkieseltesDilu- und die großen sich kreuzenden Kanäle der sehr 
vialgeschiebe, Westpreußen (aus Rauff 1894), °/,. dicken Wand und die Kanalmündungen im Gastro- 
B Gerüst °>5/, (aus Zittel 1884). vaskularraum (Magen). 


Die Unterordnung der Tetractinellida, bei der oft ein Haut- 
skelett sich findet, oft auch nur mikrosklere Nadeln vorhanden sind, 
läßt sich in isolierten, sehr selten in vollständigen Resten (Fig. 69), 
bis in das Karbon zurückverfolgen, die der Lithistida aber in zahl- 
reichen wohlerhaltenen!) Formen bis in das oberste Kambrium. Sie 


Fig. 72. Skelettelemente von Lithistida. 


A + Jerea Quenstedti Zittel (Tribus Tetracladina). Oberste Kreide, Hannover (aus Zittel 1378), °*/ı. 

B + Oylindrophyma millepora Goldf. (Tribus Anomocladina). Oberer Jura, Schwaben (Ebenda), ®°/,- 

C + Megalithista foraminosa Zittel (Tribus Megamorina). Oberer Jura, Nattheim (Württemberg) (Ebenda), ?!/,. 

D + Pemmatites arcticus Dunik. (Tribus Rhizomorina). Unteres Perm (Artinsk-Stufe), Krasnoufinsk, 
Perm, Rußland (aus Tschernytschew 1898), °°/ı. 


lassen sich vorläufig nach der Stütznadelausbildung in fünf Familien- 
gruppen teilen, von welchen die F Kutaxicladina hauptsächlich sılu- 
risch, die anderen aber vor allem rezent und mesozoisch sind. 

Bei den meist kugeligen Angehörigen der ersteren besteht das 
ziemlich regelmäßige Gerüst aus Vierstrahlern, deren einer Strahl kurz 


1) Abgesehen von den Fleischnadeln, die auch einem Teil der rezenten 
fehlen. 


u 


Tetra u. Monaxonia, Ceraospongia. 63 


und verdickt ist, während die anderen drei unter sich gleichartig am Ende 
zerteilt und oft gabelig sind (Fig. 70). Noch regelmäßiger sind die 
Vierstrahler bei den Tetracladına (Fig. 71, 72A, 58, 5.55), die sehr 
verschieden gestaltete Körper haben und bis in das Kambrium zurück- 
gehen. Kaum als Vierstrahler zu erkennen und z. T. von Einstrahlern 
ableitbar sind aber die Gerüstelemente der vielgestaltigen Anomo- 
cladina, Megamorina und Rhizomorina (Fig.57, 5.54, u. 72). Die 
wenigen ältesten Angehörigen der ersteren finden 


sich übrigens schon im Silur, die Arhizomorina sind |) ı RN 

aber erst bis zum Karbon mit genügender Sicher- N / | 

heit nachgewiesen. } R \1 

Yen N 

2. Ordnung: Monaxonia. | R | | 

Die sehr mannigfaltigen Formen mit isolierten ' S 

einachsigen Nadeln, die bald nur durch Fasergewebe, = B / , 
bald von Spongin umhüllt werden und öfters ein Br | 
Hautskelett bilden, haben nie einen Wurzelschopf. oe 


Sie sind ja meistens Bewohner des marinen Seicht- Spongilla + gigantea 
wassers, und eine Familie ist auch im Süßwasser Traxler (1897) (0. 
kosmopolitisch verbreitet. Fossil lassen sie sich, Monazonia). 
allerdings fast nur in isolierten Nadeln, bis in das un 
oberste Kambrium zurück verfolgen, die Süßwasser- in er 
formen aber bloß bis in das Jungtertiär (Fig. 75). BR en MS Bes 
Manche marine Seichtwasserbewohner bohren mit erwnes-Gemmua)-Sta- 
Hilfe chemischer Einwirkung in Kalkstein und Kalk- RE 

schalen, und ihre Gänge sind auch fossil bis in den Lias gefunden, 


doch kaum charakteristisch genug zur sicheren Bestimmung. 


3. Ordnung: Ceraospongia. 

Die nicht recht einheitliche Ordnung der Hornschwämme, deren 
Sponginfasern oft einen Markkanal besitzen und manchmal kleine 
Fremdkörper umschließen, ist nur im Meer, vor allem in warmem 
Seichtwasser verbreitet. Wenn auch das Spongin nur langsam ver- 
west, sind nur wenige mesozoische Reste so gut erhalten, daß man 
sie hierher stellen, aber kaum näher bestimmen kann; die meisten 
Fossilien, die man dazu stellte, sind ganz fragliche Gebilde. 


Das geologische Vorkommen und die Entwicklung 
der Schwämme. 
Auch von den Spongien, die Kiesel- oder Kalknadeln ausscheiden, 
bieten nur die mit festem Skelett versehenen gute Erhaltungsbedin- 
gungen, also die Pharetrones, " Sphinctozoa, viele Triaxonia und die 


64 Coelenterata. 


Lithistida, von den übrigen findet man selten mehr als zerstreute 
Nadeln, und zwar fast nur kieselige. Solche sind auch jetzt vielen 
Sedimenten beigemengt, manchmal bilden sie, z. B. in Tiefseeabsätzen, 
bis zu zwei bis drei Prozent der Masse, sehr selten mehr, wenn auch 
die Horn- und Kalkschwämme, sowie die Monaxonia im Seichtwasser, 
die Triaxonia und Tetraxonia aber im mäßig tiefen Stillwasser bis in 
die Tiefsee gegenwärtig eine ziemliche Rolle spielen. 

Bei den fossilen Schwämmen sind Kalknadeln sehr selten gut 
erhalten, und Metamorphosen kommen sehr oft vor, so sind die Körper 
von Kieselschwämmen häufig verkieselt, ihre Nadeln aber dabei in Kalk- 
spat oder Brauneisen verwandelt. Deshalb muß hier ihre Form, nicht 
die chemische Zusammensetzung bei der Bestimmung maßgebend sein. 

Entsprechend der jetzigen Verbreitung fand man im Känozoikum 
Pharetrones nur im Eoeän Australiens und nur in miocänen Absätzen 
aus mäßiger Tiefe in Italien und Algerien, von wo man ja auch an 
Radiolarien reiche Schichten kennt, vollständige Reste von Hexacti- 
nellida und Lithistida, die sich eher an Formen der oberen Kreide 
als an lebende anschließen. Isolierte, ausnehmend gut erhaltene Kiesel- 
nadeln gleicher Fazies und wenig geringeren Alters in Neuseeland 
gehören aber fast ausschließlich lebenden Gattungen an, und in dem 
größtenteils aus Küsten , Süßwasser- und Landablagerungen bestehen- 
den Diluvium und Tertiär anderer Gegenden kommen nur isolierte 
Nadeln aller Art vor. 

Im Mesozoikum waren die Verhältnisse offenbar insofern die glei- 
chen wie jetzt, als die Kalkschwämme meistens in typischen Seicht- 
wasserablagerungen sich finden, die Lithistida und Hexactinellida vor 
allem in reinen Kalksteinen, Bildungen küstenfernen tieferen Wassers, 
und als sie sehr selten zusammen vorkommen. Aber die Pharetrones 
waren anscheinend allgemein verbreitet, dazu kamen die f Sphinctozoa, 
und auch die Kieselschwämme waren z. T. häufiger und formenreicher 
als jetzt. 

Die genannten Kalkschwämme sind in allen mesozoischen For- 
mationen hauptsächlich Europas häufig, nur fehlen sie, wie überhaupt 
Spongien, der germanischen (binnenländischen) Fazies der Trias fast 
ganz. Die Nadeln der Demospongia, speziell der Tetractinellida und 
Monazxonia setzen oft ganze Schichten zusammen, und viele Kiesel- 
knollen sind wahrscheinlich aus Kieselschwammresten hervorgegangen, 
auch Lithistida und Hezxactinellida erscheinen speziell in der oberen 
Kreide und im oberen Jura Mitteleuropas massenhaft und in den riff- 
artigen Schwammkalken des letzteren geradezu gesteinsbildend. In 
der Trias dagegen spielen sie keine besondere Rolle. 


Spongia im Paläozoikum. 65 


Im Paläozoikum, aus dem Schwammreste fast nur von Europa 
und Nordamerika beschrieben sind, finden sich Calcarea recht selten, 
-Sphinctozoa bis in das Karbon, Pharetrones schon im Devon, und 
isolierte Nadeln von Tetractinellida kennt man zwar auch aus dem 
Karbon und von Monazxonia sogar schon aus dem Kambrium, aber 
nicht in solchen Massen wie im Mesozoikum. 

Einige Familiengruppen von Lithistida und Hexactinellida lassen 
sich bis in das Kambrium zurückverfolgen, und letztere sind im Devon 
und Silur formenreich und z. B. in sandigen Ablagerungen des nord- 
amerikanischen Oberdevons recht häufig, also hier nicht in Bildungen 
der Tiefsee, wenn auch nach der regelmäßigen Schwammgestalt und 
der Anheftung durch Wurzelschöpfe zu schließen, in solchen des Still- 
wassers (Fig. 66, S. 60). Es sind jedoch nur Gattungen mit unver- 
löteten Nadeln und fast immer mit Vier- und Fünfstrahlern, denen 
sich auch einige aberrante mit polyaxonen Nadeln anschließen. 

Die Schwämme sind demnach ein schon im Kambrium_ differen- 
zierter Tierstamm und mindestens seit dem Mesozoikum in ihrer 
Lebensweise sehr konstant. Viele Gattungen sind auch als ziemlich 
langlebig erwiesen; so gehen manche rezente Kieselschwämme bis in 
die obere Kreide zurück und T Oraticularia (Fig. 64, 5. 59) z. B. wurde 
in Miocän-, Kreide- und Juraschichten gefunden. 

Die Entwicklung der Spongien läßt sich bei der unvollkommenen 
Überlieferung nicht klarlegen. Ob die Calcarea jünger sind als die 
Silieispongia ist bei ihrer geringeren Erhaltungsfähigkeit nicht zu 
entscheiden; sicher ist nur, daß ihre mit festem Skelett versehenen 
Formen im Mesozoikum ihre Blütezeit hatten und im Känozoikum 
auf wenige nur im pazifischen Ozean verbreitete Pharetrones beschränkt 
wurden. Die Silieispongia waren schon im älteren Paläozoikum in 
mehrere Gruppen differenziert, und gewisse Triawonia hatten dort 
schon ihre Blütezeit, die meisten Kieselschwämme in Formen und 
Individuenmenge jedoch erst im Mesozoikum. Hier treten auch die 
Hezxactinellida mit wohl entwickelten Sechsstrahlern und regelmäßig 
verlöteten Nadeln auf, und von da an erst spielen komplizierte z. B. 
ästige Stöcke (Fig. 61, 8.57) bei den Schwämmen eine Rolle. Die 
größten Silieispongia fand man sogar erst in den jetzigen Meeren. 


Diagnosen der Spongien-Gruppen. 


1. Unterklasse: Caleispongia. Kleine marine Seichtwasserbewohner mit Kalk- 
nadeln. Rezent bis Devon. 
1. Ordnung: Homocoela. Einfache dünnwandige Säcke mit isolierten Nadeln. 
Fossil unbekannt. 


Stromer, Paläozoologie. 5 


Coelenterata. 


2. Unterkl. Silicispongia 


1. Unterkl. Caleispongia 


2. Legion Demospongia 


Legion Triaxonia 


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Sponeia, Diagnosen und Literatur. 67 


2. Ordnung: Heterocoela. Geißelepithel auf Radialtuben oder Geißelkammern 
beschränkt. Vier-, drei- oder einstrahlige Nadeln isoliert, verflochten oder 
verschmolzen. Rezent bis Devon. 

2. Unterklasse: Silieispongia. Geißelepithel meistens auf Kammern beschränkt. 
Mit Kieselnadeln, Sponginfasern oder ohne Skelett. Fast nur marin, rezent 
bis Kambrium. 

1. Legion: Triaxonia. 1. Ordnung: Hexactinellida. Meist dünnwandige, oft 
große und regelmäßig gestaltete Stillwasserbewohner mit regulären, iso- 
lierten oder zu einem Gerüst verkitteten dreiachsigen Nadeln. Fragliche 
paläozoische mit isolierten mehrachsigen Nadeln. Rezent bis Kambrium. 

2. Legion: Demospongia. Vielgestaltige, meist diekwandige Formen mit vier- 
oder einachsigen Nadeln, oder nur mit Spongin oder skelettlos. Rezent 
bis Kambrium. 

1. Ordnung: Tetraxonia. Vielgestaltig, oft im Stillwasser. Außer winzigen 
Fleischnadeln vier- oder einachsige isolierte Skelettnadeln oder diese 
durch unregelmäßige Fortsätze zu einem festen Gerüst verbunden. Rezent 
bis Kambrium. 

2. Ordnung: Monaxonia. Mit isolierten einachsigen Nadeln, oft auch mit 
Spongin. Meist marine Seichtwasserbewohner, auch im Süßwasser. Re- 
zent bis Überkambrium. 

. Ordnung: Oeraospongia. Mit Sponginskelett, oft Fremdkörperchen darin. 

Marin, meist Seichtwasser. Unsichere fossil im Mesozoikum. 

4. Ordnung: Myxospongia. Skelettlos. Fossil unbekannt. 


© 


Literatur. 


Hall and Clarke, J. M.: A memoir on the palaeozoie reticulate Sponges con- 
stituting the family Dietyospongidae. Univ. State New York 1898. 

Hinde, G. H.: Catalogue of the fossil Sponges in the geological department of 
the British Museum. London 1883. 

Hinde, G. H.: A monograph of the british fossil Sponges. Palaeontogr. Soc. 
London, 1887, 1888, 1893. 

Rauff: Palaeospongiologia. Palaeontogr. Bd. 40, 41, Stuttgart 1893, 1894. 

Schrammen, A.: Neue Kieselschwämme usw. aus der oberen Kreide der Um- 
gebung von Hannover und Hildesheim. Mitteil. Römer Mus., Nr. 10, 14, 15, 
19, Hildesheim, 1899, 1901, 1902, 1903. 

Steinmann, G.: Pharetronen-Studien. Neues Jahrb. f. Miner. usw. Stuttgart, 
1882 II. 

Zeise,O.: Die Spongien der Stramberger Schichten. Palaeontogr., Suppl. 2, 
Stuttgart 1897. 


2. Unterstamm: Cnidaria. 


Die Unidaria sind durch den Besitz von Nesselkapseln ausge- 
zeichnet und bestehen vor allem aus Ekto- und Entoderm und deren 
Abkömmlingen. Wenn ein festes Skelett vorhanden ist, setzt es sich 
aus kohlensaurem Kalk oder einer hornartigen Substanz zusammen 
und wird fast ausnahmslos vom Ektoderm abgeschieden. Die Tiere 
besitzen sehr häufig Tentakeln (Fangarme) um die Mundöffnung, die 


Dis 


63 Coelenterata. 


zum Ein- und Austritt des Wassers, der Nahrung und der Abfall- 
stoffe dient, und zeigen meistens einen radıären, dabei aber häufig 
auch untergeordnet einen zweiseitig symmetrischen Bau. Sie leben 
oft m Stöcken, teils festsitzend, teils planktonisch im Meer, viel sel- 
tener in Brack- und Süßwasser und besitzen eine bedeutend stärkere 
Beweglichkeit als die Spongien. 

Nach der Ausbildung der festsitzenden Polypen und frei schwim- 
menden Medusenform unterscheidet man vier Klassen, wovon die iso- 
liert stehenden, nur planktonischen Ütenophora fossil nicht vorkommen, 
während die Hydrozoa, Scyphozoa und Anthozoa wenigstens teilweise 
hier in Betracht kommen. 


1. Klasse: Hydrozoa. 


Die radiär gebaute Polypenform, die sehr selten über wenige 
Millimeter groß ist und meist im seichten Meerwasser festsitzend lebt, 
besteht fast nur aus einem einfachen dünnwandigen Sack, dessen 
Mundöffnung von einem Tentakelkranz umgeben ist. Durch Knospung 
entstehen oft Stöcke, deren Individuen (Zooide) durch verästelte Röhren 
zusammenhängen und meistens di- oder polymorph sind, indem die 
einen nur der Ernährung, andere nur der Fortpflanzung, der Vertei- 
digung und anderem dienen. Bei solchen Stöcken scheidet das Ekto- 
derm sehr oft eine kutikulare chitinöse Hülle (Periderm) aus, die 
selten verkalkt und allein fossil erhalten ist. Deshalb kommen hier 
die peridermlosen Süßwasserpolypen und die frei schwimmenden Me- 
dusen, welche durch den Besitz eines Saumes (Velum) an ihrem Schirm 
charakterisiert sind und nie fossil sicher nachgewiesen wurden, nicht 
in Betracht, und wir haben es statt mit sechs nur mit den drei nach 
ihrem Periderm unterschiedenen Ordnungen Hydrocorallinae, Tubula- 
riae und Campanulariae in ihren ungeschlechtlichen Polypenstöcken 
zu tun, an die sich unsichere, nur fossile Gruppen anschließen. 


1. Ordnung: Hydrocorallinae. 


Die nur zwei Familien umfassende Ordnung besteht aus winzigen 
trimorphen Polypen, deren sehr individuenreiche Stöcke ein massives 
oder ein ästiges und dann meist fächerförmiges Skelett aus kohlensaurem 
Kalk aufbauen. Seine Oberfläche zeigt feine Höcker und Furchen 
und größere Poren (Gastroporen) und meist in einem Kranz um sie 
kleine (Dactyloporen), die beide zu vertikalen (Zooid-) Röhren führen, 
deren ältere, nicht mehr bewohnte Teile häufig durch Querböden 
(Tabulae) abgeschlossen sind und die manchmal auch ein zentrales ver- 
tikales Kalksäulchen enthalten. In sie können sich die zwei Polypen- 


Hydrocorallinae und Tubulariae. “ (50) 


formen zurückziehen, außerdem finden sich aber noch becherförmige 
Ampullen im Skelett, in welchen die geschlechtlichen Medusen ent- 
stehen. All diese Hohlräume haben keine dichte Wand, denn sie sind 
durch ein Netz von Kanälen verbunden, die nach allen Richtungen 
verzweigt und gekrümmt sind. 

Von den rezenten Formen, deren Skelett, abgesehen von der 
mikroskopischen Struktur und dem Fehlen echter radiärer Kalksepten, 
dem mancher Steinkorallen sehr ähnlich ist, nehmen die massigen 
(Milleporidae) an dem Aufbau der Korallen- > 
riffe teil, während die 
ästigen mehr in der 
Tiefsee verbreitet sind. 
Ersteren nah verwandte « 


KIN TERINTE REN 
Ve EN 


& 


Fig. 74. 7 Milleporidium Remesi Steinmann (1905) (0. ? Hydrocorallinae). 
Oberster Jura (Tithon), Stramberg, Mähren. 
4 unten unvollständiger Stock °/,, B Tangentialschliff in auffallendem Lichte $%,, € Längsschnitt 
durch die Astspitze in durchfallendem Lichte *°/),, « Zooidröhren mit Querböden. 


Formen fand man nur sehr selten fossil im Tertiär. Von unsicherer 
Zugehörigkeit sind ganz vereinzelte Stöcke aus dem Mesozoikum und 
obersten Karbon, z. B. 7 Milleporidium (Fig. 74) und Myriopora Volz, 
deren Zooidröhren nicht deutlich dimorph sind. 


2. Ordnung: Tubulariae. 


Bei der viel formenreicheren Ordnung bilden die Polypen mei- 
stens auch Stöcke und scheiden ein chitinöses Periderm an ihren 
Stielen und den basalen Verbindunssröhren (Hydrorhizen) aus, welch 
letzteres in der Familie der Hydractinidae selten verkalkt. Diese 
kleinen polymorphen Bewohner mariner Küstengewässer sitzen mit 
ihrem dichten Basalröhrengeflecht Fremdkörpern und zwar häufig 
von Einsiedlerkrebsen bewohnten Schneckenschalen auf und können 
sie manchmal auflösen oder an ihrer Mündung weiterbauen. Sie 
scheiden dabei wenige horizontale Lamellen (Laminae) aus, die aus 
einem Fasernetz bestehen, in den Interlaminarräumen durch vertikale 
Zwischenpfeiler gestützt sind und auf ihrer stacheligen Oberfläche meist 
größere hohle Stacheln zum Schutze der Polypen sowie ein Netz von 


70 Coelenterata. 


Furchen (Sarkorhizen), Abdrücke der Basalröhren, haben. Bei einer 
Art verkalkt das Chitin selbst, öfters aber lagert sich in den Inter- 
laminarräumen sekundär Kalk ab (Fig. 75). 


EA TIZJUNNTEINJE/ SIR 
SE “ U) 7/8 HE, A} F a] 


IN 
zu 
N 


Fig. 75. Hydractinia echinata Flem. (O0. Tubulariae). 


Rezent, Ostsee, Schweden (aus Aurivillius 1891). 
Querschliff durch die basalen Hartteile an der Mündung einer Schnecke (Littorina littorea L.) vergr. 
a Schneckenschale, b Chitinskelett, c Lamina, d Pfeiler, e durch Kalkspat ausgefüllte Hohlräume. 


Stärker verkalkte Skelette, die meistens aus zahlreicheren La- 
mellen bestehen und oft mehrere Zentimeter große Auswüchse bilden, 
finden sich im Jungtertiär von Süd- und Westeuropa sowie von Mary- 


Fig.77. 7 Ellipsactinia ellipsoidea 


Fig. 76. : SE 
BEN 7 n 0 Steinmann (F.  Sphaeractinidae). 
iii Oyelactinia wmerustans Golf. ( . Tubulaı ine). Oberster Jura, Italien (aus Canavari 1893). 
Jungtertiär (Pliocän), Norditalien (aus Vinassa 1899). Vertikalschiff in durchscheinendem 


A Oberfläche mit Höckern, Sarkorhizen und einzelnen Poren, Licht ®/,.. Dicke Lamellen « mit dunkler 
vergr., B Querschnitt eines höckerigen Knollens ®/,. Eine Mittelschicht, spärliche Pfeiler 5 in den 
Schneckenschale ist ganz von den Kalkschichten umhüllt. (hellen) Interlaminarräumen c. 


land nicht selten (Fig. 76), während aus dem Alttertiär noch wenige 
bekannt geworden sind. 

Als recht fragliche Zugehörige rechnet man aber auch kugelige, 
elliptische oder knollige Kalkskelette des marinen Mesozoikums hier- 
her, deren allseitig höckerige Oberfläche keine Ansatzstelle besitzt, die 
aber öfters einen Fremdkörper rings umhüllen. Davon stehen die 
 Sphaeractinidae (Fig. 77), die in Grenzschichten von Jura und Kreide 


5 A Zu re 


Tubulariae und + Stromatoporidea. 71 


der Mittelmeerländer ziemlich häufig und vielleicht auch in der alpinen 
Trias vertreten sind, ihnen wohl am nächsten, denn ihr Skelett be- 
steht aus festen, konzentrischen 
Lamellen mit senkrecht durch- 
setzenden, kurzen Kanälen und 
kurzen Zwischenpfeilern. 

Die in der Trias von den 
Alpen bis zum Himalaya ver- 
breiteten  Heterastrididae aber 
(Fig. 75) haben zwar auch kurze Fig. 78. + Heterastridium montieularium 
Vertikalröhren, jedoch ein un- Duncan (F. r Heterastrididae). 
tegeluäßig netzförmiges Skelett, OT, ihr Tkn vu, Selma 
das nur unter den Höckern der d Zooidröhrenmündung. 
Oberfläche tangential strahlige An- 
ordnung zeigt und 7 Parkeria in der oberen Kreide (Cenoman) Eng- 
lands ist zwar auch kugelig und warzig, besteht aber aus durch- 
gehenden Radialpfeilern und konzentrischen Lamellen, die alle aus 
winzigen kurzen hadialröhrchen zusammengesetzt sind. 


1. Anhang: 7 Stromatoporidea. 

Vereinzelt in marinen mesozoischen und jungpaläozoischen Ab- 
lagerungen besonders Südeuropas, auch schon im Untersilur, vor allem 
aber im Devon und Obersilur, finden sich Skelette aus kohlensaurem 
Kalk, die am besten an die fossilen fraglichen Verwandten der Hydrac- 
tinidae und Hydrocorallinae sich anschließen, in ihrer Stellung aber 
so unsicher sind, daß sie von manchen z. T. an festgewachsene un- 
regelmäßige Foraminifera, z. T. an Caleispongia angereiht wurden. 


Fig. 79. + Stromatopora typica Rosen ($ Stromatoporidea). 
Obersilur (Wenlock-Kalk), England (aus Nicholson 1891). 
A Oberseite eines kleinen Exemplars ?/,, B Tangentialschliff %5/,, beide mit Astrorhizen, C Vertikal- 
- schliff '»°/,, mit Zooidröhren und Böden. 


12 Coelenterata. 


Sie sind meistens knollig oder fladenförmig, öfters auch inkrustie- 
rend, erreichen, wenn auch selten, die ansehnliche Größe von '/, m 
Durchmesser und bestehen in der Hauptsache aus konzentrischen La- 
mellen und vertikalen, die Interlaminarräume durchsetzenden Pfeilern, 
die beide oft eine dunkle Mittellinie (? Kanäle oder unverkalkte Chitin- 
teile) erkennen lassen. 

Die Lamellen sind meistens wellig gebogen, mit Poren versehen 
oder netzförmig und oben mit Höckerchen besetzt, und oft strahlen 
von diesen oder von einer Öffnung einer Vertikalröhre verzweigte 
Furchen aus, die dann als Kanäle die Lamelle schräg durchsetzen, 
(Astrorhizen, Fig. 79A,Bb). Manchmal sind auch größere Vertikal- 
röhren mit Querböden vorhanden (Fig. 790); falls sie eine eigene Wand 
haben wie bei der devonischen 
 Caunopora, sollen es aber 
nur von Stromatoporen um- 
wachsene f Zabulata (s.S.81ff.!) 
sein. Die Unterseite der Stöcke 
zeigt endlich meistens eine be- 
sondere, dichte, runzelige Kalk- 
deckschicht (Epithek). 

Man kann die Gruppe da- 
Fig. 80. + Actinostroma hebbornense Nicholson nach einteilen, daß bald die 

(1889) (F Stromatoporidea). tangentialen und vertikalen 
Skelettelemente deutlich ent- 


A Tangentialschliff ®/,, zeigt die netzförmige Lamelle 2 E ; 
und die runden Querschnitte der Pfeiler, B Vertikal- wiekelt und unterscheidbar sind 


Se (rektilineare Struktur, Fig. 80), 
bald nicht, wodurch ein Millepora-artiges wirres Fasergerüst entsteht 
(kurvilineare Struktur, Fig. 79), daß die vertikalen Teile oft überwiegen, 
oft ganz zurücktreten, und daß bald Astrorhizen oder Zooidröhren 
entwickelt sind, bald nicht. 

Die im Karbon und OÖbersilur Europas und vielleicht auch schon 
im Mittelkambrium Nordamerikas vorkommenden Knollen der 7 Spongio- 
stromidae dürften sich an die kurvilinearen 7 Stromatoporidea anschließen. 
Die im Permokarbon Ostindiens verbreiteten 7 Disjectoporidae aber 
unterscheiden sich von den echten Stromatoporen durch den Besitz 
unregelmäßig gebogener Vertikalröhren mit Wirteln von Ampullen. 


3. Ordnung: Campanulariae. 
Die im marinen Seichtwasser verbreitete Generation winziger Po- 
lypen bildet in der Regel zierliche buschige oder ästige Stöckchen, 
deren chitinöse Hülle (Periderm) nicht nur die festgewachsene Basis 


du ee en 


a a 


+ Graptolithi, Bau. 


und die Stiele umkleidet, 
sondern auch Becher um 
die Nährpolypen, oft auch 
kleine um die Wehrpolypen 
und Kapseln (Gonotheken) 
um die Medusen erzeugen- 
den Geschlechtspolypen 
bildet. Fossil sind Peri- 
dermreste höchstens in den 
jüngsten Schichten nach- 
gewiesen. 


2.Anhang: Graptolithi. 

Die Graptolithen sind 
eine rein marine Gruppe 
von Tierstöckehen, die zwar 
in ihrem Habitus und in 
manchen Einzelheiten den 
Campanulariae, z. T. aber 
auch der Rhabdopleura (O. 
Pterobranchia) vergleich- 
bar sind, welche den En- 
teropneusta nahe steht (s. 
S.171!). Sie sind aber mit 
beiden nicht näher ver- 
wandt, vollkommen ausge- 
storben und auf das Mittel- 
devon bis Oberkambrium 
beschränkt. 

Ihre sehr zierlichen 
Periderme (Bhabdosome) 
sind stabförmig oder ver- 
ästelt, und zwar meistens 


gabelig, und bestanden wohl ursprünglich aus einer etwas 
biegsamen chitinösen Substanz. Sie lassen aber bei guter 
Erhaltung eine schwärzliche, mit Anwachsstreifen ver- 
sehene Wandschicht und anscheinend eine ganz zarte, 
bräunliche Deckschicht, sowie eine innere und äußere 
Kalkspatinkrustation erkennen (Fig. 81), was mit zu 
der Ansicht Anlaß gab, das Skelett sei innerhalb der 
Weichteile (mesodermal) gebildet, also kein Periderm. 


Fig. 81. 7 Monograptus priodon Bronn (F Grap- 
tolithi, U. O0. 7 Axonophora). 


Obersilur. A schematische Rekonstruktion, in der Mitte me- 
dianer Längsschnitt, stark vergr. (abgeändert aus Gürich 1896). 
a schwarze Wandschicht, b Yirgula in Nemaröhre, c Kalkspat- 
inkrustation (? Weichteile), d innere Zellmündung, e äußere 
nach unten gebogene Zellmündung. B Querschliff der Rhab- 
dosom-Rückwand °°/,, Tachlovitz, Böhmen (ein wenig sche- 
matisiert aus Perner 1894). « schwarze Wandschicht, b Virgula 
in Nemaröhre, c innere und äußere Kalkspatinkrustation, 
bräunlich gefärbt. C 7 Monograptus dubius Sueß. Obersilur, 
Gotland (aus Wiman 1895). Rhabdosomanfang schwärzlich- 
praun mit Anwachsstreifen °°/,. s Sicula-Mündung, a ihr 
Apertural-, ö ihr Initialteil, vo Virgula, 1 erste, 2 zweite (T’heca) 


Zelle. 
& 


Fig. 82. 
 Dichograptus 
pristis HalU(V.O. 
+ Axonophora). 
Untersilur (Utica- 
Schiefer),Dodgeville, 
NewYork(aus Rüde- 
mann 1894). Sieula 
mit Haftscheibe t/.. 


74 Coelenterata. 


//] AH]; } EN 
M 1 * Divtyonema flabelliforme 
h T 4 
N Eichw. (U. O. + Dendroidea) H 
HF Oberkambrium (Graptolithen-Schiefer), New | 
/} York (aus Rüdemann 1904). Normaler ausge- 
wachsener Stock mit Nema, plattgedrückt °/,. Fio. 84 
. . oO" Z 
B Dictyonema cavernosum Wiman + Didymograptus 
(1897). dentatus Hall (U. 
Untersilur (Feuerstein), Gotland. 0. + Axonolipa) 


Unterende eines Stockes 1°/),. Haftscheibe A mit Ausläufern, > große, q kleine 


= R Untersilur, Schonen 
Zellmündung (Theca und ?Gonangium). 3 J 


Südschweden (aus 
Frech 1897). 
In allen Gruppen ist eine tütenförmige, zweiseitig 4, "un. 1 de 
symmetrische Embryonalzelle, die Sicula, nachgewiesen, ersten, 2 der zweiten 
deren Spitze in der Regel in einen oft langen und Een 
wohl hohlen Faden, das Nema, ausgezogen und damit an einer Haft- 
scheibe befestigt zu sein scheint (Fig. 82). Aus der Sicula sproßt 
die erste röhren- oder 
becherförmige Zelle 
(Theca) hervor und aus 
ihr die ein-, zwei- oder 
vierzeilig angeordneten 
weiteren Zellen, die 


„. 


Fig. 86. 
Phyllograptus angustifolius 
Hall (U. O. 7 Axonolipa). 
Untersilur (Vaginatenkalk), Nord- 
H öland, Schweden (aus Holm 1895). 

! A Rhabdosom seitlich °/, , s Sicula- 
Ausgewachsener Stock !/. S Mündung, B Querschnitt ©, - 


VapggAAARAAAMAAFEL 


Fig. 85. 

7 Goniograptus Thureaui Mac Coy 
(U. O0. 7 Axonolipa). 
Untersilur (f Tetragraptus-Zone), New York 
(aus Rüdemann 1904). 


Zu e.. 


+ Graptolithi, System. 75 


direkt oder durch einen gemeinsamen Hohlraum verbunden 
sind, in der Regel schräg zur Längsachse stehen und oft 
mit Stacheln an der Mündung besetzt sind (Fig. 814, 0, 8.73). 

Während ihre Form in der Detailsystematik als besonders 
wichtig erscheint, werden die Genera meistens nach der Art 
ihrer Anordnung und der Verästelung der Stöcke und die 
scharf getrennten drei Unterordnungen vor allem danach 
unterschieden, daß bei einer ( Dendroidea) die Zellen tri- 
morph sind, und daß bei den monomorphen (7 Graptoloidea) 
bei einer ein Achsenstab (Virgula, Fig. 81) ın der Wand vor- 
handen ist, bei der anderen nicht. 

Bei der ersten Unterordnung, den 7 Dendroidea, die 
vom Mitteldevon bis Oberkambrium verbreitet ist, sind 
Knospungszellen, große Zellen wohl für die Nährpolypen und 
daneben ganz kleine für Geschlechts- oder Wehrpolypen 
vorhanden. Sie bilden strauch- oder baumartige, häufig 
triehterförmige Stöcke, deren zahlreiche Äste öfters durch 
Querfäden verbunden sind. In der Regel erheben sie sich 
mit einem dieken Stamm auf einer Haft- 
scheibe (Fig. 83 B), selten scheinen sie 
mit dem zarten Nema wahrscheinlich an 
Seetangen aufgehängt gewesen zu sein 
(Fig. 83.A). 

Die formenreichere Unterordnung der 
+ Axonolipa, die auf das Untersilur und 
oberste Kambrium beschränkt sind, um- 
faßt meistens dichotom und oft mehrfach 
vergabelte Rhabdosome, deren Zellen mit 
der Sicula gleichgerichtet und in der Regel 


Fig. 87. 
| . A 7 Climacograptus 
gleichartig gestaltet und schräg zur Längs- parvus Hall (U. 0. 
achse dieht aneinander gereiht sind (Fig. i Azxonophora). 


Q Sr > e inke EN Untersilur (Normanskill- 
84 u. 85). Der Divergenzwinkel der Aste schrerer) New Xork(kom- 


wechselt sehr, manchmal sind sie sogar biniert aus Rüdemann 


ee i 1908). 
rückgebogen. Auch der aus vier Zell- vouständiges plattge- 


reihen bestehende, unverästelte T Phyllo- nen hi 
ö EN 6 ö S s Sicula mit Virgula, mZell- 
graptus (Fig. 86) wird hierher gerechnet. 


mündung, n Nema, 
Wie bei allen T Graptoloidea fand man nie e a ea 
an Fremdkörpern aufgewachsene Rhabdo- ne IEaDIR 

ö { ; TE kuckersianus Holm. 
some, sondern sie scheinen mit ihrem 


Untersilur, Estland (aus 
Nema wohl an Seetangen aufgehängt Wiman 1895). 


RO Unterende ®?/,, s Mündung der Sicula, 
gewesen zu Sseın. 1erste, 2 zweite T'heka, ın deren Mündung. 


Coelenterata. 


Die Unterordnung der 
TAxonophora endlich, 
welche vom Unterdevon 
bis zum mittleren Unter- 
sılur verbreitet ist, wird 
durch den Besitz der stab- 
förmigen Virgula charak- 
terisiert, welche in der 
Wand der Sicula beginnt 
und im Nema entlang- 
zieht, sowie dadurch, dab 
die Zellen umgekehrt wie 
Fig. 88. T Diplograptus pristis die Sieula gerichtet sind 

Hall (U. O0. + Axonophora). SR: ; 

Untersilur (Utica - Schiefer), Dodgeville, und ur dieser Richtung der 

New York (aus Rüdemann 1999.  Vörgula und dem Nema 
ea a ernennen eitlaugs in) emer oder 
Blase (Zentralscheibe) eingeschlossener in zwei gegenständigen 
Strang f (Funiculus), von dem die zwei- - 9 ö 
zeiligen Rhabdosome r an ihren Nemas n Reihen sich vermehren 
herabhängen, um ihn Zus Kapseln q (Fig. 31, S, 73, und 87 783) 
(Gonangien), in welchen Siculae s entstehen. x 

Die Rhabdosome wach- 
sen also hier ähnlich wie ein Laubblatt an der Basis 
weiter; sie sind manchmal gebogen, aber nicht ver- 
zweigt und scheinen meistens planktonisch gelebt zu 
haben. Denn öfters ist eine das Schweben erleich- 
ternde Platte oder Kapsel gefunden worden (Fie. 
87 A), und bei 7 Diplograptus eine komplizierte Kolonie 
(Fig. 88), die in mancher Beziehung sich mit der von 
Siphonophora vergleichen läßt. Hier hängen nämlich 
eine Menge von Rhabdosomen an ihren Nemas von 
einer Zentralkapsel herab, die eine Schwimmblase trägt. 
Sie ıst von Kapseln umgeben, in welchen Siculae sich 


Fig. 89. 
7 Retiolites (4 @o- 
thograptus Frech) 
nassa Holm (U.O. 
ri Axonophora). 
Obersilur, Gotland 


(aus Wiman 1895). 
Unterende des Rhab- 
dosoms von der Vir- 
gulaseite, vergr. Ma- 
schenwerk des Ske- 
lettes, die dünne Haut 
selbst nicht erhalten. 
s Mündung des An- 
fangskanales(?Sicula), 
v Virgula, z Unterrand 
einer Zellmündung. 


bilden, und die deshalb als Brutkapseln (Gonangien) anzusehen sind. 

Bei der Familie der + Retiolitidae aber ist weder etwas Ähnliches 
noch eine typische Sicula nachgewiesen, und ihre zwei Zellreihen haben 
eine sehr zarte, durch ein Fasernetz verstärkte Wand (Fig. 89). 


2. Klasse: Scyphozoa (Acalephae). 


Die Polypenform der Quallen ist nicht erhaltungsfähig, wohl aber 
können unter besonders günstigen Umständen die Medusen, deren 
dicke Gallertschicht manchmal von knorpeliger Härte ist, in Ab- 
drücken oder in Steinkernen ihres Gastralraumes bewahrt werden. 


Sceyphozoa. 


—] 
—] 


Die schirm- oder glockenförmigen planktonischen Meeresbewohner 
meist von ein halb bis mehreren dm Durchmesser sind nach der Vier- 


zahl radiär gebaut und durch einen gekerbten 
Rand ausgezeichnet, der mindestens acht Sinnes- 
körper oder Tentakeln trägt, aber keinen Rand- 
saum (Velum) besitz. Auf der Schirmunter- 
seite ist eine dicke Ringmuskelmasse vorhanden, 
deren Kontraktionen den Tieren ein stoßweises 
Schwimmen ermöglichen, und in der Mitte die 
kreuzförmige Mundöffnung, die oft mit Fangarmen 
besetzt ıst. Sie führt in den Magenraum, der 
häufig in vier Zipfel ausgezogen ist und an dem 
sich die Geschlechtsorgane befinden. 

Deutliche Abdrücke fand man bisher nur 
im obersten Jura von Eichstädt in Franken und 
zwar meistens von Angehörigen der Ordnung 


Fig. 90. 7 Paraphyllites 
distinetus Maas  (Sey- 
phozoa, ©. Coronatae). 
Oberster Jura (Lithographie- 
Schiefer), Solnhofen, Franken 
(aus O. Maas 1906). 
Abdruck !/,, « Magen mit 
vier Radien, b Genitaltaschen, 
c Pedalfelder, d Tentakeln. 


Discomedusae, scheibenförmige, oft stattliche Quallen mit acht 
Sinneskolben am Rand, die gegen die rezenten nichts Besonderes bieten, 


aber sich schwerlich in die rezenten 
Familien einreihen lassen. 

Die becherförmigen Staurome- 
dusae, deren ungelappter Rand keine 
Sinneskolben trägt, und die viereckigen 
Schirme der Cubomedusae mit nur 
vier Sinneskolben sind fossil noch 
nicht nachgewiesen, und von den 
Coronatae mit vier-, acht- oder mehr 
Sinneskolben und mit einer Ring- 
furche, die den gelappten Rand des 
glockenförmigen Schirmes abgrenzt, 


Abdrücke in der untersten Kreide 


2 : : Kig. 91. 

kommen nur Salz vereinzelte bei i Medusites Lindströmi Nathorst (1894) 

Eichstädt vor (Fig. 90). (Scyphozoa, Ordn. unbestimmt). 
Die wenigen, meist achtteiligen Unterkambrium(Eophyton-Sandstein), Lugnäs, 


Westgotland. 


Abdruck !/,, a vierstrahlige Mundöffnung, 


Mährens, im Perm, Devon und Sılur b ?Genitaltaschen, c Randzone. 


Europas und die zahlreichen Ab- 


drücke und Steinkerne im Kambrium von Gothland und Alabama 
erlauben fast alle höchstens eine Bestimmung als Reste von Scypho- 


medusae (Fig. 91). 


Coelenterata. 


3. Klasse: Anthozoa. 


Die Polypen, die zylindrisch oder tütenförmıg und wenige mm 
bis einige dm groß sind und ausschließlich das Meer und zwar aller- 
meist festsitzend bewohnen, unterscheiden sich von den Hydroidpolypen 
vor allem durch den Besitz eines Schlundrohrs und radialer Scheide- 
wände (Fleischsepten, Mesenterien). Deren Zahl und Anordnung ist 
für die einzelnen Gruppen charakteristisch, und an ihrer Struktur so- 
wie an der in der Saeittalrichtung meist gestreckten Mundöffnung ist 
trotz des hauptsächlich radiären Baues der Tiere eine zweiseitige Sym- 
metrie erkennbar (Fig. 103, S. 85). 

Außer der geschlechtlichen Fortpflanzung, bei welcher, frei schwim- 
mende Larven entstehen, kommt meistens eine Teilung oder Knospung 
vor und durch unvollständige Ablösung der so gebildeten Individuen, 
die fast nur bei den Pennatulacea dimorph sind, eine ausgiebige Stock- 
bildung. Dabei verbindet vielfach eine gemeinsame Masse von Weich- 
teilen, das Cönosark, in der Regel von einem Kanalnetz durchzogen, 
die einzelnen Polypen. 

Nicht selten entstehen Kalkkörperchen (Spiculae aus Aragonit) im 
Mesoderm, häufiger aber werden winzige radialfaserige Aragonitkörner 
(Skleriten) vom Ektoderm ausgeschieden, oder dieses sondert kutikular 
eine kalkige diehte Deckschicht (Epithek) oder eine hornige, fossil 
nicht erhaltungsfähige Substanz ab. 

Das Kalkskelett umhüllt bald die Polypen wenigstens teilweise 
(Rindenskelett), bald bildet es ebenso wie das Hornskelett eine ganz 
vom Üönosark umschlossene Achse als Stütze des Polypenstockes. 
Die zwei, vor allem nach dem Bau der Polypen unterschiedenen Unter- 
klassen Alcyonaria und Zoantharia verhalten sich übrigens in der 
Skelettbildung in der Hauptsache ziemlich verschieden. 


1. Unterklasse: Aleyonaria (Octocorallia). 


Die wenige Millimeter großen Polypen besitzen nur acht gefiederte 
Tentakeln und acht Fleischsepten und bilden durch Knospung von 
verbindenden Öönosarkröhren aus fast stets Stöcke, oft unter reicher 
Cönosarkentwicklung. 

Meistens entstehen in ursprünglich ektodermalen Mesodermzellen 
der Polypen und des Cönosarks knorrige Spiculae oder hornige Ge- 
bilde, oder Kalk- und Hornsubstanz wird schichtweise zur Bildung 
eines Achsenskeletts abgesondert, nur bei Heliopora fügen sich die 
vom Ektoderm abgeschiedenen Skleriten wie bei den Steinkorallen 
(siehe S. S4ff.) zusammen. 


Alcyonoidea. 79 


Vor allem nach ihrer Skelettausbildung zerfallen die Alcyonaria, 
die gewöhnlich in einzelnen, sehr oft verästelten Stöcken in tieferem 
Meerwasser leben, in die Ordnungen Alcyonoidea und Helioporacea. 


1. Ordnung: Alcyonoidea. 


In der umfangreichen Ordnung enthält das Mesoderm allermeistens 
Kalkspieulae, die oft zu einem festen Skelett verschmelzen, und häufig 
wird auch eine hornige Achse gebildet. 

Bei der Unterordnung Alcyonacea, welche auch 
Einzelindividuen sowie einfache Stöcke mit äußerer 
horniger Hülle umfaßt, kommen von fossil erhaltungs- 
fähigen Gebilden nur isolierte Spiculae 
im Mesoderm vor, die sehr selten, z. B. 

Fig. 92. ın der oberen Kreide und im Lias Mittel- 
?Nephthyacreta- europas nachgewiesen, aber kaum ge- 
EI (1885) nau bestimmbar sind (Fig. 92). 

Se: an Bei den ästigen Stöcken der Unter- 
Teplitzer Schichten), ordnung Gorgonacea ist aber eine 
See verästelte Achse vorhanden, die bald 
En rein hornig oder horniskalkig ist, bald 

aus längsgestreiften und konzentrisch 

A geschichteten, völlıg verkalkten Inter- 
nodıen und kurzen unverkalkten Horn- 
gliedern (Nodien), bald ganz aus ver- 
kitteten Spiculae besteht. Seltene Reste 

der letzten Art, Verwandte der Edel- 


= koralle Corallium, lassen sich bis in 
Fig. 93. die Kreide zurück verfolgen, ebenso 
+ Moltkia Isis aber auch die Kalkglieder (Internodien) AN 
Steenstr. (U. 0. von Isis und Verwandten (Fig. 93). on 
Gorgonacea). 8. Y#. 


ae An) Im Gegensatz zu den festgewachse- ;Graphularia de- 
netorp Schonen, Sid- nen Stöcken dieser Unterordnungen ee 
S rede - . b NINA } b 
sehweren os Hen stecken die der Unterordnung Penna- eh) 


nig 1899). ET Untereocän (libysche 
Kalkglied!/,,aGrenz- fulacea nur locker mit ihrer polypen- Stufe), Oase Farafreh, 


flächen für die Horn- . . . \- libysche Wüste (aus 
scheiben, b nur an freien Basis im Schlamm. Sie ent- a), 


jungen Stöcken vor- halten in der Kreuzungsstelle der Septen 4 Rekonstruierte 

handeneGruben,wohl . ö & .. Kalkachse?/,, BQuer- 

für die Basis der Ihrer vier Achsenlängskanäle fast aus- ” schnitt voran 
Zulypen: nahmslos einen einfachen schlanken 

Achsenstab, der hornigkalkig und im Querschnitt radialfaserig ist. 


Bruchstücke davon, die leicht mit solchen von kleinen und schlanken 


s0 Öoelenterata. 


 Belemniten-Rostren (siehe S. 252) verwechselt werden, finden sich 
selten im Tertiär und in der Kreide (Fig. 94). 

Die auf das Seichtwasser des indopazifischen und roten Meeres 
beschränkten wenigen Tubiporacea endlich sind bis kopfgroße Stöcke 
zylindrischer frei und annähernd parallel aufsteigender Polypen, die 
nur ın Abständen durch Platten horizontaler Röhrenbündel verbunden 
sind, von welehen aus neue Polypen entstehen. Ihr Mesoderm ist so 
von Spiculae erfüllt, daß poröse, durch Querplatten verbundene Röhren 
stehen bleiben, wenn die lebende Substanz unten abstirbt und durch 
ebene bis tief konkave Böden (Tabulae) von dem weiterwachsenden 
oberen Teile abgetrennt wird. Auffälligerweise sind solehe ziemlich 
feste Stöcke fossil noch unbekannt. 


2. Ordnung: Helioporacea. 


Die einzige, an Korallenriffen des indoaustralischen Archipels 
lebende Heliopora-Art bildet lappige kleine Stöcke, deren einfache 
Polypen in der Mitte ihrer Höhe von einem dichten horizontalen 
Cönosarkröhrennetz verbunden sind, von welchem sehr viele dünne 


Is u PEEERTTE, 
00 ER EEE 


0 EUER EDER FE 


A r Polytremacis macrostoma Reuss (1854) (0. Helioporacea). 


Obere Kreide, Gosau, Salzkammergut. Stock Y/,. 


B  Polytremacis blainvilleana d’Orb. 
Ebendaher. Vertikalschliff vergr., « Polypenröhre mit Pseudosepten und Böden, b Cönenchymröhren 
mit mehr Böden. 


Ü' Polytremacis macrostoma Reuss. 
Ebendaher (aus Felix 1903). Horizontalschliff vergr., « Polypen, b Cönenchymröhren. 


Blindsäcke parallel nach unten ragen. An ihnen und am unteren 
Teil der Polypen scheidet eine oberflächliche Zellschicht das Kalk- 
skelett aus. Es besteht aus ungefähr parallelen, sehr feinen Cönenchym- 
röhren für die Blindsäcke, die sich durch Einschaltung neuer ver- 
mehren (Zwischenknospung), und dazwischen aus größeren Polypen- 
röhren, die bis 15 Radiärsepten-artige Längsleisten enthalten, Reste 


Helioporacea und ; Tabulata. sl 


der Wände derjenigen Cönenchymröhren, durch deren Vereinigung 
die Polypenröhren entstehen. Beide Röhrenarten sind mit Querböden 
versehen, und ihre Wand besteht wie bei den Steinkorallen aus ver- 
schmolzenen vertikalen faserigen Kalkbälkchen, streckenweise ist sie 
aber auch durch eine innere sekundäre Kalkdeckschicht verstärkt. 
Solche Stöcke, die in vielem den Milleporidae (siehe 
S. 69!), in anderem den Steinkorallen gleichen, aber eben 
von einfachen achtteiligen Polypen be- 
wohnt werden, finden sich auch fossil 
im Alttertiär (Eocän) und in der oberen 
Kreide Europas und Südasıens, z. T. 15°5 
mit stärkeren „Pseudosepten“ versehen Er EB 


© e GR 
(Fig. 95) MEesassshezeente 
er SE 3 
Durch zwölf konstante und oft A 
Fig. 96. 


starke (?) Pseudosepten und durch ein 

Ye. Q - n 7) . 

Cönenchym, dessen Röhren sich durch I 

Teil 2 ’ d mal änrch (F. 7 Heliolitidae). 

e1 Rue yermie ren un man wu ure Obersilur,Wisby, Gotland (ausLindström1899) 

ein blasiges oder aus dichtgedrängten Oberfläche %,. In den Polypenröhren ein 

7 .. trales Säulchen. 

Kalkstäbchen bestehendes Skelett ersetzt EN a Rn ai 

5 : 2 5 TR r Heliolites bohemicusWentzel(1895). 

sind, unterscheiden sieh die $ Helioliti- 7 9® N 
? a, R A Obersilur (Stufe E2), Beraun, Böhmen. 

dae (F 18. 96). Ihre meistens massiven Längsschnitt 5/,. Die mittlere Polypenröhre 

und bis 3 dm oroßen Stöcke wurden entsteht aus Cönenchymröhren, die rechte 
e Oo 2 aber wird vom Cönenchym überwuchert. 

nur im Devon bis zum Untersilur aller 

Nordkontinente und Australiens, am häufigsten im Obersilur Europas 

gefunden. Sie werden mehrfach für Verwandte rezenter Hexacorallia 

gehalten, welchen sie in der Tat in vielem gleichen, sind also von 

höchst fraglicher Zugehörigkeit, noch mehr aber die ihnen in manchem 


ähnlichen und großenteils gleichaltrigen 


A  Heliolites interstinctus L. 


 Tabulata. 


Ihre Stöcke, die sich selten im Mesozoikum, dagegen sehr häufig 
und formenreich im Paläozoikum finden, gleichen zwar denen von 
Tubipora und Heliopora, stehen aber in der Struktur und z. T. auch 
zeitlich ihnen so fern, daß sie nur mit größtem Vorbehalt hier an- 
gereiht werden können, um so mehr als fraglich ist, ob sie eine wirk- 
lich einheitliche Gruppe darstellen und ob nicht manche zu Hexa- 
corallia oder Bryozoa zu rechnen sind. Die oft mehrere dm großen 
Stöcke bestehen aus ungefähr parallelen Kalkröhren von rundlichem, 
ovalem oder eckigem Querschnitte, die manchmal dimorph, selten 
durch Cönenchym verbunden sind und bei verschiedenen Formen ein 
Lumen von größter Feinheit bis zu mehreren mm Durchmesser haben. 


Stromer, Paläozoologie. 6 


52 


Coelenterata. 


Sie vermehren sich durch Teilung (Fig. 101, S. 83) oder Zwischen- 
knospung (Fig. 98) und scheinen stets wie die 7 Heliolitidae sich 


nu 2 
Fig. 97. 7 Favosites 
gothlandica Lam.(F. 

+ Favositidae). 
Obersilur (Diluvialge- 
schiebe), Groningen, Hol- 
land (aus Römer 1876). 
Stück eines Stockes ?/,, 
zeigt die Wandporen der 
Röhren, sowie die Zwi- 
schenknospung, und in 
aufgebrochenen Röhren 
die Tabulae. 


Fig. 98. + Syringo- 
pora fascicularis L. 
(FF. 7Syringoporidae). 
Obersilur, Gotland (aus 
Weißermel 1897). 
Stock seitlich °,5/,. 


aus einem kegelförmigen Kelch, der dem Boden 
aufliegt und eine dichte septenlose Wand hat, zu 
entwickeln. In ihnen sind Querböden (Tabulae) 
häufig, wonach die Gruppe benannt ist, und oft sind 
Radiärsepten in wechselnder Zahl und Stärke vor- 
handen, häufig allerdings nur durch Längsleisten 
oder Dornenreihen vertreten. Die Röhrenwände, die 
sich oft nur aneinander anlegen (Audtothecalia), oft 
den sich berührenden Röhren gemeinsam sind (Üoeno- 
thecalia), bestehen nie aus Kalkspiculen, sondern sind 
einfach konzentrisch geschichtet, z. B. bei f Syringo- 
pora, oder lassen eine Heliopora ähnliche Struktur 
erkennen, wie bei karbonischen - Chaetetes. Sie 
sind nicht selten von Poren durchsetzt, und manch- 
mal ist unten und seitlich an den Stöcken noch 
eine Deckschicht (Epithek) vorhanden. 

Nach der Anordnung und dem Bau der Röhren 
unterscheidet man eine Zahl von Familien. Davon 
bilden die F Favositidae oft sehr stattliche Stöcke 
aus dichtgedrängten und meist sehr langen Röhren, 
welche sich durch Zwischenknospung vermehren. 
Ihre öfters verdickte Wand ist von Poren durch- 
setzt, und im Innern sind einfache Böden und 
meistens schwache Septen vorhanden (Fig.97). Unter 
den in der obersten Kreide und der Trias Europas 
sowie im Perm Indiens nur ganz vereinzelten, im 
Karbon bis Silur aber häufigen und verbreiteten 
Formen sind die kleinen Stöcke von f Pleurodietyum 
des europäischen und nordamerikanischen Devons 
bemerkenswert, weil zwischen ihre kurzen Röhren 
stets eine gekrümmte höhre, anscheinend eines 
symbiotischen Wurmes, eingeschlossen ist (Fie. 11, 
Sl2)) 

Von den übrigen Familien, die alle nur dichte 
Wände haben, sind die 7 Syringoporidae, welche 
in ihrer äußeren Form, in dem Besitz trichter- 
förmiger Böden und in der Knospungsart Tubipora 


ähnlich sind, nur vom Karbon bis zum Silur häufig (Fig. 98), die F Haly- 
sitidae, deren im Querschnitt ovale, manchmal dimorphe und mit 


 Tabulata, System. 35 


zwölf Septen versehene Röhren sich so aneinanderreihen, daß sie im 
Querschnitt ein Netz von Ketten zu bilden scheinen, nur im Obersilur 
(Fig. 99). Im Gegensatz zu ihnen bilden die vom Karbon bis zum 
Silur verbreiteten $ Auloporidae nur sehr kleine ästige Stöcke, deren 
Röhren wenig Böden enthalten und 
am Untergrund kriechen (Fig. 100). 


18 


Fig. 99. 7 Halysites catenularıa 


. IR A B 
al: L , & 

ach me} a Fig. 101. 7 Chaetetes Etheridgi Nich. (1889) 
Obersilur, Dudley, England (aus F. Rö- : 

mer 1876). (F. 7 Chaetetidae). 
4A Teil eines Stockes schräg von oben ?/,, Unterkarbon (Kohlenkalk), Westmoreland, England. 
B einige Röhrenmündungen, vergr. mit A Querschliff 6°/,, zeigt die Vertikalleisten, die den Be- 
Pseudosepten und in der diehten Wand ginn der Röhrenteilung anzeigen, B Längsschliff °,5/,, 
zwischen zwei Röhren enge Parallelröhre. mit weitabstehenden Böden und einer Röhrenteilung. 


A 


Fig. 102. 7 Montieulipora (7 Heterotrypa) 
nodulosa Nich. (1881) (F. + Montieuli- 


poridae). 
Fig. 100. + Aulopora serpens Schloth. Mittelsilur (Cineinnati-Stufe), Ohio. 
(dd Ar Auloporidae). 4 Stück eines Stockes Ye B Oberfläche 22/5, 


C Querschnitt 1?/,, zeigt im axialen Teil die 


Mitteldevon, Bensberg, Eifel (aus Quenstedt Querschnitte der eckigen dünnwandigen Längs- 


1873). röhren, im randlichen Teile schräge Längs- 
Stock auf dem eines anderen Tabulaten krie- schnitte mit verdickten Wänden und vielen 
chend, seine Röhren z.T'. aufgespalten. Böden. 


Vereinzelt in der Jura- und Triasformation Europas, häufig aber 
im Karbon finden sich die massiven Stöcke der 7 Chaetetidae (Fig. 101), 
deren sehr feine lange höhren sich durch Teilung vermehren und 
gemeinsame Wände haben, und endlich in der Trias Ungarns und der 
Alpen, im Perm Indiens und häufig im Devon und besonders Silur 
die Familiengruppe der 7 Monticuliporidae, welche von manchen 
als T Trepostomata den cyelostomen Bryozoen angereiht wird. Die 

6* 


s4 Coelenterata. 


feinen Röhren ihrer vielgestaltigen kleinen Stöcke vermehren sich 
durch Knospung und sind in der Regel insofern dimorph, als größere 
von verschieden vielen kleinen, die dichter stehende Böden haben, 
umgeben sind. Ihre Wände sind selten gemeinsam, meist berühren 
sie sich nur, tragen nie Septen und sind im Stockinnern, wo wenige 
Böden vorhanden sind, sehr dünn (Fig. 102 u. 20, S. 24). 


2. Unterklasse: Zoantharia. 


Von den Octocorallia unterscheiden sich die mannigfaltigen Zoan- 
tharia durch ihre ungefiederten, meist in einem Vielfachen von sechs 
angeordneten Tentakeln und den Mangel von Kalk-Spiculae Von 
ihren Ordnungen, die vor allem nach der Ausbildung der Mesenterien 
unterschieden werden, sind die Antipatharıa mit rein horniger Achse 
und die skelettlosen Ceriantharia und Zoanthiniaria fossil ganz unbe- 
kannt und ebenso von den Hexactiniaria die Unterordnungen der 
skelettlosen Actiniaria und Edwardsiaria. Es kommen also hier 
nur die allerdings außerordentlich formenreiche Unterordnung der 
Madreporaria (= Hexacorallia) und die eng sich anschließende der 
 Rugosa (= Tetracorallia), d h. die Steinkorallen in Betracht. 


1. Unterordnung: Madreporaria (= Hexacorallia). 


Bei den rezenten Steinkorallen sind die Mesenterien in sechs- 
zähligen Zyklen angeordnet, in die sich neue Fleischsepten stets paar- 
weise einschalten, doch legen sich die zwölf erster Ordnung nach- 
einander zweiseitig symmetrisch an (Fig. 114C, S. 91), und es läßt 
sich auch später eine zweifache Symmetrie nach der Ebene der Mund- 
spalte und senkrecht dazu erkennen (Fig. 103). Sowohl die Einzel- 
polypen als die Stöcke besitzen ein festes zusammenhängendes Rinden- 
skelett aus kohlensaurem Kalk (Aragonit), das rein ektodermal in winzigen 
Körnchen oder Schüppchen ausgeschieden wird und als Ganzes den Kelch 
(Corallum) bildet. Ganz außen und unten wird eine sehr kleine Fuß- 
platte mit seitlich sich anschließender Deckschicht (Epithek) abgelagert, 
welche das Corallum oder den ganzen Stock, wo er dem Boden nicht 
angeheftet ist, unten außen umkleidet, oft aber bei nah verwandten 
Formen unvollständig ist oder ganz fehlt (Fig. 109, S. 89). 

Rücken die Tiere bei stärkerem Höhenwachstum nach oben, so 
werden die unteren, nicht mehr bewohnten Teile nicht selten durch 
einfache Böden (Tabulae) oder häufiger durch viele Querblättchen 
(Dissepimenta = Traversa) von den oberen abgeschlossen (Fig. 119, S. 92). 

AII diese Skelettelemente werden von der Unter- und Außenseite 
der Weichteile, d. h. einseitig, abgeschieden im Gegensatz zu den 


Madreporaria, Bau. 85 


übrigen, welche in tiefen Einfaltungen dieser Partien, also von min- 
destens zwei Seiten her sich bilden. Solche haben als sehr bezeich- 
nende Struktur in ihrer Mittellinie Verkalkungszentren, die auf Schliffen 
als dunkle, seltener helle Punkte oder Linien (Primärstreifen) erscheinen, 
und davon nach zwei oder mehr Seiten ausstrahlende feine Nadel- 
büschel (Fig. 104 u. 106, S. 86 u. 87). 

Die Zentren sind in meist schräg oder senkrecht aufsteigenden 
Reihen angeordnet, wodurch Bälkchen (Trabeculae) sich aufbauen, die 


m co 


7% 
AR IT 


SSESIEEN 


mr 

Fig 103. 
A Schematischer Querschnitt eines Madreporariers (abgeändert aus R. Hertwig 
1907) ober der Linie a—b durch das Schlundrohr, unterhalb von ihr basal geführt. 


mr Richtungsmesenterien, die Symmetrieebene bezeichnend, o Schlundrohr, r Randplatte, co Rippen, 
e Epithek, s Kalksepten, th echte Theka, in letzteren die Verkalkungszentren als schwarze Striche. 


b Schematischer Längsschnitt eines ausgestreckten Madreporariers (abgeändert 


aus Claus-Grobben 1905). 
Links ist ein Mesenterium ın, rechts in einer Mesenterialtasche ein Kalkseptum s getroffen. c Säul- 
chen, e Epithek, f Fußplatte, o Schlundrohr, r Randplatte, t% Mauer. 


sich wiederum so aneinanderreihen, daß dichte oder poröse Lamellen 
entstehen, die sich senkrecht auf der Fußplatte erheben (Fig. 103, 104). 

Davon sind am wichtigsten und stets vorhanden die radıär an- 
geordneten Septen, die in den Fächern zwischen den Mesenterien 
liegen (Fig. 105). Der Verlauf ihrer meist fächerförmig oder hori- 
zontal angeordneten Trabekel ist oft an Körnerreihen oder Leisten 
der Septenseiten und deren Ende nicht selten an Zacken des freien 
Septaloberrandes angezeigt (Fig. 104 A). Letzterer, dem die Anwachs- 
linien parallel laufen, ist in der Regel gegen die Mitte des Coraltum 


s6 Üoelenterata. 


zu geneigt, so daß hier eine verschieden tiefe und weite Kelchgrube 
vorhanden ist, in welche die Hauptmasse der Weichteile jedes Indi- 


El viduums sich zurückziehen kann. 

Y R, Die Regel ist, daß sich zuerst sechs 
RN oder zwölf Primärsepten anlegen, und daß bei 

SWRER weiterem Wachstum die jüngeren gesetzmäßig 
y a in sechszähligen resp. durch sechs teilbaren 


Zyklen immer kleiner bleibender Septen sich 
einschalten, und zwar streng radiär angeordnet, 


“| 
Er 
: j a. 
x 7 N‘ 
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I 
el 
IR | RR / 
I PR 
ER 
IR 
N 
E 
(4 


Fig. 104. Struktur von Septen der Madreporaria. 
4 Radialschliff eines dichten Septums, stark vergr., Zacke von Mussa (Astraeidae) rezent (aus Ogilvie 1896). 
a Anwachslinien dem freien Rand parallel, ir fächerförmig angeordnete Trabekeln mit Verkalkungs- 
zentren, ihr Ende entspricht je einer kleinen Randzacke 2. B Seitenfläche eines porösen Septums, 
vergr., 7 Öyclolites sp. ($ Thamnastraeidae), obere Kreide, Europa (aus Pratz 1882). Die fächerförmig 
angeordneten Trabekeln sind nur durch ihre Verdickungen verbunden, links sind Querblättchen am 
Septum. ( Horizontalschliff durch zwei Septen, die durch Querblättchen g verbunden sind, stark vergr, 
D Horizontalschliff durch zwei Septen, die durch echte, d. h. mit eigenen Verkalkungszentren ver- 
sehene sy und durch falsche Querbölkchen ohne solche ps (Synaptikeln und Pseudosynaptikeln) 
verbunden sind (aus Ogilvie 1896). 


in jedem Zyklus gleich groß und gleichzeitig in den gleichartig be- 
grenzten Zwischenräumen der älteren Septen (Milne Edwards Gesetz, 
Fig. 1052). 

Es gibt aber viele Ausnahmen, und öfters ist ein (oder zwei 
opponierte) Septum besonders groß, worin eine zweiseitige Symmetrie 
angedeutet ist (Fig. 110, S. 89). 

Oft verschmelzen manche Septen an den Innenenden oder es 
erhebt sich ein besonderes Säulchen (Columella), häufig noch von 
Pfählehen umgeben, in der Kelchmitte (Fig. 105 B, 103 B, S. 85, u. 113, 
S. 90). 


Rn 
—] 


Madreporaria, Bau. 


Eine äußere Begrenzung des Kelches ist meistens durch eine ring- 
förmige Mauer gegeben, sei es daß in einer besonderen Ringfalte Ver- 
kalkungszentren wie in den Septen eine echte 
dichte oder poröse Mauer (Theca) erkennen 
lassen (Fig. 103, 5.85), oder daß nur 
eine falsche Mauer (Pseudotheca) ge- 
bildet wird, indem sich die Septen 
nahe an ihrem Außenende verdicken 
oder indem hier Querblättehen (Dis- 
sepimenta) oder auch Querbälkchen 
(Synaptieulae), die eigene Verkalkungs- 
zentren enthalten und die Septenseiten es 1025 
verbinden, sich anhäufen (Fig. 106). Parasmilia  australis Milme Edwards 


. ee 6 et Haime (1854) (F. Turbinolidae). 
Manchmal ist übrigens noch eine Oberste Kreide (Schreibkreide), England. 


Innenmauer da, welche durch An- AjungesCorattum seitlich‘/,, BKelch von oben, 
häufung von Querblättchen, die über- "ter weiter bis Minfter Ordnung 
haupt besonders in der Randzone der 

Kelehgruben vorkommen, oder durch Septenverdickungen entsteht 
(ües11875792)). 

Die Skeletteile, welche abgesehen von den Septen innerhalb der 
Mauer liegen, werden endothekale im Gegensatz zu den exothekalen 
genannt, die unter der sogenannten 
Randplatte der Polypenweichteile 
(Fig. 103, 5. 85) bei Stöcken unter 
dem daraus hervorgehenden ÖCöno- 
sark entstehen. Von diesen bilden 
die oft vorhandenen Außenteile der 
Septen, die Rippen (Costae), bei 
Stöcken eine Verbindung der Kelche, 
und zwischen ihnen finden sich Syn- 
aptikeln (Fig. 113, S. 90) oder Disse- 
pimente (Costalcönenchym), oder 
letztere allein setzen ein blasiges 
Cönenchym zusammen, oder auch Fig. 106. + Piyllastraea lobata Reuss 
es bilden eng gestellte vertikale (F. Astraeidae). 
Trabekeln ein dichtes, oberflächlich overe Kreide,Gosau, Salzkammergut (aus Felix1903). 
stacheliges Cönenechym, was nur Mech ee a 
manchmal, besonders in den äußeren 
Teilen ästiger Stöcke vorkommt. Oft fehlt aber ein Cönenchym und 
die Kelehmauern stoßen direkt aneinander oder die einzelnen Coralla 
sind nur basal vereinigt. 


Coelenterata. 


88 


Die Stöcke, die nicht selten Hunderte von Individuen umfassen, 
entstehen dadurch, daß die geschlechtliche Fortpflanzung mit kurzem 
Schwärmstadium frei schwimmender Larven zurücktritt gegen eine 
Teilung oder Knospung, bei der in der Regel die Individuen sich nicht 
ganz trennen. Die Knospen entstehen teils außerhalb des Tentakel- 


kranzes (Außenknospung) an der Seitenwand oder Basis oder vom 
Cönosark aus, teils innerhalb (Innenknospung), und letztere Art geht 
in die Teilung über. Bei ihr verlängert sich das Corallum und schnürt 
sich in der Mitte 


NW 


der Länge ein, oder zwei Septen verbinden sich zu 
einer trennenden Mauer (Fig. 107), oder auch Böden 
und Querblätter helfen eine solche bilden. Bei un- 
vollkommener Teilung werden die Kelche kaum ge- 


Fig. 107. 7 Thecos- 
milia clathrata Emm. 
(F. Astraeidae). 
Oberste Trias (Kössener 
Schichten), Ruhpolding, 
Oberbayern (aus Frech 
1890). 

In Teilung begriffenes 
Corallum von oben °/,, 
nur wenige Septen sind 
deutlich erhalten. 


trennt und sind dann öfters in mäandrischen Reihen 
angeordnet. 

Von der Art dieser ungeschlechtlichen Ver- 
mehrung und dem sehr wechselnden Verhältnis des 
Höhen- zum Breitenwachstum der Kelche, auch von 
der Entwicklung des Cönenchyms hängt die Stock- 
form ab, die keine große systematische Bedeutung 
hat, da sie in hohem Maße durch äußere Umstände 
bedingt ist. Sind alle oder einige entstehende 


Individuen bis zur Basis getrennt, so werden die Stöcke ästig, wenn 
nicht, massiv (asträoidisch) oder krustenförmig. 

Wohl infolge von Lichtbedürfnis finden sich auch oft Schirm- 
formen, und vielleicht aus demselben Grunde sind die stockbildenden 
Korallen, die aus winzigen bis wenige Zentimeter großen Individuen 
bestehen, jetzt auf Tiefen von weniger als 40 m beschränkt. Sie finden 
sich wie die allergrößten Einzelkorallen in und unter der Brandungs- 
zone fast nur in reinem Meerwasser, das nicht unter 20°C. hat, wäh- 
rend kleinere Einzelkorallen auch in das Kaltwasser und bis ın die 
Tiefsee gehen. 

Das System der sehr zahlreichen rezenten und fossilen Formen 
ist auf das Skelett begründet, liegt aber noch sehr im argen. Wie 
bei festsitzenden Tieren die Regel, herrscht eine außerordentliche 
Variabilität: bei den Arten, die nach Details der Form, der Septen- 
oberflächen usw. unterschieden werden. Das Verhalten ‚der Epithek 
ist nur im kleinen brauchbar, auch das der Mauer nur manchmal 
zur Gruppentrennung, denn Formen mit echter oder falscher Mauer 
oder ohne Mauer (Euthecalia, Pseudothecalia und Athecalia) gehen öfters 
ineinander über, ja bei einem Genus, z. B. Caryophyllia, kann eine 
Eutheca und Pseudotheca vorhanden sein. 


Madreporaria, System. 


39 


Wichtiger erscheint das Vorkommen von Säulchen und Pfählchen, 
die Septenzahl und das Vorherrschen von Synaptikeln oder von Böden 


und Querblättchen, auch das Fehlen oder die 
Ausbildung des Cönenchyms, und neuerdings hat 
sich der mikroskopische Aufbau, vor allem die 
Richtung der Trabekeln, 
als bedeutungsvoll er- 
wiesen. Aber immer noch 
kann man die Familien- 
gruppen am besten wie 
seit langem nach der 
Porosität der Mauer und 
z. T. auch der Septen in 
Aporosa und Perforata 
trennen, wozu als ver- 
mittelnde Gruppe die 
Fungacea kommen. 

Von der sehr umfang- 
reichen Familiengruppe 
der Aporosa sind z. B. 
die Turbinolidae Einzel- 
korallen mit vielen wohl- 


Fig. 108. 7 Stylina punctata 
Koby (1880) (F. Stylinidae). 
Oberer Jura (Korallenkalk), 
Schweiz. 
Stockoberfläche vergr. Im inne- 
ren Kelchteile nur große Haupt- 


septen, im äußeren sehr viele 
Querblättchen. 


Corallum seitlich !/,.. 
unvollständig in Ringen, Sep- 


Fig. 109. 7 Montlivaltia 
nattheimensis Milasch. 


(F. Astraeidae). 


Oberer Jura, Nattheim, Würt- 
temberg (aus Becker und Mila- 


schewitsch 1876). 
Epithek 


ten sehr zahlreich. 


entwickelten Septen und meist auch Säulchen und mit echter Mauer, 
oft auch mit Pfählchen und Epithek, aber nur manchmal mit wenig 
Querblättchen versehen (Fig. 105, 8. 87). Sie sind sicher schon im Jura 


vertreten und ebenso auch stockbildende Familien, 
für die eine echte Mauer, dichtes Cönenchym und 
kleine, mit wenig Septen versehene Zellen bezeichnend 
sind, wie die Oculinidae, Stylophoridae usw. Die 
massiven Stöcke der Stylinidae, die durch den Besitz 
einer Innenmauer und eines Säulchens, auch zahl- 
reicher Querblättchen sich auszeichnen, und wie die 
folgenden kein Cönenchym, aber meistens eine 
Pseudotheka haben (Fig. 108), sind sogar schon in 
der alpinen Trias häufig. 

Das gilt noch mehr von den Astraeidae, bei 
welchen neben wenigen Einzelkorallen (Fig. 109) 
alle möglichen Stockformen, darunter bis zum Jura 


Fig. 110. FStylosmilia 
Kobyi Ogilvie (1896) 
(F. Amphiastraeidae). 
Oberster Jura, Stramberg, 
Mähren. 
Querschliff %°/, , zeigt die 
zweiseitig symmetrische 
Septenanordnung, die 
Querblättchen und Innen- 
Knospung. 


auch mäandrische, vorkommen, und deren zahlreiche am Oberrand ge- 
zähnelte Septen unten durch Querblättchen verbunden sind (Fig. 1044, 
S. 86, 106, S. 87, u. 107). In der Trias der Alpen schließen sich ihnen 


Coelenterata. 


wohl die 7 Sitylophyllidae an, 


deren Septen in horizontale Stacheln 


zerteilt und unten durch Böden verbunden sind, und ihnen stehen 
viele Formen der auch schon dort vorkommenden Amphiastraeidae 


Fig. 111. 7 Cyelolites Fig. 112. 
undulata Blawmv. 
(F.7 Thammastraeidae). 
Obere Kreide, Gosau, Salz- 
kammergut (aus Felix 1903). 
Einzelkoralle seitlich !/,. 


+ Thamna- 
straea decipiens Michelin 
(F. + Thamnastraeidae). 
Obere Kreide, Gosau, Salz- 
kammergut (aus Reuss 1854). 
Stockoberfläche vergr. 


nahe, einer wohl etwas hetero- 
genen Familie meist stock- 
bildender Korallen. Für sie 
ist außer einer dichten und 
meist echten Mauer mit wohl- 
entwickelter Epithek eine 
Vermehrung durch Innen- 
knospung und vor allem eine 
schwache zweiseitige Sym- 
metrie der Septen charakte- 
ristisch (Fig. 110), weshalb 
manche Angehörige, wie j Pi- 


nacophyllum der alpinen Trias zu 7 Tetracorallia gerechnet wurden. 
Die kleinere Familiengruppe der Fungacea deren zahlreiche und 
oft poröse Septen in der Regel fast nur durch Synaptikel verbunden 


psth s 


co 
r Actinacis elegans Reuss 
(F. Poritidae). 
Obere Kreide, Gosau, Salzkammergut (aus 
Ogilvie 1896). 


Querschliff, vergr. c Columella, s Septen, 
psth Pseudothek durch Synaptikel gebildet, 
cö schwammiges Cönenchym. 


Kreide (Fig. 113). Bei ihnen 


sind, wenn auch öfters eine Pseudotheka 
und Epithek sich findet, umfaßt außer 
z. T. sehr großen Einzelkorallen niedere 
Stöcke mit manchmal recht kleinen 
Individuen. Sie ist wenigstens in Formen 
mit regelmäßig porösen Septen, den 
T Thamnastraeidae, im ganzen Mesozoi- 
kum häufig (Fig. 111, 112 u. 104 5, 
S. 86). 

Dagegen sind die wenigen Familien 
der Perforata, deren echte oder falsche 
Mauer stets porös ist, nur bis in das 


jüngere Mesozoikum sicher nachge- 
wiesen: die Eupsammidae, Einzel- 


korallen oder ästige Stöcke mit sehr 
vielen, manchmal etwas porösen Septen 
höchstens bis in den Jura und die 
Madreporidae und Poritidae, in deren 
Stöcken ein ganz poröses Öönenchym 
kleine Zellen mit meist nur wenigen 
Septen verbindet, sogar nur bis in die 
sind die Septen nicht nur manchmal 


porös, sondern öfters bloß durch Dornenreihen vertreten, und da 


il 


 Rugosa, Bau. 


zugleich auch Böden auftreten, ist eine Ähnlichkeit, aber wohl keine 
Verwandtschaft solcher Genera wie z. B. Alveopora mit gewissen 7 Tabu- 
lata (7 Favositidae, 5.82) vorhanden. Auch die Zugehörigkeit der wenigen 
 Spongiomorphrdae der oberen Trias der Alpen, bei welchen Septen 
und Kelche nur sehr schwach entwickelt sind, und noch mehr die 
vereinzelter paläozoischer Gattungen mit poröser Mauer und Septen 
zu den Perforata ist noch ganz fraglich. 


2. Unterordnung: ' Rugosa (=  Tetracorallia). 


Die paläozoischen Steinkorallen unterscheiden sich von den jüngeren 
ziemlich durchgreifend nur durch die Septenanordnung. Es scheinen 
nämlich bei ihnen sich zwar auch zuerst sechs 
Primärsepten anzulegen, aber paarweise in der 
Reihenfolge, welche Fig. 114 A angibt und 
welche der ersten Anlage der Mesenterien bei 


Fig. 115. 7 Streptelasma 
europaeum F. Römer (1883) 
(F. 7 Zaphrentidae). 
Diluvialgeschiebe, Schlesien, aus 
dem Untersilur Estlands. 
Einzelkorallum seitlich, von Epi- 
thek entblößt, ?/,. A Hauptseptum, 
9 Gegenseptum, A Hauptseptum (aus Caruthers 1906). € die s Seitenseptum mit zweiseitig 
acht ersten Mesenterien eines rezenten Madreporariers paar- resp. einseitig fHiederstelligen 

weise nacheinander entstanden (Edwardsia-Stadium). Sekundärsepten. 


A 


Fig. 114. 
Schema der Anlage der ersten Septen eines +Rugosen. 


4 die sechs Primärsepten paarweise nacheinander entstanden. 
B die ersten Sekundärsepten in der Reihenfolge a,b und c in 
vier Zwischenfächern neben den Seitensepten s entstanden, 


den rezenten Hexactiniaria ziemlich gut entspricht 
(Fig. 1140), doch ist das dritte Septenpaar den ersten 
zwei offenbar nicht gleichwertig, und die weiteren 
Septen (Sekundärsepten) entstehen nicht zyklisch in 
allen sechs Zwischenräumen der Primärsepten, sondern 
nur in vier (Fig. 114 D), den zwei Haupt- und den 


Einzsiton 1070 


zwei Gegenquadranten. So ergibt sich eine zweiseitige 
Symmetrie, indem in der Medianebene ein dorsales 
„Hauptseptum“, zu dem die Sekundärsepten zweiseitig 
fiedrig stehen, und ein ihm opponiertes „Gegenseptum“ 
vorhanden ist, während die zwei nächstalten Primär- 


phrentis conulus 
Lindström (1896 ) 
(F. Zaphrentidae). 
Kelch von oben °/,. 
Hauptseptum Ah in 
Grube, die Septen al- 
ternieren. 


92 Coelenterata. 


septen als unter sich gleiche „Seitensepten“ einseitig fiedrig Sekundär- 
septen tragen (Fig. 115, 5. 91, Kunthsches Gesetz.) 

Das Hauptseptum, welches bei gebogenen Einzelkorallen meist 
an der konvexen, manchmal aber bei der- 
selben Art auch an der konkaven Seite 


ae, 
EN Wr 
Fi [A Ruf, 


Fig. 117. + Lonsdalia virga- Fig. 118. + Acervularia Tuxurians L. 
lensis Waagen und Wentzel (F. + Oyathophyllidae). 
(1887) (F. 7 Axophyllidae). Obersilur, Gotland (aus v. Koch 1883). 
Permokarbon (mittlerer Productus- A Querschliff durch einen massiven Stock mit jungen 
Kalk), Salt Range, Indien. Kelchen °/,. Innerhalb der dichten Außenmauer 
Querschliff 1!/,. Die Primärstreifen bilden die alternierenden Radialsepten durch Ver- 
deralternierenden radialangeordneten diekung eine Innenmauer. B Längsschliff durch ein 
Septen reichen bis ganz außen in die Einzelkorallum mit zwei Innenknospen !/,. Im 
Pseudotheka, viele Querblättchen, in Kelchinnern Querböden, in der Außenzone zwischen 
der Mitte Säulchen. den zwei Mauern Querblättchen. 


sich befindet, ist übrigens oft klein und liegt dann häufig in einer 
. Septalgrube (Fossula, Fig. 116). Bei vielen Einzelkorallen und bei 
den allermeisten Stockformen stellen sich aber die Septen bald radiär; 
die primären sind dann nur selten 


IN 
ausgezeichnet, jedoch ist ein Unter- SÄNLINS 
N \' 
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UN FE 
NN U DHIH 
N IA LE (az 122 
CR 


A 
Fig. 119. 7 Oyathophyllum anticostiense Billings (F. + Cyathophyllidae). 
Obersilur (Antikosti-Stufe), Antikosti-Insel, Kanada (aus Lambe 1901). 
A Querschliff, B Längsschliff 4/,. Sehr viele Radiärsepten, in Kelchmitte Böden, in der Randzone 
Querblättchen. 


schied von typischen Hexacorallia darin erkeunbar, daß die Septen 
nicht in ihrer Größe den Zyklen entsprechend sich abstufen, sondern 
daß größere und kleinere alternieren (Fig. 116 u. 117), oder alle ziem- 
lich gleich stark sind (Fig. 119). 


7 Rugosa, Bau. 03 


Die dichten Septen bestehen auch hier aus verschmolzenen Tra- 
bekeln, sie sind fast stets zahlreich und oft lang, manchmal aber nur 
durch Leisten oder sehr selten durch Dornenreihen vertreten und bil- 
den fast immer eine dichte Pseudotheka mit ihren verdiekten Außen- 
enden (Fig.117). Allermeist ist die Mauer noch von einer vollständigen 
Epithek überzogen, deren Längsrunzeln (Augae) den Zwischenräumen 
der Septen, also nicht den Rippen der Hexacorallia entsprechen. In 
der Kelchmitte sind meist einfache Böden, in der Randzone Quer- 
blättehen (Dissepimente) vorhanden, oft aber ist das durch letztere ge- 
bildete blasige Gewebe stark entwickelt (Fig. 121). Manchmal findet 
sich übrigens auch eine durch Septenverdickungen oder Querblättchen 
gebildete Innenmauer oder ein zentrales Säulchen (Fig. 117 u. 118). 

Einige, vor allem im Devon verbreitete Gattungen stockbildender 
und öfters mit einer Innenmauer versehene Formen haben bei nah 
verwandten Arten bald mit den Wänden 
zusammenstoßende Coralla, bald sind die 


RT FE 
Fig. 121. FO ystiphyllum siluriense 
Lonsd. (F. + Oystiphyliidae). 
Obersilur (Wenlock-Stufe), England 


Fig. 120. 7; Phillipsastraea radiata Smith 


Woodward (F: 1 Oyathophyllidae). (aus Milne Edwards und Haime 1553). 
Unterkarbon (Kohlenkalk), England (aus Schäfer 1389). Medianer Vertikalschnitt des Kelches?/,, 
A Stock von oben ®/,. B Querschliff ®/,. Septen und zeigt die Oberfläche und den Durch- 

Querblättchen, Mauer ganz rudimentär. schnitt des Blasengewebes. 


Mauern rückgebildet, so daß die Coralla durch Septen mit Blasen- 
gewebe (Fig. 120) oder durch letzteres allein verbunden sind. Ein 
echtes Öönenchym fehlt aber. 

Viele 7 Rugosa pflanzen sich offenbar nur geschlechtlich fort und 
kommen demnach nur als Einzelkorallen vor, andere haben aber auch 
Innen-, selten Seitenknospung und bilden so massive oder buschige Stöcke. 

Vor allem nach der Ausbildung der Endothek kann man etwa ein 
halbes Dutzend Familien unterscheiden. Davon umfassen die vom Perm 
bis zum Untersilur verbreiteten j Zaphrentidae (Fig. 115 u. 116, S. 91) 
Einzelkorallen, deren bilaterale Septenanordnung besonders deutlich ist, 
und in deren kreisel- bis röhrenförmigen Coralla Böden, aber wenig Quer- 
blättchen entwickelt sind. Die 7 Oyathaxonidae aber, karbonische, wenige 
ältere und ein permisches Genus umfassend, sind Einzelkorallen mit 
radial angeordneten Septen und werden wegen des Mangels an Böden 


Coelenterata. 


h 


Fig. 122. 7 Calceola sandalina 
Lam. (F. + Calceolidae). 
Mitteldevon, Deutschland (aus Kunth 
1869). 

A Deckel von unten, B Kelch von der 
Dorsalseite, A Hauptseptum, g Gegen- 
septum, s Seitensepta. 


und blasiges bis dichtes 


und Querblättehen vielfach allen anderen 
 Rugosa als  Inexpleta gegenübergestellt. 
Radiäre Septenstellung haben auch die for- 
menreichen 7 Üyathophyllidae und r Axo- 
phyllidae, bei welchen blasiges Gewebe und 
Böden, beı letzteren auch ein Säulchen wohl 
entwickelt sind (Fig. 117 u. 119, 8. 92). Zu 
ihnen gehören viele stockbildende Formen, 
darunter solche mit reduzierter Mauer, auch 
Genera mit einer Innenmauer (Fig. 118, 
>. 92, und 120). 

Durch schwache Septenausbildung, aber 
ausnehmend starke Entwicklung des Blasen- 
gewebes zeichnen sich die wenigen Genera 
der  Oystiphyllidae aus, welche selten bu- 
schige Stöcke bilden (Fig. 121). Die merk- 
würdigen  Calceolidae, welche fast alle auf 
das Mittel- und Unterdevon Europas und 
Westasiens und das Obersilur beschränkt er- 
scheinen, haben nur leistenförmige Septen 
Gewebe in ihren tiefen Einzelkelchen, die 


zwei- oder vierkantig sind und mit einem oder mehreren Kalkdeckeln 
verschlossen werden können (Fig. 122 u. 25, 8. 25). Die wenigen arten- 
armen Genera des Paläozoikums endlich, deren Wand und Septen 
porös sind, können nur als unsichere Angehörige der 7 kugosa er- 
wähnt werden, denn nur bei fCalostylis Lindstr. aus dem Obersilur 


gewiesen. 
Anhang zu den Coelenterata. 
N i 
I  Archaeocyathida. 
Fig. 123. Im marinen älteren Kambrium 


+ Archaeocyathus 
aduncus Borme- 
mann (1836). 


von Südeuropa, Nordamerika, Sibi- 
rien und Südaustralien finden sich 


Gotlands ist eine Fiederstellung der Septen nach- 


r Ethmophyllum 
Whiütneyi Meek 
(7 Archaeocyathida). 


Kambrium, Mte. St. oftin grober Menge ungefähr trichter- Kambrium, Nevada (aus 
Gloria, Sardinien. förmige Körper von einigen Tenti- Hinde 18389). 


Kelch seitlich !/,.. 


metern Größe mit porösem Kalk- 


Querschliff der Wand, °/7- 


skelett, das aus zwei konzentrischen Wandschichten besteht, die durch 
zahlreiche, öfters unregelmäßige Radiärsepten verbunden sind (Fig. 123 
und 124). Sie werden teils den Kalkschwämmen (7 Sphinctozoa), teils 


+ Receptaculida. 


porösen Hexakorallen angereiht, teils sogar Pflanzen 
(Siphonea), sind also in ihrer Stellung ganz unsicher. 
Dasselbe gilt von den 


 Receptaculida. 

Es sind kugelige oder birnförmige Hohlkörper 
von höchstens 1 dm Größe mit doppelter kalkiger 
Wand, die aus Spiralreihen quinkunxial geordneter 
Elemente besteht (Fig. 125). Sie sind rhombische oder 
sechseckige Täfelchen, in deren Diagonalen innen vier 
mit spindelförmigen (?) Axenkörpern oder (?) Kanälen 
versehene Tangentialarme liegen. Von deren Schnitt- 
punkt geht ein hohler Radialarm zentralwärts, dessen 


verdiektes Innenende mit den benachbarten zusammen 
die Innenwand bildet (Fig. 126 und 127). An der Basis 


Fig. 125. 
 Sphaerospongia 
tesselata Phillips 
(+ Receptaculida). 
Devon, Winnipegosis- 
See,Kanada (ausWhi- 

teaves 1892). 
Rekonstruktion, nur 
oberster Teil un- 


sicher, *?/;.. 


beginnen die Tafeln in der Vier- oder Achtzahl, gegen den oberen Pol 
zu, der meistens zerstört ist, werden sie klein, eine Öffnung ist aber 


auch hier wohl nicht vorhanden. 
b a 


= 


Fig. 126. 7 Receptaculites Neptuni Defr. Fig. 127. + Polygonosphaerites tesselatus 


(7 Receptaculida). Phillips (+ Receptaculida). 
Mitteldevon, Eifel (aus Rauff 1392). Mitteldevon, Nassau (aus Rauff 1892). 
Meridionaler Querschliff der Wand °®/,. «a Täfel- Von innen gesehene Tangentialarme, die Um- 
chen, b Tangentialarme mit Achsenspindeln, chohler risse der außen anliegenden Täfelchen sind 
Radialarm, d dessen innere Verdickung. eingezeichnet °/,. 


Die im Karbon, vor allem aber vom Devon bis zum Untersilur 
Europas und Nordamerikas verbreiteten marinen Reste werden bald 


Coelenterata bald Kalkalgen (Siphonea) angereiht. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der 


Cnidaria. 


In den jetzigen Meeren, aber nicht im Süßwasser, spielen die 
Onidaria überall eine große. Rolle; da jedoch, abgesehen von den 
+ Graptolithi, nur festsitzende marine Seichtwasserbewohner mit wohl 


96 Coelenterata. 


entwickeltem Kalkskelett fossil häufig sind, erhält man nur ein äußerst 
unvollkommenes Bild von ihrer Vergangenheit. Dazu kommt, daß 
auch die besterhaltenen Kalkskelette der Unidaria nur zu oft recht 
wenig sichere Schlüsse auf die Weichteile und damit auf den Bau 
und die Stellung der betreffenden Tierform gestatten. So ist unsere 
Kenntnis unzweifelhafter fossiler Aydrozoa und Alcyonaria fast so 
dürftig als die der Scyphozoa, und nur die Steinkorallen lassen sich in 
ziemlich ununterbrochener Folge bis in das Untersilur zurückverfolgen. 
Nur im Paläozoikum spielen daneben fragliche Gruppen wie die 
 Siromatoporidea,  Graptolithi, ‘y Heliolitidae und  Tabulata ganze 
Formationen hindurch eine große Rolle. 

Während die rezenten Einzelkorallen, besonders gewisse Turbi- 
nolidae und Eupsammidae, ebenso ein Teil der Aydrocorallina, Gor- 
gonacea und Penmatulacea ın allen Tiefen und Breiten des Meeres in 
der Regel auf Schlammboden, wenn auch meist ursprünglich auf Fremd- 
körpern angeheftet, vorkommen, sind die Stockkorallen, wie übrigens 
auch die größten Einzelkorallen und Millepora (Hydrocorallina), Tubi- 
pora (Tubiporacea) und Heliopora (Helioporacea) auf das Seichtwasser 
der Tropen beschränkt und die Hydractinidae sind wenigstens Seicht- 
wasserbewohner. Erstere bilden in reinem Warmwasser häufig Ko- 
rallenriffe, ursprünglich im Seichtwasser unregelmäßig verteilte Fels- 
massen oder Krusten und Saumriffe an Küsten. Bei allmählicher 
Senkung des Untergrundes können sie aber mehrere 100 m Mächtig- 
keit erlangen und zu Wall- oder Atollriffen mit mehr oder minder tiefen 
Lagunen werden. 

An ihrem Aufbau nehmen jetzt vor allem Madrepora, Porites, 
Fungia und Maeandrinen von den Hexacorallia, daneben öfters auch 
Millepora von den Hydrozoa den erheblichsten Anteil, also vor allem 
Cnidaria mit ziemlich porösem Kalkskelett, aber auch Zithothamnien, 
Foraminiferen und Serpulae können mitbauen oder sogar die Haupt- 
masse bilden, und eine Unmenge anderer Tiere bewohnt sie. In den 
abgestorbenen Teilen wird die äußere Form der zarten Korallenskelette 
und ihre Struktur durch die Brandung, Organismentätigkeit und ehe- 
mische Umsetzung (Auflösung des Aragonits, Dolomitisierung) in der 
Regel rasch zerstört, so daß die Erhaltungsbedingungen für die Riff- 
bauer außer im Schlamm an der Basis und in der Lagune keine 
günstigen sind im Gegensatz zu denen der Einzelkorallen, deren Ske- 
lette leichter ın feinen Schlamm eingebettet werden. 

Die rezenten Korallenriffe sind fast nur im pazifischen, indischen, 
persischen, roten und karibischen Meer entwickelt, und dort findet 
man auch quartäre und jungtertiäre gehobene Riffe von ziemlich 


Cnidaria im Tertiär und Mesozoikum. 9 


I 1 


gleicher Beschaffenheit, nur ist die Beteiligung der Arten zahlen- 
mäßig eine etwas andere, und einige Stockkorallen sind auch im Jung- 
tertiär Südeuropas, also relativ weit im Norden vorhanden. 

Bis in das Öbersilur kommen fossile Riffe, als meist stock- oder 
linsenförmige Kalk- oder Dolomitmassen vor, doch sind sie nie in 
Atollform nachgewiesen worden, und ihre geographische Verbreitung 
und Zusammensetzung weicht erheblich von der neuzeitlichen ab, wenn 
auch sehr viele Genera der Cnidaria ziemlich langlebig sind, so dab 
man noch in der oberen Kreide alle möglichen jetzt noch lebenden findet. 

Im Jungtertiär weichen übrigens auch die nicht riffbauenden 
Cnidaria fast nur in den Arten von den jetzigen ab, außer daß in 
manchen Gegenden verkalkte Aydractinidae relativ stark entwickelt sind. 

Im Alttertiär fand man Riffe nicht nur in West- und Ostindien 
sowie in Arabien, sondern auch am Nord- und Südrand der Alpen 
und Pyrenäen, sowie nicht allzu selten kleine Stöcke und Einzel- 
korallen auch in den Golfstaaten Nordamerikas, also im Gebiet des 
einst erdumspannenden Mittelmeers (Thetysozean). Astraeidae und 
Fungidae treten an den Riffen mehr hervor als jetzt, aber bei allen 
Korallen und den wenigen sonstigen Unidaria, unter welchen das Vor- 
kommen von Milleporidae und Helioporidae auch in Europa erwähnens- 
wert ist, herrschen jetzt noch lebende Genera weitaus vor. 

In der oberen Kreide finden sich Riffkorallen außer in Südeuropa, 
Kleinasien und Mexiko auch in Maastricht und Dänemark, wenn auch 
dort nur in sehr mäßiger Entwicklung; in der mittleren und unteren 
Kreide wies man jedoch die nördlichsten europäischen nur in Mittel- 
frankreich, den bayerischen Alpen, in der Bukowina und Krim nach. 

Im oberen Jura wiederum sind sie noch besser als in der oberen 
Kreide entwickelt, einzelne sogar in Pommern; besonders reiche Riffe 
kommen in West-, Süd- und Mitteleuropa vor, aber auch in fernen 
Ländern wie am unteren Indus sind sıe nicht selten, und daneben 
spielen im Mittelmeergebiet die 7 Sphaeractinidae eine gewisse Rolle. 
Dagegen sind im mittleren und unteren Jura die Riffkorallen bei weitem 
nicht so entwickelt, es finden sich hier die nördlichsten ın Eng- 
land, der Normandie und Luxemburg; Einzelkorallen jedoch kennt man 
aus diesen Stufen besonders in Europa in relativ großer Zahl. 

In der Trias endlich fand man Riff- und andere Korallen nur in 
den Alpen häufiger, und vielfach wird angenommen, daß mächtige 
Kalk- und Dolomitberge ursprünglich Riffe waren, die nur ihre Struktur 
verloren haben. In der alpınen Triasfazies kommen auch die  Hete- 
rastrididae und einige f Tabulata lokal nicht selten vor, in der mittel- 
europäischen (germanischen) fehlen aber Onidaria fast ganz. 


- 


Stromer, Paläozoologie. 7 


98 Coelenterata. 


Reichen auch manche rezente Genera der Unidaria bis in das 
jüngere Mesozoikum, so sind hier doch erhebliche Unterschiede vor- 
handen. Außer vereinzelten ausgestorbenen Genera, die sich an 
Tabulariae, " Stromatoporidea und 7 Tabulata anschließen, herrschen 
die Hexacorallia. Unter ihnen sind sichere Porosa und Fungidae nur 
in der Kreide häufig, vorher herrschen Astraeidae, Stylinidae, Am- 
phiastraeidae und ' Thamnastraeidae. 

Viel fremdartiger noch erscheinen aber die Verhältnisse im Paläo- 
zoikum, und es fehlt bis jetzt eine ausreichende Verbindung mit dem 
Mesozoikum, da man im Perm Europas nur ganz wenige Einzelkorallen 
der r Rugosa und in dem Südasiens außer ihnen und verwandten Stock- 
formen, sowie einigen j Zabulata nur die merkwürdigen 7 Disjecto- 
poridae fand. 

Anders ist es im Karbon, Devon und Obersilur, wo besonders in 
der Nordhemisphäre weit verbreitet, aber auch im Süden, z. B. 
Mitteldevon Australiens, eine Menge von 7 Augosa, T Tabulata und 
 Stromatoporidea vorkommt und häufig Riffe zusammensetzt, so in 
Europa besonders im Unterkarbon West- und Südwesteuropas, im 
Devon des westelbischen Preußens und Englands und im Öbersilur 
Gotlands, wo auch 7 Heliolitidae zahlreich vertreten sind. Da nicht 
nur unter den Einzelkorallen, sondern auch in den Stöcken der  Ru- 
gosa ein stärkeres Höhenwachstum und damit eine Entwicklung von 
Böden sich häufiger findet als bei Hexacorallia, und die Stöcke der 
-r Heliolitidae und 7 Tabulata ähnlich wachsen, andererseits die eigen- 
tümlichen  Stromatoporidea oft stark hervortreten, haben jene Riffe 
schon äußerlich ein anderes Geprägee Noch im nördlichsten Asien 
und Nordamerika finden sich devonische und silurische Stöcke von 
 Rugosa und  Tabulata, und auch das Karbon des Ural und 
Timan ist reich an solchen, ihre Verbreitung ist also eine ganz andere 
als später. Aus dem Untersilur sind aber wirkliche Riffe kaum be- 
kannt, wenn auch stockbildende f Rugosa, ‘y Stromatoporidea und vor 
allem 7 Tabulata vorkommen, und aus dem Kambrium könnte man nur 
die in Kalksteinen der Nordhemisphäre manchmal sehr häufigen 7 Ar- 
chaeoeyathrda hier erwähnen. 

Daneben finden sich vom Karbon bis Silur die zahlreichen Einzel- 
korallen der 7 Rugosa, manchmal auch in der Nordhemisphäre die selt- 
samen und ganz fraglichen  Receptaculida und im Kambrium lokal 
nicht seltene Reste, die als solche von f Scyphozoa gedeutet werden. 
Nicht häufig, aber unverdrückt kommen endlich die f Graptolithi ın 
Kalkgesteinen, massenhaft, jedoch plattgedrückt in meist schwärz- 
lichen (kohlereichen) Schiefern vor. Sie finden sich vom Unterdevon 


Cnidaria, Stammesgeschichte. 99 


bis in das oberste Kambrium in Europa, Nord- und Südamerika, der 
Sahara und Australien, und zwar sind ihre Arten sehr weit verbreitet 
und geologisch kurzlebig, so daß sie als Leitfossilien schieferiger Fazies 
eine ausschlaggebende Rolle spielen. 

Auch unter den Tubulariae, " Stromatoporidea, " Tubulata und 
Steinkorallen gibt es übrigens neben sehr langlebigen Genera nicht 
wenige, die in ihrem zeitlichen und z. T. auch örtlichen Vorkommen 
beschränkt erscheinen, so die  Sphaeractinidae und manche Amphia- 
straeidae auf den oberen Jura, die Y Heterastrididae und 7 Spongvo- 
morphidae auf die alpine Trias und die  Disjectoporidae und das f Ru- 
gosen-Genus 7 Polycoelia auf das Perm und besonders auch die meisten 
der so eigentümlich differenzierten 7 Calceolidae auf das Mitteldevon 
oder Obersilur Europas, sowie endlich die f Halysitidae auf das Ober- 
silur der Nordhemisphäre und Australiens. 

Von einem Einblick in die Stammesgeschichte der Unidaria kann 
bei den dargelegten Verhältnissen natürlich keine Rede sein. Daß 
schon im älteren Silur so verschiedene Abteilungen wie 7 Stromato- 
poridea, " Graptolithi, ‘ Tabulata und T Rugosa ziemlich formenreich 
vertreten sind, während man aus dem Kambrium nur f Graptolithr und 
+ Archaeocyathida kennt, beweist nicht nur das hohe Alter des Unter- 
stammes, sondern auch die völlige Unzulänglichkeit unserer Kenntnis 
über seine erste Entfaltung. Dann fehlt ein Anschluß an andere, 
speziell an rezente gut bekannte Gruppen bei den  Graptolithi und 
 Archaeocyathida ganz, und bei den  Stromatoporidea,  Heliolitidae 
und 7 Tabulata ist er vor allem infolge ungenügender Kenntnis der 
tertiären und mesozoischen Verwandten noch nicht zu beweisen. Noch 
dazu ist auch die Stellung der einzelnen Genera all dieser Gruppen 
zu einander vielfach keineswegs klargestellt, denn fast nur bei den 
 Graptolithi kann man von den Anfängen einer stammesgeschicht- 
lichen Erkenntnis sprechen. 

