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Full text of "Lehrbuch der pathologischen Anatomie"

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A^^^4^y^»_ 


liEHBBIJCH 


der 


pathologischen  Anatomie 


« • 
•  •  • 


•    •   • 


•  M    •   • 


Dr.  AUGUST  FÖRSTER, 

angserordentlichem  Professor  der  Hedicin  an  der  UniTersitit  za  OStUngen. 


Mit  4  Kupfertafcin,     X^j^:;^     — ^^jk^ 


Dritte,  umgearbeitete  Auflage. 


Jena» 

Druck  und  Verlag  von  Friedrich  Hauke. 

1853. 


•       •      • 

•  •   • 


•  •  •• 

•  •  •  • 

•  •  • 


•  •  • 

•  •  • 


I 


.,1    \ 


F44 


Vorrede 


zur  ersten  Auflage, 


JDei  Bearbeitung  dieses  Lehrbuches  stellte  ich  mir  die  Auf- 
gabe, eine  gedrängte  Zusammenstellung  der  Lehren  der 
pathologischen  Anatomie  vom  Standpunkt  der  naturwissen- 
schaftlichen  Methode  aus  zu  geben.  In  der  Einleitung 
habe  ich  die  Bedeutung  der  pathologischen  Anatomie ,  ihre 
Aufgabe  und  Grenzen  festzustellen  versucht.  Im  allgemei- 
nen Theile  suchte  ich  die  Natur  der  anatomischen  Verän- 
derungen 9  welche  überhaupt  im  menschlichen  Körper  vor- 
kommen ,  nach  dem  Stande  der  bisherigen  UntersiKhungen 
darzustellen ;  pathologische  Physiologie  und  Aettologfe 
wurden  nur  vorübergehend  berücksichtigt  und  alle  nicht  auf 
Thatsachen  füssende  Hypothesen  weggelassen.  Zur  SchU- 
derung  der  Texturveränderungen  und  Neubildungen  konnte 
ich  mich  grSsstentheils  auf  eigene  Untersuchungen  stützen, 
die  beigegebenen  AbbUdungen  sind  eignen  Zeichnungen  ent- 


/ 


nommen,  welche  ich  in  den  letzten  Jahren  anfertigte.  Im 
speciellen  Theile  folgt  der  Nachweis  der  besprochenen  Ver- 
änderungen an  den  einzelnen  Organen  des  Körpers.  Es 
kam  mir  dabei  weniger  darauf  an,  eine  detaillirte  Beschrei- 
bung der  veränderten  Farbe,  Gestalt,  Consistenz  u.  s.  w. 
zu  geben,  als  eine  genaue  Schilderung  der  einfachen  Vor- 
gänge, durch  welche  Jene  äusserlichen  Eigenschaften  be- 
dingt sind./* Wenn  die  Diagnose  einer  anatomischen  Ver- 
änderung nach  den  äusseren  Merkmalen  nicht  ein  todtes 
I  Wissen  sein  soll,  muss  sie  auf  die  Kenntniss  der  Natur 
/  der  Vorgänge  gestützt  sein ,  durch  welche  die  äusseren 
/  Merkmale  bedingt  sind.;>'  Freilich  hat  man  erst  seit  wenig 
Jahren  aufgehört,  die  pathologisch -anatomischen  Präparate 
als  Krankheits  -  Individuen  und  deren  Klassifikation  als  die 
Aufgabe  der  pathologischen  Anatomie  zu  betrachten  und 
es  sind  daher  unsere,  hauptsächlich  auf  das  Mikroskop 
und  das  Experiment  gestützten ,  Kenntnisse  von  den  Grund- 
vorgängen, welche  die  anatomische  Seite  der  Krankheiten 
darstellen,  noch  sehr  lückenhaft,  um  so  mehr,  als  man 
auch  die  Aetiologie  erst  vor  kurzer  Zeit  aus  den  Banden 
der  Dogmen  gerissen  und  ihre  Bedeutung  richtig  erkannt 
hat.  Bei  der  Darstellung  der  einzelnen  Veränderungen 
^g  ich  soviel  als  möglich  auf  eigene  Untersuchungen  zu- 
rück, suchte  aber  zugleich  die  in  der  pathologischen  Lite- 
ratur aufgehäuften  Thatsachen  in  einer  den  Zwecken  eines 
Lehrbuchs  angemessenen  Vollständigkeit  wiederzugeben. 
Ich  hielt  es  für  unpassend ,  das  Buch  mit  Autorennamen 
und  Citaten  zu  füllen ;  in  einem  Lehrbuche  kommt  es  nicht 


auf  Autoritäten ,  sondern  auf  Thatsachen  an ;  nur  wo  der 
Name  eine  neue  Richtung  bezeichnet ,  oder  wo  die  Anga- 
ben schwanlcend  erschienen  oder  als  Einzelnheiten  dastan- 
den, fügte  ich  den  Namen  des  Autors  bei.  Eine  Aufzäh- 
lung der  besten  Literatur  wird  dem,  welcher  Ausführli- 
cheres nachlesen  will,  genOgen.  Für  den  Gebrauch  des 
Buches  will  ich  noch  hinzufügen,  dass,  da  ich  Wieder- 
holungen  möglichst  zu  vermeiden  suchte,  ein  öfteres  Nach- 
schlagen von  einem  Punkte  zum  anderen  nochwendig  sein 
wird,  dass  besonders  Vieles  im  allgemeinen  TheOe  seine 
Ergänzung  im  specieUen  findet,  da  Ja  letzterer  streng  ge- 
nommen nur  eine  Sammlung  von  Beispielen  für  den  er- 
steren  ist.  Ferner  erwähne  ich,  dass  ich  eine  genaue 
Kenntniss  der  normalen  Anatomie  und  Histologie  voraus- 
setze, da  ohne  diese  ein  Yerständniss  der  pathologischen 
Veränderungen  ganz  unmöglich  ist. 

Die  pathologische  Anatomie  ist  ein  Junger,  unentwilc- 
kelter  Zweig  unserer  Medicin,  ein  Lehrbuch  derselben 
kann  nur  Keime  und  Fragmente  bringen;  es  wird  aber 
den  Studirendcn  und  Aerztcu  eine  kurze  Zusammenstel- 
lung der  wenigen  Thatsachen  dennoch  eine  erwünschte 
Gabe  sein ,  da  Ja  den  meisten  Zeit  und  literarische  Hülfs- 
mittel  fehlen ,  um  sich  die  DetaUs  der  Wissenschaft  selbst 
mühsam  zusammenzusuchen;  auch  mancher  Fachgenosse 
findet  in  diesem  Lehrbuchc  wohl  einen  willkommenen  Leit- 
faden für  seine  Vorlesungen. 


VI 

In  dieser  Hoffüung  finde  ich  die  äussere  Hechtrerti- 
gung  zur  Bearbeitung  dieses  Werkes,  einer  inneren  Recht- 
fertigung bedarf  der  Dienst  der  Wissenschaft,  und  wenn 
es  der  Ideinste  wäre,  nicht,  und  habe  ich  der  Wissen- 
schaft wirklich  einen  Dienst  erwiesen,  so  ist  mein  Zweck 
erreicht;  Anderes  wollte  ich  nicht. 

Der  Verfasser. 


Vorrede 

zur  zweiten  Auflage. 


Vei  Bearbeitung  dieser  zweiten  Auflage  suchte  ich  häiq^i- 
sächlich  das  Buch  seiner  Bestimmung  als  Lehrbuch  m5g- 
Hebst  nahe  zu  .bringen ,  die  Darstellung  der  Thatsachen 
möglichst  einfach  zu  halten  und  Discussionen  über  zweifel- 
hafte Dinge ,  sowie  Bemerkungen  aus  dem  Gebiete  der  Kri- 
tik  zu  meiden.  Manches  Mangelhafte  wurde  verbessert, 
UnvoUstSndiges  ergänzt  und  alle  neuen,  im  Verlaufe  des 
letzten  Jahres  bekannt  gewordenen,  Thatsachen  nachgetra- 
gen. Möge  auch  diese  Auflage  der  Wissenschaft  eine' 
Stütze  sein  und  der  wissenschaftlichen  Medicin  viele  Jün- 
ger gewhinen! 

Jena  im  October  1851. 

Der  Verfasser. 


Vorrede 

zur  dritten  Auflage. 


Mßas  vorliegende  Lehrbuch  ist  bestimmt,  den  Studirenden 
der  Medicin  eine  gedrängte  Uebersicht  des  Inhaltes  der  pa- 
thologischen Anatomie  zu  geben,  damit  sie,  darauf  ge- 
stützt, ausführlichen  Vorträgen  in  diesem  Gebiete  und  den 
Sectionen  mit  Nutzen  folgen  und  RepeUtionen  damit  vor- 
nehmen kSnnen.  Das  Bedürftiiss  der  practischen  Aerzte 
hatte  ich  bei  Bearbeitung  desselben  weniger  im  Auge,  doch 
haben  mir  viele  Kundgebungen  gezeigt ,  dass  auch  lür  sie 
eine  solche  gedrängte  Uebersicht  nicht  ohne  Nutzen  ist, 
und  darauf  Rücksicht  nehmend ,  habe  ich  dieser  Auflage 
Qtate  von  AbbUdungen  aus  den  zugänglichsten  BUderwer- 
ken  beigefügt.  Bei  der  Darstellung  versuchte  ich ,  von  ei- 
genen Beobachtungen  und  Untersuchungen  ausgehend,  das 
in  der  älteren  und  neueren  Literatur  angehäufte  Material 
in  der  möglichst  concisen  Form  eines  Lehrbuchs  zu  verar- 
beiten; das,  was  mir  eigen  ist,  musste  dabei  fast  gänzlich 
mit  dem  flremden  Material  verschmolzen  werden,  denn  es 
kam  mir  hier  nicht  darauf  an ,  eigene  Untersuchungen  für 
Fachgenossen  in  das  Licht  und  zur  Anerkennung  zu  brin- 
gen, sondern  einzig  und  allein  darauf  eine  didaktisch -practi- 


vin 

sehe  Bearbeitung  der  pathologischen  Anatomie  zu  geben. 
Nur  auf  Lösung  dieser  Aufgabe  legte  ich  Wertb,  und  dass 
mir  dieselbe  nicht  ganz  schlecht  gelungen  ist,  zeigen  mir 
die  sich  nach  dem  ersten  Erscheinen  des  Buches  Jährlich 
wiederholenden  neuen  Auflagen  und  eine  holländische  und 
französische  Uebersetzung. 

Da  die  pathologische  Anatomie  sich  erst  in  neurer  Zeit 
zu  einer  selbstständigen  Disciplin  zu  gestalten  begonnen 
hat,  so  ist  die  Aufgabe,  von  dem  Werdenden  das,  was 
bleibenden  Werth  hat,  zu  flxiren,  eine  sehr  schwierige; 
am  besten  werden  das  diejenigen  CoUegen  zu  beurtheilen 
wissen,  welche  die  pathologische  Anatomie  nicht  mit  den 
Lehren  irgend  einer  Schule  für  abgeschlossen  halten  und 
ihre  historische  Entwickelung  in  der  Gesammtliteratur  ken- 
nen und  würdigen.  Diese  werden  auch  am  besten  den 
Mängeln  dieses  Lehrbuchs  ihre  Nachsicht  zu  schenken  wis- 
sen. Indem  ich  diese  dritte  Auflage,  in  welcher  ich  alle 
neuen  Thatsachen  beifUgte  und  manche  Abschnitte  nach 
neuen  Untersuchungen  umarbeitete,  dem  Publicum  über- 
gebe, spreche  ich  den  Wunsch  aus,  dass  auch  ihr  die  gün- 
stige Aufliahme  der  früheren  Auflagen  zu  Theil  werden 
und  sie  ihren  Nutzen  für  die  Wissenschaft  bringen  mb'ge. 
Vor  Gebrauch  des  Buches  •  bitte  ich  das  Verzeichniss  der 
Verbesserungen  zu  berücksichtigen. 

Göttingen  im  October  1853. 

Der  Verfasser. 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
Vorrede IH 

Einleitung       1 

Alln^emeine  patbo- 
loirisclie  Anato- 
mie       21 

I.  Die  Veränderungen  der 
Blutmenge  der  Organe 
und  die  Blutergüsse  .    23 

A.  Hyperämie 23 

B.  Anämie 24 

C.  Hämorrbagie 25 

II.  Die  Veränderungen  der 
Bildung  und  Rückbil- 
dung des  Körpers,  der 
Organe.und  Gewebe     .    28 

1*  Die  Veränderungen  der 
Bildung  des  Fötus,  die 
Missbildungen  .  .  .  28 
2.  Die  Veränderungen  der 
Bildung  und  Rückbil- 
dung   der    Ge.webe    und 

Organe 32 

A.   Die    pathologischen 
Neubildungen   .    .    .    32 
a.  Organisirte  Neubil- 
dungen     32 

1.  Von   der    pathologischen 

Organisation   im  Allge- 
meinen      32 

2.  Von  den  organisirten  Neu- 
bildungen im  Besonderen    43 


Seite 

1.  Die  Neubildung  des  Bindege- 
webes       45 

Das  Fibroid 49 

Das  Sarcom 62 

2.  Die  Neubildung  des  Fettes    55 

3.  Die  Neubildung  des  Muskel- 
gewebes   56 

4.  Die  Neubildung  von  Nerven- 
gewebe   .......    57 

5.  Die  Neubildung  der  Gefösie    58 

6.  Die  Neubi  düng  der  patholo- 
gischen Pigmente      ...    60 

7.  Die  Neubildung  des  Knorpel- 
gewebes       63 

8.  Die  Neubildung  von  Knochen- 
gewebe     67 

9.  Die  Neubildung  von  Cutis, 
Schleimh.,  serös.  H.,  Epithe- 
lien 70 

10.  Cysten,  Balggeschwülsle     72 

11.  Papillargeschfvülste      .    ^    79 

12.  Krebs,  Carcinoma  ...    80 

13.  Eiter 97 

14.  Tuberkel 100 

b.  Unorganisirte    Neu- 
bildungen.   .    .    .  103 

c.DieBildung  TOnWas- 
ser  und  Luft  .    .    .  103 
B.    Die     pathologische 
Rückbildung  and  Re- 
sorption    .    i    ...  105 


XI 

Seile 
1,  AllcrsveräDdeniDgen    .  105 
3.  Metamorphosen,  De^ene- 
nlioDen 105 

A.  FetlmetBinorphase  .  105 

B.  TuberkulisiruDg      .  107 

C.  AtheromelSMr  Pro- 
cess 108 

D.  VerkreidoDg  ...  109 

E.  CoUoide    Hetamor- 
pbose 110 

3.  Brand,  Necrosis.  Gsn- 
gneni    ......  110 

i.  Resorption      .              .112 
C.  Die  Entzündung      .  112 
III.    Die    Verändernnsen 
dei  pbytiliilischen  Ei- 
genschiften      der    Or- 
gane    116 

1.  Ttrindernnfen  derOrSise  116 

2.  Verind.  der  Coniigtenz    118 

3.  TerSnd.  der  Färbung    .  118 

4.  Teränd.  der  Form,  Lage, 
Zabi,  Znummenbang   .    .  119 

IT.    Leicheneracheinun' 

gen 120 

V.  Die  Parasiten     ...  122 
Speelelle     pntho- 
■•flselae    AH»t«- 

mle 127 

AB«to> 
nie  der  Tcrdmiiing»- 

owgune 129 

1.  Tttbni   alimentarii    .  129 
1.  Mundhöhle    and   Gau- 
men     129 

129 

Himorrbagie   130 

HTpertrephie 130 

Eotoflnd 
'  Bund 


Seile 
Neubildungen 140 

2.  Die  Zung« 141 

Bildungsfehler.  Hypertrophie  141 

Entiündung 142 

Krcbg 143 

3.  Schlnndkopf  und  Spei- 
aeröbre      ......  143 

....  143 

ft^/^^m     ■     ■    ■    ■  144 

...  144 

Perfontion      14S 

Hyperämie,  EntiünduDg     .  145 

Neubildungen 147 

ParBEiten 149 

4.  Magen 149 

....  149 

150 

....  160 
HyperSmie,  Himorrbagie       151 

Entzflndung 151 

Geschwilre 154 

Neubildungen 157 

LeicheDeracheinDOgen    .    .  160 
Mageninhalt,  ErbiDcbenea     161 

5.  Darmkanal      ....  162 
BUdungsfebler  .■  .     .     .     .162 

ErweiteruDg 164 

Verengerung 164 

....  165 

171 

Alr(H»bie-     .  171 

172 

1.  Katarrhalische  Entifind.  172 

2.  CroopSee  u.  diphtheriti- 

178 

3.  Enti.    das    aubmacöaen 
ZellgewebcB     ....  178 

4-  Enti.  bei  niaamatiichen 
KniiUeiten    ....  179 


A.  DyUDterie 

B.  Tyfbm      ■    ■ 

C.  Cholen     .    . 

D.  Exintheoie 


Tub«rlf«l       191 

Wund»  u.  Perfsration«!!     .  193 

ParwiUi 194 

Dumlnhah,  Fuccs     .    .    .197 

U.  PcritoncHiD    ....  198 

BüdupgsfeUer 196 

H;perlinie 198 

EotiQDduiig 199 

N«nbilduD|cii 201 

ParuitcD 204 

FneumatOBe,  Hj^ropi      .    .  205 

111.    DrQicn      de*      Ver- 
dauangiappirates     .  206 
1.  SpeicheldräBcn     .    .  206 

EDtiündung 206 

NeabUduDgen 207 

Terioderungen    der   AoBfüh- 


2.  Panercis 209 

Entiünduiig 209 

Palhologtsche  Neubildaiigeii    209 

3.  Leber 210 

212 

Hyperämie 212 

HitmorrlMgie      .....  213 

Entzündung 214 

Hypertrophie 216 

Atrophie 218 

NeubildungeD 221 

Fansiten 222 

Die  Gallenwese  ....  223 

EDtiündung   ......  223 

Erweiterung 324 


Seite 

NeubiMiugen 225 

Panuiten 226 

Galleniteine 226 

F»th0le|gl«c1ie  Anato- 
ntlc     der     Beaplra- 
tloiuorir«iie    ....  228 
1.  Naaenhöhle    ....  228 


Hfperimfe,  Hinorrhigfe      228 

EoUßnduiig 328 

GeBchiTare       230 

ParaeiUn 231 

B.   SubmuGöaea    Zellgewebe, 
Knorpel,  Knochen  .    .    .  231 

EnUündDDg 231 

Neubildungen  .....  232 

2.  LaryoK  und  Trachea  232 
BilduDgafehler  ....  232 
Enreilemng,  Verengening    233 

Hyperimie 233 

Entiündung 234 

A.  Scbleimbaut   ....  234 

B.  Submucöses  Zellgewebe  236 

C.  Perichondrlam,  Knorpel  337 

Geacbwure 237 

Neubildungen 238 

3.  Bronchien      ....  240 

Erweiterung 2iO 

EDtxbndung 242 

Neubildungen         ....  244 

4.  Die  Lungen    ....  245 

Badunggfehler 245 

Hyperimie 245 

Hämorrbsgie 247 

Hypertrophie,  Atropliie      ,  248 

Empliysema 249 

Ateleclasia 2S1 

EnliOndung 2S2 


xin 


Seite 
Brand 257 

Oedeln 258 

Nenbfldimgen 259 

Parasiten 266 

Auswurf 266 

5.  Pleura 268 

Hyperämie 268 

Entzündung 268 

Neubildungen 271 

Hydrops,  Pneumatose    .    .  272 

Patltoloi^isclie  Anato- 
mie derCirculations- 
Organe  und  des  Blu- 
tes      274 

1.  Herz 274 

Bildungsfehler 274 

Veränderungen  der  Grösse  276 
Hyperämie,  Hämorrhagie      281 

Entaündung 281 

Auflagerung,  Gerinnung,  Ve- 
getationen ......  284 

Herz -Aneurysma.  .  .  .287 
Erweichung,  Brand   ...  289 

Zerreissung 289 

Neubildungen 290 

Parasiten     .    .    . , .    .    .292 

2.  Der  Herzbeutel     .    .293 

Hämorrhagie 293 

Entzündung 293 

Neubildungen 296 

Hydrops       297 

3.  Arterien 297 

Entzündung 297 

Gerinnungen 299 

Auflagerung 302 

Erweitenmg,  Aneurysma  306 
Zerreissung,  Wunden  .  .  313 
Verengerung,  Obliteration  315 
Neubildungen 316 


Seite 

4.  Venen 317 

Entzündung 317 

Gerinnungen 319 

Erweiterung,  Phlebectasis  324 
Verengerung,  Obliteration     327 

Neubildungen 328 

Telangiectasie 328 

5.  Lympbgefässe     und 
Lymphdrüsen     .    .    .  329 

A.  Gefässe   ......  329 

Entzündung 329 

Erweiterung 330 

Neubildungen 331 

B.  Drüsen 331 

Hypertrophie 331 

Entzündung  .....  332 
Neubildungen 333 

6.  Blut 335 

Patholoylselie  Anato- 
mie der  BiutyeCftss- 
drüsen 341 

1.  Milz 241 

Hyperämie,  Anämie  .  .  .  342 
Hypertrophie,  Atrophie  .  342 
Entzündung,  Infarct  .  .  345 
Neubildungen,  Parasiten    .  346 

2.  Schilddrüse  ....  347 
Hypertrophie,  Colloid    .    .  347 

Hyperämie 350 

Entzündung 350 

Neubildungen 351 

3.  Thymus 351 

4.  Nebennieren  .    .    .    ..352 

5.  Gland.  pituitaria    .  352 

Patlioloffiselie  Anato- 
mie des  ÜTervensy- 
stems 354 

I.  Gehirn 354 

1.  Hirnhäute      •    •    .    .  354 


H;perimie        3S4 


Hydrops 


....  367 
...  368 

Himorthigie 368 

Hypertrophie 372 

Atrophie 372 

EntiOnaiiDB 371 

Oedem 377 

Erireicbung 378 

Verhirluni        37S 

Hetastatwche  Abseaiae       .  380 
TerwunduBg,  ErachättBrung  380 

NeDbJMangeii 381 

Ptruiten 382 

U.  Rackeninirk    .  .383 

1,  BDcheumickihiate     383 

Hyperimie 383 

EnUändaag 383 

NeubildongeD 3 

VtmOtn 3 

2.  Rückenmirk  ...  3 
BUduDgsfebler  ....  3 
Hypertrophie,  Atrophie      .  3 

Hjperämie 3 

Entiündang       .  .3 

Erwelchang,  VcrhirtaiiK    .  3 
TerwuDduag,  ErschOtleroDg  3 

Vmiitcn    .  3 

in.  a 


Seile 
Feltinet«iDOrpbo»e  ...  394 
NcDbllduDfeii 3M 

■Ue  der  HMmoricone  3^ 

1.  Nieren 39» 

Bildungg  -  und  GitMeaver- 

....  396 
Hyperimie,  HinorrhaBi«    .  396 

Entxandung 397 

405 


■ä 


Paruiten 408 

3.  Nierenbecken      und 
Harnleiter 409 

....  409 

Erireilerung 409 

Hyperämie,  Bimorrhagie      410 

Enbündnag 410 

.    .  412 
.    .  413 

Bildunggfehler 413 

414 
Hjperämie ,  Himoirhigie      41& 

EntiünduDg 415 

TerletzuDK418 
Neubildungen 118 

4.  Harnrähre      .    -    .    .420 

....  420 

EntiQndung 421 

VereageruDg,  SIriktur  .    .  422 

Neubildungen 423 

An*ta- 

orsane     >» 

I.  HinnticheOeichlecbt«- 
organe  ... 


.  42S 


1.  Hoden 426 

EntiUndung     .    .    .    .    .427 
NeubUdaagen   428 

2.  SchaUenhtat    ...  428 


Seite 
3.  Samenbleschen      .    .  431 

i.  Prostata 431 

6.  Penis,  Scretum      .    .  433 
IL  Weibliche  Oeücblecbts- 
orBine 434 

1.  Eieritocli 434 

•  BildungsreUer       ....  434 

Hyperämie,  Himoirbagig    .  435 

EntzQndung 435 

Neubildungea 437 

2.  Blleiter 442 

....  442 
.  442 
....  443 


444 

.    .    .446 

.448 

Hyperämie,  Himorrhi^e  .  460 

EotiOiidniig 4S2 

Oeubwfire 4fi6 

ZeneiBsung 457 

Nenbfldnngen 456 

4.  Seheide       462 

BüduDg»-,  GrÖsBe-,  L«se- 

TerindecuoKCD    ....  462 
Eultandung,  NeoMldnug    .  463 

5.  Tnlfa 4es 

6.  Brüste 467 

Bflddogifebler       ....  467 

Hypertrqihle 467 

Himorrhagie    .    .    ,  ^  .    .469 

EotiüDdung 469 

NenbDduDgen  469 

mie  der  Haut    .    .    .473 
1.  Epidermis,     Cerinm, 
Unterbanttellsewebe   473 


<f  Seil« 

Hypertrophie 473 

Atrophie 479 

Hyperämie,  Himorrhagie    .  480 

EntiQDdunK 481 

GeschwOre 488 

Brand 400 

NeQbüdungen    401 

Firagiten 494 

2.  Hautdrüses,    Haare, 

NSgel 498 

Patholosisehe  Anato- 
mie der  Bewe^unc»- 
ort(»ne S02 

1.  Knochen 602 

Hypertrophie S02 

Atrophie 507 

Hyperimfe,  Hämorrbagle    .  608 

EntzüitduDg 6i)9 

Ceriea .613 

Keerose 514 

Wnnden  vati  Brüche     .    .  619 

BhacUUs 621 

Osleomalacle 623 

OsteoBclerosU 524 

Neubildungen 624 

Parasiten 629 

2.  Knorpel,  Blöder,  Sy- 
nOTialhiute 629 

Atrophie  der  Gelenkknoipel  629 
Die  GelenkentiBadungen       530 

3.  Muskeln fiSs 

Atrophie,  ^pertrophie      .  S35 
Blntnog,  EnttQndnDg     .    .  638 

Neubildungen 587 

ParsslIeD 533 


BrkUrung  der  Ki^letUleln  641 


Verbesserungen. 


Seite  17  Zeile  6  tod  oben  lies  Howship  statt  Howshivr. 

—  42  ~    3  ?on  unten  L  (Fig.  4)  st.  (Fig.)- 

—  46  —    8  ▼.  0.  1.  Zellen  st.  Kerne. 

—  47  —    5  T.  u.  1.  Geschwülsten  st.  Gescwfllsten. 

—  65  —  11  V.  0.  1.  in  ihnen  st.  ihnen. 

—  79  —  12  V.  u.  1.  Gefassstamm  st.  Bindegewebsstamm. 

—  89  —  10  V.  u.  1.  fast  constante  st  constante. 

—  97  —    2  ?.  u.  L  Fig.  8  a  st.  Fig.  6  ä.    (Ebenso  auf  S.  98.) 

—  117  —  15  T.  tt.  1.  Grosse  st  Gefasse. 

—  —  —  14  ▼•  u.  1.  Zwergwuchs  st  Zwerchwuchs. 

—  125  —    4  ?.  u.  1.  Echinococcus  st  Ecchinococcus. 

—  129  —    7  ▼.  u.  1.  Wirbebaite  st  Wirbelsäule. 

—  163  —  12  V.  u.  1.  1  —  6  st  5—6. 

—  170  —  11  ▼.  u.  1.  meist  st.  meit. 

—  192  —  13  V.  0.  1.  blassem  st.  plassem. 

—  209  —    8  T.  0.  1.  Verhärtung  st  Eiterung. 

—  225  —    1  y.  0.  L  Gallenblase  st  Gallensteine. 

—  260  —  14  ▼.  0.  1.  Fase.  4  st.  Fase.  3. 

—  263  —    6  ▼.  u.  1.  zerfallender,  käsiger,  gelber,  st.  zerfallende, 

käsige,  gelbe. 

—  305  —    6  ▼.  0.  1.  schreitet  st  schreitef. 

—  346  —  10  y.  0.  1.  Liyr.  2.  PL  5.  st  Liyr.  2.  PI.  1. 

—  356  —  13  y.  u.  1.  Carotiten  st  Caroditen. 

—  372  —    5  y.  u.  1.  Vorkommen  st  Verkommen» 

—  378  —    8  y.  u.  1.  hellgelben  st.  hellgeben. 

—  440  —    4  y.  u.  1.  ich  st.  sich. 

—  442  —  11  y.  u.  1.  Obliteration  der  Xubenmündung  st.  Oblitera- 

tion  der  Tuben. 

—  463  —    3  y.  0.  1.  Scheideneingangs  entstehen. 


Einleitung. 


"ie  pathologische  Anatomie  ist  die  Lehre  vom  Bau  des 
menschlichen  Körpers,  seiner  Organe  und  Gewebe  während 
der  Lebensabschnitte ;  in  welchen  wir  ihn  krank  nennen. 
So  wie  das  normale  Leben  nur  erkannt  werden  kann,  wenn 
der  Bau  des  Körpers  bekannt  ist ,  so  ist  auch  eine  Einsicht 
in  die  Lebensverhältnisse  des  kranken  Menschen  nur  mög- 
lich durch  Kenntniss  der  Anatomie  desselben.  So  wie  uns 
Anatomie  und  Physiologie  des  gesunden  Menschen  die  Ba- 
sis zur  Regelung  der  normalen,  physischen  Erziehung  und 
Anordnung  der  naturgemässen  Diätetik  geben,  so  sind  Ana- 
tomie und  Physiologie  des  kranken  Menschen  die  unum- 
gänglich nothwendigen  Stützen  zur  Regelung  des  Verhaltens 
während  der  Krankheit  und  Anordnung  der  Mittel  zur  Wie- 
derherstellung normaler  Lebensverhältnisse,  des  Heilens. 

Die  in  diesen  einfachen  Sätzen  gegebene  Stellung  und 
Bedeutung  der  pathologischen  Anatomie  hatte  Geltung  bei 
den  wirklich  grossen  Aerzten  aller  Zeiten;  energische  Ver- 
suche, sie  zur  Wahrheit  zu  machen  und  so  die  Medicin 
selbst  zur  wahren  zu  machen,  wurden  erst  in  der  Neuzeit 
gemacht  und  bezeichnen  die  Bichtung  derselben.  Das  Ziel 
der  Wissenschaft  wird  seine  natürlichen  Grenzen  stets  in 
denen  unserer  beschränkten  Einsicht  in  die  Geheimnisse  des 

1 


Ml 


Lebens  finden;  künstlich  und  willkürlich  wurde  es  aber  zu 
allen  Zeiten  verräckt  Ton  der  grossen  Masse  ihrer  Diener, 
welche,  einer  reinen,  objectiyen  organischen  Naturanschauung 
bar,  ihre  subjectiven  Phantasiegebilde  an  die  Stelle  des 
verkannten  Objectcs  schoben.  Der  Kampf  der  Wahrheit  und 
Einsicht  gegen  Wahn  und  Phantasie  ist  so  alt  wie  die  Me- 
dicin  selbst,  die  Parteien  stehen  heut  wie  yor  tausend  Jah- 
ren sich  gegenüber.  Es  sei  uns  hier  nur  ein  kurzer  Blick 
auf  dieselben  gestattet,  um  die  Bedeutung  der  pathologischen 
Anatomie  rein  und  fest  darstellen  zu  können. 

Der  Symptomatiker  geht  bei  der  Beobachtung  kran- 
ker Menschen  und  seinen  Reflexionen  über  dieselben  unge- 
fähr so  zu  Werke  wie  der  Laie;  er  fasst  bei  einem  Kran- 
•ken  ausschliesslich  die  ungewöhnlichen  Erscheinungen  ins 
Auge  und  stellt  diese  als  etwas  in  sich  Abgerundetes  und 
Selbstständiges  dem  gesunden  Körper  gegenüber,  betrach- 
tet sie  als  etwas  der  Gesundheit,  dem  Leben  Fremdes, 
Feindseliges  und  nennt  den  Complex  dieser  Erscheinungen 
Krankheit.  Da  er  sieht,  dass  sich  bei  vielen  Kranken  die- 
selben Erscheinungen  in  derselben  Reihenfolge  wiederholen, 
fasst  er  die  gleichartigen  Erscheinungsreihen  zusammen  und 
macht  sie  zu  Krankheiten,  Krankheitsprocessen.  Indem  er 
sich  bei  dieser  naiven  und  scheinbar  natürlichen  Auffassung 
daran  gewöhnt,  Gesundheit  und  Krankheit  als  streng 
gegenüberstehende  Begriffe  anzusehen,  fängt  er  ganz  un- 
willkürlich an,  beide  zu  personificiren  und  stellt  der  Ge- 
sundheit, als  einem  Wesen,  dessen  Kennzeichen  die  ge- 
wöhnlichen Körperfunktionen  sind,  die  Krankheit  als  ein 
feindliches  Wesen  gegenüber,  dessen  Kennzeichen  die  un- 
gewöhnlichen Erscheinungen  sind.  Die  Funktionen  des  nor- 
malen Körpers  werden  so  die  Funktionen  der  Gesundheit, 
4i«  des  kranken  zu  Funktionen  der  Krankheit  oder  wohl 
auch  der  Naturheilkraft,  welche  man  als  drittes  We- 


sen  hereinzieht  und  durch  gewisse  Kennzeichen  charakteri- 
sirt;  der  Körper  wird  der  Tummelplatz  dieser  drei  Gewal- 
ten. Fär  gewöhnlich  bewohnt  die  Gesundheit  den  Körper, 
zuweilen  aber  kommt  eine  Krankheit  und  „befällt^^  densel- 
ben; nachdem  sie  im  Körper  eingezogen,  nimmt  sie  ihren 
9,Sitz^^  irgendwo,  z.  B.  im  Gehirn,  im  Darm  u.  s.  w.,  sie 
zieht  auch  wohl  umher  und  befällt  ein  Organ  nach  dem  an- 
deren, zuweilen  ziehen  auch  zwei  Krankheiten  zu  gleicher 
2eit  ein,  gerathen  mit  einander  in  Streit  und  überwältigen 
einander,  oder  sie  vertragen  sich,  erzeugen  auch  wohl  eine 
dritte.  Gegen  diesen  Eindringling,  die  Krankheit,  rückt 
nun  die  Naturheilkraft  in's  Feld ,  welche ,  wie  das  personi- 
ficirte  Gewissen,  stets  im  Menschen  yerborgen  liegt,  um 
zur  passenden  Zeit  loszubrechen;  die  Erscheinungen  wäh- 
rend des  Kampfes  sind  theils  Lebeusäusserungen  der  Krank- 
heit, theils  der  Naturheilkraft.  Heilung  ist  Sieg  der  Letz- 
teren, und  besteht  in  Entfernung  der  Krankheit  aus  dem  Kör- 
p^,  Tod  ist  Sieg  der  Krankheit,  welche  freilich  mit  dem 
gemordeten  Körper  zugleich  stirbt. 

Dieses,  an  und  für  sich  TöUig  unschuldige,  gemüthli- 
che  System  mit  seiner  reicEen,  anziehenden  Bildersprache 
wurzelte  nach  und  nach  in  den  Herzen  der  Laien  und  Aerzte 
fest;  man  glaubte,  in  ihm  wirkliche  Wahrheiten  zu  haben, 
und  so  wurde  es  die  Basis  eines  durch  alle  Jahrhunderte 
fortscbleichenden ,  höchst  Terderblichen  Schlendrians. 

Zur  Charakteristik  der  einzelnen  Krankheiten  benutzt 
der  Symptomatiker  ausschliesslich  deren  sogenannte  Lebens- 
äusserungen, d.  h.  die  sogenannten  Symptome  am  Leben- 
den. Jede  Bieihe  von  Symptomen,  welche  erfahrungsmäs- 
sig  zusammenzugehören  scheinen,  wird  eine  Krankheitsspe- 
cies.  Die  Diagnose  besteht  in  der  Kunst,  die  im  gegebe- 
nen Falle  vorliegenden  Symptome  zusammenzufassen  und  an 
ein^n  der  festgestellten  Symptomencomplexe  anzupassen  und 


1  . 


danach  zu  taufen.  Obgleich  man  sehr  selten  Sektionen  macht, 
sieht  man  doch  bei  den  wenigen  stets  Veränderungen  im 
Körper;  diese  werden  aber  als  Nebensache  betrachtet,  als 
Folgen  der  Einwirkung  der  Krankheit,  der  Agonie  u.  s.  w., 
die  man  doch  am  Lebenden  nicht  diagnosticiren  könne.  Die 
pathologische  Anatomie  ist  daher  ebenso  unnfitz  zur  Medi- 
ein,  wie  die  Anatomie  des  normalen  Körpers. 

Die  Therapie  des  Symptomatikers  ist  yerschieden  je 
nach  der  Bildungsstufe  des  Einzelnen;  für  die  Rohesten  be- 
steht sie  darin,  die  gegen  die  Symptomencomplexe  erfah- 
rungsmässig  erprobten  Arzneimittel  richtig  zu  wissen  und 
zu  yerordnen.  Wie  die  Symptomencomplexe  dogmatisch  fest 
stehen  als  bestimmte  specifische  Krankheits-Individuen ,  so 
stehen  auch  die  gegen  sie  anwendbaren  Mittel  als  specifi- 
sche da,  der  Krankheitsname  entspricht  dem  Mittel,  Ka- 
tarrh ist  gleich  Salmiak  u.  s.  w.  Die  Aufgeklärteren  hal- 
ten sich  nicht  sowohl  an  die  specifischen  Symptomencom- 
plexe, Krankheiten,  als  an  gewisse  Gruppen  von  Sympto- 
men, die  sich  im  Verlaufe  der  verschiedensten  Krankheiten 
wiederholen  können,  und  die  erfahrungsmässig  gegen  diese 
heilsamen  Mittel.  Die  Letzteren  vermitteln  die  Verbindung 
der  symptomatischen  mit  der  physiologischen  Medicin,  deren 
Therapie  ebenfalls  auf  methodische  Empirie  gegründet  ist; 
zu  ihnen  gehören  die  wirklichen  Grössen  der  alten  Medicin, 
welche  auch  unserem  heutigen  Standpunkt  gegenüber  noch 
als  Grössen  dastehen. 

Diese  Ansichten  sind  bei  vielen  Aerzten  ganz  unbc- 
wusste  und  sie  denken  sich  dabei  so  wenig  wie  der  Laie; 
bei  anderen  liegt  eine  wirkliche  üeberzeugung  zu  Grunde. 
Ihre  Speculation  ist  kurz  folgende:  Da  es  den  menschlichen 
Kräften  unmöglich  ist,  das  wahre  Wesen  der  Krankheiten 
zu  erforschen,  so  müssen  wir  zur  Heilung  derselben  uns 
lediglich  auf  die  Erfahnmg  beschränken;    da  wir  wissen. 


dass  gewisse  Symptome  und  Symptomcngruppen  durch  ge- 
wisse Arzneien  beseitigt  und  dadurch  die  Kranken  geheilt 
werden,  so  besteht  die  Aufgabe  der  Medicin  darin,  durch 
Erfahrung  festzustellen,  welche  Symptome  durch  bestimmte 
Mittel  beseitigt  werden.  Da  wir  nun  nach  tausendjähriger 
Erfahrung  wissen,  dass  wirklich  Krankheiten  auf  diesem 
Wege  geheilt  werden  kennen,  so  ist  uns  der  richtige  Weg 
gezeigt;  es  ist  also  ganz  einerlei,  ob  eine  Symptomengrup-^ 
pe,  welche  wir  z.  B.  Hydtocephalm  acutus  getauft  haben, 
auch  wirklich  durch  Wassererguss  in  die  Hirnhöhlen  be- 
dingt ist,  wenn  nur  die  Symptomengruppe  durch 
unsere  Mittel  beseitigt  und  der  Kranke  gesund 
wird.  Anatomie  und  Physiologie,  die  normale  und  patho- 
logische, sind  unnützer,  gelehrter  Ballast,  der  aus  der  the- 
rapeutischen Galeere  geworfen  werden  muss,  deren  Fla^e, 
als  die  höchste  Spitze  der  Medicin,  das  Recept  ist.  —  So 
die  Praktiker,  welche  ihr  Geschäft  mit  Bewusstsein  treiben. 
Wäre  dem  so,  wie  sie  sagen,  so  würde  unsere  Medicin  zwar 
zu  einem  einfachen  Handwerke  herabsinken,  der  kranken 
Menschheit  jedoch  wäre  geholfen.  Doch  ist  dieses  Raison- 
nement  nicht  richtig,  denn  so  sehr  auch  der  Therapie  der 
Character  einer  empirischen  Wissenschaft  vindicirt  werden 
muss^  so  steht  doch  auf  der  anderen  Seite  fest,  dass  sie 
auf  Anatomie  und  Physiologie  des  gesunden  und  kranken 
Körpers,  als  nothw^digem  Bückhalt,  fussen  muss^  wenn 
sie  nicht,  phantastischer  Willkür  und  blindem  Traditionsglau- 
ben preisgegeben,  der  Lüge  anheimfallen  soll.  Der  heutige 
Zustand  unserer  Therapie  zeigt  nur  zu  gut,  was  die  „tau- 
sendjährige Erfahrung^ ^  ohne  die  genannte  Basis  gelei- 
stet hat. 

Wenn  man  sich  auch  zu  allen  Zeiten  unter  Krankheit 
ein  dem  gesunden  Körper  gegenüberstehendes  Wesen  dachte, 
so  wurden  doch  gegen  die  Auffassung  der  Krankheit  als  eineu 


6 

Complex  von  Symptomen  schon  frühseitig  Stimmen  rege, 
aber  erst  in  neuerer  Zeit  brach  die  Reaktion  g^en  die 
Symptomatiker  los.  Je  mehr  Sektionen  gemacht  wurden, 
je  mehr  sich  der  Blick  in  das  Innere  des  Körpers  erwei« 
terte,  desto  stärker  drängte  sich  die  Erfahrung  auf,  dass 
die  yon  den  Symptomatikem  erfundenen  Krankheitsnamen 
mit  den  Veränderungen  in  der  Leiche  oft  nicht  übereinstim- 
^men;  man  fand  nach  yerschiedenartigen  Symptomengruppen 
gleiche  anatomische  Veränderungen  und  umgekehrt  gleiche 
Symptomengruppen  bei  yerschiedenartigen  anatomischen  Ver« 
änderungen.  Ohne  eine  Vermittelung  zu  suchen,  yerwarf 
man  sogleich  die  alten,  allerdings  einseitig  auf  die  Symp,to- 
me  am  Lebenden  gegründeten,  Krankheitsbilder  und  suchte 
sie  durch  anatomische  Symptomencomplexe  su  ersetzen;  die 
Krankheit  wurde  jetzt  ein  Wesen,  charakteri- 
sirt  durch  eine  Reihe  yon  anatomischen  Verän- 
derungen. Der  Sektionstisch  wurde  der  Sammelplatz  der 
Aerzte  und  die  Kenntniss  yon  den  anatomischen  Verände- 
rungen des  Körpers,  die  pathologische  Anatomie, 
trat  an  die  Stelle  der  Pathologie;  sie  sollte  die  Krankheiten 
finden  und  darstellen.  Suchte  der  Symptomatiker  das  We- 
sen des  Krankheits  -  Indiyiduums  in  dessen  Lebensäusserun- 
gen, so  yerfolgte  der  pathologische  Anatom  die  Krankheit 
nach  ihrem  Eintritt  in  den  Körper  weiter,  suchte  sie  dort 
auf,  wo  sie  ihren  „Sitz"  hatte,  wo  sie  sich  „lokalisirt" 
hatte.  Die  anatomischen  Veränderungen  waren  dann  die 
Krankheit  selbst  oder  ihre  „Produkte;"  das  Detail  der  ana- 
tomischen Beschreibung  derselben  gab  das  Detail  der  die 
Krankheiten  charakterisirenden  Eigenschaften;  mit  derselben 
Genauigkeit,  mit  der  die  Praktiker  ihre  Symptomencomplexe 
beschreiben  und  or&en,  beschreibt  und  ordnet  der  patholo- 
gische Anatom  seine  anatomischen  Präparate  als  Krankheits- 
indiyiduen. 


Die  Diagnostik  hatte  jetzt  die  Aufgabe,  ilie  wirk* 
liehen  anatomischen  Yeräudenuigen  zu  finden  wd,  indeusi 
man  nach  neuen  Httlfsmitteln  suchte,  wurden  die  sogenannte 
physikalische  Exploration  des  Kranken,  insbesondere  die 
Auscultation  und  Perkussion  als  neue,  unentbehrliche  Un- 
tersuchungsmethoden eingeführt«  Die  Diagnose  wurde  für 
eine  Menge  Krankheiten  auf  eine  sehr  hohe  Stufe,  unter 
anderen  die  der  Lungen-  und  Herzkrankheiten  zu  einer 
früher  nie  geahnten  Sicherheit  gebracht;  andere  Krankhei- 
ten, bei  welchen  die  Veränderungen  der  Organe  unserem 
Auge  unzugänglich  oder  die  mit  gar  keinen  Lokalleiden  ver- 
bunden sind,  wurden  dagegen  yeruachlässigt,  insbesondere 
wurde  die  Kultur  der  Erkenntniss  der  allgemeinen  Erschei-^ 
nungen  fast  ganz  vergessen« 

Auch  die  Aufgabe  der  Therapie  wurde  eine  völlig 
andere.  Fand  man  die  Krankheit  in  anatomischen  Verän- 
derungen, so  musste  man  diese  zu  heilen  suchen;  da  man 
dies  von  vornherein  für  unmöglich  hielt,  legte  man  die  Hände 
in  den  Schooss.  Die  Therapie  wurde  Nebensache,  der  Buhm 
des  Arztes  war  die  brillante  Diagnose  einer  Lokalaffektion. 
Einseitig  negirte  man  Jeden  therapeutischen  Erfolg,  man 
hatte  eben  vergessen,  dass  der  Therapie  ausser  den  anato- 
mischen Veränderungen  noch  andere  Angriffspunkte  zu  Ge- 
bote standen,  die  veränderten  Erscheinungen  im  Blut-  und 
Nervenleben,  und  so  hatte  die  pathologisch -anatomische 
Richtung  neben  vielem  Guten  doch  auch  viel  Schlechtes  mit 
sich  gebracht. 

Fragen  wir  uns,  wie  die  Aerzte  zu  der  Ansicht  von 
der  Krankheit  als  einem  in  den  Körper  eindringenden  We- 
sen, das  nach  den  Einen  durch  seine  Lebensäusserungen^ 
nadbi  den  Anderen  durch  die  Veränderungen,  die  es  in  Or- 
ganen hervorbringt,  charakterisirt  ist,  kamen,  so  können 
wir  den  Grund  nur  darin  finden ,  dass  man  von  der  Beob- 


8 

aditiing,  der  ersten  sinnlichen  Erfahrung,  sogleich  cur  Spe- 
kulation, znr  Hypothese,  schritt;  man  sah  kranke  Indivi- 
duen und  dachte  sich  sogleich  die  Erkrankung  durch 
Krankheitsindiyiduen  bedingt  und  endlich  sah  man  über  den 
letzteren  die  ersteren  gar  nicht  mehr.  Die  Medicin ,  durch 
ihr  Objekt,  den  menschlichen  Körper,  doch  so  recht  cur 
Naturwissenschaft  gewiesen,  wurde  so  durch  ihre  ersten 
Sätze  eine  spekulative  Wissenschaft  und  verirrte  sich  gleich 
in  ihren  Grundansichten.  So  oft  auch  von  einsichtigen  Phi- 
losophen und  Aerzten  auf  eine  naturgemässe ,  organische 
Anschauung  der  Dinge  hingevnesen  wurde,  so  oft  die  Me- 
dicin der  phantastischen  Spekulation  entrissen  und  der  ex- 
acten  Forschung  zugewiesen  vnirde,  so  ging  doch  die  grosse 
Masse  stets  lieber  auf  dem  weichen  Pfade  des  alten  Schlen- 
drians. In  unserer  Zeit  sucht  man  mehr  als  je  vorher  die 
Medicin  als  Zweig  der  Naturwissenschaft ,  der  Anthropolo- 
gie darzustellen  und  für  sie  die  in  den  übrigen  Zweigen 
derselben  blühende  exacte  Methode  in  Anwendung  zu  brin- 
gen. Diese  Methode  zur  herrschenden  in  der  Medicin  zu 
machen,  die  Geister  nach  ihr  zu  discipliniren ,  ist  die  Auf- 
gabe unserer  Zeit. 

Treten  vrir  an  das  Krankenbett  und  den  Sektionstisch, 
an  die  Quellen  unserer  sinnlichen  Anschauungen,  so  sehen 
wir,  dass  die  einzelnen  ungewöhnlichen  Erscheinungen,  die 
man  Krankheitserscheinungen  nennt,  durchaus  nichts  Selbst- 
ständiges oder  Fremdartiges  haben,  dass  das  Leben  des 
Kranken  nach  den  gewöhnlichen  Gesetzen  des 
Lebens  abläuft,  nur  dass  die  Gesetze  unter  un- 
gewöhnlichen Bedingungen  zur  Aeusserung  kom- 
men, dass  also  die  sogenannten  normalen  und  krankhaften 
Erscheinungen  unter  denselben  Naturgesetzen  stehen.  Wir 
sehen  einen  Menschen,  der  gestern  kräftig  einherging,  ru- 
hig athmete,  einen  ruhigen  Herzschlag,  eine  warme  Haut 


9 

hatte )  heute  im  Bette  schwach  darniederliegen ,  mit  rascher 
Respiration ,  frequentem  Herzschlag ,  brennender  Haut  /  — 
wir  nennen  ihn  krank ;  das  rasche  Athmen ,  der  frequente 
Puls,  die  heisse  Haut  sind  Krankheitserscheinungen^  die 
Gesetze  des  Athmens,  d^  Girculation  und  Wärmebildung 
aber  sind  unverändert  geblieb^,  sie  äussern  sich  jedoch 
unter  abnormen  Bedingungen  und  deshalb  ist  ihr  Effect  yer* 
ändert.  Der  Kranke  stirbt,  wir  finden  eine  feste,  harte, 
auf  der  Schnittfläche  kömige  Lunge,  die  Lungenbläschen 
mit  Zellen  gefüllt.  Haben  wir  hier  etwas  Fremdartiges,  ist 
diese  Lunge,  sind  die  Zellen  ein  Krankheitsindividuum ? 
Nein!  Die  Lunge  ist  zwar  T^ändert,  aber  die  Veränderung 
ist  nicht  das  Produkt  eines  in  den  Körper  eingedrungenen 
Wesens,  die  Zellen  sind  nach  den  allgemeinen  Gesetzen  der 
Ernährung  und  Zellenbildung  entstanden,  die  sich  aber  hier 
unter  abnormen  Bedingungen  äusserten,  welche  durch  irgend 
einen  Anstoss,  die  sogenannte  Ejankheitsursache ,  gesetzt 
wurden.  Wollen  wir  das  Wesen  der  krankhaften  Erschei- 
nimgen,  die  wir  am  Krankenbette  und  Sektionsstische  se- 
hen ,  ergründen ,  so  müssen  wir  zu  der  ersten  Ursache  zu- 
rückgehen ,  welche  den  ersten  Anstoss  gab  zur  Veränderung 
der  Bedingungen,  unter  denen  die  Naturgesetze  zurAeusse- 
rung  kommen.  Kennen  wir  die  Ursache,  die  Art 
ihrer  Einwirkung  und  die  yeränderten  Bedin- 
gungen, so  kennen  wir  auch  die  Krankheit. 
Krankheit  ist  also ,  wie  aus  dem  Vorigen,  hervorgeht ,  der 
Zustand  des  Menschen,  in  welchem  die  physiologischen  Ge- 
setze sich  unter  abnormen  Bedingungen  äussern,  Krankheit 
ist  also  nichts  dem  Leben  feindlich  Gegenüberstehendes, 
sondern  sie  ist  ein  Theil  des  Lebens  selbst,  sie  ist  kein 
Gegensatz  der  Gesundheit,  denn  diese  selbst  ist  kein  Be- 
griff von  tieferem  Inhalte,  sondern  der  Name  für  den  Zu- 
stand des  Körpers,  d?r  den  freien  Gebrauch  der  Kräfte  ge- 


10 

stattet ,  der  ganz  gut  mit  4er  Krankheit  zugleicli  vorhanden 
seiir  kann. 

.  Haben  wir  80  einen  allgemeinen  Begriff  der  Krankheit 
gewonnen  9  so  fragen  wir  weiter  nach  dem  Begriffe  der  ein* 
zelnen  Krankheiten,  der  Krankheitsprocesse.  Eine 
bestimmte  Krankheit,  Kxankheitsprocess  nennen  wir  einen 
krankhaften  Zustand  dann,  wenn  wir  sehen,  dass  ihm  eine 
Ursache  zu  Grunde  liegt,  welche  unter  gleichen  Bedingung 
gen  bei  allen  Menschen,  wo  ihre  Einwirkung  stattfindet^ 
einen  gleichen  Ablauf  bestimmter  Krankheitserscheinungen 
her?orruft.  Das  Gleiche,  Einheitliche  einer  Krank- 
heit liegt  also  nicht  in  der  Natur  eines  yon  aus- 
sen eingedrungenen  Wesens,  sondern  in  der 
gleichen  Krankheitsursache,  die  immer  diesel- 
ben Wirkungen  hervorbringt.  Die  Syphilis  z.  B. 
ist  nach  der  gewöhnlichen  Anschauung  eine  Krankheit,  wel- 
che den  Menschen  befällt,  sich  in  der  Haut,  den  Schleim- 
häuten ,  Knochen  u.  s.  w.  lokalisirt  und  Veränderungen  her- 
vorruft, welche  als  ihre  äusseren  Kennzeichen  hingestellt 
werden.  Nach  unserer  Anschauung  gehen  wir  von  der  Ur- 
sache, dem  Chankersekrete ,  aus;  dieses  bringt  überall,  wo 
es  in  den  Körper  aufgenommen  wird,  eine  bestinunte  Beihe 
von  Erscheinungen  hervor,  desshalb  nennen  wir  den  dadurch 
hervorgerufenen  Zustand  eine  Krankheit  und  den  Kranken 
so  lange  syphilitisch,  als  wir  noch  Wirkungen  der  ersten 
Ursache  an  ihm  bemerken;  die  Krankheit  ist  also  der 
Zustand  selbst,  nicht  die  Ursache  desselben; 
das  Chankersekret ,  von  aussen  eingebracht,  bewurkt  die  Sy- 
philis, nicht  diese  den  Chanker. 

Gehen  wir  nun  auf  die  früher  besprochenen  Ansichten 
zurück,  so  sehen  wir  deutlich,  dass  sich  das  Wesen  der 
Krankheit  nicht  einseitig ,  weder  als  ein  Complex  von 
Funktionsveränderungen,  noch  als  eine  Gruppe  anatomischer 


11 

y er&ndernngen 9  abgrenzen  lässt,  sondern  dass  in  den 
Bereich  des  Zustandes,  welchen  wir  Krankheit, 
nennen,  Alles  fällt,  was  wir  als  Wirkung  der 
Krankheitsarsache  ansehen  müssen.  Die  Krank- 
heitsursachen und  ihre  Wirkungen  zu  erforschen,  ist  die 
Aufgabe  der  Aetiologie;  mit  ihr  beginnt  die  Wissenschaft 
von  den  Ejrankheit^,  nur  auf  sie  kann  eine  Wissenschaft^ 
liehe  £intheilung  derselben  begründet  sein. 

Die  Aufgabe  unserer  Pathologie  wird  somit  eine  ganz 
andere,  es  handelt  sich  nicht  mehr  um  Erkenntniss  einer 
Reihe  bestimmter  Symptome,  physiologisdier  oder  anatomi- 
scher, sondern  um  Erkenntniss  des  Lebens  des  kranken  In* 
dividuums  in  jeder  Beziehung;  um  im  concreten  Falle  eine 
Diagnose  stellen  zu  können,  reicht  nicht  die  rasche  Beca- 
pitulation  dogmatisch  festgestellter  Symptomencomplexe  hin, 
sondern  es  gehört  dazu  der  Bückhalt  der  yoUen  Kenntniss 
der  normalen  und  pathologischen  Anatomie  und  Physiologie. 
Nur  auf  dieser  Basis  ist  dann  auch  möglich,  einen  Plan 
zur  Heilung  zu  entwerfen  und  in  strenger  Methode  die  Er* 
fahrung  über  Indicationen  und  Heilmittel  zu  verwerthen. 

Die  Bedeutung  der  pathologischen  Anatomie  und  die 
Mittel,  welche  sie  zur  Lösung  ihrer  Aufgaben  hat,  lassen 
sich  nun  im  Folgenden  näher  umgrenzen:  Wenn  wir  audh 
annehmen  müssen,  dass  alle  Veränderungen,  die  im  Kör- 
per durch  Einwirkung  einer  Krankheitsursache  vor  sich  ge- 
hen, physikalische  oder  chemische  sein  müssen,  so  sind 
dieselben  doch  sehr  oft  unseren  jetzigen  Untersuchungsmit- 
teln unzugänglich  und  unsere  Wissenschaft  ist  auf  die  Ver- 
änderungen beschränkt,  welche  mit  unseren  Sinnen  wahr-«- 
nehmbar  sind.  Diese  erste  natürliche  Schranke  der  patho- 
logischen Anatomie  müssen  wir  stets  vor  Augen  haben,  um 
nidit  in  die  Ueberhebung  zu  verfallen,  als  könnten  wir  mit 
Sealpell,  Mikroskop  und  Ref^entien  das  ganze  Gebiet  der 


12 

Pathologie  ergründen.  Das  Gebiet  der  paUiologischen  Ana- 
tomie bleibt  dennoch  ein  sehr  ausgedehntes,  da  in  der  That 
in  den  meisten  Fällen  sichtbare  anatomische  Veränderungen 
wesentliche  Theile  der  Krankheiten  sind;  ein  Blick  auf  die 
gpecielle  pathologische  Anatomie  zeigt  uns  ihren  reichen  In- 
halt. Aber  nicht  immer  ist  die  anatomische  Veränderung 
wesentlicher  Theil,  sie  kann  auch  den  übrigen  Ersdieinun- 
gen  coordinirt  oder  subordinirt  sein  oder  ganz  fehlen,  und 
oft  ist,  wenigstens  nach  dem  Stande  unserer  bisherigen 
Kenntnisse,  das  Verhältniss  unklar.  Es  geht  hieraus  eine 
Ztweite  Schranke  hervor,  deren  wir  uns  bewusst  werden 
müssen^  damit  wir  nicht  wähnen,  die  Kenntniss  der  ana- 
tomischen Veränderung  sei  identisch  mit  Kenntniss  der  Krank- 
heiten. In  dem  Wesen  der  Anatomie  liegt  endlich  eine 
dritte  Beschränkung  ihres  Gebietes,  an  die  wir  uns  nicht 
genug  erinnern  können,  wenn  wir  den  Werth  und  Inhalt 
derselben  nicht  überschätzen  wollen;  die  Lehre  yom  Bau 
der  Organe  nämlich  ist  nur  ein  Tbeil  unserer  Wissenschaft 
vom  Körper ,  die  Lehre  vom  Werden  und  vom  Leben  der 
Organe ,  die  Physiologie,  ist  der  andere  und  wichtigste. 
(Eine  Schranke,  die  man  der  pathologischen  Anatomie  fer- 
ner vorzuhalten  sucht,  können  wir  nicht  als  solche  aner- 
kennen, es  ist  der  Vorwurf:  sie  zeige  uns  ja  nur  die  Pro- 
dukte der  Krankheit;  der  Ausdruck  in  diesem  Sinne 
gebraucht  ist  eine  Phrase,  man  denkt  sich  dabei  die  Krank- 
heit als  handelndes  Individuum,  welches  sich  im  Körper  lo- 
kalisirt  und  producirt.  Die  Sache  ist  einfach  die:  die 
Krankheitsursache  setzt  abnorme  Bedingungen,  unter  welchen 
sich  dann  die  physiologischen  Gesetze  äussern,  das  Resul- 
tat sind  oft  anatomische  Veränderungen,  dieselben  sind  in- 
tegrirende  Theile  der  Krankheit,  aber  ebenso  gut  Produkte 
der  Einwirkung  der  Krankheitsursache  als  alle  übrigen  Er- 
scheinungen und  in  diesem  Sinne  also  diesen  gegenüber 
gleichberechtigt.) 


18 

SteUen  wir  nun  der  pathologischen  Anatomie  ihre  Auf- 
gabe, 80  fällt  ihr  die  Darstellung  des  anatomischen  Theiles 
der  Krankheiten  zu.  Betrachten  wir  die  letzteren  als  ein 
Stück  des  Lebens,  so  liefert  uns  die  pathologische  Anato- 
mie die  Basis  zu  dessen  Erkenntniss;  den  veränderten  Zu- 
stand des  Lebens  im  Ganzen  darzustellen  hat  die  pathologi- 
sche Physiologie  oder  die  Pathologie.  Aus  dieser  Auffas- 
sung resultiren  wieder  die  Grundsätze ,  nach  welchen  die 
einzelnen  anatomischen  Veränderungen  zu  beurtheilen  sind. 

Unsere  Beobachtungen  beginnen  am  Krankenbette. 
Hier  liegen  uns  die  anatomischen  Veränderungen  entweder 
offen  vor  Augen,  oder  wir  erforschen  sie  durch  die  physi- 
kalische Exploration,  oder  wir  müssen  sie  aus  den  verän- 
derten Funktionen  erschliessen.  Dass  wir  die  anatomischen 
Veränderungen  am  Lebenden  überhaupt  schon  in's  Auge  fas- 
fen,  ist  nothwendig  zur  Beurtheilung  ihrer  Ursachen  und 
Geschichte. 

Die  anatomischen  Veränderungen  lernen  wir  kennen 
durch  die  Sektionen;  bei  diesen  haben  wir  verschiedene 
Aufgaben:  1)  müssen  wir  den  concreten,  vorliegenden  Fall 
in^s  Auge  fassen,  den  anatomischen  Befund  mit  den  Erschei- 
nungen am  Lebenden  zusammenstellen,  um  für  andere  ähn- 
liche Fälle  Erfahrungen  zu  sammeln  und  die  Diagnose 
der  einzelnen  Krankheiten  zu  fördern;  2)  betrachten 
wir  die  vorliegenden  Veränderungen  im  Zusammenhang  mit 
anderen  schon  beobachteten,  welche  uns  zu  derselben  Art 
und  Beihe  zu  gehören  scheinen,  wir  suchen  ihnen  eine  be- 
stimmte Stelle  in  der  Entwickelungsgeschichte  einer  bestimm- 
ten Art  von  Veränderungen  anzuweisen,  um  dadurch  eine 
vollständige  Geschichte  der  Veränderungen  über- 
haupt zu  erlangen  und  auch  die  ätiologische  Abhän- 
gigkeit einer  Veränderung  von  der  anderen  zu 
erforschen.     Dies  ist  der  eigentlich  wissenschaftliche  Zweck 


14 

der  Sektionen.  Snchra  wir  so  Hand  in  Hand  mit  der  Phy- 
siologie das  veränderte  Leben  selbst  zu  erforschen  und  nidit 
allein  dessen  anatomische  Merkmale  (oder  in  diesem  Sinne 
dessen  todte  Produkte) ,  so  ist  uns  der  geöffnete  Leichnam 
ein  Blatt  aus  der  grossen  Greschichte  des  menschlichen  Le- 
bens, eine  Fundgrube  für  die  Wissenschaft  yom  menschli- 
chen Körper  in  Gesundheit  und  Krankheit,  und  wenn  der 
Symptomatiker  die  Kenntniss  der  Krankheit  in  äusseren, 
der  pathologische  Anatom  in  inneren  anatomischen  Sympto- 
men sucht,  so  suchen  wir  sie  in  einer  Geschichte  der  ge- 
sammten  Lebenserscheinungen.  Aus  diesem  Zweck  folgt, 
dass  wir  möglichst  yiele  Sektionen  machen  und  bei  der 
Sektion  alle  Organe  berücksichtigen  müssen,  es  folgt  aber 
auch  femer,  dass  eine  Ansicht  der  Dinge  am  Sektion»- 
tische  nicht  hinreicht,  sondern  eine  sorgrältige  anatomische, 
mikroskopische  und  chemische  Untersuchung  nothwendig 
folgen  muss.  Denn  so  wie  eine  wirkliche  Physiologie  erst 
möglich  wurde,  als  man  durch  Anwendung  mikroskopischer 
und  chemischer  Untersuchung  die  Entwickelung,  den  ferti- 
gen Bau  und  den  Wechsel  der  feinsten  Theile  zu  erforschen 
suchte ,  so  beginnt  auch  eine  im  heutigen  Sinne  wissenschaft- 
liche Pathologie  erst  mit  der  Einführung  der  genannten 
Hülfsmittel  zur  Erforschung  der  Genese  der  anatomischen  und 
chemischen  Veränderungen  im  kranken  Körper.  Da  unsre 
Diagnose  ihre  Stützen  in  einer  möglichst  umfassenden  Kennt- 
niss des  gesunden  und  kranken  Lebens  hat,  eine  solche 
aber  ohne  diese  Hülfsmittel  unmöglich  ist,  so  ist  hiermit 
zugleich  ihre  Bedeutung  für  die  Medicin  gegeben.  Hierzu 
kommt  dann  noch  der  unmittelbare  Nutzen ,  welchen  uns  das 
Mikroskop  und  chemische  Beagentien  am  Krankenbett  selbst 
bringen. 

Das  letzte  Hülfsmittel  der  pathologischen  Anatomie  ist 
endlich  das  Experiment,  durch  welches  wir  die  Bedin- 


15 

gangen  za  krankhaften  Zuständen  willkürlich  setzen  nnd 
dadurch  einen  freien  Spielraum  der  Beobachtung  gewinnen. 
y^Die  naturwiissenschafUiche  Frage  ist  die  logische  Hypo- 
these, welche  yon  einem  bekannten  Gesetze  durch  Analogie 
und  Induktion  weiter  schreitet;  die  Antwort  darauf  giebt 
das  Experiment,  welches  in  der  Frage  selbst  vorgeschrie- 
ben ist.  Jede  Hypothese  ist  also  das  Facit  einer  Bechnung 
mit  Thatsachen  und  sie  setzt  daher  eine  umfassende  Kennt- 
niss  der  Thatsachen  voraus;  das  Experiment  ist  das  logisch 
nothwendige  und  vollkommen  bewusste  Handeln  zu  einem 
bestimmten  Zwecke.  Jeder  Mensch,  der  die  Thatsachen 
kennt  und  richtig  zu  denken  vermag,  ist  befähigt,  die  Na- 
tur durch  das  Experiment  zur  Beantwortung  einer  Frage 
zu  zwingen,  vorausgesetzt,  dass  er  das  Material  besitzt, 
das  Experiment  einrichten  zu  können.  Die  Naturforschung 
setzt  dso  Eenntniss  der  Thatsachen,  logisches  Denken  und 
Material  voraus,  diese  drei,  in  methodischer  Verknüpfung 
'erzeugen  die  Naturwissenschaft»"  (Virchow,  Archiv  Bd.  ü» 
S.  7.) 

Ihrer  Aufgabe  gemäss  zerfällt  die  pathologishe 
Anatomie  in  eine  specielle  und  allgemeine;  die  er- 
stere  behandelt  die  speciellen  anatomischen  Veränderungen 
der  einzelnen  Organe  des  Körpers,  die  zweite  sieht  von  den 
einzelnen  Organen  ab  und  betrachtet  die  Natur  und  das 
Verhalten  der  Veränderungen  im  Allgemeinen.  Da  die  Ein- 
sidbt  in  die  letzteren  nur  durch  mikroskopische  Untersu-* 
chung  möglich  ist,  so  enthält  die  allgemeine  pathologische 
Anatomie  als  Hauptsache  die  allgemeine  pathologi- 
sche Gewebslehre. 

Werfen  wir  endlich  noch  einen  Blick  auf  d i e  Ge- 
schichte der  pathologischen  Anatomie,  so  finden 
wir  zunächst,  dass  sie  als  selbstständige  Disciplin  ein  Kind 
unsres  Jahrhunderts  ist,  dass  ihre  Entwickelung  aber  schon 


16 

in  viel  frfih^ren  Zeiten  beginnt.  Nachdem  Vesalius  das 
erste  Gebäude  der  menschlichen  Anatomie  anfgerichtet  und 
Haryey  gezeigt  hatte,  was  durch  empirische  Forschung  ge- 
leistet werden  könne ,  fingen  mit  der  Blüthe  der  Anatomie 
auch  die  ersten  Keime  der  pathologischen  Anatomie  herror- 
susprossen  an.  Als  Hauptbuch  dieser  frühesten  Periode  ist 
SU  nennen:  Theoph.  Bannet,  Sepulchretum  anatondeum. 
Genev.  1679.  f.  2  voll.,  ein  grosses  Sammelwerk.  Im  18. 
Jahrhundert  sind  von  Bedeutung:  Job.  Bapt.  Morgagni, 
De  sedibui  et  camis  morborum  per  anatomen  indagaiU  HM 
fuinque.  Venet.  1761.  f.  2  voll.,  eine  Pathologie  in  Ejrank- 
heitsgeschichten  mit  Sectionsbericbten.  Ed.  Sandifort, 
Observationes  anatomico-pathologicae.  Lugd.  Batav.  1779-^ 
1781.  4.  4  voll.  Museum  onatomicum  acad.  Lugd.  Batav. 
1793 — 1835.  f.  5  voll.,  mit  werthyoUen  Kupferstichen. 
Jos.  Lieutaud,  Historia  anatomico-medica.  Fat.  1767. 
4.  2  voll.  Matthew  Ballie,  The  morbid  human  anatomy 
of  some  of  the  most  important  parts  of  the  human  body. 
London  1793.  8.  Deutsch  von  Sömmering,  Berl.  1794. 
—  A  series  of  engravings  with  eoßplanalionM.  London  1799 
— 1802.  4.  —  Die  ersten  Compendien  von  Ludwig,  Prim. 
Hneae  anat.^path.  Lips.  1795  und  Conradi,  Handb.  der 
path.  Anat.  Hannover  1796  sind  unbedeutend. 

Nach  diesen  Anfängen  geht  die  Entwickelung  der  path. 
Anat.  in  jedem  der  drei  Länder,  England,  Frankreich  und 
Deutschland,  ihren  besonderen  Weg.  In  England  finden 
wir  eine  ununterbrochene  organische  Entwickelung  der  Me- 
dicin  überhaupt  und  so  auch  der  path.  Anat.  von  Harvey 
an  bis  auf  den  heutigen  Tag.  Die  methodische  Empirie  blieb 
vorwiegend ,  die  bedeutenderen  Aerzte  lieferten  reiche  Bei- 
träge zur  path.  Anat,  ihre  Specialwerke  und  ihre  Aufsätze 
in  den  Med.*chir.  Tramaetions  ^  Gaiettes,  Reviews  u.  s.  w. 
sind  reiche  Fundgruben  fär  die  path.  Anat.    Diese  höchst 


IT 

wichtigen  Arbeiten' einzeln  aufzufahren,  würde  hier  zu  viel 
Raum  erfordern  und  ich  begnüge  mich  mit  Aufzählung  ei- 
niger der  bedeutendsten  Namen:  J.  Hunter,  Abernethy, 
A.  Cooper,  dieJ.,  Gh.,  B.  Bell,  Abercrombie,  Sto- 
kes,  Forbes^  Hodgson,  Bright,  Hooper,  Hodg- 
kin, Baron,  Qowshiw,  Hawkins,  Craigie,  Paget, 
Benneit)  Carswell,  Hope,  Brodie,  Wardrop  u. 
s.  w.  Zu  nennen  ist  noch  das  Compendium  von  Craigie, 
Eiements  of  general  and  path.  aiwtomy.  Edinburgh  1828> 
2.  ed.  1848,  8.,  die  Bilderwerke  von  Hope,  Principhs  and 
iUuitratiom  of  mariid  anatomy,  London  1834,  8.»  und 
Carswell,  lUustraiions  of  the  elementary  form  of  diseases 
London  1838  f 

• 

In  Ftankreich  sehen  wü*  im  19.  Jahrh.  eine  völlige 
Umwälzung  der  Medicin  zu  Gunsten  der  path.  Anat.  Nach 
den  Anfängen,  unter  welchen  noch  Portal,  Anatomie *m^- 
dicak,  Paris  1834,  zu  nennen  wäre,  rief  Bichat  eine  neue 
Richtung,  die  sogenannte  anatomisch  -  pathologische  Schule 
hervor.  Die  bedeutenderen  französischen  Pathologen  betrie- 
ben nun  den  Cultus  der  p.  A.  auf  das  Eifrigste  und  es  er- 
hob sich  unter  ihren  Händen  das  Gebäude  derselben  hoch 
empor.  Den  Grund  legte  vor  Allen  Laennec;  an  ihn  rei- 
hen sich  die  Namen  von  Broussais,  Corvisart,  Bayle, 
Gendrin,  Louis,  Bouillaud^  Billard,  Breschet, 
Dupuytren,  Piorry,-  Cruveilhier,  Andral,  Lob- 
stein,, Gris  olles  u.  s.  w.  Specialwerke  über  p.  A.  ha- 
ben wir  von  Cruveilhier,  dpr  fast  ein  halbes  Jahrhun- 
dert  für  dieselbe  arbeitete:  Essai  snr  Fanat  path,  Paris 
1816.  8.  2  voll.  —  Anatomie  pathologique,  Paris  1835  — 
1842.  f.  2  volL  mit  prächtigen  Abbild.  —  Anatomie  path. 
gdnirale.  Paris  1849,  1852.  2  voll.  8.  (noch  unvollendet). — 
Lob  stein.  Traue  d! anat.  path.  Paris  1829»  1833.  8.  2  voll. 
mit  Atlas  in  f.  (blos  2  Lieferungen).  —  Andral,  Prdcis 
aanat.  path.  Paris  1829.  8.  2  voll. 

2 


19 

In  Deutschland  wurden  im  Anfang  dieses  Jahrhunderts 
mehrere  Compendien  veröffentlicht:  Voigtel,  Handb.  der 
p.  A.  Halle  1804—5,  3  Thle.  8.  J.  F.  Meckel,  Handh. 
der  p.  A.  Leipzig  1812—18.  2  Thle.  8.,  widitig  durch  die 
den  grSsstm  Theil  des  Buches  umfassende  Darstellung  der 
angeborenen  BildungsTeränderungen.  OttQ,  Handb;  der  p. 
A.  der  Menschen  und  Thiere.  Breslau  1814.  8.^  Lehrb.  der 
p.  A.  1  Bd.  Berlin  1830.  Die  bedeutenden  Aerzte  und 
Pathologen  waren  auch  in  Deutschland  der  p.  A.  färderUebi 
während  die  grosse  Masse  in  der  rohesten  Empirie  oder  in 
blinder  Systemsucht  befangen  war;  besonderen  Versehub 
leistetm  der  p.  A.  die  Kliniker  Krukenberg  (der,  selbst 
der  eifrigste  am  Sektionstisch,  seine  Schüler  mit  rei^Ma 
K^ntnissen  aus  dem  Schatz  seiner  Erfahrungen  und  regem 
Eifer  zu  eignen  Untersuchungen  entliess)  und  Schönlein 
(dar  nr  Feststellung  seiner  Krankheitsbilder  auch  die  p»A. 
benutzte).  Den  hauptsächlichsten  Anstoss  aber  zu  einem 
regeren  Leben  der  p.  A.  gab  in  Deutschland  Rokitansky^ 
der  in  einer  B.eihe  Ton  Specialarbeiten  und  in  seinem  Hand- 
buche  der  p.  A.  Wien  1842— 4&  3  Bde.  reiche  Beiträge 
zu  derselben  lieferte  und  ganz  auf  eigenm  Untersuchung^ 
ftissend  eine  eigene  -  Schule  gründete  (nicht  aber  die  p. .  A. 
selbst,  wie  in  Deutschknd  so  Manche  wähnen,  die  entwe« 
der  die  p.  A.  nicht  kennen  oder  nur  die  östreichische  alsi 
sokhe  anerkennen).  In  derselben  Bichtung  waren  thätig: 
Skoda,  Kolletsehka,  Bochdalek,  Oppolzer^  Ki- 
wisch,  Dittrich,  Engel:  Anleitung  zur  Beurtheilung 
des  Leichenbefundes.  Wien  1846,  8.  Compendien  im  Sinne 
dieser  Sdiule  erschienen  von  Bock,  Lehrbuch  der  p.  A. 
3l  Aufl.  Leipzig  1852.  8.  Wislocki,  Kompendium  der 
p,  A.  Wien  1853.  8.  Yon  Bedeutung  sind  fwner:  Albers^ 
Atlas  der  p.  A.  mit  Erläuterungen.  Bonn  1832—53,  un- 
feilst.  Text  in  8.,  Tafeln  in  foL;  Crluge,  Atlas  der  p.  A. 


19 

Jem  lSia«-99.  f.    Häi^ge,  Spedieille  (.  A.  i.M  Ldp%. 
1841,  die  Arbeitmi  ton  J.  Müller,  Mohf,  J.  Vo^g-el, 
R*  Froriep,   Fretioh»,   Virchow,    welcher  «owöld 
durch  das  Materielle  seiner  Leistungen,  als  durch  die  streng 
wissensdiafttiche  Methode   semer  Untersuchungen  grossen 
Binfluss  auf  die  BIchtung  der  jetailgen  p.  A.  und  Mediehi 
überhaupt  gewann  und  dieselbe  durch  das  ntfttleihhsrdt, 
einem  exacten  Beobachter,  herausgegebene  Archiv  für  p.  A. 
und  Physiologie,  Berlin  1847  u.  w.,  wesentlich  forderte.     ' 
Einen   besonderen   Aufschwung  nahm  in  Deutschland 
die  pathologische  Grewebelehre;    den  Grund  legte 
J.  Müller  in  einigen  Aufsätzen  in  seinem  Archiv,  beson- 
ders aber  durch  sein  Werk:  lieber  den  feineren  Bau  und 
die  Formen  der  krankhaften  Geschwülste,  1.  Liefg.  Berlin 
1838.   foL   4  Tafeln;  ihm  folgten:  Gluge,  Anat.- mikro- 
skopische Unters.  1839  u.  41  und  Atlas  der  p.  A.;  J.  Vo- 
gel, Erläuterungstafeln  zur  p.  A.  Leipzig  1843.  4.  26Taf. 
—  R.Wagner*sH.W.B.  d.  Physiologie,  IBd.  1844.  Art. 
Gewebe  in  pathologischer  Hinsicht.  —    Allgem.  pathol.  A« 
Leipzig  1845.  —    Leb  er  t,  Phytiologie  pathologique.  Pa- 
ris 1845.  2  voll,  mit  Atlas.  8.  — •    Abhandlungen  aus  dem 
Geb.  der  präct.  Chir.  u.  path.  Physiologie.  Berlin  1848.  — 
und  anderen  Werken.    Günsburg,  Die  path.  Gewebelehre. 
Leipzig  1845  u.  48.  mit  (yöUig  unbrauchbaren)  Abbildungen. 
Rokitansky,  Allg.  p.  A.;  Engel  in  östr.  Zeitschriften; 
Virchow,    Reinhardt,  Valentin,  Bruch,  Henle, 
Ecker,  Kölliker^  Frerichs,  H.  Meckel  u.  s.  w.  in 
deutschen  Zeitschriften;    Bruch,  Die  Diagnose  der  bösar- 
tigen Geschwülste.   Mainz  1847.  mit  5  Taf.    8.    Schuh, 
Ueber  die  Erkenntniss  der  Pseudoplasmen.  Wien  1851. 

In  Frankreich  beschäftigte  sich  fast  nur  Leb  er t  (ein 
Deutscher)  mit  mikroskopischen  Untersuchungen;  in  Eng- 
land war  man   auch  hierin  sehr  thätig  und  die  englischen 

2* 


20 

mediciülsdien  Zeitschriften  sind  reich  an  werthfoUen  Bei- 
trügen von  Bennett,  Simon,  Paget  u.  s.  w.  Von 
Specialwerken  wäre  .zu  nennen  Bennett|  Ott  canceraut 
and.  cancraid  grawthi.  Edinburgh  1849. 

In  Holland  erschien  ein  wichtiges  Werk  Ton  Schrant 
aber  Geschwülste :  Ptijmrhandeling  ffört-  de  goed  •  en  kwaad- 
ariige  gnwellen*   Amsterdam  1661. 


,  Allgemeine 


pathologische  Anatomie, 


!•    Die   Taränderiing^en   der   BUlirt»ieii||e 
der  Organe  und  die  Blaterg^flmie« 

A.    Hyperämie. 

Hyperämie  nennt  man  den  abnorm  yermehrten  Blutge- 
halt der  Gefösse  «ines  Organs  oder  KÖrpertheils ;  die  Blut* 
fülle  zeigt  sich  bald  blos  in  den  Capillaren,  bald  in  den 
kleineren  Venen  und*  Arterien,  bald  in  allen  zugleich.  Die 
grösseren  Gefässe  sind  nur  selten  an  der  Hyperämie  be- 
theiligt und  unter  ihnen  sind  es  dann  meist  die  Venen.  Oft 
findet  da^  wo  man  gewöhnlich  eine  Vermehrung  der  Blut- 
menge in  den  CapiUaren  annimmt,  nicht  diese,  sondern  nur 
eine  Vermdirung  der  rothen  Blutkörperchen  statt.  Wir 
können  den  übermässigen  Blutgehalt  nicht  durch  Messung 
des  Slutes  bestimmen ,  sondern  nur  durch  ungefähre  Ab- 
Schätzung,  desshalb  muss  Jeder  am  Präparir-  und  Sections- 
tische  sich  eine  genaue  Kenntniss  Tom  normalen  Blutgehalt 
der  Organe  und  dessen  Schwankungen  yerschaffen. 

Von  der  Hyperämie ,  als  Übermässiger  BlutfiUle  der 
Gefässe  bei  fortbestehendem  Blutlaufe  in  denselben,  unter- 
sdieidet  man  die  Staae,  als  Hyperämie  mit  ^völliger  Stok- 
kung  des  Blutlaufs. 

Ein  hjrperämisdies  Organ  ist  dunkler  gefärbt,  roth  (in 
allen  Farben^  vom  hellen  bis  zum  dunkelsten  Roth),  die 
normale  Färbung  tritt  zurück,  wird  zuweilen  ganz  ver- 
wischt; es  hat  meist  einen  vermehrten  Umfang,  grössere 
Schwere  und  Consistenz,  aus  der  Schnittfiäche  quilll  Blut 


in  grosser  Menge  hervor;  durch  Hyperämie  der  Capill^en 
entsteht  eine  gleichmässige  Röthe,  die  einzehien  Capillären 
sind  mit  blossem  Auge  nicht  zu  .erkennen,  kleine  Venen 
und  Arterien  sehen  aus  wie  mit  rother  Masse  injicirt  und 
bilden  ein  rothes  Netzwerk,  dendritenförmige  Injectionen 
u.  s.  w.  Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt  uns  die 
Capillären  strotzend  mit  rothen  Blutkörperchen  gefüllt,  zu- 
weilen gleichmässig,  selten  aneurysmaartig  erweitert;  sie 
zeigt  uns  oft  noch  die  Hyperämie,  wenn  dieselbe  mit  blos- 
sem Auge  an  der  Leiche  nicht  mehr  zu  erkennen  ist. 

Nach  den  Bedingungen  unterscheidet  man  1)  mecha- 
sche  Hyperämie,  durch  verininderten  Impuls  des  Her- 
zens, verminderte  Contractilität  und  Elasticität  der  Arte- 
rien, Hindernisse  im.  Rückfluss  des  Yenenblutes,  Eindik- 
kung  des  Blutes  und  in  ihm  suspendirte  Körper,  Conträ- 
ction  und  Anämie  in  einem  und  daher- Hyperämie  in  dem 
anderen  Theile;  2)  Hyperämie  durch  Beize:  Wärme, 
Kälte ,  traumatische,  chemische  Einwirkungen,  Miasmen  und 
Gontagien.  Traumatische  und  chemische  Beize  bewirken 
nach  Brücke  und  Jones  Contraction  und  Verengerung 
der  kleinen  Arterien ,  daher  Verlangsamung  des  Blutlaufs 
in.  den  Capillären,  Senkung  und  Anhäufung  der  Blutkör- 
perchen und  daher  Erweiterung  der  Capillären.  3)  Lei- 
chenhyperämieen.     S.  unten-^ 

Die  Hyperämie  ist  bald  rasch  vorübergehend,  bald 
lange  während,  bald  bleibend.  Sie  verläuft  ohne  weitere 
Texturveränderungen  oder  bewirkt  Erweiterung  und  Verlän- 
gerung der  Gefässe,  Berstung  derselben  und  Hämorrhagie, 
Exsudation,  Hypertrophie,  Wassererguss,  zuweilen  erfolgt 
in  grösseren  Gefässen  Coagulation  des  Blutes. 

• 
B.    Anämie. 

Anämie  (Oligämie)  nennt  man  den  abnorm  verminder- 
ten Blutgehalt  der  Gefässe  eines  Organes ;  in  manchen  Fäl- 


26 

len  findet*  da,  wo  man  eine  Vbnninderung  "der  ganzen  Blut- 
menge in  einem  Organe  annimtnt,  nicht, diese,  sondern  nur 
eine  Verminderung  der  rothen  Blutkörperchen  •  statt  (s. 
Hydrämiej ;  ihre  Beurtheilung  beruht  auf  denselben  Stützen 
als  die  der  Hyperämie.  Eine  vollständige  Blutleere  ist  un- 
wahrscheinlich; ihre  Bestimmung  liegt  ausserhalb  des. Berei- 
ches unserer  diagnostischen  Hülfsmittel. 

Em  anämisches  Organ  ist  blass,  entfärbt  (da  die  nor- 
male Färbung  der  Organe  eine  Mischung  vom  Both  des 
Blutes  und  der  Farbe  der  änderen  Gewjebstheile  ist,  so  hat 
die  Entziehung  des  Röthes  in.  den  Terschiedenen  Geweben 
sehr  verschiedene  Entfärbung  zur  Folge),  hat  Wehiger  Um- 
fang und  ist  leichter,  auf  der  Schnittfläche  quillt  gar  kein 
oder  nur  sehr  wenig.  Blut  hervor,  die  sichtbaren  Gefässe 
sind  coUabirt  und  blässer.  Die  mikroskopische  Untersuchung 
zeigt  die  blutleeren  oder  blutarmen  und  die  unveränderten 
Gewebstheile. 

Die  Verminderung  der  Blutmenge  eines  Organs  ist  be- 
dingt durch  die  des  ganz^  Körpers 'bei  grossen  Blut-  und 
Säfteverlusten,  durch  Hindemisse  im  Zufiuss  des  Blutes 
öder  des  Blutlaufs  innerhalb  der  Organe  bei  Verengerung 
und  Obliteration  der  Gefässe,  Druck  auf  dieselben,  Unthä- 
ligkeit  des  Organes,  durch  Contraction  der  Gefässe  nach 
Eiiivfirkung  von  Reizen,  als  Leichenerscheinung. 

Anämie  kann  an  und  für  sich  Störungen  der  Functio- 
nen der  Organe*  und  krankhafte  Erscheinungen  am  Leben- 
den bewirken.     Langdauernde  Anämie  hat  meist  Atrophie  . 
und  Mangel  der  Secretionen  zur  Folge. 

«  • 

C.    tlämorrhagie. 

Die  Hämorrhagie  besieht  im  Austritt  von  Blut  aus  zer- 
rissenen Gefässen:  Arterien,  Venen  oder  Capillaren  (Apo- 
plexia vascularis  und  capillaris ,  venöse ,  arterielle  und  ca- 
pillare  Bhitung) ;  streng  genommen  gehört  der  Vorgang  zu 


S6 

den  anatomiscbeii  Veräoderuiigeii  der  GeflLsswiiide.  Das 
aasgetretene  Blut  heisst  im  Allgemeinen  Extrafaeat, 
Ecchymose,  Sugillatio,  bildet  ee  eine  grosse  Masse 
innorlialb  d«r  dadorch  sertrflmpnerten  Oiiganei  apoplecli- 
scher,  bSmorrhagischer  Herd,  bildet  es  kleine 
Flecto  ohne  merkliche  Teilurerindenrng ,  Apoplexia 
capHlaris,  erfüllt  es  alle  Zwischenraome  der  Gewebe 
ohitö  ZerstSning  derselben,  findet  sug^eich  CapillarhyperSmie 
statt,  hämorrhagischer  Infarct 

Die  anatomisehen  YerSndeningen  der  Organe  durch  U&- 
morAagieen  sind  sdir  Terschieden ,  je  nach  der  Quelle  der 
Blutung,  je  nach  ihrer  Ausdehnung,  je  nach  dem  Bau  der 
Organe  und  je  nach  etwaigen  C<»nplicationen. 

Bei  sehr  fcldnen  Blutungen  findet  man  das  Blut  swi- 
scben  die  GewebstheUe  g^ichmtssig  ?ertheilt;  die  letsteren 
sind  meist  unverlindert,  selten  lertrttmmert;  man  sieht  Ter- 
änderte  und  unTeränderte  BIutlLörperchen ,  kleine  Partikel- 
ch0n  geronnenen  Faserstoffes  und  rothe  Färbung  der  Ge- 
webe durch  ausgetretenes  Hämatin.  Die  Bisse  in  den  Ca- 
pillaren  sind  nicht  zu  sehen. 

Bei  hSmorrhagischen  Herden  findet  man  in  der  Mitte 
des  Herdes  remes  Blut  angehäuft;  dasselbe  bildet  meist  eine 
weiche,  dunkle  Massen  suweilen  ist  es  in  Serum  und  Fibrin- 
gerinnsel getrennt  Nach  den  Wänden  des  Herdes  lu  fin-« 
den  sich  swisefaen  den  Blutbestandtheilen  einsehie  Trttmmer 
der  Gewebe,  in  d^  Wänden  selbst  sertrOmmerte  Grewebs- 
theile  mit  Blut,  allmählig  nach  aussen  in  die  normide  Tex- 
tur übergeh^d. 

Bei  dem  hämorrhagischen  Infarcte  findet  man  in  einem 
Organe  eine  umschriebene,  dunkelrothe,  feste,  prominirende 
Stelle;  zwischen  allen  Gewebsüieilen ,  in  allen  Hohlräumen 
ist  Blut  angehäuft,,  die  Gewebe  sind  toOx  gefärbt,  die  Ca- 
piUaren  und  kleinen  Gefässe  sind  hyperämisch. 

Die*  Diagnose  einer  stattgehabten  Hämorrhagie  ist  leicht, 


27 

sobald  dk  Meage  des  Blutes  bedeutend  ist;  geringe  BhrtQii^ 
gen  kOnnw  mit  CapiUarhyperSinie  und  mit  dem  Austritt 
TQik  genarbten  Serums  verwechselt  werden,  da  beide  letzte-^ 
ren  Zustände  ganz  das  Bild  geben  können,  als  sei  das  Ge- 
webe nut  Blut  erfüllt  Eine  Schere  Dii^ose  ist  nur  durch 
das  Mikroskop  möglich;  aber,  auch  dieses  reicht  zuweilen 
nicht  hin^  da  bei  der  Präparation  der  fraglichen'  Theile 
künstliche  Zerreissungen  der  Blutgefässe  oft  nicht  zu  ver- 
meiden  sind. 

Ebie  Zerreissimg  der  Gefässe  hUngt  ab  von  einer  Er- 
krankung ihrer  Wände,  die  ihre  Festigkeit  yermindert  (Fett- 
sucht, aflieromatöser  Proce$s),'Yon  Veränderungen  der  um- 
gebenden Gewebe,  welche  die  Gefässwände  unterstätzen, 
ton  fibermS^sig  gesteigerter  BhitfSlle,  insbesondere  bei  der 
auf  mechanischen  Hindernissen  im  Blutlaufe  beruhenden.  Sie 
ist  oft  eine  Theilerscbeinung  der  Entzündung. 

Der  Verlauf  der  Blutungen  und  die  VeiSnderungen, 
w^he  in  dem  ergossenen  Blute  eintreten ,  VInd  äusserst 
mannichfaoh.  Bald  sistirt  die  Blutung  nach  einmaligem  Er-^ 
gusse,  bald  dauert  sie.  unaufhaltsam  fort,  bald  wiederholt 
sie  sieh  in  tängeren  oder  kürzeren  Pausen. 

Zuweilen  wird  das  Blut  gleich  nach  seinem  Ergüsse 
naeh  Aussen  entleert.  Findet  dieses  nicht  statt,  so  wird  es 
oft  resorbirt,  langsam  oder  schnell,  Tor  oder  nach  seiner 
Ckffinnung;  die  Textur  der  Gewebe  kann  dabei  unverändert 
bleiben,  oder  ^  wird  durdi  Pigmente  verändert  oder  durch 
Narbengewebe.  Meist  wird  das  Blut  Mos  zum  Theil  resor- 
birt; die  Veränderungen,  welche  im  bleibenden  Blute  ein- 
treten, sind  folgende:  Das  HSmatin  wird  resorbirt  oder 
gdit  in  Pigment  über;  die  rofhen  Blutkörperehen  werden  zu 
Pigment  oder  geben  ihr  Hämatin  ab  und  zerfalleia  dann  in 
resorptionsfabige  MoIeeü]e>  die  weissen  Blntkürperchen  zer*- 
faUen  ebenso  oder  nach  vorhergegangener  Fettmetainorphose ; 
das  Plasma  dient  ds  Blastem  zur  Organisation,  dieselbe 


28 

liefert  bald  bleibende  Gewebe:  Fasern,  Narbenmasse ,  bald 
transitorische  Zellen :  Eiter,  bald  Beides :  sogenannte  Cjrsten- 
bildung,  zeUige  Infiltration;  oder  es  tritt  keine  Organisatioiiy 
sondern  Rückbildung  ein:  Yerschrumpfnng ,  Yerkreidung 
u.  s.  w.  Unter  günstigen  Bedingungen  kann  auch  Brand 
eintreten. 


a.   Die  Ver&nderiingpeii  der  Bildmiiif  und 
BficfcbUdimg^  des  Körpers»  der  Oryane 

und  Gewebe« 


i.    Bie  VcrAndenuiir^n  der  Blldoiiir  de«  FMiui»  die 

niMMldiiiii^eii. 

Die  Missbildungen  9  vüia  primae  formationU,  stellen 
meist  Hemmungsbildungen  dar,  indem  ein  oder  mehrere  Or« 
gane  sich  nicht  mit  den  übrigen  zur  normalen  Reife  ^t- 
wickeln  y  sondern  auf  einer  früheren  Stufe  der  Bildung  ste^ 
hen  bleiben.  Die  Ursachen  dieser  Yeränderung  (die  Bil- 
dungshemmungen) sind:  ursprüngliche  Veränderungen  des 
Eichens  oder  Samens,  mechanische  Schädlichkeiten,  die  auf 
den  Embryo  oder  das  Ei  im  Ganzen  einwirken,  Krankhei- 
ten der  Mutter,  Krankheiten  des  Eies  oder  Embryos. 

Da  eine  gründliche  Besprechung  der  Missbildungen  nur 
an  der  Hand  der  Entwickelungsgeschiehte  möglich  ist,  so 
begnüge  ich  mich  hier  mit  einer  kurzen  Uebersicht  dersel- 
ben, die  für  die  Praxis  wichtigen  werden  in  der  speciellen 
path.  Anat.  weiter  behandelt.  Ich  folge  dabei  ganz  der 
Darstellung  von  J.  Vogel  (AUg.  path.  Anat.  Leipz.  1845. 
S.  449—483).         • 

Knste  ClaiSUSe«  Missbildungen,  bei  denen  Theile 
ganz  fehlen  oder  zu  klein  sind.  —  Monstra  defi- 
cientia. 


29 

L  Ordnung.  Defecte  im  engeren  Sinne.  Gänzlicher 
Mangel  .yon  Eörpertheilen. 

1.  Vollkommen  ungestaltete,  nicht  lebensfähig. 

2.  Missb.y  die  nur  aus  einem  rudimentären  Rumpfe 
bestehen,  nicht  lebensfähig. 

3.  Bumpflose  M. ,  nur  der  Kopf  ist  vorhanden.  Nicht 
lebensfähig. 

4.  Kopflose  M.,  Acephalüs,  nur  die  untere  Körper- 
hälfte Vorhanden.    Nicht  lebensfähig. 

5.  M.  mit  mangelhaftem  Kopf ,  Perocephalus.    a.  Ru- 
.   dimentärer    Kopf,    Paracephalus ,    Pseudacephalus. 

b.  Hirnlose  M.,    Anencephalus ,    Hemicephalus ,  s. 
Himkrankheiten.     c.  Es  fehlen  Theile  des  Gesichts, 
Aprosopus,  Microprosopus. 
6..M.  mit  Mangel,  Kleinheit  und  Unförmlichkeit  vieler 

■ 

Organe.    Perosomus;    Nidit  lebensfähig. 
7.  Mangel  einzelner  oder  aller  Extreihitäten  oder  ein- 
zelner Theile  derselben. 
II.  Ordnung.    Regelwidrige  Kleinheit  der  Theile, 
Zwergbildung. 

1.  ZwOTgleib,  Nanosomus,  Kleinheit  des  ganzen  Körpers. 

2.  Zwergkopf,  Nanocephalus. 

3.  Zwergrumpf,  Nanocormus. 
4*  Zwergglieder,  !ff[anomelus. 

Zivelte  Clasfite.    Missbildung  durch  Verschmel- 
zung von  Organen.    Voaliiio  partium.  — .  Symphj^m. 

1.  Am  Kopf.  a. .  Verschmelzung  der  Augen,  Cyclo- 
pia,  Monophthalmüs.  Nicht  lebensfähig,  b.  Ver- 
schmelzung der  unteren  Gesichtsh'älfte  in  verschiede- 
nen  Graden  bis  zur  Verschmelzung  der  Ohren,  mit 
oder  ohne  Cyclopie.  Monotia,  Agnathus,  Otocephalus. 

2.  Verschmelzung  der  unteren  Körperhälfte,  na- 
mentlich der  unteren  Eltremitäten,  Site-^ 

*.  nenbildung.    Monopodia,  S  jmpodia. 


3.  Verscbmelsang   einzelner   Köipertbeile, 
am   häufigsten    der  Finger   und    Zehen,  Syn- 
dactyiiu.- 
Dritie  ClaMiew     Siissbildungen,    bei  denen  im 
Normalzustande  verwachsene  Theile  von  ein- 
ander getrennt  sind  —  Spaltbildungen. 

1.  Spaltungen  am  Kopf.    Schistocephahis. 
a*  Spaltung  des  Schädels.    S.  Himkrankheiten. 

b.  Spaltung  im  Gesicht    S.  LtMmm  teporimtm,  Rictm 

c.  Spaltung  einzelner  Tbeile:  Mund,  Wangen,  Zunge, 

Twba  Eusiachii,  hU  und  ChorMdea^  Uvula. 

2.  Spaltungen  am  Rumpfe  und  Halse,  ScUsto- 
cormus. 

a*  Am  Halse.    S.  Fisiula  eoUi  emtgmiim. 

b.  Am  Bdekgrat.    S.  Hydrmrkackk  y  ßpima  kifida. 

c.  Ab  der  Brust,  dem  Bauch:  lispara  $temi^  hemia 

cordis,  pulmonum  T  peetinrmlit;  *^  Eaamtpkalus, 
Prolapsus  s.  moersto  ffesica0  urifuaiae,  Epispa- 
diasis. 

d.  An  der  Hanir6ki6  auf  der  untecea  S^te,  Hypospa- 

diasis, 
e. .  Kloäkbildung. 

3.  Offenbleiben  im  Nc^nnalzQstande  geschlos- 
sener OeffningeB  und  Kasflle.  thaehtSy 
Dmt.  ArtmHi,  BotmlR,  For.  omle^ 

ITierte  CätaMBUe«  Misskildungen,  bei  welchen 
normale  Oeffningen  verschlossen  sind.  Atre- 
siern»  • 

1.  A  m  Kopf:   Mund ,  Nasenlöcher ,  GefaSrgang ,  Au- 
.  gcilider ,  Pupfllcn. 

2.  Am  Rumpf;  After,  Urethra,  Sdieide. 
I^Anfte  damie.  Mi»sbi)dunge.n,  welete  zu  viel 

haben,    oder  bei   denen   mehr    oder  weniger 


Theile  eii^^e  ttberm&ssige  Grrösse  haben. —  Mon- 
stra abtmdantia. 

I.  Ordnung.  Ein  oder  mehrere  Theile  sind  zu 
grosSi  RiesenbUdung y  iibermässige  FetftQdmigy  par- 
tielle Hypertrophieen. 

IL  Ordnung.  Ein  oder  mehrere  Theile  sind 
überzählig,  durch  Spalfüng  eines  einfallen  Keims 
oder  Verschmelzung  yon  zwei  getrennten  Keimen. 

1.  Missbildungen  mit  überzähligen  Theilen 
bei  einfachem  Kopf  und  Rumpf,  a.  Am 
Kopfe:  Vermehrung  der  Schädeftnochen,  doppdte 
Zunge,  Unterkiefer,  überzählige  Zähne,  b.  Am 
Rumpfe:  überzählige  Wirbel,  Rippen,  Muskeln, 
Brüste,  c.  An  Gliedern:  überzählige  Finger  und 
Zeben^  ganze  Extremitäten,  d.  AnEingeweiden 
Nebenmiizeii  u.  dgl. 

.  2.  Missbildungen  mit  überzähligen  Theilen 
bei  mehrfachem  Rumpf'oder  Kopf.  Dop- 
pelmissgeburten. 

A;  DoppelmissgeUirteni durch  VersefaiiielzQiig«  ct.  Obere 
Körperbälfte:  a»  Doppeltes  Gesicht,  Di- 
prosopus.  b.  Der  ganze  Kopf  ist  yerdoppelt:  Di- 
eephalus.  c.  Kopf,  Hals  und  obere  Extie- 
mitäten  sind  yerdoppdt  d.  Die  Verdoppelung 
erstreckt  sich  auch  auf  die  Brust^  Bauchzwil- 
linge;  e.  Die  Verdoppelung  gebt  bis  zum  Nabele 
.  f.  Sie  ist  fast  Yollständig  bis  auf  das  Stdssr 
bein.  /}.  Untere  Kör  per  half  te:  Verdi^ipeltes 
Becken,  fast  voUständige  V^doppelung  bis  auf 
den  Kopf.  y.  Verdoppelung  des  ganzen 
Körpers  und  V^schmelzung  in -der  Mitte. 

B.  Missgeburten  durch  Einpfianaung.  Ein  ausgebil- 
d^er  K&rper  trägt  Theile  cues  ferkiunmerten  am 


32 

Kopf,  Hals,  an  der  Brust,  unter  der.  Haut,  in  einer 
Körperhöble  (Foetus  in  foetu). 
3.  Drillingsmissgeburteh. 

Se€lifirt;e  Clause«     Missbildungen,  bei  welohen 
einzelne  oder  jiele  Theile  eine  abnorme  Lage 
haben  (Situs  mutatus), 
i.  Angeborene  Abweichungen  in  der  liage  der  Einge- 
weide, im  höchsten  Grade  Situs  transversus. 

2.  Abweichungen  im  Verlauf  einzelner  Gefässe. 

3.  Angeborene  Luxationen,  lüumpfuss  u.  s.  w. 

Siebente  OaiSHSe.  Missbildungen. der  Genita- 
lien^ Zwitterbildungen,  Hermaphroditismus. 
S.  Krankheiten  der  Genitalien. 

2.    Ble  VerAndemiiyen  iler  Bildung  und  Rfiekbll« 
duiiff  der  Oewebe  und  Organe« 

A,    Die  pathologischen  Neubildungen. 

a.    Organisirte  Neubildung. 
1.  Von  ier  pathologischen  Organisation  im  Allgemeinen. 

a)  Das  Material  zur  Organisation  liefert  die  Blutflüs- 
sigkeit, selten  als  Gerinnsel  innerhalb  der  Gefässe  oder  als 
Extravasat  häufiger  als  durch  die  Wandungen  der  Capüla- 
ren  ausgetretene  Flüssigkeit,  Blastem,  Exsudat.  Diese 
Flüssigkeit  tritt  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  in  eben- 
so kleinen  und  der  Untersuchung  unzugänglichen  Mengen 
aus ,  als  die  normale  Emährungsflüssigkeit ;  da  aber  eine 
Neubildung  ohne  eine  derartige.  Grundlage  für  uns  undenk- 
bar ist,  werden  wir  zur  Annahme  ihrer  Existenz  in  allen 
Fällen  gezwungen.  Wir  wissen  daher  auch  nicht,  ob  das 
pathologische  Blastem  immer  von  dem  physiologischen  hin- 
sichtlich seiner  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaf- 
ten versciueden  ist.  Nur  die  sogenannten  entzündlichen  Aus- 


33 

Scheidungen^  Exsudate  im  engeren  Sinne  ^  erlauben  zuweilen 
ihrer  Menge  nach  eine  genauere  Untersuchung,  doch  auch 
die  Matur  der  Exsudate  ist  sehr  schwer  zu  erforschen, 
da  wir  dieselben  •  nur  sehr  selten  rein,  unverändert  und  in 
hinreichender  Menge  zur  Untersuchung  erhalten  können. 
Im  Allgemeinen  gleichen  die  physikalischen  und  chemischen 
Eigenschaften  der  Exsudate  denen  des  Blutplasmas.  Im  fri- 
schen Zustand  bQden  sie  meist  eine  zähflüssige,  schwach 
gelblich  gefärbte  oder  farblose,  durchsichtige,  fad  und  sal- 
zig schmeckende,  alkalisch  reagirende  Masse;  später  haben 
sie  eine  oft  sehr  verschiedene  Gestalt  je  nach  dem  Fibrin- 
gehalt,  der  Art  der  Fibringerinnung,  dem  Wassergehalt  (s. 
Entzündung).  Die  wichtigsten  chemischen  Bestandtheile  der 
Exsudate  sind  Fibrin,  Albumin  und  Wasser;  die  Natur  der 
ersteren  ist  ganz  gleich  der  des  Blutfaserstofifs  und  -albu- 
mins,  ihre  Menge  ist  sehr  wechselnd,  insbesondere  ist  der 
Faserstoff  bald  in  grosser  Menge  yorhanden,  bald  fehlt  ^r 
gänzlich,  während  das  Eiweiss  fast  nie  ganz  zu  fehlen 
scheint.  Extractivstoffe ,  Fette  und  Salze  sind  fast  stets  vor- 
handen, in  grösserer  oder  geringerer  Menge.  Das  pathologische 
Blastem  füUt  entweder  nach  seinem  Austritt  aus  den  Capil- 
laren  die  Interstitiell  der  normalen  Gewebe,  oder  durch- 
tränkt die  Gewebstheile  selbst;  im  ersteren  Falle  beginnt 
die  Neubildung  mit  Organisation  der  interstitiellen  Flüssig- 
keit, im  zweiten  Falle  als  endogene  Productionen  in  nor- 
mal präexistirenden  Zellen. 

b)  Die  erste  Erscheinung  der  Organisation  ist  eine  che- 
mische und  morphologische  Differenzirung  .  des  Blastemes, 
deren  Resultat  Zellen bil düng  ist.  Jede  Neubildung  hat 
als  zweites  Stadium  das  der  Zellenbildung  zu  durchlaufen. 
Die  Zelle  bezeichnet  also  eine  bestimmte  morphologische  Ent- 
wickelungsstufe  der  Blasteme,  sie  setzt  nothwendig  ein  aus 
der  Blutflüssigkeit  hervorgegangenes  amorphes  Blastem  vor- 
aus.   Im  interstitiellen  Blastem  wird  entweder  alles  Mate- 

3 


34 

rial  in  Zellen  umgewandelt  oder  ein  Theil  bleibt  als.Inter- 
cellularBubstaDz  amorph,  deren  weitere  Organisation  Ton 
der  Richtung  der  in  den  Zellen  eintretenden  Organisation 
abhängt.  Alle  Neubildungen  bestehen  einmal  nur  aus  Zel- 
len oder  aus  Zellen  und  Intercellularsubstanz. 

Aus  den  Zellen  baden  sich  bleibende  Gewebe:  Fa- 

« 

Sern,  Gefässe  u.  s.  W.  oder  die  Zellen  bleiben  als  solche, 
bilden  dann  bald  Theile  bleibender  Gewebe  (Fett-,  Knor- 
pelzellen u.  s.  w.),  oder  sie  gehen  nach  einer  gewissen  Zeit 
Metamorphosen'  ein,  die  ihren  Untergang  herbejfiihren: 
transitorische  Zellen.  Die  fertigen  Neubildungen  be- 
stehen entweder  aus  transitorischen  Zellen,  öder  aus  blei- 
benden Geweben,  oder  aus  beiden. 

Die  Art,  wie  sich  diese  Gebilde  entwickeln  und  weiter 
verhalten,  werden  wir  im  Verlauf  der  weiteren  Betrachtun- 
gen kennen  lernen.  Es  ist.  ungewiss,  ob  sich  in  allen  Bla- 
stemen als  erste  Bildung  indifferente  Zellen  entwickeln,  wel- 
che einen  ganz  gleichen  Charakter  haben,  und  aus  welchen 
dann  erst  durch  weitere  Metamorphosen  die  specifischen 
Formen  der  (Faser- ,  Epithelial- ;  Fett-  u.  s.  w.)  Zellen  und 
Gewebe  hervorgehen,  öder  ob  die  JJellßn  dieser  specifischen 
Grebilde  gleich  bei  ihrer  ersten  Entstehung  auch  specifische 
Formen  haben. 

c)  Die  Bedingungen  zum  Eintritt  der  Orga- 
nisation sind  uns  nur  zum  Theil  bekannt. 

Eine  von  selbst  verständliche  Bedingung  ist  die  Noth- 
wendigkeit  der  fortwährenden  Berührung  des  Blastemes  mit 
dem  Körper,  d.  h.  für  die  pathologische  Organisation  ist, 
wie  für  die  physiologische,  ein  steter  Cöntact  mit  der  Blut- 
flüssigkeit und  ein  steter  Stoffaustausch  mit  dieser  nothwen- 
dig,  denn  ein  Blastem,  dem  jegliche  Blutzufuhr  abgeschnit- 
ten ist ,  organisirt  ebensowenig  als  ein  aus  dem  Körper  ent- 
ferntes» (Der  Einfluss  einer  Lebenskraft  würde  nichts  er- 
klSrett,   da  diese  selbst  nicht  erklärt  ist.    Der- Einfluss  der 


Nerren  ist  bei  Pflanzen  und  dem  Embryo  offenbar  nicht 
thatig,  bei  der  Zellenbildung  im  reifen,  tbierischen  Körper 
kann*  er  schweiiich  geleugnet  irarden,  obschon  seine  Be- 
sdiaffenheit  unklar  ist.) 

Von  der  grossten  Wichtigkeit  ist  gewiss  die  chemische 
Zusammensetzung  des  Blastemes,  obschon  unsere  Kennt- 
nisse in  dieser  Biditung  sdir  mangelh^  sind.  Wir  kon- 
nen  wohl  annehmen ,  dass  ein  Blastem  um  so  eher  organi- 
sationsfahig  ist,  je  mehr  es  dem  jaormalen  Blusplasma 
gleicht. 

Kalte  Temperatur  erschwert  oder  verhindert,  warme 
begünstigt  die  Organisation.  Von  Bedeutung  ist  femer  die 
Natur  der  Umgebung  des  Blastemes ;  ungünstig  ist  die  Lage 
an  der  Oberfläche  des  Körpers  und  der  Contact  mit  der 
atmosphärischen  Luft,  welche  leicht  Yertrocknung  oderYer- 
we*sung'  herbeiführt ;  sehr  leicht  organisiren  Blasteme  in 
Zellgewebe,  Muskeln,  Drüsen.. 

d)  Die  Bedingungen  zu  einer  bestimmten 
Richtung  der  Organisation  sind  noch  sdiwerer  fest- 
zustellen^ ihre  Erforschung  aber  ist  Tom  grossten  Literesse. 

Die  chemischen  Bestandtheile  des  Blastems  ge- 
ben wenig  Anhaltepunkte ,  wegen  der  Unmöglichkeit,  inter- 
stitielles Blastem  in  namhafter  Menge  zu  sammeln  und 
wegen  der  Schwierigkeit  der  Diagnose  der  geronnenen  Pro- 
teinkörper. 

Feuchte  Wärme  begünstigt  die  rasche  Zellenbildung^ 
Zuweilen  wird  die  Richtung  der  Organisation  bestimmt 
durch  das  Gewebe,  in  welchem  die  JBxsudation 
erfolgte;  so  heilen  Wunden  und  Substanz  Verluste  des 
Bindegewebes  leicht  und  fast  immer  durch  Begeneration 
desselben,  Exsudate  in  Knochen  werden  meist  wieder  zu 
Knochen ,  Exsudate  neben  Eiter  werden  gern  wieder  zu 
Eiter. 

Die  genannten  Bedingungen  reichen  aber  bei  Weitem 

S* 


36 

nicht  hin,  zu  erklären,  warum  im  einzelneu  Falle  gerade 
die  eine .  bestimmte  Richtung  der  Organisation  eingetreten 
ist  und  man  hat  sich  von  je  her  nach  anderen  Erklärungen 
umgesehen.  Die  gebräuchlichsten  sind  die  durch  Verände- 
rungen der  Richtung  der  Gesammtorganisation  des  Körpers, 
krankhafte  Constitution,  Diathese,  dann  durch  Veränderungen 
der  Säfte  des  Körpers  odqr  des  Blutes,  Dyskrasieen,  Krasen. 

.  e)  Modus  der  Zellenbildung. 

1.  Erste  Entsljehung  der  Zelle. 
Als  die  erste  Bildungsstufe  der  Zellen  finden  wir  über- 
all Kerne  (Fig.  11  b);  es  sind  anfangs  glatte,  runde  oder 
ovale  Bläschen  mit  homogenem,  durchsichtigem  Inhalte,  yon 
mannichfacher  Grösse  (Eiterzellenkeme  0,002  —  0,0025"', 
Krebszellenkeme  0,003  — 0,015"0/  ihr  Inhalt  wird  später 
durch  kleine  Molecfile  getrübt,  ihre.  Membran  gerunzelt, 
meist  bilden  sich  in  ihnen  1  —  2  oder  3  Kernkörper- 
chen,  kleine,  runde  Körper,  zuweilen  verlieren  sie  ihre 
Bläschennatur  und  werden  solide  Körperi 

Die  erste  Entstehung  der  Kerne  ist  noch  unklar;   als 
die    frühesten  Entwickelungsstufen    derselben    werden    an,- 
gesehen    ein   Theil    der    sogenannten  Elementarkörn- 
chen (Fig.  11  c),   die  sich'  in  allen  Blastemen  finden  und 
vielleicht  die  ersten  Spuren  der  Organisation  sind;  es  sind 
kleine  (jirVir  —  tjüif"')?  runde  Kömchen,  an  denen  Wand 
und  Inhalt- nicht  mehr  zu  unterscheiden  sind,  in  Essigsäure 
•löslich  oder  wie  die  Kerne  unlöslich.    (Wohl  zu  unterschei- 
den  von  ebenso  kleinen  Fettkügelchen,   Pigmentkömehen, 
Kömchen    anorganischer  Stoffe.)     Man*   sieht    dergleichen 
Kömchen  mit  den  Reactionen*  der  Kerne  und  Uebergangs- 
stufen  zwischen  ihnen  und  wirklichen  Kemen,  nicht  selten 
im  Eiter  und  Carcinom,  so  dass  es  möglich  ist,    dass  die 
Kömchen  schon  Bläschen  sind  und  durch  Intussusception 
zu  Kemchen  wachsen.    Andere  nehmen  an,  dass  der  Kem 
durch  Verschmelzung  eines  Haufens  solcher  Kömchen  ent- 


87 

stehe,  doch  lässt  sich  darüber  nichts  Sicheres  festsellen. 
Wahrscheinlich  entstehen  die  Kerne  gar  nicht  im  intersti- 
tiellen, freien  Blastem,  sondern  in  dem  in  normale,  prä^xi- 
stirende  Zellen  und  Kerne  eingetretenen,  oder  durch  Thei* 
lung  präexistirender  Kerne,  wofür  die  Beispiele  in  neuerer 
Zeit  immer  zahlreicher  werden. 

Der  Kern  besteht  aus  anderer  Substanz  als  das  Blastem, 
er  ist  in  Essigsäure  unlöslich^  nach  Zusatz  derselben  ver- 
liert er  einen  Theil  des  Inhaltes,  wird  Meiner,  platter,  er- 
hält einen  centralen  EindrUcI^ ,  der  sich  als  dunkler  Schat- 
ten kenntlich  macht ,  und  schärfere  Conturen.  Nach  Zusatz 
von  Wasser  wird  der  Inhalt  verdünnt ,  der  Kern  quillt  auf, 
seine  Membran  wird  ausgedehnt,  daher  die  Conturen  schwä- 
eher  werden,  endlich  platzt  sie  oder  der  Kern  wird  fast 
unsichtbar.    In  caustischen  Alkalien  ist  der  Kern  löslich. 

Die  Kernkörperchen  sind  oft  sehr  klein,  meist  ha- 
ben m  einen  der  Grösse  des  Kerns  angemessenen  Umfang, 
sind  meist  glatt,  rund,  zuweilen  rauh,  kömig;  sie  scheinen 
ebenfalls  Bläschen  zu  sein ;  ihre  Entstehung  beruht  wahr- 
scheinlich auf  dem  allmäligen  Wachsthum  eines  der  Mole- 
cüle.  Kömchen,  im  Inhalt  des  Kernes.  Sie  haben  diesel- 
ben Reactionen  wie  die  Kerne.  In  solid  gewordenen  Ker- 
nen schwinden  sie. 

Aus  dem  Kern  bildet  sich  die  Zelle.  Die  Art  der 
Bildung  der  Zelle  ist  noch  unklar;  möglich  sind:  eine  Bil- 
dung der  Zellmembran  um  den  Kern  von  aussen,  oder  die 
direkte  Umbildung  des .  Kemes  zur  Zelle ,  indem  er  sich 
vergrössert  und  einen  neuen  Kem  im  Inneren  erhält^  wor- 
auf auch  Umwandlung  seiner  Substanz  erfolgt. 

Die  Zelle  (Fig.  11  d)  ist  ursprünglich  ein  rundes 
oder  ovales  Bläschen  mit  einem  Keme ,  der  gewöhnlich  an 
der  Zellenwand,  seltner  an  einer  anderen  Stelle  im  Zellen- 
inhalte liegt;  der  Inhalt  ist  anfangs  eiüe  homogene,  durdi-^ 


38 

siditige,  zähflüssige  Masse,  in  welcher  später  kleine  Mole- 
cüle,  Körnchen  auftreten,  durch  welche  die  Zelle  trübe  und  un- 
durchsichtig wird ;  die  Membran  ist  sehr  zart  und  stellt  sich 
nur  als  eine  Contur  dar.  Anfangs  ist  die  Zelle  klein,  der 
Inhalt  gering,  so  dass  die  ZeUmembraja-  dem  Kerne  sehr 
nahe  anliegt;  allmalig  vermehrt  sich  der  Inhalt  und  die 
Zelle  wächst,  indem  die  Membran  sich  mehr  und  mehr  vom 
Kerne  entfernt.  Das  Wachsthum  durch  Aufnahme  neuer 
Inhaltsmasse  hat  für  bestimmte  Zellen  bestimmte  Greiizen. 
Selten  wächst  die  Membran  einseitig  und  erhält  eine  so  be- 
deutende Dicke,  dass  sie  sich  mit  zwei  Conturen  darstellt; 
in  dieser  verdickten  Membran  sollen  sich  nach  Einigen  Fa- 

• 

serzellen  und  Fasern  bilden.  Membran,  Inhalt  und  die 
Kömchen  darin  sind  in  Essigsäure  und  Alkalien  löslich,  in 
Wasser  unlöslich.  Nach  Zusatz  von  Wasser  wird  der  In- 
halt  verdünnt,  die  Kömchen  gerathen  in  Bewegung,  end- 
lich platzt  die  ausgedehnte  Membran,  zuweilen  bleibt  aber 
der  Inhalt  als  compacte  Masse,  nur  die  äussersten  Schich- 
ten vermischen  sich  mit  dem  eingedrungenen  Wasser,  durc*h 
welches  die  Zellenmembran ,  vom  Inhalt  entfernt,  abgehoben 
wird.  Zuweilen  bilden  sich  im  Inhalte  durchsichtige  Par- 
tieen ,  welche  als  rande ,  sogenannte  hyaline  Kugeln  austre- 
ten und  frei  herumschwimmen;  sie  haben  keine  Membran 
und  verschwinden  in  Wasser  und  Essigsäure. 

Aeltere  Zellen  haben  eine  festere  Membran,  sie  löst  sich 
viel  langsamer  in  Essigsäure,  lässt  nur  langsam  und  wenig 
Wasser  durch;  bei  noch  älteren  Zellen  verschwindet  die 
Trennung  zwischen  Membran  und  Inhalt,  beide  bilden  eine 
solide  Masse,  welche  gegen  Reägentien  wenig  empfindlich 
ist  und  keine  endosmotischen  Phänomene  zeigt.  In  diesen 
soliden  Zellen  verschwindet  meist  der  Kem. 

Die  Grösse  der  Zellen  ist  ausserordentlich  verschie- 
den;  stets  hält  sie  sich  innerhalb  der  mikroskopischen  Gren- 
2^^  7  T^jf — 7^^^^  Dchm.    Die  Zellen  wachsen  durch  Stoff- 


39 


■^IV>IW> 


aufiiahme  yon  aussen.  Ihre  Gehalt  ist  ebenfalls  mannich- 
fadi:  sie  sind  rund^  oval,  cylinderförmig,  platt,  eckig,  fa- 
denförmig u.  s.  w.  Zellen  in  einem  reichlichen,  flüssigen 
Blasteme  sind  meist  rund;  solche,  die  zusammengedrängt* 
liegen,  werden  platt  und  eckig,  durch  gegenseitigen  Druck 
und  durch  einseitiges  Wachsen  nach  freien  Lücken  bekom- 
men yiele  Zellen  lange  Fortsätze,  Spitzen,  zuweilen  werden 
sie  nach  Zusatz  Ton  Wasser  wie'der.  rund. 

Finden  sich  in  einer  Neubildung  eine  grosse  Menge  yon 
Zellen,  so  lässt  sich  nicht  bestimmen,  wie  viele  derselben 
durch  ursprüngliche  Neubfldung  entstanden  sind  und  wie 
viele  durch  eine  der  Arten  der  Vermehrung,  ausg^end  von 
den  ursprünglich  neu  entstandenen  Kernen. 

2.  Vermehrung  der  Zellen. 

a)  Durch  wiederholte  freie  Zellenbildung; 
in  der  beschriebenen  Weise  aus  Elementarkörnchen  und  freien 
Kernen,  die  sich  häufig  in  Neubildungen,  welche  im  Wachs- 
tbum  begriffen  sind ,  finden. 

b)  Theilung  freier  Kerne;  in  dar  Mitte  einge- 
schnürte Kerne  mit  allen  Uebergängen  bi«f  zur  völligen  Thei- 
lung sind  nicht  selten  in  Sarcomen  und  Carcinomen  zu  fin- 
den.   (Fig.  11  b.) 

c)  Theilung  freier  Zellen;  der  Zellenkem  theilt 
sich  und  um  die  getrennten  Stücke  schnürt  sich  ^ie  Zelle 
ab,  selten  vorkommend.    (Fig  3  c.) 

d)  Endogene  Kern-  und  Zellenbildung*  aa) En- 
dogene Kernbildung:  er.  durch  einmalige  oder  vielfach  wie- 
derholte Theilung  des  Kernes  der  Zelle  (Fig.  3  a);  ß.  durch 

•  primäre  Neubildung  eines  oder  vieler  Kerne  in  einer  Zelle. 
Aus  diesen  Kernen  bilden  sich  nur  selten  in  der  Zelle,  die'  nun 
zur  Mutterzelle  wurd,  Tocbterzellen,  meist  werden  die  Kerne 
frei,  sehr  seltei^  kommt  eine  dritte  Beihe  der  Kern-  und  Zel- 
lenbildung in  den  Tochterzellen  vor.  Die  Mutiterzellen  mit 
ihrem  Inhalt  haben  die  allgemeinen  Eigenschaften  der  Zellen 


40 

überhaupt,  erieiden  dieselben  Metamorphosen.  Die  Toch- 
terzellen werden  wahrscheinlich  zum  Theil  frei  und  haben 
dann  dieselben  weiteren  Schicksale  als  die  ursprünglich  freien 
Zellen,  bb)  Endogene  Kern-  und  Zellenbildung  in  Kem- 
blasen.  Der  in  eine  Zelle  eingeschlossene  oder  freie  Kern 
bläht  sich  zu  einer  grossen  Blase  mit  eiweissartigem  oder 
coUoidem  Inhalt  auf  {Brutraum,  Yirchow);  in  dieser  ent- 
wickeln sich  ein  oder  mehrere  neue  Kerne,  die  sich  durch 
Theilung  wieder  yermehren  können,  oder  Yon  einer  Zell^- 
membran  umschlossen  werden,  oder  wieder  zu  Kemblasen 
werden,  in  welchen  sich  die  endogenen  Bildungen  wieder- 
holen können  (s.  Colloid-  und  Eiweissmetamorphose)  (Fig. 
14  c,  13).  Geschieht  die  Einschachtelung  yon  Kernen  in 
Kemblasen  so,  dass  sich  continuirlich  in  einer  endogenen 
Kemblase  neue  bilden,  so  entstehen  Körper  mit  geschich- 
teten Wänden,  Corpora  amylacea,  welche  ausserdem  auch 
durch  concentrische  Umlagerung  eines  festen  Körpers  mit 
anderen  Stoffen  gebildet  werden  können.  (S.  Alyeolarkrebs 
und  Prostatasteine.)    Fig.  13. 

In  manchen  Neubildungen,  z.  B.  in  rasch  wuchernden 
Krebsen ,  finden  sich  alle  oder  die  meisten  Formen  der  Ver- 
mehrung der  Zelle  gleichzeitig,  in  anderen  nur  einzelne  der- 
selben. 

3.  Metamorphosen  der  Zelle. 

a)  Sie  yermittelt  die  Bildung  bleibender  Gewebe ,  z.  B. 
des  Bindegewebes,  Knorpel-,  Knochengewebes,  s.  organi- 
sirte  pathologische  Neubildungen. 

b)  Sie  geht  diurch  Rückbildung  zu  Grunde. 

1.  Die  Atrophie  der  Zellen  beginnt  schon  da,  wo 
die  ^elle  aufhört,  ein  Bläschen  zu  sein,  und  solider  Körper 
wird;  sie  yerliert  dann  weiter  ihre  Form,  wird  zu  einem 
unregelmässigen,  eckigen  Körper  ohne  Kern  (Fig.  8  c), 
zerfällt  in  mehrere  Fragmente  und  kleine  Körnchen.  Gegen 
Keagentien  sind  die  atrophischen  Zellen  wenig  empfindlich, 


'41 

in  Essigsäure  und  Kalihydrat  werden  sie  etwas  blasser  ^  in 
Wasser  bleiben  sie  unverändert.  Zellenatropbie  zeigt  sich 
in  allen  wasserarmen  Geweben ,  hauptsächlich  in .  solchen, 
die  durch  Gefässobliteration  atrophiren  und  nekrosiren;  da- 
her findet  mau  in  ihnen  hauptsächlich  jene  unregelmässigen 
Körperchen  (s.-  Tuberkel). 

2)  Die  Fettmetamorphose  besteht  in  einer  allmä- 
Ug  zunehmenden  Bildung  kleiner  Fettkfigelchen  in  einer 
Zelle,  welche  allmälig  die  ganze  Zelle  ausfällen  (Körn- 
chenzellen), worauf  die  Membran  schwindet,  die  Fett- 
kügelchen  einen  runden  Haufen  bilden  (Körnchenhau- 
fen) imd  endlich  auseinanderfallen  (Fig.  8  b).  Dieser  Pro- 
cess  ist  ein  sehr  verbreiteter  und  scheint  (neben  der  Atro- 
phie) in  allen  Zellen  einzutreten,  denen  die  Bedingungen 
zu  ihrer  weitereÄ  Existenz  entzogen  werden;  er  ist  wahr- 
scheinlich bedingt  durch  Fettbildung  aus  dem  Inhalt  der 
Zelle,  bezeichnet  die  Epoche  des  Unterganges  der  Zelle  und 
vermittelt  ihre  Eesorption.  Die  Ursachen  des  Eintrittes  die- 
ses Processes  sind  oft  unbekannt,  oft  liegen  sie  in  der  Ent- 
ziehung des  Stoffwechsels  durch  mangelhaften  Blutzufluss, 
Obliteration  des  Gefässe.  Zuweilen  ist  der  Vorgang  ein  an- 
derer. Das  Fett  ist  flüssig,  die  Anfangs  gebildeten  kleiAcn 
Fettkügelchen  fliessen  daher  bald  zu  grösseren  Kugeln  zu- 
sammen und  allmälig  wird  die  gstnze  Zelle  mit  einer  gros- 
sen  Fettkugel  ausgefüllt,  sie  wird  zur  Fettzelle.  Dieser 
Vorgang  ist  seltner  als  der  vorige,  findet  sich  unter  densel- 
ben Bedingungen  als  der  vorige  oder  häufiger  unter  Um- 
ständen, welche  für  eine  Infiltration  des  Fettes  von  aussen 
sprechen,  z.  B.  bei  der  Fettleber. 

3.  Die.colloide  Metamorphose  findet  sich  a)  in 
jphysiologischen  Geweben  als  Entartung  des  Kernes  und  der 
Zellen  fast  aller  drüsiger  Acini  und  Kanälchen ;  die  so  ent- 
artete Zelle  oder  die  frei  gewordene  Colloidmasse  wird 
dem  Seeret  der  DrUse  beigemischt  und  geht  .mit  diesem  ab. 


42- 

bj  in  pathologischen  Geweben  bald  als  Entartung  des  Ker- 
nes und  der  Zellen,  bald  als  das  Wesen  der  Neubildung 
bedingend;  Der  Modus  dieser  Metamorphose  ist  folgender : 
bald  bläht  sich  der  Kern  unter  Umwandlung  seines  Inhaltes 
zu  einer  Kemblase  auf,  der  Zelleninhalt  wird  yerdrängt, 
der  colloide  Inhalt  wird  endlich  frei,  oder  es  treten  in  die* 
ser  colloiden  Kernblase  alle  oben  genannten  Arten  endoge- 
ner Yennehrung  auf  (s,  Alveolarkrebs) ,  —  bald  wandelt 
sich  der  Zelleninhalt  selbst  in  Colloidmasse  um,  welche  zu- 
weilen auch  frei  wird  und  als  glänzende,  klumpige  Masse 
erscheint.  Die  colloidhaltigen  Körper  zeichnen  sich  Tor  den 
gewöhnlichen  Zellen  aus  durch  ihren  eigenthümlichen  Glanz, 
ihr  allmäliges  Zusammenschrumpfen  bei  Schärferwerden  der 
Conturen  nach  Zusatz  von  Essigsäure.  Die  Bedingungen 
dieser  Metamorphose  sind  unbekannt.    (Fig.  13.) 

4.  Eiweissmetämorphose  (Schrant)  kommt  unter 
denselben  Verhältnissen  vor;  der  Vorgang  ist  morphologisch 
derselbe  wie  bei  der  Colloidmetamorphose ,  die  Kemblasen 
und  ihre  Derirate  enthalten  hier  aber  eine  helle,  homogene, 
eiweissartige  Masse,  die  nach  Zusatz  von  Essigsäure  schwin- 
det. Diese  Metamorphose  bedingt  nur  selten  den  Charakter 
einer  Texturveränderung.    Taf.  14  c. 

•  •  • 

5.  Verkreidung,  Incrustation  der  Zelle  findet 
sich  an  physiologischen  Zellen  nur  selten,  häufiger  an  pa- 
thologischen einfachen  Zellen  oder  aus  ihnen  hörvorgegan- 
genen amylumartigen  Körpern.  Die  Verkreidung  beginnt 
mit  Bildung  kleiner  Kalkkörnchen  im  Zelleninhalt,  diese 
fliessen  allmälig  zu  grösseren  Körnern  zusammen,  endlich 
ist  die  Zelle  in  einen  soliden,  glänzenden,  einfachen  oder 
geschichteten  Körper  umgewandelt,  der  aus  Kalksalzen  und 
Resten  der  organischen  Grundlage  besteht.    (Fig.) 

6.  Resorption  der  Zellen  wird  durch  Zerfall  der- 
selben .  in  Fetikömchen  (f!ettmetamorphose)  oder  in  kleine 


4^ 

eiweissartige  Kömchen  (Atrophie),  welche  resorptioBsf^Uiig 
sind,  vermittelt 

2.     Von  den  organisirten  Neubildungen  im  Besonderen. 

Unter  einer  organiisirten  Neubildung,  Neoplasma^  Pseudo- 
plasma,  versteht  man  jedes  einfache  oder  zu  complicifteren 
Formen  combinirte  Gewebe,  welches  kein  integrirender  TbeU 
eines  normalen  Gewebes  oder  Organes  ist  Jede  bleibende, 
selbstständig  wachsende  und  als  gesonderte  Masse  hervor- 
tretende Neubildung  nennt  man  Geschwulst,  Tumor. 

Die  Neubildung  stellt  sich  dar :  a)  als  Hypertrophie 
normaler  Gewebe  und  Organe,  diese  besteht  bald  in- ver- 
mehrter fiildung  aller  oder  einzelner  Gewebstheile,  bald  in 
Yergrösserung  einea  Organes  im  Ganzen,  z.  B.  durdbi  Er- 
Weiterung  seines  Hohlraums ;  b)  als.  Neubildung  im  engeren 
Sinne ,  es*  tritt  eine  Organisation  ein ,  die  zur  Bildung  von 
Geweben  fährt,  welche  ihrer  Natur  und  gegenseitigen  Anord- 
nung nach  den  Eletaenten  des  Organes  nicht  gleich  sind; 
c)  die  Neubildung  ist  das  Resultat  der  in  einem  Blutcoagu- 
lum  eingetretenen  Metamorphosen. 

Die  durch  primäre  Einwirkung  der  eine  Neubildimg  be- 
dingenden Momente  hervorgerufenen  etwaigen  Veränderun- 
gen der  Bildungsflüssigkeit  sind  nicht  exact  darstellbar. 

.  Die  histologischen  Elemente  der  Neubildungen  sind  Zel- 
len-, Intercellularsubstanz ,  Fasern,  Gefässe,  Körner  (Fett-, 
Pigment-,  Kalk -Kömer)  und  Krystalle.,  Zwischen  den 
einzelnen  Elementen  der  Neubildungen  an  und  für  sich 
und  denen  der  normalen  Gewebe  existiren  keine  specifischen 
Unterschiede  (es  giebt  keine  specifisch  pathologischen  Ge- 
webstheile ohne  Analoga  im  normalen  Körper),  die  C^etze 
der  Entwickelung  beider  und  ihre  endlichen  Formen  sind 
wesentlich  dieselben.  Zwischen  den  Neubildungen  als  Gan- 
zes betraditet  und  den  Organen  des  normalen  Körpers  ezi- 


44 

stiren  wesentliche  Unterschiede:  1)  Ein  Theil  der  Neubil- 
dungen stellt  als  Ganzes  zwar,  eine  Masse  dar,  welche  ge- 
wissen Gewebsmassen  des  Körpers  analog  ist,  aber  die  ge- 
genseitige Anordnung  der  einzelnen  Elemente  ist  nie  so,  dass 
das  Ganze  ein  Organ  darstellte,  welches  einem  Organe  des 
Körpers  gleich  wäre  od^r  dessen  Functionen  haben  könnte. 
2)  Ein  anderer  Theil  stellt  als  Ganzes  eine  Masse  dar,  wel- 
che  keinen  Gewebsmassen  des  Körpers  analog  ist ,  der  Un- 
terschied ist  hier  l^edingt  durch  die  Anwesenheit  von  Zellen, 
wdche  zwar  einzeln  betrachtet  nicht  ohne  Analoga  im  nor- 
malen Körper  sind,  aber  in  diesen  Massen  und  in  dieser 
Anordnung  im  letzteren  nicht  vorkommen. 

Die  einzelnen  histologischen  Elemente  der  Neubildun- 
gen unter  sich  verglichen  zeigen  keine  solchen  specifischen 
Unterschiede,  dass  ein  einzelnes  solches  Element  zur  Diagnose 
einer  Neubildung  maassgebend  sein  könnte  (es  giebt  keine 
specifischen  Zellen  oder  Körperchen);  die  Neubildungen  ab 
Ganzes  unter  sich  verglichen  zeigen  wesentliche  Unterschie- 
de, welche  aus  den  eben  angeführten  Vergleichen  mit  dem 
normalen  Körper  hervorgehen. 

Die  chemische  Zusammensetzung  der  neugebildeten  Ge- 
webe ist  wesentlich  dieselbe  als  die  analoger  normaler  Ge- 
webe; den  Neubildungen  specifiscb  eigenthümliche  StoiBfe 
giebt  es  nicht. 

Das  Verhalten  der  normalen  Gewebe  der  Stelle ,  an  wel- 
cher eine  Neubildung  vor  sich  geht,  ist  verschieden:  a)  Die 
Krankheitsursache  lässt  die  normalen  Gewebe  unberührt, 
dieselben  werden  a.  von  der  wachsenden  Neubildung  aus- 
einandergedrängt, ß.  durch  der  letzteren  Einfluss  hypertro- 
phisch oder  atrophisch.  6;  Die  Krankheitsursache  bewirkt 
gleichzeitig  mit  iev  Neubildung  vor  sich  gehende  Atrophie 
oder  Hypertrophie  der  normalen  Gewebe.  In  Folge  der 
beiden  letztgenannten  Vorgänge  findet  sich  die  Neubildung 
später  bald  an  der  Stelle  der  geschwundenen  normalen  Ge- 


■  45 

webe^  bald  sind  normale  Gewebstheile  selbst  Theile  der 
neugebildeten  Masse  geworden,  c)  Die  Neubildung  selbst 
geht  durch  endogene  Bildungen  in  normalen  Zellen  yorsich. 
Die  Gefässe  des  Mutterbodens  sind  meist  yergrösseft.(wd- 
ter  und  länger)  ^  die  Gefässe  der  Neubildung  selbst  sind  aus 
ihnen  hervorgegangen  und  erhalten  yon  ihnen  ihr  Blut. 

Die  Neubildungen  lassen  sich  in  einzelne  Arten  tren- 
nen. Als  Art  j  Species ,  wird  eine  Neubildung  charakteri- 
sirt  durch  ein  bestimmtes  ursächliches  Moment,  welches  con- 
stant  denselben  Ablauf  yon  Veränderungen  heryorruft,  doch 
müssen  wir  meist  yon  der  Eenntniss  der  Bedingungen  und 
der  primären  Elementaryorgänge  absehen  imd  uns  auf  die 
des  eonstanten  Ganges'  der  Organisation,  der  Bildung  der 
Grewebstheile  beschränken.  Entgeht  uns  auch  diese  letzte 
Kenntniss ,  so  bleibt  uns  nur  die  der  Gewebstheile  der  fer- 
tigen Neubildung  .übrig. 

i«    Die  STeubildunff  des  Binde^ewelie«. 

Das  neugebildete  Bindegewebe  ist  dem  des  normalen 
Körpers  gleich.  Es  besteht  a)  aus  den  bekannten  feinen, 
wellenförmig  geschlängelten  Fasern ,  die  das  sogenannte  ge- 
lockte Bindegewebe  bilden;  6^  aus  unregelmässiger  gestalte- 
ten, dickeren  oder  feineren,  platten  oder  cylinderförmigen, 
geraden  oder  gewundenen  Fasern,  mit  Uebergangsformeu 
zum  gelockten  Bindegewebe  und  dem  hoinogenen;  c)  aus 
einem  homogenen  Gewebe,  in  dem  man  kaum  Andeutun- 
gen yon  Fasern  oder  Faltungen  sieht  und  durch  Präpara- 
tion mit  feinen  Nadeln  an  den  Bändern  nur  künstliche,  un- 
regelmässige ,  faserartige  Fragmente  darstellen  kann ;  d)  aus 
einem  homogenen  Gewebe ,  welches  faserähnlich  gefaltet  ist, 
ohne  dass  es  in  wirkliehe  Fasern  zerlegt  werden  kann;  e)  als 
alveolares  Netzwerk,  in  welchem  die  Fasern  nicht  unter  ein- 
^der  yerflochten,  sondern  in  ihren  Enden  yerschmolzen 
sind.    Allen  genannten  Formen  sind  Fasern  beigemischt| 


16 

welche  den  Kernfasern  oder  elastischen  Fasern  des 
normalen  Bindegewebes  entsprechen  und  in  Essigsäure  nicht 
löslich  sind;  diese  bilden  bald  unregelm'ässige  Züge  und 
Flechtwerk  im  übrigen  Gewebe,  bald  bilden  sie  wie  die 
anderen  Fasern  bei  e  ein  alveolares  'Netzwerk ;  f)  als  lok- 
kere,  gallert-  oder  schleimartige  Masse,  bestehend  aus  ei- 
nem System  zusammenhängender  faser  -  oder  sternförmiger 
Kerne  und  schleimiger  Intercellularsubstanz ,  Schleimge- 
webe nach  Virchow, 

Die  Fasern  liegen  selten  einzeln ,  sondern  sind  zu  klei- 
neren  oder  grösseren  Bändeln  angeordnet.  Die  sekundäre 
Anordnung  der  letzteren  ist  äusserst  mannichfach,  sie  bil- 
den.  entweder ,  wirr  durch  einander  laufend,  einen  dichten, 
festen  Filz,  oder,  nach  einer  Richtung  geschichtet,  fascien- 
und  sehnenartige  Stränge,  oder  ein  Netz-  und  Maschen- 
werk, in  welchem  die  Maschenräume  durch  nach  einer  an- 
deren Richtung  laufende  Bündel  ausgefüllt  werden,  oder 
sie  lagern  in  eoncentrischen  Schichten  um  einen  oder  meh- 
rere Mittelpunkte. 

Die  Entwickelung  des  Bindegewebes  in  wachsenden 
Fibroiden,  Sarcomen,  in  der  Vemarbung  zugehenden  Gra- 
nulationen ist  stets  durch  Zellenbildung  bedingt. 

Die  Zellen,  welche  im  Blasteme,  das  die  Richtung 
der  Faserbildung  einschlägt ,  entstehen ,  sind  charakterisirt 
durch  ihre  Gestalt,  von  welcher  sie  die  Namen  Faserzel- 
1  e  n ,  spindelförmige ,  fibroplastische  Zellen  haben  (Fig.  2  a) ; 
sie  sind  schmal,  lang,  nach  einer  oder  zwei  Seiten  verlän- 
gert und  zugespitzt;  sie  enthalten  1,  selten  2  ovale  Kerne, 
ihr  Inhalt  ist  hell  oder  granulirt.  Neben  ihnen  sieht  man 
ihre  Entwickelüngsstufen :  freie  Kerne,  gleich  denen  der 
Zellen,  oval,  scharf  conturirt,  glänzend;  kleine,  ovale  Zel- 
len, deren  Membran  kaum  merkbar  vom  Kerne  abgehoben 
ist;  grössere  dergleichen  mit  Verlängerungen  an  den  spitzeij 
Enden  des  Ovals  und  alle  üebergänge  bis  zu  den  langge- 


47 

«IrecktMi  Fasendkn.     Ausser  diescii  sldit  iii«i  luwt'ikii 
ZdfeD  mit  3 — 4  und  mehr  stenfSnois  tu^f^fismctii  Fort- 


Die  Faserbildun;  gdit  anf  Terschiedene  Weise  vor  s^ieh : 
m)  eine  Zelle  kann  lu  einer  Faser  werden  ^  sie  vird  iim 
das  10 — ISfoche  iSnger,  sdimSIer^  ihr  Kern  sehwindet 
od«r  bleibt  als  länglicher  Körper  tnrficl:  (Fi;*  2  b>  t  die  so 
entstandenen  Fasern  rerwachsen  mit  ihren  spitten  Enden,  oder 
wachsen  allmSlig  zu  längen  Fasern  aus.  * —  b)  Eine  Zelle 
kann  sich  in  2 ^  3,  4  Fasern  oder  in  eine  grossere  Aniahl 
derselben  spalten  (Fig.  2  c);  r>  der  Kern  bleibt  oder  ver- 
schwindet; wenn  er  bleibt,  so  bildet  er  entweder  schmale 
längliche  KSrper  (Fig.  2  d)  oder  grössere  Körper  mit  ein- 
oder  tielfachen  Ausläufern,  welct^e  letztere  zuweilen  unter 
einander  Terschmelzen  und  die  frei  verlaufenden  oder  alveo- 
lar Terbundenen,  oben  genannten,  in  Essigsäure Mmlösliclien 
Fasern  bilden.  Virchow  betrachtet  diese  Systeme  zusam- 
menhängender Fasern  als  hohl  und  bestimmt,  Plasma  zu 
fähren,  also  als  dem  System  der  Knochenkörpercheh  mit  ihren 
verbundenen  Ausläufern  entsprechende  Gebilde,  eine  An- 
sicht, die  sehr  Vieles  für  sich  hat.  Er  betrachtet  diese 
Körper  als  Zellen  und  nennt  sie  Bindogowobskörperehen ; 
ich  habe  sie  in  pathologischen  Geweben,  insbosondoro  in 
Enchondromen ,  welche  in  Fasergewebe  übergehen,  stets 
den  Kernen  der  Zellen  entsprechend  gefunden.  (S.  Enchon- 
drom.) 

Am  neugebildeten  Bindegewebe,  insbesondere  am  ho- 
mogenen, zeigt  sich  eine  Erscheinung,  die  dem  physiolo- 
gischen fehlt,  eine  allmälige.  Gontraction  desselben;  an  Nar- 
ben, fibrösen  Gescwülsten  ist  die  Beobachtung  leicht  in 
machen;  es  wird  allmälig  fester,  nimmt  einen  kleineren 
Raum  ein,  zieht  die  benachbarten  Gewebe  nach  sich,  com- 
primirt  dieselben  wohl  auch,  obliterirt  dadurch  oft  die  ka- 
pillaren. 


48 

Als  Metamorphosen  des  Bindegewebes  kennen  wir  die 
Fettmetamorphose ,  Verknöchening  und  Yerkreidung ,  alle 
mit  der  Bedeutung  der  Bückbildung.  Die  Fettmetamor- 
phose der  Faserzellen  gleicht  ganz  der.  der  anderen  Zel- 
len,  die  Zelle  ist  gewöhnlich  mit  einer  Reihe  Fettkfigel- 
cben  gefüllt,  der  Kern  ist  frei  oder  enthält  Fett,  zuweilen 
ist  er  allein  ergriffen,  die  Membran  schwindet  selten  ganz, 
doch  sieht  man  auch  im  Zerfall  begriffene  Faserzellen  und 
freie  Fettkiigelchen.  Im  reifen  Bindegewebe  sieht  man  statt 
der  Fasern  fadenförmig  an  einander  gereihte  Fettkömchen, 
im  höchsten  Grade,  sieht  man  nur  Fettkömchen  ohne  eine 
Spur  von  Fasern. 

Die  Verknöcherung  ist  selten;  es  bildet  sich  wirk- 
liches Knochengewebe  ohne  vorhergegangene  Ejiorpelbildung, 
das  homogene  Bindegewebe  füUt  sich  mit  Kalksalzen,  aus 
den  Kernen  der  Faserzellen,  die  vorher  zuweilen  vielfache 
Ausläufer  bekommen,  wie  die  Kerne  der  Knorpelzellen  vor 
der  Verknöcherung,  entstehen  die  Knochenkörperchen,  aus 
den  Lücken  für  die  Gefässe  die  Markkanälchen. 

Häufiger  ist  die  Verkreidung.  Die  Kalksalze  (haupt- 
sächlich kohlensaurer  Kalk)  lagern  sich  in  Form  kleiner 
Körnchen  zwischen  den  Fasern  ab,  oder  meist  im  homoge- 
nen Bindegewebe,  oder  die  Fasern  nehmen  selbst  die  Kalk- 
salze in  sich  auf;  hat  man  die  letzteren  durch  Zusatz  von 
Salzsäure  gelöst,  so  kommen  die  Fasern  wieder  zum  Vor- 
schein. Zuweilen  wird  die  Masse  hart  und  knochenähnlich, 
lässt  sich  nur  mit  der  Säge  trennen.  Solche  Gebilde  wer- 
den oft  fälschlich  für  Knochenneubildungen  gehalten,  sie  be- 
stehen aber  nur  aus  angehäuften  Kalkkörnchen  oder,  aus 
deren  Verschmelzung  entstandenen,  grossen  Körnern  und 
homogenen,  glänzenden  Kalkmassen. 

Das  neugebildete  Bindegewebe  enthält  Gefässe,  kann 
daher  durch  Stoffzufuhr  wachsen,  es  kann  in  ihm  Entzün- 
dung, Hämorrhagie,  Brand  u.  s.  w.  eintreten. 


49 

Wahrend  der  morphologischeii  Umwandlung  des  Bla- 
stems und  der  Zellen  zu  Fasern  geht  auch  eine  chemische 
Yor  sich,  indem  die  ersteren  aus  Proteinsubstanz,  die  letz- 
teren, das  reife  Bindegewebe,  aus  lein^ebender  Substanz 
bestehen. 

Unreifes  Bindegewebe  (Blastem  mit  Zellen)  stellt  sidi 
als  weiche,  fast  gallertartige,  grauröthliche  Masse  dar  (die 
Rothe  hängt  von  den  beigemischten  Capillaren  ab);  mit  der 
alhnäligen  Entwickelung  zahlreicher  Zellen  wird  es  fester, 
trockner,  hat  die  Consistenz  einer  Lymphdrüse.  Reifes 
Bindegewebe  ist  fest,  zuweilen  knorpelartig,  weissgraulich, 
auf  der  Schnittfläche  sieht  man  die  Faserbündel. 

Neugebildetes  Bindegewebe  kommt  vor  als  Hypertro- 
phie des  normalen  Bindegewebes,  bildet  das  Narbengewebe 
der  meisten  Organe,  bildet  Pseudomembranen,  Adhäsionen, 
knotige,  ästige  Massen,  bedingt  die  Einkapselung  fremder 
Körper  und  anderer  Neubildungen  und  tritt  endlich  in  Ge^ 
stalt  von  Geschwülsten  auf. 

Die  Fasergeschwülste  lassen  sich  nach  dem  Gange 
der  Entwickelung  ihrer  Elemente,  soweit  uns  derselbe  be- 
kannt ist,  in  folgende  zwei  Arten  trennen,  die  in  ihren 
Extremen  leicht  zu  diagnosticiren  sind,  deren  Charakter 
durch  Uebergangsbildungen  oft  sehr  verwischt  wird. 

Das  Fibroid« 

(Leimgebende  fibroide  Geschwülste  Bokit.,  Tumor 
fibrotus,  desmoides  J.  Müller,  Fasergeschwulst  Lebert 
u.  a.  m«,  Desmoid,  Chondroid,  Steatom,  Skirrh  u.  s.  w. 
der  alten  Pathologen.) 

Das  Fibroid  ist  eine,  auf  der  höchsten  Stufe 
ihrer  Entwickelung  ganz  aus  ausgebildetem 
Bindegewebe  bestehende  Geschwulst. 

Das  ausgebildete  Fibroid  stellt  sich  als  eine  grössere 
oder  kleinere,  runde,  ovale,  knollige  oder  drusige  Masse 

4 


50 

dar;  s^ine  Oberfläche  ist  meist  durcit  lockeres  Zellgewebe 
mit  der  Umgebung 'verwachsen  oder,  wo  es  frei  liegt,  mit 
einer  Hülle  von  Zellgewebe  umzogen.  Seine  Consistenz  ist 
meist  fest,  knorpelartig;  der  Durchschnitt  mit  dem  Messer 
ist  schwer  auszuführen,  das  Gewebe  knirscht;  die  Fläche 
jedes  durch  die  Geschwulst  geführten  Schnittes  ist  glatt, 
glänzend,  weissgraulich ,  gelblich,  grauröthlich  (bald  wie 
durchschnittene  Sehnen,  bald  wie  Knorpel) ,  meist  sieht  man 
die  Faserbündel  und  ihre  sekundäre  Anordnung  mit  blossem 
Auge  leicht,  zuweilen  treten  gar  keine  Fasern  heriFor.  Die 
Schnittfläche  wird  nur  durch  wenig  wasserhelle  Flüssigkeit 
befeuchtet  und  auch  durch  Druck  auf  die  Geschwulst  kann 
man  nicht  mehr  herrorbriugen ;  zuweilen  ist  diese  Flüssig- 
keit gallertartig,  schleimig,  coUoidartig.  Das  Fibroid  ent- 
hält meist  nur  wenig  Blutgefässe,  Capillaren,  welche  an 
den  Grenzen  der  Geschwulst  in  grössere  Gefasse  übergehen, 
selten  gehen  auch  kleine  Arterien  und  Venen  in  dasselbe  ein. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergiebt  als  Bestand- 
theile  neugebildetes  Bindegewebe,  mit  grosser  Mannichfal- 
tigkeit  des  Baues  der  Fasern,  der  sekundären  Anordnung 
der  Faserbündel,  viele  bestehen  ganz  aus  homogenem  Biu- 
degewebe.  Ausserdem  findet  man  Kerne  und  spindelförmige 
Zellen  hie  und  da  zwischen  den  Fasern ;  die  Flüssigkeit  der 
Schnitt^äche  ist  meist  amorph,  zuweilen  schwimmen  auch 
in  ihr  einzelne  Kerne  oder  Zellen. 

Die  Entwickelungsgeschichte  des  Fibroides  ist  uns  nur 
unvollständig  bekannt,  doch  giebt  die  Entwickelung  des 
neugebildeten  Bindegewebes  überhaupt  und  die  Untersuchung 
einzelner  Bildungen,  die  man  mit  Recht  als  uuausgebildete 
Fibroide  ansehen  kann,  Anhaltepunkte.  In  manchen  aus- 
gebildeten Fihroiden  finden  sich  die  embryonalen  Elemente 
des  Bindegewebes,  Kerne  und  Faserzellen,  ziemlich  reich- 
lich zwischen  den  Fasern,  in  anderen,  kleinen,  weichen, 
bilden  jene  grössere  Partieen  deil  Gewebes ,  man  sieht  zwi- 


51 

sehen  den  Faserbündeln  Lagen  von  Faserzellen  faserlihnlich 
angeordnet  und  alle  Uebergänge  von  der  Faser  zur  Zelle; 
endlich  findet  man  Gesdiwfilste ,  die  ganz  und  gar  aus  un-*' 
reifem  Bindegewebe  bestehen.  Es  ist  sehr  wahrscheinlidi, 
dass  alle  diese  Formen  Entwickelungstufen  der  Fibroide 
sind;  da  jedoch  eine  vollständige  Entwickelungsreihe  nodi 
nicht  hergestellt  ist,  zählt  man  die  unausgebildeten  Fibroide. 
ihrer  Form  nach  zu  den  faserigen  Sarcomen,  einer 
Mittelform ,  aus  der  sowohl  das  Fibroid  als  das  zelUge  Sar« 
com  hervorgehen  kann.    (S.  Sarcom.) 

Als  Variationen  des  Fibroides  kommen  vor:  1)  Ge- 
schwülste von  geringer  Consistenz  ^  aus  lockerem  Zellgewebe 
zusammengesetzt  (Zellgewebsgeschwulst).  2)  Fibroide  ndt 
kleinen  und  grossen,  mit  Serum  oder  CoUoid  gefüllten  cy- 
stenartigen  Bäumen  oder  wirklichen  Cysten  (Cystosarcom)» 
3)  Fibroide  mit  gelber,  brauner  oder  schwarzer  Färbung 
einzelner  Stellen  oder  der  ganzen  Masse,  bedingt  durdi 
Pigmentkömehen  zwischen  den  Fasern,  in  den  Faserzeilen 
oder  durch  difiFuse  Färbung  des  Gewebes  (melanotisches  Fi- 
broid). 4)  Combination  des  Fibroides  mit  Fettgewebe  in 
verschiedenen  Graden.  5)  Grosser  Gefässreichthum  bis  zur 
Combination  mit  Teleangiectasie. 

Die  Fibroide  sind  denselben  Metamorphosen  unterwor- 
fen, als  das  neugebüdete  Bindegewebe  überhaupt,  sie  kön- 
nen ganz  oder  theilweise  verkreiden  od^r  in  Fettmetamor- 
phose übergehen;  verkreidete  Fibroide  erreichen  oft  kno- 
bhenähnliche  Härte  lüid  Ansehen. 

Sie  finden  sich  am  häufigsten  im  Uterus,  dann  inEno-* 
chen,  im  Periost,  subcutanem  und  submucösem  ZeUgewebe 
(Mund-,  Bachenhöhle,  Oesophagus,  Larynx),  in  Nerven, 
der  Cutis,  Dura  mater,  übrigens  hat  man  sie  fast  in  allen 
Organen  gefunden. 

Sie  kommen  isoürt  oder  seltener  in  grösserer  Anzahl 
vor;  ihre  Grösse  wediselt  von  der  einer'Erbse  bis  in  der 

4* 


52 

eines  Manneskopfes  und  daräber.  Sie  finden  sich  in  jedem 
Alter ;  meist  ist  uns  die  Ursadie  ihres  Entstehens  unbekannt, 
selten  lässt  sich  eine  Verletzung  (Schlag,  Stoss,  Druck)  als 
ursächliches  Moment  nachweissen. 

Sie  wachsen  langsam,  entziehen  dem  Körper  daher  we- 
nig Blut  zu  ihrer  Ernährung  und  stören  die  Gesundheit  nur 
durch  ihre  Schwere,  durch  Verdrängung  normaler  Organe, 
durch  Druck  auf  Gefässe  und  Nerven  u.  s.  w.  Sie  können 
auf  einer  gewissen  Höhe  der  Ausbildung  viele  Jahre  unver- 
ändert bleiben.  Selten  werden  sie  durch  EntzSndung,  Ver- 
eiterung oder  Verjauchung  zerstört,  wobei  sie  den  Habitus 
eines  erweichten  und  im  Zerfall  begriffenen  Markschwammes 
annehmen  können;  diese  Vorgänge  können  dann  Kachexie 
und  Tod  bewirken.  Eine  Resorption  von  Fibroiden  ist 
noch  nicht  beobachtet  worden.  Die  Exstirpation  führt  meist 
völlige  Heilung  herbei;  nur  selten  kehrt  ein  Fibroid  an  der 
Operationsstelle  wieder.  (Nach  allen  Angaben  über  den 
Verlauf  geht  hervor,  dass  sie  im  Sinne  der  Praktiker  zu 
den  gutartigen  Bildungen  gehören.) 

Das  Sarcom. 

(Die  eiweisshaltige  Fasergeschwulst  Rokit.,  Fibro- 
plastische  Geschwülste  L  e  b  e  r  t's  ,  Fleischgeschwulst ,  Sar- 
coma.) 

Das  Sarcom  stellt  sich  als  eine  weiche,  gelappte  oder 
granulirte  Geschvndst  dar,  die  mit  den.  Geweben,  in  wel- 
chen sie  sitzt,  fest  verwachsen  ist  oder,  wenn  sie  an  eine 
freie  Fläche  tritt,  von  ihnen  einen  Ueberzug  erhält;  sie 
gleicht. meist  völlig  einer  üppigen  Granulation  auf  Greschwü- 
ren.  Die  Schnittfläche  zeigt  ein  speckiges,  schwammiges, 
zuweilen  drüsenähnliches  Gewebe,  meist  mit  faserähnlichem 
Gefüge,  oft  mit  deutlichen  Faserbündeln.  Es  fliesst  eine 
sparsame,  farblose  oder  grauliche  Flüssigkeit  gleichmässig 
über  die  Schnittfläche.     Die  mikroskopische  Untersuchung 


63 

zeigt  Faserbündel  in  allen  Theilen  der  Gresch willst,  als 
Haaptbestandtheile  aber  Faserzellen  in  grossen  Lagern  und 
faserähnlichen  Schichten  angeordnet ,  femer  Uebergänge  Ton 
'der  Faserzelle  zur  Faser ,  freie  Kerne,  ovale  und  spindel- 
förmige Zellen,  endlich  auch  grosse,  runde  oder  eckige,  oft 
vielfach  gezackte  und  faserig  ausgezogene  Zellen  mit  gros- 
sen Kernen,  die  nicht  zu  den  gewöhnlichen  Elementen  des 
embryonalen  Bindegewebes  gehören  und  nicht  zur  Bildung 
bleibender  Gewebe  verbraucht  werden,  femer  Zellen  mit 
endogener  Kembildung  durch  Theilung  bis  zur  Bildung 
grosser,  mit  sehr  zahlreichen  Kernen  gefüllten  Mutterzellen 
(Fig.  3). 

In  manchen  Sarcomen  wiegen  die  Fasern  und  ihre  em- 
bryonalen Elemente  so  vor,  dass  man  dieselben  als  unent- 
wickelte Fibroide  betrachten  kann  (faseriges  Sarcom), 
denen  sie  auch  in  Habitus  und  sonstiger  Beschaffenheit  glei- 
chen. In  anderen  stehen  sich  Fasern  und  Zellenmassen 
gleich  (faserig-zelliges  Sarcom),  in  wieder  anderen 
wiegen  die  Zellen  bei  Weitem  vor  und  die  ganze  Entwicke- 
lung  geht  offenbar  nicht  zur  Production  von  Bindegewebe, 
sondern  zu  der  von  transitorischen  Zellen,  deren  Gestalt 
aber  vorzugsweise  die  langgestreckte  ist  (zelliges  Sar- 
com). Diese  letzteren  Geschwülste  sind  selbstständige,  stel- 
len keine  üebergangsstufen  zu  den  Fibroiden  dar,  nähern 
sich  aber  sehr  den  Carcinomen.  Sie  sind  sehr  weich,  wach- 
sen schneller  und  erreichen  oft  einen  grossen  Umfang. 

In  allen  Sarcomen  finden  sich  zahlreiche  Gefässe,  weite 
Capillaren,  an  den  Stellen,  wo  die  Geschwulst  wurzelt,  in 
grössere  Gefässe  übergehend.  Die  Flüssigkeit  der  Schnitt- 
fläche enthält  meist  nur  wenige  Kerne  und  Zellen. 

Als  Varietäten  kommen  vor:  1)  das  gallertartige 
Sarcom,  Gallertgeschwulst,  Collonema,  Sarcome 
mit  sehr  reichlicher ,  gallertiger  oder  colloider  Zwischen- 
sttbstanz,  so  dass  das  Gefüge  locker  und  schlottrig  wird. 


Sie  besteben  aus  einem  weitmaschigen  Fadenwerk  von  Bin- 
degewebe auf  allen  Stadien  seiner  Bildung  und  farbloser, 
saher  CoUoidmasse ,  in  welcher  sich  Kerne,  Fasenellen, 
Kömchensellen  und  freie  Fettkömchen,  suweilen  spiessige 
Fettkrystalle  finden.  Das  Vorkommen  derselben,  ihr  Ver- 
bältniss  su  den  Muttergeweben  und  Verlauf  sind  im  Allge- 
meinen wie  die  der  Sarcome  überhaupt.  2)  Gystosar- 
coma,  keine  selbstständige  Species,  sondern  die  Beseich- 
nung  fKr  alle  auf  verschiedene  Weise  su  Stande  kommen- 
den Combinationen  von  Neubildung  von  Bindegewebe  und 
Cysten.  S.  Cjfstosarcoma  Mammae.  3.  Melanotisches 
Sarcom,  braun  oder  schwarz  gefärbtes  Sarcom,  durch 
Pigmentkömehen  in  den  Zellen. 

Die  chemische  Untersuchung  der  Sarcome  ergiebt  gans 
verschiedene  Resultate,  jenachdem  Bindegewebe,  Zellen, 
eiweiss-  oder  coUoidhaltige  Intercellularsubstanz  mehr  ent- 
wickelt sind. 

Das  Sarcom  findet  sich  in  jedem  Alter,  entwickelt  sich 
bald  spontan,  bald  nach  traumatischen  Einfifissen,  es  findet 
sich  im  submucösen  Zellgewebe,  im  Periost,  der  Dura  ma- 
ter,  an  Fascien,  in  der  Cutis,  im  Zwischenzellgewebe  vie- 
ler Organe,  in  Knochen  und  drüsigen  Geweben.  In  einem 
Organe  findet  sich  meist  nur  ein  Sarcom,  auch  ist  dies 
meist  im  ganzen  Körper  das  einzige.  Sie  wachsen  meist 
langsam,  das  W&chstbum  ist  vorzugsweise  durch  Vermeh- 
mng  der  Elemente  der  Geschwulst  bedingt,  nur  wenig  durch 
sarcomatöse  Entartung  der  umgebenden  Theile,  welche  da- 
her meist  nsur  anseinandergedrängt  werden.  Ihr  Umfang 
wird  zuweilen  sehr  beträchtlich. 

Im  Verlauf  ihrer  Bildung  findet  sich  häufig  Fettmeta- 
morjAose  der  Zellen,  welche  zuweilen  eine  partielle  Ver- 
sdimmpfung  der  Geschwulst  bedingt;  in  manchen  Fällen 
wird  die  Zellenbildung  so  massenhaft,  dass  eine  Art  Er- 
weichung eintritt^  indem  das  Sarcom  die  Consistenz  eines 


S6 

weichen  Markschwammes  ertiält     Zuweilen    tritt  Entcän- 
düng,  Ulceration  oder  Yerjauchimg  ein. 

Das  Allgemeinbefinden  leidet  nicht,  Exstirpation  bringt 
meist  radicale  Heilung,  höchstens  locales  Becidiv  herror. 

%.   Die  meubildiuiff  des  Fette«* 

Neubildung  von  Fett  kommt  yor  als  fettige  Degenera^ 
tion  im  Normalzustande  fettloser  Gewebe  und  als  Neubil- 
dung von  Fettbindegewebe;  nur  die  letztere  wird  hier  be- 
handelt, die  erstere  bei  den  Processen  der  Rückbildung. 

Die  Neubildung  von  Fettbindegewebe,  welches  dem  phy- 
siologischen vollkommen  gleich  ist,  ist  häufig;  meist  an  Stel- 
len, welche  schon  Fettgewebe  enthalten. 

Wir  finden  es  als  Vermehrung,  Hyperfrophie,  des  phy- 
siologischen oder  in  Form  isolirter  Massen,  als  Greschwülste. 

Wunden  und  Substanzverluste  des  normalen  Fettbinde- 
gewebes heilen  durch  Bindegewebsnarben. 

Die  Hypertrophie  findet  ihre  Stelle  bei  den  Ktank- 
heiten  der  mit  Fettbindegewebe  versehenen  Organe. 

Die  aus  Fettbiudegewebe  zusammengesetzten  Geschwül- 
ste nennt  man  Lipome;  sie  bestehen  aus  einem  Gerüst 
von  Bindegewebe  mit  eingelegten  Fettzellen,  sind  meist  von 
einer  Bindegewebshülle  umgeben,  bilden  rundliche,  ovale, 
aus  kleinen  oder  grossen  Fettläppchen  zusammengesetzte 
Massen  von  verschiedener  Grösse  (häselnuss-  bis  mannes- 
kopfgross,  zuweilen  10  —  20  Pfund  schwer).  Ihre  Begren- 
zung  ist  theils  unbestimmt ,  theils  sind  sie  scharf  von  den 
umgebenden  Theilen  gesondert^  haben  dann  auch  eine  starke 
Zellgewebshülle ,  einen  Balg. 

Geschwülste,  in  welchen  das  Bindegewebe  gegen  das 
Fett  so  überwiegend  entwickelt  ist ,  dass  sie  fest  und  speck- 
artig  werden,  nennt  man  Steatome,  ein  Name,  der  frü- 
her für  alle  Geschwülste  gebräuchlich  war,  die  ungeföhr 
speckige  Consistenz  und.  speckiges  Ansehen  hatten. 


_56 

Die  histologische  Entwickelung  der  Fettielien  ist  un- 
bekannt, ihr  Bau  ist  ganz  gleich  dem  der  physiologisdien. 

Die  Lipome  sitzen  meist  im  Pamctdui  adipotui^  be- 
sonders an  Stellen,  wo  er  sehr  entwickelt  ist:  am  Hinteren, 
Oberschenkel,  Bücken,  an  der  Schulter;  ausserdem  im  sub- 
mucösen  und  subserösen  Zellgewebe ,  an  Synoyialsäcken,  in 
Drüsen,  Gystoiden.  Sie  sind  entweder  in  die  Gewebe  ein- 
gebettet oder  bilden  (zuweilen  polypenartig)  herrorragende, 
selbst  gestielte  Geschwülste. 

Sie  sind  einzeln  oder  zahlreich  an  fielen  Stellen  vor- 
handen, kommen  in  jedem  Alter  yor,  beim  Weibe  häufiger 
als  dem  Manne.  Die  Ursache  ihrer  Entstehung  ist  meist 
unbekannt,  zuweilen  soll,  wie  bei  anderen  Neubildungen, 
ein  Stoss,  Schlag  auf  eine  SteUe  der  Haut  ihre  Bildung 
daselbst  veranlasst  haben. 

Sie  wachsen  langsam,  ohne  Nachtheil  für  die  Gesund- 
heit, schaden  selten  durch  Druck,  Zerrung  benachbarter 
Gewebe.  Zuweilen  entzünden  und  verschwären  sie,  brin- 
gen dadurch  den  Kranken  herunter  und  eine  langwierrige  Ei- 
terung kann  wohl  auch  tödten.  Spontane  Heilung  kommt 
nicht  vor,  die  Exstirpation  heilt  gründlich,  Becidive  sind 
selten. 

3«    Die  sreabfldanir  ^on  IHEuskelffewelie« 

Die  Neubildung  von  Muskelgewebe  mit  quergestreif- 
ten Fasern  findet  wahrscheinlich  statt  bei  Hypertrophie  der 
Muskeln,  denn,  da  man  die  Primitivbündel  und  Fibrillen 
nicht  vergrössert  sieht,  muss  die  Yergrösserung  des  Mus- 
kels im  Ganzen  von  einer  Vermehrung  der  Zahl  dieser  Ele- 
mente herrühren;  es  ist  aber  noch  nicht  gelungen,  Entwik- 
kelungsstufen  von  Muskelfasern  aufzufinden  und  wir 'sind 
daher  ausser  Stande,  den  Modus  der  Muskelfaserbildung 
aus  Zellen  in  pathologischen  Geweben  anzugeben. 

Rokitansky  fand  neugebildete  quergestreifte  Muskelr- 


57 

fasern  in  einer  Hodengeschwulst,  Virchow  fand  in  einer 
Oyarialgescliwiilst  embryonales  Muskelgewebe,  bestehend  aus 
langen  quergestreiften  Faserzellen,  er  schlägt  fUr  derglei- 
chen Bildungen  den  Namen  Myosarcom  vor. 

Wunden  und  Substanzverluste  der  Muskeln  heilen  durch 
neugebildetes  Bindegewebe,  nicht  durch  Regeneration  von 
Muskelfasern. 

Die  Neubildung  von  sogenanntem  organischem  Muskel- 
gewebe kommt  fast  nur  als  Hypertrophie  der  aus  ihnen  zu- 
sammengesetzten Theile  vor  und  besteht  in  einer  vermehr- 
ten Bildung  der  langgestreckten  FaserzeUen.  Aehnlicbe  Zel- 
len findet  man  auch  als  zufällige  Beigaben  in  Fibrpiden, 
Sarcomen,  Krebsen,  einzeln  oder  ein  den  organischen  Mus- 
keln ähnliches  Grewebe .  darstellend. 


4«    Die  Sreuliildangp  von  srervenffewebe. 

Die  Neubildung  von  Nervengewebe  und  der  Modus  der- 
selben aus  amorphem  Blasteme  und  Zellen  ist  sehr  unvoll- 
ständig bekannt.  Nerven,  welche  man  durchschnitten  hat, 
verwachsen  durch  neugebildete  Nervenfasern  und  werden 
dadurch  wieder  funktionsfähig;  die  Nervenfasern  entwickeln 
sich  aus  spindelförmigen,  mit  einander  verschmelzenden  Zel- 
len. Eine  Regeneration  des  Gehirns  und  der  Ganglien 
ist  noch  nicht  durch  exacte  Untersuchung  nachgewiesen  wor- 
den. Die  Hypertrophie  des  Gehirns  beruht  nach  Roki- 
tansky „in  einer  übermässigen  Anhäufung  der  interme- 
diären bindenden  Kömchensubstanz."  Neubildung  kleiner 
Höcker  grauer  Hirnsubstanz  an  der  Wandung  des  rechten 
Ventrikels  beobachtete  einmal  Virchow.  Regeneration  des 
Rückenmarks  von  Tauben  nach  Durchschneidung  dessel- 
ben und  Wiederkehr  der  Bewegung  und  Empfindung  in  den 
betroifenen  Theilen  ist  beobachtet  worden :  nach  drei  Mona- 
ten  fanden  sich  in  der  Narbensubstanz  Zellen  der  grauen 


58 

Substanz  und  eine  geringe  Menge  Ton  Nerrenfasern  (Brown- 
Siquard). 

Neubildung  von  Nervengewebe  in  anderen  Organen 
kennen  wir  nicht.  In  Adhäsionen  wurden  Nervenfasern  von 
Yirchow  nachgewiesen. 

ft.    Die  STeublldun^  der  OefKflse. 

Die  Neubildung  blutführender  Gefässe  ist  sehr  häufig, 
sie  beginnt  in  allen  Neubildungen  gleichzeitig  mit  der  Bil- 
dung der  anderen  Gewebe,  und  während  diese  noch  in  der 
Entwickelung  begriffen  sind,  hat  sich  meist  schon  ein  Sy- 
stem von  Capillaren  gebildet,  welche  mit  den  Gefässen  der 
Nachbargewebe  in  Verbmdung  stehen  und  die  Ernährung 
und  Erhaltung  der  Neubildung  bedingen.  So  sind  die  neu- 
gebildeten Gefässe  integrirende  Theile  der  meisten  Neubil- 
dungen, wir  finden  sie  in  allen  organisirten  Exsudaten, 
Pseudomembranen  u.  s.  w.,  in  Krebsen,  Sarcomen,  Fibroiden. 

Die  Blutgefässe  in  Neubildungen  sind  Capillaren,  wel- 
che meist  ein  sehr  weites  Caliber,  ein  eng-  oder  weitma- 
maschiges  Netzwerk  bilden,  und  an  der  Peripherie  mit  den 
Gefässen  des  Mutterorgans  in  Verbindung  stehen.  Nur  an 
den  Stellen,  wo  die  Neubildungen  mit  den  Mutterorganen 
zusammenhängen,  gehen  zuweilen  auch  Venen  und  Arterien 
auf  kurze  Strecken  in  sie  ein,  und  nur  dann  enthält  die 
ganze  Neubildung  Venen,  Arterien  und  Capillaren  in  ge- 
wöhnlicher Anordnung,  wenn  sie  aus  Hypertrophie  der  nor- 
malen Gewebe  hervorgegangen  oder  in  die  letzteren  ein- 
gebettet ist. 

Die  Bildung  des  die  Ernährung  der  Neubildungen  ver- 
mittelnden Capillargefässsystemes  geht  nach  meinen  Beob- 
achtungen (an  Granulationen,  Pseudomembranen,  Sarcomen 
und  Carcinomen)  stets  von  den  Capillaren  des  Mutterorga- 
nes  aus.  Da,  wo  die  Neubildung  beginnt,  zeigen  sich 
meist  die  kleinen  Arterien,  Venen  und  die  Capillaren  hy- 


59 

perämisch,  etwas  erweitert  und  verlängert;  indem  sich  die 
Gapillaren  immer  mehr  yerlängern,  bilden  sie  grosse  Schlän- 
gelungen, Schlingen  9  welche  das  primitive  Gefässsystem  der 
um  sie  herum  /neugebildeten  Gewebe  darstellen.  Allmälig 
gehen  diese  Yerlingerungen ,  meist  begleitet  von  Erweite- 
rung, weiter,  eine  Reihe  von  Schlingen  bildet  sich  nach 
der  anderen,  die  älteren  werden  durch  Anastomosen  ver- 
bunden und  bilden  ein  Netzwerk  und  in  dieser  Weise  schrei- 
tet die  Bildung  mit  dem  Wachsthum  der  Geschwulst  fort. 
Die  Wandungen  dieser  neugebildeten  Gapillaren  gleichen  ent- 
weder völlig  denen  der  normalen  oder  sie  zeichnen  sich  zu- 
weilen durch  eine  ein-  oder  mehrfache  Schicht  von  Faser- 
zellen aus,  welche  sich  um  ihre  Wandung  lagern,  aber 
keine  eigentliche  Fasermembran  bilden. 

(Nach  Anderen  bilden  sich  die  Gapillaren  der  Neubil- 
dungen primär  aus  dem  amorphen  Blastem.  Es  entsteht 
nach  ihnen  zuerst  das  Blut  Die  neugebildeten  Blutkörper- 
chen, Blutzellen,  liegen  im  amorphen  Blasteme  m  unregel- 
mässigen Haufen,  die  sich  später  ästig  verbreiten  und  im 
Blasteme  Lücken  oder  Rinnen  bilden.  Um  diese  Blut  füh- 
renden Binnen  soll  sich  dann  die  Gefässwand  bilden  und 
damit  die  Bildung  vollendet  sein.  Auch  sollen  zuweilen  gar 
keine  Gefasswände  gebildet  werden  und  das  Blut  soll  sich 
in  einem  Systeme  von  Binnen  befinden.  Ueber  die  Art  der 
Bildung  der  Blutkörperchen  beobachtete  man  nichts  Zuver- 
lässiges und  da  man  dieselben  stets  schon  gefärbt  und  von 
ähnlicher  Grestalt  wie  die  normalen  sah,  so  ist  noch  nicht 
einmal  ausgemacht,  ob  man  nicht  dem  Exsudate  beigemischte 
normale  Blutkörperchenhaufen  für  neugebildete  hielt.  Auch 
die  Bildung  der  Wände  giebt  man  unvollständig  an.  Diese 
Bildungsweise  würde  der  Ansicht  von  Wolf  über  die  Ent- 
wickelung  der  Gefässe  im  Embryo  entsprechen;  aber  auch 
Schwann^s  Ansicht  hat  ihre  Vertreter  gefunden,  Andere 
wollen  nämlich  die  Büdung  von  Gefässen  aus  Blutkörper- 


60 

chen-haltigen  Mutterzellen  und  deren  Verästelungen  beobach- 
tet haben.  Nach  Anderen  entstehen  die  Gefässe  so,  dass 
in  der  Längenachse  an  einander  gereihte  Zellen  zu  einer 
Röhre  verschmelzen,  die  dann  homogen  und  mit  Kernen 
besetzt  erscheint;  das  Blut  soU  erst  später  eintreten.) 

So  wie  die  neugebildeten  Gefässe  die  Ernährung  Ter- 
mitteln,  können  sie  natürlich  auch  Entzündungen,  Hämor- 
rhagieen  oder  durch  ihre  Obliteration  Atrophie,  Nekrose 
der  Neubildungen  yermitteln  und  ausserdem  alle  Verände- 
rungen der  normalen  Gefässe  erleiden. 

Ausser  in  Neubildungen  finden  sich  neugebildete  Ge- 
fässe zuweilen  als  Elemente  selbstständiger  Geschwülste, 
der  Gefässgeschwülste,  Telangiectasieen;  die 
Gefässe,  welche  diese  Bildungen  zusammensetzen,  kleine 
Venen,  Capillaren  und  Arterien,  gehen  sämmtlich  aus  con- 
tinuirl^cher  Erweiterung  und  Verlängerung  normaler  Gefässe 
hervor.    (S«  Gefässkrankheiten.) 

üeber  die  Neubildung  von  Lymphgefässen 
wissen  wir  sehr  wenig.  Schröder  van  der  Kolk  sah 
sie  in  Pseudomembranen. 

6«    Die  lITeubildung  der  patliologiselieji  Pigmente. 

Veränderungen  der  Farbe  der  Organe  und  Gewebe 
können  entstehen  durch  vermehrten  oder  verminderten  Blut- 
gehalt, durch  Verdünnung  oder  Verdickung  eines  Organes, 
durch  Blutergüsse,  Exsudate,  durch  Bildung  von  Fettköm- 
chen  (Fettmetamorphose ,  Atherom) ,  Ablagerung  von  Gallen- 
farbstoflf  und  durch  das  eigentliche  Pigment,  von  welchem 
die  bleibenden  gelben ,  braunen ,  rothen  und  schwarzen  Fär- 
bungen der  Organe  abhängen.  Wir  finden  es  als  patholo- 
gische Veränderung  in  physiologischen  Geweben  und  in  Neu- 
bildungen; es  tritt  auf  selten  als  diffuse  Färbung  der 
Gewebe,  meist  in  Gestalt  kleiner  Körnchen,  welche  frei 
in  den  Geweben  liegen  oder  in  Zellen  eingeschlossen  sind, 


61 

Pigmentiellen,  und  in  (xestalt  kleiner  rother  oder 
schwarzer  Erystalle. 

Obgleich  noch  nicht  für  alle  Arten  des  Auftretens  pa- 
thologischer Pigmente  der  Modus  der  Bildung  nachgewie- 
sen ist,  können  wir  doch,  gestützt  auf  die  bis  jetzt  erkann- 
ten- Thatsachen ,  als  höchst  wahrscheinlich  annehmen ,  dass 
alles  Pigment  aus  einer  Umwandlung  des  Blutfarbstoffes 
hervorgeht. 

Die  Pigmentkörnchen  scheinen  auf  zweiierlei  Art 
zu  entstehen :  erstens  durch  Umwandlung  des  aus  den  Blut- 
körperchen ausgetretenen  Hämatins;  es  färbt  anfangs  die 
Gewebe  gleichmässig ,  wird  dann  fest  und  tritt  zu  kleineren 
Kömchen  zusammen ,  oder  es  färbt  schon  vorhandene  Körn- 
chen und  diese ,  protein  -  oder  fetthaltig,  werden  dann  Pig- 
mentkörnchen;  zweitens  aus  den  rothen  Blutkörperchen 
selbst,  welche  verschrumpfen,  kleiner,  dichter,  dunkler  wer- 
den, unregelmässige  Aggregate  bilden  und,  als  einzelne  oder 
unter  einander  verschmelzend,  sich  zuletzt  als  Pigmentkör- 
ner darstellen;  auch  soll  jedes  Blutkörperchen  zu  mehreren 
Kömchen  zerfallen  können. 

Die  Körnchen  sind  Anfangs  gelblich  oder  röthlich  ge- 
färbt, bleiben  so  oder  werden  braun  und  schwarz.  Ihre 
Grösse  wechselt  von  kleinen  Pünktchen  bis  zu  ansehnlichen 
Körnern;  ihre  Gestalt  ist  unregelmässig ^  meist  eckig,  sel- 
ten rund;  ihre  Conturen  sind  scharf,  dunkel,  ihre  Ober- 
fläche ist  oft  glänzend. 

Zuweilen  findet  man  statt  Körnchen  unregelmässige, 
grössere  Körper  oder  Klumpen.  Die  Körnchen  liegen  ein- 
zeln, zerstreut  oder  zu  unregelmässigen  oder  rundlichen 
Qaufen  zusanunengeballt,  oder  in  Zellen  eingeschlossen. 

Die  sogenannten  Pigmentzellen  (Fig.  12)  sind  keine 
neugebüdeten ,  specifischen  Pigmentzellen,  sondern  in  den 
Geweben  präexistirende  Zellen;  alle  Zellen,  Epithelialzellen, 
Krebszellen,  FaserzeUen  u.s.w.,  können  Pigmentzellen  wer- 


62 

den.  Die  Pigmentirung  der  ZeUen  beginnt  mit  der  Auf- 
nahme von  aus  den  Blutkörperchen  ausgetretenem  Hämatin, 
das  die  ganze  Zelle  oder  nur  den  Kern  gleichmässig  färbt 
oder  diesen  frei  lässt.  Nach  einiger  Zeit  (so  schliesst  man 
aus  dem  Vergleiche  älterer  und  frischerer  Extravasate)  wird 
der  Farbstoff  fest  und  zu  Kömchen,  ganz  in  der  Art,  wie 
ausserhalb  der  Zellen  (oder  es  waren  schon  farblose  Köm- 
chen in  der  Zelle  vorhanden  und  diese  werden  gefärbte  Pig- 
mentkömchen).  Die  Zahl  der  Kömchen  in  den  Zellen  ist 
verschieden:  einige  enthalten  nur  wenige ,  andere  mehr,  an- 
dere sind  strotzend  mit  ihnen  gefüUt  (dies  ist  wohl  durch 
wiederholte  Aufnahme  von  Hämatin  bedingt),  die  Zellmem- 
branen können  in  letzteren  verschwinden  und  es  bleibt  dann 
ein  mnder  Haufe  von  Figmentkömchen  zurück,  der  endlieh 
zerfällt.  Zellen,  welche  schon  Pigmentkömehen  enthalten, 
können  alle  anderen  Metamorphosen  eingehen,  sie  können 
verschrumpfen,  atropbiren,  in  Körnchenzellen  umgewandelt 
werden. 

Die  Bildung  der  Pigmentzellen  geht  nach  Anderen  auch 
so  vor  sich,  dass  sich  um  einen  Haufen  Blutkörperchen, 
die  später  zu  Pigmentkörnchen  werden,  oder  Pigmentköm- 
chen  eine  Membran  bildet ;  in  der  so  entstandenen  Zelle  soll 
sich  dann  ein  Kem  bilden. 

