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A^^^4^y^»_
liEHBBIJCH
der
pathologischen Anatomie
« •
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• M • •
Dr. AUGUST FÖRSTER,
angserordentlichem Professor der Hedicin an der UniTersitit za OStUngen.
Mit 4 Kupfertafcin, X^j^:;^ — ^^jk^
Dritte, umgearbeitete Auflage.
Jena»
Druck und Verlag von Friedrich Hauke.
1853.
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• • •
I
.,1 \
F44
Vorrede
zur ersten Auflage,
JDei Bearbeitung dieses Lehrbuches stellte ich mir die Auf-
gabe, eine gedrängte Zusammenstellung der Lehren der
pathologischen Anatomie vom Standpunkt der naturwissen-
schaftlichen Methode aus zu geben. In der Einleitung
habe ich die Bedeutung der pathologischen Anatomie , ihre
Aufgabe und Grenzen festzustellen versucht. Im allgemei-
nen Theile suchte ich die Natur der anatomischen Verän-
derungen 9 welche überhaupt im menschlichen Körper vor-
kommen , nach dem Stande der bisherigen UntersiKhungen
darzustellen ; pathologische Physiologie und Aettologfe
wurden nur vorübergehend berücksichtigt und alle nicht auf
Thatsachen füssende Hypothesen weggelassen. Zur SchU-
derung der Texturveränderungen und Neubildungen konnte
ich mich grSsstentheils auf eigene Untersuchungen stützen,
die beigegebenen AbbUdungen sind eignen Zeichnungen ent-
/
nommen, welche ich in den letzten Jahren anfertigte. Im
speciellen Theile folgt der Nachweis der besprochenen Ver-
änderungen an den einzelnen Organen des Körpers. Es
kam mir dabei weniger darauf an, eine detaillirte Beschrei-
bung der veränderten Farbe, Gestalt, Consistenz u. s. w.
zu geben, als eine genaue Schilderung der einfachen Vor-
gänge, durch welche Jene äusserlichen Eigenschaften be-
dingt sind./* Wenn die Diagnose einer anatomischen Ver-
änderung nach den äusseren Merkmalen nicht ein todtes
I Wissen sein soll, muss sie auf die Kenntniss der Natur
/ der Vorgänge gestützt sein , durch welche die äusseren
/ Merkmale bedingt sind.;>' Freilich hat man erst seit wenig
Jahren aufgehört, die pathologisch -anatomischen Präparate
als Krankheits - Individuen und deren Klassifikation als die
Aufgabe der pathologischen Anatomie zu betrachten und
es sind daher unsere, hauptsächlich auf das Mikroskop
und das Experiment gestützten , Kenntnisse von den Grund-
vorgängen, welche die anatomische Seite der Krankheiten
darstellen, noch sehr lückenhaft, um so mehr, als man
auch die Aetiologie erst vor kurzer Zeit aus den Banden
der Dogmen gerissen und ihre Bedeutung richtig erkannt
hat. Bei der Darstellung der einzelnen Veränderungen
^g ich soviel als möglich auf eigene Untersuchungen zu-
rück, suchte aber zugleich die in der pathologischen Lite-
ratur aufgehäuften Thatsachen in einer den Zwecken eines
Lehrbuchs angemessenen Vollständigkeit wiederzugeben.
Ich hielt es für unpassend , das Buch mit Autorennamen
und Citaten zu füllen ; in einem Lehrbuche kommt es nicht
auf Autoritäten , sondern auf Thatsachen an ; nur wo der
Name eine neue Richtung bezeichnet , oder wo die Anga-
ben schwanlcend erschienen oder als Einzelnheiten dastan-
den, fügte ich den Namen des Autors bei. Eine Aufzäh-
lung der besten Literatur wird dem, welcher Ausführli-
cheres nachlesen will, genOgen. Für den Gebrauch des
Buches will ich noch hinzufügen, dass, da ich Wieder-
holungen möglichst zu vermeiden suchte, ein öfteres Nach-
schlagen von einem Punkte zum anderen nochwendig sein
wird, dass besonders Vieles im allgemeinen TheOe seine
Ergänzung im specieUen findet, da Ja letzterer streng ge-
nommen nur eine Sammlung von Beispielen für den er-
steren ist. Ferner erwähne ich, dass ich eine genaue
Kenntniss der normalen Anatomie und Histologie voraus-
setze, da ohne diese ein Yerständniss der pathologischen
Veränderungen ganz unmöglich ist.
Die pathologische Anatomie ist ein Junger, unentwilc-
kelter Zweig unserer Medicin, ein Lehrbuch derselben
kann nur Keime und Fragmente bringen; es wird aber
den Studirendcn und Aerztcu eine kurze Zusammenstel-
lung der wenigen Thatsachen dennoch eine erwünschte
Gabe sein , da Ja den meisten Zeit und literarische Hülfs-
mittel fehlen , um sich die DetaUs der Wissenschaft selbst
mühsam zusammenzusuchen; auch mancher Fachgenosse
findet in diesem Lehrbuchc wohl einen willkommenen Leit-
faden für seine Vorlesungen.
VI
In dieser Hoffüung finde ich die äussere Hechtrerti-
gung zur Bearbeitung dieses Werkes, einer inneren Recht-
fertigung bedarf der Dienst der Wissenschaft, und wenn
es der Ideinste wäre, nicht, und habe ich der Wissen-
schaft wirklich einen Dienst erwiesen, so ist mein Zweck
erreicht; Anderes wollte ich nicht.
Der Verfasser.
Vorrede
zur zweiten Auflage.
Vei Bearbeitung dieser zweiten Auflage suchte ich häiq^i-
sächlich das Buch seiner Bestimmung als Lehrbuch m5g-
Hebst nahe zu .bringen , die Darstellung der Thatsachen
möglichst einfach zu halten und Discussionen über zweifel-
hafte Dinge , sowie Bemerkungen aus dem Gebiete der Kri-
tik zu meiden. Manches Mangelhafte wurde verbessert,
UnvoUstSndiges ergänzt und alle neuen, im Verlaufe des
letzten Jahres bekannt gewordenen, Thatsachen nachgetra-
gen. Möge auch diese Auflage der Wissenschaft eine'
Stütze sein und der wissenschaftlichen Medicin viele Jün-
ger gewhinen!
Jena im October 1851.
Der Verfasser.
Vorrede
zur dritten Auflage.
Mßas vorliegende Lehrbuch ist bestimmt, den Studirenden
der Medicin eine gedrängte Uebersicht des Inhaltes der pa-
thologischen Anatomie zu geben, damit sie, darauf ge-
stützt, ausführlichen Vorträgen in diesem Gebiete und den
Sectionen mit Nutzen folgen und RepeUtionen damit vor-
nehmen kSnnen. Das Bedürftiiss der practischen Aerzte
hatte ich bei Bearbeitung desselben weniger im Auge, doch
haben mir viele Kundgebungen gezeigt , dass auch lür sie
eine solche gedrängte Uebersicht nicht ohne Nutzen ist,
und darauf Rücksicht nehmend , habe ich dieser Auflage
Qtate von AbbUdungen aus den zugänglichsten BUderwer-
ken beigefügt. Bei der Darstellung versuchte ich , von ei-
genen Beobachtungen und Untersuchungen ausgehend, das
in der älteren und neueren Literatur angehäufte Material
in der möglichst concisen Form eines Lehrbuchs zu verar-
beiten; das, was mir eigen ist, musste dabei fast gänzlich
mit dem flremden Material verschmolzen werden, denn es
kam mir hier nicht darauf an , eigene Untersuchungen für
Fachgenossen in das Licht und zur Anerkennung zu brin-
gen, sondern einzig und allein darauf eine didaktisch -practi-
vin
sehe Bearbeitung der pathologischen Anatomie zu geben.
Nur auf Lösung dieser Aufgabe legte ich Wertb, und dass
mir dieselbe nicht ganz schlecht gelungen ist, zeigen mir
die sich nach dem ersten Erscheinen des Buches Jährlich
wiederholenden neuen Auflagen und eine holländische und
französische Uebersetzung.
Da die pathologische Anatomie sich erst in neurer Zeit
zu einer selbstständigen Disciplin zu gestalten begonnen
hat, so ist die Aufgabe, von dem Werdenden das, was
bleibenden Werth hat, zu flxiren, eine sehr schwierige;
am besten werden das diejenigen CoUegen zu beurtheilen
wissen, welche die pathologische Anatomie nicht mit den
Lehren irgend einer Schule für abgeschlossen halten und
ihre historische Entwickelung in der Gesammtliteratur ken-
nen und würdigen. Diese werden auch am besten den
Mängeln dieses Lehrbuchs ihre Nachsicht zu schenken wis-
sen. Indem ich diese dritte Auflage, in welcher ich alle
neuen Thatsachen beifUgte und manche Abschnitte nach
neuen Untersuchungen umarbeitete, dem Publicum über-
gebe, spreche ich den Wunsch aus, dass auch ihr die gün-
stige Aufliahme der früheren Auflagen zu Theil werden
und sie ihren Nutzen für die Wissenschaft bringen mb'ge.
Vor Gebrauch des Buches • bitte ich das Verzeichniss der
Verbesserungen zu berücksichtigen.
Göttingen im October 1853.
Der Verfasser.
Inhaltsverzeichniss.
Seite
Vorrede IH
Einleitung 1
Alln^emeine patbo-
loirisclie Anato-
mie 21
I. Die Veränderungen der
Blutmenge der Organe
und die Blutergüsse . 23
A. Hyperämie 23
B. Anämie 24
C. Hämorrbagie 25
II. Die Veränderungen der
Bildung und Rückbil-
dung des Körpers, der
Organe.und Gewebe . 28
1* Die Veränderungen der
Bildung des Fötus, die
Missbildungen . . . 28
2. Die Veränderungen der
Bildung und Rückbil-
dung der Ge.webe und
Organe 32
A. Die pathologischen
Neubildungen . . . 32
a. Organisirte Neubil-
dungen 32
1. Von der pathologischen
Organisation im Allge-
meinen 32
2. Von den organisirten Neu-
bildungen im Besonderen 43
Seite
1. Die Neubildung des Bindege-
webes 45
Das Fibroid 49
Das Sarcom 62
2. Die Neubildung des Fettes 55
3. Die Neubildung des Muskel-
gewebes 56
4. Die Neubildung von Nerven-
gewebe ....... 57
5. Die Neubildung der Gefösie 58
6. Die Neubi düng der patholo-
gischen Pigmente ... 60
7. Die Neubildung des Knorpel-
gewebes 63
8. Die Neubildung von Knochen-
gewebe 67
9. Die Neubildung von Cutis,
Schleimh., serös. H., Epithe-
lien 70
10. Cysten, Balggeschwülsle 72
11. Papillargeschfvülste . ^ 79
12. Krebs, Carcinoma ... 80
13. Eiter 97
14. Tuberkel 100
b. Unorganisirte Neu-
bildungen. . . . 103
c.DieBildung TOnWas-
ser und Luft . . . 103
B. Die pathologische
Rückbildung and Re-
sorption . i ... 105
XI
Seile
1, AllcrsveräDdeniDgen . 105
3. Metamorphosen, De^ene-
nlioDen 105
A. FetlmetBinorphase . 105
B. TuberkulisiruDg . 107
C. AtheromelSMr Pro-
cess 108
D. VerkreidoDg ... 109
E. CoUoide Hetamor-
pbose 110
3. Brand, Necrosis. Gsn-
gneni ...... 110
i. Resorption . .112
C. Die Entzündung . 112
III. Die Verändernnsen
dei pbytiliilischen Ei-
genschiften der Or-
gane 116
1. Ttrindernnfen derOrSise 116
2. Verind. der Coniigtenz 118
3. TerSnd. der Färbung . 118
4. Teränd. der Form, Lage,
Zabi, Znummenbang . . 119
IT. Leicheneracheinun'
gen 120
V. Die Parasiten ... 122
Speelelle pntho-
■•flselae AH»t«-
mle 127
AB«to>
nie der Tcrdmiiing»-
owgune 129
1. Tttbni alimentarii . 129
1. Mundhöhle and Gau-
men 129
129
Himorrbagie 130
HTpertrephie 130
Eotoflnd
' Bund
Seile
Neubildungen 140
2. Die Zung« 141
Bildungsfehler. Hypertrophie 141
Entiündung 142
Krcbg 143
3. Schlnndkopf und Spei-
aeröbre ...... 143
.... 143
ft^/^^m ■ ■ ■ ■ 144
... 144
Perfontion 14S
Hyperämie, EntiünduDg . 145
Neubildungen 147
ParBEiten 149
4. Magen 149
.... 149
150
.... 160
HyperSmie, Himorrbagie 151
Entzflndung 151
Geschwilre 154
Neubildungen 157
LeicheDeracheinDOgen . . 160
Mageninhalt, ErbiDcbenea 161
5. Darmkanal .... 162
BUdungsfebler .■ . . . .162
ErweiteruDg 164
Verengerung 164
.... 165
171
Alr(H»bie- . 171
172
1. Katarrhalische Entifind. 172
2. CroopSee u. diphtheriti-
178
3. Enti. das aubmacöaen
ZellgewebcB .... 178
4- Enti. bei niaamatiichen
KniiUeiten .... 179
A. DyUDterie
B. Tyfbm ■ ■
C. Cholen . .
D. Exintheoie
Tub«rlf«l 191
Wund» u. Perfsration«!! . 193
ParwiUi 194
Dumlnhah, Fuccs . . .197
U. PcritoncHiD .... 198
BüdupgsfeUer 196
H;perlinie 198
EotiQDduiig 199
N«nbilduD|cii 201
ParuitcD 204
FneumatOBe, Hj^ropi . . 205
111. DrQicn de* Ver-
dauangiappirates . 206
1. SpeicheldräBcn . . 206
EDtiündung 206
NeabUduDgen 207
Terioderungen der AoBfüh-
2. Panercis 209
Entiünduiig 209
Palhologtsche Neubildaiigeii 209
3. Leber 210
212
Hyperämie 212
HitmorrlMgie ..... 213
Entzündung 214
Hypertrophie 216
Atrophie 218
NeubildungeD 221
Fansiten 222
Die Gallenwese .... 223
EDtiündung ...... 223
Erweiterung 324
Seite
NeubiMiugen 225
Panuiten 226
Galleniteine 226
F»th0le|gl«c1ie Anato-
ntlc der Beaplra-
tloiuorir«iie .... 228
1. Naaenhöhle .... 228
Hfperimfe, Hinorrhigfe 228
EoUßnduiig 328
GeBchiTare 230
ParaeiUn 231
B. SubmuGöaea Zellgewebe,
Knorpel, Knochen . . . 231
EnUündDDg 231
Neubildungen ..... 232
2. LaryoK und Trachea 232
BilduDgafehler .... 232
Enreilemng, Verengening 233
Hyperimie 233
Entiündung 234
A. Scbleimbaut .... 234
B. Submucöses Zellgewebe 236
C. Perichondrlam, Knorpel 337
Geacbwure 237
Neubildungen 238
3. Bronchien .... 240
Erweiterung 2iO
EDtxbndung 242
Neubildungen .... 244
4. Die Lungen .... 245
Badunggfehler 245
Hyperimie 245
Hämorrbsgie 247
Hypertrophie, Atropliie , 248
Empliysema 249
Ateleclasia 2S1
EnliOndung 2S2
xin
Seite
Brand 257
Oedeln 258
Nenbfldimgen 259
Parasiten 266
Auswurf 266
5. Pleura 268
Hyperämie 268
Entzündung 268
Neubildungen 271
Hydrops, Pneumatose . . 272
Patltoloi^isclie Anato-
mie derCirculations-
Organe und des Blu-
tes 274
1. Herz 274
Bildungsfehler 274
Veränderungen der Grösse 276
Hyperämie, Hämorrhagie 281
Entaündung 281
Auflagerung, Gerinnung, Ve-
getationen ...... 284
Herz -Aneurysma. . . .287
Erweichung, Brand ... 289
Zerreissung 289
Neubildungen 290
Parasiten . . . , . . .292
2. Der Herzbeutel . .293
Hämorrhagie 293
Entzündung 293
Neubildungen 296
Hydrops 297
3. Arterien 297
Entzündung 297
Gerinnungen 299
Auflagerung 302
Erweitenmg, Aneurysma 306
Zerreissung, Wunden . . 313
Verengerung, Obliteration 315
Neubildungen 316
Seite
4. Venen 317
Entzündung 317
Gerinnungen 319
Erweiterung, Phlebectasis 324
Verengerung, Obliteration 327
Neubildungen 328
Telangiectasie 328
5. Lympbgefässe und
Lymphdrüsen . . . 329
A. Gefässe ...... 329
Entzündung 329
Erweiterung 330
Neubildungen 331
B. Drüsen 331
Hypertrophie 331
Entzündung ..... 332
Neubildungen 333
6. Blut 335
Patholoylselie Anato-
mie der BiutyeCftss-
drüsen 341
1. Milz 241
Hyperämie, Anämie . . . 342
Hypertrophie, Atrophie . 342
Entzündung, Infarct . . 345
Neubildungen, Parasiten . 346
2. Schilddrüse .... 347
Hypertrophie, Colloid . . 347
Hyperämie 350
Entzündung 350
Neubildungen 351
3. Thymus 351
4. Nebennieren . . . ..352
5. Gland. pituitaria . 352
Patlioloffiselie Anato-
mie des ÜTervensy-
stems 354
I. Gehirn 354
1. Hirnhäute • • . . 354
H;perimie 3S4
Hydrops
.... 367
... 368
Himorthigie 368
Hypertrophie 372
Atrophie 372
EntiOnaiiDB 371
Oedem 377
Erireicbung 378
Verhirluni 37S
Hetastatwche Abseaiae . 380
TerwunduBg, ErachättBrung 380
NeDbJMangeii 381
Ptruiten 382
U. Rackeninirk . .383
1, BDcheumickihiate 383
Hyperimie 383
EnUändaag 383
NeubildongeD 3
VtmOtn 3
2. Rückenmirk ... 3
BUduDgsfebler .... 3
Hypertrophie, Atrophie . 3
Hjperämie 3
Entiündang . .3
Erwelchang, VcrhirtaiiK . 3
TerwuDduag, ErschOtleroDg 3
Vmiitcn . 3
in. a
Seile
Feltinet«iDOrpbo»e ... 394
NcDbllduDfeii 3M
■Ue der HMmoricone 3^
1. Nieren 39»
Bildungg - und GitMeaver-
.... 396
Hyperimie, HinorrhaBi« . 396
Entxandung 397
405
■ä
Paruiten 408
3. Nierenbecken und
Harnleiter 409
.... 409
Erireilerung 409
Hyperämie, Bimorrhagie 410
Enbündnag 410
. . 412
. . 413
Bildunggfehler 413
414
Hjperämie , Himoirhigie 41&
EntiünduDg 415
TerletzuDK418
Neubildungen 118
4. Harnrähre . - . .420
.... 420
EntiQndung 421
VereageruDg, SIriktur . . 422
Neubildungen 423
An*ta-
orsane >»
I. HinnticheOeichlecbt«-
organe ...
. 42S
1. Hoden 426
EntiUndung . . . . .427
NeubUdaagen 428
2. SchaUenhtat ... 428
Seite
3. Samenbleschen . . 431
i. Prostata 431
6. Penis, Scretum . . 433
IL Weibliche Oeücblecbts-
orBine 434
1. Eieritocli 434
• BildungsreUer .... 434
Hyperämie, Himoirbagig . 435
EntzQndung 435
Neubildungea 437
2. Blleiter 442
.... 442
. 442
.... 443
444
. . .446
.448
Hyperämie, Himorrhi^e . 460
EotiOiidniig 4S2
Oeubwfire 4fi6
ZeneiBsung 457
Nenbfldnngen 456
4. Seheide 462
BüduDg»-, GrÖsBe-, L«se-
TerindecuoKCD .... 462
Eultandung, NeoMldnug . 463
5. Tnlfa 4es
6. Brüste 467
Bflddogifebler .... 467
Hypertrqihle 467
Himorrhagie . . , ^ . .469
EotiüDdung 469
NenbDduDgen 469
mie der Haut . . .473
1. Epidermis, Cerinm,
Unterbanttellsewebe 473
<f Seil«
Hypertrophie 473
Atrophie 479
Hyperämie, Himorrhagie . 480
EntiQDdunK 481
GeschwOre 488
Brand 400
NeQbüdungen 401
Firagiten 494
2. Hautdrüses, Haare,
NSgel 498
Patholosisehe Anato-
mie der Bewe^unc»-
ort(»ne S02
1. Knochen 602
Hypertrophie S02
Atrophie 507
Hyperimfe, Hämorrbagle . 608
EntzüitduDg 6i)9
Ceriea .613
Keerose 514
Wnnden vati Brüche . . 619
BhacUUs 621
Osleomalacle 623
OsteoBclerosU 524
Neubildungen 624
Parasiten 629
2. Knorpel, Blöder, Sy-
nOTialhiute 629
Atrophie der Gelenkknoipel 629
Die GelenkentiBadungen 530
3. Muskeln fiSs
Atrophie, ^pertrophie . S35
Blntnog, EnttQndnDg . . 638
Neubildungen 587
ParsslIeD 533
BrkUrung der Ki^letUleln 641
Verbesserungen.
Seite 17 Zeile 6 tod oben lies Howship statt Howshivr.
— 42 ~ 3 ?on unten L (Fig. 4) st. (Fig.)-
— 46 — 8 ▼. 0. 1. Zellen st. Kerne.
— 47 — 5 T. u. 1. Geschwülsten st. Gescwfllsten.
— 65 — 11 V. 0. 1. in ihnen st. ihnen.
— 79 — 12 V. u. 1. Gefassstamm st. Bindegewebsstamm.
— 89 — 10 V. u. 1. fast constante st constante.
— 97 — 2 ?. u. L Fig. 8 a st. Fig. 6 ä. (Ebenso auf S. 98.)
— 117 — 15 T. tt. 1. Grosse st Gefasse.
— — — 14 ▼• u. 1. Zwergwuchs st Zwerchwuchs.
— 125 — 4 ?. u. 1. Echinococcus st Ecchinococcus.
— 129 — 7 ▼. u. 1. Wirbebaite st Wirbelsäule.
— 163 — 12 V. u. 1. 1 — 6 st 5—6.
— 170 — 11 ▼. u. 1. meist st. meit.
— 192 — 13 V. 0. 1. blassem st. plassem.
— 209 — 8 T. 0. 1. Verhärtung st Eiterung.
— 225 — 1 y. 0. L Gallenblase st Gallensteine.
— 260 — 14 ▼. 0. 1. Fase. 4 st. Fase. 3.
— 263 — 6 ▼. u. 1. zerfallender, käsiger, gelber, st. zerfallende,
käsige, gelbe.
— 305 — 6 ▼. 0. 1. schreitet st schreitef.
— 346 — 10 y. 0. 1. Liyr. 2. PL 5. st Liyr. 2. PI. 1.
— 356 — 13 y. u. 1. Carotiten st Caroditen.
— 372 — 5 y. u. 1. Vorkommen st Verkommen»
— 378 — 8 y. u. 1. hellgelben st. hellgeben.
— 440 — 4 y. u. 1. ich st. sich.
— 442 — 11 y. u. 1. Obliteration der Xubenmündung st. Oblitera-
tion der Tuben.
— 463 — 3 y. 0. 1. Scheideneingangs entstehen.
Einleitung.
"ie pathologische Anatomie ist die Lehre vom Bau des
menschlichen Körpers, seiner Organe und Gewebe während
der Lebensabschnitte ; in welchen wir ihn krank nennen.
So wie das normale Leben nur erkannt werden kann, wenn
der Bau des Körpers bekannt ist , so ist auch eine Einsicht
in die Lebensverhältnisse des kranken Menschen nur mög-
lich durch Kenntniss der Anatomie desselben. So wie uns
Anatomie und Physiologie des gesunden Menschen die Ba-
sis zur Regelung der normalen, physischen Erziehung und
Anordnung der naturgemässen Diätetik geben, so sind Ana-
tomie und Physiologie des kranken Menschen die unum-
gänglich nothwendigen Stützen zur Regelung des Verhaltens
während der Krankheit und Anordnung der Mittel zur Wie-
derherstellung normaler Lebensverhältnisse, des Heilens.
Die in diesen einfachen Sätzen gegebene Stellung und
Bedeutung der pathologischen Anatomie hatte Geltung bei
den wirklich grossen Aerzten aller Zeiten; energische Ver-
suche, sie zur Wahrheit zu machen und so die Medicin
selbst zur wahren zu machen, wurden erst in der Neuzeit
gemacht und bezeichnen die Bichtung derselben. Das Ziel
der Wissenschaft wird seine natürlichen Grenzen stets in
denen unserer beschränkten Einsicht in die Geheimnisse des
1
Ml
Lebens finden; künstlich und willkürlich wurde es aber zu
allen Zeiten verräckt Ton der grossen Masse ihrer Diener,
welche, einer reinen, objectiyen organischen Naturanschauung
bar, ihre subjectiven Phantasiegebilde an die Stelle des
verkannten Objectcs schoben. Der Kampf der Wahrheit und
Einsicht gegen Wahn und Phantasie ist so alt wie die Me-
dicin selbst, die Parteien stehen heut wie yor tausend Jah-
ren sich gegenüber. Es sei uns hier nur ein kurzer Blick
auf dieselben gestattet, um die Bedeutung der pathologischen
Anatomie rein und fest darstellen zu können.
Der Symptomatiker geht bei der Beobachtung kran-
ker Menschen und seinen Reflexionen über dieselben unge-
fähr so zu Werke wie der Laie; er fasst bei einem Kran-
•ken ausschliesslich die ungewöhnlichen Erscheinungen ins
Auge und stellt diese als etwas in sich Abgerundetes und
Selbstständiges dem gesunden Körper gegenüber, betrach-
tet sie als etwas der Gesundheit, dem Leben Fremdes,
Feindseliges und nennt den Complex dieser Erscheinungen
Krankheit. Da er sieht, dass sich bei vielen Kranken die-
selben Erscheinungen in derselben Reihenfolge wiederholen,
fasst er die gleichartigen Erscheinungsreihen zusammen und
macht sie zu Krankheiten, Krankheitsprocessen. Indem er
sich bei dieser naiven und scheinbar natürlichen Auffassung
daran gewöhnt, Gesundheit und Krankheit als streng
gegenüberstehende Begriffe anzusehen, fängt er ganz un-
willkürlich an, beide zu personificiren und stellt der Ge-
sundheit, als einem Wesen, dessen Kennzeichen die ge-
wöhnlichen Körperfunktionen sind, die Krankheit als ein
feindliches Wesen gegenüber, dessen Kennzeichen die un-
gewöhnlichen Erscheinungen sind. Die Funktionen des nor-
malen Körpers werden so die Funktionen der Gesundheit,
4i« des kranken zu Funktionen der Krankheit oder wohl
auch der Naturheilkraft, welche man als drittes We-
sen hereinzieht und durch gewisse Kennzeichen charakteri-
sirt; der Körper wird der Tummelplatz dieser drei Gewal-
ten. Fär gewöhnlich bewohnt die Gesundheit den Körper,
zuweilen aber kommt eine Krankheit und „befällt^^ densel-
ben; nachdem sie im Körper eingezogen, nimmt sie ihren
9,Sitz^^ irgendwo, z. B. im Gehirn, im Darm u. s. w., sie
zieht auch wohl umher und befällt ein Organ nach dem an-
deren, zuweilen ziehen auch zwei Krankheiten zu gleicher
2eit ein, gerathen mit einander in Streit und überwältigen
einander, oder sie vertragen sich, erzeugen auch wohl eine
dritte. Gegen diesen Eindringling, die Krankheit, rückt
nun die Naturheilkraft in's Feld , welche , wie das personi-
ficirte Gewissen, stets im Menschen yerborgen liegt, um
zur passenden Zeit loszubrechen; die Erscheinungen wäh-
rend des Kampfes sind theils Lebeusäusserungen der Krank-
heit, theils der Naturheilkraft. Heilung ist Sieg der Letz-
teren, und besteht in Entfernung der Krankheit aus dem Kör-
p^, Tod ist Sieg der Krankheit, welche freilich mit dem
gemordeten Körper zugleich stirbt.
Dieses, an und für sich TöUig unschuldige, gemüthli-
che System mit seiner reicEen, anziehenden Bildersprache
wurzelte nach und nach in den Herzen der Laien und Aerzte
fest; man glaubte, in ihm wirkliche Wahrheiten zu haben,
und so wurde es die Basis eines durch alle Jahrhunderte
fortscbleichenden , höchst Terderblichen Schlendrians.
Zur Charakteristik der einzelnen Krankheiten benutzt
der Symptomatiker ausschliesslich deren sogenannte Lebens-
äusserungen, d. h. die sogenannten Symptome am Leben-
den. Jede Bieihe von Symptomen, welche erfahrungsmäs-
sig zusammenzugehören scheinen, wird eine Krankheitsspe-
cies. Die Diagnose besteht in der Kunst, die im gegebe-
nen Falle vorliegenden Symptome zusammenzufassen und an
ein^n der festgestellten Symptomencomplexe anzupassen und
1 .
danach zu taufen. Obgleich man sehr selten Sektionen macht,
sieht man doch bei den wenigen stets Veränderungen im
Körper; diese werden aber als Nebensache betrachtet, als
Folgen der Einwirkung der Krankheit, der Agonie u. s. w.,
die man doch am Lebenden nicht diagnosticiren könne. Die
pathologische Anatomie ist daher ebenso unnfitz zur Medi-
ein, wie die Anatomie des normalen Körpers.
Die Therapie des Symptomatikers ist yerschieden je
nach der Bildungsstufe des Einzelnen; für die Rohesten be-
steht sie darin, die gegen die Symptomencomplexe erfah-
rungsmässig erprobten Arzneimittel richtig zu wissen und
zu yerordnen. Wie die Symptomencomplexe dogmatisch fest
stehen als bestimmte specifische Krankheits-Individuen , so
stehen auch die gegen sie anwendbaren Mittel als specifi-
sche da, der Krankheitsname entspricht dem Mittel, Ka-
tarrh ist gleich Salmiak u. s. w. Die Aufgeklärteren hal-
ten sich nicht sowohl an die specifischen Symptomencom-
plexe, Krankheiten, als an gewisse Gruppen von Sympto-
men, die sich im Verlaufe der verschiedensten Krankheiten
wiederholen können, und die erfahrungsmässig gegen diese
heilsamen Mittel. Die Letzteren vermitteln die Verbindung
der symptomatischen mit der physiologischen Medicin, deren
Therapie ebenfalls auf methodische Empirie gegründet ist;
zu ihnen gehören die wirklichen Grössen der alten Medicin,
welche auch unserem heutigen Standpunkt gegenüber noch
als Grössen dastehen.
Diese Ansichten sind bei vielen Aerzten ganz unbc-
wusste und sie denken sich dabei so wenig wie der Laie;
bei anderen liegt eine wirkliche üeberzeugung zu Grunde.
Ihre Speculation ist kurz folgende: Da es den menschlichen
Kräften unmöglich ist, das wahre Wesen der Krankheiten
zu erforschen, so müssen wir zur Heilung derselben uns
lediglich auf die Erfahnmg beschränken; da wir wissen.
dass gewisse Symptome und Symptomcngruppen durch ge-
wisse Arzneien beseitigt und dadurch die Kranken geheilt
werden, so besteht die Aufgabe der Medicin darin, durch
Erfahrung festzustellen, welche Symptome durch bestimmte
Mittel beseitigt werden. Da wir nun nach tausendjähriger
Erfahrung wissen, dass wirklich Krankheiten auf diesem
Wege geheilt werden kennen, so ist uns der richtige Weg
gezeigt; es ist also ganz einerlei, ob eine Symptomengrup-^
pe, welche wir z. B. Hydtocephalm acutus getauft haben,
auch wirklich durch Wassererguss in die Hirnhöhlen be-
dingt ist, wenn nur die Symptomengruppe durch
unsere Mittel beseitigt und der Kranke gesund
wird. Anatomie und Physiologie, die normale und patho-
logische, sind unnützer, gelehrter Ballast, der aus der the-
rapeutischen Galeere geworfen werden muss, deren Fla^e,
als die höchste Spitze der Medicin, das Recept ist. — So
die Praktiker, welche ihr Geschäft mit Bewusstsein treiben.
Wäre dem so, wie sie sagen, so würde unsere Medicin zwar
zu einem einfachen Handwerke herabsinken, der kranken
Menschheit jedoch wäre geholfen. Doch ist dieses Raison-
nement nicht richtig, denn so sehr auch der Therapie der
Character einer empirischen Wissenschaft vindicirt werden
muss^ so steht doch auf der anderen Seite fest, dass sie
auf Anatomie und Physiologie des gesunden und kranken
Körpers, als nothw^digem Bückhalt, fussen muss^ wenn
sie nicht, phantastischer Willkür und blindem Traditionsglau-
ben preisgegeben, der Lüge anheimfallen soll. Der heutige
Zustand unserer Therapie zeigt nur zu gut, was die „tau-
sendjährige Erfahrung^ ^ ohne die genannte Basis gelei-
stet hat.
Wenn man sich auch zu allen Zeiten unter Krankheit
ein dem gesunden Körper gegenüberstehendes Wesen dachte,
so wurden doch gegen die Auffassung der Krankheit als eineu
6
Complex von Symptomen schon frühseitig Stimmen rege,
aber erst in neuerer Zeit brach die Reaktion g^en die
Symptomatiker los. Je mehr Sektionen gemacht wurden,
je mehr sich der Blick in das Innere des Körpers erwei«
terte, desto stärker drängte sich die Erfahrung auf, dass
die yon den Symptomatikem erfundenen Krankheitsnamen
mit den Veränderungen in der Leiche oft nicht übereinstim-
^men; man fand nach yerschiedenartigen Symptomengruppen
gleiche anatomische Veränderungen und umgekehrt gleiche
Symptomengruppen bei yerschiedenartigen anatomischen Ver«
änderungen. Ohne eine Vermittelung zu suchen, yerwarf
man sogleich die alten, allerdings einseitig auf die Symp,to-
me am Lebenden gegründeten, Krankheitsbilder und suchte
sie durch anatomische Symptomencomplexe su ersetzen; die
Krankheit wurde jetzt ein Wesen, charakteri-
sirt durch eine Reihe yon anatomischen Verän-
derungen. Der Sektionstisch wurde der Sammelplatz der
Aerzte und die Kenntniss yon den anatomischen Verände-
rungen des Körpers, die pathologische Anatomie,
trat an die Stelle der Pathologie; sie sollte die Krankheiten
finden und darstellen. Suchte der Symptomatiker das We-
sen des Krankheits - Indiyiduums in dessen Lebensäusserun-
gen, so yerfolgte der pathologische Anatom die Krankheit
nach ihrem Eintritt in den Körper weiter, suchte sie dort
auf, wo sie ihren „Sitz" hatte, wo sie sich „lokalisirt"
hatte. Die anatomischen Veränderungen waren dann die
Krankheit selbst oder ihre „Produkte;" das Detail der ana-
tomischen Beschreibung derselben gab das Detail der die
Krankheiten charakterisirenden Eigenschaften; mit derselben
Genauigkeit, mit der die Praktiker ihre Symptomencomplexe
beschreiben und or&en, beschreibt und ordnet der patholo-
gische Anatom seine anatomischen Präparate als Krankheits-
indiyiduen.
Die Diagnostik hatte jetzt die Aufgabe, ilie wirk*
liehen anatomischen Yeräudenuigen zu finden wd, indeusi
man nach neuen Httlfsmitteln suchte, wurden die sogenannte
physikalische Exploration des Kranken, insbesondere die
Auscultation und Perkussion als neue, unentbehrliche Un-
tersuchungsmethoden eingeführt« Die Diagnose wurde für
eine Menge Krankheiten auf eine sehr hohe Stufe, unter
anderen die der Lungen- und Herzkrankheiten zu einer
früher nie geahnten Sicherheit gebracht; andere Krankhei-
ten, bei welchen die Veränderungen der Organe unserem
Auge unzugänglich oder die mit gar keinen Lokalleiden ver-
bunden sind, wurden dagegen yeruachlässigt, insbesondere
wurde die Kultur der Erkenntniss der allgemeinen Erschei-^
nungen fast ganz vergessen«
Auch die Aufgabe der Therapie wurde eine völlig
andere. Fand man die Krankheit in anatomischen Verän-
derungen, so musste man diese zu heilen suchen; da man
dies von vornherein für unmöglich hielt, legte man die Hände
in den Schooss. Die Therapie wurde Nebensache, der Buhm
des Arztes war die brillante Diagnose einer Lokalaffektion.
Einseitig negirte man Jeden therapeutischen Erfolg, man
hatte eben vergessen, dass der Therapie ausser den anato-
mischen Veränderungen noch andere Angriffspunkte zu Ge-
bote standen, die veränderten Erscheinungen im Blut- und
Nervenleben, und so hatte die pathologisch -anatomische
Richtung neben vielem Guten doch auch viel Schlechtes mit
sich gebracht.
Fragen wir uns, wie die Aerzte zu der Ansicht von
der Krankheit als einem in den Körper eindringenden We-
sen, das nach den Einen durch seine Lebensäusserungen^
nadbi den Anderen durch die Veränderungen, die es in Or-
ganen hervorbringt, charakterisirt ist, kamen, so können
wir den Grund nur darin finden , dass man von der Beob-
8
aditiing, der ersten sinnlichen Erfahrung, sogleich cur Spe-
kulation, znr Hypothese, schritt; man sah kranke Indivi-
duen und dachte sich sogleich die Erkrankung durch
Krankheitsindiyiduen bedingt und endlich sah man über den
letzteren die ersteren gar nicht mehr. Die Medicin , durch
ihr Objekt, den menschlichen Körper, doch so recht cur
Naturwissenschaft gewiesen, wurde so durch ihre ersten
Sätze eine spekulative Wissenschaft und verirrte sich gleich
in ihren Grundansichten. So oft auch von einsichtigen Phi-
losophen und Aerzten auf eine naturgemässe , organische
Anschauung der Dinge hingevnesen wurde, so oft die Me-
dicin der phantastischen Spekulation entrissen und der ex-
acten Forschung zugewiesen vnirde, so ging doch die grosse
Masse stets lieber auf dem weichen Pfade des alten Schlen-
drians. In unserer Zeit sucht man mehr als je vorher die
Medicin als Zweig der Naturwissenschaft , der Anthropolo-
gie darzustellen und für sie die in den übrigen Zweigen
derselben blühende exacte Methode in Anwendung zu brin-
gen. Diese Methode zur herrschenden in der Medicin zu
machen, die Geister nach ihr zu discipliniren , ist die Auf-
gabe unserer Zeit.
Treten vrir an das Krankenbett und den Sektionstisch,
an die Quellen unserer sinnlichen Anschauungen, so sehen
wir, dass die einzelnen ungewöhnlichen Erscheinungen, die
man Krankheitserscheinungen nennt, durchaus nichts Selbst-
ständiges oder Fremdartiges haben, dass das Leben des
Kranken nach den gewöhnlichen Gesetzen des
Lebens abläuft, nur dass die Gesetze unter un-
gewöhnlichen Bedingungen zur Aeusserung kom-
men, dass also die sogenannten normalen und krankhaften
Erscheinungen unter denselben Naturgesetzen stehen. Wir
sehen einen Menschen, der gestern kräftig einherging, ru-
hig athmete, einen ruhigen Herzschlag, eine warme Haut
9
hatte ) heute im Bette schwach darniederliegen , mit rascher
Respiration , frequentem Herzschlag , brennender Haut / —
wir nennen ihn krank ; das rasche Athmen , der frequente
Puls, die heisse Haut sind Krankheitserscheinungen^ die
Gesetze des Athmens, d^ Girculation und Wärmebildung
aber sind unverändert geblieb^, sie äussern sich jedoch
unter abnormen Bedingungen und deshalb ist ihr Effect yer*
ändert. Der Kranke stirbt, wir finden eine feste, harte,
auf der Schnittfläche kömige Lunge, die Lungenbläschen
mit Zellen gefüllt. Haben wir hier etwas Fremdartiges, ist
diese Lunge, sind die Zellen ein Krankheitsindividuum ?
Nein! Die Lunge ist zwar T^ändert, aber die Veränderung
ist nicht das Produkt eines in den Körper eingedrungenen
Wesens, die Zellen sind nach den allgemeinen Gesetzen der
Ernährung und Zellenbildung entstanden, die sich aber hier
unter abnormen Bedingungen äusserten, welche durch irgend
einen Anstoss, die sogenannte Ejankheitsursache , gesetzt
wurden. Wollen wir das Wesen der krankhaften Erschei-
nimgen, die wir am Krankenbette und Sektionsstische se-
hen , ergründen , so müssen wir zu der ersten Ursache zu-
rückgehen , welche den ersten Anstoss gab zur Veränderung
der Bedingungen, unter denen die Naturgesetze zurAeusse-
rung kommen. Kennen wir die Ursache, die Art
ihrer Einwirkung und die yeränderten Bedin-
gungen, so kennen wir auch die Krankheit.
Krankheit ist also , wie aus dem Vorigen, hervorgeht , der
Zustand des Menschen, in welchem die physiologischen Ge-
setze sich unter abnormen Bedingungen äussern, Krankheit
ist also nichts dem Leben feindlich Gegenüberstehendes,
sondern sie ist ein Theil des Lebens selbst, sie ist kein
Gegensatz der Gesundheit, denn diese selbst ist kein Be-
griff von tieferem Inhalte, sondern der Name für den Zu-
stand des Körpers, d?r den freien Gebrauch der Kräfte ge-
10
stattet , der ganz gut mit 4er Krankheit zugleicli vorhanden
seiir kann.
. Haben wir 80 einen allgemeinen Begriff der Krankheit
gewonnen 9 so fragen wir weiter nach dem Begriffe der ein*
zelnen Krankheiten, der Krankheitsprocesse. Eine
bestimmte Krankheit, Kxankheitsprocess nennen wir einen
krankhaften Zustand dann, wenn wir sehen, dass ihm eine
Ursache zu Grunde liegt, welche unter gleichen Bedingung
gen bei allen Menschen, wo ihre Einwirkung stattfindet^
einen gleichen Ablauf bestimmter Krankheitserscheinungen
her?orruft. Das Gleiche, Einheitliche einer Krank-
heit liegt also nicht in der Natur eines yon aus-
sen eingedrungenen Wesens, sondern in der
gleichen Krankheitsursache, die immer diesel-
ben Wirkungen hervorbringt. Die Syphilis z. B.
ist nach der gewöhnlichen Anschauung eine Krankheit, wel-
che den Menschen befällt, sich in der Haut, den Schleim-
häuten , Knochen u. s. w. lokalisirt und Veränderungen her-
vorruft, welche als ihre äusseren Kennzeichen hingestellt
werden. Nach unserer Anschauung gehen wir von der Ur-
sache, dem Chankersekrete , aus; dieses bringt überall, wo
es in den Körper aufgenommen wird, eine bestinunte Beihe
von Erscheinungen hervor, desshalb nennen wir den dadurch
hervorgerufenen Zustand eine Krankheit und den Kranken
so lange syphilitisch, als wir noch Wirkungen der ersten
Ursache an ihm bemerken; die Krankheit ist also der
Zustand selbst, nicht die Ursache desselben;
das Chankersekret , von aussen eingebracht, bewurkt die Sy-
philis, nicht diese den Chanker.
Gehen wir nun auf die früher besprochenen Ansichten
zurück, so sehen wir deutlich, dass sich das Wesen der
Krankheit nicht einseitig , weder als ein Complex von
Funktionsveränderungen, noch als eine Gruppe anatomischer
11
y er&ndernngen 9 abgrenzen lässt, sondern dass in den
Bereich des Zustandes, welchen wir Krankheit,
nennen, Alles fällt, was wir als Wirkung der
Krankheitsarsache ansehen müssen. Die Krank-
heitsursachen und ihre Wirkungen zu erforschen, ist die
Aufgabe der Aetiologie; mit ihr beginnt die Wissenschaft
von den Ejrankheit^, nur auf sie kann eine Wissenschaft^
liehe £intheilung derselben begründet sein.
Die Aufgabe unserer Pathologie wird somit eine ganz
andere, es handelt sich nicht mehr um Erkenntniss einer
Reihe bestimmter Symptome, physiologisdier oder anatomi-
scher, sondern um Erkenntniss des Lebens des kranken In*
dividuums in jeder Beziehung; um im concreten Falle eine
Diagnose stellen zu können, reicht nicht die rasche Beca-
pitulation dogmatisch festgestellter Symptomencomplexe hin,
sondern es gehört dazu der Bückhalt der yoUen Kenntniss
der normalen und pathologischen Anatomie und Physiologie.
Nur auf dieser Basis ist dann auch möglich, einen Plan
zur Heilung zu entwerfen und in strenger Methode die Er*
fahrung über Indicationen und Heilmittel zu verwerthen.
Die Bedeutung der pathologischen Anatomie und die
Mittel, welche sie zur Lösung ihrer Aufgaben hat, lassen
sich nun im Folgenden näher umgrenzen: Wenn wir audh
annehmen müssen, dass alle Veränderungen, die im Kör-
per durch Einwirkung einer Krankheitsursache vor sich ge-
hen, physikalische oder chemische sein müssen, so sind
dieselben doch sehr oft unseren jetzigen Untersuchungsmit-
teln unzugänglich und unsere Wissenschaft ist auf die Ver-
änderungen beschränkt, welche mit unseren Sinnen wahr-«-
nehmbar sind. Diese erste natürliche Schranke der patho-
logischen Anatomie müssen wir stets vor Augen haben, um
nidit in die Ueberhebung zu verfallen, als könnten wir mit
Sealpell, Mikroskop und Ref^entien das ganze Gebiet der
12
Pathologie ergründen. Das Gebiet der paUiologischen Ana-
tomie bleibt dennoch ein sehr ausgedehntes, da in der That
in den meisten Fällen sichtbare anatomische Veränderungen
wesentliche Theile der Krankheiten sind; ein Blick auf die
gpecielle pathologische Anatomie zeigt uns ihren reichen In-
halt. Aber nicht immer ist die anatomische Veränderung
wesentlicher Theil, sie kann auch den übrigen Ersdieinun-
gen coordinirt oder subordinirt sein oder ganz fehlen, und
oft ist, wenigstens nach dem Stande unserer bisherigen
Kenntnisse, das Verhältniss unklar. Es geht hieraus eine
Ztweite Schranke hervor, deren wir uns bewusst werden
müssen^ damit wir nicht wähnen, die Kenntniss der ana-
tomischen Veränderung sei identisch mit Kenntniss der Krank-
heiten. In dem Wesen der Anatomie liegt endlich eine
dritte Beschränkung ihres Gebietes, an die wir uns nicht
genug erinnern können, wenn wir den Werth und Inhalt
derselben nicht überschätzen wollen; die Lehre yom Bau
der Organe nämlich ist nur ein Tbeil unserer Wissenschaft
vom Körper , die Lehre vom Werden und vom Leben der
Organe , die Physiologie, ist der andere und wichtigste.
(Eine Schranke, die man der pathologischen Anatomie fer-
ner vorzuhalten sucht, können wir nicht als solche aner-
kennen, es ist der Vorwurf: sie zeige uns ja nur die Pro-
dukte der Krankheit; der Ausdruck in diesem Sinne
gebraucht ist eine Phrase, man denkt sich dabei die Krank-
heit als handelndes Individuum, welches sich im Körper lo-
kalisirt und producirt. Die Sache ist einfach die: die
Krankheitsursache setzt abnorme Bedingungen, unter welchen
sich dann die physiologischen Gesetze äussern, das Resul-
tat sind oft anatomische Veränderungen, dieselben sind in-
tegrirende Theile der Krankheit, aber ebenso gut Produkte
der Einwirkung der Krankheitsursache als alle übrigen Er-
scheinungen und in diesem Sinne also diesen gegenüber
gleichberechtigt.)
18
SteUen wir nun der pathologischen Anatomie ihre Auf-
gabe, 80 fällt ihr die Darstellung des anatomischen Theiles
der Krankheiten zu. Betrachten wir die letzteren als ein
Stück des Lebens, so liefert uns die pathologische Anato-
mie die Basis zu dessen Erkenntniss; den veränderten Zu-
stand des Lebens im Ganzen darzustellen hat die pathologi-
sche Physiologie oder die Pathologie. Aus dieser Auffas-
sung resultiren wieder die Grundsätze , nach welchen die
einzelnen anatomischen Veränderungen zu beurtheilen sind.
Unsere Beobachtungen beginnen am Krankenbette.
Hier liegen uns die anatomischen Veränderungen entweder
offen vor Augen, oder wir erforschen sie durch die physi-
kalische Exploration, oder wir müssen sie aus den verän-
derten Funktionen erschliessen. Dass wir die anatomischen
Veränderungen am Lebenden überhaupt schon in's Auge fas-
fen, ist nothwendig zur Beurtheilung ihrer Ursachen und
Geschichte.
Die anatomischen Veränderungen lernen wir kennen
durch die Sektionen; bei diesen haben wir verschiedene
Aufgaben: 1) müssen wir den concreten, vorliegenden Fall
in^s Auge fassen, den anatomischen Befund mit den Erschei-
nungen am Lebenden zusammenstellen, um für andere ähn-
liche Fälle Erfahrungen zu sammeln und die Diagnose
der einzelnen Krankheiten zu fördern; 2) betrachten
wir die vorliegenden Veränderungen im Zusammenhang mit
anderen schon beobachteten, welche uns zu derselben Art
und Beihe zu gehören scheinen, wir suchen ihnen eine be-
stimmte Stelle in der Entwickelungsgeschichte einer bestimm-
ten Art von Veränderungen anzuweisen, um dadurch eine
vollständige Geschichte der Veränderungen über-
haupt zu erlangen und auch die ätiologische Abhän-
gigkeit einer Veränderung von der anderen zu
erforschen. Dies ist der eigentlich wissenschaftliche Zweck
14
der Sektionen. Snchra wir so Hand in Hand mit der Phy-
siologie das veränderte Leben selbst zu erforschen und nidit
allein dessen anatomische Merkmale (oder in diesem Sinne
dessen todte Produkte) , so ist uns der geöffnete Leichnam
ein Blatt aus der grossen Greschichte des menschlichen Le-
bens, eine Fundgrube für die Wissenschaft yom menschli-
chen Körper in Gesundheit und Krankheit, und wenn der
Symptomatiker die Kenntniss der Krankheit in äusseren,
der pathologische Anatom in inneren anatomischen Sympto-
men sucht, so suchen wir sie in einer Geschichte der ge-
sammten Lebenserscheinungen. Aus diesem Zweck folgt,
dass wir möglichst yiele Sektionen machen und bei der
Sektion alle Organe berücksichtigen müssen, es folgt aber
auch femer, dass eine Ansicht der Dinge am Sektion»-
tische nicht hinreicht, sondern eine sorgrältige anatomische,
mikroskopische und chemische Untersuchung nothwendig
folgen muss. Denn so wie eine wirkliche Physiologie erst
möglich wurde, als man durch Anwendung mikroskopischer
und chemischer Untersuchung die Entwickelung, den ferti-
gen Bau und den Wechsel der feinsten Theile zu erforschen
suchte , so beginnt auch eine im heutigen Sinne wissenschaft-
liche Pathologie erst mit der Einführung der genannten
Hülfsmittel zur Erforschung der Genese der anatomischen und
chemischen Veränderungen im kranken Körper. Da unsre
Diagnose ihre Stützen in einer möglichst umfassenden Kennt-
niss des gesunden und kranken Lebens hat, eine solche
aber ohne diese Hülfsmittel unmöglich ist, so ist hiermit
zugleich ihre Bedeutung für die Medicin gegeben. Hierzu
kommt dann noch der unmittelbare Nutzen , welchen uns das
Mikroskop und chemische Beagentien am Krankenbett selbst
bringen.
Das letzte Hülfsmittel der pathologischen Anatomie ist
endlich das Experiment, durch welches wir die Bedin-
15
gangen za krankhaften Zuständen willkürlich setzen nnd
dadurch einen freien Spielraum der Beobachtung gewinnen.
y^Die naturwiissenschafUiche Frage ist die logische Hypo-
these, welche yon einem bekannten Gesetze durch Analogie
und Induktion weiter schreitet; die Antwort darauf giebt
das Experiment, welches in der Frage selbst vorgeschrie-
ben ist. Jede Hypothese ist also das Facit einer Bechnung
mit Thatsachen und sie setzt daher eine umfassende Kennt-
niss der Thatsachen voraus; das Experiment ist das logisch
nothwendige und vollkommen bewusste Handeln zu einem
bestimmten Zwecke. Jeder Mensch, der die Thatsachen
kennt und richtig zu denken vermag, ist befähigt, die Na-
tur durch das Experiment zur Beantwortung einer Frage
zu zwingen, vorausgesetzt, dass er das Material besitzt,
das Experiment einrichten zu können. Die Naturforschung
setzt dso Eenntniss der Thatsachen, logisches Denken und
Material voraus, diese drei, in methodischer Verknüpfung
'erzeugen die Naturwissenschaft»" (Virchow, Archiv Bd. ü»
S. 7.)
Ihrer Aufgabe gemäss zerfällt die pathologishe
Anatomie in eine specielle und allgemeine; die er-
stere behandelt die speciellen anatomischen Veränderungen
der einzelnen Organe des Körpers, die zweite sieht von den
einzelnen Organen ab und betrachtet die Natur und das
Verhalten der Veränderungen im Allgemeinen. Da die Ein-
sidbt in die letzteren nur durch mikroskopische Untersu-*
chung möglich ist, so enthält die allgemeine pathologische
Anatomie als Hauptsache die allgemeine pathologi-
sche Gewebslehre.
Werfen wir endlich noch einen Blick auf d i e Ge-
schichte der pathologischen Anatomie, so finden
wir zunächst, dass sie als selbstständige Disciplin ein Kind
unsres Jahrhunderts ist, dass ihre Entwickelung aber schon
16
in viel frfih^ren Zeiten beginnt. Nachdem Vesalius das
erste Gebäude der menschlichen Anatomie anfgerichtet und
Haryey gezeigt hatte, was durch empirische Forschung ge-
leistet werden könne , fingen mit der Blüthe der Anatomie
auch die ersten Keime der pathologischen Anatomie herror-
susprossen an. Als Hauptbuch dieser frühesten Periode ist
SU nennen: Theoph. Bannet, Sepulchretum anatondeum.
Genev. 1679. f. 2 voll., ein grosses Sammelwerk. Im 18.
Jahrhundert sind von Bedeutung: Job. Bapt. Morgagni,
De sedibui et camis morborum per anatomen indagaiU HM
fuinque. Venet. 1761. f. 2 voll., eine Pathologie in Ejrank-
heitsgeschichten mit Sectionsbericbten. Ed. Sandifort,
Observationes anatomico-pathologicae. Lugd. Batav. 1779-^
1781. 4. 4 voll. Museum onatomicum acad. Lugd. Batav.
1793 — 1835. f. 5 voll., mit werthyoUen Kupferstichen.
Jos. Lieutaud, Historia anatomico-medica. Fat. 1767.
4. 2 voll. Matthew Ballie, The morbid human anatomy
of some of the most important parts of the human body.
London 1793. 8. Deutsch von Sömmering, Berl. 1794.
— A series of engravings with eoßplanalionM. London 1799
— 1802. 4. — Die ersten Compendien von Ludwig, Prim.
Hneae anat.^path. Lips. 1795 und Conradi, Handb. der
path. Anat. Hannover 1796 sind unbedeutend.
Nach diesen Anfängen geht die Entwickelung der path.
Anat. in jedem der drei Länder, England, Frankreich und
Deutschland, ihren besonderen Weg. In England finden
wir eine ununterbrochene organische Entwickelung der Me-
dicin überhaupt und so auch der path. Anat. von Harvey
an bis auf den heutigen Tag. Die methodische Empirie blieb
vorwiegend , die bedeutenderen Aerzte lieferten reiche Bei-
träge zur path. Anat, ihre Specialwerke und ihre Aufsätze
in den Med.*chir. Tramaetions ^ Gaiettes, Reviews u. s. w.
sind reiche Fundgruben fär die path. Anat. Diese höchst
IT
wichtigen Arbeiten' einzeln aufzufahren, würde hier zu viel
Raum erfordern und ich begnüge mich mit Aufzählung ei-
niger der bedeutendsten Namen: J. Hunter, Abernethy,
A. Cooper, dieJ., Gh., B. Bell, Abercrombie, Sto-
kes, Forbes^ Hodgson, Bright, Hooper, Hodg-
kin, Baron, Qowshiw, Hawkins, Craigie, Paget,
Benneit) Carswell, Hope, Brodie, Wardrop u.
s. w. Zu nennen ist noch das Compendium von Craigie,
Eiements of general and path. aiwtomy. Edinburgh 1828>
2. ed. 1848, 8., die Bilderwerke von Hope, Principhs and
iUuitratiom of mariid anatomy, London 1834, 8.» und
Carswell, lUustraiions of the elementary form of diseases
London 1838 f
•
In Ftankreich sehen wü* im 19. Jahrh. eine völlige
Umwälzung der Medicin zu Gunsten der path. Anat. Nach
den Anfängen, unter welchen noch Portal, Anatomie *m^-
dicak, Paris 1834, zu nennen wäre, rief Bichat eine neue
Richtung, die sogenannte anatomisch - pathologische Schule
hervor. Die bedeutenderen französischen Pathologen betrie-
ben nun den Cultus der p. A. auf das Eifrigste und es er-
hob sich unter ihren Händen das Gebäude derselben hoch
empor. Den Grund legte vor Allen Laennec; an ihn rei-
hen sich die Namen von Broussais, Corvisart, Bayle,
Gendrin, Louis, Bouillaud^ Billard, Breschet,
Dupuytren, Piorry,- Cruveilhier, Andral, Lob-
stein,, Gris olles u. s. w. Specialwerke über p. A. ha-
ben wir von Cruveilhier, dpr fast ein halbes Jahrhun-
dert für dieselbe arbeitete: Essai snr Fanat path, Paris
1816. 8. 2 voll. — Anatomie pathologique, Paris 1835 —
1842. f. 2 volL mit prächtigen Abbild. — Anatomie path.
gdnirale. Paris 1849, 1852. 2 voll. 8. (noch unvollendet). —
Lob stein. Traue d! anat. path. Paris 1829» 1833. 8. 2 voll.
mit Atlas in f. (blos 2 Lieferungen). — Andral, Prdcis
aanat. path. Paris 1829. 8. 2 voll.
2
19
In Deutschland wurden im Anfang dieses Jahrhunderts
mehrere Compendien veröffentlicht: Voigtel, Handb. der
p. A. Halle 1804—5, 3 Thle. 8. J. F. Meckel, Handh.
der p. A. Leipzig 1812—18. 2 Thle. 8., widitig durch die
den grSsstm Theil des Buches umfassende Darstellung der
angeborenen BildungsTeränderungen. OttQ, Handb; der p.
A. der Menschen und Thiere. Breslau 1814. 8.^ Lehrb. der
p. A. 1 Bd. Berlin 1830. Die bedeutenden Aerzte und
Pathologen waren auch in Deutschland der p. A. färderUebi
während die grosse Masse in der rohesten Empirie oder in
blinder Systemsucht befangen war; besonderen Versehub
leistetm der p. A. die Kliniker Krukenberg (der, selbst
der eifrigste am Sektionstisch, seine Schüler mit rei^Ma
K^ntnissen aus dem Schatz seiner Erfahrungen und regem
Eifer zu eignen Untersuchungen entliess) und Schönlein
(dar nr Feststellung seiner Krankheitsbilder auch die p»A.
benutzte). Den hauptsächlichsten Anstoss aber zu einem
regeren Leben der p. A. gab in Deutschland Rokitansky^
der in einer B.eihe Ton Specialarbeiten und in seinem Hand-
buche der p. A. Wien 1842— 4& 3 Bde. reiche Beiträge
zu derselben lieferte und ganz auf eigenm Untersuchung^
ftissend eine eigene - Schule gründete (nicht aber die p. . A.
selbst, wie in Deutschknd so Manche wähnen, die entwe«
der die p. A. nicht kennen oder nur die östreichische alsi
sokhe anerkennen). In derselben Bichtung waren thätig:
Skoda, Kolletsehka, Bochdalek, Oppolzer^ Ki-
wisch, Dittrich, Engel: Anleitung zur Beurtheilung
des Leichenbefundes. Wien 1846, 8. Compendien im Sinne
dieser Sdiule erschienen von Bock, Lehrbuch der p. A.
3l Aufl. Leipzig 1852. 8. Wislocki, Kompendium der
p, A. Wien 1853. 8. Yon Bedeutung sind fwner: Albers^
Atlas der p. A. mit Erläuterungen. Bonn 1832—53, un-
feilst. Text in 8., Tafeln in foL; Crluge, Atlas der p. A.
19
Jem lSia«-99. f. Häi^ge, Spedieille (. A. i.M Ldp%.
1841, die Arbeitmi ton J. Müller, Mohf, J. Vo^g-el,
R* Froriep, Fretioh», Virchow, welcher «owöld
durch das Materielle seiner Leistungen, als durch die streng
wissensdiafttiche Methode semer Untersuchungen grossen
Binfluss auf die BIchtung der jetailgen p. A. und Mediehi
überhaupt gewann und dieselbe durch das ntfttleihhsrdt,
einem exacten Beobachter, herausgegebene Archiv für p. A.
und Physiologie, Berlin 1847 u. w., wesentlich forderte. '
Einen besonderen Aufschwung nahm in Deutschland
die pathologische Grewebelehre; den Grund legte
J. Müller in einigen Aufsätzen in seinem Archiv, beson-
ders aber durch sein Werk: lieber den feineren Bau und
die Formen der krankhaften Geschwülste, 1. Liefg. Berlin
1838. foL 4 Tafeln; ihm folgten: Gluge, Anat.- mikro-
skopische Unters. 1839 u. 41 und Atlas der p. A.; J. Vo-
gel, Erläuterungstafeln zur p. A. Leipzig 1843. 4. 26Taf.
— R.Wagner*sH.W.B. d. Physiologie, IBd. 1844. Art.
Gewebe in pathologischer Hinsicht. — Allgem. pathol. A«
Leipzig 1845. — Leb er t, Phytiologie pathologique. Pa-
ris 1845. 2 voll, mit Atlas. 8. — • Abhandlungen aus dem
Geb. der präct. Chir. u. path. Physiologie. Berlin 1848. —
und anderen Werken. Günsburg, Die path. Gewebelehre.
Leipzig 1845 u. 48. mit (yöUig unbrauchbaren) Abbildungen.
Rokitansky, Allg. p. A.; Engel in östr. Zeitschriften;
Virchow, Reinhardt, Valentin, Bruch, Henle,
Ecker, Kölliker^ Frerichs, H. Meckel u. s. w. in
deutschen Zeitschriften; Bruch, Die Diagnose der bösar-
tigen Geschwülste. Mainz 1847. mit 5 Taf. 8. Schuh,
Ueber die Erkenntniss der Pseudoplasmen. Wien 1851.
In Frankreich beschäftigte sich fast nur Leb er t (ein
Deutscher) mit mikroskopischen Untersuchungen; in Eng-
land war man auch hierin sehr thätig und die englischen
2*
20
mediciülsdien Zeitschriften sind reich an werthfoUen Bei-
trügen von Bennett, Simon, Paget u. s. w. Von
Specialwerken wäre .zu nennen Bennett| Ott canceraut
and. cancraid grawthi. Edinburgh 1849.
In Holland erschien ein wichtiges Werk Ton Schrant
aber Geschwülste : Ptijmrhandeling ffört- de goed • en kwaad-
ariige gnwellen* Amsterdam 1661.
, Allgemeine
pathologische Anatomie,
!• Die Taränderiing^en der BUlirt»ieii||e
der Organe und die Blaterg^flmie«
A. Hyperämie.
Hyperämie nennt man den abnorm yermehrten Blutge-
halt der Gefösse «ines Organs oder KÖrpertheils ; die Blut*
fülle zeigt sich bald blos in den Capillaren, bald in den
kleineren Venen und* Arterien, bald in allen zugleich. Die
grösseren Gefässe sind nur selten an der Hyperämie be-
theiligt und unter ihnen sind es dann meist die Venen. Oft
findet da^ wo man gewöhnlich eine Vermehrung der Blut-
menge in den CapiUaren annimmt, nicht diese, sondern nur
eine Vermdirung der rothen Blutkörperchen statt. Wir
können den übermässigen Blutgehalt nicht durch Messung
des Slutes bestimmen , sondern nur durch ungefähre Ab-
Schätzung, desshalb muss Jeder am Präparir- und Sections-
tische sich eine genaue Kenntniss Tom normalen Blutgehalt
der Organe und dessen Schwankungen yerschaffen.
Von der Hyperämie , als Übermässiger BlutfiUle der
Gefässe bei fortbestehendem Blutlaufe in denselben, unter-
sdieidet man die Staae, als Hyperämie mit ^völliger Stok-
kung des Blutlaufs.
Ein hjrperämisdies Organ ist dunkler gefärbt, roth (in
allen Farben^ vom hellen bis zum dunkelsten Roth), die
normale Färbung tritt zurück, wird zuweilen ganz ver-
wischt; es hat meist einen vermehrten Umfang, grössere
Schwere und Consistenz, aus der Schnittfiäche quilll Blut
in grosser Menge hervor; durch Hyperämie der Capill^en
entsteht eine gleichmässige Röthe, die einzehien Capillären
sind mit blossem Auge nicht zu .erkennen, kleine Venen
und Arterien sehen aus wie mit rother Masse injicirt und
bilden ein rothes Netzwerk, dendritenförmige Injectionen
u. s. w. Die mikroskopische Untersuchung zeigt uns die
Capillären strotzend mit rothen Blutkörperchen gefüllt, zu-
weilen gleichmässig, selten aneurysmaartig erweitert; sie
zeigt uns oft noch die Hyperämie, wenn dieselbe mit blos-
sem Auge an der Leiche nicht mehr zu erkennen ist.
Nach den Bedingungen unterscheidet man 1) mecha-
sche Hyperämie, durch verininderten Impuls des Her-
zens, verminderte Contractilität und Elasticität der Arte-
rien, Hindernisse im. Rückfluss des Yenenblutes, Eindik-
kung des Blutes und in ihm suspendirte Körper, Conträ-
ction und Anämie in einem und daher- Hyperämie in dem
anderen Theile; 2) Hyperämie durch Beize: Wärme,
Kälte , traumatische, chemische Einwirkungen, Miasmen und
Gontagien. Traumatische und chemische Beize bewirken
nach Brücke und Jones Contraction und Verengerung
der kleinen Arterien , daher Verlangsamung des Blutlaufs
in. den Capillären, Senkung und Anhäufung der Blutkör-
perchen und daher Erweiterung der Capillären. 3) Lei-
chenhyperämieen. S. unten-^
Die Hyperämie ist bald rasch vorübergehend, bald
lange während, bald bleibend. Sie verläuft ohne weitere
Texturveränderungen oder bewirkt Erweiterung und Verlän-
gerung der Gefässe, Berstung derselben und Hämorrhagie,
Exsudation, Hypertrophie, Wassererguss, zuweilen erfolgt
in grösseren Gefässen Coagulation des Blutes.
•
B. Anämie.
Anämie (Oligämie) nennt man den abnorm verminder-
ten Blutgehalt der Gefässe eines Organes ; in manchen Fäl-
26
len findet* da, wo man eine Vbnninderung "der ganzen Blut-
menge in einem Organe annimtnt, nicht, diese, sondern nur
eine Verminderung der rothen Blutkörperchen • statt (s.
Hydrämiej ; ihre Beurtheilung beruht auf denselben Stützen
als die der Hyperämie. Eine vollständige Blutleere ist un-
wahrscheinlich; ihre Bestimmung liegt ausserhalb des. Berei-
ches unserer diagnostischen Hülfsmittel.
Em anämisches Organ ist blass, entfärbt (da die nor-
male Färbung der Organe eine Mischung vom Both des
Blutes und der Farbe der änderen Gewjebstheile ist, so hat
die Entziehung des Röthes in. den Terschiedenen Geweben
sehr verschiedene Entfärbung zur Folge), hat Wehiger Um-
fang und ist leichter, auf der Schnittfläche quillt gar kein
oder nur sehr wenig. Blut hervor, die sichtbaren Gefässe
sind coUabirt und blässer. Die mikroskopische Untersuchung
zeigt die blutleeren oder blutarmen und die unveränderten
Gewebstheile.
Die Verminderung der Blutmenge eines Organs ist be-
dingt durch die des ganz^ Körpers 'bei grossen Blut- und
Säfteverlusten, durch Hindemisse im Zufiuss des Blutes
öder des Blutlaufs innerhalb der Organe bei Verengerung
und Obliteration der Gefässe, Druck auf dieselben, Unthä-
ligkeit des Organes, durch Contraction der Gefässe nach
Eiiivfirkung von Reizen, als Leichenerscheinung.
Anämie kann an und für sich Störungen der Functio-
nen der Organe* und krankhafte Erscheinungen am Leben-
den bewirken. Langdauernde Anämie hat meist Atrophie .
und Mangel der Secretionen zur Folge.
« •
C. tlämorrhagie.
Die Hämorrhagie besieht im Austritt von Blut aus zer-
rissenen Gefässen: Arterien, Venen oder Capillaren (Apo-
plexia vascularis und capillaris , venöse , arterielle und ca-
pillare Bhitung) ; streng genommen gehört der Vorgang zu
S6
den anatomiscbeii Veräoderuiigeii der GeflLsswiiide. Das
aasgetretene Blut heisst im Allgemeinen Extrafaeat,
Ecchymose, Sugillatio, bildet ee eine grosse Masse
innorlialb d«r dadorch sertrflmpnerten Oiiganei apoplecli-
scher, bSmorrhagischer Herd, bildet es kleine
Flecto ohne merkliche Teilurerindenrng , Apoplexia
capHlaris, erfüllt es alle Zwischenraome der Gewebe
ohitö ZerstSning derselben, findet sug^eich CapillarhyperSmie
statt, hämorrhagischer Infarct
Die anatomisehen YerSndeningen der Organe durch U&-
morAagieen sind sdir Terschieden , je nach der Quelle der
Blutung, je nach ihrer Ausdehnung, je nach dem Bau der
Organe und je nach etwaigen C<»nplicationen.
Bei sehr fcldnen Blutungen findet man das Blut swi-
scben die GewebstheUe g^ichmtssig ?ertheilt; die letsteren
sind meist unverlindert, selten lertrttmmert; man sieht Ter-
änderte und unTeränderte BIutlLörperchen , kleine Partikel-
ch0n geronnenen Faserstoffes und rothe Färbung der Ge-
webe durch ausgetretenes Hämatin. Die Bisse in den Ca-
pillaren sind nicht zu sehen.
Bei hSmorrhagischen Herden findet man in der Mitte
des Herdes remes Blut angehäuft; dasselbe bildet meist eine
weiche, dunkle Massen suweilen ist es in Serum und Fibrin-
gerinnsel getrennt Nach den Wänden des Herdes lu fin-«
den sich swisefaen den Blutbestandtheilen einsehie Trttmmer
der Gewebe, in d^ Wänden selbst sertrOmmerte Grewebs-
theile mit Blut, allmählig nach aussen in die normide Tex-
tur übergeh^d.
Bei dem hämorrhagischen Infarcte findet man in einem
Organe eine umschriebene, dunkelrothe, feste, prominirende
Stelle; zwischen allen Gewebsüieilen , in allen Hohlräumen
ist Blut angehäuft,, die Gewebe sind toOx gefärbt, die Ca-
piUaren und kleinen Gefässe sind hyperämisch.
Die* Diagnose einer stattgehabten Hämorrhagie ist leicht,
27
sobald dk Meage des Blutes bedeutend ist; geringe BhrtQii^
gen kOnnw mit CapiUarhyperSinie und mit dem Austritt
TQik genarbten Serums verwechselt werden, da beide letzte-^
ren Zustände ganz das Bild geben können, als sei das Ge-
webe nut Blut erfüllt Eine Schere Dii^ose ist nur durch
das Mikroskop möglich; aber, auch dieses reicht zuweilen
nicht hin^ da bei der Präparation der fraglichen' Theile
künstliche Zerreissungen der Blutgefässe oft nicht zu ver-
meiden sind.
Ebie Zerreissimg der Gefässe hUngt ab von einer Er-
krankung ihrer Wände, die ihre Festigkeit yermindert (Fett-
sucht, aflieromatöser Proce$s),'Yon Veränderungen der um-
gebenden Gewebe, welche die Gefässwände unterstätzen,
ton fibermS^sig gesteigerter BhitfSlle, insbesondere bei der
auf mechanischen Hindernissen im Blutlaufe beruhenden. Sie
ist oft eine Theilerscbeinung der Entzündung.
Der Verlauf der Blutungen und die VeiSnderungen,
w^he in dem ergossenen Blute eintreten , VInd äusserst
mannichfaoh. Bald sistirt die Blutung nach einmaligem Er-^
gusse, bald dauert sie. unaufhaltsam fort, bald wiederholt
sie sieh in tängeren oder kürzeren Pausen.
Zuweilen wird das Blut gleich nach seinem Ergüsse
naeh Aussen entleert. Findet dieses nicht statt, so wird es
oft resorbirt, langsam oder schnell, Tor oder nach seiner
Ckffinnung; die Textur der Gewebe kann dabei unverändert
bleiben, oder ^ wird durdi Pigmente verändert oder durch
Narbengewebe. Meist wird das Blut Mos zum Theil resor-
birt; die Veränderungen, welche im bleibenden Blute ein-
treten, sind folgende: Das HSmatin wird resorbirt oder
gdit in Pigment über; die rofhen Blutkörperehen werden zu
Pigment oder geben ihr Hämatin ab und zerfalleia dann in
resorptionsfabige MoIeeü]e> die weissen Blntkürperchen zer*-
faUen ebenso oder nach vorhergegangener Fettmetainorphose ;
das Plasma dient ds Blastem zur Organisation, dieselbe
28
liefert bald bleibende Gewebe: Fasern, Narbenmasse , bald
transitorische Zellen : Eiter, bald Beides : sogenannte Cjrsten-
bildung, zeUige Infiltration; oder es tritt keine Organisatioiiy
sondern Rückbildung ein: Yerschrumpfnng , Yerkreidung
u. s. w. Unter günstigen Bedingungen kann auch Brand
eintreten.
a. Die Ver&nderiingpeii der Bildmiiif und
BficfcbUdimg^ des Körpers» der Oryane
und Gewebe«
i. Bie VcrAndenuiir^n der Blldoiiir de« FMiui» die
niMMldiiiii^eii.
Die Missbildungen 9 vüia primae formationU, stellen
meist Hemmungsbildungen dar, indem ein oder mehrere Or«
gane sich nicht mit den übrigen zur normalen Reife ^t-
wickeln y sondern auf einer früheren Stufe der Bildung ste^
hen bleiben. Die Ursachen dieser Yeränderung (die Bil-
dungshemmungen) sind: ursprüngliche Veränderungen des
Eichens oder Samens, mechanische Schädlichkeiten, die auf
den Embryo oder das Ei im Ganzen einwirken, Krankhei-
ten der Mutter, Krankheiten des Eies oder Embryos.
Da eine gründliche Besprechung der Missbildungen nur
an der Hand der Entwickelungsgeschiehte möglich ist, so
begnüge ich mich hier mit einer kurzen Uebersicht dersel-
ben, die für die Praxis wichtigen werden in der speciellen
path. Anat. weiter behandelt. Ich folge dabei ganz der
Darstellung von J. Vogel (AUg. path. Anat. Leipz. 1845.
S. 449—483). •
Knste ClaiSUSe« Missbildungen, bei denen Theile
ganz fehlen oder zu klein sind. — Monstra defi-
cientia.
29
L Ordnung. Defecte im engeren Sinne. Gänzlicher
Mangel .yon Eörpertheilen.
1. Vollkommen ungestaltete, nicht lebensfähig.
2. Missb.y die nur aus einem rudimentären Rumpfe
bestehen, nicht lebensfähig.
3. Bumpflose M. , nur der Kopf ist vorhanden. Nicht
lebensfähig.
4. Kopflose M., Acephalüs, nur die untere Körper-
hälfte Vorhanden. Nicht lebensfähig.
5. M. mit mangelhaftem Kopf , Perocephalus. a. Ru-
. dimentärer Kopf, Paracephalus , Pseudacephalus.
b. Hirnlose M., Anencephalus , Hemicephalus , s.
Himkrankheiten. c. Es fehlen Theile des Gesichts,
Aprosopus, Microprosopus.
6..M. mit Mangel, Kleinheit und Unförmlichkeit vieler
■
Organe. Perosomus; Nidit lebensfähig.
7. Mangel einzelner oder aller Extreihitäten oder ein-
zelner Theile derselben.
II. Ordnung. Regelwidrige Kleinheit der Theile,
Zwergbildung.
1. ZwOTgleib, Nanosomus, Kleinheit des ganzen Körpers.
2. Zwergkopf, Nanocephalus.
3. Zwergrumpf, Nanocormus.
4* Zwergglieder, !ff[anomelus.
Zivelte Clasfite. Missbildung durch Verschmel-
zung von Organen. Voaliiio partium. — . Symphj^m.
1. Am Kopf. a. . Verschmelzung der Augen, Cyclo-
pia, Monophthalmüs. Nicht lebensfähig, b. Ver-
schmelzung der unteren Gesichtsh'älfte in verschiede-
nen Graden bis zur Verschmelzung der Ohren, mit
oder ohne Cyclopie. Monotia, Agnathus, Otocephalus.
2. Verschmelzung der unteren Körperhälfte, na-
mentlich der unteren Eltremitäten, Site-^
*. nenbildung. Monopodia, S jmpodia.
3. Verscbmelsang einzelner Köipertbeile,
am häufigsten der Finger und Zehen, Syn-
dactyiiu.-
Dritie ClaMiew Siissbildungen, bei denen im
Normalzustande verwachsene Theile von ein-
ander getrennt sind — Spaltbildungen.
1. Spaltungen am Kopf. Schistocephahis.
a* Spaltung des Schädels. S. Himkrankheiten.
b. Spaltung im Gesicht S. LtMmm teporimtm, Rictm
c. Spaltung einzelner Tbeile: Mund, Wangen, Zunge,
Twba Eusiachii, hU und ChorMdea^ Uvula.
2. Spaltungen am Rumpfe und Halse, ScUsto-
cormus.
a* Am Halse. S. Fisiula eoUi emtgmiim.
b. Am Bdekgrat. S. Hydrmrkackk y ßpima kifida.
c. Ab der Brust, dem Bauch: lispara $temi^ hemia
cordis, pulmonum T peetinrmlit; *^ Eaamtpkalus,
Prolapsus s. moersto ffesica0 urifuaiae, Epispa-
diasis.
d. An der Hanir6ki6 auf der untecea S^te, Hypospa-
diasis,
e. . Kloäkbildung.
3. Offenbleiben im Nc^nnalzQstande geschlos-
sener OeffningeB und Kasflle. thaehtSy
Dmt. ArtmHi, BotmlR, For. omle^
ITierte CätaMBUe« Misskildungen, bei welchen
normale Oeffningen verschlossen sind. Atre-
siern» •
1. A m Kopf: Mund , Nasenlöcher , GefaSrgang , Au-
. gcilider , Pupfllcn.
2. Am Rumpf; After, Urethra, Sdieide.
I^Anfte damie. Mi»sbi)dunge.n, welete zu viel
haben, oder bei denen mehr oder weniger
Theile eii^^e ttberm&ssige Grrösse haben. — Mon-
stra abtmdantia.
I. Ordnung. Ein oder mehrere Theile sind zu
grosSi RiesenbUdung y iibermässige FetftQdmigy par-
tielle Hypertrophieen.
IL Ordnung. Ein oder mehrere Theile sind
überzählig, durch Spalfüng eines einfallen Keims
oder Verschmelzung yon zwei getrennten Keimen.
1. Missbildungen mit überzähligen Theilen
bei einfachem Kopf und Rumpf, a. Am
Kopfe: Vermehrung der Schädeftnochen, doppdte
Zunge, Unterkiefer, überzählige Zähne, b. Am
Rumpfe: überzählige Wirbel, Rippen, Muskeln,
Brüste, c. An Gliedern: überzählige Finger und
Zeben^ ganze Extremitäten, d. AnEingeweiden
Nebenmiizeii u. dgl.
. 2. Missbildungen mit überzähligen Theilen
bei mehrfachem Rumpf'oder Kopf. Dop-
pelmissgeburten.
A; DoppelmissgeUirteni durch VersefaiiielzQiig« ct. Obere
Körperbälfte: a» Doppeltes Gesicht, Di-
prosopus. b. Der ganze Kopf ist yerdoppelt: Di-
eephalus. c. Kopf, Hals und obere Extie-
mitäten sind yerdoppdt d. Die Verdoppelung
erstreckt sich auch auf die Brust^ Bauchzwil-
linge; e. Die Verdoppelung gebt bis zum Nabele
. f. Sie ist fast Yollständig bis auf das Stdssr
bein. /}. Untere Kör per half te: Verdi^ipeltes
Becken, fast voUständige V^doppelung bis auf
den Kopf. y. Verdoppelung des ganzen
Körpers und V^schmelzung in -der Mitte.
B. Missgeburten durch Einpfianaung. Ein ausgebil-
d^er K&rper trägt Theile cues ferkiunmerten am
32
Kopf, Hals, an der Brust, unter der. Haut, in einer
Körperhöble (Foetus in foetu).
3. Drillingsmissgeburteh.
Se€lifirt;e Clause« Missbildungen, bei welohen
einzelne oder jiele Theile eine abnorme Lage
haben (Situs mutatus),
i. Angeborene Abweichungen in der liage der Einge-
weide, im höchsten Grade Situs transversus.
2. Abweichungen im Verlauf einzelner Gefässe.
3. Angeborene Luxationen, lüumpfuss u. s. w.
Siebente OaiSHSe. Missbildungen. der Genita-
lien^ Zwitterbildungen, Hermaphroditismus.
S. Krankheiten der Genitalien.
2. Ble VerAndemiiyen iler Bildung und Rfiekbll«
duiiff der Oewebe und Organe«
A, Die pathologischen Neubildungen.
a. Organisirte Neubildung.
1. Von ier pathologischen Organisation im Allgemeinen.
a) Das Material zur Organisation liefert die Blutflüs-
sigkeit, selten als Gerinnsel innerhalb der Gefässe oder als
Extravasat häufiger als durch die Wandungen der Capüla-
ren ausgetretene Flüssigkeit, Blastem, Exsudat. Diese
Flüssigkeit tritt in der grossen Mehrzahl der Fälle in eben-
so kleinen und der Untersuchung unzugänglichen Mengen
aus , als die normale Emährungsflüssigkeit ; da aber eine
Neubildung ohne eine derartige. Grundlage für uns undenk-
bar ist, werden wir zur Annahme ihrer Existenz in allen
Fällen gezwungen. Wir wissen daher auch nicht, ob das
pathologische Blastem immer von dem physiologischen hin-
sichtlich seiner physikalischen und chemischen Eigenschaf-
ten versciueden ist. Nur die sogenannten entzündlichen Aus-
33
Scheidungen^ Exsudate im engeren Sinne ^ erlauben zuweilen
ihrer Menge nach eine genauere Untersuchung, doch auch
die Matur der Exsudate ist sehr schwer zu erforschen,
da wir dieselben • nur sehr selten rein, unverändert und in
hinreichender Menge zur Untersuchung erhalten können.
Im Allgemeinen gleichen die physikalischen und chemischen
Eigenschaften der Exsudate denen des Blutplasmas. Im fri-
schen Zustand bQden sie meist eine zähflüssige, schwach
gelblich gefärbte oder farblose, durchsichtige, fad und sal-
zig schmeckende, alkalisch reagirende Masse; später haben
sie eine oft sehr verschiedene Gestalt je nach dem Fibrin-
gehalt, der Art der Fibringerinnung, dem Wassergehalt (s.
Entzündung). Die wichtigsten chemischen Bestandtheile der
Exsudate sind Fibrin, Albumin und Wasser; die Natur der
ersteren ist ganz gleich der des Blutfaserstofifs und -albu-
mins, ihre Menge ist sehr wechselnd, insbesondere ist der
Faserstoff bald in grosser Menge yorhanden, bald fehlt ^r
gänzlich, während das Eiweiss fast nie ganz zu fehlen
scheint. Extractivstoffe , Fette und Salze sind fast stets vor-
handen, in grösserer oder geringerer Menge. Das pathologische
Blastem füUt entweder nach seinem Austritt aus den Capil-
laren die Interstitiell der normalen Gewebe, oder durch-
tränkt die Gewebstheile selbst; im ersteren Falle beginnt
die Neubildung mit Organisation der interstitiellen Flüssig-
keit, im zweiten Falle als endogene Productionen in nor-
mal präexistirenden Zellen.
b) Die erste Erscheinung der Organisation ist eine che-
mische und morphologische Differenzirung . des Blastemes,
deren Resultat Zellen bil düng ist. Jede Neubildung hat
als zweites Stadium das der Zellenbildung zu durchlaufen.
Die Zelle bezeichnet also eine bestimmte morphologische Ent-
wickelungsstufe der Blasteme, sie setzt nothwendig ein aus
der Blutflüssigkeit hervorgegangenes amorphes Blastem vor-
aus. Im interstitiellen Blastem wird entweder alles Mate-
3
34
rial in Zellen umgewandelt oder ein Theil bleibt als.Inter-
cellularBubstaDz amorph, deren weitere Organisation Ton
der Richtung der in den Zellen eintretenden Organisation
abhängt. Alle Neubildungen bestehen einmal nur aus Zel-
len oder aus Zellen und Intercellularsubstanz.
Aus den Zellen baden sich bleibende Gewebe: Fa-
«
Sern, Gefässe u. s. W. oder die Zellen bleiben als solche,
bilden dann bald Theile bleibender Gewebe (Fett-, Knor-
pelzellen u. s. w.), oder sie gehen nach einer gewissen Zeit
Metamorphosen' ein, die ihren Untergang herbejfiihren:
transitorische Zellen. Die fertigen Neubildungen be-
stehen entweder aus transitorischen Zellen, öder aus blei-
benden Geweben, oder aus beiden.
Die Art, wie sich diese Gebilde entwickeln und weiter
verhalten, werden wir im Verlauf der weiteren Betrachtun-
gen kennen lernen. Es ist. ungewiss, ob sich in allen Bla-
stemen als erste Bildung indifferente Zellen entwickeln, wel-
che einen ganz gleichen Charakter haben, und aus welchen
dann erst durch weitere Metamorphosen die specifischen
Formen der (Faser- , Epithelial- ; Fett- u. s. w.) Zellen und
Gewebe hervorgehen, öder ob die JJellßn dieser specifischen
Grebilde gleich bei ihrer ersten Entstehung auch specifische
Formen haben.
c) Die Bedingungen zum Eintritt der Orga-
nisation sind uns nur zum Theil bekannt.
Eine von selbst verständliche Bedingung ist die Noth-
wendigkeit der fortwährenden Berührung des Blastemes mit
dem Körper, d. h. für die pathologische Organisation ist,
wie für die physiologische, ein steter Cöntact mit der Blut-
flüssigkeit und ein steter Stoffaustausch mit dieser nothwen-
dig, denn ein Blastem, dem jegliche Blutzufuhr abgeschnit-
ten ist , organisirt ebensowenig als ein aus dem Körper ent-
ferntes» (Der Einfluss einer Lebenskraft würde nichts er-
klSrett, da diese selbst nicht erklärt ist. Der- Einfluss der
Nerren ist bei Pflanzen und dem Embryo offenbar nicht
thatig, bei der Zellenbildung im reifen, tbierischen Körper
kann* er schweiiich geleugnet irarden, obschon seine Be-
sdiaffenheit unklar ist.)
Von der grossten Wichtigkeit ist gewiss die chemische
Zusammensetzung des Blastemes, obschon unsere Kennt-
nisse in dieser Biditung sdir mangelh^ sind. Wir kon-
nen wohl annehmen , dass ein Blastem um so eher organi-
sationsfahig ist, je mehr es dem jaormalen Blusplasma
gleicht.
Kalte Temperatur erschwert oder verhindert, warme
begünstigt die Organisation. Von Bedeutung ist femer die
Natur der Umgebung des Blastemes ; ungünstig ist die Lage
an der Oberfläche des Körpers und der Contact mit der
atmosphärischen Luft, welche leicht Yertrocknung oderYer-
we*sung' herbeiführt ; sehr leicht organisiren Blasteme in
Zellgewebe, Muskeln, Drüsen..
d) Die Bedingungen zu einer bestimmten
Richtung der Organisation sind noch sdiwerer fest-
zustellen^ ihre Erforschung aber ist Tom grossten Literesse.
Die chemischen Bestandtheile des Blastems ge-
ben wenig Anhaltepunkte , wegen der Unmöglichkeit, inter-
stitielles Blastem in namhafter Menge zu sammeln und
wegen der Schwierigkeit der Diagnose der geronnenen Pro-
teinkörper.
Feuchte Wärme begünstigt die rasche Zellenbildung^
Zuweilen wird die Richtung der Organisation bestimmt
durch das Gewebe, in welchem die JBxsudation
erfolgte; so heilen Wunden und Substanz Verluste des
Bindegewebes leicht und fast immer durch Begeneration
desselben, Exsudate in Knochen werden meist wieder zu
Knochen , Exsudate neben Eiter werden gern wieder zu
Eiter.
Die genannten Bedingungen reichen aber bei Weitem
S*
36
nicht hin, zu erklären, warum im einzelneu Falle gerade
die eine . bestimmte Richtung der Organisation eingetreten
ist und man hat sich von je her nach anderen Erklärungen
umgesehen. Die gebräuchlichsten sind die durch Verände-
rungen der Richtung der Gesammtorganisation des Körpers,
krankhafte Constitution, Diathese, dann durch Veränderungen
der Säfte des Körpers odqr des Blutes, Dyskrasieen, Krasen.
. e) Modus der Zellenbildung.
1. Erste Entsljehung der Zelle.
Als die erste Bildungsstufe der Zellen finden wir über-
all Kerne (Fig. 11 b); es sind anfangs glatte, runde oder
ovale Bläschen mit homogenem, durchsichtigem Inhalte, yon
mannichfacher Grösse (Eiterzellenkeme 0,002 — 0,0025"',
Krebszellenkeme 0,003 — 0,015"0/ ihr Inhalt wird später
durch kleine Molecfile getrübt, ihre. Membran gerunzelt,
meist bilden sich in ihnen 1 — 2 oder 3 Kernkörper-
chen, kleine, runde Körper, zuweilen verlieren sie ihre
Bläschennatur und werden solide Körperi
Die erste Entstehung der Kerne ist noch unklar; als
die frühesten Entwickelungsstufen derselben werden an,-
gesehen ein Theil der sogenannten Elementarkörn-
chen (Fig. 11 c), die sich' in allen Blastemen finden und
vielleicht die ersten Spuren der Organisation sind; es sind
kleine (jirVir — tjüif"')? runde Kömchen, an denen Wand
und Inhalt- nicht mehr zu unterscheiden sind, in Essigsäure
•löslich oder wie die Kerne unlöslich. (Wohl zu unterschei-
den von ebenso kleinen Fettkügelchen, Pigmentkömehen,
Kömchen anorganischer Stoffe.) Man* sieht dergleichen
Kömchen mit den Reactionen* der Kerne und Uebergangs-
stufen zwischen ihnen und wirklichen Kemen, nicht selten
im Eiter und Carcinom, so dass es möglich ist, dass die
Kömchen schon Bläschen sind und durch Intussusception
zu Kemchen wachsen. Andere nehmen an, dass der Kem
durch Verschmelzung eines Haufens solcher Kömchen ent-
87
stehe, doch lässt sich darüber nichts Sicheres festsellen.
Wahrscheinlich entstehen die Kerne gar nicht im intersti-
tiellen, freien Blastem, sondern in dem in normale, prä^xi-
stirende Zellen und Kerne eingetretenen, oder durch Thei*
lung präexistirender Kerne, wofür die Beispiele in neuerer
Zeit immer zahlreicher werden.
Der Kern besteht aus anderer Substanz als das Blastem,
er ist in Essigsäure unlöslich^ nach Zusatz derselben ver-
liert er einen Theil des Inhaltes, wird Meiner, platter, er-
hält einen centralen EindrUcI^ , der sich als dunkler Schat-
ten kenntlich macht , und schärfere Conturen. Nach Zusatz
von Wasser wird der Inhalt verdünnt , der Kern quillt auf,
seine Membran wird ausgedehnt, daher die Conturen schwä-
eher werden, endlich platzt sie oder der Kern wird fast
unsichtbar. In caustischen Alkalien ist der Kern löslich.
Die Kernkörperchen sind oft sehr klein, meist ha-
ben m einen der Grösse des Kerns angemessenen Umfang,
sind meist glatt, rund, zuweilen rauh, kömig; sie scheinen
ebenfalls Bläschen zu sein ; ihre Entstehung beruht wahr-
scheinlich auf dem allmäligen Wachsthum eines der Mole-
cüle. Kömchen, im Inhalt des Kernes. Sie haben diesel-
ben Reactionen wie die Kerne. In solid gewordenen Ker-
nen schwinden sie.
Aus dem Kern bildet sich die Zelle. Die Art der
Bildung der Zelle ist noch unklar; möglich sind: eine Bil-
dung der Zellmembran um den Kern von aussen, oder die
direkte Umbildung des . Kemes zur Zelle , indem er sich
vergrössert und einen neuen Kem im Inneren erhält^ wor-
auf auch Umwandlung seiner Substanz erfolgt.
Die Zelle (Fig. 11 d) ist ursprünglich ein rundes
oder ovales Bläschen mit einem Keme , der gewöhnlich an
der Zellenwand, seltner an einer anderen Stelle im Zellen-
inhalte liegt; der Inhalt ist anfangs eiüe homogene, durdi-^
38
siditige, zähflüssige Masse, in welcher später kleine Mole-
cüle, Körnchen auftreten, durch welche die Zelle trübe und un-
durchsichtig wird ; die Membran ist sehr zart und stellt sich
nur als eine Contur dar. Anfangs ist die Zelle klein, der
Inhalt gering, so dass die ZeUmembraja- dem Kerne sehr
nahe anliegt; allmalig vermehrt sich der Inhalt und die
Zelle wächst, indem die Membran sich mehr und mehr vom
Kerne entfernt. Das Wachsthum durch Aufnahme neuer
Inhaltsmasse hat für bestimmte Zellen bestimmte Greiizen.
Selten wächst die Membran einseitig und erhält eine so be-
deutende Dicke, dass sie sich mit zwei Conturen darstellt;
in dieser verdickten Membran sollen sich nach Einigen Fa-
•
serzellen und Fasern bilden. Membran, Inhalt und die
Kömchen darin sind in Essigsäure und Alkalien löslich, in
Wasser unlöslich. Nach Zusatz von Wasser wird der In-
halt verdünnt, die Kömchen gerathen in Bewegung, end-
lich platzt die ausgedehnte Membran, zuweilen bleibt aber
der Inhalt als compacte Masse, nur die äussersten Schich-
ten vermischen sich mit dem eingedrungenen Wasser, durc*h
welches die Zellenmembran , vom Inhalt entfernt, abgehoben
wird. Zuweilen bilden sich im Inhalte durchsichtige Par-
tieen , welche als rande , sogenannte hyaline Kugeln austre-
ten und frei herumschwimmen; sie haben keine Membran
und verschwinden in Wasser und Essigsäure.
Aeltere Zellen haben eine festere Membran, sie löst sich
viel langsamer in Essigsäure, lässt nur langsam und wenig
Wasser durch; bei noch älteren Zellen verschwindet die
Trennung zwischen Membran und Inhalt, beide bilden eine
solide Masse, welche gegen Reägentien wenig empfindlich
ist und keine endosmotischen Phänomene zeigt. In diesen
soliden Zellen verschwindet meist der Kem.
Die Grösse der Zellen ist ausserordentlich verschie-
den; stets hält sie sich innerhalb der mikroskopischen Gren-
2^^ 7 T^jf — 7^^^^ Dchm. Die Zellen wachsen durch Stoff-
39
■^IV>IW>
aufiiahme yon aussen. Ihre Gehalt ist ebenfalls mannich-
fadi: sie sind rund^ oval, cylinderförmig, platt, eckig, fa-
denförmig u. s. w. Zellen in einem reichlichen, flüssigen
Blasteme sind meist rund; solche, die zusammengedrängt*
liegen, werden platt und eckig, durch gegenseitigen Druck
und durch einseitiges Wachsen nach freien Lücken bekom-
men yiele Zellen lange Fortsätze, Spitzen, zuweilen werden
sie nach Zusatz Ton Wasser wie'der. rund.
Finden sich in einer Neubildung eine grosse Menge yon
Zellen, so lässt sich nicht bestimmen, wie viele derselben
durch ursprüngliche Neubfldung entstanden sind und wie
viele durch eine der Arten der Vermehrung, ausg^end von
den ursprünglich neu entstandenen Kernen.
2. Vermehrung der Zellen.
a) Durch wiederholte freie Zellenbildung;
in der beschriebenen Weise aus Elementarkörnchen und freien
Kernen, die sich häufig in Neubildungen, welche im Wachs-
tbum begriffen sind , finden.
b) Theilung freier Kerne; in dar Mitte einge-
schnürte Kerne mit allen Uebergängen bi«f zur völligen Thei-
lung sind nicht selten in Sarcomen und Carcinomen zu fin-
den. (Fig. 11 b.)
c) Theilung freier Zellen; der Zellenkem theilt
sich und um die getrennten Stücke schnürt sich ^ie Zelle
ab, selten vorkommend. (Fig 3 c.)
d) Endogene Kern- und Zellenbildung* aa) En-
dogene Kernbildung: er. durch einmalige oder vielfach wie-
derholte Theilung des Kernes der Zelle (Fig. 3 a); ß. durch
• primäre Neubildung eines oder vieler Kerne in einer Zelle.
Aus diesen Kernen bilden sich nur selten in der Zelle, die' nun
zur Mutterzelle wurd, Tocbterzellen, meist werden die Kerne
frei, sehr seltei^ kommt eine dritte Beihe der Kern- und Zel-
lenbildung in den Tochterzellen vor. Die Mutiterzellen mit
ihrem Inhalt haben die allgemeinen Eigenschaften der Zellen
40
überhaupt, erieiden dieselben Metamorphosen. Die Toch-
terzellen werden wahrscheinlich zum Theil frei und haben
dann dieselben weiteren Schicksale als die ursprünglich freien
Zellen, bb) Endogene Kern- und Zellenbildung in Kem-
blasen. Der in eine Zelle eingeschlossene oder freie Kern
bläht sich zu einer grossen Blase mit eiweissartigem oder
coUoidem Inhalt auf {Brutraum, Yirchow); in dieser ent-
wickeln sich ein oder mehrere neue Kerne, die sich durch
Theilung wieder yermehren können, oder Yon einer Zell^-
membran umschlossen werden, oder wieder zu Kemblasen
werden, in welchen sich die endogenen Bildungen wieder-
holen können (s. Colloid- und Eiweissmetamorphose) (Fig.
14 c, 13). Geschieht die Einschachtelung yon Kernen in
Kemblasen so, dass sich continuirlich in einer endogenen
Kemblase neue bilden, so entstehen Körper mit geschich-
teten Wänden, Corpora amylacea, welche ausserdem auch
durch concentrische Umlagerung eines festen Körpers mit
anderen Stoffen gebildet werden können. (S. Alyeolarkrebs
und Prostatasteine.) Fig. 13.
In manchen Neubildungen, z. B. in rasch wuchernden
Krebsen , finden sich alle oder die meisten Formen der Ver-
mehrung der Zelle gleichzeitig, in anderen nur einzelne der-
selben.
3. Metamorphosen der Zelle.
a) Sie yermittelt die Bildung bleibender Gewebe , z. B.
des Bindegewebes, Knorpel-, Knochengewebes, s. organi-
sirte pathologische Neubildungen.
b) Sie geht diurch Rückbildung zu Grunde.
1. Die Atrophie der Zellen beginnt schon da, wo
die ^elle aufhört, ein Bläschen zu sein, und solider Körper
wird; sie yerliert dann weiter ihre Form, wird zu einem
unregelmässigen, eckigen Körper ohne Kern (Fig. 8 c),
zerfällt in mehrere Fragmente und kleine Körnchen. Gegen
Keagentien sind die atrophischen Zellen wenig empfindlich,
'41
in Essigsäure und Kalihydrat werden sie etwas blasser ^ in
Wasser bleiben sie unverändert. Zellenatropbie zeigt sich
in allen wasserarmen Geweben , hauptsächlich in . solchen,
die durch Gefässobliteration atrophiren und nekrosiren; da-
her findet mau in ihnen hauptsächlich jene unregelmässigen
Körperchen (s.- Tuberkel).
2) Die Fettmetamorphose besteht in einer allmä-
Ug zunehmenden Bildung kleiner Fettkfigelchen in einer
Zelle, welche allmälig die ganze Zelle ausfällen (Körn-
chenzellen), worauf die Membran schwindet, die Fett-
kügelchen einen runden Haufen bilden (Körnchenhau-
fen) imd endlich auseinanderfallen (Fig. 8 b). Dieser Pro-
cess ist ein sehr verbreiteter und scheint (neben der Atro-
phie) in allen Zellen einzutreten, denen die Bedingungen
zu ihrer weitereÄ Existenz entzogen werden; er ist wahr-
scheinlich bedingt durch Fettbildung aus dem Inhalt der
Zelle, bezeichnet die Epoche des Unterganges der Zelle und
vermittelt ihre Eesorption. Die Ursachen des Eintrittes die-
ses Processes sind oft unbekannt, oft liegen sie in der Ent-
ziehung des Stoffwechsels durch mangelhaften Blutzufluss,
Obliteration des Gefässe. Zuweilen ist der Vorgang ein an-
derer. Das Fett ist flüssig, die Anfangs gebildeten kleiAcn
Fettkügelchen fliessen daher bald zu grösseren Kugeln zu-
sammen und allmälig wird die gstnze Zelle mit einer gros-
sen Fettkugel ausgefüllt, sie wird zur Fettzelle. Dieser
Vorgang ist seltner als der vorige, findet sich unter densel-
ben Bedingungen als der vorige oder häufiger unter Um-
ständen, welche für eine Infiltration des Fettes von aussen
sprechen, z. B. bei der Fettleber.
3. Die.colloide Metamorphose findet sich a) in
jphysiologischen Geweben als Entartung des Kernes und der
Zellen fast aller drüsiger Acini und Kanälchen ; die so ent-
artete Zelle oder die frei gewordene Colloidmasse wird
dem Seeret der DrUse beigemischt und geht .mit diesem ab.
42-
bj in pathologischen Geweben bald als Entartung des Ker-
nes und der Zellen, bald als das Wesen der Neubildung
bedingend; Der Modus dieser Metamorphose ist folgender :
bald bläht sich der Kern unter Umwandlung seines Inhaltes
zu einer Kemblase auf, der Zelleninhalt wird yerdrängt,
der colloide Inhalt wird endlich frei, oder es treten in die*
ser colloiden Kernblase alle oben genannten Arten endoge-
ner Yennehrung auf (s, Alveolarkrebs) , — bald wandelt
sich der Zelleninhalt selbst in Colloidmasse um, welche zu-
weilen auch frei wird und als glänzende, klumpige Masse
erscheint. Die colloidhaltigen Körper zeichnen sich Tor den
gewöhnlichen Zellen aus durch ihren eigenthümlichen Glanz,
ihr allmäliges Zusammenschrumpfen bei Schärferwerden der
Conturen nach Zusatz von Essigsäure. Die Bedingungen
dieser Metamorphose sind unbekannt. (Fig. 13.)
4. Eiweissmetämorphose (Schrant) kommt unter
denselben Verhältnissen vor; der Vorgang ist morphologisch
derselbe wie bei der Colloidmetamorphose , die Kemblasen
und ihre Derirate enthalten hier aber eine helle, homogene,
eiweissartige Masse, die nach Zusatz von Essigsäure schwin-
det. Diese Metamorphose bedingt nur selten den Charakter
einer Texturveränderung. Taf. 14 c.
• • •
5. Verkreidung, Incrustation der Zelle findet
sich an physiologischen Zellen nur selten, häufiger an pa-
thologischen einfachen Zellen oder aus ihnen hörvorgegan-
genen amylumartigen Körpern. Die Verkreidung beginnt
mit Bildung kleiner Kalkkörnchen im Zelleninhalt, diese
fliessen allmälig zu grösseren Körnern zusammen, endlich
ist die Zelle in einen soliden, glänzenden, einfachen oder
geschichteten Körper umgewandelt, der aus Kalksalzen und
Resten der organischen Grundlage besteht. (Fig.)
6. Resorption der Zellen wird durch Zerfall der-
selben . in Fetikömchen (f!ettmetamorphose) oder in kleine
4^
eiweissartige Kömchen (Atrophie), welche resorptioBsf^Uiig
sind, vermittelt
2. Von den organisirten Neubildungen im Besonderen.
Unter einer organiisirten Neubildung, Neoplasma^ Pseudo-
plasma, versteht man jedes einfache oder zu complicifteren
Formen combinirte Gewebe, welches kein integrirender TbeU
eines normalen Gewebes oder Organes ist Jede bleibende,
selbstständig wachsende und als gesonderte Masse hervor-
tretende Neubildung nennt man Geschwulst, Tumor.
Die Neubildung stellt sich dar : a) als Hypertrophie
normaler Gewebe und Organe, diese besteht bald in- ver-
mehrter fiildung aller oder einzelner Gewebstheile, bald in
Yergrösserung einea Organes im Ganzen, z. B. durdbi Er-
Weiterung seines Hohlraums ; b) als. Neubildung im engeren
Sinne , es* tritt eine Organisation ein , die zur Bildung von
Geweben fährt, welche ihrer Natur und gegenseitigen Anord-
nung nach den Eletaenten des Organes nicht gleich sind;
c) die Neubildung ist das Resultat der in einem Blutcoagu-
lum eingetretenen Metamorphosen.
Die durch primäre Einwirkung der eine Neubildimg be-
dingenden Momente hervorgerufenen etwaigen Veränderun-
gen der Bildungsflüssigkeit sind nicht exact darstellbar.
. Die histologischen Elemente der Neubildungen sind Zel-
len-, Intercellularsubstanz , Fasern, Gefässe, Körner (Fett-,
Pigment-, Kalk -Kömer) und Krystalle., Zwischen den
einzelnen Elementen der Neubildungen an und für sich
und denen der normalen Gewebe existiren keine specifischen
Unterschiede (es giebt keine specifisch pathologischen Ge-
webstheile ohne Analoga im normalen Körper), die C^etze
der Entwickelung beider und ihre endlichen Formen sind
wesentlich dieselben. Zwischen den Neubildungen als Gan-
zes betraditet und den Organen des normalen Körpers ezi-
44
stiren wesentliche Unterschiede: 1) Ein Theil der Neubil-
dungen stellt als Ganzes zwar, eine Masse dar, welche ge-
wissen Gewebsmassen des Körpers analog ist, aber die ge-
genseitige Anordnung der einzelnen Elemente ist nie so, dass
das Ganze ein Organ darstellte, welches einem Organe des
Körpers gleich wäre od^r dessen Functionen haben könnte.
2) Ein anderer Theil stellt als Ganzes eine Masse dar, wel-
che keinen Gewebsmassen des Körpers analog ist , der Un-
terschied ist hier l^edingt durch die Anwesenheit von Zellen,
wdche zwar einzeln betrachtet nicht ohne Analoga im nor-
malen Körper sind, aber in diesen Massen und in dieser
Anordnung im letzteren nicht vorkommen.
Die einzelnen histologischen Elemente der Neubildun-
gen unter sich verglichen zeigen keine solchen specifischen
Unterschiede, dass ein einzelnes solches Element zur Diagnose
einer Neubildung maassgebend sein könnte (es giebt keine
specifischen Zellen oder Körperchen); die Neubildungen ab
Ganzes unter sich verglichen zeigen wesentliche Unterschie-
de, welche aus den eben angeführten Vergleichen mit dem
normalen Körper hervorgehen.
Die chemische Zusammensetzung der neugebildeten Ge-
webe ist wesentlich dieselbe als die analoger normaler Ge-
webe; den Neubildungen specifiscb eigenthümliche StoiBfe
giebt es nicht.
Das Verhalten der normalen Gewebe der Stelle , an wel-
cher eine Neubildung vor sich geht, ist verschieden: a) Die
Krankheitsursache lässt die normalen Gewebe unberührt,
dieselben werden a. von der wachsenden Neubildung aus-
einandergedrängt, ß. durch der letzteren Einfluss hypertro-
phisch oder atrophisch. 6; Die Krankheitsursache bewirkt
gleichzeitig mit iev Neubildung vor sich gehende Atrophie
oder Hypertrophie der normalen Gewebe. In Folge der
beiden letztgenannten Vorgänge findet sich die Neubildung
später bald an der Stelle der geschwundenen normalen Ge-
■ 45
webe^ bald sind normale Gewebstheile selbst Theile der
neugebildeten Masse geworden, c) Die Neubildung selbst
geht durch endogene Bildungen in normalen Zellen yorsich.
Die Gefässe des Mutterbodens sind meist yergrösseft.(wd-
ter und länger) ^ die Gefässe der Neubildung selbst sind aus
ihnen hervorgegangen und erhalten yon ihnen ihr Blut.
Die Neubildungen lassen sich in einzelne Arten tren-
nen. Als Art j Species , wird eine Neubildung charakteri-
sirt durch ein bestimmtes ursächliches Moment, welches con-
stant denselben Ablauf yon Veränderungen heryorruft, doch
müssen wir meist yon der Eenntniss der Bedingungen und
der primären Elementaryorgänge absehen imd uns auf die
des eonstanten Ganges' der Organisation, der Bildung der
Grewebstheile beschränken. Entgeht uns auch diese letzte
Kenntniss , so bleibt uns nur die der Gewebstheile der fer-
tigen Neubildung .übrig.
i« Die STeubildunff des Binde^ewelie«.
Das neugebildete Bindegewebe ist dem des normalen
Körpers gleich. Es besteht a) aus den bekannten feinen,
wellenförmig geschlängelten Fasern , die das sogenannte ge-
lockte Bindegewebe bilden; 6^ aus unregelmässiger gestalte-
ten, dickeren oder feineren, platten oder cylinderförmigen,
geraden oder gewundenen Fasern, mit Uebergangsformeu
zum gelockten Bindegewebe und dem hoinogenen; c) aus
einem homogenen Gewebe, in dem man kaum Andeutun-
gen yon Fasern oder Faltungen sieht und durch Präpara-
tion mit feinen Nadeln an den Bändern nur künstliche, un-
regelmässige , faserartige Fragmente darstellen kann ; d) aus
einem homogenen Gewebe , welches faserähnlich gefaltet ist,
ohne dass es in wirkliehe Fasern zerlegt werden kann; e) als
alveolares Netzwerk, in welchem die Fasern nicht unter ein-
^der yerflochten, sondern in ihren Enden yerschmolzen
sind. Allen genannten Formen sind Fasern beigemischt|
16
welche den Kernfasern oder elastischen Fasern des
normalen Bindegewebes entsprechen und in Essigsäure nicht
löslich sind; diese bilden bald unregelm'ässige Züge und
Flechtwerk im übrigen Gewebe, bald bilden sie wie die
anderen Fasern bei e ein alveolares 'Netzwerk ; f) als lok-
kere, gallert- oder schleimartige Masse, bestehend aus ei-
nem System zusammenhängender faser - oder sternförmiger
Kerne und schleimiger Intercellularsubstanz , Schleimge-
webe nach Virchow,
Die Fasern liegen selten einzeln , sondern sind zu klei-
neren oder grösseren Bändeln angeordnet. Die sekundäre
Anordnung der letzteren ist äusserst mannichfach, sie bil-
den. entweder , wirr durch einander laufend, einen dichten,
festen Filz, oder, nach einer Richtung geschichtet, fascien-
und sehnenartige Stränge, oder ein Netz- und Maschen-
werk, in welchem die Maschenräume durch nach einer an-
deren Richtung laufende Bündel ausgefüllt werden, oder
sie lagern in eoncentrischen Schichten um einen oder meh-
rere Mittelpunkte.
Die Entwickelung des Bindegewebes in wachsenden
Fibroiden, Sarcomen, in der Vemarbung zugehenden Gra-
nulationen ist stets durch Zellenbildung bedingt.
Die Zellen, welche im Blasteme, das die Richtung
der Faserbildung einschlägt , entstehen , sind charakterisirt
durch ihre Gestalt, von welcher sie die Namen Faserzel-
1 e n , spindelförmige , fibroplastische Zellen haben (Fig. 2 a) ;
sie sind schmal, lang, nach einer oder zwei Seiten verlän-
gert und zugespitzt; sie enthalten 1, selten 2 ovale Kerne,
ihr Inhalt ist hell oder granulirt. Neben ihnen sieht man
ihre Entwickelüngsstufen : freie Kerne, gleich denen der
Zellen, oval, scharf conturirt, glänzend; kleine, ovale Zel-
len, deren Membran kaum merkbar vom Kerne abgehoben
ist; grössere dergleichen mit Verlängerungen an den spitzeij
Enden des Ovals und alle üebergänge bis zu den langge-
47
«IrecktMi Fasendkn. Ausser diescii sldit iii«i luwt'ikii
ZdfeD mit 3 — 4 und mehr stenfSnois tu^f^fismctii Fort-
Die Faserbildun; gdit anf Terschiedene Weise vor s^ieh :
m) eine Zelle kann lu einer Faser werden ^ sie vird iim
das 10 — ISfoche iSnger, sdimSIer^ ihr Kern sehwindet
od«r bleibt als länglicher Körper tnrficl: (Fi;* 2 b> t die so
entstandenen Fasern rerwachsen mit ihren spitten Enden, oder
wachsen allmSlig zu längen Fasern aus. * — b) Eine Zelle
kann sich in 2 ^ 3, 4 Fasern oder in eine grossere Aniahl
derselben spalten (Fig. 2 c); r> der Kern bleibt oder ver-
schwindet; wenn er bleibt, so bildet er entweder schmale
längliche KSrper (Fig. 2 d) oder grössere Körper mit ein-
oder tielfachen Ausläufern, welct^e letztere zuweilen unter
einander Terschmelzen und die frei verlaufenden oder alveo-
lar Terbundenen, oben genannten, in Essigsäure Mmlösliclien
Fasern bilden. Virchow betrachtet diese Systeme zusam-
menhängender Fasern als hohl und bestimmt, Plasma zu
fähren, also als dem System der Knochenkörpercheh mit ihren
verbundenen Ausläufern entsprechende Gebilde, eine An-
sicht, die sehr Vieles für sich hat. Er betrachtet diese
Körper als Zellen und nennt sie Bindogowobskörperehen ;
ich habe sie in pathologischen Geweben, insbosondoro in
Enchondromen , welche in Fasergewebe übergehen, stets
den Kernen der Zellen entsprechend gefunden. (S. Enchon-
drom.)
Am neugebildeten Bindegewebe, insbesondere am ho-
mogenen, zeigt sich eine Erscheinung, die dem physiolo-
gischen fehlt, eine allmälige. Gontraction desselben; an Nar-
ben, fibrösen Gescwülsten ist die Beobachtung leicht in
machen; es wird allmälig fester, nimmt einen kleineren
Raum ein, zieht die benachbarten Gewebe nach sich, com-
primirt dieselben wohl auch, obliterirt dadurch oft die ka-
pillaren.
48
Als Metamorphosen des Bindegewebes kennen wir die
Fettmetamorphose , Verknöchening und Yerkreidung , alle
mit der Bedeutung der Bückbildung. Die Fettmetamor-
phose der Faserzellen gleicht ganz der. der anderen Zel-
len, die Zelle ist gewöhnlich mit einer Reihe Fettkfigel-
cben gefüllt, der Kern ist frei oder enthält Fett, zuweilen
ist er allein ergriffen, die Membran schwindet selten ganz,
doch sieht man auch im Zerfall begriffene Faserzellen und
freie Fettkiigelchen. Im reifen Bindegewebe sieht man statt
der Fasern fadenförmig an einander gereihte Fettkömchen,
im höchsten Grade, sieht man nur Fettkömchen ohne eine
Spur von Fasern.
Die Verknöcherung ist selten; es bildet sich wirk-
liches Knochengewebe ohne vorhergegangene Ejiorpelbildung,
das homogene Bindegewebe füUt sich mit Kalksalzen, aus
den Kernen der Faserzellen, die vorher zuweilen vielfache
Ausläufer bekommen, wie die Kerne der Knorpelzellen vor
der Verknöcherung, entstehen die Knochenkörperchen, aus
den Lücken für die Gefässe die Markkanälchen.
Häufiger ist die Verkreidung. Die Kalksalze (haupt-
sächlich kohlensaurer Kalk) lagern sich in Form kleiner
Körnchen zwischen den Fasern ab, oder meist im homoge-
nen Bindegewebe, oder die Fasern nehmen selbst die Kalk-
salze in sich auf; hat man die letzteren durch Zusatz von
Salzsäure gelöst, so kommen die Fasern wieder zum Vor-
schein. Zuweilen wird die Masse hart und knochenähnlich,
lässt sich nur mit der Säge trennen. Solche Gebilde wer-
den oft fälschlich für Knochenneubildungen gehalten, sie be-
stehen aber nur aus angehäuften Kalkkörnchen oder, aus
deren Verschmelzung entstandenen, grossen Körnern und
homogenen, glänzenden Kalkmassen.
Das neugebildete Bindegewebe enthält Gefässe, kann
daher durch Stoffzufuhr wachsen, es kann in ihm Entzün-
dung, Hämorrhagie, Brand u. s. w. eintreten.
49
Wahrend der morphologischeii Umwandlung des Bla-
stems und der Zellen zu Fasern geht auch eine chemische
Yor sich, indem die ersteren aus Proteinsubstanz, die letz-
teren, das reife Bindegewebe, aus lein^ebender Substanz
bestehen.
Unreifes Bindegewebe (Blastem mit Zellen) stellt sidi
als weiche, fast gallertartige, grauröthliche Masse dar (die
Rothe hängt von den beigemischten Capillaren ab); mit der
alhnäligen Entwickelung zahlreicher Zellen wird es fester,
trockner, hat die Consistenz einer Lymphdrüse. Reifes
Bindegewebe ist fest, zuweilen knorpelartig, weissgraulich,
auf der Schnittfläche sieht man die Faserbündel.
Neugebildetes Bindegewebe kommt vor als Hypertro-
phie des normalen Bindegewebes, bildet das Narbengewebe
der meisten Organe, bildet Pseudomembranen, Adhäsionen,
knotige, ästige Massen, bedingt die Einkapselung fremder
Körper und anderer Neubildungen und tritt endlich in Ge^
stalt von Geschwülsten auf.
Die Fasergeschwülste lassen sich nach dem Gange
der Entwickelung ihrer Elemente, soweit uns derselbe be-
kannt ist, in folgende zwei Arten trennen, die in ihren
Extremen leicht zu diagnosticiren sind, deren Charakter
durch Uebergangsbildungen oft sehr verwischt wird.
Das Fibroid«
(Leimgebende fibroide Geschwülste Bokit., Tumor
fibrotus, desmoides J. Müller, Fasergeschwulst Lebert
u. a. m«, Desmoid, Chondroid, Steatom, Skirrh u. s. w.
der alten Pathologen.)
Das Fibroid ist eine, auf der höchsten Stufe
ihrer Entwickelung ganz aus ausgebildetem
Bindegewebe bestehende Geschwulst.
Das ausgebildete Fibroid stellt sich als eine grössere
oder kleinere, runde, ovale, knollige oder drusige Masse
4
50
dar; s^ine Oberfläche ist meist durcit lockeres Zellgewebe
mit der Umgebung 'verwachsen oder, wo es frei liegt, mit
einer Hülle von Zellgewebe umzogen. Seine Consistenz ist
meist fest, knorpelartig; der Durchschnitt mit dem Messer
ist schwer auszuführen, das Gewebe knirscht; die Fläche
jedes durch die Geschwulst geführten Schnittes ist glatt,
glänzend, weissgraulich , gelblich, grauröthlich (bald wie
durchschnittene Sehnen, bald wie Knorpel) , meist sieht man
die Faserbündel und ihre sekundäre Anordnung mit blossem
Auge leicht, zuweilen treten gar keine Fasern heriFor. Die
Schnittfläche wird nur durch wenig wasserhelle Flüssigkeit
befeuchtet und auch durch Druck auf die Geschwulst kann
man nicht mehr herrorbriugen ; zuweilen ist diese Flüssig-
keit gallertartig, schleimig, coUoidartig. Das Fibroid ent-
hält meist nur wenig Blutgefässe, Capillaren, welche an
den Grenzen der Geschwulst in grössere Gefasse übergehen,
selten gehen auch kleine Arterien und Venen in dasselbe ein.
Die mikroskopische Untersuchung ergiebt als Bestand-
theile neugebildetes Bindegewebe, mit grosser Mannichfal-
tigkeit des Baues der Fasern, der sekundären Anordnung
der Faserbündel, viele bestehen ganz aus homogenem Biu-
degewebe. Ausserdem findet man Kerne und spindelförmige
Zellen hie und da zwischen den Fasern ; die Flüssigkeit der
Schnitt^äche ist meist amorph, zuweilen schwimmen auch
in ihr einzelne Kerne oder Zellen.
Die Entwickelungsgeschichte des Fibroides ist uns nur
unvollständig bekannt, doch giebt die Entwickelung des
neugebildeten Bindegewebes überhaupt und die Untersuchung
einzelner Bildungen, die man mit Recht als uuausgebildete
Fibroide ansehen kann, Anhaltepunkte. In manchen aus-
gebildeten Fihroiden finden sich die embryonalen Elemente
des Bindegewebes, Kerne und Faserzellen, ziemlich reich-
lich zwischen den Fasern, in anderen, kleinen, weichen,
bilden jene grössere Partieen deil Gewebes , man sieht zwi-
51
sehen den Faserbündeln Lagen von Faserzellen faserlihnlich
angeordnet und alle Uebergänge von der Faser zur Zelle;
endlich findet man Gesdiwfilste , die ganz und gar aus un-*'
reifem Bindegewebe bestehen. Es ist sehr wahrscheinlidi,
dass alle diese Formen Entwickelungstufen der Fibroide
sind; da jedoch eine vollständige Entwickelungsreihe nodi
nicht hergestellt ist, zählt man die unausgebildeten Fibroide.
ihrer Form nach zu den faserigen Sarcomen, einer
Mittelform , aus der sowohl das Fibroid als das zelUge Sar«
com hervorgehen kann. (S. Sarcom.)
Als Variationen des Fibroides kommen vor: 1) Ge-
schwülste von geringer Consistenz ^ aus lockerem Zellgewebe
zusammengesetzt (Zellgewebsgeschwulst). 2) Fibroide ndt
kleinen und grossen, mit Serum oder CoUoid gefüllten cy-
stenartigen Bäumen oder wirklichen Cysten (Cystosarcom)»
3) Fibroide mit gelber, brauner oder schwarzer Färbung
einzelner Stellen oder der ganzen Masse, bedingt durdi
Pigmentkömehen zwischen den Fasern, in den Faserzeilen
oder durch difiFuse Färbung des Gewebes (melanotisches Fi-
broid). 4) Combination des Fibroides mit Fettgewebe in
verschiedenen Graden. 5) Grosser Gefässreichthum bis zur
Combination mit Teleangiectasie.
Die Fibroide sind denselben Metamorphosen unterwor-
fen, als das neugebüdete Bindegewebe überhaupt, sie kön-
nen ganz oder theilweise verkreiden od^r in Fettmetamor-
phose übergehen; verkreidete Fibroide erreichen oft kno-
bhenähnliche Härte lüid Ansehen.
Sie finden sich am häufigsten im Uterus, dann inEno-*
chen, im Periost, subcutanem und submucösem ZeUgewebe
(Mund-, Bachenhöhle, Oesophagus, Larynx), in Nerven,
der Cutis, Dura mater, übrigens hat man sie fast in allen
Organen gefunden.
Sie kommen isoürt oder seltener in grösserer Anzahl
vor; ihre Grösse wediselt von der einer'Erbse bis in der
4*
52
eines Manneskopfes und daräber. Sie finden sich in jedem
Alter ; meist ist uns die Ursadie ihres Entstehens unbekannt,
selten lässt sich eine Verletzung (Schlag, Stoss, Druck) als
ursächliches Moment nachweissen.
Sie wachsen langsam, entziehen dem Körper daher we-
nig Blut zu ihrer Ernährung und stören die Gesundheit nur
durch ihre Schwere, durch Verdrängung normaler Organe,
durch Druck auf Gefässe und Nerven u. s. w. Sie können
auf einer gewissen Höhe der Ausbildung viele Jahre unver-
ändert bleiben. Selten werden sie durch EntzSndung, Ver-
eiterung oder Verjauchung zerstört, wobei sie den Habitus
eines erweichten und im Zerfall begriffenen Markschwammes
annehmen können; diese Vorgänge können dann Kachexie
und Tod bewirken. Eine Resorption von Fibroiden ist
noch nicht beobachtet worden. Die Exstirpation führt meist
völlige Heilung herbei; nur selten kehrt ein Fibroid an der
Operationsstelle wieder. (Nach allen Angaben über den
Verlauf geht hervor, dass sie im Sinne der Praktiker zu
den gutartigen Bildungen gehören.)
Das Sarcom.
(Die eiweisshaltige Fasergeschwulst Rokit., Fibro-
plastische Geschwülste L e b e r t's , Fleischgeschwulst , Sar-
coma.)
Das Sarcom stellt sich als eine weiche, gelappte oder
granulirte Geschvndst dar, die mit den. Geweben, in wel-
chen sie sitzt, fest verwachsen ist oder, wenn sie an eine
freie Fläche tritt, von ihnen einen Ueberzug erhält; sie
gleicht. meist völlig einer üppigen Granulation auf Greschwü-
ren. Die Schnittfläche zeigt ein speckiges, schwammiges,
zuweilen drüsenähnliches Gewebe, meist mit faserähnlichem
Gefüge, oft mit deutlichen Faserbündeln. Es fliesst eine
sparsame, farblose oder grauliche Flüssigkeit gleichmässig
über die Schnittfläche. Die mikroskopische Untersuchung
63
zeigt Faserbündel in allen Theilen der Gresch willst, als
Haaptbestandtheile aber Faserzellen in grossen Lagern und
faserähnlichen Schichten angeordnet , femer Uebergänge Ton
'der Faserzelle zur Faser , freie Kerne, ovale und spindel-
förmige Zellen, endlich auch grosse, runde oder eckige, oft
vielfach gezackte und faserig ausgezogene Zellen mit gros-
sen Kernen, die nicht zu den gewöhnlichen Elementen des
embryonalen Bindegewebes gehören und nicht zur Bildung
bleibender Gewebe verbraucht werden, femer Zellen mit
endogener Kembildung durch Theilung bis zur Bildung
grosser, mit sehr zahlreichen Kernen gefüllten Mutterzellen
(Fig. 3).
In manchen Sarcomen wiegen die Fasern und ihre em-
bryonalen Elemente so vor, dass man dieselben als unent-
wickelte Fibroide betrachten kann (faseriges Sarcom),
denen sie auch in Habitus und sonstiger Beschaffenheit glei-
chen. In anderen stehen sich Fasern und Zellenmassen
gleich (faserig-zelliges Sarcom), in wieder anderen
wiegen die Zellen bei Weitem vor und die ganze Entwicke-
lung geht offenbar nicht zur Production von Bindegewebe,
sondern zu der von transitorischen Zellen, deren Gestalt
aber vorzugsweise die langgestreckte ist (zelliges Sar-
com). Diese letzteren Geschwülste sind selbstständige, stel-
len keine üebergangsstufen zu den Fibroiden dar, nähern
sich aber sehr den Carcinomen. Sie sind sehr weich, wach-
sen schneller und erreichen oft einen grossen Umfang.
In allen Sarcomen finden sich zahlreiche Gefässe, weite
Capillaren, an den Stellen, wo die Geschwulst wurzelt, in
grössere Gefässe übergehend. Die Flüssigkeit der Schnitt-
fläche enthält meist nur wenige Kerne und Zellen.
Als Varietäten kommen vor: 1) das gallertartige
Sarcom, Gallertgeschwulst, Collonema, Sarcome
mit sehr reichlicher , gallertiger oder colloider Zwischen-
sttbstanz, so dass das Gefüge locker und schlottrig wird.
Sie besteben aus einem weitmaschigen Fadenwerk von Bin-
degewebe auf allen Stadien seiner Bildung und farbloser,
saher CoUoidmasse , in welcher sich Kerne, Fasenellen,
Kömchensellen und freie Fettkömchen, suweilen spiessige
Fettkrystalle finden. Das Vorkommen derselben, ihr Ver-
bältniss su den Muttergeweben und Verlauf sind im Allge-
meinen wie die der Sarcome überhaupt. 2) Gystosar-
coma, keine selbstständige Species, sondern die Beseich-
nung fKr alle auf verschiedene Weise su Stande kommen-
den Combinationen von Neubildung von Bindegewebe und
Cysten. S. Cjfstosarcoma Mammae. 3. Melanotisches
Sarcom, braun oder schwarz gefärbtes Sarcom, durch
Pigmentkömehen in den Zellen.
Die chemische Untersuchung der Sarcome ergiebt gans
verschiedene Resultate, jenachdem Bindegewebe, Zellen,
eiweiss- oder coUoidhaltige Intercellularsubstanz mehr ent-
wickelt sind.
Das Sarcom findet sich in jedem Alter, entwickelt sich
bald spontan, bald nach traumatischen Einfifissen, es findet
sich im submucösen Zellgewebe, im Periost, der Dura ma-
ter, an Fascien, in der Cutis, im Zwischenzellgewebe vie-
ler Organe, in Knochen und drüsigen Geweben. In einem
Organe findet sich meist nur ein Sarcom, auch ist dies
meist im ganzen Körper das einzige. Sie wachsen meist
langsam, das W&chstbum ist vorzugsweise durch Vermeh-
mng der Elemente der Geschwulst bedingt, nur wenig durch
sarcomatöse Entartung der umgebenden Theile, welche da-
her meist nsur anseinandergedrängt werden. Ihr Umfang
wird zuweilen sehr beträchtlich.
Im Verlauf ihrer Bildung findet sich häufig Fettmeta-
morjAose der Zellen, welche zuweilen eine partielle Ver-
sdimmpfung der Geschwulst bedingt; in manchen Fällen
wird die Zellenbildung so massenhaft, dass eine Art Er-
weichung eintritt^ indem das Sarcom die Consistenz eines
S6
weichen Markschwammes ertiält Zuweilen tritt Entcän-
düng, Ulceration oder Yerjauchimg ein.
Das Allgemeinbefinden leidet nicht, Exstirpation bringt
meist radicale Heilung, höchstens locales Becidiv herror.
%. Die meubildiuiff des Fette«*
Neubildung von Fett kommt yor als fettige Degenera^
tion im Normalzustande fettloser Gewebe und als Neubil-
dung von Fettbindegewebe; nur die letztere wird hier be-
handelt, die erstere bei den Processen der Rückbildung.
Die Neubildung von Fettbindegewebe, welches dem phy-
siologischen vollkommen gleich ist, ist häufig; meist an Stel-
len, welche schon Fettgewebe enthalten.
Wir finden es als Vermehrung, Hyperfrophie, des phy-
siologischen oder in Form isolirter Massen, als Greschwülste.
Wunden und Substanzverluste des normalen Fettbinde-
gewebes heilen durch Bindegewebsnarben.
Die Hypertrophie findet ihre Stelle bei den Ktank-
heiten der mit Fettbindegewebe versehenen Organe.
Die aus Fettbiudegewebe zusammengesetzten Geschwül-
ste nennt man Lipome; sie bestehen aus einem Gerüst
von Bindegewebe mit eingelegten Fettzellen, sind meist von
einer Bindegewebshülle umgeben, bilden rundliche, ovale,
aus kleinen oder grossen Fettläppchen zusammengesetzte
Massen von verschiedener Grösse (häselnuss- bis mannes-
kopfgross, zuweilen 10 — 20 Pfund schwer). Ihre Begren-
zung ist theils unbestimmt , theils sind sie scharf von den
umgebenden Theilen gesondert^ haben dann auch eine starke
Zellgewebshülle , einen Balg.
Geschwülste, in welchen das Bindegewebe gegen das
Fett so überwiegend entwickelt ist , dass sie fest und speck-
artig werden, nennt man Steatome, ein Name, der frü-
her für alle Geschwülste gebräuchlich war, die ungeföhr
speckige Consistenz und. speckiges Ansehen hatten.
_56
Die histologische Entwickelung der Fettielien ist un-
bekannt, ihr Bau ist ganz gleich dem der physiologisdien.
Die Lipome sitzen meist im Pamctdui adipotui^ be-
sonders an Stellen, wo er sehr entwickelt ist: am Hinteren,
Oberschenkel, Bücken, an der Schulter; ausserdem im sub-
mucösen und subserösen Zellgewebe , an Synoyialsäcken, in
Drüsen, Gystoiden. Sie sind entweder in die Gewebe ein-
gebettet oder bilden (zuweilen polypenartig) herrorragende,
selbst gestielte Geschwülste.
Sie sind einzeln oder zahlreich an fielen Stellen vor-
handen, kommen in jedem Alter yor, beim Weibe häufiger
als dem Manne. Die Ursache ihrer Entstehung ist meist
unbekannt, zuweilen soll, wie bei anderen Neubildungen,
ein Stoss, Schlag auf eine SteUe der Haut ihre Bildung
daselbst veranlasst haben.
Sie wachsen langsam, ohne Nachtheil für die Gesund-
heit, schaden selten durch Druck, Zerrung benachbarter
Gewebe. Zuweilen entzünden und verschwären sie, brin-
gen dadurch den Kranken herunter und eine langwierrige Ei-
terung kann wohl auch tödten. Spontane Heilung kommt
nicht vor, die Exstirpation heilt gründlich, Becidive sind
selten.
3« Die sreabfldanir ^on IHEuskelffewelie«
Die Neubildung von Muskelgewebe mit quergestreif-
ten Fasern findet wahrscheinlich statt bei Hypertrophie der
Muskeln, denn, da man die Primitivbündel und Fibrillen
nicht vergrössert sieht, muss die Yergrösserung des Mus-
kels im Ganzen von einer Vermehrung der Zahl dieser Ele-
mente herrühren; es ist aber noch nicht gelungen, Entwik-
kelungsstufen von Muskelfasern aufzufinden und wir 'sind
daher ausser Stande, den Modus der Muskelfaserbildung
aus Zellen in pathologischen Geweben anzugeben.
Rokitansky fand neugebildete quergestreifte Muskelr-
57
fasern in einer Hodengeschwulst, Virchow fand in einer
Oyarialgescliwiilst embryonales Muskelgewebe, bestehend aus
langen quergestreiften Faserzellen, er schlägt fUr derglei-
chen Bildungen den Namen Myosarcom vor.
Wunden und Substanzverluste der Muskeln heilen durch
neugebildetes Bindegewebe, nicht durch Regeneration von
Muskelfasern.
Die Neubildung von sogenanntem organischem Muskel-
gewebe kommt fast nur als Hypertrophie der aus ihnen zu-
sammengesetzten Theile vor und besteht in einer vermehr-
ten Bildung der langgestreckten FaserzeUen. Aehnlicbe Zel-
len findet man auch als zufällige Beigaben in Fibrpiden,
Sarcomen, Krebsen, einzeln oder ein den organischen Mus-
keln ähnliches Grewebe . darstellend.
4« Die Sreuliildangp von srervenffewebe.
Die Neubildung von Nervengewebe und der Modus der-
selben aus amorphem Blasteme und Zellen ist sehr unvoll-
ständig bekannt. Nerven, welche man durchschnitten hat,
verwachsen durch neugebildete Nervenfasern und werden
dadurch wieder funktionsfähig; die Nervenfasern entwickeln
sich aus spindelförmigen, mit einander verschmelzenden Zel-
len. Eine Regeneration des Gehirns und der Ganglien
ist noch nicht durch exacte Untersuchung nachgewiesen wor-
den. Die Hypertrophie des Gehirns beruht nach Roki-
tansky „in einer übermässigen Anhäufung der interme-
diären bindenden Kömchensubstanz." Neubildung kleiner
Höcker grauer Hirnsubstanz an der Wandung des rechten
Ventrikels beobachtete einmal Virchow. Regeneration des
Rückenmarks von Tauben nach Durchschneidung dessel-
ben und Wiederkehr der Bewegung und Empfindung in den
betroifenen Theilen ist beobachtet worden : nach drei Mona-
ten fanden sich in der Narbensubstanz Zellen der grauen
58
Substanz und eine geringe Menge Ton Nerrenfasern (Brown-
Siquard).
Neubildung von Nervengewebe in anderen Organen
kennen wir nicht. In Adhäsionen wurden Nervenfasern von
Yirchow nachgewiesen.
ft. Die STeublldun^ der OefKflse.
Die Neubildung blutführender Gefässe ist sehr häufig,
sie beginnt in allen Neubildungen gleichzeitig mit der Bil-
dung der anderen Gewebe, und während diese noch in der
Entwickelung begriffen sind, hat sich meist schon ein Sy-
stem von Capillaren gebildet, welche mit den Gefässen der
Nachbargewebe in Verbmdung stehen und die Ernährung
und Erhaltung der Neubildung bedingen. So sind die neu-
gebildeten Gefässe integrirende Theile der meisten Neubil-
dungen, wir finden sie in allen organisirten Exsudaten,
Pseudomembranen u. s. w., in Krebsen, Sarcomen, Fibroiden.
Die Blutgefässe in Neubildungen sind Capillaren, wel-
che meist ein sehr weites Caliber, ein eng- oder weitma-
maschiges Netzwerk bilden, und an der Peripherie mit den
Gefässen des Mutterorgans in Verbindung stehen. Nur an
den Stellen, wo die Neubildungen mit den Mutterorganen
zusammenhängen, gehen zuweilen auch Venen und Arterien
auf kurze Strecken in sie ein, und nur dann enthält die
ganze Neubildung Venen, Arterien und Capillaren in ge-
wöhnlicher Anordnung, wenn sie aus Hypertrophie der nor-
malen Gewebe hervorgegangen oder in die letzteren ein-
gebettet ist.
Die Bildung des die Ernährung der Neubildungen ver-
mittelnden Capillargefässsystemes geht nach meinen Beob-
achtungen (an Granulationen, Pseudomembranen, Sarcomen
und Carcinomen) stets von den Capillaren des Mutterorga-
nes aus. Da, wo die Neubildung beginnt, zeigen sich
meist die kleinen Arterien, Venen und die Capillaren hy-
59
perämisch, etwas erweitert und verlängert; indem sich die
Gapillaren immer mehr yerlängern, bilden sie grosse Schlän-
gelungen, Schlingen 9 welche das primitive Gefässsystem der
um sie herum /neugebildeten Gewebe darstellen. Allmälig
gehen diese Yerlingerungen , meist begleitet von Erweite-
rung, weiter, eine Reihe von Schlingen bildet sich nach
der anderen, die älteren werden durch Anastomosen ver-
bunden und bilden ein Netzwerk und in dieser Weise schrei-
tet die Bildung mit dem Wachsthum der Geschwulst fort.
Die Wandungen dieser neugebildeten Gapillaren gleichen ent-
weder völlig denen der normalen oder sie zeichnen sich zu-
weilen durch eine ein- oder mehrfache Schicht von Faser-
zellen aus, welche sich um ihre Wandung lagern, aber
keine eigentliche Fasermembran bilden.
(Nach Anderen bilden sich die Gapillaren der Neubil-
dungen primär aus dem amorphen Blastem. Es entsteht
nach ihnen zuerst das Blut Die neugebildeten Blutkörper-
chen, Blutzellen, liegen im amorphen Blasteme m unregel-
mässigen Haufen, die sich später ästig verbreiten und im
Blasteme Lücken oder Rinnen bilden. Um diese Blut füh-
renden Binnen soll sich dann die Gefässwand bilden und
damit die Bildung vollendet sein. Auch sollen zuweilen gar
keine Gefasswände gebildet werden und das Blut soll sich
in einem Systeme von Binnen befinden. Ueber die Art der
Bildung der Blutkörperchen beobachtete man nichts Zuver-
lässiges und da man dieselben stets schon gefärbt und von
ähnlicher Grestalt wie die normalen sah, so ist noch nicht
einmal ausgemacht, ob man nicht dem Exsudate beigemischte
normale Blutkörperchenhaufen für neugebildete hielt. Auch
die Bildung der Wände giebt man unvollständig an. Diese
Bildungsweise würde der Ansicht von Wolf über die Ent-
wickelung der Gefässe im Embryo entsprechen; aber auch
Schwann^s Ansicht hat ihre Vertreter gefunden, Andere
wollen nämlich die Büdung von Gefässen aus Blutkörper-
60
chen-haltigen Mutterzellen und deren Verästelungen beobach-
tet haben. Nach Anderen entstehen die Gefässe so, dass
in der Längenachse an einander gereihte Zellen zu einer
Röhre verschmelzen, die dann homogen und mit Kernen
besetzt erscheint; das Blut soU erst später eintreten.)
So wie die neugebildeten Gefässe die Ernährung Ter-
mitteln, können sie natürlich auch Entzündungen, Hämor-
rhagieen oder durch ihre Obliteration Atrophie, Nekrose
der Neubildungen yermitteln und ausserdem alle Verände-
rungen der normalen Gefässe erleiden.
Ausser in Neubildungen finden sich neugebildete Ge-
fässe zuweilen als Elemente selbstständiger Geschwülste,
der Gefässgeschwülste, Telangiectasieen; die
Gefässe, welche diese Bildungen zusammensetzen, kleine
Venen, Capillaren und Arterien, gehen sämmtlich aus con-
tinuirl^cher Erweiterung und Verlängerung normaler Gefässe
hervor. (S« Gefässkrankheiten.)
üeber die Neubildung von Lymphgefässen
wissen wir sehr wenig. Schröder van der Kolk sah
sie in Pseudomembranen.
6« Die lITeubildung der patliologiselieji Pigmente.
Veränderungen der Farbe der Organe und Gewebe
können entstehen durch vermehrten oder verminderten Blut-
gehalt, durch Verdünnung oder Verdickung eines Organes,
durch Blutergüsse, Exsudate, durch Bildung von Fettköm-
chen (Fettmetamorphose , Atherom) , Ablagerung von Gallen-
farbstoflf und durch das eigentliche Pigment, von welchem
die bleibenden gelben , braunen , rothen und schwarzen Fär-
bungen der Organe abhängen. Wir finden es als patholo-
gische Veränderung in physiologischen Geweben und in Neu-
bildungen; es tritt auf selten als diffuse Färbung der
Gewebe, meist in Gestalt kleiner Körnchen, welche frei
in den Geweben liegen oder in Zellen eingeschlossen sind,
61
Pigmentiellen, und in (xestalt kleiner rother oder
schwarzer Erystalle.
Obgleich noch nicht für alle Arten des Auftretens pa-
thologischer Pigmente der Modus der Bildung nachgewie-
sen ist, können wir doch, gestützt auf die bis jetzt erkann-
ten- Thatsachen , als höchst wahrscheinlich annehmen , dass
alles Pigment aus einer Umwandlung des Blutfarbstoffes
hervorgeht.
Die Pigmentkörnchen scheinen auf zweiierlei Art
zu entstehen : erstens durch Umwandlung des aus den Blut-
körperchen ausgetretenen Hämatins; es färbt anfangs die
Gewebe gleichmässig , wird dann fest und tritt zu kleineren
Kömchen zusammen , oder es färbt schon vorhandene Körn-
chen und diese , protein - oder fetthaltig, werden dann Pig-
mentkörnchen; zweitens aus den rothen Blutkörperchen
selbst, welche verschrumpfen, kleiner, dichter, dunkler wer-
den, unregelmässige Aggregate bilden und, als einzelne oder
unter einander verschmelzend, sich zuletzt als Pigmentkör-
ner darstellen; auch soll jedes Blutkörperchen zu mehreren
Kömchen zerfallen können.
Die Körnchen sind Anfangs gelblich oder röthlich ge-
färbt, bleiben so oder werden braun und schwarz. Ihre
Grösse wechselt von kleinen Pünktchen bis zu ansehnlichen
Körnern; ihre Gestalt ist unregelmässig ^ meist eckig, sel-
ten rund; ihre Conturen sind scharf, dunkel, ihre Ober-
fläche ist oft glänzend.
Zuweilen findet man statt Körnchen unregelmässige,
grössere Körper oder Klumpen. Die Körnchen liegen ein-
zeln, zerstreut oder zu unregelmässigen oder rundlichen
Qaufen zusanunengeballt, oder in Zellen eingeschlossen.
Die sogenannten Pigmentzellen (Fig. 12) sind keine
neugebüdeten , specifischen Pigmentzellen, sondern in den
Geweben präexistirende Zellen; alle Zellen, Epithelialzellen,
Krebszellen, FaserzeUen u.s.w., können Pigmentzellen wer-
62
den. Die Pigmentirung der ZeUen beginnt mit der Auf-
nahme von aus den Blutkörperchen ausgetretenem Hämatin,
das die ganze Zelle oder nur den Kern gleichmässig färbt
oder diesen frei lässt. Nach einiger Zeit (so schliesst man
aus dem Vergleiche älterer und frischerer Extravasate) wird
der Farbstoff fest und zu Kömchen, ganz in der Art, wie
ausserhalb der Zellen (oder es waren schon farblose Köm-
chen in der Zelle vorhanden und diese werden gefärbte Pig-
mentkömchen). Die Zahl der Kömchen in den Zellen ist
verschieden: einige enthalten nur wenige , andere mehr, an-
dere sind strotzend mit ihnen gefüUt (dies ist wohl durch
wiederholte Aufnahme von Hämatin bedingt), die Zellmem-
branen können in letzteren verschwinden und es bleibt dann
ein mnder Haufe von Figmentkömchen zurück, der endlieh
zerfällt. Zellen, welche schon Pigmentkömehen enthalten,
können alle anderen Metamorphosen eingehen, sie können
verschrumpfen, atropbiren, in Körnchenzellen umgewandelt
werden.