Sie treten im obersten Kambrium unvermittelt auf, erreichen 
schon im Untersilur den Höhepunkt ihrer Entwicklung und sterben 
bis zum Mitteldevon allmählich aus. Eine Verknüpfung ihrer drei 
Unterordnungen ist nicht möglich, denn einstweilen läßt sich nur fest- 
stellen, daß die ‘ Axonophora zeitlich den j Azonolipa folgen, die 
 Dendroidea aber stets nebenher gehen. Zuerst sind fast nur reich 
verästelte Formen da, im Öbersilur aber herrschen einfache Rhabdo- 
some. Dies läßt sich auch im einzelnen verfolgen, indem bei den 
 Dichograptidae in mehreren Stammreihen zuerst Formen mit irre- 
gulärer starker Verästelung, dann mit regelmäßiger Astbildung und 
Al solche mit wenigen symmetrisch Snake Ästen online. 


m* 


d 


100 Coelenterata. 


Die Zahl der Zellen eines Stockes wird aber hier doch kaum geringer, 
indem die wenigen Äste länger und dichter mit Zellen besetzt sind. 
Endlich haben die geologisch jüngeren f Graptoloidea komplizierter ge- 
staltete Zellen, z.B. sind Mündungsstacheln häufiger; bei den 7 Dendroidea 
allerdings sind trimorphe Zellen schon im Oberkambrium vorhanden. 

Erheblich besser steht es mit unserer Kenntnis des Entwicklungs- 
ganges der Steinkorallen, wenn auch ihr System zurzeit noch sehr 
im argen liest und noch zu wenig genaue Untersuchungen über die 
Geschichte der einzelnen Formengruppen angestellt wurden, und wenn 
auch insbesondere viel zu wenige permische und untertriassische 
Vertreter bekannt sind. 

Deshalb ist es jetzt nur möglich, in allgemeinen Zügen den wahr- 
scheinlichen Zusammenhang klarzulegen. Daß die kambrischen 
j Archaeocyathida und wenige paläozoische Genera mit poröser Wand 
und Septen direkt mit den echten Perforata zusammenhängen, ist recht 
unwahrscheinlich, zum mindesten jetzt noch unbeweisbar, da vermittelnde 
Formen unbekannt sind. Auch ist noch nicht klarzustellen, wie sich 
die triassischen 7 Thamnastraeidae mit ihren porösen Septen ableiten 
lassen, obwohl ihre Ähnlichkeit mit Astraeidae auf diese hinweist. Die 
typischen Frungidae und Perforata sind aber offenbar ganz junge Gruppen, 
die erst jetzt ihren Höhepunkt erreichen, was Formenmenge, Häufig- 
keit und bei ersteren auch die Größe anlanst. 

Im Untersilur treten Einzel- und Stockkorallen, deutlich bilate- 
rale und radiäre Formen mit wohl entwickelten Septen und wenig 
Querblättehen und solche mit starkem Blasengewebe auf, aber das Vor- 
herrschen von Einzelformen mit wohl entwickelten, nach dem Kunthschen 
Gesetze angeordneten Septen spricht doch für deren Ursprünglichkeit, 
und ebenso ist das Überwiegen einer gut ausgebildeten Epithek und 
einer dichten Wand bei fast allen paläozoischen Korallen bedeutungsvoll. 

Bei vielen sieht man’nun, wie die bilaterale Anordnung der Septen 
nur in mehr oder minder frühen Jugendstadien deutlich ist, und daß 
sie auch bei den Amphiastraeidae, die nur in der Trias und im Jura 
häufig sind, sich noch erkennen läßt, spricht für eine Ableitung der 
radiären Korallen von zweiseitig symmetrischen und der Hexacorallia 
von  Rugosa, die ihnen in den Skelettelementen und in deren feinen 
Struktur so völlig gleichen. Sind ja doch manche Amphiastraeidae 
des Jura und der Trias so gebaut, daß man sie direkt zu T Rugosa 
rechnen könnte, und sind andererseits mehrere paläozoische Korallen 
kaum von Hexacorallia zu trennen. Auch erscheinen die Amphia- 
straeidae mit den im Mesozoikum so vorherrschenden Astraeidae leicht 
in Verbindung zu bringen. 


Cnidaria, Stammesgeschichte. 101 


Von Korallen mit wohl entwickelten Septen mit oder ohne Böden 
und mit wenig Querblättchen zu solchen, bei welchen letztere immer 
mehr hervortreten, gibt es in verschiedenen Formengruppen der mittel- 
paläozoischen T Rugosa Übergänge; die F Oystiphyllidae sind also wohl 
eine sekundäre Gruppe, ebenso lassen sich die f Calceolidae durch ge- 
wisse silurische Formen mit T Zaphrentidae verknüpfen, und es ist er- 
wähnenswert, daß deckelartige Organe sich auch bei rezenten Hexa- 
corallia finden, die mit ihnen nicht direkt verwandt sind. 

Bei silurischen, besonders aber bei devonischen und karbonischen 
dichten Stöcken kann man auch alle Stadien einer Wandrückbildung 
der Coralla verfolgen, aber zu einer Ausbildung echten Cönenchyms 
kommt es im Paläozoıkum wohl nur ausnahmsweise und Stöcke mit 
scharf abgegrenzten Kelchen herrschen vor, jedoch viel mehr massive als 
verästelte. Erst im Mesozoikum werden Stöcke mit wohl ausgebildetem 
Cönenchym häufig, und erst in der Trias und dem älteren Jura treten 
die ältesten Stöcke auf, deren Kelche kaum getrennt sind, und solche 
mäandrischen Formen werden erst in känozoischen Riffen sehr wichtige. 
Daß eine stärkere Ausbildung der extracalycinalen Weichteile (Rand- 
platte und Cönosark) erst spät eintritt, dafür sind übrigens auch die 
erst vom Mesozoikum an auftretenden und häufiger werdenden Einzel- 
korallen mit stärkeren Rippen statt der mit Epithek bekleideten ein 
Beweis. 

Erwähnenswert ist auch, daß bei den jüngeren Korallen ein 
innigerer Zusammenhang von Skelett und Weichteilen immer häufiger 
wird, indem erst vom Mesozoikum an immer häufiger Formen mit 
zahllosen Querverbindungen einerseits der vertikalen Weichteile durch 
die Poren des Skeletts und andererseits der Septen vermittels der Quer- 
bälkehen quer durch die Weichteile auftreten. Ferner wird die Struktur 
der Septen anscheinend erst vom Mesozoikum an eine manniefaltigere 
und öfters kompliziertere. 

Eine allgemein auftretende Gesetzmäßigkeit läßt sich endlich auch 
darin erkennen, daß die Coralla des Paläozoikums nur wenige mm bis 
1 dm (Einzelkorallen im Obersilur und Devon) Durchmesser haben, 
und daß die größten Formen (Fungacea) erst spät auftreten, wie 'r Oyclo- 
lites (7 Thamnastraeidae) in der oberen Kreide und die größten Frungia 
mit 30 cm Durchmesser ın den Tropen der Gegenwart. 


Diagnosen der Cnidarier-Gruppen. 


1. Klasse: Hydrozoa. Einfache sackförmige Polypen, bei Stockbildenden meistens 
mit hornigem, seltener kalkigem Periderm, rezent bis? oberstes Kambrium. 
Quallengeneration mit Schwimmsaum fossil unbekannt. 


Coelenterata. 


102 


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Perm 


Karbon 


Devon 


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Sılur 


Kambrium 


Anthozoa, geologische Verbreitung. 


| 3. Kl. Anthozoa 
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1. U. Kl. Alcyonaria 2. U. Kl. Zoantharia Anhang 4. Klasse 
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104 Coelenterata. 


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1. Ordnung: Hydroidea. Einfache Süßwasserpolypen ohne Periderm. Fossil 
unbekannt. 

2. Ordnung: Hydrocorallinae. Marin, trimorph, stockbildend, mit verkalktem 
Periderm. Dieses mit zweierlei Röhren und dazwischen mit regellosem 
Kanalnetz. Rezent und Tertiär, ganz vereinzelte fragliche bis Oberkarbon. 

. Ordnung: Tubulariae. Marin, meist stockbildend, mit hornigem, sehr selten 
an der Basis verkalktem Periderm. Dieses besteht aus konzentrischen La- 
mellen und radialen Pfeilerchen. Rezent und Tertiär, fragliche im Meso- 
zoikum. 

Anhang zu Ordnung 2 und 3: 7 Stromatoporidea. Knollige oder fladenförmige 
Kalkskelette, in der Regel aus konzentrischen Lamellen mit verbindenden 
Pfeilerchen. Marin, vereinzelt in Mesozoikum, Perm und Untersilur, häufig 
im Oberkarbon bis Obersilur. 

4. Ordnung: (ampanulariae. Marin, zierliche Stöckchen, mit hornigem Peri- 
derm auch um die Polypen. Rezent, ? Diluvium. 

Anhang zu Ordnung 4:  Graptolithi. Zierliche, wohl ursprünglich hornige 
Periderme, verästelt oder stabförmig, z. T. mit solidem Achsenstab. Em- 
bryonalzelle dütenförmig und daraus hervorsprossende meistens gleichartige 
röhren- oder becherförmige Zellen. Marin, im Mitteldevon bis Oberkambrium 
sehr häufig. 

5. Ordnung: Trachymedusae. Quallen und 6. Ordnung Siphonophora, Quallen- 
stöcke. Marin, fossil unbekannt. 


[SY} 


. Klasse: Seyphozoa. Quallen mit dicker Gallertschicht, gelapptem Rand ohne 


Schwimmsaum. Marin, planktonisch , rezent und im obersten Jura, fragliche 

bis Unterkambrium. Polypen fossil unbekannt. 

1. Ordnung: Discomedusae. Scheibenförmig mit acht randständigen Sinnes- 
kolben. Rezent und oberster Jura, Franken. 

2. Ordnung: Stauromedusae ohne Sinneskolben und 3. Ordnung Cubomedusae 
mit vier Sinneskolben. Fossil unbekannt. 

4. Ordnung: Coronatae. Mit 4, 8 oder 16 Sinneskolben und mit Ringfurche. 
Rezent, vereinzelt im obersten Jura, Franken. 


. Klasse: Anthozoa. Marine, meist stockbildende Polypen mit Schlundrohr und 


radialen Mesenterien, häufig mit Kalkskelett. Rezent bis Untersilur. 


. Unterklasse: Alcyonaria. Mit acht gefiederten Tentakeln und acht Mesenterien. 


Skelett sehr verschiedenartig, meist Kalk-Spieulae. Rezent bis Kreide, fragliche 

bis Untersilur. 

1. Ordnung: Alcyonoidea. Kalkkörperehen im Mesoderm und oft Stöcke mit 
horniger oder hornigkalkiger Achse. Rezent bis Kreide und im Lias. 

2. Ordnung: Helioporacea. Stöcke mit ektodermalem festem Kalkskelett aus 
verschmolzenen Trabekeln, die ungefähr parallele, mit Querböden versehene 
Röhren von zweierlei Art. zusammensetzen. Größere Röhren mit Radiär- 
septen. Selten rezent bis obere Kreide, sehr fragliche häufig im Devon bis 
Untersilur. 

Anhang zu Aleyonaria: + Tabulata. Stöcke aus parallelen, meistens gleich- 
artigen Kalkröhren, die Querböden und oft auch schwache Radiärsepten ent- 
halten Wand dicht oder mit Poren, einfach oder doppelt, nicht aus Spieulae. 
Selten im Mesozoikum und Perm, häufig im Karbon bis Untersilur. 


Unterklasse: Zoantharia. Mit einfachen Tentakeln meist in Sechszahl. Ohne 
Kalk -Spieulae. 


Cnidaria, Literatur. 105 


1. Ordnung: Antipatharia mit Hornachse, 2. Ordnung: Ceriantharia und 
3. Ordnung: Zoanthiniaria ohne Skelett. Fossil unbekannt. 

4. Ordnung: Hexactiniaria. Einzeln oder stockbildend, Mesenterienpaare in 
der Regel sechszählig radiär angeordnet. Viele mit ektodermalem Kalk- 
skelett. Dieses dicht oder porös: radiäre oder zweiseitig symmetrisch an- 
geordnete Septen und oft noch Ringwand aus verschmolzenen Trabekeln, 
häufig auch dichte Deckschicht und im Innern Querböden, Querblättchen- 
oder bälkchen, in Stöcken oft noch Cönenchym vorhanden. Rezent häufig 
bis Untersilur. 

4. Klasse: Ofenophora. Gallertig, mit S meridionalen Ruderreihen. Nur rezent 
planktonisch. 

Anhang zu Coelenterata: 

1. + Archaeocyathida. Poröse, trichterförmige Kalkskelette, zwischen den zwei 
konzentrischen Wänden radiäre Septen. Marines Kambrium. 

2. + Receptaculida. Kugelige bis birnförmige Hohlkörper mit doppelter Kalk- 
wand ausquinkunxial angeordneten Elementen. Marin, Karbon bis Untersilur. 


Literatur. 


Neumayr, M.: Die Stämme des Tierreiches. S. 238 ff., Wien 1889. 

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106 Coelenterata. 


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Bourne, G. C.: Studies on the structure and formation of the calcareous ske- 
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Frech, Fr.: Die Korallenfauna des Oberdevons in Deutschland. Zeitschr. D. geoı. 
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Landesanst., Berlin 1889. 
Silur: 
Weißermel, W.: Die Korallen der Silurgeschiebe Ostpreußens usw. Zeitschr. 
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B. Aleyonaria. 

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Zeitschr. D. geol. Ges., Bd. 37, Berlin 1885. 

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Nicholson, H. A.: On the structure and affinities of the genus Monticulipora 
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Zoantharia, Literatur. 107 


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Vinassa de Regny: Trias-Tabulaten, Bryozoen und Hydrozoen aus dem Bakony. 
Res. wiss. Erf. Balaton See, Bd. 1, Pt. 1, Budapest 1901. 

Weißermel, W.: Sind die Tabulaten die Vorläufer der Aleyonarier. Zeitschr. 
D. geol. Ges., Bd. 50, Berlin 1898. 

Wentzel, J.: Zur Kenntnis der Zoantharia tabulata. Denkschr. k. k. Akad. 
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D. Zoantharıa. 


Allgemeines. i 

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Koch, G. v.: Das Skelet der Steinkorallen. Festschr. f. K. Gegenbaur, Bd. 2, 
Leipzig 1896. 

Koch, G. v.: Die ungeschlechtliche Vermehrung einiger palaeozoischer Korallen 
vergleichend betrachtet. Palaeontogr. Bd. 29, Cassel 1883. 

Lambe, L.: A revision of the genera and species of Canadian palaeozoic 
Corals. Contrib. Canad. Palaeout. Bd. 4, Pt. 2, Ottawa 1901. 

Lindström, G.: Om de palaeozoiska Formationernas operkelbärande Koraller. 
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Ogilvie, M.: Microscopie and systematie study of Madreporarian types of Corals. 
Philos. Trans. R. Soc. Bd. 187, London 1896. 

Pratz, E.: Über die verwandtschaftlichen Beziehungen einiger Korallengattungen 
mit hauptsächlicher Berücksichtigung ihrer Septalstruktur. Palaeontogr., 
Bd. 29, Cassel 1882. 

\ Faunen. 
Tertiär: 

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and Bonaire. Samml. geol. Reichs-Mus., Ser. 2, Bd. 2, Leiden 1901. 

Vaughan T. W.: The Eocene and lower Oligocene Coral faunas of the United 
States etc. Un. St. geol. Surv. Monogr. Bd. 39, Washington 1900. 

Kreide: 

Felix, s. S. 106. 

Koby, F.: Monographie des Polypiers cretaces de la Suisse. Mem. Soc. pal. 
Suisse, Bd. 22—24, Genf 1896 —98. 
Jura: 

Felix, Joh.: Die Anthozoenfauna des Glandarienkalkes. Beitr. Pal. Geol. Österr., 
Bd. 15, Wien 1903. 

Gregory: The Corals in „the jurassie fauna of Cutch“. Palaeont. Indica. Ser. 9, 
Bd. 2, Caleutta 1900. 

Koby, F.: Monographie des Polypiers jurassiques de la Suisse. Mem. Soc. pal. 
Suisse, Bd. 7—16, Genf 1830— 1394. 

Koby, F.: Polypiers du Jurassique superieur in „Fauna jurassique du Portugal“. 
Comm. Serv. geol. Portugal, Lisbonne 1904/5. 


108 Coelenterata. 


Ogilvie, M.: Die Korallen der Stramberger Schichten. Palaeontogr. Suppl. 2, 
Abt. 1. Stuttgart 1896/97. 
Trias: 
Volz, W.: Die Korallenfauna der Schichten von St. Cassian in Südtirol. Palaeontogr. 
Bd. 43, Stuttgart 1896. 
Perm: 
Waagen, s. S. 105. 
Karbon: 
Stuckenberg, A.: Die Korallen und die Bryozoen der Steinkohlenablagerungen 
des Ural und des Timan. Mem. Com. geol. Bd. 10, Petersburg 1895. 
Devon: 
Frech, Fr.: Die Cyathophylliden und Zaphrentiden des rheinischen Mitteldevon. 
Palaeont. Abh., Bd. 3, Berlin 1886. 
Silur: 
Weißermel, s. S. 106. 


Anhang zu Coelenterata. 
r Archaeocyatida: 
Bornemann, J. G.: Die Versteinerungen des cambrischen Schichtensystems der 
Insel Sardinien. Nova Acta k. Leop. Carol. D. Akad., Bd. 51, Halle 1886. 
Hinde, @. J.: On Archaeocyathus Billings and other genera etc. Quart. Journ. 
geol. Soc. Bd. 45, London 1839. 
Toll, E. v.: Beiträge zur Kenntnis des sibirischen Cambriums. Mem. Acad. 
Imp. Sci., Ser. 8, Bd. 8, Petersburg 1899. 
jr Receptaculida: _ 
Hinde, G. J.: On the structure and affinities of the family of the Receptaculida. 
Quart. Journ. geol. Soc., Bd. 40, London 1884. 
Rauff, H.: Untersuchungen über die Organisation und systematische Stellung 
der Receptaculitiden. Abh. k. bayer. Akad. Wissensch., II. Cl., Bd. 17, 
München 1892. 


109 


Vermes. 


III. Stamm: Vermes, Würmer. 


Die für den Zoologen so außerordentlich wichtigen Würmer sind 
mangels fester Skelette leider nur ausnahmsweise gut erhalten. Des- 
halb kennt man den ganzen Unterstamm der Scolecida und von dem 
der Coelhelmintha die Klassen der CUhaetognathi, Nemathel- 
minthes und Enteropneusta, sowie die Unterklassen der Annelida, 
die Archannelida, Gephyrea und Hirudinea 
und eine Ordnung der Ühaetopoda die Oligochaeta 
nicht oder fast nicht in fossilen Vertretern, denn 
beinahe nur im alttertiären baltischen Bernstein 
fanden sich einige bestimmbare Parasiten und Regen- 
würmer. 

Nur von der Unterklasse der Annelida 
chaetopoda, der mit einer ge- 
gliederten Leibeshöhle, einem 
Striekleiternervensystem und mit 
Borsten versehenen zylindrischen 
Ringelwürmer, kennt man aus 
den Ordnungen der Polychaeta und 
Myzostomaria zahlreiche Reste. 


; Millerierinus sp. 
Fig. 129. 


(Orinoidea,O. Artieu- 
lata, Apioerinidae). 
Oberer Jura (obere Oxford- 
Stufe),Schweiz(aus v.Graff 
1835). 
Angeschwollene Stiel- 
glieder mit Höhlung eines 
Myzostomiden (Annelida, O. 
Muzostomarie). A Außen- 
seite, B Löngsschliff. 
a Eingang zu der mit 
Gestein erfüllten Höhle. 


konnte. 
erimidae, die z. 


Letztere, kleine eigentümlich 
umgestaltete Formen, die jetzt vor 
allem in den Armen von Ürinoidea 
schmarotzen, dürften in früheren 
Zeiten die in Stielanschwellungen 
hodenbewohnender CUreinoidea vor- 
handenen Höhlungen bewohnt 
haben (Fig. 128), die man bis in 


das Karbon zurück nachweisen 


At, 


Serpula  lumbriealis 
Schloth. (Annelida O. 
Polychaeta, Tribus? 
Sabelliformia). 
Mittlerer Jura, Ober- 
franken(ausGoldfuß 1833). 
Kalkröhre auf einem 
Bruchstück des Rostrum 
von 7 Belemnites gigan- 
teus !/a. 


Bei fossilen schwimmenden Seelilien und auch bei Penta- 
an Treibhölzern festgewachsen herumtrieben, 


beobachtete man sie aber nicht. 

Die Polychaeta, meist Bewohner des Meeresbodens, können 
außer Abdrücken des Körpers Kriechspuren hinterlassen oder solche, 
die dadurch entstehen, daß manche sich in den Boden eingraben, ja 
sogar in Kalkstein oder Kalkschalen bohren oder als Schlammfresser 


110 we 


Kotstränge hinterlassen, aber ähnliche Spuren können von allen mög- 
lichen Wirbellosen erzeugt sein, sie sind also nur ganz ausnahmsweise 
un sicher deutbar. Besseren 


Fig. 130. 
Spirorbis umbrlieiformis Münster (Anne- 
lida, O. Polychaeta, Tribus? Sabelliformia). 
Alttertiär (Oligocän), bei Münster, Westfalen 
(aus Goldfuß 1833). 
A Kalkröhrchen auf einem Schalenstück von 
Terebratula j grandis !/;. B Kalkröhrchen stark 


vergrößert. 


Speziell die oft der 


E A 
VEREINTEN N 


BEER 


in 


Fig. 131. 
 Eunicites pro- 


. Nereideiformia). 
Oberster Jura (Li- 


Solnhofen in Fran- 
ken (aus Elılers 


An dem Abdruck 


befinden sich Reste und Ki eferchen (Fig. 
der Stützborsten ]3]) oder auch nur letz- 


und vorn der zwei 


Anhalt gewähren aus 
anorganischen Fremd- 


körpern fest ver- 
kıittete oder kal- 
kigeRöhren, wel- 
che von vielen 
jetzt meist das 
Seichtwasser be- 
wohnenden An- 
gehörigen ver- 
schiedener Un- 
terordnungen 
gebildet. werden. 
Unterlage ange- 


hefteten Kalkröhren (Serpula u. a.), 
deren Gestalt sehr wechselnd und ge- 
wöhnlich unregelmäßig ist, aber bei den einzelnen Arten 
auffällio konstant sein kann, spielen manchmal eine 
ziemliche Rolle und können wie in der Gegenwart ‘ganze 
Bänke bilden, so in der unteren Kreide Westfalens 
(Fig. 129 u. 150). Diese bis in das Silur zurückgehenden 
Röhren sind auch deshalb wichtig, weil manche Formen 


to} 


Fig.. 133. 

+ Prionodus radı- 
cans Hinde (1879) 
(r Conodonta). konitsand), St. Peters- 


Untersilur (Chazy- burg. 
Stufe), Quebec, Ka- A seitlich, B von 


Unterkiefer 3,. tere beisammen erhalten on, u. 


Fig. 132. 7 Eunieites 
Reidiae Hinde (1896) 
(0. Polychaeta, Tri- 
bus Nereideiformia). 
Unterkarbon (Kohlen- 
kalk), Flintshire, Wales. 
Oberkiefer °/,. a paarige 
Zangen, b Abdruck von 
deren Trägern, c paarige 
Sägeplatten in umge- 
drehter Lage, eine nur 
in Spuren erhalten. 


sich von denen gewisser Schnecken (Vermetidae [ Proso- 
branchia ctenobranchia] oder Limnaeidae [ Pulmonata]) 
und Scaphopoda fast nur in der Struktur unterscheiden. 

Im Gegensatz zu den Mikroplankton fressenden 
Formen haben die beweglichen räube- 
rischen _Nereideiformia 
avus@ermar(O. vielgestaltige Chitinkie- 
Annelida poly- ferchen. Höcht selten, 
chaeta, Tribus wie im Alttertiär des Mte. 
Bolca bei Verona und im 
thographieschiefer,, obersten Jura von Soln- 
hofen in Franken, sind 
1869). ihre Körper mit Borsten 


B A 
Fig. 134. 
+ Paltodus obtu- 
sus Pander (1856) 
(r Conodonta). 


Unterstes Silur (Glau- 


unten, stark vergr. 


Vermes, Literatur. Ale 


(Fig. 152); die isolierten Kieferchen, welche dann nicht näher bestimm- 
bar sind, fand man aber im marinen Karbon, Devon und Silur von 
Europa und Nordamerika oft in Menge. Ob auch die ebenda vor- 
kommenden  Conodonta (Fig. 133 u. 154), spitzkonische, oft mit 
Nebenzacken versehene hohle Zähnchen aus Lamellen von kohlensaurem 
und phosphorsaurem Kalk, dazu oder zu Gephyrea gehören, ist nicht 
sichergestellt. 

Jedenfalls ist also ein hohes geologisches Alter der Chaetopoda 
erwiesen, von einem wirklichen Einblick in ihre Geschichte kann je- 
doch keine Rede sein. 


Literatur. 


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Vine, G. B.: Notes on the Annelida tubicola of the Wenlock shale. Quart. Journ. 
geol. Soc., Bd. 38, London 1882. 


112 Echinodermata. 


IV. Stamm Echinodermata, Stachelhäuter. 


Die Stachelhäuter sind allermeist um eine Hauptachse, an deren 
einem Ende der Mund liegt (oraler-ventraler Pol gegenüber dem ab- 
oralen-dorsalen), wie die Coelenterata vadiär gebaut, jedoch beinahe alle 
nach der Fünfzahl. Auch sind ihre planktonischen Larven und viele 
erwachsene deutlich zweiseitig symmetrisch, und in 
der Ausbildung eines Darmes in der Leibeshöhle, des 
Gefäß- und Nervensystems, sowie in der beinahe aus- 
schließlich geschlechtlichen Fortpflanzung bei fast nie 
vorhandenem Hermaphroditismus stehen sie hoch über 
% jenen. 

ee Charakteristisch für alle ist das Wassergefäß- 
Balkengerüst schema. 0er Ambulakralsysten. Es besteht bei typischem 
tisch #%/, (aus Fraas Bau aus einem Ring um den Mund, der durch einen 
a in der siebförmigen „Madreporenplatte“ an der Körper- 
oberfläche mündenden „Steinkanal“ oder durch mehrere solche Kanäle 
aus der Leibeshöhle Wasser aufnimmt, und von dem fünf radiale Ge- 
fäße ausgehen, an welchen kleine Fortsätze meist als Bewegungs- 
organe (Füßchen) oder als Tentakeln zum Tasten oder Atmen aus- 
- gebildet sind. So kann 

man fünf ambulakrale 
„Radien“ und fünf in- 
—- terambulakrale „Inter- 
radien“ unterscheiden; 
ambulakral liegen u. a. 
die Sinnesorgane und 
GER Hauptnerven-und Blut- 


Deo 5 5 cefähstä 1 B= 
Oidaris annulata Mort. (O. Regularia, U. O. Oidaroidea). guulbseimme, mie 
Rezent. Ausschnitt eines Querschliffs durch einen Hauptstachel 3%), ambulakral der After, 
(aus Stewart 1571). a axiale Längsröhren, 5 Mittelschicht aus per- der den hinteren Inter- 
forierten, durch Querbäölkchen verbundenen dünnen Radiärsepten, ® b 9 } 1 

c feste Rindenschicht mit Radiärkanälchen. radius bezeic ınet, unc 

die Mündung des Stein- 

kanals, sowie meistens die Ausgänge der Geschlechtsorgane. Besonders 
bezeichnend ist das fast stets vorhandene, aus kohlensaurem Kalk be- 
stehende Hautskelett, das sehr oft mit beweglichen Stacheln besetzt ist 
(Fig.177, 5.147). Es bildet sich im mesodermalen Bindegewebe unter dem 


Epithel aus regelmäßigen winzigen Dreistrahlern, die zu einem feinen 


Pelmatozoa. 115 


Sparrenwerk verwachsen (Fig. 155). Seine meist sehr regelmäßige 
Struktur ist z. T., z. B. bei Seeigelstacheln, systematisch verwendbar 
(Fig. 136 und 184 B, 5.152). Jeder der zahlreichen Skeletteile ver- 
hält sich wie ein Kalkspat-Kristallindividuum, was die fossilen Reste 
an der Spaltbarkeit dieser Kristalle leicht erkennen läßt. 

Alle Stachelhäuter leben, oft gesellig, im Meer in allen Zonen 
und Tiefen, meist dem vagilen Benthos angehörig, oft wenig beweg- 
lich oder sogar festgewachsen, nur ganz ausnahmsweise planktonisch. 

Nach Häckel kann man sie vor allem ‚nach der Ausbildung der 
Ambulakralradien in die drei Klassen Pelmatozoa, Asterozoa und 
Echinozoa teilen, wobei aber hier statt der letzten Klasse zwei: Echi- 
noidea und Holothurioidea unterschieden werden. 


1. Klasse. Pelmatozoa. 


Die mit Kalktafeln gepanzerte, aber fast nie durch bewegliche 
Stacheln beschützte Kapsel (Kelch, T'heca), welche die Leibeshöhle um- 
schließt, sitzt zeitlebens oder nur in der Jugend mittels eines Stieles 
oder direkt am aboralen Pole fest; der allermeist in der Mitte der Oral- 
seite befindliche und 
niemals große Mund 
ist also nach oben 
gerichtet (Fig. 137). 


Fig. 137. Metacrinus 
acutus Döderlein (0. Ar- 
tieulata, Pentacrinidae). 
Rezent, Sunda- Archipel. 
Etwas schematisierter Längs- 
schnitt in der Symmetrieebene 
(abgeändert nach Reichens- 
perger 1906) */,, rechts inter- 
radial, links radial, links 
oben ist der Schnitt schief, 
dem einen Armast folgend 
gedacht; wo er zwischen zwei Kelchplatten 
durchgeht, sind sie schraffiert. « After, amb Am- 
bulakralfurche, ax Achsenstrang, b Basale, c Cirre, 


> 
—n 


col—4 Costale 1 bis 4, letzteres ist Costale azxillare, ar E liN nb 
dDarm, di Distichale 1 bis 4, g Genitalstrang, öb In- r AM E88 
frabasale, kp Kelehporen zwischen den Täfelchen b,. ——H 2] “b 
der Kelchdecke, ım Mund, ms Muskel, no orale u | = 
Nerven, n dorsales Nervenzentrum, na Nerven- Ct —] st 
(Achsen)Kanal in den Armgliedern, nb seine en = || um i 
Kommissur im Basale, nr sein Nervenring in den Sau. — .st.n 
Radialia, or sogenanntes gekammerte3s Organ, c em! = 
r Radiale, st. junges Stielglied, st.c. Stielkanal, I „st.k 
st.k. Stielkante, st.n. Knotenglied (mit Cirrus), ws (gg 

w Wassergefäß, wr Wassergefäßring. st.c” ax 


[0'2) 


Stromer, Paläozoologie. 


114 Echinodermata. 


Mehr oder weniger weit von ihm liegt der After, und von dem 
Ambulakralgefäßring, der von der Leibeshöhle aus Wasser aufnimmt, 
gehen meistens fünf, selten weniger radiäre Gefäße, die mit kleinen 
Tentakelun besetzt sind, in Flimmerfurchen der oralen Kelchdeeke aus; 
diese häufig verästelten Furchen, welche in der Regel von zwei oder 
vier Reihen z. T. beweglicher kleiner Deck- und 
Saumplättehen geschützt und bei fossilen Formen 
auf ihr oft fest über- 
deckt sind, verlängern 
sich nebst je einem 
Blutgefäß und Nerven- 
stamın und einer Fort- 
setzung der Leibeshöhle 
auf freie und meistens 
verästelte Arme, die am 
Rande der Oralseite ent- 
springen und bei Leb- 
zeiten sich ausbreiten, 


un. 
vr 


A 
Fig. 138. + Taxoerinus (0. Articulata |7 Flexibilia| 
 Ichthyoerinidae). f i : 
A + Tax. (+ Forbesiocrinus) incurous Trautsch. (1879). Mittelkarbon um die mikroskopisch 
(Kohlenkalk), Miatschkowa bei Moskau. Krone mit obersten Stiel- kleine Nahrune aufzu- 
teil, b Basale, r Radiale, ir Interradialia, br einreihige Arme ohne ß O i 
Pinnulae. B + Tax. intermedius Wachsmut und Springer (1888). Unter- fangen, die dureh die 


karbon (Kinderhook-Stufe), Iowa, Nordamerika. Kelchdecke von . 10 
oben, sehr fein getäfelt, mit getäfelten Ambuläkralfurchen, die Flimmerrinnen dem 
vom Mund zwischen den Oralia zur Basis der Armäste sich Munde zugeführt wird. 


gabelnd hinziehen, Afterröhre ausgebrochen. Die Arme können sich 
aber auch zusammenfalten, denn sie sind wie der Stiel aus Kalk- 
gliedern so aufgebaut, daß eine gewöhnlich nur schwache Beweglich- 
keit ermöglicht ist (Fig. 155). 

Die Pelmatozoa, die demnach in der Regel dem sessilen Benthos 
angehören, und die jetzt nur noch schwach vertreten sind, lassen sich 
nach der Ausbildung der Arme in zwei Unterklassen, Crinoidea und 
 Oystoidea, trennen. 


1. Unterklasse. Crinoidea. 


Für die zahlreichen Seelilien ıst charakteristisch, dab sie stets 
fünfstrahlig gebaut sind und daß die wohl entwickelten fünf Arme 
an ihren kleinsten Seitenästehen (Pinnulae) die reifen Geschlechts- 
organe tragen und mit ihrer Basis eine orale und oft locker oder nicht 
getäfelte „Kelchdecke“ von der sehr regelmäßig getäfelten Unter- und 
Seitenwand, der „Dorsalkapsel“ des Kelches, abgrenzen (Fig. 137, 138). 

Die Kelchtafeln und Armglieder haben je nach ihrer Lage be- 
stimmte Namen erhalten, die leider von den verschiedenen Autoren 


115 


Crinoidea, Kelchbau. 


nicht gleichförmig angewendet werden. Sie sind in der Regel durch 
ebene Nahtflächen unbeweglich verbunden; wo eine bewegliche Gelenk- 
verbindung ausgebildet ist, trägt jede Nahtfläche eine Leiste und da- 
neben Vertiefungen für Muskeln. Eine Gabelung einer Platten- oder 
Gliederreihe findet dadurch statt, daß die obere Nahtfläche eines 
„Arillare“ dachförmig ist, und daß jeder der zwei Dachflächen ein 
Glied, „Distichale“ genannt, als Beginn einer Längsreihe aufsitzt. 

Außen sind die Tafeln häufig durch 
Höcker oder Leisten verziert, innen oder 
oral haben die Kelehplatten und Arm- 
glieder oft eine Furche für Nervenstänge, 
die von einem dorsalen Zentralsystem 
ausgehen; wenn die Platten aber sehr 
dick sind, werden diese in sie in ein 
fünfstrahliges Kanalsystem eingeschlossen 
(Fig. 137, S. 113, und 139). 

Am meistens becherförmigen Kelch 
sind die mehreckigen Platten in der Regel 


- “= nee : = Fig. 189. 7 Enerinus (0. Artieu- 
in fünfzähligen Kreisen (Zyklen) vor- lata, + Encrinidae). 
handen, es kommen aber manchmal Zwei- Mittlere Trias (Muschelkalk), Deutschland 


. aus Beyrich 1857). 
teilungen von Tafeln vor, und durch Ver- Se 
(=) ? Kelchschema mit eingezeichnetem Kanal- 


wachsen und Verkümmern von Tafeln system, i# Infrabasale, b Basale, r Radiate, 
wird die Regelmäßigkeit des untersten are, 

Kranzes oft gestört. Er besteht entweder aus Tafeln, die interradial 
(= interambulakral), d. h. in den Verlängerungen der Armzwischen- 
räume gelegen sind, Basalia (b), oder es liegen unter ihnen alter- 
nierend noch radial gelegene Täfelchen, Infrabasalia (ib), wonach 
man eine mono- oder dizyklische Basis unterscheidet. 

Alternierend über den Basalia folgt stets ein Kranz von fünf 
Radialia (r), auf welchen die Arme entspringen, durch deren teilweises 
Hineinziehen in die Dorsalkapsel bei manchen paläozoischen Genera 
den ersten Radialia mehrere übereinander folgen, die besser Costalia 
(col, co2 usw.) genannt werden (Fig. 137, S. 113, und 139). 

Auf einem Oostale axillare können sogar noch Distichalia (di) in den 
Keleh einbezogen werden und Schaltplatten können sich dazwischen 
sowie auch in den Interradien zwischen die Radialia, (Interradialia, 
ir), einfügen. Sie sind vor allem oder ausschließlich in dem Inter- 
radius vorhanden, der oral den After enthält (hinterer oder Analinter- 
radius), und machen dann den Kelch zweiseitig symmetrisch. Außer 
diesen Analia (ira = a) kann sich aber dort auch ein Radianale (ra) 
von dem anstoßenden Radiale abgliedern (Fig. 146, S. 120). 

g* 


116 Echinodermata. 


Der After liegt übrigens oft auf einer getäfelten Röhre, Proboseis, 
welehe manchmal so groß ist, daß sie wohl die Hauptmasse der Ein- 
geweide enthielt, die auch sonst nicht selten über dem häufig kleinen 
Innenraum der Dorsalkapsel liegt. Die infolgedessen gewölbte Kelch- 
decke ist meist nur lederartig oder locker irregulär getäfelt, häufig 
aber sind um oder über dem sehr selten exzentrisch gelegenen Mund 
fünf interradiale Tafeln, Oralia (0), erkennbar, zwischen denen die 
manchmal gegabelten Ambulakralfurchen zu den Armbasen laufen (Fig. 
138, 8. 114). Bei der Mehrzalıl der paläozoischen Genera ist jedoch 
die Decke fester getäfelt und oft über die Furchen und den Mund 
hinweg ein festes Plattengewölbe ausgebildet, das in die Dorsalkapsel 
übergeht und nur die interradialen Spalten oder Poren zum Wasser- 
eintritt in die Leibeshöhle hat. In ihr ist übrigens in seltenen 
Fällen das Bindegewebe zwischen den Windungen des Spiraldarmes so 
verkalkt, daß es fossil erhalten werden kann (Fig. 152, S. 122). 

Die Armglieder, Brachialia (br), sind in der Jugend einzeilig 
angeordnet, durch Annahme alternierender Keilform aber später oft 
wechselzeilig oder zuletzt alternierend zweizeilig (Fig. 154, S. 123). 
Sie sind gelenkig, oft aber sind zwei sich folgende unbeweglich (durch 
Syzygie) verbunden. Die Arme wachsen an der Spitze und verzweigen 
sich meistens gabelig, doch sind die zwei entstehenden Äste häufig so 
ungleich stark, daß eine wechselständige oder einseitig fiederige Ver- 
ästelung entsteht. Selten fehlen an ihrer ventralen Seite die kleinen 
gegliederten Astchen (Pinnulae), auf denen die Ambulakralfurchen 
enden, die in einer ventralen Rinne der Drachialia, meistens von 
Täfelchen gedeckt, verlaufen. 

Am aboralen Pole ist der armtragende Kelch, die Krone, selten 
direkt aufgewachsen oder frei und dann meistens durch eine zentrale 
Platte abgeschlossen, sondern in der Regel mit einem Stiel versehen. 
Er besteht aus einer Reihe von fünfeckigen oder runden, bei wenigen 
paläozoischen Formen noch fünfteiligen Kalkscheiben oder Zylindern, die 
oft nicht gleichartig sind (Fig.153, 5.123) und durch elastische Bänder 
an gerieften Endflächen ein wenig beweglich, selten stärker gelenkig ver- 
bunden sind. Ihren Seitenflächen sitzen oft gegliederte Seitenranken, 
Cirri, häufig in Wirteln an, und zwar entspringen sie bei monozyklischer 
Kelchbasis interradial, bei dizyklischer radial. Ebenso verhalten sich 
die Achsenstränge und meistens auch die Ecken des Achsenkanales, der 
den Stiel wie die Cirren durchzieht und dorsale Nerven und Blutgefäße 
enthält (Wachsmut u. Springers Gesetz, Fig. 140). 

Der Stiel, weleher durch Einschaltung am Oberende, seltener 
nahe an ihm, wächst, endet verdickt, wenn auf festem Grund ange- 


Crinoidea, Ontogenie und Lebensweise. 


ul 


wachsen (Fig. 150, S. 121), oder spitz und oft mit Verästelungen, 
wenn im Schlammgrund verankert, aber einfach gerundet, wenn ab- 


gerissen. Sein Größenver- 
hältnis zum Kelch ist wie 
das der Arme ein sehr 
wechselndes. Er kann bıs 
über 15 Meter lang werden, 
diese bis mehrere Dezi- 
meter, während der Kelch 
wenige Millimeter bis 1 dm 
Durchmesser hat. 

Die Ontogenie, welche 
leider nur bei Antedon gut 
bekannt ist, das vor allem 
durch freie Beweglichkeit 


stk x 


Fig. 140. Schema einer diceyklischen (A) und mono- 
cyklischen (B) Kelchbasis (aus Bather 1898). 


a Achsenkanäle des Stieles, b Basale, br Brachialia, ci Cirren 
mit Achsenkanal, ib Infrabasale, r Radiale, stk Stielkante. 


von der Norm abweicht, bietet Interesse durch Rückschlüsse auf die 


Stammesgeschichte. 

Nach kurzem freiem Larvenstadium entstehen näm- 
lich Kalkplatten, und zwar Stielglieder, fünf winzige 
Infrabasalia und die Basalia und darüber fünf Oralia, 
dann dazwischen fünf Radialia und eim interradiales 
Anale (Pentacrinus Stadium, Fig. 141). Gleichzeitig 
mit der weiteren Entwicklung der Radialia und der 
Arme sowie des Stieles schwinden dann aber die Oralia, 
und das Anale, auch die basalia werden rudimentär, 
und nach einigen Monaten löst sich endlich die Krone 
mit einer basalen Zentrodorsalplatte, zu welcher die 
Infrabasalia und das oberste Stielglied verschmelzen, 
vom Stiel und wird so frei. 

Seelilien mit Stiel, /nfrabasalia, großen Basalia 
und Oralia und schwachen Armen scheinen darnach 
primitiv zu sein. Antedon aber und seine Verwandten, 
die erwachsen im vagilen Benthos aller Meerestiefen 
leben, sind also abgeleitete Formen, und nur die aus- 
schließlich im Stillwasser vor allem der Tiefsee gesellig 
lebenden sessilen Genera der Gegenwart schließen sich 
näher an primitive an. 

Da die Seelilien, wie viele wenig bewegliche Tiere 
eine starke Variabilität zeigen und in der Formenfülle 
alle möglichen Übergänge sich ergeben, ist ein allgemein 
anerkanntes System noch nicht gefunden. Besonders 


Fig. 141. 
Antedon tuberosa 
Carpenter (1888) 

(0. Artieulata, 
Comatulidae). 
12 mm hohes Penta- 
crinus-Stadium. Re- 
zent, Stiller Ozean. 
b Basale, br gegabelte 
Arme mit Deckplätt- 
chen der Ambulakral- 
furchen, cd in der An- 
lage begriffene Cen- 
trodorsalplatte, oOrale, 
r Radiale, st Stiel, stb 
Basalplatte desStieles. 


Echinodermata. 


118 


wichtig scheint aber zu sein, ob die Arme von den Radialia an frei 
beweglich oder ob sie locker oder fest mit ihrem unteren Teil in den 
Kelch hereinbezogen sind. Z. T. ist auch ihr Bau und die feste oder 
schwache Täfelung der Kelchdecke von größerer Bedeutung, und 
danach sind hier die vier Ordnungen Larviformia, y Fistulata, Articulata 
und 7 Camerata unterschieden. 

Ob IB vorhanden sind oder nicht, das Verhalten der /R und 
die Dicke der Kelchplatten gibt weitere Merkmale, und die Ausbildung 
der Arme, die Zahl der /5b oder 5, auch die der (o und vor allem 
das Verhalten der IRA sowie die Gestaltung des Stieles läßt Genera 
bezeichnen. Die Detailform und Proportion des Kelches und seiner 
Platten, die Armzahl und Stellung, die Verzierung der 
Platten und besonders bei vielen geologisch jüngeren 
Formen die Stielglieder gestatten endlich die Arten zu 
unterscheiden. 


a 
bi SE 


1. Ordnung: Larviformia. 


Die am einfachsten gebauten Seelilien sind fast alle 
sehr klein und dünn getäfelt. Ihr Kelch besteht nur 
aus 5 bs 55, BR u.5 großen O, wozu manchmal 
kleine IR auf der Decke kommen. Fast stets sind nur 
5 schlanke unverästelte Arme vorhanden, doch ist manch- 
mal dıe Zahl der R und der einfachen Arme sekundär 
vermehrt. Die Arme bestehen nur aus einer Reihe oft 
langer Glieder und sind von den Ran r- 
frei. Sie tragen keine Pinnulae oder nur 
0 wenige so lange, daß sie wie alternierende 
9 -.„ Seitenäste sich verhalten. Der Stiel be- 
steht meistens aus runden Scheiben oder 


Br a 


% 


en 


ars 
% 


7 Haploerinus me- 
spiliformis Goldf. 
(0. Larviformia, 
7 Haplocerinidae). 
Mitteldevon, Gerol- 
stein, Eifel (aus 
Wachsmutu.Springer 
1897). 
Kelch von oben, stark 
vergr. 0 Orale, r Öber- 
rand des Radiale mit 
dem Gelenk für den 
Arm. 


Zylindern ohne (irren (Fig. 142, 143). 

Außer sehr seltenen rezenten Tiefsee- 
bewohnern und den wenigen 7 Plica- 
tocrinidae des oberen Juras von Mittel- 
europa kennt man nur aus dem Unter- 
karbon bis Obersilur Westeuropas und 
Nordamerikas mehrere Familien. Die vor 
allem devonischen 7 Hapalocerinidae wei- 
chen übrigens durch Gabelung der Arme 
und manchmal auch durch den Besitz von 


Fig. 143. 
T Pisocrinus pi- 
lula de Koninck 
(O.Larviformia, 
r Triaerinidae). 
Obersilur, Gotland 
(aus Bather 1893). 
Fast vollständiges 
Exemplar ?/,. b Ba- 
sale, r ungleiche 

Radialia. 


Stiel-Cirri von der Norın ab und die größte Form, der mitteldevonische 
 Oupressocrinus, durch winzige /D, fünf sehr plumpe Arme und die 


Larviformia und 7 Fistulata. 


Fig. 144. 7 (upressoerinus ab- 
breviatus Goldf. (0. Larvi- 
formia, + Qupressinidae). 
Mitteldevon, Gerolstein, 

Quenstedt 1876). 
Keleh von oben !/,. a Afterlücke, 
amb Lücke für ein Ambulakrum, o so- 
genannte Konsolidationsplatte, r Öber- 
rand des ARadiale mit Achsenkanal 


Eifel (aus 


zum Arm. 


Ausbildung eines sogenannten Konsolida- 
tionsapparates, vielleicht eigentümlich um- 
gebildete O, an der Ventralseite des Kelches 
(Fig. 144). 

Wohl ein Verwandter der 7 Plicato- 
crinidae ist endlich die sehr zierliche un- 
gestielte 7 Saccocoma. Ihr Kelch scheint 
fast nur aus sehr dünnen, oitterförmig ver- 
stärkten AR zu bestehen, und die rinnen- 
förmigen Glieder der einrollbaren Arme 
tragen zarte, flügelförmige Anhänge, was 
ebenso wieihr scharenweises Vorkommen nur 
im oberjurassischen li- 


WE 
thographischen Platten- \ | ‚ 


kalke Frankens für eine NN \ 1 WE 
planktonische Leben- ___%) = 
weise spricht (Fig. 145). —_ \ < 


+ Saceocoma tenella Goldf. (0. Larviformia,  Saccocomidae). 


Oberster Jura (Lithographie-Plattenkalke), Eichstädt, Mittelfranken (aus Jäkel 1892). 
4 Vollständiges Exemplar !/,, ausnahmsweise mit nicht eingerollten Armen. B Rekonstruktion von 
unten, stark vergr., nur ein Armast vollständig. 


2. Ordnung: 7 Fistulata. 


Zahlreiche kleine bis stattliche Seelilien besitzen am Kelch nicht 
nur B, R und oft auch /B, sondern in der Regel auch IRA (Fig. 146), 
und ihre vollständig mit dünnen IR und Deckplättchen getäfelte Decke 
ist im Analinterradius in eine getäfelte, oft große Afterröhre erhoben. 
Ihre Arme sind wie bei den vorigen von der Basis an frei, aber mei- 
stens verästelt, häufig zweizeilig und oft mit Pinnulae versehen. Der 


120 Echinodermata. 


Stiel besteht gewöhnlich aus runden Scheiben und wird nur ganz 
ausnahmsweise rückgebildet. 

Außer fraglichen Formen im mitteleuropäischen Perm (Zechstein) 
und einigen Genera im Permokarbon Ostindiens 
und Australiens finden sich mehrere formenreiche 


FAT 
Oo 
yr 


aeg” 25 
Sa 
7 


Familien im Mittelkarbon bis Untersilur Europas ee 
on . B PER 8:0. 3) 
und Nordamerikas (Fig. 147). IR 
: EL 
Bemerkenswert sind dar- | IH 
D A 8.8 UL 
unter die  Orotaloerinidae Pt 


des europäischen Obersilurs, 


a 
Ä\ ra 


la 
DOOR; 


a D 
sd he Fig. 147. 
ps a Miller (& Bi + Oyathoerinus (0. + Fistulata, 7 Oyathoerinidae). 
| = i A Oyath. brevisacculus Wachsmut u. Springer (1897).?2 Unterkarbon, 
Nordamerika. Kelchdecke von oben. a unterer Teil der 


Br 


stulata, 7 Poterioerinidae). 


Karbon, Europa und Nordamerika abgebrochenen Afterröhre, amb mit Deckplättchen versehene 
(aus Bather 1900). Ambulakralfurche zu der Armbasis ziehend, m poröse Platte 

Schema der Dorsalkapsel (ähnlich (Madreporenplatte). B Oyath. muticus Angelin. Obersilur, Gotland 

Merkators Projektion). ib Infra- (aus Bather 1893). Krone von hinten °/,. a Anale mit After- 

basale, b Basale, r Radiale, ras Ra- röhre darüber, b Basale, ib Infrabasale, r Radiale, br einzeiliger 
dianale, a Analia. verästelter Arm ohne Pinnulae. 


weil bei ihnen die Astchen der außerordentlich stark vergabelten 
Arme z. T. zu siebförmigen Blättern verwachsen sind, und der Achsen- 
kanal des Stieles ungewöhnlich weit ist. 


3. Ordnung: Articulata. 


Die känozoischen und fast alle mesozoischen Articulata haben 
im Gegensatz zu der Mehrzahl der Crinoidea dicke Kelchwände und 
daher die dorsalen Nerven in sie wie in die Armglieder eingeschlossen 
(Fig. 137, 8. 113, u. 139, 5.115). Die kleinen bis stattlichen Formen 
haben zwar manchmal /D5, meist aber werden diese rudimentär oder 
fehlen, und auch die B werden nicht selten sehr reduziert. Zwischen 
den 5R finden sich nur selten /R, und die Kelchdecke, welche fast 
stets die unteren etwas beweglichen Armteile mit umfaßt, ist meistens 
häutig. Doch sind manchmal die O noch deutlich oder viele kleine 
Täfelehen vorhanden und bei den paläozoischen und wenigen meso- 
zoischen dünne IR (Fig. 148). 

Die fast stets verästelten Arme sind nur sehr selten zweizeilig 
und nur bei paläozoischen ohne Pinnulae Der Stiel besteht zwar 


ie 


Artieulata. 


meistens aus runden oder fünfkantigen Scheiben 
mit Cirri, selten aus zylindrischen Gliedern, zeigt 
aber recht wechselnde Ausbildung. Bemerkens- 
wert ist, daß bei manchen Formen, besonders den 
paläozoischen, die neuen Stielglieder unter dem 
obersten (Proximale) entstehen, und daß letzteres 
bei stiellosen Formen als Zentrodorsale mit den 
IB verschmolzen sich erhalten kann (s. S. 117!). 

Von fast sämtlichen rezenten Familien fand 
man wenige Vertreter im Tertiär 
und von allen zahlreiche im 
Mesozoikum, jedoch beinahe nur 
in Europa. So reihen sich die 
sehr dick getäfelten Apiocrinidae 
(Fig. 145) mit oben und unten 
verdicktem Stiel an Calamocrinus 
an, und ebenso sind die Penta- 
erinidae reich entwickelt, bei 
welchen im Gegensatz zu ihnen 
der kleine Kelch gegen die 
schlanken, überreich verzweigten 
Arme und den langen, mit Cirren 


Fig. 148. 
Apioerinus roissya- 
nus d’Orb. (0. Arti- 
culata, Apioerinidae). 
Oberer Jura (untere Ox- 
fordstufe), La Rochelle, 


Charente inf., Frankreich 
(aus de Loriol 1887). 
Kelch mit Teilen derArme 
und desStielest/,. pr ober- 
stes sehr breites Stielglied 


besetzten fünfkantigen Stiel ganz 
zurücktritt (Fig. 149 u. 157, 
Slllo)) 


Ganz anders sind wiederum 


(Proximale), b Basale, r Ra- 
diale, co Costale 1 und 2, 
dazwischen winzige in- 
terradiale Platten, br Bra- 
chialia, p Pinnula, t dünn 
getöfelte hoheKelchdecke. 


die im oberen Jura formenreichen 
Verwandten des Holopus organi- 
siert, deren Arme nur kurz sind, 
und deren Stiel zur Reduktion 
neigt, plumpe Seelilien, die wohl an ein Leben in 
bewegtem Wasser angepaßt sind (Fig. 150). End- 
lich sind auch die freischwimmenden Comatulidae 
wie sie bis zum Lias vertreten. 

Dazukommen aber noch ausgestorbene Familien, 
so besonders die für die europäische Trias charakte- 
ristischen $ Enerinidae (Fig. 168, S. 135, u. 139, 
S. 115), gestielte Seelilien, deren kräftige Arme 
meistens zweizeilig sind. Nur als sehr fragliche 
Angehörige der Articulata kann man endlich zwei 
ungestielte dünnplattige Formen der oberen Kreide, 


Fig. 149. 


Pentacrinus f nodosus 
(Juenst. (1876) (O. Artiı- 
culata, Pentacrinidae). 
Mittlerer Jura, Geisingen 
in Baden. 
4A Stielstück seitlich mit 
S internodialen Gliedern, 
d.h. S Gliedern zwischen je 
zwei Cirren-tragenden Kno- 
tengliedern !/,. B Unter- 
fläche eines Knotengliedes 
mit Cirrenbasis !/,. 


Fig. 150. 

7 Eugeniaerinites ca- 
ryophyllatus Schloth. 
(0. Artieulata, 7 Eu- 
geniacrinidae). 
Oberer Jura, Franken (er- 
gänzt aus Jäkel 1891). 
VergrößerteRekonstruktion. 
pr oberstes Stielglied, rKelch 
nur aus verschmolzenen Ra- 
dialia, br1 Brachiale 1, br2 
Brachiale azillare mit großem 
oberen Fortsatz (die unbe- 
kannten Armäste zwischen 
ihnen sind weggelassen, die 
Zugehörigkeit der Stielbasis 
ist unsicher). 


Echinodermata. 


Fig. 151. + Uintaerinus socialis Grin. (O. Arti- 
culata, 7 Uintacrinidae). 

Obere Kreide, Logan County, Kansas (aus Springer 1901). 

Zwei Exemplare aus einer mit Resten bedeckten Platte, 

von den sehr langen Armen nur unterer Teil !/,. 
lich, B von unten, r Radiale. 


die vielleicht schwimmend leb- 
ten, hier erwähnen. Davon ist 
der nur westeuropäische F Mar- 
supites durch eine große Zentral- 
platte inmitten seiner dızykli- 
schen Basis ausgezeichnet, wäh- 
rend der auch ın Nordamerika 
vorkommende 7 Uintaerinus 
(Fig. 151) ganz eigenartig ist, 
indem er wie die rezente (Üo- 
matulide Actinometra eine zen- 
trale Afterröhre und einen ex- 
zentrischen Mund und außer- 
dem die unteren Teile der sehr 
langen Arme samt ihren Pin- 
nulae unter Einschaltung von 
Intercostalia und Interdistichalia 
in die weite Kelchkapsel herein- 


A seit- 


bezogen hat. In letzterem Verhalten wie in der geringen Dicke seiner 
Tafeln gleicht er gestielten, vom Mittelkarbon bis zum Obersilur ver- 
breiteten und vielleicht schon im Untersilur Böhmens vertretenen Formen, 
die aber keine Pinnulae besitzen und deren Kelchdecke wohl stets kleine 


Fig. 152. 7 Cactoerinus pro- 
boscidalis Hall (0. 7 Ca- 
merata, 7 Actinocerinidae). 
Unterkarbon, Burlington, Iowa 
(aus Meek und Worthen 1873). 
Kelch mit seitlich aufgebrochener 
Decke und abgebrochener After- 
röhre #!/,, Dorsalkapsel mit vielen 
Interradialplatten ir, br Ansatz- 
stelle der freien Armäste, amb ge- 
töfelte Ambulakralfurchen, d ein- 
gerolltes Organ, wohl den Darım 
umhüllend. 


OÖ und getäfelte Ambulakralfurchen enthält 
(Fig. 138, S. 114). 

Sie könnten wegen dieser Eigentümlich- 
keiten als besondere Ordnung 7 Flexibilia den 
eigentlichen Artzculata gegenübergestellt werden. 

4. Ordnung: 7 Camerata. 

Im Mittelkarbon bis zum Untersilur Nord- 
amerikas und Europas treten stets gestielte 
Seelilien hervor, die sich durch feste Täfelung 
des Kelches und seiner Decke auszeichnen, wo- 
bei der untere Teil der Arme mehr oder minder 
mit hereinbezogen und unbeweglich ist. Ihre 
Kelchbasis ist bald mono-, bald dizyklisch, und 
zwischen die R sind in der Regel mehr oder 
minder zahlreiche /R besonders im Analinter- 
radıus eingeschaltet. Solche oft bei einer Art 
variable Platten setzen sich über die Kelchdecke 
fort und machen sie zu einem festen, im Anal- 


+ Camerata. 


+ Loboerinus lon- 
girostris Hall (O. 
+ Camerata, + Actinocrinidae). 


Unterkarbon, Burlington, Jowa (aus 
Wachsmut und Springer 1897). 
Vorderseite !/,. a Afterröhre, b drei 
Basalia, br zweizeilige, z. T. unten 
abgebrochene Armäste mit Pinnulae, 
c Costale, ir Interradiale, r Radiale, 
st oberer Stielteil mit alternierenden 
Gliedern, ?Z Kelchdecke. 


karbon, aber auch schon 
im Untersilur, diejenigen 
aber, deren /Rund 1Co 
auf die Kelchdecke und 
höchstens noch den Anal- 
interradius beschränkt 
sind (Fig. 154), im 
jüngeren Unterkarbon 
bis zum Obersilur. Die 
Formenmanniefaltig- 
keit ist eine sehr große 
und macht die Aufstel- 
lung von etwa 10 Fa- 
milien nötig. Extrem 
spezialisiert sind aber 
nur wenige, wie f Zuca- 
Iyptocrinus im Ober- 
silur Westeuropas und 
Nordamerikas und im 
Devon der Rheinlande, 
der eine tief konkave 
Basis und an die zen- 
trale hohe Afterröhre 
angelehnte Vertikalplat- 
ten hat, die auf 1Co 
und /Di ruhen und 
Nischen für die Auf- 
nahme von je zwei Arm- 
ästen bilden. 


123 


interradius oder zentral mit einer Afterröhre versehenen 
Gewölbe. Mund und Ambulakralfurchen liegen unter 
ihm (Fig. 152), doch lassen sich O und Deckplatten 
nicht selten als Teile des Deckgewölbes erkennen. 

Die verzweigten, öfters in Zahl und Stärke der 
Äste variablen Arme sind mit Pinnulae besetzt und 
meistens zweizeilig, bei den geologisch ältesten Formen 
aber häufiger einzeilig. 

- Camerata,deren Dorsalkapsel 
mit zahlreichen /R und /0o ver- 
sehen ist (Fig. 153), finden sich 
besonders im mittleren Unter- 


naar. 


TER 


en 


NEN 
Nez 
SA 
S-Tt 


>= 
37, 
AI 


Si 


Fig. 154. 
+ Platyerinus Hunts- 
villae Troost (0. 7 Came- 
rata, + Platyerinidae). 
Unterkarbon (St. Louis-Kalk), 
Huntsville, Alabama (aus 
Wachsmut und Springer 1397). 
A Krone eines erwachsenen 
Tieres !/,, b drei verwachsene 
Basalia, r Radiale, ir Inter- 
radiale nur zwischen Arm- 
basen, Arme unten einzeilig, 
oben zweizeilig mit vielen 
Pinnulae p. B Krone 
jungen Tieres ?/,, st oberste 
Stielglieder, Kelchplatten 
noch unverziert, br.a® Bra- 
chiale axillare, Armäste. oben 
noch wechselzeilig. 


eines 


124 Echinodermata. 


2. Unterklasse. - Cystoidea. 


Die ausschließlich paläozoischen Beutelstrahler haben ihren Namen 
von ihrem sehr häufig beutelförmigen Kelch (Theca), der in der Regel 
keine Grenze zwischen einer Decke und einer Dorsalkapsel erkennen 
läßt, sondern allseitig und zwar allermeist fest gepanzert ist, bald ir- 
regulär mit vielen, bald regelmäßig mit wenigen Kalktafeln, und der 
bald streng pentamer, bald zweiseitig symmetrisch bis ganz irregulär 
gebaut ist. 

Aboral ist er seltener direkt, gewöhnlich mit einem einfachen, 
nie sehr langen Stiel festgeheftet, der oft aus runden Kalkeliedern 
besteht, oft zweireihig getäfelt und mit einem weiten Zentralkanal 
versehen ist und häufig spitz ausläuft. 

Am oralen Pol befindet sich die Mundöffnung, von der in der 
Regel zwei bis fünf sehr verschieden lange Ambulakralfurchen aus- 
strahlen, die wohl stets von mehreren Reihen kleiner Kalktäfelchen 
begleitet bald der Kelchtafeldecke aufliegen, bald in sie eingefügt 
sind. Direkt am Mund, meistens aber an ihnen erheben sich in der 
Regel mehr oder minder zahlreiche einfache Ärmehen, die ein- oder 
zweireihig sind, und auf welche wahrscheinlich die Enden der Am- 
bulakralfurchen verlaufen. 

Interradial und gewöhnlich nicht weit vom Mund liegt der After, 
wie er in der Regel besonders und zwar häufig durch eine kleine 
Tafelpyramıde geschützt. 

Bei vielen Formen ist endlich eine verschieden große Zahl von 
Poren, schmalen Einfaltungen oder Kanälen in den Kelchtafeln vor- 
handen, die vielleicht zur Atmung oder zur Ernährung des Haut- 
skeletts dienten. 

Ist schon die Bedeutung mancher Einzelheiten auch vorzüglich 
erhaltener Skelette nicht sicher festzustellen, so sind in mehreren 
Gruppen noch besonders viele unvollkommen bekannte Formen vor- 
handen. Bau und Lebensweise sowie die zoologische Stellung und 
das System der Cystoidea ist deshalb noch ziemlich im unklaren, und 
die meistens und auch hier angenommene Einteilung in die Ord- 
nungen 'r blastoidea, ‘7 Hydrophorida, ‘r Carpoidea und  Thecoidea, die 
vor allem auf der Struktur der Kelchtafeln beruht, ist wohl eine ein- 
seitige, aber noch nicht durch eine bessere zu ersetzen. 


l. Ordnung. 'jBlastoidea. 
Bei den Knospenstrahlern sitzt der Kelch wie bei den Seelilien 
gewöhnlich auf einem schlanken runden Stiel, der bis mehrere Dezi- 
meter lang wird und keine oder höchstens am Unterende Cirren 


+ Blastoidea, Bau. 123 


besessen zu haben scheint. Der in der Regel knospenförmige Kelch hat 
meistens nur ] bis 2, selten über 5 em Durchmesser und besteht 
in der Hauptsache aus nur 13 unbeweglich durch Nähte verbundenen 
Tafeln, die in drei alternierenden Kreisen sehr regelmäßig fünfstrahlig 
angeordnet sind. Die Basalia allerdings sind durch Verwachsung auf 
zwei gleich große und eine kleine Tafel reduziert, und die fünf Radialia 
heißen hier Gabelstücke, weil ein medianer Einschnitt, dessen Tiefe 
und Breite bei den verschiedenen Formen sehr wechselt, ihren oberen 
Teil gabelig erscheinen läßt. Ihnen folgen die fünf 
interradialen Deltoidea, ungefähr dreieckige Platten, 
welche den zentralen Mund umgeben, der ganz fein 
getäfelt sein soll (Fig. 155, 156). Die relative Größe 
dieser Hauptplatten und damit ihr Anteil am Auf- 
bau des Kelches und dessen Form kann je nach dem 
Lebensalter selbst bei einer Art etwas schwanken. 
Die vom Mund ausgehenden fünf Ambulakral- 
felder nehmen die Einschnitte der Gabelstücke eın, 
die mit abgeschrägten Rän- 
dern versehen sind (Fig. 157). 
In jedem liegt eine schmale 
lange Platte, das Lanzett- 

stück, welches fast stets von 
Wachsmut w.Springer 


einem Achsenkanal durch- ie Eenenemiie ABl 
. . 199. ves (1890) (F Blastoidea 
zogen ist, der oral an de .. : 

g : ? : f d r Godoni Defr. (0. AT Bla- er Codasteridae). 
Naht je zweier Deltoide nach stordea, y FPentremitidae). Unterkarbon (Kinder- 

innen und zugleich in einen Unterkarbon, Nordamerika (aus hook-Stufe), Jowa. 


Ri ik ] © = F. Römer 1852). Krone mit oberem Stiel- 
ıng ana der Deltoide mun- 4 Oralseite, B Aboralseite !/,. teile, b Basale, d Deltoid- 


det. Falls er. wie vermutet «Ambulakralfeld, d Basale, d hin- stück, gGabelstück, pÄrm- 
? 2 { teres Deltoidstück, g Gabelstück. chen (Pinnulae), st Stiel. 
wird, Nervenstränge enthielt, 
würde dies System im Gegensatz zu dem Achsenkanalsystem der Seelilien 
(s. 8.115 und Fig. 137, S. 113, Fig. 139, S. 115) oralwärts zentriert sein. 
Jederseits vom Lanzettstück, bei schmalen Ambulakralfeldern es ober- 
flächlich überdeckend, liegt eine Reihe querer Poren- oder Seiten- 
plättchen und daneben meist noch je eine Reihe winziger äußerer 
Seitenplättehen, und innen von ihm ist bei manchen Formen noch 
ein dünnes schmales Unterlanzettstück nachgewiesen, das nach der 
Ansicht einiger Forscher der Rest einer zusammengedrückten radialen 
Längsröhre ist. 
Auf der Außenfläche des Feldes verläuft nun von jedem Mundeck 
aus eine seichte mediane Längsfurche, von der beiderseits sehr viele 
quere Seitenfurchen abgehen, wohl Ambulakralfurchen, welche wie so 


Fig. 156. 7 Oropho- 
erinus fusiformis 


Echinodermata. 


126 


oft bei Seelilien von Deckplättchen geschützt sind und sich wahr- 
scheinlich auf die zahlreichen einfachen, zwei- oder wechselzeiligen 
Armehen fortsetzen, die am Ende jeder Seitenfurche gelenkten. 

Dem Seitenrand jedes Ambulakralfeldes ungefähr parallel laufen 
endlich jederseits bei manchen primitiveren Formen Schlitze, die sehr 
tiefe, schmale Einstülpungen der 
Platten sind (Fig. 159B, 8. 127), 
bei differenzierten Formen aber 
durch ein Bündel seitlich platter 
Kalkröhren vertreten sind. Letztere 
haben innen von den Seitenplättchen 
einen gemeinsamen Längskanal, 
der einerseits zwi- 
schen jenem und 


Nu 5 
SS r 


III 


SS 
se 


\ 


>< 
ZA 
ER SS 


= 


Fe 


Fig. 157. + Pentremites Godoni Defr. 
(0. + Blastoidea, 7 Pentremitidae). 
Unterkarbon, Nordamerika. Kelchschema, stark 
vergr. (abgeändert aus Oehlert 1896). 

Das zugewandte Ambulakralfeld ist aboralwärts i 
immer mehr abgedeckt gedacht, unten leer und Fig. 158. T Eleutherocrinus Cassedayi 
ein Teil seiner Seitenränder eingeschnitten, um Schum. et Yundell (U. O0. + Blastoidea 


auch seinen Querschnitt zu zeigen, das Unter- 00 are a e) 
lanzettstück ist weggelassen. ambf Ambulakral- NA N SULNENGEHUINAZE 


furche, as äußere Seitenplättchen, b Basale, d Del- Altestes Oberdevon (Hamilton - Stufe), Ontario 
toideum, dpl Deckplättchen der Ambulakral- (aus Whiteaves 1839). 

furche und ihrer queren Seitenfurchen, 9 Gabel- A von der rechten Vorderseite, B von der linken 
stück (Radiale), hy Hydrospiren - Querschnitt, Hinterseite ?/,. amb Ambulakralfeld, d zwei große 
1 Lanzettstück mit Achsenkanal, p Poren, pi wech- und ein kleines Basale, d Deltoidstück, 9 Gabel- 
selzeiliges Ärmchen (Pinnula genannt), pi.g. Ge- stück, in A hoch, in B breit und nieder, hier das 
lenkgrube für ein solches, s Seitenplättchen. kurze Ambulakralfeld tragend. 


dem Seitenrand des Ambulakralfeldes in Poren, anderseits oben neben 
dem Mund in einer Endöffnung, Spiraculum, nach außen sich öffnet (Fig. 
157). Je zwei Spiracula zweier benachbarter Felder münden übrigens 
manchmal gemeinsam und im hinteren Interambulakrum auch noch 
mit der Afteröffnung zusammen, die fein getäfelt sein soll (Fig. 155 A, 
S. 125). Das eigentümliche System dieser Schlitze oder Röhren, deren 
Zahl selbst bei einer Art schwankt, läßt sich noch am besten mit 
den Bursae der Schlangensterne vergleichen und wäre demnach mit 


+ Blastoidea, System. 127 


Atmungs- und Geschlechtsorganen in Zusammenhang zu bringen, 
weshalb man sie Hydrospiren nennt. 

Wenige sehr seltene Genera im Unterkarbon Europas und im 
Devon Nordamerikas zeichnen sich durch ein kurzes breites Am- 
bulakralfeld gegenüber vier schmalen, also durch eine Störung der 
fünfstrahligen Symmetrie, sowie durch den Mangel eines Stieles aus 
(Fig. 158). Diesen Irregulares steht die größere Zahl der Regulares 
gegenüber, die im Oberkarbon von Australien und wohl auch von 
Timor, vor allem aber im Unterkarbon und auch im Devon Europas 
und Nordamerikas und 
im Obersilur des letz- 
teren sich finden. 

Sie werden vor 
allem nach der Aus- 
bildung der Hydro- 
spiren und Spiracula 
in mehrere kleine Fa- 
milien eingeteilt, von 
welchen die  (oda- 


Fig. 159. + Oodaster trilobatus Mac Coy. (O.  Blasto- 


@ an en) n oO . 5 
steridae (Fig. 156, 8. idea, + Codasteridae). 
OR < 
125, U. 159) wegen Unterkarbon (Kohlenkalk, Lancashire), England (aus Etheridge und 
ihrer schlitzförmigen Samnenter 1280): 


H dos £ di ıp N A ‚platte Oralseite ®/,. «a After, amb Ambulakralfeld, d. Deltoidstück, 
y pIren, 1ey en g Oralteil eines Gabelstückes, Ay Hydrospiren, die außer im hinteren 
tremitidae (Fig. 50, Interradius die Naht der Deltoid- und Gabelstücke überqueren. 
N yr em .. B vergrößerter schematischer Querschnitt eines Ambulakralfeldes 
>. 125, U, 115) l) mit und Umgebung. ab Ambulakralfurche mit Deckplättchen, Ay Hydro- 
nur fünf Spiracular- spiren im Gabelstück y, I Lanzettstück mit Achsenkanal, pi Ärm- 
= - chen (Pinnula), s Seitenplättchen. 
mündungen und meist 


röhrenförmigen Hydrospiren wegen ihres Arten- und Individuenreich- 
tums erwähnenswert sind. 

Die Gattung 7 blastoidoerinus Billings endlich, die im Untersilur 
Nordamerikas, vielleicht auch der russischen Ostseeprovinzen vor- 
kommt, weicht von typischen regulären ‘ Blastoidea, welchen sie äuber- 
lich gleicht, so ab, daß für sie eine besondere Ordnung  Parablastoidea 
errichtet wurde. Bei ihr schieben sich nämlich zwischen die nicht 
gegabelten Radialia einerseits und die großen Deltoidew und die Am- 
bulakra andererseits zahlreiche kleine Platten ein, und die Hydrospiren 
verlaufen in parallelen Furchen der Innenseite der Deltoide von den 
Poren der Ambulakralfelder bis zu solchen am Unterrande der Del- 
toide. In den Ambulakralfeldern fehlt eine Lanzettplatte, dafür sind 
sie über den Deckplättchen von einer Längsreihe von je drei Platten 
überdacht, die von den Strahlen einer fünfstrahligen Platte ausgehen, 


128 Echinodermata. 


welche über dem Mund liest. Der After der 
merkwürdigen Form ist unbekannt. 


2. Ordnung: jHydrophorida. 


Die in der Regel kugel- oder beutelför- 
migen Kelche der f Oystoidea im engeren Sinne 
besitzen fast stets einen Stiel aus gewöhnlich 
ringförmigen Gliedern. Sie haben meistens 
nur ein bis zehn Zentimeter Durchmesser und 

sind allseitig fest gepanzert entweder mit einem 
Fig. 160. + Dactylocystis Pfiaster sehr zahlreicher, irregulär gestalteter 
Schmidti Jäkel (1899) (U. O. 1 ep d ‘ i 
royal) und angeordneter Platten oder mit wenigen 
Mittleres Untersilur, Estland. größeren Platten, die in meist fünfzähligen 
A einige Tafeln mit Doppelporen, Kyränzen angeordnet und sechseckig sind. 
welche Ampbulakralfurchen und EIS SER R « L > 
an deren Enden Gelenke für Ärm- Charakteristisch ist für die Gruppe, daß 
chen tragen, vergr., B Querschnitt R 0.0 a 
einer solchen Tafel durch eine alle oder doch unse Platten Poren tragen, 
Doppelpore, die außen in einem die entweder paarweise verstreut (Doppelporen, 
rertieften Höfchen mündet, ca. ®/.. . Ya .. . 
a aan " Fig. 160) oder längs den Seiten von Rhomben 
liegen, deren einen Durchmesser stets eine Tafelgrenze bildet, wobei 
quer zu ihr tiefe, sehr schmale Einfaltungen oder tangential in der 
Skelettmittelschicht verlaufende Kanäle je zwei Poren verbinden (Poren- 
rauten, Fig. 161). Da die äußeren Porenmün- 
dungen manchmal durch eine dünne Kalk- 
deckschicht verschlossen sind, welche die 
Platten oft überkleidet (Fig. 1645, S. 131), 


ist die Bedeutung der Organe schwer zu ver- 


(6) 


Fig. 161. 7 Ohiroerinus efr. sculptus F. Schmidt (U. 0. + Rhombifera). 
Unteres Untersilur, Pawlowsk bei Petersburg (aus Jäkel 1°99\. 

4 Oberer Teil der Kapsel mit zwei Porenrauten ®/,, B vergrößerter schematischer Querschnitt durch 
eine Porenraute (senkrecht zur Tafelnaht), C derselbe parallel einer Seite der Porenraute. In B 
und (© sind die Tafeln schwarz gezeichnet, n Naht, » Porenschlitz. 
stehen, wenn auch die Schlitze mancher Porenrauten den Vergleich 
mit den Hydrospiren gewisser  blastoides nahelegen (Fig. 159, S. 127). 

Die anscheinend stets mit Deckplättehen versehenen Ambulakral- 
furchen erstrecken sich oft direkt am Mund auf zwei bis fünf größere 


oder mehrere kleinere Arme, die, soweit beobachtet, zweizeilig sind, 


+ Hydrophorida, Bau und System. 129 


aber keine Äste oder Pinnulae besitzen. Oft aber befinden sich 
solehe Arme als kleine und zahlreiche Fortsätze an den Enden von 
zwei bis fünf Ambulakralfurchen, die manchmal bei einer Art varıa- 
bel und meistens verzweigt mehr oder weniger weit auf der Tafel- 
decke verlaufen. Die Fünfzähligkeit des Ambulakralsystems ist hier 
also gewöhnlich nicht ausgeprägt. 

Das getäfelte, fast immer kleine Afterfeld (Periprokt) liegt inter- 
radial allermeist in einiger Entfernung von dem Mund. Zwischen 
beiden sind in der Regel noch ein oder zwei kleine Öffnungen vor- 
handen, die als Genital- und Steinkanalmündungen gedeutet werden, 
da man annimmt, daß hier wie bei den meisten Echinodermen und 
wie bei der Antedon-Larve der Steinkanal einfach nach außen mündete, 
und die Gesehlechtsorgane sich nicht wie bei den Urinoidea auf Arm- 
ästehen erstreckten (Fig. 162). 

Die zahlreichen Vertreter dieser eigen- 
tümlichen Eehinodermen, welche nach der 
Ausbildung der Poren in zwei Unter- 
ordnungen  Diploporita und  Rhombifera 
zerfallen, fand man bisher fast nur im 
Devon und Silur Europas und Nord- m 
amerikas und im Untersilur von Hinter- 
indien, im Kambrium aber sind sie noch 
nicht sicher nachgewiesen. ö & 

Die Unterordnung T Diploporita ma | amb 
umfaßt nur Formen, deren Doppelporen es 
bald regellos verteilt, bald auf bestimmte . Glyptosphaerites TTenehiendergn 
Platten beschränkt sind und außen mei- Ang. (U. O. + Diploporita). 
stens in einem vertieften Höfchen münden Unteres Untersilur, St. Petersburg (aus 
(Fig. 160). Sie sind zum größeren Teile oya1seite 3,,. ee (Tateln 
uns], wur) (IE a ZI a 
bis zahlreichen schwachen Arme, die nur an den Enden ihrer Seitenäste, g? Ge- 
bei einigen Genera gut bekannt sind, chenso. ln, Neem ST 
wie die fünf Ambulakralfurchen befinden 
sich fast immer direkt auf den Kelchplatten. Obwohl die allermeisten 
deutlich fünfteilig gebaut sind, umschließen letztere zahlreich und 
irregulär den kugeligen oder sackförmigen Kelch (Fig. 162), bei manchen 
Genera aber sind sie unter den Ambulakren besonders differenziert 
(Fig. 1604). Zwischen dem kleinen After und der ebenfalls getäfelten 
Mundöffnung findet sich stets ein kleiner (?) Genitalporus und öfters 
noch eine (?) Steinkanalmündung (Fig. 162). 

Die allermeist seltenen Formen kennt man nur aus dem Unterdevon 


Stromer, Paläozoologie. & 


W232 z 
en 


130 Echinodermata. 


Mitteleuropas, dem Silur Europas, dem Obersilur Nordamerikas und 
dem Untersilur von Birma in Hinterindien, und man unterscheidet 
vor allem nach der Ausbildung der ambulakralen Organe mehrere 
kleine Familien. Davon nimmt der untersilurische  Aristocystites 
(Fig. 163) nebst Verwandten eine isolierte Stellung ein, denn er zeigt 
nicht nur im Gegensatz zu fast allen übrigen 'r Diploporita keine Penta- 
merie und keine Ambulakralfurchen, sondern 
auch keine eigentlichen Doppelporen. Viel- 
mehr haben seine Poren, die auf dem sack- 
förmigen direkt aufgewachsenen Kelch ganz 
regellos verteilt sind, meistens paarweise unter 
einer äußeren Deckschicht eine Ver- 
bindung durch tangentiale Kanäl- 
chen, also ähnlich wie je zwei Poren 
vieler ‘ Rhombrfera. 

Auch ganz irregulär in der 
Verteilung der Doppelporen und 
der Täfelung ist der gleichalterige 
Fig. 163.  Glyptosphaerites Europas, der aber 


1 EEG ED RR Ge gestielt und mit fünf Ambulakral- 

(U. O.+ Diploporita, Tribus y Amphoridea). Furch Sa ne 
Untersilur, Böhmen. urchen versehen 15 ( = 2). 

A Vollständiges Exemplar von hinten !/,, zeigt Andere (enera zeigen noch 

die Poren, da die äußere Deckschicht zerstört ist, lä Dar d > ik ö t IN B 1 

« After ohne Tafelpyramide, 9 ? Genitalporus, angere un Sspezıa ISIErLE mpula- 


ma spaltförmige ?Steinkanalöffnung dicht andem kralfurchen. Besonders bemerkens- 
ebenfalls spaltförmigen Mund. B eine Tafel vergr., 9 . © 
ohne äußere Dederanehh, zeigt hufeisenförmige wert ist der auch ım Untersilur 
Tangentialkanälchen zwischen je zwei Poren. der russischen Ostseeländer vor- 
kommende +Asteroblastus wegen seiner äußeren Ähnlichkeit mit 
r blastoidea, während  Gomphocystites, der im Obersilur Gotlands 
und Nordamerikas gefunden ist, sich von  Thecoidea fast nur durch 
seine Doppelporen und den vermuteten Besitz vieler Ärmchen unter- 
scheidet. 

Die Angehörigen der formenreicheren Unterordnung ; Rhombi- 
fera sind nicht nur im Silur Europas und Nordamerikas und im 
Untersilur von Birma, sondern wahrscheinlich auch im Devon und 
Oberkambrium Europas vertreten und durch den Besitz von Poren- 
rauten an allen oder nur an einigen bestimmten Tafeln ausgezeichnet 
(Fig. 161, S. 128, und 164). Auch ist für sie charakteristisch, daß 
die zahlreichen oder wenigen und dann längeren Arme wie die zwei 
bis fünf Ambulakralfurchen immer mit besonderen Tragplatten den 
Kelchtafeln auf- oder eingelagert sind, und daß allermeist ein Kranz 
von vier basalen Tafeln sowie ein Stiel entwickelt ist. Er hat in 


+ Rhombifera. 


der Regel einen weiten Achsenkanal ld 
und besteht aus Ringgliedern, die 5 
fernrohrartig ineinandergreifen. 

Nach den Verhältnissen der 
Kelchkapsel, vor allem der Am- 
bulakra, die hier häufig keine 
Fünfstrahligkeit zeigen, nach der 
Anordnung, Zahl und Ausbildung 
der Tafeln und auch der Poren- A 
rauten, unterscheidet man mehrere, 
meist kleine Familien. 

Der Vertreter einer solchen 
ist r Echinosphaerites (Fig. 164), 
der im Untersilur Europas häufig 
ist und äußerlich gewissen gleich- 
alterigen 7 Diploporita ( Sphaero- 
nites) gleicht. Er nimnit eine 


Fig. 164. 
A 7 Echinosphaerites aurantium Gyllenh. 
(U.0. 5 Rhombifera). 

Untersilur,. Estland (aus Jäkel 1899). 
Vollständiges Exemplar seitlich !/,, nur Arme Dr 
und Stiel s? fehlen, « After, g ?Genitalporus. 

B  Echinosphaerites infaustus Barr. (1887). 
Untersilur, Böhmen. 

Einige Tafeln vergr., durch teilweisen Verlust der 
dichten Deckschicht mit ihren Anwachslinien sind 
die Tangentialkanäle der Porenrauten sichtbar. 


etwas isolierte Stellung ein, nicht nur durch seine regellose Täfelung 
und geringe Stielentwicklung, sondern vor allem, weil seine überall 
vorhandenen Porenrauten nicht durch Falten, sondern durch Tangential- 


kanäle gebildet werden. 

Alle übrigen 7 Rhombifera haben weniger Tafeln, 
die in häufig fünfteilisen Kränzen angeordnet sind, 
und Faltenporenrauten, welche außer bei den 7 Ca- 
ryocrinidae auf einige Tafeln beschränkt sind und 
in ihrer Zahl und Ausbildung bei verschiedenen 
Genera, manchmal sogar bei einem wechseln. Die 
eben genannte Familie, die im Silur Europas und 
Nordamerikas wie im Untersilur Hinterindiens ver- 
breitet ist, ist auch insofern bemerkenswert, als ihre 
Angehörigen, abgesehen von den Porenrauten und 
den nicht fünfzähligen Armen, gewissen Orinoidea 
Camerata gleichen. Der untersilurische T Pleuro- 
eystites dagegen, der durch den Besitz von nur zwei 
Armen und ein abnorm grobes, fein getäfeltes After- 
feld sich auszeichnet, ist gewissen verzerrten T (ar- 
poidea ähnlich, und  Oystoblastus, der nur im Unter- 
silur der russischen Ostseeprovinzen gefunden worden 
ist, gleicht in der Gesamtform wie in vielen Einzel- 
heiten den r blastoidea und dem Diploporiten 7 _Aste- 
roblastus. Endlich sind noch 7 Callocystites (Fig. 165) 


Fig. 165. + Callo- 
eystites Jewetti Hall 
(U.O. + Rhombifera). 
Obersilur (Rochester- 
Schiefer), Ontario (aus 
Schuchert 1904). 
Fast vollständiges Exem- 
plar von hinten ®/,. a After, 
amb lange verzweigte Am- 
bulakralfurche, die mit 
besonderen Tragtäfelchen 
und Armresten auf den 
Kelchtafeln liegt, pPoren- 
raute. 


Echinodermata. 


132 


und seine zahlreichen Verwandten im Obersilur Europas und Nord- 
amerikas zu erwähnen, deren stark entfaltete, mit vielen Ärmehen 
besetzte Ambulakren auch bei gewissen j Diploporita ihr Gegenstück 
finden. Es zeigen also fast alle wichtigeren Formen der 7 Rhombifera 
Beziehungen zu Angehörigen verschiedener Gruppen der Pelmatozoa, 
was teils auf nur äußerlicher Ähnlichkeit teils aber auch auf wahrer 
näherer Verwandtschaft beruhen dürfte. 


3. Ordnung: 7 Carpoidea. 


Mehrere noch unvollkommen bekannte Pelmatozoa des Silurs und 
Kambriums von Europa und Nordamerika werden als Carpoidea zu- 
sammengefaßt. Sie zeigen keine Fünfstrahligkeit, sondern meistens 
sta eher eine zweiseitige Symmetrie. Ihre 
—— Kapsel, die höchstens '/, dm Durch- 

messer erreicht, ist mit einem Pflaster 
dichter oder fein poröser Tafeln von 
sehr wechselnder Größe und Zahl ge- 
ge panzert. Manchmal ist die Täfelung 
EB teilweise eine lockere, und nicht selten 
ist die Kapsel senkrecht zur Symmetrie- 
ebene abgeplattet und vorn und hinten 
verschieden getäfelt, wobei sich dann 
besondere Handplatten unterscheiden 
Fig. 166. 7 Placocystites forbesianus Jassen (Fig. 166). 
2 Konızay (Or UORE): Der deutlich abgesetzte Stiel, der 
Obersilur (Wenlock-Stufe), Dudley, England : ; : 5 
(aus Jäkel 1900 und H.Woodward 1850. anscheinend nie lang ist und spitz zu- 
Me Sa a nn Pate läuft, ist meistens symmetrisch zwei 
kave Seite, beide etwas restauriert. C Hälfte zeilig oder irregulär getäfelt, also 
der oralen Seite eines wohl flach gedrückten innen hohl. 


Exemplars vergr. amb ?Ambulakralrinnen, 


die sich wohl auf die bei g gelenkenden Seiner Ansatzstelle entgegengesetzt 
Stacheln st« fortsetzen, st getäfelter Stiel, .. . .. . 
ine dürften die Mund- und öfters auch die 
Afteröffnung sich befinden, welch letztere 
allerdings bei einigen wenigen Formen weiter unten am Kelch gelegen zu 
haben scheint. In einigen Fällen lassen sich zwei vom Mund ausgehende 
Ambulakralfurchen nachweisen, die sich wahrscheinlich auf ein oder zwei 
Fortsätze, die als Arme funktionierten, oder auf kleine Arme erstreckten. 
An solche Carpoidea, die sich nach ihrer Form und Täfelung in 
mehrere kleine Familien einteilen lassen, schließen sich wohl noch 
die 7 Eustelea an, die weniger vom Typus der Pelmatozoa abweichen. 
Denn bei ihnen besteht der Stiel aus runden Scheibengliedern und 
der meist kugelige Kelch ist dicht und fest gepanzert, der getäfelte 


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+ Thecoidea. 


155 


After liegt nahe am Mund, und von diesem gehen mehrere oberfläch- 
liche Ambulakralfurchen oder Ärmchen aus. Ob zu den wenigen 
Formen, die im Untersilur Europas und Nordamerikas verbreitet sind, 
auch der gleichalterige 7 Oryptocrinus gehört, ist fraglich, da seine 
dichten Tafeln deutlich fünfzählig angeordnet sind. 


4. Ordnung: 7 Thecoidea. 


Streng fünfstrahlig gebaute Formen bilden eine letzte Ordnung. 
Ihr kugel-, sack- oder scheibenförmiger Körper ist mit der Aboral- 
seite direkt der Unterlage, und zwar nicht selten brachiopoden-Schalen 
aufgewachsen und irregulär mit vielen diehten Täfelchen locker, schuppig 
oder pflasterartig gepanzert. Von dem zentralen Mund gehen auf der 
Oralseite außen auf der Tafeldecke fünf einfache Ambulakralfurchen 
aus, die besonders bei geologisch jüngeren Arten im erwachsenen Zu- 
stande länger und dann ge- 
schwungen sind und die von 
zwei Reihen alternierender Deck- 
plättchen geschützt sind, welche 
auch öfters den Mund über- 

amb 


Fig. 167. + Agelacrinus hamiltonensis Vanuxem (0.7 Thecoidea). 
Devon, Nordamerika (aus Clarke 1901). 


Oralseite ein wenig schematisiert. A erwachsenes, B junges Tier. «a After getäfelt, amb Ambulakral- 
furchen, in der Jugend noch gerade, wie der Mund von Deckplättchen geschützt, ia unregelmäßige 
Interambulakraltafeln, r feste große und kleine schuppige Randplatten. (© schematischer Querschnitt 
eines Ambulakrums vergr. (abgeändert aus Jäkel 1899). «mb Ambulakralfurche, d Deckplättchen 
mit dem schraffierten alternierend, iz schuppenförmige Interambulakraltäfelchen. 
deckend nachgewiesen wurden (Fig. 167). Besteht hierin eine UÜber- 
einstimmung mit manchen Crinoidea und COystoidea, so ist keine Spur 
von Armen vorhanden und außer der Mundöffnung nur der getäfelte 
After, der interradial auf der Oralseite liegt. Die Genitalorgane waren 
also wohl auf das Körperinnere beschränkt, ein Genital-, wie ein Stein- 
kanalporus ist aber nicht vorhanden. 

Von den wenigen Formen, die im Karbon bis Silur von Europa 
und Nordamerika und im mittleren Kambrium des ersteren sich finden, 
weicht der untersilurische 7 Edrioaster nebst wenigen Verwandten 
darin etwas ab, daß die Aboralseite, bis auf welche die langen Am- 
bulakra reichen, nicht direkt aufgewachsen war. Vor allem aber sind 


Echinodermata. 


134 
hier die unter den Ambulakralfurchen befindlichen Platten nicht ein- 
reihig, sondern wie die Ambulacralia mancher paläozoischen Seesterne 
angeordnet, indem zwei Reihen alternierend aneinanderstoßen, und zwi- 
schen je zwei Platten jeder IVeihe eine Pore ist. Die Organisation 
und systematische Stellung aller dieser armlosen Formen bedarf also 
noch näherer Aufklärung, denn es ist sehr fraglich, ob sie bei 
Pelmatozoa einzuordnen sind. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Pelmatozoa. 


Abgesehen von ganz seltenen Larviformia leben jetzt nur Arti- 
culata, von welchen bloß die vagilen Comatulidae einen größeren Arten- 
und Individuenreichtum entfalten und einige gestielte Bewohner tieferer 
Regionen lokal häufig sind. 

Schon bei lebenden Tieren lösen sich Teile des Stieles und die 
Arme öfters leicht ab, und nach dem Tode fallen die nicht verschmol- 
zenen Kalkglieder und -tafeln in der Regel auseinander, deshalb sind 
ganze fossile Skelette große Seltenheiten. Sehr häufig sind in manchen 
Schichten nur isolierte Stielglieder, viel seltener schon Dorsalkapseln, 
und am hinfälligsten sind natürlich die zarten Armästchen, die Pin- 
nulae und Cirri sowie die Deckplättchen und andere lockere Täfelchen 
der Kelchdecke. Letztere ist überdies bei vollständigen Kronen durch 
die meistens zusammengefalteten Arme in der Regel verdeckt. Wohl- 
erhaltene Pelmatozoa kommen deshalb nur in bestimmten Schichten 
an gewissen Lokalitäten häufiger vor, und ihre Vorgeschichte ist also 
nur unvollkommen bekannt. 

Im Tertiär fand man nur wenige Arten einiger Familien der 
Artieulata in unvollständigen hesten, z. B. Stielglieder von Penta- 
crinidae, und zwar fast nur in Seichtwasserablagerungen Italiens und 
Südfrankreichs, also im Mittelmeergebiet, wo jetzt nur noch Comatu- 
lidae vorkommen. Im europäischen Mesozoikum aber ist die Zahl 
der bekannten Angehörigen dieser Ordnung, zu der im oberen Jura 
Mitteleuropas einige wenige Larviformia kommen, nicht unerheblich, 
und im Jura wie in der mittleren Trias sind öfters ganze Kalk- 
bänke aus zerfallenen Stielen und Armen zusammengesetzt. Dabei 
zeigen sich beachtenswerte Anpassungen an die verschiedenste Lebens- 
weise, denn manche Seelilien, wie z. B. die oberjurassischen  Zugenia- 
erinidae und  Plicatocrinidae finden sich besonders in den an Kiesel- 
schwämmen reichen Schwammriffen, andere wie  Apiocrinus häufig 
in Korallenkalken, überhaupt die meisten in Seichtwasserablagerungen. 
Die Comatulidae gehörten wohl wie jetzt zum vagilen Benthos, der 
gegenwärtig nur im tiefem Wasser lebende Pentacrinus aber kommt 


Pelmatozoa, geologische Verbreitung. a: 


im Lias, wo er besonders häufig ist, manchmal an Treibholzstämmen 
angeheftet vor, ist also dann dem Pseudoplankton zuzurechnen, und 
j Uintaerinus wie vielleicht auch  Marsupites ın der oberen Kreide, 
vor allem aber T Saccocoma im obersten Jura lebten sehr wahrschein- 
lich planktonisch. 

In der Trias jedoch sind nur gestielte Formen gefunden, und 
zwar sind außer dürftigen Resten von Pentaerinidae und Apioerinidae 
sowie j Encrinidae in den Alpen letztere häufig 
in der mittleren germanischen Trias (Muschelkalk, 
Fig. 168). Sie waren also in dem damaligen Binnen- 
meere im Gegensatz zu vielen anderen marinen 
Tiergruppen anscheinend besser entfaltet als in 
dem großen Mittelmeer (Tethys-Ozean). 

Noch weniger weiß man von den Pelmatozoa 
der unteren Trias, des Perms und Oberkarbons, 
denn aus Europa kennt man fast nur dürftige 
fragliche Reste von 7 Oyathocrinidae (Fig. 147, 
S. 120) aus dem oberen Perm (Zechstein) und 
nur aus dem Permokarbon Südasiens und Australiens 
bessere und zahlreichere Reste von  Fistulata und 
vielleicht auch einen jüngsten 7 blastoideen. Fig. 168. 

Im mittel- und besonders im unterkarbonischen + Enerinus lilüformis 
Kohlenkalke Europas und Nordamerikas beginnt Müller (0. Artieulata, 
aber eine staunenswerte Fülle von Pelmafozoa uns | tFrerintdae). 

s : N r “ Mittlere Trias (Muschel- 
entgegenzutreten, indem hier nicht nur die 7 Fistu- xaık), Braunschweig (aus 
lata und 7 Camerata, sondern auch die 7 Flexihilia unpi 1908 mach SEkeD. 
und T blastoidea regularia besonders stark und auch r Radiate, co1,2 Costalia, 
die Larviformia und wenige f Thecoidea vertreten ee 
sınd. Alle waren wie überhaupt die paläozoischen Pelmatozoa Boden- 
bewohner, und zwar fast sämtliche festgeheftet oder doch mit dem 
Stiel verankert in meist seichtem oder nur mäßig tiefem Wasser. 
Manche devonische und silurische Crinoidea lebten sogar direkt an 
Korallenriffen. 

Im Devon besonders Westeuropas und der Vereinigten Staaten 
von Nordamerika sind die Orinoidea noch reicher vertreten, 7 Blastoidea 
allerdings nicht so stark wie im Unterkarbon. Dafür finden sich 
einige 7 Thecoidea und im Unterdevon auch wenige T Hydrophorida 
und ein jüngster Vertreter der  Carpoidea. Am Mittelrhein kann 
man in dieser Formation deutlich Bewohner verschiedener Fazies 
unterscheiden, einerseits solche bewegten Seichtwassers, diek gepan- 
zerte plumpere Formen wie T Cupressocrinus (f Larviformia), anderer- 


LT TER 
[TELTTEIE 


RINDE 


= 
= 
= 


136 Echinodermata. 


seits in den Schiefern bei Bundenbach dünnwandige Larviformia 
und 7 Fistulata, die wohl in stillem, tieferem Wasser lebten. 

Im Öbersilur, speziell von England, Gotland, Böhmen und in den 
Vereinigten Staaten von Nordamerika sind f Frstulata und T Camerata 
ebenfalls sehr reich entwickelt, und hier finden sich auch die ältesten 
Larviformia und ‘ blastoidea, daneben auch mehrere 7 Aydrophorida, 
 Carpoidea und  Thecoidea. 

Im Untersilur aber kommen in Europa nur wenige  Fistulata und 
 (amerata und ein ältestes Genus der 7 Flexibilia vor, in Nordamerika 
jedoch sind erstere beide besser vertreten, und dort ist auch der den 
 blastoidea nahe stehende 7 Dlastordocrinus lokal nicht selten. Dafür 
sind in den Ostseeländern, Böhmen, Wales und Nordamerika 7 Hydro- 
phorida,  Carpoidea and  T'hecoidea reich entwickelt, erstere auch in 
Birma anscheinend nicht selten und manche gesellig lebende lokal 
sogar in großer Individuenzahl vorhanden. 

Diese Gruppen sind es auch, die noch bis in das Mittelkambrium 
zurück neben dürftigen Resten von Ürznoidea allerdings größtenteils 
nur in Steinkernen und Abdrücken oder in isolierten Resten sich nach- 
weisen lassen. 

Darnach war der Höhepunkt der Pelmatozoa schon in der Zeit 
vom Unterkarbon bis zum Untersilur, nur die T Articulata blühten 
erst im mittleren Mesozoikum. Die anderen Orinoidea dagegen hatten 
ihre Hauptentfaltung im Unterkarbon bis zum Obersilur, die 7 bla- 
stoiden in ersterem und die übrigen  Oystoide« sogar schon im 
Untersilur. 

Manche Genera der fossilen Pelmatozoa scheinen wie einige rezente 
eine sehr weite geographische Verbreitung gehabt zu haben, andere 
aber auf bestimmte Gegenden beschränkt gewesen zu sein. Viele 
sind auch sehr langlebig; so lassen sich mehrere rezente bis in den 
Jura zurückverfolgen, und y Oyathoerinus (f Fistulata) wie f Agelacrinus 
(T Thecoidea) ist vom Karbon bis zum Silur verbreitet; sehr viele 
haben aber auch ein zeitlich sehr beschränktes Vorkommen wie 
die triassischen F Einerinidae und vor allem spezialisierte Formen wie 
die devonischen  Oupressocrinidae (Larviformia), die obersilurischen 
r Orotaloerinidae ( Fistulata), die eigentümlichen mesozoischen 7 Sacco- 
coma, % Marsupites und  Uintacrinus und sehr viele 5 Cystoidea. Doch 
ist dabei unsere noch sehr vom Zufall abhängige Kenntnis der Ver- 
breitung seltenerer Fossilien in Rücksicht zu ziehen. 

Bei solehen Verhältnissen und nach dem derzeitigen Stande unseres 
Wissens kann ein Stammbaum der Pelmatozoa auf Grund der fossilen 
Reste nicht sicher aufgebaut werden, immerhin lassen sich wichtige 


Pelmatozoa, Entwicklung. 137 


Grundzüge ihrer Entwicklung und eine Reihe von Gesetzmäßigkeiten 
doch schon feststellen. 

So waren die Pelmatozoa ursprünglich offenbar alle marine Boden- 
bewohner und direkt oder mit einem Stiel festgeheftet, der zuerst einen 
weiten Zentralkanal besessen zu haben und getäfelt gewesen zu sein 
scheint. Erst bei den: mesozoischen 7 Articulata bildete sich eine viel- 
seitigere Lebensweise aus, hier findet sich auch erst eine häufige Re- 
duktion des Stieles, daneben aber auch manchmal eine besondere Ver- 
längerung wie bei manchen 7 Pentaerinidae. Bei ihnen kann er näm- 
lich viele Meter lang werden, während er im Paläozoikum selten über 
ein oder höchstens drei Fuß lang gefunden wird. 

Der Kelch zeigt schon im Silur seine größte Mannigfaltigkeit, und 
es ist höchst bemerkenswert, daß im Untersilur wie im Kambrium 
fast nur Pelmatozoa mit sehr vielen Kelchtafeln vorhanden sind, dab 
die meisten regellos oder doch nicht streng fünfzählig getäfelt sind, 
und keine scharfe Trennung einer Kelchdecke von der Dorsalkapsel 
erkennen lassen. Die Fünfstrahligkeit tritt zunächst in den Ambulakren 
hervor, und zwar sowohl bei Formen ohne Arme, den 7 Thecoidea, 
oder mit schwachen kleinen Ärmchen, den + Blastoidea, als bei den 
Orinoidea mit relativ starken Armen. Doch herrschen unter letzteren 
im Paläozoikum Formen weitaus vor, bei welchen durch Entfaltung 
von Interradialia analia eine zweiseitige Symmetrie noch deutlich ist. 
In manchen kleinen Stammreihen läßt sich eine allmähliche Reduktion 
dieser Tafeln verfolgen, aber erst im Mesozoikum treten sie ganz 
zurück, und von da ist eine strenge Pentamerie auch der Kelchbasis 
Regel, und hier werden fünfkantige Stiele häufig. Auch ist zu er- 
wähnen, daß man im Paläozoikum viele Crinoidea mit wohlentwickelten 
Infrabasalia kennt, vom Mesozoikum an aber fast nur solche mit 
winzigen und offenbar in Reduktion begriffenen. 