Die  Kr  y  st  alle  (Hämatoidinkry  stalle)  findet  man  nicht 
so  häufig  als  die  Kömchen;  es  sind  kleine  rothe  oder 
schwarze ,  schiefe ,  rhombische  Tafeln  oder  Säulen  (Fig.  15), 
seltner  lange,  isolirte  oder  in  büschelförmige  Gruppen  ge- 
stellte, Nadeln,  die  gewöhnlich  neben  den  Kömchen  in  be- 
sonderen Haufen  oder  auch  wohl  in  den  Zellen  liegen.  Du'e 
Grösse  ist  sehr  wechsehid  (von  0,0042  —  0,016'"  Länge, 
0,0005—0002'"  Breite  und  verschiedener  Dicke;  Guillot 
sah  sie  in  einem  Falle  mit  blossem  Auge,  sie  hatten  über 
4'"  Länge). 

Als  alleiniger  oder  den  Charakter  der  Neubildung  selbst- 


68 

ständig  bestimmender  Bestandtheil  yon  Geschwülsten  kommt 
das  Pigment  niclit  yor^  die  sogenannten  melanotischen 
Geschwülste  sind  Neubildungen  verschiedener  Art,  Krebse, 
Sarcome,  Fibroide,  deren  Character  zunächst  durch  die  ih- 
nen eigenthümliche  Textur,  nicht  durch  das  Pigment  be- 
stimmt wird,  wesshalb  man  sie  ihrer  Farbe  allein  wegen 
nicht  in  eine  Species  vereinigen  darf.  Melanotische  Fibroide 
und  Sarcome  sind  selten  und  es  lasst  sich  nach  den  vorlie- 
genden Thatsachen  nicht  feststellen,  in  wie  weit  das  Pig- 
ment in  ihnen  durch  zufällige  Einwirkungen  hervorgerufen 
wird  und  in  wie  weit  durch  die  primäre,  constante  Krank- 
heitsursache das  Entstehen  der  Pigmente  als  wesentlicher 
Theil  der  Neubildung  bedingt  wird;  nur  im  letzteren  Falle 
würden  wir  berechtigt  seyn,  diese  Geschwülste  als  selbst- 
ständige Unterarten  hinzustellen,  lieber  die  melanotischen 
Carcinome  s.  unten. 

Die  Art  des  Auftretens  der  Pigmente  in  den  einzelnen 
Organen  und  die  dadurch  bewirkten  Texturveränderungen 
werden  im  zweiten  Theile  behandelt  werden. 

Die  chemische  Untersuchung  der  Pigmente 
hat  bis  jetzt  nur  sehr  unvollkommene  Besultate  gegeben. 
Die  schwarzen  Pigmente  können  durch  chemische  Reagen- 
tien  entweder  wieder  roth  gemacht  werden  oder  sie  sind 
völlig  unempfindlich  gegen  dieselben;  sie  sind  unlöslich  in 
Säuren  und  reich  an  Kohlenstoff.  Die  braunen,  rothen, 
gelben  Pigmente  werden  verändert  durch  Kalihydrat  und 
concentrirte  Mineralsäuren;  ersteres  löst  sie  (unter  gewis- 
sen Umständen)  bei  gleichzeitiger  Zersetzung,  letztere  zer- 
setzen sie,  wobei  die  gelbe  oder  rothe  Farbe  zuerst  in's 
Braunrotbe,  dann  in  Grün,  Blau,  Rosa  und  zuletzt  in  Gelb 
übergeht. 

7«    Die  nrenliildansp  des  Knorpelfpewelie«. 

Die  Neubildung  von  wirklichem  Knorpelgewebe  ist  nicht 


64 

häufig;  sie  kommt  vor  bei  Knochenbrüchen  als  Vorstadium 
des  neuen  Knochens,  als  Neubildung  des  Knorpelüberzuges 
am  Rande  abgeschliffener  Gelenkköpfe  und  in  Gestalt  cir- 
cumscripter  Geschwülste.  Wunden  und  Substanzverluste 
der  Knorpel  heilen  entweder  gar  nicht  oder  durch  Binde- 
gewebe. 

Bei  Knochenbrüchen  ist  das  Exsudat^  welches  vom  Pe- 
riost geliefert  wird,  das  Blastem  des  neuzubildenden] Knor- 
pels; als  erstes  Stadium  der  Organisation  sieht  man  im 
amorphen  Blasteme  zahlreiche  Kerne;  später  erhalten  diese 
Zellenmembranen  und  der  Knorpel  besteht  jetzt  aus  zahl- 
reichen Zellen  in  einer  festen  lutercellularsubstanz.  Die 
Zellen  nehmen  an  Umfang  zu,  erhalten  dickere,  doppelt 
conturirte  Wände  und  yerknöchem  endlich. 

Die  Knorpelgeschwülste,  Enchondrome,  sind 
kleinere  oder  grössere  (erbsen-  bis  mannskopf-grosse)  rund- 
liche ,  gelappte ,  grobkörnige,  meist  aus  rundlichen  Körnern, 
Drusen  oder  Lappen  zusanmiengesetzte  harte  oder  halbfeste 
Massen,  welche  in  ihrer  Textur  die  verschiedenen  Arten 
des  normalen  Knorpelgewebes  wiederholen,  indem  sie  aus 
hyalinem   oder  aus  Faserknorpel  oder  aus  beiden  bestehen. 

Die  Enchondrome  sind  meist  von  neugebildetem,  locke- 
rem oder  festerem  Bindegewebe  umhüllt;  nach  dessen  Ent- 
fernung ist  ihre  Oberfläche  glatt,  graulich  weiss  oder  gelb- 
lich, glänzend,  die  Consistenz  sehr  verschieden,  jenachdem 
an  einzelnen  Stellen  hyaliner  oder  Faserknorpel  liegt,  Ver- 
knöcherung oder  Erweichung  statt  gefunden  hat.  Die  Schnitt- 
fläche zeigt  selten  ein  gleichmässiges,  glattes  Knorpelgefüge; 
meist  sieht  man  zahlreiche,  kleine  gallertartige  Stellen,  um- 
geben von  festeren,  daneben  deutlich  faseriges  Gewebe  und 
sparsame  oder  reichliche  Verknöcherungsstellen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergiebt  im  Ganzen 
dieselben  histologischen  Elemente  als  die  des  normalen  Knor- 
pels ,  nur  ist  die  Form  und  Anordnung  der  Zellen  sehr  un- 


65 

regelmässig  und  mannichfach.  Die  Entwickelimg  der  Ele- 
mente scheint,  mir  folgende  zu  sein :  Zuerst  besteht  die  Masse 
blos  aus  KemzeUen,  die  wie  Epithelien  eng  an  einander  ge- 
presst  liegen ;  dann  verschmelzen  Membranen  und  Inhalt  zu 
einer  homogenen  Intercelluiarsubstanz ,  die  Kerne  bleiben 
allein  übrig.  Die  InterceUularsubstanz  bleibt  homogen  oder 
zerfällt  in  Fasern,  die  Kerne  bleiben  entweder  als  solche, 
zerfällt  die  InterceUularsubstanz  gleichzeitig  in  Fasern,,  so 
entsteht  Bindegewebe  s.  unten) ,  oder  die  Kerne  wachsen, 
ihr  Inhalt  wird  glänzend,  hell,  es  entstehen  endogene  Kerne 
ihnen  und  so  entstehen  <He  sogenannten  KnorpelzeUen,  wel- 
che ihrer  Genese  nach  also  Kemblasen  mit  endogenen  Bil- 
dungen smd,  Durch  Vermehrung  der  Kerne,  Theilung  der- 
selben, secundäre,  tertiäre  Einschachtelungen  entstehen  grosse 
Körper,  die  den  in  Alycolar-  und  Epithelialkrebsen  aus 
Kemblasen  hervorgehenden  entsprechen.  Bleibt  die  Inter<- 
cellularsubstanz  homogen,  so  entspricht  -die  Textur  dem 
hyalinen  Knorpel,  zerfällt  sie  in  Fasern,  so  entsteht  Netz- 
knorpel. Meist  sind  beide  Formen  gleichzeitig  in  einem  En- 
chondrom  vorhanden.*    Die  chemische  Untersuchung  ergiebt 

m 

dasselbe  BesuUat  wie  die  der  normalen  Knorpel. 

Die  Entwickelungsgeschichte  der  Enchondrome  ist  un- 
bekani^,  alle  Beobachtungen  sind  nur  an  ausgebildeten  Ge- 
schwülsten gemacht.    Ihre  Ernährung  ist  vermittelt  durch 
die  Gefässe  des  umhüllenden  Bindegewebes  und  der  sie  zu- 
weilen durchsetzenden  Faserbündel. 

Das  Enchondrom  kann  als  solches  lange  Zeit  ohne  weit« 
tere  Veränderungen  bestehen,  häufig  verknöchert  «es  thefl- 
weise  oder  gänzlich ;  die  V  e  r  k  n  ö  c  h^  r  u  n  g  ist  entweder 
vollständig  und  es  entsteht  schwammiges  oder  compactes 
Knochengewebe  mit  lamellösem  Bau,  Knochenkörpercl^n 
und  Markkanälchen;  oder  sie  liefert  eine  Art  sklerosirte, 
elfenbeinharte  Knochenmasse  ohne  Knochentextur.  Nicht 
selt^  verknöchert  die  sämmtliche  Knorpelmasse  imd  die  Ge- 

5 


\ 


66 

(ichwakt  besteht  dann  ganx  ans  Knocbenmasse,  wird  snr 
Knodiengeschwnist.  Die  Yerknöchening  beginnt  mit  AUa- 
gernng  ?on  Kalksalzen  in  die  Wandung  der  Zelle,  deren 
Kern  zahlreiche  Ausläufer  bekommt,  welche  die  Wandung 
der  Zelle  durchbohren  und  mit  den  Ausläufern  benachbar- 
ter Zellen  in  Verbindung  treten ,  so  dass  nach  völliger  Yer- 
knöcherung  der  Zdleni^hide  und  des  ZeUeninhalts  die  Höh- 
len der  Kerne  und  ihrer  Ausläufer  als  Emihrungsflüssigkeit 
fahrende  Höhlen  und  Kanäle  zurückbleiben.    (Fig.  9.) 

Eine  andere  Metamorphose,  welche  flbrigens  auch  den 
normalen  Knorpel  befallt,  ist  die  Erweichung,  bestehend 
in  der  Umwandlung  der  Intercellularsubstanz  und  der  zu- 
gehörigen Zellen  in  eine  gallertartige,  später  wohl  auch  se- 
röse Masse.  Der  Vorgang  besteht  wesentlich  darin,  dass 
sich  in  den.  Zellen  massenhafte  endogene  Zellenbildung  ein- 
stellt und  endlich  daraus  kleine ,  spätet  durch  Confluiren 
grosse  cystenartige  Räume  entstehen,  die  mit  Zellen  und 
flüssiger  Intercellularsubstanz  gefüllt  sind. 

In  einigen  Enchondromen  fand  ich  Uebergänge  vom 
Knorpel*  zum  Fasergewebe,  indem  die  Knorpelzellen  un- 
ter einander  versdimelzend  in  Fasern  zerfielen,  die  Kerne 
derselben  zu  länglichen  spindelförmigen  oder  zu  sternför- 
migen, mit  ihren  Ausläufern  unter  einander  verschmelzenden 
Körpern  wurden. 

Enchondrome  finden  sich  hauptsächlidi  an  Knochen, 
meist  an  den  Phalangen  der  Finger  und  Zehen,  dann  am 
Brustbeine,  an  den  Rippen;  sie  entspringen  an  der  Ober- 
fläche des  Ejiochens  oder  in  seiner  Markhöhle,  treiben  dann 
die  Knochenrinde  auf  und  erhalten  durdi  diese  eine  Art 
Knochenschale.  Man  £ndet  sie  femer  im  Hoden,  in  der 
f^amma,  Parotis,  im  subcutaüen  Zellgewebe,  endlich  mit 
anderen  Neubildungen,  z.  B.  Sarcom,  Krebs,  zu  einer  Ge- 
schwulst combinirt. 

Oft  ist  nur  eins  vorhanden,   zuweilen  sehr  viele,  so 


67 

dass  K.  B.  10-^20  an  Fingern  und  Zehen  eines  Kranken 
sitzen.  Sie  kommen  meist  bei  Kindern  vor,  bei  diesen  oft 
in  grosser  Menge.  Die  Ursache*  ihres  Entstehens  ist  unbe- 
kannt; hei  Erwachsenen  lässt  sich  ihre  Entstehung  zuweilen 
auf  einen  Schlag  oder  Stoss  und  eine  darauf  folgende  Ent- 
ziindung  zurückführen. 

Sie  wachsen  sehr  langsam  und  bleiben  oft  viele  Jahre 
lang  ganz  unverändert ,  durch  die  Yerknöcherung  wird  ih- 
rem Wachsthume  meist  ein  Ende  gesetzt.  Die  davon  Be- 
fallenen  sind  vollkommen  gesund ,  selbst  wenn  sie  in  gros- 
ser Menge  vorhanden  sind.  Wird  aber  durch  das  allmSKg 
wachsende  Enchondrom  die  Haut  perforirt,  so  folgt  eine 
Ehtzflndung  des  umhüllenden  Bindegewebes^  welche  Verei- 
terung nnd  Verjauchung  desselben  und  Zerfall  des  Enchon- 
droms  zur  Folge  hat  und  die  Kranken  sehr  herunterbringt. 
Sind  viele  Enchondrome  vorhanden  und  wiederholt  sich  die- 
ser Vorgang  bei  einem  nach  dem  anderen,,  so  fiilurt  der 
Kräfte  -  und  Säfteverlust  meist  den  Tod  herbei» 

Eine  Heilung  durch  Resorption  ist  unbekannt;  die  Ex- 
stirpation  hat  bleibenden  Erfolg.  Die  Enchondrome  sind 
daher  in  der  Regel  gutartig. 

8.   Ute  ITettbiiaiiii^  von  J(i|ochiiii0ewebe# 

Neubildung  von  Knochengewebe  findet  sich: 
1)  Als  Hypertrophie  der  normalen  Knochen  und 
von  denselben  ausgehende  Geschwülste,  Osteo- 
phyten  und  Exostosen ,  bedingt  a)  durch  Entzün- 
dung des  Periosts ,' des  Knochens ,  dl^r  umgebenden  Weich- 
theile,  6;  durch  Verknöcherung  von  Sehnen,  Bän- 
dern und  Muskeln,  e)  des  fibrösen  Stroma^s  oder 
Balges  von  Neubildungen:  Garcinomen,  Sarcomen, 
Fibroiden,  Telangiectasieen  in  oder  auf  Knochen.  In  allen 
diesen  Fällen  geht  der  Knochenbildung  Neubildung  von  Bin- 
degewebe vorher,  dessen  Zellen  zti  Knochenkörperchen,  des- 

5* 


88 

Ben  fatfßrige  oder  homogene  InterceilularBubstani  zur  ho- 
mogenen oder  lamellosen  Knochenmasse  werden.  Die  Textur 
des  Knochens  ist  bald  der  des  normalen  Knochens  völlig 
^eich,  bald  weicht  sie  ab  durch  Unregebnässigkeit  der  ge- 
genseitigen Anordnung  der  Getäss-  und  Markkanälphen,  der 
Knochenkörperchen.    (S.  Knochenkrankheiten.) 

Grosse  Exostosen,  die  durch  keine  der  oben  genannten 
Ursachen  bedingt  zu  sein  schienen  und  die  daher  den  Ein- 
druck einer  selbstständigen  Geschwulst  machten,  hat  man 
wohl  auch  als  Knochengeschwulst  für  sich,  gutar- 
tiges Osteoid,  Osteom  von  den  übrigen  Exostosen 
trennen  wollen,  doch  muss  diese  Species  noch  dahingestellt 
bleiben,  bis  man  durch  zahlreichere  Beobachtungen  sich 
überzeugt  hat,  dass  sie  auch  wirklich  eine  selbstständige 
(beschichte  haben. 

2)  Als  Knochennarbe  nach  Fractuten,  Garies,  Ne- 
krose, Besection.  Das  Blastem  des  künftigen  Knochens 
wird  vorzugsweise  vom  Periost  und  dem  Markgewebe,  zum 
kleinen  Theil  zuweilen  auch  von  den  Weichtheilen  gelie- 
fert; es  organisirt  die  zunächst  an  den  Ejiochen  anliegende 
Schicht  zu  Knorpel,  die  entferntere  zu  Bindegewebe.  Die 
y erknöcherung  beginnt  mit  der  der  dicken  ZeUenwände ,  in 
welchen  die  Höhlungen  der  Kerne  und  ihrer  Ausläufer  bleiben 
(Strahlen  der  Knochenkörperchen),  dann  lagern  sich  die 
kömigen  Kalksalze  in  der  Zwischensubstanz  ab ,  diese  wird 
allmälig  zu  homogener  Knochenmasse,  welche  mit  den  ver- 
knöcherten Wänden  der  Zellen  verschmilzt,  so  dass  von 
letzteren  nichts  übrig  bleibt  als  die  Höhlen  und  strahligen 
Ausläufer  derselben.  Die  Knochenlücke  wird  auf  diese 
Weise  rasch  ausgefüllt  oder  nachdem  Granulatioiis-  und 
Eiterbildung  vorhergegangen  war. 

3)  Als  Regeneration  ganzer  Knochen,  dieselbe 
hat  man  am  Unterkiefer,  an  den  Bippen,  am  Schulterblatt  beob- 
achtet; der  neugebüdete  Knochen  war  stets  plump  und  nnförm- 


09 

.  * 

lieh,  seine  Textur  unregeimässig,  die  Neubildung  ging  todh 
Periost  und  den  Weichttieilen  aus» 

4)  Als  Tom  norinalen  Knochen  unabhängig^ 
Neubildung,  Yerknöcherung  präexistenter  Gewebe: 

a)  Yerknöcherung  normaler  Knorpel,  Kehl- 
kopf-^  Bippenknorpel,  Epiglottis^  Gelenkknorpel.  Die 
Knochenbildung,  ist  bald  unvollständig '  und  besteht  nur  in 
einer  Incrustation  der  Zellen  und  fas^g  gewordenen  Grund- 
*  Substanz,  bald  vollständig,  dann  geschieht  zuerst  in  den 
Knorpelzellen  eine  lebhafte  endogene  Zellenbildung,  dann 
Anfiillung  der  Zellen  mit  Fett  und  endlich  Bildung  von  mit 
Mark  gefällten  Räumen ,  daim  folgt  die  eigentliche  Yerknö- 
cherung. 

•  b)  Yerknöeherug  fibröser  Gebilde,  D.  mater, 
Arachnoidea,  Membr.  obturatoria,  Sclerotica,  Cutis,  Bän- 
der,  Sehnen  und  Muskeln,  z.  B.  Delfoideus.  Die  Yer- 
knöcherung begiimt  mit  der  Bildung  von  Kalkkömchen  zwi- 
schen und  in;  den  Fibrillen ,  welche  allmälig  zu  homogener 
Knochenmasse  verschmelzen;  Knochenkörperchen  und  Ka- 
näle w^den  unregelmässig  gebildet,  die  ganze  Textur  kommt 
der  der  normalen  Knochen  nicht  gleich. 

c)  Yerknöcherung  von  Enchondromen«  (S. 
oben.) 

d)  Yerknöcherung  des  fibrösen  Gerüstes  von  Gar- 
cinomen  (die  nicht  an  Knochen  sitzen),  der  Wandungen 
von  Cysten  geht  wie  die  des  Bindegewebes  überhaupt 
vor  sich.  Die  ausserdem  häufig  vorkommenden  sogenannten 
Yerknöcherungen .  des  neugebildeten  Bindegewebes  in  Pseu- 
domembranen, Kapseln,  Fibroiden  u.  s.  w.  sind  weBentUch 
nur  Yerkreidungen,  denn  die  nähere  Untersuchung  der  dar- 
aus hervorgegangenen  Massen  zeigt  nie  wirkliches  Knochen- 
gewebe in  ihnen. 

5)  Als  selbstständige  Neubildung  kommt  end- 
lii^  Knodbengewebe  in  Form  unr^elmässig  gestalteter  Kno- 


70 

chenstficke  in  der  Wandung  yon  OyaiiencyBten  Tor.  Das 
gleichzeitige  Vorkommen  yon  Knorpcbtäckeii  an  denuelben 
Orte  lässt  yermuthen,  dass  die  KnocÜen  hier  sich  aus  Knor- 
pel bilden* 

Das  auf  die  eine  oder  die  andere  Art  entstandene  neu- 
gebtldete  Knochengewebe  ist  dann  aller  VerKnderingen  fä- 
hig ^  weldie  an  nommlen  Knochen  yorkommen;  es  w&chst 
durch  Ansati  yon  aussei,  es  nekrosirt,  wird  carids. 

Uaber  die  Veriorddungen^  Concrementbildungen  s.  Rttck- 
bildüng. 


9.    Die  RTeulilldaiiff  von  Catfs,  SeMeim-  und  «erd* 
«er  Haut  und  deren  AnliAnff^n* 

• 

Die  Neubildung  eines  der  Cutis  yoUkomtnen  ana*- 
logen  tSiebildes  findet  in  manchen  BalggesdiwtQsten  statt, 
deren  Wand  entweder  gana  atm  neugdbildeter  Cutis  besteht 
oder  nur  zum  Theil.  Diese  Cutis  hat  densdben  Bau  wie. 
dvB  normale,  n«r  sind  die  Papillen  «nregelmässiger  oder 
fehlen  ganz,  mid  es  feUen  db  Neryen;  ein  fibröses  Coriaui, 
Epidermis,  Haarbälge  mit  Haaren,  Talg-«  und  Schweiss* 
dräsen  sind  yorhanden.  Die  Epidermis  besteht  aus  PSa- 
sterepithelien,  deren  Entwickelung  gleich  der  der  normalen 
Epidermis  ist  Die  Haare  sind  klein,  blass,  katim  sicht- 
bar, oder  igrose ,  dimkel ,  Euweüen  sind  die  meisten  abge- 
stossen  «nd  bilden  dicke  Knäuel  oder  Zöpfe ;  ihre  Entwik- 
kelung  ist  iUinlich  der  der  normalen  Haare.  In  ihren  Avm-^ 
fährongsgang  miinden  1  oder  2  Taigc|;rüsen  ein,  4ie 
meist  prail  ^t  Talg  gefüllt  sind.  Die  Schweissdrfisen 
sind  sparsam  vertheiit,  fehlen  zuweilen  ganz,  ihr  Baugleicbt 
ganx  dem  der  normalen. 

Substanzyerluste  des  Cutis ,  welche  bis  iutf  das  subcu- 
tane Zeli^webe  rekben,  werden  nicht  durch  Neubildung 
yon  Ootis  ersetzt,    es  emtstdit  eine  fil»^,  feste  Narl>e, 


71 

welche  allerdings  einen  ganz  dünnen  Ueberzug  Ton  Pflaster-^ 
epjthelien  erhält,  der  aber  alle  übrigen  Attribute  der  Cutis 
fehlen ;  Ablösung  der  Epidermis  aber  und  Zerstörung  der 
oberflächlichen  Schicht  des  Corium  heilt  oft  durch  Yollstän- 
digen  Ersatz  des  Verlornen ;  die  Ausführungsgänge  der  Drü- 
sen bilden  sich  dabei  neu  und  treten  mit  den  Besten  der 
alten  in  Verbindung;  in  anderen  Fällen  werden  sie  nicht 
wieder  ersetzt. 

Neubildung  yon  Epidermis  kommt  nur  in  den 
oben  genannten  Cysten  vor.  Hypertrophie  des  Epithelial- 
überzuges  der  Haut  und  Schleimhäute  findet  sich  häufig. 
(S.  Hautkrankheiten  und  Papillargeschwülste.) 

Zuweilen  findet  sich  Neubildung  von  mit  Pflaster- 
epithelium  versehenen  fibrösen  Membranen;  aus  ihnen 
bestehen  die  meisten  Balggeschwülste  mit  festem  und  flüs- 
sigem Inhalte;  ferner  die  organisirten  Pseudoipembranen 
auf  serösen  Häuten,  welche  eine  Art  Neubildung  .der  letz- 
teren darstellen.     - 

Neubildung  Ton  Flimmerepithelium  auf  der  Ober- 
fläche von  Ohrpolypen  beobachtete  Baum.  Substanzver^ 
luste  der  serösen  Häute  führqn  meist  zu  Verwachsung 
derselben  unter  sich  oder  mit  anderen  Organen,  selten  zu 
Begeneration.  Als  Neubildung  seröser  Balge  kann  die  Bil- 
dung neuer  Schleimbeutel  unter  der  Haut,  und  Yon 
Synoyialkapseln  nach  ungeheilten  Luxationen  und  Pseudr 
anchylosen  angesehen  werden. 

Neubildung  von  Haaren  kommt,  ausser  in  den 
oben  genannten  Balggeschwülsten,  nur  noch  auf  Schleim- 
häute vor;  man  wäl  sie  auf  der  Schleimhaut  der  Conjun- 
ctiva,  Harnblase,  des  Darnikanals,  der  Scheide  gesehen 
haben. 

Neubildung  von  Nägeln  kommt,  ausser  als  über- 
zählige Nagelbüdung  an  Fingern  und  Zehen,  nicht  vor. 
-     Neug«bildete  Schleimhäute  hat  man  noch  nicht 


72 

beobachtet;  ihre  Substanzyerluste  heilen  nur  unvollkommen, 
wenn  sie  das  ganze  Gewebe  bis  zum  submueösen  Zellge- 
webe betreffen ;  an  ihrer  Stelle  findet  man  dann  fibröse  Nar- 
ben mit  spärlichem  Pflasterepithelienüberzug.  Der  Epithe-* 
lienäberzug  kann,  öfters  abgestossen  werden  und  wird  meist 
wieder .  ersetzt.  Die  Wände  alter  Abscesse,  CaTemen,  Fistel- 
g^ge  .sind  zuweilen  anscheinend  mit  einer  Schleimhaut 
fiberzogen,  doch  findet  man  nie  eine  wirkliche  Membran 
(sogenannte  pyogene  Membran),  sondern  die  Wände  sind 
mit  Zellen  überzogen,  die  meist  yon  der  Form  der  Eiter- 
zellen sind,  seltener  pflasterepithelienähnlidi ,  rasch  abge- 
stossen werden  und  sich  mit  dem  Inhalte  des  Abscesses 
mischen,  während  immer  neue  Exsudaiionen  folgen. 

Neubildung  Ton  Zähnen  kommt  in  Balgeschwiil- 
sten  des  Oyariums  Tor;  ihre  Entwickelung  daselbst  ist  nur 
in  groben  Umrissen  bekannt.  Sie  bilden  sich  stets,  analog 
den  Zähnen  der  Kiefer,  aus  Zahnsäckchen ;  diese  sitzen 
entweder  in  der  fibrösen  Wand  der  Cysten  oder  in  Alveo- 
len von  Enochenfiragmenten ,  die  ebenfalls .  Neubildungen 
sind.  Man  findet  sie  festsitzend  oder  frei  in  den:  Cysten 
liegend,  sie  gleichen  ganz  den  normalen  Zähnen,  bald  de- 
nen der  ersten,  bald  denen^  der  zweiten  Dentition.  Dire 
Zahl  ist  meist  gering ,  1  — 10 ,  zuweilen  sind  sie  zahlrei- 
cher, in  einem  Falle  hat  man  300  gezählt.  Die  Wände 
dieser  Cysten  sind  stets  cutisartig  organisirt  und  behaart. 
(Dergleichen  Cysten  mit  Haaren  und  Zähnen  haben  gar 
keine  Aehnlichkeit  mit  den  eingekapselten  Fötus  nach  Ex- 
trauterinalschwangerschaft ,  welche  feste,  fibröse,  oft  zum 
Thefl  verkalkte  Massen  bilden,  in  weichen  das  Skelet  des 
Föius  eng  und  fest  eingebettet  ist,  lange  Haare  und  grosse 
Zähne  aber  fehlen.) 

10.    Die  festen  oder  Mulgge»ehwiklgte. 

Cysten  sind  Gesehwülste,  welche  auf  ihrer  höchsten 


73 

Bildungsstufe  aus  einer  geschlossenen  Blase  jund  deren  In- 
halt bestehen  imd  als  solche  eine  selbststandige  Ent^cke- 
lung  haben.  Zu  unterscheiden ,  aber  nicht  immer  streng 
Ton  den  Cysten  zu  trennen  sind  cystenartige  Räume, 
mit  irgend  einem  Inhalt' gefüllte  Lücken  in  Oi^anen,  deren. 
Wände  nicht  aus  einer  ihnen  eigenthümlichen  Blase,  son- 
dern aus  den  zusammengedr'angten  Geweben  des  Organes 
selbst  bestehen. 

Die  BildungBweise  der  Cysten  verhält  sich  tm 
Allgemeinen  so : 

1)  Cystenbildung  durch  Ausdehnung  physio- 
logischer Hohlräume,  a/  Geschlossene  Hohl- 
räume: GraaTsche  Follikel ,  Schilddrüsenblasen ,  Schleim^ 
bälge  der  Uterusschleimhaut  j  die  Cystenbildung  ist  bedingt 
durdi  (meist  durch  coUoide  Metamorphose  der  ZeUen  be- 
dingte) Bildung*  einer  serösen,  schleimigen  oder  coUoiden 
Masse  in  den  Hohlräumen,  welche  dadurch  allmälig  ausge- 
dehnt werden,    während   ihre  Wandungen  sich  yerdicken. 

b)  Offene  Hohlräume,  drüsige  Acini  und  ihre  klein- 
sten bis  grössten  Ausführuiigsgänge,  Talg-  und  Schleim- 
drüsen, Milchdrüsen,  Hamkanälchen,  Leber^ge,  Milch- 
gänge, Tuben.  Die  Cystenbildung  ist  zunädist  bedingt 
durch  Behinderung  des  Abflusses  des  normalen  oder  verän- 
derten Secretes,  welches  sich  anhäufend  die  Acini  oder 
Gänge  ausdehnt ;  diese  schliessen  sich  allmälig  ab ,  ihre 
Wandungen  werden  dicker  und  der  Inhalt  bildet  sich  um. 

c)  Grosse  Behälter,  Gallenblase,  Nierenbecken,  Proc. 
vermiformis ,  Uterus  werden  durch  ähnliche  Vorgünge  zu- 
weilen in  cystenartige  Körper  umgewandelt. 

*  2)  Cystenbildung  aus  Exsudaten  und  Extra- 
vasaten, a)  Seröser  Erguss  drängt  die  Gewebstheile 
aus  einander,  es  entsteht  ein  cystenartiger  Baum,  welcher 
albnälig  eine  fibröse  Kapsel  erhält,  die  endlich  auch  eine 
Auskleidung  von  Pfiasterepithelium  ertiält.    e)  F  a  s  e  r  si  o  f f- 


74 

reiche  Exsikdata  oder  Extravaiate  drängen  die  6e« 
webstheile  auseinander,  ei  erfolgt Verflüi$sigiing- durch  Felt- 
metamorphose  und  molecularen  Zerfall,  es  entsteht  eine 
efflulsiye  Flüssigkeit,  die  zuweilen  allmälig  zur  serösen  sich 
umbildet;  die  Wandung  wird  durch 'Neubildung  von  Binde- 
gewebe in  den  aus  einander  gedrängten  Greweben  oder  in 
peripherischen  Fibringerinnseln  gebildet. 

3)  Cystenbildung  durch  Atrophie.  Wenn  durch 
Exsudate  oder  Extravasate  die  normalen  Gew^bstheüe  zer- 
trümmert oder  atrophisch  werden,  so  bilden  sich  in  den  da- 
durch entstandenen  Lücken  zuweilen  keine  Narben  ^  scmdern 
Cysten,  indem  bald  die  aus  den  Gewebstrümmem  und  den 
Exsudaten  bestehende  breiige  Masse  aUmälig  flüssiger  wer- 
dend den  Inhalt  abgiebt,  bald  Erguss  von  Serum  die  wäh- 
rend der  Resorption  entstehende  Lücke  ausfüllt. 

4)  Gystenbildung  aus  Kernl>lasen.  Neugebii- 
dete  oder  normale  freie  in  Zellen  eingeschlossene  Kerne 
wachsen  unter  allmäliger  Umwandlung  ihres  Ldhalts  in  Col-- 
loidmasse  zu  grossen  blasigen  Körpern,  die  entweder  ab 
solche  bleiben  oder  sich  vielfach  wiederholende  neue  Kern- 
und  Blasenbildungen  zeigen;  Durch  diese  colloidhaitigen 
Körper  werden  die  Gewebe  aus  einander  gedrängt,  es  bildet 
sich  um  sie  eine  fibröse  Kapsel,  die  zuweilen  auch  eine 
Pflasterepithelialauskleidung  bekommt. 

Der  Bau  der  Cysten,  mögen  sie  auf  die  eine  oder 
die  andere  Weise  entstanden  sein,  verhält  sich  im  Allge- 
meinen so: 

1)  &eröse  und  Colloidcysten  entstehen  nach  ei- 
ner der  oben  angegebenen  Weisen;  das  Serum  gleicht  in 
seinen  chemischen  und  physikalischen  Eigenschaften  ganz 
den  serösen  Exsudaten,  das  CoUoid  bildet  eine  zähe,  faden- 
ziehende od«r  gallertige,  farblose,  gelbliche  oder  grünliche 
Masse.  Die  Wandung  besteht  aus  einem  geschlossenen  Sack 
von  Bindegewebe  mit  Gelassen,  wekh^  nach  aussen  mit 


75 

den   umgebenden  Greweben    eng    Terbunden,    nadi  innen 
meist  mit  einer  Li^e  Pflasterepitheliiim  ausgekleidet  ist 

2)  Cysten  mit  zelligem  Inhalt  Der  Inhalt  bei- 
steht der  Hauptsache  nach  aus  pflasterepithelienartigen  Zel- 
len oder  Schüppchen  9  daneben  aus  Fettkömchen,  Chole- 
stearinkrfstallen  und  Detritus  von  Zellen.  Die  Wandung 
ist  bald  ein  mit  PflasterepUhelium  ausgekleideter  fibröser^ 
bald  ein  den  Bau  der  Cutis  ganz  oder  stellenweise  wieder* 
holender  Balg.  Der  Inhalt  ist  theils  die  Secretmasse,  wel- 
dhe  zuerst  die  Cystenbildung  yerursadite,  theils  Produkt 
der  Wandung  der  fertigen  Cyste:  abgestossene  Epithelien, 
Fett  aus  Talg^  und  Schweissdrüsen,  Fett  aus  durch  Fett- 
metamorphose zu  Grändlf  gegangenen  Zellen ;  «r  bildet  bald 
eine  ungeordnete ^  breiige,  weissgelbliche  Masse,  bald  ge- 
schichtete Massen  von  durchgängig  weicher  Consistene  oder 
nach  der  Peripherie  zu  härter  und  homartig  werdend. 

Die  zunächst  an  der  Wandung  liegenden  Zellen  sind 
wohlgebiMet  und  hab^  Kerne^  die  übrigen  verlieren  ihre 
Zellennatur,  werden  zu  Homsdiäppchen,  zerfallen  in  kleine 
und  kleinste  Fragmente  oder  gehen  durch  Fettmetamorphos^ 
zu  Grunde.  Oft  sind  die  Zellen  sehr  dünn  und  durchschei- 
nend, liegen  sehr  eng  aneinander  gepresst,  dass  ihre  in  ein- 
ander, fliessenden  Conturen  das  Ansehen  eines  zierlichen, 
polyedrisdien  Maschenwerks  darbieten,  zuweilen  lagern 
noch  zwischen  den  Zellen  kleine  Fettkügelchen  und  bezeich- 
nen dann  die  Conturen  der  anscheinenden  Maschen,  endlich 
ist  nicht  sdten  4er  Inhalt  der  Schüppchen  selbst  Yettig,  sie 
bekommi^  dadurch  einen  lebhaften  Glanz,  zuweilen  sind 
diesen  Massen  zahlreiche.  Cholestearinkrystalle  beigemischt, 
welche  denselben  einen  eigenthümlichen  schillemd^sn  Glanz 
geben.  Cysten  mit  einem  derartigen  Iidialt  nennt  man  nach 
Müller  Xlholesteatome.  Ganz  gleiche  Massen  wurden 
andi  ohne  Balg  beobadbitet,  Geschwülste  bildend,  welche, 
aus  iKMgebildeten  pflast^pifb^enari^en  Zellen  bestehend. 


76 

am  nächsten  •  mit  den  Epithelialkrebsen  Yerwandt  sind.  Ihre 
Stellung  in  der  Reihe  der  Geschwülste  kann  erst  nadi  sahir 
reicheren  Untersuchungen  gesichert  werden. 

Hinsichtlich  ihrer  Zahl  kommen  die  Cysten  vor  als 
einfache  oder  mehrfache,  oder  zusampengesetzte.  Man 
findet  bald  nur  eine  Cyste  bei  einem  Individuum,  bald  meh- 
rere derselben  an  verschiedenen  Stellen,  bald  viele  an  einer 
SteDe.  Im  letzteren  Falle  entstehen  kleine  oder  grössere 
Massen,  welche  aus  einem  Convolot  von  Cysten  bestehen 
und  zusammengesetzte  Cysten  oder  Cystoide  ge- 
nannt werden;  dieselben  kommen  entweder  nur  an  solchen 
Localitäten  vor,  an  welchen  die  Zahl  der  praexistirenden 
Hohlräume,  aus  deren  Ausdehnuil^  ^e  hervorgehen,  eine 
beträchtliche  ist,  oder  sie  entstehen  durch  selbstständige 
Vermdirung.  . 

Die  fertige  Cyste  zeigt  folgende  weitere  Entwicke- 
lungsgänge: 

1)  Wachsthum  der.  Cysten  findet  nicht  immer 
statt;  die  serösen  uhd  colloiden  Cysten  wachsen  durdi 
Bildung  neuen  Stoffes,  während  die  Wandungen  ebenfalls 
an  Masse  zunehmen,  die  zellhaltigen  Cysten  durch  all- 
mäliges  Abstossen  einer  Lage  von  Zellen  nach  der  ande- 
ren von  der  Innenseite  des  Balges  und  Fettproduktion  aus 
den  etwaigen  Drüsen  desselben.  Bildung  grosser  Cysten 
aus  kleinen  kommt  femer  durch  Zusammenfliessen  einer  An- 
zahl kleiner  Cysten  zu  Stande. 

'2)  Vermehrung  dex  Cysten  konmit  nur  in  sehr 
beschränkter  Weise  vor,  indem  die  grosse  Mehrzahl  der 
Cysten  als  einfache  bleiben  oder  gleich  bei  ihrem  Entstehen 
als  zusammengesetzte  auftreten.  Eine  wirkliche  Yenneh- 
rung derselben  kommt,  so  weit  ich  die  Sache  beobachtet 
habe,  nur  in  der  Weise  vor,  dass  ne-ben  einfachen  oder 
zusammengesetzten  schon  bestehenden  Cysten  in  demselben 
Strpma  und  auf  dieselbe  Weise^  wie  diese  ersten  entstanden 


77 

sind,  allmälig  neue  entstehen  und,  sich  zu  den  früheren 
gesellend,  eine  zusammengesetzte  Cystengeschwulst  bilden. 
Eine  solche  zeigt  dann  folgende  Eigenthümlichkeiten :  a)  Die 
sehr  nahe  an  einander  liegenden  Cysten  platten  sich  gegen- 
seitig ab,  werden  eckig;  schneidet  man  eine  solche  Cysten- 
masse durch,  so  hat  man  ein,  polyedrische  Maschen  bil- 
dendes, fibröses  Tachwerk  Yor  sich;  isolirte  Cysten,  sieht 
man  nur  an  der  Peripherie,  b)  Die  Wände  einzelner  oder 
vieler  gegen  einander  gepresster  Cysten  schwinden  allmälig 
und  die  Bäume  communiciren  unter  einander,  mehrere  Cy- 
sten fliessen  dann  wohl  auch  zu  einer  grösseren  zusammen. 
c)  Diejenigen  Cysten,  welche  an  der  Pejripherie  liegen,  sind 
meist  die  grössten,  da  sich  ihr  Wadhsthum  frei  entwickeln 
kann,  d)  Einzelne  oder  ganze  Gruppen  von  Cysten  be- 
wirken zuweilen  Baumyerminderung  einer  nebenliegenden 
grösseren,  indem  sie,  die  Wandung  der  letzteren  Tor  sich 
her  schiebend ,  in  deren  Höhlung  einen  Y orsprung  bilden 
und  dieselbe  allmälig  wohl  ganz  ausfüllen.  Zuweilen  er- 
sdieinen  diese  einragenden  Cysten  breit  oder  schmal  gestielt 
und  es.  hat  den  Anschein,  'als  ob  sie  aus  der  Wand  der 
grossen  .Cyste  heryorgewachsen  seien.  Dieser  Anschein  wird 
noch  täuschender ,  wenn  die  vorgeschobene  Wand  der  gros- 
sen Cyste  allmälig  dünner  wird  und  die  anderen  nun  frei 
herein  zu  ragen  scheinen.  Indem  nun .  alle  diese  Verhält- 
nisse in  einem  Cystoid  gleichzeitig  auftreten,  wird  der  An- 
blick  von  dessen  Oberfläche  und  Schnittfläche  äusserst  man- 
nichfaltig.  . 

Die,  Cysten  einer  solchen  zusammengesetzten  Geschwulst 
sind  bald  von  einer  Natur,  -s^öse,  coUoide  oder  zellhaltige, 
bald  finden  sich  gleichzeitig  solche  von  verschiedener  Natur. 

3)  Excrescenzen  und  hornartige  Bildungen 
kommen  zuweilen  auf  der  Innenwand  von  Cysten  in  glei- 
cher Weise  vor  wie  auf  der  Haut'  Die  Ex.crescenzeü 
haben  ganz  den  Charakter  der  Papillargeschwülste,  von  der 


78 

innenirand  erheben  sich  fadige  oder  kolbige,  niieut  retätMte 
fibröse  Papillen  mit  CapiUarschlingen  and  EpithelialüberEug. 
Sie  wachsen  zuweilen  in  solcher  Weise  ^  dass  sie  die  H9hle 
der  Cyste  gans  ausfüllen.  In  den  Cysten  der  Haut  stellen 
sie  das  sogenannte  Condyloma  subcutaneum  dar.  Horn- 
artige  Auswüchse  finden  sich  nur  in  Cysten  der  Haut, 
stellen  partielle  Hypertrophie  des  Epithelialüberzuges  oder 
so  SU  sagen  der  Epidermis  der  (cutisartig  organisirten)  Cy- 
stenwandungen  dar,  perforiren  allmSlig  wachsend  wohl  auch 
die  Cystenwand  und  die  Haut  und  kommen  als  Hauthömer 
SU  Tage.    (S.  Hautkrankheiten.) 

4)  Yerkreidung  der  Cystenwand,  suweilen  auch  des 
-seiligen  Inhaltes  tritt  zuweilen  als  spontiEme  oder  rorherge- 
hende  Entzündung  des  Balges  bedingte  Rückbildung  ein. 
Der  Balg  wird  zuweilen  zur  Knochenkapsel.  Sehr  selten 
ist  wirkliche  Yerknocherung  des  Balges.  . 

5)  Entzündung  und  Hämorfhagie  können  in  al-^ 
Icn  Arten  der  Cysten  yorkommen,  der  Inhalt  wird  durch 
Exsudate  und  Extravasate  verändert,  hauptsädblich  durch 
Eiter-  und  Pigmentbildung,  wodurch  er  zu  einer  emulsiven 
oder  rothen,  braunen,  schwarzen  Flüssigkdt  wird;  die 
Wandung  wird  zuweQen  durch  neugebildetes  Bindegewebe 
beträchtlich  verdickt.  Zuweilen  erfolgt  Vereiterung  oder 
Verjauchung  der  ganzen  Cyste. 

Combination  von  Cysten  mit  anderen  Neubil- 
dungen kommt  vor:  Cysto  -  Fibroid,  -Sarcom  und  -Car- 
cinom;  bei  keiner  dieser  Bildung  ist  die  Combination  eine 
durch  constante  Bedingungen  hervorgerufene  und  wesentlich 
den  Charakter  der  Geschwulst  bedingende,  wesshadb  sie 
auch  nicht  als  Species  aufgestellt  werden  können.  Die  in  der 
Mamma  vorkommende  Combination  hat  man  nach  J.  Müller 
vorzugsweise  als  Cysto sarcoma  hingestellt,'  und  in  C. 
Simplex  —  einfache  Cysten  — ,   C.  proHferum  —  von  den 


79 

Wandungen  ragen  Cysten  In  Cysten  -^/  C.  phythdes  — 
Cysten  mit  Excreseenzen  -^  getheilt.    (S.  Mamma.) 

ti«    Hie  Paplllar§peseli Wülste. 

Die  Papillargeschwiilste  kommen  auf  der  Haut  und 
den  Schleimhäuten  als  Condylome^  Warzen,  Zottengewächse, 
polypöse  und  fungöse  Exerescenzen  vor.  Das  wesentliche 
Element  derselben  ist  ein  konischer,  cylindrischer,  faden- 
förmiger oder  kolbiger  Körper,  bestehend  aus  einefti  Stanun 

m 

?on  Bindegewebe,  der  aussen  mit  Pflaster-  oder  Cylinder- 
epithelium  bekleidet  ist  und  eine  Capitlargefässschlinge  ent- 
hält; dieser  Körper  geht  bald  aus  Yergrössernng  einer  nor- 
malen Papille  hervor,  bald  ist  er  neugebildet,- 

1)  Warzen,,  Verrucae ^  finden  sich  auf  der  Haut  und 
-den  Uebergangsstellen  der  Haut  in  Schleimhaut,  sind  bedingt 
durch  Hypertrophie  einer  Gruppe  von  Hautpapülen,  insbe- 
sondere deren  Epidermisdecke,  bilden  kleine  Hervorragun- 
gen  mit  trockner,  höckeriger,  oft  in  starre  Säulen  zerfal- 
lender Oberflache.    (S.  Hautkrankheiten.) 

2)  Condylome  finden  sich  auf  der  Haut,  den  Ueber- 
gangsstellen derselben  zur  Schleimhaut  und  der  letzteren 
selbst,  sind  ebenfalls  durch  Hypertrophie  normaler  Papillen 
•bedingt,  besonders  deren  Bindegewebsstamm ,  welcher  sich 
nicht  allein  •  verlängert  und  verdickt,' sondern  auch  vielfach 
.verästelt.  Durch  die  Gruppen  der  zahlreichen  Endkölbchen 
dieser  Aeste  wird  die  eigenthümliche,  himbeer-  oder  blu- 
menkohlartige Gestaltung  der  Oberfläche  der  Condylome  be- 
dingt. (S.  Mund-  und  Bachenhöhle,  Larynx,  Hautkrank- 
heiten.) 

3)  Z  Ott  enge  schwülste  finden  sich  vorzugsweise  auf 
Schleimhäuten,  s.  Harnblase,  Magen,  Mastdarm,  Gallenblase, 
Uterus  (wenn  man  -  Bo  k  i  t  a  n  s  ky's  Zottenkrebse  mit  hierher 
zieht,  auch  anderen  Stellen:  auf  der  Haut,  auf*  serösen  Häu- 
ten, im  Gdiirn,  in  der  Leber,  der  D.  mater>  dem  Uterus). 


60 

Sie  sind  meist  durch  Neubildung  der  Papillen  bedingt,  selt- 
ner durch  Hypertrophie  normaler  Schleimhautpapillen,  bil- 
den meist  polypenartige  Massen  mit  sammetartiger,  weicher, 
zottiger  oder  blumenkohlartiger  Oberfläche  und  bestdien  aus 
meist  sehr  langen  und  dünnen ,  yielfach  verästelten  Papillen 
Yon  ganz  demselben  Bau  wie  die  d^r  Condylome;  sie  sind 
bald  mit  Pflaster-,  bald  mit  Cylinderepithd  überzogen,  je 
nach  dem  der  Schleimhaut,  auf  welcher  sie  sitzen,  eigen- 
thümlicben  Epithel.  Der  Epithelialüberzug  ist  zuweilen  sehr 
dick,  die  Zellen  liegen  locker  an  einander  und  lassen  sich 
als  dicken  Saft  abstreichen,  wesshalb  diese  Greschwülste  bei 
oberflächlicher  Betrachtung  wohl  das  Ansehen  von  saftigen 
Krebsen  erhalten  können. 

Die  Papillargeschwülste  sind  überall ,  wo  sie  vorkom- 
men, locale  Leiden,  bald  spontan,  bald  durch  mechanische 
Beize  entstanden.  In  gewissen  Fällen  tritt  bei  den  War- 
zen und  Zottengeschwülsten  Combination  mit  Can- 
croid-  oder  Krebsbildung  in  ihrer  Basis  oder  ihrem 
Gewebe  selbst  ein,  wodurch  der  Verlauf  der  Bildung  we- 
sentlich verändert  wird;  so  gesellen  sich  an  den  Lippen  zu 
emfachen  ulcerirenden  Warzen  weit  um  sich  greifende  Epi- 
thelialcancroide ,  an  der  Schleimhaut  des  Uterus  zu  dem 
Blumenkohlgewädxs  Cancroidbildungen,  in  den  anfangs  ein- 
fachen, aus  Bindegewebe  und  Cs^pillarschlingen  bestehenden 
Zotten  der  Harnblase  entwickelt  sich  Markschwamm  und 
aus  der  einfachen  Papillargeschwulst  wird  ein  Zottenkrebs. 
(S.  Harnblase.)    Fig.  10  a  und  b. 


12.    Der  KreliSf  Carcinoma. 

Das  Garcinom  ist  eine  aus  traiisitorischen  Zellen  und 
einem  diese  einschliesseüden  Maschenwerk  Ton  Bindegewebe 
bestehende  Geschwulst. 


81   ' 

A.     Carcinoma  vuigare.    Der  gewöhnliche  Krebs, 
Scirrhus  und  Markschwamm. 

Zelleninhalt  und  InterceUularsubstanz  sind  eiweissartige 
Korper  und  bilden  meist  einen  rahmartigen  Saft. 

Das  gewohnliche  Carcinom  bildet  Geschwülste  yon  al- 
len Formen  und  Grössen,  welche  bald  als  umschriebene 
Knoten,  bald  als  diffuse  Massen  in  und  zwischen  den  Ge- 
weben und  Organen  liegen.  Die  Knoten  haben  bald  eine 
Zellgewebshülle  und  liegen  dann  zwischen  den  aus  einander 
gedrängten  Organen,  bald  gehen  sie  ohne  bestimmte  Grenze 
in  die  umgebenden  Gewebe  Ober  und  sitzen  dann  an  der 
Stelle  der  geschwundenen  oder  noch  in  sie  eingeschlossenen 
.  Organe.  Ihre  Farbe  ist  weiss-  oder  grauroth,  brSunlich, 
gelblich,  ihre  Consistenz  meist  die  eines  festen  Hirns,  doch 
wechselt  sie  zwischen  der  eines  Knorpels  und  eines  wei- 
chen Hirns.  Die  Schnittfläche  ist  in  den  harten  Krebsen 
glatt,  faserig,  durch  Druck  erhält  man  einen  in  Form  Yon 
dicken  Tropfen  öder  wurstförmigen  Klümpchen  hervortre- 
tenden Saft ,  in  den  weichen  Krebsen  hirnähnlich,  wird  so- 
gleich Ton  einem  rahmigen  Saft  überströmt. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  der  grossen  Mehr- 
zahl der  Carcinome  ergiebt  Folgendes:  An  feinen  Schnitt- 
chen sieht  man  Massen  yon  Zellen  und  Kernen  (Krebssaft) 
in  den  Maschenräumen  eines  aus  Bindegewebe  und  Capil- 
largefässen  bestehenden  Gewebes. 

Das  faserige  Gerüst  (Fig.  11  a),  Stroma,  besteht 
aus  Bindegewebe,  welches  bald  von  gelockten,  bald  von 
steifen  geraden  Fasern,  bald  yon  Faserzellen  zusammenge- 
setzt ist  und  dem  zuweilen  elastische  Fasern  beigemischt 
sind.  Fasern,  die  für  Krebs  diarakteristisch  sind,  giebt 
es  nicht.  Im  Bindegewebe  yerlaufen  die  Gefässe^  Capilla- 
ren  yon  meist  beträchtlichem  Durchmesser;  sie  bilden  ein 
weit-  oder  engmaschiges  Netzwerk,  welches  in  dem  Binde- 

6 


82 

gewebsstroma  die  Geschwulst  durebsieht,  mit  den  Arte- 
rien und  Venen  der  Umgebung  in  Verbindung  steht  und 
Ton  beiden  aus  injicirt  werden  kann«  Die  Anordnung  der 
Fasern  ist  meist  alveolar ,  die  Fasern  und  Faserbündel  bil- 
den ein  Maschen  werk  mit  engen  oder  weiten  y  vielgestalti- 
gen Maschenräumen;  .diese  Bäume  sind  meist  mikrosko- 
pisch ^  nur  selten  werden  sie  makroskopisch ,  zuweilen  so 
gross  9  dass  der  Saft  in  cystenartigen  Bäumen  enthalten  zu 
sein  scheint.  (Canc.  pultace.Cruv.)  Zuweilen  ist  das  fa- 
serige Netzwerk  so  eng,  dass  die  Maschenräume  als  solche 
verschwinden  und  der  Saft  ungeordnet  zwischen  den  Fasern 
liegt ,  zuweilen  aber  ist  es  so  schwach  angedeutet,  dass  der 
Krebs  nur  aus  Zellen  zu  bestehen  scheint. 

Der  Krebssaft  besteht  aus  einer  flüssigen,  klaren 
oder  durch  feine  Molecüle  getrübten  eiweisshaltigen ,  seltner 
schleimigen  oder  gallertigen  Intercellularsubstanz  und  Zel- 
len, Kernen  und  Körnchen. 

Das  constanteste  Element  sind  die  Kerne;  dieselben 
sind  frei  oder  in  Zellen,  rund  oder  oval,  durchscheinend 
oder  durch  Molecüle  getrübt,  enthalten  1 — 2  grosse,  glän- 
zende Kemkörperchen ,  ihr  mittlerer  Durchmesser  ist  ^ix^'", 
und  es  sind  durch  diesen  beträchtlichen  Umfang  die  Kerne 
des  Carcinoms  vor  den  Kernen  anderer  Gewebe  ausgezeich- 
net, doch  finden  sich  in  jedem  Carcinom  neben  den  grossen 
Kernen  auch  kleinere,  in  manchen  Carcinomen  erreichen  sie 
überhaupt  diese  Grösse  gar  nicht  und  auch  in  anderen  Neu- 
bildungen und  physiologischen  Geweben  kommen  freie  und 
in  Zellen  eingeschlossene  Kerne  von  dieser  Grösse  hie  und 
da  vor.  Es  können  also  der  einzelne  grosse  Kern  oder  die 
mit  demselben  versehene  Krebszelle  nicht  als  specifische, 
nur  dem  Krebs  eigenthümliche  Körper  angesehen  werden, 
obsdbion  sie  in  den  Massen  gesehen,  in  welchen  man  sie 
beim  Krebs  in  der  Begel  findet^  sehr  charakteristisch 
und  für   die  mikroskopische  Diagnostik  des  Krebses  von 


83 

grösster  Wichtigkeit  sind.  Die  Kerne  bilden  als  freie  bald 
das  einzige  Element  des  Krebssaftes,  bald  kommen  sie  ne* 
ben  Zellen  vor,  dieselben  an  Menge  übertreffend  oder  hin* 
ter  ihnen  suräckstehend ,  niemals  fehlen  sie  ganz.  Neben 
den  ausgebildeten  grossen  Kernen  finden  sich  fast  stets  klei- 
nere und  von  diesen  abwärts  aUe  Uebei^angsstufen  zu  klei« 
nen  glänzenden  Kömchen  mit  den  Reactionen  der  Keme^ 
femer  in  Theilung  begriffene  Kerne.  (Fig.  11  b.  c.) 
Die  Zellen  (Fig.  11  d.  e)  sind  von  höchst  mannichfa^ 
dier  Grösse  und  Beschaffenheit;  sie  sind  rund,  kugelig  oder 
platt,  oval,  eckig,  haben  zuweilen  lange  Fortsätze,  Schwänze 
U.S.W.,  sie  sind  meist  fein  granulirt,  ihre  Wand  steUt  sich 
als  einfache  Contur  dar,  ihre  Grösse  schwankt  zwischen 
^,y  und  t^if'"  Dchm.  Sie  haben  meist  1,  zuweilen  2—8 
und  mehr  der  beschriebenen  Kerne. 

In  manchen  Carcinomen  finden  sich  nur  diese  einfachen 
Zellen  mit  1  —  2  Kernen^  in  anderen  finden  sich  daneb($n 
solche  mit  endogener  Kern-  und  Zellenbildung:  endogene 
Vermehrung  der  Kerne  durch  Theilung  oder  Neubildung 
bis  zur  Füllung  der  sehr  Tergrösserten  Zelle  mit  grossen 
Mengen  yon  Kernen  ist  häufiger  als  Bildung  endogener 
Kemzellen,  welche  aber  ebenfalls  in  manchen  Zellen  in 
grösserer  Anzahl  sich  bilden.  Selten  finden  sich  Beispiele 
von  Vermehrung  der  Zellen  durch  Theilung  desselben.  In 
manchen  Carcinomen  kommt  endlich  endogene  Kern-  und 
Zellenbüdung  in  Kemblasen  vor.    (S.  Zellenbildung.) 

Die  chemische  Untersuchung  des  Carcinoms  im  Ganzen 
zeigt  seine  Zusammensetzung  aus  eiweissartigen  (Saft)  und 
leimgebenden  (Gerüst)  Substanzen. 

.  Das  Carcinoma  vulgare  lässt  sich  nach  dem  Verhältniss 
des  Gerüstes  und  des  Saftes  in  zwei  Unterarten  trennen, 
wobei  man  aber  stets  im  Auge  haben  muss,  dass  Mittel- 
formen zwischen  beiden  ebenso  häufig  sind,  als  sie  selbst. 

Der  Scirrhus,  Faserkrebs,  Carcinoma  fibrosum, 

6* 


84 

ist  eharakterisiri  durch  ^die  yorwiegende  Entwiekelmig  des 
Faseiferiistes ,  bildet  harte ,  unregehnässig  knotige  höcke- 
rige Geschwülste  oder  diffuse,  in  die  Organe  eingesprengte 
Massen,  knirscht  beim  Durchschneiden,  die  Schnittfläche 
hat  ein  fibröses  oder  speckiges  Ansehen,  der  Saft  quillt  als 
kleine  Tropfen  oder  Cylinder  herror.  Man  findet  ihn  in 
der  Mamma,  dem  Magen  und  Darme,  Uterus,  Netz  u.s.w. 

Der  Markschwamm,  Zellenkrebs,  Carcmama 
tnedullate,  Encephaloid,  ist  charakterisirt  durch  den  Reich- 
thum  an  Zellen;  er  bildet  saftige  und  weiche,  runde,  glatte 
oder  gelappte,  blumenkohlartige  Geschwülste  von  grauer, 
gelblicher  oder  röthlicher  Farbe,  seine  Schnittfläche  ist  oft 
himartig,  füUt  sich  rasch  mit  Saft,  der  auf  Druck  in  zahl- 
reichen Tröpfchen  überall  heryorquillt.  Der  Markschj^amm 
entsteht  gleich  ursprünglich  als  solcher  oder  hat  Anfangs 
mehr  die  Beschaffenheit  des  Faserkrebses  und  wird  erst 
später  durch  reichlichere  Zellenbildung  zum  Markschwanun. 

Als.  Varietäten  des  Carcinoms  lassen  sich  femer 
hinstellen : 

1)  Carcinoma  telangectodes ,  Krebse  mit  sehr  zahlrei- 
chen, aussergewöhnlich  weiten  und  zuweilen  wie  in  Telan- 
giectasieen  angeordneten  Capillaren,  meist  mit  gleichzeitiger 
starker  Erweiterung  der  Venen  und  wohl  auch  Arterien  der 
Umgebung.  Diese  Krebse  haben  eine  dunkelrothe  Farbe, 
aus  der  Schnittfläche  strömt  Blut  in  grosser  Menge«  An- 
dere Krebse  haben  ebenfalls  eine  rothe  Färbung,  sind  aber 
nicht  aussergewöhnlich  gefässreich,  sondern  mit  extrayasir- 
tem  Blute  gefärbt;  diese  könnte  man  zur  Unterscheidung 
von  den  vorigen  Carcinoma  haematodet  nennen.  Beide  Va- 
rietäten steUen  den  sogenannten  iBl^tschwamm,  Fangu» 
haematodeSi  dar. 

2)  Carcinoma  mebmodes,  Carcinome,  in  deren  Zellen 
und  Intercellularsubstanz  gelbe,  braune  oder  schwarze  Pig- 
mentkömchen   in    grosser  Menge   oder   sparsam  angehäuft 


85 

süid^  80  das8  die  Oberfläche  und  Schnittfläche  ganx  oder 
partiell  braun  oder  schwars  gefärbt  wird«  Die  Carcinome 
bilden  mit  den  melanotischen  Fibroiden  und  Sarcomen  die 
sogenannten  melanotischen  Geschwülste. 

(Ausser  diesen  werden  noch  aufgestellt  das  C.  reticu' 
lare  Ton  J.  Müller,  s.  unten,  das  C.  fasciculatum  $.  kya- 
iinum  Yon  demselben,  eine  aus  feinen,  büschelartig  verlau- 
fenden Fasern  mit  Gefässen  und  gallertiger  Zwischensub- 
stanz  bestehende  Geschwulst,  deren  Stellung  noch  unge- 
wiss ist;  Ton  Rokitansky:  Zottenkrebs,  s.  Papillar- 
geschwülste ;  Cystenkrebs,  Carcinome  mit  Cystenbildung 
combinirt.) 

Die  Carcinome  entwickeln  'sich,  wie  die  meisten  ande- 
ren Geschwülste,  spontan,  d.  h.  unter  uns  unbekannten 
Bedingungen,  in  wenigen  Fällen  geben  traumatische  Einwir- 
kungen den  Anstoss  zur  Bildung  derselben;  andere  Bedin- 
gungen, wie  erbliche  Uebertragung,  Kummer,  dürftiges  Le- 
ben u.  B.  w.,  sind  ungewiss.  Sie  kommen  in  jedem  Alter 
Tor,  doch  vorzugsweise  im  reifen  Mannesalter;  zuweilen 
sind  sie  angeboren.  Sie  werden  häufiger  bei  Frauen  als 
bei  Männern  gefunden.  Sie  entstehen  primär  fast  in  allen 
Organen  des  Körpers,  am  häufigsten  hat  der  Krebs  seinen 
Sitz  in  der  Mamma  und  dem  Uterus,  dann  folgen  die  Le- 
ber, Gehirn,  Lymphdrüsen,  Bulbus,  Knochen,  Magen,  in 
dritter  Reihe  Haut,  Hoden,  Nieren,  Oesophagus,  Darm- 
kanal, Peritoneum;  seltnere  Localitäten  sind:  Speicheldrü- 
sen, Schilddrüse,  Blase,  Zunge,  Ovarien,  Lungen,  Rük- 
kenmark. 

Das  Carcinom  ist  einfach,  auf  ein  Organ  als  eine  Ge- 
schwulst beschränkt  oder  es  ist  vielfach,  wenn  in  einem 
Organ  oder  in  verschiedenen  Organen  mehrfache  Geschwülste 
zugleich  entstehen.  Nachdem  primär  ein  einfacher  oder  viel- 
fache Carcinome  im  Körper  eine  Zeit  lang  bestanden  ha- 


86 

beiiy  entwickeln  sich  zuweilen  (nicht  constant)  secund&re 
Carcinome  in  anderen  Localitäten.    S.  unten. 

Die  Entwickelung  des  Garcinoms  in  ihren  er- 
rten  Anfängen  kommt  selten  sur  Beobachtung ,  sidiere  Be- 
obachtungen sind  erst  möglich ,  wenn  schon  die  Organisa- 
tion begonnen  hat;  das  Blastem  wird  so  allmälig  und  in  so 
kleinen  Mengen  ausgesdiieden,  dass  es  nicht  untersudiungs- 
föhig  ist.  Als  erste  Spur  der  Krebsbildung  beobachtet  man 
Kerne  bald  zwischen  die  Elemente  der  normalen  Gewebe 
zerstreut  eingebettet,  so  dass  diese  das  Stroma  abgeben, 
bald  in  einer  durch  Atrophie  entstandenen  Lücke  der  Gre- 
webe  in  sehr  kleinen  Haufen.  Als  nächste  Stufe  sieht  man 
dann  gesonderte  Krebsknöichen ,  welche  Kerne  und  Zellen 
in  einem  Stroma  von  Bindegewebe  und  Gapillaren  zeigen. 
Das  Stroma,  Gerüst,  geht  a)  aus  den  normalen  Geweben 
hervor  und  wie  die  Gapillaren  des  entwickelten  Krebses 
durch  fortschreitende  Ausbuchtung  der  normalen  Gapilla- 
ren gebildet  werden,  so  kommt  sein  Gerüst  durch  fort- 
schreitendes Wachsthum  des,  das  primitive  Stroma  bilden- 
den, normalen  Bindegewebes  zu  Stande;  die  alveolare  Form 
dieses  Stromas  wird  durch  die  gleichzeitig  sich  bildenden 
Kern-  und  Zellenmassen  bedingt,  welche  die  Maschen  be- 
ständig aus  einander  halten;  —  6)  das  Gerüst  geht  aus 
Neubildung  hervor,  um  und  neben  den  sprossenden  Gapil- 
laren bilden  sich  aus  demselben  Blastem,  ans  welchem  die 
grossen  Kerne  und  Zellen  entstehen.  Kerne  und  Zellen,  die 
zu  Faserzellen  werden ,  weldie  sich  eng  an  einander  legend 
die  Balken  des  Gerüstes  bilden  und  endlich  auch  in  reifes 
Bindegewebe  übergehen.  Auch  das  durch  Wachsthum  des 
normalen  Bindegewebes  entstehende  Gerüst  wird  durch  eine 
derartige  Neubildung  zuweilen  verstärkt. 

DasWachsthum  einer  so  entstandenen  kleinen  Krebs- 
masse geht  nun  in  verschiedener  Weise  vor  sich:  1)  das 
Garcinom  bildet  ein  Knötdien,  welches  gleichsam  als  frem- 


87 

der  Körper  durch  eine  Bindegewebshülle  Yon  den  umgeben- 
den Theilen  abgegrenzt  wird.  Dieses  Knötchen  wächst 
durch  Anbildung  neuer  Theile  in  seinem  Innern,  drängt  an 
Umfang  zunehmend  *  die  benachbarten  Organe  aus  einander, 
drückt  sie  platt  oder  macht  sie  schwindend,  die  Bindege- 
webshülle nimmt  wie  die  Gefässe  in  ihr  und  der  Umgebung 
yerhältnissmässig  ebenso  an  Masse  zu.  Der  Gang  der  An- 
bildung neuer  Theile  in  dem  Knoten  ist  verschieden :  a)  Ge- 
rüst und  Saft  entwickeln  sich  in  gleichem  oder  fast  glei- 
chem Yerhältniss.  b)  Die  Zellenbildung  geht  langsam  und 
in  geringer  Menge  vor  sich,  während  die  Masse  des  Ge- 
rüstes relativ  oder  absolut  überwiegt.  Das  Carcinom  wächst 
(als  Scirrhus)  langsam,  bleibt  unverändert  oder  zu  irgend 
einer  Zeit  wird  die  Zellenbildung  überwiegend  (der  Scirrhus 
wird  zum  Markschwamm),  c)  Die  Kern-  und  Zellenbil- 
dung ist- vorwiegend,  das  Wachsthum  geht  rasch  vor  sich, 
der  Umfang"  wird  bedeutend. 

2)  Das  Carcinom  wird  gegen  die  benachbarten  Theile 
nicht  abgegrenzt,  es  wächst  zum  Theil  wie  das  vorige,  zum 
Theil  dadurch,  dass  die  Kembildung  continuirlich  in  den 
umgebenden  Theilen  fortschreitet. 

In  jeder  Weise  des  Wachsthums  kann  das  Carcinom 
einen  sehr  grossen  Umfang  erreichen.  Seine  weitere  Ver- 
breitung verhält  sich  ebenfalls  verschieden: 

i)  Manche  Carcinome  verbreiten  sich  nur  durch  die  be- 
schriebene Weise  des  Wachsthums  in  der  Peripherie,  das 
primäre  Carcinom  ist  ein  einfaches  und  bleibt  ein  solches 
bis  zum  Tod  des  Kranken.  Dergleichen  Carcinome  sind 
häufig  im  Oesophagus,  Magen,  Darm,  im  Uterus,  den 
Lymphdrüsen. 

2)  Das  Carcinom  tritt  in  den  nächsten,  mit  dem  pri- 
mär leidenden  Organe  durch  Lymphgefdsse  verbundenen 
Lymphdrüsen  auf.  Zwischen  den  normalen  Elementen  der 
letzteren  entstehen  Kerne  und  Zellen  von  derselben  Natur, 


88 

wie  die  im  primären  Garcinom ;  die  Menge  derselben  nimmt 
allm'älig  su,  die  Kerne  und  Zellen  der  Drüse  schwinden, 
die  Fasern  und  Gefässe  derselben  bilden  nun  das  Stroma 
der  Erebselemente.  Zuweilen  sind  auch  die  an  das^  Garci- 
nom anstossenden  Lymphgefässe  und  mit  ihnen  im  Zusam- 
menhang stehende  entferntere  mit  Krebszellen  gefüllt.  Diese 
Art  der  Verbreitung  ist  wahrscheinlich  bedingt  durch  Trans- 
port flüssiger  Intercellularsubstanz ,  welche  entweder  als 
Blastem  der  secundären  Krebse  dient  oder  durch  ihren  Gon- 
tact  den  Anstoss  zur  Krebsbildung  giebt.  Diese  Art  der 
Verbreitung  ist  häufig,  aber  nicht  constant. 

3)  Sämmtliche  Lymphdrüsen,  welche  in  dem  Lymph- 
gefässtractus  zwischen  dem  {nimär  leidenden  Organe  und 
dem  Gefässcentrum  eingeschoben  sind,  werden  allm'älig  er- 
griffen* 

4)  Nachdem  das  primäre  Garcinom  als  einfaches  oder 
vielfaches  eine  Zeit  lang  bestanden  hat,  treten  secundär.e 
Garcinome  in  demselben  Organ  oder  in  anderen  Organen 
auf.  Diese  Verbreitung  geht  meist  allmälig,  zuweilen  un- 
ter lebhaftem  Fieber  und  Allgemeinleiden  vor  sich  (soge- 
nannte acute  Krebsbildung).  Die  Zahl  der  secundären 
Krebse  ist  meist  gering,  zuweilen  aber  ganz  enorm  und 
man  kann  an  einem  Individuum  über  hundert  zählen.  Der 
Mechanismus  dieser  Art  der  Verbreitung  ist  noch  nicht 
exact  darzustellen;  ist  das  primitive  Garcinom  im  Zerfall 
begriffen  oder  ragt  es  frei  in  perforirte  Venen  ein  (s.  Ve- 
nenkrebs), so  können  transportirte  Partikelchen  die  Grund- 
lage der  secundären  Krebse  bilden;  in  anderen  Fällen  kann 
die  resorbirte  Intercellularsubstanz  wie  in  den  Lymphdrü- 
drüsen  die  Bildung  vermitteln.  Sei  dem  wie  ihm  wolle, 
der  Verlauf  der  Krebsfaildung  hat  nach  dem  Auftreten  se- 
cundärer  Krebse  ganz  das  Ansehen  einer  aligemeinen  Af- 

^fection  des  Organismus,  so  dass  die  secundären  Krebse  Lo- 
calerscheinungen  derselben  zu  sein  scheinen.     Reihen  wir 


89 

diesen  Vorgang  an  schon  Bekanntes,  die  syphilitischen  Af- 
fectionen,  so  kann^  wie  der  primitive  Chanker,  ein  primä- 
rer Krebs  als  locale  Geschwulst  entstehen  und  als  solche 
bleiben  und  ihre  Metamorphosen  durchmachen ,  ohne  je  den 
Anstoss  zu  secundären  Affectionen  su  geben,  während  er 
letztere  in  anderen  Fällen  zur  Folge  hat,  und  wir,  wie  dort 
die  allgemeine  Syphilis,  hier  die  allgemeine  Krebskrankheit 
Tor  uns  haben.  Weiter  lässt  sich  aber  die  Analogie  nicht 
durchführen,  denn,  so  sicher  es  erwiesen  ist,  dass  die  sy- 
philitische Infection  yon  einem  specifischen  Secrete  abhängt, 
so  wahrscheinlich  ist  es,  dass  beim  Krebs  das  erste  Ent- 
stehen des  primären  Knotens  unabhängig  von  einer  solchen 
specifischen  Infection  ist.  Das  Carcinom  ist  nicht  durch 
Einimpfung  übertragbar,  seine  Erblichkeit  ist  zweifelhaft 
oder  wenigstens  äusserst  selten,  und  in  manchen  Fällen  ge- 
ben mechanische  Momente  exact  nachweisbar  den  Anstoss 
zur  Entstehung  primärer  Krebse,  die  local  bleiben  und  sich 
in  keiner  Weise  verbreiten.  Wir  hätten  also  im  Krebs  ein 
Leiden,  welches,  als  locales  entstehend,  unter  besonderen 
Umständen  Anstoss  zu  einer  allgemeinen  Infection  des  Kör- 
pers und  damit  zur  weiteren  Verbreitung  von  Krebsgeschwül- 
sten geben  kann,  nicht  aber  eine  Krebskrankheit,  welche 
schon  den  ersten,  überhaupt  entstehenden  Ejrebs  bedingt. 

Für  eine  solche  Krebskrankheit  spricht  mehr  als  die 
nicht  constante  secundäre  Verbreitung  das  constante  Auftre^ 
ten  von  Becidiven  nach  Exstirpation  der  Kxebse,  wel- 
ches die  Unheilbarkeit  des  Krebses  bedingt,  lieber  diese 
Folgendes : 

Wie  wir  weiter  sehen  werden,  findet  wohl  zuweilen 
Verschrumpfung  eines  Krebsknotens,  aber  nie  völlige  Heilung 
dadurch  statt,  sondern,  wenn  auch  der  Krebs  ein  ganz  lo- 
caler  bleibt,  er  entwickelt  sich  als  solcher  immer  weiter, 
ohne  je  völlig  rückgängig  zu  werden.  Dieses  Verhalten  ist 
abet  den  meisten  Geschwilsten  eigenthümlich  und  kein  Be- 


»0 

weis  fttr  ein«  specUUcke  Krankheit,  auch  we&B  wir  sehen, 
dass  Krebse  meist  erweichen,  zerfallen,  Yerjauchen,  haben 
wir  darin  nur  Eigenschaften  einer  localen  Geschwulst,  aber 
keines  Allgemeinleidens.  Es  findet  ferner  eine  constante 
Störung  des  Allgemeinbefindens  und  der  Ernährung  während 
der  Ent Wickelung  eines  Carcinoms  nicht  statt  und  es  ist 
Thatsache,  dass.sidi  Carcinome  von  sehr  bedeutendem  Um- 
lange bei  Individuen  finden,  die  sidi  einer  ungeschwächten 
Muskelkraft  und  Ernährung  erfreuen.  Alle  diese  Umstände 
sprechen  mit  den  oben  angegebenen  gegen  die  Annahme, 
dass  schon  der  primäre  Kxebs  Produkt  einer  specifischen 
Infection  ist  Die  Beobi^ditungen  über  die  Becidive  sind 
noch  nicht  zum  exacten  Abschluss  zu  bringen;  sie  finden 
statt:  a)  an  derselben  Stelle,  an  welcher  der  exstirpirte 
Krebs  sass;  —  dann  ist  immer  die  Möglichkeit  vorhanden, 
dass  kleinere  Partieen  zurückgeblieben  waren ;  b)  in  zu  dem 
leidenden  Organ  gehörigen  Lymphdrüsen,  —  in  diesen 
konnte  die  Affection  schon  vor  der  Exstirpation  in  ihren 
ersten  Anfängen  begonnen  haben;  c)  in  inneren  Organen,  — 
in  diesen  konnten  schon  kleine,  für  die  physikalische  Ex- 
ploration unzugänglidie  Krebsknoten  sitzen;  d)  in  äusseren 
Organen,  der  Haut  u.  s.  w.;  —  hier  konnte  schon  der  vom 
spontan  entstandenen  primären  Krebs  ausgegangene  Anstoss 
zur  allgemeinen  Infection  statt  gefunden  haben.  Es  geht 
daher  aus  dem  Vorkommen  der  Becidive  ein  absoluter  Be- 
weis für  eine  primäre  Krebskrankheit  auch  nicht  hervor. 

Für  eine  primäre  Krebskrankheit  würde  endlich  noch 
sprechen  die  Beobachtung,  dass  Individuen,  mit  einem  ein- 
fachen Carcinom  behaftet,  dessen  Verlauf,  locale  Ausbrei- 
tung u«  8.  w.  in  keiner  Weise  den  Tod  herbeiführen  konn- 
ten ,  dennoch  allmälig  marastisch,  d.  h.  in  Folge  der  Krebs- 
krankheit, gestorben  sein  sollen.  Dergleichen  Beobachtun- 
gen habe  ich  noch  nicht  gemacht. 

Der  Einfluss  des  Careinonuü  auf  Functionen  des  Kör- 


91 

pers  ist  verschieden:  1)  Bei  sehr  tippiger  Wucherung  mit 
folgender  peripherischer  Erweichung  und  Zerfall  tritt  allmS'- 
lig  Anämie  9  Abmagerung  und  endlich  Tod  im  höchsten  • 
Grad  des  Marasmus  ein.  2)  Das  Carcinom  schadet  durch 
Druck  auf  wichtige  Organe^  durch  Zerstörung  desselben^  in- 
dem sie  mit  in  den  Zerfall  des  Krebses  gezogen  werden. 
3)  Das  Carcinom  schadet  pder  tödtet  durch  seinen  Sitz  in 
wichtigen  Organen  selbst.  Eine  specifische  Krebskachexie 
habe  ich  nie  gesehen. 

Die  Metamorphosen,  des  ausgebildeten  (pri- 
mären oder  secundären)  Carcinoms  sind  folgende: 

1)  Erweichung  durch  tippige  Zellenbildung 
und  peripherischer  Zerfall,  Das  Carcinom  wächst 
sehr  rasch 9  wird  sehr  weich ^  saftreich,  das  Gertist  wird 
sehr  locker  und  weitmaschig,  besteht  in  der  Peripherie  fast 
nur  aus  Capillarschling^n ,  die  Zellenmassen  in  flössiger 
Zwischensubstanz  sind  enorm.  Die  bedeckenden  Thdle 
schwinden,  die  Oberfläche  des  frei  liegenden  Carcinoms 
fängt  an  zu  zerfallen,  es  bildet  sich  ein  jauchiger  Abfiuss, 
während  von  unten  continuirlich  die  Zellenproduktion  fort-  '^ 
geht.  Zuweilen  tiberwiegt  die  Verjauchung,  der  vorragende 
Krebsknoten  schwindet  und  seine  Basis  bleibt  als  die  eines 
sogenannten  carcinomatösen  Ulcus  zurück;  dann  geht  die 
Verjauchung,  weiter,  doch  hat  man  noch  nie  eine  vöUige 
Elimination  des  Krebses  auf  di^se  Weise  beobachtet,  indem 
stets  daneben  neue  Krebsmassen  wuchern  oder  die  Kran^ 
ken  eher  starben.  Die  Metamorphose  ist  häufig,  aber  nicht 
constant. 

2)  Gangränescenz  einzelner  Theile  oder  fast  des 
ganzen  Krebses  tritt ,  ausser  mit  der  vorigen  Metamorphose 
combinirt,  zuweilen  an  freiliegenden  oder  eingesdüossenen 
Carcinomen  ein. 

3)  Entzündung,  Eiterbildung  finden  sich  sehr 
selten ;  die  letztere  beschleunigt  den  Zerfall  des  Krebse  und 


92 

den  Säfieverlitöt.    Die  Elemente  des  Eitero   finden  sich  mit 
denen  des  Krebses  gemischt. 

4)  Hämorrhagie  ist  in  weichen  Markschwämmen 
sehr  häufig  9  die  Blutung  zeigt  sich  bald  in  circumscripten 
Herden,  welche  die  gewöhnlichen  Metamorphosen  durchma- 
dien  können  9  bald  als  diffuse  Blutung  in  kleinen  und  gros- 
sen Flecken. 

5)  Fettmetamorphose  und  Tuberculisirung 
sind  häufig  Torkommende  Metamorphosen,  die  jede  für  sich 
oder  combinirt  vorkommen.  Durch  beide  wird  meist  der 
Krebssaft  zu  einer  dicken,  käsigen,  bröckeligen,  gelben  Mas- 
se, bestehend  aus  durch  Fettmetamorphose  oder  Atrophie 
zu  Grunde  gehenden  Zellen  und  ihren  Trümmern.  Meist 
zeigt  sich  die  Veränderung  an  kleinen  Stellen,  die  als  gelbe 
Pünktchen  oder  Streifen  auf  der  Schnittfläche  sichtbar  wer- 
den, die  sich  zuweilen  zu  netzartigen  Zeichnungen  yereini- 
gen.  (Carcinoma  reticulare  J.  Müller.)  Die  weiteren  Ver- 
änderungen, welche  aus  diesen  Metamorphosen  heryorgehen, 
sind:  a)  narbige  Contraction  des  Gerüstes  während 
der  allmäligen  Resorption  der  in  Fett-  und  eiweissartige 
Molecüle  zerfallenen  Zellen;  diese  Verschrumpfung  ist  all- 
gemein oder  partiell,  der  Krebs  wird  dadurch  zu  einem 
sehr  harten  Knoten,  der  die  umgebenden  Theile  nach  sich 
zieht.  Hierher  gehört  die  grosse  Mehrzahl  der  von  älte- 
ren Autoren  beschriebenen  Scirrhen,  insbesondere  der  Mam- 
ma.  b)  Centrale  Erweichung  durch  ausgedehnten  Zer- 
fall der  Zellen,  in  welchen  auch  das  Gerüst  gezogen  wird. 
Es  entstehen  erst  kleine,  dann  immer  grössere,  durch  pe- 
ripherischen Zerfall  wachsende  Höhlen,  die  entweder  perfo- 
rireri,  worauf  Ulceration  und  Verjauchung  erfolgt,  oder 
vernarben,  wodurch  in  der  Mitte  concave,  sehr  harte  Kno- 
ten entstehen,  nach  welchen  hin  strahlige  Narben  ziehen. 

6)  Ossification  des  Gerüstes  findet  sich  Vor- 
zugs jireise  in  Carcinomen,  welche  von  Knochen  ausgehen^ 


98 

seltner  in  anderen.  Das  Gerüst  wird  in  wirkliches  Kno- 
chengewebe umgewandelt^  wobei  es  aber  ^eine  Gestalt  be- 
hält und  sich  daher  nach  der  Maceration  als  zierliche  stach- 
lige oder  netzförmige  Osteophytenmasse  darstellt.  Die  Ge- 
fässe  bleiben  dabei  erbalten,  die  Zellenmasse  bleibt  unbe- 
rührt. 

Alle  Metamorphosen  finden  sich  zuweilen  combinirt  in 
einem  Carcinom,  jede  derselben  kann  mit  einer  anderen 
combinirt  vorkommen,  daher  das  so  mannichfaltige  Ausse- 
hen der  Schnittfläche  mancher  Carcinome. 

B.     Der  Gallertkrebs,    Carcinoma  alveolare. 

Zelleninhalt  und  Intercellularsubstanz  sind  colloide  Sub- 
stanzen und  bilden  eine  farblose  zähfltissige  oder  gallertige 
Masse. 

Der  Gallertkrebs  kommt  primär  vorzugsweise  im  Ma- 
gen, Darmkanal  und  Peritoneum  vor,  in  den  ersteren  als 
diftuse  Entartung  der  Häute,  im  letzteren  auch  diffus  oder 
in  Form  circumscrip.ter  Knoten.  Meist  bleibt  er  auf  die 
genannten  Theile  beschränkt,  breitet  sich  aber  zuweilen  auf 
die  zugehörigen  Lymphdrüsen  und  peripherisch  auf  Leber, 
Vagina,  Uterus  aus  und  secundär  in  seltnen  Fällen  in  an- 
deren Organen  des  Körpers.  Sehr  selten  tritt  er  primär 
in  anderen  als  den  oben  genannten  Organen  auf;  man 
hat  dies . beobachtet  in  Mamma,  Uterus,  Ovarium,  Niere, 
Leber,  Knochen.  In  einzelnen  seltnen  Fällen  wurde  er  in 
fast  allen  Organen  des  Körpers  gefunden.  Zuweilen  wurde 
er  neben  Carcinoma  vulgare  beobachtet. 

Der  Gallertkrebs  zeichnet  sich  aus  durch  den  gallerti- 
gen Inhalt  seines  fibrösen  Gerüstes;  derselbe  ist  bald  in 
überwiegender  Menge  vorhanden  und  die  Geschwulst  stellt 
sich  dann  als  weiche,  schlottrige,  gallertige  Masse  dar,  bald 
tritt  er  hinter  dem'  Gerüst  zurück  und  dife  Geschwulst  ist 
hart,  scirrhös,  bald  werden  die.  Maschenräume,  zu  cysten- 


94 

artigen  Räumen  und  förmlichen  Cysten  und  die  Geschwulst 
bekommt  das  Ansehen  eines  Gallert  -  Gystoides. 

Die  Entwickelung  und  der  feinere  Bau  verhalten  sidi 
so:  Zuerst  bilden  sich  in  den  Interstitien  der  normalen  Ge« 
webe  Kerne  einsein  oder  in  kleinen  und  grossen  Haufen 
von  7^^'^^  Dchm.,  dieselben  schwellen  allmälig  an  zu  y^^^' 
Dchm.)  werden  granulirt  und  in  Essigsäure  Mass,  allmälig 
tritt  in  ihnen  glänzender ,  colloider  Inhalt  auf,  wodurch  sie 
nodh  mehr  wachsen,  ihr  molecularer  Inhalt  an  die  Seite 
gedrängt  wird  und  endlich  schwindet  Es  entst^en  so  col- 
loidhaltige  Blasen  von  ^ — ^^^^^^^Dchm.  Indem  durch  diese 
die  umgebenden  Gewebe  aus  einander  gedrängt  werden,  ent- 
stehen die  ersten  makroskopischen  gallertigen  Räume,  deren 
Grösse  und  Zahl  von  der  dieser  Kemblasen  abhängt.  Diese 
Eemblasen  zeigen  folgende  weitere  Entwickelung:  a)  sie 
wachsen  immer  mehr,  ihre  Membran  wird  sehr  dünn  und 
schwindet  endlich,  der  coUoide  Inhalt  wird  frei,  wesshalb 
man  in  manchen  Maschenräumen  freie  Gallert  findet,  b)  Es 
treten  endogene  Kernbildungen  auf ;  diese  erscheinen  in  dop- 
pelter Weise :  1)  es  tritt  ein  Kern  auf,  dieser  bleibt  als  sol- 
cher oder  wird  ebenfalls  zu  einer  Blase,  in  dieser  meist 
schon  vor  ihrer  TöUigen  Ausbildung  tritt  ein  neuer  Kern 
auf,  in  diesem  zuweilen  noch  einer  u.  s«  f.,  so  dass  die 
Mutterblase  mit  3  —  10  und  mehr  concentrische  Ringe  bil- 
dende Tochterblasen  enthält.  2)  Es  treten  zugleich  mehrere 
Kerne  auf,  bald  3 — 4,  bald  10 — 20  und  mehr;  jeder  der- 
selben kann  zur  Kemblase  werden  und  diese  wieder  endo- 
gene Bildungen  zeigen.  3)  Nachdem  eine  Anzahl  in  einan- 
der geschachtelter  Kemblasen  entstanden  sind,  können  sich 
in  der  innersten  auch  mehrere  Kerne  zugleich  bilden  und 
sich  in  ihnen  wiederum  alle  möglichen  Metamorphosen  wie- 
derholen.  (Fig.  13.) 

In  dieser  Weise  bilden  sich  einfache  oder  sehr  zusam- 
mengesetzte Körper  von  ä— A'"  Dchm.,  welche  den  ur- 


95 

5(prünglicheii  Inhalt  des  Gerüstes  bilden.  Mit  dem  Waclis- 
thum  der  Eernblasen  nimmt  auch  das  des  Gerüstes  zu, 
seine  Maschen  werden  da,  wo  sich  Kemblasen  in  Menge 
entwicl^eln ,  zu  äusserst  feinen ,  sich  endlich  yerlierenden 
Fädchen  aus  einander  gedrängt,  während  sie  in  der  Um- 
gebung einer  solchen  Stelle  compact  bleiben  und  daher  eine 
Art  fibröser  Wand  um  die  anscheinend  f^ie  gallertige  Masse 
bilden.  Entwickeln  sich  aber  Kemblasen  in  ungeheurer 
Menge  und  Grösse,  so  schwinden  zwischen  ihnen  alle  Spu- 
ren vom  Gerüst,  die  fibrösen  Balken  werden  dann  oft  zur 
cystenartigen  Hülle , '  sehr  selten  bekommen  sie  eine  epithe- 
liale Auskleidung  und  werden  so  zur  wirklichen  Cyste. 

Diese  Cysten  haben  einen  verschiedenen  umfang  (1  — 
^^"  Dchm.)  und  können  allmälig  noch  etwas  wachsen,  doch 
erreichen  sie  selten  einen  grossen  Umfang. 

Die  Kernblasen  und  die  aus  ihnen  hervorgegangenen 
zusammengesetzten  Körper  gehen  zuweilen  durch  Fettme- 
tamorphose, oder  Yerkreidung  zu  Grunde ;  die  letztere  kommt 
bald  nur  in  den  geschichteten  Körpern  vor  und  dann  ent- 
stehen dem  Himsand  ähnliche  Körper,  bald  als  diffuse  Yer- 
kreidung. Zerfall  des  Alveolarkreb^es  findet  sich  dann, 
wenn  er,  wie  im  Magen  und  Darmkanal,  nach  Zerstörung 
der  Schleimhaut  frei  zu  liegen  kommt. 

Der  Verlauf  ist  meist  sehr  langsam.  Im  Uebrigen  gilt 
vom  Verlauf  des  Gallertkrebses  dasselbe,  was  beim  Carci- 
noma vulgare  gesagt  worden. 

Von  gallertigen  Sarcomen  imd  Fibroiden  unterscheidet 
er  sich  dadurch ,  dass  bei  jenen  die  CoUoidmasse  als  form- 
lose interstitielle  Flüssigkeit  auftritt,  von  zusammengesetz- 
ten Gallertcysten ,  durch  die  Entwickelung  aus  Kemblasen 
und  die  wohl  alveolare,  aber  nur  selten  wirkliche  Cysten 
bildende  Anordnung  des  Gerüstes. 


96 

C.    Der  £pithelialkreb8.     Carcinoma   epitkelio- 

des.    Das  Cancroid. 

Die  Zellen  haben  vorwiegend  die  Fomi  von  Pflaster- 
epithelien^  ein  alveolares  Maschengerüst  ist  nur  zuweilen 
vorhanden. 

Der  Epithelialkrebs  ist  primär  bis  jetzt  nur  in  der  Haut 
und  Schleimhaut  gefunden  worden ,  bleibt  meist  auf  diese 
Theile  beschränkt,  breitet  sich  von  da  peripherisch  auf 
Weichtheile  und  Knochen  aus,  bildet  sich  in  den  zugehöri- 
gen Lymphdrüsen  aus,  entwickelt  sich  aber  höchst  selten 
secundär  an  anderen  Orten,  in  Leber  und  Lungen  von 
Virchow,  in  der  Leber  von- Rokitansky  und  mir  be- 
obachtet; einen  hühnereigrossen  Epithelialkrebs  fand  ich  im 
Gehirn  an  einem  alten  Spirituspräparat  ohne  weiteren  Nach- 
weis. 

Die  Bildung  desselben  beginnt  mit  der  Entstehung  freier 
Kerne  im  Gewebe  der  Haut  und. Schleimhäute,  danach  bil- 
den sich  Zellen  von  vorwiegend  pflasterepithelienähnlicher 
Form,  welcher  bald  denen  der  Epidermis,  bald  denen  der 
Schleimhäute,  bald  denen  der  Balggeschwfilste  gleichen;  sie 
haben  einen  oder  mehrere  Kerne  von  ^^  —  tüif'"  Dchm., 
liegen  meist  eng  an  einander  gepresst,  ungeordnet  oder  ih- 
rer Längsrichtung  nach  regelmässig  angeordnet,  wodurch 
membran-  und  faserartige  Massen  entstehen.  Diese  wer- 
den oft  unterbrochen  durch  Zellenmassen,  welche  in  con- 
centrischen  Schichten  um  einen  Mittelpunkt  liegen  (soge- 
nannte Nester);  den  letzteren  bilden  entweder  gewöhnliche 
Zellen,  oder  häufiger  solche,  deren  Inhalt  sich  in  glänzende 
CoUoidmasse  umgewandelt  hat,  oder  in  welchen  colloid- 
oder  eiweissartige  Kemblasen  entstanden  sind.  Die  Bildung 
der  letzteren  ist  in  Epithelialkrebsen  sehr  regelmässig  vor- 
handen und  in  allen  Stadien  leicht  zu  verfolgen.   (Fig.  14.) 

Die  Entvnckelung  des  Ganzen  geht  in  zweierlei  Weise 
vor  sich:  bald  geht  in  die  Bildung  der  Zellenmassen  die 


97 

eitles  gefässhaltigen  Fasergerüstes  ein  und  die  Geschwulst 
hat  dann  ganz  den  Charakter  eines  gewöhnlichen  Carci- 
noms,  yon  welchem  sie  sich  durch  die  trockene,  selten 
leuchte  Schnittfläche  und  die  Form  der  Zellen  unterschei- 
det; —  bald  entwickeln  sich  grosse  Zellenmassen  durch 
fortwährende  Neubildung  in  der  Pmpherie,  zwischen  wel- 
che kein  gefässhaltiges  Gerüst  eingeht ,  die  Zellen  ?er- 
sehmm{rfen  daher  i^ehr  bald^  verhornen,  die  Kerne  schwin- 
den, es  entstehen  solide  Schüppchen,  weldie  endlich  zer- 
fallen, wodurch  mit  grützbreiartiger  Masse  gefüllte  Herde 
entstehen;  die  so  entstandenen  Knoten  zeichnen  sich  durch 
ihr  trocknes,  bröckliges  Gefüge  aus,  zwischen  ihnen  und 
^eii  mit  Gerüst  versehenen  giebt  es  vollständige  Uebergangs- 
reihen. 

Auf  beide  Weise  entstehen  oft  sehr  grosse  Knoten, 
welche  sich  weit  in  der  Peripherie  verbreiten,  die  Haut 
und  Sdüeimhäute  bald  perforiren,  ulceiirend  zerfallen  und 
so  ausgedehnte  Zerstörungen  bewirken.  Es  finden  in  ihnen 
dieselben  Metamorphosen  wie  beim  gewöhnlichen  Carcinom 
statt,  nur  die  peripherische  Wucherung  ist  selten.  Sie  ver- 
breiten sich  oft  auf  benachbarte  Lymphdrüsen,  selten  se- 
cundär  in  anderen  Organen.  Die  Exstirpation  hat  oft  ra- 
dicalen  Erfolg.    (S.  Hautkrankheiten^ 

IS.   SSiter. 

Der  Eiter  ist  ein  aus  einer  flüssigen  Intercellularsub- 
stanz  und  transitorischen  Zellen  bestehendes  Gewebe,  wel- 
ches bald  im  Verlauf  einer  Entzündung,  bald  als  spontane 
Neubildung  gebildet  wird. 

Der  Eiter  ist  eine  rahmartige,  alkalisch  reagirende, 
gdbliche  Flüssigkeit.  Die  Intercellularsubstanz  besteht  ana- 
log dem  Blutserum  aus  Wasser,  Eiweiss,  Salzen  und  Ex- 
tractivstofien.  Die  Zellen  (Fig.  6  a)  sind  rund,  granulirt, 
^^i^  shs'^'thjf^^^  Ddun.,  ihr  Inhalt  Ist  meist  undurchsich- 

7 


98 

ügy  80  das8  man  keine  Kerne  sieht;  in  einndnea  Zellen 
tber  ist  er  hell  and  die  Kerne  sind  sichtbar.  Die  Zdhm 
haben  orspränglich  einen  Kern  Yon  j^^^*^  Dchm.,  in  den 
meisten  seigt  sich  aber  eine  Yermehning  desselben  doreh 
Theilung  in  2,  4  and  mehr  kleinere  Kerne;  diese  letste» 
ren  sind  ofal,  scharf  contarirt,  darchsiditig  and  glSnxend, 
haben  xaweQen  ein  Kemkdrperehen ,  li^en  meist  nahe  an 
einander  in  der  ZeUe,  Dchm.  ^^ — tov^^^*  ^^a  in  den  dank- 
ten ,  granalirtai  Zellen  die  Kerne  and  die  hier  in  allen  Sta- 
dien sehr  schon  lu  beobachtende  Theilang  der  Kerne  sicht- 
bar za  machen,  setst  man  Wasser  oder  Essigsaare  in; 
darch  ersteres  wird  der  Inhalt  der  Zelle  Terdännt,  darch- 
sichtiger,  die  Zellenmembran  wird  ausgeddmt  and  platst 
saweilen ;  durch  letztere  werden  Membran  and  Inhalt  dnrch- 
sichtig  und  schwinden  fast  ganz,  es  bleiben  nnr  die  Kerne 
sichtbar,  welche  kleiner  werden,  einen  Eindruck  in  der 
Mitte  und  schärfere  Conturen  bekommen.  Das  Wasser  be- 
wiriLt  zuweilen  auch  ein  Aufblähen  der  Kerne  in  der  Zelle, 
so  dass  diese  endlich  kernlos  erscheint  oder  nadi  deren 
Berstung  der  aufgeblähte  Kern  das  Ansdien  einw  kernlo- 
sen Zelle  erhält. 

Von  den  Metamorphosen  der  Zellen  kommen  im  Eiter 
die  Atrophie  und  Fettmetamorphose  Tor. 

Die  Atrophie  der  Eiterzellen  findet  man  im  alten,  kä- 
sigen, consistenten  Eiter  (sogenannten  tuberculSsen) ;  die 
Zellen  sind  zu  kleinen,  runden  oder  unregelmässig  eckigen, 
soliden  Körpern  geworden,  die  durch  Wasser  nicht  mehr 
aufqueUen  und  durch  Essigsäure  nur  wenig  durchsichtiger 
werden  (Fig.  6  d). 

Die  Fettmetamorphose  findet  man  sehr  häufig,  bald  blos 
in  einzelnen  Zellen ,  bald  fast  in  allen ,  so  dass  der  Eiter 
fast  nur  aus  Serum,  Körndienidlen  und  feinen  Fettköm- 
eben  besteht.  Die  Fettmetamor|rfiose  vermittelt  die  Re- 
sorption des  Eiters  (Fig.  6  c),- 


99 

Die  einmal  gebildete  Eitermasse  oder  Eitergeschwuht 
kann  a)  allmälig  wachsen  und  so  zuweilen  einen  enormen 
Umfang  erreichen;  dieses  Wachsthum  gegchieht  bald  dnrch 
Vermehrung  der  Elemente  der  Eitermasse  selbst  und  be- 
dingt Verdrängung  der  umgebenden  Organe,  bald  durch 
Neubildung  von  Eiter  und  secundären  Zerfall  in  dea  letz- 
teren selbst ;  b)  er  kann  resorbirt  werden  j  die  Intercellular^ 
flttssigkeit  direkt,  die  Zellen  naeh  vorhergegangenem  mole- 
cularen  Zerfall ;  c)  er  kann  tuberculisiren,  yerkreiden,  durch 
Fettmetamorphose  und  atheromatösen  Process  verändert 
werden;  d)  er  kann  verwesen,  es  bildet  sich  eine  braune, 
übelriechende  Flüssigkeit,  Jauche;  e)  er  bleibt  lange  Zeit 
bestehen  ohne  einen  der  genannten  Vorgänge,  die  Intercel«* 
lularflüssigkeit  nimmt  an  Menge  zu,  die  Zellen  zerfallen 
durch  die  Einwirkung  des  verdünnten  Serums  und  durch 
Fettmetamorphose,  wesshalb  in  dergleichen  altem,  sogenannt 
tem  schlechtem  Eiter  die  Zellen  sehr  mannichfach  verändert 
erscheinen. 

Neben  Eiter  findet  man  sehr  häufig  kleine  Fleisch- 
wärzchen, die  sogenannten  Granulationen.  Es  sind  die 
durch  Zellenbildung  und  Sprossenbildung  der  CapiUaren 
aufgelockerten  und  angeschwollenen,  den  freien  Eiter  umge- 
benden normalen  Gewebe,  deren  specifische  Textur  verlo«» 
ren  geht.  Die  Granulationen  bestehen  aus  einer  amorphen, 
weichen  Intercellularsubstanz,  Kernen  und  Faserzellen,  aus- 
gebildeten Bindegewebsfasern  und  CapiUarschlingen,  transi« 
torischen  Zellen  vom  Bau  der  Eiterzellen,  epithelienartigeii 
Zellen  von  mannichf acher  Gestalt.  Meist  sind  die  eiterartl« 
gen  Zellen  Anfangs  vorwiegend;  geht  es  der  Vemarbung 
zu,  so  nehmen  die  Faserzellen  zu  und  es  entsteht  an  ih- 
rer Stelle  eine  feste  Bindegewebsnarbe ;  zerfallen  cUe  Gra^ 
nulationen,  so  schwinden  die  bleibenden  Gewebe  immer 
mehr,  das  Gewebe  nähert  sich  immer  mehr  dem  flüssigen 
Eiter,  zerfällt  endlich  in  solchen;  werden  dann  die  nächst 

7* 


100 

len  Gewebe  wiederum  in  dieser  Weise  Terimdert^  m 
der  Eiterherd  Yergrossert,  die  Gewebe  gdieii  ib  Eiter 
unter,  ee  findbt  Vereiterung,  Yerscbwärung  statt. 

14.    TnlberbeL 

Bei  Besprechung  der  Verhältnisse  der  Rficid>fldnng  ist 
der  B^riff  der  Tubericelmasse  festgestellt  worden;  als  be- 
sondere Art  der  Neubildungen  können  nur  diejenigen  Tu- 
berkehnassen  angesehen  werden,  welche  dnrdi  ihre  con- 
staute  Entwickelung,  ihr  gleichseitiges  Yorkommen  in  Lun- 
gen, Lymphdrüsen,  Schleimhäuten,  serösen  Häuten  u.s.  w. 
und  ihr  Verbalten  zum  Gesammtorganismus  TheOersdiei- 
nungen  einer  allgemeinen  Krankheit  darstellen,  obsdion  sie 
der  localen  Entwickelung  und  Textur  nach  mit  allen  übri- 
gen Tuberkelmassen  identisch  sind.  Dergleichen  Tub^kel- 
masscn  oder  Tuberkel  kommen  meist  in  Gestalt  hirsekom- 
bis  «»rhseDgrosser ,  selten  haselnuRs-  bis  taubeneigrosser 
Knoten  vor,  welche  in  die  normalen  Gewebe  eingelagert 
sind  und  die  früher  beschriebenen  Eigenschaften  der  Tn- 
berkelmasse  im  Allgemeinen  haben;  zuweilen  kommen  sie 
in  Gesfalt  diffuser  Massen  vor. 

Diese  Knoten  oder  diffusen  Massen  kommen  auf  fol- 
gende Weise  zu  Stande:  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle 
stellen  sie  Verändenmgen  der  Gewebe  dar,  welche  durch 
Vorgänge  zu  Stande  komftien,  die  der  Entzündung  voll- 
kommen gleich  sind.  1)  Es  findet  zuerst  eine  chronische 
oder  acute  •  Exsudation  zwischen  die  Elemwite  der  nor- 
malen Gewebe  statt,  zunächst  tritt  Zellenbildung  ein  und 
man  sieht  dann  zwischen  den  Geweben  Exsudatzellen  zer- 
streut oder  kleine  Eitermassen  bildend;  dieses  ist  der  ei- 
gentliche  Höhepunkt  der  Neubildung,  was  darauf  folgt,  gehört 
den  weiteren  Metamorphosen,  der  Rückbildung  an.  Wir  ha- 
ben in  dieser  Zeit  ein  grauliches  oder  gelbliches,  weiches 
Knötchen  oder  eine  ebenso  gefärbte  difltase -Masse  yor  uns. 


101 

a)  Meist  werden  die  Zellen  bald  airoptiisch,  die  InterceUu- 
larsubstanz  schwindet ,  die  eingeschlossenen  normalen  6e- 
webstheile  veischrumpfen ,  die  CapiHaren  veröden  und  wir 
haben  dann  eine  trockene ,  gelbliche ,  käsige  Masse  yor  uns, 
den  Tuberkel,  wie  er  uns  in  der  Leiche  meist  vor  Augen 
tritt,  b)  Nidbit  selten  bleibt  der  Eiter  als  solcher ;  indem 
er  an  Menge  zunimmt  und  die  normalen  Grewebe  atrophisch 
werden  und  schwinden ,  entstehen  Anfangs  kleine,  dann 
immer  grössere  Eiterherde,  Cavemen.  c)  Sehr  selten  fin-^ 
det  neben  der  Bildung  von  Eiter  vorwiegend  Bihdegewebs- 
neublldung  statt,  es  bildet  sich  ein  kleines,  narbenarliges 
Knötchen. 

2)  Es  findet  zuerst  Hypertrophie  der  normalen  Ele^ 
mente,  Vermehrung  der  Zellen  statt,  an  einzelnen  Stellen 
tritt  dann  die  Atrophie^  käsige  Metamorphose  derselben  ein, 
wir  haben  nun  knotenförmige  oder  diffuse  ITuberkelmassen 
vor  uns,  die  nur  veränderte  normale  Gewebstheile  enthalten. 

Mögen  nun  die  Tuberkelmassen  auf  die  eine  oder  die 
andere  Art  zu  Stande  gekommen  sein,  so  zeigen  sich  an 
ihnen  die  gewöhnlichen  Metamorphosen:  molecularer  Zer- 
fall und  Höhlenbildung,  Fettmetamorphose  und  Resorption 
mit  narbiger  Contraction  der  Umgebung ,  Verkreidung.  Alle 
diese  Vorgänge  stellen  eine  Bückbildung  dar  und  vermitteln 
den  localen  Untergang,  Verödung,  Heilung  der  Tuberkel. 
Eine  nähere  Beschreibung  ihrer  Bildung,  ihres  Verlaufs  und 
der  damit  verbundenen  Veränderungen  der  normalen  Ge- 
webstheile wird  im  speciellen  Theil  bei  der  Tuberculose  der 
einzelnen  Organe  folgen. 

Neben  der  localen  Entwicklung  der  als  Theilerschei- 
nung  einer  allgemeinen  Ejrankheit  vorkonmienden  Tuberkel 
ist    noch    ihre   Verbreitung    im    Körper    von   Wichtigkeit. 

i)  Gewöhnliche,  chronische  Tuberkelkrank- 
heit, aj  In  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  bilden  sich 
Tuberkel  zuerst  und  in  grösster  Menge  in  den  Lungen  und 


102 

den  Brouchi&ldrflfen ;  sugleich  mit  der  Lungentubercolose 
zeigen  sich  am  häufigsten  Tuberkel  in  der  Schleimhant  d^ 
Deum  und  den  Mesenterialdrüsen.  Lmigen-  und  Darm* 
toberkel  sind  daher  der  gewöhnliche  Befund  in  der  Leiche 
eines  in  Folge  der  allgemeinen  Tuberkelkrankheit  Verstor- 
bnen. Neben  diesen  Tuberkeln  ^  sugleich  mit  ihnen  oder 
nadi  ihnen  bilden  sich  in  anderen  Organen  Tuberkd  selten 
und  sparsam,  wir  finden  sie  in  Pleura,  Peritoneum,  6e* 
him,  Knochen,  Nieren ^  Leber,  Milz,  Lymphdrüsen,  Geni-* 
talien.  b)  Im  kindlichen  Alter  bilden  sich  zuweilen  Tuber-^ 
kel  zuerst  oder  wenigstens  in  grösster  Menge  im  Ueum  und 
den  Mesenterialdrüsen,  alle  übrigen  im  Körper  zerstreuten 
Tuberkel  sind  neben  diesen  sparsam,  c)  Zuweilen  tritt  die 
Lungentuberculose  auch  bei  Erwachsenen  an  Intensität  zu-^ 
rück  hinter  der  Tuberculose  der  Knochen,  oder  der  Lymph* 
drüsen,  insbesondere  der  an  der  Wirbelsäule  längs  der  gros- 
sen Gefösse  liegenden,  oder  der  Schleimhaut  der  Genitalien 
und  Harnwege  und  der  Nieren. 

2)  Floride  Tuberculose,  rasche  Verbreitung  der 
Tuberkelbildung  in  einzelnen  Organen  und  dem  ganzen  Kör« 
per ,  yerbunden  mit  raschem  localen  Verlauf  findet  sich  ent* 
weder  von  Anfang  an  und  die  ganze  Krankheit  yerläuft 
dann  acut,  oder  gesellt  sich  zur  chronischen  Tuberculose. 
Lungen  und  Darm  sind  auch  hier  die  vorzugsweise  leiden- 
den Organe,  häufig  findet  sich  dann  ausgebreitete  Tuber^ 
kelbildung  in  Pleura  und  Peritoneum,  bei  Kindern  in  der 
Pia  mater. 

3)  Acute  Tuberculose,  rasche  Bildung  einer  gros- 
sen Zahl  kleiner  Tuberkelknötchen  im  ganzen  Körper,  ty- 
phöse Erscheinungen  und  rascher  Tod ,  unabhängig  von  den 
localen  Veränderungen ,  kommt  zuweilen  bei  Individuen  vor, 
welche  längere  oder  kürzere  Zeit  an  chronischer  Tubercu- 
lose gelitten  haben. 

Die  Veränderungen,  welche  in  Leichen  an  Tuberkulose 


108 

Verstarbener  lur  .Beobacfatuiig  kommen^  sind  nach  den  Ver** 
bältnissen  dieses  allgemeinen  Yeriaufe  und  d^  Veränderung 
gesk  der  dnzelnen  Orgaue  nu  bairtbeitoa.. 

b.    Unorgaiilgfrte  N«ttl^flduAg*ii* 

1)  Concremente  und  Steine  von  Icohleiisaurem 
und  phosphorsaurem  Kalk  in  physiologisehen  und  pa*. 
thologiscben  Creweben  ^  in  Exsudaten  und  Secreten.  (S.  Yer--. 
kreidung.) 

2)  AtheromatSiBer  Brei  aus  Kalksalzen,  Gholestea- 
rinkrystallen  und  Fettkdmchen.  (S.  Atherematöser  Process.) 

3)  Fett  als  Stearink&rndien  oder  Elainkügdchen  nach 
Fettmetamorphose ,  als  flüssige  eder  kristallinische  (nad^ 
förmige  discrete  oder  büschelförmig  gruppirte  Margarinkry- 
stalle)  Massen  nach  Brand» 

4)  Gholestearinkrystalle  ausser  in  Begleitung 
Ton  Fett  und  Kalksalzen  auch  isolirt  als  Residuum  Yon  Ex- 
sudaten und  Oysteninhalt.  * 

5)  Steine  aus  specifischen Bestandtheilen  vonDrüsen- 
secreten  zusammengesetzt:  Harnsteine,  Gallensteine. 

6)  Concremente  yon  harnsaurem  Natron  in 
den  sogenannten  Gichtknoten;  sie  bilden  nach  Lehmann 
meist  gelblichweisse ,  hie  und  da  ziegdroth  gesprenkelte, 
weiche,  an  der  Luft  erhärtende  Massen,  welche  unter  dem 
Mikroskop  Krystallbüschel   yon  hamsaiirem  Natron  zeigen. 

7)  Exsudatmassen,  welche  nicht  organisiren  und 
eine  Zdt  lang  als  rohe,  unyeränderte  Körper  bleiben;  es 
sind  geronnene,  feste  Fibrinmassen,  colloide  oder  seröse 
Exsudate. 

r.    Die  Bildung  von  Wasser  und  Luft. 

1.    Wasser. 

Eine  wasserhelle  Flüssigkeit  mit  den  physikalischen 
und   chemischen    Eigenschaften   de»  serösen  Exsudates  (s* 


i04 

unten)  kommt  ausser  bei  Entzündung  vor  als  Grundlage  der 
Wassersucht,  Hydrops,  der  serösen  Säcke  und  ände- 
rer geschlossener  Räume  und  des  Oedems  der  parenchy- 
matösen Organe. 

Die  hydropische  Flüssigkeit  sammelt  sich  bald  aUmälig 
an,  bald  rasch,  ihre  Menge  ist  gering  oder  bedeutend,  sie 
bleibt  oder  wird  allmälig  oder  rasch  wieder  resorbirt.  Sie 
ist  bald  farblos,  bald  gelblich,  grünlich,  roth,  braun,  schwarz 
gefärbt  durch  beigemischte  Fettkügelchen  (aus  den  durch 
Fettmetamorphose  zu  Grunde  gegangenen  EpiÜielien  der  se- 
rösen Häute),  Blutkörperchen  oder  Pigment. 

Die  ödematöse  Flüssigkeit  füllt  die  Interstitien  und 
kleinsten  Hohlräume  der  Gewebe,  welche  daher  mit  Was- 
ser mehr  oder  weniger  getränkt  erscheinen,  angeschwollen 
und  teigig  weich  sind.  Ihre  Erscheinungsweise  ist  wie  die 
des  Hydrops. 

Die  Wasserbildung  wird  bedingt :  1)  durch  mechanische 
Hyperämie  oder  übeiiiaupt  Behinderung  des  Bückflusses  des 
Yenenblutes;  sie  ist  allgemein,  wenn  die  Behinderung  vom 
Herzen,  local,  wenn  dieselbe  von  einzelnen  Venen  ausgeht; 
2)  durch  Hydrämie  bei  Krankheiten  der  Nieren,  welche  de- 
ren Functionen  behindern,  bei  chronischen  Krankheiten, 
welche  die  Blutbildung  beeinträchtigen  und  Marasmus  her^ 
beilühren. 

2.    Luft. 

Gasförmige  Stofife  kommen  bald  in  den  Interstitien' der 
Gewebe  vor  als  Grundlage  des  Emphysems,  bald  in  den 
Höhlen  des  Körpers  als  Pneumatose  im  Allgemeinen. 

a)  Gasbildung  durch  Zersetzung  von  Exsuda- 
ten, Brandjauche. 

b)  Abnorme  Vermehrung  der  im  Normalzustande 
gebildeten  Darmgase. 


los 

c)  Retention  dieser  Danngase,  oft  mit  gleicluseitigQr 
Vermduiuig .  derselben. 

d)  Eindringen  der  Luft  von  Aussen  oder  toh 
der  Lunge  oder  Tom  Tractus  intestinorum  aus  durch  Wan- 
den und  Perforationen. 

e)  Spontane  Luftbiidung  in  serösen  Säcken  und 
Schleimhäuten  findet  nach  einigen  Beobachtungen  nicht  un*" 
wahrscheinlich  in  seltenen  Fällen  statt. 


B.    Die  pathologische  Bückbildung  und 

Resorption. 

(Die  Altersyeränderungen ,  Entartungen,  Degeneratio- 
nen, Metamorphosen,  Erweichung,  Necro^irung,  Brand.) 

1)  JkUen»ireränderiiii§fen  sind  solche,  weldie 
im  hohen  Alter  als  Rückbildung  in  vielen  Organen  auf-' 
treten.  Bis  zu  einer  gewissen  &renae  sind  sie  normale  Er- 
scheinungen, zuweilen  aber  übersteigt  die  Rückbildung  das 
gewöhnliche  Maass  oder  tritt  vorzeitig  ein  und  kommt  so 
in  das  Gebiet  der  Pathologie.  Es  gehören  hierher:  die  se- 
nile Atrophie  des  Nervensystems^  des  Bewegungsapparates, 
der  Lungen  und  Luftwege,  der  Leber  und  Milz,  der  Ho- 
den, Ovarien  und  des  Uterus,  Fettbildung  und  Verkreidung 
im  Gefasssystem,  in  Drüsen,  Knorpeln.  (S.  specielle  path. 
Anat.) 

2)  Metamorphoiiien  (Entartungen,  Degeneratio- 
nen) sind  solche  Veränderungen,  welche  eine  Rückbildung, 
theilweise  oder  totale,  bleibende  Umänderung  der  chemi- 
schen Zusammensetzung,  der  Textur  und  dadurch  auch  der 
Function  und  Entwickelung  der  Gewebe  und  Organe  be- 
wirken. Sie  kommen  vor  an  physiologischen  und  patholo- 
gischen Geweben  und  Organen,  Secreten  und  Exsudaten. 

A.  Fettmetamorphose,  fettige  Entartung 
findet  sich    a)  als  wirkliche  Metamorphose,  Umwandlung 


106 

der  nidle  in  eine  gelbe,  breiige,  aus  FetttLSmchen  und 
Fet&ügelcben  bestehende  Masse,  1)  in  Zellen,  a.  lierbeige- 
führt  durch  alle  Vorgänge,  welche  die  Zellen  aus  ihren  nor- 
malen Em'ihrungsyerhältnissen  reissen :  Exsudation,  Hämor- 
rtiagie,  Neubildung.  Beispiele  sind:  Fettmetamorphose  der 
Nervenzellen  bei  Encephalitis,  der  Lungenbläschenepithelien 
bei  Pneumonie,  Tuberculose,  Compression  der  Lunge  u.  e* 
w.,  der  Epithelien  der  serösen  Häute  und  Schleimhäute  bei 
Entzündung,  Hydrops,  der  Knorpelzellen  und  Knochenzel- 
len bei  entzündlicher  Atrophie,  der  einfachen  MuskeSaser- 
zellen  des  Uterus,  der  Gefässe,  der  Epithelien  der  Drüsen- 
kanäle und  Acini  bei  allen  bedeutenden  Texturveränderun- 
gen  dieser  Organe.  Der  Modus  der  Fettmetamorphose  ist 
in  allen  Fällen  der  bei  den  pathologischen  Zellen  beschrie-* 
bene  der  Fettkörnchenbildung,  Umwandlung  der  ZeUe  in  ei- 
nen Kömchenhaufen  und  endlichen  Zerfall»  Die  Metamor-* 
phose  ist  bald  unbedeutende  Theilerscheinung  anderer  wich-* 
tiger  Texturyeränderungen ,  bald  ist  sie  an  und  für  sich 
wichtig,  so  z.  B.  die  der  Epithelien  der  Hamkanälchen  bei 
M.  Brightii.  ß.  Die  Fettbildung  ist  bedingt  durch  allge- 
meine Emährungsveränderungen  mit  oder  <rime  gleichzeitig 
yermehrten  Fettgehalt  des  Blutes,  findet  sich  neben  allge- 
meiner Abmagerung  oder  Hypertrophie  des  Fettbindegewe- 
bes. Beispiele  sind  die  Fettdegeneration  der  Leber,  bei 
welcher  das  Fett  höchst  wahrscheinlich  in  die  Zelle  von 
Aussen  eintritt,  als  flüssiges  zu  grossen  Tropfen  zusammen- 
fliesst  und  endlich  die  Leberzelle  in  eine  Fettzelle  umge- 
wandelt wird,  die  Fettentartung  der  Niere,  bei  welcher 
KÖrnchenzeUenbildung  stattfindet.    (S.  spedelle  p.  A.) 

2)  Li  Fasern  kommt  die  Fettmetamorphose  seltner 
vor,  am  häufigsten  in  den  Muskelfasern  und  Nervenfasern 
bei  Störung  der  Ernährung  derselben,  sie  besteht  in  Um- 
wandlung der  Primitivfasem  in  Fettkömchen  oder  zusam- 
menffiessende  Fettinigelcben  bis  zum  völligen  Untergang  der 


107 

Fasern  und  beruht  wohl  wie  die  in  Zeilen  aaf  Umwand- 
lung der  Fasersubstanz  selbst  in  Fett  Selten  liabe  icti  auf 
dieselbe  Weise  yar  sich  gehende  Fettmetamorphose  yon  Bin- 
degewebsfibrillen  beobachtet. 

b)  Eine  sweite  Art  fettiger  Entartung  besteht  In  Atro- 
phie der  Gewebe  und  Organe  durch  oder  neben  gleichzeiti- 
ger Hypertrophie  des  sie  umgebenden  Fattbindegewebes  bis 
zum  TöUigen  Untergang  der  ersteren.  Auf  diese  Weise  ent- 
arten zuweilen  Muskeln  der  Extremitäten,  des  Herzens,  die 
Nieren.  Zuweilen  findet  hierbei  eine  Combination  mit  der 
eigentlichen  Fettmetamorphose  statt. 

B.  Tuberculisirung,  käsige  Metamorphose 
bewirict  Umwandlung  physiologischer  und  pathologischer  Ge- 
webe, Exsudate  und  Extravasate  in  eine  trockne,  gelb- 
liche, käsige  Masse.  DieseYeränderung  beruht  auf  Schwund 
der  Intercellular-  oder  parenchymatösen  Flüssigkeit,  Atro- 
phie der  Zellen  und  Kerne,  Verschrumpfung  und  Atrophie 
Tön  Fasern  und  Gefässen.  Die  fertige  Masse  besteht  daher 
aus  Detritus  von  eiweissartigen  und  Fettkömchen,  welche 
aus  dem  Zerfall  atrophischer  Kerne  und  Zellen  hervorge- 
gangen sind,  oder  aus  dem  Zerfall  roher  Fibrinmassen, 
Kerne,  Zellen,  Fasern,  Capillaren,  welche  verschrumpft 
und  oft  fettig  entartet  sind. 

Diese  Metamorphose  findet  sich  1)  in  physiologischen 
Greweben,' denen  die  Emährungsflüssigkeit  entzogen  wird, 
a)  durch  Obliteration  der  Gefässe,  b)  durch  den  Druck  von 
Exsudaten,  Extravasaten  auf  die  Gefässe;  2)  in  pathologi- 
sdien  Greweben:  Eiter,  Carcinom  unter  denselben  Bedin- 
gungen; 3)  in  Exsudaten  und  Extravasaten,  welchen  die 
zur  Organisation  nöthige  Flüssigkeit  durch  Bicsorption  rasch 
entzogen  wird.  4)  Am  häufigsten  findet  sie  sich  aber  un- 
ter dem  Einfluss  einer  allgemeinen  Krankheit,  die  cha- 
rakterisirt  ist  durch .  verbreitete  Entzündungen ,  welche 
zur  Bildung'  von    Zellen    führen ^    die    mit    den    einge- 


108 

schlossenen  normalen  Gewebstheileu  die  käsige  Metamor- 
phose eingehen,  dann  sich  als  gelbe  Knötchen  darstellen, 
die  man  Tuberkel  und  nach  ihnen  die  Krankheit  Tubercu- 
lose  nennt.    (S.  oben.) 

Der  Befund  von  Tuberkebnasse  in  irgend  einem  Or- 
gaue zeigt  also,  dass  hier  eine  gewisse  Metamorphose  an 
den  Theilen  vor  sich  gegangen  ist,  nicht  aber,  dass  diese 
Masse  Theilerscheinung  einer  allgemeinen  Krankheit  ist;  das 
Letztere  kann  erst  festgestellt  werden,  wenn  die  Verbrei- 
tung der  Veränderung  im  Körper  und  der  Zustand  aller 
Organe  berücksichtigt  worden  ist.  Auch  ist  das,  was  man 
als  Tuberkel  vor  sich  hat,  keine  Neubildung,  die  wie  ein 
Lipom,  Fibroid,  Carcinom  eine  selbstständige  Geschichte 
und  Entwickelung  hat,  sondern  das  Resultat  einer  Meta- 
morphose, die  an  verschiedenen  Geweben  vor  sich  gegan- 
gen und  durch  verschiedeue  Ursachen  bedingt  sein  kann. 

Die  oben  beschriebene  Masse  zeigt  weiter  Folgendes: 

1)  Sie  bleibt  in   diesem  Zustande  lange  Zeit  unverändert; 

2)  es  werden  in  ihr  Fettkömchen,  CholestearinkrystaUe  und 
Kalkkörnchen  gebildet,  die  Masse  verkreidet,  wird  im  höch- 
sten Grad  in  eine  steinartige  umgewandelt;  3)  Zellen,  Kerne 
und  Körner  im  Detritus  zerfallen  allmälig  in  eine  sehr  fein- 
körnige moleculare  Masse,  es  tritt  daher  Erweichung  ein, 
die  fibrösen  und  anderen  festen  Elemente  erhalten  sich  län- 
ger, zerfallen  aber  endlich  auch;  auf  diesem  Zerfall  beruht 
ein  Theil  der  tuberkulösen  Lungencavernen,  der  centralen 
Erweichung  der  Krebse ;  4)  die  Masse  wird  ganz  oder  tlieil- 
weise  resorbirt,  nachdem  sie  in  resorptionsfShige  feinste 
Molecüle  zerfallen  ist;  5)  sie  trocknet  zu  einem  harten, 
homartigen  Körper  ein. 

C.  Atheromatöser  Frocess,  Umwandlung  der 
Theile  in  eine  gelbliche,  breiige,  aus  Fettkömchen,  Chole- 
stearinkry stallen ,  Kalkkömchen  und  Detritus  von  Zellen, 
Fasern  bestehende  Masse,    findet  sich   als  Metamorphose 


109 

normaler  und  pathologischer  Gewebe  unter  denselben  Be- 
dingungen wie  die  vorige.  Durch  vorwiegende  Fettkörn- 
chen wird  der  Uebergang  zur  Fettmetamorphose,  durch  vor- 
wiegende Kalkkömchen  zur  Verkreidung  gebildet;  zuweilen 
sind  die  Cholestearinkrystalle  vorwiegend  und  geben  dann 
der  Masse  einen  glimmerartigen  Glanz.  Fett,  Kalk  und 
Cholestearine  sind  theils  präexistirend  und  werden  frei, 
theils  werden  sie  nachträglich  zugeführt. 

D.  Verkreidung,  Umwandlung  der  Theile  in  krei- 
dige oder  steinharte,  knochenharte  und  knochenähnliche 
Massen,  Steine,  Concremente,  kommt  im  Körper  sehr 
häufig  Tor ,  ist  bedingt  durch  Freiwerden  von  Kalksalzen^ 
die  in  den  Theilen  oder  ihnen  reichlich  zugeführten  Blastem 
men  präexistiren.  Die  Kalksalze  (kohlensaurer  und  phos- 
phorsaurer Kalk)  treten  in  Gestalt  sehr  kleiner  Kömchm 
oder  Kügelchen  auf,  die  aBmälig  in  festen  Steinen  zu  grös- 
seren, unregelmässigen  Körnern  und  in  den  festesten  Ge- 
bilden dieser  Art  zu  einer  homogenen  glänzenden,  splittrig 
brüchigen  Masse  confluiren.  Sie  sind  in  Salzsäure  löslich 
und  nach  ihrem  Yerschwinden .  bleiben  die  organischen  Theile 
zurück,  welche  bald  von  den  Kalkmassen  verdrängt,  bald 
mit  ihnen  verbunden  werden  wie  der  verknöchernde  Knorpel. 

Die  Verkreidung  findet  sich  1)  in  Secreten  der  Drü- 
sen, im  schleimigen  Inhalt  ihrer  Ausführungsgänge,  im 
Schleim  der  Schleimhäute  überhaupt,  es  bUden  sich  klei- 
nere oder  grössere  Steinchen  von  gleichmässigem  oder  ge- 
schichtetem Bau,  die  Veränderung  ist  bedingt  durch  Verän- 
denmgen  der  Secrete,  Stagnation  derselben  und  des  Schlei- 
mes, Verunreinigung  derselben  mit  £xsudaten,  fremden 
Körpern;  hierher  gehören  Steine  in  Tonsillen,  Darm,  Spei- 
cheldrüsen u.  s.  w.  2)  In  Exsudaten,  welche  nicht  orga- 
nisiren.  3)  In  physiologischen  und  pathologischen  Gewe- 
ben unter  denselben  Bedingungen  wie  die  4ibrigen  Metamor- 
phoseii;  ,  Bierher  gehören  die  Verkreidungen  und  scheinbar- 


110 

ren  Verknöcherungen  seröser  Häute  und  fibröser  Kapseln, 
yon  Gefissen,  Sehnen,  Bändern,  Pseudomembranen,  Eiter, 
Fibroiden  u.  s.  w.    4)  In  Zellen.  (S.  oben.) 

E.  Colloide  Metamorphose,  Colloidentartung;,  Um- 
wandlung der  Gewebe  in  eine  gallertige,  durch  ein  Faser- 
netz getragene  Masse,  ist  bedingt  bald  durch  GoDoidmetar- 
morphose  der  normalen  Zellen,  findet  sich  in  der  Schild* 
drüse,  Gland.  pituitaria,  Plex.  chorioideis,  Mik,  Nieren, 
bald  durch  CoUoidmetamorphose  pathologischer  Zellen  in 
Sarcomen,  Carcinomen. 

(Nach  Schrant  kann  auch  die  von  ihm  Eiweiss« 
metamorphose  der  Zellen  genannte  Veränderung  eine 
Entartung  der  Gewebe  ^zu  einer  breiigen  und  serösen  Masse 
bedingen,  so  leitet  er  z.  B.  Erweichungen  im  Gehirn  ?on 
dieser  Metamorphose  ab.) 

üeber  die  Degenerationen  durch  Neubildungen ,  z.  B. 
die  krebsige,  sarcomatöse,  eitrige,  durch  Entzündung,  Ver- 
schwärung,  Brand,  wird  in  den  entsprechenden  Abschnitten 
gesprochen. 

3)  Brandy  WeloriMSlSy  Oang^aena,  Abster- 
ben der  Theile  mit  folgender  Verwesung,  Fäulniss  ist  hau* 
fig;  der  Vorgang  selbst,  die  anatomischen  und  chemischen 
Veränderungen  an  den  Organen  sind  verschieden  je  nach 
der  Ursache,  dem^Bau  und  Mischung  der  Theile,  der  Lage 
derselben,  der  Temperatur,  der  Einwirkung  yon  Luft  und 
Wärme. 

Der  Brand  der  Weichtheile  ist  bedingt  1)  durdi  Ver- 
minderung und  gänzliche  Entziehung  des  Blutzuflus- 
ses; dieser  Umstand  tritt  bald  allmälig  ein,  das  Absterben 
der  Theile  geht  langsam  vor  sich  und  erreicht  erst  spät  den 
höchsten  Grad;  bald  erfolgt  er  rasch,  es  sterben  plötzUdi 
grössere  Partieen  ab,  die  Zersetzung  und  der  Zerfall  geht 
sdmell  Ton  statten;  2)  durch  mechanische  Zertrüm- 
merung der  Theile,    durch  welche  "die  Blutgefässe  und 


111 

NerTen  zerstört  oder  der  physikalische  Zusammenhang  der 
liieile  aufgehoben  werden;  4)  durckErfrierung  oderVer* 
brennung  direkt,  wenn  sie  im  hödisten  Grade  statt  fin- 
den, indirekt  durch  Entzündung;  4)  durch  Entzündung, 
indem  die  Gewebe  entweder  mit  diphthmtischen  Exsudaten 
als  Schorfe  absterben  oder  m  verjauchenden  Exsudaten  zer- 
foUen;  5)  durch  Gontact  mit  in  Verwesung  begrif* 
fenen  Theilen;  diese  sind  bald  im  Körper  gebildete,  z.Bw 
Darmcontenta,  oder  zufällig  in  denselben  eingebrachte,  bald 
von  mit  Briand  behafteten  Menschen  oder  Thieren  Ubertra-^ 
gene  Stoffe;  6)  durch  Einwirkung  chemischer  Agentien, 
Säuren,  Alkalien  u.  s.  w.  direkt  oder  durch  Entzfindung. 

Die  durch  Brand  bedingten  Veränderungen  stellen  sich 
dar  a)  alstrockner  Brand,  Mumifioirung,  die  Tbeile 
erhalten  eine  braune  oder  schwarze  Farbe,  schrumpfen  ein 
und  bilden  endlich  eine  russige,  schmierige  oder  kohlenar- 
tig bröcklige  Masse,  b)  als  feuchter  Brand,  die  braun, 
sdiwarz ,  schwarzgrün  gefärbten  TheQe  werden  mit  einer 
missfarbigen  Flüssigkeit  durchfeuchtet,  lösen  sich  allmälig 
in  eine  schmierige,  breiige  oder  dünnflüssige,  höchst  übel* 
riechende  Masse  auf;  c)  als  Brand schorf,  der  entweder 
mit  diphtheritischem  Exsudate  abgestorbene,  eine  weisslich- 
gelbe,  trockne  Masse  bildende  Theile,  oder  kleine,  circum- 
Scripte,  spontan  brandig  abgestorbene  Massen  in  lebenden 
Theilen  darstellt. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt,  dass  die  nor- 
malen Gewebstheile  allmälig  ihre  normale  Färbung  und  Ge- 
stalt verlieren,  Anfangs  wolkig  getrübt  werden,  später  in 
kleine  Partikelchen  und  Moleoüle  aus  einander  fallen;  es 
bilden  sich  Tripelphosphate,  nadelförmige  Fettkrystalle,  In- 
fusorien, dunkle  Kömdien  aus  zersetztem  Blutfarbstoff  und 
Sfdiwefeleisen. 

Die  chemische  Untersuchung  ergiebt  die  gewöhnlich  bei 
Verwesung  vorkommenden  Stoffe,  der  C  verbindet  sieh  mit  0 


112 

SU  Kohlensäure,  mit  dem  H  zu  Kohlenwasserstoff,  der  N  mit 
dem  H  2U  Ammoniak,  der  S  und  Ph  mit  H  au  Schwefel- 
und  Phosphorwasserstoff,  der  S  mit  dem  Eisen  der  Theile 
zur  Schwefeleisen,  Verbindungen,  die  theils  die  Entfärbung, 
tbeils  den  üblen  Geruch  der  brandigen  Gewebe  erklaren. 

Bewirkt  der  Brand  nicht  durch  ausgebreitete  Zerstörun- 
gen den  Tod,  so  kann  Heilung  der  Theile  nach  Resorption 
oder  Elimination  der  brandigen  Massen  erfolgen;  Resorption 
ist  nur  bei  flüssigen  Massen  möglich,  Elimination  erfolgt 
nach  atlmäKger  Trennung  des  Todten  Tom  Lebenden  durch 
Entzündung  und  Eiterbildung  an  der  Grenze,  die  brandige 
Partie  wird  nach  Aussen  entleert  und  es  erfolgt  Vemarbung. 

Brand  der  Knochen,  s.  Knochenkrankheiten. 
4)  Die  BesorptiOB  der  pathologischen  Theile  zeigt 
Folgendes:  resorptionsfähig  sind  Gase,  Flüssigkeiten  und 
sehr  feine  fettige  oder  eiweissartige  Molecüle,  die  Resorption 
fester  Gewebe  wird  dadurch  yermittelt,  dass  sie  durch  Fett- 
metamorphose oder  Tuberculisirung  in  feinste  Molecüle  zer- 
fallen, dass  sie  in  lösliche  Extractiystoffe  umgewandelt  oder 
brandig  abgestorben  zu  flüssiger  Jauche  werden. 

C.    Die  Entzündung. 

Die  Entzündung  ist  eine  in  einer  bestimmten  Richtung 
Yor  sich  gehende  Veränderung  der  Ernährung  der  Organe, 
welche  bald  vorübergehend  ist,  bald  patholo^sche  Neubil- 
dung oder  Rückbildung,  Degeneration  der  Theile  be- 
wirkt. 

Die  Bedingungen  der  normalen  Ernährung  cfines  Off- 
nes sind:  eine  bestimmte  Nerventhätigkeit  in  demselben,  ein 
bestimmtes  Verhalten  des  Blutdrucks,  des  Baues  der  Ge- 
fässwände  und  der  Blutmischulig ,  bestimmter  Bau  und  Mi- 
schurig  der  Gewebstheile  und  aus  diesen  Momenten  hervor^ 
gegangene  bestimmte  DifiusionsverhaltQisse  zwischen  Blut 
und  Geweben. 


113 

In  jedem  dieser  Momente  kann  der  Angriflgspunkt  der 
Entzfindungsursache  liegen;  von  der  Veränderung  des  einen 
resultiren  dann  weitere  Veränderungen  einzelner  oder  aller 
Momente  und  daraus  der  mannichfaltige  Ablauf  der  Ent- 
zündung. Die  pathologische  Physiologie  hat  die  Ursachen, 
die  Art  ihrer  Einwirkung  und  die  gesammten  daraus  folgen- 
den Erscheinungen  darzustellen,  die  pathologische  Anato- 
mie hat  die  Aufgabe,  die  Veränderungen  der  Textur  nadi- 
zuweisen.  Wir  haben  daher  zu  betrachten  die  Veränderun- 
gen, die  an  Blutgefässen  und  Gewebstheilen  vor  sich  gehen 
und  die  Exsudate  und  deren  Metamorphosen. 

1)  Die  Veränderungen  der  Blutgefässe.  Die 
grösseren  und  kleineren  Gefässe  entzündeter  Theile  erleiden 
entweder  gar  keine  Veränderung  oder  sind* blutreicher,  die 
Capillaren  und  an  sie  angrem;enden  kleinsten  Gefässchen 
sind  häufig  yerändert.  Im  Anfang  findet  in  ihnen  Anhäu- 
fung der  Blutkörperchen  und  dadurch  aUmälige  Erweiterung 
des  Lumens  und  Stockung  des  Blutlaufs  statt  Diese  Ver<- 
änderungen  sind  bald  vorübergehend,  bald  bleibend,  die  Er- 
weiterung nimmt  zu,  es  gesellt  sich  zu  ihr  auch  Verlänge- 
rung der  nun  vielfach  geschlängelten  Gefässchen,  welche 
nicht  selten  einen  solchen  Grad  erreicht,  dass  die  daraus 
hervorgegangenen  Capillarschlingen  als  neugebildete  betrach- 
tet werden  können;  eine  Schlinge  sprosst  aus  der  anderen, 
durch  Anastomosen  treten  sie  mit  den  benachbarten  in  Ver- 
bindung und  so  entsteht  ein  neues  Netz  von  weiten,  blut- 
reichen Capillaren.  Auf  diese  Weise  werden  Gewebe,  wel- 
che im  Normalzustande  gefässlos  waren,  gefässhaltig.  Mit 
Beendigung  der  Entzündung  kehren  die  Capillaren  entweder 
zur  Norm  zurück,  oder  sie  bleiben  mehr  oder  weniger  er- 
weitert und  das  neugebildete  System  bleibt. 

Die  Hyperämie  und  Stase  sind  oft  die  erste  durch  die 
Entzündungsursache  hervorgerufene  Veränderung,  an  welche 
sidi  Exsudation  und  das  Weitere  anreihen,  zuweilen  sind 

8 


114 

sie  aber  Becundäre  Erscheinungen  oder  fehlen  gans.  Brücke 
und  Jones  fanden,  dass  der  am  Froschfuss  angebrachte 
medianische  oder  chemische  Reiz  zuerst  eine  Verengerung 
der  kleinen  Arterien  bewirkt ,  auf  welche  dann  Yetlangsa- 
mung  des  Blutlaufs  in  den  Capütaren,  Anhäufong  der  Blut- 
körperchen und  endlich  Erweiterung  folgt, 

2)  Das  Exsudat  ist  eine  durch  die  Wände  der  Ca* 
pillaren  ausgetretene  Flüssigkeit,  die  als  qualitativ  und  quan^ 
titatiT  modificirte  Emährungsflüssigkeit  betrachtet  werden 
kann.  Es  tritt  als  interstitielles  zwischen  die  Elemente 
der  Gewebe,  als  freies  in  die  Hohlräume  der  Organe  und 
als  paxenchymatöses  durchtränkt  es  die  Gewebstheile 
selbst.  Seine  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften 
sind  nur  für  die  Fälle  bestimmbar,  in  welchen  grössere 
Mengen  ganz  frisch  zur  Untersuchung  kommen. 

o)  Faserstoffhaltige  Exsudate  finden  sich  o.  als 
Wundfltissigkeit,  sogenanntes  plastisches  Exsudat,  eine 
farblose,  alkalische  Flüssigkeit,  die  bald  gerinnt  und  alle 
Eigenschaften  der  Intercellularflüssigkeit  des  Blutes  hat; 
ß.  als  Exsudatma&sen  in  serösen  Säcken,  beste- 
hen aus  Coagulum  und  Serum ;  das  Coagulum  ist  eine  amor«^ 
phe  oder  fein  gefältelte  Masse,  der  Blutzellen  und  oft  auch 
schon  neugebildete  Zellen  beigemisdit  sind  tmd  die  sich  fast 
ganz  wie  Fibrin  yeihält.  Das  Serum  ist  farblos,  alkalisch, 
enthält  im  Allgemeinen  die  Bestandtheile  des  Blutserums; 
y.  als  croupöse  Exsudate  auf  Schleimhäuten,  bestehen 
aus  Gerinnseln,  die  aber  so  rasch  sich  verändern,  dass  sie 
als  primire  nicht  zur  Untersuchung  kommen^  Die  Meta-^ 
morphosen  der  faserstofflgen  Exsudate  sind :  1)  Basdie  Be- 
Sorption  des  flüssigen  Antheils;  2)  Organisation,  es  bilden 
sich  Zellen  von  der  Natur  der  Eiterzellen,  oder  Bindege- 
webe, oder  anderartige  Neubildungen;  8)  Rückbildung  vor 
oder  nach  stattgdiiabter  Organisaticm:  Verwesung  und  Ver»- 
jräehung,  TubercidisiningvTerkreidting,  FettmetanM^h^se, 


HS 

atberomatVser  ProcoM,  und  dnrcb  diese  vermittelte  sp&tert 
Resorption» 

6)  Seröse  Exsudate  finden  sich  vorzugsweise  in 
serösen  Säcken,  sind  wässerig,  farblos,  alkalisch,  arm 
an  geronnenem  Fibrin  oder  enthalten  gar  keines  und  haben 
im  Allgemeinen  die  Eigenschaften  des  Blutserums.  Ihre  Me>- 
tamorphosen  sind:  Resorption^  sparsame  Organisation,  Ter-* 
wesung,  sparsame  Fettmetamorphose  mit  häufig  vorwiegooder 
Bildung  von  Oiolestearinkrystallen. 

c)  GoUoide  Exsudate  finden  sich  aelten  in  serösen 
Säcken,  bilden  gallertige  farblose  oder  weisslich,  gelblich 
wolkige  Massen,  welche  voraugs weise  aus  Natronalbuminirt 
bestehen  und  meist  ohne  weitere  Metamorphosen  vorkommeoA« 

d)  Hämorrhagische  Exsudate  sind  faserstoflfhak» 
tige  oder  seröse  Exsudate,  wdche  durch  BlutkörperdMi 
oder  Blutfaserstoff  roth  gefärbt  sind  und  die  Metamorpho* 
sen  des  Blutes  und  Hämatins  neben  denen  des  übrigen  Ex* 
sudates  zeigen. 

3)  Die  Gewebe  verändern  sich  während  der  Entzün- 
dung vielfach. 

ü)  Die  normalen  Grewebstbeile  behalten  während  des 
Processes  ihre  normale  Textur  und  gehen  aus  der  Entzttn* 
düng  wohlerhalten  hervor. 

b)  Es  tritt  Schwund  einzebier  oder  aller  Grewebstfadle 
ein  a.  durch  gestdgerte  Resorption,  welche  gleichzeitig  mit 
der  Exsudation  als  wesentliches  Moment  eintritt;  ß.  durd) 
gesteigerte  Resorption  während  der  Organisation  des  Exsu- 
dates in  Eiter.  Während  in  manchen  Fällen  Eiterbildung  im 
interstitieflen  und  fireien  Exsudat  vor  sich  gdbt  dme  Stö- 
rung der  Textur  der  Gewebstheile ,  werden  in  anderen  die 
letzteren  rasch  atrophisch  und  es  entstdi^  in  den  Organen 
mit  Eiter  gefüllte  Lücken,  A bscesse,  od^  allmäliger  Zer- 
fall der  Organe  in  perif^erischem  Fortsdireiten,  Ver- 
schwärutig,    Ulceration,   Vereiterung,    Suppu- 

8* 


116 

ratio  (s.  Eiter);  y*  durch  Nekrose  uad  Zerfall  in  nekrosi- 
renden,  verjauchenden  Exsudaten. 

c)  Es  tritt  Hypertrophie  durch  vermehrte  Bildung  der 
normalen  Gewebstheile  und  Zurückbleiben  der  neugebüdeten 
GapiUametze  oder  durch  Neubildung  von  Bindegewebe  ein. 

d)  Veränderungen,  welche  vielleicht  durch  Aufnahme 
des  Exsudates  in  die  Gewebstheile ,  Zellen ,  Fasern  u.  s.  w. 
selbst  erklärt  werden  können ;  hieher  gehört  z.  B.  die  Yergrös- 
serung  der  Epithelien  der  Hamkanälchen  und  nachträgliche 
Fettmetamorphose  bei  M.  Brightii,  die  endogene  Zellenbil- 
dung der  Gelenkknorpel  bei  Gelenkentzündung,  Fettmeta- 
morphose der  Homhautkörper  bei  Keratitis,  Zerfall  der  Mus- 
kelfibrillen  bei  Myitis,  Yergrösserung  und  molecularer  Zerfall 
der  Leberzellen  bei  Hepatitis,  alles  Fälle,  bei  welchen  freies 
Exsudat  nicht  oder  nur  sparsam  vorkommt,  wesshalb  sie 
von  Yirchow  als  parenchymatöse  Entzündung  angegeben 
werden. 

Das  anatomische  Gesammtbild  setzt  sich  aus  allen  be- 
schriebenen Veränderungen  zusammen,  es  erscheint  in  den 
einzelnen  Organen  äusserst  mannichfach,  indem  bald  Hy- 
perämie und  Stase,  bald  Exsudation,  bald  Veränderung  der 
Gewebe  vorwiegend  sind.  Die  constantesten  Phänomene  sind 
Exsudation  und  Stase.  Im  specielleu  Theil  wird  die  Er- 
scheinungsweise der  Entzündung  in  den  einzelnen  Organen 
dargestellt  und  so  die  Beschreibung  derselben  abgerundet 
werden.  

m.    Die  Ver&ndemiigpen    der   pliyfidUkall- 
fschen  liig^eiwehaf ten  der  OrffAne» 

!•    Weränderiuifeii  der  d^rtese. 

1)  Zunahme  der  Grösse: 
a)  des  ganzen  Körpers,  Biesenwuchs,    ist  ange- 
boren. 


117 

ft)  eines  Organes,  Hypertrophie^  sie  ist  ange- 
boren oder  erworben. 

Ihre  Bedingungen  sind  a.  Vermehrung  oder  Vergrösse- 
rung  aller  oder  einzelner  Gewebstheile ,  ächte  Hypertro- 
phie, das  Organ  ist  yergrössert,  seine  grobe  und  feinste 
Textür  ist  unverändert;  dieselbe  wird  herbeigeführt  durch 
Hyperämie  und  Entzündung,  vermehrte  Thätigkeit,  allge- 
meine Ernährungsveränderungen,  p.  Neubildung  von  Binde- 
gewebe, Gefässen,  Fett,  rohen  Exsudatmassen  und  andern 
pathologischen  Produkten  zwischen  den  normalen  Gewebs- 
theilen,  unächte  Hypertrophie,  das  vergrösserte  Or- 
gan zeigt  Veränderung  seiner  groben  und  feinsten  Textur- 
y.  Vergrösserung  eines  Hohlorganes,  beruht  auf 
Hypertrophie  seiner  Wand  bei  normaler  oder  verkleinerter 
Weite  des  Lumens,  —  auf  Erweiterung  des  Lumens  bei 
normaler,  verdickter  öder  verdünnter  Wandung;  ist  bedingt 
durch  Anhäufung  des  Inhalts,  vermehrte  Thätigkeit  bei  Hin- 
dernissen der  Entleerung  desselben,  Paralyse  der  Wand, 
Zerrung. 

2)  Abnahme  der  Gefässe  : 

a)  des  ganzen  Körpers,  Zwerchwuchs,  ist  ange- 
boren; 

6)  eines  Organes,  Atrophie,  ist  angeboren  oder 
erworben. 

Ihre  Bedingungen  sind  a.  Abnahme  der  Grösse  oder 
Menge  aller  oder  einzelner  Gewebstheile  ohne  weitere  Tex- 
turveränderungen;  sie  wird  herbeigeführt  durch  allgemeine 
Abnahme  der  Ernährung,  Behinderung  der  Ernährung  des 
Organes  durch  Verminderung  seiner  Blutmenge,  Druck, 
Zerrung,  ünthätigkeit ;  ß.  Verkleinerung  mit  Texturverän- 
derungen ,  herbeigeführt  durch  partielle  Zerstörung  nach  Ent- 
zündung, Brand  u.  s.  w. ;  y.  völliger  Schwund  eines 
Organes,  auf  eine  der  genannten  Weisen  herbeigeführt; 
d.  Verkleinerung  eines  Hohlorganes,  beruht  auf 


118 

Yefengening  seines  Lumens  bei  normaler,  Terminderter  oder 
▼ergr5sserter  Dicke  der  Wand  y  —  Verdünnung  der  Wand. 

1)  Erweichung,  ist  bedingt  durch  Zersetzung ,  Fiui- 
niss  am  Lebenden  oder  in  der  Leiche,  —  durch  Infiltration 
der  Organe  mit  Serum ,  Eiter ,  Mariuschwamm,  CoDoid  n.  s. 
w«,  —  durch  molecularen  Zerfall  nach  mechanischer  Zer- 
trupunerung,  Fettmetamorphose,  Tuberculisirung,  atheroma- 
t5sen  Process,  —  durch  Hyperämie  pulpöser  Organe.  Die 
Erweichung  ist  also  kein  selbststSndiger  Process,  sondern 
Folge  der  versdiiedenartigen  genannten  Processe. 

2)  Verhärtung,  ist  bedingt  durch  Resorption  und 
Schwund  flüssiger  und  zelliger  Theile  eines  Organes,  iritti- 
rmd  die  fibrösen  und  festen  bleiben,  —  Verkreidüng  und 
Verkndcherung,  —  Neubildung  von  Bindegewebe,  Sdrriius, 
—  Contraction,  —  Hypertrophie  der  festen  Theile  eines 
Organes. 

8.    Wer&nderunffeii  der  FftrliVB^. 

Die  normale  Färbung  der  meisten  Organe  ist  bedingt 
durch  eine  Mischung  der  den  Gewebstheilen  eigenthfim- 
liehen  Farbe  mit  der  des  Blutes;  Verminderung  oder  Ver- 
mehrung eines  dieser  Momente  bedingt  daher  die  meisten 
Schwankungen  der  Färbungen ,  Blässe  und  Dunkel,  BAthung 
in  allen  Nuancen,  unbestimmte  Entfärbung.  Die  Gewebs- 
theile  werden  Terändert  durch  Atrophie,  Hypertrophie,  Me- 
tamorphosen, das  Blut  durch  Hyperämie,  Anämie,  Hy- 
drämie. 

Die  einzelnen  Farben  yerhalten  sich  femer  so: 

abnorme  R8the  ist  bedingt  durch  Hyperämie,  Hä- 
morrhagie  und  transsudirten  Blutfarbstoff ; 

schwarze  Färbung  durdi  sdiwarzes  kömiges  Pig- 
ment, Schwefeleiseii,  Gangrän; 


119 

gelbe  Färbung  durch  gelbes  Pigineiit,  Fettbüide« 
gewebe  und  körniges  Fett,  Tubercullsirung)  Fibrin ,  Yer- 
kreidung,  Galle; 

grüne  Färbung  durch  Galle,  Schwefeleisen; 

blaue  Färbung  durch  vorwiegend  venöse  Hyperä- 
mie.   (S.  Cyanose.) 

4.    Ver&nderanjr^ii  der  Form,  IiAye,  Kahl  und  des 

2ii0Ainmeiibaii9e8« 

1)  Die  Form  der  Organe  kann  durch  Fehler  der  Bil- 
dung des  Fötus  und  durch  Texturveränderungen  abnorm 
werden;  die  letzteren  sind  Hypertrophie,  Atrophie,  Neu- 
bildungen ,  Narbenbildung ,  Bückbildungs  -  Metamorphosen, 
Brand,  Veränderungen  des  Zusanunenhangs. 

2)  Die  Lage  der  Organe  kann  ä)  durch  Veränderun- 
gen der  Bildung  des, Fötus  bedingt  sein,  indem  bald  ein- 
zelne Organe  in  Brust-  und  Bauchhöhle  eine  abnorme  Lage 
einnehmen  oder  sämmtUche  Eingeweide  umlagert  sind ;  hieher 
gehört  der  Situs  transversus,  in  welchem  eine  Umkehrung  der 
Lagerung  sämmtlicher  Eingeweide  der  Brust  und  des  Bauches 
statt  findet:  Milz  rechts,  Leber  links  u.  s.  w.  6)  Sie  kann 
erworben  sein  durch  Senkung  eines  schwerer  gewordenen 
Organes,  Verschiebui^  durch  Druck  eines  Organes  auf  das 
andere,  mechanische,  von  aussen  kommende  Einwirkung. 

3)  Die  Zahl  der  Organe  kann  nur  durch  Fehler  der  Bildung 
vermehrt  oder  vermindert  werden;  hierher  gehört  die  angebome 
Vermehrung  von  Fingern,  Zehen,  Brustwarzen  u.  s.  w., 
Angeborener  Mangel  einer  Niere,  einer  Extremität  u.  s.  w. 

4)  Der  Zusammenhang  wird  gestört  a)  durch  Miss- 
bildung, z.  B.  Hasenscharte,  Inversio  urinae,  angeborene 
Luxationen  u.  s.  w.  ;  b)  durch  erworbene  Veränderun- 
gen; diese  sind  durch  äussere  Gewalt  bewirkte  Trennungen 
des  Znsammenhanges:  Wunden,  Fracturen;  durch  Textur- 
Yerändenmgen  bewirkte :  Perforationen  durch  Verschwämng, 


120 

Verjauchung,  Krebserweicbung  u.  s.   w.;    Verwachsuugeu 
und  Obliterationen:  Anchylosen,  Stenosen.  . 


IV.   lielchenenMdhelnQiigmi. 

Leichenerscheinungen  sind  Veränderungen,  welche  nach 
dem  Tode  auftreten  und  durch  Fäuhiiss,  Senkung  und 
Transsudation  der  stagnirenden  Flässigkeiten,  Todtenstarre 
bedmgt  sind. 

1)  Ver&ndenmgen  der  Farbe.    Bothe  und 

blaurothe  Färbungen  werden  bedingt  a)  durch  Senkung 
des  Blutes  nach  den  abhängigsten  Eörpertheilen,  hypo- 
statische Böthung,  Hyperämie,  finden  sich  in  in- 
neren Organen,  insbesondere  den  Lungen,  und  der  Haut,  be- 
wirken in  letzterer  ausgebreitete  oder  sparsame  Flecken, 
Todtenf lecken,  Liyores;  diese  sind  am  ausgebildet* 
sten  bei  Krankheiten,  nach  welchen  das  Blut  flüssig  bleibt 
und  rasche  Zersetzung  folgt;  6)  durch  Transsudation 
des  mit  Hätnatin  gefäxbten  Blutserums;  findet  sich  neben 
der  vorigen  Art  oder  unabhängig  Yon  dieser,  begleitet  Ve- 
nen und  Capillaren  als  blaurother  Saum  oder  diffuse  Flek- 
ken  und  färbt  als  Imbibitionsröthe  die  innere  Gefässhaut; 
c)  circumscripte  Injectionen,  hervorgebracht  durch  Druck 
eines  Organes  auf  das  andere,  wodurch  das  Blut  nach  ei- 
nem derselben  hingedrückt  oder  dessen  Abfluss  behindert 
wird;  (l)  durch  Flüssigbleiben  des  Blutes  bei  Hyperämie 
in  der  Agonie  wird  blaurothe  Färbung  der  Haut  des  gan- 
zen Körpers  und  der  inneren  Organe  bewirkt,  so  nach 
asphyctischem  Tod. 

Grüne,  gelbe  und  braune  Färbungen  werden  be- 
dingt a)  durch  Transsudation  der  Galle,  durch  i^elche  die 
umgebenden  Eingeweide,  zuweilen  audi  die  Bauchdecken  ge-^ 


m 

ßibt  W€ffdeii;  *)  dvdi  Zenetimig  aadi  Flslsiss;  hier- 
bdx  geimi  die  grfine  Firboiig  der  Banchdeckeii  und  die  lliss- 
firbuDgeii  der  Därme  und  anderer  Oigane. 

Entfärbang,  Blasse  fndet  sich  meist  in  der  Haut, 
in  inneren  Organen  an  den  obersten  Theilen  bei  stariLer 
Senkni^  des  Blntes  nach  unten. 

2)  We^hnAeranfgeOi  der  CüoiisfetMuu  «)  £r- 
weichung,  idt  bedingt  durch  Durchtr&nkung  und  Macera- 
tion  der  Grewebe  mit  Flüssigkeiten:  Darminhalt,  BlutsennUi 
seröse  Exsudate  u.  s.  w.,  durdi  Fäuhiiss  insbesondere  bei 
genannten  Umstanden,  durch  chemische  Lösung  yermittelst 
saurer  Flüssigkeiten.  (S.  Magenerweichung.)  b)  Yerh&r-. 
tung  ist  bedingt  o)  durch  Starrwerden  der  Muskeln  nach 
dem  Tode,  Todtenstarre;  diese  Erscheinung  tritt  ge- 
wöhnlich 12  Stunden  nach  dem  Tode  ein  und  verliert  sich 
nach  36  bis  48  Stunden  wieder,  die  Muskeln  werden  hart 
und  contrahiren  sich,  zuerst  die  Kaumuskeln,  dann  die  des 
Halses,  des  Rumpfes  und  die  der  Arme  und  Beine.  Auch 
die  nicht  der  Willkür  unterworfenen  Muskeln  des  Herzens, 
der  Arterien,  des  Darmes,  Uterus,  der  Haut,  Harnblase 
zeigen  oft  Ersdieinungen  der  Contraction  nach  dem  Tode 
und  als  ihre  Folgen :  Austreibung  des  Blutes,  Kothes,  Urins, 
Fötus  nach  dem  Tode,  luYaginationen ,  Einschnürungen  des 
Darmes,  die  letzteren  können  auch  während  der  Agonie  zu 
Stande  kommen,  b)  Durch  Yertrocknung  der  Luft  ausge- 
setzter Theile. 

3)  l¥amierbUdangp  ist  bedingt  a)  durch  Trans- 
sudation  farblosen  Blutserums  nach  dem  Tode  und  findet 
sich  als  Oedem,  Hydrops  seröser  Säcke,  Wasserblasen  un- 
ter der  Epidermis;  6)  durch  Transsudation  und  Imbibition 
Ton  hydropischer  Flüssigkeit  in  benachbarte  Organe. 

4)  liOftbildang^  ist  häufig  und  stets  Folge  von 
fauliger  Zersetzung;  sie  findet  sich  in  parenchymatösen  Or* 
ganen,  Hohlorganen  und  im  Blut. 


122 

5)  BhatgerlniU^  In  der  Regel  gerinnt  das  Blut 
mehrere  Stunden  nach  dem  Tode  im  rechten  Hersen  und  in  den 
Venen,  das  linke  Hers  und  die  Arterien  finden  sich  meist 
leer,  indem  sie  durch  Contraction  nach  dem  Tode  das  Blut 
austreiben.  Die  Gerinnsel  im  rechten  Herzen  bilden  bald 
eine  weiche,  blaurothe  Masse,  bald  ist  der  Faserstoff  als 
gelbe,  elastische  Masse  rem  ausgeschieden,  füllt  Yorhof 
und  Ventrikel  aus  und  zieht  sich  in  die  Lungenarterie.  Die 
Crerinnsel  liegen  lose  an  der  Wand  oder  haften  sehr  fest 
und  sind  mit  Trabekeln  und  Klappensehnen  eng  verfilzt. 
Ihre  Bildung  beginnt  zuweilen  schon  während  der  Agone, 
wenigstens  findet  man  Torzugsweise  nach  langer  Agone  und 
lebhaften  Herzbewegungen  während  derselben  massenhafte 
und  feste  Gerinnsel.  Zuweilen  finden  sich  auch  im  linken 
Herzen  und  der  Aorta  Gerinnsel.  Nach  exanthematischen 
Krankheiten,  Pyämie,  und  asphyctischem  Tod  gerinnt  das 
Blut  meist  nicht,  bildet  eine  dunkle,  dickflüssige  Masse  und 
imbibirt  sehr  stark  in's  Endocardium  und  die  innere  Gefässhaut. 
Nach  eingetretener  Fäulniss  wird  das  Blut  wieder  flüssig. 


V..  Die  Paraislton. 

Parasiten  sind  solche  Pflanzen  und  Thiere,  die  mit  ih- 
rer Existenz  an  den  menschlichen  Körper  gebunden  sind, 
doch  werden  gewöhnlich  auch  solche  dazu  gerechnet,  wel- 
che sich  zwar  im  Körper  häufig  entwickeln,  aber  auch  an 
anderen  Stellen  leben  können. 

Die  parasitischen  Pflanzen  gdiören  zu  den  nie- 
dersten pflanzlichen  Formen  (Pilze  und  Algen),  stellen  sich 
als  einfache,  runde  oder  ovale  Bläschen  Ans  oder  als  aus 
an  einander  gereihten  ZdQen  bestehende  faden-  oder  netz- 
förmige Gebilde.  (Fig.  16.)     Sie  finden  sieh  auf  der  Haut, 


m 

im  Traduä  intestinalis  und  den  Luftwegen ,  ihie  Keime 
w^en  Ton  Aussen  eingebracht  und  entwiclceln  sich  in  gfis«- 
stigem  Boden  weiter.  Sie  sind  in  pathologischer  Hinsicht 
indifferent  oder  bewirken  wesentliche  Veränderungen  wie 
die  Pilse  bei  Fayus,  Herpes  tonsurans  und  Soor. 

Die  thierischen  Parasiten  leben  entweder  auf 
der  Oberfläche  des  Körpers  oder  im  Inneren  desselben,  sind 
in  pathologischer  Hinsicht  indifferent  oder  sind  Grund  we- 
sentlicher Störungen  der  Functionen  und  Textur. 

In  allen  in  Zersetzung  begriffenen  physiologischen  und 
pathologischen  Geweben  entwickeln  sich  ausser  Pilzen  sehr 
oft  Infusorien  der  niedersten  Art,  Vibrionen  und  Monaden. 

Auf  der  Oberfläche  des  Körpers  leben  Insekten  und 
Arachniden;  es  sind  die  Wanzen  und  Flöhe,  weldie 
ihre  Eier  an  anderen  Orten  legen  und  den  Körper  nur  zum 
Behufe  ihrer  Ernährung  besuch^i^  und  die  Läuse,  die 
Kratz-*  und  Haarsackmilben,  welche  ihre  Eier  auf 
und  in  die  Haut  legen  und  deren  Brut  auf  dem  Körpw 
bleibt  (s.  Hautkrankheiten)« 

Im  Inneren  des  Körpers  leben  die  Eingeweidewür- 
mer, Entozoa,  welche  meist  im  Darmkanale  leben,  aber 
auch  in  den  Lebergängen,  der  Niere,  dem  Zellgewebe  in 
Muskeln  und  anderen  Körpertheilen  vorkommen.  Sie  sind 
Ton  schwachen  Hautdecken  umgeben,  haben  einen  Mund 
und  Nahrungsschlauch,  eine  Art  G^fässsystem  und  Ge- 
schleditswerkzeuge,  die  bei  einigen  Arten  getrennt,  bei  an- 
deren vereinigt  sind;  sie  legen  Eier  oder  gebären  lebendige 
Junge. 

Ihre  Eier  kommen  meist  nicht  am  Wohnorte  der  Mut- 
ter zur  weiteren  Entwickelung ,  sondern  an  einem  anderen 
Orte,  im  Freien  oder  in.  einem  anderen  Thiere,  und  aus 
dem  Eie  entsteht  meist  nidit  gleich  ein  vollständig  entwik- 
keltes,  dem  Mutterthiere  gleiches  Junge  ^  sondern  ein*ihm 
unähnliche»,  gesehlecfatsloses  TUer,  welches  erst  nach  wei- 


IM 

ient  UiBWiBdluBg  is  nMhrerai  GcBcntfonoi  ms  rafea, 
■it  CresddeditswerkieogeB  Tcndieiiai  md  fortpflansaig»- 
fiDogcB  Thiere  wird  (GeiientioiiswecliMl).  Z«  der  Entwft- 
kdamg  der  Eier  und  der  Jimgeii  gehört  aiier  dn  besÜHOi- 
ler  Ort;  diesen  n  erreidieii,  treten  die  Jmgen  Wudcruft- 
gea  an,  indem  ne  in  die  ihnen  Ton  der  Natur  ingewiese- 
nen Thiere  eindringen  oder  in  dieselben  dnrch  ZnfaU, 
durch  Yersddocken  mit  Speise  und  Trank,  dnrch  Ter- 
speisong  ihrer  derzeitigen  Wohnthiere  eingekadit  wer- 
den. €rdangen  sie  nicht  an  den  bestimmten  Wohnort,  so 
gehen  sie  zn  Grande  oder  sie  bleiben  als  geschlechtslose 
6esdi5pfe  an  dem  Orte  zaanidL,  wohin  sie  gerathen. 

Die  Einwanderung  unserer  Eingeweidewfirmer,  weMie 
sich  im  Darmkanale  aufhalten,  gesdiieht  wohl  inmier  durdi 
die  genossenen  Speisen  und  Getrimke,  in  welchen  sie  als 
Eier  oder  Junge  sich  yorfinden;  schwieriger  zu  erUiren  ist 
die  Art  und  Weise,  wie  die  Entozoen,  weldie  im  Zdlge- 
webe,  in  den  Muskeln  u.s.w.  sitzen,  einwandern;  an  diese 
Stellen  können  die  Thiere  nur  durdi  eine  Wanderung  Tom 
Darmkanale  aus  oder  durch  das  Blut  gelangt  sein.  Beide 
Wege  sind  möglich,  da  man  bei  Thieren  Wanderungen 
durch  den  ganzen  Körper  beobachtet  und  auch  im  Blute 
Jdeine  Helminthen  oder  Eier  gesehen  hat;  im  letzteren  Falle 
muss  entweder  ein  eierlegendes  Weibchen  ein  Blutgefäss 
perforirt  haben  oder  junge  Helminthen  müssen  von  Aussen  in 
dasselbe  eingedrungen  sein;  Eier  oder  Junge  bleiben  dann  im 
nächsten  CapiUarsystem  hangen  und  gdien  darauf  weitere 
Veränderungen  ein. 

Die  wichtigsten  Entozoön  sind: 

Aus  der  Familie  derTrematoden:  Distoma  Mepati- 
cum  und  Umcßotalum  in*  den  Lebergängen ,  wohin  sie  wohl 
aus  dem  Darme  einwandern.    (S.  Leberkrankheiten.) 

•Von  den  Nematoden  haben  wir  im  Darmkanale  (s. 
Krankheiten    desselben)  .den   Oxyurii    vermicularisj 


125 

Ascarii  lumbricoides  und  Trichocephalus  di^par, 
in  den  Nieren  den  Strongylus  gigü$,  in  der  Haut  die 
Filaria  medinemis^  in  den  Augenflüssigkeiten  die  Fi- 
laria  oculi  humani^  in  den  Muskeln  Trichina  spi' 
ralis,  in  Cysten,  nach  Herbst  walirscheinlich  Eier  mit  Em- 
bryonen einer  Filaria.    (S.  Muskelkrankheiten.) 

Endlich  finden  sich  im  menschlichen  Körper  Entozoen 
aus  der  Familie  der  Cestoden,  zu  welchen  auch  die  Cy- 
stici  gehören.  Von  den  Cestoden  haben  wir  den  Bo- 
thriocephalus  latus  und  Taenia  iolium  im  Darm- 
kanale;  es  sind  keine  einfachen  Thiere,  sondern  bestehen 
aus  zahlreichen  Individuen,  welche  sich  an  einander  ent- 
wickeln, endlich  aber  frei  werden  und  einzeln  fortleben. 
Aus  ihren  Eiern  entwickeln  sich  Larren  mit  einem  dem 
des  reifen  Bandwurmes  gleichen  Kopf  und  einem  blasen- 
förmigen,  ihm  anhängenden  Leib  ohne  Geschlechtstheile. 
Gelangt  dieses  Thier  an  seinen  richtigen  Wohnort,  so 
sprossen  aus  dem  Leibe  Knospen  hervor,  die  sogenannten 
Glieder  des  Bandwurms ,  welche  sich  jede  für  sich  vollstän- 
dig entwickeln,  ein  Gefässsystem  zur  Circulation  des  Nah- 
rungssaftes und  einen  vollständigen  Geschlechtsapparat  er- 
halten, abgestossen  werden,  und,  nachdem  sie  eine  Zeit 
lang  als  selbstständige  Individuen  existirt. haben,  dann, 
wann  sie  an  einen  günstigen  Wohnort  gelangen,  durch  Frei- 
werden der  Eier  einer  neuen  Generation  Leben  geben. 

Gelangen  Eier  oder  Larven  nicht  an  den  zur  Entwik- 
kelung  noth wendigen  Wohnort,  so  bilden  sich  die  ge- 
schlechtslosen Blasen  Würmer :  Cysticercus  cellulosae 
ist  eine  Larve  von  einem  Bandwurm  (Taenia  soliuml)  m\i 
wassersüchtigem  Leib;  Ecchinococcus  hominis  besteht 
aus  einer  runden  Blase,  an  deren  Innenseite  Knospen  mit 
Thierchen  hervorsprossen,  welche  die  Gestalt  des  Kopfes 
von  Taenia  solium   haben,    oder  welche  als  Acephalo- 


126 

Cysten  ohne  Sprossen  bleibt,  suweilen  in  ihrem  Inneren 
kleinere  Blasen  enthält  Gelangen  diese  Blasenwttrmer  spä- 
ter wieder  in  den  Dannkanal ,  so  entwickehi  sie  sidi  tu 
Bandwünnem)  wie  wenigstens  bei  Thieren  Ton  ▼.  Siebold 
nachgewiesen  wurde. 


■ 


Specielle 


pathologische  Anatomie. 


,' 


Pathologische  Anatomie  der  Teirdäunngs- 

organe. 

I.     TubuM  alimentaria* 
1.    Mundhöhle  und  Gaumen. 

Bildunffflfeliler« 

Lippenspalte,  einseitige  oder  beidseitige  Spaltung 
der  Oberlippe  an  der  Stelle,  welche  dem  Baume  zwischen 
dem  äusseren  Schneidezahn  und  dem  Eckzahn  entspricht; 
oft  combinirt  mit  Kiefer  spalte,  Spaltung  des  Alveolar- 
fortsatzes  des  Oberkiefers  an  der  genannten  Stelle.  (Hasen- 
scharte, Labium  leporimtm^ 

Gaumenspalte,  Spaltung  des  weichen  oder  harten 
und  weichen  Gaumens  in  der  Mittellinie  in  yerschiedenen 
Graden,  oft  combinirt  mit  Kiefer-  und  Lippenspalte.  (Wolfs- 
rachen, RictuB  lupinus,) 

Der  erste  dieser  Bildungsfehler  beruht  auf  mangelhaf- 
ter Vereinigung  der  Ton  den  Seiten  (vom  Fortsatz  des  er- 
sten Yisceralbogens)  heranwachsenden  Oberkiefer  mit  dem 
yon  oben  (den  äussersten  Belegungsmassen  der  vor  dem 
Ende  der  Wirbelsäule  entstehende  Knochen)  herabwach- 
den  Zwischenkiefer;  der  zweite  auf  mangelhafter  Vereini- 
gung der  yon  den  Seiten  (yom  ersten  Visceralbogen)  heran- 
wachsenden Gaumenknochen  in  der  Mittellinie. 

Selten  findet  sich  Spaltung  der  Lippe  in  dar  Mittelli- 
nie, zuweilen  bedingt  durch  gänzlichen  Mangel  der  Zwi- 
schenkiefer.   Ebenso  selten  kommt  Spaltung  der  Unterlippe 

9 


130 

und  des  Unterkiefers  vor,  die  sich  stets  in  der  MitteUinie 
befindet. 

Zuweilen  ist  die  Mundspalte  sehr  gross  durch  mangel- 
hafte Lippen-  und  Wangenbildung. 

Atresia  oris^  Verwachsung  der  Lippen,  ist 
selten;  häufiger  ist  mangelhafte  Entwickelung  der  Gesichts- 
knochen und  desshalb  Mangel  des  Mundes  und  der  Mund* 
höhle. 

Mangel,  Spaltung  der  Uvula. 

Abbildungen  in:  Fr.  S.  Leuckardt,  Unters,  über  das  Zwischen- 
kieferb,  1840.  --  Meckel,  Tab.  an.-patb.  T.  18.  —  Ammon,  Die 
angeb.  chir.  Khten.  T.  6,  7. 

HypcrAmto  imcl  lIämorrli»sle. 

Bei  neugeborenen  Kindern  uAd  zur  Zeit  der  Dentition 
ist  die  Schleimhaut  der  Mundhöhle  (wie  die  des  ganzen 
Tractus  intestinalis  und  der  Bronchien)  stets  hyperämisch, 
sehr  geröthet  und  zu  Blutungen  geneigt;  starke  Injection 
und  Ecchymosen  sind  bei  ihnen  nicht  selten.  Bei  Erwach''- 
senen  haben  wir  Hyperämie  der  Mundhöhle,  insbesondere 
des  Zahnfleisches  und  der  Lippen,  bei  Scorbut,  Hydrargy- 
rose ,  des  GaumeniS  und  des  Rachens  nach  Erkältungen,  bei 
Syphilis,  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Exsudationen. ' 

Hypertroplile. 

Hypertrophie  der  Lippen  und  zuweilen  audi  der 
2iange  ist  häufig  bei  scrofulösen  Kindern  und  Kretinen. 
Nach  langwierigen  Hyperämieen  und  Entzündungcai  bleiben 
Mweilen  yergrössext:  das  Zäpfchen^  wdchea  dann  den 
Zungenrücken  mit  seiner  Spitze  berührt;  die  Tonsillen, 
welche  sich  gegenseitig  berührend  die  Mundhöhle  fast  yoll- 
stSndig  ¥on  der  B.achenhöhle  abschliessen  können  und  de- 
rai  Yergrössemng  in  VerdickuBg    und   Ausdehimv  der 


181 

Wände  der  Aeini^  yennefarter  Zellenbildimg  in  denflelbeü 
und  Neubildung  von  Bindegewebe  beruht;  die  brüseft 
der  Raeben-  tind  Lippensehleimhaut)  weMe  wie 
perlenartige  Knötchen  hervorragen  und  strotzend  mit  ihrem 
Secrete  gefüllt  sind^ 

L  Entzündung  der  Schleimhaut,  a)  Katmr- 
r haiische  Entzündung.  Das  Wesen  der  katarrhatn- 
schen  Entzündung  aller  Schleimhäute  ist  im  Allgemeinen 
folgendes:  bei  gleichzeitiger  Hyperämie  der  Capillaren  und 
kleinen  Venen,  oder  ohne  sichtbare  FäUung  der  Blutgefässe 
findet  eine  reichliche  Exsudation  statt;  das  Exsudat  flieirtrt 
thefls  als  amorphe  5  flüssige  Masse  ab^  theüs  dient  es  ab 
Blastem  einer  reichlidien  Zelknbildung.  Bald  erreichen  aUe 
Zellen  die  Entwid^etung  der  Epithelialzellen,  werden  im 
grosser  Menge  als  solche  abgestossen^  bedecken  die  Schtenii^ 
haut  als  dünnflässige^  grauliche  oder  weissliche  Masse  und 
werden  endlich  entleert;  —  bald  werden  die  neugebildetea 
Zellen  durch  die  rapide  Neubildung  von  unten  her  eher  ab^ 
gestossen,  als  sie  ihre  Ausbildung  erreichen,  sie  stellen  sidi 
dann  als  kleine,  runde,  1 -- 2kemige  -  Zellen  mit  homoge^ 
nem  Inhalte  dar  (gleich  den  jungen  Epithelialzellen  der  ubk 
teren  Schichten  normaler  Schleimhäute);  -^  bald  bild^  sich 
Eiterzellen.  Die  Schteindiattt  ist  dann  mit  einer  rahmarfii-*- 
gen,  weisslichen  oder  gelblidien  Flüssigkdt,.  mit  Eiter^  bö«» 
de^t.  Die  Drüsen  der  Schleimhäute  nehmen  bald  an  Ai^ 
sem  Vorgänge  Theil,  bald  bleiben  m  unbetheiligt^  baM 
sind  sie  e^  welche  vor zi^weise  affidrt  sind  und  den  grös^ 
ten  Theil  des  Exsudates  liefem. 

Lässt  die  Entzündung  naeh,  so  werden  die  Zellen  wei* 
taget  rasch  abgestossen  und  nach  und  nach  werden  wiedet 
Mtntale  Bpithettalzellen  gebildet. 

Sie  bleibettdeit  TextarreräAderungen  det  ScMeimhäut^ 

9* 


124 

terer  Umwandlung  in  mdireren  Grenerationen  snm  reifen^ 
mit  Geschlechtswerkzeugen  yersehenen  und  fortpflanzungs- 
fShigen  Tliiere  wird  (Generationswechsel).  Zu  der  Entwik- 
kelung  der  Eier  und  der  Jungen  gehört  aber  ein  bestinmi- 
ter  Ort;  diesen  zu  erreichen,  treten  die  Jungen  Wanderun- 
gen an  9  indem  sie  in  die  ihnen  von  der  Natur  zugewiese- 
nen Thiere  eindringen  oder  in  dieselben  durch  Zufall, 
durch  Verschlucken  mit  Speise  und  Trank,  durch  Ver- 
speisung ihrer  derzeitigen  Wohnthiere  eingebracht  wer- 
den. Gelangen  sie  nicht  an  den  bestimmten  Wohnort,  so 
gehen  sie  zu  Grunde  oder  sie  bleiben  als  geschlechtslose 
Geschöpfe  an  dem  Orte  zurück,  wohin  sie  gerathen. 

Die  Einwanderung  unserer  Eingeweidewürmer,  welche 
sich  im  Darmkanale  aufhalten,  geschieht  wohl  immer  durch 
die  genossenen  Speisen  und  Getränke,  in  welchen  sie  als 
Eier  oder  Junge  sich  vorfinden;  schwieriger  zu  erklären  ist 
die  Art  und  Weise,  wie  die  Entozoen,  welche  im  Zellge- 
webe, in  den  Muskeln  u.s.w.  sitzen,  einwandern;  an  diese 
Stellen  können  die  Thiere  nur  durch  eine  Wanderung  vom 
Darmkanale  aus  oder  durch  das  Blut  gelangt  sein.  Beide 
Wege  sind  möglich,  da  man  bei  Thieren  Wanderungen 
durch  den  ganzen  Körper  beobachtet  und  auch  im  Blute 
Jdeine  Helminthen  oder  Eier  gesehen  hat;  im  letzteren  Falle 
muss  entweder  ein  eierlegendes  Weibchen  ein  Blutgefäss 
perforirt  haben  oder  junge  Helminthen  müssen  von  Aussen  in 
dasselbe  eingedrungen  sein;  Eier  oder  Junge  bleiben  dann  im 
nächsten  Capillarsystem  hängen  und  gehen  darauf  weitere 
Veränderungen  ein. 

Die  wichtigsten  Entozoen  sind: 

Aus  der  Familie  der  Tremat öden:  Distoma  hepati- 
cum und  lanceolaltan  in*  den  Lebergängen ,  wohin  sie  wohl 
aus  dem  Darme  einwandern.    (S.  Leberkrankheiten.) 

*  Von  den  Nematoden  haben  wir  im  Darmkanale  (s. 
Krankheiten    desselben)  .den   Oxyuri»    vermiculari$^ 


126 

Ascari»  lumbrieoides  und  Trichocephalus  di$p€tr, 
in  den  Nieren  den  Strongylus  gigus,  in  der  Haut  die 
Filaria  medinensis^  in. den  Augenfiüssigkeiten  die  Fi- 
laria  oculi  humanis  in  den  Muskeln  Trichina  spi' 
ralis,  in  Cysten,  nacti  Herbst  wahrscheinlich  Eier  mit Em^- 
bryonen  einer  Filaria.    (S.  Muskelkrankheiten.) 

Endlich  finden  sich  im  menschlichen  Körper  Entozoen 
aus  der  Familie  der  C  est  öden,  zu  welchen  auch  die  Cy- 
stici  gehören.  Von  den  Cestoden  haben  wir  den  Bo- 
thriocephalus  latus  und  Taenia  solium  im  Dann- 
kanale;  es  sind  keine  einfachen  Tbiere,  sondern  bestehen 
aus  zahlreichen  Individuen,  welche  sich  an  einander  ent- 
wickeln, endlich  aber  frei  werden  und  einzeln  fortleben. 
Aus  ihren  Eiern  entwickeln  sich  Larven  mit  einem  dem 
des  reifen  Bandwurmes  gleichen  Kopf  und  einem  blasen- 
förmigen,  ihm  anhängenden  Leib  ohne  Geschlechtstheile. 
Gelangt  dieses  Thier  an  seinen  richtigen  Wohnort,  so 
sprossen  aus  dem  Leibe  Knospen  hervor,  die  sogenannten 
Glieder  des  Bandwurms ,  welche  sich  jede  für  sich  vollstän- 
dig entwickeln,  ein  Gefässsystem  zur  Circulation  des  Nah- 
rungssaftes und  einen  vollständigen  Geschlechtsapparat  er- 
halten, abgestossen  werden,  und,  nachdem  sie  eine  Zeit 
lang  als  selbstständige  Individuen  existirt. haben,  dann, 
wann  sie  an  einen  günstigen  Wohnort  gelangen,  durch  Frei- 
werden der  Eier  einer  neuen  Generation  Leben  geben. 

Gelangen  Eier  oder  Larven  nicht  an  den  zur  Entwik- 
kelung  nothwendigen  Wohnort,  so  bilden  sich  die  ge- 
schlechtslosen Blasen  Würmer :  Cysticercus  cellulosae 
ist  eine  Larve  von  einem  Bandwurm  (Taenia  solium?)  mit 
wassersüchtigem  Leib;  Ecchinococcus  hominis  besteht 
aus  einer  runden  Blase,  an  deren  Innenseite  Knospen  mit 
Thierchen  hervorsprossen,  welche  die  Gestalt  des  Kopfes 
von   Taenia  solium   haben,    oder  welche  als  Acephalo- 


136 

Cysten  ohne  Sprossen  bleibt,  zuweilen  in  ihrem  Innwen 
kleinere  Blasen  entfaSlt  Grelangen  diese  Blasenwfinner  spä- 
ter wieder  in  den  Dannkanal ,  so  entwickln  sie  sidi  in 
Bandwürmern,  wie  wenigstens  bei  Thieren  von  7.  Siebold 
nachgewiesen  wurde« 


125 

V  -— — — i^— ^ 

Ascaris  lumbrieaides  und  Trichocephalui  dispar, 
in  den  Nieren  den  Strongylus  gigäs,  in.  der  Haut  die 
Filaria  medinensis^  in. den  Augenfiüssigkeiten  die  Fi- 
iaria  oculi  humani»  in  den  Muskeln  Tric Ätna  <pt» 
ralis,  in  Cysten,  nach  Herbst  wahracheinlidi  Eier,  mit £m^ 
bryonen  einer  Filaria.    (S.  Muskelkrankheiten.) 

Endlich  finden  sich  im  menschlichen  Körper  Entozoen 
aus  der  Familie  der  Cestoden,  zu  welchen  auch  die  Cy- 
stici  gehören.  Von  den  Cestoden  haben  wir  den  Bo- 
thriocephalus  latus  und  Taenia  solium  im  Darm- 
kanale;  es  sind  keine  einfachen  Thiere,  sondern  bestehen 
aus  zahlreichen  Individuen,  welche  sich  an  einander  ent- 
wickeln, endlich  aber  frei  werden  und  einzeln  fortleben. 
Aus  ihren  Eiern  entwickeln  sich  Larven  mit  einem  dem 
des  reifen  Bandwurmes  gleichen  Kopf  und  einem  Wasen- 
förmigen,  ihm  anhängenden  Leib  ohne  Geschlechtstheile. 
Gelangt  dieses  Thier  an  seinen  richtigen  Wohnort,  so 
sprossen  aus  dem  Leibe  Knospen  hervor,  die  sogenannten 
Glieder  des  Bandwurms ,  welche  sich  jede  für  sich  vollstän- 
dig entwickeln,  ein  Gefässsystem  zur  Circulation  des  Nah- 
rungssaftes und  einen  vollständigen  Gesohlechtsapparat  er- 
halten, abgestossen  werden,  und,  nachdem  sie  eine  Zeit 
lang  als  selbstständige  Individuen  existirt. haben,  dann, 
wann  sie  an  einen  günstigen  Wohnort  gelangen,  durch  Frei- 
werden der  Eier  einer  neuen  Generation  Leben  geben. 

Gelangen  Eier  oder  Larven  nicht  an  den  zur  Entwik- 
kelung  nothwendigen  Wohnort,  so  bilden  sich  die  ge- 
schlechtslosen Blasenwärmer:  Cysticercus  cellulosae 
ist  eine  Larve  von  einem  Bandwurm  (Taenia  solium?)  mit 
wassersüchtigem  Leib;  Ecchinococcus  hominis  besteht 
aus  einer  runden  Blase,  an  deren  Innenseite  Knospen  mit 
Thierchen  hervorsprossen,  welche  die  Gestalt  des  Kopfes 
von  Taenia  solium   haben,    oder  welche  als  Acephalo- 


Specielle 


pathologische  Anatomie. 