Die Bildung der Pigmentzellen geht nach Anderen auch
so vor sich, dass sich um einen Haufen Blutkörperchen,
die später zu Pigmentkörnchen werden, oder Pigmentköm-
chen eine Membran bildet ; in der so entstandenen Zelle soll
sich dann ein Kem bilden.
Die Kr y st alle (Hämatoidinkry stalle) findet man nicht
so häufig als die Kömchen; es sind kleine rothe oder
schwarze , schiefe , rhombische Tafeln oder Säulen (Fig. 15),
seltner lange, isolirte oder in büschelförmige Gruppen ge-
stellte, Nadeln, die gewöhnlich neben den Kömchen in be-
sonderen Haufen oder auch wohl in den Zellen liegen. Du'e
Grösse ist sehr wechsehid (von 0,0042 — 0,016'" Länge,
0,0005—0002'" Breite und verschiedener Dicke; Guillot
sah sie in einem Falle mit blossem Auge, sie hatten über
4'" Länge).
Als alleiniger oder den Charakter der Neubildung selbst-
68
ständig bestimmender Bestandtheil yon Geschwülsten kommt
das Pigment niclit yor^ die sogenannten melanotischen
Geschwülste sind Neubildungen verschiedener Art, Krebse,
Sarcome, Fibroide, deren Character zunächst durch die ih-
nen eigenthümliche Textur, nicht durch das Pigment be-
stimmt wird, wesshalb man sie ihrer Farbe allein wegen
nicht in eine Species vereinigen darf. Melanotische Fibroide
und Sarcome sind selten und es lasst sich nach den vorlie-
genden Thatsachen nicht feststellen, in wie weit das Pig-
ment in ihnen durch zufällige Einwirkungen hervorgerufen
wird und in wie weit durch die primäre, constante Krank-
heitsursache das Entstehen der Pigmente als wesentlicher
Theil der Neubildung bedingt wird; nur im letzteren Falle
würden wir berechtigt seyn, diese Geschwülste als selbst-
ständige Unterarten hinzustellen, lieber die melanotischen
Carcinome s. unten.
Die Art des Auftretens der Pigmente in den einzelnen
Organen und die dadurch bewirkten Texturveränderungen
werden im zweiten Theile behandelt werden.
Die chemische Untersuchung der Pigmente
hat bis jetzt nur sehr unvollkommene Besultate gegeben.
Die schwarzen Pigmente können durch chemische Reagen-
tien entweder wieder roth gemacht werden oder sie sind
völlig unempfindlich gegen dieselben; sie sind unlöslich in
Säuren und reich an Kohlenstoff. Die braunen, rothen,
gelben Pigmente werden verändert durch Kalihydrat und
concentrirte Mineralsäuren; ersteres löst sie (unter gewis-
sen Umständen) bei gleichzeitiger Zersetzung, letztere zer-
setzen sie, wobei die gelbe oder rothe Farbe zuerst in's
Braunrotbe, dann in Grün, Blau, Rosa und zuletzt in Gelb
übergeht.
7« Die nrenliildansp des Knorpelfpewelie«.
Die Neubildung von wirklichem Knorpelgewebe ist nicht
64
häufig; sie kommt vor bei Knochenbrüchen als Vorstadium
des neuen Knochens, als Neubildung des Knorpelüberzuges
am Rande abgeschliffener Gelenkköpfe und in Gestalt cir-
cumscripter Geschwülste. Wunden und Substanzverluste
der Knorpel heilen entweder gar nicht oder durch Binde-
gewebe.
Bei Knochenbrüchen ist das Exsudat^ welches vom Pe-
riost geliefert wird, das Blastem des neuzubildenden] Knor-
pels; als erstes Stadium der Organisation sieht man im
amorphen Blasteme zahlreiche Kerne; später erhalten diese
Zellenmembranen und der Knorpel besteht jetzt aus zahl-
reichen Zellen in einer festen lutercellularsubstanz. Die
Zellen nehmen an Umfang zu, erhalten dickere, doppelt
conturirte Wände und yerknöchem endlich.
Die Knorpelgeschwülste, Enchondrome, sind
kleinere oder grössere (erbsen- bis mannskopf-grosse) rund-
liche , gelappte , grobkörnige, meist aus rundlichen Körnern,
Drusen oder Lappen zusanmiengesetzte harte oder halbfeste
Massen, welche in ihrer Textur die verschiedenen Arten
des normalen Knorpelgewebes wiederholen, indem sie aus
hyalinem oder aus Faserknorpel oder aus beiden bestehen.
Die Enchondrome sind meist von neugebildetem, locke-
rem oder festerem Bindegewebe umhüllt; nach dessen Ent-
fernung ist ihre Oberfläche glatt, graulich weiss oder gelb-
lich, glänzend, die Consistenz sehr verschieden, jenachdem
an einzelnen Stellen hyaliner oder Faserknorpel liegt, Ver-
knöcherung oder Erweichung statt gefunden hat. Die Schnitt-
fläche zeigt selten ein gleichmässiges, glattes Knorpelgefüge;
meist sieht man zahlreiche, kleine gallertartige Stellen, um-
geben von festeren, daneben deutlich faseriges Gewebe und
sparsame oder reichliche Verknöcherungsstellen.
Die mikroskopische Untersuchung ergiebt im Ganzen
dieselben histologischen Elemente als die des normalen Knor-
pels , nur ist die Form und Anordnung der Zellen sehr un-
65
regelmässig und mannichfach. Die Entwickelimg der Ele-
mente scheint, mir folgende zu sein : Zuerst besteht die Masse
blos aus KemzeUen, die wie Epithelien eng an einander ge-
presst liegen ; dann verschmelzen Membranen und Inhalt zu
einer homogenen Intercelluiarsubstanz , die Kerne bleiben
allein übrig. Die InterceUularsubstanz bleibt homogen oder
zerfällt in Fasern, die Kerne bleiben entweder als solche,
zerfällt die InterceUularsubstanz gleichzeitig in Fasern,, so
entsteht Bindegewebe s. unten) , oder die Kerne wachsen,
ihr Inhalt wird glänzend, hell, es entstehen endogene Kerne
ihnen und so entstehen <He sogenannten KnorpelzeUen, wel-
che ihrer Genese nach also Kemblasen mit endogenen Bil-
dungen smd, Durch Vermehrung der Kerne, Theilung der-
selben, secundäre, tertiäre Einschachtelungen entstehen grosse
Körper, die den in Alycolar- und Epithelialkrebsen aus
Kemblasen hervorgehenden entsprechen. Bleibt die Inter<-
cellularsubstanz homogen, so entspricht -die Textur dem
hyalinen Knorpel, zerfällt sie in Fasern, so entsteht Netz-
knorpel. Meist sind beide Formen gleichzeitig in einem En-
chondrom vorhanden.* Die chemische Untersuchung ergiebt
m
dasselbe BesuUat wie die der normalen Knorpel.
Die Entwickelungsgeschichte der Enchondrome ist un-
bekani^, alle Beobachtungen sind nur an ausgebildeten Ge-
schwülsten gemacht. Ihre Ernährung ist vermittelt durch
die Gefässe des umhüllenden Bindegewebes und der sie zu-
weilen durchsetzenden Faserbündel.
Das Enchondrom kann als solches lange Zeit ohne weit«
tere Veränderungen bestehen, häufig verknöchert «es thefl-
weise oder gänzlich ; die V e r k n ö c h^ r u n g ist entweder
vollständig und es entsteht schwammiges oder compactes
Knochengewebe mit lamellösem Bau, Knochenkörpercl^n
und Markkanälchen; oder sie liefert eine Art sklerosirte,
elfenbeinharte Knochenmasse ohne Knochentextur. Nicht
selt^ verknöchert die sämmtliche Knorpelmasse imd die Ge-
5
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(ichwakt besteht dann ganx ans Knocbenmasse, wird snr
Knodiengeschwnist. Die Yerknöchening beginnt mit AUa-
gernng ?on Kalksalzen in die Wandung der Zelle, deren
Kern zahlreiche Ausläufer bekommt, welche die Wandung
der Zelle durchbohren und mit den Ausläufern benachbar-
ter Zellen in Verbindung treten , so dass nach völliger Yer-
knöcherung der Zdleni^hide und des ZeUeninhalts die Höh-
len der Kerne und ihrer Ausläufer als Emihrungsflüssigkeit
fahrende Höhlen und Kanäle zurückbleiben. (Fig. 9.)
Eine andere Metamorphose, welche flbrigens auch den
normalen Knorpel befallt, ist die Erweichung, bestehend
in der Umwandlung der Intercellularsubstanz und der zu-
gehörigen Zellen in eine gallertartige, später wohl auch se-
röse Masse. Der Vorgang besteht wesentlich darin, dass
sich in den. Zellen massenhafte endogene Zellenbildung ein-
stellt und endlich daraus kleine , spätet durch Confluiren
grosse cystenartige Räume entstehen, die mit Zellen und
flüssiger Intercellularsubstanz gefüllt sind.
In einigen Enchondromen fand ich Uebergänge vom
Knorpel* zum Fasergewebe, indem die Knorpelzellen un-
ter einander versdimelzend in Fasern zerfielen, die Kerne
derselben zu länglichen spindelförmigen oder zu sternför-
migen, mit ihren Ausläufern unter einander verschmelzenden
Körpern wurden.
Enchondrome finden sich hauptsächlidi an Knochen,
meist an den Phalangen der Finger und Zehen, dann am
Brustbeine, an den Rippen; sie entspringen an der Ober-
fläche des Ejiochens oder in seiner Markhöhle, treiben dann
die Knochenrinde auf und erhalten durdi diese eine Art
Knochenschale. Man £ndet sie femer im Hoden, in der
f^amma, Parotis, im subcutaüen Zellgewebe, endlich mit
anderen Neubildungen, z. B. Sarcom, Krebs, zu einer Ge-
schwulst combinirt.
Oft ist nur eins vorhanden, zuweilen sehr viele, so
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dass K. B. 10-^20 an Fingern und Zehen eines Kranken
sitzen. Sie kommen meist bei Kindern vor, bei diesen oft
in grosser Menge. Die Ursache* ihres Entstehens ist unbe-
kannt; hei Erwachsenen lässt sich ihre Entstehung zuweilen
auf einen Schlag oder Stoss und eine darauf folgende Ent-
ziindung zurückführen.
Sie wachsen sehr langsam und bleiben oft viele Jahre
lang ganz unverändert , durch die Yerknöcherung wird ih-
rem Wachsthume meist ein Ende gesetzt. Die davon Be-
fallenen sind vollkommen gesund , selbst wenn sie in gros-
ser Menge vorhanden sind. Wird aber durch das allmSKg
wachsende Enchondrom die Haut perforirt, so folgt eine
Ehtzflndung des umhüllenden Bindegewebes^ welche Verei-
terung nnd Verjauchung desselben und Zerfall des Enchon-
droms zur Folge hat und die Kranken sehr herunterbringt.
Sind viele Enchondrome vorhanden und wiederholt sich die-
ser Vorgang bei einem nach dem anderen,, so fiilurt der
Kräfte - und Säfteverlust meist den Tod herbei»
Eine Heilung durch Resorption ist unbekannt; die Ex-
stirpation hat bleibenden Erfolg. Die Enchondrome sind
daher in der Regel gutartig.
8. Ute ITettbiiaiiii^ von J(i|ochiiii0ewebe#
Neubildung von Knochengewebe findet sich:
1) Als Hypertrophie der normalen Knochen und
von denselben ausgehende Geschwülste, Osteo-
phyten und Exostosen , bedingt a) durch Entzün-
dung des Periosts ,' des Knochens , dl^r umgebenden Weich-
theile, 6; durch Verknöcherung von Sehnen, Bän-
dern und Muskeln, e) des fibrösen Stroma^s oder
Balges von Neubildungen: Garcinomen, Sarcomen,
Fibroiden, Telangiectasieen in oder auf Knochen. In allen
diesen Fällen geht der Knochenbildung Neubildung von Bin-
degewebe vorher, dessen Zellen zti Knochenkörperchen, des-
5*
88
Ben fatfßrige oder homogene InterceilularBubstani zur ho-
mogenen oder lamellosen Knochenmasse werden. Die Textur
des Knochens ist bald der des normalen Knochens völlig
^eich, bald weicht sie ab durch Unregebnässigkeit der ge-
genseitigen Anordnung der Getäss- und Markkanälphen, der
Knochenkörperchen. (S. Knochenkrankheiten.)
Grosse Exostosen, die durch keine der oben genannten
Ursachen bedingt zu sein schienen und die daher den Ein-
druck einer selbstständigen Geschwulst machten, hat man
wohl auch als Knochengeschwulst für sich, gutar-
tiges Osteoid, Osteom von den übrigen Exostosen
trennen wollen, doch muss diese Species noch dahingestellt
bleiben, bis man durch zahlreichere Beobachtungen sich
überzeugt hat, dass sie auch wirklich eine selbstständige
(beschichte haben.
2) Als Knochennarbe nach Fractuten, Garies, Ne-
krose, Besection. Das Blastem des künftigen Knochens
wird vorzugsweise vom Periost und dem Markgewebe, zum
kleinen Theil zuweilen auch von den Weichtheilen gelie-
fert; es organisirt die zunächst an den Ejiochen anliegende
Schicht zu Knorpel, die entferntere zu Bindegewebe. Die
y erknöcherung beginnt mit der der dicken ZeUenwände , in
welchen die Höhlungen der Kerne und ihrer Ausläufer bleiben
(Strahlen der Knochenkörperchen), dann lagern sich die
kömigen Kalksalze in der Zwischensubstanz ab , diese wird
allmälig zu homogener Knochenmasse, welche mit den ver-
knöcherten Wänden der Zellen verschmilzt, so dass von
letzteren nichts übrig bleibt als die Höhlen und strahligen
Ausläufer derselben. Die Knochenlücke wird auf diese
Weise rasch ausgefüllt oder nachdem Granulatioiis- und
Eiterbildung vorhergegangen war.
3) Als Regeneration ganzer Knochen, dieselbe
hat man am Unterkiefer, an den Bippen, am Schulterblatt beob-
achtet; der neugebüdete Knochen war stets plump und nnförm-
09
. *
lieh, seine Textur unregeimässig, die Neubildung ging todh
Periost und den Weichttieilen aus»
4) Als Tom norinalen Knochen unabhängig^
Neubildung, Yerknöcherung präexistenter Gewebe:
a) Yerknöcherung normaler Knorpel, Kehl-
kopf-^ Bippenknorpel, Epiglottis^ Gelenkknorpel. Die
Knochenbildung, ist bald unvollständig ' und besteht nur in
einer Incrustation der Zellen und fas^g gewordenen Grund-
* Substanz, bald vollständig, dann geschieht zuerst in den
Knorpelzellen eine lebhafte endogene Zellenbildung, dann
Anfiillung der Zellen mit Fett und endlich Bildung von mit
Mark gefällten Räumen , daim folgt die eigentliche Yerknö-
cherung.
• b) Yerknöeherug fibröser Gebilde, D. mater,
Arachnoidea, Membr. obturatoria, Sclerotica, Cutis, Bän-
der, Sehnen und Muskeln, z. B. Delfoideus. Die Yer-
knöcherung begiimt mit der Bildung von Kalkkömchen zwi-
schen und in; den Fibrillen , welche allmälig zu homogener
Knochenmasse verschmelzen; Knochenkörperchen und Ka-
näle w^den unregelmässig gebildet, die ganze Textur kommt
der der normalen Knochen nicht gleich.
c) Yerknöcherung von Enchondromen« (S.
oben.)
d) Yerknöcherung des fibrösen Gerüstes von Gar-
cinomen (die nicht an Knochen sitzen), der Wandungen
von Cysten geht wie die des Bindegewebes überhaupt
vor sich. Die ausserdem häufig vorkommenden sogenannten
Yerknöcherungen . des neugebildeten Bindegewebes in Pseu-
domembranen, Kapseln, Fibroiden u. s. w. sind weBentUch
nur Yerkreidungen, denn die nähere Untersuchung der dar-
aus hervorgegangenen Massen zeigt nie wirkliches Knochen-
gewebe in ihnen.
5) Als selbstständige Neubildung kommt end-
lii^ Knodbengewebe in Form unr^elmässig gestalteter Kno-
70
chenstficke in der Wandung yon OyaiiencyBten Tor. Das
gleichzeitige Vorkommen yon Knorpcbtäckeii an denuelben
Orte lässt yermuthen, dass die KnocÜen hier sich aus Knor-
pel bilden*
Das auf die eine oder die andere Art entstandene neu-
gebtldete Knochengewebe ist dann aller VerKnderingen fä-
hig ^ weldie an nommlen Knochen yorkommen; es w&chst
durch Ansati yon aussei, es nekrosirt, wird carids.
Uaber die Veriorddungen^ Concrementbildungen s. Rttck-
bildüng.
9. Die RTeulilldaiiff von Catfs, SeMeim- und «erd*
«er Haut und deren AnliAnff^n*
•
Die Neubildung eines der Cutis yoUkomtnen ana*-
logen tSiebildes findet in manchen BalggesdiwtQsten statt,
deren Wand entweder gana atm neugdbildeter Cutis besteht
oder nur zum Theil. Diese Cutis hat densdben Bau wie.
dvB normale, n«r sind die Papillen «nregelmässiger oder
fehlen ganz, mid es feUen db Neryen; ein fibröses Coriaui,
Epidermis, Haarbälge mit Haaren, Talg-« und Schweiss*
dräsen sind yorhanden. Die Epidermis besteht aus PSa-
sterepithelien, deren Entwickelung gleich der der normalen
Epidermis ist Die Haare sind klein, blass, katim sicht-
bar, oder igrose , dimkel , Euweüen sind die meisten abge-
stossen «nd bilden dicke Knäuel oder Zöpfe ; ihre Entwik-
kelung ist iUinlich der der normalen Haare. In ihren Avm-^
fährongsgang miinden 1 oder 2 Taigc|;rüsen ein, 4ie
meist prail ^t Talg gefüllt sind. Die Schweissdrfisen
sind sparsam vertheiit, fehlen zuweilen ganz, ihr Baugleicbt
ganx dem der normalen.
Substanzyerluste des Cutis , welche bis iutf das subcu-
tane Zeli^webe rekben, werden nicht durch Neubildung
yon Ootis ersetzt, es emtstdit eine fil»^, feste Narl>e,
71
welche allerdings einen ganz dünnen Ueberzug Ton Pflaster-^
epjthelien erhält, der aber alle übrigen Attribute der Cutis
fehlen ; Ablösung der Epidermis aber und Zerstörung der
oberflächlichen Schicht des Corium heilt oft durch Yollstän-
digen Ersatz des Verlornen ; die Ausführungsgänge der Drü-
sen bilden sich dabei neu und treten mit den Besten der
alten in Verbindung; in anderen Fällen werden sie nicht
wieder ersetzt.
Neubildung yon Epidermis kommt nur in den
oben genannten Cysten vor. Hypertrophie des Epithelial-
überzuges der Haut und Schleimhäute findet sich häufig.
(S. Hautkrankheiten und Papillargeschwülste.)
Zuweilen findet sich Neubildung von mit Pflaster-
epithelium versehenen fibrösen Membranen; aus ihnen
bestehen die meisten Balggeschwülste mit festem und flüs-
sigem Inhalte; ferner die organisirten Pseudoipembranen
auf serösen Häuten, welche eine Art Neubildung .der letz-
teren darstellen. -
Neubildung Ton Flimmerepithelium auf der Ober-
fläche von Ohrpolypen beobachtete Baum. Substanzver^
luste der serösen Häute führqn meist zu Verwachsung
derselben unter sich oder mit anderen Organen, selten zu
Begeneration. Als Neubildung seröser Balge kann die Bil-
dung neuer Schleimbeutel unter der Haut, und Yon
Synoyialkapseln nach ungeheilten Luxationen und Pseudr
anchylosen angesehen werden.
Neubildung von Haaren kommt, ausser in den
oben genannten Balggeschwülsten, nur noch auf Schleim-
häute vor; man wäl sie auf der Schleimhaut der Conjun-
ctiva, Harnblase, des Darnikanals, der Scheide gesehen
haben.
Neubildung von Nägeln kommt, ausser als über-
zählige Nagelbüdung an Fingern und Zehen, nicht vor.
- Neug«bildete Schleimhäute hat man noch nicht
72
beobachtet; ihre Substanzyerluste heilen nur unvollkommen,
wenn sie das ganze Gewebe bis zum submueösen Zellge-
webe betreffen ; an ihrer Stelle findet man dann fibröse Nar-
ben mit spärlichem Pflasterepithelienüberzug. Der Epithe-*
lienäberzug kann, öfters abgestossen werden und wird meist
wieder . ersetzt. Die Wände alter Abscesse, CaTemen, Fistel-
g^ge .sind zuweilen anscheinend mit einer Schleimhaut
fiberzogen, doch findet man nie eine wirkliche Membran
(sogenannte pyogene Membran), sondern die Wände sind
mit Zellen überzogen, die meist yon der Form der Eiter-
zellen sind, seltener pflasterepithelienähnlidi , rasch abge-
stossen werden und sich mit dem Inhalte des Abscesses
mischen, während immer neue Exsudaiionen folgen.
Neubildung Ton Zähnen kommt in Balgeschwiil-
sten des Oyariums Tor; ihre Entwickelung daselbst ist nur
in groben Umrissen bekannt. Sie bilden sich stets, analog
den Zähnen der Kiefer, aus Zahnsäckchen ; diese sitzen
entweder in der fibrösen Wand der Cysten oder in Alveo-
len von Enochenfiragmenten , die ebenfalls . Neubildungen
sind. Man findet sie festsitzend oder frei in den: Cysten
liegend, sie gleichen ganz den normalen Zähnen, bald de-
nen der ersten, bald denen^ der zweiten Dentition. Dire
Zahl ist meist gering , 1 — 10 , zuweilen sind sie zahlrei-
cher, in einem Falle hat man 300 gezählt. Die Wände
dieser Cysten sind stets cutisartig organisirt und behaart.
(Dergleichen Cysten mit Haaren und Zähnen haben gar
keine Aehnlichkeit mit den eingekapselten Fötus nach Ex-
trauterinalschwangerschaft , welche feste, fibröse, oft zum
Thefl verkalkte Massen bilden, in weichen das Skelet des
Föius eng und fest eingebettet ist, lange Haare und grosse
Zähne aber fehlen.)
10. Die festen oder Mulgge»ehwiklgte.
Cysten sind Gesehwülste, welche auf ihrer höchsten
73
Bildungsstufe aus einer geschlossenen Blase jund deren In-
halt bestehen imd als solche eine selbststandige Ent^cke-
lung haben. Zu unterscheiden , aber nicht immer streng
Ton den Cysten zu trennen sind cystenartige Räume,
mit irgend einem Inhalt' gefüllte Lücken in Oi^anen, deren.
Wände nicht aus einer ihnen eigenthümlichen Blase, son-
dern aus den zusammengedr'angten Geweben des Organes
selbst bestehen.
Die BildungBweise der Cysten verhält sich tm
Allgemeinen so :
1) Cystenbildung durch Ausdehnung physio-
logischer Hohlräume, a/ Geschlossene Hohl-
räume: GraaTsche Follikel , Schilddrüsenblasen , Schleim^
bälge der Uterusschleimhaut j die Cystenbildung ist bedingt
durdi (meist durch coUoide Metamorphose der ZeUen be-
dingte) Bildung* einer serösen, schleimigen oder coUoiden
Masse in den Hohlräumen, welche dadurch allmälig ausge-
dehnt werden, während ihre Wandungen sich yerdicken.
b) Offene Hohlräume, drüsige Acini und ihre klein-
sten bis grössten Ausführuiigsgänge, Talg- und Schleim-
drüsen, Milchdrüsen, Hamkanälchen, Leber^ge, Milch-
gänge, Tuben. Die Cystenbildung ist zunädist bedingt
durch Behinderung des Abflusses des normalen oder verän-
derten Secretes, welches sich anhäufend die Acini oder
Gänge ausdehnt ; diese schliessen sich allmälig ab , ihre
Wandungen werden dicker und der Inhalt bildet sich um.
c) Grosse Behälter, Gallenblase, Nierenbecken, Proc.
vermiformis , Uterus werden durch ähnliche Vorgünge zu-
weilen in cystenartige Körper umgewandelt.
* 2) Cystenbildung aus Exsudaten und Extra-
vasaten, a) Seröser Erguss drängt die Gewebstheile
aus einander, es entsteht ein cystenartiger Baum, welcher
albnälig eine fibröse Kapsel erhält, die endlich auch eine
Auskleidung von Pfiasterepithelium ertiält. e) F a s e r si o f f-
74
reiche Exsikdata oder Extravaiate drängen die 6e«
webstheile auseinander, ei erfolgt Verflüi$sigiing- durch Felt-
metamorphose und molecularen Zerfall, es entsteht eine
efflulsiye Flüssigkeit, die zuweilen allmälig zur serösen sich
umbildet; die Wandung wird durch 'Neubildung von Binde-
gewebe in den aus einander gedrängten Greweben oder in
peripherischen Fibringerinnseln gebildet.
3) Cystenbildung durch Atrophie. Wenn durch
Exsudate oder Extravasate die normalen Gew^bstheüe zer-
trümmert oder atrophisch werden, so bilden sich in den da-
durch entstandenen Lücken zuweilen keine Narben ^ scmdern
Cysten, indem bald die aus den Gewebstrümmem und den
Exsudaten bestehende breiige Masse aUmälig flüssiger wer-
dend den Inhalt abgiebt, bald Erguss von Serum die wäh-
rend der Resorption entstehende Lücke ausfüllt.
4) Gystenbildung aus Kernl>lasen. Neugebii-
dete oder normale freie in Zellen eingeschlossene Kerne
wachsen unter allmäliger Umwandlung ihres Ldhalts in Col--
loidmasse zu grossen blasigen Körpern, die entweder ab
solche bleiben oder sich vielfach wiederholende neue Kern-
und Blasenbildungen zeigen; Durch diese colloidhaitigen
Körper werden die Gewebe aus einander gedrängt, es bildet
sich um sie eine fibröse Kapsel, die zuweilen auch eine
Pflasterepithelialauskleidung bekommt.
Der Bau der Cysten, mögen sie auf die eine oder
die andere Weise entstanden sein, verhält sich im Allge-
meinen so:
1) &eröse und Colloidcysten entstehen nach ei-
ner der oben angegebenen Weisen; das Serum gleicht in
seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften ganz
den serösen Exsudaten, das CoUoid bildet eine zähe, faden-
ziehende od«r gallertige, farblose, gelbliche oder grünliche
Masse. Die Wandung besteht aus einem geschlossenen Sack
von Bindegewebe mit Gelassen, wekh^ nach aussen mit
75
den umgebenden Greweben eng Terbunden, nadi innen
meist mit einer Li^e Pflasterepitheliiim ausgekleidet ist
2) Cysten mit zelligem Inhalt Der Inhalt bei-
steht der Hauptsache nach aus pflasterepithelienartigen Zel-
len oder Schüppchen 9 daneben aus Fettkömchen, Chole-
stearinkrfstallen und Detritus von Zellen. Die Wandung
ist bald ein mit PflasterepUhelium ausgekleideter fibröser^
bald ein den Bau der Cutis ganz oder stellenweise wieder*
holender Balg. Der Inhalt ist theils die Secretmasse, wel-
dhe zuerst die Cystenbildung yerursadite, theils Produkt
der Wandung der fertigen Cyste: abgestossene Epithelien,
Fett aus Talg^ und Schweissdrüsen, Fett aus durch Fett-
metamorphose zu Grändlf gegangenen Zellen ; «r bildet bald
eine ungeordnete ^ breiige, weissgelbliche Masse, bald ge-
schichtete Massen von durchgängig weicher Consistene oder
nach der Peripherie zu härter und homartig werdend.
Die zunächst an der Wandung liegenden Zellen sind
wohlgebiMet und hab^ Kerne^ die übrigen verlieren ihre
Zellennatur, werden zu Homsdiäppchen, zerfallen in kleine
und kleinste Fragmente oder gehen durch Fettmetamorphos^
zu Grunde. Oft sind die Zellen sehr dünn und durchschei-
nend, liegen sehr eng aneinander gepresst, dass ihre in ein-
ander, fliessenden Conturen das Ansehen eines zierlichen,
polyedrisdien Maschenwerks darbieten, zuweilen lagern
noch zwischen den Zellen kleine Fettkügelchen und bezeich-
nen dann die Conturen der anscheinenden Maschen, endlich
ist nicht sdten 4er Inhalt der Schüppchen selbst Yettig, sie
bekommi^ dadurch einen lebhaften Glanz, zuweilen sind
diesen Massen zahlreiche. Cholestearinkrystalle beigemischt,
welche denselben einen eigenthümlichen schillemd^sn Glanz
geben. Cysten mit einem derartigen Iidialt nennt man nach
Müller Xlholesteatome. Ganz gleiche Massen wurden
andi ohne Balg beobadbitet, Geschwülste bildend, welche,
aus iKMgebildeten pflast^pifb^enari^en Zellen bestehend.
76
am nächsten • mit den Epithelialkrebsen Yerwandt sind. Ihre
Stellung in der Reihe der Geschwülste kann erst nadi sahir
reicheren Untersuchungen gesichert werden.
Hinsichtlich ihrer Zahl kommen die Cysten vor als
einfache oder mehrfache, oder zusampengesetzte. Man
findet bald nur eine Cyste bei einem Individuum, bald meh-
rere derselben an verschiedenen Stellen, bald viele an einer
SteDe. Im letzteren Falle entstehen kleine oder grössere
Massen, welche aus einem Convolot von Cysten bestehen
und zusammengesetzte Cysten oder Cystoide ge-
nannt werden; dieselben kommen entweder nur an solchen
Localitäten vor, an welchen die Zahl der praexistirenden
Hohlräume, aus deren Ausdehnuil^ ^e hervorgehen, eine
beträchtliche ist, oder sie entstehen durch selbstständige
Vermdirung. .
Die fertige Cyste zeigt folgende weitere Entwicke-
lungsgänge:
1) Wachsthum der. Cysten findet nicht immer
statt; die serösen uhd colloiden Cysten wachsen durdi
Bildung neuen Stoffes, während die Wandungen ebenfalls
an Masse zunehmen, die zellhaltigen Cysten durch all-
mäliges Abstossen einer Lage von Zellen nach der ande-
ren von der Innenseite des Balges und Fettproduktion aus
den etwaigen Drüsen desselben. Bildung grosser Cysten
aus kleinen kommt femer durch Zusammenfliessen einer An-
zahl kleiner Cysten zu Stande.
'2) Vermehrung dex Cysten konmit nur in sehr
beschränkter Weise vor, indem die grosse Mehrzahl der
Cysten als einfache bleiben oder gleich bei ihrem Entstehen
als zusammengesetzte auftreten. Eine wirkliche Yenneh-
rung derselben kommt, so weit ich die Sache beobachtet
habe, nur in der Weise vor, dass ne-ben einfachen oder
zusammengesetzten schon bestehenden Cysten in demselben
Strpma und auf dieselbe Weise^ wie diese ersten entstanden
77
sind, allmälig neue entstehen und, sich zu den früheren
gesellend, eine zusammengesetzte Cystengeschwulst bilden.
Eine solche zeigt dann folgende Eigenthümlichkeiten : a) Die
sehr nahe an einander liegenden Cysten platten sich gegen-
seitig ab, werden eckig; schneidet man eine solche Cysten-
masse durch, so hat man ein, polyedrische Maschen bil-
dendes, fibröses Tachwerk Yor sich; isolirte Cysten, sieht
man nur an der Peripherie, b) Die Wände einzelner oder
vieler gegen einander gepresster Cysten schwinden allmälig
und die Bäume communiciren unter einander, mehrere Cy-
sten fliessen dann wohl auch zu einer grösseren zusammen.
c) Diejenigen Cysten, welche an der Pejripherie liegen, sind
meist die grössten, da sich ihr Wadhsthum frei entwickeln
kann, d) Einzelne oder ganze Gruppen von Cysten be-
wirken zuweilen Baumyerminderung einer nebenliegenden
grösseren, indem sie, die Wandung der letzteren Tor sich
her schiebend , in deren Höhlung einen Y orsprung bilden
und dieselbe allmälig wohl ganz ausfüllen. Zuweilen er-
sdieinen diese einragenden Cysten breit oder schmal gestielt
und es. hat den Anschein, 'als ob sie aus der Wand der
grossen .Cyste heryorgewachsen seien. Dieser Anschein wird
noch täuschender , wenn die vorgeschobene Wand der gros-
sen Cyste allmälig dünner wird und die anderen nun frei
herein zu ragen scheinen. Indem nun . alle diese Verhält-
nisse in einem Cystoid gleichzeitig auftreten, wird der An-
blick von dessen Oberfläche und Schnittfläche äusserst man-
nichfaltig. .
Die, Cysten einer solchen zusammengesetzten Geschwulst
sind bald von einer Natur, -s^öse, coUoide oder zellhaltige,
bald finden sich gleichzeitig solche von verschiedener Natur.
3) Excrescenzen und hornartige Bildungen
kommen zuweilen auf der Innenwand von Cysten in glei-
cher Weise vor wie auf der Haut' Die Ex.crescenzeü
haben ganz den Charakter der Papillargeschwülste, von der
78
innenirand erheben sich fadige oder kolbige, niieut retätMte
fibröse Papillen mit CapiUarschlingen and EpithelialüberEug.
Sie wachsen zuweilen in solcher Weise ^ dass sie die H9hle
der Cyste gans ausfüllen. In den Cysten der Haut stellen
sie das sogenannte Condyloma subcutaneum dar. Horn-
artige Auswüchse finden sich nur in Cysten der Haut,
stellen partielle Hypertrophie des Epithelialüberzuges oder
so SU sagen der Epidermis der (cutisartig organisirten) Cy-
stenwandungen dar, perforiren allmSlig wachsend wohl auch
die Cystenwand und die Haut und kommen als Hauthömer
SU Tage. (S. Hautkrankheiten.)
4) Yerkreidung der Cystenwand, suweilen auch des
-seiligen Inhaltes tritt zuweilen als spontiEme oder rorherge-
hende Entzündung des Balges bedingte Rückbildung ein.
Der Balg wird zuweilen zur Knochenkapsel. Sehr selten
ist wirkliche Yerknocherung des Balges. .
5) Entzündung und Hämorfhagie können in al-^
Icn Arten der Cysten yorkommen, der Inhalt wird durch
Exsudate und Extravasate verändert, hauptsädblich durch
Eiter- und Pigmentbildung, wodurch er zu einer emulsiven
oder rothen, braunen, schwarzen Flüssigkdt wird; die
Wandung wird zuweQen durch neugebildetes Bindegewebe
beträchtlich verdickt. Zuweilen erfolgt Vereiterung oder
Verjauchung der ganzen Cyste.
Combination von Cysten mit anderen Neubil-
dungen kommt vor: Cysto - Fibroid, -Sarcom und -Car-
cinom; bei keiner dieser Bildung ist die Combination eine
durch constante Bedingungen hervorgerufene und wesentlich
den Charakter der Geschwulst bedingende, wesshadb sie
auch nicht als Species aufgestellt werden können. Die in der
Mamma vorkommende Combination hat man nach J. Müller
vorzugsweise als Cysto sarcoma hingestellt,' und in C.
Simplex — einfache Cysten — , C. proHferum — von den
79
Wandungen ragen Cysten In Cysten -^/ C. phythdes —
Cysten mit Excreseenzen -^ getheilt. (S. Mamma.)
ti« Hie Paplllar§peseli Wülste.
Die Papillargeschwiilste kommen auf der Haut und
den Schleimhäuten als Condylome^ Warzen, Zottengewächse,
polypöse und fungöse Exerescenzen vor. Das wesentliche
Element derselben ist ein konischer, cylindrischer, faden-
förmiger oder kolbiger Körper, bestehend aus einefti Stanun
m
?on Bindegewebe, der aussen mit Pflaster- oder Cylinder-
epithelium bekleidet ist und eine Capitlargefässschlinge ent-
hält; dieser Körper geht bald aus Yergrössernng einer nor-
malen Papille hervor, bald ist er neugebildet,-
1) Warzen,, Verrucae ^ finden sich auf der Haut und
-den Uebergangsstellen der Haut in Schleimhaut, sind bedingt
durch Hypertrophie einer Gruppe von Hautpapülen, insbe-
sondere deren Epidermisdecke, bilden kleine Hervorragun-
gen mit trockner, höckeriger, oft in starre Säulen zerfal-
lender Oberflache. (S. Hautkrankheiten.)
2) Condylome finden sich auf der Haut, den Ueber-
gangsstellen derselben zur Schleimhaut und der letzteren
selbst, sind ebenfalls durch Hypertrophie normaler Papillen
•bedingt, besonders deren Bindegewebsstamm , welcher sich
nicht allein • verlängert und verdickt,' sondern auch vielfach
.verästelt. Durch die Gruppen der zahlreichen Endkölbchen
dieser Aeste wird die eigenthümliche, himbeer- oder blu-
menkohlartige Gestaltung der Oberfläche der Condylome be-
dingt. (S. Mund- und Bachenhöhle, Larynx, Hautkrank-
heiten.)
3) Z Ott enge schwülste finden sich vorzugsweise auf
Schleimhäuten, s. Harnblase, Magen, Mastdarm, Gallenblase,
Uterus (wenn man - Bo k i t a n s ky's Zottenkrebse mit hierher
zieht, auch anderen Stellen: auf der Haut, auf* serösen Häu-
ten, im Gdiirn, in der Leber, der D. mater> dem Uterus).
60
Sie sind meist durch Neubildung der Papillen bedingt, selt-
ner durch Hypertrophie normaler Schleimhautpapillen, bil-
den meist polypenartige Massen mit sammetartiger, weicher,
zottiger oder blumenkohlartiger Oberfläche und bestdien aus
meist sehr langen und dünnen , yielfach verästelten Papillen
Yon ganz demselben Bau wie die d^r Condylome; sie sind
bald mit Pflaster-, bald mit Cylinderepithd überzogen, je
nach dem der Schleimhaut, auf welcher sie sitzen, eigen-
thümlicben Epithel. Der Epithelialüberzug ist zuweilen sehr
dick, die Zellen liegen locker an einander und lassen sich
als dicken Saft abstreichen, wesshalb diese Greschwülste bei
oberflächlicher Betrachtung wohl das Ansehen von saftigen
Krebsen erhalten können.
Die Papillargeschwülste sind überall , wo sie vorkom-
men, locale Leiden, bald spontan, bald durch mechanische
Beize entstanden. In gewissen Fällen tritt bei den War-
zen und Zottengeschwülsten Combination mit Can-
croid- oder Krebsbildung in ihrer Basis oder ihrem
Gewebe selbst ein, wodurch der Verlauf der Bildung we-
sentlich verändert wird; so gesellen sich an den Lippen zu
emfachen ulcerirenden Warzen weit um sich greifende Epi-
thelialcancroide , an der Schleimhaut des Uterus zu dem
Blumenkohlgewädxs Cancroidbildungen, in den anfangs ein-
fachen, aus Bindegewebe und Cs^pillarschlingen bestehenden
Zotten der Harnblase entwickelt sich Markschwamm und
aus der einfachen Papillargeschwulst wird ein Zottenkrebs.
(S. Harnblase.) Fig. 10 a und b.
12. Der KreliSf Carcinoma.
Das Garcinom ist eine aus traiisitorischen Zellen und
einem diese einschliesseüden Maschenwerk Ton Bindegewebe
bestehende Geschwulst.
81 '
A. Carcinoma vuigare. Der gewöhnliche Krebs,
Scirrhus und Markschwamm.
Zelleninhalt und InterceUularsubstanz sind eiweissartige
Korper und bilden meist einen rahmartigen Saft.
Das gewohnliche Carcinom bildet Geschwülste yon al-
len Formen und Grössen, welche bald als umschriebene
Knoten, bald als diffuse Massen in und zwischen den Ge-
weben und Organen liegen. Die Knoten haben bald eine
Zellgewebshülle und liegen dann zwischen den aus einander
gedrängten Organen, bald gehen sie ohne bestimmte Grenze
in die umgebenden Gewebe Ober und sitzen dann an der
Stelle der geschwundenen oder noch in sie eingeschlossenen
. Organe. Ihre Farbe ist weiss- oder grauroth, brSunlich,
gelblich, ihre Consistenz meist die eines festen Hirns, doch
wechselt sie zwischen der eines Knorpels und eines wei-
chen Hirns. Die Schnittfläche ist in den harten Krebsen
glatt, faserig, durch Druck erhält man einen in Form Yon
dicken Tropfen öder wurstförmigen Klümpchen hervortre-
tenden Saft , in den weichen Krebsen hirnähnlich, wird so-
gleich Ton einem rahmigen Saft überströmt.
Die mikroskopische Untersuchung der grossen Mehr-
zahl der Carcinome ergiebt Folgendes: An feinen Schnitt-
chen sieht man Massen yon Zellen und Kernen (Krebssaft)
in den Maschenräumen eines aus Bindegewebe und Capil-
largefässen bestehenden Gewebes.
Das faserige Gerüst (Fig. 11 a), Stroma, besteht
aus Bindegewebe, welches bald von gelockten, bald von
steifen geraden Fasern, bald yon Faserzellen zusammenge-
setzt ist und dem zuweilen elastische Fasern beigemischt
sind. Fasern, die für Krebs diarakteristisch sind, giebt
es nicht. Im Bindegewebe yerlaufen die Gefässe^ Capilla-
ren yon meist beträchtlichem Durchmesser; sie bilden ein
weit- oder engmaschiges Netzwerk, welches in dem Binde-
6
82
gewebsstroma die Geschwulst durebsieht, mit den Arte-
rien und Venen der Umgebung in Verbindung steht und
Ton beiden aus injicirt werden kann« Die Anordnung der
Fasern ist meist alveolar , die Fasern und Faserbündel bil-
den ein Maschen werk mit engen oder weiten y vielgestalti-
gen Maschenräumen; .diese Bäume sind meist mikrosko-
pisch ^ nur selten werden sie makroskopisch , zuweilen so
gross 9 dass der Saft in cystenartigen Bäumen enthalten zu
sein scheint. (Canc. pultace.Cruv.) Zuweilen ist das fa-
serige Netzwerk so eng, dass die Maschenräume als solche
verschwinden und der Saft ungeordnet zwischen den Fasern
liegt , zuweilen aber ist es so schwach angedeutet, dass der
Krebs nur aus Zellen zu bestehen scheint.
Der Krebssaft besteht aus einer flüssigen, klaren
oder durch feine Molecüle getrübten eiweisshaltigen , seltner
schleimigen oder gallertigen Intercellularsubstanz und Zel-
len, Kernen und Körnchen.
Das constanteste Element sind die Kerne; dieselben
sind frei oder in Zellen, rund oder oval, durchscheinend
oder durch Molecüle getrübt, enthalten 1 — 2 grosse, glän-
zende Kemkörperchen , ihr mittlerer Durchmesser ist ^ix^'",
und es sind durch diesen beträchtlichen Umfang die Kerne
des Carcinoms vor den Kernen anderer Gewebe ausgezeich-
net, doch finden sich in jedem Carcinom neben den grossen
Kernen auch kleinere, in manchen Carcinomen erreichen sie
überhaupt diese Grösse gar nicht und auch in anderen Neu-
bildungen und physiologischen Geweben kommen freie und
in Zellen eingeschlossene Kerne von dieser Grösse hie und
da vor. Es können also der einzelne grosse Kern oder die
mit demselben versehene Krebszelle nicht als specifische,
nur dem Krebs eigenthümliche Körper angesehen werden,
obsdbion sie in den Massen gesehen, in welchen man sie
beim Krebs in der Begel findet^ sehr charakteristisch
und für die mikroskopische Diagnostik des Krebses von
83
grösster Wichtigkeit sind. Die Kerne bilden als freie bald
das einzige Element des Krebssaftes, bald kommen sie ne*
ben Zellen vor, dieselben an Menge übertreffend oder hin*
ter ihnen suräckstehend , niemals fehlen sie ganz. Neben
den ausgebildeten grossen Kernen finden sich fast stets klei-
nere und von diesen abwärts aUe Uebei^angsstufen zu klei«
nen glänzenden Kömchen mit den Reactionen der Keme^
femer in Theilung begriffene Kerne. (Fig. 11 b. c.)
Die Zellen (Fig. 11 d. e) sind von höchst mannichfa^
dier Grösse und Beschaffenheit; sie sind rund, kugelig oder
platt, oval, eckig, haben zuweilen lange Fortsätze, Schwänze
U.S.W., sie sind meist fein granulirt, ihre Wand steUt sich
als einfache Contur dar, ihre Grösse schwankt zwischen
^,y und t^if'" Dchm. Sie haben meist 1, zuweilen 2—8
und mehr der beschriebenen Kerne.
In manchen Carcinomen finden sich nur diese einfachen
Zellen mit 1 — 2 Kernen^ in anderen finden sich daneb($n
solche mit endogener Kern- und Zellenbildung: endogene
Vermehrung der Kerne durch Theilung oder Neubildung
bis zur Füllung der sehr Tergrösserten Zelle mit grossen
Mengen yon Kernen ist häufiger als Bildung endogener
Kemzellen, welche aber ebenfalls in manchen Zellen in
grösserer Anzahl sich bilden. Selten finden sich Beispiele
von Vermehrung der Zellen durch Theilung desselben. In
manchen Carcinomen kommt endlich endogene Kern- und
Zellenbüdung in Kemblasen vor. (S. Zellenbildung.)
Die chemische Untersuchung des Carcinoms im Ganzen
zeigt seine Zusammensetzung aus eiweissartigen (Saft) und
leimgebenden (Gerüst) Substanzen.
. Das Carcinoma vulgare lässt sich nach dem Verhältniss
des Gerüstes und des Saftes in zwei Unterarten trennen,
wobei man aber stets im Auge haben muss, dass Mittel-
formen zwischen beiden ebenso häufig sind, als sie selbst.
Der Scirrhus, Faserkrebs, Carcinoma fibrosum,
6*
84
ist eharakterisiri durch ^die yorwiegende Entwiekelmig des
Faseiferiistes , bildet harte , unregehnässig knotige höcke-
rige Geschwülste oder diffuse, in die Organe eingesprengte
Massen, knirscht beim Durchschneiden, die Schnittfläche
hat ein fibröses oder speckiges Ansehen, der Saft quillt als
kleine Tropfen oder Cylinder herror. Man findet ihn in
der Mamma, dem Magen und Darme, Uterus, Netz u.s.w.
Der Markschwamm, Zellenkrebs, Carcmama
tnedullate, Encephaloid, ist charakterisirt durch den Reich-
thum an Zellen; er bildet saftige und weiche, runde, glatte
oder gelappte, blumenkohlartige Geschwülste von grauer,
gelblicher oder röthlicher Farbe, seine Schnittfläche ist oft
himartig, füUt sich rasch mit Saft, der auf Druck in zahl-
reichen Tröpfchen überall heryorquillt. Der Markschj^amm
entsteht gleich ursprünglich als solcher oder hat Anfangs
mehr die Beschaffenheit des Faserkrebses und wird erst
später durch reichlichere Zellenbildung zum Markschwanun.
Als. Varietäten des Carcinoms lassen sich femer
hinstellen :
1) Carcinoma telangectodes , Krebse mit sehr zahlrei-
chen, aussergewöhnlich weiten und zuweilen wie in Telan-
giectasieen angeordneten Capillaren, meist mit gleichzeitiger
starker Erweiterung der Venen und wohl auch Arterien der
Umgebung. Diese Krebse haben eine dunkelrothe Farbe,
aus der Schnittfläche strömt Blut in grosser Menge« An-
dere Krebse haben ebenfalls eine rothe Färbung, sind aber
nicht aussergewöhnlich gefässreich, sondern mit extrayasir-
tem Blute gefärbt; diese könnte man zur Unterscheidung
von den vorigen Carcinoma haematodet nennen. Beide Va-
rietäten steUen den sogenannten iBl^tschwamm, Fangu»
haematodeSi dar.
2) Carcinoma mebmodes, Carcinome, in deren Zellen
und Intercellularsubstanz gelbe, braune oder schwarze Pig-
mentkömchen in grosser Menge oder sparsam angehäuft
85
süid^ 80 das8 die Oberfläche und Schnittfläche ganx oder
partiell braun oder schwars gefärbt wird« Die Carcinome
bilden mit den melanotischen Fibroiden und Sarcomen die
sogenannten melanotischen Geschwülste.
(Ausser diesen werden noch aufgestellt das C. reticu'
lare Ton J. Müller, s. unten, das C. fasciculatum $. kya-
iinum Yon demselben, eine aus feinen, büschelartig verlau-
fenden Fasern mit Gefässen und gallertiger Zwischensub-
stanz bestehende Geschwulst, deren Stellung noch unge-
wiss ist; Ton Rokitansky: Zottenkrebs, s. Papillar-
geschwülste ; Cystenkrebs, Carcinome mit Cystenbildung
combinirt.)
Die Carcinome entwickeln 'sich, wie die meisten ande-
ren Geschwülste, spontan, d. h. unter uns unbekannten
Bedingungen, in wenigen Fällen geben traumatische Einwir-
kungen den Anstoss zur Bildung derselben; andere Bedin-
gungen, wie erbliche Uebertragung, Kummer, dürftiges Le-
ben u. B. w., sind ungewiss. Sie kommen in jedem Alter
Tor, doch vorzugsweise im reifen Mannesalter; zuweilen
sind sie angeboren. Sie werden häufiger bei Frauen als
bei Männern gefunden. Sie entstehen primär fast in allen
Organen des Körpers, am häufigsten hat der Krebs seinen
Sitz in der Mamma und dem Uterus, dann folgen die Le-
ber, Gehirn, Lymphdrüsen, Bulbus, Knochen, Magen, in
dritter Reihe Haut, Hoden, Nieren, Oesophagus, Darm-
kanal, Peritoneum; seltnere Localitäten sind: Speicheldrü-
sen, Schilddrüse, Blase, Zunge, Ovarien, Lungen, Rük-
kenmark.
Das Carcinom ist einfach, auf ein Organ als eine Ge-
schwulst beschränkt oder es ist vielfach, wenn in einem
Organ oder in verschiedenen Organen mehrfache Geschwülste
zugleich entstehen. Nachdem primär ein einfacher oder viel-
fache Carcinome im Körper eine Zeit lang bestanden ha-
86
beiiy entwickeln sich zuweilen (nicht constant) secund&re
Carcinome in anderen Localitäten. S. unten.
Die Entwickelung des Garcinoms in ihren er-
rten Anfängen kommt selten sur Beobachtung , sidiere Be-
obachtungen sind erst möglich , wenn schon die Organisa-
tion begonnen hat; das Blastem wird so allmälig und in so
kleinen Mengen ausgesdiieden, dass es nicht untersudiungs-
föhig ist. Als erste Spur der Krebsbildung beobachtet man
Kerne bald zwischen die Elemente der normalen Gewebe
zerstreut eingebettet, so dass diese das Stroma abgeben,
bald in einer durch Atrophie entstandenen Lücke der Gre-
webe in sehr kleinen Haufen. Als nächste Stufe sieht man
dann gesonderte Krebsknöichen , welche Kerne und Zellen
in einem Stroma von Bindegewebe und Gapillaren zeigen.
Das Stroma, Gerüst, geht a) aus den normalen Geweben
hervor und wie die Gapillaren des entwickelten Krebses
durch fortschreitende Ausbuchtung der normalen Gapilla-
ren gebildet werden, so kommt sein Gerüst durch fort-
schreitendes Wachsthum des, das primitive Stroma bilden-
den, normalen Bindegewebes zu Stande; die alveolare Form
dieses Stromas wird durch die gleichzeitig sich bildenden
Kern- und Zellenmassen bedingt, welche die Maschen be-
ständig aus einander halten; — 6) das Gerüst geht aus
Neubildung hervor, um und neben den sprossenden Gapil-
laren bilden sich aus demselben Blastem, ans welchem die
grossen Kerne und Zellen entstehen. Kerne und Zellen, die
zu Faserzellen werden , weldie sich eng an einander legend
die Balken des Gerüstes bilden und endlich auch in reifes
Bindegewebe übergehen. Auch das durch Wachsthum des
normalen Bindegewebes entstehende Gerüst wird durch eine
derartige Neubildung zuweilen verstärkt.
DasWachsthum einer so entstandenen kleinen Krebs-
masse geht nun in verschiedener Weise vor sich: 1) das
Garcinom bildet ein Knötdien, welches gleichsam als frem-
87
der Körper durch eine Bindegewebshülle Yon den umgeben-
den Theilen abgegrenzt wird. Dieses Knötchen wächst
durch Anbildung neuer Theile in seinem Innern, drängt an
Umfang zunehmend * die benachbarten Organe aus einander,
drückt sie platt oder macht sie schwindend, die Bindege-
webshülle nimmt wie die Gefässe in ihr und der Umgebung
yerhältnissmässig ebenso an Masse zu. Der Gang der An-
bildung neuer Theile in dem Knoten ist verschieden : a) Ge-
rüst und Saft entwickeln sich in gleichem oder fast glei-
chem Yerhältniss. b) Die Zellenbildung geht langsam und
in geringer Menge vor sich, während die Masse des Ge-
rüstes relativ oder absolut überwiegt. Das Carcinom wächst
(als Scirrhus) langsam, bleibt unverändert oder zu irgend
einer Zeit wird die Zellenbildung überwiegend (der Scirrhus
wird zum Markschwamm), c) Die Kern- und Zellenbil-
dung ist- vorwiegend, das Wachsthum geht rasch vor sich,
der Umfang" wird bedeutend.
2) Das Carcinom wird gegen die benachbarten Theile
nicht abgegrenzt, es wächst zum Theil wie das vorige, zum
Theil dadurch, dass die Kembildung continuirlich in den
umgebenden Theilen fortschreitet.
In jeder Weise des Wachsthums kann das Carcinom
einen sehr grossen Umfang erreichen. Seine weitere Ver-
breitung verhält sich ebenfalls verschieden:
i) Manche Carcinome verbreiten sich nur durch die be-
schriebene Weise des Wachsthums in der Peripherie, das
primäre Carcinom ist ein einfaches und bleibt ein solches
bis zum Tod des Kranken. Dergleichen Carcinome sind
häufig im Oesophagus, Magen, Darm, im Uterus, den
Lymphdrüsen.
2) Das Carcinom tritt in den nächsten, mit dem pri-
mär leidenden Organe durch Lymphgefdsse verbundenen
Lymphdrüsen auf. Zwischen den normalen Elementen der
letzteren entstehen Kerne und Zellen von derselben Natur,
88
wie die im primären Garcinom ; die Menge derselben nimmt
allm'älig su, die Kerne und Zellen der Drüse schwinden,
die Fasern und Gefässe derselben bilden nun das Stroma
der Erebselemente. Zuweilen sind auch die an das^ Garci-
nom anstossenden Lymphgefässe und mit ihnen im Zusam-
menhang stehende entferntere mit Krebszellen gefüllt. Diese
Art der Verbreitung ist wahrscheinlich bedingt durch Trans-
port flüssiger Intercellularsubstanz , welche entweder als
Blastem der secundären Krebse dient oder durch ihren Gon-
tact den Anstoss zur Krebsbildung giebt. Diese Art der
Verbreitung ist häufig, aber nicht constant.
3) Sämmtliche Lymphdrüsen, welche in dem Lymph-
gefässtractus zwischen dem {nimär leidenden Organe und
dem Gefässcentrum eingeschoben sind, werden allm'älig er-
griffen*
4) Nachdem das primäre Garcinom als einfaches oder
vielfaches eine Zeit lang bestanden hat, treten secundär.e
Garcinome in demselben Organ oder in anderen Organen
auf. Diese Verbreitung geht meist allmälig, zuweilen un-
ter lebhaftem Fieber und Allgemeinleiden vor sich (soge-
nannte acute Krebsbildung). Die Zahl der secundären
Krebse ist meist gering, zuweilen aber ganz enorm und
man kann an einem Individuum über hundert zählen. Der
Mechanismus dieser Art der Verbreitung ist noch nicht
exact darzustellen; ist das primitive Garcinom im Zerfall
begriffen oder ragt es frei in perforirte Venen ein (s. Ve-
nenkrebs), so können transportirte Partikelchen die Grund-
lage der secundären Krebse bilden; in anderen Fällen kann
die resorbirte Intercellularsubstanz wie in den Lymphdrü-
drüsen die Bildung vermitteln. Sei dem wie ihm wolle,
der Verlauf der Krebsfaildung hat nach dem Auftreten se-
cundärer Krebse ganz das Ansehen einer aligemeinen Af-
^fection des Organismus, so dass die secundären Krebse Lo-
calerscheinungen derselben zu sein scheinen. Reihen wir
89
diesen Vorgang an schon Bekanntes, die syphilitischen Af-
fectionen, so kann^ wie der primitive Chanker, ein primä-
rer Krebs als locale Geschwulst entstehen und als solche
bleiben und ihre Metamorphosen durchmachen , ohne je den
Anstoss zu secundären Affectionen su geben, während er
letztere in anderen Fällen zur Folge hat, und wir, wie dort
die allgemeine Syphilis, hier die allgemeine Krebskrankheit
Tor uns haben. Weiter lässt sich aber die Analogie nicht
durchführen, denn, so sicher es erwiesen ist, dass die sy-
philitische Infection yon einem specifischen Secrete abhängt,
so wahrscheinlich ist es, dass beim Krebs das erste Ent-
stehen des primären Knotens unabhängig von einer solchen
specifischen Infection ist. Das Carcinom ist nicht durch
Einimpfung übertragbar, seine Erblichkeit ist zweifelhaft
oder wenigstens äusserst selten, und in manchen Fällen ge-
ben mechanische Momente exact nachweisbar den Anstoss
zur Entstehung primärer Krebse, die local bleiben und sich
in keiner Weise verbreiten. Wir hätten also im Krebs ein
Leiden, welches, als locales entstehend, unter besonderen
Umständen Anstoss zu einer allgemeinen Infection des Kör-
pers und damit zur weiteren Verbreitung von Krebsgeschwül-
sten geben kann, nicht aber eine Krebskrankheit, welche
schon den ersten, überhaupt entstehenden Ejrebs bedingt.
Für eine solche Krebskrankheit spricht mehr als die
nicht constante secundäre Verbreitung das constante Auftre^
ten von Becidiven nach Exstirpation der Kxebse, wel-
ches die Unheilbarkeit des Krebses bedingt, lieber diese
Folgendes :
Wie wir weiter sehen werden, findet wohl zuweilen
Verschrumpfung eines Krebsknotens, aber nie völlige Heilung
dadurch statt, sondern, wenn auch der Krebs ein ganz lo-
caler bleibt, er entwickelt sich als solcher immer weiter,
ohne je völlig rückgängig zu werden. Dieses Verhalten ist
abet den meisten Geschwilsten eigenthümlich und kein Be-
»0
weis fttr ein« specUUcke Krankheit, auch we&B wir sehen,
dass Krebse meist erweichen, zerfallen, Yerjauchen, haben
wir darin nur Eigenschaften einer localen Geschwulst, aber
keines Allgemeinleidens. Es findet ferner eine constante
Störung des Allgemeinbefindens und der Ernährung während
der Ent Wickelung eines Carcinoms nicht statt und es ist
Thatsache, dass.sidi Carcinome von sehr bedeutendem Um-
lange bei Individuen finden, die sidi einer ungeschwächten
Muskelkraft und Ernährung erfreuen. Alle diese Umstände
sprechen mit den oben angegebenen gegen die Annahme,
dass schon der primäre Kxebs Produkt einer specifischen
Infection ist Die Beobi^ditungen über die Becidive sind
noch nicht zum exacten Abschluss zu bringen; sie finden
statt: a) an derselben Stelle, an welcher der exstirpirte
Krebs sass; — dann ist immer die Möglichkeit vorhanden,
dass kleinere Partieen zurückgeblieben waren ; b) in zu dem
leidenden Organ gehörigen Lymphdrüsen, — in diesen
konnte die Affection schon vor der Exstirpation in ihren
ersten Anfängen begonnen haben; c) in inneren Organen, —
in diesen konnten schon kleine, für die physikalische Ex-
ploration unzugänglidie Krebsknoten sitzen; d) in äusseren
Organen, der Haut u. s. w.; — hier konnte schon der vom
spontan entstandenen primären Krebs ausgegangene Anstoss
zur allgemeinen Infection statt gefunden haben. Es geht
daher aus dem Vorkommen der Becidive ein absoluter Be-
weis für eine primäre Krebskrankheit auch nicht hervor.
Für eine primäre Krebskrankheit würde endlich noch
sprechen die Beobachtung, dass Individuen, mit einem ein-
fachen Carcinom behaftet, dessen Verlauf, locale Ausbrei-
tung u« 8. w. in keiner Weise den Tod herbeiführen konn-
ten , dennoch allmälig marastisch, d. h. in Folge der Krebs-
krankheit, gestorben sein sollen. Dergleichen Beobachtun-
gen habe ich noch nicht gemacht.
Der Einfluss des Careinonuü auf Functionen des Kör-
91
pers ist verschieden: 1) Bei sehr tippiger Wucherung mit
folgender peripherischer Erweichung und Zerfall tritt allmS'-
lig Anämie 9 Abmagerung und endlich Tod im höchsten •
Grad des Marasmus ein. 2) Das Carcinom schadet durch
Druck auf wichtige Organe^ durch Zerstörung desselben^ in-
dem sie mit in den Zerfall des Krebses gezogen werden.
3) Das Carcinom schadet pder tödtet durch seinen Sitz in
wichtigen Organen selbst. Eine specifische Krebskachexie
habe ich nie gesehen.
Die Metamorphosen, des ausgebildeten (pri-
mären oder secundären) Carcinoms sind folgende:
1) Erweichung durch tippige Zellenbildung
und peripherischer Zerfall, Das Carcinom wächst
sehr rasch 9 wird sehr weich ^ saftreich, das Gertist wird
sehr locker und weitmaschig, besteht in der Peripherie fast
nur aus Capillarschling^n , die Zellenmassen in flössiger
Zwischensubstanz sind enorm. Die bedeckenden Thdle
schwinden, die Oberfläche des frei liegenden Carcinoms
fängt an zu zerfallen, es bildet sich ein jauchiger Abfiuss,
während von unten continuirlich die Zellenproduktion fort- '^
geht. Zuweilen tiberwiegt die Verjauchung, der vorragende
Krebsknoten schwindet und seine Basis bleibt als die eines
sogenannten carcinomatösen Ulcus zurück; dann geht die
Verjauchung, weiter, doch hat man noch nie eine vöUige
Elimination des Krebses auf di^se Weise beobachtet, indem
stets daneben neue Krebsmassen wuchern oder die Kran^
ken eher starben. Die Metamorphose ist häufig, aber nicht
constant.
2) Gangränescenz einzelner Theile oder fast des
ganzen Krebses tritt , ausser mit der vorigen Metamorphose
combinirt, zuweilen an freiliegenden oder eingesdüossenen
Carcinomen ein.
3) Entzündung, Eiterbildung finden sich sehr
selten ; die letztere beschleunigt den Zerfall des Krebse und
92
den Säfieverlitöt. Die Elemente des Eitero finden sich mit
denen des Krebses gemischt.
4) Hämorrhagie ist in weichen Markschwämmen
sehr häufig 9 die Blutung zeigt sich bald in circumscripten
Herden, welche die gewöhnlichen Metamorphosen durchma-
dien können 9 bald als diffuse Blutung in kleinen und gros-
sen Flecken.
5) Fettmetamorphose und Tuberculisirung
sind häufig Torkommende Metamorphosen, die jede für sich
oder combinirt vorkommen. Durch beide wird meist der
Krebssaft zu einer dicken, käsigen, bröckeligen, gelben Mas-
se, bestehend aus durch Fettmetamorphose oder Atrophie
zu Grunde gehenden Zellen und ihren Trümmern. Meist
zeigt sich die Veränderung an kleinen Stellen, die als gelbe
Pünktchen oder Streifen auf der Schnittfläche sichtbar wer-
den, die sich zuweilen zu netzartigen Zeichnungen yereini-
gen. (Carcinoma reticulare J. Müller.) Die weiteren Ver-
änderungen, welche aus diesen Metamorphosen heryorgehen,
sind: a) narbige Contraction des Gerüstes während
der allmäligen Resorption der in Fett- und eiweissartige
Molecüle zerfallenen Zellen; diese Verschrumpfung ist all-
gemein oder partiell, der Krebs wird dadurch zu einem
sehr harten Knoten, der die umgebenden Theile nach sich
zieht. Hierher gehört die grosse Mehrzahl der von älte-
ren Autoren beschriebenen Scirrhen, insbesondere der Mam-
ma. b) Centrale Erweichung durch ausgedehnten Zer-
fall der Zellen, in welchen auch das Gerüst gezogen wird.
Es entstehen erst kleine, dann immer grössere, durch pe-
ripherischen Zerfall wachsende Höhlen, die entweder perfo-
rireri, worauf Ulceration und Verjauchung erfolgt, oder
vernarben, wodurch in der Mitte concave, sehr harte Kno-
ten entstehen, nach welchen hin strahlige Narben ziehen.
6) Ossification des Gerüstes findet sich Vor-
zugs jireise in Carcinomen, welche von Knochen ausgehen^
98
seltner in anderen. Das Gerüst wird in wirkliches Kno-
chengewebe umgewandelt^ wobei es aber ^eine Gestalt be-
hält und sich daher nach der Maceration als zierliche stach-
lige oder netzförmige Osteophytenmasse darstellt. Die Ge-
fässe bleiben dabei erbalten, die Zellenmasse bleibt unbe-
rührt.
Alle Metamorphosen finden sich zuweilen combinirt in
einem Carcinom, jede derselben kann mit einer anderen
combinirt vorkommen, daher das so mannichfaltige Ausse-
hen der Schnittfläche mancher Carcinome.
B. Der Gallertkrebs, Carcinoma alveolare.
Zelleninhalt und Intercellularsubstanz sind colloide Sub-
stanzen und bilden eine farblose zähfltissige oder gallertige
Masse.
Der Gallertkrebs kommt primär vorzugsweise im Ma-
gen, Darmkanal und Peritoneum vor, in den ersteren als
diftuse Entartung der Häute, im letzteren auch diffus oder
in Form circumscrip.ter Knoten. Meist bleibt er auf die
genannten Theile beschränkt, breitet sich aber zuweilen auf
die zugehörigen Lymphdrüsen und peripherisch auf Leber,
Vagina, Uterus aus und secundär in seltnen Fällen in an-
deren Organen des Körpers. Sehr selten tritt er primär
in anderen als den oben genannten Organen auf; man
hat dies . beobachtet in Mamma, Uterus, Ovarium, Niere,
Leber, Knochen. In einzelnen seltnen Fällen wurde er in
fast allen Organen des Körpers gefunden. Zuweilen wurde
er neben Carcinoma vulgare beobachtet.
Der Gallertkrebs zeichnet sich aus durch den gallerti-
gen Inhalt seines fibrösen Gerüstes; derselbe ist bald in
überwiegender Menge vorhanden und die Geschwulst stellt
sich dann als weiche, schlottrige, gallertige Masse dar, bald
tritt er hinter dem' Gerüst zurück und dife Geschwulst ist
hart, scirrhös, bald werden die. Maschenräume, zu cysten-
94
artigen Räumen und förmlichen Cysten und die Geschwulst
bekommt das Ansehen eines Gallert - Gystoides.
Die Entwickelung und der feinere Bau verhalten sidi
so: Zuerst bilden sich in den Interstitien der normalen Ge«
webe Kerne einsein oder in kleinen und grossen Haufen
von 7^^'^^ Dchm., dieselben schwellen allmälig an zu y^^^'
Dchm.) werden granulirt und in Essigsäure Mass, allmälig
tritt in ihnen glänzender , colloider Inhalt auf, wodurch sie
nodh mehr wachsen, ihr molecularer Inhalt an die Seite
gedrängt wird und endlich schwindet Es entst^en so col-
loidhaltige Blasen von ^ — ^^^^^^^Dchm. Indem durch diese
die umgebenden Gewebe aus einander gedrängt werden, ent-
stehen die ersten makroskopischen gallertigen Räume, deren
Grösse und Zahl von der dieser Kemblasen abhängt. Diese
Eemblasen zeigen folgende weitere Entwickelung: a) sie
wachsen immer mehr, ihre Membran wird sehr dünn und
schwindet endlich, der coUoide Inhalt wird frei, wesshalb
man in manchen Maschenräumen freie Gallert findet, b) Es
treten endogene Kernbildungen auf ; diese erscheinen in dop-
pelter Weise : 1) es tritt ein Kern auf, dieser bleibt als sol-
cher oder wird ebenfalls zu einer Blase, in dieser meist
schon vor ihrer TöUigen Ausbildung tritt ein neuer Kern
auf, in diesem zuweilen noch einer u. s« f., so dass die
Mutterblase mit 3 — 10 und mehr concentrische Ringe bil-
dende Tochterblasen enthält. 2) Es treten zugleich mehrere
Kerne auf, bald 3 — 4, bald 10 — 20 und mehr; jeder der-
selben kann zur Kemblase werden und diese wieder endo-
gene Bildungen zeigen. 3) Nachdem eine Anzahl in einan-
der geschachtelter Kemblasen entstanden sind, können sich
in der innersten auch mehrere Kerne zugleich bilden und
sich in ihnen wiederum alle möglichen Metamorphosen wie-
derholen. (Fig. 13.)
In dieser Weise bilden sich einfache oder sehr zusam-
mengesetzte Körper von ä— A'" Dchm., welche den ur-
95
5(prünglicheii Inhalt des Gerüstes bilden. Mit dem Waclis-
thum der Eernblasen nimmt auch das des Gerüstes zu,
seine Maschen werden da, wo sich Kemblasen in Menge
entwicl^eln , zu äusserst feinen , sich endlich yerlierenden
Fädchen aus einander gedrängt, während sie in der Um-
gebung einer solchen Stelle compact bleiben und daher eine
Art fibröser Wand um die anscheinend f^ie gallertige Masse
bilden. Entwickeln sich aber Kemblasen in ungeheurer
Menge und Grösse, so schwinden zwischen ihnen alle Spu-
ren vom Gerüst, die fibrösen Balken werden dann oft zur
cystenartigen Hülle , ' sehr selten bekommen sie eine epithe-
liale Auskleidung und werden so zur wirklichen Cyste.
Diese Cysten haben einen verschiedenen umfang (1 —
^^" Dchm.) und können allmälig noch etwas wachsen, doch
erreichen sie selten einen grossen Umfang.
Die Kernblasen und die aus ihnen hervorgegangenen
zusammengesetzten Körper gehen zuweilen durch Fettme-
tamorphose, oder Yerkreidung zu Grunde ; die letztere kommt
bald nur in den geschichteten Körpern vor und dann ent-
stehen dem Himsand ähnliche Körper, bald als diffuse Yer-
kreidung. Zerfall des Alveolarkreb^es findet sich dann,
wenn er, wie im Magen und Darmkanal, nach Zerstörung
der Schleimhaut frei zu liegen kommt.
Der Verlauf ist meist sehr langsam. Im Uebrigen gilt
vom Verlauf des Gallertkrebses dasselbe, was beim Carci-
noma vulgare gesagt worden.
Von gallertigen Sarcomen imd Fibroiden unterscheidet
er sich dadurch , dass bei jenen die CoUoidmasse als form-
lose interstitielle Flüssigkeit auftritt, von zusammengesetz-
ten Gallertcysten , durch die Entwickelung aus Kemblasen
und die wohl alveolare, aber nur selten wirkliche Cysten
bildende Anordnung des Gerüstes.
96
C. Der £pithelialkreb8. Carcinoma epitkelio-
des. Das Cancroid.
Die Zellen haben vorwiegend die Fomi von Pflaster-
epithelien^ ein alveolares Maschengerüst ist nur zuweilen
vorhanden.
Der Epithelialkrebs ist primär bis jetzt nur in der Haut
und Schleimhaut gefunden worden , bleibt meist auf diese
Theile beschränkt, breitet sich von da peripherisch auf
Weichtheile und Knochen aus, bildet sich in den zugehöri-
gen Lymphdrüsen aus, entwickelt sich aber höchst selten
secundär an anderen Orten, in Leber und Lungen von
Virchow, in der Leber von- Rokitansky und mir be-
obachtet; einen hühnereigrossen Epithelialkrebs fand ich im
Gehirn an einem alten Spirituspräparat ohne weiteren Nach-
weis.
Die Bildung desselben beginnt mit der Entstehung freier
Kerne im Gewebe der Haut und. Schleimhäute, danach bil-
den sich Zellen von vorwiegend pflasterepithelienähnlicher
Form, welcher bald denen der Epidermis, bald denen der
Schleimhäute, bald denen der Balggeschwfilste gleichen; sie
haben einen oder mehrere Kerne von ^^ — tüif'" Dchm.,
liegen meist eng an einander gepresst, ungeordnet oder ih-
rer Längsrichtung nach regelmässig angeordnet, wodurch
membran- und faserartige Massen entstehen. Diese wer-
den oft unterbrochen durch Zellenmassen, welche in con-
centrischen Schichten um einen Mittelpunkt liegen (soge-
nannte Nester); den letzteren bilden entweder gewöhnliche
Zellen, oder häufiger solche, deren Inhalt sich in glänzende
CoUoidmasse umgewandelt hat, oder in welchen colloid-
oder eiweissartige Kemblasen entstanden sind. Die Bildung
der letzteren ist in Epithelialkrebsen sehr regelmässig vor-
handen und in allen Stadien leicht zu verfolgen. (Fig. 14.)
Die Entvnckelung des Ganzen geht in zweierlei Weise
vor sich: bald geht in die Bildung der Zellenmassen die
97
eitles gefässhaltigen Fasergerüstes ein und die Geschwulst
hat dann ganz den Charakter eines gewöhnlichen Carci-
noms, yon welchem sie sich durch die trockene, selten
leuchte Schnittfläche und die Form der Zellen unterschei-
det; — bald entwickeln sich grosse Zellenmassen durch
fortwährende Neubildung in der Pmpherie, zwischen wel-
che kein gefässhaltiges Gerüst eingeht , die Zellen ?er-
sehmm{rfen daher i^ehr bald^ verhornen, die Kerne schwin-
den, es entstehen solide Schüppchen, weldie endlich zer-
fallen, wodurch mit grützbreiartiger Masse gefüllte Herde
entstehen; die so entstandenen Knoten zeichnen sich durch
ihr trocknes, bröckliges Gefüge aus, zwischen ihnen und
^eii mit Gerüst versehenen giebt es vollständige Uebergangs-
reihen.
Auf beide Weise entstehen oft sehr grosse Knoten,
welche sich weit in der Peripherie verbreiten, die Haut
und Sdüeimhäute bald perforiren, ulceiirend zerfallen und
so ausgedehnte Zerstörungen bewirken. Es finden in ihnen
dieselben Metamorphosen wie beim gewöhnlichen Carcinom
statt, nur die peripherische Wucherung ist selten. Sie ver-
breiten sich oft auf benachbarte Lymphdrüsen, selten se-
cundär in anderen Organen. Die Exstirpation hat oft ra-
dicalen Erfolg. (S. Hautkrankheiten^
IS. SSiter.
Der Eiter ist ein aus einer flüssigen Intercellularsub-
stanz und transitorischen Zellen bestehendes Gewebe, wel-
ches bald im Verlauf einer Entzündung, bald als spontane
Neubildung gebildet wird.
Der Eiter ist eine rahmartige, alkalisch reagirende,
gdbliche Flüssigkeit. Die Intercellularsubstanz besteht ana-
log dem Blutserum aus Wasser, Eiweiss, Salzen und Ex-
tractivstofien. Die Zellen (Fig. 6 a) sind rund, granulirt,
^^i^ shs'^'thjf^^^ Ddun., ihr Inhalt Ist meist undurchsich-
7
98
ügy 80 das8 man keine Kerne sieht; in einndnea Zellen
tber ist er hell and die Kerne sind sichtbar. Die Zdhm
haben orspränglich einen Kern Yon j^^^*^ Dchm., in den
meisten seigt sich aber eine Yermehning desselben doreh
Theilung in 2, 4 and mehr kleinere Kerne; diese letste»
ren sind ofal, scharf contarirt, darchsiditig and glSnxend,
haben xaweQen ein Kemkdrperehen , li^en meist nahe an
einander in der ZeUe, Dchm. ^^ — tov^^^* ^^a in den dank-
ten , granalirtai Zellen die Kerne and die hier in allen Sta-
dien sehr schon lu beobachtende Theilang der Kerne sicht-
bar za machen, setst man Wasser oder Essigsaare in;
darch ersteres wird der Inhalt der Zelle Terdännt, darch-
sichtiger, die Zellenmembran wird ausgeddmt and platst
saweilen ; durch letztere werden Membran and Inhalt dnrch-
sichtig und schwinden fast ganz, es bleiben nnr die Kerne
sichtbar, welche kleiner werden, einen Eindruck in der
Mitte und schärfere Conturen bekommen. Das Wasser be-
wiriLt zuweilen auch ein Aufblähen der Kerne in der Zelle,
so dass diese endlich kernlos erscheint oder nadi deren
Berstung der aufgeblähte Kern das Ansdien einw kernlo-
sen Zelle erhält.
Von den Metamorphosen der Zellen kommen im Eiter
die Atrophie und Fettmetamorphose Tor.
Die Atrophie der Eiterzellen findet man im alten, kä-
sigen, consistenten Eiter (sogenannten tuberculSsen) ; die
Zellen sind zu kleinen, runden oder unregelmässig eckigen,
soliden Körpern geworden, die durch Wasser nicht mehr
aufqueUen und durch Essigsäure nur wenig durchsichtiger
werden (Fig. 6 d).
Die Fettmetamorphose findet man sehr häufig, bald blos
in einzelnen Zellen , bald fast in allen , so dass der Eiter
fast nur aus Serum, Körndienidlen und feinen Fettköm-
eben besteht. Die Fettmetamor|rfiose vermittelt die Re-
sorption des Eiters (Fig. 6 c),-
99
Die einmal gebildete Eitermasse oder Eitergeschwuht
kann a) allmälig wachsen und so zuweilen einen enormen
Umfang erreichen; dieses Wachsthum gegchieht bald dnrch
Vermehrung der Elemente der Eitermasse selbst und be-
dingt Verdrängung der umgebenden Organe, bald durch
Neubildung von Eiter und secundären Zerfall in dea letz-
teren selbst ; b) er kann resorbirt werden j die Intercellular^
flttssigkeit direkt, die Zellen naeh vorhergegangenem mole-
cularen Zerfall ; c) er kann tuberculisiren, yerkreiden, durch
Fettmetamorphose und atheromatösen Process verändert
werden; d) er kann verwesen, es bildet sich eine braune,
übelriechende Flüssigkeit, Jauche; e) er bleibt lange Zeit
bestehen ohne einen der genannten Vorgänge, die Intercel«*
lularflüssigkeit nimmt an Menge zu, die Zellen zerfallen
durch die Einwirkung des verdünnten Serums und durch
Fettmetamorphose, wesshalb in dergleichen altem, sogenannt
tem schlechtem Eiter die Zellen sehr mannichfach verändert
erscheinen.
Neben Eiter findet man sehr häufig kleine Fleisch-
wärzchen, die sogenannten Granulationen. Es sind die
durch Zellenbildung und Sprossenbildung der CapiUaren
aufgelockerten und angeschwollenen, den freien Eiter umge-
benden normalen Gewebe, deren specifische Textur verlo«»
ren geht. Die Granulationen bestehen aus einer amorphen,
weichen Intercellularsubstanz, Kernen und Faserzellen, aus-
gebildeten Bindegewebsfasern und CapiUarschlingen, transi«
torischen Zellen vom Bau der Eiterzellen, epithelienartigeii
Zellen von mannichf acher Gestalt. Meist sind die eiterartl«
gen Zellen Anfangs vorwiegend; geht es der Vemarbung
zu, so nehmen die Faserzellen zu und es entsteht an ih-
rer Stelle eine feste Bindegewebsnarbe ; zerfallen cUe Gra^
nulationen, so schwinden die bleibenden Gewebe immer
mehr, das Gewebe nähert sich immer mehr dem flüssigen
Eiter, zerfällt endlich in solchen; werden dann die nächst
7*
100
len Gewebe wiederum in dieser Weise Terimdert^ m
der Eiterherd Yergrossert, die Gewebe gdieii ib Eiter
unter, ee findbt Vereiterung, Yerscbwärung statt.
14. TnlberbeL
Bei Besprechung der Verhältnisse der Rficid>fldnng ist
der B^riff der Tubericelmasse festgestellt worden; als be-
sondere Art der Neubildungen können nur diejenigen Tu-
berkehnassen angesehen werden, welche dnrdi ihre con-
staute Entwickelung, ihr gleichseitiges Yorkommen in Lun-
gen, Lymphdrüsen, Schleimhäuten, serösen Häuten u.s. w.
und ihr Verbalten zum Gesammtorganismus TheOersdiei-
nungen einer allgemeinen Krankheit darstellen, obsdion sie
der localen Entwickelung und Textur nach mit allen übri-
gen Tuberkelmassen identisch sind. Dergleichen Tub^kel-
masscn oder Tuberkel kommen meist in Gestalt hirsekom-
bis «»rhseDgrosser , selten haselnuRs- bis taubeneigrosser
Knoten vor, welche in die normalen Gewebe eingelagert
sind und die früher beschriebenen Eigenschaften der Tn-
berkelmasse im Allgemeinen haben; zuweilen kommen sie
in Gesfalt diffuser Massen vor.
Diese Knoten oder diffusen Massen kommen auf fol-
gende Weise zu Stande: in der grossen Mehrzahl der Fälle
stellen sie Verändenmgen der Gewebe dar, welche durch
Vorgänge zu Stande komftien, die der Entzündung voll-
kommen gleich sind. 1) Es findet zuerst eine chronische
oder acute • Exsudation zwischen die Elemwite der nor-
malen Gewebe statt, zunächst tritt Zellenbildung ein und
man sieht dann zwischen den Geweben Exsudatzellen zer-
streut oder kleine Eitermassen bildend; dieses ist der ei-
gentliche Höhepunkt der Neubildung, was darauf folgt, gehört
den weiteren Metamorphosen, der Rückbildung an. Wir ha-
ben in dieser Zeit ein grauliches oder gelbliches, weiches
Knötchen oder eine ebenso gefärbte difltase -Masse yor uns.
101
a) Meist werden die Zellen bald airoptiisch, die InterceUu-
larsubstanz schwindet , die eingeschlossenen normalen 6e-
webstheile veischrumpfen , die CapiHaren veröden und wir
haben dann eine trockene , gelbliche , käsige Masse yor uns,
den Tuberkel, wie er uns in der Leiche meist vor Augen
tritt, b) Nidbit selten bleibt der Eiter als solcher ; indem
er an Menge zunimmt und die normalen Grewebe atrophisch
werden und schwinden , entstehen Anfangs kleine, dann
immer grössere Eiterherde, Cavemen. c) Sehr selten fin-^
det neben der Bildung von Eiter vorwiegend Bihdegewebs-
neublldung statt, es bildet sich ein kleines, narbenarliges
Knötchen.
2) Es findet zuerst Hypertrophie der normalen Ele^
mente, Vermehrung der Zellen statt, an einzelnen Stellen
tritt dann die Atrophie^ käsige Metamorphose derselben ein,
wir haben nun knotenförmige oder diffuse ITuberkelmassen
vor uns, die nur veränderte normale Gewebstheile enthalten.
Mögen nun die Tuberkelmassen auf die eine oder die
andere Art zu Stande gekommen sein, so zeigen sich an
ihnen die gewöhnlichen Metamorphosen: molecularer Zer-
fall und Höhlenbildung, Fettmetamorphose und Resorption
mit narbiger Contraction der Umgebung , Verkreidung. Alle
diese Vorgänge stellen eine Bückbildung dar und vermitteln
den localen Untergang, Verödung, Heilung der Tuberkel.
Eine nähere Beschreibung ihrer Bildung, ihres Verlaufs und
der damit verbundenen Veränderungen der normalen Ge-
webstheile wird im speciellen Theil bei der Tuberculose der
einzelnen Organe folgen.
Neben der localen Entwicklung der als Theilerschei-
nung einer allgemeinen Ejrankheit vorkonmienden Tuberkel
ist noch ihre Verbreitung im Körper von Wichtigkeit.
i) Gewöhnliche, chronische Tuberkelkrank-
heit, aj In der grossen Mehrzahl der Fälle bilden sich
Tuberkel zuerst und in grösster Menge in den Lungen und
102
den Brouchi&ldrflfen ; sugleich mit der Lungentubercolose
zeigen sich am häufigsten Tuberkel in der Schleimhant d^
Deum und den Mesenterialdrüsen. Lmigen- und Darm*
toberkel sind daher der gewöhnliche Befund in der Leiche
eines in Folge der allgemeinen Tuberkelkrankheit Verstor-
bnen. Neben diesen Tuberkeln ^ sugleich mit ihnen oder
nadi ihnen bilden sich in anderen Organen Tuberkd selten
und sparsam, wir finden sie in Pleura, Peritoneum, 6e*
him, Knochen, Nieren ^ Leber, Milz, Lymphdrüsen, Geni-*
talien. b) Im kindlichen Alter bilden sich zuweilen Tuber-^
kel zuerst oder wenigstens in grösster Menge im Ueum und
den Mesenterialdrüsen, alle übrigen im Körper zerstreuten
Tuberkel sind neben diesen sparsam, c) Zuweilen tritt die
Lungentuberculose auch bei Erwachsenen an Intensität zu-^
rück hinter der Tuberculose der Knochen, oder der Lymph*
drüsen, insbesondere der an der Wirbelsäule längs der gros-
sen Gefösse liegenden, oder der Schleimhaut der Genitalien
und Harnwege und der Nieren.
2) Floride Tuberculose, rasche Verbreitung der
Tuberkelbildung in einzelnen Organen und dem ganzen Kör«
per , yerbunden mit raschem localen Verlauf findet sich ent*
weder von Anfang an und die ganze Krankheit yerläuft
dann acut, oder gesellt sich zur chronischen Tuberculose.
Lungen und Darm sind auch hier die vorzugsweise leiden-
den Organe, häufig findet sich dann ausgebreitete Tuber^
kelbildung in Pleura und Peritoneum, bei Kindern in der
Pia mater.
3) Acute Tuberculose, rasche Bildung einer gros-
sen Zahl kleiner Tuberkelknötchen im ganzen Körper, ty-
phöse Erscheinungen und rascher Tod , unabhängig von den
localen Veränderungen , kommt zuweilen bei Individuen vor,
welche längere oder kürzere Zeit an chronischer Tubercu-
lose gelitten haben.
Die Veränderungen, welche in Leichen an Tuberkulose
108
Verstarbener lur .Beobacfatuiig kommen^ sind nach den Ver**
bältnissen dieses allgemeinen Yeriaufe und d^ Veränderung
gesk der dnzelnen Orgaue nu bairtbeitoa..
b. Unorgaiilgfrte N«ttl^flduAg*ii*
1) Concremente und Steine von Icohleiisaurem
und phosphorsaurem Kalk in physiologisehen und pa*.
thologiscben Creweben ^ in Exsudaten und Secreten. (S. Yer--.
kreidung.)
2) AtheromatSiBer Brei aus Kalksalzen, Gholestea-
rinkrystallen und Fettkdmchen. (S. Atherematöser Process.)
3) Fett als Stearink&rndien oder Elainkügdchen nach
Fettmetamorphose , als flüssige eder kristallinische (nad^
förmige discrete oder büschelförmig gruppirte Margarinkry-
stalle) Massen nach Brand»
4) Gholestearinkrystalle ausser in Begleitung
Ton Fett und Kalksalzen auch isolirt als Residuum Yon Ex-
sudaten und Oysteninhalt. *
5) Steine aus specifischen Bestandtheilen vonDrüsen-
secreten zusammengesetzt: Harnsteine, Gallensteine.
6) Concremente yon harnsaurem Natron in
den sogenannten Gichtknoten; sie bilden nach Lehmann
meist gelblichweisse , hie und da ziegdroth gesprenkelte,
weiche, an der Luft erhärtende Massen, welche unter dem
Mikroskop Krystallbüschel yon hamsaiirem Natron zeigen.
7) Exsudatmassen, welche nicht organisiren und
eine Zdt lang als rohe, unyeränderte Körper bleiben; es
sind geronnene, feste Fibrinmassen, colloide oder seröse
Exsudate.
r. Die Bildung von Wasser und Luft.
1. Wasser.
Eine wasserhelle Flüssigkeit mit den physikalischen
und chemischen Eigenschaften de» serösen Exsudates (s*
i04
unten) kommt ausser bei Entzündung vor als Grundlage der
Wassersucht, Hydrops, der serösen Säcke und ände-
rer geschlossener Räume und des Oedems der parenchy-
matösen Organe.
Die hydropische Flüssigkeit sammelt sich bald aUmälig
an, bald rasch, ihre Menge ist gering oder bedeutend, sie
bleibt oder wird allmälig oder rasch wieder resorbirt. Sie
ist bald farblos, bald gelblich, grünlich, roth, braun, schwarz
gefärbt durch beigemischte Fettkügelchen (aus den durch
Fettmetamorphose zu Grunde gegangenen EpiÜielien der se-
rösen Häute), Blutkörperchen oder Pigment.
Die ödematöse Flüssigkeit füllt die Interstitien und
kleinsten Hohlräume der Gewebe, welche daher mit Was-
ser mehr oder weniger getränkt erscheinen, angeschwollen
und teigig weich sind. Ihre Erscheinungsweise ist wie die
des Hydrops.
Die Wasserbildung wird bedingt : 1) durch mechanische
Hyperämie oder übeiiiaupt Behinderung des Bückflusses des
Yenenblutes; sie ist allgemein, wenn die Behinderung vom
Herzen, local, wenn dieselbe von einzelnen Venen ausgeht;
2) durch Hydrämie bei Krankheiten der Nieren, welche de-
ren Functionen behindern, bei chronischen Krankheiten,
welche die Blutbildung beeinträchtigen und Marasmus her^
beilühren.
2. Luft.
Gasförmige Stofife kommen bald in den Interstitien' der
Gewebe vor als Grundlage des Emphysems, bald in den
Höhlen des Körpers als Pneumatose im Allgemeinen.
a) Gasbildung durch Zersetzung von Exsuda-
ten, Brandjauche.
b) Abnorme Vermehrung der im Normalzustande
gebildeten Darmgase.
los
c) Retention dieser Danngase, oft mit gleicluseitigQr
Vermduiuig . derselben.
d) Eindringen der Luft von Aussen oder toh
der Lunge oder Tom Tractus intestinorum aus durch Wan-
den und Perforationen.
e) Spontane Luftbiidung in serösen Säcken und
Schleimhäuten findet nach einigen Beobachtungen nicht un*"
wahrscheinlich in seltenen Fällen statt.
B. Die pathologische Bückbildung und
Resorption.
(Die Altersyeränderungen , Entartungen, Degeneratio-
nen, Metamorphosen, Erweichung, Necro^irung, Brand.)
1) JkUen»ireränderiiii§fen sind solche, weldie
im hohen Alter als Rückbildung in vielen Organen auf-'
treten. Bis zu einer gewissen &renae sind sie normale Er-
scheinungen, zuweilen aber übersteigt die Rückbildung das
gewöhnliche Maass oder tritt vorzeitig ein und kommt so
in das Gebiet der Pathologie. Es gehören hierher: die se-
nile Atrophie des Nervensystems^ des Bewegungsapparates,
der Lungen und Luftwege, der Leber und Milz, der Ho-
den, Ovarien und des Uterus, Fettbildung und Verkreidung
im Gefasssystem, in Drüsen, Knorpeln. (S. specielle path.
Anat.)
2) Metamorphoiiien (Entartungen, Degeneratio-
nen) sind solche Veränderungen, welche eine Rückbildung,
theilweise oder totale, bleibende Umänderung der chemi-
schen Zusammensetzung, der Textur und dadurch auch der
Function und Entwickelung der Gewebe und Organe be-
wirken. Sie kommen vor an physiologischen und patholo-
gischen Geweben und Organen, Secreten und Exsudaten.
A. Fettmetamorphose, fettige Entartung
findet sich a) als wirkliche Metamorphose, Umwandlung
106
der nidle in eine gelbe, breiige, aus FetttLSmchen und
Fet&ügelcben bestehende Masse, 1) in Zellen, a. lierbeige-
führt durch alle Vorgänge, welche die Zellen aus ihren nor-
malen Em'ihrungsyerhältnissen reissen : Exsudation, Hämor-
rtiagie, Neubildung. Beispiele sind: Fettmetamorphose der
Nervenzellen bei Encephalitis, der Lungenbläschenepithelien
bei Pneumonie, Tuberculose, Compression der Lunge u. e*
w., der Epithelien der serösen Häute und Schleimhäute bei
Entzündung, Hydrops, der Knorpelzellen und Knochenzel-
len bei entzündlicher Atrophie, der einfachen MuskeSaser-
zellen des Uterus, der Gefässe, der Epithelien der Drüsen-
kanäle und Acini bei allen bedeutenden Texturveränderun-
gen dieser Organe. Der Modus der Fettmetamorphose ist
in allen Fällen der bei den pathologischen Zellen beschrie-*
bene der Fettkörnchenbildung, Umwandlung der ZeUe in ei-
nen Kömchenhaufen und endlichen Zerfall» Die Metamor-*
phose ist bald unbedeutende Theilerscheinung anderer wich-*
tiger Texturyeränderungen , bald ist sie an und für sich
wichtig, so z. B. die der Epithelien der Hamkanälchen bei
M. Brightii. ß. Die Fettbildung ist bedingt durch allge-
meine Emährungsveränderungen mit oder <rime gleichzeitig
yermehrten Fettgehalt des Blutes, findet sich neben allge-
meiner Abmagerung oder Hypertrophie des Fettbindegewe-
bes. Beispiele sind die Fettdegeneration der Leber, bei
welcher das Fett höchst wahrscheinlich in die Zelle von
Aussen eintritt, als flüssiges zu grossen Tropfen zusammen-
fliesst und endlich die Leberzelle in eine Fettzelle umge-
wandelt wird, die Fettentartung der Niere, bei welcher
KÖrnchenzeUenbildung stattfindet. (S. spedelle p. A.)
2) Li Fasern kommt die Fettmetamorphose seltner
vor, am häufigsten in den Muskelfasern und Nervenfasern
bei Störung der Ernährung derselben, sie besteht in Um-
wandlung der Primitivfasem in Fettkömchen oder zusam-
menffiessende Fettinigelcben bis zum völligen Untergang der
107
Fasern und beruht wohl wie die in Zeilen aaf Umwand-
lung der Fasersubstanz selbst in Fett Selten liabe icti auf
dieselbe Weise yar sich gehende Fettmetamorphose yon Bin-
degewebsfibrillen beobachtet.
b) Eine sweite Art fettiger Entartung besteht In Atro-
phie der Gewebe und Organe durch oder neben gleichzeiti-
ger Hypertrophie des sie umgebenden Fattbindegewebes bis
zum TöUigen Untergang der ersteren. Auf diese Weise ent-
arten zuweilen Muskeln der Extremitäten, des Herzens, die
Nieren. Zuweilen findet hierbei eine Combination mit der
eigentlichen Fettmetamorphose statt.
B. Tuberculisirung, käsige Metamorphose
bewirict Umwandlung physiologischer und pathologischer Ge-
webe, Exsudate und Extravasate in eine trockne, gelb-
liche, käsige Masse. DieseYeränderung beruht auf Schwund
der Intercellular- oder parenchymatösen Flüssigkeit, Atro-
phie der Zellen und Kerne, Verschrumpfung und Atrophie
Tön Fasern und Gefässen. Die fertige Masse besteht daher
aus Detritus von eiweissartigen und Fettkömchen, welche
aus dem Zerfall atrophischer Kerne und Zellen hervorge-
gangen sind, oder aus dem Zerfall roher Fibrinmassen,
Kerne, Zellen, Fasern, Capillaren, welche verschrumpft
und oft fettig entartet sind.
Diese Metamorphose findet sich 1) in physiologischen
Greweben,' denen die Emährungsflüssigkeit entzogen wird,
a) durch Obliteration der Gefässe, b) durch den Druck von
Exsudaten, Extravasaten auf die Gefässe; 2) in pathologi-
sdien Greweben: Eiter, Carcinom unter denselben Bedin-
gungen; 3) in Exsudaten und Extravasaten, welchen die
zur Organisation nöthige Flüssigkeit durch Bicsorption rasch
entzogen wird. 4) Am häufigsten findet sie sich aber un-
ter dem Einfluss einer allgemeinen Krankheit, die cha-
rakterisirt ist durch . verbreitete Entzündungen , welche
zur Bildung' von Zellen führen ^ die mit den einge-
108
schlossenen normalen Gewebstheileu die käsige Metamor-
phose eingehen, dann sich als gelbe Knötchen darstellen,
die man Tuberkel und nach ihnen die Krankheit Tubercu-
lose nennt. (S. oben.)
Der Befund von Tuberkebnasse in irgend einem Or-
gaue zeigt also, dass hier eine gewisse Metamorphose an
den Theilen vor sich gegangen ist, nicht aber, dass diese
Masse Theilerscheinung einer allgemeinen Krankheit ist; das
Letztere kann erst festgestellt werden, wenn die Verbrei-
tung der Veränderung im Körper und der Zustand aller
Organe berücksichtigt worden ist. Auch ist das, was man
als Tuberkel vor sich hat, keine Neubildung, die wie ein
Lipom, Fibroid, Carcinom eine selbstständige Geschichte
und Entwickelung hat, sondern das Resultat einer Meta-
morphose, die an verschiedenen Geweben vor sich gegan-
gen und durch verschiedeue Ursachen bedingt sein kann.
Die oben beschriebene Masse zeigt weiter Folgendes:
1) Sie bleibt in diesem Zustande lange Zeit unverändert;
2) es werden in ihr Fettkömchen, CholestearinkrystaUe und
Kalkkörnchen gebildet, die Masse verkreidet, wird im höch-
sten Grad in eine steinartige umgewandelt; 3) Zellen, Kerne
und Körner im Detritus zerfallen allmälig in eine sehr fein-
körnige moleculare Masse, es tritt daher Erweichung ein,
die fibrösen und anderen festen Elemente erhalten sich län-
ger, zerfallen aber endlich auch; auf diesem Zerfall beruht
ein Theil der tuberkulösen Lungencavernen, der centralen
Erweichung der Krebse ; 4) die Masse wird ganz oder tlieil-
weise resorbirt, nachdem sie in resorptionsfShige feinste
Molecüle zerfallen ist; 5) sie trocknet zu einem harten,
homartigen Körper ein.
C. Atheromatöser Frocess, Umwandlung der
Theile in eine gelbliche, breiige, aus Fettkömchen, Chole-
stearinkry stallen , Kalkkömchen und Detritus von Zellen,
Fasern bestehende Masse, findet sich als Metamorphose
109
normaler und pathologischer Gewebe unter denselben Be-
dingungen wie die vorige. Durch vorwiegende Fettkörn-
chen wird der Uebergang zur Fettmetamorphose, durch vor-
wiegende Kalkkömchen zur Verkreidung gebildet; zuweilen
sind die Cholestearinkrystalle vorwiegend und geben dann
der Masse einen glimmerartigen Glanz. Fett, Kalk und
Cholestearine sind theils präexistirend und werden frei,
theils werden sie nachträglich zugeführt.
D. Verkreidung, Umwandlung der Theile in krei-
dige oder steinharte, knochenharte und knochenähnliche
Massen, Steine, Concremente, kommt im Körper sehr
häufig Tor , ist bedingt durch Freiwerden von Kalksalzen^
die in den Theilen oder ihnen reichlich zugeführten Blastem
men präexistiren. Die Kalksalze (kohlensaurer und phos-
phorsaurer Kalk) treten in Gestalt sehr kleiner Kömchm
oder Kügelchen auf, die aBmälig in festen Steinen zu grös-
seren, unregelmässigen Körnern und in den festesten Ge-
bilden dieser Art zu einer homogenen glänzenden, splittrig
brüchigen Masse confluiren. Sie sind in Salzsäure löslich
und nach ihrem Yerschwinden . bleiben die organischen Theile
zurück, welche bald von den Kalkmassen verdrängt, bald
mit ihnen verbunden werden wie der verknöchernde Knorpel.
Die Verkreidung findet sich 1) in Secreten der Drü-
sen, im schleimigen Inhalt ihrer Ausführungsgänge, im
Schleim der Schleimhäute überhaupt, es bUden sich klei-
nere oder grössere Steinchen von gleichmässigem oder ge-
schichtetem Bau, die Veränderung ist bedingt durch Verän-
denmgen der Secrete, Stagnation derselben und des Schlei-
mes, Verunreinigung derselben mit £xsudaten, fremden
Körpern; hierher gehören Steine in Tonsillen, Darm, Spei-
cheldrüsen u. s. w. 2) In Exsudaten, welche nicht orga-
nisiren. 3) In physiologischen und pathologischen Gewe-
ben unter denselben Bedingungen wie die 4ibrigen Metamor-
phoseii; , Bierher gehören die Verkreidungen und scheinbar-
110
ren Verknöcherungen seröser Häute und fibröser Kapseln,
yon Gefissen, Sehnen, Bändern, Pseudomembranen, Eiter,
Fibroiden u. s. w. 4) In Zellen. (S. oben.)
E. Colloide Metamorphose, Colloidentartung;, Um-
wandlung der Gewebe in eine gallertige, durch ein Faser-
netz getragene Masse, ist bedingt bald durch GoDoidmetar-
morphose der normalen Zellen, findet sich in der Schild*
drüse, Gland. pituitaria, Plex. chorioideis, Mik, Nieren,
bald durch CoUoidmetamorphose pathologischer Zellen in
Sarcomen, Carcinomen.
(Nach Schrant kann auch die von ihm Eiweiss«
metamorphose der Zellen genannte Veränderung eine
Entartung der Gewebe ^zu einer breiigen und serösen Masse
bedingen, so leitet er z. B. Erweichungen im Gehirn ?on
dieser Metamorphose ab.)
üeber die Degenerationen durch Neubildungen , z. B.
die krebsige, sarcomatöse, eitrige, durch Entzündung, Ver-
schwärung, Brand, wird in den entsprechenden Abschnitten
gesprochen.
3) Brandy WeloriMSlSy Oang^aena, Abster-
ben der Theile mit folgender Verwesung, Fäulniss ist hau*
fig; der Vorgang selbst, die anatomischen und chemischen
Veränderungen an den Organen sind verschieden je nach
der Ursache, dem^Bau und Mischung der Theile, der Lage
derselben, der Temperatur, der Einwirkung yon Luft und
Wärme.
Der Brand der Weichtheile ist bedingt 1) durdi Ver-
minderung und gänzliche Entziehung des Blutzuflus-
ses; dieser Umstand tritt bald allmälig ein, das Absterben
der Theile geht langsam vor sich und erreicht erst spät den
höchsten Grad; bald erfolgt er rasch, es sterben plötzUdi
grössere Partieen ab, die Zersetzung und der Zerfall geht
sdmell Ton statten; 2) durch mechanische Zertrüm-
merung der Theile, durch welche "die Blutgefässe und
111
NerTen zerstört oder der physikalische Zusammenhang der
liieile aufgehoben werden; 4) durckErfrierung oderVer*
brennung direkt, wenn sie im hödisten Grade statt fin-
den, indirekt durch Entzündung; 4) durch Entzündung,
indem die Gewebe entweder mit diphthmtischen Exsudaten
als Schorfe absterben oder m verjauchenden Exsudaten zer-
foUen; 5) durch Gontact mit in Verwesung begrif*
fenen Theilen; diese sind bald im Körper gebildete, z.Bw
Darmcontenta, oder zufällig in denselben eingebrachte, bald
von mit Briand behafteten Menschen oder Thieren Ubertra-^
gene Stoffe; 6) durch Einwirkung chemischer Agentien,
Säuren, Alkalien u. s. w. direkt oder durch Entzfindung.
Die durch Brand bedingten Veränderungen stellen sich
dar a) alstrockner Brand, Mumifioirung, die Tbeile
erhalten eine braune oder schwarze Farbe, schrumpfen ein
und bilden endlich eine russige, schmierige oder kohlenar-
tig bröcklige Masse, b) als feuchter Brand, die braun,
sdiwarz , schwarzgrün gefärbten TheQe werden mit einer
missfarbigen Flüssigkeit durchfeuchtet, lösen sich allmälig
in eine schmierige, breiige oder dünnflüssige, höchst übel*
riechende Masse auf; c) als Brand schorf, der entweder
mit diphtheritischem Exsudate abgestorbene, eine weisslich-
gelbe, trockne Masse bildende Theile, oder kleine, circum-
Scripte, spontan brandig abgestorbene Massen in lebenden
Theilen darstellt.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass die nor-
malen Gewebstheile allmälig ihre normale Färbung und Ge-
stalt verlieren, Anfangs wolkig getrübt werden, später in
kleine Partikelchen und Moleoüle aus einander fallen; es
bilden sich Tripelphosphate, nadelförmige Fettkrystalle, In-
fusorien, dunkle Kömdien aus zersetztem Blutfarbstoff und
Sfdiwefeleisen.
Die chemische Untersuchung ergiebt die gewöhnlich bei
Verwesung vorkommenden Stoffe, der C verbindet sieh mit 0
112
SU Kohlensäure, mit dem H zu Kohlenwasserstoff, der N mit
dem H 2U Ammoniak, der S und Ph mit H au Schwefel-
und Phosphorwasserstoff, der S mit dem Eisen der Theile
zur Schwefeleisen, Verbindungen, die theils die Entfärbung,
tbeils den üblen Geruch der brandigen Gewebe erklaren.
Bewirkt der Brand nicht durch ausgebreitete Zerstörun-
gen den Tod, so kann Heilung der Theile nach Resorption
oder Elimination der brandigen Massen erfolgen; Resorption
ist nur bei flüssigen Massen möglich, Elimination erfolgt
nach atlmäKger Trennung des Todten Tom Lebenden durch
Entzündung und Eiterbildung an der Grenze, die brandige
Partie wird nach Aussen entleert und es erfolgt Vemarbung.
Brand der Knochen, s. Knochenkrankheiten.
4) Die BesorptiOB der pathologischen Theile zeigt
Folgendes: resorptionsfähig sind Gase, Flüssigkeiten und
sehr feine fettige oder eiweissartige Molecüle, die Resorption
fester Gewebe wird dadurch yermittelt, dass sie durch Fett-
metamorphose oder Tuberculisirung in feinste Molecüle zer-
fallen, dass sie in lösliche Extractiystoffe umgewandelt oder
brandig abgestorben zu flüssiger Jauche werden.
C. Die Entzündung.
Die Entzündung ist eine in einer bestimmten Richtung
Yor sich gehende Veränderung der Ernährung der Organe,
welche bald vorübergehend ist, bald patholo^sche Neubil-
dung oder Rückbildung, Degeneration der Theile be-
wirkt.
Die Bedingungen der normalen Ernährung cfines Off-
nes sind: eine bestimmte Nerventhätigkeit in demselben, ein
bestimmtes Verhalten des Blutdrucks, des Baues der Ge-
fässwände und der Blutmischulig , bestimmter Bau und Mi-
schurig der Gewebstheile und aus diesen Momenten hervor^
gegangene bestimmte DifiusionsverhaltQisse zwischen Blut
und Geweben.
113
In jedem dieser Momente kann der Angriflgspunkt der
Entzfindungsursache liegen; von der Veränderung des einen
resultiren dann weitere Veränderungen einzelner oder aller
Momente und daraus der mannichfaltige Ablauf der Ent-
zündung. Die pathologische Physiologie hat die Ursachen,
die Art ihrer Einwirkung und die gesammten daraus folgen-
den Erscheinungen darzustellen, die pathologische Anato-
mie hat die Aufgabe, die Veränderungen der Textur nadi-
zuweisen. Wir haben daher zu betrachten die Veränderun-
gen, die an Blutgefässen und Gewebstheilen vor sich gehen
und die Exsudate und deren Metamorphosen.
1) Die Veränderungen der Blutgefässe. Die
grösseren und kleineren Gefässe entzündeter Theile erleiden
entweder gar keine Veränderung oder sind* blutreicher, die
Capillaren und an sie angrem;enden kleinsten Gefässchen
sind häufig yerändert. Im Anfang findet in ihnen Anhäu-
fung der Blutkörperchen und dadurch aUmälige Erweiterung
des Lumens und Stockung des Blutlaufs statt Diese Ver<-
änderungen sind bald vorübergehend, bald bleibend, die Er-
weiterung nimmt zu, es gesellt sich zu ihr auch Verlänge-
rung der nun vielfach geschlängelten Gefässchen, welche
nicht selten einen solchen Grad erreicht, dass die daraus
hervorgegangenen Capillarschlingen als neugebildete betrach-
tet werden können; eine Schlinge sprosst aus der anderen,
durch Anastomosen treten sie mit den benachbarten in Ver-
bindung und so entsteht ein neues Netz von weiten, blut-
reichen Capillaren. Auf diese Weise werden Gewebe, wel-
che im Normalzustande gefässlos waren, gefässhaltig. Mit
Beendigung der Entzündung kehren die Capillaren entweder
zur Norm zurück, oder sie bleiben mehr oder weniger er-
weitert und das neugebildete System bleibt.
Die Hyperämie und Stase sind oft die erste durch die
Entzündungsursache hervorgerufene Veränderung, an welche
sidi Exsudation und das Weitere anreihen, zuweilen sind
8
114
sie aber Becundäre Erscheinungen oder fehlen gans. Brücke
und Jones fanden, dass der am Froschfuss angebrachte
medianische oder chemische Reiz zuerst eine Verengerung
der kleinen Arterien bewirkt , auf welche dann Yetlangsa-
mung des Blutlaufs in den Capütaren, Anhäufong der Blut-
körperchen und endlich Erweiterung folgt,
2) Das Exsudat ist eine durch die Wände der Ca*
pillaren ausgetretene Flüssigkeit, die als qualitativ und quan^
titatiT modificirte Emährungsflüssigkeit betrachtet werden
kann. Es tritt als interstitielles zwischen die Elemente
der Gewebe, als freies in die Hohlräume der Organe und
als paxenchymatöses durchtränkt es die Gewebstheile
selbst. Seine physikalischen und chemischen Eigenschaften
sind nur für die Fälle bestimmbar, in welchen grössere
Mengen ganz frisch zur Untersuchung kommen.
o) Faserstoffhaltige Exsudate finden sich o. als
Wundfltissigkeit, sogenanntes plastisches Exsudat, eine
farblose, alkalische Flüssigkeit, die bald gerinnt und alle
Eigenschaften der Intercellularflüssigkeit des Blutes hat;
ß. als Exsudatma&sen in serösen Säcken, beste-
hen aus Coagulum und Serum ; das Coagulum ist eine amor«^
phe oder fein gefältelte Masse, der Blutzellen und oft auch
schon neugebildete Zellen beigemisdit sind tmd die sich fast
ganz wie Fibrin yeihält. Das Serum ist farblos, alkalisch,
enthält im Allgemeinen die Bestandtheile des Blutserums;
y. als croupöse Exsudate auf Schleimhäuten, bestehen
aus Gerinnseln, die aber so rasch sich verändern, dass sie
als primire nicht zur Untersuchung kommen^ Die Meta-^
morphosen der faserstofflgen Exsudate sind : 1) Basdie Be-
Sorption des flüssigen Antheils; 2) Organisation, es bilden
sich Zellen von der Natur der Eiterzellen, oder Bindege-
webe, oder anderartige Neubildungen; 8) Rückbildung vor
oder nach stattgdiiabter Organisaticm: Verwesung und Ver»-
jräehung, TubercidisiningvTerkreidting, FettmetanM^h^se,
HS
atberomatVser ProcoM, und dnrcb diese vermittelte sp&tert
Resorption»
6) Seröse Exsudate finden sich vorzugsweise in
serösen Säcken, sind wässerig, farblos, alkalisch, arm
an geronnenem Fibrin oder enthalten gar keines und haben
im Allgemeinen die Eigenschaften des Blutserums. Ihre Me>-
tamorphosen sind: Resorption^ sparsame Organisation, Ter-*
wesung, sparsame Fettmetamorphose mit häufig vorwiegooder
Bildung von Oiolestearinkrystallen.
c) GoUoide Exsudate finden sich aelten in serösen
Säcken, bilden gallertige farblose oder weisslich, gelblich
wolkige Massen, welche voraugs weise aus Natronalbuminirt
bestehen und meist ohne weitere Metamorphosen vorkommeoA«
d) Hämorrhagische Exsudate sind faserstoflfhak»
tige oder seröse Exsudate, wdche durch BlutkörperdMi
oder Blutfaserstoff roth gefärbt sind und die Metamorpho*
sen des Blutes und Hämatins neben denen des übrigen Ex*
sudates zeigen.
3) Die Gewebe verändern sich während der Entzün-
dung vielfach.
ü) Die normalen Grewebstbeile behalten während des
Processes ihre normale Textur und gehen aus der Entzttn*
düng wohlerhalten hervor.
b) Es tritt Schwund einzebier oder aller Grewebstfadle
ein a. durch gestdgerte Resorption, welche gleichzeitig mit
der Exsudation als wesentliches Moment eintritt; ß. durd)
gesteigerte Resorption während der Organisation des Exsu-
dates in Eiter. Während in manchen Fällen Eiterbildung im
interstitieflen und fireien Exsudat vor sich gdbt dme Stö-
rung der Textur der Gewebstheile , werden in anderen die
letzteren rasch atrophisch und es entstdi^ in den Organen
mit Eiter gefüllte Lücken, A bscesse, od^ allmäliger Zer-
fall der Organe in perif^erischem Fortsdireiten, Ver-
schwärutig, Ulceration, Vereiterung, Suppu-
8*
116
ratio (s. Eiter); y* durch Nekrose uad Zerfall in nekrosi-
renden, verjauchenden Exsudaten.
c) Es tritt Hypertrophie durch vermehrte Bildung der
normalen Gewebstheile und Zurückbleiben der neugebüdeten
GapiUametze oder durch Neubildung von Bindegewebe ein.
d) Veränderungen, welche vielleicht durch Aufnahme
des Exsudates in die Gewebstheile , Zellen , Fasern u. s. w.
selbst erklärt werden können ; hieher gehört z. B. die Yergrös-
serung der Epithelien der Hamkanälchen und nachträgliche
Fettmetamorphose bei M. Brightii, die endogene Zellenbil-
dung der Gelenkknorpel bei Gelenkentzündung, Fettmeta-
morphose der Homhautkörper bei Keratitis, Zerfall der Mus-
kelfibrillen bei Myitis, Yergrösserung und molecularer Zerfall
der Leberzellen bei Hepatitis, alles Fälle, bei welchen freies
Exsudat nicht oder nur sparsam vorkommt, wesshalb sie
von Yirchow als parenchymatöse Entzündung angegeben
werden.
Das anatomische Gesammtbild setzt sich aus allen be-
schriebenen Veränderungen zusammen, es erscheint in den
einzelnen Organen äusserst mannichfach, indem bald Hy-
perämie und Stase, bald Exsudation, bald Veränderung der
Gewebe vorwiegend sind. Die constantesten Phänomene sind
Exsudation und Stase. Im specielleu Theil wird die Er-
scheinungsweise der Entzündung in den einzelnen Organen
dargestellt und so die Beschreibung derselben abgerundet
werden.
m. Die Ver&ndemiigpen der pliyfidUkall-
fschen liig^eiwehaf ten der OrffAne»
!• Weränderiuifeii der d^rtese.
1) Zunahme der Grösse:
a) des ganzen Körpers, Biesenwuchs, ist ange-
boren.
117
ft) eines Organes, Hypertrophie^ sie ist ange-
boren oder erworben.
Ihre Bedingungen sind a. Vermehrung oder Vergrösse-
rung aller oder einzelner Gewebstheile , ächte Hypertro-
phie, das Organ ist yergrössert, seine grobe und feinste
Textür ist unverändert; dieselbe wird herbeigeführt durch
Hyperämie und Entzündung, vermehrte Thätigkeit, allge-
meine Ernährungsveränderungen, p. Neubildung von Binde-
gewebe, Gefässen, Fett, rohen Exsudatmassen und andern
pathologischen Produkten zwischen den normalen Gewebs-
theilen, unächte Hypertrophie, das vergrösserte Or-
gan zeigt Veränderung seiner groben und feinsten Textur-
y. Vergrösserung eines Hohlorganes, beruht auf
Hypertrophie seiner Wand bei normaler oder verkleinerter
Weite des Lumens, — auf Erweiterung des Lumens bei
normaler, verdickter öder verdünnter Wandung; ist bedingt
durch Anhäufung des Inhalts, vermehrte Thätigkeit bei Hin-
dernissen der Entleerung desselben, Paralyse der Wand,
Zerrung.
2) Abnahme der Gefässe :
a) des ganzen Körpers, Zwerchwuchs, ist ange-
boren;
6) eines Organes, Atrophie, ist angeboren oder
erworben.
Ihre Bedingungen sind a. Abnahme der Grösse oder
Menge aller oder einzelner Gewebstheile ohne weitere Tex-
turveränderungen; sie wird herbeigeführt durch allgemeine
Abnahme der Ernährung, Behinderung der Ernährung des
Organes durch Verminderung seiner Blutmenge, Druck,
Zerrung, ünthätigkeit ; ß. Verkleinerung mit Texturverän-
derungen , herbeigeführt durch partielle Zerstörung nach Ent-
zündung, Brand u. s. w. ; y. völliger Schwund eines
Organes, auf eine der genannten Weisen herbeigeführt;
d. Verkleinerung eines Hohlorganes, beruht auf
118
Yefengening seines Lumens bei normaler, Terminderter oder
▼ergr5sserter Dicke der Wand y — Verdünnung der Wand.
1) Erweichung, ist bedingt durch Zersetzung , Fiui-
niss am Lebenden oder in der Leiche, — durch Infiltration
der Organe mit Serum , Eiter , Mariuschwamm, CoDoid n. s.
w«, — durch molecularen Zerfall nach mechanischer Zer-
trupunerung, Fettmetamorphose, Tuberculisirung, atheroma-
t5sen Process, — durch Hyperämie pulpöser Organe. Die
Erweichung ist also kein selbststSndiger Process, sondern
Folge der versdiiedenartigen genannten Processe.
2) Verhärtung, ist bedingt durch Resorption und
Schwund flüssiger und zelliger Theile eines Organes, iritti-
rmd die fibrösen und festen bleiben, — Verkreidüng und
Verkndcherung, — Neubildung von Bindegewebe, Sdrriius,
— Contraction, — Hypertrophie der festen Theile eines
Organes.
8. Wer&nderunffeii der FftrliVB^.
Die normale Färbung der meisten Organe ist bedingt
durch eine Mischung der den Gewebstheilen eigenthfim-
liehen Farbe mit der des Blutes; Verminderung oder Ver-
mehrung eines dieser Momente bedingt daher die meisten
Schwankungen der Färbungen , Blässe und Dunkel, BAthung
in allen Nuancen, unbestimmte Entfärbung. Die Gewebs-
theile werden Terändert durch Atrophie, Hypertrophie, Me-
tamorphosen, das Blut durch Hyperämie, Anämie, Hy-
drämie.
Die einzelnen Farben yerhalten sich femer so:
abnorme R8the ist bedingt durch Hyperämie, Hä-
morrhagie und transsudirten Blutfarbstoff ;
schwarze Färbung durdi sdiwarzes kömiges Pig-
ment, Schwefeleiseii, Gangrän;
119
gelbe Färbung durch gelbes Pigineiit, Fettbüide«
gewebe und körniges Fett, Tubercullsirung) Fibrin , Yer-
kreidung, Galle;
grüne Färbung durch Galle, Schwefeleisen;
blaue Färbung durch vorwiegend venöse Hyperä-
mie. (S. Cyanose.)
4. Ver&nderanjr^ii der Form, IiAye, Kahl und des
2ii0Ainmeiibaii9e8«
1) Die Form der Organe kann durch Fehler der Bil-
dung des Fötus und durch Texturveränderungen abnorm
werden; die letzteren sind Hypertrophie, Atrophie, Neu-
bildungen , Narbenbildung , Bückbildungs - Metamorphosen,
Brand, Veränderungen des Zusanunenhangs.
2) Die Lage der Organe kann ä) durch Veränderun-
gen der Bildung des, Fötus bedingt sein, indem bald ein-
zelne Organe in Brust- und Bauchhöhle eine abnorme Lage
einnehmen oder sämmtUche Eingeweide umlagert sind ; hieher
gehört der Situs transversus, in welchem eine Umkehrung der
Lagerung sämmtlicher Eingeweide der Brust und des Bauches
statt findet: Milz rechts, Leber links u. s. w. 6) Sie kann
erworben sein durch Senkung eines schwerer gewordenen
Organes, Verschiebui^ durch Druck eines Organes auf das
andere, mechanische, von aussen kommende Einwirkung.
3) Die Zahl der Organe kann nur durch Fehler der Bildung
vermehrt oder vermindert werden; hierher gehört die angebome
Vermehrung von Fingern, Zehen, Brustwarzen u. s. w.,
Angeborener Mangel einer Niere, einer Extremität u. s. w.
4) Der Zusammenhang wird gestört a) durch Miss-
bildung, z. B. Hasenscharte, Inversio urinae, angeborene
Luxationen u. s. w. ; b) durch erworbene Veränderun-
gen; diese sind durch äussere Gewalt bewirkte Trennungen
des Znsammenhanges: Wunden, Fracturen; durch Textur-
Yerändenmgen bewirkte : Perforationen durch Verschwämng,
120
Verjauchung, Krebserweicbung u. s. w.; Verwachsuugeu
und Obliterationen: Anchylosen, Stenosen. .
IV. lielchenenMdhelnQiigmi.
Leichenerscheinungen sind Veränderungen, welche nach
dem Tode auftreten und durch Fäuhiiss, Senkung und
Transsudation der stagnirenden Flässigkeiten, Todtenstarre
bedmgt sind.
1) Ver&ndenmgen der Farbe. Bothe und
blaurothe Färbungen werden bedingt a) durch Senkung
des Blutes nach den abhängigsten Eörpertheilen, hypo-
statische Böthung, Hyperämie, finden sich in in-
neren Organen, insbesondere den Lungen, und der Haut, be-
wirken in letzterer ausgebreitete oder sparsame Flecken,
Todtenf lecken, Liyores; diese sind am ausgebildet*
sten bei Krankheiten, nach welchen das Blut flüssig bleibt
und rasche Zersetzung folgt; 6) durch Transsudation
des mit Hätnatin gefäxbten Blutserums; findet sich neben
der vorigen Art oder unabhängig Yon dieser, begleitet Ve-
nen und Capillaren als blaurother Saum oder diffuse Flek-
ken und färbt als Imbibitionsröthe die innere Gefässhaut;
c) circumscripte Injectionen, hervorgebracht durch Druck
eines Organes auf das andere, wodurch das Blut nach ei-
nem derselben hingedrückt oder dessen Abfluss behindert
wird; (l) durch Flüssigbleiben des Blutes bei Hyperämie
in der Agonie wird blaurothe Färbung der Haut des gan-
zen Körpers und der inneren Organe bewirkt, so nach
asphyctischem Tod.
Grüne, gelbe und braune Färbungen werden be-
dingt a) durch Transsudation der Galle, durch i^elche die
umgebenden Eingeweide, zuweilen audi die Bauchdecken ge-^
m
ßibt W€ffdeii; *) dvdi Zenetimig aadi Flslsiss; hier-
bdx geimi die grfine Firboiig der Banchdeckeii und die lliss-
firbuDgeii der Därme und anderer Oigane.
Entfärbang, Blasse fndet sich meist in der Haut,
in inneren Organen an den obersten Theilen bei stariLer
Senkni^ des Blntes nach unten.
2) We^hnAeranfgeOi der CüoiisfetMuu «) £r-
weichung, idt bedingt durch Durchtr&nkung und Macera-
tion der Grewebe mit Flüssigkeiten: Darminhalt, BlutsennUi
seröse Exsudate u. s. w., durdi Fäuhiiss insbesondere bei
genannten Umstanden, durch chemische Lösung yermittelst
saurer Flüssigkeiten. (S. Magenerweichung.) b) Yerh&r-.
tung ist bedingt o) durch Starrwerden der Muskeln nach
dem Tode, Todtenstarre; diese Erscheinung tritt ge-
wöhnlich 12 Stunden nach dem Tode ein und verliert sich
nach 36 bis 48 Stunden wieder, die Muskeln werden hart
und contrahiren sich, zuerst die Kaumuskeln, dann die des
Halses, des Rumpfes und die der Arme und Beine. Auch
die nicht der Willkür unterworfenen Muskeln des Herzens,
der Arterien, des Darmes, Uterus, der Haut, Harnblase
zeigen oft Ersdieinungen der Contraction nach dem Tode
und als ihre Folgen : Austreibung des Blutes, Kothes, Urins,
Fötus nach dem Tode, luYaginationen , Einschnürungen des
Darmes, die letzteren können auch während der Agonie zu
Stande kommen, b) Durch Yertrocknung der Luft ausge-
setzter Theile.
3) l¥amierbUdangp ist bedingt a) durch Trans-
sudation farblosen Blutserums nach dem Tode und findet
sich als Oedem, Hydrops seröser Säcke, Wasserblasen un-
ter der Epidermis; 6) durch Transsudation und Imbibition
Ton hydropischer Flüssigkeit in benachbarte Organe.
4) liOftbildang^ ist häufig und stets Folge von
fauliger Zersetzung; sie findet sich in parenchymatösen Or*
ganen, Hohlorganen und im Blut.
122
5) BhatgerlniU^ In der Regel gerinnt das Blut
mehrere Stunden nach dem Tode im rechten Hersen und in den
Venen, das linke Hers und die Arterien finden sich meist
leer, indem sie durch Contraction nach dem Tode das Blut
austreiben. Die Gerinnsel im rechten Herzen bilden bald
eine weiche, blaurothe Masse, bald ist der Faserstoff als
gelbe, elastische Masse rem ausgeschieden, füllt Yorhof
und Ventrikel aus und zieht sich in die Lungenarterie. Die
Crerinnsel liegen lose an der Wand oder haften sehr fest
und sind mit Trabekeln und Klappensehnen eng verfilzt.
Ihre Bildung beginnt zuweilen schon während der Agone,
wenigstens findet man Torzugsweise nach langer Agone und
lebhaften Herzbewegungen während derselben massenhafte
und feste Gerinnsel. Zuweilen finden sich auch im linken
Herzen und der Aorta Gerinnsel. Nach exanthematischen
Krankheiten, Pyämie, und asphyctischem Tod gerinnt das
Blut meist nicht, bildet eine dunkle, dickflüssige Masse und
imbibirt sehr stark in's Endocardium und die innere Gefässhaut.
Nach eingetretener Fäulniss wird das Blut wieder flüssig.
V.. Die Paraislton.
Parasiten sind solche Pflanzen und Thiere, die mit ih-
rer Existenz an den menschlichen Körper gebunden sind,
doch werden gewöhnlich auch solche dazu gerechnet, wel-
che sich zwar im Körper häufig entwickeln, aber auch an
anderen Stellen leben können.
Die parasitischen Pflanzen gdiören zu den nie-
dersten pflanzlichen Formen (Pilze und Algen), stellen sich
als einfache, runde oder ovale Bläschen Ans oder als aus
an einander gereihten ZdQen bestehende faden- oder netz-
förmige Gebilde. (Fig. 16.) Sie finden sieh auf der Haut,
m
im Traduä intestinalis und den Luftwegen , ihie Keime
w^en Ton Aussen eingebracht und entwiclceln sich in gfis«-
stigem Boden weiter. Sie sind in pathologischer Hinsicht
indifferent oder bewirken wesentliche Veränderungen wie
die Pilse bei Fayus, Herpes tonsurans und Soor.
Die thierischen Parasiten leben entweder auf
der Oberfläche des Körpers oder im Inneren desselben, sind
in pathologischer Hinsicht indifferent oder sind Grund we-
sentlicher Störungen der Functionen und Textur.
In allen in Zersetzung begriffenen physiologischen und
pathologischen Geweben entwickeln sich ausser Pilzen sehr
oft Infusorien der niedersten Art, Vibrionen und Monaden.
Auf der Oberfläche des Körpers leben Insekten und
Arachniden; es sind die Wanzen und Flöhe, weldie
ihre Eier an anderen Orten legen und den Körper nur zum
Behufe ihrer Ernährung besuch^i^ und die Läuse, die
Kratz-* und Haarsackmilben, welche ihre Eier auf
und in die Haut legen und deren Brut auf dem Körpw
bleibt (s. Hautkrankheiten)«
Im Inneren des Körpers leben die Eingeweidewür-
mer, Entozoa, welche meist im Darmkanale leben, aber
auch in den Lebergängen, der Niere, dem Zellgewebe in
Muskeln und anderen Körpertheilen vorkommen. Sie sind
Ton schwachen Hautdecken umgeben, haben einen Mund
und Nahrungsschlauch, eine Art G^fässsystem und Ge-
schleditswerkzeuge, die bei einigen Arten getrennt, bei an-
deren vereinigt sind; sie legen Eier oder gebären lebendige
Junge.
Ihre Eier kommen meist nicht am Wohnorte der Mut-
ter zur weiteren Entwickelung , sondern an einem anderen
Orte, im Freien oder in. einem anderen Thiere, und aus
dem Eie entsteht meist nidit gleich ein vollständig entwik-
keltes, dem Mutterthiere gleiches Junge ^ sondern ein*ihm
unähnliche», gesehlecfatsloses TUer, welches erst nach wei-
IM
ient UiBWiBdluBg is nMhrerai GcBcntfonoi ms rafea,
■it CresddeditswerkieogeB Tcndieiiai md fortpflansaig»-
fiDogcB Thiere wird (GeiientioiiswecliMl). Z« der Entwft-
kdamg der Eier und der Jimgeii gehört aiier dn besÜHOi-
ler Ort; diesen n erreidieii, treten die Jmgen Wudcruft-
gea an, indem ne in die ihnen Ton der Natur ingewiese-
nen Thiere eindringen oder in dieselben dnrch ZnfaU,
durch Yersddocken mit Speise und Trank, dnrch Ter-
speisong ihrer derzeitigen Wohnthiere eingekadit wer-
den. €rdangen sie nicht an den bestimmten Wohnort, so
gehen sie zn Grande oder sie bleiben als geschlechtslose
6esdi5pfe an dem Orte zaanidL, wohin sie gerathen.
Die Einwanderung unserer Eingeweidewfirmer, weMie
sich im Darmkanale aufhalten, gesdiieht wohl inmier durdi
die genossenen Speisen und Getrimke, in welchen sie als
Eier oder Junge sich yorfinden; schwieriger zu erUiren ist
die Art und Weise, wie die Entozoen, weldie im Zdlge-
webe, in den Muskeln u.s.w. sitzen, einwandern; an diese
Stellen können die Thiere nur durdi eine Wanderung Tom
Darmkanale aus oder durch das Blut gelangt sein. Beide
Wege sind möglich, da man bei Thieren Wanderungen
durch den ganzen Körper beobachtet und auch im Blute
Jdeine Helminthen oder Eier gesehen hat; im letzteren Falle
muss entweder ein eierlegendes Weibchen ein Blutgefäss
perforirt haben oder junge Helminthen müssen von Aussen in
dasselbe eingedrungen sein; Eier oder Junge bleiben dann im
nächsten CapiUarsystem hangen und gdien darauf weitere
Veränderungen ein.
Die wichtigsten Entozoön sind:
Aus der Familie derTrematoden: Distoma Mepati-
cum und Umcßotalum in* den Lebergängen , wohin sie wohl
aus dem Darme einwandern. (S. Leberkrankheiten.)
•Von den Nematoden haben wir im Darmkanale (s.
Krankheiten desselben) .den Oxyurii vermicularisj
125
Ascarii lumbricoides und Trichocephalus di^par,
in den Nieren den Strongylus gigü$, in der Haut die
Filaria medinemis^ in den Augenflüssigkeiten die Fi-
laria oculi humani^ in den Muskeln Trichina spi'
ralis, in Cysten, nach Herbst walirscheinlich Eier mit Em-
bryonen einer Filaria. (S. Muskelkrankheiten.)
Endlich finden sich im menschlichen Körper Entozoen
aus der Familie der Cestoden, zu welchen auch die Cy-
stici gehören. Von den Cestoden haben wir den Bo-
thriocephalus latus und Taenia iolium im Darm-
kanale; es sind keine einfachen Thiere, sondern bestehen
aus zahlreichen Individuen, welche sich an einander ent-
wickeln, endlich aber frei werden und einzeln fortleben.
Aus ihren Eiern entwickeln sich Larren mit einem dem
des reifen Bandwurmes gleichen Kopf und einem blasen-
förmigen, ihm anhängenden Leib ohne Geschlechtstheile.
Gelangt dieses Thier an seinen richtigen Wohnort, so
sprossen aus dem Leibe Knospen hervor, die sogenannten
Glieder des Bandwurms , welche sich jede für sich vollstän-
dig entwickeln, ein Gefässsystem zur Circulation des Nah-
rungssaftes und einen vollständigen Geschlechtsapparat er-
halten, abgestossen werden, und, nachdem sie eine Zeit
lang als selbstständige Individuen existirt. haben, dann,
wann sie an einen günstigen Wohnort gelangen, durch Frei-
werden der Eier einer neuen Generation Leben geben.
Gelangen Eier oder Larven nicht an den zur Entwik-
kelung noth wendigen Wohnort, so bilden sich die ge-
schlechtslosen Blasen Würmer : Cysticercus cellulosae
ist eine Larve von einem Bandwurm (Taenia soliuml) m\i
wassersüchtigem Leib; Ecchinococcus hominis besteht
aus einer runden Blase, an deren Innenseite Knospen mit
Thierchen hervorsprossen, welche die Gestalt des Kopfes
von Taenia solium haben, oder welche als Acephalo-
126
Cysten ohne Sprossen bleibt, suweilen in ihrem Inneren
kleinere Blasen enthält Gelangen diese Blasenwttrmer spä-
ter wieder in den Dannkanal , so entwickehi sie sidi tu
Bandwünnem) wie wenigstens bei Thieren Ton ▼. Siebold
nachgewiesen wurde.
■
Specielle
pathologische Anatomie.
,'
Pathologische Anatomie der Teirdäunngs-
organe.
I. TubuM alimentaria*
1. Mundhöhle und Gaumen.
Bildunffflfeliler«
Lippenspalte, einseitige oder beidseitige Spaltung
der Oberlippe an der Stelle, welche dem Baume zwischen
dem äusseren Schneidezahn und dem Eckzahn entspricht;
oft combinirt mit Kiefer spalte, Spaltung des Alveolar-
fortsatzes des Oberkiefers an der genannten Stelle. (Hasen-
scharte, Labium leporimtm^
Gaumenspalte, Spaltung des weichen oder harten
und weichen Gaumens in der Mittellinie in yerschiedenen
Graden, oft combinirt mit Kiefer- und Lippenspalte. (Wolfs-
rachen, RictuB lupinus,)
Der erste dieser Bildungsfehler beruht auf mangelhaf-
ter Vereinigung der Ton den Seiten (vom Fortsatz des er-
sten Yisceralbogens) heranwachsenden Oberkiefer mit dem
yon oben (den äussersten Belegungsmassen der vor dem
Ende der Wirbelsäule entstehende Knochen) herabwach-
den Zwischenkiefer; der zweite auf mangelhafter Vereini-
gung der yon den Seiten (yom ersten Visceralbogen) heran-
wachsenden Gaumenknochen in der Mittellinie.
Selten findet sich Spaltung der Lippe in dar Mittelli-
nie, zuweilen bedingt durch gänzlichen Mangel der Zwi-
schenkiefer. Ebenso selten kommt Spaltung der Unterlippe
9
130
und des Unterkiefers vor, die sich stets in der MitteUinie
befindet.
Zuweilen ist die Mundspalte sehr gross durch mangel-
hafte Lippen- und Wangenbildung.
Atresia oris^ Verwachsung der Lippen, ist
selten; häufiger ist mangelhafte Entwickelung der Gesichts-
knochen und desshalb Mangel des Mundes und der Mund*
höhle.
Mangel, Spaltung der Uvula.
Abbildungen in: Fr. S. Leuckardt, Unters, über das Zwischen-
kieferb, 1840. -- Meckel, Tab. an.-patb. T. 18. — Ammon, Die
angeb. chir. Khten. T. 6, 7.
HypcrAmto imcl lIämorrli»sle.
Bei neugeborenen Kindern uAd zur Zeit der Dentition
ist die Schleimhaut der Mundhöhle (wie die des ganzen
Tractus intestinalis und der Bronchien) stets hyperämisch,
sehr geröthet und zu Blutungen geneigt; starke Injection
und Ecchymosen sind bei ihnen nicht selten. Bei Erwach''-
senen haben wir Hyperämie der Mundhöhle, insbesondere
des Zahnfleisches und der Lippen, bei Scorbut, Hydrargy-
rose , des GaumeniS und des Rachens nach Erkältungen, bei
Syphilis, mit oder ohne gleichzeitige Exsudationen. '
Hypertroplile.
Hypertrophie der Lippen und zuweilen audi der
2iange ist häufig bei scrofulösen Kindern und Kretinen.
Nach langwierigen Hyperämieen und Entzündungcai bleiben
Mweilen yergrössext: das Zäpfchen^ wdchea dann den
Zungenrücken mit seiner Spitze berührt; die Tonsillen,
welche sich gegenseitig berührend die Mundhöhle fast yoll-
stSndig ¥on der B.achenhöhle abschliessen können und de-
rai Yergrössemng in VerdickuBg und Ausdehimv der
181
Wände der Aeini^ yennefarter Zellenbildimg in denflelbeü
und Neubildung von Bindegewebe beruht; die brüseft
der Raeben- tind Lippensehleimhaut) weMe wie
perlenartige Knötchen hervorragen und strotzend mit ihrem
Secrete gefüllt sind^
L Entzündung der Schleimhaut, a) Katmr-
r haiische Entzündung. Das Wesen der katarrhatn-
schen Entzündung aller Schleimhäute ist im Allgemeinen
folgendes: bei gleichzeitiger Hyperämie der Capillaren und
kleinen Venen, oder ohne sichtbare FäUung der Blutgefässe
findet eine reichliche Exsudation statt; das Exsudat flieirtrt
thefls als amorphe 5 flüssige Masse ab^ theüs dient es ab
Blastem einer reichlidien Zelknbildung. Bald erreichen aUe
Zellen die Entwid^etung der Epithelialzellen, werden im
grosser Menge als solche abgestossen^ bedecken die Schtenii^
haut als dünnflässige^ grauliche oder weissliche Masse und
werden endlich entleert; — bald werden die neugebildetea
Zellen durch die rapide Neubildung von unten her eher ab^
gestossen, als sie ihre Ausbildung erreichen, sie stellen sidi
dann als kleine, runde, 1 -- 2kemige - Zellen mit homoge^
nem Inhalte dar (gleich den jungen Epithelialzellen der ubk
teren Schichten normaler Schleimhäute); -^ bald bild^ sich
Eiterzellen. Die Schteindiattt ist dann mit einer rahmarfii-*-
gen, weisslichen oder gelblidien Flüssigkdt,. mit Eiter^ bö«»
de^t. Die Drüsen der Schleimhäute nehmen bald an Ai^
sem Vorgänge Theil, bald bleiben m unbetheiligt^ baM
sind sie e^ welche vor zi^weise affidrt sind und den grös^
ten Theil des Exsudates liefem.
Lässt die Entzündung naeh, so werden die Zellen wei*
taget rasch abgestossen und nach und nach werden wiedet
Mtntale Bpithettalzellen gebildet.
Sie bleibettdeit TextarreräAderungen det ScMeimhäut^
9*
124
terer Umwandlung in mdireren Grenerationen snm reifen^
mit Geschlechtswerkzeugen yersehenen und fortpflanzungs-
fShigen Tliiere wird (Generationswechsel). Zu der Entwik-
kelung der Eier und der Jungen gehört aber ein bestinmi-
ter Ort; diesen zu erreichen, treten die Jungen Wanderun-
gen an 9 indem sie in die ihnen von der Natur zugewiese-
nen Thiere eindringen oder in dieselben durch Zufall,
durch Verschlucken mit Speise und Trank, durch Ver-
speisung ihrer derzeitigen Wohnthiere eingebracht wer-
den. Gelangen sie nicht an den bestimmten Wohnort, so
gehen sie zu Grunde oder sie bleiben als geschlechtslose
Geschöpfe an dem Orte zurück, wohin sie gerathen.
Die Einwanderung unserer Eingeweidewürmer, welche
sich im Darmkanale aufhalten, geschieht wohl immer durch
die genossenen Speisen und Getränke, in welchen sie als
Eier oder Junge sich vorfinden; schwieriger zu erklären ist
die Art und Weise, wie die Entozoen, welche im Zellge-
webe, in den Muskeln u.s.w. sitzen, einwandern; an diese
Stellen können die Thiere nur durch eine Wanderung vom
Darmkanale aus oder durch das Blut gelangt sein. Beide
Wege sind möglich, da man bei Thieren Wanderungen
durch den ganzen Körper beobachtet und auch im Blute
Jdeine Helminthen oder Eier gesehen hat; im letzteren Falle
muss entweder ein eierlegendes Weibchen ein Blutgefäss
perforirt haben oder junge Helminthen müssen von Aussen in
dasselbe eingedrungen sein; Eier oder Junge bleiben dann im
nächsten Capillarsystem hängen und gehen darauf weitere
Veränderungen ein.
Die wichtigsten Entozoen sind:
Aus der Familie der Tremat öden: Distoma hepati-
cum und lanceolaltan in* den Lebergängen , wohin sie wohl
aus dem Darme einwandern. (S. Leberkrankheiten.)
* Von den Nematoden haben wir im Darmkanale (s.
Krankheiten desselben) .den Oxyuri» vermiculari$^
126
Ascari» lumbrieoides und Trichocephalus di$p€tr,
in den Nieren den Strongylus gigus, in der Haut die
Filaria medinensis^ in. den Augenfiüssigkeiten die Fi-
laria oculi humanis in den Muskeln Trichina spi'
ralis, in Cysten, nacti Herbst wahrscheinlich Eier mit Em^-
bryonen einer Filaria. (S. Muskelkrankheiten.)
Endlich finden sich im menschlichen Körper Entozoen
aus der Familie der C est öden, zu welchen auch die Cy-
stici gehören. Von den Cestoden haben wir den Bo-
thriocephalus latus und Taenia solium im Dann-
kanale; es sind keine einfachen Tbiere, sondern bestehen
aus zahlreichen Individuen, welche sich an einander ent-
wickeln, endlich aber frei werden und einzeln fortleben.
Aus ihren Eiern entwickeln sich Larven mit einem dem
des reifen Bandwurmes gleichen Kopf und einem blasen-
förmigen, ihm anhängenden Leib ohne Geschlechtstheile.
Gelangt dieses Thier an seinen richtigen Wohnort, so
sprossen aus dem Leibe Knospen hervor, die sogenannten
Glieder des Bandwurms , welche sich jede für sich vollstän-
dig entwickeln, ein Gefässsystem zur Circulation des Nah-
rungssaftes und einen vollständigen Geschlechtsapparat er-
halten, abgestossen werden, und, nachdem sie eine Zeit
lang als selbstständige Individuen existirt. haben, dann,
wann sie an einen günstigen Wohnort gelangen, durch Frei-
werden der Eier einer neuen Generation Leben geben.
Gelangen Eier oder Larven nicht an den zur Entwik-
kelung nothwendigen Wohnort, so bilden sich die ge-
schlechtslosen Blasen Würmer : Cysticercus cellulosae
ist eine Larve von einem Bandwurm (Taenia solium?) mit
wassersüchtigem Leib; Ecchinococcus hominis besteht
aus einer runden Blase, an deren Innenseite Knospen mit
Thierchen hervorsprossen, welche die Gestalt des Kopfes
von Taenia solium haben, oder welche als Acephalo-
136
Cysten ohne Sprossen bleibt, zuweilen in ihrem Innwen
kleinere Blasen entfaSlt Grelangen diese Blasenwfinner spä-
ter wieder in den Dannkanal , so entwickln sie sidi in
Bandwürmern, wie wenigstens bei Thieren von 7. Siebold
nachgewiesen wurde«
125
V -— — — i^— ^
Ascaris lumbrieaides und Trichocephalui dispar,
in den Nieren den Strongylus gigäs, in. der Haut die
Filaria medinensis^ in. den Augenfiüssigkeiten die Fi-
iaria oculi humani» in den Muskeln Tric Ätna <pt»
ralis, in Cysten, nach Herbst wahracheinlidi Eier, mit £m^
bryonen einer Filaria. (S. Muskelkrankheiten.)
Endlich finden sich im menschlichen Körper Entozoen
aus der Familie der Cestoden, zu welchen auch die Cy-
stici gehören. Von den Cestoden haben wir den Bo-
thriocephalus latus und Taenia solium im Darm-
kanale; es sind keine einfachen Thiere, sondern bestehen
aus zahlreichen Individuen, welche sich an einander ent-
wickeln, endlich aber frei werden und einzeln fortleben.
Aus ihren Eiern entwickeln sich Larven mit einem dem
des reifen Bandwurmes gleichen Kopf und einem Wasen-
förmigen, ihm anhängenden Leib ohne Geschlechtstheile.
Gelangt dieses Thier an seinen richtigen Wohnort, so
sprossen aus dem Leibe Knospen hervor, die sogenannten
Glieder des Bandwurms , welche sich jede für sich vollstän-
dig entwickeln, ein Gefässsystem zur Circulation des Nah-
rungssaftes und einen vollständigen Gesohlechtsapparat er-
halten, abgestossen werden, und, nachdem sie eine Zeit
lang als selbstständige Individuen existirt. haben, dann,
wann sie an einen günstigen Wohnort gelangen, durch Frei-
werden der Eier einer neuen Generation Leben geben.
Gelangen Eier oder Larven nicht an den zur Entwik-
kelung nothwendigen Wohnort, so bilden sich die ge-
schlechtslosen Blasenwärmer: Cysticercus cellulosae
ist eine Larve von einem Bandwurm (Taenia solium?) mit
wassersüchtigem Leib; Ecchinococcus hominis besteht
aus einer runden Blase, an deren Innenseite Knospen mit
Thierchen hervorsprossen, welche die Gestalt des Kopfes
von Taenia solium haben, oder welche als Acephalo-
Specielle
pathologische Anatomie.