Erst vom Mesozoikum an findet man endlich fast nur schwach 
oder kaum getäfelte Kelchdecken, während noch im jüngeren Paläo- 
zolkum wenigstens eine dünne Täfelung Regel ist. Demnach scheint 
die Entwicklung der Urinoidea vor allem auf eine starke Reduktion 
der Zahl der Kelchtafeln, eine Rückbildung der Panzerung der Oral- 
seite und zugleich auf eine Herausbildung strenger Pentamerie hinaus- 
zulaufen, die aboralwärts vorschreitet. 

Es ist jedoch hervorzuheben, daß die Zarveformia mit ihrer ge- 
ringen Tafelzahl, ihren großen Oralia und ihrer, abgesehen von der 
Basis, wohl ausgebildeten Pentamerie schon im Devon am besten ent- 
faltet sind und vielleicht nur infolge ihrer meist sehr geringen Größe 
sich bloß bis in das Obersilur zurückverfolgen lassen. 


138 Echinodermata. 


Was die Arme anlangt, so zeigen auch sie im älteren Paläozoi- 
kum die größte Mannigfaltigkeit. Neben sehr schwachen Ärmchen 
vieler 7 Hydrophorida und den zarten Anhängen der  blastoidea treten 
hier wenige einfache, lange Arme auf wie bei manchen 7 Hydropho- 
rida und den Larviformia, aber auch außerordentlich und mannig- 
fach verzweigte wie die vieler T Frstulata und  Camerata; Formen 
mit und ohne Pinnulae finden sich unter den Ürinoidea, während 
vom Mesozoikum an erstere weitaus vorherrschen. 

Ein-, wechsel- und zweizeilige Arme kennt man schon aus dem 
Untersilur, und wenn auch bei den Orinoidea manches dafür spricht, 
daß Einzeiliekeit das Primäre ist, so lassen die Verhältnisse bei den 
 Oystoidea eher eine Zweizeiligkeit als ursprünglich annehmen, und 
jedenfalls tritt die letztere später zurück, so daß nur noch bei den 
 Enerinidae der Trias zwei- und wechselzeilige Formen sich finden 
(Fig. 168, 8. 155). 

Was endlich die Entwicklung der einzelnen Gruppen betrifft, so 
sind wir über ihr erstes Auftreten ungenügend unterrichtet. Ihr Höhe- 
punkt ist auch hier dadurch ausgezeichnet, daß nicht nur viele Formen 
sich finden, sondern darunter auch zahlreiche in großer Individuen- 
menge und manche von besonderer Körpergröße. Auffällig ist, wie 
rasch die  Camerata nach ihrem Höhepunkt erlöschen, und ebenso 
scheinen die 7 blastoidea nach dem unteren, die 7 Fistulata nach dem 
mittleren Karbon sehr plötzlich zurückzugehen, doch kann dies auch 
mit unserer noch ungenügenden Kenntnis der oberkarbonischen und 
permischen Echinodermen-Faunen zusammenhängen. Bei den Articu- 
lata läßt sich aber ein allmählicher Rückgang vom jüngeren Mesozoi- 
kum an verfolgen, und es ist von Interesse, daß sie abgesehen von 
den noch blühenden Comatulidae nicht nur in ihrer Formenmenge und 
geographischen Verbreitung eingeschränkt werden, sondern sich nur 
noch im Stillwasser vor allem der Tiefsee erhalten können. 

Nach allem müssen wir Bodenbewohner mit weitem, kurzem Stiel, 
die ohne Pentamerie allseitig und unregelmäßig mit zahlreichen Tafeln 
gepanzert sind und nur schwache unverästelte Arme in wechselnder 
Zahl besitzen, als primitivste Pelmatozoa ansehen. Die  Thecordea 
dürften gar nicht dazu gehören, die j Carpoidea und 7 Hydrophorida 
meistens aberrante Seitenformen umfassen, von welchen nur ein Teil 
infolge Konvergenz Ähnlichkeit mit + Blastoidea und Crinoidea zeigt. 
Doch dürften sich nieht nur die 7 Dlastoidea, welche einen isolierten 
Seitenzweig darstellen, durch Spezialisierung der Ambulakra, Reduk- 
tion der Zahl der Kelchtafeln und damit Gewinnung strenger Regel- 
mäßigkeit von  Hydrophorida ableiten lassen, sondern auch die 


Asterozoa, Bau. 139 


Orinoidea. Vom dargelesten Standpunkt der Paläozoologie aus ist es 
nämlich wahrscheinlicher, daß sie sich aus allseitig und irregulär mit 
vielen Tafeln gepanzerten Formen entwickelten als aus den Larvi- 
formia. Doch stimmt die auf Seite 117 erwähnte Ontogenie von An- 
tedon insofern mit ihren Resultaten überein, als dieses Genus und 
seine Verwandten wohl von gestielten und besser getäfelten (rinoidea 
abstammt. 


2. Klasse: Asterozoa. 


Die zweite Klasse der Stachelhäuter umfaßt in der Regel, wie 
ihr Name besagt, sternförmige, ausgesprochen fünfstrahlige Tiere. Denu 
eine in der Riehtung der Hauptachse, also dorsoventral fast stets 
platte Scheibe mit meistens nur fünf radialen Strahlen oder Armen 
enthält alle Organe. Davon führt der fünfeckige Mund, der im Gegen- 
satz zu dem der Pelmatozoa immer unten in der Mitte der Ventralseite 
liest, zu einem Darm, dessen dorsal gelegener After winzig ist oder fehlt. 
Vom oralen Wassererfäßring gehen die Ambulakralradien stets ven- 
tral in die Strahlen oder Arme hinaus, oben, d. h. innerhalb des 
Armes, von zwei Plattenreihen, Ambulacralia, seitlich von je einer 
Reihe gleich zahlreicher, meistens mit Stacheln bewehrter Adambu- 
lacralia geschützt. Am Ende jedes Strahles befindet sich immer eine 
unpaare Terminalplatte, hinter der sich beim Wachstum neue Arm- 
skeletteile anlegen. Die Ambulacralia, von welchen übrigens je zwei 
gegenständige häufig verschmelzen, und die Adambulacralia bilden um 
den Mund einen Peristomring, sie sind systematisch besonders wichtig. 
Der Steinkanal mündet interradial bald ventral, bald marginal oder 
auch dorsal in einer oder mehreren Madreporenplatten nach außen, 
und neben all diesen Kalkplatten sind in der ganzen Haut noch viele 
kleine oder auch große Kalktafeln oder -körner oder ein Netz von 
Balken, meist mit feinen beweglichen Stacheln besetzt, vorhanden, 
deren wechselnde Zahl, Anordnung und Form für die Detailsystematik 
von Bedeutung ist. 

Die Asterozoa haben also eine sehr große Anzahl recht verschieden 
gestalteter Skelettstücke, die durch Bindegewebe und z. T. auch durch 
Muskeln verbunden sind, aber kein fest gefügtes Skelett. Sie sind als 
Angehörige des vagilen Benthos leidlich bewegliche und gefräßige Raub- 
tiere, die oft in Menge auf Muschelbänken leben und Schnecken und 
Muscheln aussaugen. Sie finden sich jetzt in allen Breiten und Tiefen 
der Meere. 

Vor allem nach dem Bau der Arme und der Larven, welche bei 
den Ophiuroidea ein ähnliches Skelett wie die Seeigellarven haben, 


Echinodermata. 


teilt man sie in die Unterklassen der Asteroidea und Ophiuroidea ein, 
aber für fast sämtliche trennende Merkmale findet man bei beiden 
Ausnahmen oder vermittelnde Formen. 


1. Unterklasse: Asteroidea. 


Der Körper der Seesterne ist eine selten dorsal stärker gewölbte 
Scheibe, die in fünf in der Regel nicht scharf abgesetzte lange oder 
ganz verkürzte Strahlen ausläuft; doch findet sich bei Formen mit 
längeren Strahlen häufig eine höhere Zahl. In sie ragen Darmanhänge 
und oft auch die Geschlechtsorgane hinein, und an ihrer Ventralseite 
verlaufen vom Mund aus die offenen Ambulakralfurchen für die Am- 
bulakralgefäße mit ihren Füßchen, 
welche sackartige Anhänge, die Am- 
pullen, zwischen je zwei Ambula- 
cralia in das Arminnere senden. Die 
Ambulacralia der zwei Reihen stoßen 
über den Furchen als gegenständige 
Balken dachförmig zusammen, ihre 
Form ist für die Unterscheidung 
Fig. 169. Astropeeten aurantiacus L. der (renera besonders wichtig. Unten 

(0. Phanerozonia). neben der Furche liegt dann noch 
en. sit ce Sal, Armin 
bulacrale, ad Adambulacrale, e Leibeshöhle, d Darm- Cralia (Fig.169). Am Peristom ragen 
blindsack,y7, Hüßchen -yBlutsetaßmuseitennatie naldeletztere sbaldrdie Ammbuilaeralca 

(Marginale), n Nerv, w Wassergefäß. ? $ 

als Ecken zentralwärts vor, was mit 
zur Einteilung in größere Gruppen dient, obwohl in der Jugend die 
Ecken stets ambulakral sind. 

Am Rande der Strahlen und der Scheibe können auch noch 
größere ventrale und dorsale Platten, Marginalia, vorhanden sein 
und auf der Dorsalseite öfters Kreise und ambulakrale Radialreihen 
größerer Platten. Auf ihr liegen interambulakral der fast stets vor- 
handene After nahe der Mitte, ferner meistens die kleinen Genital- 
öffnungen und bei rezenten wie mesozoischen Formen eine oder selten 
mehrere, außen gefurchte Madreporenplatten. Endlich enthält die 
Haut oft zahlreiche kleine Stacheln sowie Fortsätze, die teils wie 
sie zur Abwehr (Pedicellariae), teils zur Atmung (Kiemenbläschen) 
dienen. 

Die kriechende Fortbewegung besorgen die fast stets schwellbaren 
Ambulakralfüßehen, obwohl auch die Strahlen beweglich sind. Die 
Seesterne, deren größter Längendurchmesser zwischen 1 cm und fast 
1 m schwankt, meistens aber nur 5 bis 15 cm beträgt, sind jetzt am 


Phanerozonia und ÜUryptozonia. 141 


artenreichsten in Tiefen zwischen 300 und 1000 m, finden sich aber 
in allen Breiten und Zonen der Meere. 

Je nach dem Vorhandensein oder Fehlen großer Marginalia unter- 
scheidet man die Ordnungen Phanero- und Uryptozonia, ein Teil der 
paläozoischen Vertreter beider hat aber wechselständige und mehr 
oberflächlich liegende Ambulacralia und öfters die Madreporenplatte 
an der Ventralseite, weshalb man sie als j Encrinasteria ausschied.!) 


l. Ordnung: Phanerozonia. 

Die in der Regel fünfstrahligen bis fünfeckigen Angehörigen der 
ersten Ordnung zeichnen sich nicht nur durch den Besitz großer, sich 
berührender oberer und unterer Marginalia (Fig. 169), sondern auch 
breiter Ambulacralia aus, und die Ecken ihres Peristoms werden von 
Adambulacralia gebildet. ‘Angehörige der 
| verschiedenen rezenten Familien lassen sich 

bis in das Mesozoikum zurückverfolgen 
| (Fig. 170), hier begleitet von nahestehenden 


Er en 3 


N ee ee 


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® B 
Fig. 170. Astropecten + Cotteswoldiae Buckm. (O0. Phanerozonia). 
Mittlerer Jura (Bath-Stufe), Stonesfield in England (aus White 1880). 
A Ventralseite eines unvollständigen Exemplars Y/,, B Ventralseite eines Armstückes ©,. «@ oppo- 
nierte Ambulacralia, ad Adambulacralia mit Stacheln. 
Formen, im Paläozoikum bis in das Devon sind aber solche recht 
selten und noch ungenügend bekannt. Ein stärker abweichendes Genus 
ist 7 Sphaerites Quenstedt des oberen Jura von Deutschland und der 
Schweiz, ein allseitig getäfelter, sehr hochgewölbter fünfeckiger See- 
stern, der allerdings erst in unvollständigen Resten bekannt ist. 


2. Ordnung: Cryptozonia. 


Die erwachsenen weniger zahlreichen Angehörigen der zweiten 
Ordnung haben mehr oder weniger rudimentäre Marginalia, und ihre 
Mundecken sind nur bei manchen adambulakrai. Die meistens langen 
Arme sind oft zahlreich und manchmal scharf von der Körperscheibe 
abgesetzt und öfters nicht platt. Sie enthalten kleine und schmale 


1) Wertvolle Mitteilungen über die paläozoischen Asterozoa, die er während 
des Druckes erhielt, verdankt der Verfasser Herrn Dr. Schöndorf in Hannover.- 


142 Echinodermata. 


Fig. 171. 7 Lindstromaster antiqua Hisinger 
(0. + Enerinasteria). 
Obersilur (Wenlock-Stufe), Gotland (aus Gregory 1899). 
Teil der Ventralseite ?/,. «a alternierende Ambulacralia, 
ad Adambulacralia auch die Mundecken ad.o. bildend, 
m Marginalia. 


Ambulacralia, die nicht selten 
vier Reihen von Poren statt 
wie gewöhnlich zwei für die 
Ampullenkanäle der Füßchen 
zwischen sich haben. 

Sie lassen sich mit ziemlich 
geringen Abweichungen bis in 
das Silur zurückverfolgen, doch 
gehören die paläozoischen aus- 
gestorbenen Gattungen an, die 
noch einer genaueren Unter- 
suchung bedürfen. 


3. Ordnung: 7 Encrinasteria. 

Eine Anzahl devonischer 
und silurischer Seesterne gleicht 
zwar 2. T. Phanerozonia (Fig. 
171) und z. T. COryptozonia 


Fie.172. + Loriolaster mirabilis 
Stürtz (0. 7 Enerinasteria). 
Unterdevon (Hunsrückschiefer), Bun- 
denbach, Rheinprovinz (Orig. in Mün- 
chen). Unretouchierte Photographien 
eines Exemplars .. 

A Dorsalseite, B Ventralseite. Besitzt 
außer den alternierenden Ambulacralia. 


und den mit Stacheln besetzten schlanken Adambulacralia keine größeren Hautskeletteile.. Das 
Mundskelett ist an der Dorsalseite besser zu sehen als an der ventralen. 


Ophiuroidea, Bau. 


(Fig. 172), aber ihre Ambulacralia liegen wechselständig und offenbar 
mehr oberflächlich als bei typischen Seesternen, auch die Ambulakral- 
gefäße und die bei manchen vorhandenen Marginalia sollen sich 
anders verhalten und die Madreporenplatte ventral liegen. Deshalb 
empfiehlt es sich, all diese Formen, die noch ungenügend untersucht 
sind, vorläufig in eine besondere Ordnung zusammen zu fassen, obwohl 


noch fraglich ist, ob sie zusammen gehören. 


2. Unterklasse: Ophiuroidea. 


Bei den Schlangensternen sind die fünf öfters, und zwar meistens 
gabelig verzweigten Arme von der Scheibe scharf abgesetzt, lang, 
schlank und im Querschnitt rund und enthalten keine Teile des 
Darmes und der Geschlechtsorgane. 

In der Regel sind je zwei gegenständige 
Ambulacralia zu emem Armwirbel verschmolzen, 
einer Scheibe oder einem Zylinder, der mit den 
nächsten durch Gelenke in verschiedener syste- 
matisch sehr wichtiger Art verbunden ist. In 
dem medianen Ventralausschnitt der Wirbel, der 
unten stets von der Haut überdeckt ist, verläuft 
das Ambulakralgefäß, dessen Seitenästehen die 
Wirbel durchbohren, um jederseits als Tentakeln 
durch Hautporen herauszutreten (Fig. 175). 

Bei manchen paläozoischen Formen sind aber 


Kio173: 


Ophiothrıx 
fragilis Düb. wu. Kor. 
(0. Zygophiurae). 
Rezent (aus Hertwig 1905). 
Schematischer Querschnitt 
eines Armes. a Armwirbel 


die Ambulacralia noch getrennt und öfters sogar 
wechselständig. 

Die Adambulacralia sind als oberflächliche 
Seitenschilder ausgebildet, auf die meistens die 


(verschmolzene Ambulacralia), 
ad Seitenschild (Adambula- 
crale), d Dorsalschild, f Füß- 
chen, qg Blutgefäß, m Muskel, 
n Nerv, » Ventralschild, 
w Wassergefäb. 


beweglichen Stacheln beschränkt sind, und die 

im kleinen systematisch brauchbar sich erweisen. Außerdem sind in 
jedem Radius meistens noch gleichviele dorsale und ventrale Schilder 
in je einer Reihe vorhanden oder die Armhaut enthält nur feine 
Schüppchen oder Körner. 

An dem Mundskelett, das mit sogenannten und im kleinen syste- 
matisch wichtigen Zähnen versehen ist, beteiligen sich nicht nur die 
hier unverschmolzenen Ambulacralia und die Adambulacralia, sondern 
auch die Bauchschilder, sowie in den interradialen Ecken meistens 
fünf Mundschilder, von welehen gewöhnlich eines mit einer oder zwei 
Poren versehen ist und als Madreporenplatte dient. Diese liegt also 
ventral, soll aber bei einigen paläozoischen Formen an der Dorsal- 
seite sich befinden. 


144 Echinodermata. 


Eine Afteröffnung fehlt den Schlangensternen stets, aber ventral 
ist jederseits neben den Armbasen je eine Spalte vorhanden, die beider- 
seits von Kalkspangen eingefaßt ist und der Atmung sowie der Ent- 
leerung der Geschlechtsorgane dient (die Bursalspalte). Die Dorsal- 
seite der Scheibe ist endlich oft mit Kreisen größerer Tafeln um eine 
Zentralplatte herum versehen, was für Genera charakteristisch ist. 

Die rezenten Schlangensterne, deren Arme 2 bis 50 em lang 
werden und ihnen zur Fortbewegung dienen, bewohnen oft gesellig 
meistens das Warmwasser, finden sich aber in allen Breiten und Tiefen 
der Meere. Sie werden vor allem nach dem Verhalten der Wirbel- 
gelenke in drei Ordnungen geteilt, bei den fossilen sind diese aber nur 
ausnahmsweise beobachtet, und es steht eine kritische Durcharbeitung 
der fossilen Formen noch aus, auch scheinen die meisten paläozoischen 
vorläufig am besten in eine besondere Ordnung vereinigt zu werden. 


1. Ordnung: Streptophiurae. 


Wenige rezente Genera mit ganz einfachen knopfartigen Wirbel- 
gelenken, deren einfache Arme keine Rücken- und z. T. auch keine 
Bauchschilder besitzen, bilden die erste Ordnung. 
An sie werden eine Anzahl Genera angeschlossen, 
die vom Karbon bis zum Untersilur Europas 
und Nordamerikas verbreitet sind, aber nur 
wenige (Fig. 174) lassen sich mit genügender 
Sicherheit einreihen. 


2. Ordnung: Cladophiurae. 


Die zahlreicheren Formen mit 
sattelförmigen Wirbelgelenken haben 
Fig. 174. 7 Onychaster flexilis Meek auch keine Rücken- und Bauchschilder, 


and Worthen (O. Streptophiurae). aber ihre Arme sind meistens verästelt. 


Unterkarbon (Kohlenkalk), Illinois (aus . . . E . . 
Meck. and Worthen 1873) Fossil sind sie noch kaum mit Gewiß- 


4A ganzes Tier mit ventral eingerollten, heit nachoewiesen doch werden einige 
ventral mit Stacheln besetzten Armen. An = 2 

der Armbasis und an der Körperscheibe ist Formen hiehergestellt. 

infolge Entfernung der höckerigen Haut- 
schuppen die Dorsalseite von Armwirbeln 
und des Mundskelettes sichtbar. B Gelenk- 


> 


seite eines Armwirbels ?/,. 


3. Ordnung: Zygophiurae. 


Die große Mehrzahl der rezenten 
Schlangensterne hat komplizierte Wirbelgelenke, die eine Armbewegung 
in dorsoventraler Richtung nieht gestatten, und ihre einfachen Arme 
sind stets mit vier Schilderreihen versehen. Die meisten tertiären 
und mesozoischen Ophiuroidea (Fig. 175) dürften sich mehr oder 
weniger nahe an lebende Genera dieser Ordnung anschließen, doch 


+ Lysophiurae und geologische Verbreitung der Asterozoa. 145 


sind bei ihnen weder die Wirbelgelenke noch auch die Mundskelett- 
teile, welche für die Einteilung in Familien besonders wichtig sind, 
genügend bekannt. 


Fig. 175. Ophiocten + kelheimense @. Böhm Fig. 176. 7 Palaeophiura simplex 


(©. Zygophiurae). Stürtz (1890) (0. 7 Lysophiurae). 
Oberer Jura (Tithon), Kehlheim in Mittelfranken (aus Unterdevon (Hunsrückschiefer), Bunden- 
G. Böhm 1889). bach, Rheinprovinz. 
A Unterseite der Scheibe °/,. b Bursalspalte, o Mund- A Ventralseite !/,, B Armstück, Ventral- 
skelett. B Armstück von unten °/,. 2 Seitenschild seite, schematisch ®/,. a Ambulacrale, ad Ad- 
(Adambulacrale), p Tentakelpore, » Ventralschild. ambulacrale. 


4. Ordnung: j Lysophiurae. 


Die Mehrzahl der devonischen und silurischen Formen vom Ha- 
bitus der Schlangensterne hat keine Mundschilder und keine Rücken- 
und Bauchschilder an den Armen, vor allem sind aber ihre Ambula- 
cralia nicht zu Wirbeln verschmolzen und bei manchen Genera sogar 
wechselständig (Fig. 176), auch soll die Madreporenplatte dorsal liegen. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Asterozoa. 


Die See- und Schlangensterne sind in den heutigen Meeren ziem- 
lich häufig und formenreich. Nach dem Tode der Tiere zerfällt aber 
in der Regel das Skelett, und deshalb findet man zwar öfters nicht 
näher bestimmbare Skeletteile fossil, jedoch nur selten vollständige 
und nur an einzelnen Plätzen zur genauen Bestimmung genügende 
Reste. 

Es ist aber auch bei der Beurteilung sehr gut erhaltener Reste 
Vorsicht nötig, weil die Skeletteile etwas in ihrer Lage verschoben 
sein können, so daß in manchen Fällen die Wechselständigkeit der 
Ambulacralia nur dadurch erzeugt sein kann. 

Wohl der wichtigste Fundort ist Bundenbach, wo im Unterdevon 
des Mittelrheingebietes neben Orinoidea Asterozoa auffällig häufig sind, 
und zwar anscheinend Bewohner tieferen Stillwassers. Außerdem sind 
fossile Asterozoa bisher fast nur aus Mittel- und Westeuropa und aus 
dem Paläozoikum auch von Nordamerika und aus dem Silur Australiens 
beschrieben. 


Stromer, Paläozoologie. 10 


146 Echinodermata. 


Eine größere Rolle spielt also die Klasse in den Beschreibungen 
fossiler Faunen nicht, wenn sie auch seit den frühesten Zeiten so gut 
entwickelt gewesen sein mag wie heute, und wir stehen erst am 
Anfang der Kenntnis ihrer Vorgeschichte. 

Sicher gestellt ist nur eine große Stabilität, denn eine ganze An- 
zahl rezenter Gattungen der Asteroidea und Ophiuroidea scheint schon 
im Mesozoikum verbreitet gewesen zu sein, ja Astropeeten (Phanero- 
zonia, Fig. 170, S. 141) soll schon im Devon vorkommen, und nicht 
nur die zwei Unterklassen, sondern auch die meisten wenn nicht alle 
ihrer Ordnungen erscheinen schon im älteren Paläozoikum getrennt. 
Die ältesten Asteroidea fand man ja im Oberkambrium und Ophiuroidea 
auch schon im Untersilur, ihre unbekannte Vorgeschichte ist also min- 
destens kambrisch, und es ist keine Annäherung auch der ältesten 
Asterozoa an die Angehörigen anderer Klassen der Echinodermen zu 
erkennen. Auch scheint ihre Ähnlichkeit mit manchen + Thecoidea 
(5. 133, 134) nur eine äußerliche zu sein. 

Es sind jedoch nieht nur im Mesozoikum einige ausgestorbene 
Genera und im Paläozoikum fast nur solche bekannt, sondern letztere 
dürften großenteils zur Aufstellung besonderer Familien nötigen. 

Die Mehrzahl vor allem devonisch-silurischer Genera ist außerdem 
dadurch besonders interessant, daß sie noch vielmehr als einzelne re- 
zente die scharfe Trennung der zwei Unterklassen erschweren. 

So haben die meisten paläozoischen Ophiuroidea keine Mund- und 
Bauchschilder und unverschmolzene Ambulacralia, ja manche sogar 
wechselständige Ambulacralia, wie es für mehrere paläozoische Aste- 
roidea auch gesichert ist. Auch ist beachtenswert, daß manche dieser 
‚Asteroidea die Madreporenplatte ventral, umgekehrt gewisse Ophiuroidea 
sie dorsal haben sollen. Es scheint also deren Lage noch nicht so 
konstant gewesen zu sein wie später. 

Endlich treten die Ophiuroidea mit den kompliziertesten Wirbel- 
gelenken später auf als die mit einfachen. Eine gewisse Differen- 
zierung und Höherentwicklung läßt sich also doch schon feststellen, 
obwohl unsere Kenntnis speziell der Formen, die hier einstweilen als 
T Encrinasteria und 7 Lysophiurae zusammengestellt wurden, noch einer 
gründlichen Vertiefung bedarf. 


3. Klasse Echinoidea, Seeigel. 
Eine Kapsel (Corona), die ventral gewöhnlich etwas abgeplattet, 
kugelig, ei- oder herzförmig, kegel- bis scheibenförmig ist, und die 
0,50 bis 30 (meist nur wenige) Zentimeter Durchmesser hat, umschließt 


Echinoidea, Bau. 


147 


sy 
T 
Ss 
& ser 


Fig. 177. Echinus (0. Regularva). 
Schematischer Medianschnitt durch das rechte vordere Interambulakrum (abgeändert aus Lankaster 1900). 
a After, amb Ambulakral-(Wassergefäß-)System, amb. f. Ambulakralfüßchen, amb.p. Ambulakralplatten, 
amb.po. Ambulakralporen, d Darm, 9 Geschlechtsorgan, gp Genital und zugleich Madreporenplatte, 
ia.p. Interambulakralplatte, kg Kiefergerüst, mu Mund, muk Mundkieme, n Nerv, op Ocellarplatte, 
pd Pedicellarie, pf Peristomrandfortsätze, pp Periprokt, pst Peristom, sk Steinkanal begleitet von dem 
sog. Axialorgan, st Primärstachel, w Stachelwarze, z Zahn. 


die Weichteile der Seeigel (Fig. 177). Sie besteht in der Regel aus 
fünf- oder sechseckigen Kalktafeln, die allermeist durch glatte Nähte 
unbeweglich verbunden, selten schuppen- 
artig verschiebbar sind, und die mit 
kleinen, manchmal auch mit großen halb- 
kugeligen Warzen zur Gelenkung von 
Kalkstacheln von entsprechender Größe 
und sehr verschiedener Form und von 
anderen winzigen Fortsätzen (Pedicel- 
larien usw.) besetzt sind. Darunter haben 
die großen „Haupt- oder Primärwarzen“, 
welche die Primärstacheln tragen, an ihrem 
Kopf oft eine Grube (sind „durchbohrt“) 


und sind von einem „Hof“ umgeben (Fig. 14, 


Fig. 178. Oidaris (Stereocidaris) 
7 subvesieulosa d’Orb. (0. Regu- 
laria, Oidaroidea). 


S. 20, und 178). 

Mund und After liegen innerhalb 
eines meist rundlichen, nur locker oder 
nicht getäfelten Feldes, des Mundfeldes 
(Peristom) resp. Afterfeldes (Periprokt), 
und zwar ersterer stets unten am ventralen 


Obere Kreide (Schreibkreide), England 
(aus Wright 1831). 
Gehäuse, Dorsalseite ?/;. a schmales, 
bandförmiges Ambulakralfeld, am Schei- 
tel in einer Ocellarplatte beginnend, 
ia breites Interambulakrum mit durch- 
bohrten Primärwarzen, am Scheitel mit 
einer großen Genitalplatte beginnend, 
pp getäfeltes Periprokt mit Afteröffnung. 


10* 


148 Echinodermata. 


Pole in oder etwas vor der Mitte, letzterer im einfachsten Falle am dor- 
salen Pole, im „Scheitel“, von wo er aber in dem hinteren Interambu- 
lakrum bis auf die Ventralseite verlagert sein kann (Fig. 179). 

Vom Scheitel zum Mund ziehen stets meridionale regelmäßige 
Tafelreihen, und zwar außer bei mehreren paläozoischen und meso- 
zoischen Genera stets 10 Doppelreihen, von welchen jede am Scheitel 
in einer Platte beginnt, unter der sich die neu entstehenden Tafeln 
bei dem Werikhektn. oinschallien und die deshalb weniger fest eingefügt 
und bei fossilen Seeigeln oft verloren gegangen ist. 

Die fünf Yan alen Wopnpelzeiihem alarm mit je einer Ocellar- 
platte, die eine Pore für einen Fühler besitzt, die fünf damit alterie- 
renden interambulakralen mit je einer größeren Genitalplatte, die meist 
nur eine Pore für die 
interambulakral gelege- 
nen Geschlechtsorgane 
haben. Davon ist die 
Platte, welche dasrechte 
vordere Interambula- 
krum bezeichnet, in der 
Regel zugleich auch als 
Madreporenplatte sieb- 
förmig für den Stein- 


Fig. 179. 7 Pygaster umbrella Ag. (U.O. Gnathostomata). 5 
Oberer Jura (Oxford-Stufe), Chatillon in Frankr. (aus Cotteau 1874). kanal durchlöchert, und 


A junges Exemplar von oben mit dem großen Periprokt an der es fehlt meistens die 


Stelle der fehlenden hinteren Genitalplatte, großer, zentralwärts ® 0 » 
ausgedehnter Madreporenplatte und einfach bandförmigen Am- hintere Genitalplatte bei 
bulakralfeldern. B Ventralseite mit zentralem Peristom mit Formen mit exzentri- 


Kiemeneinschnitten 4). 5 
schem After (Fig. 178 
u. 179). Ocellar- und Genitalplatten bilden im einfachsten Falle einen 
Ring von 2x5 alternierenden Platten, in dem öftres noch eine oder 
wenige größere Zentralplatten liegen (Fig. 182, S. 151). Der wech- 
selnde Bau des so zusammengesetzten und recht verschieden großen 
„Deheitelschildes“ ist systematisch sehr wichtig. 

Alle Ambulakralfelder haben die gleiche Tafelzahl und bei den 
regulären Seeigelu, wo der After im Scheitel dem Mund gegenüber 
liegt, sind sie unter sich ganz gleich, bei den irregulären mit exzen- 
trischem After oft deutlich ungleich. Dasselbe gilt von den Inter- 
ambulakralfeldern, aber beide Felder, die ziemlich geradlinig aneinander 
grenzen, sind in Zahl, Größe und Form der Tafeln voneinander un- 
abhängig. 

Die Tafeln der fünf, manchmal rinnenförmig vertieften Ambu- 
lakralfelder sind von je einem, wenn einige zu einer „Großplatte“ ver- 


Echinoidea, Bau und System. 149 


schmolzen sind, von einer entsprechenden Zahl von Porenpaaren durch- 
bohrt. Jedes Feld enthält so seinen händern entlang zwei einfache 
oder manchmal mehrreihige Streifen von Doppelporen, die entweder 
als verschieden breites gleichförmiges Band vom Scheitel bis zum 
Peristom ziehen oder nur dorsal gut entwickelt blumenblattförmig 
„petaloid“ angeordnet sind, seitlich und ventral aber nur aus kleinen 
unregelmäßigen Poren bestehen (Fig. 187, S. 155). Die Poren, die 
manchmal außen paarweise durch eine Furche verbunden „gejocht“ 
sind, gestatten den Austritt der Röhren, durch welche die schwellbaren 
Füßchen von den fünf radialen Ambulakralgefäßen aus versorgt wer- 
den, welche innen den Ambulakralfeldern entlang laufen (Fig. 177, 
S. 147). Bei petaloiden Ambulakren dienen jedoch nur die unteren 
Füßchen als Bewegungsorgane, die dorsalen zum Atmen. 

Die meisten rezenten Seeigel besitzen aber Mundkiemen, zu deren 
Austritt öfters 5 oder 10 interradiale Einschnitte des Peristomrandes 
sich vorfinden. Endlich haben sehr viele Seeigel um den Anfangs- 
darm ein umgekehrt kegelförmiges kalkiges Kiefergerüst, das fünf- 
strahlig gebaut und mit fünf interradialen Nagezähnen versehen ist 
(Fig. 193, 5. 158). Zur Befestigung seiner Muskeln und Bänder dienen 
dann innere Fortsätze rings um den Peristomrand (Fig. 177). 

Die Seeigel leben meist gesellig in allen Zonen und Tiefen der 
Meere bald auf Felsen bald auf oder in Sand und Schlamm. Zu ihren 
geringen ÖOrtsveränderungen dienen ihnen die Saugfüßchen, aber 
auch die beweglichen Stacheln , letztere jedoch vor allem zum 
Schutz. Die mit einem Gebiß Versehenen fressen Tiere oder weiden 
Tier- und Pflanzenrasen ab, die anderen sind Schlammfresser. Die 
Entwicklung, die nur bei wenigen Kaltwasserbewohnern eine direkte 
ist, bietet fast nur bei zweiseitig symmetrischen Formen in den ver- 
schiedenen Wachstumsstadien deutliche Unterschiede der Kapselgestalt 
(eeldlasldr): 

Die Beschaffenheit der Mundregion (zentral oder nicht, mit oder 
ohne Kiefer, mit oder ohne Kiemeneinschnitte) und des Scheitels 
(After im Scheitel oder nicht), die Zahl der meridionalen Platten- 
reihen (20 oder mehr oder weniger) und die fossil fast nie erhaltenen 
Pedicellarien sind in erster Linie systematisch wichtig. Die feste oder 
lockere Plattenverbindung, die Form der Ambulakra, der Bau ihrer 
Platten und der des Scheitels, sowie des Mundfeldes dienen vor allem 
zur Trennung der Familien. Die Form des Gesamtkörpers, die 
Ausbildung der Poren, der Genital- und Ocellarplatten, der Warzen 
und Stacheln und die genauere Lage des Afters sind endlich in der 
Detailsystematik von Bedeutung. 


Ecehinodermata. 


Nach obigen Merkmalen kann man vier Ordnungen: Regularia, 
Irregularia, 7 Palaeoregularia und ‘r Palirregularia trennen. 


1. Ordnung: Regularia. 


Die regulären Seeigel haben ein kugeliges bis ellipsoidisches Ge- 
häuse, dessen unter sich gleiche bandförmige Ambulakra und Inter- 
ambulakra fast stets aus je 
zwei Reihen fünfeckiger und 
meistens fest verbundener Plat- 
ten bestehen. Sie tragen oft 
große Primärwarzen und Pri- 
märstacheln, welch letztere 
meistens aus vielen dünnen 
Radiärsepten und axialen Längs- 
röhren aufgebaut sind (s. 8.112 
Fig. 1361). Ihr großes, mit 
starkem Gebiß versehenes Mund- 
feld ist allermeist regelmäßig 
fein beschuppt, sein Rand be- 
steht fast immer aus 10 Paar 
Platten, und der After liegt 

Fig. 180. Cidaris coronata Goldf. stets innerhalb des regelmäßigen 
(0. Regularia, U. 0. Cidaroidea). Scheitelringes. Sie gehen bis 
Oberer Jura, Süddeutschland (aus Goldfuß 1826). -» d P ück 
4A seitlich !/,. amb schmales, bandförmiges Ambula- In a8 SELLSZUL TUT = 
kralfeld, ia breites Interambulakralfeld mit großen, Die kleinere ıhrer zwei 
durchbohrten Primärwarzen, umgeben von klei- h f - & , U t 
neren. B Primärstachel seitlich t/,. «Gelenkpfanne, schar getrennten n erord- 
b Kopf, c Hals, d Körper. ( (idaris sp. Obere nuneen Cidaroidea umfaßt 
Trias (unterer Keuper), St. Cassian, Südtirol, und ee & © 2 
D Cidaris Touarsii Val. Rezent(aus Döderlein1887). MUT dickschalige F ormen, deren 
Querschnitt eines Ambulakralfeldes ©). p Bozen, schmale Ambulakra bloß ein- 
w Warzen. Platten bei ersteren mit abgeschräg- 3 
tem, bei letzteren mit vertikalem Seitenrand. fache Täfelehen enthalten und 
E Phyllacanthus (} Rhabdocidaris) anhaltina Giebel. “ 2 5 
Oberes Alttertiär (Oligocän), Lattdorf in Anhalt der en br eite Interambulakra 
(aus Ebert 1889). Primörstachel seitlich "/,, mitab- zwei oder vier Reihen Primär- 
geb I Spitze. D „m m 
a er warzen tragen (Fig. 178, 8.147). 
Auf das runde Peristom setzen sich die Ambulakral- und Inter- 
ambulakraltäfelchen als Schüppchen fort, während äußere Mund- 
" kiemen fehlen und die innern Fortsätze des Peristomrandes inter- 
ambulakral liegen. Ihre einzige Familie Cidaridae ist jetzt kosmo- 
politisch meist im Seichtwasser verbreitet und schon in Trias und 
Perm dürftig vertreten. Sie enthält in der unteren Kreide West- 
europas wenige Formen mit vier Interambulakralreihen (7 Tetra- 
cidaris), im Mesozoikum besonders viele Formen mit keulenförmigen 


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Diademoidea. Kol 


Stacheln und in Trias und Perm nur solche mit etwas verschiebbaren 
Tafeln (Fig. 180). 

Bei der anderen Unterordnung, Diademoidea, sind die Ambu- 
lakra oft breit und auch mit Primärwarzen versehen und dann meistens 
mit „Großplatten“, d. h. Platten, die aus zwei bis drei Primärplatten 
und sogenannten Halbplatten, welche nicht 


Fig. 181. Großplattentypen von Diademoidea, schematisch u. vergr. es Bronn 1902). 
Avon Arbacia pustulosa (arbacioid), B Diadema (diademoid), CO Strongylocentrotus droebachensis (echinoid). 
a Primörplatten, 5 Halbplatten, c Porenpaar, d Primärwarze. 
bis zur Mitte des Ambulakralfeldes reichen, zusammengesetzt sind 
(Fig. 181). Ihr Peristom, dessen Rand auch ambulakral innere Fort- 
sätze trägt und meistens fünf Paar interambulakrale Einschnitte für 
die äußeren Mundkiemen besitzt, ist nur von ambulakralen Schüppchen 

gepanzert. Auch sie gehen bis in die Trias zurück. 

Ihre erste Tribus, Saleniina, jetzt nur durch ein Genus im tieferen 
Diillwasserver- og 
treten, im Meso- 
zoikum aber 
etwas formen- 
reicher, ist al- 


5 i Fig. 182. 
lerdingsnurbis + Aerosalenia hemicidaroides 


in den Lias Wright (U. 0. Diademoidea). 


h . Mittlerer Jura (Bath-Stufe), England 
nachgewiesen. (aus Wright 1857). 


“> Gehäuse mit einem Teil der Primär- 

Das Gehäuse stacheln von oben ?/,. Zeigt den ex- 
» 1 zentrischen After hinter mehreren 
der US groben Platten im Scheitelschild und durch- 


Formen ist dem bohrte Primärwarzen. 
der Cidaridae ähnlich und nur darin bemerkenswert, daß öfters wie 
bei jungen Seeigeln innerhalb des großen Scheitelschildes nur eine 
Platte vorhanden ist (Fig. 182). 

Die Angehörigen der ebenfalls kleinen Tribus Arbaciina sind 
jetzt fast kosmopolitisch, und zwar meist im Seichtwasser, fossil bei- 
nahe nur im Tertiär vertreten und durch den Besitz von Großplatten 
ausgezeichnet, die aus einer Primär- und zwei Halbplatten bestehen 


Echinodermata. 


152 


(Fig. 181 A). An eine hierher gehörige winzige Tiefseeform (Pygmaeoci- 
daris) reihen sich wohl die zwei merkwürdigen Genera der 7 Tiarechi- 


nidae an, trotzdem sie einfache Am- 


I wa 


2 


Fig. 183. 7 Tiarechinus princeps Neumayr (U. 0. ? Diademoidea). 
Obere Trias (unterer Keuper), St. Cassian in Südtirol. 
A Gehäuse seitlich °/,, B ventral °/, (aus Loven 1883), © seitlich !/, (aus Neumayr 1881). « Ambula- 
kralfeld, öa Interambulakralfeld mit unpaarer mittlerer Platte, nur ventral mit Primärwarzen, g sehr 
sroße Genitalplatte, oc große Ocellarplatte, pst weites Peristom ohne Kiemeneinschnitte, 


bulakralplatten besitzen (Fig. 183). 


Sie wurden nur in der oberen 


Trias von St. Cassian in Südtirol gefunden und zeichnen sich durch 
ein ungewöhnlich großes Scheitelschild und den Besitz von nur vier 
oder neun Interambulakralplatten aus. 

Formenreicher ist die Tribus Diadematina, deren Angehörige 
eine dünne, manchmal sogar biegsame Corona mit Großplatten haben, 


Fig. 184. 7 Pseudodiadema (f Plesiodiadema) 
mamillanum A. Römer (U.O. Diademoidea). 
Oberer Jura (Korallenkalk), Hohneggelsen bei Hil- 
desheim (aus Dames 1872). 
A Corona von unten !/,. Zeigt die Einschnitte am 
Peristomrand für die äußeren Kiemen und durch- 
bohrte Primärwarzen auch auf den breiten Ambu- 
lakralfeldern. B Diadema mexicanum Ag. Rezent (aus 
Macintosh 1882). Vergr. Querschnitt im proximalen 
Teile eines konischen Stachels, zeigt den axialen 
Hohlraum und die keilförmigen dieken Radiärsepten. 


die in der Regel aus drei Primär- 
platten bestehen (Fig. 181 5, 
S. 151). Sie sind jetzt kosmo- 
politisch verbreitet, und fest- 
schalige großenteils ausgestorbene 
Genera waren auch in Kreide und 
Jura nicht selten (Fig. 154), in 
der oberen alpinen Trias und im 
(?) Zechstein fand man aber nur 
wenige nicht ganz sicher bestimm- 
bare Reste. Die mit reduziertem 
lockeren oder schuppigen Skelett 
versehenen Kchinothuriidae, vor 
allem Bewohner tiefen Still- 
wassers, zu welchen die größten 
Seeigel gehören, sind wohl mit 


seltenen @enera des jüngeren Mesozoikums von Westeuropa verwandt, 
die kleiner und fester gepanzert sind. 


Irregularia. 153 


Die letzte Tribus endlich, die Echinina, deren meist breite 
Ambulakralfelder Großplatten aus zwei Primär- und ein oder mehreren 
Halbplatten besitzen (Fig. 1810, S. 151), sind jetzt meist im Seicht- 
wasser kosmopolitisch verbreitet und auch im Tertiär formenreich, 
in der Kreide aber seltener. 


2. Ordnung: Irregularia. 


Das stets feste Gehäuse hat hier zwar eine sehr verschiedene 
Form, ist jedoch immer mehr oder weniger deutlich zweiseitig sym- 
metrisch, dadurch daß der After außerhalb des Scheitels im hinteren 
Interambulakralfeld liest, und daß manchmal auch das Peristom vor 
der Mitte gelegen und dabei noch eine Ungleichheit der Ambulakra 
unter sich eingetreten ist. Das Mundfeld ist nie sehr groß und nicht 
regulär getäfelt und sein Rand fast stets aus fünf Paar ambulakralen 
und fünf unpaaren interambulakralen Platten gebildet, während die 
Ambulakra wie die Interambulakra stets aus je zwei Reihen gewöhnlich 
fünfeckiger Tafeln bestehen (Fig. 191, 5. 157). Auch das Scheitelschild 
ist nie groß, aber sehr verschieden gestaltet, oft fehlt sein hinteres 
Genitaltäfelehen oder ist undurchbohrt, und seine Madreporenplatte dehnt 
sich häufig in die Scheitelmitte aus. Die Warzen und Stacheln end- 
lich sind meistens klein, und letztere haben in der Regel eine hohle 
Achse und nur wenige dicke Radiärsepta. Die wenigen ältesten Formen 
der jetzt herrschenden Ordnung finden sich im Lias Europas. 

Ihre erste Unterordnung, Gnathostomata, ist dadurch aus- 
gezeichnet, daß das runde oder fünfeckige Peristom fast stets ein 
Kiefergebiß und äußere Kiemen enthält. Da es zentral liegt, sind die 
Ambulakra unter sich gleich, auch ist der Scheitel einfach gestaltet. 
Die Gesamtform der sehr verschieden großen Gehäuse wechselt aber 
sehr, die kleinen sind meist kugelig oder ellipsoidisch, die großen 
jedoch kegel- bis scheibenförmig. 

Die eine Tribus Holectypoidea ist jetzt nur durch eine Gattung 
in mäßiger Tiefe des karaibischen Meeres, im Alttertiär aber und ın 
Kreide und Jura durch mehrere weit verbreitete Gattungen in zwei 
Familien vertreten. Es sind oft stattliche konische oder ellipsoidische 
Formen mit bandförmigen Ambulakra aus einfachen Platten, deren 
Gebiß schwach ist, ja bei einigen kretazischen Genera wohl fehlt, und 
deren After in der Lage sehr wechselt (Fig. 179, 5.148, u. 197, 5. 160). 

Die andere Tribus, Ulypeastroidea, ıst im Känozoikum viel 
formenreicher, geht aber nur bis in die mittlere Kreide zurück. Hier 
sind die Ambulakra petaloid und enthalten Großplatten. Sie sind 
ventral oft nur durch schmale Furchen und zerstreute Poren bezeichnet 


154 Echinodermata. 


(Fig. 185). Charakteristisch ist auch die große Madreporenplatte und 
das starke aber niedere Gebiß, und daß der After an oder unter dem 
Rand der Gehäuse liest. Sie sind 
sehr klein und kugelig bis groß 
und kegel- oder scheibenförmig, 


Fig. 185. Seutella $ subrotunda Lam. (U. O. Gnathostomata). 


Jungtertiär (Miocän), Bordeaux (aus Desor 1858). 
A Längsschnitt ?/,, die inneren Kalkpfeiler zeigend, B Ventralseite ?/,, die verzweigten Ambula- 
kralporenfurchen, den kleinen Mund und randständigen After. (© Scheitel vergr., von der mit den 
Genitalplatten verschmolzenen Madreporenplatte eingenommen, Ambulakralporen gejocht. 


und in letzterem Falle können sie am Rande mit Einschnitten, die 
manchmal zu Löchern (Lunulae) sich schließen, versehen sein. Die 
in der Regel sehr diekschaligen Gehäuse sind bei den Formen, die 
meistens stark bewegtes 
Seichtwasser bewohnen 
(Fig. 185 u. 186), an den 
Ambulakralfeldern noch 
innen durch Pfeiler oder 
Scheidewände verstärkt, 


’ so daß manchmal die ra- 
Olypeasten iDepereti Gauthier (U. O. Gnathostomata). ren Ambulakealearzps 
Unterstes Jungtertiär (Untermiocän), Agypten (aus Fourtau 1901). , x SOSE 
Gehäuse seitlich °/,, zeigt die niedrig konische Form, die peta- ın eine Art Gallerie eınge- 
loiden Ambulakralfelder amb mit gejochten Poren und die sehlossen sind. 
winzigen Warzen. 


Bei der zweiten Unter- 
ordnung, Atelostomata, fehlen ein Kiefergerüst und damit innere 
Peristomfortsätze sowie die äußeren Kiemen. Die ovalen, ei- oder 
herzförmigen Gehäuse zeigen eine sehr wechselnde Lage des Afters und 
oft auch ein vorgerücktes Peristom. Sie sind bis in die obere Kreide 
sehr formenreich, dann aber bis in den Jura seltener. 

Ihre erste Tribus, Asternata, enthält meist ovale Formen, mit 


Atelostomata. 155 


höchstens etwas vorgerücktem, rundem oder fünfeckigem Peristom, 
um das die ziemlich gleichartigen Ambulakralfelder oft etwas ein- 
gesenkt sind, eine „Floscelle“ 
bildend (Fig. 157), während 
der Scheitel einfach und mit 


Fig. 187. 7 Pygurus rostratus Ag. (U. O. Atelostomata). 
Unterste Kreide (Neokom), Schweiz (aus de Loriol 1873). 


A Dorsalseite mit halb petaloiden Ambulakralfeldern !/,.. B Ventralseite ?/;, mit Floscelle, After 
unter dem Rand. 

vier Genitalporen versehen ist. Es gehören mehrere Familien hierher, 

die sich in ausgestorbenen Gattungen bis in den Jura zurückverfolgen 

lassen, und die teils bandförmige Ambulakra haben, also von Holecty- 


B 


Fig. 185. 7 Hypoclypeus giberrulus Ag. (U. O. Atelostomata). 
Mittlerer Jura, Frankreich (aus Cotteau 1974). 
A Dorsalseite, derjenigen von 7 Pygaster (Fig. 179 A, S. 148) ähnlich, aber Scheitelschild anders. 
B Profilumriß von vorn nach hinten. C Ventralseite mit etwas vorgerücktem, ovalem Mund ohne 
Kiemeneinschnitte und Floscelle !/,. 


Echinodermata. 


poidea fast nur im Gebißmangel verschieden sind (Fig. 188), teils 
petaloide oder Übergangsformen zu diesen (Fig. 187). 

Die letzte Tribus, Sternata, umfaßt zahlreiche ovale, hoch- 
gewölbte bis nieder herzförmige, meist mittelgroße Formen, deren oft 
querovales Peristom vor der Mitte liegt, wodurch eine deutliche Un- 
gleichheit der Ambulakralfelder entsteht und im großen hinteren Inter- 
ambulakrum hinter dem Mund eine 
gewölbte Partie, das Sternum, aus 
großen Platten sich bildet. Die 
Ambulakra sind dorsal oft vertieft, 
und die hinteren zwei als „Bivium“ 
von den vorderen drei, dem „Tri- 
vium“, in dem wieder das unpaare 
vordere anders ausgebildet sein kann, 
häufig verschieden (Fig. 191). Bei 
vielen känozoischen und wenigen 
kretazischen Genera treten die in 
ihrem verschiedenen Verlauf syste- 
matisch wichtigen „Fasciolen“ auf, 
schmale glatte Bänder an der Ober- 


Fig. 189. des 


r Collyrites 
Moulins (U. O. Atelostomata). 


elliptiea 


Mittlerer Jura (Bath-Stufe), Beaumont, Frank- 
reich (aus Cotteau 1874). 

Gehäuse dorsal!/,, mit zerrissenem Scheitelschild, 

d.h. vorn 4 Genitalplatten und Enden der drei 

vorderen Ambulakra (Trivium), davon getrennt 


hinten Enden der zwei hinteren Ambulakra 
(Bivium), After an der Hinterseite, Ambulakral- 


seite der Interambulakralfelder, die 
winzige, besonders ausgebildete 
Stacheln tragen (Fig. 191 A). 

Bei der einen Überfamilie, Ho- 
lasterordae, mit bandförmigen Am- 


felder bandförmig. 


bulakra, die jetzt fast nur in der 
Tiefsee in wenigen Genera vertreten ist, in Kreide und Jura aber 
formenreich war, ist das Scheitelschild oft stark verzerrt, so daß die 
hinteren zwei Ocellarplatten, die Enden des Biviums, von dem vorderen 
Teile ganz getrennt sind (Fig. 189 u. 198, S. 161). 

Bei der anderen Überfamilie, Spatangoidae, ist aber das Scheitel- 
schild normal, und der After liegst stets am Hinterrand, dafür sind die 
Ambulakra petaloid, und der Hinterrand des Mundes dient meist als 
eine Art Unterlippe zur Aufnahme der Sand- und Schlammnahrunse. 
Sie herrscht in der Gegenwart in allen Meeren, auch in der Tiefsee, 
geht aber nur bis in die Kreide zurück (Fig. 190, 191 und 192). 


3. Ordnung:  Palaeoregularia. 


Die kleinen bis mittelgroßen, meist kugelisen Angehörigen der 
paläozoischen Ordnung haben bandförmige Ambulakra aus zwei, selten 
mehr heihen fast stets einfacher Tafeln und Interambulakra aus einer 


Atelostomata, 


Fig. 190. + Toxaster (7 Echinospatagus) complanatus Ag. (U. 0. Atelostomata). 


Unterste Kreide (Neokom), Frankreich (aus d’Orb. 1855). 
_A Gehäuse !/,, herzförmig, Dorsalseite mit ungleichen Ambulakralfeldern ohne Fasciole, « After. 
B Ventralseite mit sternum st hinter dem vorgerückten fünfeckigen Mund, vorderes Ambulakral- 


feld amb vertieft. 


Fig. 191. Hemiaster + Meslei Peron et Gauthier (U. O. Atelostomata). 


Obere Kreide (Cenoman), Batna in Algier (aus Cotteau, Peron et Gauthier 1378). 


Gehäuse !/,.. A die Dorsalseite zeigt das vordere unpaare Ambulakralfeld amb bandförmig und ver- 
tieft, die zwei anderen Paare petaloid und ungleich lang, die peripetale Fasciole f und den After « 


an der Hinterseite. B die Ventralseite zeigt das vorgerückte 
( Hemiaster cavernosus Ag. NBezent, Kerguelen-Insel (aus 


A. Agassiz 1881). Gehäuse der noch regulären Jugend-- 


form vergr. Ventralseite mit noch fünfeckigem, zentralem 

Peristom p, gleichartigen Ambulakralfeldern « und Inter- 

ambulakralfeldern ia, der After liegt in diesem Stadium 
noch im Scheitelschild. 


Fig. 192. 

Schizaster 7 howa Torng. (U. 0. Atelostomata). 
Alttertiär (Eocän), Madagaskar (aus Tornquist 1903). 
Scheitelschild vergr., mit nach hinten verlängerter Madre- 
porenplatte »n und vier Genitalporen 99, während die geo- 


logisch jüngeren Arten nur zwei oder drei haben, amb Am- 
bulakralfeld, i« Interambulakralfeld mit kleinen Warzen, 


zweilippige Peristom vor dem sternum st. 


: Echinodermata. 


oder mehr als zwei Reihen fünf-, sechs- oder viereckiger Tafeln, die 
oft verschiebbar sind, 


Fig. 193. 7 Echinoerinus (+ Archaeocidaris) 
Wortheni Hall (U. O. + Lepidocidaroidea). 
Unterkarbon von St. Louis in Missouri (aus Jackson 1896). 
A Oralseite etwas ergänzt, sowohl die -Tafeln der 
schmalen zweireihigen Ambulakra wie der breiten 
mehrreihigen Interambulakra setzen sich auf das 
Peristom, aber locker und schuppig fort. Dort sind 
auch Teile des Kiefergebisses auseinandergequetscht 
sichtbar. Bf Echinocrinus (f Archaeocidaris) rossica M.v.K. 
Mittelkarbon (oberer Bergkalk) von Mjatschkowa bei 
Moskau (aus Trautschold 1879). Kiefergebiß von der 
aboralen Seite ohne die sog. Gabelstücke !/,. p Pyra- 
midenstücke je mit einem Zahn, r Schaltstück. € Pyra- 
midenstück desselben von der Außenseite, aus2 Hälften 
bestehend, Zahn unten zerbrochen. 


ihren After im regulären Scheitelring und im 


zentralen Peristom ein wohl 
entwickeltes Kiefergebiß. 

Ihre 1. Unterordnung, f Lepi- 
docidaroidea (=  Archaeo- 
cidaroidea), steht den (ida- 
roidea sehr nahe. Die Am- 
bulakra sind hier schmal und 
zweireihig, die breiten Inter- 
ambulakra bestehen aber aus 
4 bis 11 Reihen. Die Tafeln 
sind bei den mit starken Pri- 
märstacheln versehenen Zepi- 
docidaridae (Fig. 193) etwas, 
bei den f Lepidocentridae aber 
stark schuppig (Fig. 194). Die 
wenigen Angehörigen finden 
sich im Perm bis Devon Eu- 
ropas, Nordamerikas, Vorder- 
indiens und Australiens. 

Etwas zahlreicher sind die 
im Karbon Nordamerikas und 
Europas verbreiteten, oft recht 


stattlichen Vertreter der 2. Unterordnung, ‘ Melonitoidea, wo die 
Interambulakralreihen auf vier bis neun, die zwei Ambulakralreihen 


Fig. 194. 7 Lepidocentrus Muelleri Sehulize 
(U. O. + Lepidocidaroidea). 
Mitteldevon, Gerolstein, Eifel (Orig. in München). 


Stück der Corona °/,. Ambulakraltäfelchen, beider- 
seits interambulakrale Tafeln und Stachelreste. 


durch Einschaltung auf vier 
bis zehn vermehrt und so die 
Ambulakra meist breit und zu- 
gleich mit vielen Porenpaaren 
versehen sind (Fig. 195). Die 
Stachelwarzen sınd hier fast 
stets winzig und die Tafeln 
bei einer Familie schuppig. 
Eine isolierte Stellung nimmt 
das eine Genus der 9. Unter- 
ordnung 7 Bothriocidaroi- 
dea im tiefsten Untersilur 


Estlands ein, eine sehr kleine, fest getäfelte Form mit kleinen Stacheln 
(Fig. 196). Denn seine Interambulakra bestehen wie in früher Jugend 
bei rezenten Seeigeln nur aus einer Tafelreihe, die nicht bis zum 


+ Palirregularia. 159 


Peristomrand reicht, die ambulakralen Scheitelplatten sind größer als 


die interambulakralen, 


und eine soll als Madreporenplatte dienen, auch 


ist ein Gebiß nicht sicher nachgewiesen. 


BL, 


N) 


4. Ordnung: 


Y 


+ Melonites multiporus Norw. and 
Owen (U. O. r Melonitoidea). 
Karbon, Missouri (aus Keyes 1894). 
A von oben ?/,. Im Scheitel bilden die Genitalplatten 
mit wechselnder Porenzahl einen Ring mit den winzigen 
Ocellarplatten. B Ambulakralfeld vergr., mit breiten 
Porenzonen aus sehr vielen Täfelchen. 


Fig. 195. 


 Palirregularia (— 7 Cystocidarida). 


/wei unvollkommen bekannte Genera des Obersilurs von Schott- 


land haben einen im 
neben dem die Madre- 
porenplatte liegen soll, 
während ein Scheitel- 
schild nicht gefunden 
ist, auch bestehen die 
breiten Interambulakra 
aus vielen dünnen, ir- 
regulären und verschieb- 
baren Täfelchen, am 
Peristom aber nur aus 
je einem, und die ra- 
dialen Ambulakralge- 
fäße sollen, wohl ähn- 
lich wie bei manchen 
Clypeastroidea, auch in- 
nen von Kalkplatten 
überdacht sein. Im Be- 
sitz kleiner Warzen und 


hinteren Interambulakrum gelegenen After, 


Fig. 196. 
i Bothriocidaris Pah- 
leni F. Schmidt (U. O. 
+ Bothriocidaroidea). 


Estland 
F. Schmidt 1874). 


Untersilur,, (aus 


A seitlich ?/,, mit Stachelresten auf 
B + Bothriocidaris globulus Eichw. (aus Jäkel 1894). Scheitel- 
schema 5/,. « Ambulakralplatten mit je einem Porenpaar in einer 
Grube und mehreren Warzen, am Scheitel mit großer Ocellar- 
platte beginnend, ia Interambulakralfeld einreihig mit Warzen, 
am Scheitel mit kleiner, anscheinend undurchbohrter Genitalplatte 
beginnend, pp getäfeltes Periprokt. 


dem Ambulakralfeld. 


Stacheln und besonders eines Kiefergebisses sowie zwei- oder vier- 
reihiger schmaler bandförmiger Ambulakra gleichen sie normalen 
Seeigeln. 


160 Echinodermata. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Seeigel. 


Die rezenten Seeigel leben meistens gesellig vor allem im Seicht- 
wasser warmer Meere. Einige wenige Regularia graben sich mit ihrem 
Gebiß und wohl unter Beihülfe der Stacheln Löcher in Felsen aller Art, 
die meisten aber wohnen auf Sand- oder Schlammboden. Ihr Gehäuse, 
soweit es fest gefügt ist, hat daher gute Aussicht, erhalten zu werden, 
und so ıst es erklärlich, daß bis 
auf wenige kleine Familien aber- 
ranter Spatangoidae alle rezenten 
Familien fossil vertreten sind und 
daß die fossilen Seeigel an Zahl 
der Gattungen und Arten die 
lebenden weit übertreffen und zu 
den bestbekannien Fossilien ge- 
hören. Denn wenn auch die losen 
“ Skeletteile fast nie im Zusammen- 

ons hang und davon nur isolierte 
a größere Stacheln häufig erhalten 
sind und auch das Scheitelschild 
DIET 7 selten gut konserviert ist, gibt 
: a das feste Coronaskelett, ja oft 
| / selbst ein Bruckstück davon doch 
leidlich guten Aufschluß über Bau 
und Stellung des Fossils. 

In der Gegenwart spielen 
Fig. 197. + Conoclypeus conoideus Goldf. Asternata und Spatangoidae weit- 

(U. 0. Gnathostomata). aus die Hauptrolle, und von den. 
Alttertiär (eocäner Nummulitenkalk), Kressenberg Regularia sind nur die Diade- 


in Oberbayern (aus Quenstedt 1875). ? R 
Junges Exemplar '/,.. 4 seitlich mit gejochten, B moidea außer den Salentina formen- 


ventral mit runden Poren, After unter dem Rand. reich” So ziemlich dasselbe Ver 
hältnis herrschte auch im Tertiär, in welchem besonders die alttertiären 
Nummulitenschichten, also Ablagerungen in warmem Seichtwasser 
(Seite 42), reich an z. T. stattlichen Formen sind, wie f Conoclypeus 
(Holectypoidea Fig. 197), während in jungtertiären Küstenablagerungen 
z. B. der Mittelmeerländer Olypeastroidea nebst anderen eine große Rolle 
spielen. Von Tiefseeformen kennt man aber aus dem Tertiär nur 
sehr wenige, und die eocänen Seeigel schließen sich schon mehr denen 
der Kreide an. 

In die Zeit der oberen und mittleren Kreide fällt der Höhepunkt 
der Entwicklung vieler Gruppen der Regularia und Irregularia, und 


0 


“ 


Echinoidea im Mesozoikum und Paläozoikum. Kol 


es sind fast alle ihre fossil bekannten Familien mehr oder weniger 
gut vertreten. Die Sternata sind noch formenreich, und hier fand man 
auch Verwandte der jetzigen Tiefseeformen, z. B. y Echinocorys (Fig. 198). 

In der unteren Kreide fehlen schon die Olypeastrordea und finden 
sich die ältesten Spatangoidae, doch sind die /rregularia hier wie im 
oberen und mittleren Jura durch Holasteroidae, Asternata und Holecty- 
poidea noch gut repräsentiert. Daneben treten aber Cidaroidea, Dia- 
dematina und Saleniidae besonders im Jura viel stärker hervor als in 
jüngeren Zeiten. Speziell die Korallen- 
und Schwammfazies des Jura sind 
reich an Seeigeln. 


Fig. 198. + Echinocorys (j Ananchytes) ovatus Leske (U. O. Atelostomata). 
Obere Kreide (Schreibkreide, Senon), Coesfeld in Westfalen (aus Goldfuß 1826). 
4 konisches Gehäuse seitlich ?/,, B Ventralseite mit querovalem, vorgerücktem Mund und After 
unter dem Hinterrand. 

Gegenüber dieser Fülle von Formen und Individuen sind in allen 
älteren Formationen Seeigel in der Regel sehr selten. Im Lias finden 
sich zwar noch wenige erste Vertreter der /rregularia teils mit 
schwachem, teils ohne Kiefergebiß, sonst aber gehen auch von den 
Regularia fast nur die Cidaridae bis in das Perm zurück, denn 
neben ihnen fand man in der Trias beinahe nur an einer Lokalität, 
St. Cassian in Südtirol, wenige Reste von Diademoidea und im Perm 
dürftige Bruchstücke von ' Lepidocidaridae. 

Reicher ist der Kohlenkalk, speziell der unterkarbonische Europas 
und Nordamerikas, in welchem außer letzteren 7 Melonitoidea, manchmal 
in zahlreichen und z. T. großen Individuen vorhanden sind. Aus dem 
Devon kennt man aber nur wenige 'y Lepidocidaroidea, aus dem Ober- 
sılur die zwei Genera der Cystocidarida und aus dem unteren 
 bothriocidaris, alle nur aus Europa. 


Stromer, Paläozoologie. tal 


162 Echinodermata. 


Wenn sich also die Seeigel fast ebensoweit zurückverfolgen 
lassen als die ersten zwei Klassen der Stachelhäuter, so sind sie doch 
offenbar viel jünger. Denn sie blühten erst nach dem mittleren Meso- 
zoikum, haben erst darnach im Känozoikum ihre größten Vertreter 
unter den Diademoidea (Echinothuriidae) und Gnathostomata (Clypea- 
stridae), wenn auch schon im Unterkarbon ' Melonitoidea von etwa 
2 dm Durchmesser lebten, und besaßen im älteren Paläozoikum nur 
sehr wenige, von den jüngeren stark verschiedene Vertreter. 

Obwohl infolge der Seltenheit von Resten ihre Entwicklung vor 
der Zeit des mittleren Jura nur ganz unvollkommen bekannt ist, 
lassen sich doch gewisse Hauptzüge jetzt schon erkennen, und in den 
jüngeren Formationen kann man sie sogar genauer verfolgen; auch 
ist hier hervorzuheben, daß die oben aufgestellten Abteilungen der 
Seeigel mehrfach wenigstens durch morphologische Übergänge ver- 
knüpft erscheinen. 

So steht fest, daß die meistens ellipsoidischen regulären Formen 
mit bandförmigen gleichartigen Ambulakra und Interambulakra, mit 
wohlentwickeltem Kiefergebiß im zentralen Peristom und mit zen- 
tralem After die Vorläufer der zweiseitig symmetrischen, z. T. gebiß- 
losen Irregularia sind, wofür auch die Ontogenie Wahrscheinlichkeits- 
beweise liefert (Fig. 191 C, S. 157), während nur die zeitlich und ın 
ihrem Bau so isoliert stehenden T Oystocidarida dieser Feststellung in 
manchem widersprechen. Auch sind offenbar komplizierte Großplatten, 
Petalodien, Floscellen und stark ungleiche Ambulakra sowie Fasciolen 
Bildungen jüngerer Zeit, da sie erst in der Jura- oder Kreideformation 
auftreten. 

Die ‘r Lepidocidaroidea erscheinen mit den Cidarordea zeitlich und 
in ihrem Bau so eng verknüpft, daß sie recht gut in direkte stammes- 
geschichtliche Beziehung zu bringen sind, ob sich aber von letzteren 
alle anderen Regularia und damit auch die Irregularia ableiten lassen, 
ist bei der geringen Kenntnis permotriassischer Seeigel noch nicht zu 
entscheiden. Immerhin ist bemerkenswert, daß manche Diademoidea 
des Lias den Cidaridae noch sehr ähnlich sind, und daß hier erst ihre 
Ausbildung von Großplatten der Ambulakra zu beginnen scheint. Sehr 
wahrscheinlich ist auch, daß aus den Holectypoidea einerseits die Oly- 
peastroidea, andererseits durch Verlust des Gebisses die Asternata, und 
aus ihnen wieder die zwei Hauptfamilien der Sternata im Laufe des 
Mesozoikums hervorgingen. 

Wenn es ferner auch scheint, daß die lebenden Seeigel mit lockerer 
Corona, die Echinothurüidae, infolge von Skelettrückbildung aus fest ge- 
panzerten Diadematina des Jura sich entwickelten, ist es doch auf- 


Echinoidea, Entwicklung und Holothurioidea. 163 


fällig, daß trotz geringerer Erhaltungsfähigkeit nicht verfestigter Ge- 
häuse solche unter den präjurassischen überwiegen. Doch ist die 
Frage, ob solche Formen die primitivsten sind, nieht zu entscheiden, 
denn wenn auch die ältesten Cidaridae, die 7 Lepidocidaroidea, manche 
-- Melonitoidea und die ‘ Cystocidarida mehr oder weniger bewegliche 
Tafeln haben, ist der untersilurische, also älteste Seeigel schon fest 
getäfelt. 

Sehr bemerkenswert ist aber die Festlegung der Tafelreihenzahl 
der Corona, die im Paläozoikum stark schwankt, während im Meso- 
zoikum nur wenige Regularia, die 7 Tiarechinidae der oberen Trias und 
+ Tetracidaris in der Kreide, eine Ausnahme bilden, und dann fast 
völlige Konstanz speziell bei den höchstspezialisierten Seeigeln, den 
Irregularia, herrscht. Offenbar gehen darin die Ambulakralfelder voran, 
da sie nur bei einigen karbonischen und präkarbonischen Genera nicht 
zweireihig sind. 

Endlich ist die lange Lebensdauer primitiver Genera, wie Cidarıs 
(Perm bis jetzt), Salenia (Kreide bis jetzt) und 7 Pseudodiadema (Lias 
bis Alttertiär) hervorzuheben, während sonst die Genera der Seeigel 
sich nur selten durch einige Formationen verfolgen lassen, womit 
übereinstimmt, daß auch die Arten im allgemeinen sehr kurzlebig sind. 
Deshalb sind die Seeigel zur Charakterisierung zeitlicher Abschnitte 
gut brauchbar (Fig. 192, S. 157). Die lebenden sind auch tiergeogra- 
phisch wichtig, die fossilen aber, besonders in der Südhemisphäre, 
dafür noch zu wenig bekannt. 


4, Klasse: Holothurioidea, Seewalzen. 


Bei den Seewalzen ist der Körper in der Hauptachsenrichtung 
gestreckt und mit meist deutlicher zweiseitiger Symmetrie wurmförmig, 
die Ambulakralfüßcehen fehlen oder dienen nur in drei nach unten 
gekehrten Ambulakren zur Fortbewegung. Das Skelett ist fast nur in 
Form isolierter, allermeist mikroskopisch 
kleiner Anker, Rädchen usw. (Fig. 199) 
in der Haut und den Ambulakralanhängen 
vorhanden. Selten wie bei Psolus, sind 
größere Hautschuppen ausgebildet, da- 
gegen oft an Mund und After ein Kreis 
von fünf oder zehn größeren Platten. Fig. 199. 

Die Tiere leben frei, in der Regel Synapta (+ eoeuena Schlumb.) (1890) 
in Schlamm und Sand eingegraben, be- (0. Paractinopoda). 
Sondersphäune, ana Korallentiiteng Nach u na one 
: x A & A Ankerplatte, B Anker °0/,, € (?) Myrio- 
ihrem Tode zerstreuen sich natürlich die trochus + elegans Schlumb. Rädchen. 

1ER 


164 Echinodermata. 


meist so winzigen Skeletteile, deren Form nur ausnahmsweise charakte- 
ristisch genug ist, daß sie einzeln zur Bestimmung von Gattungen 
oder gar Arten ausreichen. So ist es natürlich, daß man die Holo- 
thurien zwar ın sehr seltenen isolierten Skeletteilen bis in das Karbon 
zurückverfolgen kann, aber nur wenige alttertiäre Reste des Pariser 
und Mainzer Beckens als zu rezenten Genera der Synaptidae gehörig 
festzustellen imstande war (Fig. 199 A, D). 

Es sind also nur Angehörige der einen Ordnung Paractino- 
poda, in welcher die ambulakralen Radiärkanäle und deren Füßchen 
fehlen, fossil sicher nachgewiesen, doch beweist das bei den dargelegten 
Verhältnissen nicht, daß sie älter sind als die jetzt zahlreicheren Ver- 
treter der anderen Ordnung, Actinopoda, bei welehen Radiärkanäle 
und gewöhnlich auch Füßchen entwickelt sind. 


Diagnosen der Echinodermen-Gruppen. 


1. Klasse: Pelmatozoa. Fast stets am Meeresboden mit einem gegliederten 
Stiel oder direkt aboral festsitzend. Körper sack- bis kugelförmig, mit Kalk- 
tafeln gepanzert, die meistens in fünfzähligen Kränzen angeordnet sind. Auf 
der Oralseite leiten die Nahrung flimmernde meist verzweigte Ambulakral- 
furchen zum fast stets zentralen Munde, die in der Regei ebenso wie er durch 
Deckplättchen geschützt sind, und die sich auf gegliederte bewegliche Arme 
fortsetzen. After interambulakral fast stets auf der ÖOralseite. NRezent bis 
Mittelkambrium. 

1. Unterklasse: Orinoidea, Seelilien. Selten frei beweglich und ungestielt. 
Kelch aboral und seitlich mit fünfzähligen Kränzen von Kalktafeln fest ge- 
panzert, auf der Oralseite (Kelchdecke) in der Regel irregulär, schwach oder 
nicht. An ihrem Rande entspringen fünf gewöhnlich verästelte Arme, meistens 
mit Pinnulae. Rezent bis Untersilur. 

1. Ordnung: Larviformia. Meist sehr klein und mit rundem Stiel, Kelch aus 
B, R und als Decke mit 5 großen O. Arme einfach, meistens unverästelt. 
Rezent Tiefsee, fossil oberer Jura, Unterkarbon bis Obersilur. 

2. Ordnung: + Fistulata. Klein bis stattlich, fast stets mit rundem Stiel, 
Kelch oft mit IB und stets mit /RA, Decke dünn getäfelt mit großer 
Afterröhre. Arme meist verästelt, oft zweizeilig. Perm bis Untersilur. 

3. Ordnung: Articulata. Öfters ungestielt, mit meist dicken Kelchplatten, ZB 
meistens in Reduktion, 5 manchmal auch, /R selten vorhanden; Kelch- 
decke fein getäfelt oder häutig, die Armbasen mit umfassend, Arme fast 
stets verästelt, sehr selten zweizeilig. Mund nicht unter Täfelchen. Rezent 
Tiefsee und Seichtwasser, fossil bis mittlere Trias, Formen ohne Pinnulae 
im Mittelkarbon bis Silur. 

4. Ordnung: 7 Camerata. Oft stattlich, stets gestielt. Meist mit zahlreichen 
IR, auch Decke fest getäfelt. Unterer Teil der verzweigten, meistens zwei- 
zeiligen Arme unbeweglich mit in die Kelchwand hereinbezogen. Unter- 
karbon bis Untersilur. 

. Unterklasse: + Oystoidea. Meist kurzgestielte Bodenbewohner. Kelchpanzerung 
allseitig fest, streng fünfzählig bis ganz irregulär, einfache wenige Arme ohne 
Pinnulae direkt am Mund oder von ihm aus zwei bis fünf meist mit kleinen 


[8 


Cystoidea und Asterozoa, Diagnosen. 165 


Lo} 


Ärmchen besetzte Ambulakralfurchen auf oder in der Tafeldecke. Oberkarbon 

bis Mittelkambrium. 

1. Ordnung: + Blastoidea. Kelch knospenförmis, meist mit rundem Stiel, regel- 
mäßig fünfzählig aus 13 Haupttafeln mit eingelagerten fünf geraden, kom- 
pliziert gebauten Ambulakralfeldern und ihnen parallelen Hydrospiren 
(inneren Röhrenbündeln). Ärmchen zart, sehr zahlreich. After dicht am 
Mund. Permokarbon bis Obersilur. 

2. Ordnung: 7 Hydrophorida. Meist beutelförmig bis kugelig und gestielt. 
Irregulär bis füntzählig fest gepanzert, alle oder einige Tafeln mit Doppel- 
poren oder Porenrauten. Zwei bis fünf Arme am Mund oder zwei bis tünf, 
oft verzweigte Ambulakralfurchen mit Ärmehen. Zwischen Mund und After 
ein oder zwei kleine Öffnungen. Devon bis Untersilur. 

3. Ordnung: + Carpordea. Seitlich platt, oft zweiseitig symmetrisch und Vorder- 
und Hinterseite ungleich, nicht fünfzählig. Irregulär mit dichten Tafeln 
gepanzert. Stiel getäfelt oder aus runden Gliedern. Ambulakralorgane 
ungenügend bekannt. Lage des Afters unsicher. Unterdevon bis Mittel- 
kambrium. 

4. Ordnung: 7 Thecoidea. Aboral direkt festsitzend, meist scheibenförmig. 
Streng fünfteilig; irregulär, oft schuppig getäfelt. Fünf einfache Ambulakral- 
furchen auf der Täfelung, ohne Arme. Afteröffnung auf der Oralseite. 
Unterkarbon bis Mittelkambrium. 


. Klasse: Asterozoa. Freie Bewohner des Meeresbodens. Locker gepanzerte, 


fein stachelige Scheibe mit fünf platten Strahlen oder runden Armen in der 
Fünfzahl. Mund und fünf Ambulakralfurchen ventral. Stets besonderes inneres 
Mundskelett und fünf radiale Doppelreihen von Ambulacralia und Adambulacralia 
vorhanden. Rezent bis oberstes Kambrium. 


. Unterklasse: Asteroidea, Seesterne. Die Scheibe läuft in fünf oder mehr 


nicht scharf abgesetzte, oft sehr kurze Strahlen aus. Die in ihnen unter Darm- 

anhängen und Geschlechtsorganen von zwei Reihen gegen-, selten wechsel- 

ständiger Ambulakralbalken überdachten Ambulakralfurchen sind ventral offen 

und besitzen Füßchen. Rezent bis Oberkambrium. 

1. Ordnung: Phanerozonia. Mit großen oberen und unteren Randplatten und 
breiten gegenständigen Ambulacralia. Bezent bis Devon. 

2. Ordnung: Oryptozonia. Mit verkümmerten Randplatten, kleinen Ambulacralia, 
oft mit mehr als fünf und deutlich abgesetzten Strahlen. Rezent bis Devon. 

3. Ordnung: j Eincrinasteria. Mit oder ohne Randplatten. In den fünf Strahlen 
alternierende Ambulacralia. Devon bis Oberkambrium. 


. Unterklasse: Ophiuroidea, Schlangensterne. Mit zylindrischen, scharf von der 


Scheibe abgesetzten Armen. In ihrem Inneren nur die meist zu einer Reihe 

von Armwirbeln verschmolzenen Ambulacralia und die Ambulakralfurche, die 

ventral von der Armhaut, meist auch von einer Längsreihe von Platten über- 

deckt ist. Tentakeln statt Füßchen, kein After. Rezent bis Untersilur. 

1. Ordnung: Streptophiurae. Armwirbel mit Knopfgelenken. Rezent, Karbon 
bis Untersilur. 

2. Ordnung: Cladophiurae. Armwirbel mit Sattelgelenken. Rezent, fossil 
unsicher bis Obersilur. 

3. Ordnung: Zygophiurae. Armwirbel mit komplizierten Gelenken. Einfache 
Arme mit vier Schildreihen. Rezent häufig, bis Trias. 

4. Ordnung: 7 Lysophiurae. Ambulacralia unverschmolzen, z. T. wechselständig. 
Arme ohne Rücken- und Bauchschilder. Devon und Silur. 


Echinodermata. 


166 


. Kl. 


a 


Kl. Pelmatozoa 


1.K 


1. U. Kl 
Asteroidea 


2. U. Kl. + Cystoidea 


1. U. Kl. Crinoidea 


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Silur 


2 


1 


Kambrium 


_— 


167 


+. Kl. Holo- 


thurioidea 


Echinoidea 


Il. 


3 


{. 


U. 
Ophiuroidea 


As'erozoa 


Asterozoa, Echinoidea und Holothurioidea, geologische Verbreitung. 
2 


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| 


168 Echinodermata. 


3. Klasse: Echinoidea, Seeigel. Freie Bewohner des Meeresbodens. Kugelig, 
konisch, scheiben- oder herzförmig mit festem, selten schuppigem, fünfzähligem 
Tafelpanzer in meridionalen Reihen, mit beweglichen Stacheln besetzt. Vom 
ventralen Mund laufen fünf durch Doppelporen ausgezeichnete Ambulakralfelder 
zum aboralen oberen Pol, wo ein Scheitelschild aus besonderen Platten sich 
befindet. After in ihm oder im hinteren Interambulakrum. Ambulakralfüßchen 
oft z. T. Atemorgane. Rezent bis Untersilur. 

1. Ordnung: Regularia. Ungefähr kugelig, mit je fünf unter sich gleichen 
ambulakralen und interambulakralen Doppelreihen fünfeckiger Tafeln. 
Mund mit starkem Kiefergebiß. After im Scheitelschild. Rezent bis Perm. 

. Ordnung: Irregularia. Sehr verschieden gestaltet. Mit fünf ambulakralen und 

fünf interambulakralen Doppelreihen fünfeckiger Tafeln. After im hinteren 
Interambulakrum, Mund meistens ohne Kiefergebiß manchmal vor der Mitte, 
daher mehr oder weniger zweiseitige Symmetrie deutlich. Ambulakralfelder 
öfters petaloid oder vertieft. Kezent formenreich, bis unterer Jura. 

3. Ordnung: + Palaeoregularia. Meist kugelig, fünf Ambulakralfelder mit zwei 
oder mehr, Interambulakralfelder mit einer oder mehr Reihen vier- bis 
sechseckiger, manchmal schuppiger Tafeln, unter sich gleich. After im 
Scheitel, Mund mit Kiefergebiß. Perm bis Devon und im Untersilur. 

4. Ordnung: + Palirregularia. Schuppig getäfelt, Ambulakralfelder schmal, 
Interambulakralfelder breit, irregulär getäfelt, After interambulakral, Mund 
zentral mit Kiefergebiß. Scheitelschild unbekannt. Zwei Genera im Öbersilur. 

4. Klasse: Holothurioidea, Seewalzen Wurmförmige freie Bodenbewohner 
mit meist nur winzigen Hautskelettstücken. Mund am Vorderende. Rezent 
bis Karbon. 

1. Ordnung: Actinopoda. Ambulakrale Radiärkanäle mit Fühlern und meist 
auch Füßchen. KRezent, fossil nicht sicher. 

2. Ordnung: Paractinopoda. Ohne Radiärkanäle und Füßchen. Rezent und 
Alttertiär, fraglich bis Karbon. 


[9] 


Literatur. 


Einzelheiten über Echinodermata: de Loriol: Notes pour servir a l’etude des 
Echinodermes. Genf 1589—1905. 


1. Crinoidea. 


Gruppen und Einzelformen: 

Bather: On british fossil Crinoidea II. The classification of the Inadunata Fistu- 
lata. Ann. Mag. nat. hist., Ser. 6, Bd. 5, London 1890. 

Jäkel, O.: Über die Körperform der Holopocriniden. N. Jahrb. f. Miner., Festbd., 
Stuttgart 1907. 

Jäkel, O©.: Über Plieatocrinidae, Hyocrinus und Saccocoma. Zeitschr. deutsch. 
geol. Ges., Bd. 44, Berlin 1892. 

Springer, Fr.: Uintaerinus, its structure aud relations. Mem. Mus. comp. Zool., 
Bd. 15, Cambridge Mass. 1901. 

Wachsmut and Springer: The North American Crinoidea Camerata. Mem. Mus. 
comp. Anat., Bd. 20, 21, Cambridge Mass. 1897. 

Wachsmut and Springer: Revision of the Palaeocrinoidea. Proc. Acad. nat. 
Sci., Philadelphia 1879, 1881, 1885, 1886. 


Pelmatozoa und Asterozoa, Literatur. 


“ Faunen: 
Tertiär: 


Noelli, A.: Contribuzione allo studio dei Crinoidi terziari del Piemonte. Atti 
Soc. ital. Sei. nat. e Mus. civie. St. nat., Bd. 39, Milano 1900. 
Mesozoikum: 
de Loriol: Crinoides du terrain jurassique de la France. Paleont. franc., 
Ser. 1 Terrain jurass., 2 Bde., Paris 1882—1889. 
Paläozoikum: 
Bather: The Crinoidea of Gotland I. The Crinoidea Inadunata. K. Svenska 
Vet. Akad. Handl., Bd. 25, Stockholm 1893. 
Jäkel, O.: Beiträge zur Kenntnis der palaeozoischen Ürinoiden Deutschlands. 
Palaeont. Abh. Bd. 7, Jena 1895. 
Waagen und Jahn: Familles des Crinoides. In Barrande: Systeme silurien du 
centre de la Boh&me. Bd. 7, Pt. 2, Prag 1899. 


2. Cystoidea. 
Bather: Pelmatozoa. In Lancaster: A Treatise on Zoology, Pt. 3, London 1900. 


Blastoidea. 


Etheridge and Carpenter: Catalogue of the Blastoidea in the geological 
department of the British Museum of natural history, London 1886. 

Hambach, G.: A revision of the Blastoidea ete. Trans. Acad. Sei., Bd. 13, 
St. Louis 1903. 

Hudson, G. H.: On some Pelmatozoa from the Chazy limestone. Bull. New York 
State Museum, Nr. 107, New York 1907. 


Hydrophorida, Carpoidea und Thecoidea. 


Barrande: Systeme silurien du centre de la Boh@me I. Bd. 7, Prag 1887. 

Bather in Reed: The lower palaeozoic fossils of the northern Shan states, 
Burma. Palaeont. Indica, Ser. 2, Bd. 2, Caleutta 1906. 

Jäkel, O.: Stammesgeschichte der Pelmatozoen. I. Thecoidea und Cystoidea. 
Berlin 1899. 

Jäkel, O.: Über Carpoideen, eine neue Klasse der Pelmatozoen. Zeitschr. deutsch. 
geol. Ges. Bd. 52, Berlin 1900. 


3. Asterozoa. 


Sladen and Spencer: A monograph of the british fossil Echinodermata from 
the eretaceous formations. Palaeontogr. Soe., London 1891, 1893, 1905,1907,1908. 

Stürtz: Beitrag und neuer Beitrag zur Kenntnis palaeozoischer Seesterne. Pa- 
laeontogr. Bd. 32 und 36, Stuttgart 1856 und 1890. 

Stürtz: Ein weiterer Beitrag zur Kenntnis palaeozoischer Asteroiden. Verh. 
naturh. Ver. Rheinl. Bd. 56, Bonn 1899. 


Asteroidea. 
Fraas, E.: Die Asterien des weißen Jura von Schwaben und Franken. Pa- 
laeontogr. Bd. 32, Stuttgart 1886. 
Gregory, J. W.: On Lindströmaster and the classification of the Palaeasterids. 
Geol. Magaz., Dec. 4, Vol. 6, London 1899. 
Schöndorf, Fr.: Über Archiasterias rhenana Joh. Müller und die Porenstellung 
palaeozoischer Seesterne. Centralbl. f. Miner., Stuttgart 1907. 


170 Echinodermata. 


Ophiuroidea. 
Böhm, G.: Ein Beitrag zur Kenntnis fossiler Ophiuren. Ber. naturf. Ges. Bd. 4, 
Freiburg 1889. 
Gregory, I. W.: On the classification of the palaeozoic Ophiuroidea. Proc. 
zool. Soc., London 1896. 


Echinoidea. 


Bau und Systematik: 


Clark, H.L.: The Cidaridae. Bull. Mus. Harvard Coll., Bd. 51, Cambridge Mass. 
1907/8. 

Duncan: Revision of the genera and great groups of the Echinoidea. Journ. 
Linn. Soe. Zool., Bd. 23, London 1891. 

Duncan: On tbe structure of the Ambulacra of some fossil genera and species 
of regular Echinoidea. Quart. Journ. geol. Soc., Bd. 41, London 1885. 

Gregory, I. W.: On the affinities of the Eehinothuridae ete. Quart. Journ. geol. 
Soc. Bd. 53, London 1897. 

Hesse, E.: Die Mikrostruktur der fossilen Echinoidenstacheln und deren syste- 
matische Bedeutung. N. Jahrb. f. Miner., Beil. Bd. 13, Stuttgart 1900. 


Faunen: 

Clark, W.B.: The mesozoie Echinodermata of the United States. Bull. U. St. 
geol. Surv., Nr. 97, Washington 1893. 

Cotteau, Peron et Gauthier: Echinides fossiles de l’Algerie, 4 Bde., Paris 
1876— 1891. 

Cotteau, G.: Echinides reguliers. Paleont. franc., Terrain jurass., Bd. 10, Pt. 2, 
Paris 1875—1885. 

Cotteau, G.: Echinides &ocenes. Paleont. franc., Terrain tertiaire, Bd. 1, 2, 
Paris 1889— 1894. 

Duncan and Sladen: A monograph of the fossil Echinoidea of Sind. Palaeont. 
Indica, Ser. 14, Bd. 1—5, Caleutta 1882 —1885. 

Ebert, Th.: Die Echiniden des nord- und mitteldeutschen Oligocaens. Abh. geol. 
Specialkarte v. Preußen, Bd. 9, Hft. 1, Berlin 1889. 
Klein, Mary: A revision of the paleozoic Palechinoidea, with a synopsis of 
all known species. Trans. St. Louis Acad. Sei., Bd. 14, St. Louis 1904. 
Schlüter, Cl.: Die regulären Echiniden der norddeutschen Kreidelund II. Abh. 
geol. Specialkarte v. Preußen, Bd. 4, Heft1 u. geol. Landesanstalt, N. F., Hft. 5, 
Berlin 1833 und 1892. 

Sollas, W.I.: On some silurian Echinoidea and Ophiuroidea. Quart. Journ. 
geol. Soc., Bd. 55, London 1899. 

Tornquist, A.: Das fossilführende Unterkarbon in den Südvogesen, III. Echi- 
niden-Fauna. Abh. geol. Specialkarte Elsaß, Bd. 5, Heft 4, Straßburg 1897. 


Holothurioidea. 


Ludwig, Dr. H.: Die Seewalzen. Palaeontologie. Bronn: Klassen und Ord- 
nungen des Tierreichs, Bd. 2, Abt. 3 I, Leipzig 1892. 


Molluscoidea, Bryozoa. al! 


V. Stamm: Molluscoidea. 


Die in der Regel nur einige Zentimeter großen bis mikroskopisch 
kleinen, zweiseitig symmetrischen Tiere zeichnen sich durch den Besitz 
eines Darmes in der allermeist vorhandenen Leibeshöhle, eines zen- 
tralen Ganglienknotens und von Tentakeln am Mund aus, die zur 
Atmung und zum Fang von Mikroplankton dienen. Die planktonischen 
Larven dieser Wasserbewohner sind denjenigen der Ringelwürmer 
ähnlich und dienen zur weiteren Verbreitung der meist am Meeres- 
boden festsitzenden und durch kutikulare Horn- oder Kalkskelette 
geschützten Tiere, welche als Bryozoa und .Brachiopoda unterschieden 
werden. 

Die ursprünglich auch hierher gerechneten Tunicata, welche eher 
Beziehungen zu den Wirbeltieren haben, sind fossil ganz unbekannt, 
obwohl manche Kalkkörperchen enthalten. Ebenso kennt man keine 
fossilen Verwandten der zwei Gattungen der Pferobranchia, von welchen 
eine, wie auf Seite 73 erwähnt wurde, manche Ähnlichkeit mit 
T Graptolithi zeigt. Sie lassen sich aber besser den Bryozoa ver- 
gleichen und stehen den Balanoglossidae nahe. 


1. Klasse: Bryozoa (Polyzoa), Moostierchen. 


Weder die Gruppe der Phoronidea, die anhangsweise hierher zu 
stellen sind, noch die erste Unterklasse Antoprocta, sondern nur die eine 
allerdings sehr formenreiche der zwei Ordnungen Phylactolaemata und 
Gymnolaemata der zweiten Unterklasse KEectoprocta hat als fossil ver- 
treten für die Paläozoologie Bedeutung, wenn man von etwaigen 
Spuren der wenigen in Kalkschalen bohrenden Dryozoa absieht. 


2. Unterklasse: Eetoprocta. 
2. Ordnung: Gymnolaemata. 

Die höchstens einige Millimeter großen sackförmigen Tierchen, 
deren Mund von einem Tentakelkranz umgeben ist, bilden fast stets 
individuenreiche festgewachsene Stöcke (Kolonien, Zoarien) von sehr 
wechselnder Form in Gestalt von Krusten oder massiven, blattförmigen, 
moos- oder bäumchenartigen Stöcken und ähneln hierin Hydroidpolypen 
(s. 8. 68#f.), unterscheiden sich aber leicht durch den Besitz einer Leibes- 
höhle und eines außerhalb des Tentakelkranzes endenden U-förmigen 


Molluscoidea. 


Der 


Darmes. 


Hautmuskelschlauch (ZEndocyste) jedes Individuums 


scheidet eine hornige, meistens vollständig verkalkende Wand!) (= Ecto- 


Fig. 200. Heteropora pellieu- 
lata Waters(U.O.Oyelostomata). 
Rezent (aus Nicholson 1889). 
Teil eines Stocklängsschliffes ?°%),. 
Gehäuse röhrenförmig, im zentralen 
Teile mit dünnen dichten Wänden 
und sehr dünnen Querböden it, in 
dem senkrecht zur Stockoberfläche 
umgebogenen Teile mit dicken 
Wänden, Stacheln st, Verbindungs- 
poren p und eingeschalteten kleinen 
Zwischenröhren z. 


cyste) aus, die als ein gewöhnlich tonnen- 
förmiges Gehäuse (= Zelle, = Zooecium) das 
Tierchen umgibt, welches durch deren Mün- 
dung (Osfium) sein Vorderende heraus- 
strecken oder sie durch einen Horndeckel 
oder durch Borsten schließen kann. Die 
Stöcke entstehen durch meist seitliche oder 
mediane Knospung, nie durch Teilung der 
Individuen, die manchmal direkt oder durch 
eine besondere Röhre in Zusammenhang 
bleiben, häufiger aber durch seitliche Ver- 
bindungsporen an der Gehäusewand sekundär 
in Kommunikation treten (Fig. 200). Ein 
Zwischengewebe (Coenosark) fehlt, doch um- 
kleidet oder verbindet die Gehäuse manchmal 
eine zellige oder massive Kalkmasse, z. B. bei 
den paläozoischen f Fenestellidae (Fig. 204, 
3. 174). 

Vielfach findet sich Polymorphismus, in- 


dem bald kleinere Gehäuse (Mesoporen) zwischen den normalen sind 
z. B. bei Heteropora (Fig. 200), bald zu eigentümlichen Greiforganen 


Fig. 201. 
Schizoporella "y glo- 
buliferaNeviani(V.O. 

Cheilostomata). 
Jungtertiär (Oberpliocän) 
von Farnesina bei Rom 
(abgeändert aus Neviani 

1896). 
Kleine Stockpartie von 
vorn ?°/),. 9g Gehäuse, 
ost dessen Mündung 
(Ostium), « Ansatzstelle 
eines Aviculariums, 
o Brutkapsel (Ovicelle). 


(Avicularia) oder zu Tastfäden (Vibracula) um- 
gebildete Individuen auftreten, die aber nur zum 
Teil fossile Spuren in Gestalt von Höckern mit ein 
bis zwei Poren zum Muskelaustritt (Spezialporen) 
oder von kleinen Gruben an der Ventralseite der 
Gehäuse binterlassen (Fig. 201). Verbreiteter noch 
sind die meist rundlichen Brutkapseln (Ovicellen), 
welche für die Larven der zwittrigen Tierchen dienen 
und durch Umbildung eines ganzen Gehäuses oder 
nur seines oberen Teiles oder einer Stockpartie ent- 
stehen können (Fig. 202). 

Die jetzt in allen Meerestiefen aller Breiten 
lebenden Gymnolaemata bilden lokal oft ganze Rasen 
und sind speziell in kaltem Seichtwasser häufig 
recht stark entwickelt, an Korallenriffen aber nur 


1) Kleine Wandpartien bleiben häufig länger unver- 
kalkt, und deshalb erscheinen nicht ausgewachsene fossile 
(rehäuse oft porös. 


Gymnolaematä, System. 173 


ausnahmsweise. Ihre meisten Gattungen und auch viele Arten sind 
übrigens allgemein verbreitet. 

Ihre vier Unterordnungen, die Uyclostomata, ‘7 Oryptostomata, Cheilo- 
stomata und Otenostomata sind auf die Form der Gehäuse und vor allem 
von deren Mündung begründet. Letztere, die Anordnung der Gehäuse, 
das eventuelle Vorhandensein von Zwischengewebe oder das Auftreten 
von Polymorphismus dient zur Unterscheidung kleinerer Abteilungen, 
und Details in den erwähnten Verhältnissen sowie die Beschaffenheit 
der Außen-(=Ventral)seite der Gehäuse werden zur Arttrennung ver- 
wandt. 

Die früher besonders verwertete Stockform erwies sich als von 
äußeren Umständen abhängig und auch als nach dem Lebensalter des 
Stockes verschieden; da sie aber doch vor allem von der Knospungs- 
art bedingt ist, dürfte sie mehr systematischen Wert besitzen, als ihr 
jetzt oft zugestanden wird. Überhaupt scheint das jetzige System 
noch ein recht künstliches zu sein. 


1 Unterordnung: Cyclostomata. 


Einfache Röhren mit nicht verengter endständiger Mündung, 
deren verkalkte Wand fein konzentrisch geschichtet und gewöhnlich 
porös ist, bilden die charakteristischen Gehäuse bei der ersten von 
der Gegenwart bis in das Untersilur zurückreichenden Unterordnung. 
Zwischen den meistens in ganzer Länge sich aneinander legenden 
Röhren finden sich manchmal kleinere eingeschaltet, wie z. B. bei 
Heteropora (Fig. 200, 5.172), und oft kommen auch Querböden vor, wes- 
halb von manchen Autoren viele 7 Tabulata, besonders die F Monticuli- 
poridae (s. S. 83), als weitere Unterordnung 
"r Trepostomata ihnen an- 
gereiht werden. Bei 


jArchiaci Haime (U. O. 


] >) 
Oyelostomata). Fig. 203. 
Mittlerer Jura (Bath-Stufe), Ntomatopora (U. O. Cyclostomata) (aus Pergens 1889). 
England (aus Gregory 1896). A Stomatopora ‘ longiscata d’Orb. Obere Kreide (Cenoman) von Mans 
Stock eine Austernschale über- in Frankreich. Einreihiges Stöckchen %5/,. B Stomatopora 7 Tou- 
ziehend, mit Brutkapseln o casiana d’Orb. Obere Kreide (Senon) von Meudon in Frankreich. 


(Ovicellen) %5/,. Partie eines mehrreihigen Stockes !?/,. 


174 | Molluseoidea. 


mesozoischen bis rezenten Formen kommen übrigens nicht selten aus 
der Umwandlung einer Stockpartie (Fig. 202) oder eines Gehäuses 
hervorgegangene Brutkapseln, aber keine Avikularien vor. Die bald 
kriechenden, bald frei aufragenden Stöcke sind sehr vielgestaltig, ein- 
bis mehrreihig (Fig. 203), ästig oder blatt- bis krustenförmig. 


2. Unterordnung: 7 Cryptostomata. 


Die ei-, seltener röhrenförmigen Kalkgehäuse haben bei der vom Perm 
bis zum Silur in zahlreichen Formen 
verbreiteten Unterordnung auch eine 
endständige runde Mündung, sie ist 
aber in eine Röhre verlängert, die von 
dichtem oder zelligem Kalk umlagert 
wird (Fig. 204). Auch zwischen und 
hinter den Gehäusen finden sich hier 
oft sekundäre Kalkablagerungen, Brut- 
Fig. 204. 7 Fenestella foliata Ulrich kapseln und Avikularien sind aber 

(1888) (U. O. Oryptostomata), wumbekannt. Die Stöcke sind meistens 


Unterkarbon in Ohio. ö b ö ] 2 = o 
A fast vollständiges Stöckchen !/,. BInnen- Nicht buschig oder krustenförmig, son- 


seite einer Stockpartie mit den Gehäuse- dern netz-, blatt- und besonders oft 


mündungen °/,. C Außenseite der unteren ; = E 
Stockpartie von A °/ı. trichterförmig. 


& 


3. Unterordnung: Cheilostomata. 


Bei der jetzt herrschenden Unterordnung sind die Gehäuse kurz 
und in der Regel eiförmig. Sie sind meistens seitlich aneinander 
gereiht, kommunizieren gewöhnlich durch Verbindungsporen nur an 
bestimmten Wandstellen (Verbindungsplatten), und ihre verengerte, 
verschieden gestaltete Mündung, die fast immer mit einem beweg- 
lichen Chitindeckel versehen ist, liegt an der Ventralseite. Diese ver- 
kalkt übrigens bei manchen Formen, wie z. B. bei Membranipora nicht, 
auch gibt es einige wie die Flustridae, die ganz unverkalkt, also 
fossil gar nicht erhalten sind. Besondere Brutkapseln sowie auch 
Avikularien und Vibrakeln sind in der Regel vorhanden, und zwar 
entsprechen erstere teils nur dem oberen Teile eines Gehäuses, teils 
einem vollständigen. Die Avikularien sind in verschiedenem Grade 
der Differenzierung vorhanden (Fig. 201, S. 172), hinterlassen jedoch 
bei höchster Ausbildung wie bei Dugula keine fossilen Spuren. Die 
sehr vielgestaltisen Stöcke der Cheilostomata spielen nur bis in die 
Kreidezeit eine große Rolle, im Jura finden sich nur wenige Formen. 
Die Einteilung in größere Gruppen liegt hier noch sehr im argen. 


Ctenostomata und geologische Verbreitung der Gymnolaemata. 175 


4. Unterordnung: Ctenostomata. 


Bei der letzten Unterordnung, deren Angehörige vor allem durch 
borstenbesetzte endständige Mündungen ausgezeichnet sind, verkalkt das 
Skelett nicht. Deshalb kennt man nur wenige dürftige fossile Ver- 
treter im marinen Tertiär Italiens, und es erscheint recht fraglich, ob 
kleine kriechende kalkige Stöckchen aus dem Paläozoikum Europas 
und Nordamerikas, wie z. B. die 'r Ascodietyonidae Ulrich, mit Recht 
hieher gestellt werden. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der 
Gymnolaemata. 


Fossile Bryozoen sind keineswegs selten, in manchen Schichten 
spielen sie sogar eine große Rolle und treten auch gesteinsbildend 
auf, so daß man von fossilen Bryozoen-Riffen, wie z. B. den  Fene- 
stella-Riffen im Perm Thüringens, wie von Korallenriffen spricht, und 
sehr häufig werden sie als zarte Krusten auf den Skelettresten anderer 
Marintiere gefunden. 

Während die Cienostomata für den Paläontologen kaum in Betracht 
kommen, spielen die in der Jetztzeit herrschenden Cheilostomata die- 
selbe Rolle auch im Tertiär und sind auch in der Kreide noch sehr 
häufig und formenreich. Aber dort treten die in der Gegenwart und 
im Tertiär ziemlich unbedeutenden Cyclostomata schon 
recht hervor und herrschen dann im Jura, wo die ältesten 
seltenen Cheilostomata sich finden. Manche der ersteren 
lassen sich bis in das Silur zurückverfolgen, weitaus die 
Hauptrolle im Paläozoikum spielen aber die ‘f Orypto- 
stomata in großer Formen- und Individuenmenge. 

Während im jüngeren Tertiär rezente Arten und 
im älteren wenigstens noch lebende Genera herrschen, 
finden sich in früheren Formationen fast nur aus- 
gestorbene Arten. Manche Gattungen lassen sich jedoch 


a#s 


Fig. 205. 
r Meliceritites 


undata d’Orb. 


sehr weit zurückverfolgen, Stomatopora (Oyclostomata) 
sogar bis in das Silur. Im Gegensatz zu dieser Konstanz 
lassen sich aber viele andere Formen infolge ihrer Kurz- 
lebigkeit zur Charakterisierung bestimmter Zeitabschnitte 
verwerten. 