130 

und  des  Unterkiefers  vor,  die  sich  stets  in  der  Mittellinie 
befindet. 

Zuweilen  ist  die  Mundspalte  sehr  gross  durch  mangel- 
hafte Lippen-  und  Wangenbildung. 

Atresia  oris^  Verwachsung  der  Lippen,  ist 
selten;  häufiger  ist  mangelhafte  Entwickelung  der  Gesichts- 
knochen und  desshalb  Mangel  des  Mundea  und  der  Mund- 
höhle. 

Mangel)  Spaltung  der  Uvula. 

Abbildungen  in:  Fr.  S.  Leuckardt,  Unters,  über  das  Zwischen- 
kieferb.  1840.  —  Meckel,  Tab.  an.-patb.  T.  18.  —  Ammon,  Die 
angeb.  chir.  Khten.  T.  6,  7. 

HyperAmto  nm4L  lUmonrliAsle* 

Bei  neugeborenen  Kindern  uAd  zur  Zeit  der  Dentition 
ist  die  Schleimhaut  der  Mundhöhle  (wie  die  des  ganzen 
Tractus  intestinmlis  und  der  Bronchien)  stets  hyperämiscb, 
sehr  geröthet  und  zu  Blutungen  geneigt;  starke  Injection 
und  Ecchymosen  sind  bei  ihnen  nicht  selten.  Bei  Erwach-^ 
senen  haben  wir  Hyperämie  der  Mundhöhle ,  insbesondere 
des  Zahnfleisches  und  der  Lippen,  bei  Scorbut,  Hydrargy- 
rose,  des  Gaumen^  und  des  Rachens  nach  Erkältungen,  bei 
Syphilis ,  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Exsudationen. ' 

Hypertroplile. 

Hypertrophie  der  Lippen  und  zuweilen  auch  der 
Zange  ist  häufig  bei  scrofulösen  Kindern  und  Kretinen. 
Nach  langwi^igen  Hyperämieen  und  Entzündung^  bleiben 
zuweilen  yergrössert:  das  Zäpfchen^  welche»  dann  den 
Zungenrücken  mit  seiner  Spitze  berührt;  die  Tonsillen^ 
welche  sich  gegenseitig  berührend  die  Mundhöhle  fast  voll- 
ständig von  der  Rachenhöhle  absehlieasen  können  und  de- 
m  Vergrösserung  in  Yerdiekuig    und   Ausdehntng   der 


181 

Wände  der  Acini,   yennefarter  ZeHenbildung  in  denselbeii 
und  Neabüdang   von    Bind^ewebe    beruht;    die  brttteft 

der  Rachen-  und  Lippensehleimhaut)  welche  wie 

• 

perlenartige  Knötchen  faerrorragen  iind  strotzend  mit  ihrem 
Secrete  gefällt  sind. 

JBntfelliidiaBg* 

L  Entzündung  der  Schleimhaut,  a)  Kaimt- 
thalitche  Entzündung.  Das  Wesen  der  katarrhaU* 
sehen  Entzündung  aller  Schleimhäute  ist  im  Allgemeinen 
folgendes:  bei  gleichzeitiger  Hyperämie  der  Capillaren  und 
kleinen  Venen,  oder  ohne  sichtbare  Füllung  der  Blutgefässe 
findet  eine  reichliche  Exsudation  statt;  das  Exsudat  flieSirt 
theils  als  amorphe,  flüssige  Masse  ab,  theüs  dient  es  ab 
Blastem  einer  reichlichen  ZeHenbildung.  Bald  erreichen  alle 
Zellen  die  Entwid^ehmg  der  Epithelialzellen,  werden  in 
grosser  Menge  als  solche  abgestossen^  bedecken  die  SchleinK 
hant  als  dünnflüssige,  grauliche  oder  weissliche  Masde  und 
werden  endlich  entleert;  —  bald  werden  die  neugebildeten 
Zellen  durch  die  rapide  Neubildung  von  unten  her  eher  ab« 
gestossen,  als  sie  ihre  Ausbildung  erreichen,  sie  stellen  sidi 
dann  als  kleine ,  runde ,  1  *—  2kemige  -  Zellen  mit  homoge^ 
nem  Inhalte  dar  (gleich  den  jungen  EpithelialzeUen  der  uv* 
teren  Schichten  normaler  Schleimhäute);  —  bald  bilden  sich 
Eiterzellen.  Die  ScUeindiaut  ist  dann  mit  einer  rahmarfi- 
gen,  weisslichen  oder  gelblidien  Flüssigkdt^  mit  Eiter^  bö» 
de^t.  Die  Drüsen  der  Schleimhäute  nehmen  bald  an  di^ 
sem  Vorgänge  Theil,  bald  bleiben  sie  mibetheiligt^  bald 
sind  sie  eSy  welche  v<Hr2iigsweise  affidrt  sind  und  den  grösi^ 
ten  Theil  des  Exsudates  liefern. 

Lässt  die  Entzündung  nach,  so  werden  die  Zellen  wei* 
niger  rasch  abgestossen  und  nach  und  nach  werden  wtedev 
Mtmale  Epitbeltalzellen  gebildet. 

Die  bleibetideit  Textarreribiderungen  der  ScUleimhänto 

9* 


1S2 

bei  langilanemden  katarrhalischen  Entzfindungen  beschinn- 
ken  sich  entweder  auf  die  beschriebenen  Yeiandeningen  an 
der  Oberfläche  oder  erstrecken  sich  auf  die'  ganze  Schleim- 
hant:  ihr  Gewebe  selbst  wird  dicker,  gewulstet,  oder  es 
findet  entzündliche  Atrophie  statt;  die  Drusen  werden  aus- 
gedehnt und  ihre  Wände  yerdickt;  durch  die  bleibend  aus- 
gedehnten Gefasse  wird  die  Farbe  der  Schleimhäute  zuwei- 
len blauroth ;  zuweilen  finden  Hämorrhagieen  statt  j  das  Hä- 
matin  geht  später  in  Pigment  über  und  färbt  die  Schleim- 
häute braun  oder  schwarz. 

Das  anatomische  Bild  einer  akuten  katarrhalischen  Ent- 
zündung ist  im  Allgemeinen  folgendes:  die  Schleimhaut  ist 
gleichmässig  oder  fleckweise  gerothet,  oder  nur  die  kleinen 
Venen  sind  injicirt,  sie  ist  etwas  gewulstet,  mit  zähem^ 
durchsichtigem  oder  trübem ,  eiterartigem  Exsudate  bedeckt, 
ihre  Drüsen  sind  etwas  gewulstet,  ihre  Consistenz  ist  meist 
vermindert,  sie  ist  leicht  zerreisslich. 

Bei  chronischem  Katarrh  ist  die  Schleimhaut  gewul- 
stet  oder  atrophisch,  weich  oder  consistenter ,  die  Röthe 
dunkel,  meist  findet  braune  oder  schwarze  Pigmentirung 
statt,  die  Drüsen  sind  angeschwollen  oder  seltener  ge- 
schwunden ,  die  Schleimhaut  ist  mit  Schleim  oder  Eiter  be- 
deckt 

Der  Katarrh  der  Mundhöhle,  Stomatitii  evy- 
thematosas  aatarrhalii^  ist  häufig  bei  Säuglingen,  die 
Röthe  ist  bei  ihnen  sehr  stark,  die  Exsudation  gering;  die 
Exsudate  und  abgestossenen  Epithelien  dienen  oft  zur  Bil- 
dungstätte Ton  Pilzen,  welche  sieh  dann  zuweilen  in  sol- 
chen Massen  entwickeln,  dass  sie  weisslidie  stecknadelkopf- 
grosse Knötchen  oder  diffuse  Membranen  bilden  und  als 
Soor  erscheinen.  (S.  Parasiten.)  Nadi  Bednar  bilden 
zuweilen  abgestossene  Epithelien  an  und  fülr  sich  weissliche 
Knötchen  Tom  Habitus  des  Soors.  In  der  Dentitionsperiode 
geht  eine    oft   sehr  intensive  Stomatitis   vom  Zahnfleische 


183 

aus;  bei  Erwachsenen  findet  sie  sich  nach  Einwirkung  Ton 
heissen,  scharfen  Speisen  oder  Gretränicen,  von  Tabak  u. 
s.  w.,  nach  Quecksilbergebrauch  und  bei  Scorbut. 

Der  Katarrh  der  Bachenhöhle^  Angina  ca^. 
iarrhalisy  in  Folge  von  Erkältungen,  bei  Syphilis,  bei 
Mercur-  und  Jodgebrauch  bietet  ausser  den  oben  angegebe- 
nen aUgemeinen  Erscheinungen  nichts  Besonderes  dar;  nach 
öfterer  Wiederholung  oder  langer  Dauer  bleiben  die  Venwai- 
stämmchen  fortwährend  injicirt  und  die  kleinen  Drüsen  ge- 
schwellt. Die  Gaumensegel  und  das  Zäpfchen  werden  schlafif, 
das  letztere  hängt  zuweilen  bis  auf  den  Zungenrticken  herab. 
Meist  nehmen  die  Tonsillen  Theil,  indem  in  ihren  Folli- 
keln ein  reichliches  Beeret  geliefert  wird,  sie  sind  massig 
geschwollen  und  mit  weissem  oder  gelblichem  Secret  und 
Exsudat. bedeckt;  öftere  Entzündung  derselben  bewirkt  blei- 
bende y ergrösserung ,  Hypertrophie;  zuweilen  Ausddmung 
einer  oder  mehrerer  Follikel  durch  Exsudat,  welches  später 
atheromasirt  oder  verkreidet.  Selten  sind  die  Tonsillen  al- 
lein entzündet  (Angina  tomiUaris}» 

b)  Croupöse  Entzündung,  Die  croup Öse  Entzün- 
dung der  Schleimhäute  im  Allgemeinen  ist  «ine  akute;  es 
wird  rasch  em  reichliches,  sehr  faserstoffreiches  Exsudat 
auf  die  freie  Fläche  der  Schleimhaut  gesetzt,  welches  rasch 
gerinnt  und  als  gelbliche,  käse-  oder  lederartige  Masse  -^ 
Croupmembran  —  die  Schleimhaut  bedeckt,  die  Epithelial- 
Schicht  g^t  im  Exsudate  zu  Grunde,  man  findet  die  Zel- 
len derselben  oft  gemischt  mit  den  Exsudalzellen ,  oft  auch 
schichtweise  abgestossen  auf  dem  Exsudate.  Meist  tritt 
bald  Organisation,  Zellenbildung,  ein;  ist  dieselbe  sehr 
massenhaft,  so  bekommt  das  organisirte  Exsudat  den  Ha- 
bitus des  Eiters,  man  sagt:  die  Croupmembran  zerfliesst  in 
Eiter;  zuweilen  ist  das  Exsudat  fester,  ärmer  an  Wasser, 
die  Zellenbildung  sehr  sparsam  und  es  bleibt  lauge  als  fast 
amorphe  feste  Masse  unverändert|  wird  so  abgestossen  oder 


126 

Cysten  ohne  Sprossen  bleibt ,  zuweilen  in  ihrem  Inneren 
kleinere  Blasen  enthält  Gelangen  diese  Blasenwttrmer  spä- 
ter ideder  in  den  Darmkanal ,  so  entwickeln  sie  sich  zn 
Bandwürmern 9  wie  wenigstens  bei  Thieren  7on  7.  Siebold 
nachgewiesen  wurde. 


Specielle 


pathologische  Anatomie. 


( 


*' 


Pathologische  Anatomie  der  Verdäunngs- 

organe. 

I.     Tubus  alimentaris* 
1.    Mundhöhle  und  Gaumen. 

Bildun^sfeliler« 

Lippenspalte,  einseitige  oder  beidBeitige  Spaltung 
der  Oberlippe  an  der  Stelle,  welche  dem  Räume  zwischen 
dem  äusseren  Schneidezahn  und  dem  Eckzahn  entspricht; 
oft  combinirt  mit  Eieferspalte,  Spaltung  des  Alveolar- 
fortsatzes  des  Oberkiefers  an  der  genannten  Stelle.  (Hasen- 
scharte,  Labium  lepormwn.) 

Gaumenspalte,  Spaltung  des  weichen  oder  harten 
und  weichen  Gaumens  in  der  Mittellinie  in  yerschiedenen 
Graden,  oft  combinirt  mit  Kiefer-  und  Lippenspalte.  (Wolfs- 
rachen, Rictu»  hpinus.) 

Der  erste  dieser  Bildungsfehler  beruht  auf  mangelhaf- 
ter Vereinigung  der  Ton  den  Seiten  (Tom  Fortsatz  des  er- 
sten Yisceralbogens)  heranwachsenden  Oberkiefer  mit  dem 
von  oben  (den  äussersten  Belegungsmassen  der  vor  dem 
Ende  der  Wirbelsäule  entstehende  Knochen)  herabwach- 
den  Zwischenkiefer;  der  zweite  auf  mangelhafter  Vereini- 
gung der  von  den  Seiten  (vom  ersten  Visceralbogen)  heran- 
wachsenden Gaumenknochen  in  der  Mittellinie« 

Selten  findet  sich  Spaltung  der  Lippe  in  der  Mittelli- 
nie, zuweilen  bedingt  durch  gänzlichen  Mangel  der  Zwi- 
schenkiefer.   Ebenso  selten  kommt  Spaltung  der  Unterlippe 

9 


130 

und  des  Unterkiefers  vor,  die  sich  stets  in  der  Mittellinie 
befindet. 

Zuweilen  ist  die  Mundspalte  sehr  gross  durch  mangel- 
hafte Lippen-  und  Wangenbildung. 

Atresia  oris^  Verwachsung  der  Lippen,  ist 
selten;  häufiger  ist  mangelhafte  Entwickelung  der  Gesichts- 
knochen und  desshalb  Mangel  des  Mundea  und  der  Mond* 
höhle. 

Mangel,  Spaltung  der  Uvula. 

AbbiMuDgen  in:  Fr.  S.  Leuckardt,  Unters,  über  das  Zwischen- 
Ideferb.  1810.  --  Meckel,  Tab.  an.-patb.  T.  18.  —  Ammon,  Die 
angeb.  chir.  Khten.  T.  6,  7. 

Hyperämie  aail  lUlHionrluisle* 

Bei  neugeborenen  Kindern  uAd  zur  Zeit  der  Dentition 
ist  die  Schleimhaut  der  Mundhöhle  (wie  die  des  ganzen 
Dractus  intestinnlU  und  der  Bronchien)  stets  hyperämisch, 
sehr  geröthet  und  zu  Blutungen  geneigt;  starke  Injection 
und  Ecchymosen  sind  bei  ihnen  nicht  selten.  Bei  Erwach^ 
senen  haben  wir  Hyperämie  der  Mundhöhle,  insbesondere 
des  Zahnfleisches  und  der  Lippen,  bei  Scorbut,  Hydrargy- 
rose ,  des  Gaumen^  und  des  Rachens  nach  Erkältungen,  bei 
Syphilis ,  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Exsudationen. ' 

Hypertropliie. 

Hypertrophie  der  Lippen  und  zuweilen  auch  der 
Zange  ist  häufig  bei  scrofolösen  Kindern  und  Kretinen. 
Nach  langwierigen  Hyperämieen  und  Entzündungen  bleiben 
zuweilen  yergrösseart :  das  Zäpfchen^  wdche»  dann  den 
Zungenrücken  mit  seiner  Spitze  berührt ^  die  Tonsillen, 
welche  sich  gegei^eitig  berührend  die  Mundhöhle  fast  yoll- 
ständig  fon  der  Rachenhöhle  abflehlieas^n  können  und  de- 
rw  Yergrössenmg  in  Yerdkkiiig    und    Ausdehuug   der 


131 

Wände  der  Acini,  yermdirter  Zellenbildung  in  denselben 
und  Neabüdimg  von  Bindegewebe  beruht;  die  )) raset 
der  Rachen-  tind  Lippensehleimhaut)  vrelckt  wie 
perienartige  Knötchen  hervorragen  und  sfarotzend  mit  ihrem 
Secrete  gefüllt  sind« 

jBntsihictaiiig* 

L  Entzündung  der  Schleimhaut,  a)  Katmt- 
rkalitche  Entzündung.  Das  Wesen  der  katarrhaU^ 
sehen  Entzündung  aller  Sdileimhäute  ist  im  AUgemeineik 
folgendes:  bei  gleichzeitiger  Hyperämie  der  Capillaren  und 
kleinen  Venen,  oder  ohne  sichtbare  Füllung  der  Blutgefässe 
findet  eine  reichliche  Exsudation  statt;  das  Exsudat  fiieHst 
theils  als  amorphe  5  flüssige  Masse  ab^  theüs  dient  es  ab 
Blastem  einer  reichlichen  Zellenbildung.  Bald  erreichen  alle 
Zellen  die  Entwidcelung  der  Epithelialzellen ,  werden  in 
grosser  Menge  als  solche  abgestossen^  bedecken  die  Schleini^ 
baut  als  dünnflüssige ,  grauliche  oder  weissliche  Masde  und 
werden  endlich  entleert ;  -^  bald  werden  die  neugebildeten 
Zellen  durch  die  rapide  Neubildung  von  unten  her  eher  ab^ 
gestossen,  als  sie  ihre  Ausbildung  erreichen,  sie  stellen  sicA 
dann  als  kleine,  runde,  1 — 2kemige  *  Zellen  mit  homoge^ 
nem  Inhalte  dar  (gleich  den  jungen  Epithelialzellen  der  ubk 
teren  Schichten  normaler  Schleimhäute);  -—  bald  büden  sich 
Eiterzellen.  Die  ScUeimhaut  ist  dann  mit  einer  rahmarti-^ 
gen,  weisslidben  oder  gelblichen  Flüssigkeit ^  mit  Eiter^  Ver- 
deckt. Die  Drüsen  der  Schleimhäute  nehmen  bald  an  di^ 
sem  Torgange  Theil,  bald  bleiben  sie  tmbetheiligt,  baM 
sind  sie  e%  welche  vorzugsweise  affieirt  sind  und  den  grösm 
ten  Theil  des  Exsudates  Hefern* 

Lässt  die  Entzündung  nach ,  so  werden  die  Zellen  wei* 
taget  rasch  abgestossen  und  nach  und  nach  werden  wtodei 
Mnnale  Bpitbelklzelleii  gebadet. 

Dta  Üeibetideit  TextiVfrei^iiderungeA  der  Sddeimhäute 

9* 


182 

bei  langilanemden  katarrhalischen  Entzfindungen  beschrän- 
ken sich  entweder  auf  die  beschriebenen  Verändeningen  an 

der  Oberfläche  oder  erstrecken  sich  auf  die  ganze  Schleim- 

• 

haut:  ihr  Gewebe  selbst  wird  dicker,  gewulstet,  oder  es 
findet  entzfindliche  Atrophie  statt;  die  Drüsen  werden  aus- 
gedehnt und  ihre  Wände  yerdickt;  durch  die  bleibend  aus- 
gedehnten Gefässe  wird  die  Farbe  der  Schleimhäute  zuwei- 
len blauroth ;  zuweilen  finden  Hämorrhagieen  statt ,  das  Hä- 
matin  geht  später  in  Pigment  über  und  färbt  die  Schleim- 
häute braun  oder  schwarz. 

Das  anatomische  Bild  einer  akuten  katarrhalischen  Ent- 
zündung ist  im  Allgemeinen  folgendes:  die  Schleimhaut  ist 
gleichmässig  oder  fleckweise  gerothet,  oder  nur  die  kleinen 
Venen  sind  injicirt,  sie  ist  etwas  gewulstet,  mit  zähem, 
durchsichtigem  oder  trübem,  eiterartigem  Exsudate  bedeckt, 
ihre  Drüsen  sind  etwas  gewulstet,  ihre  Consistenz  ist  meist 
yermindert,  sie  ist  leicht  zerreisslich. 

Bei  chronischem  Katarrh  ist  die  Schleimhaut  gewul- 
stet oder  atrophisch,  weich  oder  consistenter,  die  Röthe 
dunkel,  meist  findet  braune  oder  schwarze  Pigmentirung 
statt,  die  Drüsen  sind  angeschwollen  oder  seltener  ge- 
schwunden ,  die  Schleimhaut  ist  mit  Schleim  oder  Eiter  be- 
deckt 

Der  Katarrh  der  Mundhöhle,  Stomatitis  erjf- 
thematosa^  eatarrhalis^  ist  läufig  bei  Säuglingen,  die 
Röthe  ist  bei  ihnen  sehr  stark,  die  Exsudation  gering;  die 
Exsudate  und  abgestossenen  Epithelien  dienen  oft  zur  Bil- 
dungstätte Ton  Pilzen,  welche  sich  dann  zuweilen  in  sol- 
chen Massen  entwickeln,  dass  sie  weissliche  stecknadelkopf- 
grosse Knötchen  oder  diffuse  Membranen  bilden  und  als 
Soor  erscheinen.  (S.  Parasiten.)  Nadi  Bednar  bilden 
zuweilen  abgestossene  Epithelien  an  und  für  sich  weissliche 
Knötchen  vom  Habitus  des  Soors.  In  der  Dentitionsperiode 
geht  eine    oft   sehr  intensiTe  Stomatitis  Jim  Zahnfleische 


133 

aus;  bei  Erwachsenen  findet  sie  sich  nach  Einwirkung  Ton 
heissen,  scharfen  Speisen  oder  Getränken,  von  Tabak  u. 
s.  w.,  nach  Quecksilbergebrauch  und  bei  Scorbut. 

Der  Katarrh  der  Bachenhöble,  Angina  cur. 
iarrhalis,  in  Folge  von  Erkältungen ,  bei  Syphilis,  bei 
Mercur-  und  Jodgebrauch  bietet  ausser  den  oben  angegebe- 
nen aUgemeinen  Erscheinungen  nichts  Besonderes  dar^  nach 
öfterer  Wiederholung  oder  langer  Dauer  bleiben  die  Venen- 
stämmchen  fortwährend  injicirt  und  die  kleinen  Drüsen  ge- 
schwellt. Die  Gaumensegel  und  das  Zäpfchen  werden  schlaff, 
das  letztere  hängt  zuweilen  bis  auf  den  Zungenrücken  herab. 
Meist  nehmen  die  Tonsillen  Theil,  indem  in  ihren  Folli- 
keln ein  reichliches  Secret  geliefert  wird,  sie  sind  massig 
geschwollen  und  mit  weissem  oder  gelblichem  Secret  und 
Exsudat  bedeckt;  öftere  Entzündung  derselben  bewirkt  blei- 
bende y ergrösserung ,  Hypertrophie;  %uwei}^  Ausdehnung 
einer  oder  mehrerer  Follikel  durch  Exsudat,  welches  später 
atheromasirt  oder  verkreidet.  Selten  sind  die  Tonsillen  al- 
lein entzündet  (Angina  tonsillaris), 

b)  Croupöse  Entzündung.  Die  er oup Öse  Entzün- 
dung der  Schleimhäute  im  Allgemeinen  ist  ^ine  akute;  es 
wird  rasch  ein  reichliches,  sehr  faserstoffreiches  Exsudat 
auf  die  freie  Fläche  der  Schleimhaut  gesetzt,  welches  rasch 
gerinnt  und  als  gelbliche,  käse-  oder  lederartige  Masse  -— 
Croupmembran  —  die  Schleimhaut  bedeckt,  die  Epilhelial- 
schicht  geht  im  Exsudate  zu  Grunde,  man  findet  die  Zel- 
len derselben  oft  gemischt  mit  den  Exsudatzellen,  oft  auch 
schichtweise  abgestossen  auf  dem  Exsudate.  Meist  tritt 
bald  Organisation,  Zellenbildung,  ein;  ist  dieselbe  sehr 
massenhaft,  so  bekommt  das  organisirte  Exsudat  den  Ha- 
bitus des  Eiters,  man  sagt:  die  Croupmembran  zerfliesst  in 
Eiter;  zuweilen  ist  das  Exsudat  fester,  ärmer  an  Wasser, 
die  Zellenbildung  sehr  sparsam  und  es  bleibt  lange  als  fast 
amorphe  feste  Masse  unverändert,  wird  so  abgestossen  oder 


134 

Mrfallt  gleich  dem  geronnenen  Faserstoff  im  Binte  in  eine 
iBoleculare  ^  eiweissartige  Flüssigkeit.  Die  Groupmembnoi 
wird  entweder  als  Ganzes  abgestossen  und  entleert,  indem 
ifar  Zusammenhang  mit  der  Schleimhaut  durdi  flüssiges 
Plasma  allmälig  aufgehoben  wird,  oder  sie  wird  zum  Theil 
abgestossen,  zum  Theil  resorbirt,  nach  Yorhergegangener 
Fettmetamorphose  ihrer  Zellen  oder  molecularen  Zerfall. 
Neubildung  yon  Bindegewebe  und  Blutgefässen  tritt  in  Croup«- 
membranen  nie  ein. 

Nachdem  das  Exsudat  abgestossen,  ist  die  Schleimhaut 
ziemlich  von  allen  Epithelien  entblösst,  blutet  leichte  hat 
ein  geschwüriges,  corrodirtes  Ansehen,  ist  aber  in  ihrer 
Textur  sonst  nicht  yerändert  Bald  beginnt  Zellenbildung 
und  der  Epithelienüberzug  stellt  sich  her;  oft  aber  findet 
an  derselben  Stelle  neue  Exsudation  statt  und  so  können 
mdirmals  Exsudate  abgestossen  und  wieder  ersetzt  werden. 

Hyperämie  der  Capillaren  ist  bei  der  croupösen  Ent-* 
Zündung  oft  weder  mit  blossem  Auge  noch  mittelst  des 
Mikroskops  zu  erkennen,  sie  kann  dann  entweder  nur  eine 
vorübergehende  gewesen  sein  oder  ganz  gefehlt  haben. 

Croup  der  Mundhöhle  und  des  Rachens,  als 
croupöse  Entzündung  mit  ausgebreiteten  Pseudomembranen 
kommt  selten  als  primäre  Localaffection  vor;  meist  beglei- 
tet sie  den  Laryngealcroup  oder  ist  Theilerscheinung  des 
Scharlachs ,  des  Typhus ,  der  Peritonitü  puefperarttm  u.  s. 
w.  Die  anatomischen  Veränderungen  verhalten  sich  ganz 
so,  wie  sie  oben  im  Allgemeinen  beschrieben  worden  sind. 
Der  Verlauf  ist  verschieden  je  nach  den  Bedingungen  der 
Krankheit. 

c)  Dipktkeritiseke  Entzündung.  Die  diphthe« 
ritische  Entzündung  der  Schleiml^ute  im  Allgemeinen  ist 
dadurch  charakterisirt,  dass  ein  sehr  fkserstoffireiches  Exsu^ 
dat  in  das  Gewebe  der  Schleimhaut  selbst  gesetzt  wird, 
welches  bald  mit  den  eingeschlossenen  Gewebsttieilen  zer«* 


13S 

fällt  uud  alt  liekrotische  Masse  abgestossen  wird.  Der  gan- 
gränöse Zerfall  geht  entweder  allm'älig  yor  sich,  indem  der 
Faserstoff  in  eine  moleculare,  weiche  Masse  umgewandelt 
wird  und  die  nekrotische  Masse  in  weichen  Fetzen  nach 
und  nach  abfällt,  oder  die  ganze  Masse  wird  auf  einmal 
als  Brand  Schorf  abgestossen.  Nach  Abstossung  des  Ex- 
sudates oder  Schorfes  zeigt  sich  eine  geschwürige  Stelle, 
aphthöses  Geschwür,  dessen  blutende,  rissige  und  zerr 
fetzte  Basis  durch  die  Beste  des  Bindegewebes  der  Schleim- 
haut oder  des  submucösen  Zellgewebes  gebildet  wird.  Fol- 
gen an  der  betroffenen  Stelle  keine  neuen  Exsudate,  so 
stossen  sich  erst  die  losen  Schleimhautfetzen  los,  dann  füllt 
sich  die  Lücke  durch  neugebildetes  Bindegewebe,  über  wel- 
chem sich  wohl  auch  eine  schwache  Epithelialschicht  bildet, 
obwohl  die  völlig  normale  Struktur  der  Schleimhaut  nicht 
wiederkehrt. 

Diphtheritische  Entzündung  und  croupöse  sind  nicht  sel- 
ten combinirt,  und  nachdem  eine  Exsudation  auf  die  Ober- 
fläche erfolgt  ist,  folgen  zuweilen  später  Exsudationen  in's 
Gewebe  der  Schleimhaut  und  nekrotischer  Zerfall  dersel- 
ben nach. 

Der  Anblick  einer  Croupmembran  und  eines  diphtheri- 
tischen  Exsudates  an  der  Leiche  ist  meist  gleich,  beide  stel- 
len sich  als  weisse,  gelbliche  oder  grauliche,  käsige  Masse 
dar;  die  erstere  kann  man  von  der  Schleimhaut  abhebeui 
das  letztere  ist  mit  der  Schleimhaut  eng  verbunden  und 
nach  seiner  Entfernung  fehlt  ein  Stück  der  letzteren. 

Capillarhyperämie  ist  meist  Torhanden,  doch  sieht  man 
zuweilen  starke  Exsudationen  ohne  begleitende  Röthe* 

1)  Leichie  diphtheritische  Entzündungen  der 
Mundsehleimhaut  (gutartige  Stomacace)  sind 
nicht  selten,  sind  auf  circumscripte  Stellen  beschränkt  und 
hinterlassen  nach  Abstossung  der  Exsudate  Geschwüre,  wet- 
cbe  meist  leidit  heilen,  zuweilen  aber,  bei  fortwiriiwnder 


136 

Ursache,  durch  neue  Exsadation  tiefer  wetdea,  um  sich 
greifen  9  schichtweise  Zerstörungen  aller  benadibarten  €re- 
webe  bewirken  und  in  bösartige  Stomacace  und  Mundbrand 
fibergehen  können.  Die  Ursachen  sind  meist  lokale ,  x.  B. 
scharfe,  spitze  Zähne  oder  Zahnstummel,  Verwundungen 
U.S.W.;  öfters  ist  aber  die  Mundaffection  eine  Theilerschei- 
nung  eines  Magenkatarrhes  und  heilt  erst  mit  dessen  Hei- 
lung. Bei  Sau^ingen  beobachtete  Bednar  eine  durch  den 
ccmstanten  Sitz  an  beiden  Gaumenwinkeln  diarakterisirte 
Form  dieser  Entziindung. 

2)  Schwere  diphtheritische  Entzündung  der 
Mundhöhle  (bösartige  Stomacace).  Die  Schleim- 
haut und  das  submucöse  ZeDgewebe  sind  hyperämisdi  und 
leicht  blutend,  die  Exsudate  sind  ausgebreitet,  gelb  od« 
durch  Blut  roth,  braun,  schwarz  gefärbt,  zerfallen  rasch 
und  hinterlassen  tiefe  Ulcerationen ,  welche  zusammenflies^ 
sen,  heilen  oder  weiter  um  sich  greifen.  Diese  Entzfindung 
ist  häufig  Yon  der  der  Bachenscbleimhaut  begleitet,  geht  aus 
einer  localen,  gutartigen  Stomacace  henror,  oder  tritt  als 
selbstständige  epidemische  Krankheit  (Fegar)  auf,  oder  er- 
scheint im  Verlauf  yon  exanthematischen  Krankheiten. 

3)  Diphtheritische  Entzfindung  der  Bachen« 
Schleimhaut,  Angina  gangraenosa^  ist  ein  Leiden, 
welches  sekundär  bei  Exanthemen,  Typhus  u.  s,  w.,  oder 
als  primäre  mit  bedeutendem  Allgemeinleiden  verbundene 
epidemische  Krankheit  auftritt.  Die  Exsudation  betrifit, 
ausser  den  Rachen  und  die  Tonsillen,  oft  auch  die  Wan-> 
gen,  das  Zahnfleisch,  den  Pharynx  und  Oesophagus;  die 
anatomischen  Veränderungen  sind  die  oben  im  Allgemeinen 
angegebenen.  Erfolgt  Heilung,  so  wird  die  Schleimhaut 
durch  festes,  fibröses  Narbengewebe  ersetzt,  welches  durch 
seine  allmälige  Contraction  oft  Verengerungen  des  Rachens 
bewirkt.  Zuweilen  ist  der  Racbenbrand  mit  Laryngealcroup 
combinirt. 


187 

4)  Aphthen  sind  kleine,  circumscripte  dlphtheritische 
Entzündungen  der  Mundhöhle,  welche  im  Verlauf  acuter 
Katarrhe  der  Mund-  und  Magenschleimhaut  oder  als  Com- 
plication  acuter  und  chronischer  allgemeiner  Krankheiten 
auftreten ,  im  letzteren  Falle  meist  bei  üblem  Ausgange  und 
herabgekommenen  Individuen. 

n.  Entzündung  des  submuc5sen  Zellgewe- 
bes ist  meist  mit  der  der  Schleimhaut  combinirt,  betrifft 
nur  emzelne  Theile  der  Mund-  oder  Rachenhöhle.  Die 
Hyperämie  ist  stark,  die  Schleimhaut  ist  ebenfalls  geröthet 
oder  frei,  das  Exsudat  ist  ein  seröses  oder  faserstoflfreiches, 
sparsam  oder  reichlich,  und  bewirkt  eine  beträchtliche 
Schwellung  der  Theile;  es  wird  entweder  bald  resorbirt 
und  es  folgt  Heilung,  oder  es  tritt  Organisation  ein,  deren 
Resultat  bald  Neubildung  von  Bindegewebe  und  Gefässen 
(Hypertrophie  der  Theile),  bald  Eiterbildung  ist.  Der  Ei- 
ter bildet  schwappende  Massen  unter  der  Schleimhaut  (Ab- 
scesse),  die  meist  durch  den  Druck  bald  atrophisch  wird 
und  perforirt,  worauf  der  Eiter  entleert  wird. 

Die  Lippen  sind  selten  der  Sitz  einer  solchen  Ent- 
zündung, deren  Folgen  meist  bleibende  Anschwellung  der 
Lippen  und  Ulcerationen  ihrer  Schleimhaut  sind. 

Häufig  ist  sie  am  Zahnfleische,  bei  der  Dentition 
oder  bei  Caries  der  Zähne;  der  Ausgang  ist  hier  meist  Ei- 
terbildung: Parulis. 

Ebenfalls  häufig  ist  sie  im  Bachen  und  in  den  Ton- 
sillen (Angina  phlegmonosa,  rheumatica);  auch 
hier  geht  das  Exsudat  leicht  in  Eiter  über;  in  den  Tonsil- 
len wird  es  ebenso  häufig  zu  Bindegewebe  und  bewirkt 
eine  bleibende,  oft  enorme  Yergrösserung  derselben.  Die 
Ursachen  sind  oft  heftige  Erkältung. 

n.  Entzündungen  und  Geschwüre  als  Theil- 
erscheinungen  allgemeiner  Krankheiten,  a.  Sto- 
ma t%ti$  mercurialii,  eine  Folge  längeren  Quecksilber-^ 


138 

gebrauchest  die  nicht  allein  nach  innerlichem  Gebrauche 
durch  den  Mund,  sondern  auch  nach  Einreibungen  und  Bä- 
dern eintritt.  Die  Mundschleimhaut,  oft  auch  die  des  Ra- 
chens, insbesondere  aber  die  des  Zahnfleisdies ,  wird  hy-* 
perämisch,  die  Schleimhaut  wird  mit  reichlichen  Epithelien 
bedeckt,  durch  deren  graulichen  Ueberzug  die  Röthe  liyid- 
violett  durchschimmert.  Am  Zahnfleische,  an  den  Rändern 
der  Zunge,  am  inneren  Lippenrande  und  an  der  Wangen- 
schleimhaut, da,  wo  sie  vom  Unterkiefer  zum  Obericiefer 
übergeht,  bilden  sich  leichte,  flache  Excoriationen  oder  tie- 
fere Ulcerä;  sie  haben  scharfe,  zackige,  violette  Ränder, 
eine  leicht  blutende,  weissliche  Basis.  Zuweilen  ist  die 
Schwellung  der  Schleimhaut  enorm,  der  Speidielfluss  pro- 
fus, und  grosse  Partieen  der  Schleimhaut  .gehen  in  diph- 
theritischen  Exsudaten  zu  Grunde,  die  Geschwüre  gehen 
bis  zu  den  Knochen  oder  der  äusseren  Haut  und  bewirken 
scheussliche  Zerstörungen. 

b.  Die  syphilitischen  Mund-  und  Rachen- 
affectionen  sind  mannichfach.  An  den  Lippen  finden 
sich  Chanker  und  Condylome.  Wir  haben  femer  Hyper- 
ämieen  der  ganzen  Rachen-  und  Gaumenschleimhaut  mit 
oder  ohne  Exsudation  (Angina  syphilitica) ;  circnmscripte 
Hyperämieen  der  Gaumenschleimhaut,  zuweilen  in  Form 
Yon  Halbkreisen  oder  Gyris;  meist  bewirirt  die  Hyperämie 
vermehrte  Epithelialbildung,  daher  der  grauliche  Ueberzug 
der  betroffenen  ScbleimhautsteUen.  Häufig  sind  Geschwüre, 
beruhend  auf  circumscripten  Schleimhauteiitzündungen  mit 
Eiterbfldung  und  Schwund  der  Gewebe,  zuweilen  mit  crou- 
pösen  oder  diphtheritischen  Exsudaten.  Die  Ulcera  sind 
flach  oder  reichen  Ms  auf  das  submucöse  Zellgewebe,  zu- 
weUen  geht  das  ganze  Gewebe  der  Gaumensegel  und  •  der 
Weichtheile  des  Rachens  zu  Grunde;  sie  sind  rundlich, 
oval,  zuweilen  halbmondförmig,  haben  scharfe  Ränder  und 
eine»  weissRchen,  q>eckigen  Grund  y  m»  sitzen  an  den  Lip« 


139 

pen,  besonders  an  der  Commissnr^  an  den  Gaumensegeln, 
dem  Zäpfchen,  Pharynx^  den  Mandeln,  der  Zunge  und  den 
Wangen.  Ihre  Heilung  besteht  in  der  Bildung  eines  festen, 
sich  contrahirenden ,  fibrösen  Narbengewebes.  Die  Tonsfl"- 
len  und  die  Sdüeimbälge  ulceriren  ebenfalls.  Im  submu-^ 
cösen  Zellgewebe  finden  sich  zuweilen  syphilitische 
Tuberkel;  sie  werden  meist  resorbirt,  erweichen  selten 
und  bewirken  Perforation  und  Ulceration  der  Schleimhaut, 
e.  Scorbutkranke  leiden  immer  an  Hyperämieen, 
serösen  Infiltrationen  und  Geschwüren  der  Schleimhaut  und 
des  submucösen  Zellgewebes  des  Mundes;  die  Geschwüre 
scheinen  meist  durch  den  Zerfall  diphtheritischer  Exsudate 
bewirkt  zu  werden;  sie  sind  livid  gefärbt,  haben  speckigen 
Boden  und  Bänder,  bluten  leicht  und  heilen  schwer. 

d.  Bei  Scrofulösen  sind  Entzündungen  und  Ge-^ 
schwüre  sehr  häufig,  sie  sitzen  auf  den  Tonsillen,  am  Gau- 
men, an  der  Zungenwurzel  und  anderen  Stellen,  sind  meist 
von  Anschwellung  der  zugehörigen  Lymphdrüsen  der  Regio 
submaxiUaris  begleitet,  verlaufen  meist  günstig,  bewirken 
aber  zuweilen  beträchtliche  Zerstörungen  sowohl  der  Weich- 
theile  als  der  Knochen  durch  Caries  und  Nekrose  derselben. 

e.  Es  kommen  endlich  Geschwüre  am  Bachen  vor,  de- 
ren Zusammenhang  mit  Allgemeinleiden  nur  vermuthet,  nicht 
erwiesen  ist;  sie  greifen  gewöhnlich  rasch  um  sich,  zer- 
stören Schleimhaut  und  submucöses  Zellgewebe,  haben  kei- 
nen specifischen  Charakter  und  werden  bald  als  rheuma- 
tische, bald  als  kachektische  oder  wohl  auch  kreb- 
sige üleera  aufgeführt. 

f.  Pockenpusteln,  in  einzelnen  Exemplaren  oder 
die  ganze  Schleimhaut  des  Mundes,  Bachens  und  der  Zunge 
bedeckend,  kommen  bei  Variola  yor. 

Brand  des  Mundes,  Noma,    Cai»e«r  aqu^ti* 


140 

ctfs,  Wasserkrebs,  findet  sich  insbesondere  bei  Kindern 
Ton  3  —  8  Jaluren^  schwächlichen,  kachektischen  Subjekten 
bei  schlechter  Nahrung,  Wohnung  und  Luft,  als  idiopathi- 
sche Erscheinung  oder  bei  schwer  verlaufenden  Exanthemen 
und  Typhen.  Das  Leiden  beruht  in  der  Steigerung  einer 
diphtherischen  Entzündung,  der  Stomacace,  oder  tritt  gleich 
im  Anfang  als  Brand  auf.  Meist  wird  eine  Stelle  der 
Wange  hyperämisch,  dunkelroth,  geschwollen  und  hart, 
bald  ganz  schwarz  und  ödematös;  das  Epithelium  der 
Schleimhaut  und  der  Haut  wird  durch  missfarbiges  Serum 
zu  Bläschen  erhoben  (Brandblasen);  rasch  folgt  dann  Zer- 
fall der  infiltrirten  Gewebe  zu  Brandjauche,  die  Haut  hält 
sich  als  schwarzer  Schorf  noch  einige  Zeit,  bis  nach  deren 
Zerfall  ein  Loch  in  der  Wange  entsteht.  Meist  greift  nun 
die  Infiltration  und  das  brandige  Absterben  rasch  um  sich, 
die  Wange,  das  Zahnfleisch  werden  zerstört,  die  Knochen 
biosgelegt,  cariös  und  nekrotisch.  Heilung  ist  selten;  es 
bildet  sich  dann  eine  Demarcationslinie ,  das  Brandige  wird 
abgestossen,  es  folgt  Bildung  von  Granulationen  imd  end- 
lich eines  fibrösen  Narbengewebes. 

Abbildungen  in  Froriep,  Klin.Kpfl.  T.  55,  56,  Chir.Kpft.  T.458. 

Brand  des  Rachens,  des  Zahnfleisches  kommt 
vor  in  Folge  heftiger  localer  diphtheritischer  Entzündungen 
oder  im  Verlauf  von  schweren  acuten  Krankheiten. 

Patltoloipiselie  Meublldungren. 

An  den  Lippen  haben  wir:  1)  Papillargeschwül- 
ste  aller  Art  (s.  Hautkrankheiten).  Sie  entstehen  meist 
ohne  nachweisbare  Ursache,  zuweilen  nach  Druck  und  Quet- 
schung der  Lippe,  oder  als  syphilitische  Affeclion,  insbe- 
sondere in  d^n  Mundwinkeln.  Durch  wiederholte  Reizung 
entzünden  sie  sich  zuweilen,  die  Epithelien  werden  in  Mas- 
sen abgestossen  und  bilden  Schorfe;  in  diesem  Zustande 
werden  hie  oft  falschlich  für  Carcinome  gehalten ,  doch  kann 


141 

sich  auch  wirklich  Krebsbildung  später  zugesellen  (s.  Can- 
croid).  Durch  Exstirpation  werden  sie  radikal  geheilt. 
2)  Telangiectasieen.  3)  Golloid  der  Lip.pendrä- 
sen,  Lippenknoten;  die  Acini  der  Drüsen  werden 
durch  die  gallertige  Masse  bis  zu  Erbsen-  oder  Bohnen- 
grosse  ausgedehnt)  sie  stellen  dann  rundliche,  cystenartige 
Geschwülste  dar,  welche  aus  kleineren  oder  grösseren  mit 
Gallert  gefüllten  Aveolen  (den  ausgedehnten  Acinis)  beste- 
hen. Gewöhnlich  leiden  blos  eine  oder  wenige  Drüsen,  zu- 
weilen alle  und  dann  ist  die  ganze  Lippe  beträchtlich  ge- 
schwollen. 4)  Krebs  oder  Cancroide;  sehr  häufig  sind 
an  den  Lippen  die  Epithelialkrebse,  welche  sich  ent- 
weder ursprünglich  unter  der  Haut  oder  erst  secundär  nach 
vorhergegangener  Warzenbildung  und  Ulceration  derselben 
bilden  (s.  Hautkrankheiten). 

In  der  Mund-  und  Bachenhöhle  haben  wir:  1)  Pa- 
pillargeschwülste  der  Schleimhaut,  insbesondere  des 
Gaumens  und  des  Zäpfchens.  2)  Fibroide  und  Sarco-. 
me  gehen  vom  submucösen  Zellgewebe  oder  von  den  Kno- 
chen aus,  treiben  die  Schleimhaut  vor  sich  her,  die  ihre 
Textur  behält  oder  atrophisch  oder  hypertrophisch  wird. ,  Es 
sind  haselnuss-  bis  hühnereigrosse  Massen,  am  Zahnfleische 
unter  dem  Namen  Epulis,  im  Rachen  als  Polypen  be- 
kannt. 3)  Carcinom  als  Epithelialkrebs  oder  Mark- 
schwamm, selbstständig  oder  häufiger  fortgesetzt  von  den 
Lippen,  der  Zunge,  dem»  Pharynx  oder  den  Gesichtsknochen. 

Die  Follikel  der  Tonsillen  werden  durch  Secret 
oder  Exsudat  öfters  cystenartig  ausgedehnt;  im  Inhalt  die- 
ser Cysten  findet  zuweilen  eine  Verkreidung  statt. 

2.    Die  Zunge. 

Bilduni^flfel&ler«    Hypertroplile. 

Die  Zunge  ist  zuweilen  ganz  oder  zum  Theil  (insbe- 


142 

sondere  in  der  Bfitte  dnrcli  das  Frenulom)  mit  dem  Boden 
der  Mundhöhle  verwachsen;  sie  ist  der  Längsriditang  nach 
gespalten  .und  kann  theilweise  fehlen,  übermässig  gross  (bei 
Kretinen)  oder  sehr  klein  seüu 

Nach  Entziindungen  bleibt  zuweilen  Hypertrophie  der 
Zunge  9  sie  erreicht  oft  einen  so^  beträchtlichen  Umfang,  dass 
sie  aus  der  Mundhöhle  hervorragt,  wird  sehr  hart  und  un-** 
förmlich ,  verliert  die  Zotten  und  bekommt  eme  glatte  Ober- 
flache. 

Kütefindiiiii^« 

Der  Katarrh  der  Sdüeimhaut  der  Zunge  begleitet 
stets  den  Katarrh  der  fibrigen  Mundhöhlenschleindiaut ,  tritt 
fBr  sich  auf  durch  Beiz  scharfer  Speisen ,  Tabaksdampf  u. 
s.  w«,  ist  kenntlich  an  der  Hyperämie  der  Zotten  und  der 
reichlichen  Epithelialbildung,  wodurch  der  graue  Ueberzug 
der  Zunge  gebildet  wird;  ergreift  die  Entzündung  das  tie- 
fere Gewebe,  so  verschwindet  in  der  allgemeinen  Anschwel- 
lung die  zottige  Oberfläche,  die  Zunge  wird  glatt,  gfänzend 
roth.  Die  Entzündung  des  ganzen  Zungengewebea ,  die  ei- 
gentliche Glossitis,  ist  charakterisirt  durch  rasche  An- 
schwellung, Härte  und  hohe  Böthe  der  Zunge.  Die  Exsu- 
date werden  meist  rasch  resorbirt  und  die  Zunge  nimmt 
den  normalen  Umfang  wieder  ein ;  zuweilen  bildet  sich  Bin- 
degewebe und  die  Zunge  bleibt  vergrössert  (entzündUdie 
Hypertrophie,  Teiiiärtung) ,  hart,  schwer  beweglich;  selten 
geht  das  Exsudat  die  Metamorphose  der  Eiterbildung  ein 
und  es  bilden  sich  Abscesse  zwischen  den  Muskeln ,  die 
sich  an  der  Basis  öffnen^  Die  Entzündung  der  ganzen 
Zunge  ist  acut;  nach  Verwundungen,  durch  den  Reiz  ei- 
ner scharfen  Zahnkante  entstehen  beschränkte,  chronische 
Entzündungen,  meist  mit  Induration;  ihre  harten  Narben, 
über  denen  die  Sdilelmhant  eingezogen  ist,  werden  wohl 
oft  als  Sdirtiu»  exstlrpirt. 


148 

Uebrigens  kann  die  Zunge  an  allen  Entzündungen  und 
Geschwürsbildungen  der  Mund-  und  Rachenhöhle  überhaupt 
Theil  nehmen*  Ausser  den  syphilitischen  Entzündungen  und 
Geschwüren  auf  der  Oberfläche,  kommen  im  Gewebe  der 
Zunge  circumscripte  Entzündungen  mit  folgender  Verhär- 
tung, syphilitische  Tuberkel,  vor.  Aehnliche  Entzündun- 
gen findeix  sich  auch  bei  Scrofulösen. 

Kreb« 

kommt  in  der  Zunge  nicht  selten  Tor,  als  Markschwamm, 
Scirrhus  oder  am  häufigsten  als  Epithelialcancroid;  er  bil- 
det kleine  oder  grössere  Knoten  im  Gewebe  der  Zunge, 
über  welchen  die  Schleimhaut  meist  anschwillt  und  lebhaft 
Epithelien  bildet.  Durch  Yergrösserung  der  Knoten  kann 
die  Schleimhaut  perforirt  werden,  der  Krebs  yerjaucht  dann; 
es  kann  aber  auch  nach  yorhergegangener  centraler  Erwdi- 
chung  des  Krebses  die  Sehleimhaut  durchbrechen^  in  wel- 
chem Falle  kraterförmige  Geschwüre  entstehen.  Der  Krebs 
Yorbreitet  sich  meist  auf  die  benachbarten  Gewebe  ^  im  Zeü- 
gewebe  zwischen  den  Halsmuskeln^  in  den  Lymphdrtis^i, 
und  g^t  zuweilen  auch  auf  den  Kehlkopf  über. 

3.    Schlundkopf  und  Speiseröhre. 

Bll4»ii|psfelilev» 

Blinde  Endigung  im  Pharynx  oder  in  der  Nähe 
der  Cardia;  sackige  Erweiterung;  Kommunikation  mH 
der  Trachea;  Beehtslage  des  Oesophagus;  Verengerung  des 
Miarynx.  Angeborene  Halsfistel,  mündet  aussen 
seitlich  am  Halse  ^"  über  der  Clavicula,  der  sehr  enge 
Gang  führt  nach  oben  und  innen  und  mündet  im  Pharynx 
in  der  Gegend  des  Zungenbeins  oder  endet  daselbst  blind. 
Sie  bendit  auf  OflEenbleiben  einer  SteHe  der  zweiten  oder 
diittes  Kiemenspalter 


144 


IRrweiterwmgeum 

a.  Schlund  und  Speiseröhre  sind  der  ganzen  Länge 
nach  gleichmässig  erweitert,  Wände  meist  verdickt,  insbe- 
sondere die  Muskelschicht.  Ursachen  sind:  Verengerung 
der  Gardia,  langwierige  Katarrhe.  Bei  alten  Leuten  findet 
sich  zuweilen  eine  Verdünnung  der  Häute  des  Oesophagus 
mit  Erweiterung  desylben. 

b.  Partielle  sackartige  Erweiterungen  über  verengerten 
Stellen  oder  bedingt  durch  fremde  Körper,  welche  den 
Durchgang  der  Speisen  behindern  und  die  Wände  übermäs- 
sig dehnen.  Diese  Säcke  sind  meist  klein,  doch  erreichen 
sie  zuweilen  auch  eine  bedeutende  Grösse,  sie  sitzen  bald 
mit  weiter  Mündung  auf,  bald  mit  schmalem,  engem  Hals. 

c.  Ausstülpungen  der  Schleimhaut  durch  die  Muskel- 
schicht in  Gestalt  rundlicher,  kleiner,  später  länglicher  und 
grosser  Säcke;  sie  kommen  besonders  im  unteren  Dritttheil 
des  Pharynx  durch  die  horizontalen  Fasern  des  Constrictar 
infimui  vor.  Ursache  dieser  seltenen  Veränderung  ist  An- 
häufung von  Schleim,  Speise,  Kernen  u.  s.w.  in  einer  klei- 
nen Falte  der  Schleimhaut,  die  durch  spätere  Zunahme  der 
Anhäufung  immer  mehr  ausgebuchtet  wird. 

In  allen  diesen  Fällen  ist  der  Durchgang  der  Speisen 
zum  Magen  behindert,  der  grösste  Theil  der  Speisen  ge- 
langt nach  und  nach  in  die  Divertikel,  welche  wiederum  die 
Speiseröhre,  Luftröhre  und  Gefässe  drücken.  Der  Tod  er- 
folgt meist  marastisch. 

Abbildungen:  Meckel,  Tab.  an.-path.  T.  19.  Albers,  Atlas 
der  p.  A.  2  Abtheil.  T.  23,  24.  Froriep,  Chir.  Kpft.  T.  392. 
Baillie,  Ser.  of  engra?.  Fase.  3.  T.  1. 

Verengerungen. 

a.  Durch  Druck  von  aussen:  Kropf,  Drüsengeschwül- 
ste, Krebse  am  Halse  und  im  Mediastinum  ^  Aneurysmen, 


145 

Exostose  der  Wirbelkörper,   unregelmässig  verlaufende  Art 
subclavia  dextra  (Dysphagia  lusoria)  u.  s.  w. 

b.  Durch  Veränderung  .  der  Wandung :  contrahirende 
Narben  nach  Diphtheritis ,  Krebsbildung  in  den  Häuten, 
Hypertrophie  der  Muscularis.  Die  letztere  entwickelt  sich 
im  Verlauf  chronischer  katarrhalischer  Entzündung  des  Oe- 
sophagus, erreicht  zuweilen  einen  sehr  hohen  Grad;  die 
Dicke  der-  Muscularis  ist  nach  der  -Cardia  zu  am  bedeu- 
tendsten vermehrt,  daher  auch  die  Cardia  vorzugsweise  ver- 
engt ist.  Diese  Veränderung  entspricht  in  jeder  Weise  den 
am  Pylorusende  des  Magens,  am  Ende  des  Heum  und  im 
Rectum  vorkommenden  Stenosen  durch  Hypertrophie  der 
Muscularis  nach  chronischem  Katarrh. 

Perfaratian« 

Perforation  des  Pharynx  und  Oesophagus  ist  bedingt: 
1)  durch  traumatische  Einwirkungen ;  —  2)  durch  ver- 
schluckte scharfe  Körper;  —  3)  durch  Geschwüre;  — 
4)  durch  Aneurysmen  der  Aorta;  —  5)  Abscesse  im  sub- 
mucösen  ZeDgewebe;  —  6)  spontane  Zerreissung  (Roki- 
tansky); —  7)  Zersetzung  der  Wandungen  nach  dem  To- 
de, Leichenerscheinung  meist  neben  Magenerweichung;  — 
8)  Ascaris  lumbricoides,  der  in  einem  Falle  durch  die  Spei- 
seröhre in  die  Lunge  drang. 

Hyperftmte. .  CSntzüiidungr« 

Hyperämie  ist  bei  Neugeborenen  ein  physiologischer 
Zustand.  Als  pathologischer  Zustand  ist  sie  nicht  selten, 
aber  ohne  Bedeutung. 

^Katarrhalische  Entzündung  der  Schleimhaut 
kommt  acut  und  intensiv  bei  Neugeborenen  vor,  mit  sehr 
starker  Injection  und  Abstossung  der  Epithelialschicht,  sel- 
ten bei  Erwachsenen  nach  Genuss  sehr  heisser,  scharfer 
Speisen  und  Getränke.     Ein  massiger,  chronischer  Katarrh 

10 


146 

bleibt  nach  acutem  zurück  oder  ist  primSr,  Schleimhaut 
yerdickt,  braun  oder  grau,  reichliche  Schleim-*  resp.  Epi- 
thelialbildung ,  Erschlaffung  oder  Verdickung  der  Muscula- 
ris.  (S.  oben.) 

Croupöse  und  diphtheritische  Entzündung 
treten  höchst  selten  primär  auf,  sondern  meist  als  Fort- 
setzung des  Rachencroups ,  der  Angina  diphtheriüea ,  der 
Aphthen  der  Mundh<)hle,  als  Begleitung  des  Laryngealcroups ; 
femer  hat  man  sie  bei  schwer  yerlaufenden  Exanthemen, 
bei  Typhus,  Cholera,  Dysenterie  beobachtet.  Sie  erstreckt 
sich  oft  vom  Pharynx  bis  zur  Gardia,  so  dass  die  Croup- 
membran  den  ganzen  Oesophagus  auskleidet.  Die  Exank^ 
heit  ist  oft  tödtlich,  im  Fall  der  Heilung  wird  das  Exsudat 
in  Fragmenten  abgestossen,  zuweilen  bleiben  Verschwärun- 
gen  der  Schleimhaut  zurück. 

Abscesse  des  Pharynx  sind  primär  Folge  von 
Entzündung  des  sübmucösen  Zellgewebes,  secundär  Sen- 
kungsabscesse  hinter  dem  Pharynx  bei  Caries  der  Halswir- 
bel (Retropharyngealabscesse) ,  sie  perforiren  selten  spon- 
tan und  tödten  meist  durch  Erstickung.  Auch  im  Oeso- 
phagus hat  man  zuweilen  nach  Entzündungen  Abscesse  zwi- 
schen den  Häuten  gefunden. 

Entzündungen  werden  ferner  bewirkt:  durch  fremde 
Körper  (Nadeln,  Knochen),  welche  im  Oesophagus  stecken 
bleiben  und  zuweilen  Perforationen  desselben,  Eiterbildimg^ 
Abscesse  um  den  Oesophagus  bewirken;  durch  ätzende 
Substanzen,  welche  durch  chemische  Zersetzung  einen 
Brandschorf  bewirken  und  sehr  intensive  diphtheritische 
Entzündung  erregen;  die  fibrösen  Narben  nach  der  Heilung 
bewirken  Stri'cturen  oder  stellen  sich  als  Falten,  Brücken 
und  Fäden  an  den  Wänden  dar;  durch  TüttaTus  emt- 
ticuss  der  im  unteren  Dritttheil  des  Oesophagus  Pusteln 
erzeugt,  die  Geschwüre  hinterlassen. 

Pusteln  der  Schleimhaut  finden  sich  bei  Variolakran- 


147 

ken.  Bei  Pemphygus  hat  man  auch  im  Oesophagus  Fem- 
phygusblasen  beobachtet. 

Geschwüre  im  Pharynx:  bei  Syphilis;  nach  Abstos- 
sung  diphtheritischer  Schorfe  (als  Zerstörung  bei  Angina 
gangraenMü  oder  als  aphthöse  Geschwüre);  im  Oesopha- 
gus ebenfalls  durch  Schorfe  oder  bei  Neugeborenen  durch 
einfache  Schleimhautentzündung,  Erebsgeschwüre ;  geschwü* 
rige  Perforation  durch  anliegende  yereitemde  Lymphdrüsen, 
Abscesse  in  der  Umgebung  des  Oesophagus,  dadurch  auch 
Kommunikation  mit  der  Luftröhre.  Ausserdem  kommt  nach 
Alb  er  s  im  Oesophagus  ein  dem  perforirenden  Magenge- 
schwür analoges  Geschwür  vor  (das  einfache  Ge- 
S4;hwür  der  Speiseröhre:  Albers),  welches  seinen 
Sitz  meist  an  der  vorderen  Wand ,  der  Bifurcation  der  Tra- 
chea gegenüber,  hat,  die  Häute  des  Oesophagus  allmälig 
perforirt  und  Communicationen  mit  der  Trachea,  Pleura- 
und  Mediastinalhöble ,  Aortay  auch  Yerschwärungen  der 
Lunge  bewirkt.  Alle  auf  den  Oesophagus  einwirkenden 
Reize,  insbesondere  Branntwein,  scheinen  es  bedingen  zu 
können. 

Brand  durch  ätzende  Substanzen,  höchste  Grade  der 
Diphtheritis  bei  Neugeborenen. 

Patltolofipisclie  IVeubildung^en. 

Neubildung  von  Bindegewebe  kommt  in  den 
Narben  nach  diphtheritischen  Entzündungen  vor. 

Fibroide  kommen  vor  als  kleine  rundliche  Massen 
unter  der  Schleimhaut  oder  als  grössere,  im  submucösen 
Zellgewebe  oder  im  Perichondrium  des  Ringknorpels  wur- 
zelnde' und  in  den  Oesophagus  polypenartig  hereinragendc, 
zuweilen  gelappte  Geschwülste. 

Nicht  selten  sind  kleine  Papillargeschwülste. 

Höchst  selten  sind  sogenannte  Verknöchern ngen 

10* 


*       **8 

im  Oesophagus,   sie  finden  sich  als  ConcrementbOdung  in 
Stricturen. 

Zuweilen  fand  man  Schleimhautpolypen.  Selten 
sind  Lipome  im  submucösen  ZeUgewebe. 

Krebs  im  Pharynx  ist  selten,  ich  beobachtete  ihn  ein- 
mal als  'selbstständig  von  der  Schleimhaut  ausgehende,  wu- 
chernde Markschwammmasse  und  zweimal  von  grossen  Car- 
cinomen  der  Parotisgegend  auf  die  Wandungen  des  Pha- 
rynx fortgesetzt. 

Krebs  im  Oesophagus  ist  häufig,  bald  als  gewöhnliches ' 
Carcinom,  bald  als  Epithelialkrebs ;  er  bildet  kleine  oder 
grössere  confluirende  Knoten  rings  um  den  Oesophagus  oder 
eine  gleichmässig  yertheilte,  nach  unten  und  oben  zu  abneh- 
mende Masse.  Das  Lumen  des  Oesophagus  wird  stets  yer- 
engert.  Die  Schleimhaut  über  dem  Carcinom  ist  im  Zu- 
stande des  Katarrhs ,  später  tritt  der  Krebs  frei  hervor  und ' 
bildet  die  Basis  eines  meist  ungleichen,  zerklüfteten  6e- 
schwttres.  Dabei  findet  in  der  nächsten  Umgebung  und  in 
den  anliegenden  Lymphdrüsen  Krebsbildung  statt,  die  sich 
in  seltneren  Fällen  auf  Pleura,  Lungen  und  Herz  fortsetzt. 
Durch  ausgedehnten  Zerfall  und  Verjauchung  des  Krebses 
kann  auch  eine  Verjauchung  des  benachbarten  Zellgewebes, 
Perforation  der  Trachea,  der  Bronchien  oder  der  Aorta  er- 
folgen. 

Der  Krebs  entsteht  meist  primär  im  Oesophagus,  ist 
der  einzige  im  Körper,  seltener  geht  die  Krebsbildung  yon 
der  Umgebung  auf  ihn  über  und  sind  Krebse  an  anderen 
Orten  yorhanden. 

Abbildungen:  Alb  er  8,  AÜas  der  p.  A.  Abtiieil.  2,  T.  17— 21. 
Froriep,  Chir.  Kpft.  T.  172,  174,  179.  Baillie,  Ser.  of  engrar. 
Fase.  3.  T.  2,  4. 

Cysten  entstehen  durch  Erweiterung  der  Acini  ein- 
zelner der  traubigen  Drüsen  der  Speiseröhre  durch  Stagna- 


149 

tion  des  Sekrets ;  sie  ragen  bi  Form  kleiner,  durchscheinen- 
der Bläschen  über  das  Niyeau  des  Schleimhaut  hervor. 

Parasiten. 

Auf  der  Schleimhaut  der  Mundhöhle ,  Bachenhöhle,  des 
Pharynx  und  Oesophagus  kommen  sehr  häufig  Pilzbil- 
dungen vor.  Die  Pilze  entwickeln  sich  bei  katarrhalischen 
und  croupösen  Entzündungen  zwischen  Epithelien,  Exsudat 
oder  Eiter,  bald  in  geringer  Anzahl  und  sind  dann  als  un- 
wesentliche Complicationen  anzusehen,  bald  in  solchen  Mas- 
sen, dass  sie  als  weisse  Knötchen  oder  Pseudomembranen, 
Soor,  erscheinen  oder  selbst  das  Lumen  des  Oesophagus 
völlig  verstopfen,  so  dass  sie  dann  wesentliche  Veränderun- 
gen bedingen.  Die  Schleimhaut  erhält  sich  unter  diesen 
Massen  unverändert  oder  wird  erodirt  und  zuweilen  ausge- 
dehnt zerstört.  Der  Soor  der  Säuglinge  ist  meist  durch 
diese  Pilz  Wucherung  bedingt,  welche  in  gährender  Milch 
oder  in  Exsudaten  und  Epithelienhaufen  entsteht.  Bei  Er- 
wachsenen kommt  diese  Pilzwucherung  in  hohen  Graden  nur 
bei  sehr  herabgekommenen  Individuen  im  Ausgang  acuter 
und  chronischer  Krankheiten  vor. 

Abbildangen:  Cruveilhier,  Anat.  path.  Livr.  15.  PI.  3.  Bil- 
lard, Atlas  der  Kinderkhten,  T.  1,  2.  Froriep,  Btlin.  Kpflaf.  T.  2. 
3.    Vogel,  Icon.  bist.  Taf.  21. 

4.    Der  Magen. 

Bildunarsfeliler. 

Der  Magen  fehlt  in  seltenen  Fällen  bei  übrigens  voll- 
ständig entwickeltem  Darmtractus,  oder  er  ist  nur  durch 
eine  sackige  Erweiterung  des  Darmrohrs  am  Ende  der  Spei- 
seröhre angedeutet;  zuweilen  ist  er  in  2  oder  3  Abtheilun- 
gen durch  Einschnürungen  getheilt.  Er  kann  mit  einem 
grösseren  oder  kleineren  Theile  der  Eingeweide  ausserhalb 
der  Bauchhöhle  liegen  oder  ein  Theil  seiner  vorderen  Wand 


150 

durch  eine  Lücke  in  den  Bauchmuskeln  prolabirt  sein  und 
die  Bauchdecken  halbkugelfönnig  erheben  (Hemia  tentriculi). 
Bei  allgemeinem  Situs  tramversua  liegt  sein  Blindsack  nach 
rechts;  zuweilen  liegt  der  Magen  perpendiculär;  bei  theil- 
weisem  oder  gänzlichem  Mangel  des  Zwerchfells  kann  er 
in  die  Brusthöhle  zu  liegen  kommen.  Sehr  selten  ist  eine 
blinde  Endigung  am  Pylorus. 

Eine  allgemeine  Erweiterung  findet  statt  nach  wieder- 
holter und  lange  fcfrtgesetzter  UeberfüUung  des  Magens, 
nach  übermässigem  Gebrauche  yon  Brech-  und  Brcizmitteln, 
nach  Erschütterung  der  Bauch-  und  Magenwände,  nach 
Zerrung  an  der  grossen  Curvatur  bei  Hernien ,  nach  Verein- 
gerung  des  Pylorus,  nach  Peritonitis,  chronischer  Gastritis. 
Einseitige  Erweiterungen  bilden  sich  bei  Verengerungen  im 
Magen  selbst  und  sind  sehr  selten.  Divertikelartige  Säcke 
bilden  sich  in  seltenen  Fällen  durch  Druck  und  Zug  schwe- 
rer, harter,  unverdaulicher  Körper. 

Die  Erweiterung  kann  den  Grad  erreichen,  dass  die 
grosse  Curvatur  bis  an  die  Schamfuge  reicht.  Die  Magen- 
wände sind  selten  dem  Grade  der  Erweiterung  entsprechend 
verdünnt,  sondern  behalten  entweder  ihre  normale  Dicke 
(relative  Hypertrophie)  oder  werden  abnorm  dick. 

Terkleinervnif. 

Eine  Verkleinerung  des  Magens  findet  statt  nach  lang- 
dauerndem  Fasten,  durch  Entartung  der  Magenwände  bei 
chronischer  Gastritis  und  Krebs,  durch  contrahirende  Nar- 
ben von  Geschwüren;  durch  letztere  kann  ausserdem  der 
Magen  in  zwei  Abtheilungen  getheilt  werden.  —  Eine  Ver- 
kleinerung mit  Verdünnung  der  Wände  kommt  nach  Ro- 
kitansky als  spontane  Atrophie,  Tabes,  vor,  eine 


151 

höchst  seltene  langwierige  Krankheit  mit  allgemeiner  Tabes 
und  Atrophie  der  Lungen  und  des  Herzens. 

Hyperlimie.    Hftmarrliaffie. 

Hyperämie  ist  bedingt  durch  Störungen  der  Herzblut- 
circulation  und  durch  Reize. 

Hämorrhagie  findet  sich  als  Erguss  in  die  Schleimhaut 
oder  zugleich  in  die  Höhle  des  Magens,  sie  ist  bedingt 
durch  Hyperämie  und  Entzündung^  Geschwürsbildung, 
Krebs,  Berstung  von  Yaricen  und  Aneurysmen,  Congestion 
bei  Dysmenorrhoe,  iVeränderung  des  Blutes  bei  Purpura, 
Scorbut,  Typhus,  Cholera. 

Blut  kann  übrigens  auch  in  den  Magen  gelangen  durch 
Verschlucken  des  Blutes,  welches  aus  den  Nasenhöhlen,  der 
Luftröhre  in  den  Bachen,  oder  durch  Berstung  ein^s  klei- 
nen Gefässes  oder  eines  Aortenaneurysmas  in  den  Oeso- 
phagus gelangt. 

Magenblutungen  kommen  in  Jedem  Alter  vor. 

Das  Blut  bleibt  im  Magen  nicht  lange  roth  und  klum- 
pig, es  yertheilt  sich  im  Mageninhalt  und  es  entsteht  bald 
eine  braune,  kaffeesatzartige  Flüssigkeit,  bestehend  aus  Se- 
rum, zerstörten  Blutkörperchen,  Pigmentkörnchen  und  dem 
übrigen  Mageninhalt.  Bei  langsam  erfolgenden  und  oft  wie- 
derholten Blutungen  (chronischer  Katarrh,  hämorrhagische 
Erosion ,  Geschwür,  Krebs)  wird  das  Blut  sehr  rasch  braun 
oder  schwarz  und  wird  meist  so  erbrochen. 

1)  Katarrhalische  Entzündung;  n)  die  acute 
katarrhalische  Entzündung  betrifft  die  Schleimhaut 
des  ganzen  Magens  oder  bald  mehr  des  Fundus,  bald  des 
Pylorustheiles,  bildet  eine  selbstständige  Erkrankung,  be- 
dingt durch  locale  Beize,  Erkältung,  Miasmen  oder  kommt 
in  Begleitung  anderer  Affectionen  vor  (Enteritis,  Typhus, 


152 

Exantheme).  Die  Schleimhaut  ist  gleichmässig  gerdthet, 
geschwollen,  weich  und  mit  dickem  Schleim  belegt,  im  sub- 
mucösen  Zellgewebe  dcndritenförmige  venöse  Injection.  An 
einzelnen  Stellen  finden  sich  zuweilen  Substanzverluste  der 
Schleimhaut  als  einfache  Geschwüre  oder  als  hämor- 
rhagische Erosionen  oder  als  FoUikulargeschwüre 
(s.  unten).  Er  tödtet  häufig  bei  Neugeborenen  und  Säug- 
lingen unter  choleraartigen  Erscheinungen;  bei  Erwachse- 
nen bewirkt  er  die  Symptomencomplexe  der  Gastritis  acuta, 
des  gastrischen  Katarrhs,  gastrischen  Fiebers,  Gallenfiebers, 
Schleimfiebers,  der  Cholera. 

b)  Chronischer  Magenkatarrh  ist  sehr  häufig 
als  selbstständige  Krankheit  durch  reizende  Speisen,  Ge- 
tränke (insbesondere  Branntwein),  Arzneien,  Erkältungen 
u.  s.  w.  und  als  Begleiter  chronischer  Herzkrankheiten  und 
der  Lungenphthisis,  ausserdem  bei  yielen  anderen  Krank- 
heiten als  Complication ;  es  leidet  die  ganze  Schleimhaut 
oder  meist  nur  die  Pylorushälfte  des  Magens.  Die  Verän- 
derungen des  Magens  sind  gradweise  verschieden.  Im  er- 
sten Grad  ist  der  Magen  normal  gross  oder  erweitert,  seine 
Wände  schlaiF,  die  Schleimhaut  verdickt,  oft  mamellonirt, 
braun  oder  schieferfarbig,  mit  venösen  Injectionen  und  Ec- 
chymosen  durchsetzt,  zuweilen  mit  Erosionen  und  Geschwü- 
ren an  einzelnen  Stellen,  die  Muscularis  ist  nur  wenig  ver- 
dickt. Im  zweiten  Grad  ist  der  Magen  verkleinert,  seine 
Wandungen  fest  und  starr,  die  Schleimhaut  zeigt  ausser 
den  genannten  Veränderungen  harte,  platte  Knoten,  an  wel- 
chen die  Drüsen  völlig  untergegangen  sind,  die  Muscularis 
ist  beträchtlich  verdickt,  die  Verdickung  nimmt  nach  dem 
Pylorus  hin  allmälig  zu  und  beträgt  dort  3—5'";  die  Mus- 
cularis zeigt  auf  der  Schnittfläche  das  Ansehen  einer  festen 
Gallert,  welche  durch  weisse,  parallel  laufende  Scheide- 
wände abgelheilt  ist ,  die  erstere  besteht  aus  organischen 
Muskelfaserzellen,    die   letzteren   aus  Bindegewebe.      (Von 


15S 

indem  deiselbe  nidit  amf  die  Museuhris  be^durSnkt  und 
die  GaJleit  in  ein  dTe^aures  Faserneti  ein^eseUossen  ist^ 
ains  wekbem  sie  sich  leicht  herroitieben  ßb$st.>  DuKh  diese 
betrachtlicfae  Hypertro^iie  wird  das  Lumen  des  Pylorus  ver* 
engt  und  die  Kranken  gehen  aUmilig  in  Folge  dieser  Ste- 
nose lu  Grunde.    Meist  ist  auch  die  Serosa  Tmlickt* 

Der  Inhalt  des  Magens  ist  meist  hraun^  tu  weilen 
Schwan,  kaffeesatiartig  durch  VeriLodertes  Blut* 

Der  niedere  Grad  des  chronischen  Magenkatarrhs  kann 
heilen ,  der  höhere  nicht.  Der  Verlauf  geht  Husserst  langsam. 
(Diese  Stenose  des  Pylorus  durch  Hypertrophie  der  Muscu- 
laris  wird ,  sowie  die  ihr  entspreddenden  Stenosen  im  Oeso- 
phagus, Darm,  Rectum  von  Siteren  und  manchen  neueren 
Autoren  für  carcinomatos  gehalten.) 

Im  Verlauf  dieses  chronischen  Katarrhs  kommt  es  in 
seltnen  Fallen  zur  Eiterbildung  in  den  Wandungen  des  ter- 
kleinerten  Magens  und  Perforationen. 

Hope,  PrindpL  aad  iUustr.  Fig.  178.    Carswell,  Ft80.2.  Pl.l. 
Fig.  1. 

2)  GroupSse  Entzündung  ist  sehr  selten,  sie 
kommt  als  Soor  bei  Säuglingen  Yor,  bei  ebeiMleuselben  als 
circumscripte  Exsudationen  bei  Magenkatarrh,  ausserdem  in 
jedem  Alter  bei  bösartig  verlaufenden  Eximthemeu,  Pyiinüo, 
nach  grossen  Dosen  von  Tartcnrus  emeticus.  Sehr  selten  sind 
diphtheritische  Exsudate,  welche  durch  ihren  Zer- 
fall die  sogenannten  aphthösen  Geschwüre  bilden. 

3)  Magenentzündung  durch  älzendo  Sub- 
stanz eur  Bei  den  Veränderungen,  welche  durch  lltzende 
Substanzen  in  der  Mundhöhle,  dem  Bachen,  Pharynx, 
Oesophagus  und  Magen  bewirkt  werden,  sind  zu  unter- 
scheiden die  unmittelbaren  chemischen  VcrändcFungon  der 
berührten  Theile  und  die  secundären  VorgUnge;  die  erste- 
ren  sind:    Verschorfung   und    Erweichung   der   Epilholie», 


154 

Schleimhaut  oder  selbst  Muscularis,  mit  Entfärbung,  Schwür- 
sung  derselben 9  die  letzteren:  seröse  Infiltration,  Hyperä- 
mie, Entzündung  mit  Eiterbildung,  croupösen  und  diphthe- 
ritiscben  Exsudaten.  Bei  gering*er  Einwirkung  erfolgt  kein 
wesentlicher,  bleibender  Substanzverlust,  bei  höheren  Gran- 
den erfolgt  Zerstörung  der  Theile  durch  Brand,  Vereite- 
rung, und  im  Fall  der  Heilung  Bildung  von  festen  fibrösen 
Narben ,  durch  welche  Stricturen  bedingt  werden ,  oder  fort- 
dauernde Eiterbildung  in  den  Häuten,  mit  Senkung  und 
Perforation  des  Eiters. 

Abb.:  Hope,  Principles  and  illugtr.  Fig.  118. 

4)  Entzündung  des  submucösen  Zellgewe- 
bes ist  sehr  selten,  verläuft  meist  akut  und  hat  ausgedehnte 
Abscessbildung,  zuweilen  mit  Perforation  der  Schleimhaut, 
zur  Folge. 

Brand  der  Magenschleimhaut  komnit  vor  durch  die 
Einwirkung  von  Mineralsäuren  u.  s.  w.  und  bei  heftiger 
Gastritis  der  Neugeborenen  (Biliar d), 

C^eseliwüre  desMa^euB. 

1)  Einfache  entzündliche  Geschwüre  als  rund- 
liche, oblonge,  gezackte  Substanzverluste  der  Schleimhaut 
sind  im  Magen  selten ,  sie  sind  meist  seicht  und  klein  und 
erreichen  selten  das  submucöse  ZeUgewebe,  in  einzelnen 
seltenen  Fällen  breiten  sie  sich  sdbr  aus,  gehen  in  die  Tiefe 
und  bewirken  ausgedehnte  Zerstörungen«  Sie  kommen  vor 
in  Folge  der  Steigerung  einer  chronischen  oder  akuten  ka- 
tarrhalischen Entzündung  auf  circumcripten-  Stellen. 

2)  Hämorrhagische  Erosion  ist  der  von  Cru* 
yeilhier  eingeführte  Name  für  einfache,  flache  Ulcera  mit 
hyperämischer  und  blutender  Basis;  sie  sind  rund,  läng- 
lich oder  streifig  auf  der  Höhe  der  Falten  der  Schleimhaut; 
ihre  Grösse  wechselt  von  1'" — 6"'  und  mehr  Dchm.;  ihre 
Zahl  irt  verschieden,  nicht  selten  findet  man  m  in  grosser 


155 

Menge.  Sie  finden  sich  meist  bei  chronischem  oder  akutem 
Magenkatarrtl  und  sind  oft  die  einzig  nachweisbare  Quelle 
beträchtlicher  Blutungen;  heilen  sie,  so  findet  man  eine  fla- 
che, schwarz  pigmentirte  Narbe. 

Abbildgen:  Cruyeilhier,  An.  paUi.   Livr.  15.  PI.  3,  Li?r.  30. 
PI.  2 ,  Livr.  31.  PI  1. 

3)  Follicularge schwäre  werden  gewöhnlich  alle 
kleinen,  runden,  trichterförmigen  Geschwüre  der  Magen-- 
Schleimhaut  genannt,  -ohne  dass  eine  feinere  anatomische 
Untersuchung  ihren  Ursprung  aus  yerschwärenden  Follikeln 
wirklich  nachgewiesen  habe.  Nach  Billard  sind  es  die 
Lenticulardrüsen ,  welche  sich  als  kleine,  weisse  Granula- 
tionen erheben  und  zuweilen  ulceriren;  er  fand  diese  Gn^ 
stritis  folliculosa  bei  Neugebomen. 

4)  Das.  perforirende,  einfache,  chronische 
Magengeschwür  findet  sich  meist  im  Pylorustheile  des 
Magens  an  der  hinteren  Wand,  nahe  der  kleinen  Curvatur, 
doch  kommt  es  auch  an  allen  anderen  Stellen  des  Magens 
und  im  oberen  Theile  des  Duodenums  vor.  Es  hat  2— 3'^' 
bis  2 — 3"  im  Dchm.,  ist  meist  kreisrund-  oder  oval,  sel- 
ten unregelm'ässig  durch  Ausbuchtungen  oder  durch  Zusam- 
menfliessen  mehrerer,  meist  ist  blos  eins  vorhanden,  zu- 
weilen mehrere,  die  gewöhnlich  längs  der  kleinen  Curvatuc 
liegen.  Die  Geschwürsbildung  beginnt  in  der  Schleinüiaut, 
geht  nach  deren  Zerstörung  auf  das  submucöse  ZeUgäwebe 
und  dann,  auf  die  Muscularis  über,  nach  deren  Zerfall  end- 
lich die  Serosa  in  Form  eines  kleinen,  runden  Lochs  per- 
forirt.  Die  Geschwüre  an  der  vorderen,  freien  Magenwand 
sind  klein,  zeigen  fast  keine  Wulstung  und  Injection  ihrer 
Bänder ,  eine  ^atte  Basis  und  haben  das  Ansehen,  als  wäre 
mittelst  eines  Locheisens  ein  rundes  Loch  durch  die  Ma- 
genwände geschlagen  worden;  die  Geschwüre  an  der  hin- 
teren Magenwand  sind  meist  gross,  haben  stark  gewulstete 
Bänder,  eine  harte,  filzige  Bazis  und  kxaterförmige  Gestalt, 


156 

die  Magenwände  sind  an  der  Stelle  des  Geschwürs  mit  den 
benachbarten  Geweben  fest  yerwachsQn  und  die  letzteren 
werden  mit  zur  Bildung  der  Geschwürswanduhgen  herange- 
zogen. 

Das  perforirende  Magengeschwür  ist  sehr  häufig.  Meist 
findet  gleichzeitig  Katarrh  der  Schleimhaut  statt. 

Der  Verlauf  dieser  Geschwüre  ist  meist  chronisch ;  sie 
können  in  jedem  Stadium  ihrer  Bildung  heilen;  jenachdem 
der  Substanzyerlust  oberflächlicher  oder  tiefer  war,  wird 
die  fibröse  Narbe  dicker  und  fester;  sie  bildet  meist  eine 
strahlige  Zusammenziehung  des  Magens;  ging  das  Geschwür 
bis  an's  Peritoneum,  so  bewirkt  die  Narbe  eine  Einknickung 
der  Magenwände  und  ringförmige  oder  halbmondförmige 
Einschnürungen. 

Bei  Perforation  an  einer  freien  Stelle  des  Magens  fin- 
det keine  Heilung  statt,  indem  die  durch  den  ausgetretenen 
Mageninhalt  bewirkte  Peritonitis  rasch  tödtet;  liegt  aber 
das  Geschwür .  an  einer  Stelle ,  wo  der  Magen  an  anderen 
Organen  anliegt ,  so  kann  trotz  der  Perforation  Heilung  er- 
folgen, wenn  vorher  diese  Organe  (Pankreas,  linker  Leber- 
lappen) durch  festes  Bindegewebe  mit  der  Magenwand  eng 
verwachsen  war.  In  diesem  Falle  ersetzt  das  adhärirende 
Organ  die  fehlende  Magenwand,  im  günstigsten  Falle  wird 
diese  Stelle  mit  einer  flachen,  glatten  Bindegewebsschicht 
überzogen,  die  mit  den  ebenfalls  übemarbten  (Jeschwürs- 
rändern  ein  Continuum  bildet;  in  weniger  günstigen  Fällen 
greift  die  Ulceration  und  Eiterung  weiter  um  sich,  es  ent- 
stehen Abscesse  im  Zellgewebe,  welche  bald  eingekapselt 
werden,  bald  perforiren,  Ulcerationen  der  Leber,  des  Pan- 
kreas, des  Zwerchfells  und  selbst  der  Lunge. 

Häufig  sind  Blutungen  aus  den  Rändern  der  Geschwiire 
durch  Zerstörung  der  Gefässe;  sie  können  tödtlich  werden, 
wenn  die  letztere  grössere  Gefässe  betrifft. 

Sie  sind  sehr  häufig  beim  weiblichen  Geschlecht  in  den 


157 

Blüthejahren ,  inBbesondere  bei  chlorötischen  Mädchen,  bei 
Männern  sollen  sie  besonders  durch  Diätfehler,  kalten  Trunk, 
Branntweingenuss  entstehen. 

Abbildangen :  Albers,  Atlas  der  path.  Anat.  Abtheil.  4.  T.  3,  4. 
Crayeilhier«  Anat.  path.  Lirr.  10.  PI.  6,  6,  Liyr.  20.  PL  5«  6. 
Car.swell,  Path.  An.  Fase.  6.  T.  3.    Ginge,  Atlas  16.  Lfgp.  T.  4. 

5)  Aphthöse  Geschwüre  finden  sich  nach  Abstos- 
sung  diphtheritischer  Schorfe. 


PatltolafKische  IVeaMldunfi^eii. 

Neubildung  von  Bindegewebe  kommt. vor  als 
Hypertrophie  der  Häute,  insbesondere  am  Pylorus,  als  auf 
kleine  Stellen  beschränkte  Verdickungen  des  submucösen 
ZeDgewebes  und  Peritonealüberzuges. 

Neubildung  von  Fettbindegewebe  findet  sich 
im  submucösen  Zellgewebe  als  kleine  rundliche  Massen, 
welche,  die  Schleimhaut  vor  sich  herdrängend,  in  die  Ma- 
genhöble  ragen  oder,  zwischen  den  Fasern  der  Muscularis 
ausgehend,  unter  dem  Peritoneum  prominiren. 

Schleimhautpolypen  bestehen  im  Magen  wie  im 
ganzen  Darmkanal  aus  erbsen-  bis  haselnussgrossen,  breit 
oder  schmal  gestielten,  in  das  Cavum  ragenden,  durch  ent- 
zündliche Infiltration  geschwellten  Schleimhautfalten,  in  de- 
ren Mitte  wohl  auch  eine  Verlängerung  des  verdickten 
submucösen  Zellgewebes  liegt.  Man  findet  sie  nur  bei 
>:  langwierigem  Katarrh.  Zuweilen  findet  eine  Erweiterung 
ihrer  Gefässe  statt,  oder  sie  werden  der  Sitz  eines  Carci- 
noms.  Aehnliche  polypenartige  Geschwülste  bestehen  auch 
zuweilen  aus  hypertrophischen  schlauchförmigen  Drüsen  ei- 
nes kleinen  Abschnittes  des  Magens  (Reinhardt).  An- 
dere sind  papilläre  Geschwülste,  wie  sie  auch  im 
übrigen  Speisekanal  vorkommen,  und  sich  zuweilen  mit 
Krebs  combiniren. 


158 

Krebs  des  Magens  ist  häufig  und  .erscheint  in  man- 
cherlei Formen. 

Als  Alyeolar krebs  bildet  er,  vom  submucösen  Zell- 
gewebe und  der  Schleimhaut  ausgehend,  ^ — \*'  dicke,  meist 
über  die  ganze  Pylorushälfte  und  darüber  sich  erstreckende 
gallertartige  Massen.  Die  Entartung  beschrankt  sich  -  auf 
•  die  Schleimhaut,  oder  erstreckt  sidi  auch  auf  die  Muscula- 
ris  und  Serosa ,  verbreitet  sich  zuweilen  auch  auf  das  Netz, 
andere  Theile  des  Bauchfells  und  die  Leber. 

Als  Scirrhus  und  Markschwamm  hat  er  eben^ 
falls  seinen  Sitz  meist  im  Pylorusmagen  und  zwar  in  der 
nächsten  Umgebung  des  Pylorus,  selten  an  der  Cardia  oder 
vorderen  Magenwand ;  seine  Bildung  beginnt  im  dubmucösen 
Zellgewebe,  in  welches  er  als  den  Pylorus  ringförmig  um- 
gebende odef  einseitig  entwickelte  scirrfaöse  Masse  infiltrirt 
ist,  oder  in  welchem  er  abgesonderte  haselnuss-  bis  hüh- 
nereigrosse  feste  oder  weiche  Knoten  bildet.  Die  Muscula- 
ris  bleibt  an  der  betroffenen  Stelle  entweder  unverändert 
oder  zeigt  die  Veränderungen  wie  bei  chronischem  Katarrh 
(s.  oben) ;  die  Schleimhaut  schwillt  bald  an,  wird  weich  und 
zerfällt  oft  in  einen  matschen,  schwarzen  Brei;  oft  setzt 
sidh  die  Krebsbildung  auf  sie  fort.  In  beiden  Fällen  ragt 
jetzt  der  Krebs  in  das  Cavum  der  Magenhöhle;  oft  beginnt 
hiermit  der  Zerfall,  indem  die  oberflächlichen  Partieen  er- 
weichen und  abfallen  und  dadurch,  meist  concave,  Sub- 
stanz  Verluste  der  Krebsmasse  —  carcinomatöse  Ge- 
schwüre —  entstehen;  in  anderen  Fällen  bilden  sich  auf 
der  Basis  des  herausgetretenen  Krebses  neue  Massen,  die 
meist  locker,  polypen-  oder  blumenkohlartig  in  das  Cavum 
ragen  und  bald  zu  einer  schwajraen,  weichen,  zottigen 
Masse  zerfallen.  In  seltnen  Fällen  tritt  in  Folge  des  Zer- 
falls der  Krebsmasse  Perforation  der  Magenwände  ein  und 
darauf  Austritt  von  Mageninhalt  in  die  Bauchhöhle  oder,  je 
nach  der  Art  der  Perforation ,  nach  Aussen  durch  die  Bauch- 


159 

wände,  in  einen  Darm,  durch  das  Zwerchfell  in  die  Brust- 
höhle. Zuweilen  entwickelt  sich  der  Krebs  in  Papillarge« 
schwülsten. 

Der  Krebs  breitet  sich  meist  auf  die  benachbarten 
Lymphdrüsen,  zuweilen  auch  auf  Pankreas,  Colon,  Leber 
aus,  soweit  sie  an  den  Magen  stossen.  Grewöhnlich  ist  der 
Magen,  insbesondere  der  Pylorus,  mit  den  benachbarten 
Organen  ausser  durch  die  Fortsetzung  des  Krebses  durch 
dichtes  Bindegewebe  verbunden.  Selten  bleibt  er  frei  von 
Adhäsionen  und  sinkt  dann  zuweilen,  seiner  Schwere  ge- 
mäss, herab  bis  in  die  Mitte  des  Bauches  oder  zur  Symr- 
physe. 

Ist  der.  Krebs  •  über  einen  grossen  Theil  des  Magens 
ausgedehnt,  so  wird  dieser  dadurch  in  seinen  Wandungen 
verdickt  und  seine  Höhle  verkleinert;  sitzt  er,  wie  gewöhn- 
lich, im  Pylorus  oder  neben  demselben,  so  wird  dessen 
Lumen  mehr  oder  weniger  verengt  und  der  Magen  durch 
Anhäufung  der  zm*ückgehaltenen  Speisen  erweitert.  Die 
Stenose  des  Pylorus  kann  sich  durch  den  Zerfall  und  die 
Entfernung  lockerer  Krebsmassen  später  heben. 

Während  der  Krebsbildung  finden  häufig  Blutungen 
statt,  sowohl  aus  der  weichen  Schleimhaut,  als  aus  dem 
Krebse,  der  Mageninhalt  ist  daher  oft  roth  oder  braun, 
schwarz  gefärbt.  Häufig  findet  neben  dem  Krebse  Katarrh 
der  Schleimhaut  statt,  zuweUen  hämorrhagische  Erosionen 
und  perforirende  Geschwüre. 

Der  Krebs  entsteht  entweder  primär  im  Magen  oder 
geht  seltener  von  benachbarten  Organen  auf  diesen  über. 
Er  ist  der  einzige  Krebs  im  Körper  oder  es  finden  sich 
gleichzeitig  Carcinome  in  der  Leber,  dem  Pankreas,  dem 
Darme,  Ovarium  u.  s.  w. 

AbbUdungeo:  Cru?eilhier  Livr.  4.  PL  1^  L.  12.  PL  6,  L.  10. 
PL  3,  4,  L.  37.  PL  3.  Hope  Fig.  172  —  177.  Carswell  Fase.  2. 
T.  1—3.  Fase.  3.  T.  Si  Albers,  Atlas.  Abth.  4.  T.  5—7.  Bail- 
lie,  Ser.  of  en^.  Fase.  3.  T.  6,  7. 


160 

• 

Tuberkel  als  Theilerscheinung  einer  aligememen  Tu- 
berculose  finden  sich  äusserst  selten  in  der  Schleimhaut  des 
Magens  und  verlaufen  dann  gleich  denen  im  übrigen  Darm- 
kanale  (s.  Danntuberkel).  Tuberculöse  Magenge- 
sc.hwüre  erkennt  man  als  solche  an  der  Tuberkelinfiltra- 
tion der  benachbarten  Lymphdrüsen.  Tuberkel  im  Perito- 
nealüberzuge  des  Magens  können  sich  allmalig  auf  die  Ma- 
genwände ausdehnen  und  durch  ihren  Zerfall  von  Aussen 
nach  Innen  perforirende  Geschwüre  bilden  (Beneke). 

üelcltenerflelieinuiii^eii. 

Hyperämie  des  Fundus,  als  Füllung  der  grösseren 
und  kleinsten  Venen  kommt  als  Leichenerscheinung  sehr 
häufig  Tor  und  ist  als  solche  dadurch  kenntlich,,  dass  sie 
sich  auf  die  abhängigsten  Theile  des  Magens  beschränkt. 

Erweichung  des  Magens  findet  sich  als  Leichener- 
scheinung in  verschiedenen  Graden  imd  ist  bedingt  durch 
die  Einwirkung  saurer  Flüssigkeiten,  welche  aus  genosse- 
nen Speisen  und  Getränken  entstehen  oder  vom  Magen  se- 
cemirt  werden.  Sie  ist  am  häufigsten  bei  Säuglingen,  in 
deren  Leichen  sie  bei  warmer  Jahreszeit  zu  den  gewöhnli- 
chen Erscheinungen  gehört.  Krankheiten  scheinen  keinen 
constant  prädisponirenden  Einfluss  auf  die  nach  dem  Tode 
eintretende  Erweichung  zu  haben. 

Man  findet  bald  die  Schleimhaut  allein  erweicht,  bald 
auch  die  Muscularis  und  Serosa,  so  dass  ein  Fingerdruck 
hinreicht,  die  Häute  zu  zerstören.  Die  Farbe  ist  bald  un- 
verändert, bald  zeigt  sich  schwarze  Färbung  des  Blutes  in 
den  Gefässen  oder,  wenn  bei  Lebzeiten  Hyperämie  und 
Hämorrhagie  vorhanden  war,  schwarze  Farbe  der  ganzen 
erweichten  Stelle.  Selten  zerfallen  die  Häute  vollständig, 
niemals  hat  man  Perforation  bei  Lebzeiten  beobachtet. 

AbbUdung:  Cruveilhier  Livr.  4.  PI,  2,  Livr.  10.  Pl.1,2.  Hope 
Fig.  132,  132.    Carswell  Fase.  5.  T.  1,  2. 


161 

Der  mageiiinhalt  und  die  erbroeHenen  RIafliseii. 

Bei  den  meisten  Magenkrankheiten  ist  der  Kranke  un- 
fähig, feste  Speisen  zu  gemessen  und  man  findet  daher  in 
der  Leiche  meist  den  Mageninhalt  derselben  flüssig,  er  be- 
steht aus  Wasser,  aus  durch  die  Magenflüssigkeiten  mehr 
oder  weniger  zersetzten  Speisen,  Pflanzenresten,  Fettku- 
geln ,  Stärkemehlkugeln  u.  s.  w. ,  aus  beigemischtem  Schlei- 
me, Exsudaten,  Blut,  Exebsmassen,  je  nach  der  Magen- 
krankheit und  enthält  oft  Pilze  von  der  Natur  der  Hefen- 
pilze in  grosser  Menge. 

Der  Schleim  besteht  aus  amorpher  zäher  Masse,  Cy- 
linderepithelien  und  kleinen,  rundlichen,  einkernigen  Zel- 
len aus  den  Labdrüsen,  welche  bei  Katarrh  oft  sehr  zahl- 
reich und  vorwiegend  sind.  Dem  Schleime  im  Erbroche- 
nen sind  grosse  platte  Pflasterepithelien  aus  der  Speiseröhre 
und  dem  Munde  beigemischt. 

Die  Exsudate  mischen  sich  so  rasch  mit  Schleim 
und  Mageninhalt,  dass  sie  selten  darstellbar  sind.  Zuwei- 
len findet  man  Exsudatzellen  als  Spuren  ihrer  Organisation. 
Croupmembranen  sind  sehr  selten.  Bei  Cholera  reichliches, 
wässeriges  Exsudat  mit  beigemischten  Schleimflocken. 

Das  Blut  bildet  entweder  geronnene  Klumpen  oder  ist 
in  den  Mageninhalt  gleichmässig  vertheilt  und  färbt  ihn  roth ; 
meist  treten  schnell  Veränderungen  des  Hämatins  ein,  die 
Blutkörperchen  schwinden  und  es  entstehen  kleine,  schwarze 
Pigmentkörnchen,  durch  welche  der  Inhalt  braun  oder 
schwarz  gefärbt  wird.  Diese  chokoladenfarbigen  oder  kaf- 
feesatzartigen Massen  finden  sich  im  Magen  und  Erbroche- 
nen bei  allen  Magenkrankheiten,  welche  mit  öfteren  Blutun- 
gen in  das  Cavum  verbunden  sind. 

Die  Pilze,  Gährungspilze ,  sind  rundliche  oder  ovale 
Zellen  mit  Kernen,  welche  seitlich  sprossen  und  Fäden  aus- 
schicken. Sie  kommen  isolirt  im  Magen  vor  oder  als  Fort- 
setzung  der   Soorpilze    von  Mundhöhle    und    Speiseröhre. 

11 


162 

Eine  merkwürdige  Art  Metamorphose  derselben  ist  unter 
dem  Namen  Sarcina  bekannt.  Durch  fortwährende  Thei- 
lung  des  Kernes  einer  Pilzzelle  und  entsprechenden  Ver- 
grösserung  derselben  entstehen  viereckige  Körper  mit  An- 
fangs 4,  dann  16,  32,  64,  256,  512  Kernen,'  nach  deren 
Zerfall  die  Kerne  wieder  frei  werden  (Taf.  III,  17). 

Ausser  diesen  Bestandtheilen  findet  man  im  Magenin- 
halte und  im  Erbrochenen  zuweilen  Darminhalt :  Galle,  Chy- 
mus,  Fäcalstoffe,  Spulwürmer,  steinartige  Concretionen. 

Frösche,  Eidechsen  u.  s.  w,  können  wohl  verschluckt 
werden,  aber  bei  der  hohen  Temperatur  des  Magens  nicht 
fortleben,  daher  alle  Erzählungen  der  Aerzte  über  ein  län- 
geres Leben,  Eierlegen  dieser  Thiere  im  Magen  u.s.w.  auf 
Täuschungen  beruhen. 

* 
5.    Der  Darmkanal. 

Bildungflfeiaer* 

Abnorme  Kürze  des  ganzen  Darms  oder  einzelner 
Abtheilungen  desselben,  im  höchsten  Grade  stellt  er  sich 
als  S-förmiger  Schlauch  zwischen  Magen  und  After  dar.  — 
Verengerungen  kleinerer  oder  grösserer  Darmpartieen 
in  solchen  Graden,  dass  sie  einer  völligen  Atresie  gleich- 
kommen. —  Atresie  findet  sich  meist  am  Dickdarm,  als 
Mangel  des  Colon  oder  des  Rectum,  partieller  Mangel  des 
letzteren,  indem  bald  mehr  das  obere,  bald  mehr  das  un- 
tere Ende  entwickelt,  während  das  andere  verschlossen  ist; 
der  geringste  Grad  ist  derjenige,  in  welchem  nur  die  After- 
mündung durch  Haut  verschlossen  ist. 

Kloakbildung,    gemeinschaftliche  Ausmündung  des 
Darms,  der  Harn-  und  G^schlechtstheile  findet  sich  in  ver- 
schiedener Weise ,   selten  münden  diese  TheUe  in  einen  Si- 
nus ,  der  Allen  in  gleicher  Weise  gemeinschaftlich  ist,  meis 
repräsentirt  dieser  Sinus  die  Scheide,  die  Urethra  oder  den 


163 

Mastdann.  Man  unterscheidet:  Airesia  ani  tesicaÜM^  wenn 
der  Mastdarm  in  die  Harnblase,  At.  ani  ureikralU^  wenn 
er  in  die  Urethra,  A,  ani  vaginalis^  wenn  er  in  die  Scheide 
mündet.  Seltner  münden  umgekehrt  Harn-  und  Geschlechts- 
theile  in  den  Mastdarm.  Ausser  dieser  Art  der  Kloakbil- 
dung findet  sich  eine  solche,  die  mit  Bauch-  oder  Blasen- 
spalte combinirt  ist;  im  letzteren  Falle  bildet  die  prolabirte 
hintere  Blasenwand  den  Sinus,  in  welchem  sich  die  Mün^- 
düngen  befinden,  im  ersteren  finden  sich  die  Oeffoungen 
am  unteren  Ende  eines  alle  Eingeweide  der  Bauchhöhle 
enthaltenden  Bruchsackes. 

Darmspalte  findet  in  doppelter  Weise  statt:  bald 
mündet  das  Ueum  in  einer  am  Nabel  befindlichen  Spalte 
der  Bauchwanduhgen ,  während  das  Colon  fehlt  oder  man- 
gelhaft gebUdet  ist,  der  Eoth  wird  durch  diese  Spalte  ent- 
leert, welche  aber  meist  insufficient  ist,  wesshalb  bald  Eoth- 
anhäufung  und  Tod  erfolgt,  bald  mündet  ein  ofibes  Diver- 
tikel in  einer  Bauchspalte  nach  Aussen,  welches  bald  weit 
ist  und  den  Koth  aufnimmt,  bald  eng  ist.  An  diese  Bil- 
dung schliesst  sich  dann  das  geschlossene  Divertikel,  ein 
hohler,  aus  allen  Darmhäuten  bestehender  blindsackartiger 
Anhang  des  Ueums,  1 — 4'  von  der  Coecalklappe,  als  Ueber- 
bleibsel  des  Ductus  omphalo-mesenteticus.  Er  ist  5  —  6^^ 
lang,  enger  oder  weiter  als  der  Darm,  konisch,  cylindrisch 
oder  kolbig,  entspringt  vom  convexen  oder  concaven  Bande 
des  Darmes  unter  rechtem  oder  spitzem  Winkel.  Zuweilen 
ist  er  durch  Bindegewebe  an  die  Bauchwand  gelöthet  und 
wir^  dadurch  Ursache  innerer  Einklemmungen.  Zuweilen 
bildet  er  den  Inhalt  einer  Hernie. 

Abbildg.:  Meckel,  Tab.  an.-path.  T.  21,  22. 

Lage  ausserhalb  der  Bauchhöhle;  bei  Spalten  in  der 
Bauchhöhle:  Bauch-,  Nabelbruch,  durch  Eindringen 
in  natürliche  Oeffiiungen:  angeborener  Leistenbruch; 
durch  Mangel   eines  Theils  des  Zwef-chfells  Lage  in  der 

11* 


164 

Brusthöhle:  Hernia  diaphragmaiit.  Bei  Situs 
trantversus  lagern  auch  die  Därme  entsprechend  verkehrt, 
das  Coecum  links,  das  S  romanum  rechts  u.  s.  w.;  gleich-* 
zeitig  liegt  die  Leber  links,  die  Milz  rechts,  der  Magen- 
blindsack rechts,  die  linke  Lunge  ist  dreilappig,  die  rechte 
hat  blos  2  Lappen,  das  Herz  schlägt  rechts  an. 

Clrweltenini^« 

Die  beträchtlichsten  Erweiterungen  finden  sich  in  Darm- 
stücken über  yerengerten  Stellen,  die  Muscularis  ist  selten 
verdickt ,  meist  sind  alle  Wände  verdünnt  oder  normal  dick. 
Erweiterungen  erfolgen  femer  durch  lang  fortgesetzte  üeber- 
füUung  mit  Eothmassen,  insbesondere  wenn  diese  Gasent- 
wickelung befördern;  durch  Erschlaffung  der  Darmmuskeln 
nach  einem  Stoss  oder  Schlag,  nach  Peritonitis,  Typhus, 
Dysenterie,  Cholera,  langwierigen  Katarrhen. 

Einseitige  Erweiterungen  sind  die  sogenannten  fal- 
schen Divertikel,  bestehend  in  einer  Ausstülpung  der 
Schleimhaut  durch  die  Muscularis  nach  Aussen,  mit  Erhe- 
bung des  Bauchfells.  Sie  kommen  hauptsächlich  am  Dick- 
darme vor,  bilden  dort  zitzenformige  Anhängsel  an  der 
convexen  Seite  von  der  Grösse  einer  Erbse  bis  zu  der  ei- 
nes Hühnereies,  welche  mit  Koth  oder  Concrementen  gefüllt 
sind.  Am  Dünndarm  entstehen  sie  meist  an  der  concaven 
Wand  und  liegen  zwischen  den  Gekrösplatten. 

Abbildg.:  Meck«l,  Tab.  an.-patb.  T.  21.  Fig.  9. 

Terenyeninyen. 

Das  Lumen  des  Darmkanales  kann  verengert  werden 
durch  Texturveränderungen  der  Wand  (Stenosen),  durch 
Hypertrophie  der  Muscularis,  Krebs,  Narben,  Adhäsionen; 
—  durch  den  Druck  ausserhalb  liegender  Geschwülste;  — 
durch  Veränderungen  der  Lage:  Hernien,  Invagination, 
Zerrung;  ferner  werden  ganze  Stücken  enger,  sobald  der 


165 

Durchgang  von  Kothmassen  durch  dieselben  lange  Zeit  hin- 
durch völlig  oder  theilweise  verhindert  ist. 

üayeTer&nderan^eii. 

1)  Hernia,  Bruch,  Vorfall  eines  Theiles  des  Dar- 
mes durch  eine  erweiterte,  normale  oder  durch  allmäligea 
Auseinanderdrängen  geschlossener  Theile  künstlich  gebil- 
dete, OeflFnung  des  Leibes  mit  Erweiterung  des  Torange- 
schobenen  Bauchfells  (Peritoneum  parietale)  zu  einem 
Bruchsacke. 

a)  Hernia  inguinalis  congenita,  der  Darm 
dringt  in  die  Höhle  des  nicht  verwachsenen  Processus  va- 
ginalis peritonei,  hat  daher  keinen  besonderen  Bruchsack 
und  kommt  mit  dem  Hoden  selbst  in  Berührung.  (Der 
Richtung  nach  ist  er  ein  schiefer.) 

b)  N.  inguinalis  obliqua^  (erworbener)  schiefer 
Leistenbruch,  der  D^rm  dringt  durch  die  Bauchöfihung 
des  Leistenkanales  (Fovea  inguinalis  externa,  nach  Aussen 
von  der  die  Arteria  epigastrica  einschliessenden  Bauchfell- 
falte: Plica  epigastrica^  daher  der  Name  äusserer  Lei- 
stenbruch), das  Bauchfell  vor  sich  her  schiebend,  in  die- 
sen ein  und  kommt  durch  die  äussere  oder  Leistenmündung 
desselben  zum  Vorschein. 

c)  H.  inguinalis  directa^  gerader  Leisten- 
bruch, der  Darm  dringt  in  die  Fovea  inguinalis  interna 
(nach  Innen  von  der  Plica  epigastrica^  daher  der  Name 
innerer  Leistenbruch)  ein,  drängt  das  Bauchfell  und 
die  Fascia  transversa  vor  sich  her,  die  übrigen  betreffen- 
den Theile  der  Bauchwände  in  der  geraden  Richtung  von 
hinten  nach  vom  aus  einander  und  gelangt  in  der  Leisten- 
mündung des  Canalis  inguinalis  unter  der  Haut  an. 

d)  H.  cruralisy  Schenkelbruch,  der  Darm  drängt 
das  Bauchfell  und  das  den  Annulus  cruralis  (innere  Mün- 
dung   de»  Schenkelkanales)    bedeckende  Stück  der  Fascia 


166 

transversa  (Septum  transversum)  vor  sich  her,  dringt  in  den 
Schenkelkanal  ein,  gelangt  durch  eine  der  erweiterten  Lük- 
ken  der  Fascia  cribrosa^  welche  dessen  äussere  Mündung, 
die  Fossa  ovalis,  bedeckt,  nach  Aussen  unter  die  Haut, 
oder  hebt  nur  die  Fascia  cribrosa  in  die  Höhe. 

Zuweilen  dringt  der  Darm  mit  dem  Bauchfell  durch 
eine  Lücke  des  Septum  transversum ;  der  Bruch  hat  dann 
keinen  fibrösen  Sack  (Fascia  proprio  i^oo^,). 

Zuweilen  dringt  der  Darm  nicht  durch  den  Annuba 
cruraliss  sondern  schiebt  sich  in  die  trichterförmige  Erwei- 
terung der  Gefässscheide  ein  und  ertiält,  sie  allm'älig  yon 
den  Gefässen  abziehend,  yon  dieser,  statt  vom  Septum 
transversum,  seine  fibröse  Hülle. 

e)  U.  umbilicalis,  der  Darm  dringt  durch  den  ei- 
gentlichen Nabelring  oder  eine.  Lücke  der  Bauchwand  ne- 
ben diesem. 

f)  H.  abdominalis^  der  Darm  dringt  durch  eine 
Lücke  der  Linea  alba.  . 

g)  H.  ischiadica,  der  Darm  dringt  durch  die  Inci- 
sura  ischiadica  major. 

h)  H.  foraminis  ovalis,  der  Darm  dringt  durch 
das  Foramen  ovale. 

i)  H.  diaphragmatica,  der  Darm  dringt  durch 
eine  angeborene  oder  erworbene  Lücke  des  Zwerchfells. 

k)  A  perinaealis,  der  Darm  drängt  sich  mit  dem 
Peritoneum  durch  die  von  einander  weichenden  Fasern  des 
Levator  ani  und  kommt  meist  an  der  rechten  Seite  unter 
der  Haut  des  Perinäums  zum  Vorschein. 

2)  Innere  Einklemmung,  Incarceratio,  Siran- 
gulatio  interna  y  Lage  Veränderung  des  Darmes  inner- 
halb der  Bauchhöhle,  wodurch  das  Lumen  desselben  an  ei- 
ner oder  zwei  Stellen  geschlossen  und  der  Fortgang  der 
Gontenta  verhindert  wird. 

a)  Die  Einklemmung  beruht  auf  dem  Drucke  eines, 


167 

meist  bleibend  mit  Koth  gefällten,  Darmstückes  oder  des 
Gekröses  auf  andere  Darmstficken;  der  Vorgang  wird  ein- 
geleitet durch  angeborene  ungünstige  Lage  des  Colon,  Sen- 
kungen des  Dünndarmes  im  hohen  Alter ,  *  Zerrung,  des  Ge- 
kröses bei  grossen  Scrotalbrüchen.  Meist  lastet  der  Dünn- 
darm auf  dem  Dickdarme. 

b)  Die  Einklemmung  beruht  auf  einer  Achsendre- 
hung und  zwar, 

a)  hat  sich  der  Darm  um  seine  eigene  Achse  gedreht; 
eine  solche  halbe  Drehung  ist  am  Colon  ascendens  und  an 
der  Uebergangsstelle  des  Colon  in  das  Rectum  beobachtet 
worden ; 

ß)  oder  das  Gekröse  des  Dünndarms  bildet  die  Achse, 
indem  es  sich  konisch  zusammendreht  und  den  Darm  nach- 
zieht ; 

y)  oder  ein  Darmstück,  z.  B.  eine  Dünndarhischlinge, 
das  S  romanum,  Coecum,  bildet  die  Achse,  um  welche  sich 
eine  Darmschlinge  mit  ihrem  Gekröse  herumschlägt. 

c)  Die  Einklemmung  beruht  auf  der  Bildung  yon  Lük- 
ken,  in  welche  der  Darm  hineinschlüpft.  Am  häufigsten 
bilden  Adhäsionen  von  Fäden,  Pseudomembranen,  Strängen 
(nach  Entzündung),  die  Von  Darm  zu  Darm,  zur  Baudi- 
wand  oder  anderen  Organen  gehen,  solche  Lücken  und 
diese  Art  der  Einklemmung  sind  überhaupt  die  häufigsteh» 

Seltener  liegen  zu  Grunde :  die  Adhäsion  eines  währen 
Divertikels  an  der  Bauchwand,  Adhäsionen  des  Coecums 
oder  Wurmfortsatzes,  des  Netzes,  femer  Löcher  oder  Spal- 
ten im  Gekröse  und  das  Foramen  Wimlowii.  Zuweilen 
erfolgt  Einklemmung  einer  Darmschlinge  oder  des  Netzes 
in  einem  Einrisse  des  Uterus. 

An  dei:  Stelle  der  Einklemmung  erfolgt  Stockung  des 
Blutlaufes ,  Entzündung  des  Darmes  und  Peritoneums,  häu- 
fig. Brand ;  oberhalb  der  Stelle  häufen  sich  Koth  und  Gase 
an  und  der  Darm  wird  enorm  etweitert» 


168 

Das  Lumen  der  Darmschlingen ,  weldie  in  einem 'Bru- 
che liegen,  kann  leicht  geschlossen  werden,  wenn  sich  in 
denselben  so  viel  Koth  oder  Gase  anhäufen,  dass  der  Bruch- 
kanal  oder  die  Bruchmündungen  relatiy  zu  klein  für  den 
Durchgang  des  Eothes  werden;  tritt  dieser  Zustand  {Her- 
nia  incarcerata)  ein,  so  treten  im  eingeklemmten  Darm- 
stücke dieselben  Folgen  ein,  wie  bei  der  inneren  Einklem- 
mung. 

Abbild.:  Frpriep,  Chir.  Kpft.  T.  217,  343,  378.    Cruveilhier 
Liyr.  7.  T.  6. 

3)  Inyaginatio,  Intussusceptio,  Darmein- 
schiebung, Einschiebung  oder  Einstülpung  eines  grossen 
oder  kleinen  Darmstückes  und  des  dazu  gehörigen  Gekrö- 
ses in  die  Höhle  des  auf  dasselbe  nach  unten  oder  seltener 
nach  oben  folgenden  Darmstückes. 

An  der  auf  diese  Weise  entstandenen  Masse  unter- 
scheidet man  die  Scheide,  bestehend  aus  der  äusser- 
sten  Schicht  von  dem  in  ihr  enthaltenen  Volvulus,  der 
aus  dem  eintretenden  Rohr  oder  der  innersten  Schicht  und 
dem  austretenden  oder  umgestülpten  Bohre  oder  der  mitt- 
leren Schicht  besteht;  es  berühren  sich  die  Schleimhäute 
der  äussersten  und  mittleren  Schicht,  der  Peritonealüber- 
zug  der  mittleren  und  innersten  Schicht,  zwischen  welche 
auch  das  Gekröse  zu  liegen  k:ommt.  Das  Gekröse  ist 
natürlich  sehr  gezerrt,  zusammengefaltet  und  zieht  den 
VoIyuIus  etwas  nach  seiner  Seite  und  die  Mündung  dessel- 
ben meist  schief. 

Die  Inyagination  findet  sich  am  Dünn-  und  Dickdarme, 
meist  aber  besteht  sie  in  einer  Einschiebung  des  Dünndar- 
mes in  den  Dickdarm,  nicht  selten  in  der  Art,  dass  man 
die  Mündung  des  Volvulus  durch  den  Anus  fühlen  kann. 

Die  Bildung  der  Invagination  geht  so  vor  sich,  dass 
die   Mündung    des   Volvulus    den    festen    vorschreitenden 


169 

Punkt  bildet^  während  die  Scheitle  sich  immer  weit^  um- 
stülpt. 

Der  erste  Anfang  des  Eindringens  eines  Darmstttckes 
ist  schwer  ^u  erklären;  wahrscheinlich  ist,  dass  das  ein- 
dringende Darmstück  enger ,  fester  ist  UQd  seine  peristal- 
tischen  Bewegungen  kräftiger  sind  als  die  des  weiteren, 
schlafferen  aufnehmenden  Darmstückes,  und  dadurch  erst 
eine  kleine  Einstülpung,  wohl  meist  begünstigt  durch  die 
Lage,  und  aus  dieser  durch  fortschreitende  Senkung  des 
Volvulus  oder  weitere  peristaltische  Bewegungen  eine  voll- 
ständige Inyagination  geschieht.  Für  diese  Art  der  Ent- 
stehung spricht  der  Umstand,  dass  ihrer  Bildung  meist  lang- 
wierige Durchfälle  vorausgehen,  Darmkatarrhe  eines  Darm- 
stückes, durch  welches  dasselbe  weit  und  schlaff  wird. 

Die  nächsten  Folgen  der  Invagination  sind  Hemmung 
des  Blutlaufes  in  dem  gezerrten  Netze,  Hyperämie  und  Ent- 
zündung desselben,  des  Peritonealüberzuges  des  ein-  und 
austretenden  Bohres  und  zuweilen  des  ganzen  austretenden 
Rohres  oder  der  ganzen  Masse.  Die  Entzündung  kann  sich 
auch  auf  das  benachbarte  Peritoneum  erstrecken,  es  können 
massenhafte  Exsudationen  oder  Brand  einzelner  Partieen 
der  Invagination  eintreten.  So  lange  das  Lumen  des  ein- 
tretenden Rohres  frei  bleibt,  gehen  noöh  die  Eothmassen 
durch  dasselbe  fort,  wenn  auch  langsam  und  beschwerlich; 
durch  die  Entzündung  und  die  dadurch  hervorgebrachte 
Greschwulst  tritt  aber  öfters  eine  Einklemmung  ein,  das 
Lumen  wird  an  einer  Stelle  (insbesondere  an  der  Eintritts- 
stelle) geschlossen  und  es  erfolgt  Ileus.  In  allen  diesen 
Fällen  erfolgt  rasch  der  Tod. 

Oft  sterben  die  Kranken  sehr  langsam  unter  den  Zei- 
chen eines  entsetzlichen  Marasmus  hin,  die  invaginirte  Stelle 
bleibt  im  Zustand  der  Hyperämie  oder  Entzündung ,  die 
serösen  Flächen  werden  an  einander  gelöthet,  die  Schleim- 
haut sondert  reichlichen  Schleim  ab,  auch  der  übrige  Darm 


170 

ist  im  Zustand  des  Katarjrhs ,  der  Fortgang  der  Darmcon- 
tenta  geht  sehr  langsam  vor  sich,  die  Verdauung  und  Er- 
nährung kommen  immer  mehr  herunter ,  bis  endlich  yöllige 
Atrophie  und  Tod  erfolgt,  oder  eme  plötzlich  eintretende 
Gasanhäufung  u\  den  Därmen  durch  Beengung  der  Respi- 
ration dem  Leben  ein  Ende  macht. 

In  .einzelnen  seltenen  Fällen  wurde  der  brandig  gewor- 
dene YoItuIus  abgestossen  und,  da  das  eintretende  Rohr  an 
der  Eintrittsstelle  mit  der  Scheide  verwachsen  war,  das  Lu- 
men des  Darmes  wiederhergestellt  und  der  Kranke  geheilt. 
Meist  erliegt  der  Kranke  aber  trotz  des  Abstossens  des  gan- 
zen oder  einzelner  Theile  des  Yolvulus. 

In  Leichen  von  Kranken,  die  schweren  Himkrankhei- 
ten  unterlegen  sind  (z.  B.  Hydrocepkaltu  actätts)^  findet 
man  zuweilen  Invaginationen ,  welche  gewiss  erst  kurz  vor 
dem  Tode  während  der  Agonie  entstanden  sind,  d^i  man 
keine  Hyperämie  oder  Entzündung  an  ihnen  bemerkt  und 

sie  sich  leicht  aus  einander  ziehen  lassen. 

Abb.:  CruTeilhier  Livr.  21.  Pk  6,  LiVr.  22.  PI.  4—6.    Fro- 
riep,  thir.  Kpft.  T.  382. 

4)  Prolapsus  recti,  ein  Theü  des  durch  chroni- 
schen Katariii  und  habituelle  Ueberfüllung  erschlafften  Rec- 
trims  wird  beim  Stuhlgang  Anfangs  als  wulstiger  Ring  vor- 
gestülpt, der  nach  ToUendetem  Stuhlgang  meit  wieder  zu- 
räckgeht,  und  sich  allmälig  durch  vermehrte  Umstülpung 
vergrössert.  Der  Prolapsus  stellt  sich  dann  als  irothe,  vio- 
lette, runde  oder  längliche,  am  Anus  stielförmig  einge- 
schnürte Geschwulst  dar,  in  deren  Mitte  die  Darmöfihüng, 
resp.  die  Umslülpungsstelle ,  zu  sehen  ist.  Die  der  Luft 
und  der  Reibung  ausgesetzte  Schleimhaut  ist  entzündet  und 
angeschwollen,  der  ganze  Prolapsus  durch  Stockung  des 
Blutlaufes  in  ihm  blauroth.  Die  Kothentleerung  geht  durch 
das  prolabirte  Rectum  fort. 

Der  prolabif td  Darih  ist  meist  repönibel :  selten  ver- 


171 

wachsen  die  Häute  und  können  nicht  wieder  zurückgescho- 
ben werden.  Der  .Prolapsus  kann  ganz  oder  theil weise 
durch  Brand  abgesiossen  werden. 

5)  Einknickungen  des  Darmes  werden  bewurkt 
durch  Verwachsungen  des  Darmes  mit  der  Bauchwand  oder 
anderen  Theilen^  in  der  Art)  dass  er  spitzwinkelig  yerzo^ 
gen  wird,  oder  durch  Verwachsungen  und  Zusammendre- 
hung des  Gekröses,  weiches  den  Darm  nachzieht.  In  bei7 
den  Fällen  wird  das  Lumen  des  Darmes  yerengert  und  die 
Fortbewegung  der  Contenta  behindert. 

HyperUmie.    Hämorriiayle« 

Beide  kommen  im  Darmkanal  unter  denselben  Verhält- 
nissen vor  wie  im  Magen,  wie  dort  bewirkt  die  Hyperämie 
an  und  für  sich  keine  krankhaften  Erscheinungen ,  und  ist 
die  Hämorrhagie  wichtiger  durch  die  Folgen  des  Blut?^- 
lustes  als  die  mit  ihr  yerbundenen  anatomischen  Verände- 
rungen. 

Hypertrophie«    Atrophie« 

Massenzunahme  aller  Darmhäute  findet  sich  in  Darm- 
stücken ,  welche  lange  im  Zustande  chronischer  Entzündung 
begriiFen  waren,  die  sich,  wie  beim  chronischen  Magenka- 
tarrh, yon  der  Schleimhaut  allmälig  über  alle  Häute  ver- 
breitete. '—  Die  Schleimhaut  allein  wird  hypertrophisdi 
beim  dironischen  Katarrh.  Die  Muscularis  wird  verdickt 
oberhalb  Strikturen  in  Folge  der  erhöhten  Thätigkeit,^  und 
bei  chronischem  Eatarrii. 

Eine  Verdünnung  aller  Häute  ist  meist  Folge  des  all- 
gemeinen Marasmus  oder  tritt  ein  nach  langwierigen  Ka- 
tarrhen ,  nach  Typhus.  .  Die  Schleimhaut  allein  schwindet 
nach  manchen  Diarrhöen.  -^  Im  höheren  Alter  ist  ein 
Schwund  der  Follikel  und  der  Zotten  beobachtet  worden. 


172 

1.    Katarrhalische  Entzündung^. 

Die  katarrhalische  Entzändung  des  Darmkanals  stellt 
sich  unter  zwei  Formen  dar: 

a)  die  eine  verläuft  stets  chronisch,  es  findet  coplöse 
Ausscheidung  flüssigen  Exsudates  und  vermehrte  Zellenbil- 
dung statt,  die  Schleimhaut  und  allmälig  auch  die  übrigen 
Darmhäute  werden  anämisch  und  atrophisch,  ohne  übrigens 
in  ihrer  feinsten  Textur  verändert  zu  werden.  Diese  Form 
konunt  am  häufigsten  bei  Kindern  vor. 

b)  die  andere  Form  verläuft  acut  und  chronisch  und 
zeigt  die  Veränderungen,  wie  sie  bei  katarrhalischen  Ma- 
genentzündungen im  Allgemeinen  angegeben  worden  sind. 

Die  acute  katarrhalische  Darmentzündung  ist  charakte- 
risirt  durch  lebhafte,  allgemeine  oder  fleckige  Injection,  wel- 
che oft  in  der  Umgebung  der  Solitärdrüsen  und  Peyerschen 
Drüsenhaufen  am  intensivsten  ist,  Vermehrung  der  Zellen- 
bildung und  Erweichung  der  Schleimhaut,  die  linsenförmi- 
gen Drüsen  sind  meist  angeschwollen.  Sie  geht  in  Heilung 
über  oder  in  chronische  Entzündung. 

Die  chronische  katarrhalische  Darmentzündung  ist  cha- 
rakterisirt.  durch  venöse  Hyperämie,  braune  oder  schiefer- 
artige Färbung  der  Schleimhaut,  mit  oder  ohne  Schwellung 
der  Follikel.  Die  Muscularis  ist  schlaff,  zuweilen  aber 
wird  sie  allmälig  hypertrophisch,  3 — 4"'  dick,  bewirkt 
Verengerung  des  Darms.  Zuweilen  bilden  sich  Schleimhaut- 
polypen von  derselben  Beschaffenheit  wie  im  Magen. 

Ausser  diesen  Veränderungen  finden  sich  bei  Darmka- 
tarrh nicht  selten  Geschwüre  der  Schleimhaut. 

Als  erste  Anlagen  der  einfachen  Schleimhautge- 
schwüre bemerkt  man  Erosionen,  d.  h.  Stellen,  an 
welchen  neben  gesteigerter  Hyperämie  und  Exsudation  ein 
Schwund  der  Gewebe  eingetreten  ist;  diese  Erosionen  wer- 
den tiefer,  breiter  und  erhalten  dann  den  Habitus  eines  Ul- 


173 

cus.  Die  Geschwüre  sind  rundlich,  länglich  (meist  in  der 
Querachse  des  Darmes  gürtelförmig)  oder  ausgezackt;  sie 
stehen  einzeln  oder  sind  zusammengeflossen,  finden  sich 
auch  auf  den  Peyer'schen  Plaques;  ihre  Basis  bildet  das 
submucöse  Zellgewebe,  die  Ränder  die  meist  hyperämische 
und  geschwellte  Schleimhaut,  zuweilen  sind  sie  unterminirt 
und  es  bilden  sich  Hohlgänge  von  einem  Geschwüre  zum 
anderen  im  submucösen  Zellgewebe.  Aus  zerstörten  Gefäs- 
sen  im  Bereiche  dieser  Geschwüre  erfolgen  zuweilen  be- 
trächtliche Blutungen.  Sie  heilen  unter  Bildung  einer  fibrö>- 
sen,  meist  schiefergrau  gefärbten  Narbe. 

Neben  diesen  einfachen  Geschwüren  oder  als  einzige 
Geschwürsform  haben  wir  auch  noch  die  Follikularge- 
schwäre;  sie  entstehen  durch  Verschwärung  der  Lenticu- 
lär- Follikel  bei  gesteigerter  Exsudation  in  ihre  Umgebung 
und  ihr  Cävum,  stellen  sich  dann  als  runde,  erbsen-  bis 
bohnengrosse  Geschwüre  dar,  mit  injicirten  erhabenen  Bän- 
dern und  einer  zottigen  Basis.  Durch  fortschreitende  Ver- 
schwärung der  Schleimhaut  und  durch  Zusanunenfliessen 
vieler  Follikulargeschwüre  entstehen  oft  ausgebreitete  Zer- 
störungen der  Schleimhaut. 

Die  katarrhalische  Entzündung  kommt  in  jedem  AHer 
vor,  sehr  häufig  und  von  besonderer  Wichtigkeit  ist  sie 
bei  Neugeborenen  und  Säuglingen.  Sie  ist  hier  öf- 
ters von  ausgezeichneter  Theilnahme  der  Lenticulärfollikel 
begleitet,  wesshalb  von  mehreren  Autoren  die  Entzündung 
der  Follikel  als  Hauptsache  hingestellt  und  die  Entzündung 
gewöhnlich  Enteritis  folliculosa  genannt  wird.  Im 
Dünndarm  leidet  die  ganze  Schleimhaut  und  unter  den 
Drüsen  besonders  die  Peyer'schen  Plaques ,  im  Dickdarm 
folgt  sehr  häufig  eine  Verschwärung  der  Lenticulärdrüsen 
(s.  unten).  Der  chronische  Darmkatarrh  der  Säuglinge  führt 
oft  allgemeine  Atrophie  und  Tod  herbei. 

In  den  übrigen  Altersstufen  unterscheidet  man: 


174 

1)  Katarrh  des  ganzen  Darmes,  ist  selten,  fin- 
det sich  als  selbstständiges  Leiden  und  gehört  dann  sur  er- 
sten Form;  femer  als  Theilerscheinung  acuter  allgemeiner 
Krankheiten:  Cholera,  Peritonitis  puerperarum,  Exantheme* 

2)  Duodenitis  oder  Gastro-duodenitis,  als  acu- 
ter und  chronischer  Katarrh ,  selten  durch  Diätfehler,  Gal- 
lensteine, Tielleicht  auch  durch  eine  abnorm  beschaffene 
Galle ,  durch  Verbrennungen  der  Haut.  Durch  die  Wul- 
stung  der  Schleimhaut  wird  die  Mündung  des  DucUu  cho* 
ledochtu  verengt,  dadurch  oder  durch  einen  auf  die  Gal- 
lengänge fortgepflanzten  Katarrh  der  Abfluss  der  Galle  ver- 
hindert und  Icterus  bewirkt. 

3)  Ileitis;  katarrhalische  Entzündung  im  Deum  ist 
hanfig  bei  Kindern  und  Erwachsenen ,  verläuft  acut  oder 
chronisch,  meist  sind  die  LenticulärfoUikel  geschwollen,  zu- 
weilen kommt  es  zu  Geschvnirsbildungen ;  sie  bildet  an  und 
für  sich  oder  combinirt  mit  katarrhalischer  Magenentzün- 
dung die  anatomische  Grundlage  der  als  gastrisches,  Schleim-, 
typhoides  Fieber,  Enteritis  mucosa,  Catarrhus  intestinalis 
bekannten  Symptomencomplexe.  Zuweilen  tritt  im  Verlauf 
des  chronischen  Katarrhs  am  Ende  des  Ileum  starke  Hy- 
pertrophie des  Muscularis  und  dadurch  Stenose  der  Valv. 
Bauhini  ein. 

4)  Typhlitii  stercoralis,  isolirter  Katarrh  des 
Goecum  wird  hervorgerufen  durch  Stagnation  harter  Koth- 
massen,  Kirschkerne  u.  s.  w.  im  Goecum ;  der  Katarrh  ver- 
läuft chronisdi,  durch  den  fortwährenden  Beiz  der  fremden 
Massen  wird  die  Entzündung  oft  an  einzelnen  Stellen  zu 
einem  höheren  Grade  gesteigert^  es  entstehen  Ulcerationen 
der  Schleimhaut,  Eiterherde  im  submucösen  Zellgewebe, 
Hohlgänge  und  dadurch  ausgebreitete  Zerstörungen  der  Ge- 
webe, durch  gldchzeitige  Peritonitis  Adhäsionen  mit  der 
Bauchwand  und  Faseia  iliaca  durch  Pseudomembranen. 
Die   letzteren  Vorgänge  können  chronisch  verlaufen;    sie 


175 

könpen  als  acute  Exacerbation  des  chromschen  Katarrhs 
oder  auch  yon  yom  herein  als  acute  Entzündung  der  Schleimr- 
haut  und  des  subnmcösen  Zellgewebes  auftreten.  Bei  acu- 
tem Verlauf  und  ausgebreiteter  Eiterbildung  erfolgt  leicht 
Perforation  der  hinteren  Darmwand,  welche  entweder  eine 
Entzündung  und  Yereiterung  des  Zellgewebes  hinter  d^n 
Peritoneum,^  Eiter-  und  Jaucheherde  in  der  Lendengegend 
und  jm  Beckeneingang  oder  eine  Entzündung  des  Pento- 
neums  selbst  zur  Folge  hat.  Bei  chronischem  Verlaufe  er«* 
folgt  zuweilen  Heilung;  die  Substanzverluste  der  Schleim- 
haut und  des  submucösen  Zellgewebes  werden  durch  fibröse 
Narben  ersetzt,  die  B.este  der  Schleimhaut  bleiben  schiefer- 
farbig gefärbt  und  das  Coecum  schrumpft  ein. 

Wir  schliessen  hier  sogleich  die  sogenannte  Perity- 
phlitis ein,  eine  Entzündung  des  ZeUgewebes,  mit  wel- 
chem die  hintere  Fläche  des  Coecum  auf  die  Fascia  iliaca 
befestigt  ist  (wenn  es  kein  eigenes  Gekröse  hat,  welches 
nach  Bardeleben  in  der  Regel  vorhanden  ist),  des  ZeU- 
gewebes unter  dem  Peritoneum  parietale  der  Umgegend  des 
Coecum  oder  des  neugebildeten  Zellgewebes,  durch  welches 
das  Coecum  mit  seiner  Umgebung  schon  verwachsen  ist 
Diese  Entzündung  ist  Folge  der  Typhlitis  stercaralis  (mit 
oder  ohne  Perforation),  oder  sie  ist  eine  primäre^  idiopa* 
pathische,  neben  gleichzeitig  in  vielen  anderen  Zellgewebs- 
partieen  des  Körpers  vorkommenden  Entzündungen«  Es 
bilden  sich  um  das  Coecum  Eiter-  und  Jaucheherde.  Zu- 
weüen  greift  die  Entzündung  des  Zellgewebes  auf  die  Darm- 
wände über,  und  dieselben  werden  perforirt,  worauf  Roth 
austritt. 

5)  Ganz  ähnliche  Vorgänge  haben  wir  im  Proceisut 
vermiformis;  eme  katarrhalische  Entzündung  desselben  durch 
d^  Beiz  eingedrungenen  und  verhärteten  Kothes,  von  Kirsch- 
kernen u. s.  w.  ist  nicht  gar  selten;  nach  langer  Dauer  des 
Katarrhs  entstehe  auch  hier  Ulceratlonen ,  Eiterherde  im 


176 

submuc&sen  Zellgewebe  und  Perforation  nebst  Austritt  des 
Inhaltes  in  die  Baucbhölüe,  oder,  wenn  Verwachsungen  mit 
der  Foicia  iliaca  vorhergegangen  waren,  in  das  Zellgewebe 
unter  dem  Peritoneum;  im  ersten  Falle  folgt  eine  meist 
tödtliche,  allgemeine  Peritonitis,  im  letzteren  eine  Entzün- 
dung, Eiter-  und  Jauchebildung  im  genannten  Zellgewebe, 
welche  sich  nachträglich  auf  das  Peritoneimi  überpflanzen 
kann.  Erfolgt  vor  stattgefundener  Perforation  eine  Entlee- 
rung des  fremden  Körpers  in  den  Darm,  so  kann  Heilung 
erfolgen;  der  Wurmfortsatz  yerschrumpft  dann  und  oblite- 
rirt  meist  durch  die  sich  kontrahirenden,  fibrösen  Narben. 

6)  Colitis,  die  katarrhalische  Entzündung  des  Colon 
ist  häufig  und  tritt  meist  als  selbstst'ändige  Krankheitsform 
.auf;  sie  verläuft  meist  chronisch,  ist  mit  Ulcerationen  der 
Schleimhaut  und  der  Lenticulardrüsen  begleitet,  hat  zuwei- 
len ausgedehnte  oder  partielle  Hypertrophie  der  Musculari» 
zur  Folge ,  welche  letztere  Strictur  des  Darms  bewirken 
kann,  oder  es  folgt  Erschlaffung  der  Darmwände  und  ha- 
bituelle Stagnation  des  Kothes. 

Die  Verschwärung  der  Solitar-Follikel  des 
Dickdarmes  betrifft  insbesondere  Säuglinge  und  ältere 
Kinder,  doch  findet  sie  sich  auch  bei  Erwachsenen;  sie 
kann  Jahre  hindurch  dauern,  ausgebreitete  Zerstörungen 
des  Darmes  und  Hämorrhagieen  zur  Folge  haben  und  un- 
ter Narbenbildung  heilen. 

7)  Proctitis  ist  entweder  Theilerscheinung  der  Coli- 
tis oder  auf  das  Rectum  beschränkt;  sie  ist  eine  acute  ka- 
tarrhalische Entzündung  nach  Verwundungen^  durch  den 
Reiz  fremder  Körper,  Würmer,  nach  heftigen  Erkältungen 
u.  s.  w.;  häufiger  eine  chrom'sche,  unter  denselben  Bedin- 
gungen oder  in  Folge  von  Blutstockungen  in  der  Schleim- 
haut entstandene.  Der  chronische  Katarrh  ist  charakteri- 
sirt  durch  die  reichliche  Schleimabsonderung  (Blennorhöe), 
die  allmälig  erfolgende  Hypertrophie  oder  in  anderen  Fäl- 


177 

len  grosse  Erschlaffung  aller  Häute  und  die  gleichzeitigen 
varicösen  Anschwellungen  der  Mastdarmyenen.  Meist  fin- 
den femer  Ulcerationen  statt,  isolirte  knotige  oder  poly- 
penartige Verdickungen  der  Sdileimhaut,  Verdickungen  des 
benachbarten  ZeUgewebes.  Die  Geschwüre  sind  auf  die 
Schleimhaut  beschränkt  oder  greifen  auf  das  submucöse 
Zellgewebe,  über,  selten  erfolgen  dann  Eitergänge,  Perfo- 
ration der  Muscularis  und  Entzündung  des  benachbarten 
Zellgewebes ;  bildet  sich  auch  in  diesen  Eiter,  perforirt  die- 
ser durch  die  Haut  des  Ferinäums,  so  entsteht  eine  Mast- 
darmfistel. Die  Hypertrophie  der  Muscularis  ist  zuwei- 
len so  bedeutend,  dass  sie  an  und  für  sich  oder  verbunden 
mit  den  Verdickungen  des  Zellgewebes  und  der  Schleim- 
haut Stenose  des  Bectums  bedingt. 

Abbüdang:  Hope  Fig.  176.    CruTeilbier  Livr.  33.  PL  1. 

Zuweilen  ist  der  Mastdarmkatarrh  eine  Folge  von  An- 
steckung mit  Tripperschleim,  nach  Rokitansky  hat  er, 
über  die  ganze  Schleimhaut  verbreitet,  allmäligen  Schwund 
derselben  und  ein  Schrumpfen  des  Mastdarmrohres  oder, 
auf  umschriebene  Stellen  beschränkt,  ringförmige,  callöse 
Verdickung  der  Mastdarmhäute  und  Geschwürsbildung  zur 
Folge.  Das  Geschwür  ist  gürtelförmig,  buchtig  umrandet 
und  sitzt  auf  der  callösen  constringirenden  Basis.  An  der 
Aftermündung  bilden  sich  meist  Condylome. 

An  der  Aftermündung  finden  sich  auch  Chanker,  breite 
und  spitze  syphilitische  Condylome. 

Die  Periproctitis  ist  eine  Entzündung  des  Zellge- 
webes, durch  welches  das  Bectum  mit  dem  Os  sacrum  und 
den  benachbarten  Eingeweiden  verbunden  ist,  sie  entsteht 
in  Folge  eines  chronischen  Katarrhs  oder  ate  primäre  Er- 
krankung, im  letzteren  Falle  als  Theilerscheinung  einer 
acuten  und  verbreiteten  Eiterbildung  des  Zellgewebes  auch 
an  anderea  Orten ,  oder  als  Folge  einer  isolirten  Entzün- 
dung und  Vereiterung ,   insbesondere  nach  Erkältung.    Die 

12 


178 

*eot6  Yereiteruiig  breitet  sich  meist  rasch  ansj  geht  auf  das 
ZeUgewebe  im  Becken  Ober,  bewirkt  grosse  Abscesse  mid 
Perforationen  des  Bectoms,  der  Haut,  des  Peritoneums, 
oder  der  Blase,  Scheide.  Die  chronische  Eiterung  bleibt 
entweder  auf  einen  kleinen  Raum  beschränkt,  der  Eiter 
perforirt  die  Haut  (äussere  incomplete  Mastdarmfistd)  oder 
das  Rectum  (innere  incomplete  Mastdarmfistel)  oder  beide  als 
eomplete  Mastdarmfistel,  oder  sie  breitet  sich  aus  und  hat 
die  gleichen  Folgen  als  die  acute  Eiterung. 

2.  Croupöse  und  diphtheritische  Entzfindang. 

Als  selbstständige  Entzündung  sehr  selten,  auf  kleine 
Strecken  beschränkt,  meist  als  Ausdruck  der  höchsten  Stei- 
gerung einer  katarrhalischen  Enteritis,  welche  durch  lokale 
Reize:  angehäufte  und  rerhärteteEothmassen,  Würmerhau- 
fen, fremde  Körper,  Incarcerationen  hervorgerufen  wurde. 
Die  Schleimhaut  ist  in  diesen  Fällen  im  höchsten  Grade 
der  Hyperämie,  hochroth  oder  dunkelblauroth  gefärbt,  auf 
ihrer  freien  Fläche  oder  noch  in  ihrem  Gewebe  lagern  gel- 
be, käsige,  fetzige  Exsudate,  nach  deren  Abstossen  die 
meist  blutende  und  sehr  weiche^  zottige  Schleimhaut  bios- 
gelegt und  verdickt  erscheint.  Im  höchsten  Grade  stösst 
sich  ein  Stück  der  Schleimhaut  mit  dem  diphtheritischen 
Exsudate  als  weisser  Brandschorf  ab. 

Bei  Kindern  jeden  Alters  findet  sich  diese  Entzündung 
insbesondere  im  Colon  ohne  nachweisbare  lokale  Ursachen 
spontan  oder  als  Theilerscheinung  der  Pyämie.  Nicht  sel- 
ten sind  bei  Cholera,  Typhus,  Puerperalfieber,  Pyämie  ausge- 
breitete croupöse  oder  diphtheritische  Exsudate  auf  der 
Schleimhaut  des  Ileum  und  Colon  zu  finden  (s.  unten). 

3.  Entxüadans  dos  sabmacösen  Zellgewebes. 

Als  primitive,  fielbstirtSndige  Erkrankung  sehr  selten, 


179 

es  bildet  sich  Eiter  ^  der  durch  die  Schleimhaut  oder  dag 
Peritoneum  perforirt. 

Häufiger  ist  eine  von  der  Schleimhaut  auf  das  submu* 
cdse  Zellgewebe  fortgesetzte  Entzündung,  die  auf  kleine 
Strecken  beschränkt  und  durch  lokale  Reize  entstanden  ist 
(Typhlitis  u.  s.  w.);  das  Darmstfick  ist  hoch  gerdäiet| 
Schleimhaut  und  submucöses  Zellgewebe  sehr  angeschwollen 
und  weich,  meist  erfolgt  im  letzteren  bald  Eiterung. 

Bei  allen  Darmentzündungen  sind  die  Mesenterial- 
drüsen  mitleidend,  indem  sie  bei  leichten  Entzündungen 
massig,  oft  kaum  merklich,  bei  stärkeren  mehr,  zuweilen 
in  einem  hohen  Grade  anschwellen,  Hyperämie  und  serSso 
Exsudation  zeigen  (s.  Krankheiten  der  Lymphdrüsen). 

4.    Dit  Darmentzün^nnf^en  bei  miasmatisekeii  Krtak- 

li  e  i  t  e  n. 

A.    Dysenterie^  Ruhr. 

Die  Ruhr  ist  eine  eigenthümliche ,  epidemisdi  und  en-» 
demisch,  seltener  sporadisch  vorkommende  Entzündung  <fa)r 
Dickdarmschleimhaut. 

Die  Entzündung  ist  ihrer  Intensität  nach  verschieden. 
Beim  leichtesten  Grade  findet  man  an  einzelnen  Stellen, 
meist  auf  den  Falten,  Hyperämie,  Röthung  und  Schwellung 
der  Schleimhaut,  die  letztere  ist  weich,  serös  infiltrirt,  mat^ 
schig,  leicht  blutend,  die  Epithelialschicht  verdickt,  weidi, 
als  schmutziger  Brei  an  einzelnen  Stellen  (bläschenartig) 
angehäuft,  an  anderen  schon  abgestossen.  Das  submueSse 
Zellgewebe  massig  hyperämisch  und  infiltrirt.  Zuweilen  mS 
das  Epithelium  zu  kleinen,  eine  meist  klare  Serosität  ent* 
haltenden  Bläschen  erhoben  sein.  Darminhalt:  dünne  Fl- 
calmassen  und  weisse,  flockige  Flüssigkeit. 

Beim  höheren  Grade  und  weiterer  Ausbreitung  der  Ent» 
Zündung  ist  die  Schleimhaut  der  betroffenen  Stellen  gans 
erweidit,   bfldet  eine  missfarbige ,  sulzige  Masse,  ist  mit 

12* 


180 

Ecchymosen  durchsetzt  und  zeigt  frQher  oder  später  croa^ 
pöse  oder  diphtheritische  Exsudate;  ihre  Solitarfollikel  sind 
geschwollen  und  vereitern  zuweilen.  Das  submucöse  Zell- 
gewebe ist  sehr  hyperämisch  und  stark  serös  infiltrirt,  da- 
her sich  der  Darm  an  den  betroffenen  Stellen  als  flache 
oder  schärfer  prominirende  Knoten  erhebt,  zwischen  wel- 
chen die  Reste  der  relatiy  gesunden  Schleimhaut  liegen. 
Der  Dann  ist  erschlafft  und  weit,  ausgedehnt  durch  Gase^ 
enthält  eine  aus  Exsudat,  Epithelien,  Blut  und  Fäcalmas- 
sen  zusammengesetzte  Flüssigkeit. 

Bei  fortschreitender  Entzündung  bleibt  kein  Stück  der 
Schleimhaut  mehr  frei,  die  schon  ergriffenen  Partieen  treten 
noch  mehr  knotig  hervor,  ihre  erweichte  Schleimhaut  zer- 
fällt oder  geht  mit  den  diphtheritischen  Exsudaten  als  Schorl 
zu  Grunde,  wodurch  das  blutende,  zottige,  submucöse  Zell- 
gewebe blossgelegt  wird;  ihre  Follikel  sind  in  Verschwä- 
rung  begriffen,  die  bis  dahin  noch  freie  Schleimhaut  zeigt 
die  niederen  Grade  der  Entzündung.  Der  Darminhalt  ist 
eine  aus  verjauchenden  Exsudaten,  abgestossener  Schleim- 
haut, Blut  und  Fäces  bestehende  dunkle,  käsige  Flüssigkeit. 

In  den  höchsten  Graden  tritt  Brand  der  Schleimhaut 
ein,  sie  wird  als  schwarze,  zottige  oder  röhrige  Masse  ab- 
gestossen,  nebst  einzelnen  Fetzen  des  submucösen  Zellge- 
webes, alle  Gefässe  sind  strotzend  mit  blaurpthem  oder 
schwarzem  Blute  gefüllt,  im  submucösen  Zellgewebe  Eiter- 
und  Jaucheherde.  Die  Muscularis  serös  infiltrirt  oder 
schlaff,  bleich.  Der  Darminhalt  ist  eine  schwarzbraune, 
gangränös  riechende  Masse. 

Die  zugehörigen  Mesenterialdrüsen  sind  hyperämisch 
und  infiltrirt.  Der  Peritonealüberzug  zeigt  entweder  Mos 
einige  dendritische  Injectionen  oder  er  ist  durch  Exsudat 
getrübt  und  vedickt. 

Die  hödisten  Grade  der  Entzündung  finden  sich  meist 


181 

im  Rectum.  Selten  zeigt  das  untere  Ende  des  Ileum  Spu- 
ren von  Entzündung. 

Die  Entzündung  durchläuft  entweder  alle  die  genann- 
ten Grade  oder  sie  geht  auf  einem  niederen  derselben  in 
Heilung  über,  der  Ausgang  ist  oft  ein  tödtlicher,  der  Ver- 
lauf acut. 

Nach  völligem  Nachlasse  der  katarrhalischen  Entzün- 
dung ersetzt  sich  die  Epithelialschicht  leicht;  wenn  schon 
die  Schleimhaut  zerstört  ist ,  so  ersetzt  sich  diese  nicht  wie- 
der, es  bildet  sich  fibröses  Narbengewebe,  welches  sich 
meist  stark  contrahirt;  je  nach  der  Ausdehnung  und  Inten- 
sität  der  vorausgegangenen  Zerstörung  hat  man  dann  flache, 
glatte,  wie  seröse  Haut  aussehende  SteUen,  oder  narben- 
artig vorspringende ,  mit  Inseln  oder  grösseren  Strecken  der 
vollständig  geheilten  oder  gar  nicht  entzündet  gewesenen 
Schleimhaut  dazwischen.  Bei  grossen  Substanzverlusten  bil- 
det das  fibröse  Narbengewebe  harte  Falten  und  Leisten,  die 
das  Darmlumen  als  Stricturen  verengen. 

Zuweilen  ist  die  Heilung  noch  unvollständiger,  die  Ge- 
schwüre, sowohl  einfache  als  follikuläre,  bleiben  und  grei- 
fen wohl  auch  allmälig  um  sich,  es  schreitet  die  Eiterung 
im  submucösen  Zellgewebe  fort,  es  bilden  sich  neue  Eiter- 
herde, Hohlgänge  unter  den  Resten  der  Schleimhaut,  in 
der  Muscularis,  an  diesen  Stellen  lebhaftere  Peritonitis  mit 
Exsudaten,  die  meist  zu  Bindegewebe  organisiren  und  Ad- 
häsionen bewirken;  die  Schleimhaut  bleibt  im  Zustande  des 
chronischen  Katarrhes,  die  Darmhäute  werden  nach  und 
nach  missfarbig,  schiefergrau,  die  FoUikel  geschwellt  und 
ulcerirend.  Selten  sind  Perforationen  des  Bauchfells  und 
darauf  folgende  aUgemeine  Peritonitis  oder  Perforationen 
der  Wand  des  Rectum  mit  folgender  Periproctitis. 

Nicht  selten  finden  sich  neben  Dysenterie,   besonders 

in  südlichen  Ländern,  sekundäre  Leberabscesse. 
Abb.:  CraveilhierL.38.PL3.L.40.P1.5.  OlugelS.Lfg.T.l— 3. 


182 

B.    Typhus. 

Die  Veränderungen  im  Dannkanale  bei  Typhm  extm- 
ikeKHiHcuB  sind  ein  akuter  Katarrtl  des  Dünndarms  mit 
leichter  Schwellung  der  Dräsen,  bei  Abdominaltyphus  sind 
et  folgende: 

Im  Anfange  sieht  man  die  Erscheinungen  eines  akuten 
Katarrhs  der  Schleimhaut  (s.  oben),  oft  mit  beträchtlicher 
Hyperämie ,  die  Solitardräsen ,  die  Peyer'schen  Plaques  und 
die  Mesenterialdräsen  sind  massig  angesdiwoUen. 

Später  sind  die  Solitärdrüsen  und  Peyer'schen  Plaques 
stark  iiyicirt)  durdi  vermehrte  Zellenbildüng  stark  ange- 
schwollen und  ragen  als  Knotehen  oder  oyale  Platten  über 
das  Niveau  der  Schleimhaut  hervor.  Anfangs  sind  die  ange- 
schwollenen Solitärfollikel  und  Peyer'schen  Dräsenhauf» 
weisslichgrau  gefärbt  und  weidi,  saftig,  später  tritt  oft  par- 
tielle, selten  allgemeine  Atrophie,  Yertrocknung  derselben 
dn  und  die  so  veränderten  Theile  werden  gelbfichbraun, 
trocken,  stellen  sich  dann  als  braune  Schorfe  dar.  Dodi  kann 
HeQung  oder  Tod  erfolgen,  ehe  Schorfbildung  eintritt 

Die  Mesenterialdräsen  schwellen  ^dchseitig  durch  ver- 
mehrte Zellenbildung  an,  erscheinen  blauroth  injidrt,  ihre 
Sehnittl^he  ist  saftig,  auch  in  ihnen  tritt  xuweilen  durch 
Atrophie  und  Yerschrumpfung  der  Zellen  Bildung  von  gelb- 
Ikh  -  bräunlichen ,  trocknen  Stellen  ein.  Die  Schleimhaut 
zwisdien  den  geschwellten  Follikeln  ist,  ausser  im  Zustande 
4es  Katarrhs,  zuweilen  hyperämisch  und  selbst  mit  Ecdiy- 
mosen  durchsetzt 

Erfolgt  in  dieser  Zeit  weder  Heilung  noch  Tod,  so  tritt 
meist  Abstossung  der  Schorfe  ein. 

ümfassten  die  Schorfe  die  Schleimhaut  in  einer  grösse- 
ren Tiefe,  so  ist  nach  ihrer  Entfernung  der  Substanzvar- 
lust  beträchtlicher;  die  Solitärfollikel  werden  m  runden, 
tiefen  Geschwüren,  die  Peyer'sehen  Plaques  werden  zu 
grossen,   UH^idien  Gew^würra,   dder  wmn  die  Schorfe 


183 

nur  an  einzelnen  Stellen  derselben  sassen,  bilden  sieb  nur 
an  diesen  Geschwüre,  während  der  übrige  Plaque  zur  Norm 
zurückkehrt.  Die  Lage  der  Geschwüre  entspricht  der  Lage 
der  Drüsen;  die  aus  Solitärdrüsen  entstandenen  sind  zer- 
streut, die  auf  Peyer^schen  Plaques  liegen  der  Mesenterial- 
anheftung  des  Darmes  gegenüber,  mit  ihrer  Längenachse 
der  des  Darmes  entsprechend.  Da  sich  femer  am  Ende 
des  Deum  die  meisten  Peyer'schen  Drttsenhaufen  befinden^ 
sieht  man  dort  auch  die  meisten  Geschwüre. 

Die  Basis  dieser  Geschwüre  bildet  bald  das  submucöse 
Zellgewebe,  bald  die  Muscularis;  im  letzteren  Falle  sind 
die  Bänder  scharf  abgeschnitten  und  die  Basis  völlig  glatt. 
Die  Form  der  Geschwüre  ist  rund  oder  oval,  durch  Zu- 
sammenfliessen  mehrerer  werden  sie  buchtig  und  gezackt. 

In  der  Begel  findet  man  in  einem  Dünndarm  alle  ge- 
nannten Veränderungen  und  zwar  yon  oben  nach  unten  ge- 
hend in  immer  höherer  AusbUdung;  am  Ende  des  Jejunmia 
und  Anfang  des  Deum  massig  geschwollene  SolitärdrüseOi 
dann  folgen  stark  prominirende  Solitärdrüsen  und  Plaques, 
hie  und  da  ein  Sdiorf  auf  einer  Solitärdrüse  •  oder  diese 
schon  in  ein  Ulcus  yerwandelt;  weiter  nach  dem  Goecum 
zu  zahlreiche  Schorfe  auf  Solitärdrüsen  und  Plaques;  end- 
lich am  Ende  des  Ueum  ausgebUdete  Geschwüre.  Die  Ent- 
zündung tritt  also  am  ersten  und  intensivsten  im  unteren 
Dritttheü  des  Deum  auf. 

Die  Geschwüre  heilen  durch  Neubildung  einer  Zfurten 
Schicht  von  Bindegewebe,  welches  wie  ein  seröses  Häut- 
chen die  Basis  überzieht  und  mit  den  Schleimhauträndem 
ein  Continuutn  bUdet.  Diese  flachen  Narben  bilden  seichte 
Depressionen  in  der  Schleimhaut,  niemals  Strikturen;  die 
Schleimhaut  wird  nie  vollständig  ersetzt,  die  Neubildung 
von  «chlauchförmigen  oder  lenticulären  Drusw  ist  noch  nicht 
beobachtet  worden.  (Nur  Gluge  will  die  Neubildung  von 
Zotten  und  schlauchförmigen  Drüsen  beobachtet  haben») 


IM 

Die  Gekrösdriisen .  welche  den  hßchsten  Grad  der 
Schwellung  während  der  SchorfbQdung  erreichten,  nehmen 
Ton  da  an  allmälig  wieder  an  Grösse  ab,  doch  bleiben  sie 
meist  noch  lauge  Zeit  grosser  und  blutreicher.  Die  Drüse 
kehrt  ToUig  zur  Norm  zurück,  zuweilen  ist  das  Drüsen- 
gewebe atrophisch  geworden  und  wird  resorbirt  und  statt 
der  Drüse  bleibt  dann  ein  kleiner,  lederartiger«  schiefer- 
grauer Körper  zurück.  Höchst  selten  erfolgt  Erweichimg 
und  Aufbrechen  nach  Aussen. 

Von  diesem  gewöhnliehen  Verlaufe  giebt  es  zahlreiche 
Abweichuneen :  hierher  eehören:  die  seltenen  Perforationen 
der  Geschwüre  durch  das  Bauchfell  in  Folge  einer  fortge- 
setzten Yerschorfung  des  submucösen  Zellgewebes  und  der 
Musculasis,  die  dadurch  bewirkte  Peritonitis  ist  sehr  akaty 
liefert  massenhafte,  an  Serum  und  Faserstoff  reiche  Exsu- 
date; zuweUen  erfolgt  vor  der  Perforation  eine  Verklebung 
der  bedrohten  Stelle  durch  Adhäsion  einer  Darmschlinge, 
doch  bleibt  trotzdem  die  alleemeine  Peritonitis  selten  aus« 

Eine  andere  Abweichung  ist  die  äusserst  langsame  Hei- 
lung der  Geschwüre ,  indem  sie  offen  bleiben,  eine  eiternde, 
grauliche  Basis  zeigen  und  an  den  ßändem  sogar  um  sich 
greifen;  man  findet  dann  das  untere  Ende  des  Deum  fast 
ganz  mit  flachen,  unregelmässigen  Geschwüren  bedeckt, 
welche  zwischen  sich  gesunde  Schleimhautinseln  haben.  Die 
Heilung  erfolgt  später  ebenfalls  durch  flache  Narben. 

Sehr  selten  ist  Eiterbildung  in  den  Darm-  und  Mesen- 
terialdrüsen  beobachtet  worden.  Ebenso  selten  stösst  sich 
der  Schorf  als  schwarze  eaneränöse  Masse  ab. 

Während  in  der  Regel  nur  das  Deum  und  höchstens 
das  untere  Ende  des  Jejunum  leidet,  finden  sich  zuweilen 
auch  im  Colon  starke  Anschwellung  der  SolitärfoUikel  mid 
katarrhalische  Entzündung  der  Schleimhaut.  In  Fällen,  in 
welchen  das  Drüsenleiden  sehr  entwickelt  ist,  findet  man 
die  Schleimhaut  des  Dünn-  imd  Dickdarms  zuweilen  wie 


185 

mit  harten ,  gelben  Pusteln  übersäet  j  daneben  beträchtliche 
Schwellung  der  Mesenterialdrüsen.  Schorfbildung  und  Ge- 
schwüre im  Colon  sind  sehr  selten. 

In  anderen  Fällen  kann  die  Exsudation  in  den  Dann- 
drüsen .sehr  gering  sein,  so  dass  sie  kaum  den  Grad  über- 
schreitet, der  sich  bei  allen  Intestinalkatarrhen  findet. 

Nicht  selten  sind  beträchtliche  Hyperämieen,  starke  In- 
jectionen,  Ecchymosen  der  Schleimhaut  und  Blutungen  in 
die  Darmhöhle.  Die  Geschwüre  selbst  geben  selten  Anlass 
zu  grösseren  Blutungen. 

Neben  dem  allgemeinen  Katarrhe  der  Schleimhaut  und 
der  Affection  der  Follikel  finden  sich  zuweilen  an  einzelnen 
Stellen  sehr  intensiye,  croupöse  und  diphtheritische  Entzün- 
dungen, insbesondere  im  Dickdarm. 

Die  übrigen  Veränderungen,  welche  das  Typhusmiasma 
hervorbringt  und  die  wir  an  der  Leiche  neben  der  Darm- 
aifecktion  finden,  sind:  Anschwellung  der  MOz,  Katarrh 
des  Magens  und  venöse  Hyperämieen  seines  Blindsackes, 
Katarrh  der  Laryngeal-  und  Bronchialschleimhaut,  starke 
Lungenhyperämie,  Hyperämie  der  Gefässe  des  Hirns  und 
Rückenmarks.  Seltene  Complicationen  sind:  croupöse  Ex- 
sudationen auf  den  Schleimhäuten  (Larynx,  Pharynx,  Oeso- 
phagus, Magen,  Harnblase,  Vagina)  und  serösen  Häuten, 
Abscesse  im  Zellgewebe,  Entzündung  und  Vereiterung  der 
Parotis,  brandiges  Absterben  einzelner  Theile,  Noma,  Er- 
weichung des  Magens  und  Oesophagus. 

Das  Exanthem  ist  an  der  Leiche  selten  zu  sehen,  häu- 
figer sieht  man  noch  Petechien,  als  kleine  blutrothe  Flecken. 

Der  Verlauf  des  Typhus  ist  akut,  die  DarmafTection 
bedarf  zu  ihrer  Ausbildung  und  Heilung  eine  sehr  verschie- 
dene Zeit ,  die  AnschweUung  der  Follikel  ist  meist  am  Ende 
der  ersten  Woche  vollendet,  darauf  kann  in  den  nächsten 
Wochen  Resorption  oder  Schorf-  und  Geschwürbildung  er- 


186 

folgen;  die  Hellung  der  Geschwüre  erfordert  meist  3 — 4 
Wochen. 

Bei  Säuglingen  und  bei  Kindeni  im  ersten  Lebensjahre 
überhaupt  kommt  der  Typhus  nicht  oder  nur  sehr  selten 
Tor^  auch  ist  er  noch  bis  zum  5.  Jahre  selten,  h's^ufig  ist 
er  vom  18.  bis  30.  Jahre ,  dann  wird  er  selten  und  kommt 
im  hohen  Alter  nur  sehr  selten  yor.  Männer  werden  häu- 
figer befallen  als  Weiber.  Meist  tritt  er  epidemisch,  häufig 
endemisch  auf,  selten  sind  sporadische  Fälle. 

Manche  Zustände  scheinen  den  Körper  gegen  die  Ein- 
wirkimg des  Miasmas  zu  schützen:  die  späteren  Monate 
der  Schwangerschaft,  ausgebildete  Lungentuberkeln ,  chroni- 
sche Magenkrankheiten,  Hautausschläge  und  Greschwüre, 
Herzfehler,  Krebs,  doch  ist  dieser  Schutz  in  Betreff  der 
häufigen  Ausnahmen  ein  unvollkommener. 

CruTeilhier  L{?r.  7.  T.  1  —  4.  Lhr.  38.  PI.  2.  Hope  Figr. 
136  —  140,  148.  Carswell  Fase.  11.  T.  4.  GlttgCi  Atlas  d.  path. 
Anat.  14.  L%.  T.  1,  2.  21.  Lfg.  T.  4. 

C.    Cholera  asiatica. 

Die  Erscheinungen  am  Darmkanal  sind  folgende: 
Die  Schleimhaut  des  Dünndarms  ist  meist  rosenroth 
gefärbt  durch  gleichmässige  Hyperämie  der  kleineren  Venen, 
die  vom  Duodenum  nach  dem  Coecum  hin  an  Stärke  zu- 
nimmt, im  Dickdarm  nur  stellenweise  Torhanden  ist;  neben 
dieser  eine  intensivere  capillare  Hyperämie  und  dadurch 
hochrothe  Färbung  kleinerer  oder  grösserer  Stellen,  meist 
gleichzeitig  Ecchymosen.  Die  Schleimhaut  ist  durch  serö- 
ses Exsudat  infiltrirt,  die  Falten  sind  geschwollen,  die  Zot- 
ten strotzend,  der  Epithelialüberzug  abgestossen  und  auf 
der  Oberfläche  eine  lebhafte  Zellenbildung;  der  Darm  ent- 
hält einen  Theil  des  serösen  Exsudats  mit  Schleimfiocken 
gemischt  (Beisswasserstühle),  zuweilen  audi  ausgetretenes 
Blut  mit  dem  Exsudate  gemischt.    Zuweilen  tritt  Erwei- 


187 

«hang  und  ZerfaU  der  Schleimhaut  ein  oder  es  bilden  sich 
an  einzelnen  Stellen  diphtheritische  Schorfe,  nach  dertn 
Zerfalf  ulceröse  Substanzverluste  der  Schleimhaut  bleiben. 

Die  Solitärdrüsen  und  Peyer'schen  Drüsenhaufen  des 
Dünndarms  nehmen  immer  Theil,  die  Lenticulärfollikel  sind 
geschwellt  und  öfihen  sich  auch  zuweilen,  zuweilen  ist  diese 
Drüsenaffection  ähnlich  der  typhösen,  und  die  nach  Zerfall 
der  Drüsen  entstehenden  Geschwüre  haben  viel  Aehnlichkeit 
mit  den  typhösen. 

Die  Mesenterialdrüsen  sind  meist  stark  geschwollen, 
grauröthlich  und  hyperämisch  oder  weiss,  weissgelblich. 

Das  Peritoneum  ist  mit  einem  dickflüssigen,  schmieri- 
gen Exsudate  bedeckt. 

Der  Magen  zeigt  ähnliche  Hyperämieen  wie  der  Darm, 
seine  Schleimhaut  ist  geschwollen,  mit  einer  dicken  Lage 
zähen  Schleimes  bedeckt ;  zuweilen  finden  auch  hier  Blu- 
tungen in  der  Schleimhaut  oder  der  Magenhöhle  statt. 

Die  übrigen  gewöhnlichen  Veränderungen  an  der  Gho- 
leraleiche  sind  kurz  folgende:  Im  Pharynx  und. Oeso- 
phagus öfters  Hyperämie,  zuweilen  diphtheritische  Exsu- 
date und  Geschwüre^  Die  Milz  wird  bald  vergrössert, 
bald  normal  gefunden,  die  Leber  ohne  eigenthümliche  Ver- 
änderung, die  Gallenblase  meist  strotzend  mit  Galle  ge- 
füllt, die  Galle  selbst  ist  normal;  zuweilen  Katarrh  der 
Schleimhaut  der  Gallenblase  und  der  grösseren  Gallengänge, 
selten  Hyperämieen  und  diphteritische  Exsudate  in  dersel- 
ben. Die  Nieren  sind  hyperämisdi,  in  den  Hamkanäl- 
chen  und  zwischen  denselben  amorphes  Exsudat :  M.  Brigh- 
tü,  das  Nierenbecken  hyperämisch  und  im  Zustande  des 
Katarrhs,  die  Harnblase  ist  meist  leer,  ihre  Schleim- 
haut katarrhalisch  afficirt.  In  der  Schleimhaut  der  Uterus 
und  der  Vagina  constant  Hyperämie  und  Katarrh,  in  der 
letzteren  zuweilen  diphtheritisdie  Exsudate  und  Geschwüre. 
Die  Lungen  sind  meist  coUabirt,  blutleer,  zuweilen  finden 


188 

•ich  hämorrhagische  Infarcte  in  ihnen.  Bronchialschleim- 
haut  oft  hyperämisch.  Im  Pericardimn  und  der  Pleura  fin- 
den sich  kleine  Extrayasate.  Das  Herz  zeigt  keine  Yer* 
änderung,  im  rechten  Ventrikel  viel  dunkle  Blutklumpen 
mit  Faserstoffgerinnseln;  das  Blut  ist  arm  an  Wasser, 
arm  an  Blutkörperchen  und  Faserstoff,  enthalt  Harnstoff« 
Die  grossen  yenösen  Ge  fasse  sind  strotzend  mit  Blut  ge- 
füllt, die  Arterien  und  Capillaren  sind  leer.  Die  Haut  ist 
schmutzig  - liyid ,  reich  an  blauen  Flecken;  das  Boseola- 
exanthem  ist  an  der  Leiche  nicht  mehr  zu  sehen.  Die  Ve- 
nen der  Hirn-  und  Rückenmarkshäute  meist  stroz- 
zend  gefüllt,  häufig  Oedem  der  Pia  mater,  das  Hirn-  und 
Blickenmark  normal. 

Die  sporadische  Cholera  hat  in  ihrer  ganzen  Er- 
scheinung yiel  Aehnlichkeit  mit  der  Cholera,  doch  fehlt  es 
an  anatomischen  Untersuchungen  des  Darmes;  es  mussnoch 
dahin  gestellt  bleiben,  ob  sie  mit  der  Cholera  asiatica  iden- 
tisch ist  und  also  zu  ihr  in  demselben  Verhältnisse  steht, 
wie  der  sporadische  Typhus  zum  epidemischen,  oder  ob  es 
eine  einfache  Lokälaffection  des  Darmes  ist. 

Abb.!  Cruveilhier  Li?r.  14.  T.  1—5.    Gluge,  AUas  d.  p.  A. 
72.  L%.  T.  1. 


D.    Exantheme  und  andere  akute  Krankheiten. 

Das  Darmleiden,  welches  sich  ziemlich  constant  bei 
allen  Exanthemen  findet,  ist  ein  Katarrh  der  Schleimhaut 
mit  Schwellung  der  Follikel.  Dieselbe  Affection  findet  sich 
zuweilen  bei  Erysipelas,  akuten  Gelenkentzündungen,  Pneur 
monieen,  Pleuresieen,  Hydrocephalus  acuäu  und  anderen 
akuten  Krankheiten.  Die  Anschwellung  der  Follikel  ist 
yorübergehend ,  das  Exsudat  ist  sparsam,  flüssig  oder  halb- 
fest, niemals  findet  eine  Schorf-  und  Geschwürsbildung 
statt. 


189 

Brand«   pSrweicIiunff« 

Brand  des  Darmes  kommt  meist  nur  bei  Einklemmuh- 
gen  der  Hernien  und  inneren  Strangulationen  vor,  die 
Darmwände  sind  intensiv  roth  gefärbt ,  später  blau  und 
schwarz,  das  Blut  in  den  Venen  ebenfalls  schwarz;  häufig 
sind  daneben  entzündliche  Infiltration  und  diphtheritische 
Exsudationen  (Brandschorf).  Bei  Typhus  und  bei  Darment- 
zündungen der  Neugeborenen  hat  man  ebenfalls  brandiges 
Absterben  einzelner  Stellen  der  Schleimhaut  beobachtet. 

Am  Dünndarm  kommt  gleichzeitig  mit  der  Magener- 
weichung oder  auch  ohne  diese  eine  der  letzteren  vollkom- 
men analoge  Erweichung  der  Darmwände  zu  einer  sulzigen, 
gallertigen,  graulichen  oder  schwarzen  Masse  vor.  Sie  fin- 
det sich  meist  bei  Säuglingen  und  beruht  wohl  auf  ähnli- 
chen Vorgängen  wie  die  Magenerweichung. 

• 

Patholoi^lselie  STeuliUiliiiiffeii« 

Neubildung  von  Bindegewebe  ist  häufig  in  den 
Narben  der  verschiedenen  Geschwüre;  kleine,  platte,  erb- 
sengrosse  Fibroide  finden  sich  zuweilen  im  submucösen 
ZeUgewebe. 

Neubildung  von  Fettbindegewebe  ist  selten; 
wir  sehen  es  in  Form  kleiner  Lipome,  welche  vom  submu- 
cösen Zellgewebe  aus  bald  in  die  Darmhöhle,  bald  nach 
Aussen  ragen. 

In  polypenförmigen  Hjpertrophieen  der  Schleimhaut, 
insbesondere  im  Rectum,  erweitern  sich  zuweilen  die  klei- 
neren Gefässe  zu  einer  Art  Telangiectasie. 

Wie  im  Magen,  so  finden  sich  auch  im  Darmkanal 
polypenartige  Geschwülste,  die  durch  Hypertrophie  der 
schlauchförmigen  Drüsen  bedingt  sind. 

Femer  finden  sich  auch  hier,  insbesondere  häufig  im 
Mastdarm,  polypenartige  Papillargeschwülste,  die 
zuweilen  später  der  Sitz  von  Krebsbildung  werden  können. 


190 

Pigmentbildun;  ist  häufig,  da  Hyperämieen ,  £c- 
ehymosen  und  miC  Hyperämieen  verbundene  Katarrhe  häufig 
sind.  Das  Pigment  besteht  in  kleinen  schwarzen  Kömcheni 
welches  sich  im  Gewebe  der  Zotten,  zwischen  den  schlauch- 
förmigen Drüsen  und  unter  dem  Epithelium  zwischen  den 
Zotten  befindet.  Es  verursacht  eine  lichtgraue/  schiefer- 
graue j  zuweilen  ganz  schwarze  Farbe ;  die  Farbe  ist  gleidb- 
massig  vertheilt  oder  in  Stippchen-  und  Streifenform. 

Concretionen  (sogenannte  falsche  Yerknöcherungen) 
sind  im  Gewebe  des  Darmes  sehr  selten  und  finden  sich  im 
Gewebe  der  Narben  und  Fibroide,  im  Eiter  der  Hohlgänge 
zwischen  den  Darmhäuten,  als  verkreidete  Tuberkel  und 
peritoneales  Exsudat;  häufiger  sind  sie  im  Darminhalt  ab 
sogenannte  Darmsteine.  Diese  sind  erbsen-  bis  tauben- 
eigross,  rund,  oval  oder  viereckig,  bestehen  aus  concentri- 
schen  Schichten  verhärteten  Kothes  und  Schleimes,  in  wel- 
chem Kalksalze  frei  geworden  sind.  Sie  liegen  frei  in  ei- 
ner ausgebuchteten  Stelle  oder  sind  durch  lockere,  zottige 
Adhäsionen  mit  der  Darmwand  verbunden;  im  letzteren 
Falle  ist  die  Schleimhaut  da,  wo  sie  liegen,  zerstört  oder 
im  Zustande  der  Yerschwärung.  Im  Processus  vermiformis 
geben  sie  Anlass  zu  Yerschwärung  und  Perforation. 

Krebs  findet  sich  meist  im  Dickdarm,  und  zwar  vor- 
zugsweise im  Rectum.  Der  Mastdarmkrebs  ist  meist 
Alveolarkrebs;  derselbe  entwickelt  sich  stets  primär  in 
der  Schleimhaut,  verbreitet  sich  von  da  auf  die  übrigen 
Häute,  während  das  Zellgewebe  um  das  Rectum  sich  stark 
verdickt.  Die  Entartung  betrifft  bald  das  ganze  Rectum, 
bald  nur  die  untere  Partie  desselben,  und  ist  dann  scharf 
begrenzt.  Meist  sind  die  benachbarten  Lymphdrüsen  und 
das  Peritoneum  ebenfalls  entartet.  Das  Lumen  des  Darms 
wird  beengt,  der  Fortgang  der  Kothmassen  behindert,  der 
Tod  erfolgt  durch  allmälige  Erschttpftmg  oder  Heus. 

D^  Markschwamffi  and  ScirthUB  des  Mastdarms 


191 

'  entwickeln  sich  ebenfalls  primär  oder  sind  yom  Uterus  oder 
der  Harnblase  aus  fortgesetzt.  Im  letzteren  Falle  werden 
durch  Zerfall  des  Carcinoms  zuweilen  perforative  Commu- 
nicationen  zwischen  Mastdarm  und  den  genannten  Theilen 
bewirkt.  Sie  finden  sich  gleichmässig  yorbreitet  oder  in 
Knotenform. 

Sehr  selten  findet  sich  im  Rectum  Epithelialkrebs. 

Im  übrigen  Dickdarm  ist  der  Krebs  am  häufigsten  am 
S  romanam^  entwickelt  sich  daselbst  in^  Knotenform  oder 
in  gleichmässiger  Masse  ringförmig  um  den  Darm^  es  ist 
meist  Markschwamm  oder  Scirrhus^  bewirkt  Verengerung 
des  Lumens,  Strictur.  In  seiner  Umgebung  finden  sich 
peritoneale  Adhäsionen  und  Pseudomembranen.  Ueber  der 
yerengten  Stelle  erweitert  sich  der  Darm  mit  Hypertrophie 
oder  Erschlaffung  seiner  Wandungen,  Koth  und  Gase  häu- 
fen sich  immer  mehr  an  und  endlich  folgt  Dens.  Zuweilen 
perforirt  der  Darm  durch , Zerfall  des  Carcinoms,  der  Darm- 
inhalt tritt  in  die  Bauchhöhle,  oder  in  das  umgebende  Zell- 
gewebe ,  worauf  ausgedehnte  Verjauchung  desselben  eintritt, 
oder  in  ein  fest  adhärentes  Darmstück.  Zuweilen  erfolgt 
akute  Peritonitis  in  der  Umgebung  des  Carcinoms,  die  durch 
ihre  Verbreitung  auf  das  ganze  Peritoneum  tödtlich  wird. 

Im  Dünndarm  kommen  krebsige  Stricturen  in  dersel- 
ben Weise  sehr  selten  vor. 

Abbildung^en :  Cruyeilhier  Livr.  25.  PI.  3.  Li?r.  26.  PI.  6. 
Li?r.  33.  PL  1.  Carswell  Fas€.  11.  PL  4.  Fase.  2.  PL  3.  Bail- 
lia  Fase  4.  PL  4. 

Tulierkel. 

Tuberkel  sind  in  der  Darmschleimhaut  häufig,  sie 
konunen  bei  Kindern  primiti?  meist  mit  gleichzeitig  ausge- 
bildeter Tuberkulose  der  Mesenterialdrüsen  vor,  meist  aber 
bei  Kindern  und  Erwachsenen  in  Bereitung  oder  nach  yor- 
herg^heuder  Tuberimlose  4ef  Lungen. 


192 

Die  Tuberkelbildung  geht  vorzugsweise  in  den  Lenti- 
culärfollikeln  vor  sich. 

Die  Tuberkel  bilden  Anfangs  grauliche,  später  gelbe 
käsige  Knötchen,  die  einzeln  oder  in  Gruppen  zusammen- 
sitzen, in  geringer  oder  grosser  Anzahl  verbreitet  sind  und 
deutlich  in  der  Schleimhaut  prominiren;  die  Peyer'schen 
Haufen  sind  meist  nur  theil weise  ergriffen,  so  dass  diese 
Stellen  nicht  die  elliptische  Form  der  typhösen  Infiltratio- 
nen haben,  sondern  unregelmässig  rund  oder  gezackt  sind. 

Die  Tuberkel  gehen  meist  in  Erweichung  über,  und 
indem  die  Schleimhaut  über  ihnen  zerfällt,  entstehen  kleine 
Geschwüre,  von  Hirsekorn-  bis  Erbsengrösse ,  mit  meist 
plassem,  selten  injicirtem  Schleimhautrande  und  einer  un- 
gleichen Basis,  die  noch  mit  Tuberkelmasse  bedeckt  ist 
oder  aus  dem  submucösen  Zellgewebe  besteht. 

Die  kleinen  Geschwürchen  vergrössem  sich  durch  Zu- 
sammenfiiessen  mehrerer  oder  durch  Erweichung  neugebil- 
deter  Tuberkel  im  Bande  und  in  der  Basis.  Die  so  ent- 
standenen grösseren  Geschwüre  haben  einen  Durchmesser 
von  wenigen  Linien  bis  zu  einem  Zoll  und  darüber,  sie 
sind  unregelmässig  rund  oder  oval,  liegen  meist  in  der 
Querachse  des  Darmes  und  bilden  Gürtel.  Ihr  Band  ist 
ungleich,  wird  von  der  meist  injicirten,  gewulsteten  und 
faltigen  Schleimhaut  gebildet,  welche  mit  grauen  oder  gel- 
ben Tuberkeln  durchsetzt  oder  gallerartig  infiltrirt  ist,  die 
Basis  ist  das  submucöse  Zellgewebe,  in  welchem  ebenfalls 
Tuberkel  eingebettet  sind  und  durch  Zerfall  das  Geschwür 
tiefer  machen,  auf  der  Basis  finden  sich  zuweilen  Inseln 
von  erhaltener  Schleimhaut. 

m 

Das  Peritoneum  über  einem  Geschwüre  ist  stets  inji- 
eirt,  enthält  oft  Müiartuberkel  und  lockere  fadige  Adhäsio- 
nen ,  mit  welchen  es  an  andere  Darmwindungen  oder  Bauch- 
eingeweide befestigt  ist.  Gehen  die  Tuberkel  der  Basis  des 
Geschwüres  in  Erweichung  über,  zerfallen  auch  die  in  der 


193 

Muscularis  und  dem  Peritoneum  gebildeten ,  so  erfolgt  Per- 
foration des  Darmes  und  Peritonitis. 

Die  Mesenterialdrüsen  sind  ebenfalls  tuberkulös  afficirt 
oder  wenigstens  hypertrophisch. 

Die  (xeschwiire  heilen  fast  nie  •  da  der  Kranke  eher 
der  Tuberkulose  unterliegt.  Rokitansky  hat  die  Hei- 
lung einzelner  gesehen;  die  schwielige  Basis  derselben 
«chrumpfte  zu  einem  speckig -fibrösen  Strange  ein,  wo^ 
durch  die  Schleimhautränder  zusammengezogen  und  zuwei- 
len völlig  consolidirt  werden,  während  sämmtliche  Darm- 
wände dadurch  eingezogen,  geknickt  werden,  wodurch  auf 
der  Innenfläche  ein  leistenähnlicher  Yorsprung  entsteht. 

Gystenbildung  kommt  im  Darme  nicht  vor;  eine 
Pseudocyste  entsteht  aus  dem  wurmförmigen  Anhang  des 
Blinddarms,  wenn  dessen  Mündung  verstopft  ist  und  sich 
in  seinem  Cavum  der  Schleim  ansammelt;  nach  und  nach 
wird  er  zu  einer  runden  Blase  ausgedehnt,  seine  Schleim- 
haut schwindet  und  bekommt  den  Charakter  einer  serösen 
Haut,  der  Inhalt  wird  wässerig:  Hydrops  proc,  ver- 
miformis. 

Wundeii  und  Perforationen  des  Darme«« 

Schnitt-  und  Hiebwunden  und  Perforationen 
der  Geschwüre  heilen  selten,  indem  die  nach  Austritt  von 
Darminhalt  in  die  Bauchfellhöhle  entstandene  allgemeine  Pe- 
ritonitis rasch  tödtet.  Die  Heilung  tritt  nur  ein,  wenn  der 
Darm  vor  seiner  Perforation  mit  Nachbartheilen  verwachsen 
war  oder  nach  seiner  Verwundung  rasch  Adhäsionen  gebil- 
det werden,  ehe  Darminhalt  austritt;  so  wird  die  Darm- 
wunde (über  deren  B*änder  sich  meist  die  Schleimhaut  legt, 
da  sich  die  Faserschichten  retrahiren)  durch  eine  ben&h- 
barte  Darmschlinge,  das  Netz,  die  Bauchwand  verschlossen. 
Der  Darm  wird  an  dieser  Stelle  durch  festes  Narbengewebe 
an  die  genannten  Theile  angelöthet,  selten  aber  durch  Nar- 

13 


194 

bengewebe  selbst  gescbiossen,  indem  die  Adhäsionen  rings 
um  die  Wunde  stehen,  nicht  aber  das  Lumen  selbst  über- 
ziehen,  so  dass  gewöhnlich  der  Darminhalt  innerhalb  des 
Adhäsionsringes  mit  den  verklebenden  Organen  in  Beräh- 
rung  kommt.  Daher  führt  auch  diese  Yerklebung  selten 
Eur  völligen  Heilung,  sondern  durch  Entzündung  und  Yer- 
schwärung  der  verklebenden  Theile  werden  auch  diese  per- 
forirt ;  lag  der  Darm  an  die  Bauchwand  angelöthet ,  so  ent- 
steht eine  Fistula  ttercoralis  (wenn  nur  einTheil  des 
Kothes  durch  sie  abfliesst),  oder  Anus  praeternatura- 
lis (wenn  die  Kothentleerung  gänzlich  durch  sie  erfolgt) 
genannte  Kommunikation  der  Darmhöhle  nach  Aussen;  war 
die  Wunde  durch  einen  Darm  verklebt,  so'  wird  dieser  per- 
forirt  und  es  entsteht  eine  sogenannte  Fistula  b i mu- 
co sa  (zwischen  Dünndarm  und  Dünndarm,  Duodenum  und 
Colon  transversum,  Magen  und  Colon  iranstersum)',  oder  es 
erfolgen  Perforationen  der  Gallenblase,  Harnblase,  Vagina 
u.  s.  w. ;  am  Rectum  kommen  vor:  die  Mastdarmfistel  nach 
Aussen,  die  Mastdarm -Scheidenfistel,  die  Mastdarm-Blasen- 
fistel. Erfolgt  Heilung,  so  besteht  sie  darin,  dass  die  ring- 
förmige Adhäsion  zu  einem  Anfangs  trichterförmigen,  spä- 
ter rundlichen  und  soliden,  fibrösen  Strange  ausgezogen 
wird,  indem  Entfernung  des  Darmes  von  der  ursprünglichen 
Stelle  der  Verwachsung  durch  seine  Schwere  stattfindet;  in 
seltenen  Fällen  zieht  sich  die  Adhäsion  zu  einem  langen 
Faden  aus  und  der  Darm  wird  auch  wohl  wieder  ganz  frei. 