130
und des Unterkiefers vor, die sich stets in der Mittellinie
befindet.
Zuweilen ist die Mundspalte sehr gross durch mangel-
hafte Lippen- und Wangenbildung.
Atresia oris^ Verwachsung der Lippen, ist
selten; häufiger ist mangelhafte Entwickelung der Gesichts-
knochen und desshalb Mangel des Mundea und der Mund-
höhle.
Mangel) Spaltung der Uvula.
Abbildungen in: Fr. S. Leuckardt, Unters, über das Zwischen-
kieferb. 1840. — Meckel, Tab. an.-patb. T. 18. — Ammon, Die
angeb. chir. Khten. T. 6, 7.
HyperAmto nm4L lUmonrliAsle*
Bei neugeborenen Kindern uAd zur Zeit der Dentition
ist die Schleimhaut der Mundhöhle (wie die des ganzen
Tractus intestinmlis und der Bronchien) stets hyperämiscb,
sehr geröthet und zu Blutungen geneigt; starke Injection
und Ecchymosen sind bei ihnen nicht selten. Bei Erwach-^
senen haben wir Hyperämie der Mundhöhle , insbesondere
des Zahnfleisches und der Lippen, bei Scorbut, Hydrargy-
rose, des Gaumen^ und des Rachens nach Erkältungen, bei
Syphilis , mit oder ohne gleichzeitige Exsudationen. '
Hypertroplile.
Hypertrophie der Lippen und zuweilen auch der
Zange ist häufig bei scrofulösen Kindern und Kretinen.
Nach langwi^igen Hyperämieen und Entzündung^ bleiben
zuweilen yergrössert: das Zäpfchen^ welche» dann den
Zungenrücken mit seiner Spitze berührt; die Tonsillen^
welche sich gegenseitig berührend die Mundhöhle fast voll-
ständig von der Rachenhöhle absehlieasen können und de-
m Vergrösserung in Yerdiekuig und Ausdehntng der
181
Wände der Acini, yennefarter ZeHenbildung in denselbeii
und Neabüdang von Bind^ewebe beruht; die brttteft
der Rachen- und Lippensehleimhaut) welche wie
•
perlenartige Knötchen faerrorragen iind strotzend mit ihrem
Secrete gefällt sind.
JBntfelliidiaBg*
L Entzündung der Schleimhaut, a) Kaimt-
thalitche Entzündung. Das Wesen der katarrhaU*
sehen Entzündung aller Schleimhäute ist im Allgemeinen
folgendes: bei gleichzeitiger Hyperämie der Capillaren und
kleinen Venen, oder ohne sichtbare Füllung der Blutgefässe
findet eine reichliche Exsudation statt; das Exsudat flieSirt
theils als amorphe, flüssige Masse ab, theüs dient es ab
Blastem einer reichlichen ZeHenbildung. Bald erreichen alle
Zellen die Entwid^ehmg der Epithelialzellen, werden in
grosser Menge als solche abgestossen^ bedecken die SchleinK
hant als dünnflüssige, grauliche oder weissliche Masde und
werden endlich entleert; — bald werden die neugebildeten
Zellen durch die rapide Neubildung von unten her eher ab«
gestossen, als sie ihre Ausbildung erreichen, sie stellen sidi
dann als kleine , runde , 1 *— 2kemige - Zellen mit homoge^
nem Inhalte dar (gleich den jungen EpithelialzeUen der uv*
teren Schichten normaler Schleimhäute); — bald bilden sich
Eiterzellen. Die ScUeindiaut ist dann mit einer rahmarfi-
gen, weisslichen oder gelblidien Flüssigkdt^ mit Eiter^ bö»
de^t. Die Drüsen der Schleimhäute nehmen bald an di^
sem Vorgänge Theil, bald bleiben sie mibetheiligt^ bald
sind sie eSy welche v<Hr2iigsweise affidrt sind und den grösi^
ten Theil des Exsudates liefern.
Lässt die Entzündung nach, so werden die Zellen wei*
niger rasch abgestossen und nach und nach werden wtedev
Mtmale Epitbeltalzellen gebildet.
Die bleibetideit Textarreribiderungen der ScUleimhänto
9*
1S2
bei langilanemden katarrhalischen Entzfindungen beschinn-
ken sich entweder auf die beschriebenen Yeiandeningen an
der Oberfläche oder erstrecken sich auf die' ganze Schleim-
hant: ihr Gewebe selbst wird dicker, gewulstet, oder es
findet entzündliche Atrophie statt; die Drusen werden aus-
gedehnt und ihre Wände yerdickt; durch die bleibend aus-
gedehnten Gefasse wird die Farbe der Schleimhäute zuwei-
len blauroth ; zuweilen finden Hämorrhagieen statt j das Hä-
matin geht später in Pigment über und färbt die Schleim-
häute braun oder schwarz.
Das anatomische Bild einer akuten katarrhalischen Ent-
zündung ist im Allgemeinen folgendes: die Schleimhaut ist
gleichmässig oder fleckweise gerothet, oder nur die kleinen
Venen sind injicirt, sie ist etwas gewulstet, mit zähem^
durchsichtigem oder trübem , eiterartigem Exsudate bedeckt,
ihre Drüsen sind etwas gewulstet, ihre Consistenz ist meist
vermindert, sie ist leicht zerreisslich.
Bei chronischem Katarrh ist die Schleimhaut gewul-
stet oder atrophisch, weich oder consistenter , die Röthe
dunkel, meist findet braune oder schwarze Pigmentirung
statt, die Drüsen sind angeschwollen oder seltener ge-
schwunden , die Schleimhaut ist mit Schleim oder Eiter be-
deckt
Der Katarrh der Mundhöhle, Stomatitii evy-
thematosas aatarrhalii^ ist häufig bei Säuglingen, die
Röthe ist bei ihnen sehr stark, die Exsudation gering; die
Exsudate und abgestossenen Epithelien dienen oft zur Bil-
dungstätte Ton Pilzen, welche sieh dann zuweilen in sol-
chen Massen entwickeln, dass sie weisslidie stecknadelkopf-
grosse Knötchen oder diffuse Membranen bilden und als
Soor erscheinen. (S. Parasiten.) Nadi Bednar bilden
zuweilen abgestossene Epithelien an und fülr sich weissliche
Knötchen Tom Habitus des Soors. In der Dentitionsperiode
geht eine oft sehr intensive Stomatitis vom Zahnfleische
183
aus; bei Erwachsenen findet sie sich nach Einwirkung Ton
heissen, scharfen Speisen oder Gretränicen, von Tabak u.
s. w., nach Quecksilbergebrauch und bei Scorbut.
Der Katarrh der Bachenhöhle^ Angina ca^.
iarrhalisy in Folge von Erkältungen, bei Syphilis, bei
Mercur- und Jodgebrauch bietet ausser den oben angegebe-
nen aUgemeinen Erscheinungen nichts Besonderes dar; nach
öfterer Wiederholung oder langer Dauer bleiben die Venwai-
stämmchen fortwährend injicirt und die kleinen Drüsen ge-
schwellt. Die Gaumensegel und das Zäpfchen werden schlafif,
das letztere hängt zuweilen bis auf den Zungenrticken herab.
Meist nehmen die Tonsillen Theil, indem in ihren Folli-
keln ein reichliches Beeret geliefert wird, sie sind massig
geschwollen und mit weissem oder gelblichem Secret und
Exsudat. bedeckt; öftere Entzündung derselben bewirkt blei-
bende y ergrösserung , Hypertrophie; zuweilen Ausddmung
einer oder mehrerer Follikel durch Exsudat, welches später
atheromasirt oder verkreidet. Selten sind die Tonsillen al-
lein entzündet (Angina tomiUaris}»
b) Croupöse Entzündung, Die croup Öse Entzün-
dung der Schleimhäute im Allgemeinen ist «ine akute; es
wird rasch em reichliches, sehr faserstoffreiches Exsudat
auf die freie Fläche der Schleimhaut gesetzt, welches rasch
gerinnt und als gelbliche, käse- oder lederartige Masse -^
Croupmembran — die Schleimhaut bedeckt, die Epithelial-
Schicht g^t im Exsudate zu Grunde, man findet die Zel-
len derselben oft gemischt mit den Exsudalzellen , oft auch
schichtweise abgestossen auf dem Exsudate. Meist tritt
bald Organisation, Zellenbildung, ein; ist dieselbe sehr
massenhaft, so bekommt das organisirte Exsudat den Ha-
bitus des Eiters, man sagt: die Croupmembran zerfliesst in
Eiter; zuweilen ist das Exsudat fester, ärmer an Wasser,
die Zellenbildung sehr sparsam und es bleibt lauge als fast
amorphe feste Masse unverändert| wird so abgestossen oder
126
Cysten ohne Sprossen bleibt , zuweilen in ihrem Inneren
kleinere Blasen enthält Gelangen diese Blasenwttrmer spä-
ter ideder in den Darmkanal , so entwickeln sie sich zn
Bandwürmern 9 wie wenigstens bei Thieren 7on 7. Siebold
nachgewiesen wurde.
Specielle
pathologische Anatomie.
(
*'
Pathologische Anatomie der Verdäunngs-
organe.
I. Tubus alimentaris*
1. Mundhöhle und Gaumen.
Bildun^sfeliler«
Lippenspalte, einseitige oder beidBeitige Spaltung
der Oberlippe an der Stelle, welche dem Räume zwischen
dem äusseren Schneidezahn und dem Eckzahn entspricht;
oft combinirt mit Eieferspalte, Spaltung des Alveolar-
fortsatzes des Oberkiefers an der genannten Stelle. (Hasen-
scharte, Labium lepormwn.)
Gaumenspalte, Spaltung des weichen oder harten
und weichen Gaumens in der Mittellinie in yerschiedenen
Graden, oft combinirt mit Kiefer- und Lippenspalte. (Wolfs-
rachen, Rictu» hpinus.)
Der erste dieser Bildungsfehler beruht auf mangelhaf-
ter Vereinigung der Ton den Seiten (Tom Fortsatz des er-
sten Yisceralbogens) heranwachsenden Oberkiefer mit dem
von oben (den äussersten Belegungsmassen der vor dem
Ende der Wirbelsäule entstehende Knochen) herabwach-
den Zwischenkiefer; der zweite auf mangelhafter Vereini-
gung der von den Seiten (vom ersten Visceralbogen) heran-
wachsenden Gaumenknochen in der Mittellinie«
Selten findet sich Spaltung der Lippe in der Mittelli-
nie, zuweilen bedingt durch gänzlichen Mangel der Zwi-
schenkiefer. Ebenso selten kommt Spaltung der Unterlippe
9
130
und des Unterkiefers vor, die sich stets in der Mittellinie
befindet.
Zuweilen ist die Mundspalte sehr gross durch mangel-
hafte Lippen- und Wangenbildung.
Atresia oris^ Verwachsung der Lippen, ist
selten; häufiger ist mangelhafte Entwickelung der Gesichts-
knochen und desshalb Mangel des Mundea und der Mond*
höhle.
Mangel, Spaltung der Uvula.
AbbiMuDgen in: Fr. S. Leuckardt, Unters, über das Zwischen-
Ideferb. 1810. -- Meckel, Tab. an.-patb. T. 18. — Ammon, Die
angeb. chir. Khten. T. 6, 7.
Hyperämie aail lUlHionrluisle*
Bei neugeborenen Kindern uAd zur Zeit der Dentition
ist die Schleimhaut der Mundhöhle (wie die des ganzen
Dractus intestinnlU und der Bronchien) stets hyperämisch,
sehr geröthet und zu Blutungen geneigt; starke Injection
und Ecchymosen sind bei ihnen nicht selten. Bei Erwach^
senen haben wir Hyperämie der Mundhöhle, insbesondere
des Zahnfleisches und der Lippen, bei Scorbut, Hydrargy-
rose , des Gaumen^ und des Rachens nach Erkältungen, bei
Syphilis , mit oder ohne gleichzeitige Exsudationen. '
Hypertropliie.
Hypertrophie der Lippen und zuweilen auch der
Zange ist häufig bei scrofolösen Kindern und Kretinen.
Nach langwierigen Hyperämieen und Entzündungen bleiben
zuweilen yergrösseart : das Zäpfchen^ wdche» dann den
Zungenrücken mit seiner Spitze berührt ^ die Tonsillen,
welche sich gegei^eitig berührend die Mundhöhle fast yoll-
ständig fon der Rachenhöhle abflehlieas^n können und de-
rw Yergrössenmg in Yerdkkiiig und Ausdehuug der
131
Wände der Acini, yermdirter Zellenbildung in denselben
und Neabüdimg von Bindegewebe beruht; die )) raset
der Rachen- tind Lippensehleimhaut) vrelckt wie
perienartige Knötchen hervorragen und sfarotzend mit ihrem
Secrete gefüllt sind«
jBntsihictaiiig*
L Entzündung der Schleimhaut, a) Katmt-
rkalitche Entzündung. Das Wesen der katarrhaU^
sehen Entzündung aller Sdileimhäute ist im AUgemeineik
folgendes: bei gleichzeitiger Hyperämie der Capillaren und
kleinen Venen, oder ohne sichtbare Füllung der Blutgefässe
findet eine reichliche Exsudation statt; das Exsudat fiieHst
theils als amorphe 5 flüssige Masse ab^ theüs dient es ab
Blastem einer reichlichen Zellenbildung. Bald erreichen alle
Zellen die Entwidcelung der Epithelialzellen , werden in
grosser Menge als solche abgestossen^ bedecken die Schleini^
baut als dünnflüssige , grauliche oder weissliche Masde und
werden endlich entleert ; -^ bald werden die neugebildeten
Zellen durch die rapide Neubildung von unten her eher ab^
gestossen, als sie ihre Ausbildung erreichen, sie stellen sicA
dann als kleine, runde, 1 — 2kemige * Zellen mit homoge^
nem Inhalte dar (gleich den jungen Epithelialzellen der ubk
teren Schichten normaler Schleimhäute); -— bald büden sich
Eiterzellen. Die ScUeimhaut ist dann mit einer rahmarti-^
gen, weisslidben oder gelblichen Flüssigkeit ^ mit Eiter^ Ver-
deckt. Die Drüsen der Schleimhäute nehmen bald an di^
sem Torgange Theil, bald bleiben sie tmbetheiligt, baM
sind sie e% welche vorzugsweise affieirt sind und den grösm
ten Theil des Exsudates Hefern*
Lässt die Entzündung nach , so werden die Zellen wei*
taget rasch abgestossen und nach und nach werden wtodei
Mnnale Bpitbelklzelleii gebadet.
Dta Üeibetideit TextiVfrei^iiderungeA der Sddeimhäute
9*
182
bei langilanemden katarrhalischen Entzfindungen beschrän-
ken sich entweder auf die beschriebenen Verändeningen an
der Oberfläche oder erstrecken sich auf die ganze Schleim-
•
haut: ihr Gewebe selbst wird dicker, gewulstet, oder es
findet entzfindliche Atrophie statt; die Drüsen werden aus-
gedehnt und ihre Wände yerdickt; durch die bleibend aus-
gedehnten Gefässe wird die Farbe der Schleimhäute zuwei-
len blauroth ; zuweilen finden Hämorrhagieen statt , das Hä-
matin geht später in Pigment über und färbt die Schleim-
häute braun oder schwarz.
Das anatomische Bild einer akuten katarrhalischen Ent-
zündung ist im Allgemeinen folgendes: die Schleimhaut ist
gleichmässig oder fleckweise gerothet, oder nur die kleinen
Venen sind injicirt, sie ist etwas gewulstet, mit zähem,
durchsichtigem oder trübem, eiterartigem Exsudate bedeckt,
ihre Drüsen sind etwas gewulstet, ihre Consistenz ist meist
yermindert, sie ist leicht zerreisslich.
Bei chronischem Katarrh ist die Schleimhaut gewul-
stet oder atrophisch, weich oder consistenter, die Röthe
dunkel, meist findet braune oder schwarze Pigmentirung
statt, die Drüsen sind angeschwollen oder seltener ge-
schwunden , die Schleimhaut ist mit Schleim oder Eiter be-
deckt
Der Katarrh der Mundhöhle, Stomatitis erjf-
thematosa^ eatarrhalis^ ist läufig bei Säuglingen, die
Röthe ist bei ihnen sehr stark, die Exsudation gering; die
Exsudate und abgestossenen Epithelien dienen oft zur Bil-
dungstätte Ton Pilzen, welche sich dann zuweilen in sol-
chen Massen entwickeln, dass sie weissliche stecknadelkopf-
grosse Knötchen oder diffuse Membranen bilden und als
Soor erscheinen. (S. Parasiten.) Nadi Bednar bilden
zuweilen abgestossene Epithelien an und für sich weissliche
Knötchen vom Habitus des Soors. In der Dentitionsperiode
geht eine oft sehr intensiTe Stomatitis Jim Zahnfleische
133
aus; bei Erwachsenen findet sie sich nach Einwirkung Ton
heissen, scharfen Speisen oder Getränken, von Tabak u.
s. w., nach Quecksilbergebrauch und bei Scorbut.
Der Katarrh der Bachenhöble, Angina cur.
iarrhalis, in Folge von Erkältungen , bei Syphilis, bei
Mercur- und Jodgebrauch bietet ausser den oben angegebe-
nen aUgemeinen Erscheinungen nichts Besonderes dar^ nach
öfterer Wiederholung oder langer Dauer bleiben die Venen-
stämmchen fortwährend injicirt und die kleinen Drüsen ge-
schwellt. Die Gaumensegel und das Zäpfchen werden schlaff,
das letztere hängt zuweilen bis auf den Zungenrücken herab.
Meist nehmen die Tonsillen Theil, indem in ihren Folli-
keln ein reichliches Secret geliefert wird, sie sind massig
geschwollen und mit weissem oder gelblichem Secret und
Exsudat bedeckt; öftere Entzündung derselben bewirkt blei-
bende y ergrösserung , Hypertrophie; %uwei}^ Ausdehnung
einer oder mehrerer Follikel durch Exsudat, welches später
atheromasirt oder verkreidet. Selten sind die Tonsillen al-
lein entzündet (Angina tonsillaris),
b) Croupöse Entzündung. Die er oup Öse Entzün-
dung der Schleimhäute im Allgemeinen ist ^ine akute; es
wird rasch ein reichliches, sehr faserstoffreiches Exsudat
auf die freie Fläche der Schleimhaut gesetzt, welches rasch
gerinnt und als gelbliche, käse- oder lederartige Masse -—
Croupmembran — die Schleimhaut bedeckt, die Epilhelial-
schicht geht im Exsudate zu Grunde, man findet die Zel-
len derselben oft gemischt mit den Exsudatzellen, oft auch
schichtweise abgestossen auf dem Exsudate. Meist tritt
bald Organisation, Zellenbildung, ein; ist dieselbe sehr
massenhaft, so bekommt das organisirte Exsudat den Ha-
bitus des Eiters, man sagt: die Croupmembran zerfliesst in
Eiter; zuweilen ist das Exsudat fester, ärmer an Wasser,
die Zellenbildung sehr sparsam und es bleibt lange als fast
amorphe feste Masse unverändert, wird so abgestossen oder
134
Mrfallt gleich dem geronnenen Faserstoff im Binte in eine
iBoleculare ^ eiweissartige Flüssigkeit. Die Groupmembnoi
wird entweder als Ganzes abgestossen und entleert, indem
ifar Zusammenhang mit der Schleimhaut durdi flüssiges
Plasma allmälig aufgehoben wird, oder sie wird zum Theil
abgestossen, zum Theil resorbirt, nach Yorhergegangener
Fettmetamorphose ihrer Zellen oder molecularen Zerfall.
Neubildung yon Bindegewebe und Blutgefässen tritt in Croup«-
membranen nie ein.
Nachdem das Exsudat abgestossen, ist die Schleimhaut
ziemlich von allen Epithelien entblösst, blutet leichte hat
ein geschwüriges, corrodirtes Ansehen, ist aber in ihrer
Textur sonst nicht yerändert Bald beginnt Zellenbildung
und der Epithelienüberzug stellt sich her; oft aber findet
an derselben Stelle neue Exsudation statt und so können
mdirmals Exsudate abgestossen und wieder ersetzt werden.
Hyperämie der Capillaren ist bei der croupösen Ent-*
Zündung oft weder mit blossem Auge noch mittelst des
Mikroskops zu erkennen, sie kann dann entweder nur eine
vorübergehende gewesen sein oder ganz gefehlt haben.
Croup der Mundhöhle und des Rachens, als
croupöse Entzündung mit ausgebreiteten Pseudomembranen
kommt selten als primäre Localaffection vor; meist beglei-
tet sie den Laryngealcroup oder ist Theilerscheinung des
Scharlachs , des Typhus , der Peritonitü puefperarttm u. s.
w. Die anatomischen Veränderungen verhalten sich ganz
so, wie sie oben im Allgemeinen beschrieben worden sind.
Der Verlauf ist verschieden je nach den Bedingungen der
Krankheit.
c) Dipktkeritiseke Entzündung. Die diphthe«
ritische Entzündung der Schleiml^ute im Allgemeinen ist
dadurch charakterisirt, dass ein sehr fkserstoffireiches Exsu^
dat in das Gewebe der Schleimhaut selbst gesetzt wird,
welches bald mit den eingeschlossenen Gewebsttieilen zer«*
13S
fällt uud alt liekrotische Masse abgestossen wird. Der gan-
gränöse Zerfall geht entweder allm'älig yor sich, indem der
Faserstoff in eine moleculare, weiche Masse umgewandelt
wird und die nekrotische Masse in weichen Fetzen nach
und nach abfällt, oder die ganze Masse wird auf einmal
als Brand Schorf abgestossen. Nach Abstossung des Ex-
sudates oder Schorfes zeigt sich eine geschwürige Stelle,
aphthöses Geschwür, dessen blutende, rissige und zerr
fetzte Basis durch die Beste des Bindegewebes der Schleim-
haut oder des submucösen Zellgewebes gebildet wird. Fol-
gen an der betroffenen Stelle keine neuen Exsudate, so
stossen sich erst die losen Schleimhautfetzen los, dann füllt
sich die Lücke durch neugebildetes Bindegewebe, über wel-
chem sich wohl auch eine schwache Epithelialschicht bildet,
obwohl die völlig normale Struktur der Schleimhaut nicht
wiederkehrt.
Diphtheritische Entzündung und croupöse sind nicht sel-
ten combinirt, und nachdem eine Exsudation auf die Ober-
fläche erfolgt ist, folgen zuweilen später Exsudationen in's
Gewebe der Schleimhaut und nekrotischer Zerfall dersel-
ben nach.
Der Anblick einer Croupmembran und eines diphtheri-
tischen Exsudates an der Leiche ist meist gleich, beide stel-
len sich als weisse, gelbliche oder grauliche, käsige Masse
dar; die erstere kann man von der Schleimhaut abhebeui
das letztere ist mit der Schleimhaut eng verbunden und
nach seiner Entfernung fehlt ein Stück der letzteren.
Capillarhyperämie ist meist Torhanden, doch sieht man
zuweilen starke Exsudationen ohne begleitende Röthe*
1) Leichie diphtheritische Entzündungen der
Mundsehleimhaut (gutartige Stomacace) sind
nicht selten, sind auf circumscripte Stellen beschränkt und
hinterlassen nach Abstossung der Exsudate Geschwüre, wet-
cbe meist leidit heilen, zuweilen aber, bei fortwiriiwnder
136
Ursache, durch neue Exsadation tiefer wetdea, um sich
greifen 9 schichtweise Zerstörungen aller benadibarten €re-
webe bewirken und in bösartige Stomacace und Mundbrand
fibergehen können. Die Ursachen sind meist lokale , x. B.
scharfe, spitze Zähne oder Zahnstummel, Verwundungen
U.S.W.; öfters ist aber die Mundaffection eine Theilerschei-
nung eines Magenkatarrhes und heilt erst mit dessen Hei-
lung. Bei Sau^ingen beobachtete Bednar eine durch den
ccmstanten Sitz an beiden Gaumenwinkeln diarakterisirte
Form dieser Entziindung.
2) Schwere diphtheritische Entzündung der
Mundhöhle (bösartige Stomacace). Die Schleim-
haut und das submucöse ZeDgewebe sind hyperämisdi und
leicht blutend, die Exsudate sind ausgebreitet, gelb od«
durch Blut roth, braun, schwarz gefärbt, zerfallen rasch
und hinterlassen tiefe Ulcerationen , welche zusammenflies^
sen, heilen oder weiter um sich greifen. Diese Entzfindung
ist häufig Yon der der Bachenscbleimhaut begleitet, geht aus
einer localen, gutartigen Stomacace henror, oder tritt als
selbstständige epidemische Krankheit (Fegar) auf, oder er-
scheint im Verlauf yon exanthematischen Krankheiten.
3) Diphtheritische Entzfindung der Bachen«
Schleimhaut, Angina gangraenosa^ ist ein Leiden,
welches sekundär bei Exanthemen, Typhus u. s, w., oder
als primäre mit bedeutendem Allgemeinleiden verbundene
epidemische Krankheit auftritt. Die Exsudation betrifit,
ausser den Rachen und die Tonsillen, oft auch die Wan->
gen, das Zahnfleisch, den Pharynx und Oesophagus; die
anatomischen Veränderungen sind die oben im Allgemeinen
angegebenen. Erfolgt Heilung, so wird die Schleimhaut
durch festes, fibröses Narbengewebe ersetzt, welches durch
seine allmälige Contraction oft Verengerungen des Rachens
bewirkt. Zuweilen ist der Racbenbrand mit Laryngealcroup
combinirt.
187
4) Aphthen sind kleine, circumscripte dlphtheritische
Entzündungen der Mundhöhle, welche im Verlauf acuter
Katarrhe der Mund- und Magenschleimhaut oder als Com-
plication acuter und chronischer allgemeiner Krankheiten
auftreten , im letzteren Falle meist bei üblem Ausgange und
herabgekommenen Individuen.
n. Entzündung des submuc5sen Zellgewe-
bes ist meist mit der der Schleimhaut combinirt, betrifft
nur emzelne Theile der Mund- oder Rachenhöhle. Die
Hyperämie ist stark, die Schleimhaut ist ebenfalls geröthet
oder frei, das Exsudat ist ein seröses oder faserstoflfreiches,
sparsam oder reichlich, und bewirkt eine beträchtliche
Schwellung der Theile; es wird entweder bald resorbirt
und es folgt Heilung, oder es tritt Organisation ein, deren
Resultat bald Neubildung von Bindegewebe und Gefässen
(Hypertrophie der Theile), bald Eiterbildung ist. Der Ei-
ter bildet schwappende Massen unter der Schleimhaut (Ab-
scesse), die meist durch den Druck bald atrophisch wird
und perforirt, worauf der Eiter entleert wird.
Die Lippen sind selten der Sitz einer solchen Ent-
zündung, deren Folgen meist bleibende Anschwellung der
Lippen und Ulcerationen ihrer Schleimhaut sind.
Häufig ist sie am Zahnfleische, bei der Dentition
oder bei Caries der Zähne; der Ausgang ist hier meist Ei-
terbildung: Parulis.
Ebenfalls häufig ist sie im Bachen und in den Ton-
sillen (Angina phlegmonosa, rheumatica); auch
hier geht das Exsudat leicht in Eiter über; in den Tonsil-
len wird es ebenso häufig zu Bindegewebe und bewirkt
eine bleibende, oft enorme Yergrösserung derselben. Die
Ursachen sind oft heftige Erkältung.
n. Entzündungen und Geschwüre als Theil-
erscheinungen allgemeiner Krankheiten, a. Sto-
ma t%ti$ mercurialii, eine Folge längeren Quecksilber-^
138
gebrauchest die nicht allein nach innerlichem Gebrauche
durch den Mund, sondern auch nach Einreibungen und Bä-
dern eintritt. Die Mundschleimhaut, oft auch die des Ra-
chens, insbesondere aber die des Zahnfleisdies , wird hy-*
perämisch, die Schleimhaut wird mit reichlichen Epithelien
bedeckt, durch deren graulichen Ueberzug die Röthe liyid-
violett durchschimmert. Am Zahnfleische, an den Rändern
der Zunge, am inneren Lippenrande und an der Wangen-
schleimhaut, da, wo sie vom Unterkiefer zum Obericiefer
übergeht, bilden sich leichte, flache Excoriationen oder tie-
fere Ulcerä; sie haben scharfe, zackige, violette Ränder,
eine leicht blutende, weissliche Basis. Zuweilen ist die
Schwellung der Schleimhaut enorm, der Speidielfluss pro-
fus, und grosse Partieen der Schleimhaut .gehen in diph-
theritischen Exsudaten zu Grunde, die Geschwüre gehen
bis zu den Knochen oder der äusseren Haut und bewirken
scheussliche Zerstörungen.
b. Die syphilitischen Mund- und Rachen-
affectionen sind mannichfach. An den Lippen finden
sich Chanker und Condylome. Wir haben femer Hyper-
ämieen der ganzen Rachen- und Gaumenschleimhaut mit
oder ohne Exsudation (Angina syphilitica) ; circnmscripte
Hyperämieen der Gaumenschleimhaut, zuweilen in Form
Yon Halbkreisen oder Gyris; meist bewirirt die Hyperämie
vermehrte Epithelialbildung, daher der grauliche Ueberzug
der betroffenen ScbleimhautsteUen. Häufig sind Geschwüre,
beruhend auf circumscripten Schleimhauteiitzündungen mit
Eiterbfldung und Schwund der Gewebe, zuweilen mit crou-
pösen oder diphtheritischen Exsudaten. Die Ulcera sind
flach oder reichen Ms auf das submucöse Zellgewebe, zu-
weUen geht das ganze Gewebe der Gaumensegel und • der
Weichtheile des Rachens zu Grunde; sie sind rundlich,
oval, zuweilen halbmondförmig, haben scharfe Ränder und
eine» weissRchen, q>eckigen Grund y m» sitzen an den Lip«
139
pen, besonders an der Commissnr^ an den Gaumensegeln,
dem Zäpfchen, Pharynx^ den Mandeln, der Zunge und den
Wangen. Ihre Heilung besteht in der Bildung eines festen,
sich contrahirenden , fibrösen Narbengewebes. Die Tonsfl"-
len und die Sdüeimbälge ulceriren ebenfalls. Im submu-^
cösen Zellgewebe finden sich zuweilen syphilitische
Tuberkel; sie werden meist resorbirt, erweichen selten
und bewirken Perforation und Ulceration der Schleimhaut,
e. Scorbutkranke leiden immer an Hyperämieen,
serösen Infiltrationen und Geschwüren der Schleimhaut und
des submucösen Zellgewebes des Mundes; die Geschwüre
scheinen meist durch den Zerfall diphtheritischer Exsudate
bewirkt zu werden; sie sind livid gefärbt, haben speckigen
Boden und Bänder, bluten leicht und heilen schwer.
d. Bei Scrofulösen sind Entzündungen und Ge-^
schwüre sehr häufig, sie sitzen auf den Tonsillen, am Gau-
men, an der Zungenwurzel und anderen Stellen, sind meist
von Anschwellung der zugehörigen Lymphdrüsen der Regio
submaxiUaris begleitet, verlaufen meist günstig, bewirken
aber zuweilen beträchtliche Zerstörungen sowohl der Weich-
theile als der Knochen durch Caries und Nekrose derselben.
e. Es kommen endlich Geschwüre am Bachen vor, de-
ren Zusammenhang mit Allgemeinleiden nur vermuthet, nicht
erwiesen ist; sie greifen gewöhnlich rasch um sich, zer-
stören Schleimhaut und submucöses Zellgewebe, haben kei-
nen specifischen Charakter und werden bald als rheuma-
tische, bald als kachektische oder wohl auch kreb-
sige üleera aufgeführt.
f. Pockenpusteln, in einzelnen Exemplaren oder
die ganze Schleimhaut des Mundes, Bachens und der Zunge
bedeckend, kommen bei Variola yor.
Brand des Mundes, Noma, Cai»e«r aqu^ti*
140
ctfs, Wasserkrebs, findet sich insbesondere bei Kindern
Ton 3 — 8 Jaluren^ schwächlichen, kachektischen Subjekten
bei schlechter Nahrung, Wohnung und Luft, als idiopathi-
sche Erscheinung oder bei schwer verlaufenden Exanthemen
und Typhen. Das Leiden beruht in der Steigerung einer
diphtherischen Entzündung, der Stomacace, oder tritt gleich
im Anfang als Brand auf. Meist wird eine Stelle der
Wange hyperämisch, dunkelroth, geschwollen und hart,
bald ganz schwarz und ödematös; das Epithelium der
Schleimhaut und der Haut wird durch missfarbiges Serum
zu Bläschen erhoben (Brandblasen); rasch folgt dann Zer-
fall der infiltrirten Gewebe zu Brandjauche, die Haut hält
sich als schwarzer Schorf noch einige Zeit, bis nach deren
Zerfall ein Loch in der Wange entsteht. Meist greift nun
die Infiltration und das brandige Absterben rasch um sich,
die Wange, das Zahnfleisch werden zerstört, die Knochen
biosgelegt, cariös und nekrotisch. Heilung ist selten; es
bildet sich dann eine Demarcationslinie , das Brandige wird
abgestossen, es folgt Bildung von Granulationen imd end-
lich eines fibrösen Narbengewebes.
Abbildungen in Froriep, Klin.Kpfl. T. 55, 56, Chir.Kpft. T.458.
Brand des Rachens, des Zahnfleisches kommt
vor in Folge heftiger localer diphtheritischer Entzündungen
oder im Verlauf von schweren acuten Krankheiten.
Patltoloipiselie Meublldungren.
An den Lippen haben wir: 1) Papillargeschwül-
ste aller Art (s. Hautkrankheiten). Sie entstehen meist
ohne nachweisbare Ursache, zuweilen nach Druck und Quet-
schung der Lippe, oder als syphilitische Affeclion, insbe-
sondere in d^n Mundwinkeln. Durch wiederholte Reizung
entzünden sie sich zuweilen, die Epithelien werden in Mas-
sen abgestossen und bilden Schorfe; in diesem Zustande
werden hie oft falschlich für Carcinome gehalten , doch kann
141
sich auch wirklich Krebsbildung später zugesellen (s. Can-
croid). Durch Exstirpation werden sie radikal geheilt.
2) Telangiectasieen. 3) Golloid der Lip.pendrä-
sen, Lippenknoten; die Acini der Drüsen werden
durch die gallertige Masse bis zu Erbsen- oder Bohnen-
grosse ausgedehnt) sie stellen dann rundliche, cystenartige
Geschwülste dar, welche aus kleineren oder grösseren mit
Gallert gefüllten Aveolen (den ausgedehnten Acinis) beste-
hen. Gewöhnlich leiden blos eine oder wenige Drüsen, zu-
weilen alle und dann ist die ganze Lippe beträchtlich ge-
schwollen. 4) Krebs oder Cancroide; sehr häufig sind
an den Lippen die Epithelialkrebse, welche sich ent-
weder ursprünglich unter der Haut oder erst secundär nach
vorhergegangener Warzenbildung und Ulceration derselben
bilden (s. Hautkrankheiten).
In der Mund- und Bachenhöhle haben wir: 1) Pa-
pillargeschwülste der Schleimhaut, insbesondere des
Gaumens und des Zäpfchens. 2) Fibroide und Sarco-.
me gehen vom submucösen Zellgewebe oder von den Kno-
chen aus, treiben die Schleimhaut vor sich her, die ihre
Textur behält oder atrophisch oder hypertrophisch wird. , Es
sind haselnuss- bis hühnereigrosse Massen, am Zahnfleische
unter dem Namen Epulis, im Rachen als Polypen be-
kannt. 3) Carcinom als Epithelialkrebs oder Mark-
schwamm, selbstständig oder häufiger fortgesetzt von den
Lippen, der Zunge, dem» Pharynx oder den Gesichtsknochen.
Die Follikel der Tonsillen werden durch Secret
oder Exsudat öfters cystenartig ausgedehnt; im Inhalt die-
ser Cysten findet zuweilen eine Verkreidung statt.
2. Die Zunge.
Bilduni^flfel&ler« Hypertroplile.
Die Zunge ist zuweilen ganz oder zum Theil (insbe-
142
sondere in der Bfitte dnrcli das Frenulom) mit dem Boden
der Mundhöhle verwachsen; sie ist der Längsriditang nach
gespalten .und kann theilweise fehlen, übermässig gross (bei
Kretinen) oder sehr klein seüu
Nach Entziindungen bleibt zuweilen Hypertrophie der
Zunge 9 sie erreicht oft einen so^ beträchtlichen Umfang, dass
sie aus der Mundhöhle hervorragt, wird sehr hart und un-**
förmlich , verliert die Zotten und bekommt eme glatte Ober-
flache.
Kütefindiiiii^«
Der Katarrh der Sdüeimhaut der Zunge begleitet
stets den Katarrh der fibrigen Mundhöhlenschleindiaut , tritt
fBr sich auf durch Beiz scharfer Speisen , Tabaksdampf u.
s. w«, ist kenntlich an der Hyperämie der Zotten und der
reichlichen Epithelialbildung, wodurch der graue Ueberzug
der Zunge gebildet wird; ergreift die Entzündung das tie-
fere Gewebe, so verschwindet in der allgemeinen Anschwel-
lung die zottige Oberfläche, die Zunge wird glatt, gfänzend
roth. Die Entzündung des ganzen Zungengewebea , die ei-
gentliche Glossitis, ist charakterisirt durch rasche An-
schwellung, Härte und hohe Böthe der Zunge. Die Exsu-
date werden meist rasch resorbirt und die Zunge nimmt
den normalen Umfang wieder ein ; zuweilen bildet sich Bin-
degewebe und die Zunge bleibt vergrössert (entzündUdie
Hypertrophie, Teiiiärtung) , hart, schwer beweglich; selten
geht das Exsudat die Metamorphose der Eiterbildung ein
und es bilden sich Abscesse zwischen den Muskeln , die
sich an der Basis öffnen^ Die Entzündung der ganzen
Zunge ist acut; nach Verwundungen, durch den Reiz ei-
ner scharfen Zahnkante entstehen beschränkte, chronische
Entzündungen, meist mit Induration; ihre harten Narben,
über denen die Sdilelmhant eingezogen ist, werden wohl
oft als Sdirtiu» exstlrpirt.
148
Uebrigens kann die Zunge an allen Entzündungen und
Geschwürsbildungen der Mund- und Rachenhöhle überhaupt
Theil nehmen* Ausser den syphilitischen Entzündungen und
Geschwüren auf der Oberfläche, kommen im Gewebe der
Zunge circumscripte Entzündungen mit folgender Verhär-
tung, syphilitische Tuberkel, vor. Aehnliche Entzündun-
gen findeix sich auch bei Scrofulösen.
Kreb«
kommt in der Zunge nicht selten Tor, als Markschwamm,
Scirrhus oder am häufigsten als Epithelialcancroid; er bil-
det kleine oder grössere Knoten im Gewebe der Zunge,
über welchen die Schleimhaut meist anschwillt und lebhaft
Epithelien bildet. Durch Yergrösserung der Knoten kann
die Schleimhaut perforirt werden, der Krebs yerjaucht dann;
es kann aber auch nach yorhergegangener centraler Erwdi-
chung des Krebses die Sehleimhaut durchbrechen^ in wel-
chem Falle kraterförmige Geschwüre entstehen. Der Krebs
Yorbreitet sich meist auf die benachbarten Gewebe ^ im Zeü-
gewebe zwischen den Halsmuskeln^ in den Lymphdrtis^i,
und g^t zuweilen auch auf den Kehlkopf über.
3. Schlundkopf und Speiseröhre.
Bll4»ii|psfelilev»
Blinde Endigung im Pharynx oder in der Nähe
der Cardia; sackige Erweiterung; Kommunikation mH
der Trachea; Beehtslage des Oesophagus; Verengerung des
Miarynx. Angeborene Halsfistel, mündet aussen
seitlich am Halse ^" über der Clavicula, der sehr enge
Gang führt nach oben und innen und mündet im Pharynx
in der Gegend des Zungenbeins oder endet daselbst blind.
Sie bendit auf OflEenbleiben einer SteHe der zweiten oder
diittes Kiemenspalter
144
IRrweiterwmgeum
a. Schlund und Speiseröhre sind der ganzen Länge
nach gleichmässig erweitert, Wände meist verdickt, insbe-
sondere die Muskelschicht. Ursachen sind: Verengerung
der Gardia, langwierige Katarrhe. Bei alten Leuten findet
sich zuweilen eine Verdünnung der Häute des Oesophagus
mit Erweiterung desylben.
b. Partielle sackartige Erweiterungen über verengerten
Stellen oder bedingt durch fremde Körper, welche den
Durchgang der Speisen behindern und die Wände übermäs-
sig dehnen. Diese Säcke sind meist klein, doch erreichen
sie zuweilen auch eine bedeutende Grösse, sie sitzen bald
mit weiter Mündung auf, bald mit schmalem, engem Hals.
c. Ausstülpungen der Schleimhaut durch die Muskel-
schicht in Gestalt rundlicher, kleiner, später länglicher und
grosser Säcke; sie kommen besonders im unteren Dritttheil
des Pharynx durch die horizontalen Fasern des Constrictar
infimui vor. Ursache dieser seltenen Veränderung ist An-
häufung von Schleim, Speise, Kernen u. s.w. in einer klei-
nen Falte der Schleimhaut, die durch spätere Zunahme der
Anhäufung immer mehr ausgebuchtet wird.
In allen diesen Fällen ist der Durchgang der Speisen
zum Magen behindert, der grösste Theil der Speisen ge-
langt nach und nach in die Divertikel, welche wiederum die
Speiseröhre, Luftröhre und Gefässe drücken. Der Tod er-
folgt meist marastisch.
Abbildungen: Meckel, Tab. an.-path. T. 19. Albers, Atlas
der p. A. 2 Abtheil. T. 23, 24. Froriep, Chir. Kpft. T. 392.
Baillie, Ser. of engra?. Fase. 3. T. 1.
Verengerungen.
a. Durch Druck von aussen: Kropf, Drüsengeschwül-
ste, Krebse am Halse und im Mediastinum ^ Aneurysmen,
145
Exostose der Wirbelkörper, unregelmässig verlaufende Art
subclavia dextra (Dysphagia lusoria) u. s. w.
b. Durch Veränderung . der Wandung : contrahirende
Narben nach Diphtheritis , Krebsbildung in den Häuten,
Hypertrophie der Muscularis. Die letztere entwickelt sich
im Verlauf chronischer katarrhalischer Entzündung des Oe-
sophagus, erreicht zuweilen einen sehr hohen Grad; die
Dicke der- Muscularis ist nach der -Cardia zu am bedeu-
tendsten vermehrt, daher auch die Cardia vorzugsweise ver-
engt ist. Diese Veränderung entspricht in jeder Weise den
am Pylorusende des Magens, am Ende des Heum und im
Rectum vorkommenden Stenosen durch Hypertrophie der
Muscularis nach chronischem Katarrh.
Perfaratian«
Perforation des Pharynx und Oesophagus ist bedingt:
1) durch traumatische Einwirkungen ; — 2) durch ver-
schluckte scharfe Körper; — 3) durch Geschwüre; —
4) durch Aneurysmen der Aorta; — 5) Abscesse im sub-
mucösen ZeDgewebe; — 6) spontane Zerreissung (Roki-
tansky); — 7) Zersetzung der Wandungen nach dem To-
de, Leichenerscheinung meist neben Magenerweichung; —
8) Ascaris lumbricoides, der in einem Falle durch die Spei-
seröhre in die Lunge drang.
Hyperftmte. . CSntzüiidungr«
Hyperämie ist bei Neugeborenen ein physiologischer
Zustand. Als pathologischer Zustand ist sie nicht selten,
aber ohne Bedeutung.
^Katarrhalische Entzündung der Schleimhaut
kommt acut und intensiv bei Neugeborenen vor, mit sehr
starker Injection und Abstossung der Epithelialschicht, sel-
ten bei Erwachsenen nach Genuss sehr heisser, scharfer
Speisen und Getränke. Ein massiger, chronischer Katarrh
10
146
bleibt nach acutem zurück oder ist primSr, Schleimhaut
yerdickt, braun oder grau, reichliche Schleim-* resp. Epi-
thelialbildung , Erschlaffung oder Verdickung der Muscula-
ris. (S. oben.)
Croupöse und diphtheritische Entzündung
treten höchst selten primär auf, sondern meist als Fort-
setzung des Rachencroups , der Angina diphtheriüea , der
Aphthen der Mundh<)hle, als Begleitung des Laryngealcroups ;
femer hat man sie bei schwer yerlaufenden Exanthemen,
bei Typhus, Cholera, Dysenterie beobachtet. Sie erstreckt
sich oft vom Pharynx bis zur Gardia, so dass die Croup-
membran den ganzen Oesophagus auskleidet. Die Exank^
heit ist oft tödtlich, im Fall der Heilung wird das Exsudat
in Fragmenten abgestossen, zuweilen bleiben Verschwärun-
gen der Schleimhaut zurück.
Abscesse des Pharynx sind primär Folge von
Entzündung des sübmucösen Zellgewebes, secundär Sen-
kungsabscesse hinter dem Pharynx bei Caries der Halswir-
bel (Retropharyngealabscesse) , sie perforiren selten spon-
tan und tödten meist durch Erstickung. Auch im Oeso-
phagus hat man zuweilen nach Entzündungen Abscesse zwi-
schen den Häuten gefunden.
Entzündungen werden ferner bewirkt: durch fremde
Körper (Nadeln, Knochen), welche im Oesophagus stecken
bleiben und zuweilen Perforationen desselben, Eiterbildimg^
Abscesse um den Oesophagus bewirken; durch ätzende
Substanzen, welche durch chemische Zersetzung einen
Brandschorf bewirken und sehr intensive diphtheritische
Entzündung erregen; die fibrösen Narben nach der Heilung
bewirken Stri'cturen oder stellen sich als Falten, Brücken
und Fäden an den Wänden dar; durch TüttaTus emt-
ticuss der im unteren Dritttheil des Oesophagus Pusteln
erzeugt, die Geschwüre hinterlassen.
Pusteln der Schleimhaut finden sich bei Variolakran-
147
ken. Bei Pemphygus hat man auch im Oesophagus Fem-
phygusblasen beobachtet.
Geschwüre im Pharynx: bei Syphilis; nach Abstos-
sung diphtheritischer Schorfe (als Zerstörung bei Angina
gangraenMü oder als aphthöse Geschwüre); im Oesopha-
gus ebenfalls durch Schorfe oder bei Neugeborenen durch
einfache Schleimhautentzündung, Erebsgeschwüre ; geschwü*
rige Perforation durch anliegende yereitemde Lymphdrüsen,
Abscesse in der Umgebung des Oesophagus, dadurch auch
Kommunikation mit der Luftröhre. Ausserdem kommt nach
Alb er s im Oesophagus ein dem perforirenden Magenge-
schwür analoges Geschwür vor (das einfache Ge-
S4;hwür der Speiseröhre: Albers), welches seinen
Sitz meist an der vorderen Wand , der Bifurcation der Tra-
chea gegenüber, hat, die Häute des Oesophagus allmälig
perforirt und Communicationen mit der Trachea, Pleura-
und Mediastinalhöble , Aortay auch Yerschwärungen der
Lunge bewirkt. Alle auf den Oesophagus einwirkenden
Reize, insbesondere Branntwein, scheinen es bedingen zu
können.
Brand durch ätzende Substanzen, höchste Grade der
Diphtheritis bei Neugeborenen.
Patltolofipisclie IVeubildung^en.
Neubildung von Bindegewebe kommt in den
Narben nach diphtheritischen Entzündungen vor.
Fibroide kommen vor als kleine rundliche Massen
unter der Schleimhaut oder als grössere, im submucösen
Zellgewebe oder im Perichondrium des Ringknorpels wur-
zelnde' und in den Oesophagus polypenartig hereinragendc,
zuweilen gelappte Geschwülste.
Nicht selten sind kleine Papillargeschwülste.
Höchst selten sind sogenannte Verknöchern ngen
10*
* **8
im Oesophagus, sie finden sich als ConcrementbOdung in
Stricturen.
Zuweilen fand man Schleimhautpolypen. Selten
sind Lipome im submucösen ZeUgewebe.
Krebs im Pharynx ist selten, ich beobachtete ihn ein-
mal als 'selbstständig von der Schleimhaut ausgehende, wu-
chernde Markschwammmasse und zweimal von grossen Car-
cinomen der Parotisgegend auf die Wandungen des Pha-
rynx fortgesetzt.
Krebs im Oesophagus ist häufig, bald als gewöhnliches '
Carcinom, bald als Epithelialkrebs ; er bildet kleine oder
grössere confluirende Knoten rings um den Oesophagus oder
eine gleichmässig yertheilte, nach unten und oben zu abneh-
mende Masse. Das Lumen des Oesophagus wird stets yer-
engert. Die Schleimhaut über dem Carcinom ist im Zu-
stande des Katarrhs , später tritt der Krebs frei hervor und '
bildet die Basis eines meist ungleichen, zerklüfteten 6e-
schwttres. Dabei findet in der nächsten Umgebung und in
den anliegenden Lymphdrüsen Krebsbildung statt, die sich
in seltneren Fällen auf Pleura, Lungen und Herz fortsetzt.
Durch ausgedehnten Zerfall und Verjauchung des Krebses
kann auch eine Verjauchung des benachbarten Zellgewebes,
Perforation der Trachea, der Bronchien oder der Aorta er-
folgen.
Der Krebs entsteht meist primär im Oesophagus, ist
der einzige im Körper, seltener geht die Krebsbildung yon
der Umgebung auf ihn über und sind Krebse an anderen
Orten yorhanden.
Abbildungen: Alb er 8, AÜas der p. A. Abtiieil. 2, T. 17— 21.
Froriep, Chir. Kpft. T. 172, 174, 179. Baillie, Ser. of engrar.
Fase. 3. T. 2, 4.
Cysten entstehen durch Erweiterung der Acini ein-
zelner der traubigen Drüsen der Speiseröhre durch Stagna-
149
tion des Sekrets ; sie ragen bi Form kleiner, durchscheinen-
der Bläschen über das Niyeau des Schleimhaut hervor.
Parasiten.
Auf der Schleimhaut der Mundhöhle , Bachenhöhle, des
Pharynx und Oesophagus kommen sehr häufig Pilzbil-
dungen vor. Die Pilze entwickeln sich bei katarrhalischen
und croupösen Entzündungen zwischen Epithelien, Exsudat
oder Eiter, bald in geringer Anzahl und sind dann als un-
wesentliche Complicationen anzusehen, bald in solchen Mas-
sen, dass sie als weisse Knötchen oder Pseudomembranen,
Soor, erscheinen oder selbst das Lumen des Oesophagus
völlig verstopfen, so dass sie dann wesentliche Veränderun-
gen bedingen. Die Schleimhaut erhält sich unter diesen
Massen unverändert oder wird erodirt und zuweilen ausge-
dehnt zerstört. Der Soor der Säuglinge ist meist durch
diese Pilz Wucherung bedingt, welche in gährender Milch
oder in Exsudaten und Epithelienhaufen entsteht. Bei Er-
wachsenen kommt diese Pilzwucherung in hohen Graden nur
bei sehr herabgekommenen Individuen im Ausgang acuter
und chronischer Krankheiten vor.
Abbildangen: Cruveilhier, Anat. path. Livr. 15. PI. 3. Bil-
lard, Atlas der Kinderkhten, T. 1, 2. Froriep, Btlin. Kpflaf. T. 2.
3. Vogel, Icon. bist. Taf. 21.
4. Der Magen.
Bildunarsfeliler.
Der Magen fehlt in seltenen Fällen bei übrigens voll-
ständig entwickeltem Darmtractus, oder er ist nur durch
eine sackige Erweiterung des Darmrohrs am Ende der Spei-
seröhre angedeutet; zuweilen ist er in 2 oder 3 Abtheilun-
gen durch Einschnürungen getheilt. Er kann mit einem
grösseren oder kleineren Theile der Eingeweide ausserhalb
der Bauchhöhle liegen oder ein Theil seiner vorderen Wand
150
durch eine Lücke in den Bauchmuskeln prolabirt sein und
die Bauchdecken halbkugelfönnig erheben (Hemia tentriculi).
Bei allgemeinem Situs tramversua liegt sein Blindsack nach
rechts; zuweilen liegt der Magen perpendiculär; bei theil-
weisem oder gänzlichem Mangel des Zwerchfells kann er
in die Brusthöhle zu liegen kommen. Sehr selten ist eine
blinde Endigung am Pylorus.
Eine allgemeine Erweiterung findet statt nach wieder-
holter und lange fcfrtgesetzter UeberfüUung des Magens,
nach übermässigem Gebrauche yon Brech- und Brcizmitteln,
nach Erschütterung der Bauch- und Magenwände, nach
Zerrung an der grossen Curvatur bei Hernien , nach Verein-
gerung des Pylorus, nach Peritonitis, chronischer Gastritis.
Einseitige Erweiterungen bilden sich bei Verengerungen im
Magen selbst und sind sehr selten. Divertikelartige Säcke
bilden sich in seltenen Fällen durch Druck und Zug schwe-
rer, harter, unverdaulicher Körper.
Die Erweiterung kann den Grad erreichen, dass die
grosse Curvatur bis an die Schamfuge reicht. Die Magen-
wände sind selten dem Grade der Erweiterung entsprechend
verdünnt, sondern behalten entweder ihre normale Dicke
(relative Hypertrophie) oder werden abnorm dick.
Terkleinervnif.
Eine Verkleinerung des Magens findet statt nach lang-
dauerndem Fasten, durch Entartung der Magenwände bei
chronischer Gastritis und Krebs, durch contrahirende Nar-
ben von Geschwüren; durch letztere kann ausserdem der
Magen in zwei Abtheilungen getheilt werden. — Eine Ver-
kleinerung mit Verdünnung der Wände kommt nach Ro-
kitansky als spontane Atrophie, Tabes, vor, eine
151
höchst seltene langwierige Krankheit mit allgemeiner Tabes
und Atrophie der Lungen und des Herzens.
Hyperlimie. Hftmarrliaffie.
Hyperämie ist bedingt durch Störungen der Herzblut-
circulation und durch Reize.
Hämorrhagie findet sich als Erguss in die Schleimhaut
oder zugleich in die Höhle des Magens, sie ist bedingt
durch Hyperämie und Entzündung^ Geschwürsbildung,
Krebs, Berstung von Yaricen und Aneurysmen, Congestion
bei Dysmenorrhoe, iVeränderung des Blutes bei Purpura,
Scorbut, Typhus, Cholera.
Blut kann übrigens auch in den Magen gelangen durch
Verschlucken des Blutes, welches aus den Nasenhöhlen, der
Luftröhre in den Bachen, oder durch Berstung ein^s klei-
nen Gefässes oder eines Aortenaneurysmas in den Oeso-
phagus gelangt.
Magenblutungen kommen in Jedem Alter vor.
Das Blut bleibt im Magen nicht lange roth und klum-
pig, es yertheilt sich im Mageninhalt und es entsteht bald
eine braune, kaffeesatzartige Flüssigkeit, bestehend aus Se-
rum, zerstörten Blutkörperchen, Pigmentkörnchen und dem
übrigen Mageninhalt. Bei langsam erfolgenden und oft wie-
derholten Blutungen (chronischer Katarrh, hämorrhagische
Erosion , Geschwür, Krebs) wird das Blut sehr rasch braun
oder schwarz und wird meist so erbrochen.
1) Katarrhalische Entzündung; n) die acute
katarrhalische Entzündung betrifft die Schleimhaut
des ganzen Magens oder bald mehr des Fundus, bald des
Pylorustheiles, bildet eine selbstständige Erkrankung, be-
dingt durch locale Beize, Erkältung, Miasmen oder kommt
in Begleitung anderer Affectionen vor (Enteritis, Typhus,
152
Exantheme). Die Schleimhaut ist gleichmässig gerdthet,
geschwollen, weich und mit dickem Schleim belegt, im sub-
mucösen Zellgewebe dcndritenförmige venöse Injection. An
einzelnen Stellen finden sich zuweilen Substanzverluste der
Schleimhaut als einfache Geschwüre oder als hämor-
rhagische Erosionen oder als FoUikulargeschwüre
(s. unten). Er tödtet häufig bei Neugeborenen und Säug-
lingen unter choleraartigen Erscheinungen; bei Erwachse-
nen bewirkt er die Symptomencomplexe der Gastritis acuta,
des gastrischen Katarrhs, gastrischen Fiebers, Gallenfiebers,
Schleimfiebers, der Cholera.
b) Chronischer Magenkatarrh ist sehr häufig
als selbstständige Krankheit durch reizende Speisen, Ge-
tränke (insbesondere Branntwein), Arzneien, Erkältungen
u. s. w. und als Begleiter chronischer Herzkrankheiten und
der Lungenphthisis, ausserdem bei yielen anderen Krank-
heiten als Complication ; es leidet die ganze Schleimhaut
oder meist nur die Pylorushälfte des Magens. Die Verän-
derungen des Magens sind gradweise verschieden. Im er-
sten Grad ist der Magen normal gross oder erweitert, seine
Wände schlaiF, die Schleimhaut verdickt, oft mamellonirt,
braun oder schieferfarbig, mit venösen Injectionen und Ec-
chymosen durchsetzt, zuweilen mit Erosionen und Geschwü-
ren an einzelnen Stellen, die Muscularis ist nur wenig ver-
dickt. Im zweiten Grad ist der Magen verkleinert, seine
Wandungen fest und starr, die Schleimhaut zeigt ausser
den genannten Veränderungen harte, platte Knoten, an wel-
chen die Drüsen völlig untergegangen sind, die Muscularis
ist beträchtlich verdickt, die Verdickung nimmt nach dem
Pylorus hin allmälig zu und beträgt dort 3—5'"; die Mus-
cularis zeigt auf der Schnittfläche das Ansehen einer festen
Gallert, welche durch weisse, parallel laufende Scheide-
wände abgelheilt ist , die erstere besteht aus organischen
Muskelfaserzellen, die letzteren aus Bindegewebe. (Von
15S
indem deiselbe nidit amf die Museuhris be^durSnkt und
die GaJleit in ein dTe^aures Faserneti ein^eseUossen ist^
ains wekbem sie sich leicht herroitieben ßb$st.> DuKh diese
betrachtlicfae Hypertro^iie wird das Lumen des Pylorus ver*
engt und die Kranken gehen aUmilig in Folge dieser Ste-
nose lu Grunde. Meist ist auch die Serosa Tmlickt*
Der Inhalt des Magens ist meist hraun^ tu weilen
Schwan, kaffeesatiartig durch VeriLodertes Blut*
Der niedere Grad des chronischen Magenkatarrhs kann
heilen , der höhere nicht. Der Verlauf geht Husserst langsam.
(Diese Stenose des Pylorus durch Hypertrophie der Muscu-
laris wird , sowie die ihr entspreddenden Stenosen im Oeso-
phagus, Darm, Rectum von Siteren und manchen neueren
Autoren für carcinomatos gehalten.)
Im Verlauf dieses chronischen Katarrhs kommt es in
seltnen Fallen zur Eiterbildung in den Wandungen des ter-
kleinerten Magens und Perforationen.
Hope, PrindpL aad iUustr. Fig. 178. Carswell, Ft80.2. Pl.l.
Fig. 1.
2) GroupSse Entzündung ist sehr selten, sie
kommt als Soor bei Säuglingen Yor, bei ebeiMleuselben als
circumscripte Exsudationen bei Magenkatarrh, ausserdem in
jedem Alter bei bösartig verlaufenden Eximthemeu, Pyiinüo,
nach grossen Dosen von Tartcnrus emeticus. Sehr selten sind
diphtheritische Exsudate, welche durch ihren Zer-
fall die sogenannten aphthösen Geschwüre bilden.
3) Magenentzündung durch älzendo Sub-
stanz eur Bei den Veränderungen, welche durch lltzende
Substanzen in der Mundhöhle, dem Bachen, Pharynx,
Oesophagus und Magen bewirkt werden, sind zu unter-
scheiden die unmittelbaren chemischen VcrändcFungon der
berührten Theile und die secundären VorgUnge; die erste-
ren sind: Verschorfung und Erweichung der Epilholie»,
154
Schleimhaut oder selbst Muscularis, mit Entfärbung, Schwür-
sung derselben 9 die letzteren: seröse Infiltration, Hyperä-
mie, Entzündung mit Eiterbildung, croupösen und diphthe-
ritiscben Exsudaten. Bei gering*er Einwirkung erfolgt kein
wesentlicher, bleibender Substanzverlust, bei höheren Gran-
den erfolgt Zerstörung der Theile durch Brand, Vereite-
rung, und im Fall der Heilung Bildung von festen fibrösen
Narben , durch welche Stricturen bedingt werden , oder fort-
dauernde Eiterbildung in den Häuten, mit Senkung und
Perforation des Eiters.
Abb.: Hope, Principles and illugtr. Fig. 118.
4) Entzündung des submucösen Zellgewe-
bes ist sehr selten, verläuft meist akut und hat ausgedehnte
Abscessbildung, zuweilen mit Perforation der Schleimhaut,
zur Folge.
Brand der Magenschleimhaut komnit vor durch die
Einwirkung von Mineralsäuren u. s. w. und bei heftiger
Gastritis der Neugeborenen (Biliar d),
C^eseliwüre desMa^euB.
1) Einfache entzündliche Geschwüre als rund-
liche, oblonge, gezackte Substanzverluste der Schleimhaut
sind im Magen selten , sie sind meist seicht und klein und
erreichen selten das submucöse ZeUgewebe, in einzelnen
seltenen Fällen breiten sie sich sdbr aus, gehen in die Tiefe
und bewirken ausgedehnte Zerstörungen« Sie kommen vor
in Folge der Steigerung einer chronischen oder akuten ka-
tarrhalischen Entzündung auf circumcripten- Stellen.
2) Hämorrhagische Erosion ist der von Cru*
yeilhier eingeführte Name für einfache, flache Ulcera mit
hyperämischer und blutender Basis; sie sind rund, läng-
lich oder streifig auf der Höhe der Falten der Schleimhaut;
ihre Grösse wechselt von 1'" — 6"' und mehr Dchm.; ihre
Zahl irt verschieden, nicht selten findet man m in grosser
155
Menge. Sie finden sich meist bei chronischem oder akutem
Magenkatarrtl und sind oft die einzig nachweisbare Quelle
beträchtlicher Blutungen; heilen sie, so findet man eine fla-
che, schwarz pigmentirte Narbe.
Abbildgen: Cruyeilhier, An. paUi. Livr. 15. PI. 3, Li?r. 30.
PI. 2 , Livr. 31. PI 1.
3) Follicularge schwäre werden gewöhnlich alle
kleinen, runden, trichterförmigen Geschwüre der Magen--
Schleimhaut genannt, -ohne dass eine feinere anatomische
Untersuchung ihren Ursprung aus yerschwärenden Follikeln
wirklich nachgewiesen habe. Nach Billard sind es die
Lenticulardrüsen , welche sich als kleine, weisse Granula-
tionen erheben und zuweilen ulceriren; er fand diese Gn^
stritis folliculosa bei Neugebomen.
4) Das. perforirende, einfache, chronische
Magengeschwür findet sich meist im Pylorustheile des
Magens an der hinteren Wand, nahe der kleinen Curvatur,
doch kommt es auch an allen anderen Stellen des Magens
und im oberen Theile des Duodenums vor. Es hat 2— 3'^'
bis 2 — 3" im Dchm., ist meist kreisrund- oder oval, sel-
ten unregelm'ässig durch Ausbuchtungen oder durch Zusam-
menfliessen mehrerer, meist ist blos eins vorhanden, zu-
weilen mehrere, die gewöhnlich längs der kleinen Curvatuc
liegen. Die Geschwürsbildung beginnt in der Schleinüiaut,
geht nach deren Zerstörung auf das submucöse ZeUgäwebe
und dann, auf die Muscularis über, nach deren Zerfall end-
lich die Serosa in Form eines kleinen, runden Lochs per-
forirt. Die Geschwüre an der vorderen, freien Magenwand
sind klein, zeigen fast keine Wulstung und Injection ihrer
Bänder , eine ^atte Basis und haben das Ansehen, als wäre
mittelst eines Locheisens ein rundes Loch durch die Ma-
genwände geschlagen worden; die Geschwüre an der hin-
teren Magenwand sind meist gross, haben stark gewulstete
Bänder, eine harte, filzige Bazis und kxaterförmige Gestalt,
156
die Magenwände sind an der Stelle des Geschwürs mit den
benachbarten Geweben fest yerwachsQn und die letzteren
werden mit zur Bildung der Geschwürswanduhgen herange-
zogen.
Das perforirende Magengeschwür ist sehr häufig. Meist
findet gleichzeitig Katarrh der Schleimhaut statt.
Der Verlauf dieser Geschwüre ist meist chronisch ; sie
können in jedem Stadium ihrer Bildung heilen; jenachdem
der Substanzyerlust oberflächlicher oder tiefer war, wird
die fibröse Narbe dicker und fester; sie bildet meist eine
strahlige Zusammenziehung des Magens; ging das Geschwür
bis an's Peritoneum, so bewirkt die Narbe eine Einknickung
der Magenwände und ringförmige oder halbmondförmige
Einschnürungen.
Bei Perforation an einer freien Stelle des Magens fin-
det keine Heilung statt, indem die durch den ausgetretenen
Mageninhalt bewirkte Peritonitis rasch tödtet; liegt aber
das Geschwür . an einer Stelle , wo der Magen an anderen
Organen anliegt , so kann trotz der Perforation Heilung er-
folgen, wenn vorher diese Organe (Pankreas, linker Leber-
lappen) durch festes Bindegewebe mit der Magenwand eng
verwachsen war. In diesem Falle ersetzt das adhärirende
Organ die fehlende Magenwand, im günstigsten Falle wird
diese Stelle mit einer flachen, glatten Bindegewebsschicht
überzogen, die mit den ebenfalls übemarbten (Jeschwürs-
rändern ein Continuum bildet; in weniger günstigen Fällen
greift die Ulceration und Eiterung weiter um sich, es ent-
stehen Abscesse im Zellgewebe, welche bald eingekapselt
werden, bald perforiren, Ulcerationen der Leber, des Pan-
kreas, des Zwerchfells und selbst der Lunge.
Häufig sind Blutungen aus den Rändern der Geschwiire
durch Zerstörung der Gefässe; sie können tödtlich werden,
wenn die letztere grössere Gefässe betrifft.
Sie sind sehr häufig beim weiblichen Geschlecht in den
157
Blüthejahren , inBbesondere bei chlorötischen Mädchen, bei
Männern sollen sie besonders durch Diätfehler, kalten Trunk,
Branntweingenuss entstehen.
Abbildangen : Albers, Atlas der path. Anat. Abtheil. 4. T. 3, 4.
Crayeilhier« Anat. path. Lirr. 10. PI. 6, 6, Liyr. 20. PL 5« 6.
Car.swell, Path. An. Fase. 6. T. 3. Ginge, Atlas 16. Lfgp. T. 4.
5) Aphthöse Geschwüre finden sich nach Abstos-
sung diphtheritischer Schorfe.
PatltolafKische IVeaMldunfi^eii.
Neubildung von Bindegewebe kommt. vor als
Hypertrophie der Häute, insbesondere am Pylorus, als auf
kleine Stellen beschränkte Verdickungen des submucösen
ZeDgewebes und Peritonealüberzuges.
Neubildung von Fettbindegewebe findet sich
im submucösen Zellgewebe als kleine rundliche Massen,
welche, die Schleimhaut vor sich herdrängend, in die Ma-
genhöble ragen oder, zwischen den Fasern der Muscularis
ausgehend, unter dem Peritoneum prominiren.
Schleimhautpolypen bestehen im Magen wie im
ganzen Darmkanal aus erbsen- bis haselnussgrossen, breit
oder schmal gestielten, in das Cavum ragenden, durch ent-
zündliche Infiltration geschwellten Schleimhautfalten, in de-
ren Mitte wohl auch eine Verlängerung des verdickten
submucösen Zellgewebes liegt. Man findet sie nur bei
>: langwierigem Katarrh. Zuweilen findet eine Erweiterung
ihrer Gefässe statt, oder sie werden der Sitz eines Carci-
noms. Aehnliche polypenartige Geschwülste bestehen auch
zuweilen aus hypertrophischen schlauchförmigen Drüsen ei-
nes kleinen Abschnittes des Magens (Reinhardt). An-
dere sind papilläre Geschwülste, wie sie auch im
übrigen Speisekanal vorkommen, und sich zuweilen mit
Krebs combiniren.
158
Krebs des Magens ist häufig und .erscheint in man-
cherlei Formen.
Als Alyeolar krebs bildet er, vom submucösen Zell-
gewebe und der Schleimhaut ausgehend, ^ — \*' dicke, meist
über die ganze Pylorushälfte und darüber sich erstreckende
gallertartige Massen. Die Entartung beschrankt sich - auf
• die Schleimhaut, oder erstreckt sidi auch auf die Muscula-
ris und Serosa , verbreitet sich zuweilen auch auf das Netz,
andere Theile des Bauchfells und die Leber.
Als Scirrhus und Markschwamm hat er eben^
falls seinen Sitz meist im Pylorusmagen und zwar in der
nächsten Umgebung des Pylorus, selten an der Cardia oder
vorderen Magenwand ; seine Bildung beginnt im dubmucösen
Zellgewebe, in welches er als den Pylorus ringförmig um-
gebende odef einseitig entwickelte scirrfaöse Masse infiltrirt
ist, oder in welchem er abgesonderte haselnuss- bis hüh-
nereigrosse feste oder weiche Knoten bildet. Die Muscula-
ris bleibt an der betroffenen Stelle entweder unverändert
oder zeigt die Veränderungen wie bei chronischem Katarrh
(s. oben) ; die Schleimhaut schwillt bald an, wird weich und
zerfällt oft in einen matschen, schwarzen Brei; oft setzt
sidh die Krebsbildung auf sie fort. In beiden Fällen ragt
jetzt der Krebs in das Cavum der Magenhöhle; oft beginnt
hiermit der Zerfall, indem die oberflächlichen Partieen er-
weichen und abfallen und dadurch, meist concave, Sub-
stanz Verluste der Krebsmasse — carcinomatöse Ge-
schwüre — entstehen; in anderen Fällen bilden sich auf
der Basis des herausgetretenen Krebses neue Massen, die
meist locker, polypen- oder blumenkohlartig in das Cavum
ragen und bald zu einer schwajraen, weichen, zottigen
Masse zerfallen. In seltnen Fällen tritt in Folge des Zer-
falls der Krebsmasse Perforation der Magenwände ein und
darauf Austritt von Mageninhalt in die Bauchhöhle oder, je
nach der Art der Perforation , nach Aussen durch die Bauch-
159
wände, in einen Darm, durch das Zwerchfell in die Brust-
höhle. Zuweilen entwickelt sich der Krebs in Papillarge«
schwülsten.
Der Krebs breitet sich meist auf die benachbarten
Lymphdrüsen, zuweilen auch auf Pankreas, Colon, Leber
aus, soweit sie an den Magen stossen. Grewöhnlich ist der
Magen, insbesondere der Pylorus, mit den benachbarten
Organen ausser durch die Fortsetzung des Krebses durch
dichtes Bindegewebe verbunden. Selten bleibt er frei von
Adhäsionen und sinkt dann zuweilen, seiner Schwere ge-
mäss, herab bis in die Mitte des Bauches oder zur Symr-
physe.
Ist der. Krebs • über einen grossen Theil des Magens
ausgedehnt, so wird dieser dadurch in seinen Wandungen
verdickt und seine Höhle verkleinert; sitzt er, wie gewöhn-
lich, im Pylorus oder neben demselben, so wird dessen
Lumen mehr oder weniger verengt und der Magen durch
Anhäufung der zm*ückgehaltenen Speisen erweitert. Die
Stenose des Pylorus kann sich durch den Zerfall und die
Entfernung lockerer Krebsmassen später heben.
Während der Krebsbildung finden häufig Blutungen
statt, sowohl aus der weichen Schleimhaut, als aus dem
Krebse, der Mageninhalt ist daher oft roth oder braun,
schwarz gefärbt. Häufig findet neben dem Krebse Katarrh
der Schleimhaut statt, zuweUen hämorrhagische Erosionen
und perforirende Geschwüre.
Der Krebs entsteht entweder primär im Magen oder
geht seltener von benachbarten Organen auf diesen über.
Er ist der einzige Krebs im Körper oder es finden sich
gleichzeitig Carcinome in der Leber, dem Pankreas, dem
Darme, Ovarium u. s. w.
AbbUdungeo: Cru?eilhier Livr. 4. PL 1^ L. 12. PL 6, L. 10.
PL 3, 4, L. 37. PL 3. Hope Fig. 172 — 177. Carswell Fase. 2.
T. 1—3. Fase. 3. T. Si Albers, Atlas. Abth. 4. T. 5—7. Bail-
lie, Ser. of en^. Fase. 3. T. 6, 7.
160
•
Tuberkel als Theilerscheinung einer aligememen Tu-
berculose finden sich äusserst selten in der Schleimhaut des
Magens und verlaufen dann gleich denen im übrigen Darm-
kanale (s. Danntuberkel). Tuberculöse Magenge-
sc.hwüre erkennt man als solche an der Tuberkelinfiltra-
tion der benachbarten Lymphdrüsen. Tuberkel im Perito-
nealüberzuge des Magens können sich allmalig auf die Ma-
genwände ausdehnen und durch ihren Zerfall von Aussen
nach Innen perforirende Geschwüre bilden (Beneke).
üelcltenerflelieinuiii^eii.
Hyperämie des Fundus, als Füllung der grösseren
und kleinsten Venen kommt als Leichenerscheinung sehr
häufig Tor und ist als solche dadurch kenntlich,, dass sie
sich auf die abhängigsten Theile des Magens beschränkt.
Erweichung des Magens findet sich als Leichener-
scheinung in verschiedenen Graden imd ist bedingt durch
die Einwirkung saurer Flüssigkeiten, welche aus genosse-
nen Speisen und Getränken entstehen oder vom Magen se-
cemirt werden. Sie ist am häufigsten bei Säuglingen, in
deren Leichen sie bei warmer Jahreszeit zu den gewöhnli-
chen Erscheinungen gehört. Krankheiten scheinen keinen
constant prädisponirenden Einfluss auf die nach dem Tode
eintretende Erweichung zu haben.
Man findet bald die Schleimhaut allein erweicht, bald
auch die Muscularis und Serosa, so dass ein Fingerdruck
hinreicht, die Häute zu zerstören. Die Farbe ist bald un-
verändert, bald zeigt sich schwarze Färbung des Blutes in
den Gefässen oder, wenn bei Lebzeiten Hyperämie und
Hämorrhagie vorhanden war, schwarze Farbe der ganzen
erweichten Stelle. Selten zerfallen die Häute vollständig,
niemals hat man Perforation bei Lebzeiten beobachtet.
AbbUdung: Cruveilhier Livr. 4. PI, 2, Livr. 10. Pl.1,2. Hope
Fig. 132, 132. Carswell Fase. 5. T. 1, 2.
161
Der mageiiinhalt und die erbroeHenen RIafliseii.
Bei den meisten Magenkrankheiten ist der Kranke un-
fähig, feste Speisen zu gemessen und man findet daher in
der Leiche meist den Mageninhalt derselben flüssig, er be-
steht aus Wasser, aus durch die Magenflüssigkeiten mehr
oder weniger zersetzten Speisen, Pflanzenresten, Fettku-
geln , Stärkemehlkugeln u. s. w. , aus beigemischtem Schlei-
me, Exsudaten, Blut, Exebsmassen, je nach der Magen-
krankheit und enthält oft Pilze von der Natur der Hefen-
pilze in grosser Menge.
Der Schleim besteht aus amorpher zäher Masse, Cy-
linderepithelien und kleinen, rundlichen, einkernigen Zel-
len aus den Labdrüsen, welche bei Katarrh oft sehr zahl-
reich und vorwiegend sind. Dem Schleime im Erbroche-
nen sind grosse platte Pflasterepithelien aus der Speiseröhre
und dem Munde beigemischt.
Die Exsudate mischen sich so rasch mit Schleim
und Mageninhalt, dass sie selten darstellbar sind. Zuwei-
len findet man Exsudatzellen als Spuren ihrer Organisation.
Croupmembranen sind sehr selten. Bei Cholera reichliches,
wässeriges Exsudat mit beigemischten Schleimflocken.
Das Blut bildet entweder geronnene Klumpen oder ist
in den Mageninhalt gleichmässig vertheilt und färbt ihn roth ;
meist treten schnell Veränderungen des Hämatins ein, die
Blutkörperchen schwinden und es entstehen kleine, schwarze
Pigmentkörnchen, durch welche der Inhalt braun oder
schwarz gefärbt wird. Diese chokoladenfarbigen oder kaf-
feesatzartigen Massen finden sich im Magen und Erbroche-
nen bei allen Magenkrankheiten, welche mit öfteren Blutun-
gen in das Cavum verbunden sind.
Die Pilze, Gährungspilze , sind rundliche oder ovale
Zellen mit Kernen, welche seitlich sprossen und Fäden aus-
schicken. Sie kommen isolirt im Magen vor oder als Fort-
setzung der Soorpilze von Mundhöhle und Speiseröhre.
11
162
Eine merkwürdige Art Metamorphose derselben ist unter
dem Namen Sarcina bekannt. Durch fortwährende Thei-
lung des Kernes einer Pilzzelle und entsprechenden Ver-
grösserung derselben entstehen viereckige Körper mit An-
fangs 4, dann 16, 32, 64, 256, 512 Kernen,' nach deren
Zerfall die Kerne wieder frei werden (Taf. III, 17).
Ausser diesen Bestandtheilen findet man im Magenin-
halte und im Erbrochenen zuweilen Darminhalt : Galle, Chy-
mus, Fäcalstoffe, Spulwürmer, steinartige Concretionen.
Frösche, Eidechsen u. s. w, können wohl verschluckt
werden, aber bei der hohen Temperatur des Magens nicht
fortleben, daher alle Erzählungen der Aerzte über ein län-
geres Leben, Eierlegen dieser Thiere im Magen u.s.w. auf
Täuschungen beruhen.
*
5. Der Darmkanal.
Bildungflfeiaer*
Abnorme Kürze des ganzen Darms oder einzelner
Abtheilungen desselben, im höchsten Grade stellt er sich
als S-förmiger Schlauch zwischen Magen und After dar. —
Verengerungen kleinerer oder grösserer Darmpartieen
in solchen Graden, dass sie einer völligen Atresie gleich-
kommen. — Atresie findet sich meist am Dickdarm, als
Mangel des Colon oder des Rectum, partieller Mangel des
letzteren, indem bald mehr das obere, bald mehr das un-
tere Ende entwickelt, während das andere verschlossen ist;
der geringste Grad ist derjenige, in welchem nur die After-
mündung durch Haut verschlossen ist.
Kloakbildung, gemeinschaftliche Ausmündung des
Darms, der Harn- und G^schlechtstheile findet sich in ver-
schiedener Weise , selten münden diese TheUe in einen Si-
nus , der Allen in gleicher Weise gemeinschaftlich ist, meis
repräsentirt dieser Sinus die Scheide, die Urethra oder den
163
Mastdann. Man unterscheidet: Airesia ani tesicaÜM^ wenn
der Mastdarm in die Harnblase, At. ani ureikralU^ wenn
er in die Urethra, A, ani vaginalis^ wenn er in die Scheide
mündet. Seltner münden umgekehrt Harn- und Geschlechts-
theile in den Mastdarm. Ausser dieser Art der Kloakbil-
dung findet sich eine solche, die mit Bauch- oder Blasen-
spalte combinirt ist; im letzteren Falle bildet die prolabirte
hintere Blasenwand den Sinus, in welchem sich die Mün^-
düngen befinden, im ersteren finden sich die Oeffoungen
am unteren Ende eines alle Eingeweide der Bauchhöhle
enthaltenden Bruchsackes.
Darmspalte findet in doppelter Weise statt: bald
mündet das Ueum in einer am Nabel befindlichen Spalte
der Bauchwanduhgen , während das Colon fehlt oder man-
gelhaft gebUdet ist, der Eoth wird durch diese Spalte ent-
leert, welche aber meist insufficient ist, wesshalb bald Eoth-
anhäufung und Tod erfolgt, bald mündet ein ofibes Diver-
tikel in einer Bauchspalte nach Aussen, welches bald weit
ist und den Koth aufnimmt, bald eng ist. An diese Bil-
dung schliesst sich dann das geschlossene Divertikel, ein
hohler, aus allen Darmhäuten bestehender blindsackartiger
Anhang des Ueums, 1 — 4' von der Coecalklappe, als Ueber-
bleibsel des Ductus omphalo-mesenteticus. Er ist 5 — 6^^
lang, enger oder weiter als der Darm, konisch, cylindrisch
oder kolbig, entspringt vom convexen oder concaven Bande
des Darmes unter rechtem oder spitzem Winkel. Zuweilen
ist er durch Bindegewebe an die Bauchwand gelöthet und
wir^ dadurch Ursache innerer Einklemmungen. Zuweilen
bildet er den Inhalt einer Hernie.
Abbildg.: Meckel, Tab. an.-path. T. 21, 22.
Lage ausserhalb der Bauchhöhle; bei Spalten in der
Bauchhöhle: Bauch-, Nabelbruch, durch Eindringen
in natürliche Oeffiiungen: angeborener Leistenbruch;
durch Mangel eines Theils des Zwef-chfells Lage in der
11*
164
Brusthöhle: Hernia diaphragmaiit. Bei Situs
trantversus lagern auch die Därme entsprechend verkehrt,
das Coecum links, das S romanum rechts u. s. w.; gleich-*
zeitig liegt die Leber links, die Milz rechts, der Magen-
blindsack rechts, die linke Lunge ist dreilappig, die rechte
hat blos 2 Lappen, das Herz schlägt rechts an.
Clrweltenini^«
Die beträchtlichsten Erweiterungen finden sich in Darm-
stücken über yerengerten Stellen, die Muscularis ist selten
verdickt , meist sind alle Wände verdünnt oder normal dick.
Erweiterungen erfolgen femer durch lang fortgesetzte üeber-
füUung mit Eothmassen, insbesondere wenn diese Gasent-
wickelung befördern; durch Erschlaffung der Darmmuskeln
nach einem Stoss oder Schlag, nach Peritonitis, Typhus,
Dysenterie, Cholera, langwierigen Katarrhen.
Einseitige Erweiterungen sind die sogenannten fal-
schen Divertikel, bestehend in einer Ausstülpung der
Schleimhaut durch die Muscularis nach Aussen, mit Erhe-
bung des Bauchfells. Sie kommen hauptsächlich am Dick-
darme vor, bilden dort zitzenformige Anhängsel an der
convexen Seite von der Grösse einer Erbse bis zu der ei-
nes Hühnereies, welche mit Koth oder Concrementen gefüllt
sind. Am Dünndarm entstehen sie meist an der concaven
Wand und liegen zwischen den Gekrösplatten.
Abbildg.: Meck«l, Tab. an.-patb. T. 21. Fig. 9.
Terenyeninyen.
Das Lumen des Darmkanales kann verengert werden
durch Texturveränderungen der Wand (Stenosen), durch
Hypertrophie der Muscularis, Krebs, Narben, Adhäsionen;
— durch den Druck ausserhalb liegender Geschwülste; —
durch Veränderungen der Lage: Hernien, Invagination,
Zerrung; ferner werden ganze Stücken enger, sobald der
165
Durchgang von Kothmassen durch dieselben lange Zeit hin-
durch völlig oder theilweise verhindert ist.
üayeTer&nderan^eii.
1) Hernia, Bruch, Vorfall eines Theiles des Dar-
mes durch eine erweiterte, normale oder durch allmäligea
Auseinanderdrängen geschlossener Theile künstlich gebil-
dete, OeflFnung des Leibes mit Erweiterung des Torange-
schobenen Bauchfells (Peritoneum parietale) zu einem
Bruchsacke.
a) Hernia inguinalis congenita, der Darm
dringt in die Höhle des nicht verwachsenen Processus va-
ginalis peritonei, hat daher keinen besonderen Bruchsack
und kommt mit dem Hoden selbst in Berührung. (Der
Richtung nach ist er ein schiefer.)
b) N. inguinalis obliqua^ (erworbener) schiefer
Leistenbruch, der D^rm dringt durch die Bauchöfihung
des Leistenkanales (Fovea inguinalis externa, nach Aussen
von der die Arteria epigastrica einschliessenden Bauchfell-
falte: Plica epigastrica^ daher der Name äusserer Lei-
stenbruch), das Bauchfell vor sich her schiebend, in die-
sen ein und kommt durch die äussere oder Leistenmündung
desselben zum Vorschein.
c) H. inguinalis directa^ gerader Leisten-
bruch, der Darm dringt in die Fovea inguinalis interna
(nach Innen von der Plica epigastrica^ daher der Name
innerer Leistenbruch) ein, drängt das Bauchfell und
die Fascia transversa vor sich her, die übrigen betreffen-
den Theile der Bauchwände in der geraden Richtung von
hinten nach vom aus einander und gelangt in der Leisten-
mündung des Canalis inguinalis unter der Haut an.
d) H. cruralisy Schenkelbruch, der Darm drängt
das Bauchfell und das den Annulus cruralis (innere Mün-
dung de» Schenkelkanales) bedeckende Stück der Fascia
166
transversa (Septum transversum) vor sich her, dringt in den
Schenkelkanal ein, gelangt durch eine der erweiterten Lük-
ken der Fascia cribrosa^ welche dessen äussere Mündung,
die Fossa ovalis, bedeckt, nach Aussen unter die Haut,
oder hebt nur die Fascia cribrosa in die Höhe.
Zuweilen dringt der Darm mit dem Bauchfell durch
eine Lücke des Septum transversum ; der Bruch hat dann
keinen fibrösen Sack (Fascia proprio i^oo^,).
Zuweilen dringt der Darm nicht durch den Annuba
cruraliss sondern schiebt sich in die trichterförmige Erwei-
terung der Gefässscheide ein und ertiält, sie allm'älig yon
den Gefässen abziehend, yon dieser, statt vom Septum
transversum, seine fibröse Hülle.
e) U. umbilicalis, der Darm dringt durch den ei-
gentlichen Nabelring oder eine. Lücke der Bauchwand ne-
ben diesem.
f) H. abdominalis^ der Darm dringt durch eine
Lücke der Linea alba. .
g) H. ischiadica, der Darm dringt durch die Inci-
sura ischiadica major.
h) H. foraminis ovalis, der Darm dringt durch
das Foramen ovale.
i) H. diaphragmatica, der Darm dringt durch
eine angeborene oder erworbene Lücke des Zwerchfells.
k) A perinaealis, der Darm drängt sich mit dem
Peritoneum durch die von einander weichenden Fasern des
Levator ani und kommt meist an der rechten Seite unter
der Haut des Perinäums zum Vorschein.
2) Innere Einklemmung, Incarceratio, Siran-
gulatio interna y Lage Veränderung des Darmes inner-
halb der Bauchhöhle, wodurch das Lumen desselben an ei-
ner oder zwei Stellen geschlossen und der Fortgang der
Gontenta verhindert wird.
a) Die Einklemmung beruht auf dem Drucke eines,
167
meist bleibend mit Koth gefällten, Darmstückes oder des
Gekröses auf andere Darmstficken; der Vorgang wird ein-
geleitet durch angeborene ungünstige Lage des Colon, Sen-
kungen des Dünndarmes im hohen Alter , * Zerrung, des Ge-
kröses bei grossen Scrotalbrüchen. Meist lastet der Dünn-
darm auf dem Dickdarme.
b) Die Einklemmung beruht auf einer Achsendre-
hung und zwar,
a) hat sich der Darm um seine eigene Achse gedreht;
eine solche halbe Drehung ist am Colon ascendens und an
der Uebergangsstelle des Colon in das Rectum beobachtet
worden ;
ß) oder das Gekröse des Dünndarms bildet die Achse,
indem es sich konisch zusammendreht und den Darm nach-
zieht ;
y) oder ein Darmstück, z. B. eine Dünndarhischlinge,
das S romanum, Coecum, bildet die Achse, um welche sich
eine Darmschlinge mit ihrem Gekröse herumschlägt.
c) Die Einklemmung beruht auf der Bildung yon Lük-
ken, in welche der Darm hineinschlüpft. Am häufigsten
bilden Adhäsionen von Fäden, Pseudomembranen, Strängen
(nach Entzündung), die Von Darm zu Darm, zur Baudi-
wand oder anderen Organen gehen, solche Lücken und
diese Art der Einklemmung sind überhaupt die häufigsteh»
Seltener liegen zu Grunde : die Adhäsion eines währen
Divertikels an der Bauchwand, Adhäsionen des Coecums
oder Wurmfortsatzes, des Netzes, femer Löcher oder Spal-
ten im Gekröse und das Foramen Wimlowii. Zuweilen
erfolgt Einklemmung einer Darmschlinge oder des Netzes
in einem Einrisse des Uterus.
An dei: Stelle der Einklemmung erfolgt Stockung des
Blutlaufes , Entzündung des Darmes und Peritoneums, häu-
fig. Brand ; oberhalb der Stelle häufen sich Koth und Gase
an und der Darm wird enorm etweitert»
168
Das Lumen der Darmschlingen , weldie in einem 'Bru-
che liegen, kann leicht geschlossen werden, wenn sich in
denselben so viel Koth oder Gase anhäufen, dass der Bruch-
kanal oder die Bruchmündungen relatiy zu klein für den
Durchgang des Eothes werden; tritt dieser Zustand {Her-
nia incarcerata) ein, so treten im eingeklemmten Darm-
stücke dieselben Folgen ein, wie bei der inneren Einklem-
mung.
Abbild.: Frpriep, Chir. Kpft. T. 217, 343, 378. Cruveilhier
Liyr. 7. T. 6.
3) Inyaginatio, Intussusceptio, Darmein-
schiebung, Einschiebung oder Einstülpung eines grossen
oder kleinen Darmstückes und des dazu gehörigen Gekrö-
ses in die Höhle des auf dasselbe nach unten oder seltener
nach oben folgenden Darmstückes.
An der auf diese Weise entstandenen Masse unter-
scheidet man die Scheide, bestehend aus der äusser-
sten Schicht von dem in ihr enthaltenen Volvulus, der
aus dem eintretenden Rohr oder der innersten Schicht und
dem austretenden oder umgestülpten Bohre oder der mitt-
leren Schicht besteht; es berühren sich die Schleimhäute
der äussersten und mittleren Schicht, der Peritonealüber-
zug der mittleren und innersten Schicht, zwischen welche
auch das Gekröse zu liegen k:ommt. Das Gekröse ist
natürlich sehr gezerrt, zusammengefaltet und zieht den
VoIyuIus etwas nach seiner Seite und die Mündung dessel-
ben meist schief.
Die Inyagination findet sich am Dünn- und Dickdarme,
meist aber besteht sie in einer Einschiebung des Dünndar-
mes in den Dickdarm, nicht selten in der Art, dass man
die Mündung des Volvulus durch den Anus fühlen kann.
Die Bildung der Invagination geht so vor sich, dass
die Mündung des Volvulus den festen vorschreitenden
169
Punkt bildet^ während die Scheitle sich immer weit^ um-
stülpt.
Der erste Anfang des Eindringens eines Darmstttckes
ist schwer ^u erklären; wahrscheinlich ist, dass das ein-
dringende Darmstück enger , fester ist UQd seine peristal-
tischen Bewegungen kräftiger sind als die des weiteren,
schlafferen aufnehmenden Darmstückes, und dadurch erst
eine kleine Einstülpung, wohl meist begünstigt durch die
Lage, und aus dieser durch fortschreitende Senkung des
Volvulus oder weitere peristaltische Bewegungen eine voll-
ständige Inyagination geschieht. Für diese Art der Ent-
stehung spricht der Umstand, dass ihrer Bildung meist lang-
wierige Durchfälle vorausgehen, Darmkatarrhe eines Darm-
stückes, durch welches dasselbe weit und schlaff wird.
Die nächsten Folgen der Invagination sind Hemmung
des Blutlaufes in dem gezerrten Netze, Hyperämie und Ent-
zündung desselben, des Peritonealüberzuges des ein- und
austretenden Bohres und zuweilen des ganzen austretenden
Rohres oder der ganzen Masse. Die Entzündung kann sich
auch auf das benachbarte Peritoneum erstrecken, es können
massenhafte Exsudationen oder Brand einzelner Partieen
der Invagination eintreten. So lange das Lumen des ein-
tretenden Rohres frei bleibt, gehen noöh die Eothmassen
durch dasselbe fort, wenn auch langsam und beschwerlich;
durch die Entzündung und die dadurch hervorgebrachte
Greschwulst tritt aber öfters eine Einklemmung ein, das
Lumen wird an einer Stelle (insbesondere an der Eintritts-
stelle) geschlossen und es erfolgt Ileus. In allen diesen
Fällen erfolgt rasch der Tod.
Oft sterben die Kranken sehr langsam unter den Zei-
chen eines entsetzlichen Marasmus hin, die invaginirte Stelle
bleibt im Zustand der Hyperämie oder Entzündung , die
serösen Flächen werden an einander gelöthet, die Schleim-
haut sondert reichlichen Schleim ab, auch der übrige Darm
170
ist im Zustand des Katarjrhs , der Fortgang der Darmcon-
tenta geht sehr langsam vor sich, die Verdauung und Er-
nährung kommen immer mehr herunter , bis endlich yöllige
Atrophie und Tod erfolgt, oder eme plötzlich eintretende
Gasanhäufung u\ den Därmen durch Beengung der Respi-
ration dem Leben ein Ende macht.
In .einzelnen seltenen Fällen wurde der brandig gewor-
dene YoItuIus abgestossen und, da das eintretende Rohr an
der Eintrittsstelle mit der Scheide verwachsen war, das Lu-
men des Darmes wiederhergestellt und der Kranke geheilt.
Meist erliegt der Kranke aber trotz des Abstossens des gan-
zen oder einzelner Theile des Yolvulus.
In Leichen von Kranken, die schweren Himkrankhei-
ten unterlegen sind (z. B. Hydrocepkaltu actätts)^ findet
man zuweilen Invaginationen , welche gewiss erst kurz vor
dem Tode während der Agonie entstanden sind, d^i man
keine Hyperämie oder Entzündung an ihnen bemerkt und
sie sich leicht aus einander ziehen lassen.
Abb.: CruTeilhier Livr. 21. Pk 6, LiVr. 22. PI. 4—6. Fro-
riep, thir. Kpft. T. 382.
4) Prolapsus recti, ein Theü des durch chroni-
schen Katariii und habituelle Ueberfüllung erschlafften Rec-
trims wird beim Stuhlgang Anfangs als wulstiger Ring vor-
gestülpt, der nach ToUendetem Stuhlgang meit wieder zu-
räckgeht, und sich allmälig durch vermehrte Umstülpung
vergrössert. Der Prolapsus stellt sich dann als irothe, vio-
lette, runde oder längliche, am Anus stielförmig einge-
schnürte Geschwulst dar, in deren Mitte die Darmöfihüng,
resp. die Umslülpungsstelle , zu sehen ist. Die der Luft
und der Reibung ausgesetzte Schleimhaut ist entzündet und
angeschwollen, der ganze Prolapsus durch Stockung des
Blutlaufes in ihm blauroth. Die Kothentleerung geht durch
das prolabirte Rectum fort.
Der prolabif td Darih ist meist repönibel : selten ver-
171
wachsen die Häute und können nicht wieder zurückgescho-
ben werden. Der .Prolapsus kann ganz oder theil weise
durch Brand abgesiossen werden.
5) Einknickungen des Darmes werden bewurkt
durch Verwachsungen des Darmes mit der Bauchwand oder
anderen Theilen^ in der Art) dass er spitzwinkelig yerzo^
gen wird, oder durch Verwachsungen und Zusammendre-
hung des Gekröses, weiches den Darm nachzieht. In bei7
den Fällen wird das Lumen des Darmes yerengert und die
Fortbewegung der Contenta behindert.
HyperUmie. Hämorriiayle«
Beide kommen im Darmkanal unter denselben Verhält-
nissen vor wie im Magen, wie dort bewirkt die Hyperämie
an und für sich keine krankhaften Erscheinungen , und ist
die Hämorrhagie wichtiger durch die Folgen des Blut?^-
lustes als die mit ihr yerbundenen anatomischen Verände-
rungen.
Hypertrophie« Atrophie«
Massenzunahme aller Darmhäute findet sich in Darm-
stücken , welche lange im Zustande chronischer Entzündung
begriiFen waren, die sich, wie beim chronischen Magenka-
tarrh, yon der Schleimhaut allmälig über alle Häute ver-
breitete. '— Die Schleimhaut allein wird hypertrophisdi
beim dironischen Katarrh. Die Muscularis wird verdickt
oberhalb Strikturen in Folge der erhöhten Thätigkeit,^ und
bei chronischem Eatarrii.
Eine Verdünnung aller Häute ist meist Folge des all-
gemeinen Marasmus oder tritt ein nach langwierigen Ka-
tarrhen , nach Typhus. . Die Schleimhaut allein schwindet
nach manchen Diarrhöen. -^ Im höheren Alter ist ein
Schwund der Follikel und der Zotten beobachtet worden.
172
1. Katarrhalische Entzündung^.
Die katarrhalische Entzändung des Darmkanals stellt
sich unter zwei Formen dar:
a) die eine verläuft stets chronisch, es findet coplöse
Ausscheidung flüssigen Exsudates und vermehrte Zellenbil-
dung statt, die Schleimhaut und allmälig auch die übrigen
Darmhäute werden anämisch und atrophisch, ohne übrigens
in ihrer feinsten Textur verändert zu werden. Diese Form
konunt am häufigsten bei Kindern vor.
b) die andere Form verläuft acut und chronisch und
zeigt die Veränderungen, wie sie bei katarrhalischen Ma-
genentzündungen im Allgemeinen angegeben worden sind.
Die acute katarrhalische Darmentzündung ist charakte-
risirt durch lebhafte, allgemeine oder fleckige Injection, wel-
che oft in der Umgebung der Solitärdrüsen und Peyerschen
Drüsenhaufen am intensivsten ist, Vermehrung der Zellen-
bildung und Erweichung der Schleimhaut, die linsenförmi-
gen Drüsen sind meist angeschwollen. Sie geht in Heilung
über oder in chronische Entzündung.
Die chronische katarrhalische Darmentzündung ist cha-
rakterisirt. durch venöse Hyperämie, braune oder schiefer-
artige Färbung der Schleimhaut, mit oder ohne Schwellung
der Follikel. Die Muscularis ist schlaff, zuweilen aber
wird sie allmälig hypertrophisch, 3 — 4"' dick, bewirkt
Verengerung des Darms. Zuweilen bilden sich Schleimhaut-
polypen von derselben Beschaffenheit wie im Magen.
Ausser diesen Veränderungen finden sich bei Darmka-
tarrh nicht selten Geschwüre der Schleimhaut.
Als erste Anlagen der einfachen Schleimhautge-
schwüre bemerkt man Erosionen, d. h. Stellen, an
welchen neben gesteigerter Hyperämie und Exsudation ein
Schwund der Gewebe eingetreten ist; diese Erosionen wer-
den tiefer, breiter und erhalten dann den Habitus eines Ul-
173
cus. Die Geschwüre sind rundlich, länglich (meist in der
Querachse des Darmes gürtelförmig) oder ausgezackt; sie
stehen einzeln oder sind zusammengeflossen, finden sich
auch auf den Peyer'schen Plaques; ihre Basis bildet das
submucöse Zellgewebe, die Ränder die meist hyperämische
und geschwellte Schleimhaut, zuweilen sind sie unterminirt
und es bilden sich Hohlgänge von einem Geschwüre zum
anderen im submucösen Zellgewebe. Aus zerstörten Gefäs-
sen im Bereiche dieser Geschwüre erfolgen zuweilen be-
trächtliche Blutungen. Sie heilen unter Bildung einer fibrö>-
sen, meist schiefergrau gefärbten Narbe.
Neben diesen einfachen Geschwüren oder als einzige
Geschwürsform haben wir auch noch die Follikularge-
schwäre; sie entstehen durch Verschwärung der Lenticu-
lär- Follikel bei gesteigerter Exsudation in ihre Umgebung
und ihr Cävum, stellen sich dann als runde, erbsen- bis
bohnengrosse Geschwüre dar, mit injicirten erhabenen Bän-
dern und einer zottigen Basis. Durch fortschreitende Ver-
schwärung der Schleimhaut und durch Zusanunenfliessen
vieler Follikulargeschwüre entstehen oft ausgebreitete Zer-
störungen der Schleimhaut.
Die katarrhalische Entzündung kommt in jedem AHer
vor, sehr häufig und von besonderer Wichtigkeit ist sie
bei Neugeborenen und Säuglingen. Sie ist hier öf-
ters von ausgezeichneter Theilnahme der Lenticulärfollikel
begleitet, wesshalb von mehreren Autoren die Entzündung
der Follikel als Hauptsache hingestellt und die Entzündung
gewöhnlich Enteritis folliculosa genannt wird. Im
Dünndarm leidet die ganze Schleimhaut und unter den
Drüsen besonders die Peyer'schen Plaques , im Dickdarm
folgt sehr häufig eine Verschwärung der Lenticulärdrüsen
(s. unten). Der chronische Darmkatarrh der Säuglinge führt
oft allgemeine Atrophie und Tod herbei.
In den übrigen Altersstufen unterscheidet man:
174
1) Katarrh des ganzen Darmes, ist selten, fin-
det sich als selbstständiges Leiden und gehört dann sur er-
sten Form; femer als Theilerscheinung acuter allgemeiner
Krankheiten: Cholera, Peritonitis puerperarum, Exantheme*
2) Duodenitis oder Gastro-duodenitis, als acu-
ter und chronischer Katarrh , selten durch Diätfehler, Gal-
lensteine, Tielleicht auch durch eine abnorm beschaffene
Galle , durch Verbrennungen der Haut. Durch die Wul-
stung der Schleimhaut wird die Mündung des DucUu cho*
ledochtu verengt, dadurch oder durch einen auf die Gal-
lengänge fortgepflanzten Katarrh der Abfluss der Galle ver-
hindert und Icterus bewirkt.
3) Ileitis; katarrhalische Entzündung im Deum ist
hanfig bei Kindern und Erwachsenen , verläuft acut oder
chronisch, meist sind die LenticulärfoUikel geschwollen, zu-
weilen kommt es zu Geschvnirsbildungen ; sie bildet an und
für sich oder combinirt mit katarrhalischer Magenentzün-
dung die anatomische Grundlage der als gastrisches, Schleim-,
typhoides Fieber, Enteritis mucosa, Catarrhus intestinalis
bekannten Symptomencomplexe. Zuweilen tritt im Verlauf
des chronischen Katarrhs am Ende des Ileum starke Hy-
pertrophie des Muscularis und dadurch Stenose der Valv.
Bauhini ein.
4) Typhlitii stercoralis, isolirter Katarrh des
Goecum wird hervorgerufen durch Stagnation harter Koth-
massen, Kirschkerne u. s. w. im Goecum ; der Katarrh ver-
läuft chronisdi, durch den fortwährenden Beiz der fremden
Massen wird die Entzündung oft an einzelnen Stellen zu
einem höheren Grade gesteigert^ es entstehen Ulcerationen
der Schleimhaut, Eiterherde im submucösen Zellgewebe,
Hohlgänge und dadurch ausgebreitete Zerstörungen der Ge-
webe, durch gldchzeitige Peritonitis Adhäsionen mit der
Bauchwand und Faseia iliaca durch Pseudomembranen.
Die letzteren Vorgänge können chronisch verlaufen; sie
175
könpen als acute Exacerbation des chromschen Katarrhs
oder auch yon yom herein als acute Entzündung der Schleimr-
haut und des subnmcösen Zellgewebes auftreten. Bei acu-
tem Verlauf und ausgebreiteter Eiterbildung erfolgt leicht
Perforation der hinteren Darmwand, welche entweder eine
Entzündung und Yereiterung des Zellgewebes hinter d^n
Peritoneum,^ Eiter- und Jaucheherde in der Lendengegend
und jm Beckeneingang oder eine Entzündung des Pento-
neums selbst zur Folge hat. Bei chronischem Verlaufe er«*
folgt zuweilen Heilung; die Substanzverluste der Schleim-
haut und des submucösen Zellgewebes werden durch fibröse
Narben ersetzt, die B.este der Schleimhaut bleiben schiefer-
farbig gefärbt und das Coecum schrumpft ein.
Wir schliessen hier sogleich die sogenannte Perity-
phlitis ein, eine Entzündung des ZeUgewebes, mit wel-
chem die hintere Fläche des Coecum auf die Fascia iliaca
befestigt ist (wenn es kein eigenes Gekröse hat, welches
nach Bardeleben in der Regel vorhanden ist), des ZeU-
gewebes unter dem Peritoneum parietale der Umgegend des
Coecum oder des neugebildeten Zellgewebes, durch welches
das Coecum mit seiner Umgebung schon verwachsen ist
Diese Entzündung ist Folge der Typhlitis stercaralis (mit
oder ohne Perforation), oder sie ist eine primäre^ idiopa*
pathische, neben gleichzeitig in vielen anderen Zellgewebs-
partieen des Körpers vorkommenden Entzündungen« Es
bilden sich um das Coecum Eiter- und Jaucheherde. Zu-
weüen greift die Entzündung des Zellgewebes auf die Darm-
wände über, und dieselben werden perforirt, worauf Roth
austritt.
5) Ganz ähnliche Vorgänge haben wir im Proceisut
vermiformis; eme katarrhalische Entzündung desselben durch
d^ Beiz eingedrungenen und verhärteten Kothes, von Kirsch-
kernen u. s. w. ist nicht gar selten; nach langer Dauer des
Katarrhs entstehe auch hier Ulceratlonen , Eiterherde im
176
submuc&sen Zellgewebe und Perforation nebst Austritt des
Inhaltes in die Baucbhölüe, oder, wenn Verwachsungen mit
der Foicia iliaca vorhergegangen waren, in das Zellgewebe
unter dem Peritoneum; im ersten Falle folgt eine meist
tödtliche, allgemeine Peritonitis, im letzteren eine Entzün-
dung, Eiter- und Jauchebildung im genannten Zellgewebe,
welche sich nachträglich auf das Peritoneimi überpflanzen
kann. Erfolgt vor stattgefundener Perforation eine Entlee-
rung des fremden Körpers in den Darm, so kann Heilung
erfolgen; der Wurmfortsatz yerschrumpft dann und oblite-
rirt meist durch die sich kontrahirenden, fibrösen Narben.
6) Colitis, die katarrhalische Entzündung des Colon
ist häufig und tritt meist als selbstst'ändige Krankheitsform
.auf; sie verläuft meist chronisch, ist mit Ulcerationen der
Schleimhaut und der Lenticulardrüsen begleitet, hat zuwei-
len ausgedehnte oder partielle Hypertrophie der Musculari»
zur Folge , welche letztere Strictur des Darms bewirken
kann, oder es folgt Erschlaffung der Darmwände und ha-
bituelle Stagnation des Kothes.
Die Verschwärung der Solitar-Follikel des
Dickdarmes betrifft insbesondere Säuglinge und ältere
Kinder, doch findet sie sich auch bei Erwachsenen; sie
kann Jahre hindurch dauern, ausgebreitete Zerstörungen
des Darmes und Hämorrhagieen zur Folge haben und un-
ter Narbenbildung heilen.
7) Proctitis ist entweder Theilerscheinung der Coli-
tis oder auf das Rectum beschränkt; sie ist eine acute ka-
tarrhalische Entzündung nach Verwundungen^ durch den
Reiz fremder Körper, Würmer, nach heftigen Erkältungen
u. s. w.; häufiger eine chrom'sche, unter denselben Bedin-
gungen oder in Folge von Blutstockungen in der Schleim-
haut entstandene. Der chronische Katarrh ist charakteri-
sirt durch die reichliche Schleimabsonderung (Blennorhöe),
die allmälig erfolgende Hypertrophie oder in anderen Fäl-
177
len grosse Erschlaffung aller Häute und die gleichzeitigen
varicösen Anschwellungen der Mastdarmyenen. Meist fin-
den femer Ulcerationen statt, isolirte knotige oder poly-
penartige Verdickungen der Sdileimhaut, Verdickungen des
benachbarten ZeUgewebes. Die Geschwüre sind auf die
Schleimhaut beschränkt oder greifen auf das submucöse
Zellgewebe, über, selten erfolgen dann Eitergänge, Perfo-
ration der Muscularis und Entzündung des benachbarten
Zellgewebes ; bildet sich auch in diesen Eiter, perforirt die-
ser durch die Haut des Ferinäums, so entsteht eine Mast-
darmfistel. Die Hypertrophie der Muscularis ist zuwei-
len so bedeutend, dass sie an und für sich oder verbunden
mit den Verdickungen des Zellgewebes und der Schleim-
haut Stenose des Bectums bedingt.
Abbüdang: Hope Fig. 176. CruTeilbier Livr. 33. PL 1.
Zuweilen ist der Mastdarmkatarrh eine Folge von An-
steckung mit Tripperschleim, nach Rokitansky hat er,
über die ganze Schleimhaut verbreitet, allmäligen Schwund
derselben und ein Schrumpfen des Mastdarmrohres oder,
auf umschriebene Stellen beschränkt, ringförmige, callöse
Verdickung der Mastdarmhäute und Geschwürsbildung zur
Folge. Das Geschwür ist gürtelförmig, buchtig umrandet
und sitzt auf der callösen constringirenden Basis. An der
Aftermündung bilden sich meist Condylome.
An der Aftermündung finden sich auch Chanker, breite
und spitze syphilitische Condylome.
Die Periproctitis ist eine Entzündung des Zellge-
webes, durch welches das Bectum mit dem Os sacrum und
den benachbarten Eingeweiden verbunden ist, sie entsteht
in Folge eines chronischen Katarrhs oder ate primäre Er-
krankung, im letzteren Falle als Theilerscheinung einer
acuten und verbreiteten Eiterbildung des Zellgewebes auch
an anderea Orten , oder als Folge einer isolirten Entzün-
dung und Vereiterung , insbesondere nach Erkältung. Die
12
178
*eot6 Yereiteruiig breitet sich meist rasch ansj geht auf das
ZeUgewebe im Becken Ober, bewirkt grosse Abscesse mid
Perforationen des Bectoms, der Haut, des Peritoneums,
oder der Blase, Scheide. Die chronische Eiterung bleibt
entweder auf einen kleinen Raum beschränkt, der Eiter
perforirt die Haut (äussere incomplete Mastdarmfistd) oder
das Rectum (innere incomplete Mastdarmfistel) oder beide als
eomplete Mastdarmfistel, oder sie breitet sich aus und hat
die gleichen Folgen als die acute Eiterung.
2. Croupöse und diphtheritische Entzfindang.
Als selbstständige Entzündung sehr selten, auf kleine
Strecken beschränkt, meist als Ausdruck der höchsten Stei-
gerung einer katarrhalischen Enteritis, welche durch lokale
Reize: angehäufte und rerhärteteEothmassen, Würmerhau-
fen, fremde Körper, Incarcerationen hervorgerufen wurde.
Die Schleimhaut ist in diesen Fällen im höchsten Grade
der Hyperämie, hochroth oder dunkelblauroth gefärbt, auf
ihrer freien Fläche oder noch in ihrem Gewebe lagern gel-
be, käsige, fetzige Exsudate, nach deren Abstossen die
meist blutende und sehr weiche^ zottige Schleimhaut bios-
gelegt und verdickt erscheint. Im höchsten Grade stösst
sich ein Stück der Schleimhaut mit dem diphtheritischen
Exsudate als weisser Brandschorf ab.
Bei Kindern jeden Alters findet sich diese Entzündung
insbesondere im Colon ohne nachweisbare lokale Ursachen
spontan oder als Theilerscheinung der Pyämie. Nicht sel-
ten sind bei Cholera, Typhus, Puerperalfieber, Pyämie ausge-
breitete croupöse oder diphtheritische Exsudate auf der
Schleimhaut des Ileum und Colon zu finden (s. unten).
3. Entxüadans dos sabmacösen Zellgewebes.
Als primitive, fielbstirtSndige Erkrankung sehr selten,
179
es bildet sich Eiter ^ der durch die Schleimhaut oder dag
Peritoneum perforirt.
Häufiger ist eine von der Schleimhaut auf das submu*
cdse Zellgewebe fortgesetzte Entzündung, die auf kleine
Strecken beschränkt und durch lokale Reize entstanden ist
(Typhlitis u. s. w.); das Darmstfick ist hoch gerdäiet|
Schleimhaut und submucöses Zellgewebe sehr angeschwollen
und weich, meist erfolgt im letzteren bald Eiterung.
Bei allen Darmentzündungen sind die Mesenterial-
drüsen mitleidend, indem sie bei leichten Entzündungen
massig, oft kaum merklich, bei stärkeren mehr, zuweilen
in einem hohen Grade anschwellen, Hyperämie und serSso
Exsudation zeigen (s. Krankheiten der Lymphdrüsen).
4. Dit Darmentzün^nnf^en bei miasmatisekeii Krtak-
li e i t e n.
A. Dysenterie^ Ruhr.
Die Ruhr ist eine eigenthümliche , epidemisdi und en-»
demisch, seltener sporadisch vorkommende Entzündung <fa)r
Dickdarmschleimhaut.
Die Entzündung ist ihrer Intensität nach verschieden.
Beim leichtesten Grade findet man an einzelnen Stellen,
meist auf den Falten, Hyperämie, Röthung und Schwellung
der Schleimhaut, die letztere ist weich, serös infiltrirt, mat^
schig, leicht blutend, die Epithelialschicht verdickt, weidi,
als schmutziger Brei an einzelnen Stellen (bläschenartig)
angehäuft, an anderen schon abgestossen. Das submueSse
Zellgewebe massig hyperämisch und infiltrirt. Zuweilen mS
das Epithelium zu kleinen, eine meist klare Serosität ent*
haltenden Bläschen erhoben sein. Darminhalt: dünne Fl-
calmassen und weisse, flockige Flüssigkeit.
Beim höheren Grade und weiterer Ausbreitung der Ent»
Zündung ist die Schleimhaut der betroffenen Stellen gans
erweidit, bfldet eine missfarbige , sulzige Masse, ist mit
12*
180
Ecchymosen durchsetzt und zeigt frQher oder später croa^
pöse oder diphtheritische Exsudate; ihre Solitarfollikel sind
geschwollen und vereitern zuweilen. Das submucöse Zell-
gewebe ist sehr hyperämisch und stark serös infiltrirt, da-
her sich der Darm an den betroffenen Stellen als flache
oder schärfer prominirende Knoten erhebt, zwischen wel-
chen die Reste der relatiy gesunden Schleimhaut liegen.
Der Dann ist erschlafft und weit, ausgedehnt durch Gase^
enthält eine aus Exsudat, Epithelien, Blut und Fäcalmas-
sen zusammengesetzte Flüssigkeit.
Bei fortschreitender Entzündung bleibt kein Stück der
Schleimhaut mehr frei, die schon ergriffenen Partieen treten
noch mehr knotig hervor, ihre erweichte Schleimhaut zer-
fällt oder geht mit den diphtheritischen Exsudaten als Schorl
zu Grunde, wodurch das blutende, zottige, submucöse Zell-
gewebe blossgelegt wird; ihre Follikel sind in Verschwä-
rung begriffen, die bis dahin noch freie Schleimhaut zeigt
die niederen Grade der Entzündung. Der Darminhalt ist
eine aus verjauchenden Exsudaten, abgestossener Schleim-
haut, Blut und Fäces bestehende dunkle, käsige Flüssigkeit.
In den höchsten Graden tritt Brand der Schleimhaut
ein, sie wird als schwarze, zottige oder röhrige Masse ab-
gestossen, nebst einzelnen Fetzen des submucösen Zellge-
webes, alle Gefässe sind strotzend mit blaurpthem oder
schwarzem Blute gefüllt, im submucösen Zellgewebe Eiter-
und Jaucheherde. Die Muscularis serös infiltrirt oder
schlaff, bleich. Der Darminhalt ist eine schwarzbraune,
gangränös riechende Masse.
Die zugehörigen Mesenterialdrüsen sind hyperämisch
und infiltrirt. Der Peritonealüberzug zeigt entweder Mos
einige dendritische Injectionen oder er ist durch Exsudat
getrübt und vedickt.
Die hödisten Grade der Entzündung finden sich meist
181
im Rectum. Selten zeigt das untere Ende des Ileum Spu-
ren von Entzündung.
Die Entzündung durchläuft entweder alle die genann-
ten Grade oder sie geht auf einem niederen derselben in
Heilung über, der Ausgang ist oft ein tödtlicher, der Ver-
lauf acut.
Nach völligem Nachlasse der katarrhalischen Entzün-
dung ersetzt sich die Epithelialschicht leicht; wenn schon
die Schleimhaut zerstört ist , so ersetzt sich diese nicht wie-
der, es bildet sich fibröses Narbengewebe, welches sich
meist stark contrahirt; je nach der Ausdehnung und Inten-
sität der vorausgegangenen Zerstörung hat man dann flache,
glatte, wie seröse Haut aussehende SteUen, oder narben-
artig vorspringende , mit Inseln oder grösseren Strecken der
vollständig geheilten oder gar nicht entzündet gewesenen
Schleimhaut dazwischen. Bei grossen Substanzverlusten bil-
det das fibröse Narbengewebe harte Falten und Leisten, die
das Darmlumen als Stricturen verengen.
Zuweilen ist die Heilung noch unvollständiger, die Ge-
schwüre, sowohl einfache als follikuläre, bleiben und grei-
fen wohl auch allmälig um sich, es schreitet die Eiterung
im submucösen Zellgewebe fort, es bilden sich neue Eiter-
herde, Hohlgänge unter den Resten der Schleimhaut, in
der Muscularis, an diesen Stellen lebhaftere Peritonitis mit
Exsudaten, die meist zu Bindegewebe organisiren und Ad-
häsionen bewirken; die Schleimhaut bleibt im Zustande des
chronischen Katarrhes, die Darmhäute werden nach und
nach missfarbig, schiefergrau, die FoUikel geschwellt und
ulcerirend. Selten sind Perforationen des Bauchfells und
darauf folgende aUgemeine Peritonitis oder Perforationen
der Wand des Rectum mit folgender Periproctitis.
Nicht selten finden sich neben Dysenterie, besonders
in südlichen Ländern, sekundäre Leberabscesse.
Abb.: CraveilhierL.38.PL3.L.40.P1.5. OlugelS.Lfg.T.l— 3.
182
B. Typhus.
Die Veränderungen im Dannkanale bei Typhm extm-
ikeKHiHcuB sind ein akuter Katarrtl des Dünndarms mit
leichter Schwellung der Dräsen, bei Abdominaltyphus sind
et folgende:
Im Anfange sieht man die Erscheinungen eines akuten
Katarrhs der Schleimhaut (s. oben), oft mit beträchtlicher
Hyperämie , die Solitardräsen , die Peyer'schen Plaques und
die Mesenterialdräsen sind massig angesdiwoUen.
Später sind die Solitärdrüsen und Peyer'schen Plaques
stark iiyicirt) durdi vermehrte Zellenbildüng stark ange-
schwollen und ragen als Knotehen oder oyale Platten über
das Niveau der Schleimhaut hervor. Anfangs sind die ange-
schwollenen Solitärfollikel und Peyer'schen Dräsenhauf»
weisslichgrau gefärbt und weidi, saftig, später tritt oft par-
tielle, selten allgemeine Atrophie, Yertrocknung derselben
dn und die so veränderten Theile werden gelbfichbraun,
trocken, stellen sich dann als braune Schorfe dar. Dodi kann
HeQung oder Tod erfolgen, ehe Schorfbildung eintritt
Die Mesenterialdräsen schwellen ^dchseitig durch ver-
mehrte Zellenbildung an, erscheinen blauroth injidrt, ihre
Sehnittl^he ist saftig, auch in ihnen tritt xuweilen durch
Atrophie und Yerschrumpfung der Zellen Bildung von gelb-
Ikh - bräunlichen , trocknen Stellen ein. Die Schleimhaut
zwisdien den geschwellten Follikeln ist, ausser im Zustande
4es Katarrhs, zuweilen hyperämisch und selbst mit Ecdiy-
mosen durchsetzt
Erfolgt in dieser Zeit weder Heilung noch Tod, so tritt
meist Abstossung der Schorfe ein.
ümfassten die Schorfe die Schleimhaut in einer grösse-
ren Tiefe, so ist nach ihrer Entfernung der Substanzvar-
lust beträchtlicher; die Solitärfollikel werden m runden,
tiefen Geschwüren, die Peyer'sehen Plaques werden zu
grossen, UH^idien Gew^würra, dder wmn die Schorfe
183
nur an einzelnen Stellen derselben sassen, bilden sieb nur
an diesen Geschwüre, während der übrige Plaque zur Norm
zurückkehrt. Die Lage der Geschwüre entspricht der Lage
der Drüsen; die aus Solitärdrüsen entstandenen sind zer-
streut, die auf Peyer^schen Plaques liegen der Mesenterial-
anheftung des Darmes gegenüber, mit ihrer Längenachse
der des Darmes entsprechend. Da sich femer am Ende
des Deum die meisten Peyer'schen Drttsenhaufen befinden^
sieht man dort auch die meisten Geschwüre.
Die Basis dieser Geschwüre bildet bald das submucöse
Zellgewebe, bald die Muscularis; im letzteren Falle sind
die Bänder scharf abgeschnitten und die Basis völlig glatt.
Die Form der Geschwüre ist rund oder oval, durch Zu-
sammenfliessen mehrerer werden sie buchtig und gezackt.
In der Begel findet man in einem Dünndarm alle ge-
nannten Veränderungen und zwar yon oben nach unten ge-
hend in immer höherer AusbUdung; am Ende des Jejunmia
und Anfang des Deum massig geschwollene SolitärdrüseOi
dann folgen stark prominirende Solitärdrüsen und Plaques,
hie und da ein Sdiorf auf einer Solitärdrüse • oder diese
schon in ein Ulcus yerwandelt; weiter nach dem Goecum
zu zahlreiche Schorfe auf Solitärdrüsen und Plaques; end-
lich am Ende des Ueum ausgebUdete Geschwüre. Die Ent-
zündung tritt also am ersten und intensivsten im unteren
Dritttheü des Deum auf.
Die Geschwüre heilen durch Neubildung einer Zfurten
Schicht von Bindegewebe, welches wie ein seröses Häut-
chen die Basis überzieht und mit den Schleimhauträndem
ein Continuutn bUdet. Diese flachen Narben bilden seichte
Depressionen in der Schleimhaut, niemals Strikturen; die
Schleimhaut wird nie vollständig ersetzt, die Neubildung
von «chlauchförmigen oder lenticulären Drusw ist noch nicht
beobachtet worden. (Nur Gluge will die Neubildung von
Zotten und schlauchförmigen Drüsen beobachtet haben»)
IM
Die Gekrösdriisen . welche den hßchsten Grad der
Schwellung während der SchorfbQdung erreichten, nehmen
Ton da an allmälig wieder an Grösse ab, doch bleiben sie
meist noch lauge Zeit grosser und blutreicher. Die Drüse
kehrt ToUig zur Norm zurück, zuweilen ist das Drüsen-
gewebe atrophisch geworden und wird resorbirt und statt
der Drüse bleibt dann ein kleiner, lederartiger« schiefer-
grauer Körper zurück. Höchst selten erfolgt Erweichimg
und Aufbrechen nach Aussen.
Von diesem gewöhnliehen Verlaufe giebt es zahlreiche
Abweichuneen : hierher eehören: die seltenen Perforationen
der Geschwüre durch das Bauchfell in Folge einer fortge-
setzten Yerschorfung des submucösen Zellgewebes und der
Musculasis, die dadurch bewirkte Peritonitis ist sehr akaty
liefert massenhafte, an Serum und Faserstoff reiche Exsu-
date; zuweUen erfolgt vor der Perforation eine Verklebung
der bedrohten Stelle durch Adhäsion einer Darmschlinge,
doch bleibt trotzdem die alleemeine Peritonitis selten aus«
Eine andere Abweichung ist die äusserst langsame Hei-
lung der Geschwüre , indem sie offen bleiben, eine eiternde,
grauliche Basis zeigen und an den ßändem sogar um sich
greifen; man findet dann das untere Ende des Deum fast
ganz mit flachen, unregelmässigen Geschwüren bedeckt,
welche zwischen sich gesunde Schleimhautinseln haben. Die
Heilung erfolgt später ebenfalls durch flache Narben.
Sehr selten ist Eiterbildung in den Darm- und Mesen-
terialdrüsen beobachtet worden. Ebenso selten stösst sich
der Schorf als schwarze eaneränöse Masse ab.
Während in der Regel nur das Deum und höchstens
das untere Ende des Jejunum leidet, finden sich zuweilen
auch im Colon starke Anschwellung der SolitärfoUikel mid
katarrhalische Entzündung der Schleimhaut. In Fällen, in
welchen das Drüsenleiden sehr entwickelt ist, findet man
die Schleimhaut des Dünn- imd Dickdarms zuweilen wie
185
mit harten , gelben Pusteln übersäet j daneben beträchtliche
Schwellung der Mesenterialdrüsen. Schorfbildung und Ge-
schwüre im Colon sind sehr selten.
In anderen Fällen kann die Exsudation in den Dann-
drüsen .sehr gering sein, so dass sie kaum den Grad über-
schreitet, der sich bei allen Intestinalkatarrhen findet.
Nicht selten sind beträchtliche Hyperämieen, starke In-
jectionen, Ecchymosen der Schleimhaut und Blutungen in
die Darmhöhle. Die Geschwüre selbst geben selten Anlass
zu grösseren Blutungen.
Neben dem allgemeinen Katarrhe der Schleimhaut und
der Affection der Follikel finden sich zuweilen an einzelnen
Stellen sehr intensiye, croupöse und diphtheritische Entzün-
dungen, insbesondere im Dickdarm.
Die übrigen Veränderungen, welche das Typhusmiasma
hervorbringt und die wir an der Leiche neben der Darm-
aifecktion finden, sind: Anschwellung der MOz, Katarrh
des Magens und venöse Hyperämieen seines Blindsackes,
Katarrh der Laryngeal- und Bronchialschleimhaut, starke
Lungenhyperämie, Hyperämie der Gefässe des Hirns und
Rückenmarks. Seltene Complicationen sind: croupöse Ex-
sudationen auf den Schleimhäuten (Larynx, Pharynx, Oeso-
phagus, Magen, Harnblase, Vagina) und serösen Häuten,
Abscesse im Zellgewebe, Entzündung und Vereiterung der
Parotis, brandiges Absterben einzelner Theile, Noma, Er-
weichung des Magens und Oesophagus.
Das Exanthem ist an der Leiche selten zu sehen, häu-
figer sieht man noch Petechien, als kleine blutrothe Flecken.
Der Verlauf des Typhus ist akut, die DarmafTection
bedarf zu ihrer Ausbildung und Heilung eine sehr verschie-
dene Zeit , die AnschweUung der Follikel ist meist am Ende
der ersten Woche vollendet, darauf kann in den nächsten
Wochen Resorption oder Schorf- und Geschwürbildung er-
186
folgen; die Hellung der Geschwüre erfordert meist 3 — 4
Wochen.
Bei Säuglingen und bei Kindeni im ersten Lebensjahre
überhaupt kommt der Typhus nicht oder nur sehr selten
Tor^ auch ist er noch bis zum 5. Jahre selten, h's^ufig ist
er vom 18. bis 30. Jahre , dann wird er selten und kommt
im hohen Alter nur sehr selten yor. Männer werden häu-
figer befallen als Weiber. Meist tritt er epidemisch, häufig
endemisch auf, selten sind sporadische Fälle.
Manche Zustände scheinen den Körper gegen die Ein-
wirkimg des Miasmas zu schützen: die späteren Monate
der Schwangerschaft, ausgebildete Lungentuberkeln , chroni-
sche Magenkrankheiten, Hautausschläge und Greschwüre,
Herzfehler, Krebs, doch ist dieser Schutz in Betreff der
häufigen Ausnahmen ein unvollkommener.
CruTeilhier L{?r. 7. T. 1 — 4. Lhr. 38. PI. 2. Hope Figr.
136 — 140, 148. Carswell Fase. 11. T. 4. GlttgCi Atlas d. path.
Anat. 14. L%. T. 1, 2. 21. Lfg. T. 4.
C. Cholera asiatica.
Die Erscheinungen am Darmkanal sind folgende:
Die Schleimhaut des Dünndarms ist meist rosenroth
gefärbt durch gleichmässige Hyperämie der kleineren Venen,
die vom Duodenum nach dem Coecum hin an Stärke zu-
nimmt, im Dickdarm nur stellenweise Torhanden ist; neben
dieser eine intensivere capillare Hyperämie und dadurch
hochrothe Färbung kleinerer oder grösserer Stellen, meist
gleichzeitig Ecchymosen. Die Schleimhaut ist durch serö-
ses Exsudat infiltrirt, die Falten sind geschwollen, die Zot-
ten strotzend, der Epithelialüberzug abgestossen und auf
der Oberfläche eine lebhafte Zellenbildung; der Darm ent-
hält einen Theil des serösen Exsudats mit Schleimfiocken
gemischt (Beisswasserstühle), zuweilen audi ausgetretenes
Blut mit dem Exsudate gemischt. Zuweilen tritt Erwei-
187
«hang und ZerfaU der Schleimhaut ein oder es bilden sich
an einzelnen Stellen diphtheritische Schorfe, nach dertn
Zerfalf ulceröse Substanzverluste der Schleimhaut bleiben.
Die Solitärdrüsen und Peyer'schen Drüsenhaufen des
Dünndarms nehmen immer Theil, die Lenticulärfollikel sind
geschwellt und öfihen sich auch zuweilen, zuweilen ist diese
Drüsenaffection ähnlich der typhösen, und die nach Zerfall
der Drüsen entstehenden Geschwüre haben viel Aehnlichkeit
mit den typhösen.
Die Mesenterialdrüsen sind meist stark geschwollen,
grauröthlich und hyperämisch oder weiss, weissgelblich.
Das Peritoneum ist mit einem dickflüssigen, schmieri-
gen Exsudate bedeckt.
Der Magen zeigt ähnliche Hyperämieen wie der Darm,
seine Schleimhaut ist geschwollen, mit einer dicken Lage
zähen Schleimes bedeckt ; zuweilen finden auch hier Blu-
tungen in der Schleimhaut oder der Magenhöhle statt.
Die übrigen gewöhnlichen Veränderungen an der Gho-
leraleiche sind kurz folgende: Im Pharynx und. Oeso-
phagus öfters Hyperämie, zuweilen diphtheritische Exsu-
date und Geschwüre^ Die Milz wird bald vergrössert,
bald normal gefunden, die Leber ohne eigenthümliche Ver-
änderung, die Gallenblase meist strotzend mit Galle ge-
füllt, die Galle selbst ist normal; zuweilen Katarrh der
Schleimhaut der Gallenblase und der grösseren Gallengänge,
selten Hyperämieen und diphteritische Exsudate in dersel-
ben. Die Nieren sind hyperämisdi, in den Hamkanäl-
chen und zwischen denselben amorphes Exsudat : M. Brigh-
tü, das Nierenbecken hyperämisch und im Zustande des
Katarrhs, die Harnblase ist meist leer, ihre Schleim-
haut katarrhalisch afficirt. In der Schleimhaut der Uterus
und der Vagina constant Hyperämie und Katarrh, in der
letzteren zuweilen diphtheritisdie Exsudate und Geschwüre.
Die Lungen sind meist coUabirt, blutleer, zuweilen finden
188
•ich hämorrhagische Infarcte in ihnen. Bronchialschleim-
haut oft hyperämisch. Im Pericardimn und der Pleura fin-
den sich kleine Extrayasate. Das Herz zeigt keine Yer*
änderung, im rechten Ventrikel viel dunkle Blutklumpen
mit Faserstoffgerinnseln; das Blut ist arm an Wasser,
arm an Blutkörperchen und Faserstoff, enthalt Harnstoff«
Die grossen yenösen Ge fasse sind strotzend mit Blut ge-
füllt, die Arterien und Capillaren sind leer. Die Haut ist
schmutzig - liyid , reich an blauen Flecken; das Boseola-
exanthem ist an der Leiche nicht mehr zu sehen. Die Ve-
nen der Hirn- und Rückenmarkshäute meist stroz-
zend gefüllt, häufig Oedem der Pia mater, das Hirn- und
Blickenmark normal.
Die sporadische Cholera hat in ihrer ganzen Er-
scheinung yiel Aehnlichkeit mit der Cholera, doch fehlt es
an anatomischen Untersuchungen des Darmes; es mussnoch
dahin gestellt bleiben, ob sie mit der Cholera asiatica iden-
tisch ist und also zu ihr in demselben Verhältnisse steht,
wie der sporadische Typhus zum epidemischen, oder ob es
eine einfache Lokälaffection des Darmes ist.
Abb.! Cruveilhier Li?r. 14. T. 1—5. Gluge, AUas d. p. A.
72. L%. T. 1.
D. Exantheme und andere akute Krankheiten.
Das Darmleiden, welches sich ziemlich constant bei
allen Exanthemen findet, ist ein Katarrh der Schleimhaut
mit Schwellung der Follikel. Dieselbe Affection findet sich
zuweilen bei Erysipelas, akuten Gelenkentzündungen, Pneur
monieen, Pleuresieen, Hydrocephalus acuäu und anderen
akuten Krankheiten. Die Anschwellung der Follikel ist
yorübergehend , das Exsudat ist sparsam, flüssig oder halb-
fest, niemals findet eine Schorf- und Geschwürsbildung
statt.
189
Brand« pSrweicIiunff«
Brand des Darmes kommt meist nur bei Einklemmuh-
gen der Hernien und inneren Strangulationen vor, die
Darmwände sind intensiv roth gefärbt , später blau und
schwarz, das Blut in den Venen ebenfalls schwarz; häufig
sind daneben entzündliche Infiltration und diphtheritische
Exsudationen (Brandschorf). Bei Typhus und bei Darment-
zündungen der Neugeborenen hat man ebenfalls brandiges
Absterben einzelner Stellen der Schleimhaut beobachtet.
Am Dünndarm kommt gleichzeitig mit der Magener-
weichung oder auch ohne diese eine der letzteren vollkom-
men analoge Erweichung der Darmwände zu einer sulzigen,
gallertigen, graulichen oder schwarzen Masse vor. Sie fin-
det sich meist bei Säuglingen und beruht wohl auf ähnli-
chen Vorgängen wie die Magenerweichung.
•
Patholoi^lselie STeuliUiliiiiffeii«
Neubildung von Bindegewebe ist häufig in den
Narben der verschiedenen Geschwüre; kleine, platte, erb-
sengrosse Fibroide finden sich zuweilen im submucösen
ZeUgewebe.
Neubildung von Fettbindegewebe ist selten;
wir sehen es in Form kleiner Lipome, welche vom submu-
cösen Zellgewebe aus bald in die Darmhöhle, bald nach
Aussen ragen.
In polypenförmigen Hjpertrophieen der Schleimhaut,
insbesondere im Rectum, erweitern sich zuweilen die klei-
neren Gefässe zu einer Art Telangiectasie.
Wie im Magen, so finden sich auch im Darmkanal
polypenartige Geschwülste, die durch Hypertrophie der
schlauchförmigen Drüsen bedingt sind.
Femer finden sich auch hier, insbesondere häufig im
Mastdarm, polypenartige Papillargeschwülste, die
zuweilen später der Sitz von Krebsbildung werden können.
190
Pigmentbildun; ist häufig, da Hyperämieen , £c-
ehymosen und miC Hyperämieen verbundene Katarrhe häufig
sind. Das Pigment besteht in kleinen schwarzen Kömcheni
welches sich im Gewebe der Zotten, zwischen den schlauch-
förmigen Drüsen und unter dem Epithelium zwischen den
Zotten befindet. Es verursacht eine lichtgraue/ schiefer-
graue j zuweilen ganz schwarze Farbe ; die Farbe ist gleidb-
massig vertheilt oder in Stippchen- und Streifenform.
Concretionen (sogenannte falsche Yerknöcherungen)
sind im Gewebe des Darmes sehr selten und finden sich im
Gewebe der Narben und Fibroide, im Eiter der Hohlgänge
zwischen den Darmhäuten, als verkreidete Tuberkel und
peritoneales Exsudat; häufiger sind sie im Darminhalt ab
sogenannte Darmsteine. Diese sind erbsen- bis tauben-
eigross, rund, oval oder viereckig, bestehen aus concentri-
schen Schichten verhärteten Kothes und Schleimes, in wel-
chem Kalksalze frei geworden sind. Sie liegen frei in ei-
ner ausgebuchteten Stelle oder sind durch lockere, zottige
Adhäsionen mit der Darmwand verbunden; im letzteren
Falle ist die Schleimhaut da, wo sie liegen, zerstört oder
im Zustande der Yerschwärung. Im Processus vermiformis
geben sie Anlass zu Yerschwärung und Perforation.
Krebs findet sich meist im Dickdarm, und zwar vor-
zugsweise im Rectum. Der Mastdarmkrebs ist meist
Alveolarkrebs; derselbe entwickelt sich stets primär in
der Schleimhaut, verbreitet sich von da auf die übrigen
Häute, während das Zellgewebe um das Rectum sich stark
verdickt. Die Entartung betrifft bald das ganze Rectum,
bald nur die untere Partie desselben, und ist dann scharf
begrenzt. Meist sind die benachbarten Lymphdrüsen und
das Peritoneum ebenfalls entartet. Das Lumen des Darms
wird beengt, der Fortgang der Kothmassen behindert, der
Tod erfolgt durch allmälige Erschttpftmg oder Heus.
D^ Markschwamffi and ScirthUB des Mastdarms
191
' entwickeln sich ebenfalls primär oder sind yom Uterus oder
der Harnblase aus fortgesetzt. Im letzteren Falle werden
durch Zerfall des Carcinoms zuweilen perforative Commu-
nicationen zwischen Mastdarm und den genannten Theilen
bewirkt. Sie finden sich gleichmässig yorbreitet oder in
Knotenform.
Sehr selten findet sich im Rectum Epithelialkrebs.
Im übrigen Dickdarm ist der Krebs am häufigsten am
S romanam^ entwickelt sich daselbst in^ Knotenform oder
in gleichmässiger Masse ringförmig um den Darm^ es ist
meist Markschwamm oder Scirrhus^ bewirkt Verengerung
des Lumens, Strictur. In seiner Umgebung finden sich
peritoneale Adhäsionen und Pseudomembranen. Ueber der
yerengten Stelle erweitert sich der Darm mit Hypertrophie
oder Erschlaffung seiner Wandungen, Koth und Gase häu-
fen sich immer mehr an und endlich folgt Dens. Zuweilen
perforirt der Darm durch , Zerfall des Carcinoms, der Darm-
inhalt tritt in die Bauchhöhle, oder in das umgebende Zell-
gewebe , worauf ausgedehnte Verjauchung desselben eintritt,
oder in ein fest adhärentes Darmstück. Zuweilen erfolgt
akute Peritonitis in der Umgebung des Carcinoms, die durch
ihre Verbreitung auf das ganze Peritoneum tödtlich wird.
Im Dünndarm kommen krebsige Stricturen in dersel-
ben Weise sehr selten vor.
Abbildung^en : Cruyeilhier Livr. 25. PI. 3. Li?r. 26. PI. 6.
Li?r. 33. PL 1. Carswell Fas€. 11. PL 4. Fase. 2. PL 3. Bail-
lia Fase 4. PL 4.
Tulierkel.
Tuberkel sind in der Darmschleimhaut häufig, sie
konunen bei Kindern primiti? meist mit gleichzeitig ausge-
bildeter Tuberkulose der Mesenterialdrüsen vor, meist aber
bei Kindern und Erwachsenen in Bereitung oder nach yor-
herg^heuder Tuberimlose 4ef Lungen.
192
Die Tuberkelbildung geht vorzugsweise in den Lenti-
culärfollikeln vor sich.
Die Tuberkel bilden Anfangs grauliche, später gelbe
käsige Knötchen, die einzeln oder in Gruppen zusammen-
sitzen, in geringer oder grosser Anzahl verbreitet sind und
deutlich in der Schleimhaut prominiren; die Peyer'schen
Haufen sind meist nur theil weise ergriffen, so dass diese
Stellen nicht die elliptische Form der typhösen Infiltratio-
nen haben, sondern unregelmässig rund oder gezackt sind.
Die Tuberkel gehen meist in Erweichung über, und
indem die Schleimhaut über ihnen zerfällt, entstehen kleine
Geschwüre, von Hirsekorn- bis Erbsengrösse , mit meist
plassem, selten injicirtem Schleimhautrande und einer un-
gleichen Basis, die noch mit Tuberkelmasse bedeckt ist
oder aus dem submucösen Zellgewebe besteht.
Die kleinen Geschwürchen vergrössem sich durch Zu-
sammenfiiessen mehrerer oder durch Erweichung neugebil-
deter Tuberkel im Bande und in der Basis. Die so ent-
standenen grösseren Geschwüre haben einen Durchmesser
von wenigen Linien bis zu einem Zoll und darüber, sie
sind unregelmässig rund oder oval, liegen meist in der
Querachse des Darmes und bilden Gürtel. Ihr Band ist
ungleich, wird von der meist injicirten, gewulsteten und
faltigen Schleimhaut gebildet, welche mit grauen oder gel-
ben Tuberkeln durchsetzt oder gallerartig infiltrirt ist, die
Basis ist das submucöse Zellgewebe, in welchem ebenfalls
Tuberkel eingebettet sind und durch Zerfall das Geschwür
tiefer machen, auf der Basis finden sich zuweilen Inseln
von erhaltener Schleimhaut.
m
Das Peritoneum über einem Geschwüre ist stets inji-
eirt, enthält oft Müiartuberkel und lockere fadige Adhäsio-
nen , mit welchen es an andere Darmwindungen oder Bauch-
eingeweide befestigt ist. Gehen die Tuberkel der Basis des
Geschwüres in Erweichung über, zerfallen auch die in der
193
Muscularis und dem Peritoneum gebildeten , so erfolgt Per-
foration des Darmes und Peritonitis.
Die Mesenterialdrüsen sind ebenfalls tuberkulös afficirt
oder wenigstens hypertrophisch.
Die (xeschwiire heilen fast nie • da der Kranke eher
der Tuberkulose unterliegt. Rokitansky hat die Hei-
lung einzelner gesehen; die schwielige Basis derselben
«chrumpfte zu einem speckig -fibrösen Strange ein, wo^
durch die Schleimhautränder zusammengezogen und zuwei-
len völlig consolidirt werden, während sämmtliche Darm-
wände dadurch eingezogen, geknickt werden, wodurch auf
der Innenfläche ein leistenähnlicher Yorsprung entsteht.
Gystenbildung kommt im Darme nicht vor; eine
Pseudocyste entsteht aus dem wurmförmigen Anhang des
Blinddarms, wenn dessen Mündung verstopft ist und sich
in seinem Cavum der Schleim ansammelt; nach und nach
wird er zu einer runden Blase ausgedehnt, seine Schleim-
haut schwindet und bekommt den Charakter einer serösen
Haut, der Inhalt wird wässerig: Hydrops proc, ver-
miformis.
Wundeii und Perforationen des Darme««
Schnitt- und Hiebwunden und Perforationen
der Geschwüre heilen selten, indem die nach Austritt von
Darminhalt in die Bauchfellhöhle entstandene allgemeine Pe-
ritonitis rasch tödtet. Die Heilung tritt nur ein, wenn der
Darm vor seiner Perforation mit Nachbartheilen verwachsen
war oder nach seiner Verwundung rasch Adhäsionen gebil-
det werden, ehe Darminhalt austritt; so wird die Darm-
wunde (über deren B*änder sich meist die Schleimhaut legt,
da sich die Faserschichten retrahiren) durch eine ben&h-
barte Darmschlinge, das Netz, die Bauchwand verschlossen.
Der Darm wird an dieser Stelle durch festes Narbengewebe
an die genannten Theile angelöthet, selten aber durch Nar-
13
194
bengewebe selbst gescbiossen, indem die Adhäsionen rings
um die Wunde stehen, nicht aber das Lumen selbst über-
ziehen, so dass gewöhnlich der Darminhalt innerhalb des
Adhäsionsringes mit den verklebenden Organen in Beräh-
rung kommt. Daher führt auch diese Yerklebung selten
Eur völligen Heilung, sondern durch Entzündung und Yer-
schwärung der verklebenden Theile werden auch diese per-
forirt ; lag der Darm an die Bauchwand angelöthet , so ent-
steht eine Fistula ttercoralis (wenn nur einTheil des
Kothes durch sie abfliesst), oder Anus praeternatura-
lis (wenn die Kothentleerung gänzlich durch sie erfolgt)
genannte Kommunikation der Darmhöhle nach Aussen; war
die Wunde durch einen Darm verklebt, so' wird dieser per-
forirt und es entsteht eine sogenannte Fistula b i mu-
co sa (zwischen Dünndarm und Dünndarm, Duodenum und
Colon transversum, Magen und Colon iranstersum)', oder es
erfolgen Perforationen der Gallenblase, Harnblase, Vagina
u. s. w. ; am Rectum kommen vor: die Mastdarmfistel nach
Aussen, die Mastdarm -Scheidenfistel, die Mastdarm-Blasen-
fistel. Erfolgt Heilung, so besteht sie darin, dass die ring-
förmige Adhäsion zu einem Anfangs trichterförmigen, spä-
ter rundlichen und soliden, fibrösen Strange ausgezogen
wird, indem Entfernung des Darmes von der ursprünglichen
Stelle der Verwachsung durch seine Schwere stattfindet; in
seltenen Fällen zieht sich die Adhäsion zu einem langen
Faden aus und der Darm wird auch wohl wieder ganz frei.