Über die Entwicklung der Gymnolaemata sind wir 
bei dem dargelegten Stande der Kenntnisse und vor 
allem, weil die erhaltungsfähigen Skeletteile nur zu 
wenig Rückschlüsse auf den Bau der Weichteile ge- 
statten, natürlich sehr schlecht unterrichtet. Es scheint, 


(U. O. ? Cyclo- 
stomata). 
Obere Kreide (Se- 
non) von Chatham 
in England (aus 
Gregory 1899). 
Zweigende 16). 
Oben Außenwände 
der Gehäuse zer- 
brochen, einige Ge- 
häusemündungen 
geschlossen, « An- 
satzstelle eines Avi- 
ceulariums. 


176 


Molluscoidea. 


daß so einfache und alte Formen wie Stomatopora (Fig. 203A, 8.173) 
den Ausgangspunkt zunächst der Oyclostomen bildeten; manche Formen 
leiten nun zwar morphologisch von ihnen zu Cheilostomen über wie 
die y Eleidae des jüngeren Mesozoikums (Fig. 205) durch den Besitz 
einfacher Avikularien. Es dürften sich jedoch deren direkte Vorläufer 
eher unter den 7 Öryptostomata finden, die ihrerseits allerdings wohl 
auch auf Cyelostomata zurückgehen, worauf vor allem die Ontogenie 
ihrer Stöcke hinweist. 

Ein Fortschritt zu größerer Kompliziertheit läßt sich endlich 
wenigstens insofern nachweisen, als Brutkapseln erst vom Mesozoıkum 
an vorkommen und die Avikularien bei den Cheilostomata zuerst nur 
in der wenigst differenzier- 
ten Form nachzuweisen sind, 
während die komplizierteren 
erst von der Kreide an allmäh- 
lich herrschend werden. 


Nnuomw C d 


qatb 


2. Klasse: Brachiopoda. 


Die fast immer zwei- 
seitig symmetrisch gebauten 


Br 


Fig. 206. Magellanea (U. O. Terebratulacea). 


Rezent, schematischer vergrößerter Medianschnitt (ab- 
geändert aus Delage 1897). 


Das dorsale Schalenseptum, das dorsale Geschlechtsorgan 
und das Armgerüst ist weggelassen. Schale und Mantel: 
a Deltidium, b Schloßfortsatz, c Dorsalklappe mit Poren, 
d dorsaler Mantellappen, e Randsinus, f, 9 Randborsten, 
h Randsinus, ö ventraler Mantellappen, k Ventralklappe 
mit Poren. Arme: linke Armschleife mit z. T. abgestutzten 
Tentakeln, mlinke Armspirale (Tentakeln und Verbindungs- 
haut abgeschnitten). Bingeweide: n Herz, o Magen mit ab- 
geschnittenen Anhängen, p Darm, blind endend, mo» Mund 
mit Tentakeln darunter, vg linke ventrale Geschlechts- 
organe. Stiel: st Stiel mit q Cuticula überkleidet, r Stiel- 
tasche, s Stielband. Muskeln: ? dorsaler Stielmuskel 
(M. adjustor), u, v hinterer und vorderer linker Schließ- 
muskel (M. adductor), w hinterer linker Schalenöffner 
(M. divaricator), x Schließmuskel (M. adductor), y ven- 
traler linker Stielmuskel (M. adjustor), z vorderer linker 
Schalenöffner (M. divaricator). 


„Armkiemer“ sind stets von 
einer Dorsal- und Ventral- 
klappe umhüllt. Ihre Körper- 
masse ist aber auf das hintere 
Drittel des Schalenraumes be- 
schränkt. Von ihr geht hinten 
ein Anheftungsorgan, der 
Stiel, aus, während dorsal 
und ventral je ein Mantel- 
lappen vorhanden ist. ie 
umschließen vorn einen weiten 
Hohlraum, in welchem die 
zwei tentakelbesetzten Arıne 
liegen, die neben dem Munde 
entspringen, und zwar zuletzt 
fast stets in einer Schnecken- 


spirale aufgerollt, sonst aber in ihrem Verlaufe sehr mannigfaltig 


sind (Fig. 206). 


Obwohl die Brachiopoden ihre sogenannte Ventralklappe bei Leb- 
zeiten gewöhnlich nach oben gerichtet haben, werden sie bei der 


Brachiopoda, Bau. 


Beschreibung in der Regel in der aus der Fig. 207 ersichtlichen 
Weise orientiert, wobei sich die in deren Erklärung angegebenen Be- 


zeichungen ergeben. 

Ihre Klappen, die schon im Larven- 
stadıum als halbkreisförmige flachkonvexe 
Hornscheibchen ( Protegulum) von den Mantel- 
lappen ausgeschieden werden, wachsen an 
ihren Rändern selten allseitig konzentrisch 
weiter, wodurch rundliche Schalen (Fig. 216, 
S. 154) entstehen, sondern allermeist nur 
seitlich und vorn stärker, woraus sich die 
quer gestreckten (Fig. 210, S. 179) oder 
länelich ovalen (Fig. 213, S. 185) Formen 
ergeben. In der Regel beträgt übrigens das 
größte Breiten- oder Längenwachstum nur 
einige Zentimeter, doch gibt es im jüngeren 
Paläozoıkum fußbreite 7 Productus- Arten. 

Die Form der ausgewachsenen Schalen 
ist je nach den sehr wechselnden Verhält- 
nissen von Länge, Breite und Dicke recht 


2 


Fig. 207. 7 Orthis Davidsoni de 
Vernewil(U.O. Strophomenacea). 
Obersilur, Gotland (aus Hall und 
Clarke 1892). 
4A Ventralklappe von innen, B Schale 
seitlich !/,. a—b Länge und Durch- 
schnitt der Symmetrieebene,c—dBreite, 
e—f Dicke der Schale. « Wirbel der 
Ventralklappe, c—:—dihr Hinter- oder 
Schloßrand, c—b—d ihre Seitenränder 
und ihr Vorder- oder Stirnrand, eWir- 
bel der Dorsalklappe, 9—b Schalen- 
naht, a—c—d Area mit dreieckigem 
Stielloch st.!., z Schloßzahn der Ven- 
tralklappe, e—-9—a Areae der beiden 
Schalenklappen im Profil. 


verschieden, doch kennt man trotz des getrennten Geschlechtes fast 
aller Brachiopoden keine sekundären Geschlechtsunterschiede. 


Der Stiel, der 
bei der Larve, selten 
dauernd wie z. B. 
bei den Lingulacea, 
zwischen den zwei 
Klappen heraustritt, 
wird in der Regel 
vom hinteren Teile 
der Ventralklappe 
umwachsen, so dab 
er durch einen Schlitz 
hinter dem Anfangs- 
teil (-Wirbel) z.B. bei 
Discina (Fig. 216, 
S. 154) oder durch 
ein Loch an ihm wie 
bei Magellanea (Fig. 
206 und 208) oder 
meistens unter ihm 


Stromer, Paläozoologie. 


öffners. 


Fig. 208. Magellanea flavescens Lam. (U.O.Terebratulacea). 
Rezent (abgeändert aus Davidson 1884). 
A Ventralklappe von innen ?/,. a Stielloch, b Deltidium, ce Schloßzahn, 
Ansatzstellen d des Stielbandes, e des hinteren Schalenöffners, f des 
Schließmuskels, 9 des ventralen Stielmuskels, % des vorderen Schalen- 
B Dorsalklappe von innen ?/),. 
stellen der Schalenöffner und der dorsalen Stielmuskeln, d Zahngrube, 
c Schloßplatte, d Schenkel (Crus) des Armgerüstes, Ansatzstelle e, f des 
hinteren und vorderen Schließmuskels, 9 Medianseptum, % Armgerüst- 
schleife aus ab- und aufsteigendem Ast und Querbrücke. 


a Schloßfortsatz mit Ansatz- 


12 


Molluseoidea. 


178 


(Fig. 2090) herausragt. Diese Stielöffnung (Delthyrium) wird dann 
sehr oft durch ein unpaares, frühzeitig vom Stiel ausgeschiedenes Kalk- 
plättehen (Pseudodeltidium) oder durch später vom Mantel gebildete 
paarige Plättchen (Deltidia discreta) verengt. Sie können bei er- 
wachsenen Formen in der Medianebene zusammenstoßen (Deltidium 
seclans, Fig. 208.4 und amplectans), dort sogar verschmelzen (Deltidium 
unitum) und bei manchen alten ausgestorbenen Formen das Stielloch 
ganz schließen, in welchem Fall der Stiel offenbar rückgebildet, das 
Tier also von seiner Anheftung frei wird (Fig. 210). 

Bei der Umwachsung des Stieles bildet die Ventralklappe in der 
Regel einen hinten mehr oder weniger vorragenden, oft dorsal ge- 
krümmten Schnabel (Fig. 221, S. 186), und häufig ist dann zwischen 
ihm und dem Hinterrand der Klappe eine ebene Fläche, die Area 
(Fig. 207), ausgebildet, die seitlich mehr oder weniger gut begrenzt, dor- 
salwärts sieht und sehr verschieden hoch ist. Sie kann übrigens auch 
an der Dorsalklappe ein kleines Gegenstück haben (Fig. 207, S. 177). 

Der Hinter- oder Schloßrand, an welchem die Klappen hinten (oben) 
zusammenstoßen, ist bald konvex und kurz, z. B. bei Magellanea 
(Fig. 208), bald gerade und dann oft lang, z. B. bei 7 Spirifer 
(Fig. 210). Die Naht genannte Linie, in der seitlich und vorn 
(unten) die geschlossenen Klappen sich berühren, ist bald eine ein- 
fache Kurve (Fig. 213, S. 183), bald ein wenig wellig oder dorso- 
ventral zackig (Fig. 209 A) oder vorn mit ein bis zwei dorsoventralen 
Falten (biplikate Form, Fig. 225, S. 188) oder einer Einbuchtung 
(Sinus) versehen je nach der Form der Vorder- (Stirn)ränder der 
zwei Klappen. Endlich ist deren Oberfläche bald glatt und nur mit 
mehr oder weniger deutlichen Anwachsstreifen, also mit konzentrischer 
Skulptur versehen (Fig. 214, 215, S. 183) oder auch oft mit radialen 
Streifen, Rippen oder Falten (Fig. 207 u. 209), selten auch mit hohlen 
Stacheln (Fig. 219, S. 185). 

Im Innern der meisten Schalen ist am Hinterrand ein Schloß 
vorhanden, das aus ihm parallelen, symmetrisch angeordneten zwei 
Zähnen der Ventralklappe und zwei entsprechenden Zahngruben, sowie 
einem medianen nach unten ragenden, mehr oder weniger entwickel- 
ten Schloßfortsatz der Dorsalklappe (Fig. 208) besteht. Sowohl von 
den Zähnen als von den Zahngruben laufen oft nach vorn sogenannte 
Zahnstützen als kurze Septen aus, und außerdem kann in jeder Klappe 
ein verschieden stark entwickeltes Medianseptum sich finden (Fig. 15, 
3.20 und 2220, 8.187). 

Viel wichtiger als sie ist das häufig vorhandene Stützorgan der 
Arme, das Armgerüst, welches stets neben der Mediane des dorsalen 


179 


Brachiopoda, Bau. 


Schloßrandes entspringt und allerdings oft nur aus zwei im Körper- 
innern gelegenen bis zu den Armbasen reichenden, mehr oder weniger 
langen Haken (Crura), z. B. bei Rrhynchonella (Fig. 209), oder Platten 
besteht. Häufiger aber ist es in den basalen Armteilen und deren 
Verbindungsmembranen durch schleifen- 
förmige Bänder mit ein bis zwei Querbrücken 


C 
Fig. 209. Rhynchonella  quadriplicata Quenst. (U. O. Rhynchonellacea). 
Mittlerer Jura, Württemberg und England (aus Quenstedt 1871). 
4 Schale von vorn, zackige Stirnnaht mit dorsalem Wulst und ventraler Bucht (Sinus) }/,. B Oberende 


der Dorsalklappe von innen. cr Orus des Armgerüstes, w Wirbel, z.gr. Zahngrube. C Schale mit 
starken Radialrippen, dorsal, !/,, de Deltidium, st.!. Stielloch. 


(Juga) fortgesetzt (Fig. 208B, S. 177) oder sogar bis in die letzten 
Spiralen der Arme (Fig. 210). Nur im letzteren Falle kann also der 
Paläontologe die Gesamtform der Spiralarme rekonstruieren, es ist 
aber für ihn sehr beachtenswert, daß bei der 
ontogenetischen Entwicklung der Armgerüste 
sehr verschiedene Stadien durchlaufen werden, 
die sich manchmal bei anderen Gattungen 
dauernd nachweisen ließen, z. B. bei Magellanea 
(Fig. 208) nacheinander die Formen von sieben 
andern, bemerkenswerter Weise aber geologisch 
jüngeren Gattungen. 
Endlich findet man an der Innenseite der Tpirifer arenosus Conrad 
Schale und folglich auch auf deren Steinkernen & ae 5 
. > er s 22 ‚nterdevon rıskany - DSand- 
(Fig. 15, S. 20) sehr häufig deutliche Abdrücke stein), Maryland (aus Hall und 
mancher Weichteile, so der in den Mantellappen Da 
N Dorsalseite, Dorsalklappe z. T. 
vorhandenen Mantelsinusse (Blutbahnen) und entfernt, Armgerüst etwas er- 
5 ” . gänzt ?/;. «a eingekrümmter 
Geschlechtsorgane, selten auch der Armspiralen, Wirpeı der Ventralklappe, b De- 
vor allem aber der wichtigsten Muskeln und tidium unitum, c Wirbel der 
. ö ö > . Dorsalklappe, d Area der Ven- 
eines oft von der Stielbasis hinten zur Mediane taiktappe, e Schenkel (Crus) 
der Ventralklappe ziehenden Bandes (Fig. 206, des Armgerüstes, / Spiralkegel, 
r e 2 9 Querbrücke. 
5.176 u. 208, 8. 177). Fast stets sind zwei Paar 
Schließmuskeln (M. adduclores = occlusores) vorhanden, die bei den 
schloßtragenden Formen ventral in der Mediane sich gemeinsam an- 
setzen, dorsal aber neben ihr einen vorderen und hinteren Eindruck 
hinterlassen, bei den schloßlosen Formen (Fig. 211 u. 217, S. 184) 


125 


150 Molluseoidea. 


jedoch etwas wechselnde Ansatzstellen besitzen. Bei ersteren setzen 
sich ihre zwei Paar Antagonisten (M. divaricatores) dorsal am Schloß- 
fortsatze an, von wo ein starkes Paar nach unten vorn, ein schwaches 
direkt ventralwärts neben die Mediane der Ventralklappe läuft, so dab 
bei ihrer Zusammenziehung der Schloßfortsatz als Hebelarm wirkt, 
und die Klappen am Stirnrand etwas klaffen. Bei den schloßlosen 
Formen finden sich statt ihrer mehrere z. T. schräg zwischen den 
zwei Klappen verlaufende Muskeln von wechselnder Anordnung, die 


—__Mm.ad.p. sie um ihre Diekenachse etwas drehen oder seit- 
L eT\ N lich gegeneinander verschieben können, während 
f NN \ das Offnen der Schale hier vor allem durch seit- 


liche Kontraktion des Tierkörpers besorgt wird. 
Außerdem ist dann bei den schloßtragenden 
Formen noch je ein Paar ventraler und dorsaler 
Stielmuskeln (M. adjustores) vorhanden, welche 
die Schale in andere Lage zum Stiel bringen 
können und teils am Schloßfortsatz, teils hinter 
den großen Öffnern der Ventralklappe sich an- 
setzen, und endlich hinterlassen bei den schloß- 
losen Formen kleine von den Armbasen zur 
Dorsalklappe gehende Muskeln an ihr Eindrücke 


Fig. 211. 
Lingula anatına brug. 


(U. ©. Lingulacea). : 3 
Rezent, Ceylon (aus Bloch- (Fie. 2all l, S. 184). 


, a Dorsal- und Ventralklappe unterscheiden sich 
J)orsalschale von innen ?/, 


nat. Gr. cr Medianleiste mit also in ihren Muskeleindrücken, außerdem ist aber 
Ansatz der Seitenmuskeln N 1 tzter . d x R ] röß 3 . t k 
(m. lateralis), Ansatzstellen Ale letztere in der Regel größer, meistens konvex 


a een: mit stärkerem Schnabel und häufiger mit Area 
muskels (m.adducetoresanterior versehen und sehr oft durch Schloßzähne und 
ee das Stielloech ausgezeichnet. Die gewöhnlich 

: kleinere, häufig nicht konvexe, sondern flache 
oder sogar konkave Dorsalschale dagegen ist sehr oft durch die Zahn- 
gruben, den Schloßfortsatz und dazu nicht selten noch durch das 
Armgerüst charakterisiert. 

Unterscheiden sich die Brachiopoden schon durch den Besitz einer 
dorsalen und ventralen Klappe statt einer rechten und linken und durch 
den Mangel eines Schalenbandes von den äußerlich und in der Lebens- 
weise ähnlichen Muscheln, so erlaubt die Zusammensetzung und Struktur 
ihrer Schalen sogar Bruchstücke leicht zu erkennen. Unter der wohl 
stets vorhandenen, fossil aber nicht erhaltungsfähigen hornigen Cuti- 
cula, die auch den Stiel überzieht, haben viele schloßlose Formen 
eine dünne firnißelänzende Hornschale aus Keratin, das oft reichlich mit 
phosphorsaurem Kalk imprägniert ist, wie bei Discina, oder mit solchen 


Brachiopoda, Bau und Lebensweise. 181 


Kalkschichten wechsellagert wie bei Lingula (Fig. 212 A). Seltener sind 
nur einfache Kalkspatschichten vorhanden, wie bei Urania (Fig. 212D) 
oder bei der schloßtragenden T’hecidea, sowie bei den meisten kam- 
brischen Schloßträgern, während bei allen übrigen in Schale und Arm- 
gerüst der Kalkspat in sehr schräg zur Oberfläche aufsteigenden 
parallelen Prismen angeordnet ist. Ein Teil der letzteren Schalen ist 
dicht (= faserig, Fig. 212C), ein anderer aber wie alle übrigen Schalen 


—ZCU 


Fig. 212. 
R ‚ 4A Lingula murphiana King 
ER (U. O. Lingulacea). 
Rezent, Querschliff 200 >< vergr. (aus 
Blochmann 1900). 
eu (uticula, ah Hornschichten, k Kalkschichten, mit feinen Poren. 
B Magellanea flavescens Lam. (U. O. Terebratulacea). 
Rezent (aus Carpenter 1851). 
Schaleninnenseite 100 x vergr. Innere Prismen- und Porenenden, rechts im Bruch Prismen längs. 
Ü Rhynchonella psittacea Chemnitz (U. ©. Rhynchonellacea). 
£ Rezent (aus Carpenter 1351). 
Schaleninnenseite 40 x vergr. Innere Prismenenden, im Bruch Prismen längs. 
D Orania anomala Müller (U. O. Oraniacea). 
Rezent (aus Blochmann 1892). 


Hinterrand der Dorsalschale. Querschnitt 50 x vergr. Zwei dichte Kalkschichten mit außen ver- 
zweigten Poren. 


von oft sehr feinen, selten außen verzweigten Poren senkrecht bis unter 
die Cuticula durchsetzt (perforiert = punktiert, Fig. 212 5), wohl um die 
Ernährung der Schale durch Mantelfortsätze zu erleichtern. 

Alle Brachiopoden leben gesellig nur am Meeresboden, und zwar 
vor allem unter der Gezeitenzone, häufiger in wärmeren Meeren, bis 
etwa 300 m Tiefe. Wenige Arten sind fast allgemein, die meisten 
mehr oder weniger lokal, dagegen oft vertikal sehr verbreitet. Die 
Hornschaler leben jetzt allermeist in geringerer Tiefe als die in der 
abyssischen Tiefsee allerdings auch seltenen Kalkschaler, und Lingula 
bildet insofern eine Ausnahme, als sie im Sande der Gezeitenzone 


182 Molluscoidea. 


mit Hilfe ihres sehr beweglichen Stieles, ähnlich wie die Scheiden- 
muscheln, sich einbohrt, während die anderen durch den Stiel oder durch 
Festwachsen der Ventralklappe oder wie die 7 Productidae durch ihre 
Stacheln auf Hartgebilden in sandigem Schlamm, an Felsen oder 
Korallenstöcken festgeheftet sind. Die Beweglichkeit selbst ihrer Arme, 
durch welche sie vor allem den Gasaustausch und den Erwerb ihrer 
mikroplanktonischen Nahrung besorgen, ist in der Regel auch nur eine 
sehr geringe, sie gleichen also in ihrer Lebensweise am meisten fest- 
sitzenden Orinoidew und Muscheln. Der biologische Zusammenhang 
mit derartig unbeweglichen Tieren zeigt sich darin, daß erstens ihre 
Larven, wenn auch bei den schloßtragenden Formen nur sehr kurze 
Zeit und in beschränktem Maße, planktonisch leben und so zur weiteren 
Verbreitung dienen können, daß sie zweitens von der Fazies sehr ab- 
hängig und drittens in der Form sehr variabel sind. 

Es macht das die Begrenzung der Arten sehr schwierig. Sie 
geschieht bei rezenten schloßtragenden Formen vielfach nach der Aus- 
bildung der in den Weichteilen vorhandenen Kalkspikulä und nach 
der Struktur der Schaleninnenseite sowie nach der Porenzahl und 
-weite, im übrigen und speziell bei den fossilen vor allem nach der 
äußeren Form und Verzierung. Genera werden hauptsächlich nach 
dem Umstand, ob die Schale hornig oder kalkig, faserig oder perforiert 
ist, ob eine Area oder Septen vorhanden sind und nach der Form 
des Armgerüstes unterschieden, während für größere Gruppen ebenfalls 
die letztere, bei schloßlosen auch die Verteilung der Muskeleindrücke 
wichtig ist. Die Hauptabteilungen endlich werden nach dem Vor- 
handensein oder Fehlen eines Armgerüstes, nach der Art des Stiel- 
austrittes, vor allem aber nach dem Vorhandensein oder Fehlen von 
Schloß und After bestimmt, wobei allerdings fraglich ist, ob dieses 
System den natürlichen Verwandtschaftsverhältnissen ganz entspricht. 
So ergeben sich die zwei Ordnungen der Kcardines und Testicardines. 


1. Ordnung: Ecardines. 


Die meistens kleinen, hornig kalkigen oder einfach kalkigen 
(Fig. 212A, D, S. 181), etwas konvexen bis niedrig konischen Schalen 
besitzen kein Schloß, dafür sind außer den Schließmuskeln schräge 
Muskeln vorhanden. Niemals aber finden sich an der Schale angesetzte 
Stielmuskeln und ein verkalktes Armgerüst. Die wenigen rezenten 
Vertreter, die infolge des längeren planktonischen Lebens ihrer Larven 
vor allem im warmen Seichtwasser weit verbreitet sind, haben alle 
einen After; fossile sind bis zum Unterkambrium nachgewiesen. 


Lingulacea und Discinacea. 


183 


1. Unterordnung: Lingulacea. 


Die jetzt im Sande der Litteralzone sich eingrabenden Lingulidae, 
die bis in das Kambrium zurückgehen, sind hornig-kalkige, nur etwas 
konvexe Formen von längsovalem Umriß mit höchstens schwacher 
Radialskulptur, bei welch allen der Stiel zeitlebens zwischen den zwei 


Klappen heraustritt. Die spatelförmigen Lingula- 
Schalen selbst (Fig. 211, 5. 180, u. 213) finden sich 
schon im Silur, und hier wie besonders im Kambrium 
gesellen sich dazu noch kleine Formen von mehr 
rundlichem Umriß, die teils hornig-kalkig, teils 
kalkig sind, meist eine Area besitzen, und dann deut- 
lich ungleichklappig sind. Solche sind z. B. im 
Unterkambrium bis Untersilur die etwas dick- 
schaligeren rundlichen 7 Obolus (Fig. 214), während 
die dieken kalkigen oft großen Schalen der silurischen 
T Trimerellidae (Fig.215) durch 
erhöhte Ansatzstellen (Platt- 
formen) für die Schließmuskeln 
ausgezeichnet sind. 


Ada 


Fig. 214. 

4 7 Obolus Apollinis 
Eichw.(U.O.Lingulacea). 
Oberkambrium (Lingula- 
Stufe), Estland (aus Mickwitz 
1896). 
Ventralschale ergänzt, von 
außen und seitlich, '/,. 


Fig. 213. Lingula 
r Lewisü Sow. (U. O. 
Lingulacea). 
Obersilur (Ludlow-Stufe), 
Ludlow, England (aus 
Davidson 1866). 
Schale !/,, A seitlich und 
B dorsal, ihre Klappen 
wenig verschieden. 


B 7 Obolus (4 Schmidtia) Eig. 215. 
crassus Mickwitz (1896).  Trimerella Lindstroemi Dall. (U. O. Lingulacea). 
Ventralklappe von innen 3/,. Obersilur, Gotland (aus Davidson und King 1874). 


a Stielfurche, dD Area, c, d A Schale dorsal !/,, B Ventralklappe von innen !),. ar Arca, 
Muskeleindrücke, eEindrücke ın Muskeleindrücke, pl.f. Plattform, ps. de Pseudodeltidium, s Median- 


der Mantelgefäße. septum, w Wirbel. 


2. Unterordnung: Diseinacea. 


Dieselbe große geologische Verbreitung wie die vorigen haben 
die mit dünnen, hornigen, rundlichen Schalen versehenen Verwandten 
der Diseinidae (Fig. 216), die in wenig verschiedenen Gattungen von 


154 Molluscoidea. 


der Gegenwart bis zum Mittelkambrium verbreitet sind, wo sich ihnen 
wie im Silur Formen anschließen, bei welchen meistens ein Pseudo- 
deltidium das im Schalenwirbel befindliche Stiel- 
loch verengt, z. B. die f Acrotretidae. Bei allen 
.st.l. tritt nämlich der Stiel durch 
“ einen Schlitz oder ein Loch 
hinter dem meist fast zen- 
tral gelegenen Wirbel der 
Ventralschale heraus. 


Crania ( Pseudocrania) 
3. Unterordnung: +depressa Eichw. (U. O. 


Fie. 216. ; 2 
= Craniacea. Craniacea). 


Discina (+ Orbieuloidea) 2 f ! } 
+ Forbesii Davids. (1866) Durch den Mangeleines Untersitun ee, a 
2 . Hü 9). 
(U. 0. Discinacea). Stieles sind dagegen die Dorsalklappe von innen ',,. 


Obersilur (Wenlock - Stufe), kleinen Oraniidae ausore- 4 breiter Schalenrand, Ansatz- 

Malverns, England. = & h are) stelle d des hinteren Schließ- 

Konische Ventralklappe ?/;. zeichnet weil ihre dicken muskels, c des schrägen Mus- 
? b) (=) 


si schiteförmigen Stieitcen Kalkigen (Fig 212, SIS1) Zunn. ae 
hinter dem fast zentralen mit subzentralem Wirbel » Medianseptum, n Radial- 
neo: versehenen Schalen meistens RR 
ventral festgewachsen sind (Fig. 29, 8. 27, u. 217). Auch sie lassen 
sich in wenig verschiedenen Genera von der Gegenwart bis in das 
Silur zurückverfolgen, hatten aber ihre größte Entwicklung erst in 
der Kreidezeit. 
2. Ordnung: Testicardines. 

Die öfters sehr stattlichen afterlosen Tiere (Fig. 206, S. 176) haben 
kalkige, allermeist aus Prismen aufgebaute (Fig. 212B, C, S. 181) und 
in der Regel mit einem Schloß versehene Schalen, dem entsprechend 
keine schrägen Muskeln, andererseits aber Stielmuskeln. Der Stiel tritt 
stets durch eine Öffnung unter oder am Wirbel der mehr oder weniger 
größeren Ventralschale hindurch, während die dorsale häufig ein 
Armgerüst trägt. Außer bikonvexen Schalen finden sich hier manche 
konkav-konvexe, selten auch konische. Ihre äußere Verzierung ist 
oft sehr entwickelt. 

Die Larven der rezenten Formen haben anscheinend keine große 
Ausbreitungsfähigkeit, deshalb sind die jetzt meistens in mäßig tiefem 
Wasser lebenden Arten in der Regel nicht weit verbreitet. Die ältesten 
Vertreter der sehr individuen- und formenreichen Ordnung finden sich 
schon im Unterkambrium. 


l. Unterordnung: Strophomenacea. 
Die jetzt nur durch die kleinen, bis in die Trias zurückreichenden 
Theciderdae vertretene, bis ins Unterkambrium zu verfolgende Unter- 


Strophomenacea. 185 


ordnung steht in dem Mangel eines Armeerüsts und der manchmal 
schwachen Ausbildung des Schlosses den Ecardines noch nahe, auch 
ist wie bei manchen altpaläozoischen Discinacea meistens ein Pseudo- 
deltidium vorhanden. Bemerkenswert ist ferner, daß hier der Schloß- 
rand meist gerade, die 
Ventralklappe in der 
Regel stark konvex und 
zuweilen aufgewachsen 
ist, und daß der Stiel 
öfters ganz rückgebildet 
wird, während die Dorsal- 
klappe häufig flach bis 


konkav ıst. Die sehr oft 7 
radial verzierten Schalen Fio. 218. + Deptaena rhomboidalis Wilckens 
sind übrigens bald faserig, (U. O. Strophomenacea). 


bald punktiert bei den Obersilur (Wenlock-Stufe) Dudley, England (aus Davidson 1866). 
eur, 2 A Längsschnitt !/,, zeigt den geringen Innenraum der konkav- 
Thecideidae und den kam- konvexen Schale. B Schale dorsal !/,, d konkave Dorsalschale, 


brischen ni Billingsellidae ar Arca der Ventralschale, ps. de Pseudodeltidium. 
aber ohne Prismenstruktur. Die Thecideidae zeichnen sich außerdem 
durch das Vorhaudensein radialer Septen, die z. T. als Widerlager der 
mit dem Mantel verwachsenen Arme dienen, und durch reichliche 
Kalkabscheidung im Mantel selbst aus. Die anderen Familien sind 
bis auf ganz wenige und kleine im Lias Westeuropas vorkommende 
i Strophomenidae auf das Paläozoikum beschränkt. Die genannte haupt- 
sächlich silurische Familiengruppe umfaßt Formen mit wohlentwickelter 
Area, deren Stielloch außer bei den schon im Unterkambrium auf- 
tretenden Verwandten von  Orthis (Fig. 15, 8.20, u. 207, 8. 177) 
durch ein Pseudodeltidium geschlossen wird, und deren Schale bald 
faserig, bald porös ist. Auffällig ist der oft recht geringe Innenraum 
der häufig konkav-konvexen Schalen (Fie. 218). 


Fig. 219. + Prodüetus costatus Sow. (U. O. Strophomenacea). 
Unterkarbon, Schottland (aus Davidson 1*57). 
4 Schale dorsal, konkav-konvex mit abgebrochenen Stacheln, °/,., Bkonvexe Ventralklappe mit hohlen 
Stacheln ?/,. C konkave Dorsalklappe von innen 2/3. a Schloßfortsatz, Eindruck b des hinteren, 
c des vorderen Schließmuskels, d Armleisten (sog. nierenförmige Eindrücke), e Medianseptum. 


186 Molluscoidea. 


Hauptsächlich im jüngeren Paläozoikum, aber auch schon im 
Silur sind die 7 Productidae entwickelt, die sich durch die verschieden 
starke Ausbildung hohler Stacheln auf den nur selten angewachsenen 
Sehalen und durch das Fehlen eines Stieles auszeichnen. Auch be- 
sitzt ihre flache oder konkave Dorsalklappe 
außer einem starken Schloßfortsatz im 
Innern paarige hakenförmige Leisten, die 
wohl als eine Art Armstütze dienten 


(Fig. 219). Die Schloßzähne selbst aber 


Fig. 220. + Richthofenia lawren- Fig. 221. 7 Pentamerus (j Conchidium) Knight 


ciana Kon.(U.O. Strophomenacea). Sow. (U. O. 7 Pentameracea). 
Perm, Salt Range, Indien (aus Waagen Obersilur (Ludlow-Stufe), England (aus Davidson 1866). 
1887). A Schale dorsal Y/,. a großer eingekrümmter Wirbel der 


Konische Ventralklappe !/,. Verkehrt ge- Ventralklappe, b Area, c Stielloch. B linke Hälfte der Wirbel- 

stellter Querschnitt parallel dem Schloß- partie. a, b Wirbel der Ventral- und Dorsalklappe, c sehr 

rand, » Poren zu den hohlen Stacheln, starke Zahnstütze mit dem Medianseptum d verbunden, 

q.b. Querböden, darunter Struktur zer- e Zahnstütze der Dorsalklappe mit deren Medianseptum f 
stört, 2.sch. zellige Wandschicht. verbunden. 


sind bei den jüngeren, für das Karbon und Perm sehr charakteristischen 
Formen, zu welchen die größten aller Brachiopoden gehören, rück- 
gebildet. 

An diese Familien schließen sich nun im Perm Asiens und Süd- 
europas mehrere kleine Familien der eigentümlichst differenzierten 
Brachiopoden an, deren Dorsalklappe noch mehr als bei ihnen nur 
wie ein Deckel auf der viel stärkeren, sekundär verdickten Ventral- 
klappe erscheint und deren Schloß und Stiel ganz rückgebildet sind. 
Bei den  Zyttoniidae sind im Innern der Ventralklappe fiederförmig 
zum Medianseptum gestellte Seitensepten vorhanden, und die Dorsal- 
klappe ist über ihnen mit tiefen Randschlitzen versehen. Die  Richt- 
hofeniidae aber haben eine mit hohlen Stacheln versehene, fest- 
gewachsene Ventralklappe (Fig. 220), die hoch kegelförmig und sekun- 


 Pentameracea, Rhynchonellacea 


und 7 Spiriferacea. 


där durch eine zellige Kalkschicht verdickt ist, und dadurch sowie 


durch Ausbildung von Querböden an die K 
(s. Fig. 25, S. 25, u. S. 94) erinnert, also 
ein bemerkenswertes Beispiel von Kon- 
vergenz gibt. 


2. Unterordnung: f Pentameracea. 


Die nur vom Perm bis zurück zum 
Unterkambrium verbreiteten, oft stattlichen 
Formen zeichnen sich in der Regel durch 
den Besitz schwacher Crura, eines Pseudo- 
deltidium in der sehr kleinen Area und 
sehr starker Zahnstützen in den Schalen 
aus, die wie fast alle folgenden bikonvex 
sind (Fig. 221 u. 222) und einen kurzen 
und meist gebogenen Schloßrand haben. 


3. Unterordnung: Rhynchonellacea. 


Von der Gegenwart bis zum Unter- 
silur verbreitet, und besonders im Meso- 
zoikum entwickelt, unterscheidet sich die 
auch wenig umfangreiche Unterordnung 
von der vorigen fast nur durch geringere 
Ausbildung der Zahnstützen, stärkere der 
Crura und vor allem durch die Entwick- 
lung von Deltidialplatten in dem drei- 
eckigen, unter dem spitzen Schnabel ge- 


elche mancher r Tetracorallen 


+ Porambonites aequirostris 
Schloth. (U. O. 7 Pentameracea). 
Rußland (aus Hall 
Clarke 1892). 

A Schale seitlich zeigt die eingekrümm- 
ten Wirbel t/,.. B von vorn, zeigt die 
Anwachsstreifen und den Wulst und die 
Bucht (Sinus) am Stirnrand !/,. O4 Poram- 
bonites Schmidtii Nött. (1885). Untersilur, 
Estland. Ventralklappe von innen ?),. 
s Medianseptum, st. !. Stielloch, a. b. Auf- 
biegung des Stirnrandes infolge der 
Bucht der Klappe, z Schloßzahn, z.st. 
starke Zahnstütze. 


Untersilur, und 


legenen Stielloch. Radialskulptur und Biegungen des Stirnrandes finden 
sich an den meist faserigen Schalen sehr häufig. Arhynchonella (Fig. 209, 


Ss. 179, u. 2120, S. 181) selbst, in eine 
Anzahl Subgenera zerfallend, läßt sich 
bis in das Silur zurückverfolgen. 


4. Unterordnung: 7 Spiriferacea. 

Ebenfalls durch Deltidia, die aber 
öfters zu einem Deltidium unitum (Pseudo- 
deltidium p. p.) verschmelzen, vor allem 
aber durch ein spirales Armgerüst aus- 
gezeichnet, sind zahlreiche Formen vom 
Lias bis ins Untersilur, vor allem im 
Altpaläozoikum vertreten. Ihre allermeist 


Ne ö : 
Fig. 223. TAmphieyelina 
(U. O. 7 Spiriferacea). 
Obere Trias, Niederösterreich (aus 
Bittner 1390). 
Konkave Dorsalklappe von vorn, sche- 
matisch, stark vergr. Die z. I. mit Stacheln 
besetzten doppelten Spiralbänder des Arm- 
gerüstes sind von außen nach innen ein- 
gerollt und ihre Enden nach unten etwas 
nach außen gerichtet. 


Molluscoidea. 


185 


dichte, häufig radial verzierte Schale hat sehr oft einen geraden und 
nieht selten langen Schloßrand und eine manchmal sehr hohe Area. 
Die Spitzen der Armspiralkegel sind selten ventral gerichtet wie bei 
den kleinen, hauptsächlich triassisch-alpinen f Koninckinidae (Fig. 223) 


BI NIBR: 


ft 


A 2. 
Fig. 224. + Atrypa reticularis L. (U. O. 7 Spiriferacea). 
Mittel- und Oberdevon, New York (aus Hall und Clarke 1892). 

4 Schale dorsal !/,, B Ventralschale mit dem von außen nach innen spiral gewundenen Armgerüst 
der Dorsalschale, dessen Spitzen nach innen oben gerichtet sind, °/,, © Schale seitlich !/,, zeigt 
den Mangel einer Area. 
oder gegen die Mitte der Dorsalschale, wie bei den altpaläozoischen 
rÄirypidae (Fig. 224), sondern bei den besonders im Paläozoıkum 
formenreichen 7 Spiriferidae und ‘ Athyridae mit stets bikonvexer 

Schale seitlich gewendet (Fig. 210, S. 179, u. 229, S. 191). 


5. Unterordnunse: Terebratulacea. 


Jetzt noch am reichsten unter den Brachiopoden, vor allem aber 
im Mesozoikum entwickelt, geht die durch ein schleifenförmiges Arm- 
gerüst und Deltidia charakterisierte, sehr formen- 
reiche Unterordnung bis in das Devon zurück 
(Fig.206, 3.176, u. 208, 8.177). 
Die allermeist punktierten (Fig. 
212 B, 8.181), oft unverzierten 
Schalen haben häufig einen 
gefalteten Stirnrand und einen 


Fig. 225. Terebratula 


+ biplicata d’Orb. (U. O. 
Terebratulacea). 
Obere Kreide (Cenoman), le 
Mans, Frankreich (Münchner 
Sammlung). 

Schale dorsal '/,. d Deltidium, 
st.l. Stielloch im Wirbel, die 
Dorsalschale zeigt Anwachs- 
linien und am Stirnrand zwei 
Falten. 


meist gebogenen Schloßrand 
mit schwacher Entwicklung der 
Area (Fig. 225). Bei manchen 
Formen des oberen Jura kann 
am Stirnrand durch Zurück- 


bleiben des Wachstums in der. 


Mediane ein so tiefer Ein- 
schnitt sich bilden, daß die 


7 Pygope 
diphya Col. (U. ©. 
Terebratulacea). 
Oberer Jura, 'Tithon, Ro- 


Fig. 226. 


goznik, Galizien 
Zittel 1870). 
Schale dorsal Y/,. 


(aus 


Schale förmlich zweigeteilt erscheint, sekundär kann der Einschnitt 
aber wieder bis auf ein zentrales Loch sich schließen (Fig. 226). 


Die Ausbildung der Mediansepten und vor allem die sehr wech- 
selnde Gestalt des Armgerüsts läßt mehrere Familien unterscheiden. 
Eine einfache kleine Schleife hat z. B. die devonische 7 Centronella 


(Fig. 227), bei dem ebenfalls devonischen a 


stattlichen  Stringocephalus (Fig. 228) 


Kio72282 Stringocephalus Bur- 
tini Defr. (U. O. Terebratulacea). 


A Mitteldevon, Eifel (aus Davidson- 
Fig. 227. 7 Centronella glansfagea Billings bosllonggelbenmss 1SM0) 
U: 0. Terebratul ) Dorsalklappe von innen ?/,. a sehr starker 
( . U. Lereoravutacen). am Ende gegabelter Schloßfortsatz, b Zahn- 
Mitteldevon, New York (aus Hall und Clarke 1895). grube, c Medianseptum, d Schenkel des 


A Schale dorsal ohne Area, glatt mit Anwachsstreifen, /,. Armgerüstes, e, f Eindruck des hinteren 

B, C Wirbel der Dorsalklappe mit sehr einfachem, kleinem und vorderen Schließmuskels, 9 Schleife 

Armgerüst, vergr. von innen und seitlich. a.sch. Schleife des Armgerüstes dem Schalenrand parallel 
und er Crura des Armgerüstes, z.gr. Zahngrube. mit zentralwärts gerichteten Stacheln. 


folgt sie ähnlich wie bei den von der Gegenwart bis zum Jura ver- 
breiteten Megathyrinae dem Schalenrand, während sie bei der großen 
Zahl der bis ins Devon zurückgehenden Terebratulidae auch einen 
gegen den Wirbel zu aufsteigenden Ast besitzt (Fig. 206, 5. 176, 208, 
8. 177, u. 225, 226). 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung 
der Brachiopoden. 


In der Gegenwart wie im Tertiär bilden die Brachiopoden trotz 
lokaler Häufigkeit kein bedeutendes Element der Meeresbewohner, 
während sie in früheren Zeiten zu den verbreitetsten Meerestieren 
gehörten, welche besonders vom Perm bis zum Silur die Rolle spielten, 
die jetzt den Muscheln zukommt. Sie erfüllen mit ihren Schalen oft ganze 
Schichten, sind auch schon im Kambrium häufig, und zählen so für den 
Paläontologen zu den wichtigsten Organismen. Dazu kommt, daß ihre 
Schalen auch in Gesteinen wohl erhalten sind, in welchen andere 
Tiere nur in Steinkernen und Abdrücken vorkommen. 

Im Mesozoikum sind es allerdings nur die Terebratulidae und 
Rihynchonellidae, neben welchen fast nur einige 7 Spiriferacea in der 
Trias hervortreten, vom Perm bis Silur aber sind beinahe alle noch 
lebenden Familien z. T. formenreicher als später vertreten und dazu 
noch eine Reihe ausgestorbener, teilweise sehr verschieden differenzierter. 


190 Molluscoidea. 


Herrschend sind hier Strophomenacea, ‘ Spiriferacea und  Penta- 
meracea, also Testicardines mit meistens geradem und längerem Schloß- 
rande. Aber im Untersilur gesellen sich zu ihnen schon zahlreiche 
Ecardines, welche, abgesehen von der Blüte der Oranidae ın den 
kälteren Meeren der Kreidezeit, später nur eine recht bescheidene 
Rolle spielen, und im Kambrium treten die ältesten Strophomenacea 
und wenigen  Pentameracea ganz zurück gegen sie. 

Die weltweite Verbreitung, die gute Erhaltungsfähigkeit der Horn- 
und Kalkschalen und die Häufigkeit macht die Brachiopoden zu sehr 
wichtigen Leitfossilien im Meso- und Paläozoikum, wenn auch die 
lange Lebensdauer vieler Genera, die Variabilität der äußeren Form 
und die so schwierige Untersuchung des Schaleninnern erschwerend 
einwirken. Doch sind gewisse Gruppen auf kürzere Zeiträume beschränkt 
und für sie charakteristisch, so manche Ecardines, die 7 Porambonitidae, 
 Atrypidae und  Stringocephalidae auf Abschnitte des älteren Paläo- 
zoikums, und fr Productus auf Karbon und Perm. Die aberranten 
Gruppen der  Strophomenacea scheinen nur in gewissen Meeren der 
Permzeit verbreitet gewesen zu sein, wobei erwähnenswert ist, daß 
das mitteleuropäische Perm (Zechstein) wie das dortige Triasmeer sehr 
arm an Formen, wenn auch z. T. reich an Individuen war, während 
das Permokarbon Süd- und Vorderasiens wie die alpine Trias eine viel 
größere Entfaltung der Brachiopoden zeigen. Sonst allerdings sind 
die Brachiopoden tiergeographisch noch wenig behandelt und an- 
scheinend auch nur ausnahmsweise gut verwertbar, da eben die genaue 
Artbestimmung der fossilen Formen so schwierig ist. 

Alle Unterordnungen gehen bis in das Altpaläozoıkum zurück, 
die Mehrzahl ist von der Gegenwart an bis dorthin vertreten, nicht 
nur Familien lassen sich ganze Ären hindurch verfolgen, sondern auch 
manche Genera wie Lingula, Discina, Rhynchonella und Magellanea 
erweisen sich direkt oder in wenig abweichenden Subgenera als ebenso 
langlebig. In schroffem Gegensatz zu dieser Konstanz steht die starke 
Variabilität der Arten und die oroße Manniefaltigkeit der Formen. 
Beides hängt wohl mit der Lebensweise zusammen, denn von den 
ältesten Zeiten an waren die Brachiopoden festgeheftete oder doch 
fast unbewegliche, von Mikroplankton lebende Bewohner des Meeres- 
bodens, die durch zwei von Muskeln beweste Klappen geschützt waren. 

Sie bilden seit dem Kambrium eine sehr einheitliche Klasse, 
deren Herausbildung also präkambrisch sein muß, besonders weil ja 
auch ihre wichtigsten Abteilungen schon im ältesten Paläozoikum 
differenziert sind. Fällt ja doch der Höhepunkt ihrer Entwicklung 
in das Silur und die Trennung fast aller Familien in das Paläozoikum. 


Brachiopoda, Entwicklung. 


EN 


Besonders hervorzuheben ist, daß bei ihnen ähnlich wie bei den See- 
igeln die größten Individuen und die aberrantesten Formen sich erst 
nach dem Höhepunkt, im Karbon und Perm finden, und daß diese hier 
einer sonst nicht hochstehenden Unterordnung, den Strophomenacea, 
angehören, die nach dem Auftreten dieser Formen nur noch sehr 
schwach und in unscheinbaren Vertretern entwickelt ist. 

Obgleich demnach die wirklichen Vorfahren der meisten Unter- 
ordnungen, weil präkambrisch, uns unbekannt sind, geben uns doch 
die paläozoischen Brachiopoden im Vergleich mit den späteren und 
unter Benutzung der Resultate der Ontogenie der Hartteile, die bei 
vielen rezenten und fossilen Formen studiert ist, mannigfache deutliche 
Hinweise auf deren Zusammenhang. BISal. Stil. 

Geht man von kambrischen 
Formen aus, die den hornigen Em- 
bryonalschalen aller Brachiopoden 


ähnlich sind, nämlich gewissen 
Lingulacea, so finden wir bei den 
ältesten Beardines alle Übergänge 
von hornigen zu rein kalkigen 
Schalen und bei manchen kalkigen 
Lingulacea auch schwache Schloß- 


Fig. 229. 7 Spirigera trigonella Schloth. 
(U. O. + Spiriferacea). 
Mittlere Trias (Muschelkalk), Südostalpen (aus 
Bittner 1890). 
4 Schale dorsal /,, st.!. Stielloch. B Schale seitlich, 
Naht trotz der scharfen Rippen gerade. (© Schliff 
durch die Nahtebene, st.!. Stielloch, cr Schenkel 


(Crus) des Armgerüstes, a.sp. Spiralteile des von 
innen nach außen spiral gewundenen Armgerüstes. 


fortsätze, wodurch die Grenze gegen 
primitive Strophomenacea sehr ver- 
wischt wird. Sie wiederum zeigen in manchen Übergängen einerseits 
die Ausbildung hohler Stacheln und die Konvergenzen zu deckel- 
tragenden Einzelkorallen, anderseits vermitteln sie über die j Penta- 
meracea, die allerdings z. T. durch die Ausbildung hoher Septen und 
Zahnstützen spezialisiert sind, zu den Ahynchonellacea, wobei das 
Pseudodeltidium schwindet und Örura entstehen. Der weitere Zusammen- 
hang ist dann darin angezeigt, daß Arhynchonellacea ähnliche, aber un- 
verkalkte Armspiralen haben wie die  Atrypidae, und daß einerseits 
paläozoische primitive Terebratulacea nur durch eine kleine an den 
Orura befestigte Querschleife von ihnen sich unterscheiden, anderer- 
seits der Anfangsteil des Spiralgerüstes mancher 7 Atrypidae die 
Schleifenform solcher Terebratulacea besitzt. Nur zu den f Spiriferacea, 
die seitlich gerichtete Spiralkegel haben (Fig. 210, S. 179, u. 229), 
sind noch keine Übergänge gefunden, wobei noch zu erwähnen ist, 
daß viele Strophomenacea ähnlich aufgerollte Arme hatten wie die 
 Koninckinidae. 

Endlich dürften sich die Discinacea auch von präkambrischen 
Lingulacea ableiten lassen, worauf kambrische Formen hindeuten, bei 


Molluscoidea. 


welchen die ventrale Stielfurche viel stärker entwickelt und tiefer 
ist, so daß Übergänge zu einem Stielschlitz vorhanden sind. Was 
die Oraniacea anlangt, so liegt wohl eine sekundäre Reduktion des 
Stieles vor, wie sie sich ja bei manchen Strophomenacea verfolgen läßt. 


Diagnosen der Molluscoidea. 


1. Klasse: Bryozoa. Kleine, meist stockbildende, äußerlich Polypen ähnliche 
Tiere mit kreis- oder hufeisenförmigem Tentakelkranz. Gehäuse hornig, manch- 
mal verkalkt. 

1. Unterklasse: Fntoprocta. Leibeshöhle rudimentär, After innerhalb des Ten- 
takelkranzes. Nur rezent. 

2. Unterklasse: Kctoprocta. Leibeshöhle wohl entwickelt, After außerhalb des 
Tentakelkranzes. Stets stockbildend. Fast alle marin, fossil bis Untersilur. 
1. Ordnung: Phylactolaemata. Tentakelträger hufeisenförmig. Nur Süßwasser, 

rezent. 

2. Ordnung: Gymmnolaemata. Tentakelträger scheibenfömig. Gehäuse ei- bis 
röhrenförmig, meistens verkalkt. Oft Polymorphismus. Allermeist marin, 
fossil formenreich und häufig bis Untersilur. 

3. Unterklasse: Phoronidea. Wurmförmig mit hufeisenförmigem Tentakelkranz, 
Leibeshöhle wohl entwickelt. Marin, stockbildend, nur rezent. 


D 


. Klasse: Brachiopoda. Zweiseitigsymmetrisch, von einer dorsalen und ventralen, 
kalkigen oder hornig-kalkigen Schalenklappe umschlossen. In der Regel 
durch einen Stiel festgeheftet. Atmen mit fleischigen spiralen, oft durch ein 
Kalkgerüst gestützten Mundarmen. Marine Bodenbewohner. 

1. Ordnung: Ecardines. Klein, mit After. Schalen meistens hornig-kalkie, 
stets ohne Schloß und Armgerüst. Rezent bis Unterkambrium. 

2. Ordnung: Testicardines. Klein bis mehrere dm groß, ohne After. Schalen 
kalkig, mit Schloß, meistens mit Armgerüst. Rezent formenreich bis 
Unterkambrium. 


Literatur. 
Bryozoa Gymnolaemata. 

Canu: Revision des Bryozoaires du Uretace figures par d’Orbieny, II. Cheilo- 
stomata. Bull. Soc. geol. France, Ser. 3, Bd. 28, Paris 1900. 

Cunnings: Development of some paleozoic Bryozoa. Amer. Journ. Sci. Ser. 4, 
Bd. 17, New Haven 1904. 

Gregory: Catalogue of the fossil Bryozoa in the British Museum, I. The juras- 
ric Bryozoa. II. The cretaceous Bryozoa. London 1896 und 1899. 

Nickles and Bassler: A synopsis of american fossil Bryozoa, including bi- 
bliography and synonymy. Bull. U. St. geol. Surv., Nr. 173, Washington 1900. 

Pergens: Revision des Bryozoaires du Cretace figures par d’Orbigny, I. Cycelo- 
stomata. Bull. Soc. Belge de G£&ol., Bd. 3, Bruxelles 1889. 

Ulrich and Bassler: A revision of the paleozoic Bryozoa, Part I Ötenostomata. 
Smiths. miscell. Coll., Bd. 45, Washington 1904. 


Brachiopoda, Literatur. 193 


Literatur zu Brachiopoda. 
Allgemeines: 

Beecher: Development of the Brachiopoda, I. u. II. Amer. Journ. Sci. Bd. 41 u. 
44, New Haven 1892. 

Blochmann, F.: Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachio- 
poden. Zeitschr. wiss. Zool., Bd. 90, Leipzig 1908. 

Davidson: A monograph of the British fossil Brachiopoda. Bd. 5 General sum- 
mary. Palaeontographical Soc., London 1882—1884. 

Schuchert, Ch.: A synopsis of American fossil Brachiopoda including biblio- 
graphy and synonymy. Bull. U. St. geol. Surv., Nr. 87, Washington 1897. 
Walcott, Ch. D.: Classification and terminology of the Cambrian Brachiopoda. 

Smiths. miscell. Collect., Bd. 53, Nr. 1811, Washington 1908. 


Einzelne Gruppen: 

Böse, E.: Monographie des Genus Rhynchonellina Gemm. Palaeontogr., Bd. 41, 
Stuttgart 1894. 

Cunnings, E. R.: The morphogenesis of Platystrophia. Amer. Journ. Sci., Ser. 4, 
Bd. 15, New Haven 1903. h 

Huene, Fr. v.: Die silurischen Craniaden der Östseeländer mit Ausschluß Got- 
lands, und Supplement dazu. Verh. k. russ. miner. Ges., Ser. 2, Bd. 36 u. 38, 
Petersburg 1899 u. 1900. 

Mickwitz, A.: Über die Brachiopodengattung Obolus Eichw. M&m. Acad. Imp., 
Ser. 8, Bd. 4, St. Petersburg 1896. 

Nötling, Fr.: Untersuchungen über die Familie der Lyttoniidae Waag. emend. 
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Scupin, H.: Die Spiriferen Deutschlands. Paläont. Abh., Bd. 8, Jena 1900. 

Wysogorsky, J.: Zur Entwicklung der Orthiden im baltischen Silur. Zeitschr. 
deutsch. geol. Ges., Bd. 52, Berlin 1900. 

Mesozoikum: oemnen. 

Bittner, A.: Brachiopoden der alpinen Trias, und Nachtrag I. Abh. k.k. geol. 
Reichsanst., Bd. 14 u. 17, Wien 1890 u. 1892. 

Deslongchamps: Brachiopodes. Palaeont. franc., Terrain jurassique, Bd. 6, 
Paris 1863—1885. 

Rau, K.: Die Brachiopoden des mittleren Lias Schwabens mit Ausschluß der 
Spiriferinen. Geol. u. pal. Abh., N. F., Bd. 6, Jena 1905. 

Paläozoikum: 

Hall and Clarke, J.: An introduction to the study of the genera of paleozoic 
Brachiopoda, I. u. II. Geol. Surv. St. New York, Palaeont. Albany N. Y. 
1892 u. 1894. 

Schellwien, E.: Die Fauna der Trogkofelschichten ete., I. Brachiopoda. Abh. 
k. k. geol. Reichs-Anst., Bd. 16, Wien 1900. 

Tschernyschew, Th.: Die oberkarbonischen Brachiopoden des Ural und Timan. 

Mem. Com. geol., Bd. 16, St. Petersburg 1902. 

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13, Bd. 1, Caleutta 1837. 

Waleott, Ch. D.: Cambrian Brachiopoda I—V. Proc. U. St. nation. Mus. Bd. 19, 
21, 23, 25 u. 28, Washington 1897, 1898, 1901, 1902 u. 1905. 

Winchell and Schuchert: The lower silurian Brachiopoda of Minnesota. Geol. 
and nat. hist. Surv. Minnesota, Bd. 3, Pt. 1, Minneapolis 1893. 


Stromer, Paläozoologie. 15 


Mollusecoidea. 


194 


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Perm 


Karbon 


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Silur 


Kambrium 


Mollusca, Bau und Lebensweise. 195 


VI. Stamm: Mollusca. 


Die ungegliederten, meist zweiseitig symmetrischen Weichtiere 
sind durch eine rückgebildete Leibeshöhle, geschlechtliche Fortpflan- 
zung und den Besitz eines dorsal gelegenen Herzens, eines wohlent- 
wickelten Darms und eines ventralen muskulösen Bewegungsorgans, 
des Fußes oder Trichters ausgezeichnet, die meisten auch durch ein 
aus drei Gangliengruppen bestehendes Zentralnervensystem und einen 
Kopf mit Sinnesorganen und chitinösen Reibplatten (Radula). Sie 
werden ganz oder teilweise durch eine am Rücken entspringende 
paarige oder unpaare Mantelfalte umhüllt, wodurch eine Mantelhöhle 
entsteht, die hauptsächlich der Kiemenatmung dient. Zum Schutz 
der in der Regel wenig beweglichen Tiere scheidet Mantelrand und 
Außenfläche ein Üuticularskelett aus, das aus Konchin und kohlen- 
saurem Kalk aufgebaut ist (Fig. 17, 8. 22) und allermeist nur 
aus ein oder zwei Stücken besteht, eine Schale, die manchmal 
auch als hydrostatisches Organ dient (Cephalopoda), öfters aber 
vom Mantel umhüllt und dann rudimentär wird. Überhaupt können 
bei manchen Gruppen der Kopf, die Kiemen oder der Fuß, auch die 
Schale und sogar der Mantel bis zum völligen Schwund reduziert 
sein. ÖOntogenetisch werden die betreffenden Organe aber sehr häufig 
noch angelegt, ein Hinweis darauf, daß der Paläozoologe unter Um- 
ständen besser beschalte Verwandte der betreffenden Weichtiere 
finden kann. 

Der Verbreitung der Mollusca, die meist den Meeresboden aller 
Zonen und Tiefen, z. T. aber auch das freie Meer, Süßwasser oder 
Land bewohnen, dienen sehr häufig schwimmende Larven, die bei den 
beweglicheren, gewöhnlich nektonischen Cephalopoda und bei Süß- 
wasser und Land bewohnenden Schnecken und Muscheln fehlen. Der 
Einfluß der Lebensweise macht sich übrigens auch insofern geltend, 
als die den Boden bewegten Wassers bevölkernden Formen kräf- 
tigere Schalen haben als die planktonischen, nektonischen oder Still- 
wasserbewohner; schwimmende, aber auch bohrende Weichtiere und 
viele Landschnecken dagegen besitzen nicht nur sehr dünne, son- 
dern besonders oft rudimentäre Schalen, und die größten und die 
am reichsten verzierten finden sich im wärmeren Wasser, vor allem 
des Meeres. Einen Rückschluß auf den Bau der Weichteile gestattet 

135 


196 Ä oe 


die meist ganz äußerliche Schale zwar nur in beschränktem Maße, 
doch dient ihre Ausbildung und die damit eng verknüpfte des Man- 
tels, auch die des Kopfes und Fußes und der Kiemen hauptsächlich 
zur Unterscheidung der 5 Klassen Amphineura, Scaphopoda, Lamelli- 
branchiata (Muscheln), Gastropoda (Schnecken) und Cephalopoda, 
sowie auch bei der Einteilung der Untergruppen. Das System der 
Gattungen und Arten ist sogar meist und hauptsächlich auf Details 
ihrer Form und Skulptur basiert, und nicht selten äußern sich auch 
(Geschlechtsunterschiede in ihrer Größe. Es ist das deshalb von be- 
sonderer Bedeutung, weil die Schalen der letzten drei Klassen bis in 
das Silur zurück die häufigsten und für die Geologen wichtigsten Fossilien 
sind, wenn man auch meistens bloß ihre Steinkerne oder Abdrücke findet. 


1. Klasse: Amphineura. 


Da die Ordnung der wurmförmigen, nur mit Kalkstacheln bewehrten 
Solenogastres fossil völlig unbekannt ist, kommt hier nur die Ordnung 
Polyplacophora der getrennt geschlecht- 
lichen Käferschnecken in Betracht. Ihr zwei- 
seitig symmetrischer, meist niederer Körper, 
der mit einem kleinen Kopfe, zahlreichen beider- 
seitigen Kiemenbüscheln, einem strangförmigen 
Nervensystem und breitem Kriechfuß versehen 
ist, wird völlig vom Mantel überdacht. Er 
scheidet außer einem chitinösen Saume und 
randlichen Kalk- oder Chitin-Stacheln oder 
Schüppchen stets eine Längsreihe von acht 
dachziegelartig sich deckenden Kalkplatten aus, 
so daß die Tiere im Gegensatz zu allen andern 
Weichtieren einen beweglichen segmentären 
Rückenpanzer besitzen (Fig. 230.) Die dach- 
förmigen Platten haben, abgesehen von der 


Fig. 230. 
7 Helminthochiton priscus h : z : : : 
Münst. (U.O. Eoplacophora). vordersten, die wie die hinterste ın einem 
Unterkarbon (Kohlenkalk), Tour- konvexen Rand endet, alle am Vorderrand zwei 
nai, Belgien (aus de Koninck 1383). 


Im Zusammenhang gefundene Yon der vorhergehenden Platte überlagerte Apo- 
Rückenplatten, etwas gegeneinan- nhysen. Außerdem aber sind bei den meisten 


Y 


der verschoben, !/ı. 


Genera an sämtlichen Platten jederseits seit- 
liche Kortsälze die Insertionsplatten, vorhanden, die zur Befestigung 
im Randsaum efanıen, und deren Ausbildung zur Einteilung in inter 
ordnungen und Familien sich verwerten läßt. Alle diese Teile werden 
von einer kompliziert gebauten Kalkschicht, dem Articulamentum ge- 
bildet, das abgesehen von den Fortsätzen durch eine chitinöse, nur 


Polyplacophora, Scaphopoda. 197 


z. T. verkalkte und deshalb fossil unbekannte Deckschicht, das Teg- 
mentum, überkleidet wird. Öntogenetisch legen sich übrigens zuerst 
nur die sieben vorderen Platten an, was von Interesse ist, weil auch 
bei einer Solenogastren-Larve sieben Platten gefunden wurden. 

Die ausschließlich marinbenthonischen Käferschnecken leben jetzt 
fast alle in der Küstenzone, hauptsächlich der wärmeren Meere, und 
sind nicht sehr formenreich. Ihre Einteilung beruht in erster Linie 
auf der Beschaffenheit des Hautskeletts, im Detail auf Verzierungen 
des Tegmentum. Fossil wurden fast nur isolierte Kalkplatten bisher 
vor allem in Europa bis in das Untersilur zurück gefunden, und 
zwar sind sie nur im Jungtertiär und auch im Unterkarbon (Kohlen- 
kalk) häufiger, wo Amphineuren von mehr als 1 dm Länge vorkommen. 
Von den rezenten Formen, die fast alle unter 1 dm lang sind, haben 
die höchststehenden kammförmige (Teleoplacophora), andere nur am 
Rand geschlitzte Insertionsplatten (Mesoplacophora), wie sie sich auch 
schon bei jüngeren mesozoischen Formen finden. An die niedersten 
 rezenten, die kosmopolitisch und auch in der Tiefsee verbreitet sind, 
und ganz einfache glatte oder keine Insertionsplatten haben, schließen 
sich am besten die auf das Paläozoikum beschränkten 
Genera an, welchen die Insertionsplatten stets fehlen. 
(Eoplacophora, Fig. 230.) 

Wie bei der nächsten Klasse herrscht der größte 
Formenreichtum im Känozoikum, die Grundform der 
Schale aber ist seit den ältesten Zeiten konstant, 
anscheinend auch die Zahl der Platten, und nur in 
der Ausbildung der Insertionsplatten läßt sich eine 
Entwicklung nachweisen. 


2. Klasse: Scaphopoda. 


Der gestreckte Körper der stets kiemenlosen 
Scaphopoden ist von einem röhrenförmig geschlossenen pi. 231. Dentalium 
Mantel umhüllt, aus dessen unterer Öffnung Kopf und + sulcatum Lam. 
Grabfuß herausgestreckt werden können, während (Kl. Scaphopoda). 
nahe der engeren oberen Öffnung ein Muskel den *tertiär a 
Körper an der auch röhrenförmigen Kalkschale be- Deshayes 1866). Schale 
festigt. Sie ist im Querschnitt zwar rund, ein am "er" > Bauchseite, 
Oberende sehr häufig vorhandener ventraler Schlitz sowie eine Biegung 
nach der Bauchseite hin zeigen jedoch eine zweiseitige Symmetrie an 
(Fig. 231). Von äußerlich sehr ähnlichen Anneliden-Röhren unter- 
scheidet sie sich durch einen auch von dem anderer Mollusken ab- 
weichenden Aufbau in drei Schichten. Ihr größter Durchmesser liegt 


198 Mollusea. 


bei sehr kleinen Formen nahe am Vorderende, bei größeren an ihm, 
wo auch das Wachstum erfolgt, während der spitze Anfang ab- 
seworfen werden kann. 

Die getrennt geschlechtlichen, 2mm bis über 1 dm langen Tiere 
leben vor allem im tieferen bis abyssischen Meere, aber auch im Seicht- 
wasser, hauptsächlich im wärmeren, und wühlen sich in Sand- oder 
Schlammboden mit dem Kopfende voran ein. Sie spielen keine große 
Rolle, obwohl sie jetzt und im Jungtertiär am formenreichsten 
und häufigsten sind, während sie im Mesozoikum und Paläozoikum 
immer seltener werden. 

Ihre nicht sehr zahlreichen Gattungen werden nach der Gesamt- 
form der Schale, nach der Gestalt ihres Oberrandes und auch ihrer 
Skulptur, die übrigens nach dem Lebensalter 
wechseln kann, unterschieden. Sie sind äußerst 
langlebig, denn manche gehen bis in das Unter- 
silur zurück, und nur eine alttertiäre Gattung 
erscheint ausgestorben. Die Arten dagegen 
sind weder räumlich noch zeitlich weit ver- 
breitet und schon im Eocän findet man keine 
rezenten mehr. Mit Skulptur versehene Formen 
spielen nur jetzt und im Jungtertiär eine größere 
Rolle, die ältesten aber sind glatt. Sind auch 
die größten Schalen fast ausschließlich käno- 
zoisch, so kennt man doch schon aus dem 
Unterkarbon ebensolange Formen. Die Sca- 
phopoda sind also eine sehr alte konstante 


Fig. 232. 


Schematischer Querschnitt e ; 
durch eine Muschel. Gruppe, deren älteste bekannte Vertreter wie 


eEpidermis, pPrismenschicht, 7la- die der vorigen Klasse keine Annäherung an 


mellöse Porzellanschicht, b’&uBßere, 
der Epidermis homologe, b’innere, 
der Kalkschale homologe Liga- 


andere Weichtiere verraten. 


mentschicht, m Mantel, s Schloß . 1 1 
mit eintretendem Mantelfortsatz, 3. Klasse a Lamellibranchiata. 
Kuemeun HerzygzDarm imNiere, Als von Mikroplankton lebende und wenig 


9 Geschlechtsorgane, / Fuß. 


bewegliche Bewohner des Bodens der Gewässer 
sind die Muscheln durch den Mangel von Kauorganen und eines Kopfes 
und den Besitz paariger, allermeist blattförmiger Kiemen (daher Lamelli- 
branchiata genannt) und schützender paariger Kalkschalen (daher Di- 
valvia) ausgezeichnet (Fig. 232). Obwohl die natürliche Stellung bei 
verschiedenen Formen sehr wechselt, indem sie bald die Dorsalseite 
nach oben gekehrt haben, z. B. die Teichmuscheln (Unio), bald mit 
der rechten oder linken Seite dem Boden aufliegen, z. B. Austern 
(Ostreidae), wobei die zweiseitige Symmetrie der Tiere deutlich gestört 


Lamellibranchiata, Bau. 199 


sein kann, sind ihre Schalenklappen, wie bei den Ostracoda, im Gegen- 
satz zu denjenigen der Drachiopoda als rechte und linke zu bezeichnen. 

Sie werden vom Mantel ausgeschieden, der dorsal in der Mittel- 
linie entspringt und den Körper des Tieres sowie die beiderseitigen 
Kiemen mit zwei Lappen umhüllt, deren 
freie Ränder sehr oft miteinander ver- NUR. 
wachsen. Dabei bleibt aber mindestens ass 
vorn unten eine Lücke für den meist beil- Fig. 233. Klaffende Schale von 
förmigen Fuß (danach der Name Pelecypoda) Panopaea + Astieriana d’Orb. 
und hinten zwei, die das Einströmen des Sr ne) a ne 

r = en Siphonen (aus Brauns 1876). 
Nahrung und Sauerstoff zuführenden und on aliahure) 
das Ausströmen des verbrauchten Wassers, Junges Tier ’/,. ki klaffende Hinter- 

. seite, «s Atemsipho, ks Kloakensipho. 
sowie der Exkremente des dem Munde oppo- 
niert gelegenen Afters ermöglichen. Sie sind bei den meisten sich 
eingrabenden oder bohrenden Muscheln als Atem- und Aftersipho 
Yöhrenförmig nach hinten verlängert. Auch die Schale klafft manchmal 
in geschlossenem Zustand diesen Öffnungen entsprechend vorn und 
besonders hinten, da die Siphonen speziell bei bohrenden Formen sehr 
groß und nicht rückziehbar, und dann von einer verkalkenden Hülle 
geschützt sein können (Fig. 233); in diesem Falle kann die eigentliche 
Schale sogar sehr reduziert und durch eine sekundär gebildete Kalk- 
schale ersetzt sein. 

Der schwellbare Fuß ist übrigens bei festsitzenden Formen wie 
den Austern auch manchmal rückgebildet und enthält oft eine Byssus- 
drüse, deren hornfaseriges Sekret zum Festheften dient. Für dessen 
Ani befindet sich dann öfters vorn oben an der einen Klappe ein 
Ausschnitt (Fig. 256, S. 212), der bei einigen 
wenigen Formen, z. B. den Anomitdae, zu einem 
Loch in ihr umgestaltet ist. Die längliche 
bis rundliche Schale schwankt meist zwischen 
1—8 em Durchmesser, doch kommen solche | 
von mehr als 1m bei T Rudisten und der Fig. 234. + Palaeoneilo 


rezenten Triducna, Bewohnern warmen Seicht- «rmoricana Oehlert (1888). 


Unterdevon, Westfrankreich. 
wassers, VOT. Inneres der rechten Klappe °/,- 


Die Klappen sınd fast nie ganz sym- Typus eines taxodonten Homo- 
rose er 1 | slbt b öfi myariers. Mit eingezeichneter 
metrisch, meistens beide gewölbt, aber öfters Längen- und Höhenachse. IBand- 
ist eine flach, die andere stärker gewölbt, bei 1eäste: 
 Rudisten sogar kegelförmig bis prismatisch (Fig. 24, S. 25). Eine 
bei vielen Muscheln etwa mit der Oroanalachse zusammenfallende 
Horizontallinie bezeichnet ihre Länge, eine senkrecht dazu gelegte die 


Höhe und eine vertikal zu diesen an der Stelle größter Wölbung gestellte 


Mollusca. 


200 


(Gerade die Dicke (Fig. 234). Der dem dorsalen Mantelrand entsprechende 


gerade 


Fig. 235. Cardita 7 Dunkeri Phil. 
Alttertiär (Unteroligocän), Lattorf, Anhalt (aus Koenen 1889). 
Typus eines homomyaren Heterodonten, mit einfacher 
(nteeripallisten) Mantellinie. 4A linke Klappe von innen 
1.  i Ligamentnymphe (= Bandfurche), rz von den 
Rippen gebildete Randkerbung, öm integripalliate Mantel- 
linie, kn, vom hinterer und vorderer Muskeleindruck. 
B geschlossene Schale von oben !/,. Die Oberfläche mit 

Rippen bedeckt, die am Vorderrand ineinandergreifen. 


. 203). 


oder gebogene Klappenrand, der sogenannte Schloßrand, wird 


dabei nach oben und horizon- 
tal gestellt, an ihm liest dann 
fast stets (bei F Rudistue nicht) 
der Wirbel, die Stelle der 
ersten Kalkabscheidung und 
zugleich der stärksten Wöl- 
bung. Die Ausdrücke Vorder-, 
Hinter- und Unterrand er- 
geben sich dabei von selbst. 
Der Wirbel ist übrigens fast 
stets dem Vorderrand genähert 
(bei Nucula u. a. nicht) und 
meistens nach vorn gedreht 
(prosogyr, Fig. 242, 8. 205), 
selten nach hinten (opisthogyr, 
Fig. 246, 5. 207), oder nach 
Konzeniiiech um ihn folgen 


außen oben (spirogyr, Fig. 245, 5 


sich dann die Anwachelinien die oft an der äußeren Oberfläche der 


Klappen deutlich hervortreten, 


bei vielen Formen aber durch kon- 


zentrische oder radiale Skulptur (Str eifen, Rippen, Höcker oder Stacheln) 


Fig. 236. Venus Haidingeri Hoernes (1870). 
Jungtertiär (Miocän) des Wiener Beckens. 
Typus eines homomyaren Heterodonten mit einge- 
buchteter (sinupalliater) Mantellinie A Innenseite der 
rechten Klappe °®/,. z Zähne, g Zahngruben, I! Liga- 
mentnymphe, om, hm vorderer und hinterer Muskel- 
eindruck, sm Mantelbucht. B Schale von oben !/,, 
mit konzentrischer Berippung. lu Lunula, w Wirbel, 
ı Bandnymphen, « Area. 


etwa dem Vorder-, 


unelh oder weniger verdeckt 
werden. Bei loahklepaigen 
Muscheln liest vor dem Wirbel 
oft ein kantig begrenztes Feld 
(Lunula), und hinter ihm auch 
häufig ein längeres, manchmal 
großes (Area), die beide in ihrer 
Skulptur oder in deren Mangel, 
im Gegensatz zur sonstigen Ober- 
fläche stehen (Fig. 236 5). End- 
lich ist der Schloßrand öfters 
vorn und hinten durch ohren- 
artige Fortsätze der Klappen 
verlängert. 

Auf der stets unverzierten 
Innenseite der Klappen verläuft 


Unter- und Hinterrand parallel (integripalliat) die 


Mantellinie, welche die Stelle innigerer Vereinigung von Mantel und 


Schale durch Ansatz feiner Muskeln darstellt (Fi 


g. 235). Wo größere 


Lamellibranchiata, Schalen. 201 


Siphonen vorhanden sind, wird sie hinten durch eine Einbuchtung 
verlängert (sinupalliat), um deren Rückziehmuskeln Platz zu gewähren 
(Fig. 239). Vorn und hinten endet sie an den Eindrücken der zwei 
queren Schließmuskeln der Schale, wenn 
diese gleichgroß sind (Homomyaria, Fig. 
235, 236), oder der 
vordere nur etwas 
schwächer ist (Ani- 
somyaria, Fig.237), 
wobei der vordere 
über dem Mund, der 
hintere unter dem 
Fig. 237. After liegt. Wird 


 Pterinea fascieulata Goldf. aber der vordere 


Oberes Unterdevon bei Ems (aus ganz rückgebildet 
- Frech 1891). er 
Innenseite der linken Klappe °® (Monemyaria), so ’ B y 
My x i 2 RE “ Ostrea + semiplana Sow. 
ypus einer anisomyaren Muschel rückt der hintere x 
mit plagiodontem Schloß. km hin- n 3 Untersenon von Braunschweig (aus 
terer großer, vom vorderer, im zentralwärts (Fig. G. Müller 1595). 
Schwinden begriffener Muskel, 9) Q _ Typus eines Monomyariers. Innen- 
darunter der Byssusausschnitt 258) und die Mantel seite®/,. Der hintere Muskel Am allein 
yı ENG Ö © R 
k Kerbzähnchen des Schloßrandes, linie endet frei am vorhanden und in die Mitte gerückt, 
iın integripalliate Mantellinie. ı Ligamentgrube, r Runzeln. 
Erz z Schloßrand. Anden ee 


Fig. 238. 


Schließmuskeleindrücken liegen übrigens öfters noch solche der kleinen 
kückziehmuskeln des Fußes. 

Um ein unverrückbares Zusammenhalten der geschlossenen Klappen 
zu erzielen, sind meistens auf einer inneren Verbreiterung des Schloß- 
randes, der Schloßplatte (Fig. 242 B, S. 205), zapfen- oder leisten- 
förmige Zähne, die in Gruben der Gegenklappe eingreifen, auf beiden 
Klappen alternierend ausgebildet. 

Bei manchen größtenteils paläo- 
zoischen Formen sind allerdings Schloß- 
zähne und Gruben nur angedeutet 
(kryptodont), bei vielen jüngeren, wohl | 
durch Rückbildung verloren gegangen ne 
(dysodont, Fig. 238), oder auch es sind Fig. 239. 


statt Zähnen innere bandtracende, oft _. Futraria 7 oblonga Chemn. 
(=) ? Miocän, Wiener Becken (aus Hoernes 1370). 


löffelförmige Vorsprünge entwickelt Typus eines sinupalliaten Homomyariers. 
(desmodont), oder nur einige schiefe Rechte Klappe von innen ®/,. ı Ligament- 
= : r grube im Innern unter dem Wirbel. 
Kerben (plagiodont, Fig. 237). 

Bei einem wohl entwickelten Schloß scheint die ursprünglichste 
Anordnung die taxodonte (Fig. 234, 5.199) zu sein, bei der zahlreiche, 
senkrecht zum Rand stehende Zähne und Gruben entwickelt sind. Ein 


202 Mollusca. 


solches Schloß wird bei sehr vielen rezenten Formen embryonal an- 
gelegt, dann aber meistens um- oder rückgebildet. Die seitlichen 
/äbne können sich dabei auch parallel zum Rand stellen (Fig. 241, 
S. 204), wodurch eine Verschiebung der Klappenränder in der Längs- 
und Höhenrichtung verhindert ist. Noch vollkommener ist das bei 
der jetzt herrschenden Schloßart, der heterodonten, der Fall, wo wenige 
Zähne in divergierende Kardinalzähne, die unter den Wirbeln liegen, 
und ein bis zwei vordere und hintere Seitenzähne, die dem Rand ziem- 
lich parallel liegen, differenziert sind (Fig. 235, 236, S. 200). Sowohl 
hier wie bei den schloßlosen kann man übrigens noch einige sekundäre 
Modifikationen unterscheiden, auch kann sich das Band (Ligament) in 
recht wechselnder Weise mit den verschiedenen Schloßarten kombinieren. 

Am Schloßrand befindet sich nämlich stets ein die beiden Klappen 
verbindendes Band (Fig. 232, 5.198), das aus einer äußeren etwas härteren, 
aber biegsamen und einer inneren elastischen Schicht besteht und die 
Aufgabe hat, durch seine Elastizität die ventralen Schalenränder auto- 
matisch zum Klaffen zu bringen, sobald der Zug der Schließmuskeln 
nachläßt, sowie auch eine Verschiebung der Oberränder der Klappen 
im geöffneten Zustande zu verhindern. Es liest oft außen vor und 
hinter dem Wirbel (Fig. 241, S. 204) oder häufiger nur hinter ihm 
(Fig. 236, 5. 200), oft halb innerlich, oft aber auch ganz innen 
(Fig. 239, 8.201) und dann stets direkt unter dem Wirbel. 

Das sehr selten rückgebildete wichtige Band ist zwar fossil nur aus- 
nahmsweise erhalten (Fig. 251, 5.209), seine Lage und sehr verschiedene 
Ausdehnung jedoch an den Ansatzstellen, den Bandgruben, -furchen 
oder -leisten, erkennbar. Sie nehmen bei äußerlicher Lage manchmal 
eine besondere Fläche (Bandarea) ein und setzen sich bei spirogyren 
Wirbeln (Fig. 243, S. 205) als Furche bis zu deren Spitze fort. 

s Was die Entstehung der Schale anlangt, so scheidet 
die Larve ein einheitliches Schalenhäutchen aus, dessen 
dorsaler Mediankiel zum Band wird, während die beider- 
- seits einsetzende Verkalkung zur Bildung dünner, ovaler 

Fie. 240. oder dreieckiger Embryonalklappen (Prodissoconch) führt. 
Condylocardia Diese haben einen geraden, glatten oder feingekerbten 
crassicosta Ber- Schloßrand, sitzen dem Wirbel der bleibenden Schale 
en auf (Fig. 240) und werden später häufig abgeworfen. 
Mit anfsitzendem Letztere besteht meistens aus drei Schichten (Fie.17,3.22). 
Prodissoconeh 2. Außen befindet sich eine speziell bei Süßwasserbewohnern 

Se starke Epidermis (Outicula, Periostracum), die rein orga- 
nisch (Konchin) und deshalb fossil nicht erhalten ist. Die darunter 
folgende Prismenschicht ist aus ?Kalkspatprismen von sehr verschiedener 


Lamellibranchiata, Schalenstruktur, Lebensweise, System. 203 


Dicke aufgebaut, welche außer bei den f Rudistae senkrecht zur Ober- 
fläche stehen. Die innerste Lage endlich besteht aus der Innenfläche 
parallelen ?Aragonitlamellen, die bald eine dichte Porzellan-, bald eine 
irisierende Perlmutterschicht zusammensetzen, welche leichter zerstört 
wird als die ?Kalkspatschicht. Die innere Schicht allein wird von der 
ganzen Manteloberfläche ausgeschieden, wird also bei dem Größen- 
wachstum der Schale dicker, während die ersten zwei Schichten nur 
vom Mantelrand gebildet und daher dort am stärksten werden. Das 
Schloß endlich verkalkt von einer feinen Mantelfalte aus (Fig. 232, 
>.198). Manchmal fehlt übrigens bald die Prismen-, bald die Perlmutter- 
schicht, auch gehen die Schichten etwas ineinander über, wie auch die 
Prismenschicht in Gestalt des inneren, die Konchinschicht in der des 
äußeren Teiles des Bandes sich fortsetzt (Fig. 232, S. 198). 

Während die nicht zahlreichen und nie großen Tiefseebewohner 
zarte Schalen haben, finden sich im Seichtwasser, speziell in den Tropen, 
oft sehr große und dieke. Dort lebt auch die Hauptmenge der jetzigen 
mehreren Tausend Muschelarten, nur etwa Y, in Brack- und Süßwasser. 
Die meisten Familien sind kosmopolitisch verbreitet, obwohl die Tiere 
nu@selten durch Auf- und Zuklappen der Schale etwas schwimmen 
oder mit Hilfe des Fußes springen können. Meist dient er ihnen zum 
Fortschieben und besonders zum Eingraben in den Boden, ju sogar 
in festes Gestein oder in Holz. Viele sind durch den Byssus ange- 
heftet oder direkt mit der rechten und linken Klappe angewachsen und 
bilden oft ganze Muschelbänke, z. B. die Austern und 7 Rudistae; wie 
überhaupt die meisten Muscheln gesellig leben. Für die Verbreitung 
der großenteils an bestimmte Fazies gebundenen Bodenbewohner sorgen 
eben die planktonischen Larven, welche nur fast allen Süßwasserformen 
fehlen. 

Da sich die Mantelränder, wie das Band, bei nächst Verwandten 
oft stark verschieden verhalten, bei ganz fernstehenden Gruppen aber 
gleichartig differenziert sein können, was übrigens in beschränkterem 
Maße auch vom Schloß gilt, erscheint es am besten, jene bei der 
Systematik nur für kleine Gruppen und Genera anzuwenden, im großen 
jedoch die Muscheln nach dem Verhalten der Schließmuskeln in Ho- 
momyaria und Anisomyaria zu teilen und bei ihnen wieder Unter- 
abteilungen nach dem Schloß zu unterscheiden, wobei vielleicht die 
noch zu wenig untersuchten Strukturunterschiede der Schale mit ver- 
wertet werden könnten. Denn die von den Zoologen jetzt bevorzugte 
Einteilung nach der Kiemenausbildung ist für Paläontologen nicht ver- 
wendbar und erscheint z. T. zu einseitig. Für Genera sind außer obigen 
Merkmalen Einzelheiten im Schloßbau, die Gesamtform der Schale und 


Mollusca. 


204 


die Gestalt der Muskeleindrücke, oft auch die Skulptur wichtig, für 
Arten endlich Einzelheiten der Form und Skulptur. 


1. Ordnung: Homomyaria. 


Bei den sehr zahlreichen Formen mit zwei gleichstarken Schließ- 
muskeln sind die Kiemen primitiv bis hoch differenziert und die 
Schlösser höchst mannigfach gebaut. Nach ihnen ergibt sich eine 
nur vorläufige Einteilung der bis in das Untersilur zurückreichenden 
Ordnung in vier Unterordnungen. 


1. Unterordnung: Taxodonta. 


Die gleichklappigen Muscheln bewohnen heute nur noch in we- 
nigen Vertretern alle Meere, besonders die wärmeren, und haben in 
ihrem taxodonten Schloß wie in ihren Kiemen 
altertümliche Merkmale bewahrt. Ihr Band 
liegt oft äußerlich, oft auch in einer Grube 
innerlich. Neben den primitiveren Nuculacea 
(Fig. 234, 5.199), meist kleinen rundlichen bis 
länglichen Muscheln, die ın seltenen Fällen 
auch Siphonen besitzen und die bis in das 
Untersilur verbreitet sind, begegnet uns im 
Fig. 241. ee Silur auch schon die Familiengruppe der 

lo \9% { NLA). . . ö 

sc aToaoni) Arcacea, in welcher das Band auf einer drei- 
Oberster Jura, Boulogne (aus E % n 

Loriol et Pellat 1874). eckigen Bandarea zwischen Wirbel und Schloß- 
A en u rand liest, und! die Zähne, dem‘ letzterembarkt 
teils parallel zum Schloßrand ? : 5 
stehenden Zahnleisten, darüber die mehr parallel laufen (Fie. 241). Diese Area 
winkelig geriefte Band-Area a. - . e . . s 

ist bei den känozoischen Formen im allge- 
meinen höher als bei den mesozoischen, sonst herrscht aber auch hier 
große Konstanz lange Zeiten hindurch. 


2. Unterordnung: Heterodonta. 

Bei den Muscheln, welche ein in wenige Kardinal- und Seiten- 
zähne differenziertes Schloß haben, liegt das Band fast stets äußerlich, 
meist hinter dem Wirbel, und es finden sich fast nur typische Blatt- 
kiemen. Um die zahlreichen Familien der jetzt im Meer- und Süß- 
wasser herrschenden, aber schon im Silur dürftig vertretenen, sehr 
gestaltenreichen Unterordnung einigermaßen zu ordnen, unterscheidet 
man integri- und sinupalliate, obwohl eine Bucht der Mantellinie auch 
in Familien der ersteren Gruppe öfters vorkommt. 

Zu den ältesten Integripalliata gehören die Lucinidae, die durch 
einen gestreckten vorderen Muskeleindruck ausgezeichnet und meist 
rundlich und flach sind, im Tertiär und Mesozoikum aber auch stärker 


Heterodonta. 


205 


gewölbte Angehörige haben und schon im Silur 


Auch die meist schräg vierseitigen 


bis in das Unterdevon zurück. Dagegen lassen 
sich nahe Verwandte der jetzt nur die Nord- 
meere bewohnenden Cyprina, die Üyprinidae, 
nur bis ın 


mit typisch heterodontem Schloß 
den Jura verfolgen, ihnen 
gehen im Paläozoıkum et- 
was stärker verschiedene 
Formen voraus, die sich 
mehr den 7 Megalodontt- 
dae anreihen. Diese dick- 
schaligen glatten Muscheln 
(Fig. 242) haben eine kurze 
breite, meist nur mit zwei 
Zähnen besetzte Schloß- 
platte, und ihr hinterer 
größerer Muskeleindruck 
liegt auf einer Schwiele. 


Devon, Bensberg, Eifel (ebenda). 


nachgewiesen sind. 
Astartidae (Fig. 235, 5.200) gehen 


Fig. 242. 


A r Megalodus spec. ind. (U.O. Heterodonta). 


Oberste Trias von Südtirol (aus Hoernes 1830). Vorderseite !/,. 


b ; Megalodus eucullatus Goldf. 
Schloßplatte ®/,. 


Sie zeigen ein merkwürdig intermittierendes Auftreten, indem sie nur 
im Jura und vor allem in der alpinen Trias und im Ober- und Mittel- 


devon vorkommen. 

In ihren ebenfalls kräftigen, 
aber nach vorn gekrümmten Wirbeln 
erinnern einige Formen der alpinen 
Trias (7 Physocardia) sehr an die 
erst ım Jura beginnenden Iso- 
cardiidae, welche ihrerseits wieder 
mit älteren Verwandten der dick- 
schaligen, ungleichklappigen, weil 
festgewachsenen Chama in Be- 
ziehung stehen. Diese fast ganz 
auf die Kreide und den oberen 
Jura beschränkten Seichtwasser- 
und Riffbewohner, die j _Diceraten 
und  Aeqwienien, lassen sich mit 
den  Caprinidae und y Rudistae als 
Gruppe der Pachyodonta zusammen- 
fassen. 
oberen Jura, unterscheiden sich 


Fig. 243. 7 Diceras sinistrum Desh. 
(U. O0. Heterodonta). 
Oberer Malm, St. Mihiel, Westfrankreich (aus 
Bayle 1373). 
Vorderseite mitspirogyren Wirbeln?/,. Die größere, 
linke Klappe ist am Wirbel bei « festgewachsen. 
ı Ligamentrinne, bis zum Wirbelende verlaufend. 


Die T Diceraten (Fig. 243), charakteristisch für die Riffe des 


von Chama vor allem durch viel 


stärkere Wirbeldrehung und kräftigere Zähne, während bei den unter- 


206 


Mollusea. 


kretazischen 7 Requienien die Ungleichklappiekeit und Wirbeldrehung 
so groß geworden ist, daß ihre rechte obere Klappe nur als Deckel 


Fig. 244. 
Plagioptychus Aguilloni d’Orb. 
(U. O. Heterodonta). 
Obere Kreide, Südfrankreich (aus 
Douville 1888). Linke Klappe, Innen- 
seite Y/,. 

w Wirbel, Am, vom hinterer und vor- 
derer Muskeleindruck, Az hinterer 
Zahn, x Hauptzahn, ! Ligamentrinne, 
a Hohlraum, abgeteilt durch die La- 
melle /«a vondem Wohnraum w des Tie- 
res, k zellige mittlere Schalenschicht. 


der aufgewachsenen erscheint, und daß sie 
äußerlich gedeckelten Schnecken ähnlich 
sehen. Immerhin konnte der Weichkörper 
hier ziemlich wie bei Chama gebaut sein, bei 
den kretazischen Caprinidae jedoch besaß 
der Mantel wohl eine eigentümliche Organi- 
sation, weil zwischen zwei gewöhnlichen 
Kalkschichten der dicken Schale hier noch 
eine mit Kanälen und Blasen durchsetzte 
eingeschaltet ist (Fig. 244). Die aufge- 
wachsene rechte Klappe ist vielfach konisch, 
was seinen Höhepunkt bei den eigentlichen 
r Rudistae (Fig. 24, S. 25, u. 245) der oberen 
Kreide erreicht, von welchen manche bis 
za lm hoch und in Kolonien orgelpfeifen- 
artig aneinander gedrängt vorkommen, so 
daß sie an gewisse Hiffkorallen erinnern. 
Von den zwei Schichten der grobklotzigen 


Schale ist die sehr dicke äußere aus parallel (statt wie sonst senkrecht) 
zur Oberfläche gelagerten großen Prismen aufgebaut, was sich wohl 
daraus erklärt, daß bei dem starken Wachstum der Schalen eine be- 


Fig. 245. 
Längsschnitt durch den Schloß- 
teil eines + Radiolites, um das 
Eingreifen der Zähne in ihre 
Alveolen zu zeigen (aus S. P. 

Woodward 1855). 


x Zahn des Deckels, 2’ Zahn der Unter- 


schale, m Vorsprung zur Anheftung 
des Muskels, zinnere, « äußere Schalen- 
schicht. 


schleunigte Kalkabsonderung notwendig war. 
Wie so oft bei röhrenförmigen Schalen, 
finden sich in der festgehefteten Klappe 
auch Querböden, welche die unteren, älteren 
Teile gegen den sehr kleinen Wohnraum 
des Tieres abgrenzen. Die ebenso zwei- 
schichtige Gegenklappe ist ein Deckel, dessen 
Zapfen teils in Alveolen der Unterklappe 
eingreifen, teils den Muskeln zum Ansatz 
dienen, während ein Band öfters überflüssig 
ist, weil der Deckel offenbar gehoben, nicht 
aufgeklappt wurde. 

Einer ganz anderen Gruppe gehören 
die Trigoniidae an, die jetzt im Seichtwasser 
des indisch - australischen Archipels, im 
Tertiär nur in Australien in wenig Arten 
sich finden, im Mesozoikum aber universell 
reich entwickelt und schon im Devon 


Heterodonta und Desmodonta. 


vorhanden waren. Sie sind durch eine Teilung des Kardinalzahnes 
der linken Klappe charakterisiert, meistens dreieckig mit weit vor- 
gerücktem Wirbel und dahinter befindlichem äußerem Bande und in 
Kreide und Jura in der Regel wundervoll skulpturiert (Fig. 246). 

Von der jetzt im Süßwasser in sehr großer Artenzahl herrschen- 
den Familiengruppe der Najadacea haben die typischen Teichmuscheln, 
die Unionidae, welche sicher, wenn auch selten, schon im Mesozoikum 
bis in die Trias vertreten sind, ein ähnliches Schloß wie die "Trigo- 
niidae. Die zahlreichen Formen aber, deren reduziertes Schloß taxo- 
donten ähnlich (manche Jridina-Arten) oder dysodont (Anodonta) ist, 
sind fossil nicht oder nur bis zur obersten Kreide mehreren lasten, 
Äußerlich Teichmuscheln ähnliche, aber in ihrer Stellung umsichene 
Formen, d. h. längliche, mes, mit 
vorgelagertem Wirbel und schwachem bis 
fehlendem, oft variablem Schlosse finden 
sich öfters, so ın Süß- und Brackwasser- 
ablagerungen von der Trias bis zum Devon 
die FAnthracosiidae (Fig. 23, 8.25) und 
in marinen Strandbildungen des unteren 
Jura und der Trias besonders in Europa 
die dickschaligen j Cardiniidae. RE 

Weitere erwähnenswerte Familien sind „8: 246. Trigonia } clavellata 

5 RE k E Quenst. (1858) (U.O. Heterodonta). 
die Cardiidae (Fig. 26, 5.25) und Cyrenidae, ee Degge wrerenper 
die bis in die Trias, beziehungsweise den 4 linke Klappe von außen ‘/,, mit etwas 

.. e . nach rückwärts gerichteter Wirbelspitze 
unteren Jura, zurückgehen, hauptsächlich una Arealfeld. 3 Schloß derselben Art 
aber känozoisch sind. Erstere, die radial "» Een ee aa 
gerippten Herzmuscheln, sind allermeist ae 
marin, die immensen Oyrenidae aber, die öfters eine schwache 
Mantelbucht zeigen, Brack- und Süßwasserbewohner. 

Unter den Sinupalliata, die alle im Meere leben, sind die wich- 
tigsten die den integripalliaten Oyprinidae ähnlichen Veneridae (Fig.236, 
S. 200), die sich von ihnen im Jura auch noch nicht trennen lassen. 
Andere ebenfalls nur bis in den Jura oder in die Kreide zurückgehende 
Familien wie die Tellinidae, Solenidae und Mactridae (Fig. 239, 5.201) 
haben nur sehr wenige und oft recht schwache Schloßzähne, und ihre 
Schalen sind häufig unskulptiert sowie verlängert, und klaffen. 


3. Unterordnung: Desmodonta. 
Viel Ähnlichkeit mit den letzterwähnten Formen haben teilweise 
die hier zusammengefaßten, fast nur marinen Muscheln. Ihre Schalen 
sind häufig längsoval mit weit vorgerücktem Wirbel, dünn und schloßlos, 


208 Mollusca. 


oder nur mit sehr wenigen zahnartigen Vorsprüngen oder löffelartigen 
Bandträgern versehen infolge Aufenthaltes in Schlamm und in Bohr- 
löchern. Von Integripalliata lebt nur noch Solenomya, deren Weich- 
teile so primitiv wie die der Nuculidae (5. 204) sind, im Seichtwasser 
des Mittelmeeres; vom Karbon bis zum Untersilur 


Fig. 247. Pholadomya 
+ Murchisoni Sow. Fig. 248. 7 Xylophyma laramiensis Wrhitfield (1902) 


(U.O. Desmodonta). (U. 0. Desmodonta). 
Dogger, Norddeutschland. Oberste Kreide, Wyoming, N.Amerika. 
Von oben, mit klaffendem Die Muscheln A (!/,) bohren Gänge und kleiden diese mit Kalk aus. 
Hinterende ?/,. Deren Steinkerne B sind keulenförmig !/,. 


zurück waren aber verwandte Formen (Fig. 7, S. 7) häufiger. Unter 
den jetzt besser vertretenen Sinupalliata, die bis ın das Devon 
zurückgehen, schließen sich an die jetzt nur noch in Westindien ver- 
einzelt lebende Pholadomya zahlreiche gleichklappige, hinten klaffende 
und mit äußerem Bande versehene Arten und ähnliche Genera im 
Mesozoikum universell verbreitet an (Fig. 247). Auch ungleichklappige 
Formen wie Corbula gehen bis in die Trias zurück, und selbst so 
eigenartige wie die mit Hilfe ihres Fußes manchmal sogar in festes 
Gestein sich hineinarbeitenden Bohrmuscheln, z. B. die Pholadidae 
(Fig. 248), die öfters sekundäre Kalkhüllen ausscheiden, kommen im 
Mesozoikum, ja vielleicht schon im Karbon vor. 


4. Unterordnung: 7 Cardioconchae. 


Manche integripalliate, meist gleichklappige und radial gerippte, 
vielfach äußerlich Herzmuscheln ähnliche Formen (Fig. 249), die vom 
Karbon bis in das Untersilur meist in Ablagerungen wohl ruhigeren 
Meerwassers sich finden, lassen sich nicht sicher in die bisherigen 
Unterordnungen einreihen und werden deshalb hier als Anhang be- 
handelt. Ihr gerader bis schwach gebogener Schloßrand ist krypto- 
dont, das Band äußerlich vor und hinter oder nur hinter dem Wirbel 
gelegen, unter dem oft eine Area sich befindet (Fig. 250). Höchst 
bemerkenswert sind darunter die vom Karbon bis zum Untersilur 


+Cardioconchae, Anisomyaria. 209 


verbreiteten + Conocardüdae (Fig. 251), weil sie seltsam speziali- 
siert sind. Ihre Prismenschicht ist nämlich kompliziert gebaut, ihr 
verlängertes Vorderende klafft, wohl für den Byssus, und die ab- 
gestutzte Rückseite besitzt einen oft röhrenförmig 
verlängerten Ausschnitt, wahrschein- 
lich für nicht rückziehbare Siphonen. 


ö Fig. 251. 

Fig. 250. + Conocardium (U. O. 7 Cardioconchae). 
Sr Cardiola interrupta A + Conocardium Nysti de Koninck. Unterkarbon, 
Sow (Or O. + Car-  Nournay, Belgien (Original in der Münchner 


Buch vola eifeliensis . { \ Sammlung). Von hinten und oben gesehen, mit 
dioconchae). erhaltenem Band auf der „Siphonal“röhre. '/,- 


 Beushausen (1895) ÖObersilur, Dvoretz, Böh- B + Conocardium aquisgranense Beushausen 

(U.O.7Cardioceonchae). men (aus Barrande 1851) (1895). Rheinisches Mitteldevon. Mit vorne 

Oberdevon, Büdesheim, Zahnloser, geraderSchloß- unten klaffendem Schalenrand. Steinkern von 
Eifel Yı. rand r mit Area a !ı- unten !/ı. 


2. Ordnung: Anisomyaria. 


Wenn auch bei diesen allermeist marinen Muscheln embryonal 
zwei Muskeln angelegt werden, läuft deren Verbindungslinie in der 
Regel nicht wie bei den allermeisten Homomyaria dem Schloßrande 
ungefähr parallel, sondern bildet einen verschieden großen Winkel 
mit ihm, und der vordere Muskel wird schwach (Heteromyaria, Fig. 237, 
S. 201) oder ganz rückgebildet (Monomyaria, Fig. 238, 8.201). Auch 
werden zwar embryonal Kerbzähnchen angelegt, die erwachsenen Tiere 
haben aber nur selten ein gut ausgebildetes Schloß. Nachdem auch 
Verwachsungen des Mantelrandes kaum vorkommen, also nur Integri- 
palliata sich finden, und die Kiemen nur faden- oder blattförmig sind, 
wird hier das Band bei der Einteilung in etwa 15 Familien beson- 
ders berücksichtigt. Die Schalen sind meistens nur wenig gewölbt, 
eine Klappe ist in verschiedenen Familien öfters sogar ganz flach. 
Ohren und ein Byssusausschnitt finden sich nicht selten. Der innere 
Teil des Bandes ist übrigens bei den präkarbonischen Formen anschei- 
nend nie auf eine oder mehrere Gruben oder eine Längsfurche kon- 
zentriert wie bei den meisten jüngeren, und hauptsächlich deshalb 
lassen sich die devonischen und silurischen Vertreter der einzelnen 
Familien großenteils nicht sicher auseinanderhalten. 

Die Mehrzahl gehört gewiß der jetzt unwichtigen, im Meso- und 
Paläozoikum aber formenreichen Familie der Aviculidae an. Der lange 
gerade Schloßrand der etwas ungleichklappigen Schale endigt hier 
vorn in einem Ohr, hinten meist in einer flügelartigen Verlängerung 


Stromer, Paläozoologie. 14 


910 Mollusca. 


und trägt ein langgestrecktes Band, manchmal auch schwache Kerb- 
ölhmehen =; 237, 8.201,'u. 252). "Nahe verwandt sind die sehr schief 
verlängerten j Aucellen des oberen Jura 
und der unteren Kreide mit kurzem 
Schloßrande (Fig. 256, 5. 212), ferner 
gleichklappige dreieckige oder schief 
ovale Formen mit ganz vorn befind- 
lichem Wirbel ohne Ohren, wie die 
devonischen und silurischen 7 Am- 
bonychiidae und die mindestens bis in 
Fig. 252. 7 Pterinea lineata Goldf. das Karbon zurückgehenden, spitz 

(1834) (O. Anisomyaria). pyramidenförmigen Pinnidae, sowie 
Mitteldevon, Niederlahnstein. Mit flügel- die meistens schräg ovalen bis rhom- 
een eneas bischen Beymidae, deven Bandlınfemer 

Reihe von Quergruben des langen, 
geraden Schloßrandes liegt, und die bis zum Perm vorkommen und in 
Kreide und Jura häufig und oft sehr stattlich sind (Fig. 255, S. 211). 

Durch ein auf eine dreieckige Grube beschränktes Band und 
völlige Reduktion des vorderen Schließmuskels unterscheiden sich von 
all diesen die gleichseitigen meist radial gerippten Kammuscheln, 
Pectinidae (Fig.258, 8.213), und die oft etwas nach vorn verlängerten 
Limidae, deren älteste sichere Vertreter im Karbon vorkommen, und 
die im Käno- und Mesozoikum eine größere Rolle spielen. 