Parasltei»* 

1)  Taenia  solium,  Bandwurm,  Keitenwurm, 
findet  sich  im  Dünndarm,  kommt  vor  in  Deutschland,  Eng- 
land, Holland  und  im  Oriente;  es  ist  ein  15 — 30^  langer, 
weissgelblicher  Wurm,  bestdiend  aus  an  einander  gereihe- 
ten,  &— 6"'  langen,  3—4'"  breiten,  i— i'"  dicken,  kfirbis- 
kemfömugien  Gliedern,  welche  nach  dem  Kopfende  zu  klei- 


195 

ner  und  unentwickelter  sind.  Der  Kopf  (Taf.  m,  25.  a. 
Tergr.)  ist  sehr  klein,  hat  4  Saugwarzen  und  am  sclimalen 
Ende  einen  Hakenkranz ;  vom  Kopfe  aus  findet  eine  bestän- 
dige Neubildung  von  Gliedern  statt,  dieselben  sind  Anfangs 
klein,  nach  und  nach  werden  sie  grösser  und  bekommen 
Eingeweide ;  die  ausgebildeten  Glieder  haben  an  dem  Bande 
eine  Heryorragung  mit  den  Mündungen  für  die  Scheide  und 
den  Penis,  dieselbe  sitzt  meist  abwechselnd  am  rechten  und 
linken  Rande.  Im  Inneren  sieht  man  die  Eierstöcke  durch- 
schimmern (25.  b.).  Am  Ende  findet  Abstossung  der  rei- 
fen Glieder  statt. 

2)  Taenia  lata,  Bothrioeephalus  latus,  fin- 
det sich  ebenfalls  im  Dünndarme  und  kommt  in  der  Schweiz, 
Bussland ,  Polen  und  in  Ostpreussen  bis  an  die  Weichsel 
und  im  südlichen  Frankreich  vor.  Unterscheidet  sich  yom 
vorigen  durch  die  Gestalt  seiner  Glieder,  welche  breiter  als 
lang  dachziegelförmig  über  einander  liegen,  und  die  Stellung 
der  Oeffiiung  der  GeschlechtstheUe,  welche  in  der  Mitte  der 
Glieder  und  nicht  am  Bande  liegt,  auch  hat  der  Kopf  keine 
Saugnäpfe  und  Häkchen,  sondern  am  Ende  zwei  seitliche 
Gruben.    (Taf.  ffl.  Fig.  26.) 

Die  anatomischen  Veränderungen,  welche  die  Bandwür- 
mer im  Dünndarme  verursachen,  beschränken  sich  auf  Ka- 
tarrh der  Schleimhaut. 

3)  Ascaris  lumbricoides,  Spulwurm,  gehört 
zur  Familie  der  Nematoden  und  ist  sehr  häufig  im  Dünn- 
darm. Er  ist  5 — 10"  lang,  1  —  3'"  dick,  weissgelblich, 
nach  vom  und  hinten  schmaler  werdend,  das  Männchen  ist 
kleiner  als  das  Weibchen  und  hat  ein  gekrümmtes  Schwanz- 
ende* Sie  haben  einen  Mund  und  Darmkanal,  der  Kopf  ist 
vom  Körper  abgeschnürt  und  hat  drei  Knötchen  oder  Klap- 
pen um  die  Mundöffnung.  Ihre  Brut  kommt  ausserhalb  des 
Körpers  zu  Tage,  ihre  Einwanderung  ist  unbekannt.  (Fig.  28.) 

In  der  Begel  verursachen  sie  keine  anatomische  Yer- 

13* 


196 

ändernng  des  Darmes;  in  seltenen  Fällen  drängen  sie  mit 
ihrem  Kopfende  die  Fasern  der  Darmhäute  aus  einander 
und  schlüpfen  in  die  Bauchhöhle,  verursachen  eine  circum- 
scripte  Peritonitis,  durch  deren  Exsudat  sie  eingekapselt 
werden  oder  deren  Folge  ein  Abscess  ist,  welcher  zuwei- 
len durch  die  Bauchdecken  perforirt  und  den  Wurm  und 
Eiter  entleert.  Die  Perforationsstelle  des  Darmes  schliesst 
sich  sogleich  hinter  dem  Wurme.  Eine  andere  Art  von  so- 
genannten Wurmabscessen  entsteht  dadurch,  dass  sich  an 
einer  Stelle  ein  grosser  Wurmknäuel  anhäuft,  die  Darm- 
wandung ausdehnt,  zerrt  und  Entzündung  derselben  und 
des  entsprechenden  Peritonealüberzuges  verursacht;  meist 
legt  sich  der  Darm  an  die  Bauch  Wandungen  an,  es  kommt 
zu  Eiterbildung  zwischen  den  Häuten,  Eiterung  in  der 
Bauchwand  und  endlichen  Perforation  der  letzteren,  wor- 
auf durch  die  entstandene  Fisiula  stercoralis  Würmer,  Ei- 
ter und  Darminhalt  abgehen. 

4)  Oxyuris  vermicularis,  Springwurm,  Ma- 
denwurm (Nematode),  findet  sich  im  Dickdarm,  insbeson- 
dere im  Rectum ,  selten  zugleich  in  der  Scheide.  Man  sieht 
gewöhnlich  nur  Weibchen,  dieselben  sind  6 — 12'"  lang, 
l — I'"  breit,  gelblich,  der  Kopf  hat  zwjei  seitliche  An- 
schwellungen. Das  Männchen  ist  ausserordentlich  selten, 
nur  1  —  1^'"  lang,  eingerollt.  Die  Eier  kommen  ausser- 
halb des  Körpers  zur  Entwickelung;  die  Art  der  Einwan- 
derung ist  unbekannt.    (Fig.  29.) 

Sie  erregen  einen  leichten  Katairh  des  Bectums  an  der 
Afteröffiiung,  zuweilen  auch  des  Scheideneinganges. 

5)  Trichocephnius  dispar^  Peitschenwurm 
(Nematode),  findet  sich  im  Dickdarm,  insbesondere  im  Blind- 
darm mit  dem  Kopfe  an  der  Wand  festhängend;  er  hat 
li — 2"'  Länge,  dass  Vordertheil  ist  dünn,  haarförmig,  das 
hintere  Dritttheil  ist  dicker  und  beim  Männchen  spiralig  ge* 
wunden  und  mit  einem  prominirenden  Penis  versehen.  (Fig.  27.) 


197 

Abbildungen:  Brems'er,  lieber  lebende  Würmer  in  MenscheA« 
1819.  Du j ardin,  Hist.  nouv.  des  belminthes.  1845.  Glugei  Atits 
Liefg.  !^.'T.  2.    Vogel,  Icon.  hist.  path.  T.  12. 


Hariniiiliall;  und  FAcalmasseii» 

Der  Darminhalt  wird  durch  Texturverändenrngen  der 
Darmwände  mannichfach  verändert;  langwierige  Katarrhe^ 
Geschwüre  der  Schleimhaut ,.  insbesondere  aber  Entzündun- 
gen der  Serosa  (Peritonitis)  bewirken  eine  Erschlaffung  der 
Muscularis  und  dadurch  Stagnation  der  Faeces  imd  Gase^ 
dadurch  eine  vermehrte  Zersetzung  der  Faeces  und  Ent- 
wickelung  von  Gasen.  Die  Faeces  werden  reich  an  Pilzen^ 
Infusorien,  Krystallen  von  Tripelphosphaten ;  die  Gase  be- 
stehen aus  Stickstoff 9  Kohlensäure ,  Schwefelwasserstoff. 

Die  Gasanhäufungen  (Flatulenz,  Meteorismus,  Tympa-^ 
nites)  leitet  man  auch  von  einer  Gasabsonderung  der  Schleim- 
haut abj  ein  Process,  der  noch  nicht  erwiesen  ist;  sie  be- 
ruhen auf  einfacher  Stagnation,  oder  auf  vermehrter  Bil- 
dung aus  den  Faeces,  oder  auf  beiden  zugleich. 

Die  Exsudate  bei  Darmentzündungen  mischen  sich  häu- 
fig mit  dem  Darminhalte ;  bei  einfachem  Katarrh :  seröses 
Exsudat,  abgestossenes  Cylinderepithelium  und  in  grosser 
Menge  neugebildete  epithelienartige  Zellen;  bei  choleraarti- 
gem Katarrh :  grosse  Mengen  Serum  mit  beigemischten  Flok- 
ken  von  Epithelien ,  neugebildeten  ZeUen,  amorphem  Schlei- 
me und  Eiweiss ;  bei  Cholera  asiatica  ist  das  Serum  noch 
massenhafter,  zuweilen  eiweisslos,  die  gallige  Färbung  fehlt 
bei  Cholera  immer,  bei  anderen  Katarrhen  nur  zuweilen; 
bei  Typhus  im  Ganzen  dasselbe,  nur  sind  die  Schleim-  und 
Exsudatflocken  gallig  gefärbt  und  das  Serum  ist  sparsamer. 
Bei  Entzündungen  mit  diphtheritischen  Exsudaten  findet 
man  die  letzteren  in  Flocken  und  membranösen  Lagen  dem 
flüssigen  Exsudate  beigemischt. 

Durch  Blaterguss '  wird  der  Darminhalt  roth  gefärbt. 


198 

später  schwarz  wie  im  Magen.  Nach  langwierigen  Entzün-^ 
düngen  mit  Zerstörungen  der  Schleimhaut  (Cholera,  Ty- 
phus, Dysenterie)  oder  aus  anderen  Ursachen  treten  zuwei- 
len Atrophie  und  mangelhafte  Schleimsekretion  ein,  der 
Darminhalt  wird  dadurch  trocken,  die  Faeces  hart  und  zu- 
sammenballt (Scybala). 

Die  Galle  kann  die  Faeces  zuweilen  sehr  dunkelgrün, 
schwarz  färben,  doch  sind  die  Bedingungen  dieser  Färbun- 
gen noch  unbekannt.  Bei  fehlender  Galle  sind  die  flüssi- 
gen Stühle  farblos,  wie  Wasser,  die  festen  graulichgelb, 
thonartig. 

Zu  erwähnen  sind  noch  die  yon  Hypochondern  aus  ih- 
ren Faeces  gewühlten,  und  für  Exsudate  oder  bösartige  In- 
farcte  gehaltenen  unverdauten  Speisereste:  Sehnen,  Fascien, 
Arterienhäute ,  Kartoffelschalen ,  steinige  Obsttheile  u.  s.  w., 
deren  Diagnostik  dem  Mikroskopiker  oft  genug  zugescho- 
ben wird. 

II.     Peritoneum. 

Bildun^tfeliler* 

Ungewöhnliche  Grösse  und  Ausbildung  der  Duplikatu- 
ren  und  Falten  des  Bauchfells;  überzählige  Falten  haupt- 
sächlich im  oberen  Beckeneingange;  die  letzteren  bilden  zu- 
weilen Taschen  mit  spalt-  oder  ringförmigem  Zugange,  in 
welchen  eingelagerte  Darmscblingen  eingeklemmt  werden 
können. 

Hyperftmie. 

Hyperämie  des  Bauchfells  findet  sich  an  Stellen,  wo 
dasselbe  selbst  erkrankt  ist,  z.  B.  um  Tuberkel,  Carcino- 
me,  oder  wo  es  krankhafte  Theile  überzieht,  z.  B.  Darm- 
geschwüre, Leberkrebse;  oder  sie  begleitet  Hyperämie  und 
Entzfi&dung  der  untergelegenen  Theile,  sie  ist  als  dendriti- 


li 


3    0    ^ 


sehe  meist  auf  die  kleineren  \ 
isolirte,  chronische  Hyperämi 
Ausscheidung  von  Plasma  un 
durch  neugebildetes  Bindegewi 
zur  Folge. 

Zuweilen  finden  sich  dax\ 
höchst  selten  kommt  es  zu  w 
in  das  Cavum  des  Bauchfells, 

Hyperämieen  und  Ecchymo 
Pigmentflecken. 

Eine  allgemeine  Hyperämie  des  visceralen  und  auch 
wohl  parietalen  Theiles  des  Bauchfells  findet  sich  bei  Hin- 
dernissen des  Kreislaufs  in  der  Leber  oder  im  Herzen  ^  sie 
ist  auf  die  kleineren  Yenen  beschränkt  und  hat  oft  Aus- 
scheidung von  Serum  zur  Folge ,  welches  sich  in  der  Bauch- 
höhle ansammelt:  Ascites. 


Peritonitis  entsteht:  durch  Verwundungen  des  Bauche 
felis,  Berührung  desselben  mit  Luft,  Darminhalt,  Harn, 
Eiter,  fremden  Körpern,  Quetschung  und  Zerrung  (Incar- 
cerationen)  desselben;  —  nach  starken  Erkältungen;  — 
durch  Entzündung  von  ihm  überzogener  Theile;  —  durdi 
Krebse,  Tuberkel  in  seinem  Gewebe;  —  bei  allgemeiner 
Disposition  zu  Exsudaten  :Pyämie.  Sie  kommt  schon  beim 
Fötus  und  später  in  jedem  Alter  yor ,  hauptsächlich  in  den 
mittleren  Lebensjahren.  Sie  tritt  unter  yerschiedener  Ge- 
stalt auf: 

Die  acute  allgemeine  Peritonitis  liefert  meist 
sehr  massenhafte,  aus  hellem,  grünlichem  oder  gelblichem 
Serum  und  festen  oder  lockeren  Faserstoffgerinnseln  beste- 
hende Exsudate,  bei  einer  geringen,  auf  die  kleineren  Ge- 
fasse  beschränkten  Hyperämie.  G«wöhnlidi  sind  auch  die 
Daxpiwände  mit  Exsudat  infiltrirt,  weich  und  schlaff^  die 


200 

^at  zuweilen  ini  Zustande  der  katarrhalischen  Ent- 
spater jr  jjjjj^  reichlicher  Exsudatioü  in  ihr  Grewebe  und  auf 
^^^eie  Fläche;  die  Muskelhaut  ist  blass  und  ihre  Con- 
B^ctilität  yennindert,  wenn  nicht  völlig  paralysirt. 

Heilung  durch  Resorption  der  Exsudate  ist  selten; 
wenn  nicht  der  Tod  erfolgt,  so  wird  ein  Theil  des  Exsu- 
dates resorbirt,  der  andere  organisirt  zu  Bindegewebe  und 
bildet  die  mannichfachsten  Pseudomembranen,  Adhäsionen 
u.  s.  w.  oder  es  entsteht  Eiter ,  es  bilden  sich  Abscesse, 
die  sich  weiter  ausbreiten,  Perforationen  nach  Aussen,  oder 
in  Eingeweiden  der  Bauch  -  und  Beckenhöhle  bewirken  oder 
die  sich  absacken,  resorbirt  werden,  verjauchen  oder  ver- 
kreiden. 

Allgemeine  Peritonitis  wird  hauptsächlich  bedingt  durdi 
Verwundungen  des  Bauchfells,  Austritt  von  Darminhalt, 
akute  Entzündungen  einzelner,  von  ihm  überzogener  Theile, 
Erkältungen  und  Pyämie. 

Die  akute  partielle  Peritonitis  begleitet  häufig 
die  Entzündung  untergelegener  Theile,  wird  zur  allge- 
meinen oder  geht  in  chronische  über.  Sie  hat  oft  Binde- 
gewebsneubildung  zur  Folge,,  und  daher:  peritoneale  Ad- 
häsionen Ton  Netz  und  Darmtheilen  unter  sich  oder  mit 
den  Bauchwänden,  Yerschrumpfungen  der  Gekröse  durch 
Contraction  des  neugebildeten  Bindegewebes. 

Die  allgemeine  chronische  Peritonitis  folgt 
auf  eine  akute  und  besteht  wesentlich  in 'der  Metamorphose 
der  Exsudate  der  letzteren,  in  der  langsamen  Organisation 
der  Pseudomembranen,  Verklebung  der  Därme  unter  einan- 
der u.  s.  w. ,  oder  in  der  Bildung  von  Abscessen  zwischen 
den  Pseudomembranen  und  Eingeweiden. 

Die  ursprünglich  chronische  Entzündung  hat  die  oben 
angegebenen  Charaktere  mit  vorwiegend  seröser  Exsudation ; 
oder  es  wird  neben  dem  Serum  eine  grössere  Menge  faser- 
stoffi*eichen  Exsudates  ausgeschieden,  welches  dicke  Lagen 


201 

auf  dem  Peritoneum  parietale^  dem  Netze  und  Peritoneum 
viscerale  bildet  und  Yerklebungen  dieser  Theile  unter  ein- 
ander bewirkt.  Das  Exsudat  ist  fest/ speckig ,  gleichförmig 
oder  drusig,  zuweilen  wie  aus  feinen  Granulationen,  Tu- 
berkeln, zusammengesetzt;  seine  Menge  ist  in  einzelnen 
Fällen  so  bedeutend,  dass  die  Därme  von  einer  4 — 6"' 
dicken  Schicht  umschlossen  und  wie  ^  alle  übrigen  Eingeweide 
gleichsam  in  einer  festen  Zwischensubstanz  eingelagert  sind. 
Das  Exsudat  ist  gelblich  gefärbt,  mit  Eccbymosen  und  schie- 
ferfarbigen Stellen  durchsetzt. 

Partielle  chronische  Peritonitis  ist  sehr  häu- 
fig; wir  erkennen  sie  an  ihren  Folgen,  die  sich  als  fadige 
Adhäsionen  oder  als  pseudomembranöse  Ueberztige  einzel- 
ner Organe  darstellen;  die  letzteren  erreichen  oft  eine  be- 
trächtliche Dicke  und  bilden  weisse,  knorpelartige,  glatte 
oder  kömige  Schwarten  auf  Milz,  Leber,  Ovarium  u.  s.  w. 
Selten  sind  chronische  Eiterbildungen  in  einzelnen  Abthei- 
lungen des  Bauchfells,  welche  mit  Heilung  endigen  oder 
abgesackte  Abscesse,  Eiterbildung  in  benachbarten  Theilen, 
Perforationen  zur  Folge  haben. 

Entzündungen  des  Netzes  allein  sind  sehr  sel- 
ten, bei  Einklemmung,  Zerrung  desselben.  Man  findet  es 
zuweilen  durch  organisirte  Exsudate  verdickt,  mit  den  Där- 
men verwachsen  oder  eingeschrumpft  zu  einem  unförmlichen 
Klumpen,  ohne  dass  sich  in  anderen  Theilen  des  Bauch- 
fells Spuren  einer  früheren  Entzündung  zeigen. 

.       •  -  • 

Patholoi^ische  IVeuliilduiii^en* 

Neubildung  von  Bindegewebe  ist  im  Perito- 
neum sehr  häufig  als  Verdickung  desselben  oder  durch  Bil- 
dung fibröser  Pseudomembranen  auf  demselben.  Die  letz- 
teren sind  flach,  fascienartig  oder  bilden  dicke,  weisse, 
knorpelartige  Platten,  oder  endlich  kleine,  rundliche  6e- 
schwObte:  Fibroide. 


202 

Neubildung  von  Fett  im  Netse  ist  nicht  selten, 
begleitet  die 'allgemeine  übermässige  Fettbildung  oder  ist  auf 
das  Metz  beschränkt,  seltener  auch  auf  das  P.  viscerale 
ausgedehnt;  das  Fett  bildet  dicke  Klumpen  und  feste  La- 
gen, oder  es  findet  sich  in  Gestalt  kleiner,  tuberkelartiger 
Grranulationen  in  dem  übrigens  fettlosen  Netz  zerstreut. 
Selten  sind  kleine  gestielte  Lipome  am  Peritoneum  einer 
Darmschlinge. 

Pigmentbildung  folgt  auf  Hyperämieen  undEcchy- 
mosen  im  Bauchfelle,  zeigt  sich  in  Form  kleiner  und  grös- 
serer schwarzer  Flecken  oder  ausgebreiteter,  schieferfarbi- 
ger Färbungen.  Man  findet  sie  häufig  auf  dem  Ueberzuge 
des  Uterus,  der  Leber  und  des  Dünndarmes. 

In  Exsudaten,  fibrösen  Membranen  und  Eiterherden 
findet  zuweilen  Concrementbildung  statt,  in  Form 
knochenartiger  Platten,  oder  Incrustationen  ehemaliger  Ab- 
scesse,  oder  unregelm'ässiger ,  ästiger,  steinartiger  Massen. 

Krebs  findet  sich  im  Peritoneum  zunächst  als  Mark- 
schwamm und  Scirrhus  bald  in  Form  weit  yerbreiteter,  dif- 
fuser, granulirter  Massen,  bald  als  isolirte  grosse  Knoten, 
entwickelt  sich  selten  selbstständig  im  Peritoneum,  sondern 
geht  meist  von  anderen  Theilen  auf  dasselbe  über.  Bei 
akuter  Krebsbildung  treten  im  Peritoneum  sehr  zahlreiche 
hirsekom-  bis  erbsengrosse  Krebsknötchen  auf. 

Häufig  kommt  Alveolarkrebs  im  Peritoneum  vor-,  bald 
selbstständig  in  demselben  entwickelt  und  auf  dasselbe  be-^ 
schränkt,  bald  secund'är  nach  Alveolarkrebs  des. Magens 
oder  Bectums  entstehend.  Er  findet  sich  bald  in  Form 
zahlreicher  kleiner,  diskreter,  zuweilen  das  Peritoneum  stiel- 
förmig  ausziehender,  Knötchen,  bald  als  diffuse  Massen, 
welche  zuweilen  einen  enormen  Umfang  erreichen  und  be- 
sonders das  Netz  in  eine  massige ,  bretartige  Geschwulst 
umwandeln.      Die   Entartung   ist  vorzugsweise   im  Perit. 


203 

viscerale  verbreitet,   zeigt  sich  aber  auch  zuweilen  gleich- 
zeitig im  Perit  parietale; 

AbbUduD^n:  Cruveiihier  Livr.  37.  PI.  3.    Carswell  Fase.  3. 
PI.  3.    Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  62.    Broers,   Obsenr.  anat.-path. 

1839. 

Tuberkel  im  Gewebe  des  Peritoneum  als  Theiler- 
scheinung  einer  allgemeinen  Tuberkulose  kommen  vor:  als 
hirsekomgrosse 9  graue  Knötchen,  meist  bei  akuter  Tuber- 
bildung,  als  grössere  Knoten  gelber,  käsiger  Masse,  bei 
chronischer  Tuberkelbildung,  als  diffuse  Massen  bei  Perito- 
nitis  Tuberkuloser. 

Es  finden  sich  selten  Tuberkel  im  Peritoneum,  wenn 
nicht  schon  an  anderen  Orten  Tuberkel  entwickelt  sind; 
meist  gesellen  sie  sich  zu  Lungen-  und  Darmtuberkeln, 
ganz  isolirt  kommen  sie  vor  an  Stellen,  welche  tuberkulö'- 
sen  Darmgeschwüren  entsprechen ;  häufig  finden  sich  gleich« 
zeitig  Tuberkel  in  den  Mesenterialdrüsen. 

Bei  akuter  Tuberkelbildung  findet  man  ausser  im  Peri- 
toneum meist  Tuberkel  in  der  Pleura  und  in  vielen  ande- 
ren Organen;  zuweilen  ist  das  Bauchfell  dabei  hyperämisch 
und  enthält  freies,  seröses  Exsudat.  Auch  neben  grossen, 
alten  Tuberkelknoten  findet  man  Spuren  früherer  Entzün«* 
düngen  als  Pseudomembranen  und  Adhäsionen. 

Die  Tuberkel  gehen  meist  keine  weiteren  Metamor- 
phosen ein,  da  die  Kranken  eher  sterben,  als  dies  mög- 
lich ist. 

Peritonitis  Tuberkelkranker  setzt  zuweilen  Exsudate, 
welche  bald  eine  tuberkelartige  Beschaffenheit  annehmen  und 
sich  als  kleine  und  grosse,  gelbe,  käsige  Knoten,  oder  als 
unregelmässig  angeordnete,  gelbe  Massen  mit  Granulatio- 
nen darstellen  und  nicht  selten  blutig  gefärbt  und  von  se^ 
röBem  Exsudate  begleitet  sind. 

Cysten  sind  im  Peritoneum  häufig;  falsche  seröse 
Cysten  entstehen  durch  s^Osen  Et^ss  ,  durch  welchen  das 


204 

Peritoneum  blasenartig  erhoben  wird;  ächte  seröse  Cysten 
mit  eigener  Wandung  sind  seltener ,  sie  sind  ursprüngli- 
che Neubildungen  oder  Metamorphosen  entzündlicher  Ex- 
sudate; Colloid- Cysten  kommen  einzeln  und  in  zusammen- 
gesetzten Massen ,  besonders  häufig  im  Peritoneimi  des  weib- 
lichen Beckens  vor. 

Parafliten* 

Im  Peritoneum  findet  sich  Echinococcus  hominis; 
meist  ist  er  nicht  ursprünglich  im  Peritoneum  entwickelt, 
sondern  als  Fortsetzung  von  der  Leber  her. 

Man  findet  ihn  innerhalb  einer  aus  neugebildetem  Bin- 
degewebe und  dem  verdickten  Peritoneum  bestehenden  Kap- 
sel in  folgender  Gestalt:  Kach  Eröffnung  der  genannten 
Kapsel  stösst  man  auf  eine  Blase  (Taf.  m.  Fig.  22.  d.), 
deren  Wände  der  ersteren  ziemlich  eng  anliegen;  diese 
Blase  ist  matt  weiss,  hat  die  Consistenz  einer  festen  Gal- 
lerte, ist,  wie  man  unter  dem  Mikroskope  sieht,  aus  feinen 
concentrischen  Lamellen  zusammengesetzt  und  zeigt  keine 
Spur  von  Fasern.  An  der  Innenseite  findet  sich  ein  Epi- 
thelialüberzug.  Schneidet  man  diese  Blase  an,  so  stülpen 
sich  die  Ränder  der  Schnittfläche  nach  Aussen  um  und  es 
fliesst  aus  der  Blase  eine  wasserhelle  Flüssigkeit,  meist  mit 
weissen  Kömchen  gemischt.  Nicht  selten  findet  sich  in 
dieser  Blase  eine  grosse  Menge  anderer,  gleich  gebauter,  frei 
neben  einander  oder  in  einander  eingeschachtelt,  zuweUen 
so  eng  zusammengepresst,  dass  sie  vieleckig  und  facettirt 
erscheinen.  An  der  Innenwand  der  Blasen  sieht  man  meist 
kaum  stecknadelkopfgrosse,  weisse,  runde  Körperchen;  die- 
selben sind  Bläschen,  in  welchen  eine  Anzahl  Thiere  sitzen 
(Fig.  22.  e.),  die  man  wegen  ihrer  grossen  Aehnlichkeit 
mit  dem  Kopfe  einer  Tänia  früher  meist  Echinococcus- 
Köpfe  nannte;  sie  sind  | — >j^^^^  lang,  haben  vom  einen 
Hakenkranz,  dann  4  hervorgetriebene  Saugwarzen  und  ei- 


205 

nen  kleinen  Hinterleib,  im  Inneren  sieht  man  zahlreiche 
ovale  Ealkplättchen ,  keine  Spur  von  Geschlechtstheflen 
(Taf.  m,  22.  a.);  zuweilen  sind  sie  eingestülpt,  der  Kör- 
per hat  dann  eine  herzförmige  Gestalt  und  der  Hakenkranz 
sitzt  in  der  Mitte  (Taf.  III,  22.  b.).  Sie  hängen  ursprüng- 
lich durch  einen  Faden  am  Hintertheile  in  ihren  Bläschen 
fest,  werden  aber  später  frei.  In  manchen  Fällen  bilden 
sich  keine  Thiere  und  der  ganze  Parasit  besteht  blos  aus 
den  Blasen  (Fig.  22.  f.  Früher .  nannte  man  diese  letzteren  , 
Acephalocysten.) 

Die  einfa(;hen  oder  zusammengesetzten  Blasen  wachsen 
zuweilen  zu  einem  ungeheuren  Umfange  fort;  öfters  ster- 
ben sie  ab,  es  tritt  eine  Umsetzung  ihres  Inhaltes  ein,  er  wird 
consistent,  gallertartig,  dann  weiss,  fettig  und  nicht  unähn- 
lich altem  Abscesseiter.  Von  einem  Abscesse  kann  man 
durch  Auffinden  der  eigenthümlich  gebauten  Blasenwand 
und  der  Haken  vom  Hakenkranze  (Taf.  HI,  22.  c.)  diese 
degenerirten  Echinococcus  leicht  unterscheiden.  Zuweilen 
tritt  in  ihrer  Umgebung  und  ihrer  fibrösen  Kapsel  eine  Ent- 
zündung ein,  die  Blasen  sterben  ab  und  gehen  mit  dem 
Exsudate  gemischt  zu  Grunde.  Selten  platzt  diese  fibröse 
Kapsel  und  die  äusserste  Echinococcusblase  und  der  Inhalt 
entleert  sich  in  die  Bauchhöhle. 

Aiaiainiiiluns  von  Iiutt  und  Wasser  im  Bauch* 

fellsacke« 

Die  Luft  dringt  ein  durch  Wunden  der  Bauchwände 
oder  Perforationen  des  Darmes  oder  entwickelt  sich  aus  in 
Zersetzung  begrifienen  Exsudaten;  eine  Sekretion  von  Luft 
durch  das  Bauchfell  ist  sehr  zweifelhaft. 

Die  Ansammlung  einer  serösen  Flüssigkeit  (Ascites)  ist 
bedingt:  durch  Hindemisse  im  Bückfluss  des  yenösen  Blu- 
tefi  durch  die  Leber  oder  in's  rechte  Herz,  durch  Krank- 
heiten der  Niere  (M-  Brightii),  durch  cbroniscbe  Entzün- 


206 

dongen  des  Bauchfells,  wenn  anderweitige  pathoiogisdie 
Neubildungen  in  sein  Cavurn  ragen ,  z.  B.  Hydroyarien, 
Krebse  9  Tuberkel ,  vielleicht  durch  primäre  Blutveranderuh- 
gen  (Hydrämie). 

III.    Die  zum    Ferdauungaapparate  gehörigen 

Drüsen. 

1.    Die  Speicheldrüsen. 

Elitzülidiuiff« 

An  den  Entzündungen  der  Speicheldrüsen  nimmt  stets 
das  sie  umgebende  und  in  ihrer  Nachbarschaft  befindliche 
Zellgewebe  TheU ;  zuweilen  scheint  blos  das  letztere  zu  lei- 
den und  die  eigentliche  Drüse  frei  zu  sein. 

Am  häufigsten  ist  die  Entzündung  der  Parotis.  Man 
findet  die  Drüse  und  das  Zellgewebe  blutreich  und  ange- 
schwollen, im  Zellgewebe  oder  zwischen  den  Acinis  flüssi- 
ges oder  festes  Exsudat,  wodurch  die  drüsige  Structur  oft 
Ter  wischt  wird.  Bildet  sich  Eiter,  so  sidit  man  ihn  zuerst 
in  kleinen  Herden  zwischen  den  Acinis  und  im  Zellgewebe ; 
durch,  deren  Zusammenfliessen  entstehen  einzelne  grössere 
Abscesse  oder  die  ganze  Drüse  geht  in  der  Eiterung  zu 
Grunde.  Meist  findet  sich  der  Eiter  weit  verbreitet  im  be- 
nachbarten Zellgewebe,  insbesondere  der  Regio  submaanlla- 
rit;  die  Lymphdrüsen  sind  geschwollen;  selten  kommt  es 
zur  spontanen  Perforation,  Entleerung  des  Eiters,  Yemar- 
bung  und  Heilung. 

Nach  den  ursächlichen  Bedingungen  kann  man  unter- 
scheiden : 

1)  Die  einfache,  idiopathische  Entzündung, 
verursacht  durch  Yervnmdung,  Stoss,  Erkältung,  benach- 
barte Krebse,  fortgepflanzt  von  der  Mundschleimhaut;  der 
Verlauf  ist  subakut,  es  erfolgt  meist  Zertheilung;  in  ein- 


207 

zdnen  Fällen  ist  der  Verlauf  akut,  es  kommt  rasch  zur 
Eiterbfldung,  welcher  Kinder  nicht  selten  erliegen.  Zuwei- 
len yerläuft  sie  chronisch,  d^  Exsudat  geht  in  Bindege- 
webe^ über  und  bildet  eine  Hypertrophie  des  ZeOgewebes 
um  die  Drüse  und  zwischen  ihren  Acinis,  so,  dass  man 
in  dem  fibrösen,  speckigen  Gewebe  die  Drüsensubstanz 
kaum  findet. 

2)  Die  epidemische  Entzündung,  Parotitit 
polymorpha,  ^nm^s^  befallt  insbesondere  Kinder  Ton 
2 — 12  Jahren,  setzt  rasch  ein  reichliches  Exsudat  im  Zell- 
gewebe ,  welches  mdst  resorbirt  wird,  selten  in  Eiter  über- 
geht. 

3)  INe  symptomatische  Parotitis  im  Yeiiaufe 
von  Typhus,  Exanthemen  u.  s.  w.  gehört  zu  den  soge- 
nannten metastatischen  Zeügewebsentzündungen,  ist  sehr 
selten,  das  Exsudat  geht  meist  in  Eiter  über  und  endet  mit 
Vereiterung  und  Verjauchung  des  Zellgewebes. 

4)  Die  spontane  brandige  Entzündung  des 
Halszellgewebes,  mit  rascher  EiterbOdung,  Verjau- 
chung des  Zellgewebes,  mit  brandigem  Zerfall  desselben 
und  der  Muskeln,  hat  einen  sehr  akuten  Verlauf,  tödtet 
rasch  unt^  typhösen  Erscheinungen.  Diese  Entzündung  bil- 
det entwed^  einen  der  Ausgänge  der  einfachen,  idiopathp- 
sdben  Entzündung  oder  nadi  einigen  Aerzten  einen  specifi- 
schen  Krankheitsprocess. 

P«iAiol«||l0ehe  Seobildim^eii  (in  der  Parotis). 

Neubildung  ron  Bindegewebe  findet  sich  als 
di&use,  speckige  Masse  in  und  um  die  Drüse  nach  chroni- 
schen Entzündungen,  selten  in  Form  eines  Fibroides. 

Fett  entwickelt  sich  zuweUen  in  grosser  Menge  im 
Zellgewebe  und  bewirkt  gleich  dem  neugebildeten  Bindege- 
webe eine  anscheinende  Hypertrophie  d^  Drüse. 


208 

Enchondrome  und  Balggeschwülste  sind  selten 
in  der  Parotis. 

Krebs  bildet  Knoten  in  der  Parotis  oder  ist  zwischen 
die  Acini  infiltrirt,  entwickelt  sich  selbstständig  in  der  Drüse 
oder  diese  wird  in  den  Krebs  benachbarter  Lymphdrüsen 
hineingezogen.  Meist  geht  die  ganze  Drüse  zu  Grunde, 
die  benachbarten  Lymphdrüsen  und  das  Zellgewebe  werden 
mit  ergriffen  und  so  entsteht  in  der  Parotisgegend  eine 
grosse  Krebsgeschwulst. 

Werftüderuiii^eii  der  AusfKlinuiiniffftiiffe. 

Nach  traumatischen  Verletzungen  und  Perforationen 
des  Ductus  Sienomanus  durch  Abscesse  entsteht  die  soge- 
nannte Speichelfistel. 

Durch  Yerschiiessung  des  Ausfiibrungsganges  entweder 
durch  eine  Narbe  nach  Verletzungen  oder  durch  ein  Con- 
crement,  oder  durch  Verengerung  und  Obliteration  der  Oeff- 
nung  in  der  Mundschleimhaut,  wird  eine  Erweiterung 
desselben  durch  das  angehäufte  Sekret  bewirkt  ^  die  blasen- 
oder  sackförmig  auf  eine  Stelle  beschränkt  bleibt  oder  sich 
gleichförmig  auf  den  ganzen  Ausführungsgang,  von  da  auf 
die  kleineren.  Gänge  erstreckt  und  Atrophie  einzelner  Acini 
bewirkt.  Die  Erweiterung  des  Ductus  Whartonianus  stellt 
eine  Art  der  sogenannten  Banula  dar,  die  anderen  Arten 
sind  bedingt  durch  Vergrösserung  des  unter  der  Zunge  be- 
findlichen Schleimbeutels,  in  Neubildung  eines  Balges,  in 
Ansammlung  von  Schleim  in  einem  SchleimfoUikel  unter 
der  Zunge.  Diese  meist  kleine,  selten  grosse,  rundliche 
Geschwulst  sitzt  unter  der  Zunge  und  hat  die  Beschaffen- 
heit einer  mit  Serum,  Schleim  oder  gallertartiger  Masse  ge- 
füllten Balggeschwulst. 

Im  Schleime  und  Sekrete  der  Speichelgänge  bilden  sich 
zuweilen  Concretionen:  Speichelsteine,  weissliche,  krei- 
deähnUche  oder  steinharte,  aus  concentrischen  Schichten  be- 


209 

stehende,  erbsen  *  bis  taubeneigrosse ,  nmdfiche  Massen,  die 
zum  grössten  Theile  aus  kohlensaurem  oder  phosphorsan- 
rem  Kalk  und  verhärtetem  Schleim  bestdien. 

2.    Pankreas. 

finiBlbidiui^» 

Akute  Entsündung  als  selbstständiges  Leiden  ist 
höchst  selten,  sie  hat  denselben  anatomischen  Charakter,  wie 
die  der  Speicheldrüsen.  Der  Ausgang  der  Eiterung  scheint 
am  häufigsten  eu  sein. 

Chronische  Entzündung  ids  Fortsetzung  einer 
akuten  oder  als  primäres  Leiden  ist  ebenfalls  selten ,  sie 
setzt  ein  zu  Bindegewebe  organisirendes  Exsudat  zwischen 
den  Acinis  und  bedingt  dadurch  eine  Art  Hypertrophie  und 
Verhärtung  des  Pankreas,  zuweilen  auch  eine  Atrophie  der 
Acini  und  damit  lederartige  Yerschrumpfung  der  ganzen 
Drüse.  Die  ursächlichen  Bedingungen  der  primären  Ent- 
zündung des  Pankreas  sind  höchst. unklar,  die  Diagnose 
der  Pancreatitis  am  Lebenden  sehr  problematisch,  ihr  Be- 
fund in  der  Leiche  eine  B.arität.  Häufiger  sind  Entzün- 
dungen ,  welche  yom  benachbarten  Zellgewebe  oder  den 
Lymphdrüsen  auf  das  Pankreas  fortgepflanzt  sind,  z.B.  bei 
Magenkrebs ,  perf orirenden  Geschwüren  u.  s.  w. 

Patboloffisclie  Iffeublldanyeii* 

Bindegewebe  nach  chronischen  Entzündungen. 

Fett  entwickelt  sich  zuweilen  im  Zellgewebe  um  das 
Pankreas  in  grosser  Menge,  dringt  gleichsam  ron  Aussen 
in  das  Zellgewebe  zwischen  den  Acinis  ein  und  entwickelt 
sich  in  demselben  so,  dass  endlich  die  eigentliche  Drüse  zu 
Grunde  geht  und  man  statt  derselben  einen  Fettklumpen 
findet,  in  welchem  nur  noch  Spuren  der  Acini  zu  sehen 
sind,  während  der  Ductm  WiT9mgianus  mit  einer  emulsi- 

14 


210 

Yen  FUimgkeit  gefäUt  ist  Nach  Rokitansky  findet  sich 
diese  Entartung  oft  bei  Säitfem  mit  Fettleber  und  mit  Gal- 
lensteinbildung. 

Cysten  sind  selten. 

Krebs  findet  sich  zuweilen  neben  Krebs  des  Magens, 
des  Oesophagus  und  der  benachbarten  Lymphdrüsen;  er 
bildet  meist  kleine  Knoten  an  irgend  einer  Stelle^  die  ge- 
wöhnlidi  tnit  Krebsmassen  in  der  Umgebung  zusammen- 
hängen« Selten  ist  der  Krebs  primär  im  Pankreas  ent- 
wickelt. 

Erweiterungen  des  Ductus  Wirsunffianus  er-- 
folgen :  durch  Verstopfung  desselben  und  Anhäufung  des  Se- 
kretes (Goncremente )  Krebsknoten  ^  Gallensteine  im  DucL 
choledochm  u.  s.  w.)  oder  durch  Schwimd  seiner  Muscula- 
ris  bei  irgend  einer  Entartung  der  Dräse«  Sie  sind  gleidi- 
fSrmig,  spindelförmig^  sackartig  und  erreichen  zuweilen  die 
Grösse  eines  Tanbeneies. 

Pankreassteine  sind  Concremente  im  Ductus 'Ww- 
»ungianus  durch  Niedersohh^  Ton  phosphorsaurem  und  koh- 
lensaurem Kalk  im  Schleim  und  Sekrete.  Die  Concremente 
sind  nicht  selten  Ursachen  der  Verhinderung  des  Abflusses 
des  Sekretes,  Anhäufungen  desselben,  Erweiterung  des 
Ductus  und  allmäliger  Verödung  der  Drüse* 

3.    Leber. 

Die  Färbung  der  Leber  ist  mancherlei  Schwankungen 
unterworfen :  gewöhnlich  zeigt  ihre  Schnittfläche  ein  helles, 
dunkle  Flecken  umgebendes  Netzwerk,  oft  aber  ist  die 
dunkle  Färbung  vorwiegend  und  man  sidiit  ein  dunkles 
Netz  mit  hellen  ^Flecken. 

Ein  geringer  Blutgehalt  macht  die  ganze  Leber  blass 
und  ?ermischt  die  Färbungen,  ein  bedeutender  Blutgehalt 
aller  Gefasse.  macht  die  Leber  dunkel  und  den  Unterschied 


211 

der  hellen  und  dunklen  Farbe  ebenfalls  undeutlich«  Einaei- 
tige  Blutanhäufungen  lassen  die  Färbungen  grell  heorvortre- 
ten.  Ganz  ähnlich  wirkt  Leere  und  Fülle  der  Gallengänge 
auf  Veränderungen  der  Färbung  *ein.  Daher  ist  die  man- 
nichfache  Färbung  der  Leber,  wie  sie  bei  Sektionen  in  die 
Augen  fällt)  leicht  zu  erklären.  Von  diesen  in  das  Gebiet 
der  Norm  gehörigen  FärbungsTerschiedenheiten  bis. zu  blei- 
benden j  pathologischen  Veränderungen  giebt  es  unendlich 
zahlreiche  Uebergänge. 

Die  Grösse  der  Leber  ist  ebenfalls  Schwankungen  un- 
terworfen, die  Länge  beträgt  9| — 11",  die  Breite  7 — 7^", 
die  Dicke  hinten  2  —  3",  Yom  ist  sie  geringer,  ihr  Gewidit 
ungefähr  5  Pfund.  Sie  lagert  gewöhnlich  so,  dass  ihr  freier 
Rand  kaum  oder  nur  unmerklich  unter  dem  Bippenrande 
hervorragt,  ausgenommen  ganz  hinten  und  am  Proc.  xiphoi- 
deus;  der  linke  Lappen  überragt  meist  die  Mittellinie  des 
Leibes  und  bedeckt  den  Py}orustheil  des  Magens.  Beim 
Neugeborenen  ist  der  linke  Lappen  sehr  gross  und  terklei^ 
nert  sich  im  Verlaufe  des  ersten  Lebensjahres  bis  zur  Norm ; 
im  hohen  Alter  wird  die  Leber  klein.  Durch  den  dauern- 
den Druck  einschnürender  Kleider  bekommt  die  Leber  an 
den  gedrückten  Stellen  einen  Eindruck  durch  Schwund  ih- 
res Gewebes,  während  der  freie  Band  über  den  iUppen- 
rand  hinab  geschoben  wird,  der  rechte  Lappen  zuweilen  bis 
zur  CrUta  ilei^  der  linke  bis  zur  Müz. 

Der  Peritonealüberzug  ist  sehr  oft  getrübt  und  ver- 
dickt, hauptsächlich  bei  Weibern  an  der  Stelle,  wo  der 
Schnürleib  gedrückt  hat;  die  Verdickung  ist  zuweilen  be- 
trächtlich, es  finden  sich  auch  in  den  obersten  Lebersohichr 
ten  neugebildetes  Bindegewebe  und  narbenartige  Bunzelun- 
gen  der  Oberfläche.  Diese  Veränderung  kommt  so  häufig 
vor,  dass  sie,  wenn  sie  ein  gewisses  Maass  nicht  über- 
schreitet, kaum  als  pathologisdi  anges^en  wird,  wie  die 

14* 


212 

Pacchionischen  Granulationen,  leichte  Adhäsionen  «ler  Pleura 
u.  s.  w. 

■tldiiiiipifehler. 

Abnorme,  bleibende  Yergrösserung,  Hypertrophie; 
abnorme  Gestalt  als  runde,  wenig  oder  vielfach  gelappte 
Leber,  die  Lappung  ist  zuweilen  so  weit  gediehen,  dass 
Leberpartikeln,  ganz  von  der  Hauptmasse  getrennt,  in  ei* 
ner  Bauchfalte  liegen.  Die  Lage  kann  verändert  sein:  die 
Leber  kann  ausserhalb  der  Bauchhöhle  liegen  bei  Bauch- 
spalten und  Mangel  des  Zwerchfells,  sie  kann  im  linken 
Hypochondrium  liegen  bei  Situs  tramversus  der  Eingeweide. 
Mangel  der  Leber. 

Hyperj&vile. 

Akute  Hyperämieen  sind  bedingt  durch  traumati- 
sche Einwirkungen,  Miasmen  (Malaria,  Intermittens),  gastri- 
sche Reize,  grosse  Hitze,  Gallengangsleiden,  Geschwülste 
in  der  Leber,  Herzkrankheiten,  charakterisirt  durch  Schwel- 
lung, gleichmässige  Röthe  und  verminderte  Consistenz  der 
Leber,  aus  deren  Schnittfläche  Blut  in  grosser  Menge  her- 
vorquillt. 

Häufiger  sehen  wir  die  Folgen  einer  chronischen 
Hyperämie,  bedingt  durch  gehinderten  Abfluss  des  Un- 
terhohlvenenblutes  in  das  Herz,  bei  Herz-  und  Lungenlei- 
den, wodurch  Ausdehnung  und  vermehrte  Blutfülle  der  klei- 
nen Yenenästchen,  dann  auch  der  grösseren  Aeste  der  Pfort- 
ader innerhalb  der  Leber  und  ihrer  Wurzeln  im  Tractus  in- 
testinalis  entsteht. 

Ist  die  vermehrte  Blutfülle  auf  die  ganze  Leber  aus- 
gehnt,  so  schwillt  dieselbe  an,  sie  wird  dicker,  fester  oder 
weicher ,  die  Schnittfläche  dunkelroth,  die  helle  Färbung  fast 
verwischt,  die  grösseren  G^fässe  ausgedehnt,  zuweilen  vari- 
cös.    Bleibt  diese  Veränderung  längere  Zeit,  so  bringt  sie 


21S 

wohl  Veiindennigen  der  Gallensekretioii  and  der  EntShnni; 
der  Leber  mit  sich,  Yermitfelt  vieOeicht  die  FettinfiHretioii 
oder  die  Atrophie  der  Lebenelien,  oder  leitet  den  Zvstand 
ein,  der  zur  grannlirten  Leber  führt  Diese  Leberhyperi- 
mie  wird  gewöhnlich  als  Hypertrofdiie,  Leberinfarct,  Pktp* 
camia  kepaiii  anfgefBhrt. 

Beschrankt  sich  eine  bleibende  HjrperSmie  auf  das  Ge- 
biet der  Leberyene,  so  bleibt  das  Volumen  der  Leber  un- 
verändert, die  Yenweigungen  der  Lebenrene  werden  blao- 
roth  injicirt  und  bilden  ein  dunkles  Netz,  einen  Zustand, 
den  man  Muskatleber  zu  nennen  pflogt.  An  einzelnen 
Stellen  wird  die  blaurothe  Farbe  zuweilen  ausgedehnter  und 
bildet  grosse  Flecken,  es  finden  auch  wirkliche  Extrava- 
sate statt 

Hftnorrhiiyie. 

Kleine  Extravasate  finden  sich  nicht  selten  in  der  Mus- 
katleber. Bei  Neugeborenen  findet  sich  zuweilen  neben  be- 
trächtlicher Hyperämie  der  Leber  Bluterguss  in  die  ober- 
flächlichen Schichten  und  unter  den  Peritoncalüberzug. 

Grosse  Blutergüsse  sind  selten,  die  Herde  klein  und 
in  der  Leber  zerstreut. 

Häufiger  ist  der  hämorrhagische  Infarct  an  klei- 
neren und  grösseren  Stellen  als  circumscriple  dunkelrothe, 
harte ,  trockene  Masse.  Er  findet  sich  besonders  bei  Eiter- 
bOdung  in  den  Venen,  Eiterungen  der  Organe  im  Gebiete 
der  Pfortader,  insbesondere  Dysenterie.  Das  benachbarte 
Lebergewebe  ist  hyperämisch,  die  zum  Infarct  gehörigen 
grösseren  Venen  sind  mit  festen  Blutcoagulis  gefüllt.  Die 
weiteren  Veränderungen  des  Infarctes  sind: 

a)  Es  entsteht  Bindegewebe,  das  Hämatin  dient  zur 
Bildung  eines  gelbrothen  Pigments;  die  zuführenden  Gc- 
fässe  obliteriren  und  es  entsteht  ein  fibröser,  gefärbter  oder 
auch  nach  Resorption  des  Hämatins  weisser,  speckiger  Kno- 


214 

ten  in  einem  durcli  die  oUiterirten  Gefässe  narl)eBirtig  kon- 
brahirten  und  grobgranulirten  Parencliyme. 

b)  Der  Faserstoff  orgamsirt  zu  Eiter,  der  Infarct  wird 
zum  Abscess  (s.  unten). 

c)  Der  Infarct  trocknet  ein,  der  Faseratoff  bldbt  amorph, 
fest,  das  Hämatin  wird  resorbirt,  es  entstdien  tuberkelar- 
tige, gelbe  Massen,  welche  zuweilen  yerkreiden. 

d)  Der  Infarct  nekrosirt  und  bildet  einen  trockenen 
oder  feuchten,  missfarbigen,  circumscripten  Brandsdiorf. 

An&mie  ist  selten,  die  anämisdie  Leber  ist  blass  und 
sdilaff. 

fintslliMiuBfr*    » 

1*  Entzündung  durch  Stoss,  Verwundung,  in 
der  Umgebung  von  Carcinomen,  Echinococcen,  Gal- 
lenconcrementen.  An  der  betroffenen  Stelle:  Böthung 
und  breiige  Erweichung;  in  der  ümgebui^  Hyperamie;  bei 
grosser  Ausdehnung  der  Entzündung  Blutstockung  in  den 
PfoitaderSsten ,  Milzanschwellung;  Ausgang:  Eit^ildung, 
beginnend  mit  isolirten  kleinen  Eiterpunkten,  wdche  alhnä- 
lig  zusammenfliessen ,  Abscess-  oder  Narbenbildung. 

2.  Abscesse  kommen  in  kleineren  oder  grösseren, 
sparsamen  oder  zahlreichen  Herden  yor,  finden  sidi  bei 
Eiterbildungen  im  Gebiete  der  Pfortader  (Dysenterie ,  Ge- 
schwüre im  Darmkanal,  Magen,  Gallenblase)  oder  des  Hohl- 
yenensystemes  nach  Verwundungen,  Hyperämie,  sind  be- 
dingt durch  Eiterbildung  nadi  Entzündung  und  Infarctbil- 
dung,  durch  Zerfall  der  Leberzellen  in  moleeulare,  breiige 
Masse  (Virchow),  welcher  erst  in  einzelnen  Läppchen, 
dann  in  ganzen  Gruppen  desselben  auftritt 

Die  Leberabscesse,  mögen  sie  nun  durch  Verwun- 
dung u.  s.  w.  oder  durch  Vermittelung  eines  hämorrtiagi- 
sdien  Infarctes  oder  durdb  eine  circumscripta  Entzündung 
entstanden  sein,  sind  klein  und  zahlreich  oder  groM  und 


215 

einzeloi;  sie  sitsen  oberflächlich  oder  tief ,  ihre  Grösse  Ya* 
riirt  von  der  eines  Taubeneies  bis  zu  der  eines  Kinder- 
kopfes.  Die  Wandungen  sind  Anfangs  ungleich  ^  zottig, 
später  glatt ^  mit  einer  Art  pyogener  Membran  ausgekleidet; 
der  Inhalt,  Eiter  und  zertrümmerte  Lebersubstanz ,  ist  An- 
fangs mit  Galle  gemischt,  welche  oft  als  schwarze,  körnige 
Masse  bleibt,  oft  auch  resorbirt  wird;  sie  stammt  aus  den 
grösseren  Gallengängen,  deren  zerstörte  Mändungen  in  den 
Abscess  ragen ;  selten  ist  dem  Eiter  Blut  beigemischt.  Die 
zum  Abscess  führenden  Gefasse  enthalten  feste  Blutcoagula. 
Das  Peritoneum  ist  verdickt  bei  oberflächlicher  Lage  des 
Abscesses;  Adhäsionen  des  ersteren  erfolgen  bei  längerer 
Dauer  des  Leidens. 

Ein  Abscess  yergrössert  sidi  durch  Zusanunenfliessen 
mdirerer  oder  durch  fortwährende  Eiterung  im  Umkreise. 

Die  unmittelbare  Heilung  des  Abscesses  gesdiieht,  in- 
dem die  Eiterbildung  aufhört  und  eine  fibröse  Kapsel  um 
den  Eiter  gebildet  wird.  In  dieser  kann  der  Eiter  noch 
lange  Zeit  unverändert  bleiben,  später  wohl  auch  nodi  per- 
foriren;  oder  er  kann  nach  eingetretener  Felimetamorphose 
resorbirt  werden,  worauf  die  Wände  sich  zusammenlegen 
und  eine  fibröse  Narbe  bilden,  ein  Ausgang,  der  nur  bei 
kleinen  Abscessen  möglich  ist;  oder  es  tritt  der  atheroma- 
töse  Process  ein,  der  Inhalt  der  Kapsel  ist  dann  ein  mil- 
chiger Brei  (Fettkiigelchen,  Kalkkömdien  und  CholestearinT 
krystalle),  die  Wände  inkrustiren;  oder  der  Inhalt  wird 
nach  und  nach  ein  seröser  und  es  bleibt  eine  Cyste  zurttck> 
Die  benachbarten  grösseren  Gefässe  obliteriren  $tets  uiid 
das  umgebende  Parenchym  schrumpft  daher  ein. 

Eine  mittelbare  Heilung  folgt  auf  die  Entleerung  des 
Abscesses,  welche  freilich  öfter  einen  tödtlicben  Ausgang 
bedingt.  Die  Entleerung  erfolgt  in's  Ctman  Peritonei;  durch 
einen  Fistelgang  diurch  die  Bauchwand  nach  Aussen;  durch 
P«rfonti0p  des  Zwerchfells  in  das  Camm  Pleurae^  oder  bei 


216 

Torhandenen  Adhäsionen  der  Pleuren,  entsteht  ein  Lungen- 
abscess  und  durch  diesen  eine  Entleerung  durch  die  Bron- 
chien; femer  in  das  Duodenum,  den  Magen,  CoUm  iroMt- 
vertum;  in  die  Gallenblase,  den  Ducim  kq^Meui  oder  einen 
Ast  desselben;  in  die  Hohlyene,  Pfortader  oder  sogar  den 
Herzbeutel. 

Abbfldmigeii :  CruYeilhier  Lhr.  40.  PI.  1.  Lhr.  16.  PI.  3. 
Froriep,  Klin.  Kpft.  Taf.  17.  Hope  Fig.  86,  87.  Cargwell 
Fase.  8.  PI.  2. 

3.  FibrSse,  carte  oder  massenhafte,  narbenartige 
Knoten  in  der  Leber  sind  meist  von  vorhergegangenen 
Entzündungen  abzuleiten.  Sie  finden  sich  bei  yerschiede- 
nen  Kranken;  in  neuerer  Zeit  hat  man  auf  ihr  häufiges 
Vorkommen  bei  Syphilitischen  und  Merkurkranken  aufmerk- 
sam gemacht.  Man  findet  an  einzelnen  Stellen  oder  über 
einen  grösseren  Theil  der  Leber  verbreitet  ästige  Narben- 
massen, oft  als  haselnuss-  bis  taubeneigrosse ,  speckige 
Knoten  mit  Atrophie  und  Yerschrumpfung  des  benachbar- 
ten  Gewebes,  Obliteration  einzelner  Gefässe,  Granulation 
oder  Lappung  der  Leber  (s.  unten). 

Hypertropliie. 

1.  So  häufig  Vermehrung  des  Lebervolumens  beobach- 
tet wird,  so  selten  sind  ächte  Hypertrophieen  der 
Leber  ohne  Texturreränderungen  und  selbst  diese  beruhen 
wohl  nicht  auf  einer  Vermehrung  der  eigentlichen  Gewebs- 
theile  der  Leber,  sondern  auf  Vermehrung* des  Blutgehaltes, 
Hyperämie  derselben ,  durch  weMe  die  Leber  grösser, 
fester,  kömiger  wird. 

2.  Bei  Scr(tfulösen,  Syphilitischen  und  Merkurkranken 
findet  sich  zuweilen  eine  von  Rokitansky  „speckige 
Leber,^^  von  Anderen  „scrofulöse  Anschwellung" 
genannte  Hypertrophie.  Die  Leber  ist  sehr  gross,  breit  und 
platt,  schwer,   der  Peritonealüberzug  prall  gespannt,  die 


217 

Consistens  yermehrt,  OberflSche  ond  Schniltfl&cbe  blassgelb, 
die  letztere  ^att,  homogen,  zuweilen  weisslich  gefleckt  oder 
gestreift.  Die  LeberzeUen  enthalten  grosse  Massen  eiweiss- 
artiger  Molecüle,  erscheinen  dadurch  getrübt  und  yergrös- 
sert,  zuweilen  gesellen  sich  auch  Fettkömchen  hinzu,  wel- 
che aber  nicht  wie  bei  der  Fettleber  zu  grossen  Fetttropfen 
zusammenfiiessen.  Die  Veränderung  besteht  also  in  einer 
chronischen  EmährungSTeränderung  der  Leberzellen. 

Nicht  selten  sind  gleichzeitig  ähnliche  Veränderungen 
in  der  Milz  und  den  Nieren  yortianden. 

3.  Häufig  ist  eine  Veränderung  der  Leber  durch  mas- 
senhafte Fettinfiltration  ihrer  Zellen;  die  sogenannte  Fett- 
leber ist  meist  bedeutend  Tergrössert  (selten  hat  sie  ihren 
normalen  Umfang),  platter,  die  Bänder  runder,  yoller;  der 
Peritonealüberzug  gespannt,  die  Consistenz  teigig ;  die  Ober- 
fläche und  Schnittfläche  blass,  letztere  zeigt  bei  geringen 
Graden  nur  ein  schärferes  Hervortreten  der  hellen  Färbung 
der  Läppchen  (von  einigen  Autoren  auch  Muskatleber  ge- 
nannt), bei  höherem  Grade  kleinere  oder  grosse  yerwasche- 
ne,  gelbliche  oder  grauröthliche  Flecken  mit  Verwischung 
der  Sonderuiig  der  Läppchen  oder  gleichmässige  hellere  Fär- 
bung wie  eine  fette  Gänseleber;  zuweilen  ist  die  Fettinfil- 
tration an  weisslichen  Streifen  um  die  Pfortaderäste  kennt- 
lich ;  dabei  ist  die  Leber  blutleer ,  beim  Durchschneiden 
wird  das  Messer  mit  Fett  belegt.  Die  Leberzellen  sind  mit 
Fettkömchen,  welche  allmälig  zu  grossen,  die  ganze  Zelle 
ausfüllenden  Fetttropfen  zusammenfiiessen,  gefüllt  (Taf.  L 
Fig.  6);  selten  findet  man  die  Zellen  ganz  geschwunden 
und  nur  Fetttropfen.  Die  Fettleber  findet  sich  häufig  bei 
Tuberculosis,  Bhachitis,  Scrofulosis,  bei  Schnapstrinkern 
und  Leuten,  die  eine  luxuriöse,  sitzende  Lebensart  führen, 
und  ist  oft  yon  allgemeiner  Fetthypertrophie  begleitet. 
Wach  sieb  er  nennt  man  die  Fettleber  dann,  wenn  die 
Schnittfläche  fester,  das  Fett  weniger  flüssig  ist. 


218 

Wir  fassen  unter  diesem  Namen  alle  Veränderungen 
zusammen  y  deren  Resultat  eine  Verkleinerung  des  Volumens 
der  Leber  ist ;  die  Aetielogie  und  die  histologische  Greschichte 
der  Texturreränderungen  ist  nur  unyollkommen  bekannt. 

1.  Gelbe  Atrophie,  Bokit,  Horaszek,  Leber- 
erweichung, Budd.  Der  Zustand  ist  charakterisirt 
durch  starke  Verminderung  des  Volumens  und  der  Gonsistenz 
der  Leber ,  Torwiegende  gelbe  Firbung  und  grossen  Gallen- 
reichthum,  Verlust  des  kömigen  Gefüges.  Budd  fand  in 
einem  Falle  die  LeberzeUen  reich  an  Gtülenpigment  und  in 
den  Torwiegend  erweichten  SteUen  die  Leberzdlen  geschwun- 
den. Die  Kranken,  in  deren  Leichen  man  diese  Verände- 
rungen fand,  zeigten  den  Symptomencom{dex  einer  meist 
sehr  akut  yerlaufenden ,  mit  Delirien  und  Coma  verbunde- 
nen Gelbsucht. 

2.  Bothe  Atrophie,  Rokit.,  die  Leber  kleiner, 
blutreich,  dunkelbraun  oder  bkuroth,  mit  homogener,  nidit 
k5miger  Schnittflädie.  Nach  Budd  fehlt  j^liches  Fett  in 
den  Leberzellen.  Sie  soll  selten  durch  eine  langwierige 
Tabes  tddtlich  werden. 

3.  Die  granulirte  Leber,  Cirrkoiis  hep. 
Geringe  Grade   sind   bei  Herzkranken,  Tuberkulösen 

und  Säufern  niöht  selten^  die  Leber  ist  yerkleinert,  derb, 
die  Oberfläche  ist  gleichmässig  fein  granulirt  und  blass,  die 
Sdinittflädie  allgemein  oder  stellenweise  hellgelb,  trocken, 
blutarm,  die  Läppch^  springen  als  kleine  Körnchen  her- 
Yor ,  die  rottie  Färbung  ist  fast  ganz  gesdiwnnden.  In  ein- 
zelnen Stellen  sind  mehrere  Läppdien  zu  einer  Granulation 
zusammengetreten,  das  interstitielle  Bindegewebe  ist  etwas 
mehr  entwickelt  als  gewöhnlich.  Die  Leberzellen  zeigen 
sieh  stets  yerändert,  meist  wie  bei  der  Fettleber,  zuweilen 
wie  bei  der  Speekleber  und  es  rührt,  die  Granulation  daher, 
dass  ein  Tbeil  der  ZeBen  XQ  Grunde  geht  und  die  erhalte- 


2t9 

neB  Theilo  im  iaterstitieUeii  Kellgewobe  ab  gwonderte  Mas- 
sen herrortreten« 

Die  höheren  mid  hSdisten  Grade  sind  sdtener^  finden 
sich  hauptsidilich  bei  S&nfem  nnd*  führen  öfters  den  Tod 
herbei.  Die  Leber  ist  um  die  Hilfte  mid  mehr  TerUeineft, 
besonders  der  scharfe  Rand  auffällig  Terdünnt,  sie  ist  gleich- 
n^tesi;  oder  nur  an  einselnai  Stellen  mit  Stecknadelkopf* 
bis  erbsm  -  mid  hasdnnssgrossen  Kdmem  besetit^  swisdMi 
denen  die  PerttonealhüUe  Tersdirrnnpft  mid  nmnlig  ist;  die 
SdmittfiSche  ist  bläss,  gelb  und  granulirt,  einielne  Lipp* 
chen  oder  Convolote  derselben  springen  als  Kömer  henror, 
zwisdien  denen  sich  reiddidies  Bindegewebe  findet,  wels- 
ches ein  zusammenhängendes,  narbenartiges  Netsweric  durch 
die  ganze  Leber  bildet,  an  einzelnen  Stellen  aber  stärker 
entwickelt  ist,  als  an  anderen.  Diese  Torzugsweise  granu- 
lirten,  gesdirumpften  und  an  Bindegewebe  reichen  Stellen 
ent^rechen  zuweilen  den  Verästelungen  eines  kleineren 
Pfortaderastes;  in  manchen  granulirten  Lebern  sind  die  Gra- 
nulationen mit  den  narbenartigen  Einziehungen  in  Gruppw 
durch  die  Leber  Tertheilt,  welche  je  einem  yom  Hauptaste 
abgehenden  kleineren  Pfortaderaste  entsprechen.  Die  Körn- 
chen zeigen  stets  nadi  Art  der  Fett-  oder  Speckleber 
veränderte  Lebersellen.  Das  Bindegewebe  ist  überall  aus- 
gebildetes gelocktes  oder  homogenes  Bindegewebe.  Die 
grösseren  Pfortaderäste  sind  unverändert. 

Nicht  unwahrscheinlich  gehen  diese  höheren  Grade  zu- 
weilen durch  fortschreitenden  Zellenschwund  aus  den  oben 
erwähnten  niederen  Graden  hervor.  Die  meisten  Autoren 
erklären  diese  Yerändenmg  aus  einer  chronischen  Entzün- 
dung des  die  Pfortaderaste  b^leitenden  Zellgewebes,  deren 
Exsudat  zu  Bindegewebe  organisirt,  durch  dessen  Contraction 
dann  Einschrumpfung  der  Zwischenräume  der  Lippchen, 
Obliteration  der  Gefitese  und  Atrophie  des  Gewebes  bewirkt 
wird. 


220 

Ausser  dieser  Cirrhose  giebt  es  nach  Rokitansky 
noch  eine  durch  Ausdehnung  und  Hypertrophie  der  Gallen- 
capillaren  bedingte;  diese  sollen  sich  zu  rundlichen  Kn&ueln 
xusammenballen  und  die  Granulationen  darstellen,  darauf 
eine  Atrophie  des  interstitiellen  Gewebes  bedingen. 

Die  Impermeabilität  resp.  Obliteration  eines  grSsseren 
Theiles  der  Pfortader?erEweigungen  bewirkt  yerlangsamten 
Blutlauf  in  der  Pfortader ,  Hyperämieen  und  Hämorrfaagieen 
im  Darm  und  Bauchfell^  Ascites,  Kommunikationen  mit  den 
Bauch-  und  ZwerchfeUs?enen  durch  Ausdehnung  kleiner 
Anastomosen;  ferner  mangelhafte  Gallenabsonderung.  Der 
Tod  erfolgt  meist  unter  den  Erscheinungen  einer  chroni- 
schen Gelbsucht,  Atrophie  und  allgemeinem  Marasmus.  Nicht 
selten  ist  gleiduseitig  M.  Brightii  yoiiianden. 

Abbildungen:  Cru?eilhi6r  Li?r.  VL  PI.  1.,  cop.  von  Ftoriep, 
KHn.  Kpft.  Taf.  67.  Hope  Fig.  75—79.  Carswell  Fase.  10.  PL  2. 
Baillie  Fase.  5.  PI.  2. 

4.  Gelappte  Leber,  der  Umfang  der  Leber  ist  beträcht- 
lich vermindert,  feste,  fibröse,  narbenartige  Massen  thei- 
len  die  Leber  in  viele  kleine  Abtheilungen,  welche  durch 
feines,  vertheiltes  Bindegewebe  zuweilen  in  Granulationen 
abgetheüt  sind.  Diese  fibrösen  Massen  sind  unregelmässig 
yertheilt  oder  folgen  der  Verzweigung  der  Pfortaderäste. 
Sie  werden  erklärt  durch  partielle  Entzündungen  oder  Ge- 
rinnselbildungen in  den  Pfortaderästen  mit  Obliteration  der- 
selben. 

5.  Atrophie  der  Leber  nach  langdauernder 
Verengerung  oder  Verschliessung  des  Duct. 
choledochus.  Die  Leber  schwillt  anfangs  an,  wird 
weich,  schlaff,  leicht  zerreisslich ,  mit  Galle  durchtränkt, 
dunkelgelb  oder  grün  gefärbt.  Später  tritt  durch  Schwund 
der  Leberzelien  Atrophie  der  Leber  ein,  welche  zuweilen 
einen  sehr  hohen  Grad  erreicht,  die  verkleinerte  Leber  ist 


221 

dunkelgrün ,  sehr  weich ,  die  GaUengälnge  sind  weit^  daneben 
stets  allgemeiner  Icterus. 

PutliolofflsclM  JVenMldiiiiffeii« 

Neugebildetes  Bindegewebe  als  Narbensubstans 
nach  Entzündungen. 

Cayernöses  Gewebe  ist  in  der  Leber  häufig,  bil- 
det erbsen-  bis  hühnereigrosse,  blaurothe,  schwammige  Mas- 
sen, die  mit  einem  Pfortaderaste  in  Verbindung  stehen. 

Cysten  sind  in  der  Leber  häufig,  es  sind:  a)  seröse 
Cysten  als  ursprüngliche  Neubildungen;  b)  Cysten  mit  theils 
serösem ,  tiieils  galligem  Inhalte ,  oft  auch  mit  z.  Th.  ?er- 
kreideten  Wänden,  als  Metamorphosen  der  Eiterherde f 
c)  Cysten  mit  serösem  und  galligem  Inhalte,  entstanden 
durch  circumscripte  Ausdehnung  der  Gallengänge  (s.  unten). 

Erebs  ist  in  der  Leber  häufig,  meist  ist  es  Mark- 
schwamm in  Gestalt  einzelner  oder  zahlreicher,  circum- 
scripter  Knoten,  von  Erbsen-  bis  Kindeskopfsgrösse,  von 
weisslicher  Farbe,  speckiger  oder  hirnähnlicher  Beschaffen-<r 
heit,  oder  mit  Extravasaten  durchsetzt  (Blutschwamm),  oder 
mit  Pigment  versehen  (melanotischer  Krebs).  Die  oberfläch- 
lichen Knoten  prominiren  und  erhalten  einen  concaven,  na- 
beiförmigen Eindruck,  sobald  ein  Theil  der  in  Fettmeta« 
morphose  untergegangenen  Zellen  resorbirt  worden  ist  und 
sich  das  Bindegewebsgerüst  contrahirt.  Selten  ist  der  Erebs 
in  das  Leberparenchym  infiltrirt  mid  bildet  neben  Krebs- 
knoten Flecken  ohne  scharfe  Begrenzung.  Der  Peritoneal- 
überzug  ist  verdickt,  häufig  mit  Adhäsionen  und  Pseudo- 
membranen versehen,  zuweilen  durch  Krebsmasse  entartet. 
Das  übrige  Leberparenchym  ist.  normal,  oder  hyperämisch, 
oder  fettig  infiltrirt. 

Die  Krebsknoten  wuchern  zuweilen  sehr  und  durch- 
brechen die  Oberfläche,  worauf  sie  zerfliessen,  Blutungen 
und  Peritonitis  bewirken;  zuweilen  verschrumpfen  sie  nach 


822 

Yorfaer^egangener  FettmeUmorphose.  Der  Krebs  kann  sich 
auf  die  Gallengänge  und  die  Gallenblase  fortsetien,  kann 
Coagulationen  und  Krebsbildung  in  der  Pfortader  bewirken. 
Sehr  selten  ist  CMlertkrebs  in  der  Leber  zu  finden^ 
welcher  meist  yom  Bauchfell  oder  Magen  aus  auf  die  Le- 
ber übergeht. 

Abbttdniigeii:  Crufeilbier  Livr.  12.  PI.  2,  8.  L.  22.  PI.  1,  L. 
28.  PI.  6.  L.  37.  PI.  4.  Hope  Fis-  80—109.  Carswell  FaM«  4. 
PI.  1,  Fase.  2.  PI.  4. 

Tuberkel  findet  sich  nur  neben  sehr  ausgedehnter 
allgemeiner  Tuberkulose  als  kleine  graue  oder  gelbe  Granu- 
lationen,  die  nur  höchst  selten  erweicht  gefunden  werden, 
oder  als  grössere  gelbe  Knoten. 

Parasiten. 

In  der  Leber  häufig  ist  Echinococcus;  die  Blasen 
sitzen  mitten  im  Parenchym  oder  mehr  auf  der  Oberfläche, 
wechseln  im  Durchmesser  von  1 — 2"  bis  zu  1',  sind  von 
einer  fibrösen  Kapsel  umgeben  und  enthalten  meist  eine 
grosse  Menge  kleinerer  Blasen;  oft  finden  sich  gleichzeitig 
im  Peritoneum  der  Umgebung  Ecbinococcen.  Das  Leber- 
parencbym  wird  durch  dieselbe  verdrängt,  atrophisch,  die 
Leber  ist  gewöhnlich  mit  allen  benachbarten  Theilen  ver- 
wachsen. Die  Ecbinococcen  können  spontan  absterben  oder 
durch  Entzündung  der  fibrösen  Kapsel  zu  Grunde  gehen, 
wobei  sich  ihr  Inhalt  oft  mit  Galle  mischt;  sie  können  auch 
entleert  werden:  durch  Atrophie  der  Kapsel  und  Platzen 
der  äussersten  Blase  entleeren  sie  sich  in  die  Bauchhöhle; 
oder  nach  vorhergegangenen  Adhäsionen  in  die  rechte  Pleu- 
rahöhle; oder  durch  einen  Lungenabscess  in  die  Bronchien; 
oder  in  das  Duodenum,  Colon  transversum,  in  den  Ducttu 
hepoHcuSf  die  Gallenblase  oder  ein  grösseres  Blutgefäss. 

AbbilduDsen :  Cruyeilhier  Liyr.  3.  PI,  5,  LI?r.  19.  PI.  1,  2. 
Lfrr.  37,  PI.  4<    Bafllie  FMc.  5.  PI.  6. 


aas 

Die  GalleBwege. 

Bildungsfehler:  Mangel  der  Gallenblase  selten. 

!•  Katarrhalische  Entzündung  des  Dtwtus  kih 
puiicut  nnd  der  übrigen  G.allengänge  ist  nicht  selten,  sie 
ist  primär  und  auf  die  GaUenwege  beschränkt ,  oder  sekun- 
där, vom  Duodenum  aus  fortgepflanzt.  Der  Katarrh  ist 
akut  oder  chronisch,  zuweilen  bflden  sich  Erosionen  und 
Geschwüre,  selten  Perforationen  der  Wände  mit  Ulceration 
der  Leber  oder  Perforation  Ton  Pfortaderästen,  häufig  bleibt 
die  Schleimhaut  gewulstet  und  bewirkt  eine  Verengerung 
des  Lumens  und  Anhäufung  yon  Galle  und  Schleim  hinter 
derselben,  welche  zu  allgemeiner  oder  zu  sackförmiger  Er- 
weiterung der  Gallengänge  in  der  Leber  und  zu  Bildung 
von  Gallenconcr^nenten  fuhren  kann.  In  solchen  Fällen 
findet  man  in  der  Leber  hirsekom-  bis  hühnereigrosse, 
rundliche,  mit  Galle  und  Schleim  gefüllte  Cysten.  Der  In- 
halt der  kleinen  Cysten  wird  zuweilen  fest  und  tuberkelar- 
tig, in  dem  der  grösseren  bilden  sich  Steine  aus  Schleim 
und  Galle. 

Die  Entzündung  der  Gallenblase  ist  bedingt  durch  den 
Beiz  Yon  Gallensteinen,  durch  traumatische  Einwirkungen 
oder  ist  vom  Duct.  choledochus  fortgepflanzt;  sie  verläuft 
akut,  ergreift  sämmtliche  Blasenhäute,  kann  Berstung  der 
Blase ,  Entleerung  der  Galle  und  des  Steines  in  die  Bauch- 
höhle oder^  wenn  vorzugsweise  der  Duct.  choledochus  er- 
griffen ist,  Verstopfung  desselben,  akuten  Icterus  und  Tod 
bewirken ,  mit  Heihmg  endigen  oder  in  chronische  Entzfln* 
düng  übergehen,  oder  sie  verläuft  chronisch;  als  solche  hat 
sie  zuweilen  Hypertrophie  der  Wände,  Ausdehnung  der 
Gallenblase,  Schleimanhäufung,  BUdung  von  Concretionen 
oder  Steinen  zur  Folge,  oder  sie  bewirkt  Verschrumpfung, 
der  Blasenwände,   weldie  verkleiden  oder  fettig  entarten, 


oder  fuhrt  Hydrops  cyst  felleae  herbei  (s.  imteii),  oder  sie 
setzt  Geschwüre  auf  die  SeUeimhant ,  Eiterbildiingy  Hohl- 
gange  im  submucösen  Zellgewebe  und  Perforationen  nadi 
allen  Seiten.  Die  Aussenseite  der  Gallenblase  wird  dabei 
durch  Pseudomembranen  Terdickt  und  durch  Adhäsionen 
mit  allen  benachbarten  Theilen  verbunden,  daher  folgen 
nach  der  Perforation  der  Blasenwände  meist  Infiltrationen 
des  umgebenden  Zellgewebes  mit  Galle,  EIntxfindung  und 
Eiterbildung,  Abscesse  hinter  dem  Peritoneum,  Fistelgänge 
durch  die  Bauchdecken,  in  den  Magen,  das  Duodemun, 
Colon  tTümtermsm. 

2.  Croupöse  und  diphtheritische  Entzündun- 
gen sind  selten  bei  Typhus  und  Cholera  beobachtet  worden. 

Krweitemn^  der  C^allenwe^e* 

Erweiterungen  werden  dirrekt  bewirkt  durch  grosse 
und  zahlreiche  Gallensteine,  durch  welche  der  Ductus  eluh 
UdochuB^  cjfsticus  und  hepaticus  bis  zur  Weite  eines  Dar- 
mes ausgedehnt  werden  können,  indirekt  durch  Hindemisse 
im  Abflüsse  des  Schleimes  und  der  Galle,  welche  sich  dann 
zunächst  hinter  der  verengten  oder  ganz  geschlossenen  Stelle 
anhäufen  und  eine  um  so  ausgedehntere  Erweiterung  der 
Gallengänge  bewirken,  je  näher  das  Hindemiss  an  der 
Duodenalmündung  liegt.  Der  Abfluss  der  Galle  wird  be- 
hindert: durch  Gallensteine,  Wulstung  und  Duplicaturen 
der  Schleimhaut,  Geschwülste. 

Ist  der  Ductus  cysiicus  allein  verengt  oder  geschlos- 
sen, so  tritt  keine  Galle  mehr  in  die  Blase  ein,  dieselbe 
wird  dann  zuweilen  durch  angehäuften  Schleim  allmälig  be- 
trächtlich ausgedehnt,  bei  vollständigem  Verschlusse  und 
langer  Dauer  werden  die  Wände  der  Blase  zu  einer  serö- 
sen Cyste  umgewandßlt,  welche  eine  wasserhelle  oder  schwach 
durch  Gallenreste  pigmentirte  Flüssigkeit  enthält.  (Hydrops 
cy$Hdis  felleae.)    In  anderen  Fällen  erfolgt  Verödung  der 


225 

Gallensteine,  mit  Eindickung  des  Inhalts,  Verkreidung  der 
Wandung. 

Verengerung  oder  Verschliessung  des  Ductus  choledo- 
chus  wirkt  auf  die  Gallenblase  und  die  Gallengänge  zugleich 
zurück.  Ist  die  Verengerung  nicht  bedeutend  und  langsam 
entstehend,  so  erweitem  sich  allmälig  die  GaUengänge,  zu- 
weilen bis  zum  5  —  6fachen  ihres  normalen  Umfanges.  Die 
Textur  der  Leber  erhält  sich  dabei  unyersehrt  oder  es  tritjt 
abnorme  Anhäufung  Ton  Galle  in  den  Zellen  ein.  Wird 
die  Verschliessung  vollständig,  so  tritt  allmälig  Atrophie 
der  Leber  ein  (s.  oben). 

AbbUdungen:  CruTcilhicr  Livr!  12.  PI.  4,  5.  Lirr.  29.  PI.  4. 

Patholoffisclie  BTeubilduiiffen. 

Neugebildetes  Bindegewebe  als  Verdickung  der 
Blasenwände  durch  Entzündung. 

Fett  entwickelt  sich  unter  dem  Peritonealüberzug  der 
Blase  bei  allgemeiner  Fettsucht  im  Unterleib  und  hat  zuwei- 
len eine  Fettmetamorphose  der  Muscularis  zur  Folge.  In 
den  Wänden  einer  verödeten  Blase  wird  zuweilen  Fett  ne- 
ben Kalksalzen  frei. 

Krebs  pflanzt  sich  meist  von  der  Leber  und  benachr 
harten  Lymphdrüsen  auf  die  Blase  über  und  wuchert  in  den 
Wänden  und  der  Schleimhaut  fort,  selten  entsteht  er  selbst- 
ständig in  Form  von  Knoten  im  submucöseii  Zellgewebe. 

Parasiten. 

Disioma  hepaticum  (Tremadote),  länglich,  eiför- 
mig, mit  Saugnäpfen,  Mund,  Darmkanal  und  beiderlei  Ge- 
schlechtstheUcn,  8—14'''  lang,  2—6'"  breit  (Taf.m,30). 

Diatoma  lanceolatum,  2 — 4'"  lang  und  1'"  breit, 
flbrigens  ebenso  gebaut. 

15 


226 

Beide  kommen  in  den  Gallengängen  und  der  Blase  vor, 
sind  aber  sehr  selten.  Die  Art  ihrer  Einwanderung  ist  uns 
unbekannt. 

«allensteine. 

Concretionen  y  welche  aus  Galle  und  Schleim  bestehen, 
finden  sich  nicht  selten  in  der  Gallenblase  und  den  Gallen* 
gingen;  es  sind  hirsekorn-  bis  taubeneigrosse ^  runde, 
eckige,  facettirte,  in  grosser  Menge  oder  sparsam  vorkom- 
mende Bildungen,  deren  Entstehung  nicht  immeV  erklärbar 
ist.  Sie  entstehen  vielleicht  durch  Concentration  der  Galle, 
durch  überwiegende  Bildung  einzelner  Bestandtheile ,  insbe- 
sondere des  Cholestearins  und  Farbstoffs;  den  Kern  bildet 
oft  ein  Schleimklumpen;  ihr  Gefüge  ist  oft  concentrisch,  so 
dass  man  auf  ein  allmäliges  Wachsthum  durch  Anlagerung 
Ton  Aussen  schliessen  kann. 

Die  meisten  Steine  bestehen  hauptsächlich  aus  Chole- 
stearine;  es  bildet  kreidenartige,  gelbe  oder  gelbbraune 
facettirte  Steine  oder  glänzende,  fein  granulirte  Kugeln  mit 
strahlig -blätterigem  Bruche  und  weisslich- gelblicher  Farbe. 

Nach  diesen  kommen  die,  welche  aus  Cholestea- 
rine  und  Gallenfarbstoff  bestehen;  sie  sind  dunkel- 
braun oder  grün  gefärbt,  enthalten  zuweilen  abwechselnd 
helle  und  dunkle  Schichten,  habe  eine  nicht  krystallinische 
Bruchfläche. 

Sehr  selten  bestehen  Steine  nur  aus  Gallen  färb- 
st off;  sie  sind  durchaus  grün  oder  grünschwarz  und  klein, 
auch  wenig  zahlreich. 

Den  meisten  Gallensteineu  sind  Schleim  «nd  koh- 
lensaurer Kalk  beigemischt,  auch  finden  sich  Gallen- 
steine,, die  nur  aus  diesen  Elementen  bestehen^  dah^  weiss, 
kreideartig,  wie  aHe  übrigen  Goncremente  ausseben  oder 
von   Gallenfarbstoff  grün  oder  gelb  gefdrbt  tand;    es  sind 


227 

keine  Niederschläge  aus  der  Galle  ^  sondern  Goncremente  in 
Schleim  und  Exsudaten. 

Constante  Jexturyeränderungen  der  Leber  bd  GraUm-- 
steinen  sind  nicht  Torhanden.  Man  findet  sie  meist  im  hö- 
heren Alter  9  häufiger  bei  Weibern  und  Leuten ,  die  eine 
sitzende  luxuriöse  Lebensweise  geführt  haben. 


16 


Pathologische  Anatomie  der  Beaplratldna- 

organe. 

1.    Die  Nasenhöhle. 

▲.    Schltimhaut  der  Nasenhohle,  Stirnhdhlt  und  Ober- 
kieferhöhle. 

BUdani^Bfeliler. 

Verschliessung  der  Nasenlöcher  durch  Verwachsung  der 
Schleimhaut. 

I 

Hyperftinie.    Httmorrha^le. 

Hyperämie  ist  sehr  häufig,  bedingt  durch  örtliche 
Reize 9  körperliche  Anstrengungen,  welche  mit  Kopfcon- 
gestionen  verbunden  sind,  häufigen  Genuss  alkoholhaltiger 
Getränke,  oder  durch  mechanische  Hindemisse  im  Bück- 
fluss  des  Kopfvenenblutes  bei  Herz-  und  Lungenleiden, 
Struma  u.  s.  w.,  oder  durch  Geschwülste  in  der  Nase. 

Hämorrhagieen  erfolgen  durch  Steigerung  der  Hy- 
perämie oder  spontan  bei  H'^morrhaphilie,  Scorbut,  Typhus, 
Milzkrankheiten. 

KnlKfiniluiii^. 

Die  katarrhalische  Entzündung,  Coryza,  ist 
sehr  häufig,  ist  auf  die  ganze  Nasenschleimhaut  ausgedehnt 
oder  nur  auf  einzelne  Stellen  derselben ,  erstreckt  sich  zu- 
weilen auf  die  Stirn-  und  Oberkieferhöhle,  oft  auf  die  Tuba 
Eusiachii^  die  Thränenkanäle,  den  Bachen  und  Larynx. 
Der  Katarrh  ist  akut  oder  chronisch,  bedingt  durch  lo- 
kale Reize,  durch  Uebertragung  katarrhalischen  Exsudates 


229 

Ton  anderen  Schleimbs^uten ,  durch  Erkältungen.  Langwie- 
riger oder  oft  recidiver  Katarrh  bewirkt  bedeutende  Ver- 
dickung der  Schleimhaut,  Erweiterung  der  kleinen  Venen, 
selten  Erosionen  und  Geschwüre,  oft  reichliche  Schleimab- 
sonderung, Blennorrhoe.  Neben  Katarrh  sind  nicht  selten 
die  sogenannten  Schlei rapolypen  (Blasen-,  Gallertpoly- 
pen), circumscripte  Anschwellungen  der  Schleimhaut  und 
des  submucösen  Zellgewebes  durch  schleimige,  colloide,  gal- 
lertige Masse,  welche  sich  bald  als  Exsudat  diffus  in  den 
genannten  Geweben  findet  oder  cystenartige  Massen  bildet, 
bald  vorzugsweise  im  Cavum  der  Drüsen  lagert  und  dann 
aus  Colloidmetamorphose  der  Zellen  der  Drüse  heryorgeht. 
Andere  Arten  weicher  Nasenpolypen  sind  bedingt  durch 
Neubildung  von  Bindegewebe  im  submucösen  Zellgewebe, 
welches  sich  bald  als  gallertige,  schlottrige,  aus  Faserzellen 
und  schleimiger  Intercellularsubstanz  bestehende  Masse,  bald 
als  grau-rothes,  weiches,  speckiges,  sarkomatöses,  bald  als 
härteres,  fibröses  Gewebe  darstellt.  Auf  der  Oberfläche 
der  Schleimhaut  findet  meist  lebhafte  Zellcnbildung  statt. 
Zwischen  den  Muscheln  sammelt  sich  zuweilen  Schleim  an, 
wird  hart,  sehr  stinkend  und  zuweilen  in  steinharte  Con- 
cremente  verwandelt.  (Rhinolithen.) 

In  einigen  Fällen  geht  die  Entzündung  auf  das  sub- 
raucöse  Zellgewebe  und  Perichondrium  über,  es  entsteht 
Schwellung  und  Böthung  der  Nase,  zuweilen  bilden  sich 
Abscesse,  welche  die  Schleimhaut  polypenartig  vordrängen 
und  pwforiren.  Werden  durch  die  Abscesse  Knorpel  oder 
Knochen  biosgelegt,  so  nekrosiren  diese  und  werden  abge- 
stossen,  es  entstehen  Verschwärungen  aller  Weichtheile  und 
ausgedehnte  Zerstörungen. 

In  Folge  des  chronischen  Katarrhs  wird  zuweilen  die 
Kommunikation  der  Nasenhöhle  mit  den  Stirn-  und  den 
Oberkieferhöhlen  verhindert,  es  häuft  sich  Schleim  resp. 
Eiter  in  den  letzteren  an,    die  Schleimhaut   ulcerirt.    der 


230 

Ktiodiea  wird  an  einer  Stelle  cariös  und  perforirt,  worauf 
sich  der  Inhalt  durch  einen  Fistelgang  entleert.  In  der 
Oberkieferhöhle  wird  im  genannten  Falle  das  Sekret  zu- 
weilen wässerig,  die  Höhle  wird  allmälig  zu  einer  dünnen 
Knochenblase  ausgedehnt  und  perforirt  endlich. 

Entzündungen  mit  croupösen  und  diphtheriti- 
schen  Exsudaten  kommen  bei  Neugeborenen  und  ausser- 
dem bei  Gesichtsrose,  Typhus,  Exanthemen  vor. 


1.  Die  Ozaena  der  Scrofulösen  beginnt  entwe- 
der mit  Katarrh  der  Schleimhaut  (s.  oben),  oder  tritt  so- 
gleich als  Yerschwärung  der  Schleimhaut  und  der  übrigen 
Weichtheile  auf,  sie  beginnt  meist  am  Naseneingang,  daher 
die  Nasenlöcher  mit  dicken  Krusten  bedeckt  werden,  schrei- 
tet dann  nach  hinten  zu,  bleibt  auf  die  Weichtheile  be- 
schränkt oder  es  nekrosiren  biosgelegte  und  verschwären  be- 
nachbarte Knochen.  Der  Process  kann  sich  von  der  Nase 
auf  die  Gresichts-  und  Rachenknochen  erstrecken  und  aus- 
gebreitete Zerstörungen  bewirken. 

2.  Die  Ozaena  der  Syphilitischen  beginnt  ent- 
weder mit  einfachen  Schleimhautgeschwüren  oder  häufiger 
mit  Periostitis  und  Nekrose  oder  Caries  der  Nasenknochen; 
von  letzteren  aus  bilden  sich  Abscesse  und  Fistelgänge  durch 
die  Schleimhaut,  durch  welche  die  Knochen  abgestossen 
werden.  Zuweilen  kommt  es  zu  ausgebreiteten  Verschwä- 
rungen  der  Knochen  und  Weichtheile,  die  sich  auf  Gesicht 
und  Rachen  ausdehnen. 

3.  Tripperkatarrh,  durdi  üebertragimg  von  Trip- 
perschleim entstanden,  ist  öfter  als  andere  Katarrhe  mit 
Geschwürsbildung  verbunden. 

4.  Lupus  pflanzt  sich  von  der  Cutis  auf  die  Nasen- 
schleimhaut fort,  bewirkt  meist  ausgedehnte  Zerstörungen 
(«.  Hautkrankheiten). 


231 

5.  Nicht  selten  sind  sogenannte  krebsige  Geschwüre 
der  Nasenschleimbaut  und  aller  Theile  der  Nase;  dieselben 
beruhen  nicht  auf  Zerfall  und  Verjauchung  eines  Carcino- 
ma, sondern  beruhen  in  einer  fortschreitenden  Zerstörung 
aller  Gewebe  durch  einfache  entzündliche  Atrophie ;  die  Ge- 
schwürsfläche und  Ränder  sind  entzündet  und  mif  Granu- 
lationen besetzt,  die  Weichtheile  und  die  Knochen  schwin- 
den, ohne  irgend  andere  specifische  Texturveränderungen 
erlitten  zu  haben,  als  mit  einer  leichten  Entzündung  ver- 
bunden sind.  Der  Name  krebsige  Geschwüre  kommt  yoA 
ihrer  äusserst  schweren  Heilbarkeit;  niemals  findet  man  in 
der  Leiche  von  Kranken,  die  mit  solchen  sogenannten  Ge- 
sichtskrebsen behaftet  waren,  Carcinome  in  anderen  Or- 
ganen. 

6.  Scorbutische  Geschwüre,  ähnlicb  wie  auf  der 
Mundschleimhaut. 

7.  Botzgeschwüre  und  ausgebreitete  Zerstörungen 
kommen  beim  Menschen  nach  Ansteckung  durch  rotzige 
Pferde  vor. 

Parasiten. 

In  der  Nasenhöhle  leben  keine  Parasiten,  man  hat  aber 
beobachtet,  dass  Ascaris  lumbricoides  zuweilen  durch  die 
Nasenhöhle  abgeht  oder  wohl  auch  in's  Antrum  Highmori 
wandert,  und  dass  Insectenlarven  in  der  Nasenhöhle 
und  ihren  Seitenhöhlen  zuweilen  aus  dahin  gelegten  Eiern 
zur  Entwickelung  kommen. 

B.    Sttbnluc^ftes  Zellgewebe,  Knorpel  un4  Kttochen. 

Katzlindiiiiyen 

dieser  Theile  sind  primär  und  selbstständig  oder  von  der 
Schleimhaut  auf  sie  fortgepflanzt,  haben  traumatischen  Ur- 
sprung oder  sind  syphilitische  und  scrofulöse  Erscheinungen. 


232 

Sie  eudigeu  inii  Heilung,  Hyperlrophie  oder  Abäcessbilduiig, 
bedingen  zuweilen  Zerstörungen  der  Knorpel  und  Knochen. 

Patholoiflfiiche  IVeubilduuii^en« 

Im  submucösen  Zellgewebe  und  im  Periost  der  Nasen- 
und  Racbenhöhle  wurzeln  häufig  Fibroide  und  Sarco- 
me,  welche  die  Schleimhaut  vor  sich  her  treiben,  die  knö- 
chernen Wandungen  aus  einander  drängen,  durch  die  Na- 
senlöcher nach  Aussen  oder  häufiger  durch  die  Choanen  in 
die  Rachenhöhle  ragen.  Sie  sind  rund,  oval,  oft  gestielt, 
polypenförmig.  (Fleischpolypen.) 

Krebs  entsteht  in  der  Schleimhaut  oder  im  Periost 
und  den  Knochen,  oder  in  der  Cutis  der  Nase,  bildet  bald 
Knoten,  welche  die  Nasenwände  aus  einander  treiben  und 
hervorwuchern,  bald  schwammartige  Geschwülste,  welche 
alle  übrigen  Theile  durch  Atrophie  zerstören,  bald  jau- 
chende Geschwüre,  die  unaufhaltsam  mn  sich  greifen.  Kiebse 
der  Oberkieferhöhle  treiben  den  Knochen  auf  und  brechen 
dann  hervor.  Meist  findet  sich  Krebs  in  den  benachbarten 
Lymphdrüsen  und  in  anderen  Organen, 

2.    Larynx  und  Trachea. 

Bildungafelokler. 

Die  Fisiula  tracheae  congenita  (Dzondi),  kleine  Fistel- 
gänge von  der  Haut  nach  dem  Larynx  oder  der  Trachea  zu, 
selten  in  die  letztere  selbst  einmündend,  in  der  Mittellinie 
unter  der  Incis.  cart.  thyr,  oder  in  geringer  Entfernung 
seitwärts  von  derselben;  Asymetrie  und  Verbildungen  ein- 
zelner Theile  (Spaltung,  Vergrösserung  oder  Verkleinerung 
der  Epiglottis);  Kleinheit  des  Kehlkopfs  bei  mangelhafter 
G^schlechtseTitwickelung.(Acquirirt  durch  die  Castration.) 


233 


Krweiterunn^.    Verengerung. 

Allgemeine  Erweiterung  c^urch  Atrophie  und  Erschlaf- 
fung aller  den  Kehlkopf  zusammensetzenden  Theile  kommt 
vor:  im  hohen  Alter,  nach  langwierigen  Katarrhen  und 
Lähmungen  der  Muskeln  des  Larynx.  Nach  langwierigen 
Katarrhen  der  Trachea  kommt  es  sehr  selten  zu  diyertikel- 
arügen  Ausbuchtungen  der  Schleimhaut  zwischen  den  ver- 
dickten Muskelbündeln  nach  hinten ;  die  Divertikel  sind  ein- 
zeln oder  zahlreich,  ihre  Grösse  ist  verschieden,  ihre  Mün- 
dungen sind  Querspalten. 

AbbüduDgen:  Albers,  Atlas  der  p.  A.  II.  T.  14. 

Das  Lumen  kann  verengert  oder  völlig  verschlossen 
werden  durch:  Hypertrophieen  der  Schleimhaut,  des  sub- 
mucösen  Zellgewebes,  der  Knorpel  oder  Exostosen  dersel- 
ben nach  der  Verknöcherung,  durch  Narbengewebe  und  pa- 
thologische Neubildungen,  durch  croupöse  Exsudate;  femer 
durch  Druck  von  Aussen:  Struma,  Aneurysma,  die  abnorm 
verlaufende  Art.  subclavia  dextra,  Krebs  und  Tuberkulose 
der  Lymphdrüsen,  hypertrophische  Thymus:  endlich  durch 
fremde  Körper. 

Hyperftmie* 

Bei  Neugeborenen  ist  die  Schleimhaut  stets  blutreich 
und  hochroth,  im  2.  —  3.  Monat  rosenroth  gefärbt.  Hy- 
perämieen  sind  an  und  für  sich  ohne  Bedeutung,  sie  füh-- 
ren  oft  zu  Hämorrhagieen:  bei  unterdrückter  Men- 
struations  -  und  Hämorrhoidalblutung,  bei  Herzfehlem,  Scor- 
but,  Tuberkulose,  bei  Katarrhen  und  Geschwüren.  Das 
ei^ossene  Blut  wird  entleert  oder  es  erfüllt  die  Luftröhre, 
Bronchien  und  Lungenbläschen  an  einzelnen  Stellen  und 
bewirkt  eine  fleckige  Röthung  der  Lunge. 


234 


KiitBfljiduiii^. 

A.    Der  Schleimhaut. 

1.  Katarrhalische  Entzündung.  Akuter  Ka- 
tarrh entsteht  durch  den  Beiz  kalter  Luft,  kalter  oder 
heisder  Getränke,  durch  allgemeine  Erkältung,  findet  sicl^ 
bei  Exanthemen  und  Typhus.  Die  Schleimbaut  ist  injicirt, 
gelockert,  angeschwollen,  mit  Epithelien  oder  Eiter  bedeckt; 
zuweilen  finden  sich  Erosionen  oder  Ulcerationen.  Es  folgt 
Heilung  oder  Uebergang  in  chronischen  Katarrh«  Am  häu- 
figsten kommt  die  akute  katarrhalische  Entzündung  im  La- 
rynx  vor,  in  der  Trachea  meist  nur  dann,  wenn  gleichzei- 
tig der  Larynx  oder  die  Bronchien  afficirt  sind.  Selten  ist 
sie  auf  die  Epiglottis  beschränkt,  welche  dann  beträchtlich 
anschwillt  und  als  rothe ,  der  Glans  penis  nicht  unähnliche 
Geschwulst  über  die  Zungenwurzel  ragt. 

Der  chronische  Katarrh  ist  eine  Fortsetzung  des 
akuten  oder  ist  gleich  Anfangs  chronisch,  findet  sich  nach 
denselben  Ursachen  wie  der  akute  und  ausserdem  häufig  bei 
Tuberkulösen,  Scroful'ösen,  bei  Herzkranken,  neben  Ge- 
schwülsten im  Kehlkopfe;  er  ist  meist  hartnäckig  und  oft 
recidiy.  Die  Schleimhaut  ist  blass  und  dentritisch  iujicirt, 
oder  dunkelbraunroth ,  oder  schiefergrau,  angeschwollen, 
hypertrophisch,  oder  seltener  atrophisch.  Im  Verlauf  des 
ohronischen  Katarrhs  im  Larynx  bilden  sich  zuweilen  Schleim- 
polypen, diffuse  Schwellungen  der  Schleimhaut  und  des 
submucösen  Zellgewebe,  die  zuweilen  bleibend  werden  und 
Stenose  des  Larynx  bedingen;  —  zuweilen  tritt  Atrophie 
und  Erschlaffung  der  Muskeln  und  Bänder  des  Larynx  ein, 
—  zuweilen  bilden  sich  in  der  Schleimhaut  Ulcera,  es  tritt 
bald  Atrophie  der  Knorpel,  insbesondere  Einschrumpfung 
der  Epiglottis  ein,  bald  chronische  Entzündung  und  Eiter- 
bildung im  jsubmucösen  Zellgewebe  und  Pericbondr ium ,  zu 
welcher   sich  Caries   der  Knorpel  und  Knochen,    circum-^ 


285 

Scripte  oder  ausgebreitete  Zerstorongen  des  Kehlkopfs  ge- 
sellen. (PhthUU  laryngeaUs.) 

Der  chronische  Katarrh  der  Trachea  führt  zuweilen 
enorme  Hypertrophie  der  Follikel  der  hinteren  Wand  her- 
bei, zuweilen  Erschlaffung  der  WSnde,  allgemeine  oder  par- 
tielle Erweiterung  der  Trachea. 

2.  Croupöse  Entzündung  kommt  im  Larynxals 
primäre,  selbstständige Aifection  Torzugsweise  im  kindlichen 
Alter  Yor.  a)  Group  der  Kinder  findet  sich  blos  im 
Kehlkopfe  oder  zugleich  in  der  Luftröhre ,  breitet  sich  sei-* 
ten  auf  die  Bronchien  und  Lungenbläschen  aus.  Die  die 
Schleimhaut  gleichmässig  überziehende  oder  inselartig  yer- 
theilte  Croupmembran  ist  florähnlich  dünn,  oder  1  —  2^' 
dick,  fest,  wie  geronnener  Faserstoff,  oder  weich,  rahm- 
artig, eitrig,  weiss,  gelblich,  graulich  oder  grünlich,  haftet 
fest  oder  sitzt  locker  auf.  Die  Schleimhaut  ist  injicirt,  hell- 
roth  oder  braunroth,  oder  ganz  blass,  zuweilen  serSs  infil- 
trirt  und  mit  Ecchymosen  durchsetzt.  Das  submucöse  Zell- 
gewebe ist  meist  serös  infiltrirt.  Nach  Abstossung  der 
Croupmembran  erfolgt  Heilung  oder  neue  Exsudation,  die 
zuweilen  als  diphtheritische  die  Schleimhaut  selbst  durch-* 

setzt  und  Zerstörungen  derselben  bewirkt. 

AbbUdon^n:  Alb  er  s  Abth.  2.   Xaf.   2.     CarBwell  Fase.  11. 
PI.  1.    Baillie  Fase.  2.  PI.  2. 

b)  Sekundärer  Croup  ist  bei  Angina  diphtkeritica 
oder  Aphthen  des  Bachens  von  der  Rachenschleimhaut  fort- 
gepflanzt, oder  tritt  in  Exanthemen,  bei  Typhus,  Cholera 
und  bei  Pyämie  als  Theilerscheinung  verbreiteter  croupöser 
Entzündungen  auf.  Das  Exsudat  zerfällt  häufig  in  Eiter 
und  Jauche,  ist  oft  ein  diphtheritisches. 

In  der  Trachea  kommt  Croup  nur  in  Begleitung  tob 
Croup  des  Larynx  oder  der  Bronchien  vor. 

3.  Diphtheritische  Entzündung  findet  sich  in 
Larynx  und  Trachea  bald  als  Complication  der  croupösen, 


236 

bald  als  selbstständige  Affection  bei  übel  verlaufenden  all- 
gemeinen Krankheiten  und  stellt  sich  als  diffuse  Degenera- 
tion der  Schleimhaut  oder  in  Form  von  Aphthen  dar. 

Abbildang:  Cruveilhier  Li?r.  35.  PL  4.. 

4.  Erysipelatöse  Entzündung  dehnt  sich  zuwei- 
len bei  Erysipelas  des  Halses  bis  auf  den  Kehlkopf  aus. 

Bei  Variola  finden  sich  zuweilen  Blatterpusteln  im 
Kehlkopf  .und  der  Luftröhre ,  sie  sind  klein,  blass  und  ge- 
hen sehr  selten  in  Eiter  über;  ihre  Entwickelung  ist  selten 
Ton  allgemeiner  Injection  oder  von  croupösen  Exsudationen 
begleitet. 

AbbUdangen :   F  r o  r  i  e  p ,  Klin.  Kpft.   T.  49.    C  a  r  s  w  e  1 1  Fase.  8. 
PI.  1. 

B.    Des  submucosen  Zellgewebes, 

Akute  Entzündungen  kommen  als  Begleiter  des 
akute  Katarrhs  oder  als  selbstständige  in  sehr  yerschiedener 
Weise  vor;  sie  finden  sich  meist  in  den  Theilen  oberhalb 
der  Glottis  und  bewirken  durch  massenhafte  seröse  oder  in 
Eiter  übergehende  Exsudate  leicht  Verschliessungen  der 
Glottis.  (Oedema  glottidisO  Bei  Typhus  und  Exanthemen 
gehen  die  Exsudate  oft  in  Eiter  über,  die  Schleimhaut  wird 
perforirt ,  die  Knorpel  blosgelegt  und  der  Kehlkopf  dadurch 
zerstört. 

Akuter,  seröser  Erguss  in  das  submucöse  Zellgewebe 
der  Schleimhaut  oberhalb  der  Glottis,  Oedema  Glottidis, 
kommt  vor  1)  als  Complication  akuter  und  chronischer  Ent- 
zündungen im  Larynx,  chronischer  Degenerationen  dessel- 
ben durch  Tuberkulose,  Krebs  und  andere  Neubildungen, 
2)  als  Theilerscheinung  aUgemein  verbreiteter  seröser  Er- 
güsse. Der  Erguss  hat  bald  die  Bedeutung  einer  entzünd- 
lichen, bald  die  eines  hydropischen ,  die  Schleimhaut  bildet 
pralle  oder  schlaffe  Wulstungen,  welche  die  Glottis  bedek- 


237 

ken  und  verengen.  Zuweilen  ist  die  Sclileimhaut  der  £pi- 
glottis  ebenfalls  bedeutend  angeschwollen. 

Chronische  Entzündung  folgt  meist  auf  Katarrb, 
hat  Verdickung  des  submucösen  Zellgewebes  durch  fibröses 
Gewebe  und  dadurch  Stenose  des  Kehlkopfs  zur  Folge. 

C.    Des  Perichondriums  und  Knorpels. 

Die  Perichondritis,  resp.  Periostitis  bei  toU- 
ständig  verknöcherten  Knorpeln,  befällt  meist  den  Ring- 
knorpel, ist  akut  oder  chronisch;  es  bilden  sich  Eiterherde 
zwischen  Knorpel  und  Perichondrium ,  nicht  verknöcherte 
Knorpel  werden  meist  rauh,  filzig  und  nekrosiren,   selten 

• 

schwellen  sie  an  und  erweichen ,  verknöcherte  Knorpel  wer- 
den cariös  oder  nekrotisch.  Zuweilen  erstreckt  sich  die  Ei- 
terung in  das  benachbarte  Zellgewebe,  oder  es  wird  die 
Schleimhaut  perforirt  und  der  Eiter  entleert  sich  in  den 
Kehlkopf,  oder  er  perforirt  nach  Aussen.  Die  Heilung  er- 
folgt nach  Entleerung  des  nekrotischen  Knorpels  oder  Kno- 
chens, der  Substanzverlust  wird  durch  ein  festes,  fibröses 
Narbengewebe  gedeckt,  welches  oft  verknöchert.  In  ande- 
ren Fällen  finden  wir  Hyperostose  und  Exostose  als 
Resultat  der  Periostitis. 

Die  Epiglottis  (Faserknorpel)  kann  Sitz  einer  akuten 
und  chronischen  Entzündung  sein,  die  sich  vom  Rachen  her 
oder  vom  Kehlkopfe  aus  auf  sie  verbreitet.  Nach  chroni- 
scher Entzündung  schrumpft  sie  zuweilen  sehr  ein ,  die  atro- 
phischen Ränder  rollen  sich  ein  und  die  ganze  Epiglottis 
kann  schwinden;  seltener  wird  sie  dicker,  rigider,  hyper- 
trophisch. 

Abbildungen :  A 1  b e r s  II.  T.  1—6,  9—11.    Cruveilhier  Li vr. 6. 
PI  2.  Fig.  2.    Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  65. 

Ciescliwiire* 

1.  Katarrhalische   und  FoUikuiargeschwQre 


888 

beginnen  mit  kleinen^  flachen  Erosionen  am  Bande  des 
Kehldeckels  und  an  den  Stimmbändern ,  sind  rund  oder 
Qval,  fiiessen  zuweilen  zusammen,  gehen  selten  in  dieTiefe, 
ausser  in  den  Sin.  Morgagni  ^  wo  sie  gleich  Anfangs  tief 
und  trichterförmig  sind. 

2.  Geschwüre  bei  Typhus  sind  katarrhalische  oder 
diphtheritische,  sitzen  wie  die  tuberkulösen  constant  in  der 
Schleimhaut  zwischen  den  Giesskannenknorpeln ,  sind  An- 
fangs klein 7  rund,  greifen  zuweilen  weit  um  sich,  zerstö- 
ren die  Bänder  der  Epiglottis ,  legen  die  Bänder  und  Knor- 
pel blos,  bewirken  Perichondritis  mit  Eiterbildung. 

3.  Syphilitische  Geschwüre  beginnen  meist  am 
Kehldeckel,  bleiben  auf  denselben  beschränkt  oder  erstrek- 
ken  sich  auch  auf  die  übrigen  Theile  des  Larynx  und  die 
Trachea;  die  Geschwüre  haben  unregelmässige  ^  zackige 
Bänder,  gehen  bis  zum  submucösen  Zellgewebe  oder  auch 
auf  Muskeln^  Bänder  und  Knorpel,  so  dass  zuweüen  be- 
trächtliche Zerstörungen,  insbesondere  des  Kehldeckels^  er- 
folgen. Heilung  erfolgt  unter  Bildung  fester,  fibröser  Nar- 
ben, welche  Stenose  des  Larynx,  oder  der  Trachea  be^ 
dingen. 

4.  Aphthöse  Geschwüre  sind  klein,  flach,  rund, 
entstehen  durch  Nekrosirung  kleiner  diphtheritischer  Exsu- 
date^ finden  sich  meist  bei  Tuberkulösen. 

51  Geschwüre  durch  Perforation  von  Oesopha- 
gusgeschwüren. 

6.  Tuberkulöse,  7.  carcinomatöse^  8.  vario- 
löse  Geschwüre,  9.  Botzgeschwüre. 

Abbildungen:  Alb  er  s  II.  T.  4->6,  10,  11,  13. 

PatlioIoivi«e]ie  ITeaMIdvimreB« 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  als  Hy- 
pertrophie des  submucösen  ZdlgtBwebes  nach  Entzündungen, 
suwoilea  leidet  es  dicke  ipedk%e  Massen,  seltener  Fibroi- 


239 

.de;  dieselben  sind  meist  klein^  entspringen  von  den  oberen 
oder  unteren  Stimmbändern,  ragen  polypenartig  in  den 
Kehlkopf  und  lagern  oft  in  einer  seitlichen  Ausbuchtung  der 
Schleimhaut  oder  der  Kehlkopfswand.  Ihre  Oberfläche  ist 
glatt^  rund  oder  gelappt,  drusig* 

Als  Hypertrophieen  der  Schleimhaut  und  des  submu- 
eösen  Zellgewebes  finden  sich  Papillargeschwülste 
und  Schleimhautpolypen,  meist  gestielt,  mit  kolbiger, 
mannichfach  gefalteter  Oberfläche  und  von  verschiedene 
Grösse,  zuweilen  mit  erweiterten  Gefässen,  Teleangiecta- 
sieen. 

Gewöhnlicher  Krebs  entsteht  im  Kehlkopf  selten 
selbstständig  und  bildet  im  submucösen  Zellgewebe  grössere 
oder  kleinere,  nach  Innen  ragende  Knoten;  häufiger  dringt 
der  Krebs  Ton  der  Zunge  aus  ein,  oder  die  Luftröhre  wird 
von  den  benachbarten  Theilen  aus  ergriffen. 

Epithelialkrebs  ist  häufiger,  bildet  polypöse,  kleine 
oder  grosse  Massen,  vereinselt  oder  in  grosser  Anzahl. 

Die  Verknöcherung  der  Kehlkopfknorpel  ist  im 
mittleren  und  höheren  Alter  normal,  seltener  verknöchern 
die  Luftröhrenringe.  Eine  abnorme  frühzeitige  Yerknöche- 
rang  tritt  ein  bei  Entzündungen  und  Yersdiwiurungen  dei 
Kdblkopfs^  insbesondere  bei  Tuberkulose.  Der  verknöcherte 
Knorpel  kann  cariös  oder  nekrotisch  werden,  selten  smA 
Hyperostose  und  Exostose  desselben.  Bei  Greisen 
indet  sich  Atrophie  desselben. 

Im  Kehldeckel  findet  zuweflen  Yerkreidung  stett« 

In  den  Iforgagni'schen  Ventrikeln  bilden  sich  nieht  sei* 
ten  €oncremente. 

Tuberkel  im  Kehlkopf  finden  mh  bei  entwidbetter 
Lungentuberkulose,  die  grauen  oder  gelben  Tuborkel  sitzen 
kl  der  Schleimhaut  und  dem  submucösen  ZeUgewebe  an  der 
hinteren  Kehlkoptfewand  zwischen  den  Giesskannenknorpefai^ 
erweiehea  imA   nnd   bilden   kleine,,   triditorf&nmge  Ge« 


240 

ffchwüre,  die  meist  zusammenfliessen  und  durch  Zerfall 
neuer  in  den  Bändern  und  der  Basis  entwickelter  Tuberkel 
ausgebreitete  Zerstörungen  bewirken,  Abscesse  im  submu- 
cösen  Zellgewebe,  Nekrose  des  verknöcherten  Knorpels  zur 
Folge  haben.  Heilung  kann  unter  Narbenbildung  erfolgen. 
Tuberkel  in  der  Luftröhre  sind  selten. 

Abbildungen:  Albers  II.  T.  7  —  9.  CruTeilhier  Livr.  5. 
PI.  2.  Zeitschr.  der  Wien.  Aerzte.  YII.  Jhg.  1.  Bd.  Froriep^  Klin. 
Kpft.  T.  63.    H  0  p  e  Fig.  48,  49. 

3.    Bronchien. 

Elnreiteraiii^. 

Mit  dem  Namen  Bronchectasis  bezeichnet  man  den 
Zustand  der  Bronchien,  in  welchem  die  letzteren,  statt  sich 
in  ihren  Verzweigungen  allmälig  zu  verkleinem,  entweder 
einen  gleichen  Umfang  behalten ,  oder  an  Umfang  zunehmen. 

Dieser  Zustand  stellt  sich  uns,  je  nach  seinen  verschie- 
denen ätiologisphen  Bedingungen,  unter  verschiedener  Ge- 
stalt dar. 

1.  Man  findet  beim  Aufschneiden  der  Bronchien,  dass 
von   den  Bronchien  3.  —  4.  Ordnung  an  der  Umfang  der- 

'-  selben  nicht  mehr  abnimmt ,  sondern  sich  gleichbleibt  oder 
selbst  zunimmt ;  es  sind  alle  Bronchialverzweigungen  bethei- 
ligt, die  Erweiterung  ist  massig  und  hört  in  den  letzten 
Verzweigungen  auf,  ohne  blindsackförmige  Endigung.  Die 
Wände  sind  verdünnt,  die  Schleimhaut  ist  im  Zustande  des 
chronischen  Katarrhs;  das  Lungengewebe  normal,  oder  hy- 
perämisch,  oder  mit  den  weiteren  Veränderungen  bei  chro-^ 
nischer  Bronchitis.  Dieser  Zustand  ist  wohl  durch  die  in 
Folge  der  chronischen  Bronchitis  eingetretene  Erschlaffung 
der  Wände  bedingt. 

2.  Gleichmässige  Erweiterung  der  Mehrzahl  der  Bron- 
chien 3.  und  4.  Ordnung  in  geringer  Ausdehnung  mit  auf- 
fälliger Verdickung  der  Wände  und  Verödung  des  umge-  ' 


241 

benden  Limgengewebes ,  so  dass  man  beim  Einschneiden  in 
die  Lunge  die  Durchschnitte  vieler  erweiterter  Bronchien 
nahe  neben  einander  sieht.  Die  Schleimhaut  ist  ebenfalls 
im  Zustande  des  chronischen  Katarrhs,  die  übrige  Lunge 
meist  hyperämisch.  Die  Erweiterung  ist  theils  Folge  der. 
Entartung  der  Wände  durch  die  chronische  Entzündung, 
theils  der  später  eintretenden  Verödung  des  umgebenden 
Lungengewebes, 

3.  Es  sind  nur  einzelne  Bronchien  auf  kleinere  oder 
grössere  Strecken  erweitert,  die  Erweiterung  ist  beträcht- 
lich, die  erweiterten  Stellen  endigen  meist  blind,  die  Er- 
weiterung ist  gleichförmig,  cylindrisch  oder  blasig,  höhlen- 
artig, paternosterförmig;  die  Wände  sind  entweder  hyper- 
trophisch, oder  yerdünnt,  die  Schleimhaut  im  Zustande  der 
chronischen  Blennorrhoe,  oder  glatt,  fast  einer  serösen  Haut 
ähnlich.  Das  umgebend^  Lungenparenchym  ist  völlig  ver- 
ödet, die  Lunge  daher  an  dieser  Stelle  verschrumpft,  einge- 
sunken, seltener  bei  grossen  Erweiterungen  aufgetrieben. 
Diesen  Zustand  beobachtet  man  nach  langwieriger  chroni- 
scher Bronchitis,  nach  chronischer  Pneumonie,  nach  €om- 
pression  der  Lunge  durch  pleuritische  Exsudate,  nach  Ver- 
ödung tuberkulöser  Massen.  Die  Erweiterung  folgt  allmä- 
lig  der  Verödung  des  Lungengewebes,  wenn  bei  dieser  der 
Thorax  nicht  einsinkt  und  daher  die  Luft  mit  grösserer 
Kraft  in  die  Bronchien  eindringt. 

4.  Diese  partiellen  Erweiterungen  höheren  Grades  er- 
reichen zuweilen  einen  bedeutenden  Umfang,  neben  einander 
liegende  Höhlen  communiciren  endlich  mit  einander  und  es 
zeigt  sich  dann  ein  grosser  Theil  der  Lunge,  ja  in  seltenen 
Fällen,  wenn  viele  Bronchien  ergriffen  waren,  die  ganze 
Lunge  in  ein  Aggregat  von  Höhlen  umgewandelt,  die  sich 
kaum  mehr  als  erweiterte  Bronchien  erkennen  lassen.  Das 
Lungengewebe  ist  hier  grösstentheils  verödet. 

Selten  schliessen  sich  bronchectasische  Höhlen  von  ih- 

16 


242 

rem  Bronchus  ab  und  bilden  eine  Caverne  oder  Cyste  ^  die 
men  mit  Schleim,  Eiler  oder  wohl  auch  mit  seröser  Flüs- 
sigkeit gefüllt  findet. 

Der  Thorax  ist  an  den  betroffenen  Stellen  meist  ein- 
gesunken,  selten  erweitert. 

In  der  Schleimhaut  der  erweiterten  Bronchien  kann 
Entzündung,  Brand  eintreten.  Zuweilen  zerfällt  ihr  Inhalt 
zu  Brandjauche,  worauf  auch  die  Wände  und  dann  das 
umgebende  Lqngengewebe  von  Brand  ergriffen  werden. 

Abbildungen :  A 1  b  e  r  s ,  Atlas  III.  Taf.  40—42.    H  o  p  e  T.  60,  62. 
Carswell  Fase.  9.  PL  1—3. 

Verengerung,  Hyperämie  und  Hämorrhagie 
wie  im  Larjmx. 

JBntiaBÜndiiiii^« 

1.  Katarrhalische  Entzündung.  Die  akute 
Bronchitis  ist  auf  beide  Lungen  oder  nur  auf  eine  aus- 
gebreitet, sie  findet  sich  nur  in  den  grösseren  Bronchien, 
oder  nur  in  den  kleinsten ,  oder  in  beiden.  Die  Hyperämie 
ist  yerschieden  stark,  durch  dunkle  Böthe  zeichnet  sich  die 
Bronchitis  bei  Typhus  aus,  auf  der  Schleimhaut  wird  an- 
fangs ein  zartes,  glasiges,  farbloses  oder  blutig  gefärbtes 
Exsudat  gebildet,  dann  tritt  lebhafte  Zellenbildung,  endlich 
Eiterbildung  ein.  Erfolgt  nicht  der  Tod,  so  heilt  die  Ent- 
zündung völlig  oder  geht  in  chronische  Entzündung^  über. 
Die  Entzündung  der  kleinsten  Bronchien,  Bronchitis 
capillaris,  ist  besonders  bei  kleinen  Kindern  häufig  und 
meist  tödtlich,  indem  der  Luftwechsel  mit  den  Lungenbläs- 
dien  behindert  wird;  die  letzteren  füllen  sich  mit  Schleim 
und  Epithelien,  das  Lungengewebe  wird  luftleer,  weiss- 
gelblich,  oder  bei  gleichzeitiger  Hyperämie  blauroth,  die 
benachbarten  Theile  emphysematös.  Zuweilen  findet  nicht 
allein  Termehrte  Bildung  von  Epithelien,  sondern  auch 
Bildung  Ton  Exsudatsellen  in  den  Bläschen  statt,  es  er- 


245 

scheinen  dann  kleinere  Partieen  grau  oder  roth  hepatisirt. 
(Pneumonia  lobiJaris,) 

Die  akute  Bronchitis  kann  heilen  oder  in  chronische 
Bronchitis  übergehen. 

Die  chronische  Bronchitis  ist  sehr  häufig  nach 
Erkältungen ;  bei  Herzkranken  und  Tuberkulösen^  nach 
Exanthemen^  Typhus ;  die  Bronchien  sind  mit  Schleim  oder 
Eiter  gefüllt,  die  Schleimhaut  weich,  verdickt,  braunroth 
oder  violett,  seltener  atrophisch;  das  submucöse  Zellgewebe 
und  die  Längsbänder  oft  verdickt,  die  Muscularis  verdickt, 
schlaff.  Erosionen  und  Geschwüre  sind  selten  und  nur  in 
den  grösseren  Bronchien. 

Ist  die  Entzündung  über  sämmtliche  Bronchien  ausge- 
bjettet,  so  wird  sie  durch  Aufhebung  des  Lufteintrittes  in 
die  Lungenbläschen  oft  tödtlich  unter  cyanotischen  Erschei- 
nungen; auf  die  grösseren  Bronchien  beschränkt,  wird  sie 
länger  ertragen,  tödtet  aber  öfters  durch  plötzliche  Ausbrei- 
tung der  Entzündung  auf  die  capillaren  Bronchien  und  Lun* 
genbläschen.  Langdauemde  Bronchitis  bewirkt  oberflächli- 
ches Emphysem,  Obliteration  von  Lungenbläschen,  zuwei- 
len Bronchectase ,  Hyperämie  der  Lungen  und  Behinderung 
des  Abflusses  des  Lungenarterienblutes ,  dadurch  Erweite- 
rung des  rechten  Herzens,  gehinderten  Abfluss  des  Blutes 
aus  dem  Hohlvenensacks ,  daher  Yerlangsamung  des  venö- 
sen Blutlaufs  überhaupt,  cyanotische  Erscheinungen  und 
hydropische  Ergüsse,  unter  welchen  Erscheinungen  die 
Kranken  langsam  zu  Grunde  gehen. 

Akute  und  chronische  Bronchitis,  sehr  einfach  in  ihrer 
anatomischen  Gestalt,  liegen  verschiedenen  klinischen  Ejrank- 
heitsbildem  zu  Grunde ;  solche  sind :  akuter  und  chronischer 
Lungenkatarrh,  Katarrhalfieber. 

Asthma  humidum,  Anfälle  von  Athemnoth  durch 
allmälige  Ueberfüllung  der  Bronchien  mit  Schleim ;  ist  starke 
Ersticbmgsnoth   dabei,    so  nennt  man  den  Zustand   den 

16* 


244 

Katarrhus  suffocativui;  stirbt  der  Kranke,  so  ist 
er  am  Stickfluss,  Schleimschlag  gestorben. 

Katarrhus  convulsiva,  Keuchhusten,  eine 
durch  seine  epidemische  Verbreitung  und  sehr  heftige  An- 
fälle von  Athemnoth  charakterisirte  Bronchitis  der  Kinder, 
•die  oft  durch  Ausbreitung  auf  die  kleinsten  Bronchien  und 
durch  Complication  mit  Pneumonie  tödtet. 

Phthisis  pituitosa,  Katarrh  der  grösseren  Bron- 
chien mit  profuser  Exsudation  und  Eiterbildung  auf  der 
Oberfläche  der  Schleimhaut. 

Pneumonia  notha^  Bronchitis  maligna^  ist 
die  Bronchitis  capillaris  der  Erwachsenen. 

2.  Croupöse  Entzündung  kommt  vor:  a)  als  Fort- 
setzung der  croupösen  Entzündung  des  Larynx  und*der 
Trachea  bei  Kindern  oder  selten  als  isolirter  Croup  der 
Bronchien;  b)  als  selbstständige  Entzündung  bei  Erwachse- 
nen meist  in  Begleitung  von  Pneumonie,  ist  auf  die  grös- 
seren Bronchien  beschränkt  oder  erstreckt  sich  bis  auf  die 
kleinsten. 

3.  Diphtheritische  Entzündung,  Brand,  fin- 
det sich  selten  neben  Croup,  häufiger  bei  Lungenbrand. 

Patlioloj[(l«che  IVeubiMunyen. 

In  den  grösseren  Bronchien  finden  sich  zuweilen  po- 
lypenartige Hypertrophieen  der  Schleimhaut.  Sel- 
ten ist  Verknöcherung  der  Bronchialknorpel. 

Krebs  findet  sich  zuweilen  fortgepflanzt  von  den 
Bronchialdrüsen  in  den  Wänden. 

Tuberkel  finden  sich  neben  Lungentuberkeln  als 
kleine,  graue  oder  gelbe  Knötchen  in  den  grösseren  Bron- 
chien, als  gleichmässig  verbreitete  Entartung  der  Schleim- 
haut und  des  submucösen  Zellgewebes  in  den  Bronchien, 
welche  in  Cavemen  münden.  Zuweilen  ist  die  Tuberkulose 
der  Bronchialschleimhaut  vorwiegend  entwickelt,  besonders 


245 

iu  den  kleinen  Bronchien ;  Erweichung  und  Zerfall  der  ent- 
arteten Theile  zieht  die  des  Lungengewebes  nach  sich. 

In  verödetem  Lungengewebe  findet  man  die  Bronchial- 
enden  zuweilen  obliterirt  und  mit  einer  gelben,  käsigen, 
tuberkelartigen  Masse  gefüllt,  welche  aus  eingetrocknetem 
Schleim  und  Epithelien  entstanden  ist. 


4.    Die  Lungen. 

Bildungrsfeliler« 

Mangel  einer  Lunge,  während  die  andere  die  uugc- 
thcilte  Lungenarterie  und  die  Lungenyenen  erhält;  Tielfache 
Lappung;  Mangel  eines  Theiles  des  Thorax  und  Lage  eines 
Lungeustückes  ausserhalb  desselben  unter  den  Weichtheilen 
(angeborener  Lungenbruch);  Sittis  transverms. 

HyperÜHiie« 

Hyj)erämieen  der  Lunge  sind  häufig,  sie  sind  vorüber- 
gehend oder  anhaltend  und  können,  wenn  sie  rasch  und  in 
hohem  Grade  sich  auf  beiden  Lungen  entwickeln,  unter  den 
Zeichen  der  Apoplexie  tödten;  sie  führen  auch  Hämorrha- 
gieen,  Entzündung  und  Oedem  herbei.  Sie  finden  sich  ins- 
besondere bei  sogenannten- plethorischen  Individuen;  bei  ju- 
gendlichen Subjekten  mit  schmalem  Thorax,  in  heisser  Jah- 
reszeit, nach  Anstrengungen  der  Brust,  Einathmen  reizen- 
<ler  Gase,  heisser  und  kalter  Luft,  bei  unterdrücktem  Men- 
struations-  und  Hämorrhoidalflusse ,  bei  Herzkrankheiten, 
chronischer  Bronchitis. 

Nach  dem  Tode  durch  Lungenhyperämie  findet  man  die 
Lungen  dunkelrotb,  gleichmässig  mit  Blut  gefüllt,  knisternd, 
die  Bronchialschieimhaut  geröthct,  in  den  Bronchien  und 
der  Luftröhre  schaumigen,  oft  blutigen  Schleim,  das  Herz 
und  die  Venen  der  Hirnhäute  strotzend  mit  Blut  gefüllt,  in 


246 

den  Hirnventrikeln  oft  serösen  Erguss;  Gesicht  gedunsen^ 
blau;  Haut  liyid,  mit  zahlreichen  Todtenflecken. 

Bei  Lungenhyperämie  bedingt  durch  Herzkrankheiten 
ist  die  Röthe  sehr  dunkel,  die  Bronchialschleimhaut  hyperä- 
misch  und  im  Zustande  des  chronischen  Katarrhs;  einzelne 
Stellen  werden  allmälig  luftleer,  sie  sind  dunkelbauroth, 
stark  mit  Blut  durchdrängt,  knistern  nicht  mehr  und  wer- 
den allmälig  dichter,  fester;  man  nennt  diesen  Zustand 
Splenisation;  derselbe  findet  sich  auch,  aber  seltener  bei 
Hyperämieen  aus  anderen  Ursachen,  ist  aber  immer  nur  auf 
einzelne,  zumeist  die  unteren  Lungenpartieen  beschränkt. 
In  Folge  der  Hyperämieen  Herzkranker  sind  neben  der  Sple- 
nisation häufig  Ecchymosen,  die  man  als  kleine  blau-  oder 
braunrothe,  feste  Flecken  im  hyper'ämischen  Gewebe  sieht; 
das  Hämatin  des  ergossenen  Blutes  wird  im  interstitiellen 
Zellgewebe  sowohl,  als  in  den  Lungenbläschen -Epithelien 
zu  braunem  und  schwarzem  kömigem  Pigmente,  die  Lunge, 
welche  schon  durch  die  Hyp^ämie  und  die  splenisirten 
Stellen  dichter  und  härter  geworden,  wird  durch  diese 
Pigmentirung  fleckig  braun  und  schwarz  gefärbt.  Dieser 
Zustand  wird  braunrothe  Hypertrophie,  Pigment- 
induration genannt. 

Nach  langem  Krankenlager,  bei  sehr  schwachen  Kran- 
ken, Greisen,  bei  Himkrankheiten,  Typhus  findet  sich  Hy- 
perämie der  unteren  und  hinteren  Lungenpartieen,  Lun- 
gen-Hypostase, welche  auch  zur  Splenisation  und  Ent- 
zündung führen  kann;  die  Hyperämie  ist  am  stärksten  in 
den  tiefsten  Theilen  und  geht  nadi  oben  allmälig  in  die 
Norm  über.  Eine  ganz  ähnliche  Hyperämie  findet  sich  in 
allen  Leichen  als  Folge  der  Senkung  des  Blutes  nach  dem 
Tode;  Hypostase  und  Leichenhyperämie  gehen  in  einander 
über;  beide  sind  nur  durch  den  hohen  Grad  der  erstereu 
-«u  unterscheiden. 


247 

Die  Blutung  erscheint  meist  in  der  Gestalt  des  hä- 
morrhagischen Infarctes,  der  in  seinen  niederen  Gra- 
den sich  der  Splenisation,  in  seinen  höheren  dem  hämorrha*- 
gischen  Herde  nähert.  In  Folge  der  auf  kleinere  oder  grös- 
sere Stellen  beschränkten  Stase  und  fixtravasation  des  Blu- 
tes ist  die  betroffene  Partie  schwarzroth,  blauroth,  fest,  auf 
der  Schnittfläche  ist  das  Lungengewebe  nicht  mehr  zu  er* 
kennen  9  die  Bruchflädie  ist  trocken  kömig.  Das  Blut  ist 
in  die  Lungenbläschen ,  kleinsten  Bronchien  und  in  das  in- 
terstitielle Gewebe  ergossen.  In  den  zu  dieser  Stelle  füh- 
renden Gefässen  finden  sich  feste  Gerinnsel ,  die  sich  oft 
bis  in  den  Stamm  der  Lungenarterien  erstrecken.  Die 
Grösse  der  Stellen  ist  yerschieden,  sie  wechselt  von  3'" — 
3^^  Dchm.,  kleine  Infarcte  finden  sich  oft  in  grosser  An- 
zahl, grosse  meist  nur  einzeln;  ihre  Gestalt  ist  rund,  eckig; 
sie  lagern  in  aUen  Theilen  der  Lunge,  häufiger  in  der 
Tiefe,  doch  auch  ganz  oberflächlich  unter  der  Pleura.  Das 
Machbargewebe  ist  normal  oder  ödematös,  hyperämisch,  ent- 
zündet. 

Die  Bedingungen  der  Entstehung  des  hämorrhagischen 
Infarctes  sind  noch  nicht  vollständig  bekannt.  Er  kann  be- 
dingt sein  durch  Steigerung  einer  Hyperämie  und  Stase, 
durch  Gerinnselbildung  in  den  Ausbreitungen  der  Lungen- 
arterie, nach  Dittrich  durch  fettige  Entartung  und  Zer- 
reissung  der  Endigung  der  Lungenarterie,  am  häufigsten 
findet  er  sich  bei  Pyämie. 

Die  Ausgänge  sind:  1)  Verödung  des  Lungengewebes 
durch  Narbenbildung,  das  Hämatin  wird  zu  braunro- 
them ,  später  schwarzem  Pigment  und  es  entsteht  eine  feste, 
gefärbte  Narbe;  in  derselben  findet  später  oft  Concrement- 
bildung  statt  und  man  glaubt  dann  durch  verkreidete  Tuber- 
kel verödetes  Lungengewebe  vor  sich  zu  haben;  2)  Eite- 
rung; es  bildet  sich  Eiter,  welcher  anfangs  durch  die  Bei- 


miscbung  der  Blutiarbe  roth,  Tioktt  ist.  das  eingeschlos- 
sene Lungengewebe  schwindet  and  es  entsteht  ein  Eiter- 
herdy  gewöhnlich  metastatischer  Herd  genannt.  Die 
Eitertierde  können  darch  Entzündung  in  der  Peripherie  oder 
dordi  Zusanimenfliessen  sich  yergrössem;  3)  Brand,  nm- 
schriebener  Brand,  derinfarct  zer^t  zu  einem  trodc-> 
nen  oder  feuchten,  braunen  oder  grünen  Brandschorfe  Ton. 
hdchst  üblem  Gerüche,  zottigem,  schmierigem  Gerüche,  wel- 
ches sich  leicht  aus  einander  drücken  lässt  (s.  unten). 

Abbildanfen:  CrnTeilhier  Lirr.  3.  PI.  1,  cep.  bei  Froriep, 
Klia.  Kpft.  T.  50  Qod  Albers  3.  Abth.  T.  24.  Hope  Fig.  32—34. 
Carsirell  Fase.  6.  Fl.  2. 

Selten  bildet  sich  unter  Zerreissung  und  Zertrümme- 
rung des  Lungengewebes  ein  wirklicher  hämorrhagi- 
scher Herd  in  einer  hyperämischen  Umgebung,  man  fin* 
det  ihn  meist  bei  Zerreissung  grösserer  Gelasse,  Aneurys- 
men; seine  Ausgänge  sind:  Entleerung  durch  die  Bron- 
chien, ganze  oder  theilweise  Resorption  und  Vemarbung 
des  zerrissenen  Gewebes ,  Einkapselung  des  geronnenen  Fa« 
serstoffs  und  spätere  Verkreidung  desselben. 

An&mie. 

Anämie  findet  sich  nach  bedeutenden  Hämorrhagieen, 
langwierigen  Krankheiten,  seniler  Atrophie,  Emphysem, 
Gompression  der  Lunge,  bei  mangelhaftem  Gapillarblutlauf. 
Die  anämische  Lunge  ist  graulich  gefärbt,  die  schwarzen 
Pigmentflecken  treten  deutlich  hervor,  zuweilen  ist  sie  grell 
hellroth  gefärbt,  wenn  das  wenige  Blut  durch  die  letzten 
AthemzUf?^)  noch  oxydirt  wurde. 

Hypertrophie.    Alrophie« 

bleibende  Vergrösserung  einer  Lunge  findet  statt,  wenn 
die  andere  ganz  oder  theilweis  atelectasisch  wird,  und  ist 
bedingt  durch  massige  Erweiterung  der  Bläschen  und  Ge- 


249 

fasse.  Der  Umfang  der  Lungen  kann  ferner  yermehrt  wer- 
den: durch  Emphysema  vesictdare,  Hämorrhagie ,  Hepatisa** 
tion  und  Neubildungen. 

Atrophie  einzelner  Stellen  tritt  zuweilen  nach  Ent- 
zündung, Compression  des  Lungengewebes  ein,  das  Ge- 
webe wird  schlafT,  luft-  und  blutarm,  stark  pigmentirt.  Im 
Greisenalter  tritt  geringe  Atrophie,  partielle  Verödung  von 
Bläschen  und  Capillaren,  in  den  Lungenspitzen  und  am 
vorderen  Rande  der  Lungen  sehr  häufig  ein ,  zuweilen  er- 
reicht sie  aber  einen  höheren  Grad,  es  tritt  Sdiwund  der 
Scheidewände  der  Lungenbläschen  ein,  so  dass  deren  Räu- 
me an  einzelnen  Stellen  zusammenfliessen  und  grössere  Bla- 
sen bilden;  gleichzeitig  obliteriren  die  Gefässe  und*es  wer- 
den so  Mos  die  peripherischen,  oberen  Lungenpartieen  oder 
fast  die  ganzen  Lungen  in  ein  anämisches,  aus  weiten  Luft- 
räumen zusammengesetztes  Netzwerk  verwandelt.  Der  Tho- 
rax sinkt,  dem  Schwunde  der  Lunge  folgend,  ein,  plattet 
sich  seitlich  ab,  der  Rücken  kriimmt  sich,  das  Stemum 
wird  vorgeschoben,  die  Brustmuskeln  magern  ab.  (Atrophia 
oder  Emphysema  senil.) 

Kmpliyseina« 

1)  Emphysema  vesiculare  besteht  in  Erweiterung 
einer  grossen  Anzahl  von  Lungenbläschen,  welche  allmälig 
durch  Schwund  der  Zwischenwände  unter  einander  commu- 
niciren. 

a)  Gleichmässige  Erweiterung  des  Lungenbläschen  der 
Spitze  und  des  vorderen  Randes  in  geringem  Grade  bildet 
sich  fast  bei  allen  akuten  Krankheiten  der  Lunge,  bei  wel- 
chen der  Lufteintritt  in  gewisse  Partieen  bebindert  wird  und 
die  Inspirationsbewegungen  sehr  häufig  sind. 

Dieses  geringe  Emphysem  bewirkt  an  und  für  sich 
keine  weiteren  Störungen,  bildet  sich  zurück  oder  geht  all- 
mälig in  die  höheren  Grade  über. 


250 

Selten  sserreissen  bei  sehr  heftigen  Inspirationen  ein- 
zelne Wände  und  es  entstehen  grössere  Lufträume ,  Em- 
physem im  interstitiellen  Gewebe^  Mediastinum,  Zellgewebe 
des  Halses. 

b)  Die  höheren  Grade  des  Emphysems  bilden  sich  aus 
den  während  akuter  Lungenkrankheiten  entstandenen  niede- 
ren Graden  weiter  oder  sie  entstehen  allmälig  während 
chronischer  Krankheiten  der  Lunge  und  des  Bespirations- 
apparates  und  sind  wie  das  Yorige  bedingt  durch  gewaltsa- 
mes Emströmen  von  Luft  in  einen  Theil  der  Lungenbläs- 
chen, iK^Lhrend  der  andere  dem  Luftzutritt  yerschlossen  ist. 
Es  findet  sich  meist  an  der  Spitze  und  dem  Torderen  Bande 
beider,  selten  blos  einer  Lunge.  Die  Lungenbläschen  sind 
migleichmässig  erweitert,  durch  Schwund  der  Zwisdien- 
wände  entstehen  grössere  Blasen;  so  findet  man  den  em- 
physematösen  Theil  der  Lunge  stark  gedunsen,  ausgedehnt, 
an  der  Oberfläche  vereinzelte  oder  diffus  yertheilte,  erbsen- 
bis  hühnereigrosse,  äusserst  dünnwandige  Blasen,  unter  die- 
sen kleinere  und  immer  kleinere,  welche  allmälig  in  das 
normale  Gewebe  übergehen.  Das  so  entartete  Gewebe  ist 
blutarm,  stark  pigmentirt,  der  Luftwechsel  unyollkommen, 
die  normale  Textur  der  Lungenbläschen  ist  gänzlich  zu 
Grunde  gegangen,  die  Epithelien  geschwunden,  die  Gefässe 
yerödet. 

Der  Thorax  ist,  entsprechend  der  Schwellung  des  em- 
physcmatösen  Lungentheils ,  rundlich  gewölbt,  besonders 
Torn,  tonnenförmig  aufgetrieben,  Intercostalräume  flach;  bei 
isolirtem  oder  einseitigem  Emphysem  circumscripte  Erwei- 
terung; Herz  und  Leber  sind  verdrängt. 

Sind  bei  ausgedehntem  Emphysem  viele  Gefässe  oblite- 
rlrt ,  bewirken  die  emphysematösen  Partieen  starke  Compres- 
sion  der  übrigen  Lunge,  so  wird  der  Blutlauf  in  den  Lungen 
beschränkt,  der  Abfluss  des  Blutes  der  Lungenarterie  wird 
behindert,  das  rechte  Herz  wird  weiter,  es  entstehen  Stok- 


251 

klingen  im  venösen  Kreislauf ,  hydropisctie  Erscheinungen, 
der  Tod  erfolgt  durch  Aufhebung  der  Lungen-  und  Hers- 
tbätigkeit,  zuweilen  durch  Hyperämie  des  Hirns.  Heilung 
der  höheren  Grade  ist  noch  nicht  beobachtet  worden. 

Abbildungen:    Hope  Fig.  35,  36.     Carswell  Fase.  9.  PL  1. 
Fig.  4—6.    Albers  UI.  T.  29. 

2)  Das  Emphytema  intetlobulare  beruht  auf 
Ansammlung  von  Luft  im  interstitiellen  Zellgewebe  durch 
Zerreissung  yon  Lungenbläschen.  Es  finden  sich  meist  an 
der  Oberfläche  der  Lunge  streifige,  ästige  Luftmassen  in 
grossen  und  kleinen  Blasen,  oft  wie  Schaumblasen;  di^ 
Pleura  wird  yon  der  Lunge  abgehoben,  reisst  zuweilen  ein 
und  die  Luft  dringt  in  den  Thorax,  oder  in's  MetUastüntm 
anticnm^  Yon  da  in  dem  Zellgewebe  des  Halses  weiter  und 
bewirkt  Emphysem  des  Zellgewebes  unter  der  Haut. 

Ursachen  dieses  Emphysems  sind  sehr,  heftige  Inspira- 
tionsbewegungen;  es  ist  im  Allgemeinen  selten. 

Abbildungen:  Hope  Fig.  38.    Carswell  Fase.  9.  PI.  L  Fig.  7* 

Ateleetanis. 

Atelectasisch  sind  diejenigen  Theile  der  Lunge,  welche 
bleibend  dem  Luftzutritt  yerschlossen  sind.  Das  Letztere 
geschieht  durch  Yerschliessung  der  Bronchien  oder  durch 
Verödung  der  Lungenbläschen. 

1)  Die  Atelectasis  der  Neugeborenen  beruht 
entweder  auf  unvollkommenen  Athembewegungen  gleich  nach 
der  Geburt  bei  schwachen,  asphyctischen  Kindern,  oder  auf 
Bronchitis  im  Fötalzustande;  es  sind  meist  nur  einzelne 
Läppchen,  selten  grössere  Partieen,  ein  ganzer  Lappen  oder 
Lungenflügel  atelectasisch;  dieselben  sind  scharf  abgegrenzt 
Ton  den  lufthaltigen  Theilen,  sie  sind  blauroth,  crepitiren 
nicht,  derb  und  sinken  im  Wasser;  die  Schnittfläche  ist  ho- 
mogen. Die  Stellen  lassen  sich  Anfangs  leicht  aufblasen, 
naeh  einigen  Wochen  und  Monaten  nicht  mehr. 


252 

Dieser  Zustand  kann  Stockung  im  Lungenkreislauf, 
Offenbleiben  des  Ductus  arteriosus  und  des  Foramen  ovale, 
ferner  cyanotische  Erscheinungen  veranlassen. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  15.  PI.  2.    Albers  HL  T.25. 

2)  Atelectasis  durch  Verstopfung  der  Bronchien  ist  häu- 
fig bei  Bronchitis  der  Kinder;  die  betreffenden  Stellen  sind 
bald  blauroth,  derb,  blutreich,  bald  blass,  aber  fest,  auf 
der  Schnittfläche  quillt  ein  trüber  Saft  hervor,  der  aus  dem 
in  den  Lungenbläschen  angehäuften  Schleim  und  Epithelien 
besteht,  die  oft  in  Fettmetamorphose  übergegangen  sind. 
Bei  Erwachsenen  finden  sich  ähnliche  Zustände  selten. 

3)  Durch  Compression  von  Aussen  wird  die  Lunge 
nach  und  nach  der  Luft  vöUig  unzugänglich,  die  Gefässe 
obliteriren,  die  Lunge  wird  derb,  fleischartig,  auf  dem  Durch- 
schnitt homogen,  später  wird  sie  anämisch,  braun,  grau  und 
schrumpft  zu  einem  festen  lederartigen  Lappen  ein.  Nicht 
selten  findet  man  dabei  Bronchectasis  und  tuberkelartige 
Bildungen;  die  letzteren  beruhen  auf  Obliteration  der  Lun- 
gengefässe,  kleinen  Bronchien  und  Atrophie  der  benachbar- 
ten Gewebe,  und  bestehen  aus  Bindegewebe  und  Körper- 
chen, die  von  atrophischen  Bläschenepithelien  herstammen, 
haben  ein  trockenes,  gelbes  Ansehen  und  sind  ästig  im 
comprimirlen  Lungentheil  verbreitet, 

£ntzündun§^« 

Die  Pneumonie  beginnt  mit  Hyperämie  oder  Stase 
(Stadium  der  entzündlichen  Anschoppung,  En-. 
gouement)  und  Ausscheidung  eines  zähflüssigen  Exsudates, 
wodurch  die  Lunge  geröthet,  geschwellt  und  consistenter 
wird;  auf  der  Schnittfläche  quillt  Blut  mit  flüssigem  Exsu- 
dat gemischt  als  bräunlicher  Saft  hervor,  die  Bläschen  sind 
nicht  mehr  zu  erkennen,  das  Gewebe  wird  luftleer,  lässt 
sich  aber  noch  aufblasen. 

Bald  tritt  Bildung  von  Zellen  ein,  durch  welche  die 


263 

Lungenbläschen  völlig  ausgefüllt  werden,  die  Zellen  haben 
den  Charakter  der  EiterzeUen,  die  Lunge  wird  fest,  schein- 
bar umfangreicher,  luftleer,  die  Schnittfläche  fest,  trocken, 
braunroth,  gefleckt  durch  Pigment  und  durchschnittene 
Bronchien,  meist  gleichmässig  feinkörnig,  wie  ein  Leber- 
durchschnitt  (Stadium  der  rothen  Hepatisation); 
die  Lunge  lässt  sich  brechen  und  nicht  mehr  aufblasen. 
Das  körnige  Aussehen  rührt  von  den  strotzend  gefüllten 
Lungenbläschen  her  und  kann,  wenn  die  Zellenbildung  in 
geringerem  Grade  stattfindet,  oder  die  Zellen  in  flüssiger 
Intercellularsubstanz  suspendirt  sind,  auch  fehlen.  Ist  die 
Hyperämie  gering,  die  Zellenbildung  sehr  massenhaft,  so 
werden  die  Lungen  dann  graulich -gelb  gefärbt  und  die 
Schnittfläche  hat  ein  grauliches,  körniges  Ansehen,  meist 
finden  sich  daneben  dunklere  Stellen  (graue  Hepati- 
sation). 

Ist  die  Zellenbildung  sehr  massenhaft,  bilden  die  Zel- 
len keine  compacten  Massen,  sondern  eine  rahmige  Flüs- 
sigkeit, so  erscheint  die  Lunge  mit  Eiter  infiltrirt  (Sta- 
dium, der  eitrigen  Infiltration),  man  findet  dann 
die  Lunge  immer  noch  anscheinend  vergrössert,  ihr  Ge- 
webe derb ,  doch  weich  im  Verhältniss  zur  sogenannten  He- 
patisation ;  sie  sie  gelblich  oder  graulich  gefärbt,  die  Schnitt- 
fläche ist  nicht  mehr  körnig  und  überzieht  sich  mit  Eiter; 
das  Gewebe  lässt  sich  leicht  zu  Brei  zerdrücken  (künstliche 
Abscesse).  Der  Eiter  kann  entleert  oder  resorbirt  werden, 
ohne  weitere  Texturveränderung  des  Lungengewebes  zu- 
rückzulassen, in  einzelnen  sehr  seltenen  Fällen  zerfällt  aber 
das  Lungengewebe  im  Eiter,  es  entsteht  ein  Eiterherd, 
Abscess. 

Die  Eiterherde  sind  Anfangs  klein,  vergrössern  sich 
durch  Zusammenfliessen  oder  durch  weiteren  Zerfall  des 
umgebenden  Gewebes,  welches  stets  mit  lEiter  infiltrirt  ist; 
die  Abscesswände  sind  stets  zottig,  weich,  es  münden  ein 


264 

oder  mdirere  Bronchi  ein.  Selten  überstehen  die  Kranken 
eine  Pneumonie  mit  Abscessbildung,  kommt  es  aber  zur 
Entleerung  und  Resorption  des  Exsudates  in  den  übrigen 
Theilen  der  Lunge ,  so  kann  auch  der  Abscess  heilen ,  in- 
dem sich  seine  Wandung  ausglättet  und  durch  neugebilde- 
tes  Bindegewebe  mit  einer  Art  Kapsel  Tersehen  wird;  der 
eitrige  Inhalt  kann  dann  verhärten  und  verkreiden  und  wird 
von  einem  narbigen,  schwieligen  Gewebe  umgeben;  bei  klei- 
nen Abscessen  oder  bei  raschem  Einsinken  des  Thorax  le- 
gen sich  die  Wände  nach  Resorption  des  Eiters  ganz  an 
einander  und  yerwachsen,  vernarben.  Die  Schliessung  und 
Verödung  eines  Abscesses  erfordert  stets  mehrere  Wochen. 
Sehr  selten  perforirt  ein  solcher  Abscess  nach  Aussen. 

Der  häufigste  Ausgang  dieser  Entzündung  ist  Hei- 
lung,  indem  die  Zellen  durch  die  Bronchien  entleert  oder 
nach  molecularem  Zerfall  resorbirt  werden.  Selten  erfolgt 
Verödung  einzelner  Theile,  indem  die  Lungenbläschen  und 
Bronchien  einsinken,  die  Gefässe  obliteriren,  das  Binde- 
gewebe sich  allmälig  contrahirt  und  so  ein  hartes,  narben- 
artiges, blasses  oder  pigmentirtes  Gewebe  gebildet  wird. 
Wiederherstellung  der  normalen  Lungentextur  ist  dann  nicht 
mehr  möglich ;  meist  dehnen  sich  die  benachbarten  Bronchien 
oder  Lungenbläschen  aus ,  der  Thorax  sinkt  ein  und  es  tre- 
ten die  oft  genannten  Folgen  der  Stockungen  des  Lungen- 
und  Körpervenenblutlaufs  ein.  Diese  Vorgänge  haben  einen 
langsamen  Verlauf  und  werden  chronische  Lungen- 
entzündung, graue  Induration  oder  Lungen- 
cirrhose  genannt. 

Sehr  selten  zerfällt  das  entzündete  Lungengewebe  zu 
Gangrän,  und  es  verwandelt  sich  die  Lunge  in  brandige, 
jauchende  Massen  (s.  unten). 

In  einzelnen  Fällen  tritt  Tuberkulisirung  des  ent-* 
zündeten  Gewebes  ein,  man  findet  dann  einzelne  Partieen 
der  Lunge  in  eine  graue  oder  gelbe,  trockene,  feste  Maaie 


255 

verwandelt ,  in  welcher  man  die  Beste  des  Lungengewebes 
und  die  atrophischen  Zellen  der  Lungenbläschen  findet.  (S. 
Tuberkel.) 

Bei  Kranken^  die  mit  Krebs  behaftet  sind,  soll  bei 
Pneumonie  zuweilen  krebsige  Infiltration  der  Lunge  zu 
Stande  kommen. 

Der  Verlauf  der  Pneumonie  ist  meist  akut  (akute, 
croupöse  Pneumonie),  so  dass  meist  nach  3 — 4, 
höchstens  8  Tagen  die  Veränderung  den  ausgebildetsten 
Ghrad  erreicht  hat;  die  Entleerung  und  Resorption  der  Zel- 
lenmassen geht  meist  binnen  8  — 14  Tagen  yor  sich,  wor- 
auf hslA  völlige  Heilung  emtritt,  bald  noch  einige  Wochen 
oder  Monate  hindurch  das  Lungengewebe  schlaff,  luftarm 
und  serös  infiltrirt  bleibt.  Tritt  Verödung  ein ,  so  wird  der 
Verlauf  chronisch. 

Selten  ist  der  Verruf  von  vorn  herein  chronisch  (chro- 
nische  Pneumonie);  diese  langsam  verlaufende  Entzän- 
düng  tritt  nur  äusserst  selten  in  vorher  gesundem  Lungen- 
gewebe ein,  sondern  findet  sich  meist  als  Fortsetzung  ei- 
ner akuten  Pneumonie  oder  in  der  Umgebung  von  Tuber- 
kelmassen, Carcinomen,  Cysten  u.  s.  w.,  und  führt  vor- 
zugsweise Verödimg,  Induration  der  Lunge  mit  ihren  Fol- 
gen herbei  (s^  oben). 

Die  akute  Entzündung  hat  ihren  Sitz  meist  im  rechten 
unteren  Lappen,  verbreitet  sich  von  da  auf  die  oberen  Lap- 
pen, nimmt  selten  einen  ganzen  Lungenflügel  ein;  zuwei- 
len tritt  sie  linkerseits  oder  in  den  oberen  Lappen  zuerst 
auf;  zuweilen  ist  sie  doppelseitig.  Höchst  selten  beschränkt 
sich  die  Entzündung  auf  die  Mitte  eines  Lappens  als  soge- 
nannte centrale  Pneumonie. 

Während  die  Entzündung  in  der  Regel  auf  einen  gan- 
zen Lappen  gleichmässig  verbreitet  ist,  finden  sich  zuwei- 
len nur  einzelne  beschränkte  Stellen  inmitten  eines  norma- 
len Gewebes  entzündet:    lobnläre  Pneumonie;  diese 


256 

Art  der  Entzündung  kommt  meist  nur  bei  Kindern  vor,  die 
an  Bronchitis  leiden,  scheint  von  den  Bronchialenden  auf 
die  Lungenbläschen  übergegangen  zu  sein  und  stellt  sich 
auch  ihrer  Natur  nach  mehr  als  eine  katarrhalische 
Entzündung  dar,  indem  die  Lungenbläschen  mit  nias- 
senhaft  gebildeten  Epithelien  und  flüssigem  Exsudate  gefüllt 
sind.  Die  entzündeten  Läppchen  sind  massig  fest,  roth, 
aus  den  durchschnittenen  Bronchien  quUlt  Eiter.  Bei  Er- 
wachsenen finden  sich  lobuläre  Ab  sc  esse  als  soge- 
nannte metastatische  bei  Pjämie,  dieselben  gehen  bald  aus 
der  Metamorphose  eines  hämorrhagischen  Infarctes  hervor, 
bald  findet  ohne  diesen  Vorgang  sogleich  EiterbUdung  in 
den. Lungenbläschen  statt,  worauf  zuweilen  auch  Zerfall  des 
Lungengewebes  eintritt. 

Zuweilen  sind  nur  einzelne  Bläschen  oder  Bläschen- 
gruppen ergriflfen,  welche  dann  als  gelb  -  grauliche ,  feste 
Knötchen  in  dem  meist  hyperämischen  Lungenparenchyme 
sitzen:  vesiculäre  Pneumonie,  Bayle'sche  Granu- 
lationen. 

Ausser  den  genannten  Varietäten  der  Pneumonie  kom- 
men  noch  andere  durch  yerschiedene  Beschaffenheit  des  Ex- 
sudates vor;  dasselbe  ist  zuweilen  mehr  serös,  dünn-  oder 
dickflüssiger,  zuweilen  sehr  reich  an  Faserstoff,  der  rasch 
gerinnt  und  als  amorphe  Masse  bleibt,  zuweilen  ist  es  gal- 
lertartig und  findet  sich  so  insbesondere  neben  Tuberkeln.  - 

Einen  eigenthümlichen  Charakter  haben  die  Pneumo- 
nieen,  welche  im  Verlauf  des  Typhus,  der  Exantheme,  hef- 
tiger Gastro  -  intestinalkatarrhe  (sogenannter  gastrischer  Fie- 
ber) vorkommen;  sie  finden  sich  in  einem  oder  beiden  un- 
teren Lappen ,  insbesondere  den  hinteren  Partieen ,  sind  von 
starker  Hyperämie  begleitet,  das  Exsudat  ist  dickflüssig, 
meist  blutig  gefärbt,  selten  kommt  es  zu  fester  Hepatisa- 
tion, der  Verlauf  ist  langsam. 

Sie  bilden  den  Uebergang  zu  den  sogenannten  bypo- 


257 

statischen  Pneumonieen,  welche,  aus  einer  hyposta- 
tischen Hyperämie  henrorgehend,  nur  in  den  tiefstgelegenen 
Partieen  yorkommen,  ein  dfinnflüssiges  Exsudat  liefern  und 
durch  dunl^ehrothe  Farbe,  Blutreichthum  und  geringe  Con- 
sistenz  der  Lunge  auszeichnet  sind. 

Die  Pleura  der  entzündeten  Lungenpartieen  ist  meist 
durch  Exsudat  etwas  getrübt,  mit  dendritischen,  venösen 
Injectionen  durchzogen,  zuweilen  völlig  entzündet.  Der 
nicht  entzündete  Theil  der  Limge  ist  normal  oder  hyperU- 
misch,  oft  oberflächlich  emphysematös.  Die  Lungenarterien 
und  Venen  der  entzündeten  Stelle  enthalten  oft  feste  Coa- 
gula;  eben  solche  findet  man  meist  im  Herzen.  Die  Bron- 
chien enthalten  Schleim ,  die  kleinsten  croupöjsies  Exsudat, 
welches  sich  zuweilen  bis  auf  die  grösseren  verbreitet  und 
als  croupöse  Bronchitis  eine  schlimme  Complication  der 
Pneumonie  bildet. 

Abbfldangen:  Hope  Fig.  1  —  14.  Carswell  Fase.  12.  PI.  4. 
Fig.  1.2.  Craveilhier  Livr.  29.  Fl.  5.  Metast.  Absces/e:  Cru- 
veilhier  Livr.  11.  PI.  2,  3.  Carswell  Fase.  8.  PI.  2.  Albers 
III.  T.  23. 

Brand. 

Der  circumscipte  Lungenbrand  entsteht  meist 
aus  dem  hämorrhagischen  Infarcte  (s.  oben),  es  sind  eine 
oder  mehrere  Stellen  in  eine  harte  oder  weiche  missfarbige, 
sphacelöse  Masse  verwandelt ;  die  bohnen-  bis  hühnereigros- 
sen  Brandherde  fliessen  oft  in  einander  und  bilden  eine  dif- 
fuse brandige  Zerstörung  der  Lunge.  Liegt  der  Brandherd 
unter  der  Pleura ,  so  entsteht  Pleuritis ;  oft  zerfällt  die  ent- 
sprechende Pleura  ebenfalls  brandig  und  der  Brandherd  der 
Lunge  entleert  sich  in  die  Pleurahöhle,  worauf  gewöhnlich 
durch  Lufteintritt  aus  den  Bronchien  Pneumothorax  ent- 
steht Sobald  die  Anfangs  festeren  Brandschorfe  zu  wei- 
chen, sottigen,  breiigen  Massen  zerfallen  sind,  sieht  man 

17 


258 

auch  die  angefressenen  Lumina  der  Bronchien  in  diese 
Herde  ragen,  die  Bronchialschleimhaut  wird  oft  ebenfalls 
Ton  Brand  ergrifffen  und  in  grosser  Ausdehnung  zerstört: 
stets  ist  sie  im  Znstande  des  Katarrhs,  so  dass  im  Aus- 
wurf mehr  Schleim  als  Brandjauche  gefunden  wird. 

Das  Nachbargewebe  ist  meist  entzündet  oder  ödematös, 
oft  geht  es  nach  und  nach  ebenfalls  in  Brand  aber  und  es 
wird  so  ein  grosser  Theil  der  Lunge  zerstört.  Nicht  selten 
sind  Hämorrhagieen  aus  angefressenen  Gefässen. 

Zuweilen  erfolgt  Heilung,  indem  sich  in  der  Umgebung 
des  Brandherds  entzündliches  Exsudat  organisirt,  Anfangs 
zu  Eiter,  mit  welchem  gemischt  die  Brandjauche  ausgehu- 
stet und  entleert  wird ,  später  zu  Bindegewebe,  wodurch  der 
Brandherd  eingekapselt  wird  oder  ganz  vernarbt. 

Der  diffuse  Lungenbrand  nimmt  grosse  Partieen 
ein,  welche  zu  einer  weichen,  zottigen,  missfarbigen,  spha* 
celös  riechenden  Pulpa  zerfallen  sind  und  allmälig  in  das 
normale*  Gewebe  übergehen,  ohne  streng  umschrieben  zu 
sein;  die  Bronchialäste  ragen  ebenfalls  in  die  Jauche,  die 
Pleura  wird  oft  zerstört.  Diese  Art  des  Brandes  ist  meist 
eine  Folge  des  circumscripten ,  seltener  der  Ausgang  einer 
Entzündung ;  in  manchen  Fällen  geht  der  Brand  von  erwei- 
ten Bronchien  aus  (s.  Bronchectasis),  zuweilen  sind  seine 
ursächlichen  Verhältnisse  nicht  zu  ermitteln. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  3.  Fl.  2.  Livr.  11.  PI.  4,  cop. 
bei  Froriep»  Klin.  Kpft.  T.  51,  52  und  Aibers  III.  T.  26.  Hope 
Fig.  4.    CarswQll  Fase.  7.  PI.  4. 

Das  Oedem  besteht  in  Erguss  von  Serum  in  die  Höhle 
der  Lungenbläschen,  die  kleinen  Bronchien  und  zum  Theil 
auch  in  das  interstitielle  Zellgewebe. 

Der  Erguss  findet  sehr  rasch  statt  (akutes  Oedem) 
oder  Imigsamer  und  in  wiederholten  Pansen  (chronisches 


259 

Oedem).  Das  ersiere  tödtet  oft  sehr  rasch  unter  apoplek- 
tischen  Erscheinungen  (Stickfluss),  insbesondere  bei  Herz- 
kranken, chronischer  Bronchitis,  Tuberkulose  und  zuweilen 
bei  allen  übrigen  Lungenkrankheiten,  die  Lunge  ist  gedun- 
sen, leicht  zerreissbar,  aber  noch  elastisch,  resistent  und 
fällt  beim  Oeffnen  des  Thorax  wenig  zusammen,  sie  kni- 
stert noch,  ist  hyperämisch,  auf  der  Schnittfläche  quillt  in 
grosser  Menge  blutig  gefärbtes,  schaumiges  Senim  hervor, 
in  den  Bronchien  viel  schaumige  Flüssigkeit,  welche  zu 
Nase  und  Mund  hervorquiUt. 

Das  chronische  Oedem  entwickelt  sich  im  Verlaufe  chro- 
nischer Hyperämieen  der  Lunge  bei  Herzkrankheiten,  Tuber- 
kulose oder  ist  eine  TheUerscheinung  allgemein  rerbreiteter 
seröser  Ergüsse.  Die  Lunge  sinkt  wenig  ein,  behält  den 
Fingereindruck,  knistert  fast  gar  nicht,  ist  meist  anämisch, 
schlaff,  auf  der  Schnittfläche  quillt  in  einem  Strome  (wenig 
schaumiges)  helles  Serum  heraus.  Ist  die  Lunge  stark  pig- 
mentirt,  so  quillt  beim  Durchschneiden  oft  eine  schwarze 
Flüssigkeit  hervor:  Serum  mit  Pigmentkömehen  (schwar- 
zes Lungenödem,  Cruveilhier). 

Patltolog^isclie  ]ireubildun§^en. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  als  Nar- 
bensubstanz der  verödeten  Abscesse,  hämorrhagischen  In- 
farcte,  um  verkreidete  Tuberkel  u.  s.  w.,  selten  als  Fi- 
broide. 

Während  im  jugendlichen  Alter  die  gesunde  Lunge  pig- 
mentlos ist,  tritt  in  den  mittleren  Lebensjahren  so  constant 
Pigmentbildung,  bestehend  in  schwarzen  Kömchen  im 
interstitiellen  Zellgewebe ,  ein ,  dass  dieser  Vorgang  als  nor- 
maler betrachtet  werden  kann,  doch  ist  er  streng  genom- 
men ein  pathologischer,  bedingt  durch  kleine  Extravasate 
(Virchow).  Dieses  sdiwarze  Pigment  findet  sich  in  Form 
kleiber  Fleck»  durdi  die  Lungen  zerstreut,  welche  mit 

17* 


260 

den  Jahren  an  Zahl  und  Umfang  zunehmen;  tritt  endlich 
senile  Atrophie  und  Verödung  Tieler  CapUlaren  ein ,  so  wer- 
den die  so  veränderten  Lungentheile  ganz  schwarz  gefärbt. 
Ausser  dieser  Art  der  Pigmentbildung  findet  sich  die  letz- 
tere häufig  bei  allen  Lungenkrankheiten,  welche  bleibende 
Hyperämie,  Hämorrhagieen  und  Verödung  Ton  Gefässen 
bedingen,  so  bei  chronischer  Bronchitis  (s.  Pigmentindura- 
tion), Tuberkulose,  chronischer  Pneumonie  u.  s.  w.  Auch 
dieses  Pigment  ist  schwarz ,  findet  sich  als  schwarze  Körn- 
chen im  interstitiellen  Zellgewebe  und  in  den  Lungenbläs- 
chenepithelien ,  giebt  zuweilen  ganzen  Lungenpartieen  ein 
schwarzes  Ansehen  (Melanosis  pulmonum);  es  bedingt  an 
and  für  sich  keine  krankhaften  Erscheinungen. 

Abbildungen:  Carswell  Fase.  5.  PI.  3.    Crureilhier  Livr.  36. 
PL  2.    Hopc  Fig.  39-^45. 

Concremente  sind  in  den  Lungen  häufig,  finden  sich 
in  tuberkulösen  Cavemen,  Abscessen,  im  Narbengewebe, 
liegen  entweder  frei  in  den  Höhlen  oder  sind  fest  umkap- 
selt, bilden  in  seltenen  Fällen  sehr  grosse  knochenartige 
Gebilde. 

Cysten  sind  in  den  Lungen  selten;  man  hat  seröse 
Cysten  und  solche  mit  cutisartig  organisirtem  Balge,  mit 
Fett  und  Haaren  u.  s.  w.  hie  und  da  gefunden.  In  einem 
Falle  fand  sich  ein  enorm  grosser  Balg,  in  welchen  poly- 
penartige, mit  Haaren  besetzte  Geschwülste  ragten  und  der 
mit  dem  linken  Luftröhrenaste  durch  eine  weite  Oefihung 
communicirte ,  so  dass  Haare  im  Auswurf  gefunden  wurden. 

Abbildungen:  Alb  er  s  III.  T.  34.  a. 

Enchondrom  fand  Lebert. 

Krebs,  meist  Markschwamm,  findet  sich  in  Form 
kleiner  und  grosser  circumscripter  Knoten,  die  sich  meist 
neben  Krebsen  in  anderen  Organen  entwickeln,  welche  den 
Tod  herbeiführen,  ehe  die  Knoten  in  der  Lunge  weitere 


261 

Metamorphosen  eingehen  können.  Das  umgebende  Gewebe 
ist  zunächst  dem  Krebse  comprimirt,  das  übrige  normal 
oder  öfters  ödematös.  Die  Knoten  sind  sut^eilen  blos  hirse- 
bis  hanfkomgross.  Zuweilen  ist  die  Lunge  oder  einer  ihrer 
Lappen  ganzlich  in  homogener  Krebsmasse  untergegangen. 
Zuweilen  geht  der  Krebs  von  aussen  auf  die  Lunge  über, 
z.  B.  Ton  der  Pleura,  vom  Mediastinum  aus^  dann  finden 
sich  diffuse  Stellen  entartet. 

Abbildangen:  Albers  III.  T.  31.    Carswell  Fase  3.  T.  3. 

Tuberkel.  Die  Lungentuberkulose  ist  eine  der  hän- 
figsten  Krankheiten  des  Körpers  überhaupt  und  der  Lungen 
insb^ondere  und  stellt  eine  eigenthümliche,  durch  die  Art 
ihrer  Verbreitung  und  die  Metamorphosen  ihrer  Producte 
characterisirte  Entzündungsform  dar. 

Die  anatomischen  Veränderungen  sind  im  Allge- 
meinen folgende:  Den  Anfang  bildet  meist  Hyperämie  mit 
seröser  oder  gallertiger  Exsudation ,  darauf  tritt  lebhafte 
Zellenbüdung  in  den  Lungenbläschen  ein,  die  letzteren  wer- 
den angefüllt  mit  Zellenmassen  vom  Charakter  der  Eiter- 
Zellen,  welche  sich  bald  als  grauliche^  bald  als  gelbliche, 
harte  oder  weiche,  eiterige  Knötchen  oder  Massen  dar- 
stellen. Bei  weiteren  Veränderungen  dieser  Zellenmassen 
sind  Terschieden:  bald  bleiben  sie  als  Eiter  und  allmälig 
zerfällt  auch  das  Lungengewebe,  es  entstehen  Abscesse, 
Höhlen,  bald  werden  sie  atrophisch,  trocknen  ein,  bilden 
gelbe,  käsige  Massen;  indem  dieselben  allmälig  durch  mo- 
lecularen  Zerfall  erweichen  und  das  Lungengewebe  eben- 
falls zerfällt ,  entstehen  wiederum  Höhlen  in  der  Lunge ;  bald 
geht  die  Vertrocknung  noch  weiter,  die  Zellenmassen  wer^ 
den  zu  harten,  homartigen  Knötchen;  bald  tritt  Verkreir 
dung  ein  und  es  entstehen  kalkbreiige  oder  steim'ge  Massen, 
bald  tritt  nach  molecularem  Zerfall  Besorption  der  Zelle« 
und  Verödung  des  Lungengewebes  ein. 


262 

Bei  Verbreitung  dieser  Veränderung  in  der  Lunge 
yerhSlt  sich  so:  Die  Hyperämie  mit  seröser  oder  gallertiger 
Exsudation  ersfreckt  sich  auf  grössere  Lnngenpartieen,  wel- 
che sich  dann  wie  bei  Pneumonie  im  ersten  Stadium  ver- 
halten. Die  Zellenbildung  findet  sich:  1)  ebenfalls  in  grös- 
seren Lungenpartieen  gleichmässig  Tcrbreitet,  die  Ver- 
änderung yerhält  sich  im  Anfang  vöUig  wie  bei  grauer  He- 
patisation ^  ist  identisch  mit  dieser;  gestaltet  sich  die  Zel-* 
lenbildung  als  Eiter,  zerfällt  dies  Lungengewebe,  so  ent^ 
stehen  grosse  Cayemen,  tritt  käsige  Metamorphose  ein, 
grosse ,  gelbe ,  trockne  Massen.  Meist  findet  sich  diese  Art 
der  Verbreitung  dann ,  wenn  nach  chronischem  Verlauf  plötz- 
lich rasche,  akute  Tuberkulose  eintritt  und  die  Kranken  un- 
terliegen  eher,  als  Metamorphosen  dieser  Hepatisation  ein- 
treten können. 

2)  Die  Zellenbildung  tritt  in  isolirten  Bläschen  oder 
kleinsten  Bläschengruppen  ein;  dieselben  stellen  sich 
als  grauliche  oder  gelbliche ,  hirsenkorn  -  bis  hanfkomgrosse 
Knötchen  im  hyperämischen  oder  normalen  Lungengewebe 
dar  (Miliartuberkel),  bilden  sich  meist  zuerst  in  den  Lun- 
genspitzen, TorzugswQise  in  der  rechten,  selten  gleichzeitig 
in  de^  ganzen  Lunge.  Indem  dieselbe  Veränderung  allmä- 
lig  in  inmier  mehr  Bläschen  eintritt,  entstehen  grössere  Grup- 
pen Ton  sog.  Miliartuberkeln ;  die  oben  genannten  Metamor^ 
phosen  treten  sowohl  in  den  diskreten  Tuberkeln ,  als  in  den 
Oruppen  ein;  so  bilden  sich  anfangs  kleine,  später  durch 
Zudammenfliessen  mehrerer  oder  durch  Fortschreiten  der 
Veränderung  in  der  Peripherie  grösser  werdende  Höhlen, 
oder  es  treten  hie  und  da  Verkreidung ,  Verödung  ein  u.  s.  w. 
Diese  Art  der  Verbreitung  findet  sich  meist  bei  chronischem 
Verlauf. 

3)  Die  Zellenbildung  tritt  in  grösseren  Bläschen- 
gruppen ein,  welche  in  geringer  oder  grosser  Anzahl  durch 
die  Lunge  zerstreut  sind ,  getrennt  durch  normales  oder  by- 


26S 

p^rämisches  uud  serös  iiifiltrirtes  Lungeugewebe...  Während 
iu  den  erst  gebildeten  Gruppen  eine  der  MetamorphoBen, 
meist  Höhlenbildung 9  eintritt,  entstehen  neue.  Diese  Art 
der  Yerbreiluhg  findet  sich  meist  bei  akutem  Verlauf. 
Dem  Verlauf  nach  gestaltet  sich  der  Hergang  so: 
1)  Der  Verlauf  der  Lungentuberkulose  ist  vom  Anlang 
bis  zu  Ende  chronisch,  die  Krankheit  ist  meiist  ererbt, 
sehr  selten  acquirirt,  beginnt  meist  schon  in  den  Kinder^ 
Jahren.  Es  bilden  sich  zunächst  diskrete  Miliartuberkel  ia 
den.  Lungenspitzen,  besonders  in  der  rechten,  vermehfen 
sich  allmälig  und  fliessen  zusammen;  während  hi^  auf  eine 
oder  die  andere  Weise  Höhlenbildung  eintritt,  treten  auch 
in  anderen  Lungentheilen  Ton  oben  nach  unten  zu  Tuber^ 
kel  auf,  als  diskrete  Miliartuberkel  oder  grössere  Gruppen. 
Das  Lungengewebe,  in  welchem  sich  Tuberkel  bilden,  geht 
zu  Grunde,  die  Gefässchen  veröden,  ihr  Blut  dient  zur 
Bildung  schwarzen  Pigments ,  das  freie  Lungengewebe  nmää 
daher  mehr  Blut  aufnehmen  und  wird  hyperämisdi  wie  die 
Bronchien,  in  welchen  bald  lebhafte  Zellenbildung  in  der 
Schleimhaut,  chronischer  Katarrh,  entsteht.  Indem  in  den 
Spitzen  und  oberen  Lappen  die  Höhlen  immer  grösser  wer-* 
den,  entartet  unten  ein  Theil  der  Lunge  nach  dem  ande-* 
ren ,  bis  endlich  die  Lungenfunction  unmöglich  wird  und 
Tod  eintritt. 

Li  der  Pleiura  entwid^eln .  sich  meist  nur  danh  Tuber- 
kel ,  wenn  die  Entartung  der  Lunge  bis  an  dieselbe  reidit 
Die  Höhlen ,  Cayemen ,  entstehen ,  wie  aus  der  allgehiei- 
nen  Beschreibung  heryorgeht,  durch  Zerfall  des  Lungenge- 
webes fheils  in  Eiter,  theils  in  allmälig  zerfallende  käsi- 
ge, gelbe  Tüberkeltnasse ,  ihr  primitiver  Inhalt  besteht  da- 
her stets  aus  Eiter  oder  atrophischen  Zellen  und  Molecur 
larmasse  gemischt  mit  den  Trttmmem  des  Lungengewebes; 
dieadbeii  Beständtheile  hat  zu  dieser  Zeit  der  Auswurf. 
Später  btoteht  der  Inhalt  blos  aus  Eiter,  oder  er  bleibt  bei 


264 

fortwährendem  Zerfall  in  der  Peripherie  und  dadurch  be- 
dingter Yergrösserung  der  Cavemen  unTerändert.  Die  Bron- 
chien zerfallen  mit  dem  übrigen  Limgengewebe ,  ihre  Enden 
münden  in  die  Cavemen  ein  und  sind  oft  ebenfalls  tuber- 
culisirt.  Die  Gefässe  veröden  meist,  ehe  sie  zerfallen,  Ar- 
terien eiiialten  sich  aber  zuweilen  lange  unversehrt  und  ge- 
b^,  wenn  sie  endlich  zerstört  werden,  Anlass  zu  tödtli- 
lichen  Hämorrhagien.  Zuweilen  erreichen  die  Cavemen,  all- 
mälig  durch  peripherischen  Zerfall  wachsend,  die  Pleura; 
diese  entartet  ebenfalls  tuberkulös ,  zerfällt  endlich,  der  In- 
halt der  CaTeme  ergiesst  sich  in  die  Pleurahöhle,  es  ent- 
steht Pleuritis  und  nach  Eintritt  von  Luft:  Pyopneumotho- 
raY.  Durch  feste  Adhäsionen  wird  dieser  Durchbrach  in 
die  Pleurahöhle  zuweilen  verhindert ,  dann  treten  bald  Yer- 
eiterang  der  Rippen ,  der  Weichtheile ,  bald  Perforation  nach 
aussen  ein,  sehr  seltne  Ausgänge.  Zuweilen  findet  endlich 
Gangränescenz  des  Inhaltes  und  der  Wandungen  der  Ca- 
Ternen  statt. 

Die  geschilderte  Ausbreitung  geht  meist  sehr  langsam 
Tor  sich  und  es  kann  das  Leben  dabei  sehr  lange  erhalten 
bleiben;  zuweilen  findet  Sistirung  des  Processes,  Heilung, 
statt,  das  tuberculös  entartete  Lungengewebe  verödet  dann 
allmälig,  es  entsteht  ein  luftleeres,  schwarz  pigmentirtes, 
narbiges  Gewebe,  welches  eine  trockne,  bröckelige  oder  ver- 
kreidete Masse  einschliesst,  in  den  zugehörigen  Bronchien 
tritt  dabei  nicht  selten  Erweiterung  ein.  War  schon  Höh- 
lenbildung eingetreten,  so  bleiben  die  Höhlen  meist  zurück, 
umgeben  von  verödetem  Gewebe,  ohne  sich  weiter  zu  ver- 
ändern, oder  sie  werden  allmälig  kleiner  und  verschwinden 
allmälig;  der  Inhalt  der  bleibenden  Höhlen  ist  bald  flüssi- 
ger Eiter,  bald  käsige,  kreidige  Massen,  zuweilen  verkrei- 
det er  ganz  und  die  Wandungen  legen  sich  um  die  kreidige 
Masse  eng  an.  Gleichzeitig  mit  der  tuberkulösen  Entartung 
des  Lungengewebes  findet  dieselbe  meist  in  den  Bronchial* 


265 

drüsen  statt.  Im  äbrigen  Körper  iat  es  vorzugsweise  das 
Ileum,  welches  am  tuberkulösen  Processe  theilnimmt;  die 
Solitär-:  und  Peyer'schen  Drüsen  entarten  in  der  oben  be- 
schrieben^ Weise,  selten  bilden  sich  Turberkel  in  anderen 
Organen 7  wie  Peritoneum,  Leber,  Milz,  Nieren,  Gehirn, 
Knochen.  Meist  entwickelt  sich  neben  der  chronischen  Lmir 
gentuberkulose  Fettleber,  oft  auch  Fettniere,  der  Körper 
magert  in  hohem  Grade  ab,  zuletzt  treten  oft  seröse  AuSr 
Scheidungen:  Anasarca  der  unteren  Extremitäten,  Ascites^ 
Hydrothorax  ein. 

Zuweilen  findet  neben  der  tuberkulösen  Entartung  der 
Lunge  derselbe  Process  in  ausgedehnter  Weise  in  der  Bron- 
chialschleimhaut statt;  indem  dieselbe  zerfällt,  dann  auch 
die  übrigen  Wandungen  zu  Grunde  gehen,  geht  die  Zer-- 
Störung  auf  das  Lungengewebe  über  und  es  entsteht  so  eine 
dritte  Art  von  Cayemen,  ausgehend  von  den  Bronchien. 
Während  die  Capillaren  und  kleineren  Gefässe  der  Lungen- 
arterie und  Lungenvene  da,  wo  tuberkulöse  Entartung  statt- 
findet, obliteriren,  erweitem  sich  die  Gefässchen  der  Um- 
gebung, es  stellt  sich  ein  Collateralkreislauf  mit  den  Bron- 
chialgefässen  her,  zuweilen  auch,  nach  der  so  häufig  im 
Verlauf  der  Lungentuberkulose  eintretenden  Verwachsung 
der  Pleuren,  mit  den  Intercostalgefässen. 

2)  Der  anfangs  chronische  Verlauf  der  Lungentuberku- 
lose wird  plötzlich  akut;  unter  heftigem  Fieber  und  den 
Symptomen  der  Lungenentzündung  entarten  rasch  grosse 
Gruppen  von  Lungenbläschen  oder  ganze  Partieen  eines  Lun- 
genlappens ,  die  Höhlenbildung  erfolgt  schnell  und  die  Kran- 
ken gehen  unter  den  Erscheinungen  der  Phthisis  florida 
schnell  zu  Grunde.  Von  diesem  Vorgange  zu  unterschei- 
den ist  die  akute  Tuberkulose,  welche  ebenfalls  im  Ver- 
lauf einer  chronischen  Tuberkulose  der  Lunge  plötzlich  ein- 
tritt; hier  erfolgt  unter  den  Erscheinungen  eines  typhösen 
Fiebers  rasch  die  Bildung  unzähliger  Miliartuberkel  in  fast 


266 

allen  inneren  Organen  des  Körpers:  den  serösen  Häuten, 
der  Ldber ,  Milz ,  den  Nieren  u.  s.  w. ,  die  Kranken  werden 
bald  soporös  und  sterben. 

3)  Der  Verlauf  der  Lungentuberkulose  ist  Yom  Anfang 
bis  zum  Ende  akut,  die  ganze  Krankheit  yerläuft  als 
Pkikisii  ftarida^  gallopirende  Schwindsucht,  die  Entartung 
gebt  in  der  eben  beschriebenen  Weise  Yor  sich ,  tödtet  rasch. 
Diese  Art  der  Lungentuberkulose  findet  sich  nicht  selten 
bei  Individuen,  welche  yon  gesunden  Eltern  stammen  und 
bis  dabin  Töllig  gesund  waren,  ist  seltener  combinirt  mit 
Tuberkulose  in  anderen  Organen  und  daher  öfter  als  die 
chronische  Tuberkulose  ein  lokales  Lungenleiden. 

Die  Lungentuberkulose  ist  meist  Folge  eines  AUge- 
meinleidens,  welches  yon  den  Eltern  auf  das  Kind  über- 
tragen oder  acquirirt  ist,  zuweilen  ist  sie  ein  lokales  Lun- 
genleiden und  tritt  bei  übrigens  yöllig  Gesunden  ein. 

Abbildungen:  Alb  er  s  III.  T.  27,  38,  32,  33. 

Parasiten« 

Eine  seltene  Erscheinung  ist  Echinococcus  homi- 
nii  in  den  Lungen.  Die  Blasen  sind  meist  in  kleiner  An- 
zahl yoiiianden  und  taubenei-  bis  mannskopfgross.  Selten 
yereitem  sie  und  werden  durch  die  Bronchien  entleert. 

Noch  seltener  ist  Cysticercus,  der  sich  gew(ämlich 
gleichzeitig  in  anderen  Organen  findet.  Beide  Blasenwür- 
mer sind  von  einer  fibrösen  Kapsel  im  verödeten  Lungen- 
gewebe umgeben. 

Untersaelftii»0  üem  Auswurfis. 

Der  Auswurf  besteht  aus  Schleim  oder  reinen  oder  ver- 
änderten Exsudaten  der  Luftwege  vom  Larynx  an  bis  zu 
den  Lungenbräsehen ,  vermischt  mit  dem  Bachen-  und  Mund- 
sdileim;  selten  werden  Theile  der  zerstörten  Ltmge  selbst 
ausgehustet. 


267 

Der  zähe  9  glasartige  oder  blutige  Auswurf  im  Beginne 
der  Bronchitis  und  Pneumonie  enthält  im  amorphen  Exsu- 
date abgestossene  Cylinderepithelien  y  neugebildete  Zellen  und 
Blutkörperchen. 