Parasltei»*
1) Taenia solium, Bandwurm, Keitenwurm,
findet sich im Dünndarm, kommt vor in Deutschland, Eng-
land, Holland und im Oriente; es ist ein 15 — 30^ langer,
weissgelblicher Wurm, bestdiend aus an einander gereihe-
ten, &— 6"' langen, 3—4'" breiten, i— i'" dicken, kfirbis-
kemfömugien Gliedern, welche nach dem Kopfende zu klei-
195
ner und unentwickelter sind. Der Kopf (Taf. m, 25. a.
Tergr.) ist sehr klein, hat 4 Saugwarzen und am sclimalen
Ende einen Hakenkranz ; vom Kopfe aus findet eine bestän-
dige Neubildung von Gliedern statt, dieselben sind Anfangs
klein, nach und nach werden sie grösser und bekommen
Eingeweide ; die ausgebildeten Glieder haben an dem Bande
eine Heryorragung mit den Mündungen für die Scheide und
den Penis, dieselbe sitzt meist abwechselnd am rechten und
linken Rande. Im Inneren sieht man die Eierstöcke durch-
schimmern (25. b.). Am Ende findet Abstossung der rei-
fen Glieder statt.
2) Taenia lata, Bothrioeephalus latus, fin-
det sich ebenfalls im Dünndarme und kommt in der Schweiz,
Bussland , Polen und in Ostpreussen bis an die Weichsel
und im südlichen Frankreich vor. Unterscheidet sich yom
vorigen durch die Gestalt seiner Glieder, welche breiter als
lang dachziegelförmig über einander liegen, und die Stellung
der Oeffiiung der GeschlechtstheUe, welche in der Mitte der
Glieder und nicht am Bande liegt, auch hat der Kopf keine
Saugnäpfe und Häkchen, sondern am Ende zwei seitliche
Gruben. (Taf. ffl. Fig. 26.)
Die anatomischen Veränderungen, welche die Bandwür-
mer im Dünndarme verursachen, beschränken sich auf Ka-
tarrh der Schleimhaut.
3) Ascaris lumbricoides, Spulwurm, gehört
zur Familie der Nematoden und ist sehr häufig im Dünn-
darm. Er ist 5 — 10" lang, 1 — 3'" dick, weissgelblich,
nach vom und hinten schmaler werdend, das Männchen ist
kleiner als das Weibchen und hat ein gekrümmtes Schwanz-
ende* Sie haben einen Mund und Darmkanal, der Kopf ist
vom Körper abgeschnürt und hat drei Knötchen oder Klap-
pen um die Mundöffnung. Ihre Brut kommt ausserhalb des
Körpers zu Tage, ihre Einwanderung ist unbekannt. (Fig. 28.)
In der Begel verursachen sie keine anatomische Yer-
13*
196
ändernng des Darmes; in seltenen Fällen drängen sie mit
ihrem Kopfende die Fasern der Darmhäute aus einander
und schlüpfen in die Bauchhöhle, verursachen eine circum-
scripte Peritonitis, durch deren Exsudat sie eingekapselt
werden oder deren Folge ein Abscess ist, welcher zuwei-
len durch die Bauchdecken perforirt und den Wurm und
Eiter entleert. Die Perforationsstelle des Darmes schliesst
sich sogleich hinter dem Wurme. Eine andere Art von so-
genannten Wurmabscessen entsteht dadurch, dass sich an
einer Stelle ein grosser Wurmknäuel anhäuft, die Darm-
wandung ausdehnt, zerrt und Entzündung derselben und
des entsprechenden Peritonealüberzuges verursacht; meist
legt sich der Darm an die Bauch Wandungen an, es kommt
zu Eiterbildung zwischen den Häuten, Eiterung in der
Bauchwand und endlichen Perforation der letzteren, wor-
auf durch die entstandene Fisiula stercoralis Würmer, Ei-
ter und Darminhalt abgehen.
4) Oxyuris vermicularis, Springwurm, Ma-
denwurm (Nematode), findet sich im Dickdarm, insbeson-
dere im Rectum , selten zugleich in der Scheide. Man sieht
gewöhnlich nur Weibchen, dieselben sind 6 — 12'" lang,
l — I'" breit, gelblich, der Kopf hat zwjei seitliche An-
schwellungen. Das Männchen ist ausserordentlich selten,
nur 1 — 1^'" lang, eingerollt. Die Eier kommen ausser-
halb des Körpers zur Entwickelung; die Art der Einwan-
derung ist unbekannt. (Fig. 29.)
Sie erregen einen leichten Katairh des Bectums an der
Afteröffiiung, zuweilen auch des Scheideneinganges.
5) Trichocephnius dispar^ Peitschenwurm
(Nematode), findet sich im Dickdarm, insbesondere im Blind-
darm mit dem Kopfe an der Wand festhängend; er hat
li — 2"' Länge, dass Vordertheil ist dünn, haarförmig, das
hintere Dritttheil ist dicker und beim Männchen spiralig ge*
wunden und mit einem prominirenden Penis versehen. (Fig. 27.)
197
Abbildungen: Brems'er, lieber lebende Würmer in MenscheA«
1819. Du j ardin, Hist. nouv. des belminthes. 1845. Glugei Atits
Liefg. !^.'T. 2. Vogel, Icon. hist. path. T. 12.
Hariniiiliall; und FAcalmasseii»
Der Darminhalt wird durch Texturverändenrngen der
Darmwände mannichfach verändert; langwierige Katarrhe^
Geschwüre der Schleimhaut ,. insbesondere aber Entzündun-
gen der Serosa (Peritonitis) bewirken eine Erschlaffung der
Muscularis und dadurch Stagnation der Faeces imd Gase^
dadurch eine vermehrte Zersetzung der Faeces und Ent-
wickelung von Gasen. Die Faeces werden reich an Pilzen^
Infusorien, Krystallen von Tripelphosphaten ; die Gase be-
stehen aus Stickstoff 9 Kohlensäure , Schwefelwasserstoff.
Die Gasanhäufungen (Flatulenz, Meteorismus, Tympa-^
nites) leitet man auch von einer Gasabsonderung der Schleim-
haut abj ein Process, der noch nicht erwiesen ist; sie be-
ruhen auf einfacher Stagnation, oder auf vermehrter Bil-
dung aus den Faeces, oder auf beiden zugleich.
Die Exsudate bei Darmentzündungen mischen sich häu-
fig mit dem Darminhalte ; bei einfachem Katarrh : seröses
Exsudat, abgestossenes Cylinderepithelium und in grosser
Menge neugebildete epithelienartige Zellen; bei choleraarti-
gem Katarrh : grosse Mengen Serum mit beigemischten Flok-
ken von Epithelien , neugebildeten ZeUen, amorphem Schlei-
me und Eiweiss ; bei Cholera asiatica ist das Serum noch
massenhafter, zuweilen eiweisslos, die gallige Färbung fehlt
bei Cholera immer, bei anderen Katarrhen nur zuweilen;
bei Typhus im Ganzen dasselbe, nur sind die Schleim- und
Exsudatflocken gallig gefärbt und das Serum ist sparsamer.
Bei Entzündungen mit diphtheritischen Exsudaten findet
man die letzteren in Flocken und membranösen Lagen dem
flüssigen Exsudate beigemischt.
Durch Blaterguss ' wird der Darminhalt roth gefärbt.
198
später schwarz wie im Magen. Nach langwierigen Entzün-^
düngen mit Zerstörungen der Schleimhaut (Cholera, Ty-
phus, Dysenterie) oder aus anderen Ursachen treten zuwei-
len Atrophie und mangelhafte Schleimsekretion ein, der
Darminhalt wird dadurch trocken, die Faeces hart und zu-
sammenballt (Scybala).
Die Galle kann die Faeces zuweilen sehr dunkelgrün,
schwarz färben, doch sind die Bedingungen dieser Färbun-
gen noch unbekannt. Bei fehlender Galle sind die flüssi-
gen Stühle farblos, wie Wasser, die festen graulichgelb,
thonartig.
Zu erwähnen sind noch die yon Hypochondern aus ih-
ren Faeces gewühlten, und für Exsudate oder bösartige In-
farcte gehaltenen unverdauten Speisereste: Sehnen, Fascien,
Arterienhäute , Kartoffelschalen , steinige Obsttheile u. s. w.,
deren Diagnostik dem Mikroskopiker oft genug zugescho-
ben wird.
II. Peritoneum.
Bildun^tfeliler*
Ungewöhnliche Grösse und Ausbildung der Duplikatu-
ren und Falten des Bauchfells; überzählige Falten haupt-
sächlich im oberen Beckeneingange; die letzteren bilden zu-
weilen Taschen mit spalt- oder ringförmigem Zugange, in
welchen eingelagerte Darmscblingen eingeklemmt werden
können.
Hyperftmie.
Hyperämie des Bauchfells findet sich an Stellen, wo
dasselbe selbst erkrankt ist, z. B. um Tuberkel, Carcino-
me, oder wo es krankhafte Theile überzieht, z. B. Darm-
geschwüre, Leberkrebse; oder sie begleitet Hyperämie und
Entzfi&dung der untergelegenen Theile, sie ist als dendriti-
li
3 0 ^
sehe meist auf die kleineren \
isolirte, chronische Hyperämi
Ausscheidung von Plasma un
durch neugebildetes Bindegewi
zur Folge.
Zuweilen finden sich dax\
höchst selten kommt es zu w
in das Cavum des Bauchfells,
Hyperämieen und Ecchymo
Pigmentflecken.
Eine allgemeine Hyperämie des visceralen und auch
wohl parietalen Theiles des Bauchfells findet sich bei Hin-
dernissen des Kreislaufs in der Leber oder im Herzen ^ sie
ist auf die kleineren Yenen beschränkt und hat oft Aus-
scheidung von Serum zur Folge , welches sich in der Bauch-
höhle ansammelt: Ascites.
Peritonitis entsteht: durch Verwundungen des Bauche
felis, Berührung desselben mit Luft, Darminhalt, Harn,
Eiter, fremden Körpern, Quetschung und Zerrung (Incar-
cerationen) desselben; — nach starken Erkältungen; —
durch Entzündung von ihm überzogener Theile; — durdi
Krebse, Tuberkel in seinem Gewebe; — bei allgemeiner
Disposition zu Exsudaten :Pyämie. Sie kommt schon beim
Fötus und später in jedem Alter yor , hauptsächlich in den
mittleren Lebensjahren. Sie tritt unter yerschiedener Ge-
stalt auf:
Die acute allgemeine Peritonitis liefert meist
sehr massenhafte, aus hellem, grünlichem oder gelblichem
Serum und festen oder lockeren Faserstoffgerinnseln beste-
hende Exsudate, bei einer geringen, auf die kleineren Ge-
fasse beschränkten Hyperämie. G«wöhnlidi sind auch die
Daxpiwände mit Exsudat infiltrirt, weich und schlaff^ die
200
^at zuweilen ini Zustande der katarrhalischen Ent-
spater jr jjjjj^ reichlicher Exsudatioü in ihr Grewebe und auf
^^^eie Fläche; die Muskelhaut ist blass und ihre Con-
B^ctilität yennindert, wenn nicht völlig paralysirt.
Heilung durch Resorption der Exsudate ist selten;
wenn nicht der Tod erfolgt, so wird ein Theil des Exsu-
dates resorbirt, der andere organisirt zu Bindegewebe und
bildet die mannichfachsten Pseudomembranen, Adhäsionen
u. s. w. oder es entsteht Eiter , es bilden sich Abscesse,
die sich weiter ausbreiten, Perforationen nach Aussen, oder
in Eingeweiden der Bauch - und Beckenhöhle bewirken oder
die sich absacken, resorbirt werden, verjauchen oder ver-
kreiden.
Allgemeine Peritonitis wird hauptsächlich bedingt durdi
Verwundungen des Bauchfells, Austritt von Darminhalt,
akute Entzündungen einzelner, von ihm überzogener Theile,
Erkältungen und Pyämie.
Die akute partielle Peritonitis begleitet häufig
die Entzündung untergelegener Theile, wird zur allge-
meinen oder geht in chronische über. Sie hat oft Binde-
gewebsneubildung zur Folge,, und daher: peritoneale Ad-
häsionen Ton Netz und Darmtheilen unter sich oder mit
den Bauchwänden, Yerschrumpfungen der Gekröse durch
Contraction des neugebildeten Bindegewebes.
Die allgemeine chronische Peritonitis folgt
auf eine akute und besteht wesentlich in 'der Metamorphose
der Exsudate der letzteren, in der langsamen Organisation
der Pseudomembranen, Verklebung der Därme unter einan-
der u. s. w. , oder in der Bildung von Abscessen zwischen
den Pseudomembranen und Eingeweiden.
Die ursprünglich chronische Entzündung hat die oben
angegebenen Charaktere mit vorwiegend seröser Exsudation ;
oder es wird neben dem Serum eine grössere Menge faser-
stoffi*eichen Exsudates ausgeschieden, welches dicke Lagen
201
auf dem Peritoneum parietale^ dem Netze und Peritoneum
viscerale bildet und Yerklebungen dieser Theile unter ein-
ander bewirkt. Das Exsudat ist fest/ speckig , gleichförmig
oder drusig, zuweilen wie aus feinen Granulationen, Tu-
berkeln, zusammengesetzt; seine Menge ist in einzelnen
Fällen so bedeutend, dass die Därme von einer 4 — 6"'
dicken Schicht umschlossen und wie ^ alle übrigen Eingeweide
gleichsam in einer festen Zwischensubstanz eingelagert sind.
Das Exsudat ist gelblich gefärbt, mit Eccbymosen und schie-
ferfarbigen Stellen durchsetzt.
Partielle chronische Peritonitis ist sehr häu-
fig; wir erkennen sie an ihren Folgen, die sich als fadige
Adhäsionen oder als pseudomembranöse Ueberztige einzel-
ner Organe darstellen; die letzteren erreichen oft eine be-
trächtliche Dicke und bilden weisse, knorpelartige, glatte
oder kömige Schwarten auf Milz, Leber, Ovarium u. s. w.
Selten sind chronische Eiterbildungen in einzelnen Abthei-
lungen des Bauchfells, welche mit Heilung endigen oder
abgesackte Abscesse, Eiterbildung in benachbarten Theilen,
Perforationen zur Folge haben.
Entzündungen des Netzes allein sind sehr sel-
ten, bei Einklemmung, Zerrung desselben. Man findet es
zuweilen durch organisirte Exsudate verdickt, mit den Där-
men verwachsen oder eingeschrumpft zu einem unförmlichen
Klumpen, ohne dass sich in anderen Theilen des Bauch-
fells Spuren einer früheren Entzündung zeigen.
. • - •
Patholoi^ische IVeuliilduiii^en*
Neubildung von Bindegewebe ist im Perito-
neum sehr häufig als Verdickung desselben oder durch Bil-
dung fibröser Pseudomembranen auf demselben. Die letz-
teren sind flach, fascienartig oder bilden dicke, weisse,
knorpelartige Platten, oder endlich kleine, rundliche 6e-
schwObte: Fibroide.
202
Neubildung von Fett im Netse ist nicht selten,
begleitet die 'allgemeine übermässige Fettbildung oder ist auf
das Metz beschränkt, seltener auch auf das P. viscerale
ausgedehnt; das Fett bildet dicke Klumpen und feste La-
gen, oder es findet sich in Gestalt kleiner, tuberkelartiger
Grranulationen in dem übrigens fettlosen Netz zerstreut.
Selten sind kleine gestielte Lipome am Peritoneum einer
Darmschlinge.
Pigmentbildung folgt auf Hyperämieen undEcchy-
mosen im Bauchfelle, zeigt sich in Form kleiner und grös-
serer schwarzer Flecken oder ausgebreiteter, schieferfarbi-
ger Färbungen. Man findet sie häufig auf dem Ueberzuge
des Uterus, der Leber und des Dünndarmes.
In Exsudaten, fibrösen Membranen und Eiterherden
findet zuweilen Concrementbildung statt, in Form
knochenartiger Platten, oder Incrustationen ehemaliger Ab-
scesse, oder unregelm'ässiger , ästiger, steinartiger Massen.
Krebs findet sich im Peritoneum zunächst als Mark-
schwamm und Scirrhus bald in Form weit yerbreiteter, dif-
fuser, granulirter Massen, bald als isolirte grosse Knoten,
entwickelt sich selten selbstständig im Peritoneum, sondern
geht meist von anderen Theilen auf dasselbe über. Bei
akuter Krebsbildung treten im Peritoneum sehr zahlreiche
hirsekom- bis erbsengrosse Krebsknötchen auf.
Häufig kommt Alveolarkrebs im Peritoneum vor-, bald
selbstständig in demselben entwickelt und auf dasselbe be-^
schränkt, bald secund'är nach Alveolarkrebs des. Magens
oder Bectums entstehend. Er findet sich bald in Form
zahlreicher kleiner, diskreter, zuweilen das Peritoneum stiel-
förmig ausziehender, Knötchen, bald als diffuse Massen,
welche zuweilen einen enormen Umfang erreichen und be-
sonders das Netz in eine massige , bretartige Geschwulst
umwandeln. Die Entartung ist vorzugsweise im Perit.
203
viscerale verbreitet, zeigt sich aber auch zuweilen gleich-
zeitig im Perit parietale;
AbbUduD^n: Cruveiihier Livr. 37. PI. 3. Carswell Fase. 3.
PI. 3. Froriep, Klin. Kpft. T. 62. Broers, Obsenr. anat.-path.
1839.
Tuberkel im Gewebe des Peritoneum als Theiler-
scheinung einer allgemeinen Tuberkulose kommen vor: als
hirsekomgrosse 9 graue Knötchen, meist bei akuter Tuber-
bildung, als grössere Knoten gelber, käsiger Masse, bei
chronischer Tuberkelbildung, als diffuse Massen bei Perito-
nitis Tuberkuloser.
Es finden sich selten Tuberkel im Peritoneum, wenn
nicht schon an anderen Orten Tuberkel entwickelt sind;
meist gesellen sie sich zu Lungen- und Darmtuberkeln,
ganz isolirt kommen sie vor an Stellen, welche tuberkulö'-
sen Darmgeschwüren entsprechen ; häufig finden sich gleich«
zeitig Tuberkel in den Mesenterialdrüsen.
Bei akuter Tuberkelbildung findet man ausser im Peri-
toneum meist Tuberkel in der Pleura und in vielen ande-
ren Organen; zuweilen ist das Bauchfell dabei hyperämisch
und enthält freies, seröses Exsudat. Auch neben grossen,
alten Tuberkelknoten findet man Spuren früherer Entzün«*
düngen als Pseudomembranen und Adhäsionen.
Die Tuberkel gehen meist keine weiteren Metamor-
phosen ein, da die Kranken eher sterben, als dies mög-
lich ist.
Peritonitis Tuberkelkranker setzt zuweilen Exsudate,
welche bald eine tuberkelartige Beschaffenheit annehmen und
sich als kleine und grosse, gelbe, käsige Knoten, oder als
unregelmässig angeordnete, gelbe Massen mit Granulatio-
nen darstellen und nicht selten blutig gefärbt und von se^
röBem Exsudate begleitet sind.
Cysten sind im Peritoneum häufig; falsche seröse
Cysten entstehen durch s^Osen Et^ss , durch welchen das
204
Peritoneum blasenartig erhoben wird; ächte seröse Cysten
mit eigener Wandung sind seltener , sie sind ursprüngli-
che Neubildungen oder Metamorphosen entzündlicher Ex-
sudate; Colloid- Cysten kommen einzeln und in zusammen-
gesetzten Massen , besonders häufig im Peritoneimi des weib-
lichen Beckens vor.
Parafliten*
Im Peritoneum findet sich Echinococcus hominis;
meist ist er nicht ursprünglich im Peritoneum entwickelt,
sondern als Fortsetzung von der Leber her.
Man findet ihn innerhalb einer aus neugebildetem Bin-
degewebe und dem verdickten Peritoneum bestehenden Kap-
sel in folgender Gestalt: Kach Eröffnung der genannten
Kapsel stösst man auf eine Blase (Taf. m. Fig. 22. d.),
deren Wände der ersteren ziemlich eng anliegen; diese
Blase ist matt weiss, hat die Consistenz einer festen Gal-
lerte, ist, wie man unter dem Mikroskope sieht, aus feinen
concentrischen Lamellen zusammengesetzt und zeigt keine
Spur von Fasern. An der Innenseite findet sich ein Epi-
thelialüberzug. Schneidet man diese Blase an, so stülpen
sich die Ränder der Schnittfläche nach Aussen um und es
fliesst aus der Blase eine wasserhelle Flüssigkeit, meist mit
weissen Kömchen gemischt. Nicht selten findet sich in
dieser Blase eine grosse Menge anderer, gleich gebauter, frei
neben einander oder in einander eingeschachtelt, zuweUen
so eng zusammengepresst, dass sie vieleckig und facettirt
erscheinen. An der Innenwand der Blasen sieht man meist
kaum stecknadelkopfgrosse, weisse, runde Körperchen; die-
selben sind Bläschen, in welchen eine Anzahl Thiere sitzen
(Fig. 22. e.), die man wegen ihrer grossen Aehnlichkeit
mit dem Kopfe einer Tänia früher meist Echinococcus-
Köpfe nannte; sie sind | — >j^^^^ lang, haben vom einen
Hakenkranz, dann 4 hervorgetriebene Saugwarzen und ei-
205
nen kleinen Hinterleib, im Inneren sieht man zahlreiche
ovale Ealkplättchen , keine Spur von Geschlechtstheflen
(Taf. m, 22. a.); zuweilen sind sie eingestülpt, der Kör-
per hat dann eine herzförmige Gestalt und der Hakenkranz
sitzt in der Mitte (Taf. III, 22. b.). Sie hängen ursprüng-
lich durch einen Faden am Hintertheile in ihren Bläschen
fest, werden aber später frei. In manchen Fällen bilden
sich keine Thiere und der ganze Parasit besteht blos aus
den Blasen (Fig. 22. f. Früher . nannte man diese letzteren ,
Acephalocysten.)
Die einfa(;hen oder zusammengesetzten Blasen wachsen
zuweilen zu einem ungeheuren Umfange fort; öfters ster-
ben sie ab, es tritt eine Umsetzung ihres Inhaltes ein, er wird
consistent, gallertartig, dann weiss, fettig und nicht unähn-
lich altem Abscesseiter. Von einem Abscesse kann man
durch Auffinden der eigenthümlich gebauten Blasenwand
und der Haken vom Hakenkranze (Taf. HI, 22. c.) diese
degenerirten Echinococcus leicht unterscheiden. Zuweilen
tritt in ihrer Umgebung und ihrer fibrösen Kapsel eine Ent-
zündung ein, die Blasen sterben ab und gehen mit dem
Exsudate gemischt zu Grunde. Selten platzt diese fibröse
Kapsel und die äusserste Echinococcusblase und der Inhalt
entleert sich in die Bauchhöhle.
Aiaiainiiiluns von Iiutt und Wasser im Bauch*
fellsacke«
Die Luft dringt ein durch Wunden der Bauchwände
oder Perforationen des Darmes oder entwickelt sich aus in
Zersetzung begrifienen Exsudaten; eine Sekretion von Luft
durch das Bauchfell ist sehr zweifelhaft.
Die Ansammlung einer serösen Flüssigkeit (Ascites) ist
bedingt: durch Hindemisse im Bückfluss des yenösen Blu-
tefi durch die Leber oder in's rechte Herz, durch Krank-
heiten der Niere (M- Brightii), durch cbroniscbe Entzün-
206
dongen des Bauchfells, wenn anderweitige pathoiogisdie
Neubildungen in sein Cavurn ragen , z. B. Hydroyarien,
Krebse 9 Tuberkel , vielleicht durch primäre Blutveranderuh-
gen (Hydrämie).
III. Die zum Ferdauungaapparate gehörigen
Drüsen.
1. Die Speicheldrüsen.
Elitzülidiuiff«
An den Entzündungen der Speicheldrüsen nimmt stets
das sie umgebende und in ihrer Nachbarschaft befindliche
Zellgewebe TheU ; zuweilen scheint blos das letztere zu lei-
den und die eigentliche Drüse frei zu sein.
Am häufigsten ist die Entzündung der Parotis. Man
findet die Drüse und das Zellgewebe blutreich und ange-
schwollen, im Zellgewebe oder zwischen den Acinis flüssi-
ges oder festes Exsudat, wodurch die drüsige Structur oft
Ter wischt wird. Bildet sich Eiter, so sidit man ihn zuerst
in kleinen Herden zwischen den Acinis und im Zellgewebe ;
durch, deren Zusammenfliessen entstehen einzelne grössere
Abscesse oder die ganze Drüse geht in der Eiterung zu
Grunde. Meist findet sich der Eiter weit verbreitet im be-
nachbarten Zellgewebe, insbesondere der Regio submaanlla-
rit; die Lymphdrüsen sind geschwollen; selten kommt es
zur spontanen Perforation, Entleerung des Eiters, Yemar-
bung und Heilung.
Nach den ursächlichen Bedingungen kann man unter-
scheiden :
1) Die einfache, idiopathische Entzündung,
verursacht durch Yervnmdung, Stoss, Erkältung, benach-
barte Krebse, fortgepflanzt von der Mundschleimhaut; der
Verlauf ist subakut, es erfolgt meist Zertheilung; in ein-
207
zdnen Fällen ist der Verlauf akut, es kommt rasch zur
Eiterbfldung, welcher Kinder nicht selten erliegen. Zuwei-
len yerläuft sie chronisch, d^ Exsudat geht in Bindege-
webe^ über und bildet eine Hypertrophie des ZeOgewebes
um die Drüse und zwischen ihren Acinis, so, dass man
in dem fibrösen, speckigen Gewebe die Drüsensubstanz
kaum findet.
2) Die epidemische Entzündung, Parotitit
polymorpha, ^nm^s^ befallt insbesondere Kinder Ton
2 — 12 Jahren, setzt rasch ein reichliches Exsudat im Zell-
gewebe , welches mdst resorbirt wird, selten in Eiter über-
geht.
3) INe symptomatische Parotitis im Yeiiaufe
von Typhus, Exanthemen u. s. w. gehört zu den soge-
nannten metastatischen Zeügewebsentzündungen, ist sehr
selten, das Exsudat geht meist in Eiter über und endet mit
Vereiterung und Verjauchung des Zellgewebes.
4) Die spontane brandige Entzündung des
Halszellgewebes, mit rascher EiterbOdung, Verjau-
chung des Zellgewebes, mit brandigem Zerfall desselben
und der Muskeln, hat einen sehr akuten Verlauf, tödtet
rasch unt^ typhösen Erscheinungen. Diese Entzündung bil-
det entwed^ einen der Ausgänge der einfachen, idiopathp-
sdben Entzündung oder nadi einigen Aerzten einen specifi-
schen Krankheitsprocess.
P«iAiol«||l0ehe Seobildim^eii (in der Parotis).
Neubildung ron Bindegewebe findet sich als
di&use, speckige Masse in und um die Drüse nach chroni-
schen Entzündungen, selten in Form eines Fibroides.
Fett entwickelt sich zuweUen in grosser Menge im
Zellgewebe und bewirkt gleich dem neugebildeten Bindege-
webe eine anscheinende Hypertrophie d^ Drüse.
208
Enchondrome und Balggeschwülste sind selten
in der Parotis.
Krebs bildet Knoten in der Parotis oder ist zwischen
die Acini infiltrirt, entwickelt sich selbstständig in der Drüse
oder diese wird in den Krebs benachbarter Lymphdrüsen
hineingezogen. Meist geht die ganze Drüse zu Grunde,
die benachbarten Lymphdrüsen und das Zellgewebe werden
mit ergriffen und so entsteht in der Parotisgegend eine
grosse Krebsgeschwulst.
Werftüderuiii^eii der AusfKlinuiiniffftiiffe.
Nach traumatischen Verletzungen und Perforationen
des Ductus Sienomanus durch Abscesse entsteht die soge-
nannte Speichelfistel.
Durch Yerschiiessung des Ausfiibrungsganges entweder
durch eine Narbe nach Verletzungen oder durch ein Con-
crement, oder durch Verengerung und Obliteration der Oeff-
nung in der Mundschleimhaut, wird eine Erweiterung
desselben durch das angehäufte Sekret bewirkt ^ die blasen-
oder sackförmig auf eine Stelle beschränkt bleibt oder sich
gleichförmig auf den ganzen Ausführungsgang, von da auf
die kleineren. Gänge erstreckt und Atrophie einzelner Acini
bewirkt. Die Erweiterung des Ductus Whartonianus stellt
eine Art der sogenannten Banula dar, die anderen Arten
sind bedingt durch Vergrösserung des unter der Zunge be-
findlichen Schleimbeutels, in Neubildung eines Balges, in
Ansammlung von Schleim in einem SchleimfoUikel unter
der Zunge. Diese meist kleine, selten grosse, rundliche
Geschwulst sitzt unter der Zunge und hat die Beschaffen-
heit einer mit Serum, Schleim oder gallertartiger Masse ge-
füllten Balggeschwulst.
Im Schleime und Sekrete der Speichelgänge bilden sich
zuweilen Concretionen: Speichelsteine, weissliche, krei-
deähnUche oder steinharte, aus concentrischen Schichten be-
209
stehende, erbsen * bis taubeneigrosse , nmdfiche Massen, die
zum grössten Theile aus kohlensaurem oder phosphorsan-
rem Kalk und verhärtetem Schleim bestdien.
2. Pankreas.
finiBlbidiui^»
Akute Entsündung als selbstständiges Leiden ist
höchst selten, sie hat denselben anatomischen Charakter, wie
die der Speicheldrüsen. Der Ausgang der Eiterung scheint
am häufigsten eu sein.
Chronische Entzündung ids Fortsetzung einer
akuten oder als primäres Leiden ist ebenfalls selten , sie
setzt ein zu Bindegewebe organisirendes Exsudat zwischen
den Acinis und bedingt dadurch eine Art Hypertrophie und
Verhärtung des Pankreas, zuweilen auch eine Atrophie der
Acini und damit lederartige Yerschrumpfung der ganzen
Drüse. Die ursächlichen Bedingungen der primären Ent-
zündung des Pankreas sind höchst. unklar, die Diagnose
der Pancreatitis am Lebenden sehr problematisch, ihr Be-
fund in der Leiche eine B.arität. Häufiger sind Entzün-
dungen , welche yom benachbarten Zellgewebe oder den
Lymphdrüsen auf das Pankreas fortgepflanzt sind, z.B. bei
Magenkrebs , perf orirenden Geschwüren u. s. w.
Patboloffisclie Iffeublldanyeii*
Bindegewebe nach chronischen Entzündungen.
Fett entwickelt sich zuweilen im Zellgewebe um das
Pankreas in grosser Menge, dringt gleichsam ron Aussen
in das Zellgewebe zwischen den Acinis ein und entwickelt
sich in demselben so, dass endlich die eigentliche Drüse zu
Grunde geht und man statt derselben einen Fettklumpen
findet, in welchem nur noch Spuren der Acini zu sehen
sind, während der Ductm WiT9mgianus mit einer emulsi-
14
210
Yen FUimgkeit gefäUt ist Nach Rokitansky findet sich
diese Entartung oft bei Säitfem mit Fettleber und mit Gal-
lensteinbildung.
Cysten sind selten.
Krebs findet sich zuweilen neben Krebs des Magens,
des Oesophagus und der benachbarten Lymphdrüsen; er
bildet meist kleine Knoten an irgend einer Stelle^ die ge-
wöhnlidi tnit Krebsmassen in der Umgebung zusammen-
hängen« Selten ist der Krebs primär im Pankreas ent-
wickelt.
Erweiterungen des Ductus Wirsunffianus er--
folgen : durch Verstopfung desselben und Anhäufung des Se-
kretes (Goncremente ) Krebsknoten ^ Gallensteine im DucL
choledochm u. s. w.) oder durch Schwimd seiner Muscula-
ris bei irgend einer Entartung der Dräse« Sie sind gleidi-
fSrmig, spindelförmig^ sackartig und erreichen zuweilen die
Grösse eines Tanbeneies.
Pankreassteine sind Concremente im Ductus 'Ww-
»ungianus durch Niedersohh^ Ton phosphorsaurem und koh-
lensaurem Kalk im Schleim und Sekrete. Die Concremente
sind nicht selten Ursachen der Verhinderung des Abflusses
des Sekretes, Anhäufungen desselben, Erweiterung des
Ductus und allmäliger Verödung der Drüse*
3. Leber.
Die Färbung der Leber ist mancherlei Schwankungen
unterworfen : gewöhnlich zeigt ihre Schnittfläche ein helles,
dunkle Flecken umgebendes Netzwerk, oft aber ist die
dunkle Färbung vorwiegend und man sidiit ein dunkles
Netz mit hellen ^Flecken.
Ein geringer Blutgehalt macht die ganze Leber blass
und ?ermischt die Färbungen, ein bedeutender Blutgehalt
aller Gefasse. macht die Leber dunkel und den Unterschied
211
der hellen und dunklen Farbe ebenfalls undeutlich« Einaei-
tige Blutanhäufungen lassen die Färbungen grell heorvortre-
ten. Ganz ähnlich wirkt Leere und Fülle der Gallengänge
auf Veränderungen der Färbung *ein. Daher ist die man-
nichfache Färbung der Leber, wie sie bei Sektionen in die
Augen fällt) leicht zu erklären. Von diesen in das Gebiet
der Norm gehörigen FärbungsTerschiedenheiten bis. zu blei-
benden j pathologischen Veränderungen giebt es unendlich
zahlreiche Uebergänge.
Die Grösse der Leber ist ebenfalls Schwankungen un-
terworfen, die Länge beträgt 9| — 11", die Breite 7 — 7^",
die Dicke hinten 2 — 3", Yom ist sie geringer, ihr Gewidit
ungefähr 5 Pfund. Sie lagert gewöhnlich so, dass ihr freier
Rand kaum oder nur unmerklich unter dem Bippenrande
hervorragt, ausgenommen ganz hinten und am Proc. xiphoi-
deus; der linke Lappen überragt meist die Mittellinie des
Leibes und bedeckt den Py}orustheil des Magens. Beim
Neugeborenen ist der linke Lappen sehr gross und terklei^
nert sich im Verlaufe des ersten Lebensjahres bis zur Norm ;
im hohen Alter wird die Leber klein. Durch den dauern-
den Druck einschnürender Kleider bekommt die Leber an
den gedrückten Stellen einen Eindruck durch Schwund ih-
res Gewebes, während der freie Band über den iUppen-
rand hinab geschoben wird, der rechte Lappen zuweilen bis
zur CrUta ilei^ der linke bis zur Müz.
Der Peritonealüberzug ist sehr oft getrübt und ver-
dickt, hauptsächlich bei Weibern an der Stelle, wo der
Schnürleib gedrückt hat; die Verdickung ist zuweilen be-
trächtlich, es finden sich auch in den obersten Lebersohichr
ten neugebildetes Bindegewebe und narbenartige Bunzelun-
gen der Oberfläche. Diese Veränderung kommt so häufig
vor, dass sie, wenn sie ein gewisses Maass nicht über-
schreitet, kaum als pathologisdi anges^en wird, wie die
14*
212
Pacchionischen Granulationen, leichte Adhäsionen «ler Pleura
u. s. w.
■tldiiiiipifehler.
Abnorme, bleibende Yergrösserung, Hypertrophie;
abnorme Gestalt als runde, wenig oder vielfach gelappte
Leber, die Lappung ist zuweilen so weit gediehen, dass
Leberpartikeln, ganz von der Hauptmasse getrennt, in ei*
ner Bauchfalte liegen. Die Lage kann verändert sein: die
Leber kann ausserhalb der Bauchhöhle liegen bei Bauch-
spalten und Mangel des Zwerchfells, sie kann im linken
Hypochondrium liegen bei Situs tramversus der Eingeweide.
Mangel der Leber.
Hyperj&vile.
Akute Hyperämieen sind bedingt durch traumati-
sche Einwirkungen, Miasmen (Malaria, Intermittens), gastri-
sche Reize, grosse Hitze, Gallengangsleiden, Geschwülste
in der Leber, Herzkrankheiten, charakterisirt durch Schwel-
lung, gleichmässige Röthe und verminderte Consistenz der
Leber, aus deren Schnittfläche Blut in grosser Menge her-
vorquillt.
Häufiger sehen wir die Folgen einer chronischen
Hyperämie, bedingt durch gehinderten Abfluss des Un-
terhohlvenenblutes in das Herz, bei Herz- und Lungenlei-
den, wodurch Ausdehnung und vermehrte Blutfülle der klei-
nen Yenenästchen, dann auch der grösseren Aeste der Pfort-
ader innerhalb der Leber und ihrer Wurzeln im Tractus in-
testinalis entsteht.
Ist die vermehrte Blutfülle auf die ganze Leber aus-
gehnt, so schwillt dieselbe an, sie wird dicker, fester oder
weicher , die Schnittfläche dunkelroth, die helle Färbung fast
verwischt, die grösseren G^fässe ausgedehnt, zuweilen vari-
cös. Bleibt diese Veränderung längere Zeit, so bringt sie
21S
wohl Veiindennigen der Gallensekretioii and der EntShnni;
der Leber mit sich, Yermitfelt vieOeicht die FettinfiHretioii
oder die Atrophie der Lebenelien, oder leitet den Zvstand
ein, der zur grannlirten Leber führt Diese Leberhyperi-
mie wird gewöhnlich als Hypertrofdiie, Leberinfarct, Pktp*
camia kepaiii anfgefBhrt.
Beschrankt sich eine bleibende HjrperSmie auf das Ge-
biet der Leberyene, so bleibt das Volumen der Leber un-
verändert, die Yenweigungen der Lebenrene werden blao-
roth injicirt und bilden ein dunkles Netz, einen Zustand,
den man Muskatleber zu nennen pflogt. An einzelnen
Stellen wird die blaurothe Farbe zuweilen ausgedehnter und
bildet grosse Flecken, es finden auch wirkliche Extrava-
sate statt
Hftnorrhiiyie.
Kleine Extravasate finden sich nicht selten in der Mus-
katleber. Bei Neugeborenen findet sich zuweilen neben be-
trächtlicher Hyperämie der Leber Bluterguss in die ober-
flächlichen Schichten und unter den Peritoncalüberzug.
Grosse Blutergüsse sind selten, die Herde klein und
in der Leber zerstreut.
Häufiger ist der hämorrhagische Infarct an klei-
neren und grösseren Stellen als circumscriple dunkelrothe,
harte , trockene Masse. Er findet sich besonders bei Eiter-
bOdung in den Venen, Eiterungen der Organe im Gebiete
der Pfortader, insbesondere Dysenterie. Das benachbarte
Lebergewebe ist hyperämisch, die zum Infarct gehörigen
grösseren Venen sind mit festen Blutcoagulis gefüllt. Die
weiteren Veränderungen des Infarctes sind:
a) Es entsteht Bindegewebe, das Hämatin dient zur
Bildung eines gelbrothen Pigments; die zuführenden Gc-
fässe obliteriren und es entsteht ein fibröser, gefärbter oder
auch nach Resorption des Hämatins weisser, speckiger Kno-
214
ten in einem durcli die oUiterirten Gefässe narl)eBirtig kon-
brahirten und grobgranulirten Parencliyme.
b) Der Faserstoff orgamsirt zu Eiter, der Infarct wird
zum Abscess (s. unten).
c) Der Infarct trocknet ein, der Faseratoff bldbt amorph,
fest, das Hämatin wird resorbirt, es entstdien tuberkelar-
tige, gelbe Massen, welche zuweilen yerkreiden.
d) Der Infarct nekrosirt und bildet einen trockenen
oder feuchten, missfarbigen, circumscripten Brandsdiorf.
An&mie ist selten, die anämisdie Leber ist blass und
sdilaff.
fintslliMiuBfr* »
1* Entzündung durch Stoss, Verwundung, in
der Umgebung von Carcinomen, Echinococcen, Gal-
lenconcrementen. An der betroffenen Stelle: Böthung
und breiige Erweichung; in der ümgebui^ Hyperamie; bei
grosser Ausdehnung der Entzündung Blutstockung in den
PfoitaderSsten , Milzanschwellung; Ausgang: Eit^ildung,
beginnend mit isolirten kleinen Eiterpunkten, wdche alhnä-
lig zusammenfliessen , Abscess- oder Narbenbildung.
2. Abscesse kommen in kleineren oder grösseren,
sparsamen oder zahlreichen Herden yor, finden sidi bei
Eiterbildungen im Gebiete der Pfortader (Dysenterie , Ge-
schwüre im Darmkanal, Magen, Gallenblase) oder des Hohl-
yenensystemes nach Verwundungen, Hyperämie, sind be-
dingt durch Eiterbildung nadi Entzündung und Infarctbil-
dung, durch Zerfall der Leberzellen in moleeulare, breiige
Masse (Virchow), welcher erst in einzelnen Läppchen,
dann in ganzen Gruppen desselben auftritt
Die Leberabscesse, mögen sie nun durch Verwun-
dung u. s. w. oder durch Vermittelung eines hämorrtiagi-
sdien Infarctes oder durdb eine circumscripta Entzündung
entstanden sein, sind klein und zahlreich oder groM und
215
einzeloi; sie sitsen oberflächlich oder tief , ihre Grösse Ya*
riirt von der eines Taubeneies bis zu der eines Kinder-
kopfes. Die Wandungen sind Anfangs ungleich ^ zottig,
später glatt ^ mit einer Art pyogener Membran ausgekleidet;
der Inhalt, Eiter und zertrümmerte Lebersubstanz , ist An-
fangs mit Galle gemischt, welche oft als schwarze, körnige
Masse bleibt, oft auch resorbirt wird; sie stammt aus den
grösseren Gallengängen, deren zerstörte Mändungen in den
Abscess ragen ; selten ist dem Eiter Blut beigemischt. Die
zum Abscess führenden Gefasse enthalten feste Blutcoagula.
Das Peritoneum ist verdickt bei oberflächlicher Lage des
Abscesses; Adhäsionen des ersteren erfolgen bei längerer
Dauer des Leidens.
Ein Abscess yergrössert sidi durch Zusanunenfliessen
mdirerer oder durch fortwährende Eiterung im Umkreise.
Die unmittelbare Heilung des Abscesses gesdiieht, in-
dem die Eiterbildung aufhört und eine fibröse Kapsel um
den Eiter gebildet wird. In dieser kann der Eiter noch
lange Zeit unverändert bleiben, später wohl auch nodi per-
foriren; oder er kann nach eingetretener Felimetamorphose
resorbirt werden, worauf die Wände sich zusammenlegen
und eine fibröse Narbe bilden, ein Ausgang, der nur bei
kleinen Abscessen möglich ist; oder es tritt der atheroma-
töse Process ein, der Inhalt der Kapsel ist dann ein mil-
chiger Brei (Fettkiigelchen, Kalkkömdien und CholestearinT
krystalle), die Wände inkrustiren; oder der Inhalt wird
nach und nach ein seröser und es bleibt eine Cyste zurttck>
Die benachbarten grösseren Gefässe obliteriren $tets uiid
das umgebende Parenchym schrumpft daher ein.
Eine mittelbare Heilung folgt auf die Entleerung des
Abscesses, welche freilich öfter einen tödtlicben Ausgang
bedingt. Die Entleerung erfolgt in's Ctman Peritonei; durch
einen Fistelgang diurch die Bauchwand nach Aussen; durch
P«rfonti0p des Zwerchfells in das Camm Pleurae^ oder bei
216
Torhandenen Adhäsionen der Pleuren, entsteht ein Lungen-
abscess und durch diesen eine Entleerung durch die Bron-
chien; femer in das Duodenum, den Magen, CoUm iroMt-
vertum; in die Gallenblase, den Ducim kq^Meui oder einen
Ast desselben; in die Hohlyene, Pfortader oder sogar den
Herzbeutel.
Abbfldmigeii : CruYeilhier Lhr. 40. PI. 1. Lhr. 16. PI. 3.
Froriep, Klin. Kpft. Taf. 17. Hope Fig. 86, 87. Cargwell
Fase. 8. PI. 2.
3. FibrSse, carte oder massenhafte, narbenartige
Knoten in der Leber sind meist von vorhergegangenen
Entzündungen abzuleiten. Sie finden sich bei yerschiede-
nen Kranken; in neuerer Zeit hat man auf ihr häufiges
Vorkommen bei Syphilitischen und Merkurkranken aufmerk-
sam gemacht. Man findet an einzelnen Stellen oder über
einen grösseren Theil der Leber verbreitet ästige Narben-
massen, oft als haselnuss- bis taubeneigrosse , speckige
Knoten mit Atrophie und Yerschrumpfung des benachbar-
ten Gewebes, Obliteration einzelner Gefässe, Granulation
oder Lappung der Leber (s. unten).
Hypertropliie.
1. So häufig Vermehrung des Lebervolumens beobach-
tet wird, so selten sind ächte Hypertrophieen der
Leber ohne Texturreränderungen und selbst diese beruhen
wohl nicht auf einer Vermehrung der eigentlichen Gewebs-
theile der Leber, sondern auf Vermehrung* des Blutgehaltes,
Hyperämie derselben , durch weMe die Leber grösser,
fester, kömiger wird.
2. Bei Scr(tfulösen, Syphilitischen und Merkurkranken
findet sich zuweilen eine von Rokitansky „speckige
Leber,^^ von Anderen „scrofulöse Anschwellung"
genannte Hypertrophie. Die Leber ist sehr gross, breit und
platt, schwer, der Peritonealüberzug prall gespannt, die
217
Consistens yermehrt, OberflSche ond Schniltfl&cbe blassgelb,
die letztere ^att, homogen, zuweilen weisslich gefleckt oder
gestreift. Die LeberzeUen enthalten grosse Massen eiweiss-
artiger Molecüle, erscheinen dadurch getrübt und yergrös-
sert, zuweilen gesellen sich auch Fettkömchen hinzu, wel-
che aber nicht wie bei der Fettleber zu grossen Fetttropfen
zusammenfiiessen. Die Veränderung besteht also in einer
chronischen EmährungSTeränderung der Leberzellen.
Nicht selten sind gleichzeitig ähnliche Veränderungen
in der Milz und den Nieren yortianden.
3. Häufig ist eine Veränderung der Leber durch mas-
senhafte Fettinfiltration ihrer Zellen; die sogenannte Fett-
leber ist meist bedeutend Tergrössert (selten hat sie ihren
normalen Umfang), platter, die Bänder runder, yoller; der
Peritonealüberzug gespannt, die Consistenz teigig ; die Ober-
fläche und Schnittfläche blass, letztere zeigt bei geringen
Graden nur ein schärferes Hervortreten der hellen Färbung
der Läppchen (von einigen Autoren auch Muskatleber ge-
nannt), bei höherem Grade kleinere oder grosse yerwasche-
ne, gelbliche oder grauröthliche Flecken mit Verwischung
der Sonderuiig der Läppchen oder gleichmässige hellere Fär-
bung wie eine fette Gänseleber; zuweilen ist die Fettinfil-
tration an weisslichen Streifen um die Pfortaderäste kennt-
lich ; dabei ist die Leber blutleer , beim Durchschneiden
wird das Messer mit Fett belegt. Die Leberzellen sind mit
Fettkömchen, welche allmälig zu grossen, die ganze Zelle
ausfüllenden Fetttropfen zusammenfiiessen, gefüllt (Taf. L
Fig. 6); selten findet man die Zellen ganz geschwunden
und nur Fetttropfen. Die Fettleber findet sich häufig bei
Tuberculosis, Bhachitis, Scrofulosis, bei Schnapstrinkern
und Leuten, die eine luxuriöse, sitzende Lebensart führen,
und ist oft yon allgemeiner Fetthypertrophie begleitet.
Wach sieb er nennt man die Fettleber dann, wenn die
Schnittfläche fester, das Fett weniger flüssig ist.
218
Wir fassen unter diesem Namen alle Veränderungen
zusammen y deren Resultat eine Verkleinerung des Volumens
der Leber ist ; die Aetielogie und die histologische Greschichte
der Texturreränderungen ist nur unyollkommen bekannt.
1. Gelbe Atrophie, Bokit, Horaszek, Leber-
erweichung, Budd. Der Zustand ist charakterisirt
durch starke Verminderung des Volumens und der Gonsistenz
der Leber , Torwiegende gelbe Firbung und grossen Gallen-
reichthum, Verlust des kömigen Gefüges. Budd fand in
einem Falle die LeberzeUen reich an Gtülenpigment und in
den Torwiegend erweichten SteUen die Leberzdlen geschwun-
den. Die Kranken, in deren Leichen man diese Verände-
rungen fand, zeigten den Symptomencom{dex einer meist
sehr akut yerlaufenden , mit Delirien und Coma verbunde-
nen Gelbsucht.
2. Bothe Atrophie, Rokit., die Leber kleiner,
blutreich, dunkelbraun oder bkuroth, mit homogener, nidit
k5miger Schnittflädie. Nach Budd fehlt j^liches Fett in
den Leberzellen. Sie soll selten durch eine langwierige
Tabes tddtlich werden.
3. Die granulirte Leber, Cirrkoiis hep.
Geringe Grade sind bei Herzkranken, Tuberkulösen
und Säufern niöht selten^ die Leber ist yerkleinert, derb,
die Oberfläche ist gleichmässig fein granulirt und blass, die
Sdinittflädie allgemein oder stellenweise hellgelb, trocken,
blutarm, die Läppch^ springen als kleine Körnchen her-
Yor , die rottie Färbung ist fast ganz gesdiwnnden. In ein-
zelnen Stellen sind mehrere Läppdien zu einer Granulation
zusammengetreten, das interstitielle Bindegewebe ist etwas
mehr entwickelt als gewöhnlich. Die Leberzellen zeigen
sieh stets yerändert, meist wie bei der Fettleber, zuweilen
wie bei der Speekleber und es rührt, die Granulation daher,
dass ein Tbeil der ZeBen XQ Grunde geht und die erhalte-
2t9
neB Theilo im iaterstitieUeii Kellgewobe ab gwonderte Mas-
sen herrortreten«
Die höheren mid hSdisten Grade sind sdtener^ finden
sich hauptsidilich bei S&nfem nnd* führen öfters den Tod
herbei. Die Leber ist um die Hilfte mid mehr TerUeineft,
besonders der scharfe Rand auffällig Terdünnt, sie ist gleich-
n^tesi; oder nur an einselnai Stellen mit Stecknadelkopf*
bis erbsm - mid hasdnnssgrossen Kdmem besetit^ swisdMi
denen die PerttonealhüUe Tersdirrnnpft mid nmnlig ist; die
SdmittfiSche ist bläss, gelb und granulirt, einielne Lipp*
chen oder Convolote derselben springen als Kömer henror,
zwisdien denen sich reiddidies Bindegewebe findet, wels-
ches ein zusammenhängendes, narbenartiges Netsweric durch
die ganze Leber bildet, an einzelnen Stellen aber stärker
entwickelt ist, als an anderen. Diese Torzugsweise granu-
lirten, gesdirumpften und an Bindegewebe reichen Stellen
ent^rechen zuweilen den Verästelungen eines kleineren
Pfortaderastes; in manchen granulirten Lebern sind die Gra-
nulationen mit den narbenartigen Einziehungen in Gruppw
durch die Leber Tertheilt, welche je einem yom Hauptaste
abgehenden kleineren Pfortaderaste entsprechen. Die Körn-
chen zeigen stets nadi Art der Fett- oder Speckleber
veränderte Lebersellen. Das Bindegewebe ist überall aus-
gebildetes gelocktes oder homogenes Bindegewebe. Die
grösseren Pfortaderäste sind unverändert.
Nicht unwahrscheinlich gehen diese höheren Grade zu-
weilen durch fortschreitenden Zellenschwund aus den oben
erwähnten niederen Graden hervor. Die meisten Autoren
erklären diese Yerändenmg aus einer chronischen Entzün-
dung des die Pfortaderaste b^leitenden Zellgewebes, deren
Exsudat zu Bindegewebe organisirt, durch dessen Contraction
dann Einschrumpfung der Zwischenräume der Lippchen,
Obliteration der Gefitese und Atrophie des Gewebes bewirkt
wird.
220
Ausser dieser Cirrhose giebt es nach Rokitansky
noch eine durch Ausdehnung und Hypertrophie der Gallen-
capillaren bedingte; diese sollen sich zu rundlichen Kn&ueln
xusammenballen und die Granulationen darstellen, darauf
eine Atrophie des interstitiellen Gewebes bedingen.
Die Impermeabilität resp. Obliteration eines grSsseren
Theiles der Pfortader?erEweigungen bewirkt yerlangsamten
Blutlauf in der Pfortader , Hyperämieen und Hämorrfaagieen
im Darm und Bauchfell^ Ascites, Kommunikationen mit den
Bauch- und ZwerchfeUs?enen durch Ausdehnung kleiner
Anastomosen; ferner mangelhafte Gallenabsonderung. Der
Tod erfolgt meist unter den Erscheinungen einer chroni-
schen Gelbsucht, Atrophie und allgemeinem Marasmus. Nicht
selten ist gleiduseitig M. Brightii yoiiianden.
Abbildungen: Cru?eilhi6r Li?r. VL PI. 1., cop. von Ftoriep,
KHn. Kpft. Taf. 67. Hope Fig. 75—79. Carswell Fase. 10. PL 2.
Baillie Fase. 5. PI. 2.
4. Gelappte Leber, der Umfang der Leber ist beträcht-
lich vermindert, feste, fibröse, narbenartige Massen thei-
len die Leber in viele kleine Abtheilungen, welche durch
feines, vertheiltes Bindegewebe zuweilen in Granulationen
abgetheüt sind. Diese fibrösen Massen sind unregelmässig
yertheilt oder folgen der Verzweigung der Pfortaderäste.
Sie werden erklärt durch partielle Entzündungen oder Ge-
rinnselbildungen in den Pfortaderästen mit Obliteration der-
selben.
5. Atrophie der Leber nach langdauernder
Verengerung oder Verschliessung des Duct.
choledochus. Die Leber schwillt anfangs an, wird
weich, schlaff, leicht zerreisslich , mit Galle durchtränkt,
dunkelgelb oder grün gefärbt. Später tritt durch Schwund
der Leberzelien Atrophie der Leber ein, welche zuweilen
einen sehr hohen Grad erreicht, die verkleinerte Leber ist
221
dunkelgrün , sehr weich , die GaUengälnge sind weit^ daneben
stets allgemeiner Icterus.
PutliolofflsclM JVenMldiiiiffeii«
Neugebildetes Bindegewebe als Narbensubstans
nach Entzündungen.
Cayernöses Gewebe ist in der Leber häufig, bil-
det erbsen- bis hühnereigrosse, blaurothe, schwammige Mas-
sen, die mit einem Pfortaderaste in Verbindung stehen.
Cysten sind in der Leber häufig, es sind: a) seröse
Cysten als ursprüngliche Neubildungen; b) Cysten mit theils
serösem , tiieils galligem Inhalte , oft auch mit z. Th. ?er-
kreideten Wänden, als Metamorphosen der Eiterherde f
c) Cysten mit serösem und galligem Inhalte, entstanden
durch circumscripte Ausdehnung der Gallengänge (s. unten).
Erebs ist in der Leber häufig, meist ist es Mark-
schwamm in Gestalt einzelner oder zahlreicher, circum-
scripter Knoten, von Erbsen- bis Kindeskopfsgrösse, von
weisslicher Farbe, speckiger oder hirnähnlicher Beschaffen-<r
heit, oder mit Extravasaten durchsetzt (Blutschwamm), oder
mit Pigment versehen (melanotischer Krebs). Die oberfläch-
lichen Knoten prominiren und erhalten einen concaven, na-
beiförmigen Eindruck, sobald ein Theil der in Fettmeta«
morphose untergegangenen Zellen resorbirt worden ist und
sich das Bindegewebsgerüst contrahirt. Selten ist der Erebs
in das Leberparenchym infiltrirt mid bildet neben Krebs-
knoten Flecken ohne scharfe Begrenzung. Der Peritoneal-
überzug ist verdickt, häufig mit Adhäsionen und Pseudo-
membranen versehen, zuweilen durch Krebsmasse entartet.
Das übrige Leberparenchym ist. normal, oder hyperämisch,
oder fettig infiltrirt.
Die Krebsknoten wuchern zuweilen sehr und durch-
brechen die Oberfläche, worauf sie zerfliessen, Blutungen
und Peritonitis bewirken; zuweilen verschrumpfen sie nach
822
Yorfaer^egangener FettmeUmorphose. Der Krebs kann sich
auf die Gallengänge und die Gallenblase fortsetien, kann
Coagulationen und Krebsbildung in der Pfortader bewirken.
Sehr selten ist CMlertkrebs in der Leber zu finden^
welcher meist yom Bauchfell oder Magen aus auf die Le-
ber übergeht.
Abbttdniigeii: Crufeilbier Livr. 12. PI. 2, 8. L. 22. PI. 1, L.
28. PI. 6. L. 37. PI. 4. Hope Fis- 80—109. Carswell FaM« 4.
PI. 1, Fase. 2. PI. 4.
Tuberkel findet sich nur neben sehr ausgedehnter
allgemeiner Tuberkulose als kleine graue oder gelbe Granu-
lationen, die nur höchst selten erweicht gefunden werden,
oder als grössere gelbe Knoten.
Parasiten.
In der Leber häufig ist Echinococcus; die Blasen
sitzen mitten im Parenchym oder mehr auf der Oberfläche,
wechseln im Durchmesser von 1 — 2" bis zu 1', sind von
einer fibrösen Kapsel umgeben und enthalten meist eine
grosse Menge kleinerer Blasen; oft finden sich gleichzeitig
im Peritoneum der Umgebung Ecbinococcen. Das Leber-
parencbym wird durch dieselbe verdrängt, atrophisch, die
Leber ist gewöhnlich mit allen benachbarten Theilen ver-
wachsen. Die Ecbinococcen können spontan absterben oder
durch Entzündung der fibrösen Kapsel zu Grunde gehen,
wobei sich ihr Inhalt oft mit Galle mischt; sie können auch
entleert werden: durch Atrophie der Kapsel und Platzen
der äussersten Blase entleeren sie sich in die Bauchhöhle;
oder nach vorhergegangenen Adhäsionen in die rechte Pleu-
rahöhle; oder durch einen Lungenabscess in die Bronchien;
oder in das Duodenum, Colon transversum, in den Ducttu
hepoHcuSf die Gallenblase oder ein grösseres Blutgefäss.
AbbilduDsen : Cruyeilhier Liyr. 3. PI, 5, LI?r. 19. PI. 1, 2.
Lfrr. 37, PI. 4< Bafllie FMc. 5. PI. 6.
aas
Die GalleBwege.
Bildungsfehler: Mangel der Gallenblase selten.
!• Katarrhalische Entzündung des Dtwtus kih
puiicut nnd der übrigen G.allengänge ist nicht selten, sie
ist primär und auf die GaUenwege beschränkt , oder sekun-
där, vom Duodenum aus fortgepflanzt. Der Katarrh ist
akut oder chronisch, zuweilen bflden sich Erosionen und
Geschwüre, selten Perforationen der Wände mit Ulceration
der Leber oder Perforation Ton Pfortaderästen, häufig bleibt
die Schleimhaut gewulstet und bewirkt eine Verengerung
des Lumens und Anhäufung yon Galle und Schleim hinter
derselben, welche zu allgemeiner oder zu sackförmiger Er-
weiterung der Gallengänge in der Leber und zu Bildung
von Gallenconcr^nenten fuhren kann. In solchen Fällen
findet man in der Leber hirsekom- bis hühnereigrosse,
rundliche, mit Galle und Schleim gefüllte Cysten. Der In-
halt der kleinen Cysten wird zuweilen fest und tuberkelar-
tig, in dem der grösseren bilden sich Steine aus Schleim
und Galle.
Die Entzündung der Gallenblase ist bedingt durch den
Beiz Yon Gallensteinen, durch traumatische Einwirkungen
oder ist vom Duct. choledochus fortgepflanzt; sie verläuft
akut, ergreift sämmtliche Blasenhäute, kann Berstung der
Blase , Entleerung der Galle und des Steines in die Bauch-
höhle oder^ wenn vorzugsweise der Duct. choledochus er-
griffen ist, Verstopfung desselben, akuten Icterus und Tod
bewirken , mit Heihmg endigen oder in chronische Entzfln*
düng übergehen, oder sie verläuft chronisch; als solche hat
sie zuweilen Hypertrophie der Wände, Ausdehnung der
Gallenblase, Schleimanhäufung, BUdung von Concretionen
oder Steinen zur Folge, oder sie bewirkt Verschrumpfung,
der Blasenwände, weldie verkleiden oder fettig entarten,
oder fuhrt Hydrops cyst felleae herbei (s. imteii), oder sie
setzt Geschwüre auf die SeUeimhant , Eiterbildiingy Hohl-
gange im submucösen Zellgewebe und Perforationen nadi
allen Seiten. Die Aussenseite der Gallenblase wird dabei
durch Pseudomembranen Terdickt und durch Adhäsionen
mit allen benachbarten Theilen verbunden, daher folgen
nach der Perforation der Blasenwände meist Infiltrationen
des umgebenden Zellgewebes mit Galle, EIntxfindung und
Eiterbildung, Abscesse hinter dem Peritoneum, Fistelgänge
durch die Bauchdecken, in den Magen, das Duodemun,
Colon tTümtermsm.
2. Croupöse und diphtheritische Entzündun-
gen sind selten bei Typhus und Cholera beobachtet worden.
Krweitemn^ der C^allenwe^e*
Erweiterungen werden dirrekt bewirkt durch grosse
und zahlreiche Gallensteine, durch welche der Ductus eluh
UdochuB^ cjfsticus und hepaticus bis zur Weite eines Dar-
mes ausgedehnt werden können, indirekt durch Hindemisse
im Abflüsse des Schleimes und der Galle, welche sich dann
zunächst hinter der verengten oder ganz geschlossenen Stelle
anhäufen und eine um so ausgedehntere Erweiterung der
Gallengänge bewirken, je näher das Hindemiss an der
Duodenalmündung liegt. Der Abfluss der Galle wird be-
hindert: durch Gallensteine, Wulstung und Duplicaturen
der Schleimhaut, Geschwülste.
Ist der Ductus cysiicus allein verengt oder geschlos-
sen, so tritt keine Galle mehr in die Blase ein, dieselbe
wird dann zuweilen durch angehäuften Schleim allmälig be-
trächtlich ausgedehnt, bei vollständigem Verschlusse und
langer Dauer werden die Wände der Blase zu einer serö-
sen Cyste umgewandßlt, welche eine wasserhelle oder schwach
durch Gallenreste pigmentirte Flüssigkeit enthält. (Hydrops
cy$Hdis felleae.) In anderen Fällen erfolgt Verödung der
225
Gallensteine, mit Eindickung des Inhalts, Verkreidung der
Wandung.
Verengerung oder Verschliessung des Ductus choledo-
chus wirkt auf die Gallenblase und die Gallengänge zugleich
zurück. Ist die Verengerung nicht bedeutend und langsam
entstehend, so erweitem sich allmälig die GaUengänge, zu-
weilen bis zum 5 — 6fachen ihres normalen Umfanges. Die
Textur der Leber erhält sich dabei unyersehrt oder es tritjt
abnorme Anhäufung Ton Galle in den Zellen ein. Wird
die Verschliessung vollständig, so tritt allmälig Atrophie
der Leber ein (s. oben).
AbbUdungen: CruTcilhicr Livr! 12. PI. 4, 5. Lirr. 29. PI. 4.
Patholoffisclie BTeubilduiiffen.
Neugebildetes Bindegewebe als Verdickung der
Blasenwände durch Entzündung.
Fett entwickelt sich unter dem Peritonealüberzug der
Blase bei allgemeiner Fettsucht im Unterleib und hat zuwei-
len eine Fettmetamorphose der Muscularis zur Folge. In
den Wänden einer verödeten Blase wird zuweilen Fett ne-
ben Kalksalzen frei.
Krebs pflanzt sich meist von der Leber und benachr
harten Lymphdrüsen auf die Blase über und wuchert in den
Wänden und der Schleimhaut fort, selten entsteht er selbst-
ständig in Form von Knoten im submucöseii Zellgewebe.
Parasiten.
Disioma hepaticum (Tremadote), länglich, eiför-
mig, mit Saugnäpfen, Mund, Darmkanal und beiderlei Ge-
schlechtstheUcn, 8—14''' lang, 2—6'" breit (Taf.m,30).
Diatoma lanceolatum, 2 — 4'" lang und 1'" breit,
flbrigens ebenso gebaut.
15
226
Beide kommen in den Gallengängen und der Blase vor,
sind aber sehr selten. Die Art ihrer Einwanderung ist uns
unbekannt.
«allensteine.
Concretionen y welche aus Galle und Schleim bestehen,
finden sich nicht selten in der Gallenblase und den Gallen*
gingen; es sind hirsekorn- bis taubeneigrosse ^ runde,
eckige, facettirte, in grosser Menge oder sparsam vorkom-
mende Bildungen, deren Entstehung nicht immeV erklärbar
ist. Sie entstehen vielleicht durch Concentration der Galle,
durch überwiegende Bildung einzelner Bestandtheile , insbe-
sondere des Cholestearins und Farbstoffs; den Kern bildet
oft ein Schleimklumpen; ihr Gefüge ist oft concentrisch, so
dass man auf ein allmäliges Wachsthum durch Anlagerung
Ton Aussen schliessen kann.
Die meisten Steine bestehen hauptsächlich aus Chole-
stearine; es bildet kreidenartige, gelbe oder gelbbraune
facettirte Steine oder glänzende, fein granulirte Kugeln mit
strahlig -blätterigem Bruche und weisslich- gelblicher Farbe.
Nach diesen kommen die, welche aus Cholestea-
rine und Gallenfarbstoff bestehen; sie sind dunkel-
braun oder grün gefärbt, enthalten zuweilen abwechselnd
helle und dunkle Schichten, habe eine nicht krystallinische
Bruchfläche.
Sehr selten bestehen Steine nur aus Gallen färb-
st off; sie sind durchaus grün oder grünschwarz und klein,
auch wenig zahlreich.
Den meisten Gallensteineu sind Schleim «nd koh-
lensaurer Kalk beigemischt, auch finden sich Gallen-
steine,, die nur aus diesen Elementen bestehen^ dah^ weiss,
kreideartig, wie aHe übrigen Goncremente ausseben oder
von Gallenfarbstoff grün oder gelb gefdrbt tand; es sind
227
keine Niederschläge aus der Galle ^ sondern Goncremente in
Schleim und Exsudaten.
Constante Jexturyeränderungen der Leber bd GraUm--
steinen sind nicht Torhanden. Man findet sie meist im hö-
heren Alter 9 häufiger bei Weibern und Leuten , die eine
sitzende luxuriöse Lebensweise geführt haben.
16
Pathologische Anatomie der Beaplratldna-
organe.
1. Die Nasenhöhle.
▲. Schltimhaut der Nasenhohle, Stirnhdhlt und Ober-
kieferhöhle.
BUdani^Bfeliler.
Verschliessung der Nasenlöcher durch Verwachsung der
Schleimhaut.
I
Hyperftinie. Httmorrha^le.
Hyperämie ist sehr häufig, bedingt durch örtliche
Reize 9 körperliche Anstrengungen, welche mit Kopfcon-
gestionen verbunden sind, häufigen Genuss alkoholhaltiger
Getränke, oder durch mechanische Hindemisse im Bück-
fluss des Kopfvenenblutes bei Herz- und Lungenleiden,
Struma u. s. w., oder durch Geschwülste in der Nase.
Hämorrhagieen erfolgen durch Steigerung der Hy-
perämie oder spontan bei H'^morrhaphilie, Scorbut, Typhus,
Milzkrankheiten.
KnlKfiniluiii^.
Die katarrhalische Entzündung, Coryza, ist
sehr häufig, ist auf die ganze Nasenschleimhaut ausgedehnt
oder nur auf einzelne Stellen derselben , erstreckt sich zu-
weilen auf die Stirn- und Oberkieferhöhle, oft auf die Tuba
Eusiachii^ die Thränenkanäle, den Bachen und Larynx.
Der Katarrh ist akut oder chronisch, bedingt durch lo-
kale Reize, durch Uebertragung katarrhalischen Exsudates
229
Ton anderen Schleimbs^uten , durch Erkältungen. Langwie-
riger oder oft recidiver Katarrh bewirkt bedeutende Ver-
dickung der Schleimhaut, Erweiterung der kleinen Venen,
selten Erosionen und Geschwüre, oft reichliche Schleimab-
sonderung, Blennorrhoe. Neben Katarrh sind nicht selten
die sogenannten Schlei rapolypen (Blasen-, Gallertpoly-
pen), circumscripte Anschwellungen der Schleimhaut und
des submucösen Zellgewebes durch schleimige, colloide, gal-
lertige Masse, welche sich bald als Exsudat diffus in den
genannten Geweben findet oder cystenartige Massen bildet,
bald vorzugsweise im Cavum der Drüsen lagert und dann
aus Colloidmetamorphose der Zellen der Drüse heryorgeht.
Andere Arten weicher Nasenpolypen sind bedingt durch
Neubildung von Bindegewebe im submucösen Zellgewebe,
welches sich bald als gallertige, schlottrige, aus Faserzellen
und schleimiger Intercellularsubstanz bestehende Masse, bald
als grau-rothes, weiches, speckiges, sarkomatöses, bald als
härteres, fibröses Gewebe darstellt. Auf der Oberfläche
der Schleimhaut findet meist lebhafte Zellcnbildung statt.
Zwischen den Muscheln sammelt sich zuweilen Schleim an,
wird hart, sehr stinkend und zuweilen in steinharte Con-
cremente verwandelt. (Rhinolithen.)
In einigen Fällen geht die Entzündung auf das sub-
raucöse Zellgewebe und Perichondrium über, es entsteht
Schwellung und Böthung der Nase, zuweilen bilden sich
Abscesse, welche die Schleimhaut polypenartig vordrängen
und pwforiren. Werden durch die Abscesse Knorpel oder
Knochen biosgelegt, so nekrosiren diese und werden abge-
stossen, es entstehen Verschwärungen aller Weichtheile und
ausgedehnte Zerstörungen.
In Folge des chronischen Katarrhs wird zuweilen die
Kommunikation der Nasenhöhle mit den Stirn- und den
Oberkieferhöhlen verhindert, es häuft sich Schleim resp.
Eiter in den letzteren an, die Schleimhaut ulcerirt. der
230
Ktiodiea wird an einer Stelle cariös und perforirt, worauf
sich der Inhalt durch einen Fistelgang entleert. In der
Oberkieferhöhle wird im genannten Falle das Sekret zu-
weilen wässerig, die Höhle wird allmälig zu einer dünnen
Knochenblase ausgedehnt und perforirt endlich.
Entzündungen mit croupösen und diphtheriti-
schen Exsudaten kommen bei Neugeborenen und ausser-
dem bei Gesichtsrose, Typhus, Exanthemen vor.
1. Die Ozaena der Scrofulösen beginnt entwe-
der mit Katarrh der Schleimhaut (s. oben), oder tritt so-
gleich als Yerschwärung der Schleimhaut und der übrigen
Weichtheile auf, sie beginnt meist am Naseneingang, daher
die Nasenlöcher mit dicken Krusten bedeckt werden, schrei-
tet dann nach hinten zu, bleibt auf die Weichtheile be-
schränkt oder es nekrosiren biosgelegte und verschwären be-
nachbarte Knochen. Der Process kann sich von der Nase
auf die Gresichts- und Rachenknochen erstrecken und aus-
gebreitete Zerstörungen bewirken.
2. Die Ozaena der Syphilitischen beginnt ent-
weder mit einfachen Schleimhautgeschwüren oder häufiger
mit Periostitis und Nekrose oder Caries der Nasenknochen;
von letzteren aus bilden sich Abscesse und Fistelgänge durch
die Schleimhaut, durch welche die Knochen abgestossen
werden. Zuweilen kommt es zu ausgebreiteten Verschwä-
rungen der Knochen und Weichtheile, die sich auf Gesicht
und Rachen ausdehnen.
3. Tripperkatarrh, durdi üebertragimg von Trip-
perschleim entstanden, ist öfter als andere Katarrhe mit
Geschwürsbildung verbunden.
4. Lupus pflanzt sich von der Cutis auf die Nasen-
schleimhaut fort, bewirkt meist ausgedehnte Zerstörungen
(«. Hautkrankheiten).
231
5. Nicht selten sind sogenannte krebsige Geschwüre
der Nasenschleimbaut und aller Theile der Nase; dieselben
beruhen nicht auf Zerfall und Verjauchung eines Carcino-
ma, sondern beruhen in einer fortschreitenden Zerstörung
aller Gewebe durch einfache entzündliche Atrophie ; die Ge-
schwürsfläche und Ränder sind entzündet und mif Granu-
lationen besetzt, die Weichtheile und die Knochen schwin-
den, ohne irgend andere specifische Texturveränderungen
erlitten zu haben, als mit einer leichten Entzündung ver-
bunden sind. Der Name krebsige Geschwüre kommt yoA
ihrer äusserst schweren Heilbarkeit; niemals findet man in
der Leiche von Kranken, die mit solchen sogenannten Ge-
sichtskrebsen behaftet waren, Carcinome in anderen Or-
ganen.
6. Scorbutische Geschwüre, ähnlicb wie auf der
Mundschleimhaut.
7. Botzgeschwüre und ausgebreitete Zerstörungen
kommen beim Menschen nach Ansteckung durch rotzige
Pferde vor.
Parasiten.
In der Nasenhöhle leben keine Parasiten, man hat aber
beobachtet, dass Ascaris lumbricoides zuweilen durch die
Nasenhöhle abgeht oder wohl auch in's Antrum Highmori
wandert, und dass Insectenlarven in der Nasenhöhle
und ihren Seitenhöhlen zuweilen aus dahin gelegten Eiern
zur Entwickelung kommen.
B. Sttbnluc^ftes Zellgewebe, Knorpel un4 Kttochen.
Katzlindiiiiyen
dieser Theile sind primär und selbstständig oder von der
Schleimhaut auf sie fortgepflanzt, haben traumatischen Ur-
sprung oder sind syphilitische und scrofulöse Erscheinungen.
232
Sie eudigeu inii Heilung, Hyperlrophie oder Abäcessbilduiig,
bedingen zuweilen Zerstörungen der Knorpel und Knochen.
Patholoiflfiiche IVeubilduuii^en«
Im submucösen Zellgewebe und im Periost der Nasen-
und Racbenhöhle wurzeln häufig Fibroide und Sarco-
me, welche die Schleimhaut vor sich her treiben, die knö-
chernen Wandungen aus einander drängen, durch die Na-
senlöcher nach Aussen oder häufiger durch die Choanen in
die Rachenhöhle ragen. Sie sind rund, oval, oft gestielt,
polypenförmig. (Fleischpolypen.)
Krebs entsteht in der Schleimhaut oder im Periost
und den Knochen, oder in der Cutis der Nase, bildet bald
Knoten, welche die Nasenwände aus einander treiben und
hervorwuchern, bald schwammartige Geschwülste, welche
alle übrigen Theile durch Atrophie zerstören, bald jau-
chende Geschwüre, die unaufhaltsam mn sich greifen. Kiebse
der Oberkieferhöhle treiben den Knochen auf und brechen
dann hervor. Meist findet sich Krebs in den benachbarten
Lymphdrüsen und in anderen Organen,
2. Larynx und Trachea.
Bildungafelokler.
Die Fisiula tracheae congenita (Dzondi), kleine Fistel-
gänge von der Haut nach dem Larynx oder der Trachea zu,
selten in die letztere selbst einmündend, in der Mittellinie
unter der Incis. cart. thyr, oder in geringer Entfernung
seitwärts von derselben; Asymetrie und Verbildungen ein-
zelner Theile (Spaltung, Vergrösserung oder Verkleinerung
der Epiglottis); Kleinheit des Kehlkopfs bei mangelhafter
G^schlechtseTitwickelung.(Acquirirt durch die Castration.)
233
Krweiterunn^. Verengerung.
Allgemeine Erweiterung c^urch Atrophie und Erschlaf-
fung aller den Kehlkopf zusammensetzenden Theile kommt
vor: im hohen Alter, nach langwierigen Katarrhen und
Lähmungen der Muskeln des Larynx. Nach langwierigen
Katarrhen der Trachea kommt es sehr selten zu diyertikel-
arügen Ausbuchtungen der Schleimhaut zwischen den ver-
dickten Muskelbündeln nach hinten ; die Divertikel sind ein-
zeln oder zahlreich, ihre Grösse ist verschieden, ihre Mün-
dungen sind Querspalten.
AbbüduDgen: Albers, Atlas der p. A. II. T. 14.
Das Lumen kann verengert oder völlig verschlossen
werden durch: Hypertrophieen der Schleimhaut, des sub-
mucösen Zellgewebes, der Knorpel oder Exostosen dersel-
ben nach der Verknöcherung, durch Narbengewebe und pa-
thologische Neubildungen, durch croupöse Exsudate; femer
durch Druck von Aussen: Struma, Aneurysma, die abnorm
verlaufende Art. subclavia dextra, Krebs und Tuberkulose
der Lymphdrüsen, hypertrophische Thymus: endlich durch
fremde Körper.
Hyperftmie*
Bei Neugeborenen ist die Schleimhaut stets blutreich
und hochroth, im 2. — 3. Monat rosenroth gefärbt. Hy-
perämieen sind an und für sich ohne Bedeutung, sie füh--
ren oft zu Hämorrhagieen: bei unterdrückter Men-
struations - und Hämorrhoidalblutung, bei Herzfehlem, Scor-
but, Tuberkulose, bei Katarrhen und Geschwüren. Das
ei^ossene Blut wird entleert oder es erfüllt die Luftröhre,
Bronchien und Lungenbläschen an einzelnen Stellen und
bewirkt eine fleckige Röthung der Lunge.
234
KiitBfljiduiii^.
A. Der Schleimhaut.
1. Katarrhalische Entzündung. Akuter Ka-
tarrh entsteht durch den Beiz kalter Luft, kalter oder
heisder Getränke, durch allgemeine Erkältung, findet sicl^
bei Exanthemen und Typhus. Die Schleimbaut ist injicirt,
gelockert, angeschwollen, mit Epithelien oder Eiter bedeckt;
zuweilen finden sich Erosionen oder Ulcerationen. Es folgt
Heilung oder Uebergang in chronischen Katarrh« Am häu-
figsten kommt die akute katarrhalische Entzündung im La-
rynx vor, in der Trachea meist nur dann, wenn gleichzei-
tig der Larynx oder die Bronchien afficirt sind. Selten ist
sie auf die Epiglottis beschränkt, welche dann beträchtlich
anschwillt und als rothe , der Glans penis nicht unähnliche
Geschwulst über die Zungenwurzel ragt.
Der chronische Katarrh ist eine Fortsetzung des
akuten oder ist gleich Anfangs chronisch, findet sich nach
denselben Ursachen wie der akute und ausserdem häufig bei
Tuberkulösen, Scroful'ösen, bei Herzkranken, neben Ge-
schwülsten im Kehlkopfe; er ist meist hartnäckig und oft
recidiy. Die Schleimhaut ist blass und dentritisch iujicirt,
oder dunkelbraunroth , oder schiefergrau, angeschwollen,
hypertrophisch, oder seltener atrophisch. Im Verlauf des
ohronischen Katarrhs im Larynx bilden sich zuweilen Schleim-
polypen, diffuse Schwellungen der Schleimhaut und des
submucösen Zellgewebe, die zuweilen bleibend werden und
Stenose des Larynx bedingen; — zuweilen tritt Atrophie
und Erschlaffung der Muskeln und Bänder des Larynx ein,
— zuweilen bilden sich in der Schleimhaut Ulcera, es tritt
bald Atrophie der Knorpel, insbesondere Einschrumpfung
der Epiglottis ein, bald chronische Entzündung und Eiter-
bildung im jsubmucösen Zellgewebe und Pericbondr ium , zu
welcher sich Caries der Knorpel und Knochen, circum-^
285
Scripte oder ausgebreitete Zerstorongen des Kehlkopfs ge-
sellen. (PhthUU laryngeaUs.)
Der chronische Katarrh der Trachea führt zuweilen
enorme Hypertrophie der Follikel der hinteren Wand her-
bei, zuweilen Erschlaffung der WSnde, allgemeine oder par-
tielle Erweiterung der Trachea.
2. Croupöse Entzündung kommt im Larynxals
primäre, selbstständige Aifection Torzugsweise im kindlichen
Alter Yor. a) Group der Kinder findet sich blos im
Kehlkopfe oder zugleich in der Luftröhre , breitet sich sei-*
ten auf die Bronchien und Lungenbläschen aus. Die die
Schleimhaut gleichmässig überziehende oder inselartig yer-
theilte Croupmembran ist florähnlich dünn, oder 1 — 2^'
dick, fest, wie geronnener Faserstoff, oder weich, rahm-
artig, eitrig, weiss, gelblich, graulich oder grünlich, haftet
fest oder sitzt locker auf. Die Schleimhaut ist injicirt, hell-
roth oder braunroth, oder ganz blass, zuweilen serSs infil-
trirt und mit Ecchymosen durchsetzt. Das submucöse Zell-
gewebe ist meist serös infiltrirt. Nach Abstossung der
Croupmembran erfolgt Heilung oder neue Exsudation, die
zuweilen als diphtheritische die Schleimhaut selbst durch-*
setzt und Zerstörungen derselben bewirkt.
AbbUdon^n: Alb er s Abth. 2. Xaf. 2. CarBwell Fase. 11.
PI. 1. Baillie Fase. 2. PI. 2.
b) Sekundärer Croup ist bei Angina diphtkeritica
oder Aphthen des Bachens von der Rachenschleimhaut fort-
gepflanzt, oder tritt in Exanthemen, bei Typhus, Cholera
und bei Pyämie als Theilerscheinung verbreiteter croupöser
Entzündungen auf. Das Exsudat zerfällt häufig in Eiter
und Jauche, ist oft ein diphtheritisches.
In der Trachea kommt Croup nur in Begleitung tob
Croup des Larynx oder der Bronchien vor.
3. Diphtheritische Entzündung findet sich in
Larynx und Trachea bald als Complication der croupösen,
236
bald als selbstständige Affection bei übel verlaufenden all-
gemeinen Krankheiten und stellt sich als diffuse Degenera-
tion der Schleimhaut oder in Form von Aphthen dar.
Abbildang: Cruveilhier Li?r. 35. PL 4..
4. Erysipelatöse Entzündung dehnt sich zuwei-
len bei Erysipelas des Halses bis auf den Kehlkopf aus.
Bei Variola finden sich zuweilen Blatterpusteln im
Kehlkopf .und der Luftröhre , sie sind klein, blass und ge-
hen sehr selten in Eiter über; ihre Entwickelung ist selten
Ton allgemeiner Injection oder von croupösen Exsudationen
begleitet.
AbbUdangen : F r o r i e p , Klin. Kpft. T. 49. C a r s w e 1 1 Fase. 8.
PI. 1.
B. Des submucosen Zellgewebes,
Akute Entzündungen kommen als Begleiter des
akute Katarrhs oder als selbstständige in sehr yerschiedener
Weise vor; sie finden sich meist in den Theilen oberhalb
der Glottis und bewirken durch massenhafte seröse oder in
Eiter übergehende Exsudate leicht Verschliessungen der
Glottis. (Oedema glottidisO Bei Typhus und Exanthemen
gehen die Exsudate oft in Eiter über, die Schleimhaut wird
perforirt , die Knorpel blosgelegt und der Kehlkopf dadurch
zerstört.
Akuter, seröser Erguss in das submucöse Zellgewebe
der Schleimhaut oberhalb der Glottis, Oedema Glottidis,
kommt vor 1) als Complication akuter und chronischer Ent-
zündungen im Larynx, chronischer Degenerationen dessel-
ben durch Tuberkulose, Krebs und andere Neubildungen,
2) als Theilerscheinung aUgemein verbreiteter seröser Er-
güsse. Der Erguss hat bald die Bedeutung einer entzünd-
lichen, bald die eines hydropischen , die Schleimhaut bildet
pralle oder schlaffe Wulstungen, welche die Glottis bedek-
237
ken und verengen. Zuweilen ist die Sclileimhaut der £pi-
glottis ebenfalls bedeutend angeschwollen.
Chronische Entzündung folgt meist auf Katarrb,
hat Verdickung des submucösen Zellgewebes durch fibröses
Gewebe und dadurch Stenose des Kehlkopfs zur Folge.
C. Des Perichondriums und Knorpels.
Die Perichondritis, resp. Periostitis bei toU-
ständig verknöcherten Knorpeln, befällt meist den Ring-
knorpel, ist akut oder chronisch; es bilden sich Eiterherde
zwischen Knorpel und Perichondrium , nicht verknöcherte
Knorpel werden meist rauh, filzig und nekrosiren, selten
•
schwellen sie an und erweichen , verknöcherte Knorpel wer-
den cariös oder nekrotisch. Zuweilen erstreckt sich die Ei-
terung in das benachbarte Zellgewebe, oder es wird die
Schleimhaut perforirt und der Eiter entleert sich in den
Kehlkopf, oder er perforirt nach Aussen. Die Heilung er-
folgt nach Entleerung des nekrotischen Knorpels oder Kno-
chens, der Substanzverlust wird durch ein festes, fibröses
Narbengewebe gedeckt, welches oft verknöchert. In ande-
ren Fällen finden wir Hyperostose und Exostose als
Resultat der Periostitis.
Die Epiglottis (Faserknorpel) kann Sitz einer akuten
und chronischen Entzündung sein, die sich vom Rachen her
oder vom Kehlkopfe aus auf sie verbreitet. Nach chroni-
scher Entzündung schrumpft sie zuweilen sehr ein , die atro-
phischen Ränder rollen sich ein und die ganze Epiglottis
kann schwinden; seltener wird sie dicker, rigider, hyper-
trophisch.
Abbildungen : A 1 b e r s II. T. 1—6, 9—11. Cruveilhier Li vr. 6.
PI 2. Fig. 2. Froriep, Klin. Kpft. T. 65.
Ciescliwiire*
1. Katarrhalische und FoUikuiargeschwQre
888
beginnen mit kleinen^ flachen Erosionen am Bande des
Kehldeckels und an den Stimmbändern , sind rund oder
Qval, fiiessen zuweilen zusammen, gehen selten in dieTiefe,
ausser in den Sin. Morgagni ^ wo sie gleich Anfangs tief
und trichterförmig sind.
2. Geschwüre bei Typhus sind katarrhalische oder
diphtheritische, sitzen wie die tuberkulösen constant in der
Schleimhaut zwischen den Giesskannenknorpeln , sind An-
fangs klein 7 rund, greifen zuweilen weit um sich, zerstö-
ren die Bänder der Epiglottis , legen die Bänder und Knor-
pel blos, bewirken Perichondritis mit Eiterbildung.
3. Syphilitische Geschwüre beginnen meist am
Kehldeckel, bleiben auf denselben beschränkt oder erstrek-
ken sich auch auf die übrigen Theile des Larynx und die
Trachea; die Geschwüre haben unregelmässige ^ zackige
Bänder, gehen bis zum submucösen Zellgewebe oder auch
auf Muskeln^ Bänder und Knorpel, so dass zuweüen be-
trächtliche Zerstörungen, insbesondere des Kehldeckels^ er-
folgen. Heilung erfolgt unter Bildung fester, fibröser Nar-
ben, welche Stenose des Larynx, oder der Trachea be^
dingen.
4. Aphthöse Geschwüre sind klein, flach, rund,
entstehen durch Nekrosirung kleiner diphtheritischer Exsu-
date^ finden sich meist bei Tuberkulösen.
51 Geschwüre durch Perforation von Oesopha-
gusgeschwüren.
6. Tuberkulöse, 7. carcinomatöse^ 8. vario-
löse Geschwüre, 9. Botzgeschwüre.
Abbildungen: Alb er s II. T. 4->6, 10, 11, 13.
PatlioIoivi«e]ie ITeaMIdvimreB«
Neugebildetes Bindegewebe findet sich als Hy-
pertrophie des submucösen ZdlgtBwebes nach Entzündungen,
suwoilea leidet es dicke ipedk%e Massen, seltener Fibroi-
239
.de; dieselben sind meist klein^ entspringen von den oberen
oder unteren Stimmbändern, ragen polypenartig in den
Kehlkopf und lagern oft in einer seitlichen Ausbuchtung der
Schleimhaut oder der Kehlkopfswand. Ihre Oberfläche ist
glatt^ rund oder gelappt, drusig*
Als Hypertrophieen der Schleimhaut und des submu-
eösen Zellgewebes finden sich Papillargeschwülste
und Schleimhautpolypen, meist gestielt, mit kolbiger,
mannichfach gefalteter Oberfläche und von verschiedene
Grösse, zuweilen mit erweiterten Gefässen, Teleangiecta-
sieen.
Gewöhnlicher Krebs entsteht im Kehlkopf selten
selbstständig und bildet im submucösen Zellgewebe grössere
oder kleinere, nach Innen ragende Knoten; häufiger dringt
der Krebs Ton der Zunge aus ein, oder die Luftröhre wird
von den benachbarten Theilen aus ergriffen.
Epithelialkrebs ist häufiger, bildet polypöse, kleine
oder grosse Massen, vereinselt oder in grosser Anzahl.
Die Verknöcherung der Kehlkopfknorpel ist im
mittleren und höheren Alter normal, seltener verknöchern
die Luftröhrenringe. Eine abnorme frühzeitige Yerknöche-
rang tritt ein bei Entzündungen und Yersdiwiurungen dei
Kdblkopfs^ insbesondere bei Tuberkulose. Der verknöcherte
Knorpel kann cariös oder nekrotisch werden, selten smA
Hyperostose und Exostose desselben. Bei Greisen
indet sich Atrophie desselben.
Im Kehldeckel findet zuweflen Yerkreidung stett«
In den Iforgagni'schen Ventrikeln bilden sich nieht sei*
ten €oncremente.
Tuberkel im Kehlkopf finden mh bei entwidbetter
Lungentuberkulose, die grauen oder gelben Tuborkel sitzen
kl der Schleimhaut und dem submucösen ZeUgewebe an der
hinteren Kehlkoptfewand zwischen den Giesskannenknorpefai^
erweiehea imA nnd bilden kleine,, triditorf&nmge Ge«
240
ffchwüre, die meist zusammenfliessen und durch Zerfall
neuer in den Bändern und der Basis entwickelter Tuberkel
ausgebreitete Zerstörungen bewirken, Abscesse im submu-
cösen Zellgewebe, Nekrose des verknöcherten Knorpels zur
Folge haben. Heilung kann unter Narbenbildung erfolgen.
Tuberkel in der Luftröhre sind selten.
Abbildungen: Albers II. T. 7 — 9. CruTeilhier Livr. 5.
PI. 2. Zeitschr. der Wien. Aerzte. YII. Jhg. 1. Bd. Froriep^ Klin.
Kpft. T. 63. H 0 p e Fig. 48, 49.
3. Bronchien.
Elnreiteraiii^.
Mit dem Namen Bronchectasis bezeichnet man den
Zustand der Bronchien, in welchem die letzteren, statt sich
in ihren Verzweigungen allmälig zu verkleinem, entweder
einen gleichen Umfang behalten , oder an Umfang zunehmen.
Dieser Zustand stellt sich uns, je nach seinen verschie-
denen ätiologisphen Bedingungen, unter verschiedener Ge-
stalt dar.
1. Man findet beim Aufschneiden der Bronchien, dass
von den Bronchien 3. — 4. Ordnung an der Umfang der-
'- selben nicht mehr abnimmt , sondern sich gleichbleibt oder
selbst zunimmt ; es sind alle Bronchialverzweigungen bethei-
ligt, die Erweiterung ist massig und hört in den letzten
Verzweigungen auf, ohne blindsackförmige Endigung. Die
Wände sind verdünnt, die Schleimhaut ist im Zustande des
chronischen Katarrhs; das Lungengewebe normal, oder hy-
perämisch, oder mit den weiteren Veränderungen bei chro-^
nischer Bronchitis. Dieser Zustand ist wohl durch die in
Folge der chronischen Bronchitis eingetretene Erschlaffung
der Wände bedingt.
2. Gleichmässige Erweiterung der Mehrzahl der Bron-
chien 3. und 4. Ordnung in geringer Ausdehnung mit auf-
fälliger Verdickung der Wände und Verödung des umge- '
241
benden Limgengewebes , so dass man beim Einschneiden in
die Lunge die Durchschnitte vieler erweiterter Bronchien
nahe neben einander sieht. Die Schleimhaut ist ebenfalls
im Zustande des chronischen Katarrhs, die übrige Lunge
meist hyperämisch. Die Erweiterung ist theils Folge der.
Entartung der Wände durch die chronische Entzündung,
theils der später eintretenden Verödung des umgebenden
Lungengewebes,
3. Es sind nur einzelne Bronchien auf kleinere oder
grössere Strecken erweitert, die Erweiterung ist beträcht-
lich, die erweiterten Stellen endigen meist blind, die Er-
weiterung ist gleichförmig, cylindrisch oder blasig, höhlen-
artig, paternosterförmig; die Wände sind entweder hyper-
trophisch, oder yerdünnt, die Schleimhaut im Zustande der
chronischen Blennorrhoe, oder glatt, fast einer serösen Haut
ähnlich. Das umgebend^ Lungenparenchym ist völlig ver-
ödet, die Lunge daher an dieser Stelle verschrumpft, einge-
sunken, seltener bei grossen Erweiterungen aufgetrieben.
Diesen Zustand beobachtet man nach langwieriger chroni-
scher Bronchitis, nach chronischer Pneumonie, nach €om-
pression der Lunge durch pleuritische Exsudate, nach Ver-
ödung tuberkulöser Massen. Die Erweiterung folgt allmä-
lig der Verödung des Lungengewebes, wenn bei dieser der
Thorax nicht einsinkt und daher die Luft mit grösserer
Kraft in die Bronchien eindringt.
4. Diese partiellen Erweiterungen höheren Grades er-
reichen zuweilen einen bedeutenden Umfang, neben einander
liegende Höhlen communiciren endlich mit einander und es
zeigt sich dann ein grosser Theil der Lunge, ja in seltenen
Fällen, wenn viele Bronchien ergriffen waren, die ganze
Lunge in ein Aggregat von Höhlen umgewandelt, die sich
kaum mehr als erweiterte Bronchien erkennen lassen. Das
Lungengewebe ist hier grösstentheils verödet.
Selten schliessen sich bronchectasische Höhlen von ih-
16
242
rem Bronchus ab und bilden eine Caverne oder Cyste ^ die
men mit Schleim, Eiler oder wohl auch mit seröser Flüs-
sigkeit gefüllt findet.
Der Thorax ist an den betroffenen Stellen meist ein-
gesunken, selten erweitert.
In der Schleimhaut der erweiterten Bronchien kann
Entzündung, Brand eintreten. Zuweilen zerfällt ihr Inhalt
zu Brandjauche, worauf auch die Wände und dann das
umgebende Lqngengewebe von Brand ergriffen werden.
Abbildungen : A 1 b e r s , Atlas III. Taf. 40—42. H o p e T. 60, 62.
Carswell Fase. 9. PL 1—3.
Verengerung, Hyperämie und Hämorrhagie
wie im Larjmx.
JBntiaBÜndiiiii^«
1. Katarrhalische Entzündung. Die akute
Bronchitis ist auf beide Lungen oder nur auf eine aus-
gebreitet, sie findet sich nur in den grösseren Bronchien,
oder nur in den kleinsten , oder in beiden. Die Hyperämie
ist yerschieden stark, durch dunkle Böthe zeichnet sich die
Bronchitis bei Typhus aus, auf der Schleimhaut wird an-
fangs ein zartes, glasiges, farbloses oder blutig gefärbtes
Exsudat gebildet, dann tritt lebhafte Zellenbildung, endlich
Eiterbildung ein. Erfolgt nicht der Tod, so heilt die Ent-
zündung völlig oder geht in chronische Entzündung^ über.
Die Entzündung der kleinsten Bronchien, Bronchitis
capillaris, ist besonders bei kleinen Kindern häufig und
meist tödtlich, indem der Luftwechsel mit den Lungenbläs-
dien behindert wird; die letzteren füllen sich mit Schleim
und Epithelien, das Lungengewebe wird luftleer, weiss-
gelblich, oder bei gleichzeitiger Hyperämie blauroth, die
benachbarten Theile emphysematös. Zuweilen findet nicht
allein Termehrte Bildung von Epithelien, sondern auch
Bildung Ton Exsudatsellen in den Bläschen statt, es er-
245
scheinen dann kleinere Partieen grau oder roth hepatisirt.
(Pneumonia lobiJaris,)
Die akute Bronchitis kann heilen oder in chronische
Bronchitis übergehen.
Die chronische Bronchitis ist sehr häufig nach
Erkältungen ; bei Herzkranken und Tuberkulösen^ nach
Exanthemen^ Typhus ; die Bronchien sind mit Schleim oder
Eiter gefüllt, die Schleimhaut weich, verdickt, braunroth
oder violett, seltener atrophisch; das submucöse Zellgewebe
und die Längsbänder oft verdickt, die Muscularis verdickt,
schlaff. Erosionen und Geschwüre sind selten und nur in
den grösseren Bronchien.
Ist die Entzündung über sämmtliche Bronchien ausge-
bjettet, so wird sie durch Aufhebung des Lufteintrittes in
die Lungenbläschen oft tödtlich unter cyanotischen Erschei-
nungen; auf die grösseren Bronchien beschränkt, wird sie
länger ertragen, tödtet aber öfters durch plötzliche Ausbrei-
tung der Entzündung auf die capillaren Bronchien und Lun*
genbläschen. Langdauemde Bronchitis bewirkt oberflächli-
ches Emphysem, Obliteration von Lungenbläschen, zuwei-
len Bronchectase , Hyperämie der Lungen und Behinderung
des Abflusses des Lungenarterienblutes , dadurch Erweite-
rung des rechten Herzens, gehinderten Abfluss des Blutes
aus dem Hohlvenensacks , daher Yerlangsamung des venö-
sen Blutlaufs überhaupt, cyanotische Erscheinungen und
hydropische Ergüsse, unter welchen Erscheinungen die
Kranken langsam zu Grunde gehen.
Akute und chronische Bronchitis, sehr einfach in ihrer
anatomischen Gestalt, liegen verschiedenen klinischen Ejrank-
heitsbildem zu Grunde ; solche sind : akuter und chronischer
Lungenkatarrh, Katarrhalfieber.
Asthma humidum, Anfälle von Athemnoth durch
allmälige Ueberfüllung der Bronchien mit Schleim ; ist starke
Ersticbmgsnoth dabei, so nennt man den Zustand den
16*
244
Katarrhus suffocativui; stirbt der Kranke, so ist
er am Stickfluss, Schleimschlag gestorben.
Katarrhus convulsiva, Keuchhusten, eine
durch seine epidemische Verbreitung und sehr heftige An-
fälle von Athemnoth charakterisirte Bronchitis der Kinder,
•die oft durch Ausbreitung auf die kleinsten Bronchien und
durch Complication mit Pneumonie tödtet.
Phthisis pituitosa, Katarrh der grösseren Bron-
chien mit profuser Exsudation und Eiterbildung auf der
Oberfläche der Schleimhaut.
Pneumonia notha^ Bronchitis maligna^ ist
die Bronchitis capillaris der Erwachsenen.
2. Croupöse Entzündung kommt vor: a) als Fort-
setzung der croupösen Entzündung des Larynx und*der
Trachea bei Kindern oder selten als isolirter Croup der
Bronchien; b) als selbstständige Entzündung bei Erwachse-
nen meist in Begleitung von Pneumonie, ist auf die grös-
seren Bronchien beschränkt oder erstreckt sich bis auf die
kleinsten.
3. Diphtheritische Entzündung, Brand, fin-
det sich selten neben Croup, häufiger bei Lungenbrand.
Patlioloj[(l«che IVeubiMunyen.
In den grösseren Bronchien finden sich zuweilen po-
lypenartige Hypertrophieen der Schleimhaut. Sel-
ten ist Verknöcherung der Bronchialknorpel.
Krebs findet sich zuweilen fortgepflanzt von den
Bronchialdrüsen in den Wänden.
Tuberkel finden sich neben Lungentuberkeln als
kleine, graue oder gelbe Knötchen in den grösseren Bron-
chien, als gleichmässig verbreitete Entartung der Schleim-
haut und des submucösen Zellgewebes in den Bronchien,
welche in Cavemen münden. Zuweilen ist die Tuberkulose
der Bronchialschleimhaut vorwiegend entwickelt, besonders
245
iu den kleinen Bronchien ; Erweichung und Zerfall der ent-
arteten Theile zieht die des Lungengewebes nach sich.
In verödetem Lungengewebe findet man die Bronchial-
enden zuweilen obliterirt und mit einer gelben, käsigen,
tuberkelartigen Masse gefüllt, welche aus eingetrocknetem
Schleim und Epithelien entstanden ist.
4. Die Lungen.
Bildungrsfeliler«
Mangel einer Lunge, während die andere die uugc-
thcilte Lungenarterie und die Lungenyenen erhält; Tielfache
Lappung; Mangel eines Theiles des Thorax und Lage eines
Lungeustückes ausserhalb desselben unter den Weichtheilen
(angeborener Lungenbruch); Sittis transverms.
HyperÜHiie«
Hyj)erämieen der Lunge sind häufig, sie sind vorüber-
gehend oder anhaltend und können, wenn sie rasch und in
hohem Grade sich auf beiden Lungen entwickeln, unter den
Zeichen der Apoplexie tödten; sie führen auch Hämorrha-
gieen, Entzündung und Oedem herbei. Sie finden sich ins-
besondere bei sogenannten- plethorischen Individuen; bei ju-
gendlichen Subjekten mit schmalem Thorax, in heisser Jah-
reszeit, nach Anstrengungen der Brust, Einathmen reizen-
<ler Gase, heisser und kalter Luft, bei unterdrücktem Men-
struations- und Hämorrhoidalflusse , bei Herzkrankheiten,
chronischer Bronchitis.
Nach dem Tode durch Lungenhyperämie findet man die
Lungen dunkelrotb, gleichmässig mit Blut gefüllt, knisternd,
die Bronchialschieimhaut geröthct, in den Bronchien und
der Luftröhre schaumigen, oft blutigen Schleim, das Herz
und die Venen der Hirnhäute strotzend mit Blut gefüllt, in
246
den Hirnventrikeln oft serösen Erguss; Gesicht gedunsen^
blau; Haut liyid, mit zahlreichen Todtenflecken.
Bei Lungenhyperämie bedingt durch Herzkrankheiten
ist die Röthe sehr dunkel, die Bronchialschleimhaut hyperä-
misch und im Zustande des chronischen Katarrhs; einzelne
Stellen werden allmälig luftleer, sie sind dunkelbauroth,
stark mit Blut durchdrängt, knistern nicht mehr und wer-
den allmälig dichter, fester; man nennt diesen Zustand
Splenisation; derselbe findet sich auch, aber seltener bei
Hyperämieen aus anderen Ursachen, ist aber immer nur auf
einzelne, zumeist die unteren Lungenpartieen beschränkt.
In Folge der Hyperämieen Herzkranker sind neben der Sple-
nisation häufig Ecchymosen, die man als kleine blau- oder
braunrothe, feste Flecken im hyper'ämischen Gewebe sieht;
das Hämatin des ergossenen Blutes wird im interstitiellen
Zellgewebe sowohl, als in den Lungenbläschen -Epithelien
zu braunem und schwarzem kömigem Pigmente, die Lunge,
welche schon durch die Hyp^ämie und die splenisirten
Stellen dichter und härter geworden, wird durch diese
Pigmentirung fleckig braun und schwarz gefärbt. Dieser
Zustand wird braunrothe Hypertrophie, Pigment-
induration genannt.
Nach langem Krankenlager, bei sehr schwachen Kran-
ken, Greisen, bei Himkrankheiten, Typhus findet sich Hy-
perämie der unteren und hinteren Lungenpartieen, Lun-
gen-Hypostase, welche auch zur Splenisation und Ent-
zündung führen kann; die Hyperämie ist am stärksten in
den tiefsten Theilen und geht nadi oben allmälig in die
Norm über. Eine ganz ähnliche Hyperämie findet sich in
allen Leichen als Folge der Senkung des Blutes nach dem
Tode; Hypostase und Leichenhyperämie gehen in einander
über; beide sind nur durch den hohen Grad der erstereu
-«u unterscheiden.
247
Die Blutung erscheint meist in der Gestalt des hä-
morrhagischen Infarctes, der in seinen niederen Gra-
den sich der Splenisation, in seinen höheren dem hämorrha*-
gischen Herde nähert. In Folge der auf kleinere oder grös-
sere Stellen beschränkten Stase und fixtravasation des Blu-
tes ist die betroffene Partie schwarzroth, blauroth, fest, auf
der Schnittfläche ist das Lungengewebe nicht mehr zu er*
kennen 9 die Bruchflädie ist trocken kömig. Das Blut ist
in die Lungenbläschen , kleinsten Bronchien und in das in-
terstitielle Gewebe ergossen. In den zu dieser Stelle füh-
renden Gefässen finden sich feste Gerinnsel , die sich oft
bis in den Stamm der Lungenarterien erstrecken. Die
Grösse der Stellen ist yerschieden, sie wechselt von 3'" —
3^^ Dchm., kleine Infarcte finden sich oft in grosser An-
zahl, grosse meist nur einzeln; ihre Gestalt ist rund, eckig;
sie lagern in aUen Theilen der Lunge, häufiger in der
Tiefe, doch auch ganz oberflächlich unter der Pleura. Das
Machbargewebe ist normal oder ödematös, hyperämisch, ent-
zündet.
Die Bedingungen der Entstehung des hämorrhagischen
Infarctes sind noch nicht vollständig bekannt. Er kann be-
dingt sein durch Steigerung einer Hyperämie und Stase,
durch Gerinnselbildung in den Ausbreitungen der Lungen-
arterie, nach Dittrich durch fettige Entartung und Zer-
reissung der Endigung der Lungenarterie, am häufigsten
findet er sich bei Pyämie.
Die Ausgänge sind: 1) Verödung des Lungengewebes
durch Narbenbildung, das Hämatin wird zu braunro-
them , später schwarzem Pigment und es entsteht eine feste,
gefärbte Narbe; in derselben findet später oft Concrement-
bildung statt und man glaubt dann durch verkreidete Tuber-
kel verödetes Lungengewebe vor sich zu haben; 2) Eite-
rung; es bildet sich Eiter, welcher anfangs durch die Bei-
miscbung der Blutiarbe roth, Tioktt ist. das eingeschlos-
sene Lungengewebe schwindet and es entsteht ein Eiter-
herdy gewöhnlich metastatischer Herd genannt. Die
Eitertierde können darch Entzündung in der Peripherie oder
dordi Zusanimenfliessen sich yergrössem; 3) Brand, nm-
schriebener Brand, derinfarct zer^t zu einem trodc->
nen oder feuchten, braunen oder grünen Brandschorfe Ton.
hdchst üblem Gerüche, zottigem, schmierigem Gerüche, wel-
ches sich leicht aus einander drücken lässt (s. unten).
Abbildanfen: CrnTeilhier Lirr. 3. PI. 1, cep. bei Froriep,
Klia. Kpft. T. 50 Qod Albers 3. Abth. T. 24. Hope Fig. 32—34.
Carsirell Fase. 6. Fl. 2.
Selten bildet sich unter Zerreissung und Zertrümme-
rung des Lungengewebes ein wirklicher hämorrhagi-
scher Herd in einer hyperämischen Umgebung, man fin*
det ihn meist bei Zerreissung grösserer Gelasse, Aneurys-
men; seine Ausgänge sind: Entleerung durch die Bron-
chien, ganze oder theilweise Resorption und Vemarbung
des zerrissenen Gewebes , Einkapselung des geronnenen Fa«
serstoffs und spätere Verkreidung desselben.
An&mie.
Anämie findet sich nach bedeutenden Hämorrhagieen,
langwierigen Krankheiten, seniler Atrophie, Emphysem,
Gompression der Lunge, bei mangelhaftem Gapillarblutlauf.
Die anämische Lunge ist graulich gefärbt, die schwarzen
Pigmentflecken treten deutlich hervor, zuweilen ist sie grell
hellroth gefärbt, wenn das wenige Blut durch die letzten
AthemzUf?^) noch oxydirt wurde.
Hypertrophie. Alrophie«
bleibende Vergrösserung einer Lunge findet statt, wenn
die andere ganz oder theilweis atelectasisch wird, und ist
bedingt durch massige Erweiterung der Bläschen und Ge-
249
fasse. Der Umfang der Lungen kann ferner yermehrt wer-
den: durch Emphysema vesictdare, Hämorrhagie , Hepatisa**
tion und Neubildungen.
Atrophie einzelner Stellen tritt zuweilen nach Ent-
zündung, Compression des Lungengewebes ein, das Ge-
webe wird schlafT, luft- und blutarm, stark pigmentirt. Im
Greisenalter tritt geringe Atrophie, partielle Verödung von
Bläschen und Capillaren, in den Lungenspitzen und am
vorderen Rande der Lungen sehr häufig ein , zuweilen er-
reicht sie aber einen höheren Grad, es tritt Sdiwund der
Scheidewände der Lungenbläschen ein, so dass deren Räu-
me an einzelnen Stellen zusammenfliessen und grössere Bla-
sen bilden; gleichzeitig obliteriren die Gefässe und*es wer-
den so Mos die peripherischen, oberen Lungenpartieen oder
fast die ganzen Lungen in ein anämisches, aus weiten Luft-
räumen zusammengesetztes Netzwerk verwandelt. Der Tho-
rax sinkt, dem Schwunde der Lunge folgend, ein, plattet
sich seitlich ab, der Rücken kriimmt sich, das Stemum
wird vorgeschoben, die Brustmuskeln magern ab. (Atrophia
oder Emphysema senil.)
Kmpliyseina«
1) Emphysema vesiculare besteht in Erweiterung
einer grossen Anzahl von Lungenbläschen, welche allmälig
durch Schwund der Zwischenwände unter einander commu-
niciren.
a) Gleichmässige Erweiterung des Lungenbläschen der
Spitze und des vorderen Randes in geringem Grade bildet
sich fast bei allen akuten Krankheiten der Lunge, bei wel-
chen der Lufteintritt in gewisse Partieen bebindert wird und
die Inspirationsbewegungen sehr häufig sind.
Dieses geringe Emphysem bewirkt an und für sich
keine weiteren Störungen, bildet sich zurück oder geht all-
mälig in die höheren Grade über.
250
Selten sserreissen bei sehr heftigen Inspirationen ein-
zelne Wände und es entstehen grössere Lufträume , Em-
physem im interstitiellen Gewebe^ Mediastinum, Zellgewebe
des Halses.
b) Die höheren Grade des Emphysems bilden sich aus
den während akuter Lungenkrankheiten entstandenen niede-
ren Graden weiter oder sie entstehen allmälig während
chronischer Krankheiten der Lunge und des Bespirations-
apparates und sind wie das Yorige bedingt durch gewaltsa-
mes Emströmen von Luft in einen Theil der Lungenbläs-
chen, iK^Lhrend der andere dem Luftzutritt yerschlossen ist.
Es findet sich meist an der Spitze und dem Torderen Bande
beider, selten blos einer Lunge. Die Lungenbläschen sind
migleichmässig erweitert, durch Schwund der Zwisdien-
wände entstehen grössere Blasen; so findet man den em-
physematösen Theil der Lunge stark gedunsen, ausgedehnt,
an der Oberfläche vereinzelte oder diffus yertheilte, erbsen-
bis hühnereigrosse, äusserst dünnwandige Blasen, unter die-
sen kleinere und immer kleinere, welche allmälig in das
normale Gewebe übergehen. Das so entartete Gewebe ist
blutarm, stark pigmentirt, der Luftwechsel unyollkommen,
die normale Textur der Lungenbläschen ist gänzlich zu
Grunde gegangen, die Epithelien geschwunden, die Gefässe
yerödet.
Der Thorax ist, entsprechend der Schwellung des em-
physcmatösen Lungentheils , rundlich gewölbt, besonders
Torn, tonnenförmig aufgetrieben, Intercostalräume flach; bei
isolirtem oder einseitigem Emphysem circumscripte Erwei-
terung; Herz und Leber sind verdrängt.
Sind bei ausgedehntem Emphysem viele Gefässe oblite-
rlrt , bewirken die emphysematösen Partieen starke Compres-
sion der übrigen Lunge, so wird der Blutlauf in den Lungen
beschränkt, der Abfluss des Blutes der Lungenarterie wird
behindert, das rechte Herz wird weiter, es entstehen Stok-
251
klingen im venösen Kreislauf , hydropisctie Erscheinungen,
der Tod erfolgt durch Aufhebung der Lungen- und Hers-
tbätigkeit, zuweilen durch Hyperämie des Hirns. Heilung
der höheren Grade ist noch nicht beobachtet worden.
Abbildungen: Hope Fig. 35, 36. Carswell Fase. 9. PL 1.
Fig. 4—6. Albers UI. T. 29.
2) Das Emphytema intetlobulare beruht auf
Ansammlung von Luft im interstitiellen Zellgewebe durch
Zerreissung yon Lungenbläschen. Es finden sich meist an
der Oberfläche der Lunge streifige, ästige Luftmassen in
grossen und kleinen Blasen, oft wie Schaumblasen; di^
Pleura wird yon der Lunge abgehoben, reisst zuweilen ein
und die Luft dringt in den Thorax, oder in's MetUastüntm
anticnm^ Yon da in dem Zellgewebe des Halses weiter und
bewirkt Emphysem des Zellgewebes unter der Haut.
Ursachen dieses Emphysems sind sehr, heftige Inspira-
tionsbewegungen; es ist im Allgemeinen selten.
Abbildungen: Hope Fig. 38. Carswell Fase. 9. PI. L Fig. 7*
Ateleetanis.
Atelectasisch sind diejenigen Theile der Lunge, welche
bleibend dem Luftzutritt yerschlossen sind. Das Letztere
geschieht durch Yerschliessung der Bronchien oder durch
Verödung der Lungenbläschen.
1) Die Atelectasis der Neugeborenen beruht
entweder auf unvollkommenen Athembewegungen gleich nach
der Geburt bei schwachen, asphyctischen Kindern, oder auf
Bronchitis im Fötalzustande; es sind meist nur einzelne
Läppchen, selten grössere Partieen, ein ganzer Lappen oder
Lungenflügel atelectasisch; dieselben sind scharf abgegrenzt
Ton den lufthaltigen Theilen, sie sind blauroth, crepitiren
nicht, derb und sinken im Wasser; die Schnittfläche ist ho-
mogen. Die Stellen lassen sich Anfangs leicht aufblasen,
naeh einigen Wochen und Monaten nicht mehr.
252
Dieser Zustand kann Stockung im Lungenkreislauf,
Offenbleiben des Ductus arteriosus und des Foramen ovale,
ferner cyanotische Erscheinungen veranlassen.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 15. PI. 2. Albers HL T.25.
2) Atelectasis durch Verstopfung der Bronchien ist häu-
fig bei Bronchitis der Kinder; die betreffenden Stellen sind
bald blauroth, derb, blutreich, bald blass, aber fest, auf
der Schnittfläche quillt ein trüber Saft hervor, der aus dem
in den Lungenbläschen angehäuften Schleim und Epithelien
besteht, die oft in Fettmetamorphose übergegangen sind.
Bei Erwachsenen finden sich ähnliche Zustände selten.
3) Durch Compression von Aussen wird die Lunge
nach und nach der Luft vöUig unzugänglich, die Gefässe
obliteriren, die Lunge wird derb, fleischartig, auf dem Durch-
schnitt homogen, später wird sie anämisch, braun, grau und
schrumpft zu einem festen lederartigen Lappen ein. Nicht
selten findet man dabei Bronchectasis und tuberkelartige
Bildungen; die letzteren beruhen auf Obliteration der Lun-
gengefässe, kleinen Bronchien und Atrophie der benachbar-
ten Gewebe, und bestehen aus Bindegewebe und Körper-
chen, die von atrophischen Bläschenepithelien herstammen,
haben ein trockenes, gelbes Ansehen und sind ästig im
comprimirlen Lungentheil verbreitet,
£ntzündun§^«
Die Pneumonie beginnt mit Hyperämie oder Stase
(Stadium der entzündlichen Anschoppung, En-.
gouement) und Ausscheidung eines zähflüssigen Exsudates,
wodurch die Lunge geröthet, geschwellt und consistenter
wird; auf der Schnittfläche quillt Blut mit flüssigem Exsu-
dat gemischt als bräunlicher Saft hervor, die Bläschen sind
nicht mehr zu erkennen, das Gewebe wird luftleer, lässt
sich aber noch aufblasen.
Bald tritt Bildung von Zellen ein, durch welche die
263
Lungenbläschen völlig ausgefüllt werden, die Zellen haben
den Charakter der EiterzeUen, die Lunge wird fest, schein-
bar umfangreicher, luftleer, die Schnittfläche fest, trocken,
braunroth, gefleckt durch Pigment und durchschnittene
Bronchien, meist gleichmässig feinkörnig, wie ein Leber-
durchschnitt (Stadium der rothen Hepatisation);
die Lunge lässt sich brechen und nicht mehr aufblasen.
Das körnige Aussehen rührt von den strotzend gefüllten
Lungenbläschen her und kann, wenn die Zellenbildung in
geringerem Grade stattfindet, oder die Zellen in flüssiger
Intercellularsubstanz suspendirt sind, auch fehlen. Ist die
Hyperämie gering, die Zellenbildung sehr massenhaft, so
werden die Lungen dann graulich -gelb gefärbt und die
Schnittfläche hat ein grauliches, körniges Ansehen, meist
finden sich daneben dunklere Stellen (graue Hepati-
sation).
Ist die Zellenbildung sehr massenhaft, bilden die Zel-
len keine compacten Massen, sondern eine rahmige Flüs-
sigkeit, so erscheint die Lunge mit Eiter infiltrirt (Sta-
dium, der eitrigen Infiltration), man findet dann
die Lunge immer noch anscheinend vergrössert, ihr Ge-
webe derb , doch weich im Verhältniss zur sogenannten He-
patisation ; sie sie gelblich oder graulich gefärbt, die Schnitt-
fläche ist nicht mehr körnig und überzieht sich mit Eiter;
das Gewebe lässt sich leicht zu Brei zerdrücken (künstliche
Abscesse). Der Eiter kann entleert oder resorbirt werden,
ohne weitere Texturveränderung des Lungengewebes zu-
rückzulassen, in einzelnen sehr seltenen Fällen zerfällt aber
das Lungengewebe im Eiter, es entsteht ein Eiterherd,
Abscess.
Die Eiterherde sind Anfangs klein, vergrössern sich
durch Zusammenfliessen oder durch weiteren Zerfall des
umgebenden Gewebes, welches stets mit lEiter infiltrirt ist;
die Abscesswände sind stets zottig, weich, es münden ein
264
oder mdirere Bronchi ein. Selten überstehen die Kranken
eine Pneumonie mit Abscessbildung, kommt es aber zur
Entleerung und Resorption des Exsudates in den übrigen
Theilen der Lunge , so kann auch der Abscess heilen , in-
dem sich seine Wandung ausglättet und durch neugebilde-
tes Bindegewebe mit einer Art Kapsel Tersehen wird; der
eitrige Inhalt kann dann verhärten und verkreiden und wird
von einem narbigen, schwieligen Gewebe umgeben; bei klei-
nen Abscessen oder bei raschem Einsinken des Thorax le-
gen sich die Wände nach Resorption des Eiters ganz an
einander und yerwachsen, vernarben. Die Schliessung und
Verödung eines Abscesses erfordert stets mehrere Wochen.
Sehr selten perforirt ein solcher Abscess nach Aussen.
Der häufigste Ausgang dieser Entzündung ist Hei-
lung, indem die Zellen durch die Bronchien entleert oder
nach molecularem Zerfall resorbirt werden. Selten erfolgt
Verödung einzelner Theile, indem die Lungenbläschen und
Bronchien einsinken, die Gefässe obliteriren, das Binde-
gewebe sich allmälig contrahirt und so ein hartes, narben-
artiges, blasses oder pigmentirtes Gewebe gebildet wird.
Wiederherstellung der normalen Lungentextur ist dann nicht
mehr möglich ; meist dehnen sich die benachbarten Bronchien
oder Lungenbläschen aus , der Thorax sinkt ein und es tre-
ten die oft genannten Folgen der Stockungen des Lungen-
und Körpervenenblutlaufs ein. Diese Vorgänge haben einen
langsamen Verlauf und werden chronische Lungen-
entzündung, graue Induration oder Lungen-
cirrhose genannt.
Sehr selten zerfällt das entzündete Lungengewebe zu
Gangrän, und es verwandelt sich die Lunge in brandige,
jauchende Massen (s. unten).
In einzelnen Fällen tritt Tuberkulisirung des ent-*
zündeten Gewebes ein, man findet dann einzelne Partieen
der Lunge in eine graue oder gelbe, trockene, feste Maaie
255
verwandelt , in welcher man die Beste des Lungengewebes
und die atrophischen Zellen der Lungenbläschen findet. (S.
Tuberkel.)
Bei Kranken^ die mit Krebs behaftet sind, soll bei
Pneumonie zuweilen krebsige Infiltration der Lunge zu
Stande kommen.
Der Verlauf der Pneumonie ist meist akut (akute,
croupöse Pneumonie), so dass meist nach 3 — 4,
höchstens 8 Tagen die Veränderung den ausgebildetsten
Ghrad erreicht hat; die Entleerung und Resorption der Zel-
lenmassen geht meist binnen 8 — 14 Tagen yor sich, wor-
auf hslA völlige Heilung emtritt, bald noch einige Wochen
oder Monate hindurch das Lungengewebe schlaff, luftarm
und serös infiltrirt bleibt. Tritt Verödung ein , so wird der
Verlauf chronisch.
Selten ist der Verruf von vorn herein chronisch (chro-
nische Pneumonie); diese langsam verlaufende Entzän-
düng tritt nur äusserst selten in vorher gesundem Lungen-
gewebe ein, sondern findet sich meist als Fortsetzung ei-
ner akuten Pneumonie oder in der Umgebung von Tuber-
kelmassen, Carcinomen, Cysten u. s. w., und führt vor-
zugsweise Verödimg, Induration der Lunge mit ihren Fol-
gen herbei (s^ oben).
Die akute Entzündung hat ihren Sitz meist im rechten
unteren Lappen, verbreitet sich von da auf die oberen Lap-
pen, nimmt selten einen ganzen Lungenflügel ein; zuwei-
len tritt sie linkerseits oder in den oberen Lappen zuerst
auf; zuweilen ist sie doppelseitig. Höchst selten beschränkt
sich die Entzündung auf die Mitte eines Lappens als soge-
nannte centrale Pneumonie.
Während die Entzündung in der Regel auf einen gan-
zen Lappen gleichmässig verbreitet ist, finden sich zuwei-
len nur einzelne beschränkte Stellen inmitten eines norma-
len Gewebes entzündet: lobnläre Pneumonie; diese
256
Art der Entzündung kommt meist nur bei Kindern vor, die
an Bronchitis leiden, scheint von den Bronchialenden auf
die Lungenbläschen übergegangen zu sein und stellt sich
auch ihrer Natur nach mehr als eine katarrhalische
Entzündung dar, indem die Lungenbläschen mit nias-
senhaft gebildeten Epithelien und flüssigem Exsudate gefüllt
sind. Die entzündeten Läppchen sind massig fest, roth,
aus den durchschnittenen Bronchien quUlt Eiter. Bei Er-
wachsenen finden sich lobuläre Ab sc esse als soge-
nannte metastatische bei Pjämie, dieselben gehen bald aus
der Metamorphose eines hämorrhagischen Infarctes hervor,
bald findet ohne diesen Vorgang sogleich EiterbUdung in
den. Lungenbläschen statt, worauf zuweilen auch Zerfall des
Lungengewebes eintritt.
Zuweilen sind nur einzelne Bläschen oder Bläschen-
gruppen ergriflfen, welche dann als gelb - grauliche , feste
Knötchen in dem meist hyperämischen Lungenparenchyme
sitzen: vesiculäre Pneumonie, Bayle'sche Granu-
lationen.
Ausser den genannten Varietäten der Pneumonie kom-
men noch andere durch yerschiedene Beschaffenheit des Ex-
sudates vor; dasselbe ist zuweilen mehr serös, dünn- oder
dickflüssiger, zuweilen sehr reich an Faserstoff, der rasch
gerinnt und als amorphe Masse bleibt, zuweilen ist es gal-
lertartig und findet sich so insbesondere neben Tuberkeln. -
Einen eigenthümlichen Charakter haben die Pneumo-
nieen, welche im Verlauf des Typhus, der Exantheme, hef-
tiger Gastro - intestinalkatarrhe (sogenannter gastrischer Fie-
ber) vorkommen; sie finden sich in einem oder beiden un-
teren Lappen , insbesondere den hinteren Partieen , sind von
starker Hyperämie begleitet, das Exsudat ist dickflüssig,
meist blutig gefärbt, selten kommt es zu fester Hepatisa-
tion, der Verlauf ist langsam.
Sie bilden den Uebergang zu den sogenannten bypo-
257
statischen Pneumonieen, welche, aus einer hyposta-
tischen Hyperämie henrorgehend, nur in den tiefstgelegenen
Partieen yorkommen, ein dfinnflüssiges Exsudat liefern und
durch dunl^ehrothe Farbe, Blutreichthum und geringe Con-
sistenz der Lunge auszeichnet sind.
Die Pleura der entzündeten Lungenpartieen ist meist
durch Exsudat etwas getrübt, mit dendritischen, venösen
Injectionen durchzogen, zuweilen völlig entzündet. Der
nicht entzündete Theil der Limge ist normal oder hyperU-
misch, oft oberflächlich emphysematös. Die Lungenarterien
und Venen der entzündeten Stelle enthalten oft feste Coa-
gula; eben solche findet man meist im Herzen. Die Bron-
chien enthalten Schleim , die kleinsten croupöjsies Exsudat,
welches sich zuweilen bis auf die grösseren verbreitet und
als croupöse Bronchitis eine schlimme Complication der
Pneumonie bildet.
Abbfldangen: Hope Fig. 1 — 14. Carswell Fase. 12. PI. 4.
Fig. 1.2. Craveilhier Livr. 29. Fl. 5. Metast. Absces/e: Cru-
veilhier Livr. 11. PI. 2, 3. Carswell Fase. 8. PI. 2. Albers
III. T. 23.
Brand.
Der circumscipte Lungenbrand entsteht meist
aus dem hämorrhagischen Infarcte (s. oben), es sind eine
oder mehrere Stellen in eine harte oder weiche missfarbige,
sphacelöse Masse verwandelt ; die bohnen- bis hühnereigros-
sen Brandherde fliessen oft in einander und bilden eine dif-
fuse brandige Zerstörung der Lunge. Liegt der Brandherd
unter der Pleura , so entsteht Pleuritis ; oft zerfällt die ent-
sprechende Pleura ebenfalls brandig und der Brandherd der
Lunge entleert sich in die Pleurahöhle, worauf gewöhnlich
durch Lufteintritt aus den Bronchien Pneumothorax ent-
steht Sobald die Anfangs festeren Brandschorfe zu wei-
chen, sottigen, breiigen Massen zerfallen sind, sieht man
17
258
auch die angefressenen Lumina der Bronchien in diese
Herde ragen, die Bronchialschleimhaut wird oft ebenfalls
Ton Brand ergrifffen und in grosser Ausdehnung zerstört:
stets ist sie im Znstande des Katarrhs, so dass im Aus-
wurf mehr Schleim als Brandjauche gefunden wird.
Das Nachbargewebe ist meist entzündet oder ödematös,
oft geht es nach und nach ebenfalls in Brand aber und es
wird so ein grosser Theil der Lunge zerstört. Nicht selten
sind Hämorrhagieen aus angefressenen Gefässen.
Zuweilen erfolgt Heilung, indem sich in der Umgebung
des Brandherds entzündliches Exsudat organisirt, Anfangs
zu Eiter, mit welchem gemischt die Brandjauche ausgehu-
stet und entleert wird , später zu Bindegewebe, wodurch der
Brandherd eingekapselt wird oder ganz vernarbt.
Der diffuse Lungenbrand nimmt grosse Partieen
ein, welche zu einer weichen, zottigen, missfarbigen, spha*
celös riechenden Pulpa zerfallen sind und allmälig in das
normale* Gewebe übergehen, ohne streng umschrieben zu
sein; die Bronchialäste ragen ebenfalls in die Jauche, die
Pleura wird oft zerstört. Diese Art des Brandes ist meist
eine Folge des circumscripten , seltener der Ausgang einer
Entzündung ; in manchen Fällen geht der Brand von erwei-
ten Bronchien aus (s. Bronchectasis), zuweilen sind seine
ursächlichen Verhältnisse nicht zu ermitteln.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 3. Fl. 2. Livr. 11. PI. 4, cop.
bei Froriep» Klin. Kpft. T. 51, 52 und Aibers III. T. 26. Hope
Fig. 4. CarswQll Fase. 7. PI. 4.
Das Oedem besteht in Erguss von Serum in die Höhle
der Lungenbläschen, die kleinen Bronchien und zum Theil
auch in das interstitielle Zellgewebe.
Der Erguss findet sehr rasch statt (akutes Oedem)
oder Imigsamer und in wiederholten Pansen (chronisches
259
Oedem). Das ersiere tödtet oft sehr rasch unter apoplek-
tischen Erscheinungen (Stickfluss), insbesondere bei Herz-
kranken, chronischer Bronchitis, Tuberkulose und zuweilen
bei allen übrigen Lungenkrankheiten, die Lunge ist gedun-
sen, leicht zerreissbar, aber noch elastisch, resistent und
fällt beim Oeffnen des Thorax wenig zusammen, sie kni-
stert noch, ist hyperämisch, auf der Schnittfläche quillt in
grosser Menge blutig gefärbtes, schaumiges Senim hervor,
in den Bronchien viel schaumige Flüssigkeit, welche zu
Nase und Mund hervorquiUt.
Das chronische Oedem entwickelt sich im Verlaufe chro-
nischer Hyperämieen der Lunge bei Herzkrankheiten, Tuber-
kulose oder ist eine TheUerscheinung allgemein rerbreiteter
seröser Ergüsse. Die Lunge sinkt wenig ein, behält den
Fingereindruck, knistert fast gar nicht, ist meist anämisch,
schlaff, auf der Schnittfläche quillt in einem Strome (wenig
schaumiges) helles Serum heraus. Ist die Lunge stark pig-
mentirt, so quillt beim Durchschneiden oft eine schwarze
Flüssigkeit hervor: Serum mit Pigmentkömehen (schwar-
zes Lungenödem, Cruveilhier).
Patltolog^isclie ]ireubildun§^en.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich als Nar-
bensubstanz der verödeten Abscesse, hämorrhagischen In-
farcte, um verkreidete Tuberkel u. s. w., selten als Fi-
broide.
Während im jugendlichen Alter die gesunde Lunge pig-
mentlos ist, tritt in den mittleren Lebensjahren so constant
Pigmentbildung, bestehend in schwarzen Kömchen im
interstitiellen Zellgewebe , ein , dass dieser Vorgang als nor-
maler betrachtet werden kann, doch ist er streng genom-
men ein pathologischer, bedingt durch kleine Extravasate
(Virchow). Dieses sdiwarze Pigment findet sich in Form
kleiber Fleck» durdi die Lungen zerstreut, welche mit
17*
260
den Jahren an Zahl und Umfang zunehmen; tritt endlich
senile Atrophie und Verödung Tieler CapUlaren ein , so wer-
den die so veränderten Lungentheile ganz schwarz gefärbt.
Ausser dieser Art der Pigmentbildung findet sich die letz-
tere häufig bei allen Lungenkrankheiten, welche bleibende
Hyperämie, Hämorrhagieen und Verödung Ton Gefässen
bedingen, so bei chronischer Bronchitis (s. Pigmentindura-
tion), Tuberkulose, chronischer Pneumonie u. s. w. Auch
dieses Pigment ist schwarz , findet sich als schwarze Körn-
chen im interstitiellen Zellgewebe und in den Lungenbläs-
chenepithelien , giebt zuweilen ganzen Lungenpartieen ein
schwarzes Ansehen (Melanosis pulmonum); es bedingt an
and für sich keine krankhaften Erscheinungen.
Abbildungen: Carswell Fase. 5. PI. 3. Crureilhier Livr. 36.
PL 2. Hopc Fig. 39-^45.
Concremente sind in den Lungen häufig, finden sich
in tuberkulösen Cavemen, Abscessen, im Narbengewebe,
liegen entweder frei in den Höhlen oder sind fest umkap-
selt, bilden in seltenen Fällen sehr grosse knochenartige
Gebilde.
Cysten sind in den Lungen selten; man hat seröse
Cysten und solche mit cutisartig organisirtem Balge, mit
Fett und Haaren u. s. w. hie und da gefunden. In einem
Falle fand sich ein enorm grosser Balg, in welchen poly-
penartige, mit Haaren besetzte Geschwülste ragten und der
mit dem linken Luftröhrenaste durch eine weite Oefihung
communicirte , so dass Haare im Auswurf gefunden wurden.
Abbildungen: Alb er s III. T. 34. a.
Enchondrom fand Lebert.
Krebs, meist Markschwamm, findet sich in Form
kleiner und grosser circumscripter Knoten, die sich meist
neben Krebsen in anderen Organen entwickeln, welche den
Tod herbeiführen, ehe die Knoten in der Lunge weitere
261
Metamorphosen eingehen können. Das umgebende Gewebe
ist zunächst dem Krebse comprimirt, das übrige normal
oder öfters ödematös. Die Knoten sind sut^eilen blos hirse-
bis hanfkomgross. Zuweilen ist die Lunge oder einer ihrer
Lappen ganzlich in homogener Krebsmasse untergegangen.
Zuweilen geht der Krebs von aussen auf die Lunge über,
z. B. Ton der Pleura, vom Mediastinum aus^ dann finden
sich diffuse Stellen entartet.
Abbildangen: Albers III. T. 31. Carswell Fase 3. T. 3.
Tuberkel. Die Lungentuberkulose ist eine der hän-
figsten Krankheiten des Körpers überhaupt und der Lungen
insb^ondere und stellt eine eigenthümliche, durch die Art
ihrer Verbreitung und die Metamorphosen ihrer Producte
characterisirte Entzündungsform dar.
Die anatomischen Veränderungen sind im Allge-
meinen folgende: Den Anfang bildet meist Hyperämie mit
seröser oder gallertiger Exsudation , darauf tritt lebhafte
Zellenbüdung in den Lungenbläschen ein, die letzteren wer-
den angefüllt mit Zellenmassen vom Charakter der Eiter-
Zellen, welche sich bald als grauliche^ bald als gelbliche,
harte oder weiche, eiterige Knötchen oder Massen dar-
stellen. Bei weiteren Veränderungen dieser Zellenmassen
sind Terschieden: bald bleiben sie als Eiter und allmälig
zerfällt auch das Lungengewebe, es entstehen Abscesse,
Höhlen, bald werden sie atrophisch, trocknen ein, bilden
gelbe, käsige Massen; indem dieselben allmälig durch mo-
lecularen Zerfall erweichen und das Lungengewebe eben-
falls zerfällt , entstehen wiederum Höhlen in der Lunge ; bald
geht die Vertrocknung noch weiter, die Zellenmassen wer^
den zu harten, homartigen Knötchen; bald tritt Verkreir
dung ein und es entstehen kalkbreiige oder steim'ge Massen,
bald tritt nach molecularem Zerfall Besorption der Zelle«
und Verödung des Lungengewebes ein.
262
Bei Verbreitung dieser Veränderung in der Lunge
yerhSlt sich so: Die Hyperämie mit seröser oder gallertiger
Exsudation ersfreckt sich auf grössere Lnngenpartieen, wel-
che sich dann wie bei Pneumonie im ersten Stadium ver-
halten. Die Zellenbildung findet sich: 1) ebenfalls in grös-
seren Lungenpartieen gleichmässig Tcrbreitet, die Ver-
änderung yerhält sich im Anfang vöUig wie bei grauer He-
patisation ^ ist identisch mit dieser; gestaltet sich die Zel-*
lenbildung als Eiter, zerfällt dies Lungengewebe, so ent^
stehen grosse Cayemen, tritt käsige Metamorphose ein,
grosse , gelbe , trockne Massen. Meist findet sich diese Art
der Verbreitung dann , wenn nach chronischem Verlauf plötz-
lich rasche, akute Tuberkulose eintritt und die Kranken un-
terliegen eher, als Metamorphosen dieser Hepatisation ein-
treten können.
2) Die Zellenbildung tritt in isolirten Bläschen oder
kleinsten Bläschengruppen ein; dieselben stellen sich
als grauliche oder gelbliche , hirsenkorn - bis hanfkomgrosse
Knötchen im hyperämischen oder normalen Lungengewebe
dar (Miliartuberkel), bilden sich meist zuerst in den Lun-
genspitzen, TorzugswQise in der rechten, selten gleichzeitig
in de^ ganzen Lunge. Indem dieselbe Veränderung allmä-
lig in inmier mehr Bläschen eintritt, entstehen grössere Grup-
pen Ton sog. Miliartuberkeln ; die oben genannten Metamor^
phosen treten sowohl in den diskreten Tuberkeln , als in den
Oruppen ein; so bilden sich anfangs kleine, später durch
Zudammenfliessen mehrerer oder durch Fortschreiten der
Veränderung in der Peripherie grösser werdende Höhlen,
oder es treten hie und da Verkreidung , Verödung ein u. s. w.
Diese Art der Verbreitung findet sich meist bei chronischem
Verlauf.
3) Die Zellenbildung tritt in grösseren Bläschen-
gruppen ein, welche in geringer oder grosser Anzahl durch
die Lunge zerstreut sind , getrennt durch normales oder by-
26S
p^rämisches uud serös iiifiltrirtes Lungeugewebe... Während
iu den erst gebildeten Gruppen eine der MetamorphoBen,
meist Höhlenbildung 9 eintritt, entstehen neue. Diese Art
der Yerbreiluhg findet sich meist bei akutem Verlauf.
Dem Verlauf nach gestaltet sich der Hergang so:
1) Der Verlauf der Lungentuberkulose ist vom Anlang
bis zu Ende chronisch, die Krankheit ist meiist ererbt,
sehr selten acquirirt, beginnt meist schon in den Kinder^
Jahren. Es bilden sich zunächst diskrete Miliartuberkel ia
den. Lungenspitzen, besonders in der rechten, vermehfen
sich allmälig und fliessen zusammen; während hi^ auf eine
oder die andere Weise Höhlenbildung eintritt, treten auch
in anderen Lungentheilen Ton oben nach unten zu Tuber^
kel auf, als diskrete Miliartuberkel oder grössere Gruppen.
Das Lungengewebe, in welchem sich Tuberkel bilden, geht
zu Grunde, die Gefässchen veröden, ihr Blut dient zur
Bildung schwarzen Pigments , das freie Lungengewebe nmää
daher mehr Blut aufnehmen und wird hyperämisdi wie die
Bronchien, in welchen bald lebhafte Zellenbildung in der
Schleimhaut, chronischer Katarrh, entsteht. Indem in den
Spitzen und oberen Lappen die Höhlen immer grösser wer-*
den, entartet unten ein Theil der Lunge nach dem ande-*
ren , bis endlich die Lungenfunction unmöglich wird und
Tod eintritt.
Li der Pleiura entwid^eln . sich meist nur danh Tuber-
kel , wenn die Entartung der Lunge bis an dieselbe reidit
Die Höhlen , Cayemen , entstehen , wie aus der allgehiei-
nen Beschreibung heryorgeht, durch Zerfall des Lungenge-
webes fheils in Eiter, theils in allmälig zerfallende käsi-
ge, gelbe Tüberkeltnasse , ihr primitiver Inhalt besteht da-
her stets aus Eiter oder atrophischen Zellen und Molecur
larmasse gemischt mit den Trttmmem des Lungengewebes;
dieadbeii Beständtheile hat zu dieser Zeit der Auswurf.
Später btoteht der Inhalt blos aus Eiter, oder er bleibt bei
264
fortwährendem Zerfall in der Peripherie und dadurch be-
dingter Yergrösserung der Cavemen unTerändert. Die Bron-
chien zerfallen mit dem übrigen Limgengewebe , ihre Enden
münden in die Cavemen ein und sind oft ebenfalls tuber-
culisirt. Die Gefässe veröden meist, ehe sie zerfallen, Ar-
terien eiiialten sich aber zuweilen lange unversehrt und ge-
b^, wenn sie endlich zerstört werden, Anlass zu tödtli-
lichen Hämorrhagien. Zuweilen erreichen die Cavemen, all-
mälig durch peripherischen Zerfall wachsend, die Pleura;
diese entartet ebenfalls tuberkulös , zerfällt endlich, der In-
halt der CaTeme ergiesst sich in die Pleurahöhle, es ent-
steht Pleuritis und nach Eintritt von Luft: Pyopneumotho-
raY. Durch feste Adhäsionen wird dieser Durchbrach in
die Pleurahöhle zuweilen verhindert , dann treten bald Yer-
eiterang der Rippen , der Weichtheile , bald Perforation nach
aussen ein, sehr seltne Ausgänge. Zuweilen findet endlich
Gangränescenz des Inhaltes und der Wandungen der Ca-
Ternen statt.
Die geschilderte Ausbreitung geht meist sehr langsam
Tor sich und es kann das Leben dabei sehr lange erhalten
bleiben; zuweilen findet Sistirung des Processes, Heilung,
statt, das tuberculös entartete Lungengewebe verödet dann
allmälig, es entsteht ein luftleeres, schwarz pigmentirtes,
narbiges Gewebe, welches eine trockne, bröckelige oder ver-
kreidete Masse einschliesst, in den zugehörigen Bronchien
tritt dabei nicht selten Erweiterung ein. War schon Höh-
lenbildung eingetreten, so bleiben die Höhlen meist zurück,
umgeben von verödetem Gewebe, ohne sich weiter zu ver-
ändern, oder sie werden allmälig kleiner und verschwinden
allmälig; der Inhalt der bleibenden Höhlen ist bald flüssi-
ger Eiter, bald käsige, kreidige Massen, zuweilen verkrei-
det er ganz und die Wandungen legen sich um die kreidige
Masse eng an. Gleichzeitig mit der tuberkulösen Entartung
des Lungengewebes findet dieselbe meist in den Bronchial*
265
drüsen statt. Im äbrigen Körper iat es vorzugsweise das
Ileum, welches am tuberkulösen Processe theilnimmt; die
Solitär-: und Peyer'schen Drüsen entarten in der oben be-
schrieben^ Weise, selten bilden sich Turberkel in anderen
Organen 7 wie Peritoneum, Leber, Milz, Nieren, Gehirn,
Knochen. Meist entwickelt sich neben der chronischen Lmir
gentuberkulose Fettleber, oft auch Fettniere, der Körper
magert in hohem Grade ab, zuletzt treten oft seröse AuSr
Scheidungen: Anasarca der unteren Extremitäten, Ascites^
Hydrothorax ein.
Zuweilen findet neben der tuberkulösen Entartung der
Lunge derselbe Process in ausgedehnter Weise in der Bron-
chialschleimhaut statt; indem dieselbe zerfällt, dann auch
die übrigen Wandungen zu Grunde gehen, geht die Zer--
Störung auf das Lungengewebe über und es entsteht so eine
dritte Art von Cayemen, ausgehend von den Bronchien.
Während die Capillaren und kleineren Gefässe der Lungen-
arterie und Lungenvene da, wo tuberkulöse Entartung statt-
findet, obliteriren, erweitem sich die Gefässchen der Um-
gebung, es stellt sich ein Collateralkreislauf mit den Bron-
chialgefässen her, zuweilen auch, nach der so häufig im
Verlauf der Lungentuberkulose eintretenden Verwachsung
der Pleuren, mit den Intercostalgefässen.
2) Der anfangs chronische Verlauf der Lungentuberku-
lose wird plötzlich akut; unter heftigem Fieber und den
Symptomen der Lungenentzündung entarten rasch grosse
Gruppen von Lungenbläschen oder ganze Partieen eines Lun-
genlappens , die Höhlenbildung erfolgt schnell und die Kran-
ken gehen unter den Erscheinungen der Phthisis florida
schnell zu Grunde. Von diesem Vorgange zu unterschei-
den ist die akute Tuberkulose, welche ebenfalls im Ver-
lauf einer chronischen Tuberkulose der Lunge plötzlich ein-
tritt; hier erfolgt unter den Erscheinungen eines typhösen
Fiebers rasch die Bildung unzähliger Miliartuberkel in fast
266
allen inneren Organen des Körpers: den serösen Häuten,
der Ldber , Milz , den Nieren u. s. w. , die Kranken werden
bald soporös und sterben.
3) Der Verlauf der Lungentuberkulose ist Yom Anfang
bis zum Ende akut, die ganze Krankheit yerläuft als
Pkikisii ftarida^ gallopirende Schwindsucht, die Entartung
gebt in der eben beschriebenen Weise Yor sich , tödtet rasch.
Diese Art der Lungentuberkulose findet sich nicht selten
bei Individuen, welche yon gesunden Eltern stammen und
bis dabin Töllig gesund waren, ist seltener combinirt mit
Tuberkulose in anderen Organen und daher öfter als die
chronische Tuberkulose ein lokales Lungenleiden.
Die Lungentuberkulose ist meist Folge eines AUge-
meinleidens, welches yon den Eltern auf das Kind über-
tragen oder acquirirt ist, zuweilen ist sie ein lokales Lun-
genleiden und tritt bei übrigens yöllig Gesunden ein.
Abbildungen: Alb er s III. T. 27, 38, 32, 33.
Parasiten«
Eine seltene Erscheinung ist Echinococcus homi-
nii in den Lungen. Die Blasen sind meist in kleiner An-
zahl yoiiianden und taubenei- bis mannskopfgross. Selten
yereitem sie und werden durch die Bronchien entleert.
Noch seltener ist Cysticercus, der sich gew(ämlich
gleichzeitig in anderen Organen findet. Beide Blasenwür-
mer sind von einer fibrösen Kapsel im verödeten Lungen-
gewebe umgeben.
Untersaelftii»0 üem Auswurfis.
Der Auswurf besteht aus Schleim oder reinen oder ver-
änderten Exsudaten der Luftwege vom Larynx an bis zu
den Lungenbräsehen , vermischt mit dem Bachen- und Mund-
sdileim; selten werden Theile der zerstörten Ltmge selbst
ausgehustet.