Die Spondylidae (Fig. 253), in manchem den Pectinidae ähnlich, 
in den typischen käno- und mesozoischen Formen aber durch paarig 
symmetrische Schloßzähne (Isodontie) 
ausgezeichnet, sind mit der rechten 
Klappe festgewachsen. Durch links- 
seitiges Aufwachsen und den Mangel 
eines Schlosses unterscheiden sich von 
ihnen die meist rundlichen bis hoch 
ovalen Östreidae (Fig. 238, S. 201), 
deren sichere Angehörige sich nur bis 
in die Trias, seltene fragliche jedoch 
| bis in das Devon finden. Diese durch 
253. Spondylus + spinosus Sow. festsitzende Lebensweise stark be- 

(O0. Anisomyaria). einflußten Austern haben in Kreide 
Obere Kreide, Turon, Strehlen bei Dresden und Jura besonders viele uneleich- 

(aus Geinitz 1872/75). 32.  - { ı SS: 2 
klappige Formen mit eingebogenem 
Wirbel ( Gryphaea und + Exogyra, Fig. 257, S. 213). 
In Muskel-, Band- und Schloßrandentwicklung an Aviculidae 


Lamellibranchiata, geologische Verbreitung. all 


erinnern endlich wieder die gleichklappigen, ungefähr keulenförmigen 
Miesmuscheln, Mytilidae (Fig. 254), an deren ganz vorgerücktem Wirbel 
aber keine Ohren vorhanden sind. Sie haben im Käno- 
zoikum und wohl auch schon im Karbon einige Süß- 
wasserformen (Dreissensia,  Najadites), und in Kalk 
bohrende marine (Lithodomus) gehen bis in das Permo- 
karbon, ja vielleicht bis in das Untersilur zurück. Die 
gewöhnlichen durch Byssus angehefteten (Fig. 254) 
sind aber nur bis zum Devon bekannt, doch schließen 
sich ihnen vielleicht im Mesozoikum die 7 Modiolopsidae 
an, welche vor allem durch einen tieferen vorderen 
Muskeleindruck sich unterscheiden, im Paläozoikum 7. 954. ons 
häufiger sind und schon im Untersilur vorkommen. + innansıs Mer. 
(0. Anisomyaria). 
Die geologische Verbreitung und die Entwicklung Oberer Jura, Haute 
der Muscheln. a es a 

Teilweise Stein- 

kern 4. 


Im Känozoikum stellen die Muscheln neben den 
Schnecken das Hauptkontingent der makroskopischen 
Bodenbewohner aller Gewässer und bilden im marinen Seichtwasser 
oft ganze Bänke, wie z. B. die Austern. In den mesozoischen Meeren 
traten sie aber schon gegenüber den Ammoniten zurück, und in den 
paläozoischen spielten sie neben den Brachiopoden, von denen sie schon 
im Mesozoikum oft an Individuenmenge übertroffen werden, nur eine 
geringe Rolle. Im Süßwasser aber waren 
sie bis zum Karbon zurück kaum un- 
wichtiger als jetzt. 

Für die Kreideformation sind be- 
sonders die f Rudistae und gewisse Per- 
nidae (“ Inoceramus, Fig. 255) und un- 
gleichklappige Pectinidae (Vola, Fig. 258, 
S. 213) charakteristisch, im Jura die 
‘ Diceraten, gewisse Ostreideae und Phola- 


domya nebst Verwandten, auch sind in — 
beiden Formationen die T’rigonien sehr Fig. 255. +Inoceramus Oripsi Mant. 
formen- oder wenigstens individuenreich. (0. Anisomyaria). 


Obere Kreide, Gosau, Ostalpen (aus 


Für die Trias sind die j Megalodonten en 
hervorzuheben, und in ihr erscheinen die Linke Klappe von außen und innen, 

ä it vi b ic! 
ältestenkesichereng Vertreterin yieleryetztan sun vos en nun ni 

3 ee f taxodonten Zähnen! !/,. 
noch blühender Familien, aber nur wenige 
sinupalliate. Diese treten im Paläozoikum ganz zurück, wo taxodonte 
und Formen mit schwachem Schlosse, TCardioconchae, Aviculidae usw. 
14: 


212 Mollusea. 


bis zum Untersilur, im Süßwasser des jüngeren Paläozoikums aber 
 Anthracosiidae die Hauptrolle spielen. 

Fast nur im Tertiär und Mesozoikum können manche individuen- 
reiche kurzlebige Formen als Leitfossilien in Betracht kommen, sel- 
tener auch für Tiergeographie sich brauchbar erweisen. So sind die 
r Aucellen (Fig. 256) hauptsächlich im nordischen oberen Jura ver- 
breitet, die f Rudisten aber für das warme Seichtwasser des einst erd- 
umspannenden Mittelmeeres zur oberen Kreidezeit charakteristisch, 
während sie nördlich und südlich davon, wie in England, Norddeutsch- 
land, Böhmen und Südschweden einerseits und in 
Deutschostafrika andererseits, nur in seltenen dürftigen 
Exemplaren vorkamen. Die meisten Gattungen er- 
scheinen aber universell verbreitet, und sehr viele sind 
außerordentlich langlebig. So geht nicht nur die sehr 
primitive Nucula und Solenomya und auch Avicula bis 
in das ältere Paläozoikum zurück, sondern auch eine 
z so spezialisierte Form wie 7 Conocardium (Fig. 251, 
Fig. 256. 3.209) fand man vom Karbon bis in das Silur verbreitet. 
+ Aucella Gabbi Die Stammesgeschichte der Muscheln ist im großen 
A.P Pavlow(1907) wie im einzelnen noch durchaus unklar. Wenn man auch 
(0. Anisomyaria). auf Grund der Ontogenie sowie des primitiven Baues 
Oberster Jura (mitt- und des geologischen Alters der Nuculidae die Aniso- 
lere Portlandstufe), : 3 6 ö o 2 

odarmn, myaria wie die Homonyaria auf einen taxodonten ähn- 
nn lichen Typus theoretisch zurückführt, kommt man nicht 
über die Tatsache hinweg, daß mit Beginn des Silurs 
Heteromyaria, Taxodonta, Desmodonta, "r Cardioconchae und vielleicht 
auch Heterodonta entwickelt sind, während die zweifelhaften kam- 
brischen Reste (f Fordilla und fragliche Taxodonta) keinen Aufschluß 
geben. Sicher ist nur, daß die FÜardioconchae zwar teilweise recht 
primitiv sind, aber auch vielfach spezialisiert, und daß sie nur als 
Seitenausläufer, nicht als Ausgangspunkt der paläozoischen Muscheln 
zu betrachten sind, da sie erst im Obersilur und Devon hervor- 
treten. Ja es fragt sich, ob hier nicht nur infolge ähnlicher Lebens- 
weise Angehörige verschiedener Muschelgruppen ähnliche Schalen 
merkmale erworben haben, wie ja z. B. Schloßlosigkeit gewiß öfters 
durch Reduktion bei dünnschaligen Muscheln sich ausbildet, und Kon- 
vergenzerscheinungen bei dem so einheitlichen Stamm der Muscheln 
auch sonst eine große Rolle spielen und eine Klärung von Systematik 
und Stammesgeschichte erschweren. 

Sicher ist, daß die größten Differenzierungen der Muscheln erst 
im jüngeren Mesozoikum auftreten, wo die reichst verzierten Formen 


Lamellibranchiata, Phylogenie. 


(Trigoniidae, Spondylidae) und die allermeisten 
festgewachsenen (Ostreidae, Fig. 257, Spon- 
dylidae), darunter so merkwürdige wie die 
 Rudistae, blühen und die sinupalliaten und 
Monomyaria stärker hervorzutreten beginnen. 

Die Taxodonta gehen ziemlich gleichmäßig 
bis zur Gegenwart durch, nie in großer Formen- 
fülle und aberranten Modifikationen ihre Ent- 
wicklungskraft vergeudend. Die Heterodonta 
dagegen, die im Paläozoıkum ganz bescheiden 
und mit integripalliaten Formen beginnen, ent- 
falten sich im Mesozoikum zu zahlreichen 
Familien und geben hier dem aberranten 
Seitenzweig der Pachyodonta wie den typischen 
Sinupalliata Ursprung. 

Ganz selbständig stehen die Desmodonta 
da, bei welehen Sinupalliata mit 7 Allorisma 
schon im Devon, also früher als bei den 


Fig.257. Ostrea(} Exogyra) 
 torosa d’Orb. (O0. Anıso- 


myarta). 


Heterodonta beginnen, wenn sie auch ebenfalls onerste Kreide, Nordamerika (aus 


erst neuerdings eine größere Rolle spielen. 


Coquand 1869). 


Schale seitlich 1/,, mit flacher 


Die Integripalliata« aber sind auch hier im Ober- und gewölbter Unterklappe. 


Paläozoikum die Herrscher und senden nur 


a Anwachsstelle. 


in der konstanten primitiven Solenomya einen letzten Vertreter bis in 


die Gegenwart. 


Wieder anders verhalten sich die Anisomyaria, welche im Devon 
und zu Beginn des Mesozoikums besondere Entwicklungszeiten erlebten, 


dann aber in ihrer Gestalten - Produktivität er- 
schöpft sind. Bei ihnen scheinen die heteromyaren 
Aviculidae den Ausgangspunkt zu bilden, da 
Formen mit völliger Reduktion des vorderen 
Muskels und Beschränkung des Bandes auf eine 
Grube erst vom Karbon an hervortreten. 

Kann man so von der Entwicklungsgeschichte 
der Lamellibranchiaten kein befriedigendes Bild 
entwerfen und nur einige Gesetzmäßigkeiten sicher 
stellen, so bieten die Muscheln doch in manchen 
Fällen besonders interessantes Material für stammes- 
geschichtliche Betrachtungen. Es sei hierzu nur 
das merkwürdige intermittierende Auftreten man- 
cher Formen erwähnt, das nicht einer Lücken- 
haftigkeit unserer Kenntnisse zu entspringen, 


Fig. 258. Vola ; atava 

Röm. (O. Anisomyaria). 

Neokom, Ste. Croix (verbes- 

serte Figur aus Pictet et Cam- 
piche 1868/71). 

Von der gewölbten Unter- 

klappe ist nur der Wirbel 
sichtbar ?);. 


214 RR i onen 


sondern dadurch erklärbar scheint, daß ein fortbestehender Ast zu 
verschiedenen Zeiten nahezu gleiche, immer wieder absterbende Seiten- 
sprossen treibt. Neben den auf Seite 205 besprochenen 7 Megalo- 
dontidae wäre hierfür vor allem die ungleichklappige Pectiniden-Form 
Vola (Fig. 258) als Beispiel zu nennen, die im Lias, in der Kreide und 
im Mitteltertiär immer wieder aus gleichklappigen Pectinidae hervorgeht. 


4, Klasse: Gastropoda, Schnecken. 


Die mannigfach differenzierten Schnecken sind fast alle unsymme- 
trisch gebaut, wenn auch sekundär eine äußerliche Symmetrie vor- 
handen sein kann. Ihr selten rückgebildeter Kopf enthält im Schlunde 
fast stets die systematisch sehr wichtige, fossil aber nicht erhaltungs- 
fähige Radula. Der Fuß ist meistens ee, bei marinen Formen 
öfters zum Schwimmen stark, selten (Strombidae) zum Springen etwas 
umgebildet. 

Der bruchsackartig nach oben hinten ragende Eingeweidesack er- 
fährt ontogenetisch stets eine Drehung, so daß er fast ste äußerlich 
unsymmetrisch und eniel gewunden ist. 

Infolge der Drehung mündet der After gewöhn- 
lich rechts und weit vorn, selten hinten, die Ver- 
bindungsbahnen der paarigen Hauptganglien sind 
häufig 8 förmig gekreuzt (streptoneur), und durch 
einseitige Rednkuon ist eine Reihe von Organen 
Fig. 259. Turbonilla unpaar und verlagert. Die unpaare Mantelhöhle ist 

+ Euterpe Semp. vorn über den Nacken verschoben und enthält nur 
nr De bei primitiven Formen ein Paar Kiemen (gewisse 
N. en Streptoneura), meistens nur eine, oder ihre Innen- 
Kassel (aus Speyer 1870). Häche ist als „Lunge“ zur Luftatmung geeignet 
er (Pulmonata, einige Streptoneura). Dementsprechend 

- " hat das dorsal gelegene Herz nur bei den Paar- 
kiemern zwei vorn gelegene Vorkammern, sonst nur eine, welche sich 
wie die Arenorene, ma vorn (Prosobranchıa und Heteropoda, Pulmo- 
nata), seltener hekein (Opisthobranchia) befindet. Die Öffnung der 
Mantelhöhle ist übrigens bei vielen Streptoneura zu einem vorn links 
gelegenen Atemsipho ausgezogen, und bei anderen mit langer Mantel- 
höhle hat ihre Deeke ungefähr median einen Schlitz, der hauptsächlich 
dem Abgang der Exkremente dient. 

Während ferner fast alle Streptoneura getrennt geschlechtlich sind, 
finden sich auch sehr viele hermaphrodite Schnecken (Opisthobranchia, 
Pulmonata). Stets entwickelt sich in den Eiern eine bewimperte Larve 
(Veliger), die dann bei den marinen Formen in der Regel frei herum- 


Gastropoda, Schalenbau. 21 


schwimmt. Sie bildet eine asymmetrische, spirale, meist mit einem 
Deckel (Operculum) versehene Schale (Nucleus) aus, die oft eine an- 
dere Form, manchmal auch eine andere Drehungs- 
richtung hat wie die bleibende Schale (Heterostylie, 
Fig. 259) und bei Nacktschnecken rückgebildet wird. 
Sie ist manchmal bei derselben Art, statt normal, 
blasıg aufgetrieben, wenn die Tiere tieferes Wasser 
bewohnen, also in ihrer Gestaltung wenigstens etwas 
von äußeren Verhältnissen abhängig. 

Die bleibende Schale wird, wie die Embryonal- 
schale, an der Oberfläche des Eingeweidesackes und 
des Mantels ausgeschieden und entspricht so deren 
Form. Sie besteht allermeist aus kohlensaurem 
Kalk (?Aragonit) auf organischer Grundlage (Kon- 
chin), in der Regel in drei Lagen, die aus schrägen 
Prismen zusammengesetzt sind (Ostracum — Prismen 
— Porzellanschicht, Fig. 260). Außerdem ist meistens 
eine unverkalkte Epidermis vorhanden, die gewöhn- 
lich der Träger der fossil sehr selten (Fig. 3, S. 7) erhaltenen Farb- 
stoffe ist und wie jene Hauptschicht vom Mantelrand ausgeschieden 
wird. Besonders bei primitiveren Prosobranchia findet sich ferner 
innen noch eine Perlmutterschicht, deren dünne, 
der Innenfläche parallele Kalklamellen von der Mantel- 
fläche ausgeschieden werden; sehr häufig ist aber 
auch sie porzellanartig und dann s 
nur schwer von der Hauptschicht 
zu trennen. 

Der Schale (Fig. 261) liegt 
die Form einer spitz beginnenden 
köhre zugrunde, die in der Regel 
in ungefähr geometrischer Pro- 


Fig.260. Längsschlift, 
can, durehadie 
Prismenschicht eines 
rezenten Strombus gi- 
gas (O.Ütenobranchia, 
F. Strombidae). 
(Aus Bronn - Keferstein 
1862/66). 
Die Prismen der einzelnen 
Schichten liegen ungefähr 
unter einem rechten Win- 
kel gegeneinander. 


gression, manchmal aber auch 
R sehr rasch an Weite zunimmt. 
el Sie wird selten sekundär sym- ' 
Durchschnitt durch s Se Fig. 262. 
eine Voluta(0.Cteno- metrisch und dann oft mützen- Linksgewundene 


förmig (Fig. 9, S. 11), allermeist Schale von Trophon 

ist sie spiral gewunden und zwar T Propinguus Ald. 
daß ihre dem Beschauer zu- Re 

N, g zu F. Fusidae). 


gewendete Öffnung rechts liegt, piioeän (Orag.), England, 


branchia,F:. Volutidae) 
aus dem Eocän des 
Pariser Beckens. 
(Orig.) !/,. m Mündung, 
a Ausguß, sp massive 


SpindelmitSpindelfalten, 
n Nähte, iu Höhe des 
letzten Umgangs. 


wenn man ihren Anfangsteil nach 
oben stellt (rechts gewunden). Nur 


(aus Wood 1872). 
si Atemröhre (Siphonal- 
röhre) !/ı. 


/ 


216 Mollusca. 


wenige Genera, Arten oder Individuen haben links gewundene (Fig. 262), 
und auch nur einige, besonders paläozoische Genera in einer Ebene 
aufgewundene (nautiloide) Schalen (Fig. 268, S. 221). 

In der Regel ist also eine Kegelspirale (Schneckenspirale) vor- 
handen, deren Umgänge sich aneinander legen und sich teilweise oder 
ganz (involute Schalen) umhüllen. So entstehen hohe, turmförmige bis 
kreiselförmige, nieder konische bis scheibenförmige und auch eichel- 
oder eiförmige bis kugelige Gehäuse, an welchen man eine Spitze (Apex) 
mit bestimmtem Winkel und eine in den Abbildungen meistens wage- 
recht gestellte Basis unterscheidet, und unter deren Höhe oder Länge 
man den Abstand der Spitze von dem Unterrande der Mündung versteht, 
und an deren Seiten bei nicht involuten Formen die Schraubenlinie 
der „Nähte“, d. h. der Grenzlinien der spiralen Umgänge, zu sehen 
Sind (re 202), die verschieden steil ansteigen. Legen sich die Um- 
gänge in der idealen Achse des Kegels 
dicht aneinander, so entsteht eine mas- 
sive „Spindel“ (Columella, Fig. 261); 
lest sich der letzte Umgang allein dieser 

i Achse nicht an, so entsteht in der Mitte 
a a der Gehäusebasis eine Vertiefung, der 
gulatus Sow. (U. O. Rhipidoglossa, 5 x > 

F. + Euomphalidae). „falsche Nabel“; berühren sich die Um- 
Unterkarbon, Kildare, Irland (aus Bayle gänge längs dieser Gehäuseachse nicht, 
a so entsteht eine von unten bis oben 
durchgehende Höhlung, ein „echter Nabel“ (Fig. 285 5, 5.228). Selten 
berühren sich alle Umgänge kaum oder nicht mehr, oder werden 
die späteren frei und unregelmäßig (Vermetidae, Fig. 27, 5.26). Be- 
sonders bei langen Kegelformen können sich übrigens oben im Innern 
Kalkscheidewände bilden und dann kann die Spitze abgeworfen werden, 
aber auch bei ganz niederen Gewinden wie denen der j Kuomphalidae 
(Fig. 263) finden sich solche Septen oder Ausfüllungen. Bei dick- 
schaligen involuten Gehäusen dagegen werden die älteren inneren 
Schalenteile öfters verdünnt oder ganz resorbiert. 

Die runde, ovale, sichel- oder schlitzförmige Schalenmündung, 
deren Form dem Körperquerschnitte an der Basis des Eingeweide- 
sackes entspricht, hat selten eine „ganzrandige“, d. h. eine zusammen- 
hängende, dem ganzen Umfange des letzten Umganges entsprechende 
Umgrenzung (Fig. 264), sondern sie ist meist ineine „Außen- und Innen- 
lippe“ geteilt, die oft Komplikationen abhängig von denen des Mantel- 
randes zeigen. So entspricht in der Regel einem Mantelschlitze ein 
solcher in der Außenlippe, der bei dem Schalenwachstum sich hinten 
ganz schließt, wodurch ein „Schlitzband“ (Fig. 267, 268, S. 220/21) 


_ Gastropoda, san, De ZA 


entsteht, oder der bis auf ein oder mehrere Löcher verwächst. Dem 
Atemsipho entspricht meistens vorn unten eine gerade oder rück- 
gebogene, sehr verschieden lange Rinne (Ausguß oder Sipho), wonach man 
„siphonostome“ (Fig. 261, 262, S. 215) von „holostomen“ (Fig. 263, 
S. 216) Gehäusen unterscheidet. Oft ist auch die Innen- oder Außen- 
lippe schwielig verdickt, und an ihnen wie an der Spindel können sich 
Falten befinden (Fig. 261, S. 215 u. 280, S. 225). 

Da das Wachstum am Mundrand erfolgt, sind die Anwachs- 
streifen ihm im ganzen parallel, also quer, äußere Verdickungen 
der Außenlippe werden dabei öfters nicht resorbiert und bezeichnen 
dann als Querwülste auf den Umgängen Wachstumspausen (Fig. 289, 
S. 231). Außerdem kann die Außenseite der Schale durch quere oder 
durch längs, d. h. in der Regel spiral verlaufende Verzierungen (Höcker, 
Knoten, Schein, Rippen, Leisten oder Streifen) geschmückt eulpuen) 
sein, As für die Detailsystematik wichtig sind. 
Der Nucleus ist sehr häufig skulpturlos (Fi ig. 259, 
S. 214) und schon dadurch von der bleibenden 
Schale verschieden, an der wiederum nicht selten 
Altersverschiedenheiten der Verzierung nachzu- 
weisen sind (Fig. 28, S. 26). Meistens tritt zuerst 
eine Querskulptur auf, die dann oft in eine Fig. 264. 
Längsskulptur übergeht, nicht selten findet sich + Oriostoma globosum 
aber auch eine primäre Längsstreifung, und bei Schloth.sp.(U.O. Rhipido- 
mesozoischen Pleurotomarien wurde eine primäre 9lossa, F. Turbinidae). 
. . Obersilur, Gotland (aus Lind- 
Gitterstruktur nachgewiesen. ström 1884). 

Das; Tier kann in der Regel "seinen Kopi Mit’ Nabel und) Deckel ver. 

A ,„. sehene Schneckenschale !/ı. 
und Fuß ganz in die Schale zurückziehen mit 
Hilfe des Musculus columellaris, der bei mützenförmigen Schalen eine 
hufeisenförmige Ansatzstelle hat, bei spiralen aber einfach an die 
Spindel oder die Innenwand ungefähr im Schwerpunkt des Gehäuses 
sich anheftet. Die allermeisten Streptoneura, jedoch nur ganz wenige 
Opisthobranchia nnd Pulmonata haben auch nach dem Larvenzustande 
hinten oben auf dem Fuße einen Deckel (Operculum), welcher bei der 
Zusammenziehung des genannten Muskels die Schalenmündung ganz 
oder teilweise verschließt (Fig. 264). Er ist hornig (Konchin) oder 
kalkig (kohlensaurer Kalk), häufig von komplizierter Struktur, nicht 
selten bei nahen Verwandten, z. B. Natica- Arten hierin verschieden, 
sehr oft spiral, und zwar in umgekehrter Richtung wie die Schale, 
oft konzentrisch, dünn bis sehr dick (Fig. 264 u. 269, 8. 221). 

Eine Abhängigkeit der Schale von der Lebensweise läßt sich 
insofern nachweisen, als sie besonders bei Formen, die in stark 


218 Mollusca. 


bewegtem Wasser leben, jedoch selbst sehr wenig aktiv sind, mützen- 
förmig ist, z. B. Patella (Fig. 9A, S. 11), bei einigen festgehefteten 
unregelmäßig wird (Vermetus, Fig. 27, S. 26) und vor allem bei 
planktonischen (Heteropoda und Pteropoda) sehr dünn und oft sym- 
metrisch (Fig. 280, S. 225) oder rückgebildet wird; sie ist ferner 
bei beweglichen kriechenden Schnecken besonders häufig involut, 
bei solchen, die vor allem an senkrechten Flächen (Baumstämmen 
Fig. 287, 8. 228, Felsen) kriechen, turmförmig, und endlich am 
dieksten und größten, auch am häufigsten reich skulptiert bei Be- 
wohnern warmen Seichtwassers, wo sie bis zu einem halben Meter 
Länge erreicht, während sie sonst meistens zwischen ein bis meh- 
-Q, reren Zentimetern schwankt. 
2 Die Schnecken bewohnen jetzt alle Lebens- 
reiche, außer den ständig vereisten Zonen und 
der Luft; dem entspricht auch, daß man über 
20000 rezente Arten und darunter über 12000 
'kiemenatmende, meist Bewohner des marinen 
” Seichtwassers, unterscheidet. Die sehr zahlreichen 
Fig. 265. Land- und auch viele Süßwasserbewohner sind 
+ Platyceras aequilate- Lungenatmer (Pulmonata und einige Prosobran- 
rum Hall (Gastropoda, chia), parasitisch leben nur wenige marine Formen 
O. Otenobranchia, F.Ca- an und in Echinodermen (Fig. 265). 
u Senn Die Süßwasserschnecken und die allermeisten 
an der Afterseite des n 
Kelches von + Platycri- beschalten Formen des Meeres gehören zum 
nus hemisphaericus Meek vagilen Benthos, manche davon, wie Naticidae 
u. Worthen (Crinoidea, und Bullidae, wühlen sogar im Schlamm, andere 
es marine Schnecken (Heteropoda und Pteropoda) 
Indiana (aus Keyes 1sss, aber leben planktonisch. Während endlich fast 
adrmbesisrRadialosoberste alle Pulmonata und holostomen Prosobranchia 
i ir Pflanzenfresser sind, sind die siphonostomen 
Prosobranchia Raubtiere, und einige von ihnen sind imstande, mit 
ihrer Zunge Molluskenschalen anzubohren. 

Die Einteilung beruht in erster Linie auf der Beschaffenheit des 
Nervensystems und der Geschlechtsorgane, der Lage der Herzvor- 
kammern und Atemorgane, die Unterabteilungen wurden vor allem 
nach der Ausbildung der Radula und des Fußes geschaffen und so 
die Unterklasse der Streptoneura = Prosobranchia mit den Ordnungen 
Aspidobranchia, Otenobranchia und Heteropoda, und die der Euthyneura 
mit den Ordnungen Opisthobranchia und Pulmonata begründet, also 
auf Merkmale, die fossil nicht nachweisbar sınd. 

Die Schale wie der Deckel gibt nur zu wenig Auskunft über den 


Bau der Tiere und erweist sich deshalb als ungeeignet zur Syste- 
matik im Großen. Ganz nahe Verwandte, wie z. B. in der Familie 
der Helicidae können sich in der Gestalt ihrer Gehäuse ziemlich ver- 
schieden verhalten, andererseits sehr different gebaute Schnecken ganz 
ähnliche Schalen haben, z. B. Patella (Prosobranchia) und Siphonaria 
(Pulmonata) (Fig. 9, S. 11). Im Kleinen aber, zur Begründung von 
Arten und Gattungen, oft auch von Familien, wird die Schale in 
erster Linie verwertet (ihre Gesamtform, Höhe des Gehäuses, Zahl 
und Gestalt der Umgänge, Ausbildung der Mündung, Skulptur, Deckel 
usw.), und der Paläozoologe ist allein auf die schon im Unterkambrium 
vorhandenen Schalen angewiesen. 


1. Unterklasse: Streptoneura (= Prosobranchia). 


Die hierher gehörigen Schnecken haben stets eine achterförmige 
Verbindung der Hauptganglien, vorn gelegene Atmungsorgane und 
zwar allermeistens Kiemen, und deshalb vor der Herzkammer gelegene 
ein oder zwei Vorkammern. Die fast sämtlich getrennt-geschlecht- 
lichen Tiere, deren Weibchen in der Regel etwas weitere Schalen be- 
sitzen, haben meistens eine spirale Kegelschale mit Deckel, insbesondere 
die jetzt hauptsächlich in wärmeren Gegenden verbreiteten Land- und 
Sißwasserbewohner, während die Gehäuse der sehr viel zahlreicheren 
Bewohner aller Meeresteile mannigfaltigere Formen zeigen. Ihnen 
gehört die große Mehrzahl der Schnecken bis in das Unterkambrium 
zurück an. Fast nur nach der Ausbildung der Kiemen, der Radula 
und z. T. auch des Fußes unterscheidet man die drei Ordnungen Aspri- 
dobranchia, Otenobranchia und Heteropoda. 


1. Ordnung: Aspidobranchia. 


Im Nervensystem und in den zweifiederigen Kiemen, die manchmal 
ebenso wie auch andere Organe sogar noch paarig, selten rückgebildet 
und durch sekundäre Kiemen ersetzt sind, erweisen sich die fast aus- 
schließlich marinen und stets wohlbeschalten Formen als primitivste 
Schnecken und gehen dementsprechend bis in das Unterkambrium 
zurück. 

Die Unterordnung Docoglossa, deren rezente Vertreter in 
marinem Flachwasser häufig sind, enthält nur Schnecken mit zwar 
embryonal spiraler, erwachsen aber zweiseitig symmetrisch napfför- 
miger Schale (Napfschnecken Patellidae usw., Fig. 9 A, S. 11). Fossile, 
z. T. allerdings unsichere Angehörige fand man außer im Perm in allen 
Formationen, im älteren Paläozoikum auch fragliche Formen mit fast 


220 Mollusca. 


ganz randlich statt subzentral gelegenem Apex 
(Fig. 266). 

Die andere größere Unterordnung, Rhi- 
pidoglossa, erweist sich in den paarigen 
Vorhöfen des Herzens und den meist paarigen 
Kiemen als besonders primitiv. Auch hat 
der Mantel häufig einen Schlitz, was dann 
in der Regel an der sehr verschieden ge- 
stalteten Schale als Schlitz und Schlitzband 
Fig. 266. $ Tryblidium unguis oder Loch zum Ausdruck kommt. Sie ist 
Lindström (1884) (U.O. Doco- meist mit einem Deckel, sehr selten z.B. 

2 Be bei 7 Murchisonia, mit einem kurzen Auseuß 
En  werschen und zeigt in der Regel eine wohl- 
en 0 2 ausgebildeie, Berlmutterschicht, 

Unter den mit einem Schlitz versehenen, 
ausschließlich marinen Formen sind die jetzt nur in tieferen Küsten- 
gewässern selten vorkommenden Pleurotomariidae (Fig. 267), in mehr 
oder minder spitzer bis treppenförmiger Kegelspirale aufgebaute 
Schnecken, wichtig. Denn sie sind im Tertiär auch in Europa, früher 
universell auch im Seichtwasser verbreitet und im Jura, Karbon und 
Devon besonders häufig und lassen sich in Formen, die allerdings 
nur eine Bucht an der Außenlippe zeigen, bis in das Unterkambrium 
verfolgen. Trotz ihrer Konstanz konnte man an diesen jetzt wie schon 
im Obersilur manchmal bis über 2 dm großen Formen, an die sich in 
der Trias und im Paläozoikum die perlmutterlosen, z. T. mit einem 
schwachen Ausguß versehenen, hohen T Mur- 
chisoniidae enge anschließen, eine Reihe von 
Entwicklungserscheinungen feststellen. 

Napfförmige deckellose Formen (Fissurel- 
Iidae) sind rezent wichtiger, gehen aber nur 
bis in das Karbon zurück. Ihre Schalen unter- 
scheiden sich von denjenigen der Docoglossa 
durch den Schlitz, der jetzt meist zu einem 
Loch geschlossen ist, früher häufiger rand- 
ständig war. An sie kann man wohl am 

Fig. 267. ersten die auf die Trias und besonders auf das 
A een Paläozoikum beschränkten T Bellerophontidae 
d’Orb. (U.O. Rhipidoglossa, anschließen, deren meist dieke, mit Schlitz 

F. Pleurotomarüdae). und Schlitzband versehene und in der Regel 
Mittlerer Dogger, Sherborne, Eng- jnyolute Schale als Ausnahme unter den Gasiro- 


land (aus Hudleston 1895/96). R 5 o 
s Schlitz, sd Schlitzband Y,. poden von Anfang an in einer Ebene spiral, 


ee 


a 


Rhipidoglossa, Ctenobranchia. 


also zweiseitig symmetrisch ist (Fig. 268). Ebenso verbreitet sind die 
“+ Euomphalidae, in sehr niederer, manchmal offener Kegelspirale auf- 
gewundene Schnecken ohne Schlitz und z. T. mit Kalkdeckel (Fig. 263, 
S. 216), die wie auch manche rezente Otenobranchia z. T. Fremdkörper an 
die Schale anheften können, und die sich wohl an die Pleurotomariidae 
anreihen. Andere ebenfalls schlitzlose Familien, die 
jetzt noch eine ziemliche Rolle spielen, wie die konisch 
spiralen, im Warmwasser leben- 
den T’urbinidae (Fig. 264, 8. 217) 
und Trochidae, haben schon im 
Silur Vertreter, deren Schalen oft 


Fig. 268. 7 Bellero- 
phon bicarenus Lev. 
(U. 0. Rhipidoglossa, 
F.  Bellerophon- 
tidae). 
Unterkarbon, Tournay, 
Belgien (aus Bayle 1873). 
s Schlitz, sb Schlitzband, 
um alle Umgänge herum- 
laufend, t/,. 


von denen ctenobrancher Littori- 
nidae nicht zu unterscheiden sind, 
und an welche sich wohl die paläo- 
und mesozoischen F Trochonematt- 
dae anschließen. Endlich finden 
sich die halbkugelig eingeroliten, 
durch eine schwielige Innenlippe 
und Resorption der inneren Um- 


Fig. 269. ?7Naticop- 
sis planispira Phill. 
(U. 0. Rhipidoglossa, 
F. Neritopsidae). 
Unterkarbon(Kohlenkalk), 
Vise, Belgien (aus de 
Koninck 1881). 
Operculum von innen 1/,; 
oben und unten Rand un- 
voilständig. 


gänge charakterisierten Neritidae, 
die jetzt z. T. auch im Süßwasser leben, zwar nur bis in die Trias, 
haben aber schon hier und im Paläozoikum marine Verwandte, die 
Neritopsidae, deren Hauptentwicklung in der Trias liegt (Fig. 3, 8. 7), 
und die sich von jenen vor allem durch ihre nicht spiralen Kalkdeckel 
unterscheiden (Fig. 269). 


2. Ordnung: Ctenobranchia. 


Die Schnecken, die nur eine kammförmige Kieme, sehr selten eine 
Lunge, und nur einen Vorhof, sowie ein in der Regel konisch spirales Ge- 
häuse haben, zerfallen in eine große Anzahl vorwaltend mariner Familien. 
Sie werden nach der Radula, also nach einem fossil unbekannten Or- 
gane, in mehrere Unterordnungen zusammengefaßt, während der Paläo- 
zoologe höchstens die nicht scharf getrennten Gruppen der Asiphonata 
und Siphonata je nach dem Fehlen oder der konstanten Ausbildung 
eines deutlichen Ausgusses der Gehäusemündung unterscheiden kann. 

Zu ersteren gehören als älteste Familie die vielgestaltigen, spiralen 
bis mützenförmigen, stets weitmündigen Capulidae. Sie bleiben z. T. 
fast unbeweglich, selten schmarotzen sie sogar (Fig. 265, 8.218). Ihre 
altpaläozoischen, schon im Kambrium vorhandenen Vertreter sind 
in der Form ihrer Schale nicht selten äußerst variabel, wie das ja 
bei festsitzenden Bodenbewohnern häufig vorkommt. Oft direkt fest- 


222 


Mollusca. 


gewachsen und deshalb nur in der Jugend regelmäßig spiral sind die 
one (Fig. 27, S. 26), deren Gehäuse z. T. fast nur in der 


Sr Ad 
Fig. 270. 
Natica 7 augustata 
Grat. (0. Otenobran- 
chia, F. Natieidae). 
Alttertiär (Oligocän), Gaas, 
Südfrankreich (aus Bayan 
1873). 
nr Nabelritze, ns den 
Nabel bedeckende Nabel- 
schwiele !/,. 


Fig. 272. 


Turritella + seadli- Cerithium + mix- 


neata Roem. (O. 


Struktur von gewissen Wurm- 
röhren (Serpula) zu unterscheiden 
und daher im Mesozoikum und 
jüngeren Paläozoıkum großen- 
teils noch nicht sicher zu be- 
stimmen sind. 

Die in heutigen Meeren weit 
verbreiteten Naticidae, deren weit- 
mündige Schalen (Fig. 270) öfters Dis on onen 
schwer von denen der aspido- Noc Clarke (1904) 
branchen Neritidae zu unter- (O. Otenobranchia, 
scheiden sind, waren schon in #: TLoxonematidae). 
der Trias Ba Dortitreten oe en 
die jüngsten der ihnen recht ähn- Schale unten unvoll- 
lichen 7 Macrochilinen auf, die ae 
bis in das Silur zurückgehen 
und wie die ebenso verbreiteten 
turmförmigen 7 Loxonematıdae 
(Fig. 271) z. T. einen schwachen 
Ausguß besitzen und gleich wie 
die den letzteren sehr ähnlichen 


Fig. 273. Fig. 274. ae 
A  Nerinea Austinensis F. Roemer (1888) 
(0. 2? Ctenobranchia, F.  Nerineidae). 
Obere Kreide (Turon), Texas. °/,. 


tum Defr. 


Otenobranchia, (O.Ctenobranchia, B + Ptygmatis pseudobruntrutana Gemm. 
nl N yr . S q* r ZU 2 2 . ” . 
F. Turritellidae). F. Cerithirdae). (0. ?Otenobranchia, F. + Nerineidae). 
Obere Kreide (Senon), Alttertiär (Mittel- Oberer Malm (Tithon), Mähren (aus Zittel 1873) 
Aachen (aus Holz- eocän), Paris (aus Längsschnitt, der das durch Falten eingeengte 


apfel 1888). °/,. Deshayes 1866). ?/;. Lumen der Umgänge zeigt, °/,. 


Ütenobranchia. 2253 


mesozoischen 'f Pseudomelaniidae den rezenten Pyramidellidae nahe 
stehen sollen (Fig. 259, S. 214). 

Die Paludinidae (Fig. 28, S. 26), welche jetzt im Süßwasser fast 
universell verbreitet sind, in entsprechenden Ablagerungen aber nur 
bis in den mittleren Jura sich zurückverfolgen lassen, haben im Jung- 
tertiär (Pliocän) Slavoniens eine der wenigen exakt begründeten Ent- 
wicklungsreihen geliefert. Unter den anderen ganzrandigen Süßwasser- 
formen, von welchen die winzigen Hydrobiidae im Tertiär Europas 
manchmal ganze Schichten erfüllen, sind die jetzt auf wärmere Gegenden 
beschränkten, auch bis zum Jura bekannten Melaniidae wegen ihres 
Gestaltenreichtums wichtiger. Ihre vielfach reich verzierten Schalen 
sind oft treppenförmig, also ähnlich wie bei Fig. 275, nicht selten mit 
einem Ausguß versehen, oft aber auch einfach turmförmig. Letztere 
gleichen dann sehr den fossil ebenfalls sehr ? 
häufigen, marinen Turritellidae mit meist spiraler 
Skulptur (Fig. 272), von welchen kleine Formen 
schon in der Trias, fragliche ( Aclhsina) sogar 
im Untersilur sich finden. 

Ebenfalls turmförmig sind die ÜOerithridae, 
aber sie sind durch reichere Skulptur und vor 
allem durch einen kurzen Ausguß vor den Turri- 
tellidae ausgezeichnet (Fig. 275). Sie sind jetzt 
wie im Tertiär im Meer und Brackwasser häufig 
und hatten ım Alttertiär Europas ihre größten, _.. : 
bis über /, m langen Formen, im älteren Meso- en Es = Punpugordea 

x > 2 eußt Hoernes (1856) 
zoikum Europas aber nur fragliche Angehörige. (O. Ctenobranchia, 
Ihnen äußerlich recht ähnlich sind die ausschließ- F. + Purpurinidae). 
lich in mesozoischen Meeresablagerungen ver- "er anno "cs Gans 
breiteten Schalen der  Nerineidae, deren Außen- % 
lippe unter der Naht einen Einschnitt hat, und deren Innenraum durch 
Längsfalten an der Spindel und den meist dieken Umgangswänden 
mehr oder weniger stark verenst ist (Fig. 274). Ihr Weichkörper muß 
darnach einen eigenartigen Bau gehabt haben, und es ist fraglich, ob 
sie hier anzureihen sind oder etwa bei den Opisthobranchia, wo ähn- 
liche Innenfalten vorkommen. 

Eine ebenfalls nicht ganz sicher einzureihende Familie sind die 
marinen, von der Kreide bis in das Silur zurückgehenden diekschaligen 
T Purpurinidae (Fig. 275) mit mäßig hohem, treppenförmig abgesetztem 
Gewinde und kurzem Ausguß. 

Die zahlreichen weiteren Familien, deren Angehörige alle einen 
Ausguß oder längeren Sipho haben, sind jetzt vor allem in warmen 


Mollusea. 


Meeren oft in sehr großen oder sehr vielen Formen verbreitet, fossil 
im Tertiär, z. T. noch in der Kreide auch Europas häufig, selten schon 
im Jura vertreten. Zu erwähnen sind davon die Apor- 
rhaidae (Fig. 288, 3. 230) und Strombidae, welche sich 
durch eine geflügelte, gelappte oder verdickte Außen- 
lippe auszeichnen, und die involuten, mit schmaler Mün- 
dung versehenen Porzellanschnecken, 
Oypraeidae (Fig. 276), sowie die Volu- 
tidae: (Fig. 261, S. 215), deren dicke 
Schalen auch einen großen letzten 
Umgang und eine längliche Mündung 
haben, aber durch ein höheres Gewinde 
und Spindelfalten sich unterscheiden. 


Fig. 277. 


Fig. 276. Cypraea 
r elegans Defr. 
(O.Otenobranchia, 
F. C'ypraeidae). 
Alttertiär (Mittel- 
eocän), Pariser 
Becken (ausCossmann 


Mit einem oft langen Sipho versehen 
sind die Muricidae (Fig. 289, S. 231), 
welche dazu durch besonders starke 
Skulptur und mehr rundlicheMündung 
gekennzeichnet sind, und die weniger 


Conus (Conorbis) 

Ti procerus Beyr. 

(O.Otenobranchia, 
F. Conidae). 


Alttertiär (Unter- 
oligocän), Lattorf, An- 
balt(ausKoenen 1890). 
a Schlitzartige Ein- 


verzierten, häufig mehr turmförmigen 
Fusidae (Fig. 262, 8.215, u. 290, 8. 232). 
Endlich sind noch hervorzuheben die Plewrotomidae, die den letzteren 
Formen ähnlich, aber durch einen unter der Naht liegenden Schlitz 
ausgezeichnet sind, der sich wohl unabhängig von dem der Pleuroto- 
martidae entwickelte. Sie sind jetzt vom Seichtwasser bis in die Tief- 
see weitverbreitet, während die Oonidae jetzt vor allem tropisch sind. 
Ihre konischen Gehäuse (Fig. 277) haben eine spaltförmige Mündung 
und zeigen eine teilweise Resorption der Innenwände. Die fossilen Ver- 
treter all dieser siphonaten Schnecken zeigen fast nur in der geogra- 
phischen Verbreitung Bemerkenswertes gegenüber den rezenten. 


N 


1903). !/ı. buchtung. Yı: 


3. Ordnung: Heteropoda. 


9 . & . ” 

\ Die an das pelagische Leben in wärmeren Meeren 

N ö . B 

&: > angepaßten Otenobranchia mit umgebildetem Fuß und 
a mehr oder weniger reduziertem Eingeweidesack haben 
ig. 278. Cari- 


en 2 T. eine sehr dünne Kalkschale. Sie ist bald mützen- 


Cossmann (1902) 
(0. Heteropoda). 
Alttertiär (Eocän) bei 
Nantes, Loire. Y/,. 


förmig, bald in einer Ebene spiral und mit einem 
Schlitz versehen, und dann, abgesehen von ihrer Zart- 
heit und asymmetrisch spiralen Embryonalschale, den 
 Dellerophontidae (Aspidobranchia, 8. 220/21) ähnlich. 


Solche Schalen fand man aber nur selten fossil im Tertiär Südeuropas 
und der Antillen (Fig. 278). 


Opisthobranchia. 395 


2. Unterklasse: Euthyneura. 


Bei diesen sämtlich hermaphroditen Schnecken sind die Eingeweide- 
stränge des Nervensystems fast stets symmetrisch gelagert, aber wohl 
nur sekundär, denn die Schalen, welche übrigens bei vielen bis zum 
Verschwinden rückgebildet sind, sind allermeist unsymmetrisch spiral. 
Hauptsächlich nach den Atemorganen unterscheidet man die zwei scharf 
getrennten Ordnungen Opisthobranchia und Pulmonata. 


l. Ordnung: Opisthobranchia. 

Die Vorkammer liegt hier immer hinter der Herzkammer, wo sich 
auch die manchmal rückgebildete Kieme der ausschließlich marinen 
Tiere befindet. Sowohl die bodenbewohnenden (Opisthobranchia im 
engeren Sinne) als die planktonischen (Pteropoda) 
neigen vielfach zu oft völliger Rückbildung der 
Schale. Fossil bekannt sind nur die wohlausgebildeten, 
aber fast immer deckellosen Ge- 
häuse der ersten Unterordnung 
Tectibranchia. 

Davon haben mehrere, in der 
Regel auf oder im weichen Meeres- 
boden lebende Formen festere, 
B mehr oder weniger involute Spiral- 
Fig. 279. +Actaeonella schalen mit unten abgerundeter, 


Renauxiana d’Orb. meistens hoher Mündung. Die 
(0. Opisthobranchra, 


F. Actaeonidae). 


Fig. 280. 
: £ Balantium 7 super- 
der Actaeonidae, ihrer ursprüng- bum Fuchs (1902) 


Obere Kreide,Gosan, Salz. chsten Vertreter, sind sogar ziem- (U. O. Tectibranchia 


kammergut Ss Zekeli lich diek und oft mit Spindel- er) 
1352). h . - . Alttertiär, Mähren. 
Außenlippe abgebrochen. falten versehen (Fig. 24 9). Sie A kegelförmige Schale, 


1 


2 gehen bis in das Karbon zurück, 2 Querschnitt". 
während man die andern höchstens bis in das jüngere Mesozoikum 
verfolgen konnte. 

Auch die kleinen zarten, meistens zweiseitig-symmetrischen und 
häufig konischen Kalkschalen der fast nur Warmwasser bewohnenden 
pelagischen Familien — ihre Kaltwasserbewohner sınd fast alle nackt 

,‚ deren Kopf rückgebildet und deren Fuß mit Flügelanhängen ver- 
Open ist (Pter oracle), konnte man mit Sicherheit nur im Mar be- 
sonders Südeuropas und Österreichs (Fig. 280), und in der oberen 
Kreide Syriens nachweisen. 

Allerdings kommen Schälchen, die der spitzkonischen glatten Sty- 
liola ähneln, auch im Devon vor. Dort reihen sich ihnen die auch 
in silurischen Hochseeablagerungen häufigen 7 Nowakien (f Tentacu- 


Stromer, Paläozoologie. 15 


Mollusea. 


lites p. p.) an (Fig. 281), deren quer- und meist auch längsgestreifte 
gerade Gehäuse wie bei den Pferopoda sehr dünn und mit einer Em- 
bryonalblase versehen sind. Aber der große zeitliche 
Abstand mahnt zur Vorsicht bei der Beurteilung der 
systematischen Stellung dieser Reste. 


Anhang. 

In der Regel werden als unsichere Zugehörige der 
Pteropoda langgestreckte, spitz beginnende Kalkröhren 
des marinen Paläozoikums angeführt, aber ihre Struktur 

Fig. 2g1. und die nicht selten in ihrem Anfangsteil nachgewiesenen 
- Tentaculites @Querböden lassen sie, abgesehen von der zeitlichen 
(+Nowakia)acu- Trennung, kaum als Verwandte betrachten, erlaubte je- 
arius Richter. doch auch noch keine sichere Angliederung an andere 


Mitteldevon (Ten- m: 
a Tiergruppen. \ 
Thüringen (aus Die in Seichtwasserablagerungen des Devon und 


Noväk 1882). 
Steinkern 19), . 


Silur oft massenhaft vorkommenden 7 Tentaculiten sind 
den 7 Nowakien zwar äußerst ähnlich, ihre einige mm 
bis über 2cm langen Schälchen sind aber dick, nie längsgestreift 
und beginnen spitz. Sie gehören vielleicht zu Röhrenwürmern. Auch 
die mehrere cm bis über 1 dm langen Schalen der im ganzen Paläo- 
zoikum, vor allem Europas und Nordamerikas, gefundenen 
 Hyolithidae bestehen aus kohlensaurem Kalk. Sie beginnen 
oft gebogen, sind meistens glatt oder quergestreift und in 
der Regel abgerundet dreikantig und bilateral symmetrisch 
(Fig. 282). Ihre Mündung ist durch einen Deckel ver- 
schlossen, wie es bei Schnecken, aber auch bei Röhren- 
würmern häufig vorkommt; wegen ihrer manchmal regel- 
mäßigen Quersepten wird aber auch eine Verwandtschaft 
mit Cephalopoda vermutet. 

Sicher nicht zu den Gastropoda gehören endlich 
die geraden, im Querschnitt viereckigen, bis über 
! 2dm langen  Conularüidae (Fig. 283), die ganz ver- 

A B einzelt vom unteren Lias bis zum Karbon, häufig 
Fig. 282. + Hyolithes im Devon und besonders im Silur, auch im Ober- 
tenwistriatus Linars. kambrium, vor allem Europas und Nordamerikas, 
Mittelkambrium, Schonen 

(ans Holm 1893). vorkommen. 
een Ihre sehr zarte, in der Jugend wohl biegsame 

Be; Wand enthält phosphorsauren Kalk und kohlige 
Substanz, bestand also wahrscheinlich aus verkalktem Chitin wie bei 
den Crustacea. Sie ist außen in der Regel fein verziert und auf jeder 


+ Conulariidae, Pulmonata. 227 


Seite mit einer medianen Längsfurche versehen, der innen oft ein 
Kiel entspricht. An der Mündung endet jede Seite in einem drei- 
eckigen eingebogenen Lappen, so daß jene kreuzförmig ist. Im Gegen- 
satz zu den anderen Formen und zu allen Mollusken waren endlich 
anscheinend die Tiere in der Jugend gesellig an Fremdkörper durch 
eigentümliche Haftscheiben angeheftet 
(Fig. 284). Doch lösten sie sich dann 
wohl ab und lebten freischwimmend. 


C 
B 


ı 
Fig. 284. + Conularia (F. + Conularüidae) 
5. 283. "2 ankisr g ) 
Fig. 83 ji Conularia exquasita Untersilur (Trentonkalk), Nordamerika. 


in ” Y a0 
Barrande (1867) (F.  Conularridae). A Kolonie junger, mit der Saugscheibe festsitzender 


Untersilur, Lodenitz, Böhmen. Gehäuse ?/, (aus Rüdemann 1897). B Befestigungs- 
Unvollständiger Steinkern !/;. A von der apparat einer jungen 7 Conularia *°/, (aus Rüdemann 
Seite, Bim Querschnitt, © Schalenoberfläche 1897). b Basalplatte, ö Glocke, k Conularienkörper, 

stark vergrößert. s äußere abschließende Haut. 


2. Ordnung: Pulmonata. 


Charakteristisch für die Lungenschnecken ist die Umbildung der 
Mantelhöhle zu einem Lungensack und die fast stets vorn gelegene 
Vorkammer des Herzens, sowie Hermaphroditismus. Die Schale hat 
nie eine komplizierte Außenlippe oder einen Ausgub, ist beinahe immer 
deckellos, allermeist dünn, bei einigen Formen linksgewunden und bei 
vielen Landbewohnern rückgebildet. Die sehr formenreiche Ordnung, 
welche sich bis in das Oberkarbon zurückverfolgen läßt, zerfällt nach 
der Lage der Augen in zwei Unterordnungen. 

Die Familien der ersten Unterordnung, Basommatophora, 
welche stets beschalte Bewohner von Süß- und seichtem, wärmerem 
Salzwasser umfassen, deren Augen an der Basis der Fühler liegen, 
lassen sich nur bis in den Jura oder die Kreide zurückverfolgen. In 
ihrer Zugehörigkeit fragliche Formen finden sich aber schon weit 
früher, so die den Siphonariiden ähnliche T Hercynella in der Kalk- 
fazies des europäischen Unterdevons und die den Planorbis ähnliche win- 
zige, oft auf Farnblättern aufsitzende j Palaeorbis in den Steinkohlen- 
schichten Europas und Nordamerikas. 

15* 


Mollusca. 


Bemerkenswert sind unter den Bewohnern marinen Seiehtwassers 


die dickschaligen 


Planorbis 7 multi- 
formis Bronn (U. O. 
Basommatophora, 
F. Limnaeidae). 
Jungtertiär (Miocäner 
Süßwasserkalk), Stein- 
heim, Württemberg (aus 
Hilgendorf 1866). 
Verschiedene Varietäten 
15/,. a Var. trochiformis, 
b Durchschnitt derselben 
Varietät, n Nabel, c Var. 
elegans, d Var. discoideus. 


deren Augen stets 


Aurieulidae wegen der Ähnlichkeit ihrer Gehäuse 
mit denen der opisthobranchen Actaeonidae und die 
Siphonariidae (Fig. 9, S. 11) wegen der mit den 
prosobranchen Patellidae. 

Häufiger fossil, wenn auch nur in tertiären 
Süßwasserschichten, sind die hohen bis ganz niederen 
Spiralschalen der Limnaeidae, die universell im Süß- 
wasser verbreitet sind und bis zum obersten Jura 
zurückgehen. Darunter ist Planorbis multiformis 
(Fig. 285) aus dem jungtertiären Süßwasserkalk von 
Steinheim in Württemberg berühmt geworden, weil 
von ihr eine erstaunliche Variabilität festgestellt 
wurde, die neuerdings auf den Einfluß warmer 
Quellen zurückgeführt wird, zuerst aber zur Auf- 
stellung von Stammbäumen im Sinne Darwins ver- 
anlaßte. 

Die zweite Unterordnung Stylommatophora, 
am Ende der Fühler liegen, umfaßt die große Menge 


der Landschnecken, denn nur einige lungenatmende Prosobranchia be- 


wohnen auch das 


Land und Süßwasser. Während die nackten oder 


nur mit rudimentären Schalen versehenen nicht oder nur in käno- 
zoischen Schichten sich fossil finden, sind die sehr manniefaltigen, 


Fig. 287. 
Pupa (Dendropupa) 
j vetusta Dawson 
(1880) (U.O.Stylomma- 
tophora,F!Bulimidae). 
Oberkarbon, Neuschott- 
land (rekonstruiert aus 


zwei Abbildungen Daw- 


sons). °/ı- 


aber stets konisch spiralen und nie stark skulptierten 
Schalen der Helicidae und Verwandten, besonders 
die Gattungen Helix (Fig. 256) und Dulimus, die 
jetzt in ungeheurer Formenmenge alle Ländern be- 
völkern, zwar auch nur in Land- 
und eingeschwemmt in Süßwasser- 
ablagerungen des Känozoikums 
häufig, lassen sich aber in sel- 
tenen Resten bis in das untere 
Perm Frankreichs und das Ober- 
karbon Nordamerikas zurück ver- 
folgen. Dort ist unter anderen 
in Neuschottland in der verkohlten 
Rinde von f Sigillaria, einer baum- 
förmigen Verwandten der jetzigen 
Bärlappgewächse (Lycopodiaceen), 


Helix (Pentataenia) 
+ reinensis Penecke 
(1891) (U.O.Stylomma- 
tophora, F!Helicidae). 
Jungtertiär (Untermio- 
cän), Steiermark. 
Mit umgeschlagenem 
Mundrand !/,. 


eine Form (Fig. 287) oefunden worden, deren Schale und Lebensweise 
fe] oO ? 


der vielfach an Baumrinden lebenden Pupa gleicht. 


Erwähnenswert 


Gastropoda, geologische Verbreitung. 2929 


ist endlich auch, daß die manchmal relativ sehr großen Eier der 
Landschnecken zuweilen mit einer Kalkschale versehen, also fossil 
erhaltungsfähig sind. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Schnecken. 


Die Schnecken spielen jetzt eine sehr große Rolle in fast allen 
Lebensbezirken, und abgesehen von zahlreichen, fast oder ganz schalen- 
losen Heteropoda, Opisthobranchia und Pulmonata bieten sie gute Be- 
dingungen für die fossile Erhaltung ihrer Gehäuse. Besonders silt 
das natürlich von den marinen Bodenbewohnern, die jetzt wie im 
Tertiär einen Hauptbestandteil der marinen Tierwelt bilden, nur 
werden selbst kalkige Deckel allzu selten zusammen mit den zu- 
gehörigen Schalen gefunden. Auch die zarten Schalen planktonischer 
Opisthobranchia erhalten sich in manchen Ablagerungen tieferen 
Wassers so häufig, daß man sie als Pteropodenschlicke bezeichnet, und 
wenigstens im Jungtertiär Europas wie auf den Salomonsinseln bei 
Neuguinea hat man solche Schichten manchmal gefunden. 

Im ganzen Känozoikum sind aber auch die Land- und Süßwasser- 
schnecken sehr häufig und wichtig, erstere erweisen sich fossil genau 
wie jetzt zur Aufstellung tiergeographischer Provinzen geeignet, während 
letztere wie in der Gegenwart sich viel einheitlicher verbreitet zeigen. 
Beide sind hier zur Altersbestimmung der Schichten von großer Be- 
deutung, werden aber schon in der Kreide und noch mehr früher zu 
selten gefunden. Man kann das nicht nur mit dem Zurücktreten von 
Land- und Süßwasserablagerungen in älteren Formationen erklären, 
denn selbst wo diese reichlich erhalten sind wie ım Karbon, fand 
man auffälligerweise zwar viele Süßwassermuscheln, aber nur sehr 
dürftige Schneckenschalen. 

Die marinen Schnecken dienen aber auch in älteren Schichten 
zur Alters- und Faziesbestimmung, obschon sie dort an Menge und 
Bedeutung gegen andere Formen, vor allem gegen die Üephalopoda, 
zurücktreten. Da die Schneckenarten im allgemeinen nicht sehr lang- 
lebig sind, so findet man z. B. schon im älteren Jungtertiär nur mehr 
wenige lebende, und einst, wie jetzt, scheinen sie in der Regel nicht 
sehr weit verbreitet gewesen zu sein. 

Im Känozoikum läßt sich so im Gebiet des jetzigen nordatlantı- 
schen Ozeans und Mittelmeeres eine ziemlich einheitliche marine 
Schneckenfauna fossil nachweisen, die im Mittel- und Alttertiär einen 
subtropischen bis tropischen Charakter trägt und sich deutlich von 
den gleichalterisen Schneckenfaunen unterscheidet, die, am pazifischen 
und indischen Ozean gefunden, sich an die jetzt dort lebenden anschließen. 


230 Mollusea. 


Überall aber herrschen im känozoischen Meer wie heute siphono- 
stome Ctenobranchia, wenn auch manche holostome Aspidobranchia 
wie Trochidae und Turbinidae keineswegs selten sind. Auch im Süß- 
wasser sind die ctenobranchen Paludinidae und Melaniidae am wich- 
tigsten, am Lande jedoch Pulmonata, die Helicidae und nächste 
Verwandte. 

Im Mesozoikum, wo tiergeographische Provinzen noch kaum fest- 
gestellt sind, treten die mit deutlichem Sipho versehenen Schalen all- 
mählich mehr zurück. Als charakteristische häufige Formen sind in 
der Rifffazies der Kreide ( Rudisten-Riffe) gewisse Actaeonidae, also 

Opisthobranchia, des Jura aber die eigentümlichen 
‘ Nerineidae hervorzuheben, also sehr dickschalige 
Schnecken mit Spindelfalten; außerdem in beiden 
Formationen die Aporrhaidae (Fig. 288), im Jura auch 
die Pleurotomarien, sowie ' Amberleya ( Trochone- 
matidae) und auch schon in der Trias, in welcher 
die alpine Fazies gegenüber der germanischen sehr 
individuen- und formenreich ist, die 7 Pseudomela- 
niidae, Neritidae, Naticidae und Verwandte. 
Aporrhais (Oyphoso- Das Paläozoikum bietet dagegen ein ziemlich 
lenus)yG@alatead’Orb. verändertes Bild, auch wenn man von den im Devon 
al ılur oft so häufigen, aber in ihrer Stellung 
F. Aporrhaidae). und Si u Sa) x IS: D 
Mittlerer Malm, sud- ganz unsicheren 7 Tentaculiten,  Hyolithen und 
En (aus Piette „- Oonularien absieht, von welch letzteren man 
e übrigens ein allmähliches Seltenerwerden und Aus- 
sterben bis zum ältesten Jura Europas verfolgen kann. 

Siphonostome Schnecken treten hier ganz zurück, obgleich man 
einige mit kurzem Ausguß bis in das Kambrium verfolgen kann. 
Neben den Capulidae herrschen rhipidiglosse Aspedobranchia, besonders 
Pleurotomariidae, ‘ Murchisontidae, "y Bellerophontidae und  Euompha- 
Iidae. Aus dem Perm wie vor allem aus dem Kambrium kennt man 
aber überhaupt noch nicht viele Schnecken. 

Die Stammesgeschichte der planktonischen Schnecken (Heteropoda 
und gewisse Opisthobranchia) sowie der Land- und Süßwasserschnecken 
(hauptsächlich Pulmonata) ist schon wegen ihrer erwähnten Seltenheit 
in vortertiären Schichten nicht festzustellen, und bei den marinen 
Bodenbewohnern erlaubt der Umstand, daß die Schale so wenig Auf- 
schluß über den Bau der wichtigsten Weichteile gibt und offenbar in- 
folge von Konvergenz oft bei gar nicht näher verwandten Schnecken 
äußerst ähnlich gestaltet ist, keine sicheren Schlüsse. 

Es finden sich ja schon im Kambrium mützenförmige Schalen 


Gastropoda, Phylogenie. 231 


der Docoglossa und Capulidae, wie hochspirale 7 Murchisoniidae und 
Pleurotomariidae, nieder spirale  Euomphalidae und symmetrisch 
spirale  Bellerophontidae. Da also napfförmige und spirale Schalen 


zugleich auftreten, — die mützenförmige TChuaria im Präkambrium 
Nordamerikas ist ein zu unsicheres Fossil — läßt sich auf Grund 


der Paläozoologie nicht entscheiden, welche primär sind, und es ist 
wegen des Vorhandenseins so verschiedener Schalenformen in der 
ältesten fossilführenden Formation eine längere vorkambrische Ent- 
wicklung der Gastropoda vworauszusetzen. Auch ist hier hervorzu- 
heben, daß manche altpaläozoische Genera sich ganze Formationen 
hindurch, ja bis in die Gegenwart in der Schale un- 
verändert erhalten, also sich nicht weiter zu ent- 
wickeln scheinen, wie überhaupt die Genera der 
Schnecken großenteils ziemlich langlebig sind. 

Immerhin ist es von Bedeutung, daß die ältesten 
bekannten Schnecken vor allem Asprdobranchia sind, 
die auch heute noch in vielem primitive Merkmale 
zeigen, und daß Formen mit Schalenschlitz oder 
Bucht, also mit einem Mantelschlitz, darunter be- 
sonders hervortreten. Es wird deshalb vielfach Fig. 289. 
angenommen, daß von solchen die schlitzlosen Murex 7 Sedgwicki 
Aspidobranchia und davon wieder die Ütenobranchia oma 

i chia, F. Murieidae). 
stammen. Man kann dafür u. a. die auf 5. 221 er- sgungtertiär (Miocän), 
wähnte Ähnlichkeit der silurischen Trochidae und ee 
Littorinidae sowie den Umstand anführen, daß die en 
große Masse der ÜUtenobranchia erst vom Mesozoikum an auftritt; 
exakte Beweise hat man jedoch nach Obigem nicht. 

Allem Anscheine nach mögen ferner Formen mit wohlausgebildeter 
Perlmutterschicht älter und primitiver sein als die anderen und ein 
starker Schalensipho erst eine Neubildung im Mesozoikum. Ob aber 
die stärker siphoniaten ÜOtenobranchia sich alle von den auf 8. 223 
erwähnten Pyramidellidae-artigen Formen ableiten lassen, ist noch 
ganz unsicher. Ebenso ist ein Nachweis, daß aus derselben Formen- 
gruppe heraus auch die Actaeonidae und damit die Opisthobranchia 
sich entwickelt hätten, noch nicht zu erbringen. 

Sehr starke Verzierungen finden sich im Paläozoikum nur aus- 
nahmsweise und Komplikationen des Mundrandes kaum und im älteren 
Mesozoikum auch nur selten. Sie werden erst im Känozoikum auch 
bei marinen Bodenbewohnern besonders im Warmwasser (Fig. 289) 
häufig, wo sie ebenso wie die langen Siphonen (Fig. 290) in vielen 
verschiedenen Familien sich entwickeln. 


Mollusea. 


Fig. 290. 
Fusus 7 devexus 
Fuchs (1870) 
(O.Otenobranchra, 
F. Fusidae). 
Alttertiär (Oligocän), 
Oberitalien. 


4° 


Daß weiterhin die  Dellerophontidae die Ahnen 
der Heteropoda wären, ist nach dem auf S. 224 Gesagten 
nicht sehr wahrscheinlich. Endlich macht die in der 
Öntogenie oft gefundene Schalenreduktion bei den 
mit rudimentären Gehäusen versehenen oder nackten 
Schnecken deren Abstammung von gutbeschalten zwar 
wahrscheinlich, paläontologisch ist sie aber noch völlig 
unerwiesen. 

Herrscht so im großen keine Sicherheit, so ist 
es doch schon gelungen, vielfach kleine Entwicklungs- 
reihen, z. B. in Details der Skulptur, zu verfolgen. 
Aber es ist auch dabei noch kaum geglückt, die Ab- 
starımung neuer Genera ganz einwandfrei nachzuweisen, 
denn selbst bei dem auf 8. 223 erwähnten Paludina- 
Stanım ist das Endglied, die stark längsgerippte Gattung 
Tulotoma (Fig. 28, S. 26), schon aus Süßwasserschichten 
der obersten Kreide bekannt. Man müßte also hier 
eine iterative Formbildung wie bei der Muschelgattung 
Vola (siehe S. 213) annehmen, hat dafür jedoch nicht 
genügende Anhaltspunkte. 


5. Klasse: Cephalopoda, Kopffüßler. 


Die zweiseitig symmetrischen Kopffüßler sind die höchststehenden 
Weichtiere, und es gehören zu ihnen die größten Wirbellosen. Die 
stets marinen Raubtiere haben an dem deutlich abgesetzten Kopfe 
Yings um den Mund, der mit einem hornigen, manchmal z. T. ver- 
kalkten Ober- und Unterkiefer bewaffnet ist (Fig. 291), einen Kranz 
von Tentakeln, die zum Kriechen und zum Einfangen der Beute dienen. 
Einer davon funktioniert aber auch als männliches Begattungsorgan, 


e 
“ I 


Fig. 291. 


+ Hadrocheilus 


Teschenensis 


Till (1906). 


Untere Kreide(N eo- 


kom), Schlesien. 


Verkalkter Teil des 
Öberkiefers eines 


(?) dibranchiaten 


Cephalopoden. 


Yo 


denn die Tiere, welche eine direkte Entwicklung haben, 
sind stets getrennt-geschlechtlich. 

Über dem Kopf liegt der einfache Eingeweidesack, 
der vom Mantel ganz umhüllt wird, und hinten an ihm, 
bei der gewöhnlichen Stellung der Tiere aber ventral, 
die Mantelhöhle, in der neben den Mündungen ver- 
schiedener Eingeweide ein oder zwei Paar Kiemen sich 
befinden und deren Eingang ventral hinter dem Kopf von 
dem zu einem Trichter umgebildeten Fuß eingenommen 
wird. Durch dessen Kontraktionen wird das in die 
Mantelhöhle aufgenommene Wasser ruckweise ausge- 
stoßen und so ein hückwärtsschwimmen ermöglicht. 


Ceph alopoda, ieh: anchiata. 235 


Vielfach scheidet der Mantel eine äußere gekammerte Aragonit(kohlen- 
saurer Kalk)-Schale aus oder En schlehn eine kalkige oder hornige 
Schale, die bis zum völligen Schwund rückgebildet sein kann (Fig. 292 
und 321, S. 250). 

Nach der Kiemenzahl unterscheidet man die Unterklassen Tetra- 
und Dibranchiata und kann nach der Beschaffenheit der Schale an- 
nehmen, daß die fossilen 


ZN sn 


Formen mit äußerem ge- 
7 . C Pa oy 51 6 \ Zi! 
kammertem Kalkgehäuse rn | — n 


zur ersteren gehören, wäh- 
rend fast alle Dibran- 
chiata nur eine oft mehr 
oder minder schwache 
oder rückgebildete innere 
Schale besitzen. 


1. Unterklasse: 
Tetrabranchiata. 


Von den Formen, die 
den vorderen Teil (Wohn- 
kammer) einer äußerlichen 
Kalkschale bewohnen, die 
nie diekwandig und in 


ihrer Grundform eine lang- Fig. 292. Nautelus pomprlius I0y 


2 9 5 Rezent, Indischer Ozean. Schematisch, in natürlicher Stel- 
sam weiter werdende, lung, !/; (vor allem nach Griffin 1898, Vayssiere 1896 und 
regelmäßig gekammerte Willey 1902). 

. O . Schalenwand und Mantel seitlich z. T. entfernt. « schwarze 
Röhre ist, lebt nur die Gat- Schalenschicht, 5 Auge, c Kopfkappe, d Tentakeln, e Trichter, 
tung Nautilus (Fig. 292) f Schalenmundrand punktiert, g Trichterflügel, der bis zum 

° Nabel der Schale reicht, A Mantelhöhle mit Kiemen, i Schnitt- 
als Vertreter der eINEN „and des Mantels, k Haftmuskelende, I vorderes Haftband 


oder zwei ÖOrdnunoen der («nmutus), m hinteres Haftband, n innere Schalenwindung, 
D o letztes Perlmutterseptum, p Siphonaldüte, 7 Siphonalhülle, 
Unterklasse. r Luftkammer. 


1. Ordnung: Nautiloidea. 


Nautilus zeigt, daß die mit vier Kiemen versehenen Tiere weniger 
hoch als die Dh aca organisiert sind. Sein Bau ist ee Dend 
für die Beurteilung der wichtigsten Fossilien des Meso- und Paläo- 
zoikums und verdient deshalb eine genauere Betrachtung. 

Am Kopf befinden sich etwa 90 einfache, mit Scheiden versehene 
Tentakeln, von welchen zwei dorsale zur Bildung der dreieckigen 
„Kopfkappe“ verschmolzen sind, die bei Zurückziehung des Weich- 
körpers den Schaleneingang verschließt. Von den schnabelartigen 


234 Mollusca. 


Kiefern ist besonders der Medianteil des Oberkiefers (7 Rhyncholites s. s.) 
verkalkt. 

Der Eingeweidesack, der dorsal quer und längs konkav, ventral 
quer und längs konvex und seitlich wie hinten gewölbt ist, hat hinten 
oben einen alle Kammern durchziehenden, dünnen, 
häutigen Fortsatz (Sipho), der Blutgefäße enthält, 
eine konchin- und kalkhaltige Wand hat und in der 
ersten Kammer blind geschlossen endet (Fig. 295). 
Die Bedeutung dieses bei allen Teira- und vielen 
Dibranchiata konstant vorhandenen Siphos ist vor 
allem infolge mangelnder Kenntnis der Ontogonie 
Fig. 293. Innerstesvon noch nicht klargestellt. 

I Der Körper ist jederseits an der Schalenwand 
aAnfangskammerderKalk- durch einen starken Haftmuskel befestigt, der wie 
ee andere Muskeln von einem ventral im Kopf ge- 
die Embryonalblasennarbe Jegenen H-förmigen Knorpel ausgeht. Die zwei 

Nest Vereröfer: —— Amsatzstellen sind durch halbringförmige Haft- 
bänder verbunden, die wie sie an der Schaleninnenfläche leichte Ein- 
drücke hinterlassen, von welchen der dorsale und der hintere ventrale 
an der Grenze der letzten Kammerscheidewand, der vordere ventrale 
ihr ungefähr parallel etwas davor verläuft. Dadurch ist ein luft- 
dichter Abschluß des Hinterendes der Wohnkammer erzielt. Weiter 
vorn bildet der Mantel einen Kragen, dessen Dorsallappen nur klein 
ist, während der ventrale die Kiemenhöhle und das hintere Trichter- 
ende umschließt. Während nun die ganze Mantelaußenfläche, wie oft 


Fig. 294. (uerschliff durch eine rezente Nautilus-Schale mit Septum, !”/, (aus 
Nathusius-Köniesborn 1877). 
p Perlmutterschicht des Septums, / organische Membran, c Perlmutterschicht des Gehäuses, e Außen- 
und Porzellanschicht, 5b dunkle Zwischenschicht. 


bei Muscheln und Schnecken, eine aus feinen parallelen Blättern be- 
stehende, dicke Perlmutterschicht ausscheidet, bildet der dorsale Lappen 
an der Schalenmündung eine schwarze, dünne Konchindeckschicht und 
der übrige Mantelrand eine die Schale nur außen umkleidende, dünne, 
kalkige Porzellanschicht (Fig. 294). 

Gemäß der Krümmung des Weichkörpers ist die Schale völlig 
zweiseitig symmetrisch spiral, und zwar so stark eingerollt, daß die 


Nautiloidea, Schalenbau. 235 


inneren Umgänge ganz umhüllt (involute Schale) oder nur an der 
durehbohrten Mitte der Spirale am sogenannten Nabel noch etwas 
sichtbar sind (engnabelige Schale, Fig. 295). Das Tier liegt dabei 
so, daß seine Dorsalseite dem früheren Umgang aufruht, die ventrale 
außen ist (exogastrisch). 

Es schied zuerst wohl nur eine napfförmige Schale aus, an deren 
Rückwand sich eine Narbe befindet, die teils als Ansatzstelle einer 
unbekannten häutigen Embryonalblase, teils als Spur einer Verwach- 
sung aus zwei Hälften gedeutet wird (Fig. 293n, 5.234). Beim Wachsen 
und langsamen Vorrücken wird nun periodisch an seiner durch die Haft- 
bänder abgegrenzten Hinterfläche ein nach 
vorn konkaves Perlmutterseptum (Scheidewand) 
gebildet, dessen Ansatzlinie an der Schalen- 
wand etwas geschwungen ist. Ihre Vorbiegungen 
werden Sättel, die Rückbiegungen Loben ge- 
nannt, wonach die Linie, welche nur bei Wee- 
brechen der Schalenwand oder an Steinkernen 
fossiler Formen sichtbar wird, Loben- oder 
Suturlinie heißt (Fig. 295). In der Mitte jedes 
Septums bleibt übrigens ein Loch für den 
Siphodurchtritt mit nach hinten gerichtetem 
Kragen, der Siphonaldüte, die sich bis zum Fig. 295. 
nächstfrüheren Septum als wenig verkalkte Be a 

q 3 igny (1842/49) (O0. Nauti- 
Siphonalhülle fortsetzt. loidea, F. Nautilidae). 

So entsteht allmählich eine bei ein und Lias, Frankreich. 

derselben Art in gleichem Lebensalter ziemlich Fremibelige Form mit teilweise 


BEE weggebrochener Schale, wodurch 
konstante Zahl regelmäßiger Luftkammern, auf dem Steinkern der Verlauf der 


während der Weichkörper in die Wohnkammer "*r!inien siehtbar wird N. 
vorgerückt ist, welche etwa die Hälfte des letzten Umganges einnimmt. 
Der Gesamtdurchmesser der ausgewachsenen Schalen geschlechtsreifer 
Tiere übersteist kaum 2 dm. Unter Höhe eines Umganges versteht 
man die Vertikale von dessen Dorsalseite auf die Ventralseite, unter 
Breite oder Dicke die quere Senkrechte dazu, das Verhältnis beider 
Maße ändert sich während des Wachstums etwas, auch ist das Männchen 
besonders außen etwas breiter als das Weibchen. Die Länge der 
Wohnkammer mißt man endlich an ihrer der Schalenspirale parallelen 
Mittellinie. Ihr Mundrand, dem die feinen Anwachslinien der glatten 
Schale parallel laufen, ist übrigens seitlich nach vorn konvex, außen 
etwas nach hinten konkav, also hier eingebuchtet. 

Die vier Nautilus-Arten leben nur in dem Gebiete zwischen der 
Malakastraße und den Fiji-Inseln gesellig am Boden unter der Litoral- 


Mollusea. 


zone bis zu mehreren 100 m 


Tiefe, wohl kriechend und schwimmend; 


selten steigen sie zur Oberfläche auf. Die Luft der Kammern trägt 


Fig. 296. + Pleuronautilus super- 
bus v. Mojsisovies (1373) (0. Nau- 
teloidea, F. Nautilidae). 
Mittlere alpine Trias bei Aussee, Salz- 
kammergut. 

Mit weit durchbrochenem Nabel !),. 


so ziemlich das Gewicht der Schale und 
des Weichkörpers, und 
so sinkt das Tier, wenn 
es sein Volumen ver- | 
kleinert, und steigt, ‚ 
wenn es seinen Weich- \ 


mn) 


körper ausdehnt. 

Ganz nahe verwandte 
Arten und Genera der 
Familie Nautilidae fin- N 
den sich, vertretendurch fig. 297. + Actino- 
bis 4 dm große Schalen ceras giganteumsSou. 
und meist isolierte (0. Nautiloidea, 
+ Rhyncholiten, weit ver- FtOrthoceratidae). 
breitet vom Jungtertiär a 
(Miocän) bis in die Trias Foord 1898). 
is 5, 5), Vila eetchnunaen 

riassische und die pa- 


läozoischen bis in das Untersilur zurückgehenden sınd aber viel weiter 
genabelt und oft durch Querrippen, Knoten oder Längsstreifen verziert 


Fig. 298. 7 Phragmoceras Bro- 
deripi Barrande (1865) (0. Nau- 
tıloidea, F. 7 Orthoceratidae). 


Obersilur, Böhmen. 
Mit teilweise erhaltener Schale ')/,. 


(Fig. 296), auch kennt man von ihnen 
keine Schnäbel, und viele meso- und paläo- 
zoische haben kantige Umgänge und stärker 
ausgeprägte, aber stets nur ganz wenige 
und einfache Loben und Sättel. Deren 
Entwicklung und die des Sipho, nieht so 
seine in der Medianebene wechselnde Lage, 
erscheinen nach der Art der Schalen- 
windung vor allem systematisch wichtig. 

An die sehr weitnabelisen paläo- 
zoischen Nautilidae schließen sich noch 
stärker abweichende Formengruppen an, 
bei welchen der Sipho oft weit (Fig. 297 
und 328, 5. 256) und dann meistens mit 
verschiedenen Kalkgebilden erfüllt ist, und 
von welchen manche evolute auch endo- 
gastrisch sein sollen. Solche sind die durch 


eine aufgelöste (evolute) Spirale ausgezeichneten  Gyroceras des Karbon, 


Devon und Silur und verw 


andte Formen (Fig. 295), die ähnlichen, 


Nautiloidea, System. 


aber nicht ganz in einer Ebene gewundenen  Trochoceras der letzten 

zwei Formationen, ferner die silurischen Litwites, deren Schale 

(Fig. 299) zuerst sehr weitnabelig, dann geradegestreckt ist. 
Derartige Formen leiten in ihrer Gestalt zu den nur etwas ge- 


bogenen (j Oyrtoceras), meist aber ganz gerade- 
gestreckten 7 Orthoceratidae und Verwandten über, 
deren Schalen sehr schlank bis kurz kegelförmig, 
im Querschnitt kreisförmig bis elliptisch und oft 
quer- und längsgerippt sind. Sie sind von der Trias 


Fig. 299. +Litwi- 
tes lituus Montf. 
(0. Nautiloidea, 
F. Nautilidae). 


Obersilurische 
Diluvialgeschiebe, 
Ostpreußen (aus 
Nötling 1882). !/,. 


bis in das Oberkambrium verbreitet, 
ja in fraglichen Steinkernen (7 Vol- 
borthella) sogar schon im Unterkam- 
brıum des nördlichen Europas und 
Nordamerikas gefunden und im Kar- 
bon und Silur bis über 2 m lang 
(Fig. 300). Die Suturen sind hier 
ganz einfach, der zentral bis rand- 
ständig gelegene Sipho oft sehr weit 
und kompliziert gebaut (Fig. 297); 
ja bei dem untersilurischen  Eindoce- 
ras, dessen Siphonaldüten wie manch- 
mal bei Nautiloidea sehr lang sind, 
ist er weiter als die Luftkammern 
(Fig. 328, 5.256). Bei der weitgefaßten 
Gattung T Orthoceras selbst, die von 
der alpinen Trias bis ın das Ober- 
kambrium nicht selten ist, können 
übrigens manchmal die hinteren Luft- 
kammern abgestoßen werden, und im 
Öbersilur und Oberdevon fand man 
auch ihren dünnen Anfang mit blasiger, 
verkalkter Embryonalkammer. 
Merkwürdig aberrante Formen 
sind die silurischen 7 Ascoceratidae, die 
wie schwachgebogene, mit dünnem 
Sipho versehene  Orthoceratidae be- 
ginnen, diesen Teil aber dann ab- 


Fig.300 FOrthoceras 
aptum Hall (1879) 
(0. Nautiloidea, 
F. + Orthoceratidae). 
Mitteldevon, Nord- 
amerika. 

a Schalenreste, b Stein- 
kern der Luftkammern, 
c der Wohnkammer, ca.t/,. 


stoßen und engstehende, dorsal weit vorgebogene Septa bilden und 
so ganz eigentümlich zur langen Wohnkammer gelagerte Luftkammern 


besitzen (Fie. 


301, 8. 238). 


Höchst beachtenswert ist endlich, daß bei allen Gruppen paläo- 


Mollusea. 


Fig. 301. 
1 7 Ascoceras decipiens Lindström 


zoischer Nautiloidea, am häufigsten bei 
T Orthoceratidae und besonders im Silur, 
gleichzeitig mit Formen, die einen ein- 
fachen Nautilus -ähnlichen oder wie 
oft bei  Orthoceras, geraden oder 
schief abgestutzten Mundrand haben, 
solehe mit mannigfach verengter Mün- 
dung vorkommen, wobei fast stets 
eine zweiseitige Symmetrie besonders 
deutlich hervortritt (Fig. 302 und 298, 
S. 236). 

Es lassen schon die Gestaltungen 
der Gehäuse, besonders der Wohnkam- 
mern, die Abweichungen in den Spuren 
der Ansätze der Haftmuskeln und Bänder 
und die Weite und Komplikationen des 
Sipho auf erhebliche Unterschiede der 
Weichkörper der karbonischen bis silu- 
rischen Formen von dem des rezenten 
Nautilus schließen, und man muß ja z. B. 


(1890) (O. Nautiloidea, F. + Asco- für solche Orthoceratidae, die frühere 


ceratidae). Kammern abstoßen und hinten Schalen- 

ersiz, Collaucı reparaturen ausführen konnten, andere 
Längsschnitt durch ein jugendliches Exem- 5 . 

para. Organe, etwa Arme wie bei Argonauta 

B ; Ascoceras fistula Lindström (siehe S. 253!), voraussetzen. Für die 

ER) Formen mit verengter Mündung aber, 


Schematischer Längsschnitt. Die Anfangs- 


kammern sind abgestoßen und die se- durch die sie doch nur einige Organe, 


kundären Luftkammern 71—6 erhalten, etwa wenige Arme und den Trichter 
w Wohnkammer, s Sipho. N) 


Fig. 302. $ Phrag- 
moceras Loveni 
Barrande (1865) 
(O. Nautiloidea, F! 
r Orthoceratidae). 


Obersilur, Böhmen. 
Mündung 1,. 


herausstrecken konnten, muß man ein 
ganz anderes Kopfende und wohl auch eine ab- 
weichende Lebensweise annehmen (Fig. 302). Die 
Vermutung, daß die Verschiedenheit der Mündungen 
nur auf Geschlechtsunterschieden beruhe, ebenso die, 
daß die geraden Formen mit der Basis im Schlamme 
steckten oder festgewachsen waren, hat wenig für sich, 
denn die Formen mit verengten Mündungen sind zeit- 
lich beschränkt, die sonst gleichgestalteten mit normalen 
viel langlebiger, und die geraden fand man fast nie 
aufrecht, sondern fast stets liegend in Meeresablage- 
rungen aller Art. 


i Ammonoidea. 239 


2. Ordnung: TAmmonoidea, Ammonshörner. 


Eine sehr große Anzahl meso- und paläozoischer Formen schließt 
sich im feineren und allgemeinen Bau der Schalen an die Nautiloidea 
an. Die Anfangskammern, die nie eine Narbe tragen und fast stets 
spiral sind, der niemals weite oder komplizierte, immer randständige 

ipho, der a inende Mangel v iefern und das häufige Vor- 
Sipho, der anscheinende Mangel von Kiefern und das häufige Vo 
handensein deckelartiger Hartteile beweisen aber deutliche Unterschiede 
in der Ontogenie und Organisation der Tiere; auch erreichen die 
systematisch äußerst wichtigen Suturen hier eine viel größere Kom- 
plikation, die Skulptierung der meist sehr dünnen Schalen ist sehr 
häufig reicher und die Differenzierung der Wohn- 

kammer mannigfaltiger. 

Das meist nur wenige Zentimeter bis einen 
Dezimeter große Gehäuse ist auch hier in der Regel 
weit- oder engnabelig oder involut spiral und ab- 
gesehen von ganz wenigen mesozoischen Schnecken- 
gsewinden völlig zweiseitig symmetrisch. Ebenso 
gibt es im Mesozoikum einige evolut spirale Schalen 
2 5 S : n Fig. 3035. 7 Phyllo- 
und solche, bei welchen nur die ersten Umgänge >". El 

d aha ; .> © ceras Nilssoni Hebert 
eng- oder weitnabelig spiral, deı übrige Teil aber (0. + Ammonoidea, 
frei hakenförmig oder geradegestreckt ist. Ganz F.+ Phylloceratidae). 
einfach stabförmige Schalen finden sich dagegen nur Mittlerer alpiner Jura, 

. ä : San Vigilio, Gardasee 
ausnahmsweise im Devon und Unterkarbon (7 Bac- (aus Vacek 1886). Quer- 
trites). Bei einer großen Zahl vor allem engnabeliger schnitt eines jungen eng- 
\ ee 2 . 0 x Z ‚> genabelten Exemplares 
Gehäuse nehmen endlich die Umgänge ontogenetisch %,, zeigt die aufeinander 
so an Höhe zu, daß sie zuletzt sehr hoch und seit- "enden und sich später 
s 3 : umhüllenden Umgänge, 
lich platt werden (Fig. 303). die allmählich immer 

; ee höher werden. 

Nur im Devon und Unterkarbon haben einige N 
Genera ein durchbohrtes Zentrum der Spirale wie Nautilus oder eine 
 Orthoceras ähnliche sackförmige Anfangskammer. Sonst ist sie im 
Gegensatz zu derjenigen der Nautiloidea und Dibranchiata spiral, quer- 
oval und sehr klein und stets ohne Narbe, also wohl die wirkliche 
Embryonalkammer. 

Die vom ersten Septum gebildete Sutur verläuft entweder einfach 
quer (asellat, Fig. 304 A), oder sie bildet außen eine breite Konvexität 
nach vorn (latisellat, Fig. 304 B), oder die Konvexität wird durch eine 
beiderseitige Rückbiegung verschmälert (angustisellat, Fig.304C). Wenn 
auch Übergänge bestehen, sind nach dieser ersten Sutur doch drei 
Gruppen zu charakterisieren, von welchen die letzte am jüngsten und 
umfangreichsten ist. Bei weiterem Wachstum der Schale werden die 

oO 


240 


Mollusea. 


Suturen allmählich immer komplizierter, und es entstehen stets außer 
einem unpaaren Extern- und Internlobus, also Rückbiegungen, rechts 


Fig. 304. Verschiedene Typen von Anfangs- (Embryonal-) 
Kammern bei 7 Ammonoidea, °°/,, alle auf das 1. Septum 
gesehen (aus Branco 1873/80). 


A Asellater Typ. 


T Goniatites (F. 7 Goniatitidae) aus dem Devon. 
B Latisellater Typ. 7 Tropites (F. 7 Tropitidae) aus der alpinen Trias. 
C Angustisellater Typ. 7 Lytoceras (F. 7 Lytoceratidae) aus dem Lias. 


und links gleichartige Loben und Sättel (Fig. 305); 
auch wird das Septum im Gegensatz zu dem der 


Nautiloidea und Di- 
branchiata ın der 
Mitte nach vorn kon- 
vex (Fig. 306). 

Nur bei den $ Oly- 
menien und 7 Gonia- 
tıten des Paläozoi- 
kums bleiben die 
Loben und Sättel 
Nautilus -artig ein- 
fach, bei allen anderen 


b 


Ammoniten bilden sich zwar auch zuerst „goniatitische“ Suturen 
(Fig. 312, 5.245), dann aber onto- und phylogenetisch immer stärker ge- 
zackte und oft auch immer zahlreichere paarige Loben und Sättel, 
was schließlich zu deren lappigen bis bäumchenförmigen Verzweigung 
führt (Fig. 329, 5.257). Eine durch die triassischen 7 Ceratiten repräsen- 


Resasiı 


If 
7 
v 


NY 


x | 


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IE We 


YANG 

Fig. 305. 
Suturentwicklung 
des latisellaten tri- 
assischen + Tropites 
(0. 7 Ammonoidea, 
F. + Tropitidae) (s. 
Fig. 304B) in ver- 
schiedenen Stadien 
(aus Branco 1873). 


’, U’ erster und zweiter 
Seitenlobus, es Extern- 
sattel, s’, s’ erster und 
zweiter Seitensattel, 
i Internlobus, si Sipho. 


tierte Stufe ist dabei die, daß nur die Loben, nicht 
auch die Sättel, einfach gezähnelt werden (Fig.3524, 
S. 259), bei allen anderen mesozoischen Ammoniten 
werden aber auch die Sättel zerspalten, was bis zu 
einer derartigen Verästelung wie 
bei f Pinacoceras (Fig. 329 A, 
S. 257) führen kann. 

Die Bedeutung einer durch 
solche komplizierte Biegungen ver- 
längerten Ansatzlinie der Septen 
liegt wohl in einer Verfestigung 
der meist sehr dünnen Schalen- 
wand. Der Sipho, welcher in Fig. 306. 
Gegensatz zu dem der Nautiloidea a, a a 
als geschlossene Blase dicht vor . Stepnanoceratidae). 
dem ersten Septum beginnt, liegt Oberer Dogger, Württem- 
zwar zuerst oft etwas wechselnd, ?°® . 
dann aber nur bei den ober- Steinkern Y,, von vorn 

Ö Y . . auf ein Septum gesehen. 
devonischen 7 Olymenien intern 
(Fig. 311 DB, 5. 244), sonst stets 
ganz extern (Fig. 306 s2). Nur 


Die Sättel treten vor, die 

Loben zurück, die Mitte 

ist nach vorn konvex, 
si Sipho. 


+ Ammonoidea, Schalenbau. 241 


bei den geologisch ältesten 7 Ammonoidea sind die Siphonaldüten wie 
bei den Nautiloides nach hinten gerichtet, sonst schieben sie sich 
onto- und phylogenetisch nach vorn (Fig. 307), so 
daß sie bei fast allen F Ammoniten als kleine Vor- 
stülpungen des Randes der »Septallöcher vor- 
handen sind. 

Die Wohnkammer nimmt zwar meistens wie 
bei den Nautilidae die Hälfte eines Umganges ein, 
wird aber manchmal sehr lang, so daß sie bei ge- 
wissen triassischen bis devonischen Genera bis 1'/, 
Umgänge umfaßt (Fig. 22, S. 24). Bei ausge- 
wachsenen Tieren ist sie übrigens relativ länger SR 

Sr: : 5 ; schnitt eines altmeso- 
als bei jungen und bei hochmündigen nie sehr zoischen + Ammoniten 
lang. Der Weichkörper war in ihr ähnlich wie (aus Branco 1880). 
bei Nautilus befestigt, denn manchmal kann man Der anfänglich intern, all- 

an er 5 . mählich extern liegende 
Ansätze der Haftbänder und der zwei meist ganz sipho punktiert in die Ori- 
nahe der Internseite liegenden Haftmuskeln nach- sinalfsur eingezeichnet. 
weisen (Fig. 308), deren Form und Lage aber bei verschiedenen 
Gattungen deutliche Unterschiede zeigt. 

Von besonderem Interesse ist, daß bei den verschiedensten meso- 
zoischen Gruppen zuweilen neben normalen Formen solche auftreten, 
die in ausgewachsenem Zustande eine „anormale“, d.h. nieht durch ge- 
wöhnliches Weiterwachsen der Schale gebildete 
Wohnkammer besitzen, sondern eine verengte, 
geknickte oder abgebogene (Fig. 333, 5. 260). 
Da man öfters an einem Fundorte sehr ver- 
schieden große Individuen derselben Art mit 
normaler und ganz ähnliche mit anormaler _ 
Wohnkammer findet, Schalenresorption bei den | 
Ammonoidea offenbar nicht vorkommt und 
Geschlechtsunterschiede anscheinend hierin sich 
nicht ausprägen, ist die Bedeutung der Er- 
scheinung noch Salz unklar. Fig. 308. 7 Oppelia steraspis 

Der Mundrand der Schale zeigt eine Oppel (1862) (U. O. + Am- 
größere und andere Formenmannigfaltigkeit monitida, F. 7 Oppelüidae). 
als bei den Nautiloidea. Besonders bei den Pest Jura (lithographischer 


Er I 2 er 2 A Schiefer), Franken. 
Olymenien und  Goniatiten ist er allerdings Avaruck ,,. 1 Haftbandlinie 
nur wellig gebogen wie bei Nautilus (Fig. 295, ®is fast zur Mündung reiehend, 
rn SD DO ER Oo ? «a Aptychus von innen, si Sipho. 
S.235 u. 311 A, S. 244), bei vielen erwachsenen 

Ammoniten der Kreide und des Jura ist er aber mit seitlichen Vor- 
sprüngen, Ohren, versehen (Fig. 319, 5.248), bei anderen mesozoischen 


Stromer, Paläozoologie. 16 


Schematischer Längs- 


242 Mollusca. 


ringsum verengt, und bei sehr vielen springt er außen oft stark vor 
(Fig.317A, 5.247, u. Fig. 13, 5.16), weshalb hier im Gegensatz zu den 
Nautiloidea und wohl auch den paläozoischen 7 Ammonoidea ein extern 
liegender Trichter kaum angenommen werden kann. Es bestehen nun 
zwar bessere Anhaltspunkte als bei den Nautiloidea, in solchen Kompli- 
kationen des Mundrandes nur Geschlechtsunterschiede zu sehen, weil 
sonst gleiche Formen mit einfachem Mundrande und von etwas be- 
deutenderer Größe oft mit jenen zusammen vorkommen. Jedenfalls 
mußten die Tiere aber von dem rezenten Nautilus, bei welchem die 
Männchen größer sind, stark verschieden sein. 
N Die Außenseite der Schale ist anfangs an- 
u! scheinend stets glatt, dann treten aber meistens onto- 
genetisch (Fig.315, 5.246) und phylogenetisch beson- 
ders im Mesozoikum stärker sich entwickelnde Ver- 
zierungen durch einfache oder gespaltene Querrippen, 
Knoten und Stacheln auf, die bei alten Individuen 
auf der Wohnkammer wieder verwischt werden 
können (Fig. 30, S. 27). Längsskulpturen spielen 
eine sehr geringe Rolle und kommen, abgesehen 
von externen Kielen nur in der Trias und in älteren 
Formationen selten vor. Die Externseite ist bald 

/ gerundet (Fig. 306, 8. 240), bald trägt sie eine 
Fig. 309. Längsrinne (Fig. 320, S. 248), bald einen Kiel 
+ Harpoceras (Hildo- (Fig. 13, S. 16), der bisweilen von Furchen begleitet 
ceras) bifrons Brug. ist (Fig. 309). Manchmal beobachtet man auch auf 
De den Umgängen der Steinkerne in geringeren oder 
Oberer Lias, Calvados, größeren Abständen ringförmige Einschnürungen 
Nordfränkreieh (ausBayle (Fig. 319, 3.248, u. Fig. 317, 5.247), welche inneren 

Se Verdickungen, bzw. ehemaligen etwas verengien 
Mündungen der Schale, also Zeiten längeren Stillstandes des Wachs- 
tums, entsprechen. 

Während man endlich nie eine Spur von Kiefern nachweisen 
konnte, findet man in der Kreide-, Jura- und auch Devonformation 
häufig Hartteile, die man als Deckel anspricht, da sie nach ihrer Form 
die Schalenmündung ganz oder teilweise verschließen können und in 
sehr seltenen Fällen auch in entsprechender Lage vorkommen, meistens 
allerdings isoliert oder tiefer in der Wohnkammer nahe der Externseite 
(Fig.308, 5.241). Sollten sie von einem der Kopfkappe des Nautilus 
homologen Organ ausgeschieden sein, wie man meistens annimmt, so 
mußte es, nach letzterer Lage zu schließen, ganz anders orientiert gewesen 
sein, und der Trichter konnte auch danach nicht so liegen wie bei Nautilus. 


7 Ammonoidea, Lebensweise und Einteilung. 243 


Die vermutlichen Deckel, die schon bei ganz jungen Tieren vor- 
handen sind, bestehen entweder aus einem unten ausgeschnittenen 
und oben gerundeten hornigen Stück ( Anaptychus) oder aus zwei 
symmetrischen, mit geradem Innenrande zusammenstoßenden Kalk- 
platten (j Aptychus), deren gewölbte Außenseite glatt oder mit Poren 
oder Rippen versehen ist, und die aus drei Schichten bestehen (Fig. 310). 

All das Erwähnte spricht nicht nur dafür, daß die 7 Ammonoidea 
in ihrem Bau mehr oder weniger stark von den Nautiloidea abweichen, 
sondern macht natürlich auch eine andere Lebensweise wahrscheinlich. 
Die große Mannigfaltigkeit der Schalenform zwingt dabei zu der An- 
nahme, daß die TAmmonordea auch unter sich hierin verschieden 
waren, und in der Tat hat man Anhaltspunkte dafür, daß manche, 
wie z. B. die f Ceratiten, auch wohl Formen mit einer Schnecken- 
spirale und mit gewissen anormalen Wohn- 
kammern oder solche, die nur lokal und von 
der Gesteinsfazies abhängig gefunden werden, 
zum vagilen Benthos mäßiger Meerestiefen ge- 
hörten, während viele einfach spirale mit un- EEE 
verengter Mündung wohl pelagisch frei herum- u lU U uerzchungerme- 

: = : ... T Aptychus, etwas vergr. 
schwimmen konnten. Denn es läßt sich dafür (aus Meneghini 1876), 
die weltweite Verbreitung vieler Arten und ,„ Oberflächenporen, 31 mittlere 
besonders Genera, das Vorhandensein der Luft- Masise ee u 
kammern und die gewöhnlich sehr geringe 
Dicke der Schalen als Beweis anführen, welch letztere gegen ein Leben 
in der Littoralzone spricht. Eine Verbreitung durch pelagische Larven 
ist ja nicht anzunehmen, da sie den rezenten Cephalopoda fehlen und 
da bei einem ‘Ammoniten ( Oppelia, Fig. 308, S. 241) einmal Brut- 
pflege nachgewiesen wurde. Hierin bestand also eine Ahnlichkeit 
mit der rezenten Argonauta (8. 253). 

Was die Einteilung der F Ammonoidea anlangt, so hat man lange 
fast nur die sehr weitgefaßten Genera 7 Ammonites, "y Ceratites, " @o- 
niatites und TOlymenia vor allem auf Grund der Suturdifferenzen 
unterschieden und die besonders bei 'r Ammonites außerordentliche 
Formenmenge in Gruppen mit Adjektivbezeichnung (Lineati, Falei- 
feri usw.) zerlegt. Seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts 
hat man aber vorwiegend nach dem Bau und der Öntogenie der 
Schalen, der Sutur, dem Umgangsquerschnitt und der Verzierung eine 
immer wachsende Zahl von Genera unterschieden und ist darin wohl 
oft schon zu weit gegangen. 

Man verwertet jetzt zur Zusammenfassung in größere Gruppen 
vor allem die Form der Anfangskammer und der Suturen, auch der 

16* 


944 | | = Mollunen 


Siphonaldüten. Hierbei erweisen sich dieselben Merkmale bald kon- 
stant, bald systematisch nicht im großen brauchbar; so lassen sich 
die  Ammonoidea des Perm gut nach der Sutur einteilen, bei den 
devonischen aber würde die einseitige Verwertung des gleichen Merk- 
males zur Vereinigung heterogener Elemente führen; ebenso zeigt sich 
die Skulptur in der Trias teilweise verwertbar zur Zusammenfassung 
großer Gruppen, sonst aber nicht. Auch die Ausbildung der Deckel oder 
ihr Fehlen und die Länge der Wohnkammer ist oft wichtig, die all- 
gemeine Schalenform aber, speziell die Art der Involution ist nur in 
der Detailsystematik brauchbar. Die auch fast nur dafür bedeutungs- 
vollen Mundränder und Wohnkammerformen endlich lassen sich leider 
nur zu selten studieren, da diese zerbrechlichsten Teile der Schale 
gewöhnlich nicht erhalten sind. Von den hier angenommenen vier 
Unterordnungen, IPOD, Goniatitida, Proammonitida und Am- 

r monitida sind die drei letzten fast nur 

Den auf die Höhe der Suturentwicklung 
a basiert und enthalten deshalb z. T. hete- 
rogene Elemente. 


Fig. 311. 
A + Olymenia (Oxyelymenia) undulata Münst. (U.O. Intrasiphonata, F: 7 Olymenitdae). 
Oberdevon, Fichtelgebirge (aus Gümbel 1565). 

Schale z. T. entfernt, um die einfache Sutur zu zeigen }/,. 

B Steinkernfragment einer + Olymenia (Gonioelymenia) speciosa Münst. 
Oberdevon, Fichtelgebirge (aus Gümbel 1863). 

Mit intern gelegenem Sipho und ineinandersteckenden Siphonaldüten !/, 


Zu der Unterordnung FIntrasiphonata gehören nur die An- 
gehörigen einer im Oberdevon der Nordhemisphäre verbreiteten Familie 
+"Olymeniidae, die sich vor allen Ammonoidea durch einen intern 
liegenden Sipho mit rückwärts gerichteten und manchmal langen Düten 
auszeichnen (Fig. 311). Sie sind alle sehr weitnabelig spiral und 
meistens glatt und haben eine unter einem Umgang lange Wohn- 
kamıner mit einfacher Mündung, eine aus wenigen nicht gezackten 
Loben und Sätteln bestehende Sutur und eine asellate Anfangskammer. 


+ Goniatitida, + Proammonitida. 


Die formreichere Unterordnung T Gonia- 
titida ist ziemlich universell und vom obersten 
Silur bis in das oberste Perm nachgewiesen. 
Bis auf den stabförmigen  Dactrites, der vom 
Mitteldevon bis Unterkarbon sich findet, sind 
alle einfach spiral imvolut bis weitnabelig, 
glatt oder etwas verziert. Die Anfangskammer 
ist nur bei jenem und wenigen anderen Devon- 
formen sackförmig, sonst spiral asellat (Fig. 
3044, S. 240), die weiteren Suturen sind mit 
einfachen, manchmal zahlreichen Loben und 
Sätteln versehen und die kurzen Siphonaldüten 
in der Regel nach hinten gerichtet (Fig. 312). 
Ihre Wohnkammer ist ', bis 1, Umgänge 
lang und hat einen meist einfachen, extern 
konkaven Rand. Bei einigen Devonformen sind 
endlich auch Deckel nachgewiesen, die, isoliert 
gefunden, z. T. für Krebsreste gelten (S. 286). 