Der  grauliche  zähe  Auswurf  bei  massiger  Bronchitis 
besteht  aus  unentwickelten  Epithelien  und  Eiterzellen;  Gy* 
linderepithelien  finden  sieh  nicht,  da  sie,  einmal  abgestos-* 
sen ,  nicht  eher  wieder  regenerirt  werden ,  als  nach  Wieder- 
herstellung der  normalen  Ernährung  der  Schleimhaut. 

Der  grünliche ,  geballte ,  massenhaft  ausgehustete  Aus- 
wurf bei  chronischer  Bronchitis  und  Tuberkulösen  besteht 
fast  ganz  aus  Eiterzellen.  Aschfarbige  und  schwarze  Klümp- 
chen  entstehen  durch  die  Anwesenheit  von  Pigmentzellen; 
diese  sind  meist  Epithelien  der  Lungenbläschen  oder  seltener 
neugebildete  Zellen,  in  welchen  sich  durch  Tränkung  mit 
ausgetretenem  Hämatin  rostfarbige  und  später  schwarze  Pig- 
mentkömchen  gebildet  haben.  Nach  Lehmann  können 
auch  Haufen  Ton  Körnchenzellen  eine  dunkelgraue  Färbung 
im  Auswurf  bedingen.  Feste,  käsige,  stinkende  Klump- 
chen  stammen  zuweilen  aus  kleinen  Erweiterui^en. 

Der  pneumonische  Auswurf  zeigt  ausser  Eiterzellen, 
abgestossenen  Blaschenepithelien  oft  feine,  streifige  Faser* 
stoffcoagula,  wahrscheinlich  Exsudat  in  den  kleinsten  Bron- 
chien. Der  geballte  Auswurf  im  Ausgang  der  Pneumonie 
enthält  viele  in  Fettmetamorphose  übergegangene  Zellen. 

Tuberkelmasse  findet  sich  yerhältnissmässig  selten  im 
Auswurf;  zugleich  mit  ihr  sieht  man  dann  elastische  Fasern 
aus  der  Lunge. 

Der  sogenannte  zwetschenfarbige  Auswurf  besteht  aus 
Eiterzellen  und  Blutkörperchen,  denen  nur  dann  Trümmer 
des  Lungengewebes  beigemischt  sind ,  wenn  die  ausgeworfene 
Masse  aus  einem  Jaucheherd  der  Lunge  stammt. 

Croupmembranen  als  grosse  röhrtge  Stücke  oder  La- 
mellen aus  dem  Larjmx  und  als  baumartig  yerästelte  Mas- 


268 

gen  aus  den  Bronchien  finden  sich  bei  Croup  oder  Pneu- 
monie. 

Ausgehustete  Concremente  stammen  theils  aus  Cayer- 
nen,  theils  aus  den  Bronchien,  insbesondere  aus  erweiter- 
ten Stellen. 

5.    Die  Plejira. 

Als  irrelevante  Bildungsfehler  sieht  man  in  selte- 
nen Fällen  überzählige  Duplikaturen  der  Pleura. 

Wäjpewüukie* 

Hyperämie  ist  meist  bedingt  durch  Lungen  -  oder  Herz- 
leiden y  sie  zeigt  sich  in  einer  allmäligen  Erweiterung  der  Ve- 
nen und  Hypertrophie  der  Pleura,  in  Gestalt  dicker,  fibrö- 
ser, oft  anscheinend  knorpeliger  Platten^  die  nicht  selten 
verknöchern. 

Häufig  sind  in  Begleitung  von  Hyperämieen  und  Ent- 
zündung kleine  Ecchymosen,  selten  aber  Blutungen  in  das 
Cavum  Pletrrae. 

Eine  häufige  Folge  der  Hyperämie  ist  Ausscheidung 
von  Serum  in  das  Catntm  Phurae:  Hydrothörax.  Einen 
Fall  von  Varicosität  der  Venen  der  linken  Pleura  mit  Hydro- 
thörax theilt  Albers  mit. 

Die  akute  Pleuritis  ist  sehr  häufig,  sie  ist  ausgedehnt 
über  eine  oder  seltener  über  beide  Pleuren,  oder  auf  eine 
Stelle  beschränkt,  sie  ist  oft  selbstständig  als  traumatische 
und  rheumatische  Entzündung,  oder  sie  ist  angeregt  durch 
Entzündung,  Cavernen,  Brand,  Krebs  der  Lunge,  oder  sie 
ist  eine  Theilerscheinung  einer  über  niehrere  seröse  Häute 
(Bauchfell,  Herzbeutel)  ausgebreiteten  £xsudation,  welche 
durch  eine  gemeinschaftliche  Ursache  angeregt  worden  ist 
(putride   Infection)«     Die    sehr   häufigen  Adhäsionen  zwi- 


269 

sehen  Lungen  *  und  Bippenfell  beweisen  j  dass  leichte  Exsu- 
date auf  der  Pleura  häufig  sind  und  ohne  bedeutende  Er- 
scheinungen  verlaufen. 

Die  Injection  ist  eine  capiUare,  oder  auf  die  kleineren 
Gefässe  beschränkt,  oder  fehlt  ganz* 

Das  Exsudat  ist  auf  die  freie  Fläche  und  zuweilen 
auch  in  das  Gewebe  der  Pleura  selbst  gesetzt,  wodurch 
diese  getrübt  und  verdickt  wird.  Menge  und  Beschaffen- 
heit desselben  sind  sehr  verschieden,  gewöhnlich  finden  sich 
1 — 2  Pfund  seröser  Flüssigkeit  im  Cavum  und  auf  der 
Pleura  dickere  oder  dünnere  gelbe ,  weiche  Massen  von  der 
Consistenz  geronnener  Milch  oder  geronnenen  Fibrins;  die 
ersteren  bestehen  aus  Eiterzellen,  die  letzten  aus  FibriUi 
bald  sind  diese  Massen  vorwiegend,  bald  ist  das  Exsudat 
mehr  gallertartig;  zuweilen  ist  es  rein  serös. 

Vollständige  Heilung  durch  Besorption  des  ganzen  Ex* 
sudates  ist  selten ,  häufiger  bleiben  fibröse  Pseudomembranen 
und  Adhäsionen  zurück ^  zwischen  welchen  sich,  sackartig 
enkystirt,  zuweilen  auch  seröses  Exsudat  längere  Zeit  halt 

Nicht  selten  tritt  rapide  Zellenbildung,  Eiterbildung  ein : 
Empyema,  insbesondere  bei  Scrofulösen,  Tuberkulösen  und 
Kachektischen.  Durch  Zersetzung  des  Eiters  entsteht  Jau- 
che, was  durch  Zutritt  von  Luft  durch  die  perforirten  Brust- 
wände oder  Bronchien  sehr  begünstigt  wird. 

Der  Eiter  wird  bald  resorbirt,  bald  entleert  nach  vor- 
hergehender.Perforation,  die  letztere  findet  statt :  1)  nach 
aussen,  es  bildet  sich  ein  Fistelgang  durch  die  Brustwand, 
der  Eiter  entleert  sich  aUmälig ,  aber  nur  selten  erfolgt  Hei- 
lung durch  Schliessung  der  Abscesshöhle  durch  Verwach- 
sung, meist  dauert  die  Eiterbildung  fort,  es  tritt  wohl  auch 
Jauchebildung  ein  und  es  erfolgt  Tod;  2)  nach  innen, 
nach  nlcerösem  Zerfall  der  Lunge  und  eines  Bronchus  wird 
der  Eker  zum  Theil  ausgdiustet,  meist  erfolgt  aber  rasch 
Eintritt  loa  Luft  in  die  Brusthöhle,  Pyopneumothorax  und 


270 

Tod;  3)  nach  innen  und  aussen  zugleich,  4)  durch  das 
Zwerchfell  in  die  Bauchhöhle.  Zuweilen  bleibt  der  Eiter, 
wird  von  Pseudomembranen  eingesackt  und  später  aUma- 
lig  resorbirt. 

Sogenannte  hämorrhagische  Exsudate  werden  bei 
Tuberkulose,  Krebs  der  Lungen,  allen  Zuständen,  die  eine 
chronische  Hyperämie  der  Pleura  yeranlassen  und  bei  Ent- 
siindung  älterer  pleuritischer  Pseudomembranen  beobachtet. 

Partielle  Pleuritis  findet  sich  an  den  Lungenspitzen 
über  Tuberkeln  und  Cayemen,  in  den  Zwischenräumen  der 
Lungenlappen ,  im  Zwerchfellüberzug  und  führt  meist  die 
Bildung  Yon  Pseudomembranen  und  Adhäsionen  herbeL 

Chronische  Pleuritis  beruht  in  einer  langsam  vor 
sidi  gehenden  Metamorphose  der  Exsudate  und  in  oft  reci- 
diven  Entzündungen  der  Pleura  selbst  oder  der  durch  frühere 
Entzündungen  gesetzten  Pseudomembranen.  Als  Produkte 
derselben  sind  anzusehen:  einestheils  massenhafte  Pseudo- 
membranen, die  schichtweise  gelagert  4 — 12^^^  im  Dchm. 
haben  können,  andemtheils  enorme  Mengen  seröser  Exsu- 
date, welche,  in  einzelnen  Pausen  gesetzt,  8  —  20  Pfund 
betr^en  können.  Zuweilen  tritt  Eiterbildung  ein,  die  Ei- 
terung setzt  sich  auf  die  Brustwände  oder  auf  die  Lunge 
fort  und  als  endliche  Folge  haben  wir  dann:  Perforation 
der  Brustwand  oder  der  Bronchien. 

Die  Lunge  wird  bei  Pleuritis  verschiedenartig  bethei- 
ligt, sie  ist  gleichzeitig  entzündet,  oder  nur  die  äusserste 
Bläschenlage  infiltrirt;  durch  das  pleuritische  Exsudat  wird 
sie  comprimirt ,  wird  aber ,  wenn  das  Exsudat  bald  resorbirt 
wird,  wieder  ausdehnungsfähig  und  lufthaltig;  durch  ein 
bleibendes,  grosses  Exsudat  wird  die  Lunge  nach  oben  und 
hinten  geschoben,  wird  fest,  endlich  blutleer  und  lederartig; 
war  die  Lunge  an  einzelnoi  Stallen  an  die  Bippenpleura  ad- 
härent,  so  wird  sie  nur  an.  dm  freien  Stellen  zurückgedrängt. 

Der  Thorvx  wird  dmch  das  Exsudat  erweitert^  die  In- 


271 

tercostalräume  werden  ausgeglichen,  das  Zwerchfell  und  die 
Leber  werden  herab  und  das  Herz  wird  auf  die  Seite  ge- 
drängt. Wird  das  Exsudat  resorbirt  und  kann  sich  die  com- 
primirte  Lunge  nicht  wieder  ausdehnen ,  so  sinkt  der  Thorax 
zusammen,  plattet  sich  ab,  die  Hippen  legen  sich  an  ein- 
ander, die  erschlafften  oder  paralysirten  Intercostalmuskel 
schwinden;  die  betroffene  Thoraxhälfte  verkleinert  sich,  am 
meisten  ist  die  Gegend  der  6. — 8.  Bippe  abgeflacht  oder 
selbst  ausgehöhlt«  Die  Brustwirbelsäule  verliert  dadurch 
ihre  Stütze  und  weicht  nach  der  gesunden  Seite  hin  aus, 
während  sich  zur  Ausgleichung  in  den  Lendenwirbeln  eine 
Krümmung  nach  der  entgegengesetzten  Seite  entwickelt. 
Nach  partielLen  Exsudaten  plattet  sich  der  Thorax  nur  an 
den  betreffenden  Stellen  ab. 

Ist  die  Pleuritis  bedingt  durch  eine  Brustwunde,  oder 
durch  den  Durchbruch  einer  tuberkulösen  Caveme,  oder 
eines  Brand-  oder  Eiterherdes ,  oder  hat  sekundäre  Yereiter 
rung  der  Lunge  und  eines  Bronchialastes  stattgefunden,  so 
tritt  Luft  in  das  Cavum  Pleurae  ein  und  man  findet  diesdbe 
dann  in  den  oberen  Theilen  des  letzteren,  das  Exsudat  in 
den  tieferen:  Pyopneumothorax. 

Brand  der  Pleura  kommt  nur  bei  dieselbe  berührendem 
Lungenbrande  oder  als  Zerfall  über  Eiter-  und  Jaucheher- 
den vor. 

Patltol^tisrlie  IVeublldiiiiyeii« 

Neubildung  von  Bindegewebe  und  Gefässeii 
als  Folge  der  Organisation  von  entzündlichen  Exsudaten 
oder  eines  durch  Hyperämie  gelieferten  reichlichen  Plasmä's 
ist  sehr  häufig.  Die  Gestalt  der  fadigen,  lamellösen,  netz- 
artigen u.  s.  w.  Pseudomembranen  nach  Entzündungen  und 
der  erben-  bis  thalergrossen ,  knorpelartigen  Platten  nadi 
Hyp^rimieen  ist  sehr  mannichfach ;  von  den  letzteren  *^  wer- 
di^  ftnwieüeB  einige  frei  und  fdlen  in  die  PleurahShle. 


272 

Pigmentbildung  ist  niclit  selten  nach  Hypeiümieen. 

Falsche  Yerknöcherung  findet  sich  in  dem  fibrösen 
nengebildeten  Gewebe. 

Krebs  ist  sehr  selten  in  der  Pleura  selbstständig  ent- 
wickelt und  comprimirt  dann  die  Lunge  gleich  einem  Exsu^ 
date  (Albers),  meist  ist  er  von  der  Mamma,  der  Lunge, 
den  Rippen,  den  Mediastinis  auf  die  Pleura  fortgepflanzt, 
in  Gestalt  kleiner  oder  grosser  Knoten.  Bei  akuter  Krebs- 
bildung findet  man  ihn  in  Form  tuberkelariiger  oder  grös- 
serer, flacher,  platter  Knötchen  im  Gewebe  der  Pleura. 

Abbildungen:  Alb  er  s  III.  T.  38. 

Tuberkel  entwickeln  sich  selten  langsam  neben  chro- 
nischen Lungentuberkeln ,  meist  rasch  bei  ausgebildeter  Lun- 
gentuberkulose als  kleine,  graue  oder  gelbe  Knötchen,  da- 
neben findet  sich  oft  Injektion  der  Pleura  und  Serum  im 
CaTum. 

Grössere  aus  Tuberkelmasse  bestehende  Knoten  bestehen 
neben  oder  ohne  Lungentuberkel  als  sogenannte  Scrofelge- 
schwülste. 

Entzündliche  Exsudate  bei  Tuberkulösen  und  Nichttu- 
berkulösen gehen  zuweilen  in  Tuberkelmasse  über. 

Ansammlung  von  Ijufl  und  Warner. 

Pneumothorax  wird  bewirkt  durch  Eintritt  Ton  Luft 
durch  Wunden  des  Thorax  entweder  von  aussen  oder  durch 
die  Lunge  und  Bronchien,  wenn  diese  gleichzeitig  verwun- 
det werden,  durch  Zerreissung  oberflächlicher  Lungenbläs- 
chen, durch  Durchbruch  yon  Cayemen,  Abscessen  u.  s.  w. 
(s.  Pyopneumothorax) ,  durch  Gasentwickelung  aus  Exsu- 
daten. 

Eintritt  von  Luft  durch  Perforation  des  Zwerchfells, 
Oesophagus  und  Magens  ist  selten;  Perforation  nach  der 


270 

Tod;  3)  n^^cb  innen  und  aussen  zugleidiy  4)  durch  das 
Zwerchfell  in  die  BaudihShle.  Zuweilra  bleibt  der  Eiter, 
wird  von  Pseudomembranen  eingesackt  und  später  allmä- 
lig  resorbirt. 

Sogenannte  hämorrhagische  Exsudate  werden  bei 
Tuberkulose  y  Krebs  der  Lungen  j  allen  Zuständen  y  die  eine 
chronische  Hyperämie  der  Pleura  yeranlassen  und  bei  Ent- 
Bündung  älterer  pleuritischer  Pseudomembranen  beobachtet. 

Partielle  Pleuritis  findet  sich  an  den  Lungenspitxen 
über  Tuberkeln  und  Cavemen,  in  den  Zwischenräumen  der 
LungNÜappen  9  im  ZwerchfeUüberzug  und  führt  meist  die 
BUdung  Ton  Pseudomembranen  und  Adhäsionen  herbeL 

Chronische  Pleuritis  beruht  in  einer  langsam  vor 
sich  gehenden  Metamorphose  der  Exsudate  und  in  oft  reci- 
diyen  Entzündungen  der  Pleura  selbst  oder  der  durch  frühere 
Entzündungen  gesetzten  Pseudomembranen.  Als  Produkte 
derselben  sind  anzus^n:  einestheils  massenhafte  Pseudo- 
membranen, die  schichtweise  gelagert  4 — 12^^^  im  Dehn, 
haben  können,  andemtheils  enorme  Mengen  seröser  Exsu- 
date, welche,  in  einzelnen  Pausen  gesetzt,  8  —  20  Pfund 
betragen  können.  Zuweilen  tritt  Eiterbildung  ein,  die  Ei«- 
terung  setzt  sich  auf  die  Brustwände  oder  auf  die  Lunge 
fort  und  als  endliche  Folge  haben  wir  dami:  Perforation 
der  Brustwand  oder  der  Bronchien. 

Die  Lunge  wird  bei  Pleuritis  verschiedenartig  bethei-- 
ligt,  sie  ist  gleidizeitig  entzündet,  oder  nur  die  äusserste 
Bläschenlage  infiUrirt;  durch  das  pleuritische  Exsudat  wird 
sie  comprimirt,  wird  aber,  wenn  das  Exsudat  bald  resorbiitt 
wird,  wieder  ausdehnungsfShig  und  lufthaltig;  durch  ein 
bleibendes,  grosses  Exsudat  wird  die  Lunge  nach  oben  und 
hinten  geschoben,  wird  fest,  endlich  blutleer  und  lederartig; 
war  die  Lunge  an  einzelnen  Stallen  an  die  Rippenpleura  a^ 
härent,  so  wird  sie  nur  an.ten  freien  Stellen  zurückgediäiigt 

Der  Thorax  wird  durch  da»  Exsudat  erweitert,  die  In- 


271 

tercostalrämne  werden  ausgeglichen,  das  Zwerchfell  und  die 
Leber  werden  herab  und  das  Herz  wkd  auf  die  Seite  ge- 
drängt. Wird  das  Exsudat  resorbirt  und  kann  sich  die  com- 
primirte  Lunge  nicht  wieder  ausdehnen ,  so  sinkt  der  Thorax 
zusammen 7  plattet  sich  ab,  die  Bippen  legen  sich  an  ein- 
ander, die  erschlafften  oder  paralysirten  Intercostalmuskel 
schwinden;  die  betroffene  Thoraxhälfte  verkleinert  sich,  am 
meisten  ist  die  Gegend  der  6. — 8.  Bippe  abgeflacht  oder 
selbst  ausgehöhlte  Die  Brustwirbelsäule  verliert  dadurch 
ihre  Stütze  und  weicht  nach  der  gesunden  Seite  hin  aus, 
während  sich  zur  Ausgleichung  in  den  Lendenwirbeln  eine 
Krümmung  nach  der  entgegengesetzten  Seite  entwickelt. 
Nach  partielli^  Exsudaten  plattet  sich  der  Thorax  nur  an 
den  betreffenden  Stellen  ab. 

Ist  die  Pleuritis  bedingt  durch  eine  Brustwunde,  oder 
durch  den  Durchbruch  einer  tuberkulösen  Caveme ,  oder 
eines  Brand  -  oder  Eiterherdes ,  oder  hat  sekundäre  Verdtet- 
rung  der  Lunge  und  eines  Bronchialastes  stattgefunden,  so 
tritt  Luft  in  das  Cavum  Pleurae  ein  und  man  findet  diesidlbe 
dann  in  den  oberen  Theilen  des  letzteren,  das  Exsudat  in 
den  tieferen:  Pyopneumothorax. 

Brand  der  Pleura  kommt  nur  bei  dieselbe  berührendem 
Lungenbrande  oder  als  Zerfall  über  Eiter-  und  Jaucheher- 
den vor. 

Patholof  Uirlie  HTeoMliiiiiiffeii« 

Neubildung  von  Bindegewebe  und  Gefässen 
als  Folge  der  Organisation  von  entzündlichen  Essudaten 
oder  eines  durch  Hyperämie  gelieferten  reichlichen  Plasma's 
ist  sehr  häufig.  Die  Gestalt  der  fadigen,  lamellosen,  netz- 
artigen u.  s.  w.  Pseudomembranen  nach  Entzündungen  und 
der  erben-  bis  thalergrossen ,  knorpelartigen  Platten  nach 
HyperSmieen  ist  sehr  mannichfach;  von  den  letzteren  *^ wer- 
den zuweüen  einige  frei  und  fidlen  in  die  Pleurahöhle. 


275 

durch  den  Duet  arletiatus  in  die  A.  dacemlmm  fortsetst. 
Die  Aorta  «sc.  ist  wohlgebildet  ^  giebt  aber  nur  die  Caroti-> 
den  und  SnhdaTiae  ab,  während  die  Pubnonalia  sieh  in  die 
A.  deseemdens  fortseist.  Mangel,  Enge  der  Poimonalis^  die 
Aorta  entspringt  aus  beiden  Ventrikeln  und  giebt  durch  tei 
Dmei.  arteriasus  Blut  an  die  Aeste  der  Pulmonalis.  Völlig« 
Transposition  der  Arterien  oder  aller  Gefässe»  Ausser  in 
diesen  Fallen  bleibt  der  Duet.  Boialli ,  welcher  sich  gewöhn« 
lieh  im  Verlauf  der  zwei  ersten  Monate  schliesst,  selten  of« 
fen  als  schmaler  Gang,  der  die  Functionen  der  CtefXsse 
nicht  behindert  Die  Folgen  der  mangelhaften  Bildungen 
der  Gefässstämme  für  die  Textur  des  Herzens  und  die  Cir- 
culation  sind  folgende: 

Mangelhafte  Bildung,  Enge  des  Aortenstam- 
mes oder  des  OsHwn  arteriosum  bewirkt  Anhäufung  des 
Blutes  und  dadurch  Erweiterung  der  linken  Herzhälfte ,  tot- 
hindert .  durch  Ueberströmen  des  Blutes  nach  der  rechten 
Herzhälfte  entweder  die  Schliessung  des  Far,  ovale  ^  oder  die 
Bildung  des  Septum  der  Vorhofe  oder  auch  der  Ventrikeli 
bedingt  durch  Stockung  des  Lungenkreislaufs  eine  Erweite* 
rung  des  rechten  Herzens,  Behinderung  des  Abflusses  des 
Hohlyenenblutes  imd  dadurch  Cyanose. 

Mangelhafte  Bildung,  Enge  der  Lungenar- 
terie oder  des  Ott.  arteriosum  behindert  ebenfalls  die 
Schliessung  des  For.  ovale  oder  des  Septum  der  Ventrikd; 
die  Aorta  muss  den  grössten  Theil  des  Blutes  oder  bei  yöl-* 
Bger  Verschliessung  der  Lungenarterie,  in  welchem  Falle 
die  Aorta  aus  beiden  Ventrikeln  entspringt,  das  gesammte 
Blut  abführen;  durch  den  dadurch  bedingten  yerlangflamten 
AbflusB  des  Herzblutes  wird  der  Zufluss  von  den  Hohlreiien 
behindert  und  dadurch  Cyanose  bewirkt. 

Ausserdem  findet  sich  selten  mangelhafte  Bildung  ^  De- 
feet,  Verkümmerung  der  Klappen,  meist  gleichzeitig  mit 
denselben  Fehlem  der  ganzen  betreffenden  Herzabtheilungi 

18* 


276 

Die  Fehler  der  Bildung  der  Höhlen ,  Klappen  und  Ge- 
fässstämme  bewirken  mancherlei  Veränderungen  der  Ge- 
stalt, Yergrösserungen  einzelner  Herztheile  oder  des 
ganzen  Herzens.  Angeborene  Kleinheit  des  Herzend  fin-r 
det  sich  meist  neben  'aUgemeiner  mangelhafter  Körperent- 
wickelung. Zu  bemerken  sind  noch  die  Lage  des  Her- 
zens ausserhalb  der  Brusthöhle  bei  Mangel  eines  Theiles 
der  Brustwand,  die  Lagerung  des  Herzens  in  der  Bauch- 
höhle bei  Mangel  des  Zwerchfells,  die  Rechtslage,  perpen- 
dikuläre  oder  quere  Lage  desselben. 

Abbildungen:   Albers  III.  13  —  17.    Meckel  Tab.  a.  p.  T.  1,  2. 

Veränderaiig^en  der  C^röMe« 

L  Vcrgrösserungen  des  Herzens  werden  ge- 
wöhnlich mit  dem  Namen  Hypertrophie  bezeichnet;  sie 
sind  ihrem  Wesen  nach:  wii'kliche  Hypertrophie  der  Mus- 
kelsubstanz des  Herzens,  oder  Erweiterungen  der  Hohl- 
t^ume  des  Herzens,  oder  Combinationen  beider.  Sie  sind 
oft  sekundäre  Erkrankungen ,  welche,  im  Betracht  der  Stö- 
rungen, die  durch  diejenigen  Veränderungen,  deren  Fol- 
gen sie  sind,  hervorgerufen  werden,  von  geringerer  Bedeu- 
tung sind. 

Die  Vergrösserung  betrifft  alle  Abtheilungen  des  Her- 
zens oder  nur  einzelne,  der  linke  Ventrikel  ist  am  häufig- 
sten vergrössert.  Bei  der  wirklichen  Hypertrophie  des  Mus- 
kelfleisches sind  entweder  Wand ,  Scheidewand  und  Trabe- 
keln gleichmässig  verdickt,  oder  nur  die  Wand,  seltener 
nur  die  Trabekeln;  die  Verdickung  ist  absolut  und  geht 
beim  Manne  im  linken  Ventrikel  und  dem  Ventrikelseptum 
von  6 — 18'",  im  rechten  von  8—9'",  im  linken  Vorhof 
von  2  —  3'",  im  rechten  von  1^  —  2"',  bei  Weibern  sind 
die  Maasse  um  einige  Linien  geringer;  oder  sie  ist  relativ, 
d.  h,  die  Dicke  ist  bei  beträchtlicher  Erweiterung  normal 
gehlieben. 


277 

a)  Einfache  Hypertrophie:  Vergrösseriüig  des  Her* 
zeii»  durch  Verdickung  der  Wände  ohne  Erweiterung  der 
Höhlen.     Selten. 

b)  Concentrische  Hypertrophie:  Verdickung  der 
Fleischtheile  des  Herzens  mit  Verengerung  der  Hohlräuma) 
die  Grösse  des  Herzens  normal,  vermehrt  oder  vermindert. 
Selten,  insbesondere  am  linken  Ventrikel.  Der  Befund  ist 
vorsichtig  zu  beurtheilen ,  da  nach  Verblutungen,  plötzlichen 
Todesarten  zuweilen  Zusammenziehung  und  Verengerung 
des  Herzens  stattfinden  und  den  Anschein  einer  conc.  Hy-^ 
pertr.  geben  können. 

c)  Excentrische  Hypertrophie:  Vergrösserung 
des  Herzens  durch  relative  (einfache  Erweiterung) 
oder  absolute  (active  Erweiterung)  Verdickung  der 
Wände  und  Erweiterung  der  Höhlen.  Ist  die  häufigste  Art 
und  wird  gewöhnlich  schlechthin  Herzhypertrophie  genannt; 
sie  findet  sich  insbesondere  am  linken  Ventrikel  und  Vor*« 
hofe,  zuweilen  über  das  ganze  Herz  ausgedehnt,  welches 
dadurch  eine  enorme  Vergrösserung  erleidet  (Cor  taurinum) 
und  eine  kugelige  Gestalt  bekommt.  Bei  Hypertrophie  des 
linken  Ventrikels  wird  das  Herz  länger,  cylinderförmig,  der 
rechte  Ventrikel  bildet  einen  kleinen  Anhang  auf  dem  in 
seine  Höhle  hereingewölbten  Septum.  Bei  Hypertrophie 
des  rechten  Ventrikels  wird  das  Herz  breiter,  runder,  bei 
Hypertrophie  des  rechten  Conus  arteriosns  keilförmig. 

d)  Erweiterung,  Dilatatio  (passive  Erweite- 
rung), Vergrösserung.  des  Herzens  durch  Erweiterung  der 
Hohlräume  mit  Verdünnung  der  Wände.  Ist  häufig  im 
rechten  Vorhofe  und  Ventrikel,  meist  neben  excentrischer 
Hypertrophie  des  linken  Herzens,  selten  im  linken  Ventri- 
kel, hohe  Grade  finden  sich  nur  in  den  Vorhöfen.  Der  Be- 
fund ist  vorsichtig  zu  beurtheilen  und  nicht  mit  Erschlaf- 
fung des  Herzens  als  Leichenerscheinung  zu  verwechseln. 

Die  Ostien  folgen  meist  der  Erweiterung,  wenn  sie 


278 

nicht  {Jrsache  derselben  sind ;  die  Klappen  nebmen  an  Um- 
fang 8U9  werden  dabei  dünner  oder  selten  hypertrophisch, 
die  Papillarsehnen  yerlängern  sich. 

Sehr  vergrösserte  Herzen  liegen  quer^  mit  der  Basis 
nach  rechts  9  der  Spitze  nach  links. 

Die  Textur  der  Herzmuskeln  ist,  wenn  nicht  eine 
Texturreränderung  Ursache  der  Hypertrophie  war,  bei  wirk- 
licher Verdickung  oft  normal ;  die  Masse  des  Fleisches  ist 
Yermehrt:  das  Mikroskop  zeigt  nur  normale  Muskelfasern; 
meist  sind  die  Wände  fest  und  derb,  die  Farbe  dunkel.  In 
einzelnen  Fällen  entwickelt  sich  in  den  hypertrophirten  Mus- 
keln Fettmetamorphose  y  das  Fleisch  wird  dadurch  heller 
imd  brüchig« 

Ursachen  sind: 

1)  Stenose  und  Insufficienz  der  Klappen,  die 
blufigste  Ursache,  finden  sich  meist  an  den  Ostien  des  lin- 
kw  Herzens,  bewirken  einfache  oder  aktiye  Erweiterung 
das  linken  und  zuweilen  durch  die  Behinderung  der  Ent-- 
leerung  des  Lungenvenenblutes  und  dadurch  wieder  des  Pul- 
nonalarterienblutes  (insbesondere  bei  Fehlem  der  Mitralis), 
tttch  des  rechten  Ventrikels,  worauf  meist  DQatation  des 
rechten  Vorhofs,  auch  wohl  Hypertrophie  des  rechten  Ce- 
nu$  arteriosus  folgt.  Die  nächsten  Folgen  der  Behinderung 
des  Abflusses  des  Blutes  aus  dem  rechten  Herzen  in  die 
Lunge  sind  Behinderungen  des  Abflusses  des  HoUvenenblu«- 
tes  und  daher  cyanotische  und  bydropische  Erscheinungen, 
Erkrankungen  der  Leber,  Milz,  Nieren,  Hämorrbagieen, 
Zustände,  die  bei  den  seltenen  Fehlem  der  Klappen  im 
rechten  Herzen  rasch  und  im  höchsten  Grade  auftreten. 
Der  Grad  der  Hypertrophie  und  die  Ausdehnung  derselben 
auf  das  ganze  Herz^  sind  sehr  yerschieden  und  entsprechen 
nicht  immer  dem  Grade  des  Klappenfehlers. 

2)  Angeborene  Enge  des  Aortenstammes  und 
seiner  Verzweigungen,  Verengerung  desselben  durch  Tex-- 


279 

tuneFändMUngen ,  Dmck  tou  Aussen;  ErweiteriiÄg-dar' 
Aorta  ascendens  mit  Entartungen  ihrer  Müskelj^hlcfiit* 
(Atherom).     Höchst  selten  sind  dergleichen  Anomalieen  in 
der  A.  pmlmtmalis. 

3)  Behinderung  des  Lungenkreislaufes  durdi. 
Oompression  der  Lunge ^  Ohliteration  der  Gapillaren  der; 
Lun^narterie  (Missbiidungen  des  Thorax  ^  pleuritische  Ez-f 
sudate^  Yerödung^  Emphysem^  Tuberkulose)^  chronische  Broa*- 
cfaitis,  Behinderungen  des  Abflusses  des  Lungentenenblutei : 
in's  linke  Herz  (Fehler  der  Mitralis).  Die  Hypertrophie, 
betrifft  das  rechte  Herz.  i 

4)  Anhaltende,    übermässige  Contractionen 
des  Herzens  (Palpitationen),  hervorgerufen  durch  körper* 
liehe    Anstrengung,    psychische    Aufregung    (insbesondere 
durch  frühzeitige  geschlechtliche  Ausschweifungen),   Aufirt-t* 
gende  Gretränke,    insbesondere   bei    gleichzeitigem. staricen« 
Tabakrauchen ,  sind  im  jugendlichen  Alter  nicht  seltene  Ur«' 
Sachen  allgemeiner  Herzhypertrophieen. 

5)  Textnrkrankheiten  der  Herzwände:  Ent^ 
Zündungen  des  Herzen  und  des  Herzbeutels  durch  Infiltra- 
tion der  Muskeln  oder  Erschlaffung,  Paralyse  derselben^ 
Fettsucht  der  Muskeln;  beide  haben  passive  Erweiterungen 
zur  Folge. 

Die  Veränderungen  des  Blutlaufes  (Hyperämie  und  Hä- 
morrhagie)  und  der  Emihrung  (Hypertrophie  u.  s«  w.)^  wel- 
che man  bei  Kranken  mit  Herzhypertrophie  in  verschiede^, 
nen  Organen  findet,  sind  in  der  grossen  Mehrzahl  der  Falle 
unmittelbar  durch  die  der  Hypertrophie  zu  Grunde  liegen** 
den  Veränderungen  (z.  B.  Stenosen)  bedingt,  während  die 
Hypertrophie  an  und  für  sich  unschädlich  ist  Nur  in  we- 
nigen Fällen  ist  es  wahrscheinlich,  dass  die  Hypertro|^e  des 
Herzens  an  und  für  sich  dergleichen  Veränderungen  hervor- 
bringen kann. 

AMMaafvn:  CeriWfU  Fmc.  9.  PI.  2.    Glvge»  Atlai  tie(|.6.. 


88» 

Tit  1.    Lie%.  9.   TaL  6.     Albers  III.  Tal.  3— 7.     CruYailliier 
Lifr.  39.  PI.  6. 

Hypertrophieen  der  Klappen.  Eine  im  hohen 
Alter  gewöhnlich  eintretende  Erscheinung  ist  Schwund  der 
feineren  Segel  am  Saume  der  Klappen ,  Verdickung  und 
Schrumpfung  des  letzteren;  zuweilen  wird  die  ganze  Klappe 
verdickt  und  rigid.  Im  früheren  Alter  sind  Verdickungen 
des  Eiappensaumes  nicht  selten  und  kommen  in  allen  Ab- 
stufungen bis  zu  dem  Grade  vor,  in  welchem  die  Klappe 
dadurch  starr,  unbeweglich ,  insufficient  wird  und  welche 
man  von  Endocarditis  oder  Auflagerungen  ableitet. 

II.  Verkleinerung  des  Herzens  beruht  auf  an- 
geborner  Kleinheit  oder  Atrophie.  Atrophie  ist  selten^ 
findet  sich  in  den  Leichen  Tuberkulöser ,  Krebskranker^ 
Typhöser  und  anderer  an  „Abzehrung^^  gestorbener  Indiyi- 
duen ;  oder  ist  bedingt  durch  Exsudat  im  Pericardium,  Neu« 
bildnngen  in  seiner  Umgebung,  Fettanhäufungen  und  end- 
fich  durch  Verengerung  der  das  Herz  ernährenden  Gefässe: 
Art-  ccrenariae. 

Das  Herz  wird  meist  kleiner,  da  sich  die  Hohlräume 
desselben  meist  Terengen  (concentrische  Atrophie), 
oder  normal  bleiben  (einfache  Atrophie),  zuweilen  ist 
es  normal  oder  grösser,  wenn  sich  die  Höhlen  erweitem 
(excentrische  Atrophie). 

Die  Herzsubstanz  ist  meist  schlaff,  hellfarbig,  seltener 
derb  und  dunkler,  das  Fett  der  Oberfläche  ist  geschwun- 
den; der  seröse  Ueberzug  ist  gerunzelt,  die  Kranzgefdsse 
sind  geschlängelt. 

Krankheitserscheinungen,  die  constant  und  erwiesen  von 
Herzatrophie  herrühren,  sind  selten.  Atrophie  der  Klap- 
pen begleitet  die  Atrophie  des  Herzens.  An  den  venösen 
Klappen  fand  Kingston  eine  Verkürzung  ohne  Textur- 
yeränderung  oder  Veränderung  des  Ostium.  Eine  Verdün- 
nung der  Klappen  folgt  oft  der  Erweiterung  des  Ostium; 


281 

an  den  Arterienklappen  gesellen  sich  zur  Verdünnung  kleine 
Löcher  oder  Spalten ,  die  sich  insbesondere  an  der  Inser- 
tionsstelle  und  am  freien  Bande  finden  und  zuweilen  die 
Klappe  netzartig  durchbrechen. 

Unter  dem  Namen  gallertartiger  Zustand  der 
Klappe  besdireibt  Rokitansky  eine  Atrophie  derselben, 
welche  durch  Erguss  einer  gallertartigen  Substanz  in's  Ge- 
webe der  Klappe  und  gleichzeitigen  Sdiwund  des  fibrösm 
Grewebes  bedingt  und  durch  exquisite  Verdünnung  charak- 
terisirt  ist.  Die  erweichte  und  yerdünnte  Klappe  zerreisst 
zuweilen;  die  grossen,  vom  freien  Bande  der  Klappe  aus- 
gehenden, gefiranzten  Einrisse  sind  Ton  den  kleinen  Spal- 
ten im  Gewebe  bei  einfacher  Atrophie  zu  unterscheiden^ 
Die  gallertartige  Substanz  scheint  nach  ihm  ein  entzünd-^ 
liches  Exsudat  zu  sein,  welches  unter  Umständen  auch  m 
Bindegewebe  organisirt. 

Hyperftmie.    Hftmorrhai^e« 

Die  Hyperämie  bildet  keine  besondere  Erkrankung, 
findet  sich  bei  Klappenfehlem  und  in  den  Leichen  Asphyk-^ 
tischer  neben  Ecchymosen. 

Hämorrhagische  Herde  finden  sich  neben  Zer- 
reissung  der  Herzsubstanz,  sind  sekundäre  Folgen  dieseiEt 
Zustandes.  (Nach  Cruveilhier  Ursachen  desselben,  s. 
unten.) 

Anämie  ist  meist  ohne  Belang,  wichtig  ist  sie  yiel- 
leicht  bei  Verengerung  und  Obliteration  der  Ostien  der 
Kranzarterien. 

Die  Entzündung  findet  sich  im  Fleisch  der  Herzwand, 
der  Trabekeln  und  Papillen  und  der  fibrösen  Substanz  der 
Klappen;  das  Endocardium  ist  gefässlos  und  eine  Entzün- 
dung.  desselben   also  unmöglich;    durch  Exsudat  der 


.       282 

terliegeadeii  Theile  kann  es  wohl  infiltrirt,  erweicht,  ge- 
nmselt  oder  perforirt  werden,  ob  es  aber  von  einem  Exsu^- 
date  durchsetzt  und  seine  freie  Fläche  mit  demselben  be-^ 
deckt  werden  kann,  ist  noch  zweifelhaft  und  daher  auch 
die  Veränderungen  9  welche  von  einem  solchen  Exsudate  ab- 
hängen sollen.  Die  Veränderungen,  welche  man  seit  Bouilr* 
laud  gewohnt  ist,  Ton  einer  chronischen  oder  akuten  En-* 
docarditis  abzuleiten,  sind  höchst  wahrscheinlich  entweder 
Folgen  einer  Myocarditis  resp.  Entzündung  der  gefässhalti- 
gen,  fibrösen  Substanz  der  Klappen  oder  Folgen  einer  Auf- 
lagerung Von  gerinnendem  Faserstoff  auf  das  Endocardium 
und  dessen  Metamorphosen.  Da  die  exacten  Beobachtungen 
über  die  Creschichte  dieser  Auflagerungen  noch  nicht  toU-^ 
ständig  sind ,  muss  die  definitiTc  Entscheidung  dieser  Fra- 
gen künftigen  Untersuchungen  überlassen  bleiben,  welche 
das,  was  wir  jetzt  als  wahrscheinlich  darstdlen,  fest  be- 
gründen, aber  auch  modificiren  können  (s.  Arteritis). 

Entzündung  der  Herzwand,  Garditis,  Myo- 
carditis  ist  selten,  findet  sich  hauptsäddich  im  linken 
Ventrikel  (nach  Dittrich  vorzugsweise  im  S^t.  venirie., 
an  der  dem  Aortenzipfel  der  Mitralis  g^enüberliegenden 
Stelle  unmittelbar  unter  den  Aorteiddappen),  meist  in  Form 
kleiner  Herde  in  der  Tiefe  des  Herzfleisches  oder  unter 
Peri-  oder  Endocardium,  seltener  in  den  Trabekeln,  höchst 
selten  im  ganzen  Ventrikel  oder  im  rechten  Herzen  und  den 
Atrien.  Die  entzündeten  Stellen  sind  weich  und  missfar- 
big;  meist  kommen  nur  die  Ausgänge  zur  Beobachtui^. 
Zuweilen  bildet  sich,  bei  gleichzeitigem  Schwund  der  Mus- 
kelfasern, Bindegewebe,  welches  isolirt  als  kleine  und  grös- 
sere fibröse  Narben,  Streifen,  als  unregelmässige,  drusige, 
ästige  fibröse  Massen ,  oder  als  fibröse  Entartung  einer  gros- 
w&ten  Parüe  der  Herzwand  vorkommt  War  die  Entzün- 
dung oberflächlich,  so  finden  sidi  mdst  pericarditisehe  Ex- 
sttdate  und  Verwachsungen;  walr  sie  tiefer,  so  ist  oft  das 


288 

Endocardium  getrfibt ,  rauh  ^  durch  Auflagerungen  verdidÜ 
oder  mit  Vegetationen  besetzt.  Durch  Ablagerungen  to9 
Kalksaizen  im  Narbengewebe:  Yerknöcherung. 

In  anderen  Fällen  bildet  sich  Eiter,  es  entsteht  ein 
Abscess,  ein  sogenanntes  Hei^zgeschwttr;  die  Abscesse 
sind  meist  klein ,  rund  oder  flach ,  einzeln  oder  in  grosse-^ 
rer  Anzahl,  dann  oft  unregelm'ässig  und  durch  Hohlgänge 
yerbundeu;  das  umgebende  Gewebe  ist  missfarbig,  weidi 
durch  seröse  Infiltration,  seltener  fest.  Der  Eiter  wird  sei*« 
ten  resorbirt,  zuweilen  wird  er  eingekapselt  und  zerfallt  in 
einen  atheromatösen  Brei  oder  rerkreidet,  meist  reisst  das 
Endocardium  über  dem  Abscess  ein,  das  Blut  dringt  ein^ 
unterwühlt  die  morschen  Wände  und  zerreisst  den  Best  der 
Herzwand  entweder  sogleich  oder  nachdem  er  eine  Zeit  lang 
als  sogenanntes  akutes  Aneurysma  ausgedehnt  gewesen.  Zu- 
weilen öfihet  sich  der  Abscess  nach  Aussen,  mit  ebräfalls 
folgender  Perforation  der  ganzen  Herzwand. 

Abbild.:  Hope  Fig.  56,  57.    Carswell  Fase.  8.  Fl.  1.  Fig.  6. 

Entzündung  der  Klappen  kommt  in  Begleitung 
der  Mjocarditis  oder  isolirt  yor;  die  Unterscheidung  von 
Klappenveränderungen  durch  Aufls^rung  ist  unmöglich. 
Durch  das  Exsudat  wird  die  Klappe  dicker  und  weichei^, 
das  Endocardium  getrübt,  rauh,  auf  der  freien  Fläche  bil- 
den sich  Gerinnsel  als  feine  Flocken  oder  Pseudomembran* 
artige  Lagen;  tritt  Resorption  mit  oder  ohne  etwaige  Neu^ 
bildung  Ton  Bindegewebe  ein,  so  wird  die  Klappe  Terdickt) 
fester,  kürzer,  die  feinen  Segel  schwinden;  die  Klappeft 
bilden  dann  einen  starren  Bing,  werden  insufficient  oder 
^wirken  zugleich  Stenose,  die  ganze  Klappe  bildet  einen 
starren  Knochenring.  Meist  findet  gleichzeitig  Yerschmm* 
pfung.und  Yeririirzung  der  Klappensehnen,  zuweilen  auch 
der  Papillarmuskeln  statt,  so  dass  die  Klappe  dann  völlig 
unbeweglich  wird. 

In  wie  weit  bei  diesen  Verändcpningen  der  Klappe 


284 

Exsudate  im  Klappengewebe  oder  die  Auflagerungen  von 
grösserer  Bedeutung  sind,  ist  für  den  einzelnen  Fall  meist 
nicht  zu  entscheiden,  ebensowenig  ob  nidtt  oft  Auflagerun- 
gen yon  Fibringerinnseln  allein  und  für  sich  dieselben  Ver- 
änderungen hervorbringen  können,  was  sehr  wahrschein- 
lich ist. 

Das  Exsudat  geht  auch  zuweilen  in  Eiter  aber,  Sber 
welchen  das  Endocardium  einreisst,  worauf  ein  Klappen- 
aneuiysma  oder  Zerreissung  der  ganzen  Klappe  erfolgt. 

Die  Ursachen  der  Herzentsfiündung  sind  uns  oft  unbe- 
kannt, häufig  sind  die  Erscheinungen  der  Endocarditis  nach 
Erkältung,  gleichzeitig  mit,  yor  oder  nach  sogenannten  aku- 
ten Gelenkrheumatismen. 

AuflaKemnyenf  C(erinnun|^en ,  Tei^^tationen« 

Zuweilen  finden  sich  auf  der  freien  Fläche  des  Endo- 
cardium feine  Auflagerungen  einer  weichen,  grauen  oder 
gelblichen  Fibrinlage  oder  massigere,  flockige,  klumpige 
oder  pseudomembranartige  Fibringerinnsel. 

Die  Bedingungen  dieser  Vorgänge  sind  oft  unbekannt^ 
sie  mögen  hauptsächlich  in  Bauhwerden  des  Endocardiums, 
Verlangsamung  des  Blutlaufs  im  Herzen  und  Faserstoffver- 
mehrung des  Blutes  liegen,  alles  Umstände,  welche  die  Ge- 
rinnung des  Fibrins  und  dessen  Absetzung  begünstigen.  Da 
durch  Entzündungen  des  unterliegenden  Gewebes  das  En- 
docardium rauh  wird,  so  können  diese  Anlass  zu  Gerin- 
nungen auf  der  Oberfläche  des  Endocardiums  geben  und 
das,  was  man  oft  als  croupöses  Exsudat  ansieht,  ist  meist 
Gerinnsel,  Fibrinauflagerung  aus  dem  Blut.  Da  nach  Ent- 
zündung des  Pericardiums  die  Muskelthätigkeit  des  Herzens 
oft  gestört  und  der  Blutlauf  dadurch  verlangsamt  wird,  so 
mag  die  sogenannte  rheumatische  Fericarditis  oft  Veranlas- 
sung zu  Gerinnungen  geben.  Die  Faserstoffvermehrung  im 
Blute  nach  Entzündungen  erklärt  vielleicht  die  Gerinnungen 


285 

in  Folge  von  Gelenkentzündungen  ^  Pneumonieen^  Pleuriti-^ 
den  u.  s.  w. 

Die  Gerinnungen  erfolgen  aus  irgend  einer  der  genann- 
ten Ursachen  entweder  rasch,  ihre  Folgen  sind  sogleich  be-^ 
merkbar  (akute  Endocarditis)  oder  langsam  und  ihre  Symptort 
me  entwickeln  sich  aUmälig  (chronische  Endocarditis).  Sie 
finden  sich  hauptsächlich  im  linken  Herzen. 

Die  flachen  Auflagerungen  scheinen  allmälig  fest 
zu  werden  und  Verdickung  des  Endocardiums  zu  bewirken^ 
indem  sie  mit  demselben  fest  yerscbmelzen  oder  als  Lamel- 
len fest  aufliegen.  Die  Dicke  solcher  Stellen  ist  zuweilen 
beträchtlich,  die  Klappe  wird  dadureh  starr,  unbeweglich, 
oder  sie  giebt,  wenn  die  Veränderung  sehr  bedeutend  ist, 
Anlass  zu  Stenose  des  Ostium.  Oft  findet  auch  hier  athe- 
romatoser  Zerfall  der  tieferen  Schichten  oder  Concrement- 
bildung  statt.  Die  Concremente  sind  gewöhnlich  noch  von 
einer  Schicht  Faserstoff  überzogen,  zuweilen  liegen  sie  aber 
frei  und  dienen  zu  Ansatzpunkten  für  neue  Gerinnungen, 
welche  auch  wohl  wieder  yerknöchem,  so  dass  endlich  die 
Klappen,  Sehnenfäden,  Papillen  von  3 — 4'"  dicken,  drusi- 
gen Concrementmassen  eingeschlossen  werden.  Das  eigent* 
liehe  Klappengewebe  geht,  auch  wenn  es  vorher  nicht  ent-* 
zündet  war,  zu  Grunde.  Oft  geben  die  Concremente  auch 
Ansatzpunkte  für  Vegetationen.  Zuweilen  werden  sie  vom 
Blutstrome  losgespült. 

unter  Vegetationen  versteht  man  die  meist  zarten, 
zottigen  oder  papillösen  Bildungen  auf  dem  Endocardium 
der  Klappen  und  der  Höhlenwände ,  die  sich  neben  und  bvS 
flachen  Auflagerungen,  insbesondere  aber  an  allen  rauhen 
Stellen  häufig  finden  und,  wenn  sie  grösser  werden,  al^ 
sarcomatöse,  fungöse,  condylomatöse  Excrescenzen  beschrie-* 
ben  werden..  Sie  bilden  zarte  Zotten,  lange  Papillen,  Gra- 
nulationen oder  polypenartige,  zottige  Geschwülste,  sitzen 
meist  am  Saum  der  verdickten  Klappen,    wachsen  durch 


286 

neuen  Ansatz  geronnenen  FaserstofiEs.  Znweilen  bilden  steh 
in  ihnen  Concremente.  Hierher  gehören  auch  die  aus  Bin-^ 
degewebe  bestehenden  dünnen  Fäden,  welche  man  von 
einer  Wand  zur  anderen  gehend  oder  nur  an  einem  Ende 
an  der  Wand  befestigt,  an  dem  anderen  frei  flottirend^ 
Bidit  selten  im  Herzen  findet  und  welche  ebenfalls  meist 
aus  Fibringerinnungen  hervorgehen,  nach  Yirchow  aber 
auch  aus  Yerschrumpfung  von  Muskelbalken  nach  Entzün- 
dung hervorgehen  können.  Frisch  angesetze  Gerinnsel  kön«- 
nen  vom  Blutstrome  losgerissen  und  weiter  transportirt 
werden. 

Grössere  Gerinnungen  von  Faserstoff  finden  sich 
hauptsächlich  zwischen  den  Trabekeln  und  den  Ansatzpunk- 
ten der  Sehnenfäden.  Sie  organisiren  öfters  zu  Bindege- 
webe und  vermitteln  hauptsächlich  das  Verwachsen  der  Pa-* 
pillarmuskeln,  der  Sehnen  und  Klappensegel,  und  der  Klap- 
pen unter  einander  und  mit  den  Herzwänden.  Häufig  bil- 
den sie  aber  auch  grössere  Massen,  welche  als  runde  oder 
mir^elmässig  gestaltete  polypenartige  Geschwülste  vor  die 
Augen  kommen  und  deren  erste  Anfinge  wir  so  häufig  alt 
Fibrincoagula  im  Herzen  finden.  Ein  grosser  Theil  dersel- 
ben ist  offenbar  erst  naeh  dem  Tode  entstanden,  ein  ande- 
rer während  der  Agone,  ein  dritter  aber^  wie  wir  aus  der 
im  Faserstoff  eingetretenen  Organisation  erkennen,  während 
früherer  Lebenstage.  Die  letzteren  haften  so  fest  am  En- 
docardium ,  dass  sie  nicht  ohne  dessen  Verletzung  losgeris- 
sen werden  können ;  sie  bestehen  zum  Theil  aus  amorphem 
Faserstoff,  zum  Theil  aus  Bindegewebe  und  enthalten  oft 
Beste  des  Blutcruors  als  rothe  oder  rostfarbige  Flecken  ein- 
geschlossen, oder  sind  fast  ganz  mit  Hämatin  gefärbt.  Sie 
kttnnen  erweidien  durdi  Zerfall  des  Faserstoffs  zu  einer 
brei^^en  molecularen  Masse  oder  durch  Eiterbildung;  es 
kSnnen  sich  in  ihnen  Goiwreinente  bilden;  sie  können  ganz 


287 

II  II  Ml      II      ■    I 

oder  zum  Theü  durch  den  Blutstrom  losgerissen  und  fort- 
geführt werden. 

Als  besondere  Art  werden  ihrer  Form  wegen  die  k  u- 
geligen  Vegetationen  (Laennec)  aufgef31urt;.e8  sind 
4 — 6^^'  im  Dchm.  habende ,  runde,  poljpenartige  Hassen, 
wekhe  Anfangs  aus  geronnenem  Faserstoff  und  eingesdilos^ 
senem  Cruor  bestehen;  später  organisirt  meist  der  erstere 
z9  Bindegewebe  9  während  der  letztere  in  einen  chokolad»- 
farbigen  Brei .  oder  zu  Eiter  zerfällt.  Sie  finden  sich  zwi- 
schen den  Trabekeln  des  linken  Ventrikels  und  an  äUen 
rauhen  Punkten. 

Die  Folgen  dieser  aufgezählten  Vorgänge  sind  sehr 
wichtig:  erstens  haben  die  Veränderungen  an  den  Klappen 
Insufficienz  derselben  oder  Stenose  des  Ostium  zur  Folge; 
zweitens  bewirken  die  zuweilen  losgerissenen  und  mit  dem 
Blutstrome  fortgeführten  Partikehi  Verstopfungen  kleiner  vaA 
grosser  Gefässe,  Coagulationen  und  Obliterationen  in  den- 
selben, Tielleicht  auch  in  den  kleinsten  Gefäss^i  Gerinnun- 
gen ,  Blutstockungen  und  Extravasate  oder  sogenannte  hä- 
morrhagische Infarete. 

Die  sekundären  Folgen  der  Klappenfehler  sind  wieder 
Hypertrophieen  und  Erweiterungen  des  Herzens,  Behindcf- 
mng  des  Blutlaufs  im  Herzen  und  dadurch  auch  in  der 
Lunge  und  fan  übrigen  Körper  (s.  oben).  ^ 

Abbildungen:  Insuflf.  u.  Stenoset  €raTeilhi«r  LItr.  38.  PL4yft. 
Ifeck^l,  T«b.  a, ji.  T,  4-^6.    Hope  F%.  69—79. 

VegetatioBcn :  Albers  IIL  T.  3,  9, 10.  M«ckel,  Tab.  an.-patb. 
t.  3  — 7.    Ca rffw eil  Fase.  11.  PI.  2, 

■      •      * » 

Hers  -  AneurysBia* 

Unter  diesem  Namen  yenrteht  man  nmsdiriebene  Erwei** 
terungen:  eines  Tbeiles  einer  ^erzhöhl?,  im  Gegensatz  zur 
Erweiterung  einer  ganzen  Höhle ,  wie  sie  obm  unter  den 
Yergrösserungen  des  Herzens  aufgeführt  wurden.    Ihre  Ent^ 


288 

stehung  wird  sehr  verschieden  erklärt ;  dem  Baue  nach  kann 
man  zweierlei  Arten  unterscheiden: 

a)  die  einen  haben  einen  beschränkten  Umfang ,  ihre 
Wand  besteht  aus  ausgedehnter  Herzsubstanz^  in  ihre  Höhle 
Jhängen  Fetzen  und  Zotten  yon  Herzsubstams ;  zuweilen  sind 
sie  mit  Fibrincoagulis  ausgekleidet;  die  Ränder  der  Kom- 
munikationsöfihung  mit  der  Herzhöhle  sind  zottig,  oft  mit 
Vegetationen  und  Gerinnungen  besetzt.  • 

b)  die  anderen  sind  entweder  auch  nur  seichte  Aus- 
buchtungen oder  grössere,  rundliche  Säcke,  welche  platt, 
selten  mit  einer  Abschnfinmg  aufsitzen.  Ihre  Winde  be* 
stehen  aus  fibrösem  Gewebe,  sie  sind  oft  mit  Schichten  yon 
coagulirtem  Fasersto£F  ausgefüllt,  ihre  Ränder  sind  glatt 
und  das  Endocardium  ist  scheinbar  auf  ihre  Innenwand  fort- 
gesetzt. Bei  ihm  wie  bei  dem  Vorigen  finden  sich  an  den 
Klappen  Vegetationen,  verkreidete  Auflagerungen  u.  8.  w« 
Beide  sieht  man  fast  nur  im  linken  Ventrikel. 

Beide  sind  wahrscheinlich  bedingt  durch  Entzündung, 
die  erste  Art  durch  entzündliche  Erweichung  oder  Eiterbil- 
dung ,  bei  welchen  das  Blut  die  Herzsubstanz  zerreisst,  un- 
terwühlt und  ausdehnt,  die  zweite  Art  durch  entzündliche 
Atrophie  oder  fibröse  Entartung,  bei  welchen  die  so  yer- 
änderten  Partieen  allmälig  ausgebuchtet  werden.  Nach 
Quain  kann  auch  Fettentartung  aneurysmatische  Ausbuch- 
tungen des  Herzens  bedingen. 

Die  Wände  des  Aneurysmas  können  zerreissen,  die  der 
ersten'  Art  durch  die  Gewalt  des  Blutstromes,  die  der  zwei- 
ten durch  allmällge  Ausdehnung  und  Verdünnung  des  Sak- 
kos. In  den  Fibrincoagulis  der  Höhlung  der  Aneurysmen 
kann  sich  atheromatöse  Masse  oder  festere  Kreidemasse, 
eine  Art  Verknöcherung  bilden. 

AbbiMongen:    CrvTeilhier  Ll?r.  21.    PL  I.    Lirr.  22.  PI.  3. 
Alb«rs  m.  T.  19«.    Carswell  Ftsc.  9.  PI.  3.     . 


289 

Das  Klappenaneurysma  ist  eine  erbseh-  bis  boh- 
nengrosse,  mit  Blut  oder  Fibringerinnseln  gefüllte,  runde 
Geschwulst,  welche  auf  einer  Klappe  aufsitzt  und  an  die- 
ser Stelle  eine  Oeffnung  hat.  Es  entsteht  nach  Thurnam 
durch  allmälige,  sackartige  Ausdehnung  der  Klappe,  nadbi 
Rokitansky  in  Folge  eines  Einrisses  des  Endocardiums 
(nach  entzündlicher  Erweichung  oder  über  einem  Eiter- 
herde), durch  welchen  das  Blut  einströmt,  das  Parenchym 
der  Klappe  infiltrirt  und  den  B.est  derselben  aufbläht.  Die 
Wand  des  Aneurysmas  kann  später  einreissen.  Seiue  Bän- 
der sind  mit  Vegetation  besetzt;  an  den  übrigen  Theilen 
der  Klappen  finden  sich  anderweitige  Veränderungen  durch 
Endocarditis  oder  Gerinnungen. 
Abbild.:  Albers  III.  T.  19a,b. 

Krweicbuni^.    Brand. 

Erweichung  des  Herzens  wurde  früher  als  eigene 
Krankheitsspecies  angesehen,  neuere  anatomische  Untersu- 
chungen haben  dieselbe  noch  nicht  nachgewiesen.  Eine  Ver- 
minderung der  Consistenz  findet  sich  in  Folge  der  Entzün- 
dung und  Fettentartung  der  Muskeln^  nach  Pericarditis, 
nach  Typhus  und  anderen  schweren  akuten  Krankheiten. 

Brand  des  Herzens  wird  ebenfalls  nur  in  älteren  Wer- 
ken erwähnt,  neuere  Untersuchungen  haben  ihn  noch  nicht 
nächgewiesen. 

Metastatische  Eiter-  und  Jaucheherde  in  der 
Herzsubstanz  werden  neben  anderen  in  den  Lungen,  der 
Leber  u.  s.  w.  gefunden  und  können  Zerreissung  des  Her- 
zehs bewirken. 

Zerreissuni^en  des  MerEeiMu 

Zeireissungeii  des  Herzens  sind  meist  bedingt  durch 
Texturreränderungeni  welche  die  Consistenz  desselben  stark 
Yorminton ;  diese  sind  insbesondre  Fettentartung,  entzünde 

19 


290 

liehe  Erweichung^  Eiterbildung,  Zerfall  des  Endocardiums 
durch  Atherom  y  seltener  durch  einfache  Verdünnung  der 
Herzwände  bei  beträchtlicher  Erweiterung  durch  Arterioste- 
fiosis ,  oder  durch  die  Bildung  eines  Aneurysmas.  Der  Biss 
findet  sich  meist  im  linken  Ventrikel ,  da  die  Texturver'in- 
derungen  an  demselben  am  häufigsten  sind ;  es  ist  die  Hers- 
wand, eine  Klappe,  ein  Balken,  ein  Papillarmuskel,  eine 
Scheidewand  zerrissen.  Der  Riss  in  der  Wand  befindet 
sich  meist  vorn,  er  ist  unregelmässig,  zackig,  die  Herz- 
substanz ist  durch  Blut  unterwühlt  und  infiUrirt  (daher 
CruTcilhier  Blutungen  in  der  Herzsubstanz  als  das  Pri- 
märe ansieht),  im  Herzbeutel  liegt  eine  grössere  oder  ge- 
ringere Menge  Blutes.  Meist  folgt  dem  Bisse  plötzlicher  Tod 
durch  die  aufgehobene  Herzthätigkeit. 

Abbild.:  Cruveilhicr  LWr.  3.  PI.  1.  Livr.  20.  PI.  2.  Tivr.  22. 
PI.  3.  Livr.  30.  PI.  4.  Albers  III.  T.  8,  Ha,  19.  Gluge,  AUas 
^iefg;.  7.  Xaf.  3. 

Ausser  diesen  Zerreissungen  hat  man  Berstungea  deB 
Herzens  nach  Einwirkung  heftiger  äusserer  Gewalt  auf  den 
Thorax  beobachtet. 

Verwundungen  des  Herzens,  welche  perforiren, 
ßind  meist  tödtlich,  indem  das  in  das  Pericardium  ergos- 
sene Blut  die  Bewegung  des  Herzens  hemmt  oder  der  Blut- 
verlust überhaupt  tödtet,  zuweilen  yerlaufen  sie  aber  glück- 
lich und  heilen  durch  Narbenbildung.  Das  Letztere  findet 
auch  meist  bei  nicht  perforirenden  Wunden  statt. 

Patl&oloi^lflehe  ITeuliildviifen*  .     . 

Neubildung  von  Bindegewebe  ist  häufig;  das 
Blastem  wird  theils  von  den  Gefässen  des  Herzens,  theils 
von  dem  im  Herzen  kreisenden  Blute  geliefert;  wir  finden 
es  als  Hypertrophie  der  fibrösen  Grundlage  der  Klappen, 
als  Narbdnsubstanz  nach  Entzündungen,,  als  Verdickungen 
dm»  fi&docardium^  Variationen,  Fäden,  waraen**  und  poly* 


291 

peAartige  Greschwülste  nach  Niederschlag  und  Gerinnung 
des  Faserstoffes  aus  dem  Blute.  Die  Angabe  der  älteren 
Autoren  über  Polypen,  Sarcome  und  dergleichen  im  Her- 
zen sind  mit  grosser  Vorsicht  aufzunehmen,  da  bei  wenig 
exacter  Untersuchung  nur  zu  leicht  feste  Gerinnsel  fflr  orr 
ganisirte  Fasergeschwülste  angesehen  werden,  sobald  sie  eine 
gewisse  Form  haben. 

Neubildung  von  Fett  kommt  vor: 

a)  als  Hypertrophie  des  Fettbindegewebes 
auf  der  Oberfläche  des  Herzens,  eine  häufige  Theilerschei« 
nung  allgemein  verbreiteter  Fettwucherung.  Das  Fett  wu- 
chert an  den  gewöhnlichen  Stellen  (Basis,  Sulci,  rechter 
Ventrikel,  Herzspitze)  in  grosser  Menge  und  hüllt  das  Herz 
zuweilen  völlig  ein.  Die  Heirzsubstanz  verhält  sich  dabei 
verschieden;  zuweilen  ist  sie  völlig  normal  hinsichtlich  ih- 
rer Dicke  und  Textur;  zuweilen  ist  sie  atrophisch,  der 
Textur  nach  aber  normal;  die  Atrophie  ist  öfters  so  bedeu- 
tend, dass  die  Wand  des  rechten  Ventrikels  oder  Vorhofs 
fast  nur  aus  Fett  besteht  und  nur  eine  dörnie  Lamelle  vob 
Muskelsubstanz  übrig  ist;  zuweilen  ist  die  Atrophie  mit 
Fettmetamorphose  der  Muskeln  combinirt. 

b)  Die  Fettmetamorphose  der  Herzmuskeln 
besteht  in  einer  Umwandlung  der  Fasern  in  Fett  (s.  Krank- 
heiten der  Muskeln),  die  Farbe  der  Herzsubstanz  wird  in 
kleineren  oder  grösseren  Flecken  oder  gleichmässig  schmut- 
zig gelb ,  lehmfarbig ,  die  Consistenz  sehr  vermindert.  Diese 
Entartung  findet  sich  gleichzeitig  mit  der  vorigen  oder  ohne 
diese  bei  allgemeiner  Fetthypertrophie,  femer  in  übrigens 
normalen  oder  etwas  atrophischen  Herzen  im  hohen  Alter, 
bei  Tuberkulösen  und  anderen  Kranken;  femer  in  hyper- 
trophischen Herzen ;  im  letzteren  Falle  betrifft  sie  meist  den 
Imken  Ventrikel  und  es  finden  sich  gleichzeitig  Klappenfeh- 
ler >  Atherom  der  Arterien.  Die  Fettmetamorphose  beginnt 
meist  «&  eimekien  Stelieny  welche  sich  dureh  die  sdiinutsig 

19* 


292 

gelbe  Farbe  und  Erweichung  kenntlich  inachen,  verbreitet 
sich  allmälig  über  alle  Theile  eines  Ventrikels,  die  Wand, 
Trabekeln  und  Papillannuskeln.  Das  Herz  ist  dabei  sehr 
schlaff,  die  Höhlen  sind  erweitert.  Eine  seltenere  Folge  ist 
Zerreissung  der  Herzwand  durch  die  Blutwelle  von  Innen  her. 

Die  Fettmetamorphose  findet  sich  im  hohen  Alter,  bei 
Verknöcherung  der  Kranzarterien,  bei  Säufern,  allgememeV 
Fettsucht,  Marasmus. 

Häufig  ist  im  Herzen  Verkreidung;  wir  fionden  sie 
als  kleine,  kömige  oder  grosse,  plattenartige,  kreideartige, 
selten  knochenharte  Massen  an  den  Klappen  und  in  den 
Herzwänden,  nach  Entzündung  und  Auflagerung  (s.  oben). 

Cysten  sind  im  Herzen  sehr  selten;  die  von  älteren 
Autoren  angeführten  Balggeschwülste  —  Atheroma,  Melice- 
ris  —  sind  wohl  abgesackte  Abscesse. 

Krebs  ist  im  Herzen  selten,  meist  geht  er  von  be* 
nachbarten  Theilen,  Lymphdrüsen,  Mediastinum  auf  das 
Herz  über,  entwickelt  sich  in  der  Muskelsubstanz  und  ragt 
in  Gestalt  von  Knoten  unter  dem  Endocardium  in  die  Herz- 
höhlen. Selten  entsteht  er  selbstständig  in  einer  Herzwand 
und  wuchert  von  da  in  eine  Höhle.  Bei  allgemeiner  akuter 
Krebsbildung  sah  Rokitansky  den  Krebs  im  Herzen  in 
Gestalt  zahlreicher  kleiner  Knoten  unter  Peri-  und  Endo- 
cardium. 

Abbildangen:   Gru?eilhier  Litt.  19.  PI.  4.   Livr.  29.  PI.  2,  3. 
Albers  III.  T.  19. 

Tuberkel  sind  im  Herzen  äusserst  selten. 
Abbildungen:  Hope  Fig.  63. 

Parasiten* 

Echinococcus,  kleine  und  grosse  Blasen  sitzen  in 
der  Moskelsubstanz ,  ragen  in  die  Höhlen,  platzen  zuwei- 
len, worauf  die  in  den  grossen  Blasen  enthaltenen  kleine- 
ren entleert,  mit  dem  Blutstrom  fortgeführt  werden  und  an 


293 

irgend  einer  Stelle  eingekeilt  den  Blutlanf  henunen.     Sie 
sind  sehr  selten. 

Abbildungen:  Albers  IIL  T.  11  nach  Otto  und  Baillie, 

Cysticercus  ist  häufiger  bei  allgemeiner  Verbreitung 
desselben  in  den  Muskeln. 

2.    Der  Herzbeutel. 

Ohne  Bedeutung  sind:  der  Mangel  des  Herzbeutels  bei 
Lagerung  des  Herzens  ausserhalb  des  Thorax,  partiale  Er- 
weiterungen, die  als  gestielte  Säcke  dem  Herzbeutel  auf- 
sitzen  (Divertikel  des  serösen  Blattes  durch  die  fibröse 
Schicht  Rokitansky). 

Hftmiiirrbayie. 

Blut  ikann  in  das  Camm  Pericardii  durch  Berstungen 
des  Herzens  oder  Ton' Aneurysmen  gelangen;  bei  Säufern, 
insbesondere  aber  bei  Scorbutischen  findet  zuweilen  ein 
Bluterguss  aus  den  Gefässen  des  Herzbeutels  in  sein  CaTum 
statt,  doch  findet  sich  daneben  öfters  Exsudation  und  der 
Inhalt  des  Herzbeutels  hat  dann  die  Bedeutung  eines  hä- 
morrhagischen Exsudates.  Die  Blutmenge  kann  4  —  6 
Pfund  betragen,  das  Blut  ist  meist  dünnflüssig  und  coagu- 
lirt  schlecht  und  langsam,  der  Faserstoff  gerinnt  in  Form 
eines  lockeren  Netzwerkes,  in  dessen  Maschen  sich  der 
Cruor  als  braune,  dickliche  Flüssigkeit  findet;  selten  sind 
peripherische  Gerinnungen  des  Faserstoffs  und  UmwandIun-> 
gen  derselben  zu  Pseudomembranen. 

Das  Herz  wird  durch  die  Compression  anämisch ,  schlafl^ 
zuweilen  folgt  Fettentartung. 

Bntsfiiiduiii^.  - 

Die  Entzündung  des  Herzbeutels  ist  häufig,  sie  ist  meist 
über  beide  Blätter  des  ganzen  Herzbeutels  ausgedehnt,  par- 
tiale Enb&Ondungmi  yermuthen  wir  aus  der  Beschaffenheit 


294 

der  sogenaAnten  Sehnenflecken.  Sie  ist  meist  akut  und  der 
Verlauf  rasch.  Ihre  Ursachen  sind  oft  unbekannt,  oft  lie- 
gen Erkältungen  zu  Grunde  und  diß  Pericarditis  kommt  dann 
als  sogenannte  rheumatische  neben  Gelenkentzündungen, 
Pleuritis,  Arachnitis  yor,  ist  mit  Herzentzündung  oder  6e-* 
rinnungen  auf  dem  Endocardium  combinirt ;  in  anderen  Fäl- 
len ist  sie  eine  Theilerscheinung  yerbreiieter  Exsudationen 
bei  Pyämie,  Puerperalfieber  u.  s.  w. 

Oft  findet  sich  eine  entwickelte  Injection,  der  Hers- 
beutel ist  gleichmässig  roth  gefärbt,  verdickt,  weich;  zu- 
weilen ist  keine  Injection  sichtbar.  Das  Exsudat,  sparsam 
oder  massenhaft,  wird  auf  einmal  oder  in  Pausen  gesetzt, 
ist  vorwiegend,  serös  oder  sehr  faserstofireich ,  selten  gal- 
lertartig. Meist  wird  das  Peticardium  viscerale  und  parie- 
tale ausgekleidet  mit  festen,  zottig -netzartigen,  dicken  oder 
dünnen,  gelben  Exsudatmassen,  welche  mit  einander  zu- 
sammenhängen oder  durch  Serum  getrennt  sind,  zuweilen 
sind  diese  festen  Massen  in  geringerer  Menge  vorhanden, 
schwimmen  als  Flocken  im  Serum. 

Als  Ausgänge  haben  wir:  Vollständige  Resorption,  Bil- 
dung von  Bindegewebe ;  die  beiden  Blätter  des  Pericardiums 
verschmelzen  dadurch  öfters  zu  einer  dichten  Masse,  in  an- 
deren Fällen  werden  sie  durch  Fäden,  Membranen,  Netze 
verbunden.  Waren  zur  Zeit  der  Bindegewebsbildung  die 
beiden  Blätter  noch  durch  Serum  getrennt,  so  findet  keine 
oder  eine  unvollkommene  Verwachsung  statt,  die  Innen- 
wand des  Pericardiums  ist  dann  mit  höchst  mannichfach 
gestalteten  Pseudomembranen  überzogen  (Cor  villosum).  Das 
Pericardium  selbst  ist  oft  durch  in  seine  Gewebe  gesetzte 
Exsudate  verdickt  uhd  auch  auf  seiner  Aussenseite  mit 
Pseudomembranen  bedeckt  und  mit  allen  Nachbartheilen 
fest  verwachsen. 

Zuweilen  bildet  sich  Eiter,  das  Cavum  Pencardii  ist 
dann  mit  diesem  gefüllt,  die  Innenwand  weich,  getrübt; 


295 

im  Gewebe  des  Pericardiums  selbst  sind  Eiterpunkte,  Seltea 
tritt  dann  auch  Verjauchung  ein.  Diese  Ausgang«  sind 
meist  tödtlich. 

Bei  Säufern,  Scorbutiscken ,  bei  Hers-  und  Lungen- 
kranken ist  dem  Exsudate  meist  viel  Blut  beigemischt. 

Bei  Tuberkulösen  werden  die  festen  Theile  des  Exsu- 
dates zuweilen  zu  festen ,  trockenen ,  gelben  Massen. 

Die  Exsudate  bei  Krebskranken ,  Tuberkulösen,  bei  M. 
Brightii  sind  meist  vorwiegend  serös  oder  gehen  bald  in 
Eiter  über. 

Die  organisirten  Pseudomembranen  bleiben  meist  lange 
unverändert,  zuweilen  finden  auch  in  ihnen  Exsudatloneu 
statt,  sie  werden  dadurch  sehr  verdickt  und  endlich  wird, 
nach  Verwachsung  der  beiden  Blätter  des  Herzbeutels ,  dag 
Herz  von  einer  4 — 6"'  dicken  Lage  fibröser  Pseudomem- 
branen eingehüllt  (chronische  Pericarditis). 

Grosse  Exsudate  beengen  den  Brustraum,  beeinträchti- 
gen die  Thätigkeit  des  Herzens,  die  Herzmuskeln  werden 
schlaff,  anämisch,  Mass  und  gehen  zuweilen  in  Fettmeta- 
morphose über,  die  Höhlen  sind  fast  immer  erweitert.  Da 
gleidizeitig  mit  der  Pericarditis  häufig  Veränderungen  an 
den  Klappen  vor  sich  gehen,  die  Stenose  oder  Insufflcienz 
bewirken,  so  findet  man  oft  exceutrische  Hypertrophie  detf 
Herzens  neben  den  Folgen  der  Pericarditis. 

Sehr  oft  findet  man  bei  übrigens  normalem  Verhalten 
des  Herzbeutels  und  Herzens  das  viscerale  Blatt  des  erste- 
ren  an  einzelnen  kleineren  oder  grösseren  Stellen  verdickt 
und  weisslich  gefärbt  (Maculae  lacteae.  Sehnen- 
flecken); diese  Stellen  sind  glatt  oder  fein  granulirt,  dru- 
sig. Die  Verdickung  beruht  auf  einer  Massenzunabme  des 
Herzbeutels  selbst  durch  neugebildetes  Bindegewebe  oder  sie 
stellt  sich  als  eine  fibröse  Pseudomembran  dar^  welche  mit 
dem  Herzbeutel  eng  verwachsen  ist  oder  sich  wenigstens 
Iheilweise  von  diesem  abziehen  lässt.    Man  schreibt  diese 


296 

Sehnenflecken  gewöhnlich  einer  parlialen  Entzündung  des 
Herzbeutels  zu,  doch  ist  die  Geschichte  ihrer  Entstehung 
noch  nicht  yollständig  erkannt. 

Abbildungen:  Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  61.  CraTeilhi«r  Livr. 
13.  PL  3.  Livr.  30.  PL  4.  Livr.  40.  PL  4.  Alber$  UI.  T.  1,  2. 
Hope  Fig.  64—64.    Baillie  Fase.  1.  T.  1. 

Patholoi^srhe  STeubildiuiyen. 

Neubildung  yon  Bindegewebe  ist  häufig  nach  Ent- 
zündung. Selten  sind  kleine  fibröse  Geschwülste,  welche 
gestielt  in  die  Höhle  des  Pericardiums  ragen,  zuweilen  yer- 
knöchem  oder  allmälig  frei  werden  und  in  die  Höhle  fallen. 

Neubildung  von  Fettbindegewebe  auf  der  äus- 
seren Seite  des  Herzbeutels  findet  sich  oft  neben  allgemei- 
ner Hypertrophie  des  Fettgewebes  im  Körper. 

In  den  Sehnenflecken  und  Pseudomembranen  findet  sich 
zuweilen  Yerkreidung:  kleinere  und  grössere,  zuweilen 
iiber  eine  grosse  Fläche  ausgedehnte,  Concretionen  in  Ge- 
stalt yon  Knochenplatten  oder  unregelmässigen  knotigen 
^lassen ,  die  nicht  selten  zwischen  die  Herzsubstanz  dringen. 

Abbildungen:  Alb  er  8  III.  T.  IIa.    Baillie  Fase.  I.  PL  6. 

Cysten  und  Balggeschwülste  werden  als  seltene 
Befunde  von  älteren  Autoren  erwähnt. 

Krebs  pflanzt  sich  meist  yon  benachbarten  Theilen  auf 
den  Herzbeutel  fort,  infiltrirt  diesen  oder  wuchert  yon  ihm 
aus  in  sein  Cavum  in  Gestalt  rundlicher  Geschwülste;  bei 
allgemeiner  akuter  Krebsbildung  finden  sich  auch  im  Herz- 
beutel kleine,  platte  Knoten,  wie  auf  der  Pleura  und  dem 
Peritoneum. 

Tuberkel  entwickeln  sich  neben  Lungen-  und  Bron- 
chialdrüsentuberkeln  als  kleine  Knötchen  im  Visceralblatte, 
oder  als  grössere,  runde  Knoten,  welche  meist  theilweise 
in  der  Herzsubstanz  liegen.  Gewöhnlich  findet  man  gleich- 
zeitig Spuren  yon .  Pericarditis ,  Senma  im  Herzbeutel  und 


297 

Pseudomembranen  auf  dem  Y isceralblatte ,  unter  weldien 
dann  die  Tuberkeln  liegen ,  die  wohl  selbst  oft  Entzttn- 
dungsprodukte  sind. 

Abbildungen:  Cruvellhier  Liyr.  29.  PI.  3.  Fig.  2. 

Ansammlung  von  Wasser. 

Seröse  Flüssigkeit  im  Pericardium  (Hydrops  pericar- 
dii)  ist  meist  Produkt  einer  entzündlichen  Exsudation ,  daher 
man  auch  fast  stets  feste  Exsudate ,  Pseudomembranen  neben 
dem  Serum  findet.  Zuweilen  ist  der  Erguss  seröser  Flüs- 
sigkeit Theilerscheinung  allgemein  verbreiteter  hydropischer 
Ergüsse,  bei  M.  Brightii,  Tuberkulose,  selten  Folge  loka- 
ler Hyperämieen  durch  Behinderung  des  Rückflusses  der 
Kranzvenen.  Die  Menge  des  Serums  ist  oft  beträchtlich^ 
nach  langem  Bestand  desselben  schwindet  das  Fett  am  Her- 
zen, das  Herz  wird  anämisch  und  atrophisch. 

Neben  diesem  Hydrops  oder  auch  ohne  diesen  findet 
man  zuweilen  seröse  Infiltration  des  Fettbindegewebes  am 
Herzen. 

Aus  zersetzten  Exsudaten  können  sich  Gase  im  Peri- 
cardium  bilden. 

Schliesslich  sind  noch  zu  erwähnen  die  Entleerungen 
von  Eiter  aus  Abscessen  der  Pleura ,  des  Mediastinums ,  der 
Bauchhöhle  und  Leber  in  das  Cavum  Pericardii  nach  vor- 
angegangener Verschwärung  und  Perforation  der  Wand 
desselben.  ^ 

3.    Arterien. 

Kntzttnduni^. 

Die  Geschichte  der  Entzündung  der  Arterienhäute  hat 
in  den  letzten  Jahren  eine  Umwälzung  erlitten.  Aus  der 
histologischen  Untersuchung  der  Arterien  ersah  man,  dass 
die  Innenhaut  derselben  keine  Gefässc  und  durchaus  nicht 


»6 

die  Structur  einer  serösen  Haut  habe;.. es  wurde  wahrsdiein-* 
hdky  dass  die  EmähruDg  der  Innenhaut  durdi  Aufinahme 
Ton  Plasma  aus  dem  im  Gefässe  kreisenden  Blute  Tor  sieh 
ginge ,  gewiss ,  dass  eine  Entzündung  der  Innenhaut  unmög- 
lich wäre.  Es  wurde  femer  zweifelhaft,  ob  ein  Exsudat 
aus  den  mittleren,  gefässhaltigen  Schichten  der  Arterien 
durch  die  Innenhaut  auf  deren  freie  Fläche  gelangen  könne 
und  schon  Rokitansky  hielt  dies  bei  grossen  Arterien 
für  unmöglich;  ganz  evident  wies  aber  Yirchow  durch 
Experimente  und  Leichenuhtersuchungen  nach ,  dass  bei  Ent~ 
Zündung  der  gerässhaltigen  Arterienhäute  ein  Exsudat  auf 
die  freie  Fläche  der  Innenhaut  gar  nicht  vorkomme  und  dass 
das,  was  man  bisher  stets  für  Arteritis  angesehen  hatte, 
grösstentheils  in  der  Bildung  von  Faserstoffgerinnsehi  aus 
dem  in  den  Arterien  enthaltenen  Blute  beruhe.  Dasselbe 
macht  Yirchow  und  neben  ihm  Henle  für  die  Innenhaut 
des  Herzens  und  die  Yenen  geltend,  und  auch  Rokitansky 
räumt  den  Gerinnungen  einen  bedeutenderen  Platz  ein. 
Bei  meinen  Beobachtungen  an  Leichen  habe  ich  stets  die 
Angaben  Yirchow's  bestätigt  gefunden. 

Die  Arteritis  ist  eine  Entzündung  der  Zellscheide  und 
der  Mittelhaut  der  Arterie,  soweit  sie  gefässhaltig  ist;  sie 
wird  hervorgebracht  durch  Yerwundung,  Zerrung,  Druck, 
Ligatur,  Entzündung  benachbarter  Theile  und  den  Reiz 
fremder,  eingekeilter  Körper  (s.  unten).  Die  entzündeten 
Häute  zeigen  eine  beträchtliche  Hyperämie  und  sind  mit 
festem  Exsudat  infiltrirt  und  verdicR,  die  Mittelhaut  wird 
weich  und  entfärbt  und  die  Innenhaut  glanzlos  und  rauh. 
Das  Lumen  der  Arterie  wird ,  wahrscheinlich  unter  Mitwir- 
kung der  Contraction  der  Häute,  verengert  und  die  Innen- 
haut dadurch  gerunzelt. 

Als  Folge  tritt  zuweilen  bleibende  Yerdickung  der  Zell- 
scheide ein,  der  am  häufigsten  beobachtete  Ausgang  aber 
ist  Eiterbildung:  der  Eiter  ist  diffus  in  die  Häute  infiltrirt 


299 

öder  in  kleinen  Herden  gesammelt^  die  Arterienhäule  wer-* 
den  missfarbig  9  weich ,  nekrosiren,  die  lunenhaut  löst  sich 
als  graue  9  mürbe  Masse  in  Fetzen  oder  als  ein  Cylinder 
ab,  oder  wird  vom  Eiter  durchbrochen.  Das  Lumen  der 
Arterie  wird  weiter  durch  Erschlaffung^  Paralyse  der  Häute. 
(Ferner  werden  die  Veränderungen ,  die  wir  unter  dem  Na- 
men Auflagerung  dargestellt  haben  y  yon  einigen  Autoren  ak 
Folgen  einer  chronischen  Arteritis  betrachtet.) 

Die  nächste  Folge  der  Verengerung  des  Lumens ,  der 
Rauhheit  oder  Nekrose  der  Innenhaut  ist  Gerinnung  des 
Blutes  in  dem  befallenen  Stücke ,  die  sich  nach  beiden  Seiten 
hin  weit  fortsetzt.  An  die  Gerinnsel  knüpfen  sich  dann 
weitere  Folgen,  die  wir  im  Folgenden  nach  Virchow  be- 
trachten wollen. 

1.  Wandständige  verengende  Gerinnsel  sind 
solche,  die,  an  einer  Stelle  der  Wand  sitzend,  das  Lumen 
der  Arterie  nicht  völlig  schliessen.  Sie  sind  bedingt  durch 
lokale  Verlangsamung  des  Blutlaufs  und  Rauhheit  der  Innen-* 
haut:  Aneurysmen,  sogenannte  atherömatöse  Geschwüre, 
Knochenplatten ,  Abscesse.  Sie  bleiben  entweder  lange  Zeit 
wandständig  oder  werden  zu  TöUig  obliterirenden  Gerinn« 
sein;  sie  treten  mit  der  Innenhaut  in  innige  Verbindung 
und  können  von  dieser  nur  gewaltsam  getrennt  werden. 
Zuweilen  tritt  in  ihnen  Organisation  zu  Bindegewebe  ein 
und  sie  bilden  polypenartige  Geschwülste  an  der  Arterien- 
wand. Unter  Gerinnseln,  welche  lange  Zeit  bleiben,  tritt 
meist  fettige  Entartung  der  Arterienhäute  ein. 

Ausser  diesen  findet  man  zuweilen  auf  der  glatten,  un- 
veränderten Innenhaut  feine  Lagen  geronnenen  Faserstoffs 
bei  übrigens  unveränderten  Häuten;  da  man  sich  ihre  Ent- 
stehung nicht  anders  erklären  konnte,  hielt  man  sie,  wie 
früher  jdle  Gerinnsel  in  den  Arterien  überhaupt,  für  crou- 


300 

pvse  Exsudate«  Dies  ist  nach  dem  oben  Gesagten  und  nach 
der  nonnalen  Beschaffenheit  der  unterliegenden  Häute  nicht 
möglich  und  wir  mässen  diese  Grerinnsel  wie  die  auf  dem 
Endocardium  für,  unter  bis  jetzt  unbekannten  Bedingungen, 
erfolgte  Gerinnungen,  Ablagerungen  aus  dem  Blute  halten 
(s.  Auflagerungen). 

2.  Partiell  obliterirende  Gerinnsel  sind  solche, 
die  auf  beschränkten  Strecken  eine  Verstopfung  der  Arterie 
bewirken.    Sie  sind  bedingt: 

a)  durdi  Verengerung  des  Lumens  der  Arterie:  durch 
Druck  von  aussen,  durch  Verdickung  der  Wände,  durch 
wandständige  Gerinnsel,  durch  Entzündung  der  äusseren 
Arterienhäute.  Der  Faserstoffpfropf  tritt  meist  bald  in  enge 
Verbindung  mit  der  Innenbaut  und  bewirkt  eine  yöUige  Ob- 
literation  der  betroffenen  Arterienstelle  (s.  unten). 

b)  Durch  Einkeilen  fester,  von  anderen  SteUen  her 
transportirter  Körper  an  irgend  einer  Stelle  der  Arterie, 
welche  Gerinnung  des  Faserstoffs  an  dieser  Stelle  und  oft 
Entzündung  der  äusseren  Arterienschichten  bewirken.  Für 
die  Arterien  des  grossen  Kreislaufs  liegt  die  Bildungsstätte 
dieser  Körper  auf  der  linken  Herzseite,  in  den  Lungenve- 
nen ,  dem  linken  Herzen ,  der  Aorta  und  den  grossen  Gefäs- 
sen;  die  Körper  selbst  sind:  1)  Blutgerinnsel  in  den  Lun- 
genyenen,  der  Aorta  und  an  den  Herzklappen,  welche  er- 
weichen und  ?om  Blutstrome  abgerissen  werden;  2)  abge- 
rissene Stücke  von  atheromasirten  oder  verkalkten  Klappen. 
Für  den  kleinen  Kreislauf  entstehen  diese  Körper  in  dem 
Bereiche  des  rechten  Herzens:  den  Körperyenen  und  der 
rechten  Herzhälfte  selbst;  die  Körper  sind  meist  erweichte 
Gerinnsel,  seltener  Klappenstückchen.  Die  Körper  gehen, 
nachdem  sie  yon  ihrer  Bildungsstätte  losgerissen,  mit  dem 
Blulstrome  fort  und  setzen  sich  stets  da  fest,  wo  ein  grös- 
serer Arterienstamm  durch  Bifurkation  oder  Abgabe  grös- 
serer Aeste  plötzlich  ein  kleineres  Lumen  bekonunt.    Zu- 


301 

weilen  werden  zn  verschiedenen  Zeiten  verschieden  ^sse 
Stücke  losgerissen  und  an  mehreren  Stellen  eingekeilt 

Durch  die  um  den  eingekeilten  Körper  sich  ansetzen- 
den Gerinnsel  wird  das  Lumen  der  Arterie  völlig  ver« 
stopft  und  es  treten  zunächst  und  meist  plötzlich  in  dem 
von  der  Arterie  mit  Blut  zu  versorgenden  Theile  Blutleere, 
Stockung  des  venösen  Kreislaufs ,  Oedem ,  LShmung  u«  s.  w. 
ein,  oft  an  der  Stelle  der  Einkeilung  Entzündung  der  Ar- 
terie, zuweilen  Gerinnung  in  den  zur  Arterie  gehörigen 
Venen,  da  der  Druck  des  arteriellen  Blutstromes  dem  ve- 
nösen fehlt. 

Die  weiteren  Folgen  sind  Obliteration  der  Arterien,^ 
Brand,  circumscripte  Entzündungen  mit  Exsudaten,  welche 
zu  Eiter  organisiren  oder  rasch  nekrosiren. 

Diese  Fälle  wurden  früher  meist  schlechthin  als  Arte-» 
ritis  aufgeführt.  Die  Erscheinungen  treten  gewöhnlich  sehr 
rasch  auf;  nachdem  z.  B.  vorher  Zeichen  von  Gerinnungen 
im  Herzen  dagewesen ,  oder  auch  ohne  diese ,  tritt  plötzlich 
Kälte,  lähmungsartige  Schwäche ,  Oedem,  Schmerz  u.  s.w. 
in  einer  Extremität  ein,  als  deren  Ursache  bei  der  Section 
ein  vom  Herzen  hergeführter,  an  irgend  einer  Stelle  der 
Gruralis  festgekeilter  Körper  (Faserstoffgerinflsel,  Klappen- 
stück) gefunden  wird.  Oder,  nachdem  die  Zeichen  von  Ge- 
rinnungen in  irgend  einer  Vene  aufgetreten ,  stellten  sich  Er- 
scheinungen von  Pneumonie  ein,  als  deren  Ursache  sich  ein 
von  der  Vene  hergeführter  und  an  einer  Stelle  der  Lungen- 
arterie eingekeilter  Körper  findet. 

3.  Allgemein  obliterirende  Gerinnsel  sind 
solche,  die  eine  Arterie  und  alle  ihre  Verzweigungen  aus- 
füllen. Sie  finden  sich  stets  neben  Brand  oder  Nekrose 
des  Theiles,  welchem  die  Arterie  angehört,  und  sind  bedingt 
durch  Stockung  des  Capillarblutlaufes ,  durch  Exsudate  oder 
Extjravasate.  Die  Exsudate  oder  Extravasate  können  zu- 
gleich die  Nekrose  der  Theile  und  die  Obliteration  der  Ar- 


302 

terien  bedingen,  indem  sie  die  Capillaren  compriniiren  und 
dadurch  den  Theilen  die  Nahrung  entziehen,  zugleich  aber 
auf  den  BluUauf  in  der  Arterie  wie  eine  Ligatur  wirken. 
Die  Nekrose  kann  aber  in  anderen  FäUen  auch  eine  Folge 
der  Arterienobliteration  sem.  Jeder  einzelne  Fall  erfordert 
eine  besondere  Beurtheilung. 

(Arteriös clerosisy  atheromatüser  Process, 
Fetientartung,  Yerknöcherung  der  Arterien.) 
Auf  der  Innenseite  der  Arterienwände  sieht  man  sehr  häu- 
fig flache,  gelbliche  oder  grauliche  Erhabenheiten,  in  den 
grösseren  Arterien  isolirt  und  zerstreut  stehend  und  dadurch 
der  Innenfläche  ein  hügeliges  Ansehen  gebend ,  in  den  klei- 
neren Arterien  auf  grosse  Strecken  ausgedehnte  Lager  dar- 
stellend. Diese  Erhabenheiten  sind  bei  näherer  Untersu- 
chung als  Verdickungen  der  Innenhaut  der  Arterie  nach- 
weisbar, bestehen  aus  feinen  Lamellen,  die  man  schicht- 
weise abziehen  kann,  oder  bilden  eine  homogene  Masse; 
ihre  Dicke  wechselt  zwischen  J  —  2'",  ihr  Umfang  von  we- 
nigen Linien  bis  zu  mehreren  Zollen.  Sie  finden  sich  haupt- 
sächlich im  Airtenstamme  und  sind  am  meisten  an  den 
TheilungssteUen  der  Arterien  entwickelt.  Die  Mittelhaut 
ist  anfangs  unTerändert,  die  Zellhaut  oft  verdickt  und  hy- 
perämisch. 

Die  Verdickungsschichten  entstehen  wahrscheinlich  durch 
Auflagerung  coagulirten  Faserstoffs,  deren  erste  Anlagen 
man  als  weiche,  gallertartige  oder  schon  festere,  membra- 
nöse  Schichten  nicht  selten  beobachtet  hat.  Wodurch  die- 
selbe bedingt  wird,  ist  noch  unbekannt  Möglich  ist,  -^dass 
Rauhigkeiten  der  Wand  oder  durch  Erweiterung  verursachte 
Yerlangsamung  des  QIntlaafs  einen  FaserstofBoiederscfalag 
bedingen  können,  aber  die  Realisirung  dieser  Möglichkeiten 
ist  noch  Rieht  nachgewiesen.    Andere  betriditeii  die  Ter-' 


303 

dickung  der  Innenhaut  und  deren  weitere  Folgen  als  be- 
dingt durch  chronische  Entzündung  der  Arterien. 

Kehren  wir  zu  den  fertigen  Verdickungen  zurück  und 
betrachten  deren  weitere  Folgen.  Sind  die  Auflagerungen 
in  grosser  Anzahl  vorhanden,  bestehen  sie  länger ,  so  be* 
wirken  sie  ausser  der  Verdickung  und  Verhärtung  der  in* 
neren  Schichten  (Arteriosklerose)  eine  Erweiterung  des  6e- 
fässrohres  durch  Erschlaffung  der  Bingfaserhaut.  Das  häu- 
figste Beispiel  dieser  Veränderung  bietet  der  Arcus  aartae, 
welchen  man  oft  erweitert ,  seine  Wände  starr  und  hart, 
seme  Innenfläche  wulstig,  hügelig,  rauh  und  missf arbig  fin- 
det. Die  Zellhaut  ist  öfters  injicirt,  durch  Exsudat  infil-^ 
trirt  oder  durch  neugebildetes  Zellgewebe  verdickt;  zuwei- 
len bildet  dies  mehrere  Linien  dicke,  fibröse,  mit  dem  6e- 
fasse  eng  verschmolzene  Pseudomembranen.  Rokitansky 
legt  dieser  Veränderung  der  Zellscheide  als  chronischer  Ar- 
teritis  grossen  Werth  bei,  indem  sie  zuweilen  als  primäre 
durch  Erschlaffung  der  unter  ihr  liegenden  elastischen 
Schicht  die  Erweiterung  des  Gefässes  und  dadurch  die  Auf- 
lagerung bedingen,  häufiger  als  sekundäre  nach  der  Auf- 
lagerung auftreten  und  die  Erweiterung  wenigstens  begün- 
stigen soll. 

Die  verdickten  Stellen  bleiben  nicht  lange  unverändert: 
a)  Anfangs  glatte,  platte  Knoten  bildend  (sogenannte 
Knorpelplatten),  von  der  Consistenz  eines  festen  Knorpels, 
werden  sie  aUmilig  weicher,  ihre  Oberfläche  wird  runzelig  und 
rauh ,  die  Bingfaserhaut  zeigt  Entfärbung  durch  ausgebrei- 
tete Fettmetamorphose  ihres  Gewebes.  Endlich  tritt  völlige 
-Erweichung  der  Auflagerung  ein  durch  Freiwerden  von 
Fettkügelchen  und  Zerfall  zu  molecularer  Masse.  Ausser 
dieser  .^  der  Erweichung  findet  sich  selten  noch  eine  an- 
dere, beruhend  auf  der  Bildung  kleiner  mit  Blut  gefüllter 
KüiAle )  «0  dass  im  höchsten  Grade  diese  Stelle  der  Arterie 


304 

dem  cavernösen  Gewebe  gleicht  (Kanalisation  der  Auflage- 
rung,  Rokit.). 

b)  Sehr  häufig  tritt  nach  kürzerem  oder  längerem  Be- 
stehen der  atheromatöse  Process  ein.  Er  betrifft  ent- 
weder die  sclerosirte  Platte  gleich  in  ihrer  ganzen  Dicke 
oder  tritt  häufiger  in  den  tieferen  Schichten,  an  der  Grenze 
zwischen  Innenhaut  und  Mittelhaut  auf  (wesshalb  man  ge- 
wöhnlich Yon  Ablagerung  atheromatöser  Masse  zwischen  die 
letzteren  spricht).  Es  bildet  sich  eine  breiige,  bröcklige, 
hochgelbe,  oft  feinkörnige,  glänzende  Masse,  bestehend  aus 
amorpher  Substanz,  Kalksalzen,  Fettkörnchen  und  Chole- 
stearinkrystallen ;  diese  Masse  kann  sich  allmälig  yergrös- 
sem  und  eine  Art  Cyste  in  den  Wänden  darstellen,  oft 
nimmt  allmälig  die  ganze  Platte  an  dem  atheromatösen  Zer- 
falle Theil  und,  nachdem  die  innerste  Lamelle  auch  zer- 
fallen, wird  die  Masse  blosgelegt  und  vom  Blute  bespült. 
In  diesem  Zustand  wird  die  Veränderung  oft  als  atheroma- 
töses  Geschwür  oder  Geschwür  schlechthin  aufgeführt.  Durch 
den  Blutstrom  wird  die  lockere  Masse  unterwühlt  und  es 
werden  wohl  auch  Partikelchen  losgerissen,  die  dann,  mit 
dem  Blutstrome  fortgeführt,  zu  obliterirenden  Gerinnseln 
Veranlassung  geben  können.  Die  rauhe  Oberfläche  des 
Atheroms  giebt  Anlass  zu  Fibringerinnungen:  es  setzen 
sich  kleine ,  gefranzte ,  zottige  Gerinnsel  an ,  welche  später 
den  verrucösen  Vegetationen  an  den  Kiappen  gleichen.  Durch 
diese  Fibringerinnungen  kann  auch  eine  Vemarbung  des 
atheromatösen  Geschwürs  zu  Stande  kommen ,  indem  sie  die 
rauhe  Fläche  bedecken  und ,  mit  den  lUmdem  yerschmelzend, 
eine  flache ,  zuweilen  schiefergraue  oder  schwarz  pigmentirt^ 
Membran  bilden. 

c)  Eine  andere  Metamorphose  dieser  Verdickungsschich- 
ten  ist  die  sogenannte  Verknöcherung  durch  Freiwerden 
Tön  Kalksalzen  in  ihnen,  wobei  oft  Fett  und  Cholestearin-^ 
krystalle   gleichzeitig   auftreten.     Die  platten  Knoten    der 


305 

grösseren  Arterien  sind  gewöhnlich  mit  einem  dünnen  Kno- 
chenblättchen  bedeckt^  während  der  untere  Theil  derselben 
unverändert  oder  als  moleculare  mit  Fettkügelchen  durch- 
setzte Masse  erweicht  oder  atheromasirt  ist;  in  anderen 
Fällen  beginnt  die  Yerknöcherung  in  den  tieferen  Schichten, 
an  der  Grenze  der  Innenhaut  und  Mittelhaut  und  schreitef 
nach  innen  Tor,  bis  der  ganze  Knoten  in  eine  Enochenplatte 
yerwandelt  ist.  Diese  harten ,  rauhen  Knochenblättchen  wer- 
den zuweQen  Yom  Blutstrome  an  einem  Rande  losgerissen 
und  ragen  dann  unter  spitzem  Winkel  in  das  Lumen  der 
Arterie,  geben  Anlass  zu  wandsländigen  Gerinnseln  und 
Vegetationen,  welche  zuweilen  später  verknöchern.  Klei- 
nere Arterien,  in  welchen  oft  die  Yerdickungsschichten  auf 
grosse  Strecken  ausgedehnt  sind,  erscheinen  nach  der  Ab- 
lagerung Ton  Ealksalzen  ganz  verknöchert  und  ihr  Lumen 
sehr  verengt. 

Bei  der  Yerknöcherung  und  dem  atheromatösen  Processe 
geht  auch  die  Mittelhaut  weitere  Yeränderungen  ein:  zu- 
weilen wird  sie  durch  Fettmetamorphose  erweicht  oder  sie 
zerfällt  theilweise  zu  Atherom  oder  sie  verknöchert;  das 
Letztere  ist  am  häufigsten  in  den  kleineren  Arterien,  doch 
findet  man  auch  feste  Kalkconcremente  in  grossen  Arterien, 
welche  alle  Häute  durchsetzen. 

Die  Auflagerung  findet  sich  am  häufigsten  in  der  Aorta, 
in  dieser  vorzugsweise  im  aufsteigenden  Schenkel  und  dem 
Bogen,  dann  in  der  A.  thoracica  und  abdominalis;  in  den 
übrigen  Arterien  in  absteigender  Reihe:  in  der  A.  Uenalis, 
cruralis,  iliaca  intern.  ^  tibialis^  caranar.  cord.^  cärot  int. 
und  vertebraKs;  A.  uterinae,  brachiales  und  subclatiae^ 
spermaticae  int.,  carotis  comm.,  hypogastricae ;  sehr  selten 
in  den  A.  mesenteric,  coeliac,  hepatic^  äusserst  selten  im 
Stamme  der  Lungenarterie.  (Neuerdings  fand  Dittrich 
in  der  Lungenarterie  und  ihren  Verzweigungen  häufig  fet- 
tige Entartung.) 

20 


306 

Urne  Krankheit  kommt  yorzugsweise  im  höheren  Alter 
vor  9  ist  bei  Greisen  sehr  häufig  ^  aber  keineswegs  als  noUi* 
wendige  Altersyeränderung  anzusehen.  Sie  kommt  zuweilen 
auch  im  früheren  Alter  vor,  selbst  im  ersten  Kindesalter. 

Ihre  Folgen  für  das  Gefdss  sind:  im  Anfang  Rigidität 
der  Wände  und  geringe  Erweiterung,  später  stärkere  Er* 
Weiterung  der  grossen  Stämme ,  Verengerung  des  Lumens 
der  kleinen  9  Verengerung  und  Verscbliessung  der  Ostien, 
Aneurysmabildung  y  Zerreissung,  insbesondere  der  kleinen 
Arterien  und  ihrer  Zweige. 

Abbildangen :  6 luge,  Atlas  7.  Liefg.  Taf.4.—  Necke I,  Tab.  a.  p. 
T.  14,  16. 

1)  Aneurysma  cinoideum,  anastomoiicumy  Va* 
rix  arterialis  ist  Erweiterung  und  Verlängerung  einer  oder 
mehrerer  benachbarter  kleinerer.  Arterien.  Die  Arterien  sind 
vielfach  gewunden  und  bilden  höckerige,  elastische  Ge- 
schwülste Yon  geringem  oder  zuweilen  sehr  bedeutendem 
Umfang,  die  Wände  der  GeTässe  sind  meist  yerdickt.  Er- 
streckt sich  die  Veränderung  auch  auf  die  kleinsten  Ver- 
zweigungen und  Anastomosen  mehrerer  benachbarten  Arte- 
rien, so  entstehen  den  Telangectasieen  ähnliche  Geschwülste, 
welche  aus  einem  kaum  entwirrbaren  Gonyolut  erweiterter 
GeCasse  bestehen.  Das  Uebel  ist  bald  angeboren  und  ent- 
wickelt sich  dann  im  reifen  Alter  zum  yoUsten  Umfang, 
bald  acquirirt  nach  Contusionen,  Erysipelas,  chronischer 
Zellgewebsentzändung;  es  findet  sich  meist  isolirt  an  einer 
Stelle,  selten  yerbreitet  über  grössere  Strecken,  am  häufig- 
sten wurde  es  am  behaarten  Kopf  gefunden. 

Abbildungen:  Froriep,  Cbir.  Kpft.  T.  144»  308,  366  (nach  Bre- 
sehet,  Bell,  Pelletan). 

2)  Erweiterung  einer  Arterie  oder  einer  grösseren  An- 
zahl zusammenhängender  Arterien  durch  bleibende  mecha- 


307 

nische  Hindernisse,  welche  Anhäufung  des  Blutes  bedingen. 
Die  Wände  erscheinen  yerdünnt  oder  verdickt,  die  Erwei-- 
terung  ist  gleichmässig.  Zuweilen  erfolgt  Beratung  der 
Wände. 

3)  Erweitei:ung  von  Arterien,  welche  zu  grossen  Ge- 
schwülsten führen,  hierher  die  oft  enorme  Erweiterung  und 
Verlängerung  der  Carotis  und  Schilddrüsenarterien  bei  Col- 
loid  der  Schilddrüse. 

4)  Erweiterung  durch  Texturveränderung  der  Arterien- 
wände; die  letztere  besteht  in  den  Verändemngen ,  welche 
wir  unter  dem  Namen  Auflagerung  kennen  gelernt  ha- 
ben. Die  Erweiterung  ist  theils  durch  die  Atonie,  theils 
durch  die  Entartung  der  Mittelhaut  bedingt,  indem  die  letz- 
tere dem  Drucke  des  Blutes  nachgiebt  und  ausgebuchtet 
wird.  Sie  ist  eine  allgemeine,  über  grössere  Abtheilungen 
einer  Arterie  verbreitete  oder  eine  circumscripte.  Man  un- 
terscheidet danach  ein  cylinder-  oder  spindelförmi- 
ges Aneurysma  von  dem  circumscripten  sackförmigen 
Aneurysma. 

Im  ersteren  finden  sich  in  den  Wänden  gleichmässig 
vertheilt:  wulstige  Verdickungen  der  Innenhaut,  atheroma-* 
tose  Geschwüre,  Knochenblättchen  u.  s.  w.;  die  Mittelhaut 
schlaff,  zum  Theil  fettig  entartet,  zum  Theil  atheromasirt, 
die  Zellhaut  verdickt. 

Im  letzteren  verhalten  sidi  die  Wände  je  nach  den  Gra- 
den der  Erweiterung  verschieden:  Im  Anfang  hat  man  eine 
seichte  Ausbuchtung  einer  durch  Auflagerung  und  eine  de- 
ren Metamorphosen  veränderten  Stelle  der  Arterie  vor  sich, 
alle  Häute  sind  noch  vorhanden,  aber  mit  den  bekannten 
Veränderungen.  Später ,  wenn  durch  den  Druck  des  Blu- 
tes die  schlaffe  Mittelhaut  immer  mehr  nachgegeben  hat  und 
das  Aneurysma  zu  einem  grossen  Sacke  ausgedehnt  ist, 
sind  die  Häute  nur  unvollkommen  herzustellen.  Die  durch 
fibröses  Gewebe  verdickte  und  unkenntlich  gewordene  Zell- 

20* 


308 

haut  bildet  die  äusserste  Lage;  die  Mittelhaut  ist  nur  noch 
an  der  Wurzel  des  Sackes  und  in  einer  geringen  Ausdeh- 
nung erhalten,  zuweilen  fehlt  sie  aber,  indem  sie  am  Rande 
der  Oeffnung  des  Sackes  in  die  Arterie  aufhört;  die  Innen- 
haut ist,  wenn  auch  yerändert,  meist  vom  Bande  aus  auf 
eine  Strecke  in  der  Wand  zu  verfolgen,  im  Fundus  dessel- 
ben aber  selten  herzustellen. 

Die  Höhle  dieser  sackförmigen  Aneurysmen  enthält 
meist  geschichtete  Lagen  von  geronnenem  Faserstoff,  welche 
sich  zunächst  im  Fundus  anlegen,  von  da  aus  aber  zuwei- 

■ 

len  die  halbe  oder  endlich  die  ganze  Höhle  ausfüllen.  Die 
äussersten  Faserstoffschichten  liegen  meist  an  der  yerdick- 
ten  Zellhaut  an;  da  sie  jedoch  meist  fettig  entartet  oder 
atheromasirt  sind,  ist  es  oft  unmöglich,  zu  entscheiden,  ob 
man  veränderte  Fibringerinnsel  oder  Innenhaut  oder  Mittel- 
haut vor  sich  hat.  In  anderen  Fällen  findet  sich  in  den 
äussersten  Schichten  neugebildetes  Bindegewebe  oder  Ver- 
kalkung. Die  innersten  Schichten  sind  meist  glatt  und  von 
einer  festen  Lamelle  überzogen,  welche  oft  mit  der  Innen- 
haut der  Umgebung  ein  Continuum  bildet.  Die  Fibringe- 
rinnsel finden  sich  um  so  massenhafter,  je  mehr  der  Sack 
des  Aneurysmas  von  der  Arterie  abgeschnürt  ist. 

Die  Gestalt  dieser  circumscripten  Aneurysmen  ist  bald 
die  eines  Ovales,  vrelches  breit  auf  der  Arterie  aufsitzt  und 
durch  eine  weite  Oeffnung  mit  ihr  communicirt,  bald  die 
einer  Kugel,  welche  durch  einen  Hals  mit  der  Arterie  ver- 
bunden ist  und  eine  enge  Yerbindungsöffnung  hat.  Zuwei- 
len sitzt  auf  einem  solchen  Aneurysma  wieder  ein  zweites 
kleineres  und  selbst  auf  diesem  wieder  ein  drittes. 

Die  Grösse  der  Aneurysmen  ist  sehr  wechselnd:,  so- 
wohl die  cylinderförmigen  als  sackförmigen  können  einen 
bedeutenden  Umfang  erreichen.  Ihre  Wandungen  werden 
durch  die  comprimirten  Nachbargewebe  verstärkt,  dadurch 
jiber  immer  mehr  unkenntlich. 


309 

Sie  finden  sich  am  häufigsten  in  der  Aorta  und  über- 
haupt da,  wo  die  Auflagerung  am  häufigsten  Torkommt 
Meist  ist  nur  eins  vorhanden,  seltener  yiele  und  dann 
meist  kleine. 

Die  in  den  Bereich  eines  Aneurysma  fallenden,  von  der 
Arterie  abgehenden  Aeste  obliteriren  sehr  oft,  entweder 
durch  Verschluss  der  Ostien  durch  massenhafte  Auflagerung 
oder  durch  die  Fibringerinnsel.  In  dem  dann  stagnirenden 
Blute  derselben  bilden  sich  obliterirende  Gerinnsel. 

Die  Aneurysmen  entstehen  meist  langsam,  yergrössern 
sich  allmälig  und  bleiben  oft  lange  Zeit  unverändert.  Kleine 
abgesackte  Aneurysmen  werden  zuweilen  durch  Fibringe- 
rinnsel völlig  geschlossen  und  so  geheilt,  in  anderen  Fällen 
bewirken  sie  durch  ihren  Druck  Obliteration  der  Arterie, 
oder  es  setzen  sich  an  die  Fibringerinnsel  im  Aneurysma  neue 
an,  welche  allmälig  die  ganze  Arterie  füllen,  worauf  diese 
obliterirt.  Aneurysmen  kleiner  Arterien  werden  nach  vor- 
hergegangener Obliteration  ihrer  Arterie  zuweilen  brandig 
abgestossen  und  so  völlig  geheilt. 

Zuweilen  erfolgt  eine  Berstung  der  Aneurysmen,  und 
zwar  entweder  an  einer  sehr  verdünnten  Stelle,  oder  nach 
vorhergegangenem  Zerfall  der  Wände  durch  Atherom  oder 
Vereiterung  ihrer  Umgebung;  die  Oeflhung  stellt  bald  eine 
einfache  Spalte,  bald  ein  grösseres  Loch  mit  weichen,  zot- 
tigen Bändern  dar.  Durch  die  Oeffnung  ergiesst  sich  das 
Blut  der  Arterie,  der  Tod  erfolgt  dann  entweder  durch  den 
Blutverlust,  oder  häufiger  durch  den  nachtheiligen  Einflus^t 
<les  ergossenen  Blutes  auf  gewisse  Theile,  z.B.  bei-Ruptur 
in  den  Herzbeutel,  Luftröhre,  Wirbelkanal  u.  s,  w. 

Die  nachtheiligen  Folgen  der  Aneurysmen  sind  ver- 
schieden je  nach  ihrer  Lage  und  Grösse;  die  am  häufigsten 
vorkommenden  Aneurysmen  der  Aorta  tödten  fast  immer 
entweder  durch  Behinderung  der  Herzthätigkeit,  durch  Druck 


310 

auf  die  Gefässe  und  Lungen,  oder  durch  Berslung.  Alle 
können  durch  Druck  auf  ihre  Umgebung  schädlich  wirken. 

Die  an  der  conyexen  Eränmiung  des  aufsteigenden  Astes 
und  Bogens  der  Aorta  yorkommenden  Aneurysmen  errei- 
chen meist  eine  beträchtliche  Grösse,  legen  sich  an  die  rechte 
Seite  des  Brustbeines,  die  oberen  Rippenknorpel  und  das 
Stemoclaylculargelenk  dieser  Seite,  drängen  diese  Theile  vor, 
zerstören  sie  zuweilen  durch  allmälige  Atrophie  und  kom- 
men unter  den  Hautdecken  zum  Vorschein. 

Die  an  der  concayen  Seite  der  aufsteigenden  Aorta  ent- 
springenden Aneurysmen  wenden  sich  gegen  die  Lungen- 
arterie und  den  Hohlyenensack ,  die  yon  derselben  Seite  des 
Arcus  entspringenden  stossen  auf  Trachea  und  Bronchien. 
Zuweilen  erfolgt  Ruptur  der  Aneurysmen  des  Arcus  in  den 
Herzbeutel,  eine  der  Herzabtheilungen,  in  die  Luftröhre 
oder  Bronchien. 

Aus  der  Aorta  thoracica  entspringen  die  Aneurysmen 
meist  hinten  oder  seitlich,  legen  sich  an  die  Wirbelsäule 
und  Rippenwand  an,  zerstören  zuweilen  die  Wirbelknochen 
und  kommen  mit  dem  Rückenmark  in  Berührung,  oder 
kommen  durch  die  Rippen  unter  den  Hautdecken  des  Rük- 
kens  zum  Vorschein.  Oft  comprimiren  sie  einen  Theil  der 
Lunge  und  öfihen  sich  zuweilen  in  die  Brusthöhle,  einen 
Bronchus,  die  Speiseröhre. 

Die  Aneurysmen  der  Aorta  abdominalis  sitzen  meist 
vorn  und  seitlich  auf  und  öShen  sich  zuweilen  in  den  Pe- 
ritonealsack. 

Abbild.!  Cruveilhier  LiTr.  3.  PL  4.  Livr.  17.  PL  4.  Livr.  28. 
PL  3.  Livr.  40.  PL  3.  Albers  II.  T.  36.  Ili.  T.  20,  21.  Meckel, 
T.  a.  p.  T.  12—16.  Froriep,  Chir.Kpft.  T.  41,  53,  149,  224,  365, 
289,  448.    Carswell  Fase.  9.  PL  4. 

5)  Ausser  den  beiden  aufgeführten  Arten  von  Erweite- 
rung der  Arterien  kommt  noch  eine  dritte  vor,  welche  durch 


311 

eiuen  Schlag,  Stoss  u.  s.  w.  auf  das  Gefäss.  oder  eine  Ver- 
wandung  desselben  bedingt  ist,  Aneurysma  traumaUcum. 

a)  Der  Schlag  bewirkt  keine  Zerreissung,  sondern  eine 
Erschlaffung,  Paralysirüng  der  Faserhäute,  worauf  sich  an 
der  getroffenen  Stelle  allmälig  eine  Ausbuchtung  bildet,  die 
sich  später  zu  einem  aneurysmatischen  Sacke  yergrösserty 
welcher  vorzugsweise  aus  der  Innenhaut  und  ZeDhaut  be- 
steht, da  die  Mittelhaut,  von  der  Wirkung  des  Schlages 
am  meisten  getroffen,  aus  einander  weicht  und  schwindet. 

b)  Der  Schlag  bewirkt  eine  Zerreissung  der  Innen-  und 
Mittelhaut,  das  Blut  strömt  durch  den  Riss  ein  und  wühlt 
die  Zellhaut  auf  eine  kleinere  oder  grössere  Strecke  los, 
dehnt  sie  aus  und,  nachdem  dieser  Zustand  (als  An.  spu- 
rium  sacci forme)  eine  kurze  Zeit  bestanden,  erfolgt  Zer- 
reissung der  Zellhaut  und  Bluterguss  nach  Aussen  (As/t.  dh' 
secans), 

e)  Durch  einen  Schlag  oder  eine  Verwundung  wird  die 
Oontinuität  aller  Häute  aufgehoben,  es  erfolgt  ein  Bluter- 
guss aus  dem  Gefässe,  der,  wenn  er  nteht  tödtlich  wird, 
imter  besonderen  Bedingungen  Veränderungen  henrorbringt, 
die  man  ebenfalls  Aneurysmen  genannt  hat: 

a)  An.  spurium,  das  Blut  strömt  in  das  benachbarte 
Zellgewebe^  wühlt  sich  eine  Höhle  und  umgiebt  so  als  rund- 
liehe  oder  ovale  Geschwulst  das  Gefäss  (A.  spurium  dif- 
fusum). Das  Extravasat  kann  alle  möglichen  Metamor- 
phosen der  Extravasate  überhafupt  eingehen;  Heilung  er- 
folgt, wenn  die  Arterie  obliterirt,  ungünstiger  Ausgang, 
wenn  das  Extravasat  verjaucht,  eine  Entzündung  des  Zell- 
gewebes mit  Eiter-  und  Jauchebildung  hervorruft  und  neue 
Blutungen  aus  dem  Gefässrisse  erfolgen.  Zuweilen  wird 
das  Extravasat  eingekapselt  (durch  organisirte  Exsudate  der 
Umgebung  und  peripherische  Fibringerinnsel)  und  seine 
Höhle  bleibt  durch  den  Riss  mit  der  Arterie  in  Kommuni- 
kation, es  entsteht  so  ein  An.  spurium  eireumscri- 


312 

pium,  welches  von  einem  wirklichen  Aneurysma  schwer 
zu  unterscheiden  ist.  Gestalt  ^  Grösse  und  weitere  Verän- 
derungen sind  dieselben,  wie  beim  sackförmigen  Aneurysma« 

ß)  An,  varicosum  ist  wesentlich  charakterisirt  durch 
die  Kommunikation  der  Arterie  mit  einer  nebenliegenden 
Vene,  welche  gleichzeitig  durch  einen  heftigen  Schlag  oder 
häufiger  durch  einen  Stich  oder  Hieb  geöffiiet  wird.  Zu- 
weilen geschieht  die  Kommunikation  auch  spontan,  durch 
Oeflfhung  eines  Arterienaneurysmas  in  eine  Vene,  z.B.  zwi- 
schen Aorta  abdominalis  und  Vena  cava  in  f.,  Aorta  adsc. 
und  F.  cava  sup.,  Art  und  Ven,  poplitaea.  Tritt  nach 
der  Verwundung  sogleich  Verklebung  durch  gegenseitige 
Verwachsung  der  Wunden  beider  Gefässe  ein,  ist  also  dann 
die  Kommunikation  eine  unmittelbare,  so  entsteht  ein  soge- 
nannter Variüß  aneurysmaticus^  am  häufigsten  als 
Folge  des  Aderlasses;  liegen  die  beiden  Gefässe  nicht 
neben  einander,  so  ergiesst  sich  zunächst  das  Blut  in  das 
umgebende  Zellgewebe,  unter  günstigen  Umständen  entsteht 
ein  An*  spurium  circumscriptum ,  dessen  Höhle  eine  niittel- 
bare  Kommunikation  der  Gefässe  vermittelt;  diesen  Zustand 
nennt  man  vorzugsweise  An.  varicosum. 

Die  Oeffnungen  und  die  Höhle  des  Sackes  werden  bald 
glatt,  durch  aufgelagerte  Fibrinschichten,  welche  eine  Art 
von  Innenhaut  bilden.  Durch  die  Oefihungen  findet  ein 
üeberströmen  von  Arterienblut  in  die  Vene  statt,  wodurch 
zunächst  der  Lauf  des  Venenblutes  gehemmt,  Stockung  des- 
selben und  Erweiterung  der  Vene  unterhalb  der  Oefifnung 
eintritt,  später  Erweiterung  und  Verlängerung  der  Venen 
mit  Verdickung  ihrer  Wände.  Die  Arterie  erweitert  sich 
gewöhnlich  oberhalb  der  Oeffhung  und  wird  unterhalb  der- 
selben enger. 

AbbUd.:  Froriep,  Chir.  Kpft.  T.  263. 

Mehrere  Autoren  nehmen  endlich  noch  ein  Aneurys- 
ma  herniosum  an,    w^elches  durch  einen  hernienartigen 


313 

Vorfall  der  Innenhaut  durch  einen  Riss  der  anderen  Häute 
bedingt  sein  soll,  doch  haben  Experimente  und  Beobach- 
tung der  Mehrzahl  der  Pathologen  ergeben,  dass  ein  solcher 
Vorfall  nicht  stattfindet,  sondern  vielmehr  in  den  meisten 
Fällen  eine  Zerreissung  der  Innenhaut  erfolgt ,  sobald  die 
äusseren  Häute  fehlen  (s.  unten). 

Die  Ansichten  über  Aneurysmen  sind  bei  yerschiedeneir 
Autoren  sehr  verschieden,  die  meisten  stützen  sich  auf  den 
Zustand  der  drei  Häute  am  ausgebildeten  Aneurysma 
und  suchen  dessen  Genese  daraus  zu  erklären,  während  sie 
das  v^erdende  nicht  berücksichtigen.  Die  verbreitetste 
Terminologie,  wie  sie  Hasse  zusammengestellt  hat,  ist 
folgende: 

I.  An.  verum,  alle  drei  Häute  bilden  die  Erweite- 
rung: 1)  A,  ver,  totale^  die  Arterie  ist  in  ihrem  ganzen 
Umfange  erweitert:  a)  An,  fusiforme^  b)  An.  cylin- 
droideum:  €c)  A.  anastomotictim ^  ß)  Telangiectasis.  2) A. 
ver.  partiale:  a)  A.  iacci forme,  b)  cirsaidenm. 

n.  A.  mixtum:  1)  A.  m.  exiernum,  innere  Haut 
zerrissen,  mittlere  und  äussere  ausgedehnt.  2)  A.  m.  in- 
ternum,  mittlere  und  äussere  Haut  zerrissen,  .innere  vor- 
gedrängt. 

ni.  A.  spurium:  1)  A.  sp.  sacciforme^  innere 
und  mittlere  Haut  zerrissen,  die  äussere  ausgedehnt  (von 
Anderen  auch  zum  A.  m.  extemum  gerechnet);  2)  A.  sp, 
diffusum,  begrenztes  Extravasat  um  die  verwundete  Ar- 
terie.    3)  A.  sp.  varicosum. 

Zerreifl«uuil^.    Ifmideit. 

Ausser  den  im  letzten  Abschnitte  abgehandelten  Zer- 
reissungen  von  Arterien,  welche  über  verengerten  Stellen 
übermässig  erweitert  sind,  von  sackförmigen  oder  trauma- 
tischen Aneurysmen,  finden  sich  ferner  Zerreissungen  be- 
dingt : 


314 

I 

1)  durch  zarte  Construction  der  gesammten  Arterien- 
wand  mit  meist  gleichzeitiger  Enge  des  GefSsses  oder  durch 
CoDgestion  (Rotitansky); 

2)  durch  Texturreränderungcn  der  Häute.  Dieselben 
sind: 

a)  Zerstörung  der  Innen-  und  Mittelhaut  durch  athe- 
romatösen  Zerfall  derselben ;  der  Blutstrom  zerreisst  den  et- 
waigen Rest  der  Mittelhaut  und  wühlt  die  Zellhaut  yon  der 
Mittelhaut  auf  grosse  Strecken  los,  das  Blut  sammelt  sich 
kurze  Zeit  in  diesem  Sacke  (Aneurysma  'disseeam), 
bald  erfolgt  Zerreissung  auch  der  Zellhaut  und  Erguss  des 
Blutes  nach  Aussen.  Dergleichen  Aneurysmen  hat  man  auch 
an  sehr  kleinen  Arterien  beobachtet,  bei  welchen  dann  das 
unter  der  Zellhaut  angehäufte  Blut  zu  Pigmentbildung  diente. 

b)  Geringere  Grade  der  Auflagerung  mit  ihren  Folgen: 
Fettentartung,  Mürbheit  der  Mittelhaut,  Erweiterung  des 
Gefässes,  Verdickung  der  Zellscheide.  Es  reissen  die  In- 
nen- und  Mittelhaut  ein,  die  Zellscheide  wird  aufgebläht 
und  zerreisst  erst  später. 

Nach  Rokitansky  ist  zuweilen  die  Loslösung  der 
Zellscheide  das  Primäre,  indem  dadurch  die  anderen  Häute 
ihre  Stütze  verlieren  und  einreissen  sollen. 

Fälle  von  spotanen  Zerreissungen  dieser  Art  sind  meist 
bei  alten  Personen  beobachtet  worden,  kommen  meist  am 
Anfang  der  Aorta  vor  und  sind  rasch  tödtlich. 

Hierher  gehört  auch  die  Zerreissung  kleiner  Arterien, 
wie  z.  B.  der  atheromasirten  Hirnarterien  bei  Haemorrha- 
gia  cerebrL 

3)  Entzündung,  Vereiterung,  Brand  der  Wände  von 
Arterien,  welche  mit  Geschwüren,  Eiteriierden  u.  s.  w.  in 
Berührung  kommen. 

Wunden  der  Arterien,  welche  nur  einen  Theil  der 
Wand  öfihen,  heilen  schwer,  sind  oft  durch  Verblutung 
tödtlich,  zuweilen  erfolgt  Verklebung  der  Wand  durch  Fi- 


315 

bringeri9iisel  und  Exsudate,  welche  letztere ,  su  Bindege- 
webe organisirt,  später  eine  Yerwachsung  derselben,  meist 
mit  gleichzeitiger  Obliteration  bewirken.  Völlige  Durch- 
schneidung einer  Arterie  grossen  Kalibers  ist  immer  t5dt* 
lieh  und  unheilbar;  die  Wunde  einer  Arterie  kleinen  Kali- 
bers kann  heilen,  sobald  die  Wunde  durch  Fibringerinnsel 
des  Blutes  inner-  und  ausserhalb  derOefihung  Terschloaseii 
wird;  die  Heilung  ist  durch  Obliteration  des  Gefässes  be- 
dingt. 

TeveugeruMkg.    Oliliteration« 

Angeborene  Enge  des  Aortensystems,  beson- 
ders merklich  am  Stamme  der  Aorta,  der  zuweilen  um  ein 
Dritttheil  oder  die  Hälfte  enger  ist;  die  Wände  sind  nor- 
mal oder  yerdünnt.  Sie. kommt  hauptsächlich  beim  weibli^- 
chen  Geschlecht  vor  und  ist  oft  mit  mangelhafter  Ernährung 
und  Geschlechtsentwickelung  combinirt,  kommt  aber  auch 
bei  übrigens  Tollkommen  gut  ausgebildeten  Indiriduen  yor. 
Die  Folgen  sind:  Stockung  des  Abflusses  des  Blutes  ans 
dem  linken  Ventrikel,  Hypertrophie  desselben  u.  s.  w. 

Höhere  Grade  Yon  angeborener  Enge,  welche  nahe  an 
völlige  Obliteration  grenzen,  kommen  an  der  Aorta  und 
Lungenarterie  als  Ursachen  der  sogenannten  Gyanose  yor« 

Von  besonderem  Interesse  ist  die  Verengerung  und 
Obliteration  der  Aorta  unterhalb  der  Einmündung 
des  Ductus  Botalli  auf  eine  kleinere  oder  grössere 
Strecke.  Die  Anomalie  beruht  entweder  auf  einer  angebor- 
nen  Enge  dieser  Stelle  oder  der  ganzen  Aorta  descendemt^ 
oder  auf  Obliteration  durch  Fihringerinnsel ,  welche  sich  an 
ein  aus  dem  Duct.  Botalli  in  die  Arterie  ragendes  GeriAie 
sei  ansetzen.  Gleichzeitig  mit  der  Verengerung  und  Obli- 
teration entwickelt  sich  ein  CoUateratkreisIauf  durch  Erwei- 
terung der  Mammariat  intemae^  A,  intewcoßttdes  und  epi- 
ffOitric.    Die  Aorta  oberhalb  der  YerengeruBg  utid  das  Herz 


316 

sind  bedeutend  erweitert.    Zuweilen  erfolgt  der  Tod  durch 
Berstung  der  Aorta  oder  des  Herzens. 

Cruyeilhier  Livr.  40.  PL  3.  Otto,  SeKn.  Beob.  II.  T.  1. 
Fif.  3.  Tiedemann,  lieber  die  Verengerung  und  Yerschl.  der  Art. 
1843. 

Verengerung  der  Arterien  ist  femer  bedingt  durch 
Auflagerung,  massenhafte  Yerdickungsschichten  in  der  Ar- 
terie selbst  und  deren  Ostien.  Dieser  Vorgang  ist  oft  zu 
beobachten  an  Arterien,  welche  von  Aneurysmen  entsprin- 
gen und  an  der  A,  tibialis. 

Obliteration  einer  Arterie  kommt  entweder  durch 
Fibringerinnsel  zu  Stande  oder  durch  unmittelbares  Anein- 
anderlegen  und  Verwachsen  der  Innenfläche  einer  Arterie, 
das  Letztere  ist  seltener,  findet  fast  nur  in  kleinen  Arterien 
statt,  bei  anhaltender  Compression  derselben.  Die  Bedin- 
gungen der  Fibringerinnsel  sind  schon  oben  besprochen 
worden,  ausser  den  schon  erwähnten  sind  noch  zu  nennen 
die  Verwundung  und  Ligatur  einer  Arterie.  Der  Vorgang 
der  Obliteration  beruht  wesentlich  auf  einer  Bildung  von 
Bindegewebe  in  dem  Gerinnsel  (in  unterbundenen  Arterien 
Thrombus  genannt)  und  Verschmelzung  der  Arterienwände 
mit  demselben,  worauf  die  frühere  Arterie  einen  fibrösen 
Strang  darstellt. 

Die  Folgen  der  Obliteration  sind  verschieden  je  nach 
der  Grösse  und  Bedeutung  der  Arterie,  ihre  Nachtheile  wer- 
den oft  durch  einen  anastomotischen  Collateral- 
kreislauf  gemildert  oder  verhütet;  derselbe  kommt  durch 
allmälige  Erweiterung  und  Verlängerung  kleiner  Aestchen 
zu  Stande ,  die  Anfangs  ein  Maschenwerk ,  später  grössere 
Stämme  bilden. 

Pathologlsehe  IVeublldungen. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  als 
fibröse  Verdickung  der  Zellscheide  nach  Entzündung  der- 


317 

selben;  in  Fonn  von  Polypen,  Warzen,  Vegetationen  als 
organisirte  Gerinnsel;  als  fibröses,  die  Obliteration  yermit- 
telndes  Gewebe;  als  Narben  atheromatöser  Geschwüre. 

Neubildung  von  Fett  findet  sich  als  Fettmetamor- 
phose  der  Innen-  und  Mittelhaut  mit  oder  ohne  vorherge- 
gangene Auflagerung  und  deren  Veränderungen  unter  den- 
selben Verhältnissen  wie  der  atheromatöse  Process. 

Concretionen  öder  falsche  Verknöcherung  finden 
sich  in  den  Verdickungsschichten  als  Verknöcherung  einer 
ganzen  Arterie  oder  in  einzelnen  Plaques;  in  Fibringerinn- 
seln; in  den  Gefässwänden  ohne  vorhergegangene  Auflage- 
rung; im  letzteren  FaUe  ist  meist  nur  die  Mittelhaut  ver- 
kreidet, die  Veränderung  findet  sich  vorzugsweise  in  klei- 
neren Arterien. 

Krebs  ergreift  die  Arterien  fast  nie;  die  Arterien  er- 
halten sich  sehr  lange ,  wenn  schon  alle  übrigen  Gewebe  ei- 
nes Organes  im  Krebse  untergegangen  sind. 

4.    Venen. 

JEntsiinduiig'  • 

Entzündung  der  Venen  ist  häufig,  doch  ist  bei  deir  Verän- 
derung, welche  man  gewöhnlich  Phlebitis  nennt,  meist  nicht 
die  Entzünduäg  der  Wandungen,  sondern  die  Gerinnselbil- 
dung in  der  Vene  das  Bedingende  und  Wesentliche.  Wie 
auf  der  Innenhaut  der  Arterien  und  des  Herzens,  so  sind 
auch  auf  der  der  Venen  croupöse  Exsudate  noch  nicht  sicher 
nachgewiesen;  man  hielt  entweder  Fibringerinnsel  aus  dem 
Blute  oder  die  nekrosirte  Innenhaut  für  Exsudate  oder 
identificirte  mit  Cruveilhier  geradezu  Coagulation  des 
Blutes  mit  Entzündung  der  Wände. 

Die  Anatomie  der  Entzündung  der  Venenwände 
ist  ganz  analog  der  der  Arterien.  Die  gefässreiche  Zell- 
haut und  meist  das  umgebende  Zellgewebe  sind  anfangs  in- 


318 

jicirt,  hocbroth,  mit  zahlreichen  ramificirten  und  dendriti- 
schen, strotzend  gefüllten  Gefässchen;  die  Mittelhaut  zeigt 
nur  in  ihren  äusseren  Lagen  Spuren  von  Injection.  Das 
Exsudat  ist  in  die  Zellhaut  und  Mittelhaut  infiltrirt,  welche 
dadurch  verdickt  werden.  Die  Innenhaut  ist  Töllig  intact, 
höchstens  etwas  gerunzelt  und  hie  und  da  durch  Exsudat 
vorgetrieben;  auf  ihrer  freien  Fläche  ist  ein  Exsudat  nicht 
nachgewiesen.  Das  Lumen  des  Grefässes  ist  frei  oder  durch 
€oagulum  verstopft,  und  zwar  ist  dieses  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  das  Primäre,  die  Entzündung  Bedingende,  in 
der  Minderzahl  Folge  der  durch  die  Erhebung  der  Innen« 
haut,  die  Verengerung  des  Gefässes  verursachten  yerlang->> 
samung  des  Kreislaufes. 

Das  Exsudat  wird  oft  resorbirt  und  die  Phlebitis  heilt; 
zuweilen  werden  die  Zellhaut  und  das  umgebende  Zellge- 
webe verdickt,  fest,  speckig,  blauroth  durch  erweiterte 
kleine  Venen.  Häufig  bildet  sich  Eiter;  derselbe  ist  diffus 
in  die  Zellhaut  infiltrirt,  durchbricht  die  weiche  und  brü- 
chige Mittelhaut  und  kommt  meist  in  Form  kleiner  Herde 
unter  die  Innenhaut  zu  liegen,  welche  er  hügelig  empor- 
hebt; zuweilen  nekrosirt  die  Innenhaut  und  wird  in  Form 
eines  grauen,  morschen  Cylinders  losgestossen ;  zuweilen 
durchbricht  der  Eiter  die  Innenhaut.  Das  Coagulum  geht 
weitere  Veränderungen  ein. 

Phlebitis  kann  entstehen:  durch  Verwundung,  Quet- 
schung der  Vene,  durch  Entzündung  der  umgebenden  Ge- 
webe, durch  Gerinnungen  in  den  Venen. 

Die  Folgen  der  Phlebitis  an  und  für  sich  sind  unbe- 
deutend, von  Bedeutung  sind  die  der  Metamorphosen  der 
Gerinnungen.  Da  die  letzteren  aber  meist  das  primäre  Lei- 
den darstellen  und  auch  ohne  Phlebitis  ihre  Bedeutung  ha- 
ben, wollen  wir  sie  zunächst  betrachten» 


310 

Oerinnunyen. 

Blutgerinnsel  kommen  in  den  Venen  sehr  häufig  vof, 
sie  sind  bedingt : 

a)  durch  YerlangsamuHg  des  ganzen  Kreislaufs  bei  al- 
ten, kachektischen  Personen. 

b)  durch  lokale  Behinderung  des  Blutlaufs  durch  Druck 
auf  die  Venen  oder  eine  ungünstige  Lage  (z.  B.  bei  Operir- 
ten,  welche  lange  unverändert  in  einer  Lage  yerhairen  müs- 
sen). Diese  Gerinnungen  sind  am  häufigsten  in  den  voin 
Herzen  entfernten  Venen  der  unteren  Extremitäten. 

c)  durch  mangelnden  Impuls  von  der  Arterie  aus,  bei 
Verstopfung  derselben  durch  Gerinnsel  oder  Unwegsamkeit 
der  Capillaren  (z.  B.  bei  ausgebreiteten  Entzündungen). 

d)  durch  Verengerung  des  Lumens  des  Getässes  durch 
Eiterherde  in  deren  Wänden ;  durch  Verwundung  der  Vene. 
Die  letztere  kann  gleichzeitig  Phlebitis  und  Gerinnung  oder 
blos  eine  von  beiden  bedingen,  die  sich  dann  später  wieder 
gegenseitig  bedingen  können,  so  dass  jeder  Fall  seine  be« 
sondere  Beurlheilung  Terlangt.  Die  Ansicht,  dass  bei  Phle-* 
bitis  der  Contact  des  durch  die  Gefässwände  exsudirten  Ent« 
Zündungsproduktes  mit  dem  Blute  dessen  Gerinnung  be-- 
wirke,  ist  eine  nicht  auf  Thatsachen  fussende  Hypothese. 

Die  Gerinnungen,  mögen  sie  nun  primäre  oder  sekuu* 
däre  (von  Phlebitis  abhängige)  sein,  stellen  bald  einen  blau- 
oder  schwarzrothen  Blutklumpen  dar,  bald  ein  festes,  elasti- 
sches, helleres  Goagulum;  sie  füllen  das  Gefäss  vollständig 
aus,  oder  hängen  nur  hie  und  da  an  den  Wänden;  zuwei- 
len geht  noch  eine  Portion  Blut  neben  ihnen  durch,  in  ei- 
nem spiralig  um  den  Pfropf  laufenden  Kanäle.  Die  Gerin- 
nung geht  meist  bis  zum  nächsten  nach  dem  Herzen  zu  ein- 
münden Aste,  setzt  sich  aber  auch  oft  weiter  fort  bis  zur 
Einmündung  in  einen  Hauptstamm ;  in  diesen  ragt  dann  zu- 
weilen «ine  konische  Fortsetzung  des  Gerinnsels  (z.  B.  an 
der  Einmündung  der  Hiaca  in  die  Hohlvene);  selten  setzen 


320 

»ich  die  Gerinnungen  auch  in  den  grössten  Stämmen  bis 
zum  Herzen  fort.  Diese  Verhältnisse  sind  fiir  verschiedene 
Venen  yerschieden  und  müssen  für  jede  besonders  erforscht 
werden  (Vir oho w). 

Die  Folgen  der  Gerinnungen  hängen  von  ihren  Meta- 
morphosen ab: 

a)  Kleine  Gerinnsel  verschwinden  zuweilen  und  das 
Lumen  wird  wieder  frei;  dieser  Vorgang  ist  bedingt  durch 
Erweichung  des  Gerinnsels,  Zerfall  der  Blutzellen  und  des 
geronnenen  Faserstoffes  zu  einer  molecularen  Masse,  wel- 
che mit  dem  Blutstrome  fortgeführt  wird  und  in  diesem 
verschwindet. 

b)  Sehr  häufig  bildet  sich  aus  dem  Fibringerinnsel  Bin- 
degewebe und  es  erfolgt  Obliteration  der  Vene;  dieser 
Vorgang  wird  insbesondere  in  kleineren  Venen  und  bei 
nicht  sehr  ausgedehnten  Gerinnseln  bemerkt.  Füllt  das  Ge- 
rinnsel das  Lumen  der  Vene  vollständig  aus,  so  wird  es  in 
einen  fibrösen  Strang  umgebildet,  der  mit  den  Venen  wän- 
den verwächst;  liegt  das  Gerinnsel  nur  hie  und  da  an  den 
Wänden,  so  bildet  sich  ein  fibröses  Maschen  werk,  welches, 
von  einer  Wand  zur  anderen  gehend,  das  Lumen  der  Ve- 
nen ausfüllt.  Zuweilen  finden  sich  im  neugebildeten  Binde- 
gewebe später  Concretionen.  Die  Venenwände  sind  meist 
verdickt  durch  Exsudate  in  .  der  ZeUhaut  oder  Auflagerun- 
gen an  die  Innenwand  (Phlebitis  adhaesiva  Autorum). 

c)  Erweichung,  Vereiterung,  Verjauchung, 
Die  Erweichung  wird  begünstigt  durch  einen  hohen  Feuch- 
tigkeitsgrad des  Gerinnsels,  findet  sich  daher  auch  am  häu- 
figsten in  solchen,  welche  noch  vom  Blute  bespült  werden. 
Die  Erweichung  besteht  in  Zerfall  und  Auflösung  der  ro- 
then  Blutkörperchen,  Zerfall  der  weissen  Blutkörper  durch 
Fettmetamorphose  oder  Atrophie,  Zerfall  des  Faserstoffs  zu 
einer  breiigen,  molecularen  Masse ;  die  Eiterung  in  der  Bil- 
dung von  Zellen.  Das  Anfangs  blaurothe  Gerinnsel  wird  an 


321 

einzelnen  Stellen  heller  ^  weissröthlich,  weissgraulich,  später 
verschwinden  alle  rothen  Stellen ,  das  Gerinnsel  wird  heller 
und  weicher;  an  einzelnen  Stellen  wird  die  Gonsistenz 
rahmartig.  Der  Eiter,  bildet  sich  meist  in  der  Mitte  des 
Gerinnsels;  allmälig  kann  das  Ganze  in  Eiter  zerfallen. 
Verjauchung  tritt  ein  durch  Contact  mit  der  Luft  oder  Jau- 
che, z.B.  nach  Verwundungen ,  nach  Entbindungen  (Phlei- 
bitis  suppurativa  oder  septica). 

Die  weiteren  Folgen  der  Metamorphose  der  Gerinnsel 
sind  verschieden.  1)  Bleibt  das  Gerinnsel,  unverändert  oder 
organisirt,  längere  Zeit  in  der  Vene,  so  entsteht  Stockung 
des  venösen  Blutlaufs  unterhalb  desselben,  und  Oedem,  zu- 
weilen Brand,  während  sich  die  Vene  oberhalb  der  Oblite- 
ration  bis  zum  Herzen  entleert.  Die  Wände  der  Venen 
bleiben  bei  allen  Metamorphosen  unverändert  oder  es  ent- 
steht Entzündung  der  Zellhaut,  Nekrose  der  Innenhaut. 

2)  Ausser  diesen  Veränderungen  treten  zuweilen  im 
Blute  selbst  und  an  anderen  entfernten  Organen  Verändcr 
rungen  auf,  die  man  gewöhnlich  von  einer  Eiter-  oder  Jau- 
cheinfection  des  Bluteis,  Pyämie,  putride  Infection, 
ableitet. 

Die  Veränderungen  des  Blutes  stellen  nach  Virchow 
eine  Art  Atrophie  desselben  dar,  bestehend  in  verminder- 
ter Bildung  von  rothen  Blutkörperchen  und  Faserstoff  und 
vermehrter  Bildung  weisser  Blutkörperchen. 

Die  übrigen  Veränderungen  sind:  vielfache  Hypera- 
mieen  und  IJntzündungen  im  Zellgewebe,  in  Schleim-  und 
serösen  Häuten,  mit  massenhaften,  faserstoffreichen,  crou- 
pösen.oder  diphtheritischen  Exsudaten.  Eiterbildungen,  sog. 
metastatische  Abscesse,  in  fast  allen  Organen  des  Körpers, 
insbesondere  den  Lungen,  Nieren,  der  Leber,  dem  Zellge- 
webe, den  serösen  Häuten,  Gelenkhöhlen.  Der  Eiter  wird 
entweder  unmittelbar  gebildet  oder  der  Eiterbildung  geht  die 
Bildung  eines  drcumscripten  hämorrhagischen  Infarctes  oder 

21 


322 

einer  hämorrhagischen  Entzündung  vor,  es  bilden  sich  kleine 
oder  grosse,  dunkelrothe,  harte  Stellen,  die  sich  dann  all'- 
m'älig  entfärben,  gelblich,  bröckelig  (wie  Fibringerinnsel 
oder  Tuberkelmasse)  werden  und  endlich  in  Eiter  Oder  Jau- 
che übergehen.    (S.  die  einzelnen  Organe.) 

Diesen  Infarcten  und  Abscessen  liegt  wohl  meist  Ein- 
keilutig  kleiner  Tom  Blutstrom  losgerissener  Fibrinpartikel** 
chen  aus  in  Venen  oder  im  Herzen  entstandenen  Gerinn-^ 
sein  KU  Grunde.  Die  übrigen  Veränderungen  aber  sind  ent- 
weder Ton  den  Vorgängen  in  der  Vene  ganz  unabhängig 
und  bedingt  durch  ein  Miasma,  oder  sind  durch  Transport 
kleiner  Eitermassen  und  Einkeilung  derselben  in  für  ihren 
Durchgang  insufficienten  Capillaren  bedingt. 

3)  Eine  Folge  der  Gerinnungen  ist  endlich  die,  dass 
grössere  Stücke  Ton  den  Gerinnseln  losgerissen  mit  dem 
Blutstrome  fortgeführt  und  in  den  Lufigenarterien  eingekeilt 
werden,  worauf  Infarct-,  Eiter-  und  Jauchebildung  in  der 
Lunge  eintritt. 

Die  häufigsten  Arten  der  sogenannten  Phlebitis  sind: 

1)  Primäre  Gerinnungen  in  den  Venen  der 
unteren  Extremitäten,  besonders  häufig  bei  alten, 
kachektisdiien  Leuten,  bei  Schwangeren,  bei  welchen  der 
Druck  des  Uterus  und  der  Faserstoffireichthum  des  Blutes 
die  Gtsrinnung  begünstigen  mag.  Sie  haben  bald  Phlebitis, 
bald  Obliteration  der  Vene,  Ocdem,  Brand,  chronische  Hy- 
pertrophie (Elephantiasis)  der  unteren  Extremitäten  zur  Folge, 
bald  g^en  sie  spurios  vorüber. 

2)  Pktebitis  uterina  putrperaTum.  Nur  in  den 
wenigsten  FäUen  findet  eine  ]primäre  Phlebitis,  fortgepflanzt 
von  der  Entzündung*  der  Plaßentarstelle  des  tJterus  auf  die 
Zeilhaüt  statt,  meist  ist  Gerinnung  das  Primäre,  die  Venen- 
häute  bleiben  bormal  oder  entzünden  sich  nachträglich.  Die 
Gbrinnung  setat  sich  «uweil^n  auf  diö  V.  hypogastrieoi. 
HkLtiae  und  nach  ob^  leiir   V.  c^m  inferi&r,  nach  unten 


323 

zur  F.  cruralU  fort  (s.  Phlegmasia  alba  dolens).  Zuwei- 
len findet  primär  eine  direkte  Aufnahme  von  Eiter  in  die 
klaffenden  XJterinvenen  statt. 

3)  Phlebitis  Aach  Verwundungen:  a)  Das  Instru- 
ment ist  rein ,  es  entsteht  Entzündung  des  umgebenden  Zell- 
gewiebes  und*  der  Zellhaut,  meist  sekundäre  Coagulation  in 
der  verletzten  Vene  mit  allen  möglidien  Metamorphosen, 
b)  Das  Instrument  ist  der  Träger  putrider  Stoffe,  meist 
tritt  zunächst  Entzündung  und  Verjauchung  der  Umgebung 
der  Vene  ein,  welche  sich  erst  später  auf  die  Vene  fort- 
pflanzt, oder  blos  Coagulation  durch  Verengerung  des  Lu- 
mens oder  nachträgliche  Jauchebildung  in  der  Vene  und  die 
allgemeinen  Veränderungen  hervorruft. 

4)  Gerinnungen  in  den  Sinus  Durae  matris  kom- 
men als  spontane ,  als  sogenannte  metasiatische  und  als  Fol- 
gen der  Entzündung  der  Dura  mater,  Schädelknochen  vor, 
insbesondere  nach  Verwundungen  des  Schädels.  Sie  pflan- 
zen sich  auf  die  benachbarten  Venen  fort  und  finden  sich 
zuweilen  neben  Infarcten  und  Abscessen  im  Gehirne. 

5)  Entzündung  und  Gerinnungen  der  Pfortader; 
ihre  Aetiologie  ist  noch  sehr  ungewiss;  in  der.  Mehrzahl 
der  beschriebenen  Fälle  scheint  die  Gerinnung  die  Haupt- 
sache zu  sein ,  die  Ausgänge  waren  bald  Eiterbildung ,  bald 
Obliteration ;  die  letztere ,  auf  mehrere  Aeste  ausgedehnt,  be- 
wirkt Atrophie  und  Schrumpfung  des  von  den  Aesten  ver- 
sorgten Leberparenchyms  und  narbenartige  Einziehungen  der 
Lebersubstanz. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.4.  PI.  6.  Litt«  8.  PI.  d.  Livr.  27. 
PI.  4.  Livr.  30.  PI.  1.  Flg.  4.  Livr.  36.  PI.  1.  6.  Li?r.  11.  PI.  1—3. 
Livr.  27.  PI.  4.  Livr.  35.  PI.  5.  Carswell  Fase.  8.  PL  3.  Hope 
Fig.  203.  204.  240. 

Die  bei  den  Arterien  so  häufig  vorkommenden,  oben 
als  Auflagerung  mit  Fettsucht,  Verknöcherung  und 
AttieromaBirang  be»cbriebenen ,  Veränderungen  kommen  in 

21* 


324 

den  Venen  nur  selten ,  in  geringer  Ausdehnung  und  in  nie- 
deren Graden  Yor. 

Erweiteraiiff.    Phlebectaiil«. 

Erweiterung  einzelner  Venen  und  ihrer  Verzweigun- 
gen ist  sehr  häufig;  eine  Erweiterung  aller  Venen  des  Kör- 
pers als  Folge  eines  Ueberwiegeiis  des  venösen  Systemes, 
krankhafte  Venosität,  ist  anatomisch  nicht  erwiesen. 

Die  Erweiterung  ist  entweder  gleichmässig  oder  sie  ist 
an  einzelnen  Stellen  vorwiegend  als  einseitige  Ausbuchtung 
der  Wand,  welche  sich  an  verschiedenen  Stellen  der  Vene 
wiederholt.  Die  erweiterte  Vene  ist  meist  gleichzeitig  ver- 
längert, erscheint  abnorm  geschlängelt  und  hie  und  da  mit 
dergleichen  Ausbuchtungen,  die  sich  äusserlich  als  Knoten 
darstellen,  besetzt;  man  nennt  sie  in  diesem  Zustande  va- 
ricös,  die  Knoten:  Varices. 

Die  Wände  der  gleichmässig  erweiterten  oder  varicö- 
sen  Vene  sind  selten  normal,  meist  verdickt  durch  Hyper- 
trophie der  ZeUhaut  und  Massenzunahme  der  Innenhaut 
durch  aus  dem  Blute  abgesetzte  Verdickungsschichten.  Die 
Windungen  der  kleineren  Venen  sind  zuweilen  so  ent- 
wickelt, dass  sie  förmliche  Knäule  bilden,  die  Wände  der 
an  einander  gepressten  Venen  mit  einander  verwachsen  und 
das  Lumen  der  Vene  einen  vielfach  ausgebuchteten  durch 
halbseitige  Scheidewände  in  Zellen  geschiedenen  Kanal  dar- 
stellt. Zuweilen  findet  in  diesem  Convolut  von  unter  einan- 
der verwachsenen  varicösen  Venen  auch  Schwund  der  Wände 
einzelner  Windungen  statt,  so  dass  der  Kanal  der  Venen 
nicht  mehr  verfolgt  werden  kann  und  das  Ganze  ein  dem 
cavemösen  Gewebe  ähnliches  GebDde  darstellt  (s.  Telean- 
giectasie).  Die  Windungen  der  grösseren  Venen  sind  nur 
selten  in  so  hohem  Grade  entwickelt. 

Der  Varix  ist  Anfangs  eine  einseitige,  flache  Ausbuch- 
tung  aller   VenenhSute,    bildet   allmälig    einen   grösseren, 


325 

rundlichen  Sack,  der  auf  der  Yeiie  platt  oder  gestielt  auf- 
isitzt;  in  diesem  Zustande  lassen  sich  nicht  immer  alle  Häute 
an  ihm  darstellen,  die  mittlere  scheint  meist  zu  schwinden 
und  die  verdickte  Zellhaut  mit  der  Innenhaut  die  Wand  vor- 
zugsweise zu  bilden.  Selten  legen  sich  in  sackförmigen 
Varicen  Fibringerinnsel ,  ähnlich  wie  in  den  Aneurysmen 
der  Arterien,  an,  doch  werden  sie  zuweilen  von  ihnen  gänz- 
lich ausgefüllt  und  schrumpfen  ein.  Nicht  selten  bersten 
Yaricen,  welche  unter  der  Haut  oder  unter  Schleimhäuten 
liegen,  nach  vorhergegangener  Atrophie  und  Schwund  der 
letzteren.  Die  Bedingungen  der  Bildung  eines  Varix  sind 
nicht  ganz  klar,  wahrscheinlich  findet,  bei  den  einmal  gege- 
benen Bedingungen  der  Erweiterung  überhaupt,  die  einsei- 
tige Ausbuchtung  da  statt,  wo  die  Yenenwand  am  wenig- 
sten durch  die  umgebenden  Organe  gestützt  ist. 

Die  Yenenklappen  nehmen  an  der  Erweiterung  der  Yene 
Theil,  werden  Anfangs  breiter,  später  immer  dünner,  reis- 
sen  ein  oder  schwinden. 

In  varicösen  Yenen  bilden  sich  sehr  oft  Gerinnsel, 
welche  die  ganze  Yene  obliteriren  oder  einseitige,  wand- 
ständige sind;  sie  schwinden  zuweilen  wieder,  oder  bewir- 
ken bleibende  Obliterationen ,  oder  erweichen  und  zerfallen 
zu  Eiter.  Nicht  selten  gesellt  sich  hierzu  eine  Entzündung 
der  Zellscheide  und  des  umgebenden  Zellgewebes;  findet 
dann  eine  Berstung  der  Yene  nach  aussen  statt,  so  wird 
das  eitrige  Gerinnsel  zu  einem  jauchigen  und  es  tritt  zu- 
weilen putride  Infection  des  Blutes  ein  (Haut-  und  Mast- 
darmvenen). 

Die  wandständigen  Gerinnsel  geben  zuweUen  die  Basis 
zur  Bildung  von  sogenannten  Yenensteinen,  Phleboli- 
then ab.  Um  ein  kleines,  meist  an  der  Wand  einer  Aus- 
buchtung lagerndes  Gerinnsel  legen  sich  allmälig  mehrere 
Schichten  geronnenen  Faserstoffes  an ;  dann  treten,  Anfangs 
in  der  Mitte,  später  in  allen  Theilen  dieser  Schichten ,  Kalk- 


326 

»alze  aiü,  die  ild^at  wird  hart  und  lieibst  nun  Venenstein. 
Derselbe  zeigt  auf  der  Schnittfläche  concentriscfae  Faser- 
stofllagen,  zwischen  weldien  öfters  Beste  des  Cruors  ak 
braune  oder  gelbe  Bröckdchen  liegen,  die  Mitte  ist  gewöhn- 
lich fest,  knochenartig,  die  äusseren  Lagen  sind  weicher. 
Der  Phlebolith  ist  rund ,  oyal ,  cylindriseh ,  pbliterirt  das  Lu- 
men der  Vene,  umgeben  von  sekundären  Gerinnsdn;  oder 
liegt  an  der  Innenhaut  d^  Vene  an,  mit  dieser  durch  Fi- 
briogerinnsel  oder  Schichten ,  welche  den  V^dickungsscfaich- 
ten  der  Innenhaut  der  Arterien  gleich  sind,  verbunden;  oder 
liegt  in  einem  V arix ;  oder  endlich  innerhalb  oder  selbst  aus- 
serhalb der  Yenenwände,  sobald  dieselben  durch  seinen  Druck 
atrophirt  und  geschwunden  sind.  Am  häufigsten  sind  die 
Phlebolithen  in  den  Phlebectasieen  der  Beckenorgane. 

Abbildungen:  Carswell  Fase.  11.  PI.  3. 

Die  Ursachen  der  Phlebectasieen  sind  oft  medianische 
Behinderung  des  Bückflusses  des  Yenenblutes ,  zuweilen  sind 
sie  völlig  unklar.  Bei  der  am  häufigsten  yorkonmienden 
Varicosität  der  Hautvenen  der  unteren  Extre- 
mitäten ist  die  mechanische  Ursache  meist  nachweisbar: 
langes  angestrengtes  Stehen,  Dnick  des  schwangeren  oder 
durch  Geschwülste  vergrösserten  Uterus  u.  s.  w.  Die  Fol- 
gen derselben  sind:  Oedem  und  Verdickung  des  Zellgewe- 
bes, der  Cutis  und  zuweilen  auch  der  Epidermis  der  unte- 
ren Extremitäten ,  Exsudate  unter  die  Epidermis ,  Bläschen, 
Pusteln,  Geschwüre.  Bei  Erweiterung  der  Mast- 
darmTenen,  bekannt . unter  dem  Namen  der  Hämorrhoi- 
den, ist  ebenfalls  zuweilen  die  mechanische  Ursache  nach- 
weisbar: Leberkrankheiten,  Geschwülste  im  Unterleib,  ha- 
bituelle Füllung  des  Mastdarmes  mit  Kothmassen  u.  s.  w., 
oft  aber  fehlen  dergleichen  Anhaltepunkte.  Die  sogenaim- 
teu  Hämorrhoidalknoten  sind  die  oben  beschriebenen  Con- 
Tolute  der  geschlängelten  und  varicösen  oft  eine  Art  caver- 
nösen  Gewebes  bildenden  kleinen  Venen  hinter  den  Sphincte- 


327 

reu  de$  Auus,  meist  eingebettet  iii  hypertrophisches  Zell- 
gewebe  (s.  Proctitis).  Sehr  unklar  in  ätiologischer  Hinsicht 
sind  die  Erweiterungen  der  Venen  des  Samenstrangs,  V a-« 
ricocele,  der  Harnblase ,  der  Prostata,  der  Scheide,  Er- 
weiterung der  Beckenvenen  überhaupt.  Die  Erweite- 
rungen der  Hautvenen  des  Thorax  und  Abdomen  sind 
stets  auf  mechanische  Ursachen  zurückzuführen,  beruhen 
auf  gehindertem  Abfluss  des  Blutes  der  Hohlvenen  oder 
Pfortader  durch  Verengerung  oder  Obliteration  derselben. 
Ein  merkwürdiger  Befund  ist  das  sogenannte  Medusen- 
haupt, eine,  oft  enorme,  Ausdehnung  der  Bauchyenen, 
welche  sich  kranzförmig  oder  in  Wülsten  um  den  Nabel 
herum  lagern,  bedingt  durch  angeborenes  Offenbleiben  der 
Nabelvene  und  Eommum'kation  derselben  mit  den  Hautvenen. 

Abbfldungen:  CruTeillifer  Li?r.  16.  PI  6.  Livr.  36.  PU  5.  Lirr. 
23.  PI.  3,  4.  Livr.  30.  PI.  6.  Carswell  Fase  «.  PL  4.  Froriep, 
Chir.  KpfU  )r.  404 ,  313. 

Verengerung  und  Obliteration  ist  bedingt:  durch 
Druck  Ton  aussen,  rohe  oder  organisirte  Gerinnsel,  Phle* 
bolithen.  Durch  anhaltenden  Druck  auf  die  Vene  wird  eine 
Verwadisung  der  Innenwände  bewirkt.  Unterhalb,  selten 
oberiialb  der  obliterirenden  Stellen  bUden  sich  neue  Ge- 
rinnsel. 

Der  Nachlheil  der  Obliteration  wird  leicht  ausgeglichen, 
da  die  Venen  durch  ein  ununterbrochenes  Netz  Yon  Ana- 
stomosen zusammenhängen;  ist  der  CoUateralkreislauf  un^ 
genügend,  so  entsteht  Oedem  der  unterliegenden  Tbeile. 
Interessant  sind  die  Beobachtungen  der  anostomötischen  Er- 
weiterungen, durch  welche  die  Obliteration  der  Hohlveneu 
ansgegUdien  wird,  die  der  V.  cava  ngpmct  durch  die  Ple- 
xm  fseu.  spinaleg  und  deren  Anastomosen  mit  der  Subclavia 
und  ihfpogatirU^j  inxiix  diQ  ZwerchfeUvenen  und  selbst  dier 


328 

Cwwiaria  magna  eordis;  die  der  V.  cava  hff.  durch  die 
Vena  azygos,  kemiazygot^  die  Epigastrica  und  Mammaria 
ifil.,  die  subcutanen  Bauch-  und  Achselvenen. 

Kleine  Wunden  der  Venen  heilen  leicht  durch  Adhä- 
sion der  Wundränder 9  grössere  heilen,  analog  den  Arterien- 
wunden, durch  Bildung  von  Blutgerinnseln  in  der  Yene 
und  um  die  Wunde,  deren  Ausgang  meist  Obliteration  der 
Vene  ist. 

Pi»thelo(|^i«€lie  IVeuliililunyeii. 

Neubildung  von  Bindegewebe  als  orgauisirtes 
Exsudat  in  der  Zellhaut;  als  organisirter  Thrombus. 

Goncretionen  in  den  Verdickungsschichten ,  Gerinn- 
sein  yaricöser  Venen,  im  Thrombus,  in  obliterirten,  in 
fibröse  Stränge  verwandelten  Venen;  als  Phlebolithen. 

Krebs  wuchert  zuweilen  von  Nachbargeweben  auf  die 
Venenw'ände  über  und  in  das  Lumen  der  Vene  hinein,  bo 
dass  die  Vene  völlig  mit  Krebsmasse  angefüllt  wird;  klei- 
nere oder  grössere  Theile  der  letzteren  können  dann  vom 
Blutstrom  fortgerissen  werden  und  Anlass  zu  Krebsbildung 
in  entfernten  Organen  geben.  Zuweilen  bildet  sich  in  einer 
Vene,  welche  Aeben  oder  durch  Krebsmassen  läuft,  Krebs 
selbstständig  ohne  vorhergehende  Perforation  der  Wand. 

Teleangieetasie. 

Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  Erweiterungen  der 
kleinsten  Gefässe  und  Capillaren,  welche,  auf  circumscriple 
Stellen  beschränkt,  flache  oder  stark  prominirende ,  granu- 
lirte,  höckerige,  hell-  oder  blaurothe  Geschwülste  bilden. 
Sie  kommen  in  der  Haut,  im  Zellgewebe,  zwischen  Mus- 
keln und  in  allen  übrigen  Organen  vor. 

Die  Erweiterung  betrifft  bald  mehr  kleine  Venen,  bald 
Arterien,  bald  wirkliche  Capillaren;  die  Gefässchen  sind 
verlängert ,  vielfach  geschlängelt ,  gleichmässig  erweitert  oder 


329 

seitlich  ausgebtichtet ;  bald  sind  nur  einzelne  verändert ,  bald 
viele  neben  einander  liegende  und  bilden  ein  Convolut,  ge- 
hen in  zahkeichen  Windungen  durch  einander ,  welche  theils 
mit  einander  verwachsen,  theils  durch  Zellgewebe  eng  ver- 
banden sind,  so  dass  man  oft  auf  der  Schnittflache  ein 
festes  Gerüst,  bestehend  aus  den  Gefässwänden  und  Zell- 
gewebe und  den  Oe&hungen  der  Gefässchen,  nicht  aber 
einzelne  Gefässchen  sieht.  Ja,  es  geht  in  solchen  Convo- 
luten  zuweilen  die  Textur  der  Gefösse  ganz  veiloren,  so 
dass  man  endlich  ein  schwammartiges  Gewebe,  bestehend 
aus  einem  Bindegewebsgerüst  mit  unter  einander  communi- 
cirende,n  Hohlräumen,  vor  sich  hat;  die  letzteren  sind  mit 
spindelförmigen  oder  epithelienärtigen  Zellen  ausgekleidet, 
enthalten  Blut  und  stehen  mit  einem  Gefässe,  meist  einer 
Vene  in  Verbindung.  (Aftermilzen,  cavernöse  Tex- 
turen). 

Aehnliche  Teleangiectasieen  finden  sich  auch  in  patho- 
logischen Neubildungen:  Carcinomen,  Lipomen. 

Die  Teleangiectasieen  sind  meist  angeboren  (Blutmäler), 
turgesciren  und  erblassen  zu  verschiedenen  Zeiten  und  blei- 
ben meist  auf  einer  gewissen  Stufe  unverändert  während 
der  ganzen  Lebenszeit. 

AbbUdungen:  Cruveilhier  Livr.  23.  PL  3,  4.  Livr.  30.  PI.  6. 
Hope  Fig.  106.  Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  60.  Chir.  Kpft.  T.  306. 
Bäte  man,  Hautkrankheiten  T.  39.  AmmoD,  Die  angeb.  chir.  K.  T.  32. 

5.    Lymphgefässe  und  Lymphdrüsen. 

A.    Gefässe. 

Es  kann  hier  nur  die  Bede  von  der  Ent Landung  ein- 
zelner grösserer  Stämme  sein,  da  wir  über  die  etwaigen 
Erkrankungen  der  Endverzweigungen  der  Lymphgefässe, 
ihre  Betheiligung  an  krankhaften  Zuständen  der  Organe  y  in 
welchen  sie  liegen,  gar  nichts  wissen. 


330 

Bei  der  Lymphangioitis  findet  man  die  Zellhaut  und 
das  umgebende  Zellgewebe  lebhaft  injicirt  und  mit  Exsudat 
infiltrirt,  geschwollen  und  weich ,  die.flbrige  Wandung  nor- 
mal oder  mit  Exsudat  durchsetzt^  weich,  leicht  zerreisslich, 
die  Innenhaut  normal  oder  getrübt,  rauh,  filzig;  auf  ihr 
und  im  Cayunx  des  Gefässes  jfeste  Flocke^  und  Gerinnsel 
oder  Eiter,  welche  der  Analogie  mit  den  übrigen  Gefässen 
nach  als  Gerinnsel  der  Lymphe  angesehen  werden  müssen, 
gewöhnlich  als  Exsudat  betrachtet  werden.  Der  Eiter  kann 
auch  durch  direkte  Aufnahme  in  die  Lymphgefässe  kommen 
oder  durch  Eiterbildung  aus  der  Lymphe  entstehen,  wenig- 
stens findet  man  ihn  in  der  Umgebung  yon  Eiterherden  in 
übrigens  yöllig  normalen  Lymphgefässen.  Ob  spontane  Ge- 
rinnungen in  den  Lymphgefässen  statt  finden,  wissen  wir 
nicht. 

Als  Folgen  der  Entzündung  giebt  man  Obliteration 
der  Lymphgefässe  an ;  sie  findet  sich  auf  kleinere  oder  grös- 
sere Stellen  beschränkt;  am  Ductus  ihoracicus  fand  An-« 
dral  nach  der  Obliteration  einen  Gollateralkreislauf  durch 
erweiterte  Lymphgefässe  hergestellt. 

Der  Eiter  kann  aus  den  I^rmphgefässen  wieder  yer- 
schwinden,  zuweilen  trocknet  er  ein  und  stellt  bröckelige, 
tuberkelartige  Verhirtungen  der  Lymphgefässe  dar;  selten 
geht  er  in  Jauche  über  und  giebt  dann  wohl  Anlass  zur 
putriden  Infection  des  Blutes. 

Die  Entzündung  ist  bedingt:  durch  Verwundungen  der 
Lymphgefässe ,  Entzündungen ,  Geschwüre ,  Vereiterungen 
ihrer  Umgebung,  z.  B.  in  der  Haut,  im  Uterus. 

Abbildungen^     CruTeilhier    Livr.  13.    PI.  1  —  3.     Carswell 
FaM.  8.  PL  4. 

Krweiieriuig. 

Bei  Leiden  der  Lymphdrüsen,  bei  Druck  auf  dieselben 
finden  sich  zuweilen  die  zugingen  Lym^efdsse  gleich« 


331 

förmig  oder  knotig  erweitert,    ihre   Wände  biüd  verdickt, 
bald  verdünnt. 

Einzelne  Befunde  sprechen  von  lokalen,  grossen,  cy- 
stenartigen  Erweiterungen;  Breschet  beschreibt  einen  Fall 
von  allgemeiner  Erweiterung  der  Lymphgefässe. 

.  Abbildun^n:  Carswel)  Vwc^  9.  PL  4. 

Patholo^lsehe  IVeublldunQ^eii. 

Bei  Krebs  oder  Tuberkulose  mancher  Organe  lin- 
den sich  auch  die  zugehörigen  Lymphgefässe  mit  Krebs- 
oder Tuberkelmasse  angefüllt  und  weisse,  knotige  Stränge 
und  Netze  (z.  B.  in  den  Lungen,  im  Omentmn  bei  Darmge- 
schwüren) darstellend;  die  Massen  können  in  erodirte  Lymph- 
gefässe direkt  aufgenommen  oder  in  unversehrten  Lymph- 
gefässen  gebildet  werden. 

B.    Drüsen, 

Hypertreplüe. 

tfypertrophieen  der  Lymphdrüsen  sind  häufig ,  die  Drü- 
sen erhalten  oft  einen  enormen  Umfang,  bleiben  in  ihrer 
Textur  sowohl  dem  äusseren  Anblick  als  der  mikroskopi* 
sehen  Untersuchung  nach  unverändert,  oder  nähern  sich  ia 
ihrer  Textur  dem  Sarcom ,  indem  sich  grosse  Massen  längs« 
ovaler  Kerne  und  spindelförmiger  Zellen  in  ihnen  bilden, 
welcher  Zustand  Lymphdrüsensarcom  genannt  wird. 

Mau  findet  die  Hypertrophie  1)  in  Drüsen,  deren  Ge- 
fässe  zu  entzündeten  Theilen  führen,  so  bei  chronischen 
Katarrhen  und  Geschwüren  der  Mundhöhle,  des  Obrgangs, 
bei  Kopfausschlägen ,  insbesondere  bei  Scrofulösen ;  die  Hy*- 
pertrophie  geht  hier  oft  in  Entzündung  über.  Ferner  bei 
attsgelureiteter  Zellgewebsentzündung ,  Caries,  Nekrose  der 
Knoäi^  der  unteren  Extremitäten;  die  Hypertrophie  der 
Leistendräien  ist  hier  enorm. 


332 

2)  lu  den  Drüsen  gewisser  Gegenden,  z.  B.  am  Hal- 
se ^  den  Bronchien  oder  in  allen  Drüsen  des  Körpers 
ohne  benachbarte  Entzündungen,  als  Theilerscheinungen  der 
Scrofulosis  der  Kinder. 

Die  Hypertrophie  aller  Lymphdrüsen  ist  sehr  selten, 
findet  sich  auch  bei  Erwachsenen  neben  allgemeiner  Atro- 
phie und  Marasmus.  Interessant  sind  die  Angaben  von  Yir- 
chow,  nach  welchem  die  Blutbildung  bei  dergleichen  Kran- 
ken sehr  gestört  war,  indem  sich  eine  so  bedeutende  Ver- 
mehrung der  weissen  Blutkörperchen  fand,  dass  das  Blut 
ein  milchiges  Ansehen  bekam:  Leukämie,  ein  Zustand,  den 
man-  auch  bei  chronischen  Milztumoren  fand. 

3)  Als  lokale  Geschwülste  .von  geringem  oder  bedeu- 
tendem Umfang,  spontan  oder  durch  lokale  Reizung  ent- 
standen. 

Die  Hypertrophie  kann  stetig  zunehmen  oder  auf  einer 
Stufe  stehen  bleiben,  oder  abnehmen  und  der  normale  Um- 
fang der  Drüse  wiederkehren,  zuweilen  erfolgt  Tuberculisi- 
rung  (s.  unten)  oder  Eiterbildung. 

Atrophie  der  Lymphdrüsen  ist  im  hohen  Alter  und 
bei  allgemeiner  Abmagerung  beobachtet  worden;  die  Drü- 
sen werden  kleiner ,  fester ,  das  Parenchym  schwindet  gleich- 
massig  oder  an  einzelnen  Stellen  und  das  Bindegewebege- 
rüst tritt  mehr  hervor. 

Einen  Tölligen  Schwund  dieser  Drüsen  beobachtet  man 
auch  nach  Entzündung  derselben. 

fintzfindungf« 

Entzündung  der  Lymphdrüsen  ist  sehr  häufig.  Die 
Drüse  und  das.  sie  umgebende  Zellgewebe  sind  meist  stark 
injicirt,  oft  auch  mit  kleinen  oder  grossen  Ecchymosen 
durchsetzt;  femer  durch  Exsudat  infiltrirt,  erweicht  und  an- 
geschwollen. Das  Exsudat  ist  entweder  gleichmässig  durch 
die  ganze  Drüse  yertheilt,  oder  es   ist   an  yerschiedenea 


333 

Stellen  angehäuft,  während  der  Rest  der  Driise  frei  bleibt; 
es  ist  serös  oder  faserstofireich,  kann  yöÜig  resorbirt  wer- 
den oder  organisirt  zu  Bindegewebe  (Induration),  oder  zu 
Eiter,  oder  trocknet  ein,  wird  tuberkelartig,  nekrosirt  mit 
dem  eingeschlossenen  Gewebe  zu  einer  trocknen,  gelben, 
morschen  Masse  oder  zerfällt  in  eine  moleculäre,  breiige 
Masse,  wie  z.B.  bei  Entzündung  der  Mesenterialdrüsen  ne- 
ben typhösen  Darmgeschwüren. 

Die  Entzündung  ist  akut  oder  chronisch,  findet  sich 
meist  in  Drüsen,  die  zu  entzündeten  Theilen  führen;  es 
gehören  hierher  die  .syphilitischen  Bubonen,  ein  Theil  der 
sogenannten  scrofulösen  Drüsengeschwülste  bei  Kopfausschlä- 
gen, Mund-,  Nasen-,  Halsgeschwüren  u.  s.  w.,  Entzün- 
dung der  Bronchial-  und  Mesenterialdrüsen  bei  Lungen  -  und 
Darmentzündungen,  bei  typhösen  Darmgeschwüren.  Aus- 
serdem kommen  sie  auch  als  selbstständige  Theiierscheinun- 
gen  allgemeiner  Erankheitsprocesse  Tor ,  so  als  Pestbubo- 
nen,  als  Entzündung  der  Mesenterialdrüsen  bei  Typhus 
ohne  Darmgeschwüre. 

P«tholoi^I«e1ie  ItfeuMldaiiipeii. 

Neubildung  yon  Bindegewebe  findet  sich  durch 
Organisation  entzündlicher  Exsudate^ 

Neubildung  von  Pigment  findet  sich  häufig  nach 
Entzündung  der  Drüsen  als  Umwandlung  des  Hämatin  in 
schwarzes  Pigment ,  welches  sich  in  Form  kleiner  Kömchen 
im  Parenchym  der  Drüse  darstellt,  diesem  eine  grauliche  oder 
ganz  schwarze  Farbe  ertheOt. 

Am  ausgezeichnetsten  findet  sich  die  Bildung  schwarzen 
Pigments  in  den  Bronchialdrüsen,  in  welche  es  so  ge- 
wt^hnlich  vorkommt,  dass  es,  wie  in  den  Lungen,  im  mitt- 
leren und  höheren  Alter  zu  den-  normalen  Erscheinungen 
geredmet  wird,  doch  ist  wahrscheinlich,  dass  es  durch  öftere 
Hypertmieen  mit  Austritt  Toii  EUmatin  bedingt  ist.    Es  fin- 


S84 

d^t  sich  in  einzelnen  Flecken  oder  durch  das  ganze  Paren- 
chym  gleichmässig  yertheilt,  zuweilen  fehlt  neben  ihm  das 
normale  Parenchym  ganz  und  nur  das  Bindegewebegerüst 
besteht  noch. 

Concretionen  kommen  oft  vor  als  kreidige  oder 
steinharte,  knochenartige  Massen;  die  Kalksalze  treten  in 
entzündlichen  Exsudaten  oder  in  Tuberkeln  auf. 

Cysten  ündet  man  hie  und  da  erwähnt,  meist  sind  es 
wohl  alte  Abscesse  oder  tuberkulöse  Cavernen  mit  athero- 
mashrtem  Inhalte. 

Krebs  ist  häufig  in  den  Lymphdrüsen,  insbesondere 
als  Markschwamm,  er  entwickelt  sich  bald  selbstständig  in 
denselben  und  erreicht  oft  einen  enormen  Umfang;  hierher 
gehören  die  sogenannten  Betroperitoneajkrebse,  als  Mark- 
schwamm der  Lymphdrüsen  längs  der  Wirbelsäule  an  den 
grossen  Gefässen,  die  Krebse  im  Mediastinum,  ausgehend 
Ton  den  Lymphdrüsen  längs  des  Oesophagus  und  der  Tra- 
chea, Krebse  der  Halsdrüsen  u.  a.  m.,  bald  ist  er  sekun- 
där yon  benachbarten  Organen  auf  sie  übergegangen,  oder 
findet  sich  in  Drüsen,  welche  zu  krebsig  entarteten  Orga- 
nen führen. 

Tuberkel  als  Zeichen  der  allgemeinen  Tuberkulose 
sind,  neben  Lungen-  und  Darmtuberkeln,  die  am  häufigsten 
Torkommenden.  Sie  stellen  sich  als  graue  oder  gelbe  iso- 
lirte  oder  gruppirte  und  confluirende  Knötchen  oder  allge- 
meine Umwandlung  des  Drüsengewebes  in  gelbe  Tuberkel- 
masse, sogenannte  tuberkulöse  Infiltration,  mit  allen  Meta- 
morphosen: Zerfall,  Höhlenbildung,  Yerkreidung  u.  s.  w. 
dar.  Die  Lymphdrüsen  können  enorm  anschwellen  und  bil- 
den oft  an  einander  li^nde  knotige  Massen  Ton  enormem 
Umfange.  Die  Tuberkulose  b^innt  mit  Hypertrophie  der 
Drüse  durch  massenhafte  Yermehrung  der  Kerne  und  Zel- 
le» ihres  Parendiyms;  Mchdem  dieselbe  ISngere  oder  kür- 


335 

zere  Zeit  bestanden  hat ,  tritt  partielle  oder  allgemeine  Atro- 
phie und  käsige  Metamorphose  ein. 

Die  Tuberkeln  in  den  Lymphdrüsen  sind  zuweilen  pri- 
mär in  denselben  entstanden  und  findet  sich  ausserdem 
keine  Spur  von  Tuberkeln  im  Körper;  so  haben  wir  Tu^ 
berkulose  der  Drüsen  am  Halse^  in  den  Media- 
stinis,  längs  der  grossen  Bauchgefässe  ohne 
gleichzeitige  Lungen-  oder  DarmtuberkeL  Die  geschwolla* 
nen  Drüsen  werden  gewöhnlich  als  scrofulöseDrüsen^ 
g esc h Wülste  betrachtet ,  da  der  Habitus  dea  Kranken 
und  seine  übrigen  Leiden  ihn  als  scrofulös  darstellen ,  da 
ferner  vollständige  Heilung  dieser  Tuberkeln .  durch  Zerfall 
und  Entleerung  nach  Aussen  häufig  erfolgen  käinn,  und 
auch 9  wenn  die  Kranken  sterben,  im  Körper  oft  in  keinem 
anderen  Organe  Tuberkeln  zu  finden  sind.  In  anderen  Fäl- 
len gesellen  sich  übrigens  Tuberkeln  in  den  Lungen  ^  im 
Hirn ,  Bauchfell ,  Hoden  u.  s.  w.  zu  diesen  Tuberkeln ,  es 
tritt  dann  die  Tuberkulose  gegen  die  Scrofulose  mehr  in 
den  Vordergrund,  und  die  Drüsentuberkeln  sind  nun  un- 
zweifelhaft Theilerscheinungen  der  allgemeinen  Tuberkulose. 

Die  Bronchial-  und  MesenterialdrÜsen  werden 
selten  primär  tuberkulös ,  sondern  entarten  meist,  erst  dann, 
wenn  in  den  Lungen  und  im  Darmkanale  sich  Tuberkeln 
und  tuberkulöse  Geschwüre  gebildet  haben.  Sie  erreichen 
bei  Kindern  zuweilen  einen  enormen  Umfang  und  ihre  Er- 
krankung bedingt  Atrophie  und  Marasmus. 

6.    Das  Blut. 

1)  Vermehrung  der  Blutmenge  des  Körpers, 
Plethora,  ist  ein  von  den  Ptjürtikem  aufgestellter  Sym- 
ptomencomplex ,  aber  keine  durch  exacte  Untersuchungen 
festgestellte  Veränderung.  Im  Blute  von  Personen,  bei 
welchen   6kh   di«   Symptome   einer  sogenannten  Plethora 


386 

zeigten  9  fand  man  die  rothen  BlatkSrperchen  und  den  Ei- 
weissgehalt  des  Serums  etwas  vermehrt. 

2)  Verminderung  der  Blutmenge  des  Kör- 
pers, Anämie,  Oligämie  findet  sich  offenbar  unmittel- 
bar nach  starken  Blut-  und  Säfteverlusten;  haben  aber  der- 
gleichen Bedingungen  nicht  stattgefunden,  so  hüte  man  sich, 
den  Zustand'  mit  Hydrämie  oder  Chlorosis  tu  yerwechseln. 
Die  Veränderung  der  Blutbestandtheile  Anämischer  ist  nicht 
«onstant,  meist  sind  die  rothen  Blutkörperchen  yermindert, 
oft  geht  die  Anämie  in  Hjdrämie  über. 

3)  Hjdrämie  findet  sich  bei  Wassersüchtigen,  das 
Blut  ist  dünnflüssig,  reich  an  Wasser,  arm  an  Eiweiss, 
fleichwasserähnlich ,  blass,  bildet  beim  Gerinnen  einen  sehr 
lockeren ,  gallertartigen  Blütkuchen.  Die  rothen  Blutkörper- 
chen sind  vermindert.  Diese  Veränderung  ist  meist  eine 
secundäre,  durch  Lokalkrankheiten  bedingte:  ob  es  eine  pri- 
märe, Lokalkrankheiten  bedingende,  Hydrämie  giebt,  muss 
noch  dahin  gestellt  bleiben. 

4)  Vermehrung  des  Fibrins  und  Verminde- 
rung der  rothen  Blutkörperchen  findet  sich  als  se- 
cundäre Veränderung  nach  Entzündungen,  Aderlässen  und 
bei  Schwangeren,  Zustände,  welchen  Verluste  des  Blutes 
gemeinschaftlich  sind.  Die  Bedingungen  dieser  Krase  sind 
unbekannt. 

5)  Verminderte  Bildung  der  rothen  Blutkör- 
perchen findet  sich  als  wesentliche  Blutyeränderung  bei 
Chlorose,  während  die  übrigen  Blutbestandtheile  nicht  con- 
stant  verändert  sind.  Ob  diese  Veränderung  primär  ist  und  die 
übrigen  Erscheinungen  bedingt,  oder  ob  sie  erst  bedingt 
ist  durch  die  Veränderungen  in  der  Geschlechtssphäre,  ist 
ungewiss. 