267
Der zähe 9 glasartige oder blutige Auswurf im Beginne
der Bronchitis und Pneumonie enthält im amorphen Exsu-
date abgestossene Cylinderepithelien y neugebildete Zellen und
Blutkörperchen.
Der grauliche zähe Auswurf bei massiger Bronchitis
besteht aus unentwickelten Epithelien und Eiterzellen; Gy*
linderepithelien finden sieh nicht, da sie, einmal abgestos-*
sen , nicht eher wieder regenerirt werden , als nach Wieder-
herstellung der normalen Ernährung der Schleimhaut.
Der grünliche , geballte , massenhaft ausgehustete Aus-
wurf bei chronischer Bronchitis und Tuberkulösen besteht
fast ganz aus Eiterzellen. Aschfarbige und schwarze Klümp-
chen entstehen durch die Anwesenheit von Pigmentzellen;
diese sind meist Epithelien der Lungenbläschen oder seltener
neugebildete Zellen, in welchen sich durch Tränkung mit
ausgetretenem Hämatin rostfarbige und später schwarze Pig-
mentkömchen gebildet haben. Nach Lehmann können
auch Haufen Ton Körnchenzellen eine dunkelgraue Färbung
im Auswurf bedingen. Feste, käsige, stinkende Klump-
chen stammen zuweilen aus kleinen Erweiterui^en.
Der pneumonische Auswurf zeigt ausser Eiterzellen,
abgestossenen Blaschenepithelien oft feine, streifige Faser*
stoffcoagula, wahrscheinlich Exsudat in den kleinsten Bron-
chien. Der geballte Auswurf im Ausgang der Pneumonie
enthält viele in Fettmetamorphose übergegangene Zellen.
Tuberkelmasse findet sich yerhältnissmässig selten im
Auswurf; zugleich mit ihr sieht man dann elastische Fasern
aus der Lunge.
Der sogenannte zwetschenfarbige Auswurf besteht aus
Eiterzellen und Blutkörperchen, denen nur dann Trümmer
des Lungengewebes beigemischt sind , wenn die ausgeworfene
Masse aus einem Jaucheherd der Lunge stammt.
Croupmembranen als grosse röhrtge Stücke oder La-
mellen aus dem Larjmx und als baumartig yerästelte Mas-
268
gen aus den Bronchien finden sich bei Croup oder Pneu-
monie.
Ausgehustete Concremente stammen theils aus Cayer-
nen, theils aus den Bronchien, insbesondere aus erweiter-
ten Stellen.
5. Die Plejira.
Als irrelevante Bildungsfehler sieht man in selte-
nen Fällen überzählige Duplikaturen der Pleura.
Wäjpewüukie*
Hyperämie ist meist bedingt durch Lungen - oder Herz-
leiden y sie zeigt sich in einer allmäligen Erweiterung der Ve-
nen und Hypertrophie der Pleura, in Gestalt dicker, fibrö-
ser, oft anscheinend knorpeliger Platten^ die nicht selten
verknöchern.
Häufig sind in Begleitung von Hyperämieen und Ent-
zündung kleine Ecchymosen, selten aber Blutungen in das
Cavum Pletrrae.
Eine häufige Folge der Hyperämie ist Ausscheidung
von Serum in das Catntm Phurae: Hydrothörax. Einen
Fall von Varicosität der Venen der linken Pleura mit Hydro-
thörax theilt Albers mit.
Die akute Pleuritis ist sehr häufig, sie ist ausgedehnt
über eine oder seltener über beide Pleuren, oder auf eine
Stelle beschränkt, sie ist oft selbstständig als traumatische
und rheumatische Entzündung, oder sie ist angeregt durch
Entzündung, Cavernen, Brand, Krebs der Lunge, oder sie
ist eine Theilerscheinung einer über niehrere seröse Häute
(Bauchfell, Herzbeutel) ausgebreiteten £xsudation, welche
durch eine gemeinschaftliche Ursache angeregt worden ist
(putride Infection)« Die sehr häufigen Adhäsionen zwi-
269
sehen Lungen * und Bippenfell beweisen j dass leichte Exsu-
date auf der Pleura häufig sind und ohne bedeutende Er-
scheinungen verlaufen.
Die Injection ist eine capiUare, oder auf die kleineren
Gefässe beschränkt, oder fehlt ganz*
Das Exsudat ist auf die freie Fläche und zuweilen
auch in das Gewebe der Pleura selbst gesetzt, wodurch
diese getrübt und verdickt wird. Menge und Beschaffen-
heit desselben sind sehr verschieden, gewöhnlich finden sich
1 — 2 Pfund seröser Flüssigkeit im Cavum und auf der
Pleura dickere oder dünnere gelbe , weiche Massen von der
Consistenz geronnener Milch oder geronnenen Fibrins; die
ersteren bestehen aus Eiterzellen, die letzten aus FibriUi
bald sind diese Massen vorwiegend, bald ist das Exsudat
mehr gallertartig; zuweilen ist es rein serös.
Vollständige Heilung durch Besorption des ganzen Ex*
sudates ist selten , häufiger bleiben fibröse Pseudomembranen
und Adhäsionen zurück ^ zwischen welchen sich, sackartig
enkystirt, zuweilen auch seröses Exsudat längere Zeit halt
Nicht selten tritt rapide Zellenbildung, Eiterbildung ein :
Empyema, insbesondere bei Scrofulösen, Tuberkulösen und
Kachektischen. Durch Zersetzung des Eiters entsteht Jau-
che, was durch Zutritt von Luft durch die perforirten Brust-
wände oder Bronchien sehr begünstigt wird.
Der Eiter wird bald resorbirt, bald entleert nach vor-
hergehender.Perforation, die letztere findet statt : 1) nach
aussen, es bildet sich ein Fistelgang durch die Brustwand,
der Eiter entleert sich aUmälig , aber nur selten erfolgt Hei-
lung durch Schliessung der Abscesshöhle durch Verwach-
sung, meist dauert die Eiterbildung fort, es tritt wohl auch
Jauchebildung ein und es erfolgt Tod; 2) nach innen,
nach nlcerösem Zerfall der Lunge und eines Bronchus wird
der Eker zum Theil ausgdiustet, meist erfolgt aber rasch
Eintritt loa Luft in die Brusthöhle, Pyopneumothorax und
270
Tod; 3) nach innen und aussen zugleich, 4) durch das
Zwerchfell in die Bauchhöhle. Zuweilen bleibt der Eiter,
wird von Pseudomembranen eingesackt und später aUma-
lig resorbirt.
Sogenannte hämorrhagische Exsudate werden bei
Tuberkulose, Krebs der Lungen, allen Zuständen, die eine
chronische Hyperämie der Pleura yeranlassen und bei Ent-
siindung älterer pleuritischer Pseudomembranen beobachtet.
Partielle Pleuritis findet sich an den Lungenspitzen
über Tuberkeln und Cayemen, in den Zwischenräumen der
Lungenlappen , im Zwerchfellüberzug und führt meist die
Bildung Yon Pseudomembranen und Adhäsionen herbeL
Chronische Pleuritis beruht in einer langsam vor
sidi gehenden Metamorphose der Exsudate und in oft reci-
diven Entzündungen der Pleura selbst oder der durch frühere
Entzündungen gesetzten Pseudomembranen. Als Produkte
derselben sind anzusehen: einestheils massenhafte Pseudo-
membranen, die schichtweise gelagert 4 — 12^^^ im Dchm.
haben können, andemtheils enorme Mengen seröser Exsu-
date, welche, in einzelnen Pausen gesetzt, 8 — 20 Pfund
betr^en können. Zuweilen tritt Eiterbildung ein, die Ei-
terung setzt sich auf die Brustwände oder auf die Lunge
fort und als endliche Folge haben wir dann: Perforation
der Brustwand oder der Bronchien.
Die Lunge wird bei Pleuritis verschiedenartig bethei-
ligt, sie ist gleichzeitig entzündet, oder nur die äusserste
Bläschenlage infiltrirt; durch das pleuritische Exsudat wird
sie comprimirt , wird aber , wenn das Exsudat bald resorbirt
wird, wieder ausdehnungsfähig und lufthaltig; durch ein
bleibendes, grosses Exsudat wird die Lunge nach oben und
hinten geschoben, wird fest, endlich blutleer und lederartig;
war die Lunge an einzelnoi Stallen an die Bippenpleura ad-
härent, so wird sie nur an. dm freien Stellen zurückgedrängt.
Der Thorvx wird dmch das Exsudat erweitert^ die In-
271
tercostalräume werden ausgeglichen, das Zwerchfell und die
Leber werden herab und das Herz wird auf die Seite ge-
drängt. Wird das Exsudat resorbirt und kann sich die com-
primirte Lunge nicht wieder ausdehnen , so sinkt der Thorax
zusammen, plattet sich ab, die Hippen legen sich an ein-
ander, die erschlafften oder paralysirten Intercostalmuskel
schwinden; die betroffene Thoraxhälfte verkleinert sich, am
meisten ist die Gegend der 6. — 8. Bippe abgeflacht oder
selbst ausgehöhlt« Die Brustwirbelsäule verliert dadurch
ihre Stütze und weicht nach der gesunden Seite hin aus,
während sich zur Ausgleichung in den Lendenwirbeln eine
Krümmung nach der entgegengesetzten Seite entwickelt.
Nach partielLen Exsudaten plattet sich der Thorax nur an
den betreffenden Stellen ab.
Ist die Pleuritis bedingt durch eine Brustwunde, oder
durch den Durchbruch einer tuberkulösen Caveme, oder
eines Brand- oder Eiterherdes , oder hat sekundäre Yereiter
rung der Lunge und eines Bronchialastes stattgefunden, so
tritt Luft in das Cavum Pleurae ein und man findet diesdbe
dann in den oberen Theilen des letzteren, das Exsudat in
den tieferen: Pyopneumothorax.
Brand der Pleura kommt nur bei dieselbe berührendem
Lungenbrande oder als Zerfall über Eiter- und Jaucheher-
den vor.
Patltol^tisrlie IVeublldiiiiyeii«
Neubildung von Bindegewebe und Gefässeii
als Folge der Organisation von entzündlichen Exsudaten
oder eines durch Hyperämie gelieferten reichlichen Plasmä's
ist sehr häufig. Die Gestalt der fadigen, lamellösen, netz-
artigen u. s. w. Pseudomembranen nach Entzündungen und
der erben- bis thalergrossen , knorpelartigen Platten nadi
Hyp^rimieen ist sehr mannichfach ; von den letzteren *^ wer-
di^ ftnwieüeB einige frei und fdlen in die PleurahShle.
272
Pigmentbildung ist niclit selten nach Hypeiümieen.
Falsche Yerknöcherung findet sich in dem fibrösen
nengebildeten Gewebe.
Krebs ist sehr selten in der Pleura selbstständig ent-
wickelt und comprimirt dann die Lunge gleich einem Exsu^
date (Albers), meist ist er von der Mamma, der Lunge,
den Rippen, den Mediastinis auf die Pleura fortgepflanzt,
in Gestalt kleiner oder grosser Knoten. Bei akuter Krebs-
bildung findet man ihn in Form tuberkelariiger oder grös-
serer, flacher, platter Knötchen im Gewebe der Pleura.
Abbildungen: Alb er s III. T. 38.
Tuberkel entwickeln sich selten langsam neben chro-
nischen Lungentuberkeln , meist rasch bei ausgebildeter Lun-
gentuberkulose als kleine, graue oder gelbe Knötchen, da-
neben findet sich oft Injektion der Pleura und Serum im
CaTum.
Grössere aus Tuberkelmasse bestehende Knoten bestehen
neben oder ohne Lungentuberkel als sogenannte Scrofelge-
schwülste.
Entzündliche Exsudate bei Tuberkulösen und Nichttu-
berkulösen gehen zuweilen in Tuberkelmasse über.
Ansammlung von Ijufl und Warner.
Pneumothorax wird bewirkt durch Eintritt Ton Luft
durch Wunden des Thorax entweder von aussen oder durch
die Lunge und Bronchien, wenn diese gleichzeitig verwun-
det werden, durch Zerreissung oberflächlicher Lungenbläs-
chen, durch Durchbruch yon Cayemen, Abscessen u. s. w.
(s. Pyopneumothorax) , durch Gasentwickelung aus Exsu-
daten.
Eintritt von Luft durch Perforation des Zwerchfells,
Oesophagus und Magens ist selten; Perforation nach der
270
Tod; 3) n^^cb innen und aussen zugleidiy 4) durch das
Zwerchfell in die BaudihShle. Zuweilra bleibt der Eiter,
wird von Pseudomembranen eingesackt und später allmä-
lig resorbirt.
Sogenannte hämorrhagische Exsudate werden bei
Tuberkulose y Krebs der Lungen j allen Zuständen y die eine
chronische Hyperämie der Pleura yeranlassen und bei Ent-
Bündung älterer pleuritischer Pseudomembranen beobachtet.
Partielle Pleuritis findet sich an den Lungenspitxen
über Tuberkeln und Cavemen, in den Zwischenräumen der
LungNÜappen 9 im ZwerchfeUüberzug und führt meist die
BUdung Ton Pseudomembranen und Adhäsionen herbeL
Chronische Pleuritis beruht in einer langsam vor
sich gehenden Metamorphose der Exsudate und in oft reci-
diyen Entzündungen der Pleura selbst oder der durch frühere
Entzündungen gesetzten Pseudomembranen. Als Produkte
derselben sind anzus^n: einestheils massenhafte Pseudo-
membranen, die schichtweise gelagert 4 — 12^^^ im Dehn,
haben können, andemtheils enorme Mengen seröser Exsu-
date, welche, in einzelnen Pausen gesetzt, 8 — 20 Pfund
betragen können. Zuweilen tritt Eiterbildung ein, die Ei«-
terung setzt sich auf die Brustwände oder auf die Lunge
fort und als endliche Folge haben wir dami: Perforation
der Brustwand oder der Bronchien.
Die Lunge wird bei Pleuritis verschiedenartig bethei--
ligt, sie ist gleidizeitig entzündet, oder nur die äusserste
Bläschenlage infiUrirt; durch das pleuritische Exsudat wird
sie comprimirt, wird aber, wenn das Exsudat bald resorbiitt
wird, wieder ausdehnungsfShig und lufthaltig; durch ein
bleibendes, grosses Exsudat wird die Lunge nach oben und
hinten geschoben, wird fest, endlich blutleer und lederartig;
war die Lunge an einzelnen Stallen an die Rippenpleura a^
härent, so wird sie nur an.ten freien Stellen zurückgediäiigt
Der Thorax wird durch da» Exsudat erweitert, die In-
271
tercostalrämne werden ausgeglichen, das Zwerchfell und die
Leber werden herab und das Herz wkd auf die Seite ge-
drängt. Wird das Exsudat resorbirt und kann sich die com-
primirte Lunge nicht wieder ausdehnen , so sinkt der Thorax
zusammen 7 plattet sich ab, die Bippen legen sich an ein-
ander, die erschlafften oder paralysirten Intercostalmuskel
schwinden; die betroffene Thoraxhälfte verkleinert sich, am
meisten ist die Gegend der 6. — 8. Bippe abgeflacht oder
selbst ausgehöhlte Die Brustwirbelsäule verliert dadurch
ihre Stütze und weicht nach der gesunden Seite hin aus,
während sich zur Ausgleichung in den Lendenwirbeln eine
Krümmung nach der entgegengesetzten Seite entwickelt.
Nach partielli^ Exsudaten plattet sich der Thorax nur an
den betreffenden Stellen ab.
Ist die Pleuritis bedingt durch eine Brustwunde, oder
durch den Durchbruch einer tuberkulösen Caveme , oder
eines Brand - oder Eiterherdes , oder hat sekundäre Verdtet-
rung der Lunge und eines Bronchialastes stattgefunden, so
tritt Luft in das Cavum Pleurae ein und man findet diesidlbe
dann in den oberen Theilen des letzteren, das Exsudat in
den tieferen: Pyopneumothorax.
Brand der Pleura kommt nur bei dieselbe berührendem
Lungenbrande oder als Zerfall über Eiter- und Jaucheher-
den vor.
Patholof Uirlie HTeoMliiiiiiffeii«
Neubildung von Bindegewebe und Gefässen
als Folge der Organisation von entzündlichen Essudaten
oder eines durch Hyperämie gelieferten reichlichen Plasma's
ist sehr häufig. Die Gestalt der fadigen, lamellosen, netz-
artigen u. s. w. Pseudomembranen nach Entzündungen und
der erben- bis thalergrossen , knorpelartigen Platten nach
HyperSmieen ist sehr mannichfach; von den letzteren *^ wer-
den zuweüen einige frei und fidlen in die Pleurahöhle.
275
durch den Duet arletiatus in die A. dacemlmm fortsetst.
Die Aorta «sc. ist wohlgebildet ^ giebt aber nur die Caroti->
den und SnhdaTiae ab, während die Pubnonalia sieh in die
A. deseemdens fortseist. Mangel, Enge der Poimonalis^ die
Aorta entspringt aus beiden Ventrikeln und giebt durch tei
Dmei. arteriasus Blut an die Aeste der Pulmonalis. Völlig«
Transposition der Arterien oder aller Gefässe» Ausser in
diesen Fallen bleibt der Duet. Boialli , welcher sich gewöhn«
lieh im Verlauf der zwei ersten Monate schliesst, selten of«
fen als schmaler Gang, der die Functionen der CtefXsse
nicht behindert Die Folgen der mangelhaften Bildungen
der Gefässstämme für die Textur des Herzens und die Cir-
culation sind folgende:
Mangelhafte Bildung, Enge des Aortenstam-
mes oder des OsHwn arteriosum bewirkt Anhäufung des
Blutes und dadurch Erweiterung der linken Herzhälfte , tot-
hindert . durch Ueberströmen des Blutes nach der rechten
Herzhälfte entweder die Schliessung des Far, ovale ^ oder die
Bildung des Septum der Vorhofe oder auch der Ventrikeli
bedingt durch Stockung des Lungenkreislaufs eine Erweite*
rung des rechten Herzens, Behinderung des Abflusses des
Hohlyenenblutes imd dadurch Cyanose.
Mangelhafte Bildung, Enge der Lungenar-
terie oder des Ott. arteriosum behindert ebenfalls die
Schliessung des For. ovale oder des Septum der Ventrikd;
die Aorta muss den grössten Theil des Blutes oder bei yöl-*
Bger Verschliessung der Lungenarterie, in welchem Falle
die Aorta aus beiden Ventrikeln entspringt, das gesammte
Blut abführen; durch den dadurch bedingten yerlangflamten
AbflusB des Herzblutes wird der Zufluss von den Hohlreiien
behindert und dadurch Cyanose bewirkt.
Ausserdem findet sich selten mangelhafte Bildung ^ De-
feet, Verkümmerung der Klappen, meist gleichzeitig mit
denselben Fehlem der ganzen betreffenden Herzabtheilungi
18*
276
Die Fehler der Bildung der Höhlen , Klappen und Ge-
fässstämme bewirken mancherlei Veränderungen der Ge-
stalt, Yergrösserungen einzelner Herztheile oder des
ganzen Herzens. Angeborene Kleinheit des Herzend fin-r
det sich meist neben 'aUgemeiner mangelhafter Körperent-
wickelung. Zu bemerken sind noch die Lage des Her-
zens ausserhalb der Brusthöhle bei Mangel eines Theiles
der Brustwand, die Lagerung des Herzens in der Bauch-
höhle bei Mangel des Zwerchfells, die Rechtslage, perpen-
dikuläre oder quere Lage desselben.
Abbildungen: Albers III. 13 — 17. Meckel Tab. a. p. T. 1, 2.
Veränderaiig^en der C^röMe«
L Vcrgrösserungen des Herzens werden ge-
wöhnlich mit dem Namen Hypertrophie bezeichnet; sie
sind ihrem Wesen nach: wii'kliche Hypertrophie der Mus-
kelsubstanz des Herzens, oder Erweiterungen der Hohl-
t^ume des Herzens, oder Combinationen beider. Sie sind
oft sekundäre Erkrankungen , welche, im Betracht der Stö-
rungen, die durch diejenigen Veränderungen, deren Fol-
gen sie sind, hervorgerufen werden, von geringerer Bedeu-
tung sind.
Die Vergrösserung betrifft alle Abtheilungen des Her-
zens oder nur einzelne, der linke Ventrikel ist am häufig-
sten vergrössert. Bei der wirklichen Hypertrophie des Mus-
kelfleisches sind entweder Wand , Scheidewand und Trabe-
keln gleichmässig verdickt, oder nur die Wand, seltener
nur die Trabekeln; die Verdickung ist absolut und geht
beim Manne im linken Ventrikel und dem Ventrikelseptum
von 6 — 18'", im rechten von 8—9'", im linken Vorhof
von 2 — 3'", im rechten von 1^ — 2"', bei Weibern sind
die Maasse um einige Linien geringer; oder sie ist relativ,
d. h, die Dicke ist bei beträchtlicher Erweiterung normal
gehlieben.
277
a) Einfache Hypertrophie: Vergrösseriüig des Her*
zeii» durch Verdickung der Wände ohne Erweiterung der
Höhlen. Selten.
b) Concentrische Hypertrophie: Verdickung der
Fleischtheile des Herzens mit Verengerung der Hohlräuma)
die Grösse des Herzens normal, vermehrt oder vermindert.
Selten, insbesondere am linken Ventrikel. Der Befund ist
vorsichtig zu beurtheilen , da nach Verblutungen, plötzlichen
Todesarten zuweilen Zusammenziehung und Verengerung
des Herzens stattfinden und den Anschein einer conc. Hy-^
pertr. geben können.
c) Excentrische Hypertrophie: Vergrösserung
des Herzens durch relative (einfache Erweiterung)
oder absolute (active Erweiterung) Verdickung der
Wände und Erweiterung der Höhlen. Ist die häufigste Art
und wird gewöhnlich schlechthin Herzhypertrophie genannt;
sie findet sich insbesondere am linken Ventrikel und Vor*«
hofe, zuweilen über das ganze Herz ausgedehnt, welches
dadurch eine enorme Vergrösserung erleidet (Cor taurinum)
und eine kugelige Gestalt bekommt. Bei Hypertrophie des
linken Ventrikels wird das Herz länger, cylinderförmig, der
rechte Ventrikel bildet einen kleinen Anhang auf dem in
seine Höhle hereingewölbten Septum. Bei Hypertrophie
des rechten Ventrikels wird das Herz breiter, runder, bei
Hypertrophie des rechten Conus arteriosns keilförmig.
d) Erweiterung, Dilatatio (passive Erweite-
rung), Vergrösserung. des Herzens durch Erweiterung der
Hohlräume mit Verdünnung der Wände. Ist häufig im
rechten Vorhofe und Ventrikel, meist neben excentrischer
Hypertrophie des linken Herzens, selten im linken Ventri-
kel, hohe Grade finden sich nur in den Vorhöfen. Der Be-
fund ist vorsichtig zu beurtheilen und nicht mit Erschlaf-
fung des Herzens als Leichenerscheinung zu verwechseln.
Die Ostien folgen meist der Erweiterung, wenn sie
278
nicht {Jrsache derselben sind ; die Klappen nebmen an Um-
fang 8U9 werden dabei dünner oder selten hypertrophisch,
die Papillarsehnen yerlängern sich.
Sehr vergrösserte Herzen liegen quer^ mit der Basis
nach rechts 9 der Spitze nach links.
Die Textur der Herzmuskeln ist, wenn nicht eine
Texturreränderung Ursache der Hypertrophie war, bei wirk-
licher Verdickung oft normal ; die Masse des Fleisches ist
Yermehrt: das Mikroskop zeigt nur normale Muskelfasern;
meist sind die Wände fest und derb, die Farbe dunkel. In
einzelnen Fällen entwickelt sich in den hypertrophirten Mus-
keln Fettmetamorphose y das Fleisch wird dadurch heller
imd brüchig«
Ursachen sind:
1) Stenose und Insufficienz der Klappen, die
blufigste Ursache, finden sich meist an den Ostien des lin-
kw Herzens, bewirken einfache oder aktiye Erweiterung
das linken und zuweilen durch die Behinderung der Ent--
leerung des Lungenvenenblutes und dadurch wieder des Pul-
nonalarterienblutes (insbesondere bei Fehlem der Mitralis),
tttch des rechten Ventrikels, worauf meist DQatation des
rechten Vorhofs, auch wohl Hypertrophie des rechten Ce-
nu$ arteriosus folgt. Die nächsten Folgen der Behinderung
des Abflusses des Blutes aus dem rechten Herzen in die
Lunge sind Behinderungen des Abflusses des HoUvenenblu«-
tes und daher cyanotische und bydropische Erscheinungen,
Erkrankungen der Leber, Milz, Nieren, Hämorrbagieen,
Zustände, die bei den seltenen Fehlem der Klappen im
rechten Herzen rasch und im höchsten Grade auftreten.
Der Grad der Hypertrophie und die Ausdehnung derselben
auf das ganze Herz^ sind sehr yerschieden und entsprechen
nicht immer dem Grade des Klappenfehlers.
2) Angeborene Enge des Aortenstammes und
seiner Verzweigungen, Verengerung desselben durch Tex--
279
tuneFändMUngen , Dmck tou Aussen; ErweiteriiÄg-dar'
Aorta ascendens mit Entartungen ihrer Müskelj^hlcfiit*
(Atherom). Höchst selten sind dergleichen Anomalieen in
der A. pmlmtmalis.
3) Behinderung des Lungenkreislaufes durdi.
Oompression der Lunge ^ Ohliteration der Gapillaren der;
Lun^narterie (Missbiidungen des Thorax ^ pleuritische Ez-f
sudate^ Yerödung^ Emphysem^ Tuberkulose)^ chronische Broa*-
cfaitis, Behinderungen des Abflusses des Lungentenenblutei :
in's linke Herz (Fehler der Mitralis). Die Hypertrophie,
betrifft das rechte Herz. i
4) Anhaltende, übermässige Contractionen
des Herzens (Palpitationen), hervorgerufen durch körper*
liehe Anstrengung, psychische Aufregung (insbesondere
durch frühzeitige geschlechtliche Ausschweifungen), Aufirt-t*
gende Gretränke, insbesondere bei gleichzeitigem. staricen«
Tabakrauchen , sind im jugendlichen Alter nicht seltene Ur«'
Sachen allgemeiner Herzhypertrophieen.
5) Textnrkrankheiten der Herzwände: Ent^
Zündungen des Herzen und des Herzbeutels durch Infiltra-
tion der Muskeln oder Erschlaffung, Paralyse derselben^
Fettsucht der Muskeln; beide haben passive Erweiterungen
zur Folge.
Die Veränderungen des Blutlaufes (Hyperämie und Hä-
morrhagie) und der Emihrung (Hypertrophie u. s« w.)^ wel-
che man bei Kranken mit Herzhypertrophie in verschiede^,
nen Organen findet, sind in der grossen Mehrzahl der Falle
unmittelbar durch die der Hypertrophie zu Grunde liegen**
den Veränderungen (z. B. Stenosen) bedingt, während die
Hypertrophie an und für sich unschädlich ist Nur in we-
nigen Fällen ist es wahrscheinlich, dass die Hypertro|^e des
Herzens an und für sich dergleichen Veränderungen hervor-
bringen kann.
AMMaafvn: CeriWfU Fmc. 9. PI. 2. Glvge» Atlai tie(|.6..
88»
Tit 1. Lie%. 9. TaL 6. Albers III. Tal. 3— 7. CruYailliier
Lifr. 39. PI. 6.
Hypertrophieen der Klappen. Eine im hohen
Alter gewöhnlich eintretende Erscheinung ist Schwund der
feineren Segel am Saume der Klappen , Verdickung und
Schrumpfung des letzteren; zuweilen wird die ganze Klappe
verdickt und rigid. Im früheren Alter sind Verdickungen
des Eiappensaumes nicht selten und kommen in allen Ab-
stufungen bis zu dem Grade vor, in welchem die Klappe
dadurch starr, unbeweglich , insufficient wird und welche
man von Endocarditis oder Auflagerungen ableitet.
II. Verkleinerung des Herzens beruht auf an-
geborner Kleinheit oder Atrophie. Atrophie ist selten^
findet sich in den Leichen Tuberkulöser , Krebskranker^
Typhöser und anderer an „Abzehrung^^ gestorbener Indiyi-
duen ; oder ist bedingt durch Exsudat im Pericardium, Neu«
bildnngen in seiner Umgebung, Fettanhäufungen und end-
fich durch Verengerung der das Herz ernährenden Gefässe:
Art- ccrenariae.
Das Herz wird meist kleiner, da sich die Hohlräume
desselben meist Terengen (concentrische Atrophie),
oder normal bleiben (einfache Atrophie), zuweilen ist
es normal oder grösser, wenn sich die Höhlen erweitem
(excentrische Atrophie).
Die Herzsubstanz ist meist schlaff, hellfarbig, seltener
derb und dunkler, das Fett der Oberfläche ist geschwun-
den; der seröse Ueberzug ist gerunzelt, die Kranzgefdsse
sind geschlängelt.
Krankheitserscheinungen, die constant und erwiesen von
Herzatrophie herrühren, sind selten. Atrophie der Klap-
pen begleitet die Atrophie des Herzens. An den venösen
Klappen fand Kingston eine Verkürzung ohne Textur-
yeränderung oder Veränderung des Ostium. Eine Verdün-
nung der Klappen folgt oft der Erweiterung des Ostium;
281
an den Arterienklappen gesellen sich zur Verdünnung kleine
Löcher oder Spalten , die sich insbesondere an der Inser-
tionsstelle und am freien Bande finden und zuweilen die
Klappe netzartig durchbrechen.
Unter dem Namen gallertartiger Zustand der
Klappe besdireibt Rokitansky eine Atrophie derselben,
welche durch Erguss einer gallertartigen Substanz in's Ge-
webe der Klappe und gleichzeitigen Sdiwund des fibrösm
Grewebes bedingt und durch exquisite Verdünnung charak-
terisirt ist. Die erweichte und yerdünnte Klappe zerreisst
zuweilen; die grossen, vom freien Bande der Klappe aus-
gehenden, gefiranzten Einrisse sind Ton den kleinen Spal-
ten im Gewebe bei einfacher Atrophie zu unterscheiden^
Die gallertartige Substanz scheint nach ihm ein entzünd-^
liches Exsudat zu sein, welches unter Umständen auch m
Bindegewebe organisirt.
Hyperftmie. Hftmorrhai^e«
Die Hyperämie bildet keine besondere Erkrankung,
findet sich bei Klappenfehlem und in den Leichen Asphyk-^
tischer neben Ecchymosen.
Hämorrhagische Herde finden sich neben Zer-
reissung der Herzsubstanz, sind sekundäre Folgen dieseiEt
Zustandes. (Nach Cruveilhier Ursachen desselben, s.
unten.)
Anämie ist meist ohne Belang, wichtig ist sie yiel-
leicht bei Verengerung und Obliteration der Ostien der
Kranzarterien.
Die Entzündung findet sich im Fleisch der Herzwand,
der Trabekeln und Papillen und der fibrösen Substanz der
Klappen; das Endocardium ist gefässlos und eine Entzün-
dung. desselben also unmöglich; durch Exsudat der
. 282
terliegeadeii Theile kann es wohl infiltrirt, erweicht, ge-
nmselt oder perforirt werden, ob es aber von einem Exsu^-
date durchsetzt und seine freie Fläche mit demselben be-^
deckt werden kann, ist noch zweifelhaft und daher auch
die Veränderungen 9 welche von einem solchen Exsudate ab-
hängen sollen. Die Veränderungen, welche man seit Bouilr*
laud gewohnt ist, Ton einer chronischen oder akuten En-*
docarditis abzuleiten, sind höchst wahrscheinlich entweder
Folgen einer Myocarditis resp. Entzündung der gefässhalti-
gen, fibrösen Substanz der Klappen oder Folgen einer Auf-
lagerung Von gerinnendem Faserstoff auf das Endocardium
und dessen Metamorphosen. Da die exacten Beobachtungen
über die Creschichte dieser Auflagerungen noch nicht toU-^
ständig sind , muss die definitiTc Entscheidung dieser Fra-
gen künftigen Untersuchungen überlassen bleiben, welche
das, was wir jetzt als wahrscheinlich darstdlen, fest be-
gründen, aber auch modificiren können (s. Arteritis).
Entzündung der Herzwand, Garditis, Myo-
carditis ist selten, findet sich hauptsäddich im linken
Ventrikel (nach Dittrich vorzugsweise im S^t. venirie.,
an der dem Aortenzipfel der Mitralis g^enüberliegenden
Stelle unmittelbar unter den Aorteiddappen), meist in Form
kleiner Herde in der Tiefe des Herzfleisches oder unter
Peri- oder Endocardium, seltener in den Trabekeln, höchst
selten im ganzen Ventrikel oder im rechten Herzen und den
Atrien. Die entzündeten Stellen sind weich und missfar-
big; meist kommen nur die Ausgänge zur Beobachtui^.
Zuweilen bildet sich, bei gleichzeitigem Schwund der Mus-
kelfasern, Bindegewebe, welches isolirt als kleine und grös-
sere fibröse Narben, Streifen, als unregelmässige, drusige,
ästige fibröse Massen , oder als fibröse Entartung einer gros-
w&ten Parüe der Herzwand vorkommt War die Entzün-
dung oberflächlich, so finden sidi mdst pericarditisehe Ex-
sttdate und Verwachsungen; walr sie tiefer, so ist oft das
288
Endocardium getrfibt , rauh ^ durch Auflagerungen verdidÜ
oder mit Vegetationen besetzt. Durch Ablagerungen to9
Kalksaizen im Narbengewebe: Yerknöcherung.
In anderen Fällen bildet sich Eiter, es entsteht ein
Abscess, ein sogenanntes Hei^zgeschwttr; die Abscesse
sind meist klein , rund oder flach , einzeln oder in grosse-^
rer Anzahl, dann oft unregelm'ässig und durch Hohlgänge
yerbundeu; das umgebende Gewebe ist missfarbig, weidi
durch seröse Infiltration, seltener fest. Der Eiter wird sei*«
ten resorbirt, zuweilen wird er eingekapselt und zerfallt in
einen atheromatösen Brei oder rerkreidet, meist reisst das
Endocardium über dem Abscess ein, das Blut dringt ein^
unterwühlt die morschen Wände und zerreisst den Best der
Herzwand entweder sogleich oder nachdem er eine Zeit lang
als sogenanntes akutes Aneurysma ausgedehnt gewesen. Zu-
weilen öfihet sich der Abscess nach Aussen, mit ebräfalls
folgender Perforation der ganzen Herzwand.
Abbild.: Hope Fig. 56, 57. Carswell Fase. 8. Fl. 1. Fig. 6.
Entzündung der Klappen kommt in Begleitung
der Mjocarditis oder isolirt yor; die Unterscheidung von
Klappenveränderungen durch Aufls^rung ist unmöglich.
Durch das Exsudat wird die Klappe dicker und weichei^,
das Endocardium getrübt, rauh, auf der freien Fläche bil-
den sich Gerinnsel als feine Flocken oder Pseudomembran*
artige Lagen; tritt Resorption mit oder ohne etwaige Neu^
bildung Ton Bindegewebe ein, so wird die Klappe Terdickt)
fester, kürzer, die feinen Segel schwinden; die Klappeft
bilden dann einen starren Bing, werden insufficient oder
^wirken zugleich Stenose, die ganze Klappe bildet einen
starren Knochenring. Meist findet gleichzeitig Yerschmm*
pfung.und Yeririirzung der Klappensehnen, zuweilen auch
der Papillarmuskeln statt, so dass die Klappe dann völlig
unbeweglich wird.
In wie weit bei diesen Verändcpningen der Klappe
284
Exsudate im Klappengewebe oder die Auflagerungen von
grösserer Bedeutung sind, ist für den einzelnen Fall meist
nicht zu entscheiden, ebensowenig ob nidtt oft Auflagerun-
gen yon Fibringerinnseln allein und für sich dieselben Ver-
änderungen hervorbringen können, was sehr wahrschein-
lich ist.
Das Exsudat geht auch zuweilen in Eiter aber, Sber
welchen das Endocardium einreisst, worauf ein Klappen-
aneuiysma oder Zerreissung der ganzen Klappe erfolgt.
Die Ursachen der Herzentsfiündung sind uns oft unbe-
kannt, häufig sind die Erscheinungen der Endocarditis nach
Erkältung, gleichzeitig mit, yor oder nach sogenannten aku-
ten Gelenkrheumatismen.
AuflaKemnyenf C(erinnun|^en , Tei^^tationen«
Zuweilen finden sich auf der freien Fläche des Endo-
cardium feine Auflagerungen einer weichen, grauen oder
gelblichen Fibrinlage oder massigere, flockige, klumpige
oder pseudomembranartige Fibringerinnsel.
Die Bedingungen dieser Vorgänge sind oft unbekannt^
sie mögen hauptsächlich in Bauhwerden des Endocardiums,
Verlangsamung des Blutlaufs im Herzen und Faserstoffver-
mehrung des Blutes liegen, alles Umstände, welche die Ge-
rinnung des Fibrins und dessen Absetzung begünstigen. Da
durch Entzündungen des unterliegenden Gewebes das En-
docardium rauh wird, so können diese Anlass zu Gerin-
nungen auf der Oberfläche des Endocardiums geben und
das, was man oft als croupöses Exsudat ansieht, ist meist
Gerinnsel, Fibrinauflagerung aus dem Blut. Da nach Ent-
zündung des Pericardiums die Muskelthätigkeit des Herzens
oft gestört und der Blutlauf dadurch verlangsamt wird, so
mag die sogenannte rheumatische Fericarditis oft Veranlas-
sung zu Gerinnungen geben. Die Faserstoffvermehrung im
Blute nach Entzündungen erklärt vielleicht die Gerinnungen
285
in Folge von Gelenkentzündungen ^ Pneumonieen^ Pleuriti-^
den u. s. w.
Die Gerinnungen erfolgen aus irgend einer der genann-
ten Ursachen entweder rasch, ihre Folgen sind sogleich be-^
merkbar (akute Endocarditis) oder langsam und ihre Symptort
me entwickeln sich aUmälig (chronische Endocarditis). Sie
finden sich hauptsächlich im linken Herzen.
Die flachen Auflagerungen scheinen allmälig fest
zu werden und Verdickung des Endocardiums zu bewirken^
indem sie mit demselben fest yerscbmelzen oder als Lamel-
len fest aufliegen. Die Dicke solcher Stellen ist zuweilen
beträchtlich, die Klappe wird dadureh starr, unbeweglich,
oder sie giebt, wenn die Veränderung sehr bedeutend ist,
Anlass zu Stenose des Ostium. Oft findet auch hier athe-
romatoser Zerfall der tieferen Schichten oder Concrement-
bildung statt. Die Concremente sind gewöhnlich noch von
einer Schicht Faserstoff überzogen, zuweilen liegen sie aber
frei und dienen zu Ansatzpunkten für neue Gerinnungen,
welche auch wohl wieder yerknöchem, so dass endlich die
Klappen, Sehnenfäden, Papillen von 3 — 4'" dicken, drusi-
gen Concrementmassen eingeschlossen werden. Das eigent*
liehe Klappengewebe geht, auch wenn es vorher nicht ent-*
zündet war, zu Grunde. Oft geben die Concremente auch
Ansatzpunkte für Vegetationen. Zuweilen werden sie vom
Blutstrome losgespült.
unter Vegetationen versteht man die meist zarten,
zottigen oder papillösen Bildungen auf dem Endocardium
der Klappen und der Höhlenwände , die sich neben und bvS
flachen Auflagerungen, insbesondere aber an allen rauhen
Stellen häufig finden und, wenn sie grösser werden, al^
sarcomatöse, fungöse, condylomatöse Excrescenzen beschrie-*
ben werden.. Sie bilden zarte Zotten, lange Papillen, Gra-
nulationen oder polypenartige, zottige Geschwülste, sitzen
meist am Saum der verdickten Klappen, wachsen durch
286
neuen Ansatz geronnenen FaserstofiEs. Znweilen bilden steh
in ihnen Concremente. Hierher gehören auch die aus Bin-^
degewebe bestehenden dünnen Fäden, welche man von
einer Wand zur anderen gehend oder nur an einem Ende
an der Wand befestigt, an dem anderen frei flottirend^
Bidit selten im Herzen findet und welche ebenfalls meist
aus Fibringerinnungen hervorgehen, nach Yirchow aber
auch aus Yerschrumpfung von Muskelbalken nach Entzün-
dung hervorgehen können. Frisch angesetze Gerinnsel kön«-
nen vom Blutstrome losgerissen und weiter transportirt
werden.
Grössere Gerinnungen von Faserstoff finden sich
hauptsächlich zwischen den Trabekeln und den Ansatzpunk-
ten der Sehnenfäden. Sie organisiren öfters zu Bindege-
webe und vermitteln hauptsächlich das Verwachsen der Pa-*
pillarmuskeln, der Sehnen und Klappensegel, und der Klap-
pen unter einander und mit den Herzwänden. Häufig bil-
den sie aber auch grössere Massen, welche als runde oder
mir^elmässig gestaltete polypenartige Geschwülste vor die
Augen kommen und deren erste Anfinge wir so häufig alt
Fibrincoagula im Herzen finden. Ein grosser Theil dersel-
ben ist offenbar erst naeh dem Tode entstanden, ein ande-
rer während der Agone, ein dritter aber^ wie wir aus der
im Faserstoff eingetretenen Organisation erkennen, während
früherer Lebenstage. Die letzteren haften so fest am En-
docardium , dass sie nicht ohne dessen Verletzung losgeris-
sen werden können ; sie bestehen zum Theil aus amorphem
Faserstoff, zum Theil aus Bindegewebe und enthalten oft
Beste des Blutcruors als rothe oder rostfarbige Flecken ein-
geschlossen, oder sind fast ganz mit Hämatin gefärbt. Sie
kttnnen erweidien durdi Zerfall des Faserstoffs zu einer
brei^^en molecularen Masse oder durch Eiterbildung; es
kSnnen sich in ihnen Goiwreinente bilden; sie können ganz
287
II II Ml II ■ I
oder zum Theü durch den Blutstrom losgerissen und fort-
geführt werden.
Als besondere Art werden ihrer Form wegen die k u-
geligen Vegetationen (Laennec) aufgef31urt;.e8 sind
4 — 6^^' im Dchm. habende , runde, poljpenartige Hassen,
wekhe Anfangs aus geronnenem Faserstoff und eingesdilos^
senem Cruor bestehen; später organisirt meist der erstere
z9 Bindegewebe 9 während der letztere in einen chokolad»-
farbigen Brei . oder zu Eiter zerfällt. Sie finden sich zwi-
schen den Trabekeln des linken Ventrikels und an äUen
rauhen Punkten.
Die Folgen dieser aufgezählten Vorgänge sind sehr
wichtig: erstens haben die Veränderungen an den Klappen
Insufficienz derselben oder Stenose des Ostium zur Folge;
zweitens bewirken die zuweilen losgerissenen und mit dem
Blutstrome fortgeführten Partikehi Verstopfungen kleiner vaA
grosser Gefässe, Coagulationen und Obliterationen in den-
selben, Tielleicht auch in den kleinsten Gefäss^i Gerinnun-
gen , Blutstockungen und Extravasate oder sogenannte hä-
morrhagische Infarete.
Die sekundären Folgen der Klappenfehler sind wieder
Hypertrophieen und Erweiterungen des Herzens, Behindcf-
mng des Blutlaufs im Herzen und dadurch auch in der
Lunge und fan übrigen Körper (s. oben). ^
Abbildungen: Insuflf. u. Stenoset €raTeilhi«r LItr. 38. PL4yft.
Ifeck^l, T«b. a, ji. T, 4-^6. Hope F%. 69—79.
VegetatioBcn : Albers IIL T. 3, 9, 10. M«ckel, Tab. an.-patb.
t. 3 — 7. Ca rffw eil Fase. 11. PI. 2,
■ • * »
Hers - AneurysBia*
Unter diesem Namen yenrteht man nmsdiriebene Erwei**
terungen: eines Tbeiles einer ^erzhöhl?, im Gegensatz zur
Erweiterung einer ganzen Höhle , wie sie obm unter den
Yergrösserungen des Herzens aufgeführt wurden. Ihre Ent^
288
stehung wird sehr verschieden erklärt ; dem Baue nach kann
man zweierlei Arten unterscheiden:
a) die einen haben einen beschränkten Umfang , ihre
Wand besteht aus ausgedehnter Herzsubstanz^ in ihre Höhle
Jhängen Fetzen und Zotten yon Herzsubstams ; zuweilen sind
sie mit Fibrincoagulis ausgekleidet; die Ränder der Kom-
munikationsöfihung mit der Herzhöhle sind zottig, oft mit
Vegetationen und Gerinnungen besetzt. •
b) die anderen sind entweder auch nur seichte Aus-
buchtungen oder grössere, rundliche Säcke, welche platt,
selten mit einer Abschnfinmg aufsitzen. Ihre Winde be*
stehen aus fibrösem Gewebe, sie sind oft mit Schichten yon
coagulirtem Fasersto£F ausgefüllt, ihre Ränder sind glatt
und das Endocardium ist scheinbar auf ihre Innenwand fort-
gesetzt. Bei ihm wie bei dem Vorigen finden sich an den
Klappen Vegetationen, verkreidete Auflagerungen u. 8. w«
Beide sieht man fast nur im linken Ventrikel.
Beide sind wahrscheinlich bedingt durch Entzündung,
die erste Art durch entzündliche Erweichung oder Eiterbil-
dung , bei welchen das Blut die Herzsubstanz zerreisst, un-
terwühlt und ausdehnt, die zweite Art durch entzündliche
Atrophie oder fibröse Entartung, bei welchen die so yer-
änderten Partieen allmälig ausgebuchtet werden. Nach
Quain kann auch Fettentartung aneurysmatische Ausbuch-
tungen des Herzens bedingen.
Die Wände des Aneurysmas können zerreissen, die der
ersten' Art durch die Gewalt des Blutstromes, die der zwei-
ten durch allmällge Ausdehnung und Verdünnung des Sak-
kos. In den Fibrincoagulis der Höhlung der Aneurysmen
kann sich atheromatöse Masse oder festere Kreidemasse,
eine Art Verknöcherung bilden.
AbbiMongen: CrvTeilhier Ll?r. 21. PL I. Lirr. 22. PI. 3.
Alb«rs m. T. 19«. Carswell Ftsc. 9. PI. 3. .
289
Das Klappenaneurysma ist eine erbseh- bis boh-
nengrosse, mit Blut oder Fibringerinnseln gefüllte, runde
Geschwulst, welche auf einer Klappe aufsitzt und an die-
ser Stelle eine Oeffnung hat. Es entsteht nach Thurnam
durch allmälige, sackartige Ausdehnung der Klappe, nadbi
Rokitansky in Folge eines Einrisses des Endocardiums
(nach entzündlicher Erweichung oder über einem Eiter-
herde), durch welchen das Blut einströmt, das Parenchym
der Klappe infiltrirt und den B.est derselben aufbläht. Die
Wand des Aneurysmas kann später einreissen. Seiue Bän-
der sind mit Vegetation besetzt; an den übrigen Theilen
der Klappen finden sich anderweitige Veränderungen durch
Endocarditis oder Gerinnungen.
Abbild.: Albers III. T. 19a,b.
Krweicbuni^. Brand.
Erweichung des Herzens wurde früher als eigene
Krankheitsspecies angesehen, neuere anatomische Untersu-
chungen haben dieselbe noch nicht nachgewiesen. Eine Ver-
minderung der Consistenz findet sich in Folge der Entzün-
dung und Fettentartung der Muskeln^ nach Pericarditis,
nach Typhus und anderen schweren akuten Krankheiten.
Brand des Herzens wird ebenfalls nur in älteren Wer-
ken erwähnt, neuere Untersuchungen haben ihn noch nicht
nächgewiesen.
Metastatische Eiter- und Jaucheherde in der
Herzsubstanz werden neben anderen in den Lungen, der
Leber u. s. w. gefunden und können Zerreissung des Her-
zehs bewirken.
Zerreissuni^en des MerEeiMu
Zeireissungeii des Herzens sind meist bedingt durch
Texturreränderungeni welche die Consistenz desselben stark
Yorminton ; diese sind insbesondre Fettentartung, entzünde
19
290
liehe Erweichung^ Eiterbildung, Zerfall des Endocardiums
durch Atherom y seltener durch einfache Verdünnung der
Herzwände bei beträchtlicher Erweiterung durch Arterioste-
fiosis , oder durch die Bildung eines Aneurysmas. Der Biss
findet sich meist im linken Ventrikel , da die Texturver'in-
derungen an demselben am häufigsten sind ; es ist die Hers-
wand, eine Klappe, ein Balken, ein Papillarmuskel, eine
Scheidewand zerrissen. Der Riss in der Wand befindet
sich meist vorn, er ist unregelmässig, zackig, die Herz-
substanz ist durch Blut unterwühlt und infiUrirt (daher
CruTcilhier Blutungen in der Herzsubstanz als das Pri-
märe ansieht), im Herzbeutel liegt eine grössere oder ge-
ringere Menge Blutes. Meist folgt dem Bisse plötzlicher Tod
durch die aufgehobene Herzthätigkeit.
Abbild.: Cruveilhicr LWr. 3. PI. 1. Livr. 20. PI. 2. Tivr. 22.
PI. 3. Livr. 30. PI. 4. Albers III. T. 8, Ha, 19. Gluge, AUas
^iefg;. 7. Xaf. 3.
Ausser diesen Zerreissungen hat man Berstungea deB
Herzens nach Einwirkung heftiger äusserer Gewalt auf den
Thorax beobachtet.
Verwundungen des Herzens, welche perforiren,
ßind meist tödtlich, indem das in das Pericardium ergos-
sene Blut die Bewegung des Herzens hemmt oder der Blut-
verlust überhaupt tödtet, zuweilen yerlaufen sie aber glück-
lich und heilen durch Narbenbildung. Das Letztere findet
auch meist bei nicht perforirenden Wunden statt.
Patl&oloi^lflehe ITeuliildviifen* . .
Neubildung von Bindegewebe ist häufig; das
Blastem wird theils von den Gefässen des Herzens, theils
von dem im Herzen kreisenden Blute geliefert; wir finden
es als Hypertrophie der fibrösen Grundlage der Klappen,
als Narbdnsubstanz nach Entzündungen,, als Verdickungen
dm» fi&docardium^ Variationen, Fäden, waraen** und poly*
291
peAartige Greschwülste nach Niederschlag und Gerinnung
des Faserstoffes aus dem Blute. Die Angabe der älteren
Autoren über Polypen, Sarcome und dergleichen im Her-
zen sind mit grosser Vorsicht aufzunehmen, da bei wenig
exacter Untersuchung nur zu leicht feste Gerinnsel fflr orr
ganisirte Fasergeschwülste angesehen werden, sobald sie eine
gewisse Form haben.
Neubildung von Fett kommt vor:
a) als Hypertrophie des Fettbindegewebes
auf der Oberfläche des Herzens, eine häufige Theilerschei«
nung allgemein verbreiteter Fettwucherung. Das Fett wu-
chert an den gewöhnlichen Stellen (Basis, Sulci, rechter
Ventrikel, Herzspitze) in grosser Menge und hüllt das Herz
zuweilen völlig ein. Die Heirzsubstanz verhält sich dabei
verschieden; zuweilen ist sie völlig normal hinsichtlich ih-
rer Dicke und Textur; zuweilen ist sie atrophisch, der
Textur nach aber normal; die Atrophie ist öfters so bedeu-
tend, dass die Wand des rechten Ventrikels oder Vorhofs
fast nur aus Fett besteht und nur eine dörnie Lamelle vob
Muskelsubstanz übrig ist; zuweilen ist die Atrophie mit
Fettmetamorphose der Muskeln combinirt.
b) Die Fettmetamorphose der Herzmuskeln
besteht in einer Umwandlung der Fasern in Fett (s. Krank-
heiten der Muskeln), die Farbe der Herzsubstanz wird in
kleineren oder grösseren Flecken oder gleichmässig schmut-
zig gelb , lehmfarbig , die Consistenz sehr vermindert. Diese
Entartung findet sich gleichzeitig mit der vorigen oder ohne
diese bei allgemeiner Fetthypertrophie, femer in übrigens
normalen oder etwas atrophischen Herzen im hohen Alter,
bei Tuberkulösen und anderen Kranken; femer in hyper-
trophischen Herzen ; im letzteren Falle betrifft sie meist den
Imken Ventrikel und es finden sich gleichzeitig Klappenfeh-
ler > Atherom der Arterien. Die Fettmetamorphose beginnt
meist «& eimekien Stelieny welche sich dureh die sdiinutsig
19*
292
gelbe Farbe und Erweichung kenntlich inachen, verbreitet
sich allmälig über alle Theile eines Ventrikels, die Wand,
Trabekeln und Papillannuskeln. Das Herz ist dabei sehr
schlaff, die Höhlen sind erweitert. Eine seltenere Folge ist
Zerreissung der Herzwand durch die Blutwelle von Innen her.
Die Fettmetamorphose findet sich im hohen Alter, bei
Verknöcherung der Kranzarterien, bei Säufern, allgememeV
Fettsucht, Marasmus.
Häufig ist im Herzen Verkreidung; wir fionden sie
als kleine, kömige oder grosse, plattenartige, kreideartige,
selten knochenharte Massen an den Klappen und in den
Herzwänden, nach Entzündung und Auflagerung (s. oben).
Cysten sind im Herzen sehr selten; die von älteren
Autoren angeführten Balggeschwülste — Atheroma, Melice-
ris — sind wohl abgesackte Abscesse.
Krebs ist im Herzen selten, meist geht er von be*
nachbarten Theilen, Lymphdrüsen, Mediastinum auf das
Herz über, entwickelt sich in der Muskelsubstanz und ragt
in Gestalt von Knoten unter dem Endocardium in die Herz-
höhlen. Selten entsteht er selbstständig in einer Herzwand
und wuchert von da in eine Höhle. Bei allgemeiner akuter
Krebsbildung sah Rokitansky den Krebs im Herzen in
Gestalt zahlreicher kleiner Knoten unter Peri- und Endo-
cardium.
Abbildangen: Gru?eilhier Litt. 19. PI. 4. Livr. 29. PI. 2, 3.
Albers III. T. 19.
Tuberkel sind im Herzen äusserst selten.
Abbildungen: Hope Fig. 63.
Parasiten*
Echinococcus, kleine und grosse Blasen sitzen in
der Moskelsubstanz , ragen in die Höhlen, platzen zuwei-
len, worauf die in den grossen Blasen enthaltenen kleine-
ren entleert, mit dem Blutstrom fortgeführt werden und an
293
irgend einer Stelle eingekeilt den Blutlanf henunen. Sie
sind sehr selten.
Abbildungen: Albers IIL T. 11 nach Otto und Baillie,
Cysticercus ist häufiger bei allgemeiner Verbreitung
desselben in den Muskeln.
2. Der Herzbeutel.
Ohne Bedeutung sind: der Mangel des Herzbeutels bei
Lagerung des Herzens ausserhalb des Thorax, partiale Er-
weiterungen, die als gestielte Säcke dem Herzbeutel auf-
sitzen (Divertikel des serösen Blattes durch die fibröse
Schicht Rokitansky).
Hftmiiirrbayie.
Blut ikann in das Camm Pericardii durch Berstungen
des Herzens oder Ton' Aneurysmen gelangen; bei Säufern,
insbesondere aber bei Scorbutischen findet zuweilen ein
Bluterguss aus den Gefässen des Herzbeutels in sein CaTum
statt, doch findet sich daneben öfters Exsudation und der
Inhalt des Herzbeutels hat dann die Bedeutung eines hä-
morrhagischen Exsudates. Die Blutmenge kann 4 — 6
Pfund betragen, das Blut ist meist dünnflüssig und coagu-
lirt schlecht und langsam, der Faserstoff gerinnt in Form
eines lockeren Netzwerkes, in dessen Maschen sich der
Cruor als braune, dickliche Flüssigkeit findet; selten sind
peripherische Gerinnungen des Faserstoffs und UmwandIun->
gen derselben zu Pseudomembranen.
Das Herz wird durch die Compression anämisch , schlafl^
zuweilen folgt Fettentartung.
Bntsfiiiduiii^. -
Die Entzündung des Herzbeutels ist häufig, sie ist meist
über beide Blätter des ganzen Herzbeutels ausgedehnt, par-
tiale Enb&Ondungmi yermuthen wir aus der Beschaffenheit
294
der sogenaAnten Sehnenflecken. Sie ist meist akut und der
Verlauf rasch. Ihre Ursachen sind oft unbekannt, oft lie-
gen Erkältungen zu Grunde und diß Pericarditis kommt dann
als sogenannte rheumatische neben Gelenkentzündungen,
Pleuritis, Arachnitis yor, ist mit Herzentzündung oder 6e-*
rinnungen auf dem Endocardium combinirt ; in anderen Fäl-
len ist sie eine Theilerscheinung yerbreiieter Exsudationen
bei Pyämie, Puerperalfieber u. s. w.
Oft findet sich eine entwickelte Injection, der Hers-
beutel ist gleichmässig roth gefärbt, verdickt, weich; zu-
weilen ist keine Injection sichtbar. Das Exsudat, sparsam
oder massenhaft, wird auf einmal oder in Pausen gesetzt,
ist vorwiegend, serös oder sehr faserstofireich , selten gal-
lertartig. Meist wird das Peticardium viscerale und parie-
tale ausgekleidet mit festen, zottig -netzartigen, dicken oder
dünnen, gelben Exsudatmassen, welche mit einander zu-
sammenhängen oder durch Serum getrennt sind, zuweilen
sind diese festen Massen in geringerer Menge vorhanden,
schwimmen als Flocken im Serum.
Als Ausgänge haben wir: Vollständige Resorption, Bil-
dung von Bindegewebe ; die beiden Blätter des Pericardiums
verschmelzen dadurch öfters zu einer dichten Masse, in an-
deren Fällen werden sie durch Fäden, Membranen, Netze
verbunden. Waren zur Zeit der Bindegewebsbildung die
beiden Blätter noch durch Serum getrennt, so findet keine
oder eine unvollkommene Verwachsung statt, die Innen-
wand des Pericardiums ist dann mit höchst mannichfach
gestalteten Pseudomembranen überzogen (Cor villosum). Das
Pericardium selbst ist oft durch in seine Gewebe gesetzte
Exsudate verdickt uhd auch auf seiner Aussenseite mit
Pseudomembranen bedeckt und mit allen Nachbartheilen
fest verwachsen.
Zuweilen bildet sich Eiter, das Cavum Pencardii ist
dann mit diesem gefüllt, die Innenwand weich, getrübt;
295
im Gewebe des Pericardiums selbst sind Eiterpunkte, Seltea
tritt dann auch Verjauchung ein. Diese Ausgang« sind
meist tödtlich.
Bei Säufern, Scorbutiscken , bei Hers- und Lungen-
kranken ist dem Exsudate meist viel Blut beigemischt.
Bei Tuberkulösen werden die festen Theile des Exsu-
dates zuweilen zu festen , trockenen , gelben Massen.
Die Exsudate bei Krebskranken , Tuberkulösen, bei M.
Brightii sind meist vorwiegend serös oder gehen bald in
Eiter über.
Die organisirten Pseudomembranen bleiben meist lange
unverändert, zuweilen finden auch in ihnen Exsudatloneu
statt, sie werden dadurch sehr verdickt und endlich wird,
nach Verwachsung der beiden Blätter des Herzbeutels , dag
Herz von einer 4 — 6"' dicken Lage fibröser Pseudomem-
branen eingehüllt (chronische Pericarditis).
Grosse Exsudate beengen den Brustraum, beeinträchti-
gen die Thätigkeit des Herzens, die Herzmuskeln werden
schlaff, anämisch, Mass und gehen zuweilen in Fettmeta-
morphose über, die Höhlen sind fast immer erweitert. Da
gleidizeitig mit der Pericarditis häufig Veränderungen an
den Klappen vor sich gehen, die Stenose oder Insufflcienz
bewirken, so findet man oft exceutrische Hypertrophie detf
Herzens neben den Folgen der Pericarditis.
Sehr oft findet man bei übrigens normalem Verhalten
des Herzbeutels und Herzens das viscerale Blatt des erste-
ren an einzelnen kleineren oder grösseren Stellen verdickt
und weisslich gefärbt (Maculae lacteae. Sehnen-
flecken); diese Stellen sind glatt oder fein granulirt, dru-
sig. Die Verdickung beruht auf einer Massenzunabme des
Herzbeutels selbst durch neugebildetes Bindegewebe oder sie
stellt sich als eine fibröse Pseudomembran dar^ welche mit
dem Herzbeutel eng verwachsen ist oder sich wenigstens
Iheilweise von diesem abziehen lässt. Man schreibt diese
296
Sehnenflecken gewöhnlich einer parlialen Entzündung des
Herzbeutels zu, doch ist die Geschichte ihrer Entstehung
noch nicht yollständig erkannt.
Abbildungen: Froriep, Klin. Kpft. T. 61. CraTeilhi«r Livr.
13. PL 3. Livr. 30. PL 4. Livr. 40. PL 4. Alber$ UI. T. 1, 2.
Hope Fig. 64—64. Baillie Fase. 1. T. 1.
Patholoi^srhe STeubildiuiyen.
Neubildung yon Bindegewebe ist häufig nach Ent-
zündung. Selten sind kleine fibröse Geschwülste, welche
gestielt in die Höhle des Pericardiums ragen, zuweilen yer-
knöchem oder allmälig frei werden und in die Höhle fallen.
Neubildung von Fettbindegewebe auf der äus-
seren Seite des Herzbeutels findet sich oft neben allgemei-
ner Hypertrophie des Fettgewebes im Körper.
In den Sehnenflecken und Pseudomembranen findet sich
zuweilen Yerkreidung: kleinere und grössere, zuweilen
iiber eine grosse Fläche ausgedehnte, Concretionen in Ge-
stalt yon Knochenplatten oder unregelmässigen knotigen
^lassen , die nicht selten zwischen die Herzsubstanz dringen.
Abbildungen: Alb er 8 III. T. IIa. Baillie Fase. I. PL 6.
Cysten und Balggeschwülste werden als seltene
Befunde von älteren Autoren erwähnt.
Krebs pflanzt sich meist yon benachbarten Theilen auf
den Herzbeutel fort, infiltrirt diesen oder wuchert yon ihm
aus in sein Cavum in Gestalt rundlicher Geschwülste; bei
allgemeiner akuter Krebsbildung finden sich auch im Herz-
beutel kleine, platte Knoten, wie auf der Pleura und dem
Peritoneum.
Tuberkel entwickeln sich neben Lungen- und Bron-
chialdrüsentuberkeln als kleine Knötchen im Visceralblatte,
oder als grössere, runde Knoten, welche meist theilweise
in der Herzsubstanz liegen. Gewöhnlich findet man gleich-
zeitig Spuren yon . Pericarditis , Senma im Herzbeutel und
297
Pseudomembranen auf dem Y isceralblatte , unter weldien
dann die Tuberkeln liegen , die wohl selbst oft Entzttn-
dungsprodukte sind.
Abbildungen: Cruvellhier Liyr. 29. PI. 3. Fig. 2.
Ansammlung von Wasser.
Seröse Flüssigkeit im Pericardium (Hydrops pericar-
dii) ist meist Produkt einer entzündlichen Exsudation , daher
man auch fast stets feste Exsudate , Pseudomembranen neben
dem Serum findet. Zuweilen ist der Erguss seröser Flüs-
sigkeit Theilerscheinung allgemein verbreiteter hydropischer
Ergüsse, bei M. Brightii, Tuberkulose, selten Folge loka-
ler Hyperämieen durch Behinderung des Rückflusses der
Kranzvenen. Die Menge des Serums ist oft beträchtlich^
nach langem Bestand desselben schwindet das Fett am Her-
zen, das Herz wird anämisch und atrophisch.
Neben diesem Hydrops oder auch ohne diesen findet
man zuweilen seröse Infiltration des Fettbindegewebes am
Herzen.
Aus zersetzten Exsudaten können sich Gase im Peri-
cardium bilden.
Schliesslich sind noch zu erwähnen die Entleerungen
von Eiter aus Abscessen der Pleura , des Mediastinums , der
Bauchhöhle und Leber in das Cavum Pericardii nach vor-
angegangener Verschwärung und Perforation der Wand
desselben. ^
3. Arterien.
Kntzttnduni^.
Die Geschichte der Entzündung der Arterienhäute hat
in den letzten Jahren eine Umwälzung erlitten. Aus der
histologischen Untersuchung der Arterien ersah man, dass
die Innenhaut derselben keine Gefässc und durchaus nicht
»6
die Structur einer serösen Haut habe;.. es wurde wahrsdiein-*
hdky dass die EmähruDg der Innenhaut durdi Aufinahme
Ton Plasma aus dem im Gefässe kreisenden Blute Tor sieh
ginge , gewiss , dass eine Entzündung der Innenhaut unmög-
lich wäre. Es wurde femer zweifelhaft, ob ein Exsudat
aus den mittleren, gefässhaltigen Schichten der Arterien
durch die Innenhaut auf deren freie Fläche gelangen könne
und schon Rokitansky hielt dies bei grossen Arterien
für unmöglich; ganz evident wies aber Yirchow durch
Experimente und Leichenuhtersuchungen nach , dass bei Ent~
Zündung der gerässhaltigen Arterienhäute ein Exsudat auf
die freie Fläche der Innenhaut gar nicht vorkomme und dass
das, was man bisher stets für Arteritis angesehen hatte,
grösstentheils in der Bildung von Faserstoffgerinnsehi aus
dem in den Arterien enthaltenen Blute beruhe. Dasselbe
macht Yirchow und neben ihm Henle für die Innenhaut
des Herzens und die Yenen geltend, und auch Rokitansky
räumt den Gerinnungen einen bedeutenderen Platz ein.
Bei meinen Beobachtungen an Leichen habe ich stets die
Angaben Yirchow's bestätigt gefunden.
Die Arteritis ist eine Entzündung der Zellscheide und
der Mittelhaut der Arterie, soweit sie gefässhaltig ist; sie
wird hervorgebracht durch Yerwundung, Zerrung, Druck,
Ligatur, Entzündung benachbarter Theile und den Reiz
fremder, eingekeilter Körper (s. unten). Die entzündeten
Häute zeigen eine beträchtliche Hyperämie und sind mit
festem Exsudat infiltrirt und verdicR, die Mittelhaut wird
weich und entfärbt und die Innenhaut glanzlos und rauh.
Das Lumen der Arterie wird , wahrscheinlich unter Mitwir-
kung der Contraction der Häute, verengert und die Innen-
haut dadurch gerunzelt.
Als Folge tritt zuweilen bleibende Yerdickung der Zell-
scheide ein, der am häufigsten beobachtete Ausgang aber
ist Eiterbildung: der Eiter ist diffus in die Häute infiltrirt
299
öder in kleinen Herden gesammelt^ die Arterienhäule wer-*
den missfarbig 9 weich , nekrosiren, die lunenhaut löst sich
als graue 9 mürbe Masse in Fetzen oder als ein Cylinder
ab, oder wird vom Eiter durchbrochen. Das Lumen der
Arterie wird weiter durch Erschlaffung^ Paralyse der Häute.
(Ferner werden die Veränderungen , die wir unter dem Na-
men Auflagerung dargestellt haben y yon einigen Autoren ak
Folgen einer chronischen Arteritis betrachtet.)
Die nächste Folge der Verengerung des Lumens , der
Rauhheit oder Nekrose der Innenhaut ist Gerinnung des
Blutes in dem befallenen Stücke , die sich nach beiden Seiten
hin weit fortsetzt. An die Gerinnsel knüpfen sich dann
weitere Folgen, die wir im Folgenden nach Virchow be-
trachten wollen.
1. Wandständige verengende Gerinnsel sind
solche, die, an einer Stelle der Wand sitzend, das Lumen
der Arterie nicht völlig schliessen. Sie sind bedingt durch
lokale Verlangsamung des Blutlaufs und Rauhheit der Innen-*
haut: Aneurysmen, sogenannte atherömatöse Geschwüre,
Knochenplatten , Abscesse. Sie bleiben entweder lange Zeit
wandständig oder werden zu TöUig obliterirenden Gerinn«
sein; sie treten mit der Innenhaut in innige Verbindung
und können von dieser nur gewaltsam getrennt werden.
Zuweilen tritt in ihnen Organisation zu Bindegewebe ein
und sie bilden polypenartige Geschwülste an der Arterien-
wand. Unter Gerinnseln, welche lange Zeit bleiben, tritt
meist fettige Entartung der Arterienhäute ein.
Ausser diesen findet man zuweilen auf der glatten, un-
veränderten Innenhaut feine Lagen geronnenen Faserstoffs
bei übrigens unveränderten Häuten; da man sich ihre Ent-
stehung nicht anders erklären konnte, hielt man sie, wie
früher jdle Gerinnsel in den Arterien überhaupt, für crou-
300
pvse Exsudate« Dies ist nach dem oben Gesagten und nach
der nonnalen Beschaffenheit der unterliegenden Häute nicht
möglich und wir mässen diese Grerinnsel wie die auf dem
Endocardium für, unter bis jetzt unbekannten Bedingungen,
erfolgte Gerinnungen, Ablagerungen aus dem Blute halten
(s. Auflagerungen).
2. Partiell obliterirende Gerinnsel sind solche,
die auf beschränkten Strecken eine Verstopfung der Arterie
bewirken. Sie sind bedingt:
a) durdi Verengerung des Lumens der Arterie: durch
Druck von aussen, durch Verdickung der Wände, durch
wandständige Gerinnsel, durch Entzündung der äusseren
Arterienhäute. Der Faserstoffpfropf tritt meist bald in enge
Verbindung mit der Innenbaut und bewirkt eine yöUige Ob-
literation der betroffenen Arterienstelle (s. unten).
b) Durch Einkeilen fester, von anderen SteUen her
transportirter Körper an irgend einer Stelle der Arterie,
welche Gerinnung des Faserstoffs an dieser Stelle und oft
Entzündung der äusseren Arterienschichten bewirken. Für
die Arterien des grossen Kreislaufs liegt die Bildungsstätte
dieser Körper auf der linken Herzseite, in den Lungenve-
nen , dem linken Herzen , der Aorta und den grossen Gefäs-
sen; die Körper selbst sind: 1) Blutgerinnsel in den Lun-
genyenen, der Aorta und an den Herzklappen, welche er-
weichen und ?om Blutstrome abgerissen werden; 2) abge-
rissene Stücke von atheromasirten oder verkalkten Klappen.
Für den kleinen Kreislauf entstehen diese Körper in dem
Bereiche des rechten Herzens: den Körperyenen und der
rechten Herzhälfte selbst; die Körper sind meist erweichte
Gerinnsel, seltener Klappenstückchen. Die Körper gehen,
nachdem sie yon ihrer Bildungsstätte losgerissen, mit dem
Blulstrome fort und setzen sich stets da fest, wo ein grös-
serer Arterienstamm durch Bifurkation oder Abgabe grös-
serer Aeste plötzlich ein kleineres Lumen bekonunt. Zu-
301
weilen werden zn verschiedenen Zeiten verschieden ^sse
Stücke losgerissen und an mehreren Stellen eingekeilt
Durch die um den eingekeilten Körper sich ansetzen-
den Gerinnsel wird das Lumen der Arterie völlig ver«
stopft und es treten zunächst und meist plötzlich in dem
von der Arterie mit Blut zu versorgenden Theile Blutleere,
Stockung des venösen Kreislaufs , Oedem , LShmung u« s. w.
ein, oft an der Stelle der Einkeilung Entzündung der Ar-
terie, zuweilen Gerinnung in den zur Arterie gehörigen
Venen, da der Druck des arteriellen Blutstromes dem ve-
nösen fehlt.
Die weiteren Folgen sind Obliteration der Arterien,^
Brand, circumscripte Entzündungen mit Exsudaten, welche
zu Eiter organisiren oder rasch nekrosiren.
Diese Fälle wurden früher meist schlechthin als Arte-»
ritis aufgeführt. Die Erscheinungen treten gewöhnlich sehr
rasch auf; nachdem z. B. vorher Zeichen von Gerinnungen
im Herzen dagewesen , oder auch ohne diese , tritt plötzlich
Kälte, lähmungsartige Schwäche , Oedem, Schmerz u. s.w.
in einer Extremität ein, als deren Ursache bei der Section
ein vom Herzen hergeführter, an irgend einer Stelle der
Gruralis festgekeilter Körper (Faserstoffgerinflsel, Klappen-
stück) gefunden wird. Oder, nachdem die Zeichen von Ge-
rinnungen in irgend einer Vene aufgetreten , stellten sich Er-
scheinungen von Pneumonie ein, als deren Ursache sich ein
von der Vene hergeführter und an einer Stelle der Lungen-
arterie eingekeilter Körper findet.
3. Allgemein obliterirende Gerinnsel sind
solche, die eine Arterie und alle ihre Verzweigungen aus-
füllen. Sie finden sich stets neben Brand oder Nekrose
des Theiles, welchem die Arterie angehört, und sind bedingt
durch Stockung des Capillarblutlaufes , durch Exsudate oder
Extjravasate. Die Exsudate oder Extravasate können zu-
gleich die Nekrose der Theile und die Obliteration der Ar-
302
terien bedingen, indem sie die Capillaren compriniiren und
dadurch den Theilen die Nahrung entziehen, zugleich aber
auf den BluUauf in der Arterie wie eine Ligatur wirken.
Die Nekrose kann aber in anderen FäUen auch eine Folge
der Arterienobliteration sem. Jeder einzelne Fall erfordert
eine besondere Beurtheilung.
(Arteriös clerosisy atheromatüser Process,
Fetientartung, Yerknöcherung der Arterien.)
Auf der Innenseite der Arterienwände sieht man sehr häu-
fig flache, gelbliche oder grauliche Erhabenheiten, in den
grösseren Arterien isolirt und zerstreut stehend und dadurch
der Innenfläche ein hügeliges Ansehen gebend , in den klei-
neren Arterien auf grosse Strecken ausgedehnte Lager dar-
stellend. Diese Erhabenheiten sind bei näherer Untersu-
chung als Verdickungen der Innenhaut der Arterie nach-
weisbar, bestehen aus feinen Lamellen, die man schicht-
weise abziehen kann, oder bilden eine homogene Masse;
ihre Dicke wechselt zwischen J — 2'", ihr Umfang von we-
nigen Linien bis zu mehreren Zollen. Sie finden sich haupt-
sächlich im Airtenstamme und sind am meisten an den
TheilungssteUen der Arterien entwickelt. Die Mittelhaut
ist anfangs unTerändert, die Zellhaut oft verdickt und hy-
perämisch.
Die Verdickungsschichten entstehen wahrscheinlich durch
Auflagerung coagulirten Faserstoffs, deren erste Anlagen
man als weiche, gallertartige oder schon festere, membra-
nöse Schichten nicht selten beobachtet hat. Wodurch die-
selbe bedingt wird, ist noch unbekannt Möglich ist, -^dass
Rauhigkeiten der Wand oder durch Erweiterung verursachte
Yerlangsamung des QIntlaafs einen FaserstofBoiederscfalag
bedingen können, aber die Realisirung dieser Möglichkeiten
ist noch Rieht nachgewiesen. Andere betriditeii die Ter-'
303
dickung der Innenhaut und deren weitere Folgen als be-
dingt durch chronische Entzündung der Arterien.
Kehren wir zu den fertigen Verdickungen zurück und
betrachten deren weitere Folgen. Sind die Auflagerungen
in grosser Anzahl vorhanden, bestehen sie länger , so be*
wirken sie ausser der Verdickung und Verhärtung der in*
neren Schichten (Arteriosklerose) eine Erweiterung des 6e-
fässrohres durch Erschlaffung der Bingfaserhaut. Das häu-
figste Beispiel dieser Veränderung bietet der Arcus aartae,
welchen man oft erweitert , seine Wände starr und hart,
seme Innenfläche wulstig, hügelig, rauh und missf arbig fin-
det. Die Zellhaut ist öfters injicirt, durch Exsudat infil-^
trirt oder durch neugebildetes Zellgewebe verdickt; zuwei-
len bildet dies mehrere Linien dicke, fibröse, mit dem 6e-
fasse eng verschmolzene Pseudomembranen. Rokitansky
legt dieser Veränderung der Zellscheide als chronischer Ar-
teritis grossen Werth bei, indem sie zuweilen als primäre
durch Erschlaffung der unter ihr liegenden elastischen
Schicht die Erweiterung des Gefässes und dadurch die Auf-
lagerung bedingen, häufiger als sekundäre nach der Auf-
lagerung auftreten und die Erweiterung wenigstens begün-
stigen soll.
Die verdickten Stellen bleiben nicht lange unverändert:
a) Anfangs glatte, platte Knoten bildend (sogenannte
Knorpelplatten), von der Consistenz eines festen Knorpels,
werden sie aUmilig weicher, ihre Oberfläche wird runzelig und
rauh , die Bingfaserhaut zeigt Entfärbung durch ausgebrei-
tete Fettmetamorphose ihres Gewebes. Endlich tritt völlige
-Erweichung der Auflagerung ein durch Freiwerden von
Fettkügelchen und Zerfall zu molecularer Masse. Ausser
dieser .^ der Erweichung findet sich selten noch eine an-
dere, beruhend auf der Bildung kleiner mit Blut gefüllter
KüiAle ) «0 dass im höchsten Grade diese Stelle der Arterie
304
dem cavernösen Gewebe gleicht (Kanalisation der Auflage-
rung, Rokit.).
b) Sehr häufig tritt nach kürzerem oder längerem Be-
stehen der atheromatöse Process ein. Er betrifft ent-
weder die sclerosirte Platte gleich in ihrer ganzen Dicke
oder tritt häufiger in den tieferen Schichten, an der Grenze
zwischen Innenhaut und Mittelhaut auf (wesshalb man ge-
wöhnlich Yon Ablagerung atheromatöser Masse zwischen die
letzteren spricht). Es bildet sich eine breiige, bröcklige,
hochgelbe, oft feinkörnige, glänzende Masse, bestehend aus
amorpher Substanz, Kalksalzen, Fettkörnchen und Chole-
stearinkrystallen ; diese Masse kann sich allmälig yergrös-
sem und eine Art Cyste in den Wänden darstellen, oft
nimmt allmälig die ganze Platte an dem atheromatösen Zer-
falle Theil und, nachdem die innerste Lamelle auch zer-
fallen, wird die Masse blosgelegt und vom Blute bespült.
In diesem Zustand wird die Veränderung oft als atheroma-
töses Geschwür oder Geschwür schlechthin aufgeführt. Durch
den Blutstrom wird die lockere Masse unterwühlt und es
werden wohl auch Partikelchen losgerissen, die dann, mit
dem Blutstrome fortgeführt, zu obliterirenden Gerinnseln
Veranlassung geben können. Die rauhe Oberfläche des
Atheroms giebt Anlass zu Fibringerinnungen: es setzen
sich kleine , gefranzte , zottige Gerinnsel an , welche später
den verrucösen Vegetationen an den Kiappen gleichen. Durch
diese Fibringerinnungen kann auch eine Vemarbung des
atheromatösen Geschwürs zu Stande kommen , indem sie die
rauhe Fläche bedecken und , mit den lUmdem yerschmelzend,
eine flache , zuweilen schiefergraue oder schwarz pigmentirt^
Membran bilden.
c) Eine andere Metamorphose dieser Verdickungsschich-
ten ist die sogenannte Verknöcherung durch Freiwerden
Tön Kalksalzen in ihnen, wobei oft Fett und Cholestearin-^
krystalle gleichzeitig auftreten. Die platten Knoten der
305
grösseren Arterien sind gewöhnlich mit einem dünnen Kno-
chenblättchen bedeckt^ während der untere Theil derselben
unverändert oder als moleculare mit Fettkügelchen durch-
setzte Masse erweicht oder atheromasirt ist; in anderen
Fällen beginnt die Yerknöcherung in den tieferen Schichten,
an der Grenze der Innenhaut und Mittelhaut und schreitef
nach innen Tor, bis der ganze Knoten in eine Enochenplatte
yerwandelt ist. Diese harten , rauhen Knochenblättchen wer-
den zuweQen Yom Blutstrome an einem Rande losgerissen
und ragen dann unter spitzem Winkel in das Lumen der
Arterie, geben Anlass zu wandsländigen Gerinnseln und
Vegetationen, welche zuweilen später verknöchern. Klei-
nere Arterien, in welchen oft die Yerdickungsschichten auf
grosse Strecken ausgedehnt sind, erscheinen nach der Ab-
lagerung Ton Ealksalzen ganz verknöchert und ihr Lumen
sehr verengt.
Bei der Yerknöcherung und dem atheromatösen Processe
geht auch die Mittelhaut weitere Yeränderungen ein: zu-
weilen wird sie durch Fettmetamorphose erweicht oder sie
zerfällt theilweise zu Atherom oder sie verknöchert; das
Letztere ist am häufigsten in den kleineren Arterien, doch
findet man auch feste Kalkconcremente in grossen Arterien,
welche alle Häute durchsetzen.
Die Auflagerung findet sich am häufigsten in der Aorta,
in dieser vorzugsweise im aufsteigenden Schenkel und dem
Bogen, dann in der A. thoracica und abdominalis; in den
übrigen Arterien in absteigender Reihe: in der A. Uenalis,
cruralis, iliaca intern. ^ tibialis^ caranar. cord.^ cärot int.
und vertebraKs; A. uterinae, brachiales und subclatiae^
spermaticae int., carotis comm., hypogastricae ; sehr selten
in den A. mesenteric, coeliac, hepatic^ äusserst selten im
Stamme der Lungenarterie. (Neuerdings fand Dittrich
in der Lungenarterie und ihren Verzweigungen häufig fet-
tige Entartung.)
20
306
Urne Krankheit kommt yorzugsweise im höheren Alter
vor 9 ist bei Greisen sehr häufig ^ aber keineswegs als noUi*
wendige Altersyeränderung anzusehen. Sie kommt zuweilen
auch im früheren Alter vor, selbst im ersten Kindesalter.
Ihre Folgen für das Gefdss sind: im Anfang Rigidität
der Wände und geringe Erweiterung, später stärkere Er*
Weiterung der grossen Stämme , Verengerung des Lumens
der kleinen 9 Verengerung und Verscbliessung der Ostien,
Aneurysmabildung y Zerreissung, insbesondere der kleinen
Arterien und ihrer Zweige.
Abbildangen : 6 luge, Atlas 7. Liefg. Taf.4.— Necke I, Tab. a. p.
T. 14, 16.
1) Aneurysma cinoideum, anastomoiicumy Va*
rix arterialis ist Erweiterung und Verlängerung einer oder
mehrerer benachbarter kleinerer. Arterien. Die Arterien sind
vielfach gewunden und bilden höckerige, elastische Ge-
schwülste Yon geringem oder zuweilen sehr bedeutendem
Umfang, die Wände der GeTässe sind meist yerdickt. Er-
streckt sich die Veränderung auch auf die kleinsten Ver-
zweigungen und Anastomosen mehrerer benachbarten Arte-
rien, so entstehen den Telangectasieen ähnliche Geschwülste,
welche aus einem kaum entwirrbaren Gonyolut erweiterter
GeCasse bestehen. Das Uebel ist bald angeboren und ent-
wickelt sich dann im reifen Alter zum yoUsten Umfang,
bald acquirirt nach Contusionen, Erysipelas, chronischer
Zellgewebsentzändung; es findet sich meist isolirt an einer
Stelle, selten yerbreitet über grössere Strecken, am häufig-
sten wurde es am behaarten Kopf gefunden.
Abbildungen: Froriep, Cbir. Kpft. T. 144» 308, 366 (nach Bre-
sehet, Bell, Pelletan).
2) Erweiterung einer Arterie oder einer grösseren An-
zahl zusammenhängender Arterien durch bleibende mecha-
307
nische Hindernisse, welche Anhäufung des Blutes bedingen.
Die Wände erscheinen yerdünnt oder verdickt, die Erwei--
terung ist gleichmässig. Zuweilen erfolgt Beratung der
Wände.
3) Erweitei:ung von Arterien, welche zu grossen Ge-
schwülsten führen, hierher die oft enorme Erweiterung und
Verlängerung der Carotis und Schilddrüsenarterien bei Col-
loid der Schilddrüse.
4) Erweiterung durch Texturveränderung der Arterien-
wände; die letztere besteht in den Verändemngen , welche
wir unter dem Namen Auflagerung kennen gelernt ha-
ben. Die Erweiterung ist theils durch die Atonie, theils
durch die Entartung der Mittelhaut bedingt, indem die letz-
tere dem Drucke des Blutes nachgiebt und ausgebuchtet
wird. Sie ist eine allgemeine, über grössere Abtheilungen
einer Arterie verbreitete oder eine circumscripte. Man un-
terscheidet danach ein cylinder- oder spindelförmi-
ges Aneurysma von dem circumscripten sackförmigen
Aneurysma.
Im ersteren finden sich in den Wänden gleichmässig
vertheilt: wulstige Verdickungen der Innenhaut, atheroma-*
tose Geschwüre, Knochenblättchen u. s. w.; die Mittelhaut
schlaff, zum Theil fettig entartet, zum Theil atheromasirt,
die Zellhaut verdickt.
Im letzteren verhalten sidi die Wände je nach den Gra-
den der Erweiterung verschieden: Im Anfang hat man eine
seichte Ausbuchtung einer durch Auflagerung und eine de-
ren Metamorphosen veränderten Stelle der Arterie vor sich,
alle Häute sind noch vorhanden, aber mit den bekannten
Veränderungen. Später , wenn durch den Druck des Blu-
tes die schlaffe Mittelhaut immer mehr nachgegeben hat und
das Aneurysma zu einem grossen Sacke ausgedehnt ist,
sind die Häute nur unvollkommen herzustellen. Die durch
fibröses Gewebe verdickte und unkenntlich gewordene Zell-
20*
308
haut bildet die äusserste Lage; die Mittelhaut ist nur noch
an der Wurzel des Sackes und in einer geringen Ausdeh-
nung erhalten, zuweilen fehlt sie aber, indem sie am Rande
der Oeffnung des Sackes in die Arterie aufhört; die Innen-
haut ist, wenn auch yerändert, meist vom Bande aus auf
eine Strecke in der Wand zu verfolgen, im Fundus dessel-
ben aber selten herzustellen.
Die Höhle dieser sackförmigen Aneurysmen enthält
meist geschichtete Lagen von geronnenem Faserstoff, welche
sich zunächst im Fundus anlegen, von da aus aber zuwei-
■
len die halbe oder endlich die ganze Höhle ausfüllen. Die
äussersten Faserstoffschichten liegen meist an der yerdick-
ten Zellhaut an; da sie jedoch meist fettig entartet oder
atheromasirt sind, ist es oft unmöglich, zu entscheiden, ob
man veränderte Fibringerinnsel oder Innenhaut oder Mittel-
haut vor sich hat. In anderen Fällen findet sich in den
äussersten Schichten neugebildetes Bindegewebe oder Ver-
kalkung. Die innersten Schichten sind meist glatt und von
einer festen Lamelle überzogen, welche oft mit der Innen-
haut der Umgebung ein Continuum bildet. Die Fibringe-
rinnsel finden sich um so massenhafter, je mehr der Sack
des Aneurysmas von der Arterie abgeschnürt ist.
Die Gestalt dieser circumscripten Aneurysmen ist bald
die eines Ovales, vrelches breit auf der Arterie aufsitzt und
durch eine weite Oeffnung mit ihr communicirt, bald die
einer Kugel, welche durch einen Hals mit der Arterie ver-
bunden ist und eine enge Yerbindungsöffnung hat. Zuwei-
len sitzt auf einem solchen Aneurysma wieder ein zweites
kleineres und selbst auf diesem wieder ein drittes.
Die Grösse der Aneurysmen ist sehr wechselnd:, so-
wohl die cylinderförmigen als sackförmigen können einen
bedeutenden Umfang erreichen. Ihre Wandungen werden
durch die comprimirten Nachbargewebe verstärkt, dadurch
jiber immer mehr unkenntlich.
309
Sie finden sich am häufigsten in der Aorta und über-
haupt da, wo die Auflagerung am häufigsten Torkommt
Meist ist nur eins vorhanden, seltener yiele und dann
meist kleine.
Die in den Bereich eines Aneurysma fallenden, von der
Arterie abgehenden Aeste obliteriren sehr oft, entweder
durch Verschluss der Ostien durch massenhafte Auflagerung
oder durch die Fibringerinnsel. In dem dann stagnirenden
Blute derselben bilden sich obliterirende Gerinnsel.
Die Aneurysmen entstehen meist langsam, yergrössern
sich allmälig und bleiben oft lange Zeit unverändert. Kleine
abgesackte Aneurysmen werden zuweilen durch Fibringe-
rinnsel völlig geschlossen und so geheilt, in anderen Fällen
bewirken sie durch ihren Druck Obliteration der Arterie,
oder es setzen sich an die Fibringerinnsel im Aneurysma neue
an, welche allmälig die ganze Arterie füllen, worauf diese
obliterirt. Aneurysmen kleiner Arterien werden nach vor-
hergegangener Obliteration ihrer Arterie zuweilen brandig
abgestossen und so völlig geheilt.
Zuweilen erfolgt eine Berstung der Aneurysmen, und
zwar entweder an einer sehr verdünnten Stelle, oder nach
vorhergegangenem Zerfall der Wände durch Atherom oder
Vereiterung ihrer Umgebung; die Oeflhung stellt bald eine
einfache Spalte, bald ein grösseres Loch mit weichen, zot-
tigen Bändern dar. Durch die Oeffnung ergiesst sich das
Blut der Arterie, der Tod erfolgt dann entweder durch den
Blutverlust, oder häufiger durch den nachtheiligen Einflus^t
<les ergossenen Blutes auf gewisse Theile, z.B. bei-Ruptur
in den Herzbeutel, Luftröhre, Wirbelkanal u. s, w.
Die nachtheiligen Folgen der Aneurysmen sind ver-
schieden je nach ihrer Lage und Grösse; die am häufigsten
vorkommenden Aneurysmen der Aorta tödten fast immer
entweder durch Behinderung der Herzthätigkeit, durch Druck
310
auf die Gefässe und Lungen, oder durch Berslung. Alle
können durch Druck auf ihre Umgebung schädlich wirken.
Die an der conyexen Eränmiung des aufsteigenden Astes
und Bogens der Aorta yorkommenden Aneurysmen errei-
chen meist eine beträchtliche Grösse, legen sich an die rechte
Seite des Brustbeines, die oberen Rippenknorpel und das
Stemoclaylculargelenk dieser Seite, drängen diese Theile vor,
zerstören sie zuweilen durch allmälige Atrophie und kom-
men unter den Hautdecken zum Vorschein.
Die an der concayen Seite der aufsteigenden Aorta ent-
springenden Aneurysmen wenden sich gegen die Lungen-
arterie und den Hohlyenensack , die yon derselben Seite des
Arcus entspringenden stossen auf Trachea und Bronchien.
Zuweilen erfolgt Ruptur der Aneurysmen des Arcus in den
Herzbeutel, eine der Herzabtheilungen, in die Luftröhre
oder Bronchien.
Aus der Aorta thoracica entspringen die Aneurysmen
meist hinten oder seitlich, legen sich an die Wirbelsäule
und Rippenwand an, zerstören zuweilen die Wirbelknochen
und kommen mit dem Rückenmark in Berührung, oder
kommen durch die Rippen unter den Hautdecken des Rük-
kens zum Vorschein. Oft comprimiren sie einen Theil der
Lunge und öfihen sich zuweilen in die Brusthöhle, einen
Bronchus, die Speiseröhre.
Die Aneurysmen der Aorta abdominalis sitzen meist
vorn und seitlich auf und öShen sich zuweilen in den Pe-
ritonealsack.
Abbild.! Cruveilhier LiTr. 3. PL 4. Livr. 17. PL 4. Livr. 28.
PL 3. Livr. 40. PL 3. Albers II. T. 36. Ili. T. 20, 21. Meckel,
T. a. p. T. 12—16. Froriep, Chir.Kpft. T. 41, 53, 149, 224, 365,
289, 448. Carswell Fase. 9. PL 4.
5) Ausser den beiden aufgeführten Arten von Erweite-
rung der Arterien kommt noch eine dritte vor, welche durch
311
eiuen Schlag, Stoss u. s. w. auf das Gefäss. oder eine Ver-
wandung desselben bedingt ist, Aneurysma traumaUcum.
a) Der Schlag bewirkt keine Zerreissung, sondern eine
Erschlaffung, Paralysirüng der Faserhäute, worauf sich an
der getroffenen Stelle allmälig eine Ausbuchtung bildet, die
sich später zu einem aneurysmatischen Sacke yergrösserty
welcher vorzugsweise aus der Innenhaut und ZeDhaut be-
steht, da die Mittelhaut, von der Wirkung des Schlages
am meisten getroffen, aus einander weicht und schwindet.
b) Der Schlag bewirkt eine Zerreissung der Innen- und
Mittelhaut, das Blut strömt durch den Riss ein und wühlt
die Zellhaut auf eine kleinere oder grössere Strecke los,
dehnt sie aus und, nachdem dieser Zustand (als An. spu-
rium sacci forme) eine kurze Zeit bestanden, erfolgt Zer-
reissung der Zellhaut und Bluterguss nach Aussen (As/t. dh'
secans),
e) Durch einen Schlag oder eine Verwundung wird die
Oontinuität aller Häute aufgehoben, es erfolgt ein Bluter-
guss aus dem Gefässe, der, wenn er nteht tödtlich wird,
imter besonderen Bedingungen Veränderungen henrorbringt,
die man ebenfalls Aneurysmen genannt hat:
a) An. spurium, das Blut strömt in das benachbarte
Zellgewebe^ wühlt sich eine Höhle und umgiebt so als rund-
liehe oder ovale Geschwulst das Gefäss (A. spurium dif-
fusum). Das Extravasat kann alle möglichen Metamor-
phosen der Extravasate überhafupt eingehen; Heilung er-
folgt, wenn die Arterie obliterirt, ungünstiger Ausgang,
wenn das Extravasat verjaucht, eine Entzündung des Zell-
gewebes mit Eiter- und Jauchebildung hervorruft und neue
Blutungen aus dem Gefässrisse erfolgen. Zuweilen wird
das Extravasat eingekapselt (durch organisirte Exsudate der
Umgebung und peripherische Fibringerinnsel) und seine
Höhle bleibt durch den Riss mit der Arterie in Kommuni-
kation, es entsteht so ein An. spurium eireumscri-
312
pium, welches von einem wirklichen Aneurysma schwer
zu unterscheiden ist. Gestalt ^ Grösse und weitere Verän-
derungen sind dieselben, wie beim sackförmigen Aneurysma«
ß) An, varicosum ist wesentlich charakterisirt durch
die Kommunikation der Arterie mit einer nebenliegenden
Vene, welche gleichzeitig durch einen heftigen Schlag oder
häufiger durch einen Stich oder Hieb geöffiiet wird. Zu-
weilen geschieht die Kommunikation auch spontan, durch
Oeflfhung eines Arterienaneurysmas in eine Vene, z.B. zwi-
schen Aorta abdominalis und Vena cava in f., Aorta adsc.
und F. cava sup., Art und Ven, poplitaea. Tritt nach
der Verwundung sogleich Verklebung durch gegenseitige
Verwachsung der Wunden beider Gefässe ein, ist also dann
die Kommunikation eine unmittelbare, so entsteht ein soge-
nannter Variüß aneurysmaticus^ am häufigsten als
Folge des Aderlasses; liegen die beiden Gefässe nicht
neben einander, so ergiesst sich zunächst das Blut in das
umgebende Zellgewebe, unter günstigen Umständen entsteht
ein An* spurium circumscriptum , dessen Höhle eine niittel-
bare Kommunikation der Gefässe vermittelt; diesen Zustand
nennt man vorzugsweise An. varicosum.
Die Oeffnungen und die Höhle des Sackes werden bald
glatt, durch aufgelagerte Fibrinschichten, welche eine Art
von Innenhaut bilden. Durch die Oefihungen findet ein
üeberströmen von Arterienblut in die Vene statt, wodurch
zunächst der Lauf des Venenblutes gehemmt, Stockung des-
selben und Erweiterung der Vene unterhalb der Oefifnung
eintritt, später Erweiterung und Verlängerung der Venen
mit Verdickung ihrer Wände. Die Arterie erweitert sich
gewöhnlich oberhalb der Oeffhung und wird unterhalb der-
selben enger.
AbbUd.: Froriep, Chir. Kpft. T. 263.
Mehrere Autoren nehmen endlich noch ein Aneurys-
ma herniosum an, w^elches durch einen hernienartigen
313
Vorfall der Innenhaut durch einen Riss der anderen Häute
bedingt sein soll, doch haben Experimente und Beobach-
tung der Mehrzahl der Pathologen ergeben, dass ein solcher
Vorfall nicht stattfindet, sondern vielmehr in den meisten
Fällen eine Zerreissung der Innenhaut erfolgt , sobald die
äusseren Häute fehlen (s. unten).
Die Ansichten über Aneurysmen sind bei yerschiedeneir
Autoren sehr verschieden, die meisten stützen sich auf den
Zustand der drei Häute am ausgebildeten Aneurysma
und suchen dessen Genese daraus zu erklären, während sie
das v^erdende nicht berücksichtigen. Die verbreitetste
Terminologie, wie sie Hasse zusammengestellt hat, ist
folgende:
I. An. verum, alle drei Häute bilden die Erweite-
rung: 1) A, ver, totale^ die Arterie ist in ihrem ganzen
Umfange erweitert: a) An, fusiforme^ b) An. cylin-
droideum: €c) A. anastomotictim ^ ß) Telangiectasis. 2) A.
ver. partiale: a) A. iacci forme, b) cirsaidenm.
n. A. mixtum: 1) A. m. exiernum, innere Haut
zerrissen, mittlere und äussere ausgedehnt. 2) A. m. in-
ternum, mittlere und äussere Haut zerrissen, .innere vor-
gedrängt.
ni. A. spurium: 1) A. sp. sacciforme^ innere
und mittlere Haut zerrissen, die äussere ausgedehnt (von
Anderen auch zum A. m. extemum gerechnet); 2) A. sp,
diffusum, begrenztes Extravasat um die verwundete Ar-
terie. 3) A. sp. varicosum.
Zerreifl«uuil^. Ifmideit.
Ausser den im letzten Abschnitte abgehandelten Zer-
reissungen von Arterien, welche über verengerten Stellen
übermässig erweitert sind, von sackförmigen oder trauma-
tischen Aneurysmen, finden sich ferner Zerreissungen be-
dingt :
314
I
1) durch zarte Construction der gesammten Arterien-
wand mit meist gleichzeitiger Enge des GefSsses oder durch
CoDgestion (Rotitansky);
2) durch Texturreränderungcn der Häute. Dieselben
sind:
a) Zerstörung der Innen- und Mittelhaut durch athe-
romatösen Zerfall derselben ; der Blutstrom zerreisst den et-
waigen Rest der Mittelhaut und wühlt die Zellhaut yon der
Mittelhaut auf grosse Strecken los, das Blut sammelt sich
kurze Zeit in diesem Sacke (Aneurysma 'disseeam),
bald erfolgt Zerreissung auch der Zellhaut und Erguss des
Blutes nach Aussen. Dergleichen Aneurysmen hat man auch
an sehr kleinen Arterien beobachtet, bei welchen dann das
unter der Zellhaut angehäufte Blut zu Pigmentbildung diente.
b) Geringere Grade der Auflagerung mit ihren Folgen:
Fettentartung, Mürbheit der Mittelhaut, Erweiterung des
Gefässes, Verdickung der Zellscheide. Es reissen die In-
nen- und Mittelhaut ein, die Zellscheide wird aufgebläht
und zerreisst erst später.
Nach Rokitansky ist zuweilen die Loslösung der
Zellscheide das Primäre, indem dadurch die anderen Häute
ihre Stütze verlieren und einreissen sollen.
Fälle von spotanen Zerreissungen dieser Art sind meist
bei alten Personen beobachtet worden, kommen meist am
Anfang der Aorta vor und sind rasch tödtlich.
Hierher gehört auch die Zerreissung kleiner Arterien,
wie z. B. der atheromasirten Hirnarterien bei Haemorrha-
gia cerebrL
3) Entzündung, Vereiterung, Brand der Wände von
Arterien, welche mit Geschwüren, Eiteriierden u. s. w. in
Berührung kommen.
Wunden der Arterien, welche nur einen Theil der
Wand öfihen, heilen schwer, sind oft durch Verblutung
tödtlich, zuweilen erfolgt Verklebung der Wand durch Fi-
315
bringeri9iisel und Exsudate, welche letztere , su Bindege-
webe organisirt, später eine Yerwachsung derselben, meist
mit gleichzeitiger Obliteration bewirken. Völlige Durch-
schneidung einer Arterie grossen Kalibers ist immer t5dt*
lieh und unheilbar; die Wunde einer Arterie kleinen Kali-
bers kann heilen, sobald die Wunde durch Fibringerinnsel
des Blutes inner- und ausserhalb derOefihung Terschloaseii
wird; die Heilung ist durch Obliteration des Gefässes be-
dingt.
TeveugeruMkg. Oliliteration«
Angeborene Enge des Aortensystems, beson-
ders merklich am Stamme der Aorta, der zuweilen um ein
Dritttheil oder die Hälfte enger ist; die Wände sind nor-
mal oder yerdünnt. Sie. kommt hauptsächlich beim weibli^-
chen Geschlecht vor und ist oft mit mangelhafter Ernährung
und Geschlechtsentwickelung combinirt, kommt aber auch
bei übrigens Tollkommen gut ausgebildeten Indiriduen yor.
Die Folgen sind: Stockung des Abflusses des Blutes ans
dem linken Ventrikel, Hypertrophie desselben u. s. w.
Höhere Grade Yon angeborener Enge, welche nahe an
völlige Obliteration grenzen, kommen an der Aorta und
Lungenarterie als Ursachen der sogenannten Gyanose yor«
Von besonderem Interesse ist die Verengerung und
Obliteration der Aorta unterhalb der Einmündung
des Ductus Botalli auf eine kleinere oder grössere
Strecke. Die Anomalie beruht entweder auf einer angebor-
nen Enge dieser Stelle oder der ganzen Aorta descendemt^
oder auf Obliteration durch Fihringerinnsel , welche sich an
ein aus dem Duct. Botalli in die Arterie ragendes GeriAie
sei ansetzen. Gleichzeitig mit der Verengerung und Obli-
teration entwickelt sich ein CoUateratkreisIauf durch Erwei-
terung der Mammariat intemae^ A, intewcoßttdes und epi-
ffOitric. Die Aorta oberhalb der YerengeruBg utid das Herz
316
sind bedeutend erweitert. Zuweilen erfolgt der Tod durch
Berstung der Aorta oder des Herzens.
Cruyeilhier Livr. 40. PL 3. Otto, SeKn. Beob. II. T. 1.
Fif. 3. Tiedemann, lieber die Verengerung und Yerschl. der Art.
1843.
Verengerung der Arterien ist femer bedingt durch
Auflagerung, massenhafte Yerdickungsschichten in der Ar-
terie selbst und deren Ostien. Dieser Vorgang ist oft zu
beobachten an Arterien, welche von Aneurysmen entsprin-
gen und an der A, tibialis.
Obliteration einer Arterie kommt entweder durch
Fibringerinnsel zu Stande oder durch unmittelbares Anein-
anderlegen und Verwachsen der Innenfläche einer Arterie,
das Letztere ist seltener, findet fast nur in kleinen Arterien
statt, bei anhaltender Compression derselben. Die Bedin-
gungen der Fibringerinnsel sind schon oben besprochen
worden, ausser den schon erwähnten sind noch zu nennen
die Verwundung und Ligatur einer Arterie. Der Vorgang
der Obliteration beruht wesentlich auf einer Bildung von
Bindegewebe in dem Gerinnsel (in unterbundenen Arterien
Thrombus genannt) und Verschmelzung der Arterienwände
mit demselben, worauf die frühere Arterie einen fibrösen
Strang darstellt.
Die Folgen der Obliteration sind verschieden je nach
der Grösse und Bedeutung der Arterie, ihre Nachtheile wer-
den oft durch einen anastomotischen Collateral-
kreislauf gemildert oder verhütet; derselbe kommt durch
allmälige Erweiterung und Verlängerung kleiner Aestchen
zu Stande , die Anfangs ein Maschenwerk , später grössere
Stämme bilden.
Pathologlsehe IVeublldungen.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich als
fibröse Verdickung der Zellscheide nach Entzündung der-
317
selben; in Fonn von Polypen, Warzen, Vegetationen als
organisirte Gerinnsel; als fibröses, die Obliteration yermit-
telndes Gewebe; als Narben atheromatöser Geschwüre.
Neubildung von Fett findet sich als Fettmetamor-
phose der Innen- und Mittelhaut mit oder ohne vorherge-
gangene Auflagerung und deren Veränderungen unter den-
selben Verhältnissen wie der atheromatöse Process.
Concretionen öder falsche Verknöcherung finden
sich in den Verdickungsschichten als Verknöcherung einer
ganzen Arterie oder in einzelnen Plaques; in Fibringerinn-
seln; in den Gefässwänden ohne vorhergegangene Auflage-
rung; im letzteren FaUe ist meist nur die Mittelhaut ver-
kreidet, die Veränderung findet sich vorzugsweise in klei-
neren Arterien.
Krebs ergreift die Arterien fast nie; die Arterien er-
halten sich sehr lange , wenn schon alle übrigen Gewebe ei-
nes Organes im Krebse untergegangen sind.
4. Venen.
JEntsiinduiig' •
Entzündung der Venen ist häufig, doch ist bei deir Verän-
derung, welche man gewöhnlich Phlebitis nennt, meist nicht
die Entzünduäg der Wandungen, sondern die Gerinnselbil-
dung in der Vene das Bedingende und Wesentliche. Wie
auf der Innenhaut der Arterien und des Herzens, so sind
auch auf der der Venen croupöse Exsudate noch nicht sicher
nachgewiesen; man hielt entweder Fibringerinnsel aus dem
Blute oder die nekrosirte Innenhaut für Exsudate oder
identificirte mit Cruveilhier geradezu Coagulation des
Blutes mit Entzündung der Wände.
Die Anatomie der Entzündung der Venenwände
ist ganz analog der der Arterien. Die gefässreiche Zell-
haut und meist das umgebende Zellgewebe sind anfangs in-
318
jicirt, hocbroth, mit zahlreichen ramificirten und dendriti-
schen, strotzend gefüllten Gefässchen; die Mittelhaut zeigt
nur in ihren äusseren Lagen Spuren von Injection. Das
Exsudat ist in die Zellhaut und Mittelhaut infiltrirt, welche
dadurch verdickt werden. Die Innenhaut ist Töllig intact,
höchstens etwas gerunzelt und hie und da durch Exsudat
vorgetrieben; auf ihrer freien Fläche ist ein Exsudat nicht
nachgewiesen. Das Lumen des Grefässes ist frei oder durch
€oagulum verstopft, und zwar ist dieses in der Mehrzahl
der Fälle das Primäre, die Entzündung Bedingende, in
der Minderzahl Folge der durch die Erhebung der Innen«
haut, die Verengerung des Gefässes verursachten yerlang->>
samung des Kreislaufes.
Das Exsudat wird oft resorbirt und die Phlebitis heilt;
zuweilen werden die Zellhaut und das umgebende Zellge-
webe verdickt, fest, speckig, blauroth durch erweiterte
kleine Venen. Häufig bildet sich Eiter; derselbe ist diffus
in die Zellhaut infiltrirt, durchbricht die weiche und brü-
chige Mittelhaut und kommt meist in Form kleiner Herde
unter die Innenhaut zu liegen, welche er hügelig empor-
hebt; zuweilen nekrosirt die Innenhaut und wird in Form
eines grauen, morschen Cylinders losgestossen ; zuweilen
durchbricht der Eiter die Innenhaut. Das Coagulum geht
weitere Veränderungen ein.
Phlebitis kann entstehen: durch Verwundung, Quet-
schung der Vene, durch Entzündung der umgebenden Ge-
webe, durch Gerinnungen in den Venen.
Die Folgen der Phlebitis an und für sich sind unbe-
deutend, von Bedeutung sind die der Metamorphosen der
Gerinnungen. Da die letzteren aber meist das primäre Lei-
den darstellen und auch ohne Phlebitis ihre Bedeutung ha-
ben, wollen wir sie zunächst betrachten»
310
Oerinnunyen.
Blutgerinnsel kommen in den Venen sehr häufig vof,
sie sind bedingt :
a) durch YerlangsamuHg des ganzen Kreislaufs bei al-
ten, kachektischen Personen.
b) durch lokale Behinderung des Blutlaufs durch Druck
auf die Venen oder eine ungünstige Lage (z. B. bei Operir-
ten, welche lange unverändert in einer Lage yerhairen müs-
sen). Diese Gerinnungen sind am häufigsten in den voin
Herzen entfernten Venen der unteren Extremitäten.
c) durch mangelnden Impuls von der Arterie aus, bei
Verstopfung derselben durch Gerinnsel oder Unwegsamkeit
der Capillaren (z. B. bei ausgebreiteten Entzündungen).
d) durch Verengerung des Lumens des Getässes durch
Eiterherde in deren Wänden ; durch Verwundung der Vene.
Die letztere kann gleichzeitig Phlebitis und Gerinnung oder
blos eine von beiden bedingen, die sich dann später wieder
gegenseitig bedingen können, so dass jeder Fall seine be«
sondere Beurlheilung Terlangt. Die Ansicht, dass bei Phle-*
bitis der Contact des durch die Gefässwände exsudirten Ent«
Zündungsproduktes mit dem Blute dessen Gerinnung be--
wirke, ist eine nicht auf Thatsachen fussende Hypothese.
Die Gerinnungen, mögen sie nun primäre oder sekuu*
däre (von Phlebitis abhängige) sein, stellen bald einen blau-
oder schwarzrothen Blutklumpen dar, bald ein festes, elasti-
sches, helleres Goagulum; sie füllen das Gefäss vollständig
aus, oder hängen nur hie und da an den Wänden; zuwei-
len geht noch eine Portion Blut neben ihnen durch, in ei-
nem spiralig um den Pfropf laufenden Kanäle. Die Gerin-
nung geht meist bis zum nächsten nach dem Herzen zu ein-
münden Aste, setzt sich aber auch oft weiter fort bis zur
Einmündung in einen Hauptstamm ; in diesen ragt dann zu-
weilen «ine konische Fortsetzung des Gerinnsels (z. B. an
der Einmündung der Hiaca in die Hohlvene); selten setzen
320
»ich die Gerinnungen auch in den grössten Stämmen bis
zum Herzen fort. Diese Verhältnisse sind fiir verschiedene
Venen yerschieden und müssen für jede besonders erforscht
werden (Vir oho w).
Die Folgen der Gerinnungen hängen von ihren Meta-
morphosen ab:
a) Kleine Gerinnsel verschwinden zuweilen und das
Lumen wird wieder frei; dieser Vorgang ist bedingt durch
Erweichung des Gerinnsels, Zerfall der Blutzellen und des
geronnenen Faserstoffes zu einer molecularen Masse, wel-
che mit dem Blutstrome fortgeführt wird und in diesem
verschwindet.
b) Sehr häufig bildet sich aus dem Fibringerinnsel Bin-
degewebe und es erfolgt Obliteration der Vene; dieser
Vorgang wird insbesondere in kleineren Venen und bei
nicht sehr ausgedehnten Gerinnseln bemerkt. Füllt das Ge-
rinnsel das Lumen der Vene vollständig aus, so wird es in
einen fibrösen Strang umgebildet, der mit den Venen wän-
den verwächst; liegt das Gerinnsel nur hie und da an den
Wänden, so bildet sich ein fibröses Maschen werk, welches,
von einer Wand zur anderen gehend, das Lumen der Ve-
nen ausfüllt. Zuweilen finden sich im neugebildeten Binde-
gewebe später Concretionen. Die Venenwände sind meist
verdickt durch Exsudate in . der ZeUhaut oder Auflagerun-
gen an die Innenwand (Phlebitis adhaesiva Autorum).
c) Erweichung, Vereiterung, Verjauchung,
Die Erweichung wird begünstigt durch einen hohen Feuch-
tigkeitsgrad des Gerinnsels, findet sich daher auch am häu-
figsten in solchen, welche noch vom Blute bespült werden.
Die Erweichung besteht in Zerfall und Auflösung der ro-
then Blutkörperchen, Zerfall der weissen Blutkörper durch
Fettmetamorphose oder Atrophie, Zerfall des Faserstoffs zu
einer breiigen, molecularen Masse ; die Eiterung in der Bil-
dung von Zellen. Das Anfangs blaurothe Gerinnsel wird an
321
einzelnen Stellen heller ^ weissröthlich, weissgraulich, später
verschwinden alle rothen Stellen , das Gerinnsel wird heller
und weicher; an einzelnen Stellen wird die Gonsistenz
rahmartig. Der Eiter, bildet sich meist in der Mitte des
Gerinnsels; allmälig kann das Ganze in Eiter zerfallen.
Verjauchung tritt ein durch Contact mit der Luft oder Jau-
che, z.B. nach Verwundungen , nach Entbindungen (Phlei-
bitis suppurativa oder septica).
Die weiteren Folgen der Metamorphose der Gerinnsel
sind verschieden. 1) Bleibt das Gerinnsel, unverändert oder
organisirt, längere Zeit in der Vene, so entsteht Stockung
des venösen Blutlaufs unterhalb desselben, und Oedem, zu-
weilen Brand, während sich die Vene oberhalb der Oblite-
ration bis zum Herzen entleert. Die Wände der Venen
bleiben bei allen Metamorphosen unverändert oder es ent-
steht Entzündung der Zellhaut, Nekrose der Innenhaut.
2) Ausser diesen Veränderungen treten zuweilen im
Blute selbst und an anderen entfernten Organen Verändcr
rungen auf, die man gewöhnlich von einer Eiter- oder Jau-
cheinfection des Bluteis, Pyämie, putride Infection,
ableitet.
Die Veränderungen des Blutes stellen nach Virchow
eine Art Atrophie desselben dar, bestehend in verminder-
ter Bildung von rothen Blutkörperchen und Faserstoff und
vermehrter Bildung weisser Blutkörperchen.
Die übrigen Veränderungen sind: vielfache Hypera-
mieen und IJntzündungen im Zellgewebe, in Schleim- und
serösen Häuten, mit massenhaften, faserstoffreichen, crou-
pösen.oder diphtheritischen Exsudaten. Eiterbildungen, sog.
metastatische Abscesse, in fast allen Organen des Körpers,
insbesondere den Lungen, Nieren, der Leber, dem Zellge-
webe, den serösen Häuten, Gelenkhöhlen. Der Eiter wird
entweder unmittelbar gebildet oder der Eiterbildung geht die
Bildung eines drcumscripten hämorrhagischen Infarctes oder
21
322
einer hämorrhagischen Entzündung vor, es bilden sich kleine
oder grosse, dunkelrothe, harte Stellen, die sich dann all'-
m'älig entfärben, gelblich, bröckelig (wie Fibringerinnsel
oder Tuberkelmasse) werden und endlich in Eiter Oder Jau-
che übergehen. (S. die einzelnen Organe.)
Diesen Infarcten und Abscessen liegt wohl meist Ein-
keilutig kleiner Tom Blutstrom losgerissener Fibrinpartikel**
chen aus in Venen oder im Herzen entstandenen Gerinn-^
sein KU Grunde. Die übrigen Veränderungen aber sind ent-
weder Ton den Vorgängen in der Vene ganz unabhängig
und bedingt durch ein Miasma, oder sind durch Transport
kleiner Eitermassen und Einkeilung derselben in für ihren
Durchgang insufficienten Capillaren bedingt.
3) Eine Folge der Gerinnungen ist endlich die, dass
grössere Stücke Ton den Gerinnseln losgerissen mit dem
Blutstrome fortgeführt und in den Lufigenarterien eingekeilt
werden, worauf Infarct-, Eiter- und Jauchebildung in der
Lunge eintritt.
Die häufigsten Arten der sogenannten Phlebitis sind:
1) Primäre Gerinnungen in den Venen der
unteren Extremitäten, besonders häufig bei alten,
kachektisdiien Leuten, bei Schwangeren, bei welchen der
Druck des Uterus und der Faserstoffireichthum des Blutes
die Gtsrinnung begünstigen mag. Sie haben bald Phlebitis,
bald Obliteration der Vene, Ocdem, Brand, chronische Hy-
pertrophie (Elephantiasis) der unteren Extremitäten zur Folge,
bald g^en sie spurios vorüber.
2) Pktebitis uterina putrperaTum. Nur in den
wenigsten FäUen findet eine ]primäre Phlebitis, fortgepflanzt
von der Entzündung* der Plaßentarstelle des tJterus auf die
Zeilhaüt statt, meist ist Gerinnung das Primäre, die Venen-
häute bleiben bormal oder entzünden sich nachträglich. Die
Gbrinnung setat sich «uweil^n auf diö V. hypogastrieoi.
HkLtiae und nach ob^ leiir V. c^m inferi&r, nach unten
323
zur F. cruralU fort (s. Phlegmasia alba dolens). Zuwei-
len findet primär eine direkte Aufnahme von Eiter in die
klaffenden XJterinvenen statt.
3) Phlebitis Aach Verwundungen: a) Das Instru-
ment ist rein , es entsteht Entzündung des umgebenden Zell-
gewiebes und* der Zellhaut, meist sekundäre Coagulation in
der verletzten Vene mit allen möglidien Metamorphosen,
b) Das Instrument ist der Träger putrider Stoffe, meist
tritt zunächst Entzündung und Verjauchung der Umgebung
der Vene ein, welche sich erst später auf die Vene fort-
pflanzt, oder blos Coagulation durch Verengerung des Lu-
mens oder nachträgliche Jauchebildung in der Vene und die
allgemeinen Veränderungen hervorruft.
4) Gerinnungen in den Sinus Durae matris kom-
men als spontane , als sogenannte metasiatische und als Fol-
gen der Entzündung der Dura mater, Schädelknochen vor,
insbesondere nach Verwundungen des Schädels. Sie pflan-
zen sich auf die benachbarten Venen fort und finden sich
zuweilen neben Infarcten und Abscessen im Gehirne.
5) Entzündung und Gerinnungen der Pfortader;
ihre Aetiologie ist noch sehr ungewiss; in der. Mehrzahl
der beschriebenen Fälle scheint die Gerinnung die Haupt-
sache zu sein , die Ausgänge waren bald Eiterbildung , bald
Obliteration ; die letztere , auf mehrere Aeste ausgedehnt, be-
wirkt Atrophie und Schrumpfung des von den Aesten ver-
sorgten Leberparenchyms und narbenartige Einziehungen der
Lebersubstanz.
Abbildungen: Cruveilhier Livr.4. PI. 6. Litt« 8. PI. d. Livr. 27.
PI. 4. Livr. 30. PI. 1. Flg. 4. Livr. 36. PI. 1. 6. Li?r. 11. PI. 1—3.
Livr. 27. PI. 4. Livr. 35. PI. 5. Carswell Fase. 8. PL 3. Hope
Fig. 203. 204. 240.
Die bei den Arterien so häufig vorkommenden, oben
als Auflagerung mit Fettsucht, Verknöcherung und
AttieromaBirang be»cbriebenen , Veränderungen kommen in
21*
324
den Venen nur selten , in geringer Ausdehnung und in nie-
deren Graden Yor.
Erweiteraiiff. Phlebectaiil«.
Erweiterung einzelner Venen und ihrer Verzweigun-
gen ist sehr häufig; eine Erweiterung aller Venen des Kör-
pers als Folge eines Ueberwiegeiis des venösen Systemes,
krankhafte Venosität, ist anatomisch nicht erwiesen.
Die Erweiterung ist entweder gleichmässig oder sie ist
an einzelnen Stellen vorwiegend als einseitige Ausbuchtung
der Wand, welche sich an verschiedenen Stellen der Vene
wiederholt. Die erweiterte Vene ist meist gleichzeitig ver-
längert, erscheint abnorm geschlängelt und hie und da mit
dergleichen Ausbuchtungen, die sich äusserlich als Knoten
darstellen, besetzt; man nennt sie in diesem Zustande va-
ricös, die Knoten: Varices.
Die Wände der gleichmässig erweiterten oder varicö-
sen Vene sind selten normal, meist verdickt durch Hyper-
trophie der ZeUhaut und Massenzunahme der Innenhaut
durch aus dem Blute abgesetzte Verdickungsschichten. Die
Windungen der kleineren Venen sind zuweilen so ent-
wickelt, dass sie förmliche Knäule bilden, die Wände der
an einander gepressten Venen mit einander verwachsen und
das Lumen der Vene einen vielfach ausgebuchteten durch
halbseitige Scheidewände in Zellen geschiedenen Kanal dar-
stellt. Zuweilen findet in diesem Convolut von unter einan-
der verwachsenen varicösen Venen auch Schwund der Wände
einzelner Windungen statt, so dass der Kanal der Venen
nicht mehr verfolgt werden kann und das Ganze ein dem
cavemösen Gewebe ähnliches GebDde darstellt (s. Telean-
giectasie). Die Windungen der grösseren Venen sind nur
selten in so hohem Grade entwickelt.
Der Varix ist Anfangs eine einseitige, flache Ausbuch-
tung aller VenenhSute, bildet allmälig einen grösseren,
325
rundlichen Sack, der auf der Yeiie platt oder gestielt auf-
isitzt; in diesem Zustande lassen sich nicht immer alle Häute
an ihm darstellen, die mittlere scheint meist zu schwinden
und die verdickte Zellhaut mit der Innenhaut die Wand vor-
zugsweise zu bilden. Selten legen sich in sackförmigen
Varicen Fibringerinnsel , ähnlich wie in den Aneurysmen
der Arterien, an, doch werden sie zuweilen von ihnen gänz-
lich ausgefüllt und schrumpfen ein. Nicht selten bersten
Yaricen, welche unter der Haut oder unter Schleimhäuten
liegen, nach vorhergegangener Atrophie und Schwund der
letzteren. Die Bedingungen der Bildung eines Varix sind
nicht ganz klar, wahrscheinlich findet, bei den einmal gege-
benen Bedingungen der Erweiterung überhaupt, die einsei-
tige Ausbuchtung da statt, wo die Yenenwand am wenig-
sten durch die umgebenden Organe gestützt ist.
Die Yenenklappen nehmen an der Erweiterung der Yene
Theil, werden Anfangs breiter, später immer dünner, reis-
sen ein oder schwinden.
In varicösen Yenen bilden sich sehr oft Gerinnsel,
welche die ganze Yene obliteriren oder einseitige, wand-
ständige sind; sie schwinden zuweilen wieder, oder bewir-
ken bleibende Obliterationen , oder erweichen und zerfallen
zu Eiter. Nicht selten gesellt sich hierzu eine Entzündung
der Zellscheide und des umgebenden Zellgewebes; findet
dann eine Berstung der Yene nach aussen statt, so wird
das eitrige Gerinnsel zu einem jauchigen und es tritt zu-
weilen putride Infection des Blutes ein (Haut- und Mast-
darmvenen).
Die wandständigen Gerinnsel geben zuweUen die Basis
zur Bildung von sogenannten Yenensteinen, Phleboli-
then ab. Um ein kleines, meist an der Wand einer Aus-
buchtung lagerndes Gerinnsel legen sich allmälig mehrere
Schichten geronnenen Faserstoffes an ; dann treten, Anfangs
in der Mitte, später in allen Theilen dieser Schichten , Kalk-
326
»alze aiü, die ild^at wird hart und lieibst nun Venenstein.
Derselbe zeigt auf der Schnittfläche concentriscfae Faser-
stofllagen, zwischen weldien öfters Beste des Cruors ak
braune oder gelbe Bröckdchen liegen, die Mitte ist gewöhn-
lich fest, knochenartig, die äusseren Lagen sind weicher.
Der Phlebolith ist rund , oyal , cylindriseh , pbliterirt das Lu-
men der Vene, umgeben von sekundären Gerinnsdn; oder
liegt an der Innenhaut d^ Vene an, mit dieser durch Fi-
briogerinnsel oder Schichten , welche den V^dickungsscfaich-
ten der Innenhaut der Arterien gleich sind, verbunden; oder
liegt in einem V arix ; oder endlich innerhalb oder selbst aus-
serhalb der Yenenwände, sobald dieselben durch seinen Druck
atrophirt und geschwunden sind. Am häufigsten sind die
Phlebolithen in den Phlebectasieen der Beckenorgane.
Abbildungen: Carswell Fase. 11. PI. 3.
Die Ursachen der Phlebectasieen sind oft medianische
Behinderung des Bückflusses des Yenenblutes , zuweilen sind
sie völlig unklar. Bei der am häufigsten yorkonmienden
Varicosität der Hautvenen der unteren Extre-
mitäten ist die mechanische Ursache meist nachweisbar:
langes angestrengtes Stehen, Dnick des schwangeren oder
durch Geschwülste vergrösserten Uterus u. s. w. Die Fol-
gen derselben sind: Oedem und Verdickung des Zellgewe-
bes, der Cutis und zuweilen auch der Epidermis der unte-
ren Extremitäten , Exsudate unter die Epidermis , Bläschen,
Pusteln, Geschwüre. Bei Erweiterung der Mast-
darmTenen, bekannt . unter dem Namen der Hämorrhoi-
den, ist ebenfalls zuweilen die mechanische Ursache nach-
weisbar: Leberkrankheiten, Geschwülste im Unterleib, ha-
bituelle Füllung des Mastdarmes mit Kothmassen u. s. w.,
oft aber fehlen dergleichen Anhaltepunkte. Die sogenaim-
teu Hämorrhoidalknoten sind die oben beschriebenen Con-
Tolute der geschlängelten und varicösen oft eine Art caver-
nösen Gewebes bildenden kleinen Venen hinter den Sphincte-
327
reu de$ Auus, meist eingebettet iii hypertrophisches Zell-
gewebe (s. Proctitis). Sehr unklar in ätiologischer Hinsicht
sind die Erweiterungen der Venen des Samenstrangs, V a-«
ricocele, der Harnblase , der Prostata, der Scheide, Er-
weiterung der Beckenvenen überhaupt. Die Erweite-
rungen der Hautvenen des Thorax und Abdomen sind
stets auf mechanische Ursachen zurückzuführen, beruhen
auf gehindertem Abfluss des Blutes der Hohlvenen oder
Pfortader durch Verengerung oder Obliteration derselben.
Ein merkwürdiger Befund ist das sogenannte Medusen-
haupt, eine, oft enorme, Ausdehnung der Bauchyenen,
welche sich kranzförmig oder in Wülsten um den Nabel
herum lagern, bedingt durch angeborenes Offenbleiben der
Nabelvene und Eommum'kation derselben mit den Hautvenen.
Abbfldungen: CruTeillifer Li?r. 16. PI 6. Livr. 36. PU 5. Lirr.
23. PI. 3, 4. Livr. 30. PI. 6. Carswell Fase «. PL 4. Froriep,
Chir. KpfU )r. 404 , 313.
Verengerung und Obliteration ist bedingt: durch
Druck Ton aussen, rohe oder organisirte Gerinnsel, Phle*
bolithen. Durch anhaltenden Druck auf die Vene wird eine
Verwadisung der Innenwände bewirkt. Unterhalb, selten
oberiialb der obliterirenden Stellen bUden sich neue Ge-
rinnsel.
Der Nachlheil der Obliteration wird leicht ausgeglichen,
da die Venen durch ein ununterbrochenes Netz Yon Ana-
stomosen zusammenhängen; ist der CoUateralkreislauf un^
genügend, so entsteht Oedem der unterliegenden Tbeile.
Interessant sind die Beobachtungen der anostomötischen Er-
weiterungen, durch welche die Obliteration der Hohlveneu
ansgegUdien wird, die der V. cava ngpmct durch die Ple-
xm fseu. spinaleg und deren Anastomosen mit der Subclavia
und ihfpogatirU^j inxiix diQ ZwerchfeUvenen und selbst dier
328
Cwwiaria magna eordis; die der V. cava hff. durch die
Vena azygos, kemiazygot^ die Epigastrica und Mammaria
ifil., die subcutanen Bauch- und Achselvenen.
Kleine Wunden der Venen heilen leicht durch Adhä-
sion der Wundränder 9 grössere heilen, analog den Arterien-
wunden, durch Bildung von Blutgerinnseln in der Yene
und um die Wunde, deren Ausgang meist Obliteration der
Vene ist.
Pi»thelo(|^i«€lie IVeuliililunyeii.
Neubildung von Bindegewebe als orgauisirtes
Exsudat in der Zellhaut; als organisirter Thrombus.
Goncretionen in den Verdickungsschichten , Gerinn-
sein yaricöser Venen, im Thrombus, in obliterirten, in
fibröse Stränge verwandelten Venen; als Phlebolithen.
Krebs wuchert zuweilen von Nachbargeweben auf die
Venenw'ände über und in das Lumen der Vene hinein, bo
dass die Vene völlig mit Krebsmasse angefüllt wird; klei-
nere oder grössere Theile der letzteren können dann vom
Blutstrom fortgerissen werden und Anlass zu Krebsbildung
in entfernten Organen geben. Zuweilen bildet sich in einer
Vene, welche Aeben oder durch Krebsmassen läuft, Krebs
selbstständig ohne vorhergehende Perforation der Wand.
Teleangieetasie.
Mit diesem Namen bezeichnet man Erweiterungen der
kleinsten Gefässe und Capillaren, welche, auf circumscriple
Stellen beschränkt, flache oder stark prominirende , granu-
lirte, höckerige, hell- oder blaurothe Geschwülste bilden.
Sie kommen in der Haut, im Zellgewebe, zwischen Mus-
keln und in allen übrigen Organen vor.
Die Erweiterung betrifft bald mehr kleine Venen, bald
Arterien, bald wirkliche Capillaren; die Gefässchen sind
verlängert , vielfach geschlängelt , gleichmässig erweitert oder
329
seitlich ausgebtichtet ; bald sind nur einzelne verändert , bald
viele neben einander liegende und bilden ein Convolut, ge-
hen in zahkeichen Windungen durch einander , welche theils
mit einander verwachsen, theils durch Zellgewebe eng ver-
banden sind, so dass man oft auf der Schnittflache ein
festes Gerüst, bestehend aus den Gefässwänden und Zell-
gewebe und den Oe&hungen der Gefässchen, nicht aber
einzelne Gefässchen sieht. Ja, es geht in solchen Convo-
luten zuweilen die Textur der Gefösse ganz veiloren, so
dass man endlich ein schwammartiges Gewebe, bestehend
aus einem Bindegewebsgerüst mit unter einander communi-
cirende,n Hohlräumen, vor sich hat; die letzteren sind mit
spindelförmigen oder epithelienärtigen Zellen ausgekleidet,
enthalten Blut und stehen mit einem Gefässe, meist einer
Vene in Verbindung. (Aftermilzen, cavernöse Tex-
turen).
Aehnliche Teleangiectasieen finden sich auch in patho-
logischen Neubildungen: Carcinomen, Lipomen.
Die Teleangiectasieen sind meist angeboren (Blutmäler),
turgesciren und erblassen zu verschiedenen Zeiten und blei-
ben meist auf einer gewissen Stufe unverändert während
der ganzen Lebenszeit.
AbbUdungen: Cruveilhier Livr. 23. PL 3, 4. Livr. 30. PI. 6.
Hope Fig. 106. Froriep, Klin. Kpft. T. 60. Chir. Kpft. T. 306.
Bäte man, Hautkrankheiten T. 39. AmmoD, Die angeb. chir. K. T. 32.
5. Lymphgefässe und Lymphdrüsen.
A. Gefässe.
Es kann hier nur die Bede von der Ent Landung ein-
zelner grösserer Stämme sein, da wir über die etwaigen
Erkrankungen der Endverzweigungen der Lymphgefässe,
ihre Betheiligung an krankhaften Zuständen der Organe y in
welchen sie liegen, gar nichts wissen.
330
Bei der Lymphangioitis findet man die Zellhaut und
das umgebende Zellgewebe lebhaft injicirt und mit Exsudat
infiltrirt, geschwollen und weich , die.flbrige Wandung nor-
mal oder mit Exsudat durchsetzt^ weich, leicht zerreisslich,
die Innenhaut normal oder getrübt, rauh, filzig; auf ihr
und im Cayunx des Gefässes jfeste Flocke^ und Gerinnsel
oder Eiter, welche der Analogie mit den übrigen Gefässen
nach als Gerinnsel der Lymphe angesehen werden müssen,
gewöhnlich als Exsudat betrachtet werden. Der Eiter kann
auch durch direkte Aufnahme in die Lymphgefässe kommen
oder durch Eiterbildung aus der Lymphe entstehen, wenig-
stens findet man ihn in der Umgebung yon Eiterherden in
übrigens yöllig normalen Lymphgefässen. Ob spontane Ge-
rinnungen in den Lymphgefässen statt finden, wissen wir
nicht.
Als Folgen der Entzündung giebt man Obliteration
der Lymphgefässe an ; sie findet sich auf kleinere oder grös-
sere Stellen beschränkt; am Ductus ihoracicus fand An-«
dral nach der Obliteration einen Gollateralkreislauf durch
erweiterte Lymphgefässe hergestellt.
Der Eiter kann aus den I^rmphgefässen wieder yer-
schwinden, zuweilen trocknet er ein und stellt bröckelige,
tuberkelartige Verhirtungen der Lymphgefässe dar; selten
geht er in Jauche über und giebt dann wohl Anlass zur
putriden Infection des Blutes.
Die Entzündung ist bedingt: durch Verwundungen der
Lymphgefässe , Entzündungen , Geschwüre , Vereiterungen
ihrer Umgebung, z. B. in der Haut, im Uterus.
Abbildungen^ CruTeilhier Livr. 13. PI. 1 — 3. Carswell
FaM. 8. PL 4.
Krweiieriuig.
Bei Leiden der Lymphdrüsen, bei Druck auf dieselben
finden sich zuweilen die zugingen Lym^efdsse gleich«
331
förmig oder knotig erweitert, ihre Wände biüd verdickt,
bald verdünnt.
Einzelne Befunde sprechen von lokalen, grossen, cy-
stenartigen Erweiterungen; Breschet beschreibt einen Fall
von allgemeiner Erweiterung der Lymphgefässe.
. Abbildun^n: Carswel) Vwc^ 9. PL 4.
Patholo^lsehe IVeublldunQ^eii.
Bei Krebs oder Tuberkulose mancher Organe lin-
den sich auch die zugehörigen Lymphgefässe mit Krebs-
oder Tuberkelmasse angefüllt und weisse, knotige Stränge
und Netze (z. B. in den Lungen, im Omentmn bei Darmge-
schwüren) darstellend; die Massen können in erodirte Lymph-
gefässe direkt aufgenommen oder in unversehrten Lymph-
gefässen gebildet werden.
B. Drüsen,
Hypertreplüe.
tfypertrophieen der Lymphdrüsen sind häufig , die Drü-
sen erhalten oft einen enormen Umfang, bleiben in ihrer
Textur sowohl dem äusseren Anblick als der mikroskopi*
sehen Untersuchung nach unverändert, oder nähern sich ia
ihrer Textur dem Sarcom , indem sich grosse Massen längs«
ovaler Kerne und spindelförmiger Zellen in ihnen bilden,
welcher Zustand Lymphdrüsensarcom genannt wird.
Mau findet die Hypertrophie 1) in Drüsen, deren Ge-
fässe zu entzündeten Theilen führen, so bei chronischen
Katarrhen und Geschwüren der Mundhöhle, des Obrgangs,
bei Kopfausschlägen , insbesondere bei Scrofulösen ; die Hy*-
pertrophie geht hier oft in Entzündung über. Ferner bei
attsgelureiteter Zellgewebsentzündung , Caries, Nekrose der
Knoäi^ der unteren Extremitäten; die Hypertrophie der
Leistendräien ist hier enorm.
332
2) lu den Drüsen gewisser Gegenden, z. B. am Hal-
se ^ den Bronchien oder in allen Drüsen des Körpers
ohne benachbarte Entzündungen, als Theilerscheinungen der
Scrofulosis der Kinder.
Die Hypertrophie aller Lymphdrüsen ist sehr selten,
findet sich auch bei Erwachsenen neben allgemeiner Atro-
phie und Marasmus. Interessant sind die Angaben von Yir-
chow, nach welchem die Blutbildung bei dergleichen Kran-
ken sehr gestört war, indem sich eine so bedeutende Ver-
mehrung der weissen Blutkörperchen fand, dass das Blut
ein milchiges Ansehen bekam: Leukämie, ein Zustand, den
man- auch bei chronischen Milztumoren fand.
3) Als lokale Geschwülste .von geringem oder bedeu-
tendem Umfang, spontan oder durch lokale Reizung ent-
standen.
Die Hypertrophie kann stetig zunehmen oder auf einer
Stufe stehen bleiben, oder abnehmen und der normale Um-
fang der Drüse wiederkehren, zuweilen erfolgt Tuberculisi-
rung (s. unten) oder Eiterbildung.
Atrophie der Lymphdrüsen ist im hohen Alter und
bei allgemeiner Abmagerung beobachtet worden; die Drü-
sen werden kleiner , fester , das Parenchym schwindet gleich-
massig oder an einzelnen Stellen und das Bindegewebege-
rüst tritt mehr hervor.
Einen Tölligen Schwund dieser Drüsen beobachtet man
auch nach Entzündung derselben.
fintzfindungf«
Entzündung der Lymphdrüsen ist sehr häufig. Die
Drüse und das. sie umgebende Zellgewebe sind meist stark
injicirt, oft auch mit kleinen oder grossen Ecchymosen
durchsetzt; femer durch Exsudat infiltrirt, erweicht und an-
geschwollen. Das Exsudat ist entweder gleichmässig durch
die ganze Drüse yertheilt, oder es ist an yerschiedenea
333
Stellen angehäuft, während der Rest der Driise frei bleibt;
es ist serös oder faserstofireich, kann yöÜig resorbirt wer-
den oder organisirt zu Bindegewebe (Induration), oder zu
Eiter, oder trocknet ein, wird tuberkelartig, nekrosirt mit
dem eingeschlossenen Gewebe zu einer trocknen, gelben,
morschen Masse oder zerfällt in eine moleculäre, breiige
Masse, wie z.B. bei Entzündung der Mesenterialdrüsen ne-
ben typhösen Darmgeschwüren.
Die Entzündung ist akut oder chronisch, findet sich
meist in Drüsen, die zu entzündeten Theilen führen; es
gehören hierher die .syphilitischen Bubonen, ein Theil der
sogenannten scrofulösen Drüsengeschwülste bei Kopfausschlä-
gen, Mund-, Nasen-, Halsgeschwüren u. s. w., Entzün-
dung der Bronchial- und Mesenterialdrüsen bei Lungen - und
Darmentzündungen, bei typhösen Darmgeschwüren. Aus-
serdem kommen sie auch als selbstständige Theiierscheinun-
gen allgemeiner Erankheitsprocesse Tor , so als Pestbubo-
nen, als Entzündung der Mesenterialdrüsen bei Typhus
ohne Darmgeschwüre.
P«tholoi^I«e1ie ItfeuMldaiiipeii.
Neubildung yon Bindegewebe findet sich durch
Organisation entzündlicher Exsudate^
Neubildung von Pigment findet sich häufig nach
Entzündung der Drüsen als Umwandlung des Hämatin in
schwarzes Pigment , welches sich in Form kleiner Kömchen
im Parenchym der Drüse darstellt, diesem eine grauliche oder
ganz schwarze Farbe ertheOt.
Am ausgezeichnetsten findet sich die Bildung schwarzen
Pigments in den Bronchialdrüsen, in welche es so ge-
wt^hnlich vorkommt, dass es, wie in den Lungen, im mitt-
leren und höheren Alter zu den- normalen Erscheinungen
geredmet wird, doch ist wahrscheinlich, dass es durch öftere
Hypertmieen mit Austritt Toii EUmatin bedingt ist. Es fin-
S84
d^t sich in einzelnen Flecken oder durch das ganze Paren-
chym gleichmässig yertheilt, zuweilen fehlt neben ihm das
normale Parenchym ganz und nur das Bindegewebegerüst
besteht noch.
Concretionen kommen oft vor als kreidige oder
steinharte, knochenartige Massen; die Kalksalze treten in
entzündlichen Exsudaten oder in Tuberkeln auf.
Cysten ündet man hie und da erwähnt, meist sind es
wohl alte Abscesse oder tuberkulöse Cavernen mit athero-
mashrtem Inhalte.
Krebs ist häufig in den Lymphdrüsen, insbesondere
als Markschwamm, er entwickelt sich bald selbstständig in
denselben und erreicht oft einen enormen Umfang; hierher
gehören die sogenannten Betroperitoneajkrebse, als Mark-
schwamm der Lymphdrüsen längs der Wirbelsäule an den
grossen Gefässen, die Krebse im Mediastinum, ausgehend
Ton den Lymphdrüsen längs des Oesophagus und der Tra-
chea, Krebse der Halsdrüsen u. a. m., bald ist er sekun-
där yon benachbarten Organen auf sie übergegangen, oder
findet sich in Drüsen, welche zu krebsig entarteten Orga-
nen führen.
Tuberkel als Zeichen der allgemeinen Tuberkulose
sind, neben Lungen- und Darmtuberkeln, die am häufigsten
Torkommenden. Sie stellen sich als graue oder gelbe iso-
lirte oder gruppirte und confluirende Knötchen oder allge-
meine Umwandlung des Drüsengewebes in gelbe Tuberkel-
masse, sogenannte tuberkulöse Infiltration, mit allen Meta-
morphosen: Zerfall, Höhlenbildung, Yerkreidung u. s. w.
dar. Die Lymphdrüsen können enorm anschwellen und bil-
den oft an einander li^nde knotige Massen Ton enormem
Umfange. Die Tuberkulose b^innt mit Hypertrophie der
Drüse durch massenhafte Yermehrung der Kerne und Zel-
le» ihres Parendiyms; Mchdem dieselbe ISngere oder kür-
335
zere Zeit bestanden hat , tritt partielle oder allgemeine Atro-
phie und käsige Metamorphose ein.
Die Tuberkeln in den Lymphdrüsen sind zuweilen pri-
mär in denselben entstanden und findet sich ausserdem
keine Spur von Tuberkeln im Körper; so haben wir Tu^
berkulose der Drüsen am Halse^ in den Media-
stinis, längs der grossen Bauchgefässe ohne
gleichzeitige Lungen- oder DarmtuberkeL Die geschwolla*
nen Drüsen werden gewöhnlich als scrofulöseDrüsen^
g esc h Wülste betrachtet , da der Habitus dea Kranken
und seine übrigen Leiden ihn als scrofulös darstellen , da
ferner vollständige Heilung dieser Tuberkeln . durch Zerfall
und Entleerung nach Aussen häufig erfolgen käinn, und
auch 9 wenn die Kranken sterben, im Körper oft in keinem
anderen Organe Tuberkeln zu finden sind. In anderen Fäl-
len gesellen sich übrigens Tuberkeln in den Lungen ^ im
Hirn , Bauchfell , Hoden u. s. w. zu diesen Tuberkeln , es
tritt dann die Tuberkulose gegen die Scrofulose mehr in
den Vordergrund, und die Drüsentuberkeln sind nun un-
zweifelhaft Theilerscheinungen der allgemeinen Tuberkulose.
Die Bronchial- und MesenterialdrÜsen werden
selten primär tuberkulös , sondern entarten meist, erst dann,
wenn in den Lungen und im Darmkanale sich Tuberkeln
und tuberkulöse Geschwüre gebildet haben. Sie erreichen
bei Kindern zuweilen einen enormen Umfang und ihre Er-
krankung bedingt Atrophie und Marasmus.
6. Das Blut.
1) Vermehrung der Blutmenge des Körpers,
Plethora, ist ein von den Ptjürtikem aufgestellter Sym-
ptomencomplex , aber keine durch exacte Untersuchungen
festgestellte Veränderung. Im Blute von Personen, bei
welchen 6kh di« Symptome einer sogenannten Plethora
386
zeigten 9 fand man die rothen BlatkSrperchen und den Ei-
weissgehalt des Serums etwas vermehrt.
2) Verminderung der Blutmenge des Kör-
pers, Anämie, Oligämie findet sich offenbar unmittel-
bar nach starken Blut- und Säfteverlusten; haben aber der-
gleichen Bedingungen nicht stattgefunden, so hüte man sich,
den Zustand' mit Hydrämie oder Chlorosis tu yerwechseln.
Die Veränderung der Blutbestandtheile Anämischer ist nicht
«onstant, meist sind die rothen Blutkörperchen yermindert,
oft geht die Anämie in Hjdrämie über.
3) Hjdrämie findet sich bei Wassersüchtigen, das
Blut ist dünnflüssig, reich an Wasser, arm an Eiweiss,
fleichwasserähnlich , blass, bildet beim Gerinnen einen sehr
lockeren , gallertartigen Blütkuchen. Die rothen Blutkörper-
chen sind vermindert. Diese Veränderung ist meist eine
secundäre, durch Lokalkrankheiten bedingte: ob es eine pri-
märe, Lokalkrankheiten bedingende, Hydrämie giebt, muss
noch dahin gestellt bleiben.
4) Vermehrung des Fibrins und Verminde-
rung der rothen Blutkörperchen findet sich als se-
cundäre Veränderung nach Entzündungen, Aderlässen und
bei Schwangeren, Zustände, welchen Verluste des Blutes
gemeinschaftlich sind. Die Bedingungen dieser Krase sind
unbekannt.
5) Verminderte Bildung der rothen Blutkör-
perchen findet sich als wesentliche Blutyeränderung bei
Chlorose, während die übrigen Blutbestandtheile nicht con-
stant verändert sind. Ob diese Veränderung primär ist und die
übrigen Erscheinungen bedingt, oder ob sie erst bedingt
ist durch die Veränderungen in der Geschlechtssphäre, ist
ungewiss.