Die Unterordnung 7 Proammonitida 
umfaßt vor allem drei permotriassische Familien 
mit latisellater, sehr selten angustisellater An- 
fangskammer, mit meist nach vorn gerichteten 
Siphonaldüten und mit ziemlich einfacher Sutur. 


Fig. 312. 
A + Goniatites (Anarcestes) 


plebejus barrande (1865) 
(U. O0. + Gonivatitida, F. 
7 Gomniatitidae). 
Mitteldevon, Böhmen. 

Mit teilweise erhaltener Schale !/,- 
B  Goniatites spec. indet. 
Unterkarbon(Kohlenkalk), Belgien 
(aus de Koninck 1830). 
Suturlinie °/;. el Externlobus, 
es Externsattel, !’ erster Lateral- 
lobus, s’ Lateralsattel. 


Davon sind die hauptsächlich permischen  Medlicottiidae engnabelig 
und hochmündig und nicht oder wenig verziert und haben zahlreiche, 
ziemlich einfache Loben und Sättel (Fig. 313), während die gleich- 


Fig. 313. 

A + Sageceras Waltheri v. Mojsi- 
sovies (1882) (U. O. 7 Proammo- 
nitida, F.  Medlicottiidae). 
Obere alpine Trias, Bukowina. 
Steinkern von vorn !/s. 

B + Sageceras primas Waagen 
(1887) (U. O0. + Proammonitida, 
F.  Medlieottiidae). 

Perm (Productuskalk), Saltrange, Indien. 
Sutur Y/\. el, es Externlobus und -sattel, 7’, !’ erster 


und zweiter Laterallobus, s’, s’’ erster und zweiter 
Lateralsattel, A Hilfsloben und -sättel. 


Fig. 314. 


A 


Sutur l/,. 


el es ls 


Ay 


+ Waagenoceras Nikitini Gem- 
mellaro (1888) (U. 0. 7 Proammonitida, 
F. + Oyclolobidae). 


Karbonischer Fusulinenkalk, Palermo. 


alterigen 7 COyclolobidae sich von 
ihnen vor allem durch meist involute 
oder engnabelige Schalen mit langer 
Wohnkammer und öfters auch ein 
wenig eingeschnürtem Mundrand, 
sowie durch vorn gerundete Sättel 


Us h 


Buchstaben wie in Fig. 513 B, el Extern- 
lobus mit sekundärem Sattel. 


246 Mollusca. 


unterscheiden (Fig. 314). Die hauptsächlich triassischen + Ceratitidae 
hingegen mit ceratitischer Lobenlinie (s. S. 240) sind oft weitnabeliger 
(Fig. 332 A, 8.259), ja einige Nebenformen zeigen den letzten Um- 
gang losgelöst (7 Choristoceras, Fig. 5, S. 7) oder den größten Teil stab- 
törmig ( Rhabdoceras) oder eine Schneckenspirale (7 Cochloceras). Alle 
sind deutlich quer skulptiert und ihre Wohnkammer ist kurz und einfach. 

Die nur mesozoische Unterordnung 7 Ammonitida enthält 
Formen mit etwas bis stark zerschlitzten und differenzierten Loben 
und Sätteln (ammonitische Sutur) und nach vorn gerichteten Sipho- 
naldüten und umfaßt nur in der Trias wenige Familien mit latisel- 
later Anfangskammer oder über einen Um- 
gang langer Wohnkammer, sonst ausschließ- 


Fig. 316. 7 _Arcestes inflato- 
Karte galeatus v. Mojsisovics (1875) 
Fig. 315. T Trachyceras aon Münst. (U. O. + Am- (UT. O. + Ammonitida, 


x 


monitida, F. + Tropitidae). F. + Arcestidae). 
Mittlere alpine Trias (Raibler Schichten), Südtirol (aus Obere alpine Trias (Hallstädter 
Mojsisovics 1882). Kalk), Sandling bei Aussee, Salz- 
Zeigt die ontogenetische Skulptur-Entwicklung in verschiedenen kammersut. 
Wachstumsstadien der Schale !/,. Schale von vorn !/,;. 


lich angustisellate mit kurzer bis mittellanger Wohnkammer und mit 
meist vorspringendem Externteil des Mundrandes; auch haben viele 
Jura- und Kreideformen Deckel. 

Bei der großen Manniefaltigkeit sind hier nur einige Familien 
hervorzuheben. Latisellate Familien der Trias mit mehr oder weniger 
zerschlitzter, aber ziemlich gleichförmiger Sutur sind die reich ver- 
zierten  Trachyceraten (Fig. 315) und Verwandte, und all die wenig 
oder nicht skulptierten, gewöhnlich engnabeligen bis involuten 7 Ptychi- 
tidae mit kurzer und f Arcestidae mit sehr langer Wohnkammer (Fig. 316 
und Fig. 22, S. 24), während die sehr hochmündigen und oft sehr 
stattlichen T Pinacoceratidae mit äußerst fein verästelter Sutur angu- 
stisellat sind (Fig. 329 A, 8. 257). 

Angustisellat, nie stark verziert und stets mit nur mittellanger 
Wohnkammer versehen sind auch die 7 Phylloceratidae, deren Sutur 
durch lappige Enden der Sättel ausgezeichnet ist (Fig. 317). Ihre 


+ Ammonitida. 247 


ältesten Vertreter in der oberen alpinen Trias sind weitnabeliger als 
die Jura- und Kreideformen. Die ebenfalls langlebigen, aber auf Jura 
und Kreide beschränkten  Lytoceratidae unterscheiden sich von ihnen 


Ran s 
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N 7 N) N @) N 
N uNy BOZAR 


n en 
A 7 Phylloceras mediterraneum Neum. (U.O. x Am- 
monitida, F.  Phylloceratidae). 

Mittlerer Jura (Dogger), Chaudon, Basses Alpes (aus Haug 1890). 
Steinkern seitlich !/,, mit queren Einschnürungen, daneben 
Mundrand von außen. 

Bj Rhacophyllites debilis Hauer(F. Phylloceratidae). 
Obere alpine Trias bei Hallstadt (aus Mojsisovics 1902). 
Sutur '%5. „Lappige“ Suturelemente. si Sipho, el! Externlobus mit sekundärem Sattel, es Extern- 


sattel, 7’, !’ erster und zweiter Laterallobus, s’, s’’ erster und zweiter Lateralsattel, A Hilfssättel und 
-loben, n Nabelrand. 


außer in der Sutur vor allem dadurch, daß ihre im Querschnitt rund- 

lichen Umgänge meist quer verziert Si, und daß sie stets weitge- 
nabelt sind (Fig. 315). Sie haben in der Kern ganz ähnliche Neben- 
formen wie die 4 Ceratitidae in der Trias, d. h. evolute, fast ganz stab- 
förmige und schneckenförmige (Fig. 3314, S. 258), und dazu in den 
r Hamites-artigen solche mit hakenförmig ge- 
krümmtem letzten Umgang. 

Die Angehörigen dar weiteren jurassischen 
und kretazischeu Familien sind vielfach mit 
Seitenohren an den oft von Aptychen, seltener 
von Anaptychen verschließbaren Mündungen ver- 
sehen. Eine formenreiche Familie des unteren 
Jura bilden die meist weitnabeligen und mit 
einfacher Wohnkammer versehenen 'f Aegocera- 
fidae, deren ältester und primitivster Vertreter 
(ei; Psiloceras) meist fast unverziert ist (Fig. 330, De ee: 

258), während die Mehrzahl starke, gerade Oppel (U. O. + Ammonitida, 
(uerrippen ( Aegoceras), viele auch noch einen F. + Lytoceratidae). 
von Furchen begleiteten Externkiel besitzen Oberster Jura (Tithon), Stramberg, 

ER N Mähren (aus Zittel 1868). '/,- 
(r Arietites). 

Mit sichelförmigen, meist feinen Rippen und einem Externkiel ver- 
ziert sind die meist hochmündigen Amaltheidae (Fig. 13, 8. 16) und 
"r Harpoceratidae (Fig. 309, S. 242) des unteren und mittleren Jura 


248 


Mollusea. 


sowie die an letztere sich anschließenden - Oppeliidae, die vom mitt- 
leren Jura bis in die Kreide vorkommen (Fig. 308, S. 241). Sehr 


Fig. 319. 7 Perisphinctes Achilles 
d’Orbigny (1347) (U. O. + Ammo- 
nitida, F. 7 Stephanoceratidae). 
Mittlerer Malm, Charente inferieur. 
Auf der Spirale einige ringförmige Ein- 
schnürungen. ?/,. 


häufig im Jura und der unteren Kreide 
sind die f Stephamoceratidae, meist weit- 
nabelige Formen, deren Querrippen oft 
unter Knotenbildung sich spaltend über die 
in der Regel gerundete Externseite gehen 
(Fig. 30, 5.27). Zu ihnen gehören die sehr 
formenreichen und bis über Im großen 
 Perisphinctes (Fig. 319) des oberen Jura 
und der unteren Kreide, und im mittleren 
Jura schließen sich an engnabelige Formen 
(Macrocephalites, Fig. 306, 5. 240) solche 
mit anormaler Wohnkammer (7 Oecopty- 
chius) an. An diese Familie reihen sich 
im oberen Jura die j _Aspidoceratidae an, 
auf deren späteren Umgängen ein oder 
zwei Knoten- oder Stachellängsreihen sich 
einstellen, und ferner die T Cosmocerati- 
dae, deren reiche Rippen- und Knoten- 


Verzierung am Externteil unterbrochen ist (Fig. 320). Sie dauern 
formenreich vom mittleren Jura bis in die obere Kreide, und schon 


B 
Fig. 320. 7 Hoplites hystrix Bean (U.0. äußerlich recht ähnlichen + Schloen- 


7 Ammonitida, F. 7 Cosmoceratidae). 
Untere Kreide, Norddeutschland (aus Neumayr- 


Uhlig 1881). 


in jenem, besonders aber in der unteren 
Kreide, haben sie Nebenformen mit evo- 
luter Spirale oder abgelöstem letztem 
Umgange (Fig. 331B, S. 258). Sie, 
wie die kretazischen  Desmoceratidae, 
zu welchen j Pachydiscus, ein in der 
oberen Kreide Westfalens bis 2 m 
sroßer Ammonit, gehört, haben übrigens 
anscheinend keine Deckel. 

Endlich finden sich ın der Kreide 
die den liassischen 7 Amaltheidae 


bachien und Verwandte sowie, und 
zwar besonders in der oberen südlichen 


a een en vr 22 22 Kreide, enonabelige, hochmündicenuad 


den Seiten und am Externteil zu Knoten an- 


schwellenden Rippen sind auf dem Schalen- oft flache, meist schwach verzierte 


rücken unterbrochen. 


Formen, die 7 Pulchelliidae und andere, 


deren Sutur auffallend wenig zerschlitzt, oft fast ceratitisch ist 


(Fig. 332 B, $. 259). 


Dibranchiata, Endocochlia. 249 


2. Unterklasse: Dibranchiata. 


Die mit nur einem Kiemenpaar versehenen Kopffüßler stehen in 
vieler Hinsicht höher als Nautilus, der allein völlig bekannte Vertreter 
der Tetrabranchiata. So sind ihre S oder 10 oft ziemlich langen Arme 
stets mit Saugnäpfen oder z. T. auch mit Chitinhaken bewaffnet; auch 
besitzen sie stärker entwickelte Knorpel im Kopf und fast stets einen 
in die Mantelhöhle mündenden Tintenbeutel, sowie oft horizontale 
Flossen an dem zylindrischen oder sackförmigen Weichkörper. Die 
scharfen Kieferschnäbel der rezenten sind zwar nur hornig, es ist aber 
gar nicht unwahrscheinlich, dab die F Scaptorhynchus und 7 Rhyn- 
choteulhis genannten Reste verkalkter Oberkiefer des Tertiärs, des Jura 
und besonders der Kreide hierher gehören (Fig. 291, 5. 232). 

Sehr charakteristisch ist, daß nur die Weibehen von Argonauta 
eine sekundäre äußere Schale haben, alle übrigen aber eine im Mantel 
(bei Spirula allerdings nicht völlig) eingeschlossene, also innere Schale 
entweder aus kohlensaurem Kalk, die dann öfters den Sipho und den 
hintersten Teil des Eingeweidesackes umschließt, oder nur eine Platte 
aus Konchinblättern oder eine bis zum völligen Schwund reduzierte. 

Die Zweikiemer, bei welchen im Gegensatz zu Nautilus die Männchen 
kleiner sind als die Weibchen, sind meist nur einige Zentimeter bis 
Dezimeter lang, manche rezente und mitteljurassische erreichen aber 
Längen von mehreren Metern. Sie bewohnen meist gesellig in zahl- 
reichen Formen alle Meere vom Seichtwasser bis zur Tiefsee, teils am 
Boden, teils als pelagische Schwimmer Vor allem nach der Armzahl 
und der Schalenausbildung zerfallen sie in die zwei Ordnungen Eindo- 
cochlia und Octopoda. | 


1. Ordnung: Endocochlia. 


Die Tiere sind mit 10, bei den mesozoischen  Delemnoidea an- 
scheinend nur mit 6, oft hakenbesetzten Armen bewehrt und haben 
fast sämtlich eine innere, hauptsächlich dorsale Schale, an der sich die 
zwei Kückziehmuskeln des Trichters anzusetzen pflegen. Sie umfassen 
die größten Cephalopoden und sind in der Regel mit Flossen versehene 
gute Schwimmer. 

Bei fast allen außer bei Spirula ist ein dünnes, längsgestrecktes 
Rückenschild (Schulp, Gladius, Proostracum) aus manchmal verkalkten 
Konchinlamellen vorhanden. Ist die Schale gut entwickelt (Fig. 321), 
so befindet sich hinten unten an ihm eine sehr dünne Kalkschale 
( Phragmoconus), die ganz wie bei Nautilus langsam größer werdende Luft- 
kammern und einen engen Sipho enthält, aber in der kugeligen, deut- 
lich abgeschnürten Anfangskammer und dem als Blase nahe an deren 


250 Mollusca. 


- 


Ende beginnenden Sipho gewissen devonischen  Goniatiten gleicht. 
Auch liegt der Sipho stets ganz an der Ventralseite des meist ge- 
raden, nur bei wenigen känozoischen Formen, wie z. B. Spirula, plano- 
spiral evoluten, also endogastrischen 
Phragmokons, und endlich reicht die 
Kammerung bis nahe an das Ende 
des Phragmokons, es ist also der 
Teil, welcher der Wohnkammer des 
Nautilus entspricht, nur sehr kurz. 
” Die uhrglasförmigen Perlmutter- 
ig. 321. f Belem- : “ 
ao epieu haben außer bei den ältesten 
(0. Endocochlia, Tri- T-Delemnoidea rückgerichtete, im Kä- 
bus } Belemnoidea). nozoikum manchmal lange Siphonal- 
Mittlerer Jura, Süd- düten und sind einfach nach vorn 
deutschland. G Er E © 

A Rekonstruierter Längs. Konkav. Bei einigen känozoischen 
een Formen, den Sepüidae, sind sie schräg 
PO]| capoda, Proostrakum und gestellt, und ihr ventraler Teil ist 
Arme nach } Acantoikeu- dann rudimentär, der Siphonalraum 


n tis des obersten Jura von E 
Ü) Solnhofen kombiniert. weit und kurz. 


N a Hälfte der 6 Arme, die 2 De 5 en 2 
U ; ee Bei der hierher gehörigen Sepia, 
N und einer kleinerer Hom- wo die Septen besonders schräg ge- 


haken bewaffnet sind, 
d Darmkanal, k homiger Stellt und nach vorn unten konvex 


nn ar Besen sind und in den Luftkammern ver- 
am dieken Schlundkopf, |. = 6 0 e 
ki rechte Kieme in der tikale Kalkpfeiler sich finden, sowie 


Mantelhöhle, m Mantel, hei den 7 Belemnoidea ist endlich 
der den Rumpf, das Proo- 


2 ph strakum po und das Ro- hinten ein rückragender, gestreckt 
II sum 7 umhüls iu wel konischer Kalkstachel (Rostrum) von 
III— chem der mit fast 60 sehr 


niederen Kammern und sehr verschiedener Größe vorhanden. 


einem ventralen, perl- 


schnurförmigen Sipho s Zr ist massiv, nimmt aber bei guter 


Ten PR et Ausbildung in einer vorderen ko- 
steckt, ft Tintenbeute ö 09 
tr Trichter. B Querschnitt nischen Aushöhlung, der Alveole, den 


durch das Rostrum an der o h n a0 Hıo 
ee gekammerten Phragmokon auf (Fig. 
bezeichneten Stelle. Y/ı. 321). Er wie der Schulp haben 


Zee Szene kein Homolocon bei, den Mierrae 
ventrale Lage des sehr : je} 
dünnwandigen konischen branchiata. 
Phragmokons ph mit ven- . . N N, x 
a Die universell, meist aber nur 
lich etwas platten Ro- jn wärmeren Meeren verbreiteten 
strum r. 0 

zahlreichen rezenten Genera lassen 
sich selten auch fossil nachweisen. So sind die wenigen schalenlosen 
Gattungen und Spirula, die in tieferem Wasser tropischer Meere lebt, 


fossil ganz unbekannt, und man fand Verwandte der nur mit einem 


( 


ana jan: 


[ 


U 


m 


Endocochlia, System. 251 


Rückenschild versehenen guten Schwimmer, die 
man als Familiengruppe Chondrophora zu- 
sammenfassen kann, nur in der Kreide und in dem 
Jura, vor allem Europas. Dort sind manchmal 
nicht nur die breit längsovalen (Fig. 322) bis 
schmal lanzettförmigen Schulpe, sondern auch die 
Tintenbeutel und die Körperumrisse erhalten. 

; Dagegen wies man 
Reste der Sepioidea, 
deren Rückenschild 
durch die sehr schrä- 
gen Septen verstärkt i 
erscheint, während das 2 


Rostrum sehr klein und I 
 Belosepia tricarinata 


der Siphonalraum kurz Watelet(O. Endocochlia, 
und weit ist, fast nur Tribus Sepioidea). 

im Tertiär Europas Alttertiär (Mitteleocän), Bel- 

5 gien (aus Vincent 1900). 

nach. Dort geht die dor- Steinkern mit Resten des 

’ Schulpes von einem jungen 

soventral platte Sepia, Exemplar. Von der Seite !/,. 

jetztein@rundbewohner aRückenschild mit Höckern 


. a »,_  verziert,s Septen, rRostrum 
des Seichtwassers war h gezähnelter unterer Bine 
merer Meere, bis in den terrand des Schulpes. 
Beginn des Alttertiärs 
zurück, wo sich ihr dann 
‘ Belosepia mit etwas stärke- 
rem Rostrum und anscheinend 
besser entwickelten Luftkam- 


mern anschließt (Fig. 325). 


Fig. 322. + Beloteuthis subco- Entfernt verwandt mit 

status Münst. (O. Endocochlia, ihnen sind die  Belemnoteuthi- 

ne Olezekosore); dae der Kreide, des Jura und 

Oberer Lias, Holzmaden, Württemberg . 5 
(aus Quenstedt 1849). der oberen alpinen Trias von | 
SD) JDSEEIRERS Ze Europa, bei welchen der wohl- Fig. 324. 


entwickelte, umgekehrt konische Phragmokon mit einem 7 Spirulirostra 
dünnen, wahrscheinlich dem Rostrum entsprechenden en 
Überzug versehen ist. Noch weiter stehen von ihnen cochlia, Tribus 


die Angehörigen der Familiengruppe T Belemnoidea + Belemnoidea). 


ab, die gewöhnlich nur in ihren wohl ausgebildeten Junstertiär (Mio- 
cän) bei Turin. 


Rostren und Phragmokonen bekannt sind. meer eraneter 


Nur die jünest © ul are Längsschnitt 4. 
jüngste Gattung, Spirulirostra, die sich en 


nur im Mioeän und Oligocän Europas findet, hat einen wie mokon, s Sipho. 


Mollusea. 


252 


bei Spirula gebogener Phragmokon, welcher aber in dem dorsal nach 
vorn verlängerten, konischen Rostrum steckt (Fig. 324). Sonst ist der 
Phragmokon stets gerade und umgekehrt spitzkonisch und steckt in 
der Regel ganz in der einfach konischen Alveole des Rostrums (= Scheide). 
Vollständigere Reste im oberen und besonders unteren Jura Europas 
zeigen, daß die Tiere ein sehr zartes Proostrakum, das von der Ober- 


Fig.325. 7 Delem- 
nitella mucronata 
Schloth. (0. En- 
docochlia, Tribus 
r Belemnoidea). 


Obere Kreide (Öber- 
senon), Westfalen (aus 
Wegner 1905). 
Rostrum seitlich ?/;. 
Alveolarende abge- 
brochen,Spitzchen er- 
gänzt. d Dorsalseite 
mit Gefäßeindrücken, 
die sich ventralwärts 
verzweigen.voVentral- 
seite mit Schlitz am 
Alveolarende. 


Größe der Alveole. 
dütenförmig ineinander steckenden Schichten aufgebaut. 


seite des Phragmokons vorragte, besaßen und einen 


Tintenbeutel, sowie wohl nur 6 Arme 
hatten, die relativ kurz und mit zwei 
Reihen von Chitinhaken bewaffnet waren 
(Fig. 321A, S. 250). 

Da man von den Phragmokonen fast 
nur in ihrer verschiedenen Länge und 
Schlankheit und nur manchmal, so be- 
sonders bei den obertriassischen Formen, 
in der dorsal und ventral verschiedenen, 
allermeist zarten Skulptur ihrer Schalen- 
oberfläche deutliche Unterschiede kennt, 
werden die viel häufiger gefundenen 
Rostra fast allein systematisch verwendet 
(Fig. 325). Sie zeigen schon äußere 
Unterschiede in der sehr wechselnden 
Größe und Schlankheit, an ihrem aller- 
meist spitzen Ende, in der öfters vor- 
handenen seitlichen Abplattung und in 
dem häufigen Auftreten von Längs- 
furchen, unter welchen eine mediane ven- 
trale, die vom Vorderrande ausgeht, bei 
Jura- und Kreide-j belemniten besonders 
oft vorhanden ist, sowie von Längsrippen 
bei einigen Formen der oberen alpinen 
Trias (7 Aulacoceratidae, Fig. 326) und 
von Seitenflügeln bei einigen alttertiären, 
endlich in der verschiedenen Tiefe und 


Fig. 326. j Dic- 
tyoconites reti- 
eulatus Hauer 
(0. Endoecochlia, 
Tribus  Belem- 
noidea, F.  Au- 
lacoceratidae). 
Obere alpine Trias, 
Hallstadt, Salz- 
kammergut (aus 
Mojsisovies 1902). 
Rostrum ?/,, seit- 
lich, in der Mitte 
aufgebrochen. 


Außerdem sind sie bei manchen Genera nur aus 


Bei den 


häufigsten, speziell bei den j Belemmitidae, die mn Kreide und Jura 
herrschen, in der obersten Trias und im Alttertiär (‘ bayanoteuthis) 
sich nur ganz vereinzelt finden, zeigen sie aber dazu einen deutlich 
radiär-faserigen Bau (Fig. 321.5, S. 250) infolge der Ausbildung von 
Kalkprismen mit starker Beimengung organischer Substanz. 


Dibranchiata, Octopoda. 253 


Daß die Rostren von außen her gebildet und wenigstens manch- 
mal dauernd vom Mantel umhüllt wurden, beweisen die bei gewissen 
oberkretazischen Formen deutlichen Gefäßeindrücke auf ihrer aller- 
meist glatten Oberfläche (Fig. 325). Bei den ältesten in der alpinen 
Fazies der mittleren und oberen Trias und des Lias vorkommenden 
(tenera, den  Aulacoceratidae, die überdies durch nach vorn gerichtete 
Siphonaldüten, meist auch durch größere Luftkammern und oft noch 
durch verhältnismäßig starke Skulptur von den 7 Delemniten ab- 
weichen, sind sie zum Teil nicht so dicht gebaut wie sonst (Fig. 326). 

Die Bedeutung des trotzdem immer schweren, massiven Organs, 
dessen Gewicht allerdings wohl so ziemlich durch die Luftkammern des 
Phragmokons getragen werden konnte, ist nicht sichergestellt; man 
vermutet meistens, daß es den rückwärts schwimmenden Tieren als 
Rostrum, d. h. als Wellenbrecher, und zugleich als 
Schutz des zarten Phragmokons diente. 


2. Ordnung: Octopoda. 


Die allermeist flossenlosen Formen, welche nur 
acht, nie mit Haken bewaffnete Arme haben, besitzen 
von einer inneren Schale höchstens ganz schwache 
Spuren. So ist es begreiflich, daß man nur ein 
rezentes Genus im Abdruck aus der obersten Kreide 4 
Syriens kennt. Die Weibchen der nackten Argo- Fig. Sol nein 
nauta, die wärmere Meere bewohnt, bilden .aber + Sismondae Bellardi 
eine zarte Schale, die aus einer kurzen Plano- (1872) (0. Octopoda). 
spirale besteht und ähnlich wie manche r Cos- ee 
moceratidae ( Ammonoidea) verziert ist, jedoch Pe 
zwischen zwei Prismenschichten eine faserige Mittelschicht, also eine 
von der Tetrabranchiaten-Schale abweicheude Struktur hat. Die Schale 
kann von dem Tier, das in sie die Eier ablegt, jederzeit verlassen 
werden und wird sekundär mit Hilfe zweier Arme abgeschieden. Man 
kennt sie fossil nur aus dem Pliocän Piemonts (Fig. 327). 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Cephalopoda. 


In den Meeren der Gegenwart spielen Kopffüßler eine ziemliche 
Rolle. Da es aber bis auf die Sepien und den nur in beschränkter 
Verbreitung vorkommenden Nautilus fast nur Formen ohne oder bloß 
mit sehr zarter Schale sind, kann es nicht verwundern, daß man solche 
nur sehr selten fossil findet. Bemerkenswert ist übrigens, daß die leeren 
gekammerten Schalen von Nautilus und Spirula infolge ihres Luftgehaltes 
zur Oberfläche aufsteigen und von Meeresströmungen weithin ver- 


254 Mollusca. 


frachtet werden, so daß sie oft an Küsten stranden, die dem Wohn- 
gebiet der Tiere fernliegen. Ebenso muß man wohl für die ge- 
kammerten Schalen der Nautrloidea und ‘7 Ammonoidea, eventuell auch 
für solche Phragmokone von .belemmnoidea, die sich leicht vom Rostrum 
lösen, annehmen, daß sie zuweilen als sogenanntes Pseudoplankton 
in Gegenden und Ablagerungen entfernt von dem Wohnort der Tiere 
gelangen konnten. 

Übrigens finden sich im Tertiär wenigstens Nautilidae formen- 
reicher und viel weiter verbreitet als jetzt, und im Alttertiär treten, wenn 
auch recht selten, Dibranchiata mit wohl entwickelten und verschieden 
gestalteten Phragmokonen und Rostren in Europa auf. Ein plötz- 
licher Umschwung erfolgt dann an der Grenze des Mesozoikums. 

Zwar finden sich  Delemmoidea in der obersten Kreide nicht 
gerade reich entwickelt gegenüber dem Reichtum in der unteren 
Kreide und besonders im Jura, und auch die Nautilidae spielen im 
ganzen Mesozoikum — obwohl wie jene anscheinend universell ver- 
breitet — keine große Rolle, aber die 7 Ammonoidea treten überall 
in Formen- und Individuenmengen in marinen Ablagerungen aller Art 
so hervor, daß die ganze Ära das Ammoniten-Zeitalter genannt werden 
kann. 

Im jüngeren Paläozoikum treten  Orthoceren und andere Nauti- 
loidea viel mehr hervor, doch sind die f Ammonotidea bis gegen das 
Unterdevon hin ein wichtigeres Faunenelement. Im Silur aber herr- 
schen nur noch die Nautiloidea und spielen hier eine recht bedeutende 
Rolle, während im oberen Kambrium nur wenige, im untersten bloß 
die fraglichen 7 Volborthellen sich finden. 

Im einzelnen ist die Kreideformation vor allem durch reich ver- 
zierte oder grob quer gerippte 7 Ammoniten (‘Cosmoceratidae,  Pachy- 
discus), Formen mit beinahe ceratitischer Sutur (f Pulchelliidae) oder 
mit äußerer Amaltheen- Ähnlichkeit (f Schlönbachien) und durch die 
Häufigkeit von Nebenformen ( Lytoceratidae, 7 Cosmoceratidae) charak- 
terisiert. 

Im Jura, wo wir, wie in der Kreide, nur angustisellate, oft mit 
Deckeln ausgestattete 7 Ammoniten finden, spielen deutlich quergerippte, 
oft mit Externkiel versehene Formen mit wohl differenzierter Sutur 
die herrschende Rolle (“ Aegoceratidae, ‘7 Harpoceratidae, ‘ Amaltheidae, 
 Stephanoceratidae usw.). Neben ihnen sind die fast ganz auf Kreide 
und Jura beschränkten echten  Delemniten sehr häufig und charak- 
teristisch. Merkwürdig ist übrigens, daß in gewissen Jura- und Unter- 
kreideschiehten der alpinen Fazies fast nur isolierte Aptychen neben 
seltenen f belemniten sich finden. 


Cephalopoda, geologische Verbreitung. 255 


In der Trias herrschen 7 Ammoniten ohne Aptychen in größter 
Vielseitigkeit der Gestaltung und mit Nebenformen (f Ceratitidae, 
+ Trachyceraten, "y Arcestidae, ‘y Pinococeratidae usw.). Ihre Loben und 
Sättel, welche ceratitisch bis äußerst zerschlitzt sind, sind relativ gleich- 
artig, die Wohnkammern öfters sehr lang, die Anfangskammern angusti- 
oder latisellat. Die ältesten Eindocochlia und die jüngsten weitnabeligen 
oder geraden Nautiloidea spielen daneben nur eine geringe Rolle, und 
in der mitteleuropäischen Provinz sind von Üephalopoden fast nur 
+ Oeratitidae, Nautilidae und dürftige Unika von Endocochlia vorhanden. 

Auch im Perm treten die Nautiloidea neben den herrschenden 
+ Proammonitida nicht hervor. Im Karbon dagegen sind besonders die 
weitnabelig-spiralen Nautilidae so reich entwickelt, daß sie fast so wichtig 
wie die 7 Goniatiten erscheinen. Letztere und die nur oberdevonischen 
+ Olymenien charakterisieren aber wieder vor allem das Devon, wäh- 
rend für das Silur die Nautiloidea und zwar speziell geradegestreckte 
und evolute Genera (’f Orthoceras, ‘f Endoceras, " Oyrtoceras und 
+ Litwites) durch Formen- und Individuenmenge bezeichnend sind. 

Da die wichtigsten Eigenschaften, besonders die Suturen, wie 
auch die Skulptur der dünnen Tetrabranchiaten-Gehäuse auch an Stein- 
kernen sich sehr gut studieren lassen, bietet die Unterklasse ausnehmend 
gutes Material für den Paläontologen, während von den Dibranchiata 
leider nur die massiven Rostren häufig gut erhalten, vollständige 
Reste aber selten sind. Weil ferner die meisten meso- und paläozo- 
ischen Gattungen und Arten der Tetrabranchiata sehr weit und in 
größerem Individuenreichtum verbreitet sind und nur einige von der 
Fazies abhängig sich erweisen, geben sie besonders gute Leitfossilien 
zwar nicht für fazielle oder tiergeographische Studien, aber für geolo- 
gische Altersbestimmungen ab, besonders da die Arten stets, die Genera 
größtenteils kurzlebig sind (s. Fig. 13, S. 16). 

Es.gibt aber auch recht langlebige Genera, so unter den Nauti- 
loidea Nautilus, der mindestens bis in die Trias zurückgeht, f Orthoceras, 
der von der Trias und f Oyrtoceras, der vom Perm bis in das Ober- 
kambrium verbreitet ist, unter den 7 Ammoniten ‘ Phylloceras (obere 
Kreide bis obere Trias) und 7 Lytoceras (untere Kreide bis unterer 
Jura) und unter den Dibranchiata der allerdings meist nur in Rostren 
bekannte  Belemnites (oberste Kreide bis oberste Trias). 

Infolge der erwähnten günstigen Verhältnisse sind die fossilen 
Tetrabranchiata, besonders die 7 Ammonoidea, öfters und eingehender 
in ihrer Stammesgeschichte studiert worden als irgendeine andere 
Tiergruppe, abgesehen von den Säugetieren, und es sind dabei schon 
manche gute Ergebnisse erzielt worden. 


Offenbar sind die 


primitiveren Nautiloidea der weitaus ältere 


und zugleich ein lebenszäher Stamm; und wenn auch sein Ursprung 
im Kambrium sich verliert, so sprechen doch die gerade gestreckten 
ältesten Gattungen, sowie die nicht-spirale Anfangskammer dafür, dab 


Fig. 328. 7 Eindoceras 
belemnitiforme Holm 
(1896) (0. Nautiloidea, 
IF. x Orthoceratidae). 


Untersilur, Öland, Ostsee. 


Anfanssteil seitlich, oben 
lädiert, darunter Längs- 
schiff in Mittelebene ?,,. 
Zeigt die Luftkammern, die 


langen Siphonaldüten und 

den sehr weiten, die erste 

Kammer ganz erfüllenden 

Sipho, der hierinnere düten- 

förmige Kalkablagerungen 
enthält. 


gerade, einfach gekammerte Formen den Ausgangs- 
punkt bildeten. Ob es solche mit weitem, viel- 
leicht noch wichtige Weichteile enthaltendem Sipho 
(Fig. 328) waren, was viele silurische Gattungen 
wahrscheinlich machen, erscheint fraglich, wenn 
man die unterkambrische 7 Volborthella hierher 
rechnet, da ihr Sipho eng ist. Jedenfalls ist auf- 
fällig, daß der doch meistens ganz enge Sipho bei 
allen Tetrabranchiata und vielen Iindocochlia vom 
Beginn ihres Auftretens an sich so konstant vor- 
findet; denn es stimmt das nicht gut mit der vor- 
herrschenden Auffassung als rudimentäres, fast fuuk- 
tionsloses Organ, da solehe variabel und inkonstant 
zu werden und allmählich zu schwinden pflegen. 

Wie im einzelnen die Entwicklung der Nauti- 
loidea vor sich ging, ist noch unklar, offenbar hatten 
sie schon im Obersilur ihren Höhepunkt, was 
Formen- und Individuenmenge und z. T. auch was 
die Größe anlangt. Die weitgenabelt-spiralen blühten 
allerdings erst im Kohlenkalk. Nur die engnabeligen 
erhielten sich auch noch nach der Trias in geringer 
Formen- und Individuenmenge bis jetzt, vom Jung- 
tertiär an noch dazu in Verbreitung und Gestal- 
tung eingeschränkt und in nur mäßiger Größe. 

Es ist bemerkenswert, wie in der Ordnung 
so einfach gebaute Formen mit unverengter Mün- 
dung und mit meist geringer oder keiner Skulptur 
wie f Orthoceras, ‘ Oyrtoceras und Nautilus die lang- 
lebigsten sind, während die kompliziertesten Formen 
kurzlebig und vor allem auf die Blütezeit der Gruppe 
beschränkt erscheinen. 

Da die  Ammonoidea gleich in mehreren weit- 
und engnabeligen Genera der G@oniatitida im Unter- 
devon, ganz vereinzelt schon im obersten Silur auf- 
treten, ist ihre Ableitung von Nautrloidea zwar 
wahrscheinlich — gerade die devonischen zeigen 
noch am meisten Ähnlichkeiten, so in den rück- 


l 


gerichteten Siphonaldüten, den einfachen Suturen und der Mündung, 
mit jenen — sie läßt sich aber nicht beweisen, Nachdem ihre Anfanes- 
kammern fast stets spiral sind und selbst. die geraden Nebenformen 
spiral beginnen, dürften sie im Gegensatz zu den Nautiloidea von 
spiralen Formen abstammen. Doch muß betont werden, daß gerade 
einige devonische T G@oniatiten sackförmige Anfangskammern haben, daß 
darunter der völlig stabförmige  Bactrites sich befindet, der allerdings 
erst vom Mitteldevon an, also später, als einfach-spirale Formen auftritt, 
und daß fOrthoceras eine ganz ähnliche Anfangskammer wie er besaß. 


Schon im Oberdevon erfolgte dann eine rasche Entwicklung der 
 G@oniatiten, von denen sich die Ülymenien als schnell aufblühender 


Fig. 329. 
A Suturlinie 
eines triassi- 
schen 7 Am- 
moniten (Pina- 
coceras) (U. O. 
Ammonitida, 
F! + Pinacoce- 


ratidae) °/,. 

Mittlere alpine Trias bei Hallstadt (aus v. Mojsisovies 1873). 

Zerschlitzteste Suturlinie aller F Ammoniten, trotzdem aber 

einförmig und wenig differenziert gegenüber der folgenden. 

B Suturlinie eines oberjurassischen 7 Stephano- 

ceratiden (U. ©. 7 Ammonitida) '/, (aus Futterer 
1894). 


el Externlobus, es Externsattel, 7’, !’ erster und zweiter 
Laterallobus, s’, s’’ erster und zweiter Lateralsattel, A Hilfs- 
sättel und -loben. 


„ 


und verschwindender Seitenzweig ableiten lassen. Im Karbon gehen 
auch aus ihnen, wohl von Anfang an in mindestens zwei Stämme ge- 
trennt, die 7 Proammonitida hervor, von welchen dann die vielerlei 
Ammoniten der Trias abstammen. Retro- und prosiphonate, lati- 
und angustisellate Formen gehen dabei onto- und phylogenetisch all- 
mählich ineinander über. - 


In der Trias ist offenbar der Höhepunkt der F Ammonoidea er- 
reicht; Nebenformen und Riesen wie der zugleich in der Sutur- 
zerschlitzung höchst spezialisierte F Pinacoceras (Fig.329 A) treten auf. 
Am Ende der Formation ist aber ein ganz merkwürdiger Wendepunkt 
in der Entwicklung des Stammes, denn es sterben anscheinend alle 
in ıhr blühenden Familien völlig aus, und wahrscheinlich nur die 


Stromer, Paläozoologie. 17 


258 Mollusca. 


+ Phylloceratidae überschreiten mit der bemerkenswert langlebigen 
Gattung  Phylloceras die Grenze. 

Man kann dann von dem im untersten Jura auftretenden 7 Psilo- 
ceras (Fig. 330) die 7 Aegoceratidae ableiten und von ihnen die meisten 
weiteren Ammoniten des Jura und der Kreide, die Abstammung aber 
der auch schon im Lias erscheinenden  Lytoceratidae und 7 Amaltheidae 
ist noch unsicher. 

In der Kreide treten, wie in der Trias, wieder Nebenformen sehr 
hervor (Fig. 331), die größten TAmmonoidea ( Pachydiscus) finden 
sich hier und auch Formen mit ceratitisch einfacher Lobenlinie, und 
wie dort folgt darauf ein sehr rasches, dieses Mal aber völliges Aus- 
sterben all der vielen Stamm- 
reihen. 

N en 


Fig. 331. 
A 7 Heteroceras polyplocum 
A. Römer (U. O.7 Ammonitida, 
F. 7 Lytoceratidae). 


Obere Kreide (Obersenon), Nord- 
deutschland (aus Schlüter 1372). Y/;. 


Fig. 330. 7 Psiloceras planor- 
bis Sow. (U. O. + Ammonitida, 


F. 7 Aegoceratidae). 
Unterster Lias, Württemberg (aus 
Quenstedt 1883). 


b + Scaphites Geinizi d’Orb. (U. O. + Ammo- 
nitida, F. + Cosmoceratidae). 
Obere Kreide (Turon), Norddeutschland (aus Schlüter 


Schale teilweise erhalten */;. 1873). %. 


Außer der hier nur angedeuteten Klarlesung der allgemeinen 
Stammesgeschichte der  Ammonoidea ist es bei ihnen schon vielfach 
gelungen, durch ununterbrochene Schichtfolgen die Fortentwicklung 
von Form zu Form (Stamm -Mutationsreihen) zu verfolgen. Wenn es 
dabei auch noch nicht glückte, eine größere Gattung einwandfrei in 
eine andere überzuleiten, so fand man doch bei derartigen Studien 
eine Reihe wichtiger Gesetzmäßigkeiten. So den Wechsel von Zeiten 
sehr rascher und reicher (sogenannter explosiver) Entwicklung mit 
längeren, relativ ruhigen Perioden, das schon bei den Lamellibranchiata 
(5. 213— 214) erwähnte intermittierende (iterative) Auftreten derselben 
Formen und das Vorkommen von vielerlei Konvergenzen, wie z. B. 
in der Ähnlichkeit der Nebenformen und Suturen der +Ceratitidae 
der Trias mit solchen einiger Kreide- Ammoniten (Fig. 532). Ein 


| 
Ne) 


Tetrabranchiata, Stammesgeschichte. 9 


besonders beachtenswertes Resultat ist, daß eine Reihe genauer unter- 
suchter Genera sich als polyphetisch entstanden ergab, so daß mit 
solehen Genusnamen eigentlich nur bestimmte, ungefähr gleichzeitige 
Stadien verschiedener paralleler oder konvergierender Stammreihen, 
also nicht direkt miteinander verwandte Arten zusammengefaßt werden 
(s. S. 44). Vielfach zeigt sich eben, daß gleichsinnige, allmähliche 
Umänderungen, allerdings verschieden rasch, bei getrennten Stamm- 
reihen eintreten, z. B. die Umwandlung der rückgewandten Siphonal- 
düten in vorragende, gewisse Sutur- und Skulpturkomplikationen usw. 

Allgemeine Gesetzmäßigkeiten sind ferner ein allmähliches Größen- 
wachstum und eine stärkere Differenzierung der Sutur und Skulptur, 


b 


Fig. 332. 
4A + Ceratites compressus E. Philippi (1901) (U.O. 7 Proammonitida, F. 7 Ceratitidae). 


2 


Mittlere Trias (Muschelkalk), Altenburg. Steinkern mit ceratitischer Lobenlinie ?/,. 

B + Tissotia Fourneli Bayle (1878) (U. O. 7 Ammonitida, F'. x Pulchelliidae). 
Obere Kreide (Senon), Algier. Steinkern mit pseudoceratitischer Sutur ®/,. 

sowie häufig ein stärkeres Involutwerden, z. B. bei f Phylloceratidae 

und Nautilinae (vgl. Fig. 295, 296, S. 235—236). 

Betreffs der Entwicklung von Sutur und Skulptur, auch des 
Schalenquerschnittes, ist die Beziehung der Ontogenie zur Phylogenie 
sehr wichtig. Denn vielfach läßt sich zeigen, daß neu auftretende 
Eigenschaften zuerst an den letzten Schalenwindungen erscheinen und 
bei geologisch jüngeren Formen auf immer frühere Umgänge zurück- 
greifen, also in größerer Jugend auftreten. So beschränkt sich das 
Anormalwerden der Wohnkammer bei den geologisch ältesten Formen 
auf deren Vorderende, bei jüngeren jurassischen aber erstreckt es 
sich auch auf weiter zurückliegende Teile (Fig. 333). Überhaupt ist 
das Studium der Schalenontogenie, in deren Verlauf die Sutur und 

ll 


Mollusca. 


Skulptur allerdings mit manchen Ausnahmen und in abgekürzter Weise 
die Stadien der erwachsenen Vorläufer gewissermaßen rekapituliert, 
zur Ergänzung und Bestätigung sonstiger Forschung erforderlich. 

Endlich ist noch die Zunahme der Verkalkung erwähnenswert, 
die in dem Vorherrschen kalkiger Aptychen bei jüngeren 7 Ammonoidea 
gegenüber den älteren, welche keine Deckel oder nur hornige Anap- 
tychen haben, sowie in der Verkalkung der Siphonalhülle, die fast 
nur bei beinahe allen posttriassischen sich findet, wie auch in der 
Verkalkung der Schnäbel jüngerer Nautilidae sich zeigt. 

Hierin ist die allerdings sehr wenig bekannte Entwicklung der 
Dibranchrata anscheinend eine andere, da die känozoischen fast alle eine 
Reduktion der verkalkten Teile gegen- 
über ihren mesozoischen Verwandten 
zeigen, doch könnte man darauf hin- 
weisen, daß die Rostren der triassischen 
T.belemnoidea weniger massiv und relativ 
kleiner als die der späteren 7 _Belemniten 
sind. 

Da gerade die triassischen Phrag- 


Fig. 333. 

A Lobites delphinocephalus Hauer 
(1855) (U. O0. 7 Proammonitida, 
F.  Oyelolobidae). 

Obere alpine Trias, Hallstädter Kalk bei 
Aussee, Salzkammergut. 
Anomalie der Wohnkammer nur ganz 
vorne. °/,. 

B 7 Oecotraustes macrotelus Oppel 
(U. O0. 7 Ammonitida, F. $ Har- 

poceratidae). 
Jura (Tithon), Mähren 
Zittel 1868). 
Anomalie der Wohnkammer weit nach 
rückwärts reichend. °/,. 


Oberster (aus 


mokone, wie überhaupt die Anfangs- 
kammern der Eindocochlia, sehr  Ortho- 
ceras-ähnlich sind, und bei manchen meso- 
zoischen  _Delemnoidea der Sipho wie 
bei vielen älteren Nautilordea in jeder 
Kammer sich erweitert (Perlschnursipho), 
erscheint ihre Abstammung von 7 Ortho- 
ceras-artigen Nautiloidea nicht unwahr- 
scheinlich. Die Blüte der F Belemnordea war 
dann im Jura, in dessen mittlerem Teile 
Rostren von über '), m Länge sich finden. 
Im Alttertiär erfolgte ihr rascher Ver- 


fall, wobei bemerkenswerte Spezialisierungen, aber nur in arten- und 
individuenarmen Gattungen von geringer Körpergröße und anscheinend 
beschränkter Verbreitung auftraten. 

Ob durch völlige Reduktion des Rostrums die rezente Spirula 
aus Spirulirostra hervorging, ist noch ganz fraglich. Wenig voll- 
ständiger sind die Sepiüidae mit den ' Belemnoidea durch alttertiäre 
Formen mit besser entwickelten Kammern und Rostren (.Delosepia, 
Fig. 323, 8. 251) verknüpft, und die Chondrophora treten schon in der 
oberen Trias selbständig differenziert auf und scheinen seit dem Jura 
sich kaum verändert zu haben. 


Mollusca, Diagnosen. 261 


Über die Vorgeschichte der Octopoda weiß man so gut wie nichts. 
Es wurde zwar die Abstammung der Argonauta von "r Ammonoidea 
vermutet und wird neuerdings durch den Nachweis, daß auch eine 
oberjurassische  ZLytoceras-Art wahrscheinlich mit Hilfe der Arme eine 
äußere Schalenschicht bildete, einigermaßen bekräftigt, aber die zeit- 
liche weite Trennung und die abweichende Struktur spricht dagegen, 
und bei keinem Ammoniten ıst eine Annäherung in der Reduktion 
der Septen und im Schwinden des Sipho auch nur angedeutet. 


Diagnosen der Mollusea-Gruppen. 


1. Klasse: Amphineura. Marine Bodenbewohner. Seitlich symmetrisch, dorso- 
ventral platt oder wurmförmig, überdeckender Mantel mit Stacheln. 

1. Ordnung: Polyplacophora. Platt mit breitem Kriechfuß, dorsal mit chiti- 
nösem Randsaum und einer Längsreihe von 8 Kalkplatten überdeckt. Rezent 
bis Untersilur. 

2. Ordnung: Solenogastres. Wurmförmig, nur mit Kalkstacheln. Rezent. 

2. Klasse: Scaphopoda. Marine gestreckte, seitlich symmetrische Boden- 
bewohner mit Grabfuß, ohne Kiemen. Mantel und Kalkschale röhrenförmig. 
Rezent bis Untersilur. 

3. Klasse: Lamellibranchiata. Marine und Süßwasser-Bodenbewohner. Seit- 
lich symmetrisch, ohne Kopf, mit beilförmigem Grabfuß und meist mit blatt- 
förmigen Kiemen, umhüllt von einem paarigen Mantel, der eine linke und rechte, 
dorsal durch ein elastisches Band sich öffnende und durch ein oder zwei Muskeln 
geschlossene, zweiklappige Kalkschale ausscheidet. Rezent bis ? Kambrium. 
1. Ordnung: Homomyaria. Marin und Süßwasser. Mit zwei gleich starken 

Schließmuskeln. Kiemen und Schalenschloß sehr verschiedenartig, letzteres oft 
fehlend. Oft mit Sipho. Sehr formenreich, rezent bis Untersilur (? Kambrium). 

2. Ordnung: Anisomyaria. Allermeist marin. Vorderer Schließmuskel schwach 
oder ganz rückgebildet. Nur Blattkiemen, kein Sipho. Schalenschloß schwach 
oder fehlend. Formenreich, rezent bis Untersilur. 

4. Klasse: Gastropoda. In allen Lebensbereichen außer in der Luft. In der 
Regel mit Kopf und Kriechfuß, Kiemen oder Lungen. Mantel unpaar und ge- 
wöhnlich unpaare asymmetrische Kalkschale in Kegelspirale mit Horn- oder 
Kalkdeckel. Rezent bis Unterkambrium. 

1. Unterklasse: Streptoneura(-Prosobranchia). Allermeist marine Boden- 
bewohner mit achterförmiger Nervenverbindung der Hauptganglien, vor 
dem Herzen ein oder zwei Vorkammern und gewöhnlich ein oder zwei Kiemen. 
Allermeist Spiralschale mit Deckel. Sehr formenreich, rezent bis Unter- 
kambrium. 

1. Ordnung: Aspidobranchia. Fast nur marine Bodenbewohner mit ein oder 

zwei fiederigen Kiemen. Schale sehr verschieden gestaltet. Rezent bis 
Unterkambrium. 

. Ordnung: Otenobranchia. Meist marine, selten Süßwasserbewohner mit nur 
einem Vorhofe und einer kammförmigen Kieme. Gewöhnlich kegelspirales, 
sehr mannigfaltiges Gehäuse, oft mit Sipho. Rezent bis Unterkambrium. 

3. Ordnung: Heteropoda. Pelagische Ctenobranchia mit Schwimmfuß. Schale 
sehr dünn, zweiseitig symmetrisch oder fehlend. Rezent und Tertiär. 


[9] 


Mollusca. 


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Lamellibranchiata 


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Kambrium 


9 


— 


Mollusca, Verbreitungstabelle. 2653 


A a 5. El. Cephalopoda. 
round: 1. U.-Kl. Tetra- 2. U.-Kl. Dibran- 


1. U.-Kl. Streptoneura. 2. U.-Kl. Euthyneura. branchiata. chiata. | 
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964 Mollusca. 


2. Unterklasse: Huthyneura. Meeres-, Süßwasser- und Landbewohner. Herm- 
aphrodit mit ungekreuzten Nervensträngen. Spiralschale häufig rückgebildet. 
Rezent bis Karbon, ganz fragliche bis Untersilur. 

1. Ordnung: Opisthobranchia. Nur im Meer z. T. benthonisch, z. T. plankto- 
nisch. Vorkammer und Kiemen hinter der Herzkammer. Nur z. T. mit 
spiraler oder gerader Schale. Rezent bis Karbon, ganz fragliche bis Unter- 
silur. 

Anhang: 7 Tentaculites, $ Hyolithidae,  Conulariidae Ganz fragliche marine 
Formen. Geradegestreckte, z. T. gedeckelte und mit Querböden versehene 
Kalk- bzw. verkalkte (?) Chitinschalen. Unterer Jura bis Unterkambrium. 

2. Ordnung: Pulmonata. Land-, Süß- und Salzwasserbewohner. Mit Lunge 
und Vorkammer vor der Herzkammer, Schale meist Kegelspirale und ohne 
Deckel, oft rückgebildet. Rezent bis Oberkarbon. 


. Klasse: Cephalopoda. Ausschließlich marine, zweiseitig symmetrische, ge- 
trennt geschlechtliche, mit Hornschnäbeln versehene Raubtiere, schwimmend 
oder kriechend. Kopf mit (?) 6, 8, 10 oder vielen Tentakeln, mit Trichter als 
Schwimmorgan. Der Mantel scheidet eine meist regelmäßig gekammerte oder 
eine rudimentäre Schale aus. Rezent bis Oberkambrium (? Unterkambrium). 


ou 


1. Unterklasse: Tetrabranchiata. Stets mit einer äußeren, Luftkammern und 
einen Sipho enthaltenden, gewöhnlich planospiralen Kalkschale versehen, diese 
manchmal mit verengter Mündung. Rezente Gattung mit sehr vielen Ten- 
takeln und vier Kiemen. Rezent bis Oberkambrium (? Unterkambrium). 

1. Ordnung: Nautiloidea. Schale planospiral, gebogen bis gerade, Septa nach 
vorn konkav, Sutur einfach; Sipho oft weit, mit rückgerichteten Düten, be- 
ginnt an der Rückwand der ersten napfförmigen Kammer, die hinten eine 
Narbe hat. Bei geraden Formen eine sackförmige Embryonalblase. Rezent 
bis Oberkambrium (? Unterkambrium). 

. Ordnung: + Ammonoidea. Schale gewöhnlich planospiral, selten ganz evolut. 
Septa nach vorn konvex, Suturen meist zerschlitzt. Sipho stets eng und 
wandständig, fast stets extern, mit meist nach vorn gewendeten Düten, 
beginnt am Ende der allermeist spiralen Embryonalkammer. Oft Deckel 
vorhanden. Sehr formenreich, oberste Kreide bis oberstes Silur. 

. Unterklasse: Dibranchiata. Mit zwei Kiemen und (?) 6, 8 oder 10 mit Saug- 

näpfen oder Chitinhaken bewehrten Armen, allermeist mit Tintenbeutel. 
Schale fast stets innerlich oder fehlend. kezent bis mittlere Trias. 
1. Ordnung: Endocochlia. Mit (2) 6, oder 10 oft hackenbesetzten Armen und 
meistens mit innerer Schale; diese in der Regel dorsales Schild, vielfach 
dazu noch kalkige, meist gerade, konische Schale mit Luftkammern und 
Sipho und hinten massives Kalkrostrum. NRezent bis mittlere Trias. 

. Ordnung: Octopoda. Mit 8 Armen ohne Haken, ohne Schale. Nur Argo- 
nauta-Weibchen mit sekundärer, äußerer, planospiraler Kalkschale. Rezent 
bis oberste Kreide. 


DD 


[89] 


DD 


Literatur zu den Mollusken. 
Handbücher. 


Fischer, P.: Manuel de Conchyliologie et de Paleontologie conchyliologique. 
Paris 1887. 
Kobelt: Die Mollusken der paläarktischen Region. Wiesbaden 1897. 


Mollusca, Literatur, Faunen. 265 


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Bellardi e Sacco: I molluschi terziari del Piemonte e della Liguria. Torino 
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Cossmann: Catalogue illustr& des coquilles fossiles de l’Eocene des environs de 
Paris. Annal. soc. malacolog. Belgique. Vol. 23, 24. Brüssel 1888/89. 
Koenen, v.: Das norddeutsche Unter-Oligocän und seine Molluskenfauna. Ab- 

handl. geol. Spezialkarte Preußen, Bd. 10. Berlin 1889—-93. 


a. 2. Tertiär, Afrika. 
Oppenheim: Zur Kenntnis alttertiärer Faunen in Ägypten. Palaeontographica, 
Bd. 30. Suppl. Stuttgart 1905. 


a. 3. Tertiär, Amerika. 
Dall: Contributions to the tertiary Fauna of Florida. I—II. Transact. Wagner 
Inst. Science. Bd. 3. Philadelphia 1890—95. 
Örtmann: Tertiary Invertebrates. Report. Prince. Univers. Expedition to Pata- 
gonia. 4. Palaeont., Part. 2., Princetown. 1896—99. 


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Harris, G. F.: Catalogue of tertiary Mollusca ete. in the British Museum. Part. 1. 
The Australian tertiary Mollusca. London 1897. 


b. Kreide. 

Holzapfel: Die Mollusken der Aachener Kreide. Palaeontographica Bd. 34. Stutt- 
gart 1837. 

Quaas: Beitrag zur Kenntnis der Fauna der obersten Kreidebildungen in der 
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Whitfield, R.: I. Brachiopoda and Lamellibranchiata, II. Gastropoda and Üe- 
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Loriol: Verschiedene Abhandlungen über Molluskenfaunen des Schweizer und 
Franz. Jura in den „Memoires de la societe pal&eontol. Suisse“. Genf 1874 
bis 1903. 
Benecke: Die Versteinerungen der Eisenerzformation von Deutsch-Lothringen 
u. Luxemburg. Abhandl. geol. Spezialkarte Elsaß-Lothringen. N. F. Bd. 6. 
Straßburg 1905. (Mit einem Abschnitt über die Lebensweise der Ammoniten). 


d. Trias, s. bei den einzelnen Gruppen. 


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'Gortani: La fauna degli strati & Bellerophon della Carnia. Rivista Italiana 
di Palaeontologia. Bd. 12. Perugia 1907. 
Waagen: Saltrange fossils I. Productus limestone fossils. Palaeontologia Indica. 
Ser. 13. Bd. 1. Calcutta 1880/81. 


f. Karbon. 
Gemmellaro: La fauna dei calcari con Fusulina nella Provincia di Palermo 
Palermo 1887, 1888. 


266 Mollusca. 


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Clarke, J. M.: Naples fauna in Western New York. Part. 2. Memoirs New York 
State Museum Bd. 6. New York 1904. 


h. Silur. 
Siemiradzki, J. v.: Die paläozoischen Gebilde Podoliens. Beitr. Pal. u. Geo. 
Österr.-Ung. Bd. 19. Wien 1906. 
Ulrich, Clarke, Scofield: Geology of Minnesota III, Part. 2. Paleontology. 
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k. Fossile Süßwassermollusken. 
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d. Eocän Ungarns. Ztschr. deutsch. geol. Ges. Bd. 44. Berlin 1892. 


Amphineura. 


Jaekel: Über einen neuen Chitoniden, Trachypleura, aus dem Muschelkalk von 
Rüdersdorf. Ztschr. deutsch. geol. Ges. Bd. 52. Berlin 1900. 

Rochebrune: Monographie des especes fossiles appartenant a la classe des 
Polyplaxiphores. Annal. science. geol., Bd. 14. Paris 1883. 


Scaphopoda. 
Richardson: Liassice Dentaliidae. Quart. Journ. geol. Soc., Bd. 62. London 1906. 
Sacco: I molluschi dei terreni terziarii del Piemonte e della Liguria. Parte 22. 
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Lamellibranchiata. 


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Bernard: Notes sur le developpement et la morphologie de la coquille chez 
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Neumayr: Beiträge zu einer morphol. Einteilung der Bivalven. Denkschr. 
k. k. Akad. Wiss. math.-natw. Ol., Bd. 58. Wien 1891. 
Reis, ©.: Das Ligament der Bivalven. Jahreshefte Ver. vaterl. Naturk. Württem- 
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Douville, H.: Etudes sur les Rudistes. Me&moires soc. geol. France. Paleonto- 
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— Les Lamellibranches cavicoles ou Desmodontes. Bull. soc. geol. France, 
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Frech: Die devonischen Aviculiden Deutschlands. Abh. z. geol. Spezialkarte v. 
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Hind: A monograph of Öarbonicola, Anthracomya and Najadites. Palaeontogra- 
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Pavlow, A. P.: Enchainement des Aucelles et Aucellines du Cretace russe. Nouv. 
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Ztschr. deutsch. geol. Ges, Bd. 50. Berlin 1898. Bd. 52, 1900 (Pectiniden 
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Wöhrmann: Über die systemat. Stellung d. Trigoniden und die Abstammung 
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C. Muschelfaunen. 
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M&m. Comite geol. N. S., Lfg. 11, 19, 29 ff. Petersburg 1904, 1905, 1906 usw. 
Waagen, L.: Die Lamellibranchiaten der Pachycardientuffe der Seiser Alm, 
nebst vergleichend palaeont. u. phylogenet. Studien. Abh. k. k. geol. 
Reichsanstalt, Bd. 18. Wien 1907. 
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b. Paläozoikum. 
Beushausen: Die Lamellibranchiaten des rheinischen Devon (mit Ausschluß der 
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Hall, J.: Paleontology of New York. Lamellibranchiata. Geol. Surv. of the 
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Hind: A monograph of the British carboniferous Lamellibranchiata, Pt. I u. II. 
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Koken: Über die Entwicklung der Gastropoden vom Cambrium bis zur Trias. 
Neues Jahrb. f. Mineral. usw. Beilage Bd. 6. Stuttgart 1889. 
Simroth: Gastropoda. In Bronn: Klassen und Ordnungen des Tierreichs. Bd. 3, 
Abt. 2. 1896—1908 usw. 
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Burckhardt, C©.: Zur Systematik und Phylogenie der Pleurotomariiden. Neues 
z Jahrb. für Mineral. usw. Stuttgart 1897. I. 
Donald: Proterozoic Gastropoda referred to Murchisonia and Pleurotomaria etc. 
Quart. Journ. geol. Soc., Bd. 58. London 1902. 
Grabau: Phylogeny of Fusus and its allies. Smithson. miscell. collect., Bd. 44. 
Washington 1904. 
Holm: Sveriges kambrisk-siluriska Hyolithidae och Conulariidae. Abhandl. Sverig. 
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Slater, Ida: A monograph of British Conulariae. Palaeontographical Soe., Bd. 61. 
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C. Faunen. 
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Hoernes u. Auinger: Die Gastropoden d. Meeresablagerungen d. ersten und 
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Martin: Die Fossilien von Java. Sammlungen d. geol. Reichsmuseums in Leiden. 
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268 Molluska. 


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Hudleston: A monograph of the British jurassic Gastropoda. Palaeontographical 
Soc. Bd. 51—58. London 1887 —94. 

Häberle, D.: Paläontologische Untersuchung triadischer Gastropoden aus dem 
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Kaunhowen: Die Gastropoden der Maestrichter Kreide. Palaeontol.-geol. Ab- 
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Kittl, E.: Die Gastropoden der Schichten von St. Cassian d. südalpinen Trias. 
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Lindström: On the silurian Gastropoda and Pteropoda of Gotland. K. Svenska 
Vetensk. Akad. Handlingar. Bd. 19. Stockholm 1881. 
Perner: Gastropodes. In Barrande: Systeme silurien du centre de la Boheme. 
BASA 150228 Bra02190327U2190R. 


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Cephalopoda. 


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Cephalopoda, Literatur. 269 


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Arthropoda, Bau. 271 


VI. Stamm: Arthropoda. 


Die außerordentlich vielgestaltigen Gliederfüßler sind normaler- 
weise zweiseitig symmetrisch, sie sind ungleichartig und auch in ihren 
paarigen Gliedmaßen segmentiert, und haben ein gegliedertes Chitin- 
skelett. 

Das stets nur äußere kutikulare Skelett, von dem allerdings nicht 
selten zur Muskelanheftung dienende Fortsätze nach innen ragen (siehe 
Fig. 353, 5. 283), läßt oft Schichtung und senkrecht durchsetzende, 
sehr feine, sowie gröbere Kanäle erkennen (Fig. 16, 5.21) und ist 
häufig mit kohlensaurem und etwas phosphorsaurem Kalk stark im- 
prägniert und dadurch besonders verfestigt, während es an den Ge- 
lenken ganz zart bleibt. Es wird in der Regel bei dem Wachstum 
oder bei der Metamorphose der eierlegenden Tiere, die allermeist ge- 
trennt-geschlechtlich und häufig durch starke Geschlechtsunterschiede 
ausgezeichnet sind, im Zusammenhang abgeworfen und erneuert 
(Häutung)). 

Die Zahl der Körpersegmente ist meist auf 20 oder weniger be- 
schränkt und für größere Gruppen oft konstant. Die Gliederung ist 
in der Regel vor allem da: 
durch eine stark ungleich- 
mäßige (heteronome), daß 
zwar jedes Segment ein 
Paar gelenkiger Gliedmaßen 
tragen kann, daß aber diese 
z. T. fehlen, z. T. sehr ver- 
schieden differenziert sind, 
und auch dadurch, dab 
Segmente verschmelzen. 


Fig. 334. 
T Uronectes ($ Gampsonyx&) fimbriatus Jordan 
(L. Syncarida, F'. + Nectotelsonidae). 

So trägt der Kopf, Unteres Perm (Rotliegendes), Lebach bei Saarbrücken, Rhein- 


n i 2 provinz (abgeändert aus Burmeister 1854). 
der stets aD mehreren Wer Vergrößerte Rekonstruktion. Es sind nur die Gliedmaßen 


schmolzenen Gliedern be- der rechten Seite gezeichnet, am Kopf nur die zwei Antennen 
steht, vor dem ventralen sichtbar, an der Brust 7 einfache, am Abdomen 6 Spaltfüße. 
Mund ein oder zwei Paar präorale Fühler (Antennen), die vor allem 
als Sinnesorgane dienen, und an und hinter ihm zu Mundteilen um- 
geänderte Gliedmaßen. Der Mittelleib (Brust, Thorax), dessen Rücken- 
panzer häufig mit dem des Kopfes zu einem Kopfbrustpanzer (Cephalo- 
thorax) verschmilzt, ist hauptsächlich durch Gliedmaßen, die zur 


272 Arthropoda. 


Fortbewegung dienen, ausgezeichnet, indem ventral mindestens zwei 
Paare Geh- oder Schwimmfüße und bei den geflügelten Insekten 
außerdem dorsal zwei oder nur ein Paar Flügel entwickelt sind. Der 
sehr verschieden lange Hinterleib (Abdomen) endlich besitzt bald der 
Fortbewegung, Atmung oder Fortpflanzung dienende, bald rückgebildete 
oder keine Gliedmaßen (Fig. 334). 


Fig. 335. Cornea von 7 Trilobiten-Augen. 


I. + Harpes vittatus Barr. (F. } Harpedidae). Obersilur (Stufe E), Lochkow, Böhmen (aus Lindström 1901). 
Querschliff durch zwei Punktaugen (plankonvexe Linsen) */,. 

II. + Cheirurus (4 Cyrtometopus) clavifrons Dalm. (F. }Cheiruridae). Untersilur, Ostgotland (aus Lind- 

ström 1901). Querschliff durch ein Facettenauge mit bikonvexen Linsen und einen Teil der Wange ?°),. 


III. + Asaphus (F. + Asaphidae). Untersilur, Ostgotland (aus Lindström 1901). A r Asaphus fallax 
Dalm. Querschliff durch ein Facettenauge mit prismatischen Linsen ©%,. B Asaphus sp. indet. Augen- 
oberfläche °3°),. 

IV. + Dalmanites imbricatulus Ang. (F. + Phacopidae). Obersilur, ?Gotland (aus Lindström 1901). 
A Querschliff durch ein aggregiertes Auge */,. Zwischen den bikonvexen Linsen der zahlreichen 
Punktaugen gewöhnliche Schale mit vertikalen Porenkanälen. B Oberfläche des Auges 2/),. Skulp- 
tierte Schale mit den Einzellinsen, deren dünne Deckschicht z. T. zerstört ist. 


Dadurch, daß bis auf die Flügel die Gliedmaßen nur auf der 
Bauchseite entwickelt sind, erscheint sie sehr oft deutlicher gegliedert 
als der Rücken und ist von ihm stark verschieden. Man unterscheidet 
deshalb am Panzerring jedes Segments den Bauchteil (Sternit) vom 
Rückenteil (Tergit), an dem noch jederseits ein Seitenteil (Pleura) 
stärker entwickelt sein kann (Fig. 347, S. 280). 

Von den Weichteilen sei nur erwähnt, daß segmentäre Muskeln, 
eine Leibeshöhle, ein Darm, Exkretionsorgane, in der Regel auch ein 
Herz und Atemorgane wohlentwickelt sind, und daß der After und 
meistens auch die Mündungen der Geschlechtsorgane am Abdomen 


Arthropoda, System u. Crustacea, Bau. 


liegen. Das Nervensystem endlich besteht aus einem ventralen Bauch- 
mark und dorsalen Hirn. Von letzterem aus werden nicht nur die 
Antennen, sondern auch die unter den Sinnesorganen besonders be- 
achtenswerten Augen innerviert, welche als „Punktaugen“ mit nur 
einer Linse, als „Facettenaugen“ mit einer in viele Linsen geteilten, 
sogenannten Cornea des Chitinskeletts versehen sind (Fig. 335). 

Obwohl fast nur einige Wasserbewohner eine Größe von einigen 
Dezimetern bis über 2m erreichen, die allermeisten Gliederfüßler aber 
nur wenige Millimeter bis einige Zentimeter lang sind, spielen sie 
durch ihre Formenfülle und Individuenmenge in allen Lebensbezirken 
eine große holle, und außerdem sind sie biologisch besonders interessant 
und wichtig. Die zahlreichen Formen, die infolge von Parasitismus von 
der gegebenen Diagnose oft völlig abweichen und weichhäutig sind, 
kommen allerdings für den Paläontologen kaum in Betracht und 
werden deshalb hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt. 

Während man früher meistens nur zwei Unterstämme, Branchiata 
und Tracheata, unterschied, je nachdem die Atemorgane als äußere 
ventrale Anhänge (Kiemen) oder als röhrenförmige Hauteinstülpungen 
(Tracheen) entwickelt sind, haben embryologische Untersuchungen 
nähere Beziehungen der kiementragenden Molukkenkrebse (Merosto- 
mata) und der mit Tracheenlungen atmenden Skorpione (Arachnoidea) 
bewiesen; da aber die Paläozoologie keine Übergänge zwischen den 
Klassen der Orustacea, Merostomata, Arachnoidea, Protracheata, My- 
riapoda und Insecta kennt, so werden diese ungleichwertigen Abtei- 
lungen, die nach der Art ihrer Gliederung, der Ausbildung der Atem- 
organe und Gliedmaßen und nach der Ontogenie unterschieden werden, 
hier getrennt behandelt. 


1. Klasse: Crustacea. 


Bei den Krebsen, deren Chitinskelett gewöhnlich verkalkt, besteht der 
Kopf aus fünf verschmolzenen Segmenten. An ihm ist oft eine Hautfalte 
entwickelt, die dorsal entspringt und vor allem nach hinten und seitlich 
sich ausdehnt und eine Schale ausscheidet, die meist unpaar (Cephalo- 
thorax), häufig aber auch zweiklappig ist (Fig. 339, S. 276), selten so- 
gar aus zahlreichen Kalkplatten besteht (Fig. 345, S. 278). 

Die Gliedmaßen, welche höchstens an den letzten Segmenten 
fehlen und oft in Scheren enden, sind bis auf das erste präorale An- 
tennenpaar wenigstens ursprünglich als zweiästige Spaltfüße entwickelt, 
indem einfachen Basalgliedern (Protopodit) ein gegliederter Außen- und 
Innenast (Exo- und Endopodit) folgt (Fig. 334, S.271). Außer bei den 
Trüobita ist fast stets noch ein zweites präorales Gliedmaßenpaar 


Stromer, Paläozoologie. 18 


274 Arthropoda. 


vorhanden, auf das die Kopffüße folgen, deren Basalglieder meistens zum 
Kauen dienen, und deren Äste mehr oder minder stark reduziert sind. 
Die weiteren Extremitäten sind hauptsächlich als Geh- oder Schwimm- 
füße ausgebildet, und an ihnen befinden sich in der Brust- oder Hinter- 
leibsregion die Kiemen, außer bei winzigen Formen, die nur eine 
Hautatmung besitzen. 

Abgesehen von ganz wenigen Land- und zahlreichen Süßwasser- 
bewohnern bevölkern die Crustacea alle Lebensbezirke des Meeres und 
leben vielfach parasitisch und sind dementsprechend sehr mannigfaltig 
differenziert. Die niederen, unter sich sehr verschiedenen Krebse 
werden am besten als Entomostraca den höheren Malacostraca gegen- 
übergestellt, obwohl fast nur in der Segmentzahl und meist auch in 
den Larvenformen ein durchgehender Unterschied besteht. 


1. Unterklasse: Entomostraca. 

Die meistens winzigen bis mehrere Zentimeter großen niederen 
Krebse sind ausgezeichnet durch eine wechselnde Segmentzahl und in 
der Regel durch die Nauplius-Larve, die unsegmentiert ist und nur ein 
unpaares Auge sowie drei Schwimmfußpaare besitzt. Sie haben Spalt- 
füße und die noch lebenden am Körperende in der Regel ein Paar 
Fortsätze (Furca, Fig. 356). Sie leben außer im Süß- und Brack- 
wasser in allen Regionen des Meeres und dort z. T. festsitzend, sowie 
vielfach parasitisch. 

Sie zerfallen vor allem nach ihrer Gliederung und der Ausbildung 
der Gliedmaßen in fünf scharf getrennte Ordnungen, von welchen die 
zarten Oopepoda fossil unbekannt sind, während die Dranchiopoda und 
Oirripedia wenigstens in ihren nicht-parasitischen Gruppen, die Ostra- 
coda und Trilobita dagegen in allen Familien für die Paläozoologie 
in Betracht kommen. 


2. Ordnung: Branchiopoda. 


Die meistens zarten und höchstens 7 cm großen Kiemenfübler 
sind gegenwärtig vor allem im Süßwasser aller Länder verbreitet, wo 
sie oft in großen Individuenmassen auftreten und vielfach an das Aus- 
troeknen in interessanter Weise angepaßt sind. Sie haben fast nur 
gleichartige, blattförmige, zum Rudern und Kriechen dienende Spalt- 
füße als gemeinsames Merkmal und bieten ein beachtenswertes Bei- 
spiel dafür, wie wenig manchmal das Vorhandensein oder Fehlen und 
die Gestaltung eines festen Panzers für die zoologische Stellung eines 
Tieres beweist. 

Hauptsächlich nach ihrer differenten Körperbedeckung und ihrer 
höchst verschiedenen und überdies in der Zahl variablen Gliederung 


Branchiopoda. 


zerfallen sie in mehrere sehr abweichende Gruppen. Davon sind aber 
die Angehörigen der einen Unterordnung Oladocera, deren kleiner, 
seitlich platter und segmentarmer Körper in der Regel von einer sehr 
zarten zweiklappigen Schale bis auf den Kopf umschlossen ist, fossil 
uur in ganz unsicheren Resten bekannt. 

Zu der anderen Unterordnung Phyllopoda gehören die größeren, 
segmentreicheren und fast durchwegs im Süßwasser oder in Salzseen 
lebenden Formen. Auch von ihr sind die nackten .Dranchipodidae 
und die Apodidae, deren Vorderhälfte von einem 
dünnen unpaaren Rückenschild 
überdacht ist, außer einem Apus 
in der unteren Trias (Buntsand- 
stein) der Vogesen, fossil nur in 
sehr wenigen, nicht näher be- 
stimmbaren oder ganz unsicheren 
Vertretern bekannt, worunter der 
Apus-ähnliche 7 Protocarıs (Fig. 
336) als ältester erwähnenswert ist. 


Fig. 336. 7 Protocaris 
Marshii Waleott 
(?U. O. Phyllopoda). 


Marines Unterkambrium, 
Vermont, Nordamerika 
(aus Schuchert 1897). !/ı. 
a Andeutungen von ein 
Paar Augen, abd Abdomen 
mit Furca aus sehr vielen 
Segmenten setzt sich un- 
ter das unpaare große 
Rückenschild s fort. 


Nur die letzte Familie, Fsthe- 
riidae, die ähnlich wie dietypischen 
Oladocera große Ruderantennen 
und eine zweiklappige Schale be- 
sitzen, läßt sich in den Schalen 
der Gattung Estheria nebst einigen 
ausgestorbenen meso- und paläo- 
zoischen Verwandten bis in das 
Devon Europas und Nordamerikas 


B C 


Fig. 337. Estheria 
+ minuta Alberti 
(U. ©. Phyllopoda). 


Oberste Trias, Worcester- 
shire, England (aus R. 
Jones 1862). 
Alinke Klappe von außen, 
B Schalenumriß von oben 
%/),, © Schalenoberfläche 
35/,, zeigt die feine netz- 
förmige Skulptur zwischen 
den Anwachsstreifen. 


sicher nachweisen. Ihre ovalen ver- 
kalkten Schälchen, die, statt bei der Häutung erneuert zu werden, in neuen 
Schichten anwachsen und so den Muschelschalen der T Posidonomya 
(Aviculidae, 8.209) sehr ähnlich werden, lassen sich nämlich an einer 
charakteristischen Oberflächenstruktur erkennen (Fig. 337). Sie finden 
sich, z. T. in weiter geographischer Verbreitung, nicht nur in Süß- 
und Brackwasser, sondern auch in marinen Seichtwasserablagerungen; 
die Tiere scheinen also einst auch im Meere gelebt zu haben. 


3. Ordnung: Ostracoda. 


Die 1 bis 2 mm, ganz selten 10 bis 20 mm langen Muschelkrebse 
haben ihren kurzen Körper, der nur mit 7 Paar sehr verschieden ge- 
stalteter Gliedmaßen versehen ist, ganz in einer zweiklappigen Schale 
eingeschlossen, und zum Kriechen und Schwimmen dient ihnen fast 

13 


Arthropoda. 


nur das zweite Antennenpaar, sie gleichen also hierin vielen branchio- 
poda (Fig. 538). Die gewöhnlich ungleichen Klappen werden durch 
ein dorsales Band geöffnet und durch einen ungefähr zentral gelegenen 
Quermuskel geschlossen und sind oft am Dorsalrand mit einem Schloß 


Fig. 339. 
Ostracode, schematischer 


Fig. 338. + Palaeocypris Edwardsi Oh. Brogn. 
(U. O. Podocopa). 
Oberkarbon (Steinkohlenschichten), St. Etienne, Frankreich 


(aus Ch. Brogniart 1876). 
Einziger mit Gliedmaßen erhaltener fossiler Ostracode, verkieselt, 
stark vergr. a Auge, abd Abdomen, y9 Geschlechtsorgane, k Ober- 
rand des Körpers, s Schale oben mit Borsten besetzt, hinten 
unvollständig, 1 erstes Antennenpaar, 2 große Ruderantenne, 
3 Mandibulartaster, 4 und 5 ?Maxillen, 6 Kriechfüße. 


Querschnitt, stark vergr.(ab- 
geändert aus Bronn 1879). 
b elastisches Band am Schloß- 
rande, bo Borsten, d Darm mit 
Leberschläuchen, } Hoden, k Kör- 
per mit unverkalktem Chitin, 
m Schließmuskel, r verkalkter 
Randumschlag, s verkalkte rechte 
Schalenklappe. 


versehen, also ganz Muschelschalen ähnlich, und werden wie sie an 


der Außenseite der dieken Mantelfalten abgeschieden. 


Doch verkalken 


nicht nur sie, sondern in der Regel auch noch der Randteil des zarten 
Chitinpanzers an der Mantelinnenseite (Fig. 339). 


Fig. 340. Oypridina 7 koninckiana 
Bosquet (U. ©. Myodocopa). 
Oberste Kreide, Maastricht, Holland (aus Bosquet 
1847). 

.Alinke Klappe von außen, Brechte von innen ?%/.. 
i Einschnitt am Vorderrande, ım Muskelfleck (An- 
satzstelle), s Spitzen, z Schloßzähne. 


Fig. 341. 
R. Jones (1885) (U. 0. Podocopa, F. 
Oytheridae). 
Oberster Jura (Purbeck), England. 


p Poren- 
29 Zahngrube. 


A Klappe von außen, B von innen ®°),. 
kanäle, z Schloßzahn, 


Oythere 7 rugulata 


In der Form der meist ovalen oder nierenförmigen Schale sind 


vielfach auch Geschlechtsunterschiede ausgeprägt. 


Sie ist dicht und 


nur von feinen Porenkanälen durchsetzt, und ihre stark verkalkte Ober- 


fläche ist selten glatt, 
durch Fortsätze aller Art verziert. 


sondern meistens durch Grübchen oder auch 
Nieht selten sind innen kleine 


Ostracoda, System. RTEU 


Gruben für die seitlichen Augen und für die Ansatzstellen von Mus- 
keln erkennbar, die manchmal auch außen als Höckerchen sichtbar 
sind, und dann ebenso wie die wechselnde Gesamtform und Verzierung 
systematisch verwertet werden (Fig. 342 u. 345). Da aber vor allem 
die fossil fast nie erhaltenen Gliedmaßen wichtig sind, ist die Ein- 
reihung der fossilen Schalen in das zoologische System vielfach nur 
eine unsichere. 

Die meisten Muschelkrebse leben gesellig am oder im Boden 
seichter Meeresteile oder des Brackwassers, manche auch der Tiefsee 
oder des Süßwassers, nur wenige planktonisch im Meer, fossile finden 
sich bis in das älteste Kambrium. 

Bei der einen Unterordnung Myodocopa hat die im übrigen 
sehr wechselnde Schale vorn fast immer einen Einschnitt für die zwei- 
ästige zweite Antenne, und die Innengrenze des verkalkten Randteiles 
läuft nahe am Rand und ihm parallel. Die ausschließlich marinen, 
z. T. planktonischen drei Familien kann man bis in das Obersilur, 
die bodenbewohnenden Oypridinidae (Fig. 340) sogar wahrscheinlich 
bis in das Untersilur zurückverfolgen. 

Bei der anderen formenreicheren Unterordnung Podocopa, die 
nur Bodenbewohner umfaßt, hat der Schalenrand keinen vorderen Ein- 
schnitt, ist ventral fast nıe 


&> 
stark konvex, und der Innen- 
rand ist ihm zum mindesten 
en vorn und hinten in der Fig.343. TLeperditia 
SE er  Parall ineihne el phaseolus Hisinger 
ne > NER) Es ne ar (F. + Leperditüidae). . 
Reuter (F. x Beyrichüidae). Von den fünf rezenten Obersilur (Diluvial- 


Obersilur (Diluvialgeschiebe), Familien haben die meistens geschiebe), Ostpreußen 
Berlin (aus F. Römer 1876). : (aus Chmielewski 1900). 
Rechte Klappe von außen. A!/,, glattschaligen und vor allem Linke Klappe?/,. « Augen- 
B vergr. im Sißwasser häufigen Oy- fleck, m Muskelfleck. 
pridae ihren ältesten Vertreter im Süßwasser in der ganz ungewöhnlich 
vollständig erhaltenen  Palaeocypris (Fig.338) im Karbon Frankreichs. 
Die marinen Angehörigen der Familie aber, ebenso wie die Oytheridae, 
deren Schale in der Regel eine starke Skulptur zeigt, und die anderen 
lassen sich wahrscheinlich bis in das Untersilur zurückverfolgen (Fig.341). 
Viele paläozoische, vor allem devonische bis unterkambrische 
Formen, wie die Schalen von  Eintomis Jones, die durch eine Vertikal- 
furche in der Mitte des Dorsalteiles ausgezeichnet sind, die höckerigen 
Schalen von  Beyrichia M’Coy (Fig. 342) und die glatten von + Leper- 
ditia kouault, zu welchen die größten bekannten Ostracoda gehören 
(Fig. 343), und andere gaben Veranlassung zur Aufstellung besonderer 
Familien, deren Stellung eine fragliche ist. 


278 Arthropoda. 


4. Ordnung: Cirripedia. 


Vier Unterordnungen parasitisch lebender Rankenfüßler kommen, weil 
sie fossil nicht oder höchstens in ihren Bohrlöchern erhaltungsfähig sind, 
nicht in Betracht, wohl aber die bis einige Dezimeter großen Thora- 
cica, die in allen Meeren verbreitet, mit dem Kopfende an festen 
Körpern, z. T. auch auf oberflächlich treibenden Hölzern und Schalen 
(Pseudoplankton), oder auf der Haut von Walfischen festgeheftet sind. 
Der kurze Körper der allermeist zwitterigen Tiere, dessen sechs Paar 
Rankenfüße zum Herbeistrudeln der Nahrung dienen, ist nämlich bis 
auf eine Ventralspalte in einen Mantel eingehüllt, der fast stets Platten 


. 345. 
jArchaeolepas 
Redtenbacheri 
Oppel (Tribus 
Pedunculata). 


Oberster Jura 
(lithogr.Schiefer), 


Fig. 344. 
Balanus + unguiformis Sow. Kehlheim,Bayern 


(Tribus Operculata). nE Re: a. Fig. 346. 

Alttertiär (Obereocän), Insel Wigbt, nn ii Lepidocoleus Sarlei Clarke 
Ensland (aus Darwin 1854). schnittseitlich)/.. (Tribus 1 Palaeothoracica). 
A Mauer seitlich ?/,. c Carina, c Carina, 1 Stiel- Untersilur (Caradoc, Niagara-Stufe), 

el Carinolaterale, I Laterale, r Ro- schuppen, r Ro- New York (aus Clarke 1896). 
strum. B Scutum seitlich vergr. strum, s Scutum, A seitlich, B Dorsalseite, € Ventral- 
© Tergum seitlich vergr. t Tergum. seite. b3/ı. 


ausscheidet, die stark verkalkt sind und allmählich anwachsen, also 
nicht in Häutungen gewechselt werden. Es sind zwei Paare, die durch 
einen Adduktormuskel verbundenen Scıuta und die Terga an der Ventral- 
spalte, und eine dorsale unpaare Carina; Platten, die bald unten (d. h. 
kopfwärts) durch Lateralia und ein unpaares Rostrum, sowie durch 
Stielschuppen vermehrt (Fig. 345) bald bis zum Verschwinden reduziert 
sein können. Vor allem nach ihrer Ausbildung kann man drei Familien- 
gruppen (Tribus) unterscheiden. 

Bei den direkt mit dem Kopf festgehefteten Operculata bilden 
die Scuta und Terga einen beweglichen Deckel über der nach oben 


Cirripedia, System u. }Trilobita, Bau. 279 


gekehrten Ventralseite des Tieres, während die andern Platten zu einem 
festen Mauerring verbunden sind. Bei den Verrucidae, die sich bis 
in die obere Kreide Westeuropas zurückverfolgen lassen, sind aber 
die Deckelplatten z. T. unbeweglich; bei den übrigen Familien, wo 
sie manchmal rückgebildet sind, und wo öfters noch eine verkalkte 
Basalplatte vorhanden ist, zeigt die Mauer in der Regel eine für 
Arthropoda ungewöhnlich komplizierte feine Struktur. Die Tiere, 
welche vor allem in der Brandungszone jetzt oft in Massen vor- 
kommen, finden sich auch nur im Tertiär und in der oberen Kreide, 
wenn man von fraglichen Formen im Mitteldevon Nordamerikas ab- 
sieht (Fig. 344). 

Der Körper der Pedunculata, der durch eine wechselnde Zahl 
nicht gelenkig verbundener Platten geschützt ist (Capitulum), erhebt 
sich stets auf einem Stiel, der nicht selten auch mit Kalkschüppchen 
besetzt ist. Von den verschiedenen Formen, die man vor allem nach 
der Plattenzahl unterscheidet, finden sich plattenreichere schon im 
mittleren Jura Westeuropas, und neben ihnen im jüngeren Mesozoikum 
einige ausgestorbene Genera mit starken Stielschuppen (Fig. 345). 

Sehr ähnliche Formen kommen aber schon im Öbersilur Gotlands, 
und isolierte unsichere Reste bis in das Untersilur besonders Nordamerikas 
vor. Wahrscheinlich reihen sich dort mit zwei bis sechs Schuppen- 
reihen gepanzerte Formen als Tribus F Palaeothoracica den Thora- 
cica ein (Fig. 346). 


5. Ordnung:  Trilobita. 


Die im Außeren etwas asselähnlichen Tiere haben ihren Namen 
davon, daß ihr dünner hückenpanzer in der Längs- und Querrichtung 
dreigeteilt ist. Man unterscheidet nämlich ein aus fünf verschmolzenen 
Segmenten bestehendes Kopfschild, eine Brustregion, die 2 bis 29 be- 
wegliche Segmente umfaßt und ein Schwanzschild (Pygidium), zu dem 
eine sehr wechselnde Zahl von Segmenten verschmolzen ist, und es 
grenzen zwei mehr oder weniger deutliche dorsale Längsfurchen eine 
gewölbte Achse (Spindel, Rhachis) von nur schwach konvexen Seiten- 
teilen (Pleuren, Pleurotergite) ab (Fig. 347). 

Das meist ungefähr halbkreisförmige Kopfschild zeigt dorsal oft 
eine Querfurche (Sulcus oceipitalis), die seinem geraden Hinterrand 
parallel läuft und einen hintersten Teil abgrenzt, den Nackenring 
(Annulus oceipitalis), der häufig noch sehr einem Brustsegment gleicht. 
Auch der in seiner Ausprägung, Wölbung und Ausdehnung sehr 
wechselnde Achsenteil (Glabella) zeigt meistens noch Spuren der Seg- 
mentierung, indem er oft durch drei verschieden entwickelte Paare 


280 Arthropoda. 


von Seitenfurchen in eine vordere Stirn und drei folgende Lobenpaare 
geteilt ist (Fig. 347 u. 351, 8. 282). 

Die neben der Glabella liegenden Seitenteile, die Wangen, werden 
bei den meisten Genera durch je eine Gesichtsnaht, welche vom Hinter- 
rand, Hintereck oder Außenrand nach vorn läuft und sich hier manch- 
mal mit der jenseitigen vereint, manchmal auch mit ihr durch eine 
Quernaht verbunden ist, in eine freie und eine feste Wange geteilt. 

Auf der sehr verschieden großen, 
festen Wange, die seitlich an die Glabella 
sich anschließt, ist besonders bei kam- 
brischen Trilobiten eine Gesichtsleiste 
vorhanden, die vom Seitenrand der Stirn 
nach außen ‘oder außen hinten läuft. 
Bei Formen ohne Naht oder mit nur 
sehr schmalen freien Wangen sind ent- 
weder keine Augen vorhanden, z. B. bei 
7 Agmostus (Fig. 554, 5. 283) oder nur 
am Ende der Gesichtsleiste auf der 
festen Wange ein oder zwei Einzel- 
linsen (Stemmata), z. B. bei Harpes 
(Fig. 3351, S. 272, u. 355, 3. 284). 

Bei der großen Mehrzahl der Gruppe 
aber erhebt sich das Ende der Gesichts- 
leiste zu einem Höcker (Lobus palpe- 
Fig. 547. 7 Philipsia gemmulifera pralis), und an dessen, durch die Ge- 
ns A nn = An N sichtsnaht abgetrennter Außenseite, also 

(As were auf der freien Wange, ist dann die 
Rückenpanzer ca.?/,. a Glabella, b opistho- Sehfläche vorhanden. Der so gebildete 
pare Gesichtsnaht, c freie Wange mit Auge Br . ES 
d Nackenring, e Spindel der freien Brust, Augenhöcker ist sehr verschieden groß, 
segmente, f ihre Pleuren, g großes Pygidium meistens halbmondförmig oder stumpf 

mit noch deutlichen Segmentgrenzen. = x z 
konisch (Fig. 375, S. 285), manchmal 
sogar zu einem Stiel verlängert, und bei oberkambrischen und jüngeren 
Formen sind an seiner Sehfläche typische Facettenaugen (holochroale 
Augen) nachgewiesen, deren Linsenzahl von 14 bis zu Tausenden 
schwankt, wobei die Linsen bald bikonvex sind (Fig. 3351, S. 272), 
bald prismatisch (Fig. 335 III A, D). 

Bei der Familie der 7 Phacopidae aber erscheint jede der bikon- 
vexen Linsen in eine Fassung der Schale eingesetzt, es sind hier also 
keine zusammengesetzten Facettenaugen, sondern gehäufte Einzelaugen 
(Stemmata) vorhanden (aggregiertes oder schizochroales Auge, Fie. 


335 IV A, B). 


+ Trilobita, Bau. 281 


Die kurzen, freien Brustsegmente, deren Zahl selbst bei einem 
Genus ein wenig variiert und zur Größe des Schwanzschildes einiger- 
maßen in umgekehrtem Verhältnisse steht, besitzen für das vorher- 
gehende Segment eine Gleitfläche vorn an dem Achsenteil (Annulus, 
Tergit), bei allen jüngsten und schon bei wenigen kambrischen Formen 
auch an jeder Pleure. Die Pleuren sind übrigens im äußeren Teile 
nach unten und meist auch nach hinten etwas abgebogen und zeigen 
gewöhnlich eine Querfurche oder einen Wulst. 

Das in seiner Größe außerordentlich wechselnde Schwanzschild 
endlich ist in der Regel ungefähr halbkreisförmig, zeigt manchmal 
noch deutlich, daß es einer sehr schwankenden Zahl von Segmenten 
entspricht, und sein stärker gewölbter Achsenteil reicht verschieden 
weit nach hinten. 

Dieser verkalkte, von feinen Poren durchsetzte Rückenpanzer ist 
oberflächlich oft durch Höckerchen oder durch Stacheln, oder auch 
durch manchmal tiefe Gruben verziert (Fig. 375, S. 298). Sein Rand 
ist stets nach innen umgeschlagen, und deshalb sind die Stacheln, in 
die häufig die hinteren Kopfecken (Wangenstacheln) und die Pleuren- 
enden auslaufen, und die auch oft am Rande des Schwanzschildes 
sıch finden, in der Regel hohl (Fig. 356, S. 284). 

Unten gelenkt am vorderen Umschlage des Kopfschildes gewöhnlich 
die Hypostom-Platte, die der Oberlippe (Zabrum) des Phyllopoden Apus 
ähnlich ist und ihr wohl entspricht, und 

Pe häufig ein Paar augen- 
Zar ähnliche Maculae er- 
f er 2 \ kennen läßt (Fig. 348 
Fig. 348 er hus ine > ik on 
Dalm. (F = Ara aus sa Dr gem ungen Br 5 

ne Oeteodandi (ans silurischen Formen Fig. 349. + Bronteus polyastin 
Ang. (F. + Bronteidae). 


Brögger 1886). Nordamerikas die zarte 
Hypostom mit Maculae, hinten H t Ä Obersilur, Gotland (aus Lindström 
au er 


ausgeschnitten, am Unterrande Unterseite 1901). 
des Kopfschildes in natürlicher und die Gliedmaßen Hypostom mit Maculae, hinten kon- 
Lage von unten ?®/,. vex, von unten °/ı. 


117 


I, 


genauer bekannt. Es 
sind außer einem Paar einfacher Antennen, die neben dem Hypostom 
entspringen, typische Spaltfüße, deren Innenast spitz und deren äußerer 
mit Borsten besetzt ist. Sie sind ziemlich gleichartig am Kopf in der 
Vierzahl und dann bis zum Analsegment am Schwanzende vorhanden, 
also sehr wenig differenziert (Fig. 350), und trugen anscheinend die 
Kiemen. 

Die bei vielen Formen bekannte Ontogenie des Rückenpanzers 
beginnt mit einem 0,4 bis I mm langen Protaspis-Larvenstadium, das 


Arthropoda. 


Um EN GER 

N 
ji N. N 
7 Ma IE TEEN 
r Z EEE ea IR \ 
FEN. 

len! KEN. ® 

SIE und hinten vor. 


N 

N 

ZEN N, 
BI p3x.\ 
Ad, AN 


N 


Fig. 350. 7 Triarthrus Becki 
Green (F. + Olenidae). 
New York 


Untersilur (Uticaschiefer), 
(aus Beecher 1396). 
Restauriert von unten 


1.7 
»/ı- 


als erstes in seiner Größe gut zu vermut- 
lichen kugeligen Eiern von unter 1 mm 
Durchmesser paßt. Die Larve hat nur 
ein Kopfschild mit deutlicher Glabella 
und ein winziges Schwanzschild, also nur 
zwei Panzerteile, wovon der vordere stets 
schon seine volle Segmentzahl zu umfassen 
scheint, während der hintere sie erst; später 
erwirbt. Die Umwandlung bei den Wachs- 
tumshäutungen ist eine allmähliche. Sind 
freie Wangen und Augen vorhanden, so 
sind sie zuerst ganz auf den Seitenrand 
beschränkt und rücken dann nach innen 
Erst nach und nach 
schalten sich vor dem anwachsenden 
Schwanzschilde die freien Brustsegmente 
ein, bis die volle Größe erreicht ist, die 
wenige mm bis über 4 m, meistens einige cm 
beträgt. Geschlechtsunterschiede drücken 
sich übrigens vielleicht darin aus, daß 
man bei derselben Art öfters schmalere und 
breitere Formen unter- 
scheiden kann (Fig. 351). 

Die Larven wie die 
erwachsenen Tiere lebten 
offenbar alle im Meer und 
bewegten sich kriechend 
und wohl ähnlich wie die 
Phyllopoda vor allem auf 
dem Rücken schwimmend 
fort. Da manchmal Spuren 
der Darmausfüllung er- 
halten sind, die vom 
Hinterrand des Hypo- 
stoms bis fast zum Ende 

des Schwanzschildes 


Fig. 351. 7 Sao hirsuta Barr. (1852) (F. 7 Olenidae). 
Mittelkambrium, Skrey, Böhmen. 
Rückenpanzer von oben. A einige ontogenetische Stadien a in 
nat. Gr., b vergrößert. 1 erstes Protaspis-Stadium, 2 zweites, 
Beginn des Erscheinens von Rumpfsegmenten, 3—5 weitere 
Stadien, 6a, a’ späteres Stadium der schmalen und breiten 
Form der Art, B ausgewachsenes Exemplar der schmalen Form, 
freie Wangen und Schwanzschild ergänzt Y.. 


reichen, und keine starken 
Kauorgane gefunden wur- 
den, fraßen sie wohl wie 
diese Schlamm und win- 
zige Organismen. Abge- 


+Trilobita, Lebensweise u. System. 283 


sehen von der großen Mehrzahl der kambrischen 
Formen ist bei ihnen das Vermögen, sich wie 
die Asseln einzurollen, nachgewiesen (Fig. 352 
und 355); jene sind größtenteils blind, während 
unter den jüngeren die so verschiedene Aus- 
bildung der Augen eine Anpassung an mannig- 
faltige Lebensbedingungen beweist, wofür auch 
das Vorkommen in allen möglichen Facies, vor 
allem allerdings in Seichtwasserablagerungen, des num. EA aprdae, 
Paläozoikums spricht. Manche blinde Formen tersitur am Wolchow. Est- 
wühlten vielleicht im Schlamm, gewisse unter- land (aus F. Schmidt 1901). 
silurische Formen mit riesig vergrößerten oder en u 
rückgebildeten Augen waren aber wohl Tiefsee- lich 4. 
bewohner. 

Eine natürliche Einteilung der recht einheitlichen Ordnung er- 
weist sich als sehr schwierig, da scharf trennende Unterschiede nur 
selten nachweisbar und die Extremitäten fast nie bekannt sind. Man 
verwendet die Panzerverzierung und andere Details, besonders am 
Kopfschild, für die Einteilung im Kleinen; die wechselnde Form des 
Hypostoms, der Augen, Wangen und der @Glabella und die Zahl der 
Brustsegmente läßt Gattungen unterscheiden. Neben letzterer und 
der Größe des Schwanzschildes erscheint endlich vor allem das Ver- 
halten der Gesichtsnähte wichtig, um jene in 15 bis 20 Familien 
zusammenzufassen. Sie können wiederum vor allem nach den Ge- 
sichtsnähten und der Panzerontogenie in 
drei allerdings kaum recht natürliche Unter- 
ordnungen verteilt werden. 

Die Unterordnung Hypo- 
paria, deren Angehörige 
wie die Protaspis - Larve 
keine oder fast ganz rand- D‘; 
liche Gesichtsnähte und I® 


 Asaphus ecpansus 


höchstens Einzelaugen N J 
haben, umfaßt nur drei sehr 
Fig. 353. + Phacops rana Hall kleine Familien. Davon sind > nn es 
F.+ Pl d b 6 . . . stus ATNOrSTL 
(F. 5 Phacopidae) die 'f Agnostidae, die im Brögger (1878) 


Mitteld Hamilton- ario- X : : 

el Sen Kumpenuniudl) Unleraiiie 7, Apnosnidne) 
Clarke 1888). fast aller Weltteile sich fin- Mittelkambrium 

Längsschnitt durch ein eingerolltes d d } . l ß (Paradoxides - Stufe), 

Exempl. entlang der Spindelfurche ?/. en, durch eın sehr gro es Styggedal bei Chri- 


« Kopfschild, d Hypostom, c innere Schwanzschild und die oe- Stiania, Norwegen. 
(paarige) Fortsätze der Rumpfseg- ° = Rückenansicht, stark 
mente, d Schwanzschild. rıngste Zahl von Brust- vergr. 


Arthropoda. 


segmenten, nämlich 2 oder 3, ausgezeichnet (Fig. 354), die 7 Trinuclei- 
dae des Silurs von Europa und Nordamerika aber durch 5 bis 6 Brust- 


Harpes ungula Sternbg. 
(F. 7 Harpedidae). 
Obersilur bei Beraun, Böhmen 
(aus Barrande 1852). 
Rückenpanzer wenig ergänzt 
2/,. Punktaugen am Ende der 
Gesichtsleisten, breiter Rand 
mitWangenstacheln, sehr viele 
Rumpfsegmente, winziges 
Pygidium. 


segmente und ein kleines Schwanzschild, sowie 
durch Wangenstacheln. 

Bemerkenswert ist, dab 7 Trinuecleus selbst 
(Fig. 375, 8. 298) nur in der Jugend Einzelaugen 
hat wie die vom Oberkambrium bis zum Unter- 
devon verbreiteten j Harpedidae zeitlebens (Fie. 
3351, S. 272). Sie haben vor dem winzigen 
Schwanzschild die größte Zahl von Rumpfseg- 
menten, 25—29 (Fig. 355). Bei allen übrigen 
 Trilobiten sind nämlich 5—22, gewöhnlich nur 
8— 12 Brustsegmente vorhanden. 

Bei der umfangreichsten Unterordnung Opi- 
sthoparia finden sich besonders im Kambrium 
zwar auch viele blinde Formen, und die 7 Olenel- 
Iidae (Fig. 356) und 7 Conocoryphidae des Kam- 
briums haben auch keine oder nur ganz schmale 
freie Wangen, die meisten typischen Angehörigen 


aber besitzen vom Hinterrand nach vorn laufende Gesichtsnähte, also 


große freie Wangen, 


u 


und Fazettenaugen. Doch sind auch darunter 

die kambrischen 7 Paradoxtdae vielleicht 

blind und bei den im Kambrium und 

Silur verbreiteten 7 Asaphidae (Fig.335111l, 
\ 8.272, 348, 8. 281, u. 352, 8. 283) sind 
\ z.B. manche 7 Illaenus-Arten blind. Es 
gehören hierher Gruppen mit großem und 
kleinem Schwanzschild (Fig. 351, 5. 232), 
viele haben am Rande Stacheln, und 
die im Silur und Devon verbreiteten 
 Lichadidae und \ Acidaspidae sind auch 
sonst besonders reich verziert. Die gleich- 
alterigen  Proitidae aber, von welchen 
wenige Genera noch im Karbon (Fie. 
347, 8. 280) und sogar im Perm der 


ie 


nei 


Fig. 356. + Olenellus Kjerulfi Nordkontinente verbreitet sind, besitzen 
Linnarson (F. + Olenellidac). eine ziemliche einfache Gestalt. 
Unterkambrium (Olenellus-Stufe), Rings- Beı den de Proparia endlich, die 


acker, Norwegen (aus Holm 1887), 
Ergänzter Rückenpanzer von oben %3/,. 


bis auf einige oberkambrische Formen 


Am Kopfschild ist links ein Stück aus- nur ım Sılur und Devon vorkommen 
gebrochen, um den Randumschlag und A 


das Hypostom zu zeigen. gehen die Gesichtsnähte von den Hinter- 


Malacostraca u. Leptostraca, Bau. 285 


ecken oder dem Seitenrande des Kopf- aaa OHREREG \ 
schildes aus, das verschieden differenziert Far RED TITR, 
ist, während ihr Schwanzschild meist ati 
grob ist. Fig. 357. 7 Phacops (7 Ohasmops) 


B . . . . TERTEN , . ıLD 7 
Wenige sind blind, wie gewisse + En- Odini Eichwaldt (F. Phacopidae). 
Untersilur, Reval, Estland (aus F. Schmidt 


crinuridae, andere mit Facettenaugen ver- 1881). 

sehen (Fig. 335 Il S 272) die ii Pha- Rückenpanzer seitlich °/,. Gesichtsnaht 
> Oo" DEE BE To DE propar, aggregiertes Auge hochragend. 

copidae aber, wie auf S. 280 erwähnt, 

mit Sanieren Augen (Fig. 335 IV A, Bb, 353, 8. 283, und 357). 