6)  Vermehrte  Bildung  der  weissen  Blutkör- 
perchen findet  sich  unter  verschiedenen  Verhältnissen: 
a)  bei  Pyämie,  scheint  hier  eine  direkt  durch  die  Krank- 


337_ 

heitsursache  herbeigeführte  Krase  darzustellen:  b)  bei  aku- 
ten Krankheiten,  wie  Typhus,  Cholera  u.  s.  w.  als  secun-. 
däre  Veränderung;  c)  bei  chronischen  Milzanschwellungen 
und  allgemeiner  Hypertrophie  der  Lymphdrüsen.  Die  Ver- 
mehrung erreicht  zuweilen  einen  solchen  Grad,  dass  das 
Blut  ein  milchiges  Aussehen  bekommt:  Leukämie. 

7)  Vermehrung  des  Fettes  im  Serum  in  Gestalt 
kleiner  Fettkügelchen  findet  sich  insbesondere  bei  Säufern, 
ausserdem  bei  Leberkrankheiten,  Bright'scher  Krankheit, 
Tuberkulose,  Diabetes  und  Cholera.  Nach  Lehmann  ist 
die  Vermehrung  des  Fettes  im  Blute  in  Krankheiten  stets 
durch  chronische  oder  akute  Krankheiten  der  Leber  bedingt, 
so  insbesondere  bei  Säufern,  bei  Diabetes. 

.8)  Chylöses  Blut  nennt  man  Blut  mit  trübem  Se- 
rum ;  ausser  einer  Trübung  durch  Vermehrung  der  weissen 
Blutkörperchen  und  durch  Fettkügelchen  beobachtete  man 
noch  eine  solche  durch  im  Serum  suspendirte  Eiweisspar- 
tikelchen. 

9)  Pigment  findet  sich  in  Gestalt  kleiner  Kömchen 
und  in  Zellen  im  Blute ,  doch  sind  die  Beobachtungen  über 
das  Vorkommen  desselben  noch  so  unvollständig,  dass  sich 
darüber  nichts  Gewisses  feststellen  lässt.  Die  Pigmentbil- 
dung scheint  insbesondere  in  der  lülilz  Tor  sich  zu  gehen. 

10)  Harnstoff  findet  sich  in  abnormer  Menge  bei 
allen  die  Nerventhätigkeit  beschränkenden  Nierenentartun- 
gen, insbesondere  bei  dem  sogenannten  M.  Brightii.  Bei 
solchen  Krauken  hat  man  den  Harnstoff  auch  in  Exsudaten 
beobachtet. 

11)  Gailenfarb Stoff  findet  sich  in  abnormer  Menge 
bei  folgenden  Zuständen:  gehinderter  Abfluss  der  Galle  aus 
der  Leber  oder  Gallenblase,  gebinderte  Thätigkeit  der  Le- 
ber durch  Entartungen  derselben,  Beschleunigung  der  Bil- 
dung  des  Gallenpigm^nts   im  Blute  (Icterus  neonatorum). 

22 


338 

Uas  Blutserum  und   alle  yon  diesem  durchtränkten  Gewebe 
erhalten  eine  gelbe  Farbe. 

12)  Zucker  findet  sich  in  abnormer  Menge  bei  Dia- 
betes mellitus. 

13)  Kohlensaures  Ammoniak  findet  sich  bei  M. 
Brightii,  Typhus,  Cholera  und  allen  schweren  Fällen  aku- 
ter Krankheiten^    namentlich    bei  Variola  und   Scarlatina. 

Nach  Frerichs  und  Lehmann  ist  es  wahrscheinlich, 
dass  die  gewöhnlich  dem  Harnstoff  zugeschriebenen  Er- 
scheinungen der  Urämie  durch  das  kohlensaure  Ammoniak 
bedingt  werden. 

•  Das  physikalische  Verhalten  des  Blutes  in 
Leichen  hat  Lehmann  nach  den  Untersuchungen  Ro- 
kitansky's  und  EngeTs  in  folgende  6  Gruppen  zusam- 
mengestellt : 

„1)  Durch  Dickflüssigkeit,  rothbraune  Farbe  und  Ge- 
rinnbarkeit zeichnet  sich  eine  Art  yon  Leichenblut  aus, 
welches  in  den  Leichnamen  solcher  gefunden  wird,  die  an 
heftigeren  Entzündungen  gestorben  sind.  Solches  Blut  färbt 
sich  an  der  Luft  heller  roth,  gerinnt  nur  in  den  grösseren 
Gefässen,  während  es  in  den  kleineren  und  den  Capillaren 
dünnflüssig  bleibt;  die  Blutgerinnsel,  im  Herzen  und  den 
grossen  Gefässstämmen,  sind  fast  immer  compact  und  dun- 
kelbraunroth.  Die  Dickflüssigkeit  ist  die  Ursache,  dass  sich 
dieses  Blut  weniger  als  jedes  andere  in  die  Gewebe  in- 
filtrirt. 

2)  Dickflüssig,  schmutzigbraunroth,  nicht  geronnen  und 
niemals  Fibrincoagula  abscheidend  findet  man  das  Blut  in 
akuten  Krankheiten  des  Hirns  und  Bückenmarks. 

3)  Ein  dickflüssiges,  ungeronnenes  und  nicht  gerinn- 
bares, blau-  und' schwarzrothes  Blut,  welches  unter  begün- 
stigenden Verhältnissen  zuweilen  Fibrincoagula  im  Herzen 
und  den  grössten  Gefässen  ab^heidet,  ist  sicher  nicht  der 
Charakter  einer  und  derselben  Blutmischung;    denn  nach 


339 

sehr  verschiedenen^  einander  selbst  ausschliessendmi  Krank- 
heiten findet  man  so  beschaffenes  Blut  in  der  Leiche^  näm- 
lich nach  Plethora  (von  Herzkrankheiten  bedingt)^  Typhus^ 
akuter  Tuberkulose,  narkotischen  und  Bleiyergiftungen, 
Cholera,  plStzlidi  auftretenden  profusen  Schweissen  odef 
Diarrhöen. 

4)  Ein  dünnflüssiges,  blassrothes  oder  zinnoberrothes, 
nicht  gerinnbareß  Blut,  welches  trotz  seiner  Dünnflüssig- 
keit  sich  nicht  leichtin  die  Crewebe  imbibirt,  aber  oft  sehr 
starke  Fibrincoagula  in  den  grösseren  Gefissen  abzusetsen 
pflegt,  gehört  ebenfalls  keiner  besonderen  Blutmischung  an; 
denn  es  findet  sich  nach  den  verschiedensten  Erankheitszu- 
ständen,  wenn  in  Folge  starker  Säfteverluste  das  Blut  eine 
wässerige  Beschaffenheit  angenommen  hatte ;  daher  nach  häu- 
fig wiederholten  Aderlässen,  Blutflüssen,  bedeutenden  Ex- 
sudaten, langsam  verlaufenden  Diarrhöen  und  Schweissen, 
in  der  dem  Typhus  und  akuten  Exanthemen  folgenden  Anä- 
mie, sowie  endlich  bei  Atrophia  senilis. 

5)  Ein  dünnflüssiges,  blauscbwarzes ,  nicht  gerinnbares 
Blut,  welches  von  den  grossen  Gefässen  bis  in  die  klein- 
sten und  zwar  in  grosser  Menge  verbreitet  ist,  sich  sehr 
leicht  in  die  verschiedensten  Gewebe  imbibirt  und  nirgends 
Fibrincoagula  abscheidet ,  wird  bei  Klappenfehlem  des  Her- 
zens gefunden. 

6)  Endlich  lässt  sich  noch  eine  Art  Leichenblut  unter- 
scheiden, welches  dünnflüssig,  nicht  coagulirbar  und  schmutzig- 
bräunlich gefärbt  ist;  dieses  scheidet  nie  Fibrincoagula  aus, 
imbibirt  sich  leicht  in  die  Gewebe,  wird  aber  meist  in  ge- 
ringer Menge  und  zwar  am  wenigsten  im  Herzen  und  in 
den  grossen  Gefässen  gefunden,  während  es  sich  in  den 
Capillaren  anhäuft.  Solches  Blut  findet  man  bei  eigentli- 
chen Zersetzungen  oder  Entmischungen  des  Blutes,  z.  B. 
bei  Pyämie,  Puerperalfieber,  Scorbut  u.  s.  w. 

Was  die  Ausscheidung  jener  polypösen  Fibringerinnsel 

22* 


340 

—  und  zwar  aus  sehr  faserstotl'armem ,  nicht  gerinnbarem 
Blute  —  betrifft,  so  ist  man  über  deren  nächste  Entstehung 
noch  keineswegs  im  Klaren;  man  weiss  nur  so  viel,  dass 
durch  Schwäche  oder  mechanische  Hindernisse  kurz  vor  dem 
Tode  bedingte  Verlangsamung  der  Circulation  die  Abschei- 
dung jener  Massen  begünstigt;  daher  besonders  nach  län- 
gerer Agonie.  Die  rein  lokalen  Fibringerinnsel  bei  Aneu- 
rysmen, Obliteration  der  Venen,  Phlebitis  weisen  ebenfalls 
auf  diese  Erklärungs weise  ihrer  Bildung  hin/^  (Phys.  Che- 
mie, n.  S.  195.) 


Pathologische  Anatomie  der  Blatg^fllMM- 

drflfiieii. 

1.    Die  Milz. 

Die  Milz  des  Embryo  ist  klein,  weich,  in  den  ersten 
Zeiten  weissgelblich ,  später  heUroth  gefärbt,  beim  Neuge- 
borenen und  im  Kindesalter  wird  sie,  im  Yerhältniss  zum 
Körper,  grösser,  fester,  kirschroth,  beim  Erwachsenen  ist 
ihre  Grösse  sehr  schwankend ;  wir  wissen  nicht,  in  wie  weit 
diese  Schwankungen  von  individuellen  Eigenthümlichkeiten 
oder  Ton  den  physiologischen  Funktionen  abhängig  sind. 
Ihre  Kapsel  und  ihr  Balkengerüst  ist  meist  fest  und  ent- 
wickelt, die  Schnittfläche  ist  dunkelroth,  glatt  oder  grob- 
kömig,  weich,  bedeckt  sich  rasch  mit  Blut  oder  sie  ist  hel- 
ler, fester,  glatt  und  zeigt  wenig  Blut,  die  Malpighi'schen 
Körperchen  sind  bald  sichtbar,  bald  nicht  zu  erkennen.  Im 
höheren  Alter  wird  die  Milz  kleiner ,  dunkelblau  oder  grau, 
die  Schnittfläche  ist  ^att,  blutarm,  die  Pulpa  tritt  zurück, 
das  Balkengerüst  ist  mehr  sichtbar;  zuweilen  ist  sie  bei 
Greisen  um  die  Hälfte  oder  ein  Dritttheil  kleiner ,  die  Kap- 
sel genmzelt,  die  Schnittfläche  grau,  blutarm,  homogen,  die 
Consistenz  lederartig. 

Ausser  der  Grösse  ist  auch  die  Gestalt  mannichfachen 
Schwankungen  unterworfen :  sie  ist  bald  mehr  rundlich,  bald 
vorwiegend  lang,  ihre  Ränder  sind  bald  scharf,  bald  rund 
und  dick:  zuweilen  ist  sie  eingekerbt  und  tief  oder  flach 
gelappt.  Nicht  selten  erscheint  ein  Stück  der  Milz  (insbe- 
sondere am  unteren  Ende)  völlig  abgeschnürt  und  frei  ne- 
ben der  Milz  als  Neben milz;    es  finden  sich  femer  auch 


342 

im  Magenmilzbande ,  im  Netze ,   rundliche ,  linien zoll- 

grosse  Körper,  in  der  Zahl  von  2  —  20,  deren  Bau  dem 
der  Milz  gleich  ist  und  die  als  Nebenmilzen  (LienctUi, 
lAenet  succenturiati)  angegeben  werden  müssen. 

Als  wirkliche  Bildungsfehler  finden  wir:  Mangel 
d^  MiU  oder  abnorme  Kleinheit  derselben  und  die  Rechts«- 
läge  bei  Situs  transversus  der  Eingeweide. 

Hyperämie«    Anllniie. 

Der  Blutgehalt  der  Milz  unterliegt  bedeutenden  Schwan- 
kungen, bald  finden  wir  die  Milz  strotzend  von  Blut,  bald 
quillt  es  aus  der  blassen  Pulpa  nur  sparsam  hervor.  Pa* 
thologigch  vermehrten  Blutgehalt,  Hyperämie,  nehmen 
wir  dann  an,  wenn  die  MiLe  nicht  allein  trotzend  mit  Blut 
gefüllt,  sondern  auch  über  die  gewöhnlichen  Grenzen  hin- 
aus vergrössert  ist;  die  Consistenz  ist  bald  vermehrt,  bald 
vermindert  In  Folge  der  Hypei^mieen  treten  leicht  Hä- 
morrhagieen  ein,  es  bildet  sich  Pigment,  durch  welches 
die  Milz  dunkelbraun  bis  grauschwarz  gefärbt  wird.  Im 
höchsten  Grade  der  Hyperämie  kann  Berstung  der  Milx 
eintreten,  worauf  meist  tödtliche  Peritonitis  folgt. 

Bedingungen  der  Hyperämie  sind:  Behinderungen  des 
Abflusses  des  Yenenblutes  bei  Leberkrankheit^i  Klappen- 
fehlem im  Herzen,  €ontusion,  ausserdem  Intermittens,  Ty- 
phus, Pyämie  (s.  unten). 

Anämie  begleitet  stets  die  Atrophie  der  Milz  oder 
bedingt  vielleicht  dieselbe. 

Hypertrophie«    ^troptiie« 

Zunahme  der  Grösse  der  Milz  ist  sehr  häufig,  sie 
ist  vorübergehend  und  nur  am  Lebenden  duxdi  Perkussion 
diagnosticirbar  (nach  Rokitansky  ist  in  der  Leiche  ihre 
Anwesenh^.  während  des  Lebens  aus  der  Bunzelung  der 
Kapsel  zu  erschliessen) ,  oder  bleibend;  im  letzteren  Falle 


343 

Ist  sie  bedingt  durch  vermehrten  Blulgehalt  oder  durch 
Massenzunahnie  der  Pulpa ,  oder  durch  Exsudate.  Die  Ur- 
sachen der  Hyperämie  sowohl  als  der  Grössenxunahme  sind 
meist  unbekannt. 

Eine  ächte  Hypertrophie  müssen  wir  dann  anneh- 
men, wenn  wir  in  der  vergrösserten  Milz  nur  die  norma- 
len Elemente  derselben  finden.  Sie  sowohl  als  die  übrigen 
Yergrösserungen  umfasst  man  gewöhnlich  mit  dem  Namen: 
Milztumoren,  die  man  nach  der  Art  ihr«s  Auftretens  in 
akute  und  chronische  trennt. 

a)  Eine  mechanische  Hyperämie  ist  als  Bedingung  der 
Vergrösserung  nachweisbar,  die  Vergrösserung  übertrifft 
den  normalen  Umfang  um  das  Doppelte  und  Dreifache,  die 
Milz  ist  derb,  fest,  die  Schnittfläche  blutroth,  Texturver- 
änderung nicht  vorhanden. 

b)  Die  Milzanschwellung  ist  eine  Theilerscheinung  bei 
akuten,  allgemeinen  Krankheiten:  Typhus,  Exanthemen, 
Pyämie,  Cholera,  akuter  Tuberkulose;  die  Vergrösserung 
ko^mit  rasch  zu  Stande,  übertrifft  die  Norm  um  das  3— 
4  —  6fache,  die  Milz  ist  dunkelroth,  weich,  die  Schnitt- 
fläche meist  dunkelroth  oder  violett,  breiig,  grobgranulirt, 
das  Parenchym  oft  als  blutrother  Brei  abfliessend.  Wir 
wissen  nicht,  ob  die,  diesen  Zustand  bedingende,  Hyperä- 
mie mit  Exsudation  verbunden  ist.  Mit  Heilung  der  Krank- 
heit kehrt  auch  der  normale  Umfang  zurück. 

c)  Die  Tumoren  nach  Intermittens  (Fieberkuchen  der 
Alten),  nach  Suppression  der  Menstrual-  und  Hämorrhoi- 
dalflüsse,  treten  im  Anfange  ebenfalls  rasch  ein,  beruhen 
wohl  auf  Hyperämieen  und  können  nach  Abnahme  dersel- 
ben völlig  zur  Norm  zuriickkehren.  Zuweilen  findet  aber 
neben  der  Hyperämie  vermehrter  Austritt  von  Plasma  statt, 
wodurch  die  Beschaffenheit  des  Tumor  verändert  wird.  Die 
Grösse  dieser  Tumoren  ist  oft  enorm,  sie  werden  10 — 16" 
lang,  4—7"  breit,    3—4"  dick,    wiegen  10—20  Pfund; 


344 

sie  vergrössern  sich,  wie  alle  übrigen  Tumoren,  Auiaug§ 
nach  oben  zu  und  schieben  das  Zwerchfell  nach  oben,  spä- 
ter vergrössern  sie  sich  auch  nach  unten,  reichen  bis  zum 
linken  Darmbein  oder  lagern  quer  hinüber  zum  rechten 
Darmbein.  Sie  sind  hart,  elastisch  brüchig,  die  Kapsel  ist 
verdickt,  die  Schnittfläche  ist  braun-  oder  grauroth,  blut- 
arm, glatt,  homogen  und  fest  und  zeigt  keine  Spur  von 
der  pulpösen  Beschaffenheit  der  normalen  Milz.  Die  mi- 
kroskopische Untersuchung  zeigt  ausser  den  Elementen  des 
Milzgewebes  amorphe  eiweissartige  Masse,  neugebildete  Zel- 
len, Faserzellen  uiid  Bindegewebe. 

d)  Aehnliche  Tumoren  finden  sich  zuweilen  bei  Scro- 
fulosis,  Bhachitis,  Tuberkulosis ,  M.  Brightii.  Die  Ver- 
grösserung  geht  langsam  vor  sich,  erreicht  denselben  Um- 
fang wie  die  vorige;  die  Milz  ist  derb  und  brüchig,  ihre 
Schnittfläche  glatt,  speckig  glänzend,  die  Malpighi'schen 
Körper  treten  zuweilen  ausgezeichnet  durch  ihre  gallert- 
knorpelige Beschaffenheit  hervor.  Man  findet  im  Paren- 
chym  der  Milz  die  Kerne  und  Zellen  und  ebenso  die  Kerne 
und  Zellen  der  Malpighi'schen  Körper  durch  CoUoidmeta- 
morphose  zu  glänzenden  CoUoidkörpern  umgewandelt  (Speck- 
milz).  Farbe  blauroth  oder  heller  braunroth.  Die  beiden 
letztgenannten  Milztumoren  bleiben  gewöhnlich  unverändert 
bis  zum  Tode,  selten  nehmen  sie  an  Grösse  wieder  ab 
und  schwinden  ganz. 

Abnahme  der  Grösse  ist  immer  mit  Blutleere  der 
Milz  verbunden.  Ausser  der  Altersatrophie  findet  sich  die 
Milz  atrophisch  nach  Typhus  und  anderen  akuten  Krank- 
heiten, unter  festen  und  flüssigen,  lange  bestehenden,  peri- 
tonealen Exsudaten  und  als  zufälliger  Befund.  Ihr  Umfang 
ist  zuweilen  äusserst  gering,  2"  lang,  y'  dick,  ihre  Con- 
sistenz  meist  vermehrt,  selten  vermindert,  Farbe  biass,  blau- 
grau oder  braun. 


345 


Infarei. 

Die  Geschichte  und  anatomischen  Verhältnisse  einer 
eigentlichen  Entzündung  der  ganzen  Milz  kennen  wir  nicht, 
die  primären  und  sekundären ,  auf  kleine  Herde  beschränk- ' 
ten  Milzentzündungen  gehören  meist  zum  hämorrhagischen 
Infarct,  möglich  ist  aber,  dass  manchen  akuten  und  chroni- 
schen Milztumoren  Entzündung  zu  Grunde  liegt.  Die  Sym- 
ptomencomplexe ,  welche  man  am  Lebenden  als  chronische 
oder  akute  Lienitis  aufgestellt  hat,  sind  durch  Hyperämieen, 
chronische  Hypertrophieen  oder  Abscesse  der  Milz  bedingt 
oder  kommen  auch  wohl  vor  ohne  ein  wirkliches  Milzleiden. 

Der  hämorrhagische  Infarct  (oder  seltener  cir- 
cumscripte  Entzündung)  ist  in  der  Milz  häufig,  kommt  spon- 
tan oder  als  Theilerscheinuug  der  Folgen  von  Gerinnungen 
im  Blutgefässsysteme  (sogenannter  Endocarditis  oder  Phle- 
bitis) Tor.  Er  findet  sich  in  einzelnen  oder  zahlreichen 
Herden ,  meist  in  der  Peripherie,  oft  keilförmig  mit  der  Ba- 
sis nach  Aussen,  ihre  Grösse  wechselt  von  wenig  Linien 
bis  1  —  2  Zoll  Durchmesser.  Die  Herde  sind  scharf  um- 
schrieben, fest,  Anfangs  dunkelrpth,  brüchig,  später  werden 
sie  braunroth  oder  gelbbraun  und  trockener  und  zeigen  end- 
lich die  den  hämorrhagischen  Infarcten  gewöhnlichen  Ans- 
age. 

Häufig  tritt  Rückbildung  ein,  es  bildet  sich  Bindege- 
webe, Pigment  und  der  Herd  wird  zu  einer  rostfarbigen, 
gelben  Narbe,  oder  das  Hämatin  wird  resorbirt  und  zu- 
rückbleibt eine  gelbe ,  trockene ,  harte,  tuberkelartige  Masse, . 
zuweilen  werden  Kalksalze  frei  mid  es  bilden  sich  Concre- 
mente. 

Nicht  selten  tritt  Eiterbildung  ein,  der  Herd  wird  An- 
fangs zu  einem  dunkelbraunen ,  consistenten  Breie,  der  all- 
mälig  die  Beschaffenheit  des  Eiters  eines  Wimdabscesses 
annimmt.  Der  so  entstandene  Abscess  kann  sich  durch  Ei- 
terbildung in  der  Umgebung  yergrössern,  kann  sich  entlee- 


346 

ren  oder  eingekapselt  werden.      Die  Entleerung  geschieht 

nach  Perforation  des  Bauchfells  in  die  Bauchhöhle^  worauf 

allgemeine  Peritonitis  erfolgt,   oder  durch  Yerklebung  aller 

Nachbarorgane  und  der  Bauchwand  der  Eiter  eingeschlossen 

wird.     Ausserdem  ist  Entleerung  des  Eiters  in  die  linke 

Brusthöhle,  in  das  Colon,   den  Magen  beobachtet  worden. 

Nach    der   Einkapselung    durch  neugebildetes  Bindegewebe 

wird   der   Eiter   zu    einer    dickbreiigen,    tuberkelähnlichen 

Masse  oder  verkreidet. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  2.  PI.  1.  Livr.  31.  PI.  4. 

Eine  seltene  Erscheinung  ist  Brand  der  Milz;  es  exi* 
stiren  nur  wenig  Angaben  darüber.  Früh^  nahm  man  eine 
besondere  Krankheit:  Milzerweicbung  an;  in  Leichen 
ei:8cheint  die  Erweichung  entweder  als  zufälliger,  irrelevan- 
ter Leichenbefund,  oder  neben  Magenerweichung,  oder  be- 
reitet Ton  Anschwellung  der  Milz  bei  akuten  allgemeinen 
Krankheiten  (s.  oben),  doch  findet  man  hie  und  <la  seltene 
Fälle  erwähnt,  in  welchen  eine  allgemeine  Erweichung  der 
Milz  der.  einzige-  Leichenbefund  der  Krankheit,  w'elcher  der 
Kranke  erlag,  gewesen  sein  soll;  es  muss  nodi  dahin  ge- 
stellt bleiben,  ob  künftige  Beobachtungen  dies  bestätigen. 
Eine  Yerhärtung  ist  ebenfalls  nur  als  Eigenschaft  eines 
Milztumor  zu  betrachten  und  bildet  keine  selbstständige 
Krankheit. 

Patlaoloffiselie  JiTeulbildon^eii.    Parasiten. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  nicht 
selten  als  massenhafte  Verdickung  der  Kapsel,  auf  der  con- 
vexen  Fläche  der  Milz;  dieselbe  stellt  sich  als  weisse,  seh- 
nige oder  knorpelartige,  glatte  oder  kömige,  1 — 5"'  dicke 
Masse  dar.  Ihre  Bildung  schreibt  man  öfteren  Hyperämieen 
oder  leichten  Entzündungen  der  Kapsel  zu.  Sie  finden  sich 
sehr  häufig  im  hohen  Alter. 

CoQicretioDieji  bilden  sich  in  den  eben  genannten  fibrö- 


347 

sei)  Yerdickimgen  der  Kapsel,  im  Faserstoff  des  hämorrha- 
gischen Infarctes,  in  Eiterherden.  Bei  Greisen  finden  sich 
zuweilen  in  einseinen  Venen  der  atrophischen  Milz  yerkrei- 
dete  (rerinnsd  oder  die  Phlebolithen  genannten  Bildungen. 

Cysten  findet  man  in  der  Literatur  nur  sehr  selten 
erwähnt.  Pigment,  als  Körnchen  und  PigmentzeUen,  fin- 
det sich  in  der  Pulpa  und  im  Blute  der  Milzvene  nach  Hy- 
perämieen  und  Hämorrhagieen,  vorzugsweise  häufig  bei  In- 
termittens. 

Krebs  der  Milz  ist  eine  sehr  seltene  Erscheinung. 

Tuberkel  finden  sich  in  der  Milz  nicht  selten,  neben 
allgemeiner  in  Lungen,  Darm,  Lymphdrüsen  u.  s.  w.  yerbrei- 
teter  Tuberkelbüdung ;  es  sind  meist  zahlreiche,  kleine,  graue 
oder  gelbe  Knötchen,  die  Milz  ist  daneben  turgescirend  und 
weich. 

Echinococcusblasen  sind  selten,  sie  kosamen  al- 
lein in  der  Milz  oder  zugleich  in  anderem  Oi^anen  vor, 
nehmen  zuweilen  die  ganze  Milz  ein. 

Abbild.:  CruTeilhier  Liyr.  35.  PI.  1. 

2.     Die  Schilddrüse. 

Die  Schilddrüse  ist  beim  Embryo  im  Verhältniss  zum 
Körper  grösser  als  beim  Erwachsenen,  ihre  Grösse  über- 
haupt ist  vielen  Schwankungen  unterworfen,  ebenso  ihre 
Gestalt,  indem  die  Lappen  bald  scharf  conturirt,  bald  jrund- 
lich  und  in  einsmder  fliessend  sind.  Zuweilen  findet  sidi 
noch  ein  mittler  Lappen,  oder  tiefe  Einschnitte  in  den  seit- 
lichen und  gäüEliche  Trennung  derselben,  oder  neben  der 
eigentlichen  Drüse  kleinere  Drüsenkörper  (Nebenkröpfe, 
Alber). 

Hypertropmc    CollpM. 

Die  häufigste  Erkrankung  der  S^hUddrüse,   die  Yer- 


348 

grösserung,  ist  als  Kropf,  Struma,  bekannt;  die  Ver- 
grösserung  beruht  auf  Hypertrophie  des  Gewebes  verbunden 
mit  Anhäufung  von,  durch  Colloidmetamorphose  der  Zellen 
und  Kerne  der  Drüsenbläschen  gebildeter ,  CoUoidmasse  in 
Bläschen  der  Drüse,  mit  oder  ohne  gleichzeitige  Hypertro- 
phie des  Bindegewebegerüstes ,  stets  mit  Verlängerung  und 
Erweiterung  der  Gefässe. 

Diesen  Vorgang  in  geringeren  Graden  zu  beobachten, 
hat  man  sehr  oft  Gelegenheit,  ja  man  findet  ihn  in  man- 
chen Gegenden  vom  mittleren  Lebensalter  an  in  der  Mehr- 
zahl der  Leichen:  die  Schnittfläche  der  wenig  vergrösserten 
Drüse  ist  weniger  festkömig  und  fleischartig,  sondern  wei- 
cher, die  Kömer  sind  etwas  durchscheinend  und  es  quillt 
eine  dicke,  honigartige,  zähe  Masse  hervor. 

Die  höheren  Grade  entwickeln  sich  entweder  in  der 
ganzen  Drüse ,  oder  häufiger  in  einzelnen  Theilen  derselben, 
während  die  anderen  normal  bleiben.  Der  Umfang  der  Drüse 
oder  der  ergriffenen  Stelle  nimmt  bedeutend  zu,  die  Gefässe 
werden  weiter,  auf  der  Schnittfläche  fehlt  das  körnige  An- 
sehen ganz,  es  erscheint  ein  fibröses  Maschenwerk  mit  im- 
zähligen,  kleinen,  mit  Gallerte  gefüDten  Bläschen;  die  im 
Normalzustande  mikroskopisch  kleinen ,  geschlossenen  Bälge 
haben-  sich  zu  sichtbaren  Bläschen  vergrössert ,  welche  durch 
Zusammenfliessen  wieder  grössere  Bläschen  bUden.  Zuwei- 
len durchzieht  hypertrophisches  Bindegewebe  in  dicken  Bal- 
ken die  Drüse  und  theilt  sie  in  kleinere  und  grössere  run- 
de, oft  cystenartig  eingekapselte,  Läppen,  deren  einzelne 
hie  und  da  vom  übrigen  Drüsengewebe  fast  abgeschnürt  er- 
scheinen, sich  wie  Drüsensubstanz  in  einer  Cyste  darstellen. 

Die  weiteren  Grade  sind  höchst  mannichfach:  durch 
fortwährende  Zunahme  des  Colloids  wachsen  die  Bläschen, 
fliessen  immer  mehr  zusammen  und  bilden  haselnuss-  bis 
hühnereigrosse  Bälge.  Man  findet  entweder  mehrere  solche 
Bälge  von  verschiedener  Grösse  neben  einander  oder  nur 


349 

einen  9  gewt)bnlich  sehr  grossen.  Während  man  die  gleich-, 
massige  Yergrösserung  gewöhnlich  Struma  lymphaiiea  nennt, 
nennt  man  die  letztere  Struma  cystica. 

Der  Inhalt  der  Bälge  ist  Anfangs  gallertartig,  zäh,  zu- 
weilen sehr  consistent,  später  wird  er  dünnflüssiger  und 
verändert  sieb  mannichf ach :  entweder  tritt  eine  Bückbildung 
ein,  es  werden  Fettkügelchen,  üholestearinkrystalle  und  auch 
wohl  Kalksalze  frei,  während  ein  Theil  des  Inhalts  resor- 
birt  wird;  allmälig  schwindet  auch  das  Fett  und  zuletzt 
findet  man  ^in  der  geschrumpften  Cyste  nur  einen  glänzen- 
den Haufen  yon  Oholestearinkrystallen,  oder  der  Inhalt  ver- 
ändert sich  in  Folge  von  Veränderungen  der  Wand  des 
Balges. 

Diese  besteht  aus  Bindegewebe,  welches  sich  mit  dem 
Wachsen  der  Colloidmasse  mehrt  und  durch  das  comprimirte 
Gewebe  der  Umgegend  verstärkt  wird,  und  ist  mit  einem 
Epithelialüberzuge  versehen.  Tritt  im  Inhalte  Rückbildung 
ein,  so  zeigen  sich  auch  in  der  Wand  Concretionen,  seine 
Innenfläche  wird  mit  Blättchen  von  Kalksalzen  und  Chole- 
stearine  besetzt ;  durch  massenhafte  Entwickelung  von  Kalk- 
salzen kann  der  Balg  in  eine  feste  Knochenkapsel  umge- 
wandelt werden.  Nicht  selten  sind  Hyperämieen ,  Hämor- 
rhagieen  und  Entzündungen  in  dem  Balge;  der  Inhalt  wird 
durch  Bluterguss  Anfangs  roth,  später  dunkelbraun  gefärbt, 
durch  Exsudate  verdickt,  trübe,  eiterartig;  häufig  folgen 
auf  die  Entzündung  Verkreidung  der  Wand  und  des  In- 
halts, selten  perforirt  ein  in  Eiter  übergegangenes  Exsudat 
in  das  benachbarte  Zellgewebe  und  nach  Aussen,  worauf 
Entleerung  und,  unter  günstigen  Umständen,  Heilung  folgt. 

Die  grossen  Gefasse  der  Schilddrüse  haben  oft  einen 
enormen  Umfang  und  sind  als  weite  Stämme  unter  der  Haut 
sichtbar,  die  Erweiterung  erstreckt  sich  wohl  auch  bis  in's 
Gewebe  der  hypertrophischen  Drüse,  aber  nie  ist  eine  Ver- 
grösseniHg  derselben  durch  erweiterte  Gefässnetze  allein  be- 


350 

dingt;  die  Aimatiiue  einer  Struma  vateulosa  ist  mehr  dem 
Anblick  der  äusseren  erweiterten  Gefässe  als  der  Unter- 
suchung des  Parenchyms  entnommen. 

Das  Colloid  der  Schilddrüse  ist  sehr  häufig  ^  insbeson- 
dere in  gewissen  Gegenden,  kommt  vorzugsweise  bei  Wei» 
bem  Tor,  wächst  allmälig,  oft  bis  zu  einem  ungeheuren 
Umfange  oder  bleibt  auf  einer  niederen  Stufe  stehen.  Nach- 
theile entstehen  nur  selten  durch  Druck  auf  die  Luft-  untl 
Speiseröhre,  auf  die  Halsgefässe.  Eine  merkwürdige  Form 
ist  das  Herabsteigen  des  mittleren  Lappens  in  die  Brust- 
höhle, in  welcher  er  sich  weiter  vei^rössert  und  durch 
Druck  auf  die  grossen  Gefässe  oder  Bronchien,  Luftröhre 
tödtet. 

Abbild.:  Albers  II.   T.  26—31,  39.     Sandifort,  Mus.  anat. 
T.  197.    Ammon,  Die  angeb.  chir.  K.   T.  13,  33. 

Hyperämie» 

Abnorme  Blutfülle  der  Glandula  tkyreoidea  ist  häuüg, 
bewirkt  vorübergehende  oder  anhaltende  Vergrösserung  der 
letzteren,  ist  ausserdem  kenntlich  am  Blutreichthum,  an  der 
dunkelrothen,  weichen,  pulpösen  Schnittfläche.  Ob  sie  blei- 
bende Hypertrophie ,  insbesondere  CoUoid  verursachen  kami, 
ist  ungewiss.  Sie  ist  bedingt  durch  Behinderung  des  Ab- 
flusses des  Yenenblutes  rn's  rechte  Herz,  durch  Störungen 
der  Menstrualblutung,  und  Stoss,  Schlag  auf  die  Drüse.  So 
häufig  kleine  Blutungen  in  den  Wänden  der  CoIIoidbälge 
vorkommen,  so  selten  sind  Extravasate  in  der  normalen 
Schilddrüse. 

Entzündung  der  Schilddrüse  in  ihrem  ganzen  Umfange 
ist  sehr  selten,  sie  hat  Schwellung  der  Drüse  zur  Folge 
und  meist  Eiterung. 

Häufiger  sind  metastatische  Abseesse  bei  Gerin- 


351 

niingen  in  den  Venen,  insbesondere  der  Uterinvenen  der 
Wöchnerinnen.  Abscesse  jeder  Art  verbreiten  sich  zuwei- 
len über  das  ganze  Drüsengewebe,  das  benachbarte  Zellge- 
webe und  perforiren  nach  Aussen,  in  die  Trachea,  den 
Oesophagus,  die  Mediastina. 

Patliolofflselie  JJTeuliildanyeii* 

Neubildung-  von  Bindegewebe  findet  sich  als  die 
Colloidbildung  der  Bälge  begleitende  Hypertrophie  des  Fa- 
sergerüstes der  Drüse  und  als  Wandung  der  Golloidbälge ; 
femer  als  fibröse  Verdickung  der  Zellhülle  der  Drüse,  sel- 
ten als  fibröse  Geschwülste  in  der  letzteren,  welche  das 
Drüsenparenchym  nach  einer  Seite  verdrängen  (Albers). 

Concretionen  in  Folge  der  Rückbildung  des  einfa- 
chen oder  durch  Exsudate  veränderten  Inhaltes  der  Bälge. 

Cysten  finden  sich,  ausser  den  auf  der  Colloidbildung 
der  Drüsenfollikel  beruhenden,  zuweilen  in  dem,  die  Drüse 
umgebenden,  Zellgewebe,  legen  sich  eng  an  die  Drüse  an 
und  geben  den  Anschein  einer  Struma  cy$tica.  Es  sind 
seröse  oder  Gallert -Cysten. 

Krebs  ist  selten  in  der  Schilddrüse. 

Tuberkel  kommen  fast  nie  vor. 

In  einigen  Fällen  fand  sich  Echinococcus  in  der 
Schilddrüse,  eine  kropfartige  Anschwellung  bedingend^  ein- 
mal in  die  Luftröhre  perforirend. 

3.    Die  Thymusdrüse. 

Ausser  vereinzelten,  in  der  Literatur  aufgeführten  Fäl- 
len von  Vereiterungen,  Tuberkeln,  Krebs  der  Thymus  fin- 
det man  häufige  Angaben  über  eine  abnorme  Vergrösserung 
derselben;  eine  wirkliche  Vergrösserung  ist  aber  sehr  sel- 
ten, es  ist  vielm^  meist  nur  ein  Fortbestehen  der  Thy- 
mus über  das  zweite  Jahr  in  ihrer  alten  Gtösse.  Man  hat 
sie  meist  wenig  veränd^  bis  in's  Jünglings-,  ja  Mannes- 


352 

alter  bestehen  sehen;  nach  Rokitansky  findet  sich  der 
Zustand  meist  bei  Scrofulösen  und  Rhaehitischen ,  neben 
Hypertrophie  der  Lymphdrüsen. 

Durch  Druck  auf  die  Luftröhre  wird  die  abnorme  Ver- 
grösserung  zuweilen  dem  Leben  gefährlich.  Der  als  Asthma 
thymicum  bekannte  Symptomencomplex  ist  in  den  wenig- 
sten Fällen  durch  eine  Vergrösserung  der  Thymus  bedingt. 

Eine  abnorme  frühzeitige  und  rasche  Involution  der 
Thymus  beobachtete  Ecker  bei  Pneumonieen  kleiner  Kinder. 

4.    Nebennieren. 

Die  Nebennieren  fehlen  zuweilen;  oft  kommen  mehrere 
kleine  accessorische  Nebennieren  vor.  Man  findet  sie  zu- 
weilen sehr  gross,  oder  klein  ohne  Texturveränderung;  in 
anderen  Fällen  schien  eine  Hypertrophie  oder  Atrophie 
(durch  Entzündung)  die  Grössenänderung  bewirkt  zu  haben. 

Man  hat  femer  beobachtet:  Hämorrhagieen  in  der 
Marksubstanz  mit  folgender  Ausdehnung  der  Rindensubstanz 
und  Kapsel;  Eiterung;  in  beiden  Fällen  zuweilen  mit 
enormer  Anschwellung  der  Drüse. 

Krebs  entwickelt  sich  zuweilen  als  Markschwamm 
selbstständig  in  den  Nebennieren  und  erreicht  oft  einen  be- 
deutenden Umfang,  setzt  sich  auf  die  Niere  und  Retroperi- 
tonealdrüsen  fort. 

Tuberkel  erscheinen  in  grossen  Massen,  erweichen 
oder  verkreiden. 

Abbildungen:  Rayer,  Atlas  T.  54  —  56. 

5.     Die  Glandula  pituitaria. 

Die  Schleimdrüse  wird  selten  verändert  gefunden;  die 
Yei^nderungen  sind  meist  ohne  alle  Bedeutung.  Man  hat 
beobachtet:  Atrophie,  insbesondere  neben  Atrophia  seni- 
lis des  Hirns;  Hyperämie  mit  Schwellung  der  Drüse; 
selten  kleine  Extravasate;  Entzündung  mit  kleinen,  zu 


jeder  GesUtt  neben  Lmigen-  und  HiiniabeikBloie ;  Krebg 
als  Marbdiwamm  mit  Destracfion  der  BmA  ermmi  wmä 
Yerdnngiing  des  €relurns;  Colloid,  weldies  neb  wie  in 
der  Schflddrüse  ans  CoDoidm^amorphose  der  ZeOen  und 
Kerne  der  Drüsenblaschen  bildet. 


23 


Patholog^ifliche  Anatomie  dem  Merven- 

fiiystemsf. 

I.     G  e  h  i  r  n. 

1.    Die  Hirnhäute. 

Während  im  jugendlichen  Alter  die  Hirnhäute  zart  und 
weich  sind,  werden  sie  im  hohen  Alter  meist  fester,  die 
Dura  mater  wird  dick,  blass,^  gelblich  und  ist  innig  mit 
der  inneren  Schädelfläche  verbunden,  an  den  Suturen  oft 
durch  neugebildeten  Knochen;  die  Arachnoidea  wird 
verdickt  und  graulich -weiss  gefärbt.  Längs  der  grossen 
Hirnspalte  entwickeln  sich  im  mittleren  Alter  die  sogenann- 
ten Pacchi.onischen  Granulationen,  stecknadelkopf- 
grosse, isolirt  oder  in  Haufen  stehende,  fibröse,  einfach 
kolbige  oder  vielfach  gelappte  Auswüchse  der  Arachnoidea, 
neben  diesen  häufig  Verwachsungen  der  Hirnhäute  unter 
einander.  Die  Granulationen  sind  gewöhnlich  in  Gruben 
der  Dura  mater  eingebettet,  oft  auch  in  entsprechenden 
Gruben  des  Schädels ,  zuweilen  perforiren  sie  die  Dura  ma- 
ter oder  wohl  auch  die  Wand  des  Sinu$  langitudinalU.  Die- 
selben Zustände  finden  sich  auch  im  früheren  Alter  in  Folge 
wiederholter  Hyperämieen. 

Hypcrftmle« 

Die  Hyperämie  ist  meist  über  alle  Hirnhäute  verbreitet 
und  fiiidet  sich  gleichzeitig  im  Gehirn,  ist  charakterisirt 
durch  gleichmässige  Injection  der  kleinen  Gefässe  der  Duira 


355 

und  Pia  mater  und  strotzende  Fällung  der  grösseren  Venen 
und  Sinus. 

Sie  ist  vorübergehend,  verläuft  unter  den  Erscheinun-* 
gen  der  Congestion,  der  Hirnentzündung,  oder  der  Apoplexie; 
oder  sie  kehrt  öfters  wieder;  oder  ist  bleibend  und  bewirkt 
dann  weitere  Texturveränderungen ;  zu  diesen  rechnet  man 
die  Trübungen  und  Verdickung  der  Hirnhäute^  insbesondere 
der  AracknoideOf  die  massenhafte  oder  frühzeitige  Entwicke- 
lung  der  Pacchionischen  Granulationen,  Varicosität  der  Ge- 
fässe  der  Hirnhaut,  Oedem  der  Pia  mater,  Wassererguss 
zwischen  die  Gyri,  Hydrocephalu$  extemus. 

Die  Hyperämie  findet  sich  in  Begleitung  akuter  Krank- 
heiten, bei  Säufern,  bei  anstrengender  Körper-  und  Geistes- 
arbeit, bei  Einwirkung  der  Hitze  durch  die  Sonne  oder 
durch  Feuer,  bei  Herz-  und  Lungenkrankheiten,  welche 
den  Abfluss  des  Venenblutes  behindern,  bei  Gehimatrophie. 

Hämorrbag^Ie. 

Blutergüsse  in  den  Hirnhäuten  sind  selten;  nach  Einwir- 
kung äusserer  Gewalt  auf  den  Schädel  findet  sich  zuweilen 
Bluterguss  zwischen  Knochen  und  Dura  mater  (bei  Neu- 
geborenen das  Cephalaematoma  intemum  darstellend),  sehr 
selten  im  Gewebe  der  Dura  mater  selbst  oder  zwischen 
Dura  mater  und  Arachnoidea  an  der  Convexität  des  Schä- 
dels. Häufiger  ist  ein  Bluterguss  in  die  Höhle  der 
Arachnoidea  auf  der  convexen  Seite;  durch  denselben 
wird  die  betreffende  Hemisphäre  auf  eine  kleinere  oder  grös- 
sere Stelle  platt  gedrückt,  die  Gyri  schwinden  und  auch  die 
Höhle  dieser  Seite  kann  kleiner  werden;  seltener  wird  die 
Dura  mater  und  die  Schädeldecke  durch  den  Druck  ver- 
dünnt. Selten  findet  man  das  Blut  frisch ,  meist  findet  man 
den  Faserstoff  peripherisch  geronnen,  oder  schon  zu  einer 
Cyste  organisirt,  welche  den  Best  des  Extravasates  als 
chok<^eii-  oder,  rothfarbige ,  zottige   oder  breiige  Masse, 

23* 


356 

oder,  nach  weitereu  Metamorphosen  der  letzteren,  eme  se- 
röse Flüssigkeit  enthält.  In  den  Wänden  der  Cyste  bilden 
sich  zuweilen  Concretionen.  Diese  Ergüsse  finden  sich 
hauptsächlich  im  höheren  Alter,  doch  auch  bei  Kindern; 
die  Bedingungen  ihrer  Entstehung  sind  meist  unbekannt. 
Bei  Neugeborenen  kommen  sie,  neben  beträchtlicher  Hyper- 
ämie der  Hirn-  und  Rückenmarkshäute  und  Hämorrhagie 
in's  Gewebe  der  Pia  mater,  als  Todesursache  während  der 
Geburt  oder  kurz  nach  derselben  nicht  selten  vor. 

Blutungen  im  Gewebe  der  Pia  mater  kommen 
ausserdem  bei  Erwachsenen  nach  Erschütterung  des  Schä- 
dels vor  und  sind  meist  mit  Blutung  in  den  oberflächlichen 
Himschichten  verbunden. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  15.  PI.  1.    Carswell  Fasc.6.  PI.l. 
Albers  I.  T.  21,  23.    Hope  Fi^.  249. 

Anämie* 

Verminderung  der  Blutmenge  in  den  Gefässen  der  Hum- 
häute und  des  Hirns  ist  bedingt:  durch  Verengerung  der 
Caroditen,  durch  den  Druck  von  Geschwülsten,  Blut-  und 
Wasserergüssen,  durch  grosse  Blutverluste. 

£ntzünduiii^. 

Entzündung  der  Dura  mater  kommt  vor: 
1)  als  Theilerscheinung  einer  Entzündung  der  Kopf- 
schwarte und  Schädelknochen:  die  Dura  mater  ist  injicirt, 
mit  Exsudat  infiltrirt;  das  Exsudat  ist  meist  sparsam  und 
findet  sich  ausserdem  zwischen  Knochen  und  Dura  mater. 
Es  organisirt  meist  zu  Bindegewebe  mit  kolossalen  Capilla- 
ren,  bildet  als  solches  fibröse  Verdickung  der  Dura  mater, 
oder  verknöchert  und  adhärirt  dann  als  schwammiges  oder 
compactes  Osteophyt  fest  an  Knochen  und  Dura  mater. 
Währt  die  Entzündung  lange,  so  hinterlässt  sie  zuwei- 


357 

kn  Sehr  dicke,  fibröse  Pseudomembranen  (^ — i"  Albe-rs) 
zwischen  Dura  mater  und  Kiiochen. 

2)  als  Folge  einer  Caries  der  Schädelknochen  (Os  pe- 
trosum^  ethmoidmm^  Atlas  u.  s.  w.);  die  Entzündung  ist 
auf  eine  kleine  Stelle  beschränkt,  das  Exsudat  im  Gewebe 
der  Dura  mater  und  zwischen  dieser  und  dem  Knochen  geht 
meist  in  Eiter  über;  häufig  ergreift  die  Entzündung  die  Pia 
maier  und  wird  zur  allgemeinen  Meningitis. 

3)  nach  Verwundungen  des  Schädels  und  der  D\ira 
mater;  das  Exsudat  geht  ebenfalls  in  Eiter  über. 

Eine  spontane  Entzündung  der  Dura  mater  kommt 
nicht  Tor.  Die  genannten  Entzündungen  betrafen  haupt- 
sächlich die  dem  Knochen  anliegende  Schicht  der  Dura  ma* 
ter,  die  dem  Gehirn  zugewandte,  mit  Epithelium  überzo- 
gene Schicht  blieb  dabei  meist  frei. 

Entzündungen  der  letzteren  Schicht,  oder  wenn  man 
will  der  Arachnoidea  parietalisy  kommen  zuweilen 
isolirt  vor,  sehr  selten  als  spontane,  häufiger  als  Theil- 
erscheinung  auf  mehrere  seröse  Häute  verbreiteter  Exsuda,- 
tionen.  Man  findet  die  innere  Schicht  der  Dura  mater  in- 
jicirt  und  die  freie  Fläche  mit  dünnen  oder  dickeren,  faser- 
stoffigen Exsudaten  bedeckt;  die  letzteren  organisiren  zu 
gefässreichen,  lockeren  Pseudomembranen  oder  festen,  fibrö- 
sen Schwarten. 

Die  Entzündung  der  Pia  mater  kommt  am  häu- 
figsten vor  und  wird  daher  in  neuerer  Zeit  oft  schlechthin 
Meningitis  genannt.  Sie  kommt  theils  isolirt  auf  der  con- 
vexen  Seite  der  Hemisphären,  oder  der  Basis  des  Hirns  und 
in  den  Ventrikeln  vor,  theils  im  ganzen  Umfang  des  Hirns. 

Neben  einer  entwickelten  oder  schwachen  Injection  fin- 
det man  das  Gewebe  der  Pia  mater  mit  Exsudat  infiltrirt, 
dadurch  getrübt  und  verdickt;  das  Exsudat  findet  sich  ins- 
besondere zwischen  den  Gyris  und  längs  der  grösseren  Ve- 
nen der  Pia  mater,  welche  oft  völlig  in  dasselbe  eingebeltot 


358 

sind;  ferner  auf  der  Oberfläche  der  Gyn,  zwischen  Pia 
tnater  und  Arachnoidea  und  auf  der  letzteren;  an  der  Basis 
des  Hirns  erfüllt  es  besonders  die  zelligen  Maschen  und  die 
Falten  der  Arachnoidea  zwischen  den  Yorsprüngen  und  er* 
streckt  sich  weit  in  die  Fossa  Sylvii. 

Das  Exsudat  ist  meist  vorwiegend  fest,  bildet  gelbe 
Klumpen ,  welche  aus  geronnenem  Faserstoff  und  Eiterzel- 
len bestehen ,  zuweilen  mehr  serös ;  an  der  Basis  findet  sich 
fast  stets  neben  den  festen  Massen  Serum,  in  den  Ventri- 
keln fast  nur  Serum.  Die  Menge  desselben  ist  sehr  wech- 
selnd und  es  ist  zu  bemerken,  dass  ein  tödtlicher  Ausgang 
der  Meningitis  bei  sehr  geringer  Exsudatmenge  stattfinden 
kann. 

Das  Exsudat  kann  resorbirt  werden,  oder  es  organi- 
sirt  zu  Bindegewebe,  bewirkt  so  Verdickung  der  Pia  ma- 
ter,  Verwachsungen  der  Arachnoidealblätter  u.  s.  w.  Mas- 
senhafte Eiterbildung  entsteht  meist  nur  dann ,  wenn  die 
Meningitis  eine  traumatische  oder  von  Caries  der  Kopfkno- 
cheh  abhängige  ist;  Ausnahmen  davon  sind  selten.  Das 
Exsudat  kann  endlich  auch  in  Tuberkelmasse  übergehen. 

Der  Verlauf  ist  stets  akut  und  oft  tödtlich.  Eine  chro- 
nische Entzündung  der  Pia  mater  kommt  nicht  vor.  Was 
man  gewöhnlich  chronische  Meningitis  nennt,  ist  eine  trau- 
matische oder  durch  Caries  bedingte  Entzündung  der  Dura 
mater  oder  beruht  auf  der  langsam  vor  sich  gehenden  Me- 
tamorphose der  Exsudate. 

Die  Entzündung  der  Pia  mater  der  Convexität 
der  Hemisphären  ist  nicht  selten  mit  Entzündung  der 
Gehirnrinde  verbunden;  sie  ist  theils  eine  spontane  und 
selbstständige,  theils  eine  sekundäre  durch  Entzündung  der 
Dura  tnater^  des  Hirns ,  Neubildungen  im  Schädel  bewirkte, 
theils  eine  traumatische. 

Die  Entzündung  der  Pia  mater  an  der  Hirnbasis 
ist  sehr  häufig  mit  Exsudation  in  den  Ventrikeln  combinirt; 


359 

sie  kommt  unter  ähnlichen  Bedingungen  als  die  vorige  vor, 
ist  aber  vorzugsweise  häufig  bei  Tuberkulösen,  liefert  selbst 
oft  tuberkulisirende  Exsudate,  und  findet  sich  hauptsächlidi 
bei  Kindern. 

Die  Entzündung  der  Pia  mater  in  den  Ventri- 
keln (Entzündung  der  Plea:.  chorioidei  und  Ventrikelwand) 
ist  entweder  isolirt  oder  häufiger  mit  Meningitis  der  Basig 
combinirt,  insbesondere  mit  Meningitis  tubetculosa  und  giebt 
als  solche  die  häufigste  (aber  nicht  ausschliessliche)  Grünan- 
lage des  sogenannten  Hyilrocephalus  acutus^  ein^ 
Symptomengruppe,  welche  ausserdem  auch  bei  den  übrigen 
Arten  der  Entzündungen  der  Hirnhäute  und  des  Hirns  vor« 
kommt  und  also  nicht  immer  identisch  ist  mit  dem  anato- 
mischen Hydrocephalus  acutus.  In  der  Wand  der  Ventri- 
kel ist  oft  keine  Spur  von  Injection  bemerklich,  zuweilen 
sind  aber  entwickelte  Gefässchen  und  Ecchymosen  zu  se- 
hen; das  Exsudat  ist  meist  serös,  mit  wenigen  Faserstoff- 
flocken, in  welchen  sich. sparsame  oder  seltener  reichlichere 
Zellenbildung  (Eiter)  zeigt;  das  Ependyma  und  oft  auch 
die  unterliegende  Hirnsubstanz  sind  durch  dasselbe  erweicht 
und  missfarbig,  zuweilen  ist  die  Hirnsubstanz  der  Wände 
der  Ventrikel  in  grosser  Ausdehnung  serös  infiltrirt  und  er- 
weicht^ am  meisten  sind  immer  der  Fomix  und  das  Septum 
lucidum  betroffen;  die  Adergeflechte  sind  ebenfalls  mit  Ex- 
sudat infiltrirt  und  bedeckt.  Das  in  die  Höhle  ergossene 
Exsudat  ist  Anfangs  klar,  später  getrübt  durch  neugebildete 
Zellen  und  Trümmer  des  erweichten  Ependyma,  oder  dureh 
Himsubstanz,  welche,  schon  erweicht  durch  die  seröse  In- 
filtration, durch  die  Wirkung  des  Ergusses  oft  zu  einem 
weissen  Breie  zerrällt.  Die  Menge  des  freien  Exsudates  ist 
sehr  wechselnd,  aber  selten  sehr  bedeutend;  sehr  selten 
sind  die  Fälle ,  in  welchen  neben  entzündlicher  Erweichung 
der  Veiktrikelwände  kein  Exsudat  in  den  Ventrikeln  selbst 
gefunden  wird  (Abercrombie). 


360 

Diese  Entzündung  kommt  ^  auf  die  Ventrikel  igolirt 
und  mit  Mening;iti8  der  Basis  combinirt,  als  selbstständige 
und  spontane  vor,  oder  als  Folge  einer  Contusion  des  Schä- 
dels, oder  nach  Einwirkung  der  Sotinenhitze  auf  den  Kopf 
u.  s.  w. ,  oder  sie  ist  eine  Theilerscheinung  der  MeningüU 
tuberculasa, 

Heilung  ist  möglich.  Das  Exsudat  kann  völlig  resor- 
birt  werden ,  Ventrikel  und  Gehirn  kehren  zur  Norm  zurück ; 
das  Exsudat  kann  theilweise  oder  ganz  zurückbleiben  und 
einen  chronischen  Hydrocephalus  darstellen;  das  Ependyma 
findet  man  dann  durch  organisirtes  Exsudat  verdickt  und 
mit  zarten,  netzförmigen,  membranösen  oder  granulirten 
Pseudomembranen  bedeckt,  in  welchen  sich  später  Concre- 
tionen  bilden  können;  die  Gefässe  der  Adergeflechte  bleiben 
oft  ausgedehnt,  varicös  und  das  Gewebe  der  letzteren  ver- 
dickt. 

Abbildttng;en :  Aibers  I.  T.  1,  5,  6.  Cruveilhier  Linr.  6. 
PL  1  —  3,  Livr.  8.  PI.  4.  Froriep,  Klin.  Kpft  T.  4,  9.  Bright, 
Medic.  Rep.  IL  T.  1,  9,  10. 

Ansaminluiiff  von  Wasfier. 

1)  Hydrocephalus  escternus,  Anhäufung  von  se- 
röser Flüssigkeit,  selten  im  Cavum  der  Arachnoidea^  meist 
zwischen  Pia  mater  und  Aracknoidea^  Subarachnoidealraum. 

a)  Der  Zustand  ist  angeboren  und  findet  sich  ent- 
weder in  Gestalt  eines  mit  Serum  gefüllten  Sackes  der 
Arachnoidea  und  Dura  mater  ^  welcher  durch  eine  Schädel- 
lücke prolabirt,  oder  als  gleichmässige  Füllung  des  ganzen 
Cavum,  mit  Erweiterung  des  Schädels  und  Compressiou 
oder  Kleinheit  des  Hirns.    Sehr  selten. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  8.  PI.  6.    Albers  I.  T.  8. 

b)  Der  Zustand  ist  acquirirt  als  Folge  häufiger  Hy- 
perämieen  und  Atrophie  des  Hirns.  Die  Menge  des  Serums 
beträgt  eine  bis  mehrere  Unzen.    (Die  Normalmenge  ist  bei 


361 

Kindern  höchstens  eine  Drachme^  bei  Erwachsenen  2  bis 
4  Drachmen.)  Der  Erguss  erfolgt  langsam.  Das  Vorkom- 
men eines  akuten,  rasch  tödtlichen,  Ergusses  (Apoplexia 
seroMü)  in  das  Cayum  der  Araeknoidea  oder  unter  dieselbe 
ist  noch  zweifelhaft. 

2)  Hydrocephalus  internus^  Anhäufung  seröser 
Flüssigkeit  in  den  Ventrikeln ,  insbesondere  den  Seitenyen- 
trikeln. 

Sie  ist  den  ätiologischen  Momenten  nach  sehr  verschie- 
dener Natur: 

1)  Der  Erguss  hat  die  Bedeutung  eines  entzündlichen 
Exsudates.    (S.  Meningitis  der  Ventrikel.) 

2)  Der  Zustand  ist  angeboren  (H.  congenitus).  Der 
höchste  Grad  ist  der,  wo  man  im  Schädel  einen  ton  den 
Hirnhäuten  gebildeten,  mit  Serum  gefüllten  Sack  neben  Ru- 
dimenten der  Himbasis  findet  (oder  wo  die  Hirhhäute  ge- 
spalten sind  und  platt  auf  der  Schädelbasis  liegen:  Anen- 
cephalie,  Hemicephalie),  oder  wo  dieser  Sack  durch 
eine  grosse  Lücke  des  unentwickelten  Schädels  hervorragt 
(Hydrencephalocele).  Die  Früchte  kommen  todt  zur 
Welt  oder  sterben  bald  nach  der  Geburt.  Der  Zustand  ent- 
steht schon  während  der  frühesten  Entwickelungsperioden 
und  ist  meist  mit  Spina  bifida  combiuirt. 

Demnächst  findet  man  Grade,  bei  welchen  das  Leben 
etwas  länger  erhalten  wird;  die  Menge  des  Wassers  in  den 
Ventrikeln  beträgt  3  —  6  —  10  Pfund,-  die  Ventrikel  bilden 
grosse  Bäume,  die  von  einer  dünnen  Hirnrinde  umgeben 
sind,  die  Theile  der  Basis  cerebri  sind  platt  gedrückt  und 
unkenntlich,  die  Windungen  der  Hemisphären  verwischt, 
die  Hirnhäute  verdünnt  und  der  Schädel  enorm  vergrössert. 

Bei  den  geringeren  Graden  ist  die  Wassermenge  klei- 
ner, die  Himtheile  besser  entwickelt  und  der  Schädel  we- 
niger gross.  Die  Kranken  können  das  mittlere  Alter  er- 
reichen, das  Hirn  erreicht  seine  normale  Entwickelung  und 


362 

der  Schädel  verknöchert.  Zuweilen  wird  das  Hirn  bei  fort- 
bestehender Wasseranhäufung  sogar  hypertrophisch.  Meist 
sterben  die  Kranken  bald  unter  den  Erscheinungen  des  Him- 
drucks.  Zuweilen  tritt  Meningitis,  Blutung  in  die  Hirn- 
Tentrikel  oder  den  Arachnoidealsack  hinzu,  selten  erfolgt 
Zerreissung  des  Hirns  und  der  Hirnhäute. 

Abbüdung^en :  Cruveilhier  Livr.  6.  PL  3.  Livr.  15.  PI.  4.  Ltvr. 
39.  PI.  4.  Albers  I.  T.  25.  Sandifort,  Mus.  anat.  T.  6  — 9, 
123,  192.  Ammon,  Die  angcb.  chir.  K.  T.  3,  4.  Bricht,  Med. 
Rep.  IL  T.  32—37.  Vrolik^  Tab.  ad.  ill.  embryog.  T.  35—39,  91. 
Otto,  Descr.  moostr.  sexc.  T.  9,  10,  27. 

3)  Der  Hydrocephalus  ist  Theilerscheinung  einer  yer- 
änderten  Richtung  der  Organisation ,  die  sich  unter  den  Er- 
scheinungen der  Scrofulosis  undBhachitis  darstellt,  erscheint 
im  ersten  Lebensjahre  oder  während  der  folgenden  Kinder- 
jahre. Der  Verlauf  ist  meist  chronisch,  das  Wasser  ver- 
mehrt sich  allmälig,  überschreitet  selten  die  Menge  Ton 
\  —  1  Pfund,  die  Ventrikel  werden  weit,  der  Schädel  ver- 
grössert  wie  beim  angeborenen  Wasserkopfe.  Die  Kranken 
sterben  meist  bald,  doch  kann,  wenn  die  Wassermenge  auf- 
hört zu  wachsen,  das  Leben  bis  in's  spätere  Alter  erhalten 
werden.  .  Zuweilen  ist  der  Verlauf  subakut  oder  akut,  der 
Ei^uss  erfolgt  rasch  und  tödtet  schnell  oder  der  Zustand 
geht  in  den  chronischen  über. 

4)  Der  seröse  Erguss  ist  bedingt  durch  locale  Hyper- 
ämie des  Gehirns  und  namentlich  der  Pia  mater  in  den  Ven- 
trikeln. Die  Hyperämie,  bedingt  durch  die  bei  der  Hyper- 
ämie der  Hirnhäute  genannten  Momente,  ist  in  der  Ventrikel- 
wand durch  Injection  und  kleine  Ecchymosen  zuweilen  nach- 
weisbar, in  anderen  Fällen,  in  welchen  die  Krankheitser- 
scheinungen (Himcongestion)  auf  eine  Hyperämie  schliessen 
lassen,  sehen  wir  neben  dem  serösen  Ergüsse  in  den  Ven- 
trikeln keine  Spur  von  Injection;  die  Bedingungen  des  Er- 
gusses sind  in  diesen  Fallen,  wie  in  denen,  wo  man  nach 
den  Krankheitserscheinungen  eine  Entzündung  der  Veütri- 


363 

kelwand  vernmthen  sollte  und  dieselbe  in  der  Leiche  völlig 
normal  findet,  noch  zweifelhaft.  Der  Erguss  erfolgt  rasch 
oder  langsam,  der  Verlauf  ist  chronisch  oder  akut,  unter 
den  Erscheinungen  der  Hirncongestion,  der  Apoplexie  oder 
des  Symptomencomplexes,  den  man  Hydrocephalus  acutus 
genannt  hat. 

5)  Der  Erguss  ist  eine  Theilerscheinung  allgemein  rer- 
breitefer  seröser  Ergüsse:  bei  M,  Brightii,  im  Ausgang  der 
Tuberkulose  und  anderer  schwerer  chronischer  und  akuter 
Krankheiten.    Der  Erguss  erfolgt  meist  rasch. 

In  allen  Fällen,  wo  aus  irgend  einer  der  genannten 
Ursachen  der  Wassererguss  rasch  erfolgte  und  tödtete,  fin- 
det man  in  den  erweiterten  Ventrikeln  1 — 6  Unzen  heile,* 
wässerige  Flüssigkeit,  das  Ependyma  erweicht,  zottig,  die 
Wände  der  Ventrikel  in  ziemlicher  Ausdehnung  durch  se- 
röse Infiltration  (Oedem)  erweicht,  oft  breiig  und  in  Flok- 
ken  der  Flüssigkeit  beigemischt.  Feste  Exsudate  oder  i^eu- 
gebSdete  Zellen  sind  auch  bei  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung nicht  zu  finden. 

6)  Die  Wasseransammlung  ist  eine  Folge  der  Hirn- 
atrophie;  bei  Atrephia  senilis  sind  beide  Ventrikel  gleich- 
massig  gefüllt,  die  Wassermenge  beträgt  1^  —  2 — 4Uns(en, 
selten  mehr;  bei  Schwund  des  Hirns  nach  vorhergegangener 
Texturveränderung  (Hämorrhagie,  Entzündung)  ist  die  Was- 
sersammlung nur  im  Ventrikel  der  betroffenen  Hemisphäre. 
In  -beiden  Fällen  sind  die  Gefässe  der  Hirnhäute  hyperä- 
misch,  oft  varicös,  Pia  mater  und  Arachnoidea  beträcht- 
lich verdickt.  Der  Erguss  der  Wassers  folgt  langsam  der 
allmälig  vor  sich  gehenden  Atrophie. 

Patholoi^isebe  nrettbilduit^en. 

Neubildung  von  Bindegewebe  ist  häufig,  es  bil- 
det Verdickungen  der  Hirnhäute  und  des  Ependyma,  Pseu- 


364 

domembranen,  Adhäsionen,  das  Blastem  ist  bedingt  durch 
Hyperamie  oder  Entzündung. 

Fibroide  finden  sich  zuweilen  in  der  Dura  mater. 
Seltene  Befunde  sind  kleine  fibröse  Geschwülste  am  Epen- 
dyma  oder  freie  fibröse  Körper  in  den  Ventrikeln. 

Lipomatöse  Geschwülste  von  Erbsen-  bis  Boh- 
nengrösse  sah  Rokitansky  an  der  inneren  glatten  Fläche 
der  Dura  mater  aufsitzen. 

Neubildung  von  Knochengewebe  ist  häufig; 
wir  finden  sie  als  Knochenplatten  und  Osteophyten  zwi- 
schen Dura  mater  und  Glastafel,  an  beiden  fest  haftend; 
als  feine  oder  dicke  Knochenplatten  oder  Nadeln  in  der  von 
der  Arachnoidea  überzogenen  Schicht  der  Dura  mater,  meist 
längs  des  Sirms  longitudinalis ;  selten  sind  diese  Bildungen 
auf  der  Arachnoidea  cerebralis.  Falsche  Verknöche- 
rungen, Concretionen,  kommen  in  Pseudomembranen 
vor.  In  den  Adergeflechten  und  am  Ependyma  finden  sich 
zuweilen  pathologische  Bildungen  von  Hirnsand,  einfache 
oder  vielfach  geschichtete,  runde,  ovale,  glatte  oder  höcke- 
rige, mit  Kalksalzen  inkrustirte  Körper. 

Cysten  sind  in  den  Hirnhäuten  selten;  man  hat  beob- 
achtet in  der  Dura  mater:  Cysten  mit  cutisartig  organisirtem 
Balge,  fettigem  Inhalte  und  Haaren;  an  der  Arachnoidea 
zarte,  mit  Cholesteatom  gefüllte  Bälge ;  an  beiden  selten  se- 
röse Cysten.  An  den  Adergeflechten  der  Seitenventrikel  sind 
coUoide  und  seröse  Cysten  sehr  häufig,  man  findet  sie  von 
Hirsekoni-  bis  Haselnussgrösse  hie  und  "da  als  zufällige  Er- 
scheinung; es  sind  keine  wirklichen  Cysten,  sondern  Aus- 
dehnung der  Häute  durch  Massen  grosser  colloidartiger  Bla- 
sen, hervorgegangen  aus  Colloidmetamorphose  der  Kerne 
und  Zellen  der  Plexus. 

Sarcom  und  Krebs.  Im  Gewebe  der  Dura  mater 
entstehen  nicht  selten  weiche,  rundliche,  gelappte,  drüsen- 
artige Geschwülste ,  die  man  gewöhnlich  unter  dem  Namen : 


365 

Fmgm  durae  matris  zusammonfasst ;  ihrer  feineren  Textur 
nach  gehören  sie  theils  zu  den  Sarcomen,  theils  zum  ge- 
wöhnlichen Krebs  9  theils  zum  Epithelialkrebs  (in  zwei  Fäl- 
len von  mir  gesehen).  Eine  scharfe  Sonderung  diese  Ge- 
schwülste hinsichtlich  ihres  verschiedenen  Verlaufes  ist  noch 
nicht  möglich,  da  sie  erst  in  den  letzten  Jahren  als  yer- 
schiedene  Species  erkannt  wurden. 

Diese  Geschwülste,  einzeln  oder  in  grösserer  Anzahl} 
Ton  Haselnus-  bis  Hühnereigrösse,  finden  sich  am  Schädel- 
gewölbe oder  an  der  Basis,  wachsen  entweder  mehr  nach 
Innen  zu  und  sind  dann  in  einer  Höhlung  des  Gehirns  ge-. 
lagert  9  oder  mehr  nach  Aussen ,  bewirken  Atrophie  der 
Schädeldecke,  heben  die  Weichtheile,  durchbohren  auch 
diese  und  wuchern  dann  frei  hervor,  an  ihrer  Basis  von 
dem  scharfen  Knochenrande  umgeben.  Zuweilen  setzen  sie 
sich  auf  den  Knochen  selbst  fort,  von  welchem  aus  dann 
die  Neubildung  auf  dem  Schädel  weiter  wuchern  kann.  An 
den  Seiten  der  Geschwulst  findet  eine  Entzündung  des  Pe- 
riosts und  Osteophytenbildung  statt. 

Von  diesen  Geschwülsten  sind  diejenigen  zu  unterschei- 
den, welche  ursprünglich  in  den  Schädelknochen  entstehen 
und  sich  von  da  auf  die  Dura  mater  fortsetzen;  sie  wuchern 
von  der  Dara  mater  aus  meist  nach  Innen  und  lagern  in 
einer  Grube  des  Hirns,  wie  die  ursprünglich  im  Gewebe 
der  Dura  mater  entstandenen. 

Alle  diese  Neubildungen  erreichen  oft  eine  enorme 
Grösse,  tödten  durch  Druck  des  Gdiims,  Hyperämie  und 
Oedem  desselben,  Meningitis  u.  s.  w. 

Selten  kommt  der  Krebs  in  der  Dura  mater  auch  als 
diffuse  Infiltration  vor.  In  der  Arachnoidea  und  Pia  mater 
hat  man  keine  selbstständigen  Krebse  beobachtet.  Am  Epen- 
dyma  sah  Rokitansky  einmal  Krebs. 

iibbUdungen:  Cruyeilhier  Livr.  8.  PI.  1—3.  Livr.  26.  PL  2. 
Livr.  33.  PL' 3.  Liyr.  35.  PL  3.  Albers  I.  T.  2—4.  Froriep, 
Klin.  Kpft.  T.  i5.    Sandifort,  Mas.  anat.  T.  194. 


366 

Tuberkel  finden  sich  hauptsächlich  in  der  Pia  maier 
als  Theilerscheinung  der  allgemeinen  Tuberkulose,  sie  fin- 
den sich  bald  als  graue  oder  gelbe  Granulationen  in  grösse- 
ren Gruppen  oder  Knoten,  welche  entweder  die  anstossende 
Himmasse  zusanmiendrücken  und  sich  auch  zuweilen  in  ihr 
selbst  weiter  entwickelten,  oder  die  Dura  maier  vor  sich 
her  drängen,  nach  Art  der  Paofchionischen  Granulationen 
perforiren  und  in  einer  Grube  der  Schädeldecke  lagern. 
Diese  Art  der  Tuberkel  entwickelt  sich  langsam,  erweicht 
sehr  selten,  die  Kranken  sterben  eher  an  der  Tuberkulose 
der  Lungen.    (Chronische  T.) 

Bald  entwickeln  sich  die  Tuberkel  neben  Hyperämie 
und  seröser  Exsudation,  sehr  rasch  als  hirsekomgrosse, 
discrete,  graue  Kömchen,  hauptsächlich  an  der  Basis;  gleich- 
zeitig findet  sich  meist  Hydrocephalus  intemia  imd  Hirn- 
ödem.  (Akute  T.)  Dieser  akuten  Tuberkelbildung  geht 
jstefs  chronische  Tuberkulose  entweder  der  Dura  mater,  oder 
des  Gehirns  oder  der  Lungen,  Lymphdrüsen  u.  s.  w.  vor- 
her. Zuweilen  ist  sie  eine  Theilerscheinung  der  allgemein 
yerbreiteten  akuten  Tuberkulose. 

Endlich  finden  sich  Tuberkel  als  Produkt  einer  Menin- 
gitis, die  sich  vorzüglidi  an  der  Himbasis,  selten  auf  der 
Convexität  des  Hirns  finden ,  neben  serösem  Exsudate  ein 
fftserstoffreiches ,  zu  gelben  Knötchen -erhärtendes  setzt  und 
stets  mit  Entzündung  der  Ventrikelwand  combinirt  ist.  Oft 
finden  sich  als  Ausgangspunkte  der  Entzündung  grosse  äl- 
tere Tuberkelknoten,  zuweilen  sieht  man  gleichzeitig  zahl- 
reiche kleine  graue  Miliartuberkel.  Diese  Meningitis  ivber- 
culosa  wird  insbesondere  von  den  französischen  Pathologen 
für  die  Hauptform  des  ,,Hydrocephalus  actUui'*  der  Kinder 
gehalten ;  sie  findet  sich  am  häufigsten  bei  tuberkulösen  Kin- 
dern und  endet  meist  tödtlich. 

In  der  Dura  mater  sind  Tuberkel  sehr  selten,  ältere 


367 

Autoren  erwähnen  grosser  sogenannter  scrofiilöser  Knoten 
in  derselben,  deren  wahre  Natur  unklar  ist. 

Nicht  zu  verwechseln  mit  Tuberkeln  sind  die  auf  der 
Arachnoidea  nach  Hyperämieen  und  Entzündungen  häufig 
Yorkommenden,  zerstreuten,  hirsekorngrossen,  fibrösen  Ver- 
dickungen, —  Ausbreitung  der  Pacchionischen  Granulationen. 

Abbild.:  Cru?eilhier  Livr.  6.  PI,  2.    Albers  I.  T.  6a. 

2.    D  a  s   G  e  h  i  r  n. 

Bilduiiffsfehler. 

Acephalie:  gänzlicher  Mangel  de6  Hirns  und  Kopfes^ 
Anencephalie,  Hemicephalie:  Mangel  der  Schädel- 
decken ,  die  Basis  des  Schädels  liegt  frei ,  ist  bedeckt  von 
den  Hirnhäuten,  von  einer  blutig -schwammigen  Masse  oder 
Rudimenten  des  Hirns,  oft  combinirt  mit  entsprechenden 
Veränderungen  im  Bäckgrath  (Spina  bifida).  Zuweilen  ist 
der  Schädel  mehr  entwickelt,  ist  aber  immer  noch  sehr 
klein,  hat  grosse  Lücken,  durch  welche  durch  Wasser  ge- 
füllte Säcke  der  Hirnhäute  vorragen.  Hieran  schliessen  sich 
die  Fälle,  in  welchen  der  Schädel  fast  vollständig  ist,  aber 
durch  Spalten  im  Nasentheil  des  Stirnbeins,  in  der  Schuppe 
des  Hinterhauptbeins,  den  Seitentheilen,  dem  Siebbein  und 
Keilbein,  Theile  des  Hirns  oder  häufiger  hydrocephalische 
Säcke  mit  Theilen  des  Hirns  prolabiren:  Hirnbruch, 
Encephalocele,  Hydrencephalocele.  In  anderen 
Fällen  ist  der  Schädel  vollständig  geschlossen,  aber  durch 
Hydro cephalie  enorm  auSgedehnt,  in  anderen  ist  er 
klein,  das  Gesicht  überwiegt  die  kleine  Schädelkapsel,  das 
Gehirn  ist  entsprechend  klein:  Mikrocephalie,  dem  an- 
geborenen Idiotismus  zu  Grunde  liegend.  Angeborene 
Hypertrophie,  combinirt  mit  Hydrocephalus  internus, 
maftgelhafter  Sdiädelbildung.  Fiehler  der  Gestalt  einzel- 
ner RfamÜieile)  Asymmetrie  der  beiden  Hälfte. 


368 

Abbildungen:  Vrolik,  Tab.  ad  embr.  T.  40  —  45,  61,  52.  Am- 
mon,  Die  angeb.  eh.  K.  T.  4.  Sandifort,  Mus.  anat.  T.  123,  126, 
190,  191.    Otto,  Descr.  monstr.  T.  3,  9,  10,  23. 

Hyperämie«    Anämie« 

Die  Hyperämie  ist  kenntlich  an  den  zahlreichen  Blat- 
pnnkten,  welche  auf  der  Schnittfläche  des  Hirns  auftreten, 
die  letztere  bedeckt  sich  rasch  mit  Blut,  zeigt  eine  dunk- 
lere (röthliche)  Färbung.  Das  Hirn  turgescirt  etwas.  Die 
Gefässe  der  Hirnhäute  sind  strotzend  gefüllt.  Die  Hyper- 
ämie ist  vorübergehend,  wiederkehrend  oder  bleibend,  je 
nach  den  Bedingungen  derselben;  diese  sind,  ausser  den  bei 
den  Hirnhäuten  angeführten,  insbesondere  auch  die  Neubil- 
dungen im  Gehirn.  Sie  kann  an  und  für  sich  tödten  oder 
durch  ein  Oedem  des  Hirns  mit  oder  ohne  Erguss  in  die 
Ventrikel. 

Die  Anämie  ist  kenntlich  am  Mangel  der  Blutpunkte 
auf  der  blassen  Schnittfläche,  häufig  ist  der  Mangel  nur 
scheinbar,  da  das  Blut  hellroth  gefärbt,  wässerig  ist. 

Hämorrliaffie* 

Blutungen  im  Gehirn  sind  häufig  und  stellen  sich  frisch 
in  der  Leiche  als  ein  grösserer  oder  kleinerer  apoplekti- 
scher  Herd  dar,  das  Blut  ist  in  einer  durch  Zerreissung 
der  Himsubstanz  entstandenen  Höhle  angehäuft  und  mit 
Trümmern  des  Hirns  gemischt.  Die  Blutung  erfolgt  ent- 
weder blos  an  einer  Stelle  und  der  Herd  entsiteht  durch 
fortgesetzten  Bluterguss  an  derselben,  oder  an  mehreren, 
oft  vielen  benachbarten  Stelleil  zugleich,  und  der  Herd  ent- 
steht durch  Zusammenfliessen  derselben.  Zuweilen  findet 
sich  kein  grosser  Herd,  sondern  eine  Menge  kleiner  Extra- 
vasate mit  zwischenliegender,  normaler  oder  erweichter  Him- 
substanz: diese  Form  der  Blutung  hat  man  Apoplexia 
capillaris  genannt;  durch  Zusammenfliessen  der  kleinen 
Extravasate  kann  ein  grosser  apoplectischer  Herd  entstehen. 


369 

Die  Blutung  erfolgt  aus  den  Capillaren  und  kleinsten 
Venen  und  Arterien,  seltener  aus  den  Gefassen  mittlerer 
Grösse.  Die  Bedingungen  der  Blutung,  soweit  sie  uns 
überhaupt  bekannt,  sind  folgende:  1)  Atherom,  Yerknöche- 
rung  und  Fettentartung  der  grösseren  oder  der  kleinen  und 
kleinsten  Himarterien,  bei  gleichzeitigem  ähnlichen  Leiden 
der  übrigen  Körperarterien,  die  häufigste  Bedingung;  2)  Klap* 
penfehler  des  Herzens  und  Lungenkrankheiten,  welche  den 
Abfluss  des  Hohlvenenblutes  in's  rechte  Herz  hindern  und 
eine  mechanische  Hyperämie  des  Hirns  verursachen ;  diese 
Bedingungen  finden  sich  oft  gleichzeitig  mit  den  ersteren. 
Da  man  neben  Klappenfehlern  und  Atherom  der  Aorta  fast 
stets  Hypertrophie  der  linken  Herzkammer  findet,  betrach- 
tet man  gewöhnlich  die  letztere  als  Bedingung  der  Hirnblu- 
tung, indem  man  annimmt,  der.  starke  Herzimpuls  bewirke 
Gefässzerreissung.  Man  hat  aber  offenbar  die  Bedeutung 
dieser  Hypertrophie  verkannt,  indem  dieselbe  an  und  für 
sich  wohl  nur  selten,  vielleicht  nie  Gefässzerreissung  be- 
wirkt. 3)  Wir  finden  femer  Blutungen  neben  Neubildungen 
im  Hirn ,  in  durch  Entzündung  erweichter  Qimsubstanz,  bei 
Gerinnseln  im  Sinvs  longitudinalü ,  bei  Hydrocephalus  con- 
genitus,  Himatrophie,  Erschütterung  und  Verwimdung  des 
Schädels  und  Hirnes. 

Der  Sitz  der  Blutung  ist  meist  im  grossen  Hirne,  sel- 
ten im  kleinen,  am  seltensten  in  der  Brücke,  Medulla  ob- 
longata^  dem  Balken,  Fornix.  Am  häufigsten  findet  sich 
der  Herd  im  Corp.  striatum  und  Sehhügel  und  der  benach- 
barten Sl&ksubstanz  der  grossen  Hemisphären,  seltener  im 
Marklager  *  der  Hemisphären  allein;  ferner  in  der  grauen 
Substanz  der  Hirnrinde. 

Die  Grösse  eines  apoplectischen  Herdes  ist  sehr  ver- 
schieden und  variirt  zwischen  der.  einer  Haselnuss  bis  zu 
der  einer .  Faust ,  zuweilen  umfasst  er  eine  ganze  Hemi- 
sphäre.   Oft  ist  die  Wand  eines  Ventrikels  eingerissen ,  das 

24 


370 

Blut  hat  sich  auch  in  diesen  und  von  da  in  die  übrigen 
ergossen.  Gewöhnlich  findet  sich  nur  ein  grosser  Herd, 
selten  mehrere  kleine;  häufig  sind  aber  neben  dem  Haupt- 
herde an  anderen  Stellen  kleinere  Herde  oder  Gruppen  Ton 
punktförmigen  Extravasaten. 

Das  ergossene  Blut  bildet  entweder  einen  dunkelen^ 
schwarzothen,  halbfesten  Klumpen,  oder  eine  feste  Placenta, 
oder  es  scheiden  sich  massenhaftere  Faserstoffgerinnsel  aus. 
Diese  Massen  sind  eingeschlossen  von  der  zerrissenen  Him- 
substanz,  dieselbe  ist  zunächst  dem  Blute  blutig  gefärbt, 
mit  Extrayasaten  durchsetzt,  weich  und  zottig.  Das  fibrige 
Hirn  ist  bei  grossen  Blutungen  gedrückt  und  anämisch  wie 
die  Häute. 

Die  Blutung  hat  meist  raschen  Tod  zur  Folge  durch 
Aufhebung  der  Gehirnthätigkeit  durch  die  Zerreissung  oder 
den  Druck;  zuweilen  erfolgt  der  Tod  erst  später  in  Folge 
des  Substanzverlustes  des  Hirns,  der  Erweichungen,  Ent- 
zündungen im  Umkreis  der  Blutung.  Kleinere  Herde  kön- 
nen heilen;  die  Vorgänge  während  der  Heilung  sind  diesel- 
ben wie  bei  den  Blutungen  der  übrigen  Organe. 

a)  Der  Inhalt  des  Herdes  wird  allmälig  zu  einer  cho- 
coladenfarbigen,  später  rostfarbigen  und  endlich  gelben  flüs- 
sigen Masse  (Umwandlung  des  H'ämatins  zu  kömigem  Pig- 
ment ,  Zerfall  des  Faserstoffs  zu  einer  molecnlaren,  eiweiss- 
haltigen  Masse ,  der  weissen  Blutkörperchen  und  Himreste 
durch  Fettmetamorphose),  die  Wand  wird  fest  un^  ausge- 
glättet (Neubildung  Ton  Bindegewebe  und  Gefässen).  Der 
Inhalt  wird  allmälig  dünnflüssiger  und  heller,  die  Wand 
fester  und  man  findet  dann  statt  des  Herdes  eine  Cyste, 
welche  später  nach  Resorption  ihres  Inhaltes  in  einer  schwie- 
ligen, meist  pigmentirten  Narbe  yerheilen  kann. 

b)  Häufiger  yerflüssigt  sidi  das  Extrayasat  nicht  so 
vollständig,  es  tritt  Organisation  ein,  Bildung  von  kleinen 
runden  ein  -  und  mehrkernigen  Zellen ,    welche  theilweise 


371 

wieder  als  Kömchenzelleh  zerfallen ,  Bildung  von  Faserzel- 
len und  feinen  Bindegewebsfibrillen^  welche  meist  ein  zar- 
tes Netzwerk  im  ganzen  Extravasat  bilden,  in  dessen  Ma- 
schen der  übrige  verflttssigte,  pigmentirte  oder  farblose,  oder 
durch  Kömchenzellen  und  freies  Fett  gelblich  gefärbte  Rest 
liegt.  Die  Umgebung  ist  ebenfalls  verhärtet.  Yemarbung 
tritt  später  zuweilen  ein.    (Zellulose  Infiltration.) 

c)  Kleine  und  in  der  Fläche  ausgebreitete  (in  der  Hirn- 
rinde) Herde  vernarben  meist  rasch  und  man  findet  an  deren 
Stelle  harte ,  gelbe  oder  schwärzliche  Knötchen  oder  Platten, 
bestehend  aus  amorphem  Faserstoff,  Pigment  und  Spuren 
von  Bindegewebe. 

Manche  Beobachtungen  sprechen  dafür,  dass  auch  die 
übrigen  Metamorphosen  hämorrhagischer  Herde ,  Tuberkuli- 
sirung,  Goncrement-  und  Eiterbildung  eintreten  können* 

In  Folge  der  Yemarbung  eines  apoplectischen  Herdes 
schwindet  natürlich  der  betroffene  Theil  des  Hirns  und  der 
früher  vom  Him  eingenommene  Baum  in  der  Schädelhöhle 
wird  von  Seram  und  den  verdickten  Hirnhäuten  eingenom- 
men. Fand  der  Erguss  in  der  Himrinde  statt,  so  schwin- 
den an  der  Stelle  die  Windungen ,  man  findet  an  deren  Stelle 
einen  platten  Eindruck. 

Uebrigens  ist  es  oft  unmöglich,  aus  den  beschriebenen 
Veränderungen  allein  die  Natur  derselben  zu  bestimmen, 
denn  da  Entzündungen  fast  stets  von  capillaren  Apoplexieen 
begleitet  sind,  ja  oft  in  einem  solchen  Grade,  dass  man 
zweifelhaft  ist,  ob  man  eine  Hämorrhagie  oder  eine  Entzün^ 
düng  vor  sich  hat,  so  kann  die  Gegenwart  des  Pigmentes 
in  den  Cjrsten  und  Narben  nicht  entscheiden;  es  ist  aber 
auch  die  Metamorphose  des  Entzündungsherdes  oft  dem  des 
apoplectischen  in  der  That  sehr  ähnlich.  Weitere .  Untersu- 
chungen sind  zur  Entscheidung  dieser  Fragen  nöthig. 

Abbildangen:   Cruveilhier  Liyr.  5.   PI.  6.  Livr.  20.  PI.  3,  4. 
Livr.  21.  Fl.  6.  Livr.  33.  PI.  2.  Livr. 35.  PL 3.  Livr. 36.  P1.1.    Cars- 

24* 


372 

well   Fase.  b.   X.  1,  2.     Hope  Fig^.  245,  250  —  256.    Bright,  Med. 
Rep.  II.  PI.  5,  6,  20—24,  27,  28. 


Hypertrophie. 

Im  Kindesalier  (selten  später),  meist  bei  Scrofulösen 
oder  Rhachitischen ,  entwickelt  sich  unter  unbekannten  Be- 
dingungen eine  Vergrösserung  der  Himmasse,  durch  welche 
der  Schädel,  wenn  die  Fontaiiellen  noch  nicht  geschlossen 
sind ,  ausgedehnt  wird ,  und  bei  sehr  hohem  Grade  und  ra- 
scher Entwickelung  selbst  Nähte  aus  einander  getrieben, 
wenn  er  verknöchert  ist ,  die  Knochen  zuweilen  ver- 
dünnt werden.  Die  Form  des  ausgedehnten  Schädels  gleicht 
ganz  der  des  hydrocephalischen.  Im  verknöcherten  Schädel 
findet  man  das  Hirn  strotzend,  von  den  verdünnten  Hirn- 
häuten eng  umschlossen  und  nach  deren  Trennung  hervor- 
quellend. Die  Consistenz  der  Himmasse  ist  fest,  die  Hirn- 
Substanz  selbst  erscheint  nicht  verändert;  die  Windungen 
an  der  Oberfläche  sind  platt  gedrückt,  die  Marksubstanz 
der  grossen  Hemisphären  besonders  entwickelt,  die  Vertri- 
kel  eng.  Das  kleine  Hirn  und  die  Himbasis  sind  nicht 
oder  nur  sehr  selten  vergrössert 

Nach  den  mikroskopischen  Untersuchungen  Rokitans- 
ky'« beruht  die  Hypertrophie  „in  einer  übermässigen  An- 
häufung der  intermediären  bindenden  Kömchensubstanz.^^ 

Der  Zustand  entwickelt  sich  langsam,  selten  rasch,  ist 
von  ähnlichen  Erscheimmgen  begleitet  wie  der  Hydrocepha- 
lu$  intemuM  und  tödtet  unter  den  Zeichen  des  Gehirndruckes. 

Die  Bedingungen  der  Hypertrophie  sind  unbekannt ;  das 
häufige  Verkommen  derselben  bei  Scrofulösen  und  Rhachi- 
tischen  spricht  dafür,  dass  sie  eine  Theilerscheinung  allge- 
meiner Emährungsveränderungen  ist. 

Atrophie. 

Ifi  Leichen  von  in  hohem  Alter  Verstorbenen  findet  man 


373 

zuweilen  das  Hirn  etwas  verkleinert  und  derber,  die  Hirn- 
häute dicker  und  deren  Gefässe  ausgedehnt,  ohne  dass  im 
Leben  auffällige  Himerscheinungen  vorhanden  gewesen  wä- 
ren. In  manchen  Fällen  aber  ist  diese  Verkleinerung  be- 
deutend und  stellt  sich  als  krankhafte  Atrophie  dar;  im  frü- 
heren Alter  ist  sie  sehr  selten. 

Man  findet  insbesondere  die  grossen  Hemisphären  ver- 
kleinert, dieselben  liegen  nicht  am  Schädel  an,  die  Gyri 
sind  schmal,  die  Sulci  weit,  die  Hirnsubstanz  ist  dunkler, 
fester,  zähe,  die  Ventrikel  sind  weiter.  Auf  der  Schnitt- 
fläche erscheint  die  Himsubstanz  öfters  gerunzelt,  die  Ge- 
fasslumina  prominiren  und  sind  scheinbar  erweitert.  Das 
kleine  und  Mittelhim  sind  unverändert.  Die  erweiterten 
Ventrikel  und  der  Raum  zwischen  Hirn  und  Schädel  sind 
mit  Serum  ausgefüllt,  die  Hirnhäute  sind  verdickt,  ihre  Ge- 
fässe varicös;  selten  ist  der  Knoten  verdickt. 

Das  allmälig  schwindende  Hirn  disponirt  zu  Hyperä- 
mieen,  Hämorrhagieen  und  serösen  Ergüssen,  deren  Erschei- 
nungen den  chronischen  Verlauf  der  Atrophie  unterbrechen 
und  öfters  tödten. 

Die  Bedingungen  dieser  Atrophie  sind  uns  gänzlich  un- 
bekannt. 

In  anderen  Fällen  findet  man  bei  Individuen  jeden  Al- 
ters Atrophie,  welche  durch  anderweitige  Texturveränderun- 
gen bedingt  sind,  so  durch  Hämorrhagieen  und  Entzündun- 
gen, nach  welchen  ein  Schwund  nicht  allein  der  betroffenen, 
sondern  auch  der  benachbarten  Theile  eintritt;  diese  Atro- 
phieen  sind  meist  partielle,  einseitige,  doch  zuweilen  auch 
auf  beide  Hemisphären  ausgedehnte,  zumal  bei  der  Entzün-- 
düng  oder  Hämorrhagie  der  Gehirnrinde.  Der  Ventrikel 
der  betroffenen  Hemisphären  ist  entweder  mit  Serum  gefüllt 
und  erweitert  oder  verkleinert  und  dafür  Serum  im  Arach- 
noidealsack  angehäuft,  die  Häute  Und  Schädelknochen  ver- 
dickt. 


374 

Hierher  gehören  auch  die  Atrophie  durch  den  Druck 
von  Geschwülsten,  von  Serum  bei  hohen  Graden  des  Hy- 
drocephalus. 

Abbild.:  CruTeilhier  Livr.  8.  PI.  5.     Albers  I.  T.  7. 

fiiitzfiiiduii^* 

Die  Himentzündung  9  wie  sie  sich  nach  den  neueren 
Untersuchungen  herausgestellt  hat,  ist  durchaus  nidit  zu 
verwechseln  mit  dem  ebenso  benannten  Symptomencomplexe 
der  deutschen  Systematiker,  welcher  vorzugsweise  durch 
die  höheren  Grade  der  Meningitis  bedingt  ist;  viel  eher  ge- 
hört hierher  das  Krankheitsbild  der  „Himerweichung^^  wel- 
ches freilich  auch  auf  andere  Zustände  passt.  Die  Verän- 
derungen, welche  wir  jetzt  als  Entzündung  darstellen,  wur- 
den früher  als  Erweichung,  rothe  Erweichung^  entzündliche 
Erweichung  aufgeführt;  wir  müssen  aber  eingestehen,  dass, 
obgleich  das  Mikroskop  durch  Nachweis  des  Exsudates  und 
dessen  Metamorphosen  die  entzündliche  Natur  der  meisten 
dieser  Erweichungen  dargethan  hat ,  eine  vollständige  anato- 
mische Darstellung  der  die  Erweichungen  bedingenden  Vor- 
gänge noch  fehlt  und  damit  auch  die  Grenzen  der  wirklich 
entzündlichen  Erweichung  und  der  etwa  durch  anderweitige 
Texturveränderungen  bedingten  in  manchen  Fällen  noch 
schwankend  sind. 

Die  Entzündung  ist  stets  auf  circumscripte  Stellen  be- 
schränkt, niemals  auf  das  ganze  Hirn  ausgedehnt ;  die  Herde 
sind  erbsen  -  bis  wallnussgross,  selten  nehmen  sie  eine  halbe 
oder  eine  ganze  Hemisphäre  ein.  Man  findet  meist  nur 
einen,  selten  mehrere;  ihr  Sitz  ist  im  Allgemeinen  derselbe 
wie  der  der  hämorrhagischen  Herde:  die  graue  Substanz 
der  CentraltheUe  des  Hirns,  Seh-  und  Streifenhügel,  und 
der  Hirnrinde. 

Der  frische  Entzündungsherd  ist  kenntlich  durch  die 
rothe  Farbe,  Erweichung   und  Schwellung  der  ergriffenen 


375 

Stelle,  man  sieht  zahlreiche  injicirte  Gefässchen  und  kleine. 
Extravasate ;  meist  sind  die  letzteren  in  grosser  Menge  Tor- 
handen.  (Solche  Entzündungsherde  hat  man  auch  als  Apo- 
plexia capillans  aufgeführt;  die  Entscheidung,  ob  die  Ent- 
zündung oder  das  Extravasat  das  Primäre  sei,  ist  oft  un- 
möglich.) Das  Exsudat  ist  meist  sparsam,  durdidringt  die 
Himsubstanz,  welche  gleichzeitig  zerfallt,  bleibt  entweder 
flüssig  oder  der  Faserstoff  gerinnt.  Der  Entzündungsherd 
steUt  sich  als  ein  heU-  oder  dunkehroth  gefärbter,  consi- 
stenter,  bröckeliger  Brei  dar,  welcher  aus  den  Elementar- 
theilen  des  Hirns,  Blutkörperchen,  amorphem  Exsudate,  be- 
ginnenden Kern-  und  Zellenbildungen  besteht.  Selten  ißt 
das  Exsudat  so  reich  an  gerinnendem  Faserstoff,  dass  die 
ergriffene  Stelle  dadurch  hart  wird. 

Die  nächsten  Veränderungen  des  Herdes  bestehen  ent- 
weder in  Umwandlung  der  Farbe  in's  Braune  oder  Gelbe 
durch  Umwandlung  des  Hämatins  zu  Pigment  und  Fettme- 
tamorphose der  Hirnzellen,  in  welchem  Zustande  die  Herde 
am  häufigsten  in  der  Leiche  gefunden  werden;  oder  selte- 
ner in  gänzlicher  Entfärbung  des  Herdes  durch  Resorption 
des  Hämatins  oder  Pigmentes.  (Diesen  Zustand  nennt  man 
auch  wohl  weisse  oder  graue  Erweichung.) 

Die  den  Herd  umgebende  Himsubstanz  ist  meist  serös 
infiltrirt  oder  gelblich  gefirbt  und  erweicht.  Ist  der  Herd 
gross,  so  drängt  er  das  Hirn  gegen  die  Schädelwand. 

Der  Verlauf  der  weiteren  Veränderungen  des  Herdes 
bildet  die  Ausgänge  der  Entzündung. 

a)  Es  bilden  sich  zum  Theil  äusserst  feines  Bindege- 
webe, welches  eine  Art  Netzwerk  bildet,  zum  Theil  indif- 
ferente Zellen ;  der  Faserstoff  des  ergossenen  Blutes  wird 
resorbirt  oder  bleibt,  in  gelbes  oder  rothes  Pigment  umge- 
wandelt, zurück;  die  Hirnzellen  zerfallen  durch  Fettmeta- 
morphose zu  feinen  Fettkömchen,  die  Himfasem  zerfallen 
und  schwinden  allmälig,    und  so  findet  man  endlich  eine 


376 

emulsive  Flüssigkeit  in  einem  aus  neugebildetem  Bindege- 
webe und  Gefässen  bestehenden  Maschenwerke,  als  eine 
weiche,  aber  auf  der  Schnittfläche  nicht  zerfliessende,  breiige 
oder  gallertartige,  weisse  oder  gelbe  Masse.  (Diesen  Zu- 
stand nennt  man  dann  gelbe  Erweichung.)  Die  angrenzende 
Hirnsubstanz  ist  entweder  fest,  weisslich,  bröckelig  oder 
der  Herd  geht  aUmälig  in  normale  Substanz  über. 

Zuweilen  Wird  diese  Masse  dünnflüssiger,  das  Netz- 
werk schwindet  und  man  hat  eine  mit  emulsiver  oder  serö- 
ser Flüssigkeit  gefüllte* Höhle  vor  sich,  deren  Wände  aus 
harter,  käsiger  Hirnsubstanz  bestehen. 

b)  Selten  verwandelt  sich  der  Entzündungsherd  in  eine 
harte,  graue  oder  gelbliche  Schwiele,  welche  aus  einer 
dichten  Masse  von  Elementar- Molecülen  und  Bindegewebs- 
fasern besteht  (Sclerose,  Verhärtung). 

c)  Es  tritt  reichliche  Zellenbildung  ein,  es  entsteht  ein 
Eiterherd,  Abscess,  dessen  Grösse  Anfangs  der  des  frühe- 
ren Entzündungsherdes  gleicht,  später  aber  durch  Entzün- 
dung und  Eiterbildung  im  Umkreise  zunehmen  kann.  Die 
Umgebung  des  Abscesses  ist  meist  im  Zustande  des  Oedems 
oder  der  gelben  Erweichung,  zuweilen  auch  normal.  Der 
Abscess  wird  oft  lange  getragen,  verkleinert  sich,  die  ein- 
schliessende  Hirnsubstanz  wird  hart  und  umgiebt  die  dicke, 
käsige,  eingetrocknete  Eitermasse,  in  welcher  sich  später 
auch  Ealksalze  entwickeln  können.  Zuweilen  bildet  sich 
um  ihn  eine  Art  fibröser  Kapsel,  während  sich  der  Inhalt 
mehr  verflüssigt. 

Zuweilen  findet  Entleerung  des  Abscesses  statt,  wenn 
er,  die  Hirnhäute  erreichend,  circumscripte  Entzündung 
und  Vereiterung  derselben,  später  Caries  der  Knochen  und 
Perforation  derselben  bewirkt;  dieser  Vorgang  ist  an  ver- 
schiedenen Stellen  des  Schädels  beobachtet  worden,  am 
häufigsten  aber  am  Os  peirosum,  welches  durch  Caries  mehr- 
fach  durchlöchert  wird,  so  dass  der  Eiter  entweder  durch 


377 

die  Paukenhöhle  und  den  äusseren  Gehörgang  nach  Aussen 
entleert  wird,  oder  auch  direkt  durch  den  Knochen  nach 
Aussen  gelangt.  Uebrigens  war  in  diesen  Fällen  wohl  meist 
die  Caries  der  Knochen  das  Primäre,  der  Abscess  das  Se- 
kundäre. 

Alle  diese  Ausgänge  haben  nicht  selten  Schwund  des 
Hirns,  zunächst  der  Umgebung  des  Herdes,  aber  auch  grös- 
serer Partieen  zu  Folge.  Besonders  auffällig  ist  dieser 
Schwund  nach  Entzündung  der  Gehirnrinde,  die 
meist  eine  grosse  Ausbreitung  hat,  sich  als  rothe  Erwei- 
chung mit  zahlreichen  Extravasaten  darstellt  und  oft  mit 
Entzündung  der  Pia  mater  combinirt  ist.  Ihr  häufigster 
Ausgang  ist  Verschrumpfung  der  Windungen  der  erkrank- 
ten Partie  und  Umwandlung  derselben  in  eine  harte,  gelb 
pigroentirte  Substanz;  zuweilen  bleibt  aber  ein  Theil  des 
Entzündungsherdes  weich  und  wird  von  harten,  gelb  pig- 
mentirten ,  platten  Schichten  umgeben.  War  die  Entzündung 
ausgebreitet,  so  wird  oft  die  ganze  Hemisphäre  atrophisch, 
fest,  ihr  Ventrikel  verkleinert. 

Die  Himentzündung  ist  zuweilen  rasch  tödtlich,  meist 
tritt  der  Tod  aber  erst  während  eines  der  Ausgänge  ein, 
oder  es  erfolgt  Heilung.  Der  Verlauf  ist  daher  selten  akut, 
meist  subakut  oder  chronisch. 

Die  Bedingungen  der  Himentzündung  sind  noch  sehr 
unvollständig  bekannt.  Sie  kommt  am  häufigsten  im  hohen 
Alter  vor,  ferner  bei  Herzkranken,  nach  Typhus,  bei  schwe- 
ren chronischen  Krankheiten,  in  der  Umgebung  von  Ge- 
schwülsten im  Gehirn,  endlich  in  Folge  von  Erschütterung 
oder  Verwundung  des  Schädels  oder  Gehirns. 

Abbildungen:  Cruveilhier  LUt.  20.  PI.  4.  Livr.  33.  PI.  3. 
Carswell  Fase.  6.  PI.  3,  4.  Fase.  8.  PL  1.  Fase.  12.  PL  4.  Hope 
Fig.  257.    Bright  II.  PL  10  —  16. 

Oeflem» 

Bei  Oedem   des  Gehirns  in  geringem  Grade  erscheint 


378 

der  Umfang  des  Hirns  unverändert,  die  Schnittfläche  glän- 
zend,  feucht,  das  Messer  wird  feucht,  die  Consistenz  ist 
meist  vermindert,  selten  vermehrt. 

Der  geringe  Grad,  welchen  man  sicher  als  Oedem  an- 
sprechen kann,  findet  sich  neben  anderen  serösen  Ergüssen 
bei  M.  Brightii,  bei  Herzkranken,  bei  Himatrophie,  bei 
Hjrperämie  des  Hirns  und  Hydrocephalus. 

Der  höhere  Grad,  die  Erweichung  zu  einem  weissen 
Breie  (die  sogenannte  weisse,  graue  Erweichung),  sieht 
man  nur  neben  serösem  Erguss  in  die  Ventrikel,  und  zwar 
sowohl  neben  dem,  welchen  wir  von  einer  Entzündung  der 
Pia  mater  in  den  Ventrikeln  herleiten ,  als  neben  dem  nicht 
entzündlichen.  Es  sind  die  nächsten  Umgebungen  einfach 
ödematös  und  allmälig  in  die  normale  Himsubstanz  über- 
gehend.   Das  Hirn  ist  sehr  geschwellt. 

Knrelelraiiff. 

Während  man  früher  eine  selbstständige  Krankheits- 
species  Himerweichung  annahm,  hat  man  neuerdings  die 
Verschiededen  Arten  derselben  den  sie  bedingenden  Vorgän- 
gangen  angereiht,  so  die  rothe  Erweichung  der  Ent- 
zündung, die  weisse  und  graue  theils  dem  Oedem,  theils 
der  Entzündung,  die  gelbe  Erweichung  gehört  zum 
Theil  den  Ausgängen  der  Hämorrhagie  oder  Entzündung  zu, 
ist  vielleicht  zum  Theil  eine  selbstständige  Veränderung. 

Wir  finden  zuweilen  im  Hirne  kleinere  und  grössere 
Herde ,  bestehend  .  aus  einer  hellgeben ,  weichen ,  sulzigen 
Masse,  welche  allmälig  in  die  normale  Himsubstanz  über- 
geht oder  von  einem  mit  kleinen  Extravasaten  durchsetzten, 
röthlich  gefärbten  Himmark  umgeben  ist.  Die  Herde  sind 
von  verschiedener  Ausdehnung,  ihr  Sitz  ist  meist  derselbe, 
wie  der  der  entzündlichen  Herde.  Der  Befund  ist  ein  zu- 
fälliger oder  die  Kranken  starben  unter  den  Erscheinungen 
einer  Hirnaffektion  (Encephalitis), 


379 

Uie  mikroskopische  Untersuchung  ergiebt  in  den  mei- 
sten Fällen:  zerfallene  Nervenfasern,  freie  Fettkügeldien 
und  Körnchenzellen  oder  Fettkömchen  als  die  Hauptelemente 
des  erweichten  Herdes.  Die  gelbe  Farbe  rührt  also  offen- 
bar Yon  den  Fettkömchen  her,  wie  wir  das  auch  in  allen 
übrigen  Geweben  sehen,  in  welchen  körniges  Fett  auftritt. 
Wir  haben  hier  eine  Fettmetamorphose  der  Himganglien 
und  rieUeicht  auch  deren  Zwischenmasse  und  zuweilen  auch 
neugebildeter  Zellen  vor  uns.  Als  deren  Bedingung  beob- 
achtet man  zuweilen  eine  Verknöcherung ,  resp.  Obliteration 
der  zu  dem  Herde  führenden  Arterie.  Der  Vorgang  wäre 
also  vielleicht  analog  dem,  wie  wir  ihn  bei  so  vielen  Zel- 
len und  Geweben  auftreten  sehen,  sobald  ihnen  der  freie 
Verkehr  mit  der  Blutflüssigkeit  entzogen  wird.  Es  ist  übri- 
gens auch  möglich,  dass  diese  Fettmetamorphose  nicht  un- 
mittelbar eintritt,  sondern  vorher  Exsudationen  uad  Extra- 
vasate an  der  erkrankten  Stelle  stattfinden;  ob  aber  eine 
wirkliche  Entzündung,  wie  wir  sie  oben  beschrieben,  stets 
voraui^eht,  ist  zweifelhaft. 

In  der  Umgebung  apoplektischer  oder  Entzündungs- 
Herde  findet  man  oft  gelbe  Färbung  der  Hirnsubstanz  ohne 
weitere  Veränderung  derselben,  zuweilen  aber  auch  eine 
breiige,  gelbe  Erweichung.  Es  ist  hier  möglich,  dass  eine 
Fettmetamorphose  eintrat  nach  Zerstörung  oder  Obliteration 
der  Gefässe  in  dem  apoplektischen  Herde,  oder  dass,  was 
wir  gelb  erweicht  finden,  selbst  erst  mit  Blut  oder  Exsudat 
infiltrirt  war.  Als  Ursache  der  Färbung  finden  wir  auch 
hier  Fettkömchen,  seltner  Eiweissmolecüle  und  Eiterzellen. 

Verlitetaiiff« 

Eine  geringe  Vermehrung  der  Consistenz  des  ganzen 
Hirns  findet  sich  bei  Greisen,  eine  stärkere  bei  Atropkia 
cerdfri;  allgemeine  Verhärtung  sieht  man  femer  nach  Ty- 
phus, Exanthemen ,  Peritonitis  pHerperamm ;  das  Him  zeigt 


380 

sich  so  fest,  als  hätte  es  einige  Zeit  in  Salzsäure  gelegen 
oder  bekommt  eine  lederartige  Zähigkeit.  Die  Bedingungen 
der  Consistenzyermehrung  sind  unbekannt.  Eine  Verhär- 
tung circumscripter  Stellen  ist  häufiger  und  stellt  als  Folge 
von  Entzündung,  Hämorrhagie  meist  narbenartige  Schwielen 
dar;  die  Consistenz  dieser  Schwielen  ist  oft  bedeutend,  knor- 
pelartig. 

Weder  die  allgemeine  noch  die  partiale  Verhärtung  sind 
am  Krankenbette  sicher  zu  diagnosticiren. 

Metastatisetae  Ab<iceflfle 

finden  sich  in  -allen  Theilen  des  Gehirnes  unter  den  ge- 
wöhnlichen Bedingungen:  sie  sind  klein,  meist  zahlreich  und 
gehen,  wie  alle  derartige  Abscesse,  aus  einem  dunkelroth 
umschriebenen  Infarct  hervor  (Rokitansky). 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  36.  Fl.  1. 

Terwunduii((  und  Krschütterun^  des  Hiriiü. 

Verwundungen  des  Hirns  durch  eindringende  Instru- 
mente öder  Knochensplitter  bewirken  Entzündung  der  be- 
troffenen Partie  und  heilen  durch  direkte  Verwachsung  oder 
Eiterung  und  Narbenbildung;  war  Substanzverlust  vorhan- 
den, so  ist  auch  noch  Heilung  durch  Eiterung  möglich,  die 
Lücke  wird  Anfangs  durch  Granulationen  ausgefüllt,  die 
später  in  festes,  fibröses  Gewebe  übergehen.  Neubildung 
von  Hirnmasse  an  die  Stelle  der  verlorenen  ist  noch  nicht 
beobachtet  worden. 

Erschütterungen  des  Schädels  haben  meist  Hämorrha- 
gieen  und  Entzündungen  zu  Folge,  die  auf  kleine  Stellen 
beschränkt  oder  ausgebreitet  sein  können;  zuweilen  bewir- 
ken sie  Zerreissung  des  Hirns  mit  Blutung  in  der  zerrisse* 
nen  Substanz.  Selten  findet  man  gar  keine  nachweisbare 
Texturveränderung  des  Hirns. 


381 

PatiioloyiMClie  JVeubildunyeii. 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  als 
Oi^anisation  des  Fasersto£fs  der  Hämorrhagieen  und  Ent- 
zündungen,  selten  in  Form  circumscripter  Greschwülste. 

Sehr  selten  sind  Neubildung  von  Fettbindege- 
webe in  Gestalt  kleiner  Lipome  und  Cholesteatom. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  1.  PI.  2.    Albers  1.  T.  13. 

Pigmentbildung  ist  häufig  in  in  Rückbildung  ber- 
griffenen  Entzündungs-  und  insbesondere  hämorrhagischen 
Herden,  das  Pigment  ist  stets  nachweisbar  aus  dem  Blut- 
farbstoffe hervorgegangen,  findet  sich  als  freie  Kömchen 
oder  Krystalle,  sparsam  oder  massenhaft,  als  Körnchen  in 
Zellen  oder  als  diffuse  Färbung  von  Zellen  (meist  Körnchen- 
zellen) und  amorphen  Faserstoffpartikeln.  Die  Farbe  ist 
roth  oder  gelb,  selten  schwarz. 

Concretionen  kommen  hier  und  da  als  yerkreidete 
Tuberkel,  Abscesse,  Cysten  Tor.  In  der  Glandula  pinealu 
bildet  sich  zuweilen  schon  bei  Kindern  Hirnsand,  oder  seine 
Menge  bei  Erwachsenen  übersteigt  das  gewöhnliche  Maass. 

Cysten  als  selbstständige  Neubildungen  sind  im  Ge- 
hirn äusserst  selten,  häufiger  die  aus  der  Umbildung  von 
hämorrhagischen  oder  Entzündungsherden  hervorgegangenen. 
Zuweilen  wird  die  GL  pinealis  in  eine  erbsen-  bis  hasel- 
nussgrosse  Cyste  umgewandelt,  deren  Wände  gewöhnlich 
sehr  reich  an  Himsand  sind. 

Abbild.:  Froriep,  Klin.  Kpft.   T.  46  und  Albers  T.  17   nach 
Ho 0 per.     Bright  II.  PI.  2. 

Krebs  ist  im  Gehirn  nicht  gar  selten,  obschon  sich 
manche  der  bis  jetzt  als  Krebs  beschriebenen  Neubildungen 
durch  neue  Untersuchungen  nach  Virchow  als  Sarcome 
herausstellen.  Die  Sarcome  finden  sich  nach  Virchow  als 
Knoten  von  der  Grösse  einer  Knabenfaust  in  der  Substanz 
der  grossen  Hemisphären ,  die  Knoten  sind  in  der  Periphe- 
rie weich,  im  Centrum  hart,  fibrös. 


382 

Die  Krebse  kommen  meist  als  circumscripte  Kuuten  von 
verschiedener  Grösse  vor,  meist  haben  sie  den  Charakter 
des  Markschwanmis,  Fungut  haemaiodes  und  melanodes, 
seltener  sind  sie  di£fus  in  die  Himmasse  infiltrirt  und  erthei- 
len  als  Scirrhus  dem  Gehirn  eine  knorpelartige  Härte. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  25.  PI.  2.  Li?r.  35.  PI.  3. 
Alberg  I.  T.  20.  Carswell  Fa8c.5.  PI.  2.  Fase.  3.  P1.2.  Bright 
IL  PI.  2,  7,  30.    Froriep»  Klin.  Kpft.  T.  21,  22. 

Tuberkel  (scrofulöse  Geschwülste  der  Aelte- 
ren)  sind  im  Gehirn  eine  häufige  Theilerscheinung  der  Tu- 
berkelkrankheit bei  Kindern  und  meist  combinirt  mit  Tu- 
berkulose der  Lymphdrüsen  der  Bronchien  oder  des  Me- 
senteriums. Sie  bilden  runde,  bohnen-  bis  hühnereigrosse 
Knoten,  welche  in  allen  Theilen  des  Gehirns  lagern,  meist 
einzeln,  selten  in  grösserer  Zahl  vorkommen.  Sie  bestehen 
aus  einer  derben,  gelben,  bröckeligen  Masse,  sind  umgeben 
von  normaler  oder  häufiger  von  durch  Entzündung  erweich- 
ter Himsubstanz.  Sie  zerfallen  selten  zu  einer  breiigen 
oder  dünnflüssigen  eiterartigen  Masse  und  sind  dann  von 
einem  Abscesse  schwer  zu  unterscheiden;  zuweilen  yerkrei- 
den  sie. 

Tuberkulisirte  Entzündungsherde,  yerkreidete  Eiterherde 
und  Cysticercen  können  mit  diesen  Tuberkeln  verwechselt 
werden. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  18.  PL  2.  Livr.  25.  PI.  2.  AI- 
bers  I.  T.  14—16.  Bright  II.  PI.  29,  30.  Froriep,  KI.  Rpft. 
T.  22,  66.    Hope  Fig.  259.    Carswell  Fase.  1.  PI.  3. 

Parasiten. 

Echinococcus  kommt  als  kleine  oder  grössere  Blasen 
mit  einfachen  oder  zahlreichen  Tochterblasen  in  der  Him- 
substanz vor.  Häufiger  ist  Cysticercus  cellulosus  ein- 
zeln oder  in  grosser  Anzahl.  Beide  sterben  zuweilen  ab 
und  verkreiden. 


V. 


a&7  . 

Färbung  der  SchBÜtfläche,  insbesondere  der  Pyramiden,  der 
(geringen)  Anschwellung  der  Niere.  Sie  findet  sich  bei 
Herz-  und  Lungenleiden,  welche  den  Abfluss  des  Unter- 
hohkenenblutes  hindern,  nach  Genuss  reizender  Diuretica, 
bei  Paraplegie,  Typhus,  Scorbut  und  anderen  akuten  un^ 
chronischen  Krankheiten.  Der  Urin  ist  unyetändert,  oder 
ei<weisshaltig  oder  durch  Blut  gefärbt. 

Hämorrhagie  ist  gewöhnlich  ^e  Folge  der  Hyper- 
ämie, findet  sich  häufig  in  Gestalt  kleiner  Ecchymosen,  die 
man  in  der  Leiche  als  kleine,  blaurothe  oder,  wenn  Pig- 
mentbildung eingetreten  ist ,  rostfarbige  oder  schwarze  Flek- 
ken  sieht.  Seltener  sind  grössere  Extravasate  mit  Zertrüm- 
merung der  Nierensubstanz.  Das  Extravasat  kann  ver- 
sclurumpfen  oder  eine  gelb  oder  roth  pigmentirte  Narbe  hin- 
teilassen  oder  zu  einer  serösen  Cyste  werden. 

Anämie  kommt  bei  allgemeiner  Anämie  und  bei  Druck 
auf  die  Niere  vor. 

JBUiteÜMdiiiiy. 

Es  sind  zu  unterscheiden:  1)  Entzündung  der  ganzen 
Nieren  mit  gleichmässiger  Exsudation,  welche  vorwiegend 
in  die  Höhle  der  Hamkanälchen  stattfindet,  diffuse  Ne- 
phritis, Nephritis  aUmmnosa;  2)  Entzündung  der  gan- 
zen Niere,  bei  welcher  die  Exsudation  und  die  weitere 
Veränderungen  vorwiegend  an  circumscripten  Stellen  statte 
finden  und  (}ie  Gewebselemente  der  Niere  in  gleiolier  Weise 
betheiligt  sind,  partielle  Nephritis,  Nephntis timplese ; 
3)  Entzündung  drcumscripter  Stellen,  zwischen  welchen  das 
Nierengewebe  normal  ist,  metastatische  Nephritis. 

1)  Die  akute  diffuse  Nephritis  ist  dur<^  M-^ 
gende  anatomische  Veränderungen  charakterisirt :  Die  Niere 
ist  vergrössert,  die  Oberfläche  injieirt;  ihre  Oonsistenz  ist 
vermehrt  oder  bisweilen  varmiadert;  auf  der  Schnittfläche 
erseheint,  die  Nier^sulwtanz  turgescirend,  pulpös,  kömig 


384 

die  Dura  maier  sehr  verdickt  und  au  die  Kuocheu,  seiteuer 
an  die  Arachnoidea  und  Pia  mater^  befestigt  wird  und  in 
welchem  später  zuweilen  Yerknöcherung  auftritt,  oder  es 
wild  zu  Eiter ,  welcher  in  günstigen  Fällen  zugleich  mit  dem 
Knocheneiter  vermittelst  eines  Congestionsabscesses  entleert 
wird.  Oft  folgt  eine  circumscripte  oder  allgemeine  Entzün- 
dung der  Pia  mater  und  des  Rückenmarks.  Oft  wird  das 
Exsudat  zu  einer  trockenen ,  käsigen  Masse  —  Tuberkel- 
masse —  und  stellt  dann  die  tuberkulöse  Infiltration  der 
Dura  mater  bei  Knochentuberkulose  dar. 

Entzündung  der  Pia  mater  kommt  als  traumati- 
sche ,  von  der  D.  mater  oder  vom  Bückenmark ,  oder 
von  der  P.  mater  des  Gehirns  aus  fortgesetzte  und  als  idio- 
pathische vor;  als  letztere  ist  sie  bedingt  durch  heftige  Er- 
kältungen, plötzliche  Cession  der  Menses,  oder  sie  ist  com- 
binirt  mit  Entzündungen  seröser  Häute  (Pleuritis,  Peritoni- 
tis). Sie  kommt  nach  Billard  häufig  bei  Neugeborenen 
vor.  Die  Pia  mater  ist  mehr  oder  weniger  injicirt  und  mit 
capillaren  Ecchymosen  durchsetzt,  mit  Exsudat  infiltrirt,  er- 
weicht und  verdickt;  das  Exsudat  findet  sich  ausserdem 
zwischen  Pia  mater  und  Arachnoidea ,  es  ist  theils  vorwie- 
gend serös,  theils  serös  und  faserstoflfhaltig ,  der  geronnene 
Faserstoff  oder  die  aus  Eiterzellen  bestehenden  gelben  Mas- 
sen liegen  oft  in  Form  croupöser  Pseudomembranen  auf 
der  Pia  mater.  Zuweilen  findet  sich  auch  Exsudat  im 
Arachnoidealsacke ,  eine  auf  diesen  beschränkte  Entzündung 
giebt  es  nicht.  Das  Bückenmark  ist  oft  weich,  zuweilen 
oberflächlich  entzündet,  zuweilen  auffällig  hart. 

Die  Entzündung  verläuft  meist  akut,  ist  oft  tödtlich, 
zuweilen  erfolgt  Heilung  durch  Resorption  des  Exsudates 
oder  sogenannte  chronische  Entzündung,  d.  h.  eine  lang- 
same Metamorphose  des  Exsudates  und  deren  Folgen.  Sel- 
ten ist  Eiterbildung. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  32.  PI.  1,  2. 


385 


Patlioloi^iflehe  ÜTeuliildunKen. 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  in 
Form  kleiner  oder  grösserer  platter,  circumscripter  fibröser 
Massen  unter  dem  Arachnoidealüberzug  der  Dtira  mater 
oder  mit  in  dem  inneren  Blatte  der  Aracknoidea.  ^k  ha- 
ben meist  eine  knorpelartige  Consistenz  und  verknöchern 
zuweilen.  Sie  finden  sich  meist  im  Dorsal-  und  Lumbar- 
theOe  und  am  häufigsten  bei  Greisen.  Das  Blastem  zu  ih- 
rer Bildung  lieferten  wohl  vorübergehende  Hyperämieen  oder 
leidite  Entzündungen. 

Abbüd.:  Alberg  I.  T.  31.    Carswell  Fase.  11.  PI.  4. 

Krebs  entsteht  ursprünglich  in  der  Dttra  mater  oder 
geht  von  den  Wirbelknochen  auf  diese  über;  er  entwickelt 
sich  als  circumscripter  Knoten  oder  diffuse ,  den  Wirbelka- 
nal stellenweise  füllende  Masse.  Zuweilen  bewirkt  er  eine 
Absorption  der  Knochen ;  drängt  die  Rückenmuskeln  und 
äusseren  Decken  als  Geschwulst  hervor;  in  anderen  Fällen 
wuchert  er  mehr  im  Arachnoidalsacke ,  comprimirt  das  Bük- 
kenmark oder  hat  Hyperämie,  Entzündung  und  Erweichung 
desselben  zur  Folge. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  32.  PI.  1.    Albers  I.  T.  29. 

Tuberkel  finden  sich  als  tuberkulöse  Infiltration  der 
Dura  mater  bei  Caries  tuberculosa  der  Wirbel,  selten  in 
Gestalt  kleiner  grauer  oder  gelber  Miliartuberkel,  oder  als 
isolirte  grosse  Knoten. 

Parasiten. 

Echinococcusblasen  finden  sich  ini  Zellgewebe 
zwischen  Knochen  und  Dura  mater,  höchst  selten  im  Sack 
der  Aracknoidea.  Sie  bewirken  Gompression  des  Bücken- 
markes  nach  der  einen  und  Schwund  des  Knochens  an  der 
anderen  Seite,   entwickeln  sich   auch  wohl  ausserhalb  des 

25 


386 

Wirbelkauales    weiter   und   bewirken    eine   Geschwulst   am 
Bücken. 

Abbildung::  Cruveilhier  Livr.  35.  PI.  <>. 

2.    Das  Rückenmark. 
Bildun^sfehler. 

Hydrorhachii  interna,  abnorme  Anhäufung  von 
Serum  in  dem  fötalen  Kanäle  des  Rückenmarks.  Tritt  die- 
selbe in  den  frühesten  Zeiten  der  Bildung  ein,  so  hemmt 
sie  die  Bildung  des  Rückenmarks  vollständig;  man  findet 
dann  in  der  Regel  den  Wirbelkanal  offen,  die  unter  einan- 
der verwachsenen  Rückenmarkshäute  ebenfalls  gespalten, 
die  äusseren  Decken  fehlend,  so  dass  man  von  Aussen  in  den 
eine  offene  Rinne  bildenden  Wirbelkanal  sieht.  Die  Ner- 
ven enden  in  den  Häuten.  Selten  sind  die  Häute  noch  ge- 
schlossen und  bilden  einen  mit  Serum  gefüllten  Sack;  sehr 
selten  findet  keine  Spaltung  des  Rückgraths  statt. 

Tritt  der  £rguss  später  oder  in  geringerem  Grade  ein, 
so  ist  das  Rückenmark  in  Rudimenten  vorhanden,  oder  es 
ist  ganz  entwickelt,  aber  hinten  breit  gespalten. 

Im  niedersten  Grade  ist  das  Rückenmark  wohl  gebil«- 
det,  aber  der  fötale  Kanal  ist  geblieben. 

Diese  Zustände  finden  sich  entweder  in  der  ganzen 
Ausdehnung  des  Rückenmarks  oder  an  einzelnen  Stellen, 
zuweilen  an  mehreren  zugleich.  Sind  2  —  3  Wirbelbögen 
gespalten,  die  Rückenmarkshäute  geschlossen,  so  werden 
die  letzteren  oft  durch  die  Knochenlücke  hervorgetrieben 
und  bilden  dann  einen  mit  Serum  gefüllten  apfel-  bis  kinds- 
kopfgrossen  Sack,  welcher  von  den  allgemeinen  Decken 
fiberzogen  wird.  Der  Sack  besteht  ursprünglich  aus  allen 
drei  Häuten,  zuweilen  schwindet  aber  die  Dura  tmater,  ge* 
wohnlich  zugleich  die  allgemeinen  Decken  (Spina  bi- 
fida). 


387 

Mit  der  Uydrcthachh  interna  sind  gewöhuiich  Hydro- 
cephalus  internus  und  dessen  Folgen  in  entsprechenden 
Graden  coinbinirt.  Es  entsprechen  die  Anencephalie  und 
Hemicephalie  dem  Mangel  des  Bückenmarks  und  der  Decke 
des  Wirbelkanals,  die  Hydrencephalocele  der  Spiria  bifida. 

Hydrorhachis  exirrna^  abnorme  Vermehrung  des 
Serums  zwischen  Pia  mater  und  Arachnoidea,  selten  im 
Cavum  des  Arachnoidalsackes.  Das  Serum  ist  entweder 
gleichm'ässig  angehäuft,  oder  es  findet  sich  an  einer  cir- 
cumscripten  Stelle;  im  letzteren  Falle  sind  an  der  entspre- 
chenden Stelle  die  Wirbelbögen  gespalten  und  durch  diese 
Lücke  prolabirt  ein  mit  Serum  gefüllter  Sack.  Der  letztere 
besteht  aus  der  />iira  mater  und  Arachnoidea ,  selten  blos 
aus  der  Dura  mater  und  ihrem  Arachnoidalüberzuge ;  er  ist 
taubenei-  bis  kindskopfgross  und  communicirt  mit  dem 
Wirbelkanale  meist  durch  einen  engen  Hals;  sein  Inhalt 
communicirt  in  der  Regel  mit  der  Flüssigkeit  zwischen  Pia 
mater  und  Arachnoidea  und  weiter  mit  der  in  den  Him- 
yentrikeln,  seltener  mit  der  im  Cavum  arachnoidale.  Das 
Rückenmark  ist  an  dieser  Stelle  meist  normal,  seltener  ge- 
spalten oder  höchst  selten  ganz  fehlend.  Zuweilen  ist  es 
Terlängert  und  bildet  einen  bogenförmigen  Vorsprung  durch 
die  Knochenlücke,  also  eine  Art  Hernie. 

Dieser  Zustand  bildet  eine  zweite  Art  Spina  bifida. 
Ist  das  Kückenmark  normal,  so  ist  Heilung  durch  spontane 
Entleerung  des  Sackes  oder  durch  Operation  möglich.  Eine 
Berstung  des  Sackes  findet,  ausser  im  Uterus,  während  der 
Geburt,  oder  später,  nach  vorhergegangener  ülceration  der 
Hautdecken,  statt.  Plötzliche  und  totale  Entleerung  bringt 
meist  den  Tod  herbei,  der  ausserdem  häufig  in  Folge  des 
Druckes  der  Flüssigkeit  auf  das  Bückenmark  oder  yon  Me- 
ningitis sphialis  eintritt. 

« 

Abbüdongen :  Crnveilhier  Livr.  6.  PL  3.  Li?r.  16.  PI.  4.  Li?r. 
19.  PI.  6,  6.    LiTr.  39.  PI.  4.     Froriep,  Ghir.  Kpft.  T.  66,  412. 

25'^ 


382 

Die  Krebse  kommen  meist  als  circumscripte  Knuten  von 
verscliiedener  Grösse  vor,  meist  haben  sie  den  Charakter 
des  Markschwamms,  Fungus  haematodes  und  melanodes, 
seltener  sind  sie  diffus  in  die  Himmasse  infiltrirt  und  erthei- 
len  als  Scirrhus  dem  Gehirn  eine  knorpelartige  Härte. 

AbbUdungen:  Cruveilhier  Livr.  25.  PI.  2.  Li?r.  35.  PI.  3. 
Alberg  I.  T.  20.  Carswell  Fasc.6.  PI.  2.  Fase.  3.  P1.2.  Bright 
U.  PL  2,  7,  30.    Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  21,  22. 

Tuberkel  (scrofulöse  Geschwülste  der  Aelte- 
ren)  sind  im  Gehirn  eine  häufige  Theilerscheinung  der  Tu- 
berkelkrankheit bei  Kindern  und  meist  combinirt  mit  Tu- 
berkulose der  Lymphdrüsen  der  Bronchien  oder  des  Me- 
senteriums. Sie  bilden  runde,  bohnen-  bis  hühnereigrosse 
Knoten,  welche  in  allen  Theilen  des  Gehirns  lagern,  meist 
einzeln,  selten  in  grösserer  Zahl  vorkommen.  Sie  bestehen 
aus  einer  derben,  gelben,  bröckeligen  Masse,  sind  umgeben 
von  normaler  oder  häufiger  von  durch  Entzündung  erweich- 
ter Himsubstanz.  Sie  zerfallen  selten  zu  einer  breiigen 
oder  dünnflüssigen  eiterartigen  Masse  und  sind  dann  von 
einem  Abscesse  schwer  zu  imterscheiden ;  zuweilen  verkrei- 
den  sie. 

Tuberkulisirte  Entzündungsherde,  yerkreidete  Eiterherde 
und  Gysticercen  können  mit  diesen  Tuberkeln  verwechselt 
werden. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  18.  PI.  2.  Livr.  25.  PI.  2.  Al- 
bers  I.  T.  14—16.  Bright  II.  PL  29,  30.  Froriep,  KI.  Kpft. 
T.  22,  66.    Hope  Fig.  259.    Carswell  Fase.  1.  PL  3. 

Parasiten. 

Echinococcus  kommt  als  kleine  oder  grössere  Blasen 
mit  einfachen  oder  zahlreichen  Tochterblasen  in  der  Him- 
substanz vor.  Häufiger  ist  Cysticercus  cellulosus  ein- 
zeln oder  in  grosser  Anzahl.  Beide  sterben  zuweilen  ab 
und  yerkreiden. 


388 

Abbildungen:  Froriep,  Kl.  KpH.  T.  46.  Fig.  2  und  Alb  er  s  I. 
T.  17.  Fig.  1  nach  Hooper. 


n.     Rück^mark. 
1.    Die  Rückenmarkshäute. 

Hyperftnie. 

Die  Hyperämie  des  Bückenmarks  und  seiner  Häute  ist 
ihrer  Entstellung  und  ihrem  Verlauf  nach  noch  nicht  TöUig 
klar  erkannt.  Nach  den  gewöhnlichen  Annahmen  tritt  sie  bei 
Erwadisenen  in  Folge  yon  Erkältungen,  Fehlem  des  Men- 
strual-  und  Hämorrhoidalflusses ,  als  Gomplication  anderer 
Krankheiten  u.  s.  w.  auf,  verläuft  akut  oder  chronisch,  hat 
bleibende  Ausdehnuxig  der  Gefässe,  Trübung  und  Yerdik- 
kung  der  Arachnoidea,  serösen  Erguss  zuFischen  die  Häute, 
zuweilen  auch  Bluterguss  zur  Folge.  Doch  ist  wohl  zu  be- 
merken, dass,  obgleich  die  genannten  Veränderungen  vor- 
kommen, oft  genug  die  ihnen  zugeschriebenen  Erankheiti^- 
erscheinungen  am  Lebenden  beobachtet  wurden,  ohne  dass 
man  bei  der  Section  Hyperämie  oder  serdsen  Erguss  fand. 

Bei  Neugeborenen  sind  Hyperämieen  der  Pia  mater  des 
ganzen  Rückenmarks  (und  Gehirns)  häu^ ,  bewirken  oft 
Bluterguss  in  das  Gewebe  der  Pia  mater  und  unter  die 
Araehnoidea  und  dadurch  den  Tod. 

Abbttd.:  Cruveilhier  Lirn  16.  Fl.  1. 

CUitBfiHduny« 

Entzündung  der  Dura  mater  ist  entweder  trau- 
matisch, oder  von  Garies  der  Knochen  fortgesetzt;  sie  ist 
daher  stets  circumscript,  charaktensirt  durch  starke  Injection 
der  Dura  mater  und  des  umgebenden  Zellgewebes  mit  Exsu- 
dat, zuweilen  Exsudati<jp  auf  die  freie  Fläche  ihres  Arach* 
noidealüberzuges.  Das  Exsudat  gdit  entweder  (bei  Heilung 
des  Knochenleidens)  in  Bhidegewebe  über,  durch  welches 


3M 

4k  Ümm  wmter  ^r  T^rdiekt  und  au  die  Knodmi.  aeitener 
'49k  di«  ArackmoUUm  und  Pui  milrr.  UJesügt  wird  und  in 
irdciMm  »p4ler  zuveilen  Verknöchenin^  auftritt,  oder  es 
vii'i  zu  £iU;r .  welcher  in  gpnstigen  Fällen  zugleich  mit  dem 
Knocheneiter  Termittelst  eine»  Congestionsabscesses  entleert 
wird.  Oft  UAp.  eine  circumäcripte  oder  allgemeine  Entzün- 
dung der  Pta  fiia<rr  und  des  Rückenmarks.  Oft  wird  das 
ExÄudat  zu  einer  trockenen,  käsigen  Masse  —  Tuberkel- 
mas«»e  —  und  stellt  dann  die  tuberkulöse  Infiltration  der 
Dipra  maitr  bei  Knochentuberkulose  dar. 

Entzündung  der  Pia  malet  kommt  als  traumati- 
H'rhe,  von  der  Ü.  maier  oder  ?om  Rückenmark,  oder 
von  der  P.  maier  des  Gebims  aus  fortgesetzte  und  als  idio- 
pathische vor;  als  letztere  ist  sie  bedingt  durch  heftige  Er- 
kältungen, plötzliche  Cession  der  Menses,  oder  sie  ist  com- 
binirt  mit  Entzündungen  seröser  Häute  HPleuritis.  Peritoni- 
tis^  Sie  kommt  nach  Billard  häufig  bei  Neugeborenen 
Tor.  Die  Pia  maier  ist  mehr  oder  weniger  injicirt  und  mit 
capillaren  Ec^hymosen  durchsetzt,  mit  Exsudat  infiltrirt,  er- 
weicht und  verdickt;  das  Exsudat  findet  sich  ausserdem 
zwischen  Pia  maier  und  Arachnoidea,  es  ist  theils  vorwie- 
gend serös,  theils  serös  imd  f aserstoffhaltig ,  der  geronnene 
Faserstoff  oder  die  aus  Eiterzellen  bestehenden  gelben  Mas- 
sen liegen  oft  in  Form  croupöser  Pseudomembranen  auf 
der  Pia  maier.  Zuweilen  findet  sich  auch  Exsudat  im 
Arachnoidealsacke ,  eine  auf  diesen  beschränkte  Entzündung 
giebt  es  nicht.  Uas  Rückenmark  ist  oft  weich,  zuweüen 
oberflächlich  entzündet,  zuweilen  auffällig  hart. 

Die  Entzündung  verläuft  meist  akut,  ist  oft  tödtlich, 
zuweilen  erfolgt  Heilung  durch  Resorption  des  Exsudates 
oder  sogenannte  chronische  Entzündung,  d.  h.  eine  lang- 
same Metamorphose  des  Exsudates  und  deren  Folgen.  Sel- 
ten ist  Eiterbildung. 

AbUid.:  Cruveflhier  Livr.  32.  PI.  1,  2. 


385 


Patlioloi^iflelic  IVeuliildunKen. 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  in 
Form  kleiner  oder  grösserer  platter,  circumscripter  fibröser 
Massen  unter  dem  Arachnoidealüberzug  der  Dtcra  mater 
oder  mit  in  dem  inneren  Blatte  der  Arachnoidea.  ^  ha- 
ben meist  eine  knorpelartige  Consistenz  und  verknöchern 
zuweilen.  Sie  finden  sich  meist  im  Dorsal-  und  Lumbar- 
theile und  am  häufigsten  bei  Greisen.  Das  Blastem  zu  ih- 
rer Bildung  lieferten  wohl  vorübergehende  Hyperämieen  oder 
leichte  Entzündungen. 

Abbild.:  Albers  I.  T.  31.    Carswell  Fase.  11.  PL  4. 

Krebs  entsteht  ursprünglich  in  der  Ditra  mater  oder 
geht  von  den  Wirbelknochen  auf  diese  über:  er  entwickelt 
sich  als  circumscripter  Knoten  oder  diffuse,  den  Wirbelka- 
nal stellenweise  füllende  Masse.  Zuweilen  bewirkt  er  eine 
Absorption  der  Knochen ,  drängt  die  Rückenmuskeln  und 
äusseren  Decken  als  Geschwulst  hervor;  in  anderen  Fällen 
wuchert  er  mehr  im  Arachnoidalsacke ,  comprimirt  das  Bük- 
kenmark oder  hat  Hyperämie,  Entzündung  und  Erweichung 
desselben  zur  Folge. 

Abbild.:  Cruveilhier  Livr.  22,  PI.  1.    Albers  I.  T.  29. 

Tuberkel  finden  sich  als  tuberkulöse  Infiltration  der 
Dura  mater  bei  Caries  tubercnlosa  der  Wirbel,  selten  in 
Gestalt  kleiner  grauer  oder  gelber  Miliartuberkel,  oder  als 
isolirte  grosse  Knoten. 

Paraalteit. 

Echinococcusblasen  finden  sich  im  Zellgewebe 
zwischen  Knochen  und  Dura  mater,  höchst  selten  im  Sack 
der  Arachnoidea.  Sie  bewirken  Gompression  des  Bücken- 
markeB  nach  der  einen  und  Schwund  des  Knochens  an  der 
anderen  Seite,    entwickeln  sich   auch  wohl  ausserhalb  des 

25 


386 

Wirbelkanales    weiter   un<I    bewirken    eine   Geschwulst   am 
Rücken. 

Abbildung::  Cruveilliier  Livr.  3«^.  PI.  <>. 

2.    Das  Rückenmark. 
midungpifehler. 

Uffdrorhachit  interna,  abnorme  Anhäufung  ?on 
Serum  in  dem  fötalen  Kanäle  des  Rückenmarks.  Tritt  die- 
selbe in  den  frühesten  Zeiten  der  Bildung  ein,  so  hemmt 
sie  die  Bildung  des  Rückenmarks  vollständig;  man  findet 
dann  in  der  Regel  den  Wirbelkanal  offen,  die  unter  einan- 
der yerwachsenen  Rückenmarkshäute  ebenfalls  gespalten, 
die  äusseren  Decken  fehlend,  so  dass  man  von  Aussen  in  den 
eine  offene  Rinne  bildenden  Wirbelkanal  sieht.  Die  Ner- 
ven enden  in  den  Häuten.  Selten  sind  die  Häute  noch  ge- 
schlossen und  bilden  einen  mit  Serum  gefüllten  Sack;  sehr 
selten  findet  keine  Spaltung  des  Rückgraths  statt. 

Tritt  der  £rguss  später  oder  in  geringerem  Grade  ein, 
so  ist  das  Rückenmark  in  Rudimenten  vorhanden,  oder  es 
ist  ganz  entwickelt,  aber  hinten  breit  gespalten. 

Im  niedersten  Grade  ist  das  Rückenmark  wohl  gebil^ 
det,  aber  der  fötale  Kanal  ist  geblieben. 

Diese  Zustände  finden  sich  entweder  in  der  ganzen 
Ausdehnung  des  Rückenmarks  oder  an  einzelnen  Stellen, 
Euweilen  an  mehreren  zugleich.  Sind  2  —  3  Wirbelbögen 
gespalten,  die  Rückenmarkshäute  geschlossen,  so  werden 
die  letzteren  oft  durch  die  Knochenlücke  hervorgetrieben 
und  bilden  dann  einen  mit  Serum  gefüllten  apfel-  bis  kinds- 
kopfgrossen  Sack,  welcher  von  den  allgemeinen'  Decken 
fiberzogen  wird.  Der  Sack  besteht  ursprünglich  aus  allen 
drei  Häuten,  zuweilen  schwindet  aber  die  Dwra  mater,  ge^ 
wohnlich  zugleich  die  allgemeinen  Decken  (Spina  bi- 
fida). 


387 

Mit  der  Hydrarhachh  interna  sind  gewöhulich  Hydro- 
cepkalus  internus  und  dessen  Folgen  in  entsprechenden 
Graden  combinirt.  Es  entsprechen  die  Anencephalie  und 
Hemicephalie  dem  Mangel  des  Bückenmarks  und  der  Decke 
des  Wirbelkanals,  die  Hydrencephalocele  der  Spina  bifida. 

Hydrorhachis  extrrna,  abnorme  Vermehrung  des 
Serums  zwischen  Pia  mater  und  Arachnoidea,  selten  im 
Cavum  des  Arachnoidalsackes.  Das  Serum  ist  entweder 
gleichm'ässig  angehäuft,  oder  es  findet  sich  an  einer  cir- 
cumscripten  Stelle;  im  letzteren  Falle  sind  an  der  entspre- 
chenden SteDe  die  Wirbelbögen  gespalten  und  durdd  diese 
Lücke  prolabirt  ein  mit  Serum  gefüllter  Sack.  Der  letztere 
besteht  aus  der  Dura  mater  und  Arachnoidea,  selten  blos 
aus  der  Dura  mater  und  ihrem  Arachnoidalüberzuge ;  er  ist 
taubenei-  bis  kindskopfgross  und  communicirt  mit  dem 
Wirbelkanale  meist  durch  einen  engen  Hals;  sein  Inhalt 
communicirt  in  der  Regel  mit  der  Flüssigkeit  zwischen  Pia 
mater  und  Arachnoidea  und  weiter  mit  der  in  den  Him- 
ventrikeln,  seltener  mit  der  im  Cavum  arachnoidale.  Das 
Rückenmark  ist  an  dieser  Stelle  meist  normal,  seltener  ge- 
spalten oder  höchst  selten  ganz  fehlend.  Zuweilen  ist  es 
verlängert  imd  bildet  einen  bogenförmigen  Vorsprung  durch 
die  Knochenlücke,  also  eine  Art  Hernie. 

Dieser  Zustand  bildet  eine  zweite  Art  Spina  bifida. 
Ist  das  Rückenmark  normal,  so  ist  Heilung  durch  spontane 
Entleerung  des  Sackes  oder  durch  Operation  möglich.  Eine 
Berstung  des  Sackes  findet,  ausser  im  Uterus,  während  der 
Geburt,  oder  später,  nach  vorhergegangener  Ulceration  der 
Hautdecken,  statt.  Plötzliche  und  totale  Entleerung  bringt 
meist  den  Tod  herbei,  der  ausserdem  häufig  in  Folge  des 
Druckes  der  Flüssigkeit  auf  das  Rückenmark  oder  von  Me- 
ningitis sphialis  eintritt. 

AbbHdimgeii:  Cru?eilhier  Livr.  6.  PI.  3.  Lin*.  16.  PI.  i.  Livr. 
19.  PI.  5,  6.    Livr.  39.  PI.  4.     Froriep,  Chir.  Kpfl.  T.  66,  412. 

25* 


Alben  1.  T.  31.    Saadifert,  Mm   taal.  T.  192,  193,  194.    An- 
nen, Die  angeb.  cb.  K.  T.  12.    Vrolik,  Tab.  ad  flL  cnbr.  T.  34. 

Veränderunii^eii  der  Länge  sind  selten:  während 
im  Normalzusfande  das  Ende  des  Rückenmarks  dem  erstoi 
oder  zweiten  Lendenwirbel  entspricht  ^  reicht  es  inweilen 
bis  znm  dritten  Lendenwirbel  oder  bis  in's  Os  sacntm  oder 
endet  schoif  am  eilften  Brustwirbel. 

Ebenso  selten  sind  angeborene  Verändernngen 
des  Volumens.  Angeborene  Hypertrophie  istsdur 
selten,  meist  combinirt  mit  Himhypertrophie.  Das  Rücken- 
mark ist  rundlich  y  dicker  und  fester.  Ihre  Geschichte  ist 
uns  gänzlich  unbekannt,  sie  ist  kein  Gegenstand  der  Diagnose 
am  Krankenbette.  Angeborene  Atrophie  findet  sich  nur 
bei  gleichzeitiger  Atrophie  entsprechender  Abtheilungen  des 
Rumpfes  oder  der  Extremitäten. 

Hjrpertr^pliie.    Atrophie. 

Ueber  die  acquirirte  Hypertrophie,  die  man  hie  und 
da  gesehen  hat,  wissen  wir  ebensowenig  als  über  die  an- 
geborene. Hypertrophie  der  grauen  Substanz  mit  Yerdrin- 
gung  der  weissen  erwähnt  Olli yi er. 

Atrophie  in  geringem  Grade  findet  sich  im  hohen  Al-> 
ter  gewöhnlich,  die  Substanz  wird  fester  und  dunkler,  da- 
neben: Vermehrung  des  Serums  zwischen  Pia  maier  und 
Arachnoidea^  Verdickung  und  Knochenplatten  auf  der  letz- 
teren. Zuweilen  ist  sie  auch  bei  Greisen  bedeutend  und 
Ursache  yon  Lähmungen. 

Atrophie  des  Rückenmarks  im  früheren  Alter  ist  sel- 
ten, sie  ist  auf  einzelne  Theile  beschränkt  oder  allgemein. 
Am  häufigsten  ist  Atrophie  der  Lumbarabtheilung  nach  ge- 
schlechtlichen Excessen;  das  Volumen  kann  um  die  Hälfte 
und  mehr  abnehmen,  doch  sind  die  höheren  Grade ,  ja  nach 
Rokitansky 's  Erfahrungen  eine  auffUlige,  nicht  erst  aus 
dem  Vergleich  mit  anderen  Präparaten  ersichtliche ,  Atrophie 


389 

selten.  Der  alte  Symptomencomplex  der  Tabes  dar$alU 
wird  bei  Weitem  nicht  immer  ddrch  diese  Atrophie ,  i^ondern 
häufiger  durch  Memngitis  tpmalU  oder  MyeUiii  ckraniea 
bewirkt,  ist  also  nicht  mit  der  anatomischen  Tabes  oder 
Atrophie  zu  identificiren. 

Durch  den  Druck  yon  Neubildungen,  luxirten  Knochen 
u.  s.  w.  wird  öfter  ein  auf  die  gedrfickte  Stelle  beschränk- 
ter Schwund  des  Rückenmarks  ohne  anderweitige  Textur- 
yeränderung  bewirkt.  Ober-  und  unterhalb  der  gedrückten 
Stelle  findet  sich  nicht  selten  eine  leichte  Schwellung  der 
Substanz. 

Hyperttmie. 

Als  selbstständige  Affection  kommt  sie,  auf  das  ganze 
Bückenmark  ausgebreitet,  bei  Neugeborenen,  auf  einzelne 
Stellen  beschränkt,  durch  den  Reiz  von  Geschwülsten  im 
Wirbelkanale  vor.  Sie  findet  sich  femer  als  Combination 
mancher  akuter  und  chronischer  Krankheiten.  Sie  ist  im- 
mer mit  Hyperämie  der  Häute  combinirt  (s.  oben). 

Selten  ist  eine  Hämorrhagie  in  der  Substanz  des 
Rückenmarks;  sie  findet  sich  als  capillare  Apoplexie  unter 
der  entzündeten  Pia  mater  oder  neben  Entzündung  der  Me- 
dulla  selbst,  und  als  hämorrhagischer,  verschieden  grosser 
Herd  unter  bis  jetzt  unbekannten  Bedingungen.  Ihr  anato- 
misches Verhalten  ist  wie  im  Gehirn. 

Abbild.:  Crayeilbier  Livr.  3.  PI.  6,  copirt  bei  Froriep,  Klin. 
Kpft.  T.  19.    Albers  I.  T.  30. 

Ciiitsiinduny. 

Die  Entzündung  findet  sich  in  kleineren  oder  grösse- 
ren Herden  vorzugsweise  in  der  grauen  Substanz,  selten 
in  der  ganzen  Dicke  des  Rückenmarks;  sie  bewirkt  Er- 
weichung, Schwellung  und  Rölhung  der  betroffenen  Stelle, 
seröse  Infiltration  in  deren  Umgebung;  die  näheren  anato- 


390 

mischdXi  Verhältnisse  und  die  Ausgänge  sind  ganz  wie  bei 
der  Hirnentzändung :  Bildung  eines  mit  Serum  durchtränk- 
ten Bindegewebenetzes,  Verhärtung,  selten  Eiterung.  Das 
durch  die  Entzündung  erweichte  Bückenmark  schwindet  zu- 
weilen. 

Besonders  häufig  ist  eine  Entzündung  der  grauen  Sub- 
stanz in  der  Ausdehnung  eines  grossen  Theils  oder  des 
ganzea  Rückenmarks,  die  sich  anfangs  als  rothe,  später 
als  weisse  Erweichung  des  Centrums  der  Medulla  darstellt, 
oder,  nach  Bildung  eines  serumhaltigen  Bindegewebsnetzes, 
eine  Art  Wasserkanal  im  Centrum  bildet  (centrale  Erwei- 
chung). 

Die  ursächlichen  Momente  sind  wie  bei  Meningitis  spi- 
nalis.  Oft  tritt  die  Entzündung  ohne  naöhweisbare  Ursache 
auf;  der  Verlauf  ist  akut  oder  häufiger  chronisch. 

Abbüdungen:  Craveilhier  Livr.  3.  PI.  6.  Livr.  32.  PI.  1.    Al> 
bers  I.  T.  28.    Carswell  Fase.  8.  PI.  1.  Fase  10.  PL  4. 

Krweichttngr.    Verliärtiuiff« 

Erweichung  ist  Folge  Ton  Entzündung  oder  serö- 
ser Infiltration  (Oedem)  des  Brückenmarks  bei  Meningitis, 
eines  Wasserergusses  zwischen  die  Häute  oder  um  Neubil- 
dungen, Entzündungs-  und  Blutherde.  Anderartige  Erwei- 
chungen werden  wohl  hie  und  da  als  Leichenbefunde  an^ 
geführt,  sind  aber  ihrem  Wesen  nach  noch  unklar. 

Verhärtung  des  ganzen  Bückenmarks  findet  sich 
bei  Atrophia  senilis  und  Atrophie  des  früheren  Alters, 
Verhärtung  einzelner  Stellen  nach  Entzündungen  und  Blu- 
tungen. 

Wuttden.    Krscliiitteriiiii^. 

Wunden  durch  scharfe  Instrumente  können  heilen  und 
die  Function  des  Rückenmarks  kann  dann  völlig  wiederkeh- 
ren.   Quetschung  und  Zerreissung  diurch  gebrochene  oder 


891 

luxirte  Wirbel  hat  raschen  Tod  oder  EntsÜndung,  Blutung 
und  späteren  Tod  xur  Folge.  Erschattening  durch  heftigen 
Stoss  oder  Fall  bewirkt  Blnterguss  zwischen  Knochen  und 
thtra  mater  und  in  die  Arachnoidalhöhle,  Entsündung  der 
betroffenen  Stelle. 

ÜeuliiMungvii«    Paraalieit. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  nach 
Organisation  entxiindlidier  Exsudate. 

Ein  Sarcom  von  Taubeneigrösse  im  Ceryicaltheile 
kam  mir  zur  Beobachtung. 

Einen  Krebsknoten(Medullarkrebs)  sah  Bokitans-». 
ky;  Olliyier  fährt  mehrere  Fälle  von  Markschwamm  und 
Gallertkrebs  im  Räckenmark  nach  fremden  Beobaditun- 
gen  an. 

Tuberkel  finden  sich  neben  Tuberkeln  in  anderen 
Organen  im  Rückenmark  selten.  Sie  haben  ihren  Sitz  meist 
im  Halstheile,  sind  von  sehr  Terschiedener  Grösse  und  ha« 
ben,  wie  die  übrigen  NeubUtungen,  Entzündung  oder  Oedem 
im  Umkreis  zur  Folge. 

Cysticercus  wurde  einige  Male  im  RUckenmarke 
gefunden. 

III.     Nerven. 

Blldiiiiinifeliler» 

Mangel  einzelner  Nerven  kommt  fast  nie  isolirt  vor, 
sondern  gleichzeitig  mit  Mangel  oder  Yerktinunerung  der 
Theile^  welchen  er  angehören  sollte.  Die  Nerven  atropbi* 
scher  Glieder  sind  dünn. 

Fehlerhafter  Ursprung  einzelner  Nerven  im  Hirn  imd 
Rückenmark  kommt  nur  bei  Bildungsfehlem  der  letzteren 
vor.  Variationen  in  der  Tertheilung  und  dem  Verlaufe  der 
Nerven  sind  nicht  selten;  ebenso  Schwankungen  der  Didce 
der  Nerven  und  Ganglien. 


392 

Hypertropliie«    Atropliie. 

Hypertrophie  bemerkt  man  an  Nerven  hypertro- 
phischer Organe  oder  an  Nerven ,  welchei  über  Geschwülste 
Terlaufend,  durch  diese  aUmälig  gehoben  werden,  oder  nach 
dironischer  Entzündung  des  sie  umgebenden  Zellgewebes. 
Die  Hypertrophie  beruht  auf  einer  Vermehrung  der  allge- 
meinen Zellhülle  der  Nerven  und  deren  Fortsetzung  zwi- 
schen die  Nervenbünde  1;  Vermehrung  der  Nervenfasern  oder 
Verdickung  derselben  ist  nicht  nachgewiesen.  Der  Umfang 
der  Nerven  kann  um  das  Doppelte  und  Dreifache  vermehrt 
werden.    Functionsstörungen  erfolgen  nicht. 

Vergrösserung  der  Ganglien  hat  man  hie  und  da  ge- 
sehen. 

Hypertrophie  aller  Nerven  sah  man  in  einzelnen  Fällen 
in  den  Leichen  Blödsinniger. 

Atrophie  der  Nerven  wird  bewirkt:  durch  anhalten- 
den  Druck  oder  Zerrung  derselben,  durch  Entzündung  und 
Neubildungen  in  ihrem  Gewebe,  durch  Atrophie  und  Schwund 
der  Theile,  zu  welchen  sie  fiAren  oder  der  Centraltheile, 
von  welchen  sie  abgehen,  durch  gewaltsame  Trennung  eines 
Nerven  von  seinem  Centrum  oder  centralen  Theile.  Ausser 
einfachem  Schwinden  der  Nervensubstanz  bemerkt  man  zu- 
weilen Entfärbung  derselben  in's  Gelbliche,  Verhärtung  oder 
Erweichung. 

Hyperämie. 

Venöse  Hyperämie,  als  blaurothe  BamifikaAionen  um 
die  Nerven  und  in  ihrer  Substanz,  ist  häufig  als  Leichen- 
erscheinung in  Nerven  tief  gelegener  Theile;  nicht  selten 
sieht  man  auch  Ecchymosen  und  blaue  Färbung  der  Nerven 
unter  denselben  Verhältnissen. 

Die  Bedeutung  der  Hyperämieen  und  kleinen  Extrava- 
sale ,  welche  man  im  Typhus ,  bei  Cholera  und  Cl\oleratyphus 
fand,  ist  völlig  unklar. 


393 

£iatzlbiiliin|p. 

Die  NervenentzünduDg  beschränkt  sich  entweder  auf 
die  Zellhülle  oder  geht  mehr  in  die  Tiefe  durch  die  ganien 
Nerven.  Die  Zellhülle  und  fast  immer  das  umgebende  Zell- 
gewebe und  die  nächst  liegenden  Theile  zeigen  entwickelte 
Injection  und  kleine  Ecchymosen,  das  Innere  der  Nerven 
ist  geröthet,  der  Nerv  erweicht,  leicht  zu  zerfasern;  das 
Exsudat  ist  entweder  nur  in  die  Zellhülle  und  ihre  Umge- 
bung oder  zwischen  die  Nervensubstanz  selbst  ergossen ,  es 
ist  bald  serös ^  bald  reich  an  Faserstoff;  der  Nerv  ist  mehr 
oder  weniger  geschwollen  und  je  nach  der  Masse  des  Ex- 
sudates erweicht  und  seine  Fasern  zerfallen. 

Das  Exsudat  orgauisirt,  wenn  es  nicht  resorbirt  wird, 
zuweilen  zu  Bindegewebe,  welches  insbesondere  die  Zell- 
hülle massenhaft  verdickt,  aber  sich  auch  zwischen  den  Ner- 
venfasern bildet  und  mit  Schvnmd  derselben  begleitet  ist. 
Zuweilen  organisirt  es  zu  Eiter,  der  Nerv  zerfällt  dann 
meist  zu  einer  breiigen  Masse  und  geht  zu  Grunde.  Die 
Nervenfaser^  zerfallen  entweder  unmittelbar  in  kleine  Frag- 
mente oder  sie  gehen  die  Fettmetamorphose  ein,  stellen  sich 
als  mit  Fett  gefällte  Röhren  dar  und  zerfallen  später. 

Die  Entzündung  ist  bedingt:  durch  Verwundung  der 
Nerven,  durch  Entzündung  der  benachbarten  Theile,  durch 
Erksdtungen. 

Nach  völliger  Durchschneidung  der  Nerven  kann  eine 
Wiedervereinigung  derselben  durch  neugebildete  Nervensub- 
stanz eintreten;  eine  meist  leichte  Entzündung  liefert  ein 
Exsudat,  welches  zwischen  den  Nervenenden  das  Blastem 
für  die  neuzubildenden  Nervenfasern  giebt.  Nach  Amputa- 
tionen folgt  meist  leichte  Entzündung,  die  Enden  der  durch- 
schnittenen Nerven  schwinden  und  verschmelzen  mit  dem 
Narbengewebe  oder  schwellen  kolbig  an  durch  Neubildung 
von  Bindegewebe. 

In  Leichen    von    an   Tetanus  trauwalicm  Gestorbenen 


394 

fand  man  nicht  selten,  ausser  Entzündung  der  Nerven  an 
der  Wunde,  Injection  der  NerrenhfUIe  und  Substans,  die 
nUtk  an  mehreren  Stellen  im  Verlaufe  der  Nerven  bis  zum 
Bückenmark  wiederholte. 

FettmetoMorphoflre 

der  Nerven  findet  sich,  ausser  in  entzündeten,  gequetschten, 
durch  Geschwülste  gedrückten  und  gezerrten  Nerven,  in 
solchen,  deren  centrale  Endigung  im  Gehirn  oder  Rücken-* 
mark  zerstört  ist.  Die  Nervenfasern  zerfallen  in  kleine 
Fettkfigelchen ,  welche  wieder  zu  grösseren  Tropfen  zusam- 
menfliessen.  Nach  Resorption  des  Fettes  schwinden  die 
Nerven. 

Patlioloslflclie  Heubilduiiyeii. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  als  Nar- 
bensubstanz nach  Entzündung  in  und  um  den  Nerven,  als 
Grundlage  des  sogenannten  Neuroms.  Unter  Neurom 
versteht  man  eine  kleinere  oder  grössere,  längliche,  harte 
Geschwulst  der  Nerven;  dieselbe  wird  bedingt:  a)  durch 
Neubildung  von  Bindegewebe  in  der  Zellscheide  und  ihren 
Fortsetzungen  zwischen  die  Fasern,  wodurch  der  Nerv 
gleichförmig  verdickt  wifd;  b)  durch  Bildung  einer  längli- 
chen, fibrösen  Geschwulst,  welche,  meist  in  der  ZeUscheide 
lagernd,  den  Nerven  platt  drückt,  selten  ganz  zum  Schwin- 
den bringt ;  die  Geschwulst  hat  alle  Eigenschaften  eines  Fi- 
broides,  ihre  Grösse  wechselt  von  der  einer  Erbse  bis  zu 
der  einer  Faust.  Die  kleineren  werden  als  TiAercuIa  do^ 
larosa  aufgeführt. 

Die  Neurome  kommen  einzeln  oder  in  grösserer  An- 
zahl vor,  finden  sich  meist  an  den  Spinalnerven,  seltener 
an  den  Ganglien  des  Sympathicus  und  den  Hirnnerven. 

Abbild.:  Cm  v  eil  hier  Livr.  1.  PI.  3.  Livr.  35.  PI.  2. 


395 

Goncremente  sind  in  den  Nervenscheiden  in  ein- 
zelnen FSIlen  beobachtet  worden. 

Krebs  entwickelt  sieh  sdbstsländig  selten  in  den  Ner- 
ven y  häufiger  geht  er  von  benachbarten  Organen  auf  sie 
über;  es  ist  meist  Marksehwamm^  der  circumscripte  6e- 
schwfilste  bildet,  in  welchen  der  Nerv  TöUig  untergegan- 
gen ist. 


$ 


Pathologteche  Anatomie  der  Harnorgane. 

1.    Die  Nieren. 

Blldungfl-  miil  Grössieverändeninffen. 

Als  Bildangsfehler  Bind  zu  bemerken:  Mangel 
einer  Niere;  die  vorhandene  ist  zuweilen  vergrössert  Ver- 
schmelzung beider  Nieren  zu  einer  einzigen^  mit  nach 
yom  liegendem  Hylüs,  1  oder  2  Becken  und  Ureteren;  dmi 
ersten  Anfang  dieses  Zustandes  stellt  die  Yerschmelzung 
der  unteren  Enden  dar  (Hufeisenniere);  die  verwachsenen 
Nieren  liegen  meist  in  der  Mittellinie  am  Promontorium« 
Tiefere  Lage  einer  Niere,  z.  B.  am  Kreuzbein.  Angebo- 
rene Kleinheit  der  Nieren.  Bundliche,  cylutdrische, 
eckige,  gdappte  Gestalt  der  Nieren.  Grosse  Beweglidi- 
keit  der  rechten  Niere,  Dialocation  derselben  in  die  Nabel- 
gegend. 

AbbiM. :  Rayer^  Atlas  dea  mal.  de«  reins  T.  38^  39. 

Wahre  Hypertrophie  ist  selten  als  Tergrössenu^ 
der  einen  Niere  bei  Verödung  der  anderen ;  ausserdem  wer- 
den die  Nieren  durch  Hyperämie,  Exsudate  und  Neubildun- 
gen vergrössert. 

Wahre  primäre  Atrophie  ist  ebenfalls  selten  und  fin- 
det sich  im  hohen  Alter;  sekundäre  Atrophie  ist  Folge  von 
Entzündung,  Hämorrhagie  der  Niere,  Druck  von  Aussen. 

Hyperämie.    HftmonbAffie. 

Hyperämie  der  Nieren  ist  kenntlich  an  dem  injicir- 
ten  Venennetz  auf  der  Oberfläche,  der  dunklen,  blaurotben 


397 

Färbung  der  Schnittfläche ,  insbesondere  der  Pyramiden ,  der 
(geringen)  Anschwellung  der  Niere.  Sie  findet  sich  bei 
Herz-  und  Lungenleiden ^  welche  den  Abfluss  des  Unter- 
hohkenenblutes  hindern,  nach  Genuss  reizender  Diuretica, 
bei  Paraplegie,  Typhus ,  Scorbut  und  anderen  akuten  un^ 
chronischen  Krankheiten.  Der  Urin  ist  unyerändert,  oder 
evweisshaltig  oder  durch  Blut  gefärbt. 

Hämorrhagie  ist  gewöhnlich  die  Folge  der  Hyper« 
ämie,  findet  sich  häufig  in  Gestalt  kleiner  Ecchymosen,  die 
man  in  der  Leiche  als  kleine,  blaurothe  oder,  wenn  Pig- 
mentbildung  eingetreten  ist,  rostfarbige  oder  schwarze  Flek- 
ken  sieht.  Seltener  sind  grössere  Extravasate  mit  Zertnim- 
merung  der  Nierensubstanz.  Das  Extravasat  kann  yer- 
schrumpfen  oder  eine  gelb  oder  roth  pigmentirte  Narbe  hin* 
terlassen  oder  zu  einer  serösen  Cyste  werden. 

Anämie  kommt  bei  allgemeiner  Anämie  und  bei  Druck 
auf  die  Niere  vor. 

Es  sind  zu  unterscheiden:  1)  Entzündung  der  ganzen 
Nieren  mit  gleichmässiger  Exsudation,  welche  vorwiegend 
in  die  Höhle  der  Hamkanälchen  stattfindet,  diffuse  Ne- 
phritis, Nephritis  albmninosa;  2)  Entzündung  der  gan- 
zen Niere,  bei  welcher  die  Exsudation  und  die  weiteren 
Veränderungen  vorwiegend  an  circumscripten  Stellen  statt» 
finden  und  die  Gewebselemente  der  Niere  in  gleicher  Weise 
betheiligt  sind,  partielle  Nephritis,  NepkriÜi timplex; 
3)  Entzündung  circumscripter  Stellen,  zwischen  welchen  das 
Nierengewebe  normal  ist,  metastatische  Nephritis. 

1)  Die  akute  diffuse  Nephritis  ist  durch  fol- 
gende anatomische  Veränderungen  charakterisirt :  Die  Niere 
ist  vergrössert,  die  Oberfläche  injicirt;  ihre  Gonsistenz  ist 
vermehrt  oder  bisweilen  vermindert;  auf  der  Schnittfläche 
erscheint  die  Nieiensubstanz  turgesdrend,  pulpös,  kömig 


398 

oder  zottig,  dunkel  gefärbt,  mit  zahlreichen  injicirten  Flek- 
ken  und  kleinen  Ecchymosen  durchsetzt;  es  quillt  ein  rah* 
miger,  gerötheter  Saft  hervor.  Diese  Veränderungen  (Hy- 
perSmie,  fibrinöses  Exsudat  in  die  Hamkanälchen  und  zu- 
weilen y  aber  in  sehr  geringer  Menge  auch  in  das  Zwischen- 
gewebe) treten  entweder  blos  an  der  Rindensubsfanz  her- 
vor, oder  weniger  häufig  auch  an  den  Pyramiden,  weldie 
ebenfalls  injicirt  und  mit  einem  graurothen  Safte  infiltrirt 
sind.  Die  Schleimhaut  des  Nierenbeckens  und  der  Kelche 
ist  ebenfalls  injicirt,  gelockert  und  mit  Sekret  bedeckt.  Zu- 
weilen sind  auch  die  Kapsel  der  Niere  oder  auch  die  Zell-« 
hülle  entzündet,  durch  Injection  blauroth  gefärbt  und  durch 
seröses  oder  festes  Exsudat  verdickt.  In  den  Venen-  und 
Arterienstämmen  bilden  sich  zuweilen  feste  Gerinnsel.  Der 
Urin  ist  sparsam,  trübe,  blutig  gefärbt,  eiweisshaltig  und 
enthält  Blutkörperchen,  abgestossene  Nierenepithelien  und 
cylinderförmige ,   faserstoffige  Exsudate  aus  den  Hamkanäl-< 

chen.    (Taf.  4.  Fig.  38.) 

AVbMr.  CruTeilhier  Livr.  1.  PI.  5.  Livr.  36.  PI.  5. 

In  manchen  Fällen  tödtet  die  Entzündung  beider  Nie- 
ren rasch  unter  typhösen  Erscheinungen ,  in  anderen  Fällen 
tritt  nach  Entleerung  und  Resorption  der  Exsudate  Heilung 
ein,  oft  folgt,  bedingt  durch  anderweitige  Vorgänge,  Atro-« 
phie  der  Niere  und  durch  diese  später  der  Tod,  sdir  sel- 
ten ist  Eiterbildung. 

Während  oder  nach  Beendigung  der  Exsudation  tritt 
meist  Fettmetamor pfaose  der  Epithelialzellen  der  Ham- 
kanälchen und  des  amorphen  Exsudates  ein.  Die  Niere  er- 
scheint geschwollen ,  ihre  Substanz  ist  heller ,  gelblich  ge- 
worden ^  auf  der  Oberfläche  und  Schnittfläche-  sieht  man 
noch  Injectionen;  die  Bindensubstanz  und  die  Basis  der 
Pyramiden  leiden  vorwiegend,  sind  gelb,  speckig,  bdd  fest, 
bald  weidier  durch  einen  r^dwiartigen  Saft.  (Zahlreiche  Fetfc- 
kügelchen  in  den  Zdlen  der  HamkiudUeh^,  im  amw^^ 


399 

phen  Exsudate  in  und  ausserhalb  der  Kan'älchen.)  Der 
Urin  ist  heller,  sparsam  oder  reichlicher,  eiweisshaltig,  ent- 
hält noch  Fibrincylinder,  Nierenepithelien  mit  und  ohne  Fett- 
kügeichen,  Komchenzellen.  Die  Zeit  des  Eintritts  dieser 
Metamorphose  des  Exsudates  ist  yerschieden;  man  fand  sie 
schon  wenige  Tage  nach  dem  ersten  Auftreten  der  Nephri- 
tis und  nannte  deshalb  den  Zustand :  akute  Fettniere ;  meist 
tritt  sie  erst  später  ein ,  zuweilen  auch  nicht  in  der  ganzen 
Niere,  sondern  nur  an  einzelnen  SteUen. 

Auf  die  Fettmetamorphose  folgt  Resorption  der  Fett- 
kömchen  mit  Schwund  des  Nierengewebes  an  ein- 
zelnen Stellen.  In  diesem  Zustande  ist  die  Niere  anfangs 
Tom  gewöhnlichen  Umfange  oder  kleiner,  ihre  Oberfläche 
ist  gelblich-grau  und  noch  mit  Grefassramifikationen  tiberzo- 
gen, glatt  oder  meist  körnig,  die  Körner  sigd  hirsekom- 
gross,  gelb,  weich,  gleichmässig  auf  der  Oberfläche  yer- 
theilt  oder  blos  an  einzelnen  entwickelt;  auf  dem  Durch- 
schnitte der  Niere  sieht  man  die  Bindensubstanz  und  meist 
die  Basis  der  Pyramiden  gelblich -grau  gefärbt,  mit  Granu- 
lationen durchsetzt:  die  Rindensubstanz  ist  yerkleinert.  In 
höheren  Graden  ist  die  Atrophie  der  Niere  noch  mehr  yor- 
wiegend ,  der  Umfang  der  Niere  um  das  Doppelte  und  Drei- 
fache Termindert,  die  Granulationen  treten  mehr  herror,  das 
Gewebe  ist  fester,  nur  die  Pyramiden  zeigen  noch  normale 
Nierensubstanz.  Die  Granulationen  bestehen  entweder  aun 
stark  erweiterten,  mit  emulsiyer  Masse  gefüllten  Hamkanil- 
chen,  oder  aus  einer  amorphen,  reichlich  mit  Fettkügel- 
chen  yersdienen  und  von  faserartigen  Falten  durchzogenen 
Masse,  wie  sie  nach  Obliteration  der  Hamkanälchen  und 
Malpighi*8chen  Körper  zuräckbieibt.  Die  festere  Zwisdbien- 
snbstanz  besteht  meist  aus  geschrumpftem,  atrophischem 
Nierengewebe,  seltener  aus  contrahirtem  neugebildetem  BiiH 
degewebe.  Zuweilen  fehlen  die  Kömer,  die  Substanz  ist 
speckig  und  zeigt  unter  dem  Mikroskope  dieselbe  Vei^nr 


392 

Hypertropltie.    Atroplile. 

Hypertrophie  bemerkt  man  an  Nerven  hypertro- 
phischer Organe  oder  an  Nerven ,  welche,  über  Geschwülste 
Terlaufend,  durch  diese  allmälig  gehoben  werden ,  oder  nach 
chronischer  Entzündung  des  sie  umgebenden  Zellgewebes. 
Die  Hypertrophie  beruht  auf  einer  Vermehrung  der  allge- 
meinen Zellhülle  der  Nerven  und  deren  Fortsetzung  zwi- 
schen die  Nervenbünde  1;  Vermehrung  der  Nervenfasern  oder 
Verdickung  derselben  ist  nicht  nachgewiesen.  Der  Umfang 
der  Nerven  kann  um  das  Doppelte  und  Dreifache  vermehrt 
werden.    Functionsstörungen  erfolgen  nicht. 

Vergrösserung  der  Ganglien  hat  man  hie  und  da  ge- 
sehen. 

Hypertrophie  aller  Nerven  sah  man  in  einzelnen  Fällen 
in  den  Leichen  Blödsinniger. 

Atrophie  der  Nerven  wird  bewirkt:  durch  anhalten- 
den  Druck  oder  Zerrung  derselben,  durch  Entzündung  und 
Neubildungen  in  ihrem  Gewebe,  durch  Atrophie  und  Schwund 
der  Theile,  zu  welchen  sie  fiAren  oder  der  Centraltheile, 
von  welchen  sie  abgehen,  durch  gewaltsame  Trennung  eines 
Nerven  von  seinem  Centrum  oder  centralen  Theile.  Ausser 
einfachem  Schwinden  der  Nervensubstanz  bemerkt  man  zu- 
weilen Entfärbung  derselben  in's  Gelbliche,  Verhärtung  oder 
Erweichung. 

Hyperämie. 

Venöse  Hyperämie,  als  blaurothe  Jäamifika(ionen  um 
die  Nerven  und  in  ihrer  Substanz,  ist  häufig  als  Leichen- 
erscheinung in  Nerven  tief  gelegener  Theile;  nicht  selten 
sieht  man  auch  Ecchymosen  und  blaue  Färbung  der  Nerven 
unter  denselben  Verhältnissen. 

Die  Bedeutung  der  Hyperämieen  und  kleinen  Extrava- 
sale ,  welche  man  im  Typhus ,  bei  Cholera  und  Cl\oleratyphus 
fand,  ist  völlig  unklar. 


393 

Die  NervenentzünduBg  beschränkt  sich  entweder  auf 
die  Zellhülle  oder  geht  mehr  in  die  Tiefe  durch  die  ganzen 
Nerven.  Die  Zellhülle  und  fast  immer  das  umgebende  Zell- 
gewebe und  die  nächst  liegenden  Theile  zeigen  entwickelte 
Injection  und  kleine  Ecchymosen^  das  Innere  der  Nerven 
ist  geröthet ,  der  Nerv  erweicht ,  leicht  zu  zerfasern ;  das 
Exsudat  ist  entweder  nur  in  die  Zellhülle  und  ihre  Umge- 
bung oder  zwischen  die  Nenrensubstanz  selbst  ergossen^  es 
ist  bald  serös,  bald  reich  an  Faserstoff;  der  Nerv  ist  mehr 
oder  weniger  geschwollen  und  je  nach  der  Masse  des  Ex- 
sudates erweicht  und  seine  Fasern  zerfallen. 

Das  Exsudat  orgauisirt,  wenn  es  nicht  resorbirt  wird, 
zuweilen  zu  Bindegewebe,  welches  insbesondere  die  Zell- 
hülle massenhaft  verdickt,  aber  sich  auch  zwischen  den  Ner- 
venfasern bildet  und  mit  Schwund  derselben  begleitet  ist. 
Zuweilen  organisirt  es  zu  Eiter,  der  Nerv  zerfallt  dann 
meist  zu  einer  breiigen  Masse  und  geht  zu  Grunde.  Die 
Nervenfaser^  zerfallen  entweder  unmittelbar  in  kleine  Frag- 
mente oder  sie  gehen  die  Fettmetamorphose  ein,  stellen  sich 
als  mit  Fett  gefüllte  Röhren  dar  und  zerfaUen  später. 

Die  Entzündung  ist  bedingt:  durch  Verwundung  der 
Nerven,  durch  Entzündung  der  benachbarten  Theile,  durch 
Erkältungen. 

Nach  völliger  Durchschneidung  der  Nerven  kann  eine 
Wiedervereinigung  derselben  durch  neugebildete  Nervensub- 
stanz eintreten;  eine  meist  leichte  Entzündung  liefert  ein 
Exsudat,  welches  zwischen  den  Nervenenden  das  Blastem 
für  die  neuzubildenden  Nervenfasern  giebt.  Nach  Amputa- 
tionen folgt  meist  leichte  Entzündung,  die  Enden  der  durch- 
schnittenen Nerven  schwinden  und  verschmelzen  mit  dem 
Narbengewebe  oder  schwellen  kolbig  an  durch  Neubildung 
von  Bindegewebe. 

In  Leichen    von    an   Tetanus  trauwalicus  Gcüitorbenen 


401 

Harnkanälchen)  längere  Zeit  unverändert,  oder  verschrum- 
pfen zu  einer  farblosen  oder  pigmentirten  Narbe,  oder  ge- 
hen in  Eiterherde  über  (s.  oben).  Die  übrige  Nierensub- 
stanz ist  hyperä misch  oder  unverändert.  Die  Gestalt  der 
bifarcte  ist  meist  keilförmig,  die  Basis  nach  Aussen  (Fibrin- 
keile). 

An  die  beschriebenen ,  durch  Entzündung  bedingten 
Veränderungen  reihen  sich  noch  einige  Degenerationen 
der  Niere,  welche  vielleicht  ebenfalls  auf  den  entzündli- 
chen Process  zurückzuführen  sind: 

1)  Fettniere.  Ausser  im  Verlauf  der  akuten  oder 
chronischen  difTusen  Nephritis  kommt  nicht  selten  Fettdege- 
neration der  Niere  vor,  welche  sich  von  der  oben  beschrie- 
benen durch  den  Mangel  von  Hyperämie  und  Eiweiss-  oder 
Fibrinexsudation  unterscheidet.  Sie  findet  sich  meist  bei 
Tuberkulösen  neben  Fettleber,  beginnt  in  Form  kleiner  gel- 
ber Flecken,  welche  sich  allmälig  über  die  ganze  Niere  ver- 
breiten, so  dass  dieselbe  blass  gelblich  gefärbt  wird;  auch 
die  Pyramiden  erblassen  sehr  bald.  Der  Vorgang  besteht 
in  Fettmetamorphose  der  Epithelien  der  Harnkanälchen.  Ob 
auch  hier  allmälig  Atrophie  der  ganzen  Niere  eintreten  kann, 
muss  ich  noch  ungewiss  lassen,  wohl  aber  sah  ich  nicht 
selten  an  solchen  Niesen  partielle  Atrophie  und  narbenartige 
Einziehung. 

2)  Speckniere.  Bei  Krankheiten,  welche  eine  Be- 
hinderung des  Bückflusses  des  Venenblutes  nach  dem  rech- 
ten Herzen  und  dadurch  chronische  Hyperämie  der  Niere 
bedingen,  oder  welche  Kachexie  zur  Folge  haben,  finden 
sich  die  Nieren  zuweilen  fest,  mit  glänzender  Schnittfläche, 
die  Rindensubstanz  in  verschiedenen  Graden  vom  kaum 
merklichen  bis  zu  fahlgelber  Farbe  entfärbt,  daneben  zu- 
weilen hie  und  da  hirsekorn-  bis  erbsengrosse,  gelbe,  sehr 
harte  oder  eiterartige,  weiche  Stellen.  Diese  Veränderung 
ist  bedingt  bald  durch  Vergrösserung  der  Epithelien  unter 


405 

Yennebruiig  des  molecularen  Inhalts  allein  ^  bald  durch 
gleichzeitige  Yennebrung  der  Menge  der  Epithdien  der  Harn-*' 
kanälchen ; .  im  ersten  Falle  findet  man  die  Hamkanälchen 
stark  erweitert  und  durch  die  dunkle  Molecularmasse  in  den 
Zellen  scheinbar  ganz  angefüllt,  im  zweiten  Falle  findet  man 
die  Hamkanälchen  weit  und  mit  atrophischen,  yerschrumpf- 
.ten  Zellen  in  ungeordneten  Massen  strotzend  gefällt.  Die 
oben  genannten  harten  Knötchen  sind  bedingt  durch  par- 
tielle Hypertrophie  des  interstitiellen  Bindegewebes  und  Zel* 
lenvermehrung ,  die  weichen,  aus  rahmiger  Flüssigkeit  be- 
stehenden, durch  massenhafte  Zellenbildung  in  den  Ham^ 
kanälchen. 

Zuweilen  sind  diese  Nieren  aussergewöhnlich  hart  und 
schwer  zu  durchschneiden,  dann  findet  man  stets  allgemeine 
Hypertrophie  des  interstitiellen  Bindegewebes.  Nicht  selten 
tritt  in  den  Epithelien  partiell  oder  allgemein  Fettdegenera- 
tion ein.  Auch  bei  dieser  Veränderung  fehlt  es  mir  an  hin- 
reichenden Beobachtungen,  um  darüber  entscheiden  zu  kön- 
nen, ob  endlich  Zerfall  der  Zellen  und  Atrophie  der  Niere 
daraus  hervorgeht;  die  Urinmenge  wird  nicht  yermindert,  er 
ist  nicht  eiweisshaltig  und  die  bei  solchen  Kranken  vorkom- 
menden hydropischen  Erscheinungen  kommen  auch  vor  bei 
gesupden  Nieren. 

Patholoipiiehe  ureabilduni^eii« 

Neubildung  von  Bindegewebe  bei  Nephritis  und* 
Speckniere. 

Neubildung  von  Fett  findet  sich:.  1)  als  Fettmeta- 
morphose der  Epithelien  der  Hamkan^Jchen  bei  Nephritis 
und  Fettniere ;  2)  als  Fettmetamorphose ,  Atrophie  und  Anär- 
mie  der  Niere  bei  massenhafter  Hypertrophie  des  die  Niere 
umhüllenden  Fettgewebes,  welches  von  allen  Seiten,  insbe- 
sondere von  den  Kelchen  Uer  die  Nierensubstanz  verdrängt. 
Im  höchsten  Grade  erjölgt  völlige  Atrophie  der  Niere  mijt 


406 

Verödung    der    Harnwege;    3)  als   Fettmetamorphose   mit 
Schwund  der  Niere  bei  Hydronephrose  (s.  unten). 

Goncretionen  finden  sich  in  alten  Exsudaten,  In- 
farcten,  Abscessen.  In  den  Harnkanälchen  der  Pyramiden 
findet  sich  bei  Erwachsenen  zuweilen  kohlensaurer  und  phos- 
phorsaurer Kalk  angehäuft,  sogenannter  Ealkinfarct, 
kenntlich  an  einer  weisslich- gelblichen  Streif ung  der  Pyra- 
miden; die  Bedingungen  seiner  Entstehung  sind  unbekannt; 
bei  Säuglingen  sehr  häufig  hamsaures  Ammonium  oder  Na- 
tron, sogenannter  Harnisäureinfarct,  kenntlich  an  der 
gelbrothen  oder  hochrothen  Streifung  der  Pyramiden,  nahe 
an  den  Papillen.  Nach  V  i  r  c  h  o  w  ist  der  Infarct  bei  Neu- 
geborenen eine  Folge  der  massenhaften  Umsetzung  stick- 
stoffhaltiger Stoffe  gemäss  der  grossen  Umwälzungen  der 
Ernährung  nach  der  Geburt  und  daher  eine  physiologische 
Erscheinung;  beim  Fötus  ist  er  eine  pathologische  Erschei- 
nung und  bedingt  Stockung  des  Urinabgangs  und  Cysten- 
bildung.  Ausser  diesen  auf  die  Harnkanälchen  beschränk- 
ten Goncretionen  finden  sich  auch  grössere,  sogenannte 
Nierensteine,  die  sich  nach  Brodie  und  Froriep 
durch  Vergrösserung  der  ersteten  entwickeln  und  später  aus' 
den  Papillen,  nach  deren  partieller  Zerstörung,  in  die  Kel- 
che und  Becken  gelangen.  Die  Steine  bestehen  aus  Harn- 
oder Kalksalzen. 

Abbildung;:  Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  59. 