6) Vermehrte Bildung der weissen Blutkör-
perchen findet sich unter verschiedenen Verhältnissen:
a) bei Pyämie, scheint hier eine direkt durch die Krank-
337_
heitsursache herbeigeführte Krase darzustellen: b) bei aku-
ten Krankheiten, wie Typhus, Cholera u. s. w. als secun-.
däre Veränderung; c) bei chronischen Milzanschwellungen
und allgemeiner Hypertrophie der Lymphdrüsen. Die Ver-
mehrung erreicht zuweilen einen solchen Grad, dass das
Blut ein milchiges Aussehen bekommt: Leukämie.
7) Vermehrung des Fettes im Serum in Gestalt
kleiner Fettkügelchen findet sich insbesondere bei Säufern,
ausserdem bei Leberkrankheiten, Bright'scher Krankheit,
Tuberkulose, Diabetes und Cholera. Nach Lehmann ist
die Vermehrung des Fettes im Blute in Krankheiten stets
durch chronische oder akute Krankheiten der Leber bedingt,
so insbesondere bei Säufern, bei Diabetes.
.8) Chylöses Blut nennt man Blut mit trübem Se-
rum ; ausser einer Trübung durch Vermehrung der weissen
Blutkörperchen und durch Fettkügelchen beobachtete man
noch eine solche durch im Serum suspendirte Eiweisspar-
tikelchen.
9) Pigment findet sich in Gestalt kleiner Kömchen
und in Zellen im Blute , doch sind die Beobachtungen über
das Vorkommen desselben noch so unvollständig, dass sich
darüber nichts Gewisses feststellen lässt. Die Pigmentbil-
dung scheint insbesondere in der lülilz Tor sich zu gehen.
10) Harnstoff findet sich in abnormer Menge bei
allen die Nerventhätigkeit beschränkenden Nierenentartun-
gen, insbesondere bei dem sogenannten M. Brightii. Bei
solchen Krauken hat man den Harnstoff auch in Exsudaten
beobachtet.
11) Gailenfarb Stoff findet sich in abnormer Menge
bei folgenden Zuständen: gehinderter Abfluss der Galle aus
der Leber oder Gallenblase, gebinderte Thätigkeit der Le-
ber durch Entartungen derselben, Beschleunigung der Bil-
dung des Gallenpigm^nts im Blute (Icterus neonatorum).
22
338
Uas Blutserum und alle yon diesem durchtränkten Gewebe
erhalten eine gelbe Farbe.
12) Zucker findet sich in abnormer Menge bei Dia-
betes mellitus.
13) Kohlensaures Ammoniak findet sich bei M.
Brightii, Typhus, Cholera und allen schweren Fällen aku-
ter Krankheiten^ namentlich bei Variola und Scarlatina.
Nach Frerichs und Lehmann ist es wahrscheinlich,
dass die gewöhnlich dem Harnstoff zugeschriebenen Er-
scheinungen der Urämie durch das kohlensaure Ammoniak
bedingt werden.
• Das physikalische Verhalten des Blutes in
Leichen hat Lehmann nach den Untersuchungen Ro-
kitansky's und EngeTs in folgende 6 Gruppen zusam-
mengestellt :
„1) Durch Dickflüssigkeit, rothbraune Farbe und Ge-
rinnbarkeit zeichnet sich eine Art yon Leichenblut aus,
welches in den Leichnamen solcher gefunden wird, die an
heftigeren Entzündungen gestorben sind. Solches Blut färbt
sich an der Luft heller roth, gerinnt nur in den grösseren
Gefässen, während es in den kleineren und den Capillaren
dünnflüssig bleibt; die Blutgerinnsel, im Herzen und den
grossen Gefässstämmen, sind fast immer compact und dun-
kelbraunroth. Die Dickflüssigkeit ist die Ursache, dass sich
dieses Blut weniger als jedes andere in die Gewebe in-
filtrirt.
2) Dickflüssig, schmutzigbraunroth, nicht geronnen und
niemals Fibrincoagula abscheidend findet man das Blut in
akuten Krankheiten des Hirns und Bückenmarks.
3) Ein dickflüssiges, ungeronnenes und nicht gerinn-
bares, blau- und' schwarzrothes Blut, welches unter begün-
stigenden Verhältnissen zuweilen Fibrincoagula im Herzen
und den grössten Gefässen ab^heidet, ist sicher nicht der
Charakter einer und derselben Blutmischung; denn nach
339
sehr verschiedenen^ einander selbst ausschliessendmi Krank-
heiten findet man so beschaffenes Blut in der Leiche^ näm-
lich nach Plethora (von Herzkrankheiten bedingt)^ Typhus^
akuter Tuberkulose, narkotischen und Bleiyergiftungen,
Cholera, plStzlidi auftretenden profusen Schweissen odef
Diarrhöen.
4) Ein dünnflüssiges, blassrothes oder zinnoberrothes,
nicht gerinnbareß Blut, welches trotz seiner Dünnflüssig-
keit sich nicht leichtin die Crewebe imbibirt, aber oft sehr
starke Fibrincoagula in den grösseren Gefissen abzusetsen
pflegt, gehört ebenfalls keiner besonderen Blutmischung an;
denn es findet sich nach den verschiedensten Erankheitszu-
ständen, wenn in Folge starker Säfteverluste das Blut eine
wässerige Beschaffenheit angenommen hatte ; daher nach häu-
fig wiederholten Aderlässen, Blutflüssen, bedeutenden Ex-
sudaten, langsam verlaufenden Diarrhöen und Schweissen,
in der dem Typhus und akuten Exanthemen folgenden Anä-
mie, sowie endlich bei Atrophia senilis.
5) Ein dünnflüssiges, blauscbwarzes , nicht gerinnbares
Blut, welches von den grossen Gefässen bis in die klein-
sten und zwar in grosser Menge verbreitet ist, sich sehr
leicht in die verschiedensten Gewebe imbibirt und nirgends
Fibrincoagula abscheidet , wird bei Klappenfehlem des Her-
zens gefunden.
6) Endlich lässt sich noch eine Art Leichenblut unter-
scheiden, welches dünnflüssig, nicht coagulirbar und schmutzig-
bräunlich gefärbt ist; dieses scheidet nie Fibrincoagula aus,
imbibirt sich leicht in die Gewebe, wird aber meist in ge-
ringer Menge und zwar am wenigsten im Herzen und in
den grossen Gefässen gefunden, während es sich in den
Capillaren anhäuft. Solches Blut findet man bei eigentli-
chen Zersetzungen oder Entmischungen des Blutes, z. B.
bei Pyämie, Puerperalfieber, Scorbut u. s. w.
Was die Ausscheidung jener polypösen Fibringerinnsel
22*
340
— und zwar aus sehr faserstotl'armem , nicht gerinnbarem
Blute — betrifft, so ist man über deren nächste Entstehung
noch keineswegs im Klaren; man weiss nur so viel, dass
durch Schwäche oder mechanische Hindernisse kurz vor dem
Tode bedingte Verlangsamung der Circulation die Abschei-
dung jener Massen begünstigt; daher besonders nach län-
gerer Agonie. Die rein lokalen Fibringerinnsel bei Aneu-
rysmen, Obliteration der Venen, Phlebitis weisen ebenfalls
auf diese Erklärungs weise ihrer Bildung hin/^ (Phys. Che-
mie, n. S. 195.)
Pathologische Anatomie der Blatg^fllMM-
drflfiieii.
1. Die Milz.
Die Milz des Embryo ist klein, weich, in den ersten
Zeiten weissgelblich , später heUroth gefärbt, beim Neuge-
borenen und im Kindesalter wird sie, im Yerhältniss zum
Körper, grösser, fester, kirschroth, beim Erwachsenen ist
ihre Grösse sehr schwankend ; wir wissen nicht, in wie weit
diese Schwankungen von individuellen Eigenthümlichkeiten
oder Ton den physiologischen Funktionen abhängig sind.
Ihre Kapsel und ihr Balkengerüst ist meist fest und ent-
wickelt, die Schnittfläche ist dunkelroth, glatt oder grob-
kömig, weich, bedeckt sich rasch mit Blut oder sie ist hel-
ler, fester, glatt und zeigt wenig Blut, die Malpighi'schen
Körperchen sind bald sichtbar, bald nicht zu erkennen. Im
höheren Alter wird die Milz kleiner , dunkelblau oder grau,
die Schnittfläche ist ^att, blutarm, die Pulpa tritt zurück,
das Balkengerüst ist mehr sichtbar; zuweilen ist sie bei
Greisen um die Hälfte oder ein Dritttheil kleiner , die Kap-
sel genmzelt, die Schnittfläche grau, blutarm, homogen, die
Consistenz lederartig.
Ausser der Grösse ist auch die Gestalt mannichfachen
Schwankungen unterworfen : sie ist bald mehr rundlich, bald
vorwiegend lang, ihre Ränder sind bald scharf, bald rund
und dick: zuweilen ist sie eingekerbt und tief oder flach
gelappt. Nicht selten erscheint ein Stück der Milz (insbe-
sondere am unteren Ende) völlig abgeschnürt und frei ne-
ben der Milz als Neben milz; es finden sich femer auch
342
im Magenmilzbande , im Netze , rundliche , linien zoll-
grosse Körper, in der Zahl von 2 — 20, deren Bau dem
der Milz gleich ist und die als Nebenmilzen (LienctUi,
lAenet succenturiati) angegeben werden müssen.
Als wirkliche Bildungsfehler finden wir: Mangel
d^ MiU oder abnorme Kleinheit derselben und die Rechts«-
läge bei Situs transversus der Eingeweide.
Hyperämie« Anllniie.
Der Blutgehalt der Milz unterliegt bedeutenden Schwan-
kungen, bald finden wir die Milz strotzend von Blut, bald
quillt es aus der blassen Pulpa nur sparsam hervor. Pa*
thologigch vermehrten Blutgehalt, Hyperämie, nehmen
wir dann an, wenn die MiLe nicht allein trotzend mit Blut
gefüllt, sondern auch über die gewöhnlichen Grenzen hin-
aus vergrössert ist; die Consistenz ist bald vermehrt, bald
vermindert In Folge der Hypei^mieen treten leicht Hä-
morrhagieen ein, es bildet sich Pigment, durch welches
die Milz dunkelbraun bis grauschwarz gefärbt wird. Im
höchsten Grade der Hyperämie kann Berstung der Milx
eintreten, worauf meist tödtliche Peritonitis folgt.
Bedingungen der Hyperämie sind: Behinderungen des
Abflusses des Yenenblutes bei Leberkrankheit^i Klappen-
fehlem im Herzen, €ontusion, ausserdem Intermittens, Ty-
phus, Pyämie (s. unten).
Anämie begleitet stets die Atrophie der Milz oder
bedingt vielleicht dieselbe.
Hypertrophie« ^troptiie«
Zunahme der Grösse der Milz ist sehr häufig, sie
ist vorübergehend und nur am Lebenden duxdi Perkussion
diagnosticirbar (nach Rokitansky ist in der Leiche ihre
Anwesenh^. während des Lebens aus der Bunzelung der
Kapsel zu erschliessen) , oder bleibend; im letzteren Falle
343
Ist sie bedingt durch vermehrten Blulgehalt oder durch
Massenzunahnie der Pulpa , oder durch Exsudate. Die Ur-
sachen der Hyperämie sowohl als der Grössenxunahme sind
meist unbekannt.
Eine ächte Hypertrophie müssen wir dann anneh-
men, wenn wir in der vergrösserten Milz nur die norma-
len Elemente derselben finden. Sie sowohl als die übrigen
Yergrösserungen umfasst man gewöhnlich mit dem Namen:
Milztumoren, die man nach der Art ihr«s Auftretens in
akute und chronische trennt.
a) Eine mechanische Hyperämie ist als Bedingung der
Vergrösserung nachweisbar, die Vergrösserung übertrifft
den normalen Umfang um das Doppelte und Dreifache, die
Milz ist derb, fest, die Schnittfläche blutroth, Texturver-
änderung nicht vorhanden.
b) Die Milzanschwellung ist eine Theilerscheinung bei
akuten, allgemeinen Krankheiten: Typhus, Exanthemen,
Pyämie, Cholera, akuter Tuberkulose; die Vergrösserung
ko^mit rasch zu Stande, übertrifft die Norm um das 3—
4 — 6fache, die Milz ist dunkelroth, weich, die Schnitt-
fläche meist dunkelroth oder violett, breiig, grobgranulirt,
das Parenchym oft als blutrother Brei abfliessend. Wir
wissen nicht, ob die, diesen Zustand bedingende, Hyperä-
mie mit Exsudation verbunden ist. Mit Heilung der Krank-
heit kehrt auch der normale Umfang zurück.
c) Die Tumoren nach Intermittens (Fieberkuchen der
Alten), nach Suppression der Menstrual- und Hämorrhoi-
dalflüsse, treten im Anfange ebenfalls rasch ein, beruhen
wohl auf Hyperämieen und können nach Abnahme dersel-
ben völlig zur Norm zuriickkehren. Zuweilen findet aber
neben der Hyperämie vermehrter Austritt von Plasma statt,
wodurch die Beschaffenheit des Tumor verändert wird. Die
Grösse dieser Tumoren ist oft enorm, sie werden 10 — 16"
lang, 4—7" breit, 3—4" dick, wiegen 10—20 Pfund;
344
sie vergrössern sich, wie alle übrigen Tumoren, Auiaug§
nach oben zu und schieben das Zwerchfell nach oben, spä-
ter vergrössern sie sich auch nach unten, reichen bis zum
linken Darmbein oder lagern quer hinüber zum rechten
Darmbein. Sie sind hart, elastisch brüchig, die Kapsel ist
verdickt, die Schnittfläche ist braun- oder grauroth, blut-
arm, glatt, homogen und fest und zeigt keine Spur von
der pulpösen Beschaffenheit der normalen Milz. Die mi-
kroskopische Untersuchung zeigt ausser den Elementen des
Milzgewebes amorphe eiweissartige Masse, neugebildete Zel-
len, Faserzellen uiid Bindegewebe.
d) Aehnliche Tumoren finden sich zuweilen bei Scro-
fulosis, Bhachitis, Tuberkulosis , M. Brightii. Die Ver-
grösserung geht langsam vor sich, erreicht denselben Um-
fang wie die vorige; die Milz ist derb und brüchig, ihre
Schnittfläche glatt, speckig glänzend, die Malpighi'schen
Körper treten zuweilen ausgezeichnet durch ihre gallert-
knorpelige Beschaffenheit hervor. Man findet im Paren-
chym der Milz die Kerne und Zellen und ebenso die Kerne
und Zellen der Malpighi'schen Körper durch CoUoidmeta-
morphose zu glänzenden CoUoidkörpern umgewandelt (Speck-
milz). Farbe blauroth oder heller braunroth. Die beiden
letztgenannten Milztumoren bleiben gewöhnlich unverändert
bis zum Tode, selten nehmen sie an Grösse wieder ab
und schwinden ganz.
Abnahme der Grösse ist immer mit Blutleere der
Milz verbunden. Ausser der Altersatrophie findet sich die
Milz atrophisch nach Typhus und anderen akuten Krank-
heiten, unter festen und flüssigen, lange bestehenden, peri-
tonealen Exsudaten und als zufälliger Befund. Ihr Umfang
ist zuweilen äusserst gering, 2" lang, y' dick, ihre Con-
sistenz meist vermehrt, selten vermindert, Farbe biass, blau-
grau oder braun.
345
Infarei.
Die Geschichte und anatomischen Verhältnisse einer
eigentlichen Entzündung der ganzen Milz kennen wir nicht,
die primären und sekundären , auf kleine Herde beschränk- '
ten Milzentzündungen gehören meist zum hämorrhagischen
Infarct, möglich ist aber, dass manchen akuten und chroni-
schen Milztumoren Entzündung zu Grunde liegt. Die Sym-
ptomencomplexe , welche man am Lebenden als chronische
oder akute Lienitis aufgestellt hat, sind durch Hyperämieen,
chronische Hypertrophieen oder Abscesse der Milz bedingt
oder kommen auch wohl vor ohne ein wirkliches Milzleiden.
Der hämorrhagische Infarct (oder seltener cir-
cumscripte Entzündung) ist in der Milz häufig, kommt spon-
tan oder als Theilerscheinuug der Folgen von Gerinnungen
im Blutgefässsysteme (sogenannter Endocarditis oder Phle-
bitis) Tor. Er findet sich in einzelnen oder zahlreichen
Herden , meist in der Peripherie, oft keilförmig mit der Ba-
sis nach Aussen, ihre Grösse wechselt von wenig Linien
bis 1 — 2 Zoll Durchmesser. Die Herde sind scharf um-
schrieben, fest, Anfangs dunkelrpth, brüchig, später werden
sie braunroth oder gelbbraun und trockener und zeigen end-
lich die den hämorrhagischen Infarcten gewöhnlichen Ans-
age.
Häufig tritt Rückbildung ein, es bildet sich Bindege-
webe, Pigment und der Herd wird zu einer rostfarbigen,
gelben Narbe, oder das Hämatin wird resorbirt und zu-
rückbleibt eine gelbe , trockene , harte, tuberkelartige Masse, .
zuweilen werden Kalksalze frei mid es bilden sich Concre-
mente.
Nicht selten tritt Eiterbildung ein, der Herd wird An-
fangs zu einem dunkelbraunen , consistenten Breie, der all-
mälig die Beschaffenheit des Eiters eines Wimdabscesses
annimmt. Der so entstandene Abscess kann sich durch Ei-
terbildung in der Umgebung yergrössern, kann sich entlee-
346
ren oder eingekapselt werden. Die Entleerung geschieht
nach Perforation des Bauchfells in die Bauchhöhle^ worauf
allgemeine Peritonitis erfolgt, oder durch Yerklebung aller
Nachbarorgane und der Bauchwand der Eiter eingeschlossen
wird. Ausserdem ist Entleerung des Eiters in die linke
Brusthöhle, in das Colon, den Magen beobachtet worden.
Nach der Einkapselung durch neugebildetes Bindegewebe
wird der Eiter zu einer dickbreiigen, tuberkelähnlichen
Masse oder verkreidet.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 2. PI. 1. Livr. 31. PI. 4.
Eine seltene Erscheinung ist Brand der Milz; es exi*
stiren nur wenig Angaben darüber. Früh^ nahm man eine
besondere Krankheit: Milzerweicbung an; in Leichen
ei:8cheint die Erweichung entweder als zufälliger, irrelevan-
ter Leichenbefund, oder neben Magenerweichung, oder be-
reitet Ton Anschwellung der Milz bei akuten allgemeinen
Krankheiten (s. oben), doch findet man hie und <la seltene
Fälle erwähnt, in welchen eine allgemeine Erweichung der
Milz der. einzige- Leichenbefund der Krankheit, w'elcher der
Kranke erlag, gewesen sein soll; es muss nodi dahin ge-
stellt bleiben, ob künftige Beobachtungen dies bestätigen.
Eine Yerhärtung ist ebenfalls nur als Eigenschaft eines
Milztumor zu betrachten und bildet keine selbstständige
Krankheit.
Patlaoloffiselie JiTeulbildon^eii. Parasiten.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich nicht
selten als massenhafte Verdickung der Kapsel, auf der con-
vexen Fläche der Milz; dieselbe stellt sich als weisse, seh-
nige oder knorpelartige, glatte oder kömige, 1 — 5"' dicke
Masse dar. Ihre Bildung schreibt man öfteren Hyperämieen
oder leichten Entzündungen der Kapsel zu. Sie finden sich
sehr häufig im hohen Alter.
CoQicretioDieji bilden sich in den eben genannten fibrö-
347
sei) Yerdickimgen der Kapsel, im Faserstoff des hämorrha-
gischen Infarctes, in Eiterherden. Bei Greisen finden sich
zuweilen in einseinen Venen der atrophischen Milz yerkrei-
dete (rerinnsd oder die Phlebolithen genannten Bildungen.
Cysten findet man in der Literatur nur sehr selten
erwähnt. Pigment, als Körnchen und PigmentzeUen, fin-
det sich in der Pulpa und im Blute der Milzvene nach Hy-
perämieen und Hämorrhagieen, vorzugsweise häufig bei In-
termittens.
Krebs der Milz ist eine sehr seltene Erscheinung.
Tuberkel finden sich in der Milz nicht selten, neben
allgemeiner in Lungen, Darm, Lymphdrüsen u. s. w. yerbrei-
teter Tuberkelbüdung ; es sind meist zahlreiche, kleine, graue
oder gelbe Knötchen, die Milz ist daneben turgescirend und
weich.
Echinococcusblasen sind selten, sie kosamen al-
lein in der Milz oder zugleich in anderem Oi^anen vor,
nehmen zuweilen die ganze Milz ein.
Abbild.: CruTeilhier Liyr. 35. PI. 1.
2. Die Schilddrüse.
Die Schilddrüse ist beim Embryo im Verhältniss zum
Körper grösser als beim Erwachsenen, ihre Grösse über-
haupt ist vielen Schwankungen unterworfen, ebenso ihre
Gestalt, indem die Lappen bald scharf conturirt, bald jrund-
lich und in einsmder fliessend sind. Zuweilen findet sidi
noch ein mittler Lappen, oder tiefe Einschnitte in den seit-
lichen und gäüEliche Trennung derselben, oder neben der
eigentlichen Drüse kleinere Drüsenkörper (Nebenkröpfe,
Alber).
Hypertropmc CollpM.
Die häufigste Erkrankung der S^hUddrüse, die Yer-
348
grösserung, ist als Kropf, Struma, bekannt; die Ver-
grösserung beruht auf Hypertrophie des Gewebes verbunden
mit Anhäufung von, durch Colloidmetamorphose der Zellen
und Kerne der Drüsenbläschen gebildeter , CoUoidmasse in
Bläschen der Drüse, mit oder ohne gleichzeitige Hypertro-
phie des Bindegewebegerüstes , stets mit Verlängerung und
Erweiterung der Gefässe.
Diesen Vorgang in geringeren Graden zu beobachten,
hat man sehr oft Gelegenheit, ja man findet ihn in man-
chen Gegenden vom mittleren Lebensalter an in der Mehr-
zahl der Leichen: die Schnittfläche der wenig vergrösserten
Drüse ist weniger festkömig und fleischartig, sondern wei-
cher, die Kömer sind etwas durchscheinend und es quillt
eine dicke, honigartige, zähe Masse hervor.
Die höheren Grade entwickeln sich entweder in der
ganzen Drüse , oder häufiger in einzelnen Theilen derselben,
während die anderen normal bleiben. Der Umfang der Drüse
oder der ergriffenen Stelle nimmt bedeutend zu, die Gefässe
werden weiter, auf der Schnittfläche fehlt das körnige An-
sehen ganz, es erscheint ein fibröses Maschenwerk mit im-
zähligen, kleinen, mit Gallerte gefüDten Bläschen; die im
Normalzustande mikroskopisch kleinen , geschlossenen Bälge
haben- sich zu sichtbaren Bläschen vergrössert , welche durch
Zusammenfliessen wieder grössere Bläschen bUden. Zuwei-
len durchzieht hypertrophisches Bindegewebe in dicken Bal-
ken die Drüse und theilt sie in kleinere und grössere run-
de, oft cystenartig eingekapselte, Läppen, deren einzelne
hie und da vom übrigen Drüsengewebe fast abgeschnürt er-
scheinen, sich wie Drüsensubstanz in einer Cyste darstellen.
Die weiteren Grade sind höchst mannichfach: durch
fortwährende Zunahme des Colloids wachsen die Bläschen,
fliessen immer mehr zusammen und bilden haselnuss- bis
hühnereigrosse Bälge. Man findet entweder mehrere solche
Bälge von verschiedener Grösse neben einander oder nur
349
einen 9 gewt)bnlich sehr grossen. Während man die gleich-,
massige Yergrösserung gewöhnlich Struma lymphaiiea nennt,
nennt man die letztere Struma cystica.
Der Inhalt der Bälge ist Anfangs gallertartig, zäh, zu-
weilen sehr consistent, später wird er dünnflüssiger und
verändert sieb mannichf ach : entweder tritt eine Bückbildung
ein, es werden Fettkügelchen, üholestearinkrystalle und auch
wohl Kalksalze frei, während ein Theil des Inhalts resor-
birt wird; allmälig schwindet auch das Fett und zuletzt
findet man ^in der geschrumpften Cyste nur einen glänzen-
den Haufen yon Oholestearinkrystallen, oder der Inhalt ver-
ändert sich in Folge von Veränderungen der Wand des
Balges.
Diese besteht aus Bindegewebe, welches sich mit dem
Wachsen der Colloidmasse mehrt und durch das comprimirte
Gewebe der Umgegend verstärkt wird, und ist mit einem
Epithelialüberzuge versehen. Tritt im Inhalte Rückbildung
ein, so zeigen sich auch in der Wand Concretionen, seine
Innenfläche wird mit Blättchen von Kalksalzen und Chole-
stearine besetzt ; durch massenhafte Entwickelung von Kalk-
salzen kann der Balg in eine feste Knochenkapsel umge-
wandelt werden. Nicht selten sind Hyperämieen , Hämor-
rhagieen und Entzündungen in dem Balge; der Inhalt wird
durch Bluterguss Anfangs roth, später dunkelbraun gefärbt,
durch Exsudate verdickt, trübe, eiterartig; häufig folgen
auf die Entzündung Verkreidung der Wand und des In-
halts, selten perforirt ein in Eiter übergegangenes Exsudat
in das benachbarte Zellgewebe und nach Aussen, worauf
Entleerung und, unter günstigen Umständen, Heilung folgt.
Die grossen Gefasse der Schilddrüse haben oft einen
enormen Umfang und sind als weite Stämme unter der Haut
sichtbar, die Erweiterung erstreckt sich wohl auch bis in's
Gewebe der hypertrophischen Drüse, aber nie ist eine Ver-
grösseniHg derselben durch erweiterte Gefässnetze allein be-
350
dingt; die Aimatiiue einer Struma vateulosa ist mehr dem
Anblick der äusseren erweiterten Gefässe als der Unter-
suchung des Parenchyms entnommen.
Das Colloid der Schilddrüse ist sehr häufig ^ insbeson-
dere in gewissen Gegenden, kommt vorzugsweise bei Wei»
bem Tor, wächst allmälig, oft bis zu einem ungeheuren
Umfange oder bleibt auf einer niederen Stufe stehen. Nach-
theile entstehen nur selten durch Druck auf die Luft- untl
Speiseröhre, auf die Halsgefässe. Eine merkwürdige Form
ist das Herabsteigen des mittleren Lappens in die Brust-
höhle, in welcher er sich weiter vei^rössert und durch
Druck auf die grossen Gefässe oder Bronchien, Luftröhre
tödtet.
Abbild.: Albers II. T. 26—31, 39. Sandifort, Mus. anat.
T. 197. Ammon, Die angeb. chir. K. T. 13, 33.
Hyperämie»
Abnorme Blutfülle der Glandula tkyreoidea ist häuüg,
bewirkt vorübergehende oder anhaltende Vergrösserung der
letzteren, ist ausserdem kenntlich am Blutreichthum, an der
dunkelrothen, weichen, pulpösen Schnittfläche. Ob sie blei-
bende Hypertrophie , insbesondere CoUoid verursachen kami,
ist ungewiss. Sie ist bedingt durch Behinderung des Ab-
flusses des Yenenblutes rn's rechte Herz, durch Störungen
der Menstrualblutung, und Stoss, Schlag auf die Drüse. So
häufig kleine Blutungen in den Wänden der CoIIoidbälge
vorkommen, so selten sind Extravasate in der normalen
Schilddrüse.
Entzündung der Schilddrüse in ihrem ganzen Umfange
ist sehr selten, sie hat Schwellung der Drüse zur Folge
und meist Eiterung.
Häufiger sind metastatische Abseesse bei Gerin-
351
niingen in den Venen, insbesondere der Uterinvenen der
Wöchnerinnen. Abscesse jeder Art verbreiten sich zuwei-
len über das ganze Drüsengewebe, das benachbarte Zellge-
webe und perforiren nach Aussen, in die Trachea, den
Oesophagus, die Mediastina.
Patliolofflselie JJTeuliildanyeii*
Neubildung- von Bindegewebe findet sich als die
Colloidbildung der Bälge begleitende Hypertrophie des Fa-
sergerüstes der Drüse und als Wandung der Golloidbälge ;
femer als fibröse Verdickung der Zellhülle der Drüse, sel-
ten als fibröse Geschwülste in der letzteren, welche das
Drüsenparenchym nach einer Seite verdrängen (Albers).
Concretionen in Folge der Rückbildung des einfa-
chen oder durch Exsudate veränderten Inhaltes der Bälge.
Cysten finden sich, ausser den auf der Colloidbildung
der Drüsenfollikel beruhenden, zuweilen in dem, die Drüse
umgebenden, Zellgewebe, legen sich eng an die Drüse an
und geben den Anschein einer Struma cy$tica. Es sind
seröse oder Gallert -Cysten.
Krebs ist selten in der Schilddrüse.
Tuberkel kommen fast nie vor.
In einigen Fällen fand sich Echinococcus in der
Schilddrüse, eine kropfartige Anschwellung bedingend^ ein-
mal in die Luftröhre perforirend.
3. Die Thymusdrüse.
Ausser vereinzelten, in der Literatur aufgeführten Fäl-
len von Vereiterungen, Tuberkeln, Krebs der Thymus fin-
det man häufige Angaben über eine abnorme Vergrösserung
derselben; eine wirkliche Vergrösserung ist aber sehr sel-
ten, es ist vielm^ meist nur ein Fortbestehen der Thy-
mus über das zweite Jahr in ihrer alten Gtösse. Man hat
sie meist wenig veränd^ bis in's Jünglings-, ja Mannes-
352
alter bestehen sehen; nach Rokitansky findet sich der
Zustand meist bei Scrofulösen und Rhaehitischen , neben
Hypertrophie der Lymphdrüsen.
Durch Druck auf die Luftröhre wird die abnorme Ver-
grösserung zuweilen dem Leben gefährlich. Der als Asthma
thymicum bekannte Symptomencomplex ist in den wenig-
sten Fällen durch eine Vergrösserung der Thymus bedingt.
Eine abnorme frühzeitige und rasche Involution der
Thymus beobachtete Ecker bei Pneumonieen kleiner Kinder.
4. Nebennieren.
Die Nebennieren fehlen zuweilen; oft kommen mehrere
kleine accessorische Nebennieren vor. Man findet sie zu-
weilen sehr gross, oder klein ohne Texturveränderung; in
anderen Fällen schien eine Hypertrophie oder Atrophie
(durch Entzündung) die Grössenänderung bewirkt zu haben.
Man hat femer beobachtet: Hämorrhagieen in der
Marksubstanz mit folgender Ausdehnung der Rindensubstanz
und Kapsel; Eiterung; in beiden Fällen zuweilen mit
enormer Anschwellung der Drüse.
Krebs entwickelt sich zuweilen als Markschwamm
selbstständig in den Nebennieren und erreicht oft einen be-
deutenden Umfang, setzt sich auf die Niere und Retroperi-
tonealdrüsen fort.
Tuberkel erscheinen in grossen Massen, erweichen
oder verkreiden.
Abbildungen: Rayer, Atlas T. 54 — 56.
5. Die Glandula pituitaria.
Die Schleimdrüse wird selten verändert gefunden; die
Yei^nderungen sind meist ohne alle Bedeutung. Man hat
beobachtet: Atrophie, insbesondere neben Atrophia seni-
lis des Hirns; Hyperämie mit Schwellung der Drüse;
selten kleine Extravasate; Entzündung mit kleinen, zu
jeder GesUtt neben Lmigen- und HiiniabeikBloie ; Krebg
als Marbdiwamm mit Destracfion der BmA ermmi wmä
Yerdnngiing des €relurns; Colloid, weldies neb wie in
der Schflddrüse ans CoDoidm^amorphose der ZeOen und
Kerne der Drüsenblaschen bildet.
23
Patholog^ifliche Anatomie dem Merven-
fiiystemsf.
I. G e h i r n.
1. Die Hirnhäute.
Während im jugendlichen Alter die Hirnhäute zart und
weich sind, werden sie im hohen Alter meist fester, die
Dura mater wird dick, blass,^ gelblich und ist innig mit
der inneren Schädelfläche verbunden, an den Suturen oft
durch neugebildeten Knochen; die Arachnoidea wird
verdickt und graulich -weiss gefärbt. Längs der grossen
Hirnspalte entwickeln sich im mittleren Alter die sogenann-
ten Pacchi.onischen Granulationen, stecknadelkopf-
grosse, isolirt oder in Haufen stehende, fibröse, einfach
kolbige oder vielfach gelappte Auswüchse der Arachnoidea,
neben diesen häufig Verwachsungen der Hirnhäute unter
einander. Die Granulationen sind gewöhnlich in Gruben
der Dura mater eingebettet, oft auch in entsprechenden
Gruben des Schädels , zuweilen perforiren sie die Dura ma-
ter oder wohl auch die Wand des Sinu$ langitudinalU. Die-
selben Zustände finden sich auch im früheren Alter in Folge
wiederholter Hyperämieen.
Hypcrftmle«
Die Hyperämie ist meist über alle Hirnhäute verbreitet
und fiiidet sich gleichzeitig im Gehirn, ist charakterisirt
durch gleichmässige Injection der kleinen Gefässe der Duira
355
und Pia mater und strotzende Fällung der grösseren Venen
und Sinus.
Sie ist vorübergehend, verläuft unter den Erscheinun-*
gen der Congestion, der Hirnentzündung, oder der Apoplexie;
oder sie kehrt öfters wieder; oder ist bleibend und bewirkt
dann weitere Texturveränderungen ; zu diesen rechnet man
die Trübungen und Verdickung der Hirnhäute^ insbesondere
der AracknoideOf die massenhafte oder frühzeitige Entwicke-
lung der Pacchionischen Granulationen, Varicosität der Ge-
fässe der Hirnhaut, Oedem der Pia mater, Wassererguss
zwischen die Gyri, Hydrocephalu$ extemus.
Die Hyperämie findet sich in Begleitung akuter Krank-
heiten, bei Säufern, bei anstrengender Körper- und Geistes-
arbeit, bei Einwirkung der Hitze durch die Sonne oder
durch Feuer, bei Herz- und Lungenkrankheiten, welche
den Abfluss des Venenblutes behindern, bei Gehimatrophie.
Hämorrbag^Ie.
Blutergüsse in den Hirnhäuten sind selten; nach Einwir-
kung äusserer Gewalt auf den Schädel findet sich zuweilen
Bluterguss zwischen Knochen und Dura mater (bei Neu-
geborenen das Cephalaematoma intemum darstellend), sehr
selten im Gewebe der Dura mater selbst oder zwischen
Dura mater und Arachnoidea an der Convexität des Schä-
dels. Häufiger ist ein Bluterguss in die Höhle der
Arachnoidea auf der convexen Seite; durch denselben
wird die betreffende Hemisphäre auf eine kleinere oder grös-
sere Stelle platt gedrückt, die Gyri schwinden und auch die
Höhle dieser Seite kann kleiner werden; seltener wird die
Dura mater und die Schädeldecke durch den Druck ver-
dünnt. Selten findet man das Blut frisch , meist findet man
den Faserstoff peripherisch geronnen, oder schon zu einer
Cyste organisirt, welche den Best des Extravasates als
chok<^eii- oder, rothfarbige , zottige oder breiige Masse,
23*
356
oder, nach weitereu Metamorphosen der letzteren, eme se-
röse Flüssigkeit enthält. In den Wänden der Cyste bilden
sich zuweilen Concretionen. Diese Ergüsse finden sich
hauptsächlich im höheren Alter, doch auch bei Kindern;
die Bedingungen ihrer Entstehung sind meist unbekannt.
Bei Neugeborenen kommen sie, neben beträchtlicher Hyper-
ämie der Hirn- und Rückenmarkshäute und Hämorrhagie
in's Gewebe der Pia mater, als Todesursache während der
Geburt oder kurz nach derselben nicht selten vor.
Blutungen im Gewebe der Pia mater kommen
ausserdem bei Erwachsenen nach Erschütterung des Schä-
dels vor und sind meist mit Blutung in den oberflächlichen
Himschichten verbunden.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 15. PI. 1. Carswell Fasc.6. PI.l.
Albers I. T. 21, 23. Hope Fi^. 249.
Anämie*
Verminderung der Blutmenge in den Gefässen der Hum-
häute und des Hirns ist bedingt: durch Verengerung der
Caroditen, durch den Druck von Geschwülsten, Blut- und
Wasserergüssen, durch grosse Blutverluste.
£ntzünduiii^.
Entzündung der Dura mater kommt vor:
1) als Theilerscheinung einer Entzündung der Kopf-
schwarte und Schädelknochen: die Dura mater ist injicirt,
mit Exsudat infiltrirt; das Exsudat ist meist sparsam und
findet sich ausserdem zwischen Knochen und Dura mater.
Es organisirt meist zu Bindegewebe mit kolossalen Capilla-
ren, bildet als solches fibröse Verdickung der Dura mater,
oder verknöchert und adhärirt dann als schwammiges oder
compactes Osteophyt fest an Knochen und Dura mater.
Währt die Entzündung lange, so hinterlässt sie zuwei-
357
kn Sehr dicke, fibröse Pseudomembranen (^ — i" Albe-rs)
zwischen Dura mater und Kiiochen.
2) als Folge einer Caries der Schädelknochen (Os pe-
trosum^ ethmoidmm^ Atlas u. s. w.); die Entzündung ist
auf eine kleine Stelle beschränkt, das Exsudat im Gewebe
der Dura mater und zwischen dieser und dem Knochen geht
meist in Eiter über; häufig ergreift die Entzündung die Pia
maier und wird zur allgemeinen Meningitis.
3) nach Verwundungen des Schädels und der D\ira
mater; das Exsudat geht ebenfalls in Eiter über.
Eine spontane Entzündung der Dura mater kommt
nicht Tor. Die genannten Entzündungen betrafen haupt-
sächlich die dem Knochen anliegende Schicht der Dura ma*
ter, die dem Gehirn zugewandte, mit Epithelium überzo-
gene Schicht blieb dabei meist frei.
Entzündungen der letzteren Schicht, oder wenn man
will der Arachnoidea parietalisy kommen zuweilen
isolirt vor, sehr selten als spontane, häufiger als Theil-
erscheinung auf mehrere seröse Häute verbreiteter Exsuda,-
tionen. Man findet die innere Schicht der Dura mater in-
jicirt und die freie Fläche mit dünnen oder dickeren, faser-
stoffigen Exsudaten bedeckt; die letzteren organisiren zu
gefässreichen, lockeren Pseudomembranen oder festen, fibrö-
sen Schwarten.
Die Entzündung der Pia mater kommt am häu-
figsten vor und wird daher in neuerer Zeit oft schlechthin
Meningitis genannt. Sie kommt theils isolirt auf der con-
vexen Seite der Hemisphären, oder der Basis des Hirns und
in den Ventrikeln vor, theils im ganzen Umfang des Hirns.
Neben einer entwickelten oder schwachen Injection fin-
det man das Gewebe der Pia mater mit Exsudat infiltrirt,
dadurch getrübt und verdickt; das Exsudat findet sich ins-
besondere zwischen den Gyris und längs der grösseren Ve-
nen der Pia mater, welche oft völlig in dasselbe eingebeltot
358
sind; ferner auf der Oberfläche der Gyn, zwischen Pia
tnater und Arachnoidea und auf der letzteren; an der Basis
des Hirns erfüllt es besonders die zelligen Maschen und die
Falten der Arachnoidea zwischen den Yorsprüngen und er*
streckt sich weit in die Fossa Sylvii.
Das Exsudat ist meist vorwiegend fest, bildet gelbe
Klumpen , welche aus geronnenem Faserstoff und Eiterzel-
len bestehen , zuweilen mehr serös ; an der Basis findet sich
fast stets neben den festen Massen Serum, in den Ventri-
keln fast nur Serum. Die Menge desselben ist sehr wech-
selnd und es ist zu bemerken, dass ein tödtlicher Ausgang
der Meningitis bei sehr geringer Exsudatmenge stattfinden
kann.
Das Exsudat kann resorbirt werden, oder es organi-
sirt zu Bindegewebe, bewirkt so Verdickung der Pia ma-
ter, Verwachsungen der Arachnoidealblätter u. s. w. Mas-
senhafte Eiterbildung entsteht meist nur dann , wenn die
Meningitis eine traumatische oder von Caries der Kopfkno-
cheh abhängige ist; Ausnahmen davon sind selten. Das
Exsudat kann endlich auch in Tuberkelmasse übergehen.
Der Verlauf ist stets akut und oft tödtlich. Eine chro-
nische Entzündung der Pia mater kommt nicht vor. Was
man gewöhnlich chronische Meningitis nennt, ist eine trau-
matische oder durch Caries bedingte Entzündung der Dura
mater oder beruht auf der langsam vor sich gehenden Me-
tamorphose der Exsudate.
Die Entzündung der Pia mater der Convexität
der Hemisphären ist nicht selten mit Entzündung der
Gehirnrinde verbunden; sie ist theils eine spontane und
selbstständige, theils eine sekundäre durch Entzündung der
Dura tnater^ des Hirns , Neubildungen im Schädel bewirkte,
theils eine traumatische.
Die Entzündung der Pia mater an der Hirnbasis
ist sehr häufig mit Exsudation in den Ventrikeln combinirt;
359
sie kommt unter ähnlichen Bedingungen als die vorige vor,
ist aber vorzugsweise häufig bei Tuberkulösen, liefert selbst
oft tuberkulisirende Exsudate, und findet sich hauptsächlidi
bei Kindern.
Die Entzündung der Pia mater in den Ventri-
keln (Entzündung der Plea:. chorioidei und Ventrikelwand)
ist entweder isolirt oder häufiger mit Meningitis der Basig
combinirt, insbesondere mit Meningitis tubetculosa und giebt
als solche die häufigste (aber nicht ausschliessliche) Grünan-
lage des sogenannten Hyilrocephalus acutus^ ein^
Symptomengruppe, welche ausserdem auch bei den übrigen
Arten der Entzündungen der Hirnhäute und des Hirns vor«
kommt und also nicht immer identisch ist mit dem anato-
mischen Hydrocephalus acutus. In der Wand der Ventri-
kel ist oft keine Spur von Injection bemerklich, zuweilen
sind aber entwickelte Gefässchen und Ecchymosen zu se-
hen; das Exsudat ist meist serös, mit wenigen Faserstoff-
flocken, in welchen sich. sparsame oder seltener reichlichere
Zellenbildung (Eiter) zeigt; das Ependyma und oft auch
die unterliegende Hirnsubstanz sind durch dasselbe erweicht
und missfarbig, zuweilen ist die Hirnsubstanz der Wände
der Ventrikel in grosser Ausdehnung serös infiltrirt und er-
weicht^ am meisten sind immer der Fomix und das Septum
lucidum betroffen; die Adergeflechte sind ebenfalls mit Ex-
sudat infiltrirt und bedeckt. Das in die Höhle ergossene
Exsudat ist Anfangs klar, später getrübt durch neugebildete
Zellen und Trümmer des erweichten Ependyma, oder dureh
Himsubstanz, welche, schon erweicht durch die seröse In-
filtration, durch die Wirkung des Ergusses oft zu einem
weissen Breie zerrällt. Die Menge des freien Exsudates ist
sehr wechselnd, aber selten sehr bedeutend; sehr selten
sind die Fälle , in welchen neben entzündlicher Erweichung
der Veiktrikelwände kein Exsudat in den Ventrikeln selbst
gefunden wird (Abercrombie).
360
Diese Entzündung kommt ^ auf die Ventrikel igolirt
und mit Mening;iti8 der Basis combinirt, als selbstständige
und spontane vor, oder als Folge einer Contusion des Schä-
dels, oder nach Einwirkung der Sotinenhitze auf den Kopf
u. s. w. , oder sie ist eine Theilerscheinung der MeningüU
tuberculasa,
Heilung ist möglich. Das Exsudat kann völlig resor-
birt werden , Ventrikel und Gehirn kehren zur Norm zurück ;
das Exsudat kann theilweise oder ganz zurückbleiben und
einen chronischen Hydrocephalus darstellen; das Ependyma
findet man dann durch organisirtes Exsudat verdickt und
mit zarten, netzförmigen, membranösen oder granulirten
Pseudomembranen bedeckt, in welchen sich später Concre-
tionen bilden können; die Gefässe der Adergeflechte bleiben
oft ausgedehnt, varicös und das Gewebe der letzteren ver-
dickt.
Abbildttng;en : Aibers I. T. 1, 5, 6. Cruveilhier Linr. 6.
PL 1 — 3, Livr. 8. PI. 4. Froriep, Klin. Kpft T. 4, 9. Bright,
Medic. Rep. IL T. 1, 9, 10.
Ansaminluiiff von Wasfier.
1) Hydrocephalus escternus, Anhäufung von se-
röser Flüssigkeit, selten im Cavum der Arachnoidea^ meist
zwischen Pia mater und Aracknoidea^ Subarachnoidealraum.
a) Der Zustand ist angeboren und findet sich ent-
weder in Gestalt eines mit Serum gefüllten Sackes der
Arachnoidea und Dura mater ^ welcher durch eine Schädel-
lücke prolabirt, oder als gleichmässige Füllung des ganzen
Cavum, mit Erweiterung des Schädels und Compressiou
oder Kleinheit des Hirns. Sehr selten.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 8. PI. 6. Albers I. T. 8.
b) Der Zustand ist acquirirt als Folge häufiger Hy-
perämieen und Atrophie des Hirns. Die Menge des Serums
beträgt eine bis mehrere Unzen. (Die Normalmenge ist bei
361
Kindern höchstens eine Drachme^ bei Erwachsenen 2 bis
4 Drachmen.) Der Erguss erfolgt langsam. Das Vorkom-
men eines akuten, rasch tödtlichen, Ergusses (Apoplexia
seroMü) in das Cayum der Araeknoidea oder unter dieselbe
ist noch zweifelhaft.
2) Hydrocephalus internus^ Anhäufung seröser
Flüssigkeit in den Ventrikeln , insbesondere den Seitenyen-
trikeln.
Sie ist den ätiologischen Momenten nach sehr verschie-
dener Natur:
1) Der Erguss hat die Bedeutung eines entzündlichen
Exsudates. (S. Meningitis der Ventrikel.)
2) Der Zustand ist angeboren (H. congenitus). Der
höchste Grad ist der, wo man im Schädel einen ton den
Hirnhäuten gebildeten, mit Serum gefüllten Sack neben Ru-
dimenten der Himbasis findet (oder wo die Hirhhäute ge-
spalten sind und platt auf der Schädelbasis liegen: Anen-
cephalie, Hemicephalie), oder wo dieser Sack durch
eine grosse Lücke des unentwickelten Schädels hervorragt
(Hydrencephalocele). Die Früchte kommen todt zur
Welt oder sterben bald nach der Geburt. Der Zustand ent-
steht schon während der frühesten Entwickelungsperioden
und ist meist mit Spina bifida combiuirt.
Demnächst findet man Grade, bei welchen das Leben
etwas länger erhalten wird; die Menge des Wassers in den
Ventrikeln beträgt 3 — 6 — 10 Pfund,- die Ventrikel bilden
grosse Bäume, die von einer dünnen Hirnrinde umgeben
sind, die Theile der Basis cerebri sind platt gedrückt und
unkenntlich, die Windungen der Hemisphären verwischt,
die Hirnhäute verdünnt und der Schädel enorm vergrössert.
Bei den geringeren Graden ist die Wassermenge klei-
ner, die Himtheile besser entwickelt und der Schädel we-
niger gross. Die Kranken können das mittlere Alter er-
reichen, das Hirn erreicht seine normale Entwickelung und
362
der Schädel verknöchert. Zuweilen wird das Hirn bei fort-
bestehender Wasseranhäufung sogar hypertrophisch. Meist
sterben die Kranken bald unter den Erscheinungen des Him-
drucks. Zuweilen tritt Meningitis, Blutung in die Hirn-
Tentrikel oder den Arachnoidealsack hinzu, selten erfolgt
Zerreissung des Hirns und der Hirnhäute.
Abbüdung^en : Cruveilhier Livr. 6. PL 3. Livr. 15. PI. 4. Ltvr.
39. PI. 4. Albers I. T. 25. Sandifort, Mus. anat. T. 6 — 9,
123, 192. Ammon, Die angcb. chir. K. T. 3, 4. Bricht, Med.
Rep. IL T. 32—37. Vrolik^ Tab. ad. ill. embryog. T. 35—39, 91.
Otto, Descr. moostr. sexc. T. 9, 10, 27.
3) Der Hydrocephalus ist Theilerscheinung einer yer-
änderten Richtung der Organisation , die sich unter den Er-
scheinungen der Scrofulosis undBhachitis darstellt, erscheint
im ersten Lebensjahre oder während der folgenden Kinder-
jahre. Der Verlauf ist meist chronisch, das Wasser ver-
mehrt sich allmälig, überschreitet selten die Menge Ton
\ — 1 Pfund, die Ventrikel werden weit, der Schädel ver-
grössert wie beim angeborenen Wasserkopfe. Die Kranken
sterben meist bald, doch kann, wenn die Wassermenge auf-
hört zu wachsen, das Leben bis in's spätere Alter erhalten
werden. . Zuweilen ist der Verlauf subakut oder akut, der
Ei^uss erfolgt rasch und tödtet schnell oder der Zustand
geht in den chronischen über.
4) Der seröse Erguss ist bedingt durch locale Hyper-
ämie des Gehirns und namentlich der Pia mater in den Ven-
trikeln. Die Hyperämie, bedingt durch die bei der Hyper-
ämie der Hirnhäute genannten Momente, ist in der Ventrikel-
wand durch Injection und kleine Ecchymosen zuweilen nach-
weisbar, in anderen Fällen, in welchen die Krankheitser-
scheinungen (Himcongestion) auf eine Hyperämie schliessen
lassen, sehen wir neben dem serösen Ergüsse in den Ven-
trikeln keine Spur von Injection; die Bedingungen des Er-
gusses sind in diesen Fallen, wie in denen, wo man nach
den Krankheitserscheinungen eine Entzündung der Veütri-
363
kelwand vernmthen sollte und dieselbe in der Leiche völlig
normal findet, noch zweifelhaft. Der Erguss erfolgt rasch
oder langsam, der Verlauf ist chronisch oder akut, unter
den Erscheinungen der Hirncongestion, der Apoplexie oder
des Symptomencomplexes, den man Hydrocephalus acutus
genannt hat.
5) Der Erguss ist eine Theilerscheinung allgemein rer-
breitefer seröser Ergüsse: bei M, Brightii, im Ausgang der
Tuberkulose und anderer schwerer chronischer und akuter
Krankheiten. Der Erguss erfolgt meist rasch.
In allen Fällen, wo aus irgend einer der genannten
Ursachen der Wassererguss rasch erfolgte und tödtete, fin-
det man in den erweiterten Ventrikeln 1 — 6 Unzen heile,*
wässerige Flüssigkeit, das Ependyma erweicht, zottig, die
Wände der Ventrikel in ziemlicher Ausdehnung durch se-
röse Infiltration (Oedem) erweicht, oft breiig und in Flok-
ken der Flüssigkeit beigemischt. Feste Exsudate oder i^eu-
gebSdete Zellen sind auch bei der mikroskopischen Unter-
suchung nicht zu finden.
6) Die Wasseransammlung ist eine Folge der Hirn-
atrophie; bei Atrephia senilis sind beide Ventrikel gleich-
massig gefüllt, die Wassermenge beträgt 1^ — 2 — 4Uns(en,
selten mehr; bei Schwund des Hirns nach vorhergegangener
Texturveränderung (Hämorrhagie, Entzündung) ist die Was-
sersammlung nur im Ventrikel der betroffenen Hemisphäre.
In -beiden Fällen sind die Gefässe der Hirnhäute hyperä-
misch, oft varicös, Pia mater und Arachnoidea beträcht-
lich verdickt. Der Erguss der Wassers folgt langsam der
allmälig vor sich gehenden Atrophie.
Patholoi^isebe nrettbilduit^en.
Neubildung von Bindegewebe ist häufig, es bil-
det Verdickungen der Hirnhäute und des Ependyma, Pseu-
364
domembranen, Adhäsionen, das Blastem ist bedingt durch
Hyperamie oder Entzündung.
Fibroide finden sich zuweilen in der Dura mater.
Seltene Befunde sind kleine fibröse Geschwülste am Epen-
dyma oder freie fibröse Körper in den Ventrikeln.
Lipomatöse Geschwülste von Erbsen- bis Boh-
nengrösse sah Rokitansky an der inneren glatten Fläche
der Dura mater aufsitzen.
Neubildung von Knochengewebe ist häufig;
wir finden sie als Knochenplatten und Osteophyten zwi-
schen Dura mater und Glastafel, an beiden fest haftend;
als feine oder dicke Knochenplatten oder Nadeln in der von
der Arachnoidea überzogenen Schicht der Dura mater, meist
längs des Sirms longitudinalis ; selten sind diese Bildungen
auf der Arachnoidea cerebralis. Falsche Verknöche-
rungen, Concretionen, kommen in Pseudomembranen
vor. In den Adergeflechten und am Ependyma finden sich
zuweilen pathologische Bildungen von Hirnsand, einfache
oder vielfach geschichtete, runde, ovale, glatte oder höcke-
rige, mit Kalksalzen inkrustirte Körper.
Cysten sind in den Hirnhäuten selten; man hat beob-
achtet in der Dura mater: Cysten mit cutisartig organisirtem
Balge, fettigem Inhalte und Haaren; an der Arachnoidea
zarte, mit Cholesteatom gefüllte Bälge ; an beiden selten se-
röse Cysten. An den Adergeflechten der Seitenventrikel sind
coUoide und seröse Cysten sehr häufig, man findet sie von
Hirsekoni- bis Haselnussgrösse hie und "da als zufällige Er-
scheinung; es sind keine wirklichen Cysten, sondern Aus-
dehnung der Häute durch Massen grosser colloidartiger Bla-
sen, hervorgegangen aus Colloidmetamorphose der Kerne
und Zellen der Plexus.
Sarcom und Krebs. Im Gewebe der Dura mater
entstehen nicht selten weiche, rundliche, gelappte, drüsen-
artige Geschwülste , die man gewöhnlich unter dem Namen :
365
Fmgm durae matris zusammonfasst ; ihrer feineren Textur
nach gehören sie theils zu den Sarcomen, theils zum ge-
wöhnlichen Krebs 9 theils zum Epithelialkrebs (in zwei Fäl-
len von mir gesehen). Eine scharfe Sonderung diese Ge-
schwülste hinsichtlich ihres verschiedenen Verlaufes ist noch
nicht möglich, da sie erst in den letzten Jahren als yer-
schiedene Species erkannt wurden.
Diese Geschwülste, einzeln oder in grösserer Anzahl}
Ton Haselnus- bis Hühnereigrösse, finden sich am Schädel-
gewölbe oder an der Basis, wachsen entweder mehr nach
Innen zu und sind dann in einer Höhlung des Gehirns ge-.
lagert 9 oder mehr nach Aussen , bewirken Atrophie der
Schädeldecke, heben die Weichtheile, durchbohren auch
diese und wuchern dann frei hervor, an ihrer Basis von
dem scharfen Knochenrande umgeben. Zuweilen setzen sie
sich auf den Knochen selbst fort, von welchem aus dann
die Neubildung auf dem Schädel weiter wuchern kann. An
den Seiten der Geschwulst findet eine Entzündung des Pe-
riosts und Osteophytenbildung statt.
Von diesen Geschwülsten sind diejenigen zu unterschei-
den, welche ursprünglich in den Schädelknochen entstehen
und sich von da auf die Dura mater fortsetzen; sie wuchern
von der Dara mater aus meist nach Innen und lagern in
einer Grube des Hirns, wie die ursprünglich im Gewebe
der Dura mater entstandenen.
Alle diese Neubildungen erreichen oft eine enorme
Grösse, tödten durch Druck des Gdiims, Hyperämie und
Oedem desselben, Meningitis u. s. w.
Selten kommt der Krebs in der Dura mater auch als
diffuse Infiltration vor. In der Arachnoidea und Pia mater
hat man keine selbstständigen Krebse beobachtet. Am Epen-
dyma sah Rokitansky einmal Krebs.
iibbUdungen: Cruyeilhier Livr. 8. PI. 1—3. Livr. 26. PL 2.
Livr. 33. PL' 3. Liyr. 35. PL 3. Albers I. T. 2—4. Froriep,
Klin. Kpft. T. i5. Sandifort, Mas. anat. T. 194.
366
Tuberkel finden sich hauptsächlich in der Pia maier
als Theilerscheinung der allgemeinen Tuberkulose, sie fin-
den sich bald als graue oder gelbe Granulationen in grösse-
ren Gruppen oder Knoten, welche entweder die anstossende
Himmasse zusanmiendrücken und sich auch zuweilen in ihr
selbst weiter entwickelten, oder die Dura maier vor sich
her drängen, nach Art der Paofchionischen Granulationen
perforiren und in einer Grube der Schädeldecke lagern.
Diese Art der Tuberkel entwickelt sich langsam, erweicht
sehr selten, die Kranken sterben eher an der Tuberkulose
der Lungen. (Chronische T.)
Bald entwickeln sich die Tuberkel neben Hyperämie
und seröser Exsudation, sehr rasch als hirsekomgrosse,
discrete, graue Kömchen, hauptsächlich an der Basis; gleich-
zeitig findet sich meist Hydrocephalus intemia imd Hirn-
ödem. (Akute T.) Dieser akuten Tuberkelbildung geht
jstefs chronische Tuberkulose entweder der Dura mater, oder
des Gehirns oder der Lungen, Lymphdrüsen u. s. w. vor-
her. Zuweilen ist sie eine Theilerscheinung der allgemein
yerbreiteten akuten Tuberkulose.
Endlich finden sich Tuberkel als Produkt einer Menin-
gitis, die sich vorzüglidi an der Himbasis, selten auf der
Convexität des Hirns finden , neben serösem Exsudate ein
fftserstoffreiches , zu gelben Knötchen -erhärtendes setzt und
stets mit Entzündung der Ventrikelwand combinirt ist. Oft
finden sich als Ausgangspunkte der Entzündung grosse äl-
tere Tuberkelknoten, zuweilen sieht man gleichzeitig zahl-
reiche kleine graue Miliartuberkel. Diese Meningitis ivber-
culosa wird insbesondere von den französischen Pathologen
für die Hauptform des ,,Hydrocephalus actUui'* der Kinder
gehalten ; sie findet sich am häufigsten bei tuberkulösen Kin-
dern und endet meist tödtlich.
In der Dura mater sind Tuberkel sehr selten, ältere
367
Autoren erwähnen grosser sogenannter scrofiilöser Knoten
in derselben, deren wahre Natur unklar ist.
Nicht zu verwechseln mit Tuberkeln sind die auf der
Arachnoidea nach Hyperämieen und Entzündungen häufig
Yorkommenden, zerstreuten, hirsekorngrossen, fibrösen Ver-
dickungen, — Ausbreitung der Pacchionischen Granulationen.
Abbild.: Cru?eilhier Livr. 6. PI, 2. Albers I. T. 6a.
2. D a s G e h i r n.
Bilduiiffsfehler.
Acephalie: gänzlicher Mangel de6 Hirns und Kopfes^
Anencephalie, Hemicephalie: Mangel der Schädel-
decken , die Basis des Schädels liegt frei , ist bedeckt von
den Hirnhäuten, von einer blutig -schwammigen Masse oder
Rudimenten des Hirns, oft combinirt mit entsprechenden
Veränderungen im Bäckgrath (Spina bifida). Zuweilen ist
der Schädel mehr entwickelt, ist aber immer noch sehr
klein, hat grosse Lücken, durch welche durch Wasser ge-
füllte Säcke der Hirnhäute vorragen. Hieran schliessen sich
die Fälle, in welchen der Schädel fast vollständig ist, aber
durch Spalten im Nasentheil des Stirnbeins, in der Schuppe
des Hinterhauptbeins, den Seitentheilen, dem Siebbein und
Keilbein, Theile des Hirns oder häufiger hydrocephalische
Säcke mit Theilen des Hirns prolabiren: Hirnbruch,
Encephalocele, Hydrencephalocele. In anderen
Fällen ist der Schädel vollständig geschlossen, aber durch
Hydro cephalie enorm auSgedehnt, in anderen ist er
klein, das Gesicht überwiegt die kleine Schädelkapsel, das
Gehirn ist entsprechend klein: Mikrocephalie, dem an-
geborenen Idiotismus zu Grunde liegend. Angeborene
Hypertrophie, combinirt mit Hydrocephalus internus,
maftgelhafter Sdiädelbildung. Fiehler der Gestalt einzel-
ner RfamÜieile) Asymmetrie der beiden Hälfte.
368
Abbildungen: Vrolik, Tab. ad embr. T. 40 — 45, 61, 52. Am-
mon, Die angeb. eh. K. T. 4. Sandifort, Mus. anat. T. 123, 126,
190, 191. Otto, Descr. monstr. T. 3, 9, 10, 23.
Hyperämie« Anämie«
Die Hyperämie ist kenntlich an den zahlreichen Blat-
pnnkten, welche auf der Schnittfläche des Hirns auftreten,
die letztere bedeckt sich rasch mit Blut, zeigt eine dunk-
lere (röthliche) Färbung. Das Hirn turgescirt etwas. Die
Gefässe der Hirnhäute sind strotzend gefüllt. Die Hyper-
ämie ist vorübergehend, wiederkehrend oder bleibend, je
nach den Bedingungen derselben; diese sind, ausser den bei
den Hirnhäuten angeführten, insbesondere auch die Neubil-
dungen im Gehirn. Sie kann an und für sich tödten oder
durch ein Oedem des Hirns mit oder ohne Erguss in die
Ventrikel.
Die Anämie ist kenntlich am Mangel der Blutpunkte
auf der blassen Schnittfläche, häufig ist der Mangel nur
scheinbar, da das Blut hellroth gefärbt, wässerig ist.
Hämorrliaffie*
Blutungen im Gehirn sind häufig und stellen sich frisch
in der Leiche als ein grösserer oder kleinerer apoplekti-
scher Herd dar, das Blut ist in einer durch Zerreissung
der Himsubstanz entstandenen Höhle angehäuft und mit
Trümmern des Hirns gemischt. Die Blutung erfolgt ent-
weder blos an einer Stelle und der Herd entsiteht durch
fortgesetzten Bluterguss an derselben, oder an mehreren,
oft vielen benachbarten Stelleil zugleich, und der Herd ent-
steht durch Zusammenfliessen derselben. Zuweilen findet
sich kein grosser Herd, sondern eine Menge kleiner Extra-
vasate mit zwischenliegender, normaler oder erweichter Him-
substanz: diese Form der Blutung hat man Apoplexia
capillaris genannt; durch Zusammenfliessen der kleinen
Extravasate kann ein grosser apoplectischer Herd entstehen.
369
Die Blutung erfolgt aus den Capillaren und kleinsten
Venen und Arterien, seltener aus den Gefassen mittlerer
Grösse. Die Bedingungen der Blutung, soweit sie uns
überhaupt bekannt, sind folgende: 1) Atherom, Yerknöche-
rung und Fettentartung der grösseren oder der kleinen und
kleinsten Himarterien, bei gleichzeitigem ähnlichen Leiden
der übrigen Körperarterien, die häufigste Bedingung; 2) Klap*
penfehler des Herzens und Lungenkrankheiten, welche den
Abfluss des Hohlvenenblutes in's rechte Herz hindern und
eine mechanische Hyperämie des Hirns verursachen ; diese
Bedingungen finden sich oft gleichzeitig mit den ersteren.
Da man neben Klappenfehlern und Atherom der Aorta fast
stets Hypertrophie der linken Herzkammer findet, betrach-
tet man gewöhnlich die letztere als Bedingung der Hirnblu-
tung, indem man annimmt, der. starke Herzimpuls bewirke
Gefässzerreissung. Man hat aber offenbar die Bedeutung
dieser Hypertrophie verkannt, indem dieselbe an und für
sich wohl nur selten, vielleicht nie Gefässzerreissung be-
wirkt. 3) Wir finden femer Blutungen neben Neubildungen
im Hirn , in durch Entzündung erweichter Qimsubstanz, bei
Gerinnseln im Sinvs longitudinalü , bei Hydrocephalus con-
genitus, Himatrophie, Erschütterung und Verwimdung des
Schädels und Hirnes.
Der Sitz der Blutung ist meist im grossen Hirne, sel-
ten im kleinen, am seltensten in der Brücke, Medulla ob-
longata^ dem Balken, Fornix. Am häufigsten findet sich
der Herd im Corp. striatum und Sehhügel und der benach-
barten Sl&ksubstanz der grossen Hemisphären, seltener im
Marklager * der Hemisphären allein; ferner in der grauen
Substanz der Hirnrinde.
Die Grösse eines apoplectischen Herdes ist sehr ver-
schieden und variirt zwischen der. einer Haselnuss bis zu
der einer . Faust , zuweilen umfasst er eine ganze Hemi-
sphäre. Oft ist die Wand eines Ventrikels eingerissen , das
24
370
Blut hat sich auch in diesen und von da in die übrigen
ergossen. Gewöhnlich findet sich nur ein grosser Herd,
selten mehrere kleine; häufig sind aber neben dem Haupt-
herde an anderen Stellen kleinere Herde oder Gruppen Ton
punktförmigen Extravasaten.
Das ergossene Blut bildet entweder einen dunkelen^
schwarzothen, halbfesten Klumpen, oder eine feste Placenta,
oder es scheiden sich massenhaftere Faserstoffgerinnsel aus.
Diese Massen sind eingeschlossen von der zerrissenen Him-
substanz, dieselbe ist zunächst dem Blute blutig gefärbt,
mit Extrayasaten durchsetzt, weich und zottig. Das fibrige
Hirn ist bei grossen Blutungen gedrückt und anämisch wie
die Häute.
Die Blutung hat meist raschen Tod zur Folge durch
Aufhebung der Gehirnthätigkeit durch die Zerreissung oder
den Druck; zuweilen erfolgt der Tod erst später in Folge
des Substanzverlustes des Hirns, der Erweichungen, Ent-
zündungen im Umkreis der Blutung. Kleinere Herde kön-
nen heilen; die Vorgänge während der Heilung sind diesel-
ben wie bei den Blutungen der übrigen Organe.
a) Der Inhalt des Herdes wird allmälig zu einer cho-
coladenfarbigen, später rostfarbigen und endlich gelben flüs-
sigen Masse (Umwandlung des H'ämatins zu kömigem Pig-
ment , Zerfall des Faserstoffs zu einer molecnlaren, eiweiss-
haltigen Masse , der weissen Blutkörperchen und Himreste
durch Fettmetamorphose), die Wand wird fest un^ ausge-
glättet (Neubildung Ton Bindegewebe und Gefässen). Der
Inhalt wird allmälig dünnflüssiger und heller, die Wand
fester und man findet dann statt des Herdes eine Cyste,
welche später nach Resorption ihres Inhaltes in einer schwie-
ligen, meist pigmentirten Narbe yerheilen kann.
b) Häufiger yerflüssigt sidi das Extrayasat nicht so
vollständig, es tritt Organisation ein, Bildung von kleinen
runden ein - und mehrkernigen Zellen , welche theilweise
371
wieder als Kömchenzelleh zerfallen , Bildung von Faserzel-
len und feinen Bindegewebsfibrillen^ welche meist ein zar-
tes Netzwerk im ganzen Extravasat bilden, in dessen Ma-
schen der übrige verflttssigte, pigmentirte oder farblose, oder
durch Kömchenzellen und freies Fett gelblich gefärbte Rest
liegt. Die Umgebung ist ebenfalls verhärtet. Yemarbung
tritt später zuweilen ein. (Zellulose Infiltration.)
c) Kleine und in der Fläche ausgebreitete (in der Hirn-
rinde) Herde vernarben meist rasch und man findet an deren
Stelle harte , gelbe oder schwärzliche Knötchen oder Platten,
bestehend aus amorphem Faserstoff, Pigment und Spuren
von Bindegewebe.
Manche Beobachtungen sprechen dafür, dass auch die
übrigen Metamorphosen hämorrhagischer Herde , Tuberkuli-
sirung, Goncrement- und Eiterbildung eintreten können*
In Folge der Yemarbung eines apoplectischen Herdes
schwindet natürlich der betroffene Theil des Hirns und der
früher vom Him eingenommene Baum in der Schädelhöhle
wird von Seram und den verdickten Hirnhäuten eingenom-
men. Fand der Erguss in der Himrinde statt, so schwin-
den an der Stelle die Windungen , man findet an deren Stelle
einen platten Eindruck.
Uebrigens ist es oft unmöglich, aus den beschriebenen
Veränderungen allein die Natur derselben zu bestimmen,
denn da Entzündungen fast stets von capillaren Apoplexieen
begleitet sind, ja oft in einem solchen Grade, dass man
zweifelhaft ist, ob man eine Hämorrhagie oder eine Entzün^
düng vor sich hat, so kann die Gegenwart des Pigmentes
in den Cjrsten und Narben nicht entscheiden; es ist aber
auch die Metamorphose des Entzündungsherdes oft dem des
apoplectischen in der That sehr ähnlich. Weitere . Untersu-
chungen sind zur Entscheidung dieser Fragen nöthig.
Abbildangen: Cruveilhier Liyr. 5. PI. 6. Livr. 20. PI. 3, 4.
Livr. 21. Fl. 6. Livr. 33. PI. 2. Livr. 35. PL 3. Livr. 36. P1.1. Cars-
24*
372
well Fase. b. X. 1, 2. Hope Fig^. 245, 250 — 256. Bright, Med.
Rep. II. PI. 5, 6, 20—24, 27, 28.
Hypertrophie.
Im Kindesalier (selten später), meist bei Scrofulösen
oder Rhachitischen , entwickelt sich unter unbekannten Be-
dingungen eine Vergrösserung der Himmasse, durch welche
der Schädel, wenn die Fontaiiellen noch nicht geschlossen
sind , ausgedehnt wird , und bei sehr hohem Grade und ra-
scher Entwickelung selbst Nähte aus einander getrieben,
wenn er verknöchert ist , die Knochen zuweilen ver-
dünnt werden. Die Form des ausgedehnten Schädels gleicht
ganz der des hydrocephalischen. Im verknöcherten Schädel
findet man das Hirn strotzend, von den verdünnten Hirn-
häuten eng umschlossen und nach deren Trennung hervor-
quellend. Die Consistenz der Himmasse ist fest, die Hirn-
Substanz selbst erscheint nicht verändert; die Windungen
an der Oberfläche sind platt gedrückt, die Marksubstanz
der grossen Hemisphären besonders entwickelt, die Vertri-
kel eng. Das kleine Hirn und die Himbasis sind nicht
oder nur sehr selten vergrössert
Nach den mikroskopischen Untersuchungen Rokitans-
ky'« beruht die Hypertrophie „in einer übermässigen An-
häufung der intermediären bindenden Kömchensubstanz.^^
Der Zustand entwickelt sich langsam, selten rasch, ist
von ähnlichen Erscheimmgen begleitet wie der Hydrocepha-
lu$ intemuM und tödtet unter den Zeichen des Gehirndruckes.
Die Bedingungen der Hypertrophie sind unbekannt ; das
häufige Verkommen derselben bei Scrofulösen und Rhachi-
tischen spricht dafür, dass sie eine Theilerscheinung allge-
meiner Emährungsveränderungen ist.
Atrophie.
Ifi Leichen von in hohem Alter Verstorbenen findet man
373
zuweilen das Hirn etwas verkleinert und derber, die Hirn-
häute dicker und deren Gefässe ausgedehnt, ohne dass im
Leben auffällige Himerscheinungen vorhanden gewesen wä-
ren. In manchen Fällen aber ist diese Verkleinerung be-
deutend und stellt sich als krankhafte Atrophie dar; im frü-
heren Alter ist sie sehr selten.
Man findet insbesondere die grossen Hemisphären ver-
kleinert, dieselben liegen nicht am Schädel an, die Gyri
sind schmal, die Sulci weit, die Hirnsubstanz ist dunkler,
fester, zähe, die Ventrikel sind weiter. Auf der Schnitt-
fläche erscheint die Himsubstanz öfters gerunzelt, die Ge-
fasslumina prominiren und sind scheinbar erweitert. Das
kleine und Mittelhim sind unverändert. Die erweiterten
Ventrikel und der Raum zwischen Hirn und Schädel sind
mit Serum ausgefüllt, die Hirnhäute sind verdickt, ihre Ge-
fässe varicös; selten ist der Knoten verdickt.
Das allmälig schwindende Hirn disponirt zu Hyperä-
mieen, Hämorrhagieen und serösen Ergüssen, deren Erschei-
nungen den chronischen Verlauf der Atrophie unterbrechen
und öfters tödten.
Die Bedingungen dieser Atrophie sind uns gänzlich un-
bekannt.
In anderen Fällen findet man bei Individuen jeden Al-
ters Atrophie, welche durch anderweitige Texturveränderun-
gen bedingt sind, so durch Hämorrhagieen und Entzündun-
gen, nach welchen ein Schwund nicht allein der betroffenen,
sondern auch der benachbarten Theile eintritt; diese Atro-
phieen sind meist partielle, einseitige, doch zuweilen auch
auf beide Hemisphären ausgedehnte, zumal bei der Entzün--
düng oder Hämorrhagie der Gehirnrinde. Der Ventrikel
der betroffenen Hemisphären ist entweder mit Serum gefüllt
und erweitert oder verkleinert und dafür Serum im Arach-
noidealsack angehäuft, die Häute Und Schädelknochen ver-
dickt.
374
Hierher gehören auch die Atrophie durch den Druck
von Geschwülsten, von Serum bei hohen Graden des Hy-
drocephalus.
Abbild.: CruTeilhier Livr. 8. PI. 5. Albers I. T. 7.
fiiitzfiiiduii^*
Die Himentzündung 9 wie sie sich nach den neueren
Untersuchungen herausgestellt hat, ist durchaus nidit zu
verwechseln mit dem ebenso benannten Symptomencomplexe
der deutschen Systematiker, welcher vorzugsweise durch
die höheren Grade der Meningitis bedingt ist; viel eher ge-
hört hierher das Krankheitsbild der „Himerweichung^^ wel-
ches freilich auch auf andere Zustände passt. Die Verän-
derungen, welche wir jetzt als Entzündung darstellen, wur-
den früher als Erweichung, rothe Erweichung^ entzündliche
Erweichung aufgeführt; wir müssen aber eingestehen, dass,
obgleich das Mikroskop durch Nachweis des Exsudates und
dessen Metamorphosen die entzündliche Natur der meisten
dieser Erweichungen dargethan hat , eine vollständige anato-
mische Darstellung der die Erweichungen bedingenden Vor-
gänge noch fehlt und damit auch die Grenzen der wirklich
entzündlichen Erweichung und der etwa durch anderweitige
Texturveränderungen bedingten in manchen Fällen noch
schwankend sind.
Die Entzündung ist stets auf circumscripte Stellen be-
schränkt, niemals auf das ganze Hirn ausgedehnt ; die Herde
sind erbsen - bis wallnussgross, selten nehmen sie eine halbe
oder eine ganze Hemisphäre ein. Man findet meist nur
einen, selten mehrere; ihr Sitz ist im Allgemeinen derselbe
wie der der hämorrhagischen Herde: die graue Substanz
der CentraltheUe des Hirns, Seh- und Streifenhügel, und
der Hirnrinde.
Der frische Entzündungsherd ist kenntlich durch die
rothe Farbe, Erweichung und Schwellung der ergriffenen
375
Stelle, man sieht zahlreiche injicirte Gefässchen und kleine.
Extravasate ; meist sind die letzteren in grosser Menge Tor-
handen. (Solche Entzündungsherde hat man auch als Apo-
plexia capillans aufgeführt; die Entscheidung, ob die Ent-
zündung oder das Extravasat das Primäre sei, ist oft un-
möglich.) Das Exsudat ist meist sparsam, durdidringt die
Himsubstanz, welche gleichzeitig zerfallt, bleibt entweder
flüssig oder der Faserstoff gerinnt. Der Entzündungsherd
steUt sich als ein heU- oder dunkehroth gefärbter, consi-
stenter, bröckeliger Brei dar, welcher aus den Elementar-
theilen des Hirns, Blutkörperchen, amorphem Exsudate, be-
ginnenden Kern- und Zellenbildungen besteht. Selten ißt
das Exsudat so reich an gerinnendem Faserstoff, dass die
ergriffene Stelle dadurch hart wird.
Die nächsten Veränderungen des Herdes bestehen ent-
weder in Umwandlung der Farbe in's Braune oder Gelbe
durch Umwandlung des Hämatins zu Pigment und Fettme-
tamorphose der Hirnzellen, in welchem Zustande die Herde
am häufigsten in der Leiche gefunden werden; oder selte-
ner in gänzlicher Entfärbung des Herdes durch Resorption
des Hämatins oder Pigmentes. (Diesen Zustand nennt man
auch wohl weisse oder graue Erweichung.)
Die den Herd umgebende Himsubstanz ist meist serös
infiltrirt oder gelblich gefirbt und erweicht. Ist der Herd
gross, so drängt er das Hirn gegen die Schädelwand.
Der Verlauf der weiteren Veränderungen des Herdes
bildet die Ausgänge der Entzündung.
a) Es bilden sich zum Theil äusserst feines Bindege-
webe, welches eine Art Netzwerk bildet, zum Theil indif-
ferente Zellen ; der Faserstoff des ergossenen Blutes wird
resorbirt oder bleibt, in gelbes oder rothes Pigment umge-
wandelt, zurück; die Hirnzellen zerfallen durch Fettmeta-
morphose zu feinen Fettkömchen, die Himfasem zerfallen
und schwinden allmälig, und so findet man endlich eine
376
emulsive Flüssigkeit in einem aus neugebildetem Bindege-
webe und Gefässen bestehenden Maschenwerke, als eine
weiche, aber auf der Schnittfläche nicht zerfliessende, breiige
oder gallertartige, weisse oder gelbe Masse. (Diesen Zu-
stand nennt man dann gelbe Erweichung.) Die angrenzende
Hirnsubstanz ist entweder fest, weisslich, bröckelig oder
der Herd geht aUmälig in normale Substanz über.
Zuweilen Wird diese Masse dünnflüssiger, das Netz-
werk schwindet und man hat eine mit emulsiver oder serö-
ser Flüssigkeit gefüllte* Höhle vor sich, deren Wände aus
harter, käsiger Hirnsubstanz bestehen.
b) Selten verwandelt sich der Entzündungsherd in eine
harte, graue oder gelbliche Schwiele, welche aus einer
dichten Masse von Elementar- Molecülen und Bindegewebs-
fasern besteht (Sclerose, Verhärtung).
c) Es tritt reichliche Zellenbildung ein, es entsteht ein
Eiterherd, Abscess, dessen Grösse Anfangs der des frühe-
ren Entzündungsherdes gleicht, später aber durch Entzün-
dung und Eiterbildung im Umkreise zunehmen kann. Die
Umgebung des Abscesses ist meist im Zustande des Oedems
oder der gelben Erweichung, zuweilen auch normal. Der
Abscess wird oft lange getragen, verkleinert sich, die ein-
schliessende Hirnsubstanz wird hart und umgiebt die dicke,
käsige, eingetrocknete Eitermasse, in welcher sich später
auch Ealksalze entwickeln können. Zuweilen bildet sich
um ihn eine Art fibröser Kapsel, während sich der Inhalt
mehr verflüssigt.
Zuweilen findet Entleerung des Abscesses statt, wenn
er, die Hirnhäute erreichend, circumscripte Entzündung
und Vereiterung derselben, später Caries der Knochen und
Perforation derselben bewirkt; dieser Vorgang ist an ver-
schiedenen Stellen des Schädels beobachtet worden, am
häufigsten aber am Os peirosum, welches durch Caries mehr-
fach durchlöchert wird, so dass der Eiter entweder durch
377
die Paukenhöhle und den äusseren Gehörgang nach Aussen
entleert wird, oder auch direkt durch den Knochen nach
Aussen gelangt. Uebrigens war in diesen Fällen wohl meist
die Caries der Knochen das Primäre, der Abscess das Se-
kundäre.
Alle diese Ausgänge haben nicht selten Schwund des
Hirns, zunächst der Umgebung des Herdes, aber auch grös-
serer Partieen zu Folge. Besonders auffällig ist dieser
Schwund nach Entzündung der Gehirnrinde, die
meist eine grosse Ausbreitung hat, sich als rothe Erwei-
chung mit zahlreichen Extravasaten darstellt und oft mit
Entzündung der Pia mater combinirt ist. Ihr häufigster
Ausgang ist Verschrumpfung der Windungen der erkrank-
ten Partie und Umwandlung derselben in eine harte, gelb
pigroentirte Substanz; zuweilen bleibt aber ein Theil des
Entzündungsherdes weich und wird von harten, gelb pig-
mentirten , platten Schichten umgeben. War die Entzündung
ausgebreitet, so wird oft die ganze Hemisphäre atrophisch,
fest, ihr Ventrikel verkleinert.
Die Himentzündung ist zuweilen rasch tödtlich, meist
tritt der Tod aber erst während eines der Ausgänge ein,
oder es erfolgt Heilung. Der Verlauf ist daher selten akut,
meist subakut oder chronisch.
Die Bedingungen der Himentzündung sind noch sehr
unvollständig bekannt. Sie kommt am häufigsten im hohen
Alter vor, ferner bei Herzkranken, nach Typhus, bei schwe-
ren chronischen Krankheiten, in der Umgebung von Ge-
schwülsten im Gehirn, endlich in Folge von Erschütterung
oder Verwundung des Schädels oder Gehirns.
Abbildungen: Cruveilhier LUt. 20. PI. 4. Livr. 33. PI. 3.
Carswell Fase. 6. PI. 3, 4. Fase. 8. PL 1. Fase. 12. PL 4. Hope
Fig. 257. Bright II. PL 10 — 16.
Oeflem»
Bei Oedem des Gehirns in geringem Grade erscheint
378
der Umfang des Hirns unverändert, die Schnittfläche glän-
zend, feucht, das Messer wird feucht, die Consistenz ist
meist vermindert, selten vermehrt.
Der geringe Grad, welchen man sicher als Oedem an-
sprechen kann, findet sich neben anderen serösen Ergüssen
bei M. Brightii, bei Herzkranken, bei Himatrophie, bei
Hjrperämie des Hirns und Hydrocephalus.
Der höhere Grad, die Erweichung zu einem weissen
Breie (die sogenannte weisse, graue Erweichung), sieht
man nur neben serösem Erguss in die Ventrikel, und zwar
sowohl neben dem, welchen wir von einer Entzündung der
Pia mater in den Ventrikeln herleiten , als neben dem nicht
entzündlichen. Es sind die nächsten Umgebungen einfach
ödematös und allmälig in die normale Himsubstanz über-
gehend. Das Hirn ist sehr geschwellt.
Knrelelraiiff.
Während man früher eine selbstständige Krankheits-
species Himerweichung annahm, hat man neuerdings die
Verschiededen Arten derselben den sie bedingenden Vorgän-
gangen angereiht, so die rothe Erweichung der Ent-
zündung, die weisse und graue theils dem Oedem, theils
der Entzündung, die gelbe Erweichung gehört zum
Theil den Ausgängen der Hämorrhagie oder Entzündung zu,
ist vielleicht zum Theil eine selbstständige Veränderung.
Wir finden zuweilen im Hirne kleinere und grössere
Herde , bestehend . aus einer hellgeben , weichen , sulzigen
Masse, welche allmälig in die normale Himsubstanz über-
geht oder von einem mit kleinen Extravasaten durchsetzten,
röthlich gefärbten Himmark umgeben ist. Die Herde sind
von verschiedener Ausdehnung, ihr Sitz ist meist derselbe,
wie der der entzündlichen Herde. Der Befund ist ein zu-
fälliger oder die Kranken starben unter den Erscheinungen
einer Hirnaffektion (Encephalitis),
379
Uie mikroskopische Untersuchung ergiebt in den mei-
sten Fällen: zerfallene Nervenfasern, freie Fettkügeldien
und Körnchenzellen oder Fettkömchen als die Hauptelemente
des erweichten Herdes. Die gelbe Farbe rührt also offen-
bar Yon den Fettkömchen her, wie wir das auch in allen
übrigen Geweben sehen, in welchen körniges Fett auftritt.
Wir haben hier eine Fettmetamorphose der Himganglien
und rieUeicht auch deren Zwischenmasse und zuweilen auch
neugebildeter Zellen vor uns. Als deren Bedingung beob-
achtet man zuweilen eine Verknöcherung , resp. Obliteration
der zu dem Herde führenden Arterie. Der Vorgang wäre
also vielleicht analog dem, wie wir ihn bei so vielen Zel-
len und Geweben auftreten sehen, sobald ihnen der freie
Verkehr mit der Blutflüssigkeit entzogen wird. Es ist übri-
gens auch möglich, dass diese Fettmetamorphose nicht un-
mittelbar eintritt, sondern vorher Exsudationen uad Extra-
vasate an der erkrankten Stelle stattfinden; ob aber eine
wirkliche Entzündung, wie wir sie oben beschrieben, stets
voraui^eht, ist zweifelhaft.
In der Umgebung apoplektischer oder Entzündungs-
Herde findet man oft gelbe Färbung der Hirnsubstanz ohne
weitere Veränderung derselben, zuweilen aber auch eine
breiige, gelbe Erweichung. Es ist hier möglich, dass eine
Fettmetamorphose eintrat nach Zerstörung oder Obliteration
der Gefässe in dem apoplektischen Herde, oder dass, was
wir gelb erweicht finden, selbst erst mit Blut oder Exsudat
infiltrirt war. Als Ursache der Färbung finden wir auch
hier Fettkömchen, seltner Eiweissmolecüle und Eiterzellen.
Verlitetaiiff«
Eine geringe Vermehrung der Consistenz des ganzen
Hirns findet sich bei Greisen, eine stärkere bei Atropkia
cerdfri; allgemeine Verhärtung sieht man femer nach Ty-
phus, Exanthemen , Peritonitis pHerperamm ; das Him zeigt
380
sich so fest, als hätte es einige Zeit in Salzsäure gelegen
oder bekommt eine lederartige Zähigkeit. Die Bedingungen
der Consistenzyermehrung sind unbekannt. Eine Verhär-
tung circumscripter Stellen ist häufiger und stellt als Folge
von Entzündung, Hämorrhagie meist narbenartige Schwielen
dar; die Consistenz dieser Schwielen ist oft bedeutend, knor-
pelartig.
Weder die allgemeine noch die partiale Verhärtung sind
am Krankenbette sicher zu diagnosticiren.
Metastatisetae Ab<iceflfle
finden sich in -allen Theilen des Gehirnes unter den ge-
wöhnlichen Bedingungen: sie sind klein, meist zahlreich und
gehen, wie alle derartige Abscesse, aus einem dunkelroth
umschriebenen Infarct hervor (Rokitansky).
Abbild.: Cruveilhier Livr. 36. Fl. 1.
Terwunduii(( und Krschütterun^ des Hiriiü.
Verwundungen des Hirns durch eindringende Instru-
mente öder Knochensplitter bewirken Entzündung der be-
troffenen Partie und heilen durch direkte Verwachsung oder
Eiterung und Narbenbildung; war Substanzverlust vorhan-
den, so ist auch noch Heilung durch Eiterung möglich, die
Lücke wird Anfangs durch Granulationen ausgefüllt, die
später in festes, fibröses Gewebe übergehen. Neubildung
von Hirnmasse an die Stelle der verlorenen ist noch nicht
beobachtet worden.
Erschütterungen des Schädels haben meist Hämorrha-
gieen und Entzündungen zu Folge, die auf kleine Stellen
beschränkt oder ausgebreitet sein können; zuweilen bewir-
ken sie Zerreissung des Hirns mit Blutung in der zerrisse*
nen Substanz. Selten findet man gar keine nachweisbare
Texturveränderung des Hirns.
381
PatiioloyiMClie JVeubildunyeii.
Neubildung von Bindegewebe findet sich als
Oi^anisation des Fasersto£fs der Hämorrhagieen und Ent-
zündungen, selten in Form circumscripter Greschwülste.
Sehr selten sind Neubildung von Fettbindege-
webe in Gestalt kleiner Lipome und Cholesteatom.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 1. PI. 2. Albers 1. T. 13.
Pigmentbildung ist häufig in in Rückbildung ber-
griffenen Entzündungs- und insbesondere hämorrhagischen
Herden, das Pigment ist stets nachweisbar aus dem Blut-
farbstoffe hervorgegangen, findet sich als freie Kömchen
oder Krystalle, sparsam oder massenhaft, als Körnchen in
Zellen oder als diffuse Färbung von Zellen (meist Körnchen-
zellen) und amorphen Faserstoffpartikeln. Die Farbe ist
roth oder gelb, selten schwarz.
Concretionen kommen hier und da als yerkreidete
Tuberkel, Abscesse, Cysten Tor. In der Glandula pinealu
bildet sich zuweilen schon bei Kindern Hirnsand, oder seine
Menge bei Erwachsenen übersteigt das gewöhnliche Maass.
Cysten als selbstständige Neubildungen sind im Ge-
hirn äusserst selten, häufiger die aus der Umbildung von
hämorrhagischen oder Entzündungsherden hervorgegangenen.
Zuweilen wird die GL pinealis in eine erbsen- bis hasel-
nussgrosse Cyste umgewandelt, deren Wände gewöhnlich
sehr reich an Himsand sind.
Abbild.: Froriep, Klin. Kpft. T. 46 und Albers T. 17 nach
Ho 0 per. Bright II. PI. 2.
Krebs ist im Gehirn nicht gar selten, obschon sich
manche der bis jetzt als Krebs beschriebenen Neubildungen
durch neue Untersuchungen nach Virchow als Sarcome
herausstellen. Die Sarcome finden sich nach Virchow als
Knoten von der Grösse einer Knabenfaust in der Substanz
der grossen Hemisphären , die Knoten sind in der Periphe-
rie weich, im Centrum hart, fibrös.
382
Die Krebse kommen meist als circumscripte Kuuten von
verschiedener Grösse vor, meist haben sie den Charakter
des Markschwanmis, Fungut haemaiodes und melanodes,
seltener sind sie di£fus in die Himmasse infiltrirt und erthei-
len als Scirrhus dem Gehirn eine knorpelartige Härte.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 25. PI. 2. Li?r. 35. PI. 3.
Alberg I. T. 20. Carswell Fa8c.5. PI. 2. Fase. 3. P1.2. Bright
IL PI. 2, 7, 30. Froriep» Klin. Kpft. T. 21, 22.
Tuberkel (scrofulöse Geschwülste der Aelte-
ren) sind im Gehirn eine häufige Theilerscheinung der Tu-
berkelkrankheit bei Kindern und meist combinirt mit Tu-
berkulose der Lymphdrüsen der Bronchien oder des Me-
senteriums. Sie bilden runde, bohnen- bis hühnereigrosse
Knoten, welche in allen Theilen des Gehirns lagern, meist
einzeln, selten in grösserer Zahl vorkommen. Sie bestehen
aus einer derben, gelben, bröckeligen Masse, sind umgeben
von normaler oder häufiger von durch Entzündung erweich-
ter Himsubstanz. Sie zerfallen selten zu einer breiigen
oder dünnflüssigen eiterartigen Masse und sind dann von
einem Abscesse schwer zu unterscheiden; zuweilen yerkrei-
den sie.
Tuberkulisirte Entzündungsherde, yerkreidete Eiterherde
und Cysticercen können mit diesen Tuberkeln verwechselt
werden.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 18. PL 2. Livr. 25. PI. 2. AI-
bers I. T. 14—16. Bright II. PI. 29, 30. Froriep, KI. Rpft.
T. 22, 66. Hope Fig. 259. Carswell Fase. 1. PI. 3.
Parasiten.
Echinococcus kommt als kleine oder grössere Blasen
mit einfachen oder zahlreichen Tochterblasen in der Him-
substanz vor. Häufiger ist Cysticercus cellulosus ein-
zeln oder in grosser Anzahl. Beide sterben zuweilen ab
und verkreiden.
V.
a&7 .
Färbung der SchBÜtfläche, insbesondere der Pyramiden, der
(geringen) Anschwellung der Niere. Sie findet sich bei
Herz- und Lungenleiden, welche den Abfluss des Unter-
hohkenenblutes hindern, nach Genuss reizender Diuretica,
bei Paraplegie, Typhus, Scorbut und anderen akuten un^
chronischen Krankheiten. Der Urin ist unyetändert, oder
ei<weisshaltig oder durch Blut gefärbt.
Hämorrhagie ist gewöhnlich ^e Folge der Hyper-
ämie, findet sich häufig in Gestalt kleiner Ecchymosen, die
man in der Leiche als kleine, blaurothe oder, wenn Pig-
mentbildung eingetreten ist , rostfarbige oder schwarze Flek-
ken sieht. Seltener sind grössere Extravasate mit Zertrüm-
merung der Nierensubstanz. Das Extravasat kann ver-
sclurumpfen oder eine gelb oder roth pigmentirte Narbe hin-
teilassen oder zu einer serösen Cyste werden.
Anämie kommt bei allgemeiner Anämie und bei Druck
auf die Niere vor.
JBUiteÜMdiiiiy.
Es sind zu unterscheiden: 1) Entzündung der ganzen
Nieren mit gleichmässiger Exsudation, welche vorwiegend
in die Höhle der Hamkanälchen stattfindet, diffuse Ne-
phritis, Nephritis aUmmnosa; 2) Entzündung der gan-
zen Niere, bei welcher die Exsudation und die weitere
Veränderungen vorwiegend an circumscripten Stellen statte
finden und (}ie Gewebselemente der Niere in gleiolier Weise
betheiligt sind, partielle Nephritis, Nephntis timplese ;
3) Entzündung drcumscripter Stellen, zwischen welchen das
Nierengewebe normal ist, metastatische Nephritis.
1) Die akute diffuse Nephritis ist dur<^ M-^
gende anatomische Veränderungen charakterisirt : Die Niere
ist vergrössert, die Oberfläche injieirt; ihre Oonsistenz ist
vermehrt oder bisweilen varmiadert; auf der Schnittfläche
erseheint, die Nier^sulwtanz turgescirend, pulpös, kömig
384
die Dura maier sehr verdickt und au die Kuocheu, seiteuer
an die Arachnoidea und Pia mater^ befestigt wird und in
welchem später zuweilen Yerknöcherung auftritt, oder es
wild zu Eiter , welcher in günstigen Fällen zugleich mit dem
Knocheneiter vermittelst eines Congestionsabscesses entleert
wird. Oft folgt eine circumscripte oder allgemeine Entzün-
dung der Pia mater und des Rückenmarks. Oft wird das
Exsudat zu einer trockenen , käsigen Masse — Tuberkel-
masse — und stellt dann die tuberkulöse Infiltration der
Dura mater bei Knochentuberkulose dar.
Entzündung der Pia mater kommt als traumati-
sche , von der D. mater oder vom Bückenmark , oder
von der P. mater des Gehirns aus fortgesetzte und als idio-
pathische vor; als letztere ist sie bedingt durch heftige Er-
kältungen, plötzliche Cession der Menses, oder sie ist com-
binirt mit Entzündungen seröser Häute (Pleuritis, Peritoni-
tis). Sie kommt nach Billard häufig bei Neugeborenen
vor. Die Pia mater ist mehr oder weniger injicirt und mit
capillaren Ecchymosen durchsetzt, mit Exsudat infiltrirt, er-
weicht und verdickt; das Exsudat findet sich ausserdem
zwischen Pia mater und Arachnoidea , es ist theils vorwie-
gend serös, theils serös und faserstoflfhaltig , der geronnene
Faserstoff oder die aus Eiterzellen bestehenden gelben Mas-
sen liegen oft in Form croupöser Pseudomembranen auf
der Pia mater. Zuweilen findet sich auch Exsudat im
Arachnoidealsacke , eine auf diesen beschränkte Entzündung
giebt es nicht. Das Bückenmark ist oft weich, zuweilen
oberflächlich entzündet, zuweilen auffällig hart.
Die Entzündung verläuft meist akut, ist oft tödtlich,
zuweilen erfolgt Heilung durch Resorption des Exsudates
oder sogenannte chronische Entzündung, d. h. eine lang-
same Metamorphose des Exsudates und deren Folgen. Sel-
ten ist Eiterbildung.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 32. PI. 1, 2.
385
Patlioloi^iflehe ÜTeuliildunKen.
Neubildung von Bindegewebe findet sich in
Form kleiner oder grösserer platter, circumscripter fibröser
Massen unter dem Arachnoidealüberzug der Dtira mater
oder mit in dem inneren Blatte der Aracknoidea. ^k ha-
ben meist eine knorpelartige Consistenz und verknöchern
zuweilen. Sie finden sich meist im Dorsal- und Lumbar-
theOe und am häufigsten bei Greisen. Das Blastem zu ih-
rer Bildung lieferten wohl vorübergehende Hyperämieen oder
leidite Entzündungen.
Abbüd.: Alberg I. T. 31. Carswell Fase. 11. PI. 4.
Krebs entsteht ursprünglich in der Dttra mater oder
geht von den Wirbelknochen auf diese über; er entwickelt
sich als circumscripter Knoten oder diffuse , den Wirbelka-
nal stellenweise füllende Masse. Zuweilen bewirkt er eine
Absorption der Knochen ; drängt die Rückenmuskeln und
äusseren Decken als Geschwulst hervor; in anderen Fällen
wuchert er mehr im Arachnoidalsacke , comprimirt das Bük-
kenmark oder hat Hyperämie, Entzündung und Erweichung
desselben zur Folge.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 32. PI. 1. Albers I. T. 29.
Tuberkel finden sich als tuberkulöse Infiltration der
Dura mater bei Caries tuberculosa der Wirbel, selten in
Gestalt kleiner grauer oder gelber Miliartuberkel, oder als
isolirte grosse Knoten.
Parasiten.
Echinococcusblasen finden sich ini Zellgewebe
zwischen Knochen und Dura mater, höchst selten im Sack
der Aracknoidea. Sie bewirken Gompression des Bücken-
markes nach der einen und Schwund des Knochens an der
anderen Seite, entwickeln sich auch wohl ausserhalb des
25
386
Wirbelkauales weiter und bewirken eine Geschwulst am
Bücken.
Abbildung:: Cruveilhier Livr. 35. PI. <>.
2. Das Rückenmark.
Bildun^sfehler.
Hydrorhachii interna, abnorme Anhäufung von
Serum in dem fötalen Kanäle des Rückenmarks. Tritt die-
selbe in den frühesten Zeiten der Bildung ein, so hemmt
sie die Bildung des Rückenmarks vollständig; man findet
dann in der Regel den Wirbelkanal offen, die unter einan-
der verwachsenen Rückenmarkshäute ebenfalls gespalten,
die äusseren Decken fehlend, so dass man von Aussen in den
eine offene Rinne bildenden Wirbelkanal sieht. Die Ner-
ven enden in den Häuten. Selten sind die Häute noch ge-
schlossen und bilden einen mit Serum gefüllten Sack; sehr
selten findet keine Spaltung des Rückgraths statt.
Tritt der £rguss später oder in geringerem Grade ein,
so ist das Rückenmark in Rudimenten vorhanden, oder es
ist ganz entwickelt, aber hinten breit gespalten.
Im niedersten Grade ist das Rückenmark wohl gebil«-
det, aber der fötale Kanal ist geblieben.
Diese Zustände finden sich entweder in der ganzen
Ausdehnung des Rückenmarks oder an einzelnen Stellen,
zuweilen an mehreren zugleich. Sind 2 — 3 Wirbelbögen
gespalten, die Rückenmarkshäute geschlossen, so werden
die letzteren oft durch die Knochenlücke hervorgetrieben
und bilden dann einen mit Serum gefüllten apfel- bis kinds-
kopfgrossen Sack, welcher von den allgemeinen Decken
fiberzogen wird. Der Sack besteht ursprünglich aus allen
drei Häuten, zuweilen schwindet aber die Dura tmater, ge*
wohnlich zugleich die allgemeinen Decken (Spina bi-
fida).
387
Mit der Uydrcthachh interna sind gewöhuiich Hydro-
cephalus internus und dessen Folgen in entsprechenden
Graden coinbinirt. Es entsprechen die Anencephalie und
Hemicephalie dem Mangel des Bückenmarks und der Decke
des Wirbelkanals, die Hydrencephalocele der Spiria bifida.
Hydrorhachis exirrna^ abnorme Vermehrung des
Serums zwischen Pia mater und Arachnoidea, selten im
Cavum des Arachnoidalsackes. Das Serum ist entweder
gleichm'ässig angehäuft, oder es findet sich an einer cir-
cumscripten Stelle; im letzteren Falle sind an der entspre-
chenden Stelle die Wirbelbögen gespalten und durch diese
Lücke prolabirt ein mit Serum gefüllter Sack. Der letztere
besteht aus der />iira mater und Arachnoidea , selten blos
aus der Dura mater und ihrem Arachnoidalüberzuge ; er ist
taubenei- bis kindskopfgross und communicirt mit dem
Wirbelkanale meist durch einen engen Hals; sein Inhalt
communicirt in der Regel mit der Flüssigkeit zwischen Pia
mater und Arachnoidea und weiter mit der in den Him-
yentrikeln, seltener mit der im Cavum arachnoidale. Das
Rückenmark ist an dieser Stelle meist normal, seltener ge-
spalten oder höchst selten ganz fehlend. Zuweilen ist es
Terlängert und bildet einen bogenförmigen Vorsprung durch
die Knochenlücke, also eine Art Hernie.
Dieser Zustand bildet eine zweite Art Spina bifida.
Ist das Kückenmark normal, so ist Heilung durch spontane
Entleerung des Sackes oder durch Operation möglich. Eine
Berstung des Sackes findet, ausser im Uterus, während der
Geburt, oder später, nach vorhergegangener ülceration der
Hautdecken, statt. Plötzliche und totale Entleerung bringt
meist den Tod herbei, der ausserdem häufig in Folge des
Druckes der Flüssigkeit auf das Bückenmark oder yon Me-
ningitis sphialis eintritt.
«
Abbüdongen : Crnveilhier Livr. 6. PL 3. Li?r. 16. PI. 4. Li?r.
19. PI. 6, 6. LiTr. 39. PI. 4. Froriep, Ghir. Kpft. T. 66, 412.
25'^
382
Die Krebse kommen meist als circumscripte Knuten von
verscliiedener Grösse vor, meist haben sie den Charakter
des Markschwamms, Fungus haematodes und melanodes,
seltener sind sie diffus in die Himmasse infiltrirt und erthei-
len als Scirrhus dem Gehirn eine knorpelartige Härte.
AbbUdungen: Cruveilhier Livr. 25. PI. 2. Li?r. 35. PI. 3.
Alberg I. T. 20. Carswell Fasc.6. PI. 2. Fase. 3. P1.2. Bright
U. PL 2, 7, 30. Froriep, Klin. Kpft. T. 21, 22.
Tuberkel (scrofulöse Geschwülste der Aelte-
ren) sind im Gehirn eine häufige Theilerscheinung der Tu-
berkelkrankheit bei Kindern und meist combinirt mit Tu-
berkulose der Lymphdrüsen der Bronchien oder des Me-
senteriums. Sie bilden runde, bohnen- bis hühnereigrosse
Knoten, welche in allen Theilen des Gehirns lagern, meist
einzeln, selten in grösserer Zahl vorkommen. Sie bestehen
aus einer derben, gelben, bröckeligen Masse, sind umgeben
von normaler oder häufiger von durch Entzündung erweich-
ter Himsubstanz. Sie zerfallen selten zu einer breiigen
oder dünnflüssigen eiterartigen Masse und sind dann von
einem Abscesse schwer zu imterscheiden ; zuweilen verkrei-
den sie.
Tuberkulisirte Entzündungsherde, yerkreidete Eiterherde
und Gysticercen können mit diesen Tuberkeln verwechselt
werden.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 18. PI. 2. Livr. 25. PI. 2. Al-
bers I. T. 14—16. Bright II. PL 29, 30. Froriep, KI. Kpft.
T. 22, 66. Hope Fig. 259. Carswell Fase. 1. PL 3.
Parasiten.
Echinococcus kommt als kleine oder grössere Blasen
mit einfachen oder zahlreichen Tochterblasen in der Him-
substanz vor. Häufiger ist Cysticercus cellulosus ein-
zeln oder in grosser Anzahl. Beide sterben zuweilen ab
und yerkreiden.
388
Abbildungen: Froriep, Kl. KpH. T. 46. Fig. 2 und Alb er s I.
T. 17. Fig. 1 nach Hooper.
n. Rück^mark.
1. Die Rückenmarkshäute.
Hyperftnie.
Die Hyperämie des Bückenmarks und seiner Häute ist
ihrer Entstellung und ihrem Verlauf nach noch nicht TöUig
klar erkannt. Nach den gewöhnlichen Annahmen tritt sie bei
Erwadisenen in Folge yon Erkältungen, Fehlem des Men-
strual- und Hämorrhoidalflusses , als Gomplication anderer
Krankheiten u. s. w. auf, verläuft akut oder chronisch, hat
bleibende Ausdehnuxig der Gefässe, Trübung und Yerdik-
kung der Arachnoidea, serösen Erguss zuFischen die Häute,
zuweilen auch Bluterguss zur Folge. Doch ist wohl zu be-
merken, dass, obgleich die genannten Veränderungen vor-
kommen, oft genug die ihnen zugeschriebenen Erankheiti^-
erscheinungen am Lebenden beobachtet wurden, ohne dass
man bei der Section Hyperämie oder serdsen Erguss fand.
Bei Neugeborenen sind Hyperämieen der Pia mater des
ganzen Rückenmarks (und Gehirns) häu^ , bewirken oft
Bluterguss in das Gewebe der Pia mater und unter die
Araehnoidea und dadurch den Tod.
Abbttd.: Cruveilhier Lirn 16. Fl. 1.
CUitBfiHduny«
Entzündung der Dura mater ist entweder trau-
matisch, oder von Garies der Knochen fortgesetzt; sie ist
daher stets circumscript, charaktensirt durch starke Injection
der Dura mater und des umgebenden Zellgewebes mit Exsu-
dat, zuweilen Exsudati<jp auf die freie Fläche ihres Arach*
noidealüberzuges. Das Exsudat gdit entweder (bei Heilung
des Knochenleidens) in Bhidegewebe über, durch welches
3M
4k Ümm wmter ^r T^rdiekt und au die Knodmi. aeitener
'49k di« ArackmoUUm und Pui milrr. UJesügt wird und in
irdciMm »p4ler zuveilen Verknöchenin^ auftritt, oder es
vii'i zu £iU;r . welcher in gpnstigen Fällen zugleich mit dem
Knocheneiter Termittelst eine» Congestionsabscesses entleert
wird. Oft UAp. eine circumäcripte oder allgemeine Entzün-
dung der Pta fiia<rr und des Rückenmarks. Oft wird das
ExÄudat zu einer trockenen, käsigen Masse — Tuberkel-
mas«»e — und stellt dann die tuberkulöse Infiltration der
Dipra maitr bei Knochentuberkulose dar.
Entzündung der Pia malet kommt als traumati-
H'rhe, von der Ü. maier oder ?om Rückenmark, oder
von der P. maier des Gebims aus fortgesetzte und als idio-
pathische vor; als letztere ist sie bedingt durch heftige Er-
kältungen, plötzliche Cession der Menses, oder sie ist com-
binirt mit Entzündungen seröser Häute HPleuritis. Peritoni-
tis^ Sie kommt nach Billard häufig bei Neugeborenen
Tor. Die Pia maier ist mehr oder weniger injicirt und mit
capillaren Ec^hymosen durchsetzt, mit Exsudat infiltrirt, er-
weicht und verdickt; das Exsudat findet sich ausserdem
zwischen Pia maier und Arachnoidea, es ist theils vorwie-
gend serös, theils serös imd f aserstoffhaltig , der geronnene
Faserstoff oder die aus Eiterzellen bestehenden gelben Mas-
sen liegen oft in Form croupöser Pseudomembranen auf
der Pia maier. Zuweilen findet sich auch Exsudat im
Arachnoidealsacke , eine auf diesen beschränkte Entzündung
giebt es nicht. Uas Rückenmark ist oft weich, zuweüen
oberflächlich entzündet, zuweilen auffällig hart.
Die Entzündung verläuft meist akut, ist oft tödtlich,
zuweilen erfolgt Heilung durch Resorption des Exsudates
oder sogenannte chronische Entzündung, d. h. eine lang-
same Metamorphose des Exsudates und deren Folgen. Sel-
ten ist Eiterbildung.
AbUid.: Cruveflhier Livr. 32. PI. 1, 2.
385
Patlioloi^iflelic IVeuliildunKen.
Neubildung von Bindegewebe findet sich in
Form kleiner oder grösserer platter, circumscripter fibröser
Massen unter dem Arachnoidealüberzug der Dtcra mater
oder mit in dem inneren Blatte der Arachnoidea. ^ ha-
ben meist eine knorpelartige Consistenz und verknöchern
zuweilen. Sie finden sich meist im Dorsal- und Lumbar-
theile und am häufigsten bei Greisen. Das Blastem zu ih-
rer Bildung lieferten wohl vorübergehende Hyperämieen oder
leichte Entzündungen.
Abbild.: Albers I. T. 31. Carswell Fase. 11. PL 4.
Krebs entsteht ursprünglich in der Ditra mater oder
geht von den Wirbelknochen auf diese über: er entwickelt
sich als circumscripter Knoten oder diffuse, den Wirbelka-
nal stellenweise füllende Masse. Zuweilen bewirkt er eine
Absorption der Knochen , drängt die Rückenmuskeln und
äusseren Decken als Geschwulst hervor; in anderen Fällen
wuchert er mehr im Arachnoidalsacke , comprimirt das Bük-
kenmark oder hat Hyperämie, Entzündung und Erweichung
desselben zur Folge.
Abbild.: Cruveilhier Livr. 22, PI. 1. Albers I. T. 29.
Tuberkel finden sich als tuberkulöse Infiltration der
Dura mater bei Caries tubercnlosa der Wirbel, selten in
Gestalt kleiner grauer oder gelber Miliartuberkel, oder als
isolirte grosse Knoten.
Paraalteit.
Echinococcusblasen finden sich im Zellgewebe
zwischen Knochen und Dura mater, höchst selten im Sack
der Arachnoidea. Sie bewirken Gompression des Bücken-
markeB nach der einen und Schwund des Knochens an der
anderen Seite, entwickeln sich auch wohl ausserhalb des
25
386
Wirbelkanales weiter un<I bewirken eine Geschwulst am
Rücken.
Abbildung:: Cruveilliier Livr. 3«^. PI. <>.
2. Das Rückenmark.
midungpifehler.
Uffdrorhachit interna, abnorme Anhäufung ?on
Serum in dem fötalen Kanäle des Rückenmarks. Tritt die-
selbe in den frühesten Zeiten der Bildung ein, so hemmt
sie die Bildung des Rückenmarks vollständig; man findet
dann in der Regel den Wirbelkanal offen, die unter einan-
der yerwachsenen Rückenmarkshäute ebenfalls gespalten,
die äusseren Decken fehlend, so dass man von Aussen in den
eine offene Rinne bildenden Wirbelkanal sieht. Die Ner-
ven enden in den Häuten. Selten sind die Häute noch ge-
schlossen und bilden einen mit Serum gefüllten Sack; sehr
selten findet keine Spaltung des Rückgraths statt.
Tritt der £rguss später oder in geringerem Grade ein,
so ist das Rückenmark in Rudimenten vorhanden, oder es
ist ganz entwickelt, aber hinten breit gespalten.
Im niedersten Grade ist das Rückenmark wohl gebil^
det, aber der fötale Kanal ist geblieben.
Diese Zustände finden sich entweder in der ganzen
Ausdehnung des Rückenmarks oder an einzelnen Stellen,
Euweilen an mehreren zugleich. Sind 2 — 3 Wirbelbögen
gespalten, die Rückenmarkshäute geschlossen, so werden
die letzteren oft durch die Knochenlücke hervorgetrieben
und bilden dann einen mit Serum gefüllten apfel- bis kinds-
kopfgrossen Sack, welcher von den allgemeinen' Decken
fiberzogen wird. Der Sack besteht ursprünglich aus allen
drei Häuten, zuweilen schwindet aber die Dwra mater, ge^
wohnlich zugleich die allgemeinen Decken (Spina bi-
fida).
387
Mit der Hydrarhachh interna sind gewöhulich Hydro-
cepkalus internus und dessen Folgen in entsprechenden
Graden combinirt. Es entsprechen die Anencephalie und
Hemicephalie dem Mangel des Bückenmarks und der Decke
des Wirbelkanals, die Hydrencephalocele der Spina bifida.
Hydrorhachis extrrna, abnorme Vermehrung des
Serums zwischen Pia mater und Arachnoidea, selten im
Cavum des Arachnoidalsackes. Das Serum ist entweder
gleichm'ässig angehäuft, oder es findet sich an einer cir-
cumscripten Stelle; im letzteren Falle sind an der entspre-
chenden SteDe die Wirbelbögen gespalten und durdd diese
Lücke prolabirt ein mit Serum gefüllter Sack. Der letztere
besteht aus der Dura mater und Arachnoidea, selten blos
aus der Dura mater und ihrem Arachnoidalüberzuge ; er ist
taubenei- bis kindskopfgross und communicirt mit dem
Wirbelkanale meist durch einen engen Hals; sein Inhalt
communicirt in der Regel mit der Flüssigkeit zwischen Pia
mater und Arachnoidea und weiter mit der in den Him-
ventrikeln, seltener mit der im Cavum arachnoidale. Das
Rückenmark ist an dieser Stelle meist normal, seltener ge-
spalten oder höchst selten ganz fehlend. Zuweilen ist es
verlängert imd bildet einen bogenförmigen Vorsprung durch
die Knochenlücke, also eine Art Hernie.
Dieser Zustand bildet eine zweite Art Spina bifida.
Ist das Rückenmark normal, so ist Heilung durch spontane
Entleerung des Sackes oder durch Operation möglich. Eine
Berstung des Sackes findet, ausser im Uterus, während der
Geburt, oder später, nach vorhergegangener Ulceration der
Hautdecken, statt. Plötzliche und totale Entleerung bringt
meist den Tod herbei, der ausserdem häufig in Folge des
Druckes der Flüssigkeit auf das Rückenmark oder von Me-
ningitis sphialis eintritt.
AbbHdimgeii: Cru?eilhier Livr. 6. PI. 3. Lin*. 16. PI. i. Livr.
19. PI. 5, 6. Livr. 39. PI. 4. Froriep, Chir. Kpfl. T. 66, 412.
25*
Alben 1. T. 31. Saadifert, Mm taal. T. 192, 193, 194. An-
nen, Die angeb. cb. K. T. 12. Vrolik, Tab. ad flL cnbr. T. 34.
Veränderunii^eii der Länge sind selten: während
im Normalzusfande das Ende des Rückenmarks dem erstoi
oder zweiten Lendenwirbel entspricht ^ reicht es inweilen
bis znm dritten Lendenwirbel oder bis in's Os sacntm oder
endet schoif am eilften Brustwirbel.
Ebenso selten sind angeborene Verändernngen
des Volumens. Angeborene Hypertrophie istsdur
selten, meist combinirt mit Himhypertrophie. Das Rücken-
mark ist rundlich y dicker und fester. Ihre Geschichte ist
uns gänzlich unbekannt, sie ist kein Gegenstand der Diagnose
am Krankenbette. Angeborene Atrophie findet sich nur
bei gleichzeitiger Atrophie entsprechender Abtheilungen des
Rumpfes oder der Extremitäten.
Hjrpertr^pliie. Atrophie.
Ueber die acquirirte Hypertrophie, die man hie und
da gesehen hat, wissen wir ebensowenig als über die an-
geborene. Hypertrophie der grauen Substanz mit Yerdrin-
gung der weissen erwähnt Olli yi er.
Atrophie in geringem Grade findet sich im hohen Al->
ter gewöhnlich, die Substanz wird fester und dunkler, da-
neben: Vermehrung des Serums zwischen Pia maier und
Arachnoidea^ Verdickung und Knochenplatten auf der letz-
teren. Zuweilen ist sie auch bei Greisen bedeutend und
Ursache yon Lähmungen.
Atrophie des Rückenmarks im früheren Alter ist sel-
ten, sie ist auf einzelne Theile beschränkt oder allgemein.
Am häufigsten ist Atrophie der Lumbarabtheilung nach ge-
schlechtlichen Excessen; das Volumen kann um die Hälfte
und mehr abnehmen, doch sind die höheren Grade , ja nach
Rokitansky 's Erfahrungen eine auffUlige, nicht erst aus
dem Vergleich mit anderen Präparaten ersichtliche , Atrophie
389
selten. Der alte Symptomencomplex der Tabes dar$alU
wird bei Weitem nicht immer ddrch diese Atrophie , i^ondern
häufiger durch Memngitis tpmalU oder MyeUiii ckraniea
bewirkt, ist also nicht mit der anatomischen Tabes oder
Atrophie zu identificiren.
Durch den Druck yon Neubildungen, luxirten Knochen
u. s. w. wird öfter ein auf die gedrfickte Stelle beschränk-
ter Schwund des Rückenmarks ohne anderweitige Textur-
yeränderung bewirkt. Ober- und unterhalb der gedrückten
Stelle findet sich nicht selten eine leichte Schwellung der
Substanz.
Hyperttmie.
Als selbstständige Affection kommt sie, auf das ganze
Bückenmark ausgebreitet, bei Neugeborenen, auf einzelne
Stellen beschränkt, durch den Reiz von Geschwülsten im
Wirbelkanale vor. Sie findet sich femer als Combination
mancher akuter und chronischer Krankheiten. Sie ist im-
mer mit Hyperämie der Häute combinirt (s. oben).
Selten ist eine Hämorrhagie in der Substanz des
Rückenmarks; sie findet sich als capillare Apoplexie unter
der entzündeten Pia mater oder neben Entzündung der Me-
dulla selbst, und als hämorrhagischer, verschieden grosser
Herd unter bis jetzt unbekannten Bedingungen. Ihr anato-
misches Verhalten ist wie im Gehirn.
Abbild.: Crayeilbier Livr. 3. PI. 6, copirt bei Froriep, Klin.
Kpft. T. 19. Albers I. T. 30.
Ciiitsiinduny.
Die Entzündung findet sich in kleineren oder grösse-
ren Herden vorzugsweise in der grauen Substanz, selten
in der ganzen Dicke des Rückenmarks; sie bewirkt Er-
weichung, Schwellung und Rölhung der betroffenen Stelle,
seröse Infiltration in deren Umgebung; die näheren anato-
390
mischdXi Verhältnisse und die Ausgänge sind ganz wie bei
der Hirnentzändung : Bildung eines mit Serum durchtränk-
ten Bindegewebenetzes, Verhärtung, selten Eiterung. Das
durch die Entzündung erweichte Bückenmark schwindet zu-
weilen.
Besonders häufig ist eine Entzündung der grauen Sub-
stanz in der Ausdehnung eines grossen Theils oder des
ganzea Rückenmarks, die sich anfangs als rothe, später
als weisse Erweichung des Centrums der Medulla darstellt,
oder, nach Bildung eines serumhaltigen Bindegewebsnetzes,
eine Art Wasserkanal im Centrum bildet (centrale Erwei-
chung).
Die ursächlichen Momente sind wie bei Meningitis spi-
nalis. Oft tritt die Entzündung ohne naöhweisbare Ursache
auf; der Verlauf ist akut oder häufiger chronisch.
Abbüdungen: Craveilhier Livr. 3. PI. 6. Livr. 32. PI. 1. Al>
bers I. T. 28. Carswell Fase. 8. PI. 1. Fase 10. PL 4.
Krweichttngr. Verliärtiuiff«
Erweichung ist Folge Ton Entzündung oder serö-
ser Infiltration (Oedem) des Brückenmarks bei Meningitis,
eines Wasserergusses zwischen die Häute oder um Neubil-
dungen, Entzündungs- und Blutherde. Anderartige Erwei-
chungen werden wohl hie und da als Leichenbefunde an^
geführt, sind aber ihrem Wesen nach noch unklar.
Verhärtung des ganzen Bückenmarks findet sich
bei Atrophia senilis und Atrophie des früheren Alters,
Verhärtung einzelner Stellen nach Entzündungen und Blu-
tungen.
Wuttden. Krscliiitteriiiii^.
Wunden durch scharfe Instrumente können heilen und
die Function des Rückenmarks kann dann völlig wiederkeh-
ren. Quetschung und Zerreissung diurch gebrochene oder
891
luxirte Wirbel hat raschen Tod oder EntsÜndung, Blutung
und späteren Tod xur Folge. Erschattening durch heftigen
Stoss oder Fall bewirkt Blnterguss zwischen Knochen und
thtra mater und in die Arachnoidalhöhle, Entsündung der
betroffenen Stelle.
ÜeuliiMungvii« Paraalieit.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich nach
Organisation entxiindlidier Exsudate.
Ein Sarcom von Taubeneigrösse im Ceryicaltheile
kam mir zur Beobachtung.
Einen Krebsknoten(Medullarkrebs) sah Bokitans-».
ky; Olliyier fährt mehrere Fälle von Markschwamm und
Gallertkrebs im Räckenmark nach fremden Beobaditun-
gen an.
Tuberkel finden sich neben Tuberkeln in anderen
Organen im Rückenmark selten. Sie haben ihren Sitz meist
im Halstheile, sind von sehr Terschiedener Grösse und ha«
ben, wie die übrigen NeubUtungen, Entzündung oder Oedem
im Umkreis zur Folge.
Cysticercus wurde einige Male im RUckenmarke
gefunden.
III. Nerven.
Blldiiiiinifeliler»
Mangel einzelner Nerven kommt fast nie isolirt vor,
sondern gleichzeitig mit Mangel oder Yerktinunerung der
Theile^ welchen er angehören sollte. Die Nerven atropbi*
scher Glieder sind dünn.
Fehlerhafter Ursprung einzelner Nerven im Hirn imd
Rückenmark kommt nur bei Bildungsfehlem der letzteren
vor. Variationen in der Tertheilung und dem Verlaufe der
Nerven sind nicht selten; ebenso Schwankungen der Didce
der Nerven und Ganglien.
392
Hypertropliie« Atropliie.
Hypertrophie bemerkt man an Nerven hypertro-
phischer Organe oder an Nerven , welchei über Geschwülste
Terlaufend, durch diese aUmälig gehoben werden, oder nach
dironischer Entzündung des sie umgebenden Zellgewebes.
Die Hypertrophie beruht auf einer Vermehrung der allge-
meinen Zellhülle der Nerven und deren Fortsetzung zwi-
schen die Nervenbünde 1; Vermehrung der Nervenfasern oder
Verdickung derselben ist nicht nachgewiesen. Der Umfang
der Nerven kann um das Doppelte und Dreifache vermehrt
werden. Functionsstörungen erfolgen nicht.
Vergrösserung der Ganglien hat man hie und da ge-
sehen.
Hypertrophie aller Nerven sah man in einzelnen Fällen
in den Leichen Blödsinniger.
Atrophie der Nerven wird bewirkt: durch anhalten-
den Druck oder Zerrung derselben, durch Entzündung und
Neubildungen in ihrem Gewebe, durch Atrophie und Schwund
der Theile, zu welchen sie fiAren oder der Centraltheile,
von welchen sie abgehen, durch gewaltsame Trennung eines
Nerven von seinem Centrum oder centralen Theile. Ausser
einfachem Schwinden der Nervensubstanz bemerkt man zu-
weilen Entfärbung derselben in's Gelbliche, Verhärtung oder
Erweichung.
Hyperämie.
Venöse Hyperämie, als blaurothe BamifikaAionen um
die Nerven und in ihrer Substanz, ist häufig als Leichen-
erscheinung in Nerven tief gelegener Theile; nicht selten
sieht man auch Ecchymosen und blaue Färbung der Nerven
unter denselben Verhältnissen.
Die Bedeutung der Hyperämieen und kleinen Extrava-
sale , welche man im Typhus , bei Cholera und Cl\oleratyphus
fand, ist völlig unklar.
393
£iatzlbiiliin|p.
Die NervenentzünduDg beschränkt sich entweder auf
die Zellhülle oder geht mehr in die Tiefe durch die ganien
Nerven. Die Zellhülle und fast immer das umgebende Zell-
gewebe und die nächst liegenden Theile zeigen entwickelte
Injection und kleine Ecchymosen, das Innere der Nerven
ist geröthet, der Nerv erweicht, leicht zu zerfasern; das
Exsudat ist entweder nur in die Zellhülle und ihre Umge-
bung oder zwischen die Nervensubstanz selbst ergossen , es
ist bald serös ^ bald reich an Faserstoff; der Nerv ist mehr
oder weniger geschwollen und je nach der Masse des Ex-
sudates erweicht und seine Fasern zerfallen.
Das Exsudat orgauisirt, wenn es nicht resorbirt wird,
zuweilen zu Bindegewebe, welches insbesondere die Zell-
hülle massenhaft verdickt, aber sich auch zwischen den Ner-
venfasern bildet und mit Schvnmd derselben begleitet ist.
Zuweilen organisirt es zu Eiter, der Nerv zerfällt dann
meist zu einer breiigen Masse und geht zu Grunde. Die
Nervenfaser^ zerfallen entweder unmittelbar in kleine Frag-
mente oder sie gehen die Fettmetamorphose ein, stellen sich
als mit Fett gefällte Röhren dar und zerfallen später.
Die Entzündung ist bedingt: durch Verwundung der
Nerven, durch Entzündung der benachbarten Theile, durch
Erksdtungen.
Nach völliger Durchschneidung der Nerven kann eine
Wiedervereinigung derselben durch neugebildete Nervensub-
stanz eintreten; eine meist leichte Entzündung liefert ein
Exsudat, welches zwischen den Nervenenden das Blastem
für die neuzubildenden Nervenfasern giebt. Nach Amputa-
tionen folgt meist leichte Entzündung, die Enden der durch-
schnittenen Nerven schwinden und verschmelzen mit dem
Narbengewebe oder schwellen kolbig an durch Neubildung
von Bindegewebe.
In Leichen von an Tetanus trauwalicm Gestorbenen
394
fand man nicht selten, ausser Entzündung der Nerven an
der Wunde, Injection der NerrenhfUIe und Substans, die
nUtk an mehreren Stellen im Verlaufe der Nerven bis zum
Bückenmark wiederholte.
FettmetoMorphoflre
der Nerven findet sich, ausser in entzündeten, gequetschten,
durch Geschwülste gedrückten und gezerrten Nerven, in
solchen, deren centrale Endigung im Gehirn oder Rücken-*
mark zerstört ist. Die Nervenfasern zerfallen in kleine
Fettkfigelchen , welche wieder zu grösseren Tropfen zusam-
menfliessen. Nach Resorption des Fettes schwinden die
Nerven.
Patlioloslflclie Heubilduiiyeii.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich als Nar-
bensubstanz nach Entzündung in und um den Nerven, als
Grundlage des sogenannten Neuroms. Unter Neurom
versteht man eine kleinere oder grössere, längliche, harte
Geschwulst der Nerven; dieselbe wird bedingt: a) durch
Neubildung von Bindegewebe in der Zellscheide und ihren
Fortsetzungen zwischen die Fasern, wodurch der Nerv
gleichförmig verdickt wifd; b) durch Bildung einer längli-
chen, fibrösen Geschwulst, welche, meist in der ZeUscheide
lagernd, den Nerven platt drückt, selten ganz zum Schwin-
den bringt ; die Geschwulst hat alle Eigenschaften eines Fi-
broides, ihre Grösse wechselt von der einer Erbse bis zu
der einer Faust. Die kleineren werden als TiAercuIa do^
larosa aufgeführt.
Die Neurome kommen einzeln oder in grösserer An-
zahl vor, finden sich meist an den Spinalnerven, seltener
an den Ganglien des Sympathicus und den Hirnnerven.
Abbild.: Cm v eil hier Livr. 1. PI. 3. Livr. 35. PI. 2.
395
Goncremente sind in den Nervenscheiden in ein-
zelnen FSIlen beobachtet worden.
Krebs entwickelt sieh sdbstsländig selten in den Ner-
ven y häufiger geht er von benachbarten Organen auf sie
über; es ist meist Marksehwamm^ der circumscripte 6e-
schwfilste bildet, in welchen der Nerv TöUig untergegan-
gen ist.
$
Pathologteche Anatomie der Harnorgane.
1. Die Nieren.
Blldungfl- miil Grössieverändeninffen.
Als Bildangsfehler Bind zu bemerken: Mangel
einer Niere; die vorhandene ist zuweilen vergrössert Ver-
schmelzung beider Nieren zu einer einzigen^ mit nach
yom liegendem Hylüs, 1 oder 2 Becken und Ureteren; dmi
ersten Anfang dieses Zustandes stellt die Yerschmelzung
der unteren Enden dar (Hufeisenniere); die verwachsenen
Nieren liegen meist in der Mittellinie am Promontorium«
Tiefere Lage einer Niere, z. B. am Kreuzbein. Angebo-
rene Kleinheit der Nieren. Bundliche, cylutdrische,
eckige, gdappte Gestalt der Nieren. Grosse Beweglidi-
keit der rechten Niere, Dialocation derselben in die Nabel-
gegend.
AbbiM. : Rayer^ Atlas dea mal. de« reins T. 38^ 39.
Wahre Hypertrophie ist selten als Tergrössenu^
der einen Niere bei Verödung der anderen ; ausserdem wer-
den die Nieren durch Hyperämie, Exsudate und Neubildun-
gen vergrössert.
Wahre primäre Atrophie ist ebenfalls selten und fin-
det sich im hohen Alter; sekundäre Atrophie ist Folge von
Entzündung, Hämorrhagie der Niere, Druck von Aussen.
Hyperämie. HftmonbAffie.
Hyperämie der Nieren ist kenntlich an dem injicir-
ten Venennetz auf der Oberfläche, der dunklen, blaurotben
397
Färbung der Schnittfläche , insbesondere der Pyramiden , der
(geringen) Anschwellung der Niere. Sie findet sich bei
Herz- und Lungenleiden ^ welche den Abfluss des Unter-
hohkenenblutes hindern, nach Genuss reizender Diuretica,
bei Paraplegie, Typhus , Scorbut und anderen akuten un^
chronischen Krankheiten. Der Urin ist unyerändert, oder
evweisshaltig oder durch Blut gefärbt.
Hämorrhagie ist gewöhnlich die Folge der Hyper«
ämie, findet sich häufig in Gestalt kleiner Ecchymosen, die
man in der Leiche als kleine, blaurothe oder, wenn Pig-
mentbildung eingetreten ist, rostfarbige oder schwarze Flek-
ken sieht. Seltener sind grössere Extravasate mit Zertnim-
merung der Nierensubstanz. Das Extravasat kann yer-
schrumpfen oder eine gelb oder roth pigmentirte Narbe hin*
terlassen oder zu einer serösen Cyste werden.
Anämie kommt bei allgemeiner Anämie und bei Druck
auf die Niere vor.
Es sind zu unterscheiden: 1) Entzündung der ganzen
Nieren mit gleichmässiger Exsudation, welche vorwiegend
in die Höhle der Hamkanälchen stattfindet, diffuse Ne-
phritis, Nephritis albmninosa; 2) Entzündung der gan-
zen Niere, bei welcher die Exsudation und die weiteren
Veränderungen vorwiegend an circumscripten Stellen statt»
finden und die Gewebselemente der Niere in gleicher Weise
betheiligt sind, partielle Nephritis, NepkriÜi timplex;
3) Entzündung circumscripter Stellen, zwischen welchen das
Nierengewebe normal ist, metastatische Nephritis.
1) Die akute diffuse Nephritis ist durch fol-
gende anatomische Veränderungen charakterisirt : Die Niere
ist vergrössert, die Oberfläche injicirt; ihre Gonsistenz ist
vermehrt oder bisweilen vermindert; auf der Schnittfläche
erscheint die Nieiensubstanz turgesdrend, pulpös, kömig
398
oder zottig, dunkel gefärbt, mit zahlreichen injicirten Flek-
ken und kleinen Ecchymosen durchsetzt; es quillt ein rah*
miger, gerötheter Saft hervor. Diese Veränderungen (Hy-
perSmie, fibrinöses Exsudat in die Hamkanälchen und zu-
weilen y aber in sehr geringer Menge auch in das Zwischen-
gewebe) treten entweder blos an der Rindensubsfanz her-
vor, oder weniger häufig auch an den Pyramiden, weldie
ebenfalls injicirt und mit einem graurothen Safte infiltrirt
sind. Die Schleimhaut des Nierenbeckens und der Kelche
ist ebenfalls injicirt, gelockert und mit Sekret bedeckt. Zu-
weilen sind auch die Kapsel der Niere oder auch die Zell-«
hülle entzündet, durch Injection blauroth gefärbt und durch
seröses oder festes Exsudat verdickt. In den Venen- und
Arterienstämmen bilden sich zuweilen feste Gerinnsel. Der
Urin ist sparsam, trübe, blutig gefärbt, eiweisshaltig und
enthält Blutkörperchen, abgestossene Nierenepithelien und
cylinderförmige , faserstoffige Exsudate aus den Hamkanäl-<
chen. (Taf. 4. Fig. 38.)
AVbMr. CruTeilhier Livr. 1. PI. 5. Livr. 36. PI. 5.
In manchen Fällen tödtet die Entzündung beider Nie-
ren rasch unter typhösen Erscheinungen , in anderen Fällen
tritt nach Entleerung und Resorption der Exsudate Heilung
ein, oft folgt, bedingt durch anderweitige Vorgänge, Atro-«
phie der Niere und durch diese später der Tod, sdir sel-
ten ist Eiterbildung.
Während oder nach Beendigung der Exsudation tritt
meist Fettmetamor pfaose der Epithelialzellen der Ham-
kanälchen und des amorphen Exsudates ein. Die Niere er-
scheint geschwollen , ihre Substanz ist heller , gelblich ge-
worden ^ auf der Oberfläche und Schnittfläche- sieht man
noch Injectionen; die Bindensubstanz und die Basis der
Pyramiden leiden vorwiegend, sind gelb, speckig, bdd fest,
bald weidier durch einen r^dwiartigen Saft. (Zahlreiche Fetfc-
kügelchen in den Zdlen der HamkiudUeh^, im amw^^
399
phen Exsudate in und ausserhalb der Kan'älchen.) Der
Urin ist heller, sparsam oder reichlicher, eiweisshaltig, ent-
hält noch Fibrincylinder, Nierenepithelien mit und ohne Fett-
kügeichen, Komchenzellen. Die Zeit des Eintritts dieser
Metamorphose des Exsudates ist yerschieden; man fand sie
schon wenige Tage nach dem ersten Auftreten der Nephri-
tis und nannte deshalb den Zustand : akute Fettniere ; meist
tritt sie erst später ein , zuweilen auch nicht in der ganzen
Niere, sondern nur an einzelnen SteUen.
Auf die Fettmetamorphose folgt Resorption der Fett-
kömchen mit Schwund des Nierengewebes an ein-
zelnen Stellen. In diesem Zustande ist die Niere anfangs
Tom gewöhnlichen Umfange oder kleiner, ihre Oberfläche
ist gelblich-grau und noch mit Grefassramifikationen tiberzo-
gen, glatt oder meist körnig, die Körner sigd hirsekom-
gross, gelb, weich, gleichmässig auf der Oberfläche yer-
theilt oder blos an einzelnen entwickelt; auf dem Durch-
schnitte der Niere sieht man die Bindensubstanz und meist
die Basis der Pyramiden gelblich -grau gefärbt, mit Granu-
lationen durchsetzt: die Rindensubstanz ist yerkleinert. In
höheren Graden ist die Atrophie der Niere noch mehr yor-
wiegend , der Umfang der Niere um das Doppelte und Drei-
fache Termindert, die Granulationen treten mehr herror, das
Gewebe ist fester, nur die Pyramiden zeigen noch normale
Nierensubstanz. Die Granulationen bestehen entweder aun
stark erweiterten, mit emulsiyer Masse gefüllten Hamkanil-
chen, oder aus einer amorphen, reichlich mit Fettkügel-
chen yersdienen und von faserartigen Falten durchzogenen
Masse, wie sie nach Obliteration der Hamkanälchen und
Malpighi*8chen Körper zuräckbieibt. Die festere Zwisdbien-
snbstanz besteht meist aus geschrumpftem, atrophischem
Nierengewebe, seltener aus contrahirtem neugebildetem BiiH
degewebe. Zuweilen fehlen die Kömer, die Substanz ist
speckig und zeigt unter dem Mikroskope dieselbe Vei^nr
392
Hypertropltie. Atroplile.
Hypertrophie bemerkt man an Nerven hypertro-
phischer Organe oder an Nerven , welche, über Geschwülste
Terlaufend, durch diese allmälig gehoben werden , oder nach
chronischer Entzündung des sie umgebenden Zellgewebes.
Die Hypertrophie beruht auf einer Vermehrung der allge-
meinen Zellhülle der Nerven und deren Fortsetzung zwi-
schen die Nervenbünde 1; Vermehrung der Nervenfasern oder
Verdickung derselben ist nicht nachgewiesen. Der Umfang
der Nerven kann um das Doppelte und Dreifache vermehrt
werden. Functionsstörungen erfolgen nicht.
Vergrösserung der Ganglien hat man hie und da ge-
sehen.
Hypertrophie aller Nerven sah man in einzelnen Fällen
in den Leichen Blödsinniger.
Atrophie der Nerven wird bewirkt: durch anhalten-
den Druck oder Zerrung derselben, durch Entzündung und
Neubildungen in ihrem Gewebe, durch Atrophie und Schwund
der Theile, zu welchen sie fiAren oder der Centraltheile,
von welchen sie abgehen, durch gewaltsame Trennung eines
Nerven von seinem Centrum oder centralen Theile. Ausser
einfachem Schwinden der Nervensubstanz bemerkt man zu-
weilen Entfärbung derselben in's Gelbliche, Verhärtung oder
Erweichung.
Hyperämie.
Venöse Hyperämie, als blaurothe Jäamifika(ionen um
die Nerven und in ihrer Substanz, ist häufig als Leichen-
erscheinung in Nerven tief gelegener Theile; nicht selten
sieht man auch Ecchymosen und blaue Färbung der Nerven
unter denselben Verhältnissen.
Die Bedeutung der Hyperämieen und kleinen Extrava-
sale , welche man im Typhus , bei Cholera und Cl\oleratyphus
fand, ist völlig unklar.
393
Die NervenentzünduBg beschränkt sich entweder auf
die Zellhülle oder geht mehr in die Tiefe durch die ganzen
Nerven. Die Zellhülle und fast immer das umgebende Zell-
gewebe und die nächst liegenden Theile zeigen entwickelte
Injection und kleine Ecchymosen^ das Innere der Nerven
ist geröthet , der Nerv erweicht , leicht zu zerfasern ; das
Exsudat ist entweder nur in die Zellhülle und ihre Umge-
bung oder zwischen die Nenrensubstanz selbst ergossen^ es
ist bald serös, bald reich an Faserstoff; der Nerv ist mehr
oder weniger geschwollen und je nach der Masse des Ex-
sudates erweicht und seine Fasern zerfallen.
Das Exsudat orgauisirt, wenn es nicht resorbirt wird,
zuweilen zu Bindegewebe, welches insbesondere die Zell-
hülle massenhaft verdickt, aber sich auch zwischen den Ner-
venfasern bildet und mit Schwund derselben begleitet ist.
Zuweilen organisirt es zu Eiter, der Nerv zerfallt dann
meist zu einer breiigen Masse und geht zu Grunde. Die
Nervenfaser^ zerfallen entweder unmittelbar in kleine Frag-
mente oder sie gehen die Fettmetamorphose ein, stellen sich
als mit Fett gefüllte Röhren dar und zerfaUen später.
Die Entzündung ist bedingt: durch Verwundung der
Nerven, durch Entzündung der benachbarten Theile, durch
Erkältungen.
Nach völliger Durchschneidung der Nerven kann eine
Wiedervereinigung derselben durch neugebildete Nervensub-
stanz eintreten; eine meist leichte Entzündung liefert ein
Exsudat, welches zwischen den Nervenenden das Blastem
für die neuzubildenden Nervenfasern giebt. Nach Amputa-
tionen folgt meist leichte Entzündung, die Enden der durch-
schnittenen Nerven schwinden und verschmelzen mit dem
Narbengewebe oder schwellen kolbig an durch Neubildung
von Bindegewebe.
In Leichen von an Tetanus trauwalicus Gcüitorbenen
401
Harnkanälchen) längere Zeit unverändert, oder verschrum-
pfen zu einer farblosen oder pigmentirten Narbe, oder ge-
hen in Eiterherde über (s. oben). Die übrige Nierensub-
stanz ist hyperä misch oder unverändert. Die Gestalt der
bifarcte ist meist keilförmig, die Basis nach Aussen (Fibrin-
keile).
An die beschriebenen , durch Entzündung bedingten
Veränderungen reihen sich noch einige Degenerationen
der Niere, welche vielleicht ebenfalls auf den entzündli-
chen Process zurückzuführen sind:
1) Fettniere. Ausser im Verlauf der akuten oder
chronischen difTusen Nephritis kommt nicht selten Fettdege-
neration der Niere vor, welche sich von der oben beschrie-
benen durch den Mangel von Hyperämie und Eiweiss- oder
Fibrinexsudation unterscheidet. Sie findet sich meist bei
Tuberkulösen neben Fettleber, beginnt in Form kleiner gel-
ber Flecken, welche sich allmälig über die ganze Niere ver-
breiten, so dass dieselbe blass gelblich gefärbt wird; auch
die Pyramiden erblassen sehr bald. Der Vorgang besteht
in Fettmetamorphose der Epithelien der Harnkanälchen. Ob
auch hier allmälig Atrophie der ganzen Niere eintreten kann,
muss ich noch ungewiss lassen, wohl aber sah ich nicht
selten an solchen Niesen partielle Atrophie und narbenartige
Einziehung.
2) Speckniere. Bei Krankheiten, welche eine Be-
hinderung des Bückflusses des Venenblutes nach dem rech-
ten Herzen und dadurch chronische Hyperämie der Niere
bedingen, oder welche Kachexie zur Folge haben, finden
sich die Nieren zuweilen fest, mit glänzender Schnittfläche,
die Rindensubstanz in verschiedenen Graden vom kaum
merklichen bis zu fahlgelber Farbe entfärbt, daneben zu-
weilen hie und da hirsekorn- bis erbsengrosse, gelbe, sehr
harte oder eiterartige, weiche Stellen. Diese Veränderung
ist bedingt bald durch Vergrösserung der Epithelien unter
405
Yennebruiig des molecularen Inhalts allein ^ bald durch
gleichzeitige Yennebrung der Menge der Epithdien der Harn-*'
kanälchen ; . im ersten Falle findet man die Hamkanälchen
stark erweitert und durch die dunkle Molecularmasse in den
Zellen scheinbar ganz angefüllt, im zweiten Falle findet man
die Hamkanälchen weit und mit atrophischen, yerschrumpf-
.ten Zellen in ungeordneten Massen strotzend gefällt. Die
oben genannten harten Knötchen sind bedingt durch par-
tielle Hypertrophie des interstitiellen Bindegewebes und Zel*
lenvermehrung , die weichen, aus rahmiger Flüssigkeit be-
stehenden, durch massenhafte Zellenbildung in den Ham^
kanälchen.
Zuweilen sind diese Nieren aussergewöhnlich hart und
schwer zu durchschneiden, dann findet man stets allgemeine
Hypertrophie des interstitiellen Bindegewebes. Nicht selten
tritt in den Epithelien partiell oder allgemein Fettdegenera-
tion ein. Auch bei dieser Veränderung fehlt es mir an hin-
reichenden Beobachtungen, um darüber entscheiden zu kön-
nen, ob endlich Zerfall der Zellen und Atrophie der Niere
daraus hervorgeht; die Urinmenge wird nicht yermindert, er
ist nicht eiweisshaltig und die bei solchen Kranken vorkom-
menden hydropischen Erscheinungen kommen auch vor bei
gesupden Nieren.
Patholoipiiehe ureabilduni^eii«
Neubildung von Bindegewebe bei Nephritis und*
Speckniere.
Neubildung von Fett findet sich:. 1) als Fettmeta-
morphose der Epithelien der Hamkan^Jchen bei Nephritis
und Fettniere ; 2) als Fettmetamorphose , Atrophie und Anär-
mie der Niere bei massenhafter Hypertrophie des die Niere
umhüllenden Fettgewebes, welches von allen Seiten, insbe-
sondere von den Kelchen Uer die Nierensubstanz verdrängt.
Im höchsten Grade erjölgt völlige Atrophie der Niere mijt
406
Verödung der Harnwege; 3) als Fettmetamorphose mit
Schwund der Niere bei Hydronephrose (s. unten).
Goncretionen finden sich in alten Exsudaten, In-
farcten, Abscessen. In den Harnkanälchen der Pyramiden
findet sich bei Erwachsenen zuweilen kohlensaurer und phos-
phorsaurer Kalk angehäuft, sogenannter Ealkinfarct,
kenntlich an einer weisslich- gelblichen Streif ung der Pyra-
miden; die Bedingungen seiner Entstehung sind unbekannt;
bei Säuglingen sehr häufig hamsaures Ammonium oder Na-
tron, sogenannter Harnisäureinfarct, kenntlich an der
gelbrothen oder hochrothen Streifung der Pyramiden, nahe
an den Papillen. Nach V i r c h o w ist der Infarct bei Neu-
geborenen eine Folge der massenhaften Umsetzung stick-
stoffhaltiger Stoffe gemäss der grossen Umwälzungen der
Ernährung nach der Geburt und daher eine physiologische
Erscheinung; beim Fötus ist er eine pathologische Erschei-
nung und bedingt Stockung des Urinabgangs und Cysten-
bildung. Ausser diesen auf die Harnkanälchen beschränk-
ten Goncretionen finden sich auch grössere, sogenannte
Nierensteine, die sich nach Brodie und Froriep
durch Vergrösserung der ersteten entwickeln und später aus'
den Papillen, nach deren partieller Zerstörung, in die Kel-
che und Becken gelangen. Die Steine bestehen aus Harn-
oder Kalksalzen.
Abbildung;: Froriep, Klin. Kpft. T. 59.