2. Unterklasse: Malacostraca. 


Die wenige cm bis einige dm langen höheren Krebse haben 
5 Kopt-, 8 Thorax- und außer bei einer Legion 7 Abdominalsegmente, 
wovon das letzte Glied Telson heißt, und die vorderen Panzersegmente 
sind sehr häufig zu einem Cephalothorax verschmolzen. Stets sind 
zwei Paar Antennen, die nur als Fühler dienen, und mindestens 5 Paar 
Mundgliedmaßen moxlkerndlen, die Aubßenäste ir Brustfüße sind sehr 
oft dar und die Geschlechtsöffnungen liegen fast immer am 
13. (9) Konelkiir 11. Segment(2). Die Facattenan) gen Mehnden sich of auf 
beweglichen Stielen. Die Mehrzahl macht eine Metamorphose durch, wo- 
bei schon das erste Larvenstadium höher entwickelt ist als bei den 
Entomostraca, sehr viele haben aber eine direkte Entwicklung. 

Die meisten schwimmen oder kriechen im Meere, wenige leben 
parasitisch, manche im Süßwasser und einige Genera auf dem Lande. 
Fossile finden sich schon im Kambrium. 

Vor allem nach dem Fehlen oder der Ausbildung eines Cephalo- 
thorax unterscheidet man die Legionen Arthrostraca und Malacostraca, 
wozu noch die primitiven Leptostraca und Syncarida und die speziali- 
sierten Stomatopoda kommen. 


l. Legion Leptostraca. 

Die Nebalirdae, die hauptsächlich im Schlammboden geringer Tiefen 
im Meere weit verbreitet sind, unterscheiden sich in manchen Merk- 
malen von den typischen Malacostraca und schließen sich den Dran- 
chiopoda an. Hinter dem Kopf, der gestielte Augen trägt und durch 
eine längsgestreckte Rostralplatte gedeckt ist, folgen je 3 Thorax- 
und Abdominalsegmente, welche bis auf die vier letzten zweiästige 
Füße haben, während das Endsegment in eine zweispitzige Gabel 
(Furca) ausläuft. Eine biegsame, seitlich herabgebogene Schale, die 
durch einen Quermuskel zusammengezogen wird, umhüllt den seitlich 
komprimierten Thorax und einige Abdominalsegmente. 


Arthropoda. 


Da nur 
bedeckten Segmente verkalkt, ist es nicht ver- 


wunderlich, 


langen Tiere noch nicht fossil fand; vielfach faßt 
man aber ähnliche marine Formen, die vom Karbon 


das Chitinskelett der hinteren un- 


daß man die zarten, höchstens 4 em 


bis in das Oberkambrium Euro- 
pas und Nordamerikas und im 
Silur Australiens vorkommen, 
mit ihnen als Phyllocarida zu- 
sammen. Doch reiht man sie 
besser nur als T Archae- 
ostraca an, da man ihre Glied- 
maßen kaum kennt und da 


Fig. 359. + Echino- 
caris socialis Beecher 


Fig. 358. }Hymenocaris manche Unterschiede vor allem (0. + Archacostraca), 


vermicauda Salter 
(0. 7 Archaeostraca). 


in der wechselnden Segment- Oberdevon (Chemung- 


. Stufe),Pennsylvanien (aus 
Oberkambrium (Ffestiniog), zahl und im Eindsegment be- Beecher 1902). 
Wales (aus Jones u. Wood- stehen. Dorsalseite !/,. abd Ab- 


ward 1892). 


dominalsegmente, letztes 


abd Abdomen mit 8Segmenten Den Nebalüidae am ähn- ergänzt, ın ? vorgescho- 
und 3 Paar Schwanzstacheln, lıichsten sınd darunter die älte- PeneMagenzähne, s zwei- 


s Schale etwas verdrückt }.. 


RE ö teilige Schale. 
sten, die im Oberkambrium von & 


Wales nicht seltenen  Hymenocaris (Fig. 358), bei welchen aber ein 
Rostrum unbekannt ist. Die jüngeren formenreichen und bis einige dm 


Fig. 360. 
7 Aptychopsis 
primus Barr. 
(1872) (0.2. Ar- 
chaeostraca). 
Obersilur (Stufe 
E1), Böhmen. 
Gewölbte Schale 
wenig vergr., 
m Mediannaht, 
r Einschnitt mit 
Rostralstück. 


großen  Archaeostraca haben eine verkalkte und wohl 
deshalb zweiklappige Schale und ein stachelförmiges 
Telson mit zwei eingelenkten Nebenstacheln (Fig. 359), 
und bei einigen, z.B. bei TÜeratiocaris, ist eine Rostral- 
platte sowie ein Paar Kauladen nachgewiesen. 

Ganz fragliche Reste vor allem im Deven und Silur 
sind endlich dünne kreisförmige oder ovale Scheibchen, 
die konzentrisch gestreift sind und einen dreieckigen, oft 
mit einem Rostralstück ausgefüllten Einschnitt und häufig 
noch eine Mediannaht zeigen (Fig. 360). Sie werden teils 
für Schalen von Phyllocarida oder Phyllopoda, teils für 
Deckel (Aptychen) von T Goniatiten (siehe S. 245) ange- 
sprochen. 


2. Legion: Arthrostraea. 


Da hier das Kopfschild nur mit einem, selten mit zwei Brust- 
segmenten verschmolzen ist, fehlt ein größerer Cephalothorax, und es sind 
sieben, beziehungsweise sechs freie Brustsegmente mit ebensoviel ein- 
fachen Beinen vorhanden, während an dem meistens wohlausgebildeten 


Arthrostraca, Amphipoda u. Isopoda. 287 


Abdomen fünf oder sechs Paar Spaltfüße sich befinden. Bezeichnend 
sind auch die sitzenden Facettenaugen, und manchmal ist ein Fühler- 
paar rückgebildet. Die meisten leben am Meeresboden, manche para- 
sitisch, einige im Süßwasser und auf dem Lande. Hauptsächlich nach 
der Gliedmaßenausbildung trennt man zwei Ordnungen Amphipoda 
und Isopoda, wobei aber die fossil noch nicht nachgewiesenen ma- 
rinen Scherenasseln, Tanaidae, einigermaßen vermitteln. 


| 


1. Ordnung: Amphipoda. 

Die im Meere und Süßwasser 
schwimmend und springend sich 
fortbewesenden Krebschen haben 
einen seitlich zusammengedrückten 
Körper, an dessen gestrecktem 
Abdomen drei Paar Schwimm- 
und drei Paar griffelförmige Spring- Ei Se 
füße ausgebildet sind. Ss 

Fossil sind sie nur äußerst Fio. 361. + Palaeogammarus sambiensis 
dürftig vertreten, indem nur nahe Zaddach (1864) (F. Gammaridae). 
Verwandte von Süßwasserformen a 


& OR A Bernsteinstück mit dem Fossil !/),, B Krebs mit 
im Tertiär Deutschlands, (Bern- dem ihn etwas verhüllenden Sand seitlich, vergr. 


S = RN S ce Kopf mit Antennen, 1 und 7 erstes und siebentes 
stein ud Preußen und ö Öeningen freies Brustsegment, f Brustfüße, s Springfüße. 
bei Konstanz) als Unika nach- 
gewiesen sind (Fig. 361). Die wenigen Reste, die man aus dem 
Paläozoıkum Europas und Nordamerikas dazu rechnet, sind alle ganz 

, fo) 
unsicher und unbestimmbar, z. B.  Prosoponiscus im Perm (Zechstein) 
Thüringens und Englands. 


2. Ordnung: Isopoda. 


Die formenreicheren Asseln zeichnen sich durch einen gewöhnlich 
dorsoventral abgeplatteten Körper mit meist kurzem Abdomen und 
breitem Telson aus, und an ihren abdominalen Spaltfüßen sind Organe 
zur Wasser- oder Luftatmung vorhanden. Die rezenten, meistens im 
marinen Seichtwasser, z. T. parasitisch, auch im Süßwasser und auf 
dem Lande lebenden Formen sind nur 5—40 mm lang, wenige Tief- 
seebewohner aber bis 27 cm. 

Vor allem nach der Ausbildung der abdominalen Gliedmaßen 
unterscheidet man mehrere Familiengruppen, die seltenen fossilen sind 
aber fast nur durch Kückenpanzer in Europa vertreten. 

Von Landasseln, Oniscoidea, wurden Angehörige lebender Genera 
beinahe ausschließlich im alttertiären Bernstein Ostpreußens nachge- 


Arthropoda. 


wiesen. Alle übrigen einigermaßen bestimmbaren Fossilien lassen sich 
in die Gruppe der Flabellifera einreihen, wo die Spaltfüße des vor- 
letzten Segmentes, die Uropoden, mit dem Telson eine 
Schwanzflosse bilden, und zwar gehören sie wohl fast 
sämtlich den Cymothoidae und Sphaeromidae an, deren Ab- 
dominalsegmente öfters verschmolzen sind, so daß der 
Rückenpanzer manchmal sehr dem 
von T Trilobita gleicht (Fig. 362). Sie 
finden sich sehr selten in marinen 
Schichten des Tertiärs, der Kreide 
und des oberen Jura und wohl schon 
der oberen Trias, in Genera, die an- 
scheinend wenig von rezenten ab- 
weichen, z. T. aber in auffällig großen Fig.363. + Urda 
(5—15 em langen) Formen. Im litho- rostrata Münst. 
graphischen Schiefer (oberster Jura) ee 
Frankens kommt daneben aber noch graphische Platten- 
das Genus + Urda als Vertreter einer Ylke), Solnhofen, 


= 


Fig. 362 ige 8 Mittelfranken (aus 
ne N ausgestorbenen Familie f Urdaidae _Kunth 1870). 
Cyelosphaeroma trılo- . be . . ü i 
Den vor, mit fünf freien Brust- und sie- Fückenpanzer mit 
batum H.Woodw.(1898) 2 : R Uropoden undKopf- 
(F. Sphaeromidae), ben Abdominalsegmenten und einer gtiedmaßen, etwas 

. ergänzt,vergr. «An- 
Oberster Jura (Purbeck- großen Schwanzflosse (Fig. 369). en rt. 
a ns Im Tertiär (Eocän) Westeuropas sliedmaßen, © sehr 


sroße Facetten- 
Rückenpanzer %/,. a Auge, und oberen Jura-(Purbeck) Englands „ugen, a Seiten- 


b großes Telson, c ergänzte Anden sich kleine Sphaeromidae, z. B. "“ilder(Epimeren), 
Uropoden. ; # Ä I es e Uropoden. 

"Eosphaeroma, übrigens auch in Süß- 
wasserablagerungen. Vereinzelte sehr große Reste in Süßwasser- und 
Binnenmeerablagerungen des europäischen Paläozoikums, wie Ar- 
Ihropleura im Oberkarbon von Saarbrücken und Commentry (Frankreich) 
sind aber noch zu ungenügend bekannt, um eine sichere Einreihung 
zu erlauben. 


d. Legion: Syncarida. 


Gestreckte, höchstens 

85 mm lange Süßwasser- 
krebse gleichen im Mangel 
| eines Cephalothorax und 

Fig. 364.  Palaeocaris typus Meek and \ in den bei einem Genus 


Worthen (F.  Palaeocaridae). esellken ‚Nnan den A 
Oberkarbon (Mazon Creek), Illinois (nach Kingsley aus ÜNgestielten Augen den Ar- 


an 120) throstraca, in den Fühlern 
Stark vergrößerte Rekonstruktion. Auch am Abdomen sind © 
Spaltfüße. und in der Schwanzflosse 


Syncarida. 289 


(Telson und Uropoden) sowie in den gestielten Augen der zwei anderen 
rezenten Genera langschwänzigen Thoracostraca. Hinter dem kurzen 
Kopf, an dem eine Nackenfurche oder bei manchen fossilen eine Segment- 
grenze anscheinend ein erstes meist kurzes Brustsegment abgrenzt, folgen 
sieben gleichartige freie Brustsegmente, und ihr gestrecktes Abdomen 
hat wohl stets sieben freie Segmente, fast alle mit Spaltfüßen. Da- 
von enden die Brustfüße mit Klauen und sind gleichartig, außer dab 
die vordersten manch- 
mal raubfußartig stär- 
ker (Fig.334, 8.271) 
und die hintersten 
einästig sind. 

An die wenigen 
im Süßwasser Tas- 
maniens und Süd- 
australiens lebenden 
Genera schließen sich 
eng einige ebenso 
kleine und artenarme 
in oberkarbonischen 

Süßwasserablage- 

rungen von Illinois 
(Fig. 364) und Grob- 
britannien an, bei 
welchen aber keine 
Augen gefunden sind. 
Bei den anderen 2 
bis 85 mm langen 
Formen, die auch in 


Süßwasserschichten Fig. 365. +Gasocaris Krejeiüi A. Fritsch (F. +Gasocaridae). 


des Oberkarbons von  Oberkarbon (Steinkohlenschichten), Nürschan, Böhmen (genau nach 
dem Orig. in München). Unterseite ?/,. 


Illinois und Böhmen 
(Fig. 365) und des unteren Perms von Westdeutschland (Fig. 334) und 
Frankreich in sehr wenig Arten gefunden sind, konnte man aber weder 
Augen noch Außenäste der Brustfüße nachweisen. Doch hat ja auch eine 
der lebenden Gattungen winzige ungestielte Augen und weniger gespaltene 
Füße, und die Außenäste der Brustfüße sind auch sonst zart, also nicht gut 
erhaltungsfähig. 
4. Legion: Thoracostraca. 

Bei den höchst stehenden Krebsen überdeckt der Öephalothorax 

alle oder doch die meisten Brustsegmente, die zusammengesetzten 


Stromer, Paläozoologie. 19 


290 Arthropoda. 


Augen befinden sich auf beweglichen Stielen, die ersten Antennen 
haben zwei oder mehr Geißeln, die zweiten nur eine und daneben 
oft eine Schuppe, und hinter den drei Kieferpaaren sind ein bis drei 
Paar Kieferfüße als Übergang zu den gespaltenen oder einfachen 
Brustfüßen vorhanden, an welchen fast stets die Kiemen sich befinden 
und deren vorderste meistens in Scheren enden. 

Fünf Paar zweiästige Abdominalfüße (Pleopoden) dienen zum 
Schwimmen, zum Eierschutz (2) oder auch z. T. zur Begattung (J), 
während das sechste Paar, die meist platten Uropoden, mit dem Telson 
die Schwanzflosse bilden (Fig. 367). 

Meistens sind die Geschlechtsunterschiede deutlich ausgeprägt und 
ist in der Entwicklung eine Metamorphose ausgesprochen. Die große 
Mehrzahl bewohnt als gute Schwimmer und 
Läufer das Meer, einige auch das Süßwasser 
und Festland, fossile finden sich als Unika 
schon im Oberdevon. 

Vor allem nach der Ausbildung des 
Cephalothorax und der Brustfüße kann man 
die Ordnungen Cumacea, Schizopoda und 
Decapoda unterscheiden. Davon sind aber 
die ersteren, die durch die geringe Größe 
des Öephalothorax und den Mangel gestielter 
Augen zu den Arthrostraca und T Syncarida 
vermitteln, infolge fester Panzerverkalkung 
zwar fossil erhaltungsfähig, aber wohl wegen 
Fig 366. ihrer geringen Größe (meist unter 5 cm) 


+ Pygocephalus Cooperi Huzxley noch nicht nachgewiesen. 
(O.Schizopoda, U.0.2Mysidacea). 


Oberkarbon (Kohlenschichten), Eng- 9. Ordnung: Schizopoda. 
land (aus H. Woodward 1907). { 2 
Rekonstruktion der Unterseite eines Noch ungünstigere Erhaltungsbeding- 


Männchens 4?/,. al erste, a? zweite . Te - . 
Antenne ip ne } Telson, üngen bieten die im Meere weit verbreiteten 


u Uropoden. auch kleinen und gestreckten Spaltfüßler, 
da ihr Cephalothorax zwar groß und mit mehr oder weniger Brust- 
segmenten verschmolzen, aber meistens zart ist. Als gute Schwimmer 
sind sie durch ziemlich gleichartige Brustspaltfüße und eine starke 
Schwanzflosse ausgezeichnet. 

Wahrscheinlich ist der 4 cm lange f Pygocephalus Huxley (Fig. 366) 
ihnen als Angehöriger der Unterordnung Mysidacea zuzurechnen. Er 
kommt im englischen Oberkarbon vor und war ebenso wie nur eine 
nordische rezente Art ein Süßwasserbewohner.') 


1) Weitere karbonische Formen Schottlands gehören nach einer dem Autor 


Decapoda. 291 


3. Ordnung: Decapoda. 


Infolge der Entwicklung von drei Paar Kieferfüßen sind 5 Paar 
einfache Gehfüße für die Gruppe bezeichnend. Davon ist das vorderste 
in der Regel groß und mit rechts und links oft recht verschieden 
starken Scheren bewaffnet. Der stark oder nur teilweise, z. B. bei 
Calianassa (Fig. 369, S. 293), nur an diesen Scheren fest verkalkte 
Panzer besteht aus einem Üephalothorax, der alle Brustsegmente mit 
umfaßt, jederseits die Kiemenhöhle umschließt, vorn oft in ein me- 
dianes Rostrum zuläuft und bei größeren Formen durch charakteri- 
stische Furchen in Regionen geteilt erscheint, die inneren Organen 


el = m 


Fig. 367. + Aeger tipularius Schloth. (U. O0. Natantia, F. ? Stenopidae). 
ÖOberster Jura (lithographische Schiefer), Mittelfranken (aus Oppel 1862). !/,. 


entsprechen (Fig. 371, 5. 294). Das Abdomen ist bald gestreckt, bald 
etwas rückgebildet. 

Die äußerst formenreiche Ordnung umfaßt hauptsächlich marine 
Bodenbewohner in allen Breiten und Tiefen, wenige Hochseeschwimmer 
und Landbewohner, aber eine Anzahl Süßwasserkrebse und weist 
wenige mm bis über ',; m lange oder breite marine Angehörige auf. 
Nach der mit der Fortbewegungsweise zusammenhängenden Körper- 
ausbildung kann man zwei Unterordnungen Natantia und Reptantia 
unterscheiden. 

Als gute Schwimmer sind die ersteren, die Garneelen, gestreckt, 


leider nicht zugänglichen Monographie (Peach: Monograph on the higher Orustacea 
ofthe carboniferous rocks of Scotland. Mem. geol. Surv. Great Britain, London 1908) 
auch zu dieser übrigens ziemlich heterogenen Ordnung. 


19% 


292 


Arthropoda. 


seitlich komprimiert, nicht sehr diek gepanzert und mit wohlent- 
wickeltem Abdomen und Schwimmfüßen daran versehen. Marine Ver- 
treter der drei Familiengruppen, die vor allem nach der Scheren- 
ausbildung des dritten Brustfußpaares unterschieden werden und einige 
Formen mit Resten von Außenästen der Brustfüße umfassen, finden 
sich fossil besonders in Europa bis zum Jura zurück (Fig. 367), Pe- 
naeidae mit drei gleichstarken Scherenfußpaaren wohl schon in der 

Trias der Alpen, einer auch in der unteren deutschen Trias. 
Wenige Zentimeter lange Panzer, die allerdings wegen Unbekannt- 
schaft der Gliedmaßen z. T. ebensogut Schizopoda zuzurechnen wären, 
fand man übrigens schon im marinen 


Se Unterkarbon Schottlands (F Oran- 
Be: = n De . en 
Ss Sr & io alaeopalaemon) als älteste 
AN > u ı Reste von @Garneelen ähnlichen 

N 7 Thoracostraca. 
< N « ar Bei der viel größeren Unter- 
g ordnung der Reptantia, die vor 
a m u allem kriechend sich fortbewegen, 
Rn ist der Körper nicht seitlich zu- 
[/ Bon \ sammengedrückt, das erste Ab- 
— dominalsegment verkürzt, und es 
sind keine Schwimm-, sondern kräf- 


X tige Gehfüße entwickelt. Vor allem 
n: NA \2 nach der Ausbildung des Abdomens 
RE \v// 2 und seiner Gliedmaßen kann man 
drei Hauptgruppen trennen. Die der 

& ° Jangschwänzigen Krebse Macrura 
Meek and Worthen (U. O. Reptantia, i en 
umfaßt wieder mehrere Familien- 

F. + Anthrapalaemonidae). Se 2 
Oberkarbon (Phosphatknollen), Mazon Creek, Ili- gruppen, welche hauptsächlich ın 
nois (abgeändert nach Kingsley aus Packard 1885). den @ehfüßen sich unterscheiden 

Vergrößerte Rekonstruktion. R R 
und alle schon reichlich aus dem 
Mesozoikum, weniger aus dem Tertiär bekannt sind. 

Die jetzt nur in der Tiefsee in wenigen Formen vertretenen Eryo- 
nidae mit flachem Cephalothorax sind am besten im obersten Jura 
Europas (Fig. 374, S.296) und vielleicht schon in der alpinen Trias 
entwickelt, und ihnen schließt sich in manchem der einzige Vertreter 
seiner ausgestorbenen Familie, der kleine f Anthrapalaemon an, ein 
mit zartem Cephalothorax und fünf gleichartigen Gehfüßen versehener 
Süßwasserkrebs des Oberkarbons von Großbritannien und Nordamerika 


(Fig. 368). 


Fig. 368. 7 Anthrapalaemon gracılis 


Decapoda, System. 293 


Die gegenwärtig auch im Süßwasser vertretenen Nephropsidea, 
wie jene mit Scheren an den ersten drei Brustfüßen, aber mit zylin- 
drischem Kopfbrustpanzer be- 
wehrt, finden sich in ausge- 
storbenen marinen Genera auch 
schon in der deutschen Trias. 
Dort, wie in Jura und Kreide, 
in der alpinen Trias und in sehr 
dürftigen Resten auch im Perm 
zilpan Sm Dosen an zuE Fig. 369. Calianassa y isochela H.Woodw. 


fällig stark skulp tiertem P auzer (1876) (U. O. Reptantia, F. Calianassidae). 
verbreitet, die als ii Glyphaeidae Oberer Jura (Kimmeridge), Sussex, England. 


zusammengefaßt (Fig. 376, S. 298) Cephalothorax verschoben, Schwanzflosse ergänzt 1°/,. 
durch Verlust der Scheren der Brustfüße zu den marinen fest- 
gepanzerten Lorzcata überleiten, deren Brustfüße scherenlos sind, und 
die sich schon im Jura wohl vertreten vorfinden. Dagegen sind die 
marinen Thalassinidea infolge ihrer schwachen Panzerung fast nur 
durch ihre starken Scheren bis in den obersten Jura Europas zurück 
zu verfolgen (Fig. 369). 

Ebenfalls schwach ist die kleine zweite Hauptgruppe Anomura, bei 
welchen die Schwanzflosse nach vorn umgeschlagen und ebenso wie 
das letzte Gehfußpaar meistens schlecht ausgebildet ist, mit der Familie 


Fig. 370. Geryon nova species (U. O. Reptantia, F. Geryonidae). 
Unteroligocän, Helmstedt bei Braunschweig (Orig. in München). 
Brauneisensteinkern mit wenigen Panzerresten ?/, ca. 


Arthropoda. 


Fig. 371. 7 Prosopon ornatum 
H. v. Meyer (1860) (U. O. 
Reptantia, F'. Prosoponidae). 


Oberer Jura, Örlinger Tal bei Ulm, 


Württemberg. 


Cephalothorax vergr. o Orbita, r Ro- 

strum, r.b. Regio branchialis, r.c. Re- 

gio cardiaca, r.g. Regio gastrica, r.h. 

Regio hepatica, s.b. Sulcus branchialis, 
s.c. Sulcus cervicalis. 


der Galatheidae ım Tertiär, der obersten 
Kreide und dem obersten Jura Europas ver- 
treten. 

Dagegen ist die formenreiche letzte Haupt 
gruppe, die Krabben, Brachyura, in all ihren 
Familiengruppen, die hauptsächlich nach der 
Ausbildung des Vorderrandes des Cephalo- 
:thorax unterschieden werden, fossil vielfach 
in Europa, aber noch an wenigen ander- 
wärtigen Fundorten nachgewiesen worden. 
Bei ihnen ist das kurze, bei den Männchen 
schmale Abdomen unter die breite dorso- 
ventral platte Brustregion eingeschlagen, 
die Schwanzflosse verkümmert, und der Üe- 
phalothorax hat vorn Gruben für die inneren 
Antennen und die Augenstiele (Fig. 370). 

Von den wenigen Landbewohnern sind 


allerdings noch keine und von den Süßwasserkrabben fast nur im 
Miocän von Öningen bei Konstanz wenige fossil gefunden, marine 


Fig. 372. + Sculda 
pennata Münster 
(0. Stomatopoda, F'. 
+ Sculdidae). 


Oberster Jura (lithogra- 
phische Schiefer), Soln- 
hofen, Mittelfranken (aus 
Kunth 1870). 
Rückenseite des Panzers 
2,2/,, mit einigen Kopf- 
gliedmaßen und den Uro- 
poda u. a erste, b zweite 
Antenen, c Rostrum. 


Seichtwasserbewohner aber sehr viele. Auch die aus- 
gestorbenen Genera lassen sich in rezente Familien 
einreihen, und so sind alle Tribus bis ın das Tertiär 
oder in die obere oder mittlere Kreide zurückzu- 
verfolgen. In der unteren Kreide und dem mittleren, 
vor allem aber dem oberen Jura Europas sind als 
älteste gesicherte, wenn auch in den Gliedmaßen fast 
ganz unbekannte Krabben die kleinen f Prosoponidae 
(Fig. 371) verbreitet, die den primitivsten, die Tief- 
see bewohnenden Dromiacea sehr nahe stehen. Denn 
kleine, den Kopfbrustpanzern von Krabben sehr 
ähnliche Reste im Perm Siziliens und Thüringens 
sind nicht sicher bestimmbar. 


5. Legion: Stomatopoda. 


Die gestreckten Raubkrebse schließen sich zwar 
im Besitz eines zarten kurzen Öephalothorax, der 
allerdings vier bis fünf Brustsegmente frei läßt, in 
den Stielaugen, Antennen und; der Schwanzflosse 
langschwänzigen Thoracostraca an, aber der vorderste 
Teil des Panzers ist abgegliedert, von den fünf Paar 
Kieferfüßen ist das zweite als starke Raubfüße diffe- 


Stomatopoda u. geologische Verbreitung der Krebse. 295 


renziert, dahinter folgen zum Schwimmen dienende 
Spaltfüße, und das Abdomen ist ungewöhnlich stark 
ausgebildet. 


£ . . Fig. 373. + Pseu- 
Die wenieen lebenden Formen sind zwar eute „>: ! 
Oo Oo deriehthus eretaceus 


Schwimmer, halten sich aber im Gegensatz zu ihren  Dumes (1886). 
pelagischen Larven an den Küsten wärmerer Meere ObersteKreide,SahelAlma 
als Bodenbewohner auf. Sichere fossile sind sehr " "banon, Syrien. 
E Er en E N? Cephalothorax wahr- 
selten im Alttertiär (Eocän), in der obersten Kreide scheinlich einer Larve 
s = = . S x eines Stomatopoden, seit- 
und im obersten Jura Europas und in der Obersten 
Kreide des Libanon gefunden worden (Fig. 372 und 
375). Letztere zwei Fundorte lieferten ausgestorbene Genera, die sich in 
den Uropoden von den lebenden unterscheiden und kleiner (1—4,5 em 


lang) sind als die känozoischen, unter welchen die lebenden am größten 
sind (4—34 cm lang). 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Krebse. 


Die Crustacea spielen jetzt in allen Breiten und Tiefen der Meere, 
manche auch im Brack- und Süßwasser eine sehr große Rolle, Land- 
bewohner sind allerdings nur wenige /sopoda und Decapoda. Sehr 
viele treten auch in erstaunlicher Individuenmenge auf, und nach dem 
Tode und bei den Häutungen können ihre großenteils festen Panzer 
sich anhäufen. 

Andrerseits aber zerkleinern zahlreiche räuberische und aasfressende 
Krebse mit ihren Scheren und ihrem Gebiß fremde Tiere und deren 
Leichen, wie auch diejenigen eigener Verwandter, und jenen der Er- 
haltung günstigen Umständen steht weiterhin entgegen, daß nicht nur 
sehr viele weichhäutige und zarte Formen fossil nicht zu finden sind, 
sondern auch, daB die so sehr wichtigen und mannigfach differen- 
zierten Gliedmaßen nur bei größeren Decapoda häufiger und selbst 
hier fast ausschließlich in feinkörnigen, kalkigen und speziell in 
plattigen Gesteinen, sonst aber nur ganz ausnahmsweise genügend gut 
erhalten sind. 

In der Regel kennt man also nur Reste der verkalkten Rücken- 
panzer; so findet man von  T'rilobita meistens nur isolierte Kopf-, Brust- 
und Schwanzschilder, und an ersteren fehlen sehr häufig noch dazu 
die freien Wangen, von Cirripedia kommen am häufigsten einzelne 
Platten vor und von Decapoda Kopfbrustpanzer und isolierte Scheren; 
vollständige Panzer dagegen sind Seltenheiten. Deshalb ist unsere 
Kenntnis auch der wohl erhaltungsfähigen fossilen Krebse noch eine 
recht unzureichende, um so mehr als von außerhalb Europas und Nord- 
amerikas noch nicht allzuviele beschrieben worden sind. Eine größere 


296 Arthropoda. 


Rolle längere Zeit hindurch spielen überhaupt nur die Decapoda, Ostra- 
coda und 7 Tralobita. 

Im Tertiär finden wir keine tiefgehenden Unterschiede von der 
Gegenwart. Neben der reichen marinen Seichtwasserfauna kennen wir 
Süßwasser bewohnende Östracoda, deren Schälchen ebenso wie die von 
marinen auch in älte- 
ren Formationen öfters 
gesteinsbildend auf- 
treten, einige Mala- 
costraca und wenige 
Estheriae und sogar 
vereinzelte landbewoh- 
nende Isopoda. 

Im Alttertiär sind 
Cirripedia schon ziem- 
lich selten, und unter 
den Malacostraca treten 
ausgestorbene Genera 
hervor. Die allein auch 
in außereuropäischen 
Fundorten der alten 
Welt zahlreicher ge- 
fundenen Krabben las- 
sen übrigens schon 
einige tiergeographi- 
sche Verhältnisse er- 
kennen, so scheint z.B. 

r Lobocarcinus und 
T Typiobus charakte- 
ristisch für das mittel- 
eocäne Nummuliten- 


Toy 
Terre 


a 
Br 
FR : 


DR 4 Mittelmeer (Tethys) 
Fig. 374. Eryon + arctiformis Schloth. (U.O. Reptantia, 7u sem, aus dessen 
F. Eryonidae). Bereich man überhaupt 


Oberster Jura (lithographische Schiefer), Mittelfranken (aus Peiser 1904), die meisten fossilen 
Bauchseite ?/;. 


Krabben kennt, wäh- 
rend das alttertiäre 7 Coeloma von Norditalien über ganz Deutschland 
bis Ostgrönland verbreitet ist (s. die Karte auf 8.41). 

Im Mesozoikum fand man Crustacea besonders in der oberen 
Kreide und dem obersten Jura; Cirripedia, Isopoda, Krabben und 
Stomatopoda lassen sich bis ungefähr in die Mitte der Ära noch nach- 


Krebse, geologische Verbreitung. 297 


weisen, aus der Trias aber sind nicht viele Krebse bekannt, insbe- 
sondere auffällig wenige Ostracoda, u. a. noch keine ÜUypridinidae. 

Von biologischem und tiergeographischem Interesse ist, daß in der 
germanischen und südafrikanischen Trias Dranchiopoda in Süßwasser- 
schichten und in ersterer auch mit der Brachiopoden-Gattung Lingula 
(s. 8.183) zusammen in Binnenmeerablagerungen (Muschelkalk) vor- 
kommen, ferner daß die an sich nicht häufigen Oirripedia pedunculata 
manchmal auf Ammoniten-Schalen angeheftet sich finden, auf denen 
sie wohl, ebenso wie ihre jetzigen Verwandten an Treibhölzern, als 
„Pseudoplankton“ mit den Meeresströmungen herumtrieben. Weiter- 
hin ist wichtig, daß die Eryonidae, die jetzt nur in der Tiefsee leben, 
damals im Seichtwasser nicht selten waren (Fig. 374), daß sich die 
Verwandten jetziger tiefseebewohnender Dromiaceen-Genera, die  Pro- 
sponidae, ähnlich verhalten, und daß in einer Seichtwasserschicht 
der obersten Kreide Böhmens (Priesener Schichten) ein Verwandter 
des Tiefseekrebses T’haumastocheles (Nephropsidea) vorzukommen scheint. 

Aus dem Perm und Karbon sind zwar mit Ausnahme der Ostra- 
coda nicht allzuviele Krebse, aber dafür besonders interessante Formen 
bekannt geworden, worunter leider die wenigen marinen, abgesehen 
von den auch nicht zahlreichen jüngsten 7 Trilobita und 7 Archae- 
ostraca, noch sehr ungenügend bekannt und nur in Europa und Nord- 
amerika nachgewiesen sind. 

Besonders beachtenswert erscheinen die ebenda im unteren Perm 
und Oberkarbon gemachten Funde von Süßwasserkrebsen, den ältesten 
Süßwasser bewohnenden Ostracoda, fraglichen Isopoda, den Syncarida, 
Schizopoda und einem wenig spezialisierten Macruren. 

Im älteren Paläozoikum finden sich zwar noch Krebse, die sich 
ziemlich eng an rezente anschließen, vor allem Ostracoda, in Binnen- 
ablagerungen des Devons (Oldred Sandstein) auch die ältesten Estheriidae 
und ein fraglicher Isopode, sowie im marinen Devon Nordamerikas die 
ältesten unsicheren Decapoda und Operculata und im Silur Pedun- 
culata und ähnliche Cirripedia. Es herrschen aber in großer Indi- 
viduen- und Formenmenge ausgestorbene Familien der Ostracoda, die 
Trilobita und daneben Archaeostraca. Bei den j Trilobita, welche im 
Untersilur und Kambrium am meisten hervortreten, sind die mannigfachen 
Differenzierungen der Augen besonders interessant (s. Fig. 335, 3.272). 
Sie erscheinen im Untersilur am vielseitigsten, hier kommt nämlich 
neben Formen mit aggregierten Augen (7 Phacopidae) und vielen mit 
mannigfachen Facettenaugen sowie einigen blinden der ontogenetisch 
blind werdende  Trinueleus (Fig. 375, 3.298) und f _Aeglina (j Asa- 
phidae) mit Riesenaugen vor. 


Arthropoda. 


Bei den dargelegten Erhaltungsverhält- 
nissen und da so verschiedene Gruppen wie 
Ostracoda und yTrilobita und vielleicht auch 
Branchiopoda und  Archaeostraca schon im 
Kambrium völlig getrennt und differenziert 
auftreten, und die ältesten Vertreter der 
anderen Gruppen fast alle höchst unvoll- 
kommen bekannt sind, ist von einer Stammes- 

"geschichte der Orustacea höchstens in An- 
——  . -———“ fängen innerhalb einzelner Ordnungen und 


Fig. 375. } Trinucleus orna- |n der Erkenntnis einiger Gesetzmäßigkeiten 
tus Sternbg. (0. x Trilobita, 


F. x Trinueclevdae). die Rede. AN j 
Desk, Amin, en (bei Auffällig ist zunächst die große Konstanz 
ee a ne vieler F ormen, SO sind von Branchiopoda Apus 
Nur rechts ist.ein Teil des grubigen Schon in der Trias, Estheria im Devon vor- 
Kopfschildrandes erhalten. handen, mehrere Genera der Ostracoda gehen 
in das Paläozoikum zurück, der plattenreiche Pollcipes (Pedunculata) 
bis in den mittleren Jura und überhaupt so eigentümlich spezialisierte 
Krebse wie die festsitzenden Cirripedia bis ın das ältere Paläozoikum. 
Auch manche Genera der 7 Trilobita sind sehr langlebig, z. B. ist der 
auch räumlich weitverbreitete  Proötus (“ Proetidae) vom Silur bis 
Perm, unter den Decapoda Macerura  Glyphaea (Fig. 376) fast im 
ganzen Mesozoikum nachgewiesen, und Linuparus (—  Podocrates, Tribus 
Loricata), der jetzt nur 
bei Japan lebt, war in der 
oberen Kreide von Kana- 
da und Westeuropa ver- 
\ \ | breitet. Ferner haben sich 
x > > RL manche Eryonidae seit 
Fig. 376. +@lyphaea pseudoscyllarus Schloth. (U. O. demJurakaum verändert 
Reptantia, F.  Glyphaeidae). und gewisse oberkarbo- 
Oberster Jura (lithographische Schiefer), Solnhofen, Mittelfranken nische Syncarida sind 
Gr rezenten sehr ähnlich. 
Die meisten Genera der  Trilobita und Malacostraca scheinen 
aber zeitlich und auch räumlich nur eine begrenzte Verbreitung zu 
haben, und deshalb sind die im älteren Paläozoikum in außerordentlicher 
Häufigkeit auftretenden + Trilobita großenteils vorzügliche Leitfossilien. 
Sie erweisen sich auch zur Abgrenzung tiergeographischer Provinzen 
sehr gut brauchbar, da ihre Arten fast alle nur in beschränkten Ge- 

bieten vorkommen. 

Wichtig ist, daß zuerst so primitive Krebse wie f Trilobita und 


ee 


Krebse, Stammesgeschichte. 299 


Östracoda herrschen und schon im Untersilur einen Höhepunkt er- 
reichen, und daß daneben nur jArchaeostraca, Formen, die einiger- 
maben von Dranchiopoda zu Malacostraca vermitteln, eine Rolle spielen, 
während echte Malacostraca erst später erscheinen und nicht früher 
als im Mesozoikum hervortreten. Ebenso bedeutungsvoll ist, daß die 
kleinen, Süßwasser bewohnenden Syncarida und Schizopoda, die in so 
mancher Beziehung zwischen den höheren Malacostraca vermitteln, im 
Oberkarbon reicher entwickelt waren, und daß erstere gegenwärtig nur 
noch in ganz wenigen Vertretern in Australien vorkommen. 

Eine Gesetzmäßigkeit läßt sich weiterhin jetzt schon auch bei 
den Urustacea im Größenwachstum erkennen, indem nämlich die größten 
Formen zur Zeit des Höhepunktes einer Gruppe oder nach ihr auf- 
treten, und die älteren kleiner sind als ihre wahrscheinlichen Nach- 
kommen. So finden sich die größten bis über 20 mm langen Ostra- 
coda ( Leperditia) und mehrere Dezimeter lange j Archaeostraca im 
Silur und ein über TOO mm langer Trilobit, 7 Urolichas, bemerkens- 
werterweise ein Angehöriger der j Lichadidae, die durch Stachelaus- 
bildung besonders spezialisiert sind, im Untersilur Portugals. Dagegen 
sind alle paläozoischen Syncarida, Schizopoda und Thoracostraca und 
die präkretazischen Krabben höchstens wenige Zentimeter lang, und 
bei den allerdings wenigen Stomatopoda läßt sich ein allmähliches 
Größerwerden sehr gut zeigen. 

Nur bei den Isopoda besteht eine Ausnahme in den fraglichen 
paläozoischen Formen und darin, daß alttertiäre und jungmesozoische 
Seichtwasserformen größer sind als die jetzigen. 

Ob sich von den  Trelobita, die nach dem Untersilur ganz all- 
mählich an Formen- und Individuenmenge abnehmen und zuletzt in 
wenigen nicht spezialisierten und sehr langlebigen Genera ausklingen, 
andere Krebsgruppen (und vielleicht auch die Merostomata) ableiten 
lassen, steht noch dahin. Denn sie erweisen sich zwar in vielem, 
z.B. in den ziemlich gleichartigen Spaltfüßen und der wechselnden 
Segmentzahl, als echte niedere Krebse und gleichen in ihren Glied- 
maßen Copepoda, in gewissen Kopfteilen dem Branchiopoden Apus und 
im Rückenpanzer manchen Asseln. Aber sie sind im Bau der Augen und 
in den verschmolzenen Kopf- und Schwanzsegmenten spezialisiert, haben 
die eigentümlichen Protaspis-Larven und meistens Gesichtsnähte und 
nur ein Paar Antennen, und endlich sind irgendwelche Übergangsformen 
noch nicht gefunden. 

Innerhalb der scharf umgrenzten Ordnung ist bemerkenswert, daß 
im Kambrium besonders viele blinde Formen ohne oder mit schmalen 
freien Wangen und, abgesehen von den  Agmostidae, welche die ge- 


300 Arthropoda. 


ringste Zahl freier Brustsegmente haben, Genera mit sehr kleinen 
Schwanzschildern, also den Protaspis-Larven ähnliche vorkommen, und 
daß die meisten sich anscheinend nicht wie alle späteren einrollen 
konnten. 

Bei den Östracoda sind die reich verzierten Cytheridae erst von 
der Kreide an häufig und formenreich, bei den Cirripedia scheinen 
mit zahlreichen Kalkplatten versehene und gleichartig beschuppte 
Formen am ältesten zu sein, und die paläozoischen Verwandten der 
Leptostraca stehen in der wechselnden Segmentzahl des Abdomens 
tiefer als die rezenten. 

Endlich sind die langschwänzigen Decapoda älter als diejenigen 
mit reduziertem Abdomen, und die älteren zeigen noch nicht die 
Ungleichheit der rechten und linken Scheren. Im Mesozoikum vermitteln 
von den schon in der Trias entwickelten Nephropsidea die f Glyphaeidae 
(Fig.376, 8.298) zu den erst im Jura auftretenden Zorzcata und die f Pro- 
soponidae im Cephalothorax zu den kretazischen brachyura, falls man 
von den fraglichen paläozoischen Decapoda, besonders den permischen 
Krabben, absieht. 


Diagnosen der Crustacea-Gruppen. 


1. Unterklasse: Entomostraca. Winzige bis mehrere dm große Wasserbewohner 
mit sehr wechselnder Segmentzahl. Meist mit Nauplius-Larve. Mit Spalt- 
füßen und in der Regel mit F'urca. Rezent, außer den Parasitischen bis 
Unterkambrium. 

1. Ordnung: Copepoda. Gestreckt, nackt, am Abdomen ohne Spaltfüße. Marin, 
nur Tezent. 

2. Ordnung: Branchiopoda. Klein, mit blattförmigen Ruderfüßen, mit wenig 
bis sehr vielen Segmenten, oft mit zweiklappiger Schale. Rezent meist in 
Süßwasser, wenige bis Devon, fraglich im Unterkambrium. 

3. Ordnung: Ostracoda. Klein bis winzig, mit sieben Paar Gliedmaßen und 
muschelartiger zweiklappiger Schale. Marin und Süßwasser, zahlreich bis 
Unterkambrium. 

4. Ordnung: Cirripedia. Festsitzende z. T. mittelgroße Meerestiere. Nicht 
parasitische mit 4 Paar Rankenfüßen, oft mit Kalkplatten geschützt. 
Rezent bis zum mittleren Jura, unsichere im Devon bis Untersilur. 


5. Ordnung: +Trilobita. Meist wenige cm lange Krebse mit wechselnder Segment- 
zahl. Verkalkter Rückenpanzer in der Längs- und Querrichtung dreiteilig, 
dessen Kopfschild aus 5 verschmolzenen Segmenten, gewöhnlich mit ein 
paar Gesichtsnähten und meistens Facettenaugen, darunter meist ein ver- 
kalktes Hypostom. Die 2 bis 29 freien Brustsegmente kurz, Schwanzschild 
aus wechselnder Zahl verschmolzener Segmente. Nur ein Paar einfache 
Antennen, andere Gliedmaßen an allen Segmenten wenig differenzierte 
Spaltfüße. Entwicklung allmählich aus Protaspis-Larve. Alle freilebend 
marin im Perm bis Unterkambrium. 


301 


Tabelle der geologischen Verbreitung der Crustacea. 


‚ep0odo4 
-2UL0IS 'T 'G 
‚epod 
"899 '0 'E 
»pod 
-ozıyos 'O 'S 


Lich) 
-sung 'O I 


4. L. Thora- 
costraca 


"rPLIED 
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epod 
-081 '0 '% 


Kl. Malacostraca 


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. L. Arthro- 


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Gegenwart 


Diluvium und 
Tertiär 


— u 


wnYTOZOsoW wnyTOZored 


302 Arthropoda. 


2. Unterklasse: Malacostraca. Kleine bis mehrere Fuß lange Krebse mit 5 Kopf-, 
8 Thorax- und meist 7 Abdominalsegmenten. Füße oft einfach, ganz hinten in 
der Regel meist Uropoden. Mehrzahl marin. Rezent bis Oberkambrium. 

1. Legion: Leptostraca (mit 7 Archaeostraca). Cephalothorax oft zweiklappig 
und vorn meist mit Rostralplatte, Abdomen mit 8 oder ? mehr Segmenten, 
am Ende mit Furca oder drei oder sechs Stacheln, Füße blattfußartig. 
Marin rezent, fragliche Verwandte im Karbon bis Oberkambrium. 


m 


. Legion: Arthrostraca. Nie sehr groß mit sieben, selten sechs freien Brust- 
segmenten mit einfachen Beinen und sieben Abdominalsegmenten mit Spalt- 
füßen; Augen sitzend. Rezent meist marin, fragliche sehr selten bis Devon. 
1. Ordnung: Amphipoda. Seitlich komprimiert, am gestreckten Abdomen 
hinten Springfüße. Im Meer und Süßwasser, letztere auch im Tertiär, 
fragliche im Perm. 

2. Ordnung: Isopoda. Dorsoventral platt mit breitem Abdomen. Im Meer, 
Süßwasser und am Land, fossil in Europa, selten bis obere Trias, frag- 
liche bis Devon. 


3. Legion: Syncarida. Kleine gestreckte Süßwasserbewohner mit 7—8 freien 
Brust- und 7 Abdominalsegmenten. Brustfüße gleichartig, meist Spaltfüße, 
Augen gestielt, ungestielt oder ?fehlend. Rezent Australien, fossil im Unter- 
perm und Oberkarbon Europas und Nordamerikas. 

4. Legion: Thoracostraca. Mit einfachem Cephalothorax und gestielten Augen 
und Kieferfüßen. Meist marin, fragliche bis zum Oberdevon. 

1. Ordnung: Cumacea mit fünf freien Brustsegmenten, reduzierten Augen 
und Spaltfüßen. Klein, marin, nur rezent. 

2. Ordnung: Schizopoda. Mit großem Oephalothorax und Spaltfüßen. Klein, 
fast nur marin, unsichere im Karbon Großbritanniens, besonders in Süß- 
wasserschichten. 

3. Ordnung: Decapoda. Bis mehrere dm groß, mit großem Cephalothorax, 
fünf Paar einfachen Gehfüßen, Abdomen oft etwas rückgebildet. Meist 
marin, fossil bis untere Trias, fragliche bis Oberdevon. 

5. Legion: Stomatopoda. Bis mittelgroße marine Raubtiere mit sehr starkem 
Abdomen und 4 bis 5 freien Brustsegmenten. Selten fossil bis zum oberen 
Jura Europas. 


Literatur. 
Allgemeines. 


Fritsch, A. und Kafka, J.: Die Crustaceen der böhmischen Kreide, Prag 1887. 

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Anatomie und Systematik. 

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Gemellaro, H.: siehe Allgemeines $. 302. 
Karbon: 


Woodward, H.: A monograph of the british carboniferous Trilobites. Palaeonto- 
graphical Soc., London 1883, 1884. 


304 Arthropoda. 


Devon: 
Hall and Clarke: siehe Allgemeines S. 302! 


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Bibliographie der Silur-Trilobiten Nordamerikas). 

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deutsch. geol. Ges., Bd. 58, Berlin 1906. 

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Hall and Clarke: siehe Allgemeines S. 302! 

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Decapoda u. Stomatopoda, Literatur u. Merostomata, Bau. 


305 


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Fritsch, A, Kafka und Gemellaro: siehe Allgemeines S. 302! 

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Lörenthey, C.: Beiträge zur Decapodenfauna des ungarischen Tertiärs. Ter- 
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Ortmann in Bronn: Klassen und Ordnungen des Thier-Reiches. Bd. 5, Abt. 2. 
Crustacea (Decapoda) S. 1295 ff., Leipzig 1901. 

Segerberg, K.O.: De Anomura och Brachyura Dekapoderna inom Skandinaviens 
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Wüst, E.: Untersuchungen über die Decapoden -Krebse der germanischen 
Trias (Ausgewählte Abschnitte), Dr.-Diss., Halle a. S. 1903. 

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Zeitschr. deutsch. geol. Ges., Bd. 38, Berlin 1886. 


Gerstäcker in Bronn: Klassen und Ordnungen des Thier-Reiches. Bd. 5, Abt. 2. 
Crustacea (Stomatopoda S. 748 ff.), Leipzig 1889. 


2. Klasse: Merostomata. 


Beziehungen sowohl zu den 7 T7rzlobita als zu den Scorpionida 
zeigen wenige cm bis über 2 m lange wasserbewohnende, dorsoventral 
platte Krebse, die sich an die rezenten Molukkenkrebse (Limulus) an- 
schließen. Ihr ungefähr halbkreisförmiger Cephalothorax, der oben 
in der Regel außer zwei medianen Punktaugen ein Paar größere 
mehr seitlich gelegene Facettenaugen trägt, die den normalen der 
iTrilobita gleichen, besitzt ventral ein Paar präorale Scheren und 
fünf Paar auch oft z. T. mit Scheren versehene Gehfüße, deren Basis 
zum Kauen dient, sowie eine unpaare oder paarige Metastomaplatte 
hinter dem Mund. Bei ihren Scheren, wie bei denen der Arachnoida, 
ist im Gegensatz zu denen der Crustacea stets das äußere Scheren- 
glied beweglich. Das am Üephalothorax gelenkende Abdomen ist 
meistens in 6 bis 13 Segmente geteilt, verjüngt sich bis zu einem 
Endstachel und trägt blattförmige, mit Blattkiemen versehene Glied- 
maßen (Fig.377, 5.306). Nach der Ausbildung des Abdomens und der 
Gliedmaßen kann man zwei Ordnungen unterscheiden: die Xiphosura 
und 7 Gigantostraca. 


Stromer, Paläozoologie. 20 


Arthropoda. 


l. Ordnung: Xiphosura. 


An den großen, breiten Cephalothorax der „Schwertschwänze“ 
schließt sich ein kurzes, mit einem langen Endstachel versehenes Ab- 


Fig. 377. Limulus polyphemus L. (0. Xiphosura). 
Rezent (aus Lang 1894). 

Larve, sog.Trilobiten-Stadium, ARücken-, B Bauchseite, vergr. 

a Facettenauge, abd gegliedertes Abdomen, ax Spindel, bl Blatt- 

füße, c Cephalothorax mit 6 Paar Gliedmaßen, p Punktaugen, 
t Schwanzstachelanlage. 


men 


domen an, das bei den paläo- 
zoischen Formen noch in 6 
bis 10 Segmente geteilt ist. 
Unten am ersteren sind fünf 
Paar Gehfüße und ein paa- 
riges Metastoma vorhanden, 
während die Abdominalblatt- 
füße zum Schwimmen dienen. 
Die Larve der einzigen re- 
zenten Gattung, des bis über 
/, m langen Limulus, der 
im Schlamme marinen, war- 
Seichtwassers 


lebt, 


gleicht oberflächlich T 7'rtlobita, da sie nur eine kleine Stachelanlage hat, 
und das Abdomen noch Segmentgrenzen und eine Spindel zeigt (Fig.377); 


Fig. 378. 7 Bellinurus regi- 
nae Bayly (O. Xiphosura). 
Oberkarbon (Steinkohlenschich- 
ten),Irland(aus H.Woodward 1-78). 
Rückenseite ?,°/,. a Facettenauge, 
ax der Spindel der + Trilobiten ent- 
sprechender Mittelteil der freien 
Abdominalsegmente, ? Schwanz- 
stachel. 


aber ihre Gliedmaßen sind wie bei 
dem erwachsenen Tier gestaltet, 
das durch ein einheitliches Ab- 
dominalschild sich auszeichnet 
und hochorganisierte Weichteile 
besitzt. Die Gattung läßt sich in 
seltenen Resten bis in die untere 
Trias (oberer Buntsandstein) West- 
europas, und zwar meist in 
Süßwasserablagerungen zurückver- 
folgen (Fig. 8, S. 7). Außer un- 
genügend bekannten kleineren 
Formen, die sich ihr dort in Trias 
und Oberkarbon anschließen, fand 
man im Karbon und in dürftigen 
Resten auch im obersten Devon 
Europas und des östlichen Nord- 
amerikas einige kleine Gattungen, 
die in ihrem gegliederten oder 
doch Segmentgrenzen und eine 
Spindel zeigenden Abdomen der 
Larve des Limulus gleichen, und 


Fig. 379. 
 Bunodes lu- 
nula Eichw. 
(O.Xiphosura). 
Oberstes Silur, 


Insel Ösel, Ruß- 
land (kombiniert 


F. Schmidt 
1883). 
Restaurierte 
Rückenansicht?/,. 
abd gegliedertes 
Abdomen und 
Postabdomen, n 
?Gesichtsnaht im 
Cephalothorax, 
tSchwanzstachel. 


aus 


Xiphosura, System u. + Gigantostraca, Bau. 307 


anscheinend im übrigen wie er organisiert sind, die 7 Bellinuridae 
(Fig. 373). 

Ebenfalls bis einige cm lange Formen mit etwas gestrecktem Ab- 
domen, deren Gliedmaßen und meist auch Augen noch unbekannt sind, 
schließen sich an die letzterwähnten an, unterscheiden sich aber da- 
durch, daß meistens die letzten 
drei der 9 bis 10 sehr 7relo- 
biten-ähnlichen Abdominal- 
segmente schmaler als die 
vorderen sind, und daß ın 
der Regel am Cephalothorax 
von hinten nach vorn ziehende 
Gesichtsnähte vorhanden sein 
sollen (Fig. 379). Diese 7 He- 
miaspidae finden sich selten 
im marinen obersten Sıilur 
von Europa und New York, 
und eine verwandte Form 
auch im Oberkambrium von 
Wiskonsin. 


2. Ordnung: j Gigantostraca. 


Die Riesenkrebse, deren 
gestreckter Körper bis über 
2 m lang wird, so daß die 
größten Arthropoden zu ihnen 
gehören, tragen ihre Facetten- 


augen manchmal am Rande Fig. 380. 5 Eurypterus \\f nalsegmente, dı 5 

des relativ kleinen Cephalo- Fischeri Eichw. „rm Benno da: 
ü q . N 6 vorderen Abdo- 

thorax, während unten, hinter (0. 7 Gigantostraca). | minalsegmente, 


dem präoralen Scherenpaar, a ee | En 
fünf Paar meist spitz endende Rekonstruktion der Ventral- Bere 
schlanke Kriechfüße folgen, seiteeines Weibchens?/,. ad || Schere, 2-5 Geh- 
von welehen das letzte, bei geschlossene hintere Abdomi- füße, 6 Grabfuß. 
Stylonurus auch das vorletzte Paar besonders stark und wohl zum 
Graben im Schlamme geeignet ist. Hinter den zum Kauen dienenden 
Basen dieser Füße folgt dann noch eine unpaare Metastomaplatte 
und weiterhin an den sechs ersten Segmenten des langen Abdomens 
fünf Paar plattige Gliedmaßen, auf denen sich die Kiemen befinden, 
während zwischen dem größten ersten Paar die deutlich verschiedenen 
Geschlechtsanhänge sichtbar sind. Die sechs letzten schmaler wer- 
205 


308 Arthropoda. 


denden Segmente sind einfach ringförmig, und am Ende ist ein als 
langer Stachel, bei j Pterygotus aber als Platte ausgebildetes Telson 
vorhanden (Fig. 380). Von Interesse ist, daß das älteste bekannte 
Genus nur elf Abdominalsegmente hat, wie auch die Jugendformen 
weniger haben als die erwachsenen. 

Die dünnen, oberflächlich meist schuppigen Chitinpanzer dieser 
Tiere finden sich in nicht selten vorzüglicher Erhaltung vom Oberkarbon 
bis zum Obersilur in Europa wie in Nordamerika, und je eine Form 


in letzterem im Kambrium, in ersterem ım unteren Perm. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Merostomata. 


In der Gegenwart und in der Vergangenheit bis in das Perm 
zurück spielen die Xiphosura keine Rolle; im Paläozoikum waren sie 
zwar etwas häufiger und formenreicher, aber von größerer Bedeutung 
waren nur die fGigantostraca im Karbon, Devon und Obersilur. 
Schon im obersten Silur erlangten beide Ordnungen ihren größten 
Formenreichtum, ja in Nordamerika sind im Präkambrium Reste ge- 
funden worden, die zu  Gigantostraca gehören könnten, die Klasse ist 
also sehr alt. Die wenigen rezenten Arten leben weit getrennt an der 
Ostküste Nordamerikas und Süd- und Östasiens, die sich anschließen- 
den fossilen Xiphosura sind aber fast nur aus Europa bekannt und 
finden sich hier meistens in Süßwasserablagerungen. Letzteres gilt auch 
speziell von den permischen bis devonischen Merostomata, während die 
älteren im Meere lebten. Alle fossilen wurden übrigens bisher nur auf 
der Nordhemisphäre nachgewiesen. 

Es ist eine öfters beobachtete Erscheinung, daß ursprünglich im 
Meere blühende Gruppen bei ihrem Niedergange auf das Süßwasser 
beschränkt werden. Hier trifft das aber nur für die T Giganlostraca 
zu, während die Xiphosura früher hauptsächlich Binnengewässer be- 
wohnt zu haben scheinen, jetzt jedoch nur marin sind. 

In stammesgeschiehtlicher Beziehung ist bemerkenswert, daß die 
paläozoischen Xiphosura in der Gliederung und Form des Abdomens 
den Riesenkrebsen sich nähern, gleichzeitig aber auch in mancher 
Beziehung, so vor allem im Besitz von Gesichtsnähten den 7 7’rlo- 
bita, und daß die älteren paläozoischen sich mit Scorpionida besser 
vergleichen lassen als Limulus. Endlich läßt sich bei den Xrphosura, 
wie so oft, ein Anwachsen der Körpergröße bis zu den rezenten ver- 
folgen, während die größten j Gigantostraca im Devon, also nach ihrer 
Blütezeit lebten. 


Arachnoidea, Scorpionida. 309 


3. Klasse: Arachnoidea. 


Die vielgestaltigen spinnenartigen Tiere besitzen einen kurzen 
Cephalothorax, der oben 2 bis 12 Einzelaugen, unten. außer vier Paar 
Gehfüßen nur zwei Paar Mundgliedmaßen trägt, nämlich die in einer 
Klaue oder Schere endenden Kieferfühler und die meist beinförmigen, 
öfters auch ebenso endenden Kiefertaster. An den Scheren ist übrigens, 
wie bei den Merostomata, im Gegensatz zu den ÜOrustacea, das äußere 
Glied beweglich. 

Das Abdomen, das gegliedert oder ungegliedert, breit angesetzt 
oder abgeschnürt, lang oder kurz oder reduziert ist, enthält die als 
Tracheen oder Tracheenlungen ausgebildeten Atemorgane und die fast 
nie zwitterigen Geschlechtsorgane, Gliedmaßen aber sind an ihm höch- 
stens in Rudimenten vorhanden. 

Die allermeist von Tiersäften lebenden, höchstens einige dm langen 
Arachnoidea sind fast alle Festlandsbewohner und lassen sich haupt- 
sächlich nach der Ausbildung des Abdomens und der Gliedmaßen in 
zehn scharf getrennte Ordnungen zerlegen. 


1. Ordnung: Scorpionida. 


Die etwas flußkrebsähnlichen Skorpione enthalten die größten 
Formen. Sie sind durch große Kieferfühler und lange Scherentaster, 
hauptsächlich aber durch ein 
nicht abgeschnürtes, aus 13 Seg- 
menten bestehendes, langes Ab- 
domen ausgezeichnet, das unten 
an der Basis kammartige Anhänge, 
am Ende einen Giftstachel trägt. 

Von Vertretern der wenigen, 
nur in wärmeren Gegenden ver- 
breiteten Familien kennt man nur _.. 

e Te Ittertiä Del Fig. 381. 7 Palaeophonus uneius Thorell 
ee Urnnaen am a yulanSnanz u. Lindström (O0. Scorpionida). 
tischen Bernstein, wie alle anderen Obersilur (marine obere Ludlow-Stufe), Wisby auf 
fossilen, nördlieh des jetzigen Gotland (abgeändert aus Thorell u. Lindström 1885). 

z Rückenseite plattgedrücktundAbdomen auseinander- 
Wohngebietes, dann mehrere Ge- gerissen !/,. f Gehfüße spitz zulaufend, k Schere 
nera im produktiven Oberkarbon des Kieferfühlers, kt des Kiefertasters, s Giftstachel 

£ am Ende des schlanken Postabdomens. 
Europas und auch Nordamerikas, 
und endlich eingeschwemmt in marine Schichten des Obersilurs beider 
@ . . . 
Gebiete. Sie weichen in nichts Wesentlichem von den rezenten ab, 
nur daß die letzteren in mancher Beziehung Buthiden-ähnlichen statt 
zwei beweglichen Endklauen spitz zulaufende Füße haben (Fig. 381). 


310 Arthropoda. 


2. Ordnung: Pedipalpi. 
Die in vielem, auch in ihrer Verbreitung den Skorpionen ähn- 
lichen Geißelskorpione sind durch geißelförmige Vorderbeine und ein 
abgeschnürtes und stachelloses 11 bis 12-gliederiges Abdomen cha- 


. 882. 


i Protelyphonus bohemicus 
Kusta (0. Pedipalpi). 


Oberkarbon (Steinkohlenschichten), Rakonitz, 


Böhmen (aus A. Fritsch 1904). 
Rückenseite ein wenig restauriert und verkl. 
abd gegliedertes Abdomen mit Schwanzfaden, 
kt große Kiefertaster, 4—6 die drei hinteren 

Gehfüße. 


Fig. 383. 7 Protolycosa anthracophila 
F. Römer (O. ? Araneida). 
Oberkarbon,Myslowitz,Oberschlesien (aus A.Fritsch 
1904). 

Rückenseite platt gedrückt ®/,. «a After, abd ge- 
gliedertes Abdomen, g ?Genitalanhänge, k Basal- 
glieder der Kieferfühler, kt beinförmiger Kiefer- 
taster. 


rakterisiert. Fossil wurde nur ein dem Tely- 
phonus, der Skorpion-ähnlichsten Form, nahe- 
stehendes Genus 7 Protelyphonus im Ober- 
karbon Böhmens gefunden (Fig. 382). 


3. Ordnung: Araneida. 


Charakteristisch für die Weberspinnen 
ist das ungegliederte dicke Abdomen, an dem 
die Mündungen der zwei oder vier Tracheen- 


lungen und der Spinnwarzen liegen. 
Es ist vom Cephalothorax, der 
klauenförmige Kieferfühler und bein- 
förmige Kiefertaster trägt, abge- 
schnürt. 

Nahe Verwandte der zahlreichen, 
allgemein verbreiteten Formen fin- 
den sich im alttertiären baltischen 
Bernstein, die anderen tertiären 
sind kaum näher bestimmbar, und 
die im Oberkarbon Europas und 
Nordamerikas gefundenen sind so 
ungenügend bekannt und zeigen 
so viel Fremdartiges, daß man sie 
nur mit Vorbehalt anreihen kann. 
Ihr Hinterleib ist deutlich geglie- 
dert, wie es nur noch die jetzigen, 
auf Sumatra beschränkten Liphi- 
stiidae zeigen, soll aber nicht ab- 
geschnürt und in der Genitalgegend 
mit ? gegliederten Anhängen ver- 
sehen sein (Fig. 385). 


4. Ordnung: Opilionida. 


Auch von den langbeinigen After- 
spinnen, deren Kieferfüße scheren- 
förmig, deren Kiefertaster aber bein- 
förmig sind, während das kurze, 


Sll 


gegliederte Abdomen breit am Cephalothorax ansetzt, kennt man 
nahe fossile Verwandte 
ausdem baltischen Bern- 
stein. Abgesehen von 
der fraglichen Gattung 
-Stenarthron im ober- 
sten Jura von Eichstädt 
in Franken, reihen sich 
an sie auch die meisten 
der im Oberkarbon Eu- 
ropas und Nordamerikas 
gefundenen Spinnen 
(7 Anthracomarti usw., 
Fig. 384) an, die in der 
Regel einen drei- oder 


Fig. 384. 
viereckigen Cephalotho- 7 Eophrynus Prestwieii H. Woodw. (O0. ? Oprlionida). 
rax und ein von mehre- Oberkarbon, England (aus Pocock 1902). 


ren Platten oedecktes Etwas rekonstruiert. A von oben, B von unten, sehr wenig vergr. 
1 h . = . a After, abd gegliedertes Abdomen, c höckeriger Cephalothorax, 
woh ac tgliedriges Ab- g Genitalöffnungen, kt beinförmiger Kiefertaster, st Sternum, 3—6 


domen haben die 4 Gehfüße des Cephalothorax. 


Die geologische Verbreitung der fossilen Arachnoidea. 


Weist schon die Überlieferung der erwähnten Ordnungen die 
größten Lücken auf, so sind von den übrigen nur die kleinen Pseudo- 
scorpionida, die Afterskorpione, und Acarina, die Milben, im Tertiär und 
zwar fast nur im baltischen Bernstein fossil vertreten, die Solifugae, 
Linguatulida, Tardigrada und Pantopoda jedoch überhaupt noch nicht. 
Es ist also unsere Kenntnis fossiler Arachnoidea noch höchst unvoll- 
kommen, was bei ihrer Zartheit und geringen Größe nicht zu ver- 
wundern ist. 

Daß aber aus dem ganzen Mesozoikum nicht einmal einer der 
größeren Skorpione, die doch im Paläozoıkum mehrfach vorkommen, 
sondern nur ein einziges fragliches Opilioniden-Genus gefunden wurde, 
beweist auf das Beste die große Abhängigkeit unseres Wissens von 
der Zufälligkeit der Erhaltung und des Findens. 

Eine Rolle spielen fossile Arachnordea übrigens nur im altter- 
tiären baltischen Bernstein und im produktiven Oberkarbon und be- 
weisen einstweilen bloß eine auffällige Konstanz gewisser Gruppen. 
Außerdem sind aber die obersilurischen Skorpione, die kaum eine An- 
näherung an die Merostomata zeigen, als älteste bekannte Tracheen- 
atmer bemerkenswert. 


Arthropoda. 


ai 
m 


Kl. 
Arachnoidea 


3. 


Kl. 


Merostomata 


o8eB 
nos 'O'L 


®p1uordıIoss 
-opnasq '0'9 


neoy ‘0 'G 


—— 


epıIu 
-ontdo 'O 'F 


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-1098 'O0 I 


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94 0% 


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2 = E 
z.B EEE = R ee a 
mn me un mn || \um. BET = 
UIMJTOZOSON unyTozeIe] = 


| 
| 


313 


Arachnoidea u. Myriapoda, Tabelle der geologischen Verbreitung. 


epod 
-onyd 'O'F 


epod 
-opdıqg 0 'E 


5. Kl. 
Myriapoda 


epod 
-oaneg 'O 'S 


eriyd 
wis 0 I 


eywayn 
214014 IM F 


( zpodoguego) 


TpeadIpıe]L'6 


SD 
-nyendurg 'g 


314 Arthropoda. 


Diagnosen der Merostomata- und Arachnoidea-G«ruppen. 


1. Klasse: Merostomata. Oft große Wasserbewohner mit halbkreisförmigem 
Cephalothorax, 1 Paar präoralen Scheren, 5 Paar postoralen Kau- und Kriech- 
füßen, Abdomen mit Blattfüßen und Kiemen, meist gegliedert, mit Endstachel. 
Rezent bis Oberkambrium. 

1. Ordnung: Xiphosura. Nur bis über '/, m lang, Abdomen einheitlich oder 
aus 6 bis 10 Segmenten, Metastoma paarig. Rezent bis Oberkambrium, 
z. T. im Süßwasser. 

2. Ordnung: FGigantostraca. Bis 2m lang mit gestrecktem, gegliedertem Ab- 
domen, hinten mit 6 ringförmigen Segmenten; Metastoma unpaar. Unter- 
perm bis Oberkambrium, jüngere im Süßwasser. 

2. Klasse: Arachnoidea. Luftatmende, meist sehr kleine Landbewohner, am 
Cephalothorax mit 6 Paar Gliedmaßen, Abdomen ohne solche. Fossil sehr selten 
bis Obersilur. 

1. Ordnung: Scorpionida. Bis mehrere dm lang, etwas krebsähnlich durch 
lange Scherenfühler und gestreckten gegliederten Schwanz mit Endstachel. 
Rezent, Alttertiär, Oberkarbon und Öbersilur. 

2. Ordnung: Pedipalpi. Von den vorigen vor allem durch geißelförmige 
Vorderbeine und abgeschnürtes Abdomen unterschieden. NRezent und 
Oberkarbon. 

3. Ordnung: Araneida. Mit klauenförmigen Kieferfühlern und beinförmigen 
Tastern. Abdomen abgeschnürt mit Spinnwarzen, allermeist ungegliedert. 
Rezent, Alttertiär und (?) Oberkarbon. 

4. Ordnung: Opilionida. Mit scherenförmigen Kieferfühlern und breit an- 
gesetztem, gegliedertem, kurzem Abdomen. Rezent, Alttertiär und Oberkarbon. 

5. Ordnung: Acari. Sehr klein mit kurzem, ungegliedertem Körper. Rezent 
im Wasser und am Land, auch im Tertiär. 

6. Ordnung: Pseudoscorpionida. Sehr klein mit gegliedertem, breitem Ab- 
domen. Kieferfühler und Taster scherenförmig. Rezent und Alttertiär. 

7., 8., 9. und 10. Ordnung: Solifugae, Linguatulida, Tardigrada und Pantopoda. 
Nur rezent. 


Literatur. 
A. Merostomata. 
Xiphosura; 
Ebert, Th.: Prestwichia (Euproops) scheelana n. sp. Jahrb. k. preuß. geol. Lan- 
desanstalt, Berlin 1889. 
Packard: On the carboniferous Xiphosurous fauna of North America. Mem. 
nation. Acad. Sci. Bd. 3, 1885. 
Stromer, E.: Über Molukkenkrebse. Zeitschr. deutsch. geol. Ges., Bd. 59, Berlin 
1907. 
Gigantostraca: 
Holm, @.: Über die Organisation des Eurypterus Fischer. Mem. Acad. Imp. 
Sci. Ser. 8, Bd. 8, St. Petersburg 1898. 
Malcolm, Lauri : The anatomy and relations of the Eurypteridae. Trans. R. 
Soc., Bd. 37, Edinburgh 1893. 


B. Arachnoidea: 
Fritsch, A.: Palaeozoische Arachniden. Prag 1904. 
Haase, E.: Beiträge zur Kenntnis der fossilen Arachniden. Zeitschr. deutsch. 
geol. Ges., Bd. 42, Berlin 1890. 


Protracheata u. Myriapoda. 315 


4, Klasse: Protracheata und 5. Klasse: Myriapoda, 
Tausendfüßler. 


Während von den Anneliden-ähnlichen primitivsten Tracheen- 
atmern, den weichhäutigen Protracheata fossile Reste nicht zu er- 
warten sind, kommen die auch recht gleichartig gegliederten land- 
bewohnenden Tausendfüßler, deren Kopf durch den Besitz von Punkt- 
augen, ein Paar Antennen und zwei bis drei Paar Kiefern differenziert 
ist, wenn auch in beschränktem Maße hier in Betracht. Allerdings 
sind die Vertreter der kleinen Ordnungen, der Symphyla und 
Pauropoda, die nur wenige mit je einem Beinpaare versehene Seg- 
mente haben, nicht fossil nachgewiesen. Die Ordnung der pflanzen- 
fressenden Diplopoda aber besitzt wenigstens im Tertiär Europas 
und Nordamerikas, vor allem im baltischen Bernstein (Eocän) Ver- 
treter, die meistens zu noch lebenden Gattungen gehören. Sie sind 
durch zylindrische, mit kurzen Fühlern und Beinen versehene Körper 
ausgezeichnet, deren Chitinskelett in der Regel verkalkt, und von 
deren meist zahlreichen Segmenten nur die vorderen drei bis fünf ein- 
fach, die anderen aber mit je zwei Paar Beinen und Tracheenmün- 
dungen versehen sind. 

Einige Formen, die im Öberkarbon Europas und Nordamerikas 
und im Devon (Unterer Oldred-Sandstein) Schottlands vorkommen, 
schließen sich anscheinend eng an sie an, werden aber besser vor- 
läufg als T Archipolypoda von ihnen getrennt, da sie selbst noch 
ungenügend und vermittelnde mesozoische Formen gar nicht bekannt 
sind. Ihr gestreckter, bis mehrere dm langer Körper ist im Quer- 
schnittrund, die Augen sind 
meistens dicht gedrängt in 


t 


Fig. 386. 7 Euphoberia ferox 


Fig. 385. Salter (0. x Archipolypoda). 
r Pleurojulus levis A.Fritsch (O.} Archipolypoda). Oberkarbon England (aus HL Wood: 
Oberkarbon (Gaskohle), Nürschan, Böhmen (aus A, Fritsch ward 1887). 
1901). Rekonstruktion eines Segmentes !/,. 
A vollständiges Exemplar seitlich !/,, B dessen Vorder- s Ventralseite mit Beinen, sp ?Tra- 
ende %,. Kopf mit(?) Facettenaugen und Fühlern, drei ein- cheenmündung (Stigma), 2 Dorsal- 


fache Vorder- und fünf Doppelsegmente z. T. mit Beinen. schild mit Stacheln. 


316 Arthropoda. 


zwei Gruppen angeordnet, einfache Segmente sind nur bei einigen 
nachgewiesen, und die Rückenplatten ihrer Doppelsegmente sind häufig 
halb glatt, halb verziert und zwar oft mit starken Stacheln (Fig. 385 
und 386, 8. 315). 

Von der Ordnung der fleischfressenden Chilopoda endlich, die 
durch dorsoventral platte, einfache Segmente mit unverkalktem Chitin 
und durch längere Gliedmaßen ausgezeichnet und in vielem Insekten 
ähnlich sind, kennt man nur Arten noch lebender Genera aus dem 
Tertiär Westeuropas, besonders aus dem baltischen Bernstein. 

Da bei derartigen Formen wie den Tausendfüßlern, die meist 
einzeln leben, der Zufall bei der Erhaltung fossiler Reste eine zu 
große Rolle spielt, wie das Nichtfinden mesozoischer Diplopoda be- 
weist, läßt sich als positives Ergebnis der bisherigen Forschungen 
nur die anscheinend große Konstanz Diplopoden-artiger Formen fest- 
stellen, die mit zu den ältesten bekannten Tracheenatmern gehören. 


Diagnosen der Myriapoda-&ruppen. 

. und 2. Ordnung: Symphyla und Pauropoda nur rezent. 

. Ordnung: Diplopoda. Ringelwurmähnliche, tracheenatmende Landbewohner 
mit vielen runden Segmenten mit je zwei Paaren kurzer Beine. Rezent und 
Alttertiär, unsichere im Oberkarbon bis Devon. 

4. Ordnung: Chilopoda. Von den vorigen durch einfache, dorsoventral platte 

Segmente mit je einem Paar langer Beine verschieden. Rezent und Tertiär 
Europas.') 


> 


Literatur. 


Fritsch, A: Fauna der Gaskohle und der Kalksteine der Permformation Böh- 
mens, Bd. 4, Prag 1901. 

Woodward, H.: Notes on some Crustaceans and two Myriapods from the lower 
Coal measures near Colne, Lancashire. Geol. Magaz., Dee. 5, Bd. 2, London 1905. 


6. Klasse: Insecta (Hexapoda). 


Die so formenreichen Insekten stimmen alle darin überein, daß 
bei reifen Tieren (Imagines) der einheitliche Kopf vier Paar einfache 
Extremitäten, der davon getrennte und aus drei Segmenten bestehende 
Thorax drei Paar und dorsal meist zwei Paar Flügel trägt, während 
das Abdomen bis zu 11 Segmente umfaßt und höchstens umgewan- 
delte Gliedmaßen besitzt. Stets sind die Extremitäten einfach, und 
endlich ist der Chitinpanzer der Segmente in Rücken- und Bauch- 
schienen geteilt, an deren Grenze die Tracheenmündungen liegen. 

Trotz ihrer enormen Artenzahl ist die Klasse also sehr einheit- 
lich. Zu ihrer Einteilung sind verschiedene Details wichtig; zunächst 


1) Verbreitungstabelle auf Seite 313! 


Insecta, Bau. an 


die Ausbildung der drei Paar Mundgliedmaßen, die bei niederen For- 
men zum Kauen und Beißen, bei höheren zum Lecken, Saugen oder 
Stechen dienen, im Detail auch die Gestalt des einen Fühlerpaares. 
Weiterhin ist von Bedeutung, ob der Thorax von den zwei anderen 
Abschnitten mehr oder weniger gut abgetrennt ist, und ob seine drei 
Segmente (Pro, Meso- und Metathorax) gleichartig ausgebildet sind 
oder nicht. Das letztere hängt damit zusammen, ob die Beine zum 
Laufen, seltener zum Schwimmen, dienen und gleichartig sind, oder 
ob ein Paar zu Grab-, Raub- oder Sprungbeinen differenziert ist, vor 
allem aber mit der Ausbildung der Flügel. Sie fehlen den niedersten 
Insekten und sind bei tiefer stehenden an den zwei hinteren Segmenten 
gleichgroße, zarte und gleich- 

artig geaderte Chitinlamellen aus- 

gebildet, und ihre Adern, d.h. 

stärker chitinisierte Tracheen- c. te 
verästelungen, zeigen eine Zahl DE ETF 
selbständiger Längsstämme, die 

durch ein Netz feiner Queradern 

verbunden sind (Fig. 357). Bei 
höherer Differenzierung wird die 
Aderung weniger dicht, und es 
treten charakteristische Ände- 
rungen in ihrem Verlauf auf. 


Außerdem wird die Größe und : Fig. 387. 
Pen der weil Paare vor ji Homoioptera Woodwardi Brogniart (1893) 
oO 


E 3 a (L.  Palaeodietyoptera, F. Homoiopteridae). 
schieden, die zarten Flügel Wwel> Oberes Öberkarbon, Commentry, Dep.Allier, Frankreich. 
den in der Ruhelage zusammen- Abdruck der rechten Hälfte ?),. Primitive gleich- 

E 57 artige Flügel. Namen der Hauptadern: c Costa, sc Sub- 
faltbar, besonders die Vorder- costa, r Radius, s.r. Sector Radii, m Medialis, cu Cubitus, 
flügel aber oft lederartig oder &Anales. 
zu dieken Deckflügeln, und häufig werden die hinteren oder beide 
Paare rückgebildet. 

Damit hängt zusammen, daß die Entwicklung aus den stets un- 
geflügelten Jugendstadien bei primär flügellosen Insekten eine allmäh- 
liche ist (Ametabolie), bei geflügelten aber eine Metamorphose (Hemi- 
ınetabolie), in die bei den höchststehenden ein Ruhe-(Puppen-)Stadium 
eingeschaltet ist (Holometabolie). Lem | 

Der Hinterleib, der meist aus 9 bis 10 Segmenten besteht, trägt 
am letzten bei niederen Formen Extremitätenreste, die Cercıi (Fig. 388, 
5.318), und läßt bei der steten Trennung der Geschlechter Geschlechts- 
unterschiede besonders oft erkennen. 


Die Insekten bevölkern in zahlloser Menge alle Länder und zeigen 


318 Arthropoda. 


hier die mannigfachsten Anpassungen, wenige leben im Wasser, doch 
sind vielfach die Larven an das Wasserleben angepaßt (amphibiotische 
Insekten). Manche Larven und viele Imagines leben als Ektoparasiten. 

Nach der Flügelausbildung trennt man zwei Unterklassen, die 
Apterygogenea und Pterygogenea, innerhalb deren nach der Bildung 
der Mundteile, und bei letzteren besonders der Flügel, Ordnungen 
oder Legionen unterschieden werden. 


1. Unterklasse: Apterygogenea. 


Die primär flügellosen und daher ametabolen Insekten erweisen sich 
auch sonst als primitiv, indem sie meist nur Punktaugen, einfache An- 
tennen und beißende Mundgliedmaßen, gleichartige Gehfüße und ein mit 
Cerci und rudimentären Extremitäten versehenes Abdomen besitzen. 

2 Die nicht zahl- 
reichen, an feuch- 
ten dunklen Orten 
lebenden Tierchen 
lassen sich in drei 
Ordnungen teilen, 


u. von welchen die 
+ Klebsia horrens v. Olfers (1907) (O. Thysanura). augenlosen Cam- 


Eocän (Bernstein), Ostpreußen. Seitlich 1®/,. 


podeidea mit 
zehngliedrigem Abdomen nur durch eine rezente Art im eocänen 
baltischen Bernstein vertreten sind. Die Oollembola aber, die nur 
sechs Abdominalsegmente und meistens einen Springapparat statt ein- 
facher Cerci haben, sind dort in zahlreicheren z. T. ausgestorbenen 
Genera vorhanden, und die Thysanura, welche durch besser ent- 
wickelte Mundwerkzeuge und Augen, sowie durch elf Abdominal- 
segmente sich vor beiden auszeichnen, wenigstens in einigen (Fig. 388). 


2. Unterklasse: Pterygogenea. 


Die höchstens sekundär nicht geflügelten Insekten besitzen aller- 
meist ein Paar Facettenaugen, sind wenige Millimeter bis Zentimeter, 
selten einige Dezimeter groß und zeigen die oben angedeuteten mannig- 
fachen Difterenzierungen, nach welchen ihr Formenreichtum sich in 
zehn Legionen mit meist mehreren Ordnungen teilen läßt. Bis auf die 
Parasiten haben sie alle fossile Vertreter, die ältesten schon im Ober- 
karbon. 

Die Angehörigen der vier Legionen hemimetaboler, seltener 
ametaboler Insekten sind gewöhnlich mäßige oder schlechte Flieger 
oder flügellos und erweisen sich fast stets in ihren einfachen Fühlern, 


Orthoptera. 319 


beißenden Mundgliedmaßen und dem vollsegmentierten, mit Üerci ver- 
sehenen Abdomen als primitiv. Ihre Flügel und besonders ihre Beine 
sind aber oft differenziert. 


l. Legion: Orthoptera. 

Abgesehen von flügellosen und dann beinahe ametabolen Formen 
haben die oft stattlichen Geradflügler meist schmalere und derbere 
Vorderflügel und größere zusammenfaltbare Hinterflügel. Von ihren 
sechs Ordnungen ist die 

1. Ordnung: Dermaptera durch kurze Vorder- und große Hinter- 
flügel oder Flügellosigkeit, sowie durch zangenförmige Cerci ausge- 
zeichnet. Verwandte dieser Ohrwürmer 
fand man nur im Tertiär fossil, An- 
gehörige der 

2. Ordnung, der flügellosen Diplo- 
glossata, überhaupt nicht. Dagegen sind 
Angehörige der weiteren Ördnungen, 
deren Vorderflügel meist derb und deren 
Binterflügel häufig fächerförmig sind, 
fossil besser vertreten. 

3. Ordnung: Mantoidea. Die durch 
starke Raubbeine ausgezeichneten Gottes- 
anbeterinnen und Verwandte, Bewohner 
wärmerer Länder, kommen allerdings nur 
in wenigen Exemplaren im Tertiär, Lias Fig. 389. + Spaniodera ambulans 
und wohl schon im obersten Perm Euro- Handl.(1906) (U.O.+Protorthoptera, 
pas vor. F. + Spanioderidae). 

4. Ordnung: Phasmoidea. Ebenso Oberkarbon, Mazon Creek, Illinois, Nord- 

2 Ss: x amerika. Abdruck !/,. 
finden sich die jetzt tropischen Gespenst- 
heuschrecken, welche sich von ihnen vor allem durch den Besitz 
gleichartiger Beine und oft auch durch Flügelrückbildung unter- 
scheiden, auch nur sehr selten im Tertiär. Doch gehört vielleicht 
TChresmoda, eine Wasserläufer-ähnliche Form des obersten Jura 
von Mittelfranken, hierher. 

5. Ordnung: Saltatoria. Heuschrecken, Grillen und Verwandte, 
d. h. in der Regel mit Sprungbeinen versehene Orthoptera kennt man 
aus dem Diluvium, Tertiär und Jura, und als 7 Protorthoptera, d.h. 
in den Flügeln primitiver auch aus dem unteren Perm und Oberkarbon 
(Fig. 389). 

6. Ordnung: Blattoidea. Die dorsoventral etwas platten und mit 
Laufbeinen versehenen Schaben, deren Vorderflügel oft feste Decken 


bilden, sind wie die vorigen verbreitet, 
aber auch in der oberen Trias und je 
eine im oberen Perm und in der oberen 
Kreide gefunden. Den paläozoischen 
(Fig. 390) reihen sich noch die gleich- 
alterigen TProtoblatioidea an, deren 
Flügel etwas primitiver sind. 


cu 
Fig. 390. + Phyloblatta Saueriana 
Schlechtendal (0. Blattoidea, F. 


+ Archimylacridae). € En e 
Oberes Oberkarbon (Ottweiler Stufe), 2. Legion: Archiptera. 


Löbejün, Sachsen (aus Handlirsch 1907). Mit zarten, meist gleichartigen und 

Abdruck des Vorderflügels !/\. sc Sub- r E 

costa, r Radius, m Medialis, cu Oubitus, dichtgeaderten oder rückgebildeten Flü- 
Me: geln und mit Laufbeinen versehene In- 

sekten, deren Larven vielfach im Wasser leben, werden zu einer etwas 

heterogenen Legion zusammengefaßt. Ihre sechs wenig umfangreichen 

Ordnungen sind alle fossil vertreten. 

1. Ordnung: Corrodentia. Nur die Familiengruppe der Holz- 
läuse, Psocidae, die viel kleinere hintere als vordere oder gar keine 
Flügel und nie Cerci haben, sowie die der tropischen Termiten, Isoptera, 
deren geflügelte Formen gleichgroße Flügelpaare besitzen, finden sich 
fossil im Diluvium und Tertiär. 

2. Ordnung: Embioidea. Meist flügellose oder mit schwach ge- 
aderten gleichartigen Flügeln versehene Bewohner warmer Länder 
sind fossil wie die vorigen verbreitet. 

3. Ordnung: Ephemeroidea. Die Eintagsfliegen, deren Hinter- 
flügel klein sind oder fehlen, finden sich aber außerdem schon im 
Jura und unteren Perm. 

4. Ordnung: Perloidea. Archiptera mit gieichartigen weitmaschigen 
Flügeln und ohne Cerci kennt man fossil 
nur aus dem Tertiär und mittleren Jura 
und vielleicht auch aus dem unteren Perm. 

5. Ordnung: Odonata. Die Libellen, 
deren fast gleiche Flügel dicht geadert 
sind, fand man auch nur im Tertiär und 
im Jura fossil. 

Doch kann man vereinzelte, in den 
Flügeln etwas primitivere Formen im 
Unterperm und Oberkarbon an Eimbioidea, 
Fig. 391. + Zriploseba pulchella Ephemeroidea (Fig. 391), Perloidea und 
Brogniart sp. (1893) (U.O. + Prot- mehrere an Odonata anschließen. Zu 
ephemeroidea, I. x Triplosebidae). jetzteren gehören die größten bekannten 


Oberes Oberkarbon,Commentry, Dep.Allier, 


Frankreich. Abdruck !,. Insekten (Fig. 398, D. 326). 


Rhynchota u. jPaläodicetyoptera. 321 


6. Ordnung: Thysanoptera. Kleine Insekten, die flügellos sind 
oder schmale, wenig geaderte Flügel haben, und die sich durch saugende 
Mundgliedmaßen von den anderen Archiptera unterscheiden, sind nur 
im Öligoeän und Eocän nachgewiesen. 


3. Legion: Rhynchota. 

Die Schnabelkerfe sind in der Ausbildung eines stechenden Schnabels 
und in dem Mangel von Cerci höher spezialisiert als die meisten Hemi- 
metabolen. Von ihren zwei Ordnungen ist die \ 

l. Ordnung: Homoptera, die Cicaden und Blatt- h 
läuse, durch zarte, meist gleichartige, nur manchmal 
rückgebildete Flügel charakterisiert, die / 

2. Ordnung: Hemiptera, die Wanzen, durch Ver- 
dickung der Basis der Vorderflügel. Während manche | 
Homoptera Sprungbeine haben, besitzen einige Wanzen ı\ 
Schwimmfüße, wenige auch Raubfüße. Beide Ordnungen & 
sind im Diluvium, Tertiär, obersten und unteren Jura 
vertreten. Vereinzelte primi- 
tivere Rhynchota im untersten 
Jura und im Perm Europas 
(Fig. 592) lassen sich nicht 
in die Ordnungen einreihen. 


4.Legion: TPalaeodietyoptera. 


Im Oberkarbon kommen 
außer den schon erwähnten 
sowie vereinzelten unsicheren 
Formen wenig spezialisierte 
große Insekten vor, deren 
Larven wohl im Wasser lebten 
und sich allmählich in die 
geflügelten Imagines umbil- Fig. 392. 7 Eugereon Boekingi Dohrn 
deten, die wie sie wahrschein- OR DEE Protohemiptera , F\ i Eugereomidae). 
lich nur beißende Mundslied- are en N 
maßen und einfache Fühler be- APdruck des ältesten stechenden Insektes ®/,. c Costa, 

2 A 3 2 sc Subcosta, r Radius, m Medialis, cu Cubitus, « Anales. 
sitzen. Sie haben gleichartige 

Brustsegmente mit Lauffüßen, am ersten sind oft kleine flügelähnliche 
' Anhänge vorhanden, und die vier gleichartigen, großen, zarten Flügel 
haben alle primitive Längsadern, die durch ein regelloses Netz ver- 
bunden sind, und scheinen nicht, wie in der Regel bei Insekten, in 
der Ruhe zusammenfaltbar und auch horizontal, sondern nur vertikal be- 


Stromer, Paläozoologie. 21 


BOD) Arthropoda. 


weglich gewesen zu sein (Fig. 387, 8.317). An 
ihrem gestreckten Abdomen sind stets Cerci aus- 
gebildet, es sind dies also die primitivsten der 
geflügelten Insekten. 

Die folgenden holometabolen Insekten, die 
großenteils gute Flieger sind, haben zwar fast 
stets gleichartige Gehfüße, in der häufigen Kom- 
plizierung der Fühler und Mundgliedmaßen und 

ae 2 in dem vorwiegenden Mangel von Üerci erweisen 

Fig. 393. 5 6 “ Se: ö c 
4 Done op sie sich aber als höher spezialisiert als die Hemi- 
Handl. (1907) (L. Oole- und Ametabolen. 


optera, F. Carabidae). a 
Oberer Jura (Lithographie- d. Legion: Coleoptera. 


ln a Die sehr artenreichen Käfer, welche kauende 
" Mundgliedmaßen besitzen und deren vordere feste 
Deckflügel die zarten Hinterflügel und meistens den ganzen Körper 
hinter dem Prothorax decken, sind in anscheinend wenig abweichen- 
den Formen bis in die obere Trias zu- 
rückzuverfolgen. Da aber gewöhnlich 
nur Deckflügel, selten auch die anderen 
Flügel, Beine und Fühler bekannt sind, 
lassen sich die fossilen großenteils nicht 
ie 30 nennen du ihre Abteilungen einreihen (Fig. 393). 
roides Handl. (1907) (0. Neurop- Von den kleinen Strepsiptera, die 
terida, F. + Prohemerobiidae). sich ıhnen wohl anschließen, und die nur 
Opezerfbias, Dobbertin, Mecklenbuze im männlichen Geschlecht große, Eimter- 
Flügelabdruck 5°)... Oo 

flügel haben, ist wenigstens eine Art im 

eocänen baltischen Bernstein gefunden. 


6. Legion: Neuroptera. 

In ihren zarten, gleichartigen Flügeln, meist beißenden Mund- 
gliedmaßen und manchmal vorhandenen Cerci ähneln die holometa- 
bolen schlanken Neuroptera sehr den 
Archiptera. Von ihren drei Ordnungen 
sind die Angehörigen der 

l. Ordnung: Neuropterida durch 
netzförmig geaderte Flügel, deren hinteres 

Fig. 395. Paar selten schmal oder rückgebildet ist, 

+ Necrotaulius furcatus Giebel ausgezeichnet. Fossile kennt man aus 
(0. Trichoptera, FNecrotauliidae). dem Diluvium und Tertiär und in Europa 
Unterer Lias, England \(nach Westwood "auch aus dem obersten und unteren Jura, 


und Brodie 1845 aus Handlirsch 1907). 9 ” ö ö 
Abdruck 38/,. sowie aus der älteren Trias (Fig. 394). 


ea een Hymenoptera. u. Do 323 


2. Ordnung: Panorpatae. Die Schnabel- 
fliesen mit schnabelförmigem Kopf und 
schmalen gleichartigen Flügeln und die 

3. Ordnung: Trichoptera (Phryganoidea), 
die Köcherfliegen, welche saugende Mund- 
gliedmaßen und oft vergrößerte Hinterflügel 
haben, und deren meist im Wasser lebende 
Larven röhrenförmige Gehäuse aus Fremd- 
körpern bauen, finden sich fossil im Tertiär , _. : 
und im europäischen Jura (Fig. 395). Ersteren 5} a 
3 : i P S SRH 3 En Handl. (1907) (©. Lepidop- 
sind vielleicht die oberkarbonischen T Mega- tera, F. + Palaeontinidae). 
secoptera, wohl hemimetabole Formen mit Oberster Jura (Lithographie- 
Alenar: oleichartie Flüc l d it Plattenkalke), Eichstädt, Mittel- 
a armen fo) eıchar Igen uge n un mı franken. Rekonstruktion ?/,. 
Cerci, verwandt. 


/3 


7. Legion: Lepidoptera. 

Die Schmetterlinge, ausgezeichnet durch einen Saugrüssel und 
zarte beschuppte Flügel, die fast keine Queradern enthalten, und wo- 
von die vorderen in der Regel die 
größeren sınd, kennt man aus dem 
Diluvium und Tertiär. Die ältesten 
aus dem obersten und mittleren Jura 
der alten Welt (Fig.396) sind den Zeon- 
tinıdae Australiens verwandt, welche 
noch nicht an das Honigsaugen aus 
Blüten angepaßt sind. 


8. Legion: Hymenoptera. 

Die Hautflügler (Wespen, Ameisen oo Psendoee 
und Bienen) haben zarte, aderarme „ex Schröteri Germar 
Flügel, wovon die vorderen viel größer (O0. Hymenoptera, F. 
sind als die hinteren, beißende oder T Pseudosiricidae). 
leckende Mundgliedmaßen und manch- Din murnan van 
mal auch kurze Cerci. Ihr meist scharf hofen, Mittelfranken (aus R 
abgesetztes (gestieltes) Abdomen (Ord- ee 
nung Apocrita) trägt bei Weibchen einen Legebohrer oder Stachel. 
Fossile kennt man aus dem Diluvium und Tertiär, aus dem obersten Jura 
aber nur Holzwespen ähnliche (Ordnung Syn ‚phita) mit sitzendem Ab- 
domen (Fig. 397). 


9. Legion: Diptera. 
Die kleinen Mücken und Fliegen, die nur gut ausgebildete, zarte 


und aderarme Vorderflügel haben, sich durch saugende oder stechende 
Dill 


324 Arthropoda. 


Mundgliedmaßen und oft durch ein gestieltes, kurzes Abdomen aus- 
zeichnen, und deren Larven nicht selten im Wasser leben, finden 
sich nicht nur im Diluvium und Tertiär (Fig. 1, S. 5), sondern auch 
im Jura der alten Welt bis zum oberen Lias. 


10. Legion: Aphaniptera. 


Die Flöhe sind fossil nicht sicher nachgewiesen. 


Die geologische Verbreitung und die Entwicklung der Insekten. 


Jetzt spielen die Insekten auf dem Lande eine ungeheure Rolle, 
manche und besonders viele Larven auch im Süßwasser und zahlreiche 
als Ektoparasiten. Fossil sind von den meist zarten und kleinen 
Tieren, abgesehen von der vorzüglichen Erhaltung in känozoischem 
Harz (Kopal und Bernstein), nur die Flügel in Abdrücken häufiger 
gut erhalten vor allem in feinkörnigen Schiefern, in Süßwasser- oder 
Meeresablagerungen, wohin die Reste geweht oder geschwemmt sind; 
auch finden sich manchmal die Gehäuse der Phryganidenlarven, Bohr- 
gänge in Holz oder Pflanzengallen als mehr oder weniger charak- 
teristische Fossilien. Dementsprechend sind Parasiten fast nie, in den 
Bernsteinschichten vor allem Bewohner der Bernsteinfichtenwälder und 
sonst vorzugsweise solche geflügelte Insekten oder deren Larven er- 
halten, die Wasser oder dessen Nähe bevölkerten. 


Abgesehen vom Diluvium kennt man die ehemaligen Faunen fast 
nur aus dem Gebiet der jetzigen nördlichen gemäßigten Zone und nur 
an wenigen Orten in einigen Formationsstufen in zahlreichen genügend 
erhaltenen Resten. Deshalb stehen den etwa 380000 rezenten Arten 
an fossilen nur ungefähr 5800 känozoische, unter 1000 mesozoische 
und kaum 900 jungpaläozoische gegenüber. 

Die diluvialen Insekten, die vor allem aus Europa und aus dem 
Kopal Afrikas stammen, sind höchstens den Arten oder seltener den 
Genera nach von den jetzigen verschieden; die tertiären sind am häu- 
figsten im Miocän von Florissant in Colorado und besonders im eocänen 
preußischen Bernstein, auch treten im Mitteltertiär gelegentlich 
Phryganıdenlarvengehäuse gesteinsbildend auf, aus dem Pliocän und 
Paleocän sind aber Insekten noch kaum bekannt. Abgesehen von er- 
heblichen Unterschieden in der geographischen Verbreitung und der 
relativen Häufigkeit mancher Gruppen — im Bernstein sind unter 
anderen Bewohnern wärmerer Länder z. B. die jetzt nur tropischen 
Termiten nicht selten — sind noch lebende Familien und vielfach 


auch Genera, aber fast nie lebende Arten aus allen überhaupt fossil 
gefundenen rezenten Ordnungen vertreten. 


Aus der Kreideformation kennt man nur aus Europa und Nord- 
amerika sehr seltene Reste und aus dem Jura nur aus Europa und 
Sibirien und hier wenigstens aus dem obersten von Franken (Litho- 
graphie-Plattenkalke) und dem unteren von West- und Mitteleuropa 
zahlreiche. Es finden sich zwar fast nur rezente Ordnungen und viele 
noch lebende Familien, aber doch auch zahlreiche ausgestorbene. 
altatoria (nur Locustoidea), blattoidea, Odonata, Rhynchota, auch 
Trichoptera und primitivere Diptera (Orthorrhapha) sind nicht selten, 
im obersten Jura auch Neuropterida, am häufigsten sind aber die 
leider nie gut bestimmbaren Üoleoptera. 


Sıe finden sich auch in der alten Welt in der oberen Trias neben 
wenigen blattordea und zwei Neuroptera der Untertrias, den ältesten 
Holometabolen. Ebenso sind aus dem oberen Perm Rußlands nur 
zwei Mantoidea und zwei primitive Rhynchota bekannt. 


Aus dem unteren Perm und besonders aus den Kohlenschichten 
des Oberkarbons von Westeuropa und Nordamerika kennt man aber 
außer meist sehr seltenen Verwandten anderer hemimetaboler Gruppen 
zahlreiche blattoidea und aus letzterem auch  Palaeodictyoptera. 


Von einem genügend begründeten Stammbaum der Insekten kann 
bei dem dargelesten Stand des Wissens keine Rede sein, auch wird 
das Verhältnis der geflügelten zu den Apterygogenea durch deren 
Bernsteinformen natürlich nicht geklärt. Doch ist nicht nur be- 
wiesen, daß die Pferygogenea trotz vielfacher Spezialisierung ein alter 
Stamm und im ganzen ziemlich konstant sind, sondern wir haben 
auch schon sehr wichtige Anhaltspunkte für ihre innere Stammes- 
entwicklung. 

Es scheinen nämlich Formen, die den r Palaeodictyoptera ange- 
hören oder sehr nahe stehen, den direkten Ausgangspunkt vieler Ord- 
nungen zu bilden. Denn sie hatten im Oberkarbon ihren Höhepunkt, 
und hier wie im Perm leiten einzelne Formen besonders im Flügelbau 
zu rezenten Ordnungen der Hemimetabolen über, z. B. 7 Eugereon 
(Fig. 392 5.321) als ältestes Insekt mit stechenden Mundgliedmaßen zu 
den Rhynchota. 


Da aber im Oberkarbon die Dlattordea« schon ihren Höhepunkt 
hatten, von dem an sie an relativer Bedeutung ständig abnehmen, 
und stattliche bis riesige Formen auch eine Blütezeit anderer Gruppen 
anzeigen (Fig. 398, 3.326), muß die unbekannte Vorgeschichte der 
geflügelten Insekten weit zurückgehen. Die Herausbildung der holo- 


metabolen Insekten, die vom Mesozoikum an herrschen, ist infolge 
der Dürftigkeit von Resten vom Mittelperm bis zur oberen Trias 
und infolge unserer fast völligen Unkenntnis der vortriassischen In- 
sekten der Südkontinente, auf welchen nach einer permokarbonischen 
Eiszeit die mesozoischen Pflanzentypen zuerst auftreten, nicht klar- 
zustellen. | 

Da im Jura manche rezente Familien, ja selbst vereinzelte noch 
lebende Genera vorhanden sind, kann man von ihm an fast nur Ent- 
wickelungen innerhalb der Ordnungen annehmen, so z. B. ist wichtig, 
daß die Neuropterida schon in ihm, nach dem Vorkommen von Riesen- 
formen zu schließen, ihren Höhepunkt gehabt zu haben scheinen, dab 
die Homoptera im Gegensatz zu jetzt häufiger waren als die Hemi- 
ptera, daß nur primitivere Saltatoria, Lepidoptera, Hymenoptera und 
Diptera vorhanden waren, und daß staatenbildende und an Blüten an- 
sepaßte Formen noch fehlten. 


Da in der Kreide, in welcher die ersten Blütenpflanzen auftreten, 
wie im Paleoeän fast keine Insekten gefunden sind, fehlt endlich jeder 
sichere Anhalt über die Entwicklung der känozoischen Fauna, die im 
wesentlichen der lebenden gleicht. 