Seröse  Gysten  sind  in  den  Nieren  häufig.  Ganz 
gewöhnlich  sind  hirsekorn-  bis  erbsengrosse,  mit  hellem  Se- 
rum gefüllte  und  mit  einem  Epithelialüberzuge  versehene 
Gysten  in  der  Peripherie  der  Niere ;  die  grösseren  oder  eine 
grosse  Anzahl  derselben  sind  schon  seltener,  zuweilen  fin- 
det man  hühnereigi:osse  oder  Aggregate  von  kleineren  Cy- 
sten mit  Schwund  des  Nierengewebes.  In  einzelnen  Fällen 
ist  die  ganze  Niere  mit  Gysten  gefüllt  (Blasenniere  des  Fö- 
tus, der  Neugeborenen)  oder  in   denselben  untergegangen, 


407 

wodurch  beträciitliche  Vergrösserujbg  der  Niere  bedingt 
wird. 

Sie  finden  sich  im  Fötus,  bei  Kindern  und  Erwachse- 
nen; die  Bedingungen  ihrer  Entstehung  sind  yerschieden: 
1)  Verstopfung  der  Hamkanälchen  durch  Kalk;  oder  ham- 
saure  Salze ,  Exsudat  an  einer  Stelle ,  darauf  folgende  Stok- 
kung  des  Urins  j  Ausdehnung  der  Hamkanälchen  oder  einer 
Malpi^i'schen  Kapsel  und  allm'älig  Gystenbildung ;  die  kleui-^ 
sten  Cysten  bestehen  aus  einem  erweiterten  und  allmSlig  ab- 
geschnürten Hamkanälchen  9  die  grösseren  entstehen  durch 
Zusammenfliessen  der  kleineren ,  man  kann  an  einer  Niere 
alle  Stadien  von  den  kleinsten  mikroskopischen  bis  zu  den 
erbsen-  bis  taubeneigrossen  Cysten  Terfolgen.  In  einem 
Falle  fand  ich  die  Yergrösserüng  beider  Nieren  eines  Säug-^ 
lings  bedingt  durch  gleichmässige  Erweiterung  aller  Ham- 
kanälchen der  Niere  zu  makroskopischen  Schläuchen  ohne 
eigentliche  Cystenbildung;  2)  Umwandlung  eines  Extravasa- 
tes oder  Exsudates  durch  Yermittelung  von  Zellenbildung 
und  Zerfall  derselben  in  eine  seröse  Cyste;  3)  Neubildung 
aus  einem  gallertartigen  oder  serösen  Exsudate;  4)  CoUoid- 
metamorphose  der  Epithelien,  wodurch  das  interstitielle  Zell- 
gewebe zu  einem,  coUoidhaltige  Zellen  tragenden,  alveolaren 
Gerflst  mngewandeit  wird,  aus  welchem  sich  allmälig  ey- 
stenartige  Bäume  bilden. 

Der  Inhalt  der  Cysten  ist  meist  serös,  zuweilen  gal- 
lertartig, zuweilen  wird  er  dicker,  atheromasirt  oder  ver- 
kreidet. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Lirr.^.  PI. 6.    Carswell  Fase.  lOl. 
PI.  1.    Baillie  Fagc.  6.  PI.  7.    Rayer  T.  26,  27,  31. 

Krebs  ist  in  der  Niere  nicht  selten,  entwickelt  sich 
als  Markschwamm  zu  grossen  Geschwülsten ,  in  welchen  die 
Niere  gänzlich  untergeht  oder  sich  noch  in  einigen  Pyra- 
miden mit  den  Hamwegen  erhält.     Zuweäen  erstreckt  er 


408 

sich  auch  auf  die  benachbarten  Orgaue..  Seltener  erscheint 
der  Krebs  in  Form  kleiner ,  in  die  Niere  zerstreuter  Knoten. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  1.  PI.  4.  Livr.  18.  PI.  1.    Ray  er 
T.  45  —  49. 

Tuberkel  findet  man  in  den  Nieren  entweder  als 
kleine  graue  oder  gelbe,  in  Bindensubstanz  und  Pyramiden 
zerstreute  und  gruppirte  Knötchen  oder  als  Umwandlung 
eines  grossen  Theils  der  Substanz  in  eine  gelbe,  käsige, 
feste  Masse.  Diese  ausgebreitete  Entartung  geht  meist  von 
den  Kelchen  aus,  welche  zuerst  entarten,  worauf  die  Py- 
ramiden und  zuletzt  die  Bindensubstanz  ergriffen  werden. 
Findet  keine  Tuberkulose  der  Kelche  und  Harnwege  über- 
haupt statt,  so  kommen  Tuberkel  in  den  Nieren  nur  selten 
als  sparsame,  kleine  Miliartuberkel  vor. 

Abbildungen:  Rayer  T.  42  — 44. 

Parasiteiit 

Echinococcus  kommt  in  kleinen  oder  grösseren,  zu- 
weilen kindskopfgrossen  Blasen  vor,  welche  die  Nierensub- 
stanz verdrängen  und  ihren  Inhalt  zuweilen  in  die  Bauch- 
höhle, in  den  Dickdarm,  in  das  Becken  entleeren;  kleine 
Bläschen  gelangen  durch  die  Ureteren  in  die  Blase  und  durch 
die  Harnröhre  nach  Aussen. 

Abbildung:  Ray  er  Taf.  18  —  30. 

Cysticercus  ist  selten. 

Strongylus  gigas  ist  höchst  selten,  es  ist  ein  ^  — 
3'  langer,  2  —  6'''  dicker,  blutrother,  runder  Wurm  (Ne- 
matode), mit  abgestumpftem  Kopfe  und  geringeltem  Leibe. 
Er  findet  sich  in  der  Nierensubstanz  und  dem  die  Niere 
umgebenden  Zellgewebe  und  erregt  oft  Entzündung  und  Zer- 
störung der  Niere.  Die  Geschlechter  sind  getrennt;  seine 
Entwicklung  und  Einwanderung  sind  unbekaimt. 


409 

t 

2.    Das  Nierenbecken  und  die  Harnleiter. 

Bildungsfehler:  Mangel  bei*  Mangel  der  Niere, 
Blinde  Endigung  der  üreleren  in  der  Nähe  der  Blase  oder 
des  Beckens.  Bildung  zweier  Becken,  welche  in  zwei  Harn- 
leiter jnünden ,  die  gewöhnlich  yor  ihrer  Einmündung  in  die 
Blase  zusammenfliessen ;  die  Pyramiden  der  Niere  sind  ent- 
sprechend  den  beiden  Becken  gruppirt. 

Abbild. :  R  a  y  e  r  T.  40. 

Cirweiterun^ 

tritt  ein,  sobald  ein  Hindemiss  im  Abflüsse  des  Harns  ent- 
steht und  wird  durch  den  angesammelten  Urin  bewirkt. 
Dergleichen  Hindemisse  sind:  angeborene  blinde  Endigung 
der  Ureteren,  Verengung  derselben  durch  Texturverände- 
rungen, Verstopfung  durch  Steine,  Druck  von  Geschwül- 
sten, alle  Zustände,  welche  den  Abfluss  des  Urins  aus  der 
Harnblase  verhindern. 

Die  Erweiterung  der  Harnleiter  kann  sich  zu 
einem  holien  Grade  steigern,  so  dass  der  Durchmesser  ^  — 
i'^  beträgt;  sie  erscheinen  dann  geschlängelt  und  hie  und 
da  mit,  den  PHciß  »igmoideU  des  Darmes  entsprechenden, 
Einknickungen  versehen;  ihre  Wände  sind  normal  (also  re- 
lativ hypertrophisch)  oder  verdickt. 

Die  Erweiterung  des  Beckens  und  der  Kcl^- 
che,  resp.  der  in  ihnen  angehäufte  Urin,  bewirkt,  wenn 
sie  irgend  beträchtlich  wird,  Schwund  der  Nieren,  der  mit 
gänzlichem  Untergang  der  Nieren  endigen  kann.  Zunächst 
schwinden  die  Papillen  und  der  ganze  Hylus  wird  mit  den 
erweiterten  Kelchen  und  Becken  ausgefüllt,  später  wird  die 
Niere  platt  und  liegt  auf  dem  durch  die  Erweiterung  ent- 
standenen, mit*  Urin  gefüllten  Sacke  platt  auf;  in  diesem 
Zustande  ist  eine  Urinabsonderung  nicht  mehr  möglich,  aber 
die  Schleimhaut  der  Kelche  und  des  Beckens  sondert  grosse 


410 

Mengen  Schleim  und  später,  indem  sie  durch  die  Ausddi- 
nung  verändert  und  einer  serösen  Haut  ähnlich  geworden 
ist,  Serum  ab  und  dadurch  wächst  die  Erweiterung  endlich 
bis  zu  dem  Grade,  dass  die  Niere  zu  einem  unscheinbaren 
Blättchen  oder  ganz  schwindet,  während  die  erweiterten 
Kelche  und  Becken  einen  grossen  Sack  darstellen,  der  durch 
Scheidewände  in  unter  einander  communicirende  Fächer  ab- 
getheilt  ist,  oder  einer  cystenartigen  Blase  gleich  ist.  Den 
Inhalt  bildet  eine  trübe,  wässerige  oder  breiige,  seltener 
klare  seröse  Flvissigkeit  (Hydrops  renalis),  aus  welcher 
der  Urin  meist  geschwunden  ist  und  welche  durch  Exsudate 
oder  Hämorrhagieen  mannichfach  verändert  werden  kann. 

Abbildungen:  Cra?eilhier  Livr.  36.  PI.  3,  4.    Hope  Fig.  230. 
Baillie  Fase.  6.  PI.  5,  6.    Rayer  T.  21  —  25,  63. 

Hyperämie  f  Hämorrhagpfe 

finden  sich  neben  allen  Arten  der  Entzündung,  insbeson- 
dere  bei  chronischem  Katarrh,  bei  Hindernissen  im  Rück- 
flüsse des  Venenblutes  und  Purpura ,  Typhus ,  Cholera  u. 
s.  w.  Die  Hyperämie  ist  meist  yenös ,  die  Blutung  geht  in 
die  Schleimhaut  oder  in  die  Höhle  der  Hamwege,  worauf 
das  Blut  flüssig  mit  dem  Urin  abgeht  oder  coagulirt  und 
Verstopfung  des  Lumens  mit  ihren  Folgen  bedingen  kann. 


i)  Katarrhalische  Entzündung  des  Beckens 
(Pyelitis)  begleitet  stets  die  entzündlichen  Zustände  der 
Niere  und.  ist  ausserdem  meist  bedingt  durch  Hamconcretio- 
nen  oder  Harnsteine  im  Becken  oder  durch  den  B/ciz  lange 
im  Becken  stagnirenden  Harnes.  Die  Entzündung  ist  meist 
chronisch,  exacerbirt  sehr  leicht  und  wird  akut;  man  findet 
in  der  Kegel  das  Becken  erweitert,  gefüllt  mit  alkalischem 
Urin,  an  einer  Stelle  Concretionen  oder  einen  Stein;  die 
Schleimhaflt  ist  bedeckt  mit  Eiter,  durch  dunkele  Gefässra- 


411 

mificationen ,  Ecchymosen  und  schiefergraue  Flecken  gefärbt, 
weich,  in  der  Nähe  der  Concrelionen  oft  dunkelroth  und 
erweicht,  fehlend;  das  submucöse  Zellgewebe  ist  infiltrirt. 
Häufig  sind  kleine  Schleimhautgeschwüre,  Injection  und 
Verdickung  des  umgebenden  Zellgewebes.  Die  Niere,  nimmt 
an  der  Entzündung  zuweilen  Theil,  die  sich  bald  auf  die 
ganze  Niere  erstreckt,  bald  akut,  bald  chronisch  ist;  bei 
Anstauung  des  Urins  im  Becken  erfolgt  Atrophie  der  Niere. 

Leichtere  Grade  dieses  Katarrhs  heilen  nach  Entfernung 
der  Steine  u.  s.  w.;  höhere  Grade  führen  meist  zu  Verei- 
terung der  Wand  des  Nierenbeckens,  Harninfiltration  der 
Umgebung  und  ausgebreiteter  Eiter-  und  Jauchebildung  in 
dem  Zellgewebe  um  die  Nieren  {Perinephritis)  und  hinter 
dem  Bauchfelle  (Retroperitonealabscesse,  Senkungsabscesse 
in  den  Weichen),  auf  welche  Perforationen  des  Bauchfells, 
eines  Darmes,  des  Zwerchfells  u.  s.  w.  folgen  können. 

Selten  erfolgt  eine  Art  Heilung :  indem  die  Eiterbildung 
nicht  zur  Perforation  führt,  füllen  sich  Kelch  und  Becken 
allmälig  mit  Eiter  und  Hamsalzen,  die  Niere  schwindet  und 
der  Harnleiter  obliterirt  und  man  hat  dann  einen  mit  yer- 
kreidetem  Eiter  und  Hamsedimenten  inkrustirten  oder  ge- 
füllten Sack  vor  sich,  von  ähnlichem  Bau,  wie  der  oben 
bei  Erweiterung  beschriebene. 

Zuweilen  setzt  die  Entzündung,  besonders  in  der  näch- 
sten Umgebung  eines  Harnsteins,  Exsudate  in  die  Zell^ 
und  Faserhaut  des  Beckens,  welche  zu  Bindegewebe  orga- 
nisiren  und  daher  Verdickung  dieser  Häute  bewirken.  Spä- 
ter treten  oft  Concretionen  an  diesen  Stellen  auf  und  es 
erfolgt  eine  Art  Verknöcherung  des  Beckens  und  der  Harn- 
leiter. 

Die  Harnleiter  nehmen  an  der  Pyelitis  fast  immer  Theil, 
ihre  Entzündung  beschränkt  sich  in  der  Kegel  auf  Katarrh 
der  Schleimhaut,  mit  den  daraus  hervorgehenden  Verände- 
rungen.   Der  Urin  ist  bei  Pyelitis  alkalisch,  übelriechend. 


412 

trQb,    enthält  viel   Tripelphosphate ,    £iterzellen ,   zuweil^ 
Blut. 

Abbildung:  Rayer  T.  11  — 20. 

I 

2)  Croupöse  und  diphtheritische  Entzündung 
findet  sich  neben  der  katarrhalischen  oder  als  Theilerschei- 
nung  allgemein  verbreiteter  croupöser  und  diphtheritischer 
Exsudationen  bei  putrider  Infection,  Typhus,  Exanthemen 
u.  s.  w. 

Patlioloffisehe  UTeuliilduiii^eii. 

Cysten:  kleine,  unter  der  Schleimhaut  befindliche,  mit 
Serum  oder  Gallerte  gefüllte  Bälge. 

Concretionen  in  den  verdickten  Wänden  nach  Ent- 
zündung derselben.  Harnsedimente  in  Gestalt  von  Gries 
oder  grösseren  Steinen,  liegen  frei  oder  an  der  Wand  des 
Beckens,  gehen  mit  dem  Urin  ab,  werden  zuweilen  in  den 
Ureteren  eingekeilt  und  bewirken  daselbst  Entzündung,  Per- 
foration u.  s.  w.  wie  die  Steine  im  Becken. 

Krebs  pflanzt  sich  von  'Aussen  auf  die  Häute  fort, 
selten  wuchert  er  selbstständig  von  der  Schleimhaut  aus  ne- 
ben Krebs  in  der  Blase  oder  den  Nieren. 

Tuberkel  finden  sich  meist  in  Begleitung  von  Tu*- 
berkulose  der  Geschlechtstheile ,  insbesondere  der  Hoden, 
Samenbläschen,  Prostata;  die  Entartung  erstreckt  sich  auf 
die  Hamwege  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  oder  findet  sich 
vorzugsweise  im  Becken  und  den  Kelchen ,  von  welchen  sie 
meist  auf  die  Nieren  übergeht.  Man  findet  theils  kleine 
zerstreute  oder  gruppirte  Granulationen  in  der  Schleimhaut 
und  aus  ihrem  Zerfall  hervorgegangene  Geschwüre,  theils 
gleichmässige  Entartung  der  Schleimhaut  zu  einer  festen, 
gelben ,  käsigen ;  an  einzelnen  Stellen  erweichten  Masse. 

Abbildungen:  Rayer  T.  43,  41. 


413 

ä.    Die  Harnblase. 

Bilduni^sfehler. 

Mangel  sehr  selten  neben  mangelhafter  Entwickelung 
des  ganzen  Harnapparates. 

Abnorme  Kleinheit.  Theilung  der  Blase  durch  rudi- 
mentäre oder  vollständige  Scheidewände. 

Spaltungen.  1)  Die  Blase  ist  normal  gebildet ,  ihr 
Fundus  geht*  aber  in  einen  schlauchförmig  erweiterten  Ura- 
chus  über  und  mündet  offen  in  einer  Lücke  der  Bauch- 
wände, durch  welche  die  hintere  Wand  der  Blase  prolabi- 
ren  kann. 

2)  Es  fehlt  die  vordere  Blasenwand  nebst  der  entspre- 
chenden Bauchwand,  die  Symphyse,  und  zugleich  findet 
sich  Spaltung  der  Urethra.  Man  sieht  in  der  Gegend  des 
Schamberges  eine  rothe,  weiche  Geschwulst,  bestehend  aus 
der  hinteren  Wand  der  Blase ,  die  sich  nach  allen  Seiten  in 
die  Bauchwände  fortsetzt,  nach  unten  in  die  gespaltene 
Urethra  übergeht,  der  Urin  träufelt  aus  den  Mündungen  der 
Ureteren  und  fliesst  ab  (Ectrophia^  Inversio  vesicae 
urinariae).  Der  Penis  ist  dabei  unentwickelt,  die  obere 
Decke  der  Urethra  fehlt,  so  dass  dieselbe  nur  einen  Halb- 
kanal bildet ,  der  in  den  Halbkanal  der  Blase  übergeht  (Epi- 
spadiasis).  In  seltenen  Fällen  sind  die  Symphyse  .und 
die  Urethra  nicht  gespalten  und  nur  die  Blase  verändert. 
Beim  weiblichen  Geschlecht  findet  sich  diese  Missbildung 
in  entsprechender  Weise  seltener. 

Abbildangeli :  F  r  o  r  i  e  p ,  Chir.  Kpft.  T.  340,  341 .  A  m  m  o  n ,  Die 
angeb.  cbir.  Kkhten  T.  16,  17.  Vrolik,  Tab.  ad  ill.  embr.  T.  29-~32. 
Sandifort,  Mus.  anat.  T.  195. 

3)  Spaltungen  der  hinteren  Blasenwand  sind  selten,  sind 
auf  eine  kleine  Stelle  beschränkt,  yon  Spaltung  des  Scro- 
tums  und  der  Urethra  begleitet  oder  ausgedehnt  und  mit 
Spaltung  der  Geschlechtsorgane  und  des  Bectums  verbunden 
(iüoakbUdiuig). 


\ 


414 

Verengerung  des  Orificium  mit  Erweiterung 
der  Blase.  < 

Erweiterung^.    Terg^rdsseruni^, 

Die  Erweiterung  der  Harnblase  entwickelt  sich 
rasch  oder  langsam,  erreicht  zuweilen  einen  so  hohen  Grad, 
dass  die  Blase  den  Umfang  eines  Mannskopfes  und  mehr 
erhält.  Die  Erweiterung  wird  zunächst  bewirkt  durch  den 
in  der  Blase  angehäuften  Urin,  dessen  Abfluss  durch  Er- 
sdilafiFung,  Lähmung  der  Blasen  wand  oder  häufiger  durch 
Verengerungen  des  Orificium  behindert  wird.  Die  Wände 
der  erweiterten  Blase  sind  dünn  oder  normal  dick  oder  am 
häufigsten  verdickt ,  indem  die  Muskelbiindel  zu  dicken  Bal- 
ken anschwellen,  welche  eine  den  Trabekeln  der  Herzkam- 
mern ähnliches  Ansehen  bekommen.  Die  Schleimhaut  häu- 
fig katarrhalisch  entzündet;  nicht  selten  greift  diese  Ent- 
zündung weiter  und  endet  mit  Perforation  der  Blase  (s. 
unten). 

Zuweilen  sind  nur  einzelne  Theile  der  Blase  erweitert. 

Als  partielle  Erweiterung  sind  ausserdem  zu  betrachten 
die  Ausbuchtungen,  Divertikel,  der  Schleimhaut  zwischen 
den  Lücken  der  ein  grobes  Balkenwerk  bildenden,  hyper- 
trophischen Muskellagen  der  Blase,  durch  den  an  diesen 
Stellen  am  wenigsten  Widerstand  findenden  Druck  des  Urins. 
Diese  Divertikel  sind  anfangs  klein,  vergrössern  sich  all- 
mälig  und  können  endlich  faust-  und  kopfgrosse  Säcke 
darstellen,  welche  mit  der  Blasenhöhle  durch  eine  Spalte 
oder  rundliche  Oeflfnung  communiciren;  ihre  Wände  beste- 
hen aus  der  Schleimhaut,  Zellschicht  und  dem  Peritoneum, 
ihr  Inhalt  aus  Urin,  in  welchem  sich  zuweilen  Sedimente, 
Gries  und  Steine  bilden.  Zuweilen  findet  Entzündung  der 
Divertikel  statt. 

Eine  Verengerung  der  Blase  findet  statt  durch 
Contraction  oder  allmälige  Verdickung   der  Wände   durch 


415 


— ■*  »  v 


chronische  Eutzündung,  meist  bei  Auwesenheit  yf>n  Steinen 
in  der  Blase. 

Hypertrophie  der  Schleimhaut  findet  sich  bei 
Katarrh  derselben. 

Hypertrophie  der  Muskelhaut  bei  langwierigen 
Katarrhen,  Blasensteinen  und  Hindernissen  des  Urinabflus- 
ses im  Orificiiun;  die  Muskelbändel  bilden  ein  den  Herz- 
trabekeln nicht  unähnliches  Balkenwerk,  sie  sind  1— ^'^^ 
dick,  haben  ein  derbes,  fleischiges  Ansehen.  Die  Blase  ist 
meist  erweitert,  zuweilen  verengert. 

Abbildungen:  Cruveiihier  I4vr.  39.  PI.  2. 

Hypertrophie  aller  Häute,  als  Umwandlung  der- 
selben zu  dicken  fibrösen  Lagen,  findet  sich  nach  chroni- 
scher Entzündung  und  bei  Krebs  der  Schleimhaut. 

Atrophie  der  Blasenwände  ist' zuweilen  Folge  blei- 
bender Erweiterung,  die  Schleimhaut  wird  dünn,  einer  se- 
rösen Haut  ähnlich,  die  Muskeln  schwinden  fast  yöllig. 
Zerreissung  der  Wände  durch  übermässige  Ausdehnung  ist 
höchst  selten. 

Hyperämie*    Hamorrliafple« 

Abnorme  Blutfülle  der  kleineren  Yenen  der  Schleim-» 
haut  und  der  yenösen  Plexus  in  deren  Umgebung  mit  Er- 
weiterung derselben  ist  nicht  selten  bei  Hindernissen  im 
Abflüsse  des  Hohlyenenblutes  und  kommt  in  Begleitung  yon 
Erweiterung  der  Mastdarmyenen  (Hämorrhoiden)  unter  den- 
selben Yerfaäitnissen  yor  als  diese.  In  diesem  Falle  kommt 
es  auch  wohl  zu  Blutungen  in  die  Häute  und  Blasen» 
höhle;  ausserdem  yeranlasst  die  Hyperämie  Katarrh  dtf 
Schleimhaut  und  Hypertrophie  der  Wände. 

SSntsfindiuiy. 

1)  Katarrhalische  Entzündung  ist  meist  eine 
chronische  mit  akuten  Exacerbationen ,  zuweilen  eine  akute, 


416 

welche  bald  in  Heilung  oder  in  chronische  Entzündung  über- 
geht. Sie  ist  bedingt  durch  Verwundung,  den  Rei?  frem- 
der Körper,  Blasensteine,  angesammelten  und  zersetzten 
Urin  bei  Stenose  der  Urethra  oder  Lähmung  der  Blase, 
durch  Erkältungen,  Entzündung  benachbarter  Theile,  oder 
ist  Ton  der  der  Harnröhre  fortgesetzt. 

Bei  chronischer  Entzündung  ist  die  Blase  anfangs  klein, 
die  Häute  sind  verdickt,  insbesondere  ist  die  Schleimhaut 
angeschwollen,  schieferfarbig,  an  einzelnen  Stellen  injicirt, 
bedeckt  von  einer  grossen  Menge  gallertartigen  Schleims 
oder  Eiter,  welche  in  grossen  Klumpen  oder  seltener  im 
Urine  vertheilt  durch  die  Harnröhre  abgehen.  Dieser  Ka- 
tarrh dauert  oft  sehr  lauge,  geht  in  Heilung  über  oder  führt 
zu  weiteren  Veränderungen. 

Wahrscheinlich  durch  den  Reiz  des  zersetzten  Urins 
steigert  sich  zuweilen  die  Entzündung  der  Schleimhaut  und 
greift  auch  auf  die  anderen  Häute  über;  der  Contact  der 
entzündeten  und  nicht  mehr  durch  den  Schleim  gedeckten 
Theile  mit  dem  Urine  führt  raschen  Zerfall  der  Exsudate, 
Jauchebildung  und  Gangränescenz  herbei.  Man  findet  dann 
die  Blase  weit,  ihre  Häute  schlaff;  sie  ist  gefüllt  mit  einem 
höchst  übehriechenden ,  durch  Eiter  und  Blut  getrübten  Uri- 
ne; die  Schleimhaut  ist  an  vielen  Stellen  erweicht,  braun 
oder  schwarz,  zu  jauchenden  Fetzen  zerfallen  und  mit  Harn- 
Sedimenten  inkrustirt,  die  Muskelhaut  und  Zellhaut  ent- 
färbt, schlaff,  infiltrirt,  zwischen  ihnen  zuweilen  Eitergänge. 
Auch  dieser  Grad  kann  im  günstigen  Falle  heilen,  führt 
aber  oft  zum  Tode.  Die  Heilung  geschieht  unter  Bildung 
dicker  fibröser  Narben. 

Es  konnnt  femer  entweder  durch  Zerfall  der  Blasen- 
wände in  Eiter  und  Jauche  an  einer  Stelle  zur  Perforation 
und  zu  tödtlicher  Peritonitis;  oder  die  Entzündung  breitet 
sich  auf  Ureteren,  Nierenbecken  und  Nieren  aus. 

Zuweilen   tritt  in  Folge  der  Perforation  keine  allge«* 


117 

meine  Peritonitis  ein,  sondern  eine  circumscripte  und  eine 
Entzündung  des.  die  Blase  umgebenden,  hinter  dem  Perito- 
neum und  zwischen  ihr  und  den  benachbarten  Theilen  gele- 
genen, Zellgewebes:  es  bilden  sich  Eitersäcke  und  Fistel- 
gänge (im  Becken  und  zwischen  den  Beckenorganen),  deren 
Wände  zuweilen  ebenfalls  mit  Hamsedimenten  inkrustirt 
sind,  Perforationen  einzelner  Theile  und  Fistelgänge  nach 
Aussen. 

Sehr  misslich  ist  gewöhnlich  der  Verlauf  bei  sehr  alten 
Leuten  und  bei  Paraplegischen ,  die  Blase  ist  bei  diesen 
schlaff,  weit,  enorm  injicirt,  blauroth,  die  Schleimhaut,  das 
submucöse  Zellgewebe  und  die  Muscularis  erweicht  und 
stellenweise  zerfallen.  Der  Tod  erfolgt  rasch  unter  Delirien 
und  Coma. 

Abbildungen:  Rayer   T.  i7,  57,  58.     Cruveilhier  Livr.  17. 
PL  2.  Livr.  39.  PI.  2. 

2)  Croupöse  und  diphtheritische  Entzündung 
kommt  Tor  als  Exacerbation  der  katarrhalischen  Entzün- 
dung, und  bei  Exanthemen,  Typhus,  Cholera,  putrider  In- 
fection,  sie  setzt  allgemein  verbreitete  oder  auf  kleinere 
Stelle  beschränkte  Exsudate,  die  Erweichung  oder  Ver- 
,  schwärung  der  Schleimhaut  bewirken  oder  als  Brandschorf 
abgestossen  werden. 

3)  Blatt  er  pusteln  auf  der  Blasenschleimhaut  sind 
sehr  selten. 

4)  Pericystitis,  Entzündung  des  die  Blase  umge- 
benden Zellgewebes,  ist  Folge  der  Blasenentzündung  und 
Perforation,  oder  Theilerscheinung  yerbreiteter  Exsudatio- 
nen mit  Eiterbildung  bei  putrider  Infection,  oder  selten 
spontan  erscheinend.  Sie  führt  oft  zu  ausgebreiteter  Ver- 
eiterung des  Zellgewebes  zwischen  den  Beckenorganen,  Per- 
foration der  Blase  und  anderer  Theile,  seltener  sind  ihre 
Exsudate  weniger  massenhaft  und  bilden  fibröse  Verdickun- 

27 


418 

g»n  des  Zellgewebes  um  die  Blase  und  fe$iie  VerwDcksun- 
g«n  d«r  Beckenorganc. 

Die  Blase  findet  sieb  zuweilen  mit  einem  Theile  ihrer 
Wanjuilg  in  Leisten-,  Mittelfleiseh-  oder  Sclieidenbräcben. 
Sie  kann  durch  benachbarte  Geschwülste  aus  ihrer  Lage 
verdrängt  werden.  Bei  Weibern  findet  zuweilen  eine  Ein- 
ptUIpung  derselben  in  die  Harnröhre  und  eine  .Art  Vorfall 
diircb  dieselbe  statt. 

Verletzungen  durch  scharfe  Instrumente  sind  meist 
dnreh  die  in  Folge  des  ausgetretenen  Harnes  entstehenden 
Snt^Hnd^ngen  gefährlich  und  oft  tödtlich,  zuweilen  heilt 
die  Wunde  rasch,  ehe  Austritt  von  Harn  erfolgt. 

Zerreissungen  hat  man  nach  heftigen  Contusionen  be- 
obachtet, spontane  Zerreissung  durch  üeberfüUung  ist  höchst 
selten. 

Perforation  erfolgt  durch  primäre  Entzündung  und 
VereUerung  der  Blasen  wände  oder  sekundäre  vom  Rectum, 
der  Vagina  oder  dem  umgebenden  Zellgewebe  aus. 

Putlioloyieche  Weubildunyen. 

Neubildung  von  Bindegewebe:  als  fibröse  Ver-» 
^ckung  der  Blasenwände  nach  Entzündung  und  bei  Bla- 
senkrebs. 

Cysten  finden  sieb  sehr  selten  unter  der  Schleimhaut. 

Auf  der  ScUeimbaiit  entwickeln  sich  zuweilen  an  dis- 
kf#tee  Stellen  oder  in  ihrer  ganzen  Ausbreitung  papil- 
läre Geiachwülste,  sie  bestehen  aus  feinen  cy ündrischen 
oder  platten,  papillenartigen  Verlängerungen  der  Schleim- 
h^iit,  deren  Stamm  erweiterte,  verlängerte  und  sprosaenar- 
ÜC  auggebucbtete  CapUlargefässaehlingen,  getragen  von  Knde^ 
g^wob^  y  bilden  >  und  welche  von  Massen  von  Epithelien  be-* 
deckt  werden,  die  sich  als  rahmiger  Saft  abstreifen  lassen« 


419 

(Taf.  2.  Fig.  10  a.)  In  ihrem  Gewebe  entwickeln  sich  nach- 
träglich zuweilen  Krebsmassen  und  die  Neubildung  wird 
nun  zum  sogenannten  Zottenkrebs.  Man  findet  dann 
Ton  der  Schleimhaut  ausgehend  zottige  oder  blumenkohlar- 
tige, aus  cylindrischön ,  kolbigen,  feineren  oder  gröberen 
Papillen  bestehende  Massen,  jede  einzelne  Papille  enthält 
im  Bindegewebsstamm  angehäuften  Krebssaft.  (Taf.  2. 
Fig.  10  b.) 

Ausserdem  findet  sich  Krebs  in  der  Blase  nicht  gar 
selten ,  ist  aber  meist  vom  Uterus  oder  dem  Rectum  her 
auf  die  Blasenwände  übergegangen,  selten  primär  in  den- 
selben entstanden.  Er  findet  sich  in  Gestalt  yon  Mark« 
schwammknoten  zwischen  den  Häuten,  die  letzteren -zuwei- 
len durchbrechend  und  in  die  Blasenhöhle  wuchernd  oder 
als  scirrhöse  Entartung  grösserer  Strecken.  Die  Blase  ist 
zusammengezogen,  hypertrophisch  oder  ausgedehnt  und  ihre 
Wände  sind  fibrös  verdickt. 

Der  Krebs  verursacht  oft  Blutungen,  Stagnationen  des 
Urins,  Entzündungen  der  Blasenhäute,  zuweilen  Steinbil- 
dung im  stagnirenden  Urine. 

Im  Urine  der  Harnblase  entstehen  Concretionen  aus 
Hambestandtheilen,  die  sich  als  Gries  oder  Steine  dar- 
stellen, frei  in  der  Blasenhöhle,  oder  in  einer  Ausbuchtung 
ihrer  Häute,  oder  in  einem  Divertikel  der  Schleimhaut  lie- 
gen. Sie  finden  sich  bald  in  grosser  Anzahl,  bald  einzeln; 
ihre  Grösse  wechselt  von  dem  sandartigen  Griese  zu  gänse- 
ei-,  ja  fast  kindeskopfgrossen  Massen,  welche  dann  die 
Blasenhöhle  ausfüllen  und  ausdehnen.  Die  Steine  sind  hau* 
fig  Ursachen  von  Blasenentzfindung  mit  deren  üblen  Folgen. 
Die  hauptsächlichsten  Arten  derselben  sind: 

1)  Steine  aus  Harnsäure  und  harnsauren  Sal- 
zen. Die  Hamsäuresteine  sind  häufig,  selten  aber  rein 
und  irditti,  sondern  meldt  tötblich,  braun  durch  Hamfarb- 
ätöff  Qnd  ton  anderen  Satieik  begleitet,  insbesondere  von 

27* 


420 

harnsaurem  Ammoniak.  Das  letztere  allein  bildet  seilen 
Steine,  ebenso  kommen  harnsaurer  Kalk,  Natron  und  Magne- 
sia fast  nur  in  Verbindung  mit  anderen  Bestandtheilen  vor. 
Die  Steine  sind  meist  rund,  glatt,  hart  oder  kreidig,  häufig 
blätterig.    (Taf.  IV.  Fig.  31-33.)    • 

2)  Steine  aus  phosphorsaurem  Kalk  und  phos- 
phorsaurer Ammoniakmagnesia  sind  häufig,  die  Steine 
sind  weisslich,  kreidig,  häufig  blätterig,  schalig.  Sie  bilden 
oft  weissliche  Schalen  um  braune  Kerne  von  Harnsäure 
(Taf.  IV.  Fig.  35). 

3)  Steine  aus  oxalsaurem  Kalk  sind  häufig  und 
an  ihrer  rauhen,  warzigen  Oberfläche  kenntlich  (Mäulbeer- 
steine)..  (Taf.  IV.  Fig.  34.) 

4)  Steine  aus  Cystin  sind  selten,  sie  sind  gelb- 
lich, glatt  und  auf  der  Bruchfläche  krystallinisch.  (Taf.  IV. 
Fig.  37.) 

5)  Steine  aus  harniger  Säure,  Harnoxyd,  sind 
sehr  selten. 

6)  Steine  aus  eingetrocknetem  Schleim  und  Eiter, 
in  welchen  sich  Concretionen  bilden,  sind  selten  als  alleinige 
Bestandtheile,  häufig  als  Kern  oder  Schale  anderer  Steine. 

7)  Steine  aus  Harnsäure,  bamsauren  Salzen,  phos- 
phorsauren Salzen  und  Schleim  zugleich  bestehend,  sind  die 
häufigsten;  oft  wechseln  die  Bestandtheile  in  concentrischen 
Lagen  ab. 

Die  Bedingungen  ihrer  Bildung  hat  die  pathologische 
Chemie  darzustellen. 

■ 

4.    Die  Harnröhre. 
Bildun^sfeliler. 

Mangel  und  mangelhafte  Bildung  der  Harnröhre  geht 
fast  stets  Hand  in  Hand  mit  dergleichen  Bildungsfehlern  im 
übrigen  Harn-  und  Geschlechtsapparat.  Bei  Spaltung. der 
Blase  (Inyersio)  fehlt  sie  beim  Weibe  gänzlich,  beim  Manne 


421 

fehlt  ihre  Decke  und  sie  bildet  einen  nach  oben  ofifenen 
Halbkanal  auf  einem  rudimentären  Penis.  Der  letzte  Zu- 
stand kann  als  Epispadiasis  auch  ohne  Blasenspalte  vor- 
kommen. 

AbbUd. :  A  m  m  o  n ,  Die  angeb.  chir.  Kkhten  T.  18.  Fig.  16  — 18. 

Hypospadiasis:  der  Penis  ist  klein,  hat  an  seiner 
unteren  Seite  eine  Furche,  welche  in  die  Urethra  (richtiger 
den  Canalis  uro 'genitalis)  übergeht,  die  sich  an  der  Wur- 
zel des  Penis  öffnet,  das  Scrotum  ist  oft  gespalten.  (S. 
Zwitterbildung.) 

Abbild.:  Ammon,  Die  angeb.  chir.  Kkhten  T.  18.  Fig.  9—14. 

Völliger  Mangel  der  Urethra  bei  wohl  gebildetem  Pe- 
nis ist  selten ,  zuweilen  fehlt  ihr  vorderer  Abschnitt  und  sie 
mündet  an  der  Unterseite  des  Penis. 

Zuweilen  mündet  sie  in  Mastdarm  oder  Scheide,  oder 
nimmt  diese  auf  (Cloake). 

Angeborene  Erweiterungen  finden  sich  besonders 
beim  Manne  in  verschiedener  Ausdehnung;  die  Erweiterung 
stellt  sich  meist  als  sackförmige  dar  und  erreicht  selten  ei- 
nen hohen  Grad. 

JEntzündung^. 

1)  Katarrhalische  Entzündung  ist  sehr  häufig, 
man  unterscheidet  den  einfachen  Katarrh,  bedingt  durch 
Genuss  reizender  Getränke,  mechanische  Reizung,  Erkäl- 
tung, von  dem  Tripperkatarrh,  der  durch  Ansteckung  beim 
Coitus  entsteht;  ausserdem  hat  man  Katarrh  bei  Scrofulö— 
sen  und  Gichtischen  beobachtet. 

Die  Entzündung  ist  akut  oder  chronisch,  auf  diei 
ganze  Harnröhre  ausgedehnt  oder  auf  einzelne  Stellen  (kahn- 
förmige  Gewebe,  Bulbus)  beschränkt.  Sie  bleibt  auf  die« 
Schleimhaut  beschränkt  oder  geht  auf  das  submucöse  Ge- 
webe, alle  Häute  der  Harnröhre  und  selbst  auf  die  Corpora 
spongiosa  über.     Zuweilen  sind  eine  oder  mehrere  der  Lit- 


422 

tre'scheu  Priisen  besonders  entzündet  und  geschwollen  und 
obturiren  das  Lumen  der  Harnröhre  (Brodie).  Nicht  seU 
ten  setzt  sich  die  Entzündung  auf  Samenleiter  und  Neben- 
hoden fort. 

Die  anatomischen  Verhältnisse  sind  gleich  denen  jeder 
ajideren  katarrhalischen  Entzündung;  der  Verlauf  ist  rasch 
pder  zuweilen  sehr  lang,  im  Verlaufe  des  chronischen  Ka* 
tarrhs  treten  oft  weitere  Veränderungen  ein;  die  Schleim-r 
haut  wird  derb,  wulstig,  die  Follikel  schwellen  an,  es  ent- 
stehen flache  ülcera,  polypöse  Ausbuchtungen  der  Schleim- 
haut, Entzündung  und  Verhärtung  der  Häute  der  Harn- 
röhre und  der  Corpora  spongiosa  (s.  Striktur). 

2)  Croupöse  Entzündung  kommt  bei  Kindern  in 
einzelnen  Fällen  primitiv  vor,  ist  auf  einzelne  Stellen  be- 
schränkt oder  ausgebreitet. 

3)  Blatterbild üng  kommt  bei  Variola  zuweilen  vor. 

4)  Ulcus  syphiliticum;  der  Chanker  der  Harn- 
röhre sitzt  meist  in  der  Nl9ie  des  Orificiums,  doch  auch 
zuweilen  im  weiteren  Verlaufe  der  Harnröhre,  ist  nicht  sel- 
ten von  Entzündung  des  spongiösen  Gewebes  begleitet. 

Vereni^erimy.    Striktur. 

Die  Hamröhrenstriktur  ist  Folge  der  Entzündung  und 
d^ren  verschiedenen  Ausgänge.  Sie  wird  gebildet:  a)  von 
gewulsteten,  derben,  in  das  Lumen  der  Harnröhre  klappen- 
artig ragenden  Schleimhautfalten;  b)  von  auf  grössere  Stel- 
len ausgedehnten,  knotigen  Verdickungen  der  Schleimhaut 
und  des  submucösen  Zellgewebes;  c)  von  knotigen  Verdik- 
kungen  der  Corpora  spongiosa;  d)  durch  die  Contraction 
des  Narbengewebes  von  Geschwüren  oder  des  neugebildeten 
Bindegewebes  in  den  Wänden  und  in  den  Schwellkörpeni 
der  Harnröhre ;  die  letztgenannten  Strikturen  sind  sehr  häu- 
fig; das  Narbengewebe  verzieht  das  Lilmen  der  Harnröhre: 
ist  es  auf  grössere  Strecken  ausgedehnt,  so  wird  der  Ver- 


428 

baf  der  Röhre  gewunden^  Ütets  eiftpkHkkt  MJ  f(b  die 
SoEde  niefat  mdhr  permeabel  >  e)  darck  afi^schiro^ne  l^ot- 
likel;  f)  durch  Teruarfote  Chanker;  f)  dai'ch  SddcdnAMt'^ 
polypen« 

Die  Strikinren  sitzea  an  tAek  Stell«»  <kf  HartftV&t^, 
am  häofigsten  aber  Yorn  oder  am  Blatts  ^  ddd  llimett  der 
Harnröhre  ist  dadurch  um  die  ÜMtt^  ein  DHtfflteii  mi  tAAt 
beengt    Zuweilen  finden  sieb  mehi^«re  hinter  einander. 

An  der  Stelle  der  Striktur  dauert  ölÜerd  die  tlfit^eän^ 
dnng  noch  fort  und  die  Schleiifibaut  ufcerM;  e«^  büdefi  ftfeb 
wohl  auch  FiateJ^ange  unter  der  Schleimhaut,  die  endKA 
nach  Aussen  perforiren. 

Hinter  der  Striktur  häoft  sieh  oft  der  Urhi  ^  Md  die 
Harnröhre  wird  erweitert:  durch  den  Beiz  des  sCa^ft^endetf 
Urines  bleibt  die  Schleimhaut  im  EntztftduurgBAtR^^  und 
oft  bilden  sich  Fisteln  nach  Aussen,  durch  tretcbe  ddf  Ufftt 
abträufelt;  oder  Entzündung  der  Blase  als  Fortsetzung  von 
der  Hamröhrenschleimhaut  oder  durch  den  Beiz  des  stagni- 
renden  Urines. 

Die  Harnröhre  kann  ausserdem  verengert  werden :  durch 
benachbarte  Geschwülste,  z.  B.  der  Prostata,  des  Uterus, 
kann  obturirt  werden  durch  Schleim-  und  Eiterpfropfe,  Blut- 
gerinnsel, Harnsteine,  Echinococcusblasen  aus  der  Miere. 

Abbild.:  Froriep,  Chir.  Kpft.  T.  11.  32,  325,  431. 

Patliolotriiclie  I¥eu1iildunfren« 

^  iNeubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  in  den 
knotigen  Verdickungen  der  spongiösen  Körper  und  den  Nar- 
ben der  Schleimhaut. 

Am  Orificium  urethrae  und  im  Kanal  derselben  finden 
sich  vorzugsweise  bei  Weibern  condylomatöse  Excre- 
scenzen  und  Scheimhautpolypen  (fungöse  Excrescen- 
zcn),  beide  unter  dem  Namen  Karunkeln  bekannt.  Die 
ersleren  sind  ihrem  Baue  nach  gleich  den  Condylomen  der 


424 

Schleimhäute  und  Haut  (s.  Hautkrankheiten),  die  letzteren 
bilden  kleine  oder  grosse,  oft  sehr  langgestielte,  weiche, 
runde  oder  zottige,  blumenkohlartige  Geschwülste,  die  aus 
einem  sehr  gerässreichen ,  lockeren,  mit  serösem  oder  gal- 
lertigem Exsudate  infiltrirten  Bindegewebe  bestehen,  einen 
Epithelialäberzug  haben  und  als  entzündliche  oder  einfache 
Hypertrophieen  der  Schleimhaut  angesehen  werden  müssen. 

Die  Condylome  finden  sich  bei  Syphilitischen  sowohl 
als  Nichtsyphilitischen,  und  scheinen  wie  die  Schleimhaut- 
polypen meist  in  Folge  eines  Katarrhs  der  Harnröhre  zu 
sein.  Bayoux  fand  die  letzteren  am  häufigsten  bei  Pro- 
stituurten. 

Krebs  der  Harnröhre  ist  Folge  des  Krebses  der  Glans 
oder  Clitoris. 

Tuberkel  finden  sich  selten  als  kleine  Granulationen 
oder  Geschwüre. 


Patholog^siche  Anatoniie  der  GFe(»chleehtf9«- 

org^ane« 

I.  Die  männlichen  Geschlechtsorgane. 

» 

Bildungsfehler:  Mangel  der  sämmtlicben,  äusseren 
und  inneren  Geschleehtsoirgane  findet  sich  nur  bei  lebens- 
unfähigen Missgeburten. 

Zwitterbildung,  Hermaphroditismus  besteht 
in  Ausbildung  der,  in  den  ersten  Zeiten  des  fötalen  Lebens 
morphologisch  bei  beiden  Geschlechtern  identischen,  Genita- 
lien in  unbestinmiter  oder  in  doppelter  Richtung,  mit  oder 
ohne  gleichzeitige  unbestimmte  Bildung  des  ganzen  Körpers. 
1)  Männliche  Zwitter  sind  am  häufigsten  und 
kommen  in  verschiedenen  Graden  vor:  a)  Die  Hoden  sind 
wohl  entwickelt,  liegen  imScrotum  oder  in  der  Bauchhöhle, 
die  äusseren  Genitalien  verhalten  sich  wie  im  2.  Monat  des 
FötaUebens ,  das  Scrotum  steUt  zWei  schamlippenartige  Haut- 
wulste dar,  der  Penis  ist  klein,  clitorisartig,  undurchbohrt, 
eine  Furche  an  seiner  Unteri^eite  führt  zum  Sinus  urogefdr 
talisy  eine  Art  Scheidenvorhof,  in  welchen  Urethra  und 
Duct.  ejaculatorii  münden.  Der  Körper  ist  männlich  ge- 
bildet oder  hat  keine  bestimmte  Richtung.  Hypospadiaei. 
b)  Hoden  und  äussere  Genitalien  verhalten  sich  ebenso, ^  es 
findet  sich  an  der  Stelle  des  Weber'schen  Organs  {Utneu- 
lus^  Vesicula  prostatica)  ein  kleiner  oder  grösserer,  eine 
blind  endigende  Vagina  darstellender  Sack,  welcher  in  den 
Sinus  ürogeniialis  mündet ,   oder  eine  vrohlgebildete  Vagina 


426 

mit  Uterus  und  Tuben ,  Ovarien  sind  aber  nicht  vorhanden. 
Es  sind  hier  die  MüUer'schen  Gänge  nicht  wie  gewöhnlich 
geschwunden,  sondern  haben  sich  neben  den  WoUTschen 
Organen  und  Gängen  aus  dem  frühesten  fötalen  Zustand 
in  den  späteren,  reiferen  umgebildet.  Der  Körper  hat  meist 
deutlich  männlichen  Charakter.  Beide  genannte  Arten  nennt 
man  gewöhnlich  Hermaphroditismus  Iransversalis: 
aussen  Weib,  innen  Mann,  c)  Aeussere  Genitalien,  Vagina, 
Uterus  und  Tuben  yerhalten  sich  wie  beim  vorigen,  auf  der 
einen  Seite  findet  sich  ein,  in  der  Bauchhöhle  liegender' 
oder  herabgestiegener,  Höde  mit  Samenleiter,  welcher  in  den 
Qmalis  mogemtalis  mündet,  auf  der  anderen  Ovariam  mit 
Eileiter ,  welcher  in  das  entsprechende  Hom  des  Uterus  müa^ 
det.  Ueber  das  Geschlechtsleben  derartiger  Individuen  feh- 
len hinreichende  Beobachtungen.  {U.  lateralis.)  d)  Aeus- 
sere und  innere  Genitalien  sind  männlich  wohl  entwickelt, 
die  Hoden  bleiben  aber  in  der  Bildung  zurück,  steigen  nicht 
herab,  der  gaoze  Körper  bleibt  zart,  ohne  die  Charaktere 
des  männlichen  Habitus.  (Cryptorehiden,  Viri  effe- 
minati.) 

2)  Weibliche  Zwitter  sind  seltener  und  ohne  ent- 
sprechende Missbildungen;  sie  sind  Charakter isirt  durch  eine 
gresse,  in  seltenen  Fällen  tob  der  Urethra  durchbohrte^ 
Ciitoris,  enge  Vagina,  kleinen,  die  fötale  Form  darbieten- 
den Uterus,  verkümmerte  Ovarien,  unentwickelte  Mamniaey 

w 

starken  Knochenbau,.  Bartwoehs  uttd  überhaupt  männ£chen 
Habitus  des  Körperbaues.  {Viragines,  Mannweiber.) 

AbUlduogen :  A  m  m  o  n ,  Ang.  eh.  K.  T.  20.  Y  c  o  1  i  k  ^  Tab.  ad  ilf. 
einbr.  T.  93  —  95.  Bergmann,  Lehrb.  d.  gerichtl.  Med.  Mayer, 
Tcones  select.  Bonn  1831.  Leuckarf,  Illustl*.  med.  Zeitg.  f.  Bd. 
BerUhold,  Abli.  d.  65U.  Soc.  Bd.  2.  T.  i,  2. 

1.    Hoden. 

Mangel  eines  Hoden  ist  selten,  beide  Hoden  hat  maä 
bei  übrigens  wohlgebautem  Körper  nur  äu/sserst  seltto  feh- 


427 

len  sehen.  Abi^pmie  Kleinheit;  Cryptorchie  (s. Zwit- 
ter). Abnormer  Desceusus  in  das  Perinäum  oder  die  in« 
nere  Schenkelseite.  Die  Samenleiter  fehlen  selten  oder 
endigen  blind. 

Atrophie  findet  sich  als  Marasmus  stnilis,  nach  ge- 
schlechtlichen Excesseu,  nach  Entzündungen,  durch  den 
Druck  Yon  Serum ,  Exsudaten  in  der  Scheidenhaut ,  Hernien, 
Geschwülsten.  Der  Hode  ist  platt^  sdilaff^  entfärbt  imd  von 
lederartigem,  homogenem  Gewebe. 

• 

Die  Entzündung,  Orchiti*s,  ergreift  bald  den  ganzen 
Hoden,  bald  einzelne  Tbeile  desselben,  bald  vorzugsweise 
den  Nebenhodeji,  Epidydimitis.  Sie  kommt  vor  nach 
Verwundung,  Contusion  des  Hodens;  bei  Entzündung  der 
Harnröhre  als  Fortsetzung  der  Entzündung  auf  Samenleiter, 
Nebenhoden  und  seltener  Hoden;  bei  Parotitis  epidtndem 
(Mumps);  bei  tertiärer  Syphilis  als  Sarcoeele  syphilitica. 

Der  Hode  ist  angeschwollen,  hart,  seia  iSewebe  injicurt, 
gelockert  oder  derb.  Zuweilen  ist  gleichzeitig  die  Schei- 
denbaut entzündet^  yerdickt,  in  ihrer  Höhle  Exsudat. 

Der  Verlauf  ist  akut  oder  chronisch,  das  Exsudat  wird 
resorbirt,  oder  es  organisirt  zu  Bindegewebe  waA  der  Hode 
bleibt  geschwollen  und  yerhärtet,  oder  es  bildet  sich  Eiter. 
Die  Abscesse  sind  auf  eine  Stelle  beschränkt  oder  neh- 
men den  grössten  Theil  des  Hodens  ein;  perforiren  zuwei- 
len nach  Aussen,  worauf  sich  der  Eiter  entleert,  der  Abscess 
sich  schliesst  oder  häufiger  längere  oder  kurze  Zeit  ein  Ge- 
schwär  mit  üppigen  Granulatienett  zurückbleibt.  Zuweilen 
ijaduriren  vorzugsweise  die  Albuginea  des  Hodens  und  ihre 
Fortsätze  durch  organisirtes  Exsudat ,  in  welchem  sich  spä- 
ter Coucretionen  bilden  köniien.  Alle  diese  Ausgänge  kön- 
nen mit  Atrophie  des  Hodens  enden. 

Die  Samenleiter  bleiben  meist  unbelheiligl,  nehmen 


428 

sie  an  der  Entzündung  Theil,  so  bleiben  zuweilen  Verdik- 
kung  und  Yerkreidung  ihrer  Wandungen  zurück. 

Patlioloffiiiehe  IVeubilduiti^eii. 

Neugebildetes  Bindegewebe  findet  sich  liach  Ent- 
zündung als  fibröse  Verdickung  der  Albuginea  und  ihrer 
Fortsätze  oder  als  durch  die  ganze  .Hodensubstanz  gleich- 
massig  vertheiltes  Fasergewebe.    Fibroide  sind  selten. 

Enchondrom  findet  sich  in  einem  übrigens  norma- 
len Hoden  oder  häufiger  neben  Carcinom  oder  Cystosarcom 
desselben.  Die  Knorpelmassen  wechseln  von  hirsekorU'-  bis 
zu  Gänseeigrösse. 

Concretionen  in  neugebildetem  Bindegewebe  als 
knotige  oder  ästige  Massen. 

Cysten  finden  sich  am  häufigsten  beim  Cystosar- 
com des  Hodens,  es  findet  zwischen  und  in  den  Samenka- 
nälchen  sehr  lebhafte  Zellenbildung  statt,  einzelne  Stellen 
der  Kanälchen  schwellen  durch  CoUoid-  oder  Eiweissmeta- 
morphose  ihrer  Zellen  beträchtlich  an,  schnüren  sich  allmä- 
lig  zu  kleinen  Cysten  ab,  die  dann  zu  Erbsen-  bis  Hasel- 
nussgrösse  wachsen;  die  übrige  Masse  des  Hodens  hat  eine 
weiche ,  fleischige  Textur ,  von  der  Schnittfläche  fliesst  farb- 
lose, seröse  oder  coUoide  Flüssigkeit,  kein  rahmiger  Saft. 
Ausserdem  fand  man  selten  Cysten  mit  Haaren  und  Kno- 
chenbildung. 

Krebs  ist  im  Hoden  ziemlich  häufig,  entwickelt  sich 
primär  in  demselben  und  bildet  meist  grosse,  von  der  Al- 
buginea umhüllte  Geschwülste,  in  welchen  die  Hodensub- 
stanz gänzlich  untergegangen  isfT  Zuweilen  durchbricht  er 
die  Albuginea  und  das  Scrotum  und  es  bildet  sich  ein  jau- 
chendes Geschwür.  Er  ist  häufig  combinirt  mit  Krebs  der 
Lymphdrüsen  im  Becken  und  längs  der,  Wirbelsäule ,  oder 
mit  Nierenkrebs.  Zuweilen  ist  auch  das  Vas  deferens  kreb- 
sig entartet. 


429 

Tuberkel  finden  sich  in  Form  kleiner  oder  grösserer 
gelber  Knoten  im  Nebenhoden  und  Hoden,  in  kleinerer  oder 
grösserer  Anzahl,'  zerfallen  meist  und  bilden  eine  Caveme 
in  dem  verdichteten  Hodengewebe.  Während  ihrer  Ent- 
wickelung  ist  der  Hode  tergrössertj  höckerig,  oft  entzün- 
det. Die  Tuberkulose  findet  sich  besonders  im  jüngeren 
Alter,  ist  combinirt  mit  Tuberkelbildung  im  Vas  deferens, 
den  Samenbläschen,  Ureteren  und  Niere,  oder  mit  oft  enor- 
mer Tuberkulose  der  Lymphdrüsen  des  Beckens,  Unterlei- 
bes, der  Brusthöhle  und  des  Hodens. 

Echinococcus  wurde  sehr  selten  im  Hoden  beob- 
achtet. 

Abbildungen:  A.  Cooper,  Die  BMf,  u.  Kkhten  des  Hodens. 
Curling,  A  pract.  tract.  on  the  diseases  of  the  testis.  Cruveilhier 
Livr.  6.  PI.  1.  Livr.  9.  PI.  1; 

2.    Die  Scheidenhaut  des  Hodens. 

Entzündung  ist  nicht  selten ,  sie  ist  meist  trauma- 
matisch,  durch  Contusionen  und  Quetschungen  verursacht; 
verläuft  akut  oder  chronisch,  setzt  meist  ein  reichliches  se- 
röses Exsudat,  welches,  wenn  es  nicht  resorbirt  wird,  lange 
bleibt,  zuweilen  zunimmt  und  die  eine  Art  von  Hydrocele 
darstellt.  Oft  geht  die  akute  Entzündung  in  eine  chroni- 
sehe  über,  deren  Resultat  eine  beträchtliche  Verdickung  der 
Scheidenhaut  durch  fibröse  Pseudomembranen  und  Zunahme 
des  Wassers  ist.  Zuweilen  finden  sich  circumscripte,  dicke 
Pseudomembranen  in  Form  von  Plättchen  und  knotigen 
Körpern,  die  wohl  auch  verknöchern,  oder  gestielt  in  die 
Höhle  ragen,  oder  als  freie  Körper  in  dieselben  fallen. 

Das  Exsudat  ist  zuweilen  ein  hämorrhagisches  und  es 
entsteht  eine  Art  der  sogenannten  Hämatocele,  welche  in 
anderen  Fällen  durch  Blutung  in  die  Scheidenhaut  oder  in 
eine  Hydrocele  entsteht.  Die  Veränderungen  des  hämorrha- 
gischen Exsudates    entsprechen  denen  in  anderen  serösen 


430 

Säcken;  man  findet  die  Sckeidenhaul  verdickt,  gefüllt  mit 
brauner  Masse  rohen  Faserstoffs,  der  eine  Art  Maschen- 
werk um  die  Cruorreste  bihlet;  oder  die  Wand  ist  mit  ei- 
nem dicken  Beschlag  brauner,  zottiger  Fibringerinnsel  Ter- 
sehen,  während  die  Höhle  eine  braunschwarze  Flüssigkeit 
ausfüllt,  in  welcher  ungefärbte  und  pigmentirte  Kömchen- 
zellen,  Fettkügelchen,  Pigmentkörnchen  und  Oholestearin- 
krystalle  schwimmen. 

Selten  geht  das  Exsudat  in  Eiter  über:  zuweilen  (u- 
berkulisurt  es. 

Die  Hydroccle  entsteht,  ausser  durch  Entzündung, 
zuweilen  durch  Hyperämie  und  Varicosität  der  Venen.  Das 
Serum  ist  gewöhnlich  klar^  gesättigt  gelb,  reich  an  Eiweiss 
und,  wenn  es  lange  bestanden  hat,  an  Cholestearinkry- 
stallen. 

Zuweilen  ist  die  Schleimhaut  des  Hodens  nicht  geschlos- 
sen, sondern  ihre  Höhle  communicirt  noch  frei  mit  der  des 
Procettus  vaginalis  des  Bauchfells,  welche  entweder  offen 
oder  am  Bauchringe  geschlossen  ist.  Das  Wasser  kann  im 
ersteren  Falle  in  die  Bauchhöhle  treten  oder  aus  dieser  eine 
Darmschllngc  in  die  Scheidenhaut  (Complication  von  Hy- 
drocele  mit  Hemia  inguiimlis  congenita);  im  zweiten  Falle 
bildet  es  eine  cylindrische  Geschwulst  vom  Bauchringe  bis 
zum  Grund  des  Scheidensackes.  In  anderen  Fällen  hat  sich 
die  Scheidenhaut  des  Hodens  abgeschlossen,  aber  das  Stück 
bis  zum  Bauchringe  ist  nicht  verschlossen  und  der  Sitz  von 
Wasseransammlung,  Hydrocele  funiculi  spermaticU 

Im  lockeren  Zellgewebe  des  Samenstranges,  büden  sich 
nicht  selten  durch  akuten  oder  chronischen  serösen  Erguss 
diffuse,  cystenartige  Bäume,  welche  später,  nachdem  sich 
das  aus  einander  gedrängte  Bindegewebe  zu  einer  Art  Wand 
organisirt  und  eine  Epithelialauskleidung  bekommen  bat,  bu 
wirklichen  Cysten  werden. 


481 

Zuweilen  kommt  entzündliches,*  akutes  Oedeni  des 
Zellgciwebes  im  Samenstrang  vor. 

AM>ild.:   Froriep,  Chir.  Kpfl.  T.  14,  102,  103,  310,  328,  353, 
410,  433. 

« 

3.    Die  Samenbläsclien. 

Katarrhalische  Entzündung  ist  gewöhnlich  Fort« 
Setzung  des  Harnröhrenkatarrhs  oder  Folge  der  im  höheren 
Alter  hHuiigen  Hyperämieen  und  Varicositäten  der  Becken- 
venen»  Ausser  den  einfachen  Zeichen  eines  Katarrhs  findet 
man  zuweilen  Ulcerationen  und  Perforationen  der  Wände, 
Ausdehnungen  durch  angehäuften  Schleim.  Die  Entzündung 
nach  Tripper  verläuft  sehr  langsam,  kann  aber  allmälig 
Zerstörung  der  Samenbläschen,  Vereiterung  des  benachbar- 
ten Zellgewebes,  der  Prostata  herbeiführen. 

Tuberkulose  als  Umwandlung  der  Schleimhaut  zu 
einer  festen  oder  zerfallenden  gelben,  käsigen  Masse  findet 
sich  neben  Tuberkulose  des  Hodens ,  der  Prostata  und  der 
benachbarten  Lymphdrüsen.. 

Abbild.:  Baillie  Fase.  8.  PI.  1. 

3.    Die  Vorsteherdrüse. 

Hypertrophie  kommt  im  höheren  Alter  nicht  selten 
Tor,  entwickelt  sich  langsam  und  unmerklich,  die  Textur 
der  Drüse  bleibt  unyerändert ,  zuweilen  ist  die  Substanz 
etwas  weicher,  saftiger,  zuweilen  fester,  zuweilen  bilden 
sich  dabei  kleine  cystenartige  Bäume,  wahrscheinlich  durch 
Erweiterung  der  Drüsengänge.  Es  yergrössert  sich  die 
ganze  Prostata  gleichmässig  und  erreicht  zuweilen  den  Um- 
fang einer  Faust,  oder  es  entwickelt  sich  nur  eine  Partie 
derselben.  Sehr  wichtig  ist  die  Hypertrophie  der  mittleren^ 
obertn  Partie,  wenn  sie  einseitig  nach  der  Blasenhöhle  zu 
wuchert,    denn    indem   sie   in    die  letztere  als  haselnuss- 


432 

bis  hühnereigrosse ,  runde,  kolbige,  höckerige  Geschwulst 
einragt,  Erschwert  sie  oft  den  Austritt  des  Urins  aus  der 
Blase,  bewirkt  ausser  anderen  Beschwerden  Erweiterung, 
katarrhalische  Entzündung  derselben  und  alle  deren  üble 
Folgen.  Dieselbe  Wirkung  kann  übrigens  jede  andere  Hy- 
pertrophie der  Prostata  haben. 

AbbUdung^en:  Cruveilhier  Li?r.  17.  PI.  2.  Livr.  22.  PL  2.  Livr. 
26.  PI.  6.  Livr.  30,  PI.  1.    Froriep,  Chir.  Kpft.  T.  347,  391,  385. 

Entzündung  kommt  hauptsächlich  bei  Tripper  vor, 
oder  durch  Verletzungen,  z.  B.  mit  dem  Catheter,  zuwei- 
len spontan;  sie  kann  entzündliche  Hypertrophie  und  Indu- 
ration  der  Prostata  oder  Abscessbildung  zur  Folge  haben. 
Die  Abscesse  sind  bald  klein,  bald  grösser,  perforiren  in 
die  Blase  oder  Harnröhre  ^  in  das  benachbarte  Zellgewebe, 
bewirken  Vereiterungen  und  Fistelgänge  in  demselben,  Per- 
forationen des  Rectum  und  des  Scrotum. 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  als 
organisirtes  Exsudat  nach  Entzündung  oder  als  kleine,  fibröse 
Geschwülste,  Fibroide. 

Concretionen  finden  sich  in  den  Drüsengängen  als 
kaum  hirsekorngrosse ,  rundliche  oder  facettirte,  glänzende, 
braun-,  gelbrolhe  oder  schwarze  Steinchen,  welche  oft  in 
enormer  Menge  vorhanden  sind  und  grösstentheils  aus  phos- 
phorsaurem Kalk  bestehen.  Sie  bestehen  aus  concentrischen 
Schichten,  die  kleinsten,  mikroskopischen  scheinen  aus  Me- 
tamorphose der  Kerne  der  Drüsenzellen  hervorzugehen,  sind 
weich,  farblos,  vom  Ansehen  und  der  Consistenz  fester  Col- 
loidmasse,  und  enthalten  noch  keine  Salze. 

Abbüd.:    Cruveilhier  Livr.  30.  PI.  1.     Froriep,  Chir.  Kpft. 
T.  460. 

Cysten  und  knorpelartige  Geschwülste  wer- 
den selten  gefunden. 

Krebs  ist  sehr  selten,  findet  sich  meist  gleichzeitig  im 


433 

flectum  und  wuchert  in  die  Blasenhöhle,    deren  Wände  er 
zuweilen  durchbricht. 

Tuberkel  finden  sich  neben  denen  des  Hodens  und 
der  Samenbläschen,  zerfallen  leicht  und  bewirken  Zerstö- 
rung der  Prostata  und  Eiterung  der  Umgegend. 

5.    Die  Buthe  und  der  Hodensack. 

Atrophie  des  Penis  kommt  vor  nach  Substanzyerlu- 
sten  durch  vielfache  und  langwierige  syphilitische  beschwüre 
seiner  Haut,  nach  Entzündung  und  Obliteration  des  caver- 
nösen  Gewebes;  spontan  neben  Schwund  des  Hodens. 

Hypertrophie  des  Penis  ist  bedingt  durch  dauernde 
Hyperämie  der  Venen  der  cavernösen  Körper,  z.  B.  bei 
Herzkranken,  Onanisten  oder  durch  Massenzunahme  der 
Haut  y  Elephantiasis ,  welche  häufiger  am  Scrotum  vorkommt 
(s.  Hautkrankheiten). 

Abbild.:  Froriep,  Cbir.  Kpft.  T.  126. 

Entzündungen  kommen  hauptsächlich  an  der  Eichel 
vor  am  inneren  Blatte  des  Präputiums  und  der  Haut  der 
Eichel  selbst,  insbesondere  an  der  Corona  (Balanitis,  Bala- 
noposthitis) ,  verursacht  durch  Ansteckung  mit  Tripper- 
schleim oder  durch  Anhäufung  von  Schmutz,  Urin,  Smegma 
hinter  der  Vorhaut.  Diese  Entzündung  verläuft  chronisch 
und  hat  den  anatomischen  Charakter  einer  katarrhalischen 
Entzündung;  oft  entstehen  Excoriationen,  Ulcera,  Condylo- 
me, nicht  selten  Verwachsungen  der  Eichel  mit  der  Vor- 
haut, zuweilen  durch  tief  eingreifende  Geschwüre  und  de- 
ren Vemarbung  Schwund  der  Eichel. 

Entzündung  der  Corp.  eavemosa  findet  sich  bei  Trip- 
per und  nach  Verletzungen,  Contusionen,  endet  zuweilen 
mit  knotiger  Verdickung  oder  narbenartiger  Einziehung. 

In  der  Haut  des  Penis  und  des  Scrotums  finden  sich 
femer  Exantheme  und  anderartige  Entzündungen,  syphiliti- 
sche Geschwüre,  Condylome  u.  s.  w. 

28 


434 

Concretioneii. finden  sich  als  sogenannte  Eichels(eiiie 
an  dem  Halse  der  Eichel^  aus  angehäuftem  Schleim  und 
Eiter  hervorgegangen. 

Krebs  findet  sich  nicht  selten  an  der  Eichel,  die  er 
als  wuchernder,  schwammiger  Knoten  umgiebt,  allmälig 
zerstört,  auch  die  übrigen  Theile  des  Penis  ergreift  und 
oft  durch  Blutungen  aus  den  zerstörten  Schwellkörpern 
tödtet.  ' 

Am  Scrotum  kommen  zuweilen  Epithelialkre))se  yor 
(Schomsteinfegerkrebs) ,  die  Ton  einer  kleinen  Warze  zu 
grossen,  jauchenden  Geschwüren  wuchern,  zuweilen  die 
Häute  des  Hodens,  diesen  selbst  und  die  benachbarten 
Lymphdrüsen  ergreifen. 

Die  Vorhaut  zeigt  ausser  anderen  den  Hautkrankhei- 
ten angehörigen  Leiden  oft  eine  angeborene  Verengerung 
ihrer  inneren  Blätter,  so  dass  sie  nicht  hinter  die  Eichel 
zurückgebracht  werden  kann:  Phimosis.  Durch  gewalt- 
sames Zurückziehen  der  verengerten  Vorhaut  hinter  die  Ei- 
chel, durch  entzündliche  Anschwellung  der  Vorhaut  erfolgt 
oft  Einklemmung  derselben  hinter  der  Eichel  mit  starkem 
Oedem ,  zuweilen  -Gangrän :  Paraphimosis, 
Abbttdangf n :  Froriep,  €hir.  Kpft.  T.  37. 

IL     Die  weiblichen  Gescklechtstheile, 

•1.    Der  Eierstock. 

Bildungsfehler:  Mangel  beider  Ovarien  bei  norma- 
ler Ausbildung  der  übrigen  Geschlechtstheile  ißt  sehr  selten, 
zuweilen  fehlt  nur  eui  Ovarium.  Häufiger  ist  Verkümme- 
rung oder  fötale  Form  bei  verkümmerter  Bildung  aller  Ge- 
schlechtsorgane und  des  Körpers  überhaupt. 

Das  Ovarium  ist  im  jugendlichen  Alter  glatt,  das  Pa- 
renchym  blass  und  fest,  nach  Eintritt  der  Menstruation 
wird  die  Oberfläche  gefurcht  und  höckerig,  durch  die  Nar- 


4a5 

ben  der  geborstenen  Follikel,  das  Parenchym  wird  blutrei- 
cher. Im  höheren  Alter  ist  die  Oberfläche  runzelig  ^  maul- 
beerartig, das  Parenchym  enthält  keine  Follikel  mehr,  aber 
zahlreiche  Narben  und  rothe  oder  schwarze  Pigmentflecken 
als  Beste  entleerter  oder  durch  Blutung  verschrumpfter 
Follikel. 

Hyperftmie*    Hftmorrba^ie. 

Hyperämie  des  Stroma's  und  einzelner  Follikel  findet 
während  der  Menstruation  statt.  Zuweilen  ist  sie  patholo- 
gisch, der  Eierstock  ist  vergrössert,  weicher,  auf  der 
Schnittfläche  dunkler  und  mit  zahlreichen  Gefässchen  durch- 
zogen. Langwierige  Hyperämie  hat  nach  Rokitansky 
Hypertrophie  des  Eierstockes  zur  Folge. 

Hämorrhagie  in  die  Höhle  der  Follikel  ist  eine  sehr 
gewöhnliche  Erscheinung  beim  Bersten  eines  Follikels  be^- 
hufs  des  Austritts  eines  Eies;  man  findet  die  Risswunde 
des  7 — 8'"  im  Durchmesser  grossen  Follikels  mit  Blutcoa- 
gulum  verstopft  und  in  seinem  Cayum  mehr  oder  weniger 
coagulirtes  Blut.  Zuweilen  steigert  sich  aber  diese  Blutung, 
wiederiiolt  sich  oder  tritt  in  einem  geschlossenen  Follikel 
ein,  man  findet  dann  taubenei-  bis  wallnussgrosse,  mit  Blut- 
coagulis,  resp.  deren  Pigmentmetamorphosen  gefüllte  Folli- 
kel. Zuweilen  findet  auch  Blutung  in  Cysten  statt.  Blu- 
tung in  die  Bauchhöhle  aus  geborstenen  Follikeln  ist  selten. 
Kleine  Blutungen  machen  die  gewöhnlichen  Veränderungen 
durch  und  bilden  eine  gelb,  roth  oder  schwarz  pigmentirte 
Narbe;  grössere  zeigen  die  Veränderungen  der  hämorrhagi- 
schen Herde. 

KntofinduiiK. 

Entzündung  des  Ovariums  ausserhalb  des 
Puerperiums  ist  selten,  findet  sich  meist  in  der  Wand 
eines  oder  mebrerer  Follikel,  welche  mjicirt  und  mit  serösem 

28* 


43« 

oder  blutigem  Exsudate  gefüllt  sind.  Das  Exsudat  geht  sel- 
ten in  Eiter  über,  bald  wird  es  resorbirt,  bald  bleibt  es, 
wächst  wohl  auch  durch  neue  Ausscheidung  aus  den  Wän- 
den und  der  Follikel  wird  allmälig  zu  einer  Cyste.  Zuwei- 
len nimmt  auch  das  Stroma  an  der  Entzündung  Theil, 
höchst  selten  ist  es  primär  entzündet;  es  erfolgt  dann  bald 
Hypertrophie  des  Ovariums,  bald  Eiterung.  Häufig  erstreckt 
sich  die  Entzündung  von  den  Follikeln  oder  dem  Stroma 
auf  das  Bauchfell;  wir  sehen  die  Folgen  einer  circumscrip- 
ten  Peritonitis  des  Ovariums  an  den  Adhäsionen  und  Pseu- 
domembranen, welche  dasselbe  mit  den  Bauch-  und  Becken- 
wänden und  allen  benachbarten  Theilen  verbindet,  oder  an 
der  fibrösen  Verdickung  des  Peritonealüberzuges  mit  Atro- 
phie des  Ovariums.  Da  diese  Verdickung  die  Entleerung 
der  Follikel  hindert,  findet  man  unter  ihr  zuweilen  zahl- 
reiche, strotzend  gefüllte  Follikel. 

Häufiger  ist  die  Entzündung  im  Puerperium, 
meist  als  secundäre  puerperale  Entzündung.  Es  leidet  vor- 
zugsweise das  Stroma,  welches  durch  ein  seröses,  gallert- 
artiges oder  faserstoffiges  Exsudat  rasch  infiltrirt,  erweicht 
und  geschwellt  wird;  häufig  bilden  sich  Eiter  oder  Jauche, 
das  Gewebe  des  meist  wallnussgrossen  Ovariums  ist  dann 
matsch,  aufgelockert,  auf  der  Schnittfläche  fliesst  eine  braun- 
rothe  Pulpa  aus  dem  aufgefaserten  Stroma  (Putrescenz), 
welches  ausserdem  Ecchymosen  in  Flecken  und  Streifen 
durchsetzen.  In  anderen  Fällen  bilden  sich  Abscesse,  ent- 
weder im  Stroma  selbst,  oder  durch  Exsudation  in  die  Fol- 
likel, welche  zuweilen  vorwiegend  afficirt  sind,  oder  durch 
Exsudation  in  Cysten. 

Die  Abscesse  des  Stroma  zerstören  gewöhnlich  das 
ganze  Ovarium,  wachsen  zu  Faust-  bis  Kindskopfgrösse, 
werden  bald  durch  Pseudomembranen  umhüllt  und  lange 
ertragen  oder  perforiren  rasch  in  die  Bauchhöhle.  Zuwei- 
len erfolgt  die  Perforation  erst  später  und  der  Abscess  ent- 


leer!  sich  durch  die  Bauchwand,  in  den  Mastdarm,  die  Bla- 
se, Scheide  oder  den  Damm.  Die  Follikel-  und  Cysten- 
abscesse  erreichen  oft  eine  beträchtliche  Grösse,  adhäriren 
an  benachbarte  Organe  und  perforiren  langsam. 

Selten  geht  die  Oophoritis  puerperalis  in  Heilung  über, 
welche  aber  stets  mit  Verödung  der  Follikel,  Verschrum- 
pfung  des  Ovariums  verbunden  ist. 

Abbild.:  CruTeilhier  Livr.  13.  PI.  3.    Hope  Fig.  199  — ?00. 

Patholof^lsclie  ÜTeubllduiiyen. 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich:  als. 
fibröse  Verdickung  des  Peritonealüberzuges  und  der  Kapsel 
nach  Peritonitis,  des  Stroma,  der  Follikel  resp.  Cystenwände 
nach  Entzündung;  als  Fibroid  des  Ovariums.  Das  letztere 
ist  meist  klein,  doch  erreicht  es  auch  Kinds-  bis  Manns- 
kopfsgrösse,  findet  sich  bald  in  beiden  Ovarien  zugleich^ 
bald  nur  in  einem. 

Abbild.:   Baillie  Fase.  9.  PI.  7. 

Pigmentbildung  kommt  im  0\'arium  regelmässig 
in  den  Follikeln  vor,  die  sich  unter  Bluterguss  bei  Austritt 
des  Eichens  entleerten,  ausserdem  nach  Hämorrhagieen  in 
die  Follikel.  Es  ist  gelbroth  oder  schwarz  und  ist,  in 
Kömchen-  oder  Krystallform,  meist  von  Narbengewebe 
umgeben,  zuweilen  als  dicke,  breiige  Masse  in  den  Folli- 
keln enthalten. 

Enchondrome  sind  als  kleine  Höcker  oder  faust- 
grosse  Geschwülste  selten. 

Concretionen  finden  sich  im  neugebildeten  Bindege- 
webe; wirkliche  Neubildung  von  Knochjengewebe 
in  und  neben  Cysten. 

Cysten  kommen  im  Ovarium  sehr  häufig  und  in  den 
mannichfaltigsten  Gestalten,  welche  im  ersten  Theile  be- 
ben wurden,  vor;  sie  stellen  meist  den  sogenannten  Hy- 
drops ovarii  dar. 


A.  Hydrops  der  GraaTscheu  Follikel.  Einer 
oder  mehrere  Follikel  yergrössem  sich  durch  Anhäufung 
von  Serum  in  ihrem  Oayum  und  Verdickung  ihrer  Wände, 
in  Folge  einer  allmäligen  Veränderung  der  Emährungs* 
Verhältnisse  im  Follikel  oder  durch  Entzündung  derselben. 
Die  Follikel  stellen  kleinere  oder  grössere,  mit  hellem  Se-< 
rum  gefüllte,  dünnwandige  Cysten  dar,  welche  neben  ein- 
ander aus  dem  Ovarium  herrorragen,  sich  gegenseitig  ab- 
platten, wohl  auch  durch  Schwund  ihrer  Zwischenwände 
unter  einander  communiciren.  Meist  entwickelt  sich  eine 
vorzugsweise,  wächst  nach  oben  und  erreicht  eine  beträcht- 
liche Grösse;  die  ganze  Gystenmasse  wird  selten  grösser 
als  ein  Mannskopf,  nur  Kiwi  seh  wiU  dergleichen  Cysten 
von  enormem  Umfang  (40  Pfimd  Inhalt)  gesehen  haben. 
Das  Ovarium  ist  an  der  Basis  noch  erkennbar  oder  es  ist 
in  den  Cysten  untergegangen,  bildet  zuweilen  an  der  Basis 
eine  Art  Kapsel  um  die  Cysten. 

Die  Wände  der  Cysten  bestehen  aus  Bindegewebe ,  sind 
innen  glatt  und  mit  Epithelium  ausgekleidet;  zuweilen  er- 
scheinen sie  sehr  dick,  an  der  Innenwand  prominiren  fibröse 
Granulationen,  die  zerstreut  oder  in  blumenkohlförmigen 
Gruppen  sitzen  und  zuweilen  kleinere  Cysten  völlig  ausfül-^ 
len,  und  so  den  Uebergang  zu  den  Cystosarcomen.  bilden. 
In  den  Wänden  kann  Entzündung  und  Hämorrhagie  statt 
finden.  Zuweile'n  finden  sich  in  ihnen  Knorpel-  und  Kno- 
chenplatten oder  totale  Verknöcherung. 

Der  Inhalt,  anfangs  ein  helles,  eiweissreiches  Serum, 
kann  durch  Extravasate  und  Exsudate  verändert  werden  und 
sich  durch  deren  Metamorphosen  bald  als  braune,  chocoladen- 
farbige,  bald  als  gelbe,  rahmartige  Flüssigkeit  darstellen. 

Diese  Cystengeschwülste  wachsen  meist  sehr  langsam 
und  bleiben  dann  auf  einer  gewissen  Stufe  unverändert  ste- 
hen, selten  ninunt  ihr  Inhalt  durch  Resorption  ab,  zuwei- 
len schnimpfen  sie  nach  Entzündung  ihrer  Wände  ein  und 


439 

im  Inhalte  und  deli  Wänden  erscheinen  dann  Goncretionen. 
Selten  bersten  sie  durch  Contusionen  oder  spontan,  und  be- 
wirken dann  durch  Peritonitis  den  Tod;  doch  wurde  in 
einzelnen  seltenen  Fällen  auch  Heilung  des  Bisses  beob- 
achtet. 

B.  Colloid-9  Gallert-Cysten.  Das  Colloid  des 
Eierstocks  bildet  die  grössten  und  schwersten  Geschwulste 
am  Eierstocke  und  an  und  ffir  sich  oder  in  seinen  Ausgän- 
gen die  häufigste  Form  des  Hydrops  ovartu  Es  besteht 
aus  zahlreichen  y  mit  Colloid  gefüllten  und  mit  Epithelium 
ausgekleideten  9  fibrösen  Cysten  im  Oyarium;  die  Colloid- 
masse  ist  grösstentheils  frei,  enthält  aber  auch  Fasemetz- 
reste, Kömchenzellen,  grosse  und  kleine,  einfache  undcon- 
centrisch  geschichtete  Colloidzellen,  incrustirte  derartige  Zel- 
len, die  sich  ganz  wie  Himsand  verhalten.  Das  Epithe- 
lium ist  meist  Pflasterepithel,  in  einzelnen  Cysten  fand  ich 
auch  Cylinderepithel. 

Die  kleinsten  Cysten  haben  ^ — j^^"  Dchm. ,  durch  all- 
mälige  Vermehrung  ihres  Inhaltes  und  durch  Zusammen- 
fliessen  entstehen  grössere  von  Erbsen-  bis  Taubeneigrösse, 
diese  wadisen  zuweilen  zu  enormem  Umfang,  comprimiren 
dann  alle,  in  ihrer  nächsten  Umgebung  liegenden  kleinen 
Cysten,  welche  schwinden  und  die  Wand  der  grossen  yer- 
dicken  helfen.  Der  Inhalt  grösserer  Cysten  besteht  aus  hel- 
ler, gelblicher,  zähflüssiger  oder  consistenterer  GaUert;  in 
derselben  bemerkt  man  als  weisse  Netze  und  Streifen  die 
Beste  der  geschwundenen  Wände  des  primären  Bläschen, 
bestehend  aus  Spuren  von  Bindegewebe,  Fettkügelchen,  ver- 
schrumpften und  mit  Fettkömchen  gefällten  Epithelialzellen. 

Die  äussersten  Cysten  wachsen  meist  enorm  und  kön- 
nen den  Umfang  eines  schwangeren  Uterus  erreichen  und 
übertrefien«  Man  findet  dann  den  Unterleib  ausgefüllt  mit 
der  enormen  Geschwulst,  bestehend  aus  Cysten,  die  an  der 
Peripherie  ausserordentlich  gross   sind,  nach  der  Mitte  zu 


440 

kleiner  werden  und  an  der  Basis  eng  zusammengedrängt 
ein  mit  Gallert  gefülltes,  alveolares  Maschengewebe  darstel- 
len,  in  welchem  man  an  einzelnen  Stellen  die  Bildung  se~ 
cundärer  Cysten  durch  Zusammenfliessen  der  kleinen  primä- 
ren verfolgen  kann. 

Die  äussersten  grossen  Cysten  sind  nicht  immer  mit 
Gallerte  gefüllt,  sondern  zuweilen  mit  einer  aus  deren  Ver- 
flüssigung entstandenen  gelblichen,  rahmartigen  oder  wäs- 
serigen Masse,  die  alkalisch  reagirt,  reich  an  Natronalbu- 
minat  ist,  daher  durch  Kochen  nicht  coagulirt  und  als  mi- 
kroskopische Elemente  Epithelialzellen  und  Fettkömchenzel- 
len und  freie  Fettkügelchen  enthält.  (Die  Flüssigkeit  bei 
Hydrops  der  Graafschen  Follikel  ist  meist  heUer,  coagulirt 
durch  Kochen  und  enthält  nur  wenig  Epithelien.) 

Die  erweichten  CoUoidcysten  können  wie  die  serösen 
bersten  und  ihren  Inhalt  zum  Theil  in  die  Bauchhöhle  er- 
giessen,  sie  können  nach  vorhergegangener  Verwachsung 
und  Versch wärung  ihren  Inhalt  durch  die  Blase,  die  Schei- 
de, den  Mastdarm  entleeren.  In  kleinen  CoUoiden  findet 
zuweilen  Resorption  statt,  nach  welcher  Cholestearinkry- 
stalle,  Fett  und  Kalksalze  zurückbleiben,  um  welche  die 
Cysten  einschrumpfen. 

Weitere  Veränderungen  sind  durch  Blutungen  aus  den 
Wänden  und  Entzündungen  der  letzteren  möglich.  Ferner 
finden  durch  Entzündungen  des  Bauchfells  Exsudationen  auf 
der  Oberfläche  und  Adhäsionen  mit  den  Bauchwänden,  Där- 
men und  dem  Netze  statt. 

Meist  erkrankt  nur  ein  Ovarium;  erkranken  beide,  so 
erreicht  nur  bei  einem  die  Geschvrulst  einen  grossen  Um- 
fang. 

Die  Bildungsweise  der  kleinsten  Cysten  fand  sich  in 
z^wei  Fällen  analog  der  der  Cysten  in  Alveolarkrebs :  col- 
loidhaltige  Zellen  drängten  anfangs  hie  und  da  die  Faser- 
mge  des  Ovariums  zu  einem  feinen  Alveolametz  aus  ein- 


441 

aiider^  dauu  wurden  diese  anfangs  nur  cysteuartigen  Bäume 
zu  wirklichen  Cysten  ^  indem  sich  die  umgebenden  Faser- 
lagen zu  einer  Cystenwand  umbildeten,  welche  nach  Schwund 
des  feinen  Fasernetzes  eine  Auskleidung  Ton  Pflaster-  oder 
Cylindercpithelien  enthielt;  die  colloidhaltigen  ZeUen  oder 
nach  deren  Zerfall  frei .  gewordene  GoUoidmasse  bildeten 
dann  den  Inhalt.  In  zwei  anderen  Fällen  konnte  ich  nur 
fertige  Cysten  finden ,  was  auf  eine  massenhafte  Bildung 
von  Graafschen  Follikeln  schliessen  liesse. 

C.  Cysten  mit  consistentem  Inhalte  finden  sich 
einzeln  oder  zu  grossen  Cystoiden  zusammengesetzt.  Es 
sind  fibröse  Cysten  mit  Epithelialauskleidung  und  einer 
festen  oder  weicheren  grützbreiartigen,  aus  abgestossenen 
Epithelien  und  Fett  bestehenden  Masse  als  Inhalt.  Zuwei- 
len ist  ihre  Wand  cutisartig  organisirt  oder  es  finden  sich 
cutisartige  Stellen  als  erhabene,  fein  granulirte  Plaques  an 
der  Innenwand,  in  dieser  neugebildeten  Cutis  finden  sich 
alle  Elemente  der  Cutis,  die  abgestorbenen  Haare  bilden  oft 
dicke  Knäuel  und  Zöpfe.  Von  den  Wänden  dieser  Cysten 
erheben  sich  auch  zuweilen  Zahnsäckchen,  in  welchen  Zähne 
sitzen;  oder  es  bilden  sich  Knochen  und  Kiiorpel  in  den 
fibrösen  Wänden.  Zuweilen  tritt  in  diesen  Bälgen  spon- 
tane Entzündung  ein,  welche  zu  Eiterbildung,  Perforation 
benachbarter  Theile  und  Entleerung  der  krankhaften  Mas- 
sen durch  Fistelgänge  der  Bauchwand,  des  Darmes  und  der 
Blase  führt. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Li?r.  6.  PI.  3.    Li?r.  18.   PI.  3—6. 
Livr.  25.  PI.  1.    Baillie  Fase.  9.  PI.  7. 

Krebs  findet  sich  nicht  selten  als  Markschwamm,  der 
allmälig  das  0?arium  zerstört  und  zu  faust-  und  kinds- 
kopfgrossen  Geschwülsten  wuchert.  Er  ist  oft  combinirt 
mit  .Cystenbildung  und  neben  ihm  finden  sich  meist  Krebse 
in  anderen  Organen,  z.  B.  in  den  Brüsten,  dem  Uterus, 
Magen  ^  Mastdarm , .  den  benachbarten  Lymphdrüsen.   Fibrö- 


442 

ser  Krebs  ist  selten ,  erreicht  aber  nach  Kiwi  seh  zuwei- 
len einen  beträchtlichen  Umfang. 

AbbUa.:  Hope  Fig.  195. 

Hier  wäre  auch  die  sogenannte  Oyarienschwanger- 
Schaft  zu  erwähnen;  einige  Beobachtungen  scheinen  näm- 
lich dafür  EU  sprechen ,  dass  zuweilen  das  Eichen  im  ge- 
borstenen FoUikel  zurückbleiben  und  daselbst  befruchtet 
werden  könne ,  worauf  sich  das  Ei  und  der  Embryo  weiter 
entwickeln  und  dadurch  in  der  Ovariengegend  eine  Ge- 
schwulst entsteht. 

2.    Die  Eileiter. 

Bildungsfehler.  Mangel  der  Tuben  findet  sich  ge- 
wöhnlich neben  Mangel  oder  rudimentärer  Bildung  des  Ute- 
rus; zuweilen  sind  sie  bei  wohlgebildetem  Uterus  sehr  eng 
oder  an  einem  oder  dem  anderen  Ende  geschlossen.  Im 
hohen  Alter  sdirumpfen  die  Tuben  ein. 

Hyperliiiile.    SSntziindnii^« 

Hyperämie  und  Blutung  der  Schleimhaut  kommt 
in  einzelnen  Fällen  bei  der  Menstruation  yor,  femer  bei 
Hyperämieen  des  Uterus,  bei  Typhus,  Purpura.  Das  Blut 
wird  in  den  Uterus,  seltener  in  die  Peritonealhöhle  entleert ; 
hatte  Obliteralion  der  Tuben  stattgefunden,  so  folgt  zuwei- 
len Berstung  derselben.  Am  häufigsten  erfolgt  Blutung 
durch  Berstung  der  Tuben;  in  einzelnen  Fällen  sah  man 
Blut  vom  Uterus  in  die  Tuben  getreten. 

Entzündung  ist  als  Katarrh  sehr  häufig,  welcher 
sich  Yon  der  Uterinschleimhaut  auf  die  Tuben  fortsetzt,  oder 
nach  puerperalen  Entzündungen  zurückbleibt.  Man  findet 
die  Tuben  erweitert,  geschlängelt,  ihre  Wände  verdickt, 
die  Schleimhaut  gewulstet,  schieferfarbig,  bedeckt  jon 
Schleim.  Der  Katarrh,  an  und  für  sich  ein  unbedeutendes 
Leiden,  veranlasst  zuweUen  Verstopfung  und  völlige  Obli- 


443 

teration  der  Tubenmündung  und  .wird  Uadurcb  wichtig  (Ste- 
rilität.) 

Die  letzteren  Vorgänge  haben  Anhäufung  yon  Schleim 
und  beträchtliche  Erweiterung  der  Tuben  zur  Folge; 
die  Erweiterung  ist  gleichförmig  oder  an.  einzelnen  Stellen 
als  sackige  Ausbuchtung  vorwiegend,  so  dass  die  Tube  aus 
Cysten  zu  bestehen  scheint  Mit  zunehmender  Schleiman- 
häufung wird  die  Schleimhaut  yerdünnt,  einer  serösen  Haut 
ähnlich 9  der  Schleim  wird  dünnflüssiger,  wässeriger  (Hy- 
drops  Tubarum).  Die  Erweiterung,  die  meist  in  beiden 
Tuben  gefunden  wird,  hat  gewöhnlich  den  Umfang  eines 
Dünndarms,  doch  wird  sie  auch  faust-  bis  kindskopfgross 
gefunden.  Entleerung  des  Inhalts  erfolgt  selten :  durch  Ber* 
stung  der  Wände,  durch  geschwürige  Perforation  oder 
durch  das  wieder  permeabel  werdende  0$tuan  taerinum. 

Abbildung:  Froriep,  Klin.  Kpft  X.  57,  68. 

Die  puerperalen  Entzündungen  der  Tuben  setzen  oft 
croupöse  oder  diphtheritische  Exsudate,  führen  zu  Vereite- 
rung der  Wände  und  Abscessbildung  in  den  Tuben,  wäh- 
rend dieselben  Vorgänge  ausserhalb  des  Puerperiums  sehr 
selten  sind. 

ÜTeul^ilfliuiiren« 

Von  Neubildungen  finden  sich  zuweilen  kleine 
fibröse  Greschwülste  in  den  Wänden.  Sehr  häufig  sind 
kleine,  gestielte,  seröse  Cysten  im  Peritoneum. 

Krebs  ist  sehr  selten  yon  benachbarten  Theilen  auf 
sie  fortgepflanzt. 

Tuberkulose  findet  sich  meist  neben  Uterustuberku- 
lose als  Umwandlung  der  Schleimhaut  in  eine  dicke,  gelbe, 
käsige  Masse,  selten  als  Granulationen.  Der  Zerfall  der 
Tuberkelmasse  .  führt  zur  Bildung  yon  Jaucheherden  und 
Perforation  der  Tuben. 

Abbild.!  Cruveilhier  Livr.  39.  PL  3.    Hope  Fig.  207,  20a 


444 

TiibAi*8Cliwaiij|er«cliaft. 

Tubarschwangerschaft  nennt  man  den  Zustand, 
in  welchem  das  befruchtete  Ei  innerhalb  der  Tuben  sich 
weiter  erweitert.  Die  Tuben  werden  durch  das  wachsende 
Ei  ausgedehnt  und  bilden  eine  Art  Fruchthalter;  es  ent- 
wickelt sich  eine  Placenta,  aber  keine  Decidua.  Meist  zer- 
reisst  die  Tuba  in  der  8.  — 12.  Woche  der  Schwangerschaft, 
es  erfolgt  Bluterguss  und  Austritt  des  ganzen  Eies  oder  des 
Embryo.  Zuweilen  erfolgt  Eiterung  und  Verjauchung  der 
Wände  und  des  Embryo ,  Perforation  des  Dickdarms,  der 
Scheide,  der  Bauchwand,  Blase,  des  Dünndarms  und  Ent- 
leerung. Kiwisch  unterscheidet:  einfache  Tuben- 
schwangerschaft, wenn  das  Ei  in  der  Höhle  der  Tu- 
ben zur  Entwickelung  kommt;  interstitielle  T.,  wenn 
sich  das  Ei  in  dem  Theile  der  Tubenhöhle  entwickelt,  wel- 
cher zwischen  den  Wänden  des  Uterus  verläuft;  Tuben- 
bauchschwangerschaft,  wenn  das  Ei  zwischen  den 
Franzen  zur  Entwickelung  kommt  und  das  Peritoneum  und 
organisirte  Exsudate  zum  Fruchthalter  beitragen. 

3.    Der   Uterus. 

Bildong^fifeliler. 

Mangel  des  Uterus  ist  selten,  findet  sich  neben  man- 
gelhaft gebildeter  Scheide,  Tuben  und  Ovarien  oder  bei 
normalem  Verhalten  dieser  Theile. 

Entwickeln  sich  die  Müller'schen  Gänge  aus  dem  frü- 
hesten fötalen  Zustand  in  den  reifen,  ohne  in  einen  Kanal 
zu  verschmelzen,  so  gehen  daraus  folgende  Theilungen 
oder  scheinbare  Verdoppelungen  des  Uterus  und  der 
Vagina  hervor: 

1)  Der  Uterus  allein  ist  vollständig  getheilt ,  aber  man- 
gelhaft entwickelt,  man  findet  in  den  Bauchfellfalten  zwei 
solide  oder  hohle  kleine  Uterushörner ,  nach  oben  mit  den 


445 

Tuben,  nach  unten  mit  der  Vagina  in  unvollkommenem  Zu- 
sammenhang: Uterus  bipartitus.  2)  Aus  der  einseiti- 
gen Entwickelung  eines  dieser  Uterusrudimente  geht  heryor 
der  Ut  unicornis,  walzenförmiger  Uterus,  nach  einer 
Seite  geneigt  in  die  Tuba  laufend,  Cervix  gerade,  auf  der 
anderen  Seite  ein  Uterusrudiment.  3)  Aus  der  gleichmässi- 
gen  Entwickelung  der  beiden  Rudimente  des  U.  bipartitus 
geht  hervor:  der  ü.  bicornis,  zwei  Uterushälften  fliessen 
in  einem  Körper  zusammen,  der  Cervix  ist  ebenfalls  ge- 
spalten oder  nicht;  die  Spaltung  des  Uteruskörpers  ist  zu- 
weilen nur  durch  eine  seichte  Einbuchtung  angedeutet.  4)  Den 
geringsten  Grad  der  Spaltung  nennt  man  ü.  bilocularis, 
äusseriich  ist  keine  Spaltung  zu  bemerken ,  die  Höhle  ist 
durch  eine  Scheidewand  getrennt,  welche  zuweilen  bis  zum 
Orificium  externum  reicht.  In  allen  diesen  Fällen  ist  die 
Scheide  entweder  einfach  oder  sie  ist  ebenfalls  durch  eine 
Scheidewand  gespalten ;  der  vollkommenste  Grad  dieser  Spal- 
tung ist  der,  wo  in  jede  Scheidenabtheilung  eine  besondere 
Vaginalportion  des  Uterus  ragt  und  in  jeder  ein  besonderes 
Hymen  vorhanden  ist.  5)  Nur  die  Scheide  ist  doppelt,  der 
Uterus  einfach. 

Abbildungen:  Ammon  T.  19.    Vrolijc  T.89,90.    Cruveilhier 
Livr.  4.  PI.  6.  Livr.  13.  PL  6. 

Mangelhafte  Entwickelung  zur  Zeit  der  Puber- 
tät; der  Uterus* ist  sehr  Uein,  hat  noch  fötale  Form,  die 
übrigen  Geschlechtsorgane  sind  ebenfalls  unentwickelt,  sel- 
ten normal.  Diesem  Zustande  entgegengesetzt  kommt  eine 
frühzeitig«  Entwickelung  des  Uterus  vor  der  Puber- 
tät, vor. 

Mangelhafte  Bildung  der  Vaginalportion; 
Atresie  des  Muttermundes  durch  die  nicht  perforirte 
Scheidenschleimhaut  oder  durch  Uterussubstanz. 

.  Angeborene  Schiefheit  des  Uterus;  die  Form  ist 
verschoben,  das  eine  Hom  lagert  höher  und  ist  gewöhnlich 


446 

massenhafter  entwickelt,  auch  die  Vaginalportion  ist  schief, 
der  Uterus  ist  yom  Sdieidengewölbe  oder  der  Körper  yom 
Cerrix  seitlich  in  einem  Winkel  abgebogen. 

Zu  unterscheiden  dayon  ist  die  seitliche  Schieflage 
(s.  unten)  und  die  seitliche  Stellung  ausserhalb  der 
Mittellinie  des  Becken^. 

Zuweilen  findet  sich  eine  angeborene  An tro  flexi  o, 
seltener  eine  Retroflexio. 

Ilayeverlinfleraiiffeii. 

1)  Der  ganze  Uterus  ist  nach  yom  oder  hinten,  oder 
seitlich  in  einem  starken  Winkel  geneigt:  Antroyersio, 
Neigung  nach  yom  ist  selten  und  wird  durch  Drack  oder 
Zug  bewirkt;  Retroyersio  ist  häufiger  und  steigert  sich 
bis  zu  dem  Grade,  dass  der  Fundus  tiefer  liegt  als  die 
Portio  vagi$uzHs  und  zwischen  Rectum  und  Scheide  einge- 
keilt wird.  Prädisponirende  Momente  sind:  weites  Becken, 
geringe  Beckenneigung,  weiter  Douglas'scher  Raum;  bedin- 
gende Momente:  starke  Bauchpresse,  Heben  schwerer  La- 
sten, schwerer  Stuhlgang,  Zug  oder  Druck  yon  Greschwül- 
sten,  resp.  Vergrösserung  des  Utemskörpers  durch  Schwan- 
gerschaft der  ersten  drei  Monate  (vom  vierten  Monate  der 
Schwangerschaft  an  kann  ein  partielles  Herabsinken  der 
hinteren  Uterinwand  stattfinden);  Zug  durch  Adhäsionen. 
Seitliche  Schieflage  (IncUnatio  lateralis)  diu:ch  Ver- 
kürzung eines  der  breiten  Mutterbänder,  durch  Adhäsionen, 
Geschwülste. 

2)  Der  Uteruskörper  ist  yom  geraden  C«ryii  nach  yom, 
hinten'  oder  seitlich  gebeugt.  Antroflexio,  Beugung, 
Knickung  nach  yom;  Retroflexio  nach  hinten;  Schief- 
heit des  Uterus,  Knickung  nach  der  Seite.  Die  Zu- 
stände treten  meist  an  einem  durdh  Katarrtie ,  Metrorrfaa- 
gieen ,  -  häufige  Entbindungen  erschlafften  Uterus  unter  den- 
selben Bedingungen  als  die  vorige  ein. 


447 

3)  Der  ganze  Uterus  ist  in  die  Scheide  oder  nach  aus- 
sen herabgesunken:  Descensus  und  Prolapsus  uteri 
(Hysteroptosis) ;  die  Scheide  folgt  dem  Uterus,  indem  sie 
sich  umstülpt.  Am  häufigsten  tritt  der  Frolapsus  nadi  der 
Entbindung  ein  und  zwar  meist  rasch  und  plötzlich;  prä- 
disponirend  ist  die  Erschlaffung  der  Scheide  und  der  Bauch- 
fellfalten nach  der  Entbindung ,  bedingend  meist  starke 
Bauchpresse;  seltefn  treten  dieselben  Verhältnisse  ohne  yor- 
hergehende  Entbindung  ein.  Der  Prolapsus  erfolgt  femer 
langsam  und  meist  unTollständig :  durch  Zerrung  yon  der 
Vagina  aus  bei  Vorfall  und  Hernien  derselben  (s.  unten), 
durch  Druck  und  Zug  von  Geschwülsten,  durch  Hypertro- 
phie des  Uterus  bei  übrigens  günstigen  Umständen. 

Der  Uterus  kann  vor  dem  völligen  Prolapsus  durch 
Zerrung  verlängert  und  vergrössert  werden,  nach  dem  Pro- 
lapsus durch  Stockung  des  Blutlaufs  ebenfalls  an  Grösse 
zunehmen;  ist  der  Vorfall  vollständig,  so  sieht  man  zwi- 
schen den  Schamlippen  eine  rundliche  oder  längliche  Ge- 
schwulst vortreten,  deren  Aussenwand  die  umgestülpte,  ver- 
dickte, geröthete  Scheide  bildet;  an  dem  äussersten  Ende 
sieht  man  die  Oeffnung  der  Vaginalportion,  das  Innere  der 
Geschwulst  bildet  der  Uterus.  Die  Scldeimhaut  der  umge- 
stülpten Scheide  ist  Anfangs  stets  gereizt  und  entzündet, 
aUmälig  wird  sie  härter,  trockner  und  dem  Gorium  ähn- 
licher. 

Abbildungen:  Froriep,  Cbir.  Kpft.  T.  61,  fö,  388,  389,  416, 
417,  435.  CruYeilhier  Livr.  16.  VI  5.  Livn  26.  Fl.  6.  Bailllt 
Fase.  9.  PI.  5. 

Dem  Descensus  entgegengesetzt  ist  die  Erhebung 
des  Uterus  durribi  Vergrösserui^  desselben :  durch  Fibroi- 
de,  Blut-  und  Wasseransammlung  in  seiner  Höhle;  durch 
Gresdiwülste  des  Ovarium  und  des  Beckens;  durch  Adhä- 
sionen während  der  Schwangerschaft. 

Umstülpung,   inversio  uteri^    beginnt  mit  dem 


448 

Einsinken  des  Grundes,  bildet  sich  durch  Einstülpung  des 
Grundes  in  den  Cervix  und  Vagina  weiter  aus  und  erreicht 
als  yollständige  Umstülpung  des  ganzen  Uterus  mit  Aus- 
wärtskehrung  seiner  Schleimhaut  den  höchsten  Grad;  meist 
ist  dann  zugleich  die  Scheide  prolabirt  und  der  umgestülpte 
Uterus  liegt  vor  der  Schamspalte.  Die  Umstülpung  findet 
fast  nur  nach  der  Entbindung  statt,  durch  von  aussen  drük- 
kende,  yon  innen  ziehende  Gewalt,  z.  B.  heftigen  Zug  an 
der  Nabelschnur  bei  adhärenter  Placenta.  Selten  findet  sie 
an  einem  durch  Polypen,  Serum  oder  Blut  ausgedehnten 
und  erschlafften  Uterus  statt.  Die  Umstülpung  erfolgt  rasch 
oder  allmälig,  es  folgen:  Entzündung  des  Uterus  und  sei- 
ner Umgebung,  Brand  u.  s.  w.;  oder  chronische  Entzün- 
dung, Verwachsung,  Blutungen;  in  seltenen  Fällen  keine 
bedeutenden  Veränderungen. 

Abbildungen:  Froriep,  CUn.  Kpft.  T..42.    Baillie  Fase.  9. 
Hernia  uteri  (Hysterocele),  der  Uterus  liegt  in  einem 
Inguinal-  oder  Cruralbruche,  in  welchen  er  durch  Adhäsio- 
nen nachgezerrt  wurde. 

Abbildungen:   Cruv  eil  hier  Livr.   34.   PI.  6.     Froriep,   Chir. 
Kpfl.  T.  424. 

Grösfiieveränderungen. 

Hypertrophie  des  Uterus  kommt  fast  nie  spontan 
vor,  sondern  meist  als  sekundäres  Leiden  bei  langwierigen 
Hyperämieen,  z.  B.  eines  prolabirten  oder  zurückgebeugten 
Uterus;  bei  Katarrhen,  Polypenbildung  auf  der  Schleimhaut; 
bei  Fibroiden  in  der  Uterussubstanz;  bei  Zerrung  des  Ute- 
rus durch  Adhäsionen  und  Geschwülste,  bei  Verschliessung 
des  Muttermundes  oder  der  Scheide.  Der  hypertrophische 
Uterus  erreicht  zuweilen  den  Umfang  einer  Faust  oder  des 
Kopfes  eines  Neugeborenen,  seine  Wände  sind  ^ — 1"  dick, 
fest ,  blutreich ,  die  Höhle  ist  klein,  die  Schleimhaut  oft  hy- 
perämisch. 


449 

Häufiger  ist  Hypertrophie  der  Vaginalportion, 
welctie  ausser  durch  die  genannten  Momente  Torzugsweise 
durch  häufige  Geburten  bedingt  wird.  Die  Vaginalportion 
wird  entweder  gleichmässig  vergrössert,  oder  vorzugsweise 
eine  Lippe;  die  vergrösserten  Theile  ragen  in  die  Scheide 
als  konische  Zapfen  oder  polypenartige  Geschwülste. 

Die  Hypertrophie  entwickelt  sich  langsam  und  bleibt, 
meist  auf  einem  Punkte  angelangt,  unverändert  stehen. 

Atrophie  des  Uterus  tritt  im  hohen  Alter  gewöhn- 
lich ein ,  zuweilen  auch  früher  nach  langwierigen  Katarrhen, 
häufigen  Entbindungen,  puerperalen  Entzündungen,  durch 
Druck  von  Fibroiden.  Der  atrophische  Uterus  hat  die  Hälfte 
oder  den  dritten  Theil  des  normalen  Umfangs,  seine  Sub- 
stanz ist  fest,  blutarm,  die  Höhle  eng,  die  Schleimhaut 
dünn.  Zuweilen  ist  die  Consistenz  der  Substanz  des  decre- 
piden  Uterus  vermindert,  besonders  am  Fundus,  sie  ist 
morsch,  brüchig  und  leicht  zerreisslich,  die  Gefässwände 
sind  verdickt,  zuweilen  verknöchert. 

Atrophie  der  Vaginalportion  findet  sich  zuwei- 
len spontan  bei  jungen,  mannbaren  Individuen,  häufiger  se- 
kundär nach  wiederholten  Entbindungen  und  Geschwüren. 

Atrophie  der  Cervicalportion  findet  sich  haupt- 
sächlich bei  Zerrung  des  Uterus,  der  Cervix  wird  lang  aus- 
gezogen und  allmälig  verdünnt,  die  Vaginalportion  schwin- 
det und  die  Scheide  läuft  nach  oben  zu  konisch  aus.  Bei 
fortgesetztem  Zuge  kann  endlich  eine  völlige  Trennung  des 
Zusammenhanges  des  Scheide  und  des  Uterus  durch  völli- 
gen Schwund  des  Cervix  eintreten. 

Erweiterung  der  Höhle  des  Uterus  tritt  ein  durch 
zurückgehaltenes  Menstrualblut ,  Schleim  u.  s.  w.  bei  Ver- 
stopfung oder  Atresie  des  Cervix,  der  Scheide ;  durch  fibröse 
Polypen.  Der  durch  angehäuftes  Sekret  erweiterte  Uterus 
bekommt  eine  kugelförmige  Gestalt  und  erreicht  zuweilen 
einen  beträchtlichen  Umfang ,  seine  Wände  bleiben  normal 

29 


450 

dick,  nehmen  an  Dicke  zu,  oder  werden  dünner,  atrophisch. 
Findet  die  Atresie  am'  Orificium  intemum  und  extermtm  zu- 
gleich statt,  so  findet  zuweilen  eine  gleichzeitige  kugelför- 
mige Erweiterung  des  Körpers  und  des  Halses  statt  {Ute- 
ms  bicameratuB  vetularum^  Mayer). 

Verengerung  der  Höhle  ist  oft  Folge  der  Atro- 
phie; durch  Adhäsionen  nach  Entzündimg  kann  eine  par- 
tielle oder  totale  Obliteration  der  Höhle  eintreten.  Der  Ka- 
nal des  Cervix  ist  häufig  verstopft  durch  Schleim,  Polypen 
oder  Krebs;  durch  Adhäsionen  nach  Entzündung  können 
Atresieen  an  einzelnen  Stellen  oder  Obliteration  des  ganzen 
Cervix  erfolgen. 

« 

Hyperftmle«    H&morrliasie. 

Hyperämie  des  Uterus,  insbesondere  seiner  Schleim- 
haut findet  sich  bei  jeder  Menstruation,  bei  Brust-  und 
Herzleiden,  nach  Einwirkung  innerer  und  äusserer  Exci- 
tantien,  bei  Typhus,  Cholera,  Scorbut,  bei  Anwesenheit 
von  Polypen,  Fibroiden,  bei  Katarrh  der  Schleimhaut.  Der 
hyperämische  Uterus  ist  meist  vergrössert,  seine  Substanz 
weich,  saftig,  dunkel  gefärbt,  auf  der  Schnittfläche  quillt 
reichlich  Blut  aus  zahlreichen  Gefässen,  die  Schleimhaut 
ist  gewulstet,  weich,  in  der  Höhle  oft  blutiger  Schleim 
oder  Blut. 

Hämorrhagieen  findet  sich  unter  denselben  Bedin- 
gungen wie  Hyperämie ,  das  Blut  wird  sparsam  oder  mas- 
senhaft in  die  Höhle  des  Uterus  ergossen  und  wird  durch 
die  Scheide  entleert. 

Blutung  in  der  Uterinalsubstanz  kommt  als  kleine  Ex- 
travasate bei  Hyperämieen  vor.  Eine  Blutung  voii  grosse* 
rem  Umfang  kommt  im  decrepiden  Uterus  alter  Weiber  vor, 
findet  sich  hauptsächlich  im  Fundus,  welcher  mit  massen- 
haften Extravasaten  durchsetzt,  dunkelroth,  morsch  und 
brüchig  ist;   die  Schleimhaut  ist  ebenfalls  mit  Blut  infiltrirt 


451 

und  oft  ist  Blut  in  die  Höhle  ergossen.  In  den  höchsten 
Graden  ist  die  Uterinalsubstanz  dnrch  Blutherde  zerklüftet. 
Der  Blutabgang  durch  die  Scheide  ist  gering  oder  fehlt 
ganz,  überhaupt  ist  das  Leiden  von  geringen  Erscheinun- 
gen begleitet.  Geringere  Grade  heilen  unter  Bildung  eines 
gelb  oder  roth  pigmentirten ,  lockeren  Narbengewebes.  Fer- 
ner finden  sich  bedeutende  Extravasate  in  bei  der  Geburt 
gedrückten  und  gequetschten  Partieen. 

Abbüdungen:  Cruveilhier  Livr.  24.  PL  2. 

Hämorrhagieen  der  Wöchnerinnen  erfolgen 
meist  aus  den  Gefässen  der  Placentarstellc  bei  mangelhafter 
Contraction  des  Uterus. 

Findet  Atresie  der  Scheide  oder  des  Cervix  uteri  statt, 
so  häuft  sich  das  Blut  im  Uterus  an  und  erweitert  densel- 
ben (Hämatometra).  Am  häufigsten  ist  dieser  Zustand 
eine  Folge  angehäuften  Menstrualblutes.  Der  Umfang  des 
Uterus  wird  dabei  oft  sehr  beträchtlich  vermehrt  und  er 
kommt  wie  bei  Schwangerschaft  in  der  Bauchhöhle  zum 
Vorschein;  doch  bleibt  die  Vergrösserung  meist  auf  einer 
gewissen  Stufe  stehen.  Das  Blut  bildet  meist  eine  dicke, 
halbflüssige,  schwarze  Masse,  zuweilen  gerinnt  es;  bei  lan- 
ger Dauer  des  Zustandes  geht  es  die  gewöhnlichen  Verän- 
derungen ein. 

Auch  nach  nicht  menstrualen  Blutungen  in  die  Uteri- 
nalhöhle  erfolgt  zuweilen  kein  Abfluss  des  Blutes  in  die 
Scheide,  sondern  eine  rasche  Gerinnung  desselben,  wodurch 
es  länger  zurückgehalten  wird.  Es  entstehen  feste  Fibrin- 
gerinnsel ,  die  gewöhnlich  den  Cruor  umschliessen  und  durch 
später  folgende  Blutungen  allmälig  vergrössert  werden  Diese 
runden ,  der  erweiterten  Uterushöhle  eng  anliegenden  Fibrin- 
gerinnsel werden  nun  entweder  durch  die  Contractionen  des 
Uterus  bald  entleert  ocler  bleiben  längere  Zeit  zurück;  im 
letzteren  Falle  gehen  die  Gerinnsel  gianz  ähnliche  Verände- 
nmgen  ein ,  wie  die  im  Herzen  und  den  G«fässen ;  sie  wer- 

29* 


452 

den  fest,  organisiren  theilweise  zu  Bindegewebe,  treten  mit 
der  Uterinschleimhaut  durch  Adhäsionen  in  Verbindung  und 
stellen  so  die  sogenannten  fibrinösen  Uteruspoly- 
pen dar. 

Anämie  des  Uterus  findet  sich  bei  Atrophie  derselben 
und  als  Theilerscheinung  allgemeiner  Anämie. 

1.    Entzündung  des  nicht  schwangeren  Uterus. 

1)  Katarrhalische  Entzündung  der  Uterinschleim- 
haut ist  in  ihrer  leichtesten  Form  nicht  selten,  die  Schleim- 
haut ist  yerdickt,  insbesondere  sind  ihre  SchleimfoUikel  ver- 
grössert  und  es  findet  bei  massiger  Hyperämie  eine  stark 
yermehrte  Ausscheidung  von  Schleim  statt  (Phlegmorrhoea 
uteri^  Kiwis ch). 
^  Der  akute  Katarrh,  Metritis  catarrhalis^  mncosa^ 

ist  charakterisirt  durch  capillare.  Injection ,  blutige  Infiltra- 
tion und  Auflockerung  der  Schleimhaut  und  des  anstossenden 
Uterusgewebes ;  die  Höhle  ist  gefüllt  mit  serösem  oder  eitri- 
gem, blutigem  Exsudate.  Zuweilen  ist  gleichzeitig  der  Pe~ 
ritonealüberzug  des  Uterus  injicirt  oder  mit  Exsudat  infil- 
ixirt;  oft  findet  Blutung  in  die  Höhle  statt.  Dieser  Katarrh 
findet  sich  bei  jeder  Menstruation,  femer  nach  Erkältungen, 
Einwirkung  innerer  und  äusserer  Excitantien,  bei  Typhus,^ 
Dysenterieen,  Cholera;  öfters  ist  er  von  der  Vagina  als 
Tripperkatarrh  auf  die  Uterusschleimhaut  fortgepflanzt. 

Wenn  nicht  Heilung  erfolgt,  geht  der  akute  Katarrh 
meist  in  chronischen  über. 

Chronischer  Katarrh,  Bknnorrhoea  uteri,  ist  sehr 
häufig;  er  ist  eine  Fortsetzung  des  akuten  oder  gleich  an- 
fänglich als  chronischer  aufgetreten  und  kommt  schon  bei 
Neugeborenen,  am  häufigsten  aber  von  den  Pubertätsjahren 
an  vor.    Die  Schleimhaut  ist  verdickt,    schiefergrau  oder 


) 


455 

braun,  mit  iiijicirten  Yeneu  und  Ecchymosen  durchselzt, 
häufig  an  einzelnen  Stellen  polypenartig  4usgebuchtet,  durch 
Erosionen  und  Ulcerationen  hie  und  da  zerstört,  durch  in- 
/  filtrirte  Follikel  aufgetrieben.  Die  üterussubstanz  ist  zu- 
weilen fest,  hypertrophisch,  häufiger  schlaff  und  welk,  und 
die  Höhle  erweitert,  mit  citrigem  Sekrete  gefüllt. 

Häufiger  wird  der  Katarrh  begleitet  voü  Kalarru  des 
Schleirahautüberzuges  der  Vaginalportion,  welche  geröthct, 
mit  Schleim  oder  Eiter  bedeckt  ist,  durch  vergrösserte  Fol- 
likel oder  papilläre  Hypertrophie  verdickt  und  granulirt  er- 
scheint. Zuweilen  finden  sich  auch  flache  Excoriationen 
oder  tiefere  FoUikulargeschwüre  der  Vaginalportion. 

Der  akute  und  chronische  Katarrh  haben,  insbesondere 
wenn  sie  von  Ulceration  begleitet  sind,  zuweilen  Adhäsio- 
nen der  üterin wände,  Atresieen  und  Obliterationen  zur 
Folge.  Ist  der  Cervix  verstopft  oder  obliterirt,  so  häuft  sich 
das  katarrhalische  Sekret  im  Uterus  an,  dehnt  ihn  allmälig 
aus,  bewirkt  eine  beträchtliche  Verdünnung  der  Wände,  ins- 
besondere der  Schleimhaut,  welche  allmälig  die  Beschaffen- 
heit einer  glatten ,  serösen  Membran  erhält.  Der  Inhalt  des 
selten  beträchtlich  erweiterten  Uterus  wird  wässerig:  Hy- 
dro metra.  War  der  Cervix  blos  verstopft,  so  finden  zu- 
weilen Entleerungen  durch  die  Scheide  statt. 

2)  Entzündung  der  Uterussubstanz,  Metrilis 
parenchymaiosa. 

Die  akute  Metrilis  parenchymaiosa  geht  meist 
von  einer  akuten  Schleimhautentzündung  aus,  und  ist  we- 
nigstens stets  von  ihr  begleitet.  Der  Uterus  ist  beträchtlich 
angeschwollen,  seine  Substanz  weich,  die  Schnittfläche  dunk- 
ler durch  Injcction,  saftig  durch  Infiltration  mit  Exsudat; 
meist  ist  gleichzeitig  der  Pcrilonealüberzug  entzündet;  häu- 
fig sind  Extravasate  im  Uterusgewebe  und  der  Schleimhaut. 
Ausser  der  Heilung  erfolgt  zuweilen  Induration,  Hypertro- 
phie durch  ncugebildeles  Bindegewebe;  sehr  selten  Eilcrbil- 


154 


^ 


duiig;  die  Abscesse  sind  meist  klein,  doch  erlangeu  sie  zu- 
weilen einen  grösseren  Umfang,  senken  sich,  perforiren  in 
das  umgebende  Zellgewebe  oder  in  das  Rectum;  in  einem 
Falle  erfolgte  Trennung  des  Uterus  von  seinen  Verbindun- 
gen und  Abgang  desselben  durch  die  Scheide.  Häufig  geht 
die  akute  Entzündung  in  chronische  über. 

Die  chronische  Metritis,  chronischer  In- 
farct  (Kiwisch)  folgt  auf  die  akute  Metritis,  oder  findet 
sich  bei  chronischem  Uteruskatarrh,  Fibroiden,  Prolapsus 
uteri,  und ,  auf  den  Cervicatheil  und  die  Vaginalportion  be- 
schränkt, nach  traumatischen,  akuten  Entzündungen  dieser 
Theile  nach  der  Entbindung.  Der  Uterus  erscheint  in  Folge 
der  chronischen  Entzündung  vergrössert  (zuweilen  um  das 
3 — 4fache),  hart,  seine  Schnittfläche  ist  blass,  fest  und 
zeigt  ein  compactes  Zellgewebe,  in  seiner  Umgebung  finden 
sich  meist  sparsame  oder  zahlreiche  peritoneale  Adhäsionen. 
Die  Lippen  der  V^aginalportipn  sind  oft  2  —  3"  verlängert, 
.  plump  und  rauh.  Der  Verlauf  der  Entzündung  ist  sehr 
V  langsam,  die  Beschwerden  verhältnissmässig  stark.  In  den 
climacterischen  Jahren,  nach  Conception,  schweren  Krank- 
heiten ,  insbesondere  Typhus ,  nach  veränderter  Lebensweise 
hat  man  eine  Heilung  beobachtet. 

3)  Croupöse  und  diphtheritische  Entzün- 
dung sind  ausser  im  Puerperium  selten  und  meist  von  der 
Scheide  aus  auf  die  Vaginalportion  fortgepflanzt  bei  Cho* 
lera,  Typhus, 

2.    Eilt  zu  11  düng  des  schwangeren  Uterus. 

Während  der  Schwangerschaft  tritt  zuweilen  eine  akute 
Entzündung  der  Schleimhaut,  resp.  Decidua  des  Uterus  ein, 
welphe  Exsudation,  Blutung  und  Absterben  des  Embryo, 
Abortus  zur  Folge  hat.  Entzündmigen  der  Uterussubstanz 
sind  noch  fraglich.  Nicht  selten  sind  aber  leichte  Perito- 
nealentzündungen  am  Uterus  und  seiner  Umgebung,  zu  wel- 


455 

dien  »ich  in  schlimmen  Fällen  bald  JblnlzUndungen  und  Ei- 
terung im  subperitonealen  Zellgewebe  des  Beckens,  bald 
Gerinnungen  in  den  Venen  —  Phlebitis  —  des  Beckens, 
und  von  diesen  ausgehend  wohl  auch  in  den  Venen  der 
Schenkel  gesellt. 


«  • 


3.    Die  puerperalen  Entzündungen. 

Endometritis  puerperalis,  Entzündung  der  In- 
nenwand des  Uterus;  als  den  geringsten  Grad  kann  man 
den  puerperalen  Uteruskatarrh  ansehen,  der  nach 
der  Entbindung  zuweilen  eintritt  und  ein  flüssiges,  eitriges 
Exsudat  liefert,  welches  mit  den  Lochien  abfliesst,  von  wel- 
chen der  puerperale  Katarrh  im  Grunde  nur  relativ  unter- 
schieden ist.  In  den  höheren  Graden  ist  das  Exsudat  ein 
croupöses  oder  diphtheritisches ;  die  Uterussubstanz  ist  bis 
auf'  eine  gewisse  Tiefe  ebenfalls  infiltrirt,  mehr  oder  weni- 
ger injicirt  und  mit  Extravasaten  durchsetzt.  Im  günstigen 
Falle  erfolgt  Abstossung  des  croupösen  Exsudates  und  nach 
einiger  Zeit  fortgesetzter,  flüssiger  Exsudation  (Katarrh) 
Heilung  und  Regeneration  der  Schleimhaut.  Sehr  oft  er- 
folgt gangränöser  Zerfall  der  Exsudate  und  der  in  sie  ein- 
gesclüossenen  Uterussubstanz,  welcher  besonders  an  der 
Placentarstelle  und  der  Scheidenportion  entwickelt  ist.  Der 
Uterus  ist  dann  gross,  schlaff,  seine  Innenfläche  zu  einer 
schwarzen,  stinkenden  Pulpa  umgewandelt  (Putrescenz 
des  Uterus).  Die  Entzündung  setzt  sich  zuweilen  auf  die 
Tubarschleimhaut  und  von  da  in  einzelnen  Fällen  auf  das 
Peritoneum  fort ;  das  letztere  ist  gewöhnlich  am  Uterus  und 
in  dessen  Umgebung  entzündet.  Häufig  sind  auch  die  Va- 
gina und  die  äusseren  Geschlechtstheile  entzündet. 

Die  Venen  der  Placentarstelle,  des  Uterusparenchyms, 
der  Pleaa.  pampiniform,  sind  bald  frei,  bald  mit  Gerinnseln 
gefüllt,  welche  oft  in  Eiter  oder  Jauche  zerfallen,  wobei 
die  Wandungen  der  Vene  bald  entzündet  sind,  bald  nicht 


456 

(Phlebitis  uterina)  und  secundäre  pyämiscke  Erschei- 
nungen folgen.  Die  Lymphgefasse  finden  sich  ebenfaUs  zu- 
weilen mit  Eiter  gefüllt.  (Lymphangioitis  puerpe- 
ralis.) 

Die  secundären  Erscheinungen  sind:  Exsudationen  auf 
serösen  Häuten :  Peritoneunij  Pleura,  Pericardium,  Arachnoi- 
dea,  Synovialkapseln ;  metastatische  Infarcte  und  Abscesse: 
im  Zellgewebe  der  Haut,  zwischen  den  Muskeln  und  den 
Eingeweiden,  in  den  Lungen,  Herz,  Milz,  Nieren,  Leber, 
Gehirn ;  Gerinnungen  in  entfernten  Venen :  Himsinus ;  crou- 
pöse  und  diphtheritische  Exsudation  auf  Schleimhäuten: 
Dickdarm,  Bachen,  Oesophagus,  Harnblase  u.  s.  w. 

Die  bei  Wöchnerinnen  nicht  selten  vorkommenden 
schmerzhaften  Anschwellungen  eines  oder  des  anderen  Bei- 
nes, die  man  mit  dem  allgemeinen  Namen  Phlegmasia 
alba  dolens  umfasst,  sind  bedingt:  a)  durch  Gerinnsel 
in  der  Cruralvene  oder  der  Saphena,  Stockung  des  Blut- 
laufs und  Oedem  des  Zellgewebes;  b)  durch  akutes  Oedem 
des  Zellgewebes  der  Haut  und  zwischen  den  Muskeln; 
c)  durch  Lymphangioitis  und  secundäres  Oedem;  d)  durch 
sogenannte  metastatische  Entzündung  des  ZeUgewebes. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  4.  PL  6.  Livr.  13.  PL  1  —  3. 
Hope  Fig.  198.  Carswell  Fase.  8.  PL  4.  Froriep,  Klin.  Kpft. 
T.  26. 

tirescKwüre. 

Li  der  Schleimhaut  der  Uterushöhle  finden  sich:   Ge- 
schwüre durch  Zerfall  von  Carcinomen  und  Tuberkeln,  sel- 
ten katarrhalische;  im  Cervix  ausser  den  genannten:  syphi- 
litische. 
'         An  der  Vaginalportion  finden  sich: 

1)  Katarrhalische  Erosionen  und  Geschwüre, 
FoUikulargeschwüre. 

2)  Syphilitische  Erosionen   und  Geschwüre, 


457 

meist  halbmoudfönnig  um  den  Muttermund  gestellt;  die 
letzteren  greifen  oft  in  die  Tiefe  und  bewirken  Substanzyer- 
lust  der  Vaginalportion,    Dann  finden  sich  Condylome. 

3)  Geschwüre  nach  Verletzungen  durch  die  Ge- 
burt, Pessarien,  Misshandlung  u.  s.  w. 

4)  Tuberkulöse  (sehr  selten)  und  carcinomatöse 
Geschwüre  (s.  Krebs). 

5)  Das  phagedänische  Geschwür  (Clarke)  ist 
selten;  analog  den  phagedänischen  (sogenannten  krebsigen) 
Hautverschwärungen  zerstört  es  die  Theile  allmälig  und  un- 
aufhaltsam, ohne  dass  zerfallende  Krebsmasse  zu  Grunde 
läge;  die  Zerstörung  beginnt  als  entzündliche  Atrophie  und 
Verjauchung  der  Exsudate  an  der  Schleimhaut  der  Vaginal- 
portion und  dem  Scheidengewölbe,  setzt  sich  auf  die  Ute- 
russubstanz, auch  wohl  das  Rectum  und  die  Blase  fort  und 

"*  stellt  sich  als  ein  ausgebreitetes ,  unregelmässiges ,  zackiges 
Geschwür  mit  infiltrirten  Bändern  und  einer  zottigen,  mit 
schwarzer  Pulpa  bedeckten  Basis  dar. 

6)  Verschwärungen  nach  puerperalen  Entzündungen. 

Zerrelssuny« 

Der  nichtschwangere  Uterus  kann  bersten:  a)  durch 
übermässige  Anhäufung  yon  Blut,  Eiter  u.  s.  w.  in  seinem 
Cavum,  allm'älige  Verdünnung  und  Zerreissung  oder  Ver- 
schwärung  und  Verjauchung.  Der  Inhalt  entleert  sich  in 
die  Bauchhöhle  oder  nach  vorhergegangenen  Adhäsionen 
und  Vereiterungen  in  den  Darm,  die  Blase,  das  Rectum; 
b)  durch  Verdünnung  seiner  Substanz  an  einer  Stelle  durch 
Fibroide;  c)  durch  äussere  Gewalt.  Er  kann  von  Aussen 
perforirt  werden  durch  Abscesse  und  Geschwüre  benachbar- 
ter Theile. 

Der  schwangere  Uterus  kann  bersten:  bei  Anwesenheit 
von  Fibroiden  oder  Carcinomen,  durch  äussere  Gewalt, 
Stoss,  Fall;  hierher  gehört  auch  die  Berstung  bei  intcrsti- 


458 

üelier  Tubeuscliwangerschafi  und  bei  ächwaugerschafl  eines 
rudimentären  Uterus.  Zuweilen  sind  die  Bedingungen  un- 
klar; ob  spastische  Contractionen  eine  Berstung  bewirken 
können,  ist  noch  ungewiss. 

Während  der  Geburt  erfolgt  eine  Zerreissung;  a)  bei 
Hindernissen  in  der  Ausstossuug  des  Fötus;  liegt  das  Hin- 
derniss  in  der  Yaginalportion,  so  reisst  meist  diese  ein  und 
der  Riss  setzt  sich  in  die  Uterussubstanz  fort;  in  einzehien 
Fällen  wurde  die  Vaginalportion  völlig  vom  Uterus  ge- 
trennt; liegt  das  Hinderniss  im  Beckenausgang ,  in  fehler- 
hafter Lage  oder  ungewölmlicher  Grösse  des  Fötus,  so 
reisst  die  Uterussubstanz  im  Fundus  ein ;  b)  bei  Texturver- 
änderungen des  Uterus  und  der  Vaginalportion,  z.  B.  Ver- 
dünnung bei  Querlagen,  Erweichung  nach  Entzündung, 
Fibroiden ,  Krebs  u.  s.  w. ;  c)  durch  Verletzung  bei  gewalt- 
samer Wendung,  Quetschung  und  Zerreissung  der  Vaginal-' 
portion  durch  Zange,  Haken,  spitze  Knochen  u.  s.  w. 

Zuweilen  setzt  sich  der  Biss  auf  die  Scheide,  die  Blase, 
das  Rectum  fort.  Die  Folgen  und  Ausgänge  der  Zerreis- 
sung sind  verschieden;  war  der  Fötus  nicht  in  die  Bauch- 
höhle ausgetreten,  so  contrahirte  sich  entweder  der  Uterus 
rasch,  die  Wunde  wurde  bald  durch  Exsudate  vereinigt  und 
vernarbte,  oder  die  Wunde  klaffte,  es  fand  Zersetzung  des 
in  die  Bauchhöhle  ergossenen  Blutes,  Entzündung  und 
Brand  der  Eingeweide  statt.  War  der  Fötus  ausgetreten, 
so  erfolgte  meist  rasch  der  Tod,  zuweilen  trat  aber  auch 
liier  Vemarbung  des  Einrisses  und  Einkapselung  des  Fötus 
ein,  zuweilen  auch  Abscessbildung  und  allmälige  Abstos- 
sung  des  Fötus  nach  Aussen  durch  Bauch-  oder  Darmfisteln. 

Pathologische  nTeubildiing^en« 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich  als 
organisirtes  entzündliches  Exsudat,  als  Grundlage  der  ein- 
fachen oder  entzündlichen  Hypertrophie  (Infarct)  des  Ute- 


459 

rus.  Sehr  käufig  im  Uterus  sind  Fibroide,  welche  mau 
von  Erbsen-  bis  Mannskopf sgrösse  und  mehr^  als  runde, 
feste  Greschwülste  im  Gewebe  des  Uterus  eingebettet  findet 
und  welche  bald  nur  aus  Bindegewebe,  bald  nur  aus  orga- 
nischen Muskelfaserzellen,  oft  aus  beiden  Elementen  zu- 
gleich bestehen.  Es  finden  sich  bald  nur  eines,  bald  meh- 
rere im  Uterus;  sie  verdrängen  während  ihres  Wachsthums 
die  Uterussubstanz,  welche  in  ihrer  Umgebung  meist  hy- 
pertrophisch und  blutreich,  selten  durch  Druck  grosser  Fi- 
broide  atrophisch  wird.  Die  Fibroide  wachsen  meist  lang*- 
sam ,  zuweilen  erreichen  sie  schnell  einen  beträchtlichen 
Umfang,  sind  dann  weich  und  reich  an  Gefässen;  während 
der  Schwangerschaft  entwickeln  sich  ihre  Gefässe,  sie  wer- 
den grösser  und  weicher,  nach  der  Entbindung  schrumpfen 
sie  ein.  Selten  werden  die  Fibroide  durch  Entzündung  ver- 
ändert, zuweilen  durch  Entzündung  und  Eiterbildung  im 
umgebenden  Gewebe  aus  ihrer  Verbindung  gebracht  und 
durch  die  Contractionen  des  Uterus  entleert.  Die  Fibroide, 
welche  oberflächlich  sitzen,  treten  im  Verlauf  ihres  Wachs- 
thums erst  unter  das  Peritoneum,  später  mehr  an  die  Ober- 
fläche des  Uterus,  werden  endlich  wohl  ganz  frei  und  sind 
nur  noch  durch,  eine  Peritonealfalte  mit  diesem  verbunden. 
Ganz  analog  treten  die  in  der  Innenwand  sitzenden  Fibroide 
zuweilen  unter  die  Schleimhaut,  wachsen  in  die  Höhe  und 
hängen  dann,  breit  oder  schmal  gestielt,  als  fibröse  Po- 
lypen in  die  Uterushöhle,  welche  entsprechend  erweitert 
wird.  In  einem  Falle  von  Uterusfibroid  trat  Verwachsung 
des  Uterus  mit  der  Bauchwand  über  der  Symphyse  ein,  es 
(rat  Verschwärung,  Gangrän,  Perforation  der  Bauchwand  ein. 

Häufig  ist  Verkreidung  der  Fibroide ,  seltner  enthalten 
sie  cystenartige  Räume  oder  wirkliche  Cysten,  mit  Serum 
oder  CoUoid  gefüllt. 

Die  Bedingungen  der  Bildung  der  Uterusfibroide  sind 
unbekannt.    Sie  werden  in  jedem  Alter  nach  der  Pubertät 


460 

gefunden,  bleiben  zuweilen  ohne  nachtheilige  Folgen,  scha- 
den durch  Druck  auf  die  Blase,  das  Rectum  u.  s.  w.  oder 
durch  die  Katarrhe  und  Blutungen  der  Schleimhaut  des  Ute- 
rus, die  sich  besonders  bei  polypenförmig  in  die  Höhle  ra- 
genden Fibroiden  finden. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Livr.  11.  PI.  5,  6.  Litr.  13.  PI.  4,6. 
LWr.  24.  PI.  1.  Hope  Fig.  211,  215.  Baillie  Fase.  9.  PI.  3,  4. 
Sandifort,  Mus.  an.  T.  196.    Froriep,  Cbir.  Kpft.  T.  259,  403. 

Schleim-  oder  Blasenpolypen  sind  bedingt  durch 
abnorme  Anschwellung  der  geschlossenen  Follikel,  welche 
dann  die  Schleimhaut  yor  sich  her  drängen  und  allmälig 
stielförmig  ausziehen.  Der  Inhalt  der  Follikel  ist  eine  farb- 
lose schleimige  oder  coUoide  Masse. 

Cysten  sind  im  Uterus  selten,  man  fand  seröse  und 
fetthaltige.  Man  kann  auch  die  angeschwollenen  Follikel 
hierher  rechnen. 

Sehr  selten  ist  Tuberkulose  des  Uterus  und  findet 
sich  meist  nur  bei  allgemein  ausgebreiteter  Tuberkelbildung. 
Sie  beginnt  in  der  Schleimhaut  des  Fundus  als  gruppirte 
graue  Granulation  oder  gelbe  Infiltration,  greift  allmälig 
auf  die  Uterussubstanz  über,  dann  auf  den  Cervix,  die  Va- 
ginalportion und  Scheide.  Meist  finden  sich  gleichzeitig 
Tuberkel  in  den  Tuben  imd  Unterleibsdrüsen. 

AbbUd.:  Cruveilliier  Lirr.  39.  PI.  3.  Fig.  3. 

Krebs  ist  im  Uterus  häufig,  er  beginnt  meist  an  der 
Vaginalportion,  welche  theils  von  ihm  infiltrirt  wird,  theils 
in  grösseren,  runden,  granulirten  Markschwamm -Knoten 
untergeht.  Nachdem  der  Krebs  eine  Zeit  lang  als  Geschwulst 
vor  der  Vaginalportion  in  die  Höhle  der  Sche^ide  gewuchert, 
sich  dabei  auf  die  Scheide  selbst  und  das  umgebende  Zell- 
gewebe, auch  wohl  auf  Blasenwand  und  Mastdarm  verbrei- 
tet hat,  geht  er  oberflächlich  in  Versch wärung  über,  blät- 
tert sich  aus  einander  und  zerfällt  in  eine  flockige,  jauchige 
Masse.    Indessen  geht  aber  die  Krebsbildung  weiter  in  der 


461 

Substanz  des  Uterus  und  den  Nachbartheilen ,  und  indem 
die  Verjauchung  folgt,  werden  endlich  das  Scheidengewölbe^ 
die  untere  Uterushälfte,  die  hintere  Blasen-  und  vordere 
Mastdarm  -  Wand  in  ein  grosses,  jauchendes  Geschwür  ver- 
wandelt. Nicht  selten  erfolgt  auch  Perforation  in  Blase  und 
Mastdarm ,  meist  tödtet  der  Krebs  in  diesem  Stadium  durch 
Erschöpfung  in  Folge  des  Säfteverlustes  und  der  zahlreichen 
Blutungen  aus  den  zerstörten  Theilen. 

Ausserdem  findet  er  sich  als  Krebs  des  Fundus,  ent- 
wickelt sich  in  diesem  zu  grossen  Knoten,  welche  allmälig 
erweichen  und  zerfallen,  ist  zuweilen  combinirt  mit  Fibroid. 

Der  Verlauf  ist  anfangs  langsam,  zumal  wenn  der 
Krebs  reich  an  Fasern ,  fest  und  in  das  Gewebe  infiltrirt 
ist ;  hat  aber  einmal  die  Bildung  weicher  Markschwammge- 
schwülste und  deren  Verschwärung  begonnen,  so  geht  die 
Weiterbildung  sehr  rasch.  Der  Krebs  findet  sich  meist  im 
40.  und  50.  Jahre,  die  «Bedingungen  semer  Bildung  sind 
so  gut  als  unbekannt. 

Abbildungen:  Cruveilhier  Li?r.  23.  PL  6.  Livr.  24.  PL  2.  Livr. 
.  27.  PL  2.  Li¥r.  39.  PL  3.    Froriep,  Klin.  Kpft.  T.  69.     Carswell 
Fase.  3.  PL  1. 

Papillargeschwülste  finden  sich  als  Condylome 
der  die  Vaginalportion  überziehenden  Scheidenschleimhaut 
und  Blumenkohlgewächs  (Clark e).  Es  beginnt  mit 
einfacher  Papillargeschwulst,  man  sieht  papilläre  und  zot- 
tige Wucherungen,  deren  Oberfläche  aus  Epithelialzellen  in 
allen  Entwickelungsstufen ,  deren  Mitte  aus  Bindegewebe 
und  Gefässen  besteht;  letztere  sind  meist  colossale,  sehr 
dünnwandige  Capillaren,  einfache  oder  vielfach  ausstrah-^ 
lende  Schlingen  oder  ein  Netzwerk  bildend.  Im  Anfange 
sind  diese  Papillen  einfach  und  dicht  gedrängt,  später  ver- 
ästeln sie  sich  vielfach ,  wachsen  zu  zolllangen  Franzen  und 
die  Geschwulst  wird  schlotternd,  weich,  einer  Hydatiden- 
mole  nicht  unähnlich.    Nachdem  dieser  Frocess  eine  Zeit 


462 

lang  an  der  Oberfläche  bestanden  hat,  tritt  meist  Combina- 
tion  mit  Cancroid  ein,  es  beginnen  sich  Cancroid-Alveo- 
len  in  der  Tiefe  zwischen  den  Bindegewebs -r  und  Muskel- 
schichten des  Organs  zu  entwickeln,  man  findet  mit  Zellen- 
massen ausgefüllte  Alveolen  und  solche,  von  deren  Wan- 
dung neue  papilläre  Wucherungen  ausgehen. 

Diese  Neubildung  tödtet  meist  durch  häufige  Blutungen 
und  massenhafte  seröse  Ausscheidungen,  sie  ist  selten  und 
kommt  bei  Jungfrauen  und  Frauen  vor. 

Ueber  das  Vorkommen  von  Echinococcus  im  Ute- 
rus existiren  nur  wenige  Beobachtungen;  einmal  bewirkte 
die  Bildung  einer  grossen  Masse  von  diesem  Parasiten  im 
Fundus  uteri  Berstung  desselben,  Bluterguss  in  die  Bauch- 
höhle und  den  Tod  (Wilton). 

4.    Die  Scheide. 

Bildungsfehler:  Mangel  fler  Scheide  neben  ander- 
weitiger Verbildung  der  Geschlechtstheile.  oder  bei  übrigens 
normaler  Bildung  der  letzteren.  Blinde  Endigung  der  Scheide 
von  Aussen  oder  vom  Uterus  her;  Atresie  durch  ein  nicht 
perforirtes  Hymen  oder  Scheidewände  im  Verlauf  der  Scheide. 
Spaltung  durch  Scheidewände.  Verkümmerte  Bildung,  sie  ist 
eng ,  glatt ,  ohne  Runzeln.  Vorzeitige  Entwickelung.  Kloak- 
bildung. 

Vergrösserung  der  Scheide  fmdet  statt  bei  Zerrung 
derselben  durch  Uterus-  oder  Eierstocksgeschwülste,  Aus- 
dehnung durch  angehäuftes  Menstruationsblut  bei  angebore- 
ner oder  acquirirter  Atresie  des  Scheideneingangs.  Die 
Scheidenwände  werden  dicker,  die  Schleimhaut  glatt. 

Erweiterung  wird  bewirkt  durch  einen  prolabirten 
Uterus,  durch  fibröse  Polypen,  welche  aus  dem  erweiter- 
ten Muttermunde  in  die  Scheide  ragen,  durch  Pessarien, 
Menstruationsblut.  • 

Verengerung  findet  in  Folge  ausgebreiteter  Narben- 


463 

bilduiig  statt;  durch  Verwachsung  der  vorderen  und  hinte- 
ren Scheiden  wand  nach  Geschwürsbildung  kann  Atresie  der 
ganzen  Scheide ,  einzelner  Stellen  oder  des  Scheideneingangs. 
Im  letzteren  Falle  dehnen  sich  Scheide  und  Uterus  zuwei- 
len zu  einer  grossen  bimförmigen  Höhle  aus,  während  Ya- 
ginalportion  und  Ceryix  vollständig  verstreichen. 

Nach  grosser  Erschlaffung  der  Scheide,  zumal  bei  gleich- 
zeitiger Yergrösserung  derselben,  wie  z.  B.  nach  Schwan- 
gerschaft, tritt  zuweilen  ein  Vorfall  der  Scheide  ana- 
log dem  ProlapsuM  ani  ein,  der  aber  nie  einen  hohen  Grad 
erreicht,  nach  Ei  wisch  Zerrung  des  Uterus,  Verlängerung 
der  Vaginalportion  oder  Prolapsm  uteri  bewirken  soll. 

Durdi  Ausbuchtung  der  hinteren  Blasenwand  wird, 
wenn  sie  einen  hohen  Grad  erreicht,  ein  Vorfall  der  vor- 
deren Scheidenwand  bewirkt:  Cystocele  vaginalis^ 
durch  Ausbuchtung  der  vorderen  Mastdarmwand  oder  durch 
Herabdrängen  einer  Darmschlinge  zwischen  Rectum  und 
Scheide:   ein  Vorfall  der  hinteren  Scheidenwand,  Hernia 

vaginalis  pasterior,  Rectocele  vaginalis, 

Abbildungen :  F  r  o  r  i  e  p ,  Cbir.  Kpft.  T.  416,  417,  388,  389,  435. 

Verletzungen  der  Scheide  finden  meist  bei  der 
Geburt  oder  künstlichen  Entbindung  statt,  durch  den  Fötus 
selbst  oder  Instrumente.  Durch  gleichzeitige  Verletzung 
oder  nachträgliche  Verschwärung  der  Blasen-  oder  Mast- 
darmwand entstehen  nach  Entbindungen  Harn-  und  Darm- 
fisteln (Fistula  vesico'  und  recto- vaginalis),  welche  aus- 
serdem selten  durch  Geschwüre  der  Scheide,  Abscesse  im 
Zellgewebe,  Mastdarmgeschwüre  bedingt  sein  können. 

Hyperämie  und  Hämorrhagie  in  der  Scheide  fin- 
den sich  als  Vorläufer  von  Exsudationen  oder  ohne  diese 
bei  Cholera. 


ÜTeuMldan^. 

1)  Katarrhalische    Entzündung    ist    entweder 


464 

akut  oder  chronisch,  wird  hervorgerufen  durch  lokale  Beize, 
Erkältungen,  üebertragung  von  Tripperschleim  aus  der 
männlichen  Harnröhre  und  findet  sich  als  chronische  häufig 
bei  Scrofulüsen,  Chlorotischen,  in  manchen  Gegenden  fast 
bei  allen  Weibern.  Die  anatomischen  Veränderungen  des 
chronischen  Katarrhs  sind  dieselben  wie  auf  anderen 
Schleimhäuten;  die  Schleimhaut- ist  meist  bedeckt  von  weis- 
sem, dickem  Schleime  (abgestossenen  alten  und  frisch  ge- 
bildeten Epithelien) ,  oder  von  Eiter,  welche  gewöhnlich  aus 
der  Scheide  abfliessen  (Blennorrhoe,  Fluor  albus);  sie  ist 
femer  verdickt,  die  Wände  sind  schlaff,  so  dass  nach  jah- 
relanger Dauer  des  Katarrhs  kleinere  oder  grössere  Schei- 
denvorfälle entstehen  können.  Zuweilen  nehmen  die  Folli- 
kel der  Schleimhaut  an  der  Entzündung  Theil,  werden  in- 
filtrirt  und  bilden  harte  Knötchen,  mit  welchen  zuweilen  die 
Scheide  wie  übersäet  ist.  (Kiwisch,  der  nach  seinen, 
resp.  KöUiker's,  Untersuchungen  der  Scheide  die  Anwe- 
senheit von  Follikeln  in  der  Schleimhaut  leugnet,  leitet  die 
harten  Granulationen  von  einer  Papillarhypertrophie  der 
Schleimhaut  ab.) 

Selten  '  findet  an  circumscripten  Stellen  Schwund  der 
oberflächlichen  Schleimhautschichten,  d.  h.  Excoriationen, 
flache  ülceration  statt,  häufiger  sind  diese  am  Scheidenvor- 
hof, an  den  Nymphen  und  grossen  Schamlippen,  an  der 
inneren  Schenkelseite,  wenn  die  genannten  Theile  längere 
Zeit  von  dem  abfliessenden  Sekrete  benetzt  werden. 

Doch  kommt  es  in  einzelnen  Fällen  zu  Verwachsungen 
ulcerirter  Stellen  der  vorderen  und  hinteren  Scheidenwand 
und  des  Orificium  uteri,  Oefters  ist  gleichzeitig  Katarrh 
des  Uterus  vorhanden. 

2)  Croupösc  und  diphtheritische  Exsudate 
finden  sich  als  puerperale  Entzündungen  zuweilen  neben 
Endometritis,  als  Theilerscheinung  anderweitiger  Erkrankun- 
gen: bei  Typhus,  Cholera,  Exanthemen;  sie  führen  zuwei- 


465 

len  Verschwärung  und  Verjauchung  der  Schleimhaut  an  cir- 
cumscripten  oder  ausgebreiteten  Stellen  und  im  Falle  der 
Heilung  Verengerung  oder  Verwachsung  der  Scheide  durch 
feste,  fibröse  Narben  herbei. 

3)  Entzündung  des  submucösen  Zellgewebes 
begleitet  zuweilen  den  Katarrh  oder  Varicen  der  Scheide^ 
bewirkt  Verdickung,  Rigidität  und  innige  Verbindung  der 
Scheide  mit  den  benachbarten  Theilen. 

Von  Geschwüren  finden  sich  in  der  Scheide  ka- 
tarrhalische und  FoUikulargeschwüre ,  diphtheritische  Ge- 
schwüre, phagedänische  und  carcinomatöse  Geschwüre  mit 
gleichzeitiger  AfFektion  der  Vagüialportion  und  des  Uterus; 
syphilitische  Geschwüre,  die  sich  vorzugsweise  am  Schei- 
deneingang und  an  der  Vaginalportion,  seltener  in  der  ei- 
gentlichen Scheide  finden. 

Von  Neubildungen  finden  sich  Fibroide  im  sub- 
mucösen Zellgewebe  und  von  da  die  Schleimhaut  in  die 
Scheidenhöhle  vordrängend,  zuweilen  setzen  sich  Fibroide 
von  der  üteruswand  auf  die  Scheide  fort. 

Selten  sind  Teleangiectasieen,  Cysten  als  neu- 
gebildete, seröse  oder  aus  erweiterten  Follikeln  entstan- 
dene (Lee). 

Krebs  setzt  sich  meist  von  der  Vaginalportion  auf  die 
Scheide  fort,  findet  sich  aber  zuweilen  auch  selbstständig 
als  Infiltration  oder  isolirte  Geschwulst,  geht  meist  bald  in 
Ulceration  über  und  bewirkt,  nachdem  er  sich  auf  die  be- 
nachbarten Theüe  erstreckt  hat,  durch  sefnen  Zerfall  fistu- 
löse Kommunikationen  mit  Blase  und  Rectum. 

Tuberkulose  der  Scheide  beobachtete  Virchow 
neben  Tuberkulose  der  Hamorgane  als  graue  Knötchen  in 
der  Schleimhaut. 

5.    Die  Vulva. 

Mangel   der  äusseren  Schamtheile  findet  sich  meist 

30 


466 

bei  nicht  lebensfähigen  Missgeburten,  selten  bei  normaler 
Bildung  der  inneren  Geschlechtstheile ;  häufiger  sind  yer- 
kätnmerte  Bildung  aller  oder  einzelner  Theile;  oder  abnor* 
me  Grösse  der  Nymphen,  der  Clitoris;  mehrfache  Nymphen; 
frühzeitige  Entwickelung  der  äusseren  Scham  in  den  Jah- 
ren Tor  der  Pubertät,  gewöhnlich  mit  Entwickelung  der 
Brüste  yerbunden.  Spaltungen  der  Clitoris,  isolirt  oder  mit 
Spaltbildung  der  Harnblase  und  Harnröhre  yerbunden. 

Hypertrophie  der  grossen  Schamlippen  oder  der 
Clitoris  findet  sich  als  sogenannte  Elephantiasis;  die 
ersteren  erreichen  dabei  zuweilen  einen  Umfang,  dass  sie 
bis  an  die  Kniee  reichen,  die  letztere  wächst  bis  zu  Kinds- 
kopfsgrösse  und  darüber  (s.  Hautkrankheiten). 

Atrophie  tritt  bei  mageren  Personen  im  Alter  der 
Decrepidität  ein,  zuweilen  nach  wiederholten  Substanzyer- 
lusten  durch  syphilitische  Geschwüre. 

Hämorrhagieen  erfolgen  in  das  Zellgewebe  der 
grossen  Schamlippen  nach  Quetschungen,  yorzugsweise  bei 
der  Geburt,  die  ergossene  Blutmenge  ist  oft  bedeutend, 
bleibt  lange  als  fibröse  Geschwulst,  wird  resorbirt,  yer- 
jaucht  selten. 

Die  Entzündungen  der  Haut  und  Schleimhaut  sind 
ihrem  anatomischen  Verhalten  nach  gleich  den  Hautentzün- 
dungen an  anderen  Stellen;  Entzündungen  des  submucösen 
und  des  die  Hautfalten  ausfüllenden  Zellengewebes  führen 
bisweilen  zu  Abscessbildung,  Gangrän  oder  Indur^^tion,  tre- 
ten oft  ^Hß  acutes^  Oedem  und  als  Rothlauf  auf.  Die  Ent- 
zündung der  Yestibulardrüsen  bewirkt  oft  beträchtliche 
Schwellung  und  Vereiterung  derselben. 

Geschwüre  sind  einfache,  oder  syphilitische,  carei-^ 
nomatöse,  gangränöse,  oder  exanthematische  (Herpes,  Ecze-t- 
ma,  Lupus). 

Die  Talgdrüsen  der  Vulva  entarten  zu  Comedonen, 
Acnepusteln ,  Balggescbwülsteii. 


4g7 

Von  Neubildungen  haben  wir :  Condylome,  Fibroi- 
de,  Sarcome  und  Cystosarcome,  Balggeschwülste,  Telean- 
giectasieen  und  Krebs.  Der  letztere  ist  meist  Epithelial- 
krebs,  beginnt  an  den  grossen  Schamlippen  oder  an  der 
Clitoris ,  bildet  jauchende  Geschwülste  und  zerstört  allmälig 
den  grössten  Theil  der  äusseren  Scham,  ergreift  Harnröhre 
und  Scheide. 

6.    Die  Brüste. 
Bildunffs-  und  Oritaiiienver&ndenuiffen. 

Bil dungsfehle r^  Mangel  einer  Brustdrüse  wurde  in 
zwei  Fällen  neben  partiellem  Mangel  der  Bippen  beobach- 
tet. Verkümmerte  Bildung  ist  häufiger  neben  mangelhafter 
Entwickelung  der  übrigen  Geschlechtsorgane  und  des  gan- 
zen Körpers,  ihr  gegenüber  steht  die  frühzeitige  Entwieke- 
lang  der  Brüste  yor  der  Pubertät.  Zuweilen  finden  sieb 
überzählige  Brustdrüsen  (Nebendrüsen,  Albers),  welche^ 
1  —  3,  unter  oder  neben  den  normalen,  sehr  selten  an  ent« 
f ernten  Stellen,  z.  B.  an  der  inneren  Schenkelseite,  stehes, 
gewöhnlich  kleiner  sind  als  die  letzteren,  aber  bei  Wöchne- 
rinnen Milch  geben.  Zuweilen  hat  eine  Drüse  ^mehrere 
Warzen. 

Die  männliche  Drüse  ist  in  der  Kegel  verkümmert,  doch 
entwickelt  sie  sich  zuweilen  bei  Knaben  und  Männern  spon- 
tan oder  nach  wiederholtem  Anlegen  eines  Säuglings  zu  ei- 
nem ziemlichen  Umfange  und  liefert  Milch. 

Hypertroplile. 

1)  Einfache  Hypertrophie  des  Drüsengewebes, 
bestehend  in  Ausbildung  neuer  Läppchen  in  der  Peripherie 
der  normalen ,  ist  allgemein  oder  partiell.  Im  ersteren  Falle 
wächst  die  Drüse  aUmälig  gleichmässig  zu  dem  Umfang  ei- 
ner Faust,    des  Kopfes  eines  Neugebornen,  Erwachsenen 

30* 


468 


4. 


oiler  noch  mehr,  die  Haut  wird  ausgedehnt,  verdünnt,  die 
Warze  verstreicht,  die  Gänge  derselben  schwinden  und  die 
enorme  Drüsenmasse  stellt  sich  als  eine  Geschwulst  dar, 
über  welcher  die  Haut  überall  beweglich  ist,  ihre  Schnitt- 
flache zeigt  eine  in  grobe  und  feine  Läppchen  zerfallende  Textur. 
Euweilen  findet  sich  gleichzeitig  Hypertrophie  des  Binde- 
gewebes der  Drüse,  dann  wird  die  Geschwulst  härter,  die 
Schnittfläche  glatt.  Bei  der  partiellen  Hypertrophie  bildet 
sich  an  einer  circumscripten  Stelle  eine  harte  Geschwulst 
von  geringem  Umfang,  über  welcher  die  Haut  verschiebbar 
ist,  während  der  librige  Theil  der  Drüse  functionsfähig 
bleibt. 

2)  Hypertrophie  mit  Cystenbildung  findet  sich 
in  zwei  Formen:  a)  in  einer  allgemein  oder  partiell  hyper- 
trophischen Drüse  gehen  die  Zellen,  nachdem  sie  sich  mas- 
senhaft vermehrt  haben,  eines  oder  vieler  neugebildeter  Acini 
durch  Colloid-  oder  Eiweissmetamorphose  zu  Grunde,  die 
Acini  werden  durch  colloide  oder  seröse  Masse  ausgedehnt, 
schnüren  sich  vom  übrigen  Drüsengewebe  ab  und  bilden, 
nachdem  sich  ihre  Hülle  zum  fibrösen  Balg  gestaltet  hat, 
kleine  Cysten  mit  colloidem  oder  serösem  Inhalt,  b)  In  ei- 
ner all§(Bmein  hypertrophischen  Drüse  wachsen  mit  dem 
übrigen  Gewebe  auch  die  Milchbehälter  und  grossen  Milch- 
gänge, stellen  sich  dann  als  grosse  cystenartige  Räume  oder 
Säcke  dar,  deren  Wände  das  lappige  hypertrophische  Drü- 
sengewebe in  runden,  grob-  oder  feingelappten  Knoten  vor 
sich  herdrängt  und  in  deren  Höhle  hereinragt,  so  dass  po- 
lypöse und  papilläre  Geschwülste  in  sie  einzuragen  schei- 
nen.   Beide  Formen  nennt  man  Cystosarcom. 

3)  Hypertrophie  des  Bindegewebes  und  4)  des 
Fettes,  s.  unten.  Im  Gegensatz  zur  Hypertrophie  kommt 
zuweilen  auch  Atrophie  der  Drüse  vor,  indem  schon  vor 
dem  decrepiden  Alter  das  Drüsengewebe  scbvnndet. 


469 

HUmorrliaffie. 

Nach  Contusionen  der  Mamma  und  bei  starken  Con- 
gestionen  bei  normaler  Menstruation  kommen  zuweilen  Blu^ 
tungen  in  der  Mamma  yor,  das  Blut  wird  bald  resorbirt 
oder  bleibt  längere  Zeit  al?  harter  Knoten ^  fibrinöse 
Geschwulst. 


Entzündung  ist  häufig  während  des  Säugens ,  ausser- 
dem fast  nur  durch  Contusion  der  Mamma ;  sie  ergreift  sel- 
ten die  ganze  Drüse,  sondern  meist  nur  einzelne  Drüsen- 
lappen. Der  betroffene  Theil  ist  geschwollen ,  injicirt,  dun- 
kel geröthet,  hat  ein  homogenes,  fleischähnliches  Gewebe 
und  ist  hart.  Es  folgt  völlige  Heilung  oder  Yorttbergehende 
oder  bleibende  Verhärtung  der  ergriffenen  Lappen  mit  Atro- 
phie des  Drüsengewebes ;  oder  es  bildet  sich  Eiter,  ein  häu- 
figer Ausgang.  Der  Abscess  erhebt  meist  die  Haut  und 
perforirt  sie,  worauf  Heilung  und  Vernarbung  eintritt;  zu- 
weilen breitet  sich  Entzündung  und  Eiterbildung  allmälig 
über  die  ganze  Drüse  aus;  diese  wird  zerstört,  es  bilden 
sich  Fistelgänge  unter  der  Haut,  Abscesse  im  Zellgewebe 
der  Decken  des  Thorax. 

Bei  Neugeborenen  und  Säuglingen  kommt  zuweilen 
Entzündung  der  rudimentären  Brustdrüse  und  des  umge- 
benden Zellgewebes  vor,  welche  mit  Zertheilung,  seltener 
Abscessbildung  endigt. 

Patlioloffische  UTeuliildungeii» 

Neubildung  von  Bindegewebe  findet  sich:  1)  als 
Hypertrophie  des  Bindegewebes  zwischen  den  Drüscnlappea^ 
und  Läppchen,  im  ganzen  Umfang  der  Drüse  oder  auf  ein- 
zelne Lappen  beschränkt,  zuweilen  begleitet  von  Hypertro- 
phie der  Drüsen.  Sie  entwickelt  sich  meist  spontan,  sehr 
langsam  bei  Jungfrauen  sowohl  als  Frauen  (in  seltenen  Fäl- 


470 

len  wurde  sie  auch  an  der  Männerbrust  beobachtet),  bildet 
haselnuss-  bis  htthnereigrosse ,  zuweilen  mehrere  Pfund 
schwere  Geschwülste,  welche  meist  auf  einer  gewissen  Höhe 
stationär  bleiben,  oder  von  Zeit  zu  Zeit  zunehmen  und  nur 
durch  ihre  Schwere  oder  durch  Druck  auf  die  Nerven  Nach- 
theil bringen.  Zuweilen  excoriirt  die  durch  die  Geschwulst 
gespannte  und  verdünnte  Cutis.  Wird,  die  Neubildung  von 
Bindegewebe  massenhafter ,  so  stellt  sich  diese  Hypertrophie 
als  fibröse  Geschwulst  dar. 

2)  Fibröse  Geschwülste  (Fibroide  und  Sarcome)  gehen 
aus  der  genannten  Hypertrophie  hervor,  oder  entstehen  als 
selbstständige  Geschwülste  in  den  Brustwandungen,  verdrän- 
gen allmälig  Drüse  und  Fett,  treten  als  harte  Knoten  un- 
ter die  Haut  und  bilden  zuweilen  unter  derselben  promini- 
rende  runde  oder  gelappte  Geschwülste  von  beträchtlichem 
Umfang.  Sie  entwickeln  sich  sehr  langsam,  meist  nur  eine, 
selten  mehrere;  ihre  Grösse  ist  zuweUen  enorm  und  man 
hat  sie  10 — 14  Pfund  schwer  gefunden. 

Neubildung  von  Fettgewebe  findet  sich  eben- 
falls bald  als  Hypertrophie  des  normalen  Fettgewebes  der 
Mamma  und  bildet  als  solche  zuweilen  enorme  Anschwel- 
lung derselben,  bald  als  circumscripte  Fettgeschwulst,  Li- 
pom. 

Enchondrome  von  kleinem  oder  enormem  Umfang 
wurden  in  einzelnen  Fällen  beobachtet. 

Concretionen  scheinen  in  der  Brustdrüse  sehr  sel- 
ten vorzukommen.  Nach  Alb  er  s  finden  sich  solche  zu- 
weilen im  hohen  Alter  in  den  Wänden  der  Drüsengänge. 

Cysten  entstehen  in  der  Manmia  1)  durch  CoUoid- 
oder  Eiweissmetamorphose  der  Zellen  einzelner  Acini  nor- 
maler oder  hypertrophischer  Drüsentheile ;  2)  durch  Aus- 
dehnung eines  MUchgangs  nach  Verstopfung  oder  Oblitera- 
tion  seines  Endes,  es  bildet  sich  erst  ein  mit  Milch  gefüll- 
ter Sack,  dessen  Inhalt  allmälig  serös,  dessen  Wand  zur 


471 

geschlossenen  Cyste  wird.  In  beiden  Fällen  haben  die  aus- 
gebildeten Cysten  meist  serösen  Inhalt  ^  selt^  erhSlt  die 
Wand  eine  cutisartige  Organisation ,  und  di^  Cyste  füllt 
sich  mit  Epithelien,  Fett  und  Haaren;  3)  durch  cyst^nar- 
tige  Vergrössening  der  Milchbehälter  und  ^gSnge  neben  Hy- 
pertrophie des  Drfisengewebes. 

Milchgeschwulst  (Galactocelß,  Folget)  besteht  in 
der  Ausdehnung  eines  Milchbehältets  durch  die,  in  Folge 
von  Yerschliessung  eines  Milchganges  eintretende,  Anhäu« 
fung  von  Milch.  In  dem  Milchbehälter  finden  sich  Milcä 
oder  käsige  Masse,  zuweilen  münden  zahhreiche  kleine 
Milchgänge  ein;  in  einzelnen  Fällen  bilden  sich  mehrere 
Säcke  zugleich  oder  die  einmündenden  kleineren  Milchgänge 
erweitern  sich  ebenfalls  zu  kleinen  Säcken.  Der  Umfang 
derselben  ist  oft  enorm  und  man  entleerte  10  und  mehr 
Pfund  Milch  aus  ihnen.  Der  Inhalt  ei&es  ausgedehnten 
Milchbehälters  kann  sich  allmälig  in  wässeriges  Serum  um- 
wandeln und  eine  seröse  Cyste  daraus  hei*yorgehen ,  deren 
Wandung  düfch  neugebildetes  Bindegewebe  Verdickt  wird. 
Die  übrige  Driisenmässe  hält  sich  lange,  wird  aber  durch 
den  Druck  grosser  Säcke  zuweilen  atrophisch. 

Krebs  ist  häufig,  er  entwickelt  sich  meist  als  diffuse 
Infiltration  im  Zellgewebe  zwischen  den  Lappen  und  Läpp- 
chen der  ganzen  Drüse  oder  auch  einzelner  Abtheilungen, 
und  bildet  so  harte  Knoten,  in  welchen  das  Drfisengewebe 
allmälig  untergeht;  zuweilen  bildet  er  gleich  anfänglich 
selbstständigö  Knoten,  welche  durch  ihr  ällitiäliges  Wachs- 
thum  die  Drüse  yerdrängen.  Nach  längerem  od^  kürze- 
rem Bestehen  des  Krebses  in  Form  eines  oder  mehrerer 
Knoten  findet  in  den  meisten  Fällen  eine  Yerschrumpfung 
desselben  durch  Fettmetamorphose  seiner  Zellen  (die  sich 
als  zierliches  Reticulum  darstellt)  oder  durch  Tuberkulisi- 
rung  einzelner  Partieen  statt,  das  ßindegewebsgerüst  fällt 
an   diesen   Stellen   zusammen   und   bildet   feste   yerästelte 


472 

Stränge,  die  durch  ihre  Contraction  die  Haut  einziehen  und 
dem  Krebse  ein  höckeriges  Ansehen  geben.  In  anderen  Fällen 
bilden  sich  nach  Torhergegangener  Fettmetamorphose  oder 
Tuberkulisirung  grösserer  Partieen  erweichte  Stellen ,  Höh- 
len, über  welchen  die  Haut  atrophisch  wird,  schwindet  und 
die  Höhle  mit  der  äusseren  Luft  in  Berührung  bringt ,  wor- 
auf rascherer  Zerfall  und  Verjauchung  eintritt.  Seltener 
entwickeln  sich  die  Krebsknoten  rasch  zu  grossen,  weichen 
Massen,  welche  die  Haut  perforiren  und  als  gelappte,  jau- 
chende Geschwülste  herrorragen. 

Neben  denen  in  der  Drüse  finden  sich  häufig  platte 
Krebsknoten  in  der  Haut,  deren  Zerfall  das  Krebsgeschwür 
vergrössert;  meist  sind  die  benachbarten  Lymphdrüsen 
(Achseldrüsen)  krebsig  entartet,  zuweilen  findet  sich  gleich- 
zeitig Krebs  in  der  Pleura,  den  Lungen,  der  Leber,  den 
Oyarien  und  dem  Uterus.  Durch  allmalige  Verjauchung 
werden  zuweüen  sowohl  die  Mamma  als  die  übrigen  Weich- 
Üieile  des  Thorax  zerstört,  es  werden  die  Intercostalmus- 
keln,  die  Pleura  allmälig  infiltrirt  und  durch  Zerfall  zer- 
stört, worauf  Pleuritis  oder  Pneumonie  dem  Leben  ein 
Ende  macht. 

Grosse  Tuberkel  oder  scrofulöse  Knoten  wer- 
den von  älteren  Autoren  erwähnt. 

Echinococcus  findet  sich  selten  in  kleineren  und 
grösseren  Blasen. 

Abbildungen:  Hypertrophie,  Cystosarcom :  Albers  III.  T.  44 — 53. 

A.  Cooper,  Krankh.  der  Brust.    Cruveilhier  Livr.  26.  PI.  1. 

Carcinom:  Cruveilhier  Livr.  24.  PL  4.  LiYr.27.  PL 3.  Livr.  31. 

PL  2.  Albers  III.  T. 53.  Ho pe  Fig.  185, 188.  Carswell  Fasc.3. 
PL  1. 


Patholosteche  Anatmnie  der  allg^emeineii 

Decken. 

1.  Epidermis,  Corium  und  IJnterhautzellgewebe. 

Bildungs fehler  sind  selten:  partieller  oder  totaler 
Mangel  der  allgemeinen  Decken,  angeborene  Hypertrophie, 
abnorme  Enge  oder  Weite. 

Hypertrophie« 

1)  Die  Schwiele,  Callosität,  Tyloma,  ist  eine 
auf  kleine  Stellen  beschränkte  Verdickung  der  Hornschicht 
der  Epidermis,  die  sich  als  flache,  harte  Erhebung  der  letz- 
teren darstellt  und  an  den  Seiten  allmälig  in  die  normale 
Epidermis  übergeht.  Die  Verdickung  beträgt  bald  nur  1  — 
3'",  bald  3  —  4"'  und  mehr.  Die  Sehleimschicht  und  das 
Corium  sind  normal,  das  letztere  ist  zuweilen  hyperämisch. 
Die  Schwielen  kommen  an  Stellen  der  Haut  vor,  welche 
häufigem  Druck  und  öfterer  Beizung  ausgesetzt  werden  und 
sind  in  ihren  geringeren  Graden  eine  sehr  häufige  Erschei- 
nung. Zuweilen  treten,  sie  spontan  in  der  Keconyalescenz 
nach  schweren  Krankheiten  auf. 

2)  Der  Leichdorn,  Clavus,  ist  eine,  aus  Epidermis- 
zellen  bestehende,  konisch  hervorragende  und  in  eine  Ver- 
tiefung der  Cutis  eingesenkte  Geschwulst.  Die  Veränderung 
kommt  auf  zweierlei  Weise  zu  Stande:  a)  sie  geht  aus  der 
Schwiele  hervor,  indem  die  Epidermisschuppen  in  der  Mitte 
der  Schwiele  auffällig  stark  und  tief  in  der  Schleimschicht 
verhornen  und  einen  weissen ,  harten  Kern  bilden ;   b)  sie 


474 

ist  bedingt  durch  massenhafte  Vermehrung  der  Epithelien 
des  oberen  Endes  eines  Schweissdrüsenganges ,  die  Zellen 
legen  sich  eng  an  einander  und  bilden  harte  runde  oder 
trichterförmige,  konische  Knötchen,  welche,  anfangs  Urse- 
komgross,  allmälig  durch  Anlegung  neuer  Zellen  in  der 
Peripherie  wachsen,  die  Homschicht  konisch  erheben,  die 
Papillen  und  das  Gorium  mehr  oder  weniger  yerdringen. 
Gewöhnlich  verdickt  sich  später  auch  die  Homschicht  über 
dem  Knötchen.  Das  letztere  lässt  sich  anfangs  nach  Durch- 
schneidung der  Homschicht  frei  herausheben;  später  nach 
seiner  Yergrössemng  und  nach  Verdickung  der  Homschicht 
Terschmilzt  es  mit  der  letzteren  und  lässt  sich  nur  noch  in 
der  Schleimschicht  und  in  der  Vertiefung  des  Coriums  iso- 
liren  und  herausheben.  Zuweilen  finden  sich  rothe  oder 
schwarze  Punkte  in  dem  Kem  des  Clavus,  welche  von  klei- 
nen Hämorrhagieen  während  der  Bildung  herrühren. 

Der  Leichdom  ist  meist  bedingt  durch  Druck  öder  Rei- 
bung des  Schuhwerkes,  welche  eine  geringe  Exsudation  uiid 
lebhaftere  Zellenbildung  hervormfen,  usfi  findet  sich  am 
häufigsten  auf  der  Rückenseite  der  Zehen  an  den  Gelenk- 
stellen, zuweilen  auch  zwischen  den  Zehen  (Hühneraugen), 
am  Ballen  derselben  und  an  der  Ferse. 

3)  Das  Hauthorn,  Cornu  cutaneum^  ist  ein  auf 
der  Haut  sitzender,  konischer,  cylindrischer,  gerader  oder 
wie  ein  Widderhorn  gewundener,  harter,  brauner  Körper, 
welcher  aus  Epidermisschuppen  besteht  und  seiner  Form 
nach  einem  Thierhome  ähnlich  sieht.  Dicke  und  Länge 
sind  sehr  verschieden,  die  grössten  Homer  sind  selten  län- 
ger als  1  —  3''  und  J— V'  ^^^^'  ^^^  Epidermisschuppen 
liegen  fest  an  einander  gepresst  in  der  Längsrichtung  des 
Homes  um  zahlreiche  enge  und  weite  Kanäle  (Drüsengänge) 
concentrisch  angeordnet.  So  weit  sich  über  ihren  ersten 
Ursprung  nachkommen  lässt,  scheinen  sie  besonders  an 
Stellen    der  Haut   vorzukommen,    welche    öfteren  Beizen^ 


475 

Entzändungen  ausgesetzt  werden  und  eine  eniinenfe  Hyper- 
trophie der  Epidermis  darstellen,  zuweilen  gehen  sie  von 
der  Innenseite  perforirter  Bälggeschwülste  heryor. 

4)  Ichthyosis,  Fischschuppenkrankheit  Die 
Veränderungen  der  Haut,  welche  man  mit  diesem  Namen 
umfasst,  haben  eine  sehr  verschiedene  Bedeutung:  in  dein 
einen  Falle  nämlich  stellen  sie  eine  primäre  und  selbststän-^ 
dige  Erkrankung  der  Haut  dar ,  die  meist  spontan  kurt 
nach  der  Geburt  oder  in  den  ersten  Lebensjahreh  eintritt, 
erblich  ist  und  sich  über  den  ganzen  Körper  erstreckt;  in 
dem  anderen  Falle  sind  sie  auf  einzelne  Stellen  beschränkt 
und  durch  anderweitige  Hautkrankli^iten  bedingt  (Elephan- 
tiasis, Oedcm,  Varicen,  Geschwüre),  stellen  also  eine  se- 
cundäre  und  rein  locale  Erkrankung  dar. 

Die  Veränderung  besteht  in  einer  Verdickung  der  Epi- 
dermis zu  harten,  dunklen  Platten  oder  Krusten,  welche 
durch  Furchen  in  kleine  Schuppen,  Höcker,  Schilder  ge- 
theilt  werden :  in  den  niederen  Graden  sind  die  Schilder 
wenige  Linien  lang  und  breit  und  \  —  i"'  dick,  in  den  hö- 
heren ist  der  Umfang  3—4"',  die  Dicke  2  —  3'",  in  den 
höchsten  stehen  entweder  Umfang  und  Dicke  in  gleichem 
Verhältnisse  oder  die  Dicke  ist  vorwiegend  und  so  finden 
sich  ^  —  1"  breite  und  5—6"'  dicke  Schilder,  oder  \ — 1" 
breite  und  ebenso  dicke,  oder  zapfenartig  verlängerte  Massen. 

Die  Cutis  und  Papillen  sind  verdickt,  das  Pigment  in 
der  Schleimschicht  ist  vermehrt;  die  Drüsen  und  Haare  feh- 
len oder  sind  vorhanden,  die  Talgdrüsen  sind  zuweilen  co- 
medonenartig  erweitert,  ihre  Ausführungsgänge  setzen  sich 
als  Bohren  durch  die  verdickte  Epidermis  fort  und  geben 
ihr  ein  faseriges  Ansehen. 

Nach  der  Form  der  Schuppen  hat  man  verschiedene 
Benennungen  eingeführt,  die  mit  dem  Wesen  der  Krank- 
heit nichts  zu  thun  haben:  J.  simplex^  coniea,  scuiellata, 
hysirix  u.  s.  w. 


476 

5)  Papilloma:  Papillargeschwulst  geht  in  der 
Haut  aus  Hypertrophie  der  Papillen  heryor^  wir  haben: 

A.  P.  Verruca,  Papillarwarze,  gewöhnliche 
Warze,  ist  eine  vorzugsweise  an  den  Händen  yorkom- 
mende  kleine,  rundliche  Geschwulst  mit  glatter  oder  in 
starre  Papillen  gespaltener  Oberfläche.  Sie  besteht  aus  ei- 
ner Gruppe  verdickter  und  verlängerter  HautpapiUen,  dej 
Bindegewebsstamm  der  Papille  ist  verlängert  und  verdickt, 
hat  zuweilen  an  seiner  Oberfläche  eine  Lage  in  der  Ent- 
Wickelung  zu  Bindegewebe  begriffener  Faserzellen,  die  Ca- 
pillarschlinge  ist  verlängert  und  erweitert,  die  Hornschicht 
der  Epidermis  bedeut^d  verdickt,  so  dass  sie  oft  den 
grössten  Theil  der  Warzenpapille  bildet.  Die  Drüsen  feh-» 
len  an  diesen  Stellen  oder  sind  normal. 

Je  nach  der  Zahl  und  Grösse  der  hypertrophischen  Pa- 
piUen  und  der  Anordnung  ihres  Epithelialüberzuges  haben 
die  Warzen  eine  mannichfache  Gestalt;  die  gewöhnlichen 
nennt  man  F.  vulgaris,  die  kleinen,  platten:  F.  plana,  die 
am  oberen  Augenlid  vorkommenden  2  —  4"'  langen  und 
sehr  schmalen  Warzen  F.  fiUfarmis;  ausserdem:  F.  sphae- 
rica^  cylindrica^  pedunculata^  dissoluta  u.  s.  w. 

Die  Warzen  bleiben  gewöhnlich  lange  Zeit  unverän^ 
dert  stehen  und  verschwinden  oft  ganz  spontan,  so  wie  sie 
entstanden  sind;  werden  sie  durch  Eratzen,  Schneiden  u. 
s.  w.  gereizt,  so  entzünden  sie  sich,  die  Hornschicht  der 
Epidermis  wird  losgestossen  und  auf  der  Oberfläche  der 
Papillen  findet  eine  lebhafte  Zellenbildung  statt,  wesshalb 
die  Warze  die  Gestalt  eines  Ulcus  mit  papillärer  Basis  er* 
hält.  In  der  Cutislage  solcher  ulcerirender  Warzen  bildet 
sich  zuweilen  Epithelialkrebs. 

Die  Warzen  entstehen  meist  spontan,  oft  in  grossen 
Mengen.  Im  Gesicht,  an  den  Nasen-  und  Mundwinkeln 
sind  sie  nicht  selten  bei  Syphilitischen. 

B.  P.  Condyloma^  Feigwarze,  Condylom,  fin- 


477 

det  sich  vorzugsweise  an  der  Haut  und  den  Uebergangs^ 
stellen  der  Haut  in  Schleimhaut  der  Greschlechtstheile  bei 
Syphilitischen  und  Tripperkranken,  seltener  unabhängig  von 
diesen  specifischen  Bedingungen  nach  localen  Reizungen  d^ 
genannten  Theile.  Es  geht  ebenfalls  aus  einer  Hypertro*- 
phie  der  Papillen  hervor,  doch  sind  hier  vorzugsvreise  die 
Capillarschlingen  betheiligt.  Durch  Erweiterung,  Verlänge- 
rung und  mehrfache  Schlängelung  der  Capillarschlinge  wird 
die  Papille  zu  einem  kleinen,  eben  mit  blossem  Auge  sicht^ 
baren  Kölbchen;  indem  die  Capillarschlinge  sich  immer 
mehr  ausbuchtet  und  vielfache  Schlingen  nach  Aussen  bil-i 
det,  wird  das  Kölbchen  hirsekorngross,  der  Bindegewebs-^ 
stamm  der  Papille  folgt  den  Windungen  des  Gefässchens^ 
ist  aber  kaum  neben  denselben  sichtbar,  wird  jedoch  zuwei- 
len ebenfalls  dicker  durch  Lagen  in  der  Entwickelung  zu 
Bindegewebe  begriffener  Faserzellen,  die  Epidermis  behält 
ihre  normale  Dicke,  wird  zuweilen  etwas  dünner,  seltener 
dick^.  Werden  mehrere  Papillen  gleichzeitig  ergriffen,  sa 
erhebt  sich  auch  die  Cutis,  und  erscheint  dann  mit  hirse- 
komgrossen  Kölbchen  besetzt  wie  eine  Himbeere;  werden: 
grosse  Partieen  ergriffen,  so  geht  die  Hypertrophie  der  Cu- 
tis und  des  subcutanen  Zellgewebes  durch  neugebildet^ 
Bindegewebe  gleichzeitig  mit  djer  Papillarhypertrophie  wei- 
ter >  es  entstehen  taubenei-  bis  faustgrosse  Geschwülste,, 
die  aus  einzelnen  Lappen  bestehen,  welche  endlich  an 
der  Peripherie  in  die  genannten  Kölbchen ,  die  oft  wie 
Blätter  an  den  verästelten  Falten  und  Verlängerungen  der 
Cutis  aufsitzen ,  ausgehen.  Die  äussere  Form  grösserer  Con- 
dylome ist  daher  himbeeren-,  blumenkohl-  und  traubenartig,, 
durch  gegenseitigen  Druck  und  durch  Einklenmiung  zwischen 
die  Hautfalten  werden  sie  oft  platt,  hahnenkammartig. 

6)  Die  platten  Condylome,  Condylomaia  lata, 
finden  sich,  an  den  66SchlecU;stheilen  meist  als  Folge  der 
Reizung   emer  Hautstelle    durch  Chankerisekret,    zuweilen 


478 

auch  durch  Tripperschleim.  Es  sind  platte  Geschwülste, 
die  durdi  eine  auf  eine  kleine  Stelle  beschränkte  Entzün- 
dung und  Schwellung  der  Cutis  bedingt  sind,  ihre  Ober* 
fläche  ist  Anfangs  glatt  und  trocken,  später,  nach  Abstos- 
sung  der  Homschicht,  feucht  und  zottig,  ihre  Basis  besteht 
aus  dem  durch  Kerne  und  Faserzellen  verdickten  Corium,  yer- 
grösserten,  mit  vielfach  gewundenen  Capillarschlingen  yer- 
sdienen  Papillen ,  welche  von  massenhaft  neugebüdeten  Zel* 
len  der  Schleimschicht  gleichmässig  bedeckt  werden. 

7)  Elephantiasis  Arabum,  Pachydermia,  nennt 
man  eine  Hypertrophie  der  allgemeinen  Decken,  welche  ins- 
besondere an  den  unteren  Extremitäten,  dem  Scrotum,  den 
grossen  Schamlippen  und  im  Gesicht  vorkommt.  Die  Ur- 
sachen und  desshalb  auch  die  Beschaffenheit  und  der  Yer«^ 
lauf  dieser  Hypertrophie  sind  verschieden;  bald  ist  sie  be- 
dingt durch  chronische  Entzündung  (in  der  Umgebung  von 
Geschwüren,  von  Nekrose  der  Knochen,  bei  chronischen 
Exanthemen) ,  bald  liegt  Uir  eine  Behinderung  des  Abflusses 
des  Venenblutes  zu  Grunde,  durch  Gerinnsel  in  demselben^ 
Druck  auf  die  Venen,  bald  eine  Behinderung  der  Lymph- 
circulation  nach  Entzündung  der  Lymphgefässe  und  ihrer 
Drüsen.  Der  Name  Elephantiasis  bezeichnet  also  keinen 
specifischen  einheitlichen  Krankheitsprocess ,  sondern  eine 
anatomische  Veränderung,  welche  durch  jedesmalige  Be- 
stimmung ihres  wesentlichen  Momentes  in  jedem  einzelnen 
Falle  näher  umgränzt  werden  muss. 