Seröse Gysten sind in den Nieren häufig. Ganz
gewöhnlich sind hirsekorn- bis erbsengrosse, mit hellem Se-
rum gefüllte und mit einem Epithelialüberzuge versehene
Gysten in der Peripherie der Niere ; die grösseren oder eine
grosse Anzahl derselben sind schon seltener, zuweilen fin-
det man hühnereigi:osse oder Aggregate von kleineren Cy-
sten mit Schwund des Nierengewebes. In einzelnen Fällen
ist die ganze Niere mit Gysten gefüllt (Blasenniere des Fö-
tus, der Neugeborenen) oder in denselben untergegangen,
407
wodurch beträciitliche Vergrösserujbg der Niere bedingt
wird.
Sie finden sich im Fötus, bei Kindern und Erwachse-
nen; die Bedingungen ihrer Entstehung sind yerschieden:
1) Verstopfung der Hamkanälchen durch Kalk; oder ham-
saure Salze , Exsudat an einer Stelle , darauf folgende Stok-
kung des Urins j Ausdehnung der Hamkanälchen oder einer
Malpi^i'schen Kapsel und allm'älig Gystenbildung ; die kleui-^
sten Cysten bestehen aus einem erweiterten und allmSlig ab-
geschnürten Hamkanälchen 9 die grösseren entstehen durch
Zusammenfliessen der kleineren , man kann an einer Niere
alle Stadien von den kleinsten mikroskopischen bis zu den
erbsen- bis taubeneigrossen Cysten Terfolgen. In einem
Falle fand ich die Yergrösserüng beider Nieren eines Säug-^
lings bedingt durch gleichmässige Erweiterung aller Ham-
kanälchen der Niere zu makroskopischen Schläuchen ohne
eigentliche Cystenbildung; 2) Umwandlung eines Extravasa-
tes oder Exsudates durch Yermittelung von Zellenbildung
und Zerfall derselben in eine seröse Cyste; 3) Neubildung
aus einem gallertartigen oder serösen Exsudate; 4) CoUoid-
metamorphose der Epithelien, wodurch das interstitielle Zell-
gewebe zu einem, coUoidhaltige Zellen tragenden, alveolaren
Gerflst mngewandeit wird, aus welchem sich allmälig ey-
stenartige Bäume bilden.
Der Inhalt der Cysten ist meist serös, zuweilen gal-
lertartig, zuweilen wird er dicker, atheromasirt oder ver-
kreidet.
Abbildungen: Cruveilhier Lirr.^. PI. 6. Carswell Fase. lOl.
PI. 1. Baillie Fagc. 6. PI. 7. Rayer T. 26, 27, 31.
Krebs ist in der Niere nicht selten, entwickelt sich
als Markschwamm zu grossen Geschwülsten , in welchen die
Niere gänzlich untergeht oder sich noch in einigen Pyra-
miden mit den Hamwegen erhält. Zuweäen erstreckt er
408
sich auch auf die benachbarten Orgaue.. Seltener erscheint
der Krebs in Form kleiner , in die Niere zerstreuter Knoten.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 1. PI. 4. Livr. 18. PI. 1. Ray er
T. 45 — 49.
Tuberkel findet man in den Nieren entweder als
kleine graue oder gelbe, in Bindensubstanz und Pyramiden
zerstreute und gruppirte Knötchen oder als Umwandlung
eines grossen Theils der Substanz in eine gelbe, käsige,
feste Masse. Diese ausgebreitete Entartung geht meist von
den Kelchen aus, welche zuerst entarten, worauf die Py-
ramiden und zuletzt die Bindensubstanz ergriffen werden.
Findet keine Tuberkulose der Kelche und Harnwege über-
haupt statt, so kommen Tuberkel in den Nieren nur selten
als sparsame, kleine Miliartuberkel vor.
Abbildungen: Rayer T. 42 — 44.
Parasiteiit
Echinococcus kommt in kleinen oder grösseren, zu-
weilen kindskopfgrossen Blasen vor, welche die Nierensub-
stanz verdrängen und ihren Inhalt zuweilen in die Bauch-
höhle, in den Dickdarm, in das Becken entleeren; kleine
Bläschen gelangen durch die Ureteren in die Blase und durch
die Harnröhre nach Aussen.
Abbildung: Ray er Taf. 18 — 30.
Cysticercus ist selten.
Strongylus gigas ist höchst selten, es ist ein ^ —
3' langer, 2 — 6''' dicker, blutrother, runder Wurm (Ne-
matode), mit abgestumpftem Kopfe und geringeltem Leibe.
Er findet sich in der Nierensubstanz und dem die Niere
umgebenden Zellgewebe und erregt oft Entzündung und Zer-
störung der Niere. Die Geschlechter sind getrennt; seine
Entwicklung und Einwanderung sind unbekaimt.
409
t
2. Das Nierenbecken und die Harnleiter.
Bildungsfehler: Mangel bei* Mangel der Niere,
Blinde Endigung der üreleren in der Nähe der Blase oder
des Beckens. Bildung zweier Becken, welche in zwei Harn-
leiter jnünden , die gewöhnlich yor ihrer Einmündung in die
Blase zusammenfliessen ; die Pyramiden der Niere sind ent-
sprechend den beiden Becken gruppirt.
Abbild. : R a y e r T. 40.
Cirweiterun^
tritt ein, sobald ein Hindemiss im Abflüsse des Harns ent-
steht und wird durch den angesammelten Urin bewirkt.
Dergleichen Hindemisse sind: angeborene blinde Endigung
der Ureteren, Verengung derselben durch Texturverände-
rungen, Verstopfung durch Steine, Druck von Geschwül-
sten, alle Zustände, welche den Abfluss des Urins aus der
Harnblase verhindern.
Die Erweiterung der Harnleiter kann sich zu
einem holien Grade steigern, so dass der Durchmesser ^ —
i'^ beträgt; sie erscheinen dann geschlängelt und hie und
da mit, den PHciß »igmoideU des Darmes entsprechenden,
Einknickungen versehen; ihre Wände sind normal (also re-
lativ hypertrophisch) oder verdickt.
Die Erweiterung des Beckens und der Kcl^-
che, resp. der in ihnen angehäufte Urin, bewirkt, wenn
sie irgend beträchtlich wird, Schwund der Nieren, der mit
gänzlichem Untergang der Nieren endigen kann. Zunächst
schwinden die Papillen und der ganze Hylus wird mit den
erweiterten Kelchen und Becken ausgefüllt, später wird die
Niere platt und liegt auf dem durch die Erweiterung ent-
standenen, mit* Urin gefüllten Sacke platt auf; in diesem
Zustande ist eine Urinabsonderung nicht mehr möglich, aber
die Schleimhaut der Kelche und des Beckens sondert grosse
410
Mengen Schleim und später, indem sie durch die Ausddi-
nung verändert und einer serösen Haut ähnlich geworden
ist, Serum ab und dadurch wächst die Erweiterung endlich
bis zu dem Grade, dass die Niere zu einem unscheinbaren
Blättchen oder ganz schwindet, während die erweiterten
Kelche und Becken einen grossen Sack darstellen, der durch
Scheidewände in unter einander communicirende Fächer ab-
getheilt ist, oder einer cystenartigen Blase gleich ist. Den
Inhalt bildet eine trübe, wässerige oder breiige, seltener
klare seröse Flvissigkeit (Hydrops renalis), aus welcher
der Urin meist geschwunden ist und welche durch Exsudate
oder Hämorrhagieen mannichfach verändert werden kann.
Abbildungen: Cra?eilhier Livr. 36. PI. 3, 4. Hope Fig. 230.
Baillie Fase. 6. PI. 5, 6. Rayer T. 21 — 25, 63.
Hyperämie f Hämorrhagpfe
finden sich neben allen Arten der Entzündung, insbeson-
dere bei chronischem Katarrh, bei Hindernissen im Rück-
flüsse des Venenblutes und Purpura , Typhus , Cholera u.
s. w. Die Hyperämie ist meist yenös , die Blutung geht in
die Schleimhaut oder in die Höhle der Hamwege, worauf
das Blut flüssig mit dem Urin abgeht oder coagulirt und
Verstopfung des Lumens mit ihren Folgen bedingen kann.
i) Katarrhalische Entzündung des Beckens
(Pyelitis) begleitet stets die entzündlichen Zustände der
Niere und. ist ausserdem meist bedingt durch Hamconcretio-
nen oder Harnsteine im Becken oder durch den B/ciz lange
im Becken stagnirenden Harnes. Die Entzündung ist meist
chronisch, exacerbirt sehr leicht und wird akut; man findet
in der Kegel das Becken erweitert, gefüllt mit alkalischem
Urin, an einer Stelle Concretionen oder einen Stein; die
Schleimhaflt ist bedeckt mit Eiter, durch dunkele Gefässra-
411
mificationen , Ecchymosen und schiefergraue Flecken gefärbt,
weich, in der Nähe der Concrelionen oft dunkelroth und
erweicht, fehlend; das submucöse Zellgewebe ist infiltrirt.
Häufig sind kleine Schleimhautgeschwüre, Injection und
Verdickung des umgebenden Zellgewebes. Die Niere, nimmt
an der Entzündung zuweilen Theil, die sich bald auf die
ganze Niere erstreckt, bald akut, bald chronisch ist; bei
Anstauung des Urins im Becken erfolgt Atrophie der Niere.
Leichtere Grade dieses Katarrhs heilen nach Entfernung
der Steine u. s. w.; höhere Grade führen meist zu Verei-
terung der Wand des Nierenbeckens, Harninfiltration der
Umgebung und ausgebreiteter Eiter- und Jauchebildung in
dem Zellgewebe um die Nieren {Perinephritis) und hinter
dem Bauchfelle (Retroperitonealabscesse, Senkungsabscesse
in den Weichen), auf welche Perforationen des Bauchfells,
eines Darmes, des Zwerchfells u. s. w. folgen können.
Selten erfolgt eine Art Heilung : indem die Eiterbildung
nicht zur Perforation führt, füllen sich Kelch und Becken
allmälig mit Eiter und Hamsalzen, die Niere schwindet und
der Harnleiter obliterirt und man hat dann einen mit yer-
kreidetem Eiter und Hamsedimenten inkrustirten oder ge-
füllten Sack vor sich, von ähnlichem Bau, wie der oben
bei Erweiterung beschriebene.
Zuweilen setzt die Entzündung, besonders in der näch-
sten Umgebung eines Harnsteins, Exsudate in die Zell^
und Faserhaut des Beckens, welche zu Bindegewebe orga-
nisiren und daher Verdickung dieser Häute bewirken. Spä-
ter treten oft Concretionen an diesen Stellen auf und es
erfolgt eine Art Verknöcherung des Beckens und der Harn-
leiter.
Die Harnleiter nehmen an der Pyelitis fast immer Theil,
ihre Entzündung beschränkt sich in der Kegel auf Katarrh
der Schleimhaut, mit den daraus hervorgehenden Verände-
rungen. Der Urin ist bei Pyelitis alkalisch, übelriechend.
412
trQb, enthält viel Tripelphosphate , £iterzellen , zuweil^
Blut.
Abbildung: Rayer T. 11 — 20.
I
2) Croupöse und diphtheritische Entzündung
findet sich neben der katarrhalischen oder als Theilerschei-
nung allgemein verbreiteter croupöser und diphtheritischer
Exsudationen bei putrider Infection, Typhus, Exanthemen
u. s. w.
Patlioloffisehe UTeuliilduiii^eii.
Cysten: kleine, unter der Schleimhaut befindliche, mit
Serum oder Gallerte gefüllte Bälge.
Concretionen in den verdickten Wänden nach Ent-
zündung derselben. Harnsedimente in Gestalt von Gries
oder grösseren Steinen, liegen frei oder an der Wand des
Beckens, gehen mit dem Urin ab, werden zuweilen in den
Ureteren eingekeilt und bewirken daselbst Entzündung, Per-
foration u. s. w. wie die Steine im Becken.
Krebs pflanzt sich von 'Aussen auf die Häute fort,
selten wuchert er selbstständig von der Schleimhaut aus ne-
ben Krebs in der Blase oder den Nieren.
Tuberkel finden sich meist in Begleitung von Tu*-
berkulose der Geschlechtstheile , insbesondere der Hoden,
Samenbläschen, Prostata; die Entartung erstreckt sich auf
die Hamwege in ihrer ganzen Ausdehnung oder findet sich
vorzugsweise im Becken und den Kelchen , von welchen sie
meist auf die Nieren übergeht. Man findet theils kleine
zerstreute oder gruppirte Granulationen in der Schleimhaut
und aus ihrem Zerfall hervorgegangene Geschwüre, theils
gleichmässige Entartung der Schleimhaut zu einer festen,
gelben , käsigen ; an einzelnen Stellen erweichten Masse.
Abbildungen: Rayer T. 43, 41.
413
ä. Die Harnblase.
Bilduni^sfehler.
Mangel sehr selten neben mangelhafter Entwickelung
des ganzen Harnapparates.
Abnorme Kleinheit. Theilung der Blase durch rudi-
mentäre oder vollständige Scheidewände.
Spaltungen. 1) Die Blase ist normal gebildet , ihr
Fundus geht* aber in einen schlauchförmig erweiterten Ura-
chus über und mündet offen in einer Lücke der Bauch-
wände, durch welche die hintere Wand der Blase prolabi-
ren kann.
2) Es fehlt die vordere Blasenwand nebst der entspre-
chenden Bauchwand, die Symphyse, und zugleich findet
sich Spaltung der Urethra. Man sieht in der Gegend des
Schamberges eine rothe, weiche Geschwulst, bestehend aus
der hinteren Wand der Blase , die sich nach allen Seiten in
die Bauchwände fortsetzt, nach unten in die gespaltene
Urethra übergeht, der Urin träufelt aus den Mündungen der
Ureteren und fliesst ab (Ectrophia^ Inversio vesicae
urinariae). Der Penis ist dabei unentwickelt, die obere
Decke der Urethra fehlt, so dass dieselbe nur einen Halb-
kanal bildet , der in den Halbkanal der Blase übergeht (Epi-
spadiasis). In seltenen Fällen sind die Symphyse .und
die Urethra nicht gespalten und nur die Blase verändert.
Beim weiblichen Geschlecht findet sich diese Missbildung
in entsprechender Weise seltener.
Abbildangeli : F r o r i e p , Chir. Kpft. T. 340, 341 . A m m o n , Die
angeb. cbir. Kkhten T. 16, 17. Vrolik, Tab. ad ill. embr. T. 29-~32.
Sandifort, Mus. anat. T. 195.
3) Spaltungen der hinteren Blasenwand sind selten, sind
auf eine kleine Stelle beschränkt, yon Spaltung des Scro-
tums und der Urethra begleitet oder ausgedehnt und mit
Spaltung der Geschlechtsorgane und des Bectums verbunden
(iüoakbUdiuig).
\
414
Verengerung des Orificium mit Erweiterung
der Blase. <
Erweiterung^. Terg^rdsseruni^,
Die Erweiterung der Harnblase entwickelt sich
rasch oder langsam, erreicht zuweilen einen so hohen Grad,
dass die Blase den Umfang eines Mannskopfes und mehr
erhält. Die Erweiterung wird zunächst bewirkt durch den
in der Blase angehäuften Urin, dessen Abfluss durch Er-
sdilafiFung, Lähmung der Blasen wand oder häufiger durch
Verengerungen des Orificium behindert wird. Die Wände
der erweiterten Blase sind dünn oder normal dick oder am
häufigsten verdickt , indem die Muskelbiindel zu dicken Bal-
ken anschwellen, welche eine den Trabekeln der Herzkam-
mern ähnliches Ansehen bekommen. Die Schleimhaut häu-
fig katarrhalisch entzündet; nicht selten greift diese Ent-
zündung weiter und endet mit Perforation der Blase (s.
unten).
Zuweilen sind nur einzelne Theile der Blase erweitert.
Als partielle Erweiterung sind ausserdem zu betrachten
die Ausbuchtungen, Divertikel, der Schleimhaut zwischen
den Lücken der ein grobes Balkenwerk bildenden, hyper-
trophischen Muskellagen der Blase, durch den an diesen
Stellen am wenigsten Widerstand findenden Druck des Urins.
Diese Divertikel sind anfangs klein, vergrössern sich all-
mälig und können endlich faust- und kopfgrosse Säcke
darstellen, welche mit der Blasenhöhle durch eine Spalte
oder rundliche Oeflfnung communiciren; ihre Wände beste-
hen aus der Schleimhaut, Zellschicht und dem Peritoneum,
ihr Inhalt aus Urin, in welchem sich zuweilen Sedimente,
Gries und Steine bilden. Zuweilen findet Entzündung der
Divertikel statt.
Eine Verengerung der Blase findet statt durch
Contraction oder allmälige Verdickung der Wände durch
415
— ■* » v
chronische Eutzündung, meist bei Auwesenheit yf>n Steinen
in der Blase.
Hypertrophie der Schleimhaut findet sich bei
Katarrh derselben.
Hypertrophie der Muskelhaut bei langwierigen
Katarrhen, Blasensteinen und Hindernissen des Urinabflus-
ses im Orificiiun; die Muskelbändel bilden ein den Herz-
trabekeln nicht unähnliches Balkenwerk, sie sind 1— ^'^^
dick, haben ein derbes, fleischiges Ansehen. Die Blase ist
meist erweitert, zuweilen verengert.
Abbildungen: Cruveiihier I4vr. 39. PI. 2.
Hypertrophie aller Häute, als Umwandlung der-
selben zu dicken fibrösen Lagen, findet sich nach chroni-
scher Entzündung und bei Krebs der Schleimhaut.
Atrophie der Blasenwände ist' zuweilen Folge blei-
bender Erweiterung, die Schleimhaut wird dünn, einer se-
rösen Haut ähnlich, die Muskeln schwinden fast yöllig.
Zerreissung der Wände durch übermässige Ausdehnung ist
höchst selten.
Hyperämie* Hamorrliafple«
Abnorme Blutfülle der kleineren Yenen der Schleim-»
haut und der yenösen Plexus in deren Umgebung mit Er-
weiterung derselben ist nicht selten bei Hindernissen im
Abflüsse des Hohlyenenblutes und kommt in Begleitung yon
Erweiterung der Mastdarmyenen (Hämorrhoiden) unter den-
selben Yerfaäitnissen yor als diese. In diesem Falle kommt
es auch wohl zu Blutungen in die Häute und Blasen»
höhle; ausserdem yeranlasst die Hyperämie Katarrh dtf
Schleimhaut und Hypertrophie der Wände.
SSntsfindiuiy.
1) Katarrhalische Entzündung ist meist eine
chronische mit akuten Exacerbationen , zuweilen eine akute,
416
welche bald in Heilung oder in chronische Entzündung über-
geht. Sie ist bedingt durch Verwundung, den Rei? frem-
der Körper, Blasensteine, angesammelten und zersetzten
Urin bei Stenose der Urethra oder Lähmung der Blase,
durch Erkältungen, Entzündung benachbarter Theile, oder
ist Ton der der Harnröhre fortgesetzt.
Bei chronischer Entzündung ist die Blase anfangs klein,
die Häute sind verdickt, insbesondere ist die Schleimhaut
angeschwollen, schieferfarbig, an einzelnen Stellen injicirt,
bedeckt von einer grossen Menge gallertartigen Schleims
oder Eiter, welche in grossen Klumpen oder seltener im
Urine vertheilt durch die Harnröhre abgehen. Dieser Ka-
tarrh dauert oft sehr lauge, geht in Heilung über oder führt
zu weiteren Veränderungen.
Wahrscheinlich durch den Reiz des zersetzten Urins
steigert sich zuweilen die Entzündung der Schleimhaut und
greift auch auf die anderen Häute über; der Contact der
entzündeten und nicht mehr durch den Schleim gedeckten
Theile mit dem Urine führt raschen Zerfall der Exsudate,
Jauchebildung und Gangränescenz herbei. Man findet dann
die Blase weit, ihre Häute schlaff; sie ist gefüllt mit einem
höchst übehriechenden , durch Eiter und Blut getrübten Uri-
ne; die Schleimhaut ist an vielen Stellen erweicht, braun
oder schwarz, zu jauchenden Fetzen zerfallen und mit Harn-
Sedimenten inkrustirt, die Muskelhaut und Zellhaut ent-
färbt, schlaff, infiltrirt, zwischen ihnen zuweilen Eitergänge.
Auch dieser Grad kann im günstigen Falle heilen, führt
aber oft zum Tode. Die Heilung geschieht unter Bildung
dicker fibröser Narben.
Es konnnt femer entweder durch Zerfall der Blasen-
wände in Eiter und Jauche an einer Stelle zur Perforation
und zu tödtlicher Peritonitis; oder die Entzündung breitet
sich auf Ureteren, Nierenbecken und Nieren aus.
Zuweilen tritt in Folge der Perforation keine allge«*
117
meine Peritonitis ein, sondern eine circumscripte und eine
Entzündung des. die Blase umgebenden, hinter dem Perito-
neum und zwischen ihr und den benachbarten Theilen gele-
genen, Zellgewebes: es bilden sich Eitersäcke und Fistel-
gänge (im Becken und zwischen den Beckenorganen), deren
Wände zuweilen ebenfalls mit Hamsedimenten inkrustirt
sind, Perforationen einzelner Theile und Fistelgänge nach
Aussen.
Sehr misslich ist gewöhnlich der Verlauf bei sehr alten
Leuten und bei Paraplegischen , die Blase ist bei diesen
schlaff, weit, enorm injicirt, blauroth, die Schleimhaut, das
submucöse Zellgewebe und die Muscularis erweicht und
stellenweise zerfallen. Der Tod erfolgt rasch unter Delirien
und Coma.
Abbildungen: Rayer T. i7, 57, 58. Cruveilhier Livr. 17.
PL 2. Livr. 39. PI. 2.
2) Croupöse und diphtheritische Entzündung
kommt Tor als Exacerbation der katarrhalischen Entzün-
dung, und bei Exanthemen, Typhus, Cholera, putrider In-
fection, sie setzt allgemein verbreitete oder auf kleinere
Stelle beschränkte Exsudate, die Erweichung oder Ver-
, schwärung der Schleimhaut bewirken oder als Brandschorf
abgestossen werden.
3) Blatt er pusteln auf der Blasenschleimhaut sind
sehr selten.
4) Pericystitis, Entzündung des die Blase umge-
benden Zellgewebes, ist Folge der Blasenentzündung und
Perforation, oder Theilerscheinung yerbreiteter Exsudatio-
nen mit Eiterbildung bei putrider Infection, oder selten
spontan erscheinend. Sie führt oft zu ausgebreiteter Ver-
eiterung des Zellgewebes zwischen den Beckenorganen, Per-
foration der Blase und anderer Theile, seltener sind ihre
Exsudate weniger massenhaft und bilden fibröse Verdickun-
27
418
g»n des Zellgewebes um die Blase und fe$iie VerwDcksun-
g«n d«r Beckenorganc.
Die Blase findet sieb zuweilen mit einem Theile ihrer
Wanjuilg in Leisten-, Mittelfleiseh- oder Sclieidenbräcben.
Sie kann durch benachbarte Geschwülste aus ihrer Lage
verdrängt werden. Bei Weibern findet zuweilen eine Ein-
ptUIpung derselben in die Harnröhre und eine .Art Vorfall
diircb dieselbe statt.
Verletzungen durch scharfe Instrumente sind meist
dnreh die in Folge des ausgetretenen Harnes entstehenden
Snt^Hnd^ngen gefährlich und oft tödtlich, zuweilen heilt
die Wunde rasch, ehe Austritt von Harn erfolgt.
Zerreissungen hat man nach heftigen Contusionen be-
obachtet, spontane Zerreissung durch üeberfüUung ist höchst
selten.
Perforation erfolgt durch primäre Entzündung und
VereUerung der Blasen wände oder sekundäre vom Rectum,
der Vagina oder dem umgebenden Zellgewebe aus.
Putlioloyieche Weubildunyen.
Neubildung von Bindegewebe: als fibröse Ver-»
^ckung der Blasenwände nach Entzündung und bei Bla-
senkrebs.
Cysten finden sieb sehr selten unter der Schleimhaut.
Auf der ScUeimbaiit entwickeln sich zuweilen an dis-
kf#tee Stellen oder in ihrer ganzen Ausbreitung papil-
läre Geiachwülste, sie bestehen aus feinen cy ündrischen
oder platten, papillenartigen Verlängerungen der Schleim-
h^iit, deren Stamm erweiterte, verlängerte und sprosaenar-
ÜC auggebucbtete CapUlargefässaehlingen, getragen von Knde^
g^wob^ y bilden > und welche von Massen von Epithelien be-*
deckt werden, die sich als rahmiger Saft abstreifen lassen«
419
(Taf. 2. Fig. 10 a.) In ihrem Gewebe entwickeln sich nach-
träglich zuweilen Krebsmassen und die Neubildung wird
nun zum sogenannten Zottenkrebs. Man findet dann
Ton der Schleimhaut ausgehend zottige oder blumenkohlar-
tige, aus cylindrischön , kolbigen, feineren oder gröberen
Papillen bestehende Massen, jede einzelne Papille enthält
im Bindegewebsstamm angehäuften Krebssaft. (Taf. 2.
Fig. 10 b.)
Ausserdem findet sich Krebs in der Blase nicht gar
selten , ist aber meist vom Uterus oder dem Rectum her
auf die Blasenwände übergegangen, selten primär in den-
selben entstanden. Er findet sich in Gestalt yon Mark«
schwammknoten zwischen den Häuten, die letzteren -zuwei-
len durchbrechend und in die Blasenhöhle wuchernd oder
als scirrhöse Entartung grösserer Strecken. Die Blase ist
zusammengezogen, hypertrophisch oder ausgedehnt und ihre
Wände sind fibrös verdickt.
Der Krebs verursacht oft Blutungen, Stagnationen des
Urins, Entzündungen der Blasenhäute, zuweilen Steinbil-
dung im stagnirenden Urine.
Im Urine der Harnblase entstehen Concretionen aus
Hambestandtheilen, die sich als Gries oder Steine dar-
stellen, frei in der Blasenhöhle, oder in einer Ausbuchtung
ihrer Häute, oder in einem Divertikel der Schleimhaut lie-
gen. Sie finden sich bald in grosser Anzahl, bald einzeln;
ihre Grösse wechselt von dem sandartigen Griese zu gänse-
ei-, ja fast kindeskopfgrossen Massen, welche dann die
Blasenhöhle ausfüllen und ausdehnen. Die Steine sind hau*
fig Ursachen von Blasenentzfindung mit deren üblen Folgen.
Die hauptsächlichsten Arten derselben sind:
1) Steine aus Harnsäure und harnsauren Sal-
zen. Die Hamsäuresteine sind häufig, selten aber rein
und irditti, sondern meldt tötblich, braun durch Hamfarb-
ätöff Qnd ton anderen Satieik begleitet, insbesondere von
27*
420
harnsaurem Ammoniak. Das letztere allein bildet seilen
Steine, ebenso kommen harnsaurer Kalk, Natron und Magne-
sia fast nur in Verbindung mit anderen Bestandtheilen vor.
Die Steine sind meist rund, glatt, hart oder kreidig, häufig
blätterig. (Taf. IV. Fig. 31-33.) •
2) Steine aus phosphorsaurem Kalk und phos-
phorsaurer Ammoniakmagnesia sind häufig, die Steine
sind weisslich, kreidig, häufig blätterig, schalig. Sie bilden
oft weissliche Schalen um braune Kerne von Harnsäure
(Taf. IV. Fig. 35).
3) Steine aus oxalsaurem Kalk sind häufig und
an ihrer rauhen, warzigen Oberfläche kenntlich (Mäulbeer-
steine).. (Taf. IV. Fig. 34.)
4) Steine aus Cystin sind selten, sie sind gelb-
lich, glatt und auf der Bruchfläche krystallinisch. (Taf. IV.
Fig. 37.)
5) Steine aus harniger Säure, Harnoxyd, sind
sehr selten.
6) Steine aus eingetrocknetem Schleim und Eiter,
in welchen sich Concretionen bilden, sind selten als alleinige
Bestandtheile, häufig als Kern oder Schale anderer Steine.
7) Steine aus Harnsäure, bamsauren Salzen, phos-
phorsauren Salzen und Schleim zugleich bestehend, sind die
häufigsten; oft wechseln die Bestandtheile in concentrischen
Lagen ab.
Die Bedingungen ihrer Bildung hat die pathologische
Chemie darzustellen.
■
4. Die Harnröhre.
Bildun^sfeliler.
Mangel und mangelhafte Bildung der Harnröhre geht
fast stets Hand in Hand mit dergleichen Bildungsfehlern im
übrigen Harn- und Geschlechtsapparat. Bei Spaltung. der
Blase (Inyersio) fehlt sie beim Weibe gänzlich, beim Manne
421
fehlt ihre Decke und sie bildet einen nach oben ofifenen
Halbkanal auf einem rudimentären Penis. Der letzte Zu-
stand kann als Epispadiasis auch ohne Blasenspalte vor-
kommen.
AbbUd. : A m m o n , Die angeb. chir. Kkhten T. 18. Fig. 16 — 18.
Hypospadiasis: der Penis ist klein, hat an seiner
unteren Seite eine Furche, welche in die Urethra (richtiger
den Canalis uro 'genitalis) übergeht, die sich an der Wur-
zel des Penis öffnet, das Scrotum ist oft gespalten. (S.
Zwitterbildung.)
Abbild.: Ammon, Die angeb. chir. Kkhten T. 18. Fig. 9—14.
Völliger Mangel der Urethra bei wohl gebildetem Pe-
nis ist selten , zuweilen fehlt ihr vorderer Abschnitt und sie
mündet an der Unterseite des Penis.
Zuweilen mündet sie in Mastdarm oder Scheide, oder
nimmt diese auf (Cloake).
Angeborene Erweiterungen finden sich besonders
beim Manne in verschiedener Ausdehnung; die Erweiterung
stellt sich meist als sackförmige dar und erreicht selten ei-
nen hohen Grad.
JEntzündung^.
1) Katarrhalische Entzündung ist sehr häufig,
man unterscheidet den einfachen Katarrh, bedingt durch
Genuss reizender Getränke, mechanische Reizung, Erkäl-
tung, von dem Tripperkatarrh, der durch Ansteckung beim
Coitus entsteht; ausserdem hat man Katarrh bei Scrofulö—
sen und Gichtischen beobachtet.
Die Entzündung ist akut oder chronisch, auf diei
ganze Harnröhre ausgedehnt oder auf einzelne Stellen (kahn-
förmige Gewebe, Bulbus) beschränkt. Sie bleibt auf die«
Schleimhaut beschränkt oder geht auf das submucöse Ge-
webe, alle Häute der Harnröhre und selbst auf die Corpora
spongiosa über. Zuweilen sind eine oder mehrere der Lit-
422
tre'scheu Priisen besonders entzündet und geschwollen und
obturiren das Lumen der Harnröhre (Brodie). Nicht seU
ten setzt sich die Entzündung auf Samenleiter und Neben-
hoden fort.
Die anatomischen Verhältnisse sind gleich denen jeder
ajideren katarrhalischen Entzündung; der Verlauf ist rasch
pder zuweilen sehr lang, im Verlaufe des chronischen Ka*
tarrhs treten oft weitere Veränderungen ein; die Schleim-r
haut wird derb, wulstig, die Follikel schwellen an, es ent-
stehen flache ülcera, polypöse Ausbuchtungen der Schleim-
haut, Entzündung und Verhärtung der Häute der Harn-
röhre und der Corpora spongiosa (s. Striktur).
2) Croupöse Entzündung kommt bei Kindern in
einzelnen Fällen primitiv vor, ist auf einzelne Stellen be-
schränkt oder ausgebreitet.
3) Blatterbild üng kommt bei Variola zuweilen vor.
4) Ulcus syphiliticum; der Chanker der Harn-
röhre sitzt meist in der Nl9ie des Orificiums, doch auch
zuweilen im weiteren Verlaufe der Harnröhre, ist nicht sel-
ten von Entzündung des spongiösen Gewebes begleitet.
Vereni^erimy. Striktur.
Die Hamröhrenstriktur ist Folge der Entzündung und
d^ren verschiedenen Ausgänge. Sie wird gebildet: a) von
gewulsteten, derben, in das Lumen der Harnröhre klappen-
artig ragenden Schleimhautfalten; b) von auf grössere Stel-
len ausgedehnten, knotigen Verdickungen der Schleimhaut
und des submucösen Zellgewebes; c) von knotigen Verdik-
kungen der Corpora spongiosa; d) durch die Contraction
des Narbengewebes von Geschwüren oder des neugebildeten
Bindegewebes in den Wänden und in den Schwellkörpeni
der Harnröhre ; die letztgenannten Strikturen sind sehr häu-
fig; das Narbengewebe verzieht das Lilmen der Harnröhre:
ist es auf grössere Strecken ausgedehnt, so wird der Ver-
428
baf der Röhre gewunden^ Ütets eiftpkHkkt MJ f(b die
SoEde niefat mdhr permeabel > e) darck afi^schiro^ne l^ot-
likel; f) durch Teruarfote Chanker; f) dai'ch SddcdnAMt'^
polypen«
Die Strikinren sitzea an tAek Stell«» <kf HartftV&t^,
am häofigsten aber Yorn oder am Blatts ^ ddd llimett der
Harnröhre ist dadurch um die ÜMtt^ ein DHtfflteii mi tAAt
beengt Zuweilen finden sieb mehi^«re hinter einander.
An der Stelle der Striktur dauert ölÜerd die tlfit^eän^
dnng noch fort und die Schleiifibaut ufcerM; e«^ büdefi ftfeb
wohl auch FiateJ^ange unter der Schleimhaut, die endKA
nach Aussen perforiren.
Hinter der Striktur häoft sieh oft der Urhi ^ Md die
Harnröhre wird erweitert: durch den Beiz des sCa^ft^endetf
Urines bleibt die Schleimhaut im EntztftduurgBAtR^^ und
oft bilden sich Fisteln nach Aussen, durch tretcbe ddf Ufftt
abträufelt; oder Entzündung der Blase als Fortsetzung von
der Hamröhrenschleimhaut oder durch den Beiz des stagni-
renden Urines.
Die Harnröhre kann ausserdem verengert werden : durch
benachbarte Geschwülste, z. B. der Prostata, des Uterus,
kann obturirt werden durch Schleim- und Eiterpfropfe, Blut-
gerinnsel, Harnsteine, Echinococcusblasen aus der Miere.
Abbild.: Froriep, Chir. Kpft. T. 11. 32, 325, 431.
Patliolotriiclie I¥eu1iildunfren«
^ iNeubildung von Bindegewebe findet sich in den
knotigen Verdickungen der spongiösen Körper und den Nar-
ben der Schleimhaut.
Am Orificium urethrae und im Kanal derselben finden
sich vorzugsweise bei Weibern condylomatöse Excre-
scenzen und Scheimhautpolypen (fungöse Excrescen-
zcn), beide unter dem Namen Karunkeln bekannt. Die
ersleren sind ihrem Baue nach gleich den Condylomen der
424
Schleimhäute und Haut (s. Hautkrankheiten), die letzteren
bilden kleine oder grosse, oft sehr langgestielte, weiche,
runde oder zottige, blumenkohlartige Geschwülste, die aus
einem sehr gerässreichen , lockeren, mit serösem oder gal-
lertigem Exsudate infiltrirten Bindegewebe bestehen, einen
Epithelialäberzug haben und als entzündliche oder einfache
Hypertrophieen der Schleimhaut angesehen werden müssen.
Die Condylome finden sich bei Syphilitischen sowohl
als Nichtsyphilitischen, und scheinen wie die Schleimhaut-
polypen meist in Folge eines Katarrhs der Harnröhre zu
sein. Bayoux fand die letzteren am häufigsten bei Pro-
stituurten.
Krebs der Harnröhre ist Folge des Krebses der Glans
oder Clitoris.
Tuberkel finden sich selten als kleine Granulationen
oder Geschwüre.
Patholog^siche Anatoniie der GFe(»chleehtf9«-
org^ane«
I. Die männlichen Geschlechtsorgane.
»
Bildungsfehler: Mangel der sämmtlicben, äusseren
und inneren Geschleehtsoirgane findet sich nur bei lebens-
unfähigen Missgeburten.
Zwitterbildung, Hermaphroditismus besteht
in Ausbildung der, in den ersten Zeiten des fötalen Lebens
morphologisch bei beiden Geschlechtern identischen, Genita-
lien in unbestinmiter oder in doppelter Richtung, mit oder
ohne gleichzeitige unbestimmte Bildung des ganzen Körpers.
1) Männliche Zwitter sind am häufigsten und
kommen in verschiedenen Graden vor: a) Die Hoden sind
wohl entwickelt, liegen imScrotum oder in der Bauchhöhle,
die äusseren Genitalien verhalten sich wie im 2. Monat des
FötaUebens , das Scrotum steUt zWei schamlippenartige Haut-
wulste dar, der Penis ist klein, clitorisartig, undurchbohrt,
eine Furche an seiner Unteri^eite führt zum Sinus urogefdr
talisy eine Art Scheidenvorhof, in welchen Urethra und
Duct. ejaculatorii münden. Der Körper ist männlich ge-
bildet oder hat keine bestimmte Richtung. Hypospadiaei.
b) Hoden und äussere Genitalien verhalten sich ebenso, ^ es
findet sich an der Stelle des Weber'schen Organs {Utneu-
lus^ Vesicula prostatica) ein kleiner oder grösserer, eine
blind endigende Vagina darstellender Sack, welcher in den
Sinus ürogeniialis mündet , oder eine vrohlgebildete Vagina
426
mit Uterus und Tuben , Ovarien sind aber nicht vorhanden.
Es sind hier die MüUer'schen Gänge nicht wie gewöhnlich
geschwunden, sondern haben sich neben den WoUTschen
Organen und Gängen aus dem frühesten fötalen Zustand
in den späteren, reiferen umgebildet. Der Körper hat meist
deutlich männlichen Charakter. Beide genannte Arten nennt
man gewöhnlich Hermaphroditismus Iransversalis:
aussen Weib, innen Mann, c) Aeussere Genitalien, Vagina,
Uterus und Tuben yerhalten sich wie beim vorigen, auf der
einen Seite findet sich ein, in der Bauchhöhle liegender'
oder herabgestiegener, Höde mit Samenleiter, welcher in den
Qmalis mogemtalis mündet, auf der anderen Ovariam mit
Eileiter , welcher in das entsprechende Hom des Uterus müa^
det. Ueber das Geschlechtsleben derartiger Individuen feh-
len hinreichende Beobachtungen. {U. lateralis.) d) Aeus-
sere und innere Genitalien sind männlich wohl entwickelt,
die Hoden bleiben aber in der Bildung zurück, steigen nicht
herab, der gaoze Körper bleibt zart, ohne die Charaktere
des männlichen Habitus. (Cryptorehiden, Viri effe-
minati.)
2) Weibliche Zwitter sind seltener und ohne ent-
sprechende Missbildungen; sie sind Charakter isirt durch eine
gresse, in seltenen Fällen tob der Urethra durchbohrte^
Ciitoris, enge Vagina, kleinen, die fötale Form darbieten-
den Uterus, verkümmerte Ovarien, unentwickelte Mamniaey
w
starken Knochenbau,. Bartwoehs uttd überhaupt männ£chen
Habitus des Körperbaues. {Viragines, Mannweiber.)
AbUlduogen : A m m o n , Ang. eh. K. T. 20. Y c o 1 i k ^ Tab. ad ilf.
einbr. T. 93 — 95. Bergmann, Lehrb. d. gerichtl. Med. Mayer,
Tcones select. Bonn 1831. Leuckarf, Illustl*. med. Zeitg. f. Bd.
BerUhold, Abli. d. 65U. Soc. Bd. 2. T. i, 2.
1. Hoden.
Mangel eines Hoden ist selten, beide Hoden hat maä
bei übrigens wohlgebautem Körper nur äu/sserst seltto feh-
427
len sehen. Abi^pmie Kleinheit; Cryptorchie (s. Zwit-
ter). Abnormer Desceusus in das Perinäum oder die in«
nere Schenkelseite. Die Samenleiter fehlen selten oder
endigen blind.
Atrophie findet sich als Marasmus stnilis, nach ge-
schlechtlichen Excesseu, nach Entzündungen, durch den
Druck Yon Serum , Exsudaten in der Scheidenhaut , Hernien,
Geschwülsten. Der Hode ist platt^ sdilaff^ entfärbt imd von
lederartigem, homogenem Gewebe.
•
Die Entzündung, Orchiti*s, ergreift bald den ganzen
Hoden, bald einzelne Tbeile desselben, bald vorzugsweise
den Nebenhodeji, Epidydimitis. Sie kommt vor nach
Verwundung, Contusion des Hodens; bei Entzündung der
Harnröhre als Fortsetzung der Entzündung auf Samenleiter,
Nebenhoden und seltener Hoden; bei Parotitis epidtndem
(Mumps); bei tertiärer Syphilis als Sarcoeele syphilitica.
Der Hode ist angeschwollen, hart, seia iSewebe injicurt,
gelockert oder derb. Zuweilen ist gleichzeitig die Schei-
denbaut entzündet^ yerdickt, in ihrer Höhle Exsudat.
Der Verlauf ist akut oder chronisch, das Exsudat wird
resorbirt, oder es organisirt zu Bindegewebe waA der Hode
bleibt geschwollen und yerhärtet, oder es bildet sich Eiter.
Die Abscesse sind auf eine Stelle beschränkt oder neh-
men den grössten Theil des Hodens ein; perforiren zuwei-
len nach Aussen, worauf sich der Eiter entleert, der Abscess
sich schliesst oder häufiger längere oder kurze Zeit ein Ge-
schwär mit üppigen Granulatienett zurückbleibt. Zuweilen
ijaduriren vorzugsweise die Albuginea des Hodens und ihre
Fortsätze durch organisirtes Exsudat , in welchem sich spä-
ter Coucretionen bilden köniien. Alle diese Ausgänge kön-
nen mit Atrophie des Hodens enden.
Die Samenleiter bleiben meist unbelheiligl, nehmen
428
sie an der Entzündung Theil, so bleiben zuweilen Verdik-
kung und Yerkreidung ihrer Wandungen zurück.
Patlioloffiiiehe IVeubilduiti^eii.
Neugebildetes Bindegewebe findet sich liach Ent-
zündung als fibröse Verdickung der Albuginea und ihrer
Fortsätze oder als durch die ganze .Hodensubstanz gleich-
massig vertheiltes Fasergewebe. Fibroide sind selten.
Enchondrom findet sich in einem übrigens norma-
len Hoden oder häufiger neben Carcinom oder Cystosarcom
desselben. Die Knorpelmassen wechseln von hirsekorU'- bis
zu Gänseeigrösse.
Concretionen in neugebildetem Bindegewebe als
knotige oder ästige Massen.
Cysten finden sich am häufigsten beim Cystosar-
com des Hodens, es findet zwischen und in den Samenka-
nälchen sehr lebhafte Zellenbildung statt, einzelne Stellen
der Kanälchen schwellen durch CoUoid- oder Eiweissmeta-
morphose ihrer Zellen beträchtlich an, schnüren sich allmä-
lig zu kleinen Cysten ab, die dann zu Erbsen- bis Hasel-
nussgrösse wachsen; die übrige Masse des Hodens hat eine
weiche , fleischige Textur , von der Schnittfläche fliesst farb-
lose, seröse oder coUoide Flüssigkeit, kein rahmiger Saft.
Ausserdem fand man selten Cysten mit Haaren und Kno-
chenbildung.
Krebs ist im Hoden ziemlich häufig, entwickelt sich
primär in demselben und bildet meist grosse, von der Al-
buginea umhüllte Geschwülste, in welchen die Hodensub-
stanz gänzlich untergegangen isfT Zuweilen durchbricht er
die Albuginea und das Scrotum und es bildet sich ein jau-
chendes Geschwür. Er ist häufig combinirt mit Krebs der
Lymphdrüsen im Becken und längs der, Wirbelsäule , oder
mit Nierenkrebs. Zuweilen ist auch das Vas deferens kreb-
sig entartet.
429
Tuberkel finden sich in Form kleiner oder grösserer
gelber Knoten im Nebenhoden und Hoden, in kleinerer oder
grösserer Anzahl,' zerfallen meist und bilden eine Caveme
in dem verdichteten Hodengewebe. Während ihrer Ent-
wickelung ist der Hode tergrössertj höckerig, oft entzün-
det. Die Tuberkulose findet sich besonders im jüngeren
Alter, ist combinirt mit Tuberkelbildung im Vas deferens,
den Samenbläschen, Ureteren und Niere, oder mit oft enor-
mer Tuberkulose der Lymphdrüsen des Beckens, Unterlei-
bes, der Brusthöhle und des Hodens.
Echinococcus wurde sehr selten im Hoden beob-
achtet.
Abbildungen: A. Cooper, Die BMf, u. Kkhten des Hodens.
Curling, A pract. tract. on the diseases of the testis. Cruveilhier
Livr. 6. PI. 1. Livr. 9. PI. 1;
2. Die Scheidenhaut des Hodens.
Entzündung ist nicht selten , sie ist meist trauma-
matisch, durch Contusionen und Quetschungen verursacht;
verläuft akut oder chronisch, setzt meist ein reichliches se-
röses Exsudat, welches, wenn es nicht resorbirt wird, lange
bleibt, zuweilen zunimmt und die eine Art von Hydrocele
darstellt. Oft geht die akute Entzündung in eine chroni-
sehe über, deren Resultat eine beträchtliche Verdickung der
Scheidenhaut durch fibröse Pseudomembranen und Zunahme
des Wassers ist. Zuweilen finden sich circumscripte, dicke
Pseudomembranen in Form von Plättchen und knotigen
Körpern, die wohl auch verknöchern, oder gestielt in die
Höhle ragen, oder als freie Körper in dieselben fallen.
Das Exsudat ist zuweilen ein hämorrhagisches und es
entsteht eine Art der sogenannten Hämatocele, welche in
anderen Fällen durch Blutung in die Scheidenhaut oder in
eine Hydrocele entsteht. Die Veränderungen des hämorrha-
gischen Exsudates entsprechen denen in anderen serösen
430
Säcken; man findet die Sckeidenhaul verdickt, gefüllt mit
brauner Masse rohen Faserstoffs, der eine Art Maschen-
werk um die Cruorreste bihlet; oder die Wand ist mit ei-
nem dicken Beschlag brauner, zottiger Fibringerinnsel Ter-
sehen, während die Höhle eine braunschwarze Flüssigkeit
ausfüllt, in welcher ungefärbte und pigmentirte Kömchen-
zellen, Fettkügelchen, Pigmentkörnchen und Oholestearin-
krystalle schwimmen.
Selten geht das Exsudat in Eiter über: zuweilen (u-
berkulisurt es.
Die Hydroccle entsteht, ausser durch Entzündung,
zuweilen durch Hyperämie und Varicosität der Venen. Das
Serum ist gewöhnlich klar^ gesättigt gelb, reich an Eiweiss
und, wenn es lange bestanden hat, an Cholestearinkry-
stallen.
Zuweilen ist die Schleimhaut des Hodens nicht geschlos-
sen, sondern ihre Höhle communicirt noch frei mit der des
Procettus vaginalis des Bauchfells, welche entweder offen
oder am Bauchringe geschlossen ist. Das Wasser kann im
ersteren Falle in die Bauchhöhle treten oder aus dieser eine
Darmschllngc in die Scheidenhaut (Complication von Hy-
drocele mit Hemia inguiimlis congenita); im zweiten Falle
bildet es eine cylindrische Geschwulst vom Bauchringe bis
zum Grund des Scheidensackes. In anderen Fällen hat sich
die Scheidenhaut des Hodens abgeschlossen, aber das Stück
bis zum Bauchringe ist nicht verschlossen und der Sitz von
Wasseransammlung, Hydrocele funiculi spermaticU
Im lockeren Zellgewebe des Samenstranges, büden sich
nicht selten durch akuten oder chronischen serösen Erguss
diffuse, cystenartige Bäume, welche später, nachdem sich
das aus einander gedrängte Bindegewebe zu einer Art Wand
organisirt und eine Epithelialauskleidung bekommen bat, bu
wirklichen Cysten werden.
481
Zuweilen kommt entzündliches,* akutes Oedeni des
Zellgciwebes im Samenstrang vor.
AM>ild.: Froriep, Chir. Kpfl. T. 14, 102, 103, 310, 328, 353,
410, 433.
«
3. Die Samenbläsclien.
Katarrhalische Entzündung ist gewöhnlich Fort«
Setzung des Harnröhrenkatarrhs oder Folge der im höheren
Alter hHuiigen Hyperämieen und Varicositäten der Becken-
venen» Ausser den einfachen Zeichen eines Katarrhs findet
man zuweilen Ulcerationen und Perforationen der Wände,
Ausdehnungen durch angehäuften Schleim. Die Entzündung
nach Tripper verläuft sehr langsam, kann aber allmälig
Zerstörung der Samenbläschen, Vereiterung des benachbar-
ten Zellgewebes, der Prostata herbeiführen.
Tuberkulose als Umwandlung der Schleimhaut zu
einer festen oder zerfallenden gelben, käsigen Masse findet
sich neben Tuberkulose des Hodens , der Prostata und der
benachbarten Lymphdrüsen..
Abbild.: Baillie Fase. 8. PI. 1.
3. Die Vorsteherdrüse.
Hypertrophie kommt im höheren Alter nicht selten
Tor, entwickelt sich langsam und unmerklich, die Textur
der Drüse bleibt unyerändert , zuweilen ist die Substanz
etwas weicher, saftiger, zuweilen fester, zuweilen bilden
sich dabei kleine cystenartige Bäume, wahrscheinlich durch
Erweiterung der Drüsengänge. Es yergrössert sich die
ganze Prostata gleichmässig und erreicht zuweilen den Um-
fang einer Faust, oder es entwickelt sich nur eine Partie
derselben. Sehr wichtig ist die Hypertrophie der mittleren^
obertn Partie, wenn sie einseitig nach der Blasenhöhle zu
wuchert, denn indem sie in die letztere als haselnuss-
432
bis hühnereigrosse , runde, kolbige, höckerige Geschwulst
einragt, Erschwert sie oft den Austritt des Urins aus der
Blase, bewirkt ausser anderen Beschwerden Erweiterung,
katarrhalische Entzündung derselben und alle deren üble
Folgen. Dieselbe Wirkung kann übrigens jede andere Hy-
pertrophie der Prostata haben.
AbbUdung^en: Cruveilhier Li?r. 17. PI. 2. Livr. 22. PL 2. Livr.
26. PI. 6. Livr. 30, PI. 1. Froriep, Chir. Kpft. T. 347, 391, 385.
Entzündung kommt hauptsächlich bei Tripper vor,
oder durch Verletzungen, z. B. mit dem Catheter, zuwei-
len spontan; sie kann entzündliche Hypertrophie und Indu-
ration der Prostata oder Abscessbildung zur Folge haben.
Die Abscesse sind bald klein, bald grösser, perforiren in
die Blase oder Harnröhre ^ in das benachbarte Zellgewebe,
bewirken Vereiterungen und Fistelgänge in demselben, Per-
forationen des Rectum und des Scrotum.
Neubildung von Bindegewebe findet sich als
organisirtes Exsudat nach Entzündung oder als kleine, fibröse
Geschwülste, Fibroide.
Concretionen finden sich in den Drüsengängen als
kaum hirsekorngrosse , rundliche oder facettirte, glänzende,
braun-, gelbrolhe oder schwarze Steinchen, welche oft in
enormer Menge vorhanden sind und grösstentheils aus phos-
phorsaurem Kalk bestehen. Sie bestehen aus concentrischen
Schichten, die kleinsten, mikroskopischen scheinen aus Me-
tamorphose der Kerne der Drüsenzellen hervorzugehen, sind
weich, farblos, vom Ansehen und der Consistenz fester Col-
loidmasse, und enthalten noch keine Salze.
Abbüd.: Cruveilhier Livr. 30. PI. 1. Froriep, Chir. Kpft.
T. 460.
Cysten und knorpelartige Geschwülste wer-
den selten gefunden.
Krebs ist sehr selten, findet sich meist gleichzeitig im
433
flectum und wuchert in die Blasenhöhle, deren Wände er
zuweilen durchbricht.
Tuberkel finden sich neben denen des Hodens und
der Samenbläschen, zerfallen leicht und bewirken Zerstö-
rung der Prostata und Eiterung der Umgegend.
5. Die Buthe und der Hodensack.
Atrophie des Penis kommt vor nach Substanzyerlu-
sten durch vielfache und langwierige syphilitische beschwüre
seiner Haut, nach Entzündung und Obliteration des caver-
nösen Gewebes; spontan neben Schwund des Hodens.
Hypertrophie des Penis ist bedingt durch dauernde
Hyperämie der Venen der cavernösen Körper, z. B. bei
Herzkranken, Onanisten oder durch Massenzunahme der
Haut y Elephantiasis , welche häufiger am Scrotum vorkommt
(s. Hautkrankheiten).
Abbild.: Froriep, Cbir. Kpft. T. 126.
Entzündungen kommen hauptsächlich an der Eichel
vor am inneren Blatte des Präputiums und der Haut der
Eichel selbst, insbesondere an der Corona (Balanitis, Bala-
noposthitis) , verursacht durch Ansteckung mit Tripper-
schleim oder durch Anhäufung von Schmutz, Urin, Smegma
hinter der Vorhaut. Diese Entzündung verläuft chronisch
und hat den anatomischen Charakter einer katarrhalischen
Entzündung; oft entstehen Excoriationen, Ulcera, Condylo-
me, nicht selten Verwachsungen der Eichel mit der Vor-
haut, zuweilen durch tief eingreifende Geschwüre und de-
ren Vemarbung Schwund der Eichel.
Entzündung der Corp. eavemosa findet sich bei Trip-
per und nach Verletzungen, Contusionen, endet zuweilen
mit knotiger Verdickung oder narbenartiger Einziehung.
In der Haut des Penis und des Scrotums finden sich
femer Exantheme und anderartige Entzündungen, syphiliti-
sche Geschwüre, Condylome u. s. w.
28
434
Concretioneii. finden sich als sogenannte Eichels(eiiie
an dem Halse der Eichel^ aus angehäuftem Schleim und
Eiter hervorgegangen.
Krebs findet sich nicht selten an der Eichel, die er
als wuchernder, schwammiger Knoten umgiebt, allmälig
zerstört, auch die übrigen Theile des Penis ergreift und
oft durch Blutungen aus den zerstörten Schwellkörpern
tödtet. '
Am Scrotum kommen zuweilen Epithelialkre))se yor
(Schomsteinfegerkrebs) , die Ton einer kleinen Warze zu
grossen, jauchenden Geschwüren wuchern, zuweilen die
Häute des Hodens, diesen selbst und die benachbarten
Lymphdrüsen ergreifen.
Die Vorhaut zeigt ausser anderen den Hautkrankhei-
ten angehörigen Leiden oft eine angeborene Verengerung
ihrer inneren Blätter, so dass sie nicht hinter die Eichel
zurückgebracht werden kann: Phimosis. Durch gewalt-
sames Zurückziehen der verengerten Vorhaut hinter die Ei-
chel, durch entzündliche Anschwellung der Vorhaut erfolgt
oft Einklemmung derselben hinter der Eichel mit starkem
Oedem , zuweilen -Gangrän : Paraphimosis,
Abbttdangf n : Froriep, €hir. Kpft. T. 37.
IL Die weiblichen Gescklechtstheile,
•1. Der Eierstock.
Bildungsfehler: Mangel beider Ovarien bei norma-
ler Ausbildung der übrigen Geschlechtstheile ißt sehr selten,
zuweilen fehlt nur eui Ovarium. Häufiger ist Verkümme-
rung oder fötale Form bei verkümmerter Bildung aller Ge-
schlechtsorgane und des Körpers überhaupt.
Das Ovarium ist im jugendlichen Alter glatt, das Pa-
renchym blass und fest, nach Eintritt der Menstruation
wird die Oberfläche gefurcht und höckerig, durch die Nar-
4a5
ben der geborstenen Follikel, das Parenchym wird blutrei-
cher. Im höheren Alter ist die Oberfläche runzelig ^ maul-
beerartig, das Parenchym enthält keine Follikel mehr, aber
zahlreiche Narben und rothe oder schwarze Pigmentflecken
als Beste entleerter oder durch Blutung verschrumpfter
Follikel.
Hyperftmie* Hftmorrba^ie.
Hyperämie des Stroma's und einzelner Follikel findet
während der Menstruation statt. Zuweilen ist sie patholo-
gisch, der Eierstock ist vergrössert, weicher, auf der
Schnittfläche dunkler und mit zahlreichen Gefässchen durch-
zogen. Langwierige Hyperämie hat nach Rokitansky
Hypertrophie des Eierstockes zur Folge.
Hämorrhagie in die Höhle der Follikel ist eine sehr
gewöhnliche Erscheinung beim Bersten eines Follikels be^-
hufs des Austritts eines Eies; man findet die Risswunde
des 7 — 8'" im Durchmesser grossen Follikels mit Blutcoa-
gulum verstopft und in seinem Cayum mehr oder weniger
coagulirtes Blut. Zuweilen steigert sich aber diese Blutung,
wiederiiolt sich oder tritt in einem geschlossenen Follikel
ein, man findet dann taubenei- bis wallnussgrosse, mit Blut-
coagulis, resp. deren Pigmentmetamorphosen gefüllte Folli-
kel. Zuweilen findet auch Blutung in Cysten statt. Blu-
tung in die Bauchhöhle aus geborstenen Follikeln ist selten.
Kleine Blutungen machen die gewöhnlichen Veränderungen
durch und bilden eine gelb, roth oder schwarz pigmentirte
Narbe; grössere zeigen die Veränderungen der hämorrhagi-
schen Herde.
KntofinduiiK.
Entzündung des Ovariums ausserhalb des
Puerperiums ist selten, findet sich meist in der Wand
eines oder mebrerer Follikel, welche mjicirt und mit serösem
28*
43«
oder blutigem Exsudate gefüllt sind. Das Exsudat geht sel-
ten in Eiter über, bald wird es resorbirt, bald bleibt es,
wächst wohl auch durch neue Ausscheidung aus den Wän-
den und der Follikel wird allmälig zu einer Cyste. Zuwei-
len nimmt auch das Stroma an der Entzündung Theil,
höchst selten ist es primär entzündet; es erfolgt dann bald
Hypertrophie des Ovariums, bald Eiterung. Häufig erstreckt
sich die Entzündung von den Follikeln oder dem Stroma
auf das Bauchfell; wir sehen die Folgen einer circumscrip-
ten Peritonitis des Ovariums an den Adhäsionen und Pseu-
domembranen, welche dasselbe mit den Bauch- und Becken-
wänden und allen benachbarten Theilen verbindet, oder an
der fibrösen Verdickung des Peritonealüberzuges mit Atro-
phie des Ovariums. Da diese Verdickung die Entleerung
der Follikel hindert, findet man unter ihr zuweilen zahl-
reiche, strotzend gefüllte Follikel.
Häufiger ist die Entzündung im Puerperium,
meist als secundäre puerperale Entzündung. Es leidet vor-
zugsweise das Stroma, welches durch ein seröses, gallert-
artiges oder faserstoffiges Exsudat rasch infiltrirt, erweicht
und geschwellt wird; häufig bilden sich Eiter oder Jauche,
das Gewebe des meist wallnussgrossen Ovariums ist dann
matsch, aufgelockert, auf der Schnittfläche fliesst eine braun-
rothe Pulpa aus dem aufgefaserten Stroma (Putrescenz),
welches ausserdem Ecchymosen in Flecken und Streifen
durchsetzen. In anderen Fällen bilden sich Abscesse, ent-
weder im Stroma selbst, oder durch Exsudation in die Fol-
likel, welche zuweilen vorwiegend afficirt sind, oder durch
Exsudation in Cysten.
Die Abscesse des Stroma zerstören gewöhnlich das
ganze Ovarium, wachsen zu Faust- bis Kindskopfgrösse,
werden bald durch Pseudomembranen umhüllt und lange
ertragen oder perforiren rasch in die Bauchhöhle. Zuwei-
len erfolgt die Perforation erst später und der Abscess ent-
leer! sich durch die Bauchwand, in den Mastdarm, die Bla-
se, Scheide oder den Damm. Die Follikel- und Cysten-
abscesse erreichen oft eine beträchtliche Grösse, adhäriren
an benachbarte Organe und perforiren langsam.
Selten geht die Oophoritis puerperalis in Heilung über,
welche aber stets mit Verödung der Follikel, Verschrum-
pfung des Ovariums verbunden ist.
Abbild.: CruTeilhier Livr. 13. PI. 3. Hope Fig. 199 — ?00.
Patholof^lsclie ÜTeubllduiiyen.
Neubildung von Bindegewebe findet sich: als.
fibröse Verdickung des Peritonealüberzuges und der Kapsel
nach Peritonitis, des Stroma, der Follikel resp. Cystenwände
nach Entzündung; als Fibroid des Ovariums. Das letztere
ist meist klein, doch erreicht es auch Kinds- bis Manns-
kopfsgrösse, findet sich bald in beiden Ovarien zugleich^
bald nur in einem.
Abbild.: Baillie Fase. 9. PI. 7.
Pigmentbildung kommt im 0\'arium regelmässig
in den Follikeln vor, die sich unter Bluterguss bei Austritt
des Eichens entleerten, ausserdem nach Hämorrhagieen in
die Follikel. Es ist gelbroth oder schwarz und ist, in
Kömchen- oder Krystallform, meist von Narbengewebe
umgeben, zuweilen als dicke, breiige Masse in den Folli-
keln enthalten.
Enchondrome sind als kleine Höcker oder faust-
grosse Geschwülste selten.
Concretionen finden sich im neugebildeten Bindege-
webe; wirkliche Neubildung von Knochjengewebe
in und neben Cysten.
Cysten kommen im Ovarium sehr häufig und in den
mannichfaltigsten Gestalten, welche im ersten Theile be-
ben wurden, vor; sie stellen meist den sogenannten Hy-
drops ovarii dar.
A. Hydrops der GraaTscheu Follikel. Einer
oder mehrere Follikel yergrössem sich durch Anhäufung
von Serum in ihrem Oayum und Verdickung ihrer Wände,
in Folge einer allmäligen Veränderung der Emährungs*
Verhältnisse im Follikel oder durch Entzündung derselben.
Die Follikel stellen kleinere oder grössere, mit hellem Se-<
rum gefüllte, dünnwandige Cysten dar, welche neben ein-
ander aus dem Ovarium herrorragen, sich gegenseitig ab-
platten, wohl auch durch Schwund ihrer Zwischenwände
unter einander communiciren. Meist entwickelt sich eine
vorzugsweise, wächst nach oben und erreicht eine beträcht-
liche Grösse; die ganze Gystenmasse wird selten grösser
als ein Mannskopf, nur Kiwi seh wiU dergleichen Cysten
von enormem Umfang (40 Pfimd Inhalt) gesehen haben.
Das Ovarium ist an der Basis noch erkennbar oder es ist
in den Cysten untergegangen, bildet zuweilen an der Basis
eine Art Kapsel um die Cysten.
Die Wände der Cysten bestehen aus Bindegewebe , sind
innen glatt und mit Epithelium ausgekleidet; zuweilen er-
scheinen sie sehr dick, an der Innenwand prominiren fibröse
Granulationen, die zerstreut oder in blumenkohlförmigen
Gruppen sitzen und zuweilen kleinere Cysten völlig ausfül-^
len, und so den Uebergang zu den Cystosarcomen. bilden.
In den Wänden kann Entzündung und Hämorrhagie statt
finden. Zuweile'n finden sich in ihnen Knorpel- und Kno-
chenplatten oder totale Verknöcherung.
Der Inhalt, anfangs ein helles, eiweissreiches Serum,
kann durch Extravasate und Exsudate verändert werden und
sich durch deren Metamorphosen bald als braune, chocoladen-
farbige, bald als gelbe, rahmartige Flüssigkeit darstellen.
Diese Cystengeschwülste wachsen meist sehr langsam
und bleiben dann auf einer gewissen Stufe unverändert ste-
hen, selten ninunt ihr Inhalt durch Resorption ab, zuwei-
len schnimpfen sie nach Entzündung ihrer Wände ein und
439
im Inhalte und deli Wänden erscheinen dann Goncretionen.
Selten bersten sie durch Contusionen oder spontan, und be-
wirken dann durch Peritonitis den Tod; doch wurde in
einzelnen seltenen Fällen auch Heilung des Bisses beob-
achtet.
B. Colloid-9 Gallert-Cysten. Das Colloid des
Eierstocks bildet die grössten und schwersten Geschwulste
am Eierstocke und an und ffir sich oder in seinen Ausgän-
gen die häufigste Form des Hydrops ovartu Es besteht
aus zahlreichen y mit Colloid gefüllten und mit Epithelium
ausgekleideten 9 fibrösen Cysten im Oyarium; die Colloid-
masse ist grösstentheils frei, enthält aber auch Fasemetz-
reste, Kömchenzellen, grosse und kleine, einfache undcon-
centrisch geschichtete Colloidzellen, incrustirte derartige Zel-
len, die sich ganz wie Himsand verhalten. Das Epithe-
lium ist meist Pflasterepithel, in einzelnen Cysten fand ich
auch Cylinderepithel.
Die kleinsten Cysten haben ^ — j^^" Dchm. , durch all-
mälige Vermehrung ihres Inhaltes und durch Zusammen-
fliessen entstehen grössere von Erbsen- bis Taubeneigrösse,
diese wadisen zuweilen zu enormem Umfang, comprimiren
dann alle, in ihrer nächsten Umgebung liegenden kleinen
Cysten, welche schwinden und die Wand der grossen yer-
dicken helfen. Der Inhalt grösserer Cysten besteht aus hel-
ler, gelblicher, zähflüssiger oder consistenterer GaUert; in
derselben bemerkt man als weisse Netze und Streifen die
Beste der geschwundenen Wände des primären Bläschen,
bestehend aus Spuren von Bindegewebe, Fettkügelchen, ver-
schrumpften und mit Fettkömchen gefällten Epithelialzellen.
Die äussersten Cysten wachsen meist enorm und kön-
nen den Umfang eines schwangeren Uterus erreichen und
übertrefien« Man findet dann den Unterleib ausgefüllt mit
der enormen Geschwulst, bestehend aus Cysten, die an der
Peripherie ausserordentlich gross sind, nach der Mitte zu
440
kleiner werden und an der Basis eng zusammengedrängt
ein mit Gallert gefülltes, alveolares Maschengewebe darstel-
len, in welchem man an einzelnen Stellen die Bildung se~
cundärer Cysten durch Zusammenfliessen der kleinen primä-
ren verfolgen kann.
Die äussersten grossen Cysten sind nicht immer mit
Gallerte gefüllt, sondern zuweilen mit einer aus deren Ver-
flüssigung entstandenen gelblichen, rahmartigen oder wäs-
serigen Masse, die alkalisch reagirt, reich an Natronalbu-
minat ist, daher durch Kochen nicht coagulirt und als mi-
kroskopische Elemente Epithelialzellen und Fettkömchenzel-
len und freie Fettkügelchen enthält. (Die Flüssigkeit bei
Hydrops der Graafschen Follikel ist meist heUer, coagulirt
durch Kochen und enthält nur wenig Epithelien.)
Die erweichten CoUoidcysten können wie die serösen
bersten und ihren Inhalt zum Theil in die Bauchhöhle er-
giessen, sie können nach vorhergegangener Verwachsung
und Versch wärung ihren Inhalt durch die Blase, die Schei-
de, den Mastdarm entleeren. In kleinen CoUoiden findet
zuweilen Resorption statt, nach welcher Cholestearinkry-
stalle, Fett und Kalksalze zurückbleiben, um welche die
Cysten einschrumpfen.
Weitere Veränderungen sind durch Blutungen aus den
Wänden und Entzündungen der letzteren möglich. Ferner
finden durch Entzündungen des Bauchfells Exsudationen auf
der Oberfläche und Adhäsionen mit den Bauchwänden, Där-
men und dem Netze statt.
Meist erkrankt nur ein Ovarium; erkranken beide, so
erreicht nur bei einem die Geschvrulst einen grossen Um-
fang.
Die Bildungsweise der kleinsten Cysten fand sich in
z^wei Fällen analog der der Cysten in Alveolarkrebs : col-
loidhaltige Zellen drängten anfangs hie und da die Faser-
mge des Ovariums zu einem feinen Alveolametz aus ein-
441
aiider^ dauu wurden diese anfangs nur cysteuartigen Bäume
zu wirklichen Cysten ^ indem sich die umgebenden Faser-
lagen zu einer Cystenwand umbildeten, welche nach Schwund
des feinen Fasernetzes eine Auskleidung Ton Pflaster- oder
Cylindercpithelien enthielt; die colloidhaltigen ZeUen oder
nach deren Zerfall frei . gewordene GoUoidmasse bildeten
dann den Inhalt. In zwei anderen Fällen konnte ich nur
fertige Cysten finden , was auf eine massenhafte Bildung
von Graafschen Follikeln schliessen liesse.
C. Cysten mit consistentem Inhalte finden sich
einzeln oder zu grossen Cystoiden zusammengesetzt. Es
sind fibröse Cysten mit Epithelialauskleidung und einer
festen oder weicheren grützbreiartigen, aus abgestossenen
Epithelien und Fett bestehenden Masse als Inhalt. Zuwei-
len ist ihre Wand cutisartig organisirt oder es finden sich
cutisartige Stellen als erhabene, fein granulirte Plaques an
der Innenwand, in dieser neugebildeten Cutis finden sich
alle Elemente der Cutis, die abgestorbenen Haare bilden oft
dicke Knäuel und Zöpfe. Von den Wänden dieser Cysten
erheben sich auch zuweilen Zahnsäckchen, in welchen Zähne
sitzen; oder es bilden sich Knochen und Kiiorpel in den
fibrösen Wänden. Zuweilen tritt in diesen Bälgen spon-
tane Entzündung ein, welche zu Eiterbildung, Perforation
benachbarter Theile und Entleerung der krankhaften Mas-
sen durch Fistelgänge der Bauchwand, des Darmes und der
Blase führt.
Abbildungen: Cruveilhier Li?r. 6. PI. 3. Li?r. 18. PI. 3—6.
Livr. 25. PI. 1. Baillie Fase. 9. PI. 7.
Krebs findet sich nicht selten als Markschwamm, der
allmälig das 0?arium zerstört und zu faust- und kinds-
kopfgrossen Geschwülsten wuchert. Er ist oft combinirt
mit .Cystenbildung und neben ihm finden sich meist Krebse
in anderen Organen, z. B. in den Brüsten, dem Uterus,
Magen ^ Mastdarm , . den benachbarten Lymphdrüsen. Fibrö-
442
ser Krebs ist selten , erreicht aber nach Kiwi seh zuwei-
len einen beträchtlichen Umfang.
AbbUa.: Hope Fig. 195.
Hier wäre auch die sogenannte Oyarienschwanger-
Schaft zu erwähnen; einige Beobachtungen scheinen näm-
lich dafür EU sprechen , dass zuweilen das Eichen im ge-
borstenen FoUikel zurückbleiben und daselbst befruchtet
werden könne , worauf sich das Ei und der Embryo weiter
entwickeln und dadurch in der Ovariengegend eine Ge-
schwulst entsteht.
2. Die Eileiter.
Bildungsfehler. Mangel der Tuben findet sich ge-
wöhnlich neben Mangel oder rudimentärer Bildung des Ute-
rus; zuweilen sind sie bei wohlgebildetem Uterus sehr eng
oder an einem oder dem anderen Ende geschlossen. Im
hohen Alter sdirumpfen die Tuben ein.
Hyperliiiile. SSntziindnii^«
Hyperämie und Blutung der Schleimhaut kommt
in einzelnen Fällen bei der Menstruation yor, femer bei
Hyperämieen des Uterus, bei Typhus, Purpura. Das Blut
wird in den Uterus, seltener in die Peritonealhöhle entleert ;
hatte Obliteralion der Tuben stattgefunden, so folgt zuwei-
len Berstung derselben. Am häufigsten erfolgt Blutung
durch Berstung der Tuben; in einzelnen Fällen sah man
Blut vom Uterus in die Tuben getreten.
Entzündung ist als Katarrh sehr häufig, welcher
sich Yon der Uterinschleimhaut auf die Tuben fortsetzt, oder
nach puerperalen Entzündungen zurückbleibt. Man findet
die Tuben erweitert, geschlängelt, ihre Wände verdickt,
die Schleimhaut gewulstet, schieferfarbig, bedeckt jon
Schleim. Der Katarrh, an und für sich ein unbedeutendes
Leiden, veranlasst zuweUen Verstopfung und völlige Obli-
443
teration der Tubenmündung und .wird Uadurcb wichtig (Ste-
rilität.)
Die letzteren Vorgänge haben Anhäufung yon Schleim
und beträchtliche Erweiterung der Tuben zur Folge;
die Erweiterung ist gleichförmig oder an. einzelnen Stellen
als sackige Ausbuchtung vorwiegend, so dass die Tube aus
Cysten zu bestehen scheint Mit zunehmender Schleiman-
häufung wird die Schleimhaut yerdünnt, einer serösen Haut
ähnlich 9 der Schleim wird dünnflüssiger, wässeriger (Hy-
drops Tubarum). Die Erweiterung, die meist in beiden
Tuben gefunden wird, hat gewöhnlich den Umfang eines
Dünndarms, doch wird sie auch faust- bis kindskopfgross
gefunden. Entleerung des Inhalts erfolgt selten : durch Ber*
stung der Wände, durch geschwürige Perforation oder
durch das wieder permeabel werdende 0$tuan taerinum.
Abbildung: Froriep, Klin. Kpft X. 57, 68.
Die puerperalen Entzündungen der Tuben setzen oft
croupöse oder diphtheritische Exsudate, führen zu Vereite-
rung der Wände und Abscessbildung in den Tuben, wäh-
rend dieselben Vorgänge ausserhalb des Puerperiums sehr
selten sind.
ÜTeul^ilfliuiiren«
Von Neubildungen finden sich zuweilen kleine
fibröse Greschwülste in den Wänden. Sehr häufig sind
kleine, gestielte, seröse Cysten im Peritoneum.
Krebs ist sehr selten yon benachbarten Theilen auf
sie fortgepflanzt.
Tuberkulose findet sich meist neben Uterustuberku-
lose als Umwandlung der Schleimhaut in eine dicke, gelbe,
käsige Masse, selten als Granulationen. Der Zerfall der
Tuberkelmasse . führt zur Bildung yon Jaucheherden und
Perforation der Tuben.
Abbild.! Cruveilhier Livr. 39. PL 3. Hope Fig. 207, 20a
444
TiibAi*8Cliwaiij|er«cliaft.
Tubarschwangerschaft nennt man den Zustand,
in welchem das befruchtete Ei innerhalb der Tuben sich
weiter erweitert. Die Tuben werden durch das wachsende
Ei ausgedehnt und bilden eine Art Fruchthalter; es ent-
wickelt sich eine Placenta, aber keine Decidua. Meist zer-
reisst die Tuba in der 8. — 12. Woche der Schwangerschaft,
es erfolgt Bluterguss und Austritt des ganzen Eies oder des
Embryo. Zuweilen erfolgt Eiterung und Verjauchung der
Wände und des Embryo , Perforation des Dickdarms, der
Scheide, der Bauchwand, Blase, des Dünndarms und Ent-
leerung. Kiwisch unterscheidet: einfache Tuben-
schwangerschaft, wenn das Ei in der Höhle der Tu-
ben zur Entwickelung kommt; interstitielle T., wenn
sich das Ei in dem Theile der Tubenhöhle entwickelt, wel-
cher zwischen den Wänden des Uterus verläuft; Tuben-
bauchschwangerschaft, wenn das Ei zwischen den
Franzen zur Entwickelung kommt und das Peritoneum und
organisirte Exsudate zum Fruchthalter beitragen.
3. Der Uterus.
Bildong^fifeliler.
Mangel des Uterus ist selten, findet sich neben man-
gelhaft gebildeter Scheide, Tuben und Ovarien oder bei
normalem Verhalten dieser Theile.
Entwickeln sich die Müller'schen Gänge aus dem frü-
hesten fötalen Zustand in den reifen, ohne in einen Kanal
zu verschmelzen, so gehen daraus folgende Theilungen
oder scheinbare Verdoppelungen des Uterus und der
Vagina hervor:
1) Der Uterus allein ist vollständig getheilt , aber man-
gelhaft entwickelt, man findet in den Bauchfellfalten zwei
solide oder hohle kleine Uterushörner , nach oben mit den
445
Tuben, nach unten mit der Vagina in unvollkommenem Zu-
sammenhang: Uterus bipartitus. 2) Aus der einseiti-
gen Entwickelung eines dieser Uterusrudimente geht heryor
der Ut unicornis, walzenförmiger Uterus, nach einer
Seite geneigt in die Tuba laufend, Cervix gerade, auf der
anderen Seite ein Uterusrudiment. 3) Aus der gleichmässi-
gen Entwickelung der beiden Rudimente des U. bipartitus
geht hervor: der ü. bicornis, zwei Uterushälften fliessen
in einem Körper zusammen, der Cervix ist ebenfalls ge-
spalten oder nicht; die Spaltung des Uteruskörpers ist zu-
weilen nur durch eine seichte Einbuchtung angedeutet. 4) Den
geringsten Grad der Spaltung nennt man ü. bilocularis,
äusseriich ist keine Spaltung zu bemerken , die Höhle ist
durch eine Scheidewand getrennt, welche zuweilen bis zum
Orificium externum reicht. In allen diesen Fällen ist die
Scheide entweder einfach oder sie ist ebenfalls durch eine
Scheidewand gespalten ; der vollkommenste Grad dieser Spal-
tung ist der, wo in jede Scheidenabtheilung eine besondere
Vaginalportion des Uterus ragt und in jeder ein besonderes
Hymen vorhanden ist. 5) Nur die Scheide ist doppelt, der
Uterus einfach.
Abbildungen: Ammon T. 19. Vrolijc T.89,90. Cruveilhier
Livr. 4. PI. 6. Livr. 13. PL 6.
Mangelhafte Entwickelung zur Zeit der Puber-
tät; der Uterus* ist sehr Uein, hat noch fötale Form, die
übrigen Geschlechtsorgane sind ebenfalls unentwickelt, sel-
ten normal. Diesem Zustande entgegengesetzt kommt eine
frühzeitig« Entwickelung des Uterus vor der Puber-
tät, vor.
Mangelhafte Bildung der Vaginalportion;
Atresie des Muttermundes durch die nicht perforirte
Scheidenschleimhaut oder durch Uterussubstanz.
. Angeborene Schiefheit des Uterus; die Form ist
verschoben, das eine Hom lagert höher und ist gewöhnlich
446
massenhafter entwickelt, auch die Vaginalportion ist schief,
der Uterus ist yom Sdieidengewölbe oder der Körper yom
Cerrix seitlich in einem Winkel abgebogen.
Zu unterscheiden dayon ist die seitliche Schieflage
(s. unten) und die seitliche Stellung ausserhalb der
Mittellinie des Becken^.
Zuweilen findet sich eine angeborene An tro flexi o,
seltener eine Retroflexio.
Ilayeverlinfleraiiffeii.
1) Der ganze Uterus ist nach yom oder hinten, oder
seitlich in einem starken Winkel geneigt: Antroyersio,
Neigung nach yom ist selten und wird durch Drack oder
Zug bewirkt; Retroyersio ist häufiger und steigert sich
bis zu dem Grade, dass der Fundus tiefer liegt als die
Portio vagi$uzHs und zwischen Rectum und Scheide einge-
keilt wird. Prädisponirende Momente sind: weites Becken,
geringe Beckenneigung, weiter Douglas'scher Raum; bedin-
gende Momente: starke Bauchpresse, Heben schwerer La-
sten, schwerer Stuhlgang, Zug oder Druck yon Greschwül-
sten, resp. Vergrösserung des Utemskörpers durch Schwan-
gerschaft der ersten drei Monate (vom vierten Monate der
Schwangerschaft an kann ein partielles Herabsinken der
hinteren Uterinwand stattfinden); Zug durch Adhäsionen.
Seitliche Schieflage (IncUnatio lateralis) diu:ch Ver-
kürzung eines der breiten Mutterbänder, durch Adhäsionen,
Geschwülste.
2) Der Uteruskörper ist yom geraden C«ryii nach yom,
hinten' oder seitlich gebeugt. Antroflexio, Beugung,
Knickung nach yom; Retroflexio nach hinten; Schief-
heit des Uterus, Knickung nach der Seite. Die Zu-
stände treten meist an einem durdh Katarrtie , Metrorrfaa-
gieen , - häufige Entbindungen erschlafften Uterus unter den-
selben Bedingungen als die vorige ein.
447
3) Der ganze Uterus ist in die Scheide oder nach aus-
sen herabgesunken: Descensus und Prolapsus uteri
(Hysteroptosis) ; die Scheide folgt dem Uterus, indem sie
sich umstülpt. Am häufigsten tritt der Frolapsus nadi der
Entbindung ein und zwar meist rasch und plötzlich; prä-
disponirend ist die Erschlaffung der Scheide und der Bauch-
fellfalten nach der Entbindung , bedingend meist starke
Bauchpresse; seltefn treten dieselben Verhältnisse ohne yor-
hergehende Entbindung ein. Der Prolapsus erfolgt femer
langsam und meist unTollständig : durch Zerrung yon der
Vagina aus bei Vorfall und Hernien derselben (s. unten),
durch Druck und Zug von Geschwülsten, durch Hypertro-
phie des Uterus bei übrigens günstigen Umständen.
Der Uterus kann vor dem völligen Prolapsus durch
Zerrung verlängert und vergrössert werden, nach dem Pro-
lapsus durch Stockung des Blutlaufs ebenfalls an Grösse
zunehmen; ist der Vorfall vollständig, so sieht man zwi-
schen den Schamlippen eine rundliche oder längliche Ge-
schwulst vortreten, deren Aussenwand die umgestülpte, ver-
dickte, geröthete Scheide bildet; an dem äussersten Ende
sieht man die Oeffnung der Vaginalportion, das Innere der
Geschwulst bildet der Uterus. Die Scldeimhaut der umge-
stülpten Scheide ist Anfangs stets gereizt und entzündet,
aUmälig wird sie härter, trockner und dem Gorium ähn-
licher.
Abbildungen: Froriep, Cbir. Kpft. T. 61, fö, 388, 389, 416,
417, 435. CruYeilhier Livr. 16. VI 5. Livn 26. Fl. 6. Bailllt
Fase. 9. PI. 5.
Dem Descensus entgegengesetzt ist die Erhebung
des Uterus durribi Vergrösserui^ desselben : durch Fibroi-
de, Blut- und Wasseransammlung in seiner Höhle; durch
Gresdiwülste des Ovarium und des Beckens; durch Adhä-
sionen während der Schwangerschaft.
Umstülpung, inversio uteri^ beginnt mit dem
448
Einsinken des Grundes, bildet sich durch Einstülpung des
Grundes in den Cervix und Vagina weiter aus und erreicht
als yollständige Umstülpung des ganzen Uterus mit Aus-
wärtskehrung seiner Schleimhaut den höchsten Grad; meist
ist dann zugleich die Scheide prolabirt und der umgestülpte
Uterus liegt vor der Schamspalte. Die Umstülpung findet
fast nur nach der Entbindung statt, durch von aussen drük-
kende, yon innen ziehende Gewalt, z. B. heftigen Zug an
der Nabelschnur bei adhärenter Placenta. Selten findet sie
an einem durch Polypen, Serum oder Blut ausgedehnten
und erschlafften Uterus statt. Die Umstülpung erfolgt rasch
oder allmälig, es folgen: Entzündung des Uterus und sei-
ner Umgebung, Brand u. s. w.; oder chronische Entzün-
dung, Verwachsung, Blutungen; in seltenen Fällen keine
bedeutenden Veränderungen.
Abbildungen: Froriep, CUn. Kpft. T..42. Baillie Fase. 9.
Hernia uteri (Hysterocele), der Uterus liegt in einem
Inguinal- oder Cruralbruche, in welchen er durch Adhäsio-
nen nachgezerrt wurde.
Abbildungen: Cruv eil hier Livr. 34. PI. 6. Froriep, Chir.
Kpfl. T. 424.
Grösfiieveränderungen.
Hypertrophie des Uterus kommt fast nie spontan
vor, sondern meist als sekundäres Leiden bei langwierigen
Hyperämieen, z. B. eines prolabirten oder zurückgebeugten
Uterus; bei Katarrhen, Polypenbildung auf der Schleimhaut;
bei Fibroiden in der Uterussubstanz; bei Zerrung des Ute-
rus durch Adhäsionen und Geschwülste, bei Verschliessung
des Muttermundes oder der Scheide. Der hypertrophische
Uterus erreicht zuweilen den Umfang einer Faust oder des
Kopfes eines Neugeborenen, seine Wände sind ^ — 1" dick,
fest , blutreich , die Höhle ist klein, die Schleimhaut oft hy-
perämisch.
449
Häufiger ist Hypertrophie der Vaginalportion,
welctie ausser durch die genannten Momente Torzugsweise
durch häufige Geburten bedingt wird. Die Vaginalportion
wird entweder gleichmässig vergrössert, oder vorzugsweise
eine Lippe; die vergrösserten Theile ragen in die Scheide
als konische Zapfen oder polypenartige Geschwülste.
Die Hypertrophie entwickelt sich langsam und bleibt,
meist auf einem Punkte angelangt, unverändert stehen.
Atrophie des Uterus tritt im hohen Alter gewöhn-
lich ein , zuweilen auch früher nach langwierigen Katarrhen,
häufigen Entbindungen, puerperalen Entzündungen, durch
Druck von Fibroiden. Der atrophische Uterus hat die Hälfte
oder den dritten Theil des normalen Umfangs, seine Sub-
stanz ist fest, blutarm, die Höhle eng, die Schleimhaut
dünn. Zuweilen ist die Consistenz der Substanz des decre-
piden Uterus vermindert, besonders am Fundus, sie ist
morsch, brüchig und leicht zerreisslich, die Gefässwände
sind verdickt, zuweilen verknöchert.
Atrophie der Vaginalportion findet sich zuwei-
len spontan bei jungen, mannbaren Individuen, häufiger se-
kundär nach wiederholten Entbindungen und Geschwüren.
Atrophie der Cervicalportion findet sich haupt-
sächlich bei Zerrung des Uterus, der Cervix wird lang aus-
gezogen und allmälig verdünnt, die Vaginalportion schwin-
det und die Scheide läuft nach oben zu konisch aus. Bei
fortgesetztem Zuge kann endlich eine völlige Trennung des
Zusammenhanges des Scheide und des Uterus durch völli-
gen Schwund des Cervix eintreten.
Erweiterung der Höhle des Uterus tritt ein durch
zurückgehaltenes Menstrualblut , Schleim u. s. w. bei Ver-
stopfung oder Atresie des Cervix, der Scheide ; durch fibröse
Polypen. Der durch angehäuftes Sekret erweiterte Uterus
bekommt eine kugelförmige Gestalt und erreicht zuweilen
einen beträchtlichen Umfang , seine Wände bleiben normal
29
450
dick, nehmen an Dicke zu, oder werden dünner, atrophisch.
Findet die Atresie am' Orificium intemum und extermtm zu-
gleich statt, so findet zuweilen eine gleichzeitige kugelför-
mige Erweiterung des Körpers und des Halses statt {Ute-
ms bicameratuB vetularum^ Mayer).
Verengerung der Höhle ist oft Folge der Atro-
phie; durch Adhäsionen nach Entzündimg kann eine par-
tielle oder totale Obliteration der Höhle eintreten. Der Ka-
nal des Cervix ist häufig verstopft durch Schleim, Polypen
oder Krebs; durch Adhäsionen nach Entzündung können
Atresieen an einzelnen Stellen oder Obliteration des ganzen
Cervix erfolgen.
«
Hyperftmle« H&morrliasie.
Hyperämie des Uterus, insbesondere seiner Schleim-
haut findet sich bei jeder Menstruation, bei Brust- und
Herzleiden, nach Einwirkung innerer und äusserer Exci-
tantien, bei Typhus, Cholera, Scorbut, bei Anwesenheit
von Polypen, Fibroiden, bei Katarrh der Schleimhaut. Der
hyperämische Uterus ist meist vergrössert, seine Substanz
weich, saftig, dunkel gefärbt, auf der Schnittfläche quillt
reichlich Blut aus zahlreichen Gefässen, die Schleimhaut
ist gewulstet, weich, in der Höhle oft blutiger Schleim
oder Blut.
Hämorrhagieen findet sich unter denselben Bedin-
gungen wie Hyperämie , das Blut wird sparsam oder mas-
senhaft in die Höhle des Uterus ergossen und wird durch
die Scheide entleert.
Blutung in der Uterinalsubstanz kommt als kleine Ex-
travasate bei Hyperämieen vor. Eine Blutung voii grosse*
rem Umfang kommt im decrepiden Uterus alter Weiber vor,
findet sich hauptsächlich im Fundus, welcher mit massen-
haften Extravasaten durchsetzt, dunkelroth, morsch und
brüchig ist; die Schleimhaut ist ebenfalls mit Blut infiltrirt
451
und oft ist Blut in die Höhle ergossen. In den höchsten
Graden ist die Uterinalsubstanz dnrch Blutherde zerklüftet.
Der Blutabgang durch die Scheide ist gering oder fehlt
ganz, überhaupt ist das Leiden von geringen Erscheinun-
gen begleitet. Geringere Grade heilen unter Bildung eines
gelb oder roth pigmentirten , lockeren Narbengewebes. Fer-
ner finden sich bedeutende Extravasate in bei der Geburt
gedrückten und gequetschten Partieen.
Abbüdungen: Cruveilhier Livr. 24. PL 2.
Hämorrhagieen der Wöchnerinnen erfolgen
meist aus den Gefässen der Placentarstellc bei mangelhafter
Contraction des Uterus.
Findet Atresie der Scheide oder des Cervix uteri statt,
so häuft sich das Blut im Uterus an und erweitert densel-
ben (Hämatometra). Am häufigsten ist dieser Zustand
eine Folge angehäuften Menstrualblutes. Der Umfang des
Uterus wird dabei oft sehr beträchtlich vermehrt und er
kommt wie bei Schwangerschaft in der Bauchhöhle zum
Vorschein; doch bleibt die Vergrösserung meist auf einer
gewissen Stufe stehen. Das Blut bildet meist eine dicke,
halbflüssige, schwarze Masse, zuweilen gerinnt es; bei lan-
ger Dauer des Zustandes geht es die gewöhnlichen Verän-
derungen ein.
Auch nach nicht menstrualen Blutungen in die Uteri-
nalhöhle erfolgt zuweilen kein Abfluss des Blutes in die
Scheide, sondern eine rasche Gerinnung desselben, wodurch
es länger zurückgehalten wird. Es entstehen feste Fibrin-
gerinnsel , die gewöhnlich den Cruor umschliessen und durch
später folgende Blutungen allmälig vergrössert werden Diese
runden , der erweiterten Uterushöhle eng anliegenden Fibrin-
gerinnsel werden nun entweder durch die Contractionen des
Uterus bald entleert ocler bleiben längere Zeit zurück; im
letzteren Falle gehen die Gerinnsel gianz ähnliche Verände-
nmgen ein , wie die im Herzen und den G«fässen ; sie wer-
29*
452
den fest, organisiren theilweise zu Bindegewebe, treten mit
der Uterinschleimhaut durch Adhäsionen in Verbindung und
stellen so die sogenannten fibrinösen Uteruspoly-
pen dar.
Anämie des Uterus findet sich bei Atrophie derselben
und als Theilerscheinung allgemeiner Anämie.
1. Entzündung des nicht schwangeren Uterus.
1) Katarrhalische Entzündung der Uterinschleim-
haut ist in ihrer leichtesten Form nicht selten, die Schleim-
haut ist yerdickt, insbesondere sind ihre SchleimfoUikel ver-
grössert und es findet bei massiger Hyperämie eine stark
yermehrte Ausscheidung von Schleim statt (Phlegmorrhoea
uteri^ Kiwis ch).
^ Der akute Katarrh, Metritis catarrhalis^ mncosa^
ist charakterisirt durch capillare. Injection , blutige Infiltra-
tion und Auflockerung der Schleimhaut und des anstossenden
Uterusgewebes ; die Höhle ist gefüllt mit serösem oder eitri-
gem, blutigem Exsudate. Zuweilen ist gleichzeitig der Pe~
ritonealüberzug des Uterus injicirt oder mit Exsudat infil-
ixirt; oft findet Blutung in die Höhle statt. Dieser Katarrh
findet sich bei jeder Menstruation, femer nach Erkältungen,
Einwirkung innerer und äusserer Excitantien, bei Typhus,^
Dysenterieen, Cholera; öfters ist er von der Vagina als
Tripperkatarrh auf die Uterusschleimhaut fortgepflanzt.
Wenn nicht Heilung erfolgt, geht der akute Katarrh
meist in chronischen über.
Chronischer Katarrh, Bknnorrhoea uteri, ist sehr
häufig; er ist eine Fortsetzung des akuten oder gleich an-
fänglich als chronischer aufgetreten und kommt schon bei
Neugeborenen, am häufigsten aber von den Pubertätsjahren
an vor. Die Schleimhaut ist verdickt, schiefergrau oder
)
455
braun, mit iiijicirten Yeneu und Ecchymosen durchselzt,
häufig an einzelnen Stellen polypenartig 4usgebuchtet, durch
Erosionen und Ulcerationen hie und da zerstört, durch in-
/ filtrirte Follikel aufgetrieben. Die üterussubstanz ist zu-
weilen fest, hypertrophisch, häufiger schlaff und welk, und
die Höhle erweitert, mit citrigem Sekrete gefüllt.
Häufiger wird der Katarrh begleitet voü Kalarru des
Schleirahautüberzuges der Vaginalportion, welche geröthct,
mit Schleim oder Eiter bedeckt ist, durch vergrösserte Fol-
likel oder papilläre Hypertrophie verdickt und granulirt er-
scheint. Zuweilen finden sich auch flache Excoriationen
oder tiefere FoUikulargeschwüre der Vaginalportion.
Der akute und chronische Katarrh haben, insbesondere
wenn sie von Ulceration begleitet sind, zuweilen Adhäsio-
nen der üterin wände, Atresieen und Obliterationen zur
Folge. Ist der Cervix verstopft oder obliterirt, so häuft sich
das katarrhalische Sekret im Uterus an, dehnt ihn allmälig
aus, bewirkt eine beträchtliche Verdünnung der Wände, ins-
besondere der Schleimhaut, welche allmälig die Beschaffen-
heit einer glatten , serösen Membran erhält. Der Inhalt des
selten beträchtlich erweiterten Uterus wird wässerig: Hy-
dro metra. War der Cervix blos verstopft, so finden zu-
weilen Entleerungen durch die Scheide statt.
2) Entzündung der Uterussubstanz, Metrilis
parenchymaiosa.
Die akute Metrilis parenchymaiosa geht meist
von einer akuten Schleimhautentzündung aus, und ist we-
nigstens stets von ihr begleitet. Der Uterus ist beträchtlich
angeschwollen, seine Substanz weich, die Schnittfläche dunk-
ler durch Injcction, saftig durch Infiltration mit Exsudat;
meist ist gleichzeitig der Pcrilonealüberzug entzündet; häu-
fig sind Extravasate im Uterusgewebe und der Schleimhaut.
Ausser der Heilung erfolgt zuweilen Induration, Hypertro-
phie durch ncugebildeles Bindegewebe; sehr selten Eilcrbil-
154
^
duiig; die Abscesse sind meist klein, doch erlangeu sie zu-
weilen einen grösseren Umfang, senken sich, perforiren in
das umgebende Zellgewebe oder in das Rectum; in einem
Falle erfolgte Trennung des Uterus von seinen Verbindun-
gen und Abgang desselben durch die Scheide. Häufig geht
die akute Entzündung in chronische über.
Die chronische Metritis, chronischer In-
farct (Kiwisch) folgt auf die akute Metritis, oder findet
sich bei chronischem Uteruskatarrh, Fibroiden, Prolapsus
uteri, und , auf den Cervicatheil und die Vaginalportion be-
schränkt, nach traumatischen, akuten Entzündungen dieser
Theile nach der Entbindung. Der Uterus erscheint in Folge
der chronischen Entzündung vergrössert (zuweilen um das
3 — 4fache), hart, seine Schnittfläche ist blass, fest und
zeigt ein compactes Zellgewebe, in seiner Umgebung finden
sich meist sparsame oder zahlreiche peritoneale Adhäsionen.
Die Lippen der V^aginalportipn sind oft 2 — 3" verlängert,
. plump und rauh. Der Verlauf der Entzündung ist sehr
V langsam, die Beschwerden verhältnissmässig stark. In den
climacterischen Jahren, nach Conception, schweren Krank-
heiten , insbesondere Typhus , nach veränderter Lebensweise
hat man eine Heilung beobachtet.
3) Croupöse und diphtheritische Entzün-
dung sind ausser im Puerperium selten und meist von der
Scheide aus auf die Vaginalportion fortgepflanzt bei Cho*
lera, Typhus,
2. Eilt zu 11 düng des schwangeren Uterus.
Während der Schwangerschaft tritt zuweilen eine akute
Entzündung der Schleimhaut, resp. Decidua des Uterus ein,
welphe Exsudation, Blutung und Absterben des Embryo,
Abortus zur Folge hat. Entzündmigen der Uterussubstanz
sind noch fraglich. Nicht selten sind aber leichte Perito-
nealentzündungen am Uterus und seiner Umgebung, zu wel-
455
dien »ich in schlimmen Fällen bald JblnlzUndungen und Ei-
terung im subperitonealen Zellgewebe des Beckens, bald
Gerinnungen in den Venen — Phlebitis — des Beckens,
und von diesen ausgehend wohl auch in den Venen der
Schenkel gesellt.
« •
3. Die puerperalen Entzündungen.
Endometritis puerperalis, Entzündung der In-
nenwand des Uterus; als den geringsten Grad kann man
den puerperalen Uteruskatarrh ansehen, der nach
der Entbindung zuweilen eintritt und ein flüssiges, eitriges
Exsudat liefert, welches mit den Lochien abfliesst, von wel-
chen der puerperale Katarrh im Grunde nur relativ unter-
schieden ist. In den höheren Graden ist das Exsudat ein
croupöses oder diphtheritisches ; die Uterussubstanz ist bis
auf' eine gewisse Tiefe ebenfalls infiltrirt, mehr oder weni-
ger injicirt und mit Extravasaten durchsetzt. Im günstigen
Falle erfolgt Abstossung des croupösen Exsudates und nach
einiger Zeit fortgesetzter, flüssiger Exsudation (Katarrh)
Heilung und Regeneration der Schleimhaut. Sehr oft er-
folgt gangränöser Zerfall der Exsudate und der in sie ein-
gesclüossenen Uterussubstanz, welcher besonders an der
Placentarstelle und der Scheidenportion entwickelt ist. Der
Uterus ist dann gross, schlaff, seine Innenfläche zu einer
schwarzen, stinkenden Pulpa umgewandelt (Putrescenz
des Uterus). Die Entzündung setzt sich zuweilen auf die
Tubarschleimhaut und von da in einzelnen Fällen auf das
Peritoneum fort ; das letztere ist gewöhnlich am Uterus und
in dessen Umgebung entzündet. Häufig sind auch die Va-
gina und die äusseren Geschlechtstheile entzündet.
Die Venen der Placentarstelle, des Uterusparenchyms,
der Pleaa. pampiniform, sind bald frei, bald mit Gerinnseln
gefüllt, welche oft in Eiter oder Jauche zerfallen, wobei
die Wandungen der Vene bald entzündet sind, bald nicht
456
(Phlebitis uterina) und secundäre pyämiscke Erschei-
nungen folgen. Die Lymphgefasse finden sich ebenfaUs zu-
weilen mit Eiter gefüllt. (Lymphangioitis puerpe-
ralis.)
Die secundären Erscheinungen sind: Exsudationen auf
serösen Häuten : Peritoneunij Pleura, Pericardium, Arachnoi-
dea, Synovialkapseln ; metastatische Infarcte und Abscesse:
im Zellgewebe der Haut, zwischen den Muskeln und den
Eingeweiden, in den Lungen, Herz, Milz, Nieren, Leber,
Gehirn ; Gerinnungen in entfernten Venen : Himsinus ; crou-
pöse und diphtheritische Exsudation auf Schleimhäuten:
Dickdarm, Bachen, Oesophagus, Harnblase u. s. w.
Die bei Wöchnerinnen nicht selten vorkommenden
schmerzhaften Anschwellungen eines oder des anderen Bei-
nes, die man mit dem allgemeinen Namen Phlegmasia
alba dolens umfasst, sind bedingt: a) durch Gerinnsel
in der Cruralvene oder der Saphena, Stockung des Blut-
laufs und Oedem des Zellgewebes; b) durch akutes Oedem
des Zellgewebes der Haut und zwischen den Muskeln;
c) durch Lymphangioitis und secundäres Oedem; d) durch
sogenannte metastatische Entzündung des ZeUgewebes.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 4. PL 6. Livr. 13. PL 1 — 3.
Hope Fig. 198. Carswell Fase. 8. PL 4. Froriep, Klin. Kpft.
T. 26.
tirescKwüre.
Li der Schleimhaut der Uterushöhle finden sich: Ge-
schwüre durch Zerfall von Carcinomen und Tuberkeln, sel-
ten katarrhalische; im Cervix ausser den genannten: syphi-
litische.
' An der Vaginalportion finden sich:
1) Katarrhalische Erosionen und Geschwüre,
FoUikulargeschwüre.
2) Syphilitische Erosionen und Geschwüre,
457
meist halbmoudfönnig um den Muttermund gestellt; die
letzteren greifen oft in die Tiefe und bewirken Substanzyer-
lust der Vaginalportion, Dann finden sich Condylome.
3) Geschwüre nach Verletzungen durch die Ge-
burt, Pessarien, Misshandlung u. s. w.
4) Tuberkulöse (sehr selten) und carcinomatöse
Geschwüre (s. Krebs).
5) Das phagedänische Geschwür (Clarke) ist
selten; analog den phagedänischen (sogenannten krebsigen)
Hautverschwärungen zerstört es die Theile allmälig und un-
aufhaltsam, ohne dass zerfallende Krebsmasse zu Grunde
läge; die Zerstörung beginnt als entzündliche Atrophie und
Verjauchung der Exsudate an der Schleimhaut der Vaginal-
portion und dem Scheidengewölbe, setzt sich auf die Ute-
russubstanz, auch wohl das Rectum und die Blase fort und
"* stellt sich als ein ausgebreitetes , unregelmässiges , zackiges
Geschwür mit infiltrirten Bändern und einer zottigen, mit
schwarzer Pulpa bedeckten Basis dar.
6) Verschwärungen nach puerperalen Entzündungen.
Zerrelssuny«
Der nichtschwangere Uterus kann bersten: a) durch
übermässige Anhäufung yon Blut, Eiter u. s. w. in seinem
Cavum, allm'älige Verdünnung und Zerreissung oder Ver-
schwärung und Verjauchung. Der Inhalt entleert sich in
die Bauchhöhle oder nach vorhergegangenen Adhäsionen
und Vereiterungen in den Darm, die Blase, das Rectum;
b) durch Verdünnung seiner Substanz an einer Stelle durch
Fibroide; c) durch äussere Gewalt. Er kann von Aussen
perforirt werden durch Abscesse und Geschwüre benachbar-
ter Theile.
Der schwangere Uterus kann bersten: bei Anwesenheit
von Fibroiden oder Carcinomen, durch äussere Gewalt,
Stoss, Fall; hierher gehört auch die Berstung bei intcrsti-
458
üelier Tubeuscliwangerschafi und bei ächwaugerschafl eines
rudimentären Uterus. Zuweilen sind die Bedingungen un-
klar; ob spastische Contractionen eine Berstung bewirken
können, ist noch ungewiss.
Während der Geburt erfolgt eine Zerreissung; a) bei
Hindernissen in der Ausstossuug des Fötus; liegt das Hin-
derniss in der Yaginalportion, so reisst meist diese ein und
der Riss setzt sich in die Uterussubstanz fort; in einzehien
Fällen wurde die Vaginalportion völlig vom Uterus ge-
trennt; liegt das Hinderniss im Beckenausgang , in fehler-
hafter Lage oder ungewölmlicher Grösse des Fötus, so
reisst die Uterussubstanz im Fundus ein ; b) bei Texturver-
änderungen des Uterus und der Vaginalportion, z. B. Ver-
dünnung bei Querlagen, Erweichung nach Entzündung,
Fibroiden , Krebs u. s. w. ; c) durch Verletzung bei gewalt-
samer Wendung, Quetschung und Zerreissung der Vaginal-'
portion durch Zange, Haken, spitze Knochen u. s. w.
Zuweilen setzt sich der Biss auf die Scheide, die Blase,
das Rectum fort. Die Folgen und Ausgänge der Zerreis-
sung sind verschieden; war der Fötus nicht in die Bauch-
höhle ausgetreten, so contrahirte sich entweder der Uterus
rasch, die Wunde wurde bald durch Exsudate vereinigt und
vernarbte, oder die Wunde klaffte, es fand Zersetzung des
in die Bauchhöhle ergossenen Blutes, Entzündung und
Brand der Eingeweide statt. War der Fötus ausgetreten,
so erfolgte meist rasch der Tod, zuweilen trat aber auch
liier Vemarbung des Einrisses und Einkapselung des Fötus
ein, zuweilen auch Abscessbildung und allmälige Abstos-
sung des Fötus nach Aussen durch Bauch- oder Darmfisteln.
Pathologische nTeubildiing^en«
Neubildung von Bindegewebe findet sich als
organisirtes entzündliches Exsudat, als Grundlage der ein-
fachen oder entzündlichen Hypertrophie (Infarct) des Ute-
459
rus. Sehr käufig im Uterus sind Fibroide, welche mau
von Erbsen- bis Mannskopf sgrösse und mehr^ als runde,
feste Greschwülste im Gewebe des Uterus eingebettet findet
und welche bald nur aus Bindegewebe, bald nur aus orga-
nischen Muskelfaserzellen, oft aus beiden Elementen zu-
gleich bestehen. Es finden sich bald nur eines, bald meh-
rere im Uterus; sie verdrängen während ihres Wachsthums
die Uterussubstanz, welche in ihrer Umgebung meist hy-
pertrophisch und blutreich, selten durch Druck grosser Fi-
broide atrophisch wird. Die Fibroide wachsen meist lang*-
sam , zuweilen erreichen sie schnell einen beträchtlichen
Umfang, sind dann weich und reich an Gefässen; während
der Schwangerschaft entwickeln sich ihre Gefässe, sie wer-
den grösser und weicher, nach der Entbindung schrumpfen
sie ein. Selten werden die Fibroide durch Entzündung ver-
ändert, zuweilen durch Entzündung und Eiterbildung im
umgebenden Gewebe aus ihrer Verbindung gebracht und
durch die Contractionen des Uterus entleert. Die Fibroide,
welche oberflächlich sitzen, treten im Verlauf ihres Wachs-
thums erst unter das Peritoneum, später mehr an die Ober-
fläche des Uterus, werden endlich wohl ganz frei und sind
nur noch durch, eine Peritonealfalte mit diesem verbunden.
Ganz analog treten die in der Innenwand sitzenden Fibroide
zuweilen unter die Schleimhaut, wachsen in die Höhe und
hängen dann, breit oder schmal gestielt, als fibröse Po-
lypen in die Uterushöhle, welche entsprechend erweitert
wird. In einem Falle von Uterusfibroid trat Verwachsung
des Uterus mit der Bauchwand über der Symphyse ein, es
(rat Verschwärung, Gangrän, Perforation der Bauchwand ein.
Häufig ist Verkreidung der Fibroide , seltner enthalten
sie cystenartige Räume oder wirkliche Cysten, mit Serum
oder CoUoid gefüllt.
Die Bedingungen der Bildung der Uterusfibroide sind
unbekannt. Sie werden in jedem Alter nach der Pubertät
460
gefunden, bleiben zuweilen ohne nachtheilige Folgen, scha-
den durch Druck auf die Blase, das Rectum u. s. w. oder
durch die Katarrhe und Blutungen der Schleimhaut des Ute-
rus, die sich besonders bei polypenförmig in die Höhle ra-
genden Fibroiden finden.
Abbildungen: Cruveilhier Livr. 11. PI. 5, 6. Litr. 13. PI. 4,6.
LWr. 24. PI. 1. Hope Fig. 211, 215. Baillie Fase. 9. PI. 3, 4.
Sandifort, Mus. an. T. 196. Froriep, Cbir. Kpft. T. 259, 403.
Schleim- oder Blasenpolypen sind bedingt durch
abnorme Anschwellung der geschlossenen Follikel, welche
dann die Schleimhaut yor sich her drängen und allmälig
stielförmig ausziehen. Der Inhalt der Follikel ist eine farb-
lose schleimige oder coUoide Masse.
Cysten sind im Uterus selten, man fand seröse und
fetthaltige. Man kann auch die angeschwollenen Follikel
hierher rechnen.
Sehr selten ist Tuberkulose des Uterus und findet
sich meist nur bei allgemein ausgebreiteter Tuberkelbildung.
Sie beginnt in der Schleimhaut des Fundus als gruppirte
graue Granulation oder gelbe Infiltration, greift allmälig
auf die Uterussubstanz über, dann auf den Cervix, die Va-
ginalportion und Scheide. Meist finden sich gleichzeitig
Tuberkel in den Tuben imd Unterleibsdrüsen.
AbbUd.: Cruveilliier Lirr. 39. PI. 3. Fig. 3.
Krebs ist im Uterus häufig, er beginnt meist an der
Vaginalportion, welche theils von ihm infiltrirt wird, theils
in grösseren, runden, granulirten Markschwamm -Knoten
untergeht. Nachdem der Krebs eine Zeit lang als Geschwulst
vor der Vaginalportion in die Höhle der Sche^ide gewuchert,
sich dabei auf die Scheide selbst und das umgebende Zell-
gewebe, auch wohl auf Blasenwand und Mastdarm verbrei-
tet hat, geht er oberflächlich in Versch wärung über, blät-
tert sich aus einander und zerfällt in eine flockige, jauchige
Masse. Indessen geht aber die Krebsbildung weiter in der
461
Substanz des Uterus und den Nachbartheilen , und indem
die Verjauchung folgt, werden endlich das Scheidengewölbe^
die untere Uterushälfte, die hintere Blasen- und vordere
Mastdarm - Wand in ein grosses, jauchendes Geschwür ver-
wandelt. Nicht selten erfolgt auch Perforation in Blase und
Mastdarm , meist tödtet der Krebs in diesem Stadium durch
Erschöpfung in Folge des Säfteverlustes und der zahlreichen
Blutungen aus den zerstörten Theilen.
Ausserdem findet er sich als Krebs des Fundus, ent-
wickelt sich in diesem zu grossen Knoten, welche allmälig
erweichen und zerfallen, ist zuweilen combinirt mit Fibroid.
Der Verlauf ist anfangs langsam, zumal wenn der
Krebs reich an Fasern , fest und in das Gewebe infiltrirt
ist ; hat aber einmal die Bildung weicher Markschwammge-
schwülste und deren Verschwärung begonnen, so geht die
Weiterbildung sehr rasch. Der Krebs findet sich meist im
40. und 50. Jahre, die «Bedingungen semer Bildung sind
so gut als unbekannt.
Abbildungen: Cruveilhier Li?r. 23. PL 6. Livr. 24. PL 2. Livr.
. 27. PL 2. Li¥r. 39. PL 3. Froriep, Klin. Kpft. T. 69. Carswell
Fase. 3. PL 1.
Papillargeschwülste finden sich als Condylome
der die Vaginalportion überziehenden Scheidenschleimhaut
und Blumenkohlgewächs (Clark e). Es beginnt mit
einfacher Papillargeschwulst, man sieht papilläre und zot-
tige Wucherungen, deren Oberfläche aus Epithelialzellen in
allen Entwickelungsstufen , deren Mitte aus Bindegewebe
und Gefässen besteht; letztere sind meist colossale, sehr
dünnwandige Capillaren, einfache oder vielfach ausstrah-^
lende Schlingen oder ein Netzwerk bildend. Im Anfange
sind diese Papillen einfach und dicht gedrängt, später ver-
ästeln sie sich vielfach , wachsen zu zolllangen Franzen und
die Geschwulst wird schlotternd, weich, einer Hydatiden-
mole nicht unähnlich. Nachdem dieser Frocess eine Zeit
462
lang an der Oberfläche bestanden hat, tritt meist Combina-
tion mit Cancroid ein, es beginnen sich Cancroid-Alveo-
len in der Tiefe zwischen den Bindegewebs -r und Muskel-
schichten des Organs zu entwickeln, man findet mit Zellen-
massen ausgefüllte Alveolen und solche, von deren Wan-
dung neue papilläre Wucherungen ausgehen.
Diese Neubildung tödtet meist durch häufige Blutungen
und massenhafte seröse Ausscheidungen, sie ist selten und
kommt bei Jungfrauen und Frauen vor.
Ueber das Vorkommen von Echinococcus im Ute-
rus existiren nur wenige Beobachtungen; einmal bewirkte
die Bildung einer grossen Masse von diesem Parasiten im
Fundus uteri Berstung desselben, Bluterguss in die Bauch-
höhle und den Tod (Wilton).
4. Die Scheide.
Bildungsfehler: Mangel fler Scheide neben ander-
weitiger Verbildung der Geschlechtstheile. oder bei übrigens
normaler Bildung der letzteren. Blinde Endigung der Scheide
von Aussen oder vom Uterus her; Atresie durch ein nicht
perforirtes Hymen oder Scheidewände im Verlauf der Scheide.
Spaltung durch Scheidewände. Verkümmerte Bildung, sie ist
eng , glatt , ohne Runzeln. Vorzeitige Entwickelung. Kloak-
bildung.
Vergrösserung der Scheide fmdet statt bei Zerrung
derselben durch Uterus- oder Eierstocksgeschwülste, Aus-
dehnung durch angehäuftes Menstruationsblut bei angebore-
ner oder acquirirter Atresie des Scheideneingangs. Die
Scheidenwände werden dicker, die Schleimhaut glatt.
Erweiterung wird bewirkt durch einen prolabirten
Uterus, durch fibröse Polypen, welche aus dem erweiter-
ten Muttermunde in die Scheide ragen, durch Pessarien,
Menstruationsblut. •
Verengerung findet in Folge ausgebreiteter Narben-
463
bilduiig statt; durch Verwachsung der vorderen und hinte-
ren Scheiden wand nach Geschwürsbildung kann Atresie der
ganzen Scheide , einzelner Stellen oder des Scheideneingangs.
Im letzteren Falle dehnen sich Scheide und Uterus zuwei-
len zu einer grossen bimförmigen Höhle aus, während Ya-
ginalportion und Ceryix vollständig verstreichen.
Nach grosser Erschlaffung der Scheide, zumal bei gleich-
zeitiger Yergrösserung derselben, wie z. B. nach Schwan-
gerschaft, tritt zuweilen ein Vorfall der Scheide ana-
log dem ProlapsuM ani ein, der aber nie einen hohen Grad
erreicht, nach Ei wisch Zerrung des Uterus, Verlängerung
der Vaginalportion oder Prolapsm uteri bewirken soll.
Durdi Ausbuchtung der hinteren Blasenwand wird,
wenn sie einen hohen Grad erreicht, ein Vorfall der vor-
deren Scheidenwand bewirkt: Cystocele vaginalis^
durch Ausbuchtung der vorderen Mastdarmwand oder durch
Herabdrängen einer Darmschlinge zwischen Rectum und
Scheide: ein Vorfall der hinteren Scheidenwand, Hernia
vaginalis pasterior, Rectocele vaginalis,
Abbildungen : F r o r i e p , Cbir. Kpft. T. 416, 417, 388, 389, 435.
Verletzungen der Scheide finden meist bei der
Geburt oder künstlichen Entbindung statt, durch den Fötus
selbst oder Instrumente. Durch gleichzeitige Verletzung
oder nachträgliche Verschwärung der Blasen- oder Mast-
darmwand entstehen nach Entbindungen Harn- und Darm-
fisteln (Fistula vesico' und recto- vaginalis), welche aus-
serdem selten durch Geschwüre der Scheide, Abscesse im
Zellgewebe, Mastdarmgeschwüre bedingt sein können.
Hyperämie und Hämorrhagie in der Scheide fin-
den sich als Vorläufer von Exsudationen oder ohne diese
bei Cholera.
ÜTeuMldan^.
1) Katarrhalische Entzündung ist entweder
464
akut oder chronisch, wird hervorgerufen durch lokale Beize,
Erkältungen, üebertragung von Tripperschleim aus der
männlichen Harnröhre und findet sich als chronische häufig
bei Scrofulüsen, Chlorotischen, in manchen Gegenden fast
bei allen Weibern. Die anatomischen Veränderungen des
chronischen Katarrhs sind dieselben wie auf anderen
Schleimhäuten; die Schleimhaut- ist meist bedeckt von weis-
sem, dickem Schleime (abgestossenen alten und frisch ge-
bildeten Epithelien) , oder von Eiter, welche gewöhnlich aus
der Scheide abfliessen (Blennorrhoe, Fluor albus); sie ist
femer verdickt, die Wände sind schlaff, so dass nach jah-
relanger Dauer des Katarrhs kleinere oder grössere Schei-
denvorfälle entstehen können. Zuweilen nehmen die Folli-
kel der Schleimhaut an der Entzündung Theil, werden in-
filtrirt und bilden harte Knötchen, mit welchen zuweilen die
Scheide wie übersäet ist. (Kiwisch, der nach seinen,
resp. KöUiker's, Untersuchungen der Scheide die Anwe-
senheit von Follikeln in der Schleimhaut leugnet, leitet die
harten Granulationen von einer Papillarhypertrophie der
Schleimhaut ab.)
Selten ' findet an circumscripten Stellen Schwund der
oberflächlichen Schleimhautschichten, d. h. Excoriationen,
flache ülceration statt, häufiger sind diese am Scheidenvor-
hof, an den Nymphen und grossen Schamlippen, an der
inneren Schenkelseite, wenn die genannten Theile längere
Zeit von dem abfliessenden Sekrete benetzt werden.
Doch kommt es in einzelnen Fällen zu Verwachsungen
ulcerirter Stellen der vorderen und hinteren Scheidenwand
und des Orificium uteri, Oefters ist gleichzeitig Katarrh
des Uterus vorhanden.
2) Croupösc und diphtheritische Exsudate
finden sich als puerperale Entzündungen zuweilen neben
Endometritis, als Theilerscheinung anderweitiger Erkrankun-
gen: bei Typhus, Cholera, Exanthemen; sie führen zuwei-
465
len Verschwärung und Verjauchung der Schleimhaut an cir-
cumscripten oder ausgebreiteten Stellen und im Falle der
Heilung Verengerung oder Verwachsung der Scheide durch
feste, fibröse Narben herbei.
3) Entzündung des submucösen Zellgewebes
begleitet zuweilen den Katarrh oder Varicen der Scheide^
bewirkt Verdickung, Rigidität und innige Verbindung der
Scheide mit den benachbarten Theilen.
Von Geschwüren finden sich in der Scheide ka-
tarrhalische und FoUikulargeschwüre , diphtheritische Ge-
schwüre, phagedänische und carcinomatöse Geschwüre mit
gleichzeitiger AfFektion der Vagüialportion und des Uterus;
syphilitische Geschwüre, die sich vorzugsweise am Schei-
deneingang und an der Vaginalportion, seltener in der ei-
gentlichen Scheide finden.
Von Neubildungen finden sich Fibroide im sub-
mucösen Zellgewebe und von da die Schleimhaut in die
Scheidenhöhle vordrängend, zuweilen setzen sich Fibroide
von der üteruswand auf die Scheide fort.
Selten sind Teleangiectasieen, Cysten als neu-
gebildete, seröse oder aus erweiterten Follikeln entstan-
dene (Lee).
Krebs setzt sich meist von der Vaginalportion auf die
Scheide fort, findet sich aber zuweilen auch selbstständig
als Infiltration oder isolirte Geschwulst, geht meist bald in
Ulceration über und bewirkt, nachdem er sich auf die be-
nachbarten Theüe erstreckt hat, durch sefnen Zerfall fistu-
löse Kommunikationen mit Blase und Rectum.
Tuberkulose der Scheide beobachtete Virchow
neben Tuberkulose der Hamorgane als graue Knötchen in
der Schleimhaut.
5. Die Vulva.
Mangel der äusseren Schamtheile findet sich meist
30
466
bei nicht lebensfähigen Missgeburten, selten bei normaler
Bildung der inneren Geschlechtstheile ; häufiger sind yer-
kätnmerte Bildung aller oder einzelner Theile; oder abnor*
me Grösse der Nymphen, der Clitoris; mehrfache Nymphen;
frühzeitige Entwickelung der äusseren Scham in den Jah-
ren Tor der Pubertät, gewöhnlich mit Entwickelung der
Brüste yerbunden. Spaltungen der Clitoris, isolirt oder mit
Spaltbildung der Harnblase und Harnröhre yerbunden.
Hypertrophie der grossen Schamlippen oder der
Clitoris findet sich als sogenannte Elephantiasis; die
ersteren erreichen dabei zuweilen einen Umfang, dass sie
bis an die Kniee reichen, die letztere wächst bis zu Kinds-
kopfsgrösse und darüber (s. Hautkrankheiten).
Atrophie tritt bei mageren Personen im Alter der
Decrepidität ein, zuweilen nach wiederholten Substanzyer-
lusten durch syphilitische Geschwüre.
Hämorrhagieen erfolgen in das Zellgewebe der
grossen Schamlippen nach Quetschungen, yorzugsweise bei
der Geburt, die ergossene Blutmenge ist oft bedeutend,
bleibt lange als fibröse Geschwulst, wird resorbirt, yer-
jaucht selten.
Die Entzündungen der Haut und Schleimhaut sind
ihrem anatomischen Verhalten nach gleich den Hautentzün-
dungen an anderen Stellen; Entzündungen des submucösen
und des die Hautfalten ausfüllenden Zellengewebes führen
bisweilen zu Abscessbildung, Gangrän oder Indur^^tion, tre-
ten oft ^Hß acutes^ Oedem und als Rothlauf auf. Die Ent-
zündung der Yestibulardrüsen bewirkt oft beträchtliche
Schwellung und Vereiterung derselben.
Geschwüre sind einfache, oder syphilitische, carei-^
nomatöse, gangränöse, oder exanthematische (Herpes, Ecze-t-
ma, Lupus).
Die Talgdrüsen der Vulva entarten zu Comedonen,
Acnepusteln , Balggescbwülsteii.
4g7
Von Neubildungen haben wir : Condylome, Fibroi-
de, Sarcome und Cystosarcome, Balggeschwülste, Telean-
giectasieen und Krebs. Der letztere ist meist Epithelial-
krebs, beginnt an den grossen Schamlippen oder an der
Clitoris , bildet jauchende Geschwülste und zerstört allmälig
den grössten Theil der äusseren Scham, ergreift Harnröhre
und Scheide.
6. Die Brüste.
Bildunffs- und Oritaiiienver&ndenuiffen.
Bil dungsfehle r^ Mangel einer Brustdrüse wurde in
zwei Fällen neben partiellem Mangel der Bippen beobach-
tet. Verkümmerte Bildung ist häufiger neben mangelhafter
Entwickelung der übrigen Geschlechtsorgane und des gan-
zen Körpers, ihr gegenüber steht die frühzeitige Entwieke-
lang der Brüste yor der Pubertät. Zuweilen finden sieb
überzählige Brustdrüsen (Nebendrüsen, Albers), welche^
1 — 3, unter oder neben den normalen, sehr selten an ent«
f ernten Stellen, z. B. an der inneren Schenkelseite, stehes,
gewöhnlich kleiner sind als die letzteren, aber bei Wöchne-
rinnen Milch geben. Zuweilen hat eine Drüse ^mehrere
Warzen.
Die männliche Drüse ist in der Kegel verkümmert, doch
entwickelt sie sich zuweilen bei Knaben und Männern spon-
tan oder nach wiederholtem Anlegen eines Säuglings zu ei-
nem ziemlichen Umfange und liefert Milch.
Hypertroplile.
1) Einfache Hypertrophie des Drüsengewebes,
bestehend in Ausbildung neuer Läppchen in der Peripherie
der normalen , ist allgemein oder partiell. Im ersteren Falle
wächst die Drüse aUmälig gleichmässig zu dem Umfang ei-
ner Faust, des Kopfes eines Neugebornen, Erwachsenen
30*
468
4.
oiler noch mehr, die Haut wird ausgedehnt, verdünnt, die
Warze verstreicht, die Gänge derselben schwinden und die
enorme Drüsenmasse stellt sich als eine Geschwulst dar,
über welcher die Haut überall beweglich ist, ihre Schnitt-
flache zeigt eine in grobe und feine Läppchen zerfallende Textur.
Euweilen findet sich gleichzeitig Hypertrophie des Binde-
gewebes der Drüse, dann wird die Geschwulst härter, die
Schnittfläche glatt. Bei der partiellen Hypertrophie bildet
sich an einer circumscripten Stelle eine harte Geschwulst
von geringem Umfang, über welcher die Haut verschiebbar
ist, während der librige Theil der Drüse functionsfähig
bleibt.
2) Hypertrophie mit Cystenbildung findet sich
in zwei Formen: a) in einer allgemein oder partiell hyper-
trophischen Drüse gehen die Zellen, nachdem sie sich mas-
senhaft vermehrt haben, eines oder vieler neugebildeter Acini
durch Colloid- oder Eiweissmetamorphose zu Grunde, die
Acini werden durch colloide oder seröse Masse ausgedehnt,
schnüren sich vom übrigen Drüsengewebe ab und bilden,
nachdem sich ihre Hülle zum fibrösen Balg gestaltet hat,
kleine Cysten mit colloidem oder serösem Inhalt, b) In ei-
ner all§(Bmein hypertrophischen Drüse wachsen mit dem
übrigen Gewebe auch die Milchbehälter und grossen Milch-
gänge, stellen sich dann als grosse cystenartige Räume oder
Säcke dar, deren Wände das lappige hypertrophische Drü-
sengewebe in runden, grob- oder feingelappten Knoten vor
sich herdrängt und in deren Höhle hereinragt, so dass po-
lypöse und papilläre Geschwülste in sie einzuragen schei-
nen. Beide Formen nennt man Cystosarcom.
3) Hypertrophie des Bindegewebes und 4) des
Fettes, s. unten. Im Gegensatz zur Hypertrophie kommt
zuweilen auch Atrophie der Drüse vor, indem schon vor
dem decrepiden Alter das Drüsengewebe scbvnndet.
469
HUmorrliaffie.
Nach Contusionen der Mamma und bei starken Con-
gestionen bei normaler Menstruation kommen zuweilen Blu^
tungen in der Mamma yor, das Blut wird bald resorbirt
oder bleibt längere Zeit al? harter Knoten ^ fibrinöse
Geschwulst.
Entzündung ist häufig während des Säugens , ausser-
dem fast nur durch Contusion der Mamma ; sie ergreift sel-
ten die ganze Drüse, sondern meist nur einzelne Drüsen-
lappen. Der betroffene Theil ist geschwollen , injicirt, dun-
kel geröthet, hat ein homogenes, fleischähnliches Gewebe
und ist hart. Es folgt völlige Heilung oder Yorttbergehende
oder bleibende Verhärtung der ergriffenen Lappen mit Atro-
phie des Drüsengewebes ; oder es bildet sich Eiter, ein häu-
figer Ausgang. Der Abscess erhebt meist die Haut und
perforirt sie, worauf Heilung und Vernarbung eintritt; zu-
weilen breitet sich Entzündung und Eiterbildung allmälig
über die ganze Drüse aus; diese wird zerstört, es bilden
sich Fistelgänge unter der Haut, Abscesse im Zellgewebe
der Decken des Thorax.
Bei Neugeborenen und Säuglingen kommt zuweilen
Entzündung der rudimentären Brustdrüse und des umge-
benden Zellgewebes vor, welche mit Zertheilung, seltener
Abscessbildung endigt.
Patlioloffische UTeuliildungeii»
Neubildung von Bindegewebe findet sich: 1) als
Hypertrophie des Bindegewebes zwischen den Drüscnlappea^
und Läppchen, im ganzen Umfang der Drüse oder auf ein-
zelne Lappen beschränkt, zuweilen begleitet von Hypertro-
phie der Drüsen. Sie entwickelt sich meist spontan, sehr
langsam bei Jungfrauen sowohl als Frauen (in seltenen Fäl-
470
len wurde sie auch an der Männerbrust beobachtet), bildet
haselnuss- bis htthnereigrosse , zuweilen mehrere Pfund
schwere Geschwülste, welche meist auf einer gewissen Höhe
stationär bleiben, oder von Zeit zu Zeit zunehmen und nur
durch ihre Schwere oder durch Druck auf die Nerven Nach-
theil bringen. Zuweilen excoriirt die durch die Geschwulst
gespannte und verdünnte Cutis. Wird, die Neubildung von
Bindegewebe massenhafter , so stellt sich diese Hypertrophie
als fibröse Geschwulst dar.
2) Fibröse Geschwülste (Fibroide und Sarcome) gehen
aus der genannten Hypertrophie hervor, oder entstehen als
selbstständige Geschwülste in den Brustwandungen, verdrän-
gen allmälig Drüse und Fett, treten als harte Knoten un-
ter die Haut und bilden zuweilen unter derselben promini-
rende runde oder gelappte Geschwülste von beträchtlichem
Umfang. Sie entwickeln sich sehr langsam, meist nur eine,
selten mehrere; ihre Grösse ist zuweUen enorm und man
hat sie 10 — 14 Pfund schwer gefunden.
Neubildung von Fettgewebe findet sich eben-
falls bald als Hypertrophie des normalen Fettgewebes der
Mamma und bildet als solche zuweilen enorme Anschwel-
lung derselben, bald als circumscripte Fettgeschwulst, Li-
pom.
Enchondrome von kleinem oder enormem Umfang
wurden in einzelnen Fällen beobachtet.
Concretionen scheinen in der Brustdrüse sehr sel-
ten vorzukommen. Nach Alb er s finden sich solche zu-
weilen im hohen Alter in den Wänden der Drüsengänge.
Cysten entstehen in der Manmia 1) durch CoUoid-
oder Eiweissmetamorphose der Zellen einzelner Acini nor-
maler oder hypertrophischer Drüsentheile ; 2) durch Aus-
dehnung eines MUchgangs nach Verstopfung oder Oblitera-
tion seines Endes, es bildet sich erst ein mit Milch gefüll-
ter Sack, dessen Inhalt allmälig serös, dessen Wand zur
471
geschlossenen Cyste wird. In beiden Fällen haben die aus-
gebildeten Cysten meist serösen Inhalt ^ selt^ erhSlt die
Wand eine cutisartige Organisation , und di^ Cyste füllt
sich mit Epithelien, Fett und Haaren; 3) durch cyst^nar-
tige Vergrössening der Milchbehälter und ^gSnge neben Hy-
pertrophie des Drfisengewebes.
Milchgeschwulst (Galactocelß, Folget) besteht in
der Ausdehnung eines Milchbehältets durch die, in Folge
von Yerschliessung eines Milchganges eintretende, Anhäu«
fung von Milch. In dem Milchbehälter finden sich Milcä
oder käsige Masse, zuweilen münden zahhreiche kleine
Milchgänge ein; in einzelnen Fällen bilden sich mehrere
Säcke zugleich oder die einmündenden kleineren Milchgänge
erweitern sich ebenfalls zu kleinen Säcken. Der Umfang
derselben ist oft enorm und man entleerte 10 und mehr
Pfund Milch aus ihnen. Der Inhalt ei&es ausgedehnten
Milchbehälters kann sich allmälig in wässeriges Serum um-
wandeln und eine seröse Cyste daraus hei*yorgehen , deren
Wandung düfch neugebildetes Bindegewebe Verdickt wird.
Die übrige Driisenmässe hält sich lange, wird aber durch
den Druck grosser Säcke zuweilen atrophisch.
Krebs ist häufig, er entwickelt sich meist als diffuse
Infiltration im Zellgewebe zwischen den Lappen und Läpp-
chen der ganzen Drüse oder auch einzelner Abtheilungen,
und bildet so harte Knoten, in welchen das Drfisengewebe
allmälig untergeht; zuweilen bildet er gleich anfänglich
selbstständigö Knoten, welche durch ihr ällitiäliges Wachs-
thum die Drüse yerdrängen. Nach längerem od^ kürze-
rem Bestehen des Krebses in Form eines oder mehrerer
Knoten findet in den meisten Fällen eine Yerschrumpfung
desselben durch Fettmetamorphose seiner Zellen (die sich
als zierliches Reticulum darstellt) oder durch Tuberkulisi-
rung einzelner Partieen statt, das ßindegewebsgerüst fällt
an diesen Stellen zusammen und bildet feste yerästelte
472
Stränge, die durch ihre Contraction die Haut einziehen und
dem Krebse ein höckeriges Ansehen geben. In anderen Fällen
bilden sich nach Torhergegangener Fettmetamorphose oder
Tuberkulisirung grösserer Partieen erweichte Stellen , Höh-
len, über welchen die Haut atrophisch wird, schwindet und
die Höhle mit der äusseren Luft in Berührung bringt , wor-
auf rascherer Zerfall und Verjauchung eintritt. Seltener
entwickeln sich die Krebsknoten rasch zu grossen, weichen
Massen, welche die Haut perforiren und als gelappte, jau-
chende Geschwülste herrorragen.
Neben denen in der Drüse finden sich häufig platte
Krebsknoten in der Haut, deren Zerfall das Krebsgeschwür
vergrössert; meist sind die benachbarten Lymphdrüsen
(Achseldrüsen) krebsig entartet, zuweilen findet sich gleich-
zeitig Krebs in der Pleura, den Lungen, der Leber, den
Oyarien und dem Uterus. Durch allmalige Verjauchung
werden zuweüen sowohl die Mamma als die übrigen Weich-
Üieile des Thorax zerstört, es werden die Intercostalmus-
keln, die Pleura allmälig infiltrirt und durch Zerfall zer-
stört, worauf Pleuritis oder Pneumonie dem Leben ein
Ende macht.
Grosse Tuberkel oder scrofulöse Knoten wer-
den von älteren Autoren erwähnt.
Echinococcus findet sich selten in kleineren und
grösseren Blasen.
Abbildungen: Hypertrophie, Cystosarcom : Albers III. T. 44 — 53.
A. Cooper, Krankh. der Brust. Cruveilhier Livr. 26. PI. 1.
Carcinom: Cruveilhier Livr. 24. PL 4. LiYr.27. PL 3. Livr. 31.
PL 2. Albers III. T. 53. Ho pe Fig. 185, 188. Carswell Fasc.3.
PL 1.
Patholosteche Anatmnie der allg^emeineii
Decken.
1. Epidermis, Corium und IJnterhautzellgewebe.
Bildungs fehler sind selten: partieller oder totaler
Mangel der allgemeinen Decken, angeborene Hypertrophie,
abnorme Enge oder Weite.
Hypertrophie«
1) Die Schwiele, Callosität, Tyloma, ist eine
auf kleine Stellen beschränkte Verdickung der Hornschicht
der Epidermis, die sich als flache, harte Erhebung der letz-
teren darstellt und an den Seiten allmälig in die normale
Epidermis übergeht. Die Verdickung beträgt bald nur 1 —
3'", bald 3 — 4"' und mehr. Die Sehleimschicht und das
Corium sind normal, das letztere ist zuweilen hyperämisch.
Die Schwielen kommen an Stellen der Haut vor, welche
häufigem Druck und öfterer Beizung ausgesetzt werden und
sind in ihren geringeren Graden eine sehr häufige Erschei-
nung. Zuweilen treten, sie spontan in der Keconyalescenz
nach schweren Krankheiten auf.
2) Der Leichdorn, Clavus, ist eine, aus Epidermis-
zellen bestehende, konisch hervorragende und in eine Ver-
tiefung der Cutis eingesenkte Geschwulst. Die Veränderung
kommt auf zweierlei Weise zu Stande: a) sie geht aus der
Schwiele hervor, indem die Epidermisschuppen in der Mitte
der Schwiele auffällig stark und tief in der Schleimschicht
verhornen und einen weissen , harten Kern bilden ; b) sie
474
ist bedingt durch massenhafte Vermehrung der Epithelien
des oberen Endes eines Schweissdrüsenganges , die Zellen
legen sich eng an einander und bilden harte runde oder
trichterförmige, konische Knötchen, welche, anfangs Urse-
komgross, allmälig durch Anlegung neuer Zellen in der
Peripherie wachsen, die Homschicht konisch erheben, die
Papillen und das Gorium mehr oder weniger yerdringen.
Gewöhnlich verdickt sich später auch die Homschicht über
dem Knötchen. Das letztere lässt sich anfangs nach Durch-
schneidung der Homschicht frei herausheben; später nach
seiner Yergrössemng und nach Verdickung der Homschicht
Terschmilzt es mit der letzteren und lässt sich nur noch in
der Schleimschicht und in der Vertiefung des Coriums iso-
liren und herausheben. Zuweilen finden sich rothe oder
schwarze Punkte in dem Kem des Clavus, welche von klei-
nen Hämorrhagieen während der Bildung herrühren.
Der Leichdom ist meist bedingt durch Druck öder Rei-
bung des Schuhwerkes, welche eine geringe Exsudation uiid
lebhaftere Zellenbildung hervormfen, usfi findet sich am
häufigsten auf der Rückenseite der Zehen an den Gelenk-
stellen, zuweilen auch zwischen den Zehen (Hühneraugen),
am Ballen derselben und an der Ferse.
3) Das Hauthorn, Cornu cutaneum^ ist ein auf
der Haut sitzender, konischer, cylindrischer, gerader oder
wie ein Widderhorn gewundener, harter, brauner Körper,
welcher aus Epidermisschuppen besteht und seiner Form
nach einem Thierhome ähnlich sieht. Dicke und Länge
sind sehr verschieden, die grössten Homer sind selten län-
ger als 1 — 3'' und J— V' ^^^^' ^^^ Epidermisschuppen
liegen fest an einander gepresst in der Längsrichtung des
Homes um zahlreiche enge und weite Kanäle (Drüsengänge)
concentrisch angeordnet. So weit sich über ihren ersten
Ursprung nachkommen lässt, scheinen sie besonders an
Stellen der Haut vorzukommen, welche öfteren Beizen^
475
Entzändungen ausgesetzt werden und eine eniinenfe Hyper-
trophie der Epidermis darstellen, zuweilen gehen sie von
der Innenseite perforirter Bälggeschwülste heryor.
4) Ichthyosis, Fischschuppenkrankheit Die
Veränderungen der Haut, welche man mit diesem Namen
umfasst, haben eine sehr verschiedene Bedeutung: in dein
einen Falle nämlich stellen sie eine primäre und selbststän-^
dige Erkrankung der Haut dar , die meist spontan kurt
nach der Geburt oder in den ersten Lebensjahreh eintritt,
erblich ist und sich über den ganzen Körper erstreckt; in
dem anderen Falle sind sie auf einzelne Stellen beschränkt
und durch anderweitige Hautkrankli^iten bedingt (Elephan-
tiasis, Oedcm, Varicen, Geschwüre), stellen also eine se-
cundäre und rein locale Erkrankung dar.
Die Veränderung besteht in einer Verdickung der Epi-
dermis zu harten, dunklen Platten oder Krusten, welche
durch Furchen in kleine Schuppen, Höcker, Schilder ge-
theilt werden : in den niederen Graden sind die Schilder
wenige Linien lang und breit und \ — i"' dick, in den hö-
heren ist der Umfang 3—4"', die Dicke 2 — 3'", in den
höchsten stehen entweder Umfang und Dicke in gleichem
Verhältnisse oder die Dicke ist vorwiegend und so finden
sich ^ — 1" breite und 5—6"' dicke Schilder, oder \ — 1"
breite und ebenso dicke, oder zapfenartig verlängerte Massen.
Die Cutis und Papillen sind verdickt, das Pigment in
der Schleimschicht ist vermehrt; die Drüsen und Haare feh-
len oder sind vorhanden, die Talgdrüsen sind zuweilen co-
medonenartig erweitert, ihre Ausführungsgänge setzen sich
als Bohren durch die verdickte Epidermis fort und geben
ihr ein faseriges Ansehen.
Nach der Form der Schuppen hat man verschiedene
Benennungen eingeführt, die mit dem Wesen der Krank-
heit nichts zu thun haben: J. simplex^ coniea, scuiellata,
hysirix u. s. w.
476
5) Papilloma: Papillargeschwulst geht in der
Haut aus Hypertrophie der Papillen heryor^ wir haben:
A. P. Verruca, Papillarwarze, gewöhnliche
Warze, ist eine vorzugsweise an den Händen yorkom-
mende kleine, rundliche Geschwulst mit glatter oder in
starre Papillen gespaltener Oberfläche. Sie besteht aus ei-
ner Gruppe verdickter und verlängerter HautpapiUen, dej
Bindegewebsstamm der Papille ist verlängert und verdickt,
hat zuweilen an seiner Oberfläche eine Lage in der Ent-
Wickelung zu Bindegewebe begriffener Faserzellen, die Ca-
pillarschlinge ist verlängert und erweitert, die Hornschicht
der Epidermis bedeut^d verdickt, so dass sie oft den
grössten Theil der Warzenpapille bildet. Die Drüsen feh-»
len an diesen Stellen oder sind normal.
Je nach der Zahl und Grösse der hypertrophischen Pa-
piUen und der Anordnung ihres Epithelialüberzuges haben
die Warzen eine mannichfache Gestalt; die gewöhnlichen
nennt man F. vulgaris, die kleinen, platten: F. plana, die
am oberen Augenlid vorkommenden 2 — 4"' langen und
sehr schmalen Warzen F. fiUfarmis; ausserdem: F. sphae-
rica^ cylindrica^ pedunculata^ dissoluta u. s. w.
Die Warzen bleiben gewöhnlich lange Zeit unverän^
dert stehen und verschwinden oft ganz spontan, so wie sie
entstanden sind; werden sie durch Eratzen, Schneiden u.
s. w. gereizt, so entzünden sie sich, die Hornschicht der
Epidermis wird losgestossen und auf der Oberfläche der
Papillen findet eine lebhafte Zellenbildung statt, wesshalb
die Warze die Gestalt eines Ulcus mit papillärer Basis er*
hält. In der Cutislage solcher ulcerirender Warzen bildet
sich zuweilen Epithelialkrebs.
Die Warzen entstehen meist spontan, oft in grossen
Mengen. Im Gesicht, an den Nasen- und Mundwinkeln
sind sie nicht selten bei Syphilitischen.
B. P. Condyloma^ Feigwarze, Condylom, fin-
477
det sich vorzugsweise an der Haut und den Uebergangs^
stellen der Haut in Schleimhaut der Greschlechtstheile bei
Syphilitischen und Tripperkranken, seltener unabhängig von
diesen specifischen Bedingungen nach localen Reizungen d^
genannten Theile. Es geht ebenfalls aus einer Hypertro*-
phie der Papillen hervor, doch sind hier vorzugsvreise die
Capillarschlingen betheiligt. Durch Erweiterung, Verlänge-
rung und mehrfache Schlängelung der Capillarschlinge wird
die Papille zu einem kleinen, eben mit blossem Auge sicht^
baren Kölbchen; indem die Capillarschlinge sich immer
mehr ausbuchtet und vielfache Schlingen nach Aussen bil-i
det, wird das Kölbchen hirsekorngross, der Bindegewebs-^
stamm der Papille folgt den Windungen des Gefässchens^
ist aber kaum neben denselben sichtbar, wird jedoch zuwei-
len ebenfalls dicker durch Lagen in der Entwickelung zu
Bindegewebe begriffener Faserzellen, die Epidermis behält
ihre normale Dicke, wird zuweilen etwas dünner, seltener
dick^. Werden mehrere Papillen gleichzeitig ergriffen, sa
erhebt sich auch die Cutis, und erscheint dann mit hirse-
komgrossen Kölbchen besetzt wie eine Himbeere; werden:
grosse Partieen ergriffen, so geht die Hypertrophie der Cu-
tis und des subcutanen Zellgewebes durch neugebildet^
Bindegewebe gleichzeitig mit djer Papillarhypertrophie wei-
ter > es entstehen taubenei- bis faustgrosse Geschwülste,,
die aus einzelnen Lappen bestehen, welche endlich an
der Peripherie in die genannten Kölbchen , die oft wie
Blätter an den verästelten Falten und Verlängerungen der
Cutis aufsitzen , ausgehen. Die äussere Form grösserer Con-
dylome ist daher himbeeren-, blumenkohl- und traubenartig,,
durch gegenseitigen Druck und durch Einklenmiung zwischen
die Hautfalten werden sie oft platt, hahnenkammartig.
6) Die platten Condylome, Condylomaia lata,
finden sich, an den 66SchlecU;stheilen meist als Folge der
Reizung emer Hautstelle durch Chankerisekret, zuweilen
478
auch durch Tripperschleim. Es sind platte Geschwülste,
die durdi eine auf eine kleine Stelle beschränkte Entzün-
dung und Schwellung der Cutis bedingt sind, ihre Ober*
fläche ist Anfangs glatt und trocken, später, nach Abstos-
sung der Homschicht, feucht und zottig, ihre Basis besteht
aus dem durch Kerne und Faserzellen verdickten Corium, yer-
grösserten, mit vielfach gewundenen Capillarschlingen yer-
sdienen Papillen , welche von massenhaft neugebüdeten Zel*
len der Schleimschicht gleichmässig bedeckt werden.
7) Elephantiasis Arabum, Pachydermia, nennt
man eine Hypertrophie der allgemeinen Decken, welche ins-
besondere an den unteren Extremitäten, dem Scrotum, den
grossen Schamlippen und im Gesicht vorkommt. Die Ur-
sachen und desshalb auch die Beschaffenheit und der Yer«^
lauf dieser Hypertrophie sind verschieden; bald ist sie be-
dingt durch chronische Entzündung (in der Umgebung von
Geschwüren, von Nekrose der Knochen, bei chronischen
Exanthemen) , bald liegt Uir eine Behinderung des Abflusses
des Venenblutes zu Grunde, durch Gerinnsel in demselben^
Druck auf die Venen, bald eine Behinderung der Lymph-
circulation nach Entzündung der Lymphgefässe und ihrer
Drüsen. Der Name Elephantiasis bezeichnet also keinen
specifischen einheitlichen Krankheitsprocess , sondern eine
anatomische Veränderung, welche durch jedesmalige Be-
stimmung ihres wesentlichen Momentes in jedem einzelnen
Falle näher umgränzt werden muss.