7] 


Fig. 398. + Meganeura Monyi Brogniart (O. + Protodonata, F. x Meganeuridae). 
Oberes Oberkarbon, Commentry, Dep. Allier, Frankreich (aus Abel nach Handlirsch 1908). 


Verkleinerte Rekonstruktion des größten Insektes von ?/, m Flügelspannweite. 


Insecta, Diagnosen u. Literatur. 32 


U 


Diagnosen der größeren Insektengruppen. 


nterklasse: Apterygogenea. Primär ungeflügelte, sehr kleine Landbewohner 


ohne Metamorphose. Drei rezente Ordnungen, auch im Eoeän. 


U 


nterklasse: Pterygogenea. Geflügelte oder sekundär ungeflügelte Insekten, 


meist mit Metamorphose. Rezent bis Oberkarbon. 


A 


18 


1) 


= 


| 


10. 


Bod 


) Fast nur beißende Insekten mit allmählicher oder fast ohne Metamorphose. 
Legion: Orthoptera. Mit meist derben, schmalen Vorder- und zarten, großen 
Hinterflügeln oder flügellos. Beine oft differenziert. 6 Ordnungen. Rezent 
bis Oberkarbon. 


. Legion: Archipiera. Mit zarten, meist gleichartigen, dichtgeaderten Flügeln 


oder flügellos und mit Laufbeinen. Larven oft im Wasser. 6 Ordnungen. 
Rezent bis Oberkarbon. 


. Legion: Rhynchota. Mit Stechschnabel, zarten, sleichartigen oder vorderen 


halbfesten Flügeln, z. T. mit differenzierten Beinen. 2 Ordnungen. Rezent 
bis Unterperm. 

Legion: 7 Palaeodictyoptera. Beißend, mit zarten, gleichartigen Flügeln, 
diese nicht zusammenfaltbar, Geäder primitiv. Mit Gehfüßen. Larven wohl 
im Wasser. Oberkarbon. 

Insekten mit Puppenstadium. Beine selten, Mundgliedmaßen und Fühler 
oft spezialisiert. 


. Legion: Ooleoptera. Beißend, mit festen Deckflügeln. Land- und Süßwasser. 


3 Ordnungen. Rezent bis obere Trias. 


. Legion: Neuroptera. Beißend, mit zarten, gleichartigen Flügeln. ° Larven 


oft im Wasser. 3 Ordnungen. NRezent bis untere Trias, fragliche wohl 
hemimetabole Verwandte im Oberkarbon 


. Legion: Lepidoptera. Saugend, mit zarten, beschuppten Flügeln. 2 Ord- 


nungen. Rezent bis Dogeer. 


. Legion: Hymenoptera. Beißend oder leckend, mit zarten, aderarmen Flügeln. 


2 Ordnungen. Rezent bis Malm. 


. Legion: Diptera. Saugend oder stechend, nur mit zarten, aderarmen Vorder- 


flügeln. 2 Ordnungen. Rezent bis oberer Lias. 
Legion: Aphaniptera. Flügellose Ektoparasiten. Nur rezent. 


Literatur. 


e, A.: Orthoptera und Neuroptera aus dem oberen Lias von Braunschweig. 
Jahrb. k. preuß. geol. Landesanstalt. Bd. 25, Berlin 1904. 


Handlirsch, A.: Die fossilen Insekten. Leipzig 1906—1908. 
Olfers, W. M. v.: Die Urinsekten Thysanura und Collembola im Bernstein 


Schrift. physik. ökon. Ges., Jahrg. 48, Königsberg 1907. 


Sellards, E. H.: Types of permian Insects. Amer. Journ. Sci., Ser. 4, Bd. 22, 23, 


New Haven (Conn.) 1906, 1907. 


Arthropoda. 


1 | x 5 | 
ö 5 | 
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Bid: Tee l........0..0. a Pe 
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Insecta, Tabelle der geologischen Verbreitung. 329 


I 
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27 

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2 

[2 ; 
| 


99 


2979) 


Die wichtigsten Seitenzahlen sind 


272, 


Abdomen 2 
276" 
Abdominalfüße 290 
Abdominalschild 306 
Abdrücke von Weichtei- 
len 9 
Abnutzung 
27 
Acalephae 76 
Acantharia 44, 45 
Acarına 311 
Acervularia 92“ 
Achsenkanäle 79, 
14195 
Achsenskelett 23, 
Achsenstab 75 
Acidaspidae 284 
Aclisina 223 
Acrotretidae 184 
Actaeonella 225” 
Actaeonidae 225*, 228, 230, 
231 | 
Actinoerinidae 122*, 123* | 
Actinopoda 164, 168 | 
Actinacis 90* | 
Actinaria 84 | 


271, 


der Hartteile | 


113*, 116, | 


67 


24, 78 


Actinoceras 236” 
Actinometra 122 | 
Actinostroma 72” | 
Adambulacralia 139, 140*, | 
141*, 143 | 
Adduktormuskel 278 | 
Aeger 291” 
Aeglina 297 
Aegoceratidae 
298, 
A-Form 15*, 35, 36, 40 
Afterröhre 116, 119, 123* 
Afterskorpione 311, 314 
Afterspinnen 310 
Aselacrinus 133*, 136 
Agglutinantia 33, 36, 44 
aggregiertes Auge 280, 285* 
Agnostidae 285*, 299 
Acnostus 280, 283” 


247, 


254, 


 Ammonitida 244, 246, 


Register. 


Register. 


durch dicken Druck, Seiten mit 
einen * ausgezeichnet. 


5) 


y 


Albertus Maenus 
Aleyonacea 79* 


ı Aleyonaria 78, 79, 96, 104 


Alcyonidae 104 
Aleyonoidea 79 


 Allorisma 213 


Alter der Fossilien 17 

Altersverschiedenheiten 27, 
217 

Alveole 250, 252 

Alveolina 38, 40, 41, 42 

Alveopora 91 


Amaltheidae 247, 248, 254, 


258* 
Amaltheus 16* 
Amberleya 230 
Ambonychiidae 210 


 Ambulacralia134,139, 140*, | 


141*, 142, 143, 145 
Ambulakralsystem 112 
Ameisen 323 
Ametabolie 317 
Ammodiscus 34 
Ammoniten 24*, 299, 

255, 261, 297 
Ammonites 243 


254, 


257, 
258*, 260* 


Ammonoidea 27*, 239, 241, 
242, 243, 244, 253, 254 
255, 256, 257, 261, 263 
264 

Ammonshörner 239 

Amoebina 31, 49 

Ampbhiastraeidae 89*, 90, 


98, 100 
amphibiotisch 318 
Amphicycelina 187* 
Amphidiscophora 58*, 5 
Amphidiske 58*, 59 
Amphineura 196*, 197, 261, 

262 
Amphipoda 287, 302 
Ampbistegina 40 
Amphoridea 130 


J 


einschlägigen Abbildungen durch 


' Amphymenium 45* 

Ampullen 69, 72 

Anales 317, 320, 321 

‚ Analia 115 

 Analinterradius 115 

Ananchytes 161* 

Anaptychus 243 

Anarcestes 245* 

Andrias Scheuchzeri 2 

Anfanegskammer 235, 249 

angustisellat 239, 240* 

Anisomyaria 201*, 203, 209, 
211*, 212*, 213*, 261, 262 

Ankylose 23 

Annelida 109*, 
315 

Annulus 281 

Annulus oceipitalis 279 

Anomiidae 199 

| Anomoeladina 63 

| Anomura 293 

anormaleWohnkammer 258, 
260* 

Antedon 117*, 129, 139 

Antennen 271, 281 

, Anthozoa 68, 78, 104 

Anthracomarti 311 

Anthracosiidae 25*, 
207 

Anthrapalaemon 292“ 


El, or, 


212, 


‚ Anthrapalaemonidae 292 


Antipatharia 84, 105 
Anwachslinien 131*, 
235 
, Anwachsstreifen 26, 178 
Apex 216, 220 
Aphaniptera 324, 327 
Apioerinidae 109, 121, 135 
Apiocrinus 121*, 134 
Apocrita 923 
Apodidae 275 
Aporosa 89 
Aporrhaidae 224, 230* ' 
Aporrhais 230* [327 
Apterygogenea 9v18*, 325, 


DJ 


a 


00, 


Register. 33l 


Aptychus 241*, 242, 243*, | Aspidoceratidae 248 Balanus 278* 

260, 286 ı Astartidae 205 | Band 202, 209* 

Apus 275, 281, 298, 299 Asteractinella 60* Bandarea 202, 204*, 208, 
Arachnoidea 273, 305, 309, | Asternata 154, 160, 161, 162 209* 

314  Asteroblastus 130, 131 Bandfurche 200*, 209 
Aragonit 9,19, S4, 215, 233 | Asteroidea 140, 146, 164 Bandgruben 209, 210, 211” 
Araneida 310*, 314 Asterozoa 113,159, 145, 146, Bandnymphe, s. Bandfurche 
Arbacia 151” 164 Bärlappgewächse 228 
Arbaciina 151 | Astraeidae 86*, 87, 88%, 89, Barroisia 57* 

Arca 204* I 91098:51100 Basalglieder 273 

Arcacea 204*  Astraeosponsia 60* Basalia 115*, 117, 125 
Arcestes 24*, 246” Astropecten 140*, 141*, 145 Basalplatte 227*, 279 
Arcestidae 246”, 255  Astrorhizen 71*, 72 Basalschopf, s. Wurzel- 
Archaeocidaris 158*  Astrorhizidae 33*, 57, 44 schopf 
Archaeocidaroidea 158 Asseln 283, 287 Basommatophora 227, 228* 
Archaeocyathida 94*, 98, | Assilina 39* ı Bauchmark 273 

99, 100, 105 | Atemröhre 215* Bayanoteuthis 252 
Archaeocyathus 94* | Atemsipho KR Bl! Bedeutung der Fossilien 
Archaeolepas 278° | Atelostomata154,155*,156*, 11—16 
Archaeostraca 286°”, 297,| 157*, 161*  Befestigungsapparat 227* 

298, 302 ' Athecalia 88 Belemnitella 252* 
Archaikum 16, 17, 18 | Athyridae 188 Belemnites 80, 109*, 250%, 
Archannelida 109 | Atrypa 188* 252°— 255, 260 
Archimylacridae 320* | Atrypidae 188*, 190, 191 | Belemnitiden 252° 
Archipolypoda 315” | Aucella 210, 212* Belemnoidea 249, 250*— 
Archiptera 320*, 321, 322, Aucellidae 212* | 252”, 254, 260 

327 ı Auge, aggregiertes 272,280, Belemnoteuthidae 251 
Area 178, 185, 187, 189,200, | 235* Bellerophon 221* 

204°, 208, 209* | Auge, schizochroales 280 | Bellerophontidae 220, 221*, 
Arsonauta 238, 243, 249, Augenfleck 277* 12,204302300. 23.102132 


253”, 261 Augenhöcker 280 ı Bellinuridae 306*, 307 
Arıetites 247 ı Augenlinsen 272* Bellinurus 306* 
Aristocystites 130* | Auge von Trilobiten 272* | Belosepia 251*, 260 
Armgerüst 178/79*, 191 | Aulacoceratidae 252*, 253 | Beloteuthis 251” 
Armkiemer 176  Aulopora 83* Benthos 16 
Artenbegründung 16 Auloporidae 85* Berenicea 173” 
Arthropleura 288 Auriculidae 228 Bernstein 4, 9, 109, 287, 
Arthropoda 271, 279 | Ausguß 215*, 217 1.311.315, 324 
Arthrostraca 285, 286, 288, Austern 198 ı Bernstein-Insekten 5* 

2905302 Außenlippe 216, 217 | Beyrichia 277° 
Articulamentum 196 ‚ Außensattel, s. Externsattel B-Form 35, 36, 40 
Articulata 109, 113*, 114*, Autoflagellata 47, 51 Bienen 323 

115°, 117*, 118,120, 121*, | Autothecalia 82 Billingsellidae 185 


122”, 134—138, 164 Avicenna 2 Biloculina 36* 
Asaphidae 272*, 281*, 283*, | Avicularia 172*, 174, 176 | biogenetisches Gesetz 13 


284, 297  Aviculidae 201*, 209, 210*, Biologie der Fossilen 11 
Asaphus 272, 281*, 283° | 211, 213,275 Bivalvia 198 
Ascoceras 238° _ Axillare 115 Bivium 156 
Ascoceratidae 237, 238* |Axonolipa 74, 75, 99 Blastoidea 124, 125*°—127*, 
Ascodictyonidae 175 ı Axonophora 73, 75, 76, 99 ler la, lenlmnleyp —nlerer 
Ascones 57 | Axophyllidae 94, 92* |: 164 
Ascontypus 53, 56 ‚ Blastoidoerinus 127 
asellat 239, 240* ı Bactrites 239, 245, 257 Blattläuse 521 
Asiphonata 221 - ı Balaniden 15, 26, 278* Blattoidea 319, 320*, 325 
Aspidobranchia 218, 219, Balanoglossidae 171 Blumenbach 2 


224, 230, 231, 261 263 | Balantium 225* Bodenbewohner 16 


Register. 


Bohrgänge 324 
Bohrlöcher 10, 278 
Bohrmuscheln 208* 
Bothriocidaris 159*, 161 
Bothriocidaroidea 158, 159" 
Brachialia 116 
Brachiopoda 25, 27°, 133, 
171, 176—192, 199, 211 
Brachyura 294 
Brady 37 
Branchiata 273 
Branchiopoda 274, 276, 285, 
297, 298, 299, 300 
Branchipodidae 275 
Brogniart 15 
Bronn 12 
Bronteidae 281” 
Bronteus 281* 
Brustregion 279 
Brustsegmente 280*, 281, 
233 
Brutkapseln 172, 174 
Brutpflege 243 
Bryozoa 24, 25, 
171°—176*, 192 
Buchiola 209* 
Buffon 2 
Bugula 174 
Bulimidae 228* 
Bulimus 228 
Bullidae 218 
Bunodes 306* 
Bursae 126 
Bursalspalte 144 
Buthiden 309 
Byssus 199, 209, 211 
Byssusausschnitt 201*, 209*, 
227 


8 83 


Cactocrinus 122 
Calcarea 32, 65 
Calcarina 40, 42 
Calceola 94* 
Calceolidae 25*, 94*, 99, 
101 
Caleispongia 56*, 65, 71 
Calianassa 291, 293* 
Calianassidae 293* 
Callocystites 131* 
Calostylis 94 


Camerata 118, 122”—125*, 


131, 135, 136, 138, 164, 
218° 


Campanulariae 68, 72, 104 Chitinskelett 271, 273, 31! 


Campodeidea 318 
Capitulum 279 


| 


Caprinidae 205, 206 
Capulidae 218*, 221, 
231 
Carabidae 322* 
Carbonicola 25* 
Cardiidae 207 
Cardinalzähne 200*, 202 
Cardiniidae 207 
Cardioconchae 208 —209*, 
211 
Cardiola 209* 
Cardita 200* 
Carina 278* 
Carinaria 224° 
Carinolaterale 278* 
Carpoidea 124, 131, 132°, | 
135, 136, 138, 164 
Caryocrinidae 131 
Caryophyllia 88 
Caunopora 72 
Cenodiscus 45* 
Centronella 189* 
Cephalopoda 24*, 25, 195, 
196, 226, 229, 232, 263, 
264 
Cephalothorax 
235 
Ceraospongia 61, 69, 67 
Ceratiocaris 286 
Ceratitidae 246, 247, 255, | 
258, 259* | 


ar 278 


Ceratites 240, 243, 259* 
ceratitische Sutur 240, 259° | 
Cerci 317, 319, 320 
Ceriantharia 84, 105 
Cerithiidae 222°, 225 | 
Cerithium 7*, 222* 
Cerosphaera 45* | 
Chama 205, 206 
Chaetetes 82, 83* | 
Chaetetidae 83* | 
Chaetognathi 109 | 
Chaetopoda 109, 111 | 
Cheilostomata 172*, 173, 
174, 175, 176 
Cheiruridae 272* 
Cheirurus 272* 
Chilopoda 316 
Chirocrinus 125* 
Chironomus 5* 
Chitin 19 
Chitinhacken 249, 250*, 25 
Chitinosa 32, 36 


DD 


U 


Chondrophora 251”, 260 
Chorda dorsalis 24 


mE 


Choristoceras 7*, 
Chresmoda 319 
Chuaria 231 


246 


' Cieaden 321 


Cidaridae 150°, 151, 161, 
162. 163 


/Crdarıs 2021122 14725150, 


163 
Cidaroidea 112, 

158, 161, 162 
Cirripedia 26, 274, 278”, 

295, 296, 297, 298, 300 
Cirrus 116, 134 
Oladocera 275 
Cladophiurae 144, 164 
Climacammina 38* 


1 ATE, 150*, 


 Climacograptus 75* 
, Clymenia 240, 


241, 243 


7 


244*, 255, 257 


 Clymeniidae 244* 


Clypeaster 154* 

Clypeastridae 154*, 162 

Clypeastroidea 155,159, 160, 
161, 162 

Cnidaria 53, 67, 95, 96, 97, 
98, 99 

Coccolithes 14, 48“ 

Coccolithophoridae 48* 

Üoccosphaera 48* 

Cochloceras 246 

Codaster 127* 


\ Codasteridae 125*, 127* 


Coelenterata 53, 95, 112 
Coelerteron 53 
Coelhelmintha 109 
Coeloma 296 
Coeloptychium 59* 
Coenenchym 81, 37, 
101 
Coenenchymröhren 80*, 81 
Cönosark 78, 80, 88, 101 
Coenothecalia 82 
Coleoptera 322”, 325, 327 
Collembola 518 


93 


I 


\ Collyrites 156* 


Columella 86, 216 
Comatulidae 117*, 121, 122, 
134, 138 


 Condylocardia 202* 
ı Conidae 224* 


Conocardiidae 209* 


 Conocardium 209*, 212 


Conocelypeus 160* 
Conocoryphidae 284 
Conodonta 110°, 111 
Conorbis 224* 


Register. 


Conularia 227 

Conulariidae 226, 227*, 263, 
264 

Conus 224* 

Copepoda 274, 299, 300 

Corallium 79 

Corallum 84, 85, 87, 88, 89, 
93, 94 

Corbula 208 

Cornea 272°, 273 

Cornuspira 33*, 34, 37, 39, 
44 

Corona 146, 158, 163 

Coronatae 77*, 104 

Corrodentia 320 

Cosmoceratidae 248*, 253, 
254, 258° 

Costae 87, 317, 321 

Crangopsis 292 

Crania 27°, 181*, 184* 

Craniacea 27*, 181*, 184*, 
192 


mi 
hl 


ı Cyelostomata 


Cyelolobidae 245*, 260* 
Cycelosphaeroma 2x8* 
172°, 173*, 
175, 176 


| Cymothoidae 288 


Cyphosolenus 230* 
Cypraea 224* 
Cypraeidae 224* 
Cypridae 277 

Cypridina 276* 
Cypridinidae 276*, 277, 297 
Cyprina 205 

Cyprinidae 205, 207 
Uyrenidae 207 
Cyrtoceras 237, 255, 256 
Cyrtoidea 47 
Cyrtometopus 272* 


‚ Cystiphyllidae 93*, 94, 101 


 Cystocidarida 159, 161, 162, 


Craticularia 59*, 65, 184, 


190 


Crinoidea 114*, 109, 133,135, 


136, 137, 138, 139, 145, 
164, 182, 218* 
Cristellaria 34*, 38, 42 
Crotalocrinidae 120, 136 
Crustacea 226, 275 
Crura 179°, 187, 191 
Cryptocrinus 133 
Cryptostomata 173, 
175 


174°, 


Cryptozonia 141, 142*, 164 


Ctenobranchia 26*, 214*, 
215”, 218°, 219, 221—224, 
230*, 232°, 261, 263 

Ctenophora 68, 105 

Ütenostomata 173, 175 

Cubomedusae 77 

Cumacea 290, 302 

Cupressocrinidae 119*, 136 

Cupressocrinus 118, 119*, 
1185 

Cuticula 202, 317, 320, 321 

Cuvier 2, 11, 12, 13, 23 

Cyathaxonidae 95 

Cyathocrinidae 120*, 135 

Cyathocrinus 120*, 136 

Oyatholithes 48 

Cyathophyllidae 92*, 93*, 
94 

Cyathophyllum 92* 

Cyelactinia 70* 

Cyelolites 86*, 90%, 101 


‚ Cystiphyllum. 93* 


Cystoblastus 131 [163 

Cystoflagellata 51 

Cystoidea 114, 124*—-153*, 
136, 138, 164 

Cythere 276* 

Cytheridae 276*, 277, 300 


Dactylocystis 128* 

Dactyloporen 68 

Dalmanites 272* 

Darwin 12 

Dauer der Epochen 17 

Decapoda 290, 291*—294*, 
295, 296, 300, 302 

Deckel 25*, 26, 94, 172, 186, 
206*, 215, 217°, 219, 221*, 
226°, 242, 243, 286 

Deckelplatten 279 

Deltidium 178, 187 


 Deltoidea 125, 127 


Delthyrium 178 
Demospongia 56, 6l, 64, 67 
Dendroidea 74, 75, 99, 100 
Dendropupa 228* 
Dentalium 197* 
Dermaptera 319 
Descendenzlehre 3, 12, 13 
Desmen 61 
Desmoceratidae 248 
desmodont 201 
Desmodonta 199*, 
208%, 212, 213 
Diadema 151* 
Diadematina 152, 161, 162 
Diademoidea 151*, 152, 160, 
161, 162, 163 


207— 


| diaktinal 55 

ı Diatomeen 46, 48 

ı Dibranchiata 233, 239, 240, 
249*, 254, 255, 260, 263, 
264 

Diceras 205*, 211 

ı Diehograptidae 75*, 99 

 Diehograptus 73* 

ı Dicosmos 7* 

 Dietyastrum 45* 

Dietyocha 49* 

ı Dietyochidae 49* 

ı Dietyocomites 252* 

ı Dietyonema 74* 

Dietyonina 58 

Dietyospongia 60* 

Didymograptus 74* 

dimorph 43 

ı Dimorphismus 35 

Dinoflagellata 51 

Diploglossata 319 

 Diplograptus 75*, 76 

Diplopoda 315, 316 

Diploporita 128*, 129*, 130*, 
131, 132 

Diptera; 5*, 323, 325, 326, 

| 8327 

ı Diseina 177, 180, 184*, 190 

| Diseinacea 183, 184*, 185, 

9 

Discinidae 185, 184* 

| Diseolithes 48 

Discomedusae 77, 104 

Disjectoporidae 72, 98, 99 

Dissepimenta 84, 57, 93 

Distichalia 115 

| Docoglossa 219, 220°, 231 

Dolomitisierung 96 

Dorsalkapsel 114, 115, 124 

Dreiachser 55 

Dreissensia 211 

Dreistrahler 56* 

Dromiacea 294, 297 

 dysodont 201, 207 


| 


Ecardines 182, 185, 190, 
191, 192 
Echinina 153 
Echinocaris 286° 
Echinocorys 161* 
Echinocrinus 158* 
 Echinoidea 146, 168 
 Echinodermata 112, 218- 
Echinospatagus 157 
Echinosphaerites 131” 
Echinothuriidae 152, 162 


334 


Baer 


Echinozoa 113 
Echinus 147* 
Ectocyste 171, 
Edelkoralle 79 
Edrioaster 133 
Edwardsiaria 84 
Edwardsia-Stadium 91” 
Einachser 55, 61 
Eingeweidesack 214 
Einschnürungen 242 
Einschwemmung 15 
Einstrahler 55 
Eintagsliegen 320 
Einzelaugen 309 
Einzelkorallen 88, 93, 96 
Ektoparasiten 318, 324 
Eleidae 175 
Eleutherocrinidae 126* 
Eleutherocrinus 126* 
Ellipsactinia 70* 
Embioidea 320 
Embryonalblase 235 
Embryonalgewinde 214* 


172, 192 


Embryonalkammer 237,239, 


240” 


Encrinasteria 141, 142*, 146, | 


164 
Encrinidae 115*, 

136, 138 
Encrinuridae 285 
Enerinus 115*, 135* 
Endoceras 237, 255, 256* 


Endocochlia249, 250*, 251”, | 
252*, 255, 256, 260, 264, 


263 
Endocyste 172 
endogastrisch 236, 250 
Endopodit 273 
Endothek 94 
Endothyra 39*, 
Endstachel 306 
enonabelige Schale 235 
Enteropneusta 73, 109 
Entomis 277 


40, 43 


121, 135°, 


Erhaltungsbedingungen der | 
Fossilien 45° 

| Eryon 296* 

Eryonidae 292, 296”, 297, 

| 298 

| Estheria 275*, 296, 298 

Estheriidae 275*, 297 

 Ethmophyllum 94* 

ı Eucalyptoerinus 123 

| Eugereon 321*, 325 

 Eugereonidae 321* 

Eugeniacrinidae 121”, 

Eugeniacrinites 121* 

Eunicites 110* 

Euomphalidae 216”, 
230 

 Euomphalus 216” 

‚ Euphoberia 315* 

 Eupsammidae 90, 96 

ı Eurypterus 307° 

' Eustelea 132 

Eutaxicladina 62 

Eutheca 88 

ı Euthecalia 88 

ı Euthyneura 218, 
228”, 263, 264 

evolute Spirale 236, 239, 250 

| exogastrisch 235 

Exogyra 210, 213* 

Exopodit 273 

 Externlobus 240 

 Externsattel 240 


134 


221, 


225° — 


| Facettenauge 272*, 273,280, 
| 285, 305, 318 

 Fährten, fossile 7*, 9 
 Falceiferi 243 

Farben, fossil erhaltene 7° 
Fasciolen 156, 162 
Favosites 82* 

Favositidae 82, 91 

Fazies 15 

ı Fenestella 174* 
 Fenestella-Riffe 175 


mx | 


Entomostraca 274, 285, 300  Fenestellidae 172, 174* 


Entoprocta 171, 192 


Entwicklungstheorie 3, 12, 


13 
Eoplacophora 196”, 
Eophrynus 311* 
Eosphaeroma 288 
Eozoikum 16, 17, 18 
Ephemeroidea 320* 
Epidermis 202, 215 
Epithek 72, 82 
Epochendauer 16 


197 


 Fischschiefer von Hakel u. 
Sahel Alma 5 

' Fissurellidae 220 

Fistulata 118, 119—120*, 
135, 136, 138, 164 

Flabellifera 288 

Flagellata 31, 47, 51 

Fleischnadeln 55, 56, 58*, 

| 61, 68% 

Fleischsepten 54 


Flexibilia 114*, 122, 135 


Fliegen 323 

| Flöhe 324 

Floscelle 155, 162 

Florissant 324 

Flustriden 174 

Foraminifera 14, 24*, 25, 
31--40*, 46, 49, 71, 96 

Fordilla 212 

‚ Formationen 17, 18 

Fossilien 1, 10 

Fossilisierungsfähigkeit d. 
Organismen 5, 6, 10 

Fossilisierungsprozeß 8, 9 

Fossula 92 

Fühler 271, 317, 322 

Fünfstrahler 60 

Fungacea 89, 90, 101 

Fungia 96 

Fungidae 97, 98, 100 

, Funiculus 75 

Furca 274, 275*, 285 

Fusidae 215*, 224, 232* 

, Fusulina 43 

Fusulinidae 32, 35*, 40, 43 

 Fusus 232° 


Gabelstücke 125 
Galatheidae 294 
Gammaridae 287“ 
Gampsonyx 271* 
Garneelen 291 
 Gasocaridae 289* 
 Gasocaris 289* 
Gastropoda 196,214, 261,263 
 Gastroporen 68 
 Gastrovaskularsystem 53 
 Gaudryina 34* 


Gefäßeindrücke 20*, 252°, 
255 

 Gegenseptum 91* [318 

, Gehfüße 272, 274, 305, 309, 

ı Geißelskorpione 310* 

ne 2020220237 

Genitalplatten 148 

‚ Genitaltaschen 77 

' Genusbegründung auf fos- 

\  sile Reste 16 

Geologie 1, 14 

Gephyrea 109, ablet! 

' Geradflügler 319" 

| Geryon 293* 

| Geryonidae 293* 

| Geschlechtspolypen 13205 

 Geschlechtsunterschiede 

| 196, 238, 241, 242, 276, 
82, 290, 317 


Register. 


Gesichtsleiste 250 
Gesichtsnaht 280*, 283, 307 
Gespenstheuschrecken 319 
Gesteinsbildung durch Fos- 
silien 14, 15" 
Giftstachel 309 


Gigantostraca 305, 307#, | 
308, 314 
Glabella 279, 280*, 282, 283 


Gladius 249 

Glaukonit 42 

Gleitläche 231 

Gliederfüßler 271 

Glocke 227* 

Globigerina 38, 39*, 41, 42, 
45 

Globigerinenschlick 46, 48 

Globigerinidae 58, 39*, 41 

Glyphaea 298* 

Glyphaeidae 295, 298*, 300 

Glyptosphaerites 129*, 130 

Gnathostomata 148*, 153, 
154*, 160%, 162 

Gomphocystites 130 

Gonangium 74, 75, 76 

Goniatites 240*, 241, 243, 
245*, 250, 255, 257, 286 

Goniatitida 244, 245*, 256, 
259° 

Goniatitidae 240*, 245* 

Gonioclymenia 244* 

Goniograptus 74* 

Gonothek 73 

Gorgonacea 79, 96 

Gothograptus 76* 

Gottesanbeterinnen 319 

Grabbeine 317 

Grabfuß 307* 

Grammysia 7” 

Graphularia 79* 

Graptolithi 75, 95, 96, 98, 
99, 104, 171 

Graptoloidea 75, 76, 100 

Gromiidae 37 

Großplatten 148, 151*, 162 

Gryphaea 210 


Gymnolaemata171,172,175, 


192 
Gyroceras 236 


Hadrocheilus 232* 
Haeckel 13 

Haftband 233, 241 
Haftmuskel 233, 241 
Haftscheibe 73*, 227* 
Hakel 5 


Halysites 83" 
 Halysitidae 82, 83*, 99 
 Hamites 247 
Haplocrinidae 118* 
Haplocrinus 118* 
 Haplophragmium 32*, 37 
Harpedidae 272*. 284* 
 Harpes 272*, 280, 284* 
 Harpoceras 252 

ı Harpoceratidae 242, 
| 254, 260* 
 Hartteile 11, 19 
Harz, fossiles 9 
 Hauptseptum 91* 

ı Hautflügler 323 

ı Hautskelett 23, 24, 26, 27, 
56 

| Häutung 271, 275, 282, 295 
| Helicida 228*, 230 
Heliodiscus 45* 

Heliolites S1* 

| Heliolitidae SI”, 82, 98, 99 
 Heliopora 78, 80, 81, 82, 96 


247, 


96, 104 
Helioporidae 97 
ı Heliozoa 31, 44, 51 
| Helix 228* 
| Helminthochiton 196* 
ı Hemiaspidae 307 
Hemiaster 157* 
Hemimetabole 325 
Hemimetabolie 317 
Hemiptera 321, 326 
| Hercynella 227 
Herodot 1 
Herzmuscheln 207 
Heterastrididae 71*, 97, 99 
Heterastridium 71* 
Heteroceras 258* 
Heterocoela 56*, 57*, 67 
heterodont 202 
Heterodonta 204, 213 
Heteromyaria 209, 212 
Heteropoda 214, 218, 219, 
224%, 229, 230, 232, 261, 
263 
Heteropora 172”, 173 
Heterostylie 215, 214* 
Heterotrypa 83* 
Hexacorallia 81, $4, 92, 93, 
95, 96, 98, 100, 101 


65, 67 
 Hexactiniaria 84, 91, 105 
Hexapoda 316 


| Helioporacea 79, 80*, 81*, 


Hexactinellidae 22, 58, 64, 


Hexaster 58*, 60 
Hexasterophora 59*, 60 
Hildoceras 242 
Hilfsloben 245* 
Hilfssättel 245* 
Hippurites 25* 
Hirudinea 109 

 Holascus 58* 
Holasteroidae 156, 161 
Holectypoidae 153, 155/56, 

160*, 161, 162 
holochroale Augen 280 

, Holometabole 325— 26 

Holometabolie 317 

Holopus 121 

holostom 217 

Holothurien 22, 163, 164 

Holothurioidea 165, 168 

Holzläuse 320 

Holzwespen 323 

Homocoela 57, 65 

Homoioptera 317* 

Homoiopteridae 317 

Homoptera 321, 326 

Homomyaria 200*,201, 203, 

204, 209, 212, 261, 262 

 Hoplites 248* 
Hornschwämme 61, 63, 64 
Hornstein 46 
Hyalonema 58* 
Hydractinia 70* 

ı Hydractinidae 69, 71, 96, 97 
Hydrobiidae 225 
Hydrocorallinae 68, 69*, 71, 

96, 104 
Hydroidea 104 
Hydrophorida 124,128, 135, 

136, 138, 164 

 Hydrorhizen 69 
Hydrospiren 127, 128 

| Hydrozoa 22, 68, 96, 101 

Hymenocaris 2836“ 

Hymenoptera 323”, 326, 327 

Hyolithidae 226*, 264 

Hyolithes 226*, 230 

Hypoclypeus 155* 

Hypoparia 285 

Hypostom 281”, 283 


‚ Ichthyocrinidae 114* 
 Ilaenus 284 

Imagines 316, 318 
Imperforata 32, 36, 37, 44 
‚ Inexpleta 94 

Infrabasalia 115*, 117 
Infusoria 49, 51 


(s%) 
os 
[or] 


Innenlippe 216, 217 
Inoceramus 211* 
Insecta 5*, 273, 516 
Insertionsplatten 196 
integripalliat 200* 
Integripalliata 204, 
209, 213 
Intercostalia 122 
Interdistichalia 122 
Interlaminarräume 69 
Internlobus 240 
Internodien 79 
Interradialia 137 
Interradien 112 
Intrasiphonata 244* 
involute Schale 34, 216, 235, 
Iridina 207 [259 
Irregulares 127 
Irregularia 150, 155, 160, 
161, 162, 165, 168 
Isis 79 
Isocardiidae 205 
Isodontie 210 
Isomorphie 34, 37 
Isopoda 287, 295, 296, 297, 
296, 302 
Isoptera 320 
iterative Formenbildung 
213/14, 258 


Jaspis 46 


Käfer 522* 
Käferschnecken 196*, 197 
Kalkschwämme 56*, 64, 94 
Kalkstachel 196, 250 
Kammuscheln 210 
Kanäle 21, 53, 69, 72 
Kanalsystem 55*, 39, 115 
Känozoikum 16 
Kardinalzähne 200*, 202 
Kataklysmentheorie 13 
Kauorgane 282 
Kegelspirale 216 
Kelchdecke 114, 116, 137 
Kerbzähnchen 201*, 210 
Kieferfühler, 309, 310 
Kieferfüße 290 
Kieferschnäbel 232*, 249 
Kiefertaster 309, 310 
Kiemen 195, 233, 273 
Kiemenbläschen 140 
Kiemenfüßler 274 
Kieselschiefer 46 

Klebsia 317* 
Kloakensipho 199* 


, Küstenfazies 15 


Register. 


ı Knorr u. Walch 2 | 
ı Knospenbildung 54 | 
 Knospung 54, 88, 172 | 
ı Köcherfliegen 323 

| Konchin 19, 22, 202, 215 
' Koninckinidae 188, 191 

ı Konvergenzformen 11* 
Kopal 324 

Kopffüßler 232 
Kopfkappe 233 
 Kopfschild 279, 280* 
Koprolithen 6 

Korallen 14, 15, 84 
Korrelationsgesetz 23 
Krabben 294, 296, 300 
Krebsscheeren fossile 16 
kryptodont 201, 208 
Kunthsches Gesetz 92, 100 
kurvilineare Struktur 72 


Labrum 281 

Lagena 38*, 43 

Lagenidae 34*, 38%, 41, 42, 
45 

Lamarck 2, 12 

Lamellibranchiata 196, 198*, 
258, 261, 262 

, Laminae 69 

 Landablagerungen 17 

Längsskulptur 242 

Larven 285, 295*, 317, 318, 
324 

Larvenstadium 306* | 

Larviformia 118*, 119*, 134, 
135, 137, 138, 139, 164 

 Lateralia 278* 

Laterallobus 240 

Lateralsattel 240 

latisellat 239, 240* 

Legebohrer 323 

Leitfossilien 15, 16*, 212, | 
298 

Leontinidae 323 

Leperditia 277”, 299 

Lepidocentridae 158 | 

Lepidocentrus 158“ 

Lepidocidaridae 158, 161 

Lepidocidaroidea 158*, 162, 
163 

Lepidocoleus 278* | 

Lepidoptera 323*, 326, 327 

Leptaena 185* 

Leptostraca 26, 285, 300, 
302 


Leucandra 57 


Leucones 57 
Leucontypus 53, 56 
Libellen 320* 


'Lichadidae 284, 299 


Ligament 202 


 Ligamentgrube 201*, 209 
 Ligamentnymphe 200* 
 Ligamentrinne 205*, 206* 


Limacodites 323* 


 Limnaeidae 110, 210, 228* 
ı Limulus 7*, 16*, 305, 306*, 


308 
Lindstromaster 142* 
Lineati 243 


 Linguatulida 311, 314 
| Lingula 180*, 181*, 183*, 


190, 297 

Lingulacea 177, 180*, 181*, 
183°, 191 

Lingulidae 183* 

Linsen 2830 

Linuparus 293 

Liphistiidae 310 


ı Lithistida 54*, 55*, 61, 62*, 


64, 65 
Lithodomus 211 
Lithothamnien 96 
Littorinidae 221, 231 


| Lituites 237, 255* 
‚ Lituolidae 32°, 37°, 43 


Loben 235*, 240, 257 
Lobenlinie 235*, 257* 
Lobenpaare 230 
Lobites 260* 
Lobocareinus 296 


 Lobocrinus 123* 
, Lobus palpepralis 280 


Locustoidea 325 
Lonsdalia 92* 
Loricata 295, 298 
Loriolaster 142* 
Loxonema 222* 
Loxonematidae 222* 
Lueinidae 204 


| Luftkammern 233, 235, 237, 


238, 249 
Lunge 214 


| Lunula 200 


Lunulae 154 


ı Lutraria 201* 
ı Lychnisken 59*, 60 


Lycopodiaceen 228 


| Lysophiurae 145”, 146, 164 


Lyssacina 58 


| Lytoceras 240°, 247°, 255, 


261 


Register. 


Lytoceratidae 240*, 247*, 
254, 258° 


Lyttoniidae 186 


Macrocephalites 240°, 248 
Macrochilinen 222 
Macrura 292, 297, 293 
Mactridae 201”, 207 
Maculae 281” 
Madrepora 96 
Madreporaria S4, 85*, S6* 
Madreporenplatte 112, 148 
Madreporidae 90 
Maeandrinen 96 
Magellanea 176*, 177°, 179, 
181%, 190 
Magenzähne 286* 
Malacostraca 274, 285, 296, 
298, 299, 302 
Mammuth 6 


Mantel 176, 195, 214, 232, 


276 
Mantellinie 200* 
Mantelschlitz 216, 231 
Mantoidea 319, 325 
Marginalia 140*, 141, 143 
Marsupites 122, 135, 136 
Mastodonsaurus 8* 
Mauer S7, 95 
Mauerring 279 
Medialis 317, 320, 321 
Medianseptum 20*, 178, 186* 
Medlieottiidae 245* 
Medusen 76 
Medusites 77* 


Megalodus 205* 
Megalosphaere 35, 36“, 15 
megalosphärisch 15* 
Megamorina 62,” 63 
Meganeura 326 
Meganeuridae 326 
Megasecoptera 325 
Megasklere 55, 61 
Meeathyrinae 189 
Melaniidae 223, 230 
Meliceritites 175* 
Melonites 159* [163 
Melonitoidea 158, 159*, 162, 
Membranipora 174 
Merostomata 273, 299, 305 
309, 311, 314 
Mesenterien 78, 85*, 91* 
Mesoplacophora 197 
Mesoporen 172 
Mesozoikum 16 


Stromer, Paläozoologie. 


Megalodontidae 205*, 211, 
[214 | 


' Moltkia 79* 
‘ Molukkenkrebs 273, 305 


 Monograptus 73* 
ı Monomyaria 201”, 209, 213 | 
ı Monothalamia 33 


 Muschelkrebse 25, 26, 275 
' Muscheln 25*, 196, 198 


Metacrinus 113* 
Metamorphose 290 
Metastoma 306, 307* 
Metazoa 53 
Miesmuscheln 211* 
Mikrosklere 55, 61 
mikrosphärisch 15*, 35, 36* 
Milben 311 
Miller 2 
Miliola 34 
Miliolidae 33*, 
37, 42, 43 
Miliolinae 37, 41, 44 
Millepora 22, 96 
Milleporidae 69, 81, 97 
Milleporidium 69* | 
Millericrinus 109* 
Milne Edwards 86 


D.4.5 DYIEH 
39", 906”, 


\—, Gesetz von 86 
 Modiolopsidae 211 


Mollusca 195, 261 
Molluscoidea 171, 192 


monaktinal 55 

monaxoner Typus 61 

Monaxonia 55, 61, 65”, 64, 
65, 67 


Monte Bolca 5 
Monticulipora 24* S3* 
Monticeuliporidae 85*, 173 
Montlivaltia 89 
Moostierchen 171 

Mücken 323 [322 
Mundgliedmaßen 317, 318, 
Mundrand 217,228, 235,241 
Murchisonia 220 
Murchisoniidae 220, 230, 
Murex 231* [231 
Muricidae 224, 231* 


DUZUYVZZZZLZ 


Muschelschalen 25, 198 
Muskeleindruck 177, 200*, | 
201*, 204, 220° 
Muskelflleck 277” | 
Muskeln 179/80, 200, 201 

Muskelsubstanz, fossile 6, 7* 
Mussa 86* | 
Myodocopa 276”, 277 | 
Myriapoda 273, 515* | 


 Myriopora 69 | 


Myriotrochus 163* | 


| Naticidae 218, 222*, 


zum 


 Neuropterida 


Mysidacea 290* 
Mytilidae 211® 
Myxospongia 61, 67 
Myzostomaria 109* 
Myzostomide 109* 


Nabelritze 222* 
Nabelschwiele 222* 


ı Nackenfurche 289 


Nackenring 279, 280* 

Nachtschnecken 215 

Nadeln der Spongien 46, 
55, 56*, 58°, 61#, 63° 


' Nährpolypen 73 


Naht 178, 215*, 216, 280 


ı Najadacea 207 
' Najadites 211 


Napfschnecken 219, 220* 


| Narbe 234, 239 


Nasselaria 45, 46, 47 
Natantia 291” 

Natica 222° 

230 
Naticopsis 221” 


 Nauplius-Larve 274 
Nautilidae 235*, 236*, 237*, 


241, 254, 255, 260 


ı Nautiloidea 233, 235*, 236* 


237%, 238°, 239, 240, 241, 

242, 243, 254, 255, 256, 

257, 260, 263, 264 
Nautilus 233°”, 234”, 235*, 
238, 239, 241, 242, 249, 
250, 253, 255, 256 
\ebaliidae 285, 286 
\ecrotauliidae 322“ 
ecrotaulius 322* 
ectotelsonidae 271” 
ema 74, 75, 76 
emathelminthes 109 
ephropsidea 295, 297, 300 
ephthya 79* 
ereideiformia 110* 
erinea 222* 
erineidae 222°, 223, 230 
eritidae 221, 222, 230 
eritopsidae 221* 
europtera »22*, 325, 327 
82253254826 


aa, 


7 


zZ 


Nodien 79 
Nodosaria 24”, 34*, 
Nowakia 225, 226* 
Nubecularia 37 
Nucleus 214*, 215, 217 
Nucula 200, 212 


22 


35 


338 


Register. 


204 


212 


Nuculacea 199*, 
Nuculidae 208, 
Nummulitenkalk 15* 


Nummulites 15*, 31, 33”, 
36, 39%, 40, 41, 42, 48 
Nummnulitidae 39*, 40 
Oberkiefer 110*, 232" 
Oberlippe 281 
Obolus 183” 
Ocellarplatten 148 
Octocorallia 22, 23, 78, 84 
Octopoda 249, 255”, 261, 


Oculinidae 89 
Odonata 320, 325 
Oecoptychius 248 
Oecotraustes 260* 
ÖOeningen 5 
Ohrwürmer 319 
Olenellidae 284* 
Olenellus 284* 
Olenidae 282* 
Oligochaeta 109 
Oligotricha 49, 51 
Olynthus 53, 56 
Oniscoidea 287 
Ontogenie der 
11, 12*, 297 
ÖOnychaster 144* 
Operculata 278*, 297 
ÖOpereulina 32, 10, 42 
Operculum, 215, 21T, 22415 
Ophiocten 145* 
Ophiothrix 143 
Ophiraphidites 61* 
Ophiuroidea 139, 140, 143*, 
144*, 145°, 146, 164 
Opilionida 310*, 311, 314 
Opisthobranchia 214, 218 
223, 225°, 229, 230, 
263, 264 
opisthogyr 200, 207° 
Opisthoparia 284 
Oppelia 241*, 243 
Oppeliidae 241*, 248 


231, 


[263, 264 


Trilobiten | 


‚ Paludinidae 26*, 


| Orthoceras 237*, 239, 254, 
| 255, 256, 257, 260 
ÖOrthoceratidae 236*, 
238*, 256* 
Orthoptera 319*, 327 
Orthorrapha 325 
Osculosa 45 
' Osculum 53, 54 
Ostium 53, 172 
Ostracoda 274, 275 
296, 297, 298, 299, 300 
Ostracum 215 
| Ostrea 201*, 213* 
Ostreidae 198, 201*, 
211, 213* 
Ovicellen 172 
ı Oxyelymenia 244* 


237%, 


>10, 


ı Pachyodonta 205, 213 

ı Palaeocypris 276*, 277 
 Palaeodietyoptera317*, 321, 
| 325, 327 

, Palaeogammarus 287 
 Palaeoneilo 199* 

| Palaeontinidae 323* 
Palaeopalaemon 292 
Palaeophiurae 145* 
Palaeophonus 309* 
Palaeophytologie 1 

| Palaeorbis 227 

ı Palaeoregularia 150, 
 Palaeothoracica 278*, 
 Palaeozoikum 16 
 Palaeozoologie 1 
Palirregularia 150, 159, 168 
Paltodus 110* 

ı Paludina 232 


[168 
156, 
279 


Panopaea 199" 
Panorpatae 323 
Pantopoda 311, 314 

ı Panzerontogenie 232, 
‚ Parablastoidea 127 


Pachydiscus, 248, 254, 258 


223, 230, 


283 


Paractinopoda 163*,164,168 


Pectinidae 210, 211, 213*, 
Pedalfelder 77 [213 
Pedicillariae 140 
Pedipalpi 310*, 314 
Pedunculata 278*, 279, 296, 
297, 298 
Pelecypoda 199 
 Pelmatozoa 115, 
134, 135, 
139, 164 
Penaeidae 292 
Peneroplis 32, 37, 38* 
Pennatulacea 78, 79*, 96 
Pentacrinidae 115*, 121, 
135, 137 
Pentacrinus 121*, 134 
Pentacrinus-Stadium 117 
Pentameracea 186*, 187°, 
190, 191 
ı Pentamerie 137 
 Pentamerus 186* 
Pentataenia 228* 
ı Pentremites 125*, 126* 
Pentremitidae 125*, 126*, 
ale 
Berforata 5201339. 90898: 
41, 44, 89, 90, 91, 100 
Periderm 68, 72, 73 
Periostracum 202 
Periprokt 129, 147 
Peripylea 45 
Perisphinctes 248* 
Peristom 147 [215, 234 
Perlmutterschicht 22, 203, 
 Perlmutterseptum, 233, 235 
Perloidea 320 
Perlschnursipho 236* 
, Pernidae 210, 211* 


114, 132, 
136, 137, 138, 


Peronidella 57% 
 Petalodien 149, 154*, 156, 
' Pfählchen 86, 89 [162 


, Phacopidae 272*, 280, 283*, 
285*, 297 

Phacops 283*, 285* 

Phaeodaria 44, 45, 49 


Oralia 116, 117, 137 | Baradoxidae 284 Phanerozonia 140*, 141*, 
Orbita 294  Paragaster 53 142°, 146, 164 

Orbitoides A40*, en 42, 43 | Paraphyllites DU, | Pharetrones on, Bl, (88 
Orbitolina 32, 37*, 42, 43 Parasiten 109, 274,287, 324 Phasmoidea 319 [64, 65 


Orbitolites 38, 12" 
Orbitopsella 34, 35*, 
Orbulina 39* 
ÖOriostoma 247* 
Oroanalachse 199 
Orophocrinus 125* 
Orthis 20*, 177*, 185 


38 


| Parasitismus bei Rossilen 
ı Parasmilia 87* [12* | 
| Parkeria 71 
Parkinson 2 
Patella 11*, 218, 219 
Patellidae 219, 220*, 
ı Pauropoda 315, 316 


228 


Philhedra 27* 
 Phillipsastraea 93* 
 Phillipsia 230* 
| Pholadomya 208*, 211 
| Phoronidea 171, 192 

Phosphatknollen 46, 49 

Phragmoceras 236*, 238° 


Register. 399 


Phragmokon 249, 250*, 252 
Phrygeanidenlarven 324 
Phryganoidea 323 
Phylactolaemata 171, 192 
Phyllacanthus 150* 
Phyllastraea 87 
Phyllocarida 286 [258 
Phylloceras 239*, 247*, 255, 
Phylloceratidae 239*, 246, 
247*, 258, 259 
Phyllograptus 74*, 76 
Phyllopoda 275*, 286 
Phyloblatta 320* 
Phylogenie 1, 15 
Physocardia 205 
Pinacoceras 240, 257* 
Pinacoceratidae 246, 255, 
Pinacophyllum 90 [257* 
Pinridae 210 
Pinnulae 114, 116, 119, 120, 
121*, 122, 123, 129, 134, 
138 
Pisocrinus 118* 
Placocystites 132* 
plagiodont 201” 
Plagioptychus 206 
Planorbis 227, 228* 
planospiral 33 
Platyceras 218* 
Platycrinidae 123* 
Platycrinus 123*, 218* 
Plectroninia 56* 
Pleopoden 290 
Plesiodiadema 152* 
Pleurocystites 131 
Pleurodictyum 12*, 82 
Pleurojulus 315 
Pleuronautilus 236* 
Pleura 272, 279, 230*, 281 
Pleurotergite 279 [230 
Pleurotomaria 217, 220*, 
Pleurotomariidae 220*, 221, 
224, 230, 231 
Pleurotomidae 224 
Plicatocrinidae 118, 119, 134 
Podocopa 276*, 277 
Podocrates 298 
Pollicipes 298 
polyaxoner Typus 60, 61 
Polyaxonia 55 
Polychaeta 109*, 110* 
Polycoelia 99 
Polygonosphaerites 95* 
Polyplacophora 196*, 261, 
262 
Polypenröhren 80, 81 


‚ Porifera 55 


Polythalamia 33 
Polytremaeis 80* 
Polyzoa 171 
Porambonites 157 
Porambonitidae 190  Proximale 121 
Porcellanea 32, 37 ı Pseuderichthus 295* 
Poren 32,68,72,82,128,149, Pseudocrania 184* 
Porenkanäle 276* [181* | Pseudodeltidium 178, 184, 
Porenrauten 128* I AT ei 
 Pseudodiadema 152*, 163 
 Pseudomelaniidae 223, 230 
ı Pseudomorphose 8 

Porosa 98 Pseudoscorpionidae 311,314 
Porulosa 45  Pseudosepten 80*, 81 
Porzellanschicht 205, 215, Pseudosirex 323* 
Posidonomya 275 [234* | Pseudosiricidae 323* 
Postabdomen 306 ı Pseudosynaptikel 86* 
Poteriocrinidae 120* | Pseudotheca 87*, 88, 93 
Poteriocrinus 120* Pseudothecalia 88 
Präparation der Fossilien 9 Psiloceras 247, 258* 
Primärstreifen 85 Psocidae 320 

Prionodus 110* Psolus 163 

Prismen 32,181*, 202, 215* | Pterinea 201* 


' Protorthoptera 319* 
 Protospongia 60* 

‚ Protozoa 31, 49 
Protracheata 273, 315 


Porites 96 
Poritidae 90* 


ı Prismenschicht 21, 22*, 202, | Pterobranchia 73, 171 


209, 215* 
Proammonitida 

255, 257, 260* 
Proboscis 116, 123* 
Procalosoma 322* 
Prodissoconch 202* 
Productidae 182, 186 
Produetus 177, 190 
Prostidae 280*, 284, 298 


ı Pteropoda 24, 218, 225, 
244, 245, 226 
 Pterygogenea 318, 325, 327 
Pterygotus 308 
Ptychitidae 246 
Ptygmatis 222* 


219, 225, 227, 229, 230 


Proötus 298 264, 263 
Prohemerobiidae 322* Punktaugen 272*, 273, 305, 
Pronemerobius 322” Pupa 228* [315, 318 
Proostracum 249, 250*, 252 Puppenstadium 317 


Proparia 284  Purpurinidae 225* 
Prösobranchia 110, 214,215, Purpuroidea 223* 
218, 219, 228, 261, 263  Pyeaster 148*, 155 
oe 200° en a: a 
rosopon 294 ygmaeocıdarıs 152 
Prosoponidae 294*, 297,300 Pygocephalus 290* 
Prosoponiscus 237 Pygope 188* 
Protaspis 299, 300 Pygurus 155* [223, 231 
Protaspis-Larve 281, 2833 |Pyramidellidae 214*, 222*, 
a  (geei ze 
ee (Juerböden 81, 82, 83*, 226 
Protephemeroidea 320 ei UT, 
2 Quermuskel 276, 285 
Protoblattoidea 320 EEE Er 
ä Pa Wuersepten 226 
roroanmiik, 2  Querwülste 217 
Protocaris 275” IR T 
Protodonata 326* Radialia 115, 117, 118, 125 
Protohemiptera 321“ ı Radianale 115 
‚ Radien 112 


Protolyeosa 310* 
Protopodit 273 Radiolaria 31, 44, 49, 51, 64 
22% 


Resister. 


Radiolarienschlick 46 
Radiolarit 46 
Radiolites 206° 
Radius 317, 320, 321 | 
Radula 195, 214, 218, 219, 
Randplatte 101 [221 
Rankenfüßler 278* 
Raubbeine 317 
Receptaculida 95*, 98, 105 
Receptaculites 95* 
Regio branchialis 294 
cardiaca 294 
sastrica 294 
„  hepatica 294 
Regularia 112, 147*, 150%, | 
160, 161, 162, 168 | 
Regulares 127 
Reineckia 27* 
rektilineare Struktur 72* 
Reptantia 291, 292°, 293°, 
294°, 296°, 298° 
Requienia 205, 206 
Resorption 21, 224 
Retiolites 76* 
Retiolitidae 76” 
Rhabdoceras 246 
Rhabdocidaris 150* 
Rhabdolithes 48 
Rhabdopleura 73 | 
Rhabdosome 79, 74, 75°, 76 | 
Rhachis 279 
Rhacophyllites 247° 
Rhipidoglossa 216*, 217*, 
220°, 221” 
Rhizomorina 54*, 69 
Rhizophyllum 25* 
Rhizopoda 3l, 47, 49 
Rhombifera 128*, 129, 130, 
131*, 132 
Rıhyncholites 234, 236 
Rhynchonella 179*, 181”, 
187, 190 [187, 191 
Rhynchonellacea179*, 181*, 
Rhynchonellidae 189 
Rhynchota 321, 325, 327 
Rihyncehoteuthis 249 
Richthofenia 186* 
Richthofeniidae 186* 
Riesenkrebse 307°, 308 
Riffe 96, 175 
Riftkorallen 15, 97 
Rindenskelett 23, 56, 61, 84 
Röhrenwürmer 226 
Rostralplatte 285, 
Rostrum 80, 250°, 
253, 278: 


ah] 


eh 


286* 
251, 252*, 


ı Rugae 93 


 Sarkorhizen 70* 
Sättel 240 

ı Saugnäpfe 249 
|Säulchen 86, 39 
ı Scaphites 258* 


| Scheren 273, 291 


schizochroales Auge 280 
Schizopoda 290*, 292, 297, | 


 Schizoporella 172" 
Schließmuskeln 179, 200*, 


Rotalia 34, 42 | 


hückenschild 249, 251° | 
Rudistae 25*, 199, 200, 203, 
205, 206°, 211, 212, 213, 
[230° 
Rugosa 25*, 54, 91”, 93, 94, 
98, 100, 101 | 
Ruhestadium 317 | 
Sabelliformia 109*, 110% | 
Saccamina 33*, 37, 43 | 
Saccocoma 119*, 135, 136 
Sacecocomidae 119* 
Sageceras 245" 
Sägeplatten 110* | 
Sahel Alma 5 
Salenia 163 
Saleniidae 161 


 Saleniina 151, 160 


Saltatoria 319, 325, 326 
Sao 12*, 282* 


Scaphopoden 24, 110, 196, 
197°, 198, 261," 262 

Scaptorhynchus 249 | 
Schaben 319 
Schalenabdruck 7* | 
Schalenformen 7*, 24, 25 
Schalenreduktion 232 
Schalenschlitz 220*, 231 
Scheide 252 
Scheitelschild 148 | 
Scheidewand 235 


Scheuchzer 2 
Schizaster 157* 


| 

Scherentaster 309 | 
299, 302 | 

| 


201°, 203, 276* 
Schlitz 216, 220*, 221”, 224* 


| Schlitzband 216, 220*, 221” 


Schloenbachia 248, 254 
Schloß 26, 178, 201, 76* 
Schloßplatte 201, 205” | 
Schloßrand 178, 201 | 


Schloßzahn 276* | 


Schlotheim 2 


| Rotaliidae 31, 39", 41, 42, 43 | Schmarotzer 218* 
 Rückenpanzer 279,280”, 281 Schmetterlinge 325" 


Schmidtia 183” 
Schnabelkerfe 321 
Schnecken 196, 214 
Schneckenschale 7*, 25, 26* 
Schneckenspirale 216 
Schreibkreide 42, 49 
Schulp 249, 250*, 251* 
Schwagerina 35* 
Schwämme 22, 55 
Schwanzflosse 288 [283 
Schwanzschild 279, 281,282, 


 Schwanzstacheln 286* 
| Schwertschwänze 306 


Schwimmblase 75*, 76 


, Schwimmfüße 272, 274 
 Scolecida 109 
‚ Seorpionida 305, 308, 509*, 


Sculda 294* [314 


ı Seuldidae 294* 


Scuta 278* 


 Seutella 154* 
, Seyphomedusae 77 
| Scyphozoa 68, 76, 77”, 96, 


98, 104 


' Sechsstrahler 58 


Sector Radii 317 


 Seeigel 146 


Seewalzen 163 


 Seitenfurchen 280 


Seitenlobus (siehe Lateral- 
lobus!) 240 


‚ Seitensattel (siehe Lateral- 


sattel!) 240 


ı Seitensepten 92 


Seitenzähne 200*, 202 


| Segmente 271, 279, 285 
 Sekundärsepten 91 


Sepia 250, 251 


| Sepiidae 250, 251 
 Sepioidea 251* 
‚ Septum 25, 33*, 82, 85*, 101, 


178, 216, 233, 235, 250*, 
251* 


| Serpula 96, 109*, 110, 222 


Sicula 73, 74*, 75, 76 
Sigillaria 223 
Silieispongia 56, 58, 65, 67 
sinupalliat 200*, 201* 


‚Sinupalliata 207, 208, 213 
Sinus 178 


Sipho 199*, 209, 215*, 217, 
231. 234, 240, 249, 250%, 
251°, 256* 


Register. 


Siphonaldüte 233*, 235, 237, 
244*, 250, 253, 256°, 257 


Siphonalhülle 233* 
Siphonalröhre 215* 
Siphonaria 11*, 219 
Siphonariidae 228 
Siphonata 221 
Siphonea 95 
Siphonia 55* 
Siphonophora 76 
siphonostom 217 
Skelett 19 
Skleriten 78, 82 
Skorpione 273 
Skulpturentwicklung 246* 
Skulptursteinkern 7*, 9 
Smith, William 2, 15 
Solenidae 207 [262 | 
Solenogastres 196, 197, 261, 
Solenomya 208, 212, 213 | 
Solifugae 311, 314 | 
Solnhofen 3, 5 
Spaltfüiße 273, 281, 289, 290 
Spaltfüßler 290 | 
Spaniodera 319* 
Spanioderidae 319* 
Spatangoidae 156, 160, 161 
Spezialporen 172 | 
Sphaeractinidae 70*, 97, 99 
Sphaerechinus 20* 
Sphaerites 141 
Sphaeroidea 47 
Sphaeromidae 288* 
Sphaeronites 131 
Sphaerospongia 95* [94 
Sphinctozoa 57*, 63, 64, 65, 
Spiculae 20, 78, 79*, 80, 84, | 
104 
Spindel 215*, 216, 279, 280* | 
Spindelfalten 215*, 217 
Spiracula 126, 127 
Spirifer 178, 179* | 
Spiriferacea 179*,187*,188*, 
Spiriferidae188 [190,191 
Spirigera 191* 
Spirillina 34, 39, 43 
spirogyr 200, 205* 
Spirorbis 110* [260 
Spirula 249, 250, 252, 253, 
Spirulirostra 251*, 260 
Spondylidae 210*, 213 
Spondylus 210* 
Spongia 59, 55, 58 
Spongilla 63* 
Sponginfasern 61, 63 
Spongiomorphidae 91, 99 


‚Stacheia 34 


ı Stemmata 280 
 Stenarthron 311 
| Stenopidae 291* 


| Stillwasser 15 


ı Streptelasma 91“ 


 Strophomenidae 185 


 Stylommatophora 228“ 


‚ Stylophyllidae 90 


Stylosmilia 89* 
Subeosta 317, 320, 321 
Suleus branchialis 294 
cervicalis 294 

„ occipitalis 279 
Süßwasserablagerungen 17 
Sutur 239, 240, 257° 
Sycones 57 
Syeontypus 53, 56 
Symbiose 12*, 82, 
Symphita 523” 
Symphyla 315, 316 
Synapta 163* 
Synaptidae 164 
Synapticulae 86, 87 
Syncarida 271”, 285, 

290, 297, 298, 299, : 
Syracosphaera 48* 
Syringopora 82“ 
 Syringoporidae $2* 
Syzygie 116 


Spongiostromidae 72 
Sporozoa 49, 51 
Sprinsfüße 237 
Sprungbeine 317 
Spumellaria 45*, 46, 47 


EE 


Stachelhäuter 112 
Stacheln 20*, 147, 323 
Stammesgeschichte 13 
Stammreihen 44 
Stauromedusae 77, 104 
Steinkanal 112, 129, 139 
Steinkern 7*, 9, 12*, 235 
Steinkorallen 22, 25, 81, 34, 
[99, 100 


Stephanoceratidae 27*, 240, 
248”, 254, 257* 
Stereoeidaris 147* 
Sternata 156, 161. 162 
Sternit 272 | 
Stiel 54, 113, 177, 278, 279 | Tabulae 68, 80, 82”, 84 
Stigma 315 | Tabulata 12*, 24, 25, 72, 81, 
91,96, 97,98, 99, 104, 173 
ı Tanaidae 287 
Tardigrada 511, 314 
Tausendfüßler 315 


Stirnrand 178 
Stockkorallen 97, 100 
Stomatopoda 285, 294*, 296, | 


299, 302 Taxocrinus 114* 
Stomatopora 173*, 175, 176  taxodont 201 
Strabo 1 | Taxodonta 199*, 204°, 212, 


Tectibranchia 225* 
Teementum 197 

| Teichmuschel 198, 207 
Teleoplacophora 197 
Tellinidae 207 

Telson 288, 289 
Telyphonus 310 
Tentaculites 225, 226*, 230, 


Stratigraphie 1, 15 
Strepsiptera 322 


[213 


streptoneur 214 [261,263 
Streptoneura 214, 218, 219, | 
Streptophiurae 144*, 164 
Stringocephalidae 190 
Stringocephalus 189* 


Stromatopora 22, 71° Tentakeln 232, 233° [264 
Stromatoporidea 71*, 72,96, Terebratula 110*, 188* 
98, 99, 104 ' Terebratulacea 176*, 177*, 


Strombidae 214, 215*, 224 | 

Strongylocentrotus 151” 

Strophomenacea 177*, 184, 
185*,.186*, 190, 191, 192 


181*, 188, 189%, 191 
Terebratulidae 188*, 189 
Terga 278* 

Tergit 272, 281 

Termiten 320 

ı Testicardines 182, 184, 192 
ı Tethyopsis 61* 

' Tethysozean 42, 97, 135,296 
Stylina 89* ' Tetrabranchiata 2353, 249, 
Stylinidae 89*, 98 | 253, 255, 256, 265, 264 
 Tetracidaris 150, 163 

‚ Tetracladina 55*, 69 
 Tetracorallia 84, 90, 91, 187 
 Tetractinellida 61*, 62,64,65 


Stützborsten 110* 
Stütznadeln 60, 61 
Stützskelett 56*, 59*, 60 


Stylonurus 307 
Stylophoridae 89 


Register. 


tetraxoner Typus 61 |67 | Trimerella 183* 
Tetraxonia 55, 61”, 62*, 64, Trimerellidae 183* 
Textularia 34*, 38, 42 Trinucleidae 284, 298* 
‚„Textularia“-Stadium 44 | Trinueleus 284, 297, 298* 
Textularidae 38*, 41, 42, 43 | Tripelgestein 46 
Thalassinidae 295* Triploseba 320* 
Thamnastraea 90* Triplosebidae 320* 
Thamnastraeidae 86,, 90°, Trivium 156 

98, 100, 101 | Trochidae 221, 230, 231 
Thaumastocheles 297 Trochoceras 237 
Theca 74, 75, 87, 113, 124 Trochonematidae 221, 230 
Thecidea 181 Trophon 215* 

Thecideidae 158 ı Tropites 240* 
Thecoidea 124, 130, 135”, Tropitidae 240* 

135, 136, 137, 138, 145, | Tryblidium 220* 
Thecosmilia 83* [164  Tubipora 81, 82, 96 
Thoracica 278, 279 ı Tubiporacea 0, 96 
Thoracostraca 289, 292,294, Tubulariae 68, 69, 70*, 99, 
Thorax 271,285 [299,302 104 
Thysanoptera 321 | Tulotoma 26*, 232 
Tbysanura 318*  Tunicata 171 
Tiarechinidae 152*, 163 |Turbinidae 217*, 221, 230 
Tiarechinus 152* Turbinolidae 87*, 89, 96 
Tintenbeutel 249, 250*, 251 Turbonilla 214* 
Tintinnidae 49 Turritella 222* 

Tissotia 259*  Turritellidae 222*, 225 
Toxaster 157*  Typilobus 296 

Trabeculae 85 
Tracheata 273 | 
Tracheen 273, 309, 315, 316 
Tracheenlungen 273 
Trachyceras 246” 
Trachyceraten 246, 255 
Trachymedusae 104 
Traversa 84 | 
Trepostomata 83, 173 
Triacrinidae 118* 
triaktinal 56 

Triän 61* | 

Triarthrus 282* | Variabilität 38*, 43, 190, 228 
Triaxonia 55, 56, 98*, 60*, , Veligerlarve 214 

61, 63, 64, 65, 67 ı Velum 77 
Trichoptera 322*, 323, 325 | Venus 200* 

Trichter 232, 233*, 249, 250* | Verbindungsplatten 174 
Tridacna 199 Verbindungsporen 174 


Trieonia 207*, 211 Verbreitung, geographische 
oO OO [o) 


Uintacrinidae 129* 
Uintacrinus 122*, 135, 136 
Unio 198 

 Unionidae 207 

| Unterkiefer 232 

Urda 288* 

Urdaidae 288* 

Urolichas 299 

ı Uroneetes 271* 

ı Uropoden 288, 239 


Trigoniidae 206, 213 der Nummuliten 40, 41”, 
IrlobitatL. 122,273, 2742 742 


279, 288, 295, 296, 
298*, 299, 300, 305, 
307, 308 


907 | 
2I7T, 
306, 


Vermes 109* 
Vermetidae 26*, 110, 216, 
222 


Trilobitenlarve 282”, 283 | Vermetus 26*, 218 
Trilobitenpanzer 11, 12* Verrucidae 279 


Triloculina 35* Verruculina 57* 


— 


Versteinerungsprozeß 6—8 
Verzierungen 26, 28 

ı Vibracula 172 

Vierachser 61 

Vierstrahler 56*, 60 
Virgula 73, 75, 76* 
Vitrocalcarea 32, 38 
Vivipara 26* 

Vola 211, 213*, 214, 232 
Volborthella 237, 254, 256 
Voluta 215* 

ı Volutidae 215*, 224 


Waagenoceras 245* 

ı Wachstumsstadien 27 
Wangen 280* 

ı Wangenstacheln 281 

ı Wanzen 321 

ı Warzen 147 

| Wassergefäßsystem 112 

‚ Wasserläufer 319 
 Weberspinnen 310* 

ı Wehrpolypen 73, 75 
Wespen 323 
Wohnkammer 233, 241, 250 
ı Würmer 109 

ı Wurzelschopf 54, 58, 59, 
2 0, 02 


Xenophya 47 

Xenophyophora 47, 51 

Xiphosura 305, 506”, 308, 
314 

Xylophyma 208 


Zahnalveolen 201, 206” 
Zähne 26, 27, 149, 178, 201 
 Zahngrube 178, 201, 276 
 Zahnstruktur 8* 
 Zaphrentidae 91*, 94, 101 
Zaphrentis 91* 

Zeittabelle 17, 18 
 Zentralplatte 144 

ı Zentrodorsalplatte 117, 121 
Zittel 3 

Zoantharia 78, 84, 104 
Zoanthiniaria 84, 105 

, Zoarien 171 

, Zooecium 172 

Zooide 68, 71*, 72 
/Zweistrabler 55 
Zwischenskelett 35, 39, 40 
 Zygophiurae 143, 144, 145*, 
Zyklen 115 [164 


Verlag von B.G. Teubner in Leipzig und Berlin 


Geograpnische Abhandlungen, herausgegeben von Geh. Reg.-Rat. Prof. Dr. 


AlbrechtPenck in Berlin. In zwanglosen, einzeln 
käuflichen Bänden bez. Heften. Mit vielen Abbildungen, Karten und Plänen. gr. 5. Geh. 


I. Band. 3 Hefte. 1836/87. 20..— VI. Band. 3 Hefte (m. Atlas). 1896/98. #1. 39.7 
II. Band. 3 Hefte. 1887/88. ui. 23.— VII. Band. 4 Hefte. 1900/06. ‚M.16.20 
III. Band. 3 Hefte. 1558/89. . 21.— VIII. Band. 3 Hefte. 1902/05. M.22. 
IV. Band. 2 Hefte. 1889/90. . 20.— IX. Band. 1907. 1. Heft. 2. Heft je dl. 6. 
V. Band. 5 Hefte. 1891/96. . 20.— 3. Heft [Unter der Presse). 


(Die Sammlung wird fortsgesetzt.) 


Die „Geographischen Abhandlungen‘ bilden eine Serie wissenschaftlicher Untersuchungen 
aus dem Gesamtgebiete der Geographie, gewissermaßen eine Sammlung von Monographien, welche 
sonst selbständig erschienen wären. Ihr Gegenstand ist sowohl dem Bereiche der allgemeineu 
Erdkunde wie auch dem der Länderkunde, dann und wann dem der Geschichte der geographi- 
schen Wissenschaft entnommen. Ihre Herausgabe wurde von der Absicht geleitet, durch ihr 
Erscheinen namentlich bestimmte fühlbar gewordene Lücken auszufüllen. Es tragen daher die 
‚Geographischen Abhandlungen‘ zielbewußt zu einem systematischen Ausbau der Geographie bei. 


Die einzelnen Abhandlungen werden zwanglos in Heften herausgegeben; Hefte ver- 
wandten Inhalts werden zu Bänden vereiniet. Jährlich wird mindestens ein Heft und nicht 
mehr als ein Band erscheinen. — Ausführlicher Prospekt umsonst und postfrei vom Verlag. 


Die Polarwelt und deren Nachbarländer. }°* ?:; Otto Nordenskjöid, 


Professor der Geographie 
an der Universität Gothenburg. Mit Abbildungen. [ca. 200 S.] gr.8. 1909. Geh. und in 
Leinwand geb, [Unter der Presse.] 


So bedeutungsvoll die wissenschaftliche Erforschung der Polargebiete ist und so groß 
hier gerade in der letzen Zeit unsere Fortschritte sind, bis jetzt fehlt es in der Literatur an 
einem Werke, das diese polare Natur in ihren charakteristischen Zügen schildert und die 
Ergebnisse der Forschungsexpeditionen von einem geographischen, zusammenfassenden Gesichts- 
punkte populär darstellt. Diese Lücke wenigstens teilweise auszufüllen, war die Absicht dieser 
Arbeit, die aus einer Reihe von populärwissenschaftlichen Vorlesungen an der Universität Gothen- 
burg hervorgegangen ist. Da der Verfasser seit 15 Jahren diese Natur durch Reisen in polaren 
und subpolaren Regionen studiert und die meisten hier geschilderten Gebiete im Norden und 
Süden selbst besucht hat, werden in erster Linie solche Fragen behandelt, die für ihn selbst 
oder für Expeditionen, an denen er teilgenommen hat, Hauptgegenstände für Forschungen waren, 
aber selbstverständlich in direktem Vergleich mit den Ergebnissen anderer wissenschaftlicher 
Forschungen und Reisen. Unter solchen Fragen sei zu erwähnen die Landschaften der jetzt 
oder früher vereisten Gebiete, aber auch ihre Entwicklunssgeschichte, Tiere und Pflanzen, die 
Bewohner und als die äußerste Bedingung zu allem das Klima. Alles dies will die Arbeit 
populärwissenschaftlich vorlegen und dabei sowohl das schon Bekannte zusammenfassen als 
auch neues und wenig bekanntes oder wenigstens schwer zugängliches Material bringen. 


n Erlebnisse und Beobachtungen eines Naturforschers in China, Japan 
Ostasienfahrt. und Ceylon. Von Dr. Franz Doflein, Professor der Zoologie an der Uni- 
versität München und II. Konservator der Bayr. Zool. Staatssammlung. Mit zahlreichen 
Abbildungen, S Tafeln und 4 Karten. [XIII u.512 S.] gr. 8. 1906. In Leinw. geb. 4. 13.— 


„Als geistreicher Beobachter hat Doflein sein Spezialgebiet, die Meeresfauna (vor allem 
die der Tiefen), ergründet, als feinfühliger Schilderer Land und Leute gezeichnet und so ein 
Buch geschaffen, das für Forscher und Laien gleich anziehend ist. Die Ausstattung ist vornehm, 
die zahlreichen Abbildungen interessant und dezent zugleich, viele von hervorragender Schönheit. 
... Wohl hat der Autor selbst hinterher erkannt, daß manches von dem, was er ‚entdeckt‘ 
zu haben glaubte, schon bekannt war; doch beweist das nicht gerade die Güte seiner selfmade 
man-Beobachtungen? Auch wird der Spezialist noch vieles Neue darin finden, exakte Beobach- 
tungen sowohl als geistreiche Interpretationen. Vor allem schildert er den Flug der Lepidopteren 
und ihr Verhältnis zu den Vögeln, die Termitenbauten mit ihren ‚Pilzgärten‘ und last not least 
die Weberameise, ‚das einzige Tier, welches ein Werkzeug benutzt‘. (Deutsch. Ent. Zeitung.) 


„Ein echter Naturforscher mit offenem Auge und tiefem Empfinden ist es, der uns in diesem 
Buch seine abenteuerliche Fahrt nach Ostasien schildert.... In klarer, dem Laien stets ver- 
ständlicher Darstellung rollt er in seinem Werke die Probleme der biologischen Meeresforschung 
auf und führt den Leser mitten hinein in eine an wunderbaren Anpassungsformen und an 
prächtigen Farben reiche Lebensgemeinschaft, in die Tierwelt des ‚Stillwassers‘ und der eigent- 
lichen Tiefsee. Ein gleiches Interesse weiß er aber auch für die Landfauna und Flora Japans 
und insbesondere für das Vogel- und Insektenleben des ceylonesischen Dschungels zu erwecken. 
Indessen nicht nur auf einem eigenen Arbeitsfelde zeigt sich der Verfasser als selbständiger 
Beobachter und meisterhafter Darsteller: seine poesievollen Landschaftsschilderungen sind ebenso 
fesselnd wie die von selbständigem Urteil getragenen kunst- und kulturhistorischen Ausfüh- 
rungen und wie die sicher sehr beherzigenswerten, vorurteilsfreien politischen Betrachtungen 
über das Wollen und Können der japanischen Nation und über die Kolonialarbeit der Briten. 
-.. Kurz es wird unter den neueren Reiseschilderungen wenige geben, welche so mannigfaltige 
Anregungen gewähren und, ohne Absicht und Berechnung, in dieser Vielseitigkeit dem Ge- 
schmack der verschiedensten Leserkreisen entgegenkommen.“ (Deutsche Literaturzeitung.) 


Verlag von B.G. Teubner in Leipzig und Berlin 


- r Von €. Lloyd Morgan, F. R. S., Professor der Zoologie 
Instinkt und Gewohnheit. am University Goles in Bristol. Autorisierte ee 
Übersetzung von Maria Semon. Mit einem Titelbild. [VILu. 396 S.] gr.8. 1909. Geh. 

HM. 5.—, in Leinwand geb. AL 6.— 

Unter den tierpsychologischen Werken €. Lloyd Morgans zeichnet sich das vorliegende, das 
hier als erstes in deutscher Übersetzung erscheint, durch die Fülle des mitgeteilten Tatsachen- 
materials aus. Am eingehendsten hat sich Morgan darin mit den instinktiven und den auf indivi- 
dueller Erfahrung beruhenden Regungen neugeborener Vögel der verschiedensten Gruppen be- 
schäftigt, daneben auch mit denen junger Säugetiere. Unter den Beispielen aus der Insektenwelt 
fällt der Hauptanteil in diesem Werk nicht den vielbehandelten Bienen und Ameisen zu, es findet 
vielmehr eine weitgehende Berücksichtigung der anderen Ordnungen, besonders der Käfer und 
Schmetterlinge statt. An der Hand des reichhaltigsten Beobachtungsmaterials sowie durch eine 
Reihe von Experimenten wird festgestellt, welche komplizierten Fähigkeiten ein Geschöpf fix und 
fertig, d.h. also als Instinkt mit auf die Welt bringt, und was das Tier erst durch häufig wieder- 
holte Ausübung im individuellen Leben lernen muß, damit es ihm auf dem Wege der Erfahrung 
zur Gewohnheit wird. Ks wird sodann der Einfluß der Verstandestätigkeit, ferner der Nach- 
ahmung auf die Erwerbung von Gewohnheiten untersucht, die Beziehung der Affekte zu den 
Instinkten erörtert. Die Vergleichung der körperlichen Entwicklung mit der geistigen führt zu der 
Frage, ob erworbene Eigenschaften vererbt werden können, und diese Frage wird im Schluß- 
kapitel in derengeren Fassung untersucht, ob beim Menschen individuell erworbene Gewohnheiten 
durch Vererbung instinktiv werden können. — Das Buch schließt mit einem Ausblick auf den 
Fortschritt der menschlichen Rassen und Gesellschaft und zieht zu diesem Thema verschiedene 
Äußerungen geistig hervorragender Persönlichkeiten heran. 

F n Von Th. Hunt Morgan, Professor an der Columbia- 
Experimentel le Zoologie. Universität New York, ; Deutsche vom Verfasser autori- 
sierte, vermehrte und verbesserte Ausgabe, übersetzt von Helene Rhumbler. Mit Ab- 
bildungen. [X.u.5708.] gr S. 1909. Geh. und in Leinwand geb. [Erscheint im Aug. 1909.] 

Während in Deutschland die experimentelle Forschung der auf die Gestaltungsformen 
der Tierwelt einwirkenden äußeren Faktoren erst in den letzten Jahren mit Eifer in Angriff 
genommen wurde, hat dieser modernste und aussichtsreichste Zweig der biologischen Wissenschaft 
in den Vereinigten Staaten schon seit langem einen hohen Aufschwung genommen. Vor allem 
waren es die Arbeiten von Th. Hunt Morgan, der nicht nur als Lehrer und Leiter, sondern auch 
als Verfasser zahlreicher Spezialwerke auf diesem Gebiete Amerika den unbestrittenen Vorrang 
sicherte. Das vorliegende Buch behandelt in 6 Abschnitten folgende 'T’hemata: Experimental- 
Studium 1. der Entwicklung; 2. des Wachstums; 3. der tierischen Pfropfungen und Verwachsungen; 
4. des Einflusses der Umgebung auf den Kreislauf der Lebensformen ; 5. der Geschlechtsbestimmung; 
6. der sekundären Geschlechtsmerkmale. Wie in Amerika, dürfte es sich auch in Deutschland 
rasch Freunde erwerben, ist es doch das erste umfassende Lehrbuch der experimentellen Zoologie, 
das in deutscher Sprache erscheint. Der Hauptwert des Werkes beruht vor allem auf der 
kritischen Zusammenstellung wissenschaftlich feststehender 'latsachen. Das Theoretische be- 
schränkt sich nur auf das notwendigste Maß. Die reichhaltigen, gut disponierten Kapitel sind 
für den, der tiefer in die behandelten Probleme eindringen will, mit ausführlichen Literatur- 
angaben versehen, so daß das Werk sowohl bei Studierenden der Naturwissenschaften wie bei 
Lehrern und Universitätsdozenten auf eine freundliche Aufnahme rechnen darf. 


Die Metamorphose der Insekten Von Dr. P. Deegener, Professor und 
. Assistent am Zoologischen Institut der 
Universität Berlin. [IV u.56 S.] gr. 8. 1909. Steif geh. #1. 2. 

Die vorliegende Arbeit stellt sich die Aufgabe, das Auftreten eines Puppenstadiums in 
Abhängigkeit von der Entstehung bestimmt gestalteter Larven zu erklären. Der Unterschied 
zwischen holometabolen Insekten einerseits und hemimcetabolen und epimorphen andrerseits 
beruht nicht in erster Linie auf dem Vorhandensein eines Puppenstadiums, weil dieses erst 
durch die besondere Gestaltung der Jugendformen bedingt erscheint. Es werden daher die 
Jugendformen der holometabolen Insekten mit den übrigen Jugendformen eingehend in Vergleich 
gestellt und deren genetisches Verhältnis zu ilıren Imagines untersucht. Dabei ergibt sich, daß 
die Jugendformen der Holometabolen sekundär einen Entwicklungsweg eingeschlagen haben, 
welcher sie von der geradlinigen Entwicklung zur Imago weit abführte; diese letztere wurde 
somit temporär unterbrochen und beginnt erst wieder mit der Vorbereitung zum Übertritt in 
das erste Iınaginalstadium, die Puppe. Die erste Larve erscheint bei kritischer Bewertung ihrer 
Organisation phylogenetisch von einem imaginiformen Jugendstadium ableitbar, die Imagio ist 
phylogenetisch älter als die echte Larve, obwohl sie ontogenetisch aus der Larve hervorgeht. 


Anleitung zur Kultur der Mikroorganismen Y,:. von 


zoologischen, botani- 
schen, medizinischen und landwirtschaftlichen Laboratorien. Von Dr. Ernst Küster, Privat- 
dozent für Botanik in Halle a.S. Mit 16 Abbildungen im Text. [VIu. 201 S.] gr. S. 
1907. In Leinwand geb. n. MH. T.— 

Das Buch gibt eine Anleitung zum Kultivieren aller Arten von Mikroorganismen (Pro- 
tozoen, Flagellaten, Myzetozoen, Algen, Pilzen, Bakterien), bringt eine Übersicht über die wich- 
tigsten Methoden zu ihrer Gewinnung und Isolierung, behandelt ihre Physiologie, insbesondere 
die Ernährungsphysiologie, soweit ihrer Kenntnis für Anlegen und Behandeln der Kulturen un- 
erläßlich ist, und versucht zu zeigen, in wie mannigfaltiser Weise die Kulturen von Mikroben 
für das Studium ihrer Entwicklungsgeschichte, Physiologie und Biologie verwertet werden 
können und verwertet worden sind 


Verlag von B.G Teubner in Leipzig und Berlin 


Aus Natur und Geisteswelt. 


Sammlung wissenschaftlich -gemeinverständlicher Darstellungen 
aus allen Gebieten des Wissens in Bänden von 70—1S0 Seiten. 
In erschöpfender und allgemein-verständlicher Behandlung werden in abge- 
schlossenen Bänden auf wissenschaftlicher Grundlage ruhende Darstellungen 
wichtiger Gebiete in planvoller Beschränkung aus allen Zweigen des Wissens 
geboten, die vonallgemeinem Interessesind und dauernden Nutzen gewähren. 


Jeder Band geh. M. 1.—, in Leinwand geb. M. 1.25. 


Erschienen sind ca. 260 Bde. aus den verschied. Gebieten, u. a: 


Auerbach, F., Die Grundbegriffe der modernen Naturlehre. 2. Auflage. 
Mit 79 Abbildungen. 

Eckstein. K., Der Kampf zwischen Mensch und Tier. 2. Aufl. Mit 51 Abb. 
Goldschmidt, R., Die Tierwelt des Mikroskops (die Urtiere). Mit 39 Abb. 
Die Fortpflanzung der Tiere. Mit 77 Abbildungen. 

Gutzeit, E., Die Bakterien im Kreislauf des Stoffes. Mit 13 Abb. 
Hennings, K., Tierkunde. Eine Einführung in die Zoologie. Mit 34 Abb. 
Hesse, R., Abstammungslehre und Darwinismus. 3. Aufl. Mit 37 Abbildungen. 
Janson, O., Meeresforschung und Meeresleben. 2. Aufl. Mit 41 Abbildungen. 
Keller, K., Die Stammesgeschichte unserer Haustiere. Mit 28 Abbildungen. 


Knauer, Fr., Zwiegestalt der Geschlechter in der Tierwelt (Dimorphismus). 
Mit 37 Abbildungen. 


Die Ameisen. Mit 61 Abbildungen. 

Kraepelin, K., Die Beziehungen der Tiere zueinander und zur Pflanzenwelt. 

Küster, E., Vermehrung und Sexualität bei den Pflanzen. Mit 38 Abb. 

Lampert, K., Die Welt der Organismen. Mit zahlreichen Abbildungen. 

Maas, O., Lebensbedingungen und Verbreitung der Tiere. Mit Karten und 
Abbildungen. 

May, W., Korallen und andere gesteinsbildende Tiere. Mit 45 Abbildungen. 

Miehe, H., Die Erscheinungen des Lebens. Grundprobleme der modernen 
Biologie. Mit 40 Abbildungen. 

Oppenheim, $., Das astronomische Weltbild im Wandel der Zeit. Mit 
24 Abbildungen 

Reukauf, E., Die Pflanzenwelt des Mikroskops. Mit 100 Abbildungen in 
165 Einzeldarstellungen nach Zeichnungen des Verfassers. 

Scheiner, J., Der Bau des Weltalls. 2. Auflage. Mit 24 Abbildungen. 

Teichmann, E., Der Befruchtungsvorgang, sein Wesen und seine Be- 
deutung. Mit 7 Abbildungen und 4 Doppeltafeln. 

Verworn, M., Mechanik des Geistesleben. Mit 11 Abbildungen. 

Voigt, A., Deutsches Vogelleben. 

Zacharias, O., Das Süßwasser-Plankton. Einführung in die freischwebende 

Organismenwelt unserer l'eiche, Flüsse und Seebecken. Mit 49 Abb. 


Ausführlicher illustrierter Katalog umsonst und postfrei vom Verlag. 


Verlag von B.G. Teubner in Leipzig und Berlin 


Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie °irschlietlich Rassen 
Hygiene. Eine deszendenztheoretische Zeitschrift für die Erforschung des Wesens von Rasse 
und Gesellschaft und ihres gegenseitigen Verhältnisses, für die biologischen Bedingungen 
ihrer Erhaltung und Entwicklung sowie für die grundlegenden Probleme der Entwicklungs- 
lehre, Redigiert von Dr. A. Ploetz in München. VI. Jahrgang 1909. Jährlich 6 Hefte im 
Umfange von etwa 8—10 Bogen. Jährlich N. 20.— 


Das Archiv für Rassen- und Gesellschafts-Biologie, das mit dem VI. Jahrgang in den 
Teubnerschen Verlag übereing, will eine deszendenztheoretische Zeitschrift sein „für die Erforschung 
des Wesens von Rasse und Gesellschaft und ihres gegenseitigen Verhältnisses, für die biologischen 
Bedingungen ihrer Erhaltung und Entwicklung sowie für die grundlegenden Probleme der 
Entwicklungslehre“. Speziell beim Menschen gehören in die Rassenbiologie alle Betrachtungen 
über Geburten- und Sterbeziffer, Aus-, Ein- sowie Binnenwanderung und daraus resultierende 
Veränderungen der Rassen, über Fortpflanzung, Variabilität und Vererbung, über Kampf ums 
Dasein, Auslese und Panmixie, über wahllose Vernichtung und kontraselektorische Vorgänge, über 
direkte Umwandlung durch Umgebungseinflüsse, über die Ungleichheit der etwaigen verschiedenen 
Rassen in bezug auf Entwicklungshöhe, über ihren Kampf ums Dasein gegeneinander sowie 
über die aus allen diesen Faktoren sich ergebenden Konsequenzen für die Erhaltung und Ent- 
wicklung einer Rasse, für die Rassenhygiene, mögen sie die einzelnen, die Familie, Gesellschaften 
oder Staaten betreffen, mit allen ihren Ausstrahlungen auf Moral, Recht und Politik. — Das 
Phänomen der Gesellschaft ist von dem der Rasse verschieden. Beim Menschen sind Gesellschaft 
und Rasse zwei vielfach in- und durcheinander geschobene Gruppierungen, die sich gegenseitig 
stark beeinflussen. Auch die Gesellschaft hat eine biologische Grundlage und baut ihre Funk- 
tionen auf die Organtätigkeiten der sie bildenden Individuen auf. Somit muß es auch bio- 
logische Bedingungen der Erhaltung und Entwicklung einer Gesellschaft geben, also auch 
optimale für ihre sicherste Erhaltung und beste Form (Gesellschafts-Hygiene), die ebenfalls noch 
der wissenschaftlichen Diskussion offen sind. Ausführliche Literaturberichte sowie Notizen über 
hervorragend wichtige politische und kulturelle Ereignisse und Tendenzen sind jedem Archiv- 
heft beigefügt. 


r Illustrierte naturwissenschaftliche Monatsschrift, 
Himmel und Erde. herausgegeben von der Gesellschaft Urania Berlin, redigiert von 
Dr. P. Schwahn. XXI. Jahrgang. 1909. Jährlich 12 Hefte. Vierteljährlich #2. 3.60. 

Die von der „Urania“ zu Berlin im Jahre 1888 gegründete naturwissenschaftliche Monats- 
schrift „Himmel und Erde“ ist von Beginn ihres Erscheinens ab bemüht gewesen, ihren Lesern 
die gewaltige Entwicklung der Naturwissenschaft und Technik mit erleben zu lassen durch 
Wort und Bild. Beredtes Zeugnis dafür legt der Inhalt der bisher erschienenen 20 Jahrgänge 
ab. Bei jeder weiteren Vervollkommnung und Ausgestaltung der Zeitschrift blieb glücklicher- 
weise ihr populär-wissenschaftlicher Charakter gewahrt. Daß dieser gelungen, beweist der treue 
Leserkreis. 

Interessenten stehen Probehefte sowie ausführlicher Prospekt, der über die Reichhaltigkeit 
des Inhaltes Aufschluß gibt, gern kostenlos und portofrei zur Verfügung. 


Monatshefte für den naturwissenschaftlichen Unterricht 


aller Schulgattungen. Herausgegeben von B. Landsberg in Königsberg i. Pr. und B. Schmid 
in Zwickau. II. Jahrgang. 1909. Jährlich 12 Hefte zu je 48 Druckseiten. Preis halbjährl. #. 6. — 


Die Monatshefte wollen — wie bisher die Zeitschrift „Natur und Schule“, die ihr Er- 
scheinen eingestellt hat, — dem naturwissenschaftlichen Unterricht aller Schulen dienen und 
allen naturwissenschaftlichen Fächern (Zoologie, Botanik, Anthropologie, Physik, Astronomie, 
Chemie, Mineralogie, Geologie und Geographie, soweit diese Naturwissenschaft ist) ihre Aufmerk- 
samkeit zuwenden. Ganz besonders werden die Monatshefte es sich angelegen sein lassen, in allen 
diesen Fächern neben der theoretischen auch die praktische Seite (so namentlich die Schülerübungen 
auf allen Gebieten sowie die Frage der wissenschaftlichen Ausflüge, Schulgärten, Aquarien, 
Terrarien usw.) zu pflegen. Die philosophische Zuspitzung unserer Unterrichtsfächer sowie 
allgemein-pädagogische Fragen des Unterrichts, der Erziehung und der Hygiene sollen eben- 
falls in dieser Zeitschrift, die der intellektuellen, moralischen und künstlerischen Erziehung 
unserer Jugend soweit als möglich Rechnung tragen wird, eine Stätte finden. Des Ferneren 
wird sie bestrebt sein, sich unentwegt in den Dienst einer gesunden Reform des naturwissen- 
schaftlichen Unterrichts und der Lehrerbildung zu stellen, um ihrerseits zur Lösung dieser 
auch in nationaler Hinsicht wichtigen Frage, die der Mitarbeit aller Fachmänner bedarf, bei- 
zutragen. Über neueste Forschungsergebnisse und wichtige Probleme soll regelmäßig berichtet 
werden. Die Bücherbesprechungen erstrecken sich auf alle auf dem naturwissenschaftlichen 
Gebiete sowie auch auf dem Gebiete der allgemeinen Pädagogik und der Philosophie erscheinen- 
den Werke, und namentlich sollen solehe herangezogen werden, die den Interessen der Schule 
besonders dienen. Mit großer Aufmerksamkeit wird die Zeitschrift die auf den einzelnen Ge- 
bieten erscheinenden Lehrmittel verfolgen, um den Lesern ein klares Bild über die wichtigsten 
Erzeugnisse zu bieten. ? 


Probehefte auf Verlangen umsonst und postfrei vom Verlag. 


Verlag von B. G. Teubner in Leipzig. und Berlin 


N + 


WISSENSCHAFT uno HYPOTHESE 


Sammlung von Einzeldarstellungen 
aus dem Gesamtgebiet der Wissenschaften mit besonderer 
Berücksichtigung ihrer Grundlagen und Methoden, 
ihrer Endziele und Anwendungen. 


J 


Es ist ein unverkennbares Bedürfnis unserer Zeit, die in den 
verschiedenen Wissensgebieten durch rastlose Arbeit gewonnenen _ 
Erkenntnisse von umfassenden Gesichtspunkten aus im Zusammen- 
hang miteinander zu betrachten und darzustellen. Nicht um 


spezielle Monographien handelt es sich also, sondern um Dar- 


stellung dessen, was die Wissenschaft erreicht hat, was sie früher 
oder später noch erreichen kann, und welches ihre wesentlichen 


und aus der Tiefe ihres Wirkens entspringenden Probleme sind. 


Die Wissenschaften in dem Bewußtsein ihres festen Besitzes, in 
ihren Voraussetzungen darzustellen und) ihr pulsierendes Leben, 
ihr Haben, Können und Wollen aufzudecken, soll die Aufgabe 
sein; andrerseits aber soll in erster Linie auch auf die durch die 


Schranken der Sinneswahrnehmung und der Erfahrung überhaupt 


bedingten Hypothesen hingewiesen werden. 


I. Band: Wissenschaft und Hypothese. Von Henri Poin- 
care, membre de Institut, in Paris. Autorisierte deutsche Ausgabe 
mit erläuternden Anmerkungen von L. u. F.Lindemann. 2. ver- 
besserte Auflage. 1906. Geb. M 4.80. 


Dies Buch behandelt in den Hauptstücken: Zahl und Größe, den Raum, 
die Kraft, die Natur, die Mathematik, Geometrie, Mechanik und einige Kapitel 
der Physik. Zahlreiche Anmerkungen des Herausgebers kommen dem allgemeinen 
Verständnis noch mehr entgegen und geben dem Leser wertvolle literarische 


“ Angaben zu weiterem Studium, 


U. Band: Der Wert der Wissenschaft. Von Henri Poin- 
car&, membre de I’Institut, in Paris. Mit Genehmigung des 
Verfassers ins Deutsche übertragen von E. Weber. Mit An- 
merkungen und Zusätzen von Prof. H. Weber in Straßburg. Mit 
einem Bildnis des Verfassers. 1906. Geb. M 3.60. 

Der geistvolle Verfasser gibt einen Überblick über den heutigen Standpunkt 
der Wissenschaft und über ihre allmähliche Entwicklung, wie sie sowohl bis jetzt 
vor sich gegangen ist, als wie er sich ihre zukünftigen Fortschritte denkt. Das 
Werk ist für den Gelehrten zweifellos von größtem Interesse, durch seine zahl- 
reichen Beispiele und Erläuterungen.wird es aber auch jedem modernen Gebil- 
deten zugänglich gemacht. 


ee ne RE 


Darstellung ee N RR. Be 


Sonnensystem. Von G. H, Darwin in Cambridge. 


a il 
III. Band: Mythenbild gu 


über die Grundlagen der Philoso 
(reb. A 5% Kg: \ E } RR 


Der Verfasser zeigt, daß erst duch ja 
zur Mythenbildung führenden Verhalten unve nel 
auf die ER aufmerksam wird, daß sein, ’ 


sierte deutsche Ausgabe ee ‚von. Prof, Dr. 
1908. Geb. # 5.— RR RE N 


In der vom Verfasser und Une erweiterten. 
wohl nicht nur den Mathematikern ein Gefallen erwiesen, 
den vielen, welche mit elementaren mathematischen Vork 
Ziele und Methoden der nichteuklidischen Geometrie kenne f 
wird in der elementar gehaltenen und flüssigen Darstellung die Antwo: 
Fragen finden, wo andere nur dem gründlich us M 
gängliche Quellen versagten. we ” 


IV; Band: Ebbe und Flut, sowie ae isch. ; r 


deutsche Ausgabe nach "der zweiten ‚englischen . 4 
A.Pockels. Mit einem Einführungswort von G, v. N um 
und 43 Illustrationen. 1902. Geb. M 6. 80% : 


Nach einer Übersicht über die Erscheinungen . der Ebbe na lut, 
schwankungen, der besonderen Flutphänomene, sowie der Beobachtungsı 
werden in sehr anschaulicher, dürch Figuren erläuterter Weise die fl 
den Kräfte, die Theorien der Gezeiten sowie die Herstellung von RL 
erklärt. Die ee Kapitel sind geophysikalischen ‚und astronomis« 
Fragen, die mit der nwirkung der ee a die a samı 
hängen, gewidmet. We u 


Energiebegrifis, die a des en nebst einer Üt 
und Kritik über die versuchten Beweise; schließlich die Da San ma; 


neue gelangen kann. 


VL. Band: Grundlagen der Geometrie. Von D. ri 
Göttingen. 3. durch Zusätze und Literaturhinweise von ne 1 
vermehrte und mit sieben Anhängen versehene ee 


Geb. AM 6. SEE 2 Eh, 


Diese Untersuchung ist ein Versuch, für die Geometrie ein oa 
und möglichst einf aches System von Axiomen aufzustellen und aus demsel 
die wichtigsten geometrischen Sätze in der Weise. abzuleiten, daß dabei die 
deutung der verschiedenen Axiomgruppen und dıe Tragweite der aus den einzel 
Axiomen zu ziehenden Folgerungen klar zutage tritt, 


E Paris. "Deutsch von F. und L. Lindemann-München. | 


"Der Verfasser hat versucht, in diesem Buche eine zusammenfassende Übersicht über den Stand 
_ unseres Wissens in Mathematik, Physik und Naturwissenschaften in den ersten Jahren des 20. Jahr- 
hunderts zu geben. Eine kurze, mit historischen Bemerkungen begleitete Darstellung des gegenwärtigen 
‚Standes dieser Wissenschaften, ihrer Methoden und ihrer Ziele vermag besser als abstrakte Ab- 
 handlungen verständlich zu machen, was die Gelehrten suchen, welche Vorstellung man sich von den 
genannten Wissenschaften bilden soll und was man von ihnen erwarten kann, Man findet in ..diesem 
uche die verschiedenen Gesichtspunkte, unter denen man heute den Begriff der wissenschaftlichen 
Erklärung betrachtet, ebenso wie die Rolle, die hierbei die Theorien bilden, eingehend erörtert. 


' Wissenschaft und Religion. Von E. Boutroux, membre de l’Institut-Paris. 
Deutsch von E Weber-Straßburg. 


vo Wer sich eingehender mit der Philosophie unserer Zeit beschäftigt hat, dem kann der Name 
r“ Emile Boutroux nicht fremd sein, und er wird auch hier wieder seine Erwartungen in reichem Maße 
erfüllt sehen. Aber auch für den Laien ist das Werk von höchster Bedeutung. Ist doch gerade die 
'- Frage nach den Beziehungen zwischen Wissenschaft und Religion ein Problem, mit dem sich wohl 
jeder denkende.Mensch schon beschäftigt hat, und über das er gerne einigen Aufschluß haben möchte. 
Boutroux zeigt uns in klarer und anschaulicher Weise die Ideen einiger der, größten Denker 
über diesen Punkt. Er,übt aber auch strenge Kritik und verhehlt uns nicht alle die Schwierigkeiten 
und Einwendungen, die sich gegen jedes dieser Systeme erheben lassen. 
5 ‘Wie sehr sich das Werk auch für einen deutschen Leserkreis eignet, geht schon daraus her- 
von daß ein großer Teil der darin besprochenen Philosophen Deutsche sind, 


’ 


Unter der Presse: 


" Erkenn nistheoretische Grundzüge der Naturwissenschaften und ihre Beziehungen 
ar zum Geistesleben der Gegenwart. Allgemein wissenschaftliche Vorträge. 
j Von P. Volkmann-Königsberg L.er 


"Probleme der Wissenschaft: Von F.Enriques-Bologna. Deutsch von K. Grellin g- 
Göttingen. 


In Vorbereitung befinden sich (genaue Fassung des Titels bleibt 
vorbehalten): : 


_ Anthropologie und Rassenkunde. Von Die Vorfahren und die Vererbung. Von 
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Die Erde als Wohnsitz des Menschen. _ Jena. 


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Köhler-Berlin. stammungslehre. Von H. Potonie- 


Die pflanzengeographischen Wandlungen Berlin. 
der deutschen Landschaf. Von H. Mensch und Mikroorganismen unter 
Hausrath-Karlsruhe. besonderer Berücksichtigung des Im- 


I t a munitätsproblems. Von H. Sachs- 
Reizerscheinungen der Pflanzen. Von Frankfurt a, M. 


L. Jost- Bonn-Poppelsdorf. 
J ; pP S Grundfragen der Astronomie, der Mecha- 


Geschichte der Psychologie. Von O. nik und Physik der Himmelskörper. 


Klemm -Leipzig. Von H. v. Seeliger- Wien. 
Die Materie im Kolloidalzustand. Von Meteorologische Zeit- und Streittragen. 
V. Kohlschütter-Straßburg i. E. Von R. Süring-Berlin. 


Die Sammlung wird fortgesetzt. 


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a \Von H. Braus- Heidelberg. Die wichtigsten Mobleine der Minera-. 


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