Die  ergriffenen  Theile  sind  enorm  verdickt,  die  Hant 
ist  uneben,  knollig,  die  unteren  Extremitäten  erhalten  das 
Doppelte  und  Dreifache  ihre  normalen  Umfanges,  das  Satom 
tum  wird  zu  einer  Masse  vom  Umfange  eines  grossen  Kür-*^ 
bis,  ähnlich  die  grossen  Schamlippen;  im  Gesicht  zeigt  sidi 
die  Elephantiasis  als  Knoten  an  der  Nase,  den  Waagen, 
den  Ohren.  Die  einzelnen  Theile  der  atlgemeiiMn  Decken 
verhalte  skh  folgendermassen: 


) 

I 


479 

Die  Epidermis  ist  meist  verdickt,  tiäufig  in  Form  der 
Idithyosis  in  allen  Formen  (s.  oben);  das  Corium  ist  stets 
verdickt  und  stellt  eine  4-^6'^'  dicke,  aus  Bindegewebe  be- 
stehende Schiebt  dar;  die  Papillen  nehmen  meist  an  der 
Vergrösserung  Theil,  zuweilen  sind  sie  ganz  in  der  Art 
entartet  wie  bei  den  Papillomen  (s.  oben);  das  subcutane 
Zellgewebe  ist  durch  dickS,  weisse,  sehnige  Stränge  von 
Bindegewebe  verdickt,  das  Fettbindegewebe  ist  bald  ver- 
mehrt, bald  vermindert,  bald  normal.  Die  Verdickung  des 
Zellgewebes  ist  oft  an  einzelnen  Stellen  vorwiegend,  wo- 
durch die  Geschwulst  knollig  und  ungleich  wird.  Vom 
subcutanen  Zellgewebe  erstreckt  sich  die  Hypertrophie  meist 
auf  d^  Zellgewebe  zwischen  den  Muskeln,  welche  entwe- 
der normal  oder  häufiger  geschwunden,  blass  und  fettig 
entartet  sind.  Oft  sind  auch  die  Knochen  der  ergriffenen 
Theile  mitleidend,  es  zeigen  sich  Hypertrophieen  der  Kno- 
ehenrinde  und  Osteophyten.  Die  Arterien  sind  zuweilen  in 
ihren  Verzweigungen  verknöchert,  die  Venen  oft  s^  et^ 
weitert  und  varicös,  die  Lymphgefässe  entweder  normal 
oder  esweitert,  die  Drüsen  oft  hypertrophisch» 

AtropMe. 

Atrophie  der  Epidermis  und  deft  Corium  ist 
meist  durch  Druck  unterliegender  Geschwülste,  z.  B.  Car«^ 
cinome,  bedingt  oder  ist  Folge  von  Entzündung,  z.  B.  bei 
chronischen  Exanthemen. 

Atrophie  des  Fettbindegewebes  im  subcutanen 
Zellgewebe  ist  eine  constante  Theilerscheinung  allgemeine! 
Atrophie  und  begleitet  meist  das  Oedem  des  Zellgewebes. 
Das  Fett  schrumpft  ^u  dunkeb,  körnig  L&ppchen  ein  und 
schwindet  endlieh  ganz:  die  Fettzellen  werd^  zu  fettlos» 
Zell».  / 

Pigmentmangel  findet  sich  zuweilen  an  dnzehien 


480 

Leueopathia  oder  in  der  Haut  des  ganzen  Körpers  als 
angeborenes  Leiden:  Albinismus.  Bei  normalem  Bau 
des  Corium  und  der  Epidermis  fehlt  die  Pigmentirung  der 
Zellen  und  Kerne  der  Schleimschicht.  Die  Bedingungen 
dieser  Zustände  sind  uns  unbekannt. 

Hyperämie.    HAmorrliai^ie» 

Hyperämie  der  Haut  ist  häufiger  Gegenstand  der 
Beobachtung  am  Krankenbette  als  am  Sektionstische,  indem 
die  Zeichen  der  Hyperämie ,  Röthung  und  Schwellung  der 
Haut  nach  dem  Tode  meist  schwinden  und  selbst  das  Mi- 
kroskop oft  keine  abnorme  Blutfiille  der  Hauptcapillaren  in 
bei  Lebzeiten  hyperämischen  Stellen  nachweisen  kann.  War 
die  Hyperämie  durch  Behinderung  des  venösen  Kreishufes 
bedingt  7  so  zeigt  sich  die  cyanotische  Hautfärbung  und  die 
BlutfüUe  der  Hautgefässe  auch  nach  dem  Tode.  Durch 
Senkung  des  Blutes  nach  den  tieferen  Theilen  entsteht  au 
den  meisten  Leichen  eine  blaurothe  Färbung  der  Haut  des 
Rückens,  der  hinteren  Seite  der  Extremitäten.  Am  Ende 
schwerer  chronischer  und  akuter  Krankheit  tritt  eine  ähn- 
liche Färbung  —  hypostatische  Hyperämie  —  noch  wäh- 
rend der  letzten  Lebenstage  ein. 

Hämorrhagie  stellt  sich  in  Form  blaurother  Flecken 
oder  Streifen  dar  y  welche  je  nach  der  Menge  des  Blutes 
und  dem  Orte  des  Ergusses  (Schleimschicht ,  Corium.  oder 
Unterhautzellgewebe)  verschiedenes  Aussehen  haben,  a)  Der 
Blut^guss  ist  bedingt  durch  Contusion  oder  Quetschung  der 
Haut,  bildet  dann  im  Corium  die  sogenannten  Sugillationen^ 
in  der  Schleimschicht  nach  Erhebung  der  Homschicht  die 
sogenannten  Blutblas^.  b)  Der  Bluterguss  ist  bedingt  dorchr 
Behinderung  des  Blutlaufs  (Herzfehler,  grosse  AlterssehwS- 
che),  geht  aus  Hyperämieen  hervor,  bildet  blaurothe,  nieht: 
erhabene  Flecken  an  den  unteren  Extremitäten  und  abhän- 
gig gelegeieii  Körpertheilen  CAetptira  semKs).    e)Der  Blut«^ 


481 

erguss  ist  Theilerscheinung  einer  Entzündung  der  Haut;  so 
sind  die  Entzündungen,  welche  Papeln  und  Quaddeln  be- 
wirken,  in  manchen  Fällen  mit  Hämorrhagieen  begleitet,  so 
dass  die  Papeln  und  Quaddeln  hell-  und  dunkelroth  gefärbt 
erscheinen  (Pttrpura  urticans^  rheumaiicas  papulosa  u.  s.  w. 
der  Systematiker),  d)  Der  Bluterguss  ist  Theilerscheinung 
allgemeiner  Krankheitszustände :  cc)  er  ist  eine  zufällige,  an 
und  für  sich  irrelerante  Erscheinung :  Petechien  bei  Typhus, 
Scorbut,  Purpura  typhosa  \x.  s«  w.  ß)  er  ist  wesentliches 
Glied  des  allgemeinen  Krankheitszustandes:  Purpura  sim- 
plex  und  Purpura  haemorrhagica,  Morbus  maculosus  Werl- 
hofii  der  Systematiker. 

Das  extravasirte  Blut  oder  das  hämatingefärbte  Serum 
bleiben  gewöhnlich  nicht  lange  unyerändert,  sondern  es  tre- 
ten die  Veränderungen  des  Hämatin  ein,  welche  zur  Pig- 
mentbüdung  führen.  Das  Pigment  ist  meist  gelb  oder  rost- 
farben, zeigt  sich  in  Form  von  Körnchen  und  Krystallen 
und  bewirkt  die  gelbe,  braune,  selten  schwärzliche  Färbung 
der  Haut  nach  SugUlationen  und  allen  Arten  von  Hämor- 
rhagieen. War  das  Extravasat  beträchtlich,  so  geht  es  die 
Veränderungen  der  hämorrhagischen  Herde  ein. 

Wir  betrachten  hier  die  Veränderung  der  Haut  durch 
Entzündung  nur  im  Allgemeinen,  ohne  auf  eine  nähere 
Darstellung  der  einzelnen  Species  der  Systematiker  einzu- 
gehen, da  diese  zum  Theil  weder  in  ätiologischer  Bezie- 
hung noch  in  ihren  anatomischen  Verhältnissen  genügend, 
erforscht  sind. 

Die  Entzündung  ist  entweder  über  die  Haut  des  gan- 
zen Körpers  ausgedehnt  oder  auf  einzelne  Strecken  be- 
schränkt, sie  findet  sich  femer  entweder  auf  alle  Theile 
der  Haut  gleichmässig  verbreitet  oder  ist  an  einzelnen,  klei- 
nen, discreten  Punkten  vorwiegend  (exanthematische  Ent- 

31 


482 

sUndung).  Die  Entzündung  hat  ihren  Sitz  vorwiegend  im 
gefässreichen  Corium,  ergreift  bald  mehr  dessen  Oberfläche, 
bald  mehr  die  tieferen  Lagen  und  das  submucöse  Zellge- 
webe; da  in  der  Umgebung  der  Hautdrüsen  und  Haarsäcke 
der  Gefässreichthum  vorwiegend  ist,  so  sind  diese  Stellen 
auch  vorzugsweise,  zuweilen  ausschliesslich  bei  der  Ent- 
zündung betheiligt. 

Die  Hautentzündung  beginnt*  oft  mit  einer  ausgezeich- 
neten Hyperämie  der  Capillaren,  die  auch  zuwiE^üen  an  der 
Leiche  als  tiefe,  gesättigte  Röthe  des  Corium  zu  erkennen 
ist;  diese  Hyperämie  ist  bald  bleibend,  bald  rasch  vorüber- 
gehend ,  oder  bloss  an  discreten  Punkten  bleibend ,  an  tler 
übrigen  Haut  schwindend.  Selten  ist  keine  Hyperämie  zu 
bemerken. 

Auf  die  Hyperämie  folgt  bald  Exsudation,  das  gerö- 
thete  Gorium  und  das  subcutane  Zellgewebe  werden  da- 
durch geschwellt,  fleischartig,  fest;  die  Epidermis  verhält 
sich  verschieden :  zuweilen  wird  sie  gar  nicht  berührt ,  zu- 
weilen geht  das  Exsudat  über  die  Grenzen  des  Corium  hin- 
aus in  die  Epidermis  über,  erweichf  dieselbe  oder  hebt  sie 
empor;  meist  tritt  lebhafte  Zellenbildung  in  der  Epidermis 
ein,  welche  bald  Abschuppung,  bald  Abschälung  der  Hom- 
schicht  bewirkt ,  bald  Eiterbildung  zur  Folge  hat.  Die  Drü- 
sen und  Haarsäcke  bleiben  meist  unverändert,  selbst  dann, 
wenn  sich  die  Entzündung  vorzugsweise  in  ihrer  Umgebung 
zeigt,  zuweilen  mag  etwas  Exsudat  in  ihr  Lumen  eindrin- 
gen; in  den  Talgdrüsen  iritt  zuweilen  lebhaftere  Zellenbil- 
dung  ein,  wodurch  sie  etwas  anschwellen  und  ihr  Ausfüh- 
rungsgang  einen  Talgpfropf  zeigt.  Nach  Beendigung  der 
Entzündung  und  ßückkehr  der  gewöhnlichen  Emährungs- 
verhältnisse  findet  Neubildung  der  Zellen  der  Schleimschidit 
und  nach  Abstossung  der  Homschicht  auch  Neubildung  die- 
ser statt. 

Die   sogenannte    erythematöse  Entzündung    hi 


488 

die  leiditeste  Art  der  Hautentzüfiiduiigeu,  findet  sich  in  den 
oberen  Schichten  des  Corium,  die  Hyperämie  ist  an  der 
Leiche  kaum  noch  kenntlich ^  das  Exsudat  sparsam,  es  fitt^ 
det  gering«  Verdickung  der  Schleimsehicht,  selten  Erhebung 
der  Homschieht  statt.  Sie  heilt  unter  leichter  Abschup^ 
pung. 

Die  phlegmonöse  Entzündung  oder  die  eigent- 
liche akute  Dermatitis  der  Autoren  betrifft  mehr  die 
tieferen  Schichten  des  Gorium  und  das  UnterhautseUgewebe. 
Die  Hyperämie  ist  als  starke  Injection  in  der  Leiche  kennt- 
lich, das  Exsudat  bewirkt  beträchtliche  Schwellung,  selten 
Erhebung  der  Homschieht  zu  Blasen  und  Pustdn  (EryH- 
pelas  bullosum).  Die  Ausgänge  sind:  a)  Heilung  durdi  Re- 
sorption der  Exsudate  und  Bäckkehr  des  normalen  Blut- 
laufs; b)  üebergang  in  chronische  Entzündung,  diese 
ist  charakteriskt  durch  dunkle  B5thung  der  Haut  (indem 
ausser  der  bleibenden  Hyperämie  meist  Pigmentbildung  atis 
extravasirtem  Blut  oder  transsudirtem ,  hämatinhaKigem  Se- 
rum folgt)  und  Massenzunahme  der  Haut  durch  das  Exsu- 
dat, oder  neugebildetes  Bindegewebe;  c)  Eiterung,  welche 
In  Gestalt  kleiner,  später,  durch  Zusammenfliessen,  grösse- 
rer Abscesse  im  subcutanen  Zellgewebe  und  im  Corium  auf- 
tritt. Die  Abscesse  können  ausgebreitete  Entzündung  und 
Vereiterungen,  Brand  der  Haut  und  grosse  Geschwüre  be- 
wirken (s.  unten);  im  günstigsten  Falle  perforiren  sie  die 
Haut  und  entleeren  sich  nach  Aussen;  d)  Atrophie  der  Haut 
ist  ein  seltener  Ausgang,  das  Exsudat  ist  sparsam,  wiifd 
mehr  in  die  oberflächlichen  Coriumschichten  und  die  Schleim- 
schicht  gesetzt,  es  organisirt  nicht  und  während  seiner  Aus- 
scheidung findet  eine  allmälige  Verdünnui^  des  Corium 
statt ;  e)  Geschwürsbildung  (s.  unten). 

Die  Maculae  unter  den  exanthematischen  Entzün- 
dungen sind  circumscripte  Hyperämiecn  mit  geringem  Ex- 
sudate. 

31* 


484 

Die  Papulae  sind  kleine,  discreie  Verdickungen  der 
Cutis  durch  Injection  und  Exsudat  in  der  Umgebung  der 
Haare,  wesshalb  meist  ein  Haar  in  der  Mitte  der* Papel 
sitzt,  das  Exsudat  ist  sparsam,  wird  meist  bald  resorbirt; 
die  Epidermis  über  der  Papel  ist  unverändert,  oder  wird 
später  durch  Exsudat  zu  einem  kleinen  Bläschen  erhoben, 
diß  Talgdrüsen  schwellen  etwas  an  durch  ZeUenbildung  in 
ihnen. 

Die  Pomphi,  Quaddeln,  sind  platte,  flache  Knoten, 
welche,  soweit  sich  die  Sache  ohne  anatomische  üntersu- 
ehung  beurtheilen  lässt ,  auf  geringer  Hyperämie  und  Exsu- 
dation in  die  Cutis,  bei  gleichzeitiger  geringer  Exsudatiön 
in  die  Schleimschicht  beruhen. 

Die  Bullae,  Blasen,  beruhen  auf  Erhebung  der 
Homschicht  durch  ein  umfangreiches,  seröses  Exsudat  zu 
einer  rundlichen  Geschwulst.  An  der  Leiche  findet  sich  in 
der  Cutis  keine  Injection,  in  der  Schleimschicht  vermehrte 
Zellenbildung.  Im  serösen  Inhalte  der  Blasen  finden  sich 
Anfangs  Epithelien  der  Schleimschicht,  später  Exsudatsei- 
len  in  geringer  Menge ,  zuweilen  Blutkörperchen  oder  grös» 
sere  Mengen  Blut. 

Die  Vesiculae,  Bläschen,  sind  kleine,  spitze  Er- 
hebungen der  Homschicht  durch  Exsudat,  bei  massiger  In- 
jection des  Corium.  Das  Exsudat  ist  serös,  bleibt  kurze 
Zeit  unverändert,  wird  resorbirt  oder  trocknet  ein«  Zuwei- 
len bildet  sich  später  Eiter,  in  der  Schleimschicht  findet 
AMangs  eine  lebhafte  Bildung  von  Epithelialzellen  statt, 
welche,  im  Serum  susspendirt,  diesem  schon  ein  eiterähn- 
liches Ansehen  zu  geben  pflegen,  später  treten  neben  den 
Epithelialzellen  in  der  Schleimschicht  mehr  und  mehr  Ex- 
sudat- oder  Eiterzellen  auf  und  vertheilen  sich  im  Serum, 
die  Neubildung  von  Zellen  geht  also  unter  reichlicher  Zu- 
fuhr von  Blastem  (analog  wie  auf  den  Schleimhäuten)  in 


485 

der  uuHiittelbaF  an  das  Carium  stosseuden  Schicht  der  Epi- 
dermis Tor  sich. 

Die  Pustula,  Pustel,  ist  durch  Erhebung  der  Cu- 
tis durch  Eiter  bedingt;  der  Eiter  entwickelt  sich  entweder 
in  einem  Bläschen,  oder  die  Pustel  tritt  gleich  als  solche 
auf,  indem  in  der  Scfaleimschicht  Eiter  gebildet  wird,  wel- 
cher allmälig  die  Epid^mis  emporhebt. 

Bläschen  und  Pusteln  haben  also  viel  Verwandtes,  sie 
sind  bald  klein,  hirsekorngross,  bald  erbsengross  und  grei- 
ser, bei  den  Pusteln  ist  die  Injection  der  Cutis  an  der 
Leiche  noch  vorhanden,  die^  oberen  Cutisschichten  auweilen 
auch  mit  Exsudat  infiltrirt  oder  eiterhaltig  und  die  Papillen 
etwas  vergrössert.  Die  Drüsen  und  ihre  Ausfiihrungsgänge 
sind  wie  die  Haarbälge  nicht  verändert,  wenn  auch  die 
Bläschen-  und  Pustelbildung  vorzugsweise  in  ihrer  Umge- 
bung vor  sidi  geht. 

Bläschen  und  Pusteln  sind  anfangs  meist  konisch  zu- 
gespitzt ,  breitet  sich  aber  die  Exsudation  mehr  in  die  Pe- 
ripherie aus,  oder  tritt  nach  vollendeter  Exsudation  rasch 
Resorption  oder  Verdunstung  ein,  so  sinkt  bei  grossen  Bläs- 
chen oder  Pusteln  die  Spitze  ein  und  sie  erhalten  einen 
concaven  Eindruck,  eine  Delle,  wdche  häufiger  dadurch  ge- 
bildet wird,  dass  dann,  wenn  das  Exsudat  oder  der  Eiter 
in  der  Umgebung  eines  Haar-  oder  Drüsenganges  die  Epi- 
dermis emporheben,  diese  Gänge  selbst  unverändert  bleiben 
und  dem  entsprechend  eine  Vertiefung  darstellen. 

Der  Inhalt  der  Bläschen  und  Pusteln  wird  bald  ganz, 
bald  theilweise  resorbirt ,  hierauf  trocknet  die  Homschicht 
ein ,  legt  sich  auf  die  SchleimBchicht  oder  das  Corium  auf 
und  bildet  die  schützende  Decke  für  die  Restauration  der 
Schleimschicht.  Hat  sich  aus  der  letzteren  auch  eine  neue 
Homschicht  gebildet,  so  wird  die  alte  abgestossen. 

In  anderen  Fällen  bersten  die  Bläschen  und  Pusteln 
und  der  Inhalt  wird  ganz  oder  theilweise  entleert,  durch 


486 

Vertrocknuüg  der  Epidermis  -  und  Eiterreste  entstdien  harte 
Krusten,  unter  deren  Scliutze  die  Restauration  der  Epider- 
mis erfolgt  oder  zuweilen  die  Eiterbildung  fortfährt,  worauf 
oft  Verschwärung  der  Haut  erfolgt. 

Knoten,  Tubercula,  entstehen  durch  entzündliche  An- 
schwellung der  Cutis  und  des  subcutanen  Zellgewebes^  das 
Exsudat  kann  resorbirt  werden ,  tuberkulisiren  oder  in  Ei- 
ter übergehen,  wie  es  Simon  nach  Einreibung  von  Ung. 
Tart  tüb.  bei  Hunden  sah  und  wie  es  beim  Rotzausschlag 
beobachtet  wird  (s.  unten:  Tuberkel). 

ZuweUen  sind  die  Hautentzündungen  durch  besonders 
reichliche  Abschuppung  von  der  Homschicht  ausgezeich- 
net, das  Gorium  ist  dabei  mehr  oder  weniger  geröthet  und 
geschwellt,  zuweUen,  soweit  man  am  Lebenden  sehen  kann, 
unyerändert  (Pityriasis  und  Psoriasis). 

Furunculus,  der  Schwären,  besteht  in  einer  cir- 
cumscripten  Entzündung  des  Corium  und  des  subcutanen 
ZeUgewebes,  mit  beträchtlicher  Injection  und  Exsudatioa 
und  rascher  Eiterbildung,  der  Eiter  perforirt  meist  und  ent- 
leert sich  zum  Theil,  während  ein  Theil,  durch  festes, 
amorphes  Exsudat  zusammengehalten,  als  sogenannter  Pfiropf 
zurückbleibt.  Bei  grosser  Ausdehnung  der  Entzündung  und 
Exsudation  nekrosirt  zuweilen  ein  Theil  des  Exsudates  (nadi 
Art  der  diphtheritischen  Exsudate  auf  Schleimhäuten)  nebst 
dem  in  dasselbe  eingeschlossenen  Bindegewebe  und  wird 
später  als  Pfropf  abgestossen. 

Carbunculus,  Anthrax,  unterscheidet  sich  vom 
Furunkel  theils  durch  die  Ausbreitung  der  Entzündung,  in- 
dem sich  viele  Entzündungsherde  neben  einander  bildra, 
theils  durch  das  häufige  Nekrosiren  des  Exsudates  und  des 
eingeschlossenen  Zellgewebes,  welches  eine  ausgebreitete  Ei- 
terbildung und  Abstossung  der  Pfropfe  und  grossen  Sub- 
stanzverlust  zur  Folge  hat 

Die  Pustula   maiigna   ist    ebenfalls   eine  <)ircum"^ 


487 

Scripte  fintsundung  des  Corium  und  subcutauen  Zellgewe- 
bes, mit  beträchtlicher  Hyperämie  und  Exsudation;  der 
Ausgang  ist  brandiger  Zerfall  der  ergriffenen  Theile  und 
Verjauchung  derselben  und  des  Exsudates. 

Entzündung  des  subcutanen  Zellgewebes  al- 
lein ist  nicht  selten  j  breitet  sich  aber  meist  auf  das  Corium 
aus;  sie  ist  auf  einzelne  Stellen  beschränkt  (um  Hautge- 
schwäre  9  Necrose,  Caries)  oder  über  grosse  Flächen  aus- 
gedehnt, ihr  Verlauf  ist  bald  akut,  bald  chronisch.  Das 
Zellgewebe  ist  durch  Injection  geröthet,  durch  seröses,  fa- 
serstoflfreiches  oder  hämorrhagisches  Exsudat  infiltrirt,  ge- 
schwellt, bald  verhärtet,  bald  erweicht;  das  Fettbindegewebe 
schwindet. 

Bei  akuter  Entzündung  geht  das  Exsudat  oft  in  Eiter 
über,  es  entstehen  Abscesse,  die  sich  oft  weit  im  Zellge- 
webe verbreiten,  zwischen  die  Muskeln  und  bis  zu  den 
Knochen  dringen,  indem  sich  der  Eiter  der  Schwere  nach 
senkt  oder  die  Entzündung  und  Eiterbildung  um  sich  greift. 
Die  Abscesse  perforiren  entweder  die  Haut  und  nach  Ent- 
leerung des  Eiters  tritt  Heilung  ein,  oder  sie  werden  ein- 
gesackt, trocknen  endlich  ein  und  verkreiden;  zuweilen  tritt 
vollständige  Resorption  des  Eiters  ein.  Der  schlimmste  Aus- 
gang ist  Verjauchung  des  Exsudates  mit  brandigem  Abster- 
ben des  Zellgewebes. 

Geht  die  Entzündung  in  chronische  über ,  oder  war  die 
Entzündung  gleich  anfänglich  chronisch,  so  organisirt  das 
sparsame  Exsudat  meist  zu  Bindegewebe  und  bewirkt  all- 
mälige  Verdickung  und  Verhärtung  des  Zellgewebes  und 
oft  alle  Veränderungen,  wie  sie  bei  der  sogenannten  Ele- 
phantiasis beschrieben  wurden. 

Oedem  des  subcutanen  Zellgewebes  ist  bald 
akut ,  das  Serum  hat  die  Bedeutung  eines  entzündlichen  Ex- 
sudates <z.  B.  in  einzelnen  Fällen  von  sogenannter  Phleg- 
moiia  mlba  doleiu),  bald  chronisch,  ist  dann  Folge  von  Be- 


488 

hindening  des  Blutlaut's  durch  Herz-  und  LungenleideU; 
Druck  auf  die  Venen,  Gerinnsel  in  denselben  u.  s.  w.  Das 
Zellgewebe  erhält  ein  wässeriges,  schlotteriges  Ansehen,  das 
Fett  schwindet,  indem  die  Fettzellen  ihren  fettigen  Inhalt 
yerlieren  und  als  einfache  Kernzellen  zuriickbleiben. 

Die  ihren  ätiologischen  Verhältnissen  nach  noch  un- 
klare Zellgewebsverhärtung  der  Neugeborenen 
besteht  anatomisch  in  der  Infiltration  des  Zellgewebes  durch 
gelbliches  Serum. 

Oesehwiire. 

Die  einfachste  Form  der  Geschwüre  ist  die  sogenannte. 
Excoriation;  die  Homschicht  fehlt,  die  Schleimschicht 
liegt  blos  und  es  findet  in  ihr  eine  lebhafte  Bildung  Ton 
Epithelial-  und  Exsudatzellen  statt,  das  Corium  ist  hyper- 
ämisch,  zuweilen  durch  Exsudat  geschwellt«  Der  Zustand 
kommt  bald  durch  gewaltsames  oder  durch  allmalige  Erwei- 
chung bedingtes  Ablösen  der  Hornschicht  zu  Stande,  bald 
ist  die  Entzündung  des  Corium  primär  und  die  Ablösung 
der  Homschicht  secundär.  Die  Excoriation  kann  jederzeit 
heilen,  sobald  die  normale  Ernährung  der  Schleimschicht 
wiederkehrt  und  sich  wieder  Epithelien  bilden. 

Ein  Geschwür  kann  sich  ins  einer  Excoriation  bil- 
den, es  kommt  in  diesem  Falle  erstlich  bei  irgend  bedeu- 
tender Exsudation  gar  nicht  mehr  zur  Bildung  von  Epithe- 
lialzellen  in  der  Schleimschicht,  sondern  es  entstehen  nur 
Exsudatzellen,  und  zweitens  ist  die  Exsudation  im  Gewebe 
des  biosgelegten  Corium  mit  Atrophie  seines  Gewebes  ver- 
bunden; wir  haben  dann  eine  entzündliche  Hautstelle  vor 
uns,  deren  Oberfläche  mit  amorphem  Exsudate  und  Exsu- 
datzellen bedeckt  ist,  deren  Basis  das  schvrindende  Corium 
bildet. 

In  anderen  Fällen  geht  der  Geschvriirsbildung  keine 
Excoriation  voraus,  sondern  Entzündung  des  Corium  be-« 


wirkt  gleiehzeitig  Erhebung  und  Abstossuäg  der  Homschicht 
und  Schwund  des  Corium  mit  Infiltration  desselben. 

Endlich  können  sich  Geschwüre  aus  Bläschen  und  Pu- 
steln bilden  (s.  oben). 

Das  Hatutgeschwür  in  einer  Vollendung  zeigt  eine  aus 
rothen  Fleischwärzchen,  Granulationen,  bestehende  Basis; 
die  durch  yielfache  Sprossenbildung  und  Erweiterung  der 
Capillaren  und  massenhafte  Zellenbildung  veränderte  Gutis^ 
und  einen  flachen  oder  wulstigen  Band:  hyperämische  und 
durch  Exsudat  geschwellte  Haut  mit  erhaltener  Epidermis. 

Das  Geschwür  bleibt  selten  unverändert,  sondern  geht 
entweder  zur  Heilung  über  ocler  vergrössert  sich.  Die  Hei- 
lung ist  bedingt  durch  Neubildung  von  Bindegewebe  in  der 
Cutis,  die  Papillen,  die  Haare  und  die  Hautdrüsen  gehen 
zu  Grunde,  es  bildet  sich  eine  flache  oder  wulstige  Narbe, 
welche  einen  dünnen  Epidermisüberzug  bekommt. 

Sehr  lang  dauernde  Geschwüre  zeichnen  sich  durch  ^ 
Hypertrophie  und  braunrothe  Färbung  der  sie  umgebenden 
Theile  aus.  Die  Vergrösserung  geht  nach  der  Fläche  und 
nach  der  Tiefe  vor  sich;  zuweilen  wird  das  Corium  und 
subcutane  Zellgewebe  völlig  zerstört  und  Fascien  und  Mus- 
keln werden  biosgelegt.  Chronische  und  wenig  veränderliche 
Geschwüre  zeigen  oft  harte,  hohe,  weisse,  sogenannte  cal- 
löse  Bänder. 

Da  sich  die  einzelnen  Species  der  Hautgeschwüre  in^ 
anatomischer  Hinsicht  gleich  verhalten,  können  wir  ihre  de- 
taiUirte  Betrachtung  hier  übergehen  und  uns  mit  der  Be- 
trachtung des  phagedänischen  oder  krebsigen  und  des  Lu- 
pus begnügen. 

Die  sogenannten  Krebsgeschwüre  der  Haut  ver- 
halten sich  in  anatomischer  Hinsicht  in  derselben  Weise, 
wie  soeben  im  Allgemeinen  von  den  Geschwüren  überhaupt 
aus  einander  gesetzt  wurde;  sie  zeichnen  sich  niur  durch 
ihren  hartnäckigen  Verlauf,  ihr  unaufhaltsames  Fortschrei- 


49« 

im  auf  sobcntanes  Zellgewebe,  Muskebi  und  Knocken  busj 
enthalten  aber  nie  die  Elemente  des  Carcmoms,  wesshalb 
man  den  zweideotigen  Namen  Kreb^esdiwSre  bess«  mit 
dem  phagedänische  Geschwüre  ▼«rtanscfaen  sollte, 
lieber  die  auf  wirklicher  Krebsbildong  b^nlienden  Hautge- 
sdiwure  siehe  unten. 

Der  Lupus  (Herpes  exedem)  ist  eine  in  anatomischer 
Hinsicht  unklare  Hautkrankheit,  welche  sich  unter  zwei  For-^ 
men  darstellt:  1)  Lupm»  tuperfieialü  s.  exfoUaütm:  Ent« 
Zündung  der  Haut,  allmä%er  Schwund  derselben  unter  ste* 
ter  Abschuppung  der  Epidermis;  2)  L.  exuleeram;  Entzün- 
dung der  Haut,  Bildung  kleiner,  gelblicher  (Exsudat- ?> 
Knoten,  Zerstörung  der  Haut  theils  durch  entzündliche  Atro- 
phie, theils  durch  Ulceration  der  Knoten.  Yirchow  fand 
in  mehreren  Fällen  in  dem  verdickten,  g^ötfaeten  Gewebe 
neugebildetes  Bindegewebe  und  kleine  Knötchen  mit  einer 
dem  Hauttalge  ähnlichen  Masse  (Simon). 

Brand  der  Haut  ist  häufig  und  kommt  unter  den  ver- 
schiedensten Bedingungen  und  unter  den  Gestalten  yor,  wie 
sie  früher  im  Allgemeinen  beschrieben  wurden. 

Beim  sogenannten  feuchten  Brand  ist  die  Hörn- 
schiebt  der  Epidermis  durch  seröse,  meist  blutig  gefärbte 
Flüssigkeit  zu  grossen  oder  kleinen  Blasen  eriioben,  das 
Gorium  und  Unterhautzellgewebe  in  eine  rothbraune,  grüne 
oder  schwarze  Masse  verwandelt,  in  weicher  man  eine  Zeit 
lang  die  normalen  Gewebe  noch  erkennen  kann,  bis  sie  zu 
Molecülen  zerfallen,  alle  Theile  sind  mit  einer  ttbehriechen- 
den  Jaudbe  getränkt. 

Beim  trockenen  Brand  sind  die  Theile  besser  er- 
halten, aber  schwarz  gefärbt  und  weich,  endlidi  löst  sich 
Alles  in  eine  schmierige  Masse,  in  welcher  alle  Elementar-* 
theile  untergegangen  sind. 


491 

Der  sogenannte  weisse  Brand  zeigt  sich  besonders 
auf  Geschwüren  und  ist  durch  die  Bildung  dif^teritischer 
Exsudate  bedingt,  mit  welchen  die  Gewebe  zerfallen;  diese 
Exsudationen  sind  besonders  häufig  beim  Hospitalbrande, 
bei  Kaehektisdien  und  bei  putrider  Infection. 

PHtlioloflrisclie  KTeuliIldiuiyeii« 

1)  Neubildung  von  Bindegewebe  ist  sehr  häu- 
fig y  findet  mh  als  Narbe  nach  Entzündungen  und  Ver- 
sch wärungen  9  als  Hypertrophie  der  Cutis  und  des  subcuta- 
nen Zellgewebes  bei  Elephantiasis  und  Condylombildung. 

Sie  findet  sich  ferner  in  den  sogenannten  weichen 
Warzen  (Verrues  chamues),  Molluscum  simples^;  es  sind 
erbsen-  bis  taubeneigrosse ,  auf  der  Haut  platt  aufliegende 
oder  gestielt  anhängende ,  runde  Geschwülste ,  bedingt  durch 
circumscripte  Hyp^trophie  der  Cutis,  mit  oder  ohne  gleich- 
zeitige entsprechende  Veränderung  des  subcutanen  Zellge- 
webes. Ihre  Oberfläche  ist  glatt  oder  gefaltet,  die  Talg- 
drüsen sind  zuweilen  comedonenartig  erweitert.  Enthalten 
sie  yiel  Fett,  so  werden  sie  Naevus  lipomatödes  ge- 
nannt, sind  sie  sehr  lang  gestielt,  so  nennt  man  sie  Acra- 
chordon.  Hierher  gehören  auch  das  gestielte  Acrothy* 
mion  und  die  Myrmicia,  welche  nach  Bärensprung 
kleine,  fein  gelappte  Geschwülste  sind^  die  viel  Talg  und 
Schweissdrüsen  und  neugebildetes  Bindegewebe  enthalten. 

Diese  Hautpolypen,  Molluske^  u.  s.  w.  gehen  in  Fi- 
broide  über,  wenn  die  Masse  des  neugebildeten  Bindege- 
webes beträchtlicher  wird,  doch  sind  grosse  fibröse  Ge- 
schwülste in  der  Haut  selten ,  entstehen  gewöhnlich  im  Un- 
terhautzellgewebe ,  treiben  die  Haut  vor  sich  her ,  welche 
bald  unverändert  bleibt,  bald  Papillarhypertrophie  zeigt. 

Ein  seinem  Wesen  und  Baue  nach  unklares  Gebilde  ist 
das  Keloid  Alibert's,  eine  harte,  platte  oder  erhabene, 


492 

weisse  oder  rothe,  uarbenartige ,   fibröse  oder  scirrhöse  (?) 
Masse  in  der  Haut. 

Sarcome  sind  in  der  Haut  nicht  selten,  entstehea 
spontan  oder  bilden  sieb  aus  Granulationen  auf  Geschwü- 
ren und  Wunden,  bilden  kleine  oder  grosse  Geschwülste 
mit  einer  Art  Epithelialüberzug,  aber  ohne  eigentliche  Haut- 
decke. 

Neubildung  von  Fettbindegewebe  ist  sehr  häu- 
fig und  kommt  bald  als  massenhafte  Vermehrung  des  Fettes 
im  Unterhautzellgewebe,  bald  in  Gestalt  isolirter  Geschwül- 
ste, Lipoma  (vom  erbsengrossen  Naetms  lipomatodes  bis 
zu  mannskopfgrossen  Massen)  vor,  die  im  Unterhautzell- 
gewebe entstehen  und  die  Haut  vor  sich  her  treiben. 

Neubildung  von  Pigment  findet  sich  als  bleibende 
oder  vorübergehende  Pigmentirung  der  untersten  Zellen  und 
Kerne  der  Schleimschicht  mit  braunen  und  gelben  Pigment- 
körnchen ohne  weitere  Veränderung  der  Haut  (Ephelis, 
Sommersprossen,  Melasma^  Nigritie$)y  oder  nüt 
Verdickung  der  Epidermis  und  reichlicher  Abschuppung 
(Chloaitna^  Pityriasis  versicolor),  oder  mit  Hyper- 
trophie des  Corium  an  kleinen  circumscripten  Stellen,  oft 
mit  starker  Haarbildung  (Naevus  spilus,  lenticularisy 
Leberflecken  u.  s.  w.).  Zuweilen  findet  Pigmentirung 
in  Fibroiden  und  Sarcomen  statt  und  diese  treten  dann  als 
melanotische  Hautgeschwülste  auf. 

Teleangiectasi^en  sind  in  der  Haut  häufig  und 
bilden  kleine,  platte,  hell-  oder  dunkelrothe,  granulirte  Ge- 
schwülste oder  sind  über  grosse  Flächen  der  Haut,  zumal 
des  Gesichtes,  ausgebreitet  (Naevus  vascularis). 

Cysten  sind  in  der  Haut  sehr  häufig  und  gehen  meist 
aus  Erweiterung  der  Drüsengänge  hervor.  Ihr  Bau  ist  der  der 
S.  75  beschriebenen  Cysten  mit  zelligem  Inhalt,  ihre  Grösse 
wechselt  von  Erbsen-  bis  Faustgrösse,  anfangs  mündet  ein 
Rest  des  Ausführungsganges  der  Drüse  zuweilen  noch  nach 


493 

Aussen,  meist  schnüren  sie  sich  aber  bald  ab  und  liegen 
Yöllig  als  geschlossene  Bälge  in  Cutis  und  subcutanem  Zell- 
gewebe. Von  ihrer  Innenfläche  erheben  sich  zuweilen  kleine 
Papillargesch Wülste  (subcutane  Warzen  und  Condylome ), 
oder  hornartige  Hypertrophieen  ihres  Epilhelialüberzuges, 
welche  nach  Perforation  der  Cystenwand  und  Haut  wohl 
auch  als  Hauthömer  hervorbrechen.  Zuweilen  gehen  sie  in 
Entzündung  und  Yerschwärung  über,  welche  sich  auch  auf 
die  allgemeinen  Decken  erstrecken  kann. 

Krebs  entsteht  selten  primär  in  der  Haut,  geht  aber 
oft  Yon  unterliegenden  Theilen ,  insbesondere  Lymphdrüsen, 
auf  dieselbe  über.  Er  zeigt  sich  bald  als  Scirrhus,  bald 
als  Markschwamm,  ist  in  das  Gewebe  des  Corium  mfiltrirt 
und  bildet  platte  Knoten,  oder  erhebt  sich  aus  dem  subcu- 
tanen Zellgewebe  oder  Corium  zu  Geschwülsten,  die  frei 
nach  Aussen  wuchern ,  bald  zerfallen  und  die  Basis  eineis 
krebsigen  Geschwürs  bilden. 

Der  sogenannte  elfenbeinartige  Krebs,  Carcint 
iburne,  ist  wahrscheinlich  ein  sehr  harter  Scirrhiis  oder 
eine  fibröse  Markschwammnarbe. 

Häufig  sind  in  der  Haut  die  Epithelialkrebse  oder 
Cancroide,  besonders  in  der  Gesichtshaut  und  an  den 
Genitalien.  Ihre  erste  Entstehung  ist  verschieden:  1)  sie 
beginnt  mit  einer  Papillargeschwulst,  an  einer  circumscripten 
Stelle  der  Haut  zeigen  sich  hypertrophische  Papillen,  be- 
deckt mit  grossen  Massen  von  Epithelien,  anfangs  sind  sie 
noch  mit  einer  gemeinschaftlichen  Epidermisdecke  versehen, 
später  schwindet  aber  diese,  die  Papillen  werden  biosgelegt 
und  es  erfolgt  meist  eine  leichte  Entzündung  derselben  mit 
lebhafter  Epithelialbildung  und  KrustenbUdung.  Nachdem 
diese  Vorgänge  eine  Zeit  lang  bestanden  haben,  bilden  sich 
in  der  Tiefe  im  Corium  und  Unterhautzellgewebe  kleine 
hirsdkorngrosse ,  mit  Zellen  gefüllte  Alveolen  in  grösserer 
oder  geringerer  Menge,  zuweilen  auch  grössere  Cancroide, 


494 

die  Spötter  allmälig  die  Haut  perforiren.  2)  In  anderen  Fal- 
ten sieht  man  ^eicb  im  Anfang  ihrer  Bildung  kleine  platte, 
von  der  Epidermis  überzogene  Knoten,  entstanden  durc^ 
Infiltration  der  Cutis  mit  Zelten  in  Gestalt  kleiner  pder 
grosser,  runder  oder  eylindrischer  Massen,  bei  gleichzeiti- 
gem Schwund  der  Papillen.  Später  bilden  sich  immer  mehr 
jener  runden  Knötchen  oder  Gylinder  bis  tief  in  das  Unter- 
hautzellgewebe,  die  Epidermisdecke  bricht  durdi  und  dear 
biosgelegte  Krebs  fängt  an  zu  ulceriren,  sich  mit  Krusten 
isu  bedecken,  während  das  normale  Gewebe  ausserordent- 
lich blutreich  wird  und  schwillt.  In  anderen  Fallen  bilden 
sich  im  Corium  gleich  Anfangs  grössere  Knoten ,  von  Erb- 
sen- bis  Taubeneigrösse ,  die  spater  meist  an  einer  Stelle 
erweichen  und  durch  Perforation  der  Haut  die  harte  Basis 
eines  Geschwüres  bilden.  In  allen  Fällen,  in  welchen  diese 
Gancroidbildung  einige  Ausdehnung  erlangt  hat,  sind  auch 
die  benachbarten  Lymphdrüsen  betheiligt  und  gewöhnlich 
in  der  Gancroidmasse  untergegangen. 

Tuberkel  als  Theilerscheinung  der  Tuberkulosis  kom-- 
men  in  der  Haut  nicht  vor,  wohl  aber  als  TheOerscheiming 
der  Scrofulosis  und  tertiären  Syphilis;  es  sind  erbsen-  bis 
haselnussgrosse ,  Anfangs  harte  Knoten  in  den  unteren 
Schichten  des  Gorium  und  dem  subcutanen  Zellgewebe,  wel- 
che zuweilen  bis  zu  Taubeneigrösse  wachsen,  allmälig  er- 
weichen, Perforation  der  Haut,  durch  aflmäligen  Schwund 
derselben,  bewirken  und  ein  Hautgeschwür  bilden.  Die  Ba- 
sis desselben  besteht  aus  Tuberkelmasse,  seine  Heilung  ist 
bedingt  durch  völlige  Entfernung  der  Tuberkelmasse,  wor- 
auf sich  erst  Granulationen,  dann  eine  feste,  weisse,  fibrö- 
se, strahlige  Narbe  büden. 

Parasiteii« 

A.  Thiere.  1.  Insecten:  Die  Läuse  sind  mit  ih- 
rer Existenz  an  den  lebenden  menschlidien  Körper  gebun- 


495 

den,  legen  auf  ihm  Eier,  die  sich  auch  an  Ort  und  Stelle 
entwickeln.  Die  Kopflaus,  Pedicuhu  capitis,  lebt  nur 
auf  dem  behaarten  Kopfe,  ist  grau -weiss,  ^ — 1^'"  lang, 
mit  deutlich  geringeltem  Hinterleib  (Taf.  III.  Fig.  21).  Die 
Kleide  rJ  aus,  Pi  vestimenti^  kommt  am  unbehaarten  Kör- 
per vor ,  ist  heller  als  die  vorige ,  der  Hinterleib  glatt  {Taf. 
III.  Fig.  20).  Die  Filzlaus,  PhthiHus  ingvinalis^  ist 
milbenähnlich  gebaut,  mit  rundlichem,  \^^'  langem  Körper, 
lebt  meist  in  den  Schaamhaaren,  seltener  in  den  Augen- 
braunen, Achselhaaren,  Barthaaren.  Durch  ihren  Stich  er- 
regen sie  geringe  Hautreizung  und  ein  lebhaftes  Jucken, 
was  zu  heftigem  Kratzen  reizt,  durch  welches  oft  Bläschen- 
eruption  bewirkt  wird  (Taf.  in.  Fig.  21a).  Die  Kran- 
kenlaus, P.  tabescentium^  die  nur  auf  Kranken  vorkom- 
men soll,  ist  noch  zweifelhaft.  Der  Floh,  Ptdex  urikinh 
ist  nicht  so  streng  an  den  menschlichen  Körper  gebunden, 
legt  seine  Eier  auf  ihm,  die  aber  an  anderen  Orten  zur 
Entwickelung  kommen;  er  bewirkt  durch  Einbohren  seiner 
Fresswerkzeuge  eine  leichte  Entzündung  des  Corium,  meist 
mit  geringer  seröser  Exsudation  in  die  Schleimschicht.  Der 
südamerikanische  Sandfloh,  Affeo:  penetram,  legt  seine 
Eier  in  die  Haut,  woselbst  sie  sieh  entwickeln. 

Die  Wanze,  Cimex  lecUäarius,  lebt  nicht  auf  dem 
Körper  und  legt  auch  ihre  Eier  anderwärts,  besucht  ihn 
aber  alhiäditlich ,  um  sich  von  seinem  Blute  zu  ernähren; 
durch  das  Einbohren  der  Fresswerkzeuge  entsteht  eine  Ent- 
zündung des  Corium. 

2.  Arachniden.  Die  Krätzmilbe,  Sareoptes  ho' 
minis,  ist  ^'^^  lang,  y^^  breit,  hat  einen  rundlichen,  mit 
Borsten  und  Höckern  besetzten  Körper  (Taf.  III.  Fig.  19), 
lebt  ausschliesslich  auf  der  menschlichen  Haut.  Die  Milben 
bohren  sich  in  die  Haut  ein,  um  Nahrung  einzusaugen,  er* 
regen  dabei  eine  leichte  Entzündung  des  Corium,  die  eine 
Verdickung   derselben   als  Papel   oder  eine  bläschenartige 


496 

Erhebung  der  Uornscbiebt  bewirkt,  Ausserdem  bohren  die 
Weibchen  Gänge  unter  der  Hornscbicht,  in  welchen  sie  ihre 
Eier  legen,  die  sich  daselbst  entwickeln;  am  Anfang  dieser 
Gänge  erheben  sich  auch  zuweilen  Papeln  und  Bläschen. 
Man  findet  die  Milben  und  die  durch  sie  hervorgebrachten 
Papeln,  Bläschen  und  ihre  Gange  hauptsädüich  an  der  in- 
neren Seite  der  Finger ,  der  Volarfläche  des  Handgelenkes, 
der  Beugeseite  der  Arme  und  Beine,  an  der  Brust,  dem 
Rücken,  am  Penis. 

Diese  kleinen  Papeln  und  Bläschen  bilden  den  primiti- 
yen. Krätzausschlag,  Scabies.  Da  das  Einbohren  der 
Milbe  ein  lebhaftes  Jucken  bewirkt,  so  werden  die  Kranken 
veranlasst,  die  Haut  stark  zu  kratzen  und  bewirken  dadurch 
sekundäre  Hautentzündung,  als  Papeln,  Bläschen  und  Pu- 
steln, die  an  Stellen,  wo  sich  die  Kranken  nicht  kratzen  kön- 
nen oder  bei  Gelähmten,  welchen  das  Kratzen  unmöglich 
ist,  fehlen,  aber  gewöhnlich  für  den  eigentlichen  Krätzaus- 
schls^  angesehen  werden,  obschon  sie  keine  andere  Bedeu- 
tung haben  als  der  durch  Kratzen  bewirkte  intensive  Aus- 
schlag am  Bauche  bei  PhthMus  inguinalis. 

Wie  die  parasitischen  Insecten  von  einem  Menschen  auf 
den  anderen  wandern,  so  geschieht,  dies  auch  mit  dem  Sar- 
coptes,  und  nur  auf  diese  Weise  breitet  sich  die  Scabies  auf 
mehrere  Individuen  aus. 

Die  Haai'sackmilbe,  Acorus  folHculoTum ,  ist  ^^ 
bis  J"'  lang,  |"'  breit,  hat  am  Vorderleib  8  kleine  Füsse, 
der  Hinterleib  ist  in  der  Jugend  kurz,  im  reifen  Thiere 
lang  (Taf.  ÜI.  Fig.  18);  sie  findet  sich  in  den  normalen  und 
erweiterten  Ausführungsgängen  der  Haare  und  Talgdrüsen, 
meist  zu  2  bis  4,  selten  mehr  (13,  Simon),  besonders  im 
Gesicht,  an  der  Nase,  den  Lippen,  der  Stirn,  den  Wan- 
gen. Sie  legt  daselbst  ihre  Eier,  welche  sich  auch  da  ent- 
wickeln. Sie  ist  stets  ein  zufälliger  Befund  und  scheint 
keine  Veränderungen  der  Haut  zu  bewirken. 


/ 

497 

Ausser  diesen  Milben  wandert  zuweilen  ein  Ixodes 
(Holzbock  9  Schafzecken  u.  s.  w.)  auf  den  Körper  und  bohrt 
sich  daselbst  ein;  femer  die  Milbe  der  Vögel:  Derma- 
nyssus  avium;  neuerdings  hat  Jahn  einen  Hautausschlag 
durch  den  auf  Stachelbeer büschen  lebenden  Leptus  au- 
tumnalis  beobachtet. 

B.  Die  parasitischen  Pflanzen  gehören  zu  den 
niedersten  Püzbildungen ,  welche  aus  runden  oder  ovalen 
Zellen  von  ^^jg^^^  Durchmesser  (Sporen) ,  aus  an  einander 
gereihten  Zellen  und  aus  langen  yerästelten  Fäden  bestehen 
(Taf.  m.  Fig.  16). 

Dergleichen  Pilze  finden  sich  constant  und  in  grosser 
Menge  beim  sogenannten  Favus,  Porrigo,  Erbgrind^ 
als  Hauptbestandtheil  der  gelben,  schüsseiförmigen  Borken. 
Ihre  Bedeutung  ist  noch  nicht  völlig  klar,  doch  ist  als 
höchst  wahrscheinlich  anzunehmen,  dass  die  Pilzbildung  das 
primäre  und  Hauptleiden  ist.  Nach  Simon,  dessen Anga^ 
ben  die  mehrerer  anderer  Autoren  sehr  nahe  stehen,  ent-^ 
steht  zuerst  eine  leichte  Abschilferung  der  Epidermis,  es 
zeigt  sich  dann  unter  den  Schuppen  ein  kleines,  gelbes,  aus 
Pilzen  bestehendes  Körperchen,  welches  sich  durdi  concen- 
trisches  Anlegen  neuer  Pilze  zu  der  scheibenförmigen  Borke 
vergrössert,  welche  nach  oben  frei  liegt,  nach  unten  bis  ans 
Corium  reicht ,  zuweilen  eine  leichte  Depression  und  Hyper- 
ämie desselben  bewirkt.  Entsteht  unter  der  Borke  eine  Ent* 
Zündung  des  Corium,  so  wird  dieselbe  von  Exsudat  umge- 
ben. Die  Bildung  von  Eiterpusteln  um  die  Pilzborke  scheint 
stets  zufällig  zu  sein.  Die  Haare  sind  bald  nicht  bethei- 
ligt, bald  dringen  die  Pilze  in  die  Haarbälge  und  bewir^ 
ken  ein  Ausfallen  des  Haares,  doch  ist  dies  nach  Simon 
sehr  selten. 

Der  Favus  gilt  allgemein  für  ansteckend  und  man  ver- 
muthet  wohl  mit  B,echt,  dass  die  Ansteckung  auf  einer  üeber- 
tragung  von  Pilzsporen  beruht;  die  Versuche  von  Remak 

32 


498 

und  Bennety  denen  eine  künstliche  Uebertragung  gelang^ 
sprechen  dafür. 

Ziendich  constant  findet  man  Pilze  zwischen  den  Epi- 
dennisschuppen  bei  Pityriasis  versicolor,  doch  ist 
ihre  Bedeutung  noch  zweifelhaft,  wahrscheinlich  sind  sie 
nur  zufällige  Bildungen. 

Bei  Porrigo  ilecalvans^  Alopecia  circum- 
scripta sah  Gruby  das  Haar  scheidenartig  von  der  Stelle 
an 9  wo  es  aus  dem  Haarbalge  tritt,  von  Pilzen  umgeben 
und  schreibt  dieser  Pilzbildung  das  Ausfallen  der  Haare  su 
(Phyto  •  alopecia). 

Bei  Herpes  tondens  fanden  Gruby  und  Malm- 
sten  Pilze  in  der  Haarwurzel  und  dem  Marke  und  schrei- 
ben ihnen  das  Spalten  und  Abbrechen  der  Haare  zu  (Rkizo- 
phyto  -  alopecia). 

Die  Ton  Gruby  bei  Mentagra  und  von  Günsburg 
beim  Weichselzopf  gesehenen  Pilze  sind  hinsichtlich  ihres 
Constanten  Vorkommens  und  ihrer  Bedeutung  noch  sehr 
zweifelhaft 

2.    Hautdrüsen,  Haare  und  Nägel. 

Doroh  Anhäufung  des  Sekretes  der  Talgdrüsen  in  deren 
AusfdttiFongsgange  entsteht  der  Comedo  oder  Mitesser. 
Derselbe,  kenntlich  durch  die  Erhebung  der  Hautoberfläche 
und  die  braun  gefUrbte  Talgmasse  in  der  Mündung  des  Aus-«* 
fuhrungsganges ,  ist  ein  kleines,  längliches  Säckchen,  des- 
sen Wandungen  der  ausgedehnte  Ausführungsgang,  dessen 
Inhalt  angehäuftes  Sekret  der  Talgdrüse  (epithelienartige, 
niit  Fett  infiltrirte  Zellen,  freies  Fett,  atrophische  und  zer* 
fßjlene  Zellen)  ist. 

Gewöhnlich  bleibt  der  Comedo  lange  unverändert;  nach 
Entfernung  des  Pfropfes  im  Ausführungsgange  kehrt  wohl 
auch  das  normale  Verhalten  zurück;  in  anderen  FäUim 
acbi^itet  die  Ausdehnung  durch  neues  Sekret  immer  fort, 


499 

bis  endlich  die  Drüsensubstanz  gänzlich  gesdiwunden  ist 
und  der  Ausführungsgang  zu  einem  runden  Balg  aui^dehnt 
ist,  es  entsteht  auf  diese  Weise  ein  Theil  der  in  der  Haut 
vorkommenden  Balggeschwülste. 

Diese  Balggeschwülste  hängen  anfangs  eng  mit  der 
Haut  zusammen  und  münden  mit  einer  kleinen  Oefihnng 
nach  Aussen;  später  schnüren  sie  sich  von  der  Cutis  ab, 
ihr  Balg  ist  fibrös  und  sondert  Epithelien  ab,  die  sich  mit 
dem  früheren  Inhalte  mischen.  Ihre  Grösse  ist  meist  ge« 
ring ,  doch  findet  man  zuweilen  solche  von  Tauben  -  bis 
Hühnereigrösse  und  mehr. 

Von  der  Wand  kleiner,  derartiger  Bälge  erheben  sich 
zuweilen  papilläre  Geschwülste,  subcutane  Warzen  oder 
Condylome,  sie  liegen  unter  dem  Niveau  der  Haut  und 
können  nur  durch  Druck  aus  der  Mündung  des  Balges  her- 
vorgedrängt  werden. 

Dergleichen  Bälge  bewirken  ferner  in  einzelnen  selte- 
nen Fällen  eine  Ausbuchtung  der  Haut  und  ragen  dann  po* 
lypen-  oder  molluskenartig  über  das  Niveau  derselben  her- 
vor und  sind  in  den  Fällen,  in  welchen  sie  in  grösserer 
Zahl  vorhanden  waren,  als  Molluscum  contagioMum 
beschrieben  worden;  doch  ist  ihre  Contagiosität  nicht  er^ 
wiesen. 

Der  Inhalt  dieser  Balggeschwülste  und  ihre  Wände 
können  endlich  verkreiden,  doch  sind  die  Beispiele  davon 
ziemlich  selten.  Häufig  findet  man  aber  sparsame  Ealksahee 
und  Cholestearinkrystalle  im  krümlichen  Inhalte  alter  Bälge« : 

Um  normale  oder  häufiger  um  durch  Talgmasse  erwei- 
terte Drüsengänge  kommt  eine  Entzündung  zu  Stande,  de- 
ren Resultat  eine  knotige  Verdickung  und  Röthung  der 
Haut,  zuweUen  Exsudation  unter  die  Epidermis  und  Eiter*- 
bildung  ist ;  die  so  entstandenen  Knoten  oder  Fustdn  nennt 
man  Finnen,  Acne. 

32* 


500 

Die  unter  dem  Namen  Milium  bekannten  kleinen,  gel- 
ben Knötchen  in  der  Haut ,  besonders  des  Gesichts  (Augen- 
lider) sind  nach  Bärensprung  durch  Ausdehnung  der 
Talgdrüsen  bei  Yerschliessung  ihres  Ausfiihrungsganges  be- 
dingt und  stellen  also  Balggeschwülste  im  kleinsten  For- 
mate dar. 

Veränderungen  des  Baues  der  Haare  sind  sel- 
ten,  sie  sind  zuweilen  an  einzelnen  Stellen  ungewöhnlich 
lang  oder  dick,  zuweilen  knotig,  kolbig,  gespalten;  das 
Vorkommen  yon  Pilzen  in  ihnen  wurde  oben  erwähnt.  Die 
Pigmentirung  fehlt  bei  Albinos;  die  Bedingungen  des  frü- 
hen Bleichens  der  Haare  sind  unbekannt;  in  einzelnen  sel- 
tenen Fällen  beobachtete  man  eine  Färbung  in  Ringen, 
welche  mit  ungefärbten  Stellen  abwechselten.  Ueber  die 
Veränderungen  der  Haare  beim  Weichselzopf  sind  die  An- 
gaben noch  sehr  widersprechend,  Einige  fanden  sie  normal, 
Andere  geschwollen  und  aufgelockert.  Andere  sahen  Pilze 
dann. 

Veränderungen  des  Baues  der  Nägel  sind  häu- 
figer. Atrophie  derselben  hat  man  bei  Kranken,  welche 
lange  liegen,  mussten  (Fracturen,  Lähmungen)  beobachtet. 
Hypertrophie  findet  sich  als  gleichmässige  Massenzunahme 
des  Nagels,  als  Auflagerung  von  Homplatten,  die  sich  son- 
dern lassen,  als  Verdickung  durch  eine  weisse,  käsige,  aus 
Epithelien  bestehende  Masse,  welche  sich  unter  dem  Nagel, 
zuweQen  bis  an  die  Wurzel,  bildet.  —  Bei  Schwindsüch- 
tigen und  Gyanotischen  ist  eine  sehr  starke  convexe  Krüm- 
mung der  Nägel,  mit  oder  ohne  kolbige  Anschwellung  der 
letzten  Phalanx  häufig.  Bei  manchen  Kranken  finden  sich 
abwechselnd  in  halbmondförmigen  Querstreifen  Verdickung 
und  Verdünnung  der  Nagelsubstanz.  —  Auflockerung  der 
Nägel  durch  Pilzbildungen  wurde  in  einem  Falle  hier  ge- 
funden. 


501 

Abbildungen  der  Hautkrankheiten:  Bärensprung,  Beiträge  zur 
Anat.  und  Path.  der  Haut,  Simon,  Die  Hautkrankheiten.  Alibert, 
Descript.  des  malad,  de  la  peau.  Bäte  man,  Abbildungen  der  Haut- 
krankheiten mit  SuppL  Ton  Froriep.  Rayer,  Trait^  des  mal.  de  la 
peau.  B ehrend,  Ikonogr.  Darstellg.  der  Hautkrankheiten.  Nolte, 
Atlas  der  Hautkrankheiten.    Hebra,  Atlas  der  Hautkrankheiten. 


Pathologbsche  Anatomie  der  Bew^^ang»- 

org^ane. 

1.    Knochen. 
Hypertrophie. 

Yergrösserung  des  Umfangs  eines  Knochens  stellt  sich 
dar  als  Massenzunahme  der  Knochensubstanz  —  Hyper- 
trophie —  oder  als  Erweiterung  der  Markräume  und 
Markkanälchen  —  Osteoporosis. 

I.  Die  Hypertrophie  erstreckt  sich  bald  über  einen 
Knochen  in  seinem  ganzen  Umfang,  und  stellt  sich  als 
Massenzunahme  des  ganzen  Knochens  dar,  —  Hyperosto- 
sis  — y  bald  auf  beschränkte  Stellen,  und  stellt  sich  dann 
bald  als  partielle  Umfangsvergrösserung  des  Knochens,  bald 
als  vom  Knochen  ausgehende  Geschwulst  dar,  —  Exostose, 
Osteophyt.  —    Oft  sind  beide  Formen  combinirt. 

1.  Hyperostosis  ist  a)  allgemein,  über  einen  gan- 
zen Knochen  oder  den  grössten  Theil  desselben  ausge- 
dehnt und  findet  sich  dann  1)  als  auf  die  Knochenrinde 
beschränkte  Verdickung  deselben  durch  vom  Periost  aus 
angebildete,  meist  compacte,  selten  maschige  Knochen- 
masse (äussere  Hyperostose);  2)  als  auf  die  Markräume 
beschränkte  Verdickung  derselben  durch  von  der  Markmem- 
bran aus  angebildete  compacte  Knochenmasse,  durch  welche 
die  Markräume  völlig  oder  grösstentheils  ausgefüllt,  die 
Knochen  dadurch  schwer,  durchaus  compact,  sclerosirt  wer- 
den (innere  Hyperostose,  Sclerose) ;  3)  als  Combination  der 
äusseren  und  inneren  Hyperostose,  wodurch  der  Knochen 
an  Umfang  und  Masse  zugleich  zunimmt. 


503 

b)  Partiell  9  erscheint  meist  als  Verdickung  der  Kno- 
chenrinde  und  zwar  in  doppelter  Weise,  bald  ist  die  Yer-* 
dickungsmasse  Ton  derselben  Textur  als  die  Binde,  mag 
sie  nun  compact  sein  wie  die  normale  Rinde  oder  mag  die 
letztere  durch  Atrophie  maschig  geworden  sein  und  so  ein 
Ganzes  ohne  scharfe  Grenze  mit  der  Yerdickungsmasse  bür- 
den, bald  ist  die  Yerdickqngsmasse  von  anderer  Textur  al0 
die  Knochenrinde,  ist  Ton  ihr  abzugrenzen  und  gehört  so. 
zum  flachen  Osteophyt.  Ausser  dieser  äusseren  partielle 
Hyperostose  findet  sich  zuweilen  auch  eine  innere  und  eine 
des  Knochens  in  seiner  ganzen  Dicke. 

Die  Textur  des  hypertrophirten  Knochens  ist  die  des 
compacten  Knochengewebes. 

Die  äussere  Hyperostose  ist  meist  Folge  yon  Periosti- 
tis, mag  diese  nun  eine  traumatische,  syphilitische,  arthri- 
tische  oder  neben  Afterbildungen  bestehende  sein,  die  in** 
nere  Hyperostose  Folge  yon  Entzündung  des  Markes,  des 
Knochen  selbst,  oder  von  Rhachitis  und  Osteomaläcie  (s. 
unten).  Es  leidet  nur  ein  Knochen  oder,  wenn  die  Be« 
dingung  der  Hyperoslose  in  einem  Allgemeinleiden  liegt, 
mehrere  Knochen. 

Man  findet  4ie  Hyperostose  besonders  häufig  an  den 
Röhrenknochen  und  am  Schädel.  Am  letzteren  kommt  zu- 
weilen eine  Hyperostose  der  sämmtlichen  Schädel-  und  Ge- 
sichtsknochen Tor,  die  Knochen  erreichen  eine  Dicke  yon 
9'"  bis  2",  auf  Kosten  der  Hohlräume  *  und  Löcher,  wel- 
che sich  in  denselben  befinden,  oder  welche  sie  einschlies- 
sen,  der  Schädel  erhält  dadurch  einen  bedeutenden  Umfang, 
wird  schwer  und  unförmlich. 

AbbildoBgea:  Rdhrenltnoclien :  Lobstein,  AUas  II.  T.  3.  Stn- 
difort,  Mus.  an.  T.  89.  Schädelknochen:  Albers  I.  T.  26.  Sas- 
difort,  Mus.  an.  T.  13,  169. 

2.  Exostosisj  Knochcngeschwulstj  Osteom, 
ist  jede  aus  Knochengewebe  bestehende ,  von  einem  norma- 


504 

len  Kuocheu  ausgehende  und  mit  ihm  ein  organisches  Ganze 
bildende  Geschwulst.  Dieselbe  stellt  sich  dar :  1)  als  flache, 
circumscripte  Verdickung  der  Knochenrinde  oder  des  Kno- 
chens in  seiner  ganzen  Dicke;  2)  als  ovale  oder  runde, 
platt  oder  pilzartig  aufsitzende ,  stark  gewölbte  Knochen- 
massen Ton  Haselnuss-  bis  Höhnereigrösse ;  3)  als  faust- 
bis  kindskopfgrosse  Knochenmassen^  welche  meist  aus  klei- 
neren Abtheilungen  zusammengesetzt  sind;  4)  als  spitze, 
domenartige,  dicke  Auswüchse.  Ihre  Substanz  ist  meist  com- 
pact, zuweilen  elfenbeinartig  hart,  zuweilen  maschig,  oder 
in  der  Mitte  maschig,  in  der  Peripherie  compact,  das  Pe- 
riost aberzieht  dieselben  nicht  immer.  Ihre  Textur  ist  die 
des  normalen  Knochens,  nur  ist  die  Anordnung  der  einzel- 
nen Elemente  weniger  regelmässig. 

Die  Exostosen  sind  bald  Theilerscheinungen  einer  Hy- 
perostose, d.  h.  der  hypertrophische  Knochen  zeigt  an  ei- 
ner Stelle  eine  besonders  merkliche  Hervorragung;  bald  sind 
sie  Folgen  von  Periostitis  oder  Ostitis,  bald  geht  ihnen  die 
Bildung  Ton  Bindegewebsknorpel  yorher,  welcher  allmälig 
verknöchert  oder  erst  längere  Zeit  als  Enchondrom  besteht, 
bald  gehen  sie  aus  Yerknöcherung  von  Sehnen  und  Mus- 
keln hervor.  Aus  diesen  Angaben  geht  hervor,  in  welchen 
Fällen  die  Exostose  vom  Periost  bekleidet  sein  wird,  in 
welchen  nicht. 

Abbildungen:  Lobstein,  Atlas  II.  T.  5.    Sandifort,  Mus.  an. 
T.  87,  88,  102.    Bruns,  Atlas  der  CUir.  I.  T.  8. 

3.  Osteophytum  nennt  man  jede  aus  Lamellen,  Na- 
deln, Balken  oder  porösen  Knochen  bestehende,  auf  der 
Oberfläche  eines  normalen  Ejiochen  sitzende,  mit  diesem 
ein  Ganzes  bildende ,  aber  von  ihm  durch  Texturverschie- 
denheit scharf  geschiedene  Knochenmasse.  Das  Osteo- 
phyt  stellt  sich  dar:  1)  als  feiner,  aus  einer  i  — i'"  dicken, 
porösen  Knochenschicht  bestehender,  Ueberzug  eines  Kno- 
chens; 2)  als  ^—1"'  dicker,   aus  feinen  Lamellen,  Nadeln 


505 

oder  feinmaschigem  Netzwerk  bestehender  Knochenüberzug; 
3)  als  hervorragende  Geschwulst,  bestehend  aus  einem  fei- 
nen oder  groben  Gerüst  von  Enochenbalken ,  Nadeln  mit 
mannichfaltigster  Anordnung  des  Gewebes;  4)  als  yielfache 
warzige  oder  tropfsteinartige  Fortsätze  des  Knochens.  Die- 
sen Formen  liessen  sich  leicht  noch  yiele  andere  anreihen, 
das  Osteophyt  geht  femer  durch  allmälige  üebergänge  in 
die  partielle  Hyperostose  und  die  Exostose  über,  es  giebt 
zahlreiche  Fälle,  in  welchen  die  Grenze  zwischen  diesen 
drei  Veränderungen  durchaus  nicht  scharf  gezogen  werden 
kann,  wie  sie  denn  auch  ätiologisch  nicht  zu  trennen  sind. 

Die  Textur  der  Osteophyten  ist  wesentlich  die  des  nor- 
malen Knochengewebes,  doch  finden  sich  hinsichtlich  der 
Form  und  Anordnung  der  feinsten  Elemente  mancherlei  Ab- 
weichungen. 

Die  Bedingungen  der  Osteophytenbildung  sind:  Perio- 
stitis, Ostitis,  Entzündung  der  den  Knochen  umgebenden 
Weichtheile,  Neubildungen  aller  Art,  so  stellt  das  Osteo- 
phyt oft  nichts  dar  als  das  verknöcherte  Bindegewebsgerüst 
eines  Carcinoms,  einer  Tfelangiectasie  u.  s.  w.  Danach  er- 
giebt  sich  auch,  wann  die  Osteophyten  vom  Periost  überr 
zogen  werden,  wann  nicht. 

Die  histologische  Entwickelung  der  Hypertrophie  der 
Knochen  geht  nicht  in  allen  Formen  derselben  in  gleicher 
Weise  vor  sich.  Meist  geht  der  BUdung  des  Knochens 
die  von  Bindegewebsknorpel  vorher  —  ein  dickbalkiges,  al- 
veolares Faserstroma,  in  dessen  Maschen  Knorpelzellen  lie- 
gen — ,  das  Stroma  verknöchert  zu  lamellöser  Knochensub- 
stanz ,  die  Zellen ,  deren  Kerne  sich  vielfach  auszacken  und 
strahlige  Ausläufer  bekommen,  zu  Knochenkörperchen ,  die 
Gefässe  bleiben  in  Kanälchen.  So  bilden  sich  die  meisten 
Hyperostosen,  Exostosen  und  Osteophyten.  In  anderen 
Fällen  entstehen  die  letzteren  aber  nur  durch  Verknöche- 
rung von  Bindegewebe,  neugebildetem  oder  normalem,  oder 


506 

sie  gehen  aus  Yerknöcherung  Ton  Enchondromen   herror^ 
welche  aus  hyalinem  Sjuorpel  bestehen. 

AbbUdungen:  Lobstein,  Atlas  II.  T.  2—4.     Sandifort,  Mut. 
M.  T.  70,  146,  147,  134,  171,  181.     Bruns,  Atlas  der  Chir.  I.  T.  8. 

n.  Die  Osteoporosis  ist  ebenso  wenig  als  die  Hy- 
pertrophie ein  specifischer  Krankheitsprocess ,  sondern  nur 
der  Name  für  gewisse ,  fertige  Veränderungen  der  Knochen, 
welche  auf  verschiedene  Weise  zu  Stande  kommen  können. 
Der  Knochen  ist  yergrössert,  leichter ,  auf  der  Schnittfläche 
sieht  man  die  normalen  Maschenräume  erweitert  und  die 
compacte  Knochensubstanz  in  maschige  umgewandelt ,  die 
Veränderung  betrifit  bald  den  ganzen  Knochen ,  bald  nur 
einen  Theil,  stellt  sich  dann  wohl  auch  als  schwammige 
Exostose  dar,  bald  nur  die  Rindensubstanz.  Diese  Verände- 
rung ist  bedingt  a)  durch  Atrophie  des  Knochens  bei  Ent- 
zündung, pathologischen  Neubildungen  in  demselben,  wenn 
die  yerdünnten  Knochenblättchen  nachträglich  aus  einander 
gedrängt  werden,  b)  durch  Neubildung  von  Knochengewebe 
in  der  Peripherie  eines  porös  gewordenen  Knochens,  wel- 
cher dieselbe  grobe  Textur  wie  der  letztere  erhält,  so  dass 
der  Vorgang  streng  genommen  zur  Hypertrophie  gehört, 
üebrigens  fand  in  yielen  Fällen,  in  welchen  der  Knochen 
angetrieben,  seine  Maschenräume  erweitert  scheinen  u.s.w., 
TöUiger  Schwund  des  ursprünglichen  Knochen  statt  und  das 
osteoporotische  Knochenstück  ist  yöUig  neugebildet.  Hier 
reiht  sich  die  sogenannte  Spina  ventosa  an,  mace- 
rirte  Knochen,  welche  in  Folge  der  Einwirkungen  patholo- 
gischer Neubildungen  durch  Bildung  von  Höhlen,  unregel- 
mässiger Löcher,  schwammiger  Auftreibungen  und  Osteo- 
phyten  von  schwammiger  Textur  verändert  sind. 

Abbildungen:   Lobstein  II.  T.  4.     Musee  Dupuytren  T.  11, 
Scarpa,  Die  Expans.  der  Knochen. 


507 

Im  hohen  Alier  ist  Atrbphie  der  Kuocheu  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  eine  gewöhnliche  Erscheinung;  sie  besteht 
in  Yerdfinnung  und  Schwund  der  Wände  der  Markräume 
und  Erweiterung  der  G^fässkanäle ,  so  dass  in  den  höheren 
Graden  die  Markhöhle  sehr  erweitert  erscheint  oder  die 
schwammige  Substanz  geschwunden  ist  und  die  compacte 
Rinde  bis  auf  eine  kleine  Lage  ebenfalls  schwammig  ge- 
worden  ist.  In  den  höchsten  Graden  legen  sich  die  gegen- 
überstehenden Binden  zusammen  und  verschmelzen  oder  die 
äusserste  Knochenrinde  wird  ebenfalls  schwammig,  porös 
und  lässt  sich  mit  dem  Periost  abziehen.  Je  stärker  der 
Grad  dieser  Atrophia  senilis  ist,  desto  brüchiger  und 
biegsamer  werden  natürlich  die  Knochen,  Fragilitat  vt- 
trea^  Osteospathyrosis,  oder  in  Betracht  der  Erwei-* 
terung  der  Markräume  u.  s.  w.  Osteoporosis,  Rare- 
faction  des  Knochengewebes. 

Im  früheren  Alter  tritt  eine  ähnliche  Atrophie^  aber 
nur  in  geringeren  Graden  zuweilen  spontan  ein  oder  als 
TheilerscheinuBg  syphilitischer  Kachexie ,  Hydrargyrose, 
Lepra. 

Atrophie  der  Knochen,  findet  sich  stets  bei  Rhadiitis 
und  Osteomalacie ,  bleibt  nach  Entzündung,  wird  bedingt 
durch  pathologische  Neubildungen,  z.  B.  Krebs,  Sarcom^ 
in  ihnen. 

Häufig  ist  endlich  der  durch  Druck  von  Aussen  be- 
dingte Schwund  des  fijiochens,  die  sogenannte  Knochen- 
aufsaugung, Usura^  Detritus  ossium;  einen  sol- 
chen Druck  üben  Geschwülste ,  Aneurysmen  u.  s.  w.  aus ; 
die  Wirkungen  derselben  sind  yerschieden,  dünne  platte 
Knochen  geben  dem  Drucke  oft  eine  Zeit  lang  nach  und 
es  entsteht  Anfangs  eine  Ausbuchtung  des  Knochens,  mit 
Schwund  seines  schwammigen  Gewebes  und  Verschmelzung 
der  Rinden,  später  erst  Schwund  auch  der  Rinden.  Festere 


'     508 

Knochen  mit  compacter  oder  schwammiger  Substanz  zeigen 
einen  allmälig  erfolgenden,  schichtweisen  Schwund  ihrer 
Substanz  ohne  weitere  Texturveränderung ,  und  es  können 
80  diese  Knochen,  z.  B.  Wirbelknochen,  alhnälig  p^orirt 
werden.  In  der  Umgebung  eines  solchen  Knochensdiwun* 
des  bilden  sich  nicht  selten  Osteophyten. 

Hyperftmle.    Hümorrha^ie. 

Hyperämie  der  Knochen  als  selbstständige  Verände- 
nmg  ist  noch  nicht  Gegenstand  der  Beobachtung  gewesen; 
man  findet  die  Knochen  meist  hyperämisch,  wenn  die  be- 
nachbarten Theile  hyperämisch  sind;  am  Krankenbette  ist 
diese  Hyperämie  nicht  zu  erkennen.  Für  yiele  Texturver- 
änderungen  der  Knochen  scheint  aber  die  Hyperämie  yon 
grosser  Bedeutung  zu  sein,  wofär  der  Umstand,  dass  man 
bei  Zuständen,  die  mit  Schwund  der  Kalksalze  verbunden 
sind,  so  bei:  Bhachitis,  Caries,  Atrophie,  stets  Hyperämie 
findet,  deutlich  spricht. 

Hämorrrhagie  erfolgt  in  die  Markhöhle  und  Marie- 
räume oder  zwischen  Knochen  und  Beinhaut.  Die  Blutung 
ist  bald  unbedeutend,  bald  beträchtlich  und  hat  dann  wohl 
Schwund  der  Markräume  oder  der  Binde  zur  Folge.  Die 
Bedingungen  des  Blutergusses  sind  Stoss  und  Verletzung 
des  Knochens,  Entzündung  und  Yerschwärung  desselben. 
Nach  Engel  kommt  Hämorrbagie  ausserdem  vor:  bei  Ty- 
phus, Scorbut,  Gehirn-  und  Bückenmarkskrankheiten^  im 
hohen  Alter,  bei  Krebs-  und  Tuberkelkranken. 

Blutungen  zwischen  Periost  und  Knochen  kommen  bei 
Neugeborenen  häufig  als  sogenanntes  Kephalämatom 
vor,  oft  combinirt  mit  Hyperämie  des  Knochens  an  dieser 
Stelle ,  und  zuweilen  mit  Bluterguss  zwischen  Knochen  und 
Dura  mater. 


509 

fintaBfinduny. 

1.    Periostitis^ 

Entzündungen  der  Beinhaut  sind  sehr  häufig,  sie  sind 
bedingt  durch  Verletzung  des  Periosts,  durch  Entzündung 
der  umgebenden  Weichtheile,  durch  yom  Knochen  ausge- 
hende Entzündungen  oder  Afterbildungen,  durch  Erkältun- 
gen, oder  sie  sind  Theilerscheinung  einer  allgemeinen  Krank- 
heit, z.  B.  Syphilis,  Scrofulosis« 

Ihre  anatomischen  Merkmale,  welche  mit  denen  der 
Entzündung  der  übrigen  fibrösen  Häute  ziemlich  über- 
einstimmt, sind  folgende: 

Das  Periost  ist  stets  stark  injicirt,  die  injicirten  6e- 
fässchen  sind  als  feine  rothe  Striche  und  Pünktchen  sicht- 
bar, selten  bildet  sich  eine  gleichmässige  Böthe  als  Folge 
einer  aUgemeinen  Capillarhyperämie. 

Das  Exsudat  ist  theils  in  das  Gewebe  des  Periosts  ge- 
setzt, theils  in  die  umliegenden  Theile,  insbesondere  auf 
die  dem  Knochen  anliegende  Fläche  des  Periosts.  Das  Letz- 
tere wird  durch  das  Exsudat  geschwellt  und  erweicht,  yer- 
liert  seine  fibröse  Textur,  bekommt  ein  knorpel-  oder  drü- 
senähnliches Ansehen,  eine  gelb -rothe  oder  braun -rothe 
Farbe.  Die  umgebenden  Weichtheile  sind  meist  mit  serö- 
sem Exsudat  infiltrirt  und  geschwollen.  Der  Knochen,  so 
weit  er  vom  entzündeten  Perioste  überzogen  wird,  ist  ent- 
weder in  seinen  äussersten  Schichten  mit  entzündet  oder 
leidet  auf  andere  Weise. 

Die  Ausgänge  der  Periostitis  sind,  je  nach  dem  aku- 
ten oder  chronischen  Verlaufe  der  Entzündung  und  je  nach 
der  yerschiedenen  Metamorphose  der  Exsudate,  sehr  ver- 
schieden, a)  Die  Entzündung  ist  akut,  das  Exsudat  spar- 
sam oder  reichlich,  serös  oder  faserstoffireich,  bewirkt  be- 
trächtliche Schwellung  der  Beinhaut,  die  oberflächliche  Kno- 
qhenschicht  ist  ebenfalls  entzündet,  daher  geschwollen,  weich 
und  alle  Kanäle  erweitert;   das  Exsudat  wird  resor- 


510 

birt  und  es  folgt  völlige  Rückkehr  zur  normalen  Textur, 
b)  Das  Exsudat  einer  akuten  Entzündung  wird  nicht  resor- 
birt  9  das  Periost  bleibt  yerdickt  durch  amorphes  Exsudat 
oder  neugebildetes  Bindegewebe  (callöse  Verdickung, 
Gumma ta),  die  entzündete  Knochenschicht  kehrt  sur 
Norm  zurück  oder  scierosirt  und  stellt  sich  am  macerirten 
Knochen  als  flache  Hyperostose  dar.  c)  Das  Exsudat  ein^ 
chronischen  Entzündung  bewirkt  zum  Theil  Schwellung  des 
Periosts ,  zum  Theil  bildet  es  dünne ,  yerknöchemde  Schich- 
ten zwischen  Periost  und  Knochen.  Der  neugebildete  Kno- 
chen stellt  sich  bald  als  Hyperostose,  bald  als  Exo- 
stose, meist  als  Osteophyt  dar.  Die  oberflächliche 
Knochenschicht  bleibt  entweder  frei  yon  Entzündung  oder 
sie  wird  mit  ergriffen,  scierosirt  dann  öfters  und  trägt  so 
zur  Veränderung  bei.  d)  Das  Exsudat  einer  akuten  Ent^ 
Zündung  wird  yorzugsweise  zwischen  Periost  und  Knochen 
gesetzt,  es  bildet  sich  Eiter;  die  oberflächliche  Knodien- 
Schicht  oder  der  Knochen  in  seiner  ganzen  Dicke,  aus  sei- 
ner Verbindung  mit  dem  Periost  und  den  ernährenden  6e- 
fassen  gerissen,  nekrosirt;  oder  er  wird  gleichzeitig  von 
Entzündung  ergriffen,  deren  Exsudat  meist  in  Eiter  über^ 
geht  und  Garies  bewirkt.  (Gewöhnlich  wird  der  letztere 
Vorgang  so  dargestellt,  als  würde  der  Knochen  yom  Eiter 
„angefressen^^,  dem  Eiter  entgehen  aber  alle  lösenden  und 
ätzenden  Bestandtheile,  auch  weist  eine  unbefangene  Unt^-» 
suchung  stets  nach,  dass  in  allen  Fällen,  wo  der  Eitex  ge^ 
fressen  und  zerstört  haben  soll,  nicht  der  Eit^,  sondern 
eine,  allerdings  durch  ihn  oft  angeregte,  Entzündung  Ur- 
sache der  Zerstörung  war.)  e)  Es  bildet  sich  nach  einer 
akuten  oder  chronischen  Entzündung  Tuberkelmasse,  der 
Knochen  bleibt  normal,  nekrosirt  oder  yerschwärt.  Die 
Tuberkelmasse  bleibt  lange  unyerändert,  erweicht  endlich, 
bildet  schwappende  Abscesse  und  wird  nach  Perforation  der 
umgebenden  Weichtheile  nach  Aussen  entleert. 


511 

Diese  hauptsächlichsten  Ausgänge  treten  unter  mannich* 
fachen  Variationen  auf,  können  sich  unter  einander  combi- 
niren  und  müssen  in  jedem  yorkommenden  Falle  durch  sorg- 
fältige Untersuchung  des  frischen  und  macerirten  Knochens 
besonders  beurtheilt  werden.  Das  Periost  bleibt  bei  den 
verschiedenen  Ausgängen  erhalten  oder  geht  verloren  und 
wird  dann  nach  gänzlicher  Beendigung  der  krankhaften  Vor- 
gänge meist  wiederersetzt. 

2.    Ostitis. 

Enochenentzündung  ist  bald  Folge  von  Verletzung  des 
Knochens,  bald  bedingt  durch  Entzündung  der  umgebenden 
Weichtheile  und  des  Periosts,  wird  bald  herbeigeführt  durch 
Nekrosirung  einzelner  Ejiochenstellen ,  oder  durch  im  Kno- 
chen wuchernde  Afterbildungen,  bald  durch  eine  allgemeine 
Erkrankung,  wie  Syphilis,  Scrofulosis. 

Die  Entzündung  ergreift  den  Knodien  in  seinem  gan- 
zen Umfang  oder  nur  einzelne  Theile  desselben,  verbreitet 
sich  von  einem  Theile  auf  den  anderen. 

Die  Vorgänge  bei  der  Entzündung  sind  folgende: 

Die  Gefässe  des  Knochens  fuUen  sich  strotzend  mit 
Bhit,  der  Knochen  erscheint  dadurch  geröthet  und  blutreich ; 
die  Exsudation  ist  begleitet  von  gesteigerter  Resorption  des 
ganzen  Gewebes  oder  vorzugsweise  der  Kalksalze,  daher 
wird  der  Knochen  atrophisch  und  weich;  es  erfolgt  An- 
schwellung, Auftreibung  des  Knochens  durch  Ausdehnung 
seiner  Hohlräume  durch  das  Exsudat;  das  Periost  auf  der 
einen  und  die  Markhaut  auf  der  anderen  Seite  sind  meist  eben- 
falls entzündet,  oft  ist  übrigens  die  Anschwellung  des  Knochens 
nur  scheinbar,  indem  sein  Umfang  durch  vom  Periost  aus  neu- 
gebildete Verdikkungsmassen  oder  Osteophyten  vergrössert  ist. 

Die  Ausgänge  der  Entzündung  sind  verschieden,  je 
nadi  den  Metamorphosen  des  Exsudates,  der  Restitution 
der  Kalksalze  und  der  Theilnahme  von  Periost  und  Mark- 


512 

haut,  a)  Das  Exsudat  wird  resorbirt,  der  Knochen 
erhält  semen  gewöhnlichen  Umfang  und  seine  normale  Tex- 
tur wieder;  dieser  Vorgang  ist  weniger  durch  direkte  Un- 
tersuchung als  durch  Beobachtung  am  Krankenbette  zu  er- 
weisen, b)  Es  tritt  Hyperostose  oder  Scierose  ein,  wenn 
vom  Periost  oder  den  Markräumen  aus  neues  Knochenge- 
webe angebildet  wird.  c)  Das  Exsudat  wird  resorbirt, 
aber  die  erweiterten  Räume  und  Kanäle  bleiben  weit,  der 
Knochen  bleibt  aufgetrieben,  porös,  schwammig :  entzünd- 
liche Atrophie  oder  Osteoporose,  d)  Es  bildet  sich 
Eiter,  der  Knochen  erscheint  geröthet  und  seine  Hohl- 
räume sind  mit  Eiter  gefüllt.  Die  Ausgänge  der  Knochen- 
entzündung mit  Eiterbildung  sind  yerschieden: 

1)  Der  Eiter  wird  resorbirt,  der  Knochen  bleibt  ver- 
dickt, ist  schwammig  oder  in  Folge  einer  nachträglichen 
Ausscheidung  verknöchernder  Exsudate  compact,  sclerosirt. 

2)  Es  findet  an  einzelnen  Stellen  Schwund  des  Knochens 
statt,  die  entstandenen  Lücken  werden  mit  Eiter  gefüllt 
und  es  entstehen  so  Knochen  ab  scesse.  Dieselben  ha- 
ben gewöhnlich  einen  geringen  Umfang,  doch  erreichen  sie 
zuweilen  bedeutende  Ausdehnung.  Der  Eiter  perforirt  zu- 
weilen nach  Aussen,  die  Lücke  wird  dann  gewöhnlich  äU- 
mälig  durch  ein  verknöcherndes  Exsudat  ausgefüllt  und  nach 
Vollendung  dieses  Vorgangs  findet  man  eine  sogenannte 
Knochennarbe,  bestehend  aus  compactem,  glattem  oderhök- 
kerigem,     zuweilen     strahlig    gebildetem    Knochengewebe. 

3)  Einzelne  Knochenstückchen  oder  grössere  Partieen  oder 
der  Knochen  in  seiner  ganzen  Dicke  sterben  ab ,  nekrosi- 
ren.  S.  Nekrose.  4)  Die  Entzündung  mit  Eiterbildung 
ist  chronisch,  zerstört  den  Knochen  allmälig  in  der  Peri- 
pherie um  sich  greifend.  S.  Caries.  5)  Der  Eiter,  in 
kleineren  oder  grösseren  Abscessen  angehäuft,  wird  con- 
sistent,  bröckelig  und  bekommt  den  Habitus  der  Tuberkel- 
masse. S.  Knochentuberkel. 


5ia 

Acute  Ostitis  mit  Eiterbildung  kann  rasch  ausgebrei- 
tete Zerstörung  des  Knochens  bewirken ,  alle  Ausgänge  der- 
selben können  durch  Jauchebildung  modificirt  und  yer- 
schlimmert  werden. 

Caries. 

Caries,  Yerschwärung  der  Knochen,  ist  ihrem 
Wesen  nach  eine  chronische  Entzündung  mit  Eiter-  oder 
Jauchebildung  und  Zerstörung  des  Ejiochens;  sie  findet  sich 
hauptsächlich  in  schwammigen ,  selten  in  compacten  Ejio- 
chen,  ist  bedingt  durch  locale  Ursachen  oder  tritt  spontan 
als  Folge  einer  allgemeinen  Erkrankung  auf  (Syphilis,  Scro- 
fulosis).  Die  Entzündung  beginnt  in  der  Peripherie  oder 
im  Centrum  des  Knochens  und  schreitet  allmälig  über  den 
ganzen  Knochen  fort. 

Der  frische  cariöse  Knochen  erscheint  missfarbig,  seine 
Hohlräume  sind  normal,  oder  durch  Schwund  einzelner  Zwi- 
schenbalken erweitert,  mit  bräunlicher  Flüssigkeit  ausge- 
füllt, bestehend  aus  flüssigem  Exsudat,  Eiter  und  dem  auf- 
gelösten Fett  der  Markräume.  Die  umgebenden  Weich- 
theile  sind  meist  entzündet,  mit  Fisteln,  Hohlgängen  und 
jauchendem  Eiter.  Das  Periost  wird  zerstört  und  fehlt  an 
der  cariösen  Stelle;  rings  um  die  letztere  ist  es  entzündet 
und  liefert  ein  oft  verknöcherndes  Exsudat.  In  der  Jauche 
oder  dem  Eiter  finden  sich  zuweilen  kleine  nekrotische  Kno- 
chenstückchen,  selten  grössere.  Die  benachbarten  Knochen 
erscheinen  bald  hyperämisch,  missfarbig,  bald  anämisch, 
blass  gelb,  sind  sehr  fettreich,  weich,  leicht  durchschneidbar. 

Der  macerirte  Knochen  erscheint  oberflächlich  rauh,  in- 
dem die  Knochenrinde  fehlt  und  das  maschige  Gewebe  blos^ 
liegt,  die  Maschenräume  des  letzteren  sind  zuweilen  erwei- 
tert, ihre  Zwischenwände  mehr  oder  weniger  geschwunden, 
manche  Knochen  erscheinen  dabei  aufgebläht,  ein  Theil  des 
Knochens  ist  völlig  zerstört.     Die  cariöse  Stelle  ist  bald 

33 


514 

von  normalein  Knochengewebe  umgeben,  bald  von  sclero- 
sirtem  oder  atrophischem;  die  Oberfläche  ist  zuweilen  rings 
mit  Osteophyten  besetzt,  Veränderungen,  welche  davon  ab*- 
hängen,  ob  die  benachbarten  Knocheutheile  ebenfalls  ent- 
zündet waren  oder  nicht,  und  ob  diese  Entzündung  ein  ver- 
knöcherndes Exsudat  lieferte  oder  nicht. 

Heilung  tritt  ein,  sobald  das  Exsudat  nicht  mehr  zu 
Eiter  organisirt,  sondern  verknöchert;  kleine  Substanzver- 
luste  werden  dann  mit  hartem,  ausgebildetem  Knoch^ge*- 
webe  ausgefüllt,  grössere  werden  nicht  ersetzt;  es  bildet 
sich  eine  harte,  oft  elfenbeinartige  Narbe  aus  Knochen- 
Substanz. 

AbMldnngeii :  Sandifort  T.  22,  23. 

nrekrose. 

Der  Name  Nekrose,  Necrosis,  Knochenbrand, 
bezeichnet  keinen  durch  ein  bestimmtes  ursächliches  Mo* 
ment  zur  Krankheitseinheit  gestempelten  Proeess,  sondern 
eine  anatomische  Veränderung,  in  welchem  das  Absterben 
des  Knochens  Theilerscheinung  anderweitiger,  verschie^ 
d  e  n  e  r  Vorginge  ist,  wessbalb  jeder  einzelne  Fall  von  Ne^ 
krose  einer  besonderen  Beurtheilung  bedarf. 

Brandi^s  Absterben  findet  sich  vorzugsweise  in  com- 
pacten Knochen,  zumal  den  Schädel-  und  Böhrenknoche&, 
seltener  in  schwammigen  Knochen;  es  sterben  einzelne 
Stücke  der  Peripherie  (NecrQsis  externa,  super ßciälu)  oder 
des  Inneren  (Necr.  interna^  centralis)  ab,  oder  Knochen- 
partieen  in  ihrer  ganzen  Dicke  (N.  notalis),  oder  seltene 
ganze  Knochen;  doch  finden  hinsichtlich  der  Ausdehnung 
der  Nekrose  so  viele  Varietäten  statt,  dass  eine  Eintheilung 
der  Nekrose  nicht  gut  darauf  gestützt  werden  kann.  Das 
abgestorbene  Knochenstück  Imsst  Sequester,  der  densel- 
ben umscbUesseade  Knochen  Knochenlade,  Capsulm 
S0^ußstrßii4,  die  durch  die  letztere  nach  Aussen  führen- 


515 

den  Löcher,  durch  welche  der  Sequester  spontan  oder  künst- 
lich entleert  wird,  heissen  Kloaken. 

Betrachten  wir  die  Vorgänge  im  Knochen  yor  und  nacb 
dem  Absterben  eines  Theiles  desselben  näher,  so  ergiebt 
sich  im  Allgemeinen,  dass  das  Absterben  stets  eine  Folge 
des  aufgehobenen  Blutlaufs  im  betreffenden  Knochenstück 
ist;  je  nach  den  yerschiedenen  Bedingungen  der  au%^o- 
benen  Circulation  und  Ernährung  gestalten  sidbi  die  Vor- 
gänge so:  • 

i)  Der  BluÜauf  wird  aufgehoben  durch  Druck  auf  die 
ernährenden  Gefösse  des  Knochens  durch  Geschwülste,  Aneu*- 
rysmen,  durch  Gerinnung  in  den  blutzuführenden  Gefässen 
in  weiter  oder  geringer  Ausdehnung,  nach  Unterbindung, 
spontanen  Gerinnseln  in  Venen  und  Arterien;  durch  Zer- 
reissung  der  ernährenden  Gefässe  nach  Verletzung,  Er- 
schütterung des  Knochens,  durch  Entblössung  vom  Periost. 
Nach  allen  diesen  Momenten  hat  man  Absterben  des  gan- 
zen Knochens,  oder  von  Knochenstellen  in  der  ganzen 
Dicke,  oder  oberflächlichen  Schichten  beobachtet.  DerPro- 
cess  beginnt  mit  der  Nekrose.  Das  nekrosirte  Knochen- 
stück tritt  allmälig  ausser  aller  Verbindung  mit  den  umge- 
benden Knochentheilen.  Die  Vorgänge  bei  dieser  Tren- 
nung sind  noch  nicht  in  yollständiger  Reihe  untersucht 
An  den  Grenzen  des  Abgestorbenen  entsteht  im  gesunden 
Knochen  Blutstockung  und  Entzündung,  letztere  meist  mit 
Eiterbildung,  der  Knochen  wird  atrophisch,  die  erweiterten 
Räume  werden  mit  Eiter  und  Granulationen  gefüllt  ^  durch 
welche  endlich  das  Abgestorbene  vom  Gesunden  yöUig  ge-^ 
schieden  und  dann  Sequester  genannt  wird. 

Findet  sich  der  Sequester  im  Inneren  des  Knochens, 
so  ist  seine  ganze  Umgebung  im  Zustand  entzündlicher  Auf- 
treibung, an  einer  oder  mehreren  Stellen  erfolgt  eitrige  Zer- 
störung des  umgebenden  Knochens  und  Kloakeobildung^ 

Findet  sich  der  Sequester  oberflächlich  uüter  dem  Pe- 

•     33* 


516 

nosty  so  nimmt  auch  dieses  an  der  Entzündung  Theil,  lie- 
fert Anfangs  ein  in  Eiter  und  Granulationen  übergehendes, 
später,  nach  Trennung  des  Sequesters,  verknöcherndes  Ex- 
sudat und  bildet  so  eine  Knochendecke,  welche  ebenfalls 
durch  Kloaken  durchbrochen  ist. 

War  der  Knochen  in  seiner  ganzen  Dicke  abgestorben, 
so  geht  dieselbe  Entzündung  u.  s.  w.  im  Periost  und  an 
den  Grenzen  yor  sich,  der  Sequester  wird  yon  einer  nur 
Tom  Periost  gelieferten  KnoehSnlade  umgeben,  die  sich  nach 
oben  und  unten  mit  dem  gesunden  Knochen  in  Verbindung 
setzt  und  die  Continuitat  des  Knochens  wahrt. 

Alle  genannten  Vorgänge  haben  das  Gemeinschaftlidie, 
dass  die  Knochenentzündung  u.  s.  w.  erst  nach  dem  Abster- 
ben folgten ,  wesshalb  man  in  diesem  Sinne  diese  Arten  yon 
Nekrose  primäre  nennen  könnte. 

2)  Die  Sistirung  des  Kreislaufs  in  ^inem  Knochen- 
stücke ist  Folge  yon  Entzündung  desselben  oder  seiner  Um- 
gebung, des  Knochens  oder  des  Periosts;  die  Entzündung 
ist  local  oder  durch  allgemeine  Krankheiten  bedingt  (Syphi- 
lis, Scrofulosis,  Scorbut). 

Fast  bei  jeder  akuten  oder  chronischen  Entzündung 
und  Eiterung  der  Knochen  sterben  kleine  Knochenstückchen 
ab;  zuweilen  nekrosiren  aber  grössere  Stücken  und  man 
spricht  dann  yon  einer  Combination  der  Verschwärung  mit 
dem  Brände;  in  anderen  Fällen  endlich  sterben  so  grosse 
Knochenpartieen  ab,  dass  die  bedingende  Entzündung  da- 
gegen weniger  in  die  Augen  fällt  und  man  nur  noch  yon 
Nekrose  spricht. 

Der  Umfang  des  Abgestorbenen  ist  sehr  verschieden: 
bald  ist  es  ein  Fragment  aus  der  Peripherie  oder  dem  In- 
neren, bald  eine  grössere  Partie  mit  der  Markröhre,  bald 
der  Knochen  in  seiner  ganzen  Dicke.  Das  Absterben  er- 
folgt langsam  mit  der  fortschreitenden  Eiterung  und  Zer- 
störung, welche  zugleich  die  Trennung  des  Sequesters  be- 


517 

wirkt.  Der  Sequester  selbst  hat  selten  normale  Knochen- 
textur, sondern  trägt  meist  die  Spuren  yon  Entzündung  an 
sich ,  macerirt  erscheint  seine  Peripherie  rauh ,  maschig, 
seine  Markräume  und  Kanäle  erweitert. 

Geht  bei  Periostitis  das  Exsudat  zwischen  Periost  und 
Knochen  in  Eiter  über,  so  erfolgt  meist  Absterben  der 
•oberflächlichen  Knochenschicht,  mag  dieselbe  an  der  Ent- 
zündung Theil  genommen  haben  oder  nicht.  Das  Abgestor- 
bene wird  durch  eine  sekundäre  Entzündung  yom  Knochen 
getrennt  und  entweder  direkt  abgestossen  oder  von  einer 
neugebildeten  Knochenlade  umgeben,  welche  das  Periost  iie- 
ferte.  War  die  Entzündung  und  Eiterbildung  sehr  ausge- 
breitet, so  stirbt  der  Knochen  meist  in  seiner  ganzen  Dicke 
ab,  wobei  nach  Innen  zu  die  Grenzen  des  Absterbens  sehr 
wechselnd  sind,  der  Sequester  wird  oben  und  unten  durch 
sekundäre  Entzündung  getrennt;  durch,  vom  Periost  aus- 
gehende ,  verknöchernde  Exsudate  wird  eine  neue  Knochen- 
rinde geliefert,  welche  sich  oben  und  unten  mit  dem  ge- 
sunden Knochen  verbindet. 

In  den  genannten  Fällen  ist  also  die  Entzündung  u. 
6.  w.  primär,  das  Absterben  sekundär,  und  man  könnte 
diese  Art  von  Nekrose,  im  Gegensatz  zur  vorigen,  eine 
sekundäre  nennen. 

Mag  nun  die  Nekrosirung  auf  die  eine  oder  die  an- 
dere Art  vor  sich  gegangen  sein,  so  haben  wir  nach  ihrer 
Vollendung  am  kranken  Gliede  Folgendes  vor  uns:  Die 
Weichtheile  sind  beträchtlich  geschwollen  (durch  entzündli- 
che Infiltration)  und  an  einer  oder  mehreren  SteUen  durch 
Fistelgänge  durchbohrt,  die  letzteren  führen  zu  einer  Kloa- 
ke, einer  Oeffnung  in  der  den  Sequester  einschliessenden 
Knochenlade;  in  der  Höhle  der  letzteren,  welche  mit  Gra- 
nulationen ausgekleidet  ist,  liegt  der  Sequester. 

Die  Knochenlade  ist,  wie  aus  der  obigen  Darstel- 
lung   hervorgeht,    selten   die  aufgetriebene  und  sderosirte 


518 

Rinde  des  normalen  Knochens,  meist  vom  Periost  aus  ganz 
neugebildeter  Knochen ,  zuweilen  Beides  zugleich.  Sie  ist 
immer  dicker  als  der  normale  Knochen,  rauh,  höckerig,  oft 
nicht  unähnlich  einer  rissigen  Baumrinde,  besteht  aus  com- 
pactem Gewebe  und  yerändert  mit  der  Zeit  zuweilen  ihren 
Umfang  dahin,  dass  sie  dem  normalen  Knochen  ähnlicher 
wird.  Innen  ist  sie  mit  Granulationen  ausgekleidet,  Aussen 
Yom  Periost  überzogen. 

Die  Kloaken  entstehen  entweder  durch  sekundäre  Yer- 
schwärung  der  Knochenlade  bei  schon  gebildetem  Sequester, 
oder  durch  Nichtrerknöchem  einzelner  SteUen  bei  Bildung 
der  Knochenlade  aus  dem  Periost;  sie  sind  rundlich  oder 
OTal  und  ebenfalls  mit  Granulationen, ausgekleidet. 

Der  Sequester  ist  yon  sehr  verschiedener  Beschaf- 
fenheit^ bald  ist  er  eine  Partie  der  Knochenoberfläche^  aus- 
sen glatt,  innen  rauh,  oder  auch  aussen  rauh;  bald  eine 
Partie  aus  dem  Inneren  des  Knochens  mit  rauher  Aussen^ 
Seite;  bald  ist  es  der  Knochen  in  seiner  ganzen  Dicke,  aus- 
sen glatt  oder,  an  einzelnen  Stellen  oder  ganz,  rauh;  bald 
ist  es  eine  durch  alle  Schichten  des  Knochens,  aber  nicht  auf 
dessen  ganzen  Umfang  ausgedehnte  Knochenpartie,  und  so 
finden  sich  bei  Betrachtung  der  Sequester  eine  grosse  Reihe 
Ton  Varietäten.  Sehr  selten  ist  ein  ganzer  Knochen  zum 
Sequester  geworden  und  wird  von  einer  durch  das  Periost- 
Exsudat  gebildeten  Knochenlade  umgeben.  Das  Gewebe  des 
Sequesters  ist  entweder  normal  und  nur  an  den  Rändern 
rauh,  cariös,  oder  es  ist  durchweg  verändert  und  gleicht 
einem  durch  Caries  zerstörten  Knochen ,  ist  missfarbig ,  weit- 
maschig und  zeigt  deutlich,  dass  dem  Absterben  Entzündung 
vorausging.  Der  Sequester  ist  von  dickeren  oder  dünneren 
Lagen  von  Granulationen  eingeschlossen  und  wird  durch 
dieselben  öfters  festgehalten ,  indem  sie  in  seine  Maschen- 
räume oder  Löcher  eindringen. 

Die  Hellung  der  Nekrose   ist  bedingt  durch  Ent- 


519 

lerbung  des  Sequesters;  dieselbe  geschieht^  sellea  spontan 
indem,  bei  sehr  günstiger  SteUung  der  Kloaken  zum  Seque« 
ster,  der  letztere  heraustritt;  gewöhnlich  wird  die  Entfer- 
nung auf  dem  Wege  der  Operation  bewirkt.  Nachdem  der 
Sequester  entfernt  worden ,  füllt  sich  die  Höhle  der  KnuM- 
chenlade  gänzlich  mit  Granulationen,  d.  h.  es  erfolgen  neue 
Exsudationen,  welche  Blastim  für  neugebildetes  Bindege- 
webe und  Gefässe  liefern;  später  erfolgt  Yerknöcfaemi^ 
derselben  und  der  Knochen  erscheint  durchaus  compact; 
endlich  bildet  sich  wohl  auch  später  durch  Resorption  iw 
schon  gebildeten  Knochens  eine  kleine  Markhöhle,  wondt 
die  Restitution  Tollendet  ist  Kloaken  und  Fisteln  schUeS' 
sen  sich ,  die  ersteren  oft  nur  unvollkommen,  die  Geschwulst 
der  Weicbtheile  verliert  sich. 

Abbildungen:  Lobstein   II.  PI.  9.    Sandifort  7.  89,  96^98, 
101,  131—133,  136,  137.    Mus6e  Dupuytren  T.  13,  14. 

Wunden  und  Briicbe. 

Einfache  Wunden  des  Knochens  durch  Hieb,  Stidi 
u.  s.  w.  heilen  meist  leicht,  indem  die  Wunde  mit  yerknö- 
chemdem  Exsudate  gefüllt  wird;  zuweilen  bilden  sieh  erst 
Eiter  und  Granulationen  und  die  Yerknöcherung  erfolgt 
später. 

Wunden  mit  Substanzverlust,  z.  B.  Trepana^ 
tionslücken,  Verlust  nach  Resectionen,  werden  zuweilen 
durch  Neubildung  von  Knochen  vollständig  geheilt;  das  Bla- 
stem zur  KnochenneubikluBg  liefert  theils  der  verletzte  Kno- 
chen selbst,  theils  das  Periost  aus  seinen  Gefässen,.  haupt- 
sächlich das  Letztere,  welches  ja  schon  das  Blastem  für 
den  normaten,  wachsenden  Knochen  liefert  und  nach  den 
Heine'schen  Versuchen  ganze  Knochen  reproduciren  kann; 
dock  können  audi  die  Gef^bsse  der  benaebbacten  Weichfheile 
einen  Theil  oder  das  ganze  Blastem  liefern.  Der  Vorgang 
der  Knochennettbildung  ist  meist  eb^so  wie  bei  Knochen- 


520 

hypertrophie,  indem  meist  Bindegewebsknorpel,  seltener  rei- 
nes Bindegewebe  allmälig  yerknöchem. 

Zuweilen  bilden  sich  auch  hier  erst  Eiter  und  Granu- 
lationen und  die  Yerknöcherung  erfolgt  später  aus  den  letz- 
teren; oft  bildet  sich  nur  Bindegewebe  und  es  erfolgt  gar 
keine  oder  nur  sehr  unvollkonunene  Knochenneubildung. 

Bräche  der  Knochen^  Frakturen,  heilen  in  der 
Regel  leicht;  nachdem  die  Ejiochenlücke  in  den  ersten  Ta- 
gen mit  Blut  und  flüssigem  Exsudat  aus  dem,  an  den 
Bruchrändern  vom  Knochen  etwas  abgerissenen,  Periost, 
dem  Markgewebe  und  umgebenden  Weichtheilen  ausgefüllt 
worden,  bildet  sich  vorzugsweise  yom  Periost  aus  eine 
weiche  Bindegewebsknorpelmasse ,  und  stellt  in  diesem  Zu- 
stande den  sogenannten  Callus  dar,  welcher  die  Knodien- 
enden  umgiebt.  Die  Yerknöcherung  erfolgt  zuerst  in  den 
äusseren  Theilen  des  Callus  und  in  den  innersten,  dann 
auch  zwischen  den  Knochenenden  selbst.  Der  neugebildete 
Knochen  ist  Anfangs  compact,  die  Markhöhlen  der  Kno- 
chenenden (in  Röhrenknochen)  sind  mit  Knochenmasse  aus- 
gefüllt, die  Aussenseite  der  Bruchstelle  ist  dick,  drusig  und 
mit  zum  Theil  neugebildetem  Periost  umgeben.  Später  bil- 
det sich  eine  neue  Markhöhle  oder  neue  Markräume,  die 
Aussenseite  gleicht  sich  aus  und  der  Bruch  ist  nur  noch 
durch  einen  kleinen  Knochenwulst  (Narbe)  kenntlich.  In 
anderen  Fällen  bilden  sich  an  der  Bruchstelle  Eiter  und 
Granulationen,  die  Vereinigung  der  Knochen  erfolgt  dann 
später  oder  gar  nicht;  oft  nekrosiren  darauf  einzelne  Kno^ 
chenstücken  und  werden  entleert;  im  günstigsten  Falle 
kommt  es  noch  zur  Bildung  von  verknöchertem  Callus  imd 
zur  Vereinigung  der  Bru^henden  mit  Knochenmasse. 

Zuweilen  findet  keine  Heilung  der  Frakturen  durch 
neugebildetes  Knochengewebe  statt,  sondern  durch  Binde- 
gewebe, es  entsteht  ein  sogenanntes  künstliches  Ge- 
lenk, Pseudarthrosis,  und  zwar  werden  dieKnodieu^ 


521 

enden  bald  durch  ein  straffes,  fibröses  Gewebe  eng  verbun- 
den (Synchondrose),  bald  glätten  sich  die  Knochenenden 
ab ,  bekommen  eine  Art  Isnorpeligen  Ueberzugs  nnd  werden 
durch  eine  ligamentöse  Kapsel  vereinigt  (Diarthrose).  Be- 
dingungen dieser  Vorgänge  sind:  massenhafte  Blutergüsse 
zwischen  die  Gelenkenden,  ausgedehnte  Eiterbildung,  Man- 
gel an  ernährenden  Gefässen,  Schwäche  des  Kranken,  ho- 
hes Alter,  mangelhafte  Coaptation  der  Bruchenden. 

Rhaeliitüi. 

Die  Bhiachitis  ist  eine  Krankheit  der  ersten  Lebens- 
jahre der  Kinder,  findet  sich  aber  in  seltenen  Fällen  auch 
schon  im  Fötus;  sie  besteht  wesentlich  in  verändertem 
Wachsthum  der  Knochen  mit  vorwiegender  Hemmung  der" 
Verknöcherung.  Sie  entwickelt  sich  vorzugsweise  bei  man- 
gelhaft  genährten  Kindern  und  die  unvollkommene  Blutbil- 
dung hinsichtlich  der  Albuminate  und  Kalksalze  ist  höchst 
wahrscheinlich  von  grosser  Bedeutung  zur  Erklärung  der 
mangelhaften  Verknöcherung.  Die  Veränderung  der  Kno- 
chen zeigt  Folgendes:  Es  leiden  vorzugsweise  die  Eöhren- 
knochen ,  vor  allen  die  unteren  Extremitäten,  dann  die  obe- 
ren, die  Bippen,  die  Beckenknochen  und  die  Wirbelsäule, 
endlich  die  Schädelknochen;  die  Reihenfolge  und  die  Aus- 
breitung, sowie  die  Intensität  der  Veränderung  in  den  ge- 
nannten Theilen  ist  nicht  immer  gleich. 

An  den  langen  Knochen  bemerkt  man  äusserlich  Ver- 
dickung der  Epiphysen  und  im  geringeren  Grade  auch  der 
Diaphysen,  nach  Durchschneidung  des  Knochens  in  der 
Längsrichtung  sieht  man,  dass  der  ganze  Knochen  stark 
hyperämisch  ist,  was  besonders  am  Knochenmark  und  Pe- 
riost sehr  hervorspringt,  welche  übermässig  geröthet  und 
wie  mit  blutigem  Saft  getränkt  erscheinen.  Diese  Hyper- 
ämie macht  es  annehmbar,  den  ganzen  Vorgang  dem  ent- 
zündlichen Process  zuzuredmen  und  die  Bhachitis  wie  die 


522 

Osteomalacie  als  eigenthfimliche  Knochenentcündung  anzu- 
sehen. Die  Yerdickung  der  Epiphysen  ist  bedingt  durch 
Bildung  einer  weichen  Masse  an  der  Grenze  zwischen  Kno* 
chen  und  Epiphyse;  es  findet  nämlich  hier  sehr  reichliche 
Knorpelwucherung  (durch  die  gewöhnliche  endogene  Yer* 
mehrung  der  Knorpelzellen)  statt,  während  die  Verkalkung 
und  Yerknöcherung  zurückbleibt/  wohl  aber  Markraumbil- 
dung stattfindet,  daher  hat  diese  weiche  Masse  (heQfi  das 
Ansehen  weichen  Knorpels,  theils  das  blutig  schwammige 
des  Knochenmarks.  Die  Verdickung  der  Diaphysen  ist  be- 
dingt durch  Bildung  einer  concentrisch-lamellösen,  weichen 
Masse  an  der  unteren  Seite  des  Periosts;  es  wuchert  näni- 
lich  das  Periost  sehr  stark,  es  bilden  sich  die  gewöhnlichen 
Elemente  zur  Knochenanbildung,  aber  die  Verknöcherung 
tritt  nicht  ein,  während  die  zur  Zeit  des  Anfangs  der 
Krankheit  schon  fertige  Knochenrinde  unverändert  bleibt^ 
nicht  erweicht,  und  nur  in  der  gewöhnlichen  Weise  durdi 
Bildung  von  Markräumen  im  Inneren  an  Dicke  abnehmen 
muss. 

An  den  kurzen  Knochen  gehen  wesentlich  dieselben 
Veränderungen  vor  sich,  an  den  platten  Schädelknocheu 
zeigt  sich,  besonders  bei  Elsässer's  Craniotabes,  die 
Periostwucherung  mit  mangelnder  Verknöcherung  vorzugs- 
weise an  den  Bändern  der  Knochen,  während  die  Tubera 
länger  frei  bleiben ;  die  Knochen  werden  so,  indem  die  fer- 
tige Binde  dem  normalen  Wachsthum  des  Schädels  gemäss 
allmälig  schwindet,  von  Aussen  aber  keine  neue  Anbildung 
von  Knochen  vor  sich  geht,  so  dünn^  dass  sie  hie  und  d» 
von  dem  wachsenden  Gehirn  durchbrochen  werden. 

Die  Böhrenknochen  bleiben  im  Wachsthum  in  die  Länge 
etwas  zurück  und  bleiben  kürzer,  durch  heftige  Bewegun- 
gen und  Druck  werden  sie  leicht  in  der  Mitte  eingeknickt, 
indem  an  einer  Seite  die  schwache  Knochenrinde  knickt, 
an  der  anderen  dieselbe  nur  eine  convexe  Biegung  erleidet. 


523  . 

Ist  die  KtiochcErinde  sehr  dünn  ^  so  erleiden  die  Diapby- 
sen  wohl  auch  eine  blose  Biegung  und  Krümmung,  letzter« 
treten  aber  viel  häufiger  an  der  Grenze  der  Diaphyse  und 
Epiphyse  ein,  die  weiche  Masse  wird  durch  den  Druck 
beim  Gehen  u.  s.  w.  zunächst  seitlich  hervorgedrängt  (so 
entsteht  der  sogenannte  Z wiewuchs  der  Glieder)^  aber  d^ 
Knochen  kann  sich  hier  auch  biegen,  wie  besonders  an  den 
Bippen-  und  Beckenknochen  deutlich  hervortritt. 

Der  Thorax  Bhachitischer  zeigt  hühnerbrustartiges  Vor- 
springen des  Sternum  und  der  Bippenknorpel,  während  die 
Bippen  an  ihrem  Knorpelende  eingedrückt  sind,  die  aufge- 
triebenen Knorpelenden  seihst  treten  als  deutliche  (pater- 
nosterartige) Wulste  hervor.  Die  Wirbelsäule  erleidet  ver- 
schiedenartige Kyphosen  und  Scoliosen,  das  Becken  wird 
mannichfach  comprimirt  und  verschoben,  seine  Durchmes- 
ser verkleinert,  meist  ragt  das  Promontorium  weit  in  die 
Bauchhöhle  hinein ,  während  die  Verbindungsstelle  des  Hüft- 
beins mit  dem  Schambein  nach  Innen  ragt  und  die  Scham- 
beine daher  schnabelförmig  nach  vorn  ragen  (kartenherzför- 
miges Becken). 

Erfolgt  Heilung  der  Krankheit,  so  tritt  Verknöcherung 
der  an  den  Epi-  und  Diaphysen  in  übermässiger  Masse  ge- 
bildeten Grundlagen  ein  und  der  Knochen  erscheint  nach 
voUendeter  Verknöcherung  sclerosirt,  abnorm  dick  und  reich 
an  compacter  Masse.  Die  veränderte  Form  der  Knochen 
bleibt.  (Die  ganze  Darstellung  hauptsächlich  nach  Vir- 
chow,  Archiv  Bd.  V.  S.  409.) 

Abbildungen:  Sandifort  T.174.    Mus^e  Dupuytren  T.19— 23. 

Osteomalaeie. 

Erweichung  des  fertig  ausgebildeten  Knochengewebes 
tritt  stets  ein ,  wenn  abnorme  Resorption  der  Kalksalze  und 
der  festen  Knochenmasse  stattfindet,  an  deren  Stelle  dann 
Knochenmark  tritt,    welches   bald  byperämiseb  und  daher 


524 

stark  geröthet,  bald  fettreich  und  daher  gelb  ersdieint.  Ein 
solcher  Vorgang  findet  sich  in  den  bei  der  Atrophie  und 
£ntzündang  der  Knochen  besprochenen  Verhältnissen,  tritt 
aber  zuweilen  und  yorzugsweise  bei  Schwangeren  und  Wöch- 
nerinnen als  wichtiger,  selbstständiger  Krankheitsprocess  auf. 
Die  Veränderungen  der  Knochen  bei  dieser  Osteoma- 
lacie  sind  folgende:  Die  Knochen  erscheinen  ausserordent- 
lich blutreich,  die  Markräume  und  Markkanäle  sind  erwei- 
tert, die  compacte  Rinde  ist  porös  (durch  Erweiterung  der 
Knochenkörperchen  und  ihrer  Ausläufer),  alle  Räume  sind 
mit  blutreichem  Mark  gefüllt,  später  nach  Sistirung  der 
Hyperämie  mit  blassem,  fettreichem  Mark;  das  Periost  er- 
scheint yerdickt,  blutig,  saftig.  Die  Eoiochen  erleiden  Bie- 
gungen und  Knickungen,  besonders  die  des  Beckens  und 
der  Wirbelsäule  mit  den  Rippen,  welche  Theile  yorzugs- 
weise  leiden.  Heilung  dieser  Veränderung  scheint  nur  äus- 
serst selten  einzutreten. 

Abbildungen:  Sandifort  T.  1  —  5,  174,  175. 

OateomeleroBim. 

Verhärtung  des  reifen  Knochens  ist  bedingt  durch  Hy- 
perostose (s.  oben)  und  bildet  daher  keinen  selbstständigen 
Krankheitsprocess,  sie  ist  wesentlich  bedingt  durch  Zunah- 
me der  compacten  Knochensubstanz  in  der  Peripherie  und 
im  Inneren  des  Knochens,  wesshalb  der  sclerotische  Kno- 
chen schwerer  und  härter  als  der  normale  erscheint. 

Patholoffiiiel&e  Jireubildunffen« 

Neubildung  yon  Bindegewebe  findet  sich  bei 
Pseudarthrosis  als  ligamentöse  Verbindung  der  Knochen  und 
als  fibröse  Geschwulst,  Fibroid.  Die  letzteren  entwickeln 
sich  im  Inneren  der  Knochen,  bewirken  durch  fortgesetztes 
Wachsthum  Schwund  des  umgebenden  Knochengewebes  oder 
dehnen  dasselbe  blasig  aus,  bleiben  so  yon  Knochenmasse 


525 

«eingeschlossen  oder  durchbrechen  diese  und  setzen  ihr  Wadis- 
thum  zwischen  den  Weichlheilen  fort.  Ihr  Umfang  ist  oft 
beträchtlich. 

Aehnliche  Veränderungen  im  Knochen  bewirken  die 
Sarcome,  die  sich  in  ihrer  Struktur  bald  mehr  den  un- 
reifen Fibroiden,  bald  mehr  den  Carcinomen  nähern,  bald 
als  Cystosarcome  auftreten  und  oft  als  grosse  Geschwül- 
ste den  Knochen  auftreiben;  oder,  ihn  zum  Theil  atrophi- 
rend,  Ton  ihm  aus  in  die  Weichtheile  wuchern;  zuweilen 
durch  Yerknöcherung  ihrer  faserigen  Basis  mit  dem  Kno-» 
chen  in  engste  Verbindung  treten,  worauf  dieser  (macerirt) 
schwammig,  durch  grosse  Höhlen  durchbrochen  und  mit 
Knochenstacheln,  Zacken  u.  s.  w.  besetzt  erscheint,  welcher 
Zustand  früher  Spina  ventosa  genannt  und  als  beson- 
derer Krankheitsprocess  aufgeführt  wurde. 

Die  Carcinome  bewii^en  ausser  diesen  noch  ander* 
weitige  Veränderungen  am  Knochen.  Sie  kommen  als  AI-* 
yeolarkrebs ,  Scirrhus ,  Epithelialkrebs  und  Markschwanmi 
Yor,  sind  in  die  Hohlräume  der  Knochen  infiltrirt,  als  harte 
oder  weiche,  fast  zerfliessende  Massen,  oder  bilden  circum- 
scripte  Geschwülste  von  verschiedenem  Umfang.  Ihre  erste 
Bildung  im  Inneren  des  Knochen  ist  der  Entzündung  ähn- 
lich, indem  mit  Absetzung  des  Krebsblastemes  gesteigerte 
Besorption  verbunden  ist,  so  dass  der  Krebs  an  die  Stelle 
des  geschwundenen  Knochens  tritt;  ihre  weitere  Bildung 
bewirkt  entweder  eine  fortschreitende  Atrophie  des  Kno- 
chens, so  dass  endlich  der  Krebs  an  die  Stelle  des  ge- 
schwundenen Knochens  tritt;  oder  ein  Bersten  der  Wände 
des  Knochens;  oder  blasige  Auftreibung  desselben,  der  bei 
festen  Knochen  wänden  Atrophie  voriiergeht.  Nach  der  Ma- 
ceration  der  mit  Krebs  behafteten  Knochen  findet  man  ge- 
wöhnlich Zerstörung  derselben  an  der  Ursprungsstelle  des 
Krebses,  schwammige  und  blasige  AnÜveihung  (Sp.ventotß) 
und  ausgebreitete  Osteophytenbildung  derselben,   abhängig 


526 

von  partieller  Verknöchening  des  Bindegewebsgerüstes  des. 
Krebses. 

ZuweQen  geht  das  Carcinom  vom  Perlost  aus  und  der 
Knochen  bleibt  intaet,  das  Carcinom  wuchert  nach  Aussen, 
treibt  die  Weichtheile  yor  sich  her  und  gelangt  unter  die 
Haut.  Am  macerirten  Knochen  sieht  man  meist  üppige 
Osteophyten  auf  der  Oberfläche,  ebenfalls  bedingt  durch  Yer- 
knöcherung  des  Krebsgerüstes. 

Die  Carcinome  entstehen  meist  primär  in  den  Knochen^ 
spontan  oder  nach  Contusion,  Verletzung  derselben,  zuwei- 
len pflanzen  sich  Carcinome  von  benachbarten  Weichtheilen 
auf  die  Knochen  über,  z.  B.  von  der  Dwra  mater  auf  die 
Schädelknochen ,  von  der  Mamma  auf  die  Rippen.  An  Röh- 
renknochen stellen  sie  sich  meist  als  grosse,  den  Knochen 
in  seiner  Peripherie  umgebende,  Yon  den  plattgedrückten 
Muskeln  und  der  Haut  (mit  erweiterten  Venen)  bedeckte  Ge- 
schwülste dar,  die  langsam  wachsen,  endlich  perforiren, 
yerjauchen  und  dadurch  tödten.  An  schwammigen  Knochen, 
z.  B.  des  Gesichts ,  bewirken  die  Krebse  ausgebreitete  Zer- 
störungen ,  Auftreibungen  der  benachbarten  nachgiebigen 
Knochen,  kommen  bald  unter  der  Haut  an,  perforiren  die^ 
selbe  und  yerjauchen. 

Abbildung«!:   Cru?eilbi<r  Livr.  20.  PI.  1.  LWr.  21.  PL  1,  2. 
Livr.  19.  PL  4.    Carswell  Fase  3.  PL  4.    Sandifort  T.  170—189. 

Blutgefässgeschwülste  als  pulsirendes  ^emysma 

anastomoticum ,  arterielle,  Tenöse  oder  capillare  Telangiect»- 

sieen  kommen  besonders  in  schwammigem  Knochengewebe 

Yor,   erreichen  den  Umfang  einer  Haselnuss  bis  den  eines 

Kindeskopfs,  treiben  die  Knochen  wände  aus  einander,  yer'- 

ändern  sie  überhaupt  nach  Art  anderer  Geschwülste,  und 

sind  mit  beträchtlichen  Hämorrbagieen  in  die  Knochenräume 

yerbunden. 

AbbUduAfen:  Crufeilhier  Lirr,  33.  PL  4. 

Enchondrome  kommen  ziemlieb  häufig  ?or,  meist  in 


527 

den  Röhrenknochen,  den  Fingern  und  Zehen ^  den  Rippen, 
dem  Brustbein,  den  Extremitäten.  Sie  finden  sich  Vorzugs* 
weise  im  jugendlichen  Alter  und  zwar  zuweilen  in  grosser 
Ausbreitung  zu  20  •*-  30  an  einem  Individuum.  Sie  entste-^ 
hen  meist  im  Inneren  des  Knochens,  treiben  dessen  Rinde 
nach  stattgefundener  Atrophie  derselben  bis  auf  ein  dünnes 
Blättchen  allmälig  auf  und  endlich  aus  einander,  perforiren 
auch  die  Haut  und  verschwären,  verjauchen  dann.  In  an^ 
deren  Fällen  sitzen  sie  mehr  oberflächlich  und  benachtheili^ 
gen  den  Knochen  weniger.  Ihr  Umfang  wechselt  von  1-*-^ 
2^^  bis  12^^  und  mehr ;  zuweilen  sind  sie  combinirt  mit  Sar-f 
com,  €ystosarcom  und  Oarcinom.  Nicht  selten  findet  Yer- 
knScherung  statt,  und  zuweilen  kann  das  ganze  Enchon* 
drom  in  Knochenmasse  übergehen  und  dann  am  macerirten 
Knochen  als  Knochengeschwulst  erscheinen.  Die  Textur  der 
Enchondrome  ist  bald  die  des  hyalinen  oder  Netzknorpek 
bald  di&  des  Bindegewebsknorpels ;  die  letztgenannte  Tex-« 
tur  ist  die  häufigere  und  das  Enchondrom  hat  dann  auf  der 
Schnittfläche  den  Habitus  einer  weichen,  fibrösen  Masse 
meist  durchsetzt  mit  verknöcherten  Stellen. 

Abbildangen :  CruTeilhier  Livr.  34.  PI.  4,  6.  Sandiforl 
T.  185,  189.  Gluge,  AUas  4.  Lie%.  T.  1.  5.  Liefg.  T.  5.  J.  UuU 
1er,  Geschwülste  Taf.  4. 

Cysten  sind  nicht  häufig.  Die  meisten  Fälle  sind 
seröse  Cysten,  welche  vereinzelt  oder  über  viele  Kno- 
chen verbreitet  vorkommen,  sie  sind  erbsen-  bis  hühnerei* 
gross,  sitzen  in  der  schwammigen  Substanz,  einzeln  oder 
in  confluirenden  Gruppen,  treiben  den  Knochen  blasig  auf 
und  perforiren  ihn  wohl  auch  zuweilen.  Ihr  Cavum  füllt 
sieb  zuweilen  mit  von  der  Wand  ausgehenden  fibrösen  Wu« 
cherungen  oder  FapUlargeschwülsten.  Sie  finden  sich  be- 
sonders häufig  im  Unterkiefer. 

AbHMaifeii:  Froriep,  Chlr.  Kpft.  T.  438<-440,  474. 


528 

Rokitansky  erwähnt  einen  Fall  von  einer  Cyste  mit 
Cholesteatom. 

Tuberkel  sind  in  den  Knochen  nicht  selten;  sie  sind 
bald  Theilerscheinung  einer  allgemeinen  Tuberkulose  ^  bald 
und  häufiger  der  Scrofulose^  zuweilen  rein  lokal.  Sie  bil- 
den sich  vorzugsweise  in  den  schwammigen  Knochen ,  ins^ 
besondere  den  Wirbelknochen  und  den  Epiphysen  der  Röh- 
renknochen, zuweilen  in  den  Rippen  und  Schädelknochen, 
sehr  selten  in  den  Diaphysen  der  Röhrenknochen;  sie  sind 
in  einem  Knochen  isolirt  oder  auf  mehrere  ausgebreitet  und 
kommen  hauptsächlich  in  der  Jugend  yor. 

Analog  der  Tuberkelbildung  in  den  übrigen  Organen 
bilden  sich  zuweilen  im  Marke  der  schwammigen  Knochen 
hirsekorngrosse ,  graue,  weiche  Knötchen,  die  allmälig  zu- 
sammenfliessen  und,  nach  Schwund  der  eingeschlossenen 
Knochenpartieen,  grössere  graue  oder  gelbe  Knoten  bilden, 
die  Yon  einer  Art  Balg  umgeben  sind.  In  anderen  Fällen 
findet  keine  Bildung  als  Tuberkel  isolirter  Knötchen  statt, 
sondern  der  Vorgang  ist  folgender:  der  Knochen  wird  an- 
fangs dunkel  geröthet,  missfarbig,  darauf  bildet  sich  in  den 
Maschenräumen  Eiter,  die  Gefässe  veröden,  der  Knochen 
wird  dann  in  seiner  ganzen  Dicke  oder  an  circumscripten, 
runden  oder  eckigen  Stellen  gelb,  blass,  an  diesen  Stellen 
tritt  dann  Zerfall  des  Knochengewebes  ein ,  es  entstehen  mit 
frischem  oder  tuberkulisirtem  Eiter  gefüllte  circumscripta 
oder  dififuse  Herde.  Aehnliche  Herde  entstehen  auch  nach 
Zerfall  der  im  Mark  gebildeten  Tuberkel.  Diese  Herde  ver- 
grössern  sich  durch  Zusammenfliessen  kleinerer  oder  peri- 
pherisches Fortschreiten  der  Entartung  und  es  werden  aus- 
gebreitete Zerstörungen  des  Knochens  bewirkt.  Zuweilen 
perforirt  der  Eiter  oder  die  Tuberkelmasse  die  Rindensub- 
stanz oder  die  Gelenkfläche,  es  entsteht  Entzündung  der 
WeichtheUe ,  der  Gelenke.  Heilung  kann  in  jedem  Stadium 
eintreten,  die  Tuberkdmasse  verkreidet  oder  schwindet^  die 


529 

Knocbenlücke  füllt  sich  mit  Granulationen ,  es  entsteht  eine 
compacte  Knochennarbe,  die  aber  den  Substanzverlust  nicht 
ersetzt,  sondern  nur  die  Lücke  auskleidet;  das  benachbarte 
Knochengewebe  sclerosirt,  auf  der  Oberfläche  zeigen  sich 
Knochenauflagerungen,  als  einfache  Verdickung  der  Rinde 
oder  als  Osteophyten. 

Parasiten. 

Echinococcus  ist  selten,  findet  sich  im  Inneren  der 
Knochen,  bildet  kleine  oder  grössere  Geschwülste,  die 
Hauptblase  enthält  zuweilen  eine  grosse  Menge  kleinerer. 
Der  Knochen  wird  atrophisch,  aufgeblasen  und  endlich  per- 
forirt. 

Cysticercus  wiurde  in  einem  Falle  von  Froriep 
gefunden  in  einer  Knochenhöhle  'neben  Yerschwärung  und 
Nekrose  des  Knochens  (Phalanx  eines  Fingers). 

2.    Knorpel,  Bänder,  Synovialhäute. 

Atrophie  der  Gelenkknorpel. 

Bei  alten  Leuten  bildet  sich  nicht  selten  spontan  Atro- 
phie der  sich  entsprechenden  Knorpelstellen  zweier  Gelenk- 
enden. In  der  Intercellularsubstanz  bilden  sich  Fasern  oder 
dunkle  Molecüle,  in  den  Zellen  tritt  Fettmetamorphose  ein, 
der  Knorpel  erscheint  weich,  zerfilzt,  faserig  und  schwin- 
det endlich  ganz.  Die  biosgelegte  Knochenfläche  sclerosirt 
zuweilen  und  nach  längerem  Gebrauch  des  Gliedes  erschei- 
nen die  entsprechenden  Knochenflächen  glatt,  wie  abgeschlif^ 
fen.  Der  Best  des  Knorpels  und  alle  übrigen  Gelenktheile 
erscheinen  normal. 

Atrophie  der  Knorpel  wird  ferner  bedingt  durch  Ver- 
änderung der  Stellung  der  beiden  Gelenkenden  zu  einander, 
oder  des  Gelenkkopfes  zu  seiner  Pfanne,  z.  B.  nach  Frak- 
turen, die  nach  der  Heilung  dem  Knochen  eine  veränderte 

34 


530 

Richtung  geben,  nach  Luxationen.  Zuweilen  ist  die  Knor- 
peiatrophie  Folge  einer  akuten  oder  chronischen  Gelenk- 
entsfindung  (s.  unten). 

Die  Oelenkentsfindim^eii. 

Bei  den  Entzündungen  des  Gelenkes  sind  die  dasselbe 
zusammensetzenden  Theile  in  sehr  verschiedener  Weise  be- 
theiligt, bald  sind  blos  die  Synoyialhäute ,  bald  Mos  die 
Bänder,  bald  blos  die  Knochenenden  entzündet,  bald  alle 
zugleich,  und  im  letzteren  Falle  bildet  wiederum  bald  der 
eine,  bald  der  andere  der  genannten  Theile  den  Ausgangs*^ 
punkt  der  Entzündung.  Die  Knorpel  leiden  dabei  primär 
oder  secundär  in  verschiedener  Weise. 

1.  Akute  Gelenkentzündungen. 

a.  Akute  rheumatische  oder  traumatische  G. 
Betheiligt  sind  vorzugsweise  die  Synovialhaut  und  die 
Weichtheile  des  Gelenkes.  Die  letzteren  sind  durch  seröses 
Exsudat  angeschwollen,  die  erstere  ist  stark  injicirt,  die 
Injection  beginnt  mit  Arborisationen  und  endet  mit  allge- 
meiner Capillarinjection ,  wodurch  die  Synovialhaut  gleich- 
massig  hoehroth  erscheint.  Die  Oberfläche  der  Gelenkknor- 
pel ist  glatt  und  unverändert,  die  Injection  erstreckt 
sich  in  Form  feiner  rother,  paralleler  Striche  einige  Linien 
über  den  B.and  des  Knorpels  und  hört  dann  auf.  In  die 
Gelenkhöhle  wird  seröses  Exsudat  ergossen  in  verschiede- 
ner Menge,  die  Synovialhaut  wird  durch  seröses  Exsudat 
geschwellt,  zuweilen  durch  gleichzeitige  Zellenbildungen  ge?- 
trübt.  Die  Knodien  bleiben  frei  oder  die  Apophysen,  be- 
sonders deren  peripherische  Theile,  erscheinen  injicirt  und 
mit  mehr  oder  weniger  massenhaften  Zellenbildungen  in 
dem  Mark.  Die  Ausgänge  sind:  1)  vollständige  Heilung; 
2)  dironischer  Hydrops  articuU,  wenn  nach  Aufhören  der 
akuten  Vorgänge  das  ergossene  Serum  längere  Zeit  zurttck- 
bleibt;  3)  chronische  Gelenkentzündung  der  dritten  Art  {s.n.)y 


531 

4)  Eiterbildung  in  der  6elenkh5hle  mit  baldiger  Resarption 
oder  Uebergang  in  die  erste  Art  der  (ironischen  Gelenk- 
entzündungen (s.  n.);  5)  Gelenksteifigkeit  durch  Bfldung 
einer  festen  Bindegewebsmasse  zwischen  Bändern^  Sehnen, 
Faseien  und  Muskeln,  wodurch  deren  Bew^ichkeit  stark 
behindert  wird. 

b.  Akute  scrofulöse  G.  geht  vorzugsweise  yon  der 
Synoyialhaut  aus,  welche  durch  seröses  Exsudat  und  mas- 
senhafte Zellenbildungen  rasdi  anschwillt  und  getrabt  wird, 
IdUiafte  Injaction  zeigt,  das  Gelenk  f&llt  sich  bald  mit  Ei- 
ter, die  Knorpel  unter  der  über  sie  her  wuchernden  Syno- 
Tialhaut  schwinden,  der  Knochen  wird  cari5s.  Selten  erfolgt 
Hdlung,  sondern  meist  Uebergang  in  die  erste  Art  der  chro- 
nischen Gelenkentzündungen  (s.  u.),  deren  Veränderungen 
sidi  hier  im  Wesentfichen  wiederholen. 

c.  Akute  metastatische  G.  bei  Pyämie  zeigt  bald 
die  allgemeinen  Erscheinungen  der  akuten  Grelenkentzün- 
dung  der  vorigen  Arten,  bald  nur  massenhafte  Eiterbildung 
in  der  Gelenkhöhle  ohne  Injection  oder  sonstige  Betheili- 
gung der  Synovialhaut. 

d.  Akute  arthritische  G.  geht  vorzugsweise  im 
Band-  und  Muskelapparat  des  Gelenkes  und  dem  Periost 
d^  Apophysen  vor  sich,  die  genannten  Theile  erscheinen 
geschwollen  imd  injicirt,  die  Gel^ikhöle  ist  frei  oder  ent- 
hmt  seröses  Exsudat.  Die  Heilung  geht  langsam  vor  sich, 
es  bleibt  lange  Verdickung  und  Verhärtung  der  Theile,  zu- 
weilen bleiben  Concr^nente  von  hamsauren  Salzen  in  klei- 
neren imd  grösseren  Massen  zurück. 

2.  Chronische  Gelenkentzündungen. 

a.  Tumor  aHu$^  Fungus  artieuli»  stellt  si<^  als 
Ausgang  akuter  rheumatischer,  traumatischer  oder  serofolö- 
ser  Grelenkentzfindungen  dar,  oder  ist  von  vomherdin 
cfaromscke,  vorzugsweise  bei  Scrofulöseii  oder  Tuberkulösen 
vorkommende  Entzündung.     Die  Gelenkfiiefle  zmgen  Fol- 

34* 


532 

geiides:  Die  GeleiikUöliie  iiillt  sieh  mit  fiiler,  die  SynÖYiai* 
liaut  wird  durch  seröses  Exsudat  uiid  massenhaft  neagebil-* 
dete  Zellen  verdickt ,  gelblich,  schwammig  weich ,  ist  leb* 
haft  injicirt,  sie  wächst  von  den  Bändern  aus,  durch  coü- 
tinuirliche  Sprpssenbildung  ihrer  Capillaren  und  Massmzu* 
nähme  ihres  Gewebes  partiell  oder  total  üder  den  Knotpie]; 
dieser  erscheint  dann  von  einer  rothen ,  weichen ,  Granula* 
tionen  ähnlichen  Masse  tiberzogen,  unter  welcher  er  sich 
ebenfalls  verändert.  Bald  tritt  nämlich  einfacher  Schwund 
desselben  ein  ohne  Texturveränderung,  bald  Schwi^nd  init 
Fettmetamorphose  der  Zellen  und  der  Grundsubstanz,  in 
welcher  sich  sehr  kleine  Molecüle  biklen ;  in  beiden  FaUea 
schwindet  der  Knorpel  allmälig,  die  Granulationen  treten 
an  seine  Stelle ,  bis  sie  endlich  die  Gelenkfläche  völlig  über- 
ziehen; in  anderen  Fällen  nimmt  der  Knorpel  mehr  selbst- 
ständig an  der  Entzündung  Theil:  während  die  Grundsub- 
stanz in  faseriges  Gewebe  übergeht,  werden  die  Zellen  durch 
endogenes  Wachsthum  eAorm  gross ,  fallen  an  der  Ob^- 
fläche  aus  einander  und  nur  der  Faseriilz  bleibt  zurück. 
Die  Knochen  erhalten  sich  unter  den  zerfallenden  Knorpeln^ 
eine  Zeit  lang  normal  und  werden  dann  cariös.  Die  um- 
gebenden Bänder,  Fascien,  das  Zwischenzellgewebe  werden 
seröjs  infiltrirt,  durch  neugebildetes  Bindegewebe,  die  soge- 
nannten speckigen  Massen,  verhärtet  und  verdickt^  die  Mus- 
keln atrophisch.  Später  perforirt  der  Eiter  die  Knorpel,  es 
bilden  sich  Eitergänge  unter  die  Haut,  welche  perforirt^ 
wird;  so  entstehen  ein  oder  viele  Fistelgänge;  oder  es  bil- 
den sich  Abscesse  zwischen  den  Muskeln,  welche  nachträg-^- 
lieh  ebenfaUs  perforiren. 

Auch  diese  heftigere  Entzündung  kann  heilen,  indem 
die  Eiterbildung  aufhört  und  Verwachsung  der  Gelenkenden 
diOrcfa  Bindegewebe  öder  Knochenmassen  erfolgt.  Doch  er^ 
folgt*  sehr  oft  Tod  durch  die  grossen  Säfte  Verluste  in  Folge 
dev  langwierigen  Eiterbildung. 


533 

Die  Zeit,  iu  welcher  diese  Veraiidermigen  vor  sich  ge- 
hen ,  ist  verschieden ;  erfolgt  nicht  Heilung,  nach  Ablauf  der 
ersten  Zeit  des  akuten  Verlaufs,  so  ziehen  sich  die  Aus* 
gänge  Monate  und  Jahre  lang  hin,  bis  endlich  Heilung 
durch  Anchylose  oder  marastischer  Tod  erfolgt, 

.  b.  Arthrocacej  Gelenkcaries,  ist  bald  secundar 
als  Folge  der  primär  von  der  Synovialhaut  ausgehenden, 
im  vorigen  beschriebenen  Entzündungen ,  bald  primär  ein 
in  den  Apophysen  beginnendes  Leiden ,  welches  vors^ugs- 
weise  bei  Scrofulösen  und  Tuberkulösen,  insbesondere  im 
jugen#ichen  Alter,  vorkommt.  Der  Verlauf  ist  anfangs  der 
einer  einfachen  oder  tuberkulösen  Caries  (s.  oben  Caries 
und  Tuberkulose)  der  Apophysen:  über  den  cariösen  Kno- 
chen ^^erfallen  die  Knorpel  nekrotisch  oder  in  einer  der  bei 
der  vorigen  Art  beschriebenen  Weisen,  das  Gelenk  füllt 
sich  mit  Eiter,  die  umgebenden  Weichtheile  werden  bald 
durch  Exsudat  inflltrirt  und  durch  Abscesse  perforirt,  es 
bilden  sich  Fistelgänge  nach  aussen,  Luxationen  und  Ver- 
kürzungen. Bei  Kindern  zeigen  die  nachgiebigen  Knochen 
oft  beträchtliche  Anschwellung.  Die  Ausgänge  sind  Heilung 
mit  Anchylose  der  Gelenkenden  oder  marastischer  Tod. 

c.  Malum  coxae  senile  stellt  bald  den  Ausgang 
einer  akuten ,  meist  rheumatischen  Gelenkentzündung  dar, 
bald  ist  es  eine  von  vornherein  chronische  Entzündung,  wel- 
che besonders  im  höheren  Alter,  am  häufigsten  in  einen 
oder  beiden  Hüftgelenken,  aber  auch  in  den  Knie-,  Schul- 
ter-^  Arm-  und  Fingergelenken  vorkommt.  Bei  dieser 
Entzündung  sind  sämmtliche  Gelenkstheile  ergriffen;  die 
Knorpel  zerfallen  und  schwinden  allmälig,  indem  ihre  Grund- 
Substanz  zerfasert,  die  Zellen,  nachdem  sie  durch  endogene 
Bildungen  gewachsen  sind,  aus  einander  fallen  oder  durch 
Fettmetamorphose,  zu  Grunde  gehen ;  während  dieser  Zerfall 
an  einzelnen  Stellen  vor  sich  geht,  findet  an  anderen  zu- 
weilen Verknöcherung  statt,  indem  der  Knorpel  durch  Fa- 


SU 

«erbildtmg  in  der  Grondsubstanz  in  Bindegewebsknorpel 
Tervandelt  wird,  und  ganz  in  der  Weise  des  letzteren  «er- 
knikdi«rt.  Die  Knochen  —  Kopf  und  Pfanne  —  werden 
eariBs ,  ihre  Masebenräume  TergiBsseni  sieh  durch  Schwund 
der  kleinen  Balken,  ihr  Umfang  Termindert  sich ;  so  schwin- 
det z.  B.  der  Schenkelkopf  allmälig  in  seinem  rorderen 
Dritttheil  zur  Hälfte,  ja  zuweilen  gänzlich  und  in  den 
äussenten  Fällen  geht  auch  noiji  ein  Theil  des  Halses  Ter- 
loren.  Während  dieser  Zeit  geht 
Knochens  TOm  Periost  aus  eine  li 
Knochenmasse  in  Form  einer  part 
mannichfach  gestalteter  Osteopbyten 
der  von  Tom  geschwundene  and  a1 
hinten  einen  breiten,  piltfOrmigen 
scheinbar  plattgedrückt  darstellt  oder,  wenn  er  ganz  ge- 
schwunden ist  und  die  nengebildete  Knochenmasse  in  der 
Form  des  Kopfes  den  Schenkelhals  umgiebt,  es  den  An- 
schein gewinnt,  als  sei  der  Hals  geschwunden  und  der  Kopf 
gegen  die  Trocbanteren  gedrängt.  Die  Gelenkpfanne  wird 
durch  die  Osteophytenbildungen  in  der  Peripherie  aUmälig 
um  das  Doppelte  bis  Dreifache  weiter.  Die  nach  Schwund 
des  Knorpels  blosgelegten  Knochenstellen  reiben  bei  der 
Bewegung  des  Gliedes  gegen  einander,  sclerosiren  und  so 
bilden  sich  elfenbeinartige,  glatte  SchlifTDächen  an  Kopf 
und  Pfanne;  berühren  sich  verknöcherie  KnorpelsteUen  oder 
Osteopfa^ten,  so  schleifen  sich  auch  diese  ab.  Die  Sjno- 
fialhaut  zeigt  Vorzüglich  Hypertrophie  der  Gelenkzotten, 
welche  sich  nun  als  äusserst  zahlreiche  fadige,  kolbige,  fibr9«e 
Anhängsel  darstellen,  zuweilen  zu  erbsen-  bis  baselnuss- 
grossen  zaitgestielten  Massen  wachsen ,  welche  wohl  aii<^ 
verknöchem  oder  frei  werden.  Die  Fascien  und  Bänder 
der  Umgebung  werden  dicker  und  fester,  TerknSdtem  m- 
weilen  in  geringer  oder  bedeutender  Ausdehnung. 

d.  Hydrops  articuli  chronieui  bleibt  bald  nacb 


535 

akuter  rheumatischer  oder  traumatischer  EatzUoduag  oder 
stellt  eich  von  Tomhereia  als  dironische  serüse  E^sudation 
mit  massiger  Hyperämie,  Schwellung  und  Zottenhypertro- 
phie der  Synovialhaut  dar. 

e.  Chronische  arthritiche  Entzündung  folgt 
auf  die  akute  oder  ist  seldier  ursprünglich  chronisch  und 
zeigt  dieselben  Veränderungen  als  die  akute. 

VerknScherung  der  Gelenkknorpel  fiodetsich, 
ausser  bei  der  unter  dem  Namen  Malmt  coxat  seaüe  be- 
schriebenen Entzündung,  zuweilen  auch  nach  den  anderen 
Gelenkentzündungen,  wenn  sie  in  Heilung  übergehen;  der 
Verknöchening  geht  stets  die  Umwandlung  des  hyalinen 
Knorpels  in  Bindegewebsknorpel  vorher,  sie  tritt  nur  par- 
tiell auf,  die  verknöcherteo  Stellen  zeigen  sich  als  platte 
oder  warzige  Erhabenheiten. 

Freie  Körper  in  den  Gelenken,  Gelenk - 
mause  sind  1)  berroi^gangen  aus  Hypertrophie  der  im 
Normalzustände  vorhaudenen  gefässlosen  kolbigen,  aus  Bin- 
degewebe bestehenden  Anhänge  der  zottigen  Falten  der 
Synovialhäute,  die  allmäjig  zu  Erbsen-  bis  Taubeneigrösse 
wachsen,  dann  runde  oder  platte,  glatte  oder  höckerige, 
feste,  aas  Bindegewebe  mit  Fett-  und  Knorpelzellen  durch- 
setzte Körper  darstellen  und  endlich  frei  werden;  2)  fest 
gewordene  Niederschläge  auB  der  Synovia;  3)  Faserstoffge- 
rinnsei  aus  Exsudaten,  welche  dann  aus  amorpher,  fester 
Masse  oder  aus  fibrösem  Gewebe  bestehen,  Anfangs  mit  der 
SynoTialhaut  verbunden  waren  und  sich  allmälig  ton  ihr 
lösten,  oder  gleich  frei  im  Exsudate  niedei^eschlagen  wur- 
den ;  i)  durch  starke  Quetschung  des  Gelenks  losgebrochene 
Knorpelstiicken. 

3.    Muskeln. 
Atrvpbie.    Hypertrophie. 

Atrophie    einzelner  Muskeln    kommt  vor:    als 


586 

Folge  ihrer  Unthätigkeit  nach  Lähmung  oder  Unbewe^di- 
keit  der  zugehörigen  Knochen  (Anchylose);  durch  Druck 
oder  Quetschung  derselben ,  durch  Entwickelung  neugebil- 
deter Gewebe,  z.  B.  Fett,  Bindegewebe,  Krebs  in  ihnen, 
als  Folge  einer  Entzündung  derselben.  Atrophie  der 
Muskulatur  des  ganzen  KSrpers  konunt  vor:  im 
hohen  Alter,  bei  chronischen,  die  Ernährung  beeinträi^ti- 
genden  Krankheiten,  bei  Bleivergiftung. 

Die  atrophisdien  Muskeln  werden  bleich,  weich,  leidit 
zerreisslich ,  die  Primitivbiindel  werden  schmal,  die  Quer- 
streifen und  Fibrillen  werden  undeutlich  und  das  Sarco- 
lemma  umschliesst  endlich  eine  homogene,  mit  feinen  Fett- 
kömchen  durchsetzte  Substanz;  diese  schwindet  allmälig 
oder  ballt  sich  vorher  zu  ovalen  Körpern  zusammen,  wei- 
che im  Sarcolenmia,  das  sich  zwischen  ihnen  einzieht, 
reihenweise  angeordnet  liegen,  sich  wohl  auch  ganz  Tom 
Sarcolemma  abschnüren  und  in  Form  grosser,  ovaler,  mit 
feinkörniger  Masse  gefüllter  Zellen  gefunden  werden.  Die 
Kerne  des  Sarcolemma  vermehren  sich  vielfach  durch  Thei- 
lung  und  so  erscheinen  die  genannten  ovalen  zellenartigen 
Körper  mit  zahlreichen  Kernen  versehen.  Endlich  schwin- 
den auch  diese  Körper,  das  Sarcolemma  fällt  zusammen 
und  bildet  eine  fadig- faltige  Masse. 

Hypertrophie  kommt  nur  an  emzelnen  Muskeln 
vor,  z.  B.  am  Herzen,  an  den  Muse,  intercostales  nadi 
langdauemden ,  die  Athembe wegungen  erschwerenden  Krank- 
heitszuständen  (Bardeleben),  an  der  Zunge.  Der  Modus 
der  Hypertrophie  ist  unbekannt;  wahrscheinlicher  als  die 
Dickezunahme  der  vorhandenen  Bündel  ist  eine  vermehrte 
Anbildung  neuer. 

Blutung.    BntBfindung« 

Hämorrhagieen  in  Folge  von  Quetschung  und  Ver- 
letzung der  Muskeln  sind  nicht  selten  in  Form  von  Ecchy- 


587 

moseii  und  hämorrhagischen  Herden  mit  den  bekannten  Me- 
tamorphosen ;  selten  sind  spontane  Blutungen  in  das  Mus-- 
kelgewebe  mit  Erweichung  und  Zerfall  des  letzteren  bei  Ty- 
phus und  Scorbut./ 

Entzündung  der  Muskeln  ist  selten  eine  spontane 
oder  sogenannte  rheumatische  ^  häufiger  eine  traumatische 
oder  ¥on  benachbarten  Oeweben  (Zellgewebe^  Knochen)  fort- 
gesetzte. Der  entzündete  Muskel  ist  meist  injicirt,  seine 
Bündel  sind  entfärbt  und  in  der  Art  verändert  wie  bei  der 
Atrophie,  das  Exsudat  ist  serös,  gallertig,  faserstoSreich. 

Nach  völligem  Schwund  der  Primitivbündel  bleibt  das 
interstitielle  Zellgewebe  als  narbenartige  Masse  zurück^  zu- 
weilen bildet  sich  neues  Bindegewebe  und  der  Muskel  er- 
scheint fast  ganz  in  fibröses  Gewebe  umgewandelt,  oder  die 
Atrophie  ist  unbedeutend  und  es  bleibt  eine  harte  Stelle  zu- 
rück. Später  können  sich  im  fibrösen  Gewebe  Kalksalze 
ablagern. 

Zuweilen  bildet  sich  Eiter,  so  entsteht  ein  Muskelaln 
scess,  der  eingekapselt  oder  allmälig  vergrössert  wird,  end- 
lich durch  die  äusseren  Decken  perforirt  oder  eintrocknet, 
tuberkulisirt,  verkreidet.  Nach  der  Entleerung  heilt  der  Sub- 
stanzverlust durch  neugebildetes  Bindegewebe. 

Bei  putrider  Infection  und  der  Botzkrankheit  entwik- 
keln  sich  in  zahlreichen  Muskeln  circumscripte  Entzündun- 
gen und  Abscesse. 

Patlioloi^ffche  HTeubildan^eii« 

Neubildungen  von  Bindegewebe  nach  Entzün- 
dung. 

Fettentartung  der  Muskeln  zeigt  sich  in  Muskeln, 
die  sehr  lange  unthätig  sind  (bei  Lähmung,  Anchylose),  ne- 
ben allgemeiner  luxuriirender  Fettbildung  im  Körper  (Hy- 
pertrophie des  Fettbindegewebes  an  allen  Orten,  Fettleber 
u.  s.  w.),  neben  chronischen  Knodienleiden :  Nekrose,  Ca- 


538 

ries ,  Tumor  albu$  u.  s^  w.  Die  entarteten  Muskeln  werden 
blass,  gelblich  9  wie  Speck  oder  Fettwachs.  Der  Vorgang 
besteht  bald  in  einer  wirklichen  Fettmetamorphose  der  Mus- 
kelfibrillen  und  man  findet  dann  statt  der  letzteren  Fettku* 
gelchen  in  Längsreihen  neben  einander  die  PrimitiTbündel 
zusammensetzend^  bald  in  Atrophie  der  PrinütiYbändel  mit 
Hypertrophie  des  interstitiellen  Fettbindegewebes  und  man 
findet  dann  die  oben  beschriebenen  Textunreränderungen 
der  Atrophie  neben  massenhaften  Fettzellen  statt  der  Mas- 
keistanz.   Zuweilen  finden  sich  beide  Vorgänge  gleichzeitig» 

Concretionen  finden  sich  in  neugebildetem  Binde- 
gewebe, in  Eiter  imd  in  Gysticercusblasen.  Wirkliche 
Knochenbildung  mit  spongiösem  oder  compactem  Ge- 
webe Ton  yerschiedenem  Umfange  findet  sich  in  Muskeln^ 
welche  öfterem  Druck  und  Beizen  ausgesetzt  sind,  nach 
Entzündung  y  in  Muskeln  in  der  Umgebung  entzündeter  Ge- 
lenke. 

Carcinoma  kommt  im  Muskel  meist  als  yon  Nach- 
bargeweben auf  denselben  fortgesetzte,  selten  als  primitive 
Neubildung  yor.  Während  der  Erebsbildung  schwindet  der 
Muskel,  so  dass  der  Krebs  als  yoUendete  Greschwulst  sieb 
an  der  Stelle  des  Muskels  befindet.  An  den  Grenzen  yon 
Muskelkrebsen  und  bei  beginnender  Bildung  derselben  sieht 
man  die  Muskelbündel  im  Zustande  der  Atrophie,  zwischen 
ihnen  Kerne,  Zellen  und  Spuren  neugebildeten  Bindege- 
webes, endlich  sind  die  Muskelfibrillen  yöUig  geschwunden. 

Paraiiiten. 

Echinococcus  ist  selten,  die  Blasen  sind  meist  klein 
und  sitzen  zwischen  den  Muskelbündeln. 

Cysticercus  cellulosae,  Blasenschwanzwurm, 
Finnenwurm  (Taf.  m,  23),  ist  3— 8^'^  lang,  hat  einen 
kleinen  Kopf,  welcher  dem  yon  Taenia  solium  gleidit,  ei- 
nen kurzen  Hals,  der  in  eine  6^''  dicke  WasserUase  aus- 


539 

^ht,  GescfalechtsoFgane  fehlen.  Dieses  jetzt  allgemein  als  ein 
yerirrter  degenerirter  Bandwurm  angesehene  Thier  ist  stets 
von  einer  neugebiideten ,  fibrösen  Kapsel  umgeben,  welche 
zwischen  den  Muskelbündeln  liegt.  Der  Cysticercus  findet 
sich  einzeln  oder  in  sehr  grosser  Anzahl  in  Muskeln  und 
Zellgewebe  und  bewirkt  fast  keine  pathologischen  Erschein 
nungen.  Zuweilen  stirbt  das  Thier  ab  und  die  Kapsel  fällt 
sich  mit  Kalksalzen. 

Trichina  spiralis  (Taf.  HI,  24  vergr.)  ist  ein 
^ — ^\y"  langer,  sijf  —  rW  breiter,  geschlechtsloser  Wurm, 
der  sich  stets  in  einer  länglichen  Blase  findet,  die  aus  ho- 
mogenem ,  körnigem  Gewebe  besteht  und  dem  Wurm  eigens 
angehört  (wie  die  Echinococcusblase).  Das  Thier  ist  spira- 
lig gewunden,  die  Cyste  lagert  zwischen  den  Muskelfasern, 
mit  ihrem  Längendurchmesser  dem  Verlaufe  der  Fasern  ent- 
sprechend. Zuweilen  ist  der  Muskel  wie  durchsäet  mit  die- 
sen Cysten,  deren  Länge  ^j^^'  beträgt.  Häufig  finden  sich 
verödete  Cysten  mit  kreidigen  Concrementen«  Nach  den 
Beobachtungen  an  Thieren  von  Herbst  sind  die  Cysten 
als  mit  einem  Embryo  versehene,  vergrösserte  Eier  einer 
Filaria  anzusehen,  welche,  in  den  Blutstrom  gelangt,  im 
Körper  vertheilt  werden.  Das  Mutterthier  ist  noch  unbe- 
kannt. 

4.    Schleimbeutel,  Schleimscheiden. 

Die  pathologischen  Veränderungen  der  (Muskel  -  und 
Haut-)  Schleimbeutel  und  der  Schleimscheiden  der  Sehnen 
verhalten  sich  gleich. 

Entzündung  ist  nicht  selten  und  meist  traumatischer 
Natur,  das  Exsudat  ist  serös  oder  faserstoffreich,  zuweilen 
hämorrhagisch,  es  wird  resorbirt;  oder  bleibt  als  seröses 
länger  zurück  (Hydrops^  Hygroma  bursae  mucosae^ 
Ganglion);  oder  organisirt  zu  Bindegewebe,  wodurch 
der  Balg  verdickt  wird  oder  durch  Verwachsung  verödet; 


540 

oder  organisirl  zu  Eiter,  weldier  Ausgang  zuweilen  Verei- 
terung  des  Balges  selbst  zur  Folge  hat. 

Ausser  dem  entzündlichen  Hydrops  kommen  Wasser- 
ansammlungen in  den  Schleimbeuteln  zuweilen  spontan  oder 
bedingt  durch  Hyperämie  der  Wandung  oder  durch  Hydra- 
mie  Tor. 

In  der  Höhle  finden  sich  zuweilen  freie  Körper 
von  derselben  Natur  wie  die  in  den  Gelenkh^en  Torkom- 
menden. 

Eine  Neubildung  Ton  Schleimbeuteln  beoaeh- 
tete  man  unter  der  Haut  an  Stellen,  wo  sie  öfterem  Druck 
und  Reibung  ausgesetzt  ist.  Femer  finden  sich  neugebil- 
dete SynoYialkapseln  als  Auskleidung  neugebildeter  Grel^ike 
nach  Luxationen  oder  ungeheilten  Frakturen.  Entzündung 
und  Hydrops  kann  audi  in  diesen  Neubildungen  yorkonunen. 


Erklärung  der  Kupfertafelii. 


Tafel  1. 

Fig.  1.  Bindefewebe,  iMsIchend  aus  einer  liomegenen,  «Iwm 
garalteten  GnindBubstaai  und  längliehen  oder  mit  etrahll- 
gen  AuBläuFem  verMbencn  Kirperchen ;  aus  einem  Fibroid, 
welche«  ganz  an*  diesem  Gewebe  bettand. 

Frg.  2.  FaserbilduDg  aus  Zellen,  a.  Kerne  mit  KernbSrper' 
eben ',  in  ilinen  entwickeln  «ich  nea«  Kerne  und  se  ent- 
stehen die  anfangs  kleinen,  spiter  lang  ausgesogenen  Zel- 
len, b.  Uebergang  einer  Fasenelle  In  eine  Faser,  c.  Zer- 
.  fall  einer  Zelle  in  mehrere  Fasern,  d.  FaterfSnnige  Tcr- 
lingeruDg  und  Bildung  strahliger  Au«länfer  der  Ken». 
(Sarcoma  der  Mamma.) 

Fig.  3.  Sarcom  des  Femur.  a.  Kerne,  Zellen,  endogene  Thei- 
lung  der  Kerne  und  Bildung  graaaer  mit  Kernen  getollter 
KSrper.  b.  Zellen,  welche  die  Hauptmasse  des  Sircoms 
bilden,  c.  Theilang  der  Zellen,  d.  Qewebe  im  Ganten, 
e.  Fettmetamorphose  der  FaseneUen. 

Flg.  4.  Verkreidung  der  Zellen,  a. Bpjthalfenarlig« Zellen  aus 
einer  Balggesdiwulst ;  erst  bilden  sich  kleine  KalkkSra- 
dien,  diese  flieisen  lu  grossen  Kömem  luaammen,  dies* 
zu  Mlideo  Hassen,  b.  Inkrustirte,  concentriKh  geschich- 
teU  KSrper  todi  Colloid  der  FUx.  ehorMM. 

Fig.  &.  AthcromatSse  Masse:  Chelestearinkrjatalle ,  FettkOgel- 
cben,  Kalksalle,  lerfaUena  Zellen. 

Flg.  e.    Fettmetamorpboae  der  Leberiellek  bei  FettlebcT. 

Fig.  7.  Zellen  aus  einer  Balggeschwulst  der  Haut.  a.  Kfn- 
bcbe  Keruellen,  b.  Zellen  mit  fettigem  Inhalt,  eng  an 
•inaBder  llagend,  Fettktmchen  iwlschsn  ihnen,  c.  Dic- 
sdben  nach  Entfamnng  dei  Fettea  durch  Aetfaer,  zutam- 
mcnttfalien. 


542 

r  if.  8.  Eiter.  3.  GcirUuüidbe  EiterzeOcB.  k  EHcrxellrB  m  Fett- 
■cfMürpiiMf ,  UairaaAmf  ui  KdrachcateHca.  c  Eilcr- 
zellea  m  Atrtflde,  Zcrfdl,  »n  cmcb  TaberkeL  4.  Bi- 
iamf  4er  SilcrzdleB  mm  freies  Kcraea,  ui  weldwa 
sieh  tmUftm  aese  Kerae  MMea«  e.  EReneBf  tech 
Watter  dardwiditig  gedacht,  Tlieifanig  ier  Kerae.  t  Alf- 
MÜnng  «b4  Berstmf  der  ZeDea  Back  lasfer  EiairMnig 
fM  Wasaer  (ktastfidi  «inI  m  wtecrifm,  sag.  s^kdi- 
tea  Abaceaaeiter). 

Tafel  f. 

Elf.  9*    VerknöeheraBg  der  KDarpelzellca.     a.  Waaipil 
xalleii  ayi  euilKlieM  Kero ,  »  der  GnuidaabataBz  Kaik- 
käTBcbeB«      h.  Der  Kera    bekaaual  atraUige  Aosläafer. 
€.  Die  atraUigeB  AMlaafer  dea  Keraes  wacbaea 
nehr,    laafea  aut  deaea  beaa^iartcr  Kerae 
aaterdeaaen  flieaaea  die  Zdlea  iQaaauBea  aad  Terkaöebeni. 

Fig.  10.  Papillargeaehwalat  der  HarnUase.  a.  EiafiKbe  Pa- 
p91e.    b.  Papille  aüt  Krebscellea  in  ihrar  SabsUnz. 

Fig.  11«  Carcin0ma  vulgare,  a.  Dichtes  Fasergerfiat  mit  Kern- 
Biaaaea  in  dea  naschearaoaiea.  b.  Tbeiliiqg  der  freien 
Kerne,  c.  Kerne  durch  aene  endogeae  KembUdoDg  im 
Uebergang  zar  Zelle,  d.  ZeUea,  kleiae,  grasse,  in  Fett- 
BietaaMnrphose  begrikiene.  e.  Zellea  mit  eadegener  Thei- 
long  der  Kerae.  L  Zellea  mit  Hablriomen,  Eiweissmeta- 
laarphase. 

Fig«  12*  Zellea  aas  Carcinoma  melanodes^  einfache  Kern- 
Zellen,  Zellen  aut  Techterzellea,  Pigmentkomchen  in  den 
Zellen. 

Fig«  13.  Carcinoma  alveolare,  a.  Fasergerfist  mit  Colloid- 
seilen  in  den  Maschen,  b.  Kerne  übergehend  in  CoUoid- 
kirper,  oder  dnrch  neue  endegene  Kembildung  in  Col~ 
laidzellen.  e.  CoUaidkörper  durch  contiaairlicbe  Bildong 
endogener  Kerne  in  geschichtete  Korper  übergehend. 

Fig.  14.  Carcinoma  epiikeliodes.  a.  Zellenmassen  mit  N«> 
Stern,  b.  Ein  Nest  in  Zellen  ans  einander  fiülend.  c.Keme 
durch  Bildnag  aeuer  endogener  Kerne  in  Zellen  überge- 
hend, d.  Grosse  Zellen,  e«  Kerne  in  CoUoidmetamor- 
pbose.  t  Zellen  mit  Brutrlameny  endogenen  Bildungen 
hl  densalbon.    g.  Atrophie  und  Zerfiill  der  Zellen. 

Fig.  16.    Pigmentkrystalle. 


543 

Tafel  S. 

Fig.  16.    Faden pilze  aus  altem  Harn. 
Fig.  17.    Sar eine  ans  Erbrochenem. 
Fig.  18.    Haarsackmilbe,  Acarus  foUi€i$lorum. 
Fig.  19.    Krätzmilbe,  Sarcop/^i  hominis. 
Fig.  20.    Kleiderlaus,  Pediculus  vestimeutorum. 
Fig.  21.    Kopflaus,  Fediculus  capitis. 

Fig;  21a.  Filzlaus,  Phihirius  pubis.  (Fig.  18~-21a  nach  Simon.) 

Fig.  22.     Echinococcus   hominis,     a.  Echinococcuslhierchen 

mit  ausgestülptem  Kopfe,    b.    mit    eingezogenem  Kopfe. 

c.  Haken  aus  dem  Hakenkranz,  d.  Wand  der  Echinococ- 
cusblase  mit  beginnenden  Knospen,  e.  Abgeschnürte 
Knospe  mit  Thierchen,   f.  eine  solche  steril. 

Fig.  23.    Cysticercus  cellulosae  aus  dem  Gehirn. 

Fig.  24.    Trichina  spiralis. 

Fig.  25.  Taenia  solium.  a.  Kopf,  Hals  und  unentwickelte 
Glieder,  b.  entwickelte  Glieder. 

Fig.  26.  Bothriocephalus  latus,  a^  Kopf  und  Hals.  b.  Ent- 
wickelte Glieder. 

Fig.  27.    Trichocephalus  dispar.    a.  Männchen,  b.  Weibchen. 

Fig.  28.    Ascaris  lumbricoides. 

Fig.  29.  Oxyuris  vermicularis.  a.  Weibchen  und  b.  Männ- 
chen jn  natürl.  Grösse,    c.  Vergrossertes  Weibchen. 

Fig.  30.    Distoma  hepaticum, 
Tafel  4. 

Fig.  31.  Harnsäurekrystalle.  a.  Einfache  Krystalle,  rhombi- 
sche Tafeln,  wie  sie  nach  Zusatz  von  Essigsäure  oder 
Salzsäure  zu  Sedimenten  von  harnsauren  Salzen  entste- 
hen oder  seltner  spontan  im  Urin  sich  bilden,  b.  Grup- 
pen dicker  Krystalle,  wie  sie  sich  spontan  in  braunem, 
harnsäurereichem  Urin  niederschlagen,   c.  Zwillingskrystalle. 

d.  Tonnenformige  Krystalle. 

Fig.  32.  Das  gewöhnlichste  Sediment  von  harnsauren  Salzen  ia 
saurem  Urin,  nach  Lehmann  harnsaures  Natron. 

Fig.  33.    Harnsaures  Ammoniak  aus  alkalischem  Urin. 

Fig.  34.    Oxalsaurer  Kalk  aus  saurem  Harn. 

Fig.  35.  Phosphorsaure  Ammoniak-Magnesia  aus  alkali- 
schem Urin. 

Fig.  36.    Kohlensaurer  Kalk  aus  Kaninchenharn. 

Fig.  37.    Cysten  (nach  Funke). 


544 

Fig.  38.    Fibrincylinder  aus  Urin  eines  an  M.  Brighiii  Lei- 
denden. 
*  Fragment  eines  Harnkanalchens ,  aus  welchem  ein  Fibrincylinder 
ragt,  aus  der  Niere  eines  an  M.  Brightii  Gestorbenen. 

Fig.  39.    Fettkrystalle  aus  brandigem  Zellgewebe. 


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542 

;.  6.  Eiter,  i.  Gm&bnllcbe  Eftcraellen.  b.  EitcrzHUn  in  Fett- 
DietiBiorphMe ,  Umirandlung  tn  KörnchcnieHen.  c.  Eil«r- 
lellen  in  Atropble,  ZtrbU,  au«  eloan  Tuberkel,  d.  BH- 
duof  d«T  EitenelUn  tu»  freicH  Kernen,  in  wekhtn 
■ich  endogen  nene  Kerne  bilden,  t,  EfteneUeH  durch 
WtMer  durcbiicblig  gemacht,  Thrilimg  der  Kerne,  f.  Auf- 
blihuni;  und  Bentunf  der  Zelleu  nich  linger  EinirirbunK 
TSn  Wagier  (bOnitlich  und  In  wügterigem ,  io|;.  schlecb- 
tem  AbfceHeiler). 

Sl  t. 

.9.  VerknScheruDg  der  Knorpeliellcn.  a.  KMC>et- 
lellen  nit  «iabcbem  Kern,  in  der  GmndinbiUni  Kalli- 
kömcben.  b.  Der  Kern  bekonnit  atrahlige  Ausliirfer. 
e.  Die  itrdiligan  Aii^iifar  4ea  KeroM  wachien  imner 
mehr,  laires  mit  deMn  b«Mcbb*rt«r  Seme  «iiiammen, 
unlerdaiaen  llieaMn  die  Zalhin  inaanmeB  und  Tcrbnöchen. 

.  lU.  Fapillargeacbwultt  der  Haniblaae.  a.  Einfache  P»- 
pUl«.    b.  Papula  mit  KrebateUen  in  ihrer  SubaUnx. 

.  tl>  Carcintmavultar«.  i.  Dichtet  Faieiferüat  mit  Kern- 
maiaan  In  den  Haaebenrümien.  b.  Tbelliqg;  der  freien 
Kerne,  c.  Kerne  duidi  neue  endogene  Kcrnbildung  im 
Uebergang  lur  Zelle,  d,  Zellen,  klein«,  groue,  in  Fett- 
melAmorphoaB  bagrObne.  e-  Zalltn  mit  endsganer  Tbef- 
luDg  der  Kerne,  f.  Zellen  mit  Heblrlumen,  Elweiaimett- 
Mvipboae. 

.  12.  Zellaa  aaa  CuTtinom»  mtltmtdes,  einfacbe  Kem- 
lellen,  Zellen  aait  TtchteruDen,  Plgmentkimchen  in  d<n 
Zellen. 

.  13.  C*teinoi»m  al«e«I«re.  a.  Faiergarflft  mit  Cotloid- 
leUen  in  den  Matchen,  b.  Kerne  übergebend  In  Colloid- 
birpar,  oder  durch  neue  endogene  Kenbildung  in  Col- 
loididkn.  c.  CoUeiikörper  durch  conti  nairliche  Bildung 
«ndogaser  Kane  In  gaachichtete  Körper  flbei^abend. 

.  U.  Carctnom»  epitktliodtt.  t.  ZeUenmauen  mit  y*- 
Btem.  b.  Ein  Neat  in  Zellen  ana  alnandar  bllend.  c.  Kerne 
durch  Bildung  neuer  endogener  Kenie  In  Zellen  Qberge- 
Iwnd.  d.  Grotte  Zellen,  t.  Kane  in  CelloidmetamoT- 
phoae.  t  Zellen  i^t  Bratrluton,  mdeganen  Bildungen 
in  danialbaa.    g.  Atrophie  und  Zerbll  dar  Zellen. 

,  IS.    Pigmentkryalalle. 


548 

Tafel  S. 

Fig.  16.    Fadenpilie  aus  «Itetn  H«m. 
Fig.  17.    Sarcine  ins  ETbrochenem. 
Fig.  18.    Hatraackmilbe,  Acantt  fotittutorum. 
Fig.  19.    KrStitnltbe,  Sarcoptei  heminl«. 
Fig.  30.    Kleiderlaus,  Pfdietüiu  vesHmeuiorum. 
Fig.  31.    KofÜtus,  Fedteulw  capilh. 

Fig;  21a.  Fililaus,  PhlMrhu  pubU.  (Fig.  18— 21b  nachSimoo.) 

Fig.  22.     Eehinococeut   hotaini»,     a.   Ecbinococciulhierchcn 

mit  aiugeatSlßteiQ  Kopfe ,    b.    mit    eingezogene«  Kopfe. 

c.  Haken  aus  dem  Rakenkraiu.  d.  Wand  der  Ecliinococ- 
cusblase  mit  beginnenden  Knospen,  e-  Abgesthnfirto 
Knospe  mit  Thierclien,   f.  eine  solche  steril. 

Fig.  23.    Cytticercm  ctUuloiae  aus  dem  Gehirn. 

Fig.  24.    Triehina  spiralii. 

Fig.  2&.  Tittnia  lolium.  a.  Kopf,  Hals  und  unentwickelt« 
Glieder,  b.  entwickelte  Glieder. 

Fig.  26.  Bothrioeephalui  laltt*.  a^  Kopf  und  Hals.  b.  Ent- 
nickeile  Glieder. 

Fig.  27.    Tfiehoeephalut  diipar.    a.  Männchen,  b.  Welbchea. 

Fig.  28.    Jsearit  lumbricoides. 

Fig.  29.  Oxynrit  vermietttarii.  a.  Weibchen  und  b.  Mann- 
che»  in  natQrl.  Grösse,    c.  Vergrössertes  Weibchen. 

Fig.  30.    Diatoma  hepaticum. 
Tafel  4. 

Fig.  31.  HarnsüDrekrystalle.  a.  Einfache  Kristalle,  rhombi- 
sche Tafeln,  wie  sie  nach  Zusatz  von  Essigs&ure  oder 
Salzsäure  zu  Sedimenten  TOn  liarnsauren  Salzen  entste- 
hen oder  seltner  spontan  im  Urin  sich  bilden,  b.  Grup- 
pen dicker  Krjalalle ,  nie  sie  sich  spontan  in  braD&em, 
harnsäure reichem  Urin  niederschlagen,   c.  Zni Hin gskry stalte. 

d.  TonnenfÖrmige  Kristalle. 

Fig.  32.  Das  gewöhnlichste  Sediment  von  hamsauren  Salzen  in 
saurem  Urin,  nach  Lehmann  harnsaures  Natron. 

Fig.  33.    Karnsaures  Ammoniak  ans  alkalischem  Urin. 

Fig.  34.    Ozalsaurer  Kalk  aus  saurem  Harn. 

Fig.  35.  PhosphorSBure  Ammoniah-Hagnesia  ans  alkali- 
schem Urin. 

Fig.  36.    Kohlensaurer  Kalk  nu  Kaninebenharn. 

Fig.  37.    Cysten  (nach  Funke). 


Fig.  36.    Fibrlncyllnder   am   Urin   eiaet  in   H.   Brigbtii   Lti- 
dcadm. 
*  FrigMut  tiae*  Hirnlunilcbeiu ,   *iu   weldmii  ein  Fibrin  cflinder 
ri|t,  IUI  der  Klere  «inii  in  M.  Brightii  Geitotbcaen. 
?ig.  39.    Fettkryitlll«  ant  bnndfgeni  ZeUr»«^- 


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5J2 

ri|.  8.  Eiter,  i.  G«w9hDUcbe  Eiten«llei.  b.  Silenellrn  in  F«U- 
mcUnorphMe,  Unmndlwii  in  KörKhcnieHcB.  c.  Eiln- 
Mllen  in  Atri^hie,  Ztrfall,  ui  «isem  Taberiitl.  d.  Bil- 
dunf  der  Eltanellen  iiu  freien  Kernrn ,  la  wcldwn 
»ich  endoi^n  neae  Kerne  bilden,  e.  Eitenellen  durch 
Wasier  durchsichtig  femachli  Thrilung  der  Kerne,  t  Anf- 
bUhung  und  BergluiiK  der  Zellen  nich  bnger  Einwirkung 
im  Wasser  (bQnrtlich  und  in  viBierifem,  sog.  schlech- 
tem AlMcetMlter). 

»fei  t. 

Fi|.  9.  Verknücberung  der  Knorpeltellcn.  i.  bm^l- 
MlUn  nit  einfacbeni  Kern ,  in  der  Grandenbtluii  Kii\t- 
k5mcben.  b.  Der  Kern  bekotarat  «trthlige  Auiliufer. 
c.  Ofe  ftrdiliBen  AmUnfer  dei  Kemei  irecbsen  immer 
mehr,  liafen  mit  denen  beHchbarter  Kerne  lUHmnien, 
uBierdeuen  llietMn  die  Zelten  loeanmen  und  terbnikberfi, 

rit.  iV.  Fapillerteiehwttlit  der  Hambtaee.  *.  Einfache  Pa- 
pille,   b.  PepUl«  mit  KrebnaUen  in  ihrer  Sabetani. 

Fig.  11.  Carcintym  vulgart,  a.  UichtnFuerferO«tmit  Karn- 
maasen  In  dan  SUaebeHinmen.  b.  Thetluqg  der  freien 
Kerne,  c.  Kerne  durdi  neue  endogene  Kembildnng  im 
Uebergang  lur  Zelle,  i.  ZeUen,  kleine,  greue,  in  Fell- 
netuurpiiOM  b«crQiene.  e.  Zellen  mit  endegener  niei- 
luBg  der  Kerne,  t  Zell«  mit  HebIrlumen,  Elireissmeti' 
mwpbofe. 

Pif.  12.  Zellen  ua  CareinoiHa  m§l9%odet,  einfache  Kern- 
leUen,  Zellen  adt  Techteriellen,  FigaentkBmchen  in  den 
Zellen. 

Pif.  13.  Cureinorna  nlveelsre.  a.  FiaergerOat  mit  Colloid- 
uHen  1b  den  Hucken,  b.  Kerne  llbergebend  in  Cnllaid' 
k(rper,  oder  durch  neue  endegene  Kembildung  in  Col- 
Mdirilen.  e.  CelIei4kGrper  darch  eentlBnirlicbe  Bildung 
endogner  Ken«  In  geachinhtete  KSrper  tbnrgeheDd. 

Fig.  lt.  Careinottm  epüdeliode«.  i.  Zellennauen  mit  Ne- 
atera.  b.  Kb  Nett  Ib  ZelloB  ans  «iaander  fallend,  c.  Kerne 
durch  Bildung  neuer  endogener  Kerne  In  Zellen  fiberge- 
hend.  d.  Oreeae  Zellen,  e.  Kerne  ia  Celloidmetunor- 
plwae.  £  ZeUea  idt  BrutriaBen,  endognen  Bildnngea 
in  denulbea.    g.  Atrophie  und  Zotbll  der  Zellen. 

rig.  16.    PIgmentkryatalle. 


rafol  9. 

Fig.  1«.    Fadenpilze  aus  allem  Harn. 
Fig.  17.    Sarcine  aus  Erbrachenem. 
Fig.  18.    HaarsBekmilbe,  JcnrtM /bUkuIofWn- 
Fig.  19.    Krätimllbe,  Sorcopf«  homfnia. 
Flg.  30.    Kleiderlaaa,  PedicvlHi  vesUvuiäorum. 
Fig.  21.    Kopflaus,  Ptdieuhu  eapitü. 

Fi«;  3l3.  Filzlaus,  PUhiHtu  pubh.  (Fig.  18— 21a  nach  Simon.) 

Fig.  22.     Eehinoeoceus   hominis,      a.   Ecliinococcuslhiercbcn 

mit  auggestälptem  Kopfe,    b.    mit    eingezogenem  Kopfe. 

c.  Haken  aus  dem  Halienkranz.  d.  Wand  der  Ecbinococ- 
cusMase  mit  beginnenden  Knospen,  e-  Abgeschnfirl« 
Knospe  mit  Thierchen,   f.  eine  solche  steril. 

Fig.  23.    Cyattcereu«  celtHlotae  aus  dem  Gehirn. 

Fig.  24.    TrJcAlna  tpIratU. 

Fig.  36.  Tataia  solium.  a.  Kopf,  Hals  und  «nentwickolta 
Glieder,  b.  entwickelte  Glieder. 

Fig.  2ß.  Bothriacephalus  lalui.  a^  Kopf  und  Hals.  b.  Ent- 
wicfcelle  Glieder. 

Fig.  27.    Trichocephalns  dtapar.    a.  Männehen,  b.  Weibchen. 

Fig.  28.    Jsearit  lumbricoides. 

Fig.  29.  Oxguris  vermieulaTia.  a.  Weibchen  und  b.  Hänn- 
cTien  in  natürl.  Grüsse.    c.  VergtSaserles  Weibchen. 

Fig.  30.    ßisloma  hepaticum. 
Wmtel  4. 

Fig.  31.  Harnsäurekryatalle.  a.  Einfache  Kn'stalle,  rhombi- 
sche Tafeln ,  wie  sie  nach  Zusatz  Ton  Essigsäure  oder 
Salzsäure  in  Sedimenten  von  barnsauren  Salzen  entste- 
hen oder  seltner  spontan  im  Urin  sich  bilden,  b.  Grup- 
pen dicker  Krystalle,  wie  sie  sich  spontan  in  braunem, 
harDsiurerei ehern  Urin  niederschlagen,   c.  Zwillingskiystalle. 

d.  Tonnenförmige  Kryslalle. 

Fig.  33.  Das  genShDlichste  Sediment  von  harnsauren  Salzen  ta 
saurem  Urin,  nach  Lehmann  harnsaures  Natrva. 

Fig.  33.    Harnsaures  Ammoniak  aus  alkalischem  Urin. 

Fig.  34.    Oxalaaarer  Kalk  aus  aaurem  Harn. 

Fig.  36.  PbDspborsaure  Ammoniak-Magnesia  aus  alkali- 
schem Urin. 

Fig.  36.    Kohlensaurer  Kalk  aas  KaDÜKhenbarn. 

Fig.  37.    Cysten  (nach  Funke).