Die ergriffenen Theile sind enorm verdickt, die Hant
ist uneben, knollig, die unteren Extremitäten erhalten das
Doppelte und Dreifache ihre normalen Umfanges, das Satom
tum wird zu einer Masse vom Umfange eines grossen Kür-*^
bis, ähnlich die grossen Schamlippen; im Gesicht zeigt sidi
die Elephantiasis als Knoten an der Nase, den Waagen,
den Ohren. Die einzelnen Theile der atlgemeiiMn Decken
verhalte skh folgendermassen:
)
I
479
Die Epidermis ist meist verdickt, tiäufig in Form der
Idithyosis in allen Formen (s. oben); das Corium ist stets
verdickt und stellt eine 4-^6'^' dicke, aus Bindegewebe be-
stehende Schiebt dar; die Papillen nehmen meist an der
Vergrösserung Theil, zuweilen sind sie ganz in der Art
entartet wie bei den Papillomen (s. oben); das subcutane
Zellgewebe ist durch dickS, weisse, sehnige Stränge von
Bindegewebe verdickt, das Fettbindegewebe ist bald ver-
mehrt, bald vermindert, bald normal. Die Verdickung des
Zellgewebes ist oft an einzelnen Stellen vorwiegend, wo-
durch die Geschwulst knollig und ungleich wird. Vom
subcutanen Zellgewebe erstreckt sich die Hypertrophie meist
auf d^ Zellgewebe zwischen den Muskeln, welche entwe-
der normal oder häufiger geschwunden, blass und fettig
entartet sind. Oft sind auch die Knochen der ergriffenen
Theile mitleidend, es zeigen sich Hypertrophieen der Kno-
ehenrinde und Osteophyten. Die Arterien sind zuweilen in
ihren Verzweigungen verknöchert, die Venen oft s^ et^
weitert und varicös, die Lymphgefässe entweder normal
oder esweitert, die Drüsen oft hypertrophisch»
AtropMe.
Atrophie der Epidermis und deft Corium ist
meist durch Druck unterliegender Geschwülste, z. B. Car«^
cinome, bedingt oder ist Folge von Entzündung, z. B. bei
chronischen Exanthemen.
Atrophie des Fettbindegewebes im subcutanen
Zellgewebe ist eine constante Theilerscheinung allgemeine!
Atrophie und begleitet meist das Oedem des Zellgewebes.
Das Fett schrumpft ^u dunkeb, körnig L&ppchen ein und
schwindet endlieh ganz: die Fettzellen werd^ zu fettlos»
Zell». /
Pigmentmangel findet sich zuweilen an dnzehien
480
Leueopathia oder in der Haut des ganzen Körpers als
angeborenes Leiden: Albinismus. Bei normalem Bau
des Corium und der Epidermis fehlt die Pigmentirung der
Zellen und Kerne der Schleimschicht. Die Bedingungen
dieser Zustände sind uns unbekannt.
Hyperämie. HAmorrliai^ie»
Hyperämie der Haut ist häufiger Gegenstand der
Beobachtung am Krankenbette als am Sektionstische, indem
die Zeichen der Hyperämie , Röthung und Schwellung der
Haut nach dem Tode meist schwinden und selbst das Mi-
kroskop oft keine abnorme Blutfiille der Hauptcapillaren in
bei Lebzeiten hyperämischen Stellen nachweisen kann. War
die Hyperämie durch Behinderung des venösen Kreishufes
bedingt 7 so zeigt sich die cyanotische Hautfärbung und die
BlutfüUe der Hautgefässe auch nach dem Tode. Durch
Senkung des Blutes nach den tieferen Theilen entsteht au
den meisten Leichen eine blaurothe Färbung der Haut des
Rückens, der hinteren Seite der Extremitäten. Am Ende
schwerer chronischer und akuter Krankheit tritt eine ähn-
liche Färbung — hypostatische Hyperämie — noch wäh-
rend der letzten Lebenstage ein.
Hämorrhagie stellt sich in Form blaurother Flecken
oder Streifen dar y welche je nach der Menge des Blutes
und dem Orte des Ergusses (Schleimschicht , Corium. oder
Unterhautzellgewebe) verschiedenes Aussehen haben, a) Der
Blut^guss ist bedingt durch Contusion oder Quetschung der
Haut, bildet dann im Corium die sogenannten Sugillationen^
in der Schleimschicht nach Erhebung der Homschicht die
sogenannten Blutblas^. b) Der Bluterguss ist bedingt dorchr
Behinderung des Blutlaufs (Herzfehler, grosse AlterssehwS-
che), geht aus Hyperämieen hervor, bildet blaurothe, nieht:
erhabene Flecken an den unteren Extremitäten und abhän-
gig gelegeieii Körpertheilen CAetptira semKs). e)Der Blut«^
481
erguss ist Theilerscheinung einer Entzündung der Haut; so
sind die Entzündungen, welche Papeln und Quaddeln be-
wirken, in manchen Fällen mit Hämorrhagieen begleitet, so
dass die Papeln und Quaddeln hell- und dunkelroth gefärbt
erscheinen (Pttrpura urticans^ rheumaiicas papulosa u. s. w.
der Systematiker), d) Der Bluterguss ist Theilerscheinung
allgemeiner Krankheitszustände : cc) er ist eine zufällige, an
und für sich irrelerante Erscheinung : Petechien bei Typhus,
Scorbut, Purpura typhosa \x. s« w. ß) er ist wesentliches
Glied des allgemeinen Krankheitszustandes: Purpura sim-
plex und Purpura haemorrhagica, Morbus maculosus Werl-
hofii der Systematiker.
Das extravasirte Blut oder das hämatingefärbte Serum
bleiben gewöhnlich nicht lange unyerändert, sondern es tre-
ten die Veränderungen des Hämatin ein, welche zur Pig-
mentbüdung führen. Das Pigment ist meist gelb oder rost-
farben, zeigt sich in Form von Körnchen und Krystallen
und bewirkt die gelbe, braune, selten schwärzliche Färbung
der Haut nach SugUlationen und allen Arten von Hämor-
rhagieen. War das Extravasat beträchtlich, so geht es die
Veränderungen der hämorrhagischen Herde ein.
Wir betrachten hier die Veränderung der Haut durch
Entzündung nur im Allgemeinen, ohne auf eine nähere
Darstellung der einzelnen Species der Systematiker einzu-
gehen, da diese zum Theil weder in ätiologischer Bezie-
hung noch in ihren anatomischen Verhältnissen genügend,
erforscht sind.
Die Entzündung ist entweder über die Haut des gan-
zen Körpers ausgedehnt oder auf einzelne Strecken be-
schränkt, sie findet sich femer entweder auf alle Theile
der Haut gleichmässig verbreitet oder ist an einzelnen, klei-
nen, discreten Punkten vorwiegend (exanthematische Ent-
31
482
sUndung). Die Entzündung hat ihren Sitz vorwiegend im
gefässreichen Corium, ergreift bald mehr dessen Oberfläche,
bald mehr die tieferen Lagen und das submucöse Zellge-
webe; da in der Umgebung der Hautdrüsen und Haarsäcke
der Gefässreichthum vorwiegend ist, so sind diese Stellen
auch vorzugsweise, zuweilen ausschliesslich bei der Ent-
zündung betheiligt.
Die Hautentzündung beginnt* oft mit einer ausgezeich-
neten Hyperämie der Capillaren, die auch zuwiE^üen an der
Leiche als tiefe, gesättigte Röthe des Corium zu erkennen
ist; diese Hyperämie ist bald bleibend, bald rasch vorüber-
gehend , oder bloss an discreten Punkten bleibend , an tler
übrigen Haut schwindend. Selten ist keine Hyperämie zu
bemerken.
Auf die Hyperämie folgt bald Exsudation, das gerö-
thete Gorium und das subcutane Zellgewebe werden da-
durch geschwellt, fleischartig, fest; die Epidermis verhält
sich verschieden : zuweilen wird sie gar nicht berührt , zu-
weilen geht das Exsudat über die Grenzen des Corium hin-
aus in die Epidermis über, erweichf dieselbe oder hebt sie
empor; meist tritt lebhafte Zellenbildung in der Epidermis
ein, welche bald Abschuppung, bald Abschälung der Hom-
schicht bewirkt , bald Eiterbildung zur Folge hat. Die Drü-
sen und Haarsäcke bleiben meist unverändert, selbst dann,
wenn sich die Entzündung vorzugsweise in ihrer Umgebung
zeigt, zuweilen mag etwas Exsudat in ihr Lumen eindrin-
gen; in den Talgdrüsen iritt zuweilen lebhaftere Zellenbil-
dung ein, wodurch sie etwas anschwellen und ihr Ausfüh-
rungsgang einen Talgpfropf zeigt. Nach Beendigung der
Entzündung und ßückkehr der gewöhnlichen Emährungs-
verhältnisse findet Neubildung der Zellen der Schleimschidit
und nach Abstossung der Homschicht auch Neubildung die-
ser statt.
Die sogenannte erythematöse Entzündung hi
488
die leiditeste Art der Hautentzüfiiduiigeu, findet sich in den
oberen Schichten des Corium, die Hyperämie ist an der
Leiche kaum noch kenntlich ^ das Exsudat sparsam, es fitt^
det gering« Verdickung der Schleimsehicht, selten Erhebung
der Homschieht statt. Sie heilt unter leichter Abschup^
pung.
Die phlegmonöse Entzündung oder die eigent-
liche akute Dermatitis der Autoren betrifft mehr die
tieferen Schichten des Gorium und das UnterhautseUgewebe.
Die Hyperämie ist als starke Injection in der Leiche kennt-
lich, das Exsudat bewirkt beträchtliche Schwellung, selten
Erhebung der Homschieht zu Blasen und Pustdn (EryH-
pelas bullosum). Die Ausgänge sind: a) Heilung durdi Re-
sorption der Exsudate und Bäckkehr des normalen Blut-
laufs; b) üebergang in chronische Entzündung, diese
ist charakteriskt durch dunkle B5thung der Haut (indem
ausser der bleibenden Hyperämie meist Pigmentbildung atis
extravasirtem Blut oder transsudirtem , hämatinhaKigem Se-
rum folgt) und Massenzunahme der Haut durch das Exsu-
dat, oder neugebildetes Bindegewebe; c) Eiterung, welche
In Gestalt kleiner, später, durch Zusammenfliessen, grösse-
rer Abscesse im subcutanen Zellgewebe und im Corium auf-
tritt. Die Abscesse können ausgebreitete Entzündung und
Vereiterungen, Brand der Haut und grosse Geschwüre be-
wirken (s. unten); im günstigsten Falle perforiren sie die
Haut und entleeren sich nach Aussen; d) Atrophie der Haut
ist ein seltener Ausgang, das Exsudat ist sparsam, wiifd
mehr in die oberflächlichen Coriumschichten und die Schleim-
schicht gesetzt, es organisirt nicht und während seiner Aus-
scheidung findet eine allmälige Verdünnui^ des Corium
statt ; e) Geschwürsbildung (s. unten).
Die Maculae unter den exanthematischen Entzün-
dungen sind circumscripte Hyperämiecn mit geringem Ex-
sudate.
31*
484
Die Papulae sind kleine, discreie Verdickungen der
Cutis durch Injection und Exsudat in der Umgebung der
Haare, wesshalb meist ein Haar in der Mitte der* Papel
sitzt, das Exsudat ist sparsam, wird meist bald resorbirt;
die Epidermis über der Papel ist unverändert, oder wird
später durch Exsudat zu einem kleinen Bläschen erhoben,
diß Talgdrüsen schwellen etwas an durch ZeUenbildung in
ihnen.
Die Pomphi, Quaddeln, sind platte, flache Knoten,
welche, soweit sich die Sache ohne anatomische üntersu-
ehung beurtheilen lässt , auf geringer Hyperämie und Exsu-
dation in die Cutis, bei gleichzeitiger geringer Exsudatiön
in die Schleimschicht beruhen.
Die Bullae, Blasen, beruhen auf Erhebung der
Homschicht durch ein umfangreiches, seröses Exsudat zu
einer rundlichen Geschwulst. An der Leiche findet sich in
der Cutis keine Injection, in der Schleimschicht vermehrte
Zellenbildung. Im serösen Inhalte der Blasen finden sich
Anfangs Epithelien der Schleimschicht, später Exsudatsei-
len in geringer Menge , zuweilen Blutkörperchen oder grös»
sere Mengen Blut.
Die Vesiculae, Bläschen, sind kleine, spitze Er-
hebungen der Homschicht durch Exsudat, bei massiger In-
jection des Corium. Das Exsudat ist serös, bleibt kurze
Zeit unverändert, wird resorbirt oder trocknet ein« Zuwei-
len bildet sich später Eiter, in der Schleimschicht findet
AMangs eine lebhafte Bildung von Epithelialzellen statt,
welche, im Serum susspendirt, diesem schon ein eiterähn-
liches Ansehen zu geben pflegen, später treten neben den
Epithelialzellen in der Schleimschicht mehr und mehr Ex-
sudat- oder Eiterzellen auf und vertheilen sich im Serum,
die Neubildung von Zellen geht also unter reichlicher Zu-
fuhr von Blastem (analog wie auf den Schleimhäuten) in
485
der uuHiittelbaF an das Carium stosseuden Schicht der Epi-
dermis Tor sich.
Die Pustula, Pustel, ist durch Erhebung der Cu-
tis durch Eiter bedingt; der Eiter entwickelt sich entweder
in einem Bläschen, oder die Pustel tritt gleich als solche
auf, indem in der Scfaleimschicht Eiter gebildet wird, wel-
cher allmälig die Epid^mis emporhebt.
Bläschen und Pusteln haben also viel Verwandtes, sie
sind bald klein, hirsekorngross, bald erbsengross und grei-
ser, bei den Pusteln ist die Injection der Cutis an der
Leiche noch vorhanden, die^ oberen Cutisschichten auweilen
auch mit Exsudat infiltrirt oder eiterhaltig und die Papillen
etwas vergrössert. Die Drüsen und ihre Ausfiihrungsgänge
sind wie die Haarbälge nicht verändert, wenn auch die
Bläschen- und Pustelbildung vorzugsweise in ihrer Umge-
bung vor sidi geht.
Bläschen und Pusteln sind anfangs meist konisch zu-
gespitzt , breitet sich aber die Exsudation mehr in die Pe-
ripherie aus, oder tritt nach vollendeter Exsudation rasch
Resorption oder Verdunstung ein, so sinkt bei grossen Bläs-
chen oder Pusteln die Spitze ein und sie erhalten einen
concaven Eindruck, eine Delle, wdche häufiger dadurch ge-
bildet wird, dass dann, wenn das Exsudat oder der Eiter
in der Umgebung eines Haar- oder Drüsenganges die Epi-
dermis emporheben, diese Gänge selbst unverändert bleiben
und dem entsprechend eine Vertiefung darstellen.
Der Inhalt der Bläschen und Pusteln wird bald ganz,
bald theilweise resorbirt , hierauf trocknet die Homschicht
ein , legt sich auf die SchleimBchicht oder das Corium auf
und bildet die schützende Decke für die Restauration der
Schleimschicht. Hat sich aus der letzteren auch eine neue
Homschicht gebildet, so wird die alte abgestossen.
In anderen Fällen bersten die Bläschen und Pusteln
und der Inhalt wird ganz oder theilweise entleert, durch
486
Vertrocknuüg der Epidermis - und Eiterreste entstdien harte
Krusten, unter deren Scliutze die Restauration der Epider-
mis erfolgt oder zuweilen die Eiterbildung fortfährt, worauf
oft Verschwärung der Haut erfolgt.
Knoten, Tubercula, entstehen durch entzündliche An-
schwellung der Cutis und des subcutanen Zellgewebes^ das
Exsudat kann resorbirt werden , tuberkulisiren oder in Ei-
ter übergehen, wie es Simon nach Einreibung von Ung.
Tart tüb. bei Hunden sah und wie es beim Rotzausschlag
beobachtet wird (s. unten: Tuberkel).
ZuweUen sind die Hautentzündungen durch besonders
reichliche Abschuppung von der Homschicht ausgezeich-
net, das Gorium ist dabei mehr oder weniger geröthet und
geschwellt, zuweUen, soweit man am Lebenden sehen kann,
unyerändert (Pityriasis und Psoriasis).
Furunculus, der Schwären, besteht in einer cir-
cumscripten Entzündung des Corium und des subcutanen
ZeUgewebes, mit beträchtlicher Injection und Exsudatioa
und rascher Eiterbildung, der Eiter perforirt meist und ent-
leert sich zum Theil, während ein Theil, durch festes,
amorphes Exsudat zusammengehalten, als sogenannter Pfiropf
zurückbleibt. Bei grosser Ausdehnung der Entzündung und
Exsudation nekrosirt zuweilen ein Theil des Exsudates (nadi
Art der diphtheritischen Exsudate auf Schleimhäuten) nebst
dem in dasselbe eingeschlossenen Bindegewebe und wird
später als Pfropf abgestossen.
Carbunculus, Anthrax, unterscheidet sich vom
Furunkel theils durch die Ausbreitung der Entzündung, in-
dem sich viele Entzündungsherde neben einander bildra,
theils durch das häufige Nekrosiren des Exsudates und des
eingeschlossenen Zellgewebes, welches eine ausgebreitete Ei-
terbildung und Abstossung der Pfropfe und grossen Sub-
stanzverlust zur Folge hat
Die Pustula maiigna ist ebenfalls eine <)ircum"^
487
Scripte fintsundung des Corium und subcutauen Zellgewe-
bes, mit beträchtlicher Hyperämie und Exsudation; der
Ausgang ist brandiger Zerfall der ergriffenen Theile und
Verjauchung derselben und des Exsudates.
Entzündung des subcutanen Zellgewebes al-
lein ist nicht selten j breitet sich aber meist auf das Corium
aus; sie ist auf einzelne Stellen beschränkt (um Hautge-
schwäre 9 Necrose, Caries) oder über grosse Flächen aus-
gedehnt, ihr Verlauf ist bald akut, bald chronisch. Das
Zellgewebe ist durch Injection geröthet, durch seröses, fa-
serstoflfreiches oder hämorrhagisches Exsudat infiltrirt, ge-
schwellt, bald verhärtet, bald erweicht; das Fettbindegewebe
schwindet.
Bei akuter Entzündung geht das Exsudat oft in Eiter
über, es entstehen Abscesse, die sich oft weit im Zellge-
webe verbreiten, zwischen die Muskeln und bis zu den
Knochen dringen, indem sich der Eiter der Schwere nach
senkt oder die Entzündung und Eiterbildung um sich greift.
Die Abscesse perforiren entweder die Haut und nach Ent-
leerung des Eiters tritt Heilung ein, oder sie werden ein-
gesackt, trocknen endlich ein und verkreiden; zuweilen tritt
vollständige Resorption des Eiters ein. Der schlimmste Aus-
gang ist Verjauchung des Exsudates mit brandigem Abster-
ben des Zellgewebes.
Geht die Entzündung in chronische über , oder war die
Entzündung gleich anfänglich chronisch, so organisirt das
sparsame Exsudat meist zu Bindegewebe und bewirkt all-
mälige Verdickung und Verhärtung des Zellgewebes und
oft alle Veränderungen, wie sie bei der sogenannten Ele-
phantiasis beschrieben wurden.
Oedem des subcutanen Zellgewebes ist bald
akut , das Serum hat die Bedeutung eines entzündlichen Ex-
sudates <z. B. in einzelnen Fällen von sogenannter Phleg-
moiia mlba doleiu), bald chronisch, ist dann Folge von Be-
488
hindening des Blutlaut's durch Herz- und LungenleideU;
Druck auf die Venen, Gerinnsel in denselben u. s. w. Das
Zellgewebe erhält ein wässeriges, schlotteriges Ansehen, das
Fett schwindet, indem die Fettzellen ihren fettigen Inhalt
yerlieren und als einfache Kernzellen zuriickbleiben.
Die ihren ätiologischen Verhältnissen nach noch un-
klare Zellgewebsverhärtung der Neugeborenen
besteht anatomisch in der Infiltration des Zellgewebes durch
gelbliches Serum.
Oesehwiire.
Die einfachste Form der Geschwüre ist die sogenannte.
Excoriation; die Homschicht fehlt, die Schleimschicht
liegt blos und es findet in ihr eine lebhafte Bildung Ton
Epithelial- und Exsudatzellen statt, das Corium ist hyper-
ämisch, zuweilen durch Exsudat geschwellt« Der Zustand
kommt bald durch gewaltsames oder durch allmalige Erwei-
chung bedingtes Ablösen der Hornschicht zu Stande, bald
ist die Entzündung des Corium primär und die Ablösung
der Homschicht secundär. Die Excoriation kann jederzeit
heilen, sobald die normale Ernährung der Schleimschicht
wiederkehrt und sich wieder Epithelien bilden.
Ein Geschwür kann sich ins einer Excoriation bil-
den, es kommt in diesem Falle erstlich bei irgend bedeu-
tender Exsudation gar nicht mehr zur Bildung von Epithe-
lialzellen in der Schleimschicht, sondern es entstehen nur
Exsudatzellen, und zweitens ist die Exsudation im Gewebe
des biosgelegten Corium mit Atrophie seines Gewebes ver-
bunden; wir haben dann eine entzündliche Hautstelle vor
uns, deren Oberfläche mit amorphem Exsudate und Exsu-
datzellen bedeckt ist, deren Basis das schvrindende Corium
bildet.
In anderen Fällen geht der Geschvriirsbildung keine
Excoriation voraus, sondern Entzündung des Corium be-«
wirkt gleiehzeitig Erhebung und Abstossuäg der Homschicht
und Schwund des Corium mit Infiltration desselben.
Endlich können sich Geschwüre aus Bläschen und Pu-
steln bilden (s. oben).
Das Hatutgeschwür in einer Vollendung zeigt eine aus
rothen Fleischwärzchen, Granulationen, bestehende Basis;
die durch yielfache Sprossenbildung und Erweiterung der
Capillaren und massenhafte Zellenbildung veränderte Gutis^
und einen flachen oder wulstigen Band: hyperämische und
durch Exsudat geschwellte Haut mit erhaltener Epidermis.
Das Geschwür bleibt selten unverändert, sondern geht
entweder zur Heilung über ocler vergrössert sich. Die Hei-
lung ist bedingt durch Neubildung von Bindegewebe in der
Cutis, die Papillen, die Haare und die Hautdrüsen gehen
zu Grunde, es bildet sich eine flache oder wulstige Narbe,
welche einen dünnen Epidermisüberzug bekommt.
Sehr lang dauernde Geschwüre zeichnen sich durch ^
Hypertrophie und braunrothe Färbung der sie umgebenden
Theile aus. Die Vergrösserung geht nach der Fläche und
nach der Tiefe vor sich; zuweilen wird das Corium und
subcutane Zellgewebe völlig zerstört und Fascien und Mus-
keln werden biosgelegt. Chronische und wenig veränderliche
Geschwüre zeigen oft harte, hohe, weisse, sogenannte cal-
löse Bänder.
Da sich die einzelnen Species der Hautgeschwüre in^
anatomischer Hinsicht gleich verhalten, können wir ihre de-
taiUirte Betrachtung hier übergehen und uns mit der Be-
trachtung des phagedänischen oder krebsigen und des Lu-
pus begnügen.
Die sogenannten Krebsgeschwüre der Haut ver-
halten sich in anatomischer Hinsicht in derselben Weise,
wie soeben im Allgemeinen von den Geschwüren überhaupt
aus einander gesetzt wurde; sie zeichnen sich niur durch
ihren hartnäckigen Verlauf, ihr unaufhaltsames Fortschrei-
49«
im auf sobcntanes Zellgewebe, Muskebi und Knocken busj
enthalten aber nie die Elemente des Carcmoms, wesshalb
man den zweideotigen Namen Kreb^esdiwSre bess« mit
dem phagedänische Geschwüre ▼«rtanscfaen sollte,
lieber die auf wirklicher Krebsbildong b^nlienden Hautge-
sdiwure siehe unten.
Der Lupus (Herpes exedem) ist eine in anatomischer
Hinsicht unklare Hautkrankheit, welche sich unter zwei For-^
men darstellt: 1) Lupm» tuperfieialü s. exfoUaütm: Ent«
Zündung der Haut, allmä%er Schwund derselben unter ste*
ter Abschuppung der Epidermis; 2) L. exuleeram; Entzün-
dung der Haut, Bildung kleiner, gelblicher (Exsudat- ?>
Knoten, Zerstörung der Haut theils durch entzündliche Atro-
phie, theils durch Ulceration der Knoten. Yirchow fand
in mehreren Fällen in dem verdickten, g^ötfaeten Gewebe
neugebildetes Bindegewebe und kleine Knötchen mit einer
dem Hauttalge ähnlichen Masse (Simon).
Brand der Haut ist häufig und kommt unter den ver-
schiedensten Bedingungen und unter den Gestalten yor, wie
sie früher im Allgemeinen beschrieben wurden.
Beim sogenannten feuchten Brand ist die Hörn-
schiebt der Epidermis durch seröse, meist blutig gefärbte
Flüssigkeit zu grossen oder kleinen Blasen eriioben, das
Gorium und Unterhautzellgewebe in eine rothbraune, grüne
oder schwarze Masse verwandelt, in weicher man eine Zeit
lang die normalen Gewebe noch erkennen kann, bis sie zu
Molecülen zerfallen, alle Theile sind mit einer ttbehriechen-
den Jaudbe getränkt.
Beim trockenen Brand sind die Theile besser er-
halten, aber schwarz gefärbt und weich, endlidi löst sich
Alles in eine schmierige Masse, in welcher alle Elementar-*
theile untergegangen sind.
491
Der sogenannte weisse Brand zeigt sich besonders
auf Geschwüren und ist durch die Bildung dif^teritischer
Exsudate bedingt, mit welchen die Gewebe zerfallen; diese
Exsudationen sind besonders häufig beim Hospitalbrande,
bei Kaehektisdien und bei putrider Infection.
PHtlioloflrisclie KTeuliIldiuiyeii«
1) Neubildung von Bindegewebe ist sehr häu-
fig y findet mh als Narbe nach Entzündungen und Ver-
sch wärungen 9 als Hypertrophie der Cutis und des subcuta-
nen Zellgewebes bei Elephantiasis und Condylombildung.
Sie findet sich ferner in den sogenannten weichen
Warzen (Verrues chamues), Molluscum simples^; es sind
erbsen- bis taubeneigrosse , auf der Haut platt aufliegende
oder gestielt anhängende , runde Geschwülste , bedingt durch
circumscripte Hyp^trophie der Cutis, mit oder ohne gleich-
zeitige entsprechende Veränderung des subcutanen Zellge-
webes. Ihre Oberfläche ist glatt oder gefaltet, die Talg-
drüsen sind zuweilen comedonenartig erweitert. Enthalten
sie yiel Fett, so werden sie Naevus lipomatödes ge-
nannt, sind sie sehr lang gestielt, so nennt man sie Acra-
chordon. Hierher gehören auch das gestielte Acrothy*
mion und die Myrmicia, welche nach Bärensprung
kleine, fein gelappte Geschwülste sind^ die viel Talg und
Schweissdrüsen und neugebildetes Bindegewebe enthalten.
Diese Hautpolypen, Molluske^ u. s. w. gehen in Fi-
broide über, wenn die Masse des neugebildeten Bindege-
webes beträchtlicher wird, doch sind grosse fibröse Ge-
schwülste in der Haut selten , entstehen gewöhnlich im Un-
terhautzellgewebe , treiben die Haut vor sich her , welche
bald unverändert bleibt, bald Papillarhypertrophie zeigt.
Ein seinem Wesen und Baue nach unklares Gebilde ist
das Keloid Alibert's, eine harte, platte oder erhabene,
492
weisse oder rothe, uarbenartige , fibröse oder scirrhöse (?)
Masse in der Haut.
Sarcome sind in der Haut nicht selten, entstehea
spontan oder bilden sieb aus Granulationen auf Geschwü-
ren und Wunden, bilden kleine oder grosse Geschwülste
mit einer Art Epithelialüberzug, aber ohne eigentliche Haut-
decke.
Neubildung von Fettbindegewebe ist sehr häu-
fig und kommt bald als massenhafte Vermehrung des Fettes
im Unterhautzellgewebe, bald in Gestalt isolirter Geschwül-
ste, Lipoma (vom erbsengrossen Naetms lipomatodes bis
zu mannskopfgrossen Massen) vor, die im Unterhautzell-
gewebe entstehen und die Haut vor sich her treiben.
Neubildung von Pigment findet sich als bleibende
oder vorübergehende Pigmentirung der untersten Zellen und
Kerne der Schleimschicht mit braunen und gelben Pigment-
körnchen ohne weitere Veränderung der Haut (Ephelis,
Sommersprossen, Melasma^ Nigritie$)y oder nüt
Verdickung der Epidermis und reichlicher Abschuppung
(Chloaitna^ Pityriasis versicolor), oder mit Hyper-
trophie des Corium an kleinen circumscripten Stellen, oft
mit starker Haarbildung (Naevus spilus, lenticularisy
Leberflecken u. s. w.). Zuweilen findet Pigmentirung
in Fibroiden und Sarcomen statt und diese treten dann als
melanotische Hautgeschwülste auf.
Teleangiectasi^en sind in der Haut häufig und
bilden kleine, platte, hell- oder dunkelrothe, granulirte Ge-
schwülste oder sind über grosse Flächen der Haut, zumal
des Gesichtes, ausgebreitet (Naevus vascularis).
Cysten sind in der Haut sehr häufig und gehen meist
aus Erweiterung der Drüsengänge hervor. Ihr Bau ist der der
S. 75 beschriebenen Cysten mit zelligem Inhalt, ihre Grösse
wechselt von Erbsen- bis Faustgrösse, anfangs mündet ein
Rest des Ausführungsganges der Drüse zuweilen noch nach
493
Aussen, meist schnüren sie sich aber bald ab und liegen
Yöllig als geschlossene Bälge in Cutis und subcutanem Zell-
gewebe. Von ihrer Innenfläche erheben sich zuweilen kleine
Papillargesch Wülste (subcutane Warzen und Condylome ),
oder hornartige Hypertrophieen ihres Epilhelialüberzuges,
welche nach Perforation der Cystenwand und Haut wohl
auch als Hauthömer hervorbrechen. Zuweilen gehen sie in
Entzündung und Yerschwärung über, welche sich auch auf
die allgemeinen Decken erstrecken kann.
Krebs entsteht selten primär in der Haut, geht aber
oft Yon unterliegenden Theilen , insbesondere Lymphdrüsen,
auf dieselbe über. Er zeigt sich bald als Scirrhus, bald
als Markschwamm, ist in das Gewebe des Corium mfiltrirt
und bildet platte Knoten, oder erhebt sich aus dem subcu-
tanen Zellgewebe oder Corium zu Geschwülsten, die frei
nach Aussen wuchern , bald zerfallen und die Basis eineis
krebsigen Geschwürs bilden.
Der sogenannte elfenbeinartige Krebs, Carcint
iburne, ist wahrscheinlich ein sehr harter Scirrhiis oder
eine fibröse Markschwammnarbe.
Häufig sind in der Haut die Epithelialkrebse oder
Cancroide, besonders in der Gesichtshaut und an den
Genitalien. Ihre erste Entstehung ist verschieden: 1) sie
beginnt mit einer Papillargeschwulst, an einer circumscripten
Stelle der Haut zeigen sich hypertrophische Papillen, be-
deckt mit grossen Massen von Epithelien, anfangs sind sie
noch mit einer gemeinschaftlichen Epidermisdecke versehen,
später schwindet aber diese, die Papillen werden biosgelegt
und es erfolgt meist eine leichte Entzündung derselben mit
lebhafter Epithelialbildung und KrustenbUdung. Nachdem
diese Vorgänge eine Zeit lang bestanden haben, bilden sich
in der Tiefe im Corium und Unterhautzellgewebe kleine
hirsdkorngrosse , mit Zellen gefüllte Alveolen in grösserer
oder geringerer Menge, zuweilen auch grössere Cancroide,
494
die Spötter allmälig die Haut perforiren. 2) In anderen Fal-
ten sieht man ^eicb im Anfang ihrer Bildung kleine platte,
von der Epidermis überzogene Knoten, entstanden durc^
Infiltration der Cutis mit Zelten in Gestalt kleiner pder
grosser, runder oder eylindrischer Massen, bei gleichzeiti-
gem Schwund der Papillen. Später bilden sich immer mehr
jener runden Knötchen oder Gylinder bis tief in das Unter-
hautzellgewebe, die Epidermisdecke bricht durdi und dear
biosgelegte Krebs fängt an zu ulceriren, sich mit Krusten
isu bedecken, während das normale Gewebe ausserordent-
lich blutreich wird und schwillt. In anderen Fallen bilden
sich im Corium gleich Anfangs grössere Knoten , von Erb-
sen- bis Taubeneigrösse , die spater meist an einer Stelle
erweichen und durch Perforation der Haut die harte Basis
eines Geschwüres bilden. In allen Fällen, in welchen diese
Gancroidbildung einige Ausdehnung erlangt hat, sind auch
die benachbarten Lymphdrüsen betheiligt und gewöhnlich
in der Gancroidmasse untergegangen.
Tuberkel als Theilerscheinung der Tuberkulosis kom--
men in der Haut nicht vor, wohl aber als TheOerscheiming
der Scrofulosis und tertiären Syphilis; es sind erbsen- bis
haselnussgrosse , Anfangs harte Knoten in den unteren
Schichten des Gorium und dem subcutanen Zellgewebe, wel-
che zuweilen bis zu Taubeneigrösse wachsen, allmälig er-
weichen, Perforation der Haut, durch aflmäligen Schwund
derselben, bewirken und ein Hautgeschwür bilden. Die Ba-
sis desselben besteht aus Tuberkelmasse, seine Heilung ist
bedingt durch völlige Entfernung der Tuberkelmasse, wor-
auf sich erst Granulationen, dann eine feste, weisse, fibrö-
se, strahlige Narbe büden.
Parasiteii«
A. Thiere. 1. Insecten: Die Läuse sind mit ih-
rer Existenz an den lebenden menschlidien Körper gebun-
495
den, legen auf ihm Eier, die sich auch an Ort und Stelle
entwickeln. Die Kopflaus, Pedicuhu capitis, lebt nur
auf dem behaarten Kopfe, ist grau -weiss, ^ — 1^'" lang,
mit deutlich geringeltem Hinterleib (Taf. III. Fig. 21). Die
Kleide rJ aus, Pi vestimenti^ kommt am unbehaarten Kör-
per vor , ist heller als die vorige , der Hinterleib glatt {Taf.
III. Fig. 20). Die Filzlaus, PhthiHus ingvinalis^ ist
milbenähnlich gebaut, mit rundlichem, \^^' langem Körper,
lebt meist in den Schaamhaaren, seltener in den Augen-
braunen, Achselhaaren, Barthaaren. Durch ihren Stich er-
regen sie geringe Hautreizung und ein lebhaftes Jucken,
was zu heftigem Kratzen reizt, durch welches oft Bläschen-
eruption bewirkt wird (Taf. in. Fig. 21a). Die Kran-
kenlaus, P. tabescentium^ die nur auf Kranken vorkom-
men soll, ist noch zweifelhaft. Der Floh, Ptdex urikinh
ist nicht so streng an den menschlichen Körper gebunden,
legt seine Eier auf ihm, die aber an anderen Orten zur
Entwickelung kommen; er bewirkt durch Einbohren seiner
Fresswerkzeuge eine leichte Entzündung des Corium, meist
mit geringer seröser Exsudation in die Schleimschicht. Der
südamerikanische Sandfloh, Affeo: penetram, legt seine
Eier in die Haut, woselbst sie sieh entwickeln.
Die Wanze, Cimex lecUäarius, lebt nicht auf dem
Körper und legt auch ihre Eier anderwärts, besucht ihn
aber alhiäditlich , um sich von seinem Blute zu ernähren;
durch das Einbohren der Fresswerkzeuge entsteht eine Ent-
zündung des Corium.
2. Arachniden. Die Krätzmilbe, Sareoptes ho'
minis, ist ^'^^ lang, y^^ breit, hat einen rundlichen, mit
Borsten und Höckern besetzten Körper (Taf. III. Fig. 19),
lebt ausschliesslich auf der menschlichen Haut. Die Milben
bohren sich in die Haut ein, um Nahrung einzusaugen, er*
regen dabei eine leichte Entzündung des Corium, die eine
Verdickung derselben als Papel oder eine bläschenartige
496
Erhebung der Uornscbiebt bewirkt, Ausserdem bohren die
Weibchen Gänge unter der Hornscbicht, in welchen sie ihre
Eier legen, die sich daselbst entwickeln; am Anfang dieser
Gänge erheben sich auch zuweilen Papeln und Bläschen.
Man findet die Milben und die durch sie hervorgebrachten
Papeln, Bläschen und ihre Gange hauptsädüich an der in-
neren Seite der Finger , der Volarfläche des Handgelenkes,
der Beugeseite der Arme und Beine, an der Brust, dem
Rücken, am Penis.
Diese kleinen Papeln und Bläschen bilden den primiti-
yen. Krätzausschlag, Scabies. Da das Einbohren der
Milbe ein lebhaftes Jucken bewirkt, so werden die Kranken
veranlasst, die Haut stark zu kratzen und bewirken dadurch
sekundäre Hautentzündung, als Papeln, Bläschen und Pu-
steln, die an Stellen, wo sich die Kranken nicht kratzen kön-
nen oder bei Gelähmten, welchen das Kratzen unmöglich
ist, fehlen, aber gewöhnlich für den eigentlichen Krätzaus-
schls^ angesehen werden, obschon sie keine andere Bedeu-
tung haben als der durch Kratzen bewirkte intensive Aus-
schlag am Bauche bei PhthMus inguinalis.
Wie die parasitischen Insecten von einem Menschen auf
den anderen wandern, so geschieht, dies auch mit dem Sar-
coptes, und nur auf diese Weise breitet sich die Scabies auf
mehrere Individuen aus.
Die Haai'sackmilbe, Acorus folHculoTum , ist ^^
bis J"' lang, |"' breit, hat am Vorderleib 8 kleine Füsse,
der Hinterleib ist in der Jugend kurz, im reifen Thiere
lang (Taf. ÜI. Fig. 18); sie findet sich in den normalen und
erweiterten Ausführungsgängen der Haare und Talgdrüsen,
meist zu 2 bis 4, selten mehr (13, Simon), besonders im
Gesicht, an der Nase, den Lippen, der Stirn, den Wan-
gen. Sie legt daselbst ihre Eier, welche sich auch da ent-
wickeln. Sie ist stets ein zufälliger Befund und scheint
keine Veränderungen der Haut zu bewirken.
/
497
Ausser diesen Milben wandert zuweilen ein Ixodes
(Holzbock 9 Schafzecken u. s. w.) auf den Körper und bohrt
sich daselbst ein; femer die Milbe der Vögel: Derma-
nyssus avium; neuerdings hat Jahn einen Hautausschlag
durch den auf Stachelbeer büschen lebenden Leptus au-
tumnalis beobachtet.
B. Die parasitischen Pflanzen gehören zu den
niedersten Püzbildungen , welche aus runden oder ovalen
Zellen von ^^jg^^^ Durchmesser (Sporen) , aus an einander
gereihten Zellen und aus langen yerästelten Fäden bestehen
(Taf. m. Fig. 16).
Dergleichen Pilze finden sich constant und in grosser
Menge beim sogenannten Favus, Porrigo, Erbgrind^
als Hauptbestandtheil der gelben, schüsseiförmigen Borken.
Ihre Bedeutung ist noch nicht völlig klar, doch ist als
höchst wahrscheinlich anzunehmen, dass die Pilzbildung das
primäre und Hauptleiden ist. Nach Simon, dessen Anga^
ben die mehrerer anderer Autoren sehr nahe stehen, ent-^
steht zuerst eine leichte Abschilferung der Epidermis, es
zeigt sich dann unter den Schuppen ein kleines, gelbes, aus
Pilzen bestehendes Körperchen, welches sich durdi concen-
trisches Anlegen neuer Pilze zu der scheibenförmigen Borke
vergrössert, welche nach oben frei liegt, nach unten bis ans
Corium reicht , zuweilen eine leichte Depression und Hyper-
ämie desselben bewirkt. Entsteht unter der Borke eine Ent*
Zündung des Corium, so wird dieselbe von Exsudat umge-
ben. Die Bildung von Eiterpusteln um die Pilzborke scheint
stets zufällig zu sein. Die Haare sind bald nicht bethei-
ligt, bald dringen die Pilze in die Haarbälge und bewir^
ken ein Ausfallen des Haares, doch ist dies nach Simon
sehr selten.
Der Favus gilt allgemein für ansteckend und man ver-
muthet wohl mit B,echt, dass die Ansteckung auf einer üeber-
tragung von Pilzsporen beruht; die Versuche von Remak
32
498
und Bennety denen eine künstliche Uebertragung gelang^
sprechen dafür.
Ziendich constant findet man Pilze zwischen den Epi-
dennisschuppen bei Pityriasis versicolor, doch ist
ihre Bedeutung noch zweifelhaft, wahrscheinlich sind sie
nur zufällige Bildungen.
Bei Porrigo ilecalvans^ Alopecia circum-
scripta sah Gruby das Haar scheidenartig von der Stelle
an 9 wo es aus dem Haarbalge tritt, von Pilzen umgeben
und schreibt dieser Pilzbildung das Ausfallen der Haare su
(Phyto • alopecia).
Bei Herpes tondens fanden Gruby und Malm-
sten Pilze in der Haarwurzel und dem Marke und schrei-
ben ihnen das Spalten und Abbrechen der Haare zu (Rkizo-
phyto - alopecia).
Die Ton Gruby bei Mentagra und von Günsburg
beim Weichselzopf gesehenen Pilze sind hinsichtlich ihres
Constanten Vorkommens und ihrer Bedeutung noch sehr
zweifelhaft
2. Hautdrüsen, Haare und Nägel.
Doroh Anhäufung des Sekretes der Talgdrüsen in deren
AusfdttiFongsgange entsteht der Comedo oder Mitesser.
Derselbe, kenntlich durch die Erhebung der Hautoberfläche
und die braun gefUrbte Talgmasse in der Mündung des Aus-«*
fuhrungsganges , ist ein kleines, längliches Säckchen, des-
sen Wandungen der ausgedehnte Ausführungsgang, dessen
Inhalt angehäuftes Sekret der Talgdrüse (epithelienartige,
niit Fett infiltrirte Zellen, freies Fett, atrophische und zer*
fßjlene Zellen) ist.
Gewöhnlich bleibt der Comedo lange unverändert; nach
Entfernung des Pfropfes im Ausführungsgange kehrt wohl
auch das normale Verhalten zurück; in anderen FäUim
acbi^itet die Ausdehnung durch neues Sekret immer fort,
499
bis endlich die Drüsensubstanz gänzlich gesdiwunden ist
und der Ausführungsgang zu einem runden Balg aui^dehnt
ist, es entsteht auf diese Weise ein Theil der in der Haut
vorkommenden Balggeschwülste.
Diese Balggeschwülste hängen anfangs eng mit der
Haut zusammen und münden mit einer kleinen Oefihnng
nach Aussen; später schnüren sie sich von der Cutis ab,
ihr Balg ist fibrös und sondert Epithelien ab, die sich mit
dem früheren Inhalte mischen. Ihre Grösse ist meist ge«
ring , doch findet man zuweilen solche von Tauben - bis
Hühnereigrösse und mehr.
Von der Wand kleiner, derartiger Bälge erheben sich
zuweilen papilläre Geschwülste, subcutane Warzen oder
Condylome, sie liegen unter dem Niveau der Haut und
können nur durch Druck aus der Mündung des Balges her-
vorgedrängt werden.
Dergleichen Bälge bewirken ferner in einzelnen selte-
nen Fällen eine Ausbuchtung der Haut und ragen dann po*
lypen- oder molluskenartig über das Niveau derselben her-
vor und sind in den Fällen, in welchen sie in grösserer
Zahl vorhanden waren, als Molluscum contagioMum
beschrieben worden; doch ist ihre Contagiosität nicht er^
wiesen.
Der Inhalt dieser Balggeschwülste und ihre Wände
können endlich verkreiden, doch sind die Beispiele davon
ziemlich selten. Häufig findet man aber sparsame Ealksahee
und Cholestearinkrystalle im krümlichen Inhalte alter Bälge« :
Um normale oder häufiger um durch Talgmasse erwei-
terte Drüsengänge kommt eine Entzündung zu Stande, de-
ren Resultat eine knotige Verdickung und Röthung der
Haut, zuweUen Exsudation unter die Epidermis und Eiter*-
bildung ist ; die so entstandenen Knoten oder Fustdn nennt
man Finnen, Acne.
32*
500
Die unter dem Namen Milium bekannten kleinen, gel-
ben Knötchen in der Haut , besonders des Gesichts (Augen-
lider) sind nach Bärensprung durch Ausdehnung der
Talgdrüsen bei Yerschliessung ihres Ausfiihrungsganges be-
dingt und stellen also Balggeschwülste im kleinsten For-
mate dar.
Veränderungen des Baues der Haare sind sel-
ten, sie sind zuweilen an einzelnen Stellen ungewöhnlich
lang oder dick, zuweilen knotig, kolbig, gespalten; das
Vorkommen yon Pilzen in ihnen wurde oben erwähnt. Die
Pigmentirung fehlt bei Albinos; die Bedingungen des frü-
hen Bleichens der Haare sind unbekannt; in einzelnen sel-
tenen Fällen beobachtete man eine Färbung in Ringen,
welche mit ungefärbten Stellen abwechselten. Ueber die
Veränderungen der Haare beim Weichselzopf sind die An-
gaben noch sehr widersprechend, Einige fanden sie normal,
Andere geschwollen und aufgelockert. Andere sahen Pilze
dann.
Veränderungen des Baues der Nägel sind häu-
figer. Atrophie derselben hat man bei Kranken, welche
lange liegen, mussten (Fracturen, Lähmungen) beobachtet.
Hypertrophie findet sich als gleichmässige Massenzunahme
des Nagels, als Auflagerung von Homplatten, die sich son-
dern lassen, als Verdickung durch eine weisse, käsige, aus
Epithelien bestehende Masse, welche sich unter dem Nagel,
zuweQen bis an die Wurzel, bildet. — Bei Schwindsüch-
tigen und Gyanotischen ist eine sehr starke convexe Krüm-
mung der Nägel, mit oder ohne kolbige Anschwellung der
letzten Phalanx häufig. Bei manchen Kranken finden sich
abwechselnd in halbmondförmigen Querstreifen Verdickung
und Verdünnung der Nagelsubstanz. — Auflockerung der
Nägel durch Pilzbildungen wurde in einem Falle hier ge-
funden.
501
Abbildungen der Hautkrankheiten: Bärensprung, Beiträge zur
Anat. und Path. der Haut, Simon, Die Hautkrankheiten. Alibert,
Descript. des malad, de la peau. Bäte man, Abbildungen der Haut-
krankheiten mit SuppL Ton Froriep. Rayer, Trait^ des mal. de la
peau. B ehrend, Ikonogr. Darstellg. der Hautkrankheiten. Nolte,
Atlas der Hautkrankheiten. Hebra, Atlas der Hautkrankheiten.
Pathologbsche Anatomie der Bew^^ang»-
org^ane.
1. Knochen.
Hypertrophie.
Yergrösserung des Umfangs eines Knochens stellt sich
dar als Massenzunahme der Knochensubstanz — Hyper-
trophie — oder als Erweiterung der Markräume und
Markkanälchen — Osteoporosis.
I. Die Hypertrophie erstreckt sich bald über einen
Knochen in seinem ganzen Umfang, und stellt sich als
Massenzunahme des ganzen Knochens dar, — Hyperosto-
sis — y bald auf beschränkte Stellen, und stellt sich dann
bald als partielle Umfangsvergrösserung des Knochens, bald
als vom Knochen ausgehende Geschwulst dar, — Exostose,
Osteophyt. — Oft sind beide Formen combinirt.
1. Hyperostosis ist a) allgemein, über einen gan-
zen Knochen oder den grössten Theil desselben ausge-
dehnt und findet sich dann 1) als auf die Knochenrinde
beschränkte Verdickung deselben durch vom Periost aus
angebildete, meist compacte, selten maschige Knochen-
masse (äussere Hyperostose); 2) als auf die Markräume
beschränkte Verdickung derselben durch von der Markmem-
bran aus angebildete compacte Knochenmasse, durch welche
die Markräume völlig oder grösstentheils ausgefüllt, die
Knochen dadurch schwer, durchaus compact, sclerosirt wer-
den (innere Hyperostose, Sclerose) ; 3) als Combination der
äusseren und inneren Hyperostose, wodurch der Knochen
an Umfang und Masse zugleich zunimmt.
503
b) Partiell 9 erscheint meist als Verdickung der Kno-
chenrinde und zwar in doppelter Weise, bald ist die Yer-*
dickungsmasse Ton derselben Textur als die Binde, mag
sie nun compact sein wie die normale Rinde oder mag die
letztere durch Atrophie maschig geworden sein und so ein
Ganzes ohne scharfe Grenze mit der Yerdickungsmasse bür-
den, bald ist die Yerdickqngsmasse von anderer Textur al0
die Knochenrinde, ist Ton ihr abzugrenzen und gehört so.
zum flachen Osteophyt. Ausser dieser äusseren partielle
Hyperostose findet sich zuweilen auch eine innere und eine
des Knochens in seiner ganzen Dicke.
Die Textur des hypertrophirten Knochens ist die des
compacten Knochengewebes.
Die äussere Hyperostose ist meist Folge yon Periosti-
tis, mag diese nun eine traumatische, syphilitische, arthri-
tische oder neben Afterbildungen bestehende sein, die in**
nere Hyperostose Folge yon Entzündung des Markes, des
Knochen selbst, oder von Rhachitis und Osteomaläcie (s.
unten). Es leidet nur ein Knochen oder, wenn die Be«
dingung der Hyperoslose in einem Allgemeinleiden liegt,
mehrere Knochen.
Man findet 4ie Hyperostose besonders häufig an den
Röhrenknochen und am Schädel. Am letzteren kommt zu-
weilen eine Hyperostose der sämmtlichen Schädel- und Ge-
sichtsknochen Tor, die Knochen erreichen eine Dicke yon
9'" bis 2", auf Kosten der Hohlräume * und Löcher, wel-
che sich in denselben befinden, oder welche sie einschlies-
sen, der Schädel erhält dadurch einen bedeutenden Umfang,
wird schwer und unförmlich.
AbbildoBgea: Rdhrenltnoclien : Lobstein, AUas II. T. 3. Stn-
difort, Mus. an. T. 89. Schädelknochen: Albers I. T. 26. Sas-
difort, Mus. an. T. 13, 169.
2. Exostosisj Knochcngeschwulstj Osteom,
ist jede aus Knochengewebe bestehende , von einem norma-
504
len Kuocheu ausgehende und mit ihm ein organisches Ganze
bildende Geschwulst. Dieselbe stellt sich dar : 1) als flache,
circumscripte Verdickung der Knochenrinde oder des Kno-
chens in seiner ganzen Dicke; 2) als ovale oder runde,
platt oder pilzartig aufsitzende , stark gewölbte Knochen-
massen Ton Haselnuss- bis Höhnereigrösse ; 3) als faust-
bis kindskopfgrosse Knochenmassen^ welche meist aus klei-
neren Abtheilungen zusammengesetzt sind; 4) als spitze,
domenartige, dicke Auswüchse. Ihre Substanz ist meist com-
pact, zuweilen elfenbeinartig hart, zuweilen maschig, oder
in der Mitte maschig, in der Peripherie compact, das Pe-
riost aberzieht dieselben nicht immer. Ihre Textur ist die
des normalen Knochens, nur ist die Anordnung der einzel-
nen Elemente weniger regelmässig.
Die Exostosen sind bald Theilerscheinungen einer Hy-
perostose, d. h. der hypertrophische Knochen zeigt an ei-
ner Stelle eine besonders merkliche Hervorragung; bald sind
sie Folgen von Periostitis oder Ostitis, bald geht ihnen die
Bildung Ton Bindegewebsknorpel yorher, welcher allmälig
verknöchert oder erst längere Zeit als Enchondrom besteht,
bald gehen sie aus Yerknöcherung von Sehnen und Mus-
keln hervor. Aus diesen Angaben geht hervor, in welchen
Fällen die Exostose vom Periost bekleidet sein wird, in
welchen nicht.
Abbildungen: Lobstein, Atlas II. T. 5. Sandifort, Mus. an.
T. 87, 88, 102. Bruns, Atlas der CUir. I. T. 8.
3. Osteophytum nennt man jede aus Lamellen, Na-
deln, Balken oder porösen Knochen bestehende, auf der
Oberfläche eines normalen Ejiochen sitzende, mit diesem
ein Ganzes bildende , aber von ihm durch Texturverschie-
denheit scharf geschiedene Knochenmasse. Das Osteo-
phyt stellt sich dar: 1) als feiner, aus einer i — i'" dicken,
porösen Knochenschicht bestehender, Ueberzug eines Kno-
chens; 2) als ^—1"' dicker, aus feinen Lamellen, Nadeln
505
oder feinmaschigem Netzwerk bestehender Knochenüberzug;
3) als hervorragende Geschwulst, bestehend aus einem fei-
nen oder groben Gerüst von Enochenbalken , Nadeln mit
mannichfaltigster Anordnung des Gewebes; 4) als yielfache
warzige oder tropfsteinartige Fortsätze des Knochens. Die-
sen Formen liessen sich leicht noch yiele andere anreihen,
das Osteophyt geht femer durch allmälige üebergänge in
die partielle Hyperostose und die Exostose über, es giebt
zahlreiche Fälle, in welchen die Grenze zwischen diesen
drei Veränderungen durchaus nicht scharf gezogen werden
kann, wie sie denn auch ätiologisch nicht zu trennen sind.
Die Textur der Osteophyten ist wesentlich die des nor-
malen Knochengewebes, doch finden sich hinsichtlich der
Form und Anordnung der feinsten Elemente mancherlei Ab-
weichungen.
Die Bedingungen der Osteophytenbildung sind: Perio-
stitis, Ostitis, Entzündung der den Knochen umgebenden
Weichtheile, Neubildungen aller Art, so stellt das Osteo-
phyt oft nichts dar als das verknöcherte Bindegewebsgerüst
eines Carcinoms, einer Tfelangiectasie u. s. w. Danach er-
giebt sich auch, wann die Osteophyten vom Periost überr
zogen werden, wann nicht.
Die histologische Entwickelung der Hypertrophie der
Knochen geht nicht in allen Formen derselben in gleicher
Weise vor sich. Meist geht der BUdung des Knochens
die von Bindegewebsknorpel vorher — ein dickbalkiges, al-
veolares Faserstroma, in dessen Maschen Knorpelzellen lie-
gen — , das Stroma verknöchert zu lamellöser Knochensub-
stanz , die Zellen , deren Kerne sich vielfach auszacken und
strahlige Ausläufer bekommen, zu Knochenkörperchen , die
Gefässe bleiben in Kanälchen. So bilden sich die meisten
Hyperostosen, Exostosen und Osteophyten. In anderen
Fällen entstehen die letzteren aber nur durch Verknöche-
rung von Bindegewebe, neugebildetem oder normalem, oder
506
sie gehen aus Yerknöcherung Ton Enchondromen herror^
welche aus hyalinem Sjuorpel bestehen.
AbbUdungen: Lobstein, Atlas II. T. 2—4. Sandifort, Mut.
M. T. 70, 146, 147, 134, 171, 181. Bruns, Atlas der Chir. I. T. 8.
n. Die Osteoporosis ist ebenso wenig als die Hy-
pertrophie ein specifischer Krankheitsprocess , sondern nur
der Name für gewisse , fertige Veränderungen der Knochen,
welche auf verschiedene Weise zu Stande kommen können.
Der Knochen ist yergrössert, leichter , auf der Schnittfläche
sieht man die normalen Maschenräume erweitert und die
compacte Knochensubstanz in maschige umgewandelt , die
Veränderung betrifit bald den ganzen Knochen , bald nur
einen Theil, stellt sich dann wohl auch als schwammige
Exostose dar, bald nur die Rindensubstanz. Diese Verände-
rung ist bedingt a) durch Atrophie des Knochens bei Ent-
zündung, pathologischen Neubildungen in demselben, wenn
die yerdünnten Knochenblättchen nachträglich aus einander
gedrängt werden, b) durch Neubildung von Knochengewebe
in der Peripherie eines porös gewordenen Knochens, wel-
cher dieselbe grobe Textur wie der letztere erhält, so dass
der Vorgang streng genommen zur Hypertrophie gehört,
üebrigens fand in yielen Fällen, in welchen der Knochen
angetrieben, seine Maschenräume erweitert scheinen u.s.w.,
TöUiger Schwund des ursprünglichen Knochen statt und das
osteoporotische Knochenstück ist yöUig neugebildet. Hier
reiht sich die sogenannte Spina ventosa an, mace-
rirte Knochen, welche in Folge der Einwirkungen patholo-
gischer Neubildungen durch Bildung von Höhlen, unregel-
mässiger Löcher, schwammiger Auftreibungen und Osteo-
phyten von schwammiger Textur verändert sind.
Abbildungen: Lobstein II. T. 4. Musee Dupuytren T. 11,
Scarpa, Die Expans. der Knochen.
507
Im hohen Alier ist Atrbphie der Kuocheu bis zu einem
gewissen Grade eine gewöhnliche Erscheinung; sie besteht
in Yerdfinnung und Schwund der Wände der Markräume
und Erweiterung der G^fässkanäle , so dass in den höheren
Graden die Markhöhle sehr erweitert erscheint oder die
schwammige Substanz geschwunden ist und die compacte
Rinde bis auf eine kleine Lage ebenfalls schwammig ge-
worden ist. In den höchsten Graden legen sich die gegen-
überstehenden Binden zusammen und verschmelzen oder die
äusserste Knochenrinde wird ebenfalls schwammig, porös
und lässt sich mit dem Periost abziehen. Je stärker der
Grad dieser Atrophia senilis ist, desto brüchiger und
biegsamer werden natürlich die Knochen, Fragilitat vt-
trea^ Osteospathyrosis, oder in Betracht der Erwei-*
terung der Markräume u. s. w. Osteoporosis, Rare-
faction des Knochengewebes.
Im früheren Alter tritt eine ähnliche Atrophie^ aber
nur in geringeren Graden zuweilen spontan ein oder als
TheilerscheinuBg syphilitischer Kachexie , Hydrargyrose,
Lepra.
Atrophie der Knochen, findet sich stets bei Rhadiitis
und Osteomalacie , bleibt nach Entzündung, wird bedingt
durch pathologische Neubildungen, z. B. Krebs, Sarcom^
in ihnen.
Häufig ist endlich der durch Druck von Aussen be-
dingte Schwund des fijiochens, die sogenannte Knochen-
aufsaugung, Usura^ Detritus ossium; einen sol-
chen Druck üben Geschwülste , Aneurysmen u. s. w. aus ;
die Wirkungen derselben sind yerschieden, dünne platte
Knochen geben dem Drucke oft eine Zeit lang nach und
es entsteht Anfangs eine Ausbuchtung des Knochens, mit
Schwund seines schwammigen Gewebes und Verschmelzung
der Rinden, später erst Schwund auch der Rinden. Festere
' 508
Knochen mit compacter oder schwammiger Substanz zeigen
einen allmälig erfolgenden, schichtweisen Schwund ihrer
Substanz ohne weitere Texturveränderung , und es können
80 diese Knochen, z. B. Wirbelknochen, alhnälig p^orirt
werden. In der Umgebung eines solchen Knochensdiwun*
des bilden sich nicht selten Osteophyten.
Hyperftmle. Hümorrha^ie.
Hyperämie der Knochen als selbstständige Verände-
nmg ist noch nicht Gegenstand der Beobachtung gewesen;
man findet die Knochen meist hyperämisch, wenn die be-
nachbarten Theile hyperämisch sind; am Krankenbette ist
diese Hyperämie nicht zu erkennen. Für yiele Texturver-
änderungen der Knochen scheint aber die Hyperämie yon
grosser Bedeutung zu sein, wofär der Umstand, dass man
bei Zuständen, die mit Schwund der Kalksalze verbunden
sind, so bei: Bhachitis, Caries, Atrophie, stets Hyperämie
findet, deutlich spricht.
Hämorrrhagie erfolgt in die Markhöhle und Marie-
räume oder zwischen Knochen und Beinhaut. Die Blutung
ist bald unbedeutend, bald beträchtlich und hat dann wohl
Schwund der Markräume oder der Binde zur Folge. Die
Bedingungen des Blutergusses sind Stoss und Verletzung
des Knochens, Entzündung und Yerschwärung desselben.
Nach Engel kommt Hämorrbagie ausserdem vor: bei Ty-
phus, Scorbut, Gehirn- und Bückenmarkskrankheiten^ im
hohen Alter, bei Krebs- und Tuberkelkranken.
Blutungen zwischen Periost und Knochen kommen bei
Neugeborenen häufig als sogenanntes Kephalämatom
vor, oft combinirt mit Hyperämie des Knochens an dieser
Stelle , und zuweilen mit Bluterguss zwischen Knochen und
Dura mater.
509
fintaBfinduny.
1. Periostitis^
Entzündungen der Beinhaut sind sehr häufig, sie sind
bedingt durch Verletzung des Periosts, durch Entzündung
der umgebenden Weichtheile, durch yom Knochen ausge-
hende Entzündungen oder Afterbildungen, durch Erkältun-
gen, oder sie sind Theilerscheinung einer allgemeinen Krank-
heit, z. B. Syphilis, Scrofulosis«
Ihre anatomischen Merkmale, welche mit denen der
Entzündung der übrigen fibrösen Häute ziemlich über-
einstimmt, sind folgende:
Das Periost ist stets stark injicirt, die injicirten 6e-
fässchen sind als feine rothe Striche und Pünktchen sicht-
bar, selten bildet sich eine gleichmässige Böthe als Folge
einer aUgemeinen Capillarhyperämie.
Das Exsudat ist theils in das Gewebe des Periosts ge-
setzt, theils in die umliegenden Theile, insbesondere auf
die dem Knochen anliegende Fläche des Periosts. Das Letz-
tere wird durch das Exsudat geschwellt und erweicht, yer-
liert seine fibröse Textur, bekommt ein knorpel- oder drü-
senähnliches Ansehen, eine gelb -rothe oder braun -rothe
Farbe. Die umgebenden Weichtheile sind meist mit serö-
sem Exsudat infiltrirt und geschwollen. Der Knochen, so
weit er vom entzündeten Perioste überzogen wird, ist ent-
weder in seinen äussersten Schichten mit entzündet oder
leidet auf andere Weise.
Die Ausgänge der Periostitis sind, je nach dem aku-
ten oder chronischen Verlaufe der Entzündung und je nach
der yerschiedenen Metamorphose der Exsudate, sehr ver-
schieden, a) Die Entzündung ist akut, das Exsudat spar-
sam oder reichlich, serös oder faserstoffireich, bewirkt be-
trächtliche Schwellung der Beinhaut, die oberflächliche Kno-
qhenschicht ist ebenfalls entzündet, daher geschwollen, weich
und alle Kanäle erweitert; das Exsudat wird resor-
510
birt und es folgt völlige Rückkehr zur normalen Textur,
b) Das Exsudat einer akuten Entzündung wird nicht resor-
birt 9 das Periost bleibt yerdickt durch amorphes Exsudat
oder neugebildetes Bindegewebe (callöse Verdickung,
Gumma ta), die entzündete Knochenschicht kehrt sur
Norm zurück oder scierosirt und stellt sich am macerirten
Knochen als flache Hyperostose dar. c) Das Exsudat ein^
chronischen Entzündung bewirkt zum Theil Schwellung des
Periosts , zum Theil bildet es dünne , yerknöchemde Schich-
ten zwischen Periost und Knochen. Der neugebildete Kno-
chen stellt sich bald als Hyperostose, bald als Exo-
stose, meist als Osteophyt dar. Die oberflächliche
Knochenschicht bleibt entweder frei yon Entzündung oder
sie wird mit ergriffen, scierosirt dann öfters und trägt so
zur Veränderung bei. d) Das Exsudat einer akuten Ent^
Zündung wird yorzugsweise zwischen Periost und Knochen
gesetzt, es bildet sich Eiter; die oberflächliche Knodien-
Schicht oder der Knochen in seiner ganzen Dicke, aus sei-
ner Verbindung mit dem Periost und den ernährenden 6e-
fassen gerissen, nekrosirt; oder er wird gleichzeitig von
Entzündung ergriffen, deren Exsudat meist in Eiter über^
geht und Garies bewirkt. (Gewöhnlich wird der letztere
Vorgang so dargestellt, als würde der Knochen yom Eiter
„angefressen^^, dem Eiter entgehen aber alle lösenden und
ätzenden Bestandtheile, auch weist eine unbefangene Unt^-»
suchung stets nach, dass in allen Fällen, wo der Eitex ge^
fressen und zerstört haben soll, nicht der Eit^, sondern
eine, allerdings durch ihn oft angeregte, Entzündung Ur-
sache der Zerstörung war.) e) Es bildet sich nach einer
akuten oder chronischen Entzündung Tuberkelmasse, der
Knochen bleibt normal, nekrosirt oder yerschwärt. Die
Tuberkelmasse bleibt lange unyerändert, erweicht endlich,
bildet schwappende Abscesse und wird nach Perforation der
umgebenden Weichtheile nach Aussen entleert.
511
Diese hauptsächlichsten Ausgänge treten unter mannich*
fachen Variationen auf, können sich unter einander combi-
niren und müssen in jedem yorkommenden Falle durch sorg-
fältige Untersuchung des frischen und macerirten Knochens
besonders beurtheilt werden. Das Periost bleibt bei den
verschiedenen Ausgängen erhalten oder geht verloren und
wird dann nach gänzlicher Beendigung der krankhaften Vor-
gänge meist wiederersetzt.
2. Ostitis.
Enochenentzündung ist bald Folge von Verletzung des
Knochens, bald bedingt durch Entzündung der umgebenden
Weichtheile und des Periosts, wird bald herbeigeführt durch
Nekrosirung einzelner Ejiochenstellen , oder durch im Kno-
chen wuchernde Afterbildungen, bald durch eine allgemeine
Erkrankung, wie Syphilis, Scrofulosis.
Die Entzündung ergreift den Knodien in seinem gan-
zen Umfang oder nur einzelne Theile desselben, verbreitet
sich von einem Theile auf den anderen.
Die Vorgänge bei der Entzündung sind folgende:
Die Gefässe des Knochens fuUen sich strotzend mit
Bhit, der Knochen erscheint dadurch geröthet und blutreich ;
die Exsudation ist begleitet von gesteigerter Resorption des
ganzen Gewebes oder vorzugsweise der Kalksalze, daher
wird der Knochen atrophisch und weich; es erfolgt An-
schwellung, Auftreibung des Knochens durch Ausdehnung
seiner Hohlräume durch das Exsudat; das Periost auf der
einen und die Markhaut auf der anderen Seite sind meist eben-
falls entzündet, oft ist übrigens die Anschwellung des Knochens
nur scheinbar, indem sein Umfang durch vom Periost aus neu-
gebildete Verdikkungsmassen oder Osteophyten vergrössert ist.
Die Ausgänge der Entzündung sind verschieden, je
nadi den Metamorphosen des Exsudates, der Restitution
der Kalksalze und der Theilnahme von Periost und Mark-
512
haut, a) Das Exsudat wird resorbirt, der Knochen
erhält semen gewöhnlichen Umfang und seine normale Tex-
tur wieder; dieser Vorgang ist weniger durch direkte Un-
tersuchung als durch Beobachtung am Krankenbette zu er-
weisen, b) Es tritt Hyperostose oder Scierose ein, wenn
vom Periost oder den Markräumen aus neues Knochenge-
webe angebildet wird. c) Das Exsudat wird resorbirt,
aber die erweiterten Räume und Kanäle bleiben weit, der
Knochen bleibt aufgetrieben, porös, schwammig : entzünd-
liche Atrophie oder Osteoporose, d) Es bildet sich
Eiter, der Knochen erscheint geröthet und seine Hohl-
räume sind mit Eiter gefüllt. Die Ausgänge der Knochen-
entzündung mit Eiterbildung sind yerschieden:
1) Der Eiter wird resorbirt, der Knochen bleibt ver-
dickt, ist schwammig oder in Folge einer nachträglichen
Ausscheidung verknöchernder Exsudate compact, sclerosirt.
2) Es findet an einzelnen Stellen Schwund des Knochens
statt, die entstandenen Lücken werden mit Eiter gefüllt
und es entstehen so Knochen ab scesse. Dieselben ha-
ben gewöhnlich einen geringen Umfang, doch erreichen sie
zuweilen bedeutende Ausdehnung. Der Eiter perforirt zu-
weilen nach Aussen, die Lücke wird dann gewöhnlich äU-
mälig durch ein verknöcherndes Exsudat ausgefüllt und nach
Vollendung dieses Vorgangs findet man eine sogenannte
Knochennarbe, bestehend aus compactem, glattem oderhök-
kerigem, zuweilen strahlig gebildetem Knochengewebe.
3) Einzelne Knochenstückchen oder grössere Partieen oder
der Knochen in seiner ganzen Dicke sterben ab , nekrosi-
ren. S. Nekrose. 4) Die Entzündung mit Eiterbildung
ist chronisch, zerstört den Knochen allmälig in der Peri-
pherie um sich greifend. S. Caries. 5) Der Eiter, in
kleineren oder grösseren Abscessen angehäuft, wird con-
sistent, bröckelig und bekommt den Habitus der Tuberkel-
masse. S. Knochentuberkel.
5ia
Acute Ostitis mit Eiterbildung kann rasch ausgebrei-
tete Zerstörung des Knochens bewirken , alle Ausgänge der-
selben können durch Jauchebildung modificirt und yer-
schlimmert werden.
Caries.
Caries, Yerschwärung der Knochen, ist ihrem
Wesen nach eine chronische Entzündung mit Eiter- oder
Jauchebildung und Zerstörung des Ejiochens; sie findet sich
hauptsächlich in schwammigen , selten in compacten Ejio-
chen, ist bedingt durch locale Ursachen oder tritt spontan
als Folge einer allgemeinen Erkrankung auf (Syphilis, Scro-
fulosis). Die Entzündung beginnt in der Peripherie oder
im Centrum des Knochens und schreitet allmälig über den
ganzen Knochen fort.
Der frische cariöse Knochen erscheint missfarbig, seine
Hohlräume sind normal, oder durch Schwund einzelner Zwi-
schenbalken erweitert, mit bräunlicher Flüssigkeit ausge-
füllt, bestehend aus flüssigem Exsudat, Eiter und dem auf-
gelösten Fett der Markräume. Die umgebenden Weich-
theile sind meist entzündet, mit Fisteln, Hohlgängen und
jauchendem Eiter. Das Periost wird zerstört und fehlt an
der cariösen Stelle; rings um die letztere ist es entzündet
und liefert ein oft verknöcherndes Exsudat. In der Jauche
oder dem Eiter finden sich zuweilen kleine nekrotische Kno-
chenstückchen, selten grössere. Die benachbarten Knochen
erscheinen bald hyperämisch, missfarbig, bald anämisch,
blass gelb, sind sehr fettreich, weich, leicht durchschneidbar.
Der macerirte Knochen erscheint oberflächlich rauh, in-
dem die Knochenrinde fehlt und das maschige Gewebe blos^
liegt, die Maschenräume des letzteren sind zuweilen erwei-
tert, ihre Zwischenwände mehr oder weniger geschwunden,
manche Knochen erscheinen dabei aufgebläht, ein Theil des
Knochens ist völlig zerstört. Die cariöse Stelle ist bald
33
514
von normalein Knochengewebe umgeben, bald von sclero-
sirtem oder atrophischem; die Oberfläche ist zuweilen rings
mit Osteophyten besetzt, Veränderungen, welche davon ab*-
hängen, ob die benachbarten Knocheutheile ebenfalls ent-
zündet waren oder nicht, und ob diese Entzündung ein ver-
knöcherndes Exsudat lieferte oder nicht.
Heilung tritt ein, sobald das Exsudat nicht mehr zu
Eiter organisirt, sondern verknöchert; kleine Substanzver-
luste werden dann mit hartem, ausgebildetem Knoch^ge*-
webe ausgefüllt, grössere werden nicht ersetzt; es bildet
sich eine harte, oft elfenbeinartige Narbe aus Knochen-
Substanz.
AbMldnngeii : Sandifort T. 22, 23.
nrekrose.
Der Name Nekrose, Necrosis, Knochenbrand,
bezeichnet keinen durch ein bestimmtes ursächliches Mo*
ment zur Krankheitseinheit gestempelten Proeess, sondern
eine anatomische Veränderung, in welchem das Absterben
des Knochens Theilerscheinung anderweitiger, verschie^
d e n e r Vorginge ist, wessbalb jeder einzelne Fall von Ne^
krose einer besonderen Beurtheilung bedarf.
Brandi^s Absterben findet sich vorzugsweise in com-
pacten Knochen, zumal den Schädel- und Böhrenknoche&,
seltener in schwammigen Knochen; es sterben einzelne
Stücke der Peripherie (NecrQsis externa, super ßciälu) oder
des Inneren (Necr. interna^ centralis) ab, oder Knochen-
partieen in ihrer ganzen Dicke (N. notalis), oder seltene
ganze Knochen; doch finden hinsichtlich der Ausdehnung
der Nekrose so viele Varietäten statt, dass eine Eintheilung
der Nekrose nicht gut darauf gestützt werden kann. Das
abgestorbene Knochenstück Imsst Sequester, der densel-
ben umscbUesseade Knochen Knochenlade, Capsulm
S0^ußstrßii4, die durch die letztere nach Aussen führen-
515
den Löcher, durch welche der Sequester spontan oder künst-
lich entleert wird, heissen Kloaken.
Betrachten wir die Vorgänge im Knochen yor und nacb
dem Absterben eines Theiles desselben näher, so ergiebt
sich im Allgemeinen, dass das Absterben stets eine Folge
des aufgehobenen Blutlaufs im betreffenden Knochenstück
ist; je nach den yerschiedenen Bedingungen der au%^o-
benen Circulation und Ernährung gestalten sidbi die Vor-
gänge so: •
i) Der BluÜauf wird aufgehoben durch Druck auf die
ernährenden Gefösse des Knochens durch Geschwülste, Aneu*-
rysmen, durch Gerinnung in den blutzuführenden Gefässen
in weiter oder geringer Ausdehnung, nach Unterbindung,
spontanen Gerinnseln in Venen und Arterien; durch Zer-
reissung der ernährenden Gefässe nach Verletzung, Er-
schütterung des Knochens, durch Entblössung vom Periost.
Nach allen diesen Momenten hat man Absterben des gan-
zen Knochens, oder von Knochenstellen in der ganzen
Dicke, oder oberflächlichen Schichten beobachtet. DerPro-
cess beginnt mit der Nekrose. Das nekrosirte Knochen-
stück tritt allmälig ausser aller Verbindung mit den umge-
benden Knochentheilen. Die Vorgänge bei dieser Tren-
nung sind noch nicht in yollständiger Reihe untersucht
An den Grenzen des Abgestorbenen entsteht im gesunden
Knochen Blutstockung und Entzündung, letztere meist mit
Eiterbildung, der Knochen wird atrophisch, die erweiterten
Räume werden mit Eiter und Granulationen gefüllt ^ durch
welche endlich das Abgestorbene vom Gesunden yöUig ge-^
schieden und dann Sequester genannt wird.
Findet sich der Sequester im Inneren des Knochens,
so ist seine ganze Umgebung im Zustand entzündlicher Auf-
treibung, an einer oder mehreren Stellen erfolgt eitrige Zer-
störung des umgebenden Knochens und Kloakeobildung^
Findet sich der Sequester oberflächlich uüter dem Pe-
• 33*
516
nosty so nimmt auch dieses an der Entzündung Theil, lie-
fert Anfangs ein in Eiter und Granulationen übergehendes,
später, nach Trennung des Sequesters, verknöcherndes Ex-
sudat und bildet so eine Knochendecke, welche ebenfalls
durch Kloaken durchbrochen ist.
War der Knochen in seiner ganzen Dicke abgestorben,
so geht dieselbe Entzündung u. s. w. im Periost und an
den Grenzen yor sich, der Sequester wird yon einer nur
Tom Periost gelieferten KnoehSnlade umgeben, die sich nach
oben und unten mit dem gesunden Knochen in Verbindung
setzt und die Continuitat des Knochens wahrt.
Alle genannten Vorgänge haben das Gemeinschaftlidie,
dass die Knochenentzündung u. s. w. erst nach dem Abster-
ben folgten , wesshalb man in diesem Sinne diese Arten yon
Nekrose primäre nennen könnte.
2) Die Sistirung des Kreislaufs in ^inem Knochen-
stücke ist Folge yon Entzündung desselben oder seiner Um-
gebung, des Knochens oder des Periosts; die Entzündung
ist local oder durch allgemeine Krankheiten bedingt (Syphi-
lis, Scrofulosis, Scorbut).
Fast bei jeder akuten oder chronischen Entzündung
und Eiterung der Knochen sterben kleine Knochenstückchen
ab; zuweilen nekrosiren aber grössere Stücken und man
spricht dann yon einer Combination der Verschwärung mit
dem Brände; in anderen Fällen endlich sterben so grosse
Knochenpartieen ab, dass die bedingende Entzündung da-
gegen weniger in die Augen fällt und man nur noch yon
Nekrose spricht.
Der Umfang des Abgestorbenen ist sehr verschieden:
bald ist es ein Fragment aus der Peripherie oder dem In-
neren, bald eine grössere Partie mit der Markröhre, bald
der Knochen in seiner ganzen Dicke. Das Absterben er-
folgt langsam mit der fortschreitenden Eiterung und Zer-
störung, welche zugleich die Trennung des Sequesters be-
517
wirkt. Der Sequester selbst hat selten normale Knochen-
textur, sondern trägt meist die Spuren yon Entzündung an
sich , macerirt erscheint seine Peripherie rauh , maschig,
seine Markräume und Kanäle erweitert.
Geht bei Periostitis das Exsudat zwischen Periost und
Knochen in Eiter über, so erfolgt meist Absterben der
•oberflächlichen Knochenschicht, mag dieselbe an der Ent-
zündung Theil genommen haben oder nicht. Das Abgestor-
bene wird durch eine sekundäre Entzündung yom Knochen
getrennt und entweder direkt abgestossen oder von einer
neugebildeten Knochenlade umgeben, welche das Periost iie-
ferte. War die Entzündung und Eiterbildung sehr ausge-
breitet, so stirbt der Knochen meist in seiner ganzen Dicke
ab, wobei nach Innen zu die Grenzen des Absterbens sehr
wechselnd sind, der Sequester wird oben und unten durch
sekundäre Entzündung getrennt; durch, vom Periost aus-
gehende , verknöchernde Exsudate wird eine neue Knochen-
rinde geliefert, welche sich oben und unten mit dem ge-
sunden Knochen verbindet.
In den genannten Fällen ist also die Entzündung u.
6. w. primär, das Absterben sekundär, und man könnte
diese Art von Nekrose, im Gegensatz zur vorigen, eine
sekundäre nennen.
Mag nun die Nekrosirung auf die eine oder die an-
dere Art vor sich gegangen sein, so haben wir nach ihrer
Vollendung am kranken Gliede Folgendes vor uns: Die
Weichtheile sind beträchtlich geschwollen (durch entzündli-
che Infiltration) und an einer oder mehreren SteUen durch
Fistelgänge durchbohrt, die letzteren führen zu einer Kloa-
ke, einer Oeffnung in der den Sequester einschliessenden
Knochenlade; in der Höhle der letzteren, welche mit Gra-
nulationen ausgekleidet ist, liegt der Sequester.
Die Knochenlade ist, wie aus der obigen Darstel-
lung hervorgeht, selten die aufgetriebene und sderosirte
518
Rinde des normalen Knochens, meist vom Periost aus ganz
neugebildeter Knochen , zuweilen Beides zugleich. Sie ist
immer dicker als der normale Knochen, rauh, höckerig, oft
nicht unähnlich einer rissigen Baumrinde, besteht aus com-
pactem Gewebe und yerändert mit der Zeit zuweilen ihren
Umfang dahin, dass sie dem normalen Knochen ähnlicher
wird. Innen ist sie mit Granulationen ausgekleidet, Aussen
Yom Periost überzogen.
Die Kloaken entstehen entweder durch sekundäre Yer-
schwärung der Knochenlade bei schon gebildetem Sequester,
oder durch Nichtrerknöchem einzelner SteUen bei Bildung
der Knochenlade aus dem Periost; sie sind rundlich oder
OTal und ebenfalls mit Granulationen, ausgekleidet.
Der Sequester ist yon sehr verschiedener Beschaf-
fenheit^ bald ist er eine Partie der Knochenoberfläche^ aus-
sen glatt, innen rauh, oder auch aussen rauh; bald eine
Partie aus dem Inneren des Knochens mit rauher Aussen^
Seite; bald ist es der Knochen in seiner ganzen Dicke, aus-
sen glatt oder, an einzelnen Stellen oder ganz, rauh; bald
ist es eine durch alle Schichten des Knochens, aber nicht auf
dessen ganzen Umfang ausgedehnte Knochenpartie, und so
finden sich bei Betrachtung der Sequester eine grosse Reihe
Ton Varietäten. Sehr selten ist ein ganzer Knochen zum
Sequester geworden und wird von einer durch das Periost-
Exsudat gebildeten Knochenlade umgeben. Das Gewebe des
Sequesters ist entweder normal und nur an den Rändern
rauh, cariös, oder es ist durchweg verändert und gleicht
einem durch Caries zerstörten Knochen , ist missfarbig , weit-
maschig und zeigt deutlich, dass dem Absterben Entzündung
vorausging. Der Sequester ist von dickeren oder dünneren
Lagen von Granulationen eingeschlossen und wird durch
dieselben öfters festgehalten , indem sie in seine Maschen-
räume oder Löcher eindringen.
Die Hellung der Nekrose ist bedingt durch Ent-
519
lerbung des Sequesters; dieselbe geschieht^ sellea spontan
indem, bei sehr günstiger SteUung der Kloaken zum Seque«
ster, der letztere heraustritt; gewöhnlich wird die Entfer-
nung auf dem Wege der Operation bewirkt. Nachdem der
Sequester entfernt worden , füllt sich die Höhle der KnuM-
chenlade gänzlich mit Granulationen, d. h. es erfolgen neue
Exsudationen, welche Blastim für neugebildetes Bindege-
webe und Gefässe liefern; später erfolgt Yerknöcfaemi^
derselben und der Knochen erscheint durchaus compact;
endlich bildet sich wohl auch später durch Resorption iw
schon gebildeten Knochens eine kleine Markhöhle, wondt
die Restitution Tollendet ist Kloaken und Fisteln schUeS'
sen sich , die ersteren oft nur unvollkommen, die Geschwulst
der Weicbtheile verliert sich.
Abbildungen: Lobstein II. PI. 9. Sandifort 7. 89, 96^98,
101, 131—133, 136, 137. Mus6e Dupuytren T. 13, 14.
Wunden und Briicbe.
Einfache Wunden des Knochens durch Hieb, Stidi
u. s. w. heilen meist leicht, indem die Wunde mit yerknö-
chemdem Exsudate gefüllt wird; zuweilen bilden sieh erst
Eiter und Granulationen und die Yerknöcherung erfolgt
später.
Wunden mit Substanzverlust, z. B. Trepana^
tionslücken, Verlust nach Resectionen, werden zuweilen
durch Neubildung von Knochen vollständig geheilt; das Bla-
stem zur KnochenneubikluBg liefert theils der verletzte Kno-
chen selbst, theils das Periost aus seinen Gefässen,. haupt-
sächlich das Letztere, welches ja schon das Blastem für
den normaten, wachsenden Knochen liefert und nach den
Heine'schen Versuchen ganze Knochen reproduciren kann;
dock können audi die Gef^bsse der benaebbacten Weichfheile
einen Theil oder das ganze Blastem liefern. Der Vorgang
der Knochennettbildung ist meist eb^so wie bei Knochen-
520
hypertrophie, indem meist Bindegewebsknorpel, seltener rei-
nes Bindegewebe allmälig yerknöchem.
Zuweilen bilden sich auch hier erst Eiter und Granu-
lationen und die Yerknöcherung erfolgt später aus den letz-
teren; oft bildet sich nur Bindegewebe und es erfolgt gar
keine oder nur sehr unvollkonunene Knochenneubildung.
Bräche der Knochen^ Frakturen, heilen in der
Regel leicht; nachdem die Ejiochenlücke in den ersten Ta-
gen mit Blut und flüssigem Exsudat aus dem, an den
Bruchrändern vom Knochen etwas abgerissenen, Periost,
dem Markgewebe und umgebenden Weichtheilen ausgefüllt
worden, bildet sich vorzugsweise yom Periost aus eine
weiche Bindegewebsknorpelmasse , und stellt in diesem Zu-
stande den sogenannten Callus dar, welcher die Knodien-
enden umgiebt. Die Yerknöcherung erfolgt zuerst in den
äusseren Theilen des Callus und in den innersten, dann
auch zwischen den Knochenenden selbst. Der neugebildete
Knochen ist Anfangs compact, die Markhöhlen der Kno-
chenenden (in Röhrenknochen) sind mit Knochenmasse aus-
gefüllt, die Aussenseite der Bruchstelle ist dick, drusig und
mit zum Theil neugebildetem Periost umgeben. Später bil-
det sich eine neue Markhöhle oder neue Markräume, die
Aussenseite gleicht sich aus und der Bruch ist nur noch
durch einen kleinen Knochenwulst (Narbe) kenntlich. In
anderen Fällen bilden sich an der Bruchstelle Eiter und
Granulationen, die Vereinigung der Knochen erfolgt dann
später oder gar nicht; oft nekrosiren darauf einzelne Kno^
chenstücken und werden entleert; im günstigsten Falle
kommt es noch zur Bildung von verknöchertem Callus imd
zur Vereinigung der Bru^henden mit Knochenmasse.
Zuweilen findet keine Heilung der Frakturen durch
neugebildetes Knochengewebe statt, sondern durch Binde-
gewebe, es entsteht ein sogenanntes künstliches Ge-
lenk, Pseudarthrosis, und zwar werden dieKnodieu^
521
enden bald durch ein straffes, fibröses Gewebe eng verbun-
den (Synchondrose), bald glätten sich die Knochenenden
ab , bekommen eine Art Isnorpeligen Ueberzugs nnd werden
durch eine ligamentöse Kapsel vereinigt (Diarthrose). Be-
dingungen dieser Vorgänge sind: massenhafte Blutergüsse
zwischen die Gelenkenden, ausgedehnte Eiterbildung, Man-
gel an ernährenden Gefässen, Schwäche des Kranken, ho-
hes Alter, mangelhafte Coaptation der Bruchenden.
Rhaeliitüi.
Die Bhiachitis ist eine Krankheit der ersten Lebens-
jahre der Kinder, findet sich aber in seltenen Fällen auch
schon im Fötus; sie besteht wesentlich in verändertem
Wachsthum der Knochen mit vorwiegender Hemmung der"
Verknöcherung. Sie entwickelt sich vorzugsweise bei man-
gelhaft genährten Kindern und die unvollkommene Blutbil-
dung hinsichtlich der Albuminate und Kalksalze ist höchst
wahrscheinlich von grosser Bedeutung zur Erklärung der
mangelhaften Verknöcherung. Die Veränderung der Kno-
chen zeigt Folgendes: Es leiden vorzugsweise die Eöhren-
knochen , vor allen die unteren Extremitäten, dann die obe-
ren, die Bippen, die Beckenknochen und die Wirbelsäule,
endlich die Schädelknochen; die Reihenfolge und die Aus-
breitung, sowie die Intensität der Veränderung in den ge-
nannten Theilen ist nicht immer gleich.
An den langen Knochen bemerkt man äusserlich Ver-
dickung der Epiphysen und im geringeren Grade auch der
Diaphysen, nach Durchschneidung des Knochens in der
Längsrichtung sieht man, dass der ganze Knochen stark
hyperämisch ist, was besonders am Knochenmark und Pe-
riost sehr hervorspringt, welche übermässig geröthet und
wie mit blutigem Saft getränkt erscheinen. Diese Hyper-
ämie macht es annehmbar, den ganzen Vorgang dem ent-
zündlichen Process zuzuredmen und die Bhachitis wie die
522
Osteomalacie als eigenthfimliche Knochenentcündung anzu-
sehen. Die Yerdickung der Epiphysen ist bedingt durch
Bildung einer weichen Masse an der Grenze zwischen Kno*
chen und Epiphyse; es findet nämlich hier sehr reichliche
Knorpelwucherung (durch die gewöhnliche endogene Yer*
mehrung der Knorpelzellen) statt, während die Verkalkung
und Yerknöcherung zurückbleibt/ wohl aber Markraumbil-
dung stattfindet, daher hat diese weiche Masse (heQfi das
Ansehen weichen Knorpels, theils das blutig schwammige
des Knochenmarks. Die Verdickung der Diaphysen ist be-
dingt durch Bildung einer concentrisch-lamellösen, weichen
Masse an der unteren Seite des Periosts; es wuchert näni-
lich das Periost sehr stark, es bilden sich die gewöhnlichen
Elemente zur Knochenanbildung, aber die Verknöcherung
tritt nicht ein, während die zur Zeit des Anfangs der
Krankheit schon fertige Knochenrinde unverändert bleibt^
nicht erweicht, und nur in der gewöhnlichen Weise durdi
Bildung von Markräumen im Inneren an Dicke abnehmen
muss.
An den kurzen Knochen gehen wesentlich dieselben
Veränderungen vor sich, an den platten Schädelknocheu
zeigt sich, besonders bei Elsässer's Craniotabes, die
Periostwucherung mit mangelnder Verknöcherung vorzugs-
weise an den Bändern der Knochen, während die Tubera
länger frei bleiben ; die Knochen werden so, indem die fer-
tige Binde dem normalen Wachsthum des Schädels gemäss
allmälig schwindet, von Aussen aber keine neue Anbildung
von Knochen vor sich geht, so dünn^ dass sie hie und d»
von dem wachsenden Gehirn durchbrochen werden.
Die Böhrenknochen bleiben im Wachsthum in die Länge
etwas zurück und bleiben kürzer, durch heftige Bewegun-
gen und Druck werden sie leicht in der Mitte eingeknickt,
indem an einer Seite die schwache Knochenrinde knickt,
an der anderen dieselbe nur eine convexe Biegung erleidet.
523 .
Ist die KtiochcErinde sehr dünn ^ so erleiden die Diapby-
sen wohl auch eine blose Biegung und Krümmung, letzter«
treten aber viel häufiger an der Grenze der Diaphyse und
Epiphyse ein, die weiche Masse wird durch den Druck
beim Gehen u. s. w. zunächst seitlich hervorgedrängt (so
entsteht der sogenannte Z wiewuchs der Glieder)^ aber d^
Knochen kann sich hier auch biegen, wie besonders an den
Bippen- und Beckenknochen deutlich hervortritt.
Der Thorax Bhachitischer zeigt hühnerbrustartiges Vor-
springen des Sternum und der Bippenknorpel, während die
Bippen an ihrem Knorpelende eingedrückt sind, die aufge-
triebenen Knorpelenden seihst treten als deutliche (pater-
nosterartige) Wulste hervor. Die Wirbelsäule erleidet ver-
schiedenartige Kyphosen und Scoliosen, das Becken wird
mannichfach comprimirt und verschoben, seine Durchmes-
ser verkleinert, meist ragt das Promontorium weit in die
Bauchhöhle hinein , während die Verbindungsstelle des Hüft-
beins mit dem Schambein nach Innen ragt und die Scham-
beine daher schnabelförmig nach vorn ragen (kartenherzför-
miges Becken).
Erfolgt Heilung der Krankheit, so tritt Verknöcherung
der an den Epi- und Diaphysen in übermässiger Masse ge-
bildeten Grundlagen ein und der Knochen erscheint nach
voUendeter Verknöcherung sclerosirt, abnorm dick und reich
an compacter Masse. Die veränderte Form der Knochen
bleibt. (Die ganze Darstellung hauptsächlich nach Vir-
chow, Archiv Bd. V. S. 409.)
Abbildungen: Sandifort T.174. Mus^e Dupuytren T.19— 23.
Osteomalaeie.
Erweichung des fertig ausgebildeten Knochengewebes
tritt stets ein , wenn abnorme Resorption der Kalksalze und
der festen Knochenmasse stattfindet, an deren Stelle dann
Knochenmark tritt, welches bald byperämiseb und daher
524
stark geröthet, bald fettreich und daher gelb ersdieint. Ein
solcher Vorgang findet sich in den bei der Atrophie und
£ntzündang der Knochen besprochenen Verhältnissen, tritt
aber zuweilen und yorzugsweise bei Schwangeren und Wöch-
nerinnen als wichtiger, selbstständiger Krankheitsprocess auf.
Die Veränderungen der Knochen bei dieser Osteoma-
lacie sind folgende: Die Knochen erscheinen ausserordent-
lich blutreich, die Markräume und Markkanäle sind erwei-
tert, die compacte Rinde ist porös (durch Erweiterung der
Knochenkörperchen und ihrer Ausläufer), alle Räume sind
mit blutreichem Mark gefüllt, später nach Sistirung der
Hyperämie mit blassem, fettreichem Mark; das Periost er-
scheint yerdickt, blutig, saftig. Die Eoiochen erleiden Bie-
gungen und Knickungen, besonders die des Beckens und
der Wirbelsäule mit den Rippen, welche Theile yorzugs-
weise leiden. Heilung dieser Veränderung scheint nur äus-
serst selten einzutreten.
Abbildungen: Sandifort T. 1 — 5, 174, 175.
OateomeleroBim.
Verhärtung des reifen Knochens ist bedingt durch Hy-
perostose (s. oben) und bildet daher keinen selbstständigen
Krankheitsprocess, sie ist wesentlich bedingt durch Zunah-
me der compacten Knochensubstanz in der Peripherie und
im Inneren des Knochens, wesshalb der sclerotische Kno-
chen schwerer und härter als der normale erscheint.
Patholoffiiiel&e Jireubildunffen«
Neubildung yon Bindegewebe findet sich bei
Pseudarthrosis als ligamentöse Verbindung der Knochen und
als fibröse Geschwulst, Fibroid. Die letzteren entwickeln
sich im Inneren der Knochen, bewirken durch fortgesetztes
Wachsthum Schwund des umgebenden Knochengewebes oder
dehnen dasselbe blasig aus, bleiben so yon Knochenmasse
525
«eingeschlossen oder durchbrechen diese und setzen ihr Wadis-
thum zwischen den Weichlheilen fort. Ihr Umfang ist oft
beträchtlich.
Aehnliche Veränderungen im Knochen bewirken die
Sarcome, die sich in ihrer Struktur bald mehr den un-
reifen Fibroiden, bald mehr den Carcinomen nähern, bald
als Cystosarcome auftreten und oft als grosse Geschwül-
ste den Knochen auftreiben; oder, ihn zum Theil atrophi-
rend, Ton ihm aus in die Weichtheile wuchern; zuweilen
durch Yerknöcherung ihrer faserigen Basis mit dem Kno-»
chen in engste Verbindung treten, worauf dieser (macerirt)
schwammig, durch grosse Höhlen durchbrochen und mit
Knochenstacheln, Zacken u. s. w. besetzt erscheint, welcher
Zustand früher Spina ventosa genannt und als beson-
derer Krankheitsprocess aufgeführt wurde.
Die Carcinome bewii^en ausser diesen noch ander*
weitige Veränderungen am Knochen. Sie kommen als AI-*
yeolarkrebs , Scirrhus , Epithelialkrebs und Markschwanmi
Yor, sind in die Hohlräume der Knochen infiltrirt, als harte
oder weiche, fast zerfliessende Massen, oder bilden circum-
scripte Geschwülste von verschiedenem Umfang. Ihre erste
Bildung im Inneren des Knochen ist der Entzündung ähn-
lich, indem mit Absetzung des Krebsblastemes gesteigerte
Besorption verbunden ist, so dass der Krebs an die Stelle
des geschwundenen Knochens tritt; ihre weitere Bildung
bewirkt entweder eine fortschreitende Atrophie des Kno-
chens, so dass endlich der Krebs an die Stelle des ge-
schwundenen Knochens tritt; oder ein Bersten der Wände
des Knochens; oder blasige Auftreibung desselben, der bei
festen Knochen wänden Atrophie voriiergeht. Nach der Ma-
ceration der mit Krebs behafteten Knochen findet man ge-
wöhnlich Zerstörung derselben an der Ursprungsstelle des
Krebses, schwammige und blasige AnÜveihung (Sp.ventotß)
und ausgebreitete Osteophytenbildung derselben, abhängig
526
von partieller Verknöchening des Bindegewebsgerüstes des.
Krebses.
ZuweQen geht das Carcinom vom Perlost aus und der
Knochen bleibt intaet, das Carcinom wuchert nach Aussen,
treibt die Weichtheile yor sich her und gelangt unter die
Haut. Am macerirten Knochen sieht man meist üppige
Osteophyten auf der Oberfläche, ebenfalls bedingt durch Yer-
knöcherung des Krebsgerüstes.
Die Carcinome entstehen meist primär in den Knochen^
spontan oder nach Contusion, Verletzung derselben, zuwei-
len pflanzen sich Carcinome von benachbarten Weichtheilen
auf die Knochen über, z. B. von der Dwra mater auf die
Schädelknochen , von der Mamma auf die Rippen. An Röh-
renknochen stellen sie sich meist als grosse, den Knochen
in seiner Peripherie umgebende, Yon den plattgedrückten
Muskeln und der Haut (mit erweiterten Venen) bedeckte Ge-
schwülste dar, die langsam wachsen, endlich perforiren,
yerjauchen und dadurch tödten. An schwammigen Knochen,
z. B. des Gesichts , bewirken die Krebse ausgebreitete Zer-
störungen , Auftreibungen der benachbarten nachgiebigen
Knochen, kommen bald unter der Haut an, perforiren die^
selbe und yerjauchen.
Abbildung«!: Cru?eilbi<r Livr. 20. PI. 1. LWr. 21. PL 1, 2.
Livr. 19. PL 4. Carswell Fase 3. PL 4. Sandifort T. 170—189.
Blutgefässgeschwülste als pulsirendes ^emysma
anastomoticum , arterielle, Tenöse oder capillare Telangiect»-
sieen kommen besonders in schwammigem Knochengewebe
Yor, erreichen den Umfang einer Haselnuss bis den eines
Kindeskopfs, treiben die Knochen wände aus einander, yer'-
ändern sie überhaupt nach Art anderer Geschwülste, und
sind mit beträchtlichen Hämorrbagieen in die Knochenräume
yerbunden.
AbbUduAfen: Crufeilhier Lirr, 33. PL 4.
Enchondrome kommen ziemlieb häufig ?or, meist in
527
den Röhrenknochen, den Fingern und Zehen ^ den Rippen,
dem Brustbein, den Extremitäten. Sie finden sich Vorzugs*
weise im jugendlichen Alter und zwar zuweilen in grosser
Ausbreitung zu 20 •*- 30 an einem Individuum. Sie entste-^
hen meist im Inneren des Knochens, treiben dessen Rinde
nach stattgefundener Atrophie derselben bis auf ein dünnes
Blättchen allmälig auf und endlich aus einander, perforiren
auch die Haut und verschwären, verjauchen dann. In an^
deren Fällen sitzen sie mehr oberflächlich und benachtheili^
gen den Knochen weniger. Ihr Umfang wechselt von 1-*-^
2^^ bis 12^^ und mehr ; zuweilen sind sie combinirt mit Sar-f
com, €ystosarcom und Oarcinom. Nicht selten findet Yer-
knScherung statt, und zuweilen kann das ganze Enchon*
drom in Knochenmasse übergehen und dann am macerirten
Knochen als Knochengeschwulst erscheinen. Die Textur der
Enchondrome ist bald die des hyalinen oder Netzknorpek
bald di& des Bindegewebsknorpels ; die letztgenannte Tex-«
tur ist die häufigere und das Enchondrom hat dann auf der
Schnittfläche den Habitus einer weichen, fibrösen Masse
meist durchsetzt mit verknöcherten Stellen.
Abbildangen : CruTeilhier Livr. 34. PI. 4, 6. Sandiforl
T. 185, 189. Gluge, AUas 4. Lie%. T. 1. 5. Liefg. T. 5. J. UuU
1er, Geschwülste Taf. 4.
Cysten sind nicht häufig. Die meisten Fälle sind
seröse Cysten, welche vereinzelt oder über viele Kno-
chen verbreitet vorkommen, sie sind erbsen- bis hühnerei*
gross, sitzen in der schwammigen Substanz, einzeln oder
in confluirenden Gruppen, treiben den Knochen blasig auf
und perforiren ihn wohl auch zuweilen. Ihr Cavum füllt
sieb zuweilen mit von der Wand ausgehenden fibrösen Wu«
cherungen oder FapUlargeschwülsten. Sie finden sich be-
sonders häufig im Unterkiefer.
AbHMaifeii: Froriep, Chlr. Kpft. T. 438<-440, 474.
528
Rokitansky erwähnt einen Fall von einer Cyste mit
Cholesteatom.
Tuberkel sind in den Knochen nicht selten; sie sind
bald Theilerscheinung einer allgemeinen Tuberkulose ^ bald
und häufiger der Scrofulose^ zuweilen rein lokal. Sie bil-
den sich vorzugsweise in den schwammigen Knochen , ins^
besondere den Wirbelknochen und den Epiphysen der Röh-
renknochen, zuweilen in den Rippen und Schädelknochen,
sehr selten in den Diaphysen der Röhrenknochen; sie sind
in einem Knochen isolirt oder auf mehrere ausgebreitet und
kommen hauptsächlich in der Jugend yor.
Analog der Tuberkelbildung in den übrigen Organen
bilden sich zuweilen im Marke der schwammigen Knochen
hirsekorngrosse , graue, weiche Knötchen, die allmälig zu-
sammenfliessen und, nach Schwund der eingeschlossenen
Knochenpartieen, grössere graue oder gelbe Knoten bilden,
die Yon einer Art Balg umgeben sind. In anderen Fällen
findet keine Bildung als Tuberkel isolirter Knötchen statt,
sondern der Vorgang ist folgender: der Knochen wird an-
fangs dunkel geröthet, missfarbig, darauf bildet sich in den
Maschenräumen Eiter, die Gefässe veröden, der Knochen
wird dann in seiner ganzen Dicke oder an circumscripten,
runden oder eckigen Stellen gelb, blass, an diesen Stellen
tritt dann Zerfall des Knochengewebes ein , es entstehen mit
frischem oder tuberkulisirtem Eiter gefüllte circumscripta
oder dififuse Herde. Aehnliche Herde entstehen auch nach
Zerfall der im Mark gebildeten Tuberkel. Diese Herde ver-
grössern sich durch Zusammenfliessen kleinerer oder peri-
pherisches Fortschreiten der Entartung und es werden aus-
gebreitete Zerstörungen des Knochens bewirkt. Zuweilen
perforirt der Eiter oder die Tuberkelmasse die Rindensub-
stanz oder die Gelenkfläche, es entsteht Entzündung der
WeichtheUe , der Gelenke. Heilung kann in jedem Stadium
eintreten, die Tuberkdmasse verkreidet oder schwindet^ die
529
Knocbenlücke füllt sich mit Granulationen , es entsteht eine
compacte Knochennarbe, die aber den Substanzverlust nicht
ersetzt, sondern nur die Lücke auskleidet; das benachbarte
Knochengewebe sclerosirt, auf der Oberfläche zeigen sich
Knochenauflagerungen, als einfache Verdickung der Rinde
oder als Osteophyten.
Parasiten.
Echinococcus ist selten, findet sich im Inneren der
Knochen, bildet kleine oder grössere Geschwülste, die
Hauptblase enthält zuweilen eine grosse Menge kleinerer.
Der Knochen wird atrophisch, aufgeblasen und endlich per-
forirt.
Cysticercus wiurde in einem Falle von Froriep
gefunden in einer Knochenhöhle 'neben Yerschwärung und
Nekrose des Knochens (Phalanx eines Fingers).
2. Knorpel, Bänder, Synovialhäute.
Atrophie der Gelenkknorpel.
Bei alten Leuten bildet sich nicht selten spontan Atro-
phie der sich entsprechenden Knorpelstellen zweier Gelenk-
enden. In der Intercellularsubstanz bilden sich Fasern oder
dunkle Molecüle, in den Zellen tritt Fettmetamorphose ein,
der Knorpel erscheint weich, zerfilzt, faserig und schwin-
det endlich ganz. Die biosgelegte Knochenfläche sclerosirt
zuweilen und nach längerem Gebrauch des Gliedes erschei-
nen die entsprechenden Knochenflächen glatt, wie abgeschlif^
fen. Der Best des Knorpels und alle übrigen Gelenktheile
erscheinen normal.
Atrophie der Knorpel wird ferner bedingt durch Ver-
änderung der Stellung der beiden Gelenkenden zu einander,
oder des Gelenkkopfes zu seiner Pfanne, z. B. nach Frak-
turen, die nach der Heilung dem Knochen eine veränderte
34
530
Richtung geben, nach Luxationen. Zuweilen ist die Knor-
peiatrophie Folge einer akuten oder chronischen Gelenk-
entsfindung (s. unten).
Die Oelenkentsfindim^eii.
Bei den Entzündungen des Gelenkes sind die dasselbe
zusammensetzenden Theile in sehr verschiedener Weise be-
theiligt, bald sind blos die Synoyialhäute , bald Mos die
Bänder, bald blos die Knochenenden entzündet, bald alle
zugleich, und im letzteren Falle bildet wiederum bald der
eine, bald der andere der genannten Theile den Ausgangs*^
punkt der Entzündung. Die Knorpel leiden dabei primär
oder secundär in verschiedener Weise.
1. Akute Gelenkentzündungen.
a. Akute rheumatische oder traumatische G.
Betheiligt sind vorzugsweise die Synovialhaut und die
Weichtheile des Gelenkes. Die letzteren sind durch seröses
Exsudat angeschwollen, die erstere ist stark injicirt, die
Injection beginnt mit Arborisationen und endet mit allge-
meiner Capillarinjection , wodurch die Synovialhaut gleich-
massig hoehroth erscheint. Die Oberfläche der Gelenkknor-
pel ist glatt und unverändert, die Injection erstreckt
sich in Form feiner rother, paralleler Striche einige Linien
über den B.and des Knorpels und hört dann auf. In die
Gelenkhöhle wird seröses Exsudat ergossen in verschiede-
ner Menge, die Synovialhaut wird durch seröses Exsudat
geschwellt, zuweilen durch gleichzeitige Zellenbildungen ge?-
trübt. Die Knodien bleiben frei oder die Apophysen, be-
sonders deren peripherische Theile, erscheinen injicirt und
mit mehr oder weniger massenhaften Zellenbildungen in
dem Mark. Die Ausgänge sind: 1) vollständige Heilung;
2) dironischer Hydrops articuU, wenn nach Aufhören der
akuten Vorgänge das ergossene Serum längere Zeit zurttck-
bleibt; 3) chronische Gelenkentzündung der dritten Art {s.n.)y
531
4) Eiterbildung in der 6elenkh5hle mit baldiger Resarption
oder Uebergang in die erste Art der (ironischen Gelenk-
entzündungen (s. n.); 5) Gelenksteifigkeit durch Bfldung
einer festen Bindegewebsmasse zwischen Bändern^ Sehnen,
Faseien und Muskeln, wodurch deren Bew^ichkeit stark
behindert wird.
b. Akute scrofulöse G. geht vorzugsweise yon der
Synoyialhaut aus, welche durch seröses Exsudat und mas-
senhafte Zellenbildungen rasdi anschwillt und getrabt wird,
IdUiafte Injaction zeigt, das Gelenk f&llt sich bald mit Ei-
ter, die Knorpel unter der über sie her wuchernden Syno-
Tialhaut schwinden, der Knochen wird cari5s. Selten erfolgt
Hdlung, sondern meist Uebergang in die erste Art der chro-
nischen Gelenkentzündungen (s. u.), deren Veränderungen
sidi hier im Wesentfichen wiederholen.
c. Akute metastatische G. bei Pyämie zeigt bald
die allgemeinen Erscheinungen der akuten Grelenkentzün-
dung der vorigen Arten, bald nur massenhafte Eiterbildung
in der Gelenkhöhle ohne Injection oder sonstige Betheili-
gung der Synovialhaut.
d. Akute arthritische G. geht vorzugsweise im
Band- und Muskelapparat des Gelenkes und dem Periost
d^ Apophysen vor sich, die genannten Theile erscheinen
geschwollen imd injicirt, die Gel^ikhöle ist frei oder ent-
hmt seröses Exsudat. Die Heilung geht langsam vor sich,
es bleibt lange Verdickung und Verhärtung der Theile, zu-
weilen bleiben Concr^nente von hamsauren Salzen in klei-
neren imd grösseren Massen zurück.
2. Chronische Gelenkentzündungen.
a. Tumor aHu$^ Fungus artieuli» stellt si<^ als
Ausgang akuter rheumatischer, traumatischer oder serofolö-
ser Grelenkentzfindungen dar, oder ist von vomherdin
cfaromscke, vorzugsweise bei Scrofulöseii oder Tuberkulösen
vorkommende Entzündung. Die Gelenkfiiefle zmgen Fol-
34*
532
geiides: Die GeleiikUöliie iiillt sieh mit fiiler, die SynÖYiai*
liaut wird durch seröses Exsudat uiid massenhaft neagebil-*
dete Zellen verdickt , gelblich, schwammig weich , ist leb*
haft injicirt, sie wächst von den Bändern aus, durch coü-
tinuirliche Sprpssenbildung ihrer Capillaren und Massmzu*
nähme ihres Gewebes partiell oder total üder den Knotpie];
dieser erscheint dann von einer rothen , weichen , Granula*
tionen ähnlichen Masse tiberzogen, unter welcher er sich
ebenfalls verändert. Bald tritt nämlich einfacher Schwund
desselben ein ohne Texturveränderung, bald Schwi^nd init
Fettmetamorphose der Zellen und der Grundsubstanz, in
welcher sich sehr kleine Molecüle biklen ; in beiden FaUea
schwindet der Knorpel allmälig, die Granulationen treten
an seine Stelle , bis sie endlich die Gelenkfläche völlig über-
ziehen; in anderen Fällen nimmt der Knorpel mehr selbst-
ständig an der Entzündung Theil: während die Grundsub-
stanz in faseriges Gewebe übergeht, werden die Zellen durch
endogenes Wachsthum eAorm gross , fallen an der Ob^-
fläche aus einander und nur der Faseriilz bleibt zurück.
Die Knochen erhalten sich unter den zerfallenden Knorpeln^
eine Zeit lang normal und werden dann cariös. Die um-
gebenden Bänder, Fascien, das Zwischenzellgewebe werden
seröjs infiltrirt, durch neugebildetes Bindegewebe, die soge-
nannten speckigen Massen, verhärtet und verdickt^ die Mus-
keln atrophisch. Später perforirt der Eiter die Knorpel, es
bilden sich Eitergänge unter die Haut, welche perforirt^
wird; so entstehen ein oder viele Fistelgänge; oder es bil-
den sich Abscesse zwischen den Muskeln, welche nachträg-^-
lieh ebenfaUs perforiren.
Auch diese heftigere Entzündung kann heilen, indem
die Eiterbildung aufhört und Verwachsung der Gelenkenden
diOrcfa Bindegewebe öder Knochenmassen erfolgt. Doch er^
folgt* sehr oft Tod durch die grossen Säfte Verluste in Folge
dev langwierigen Eiterbildung.
533
Die Zeit, iu welcher diese Veraiidermigen vor sich ge-
hen , ist verschieden ; erfolgt nicht Heilung, nach Ablauf der
ersten Zeit des akuten Verlaufs, so ziehen sich die Aus*
gänge Monate und Jahre lang hin, bis endlich Heilung
durch Anchylose oder marastischer Tod erfolgt,
. b. Arthrocacej Gelenkcaries, ist bald secundar
als Folge der primär von der Synovialhaut ausgehenden,
im vorigen beschriebenen Entzündungen , bald primär ein
in den Apophysen beginnendes Leiden , welches vors^ugs-
weise bei Scrofulösen und Tuberkulösen, insbesondere im
jugen#ichen Alter, vorkommt. Der Verlauf ist anfangs der
einer einfachen oder tuberkulösen Caries (s. oben Caries
und Tuberkulose) der Apophysen: über den cariösen Kno-
chen ^^erfallen die Knorpel nekrotisch oder in einer der bei
der vorigen Art beschriebenen Weisen, das Gelenk füllt
sich mit Eiter, die umgebenden Weichtheile werden bald
durch Exsudat inflltrirt und durch Abscesse perforirt, es
bilden sich Fistelgänge nach aussen, Luxationen und Ver-
kürzungen. Bei Kindern zeigen die nachgiebigen Knochen
oft beträchtliche Anschwellung. Die Ausgänge sind Heilung
mit Anchylose der Gelenkenden oder marastischer Tod.
c. Malum coxae senile stellt bald den Ausgang
einer akuten , meist rheumatischen Gelenkentzündung dar,
bald ist es eine von vornherein chronische Entzündung, wel-
che besonders im höheren Alter, am häufigsten in einen
oder beiden Hüftgelenken, aber auch in den Knie-, Schul-
ter-^ Arm- und Fingergelenken vorkommt. Bei dieser
Entzündung sind sämmtliche Gelenkstheile ergriffen; die
Knorpel zerfallen und schwinden allmälig, indem ihre Grund-
Substanz zerfasert, die Zellen, nachdem sie durch endogene
Bildungen gewachsen sind, aus einander fallen oder durch
Fettmetamorphose, zu Grunde gehen ; während dieser Zerfall
an einzelnen Stellen vor sich geht, findet an anderen zu-
weilen Verknöcherung statt, indem der Knorpel durch Fa-
SU
«erbildtmg in der Grondsubstanz in Bindegewebsknorpel
Tervandelt wird, und ganz in der Weise des letzteren «er-
knikdi«rt. Die Knochen — Kopf und Pfanne — werden
eariBs , ihre Masebenräume TergiBsseni sieh durch Schwund
der kleinen Balken, ihr Umfang Termindert sich ; so schwin-
det z. B. der Schenkelkopf allmälig in seinem rorderen
Dritttheil zur Hälfte, ja zuweilen gänzlich und in den
äussenten Fällen geht auch noiji ein Theil des Halses Ter-
loren. Während dieser Zeit geht
Knochens TOm Periost aus eine li
Knochenmasse in Form einer part
mannichfach gestalteter Osteopbyten
der von Tom geschwundene and a1
hinten einen breiten, piltfOrmigen
scheinbar plattgedrückt darstellt oder, wenn er ganz ge-
schwunden ist und die nengebildete Knochenmasse in der
Form des Kopfes den Schenkelhals umgiebt, es den An-
schein gewinnt, als sei der Hals geschwunden und der Kopf
gegen die Trocbanteren gedrängt. Die Gelenkpfanne wird
durch die Osteophytenbildungen in der Peripherie aUmälig
um das Doppelte bis Dreifache weiter. Die nach Schwund
des Knorpels blosgelegten Knochenstellen reiben bei der
Bewegung des Gliedes gegen einander, sclerosiren und so
bilden sich elfenbeinartige, glatte SchlifTDächen an Kopf
und Pfanne; berühren sich verknöcherie KnorpelsteUen oder
Osteopfa^ten, so schleifen sich auch diese ab. Die Sjno-
fialhaut zeigt Vorzüglich Hypertrophie der Gelenkzotten,
welche sich nun als äusserst zahlreiche fadige, kolbige, fibr9«e
Anhängsel darstellen, zuweilen zu erbsen- bis baselnuss-
grossen zaitgestielten Massen wachsen , welche wohl aii<^
verknöchem oder frei werden. Die Fascien und Bänder
der Umgebung werden dicker und fester, TerknSdtem m-
weilen in geringer oder bedeutender Ausdehnung.
d. Hydrops articuli chronieui bleibt bald nacb
535
akuter rheumatischer oder traumatischer EatzUoduag oder
stellt eich von Tomhereia als dironische serüse E^sudation
mit massiger Hyperämie, Schwellung und Zottenhypertro-
phie der Synovialhaut dar.
e. Chronische arthritiche Entzündung folgt
auf die akute oder ist seldier ursprünglich chronisch und
zeigt dieselben Veränderungen als die akute.
VerknScherung der Gelenkknorpel fiodetsich,
ausser bei der unter dem Namen Malmt coxat seaüe be-
schriebenen Entzündung, zuweilen auch nach den anderen
Gelenkentzündungen, wenn sie in Heilung übergehen; der
Verknöchening geht stets die Umwandlung des hyalinen
Knorpels in Bindegewebsknorpel vorher, sie tritt nur par-
tiell auf, die verknöcherteo Stellen zeigen sich als platte
oder warzige Erhabenheiten.
Freie Körper in den Gelenken, Gelenk -
mause sind 1) berroi^gangen aus Hypertrophie der im
Normalzustände vorhaudenen gefässlosen kolbigen, aus Bin-
degewebe bestehenden Anhänge der zottigen Falten der
Synovialhäute, die allmäjig zu Erbsen- bis Taubeneigrösse
wachsen, dann runde oder platte, glatte oder höckerige,
feste, aas Bindegewebe mit Fett- und Knorpelzellen durch-
setzte Körper darstellen und endlich frei werden; 2) fest
gewordene Niederschläge auB der Synovia; 3) Faserstoffge-
rinnsei aus Exsudaten, welche dann aus amorpher, fester
Masse oder aus fibrösem Gewebe bestehen, Anfangs mit der
SynoTialhaut verbunden waren und sich allmälig ton ihr
lösten, oder gleich frei im Exsudate niedei^eschlagen wur-
den ; i) durch starke Quetschung des Gelenks losgebrochene
Knorpelstiicken.
3. Muskeln.
Atrvpbie. Hypertrophie.
Atrophie einzelner Muskeln kommt vor: als
586
Folge ihrer Unthätigkeit nach Lähmung oder Unbewe^di-
keit der zugehörigen Knochen (Anchylose); durch Druck
oder Quetschung derselben , durch Entwickelung neugebil-
deter Gewebe, z. B. Fett, Bindegewebe, Krebs in ihnen,
als Folge einer Entzündung derselben. Atrophie der
Muskulatur des ganzen KSrpers konunt vor: im
hohen Alter, bei chronischen, die Ernährung beeinträi^ti-
genden Krankheiten, bei Bleivergiftung.
Die atrophisdien Muskeln werden bleich, weich, leidit
zerreisslich , die Primitivbiindel werden schmal, die Quer-
streifen und Fibrillen werden undeutlich und das Sarco-
lemma umschliesst endlich eine homogene, mit feinen Fett-
kömchen durchsetzte Substanz; diese schwindet allmälig
oder ballt sich vorher zu ovalen Körpern zusammen, wei-
che im Sarcolenmia, das sich zwischen ihnen einzieht,
reihenweise angeordnet liegen, sich wohl auch ganz Tom
Sarcolemma abschnüren und in Form grosser, ovaler, mit
feinkörniger Masse gefüllter Zellen gefunden werden. Die
Kerne des Sarcolemma vermehren sich vielfach durch Thei-
lung und so erscheinen die genannten ovalen zellenartigen
Körper mit zahlreichen Kernen versehen. Endlich schwin-
den auch diese Körper, das Sarcolemma fällt zusammen
und bildet eine fadig- faltige Masse.
Hypertrophie kommt nur an emzelnen Muskeln
vor, z. B. am Herzen, an den Muse, intercostales nadi
langdauemden , die Athembe wegungen erschwerenden Krank-
heitszuständen (Bardeleben), an der Zunge. Der Modus
der Hypertrophie ist unbekannt; wahrscheinlicher als die
Dickezunahme der vorhandenen Bündel ist eine vermehrte
Anbildung neuer.
Blutung. BntBfindung«
Hämorrhagieen in Folge von Quetschung und Ver-
letzung der Muskeln sind nicht selten in Form von Ecchy-
587
moseii und hämorrhagischen Herden mit den bekannten Me-
tamorphosen ; selten sind spontane Blutungen in das Mus--
kelgewebe mit Erweichung und Zerfall des letzteren bei Ty-
phus und Scorbut./
Entzündung der Muskeln ist selten eine spontane
oder sogenannte rheumatische ^ häufiger eine traumatische
oder ¥on benachbarten Oeweben (Zellgewebe^ Knochen) fort-
gesetzte. Der entzündete Muskel ist meist injicirt, seine
Bündel sind entfärbt und in der Art verändert wie bei der
Atrophie, das Exsudat ist serös, gallertig, faserstoSreich.
Nach völligem Schwund der Primitivbündel bleibt das
interstitielle Zellgewebe als narbenartige Masse zurück^ zu-
weilen bildet sich neues Bindegewebe und der Muskel er-
scheint fast ganz in fibröses Gewebe umgewandelt, oder die
Atrophie ist unbedeutend und es bleibt eine harte Stelle zu-
rück. Später können sich im fibrösen Gewebe Kalksalze
ablagern.
Zuweilen bildet sich Eiter, so entsteht ein Muskelaln
scess, der eingekapselt oder allmälig vergrössert wird, end-
lich durch die äusseren Decken perforirt oder eintrocknet,
tuberkulisirt, verkreidet. Nach der Entleerung heilt der Sub-
stanzverlust durch neugebildetes Bindegewebe.
Bei putrider Infection und der Botzkrankheit entwik-
keln sich in zahlreichen Muskeln circumscripte Entzündun-
gen und Abscesse.
Patlioloi^ffche HTeubildan^eii«
Neubildungen von Bindegewebe nach Entzün-
dung.
Fettentartung der Muskeln zeigt sich in Muskeln,
die sehr lange unthätig sind (bei Lähmung, Anchylose), ne-
ben allgemeiner luxuriirender Fettbildung im Körper (Hy-
pertrophie des Fettbindegewebes an allen Orten, Fettleber
u. s. w.), neben chronischen Knodienleiden : Nekrose, Ca-
538
ries , Tumor albu$ u. s^ w. Die entarteten Muskeln werden
blass, gelblich 9 wie Speck oder Fettwachs. Der Vorgang
besteht bald in einer wirklichen Fettmetamorphose der Mus-
kelfibrillen und man findet dann statt der letzteren Fettku*
gelchen in Längsreihen neben einander die PrimitiTbündel
zusammensetzend^ bald in Atrophie der PrinütiYbändel mit
Hypertrophie des interstitiellen Fettbindegewebes und man
findet dann die oben beschriebenen Textunreränderungen
der Atrophie neben massenhaften Fettzellen statt der Mas-
keistanz. Zuweilen finden sich beide Vorgänge gleichzeitig»
Concretionen finden sich in neugebildetem Binde-
gewebe, in Eiter imd in Gysticercusblasen. Wirkliche
Knochenbildung mit spongiösem oder compactem Ge-
webe Ton yerschiedenem Umfange findet sich in Muskeln^
welche öfterem Druck und Beizen ausgesetzt sind, nach
Entzündung y in Muskeln in der Umgebung entzündeter Ge-
lenke.
Carcinoma kommt im Muskel meist als yon Nach-
bargeweben auf denselben fortgesetzte, selten als primitive
Neubildung yor. Während der Erebsbildung schwindet der
Muskel, so dass der Krebs als yoUendete Greschwulst sieb
an der Stelle des Muskels befindet. An den Grenzen yon
Muskelkrebsen und bei beginnender Bildung derselben sieht
man die Muskelbündel im Zustande der Atrophie, zwischen
ihnen Kerne, Zellen und Spuren neugebildeten Bindege-
webes, endlich sind die Muskelfibrillen yöUig geschwunden.
Paraiiiten.
Echinococcus ist selten, die Blasen sind meist klein
und sitzen zwischen den Muskelbündeln.
Cysticercus cellulosae, Blasenschwanzwurm,
Finnenwurm (Taf. m, 23), ist 3— 8^'^ lang, hat einen
kleinen Kopf, welcher dem yon Taenia solium gleidit, ei-
nen kurzen Hals, der in eine 6^'' dicke WasserUase aus-
539
^ht, GescfalechtsoFgane fehlen. Dieses jetzt allgemein als ein
yerirrter degenerirter Bandwurm angesehene Thier ist stets
von einer neugebiideten , fibrösen Kapsel umgeben, welche
zwischen den Muskelbündeln liegt. Der Cysticercus findet
sich einzeln oder in sehr grosser Anzahl in Muskeln und
Zellgewebe und bewirkt fast keine pathologischen Erschein
nungen. Zuweilen stirbt das Thier ab und die Kapsel fällt
sich mit Kalksalzen.
Trichina spiralis (Taf. HI, 24 vergr.) ist ein
^ — ^\y" langer, sijf — rW breiter, geschlechtsloser Wurm,
der sich stets in einer länglichen Blase findet, die aus ho-
mogenem , körnigem Gewebe besteht und dem Wurm eigens
angehört (wie die Echinococcusblase). Das Thier ist spira-
lig gewunden, die Cyste lagert zwischen den Muskelfasern,
mit ihrem Längendurchmesser dem Verlaufe der Fasern ent-
sprechend. Zuweilen ist der Muskel wie durchsäet mit die-
sen Cysten, deren Länge ^j^^' beträgt. Häufig finden sich
verödete Cysten mit kreidigen Concrementen« Nach den
Beobachtungen an Thieren von Herbst sind die Cysten
als mit einem Embryo versehene, vergrösserte Eier einer
Filaria anzusehen, welche, in den Blutstrom gelangt, im
Körper vertheilt werden. Das Mutterthier ist noch unbe-
kannt.
4. Schleimbeutel, Schleimscheiden.
Die pathologischen Veränderungen der (Muskel - und
Haut-) Schleimbeutel und der Schleimscheiden der Sehnen
verhalten sich gleich.
Entzündung ist nicht selten und meist traumatischer
Natur, das Exsudat ist serös oder faserstoffreich, zuweilen
hämorrhagisch, es wird resorbirt; oder bleibt als seröses
länger zurück (Hydrops^ Hygroma bursae mucosae^
Ganglion); oder organisirt zu Bindegewebe, wodurch
der Balg verdickt wird oder durch Verwachsung verödet;
540
oder organisirl zu Eiter, weldier Ausgang zuweilen Verei-
terung des Balges selbst zur Folge hat.
Ausser dem entzündlichen Hydrops kommen Wasser-
ansammlungen in den Schleimbeuteln zuweilen spontan oder
bedingt durch Hyperämie der Wandung oder durch Hydra-
mie Tor.
In der Höhle finden sich zuweilen freie Körper
von derselben Natur wie die in den Gelenkh^en Torkom-
menden.
Eine Neubildung Ton Schleimbeuteln beoaeh-
tete man unter der Haut an Stellen, wo sie öfterem Druck
und Reibung ausgesetzt ist. Femer finden sich neugebil-
dete SynoYialkapseln als Auskleidung neugebildeter Grel^ike
nach Luxationen oder ungeheilten Frakturen. Entzündung
und Hydrops kann audi in diesen Neubildungen yorkonunen.
Erklärung der Kupfertafelii.
Tafel 1.
Fig. 1. Bindefewebe, iMsIchend aus einer liomegenen, «Iwm
garalteten GnindBubstaai und längliehen oder mit etrahll-
gen AuBläuFem verMbencn Kirperchen ; aus einem Fibroid,
welche« ganz an* diesem Gewebe bettand.
Frg. 2. FaserbilduDg aus Zellen, a. Kerne mit KernbSrper'
eben ', in ilinen entwickeln «ich nea« Kerne und se ent-
stehen die anfangs kleinen, spiter lang ausgesogenen Zel-
len, b. Uebergang einer Fasenelle In eine Faser, c. Zer-
. fall einer Zelle in mehrere Fasern, d. FaterfSnnige Tcr-
lingeruDg und Bildung strahliger Au«länfer der Ken».
(Sarcoma der Mamma.)
Fig. 3. Sarcom des Femur. a. Kerne, Zellen, endogene Thei-
lung der Kerne und Bildung graaaer mit Kernen getollter
KSrper. b. Zellen, welche die Hauptmasse des Sircoms
bilden, c. Theilang der Zellen, d. Qewebe im Ganten,
e. Fettmetamorphose der FaseneUen.
Flg. 4. Verkreidung der Zellen, a. Bpjthalfenarlig« Zellen aus
einer Balggesdiwulst ; erst bilden sich kleine KalkkSra-
dien, diese flieisen lu grossen Kömem luaammen, dies*
zu Mlideo Hassen, b. Inkrustirte, concentriKh geschich-
teU KSrper todi Colloid der FUx. ehorMM.
Fig. &. AthcromatSse Masse: Chelestearinkrjatalle , FettkOgel-
cben, Kalksalle, lerfaUena Zellen.
Flg. e. Fettmetamorpboae der Leberiellek bei FettlebcT.
Fig. 7. Zellen aus einer Balggeschwulst der Haut. a. Kfn-
bcbe Keruellen, b. Zellen mit fettigem Inhalt, eng an
•inaBder llagend, Fettktmchen iwlschsn ihnen, c. Dic-
sdben nach Entfamnng dei Fettea durch Aetfaer, zutam-
mcnttfalien.
542
r if. 8. Eiter. 3. GcirUuüidbe EiterzeOcB. k EHcrxellrB m Fett-
■cfMürpiiMf , UairaaAmf ui KdrachcateHca. c Eilcr-
zellea m Atrtflde, Zcrfdl, »n cmcb TaberkeL 4. Bi-
iamf 4er SilcrzdleB mm freies Kcraea, ui weldwa
sieh tmUftm aese Kerae MMea« e. EReneBf tech
Watter dardwiditig gedacht, Tlieifanig ier Kerae. t Alf-
MÜnng «b4 Berstmf der ZeDea Back lasfer EiairMnig
fM Wasaer (ktastfidi «inI m wtecrifm, sag. s^kdi-
tea Abaceaaeiter).
Tafel f.
Elf. 9* VerknöeheraBg der KDarpelzellca. a. Waaipil
xalleii ayi euilKlieM Kero , » der GnuidaabataBz Kaik-
käTBcbeB« h. Der Kera bekaaual atraUige Aosläafer.
€. Die atraUigeB AMlaafer dea Keraes wacbaea
nehr, laafea aut deaea beaa^iartcr Kerae
aaterdeaaen flieaaea die Zdlea iQaaauBea aad Terkaöebeni.
Fig. 10. Papillargeaehwalat der HarnUase. a. EiafiKbe Pa-
p91e. b. Papille aüt Krebscellea in ihrar SabsUnz.
Fig. 11« Carcin0ma vulgare, a. Dichtes Fasergerfiat mit Kern-
Biaaaea in dea naschearaoaiea. b. Tbeiliiqg der freien
Kerne, c. Kerne durch aene endogeae KembUdoDg im
Uebergang zar Zelle, d. ZeUea, kleiae, grasse, in Fett-
BietaaMnrphose begrikiene. e. Zellea mit eadegener Thei-
long der Kerae. L Zellea mit Hablriomen, Eiweissmeta-
laarphase.
Fig« 12* Zellea aas Carcinoma melanodes^ einfache Kern-
Zellen, Zellen aut Techterzellea, Pigmentkomchen in den
Zellen.
Fig« 13. Carcinoma alveolare, a. Fasergerfist mit Colloid-
seilen in den Maschen, b. Kerne übergehend in CoUoid-
kirper, oder dnrch neue endegene Kembildung in Col~
laidzellen. e. CoUaidkörper durch contiaairlicbe Bildong
endogener Kerne in geschichtete Korper übergehend.
Fig. 14. Carcinoma epiikeliodes. a. Zellenmassen mit N«>
Stern, b. Ein Nest in Zellen ans einander fiülend. c.Keme
durch Bildnag aeuer endogener Kerne in Zellen überge-
hend, d. Grosse Zellen, e« Kerne in CoUoidmetamor-
pbose. t Zellen mit Brutrlameny endogenen Bildungen
hl densalbon. g. Atrophie und Zerfiill der Zellen.
Fig. 16. Pigmentkrystalle.
543
Tafel S.
Fig. 16. Faden pilze aus altem Harn.
Fig. 17. Sar eine ans Erbrochenem.
Fig. 18. Haarsackmilbe, Acarus foUi€i$lorum.
Fig. 19. Krätzmilbe, Sarcop/^i hominis.
Fig. 20. Kleiderlaus, Pediculus vestimeutorum.
Fig. 21. Kopflaus, Fediculus capitis.
Fig; 21a. Filzlaus, Phihirius pubis. (Fig. 18~-21a nach Simon.)
Fig. 22. Echinococcus hominis, a. Echinococcuslhierchen
mit ausgestülptem Kopfe, b. mit eingezogenem Kopfe.
c. Haken aus dem Hakenkranz, d. Wand der Echinococ-
cusblase mit beginnenden Knospen, e. Abgeschnürte
Knospe mit Thierchen, f. eine solche steril.
Fig. 23. Cysticercus cellulosae aus dem Gehirn.
Fig. 24. Trichina spiralis.
Fig. 25. Taenia solium. a. Kopf, Hals und unentwickelte
Glieder, b. entwickelte Glieder.
Fig. 26. Bothriocephalus latus, a^ Kopf und Hals. b. Ent-
wickelte Glieder.
Fig. 27. Trichocephalus dispar. a. Männchen, b. Weibchen.
Fig. 28. Ascaris lumbricoides.
Fig. 29. Oxyuris vermicularis. a. Weibchen und b. Männ-
chen jn natürl. Grösse, c. Vergrossertes Weibchen.
Fig. 30. Distoma hepaticum,
Tafel 4.
Fig. 31. Harnsäurekrystalle. a. Einfache Krystalle, rhombi-
sche Tafeln, wie sie nach Zusatz von Essigsäure oder
Salzsäure zu Sedimenten von harnsauren Salzen entste-
hen oder seltner spontan im Urin sich bilden, b. Grup-
pen dicker Krystalle, wie sie sich spontan in braunem,
harnsäurereichem Urin niederschlagen, c. Zwillingskrystalle.
d. Tonnenformige Krystalle.
Fig. 32. Das gewöhnlichste Sediment von harnsauren Salzen ia
saurem Urin, nach Lehmann harnsaures Natron.
Fig. 33. Harnsaures Ammoniak aus alkalischem Urin.
Fig. 34. Oxalsaurer Kalk aus saurem Harn.
Fig. 35. Phosphorsaure Ammoniak-Magnesia aus alkali-
schem Urin.
Fig. 36. Kohlensaurer Kalk aus Kaninchenharn.
Fig. 37. Cysten (nach Funke).
544
Fig. 38. Fibrincylinder aus Urin eines an M. Brighiii Lei-
denden.
* Fragment eines Harnkanalchens , aus welchem ein Fibrincylinder
ragt, aus der Niere eines an M. Brightii Gestorbenen.
Fig. 39. Fettkrystalle aus brandigem Zellgewebe.
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542
;. 6. Eiter, i. Gm&bnllcbe Eftcraellen. b. EitcrzHUn in Fett-
DietiBiorphMe , Umirandlung tn KörnchcnieHen. c. Eil«r-
lellen in Atropble, ZtrbU, au« eloan Tuberkel, d. BH-
duof d«T EitenelUn tu» freicH Kernen, in wekhtn
■ich endogen nene Kerne bilden, t, EfteneUeH durch
WtMer durcbiicblig gemacht, Thrilimg der Kerne, f. Auf-
blihuni; und Bentunf der Zelleu nich linger EinirirbunK
TSn Wagier (bOnitlich und In wügterigem , io|;. schlecb-
tem AbfceHeiler).
Sl t.
.9. VerknScheruDg der Knorpeliellcn. a. KMC>et-
lellen nit «iabcbem Kern, in der GmndinbiUni Kalli-
kömcben. b. Der Kern bekonnit atrahlige Ausliirfer.
e. Die itrdiligan Aii^iifar 4ea KeroM wachien imner
mehr, laires mit deMn b«Mcbb*rt«r Seme «iiiammen,
unlerdaiaen llieaMn die Zalhin inaanmeB und Tcrbnöchen.
. lU. Fapillargeacbwultt der Haniblaae. a. Einfache P»-
pUl«. b. Papula mit KrebateUen in ihrer SubaUnx.
. tl> Carcintmavultar«. i. Dichtet Faieiferüat mit Kern-
maiaan In den Haaebenrümien. b. Tbelliqg; der freien
Kerne, c. Kerne duidi neue endogene Kcrnbildung im
Uebergang lur Zelle, d, Zellen, klein«, groue, in Fett-
melAmorphoaB bagrObne. e- Zalltn mit endsganer Tbef-
luDg der Kerne, f. Zellen mit Heblrlumen, Elweiaimett-
Mvipboae.
. 12. Zellaa aaa CuTtinom» mtltmtdes, einfacbe Kem-
lellen, Zellen aait TtchteruDen, Plgmentkimchen in d<n
Zellen.
. 13. C*teinoi»m al«e«I«re. a. Faiergarflft mit Cotloid-
leUen in den Matchen, b. Kerne übergebend In Colloid-
birpar, oder durch neue endogene Kenbildung in Col-
loididkn. c. CoUeiikörper durch conti nairliche Bildung
«ndogaser Kane In gaachichtete Körper flbei^abend.
. U. Carctnom» epitktliodtt. t. ZeUenmauen mit y*-
Btem. b. Ein Neat in Zellen ana alnandar bllend. c. Kerne
durch Bildung neuer endogener Kenie In Zellen Qberge-
Iwnd. d. Grotte Zellen, t. Kane in CelloidmetamoT-
phoae. t Zellen i^t Bratrluton, mdeganen Bildungen
in danialbaa. g. Atrophie und Zerbll dar Zellen.
, IS. Pigmentkryalalle.
548
Tafel S.
Fig. 16. Fadenpilie aus «Itetn H«m.
Fig. 17. Sarcine ins ETbrochenem.
Fig. 18. Hatraackmilbe, Acantt fotittutorum.
Fig. 19. KrStitnltbe, Sarcoptei heminl«.
Fig. 30. Kleiderlaus, Pfdietüiu vesHmeuiorum.
Fig. 31. KofÜtus, Fedteulw capilh.
Fig; 21a. Fililaus, PhlMrhu pubU. (Fig. 18— 21b nachSimoo.)
Fig. 22. Eehinococeut hotaini», a. Ecbinococciulhierchcn
mit aiugeatSlßteiQ Kopfe , b. mit eingezogene« Kopfe.
c. Haken aus dem Rakenkraiu. d. Wand der Ecliinococ-
cusblase mit beginnenden Knospen, e- Abgesthnfirto
Knospe mit Thierclien, f. eine solche steril.
Fig. 23. Cytticercm ctUuloiae aus dem Gehirn.
Fig. 24. Triehina spiralii.
Fig. 2&. Tittnia lolium. a. Kopf, Hals und unentwickelt«
Glieder, b. entwickelte Glieder.
Fig. 26. Bothrioeephalui laltt*. a^ Kopf und Hals. b. Ent-
nickeile Glieder.
Fig. 27. Tfiehoeephalut diipar. a. Männchen, b. Welbchea.
Fig. 28. Jsearit lumbricoides.
Fig. 29. Oxynrit vermietttarii. a. Weibchen und b. Mann-
che» in natQrl. Grösse, c. Vergrössertes Weibchen.
Fig. 30. Diatoma hepaticum.
Tafel 4.
Fig. 31. HarnsüDrekrystalle. a. Einfache Kristalle, rhombi-
sche Tafeln, wie sie nach Zusatz von Essigs&ure oder
Salzsäure zu Sedimenten TOn liarnsauren Salzen entste-
hen oder seltner spontan im Urin sich bilden, b. Grup-
pen dicker Krjalalle , nie sie sich spontan in braD&em,
harnsäure reichem Urin niederschlagen, c. Zni Hin gskry stalte.
d. TonnenfÖrmige Kristalle.
Fig. 32. Das gewöhnlichste Sediment von hamsauren Salzen in
saurem Urin, nach Lehmann harnsaures Natron.
Fig. 33. Karnsaures Ammoniak ans alkalischem Urin.
Fig. 34. Ozalsaurer Kalk aus saurem Harn.
Fig. 35. PhosphorSBure Ammoniah-Hagnesia ans alkali-
schem Urin.
Fig. 36. Kohlensaurer Kalk nu Kaninebenharn.
Fig. 37. Cysten (nach Funke).
Fig. 36. Fibrlncyllnder am Urin eiaet in H. Brigbtii Lti-
dcadm.
* FrigMut tiae* Hirnlunilcbeiu , *iu weldmii ein Fibrin cflinder
ri|t, IUI der Klere «inii in M. Brightii Geitotbcaen.
?ig. 39. Fettkryitlll« ant bnndfgeni ZeUr»«^-
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5J2
ri|. 8. Eiter, i. G«w9hDUcbe Eiten«llei. b. Silenellrn in F«U-
mcUnorphMe, Unmndlwii in KörKhcnieHcB. c. Eiln-
Mllen in Atri^hie, Ztrfall, ui «isem Taberiitl. d. Bil-
dunf der Eltanellen iiu freien Kernrn , la wcldwn
»ich endoi^n neae Kerne bilden, e. Eitenellen durch
Wasier durchsichtig femachli Thrilung der Kerne, t Anf-
bUhung und BergluiiK der Zellen nich bnger Einwirkung
im Wasser (bQnrtlich und in viBierifem, sog. schlech-
tem AlMcetMlter).
»fei t.
Fi|. 9. Verknücberung der Knorpeltellcn. i. bm^l-
MlUn nit einfacbeni Kern , in der Grandenbtluii Kii\t-
k5mcben. b. Der Kern bekotarat «trthlige Auiliufer.
c. Ofe ftrdiliBen AmUnfer dei Kemei irecbsen immer
mehr, liafen mit denen beHchbarter Kerne lUHmnien,
uBierdeuen llietMn die Zelten loeanmen und terbnikberfi,
rit. iV. Fapillerteiehwttlit der Hambtaee. *. Einfache Pa-
pille, b. PepUl« mit KrebnaUen in ihrer Sabetani.
Fig. 11. Carcintym vulgart, a. UichtnFuerferO«tmit Karn-
maasen In dan SUaebeHinmen. b. Thetluqg der freien
Kerne, c. Kerne durdi neue endogene Kembildnng im
Uebergang lur Zelle, i. ZeUen, kleine, greue, in Fell-
netuurpiiOM b«crQiene. e. Zellen mit endegener niei-
luBg der Kerne, t Zell« mit HebIrlumen, Elireissmeti'
mwpbofe.
Pif. 12. Zellen ua CareinoiHa m§l9%odet, einfache Kern-
leUen, Zellen adt Techteriellen, FigaentkBmchen in den
Zellen.
Pif. 13. Cureinorna nlveelsre. a. FiaergerOat mit Colloid-
uHen 1b den Hucken, b. Kerne llbergebend in Cnllaid'
k(rper, oder durch neue endegene Kembildung in Col-
Mdirilen. e. CelIei4kGrper darch eentlBnirlicbe Bildung
endogner Ken« In geachinhtete KSrper tbnrgeheDd.
Fig. lt. Careinottm epüdeliode«. i. Zellennauen mit Ne-
atera. b. Kb Nett Ib ZelloB ans «iaander fallend, c. Kerne
durch Bildung neuer endogener Kerne In Zellen fiberge-
hend. d. Oreeae Zellen, e. Kerne ia Celloidmetunor-
plwae. £ ZeUea idt BrutriaBen, endognen Bildnngea
in denulbea. g. Atrophie und Zotbll der Zellen.
rig. 16. PIgmentkryatalle.
rafol 9.
Fig. 1«. Fadenpilze aus allem Harn.
Fig. 17. Sarcine aus Erbrachenem.
Fig. 18. HaarsBekmilbe, JcnrtM /bUkuIofWn-
Fig. 19. Krätimllbe, Sorcopf« homfnia.
Flg. 30. Kleiderlaaa, PedicvlHi vesUvuiäorum.
Fig. 21. Kopflaus, Ptdieuhu eapitü.
Fi«; 3l3. Filzlaus, PUhiHtu pubh. (Fig. 18— 21a nach Simon.)
Fig. 22. Eehinoeoceus hominis, a. Ecliinococcuslhiercbcn
mit auggestälptem Kopfe, b. mit eingezogenem Kopfe.
c. Haken aus dem Halienkranz. d. Wand der Ecbinococ-
cusMase mit beginnenden Knospen, e- Abgeschnfirl«
Knospe mit Thierchen, f. eine solche steril.
Fig. 23. Cyattcereu« celtHlotae aus dem Gehirn.
Fig. 24. TrJcAlna tpIratU.
Fig. 36. Tataia solium. a. Kopf, Hals und «nentwickolta
Glieder, b. entwickelte Glieder.
Fig. 2ß. Bothriacephalus lalui. a^ Kopf und Hals. b. Ent-
wicfcelle Glieder.
Fig. 27. Trichocephalns dtapar. a. Männehen, b. Weibchen.
Fig. 28. Jsearit lumbricoides.
Fig. 29. Oxguris vermieulaTia. a. Weibchen und b. Hänn-
cTien in natürl. Grüsse. c. VergtSaserles Weibchen.
Fig. 30. ßisloma hepaticum.
Wmtel 4.
Fig. 31. Harnsäurekryatalle. a. Einfache Kn'stalle, rhombi-
sche Tafeln , wie sie nach Zusatz Ton Essigsäure oder
Salzsäure in Sedimenten von barnsauren Salzen entste-
hen oder seltner spontan im Urin sich bilden, b. Grup-
pen dicker Krystalle, wie sie sich spontan in braunem,
harDsiurerei ehern Urin niederschlagen, c. Zwillingskiystalle.
d. Tonnenförmige Kryslalle.
Fig. 33. Das genShDlichste Sediment von harnsauren Salzen ta
saurem Urin, nach Lehmann harnsaures Natrva.
Fig. 33. Harnsaures Ammoniak aus alkalischem Urin.
Fig. 34. Oxalaaarer Kalk aus aaurem Harn.
Fig. 36. PbDspborsaure Ammoniak-Magnesia aus alkali-
schem Urin.
Fig. 36. Kohlensaurer Kalk aas KaDÜKhenbarn.
Fig. 37. Cysten (nach Funke).