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Full text of "Lehrbuch der praktischen Markscheidekunst ... : mit 234 abbildungen im text"

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UNIVERSITY    OF   CALIFOR 

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Accessions  No. 


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LEHRBUCH 


DEll  PEAKTTSCHEN 


MARKSCHEIDEKUNST. 


VON 


O.  BRATHUHN, 

9 


OBERBERGAMTSMARKSCHEIDER  UND  DOCENT  FUR  MARKSCHEIDEN  AN   DER 
KONIGI.ICHEN   BERGAKADEMIE  ZU   KLAU8THA.L. 


MIT  234  ABBILDUNGEN  IM  TEXT. 


LI 
VERLAG    VON.VEIT   &   COMP. 

1884. 


Das  Eecht  der  Herausgabe  von  Ubersetzungen  vorbehalten. 


Druck  von   Metzger  &  Wittig  in  Leipzig. 


Vo  r  w  o  r  t. 


iLtwa  bis  zu  Anfang  der  vierziger  Jahre  waren  die  wenigen  Apparate, 
welche  die  Markscheider  anwendeten,  so  einfacher  Natur,  daB  die  Be- 
schreibung  und  eine  Anleitung  zur  Handhabung  derselben  leicht  in  einem 
in  sich  abgeschlossenen  Buche  gegeben  werden  konnte. 

Seitdem  aber  der  Bergbau  an  Umfang  bedeutend  zugenommen  hat 
und  in  immer  groBere  Tiefen  hinabdringt,  ferner  das  Eisen  beim  Gruben- 
ausbau  und  der  Forderung  immer  mehr  Verwendung  findet,  sind  die 
Anspriiche,  welche  an  die  Leistimgen"  der  Markscheider  gestellt  werden 
miissen,  so  gestiegen,  daB  gegenwartig  ein  Markscheider  auBer  seinem 
Spezialfach  die  gesamte  niedere  Vermessungskunde  und  Geodasie  be- 
herrschen  muB. 

Ein  Buch,  welches  alles  fiir  den  Markscheider  Wissenswerte  enthalten 
sollte,  wiirde  demnach  die  genannten  Gebiete  mit  zu  umfassen  haben  und 
zu  einem  Werke  iiber  Vermessungskunde  anschwellen,  welches  nur  das 
Markscheiden  ausfiihrlicher  behandelte,  als  dies  in  den  vorhandenen  Biichern 
von  BAUERKFEIND,  HUNAUS,  HARTNER  u.  s.  w.  geschehen  ist. 

Fur  ein  solches  umfangreiches  Werk  ist  kein  Bedurfnis  vorhanden, 
wohl  aber  scheint  es  zeitgemaB  zu  sein,  das  Kapitel  der  praktischen 
Markscheidekunst  gewissermaBen  als  Erganzung  zu  den  Werken  iiber  Ver- 
messungskunde zu  behandeln  und  die  in  den  einzelnen  Biichern  und  Zeit- 
schriften  zerstreute  Litteratur  der  Markscheidekunst  in  einem  Buche  kurz 
zusammenzufassen. 

In  diesem  Sinne  ist  das  vorliegende  Werk  geschrieben  worden,  wobei 
jedoch  aus  riaheliegenden  Griinden  einzelne  Kapitel,  namentlich  iiber  das 
Luftblasenniveau  und  iiber  den  Theodolit  ausfiihrlicher  besprochen  worden 
sind,  als  ein  nacktes  Erganzungswerk  einer  Vermessungskunde  erfordern 
wiirde. 

Die  Behandlung  des  Stoffes  ist  unter  Voraussetzung  derjenigen  mathe- 
matischen  Kenntnisse  durchgefiihrt  worden,  welche  die  zur  Zeit  im 


IV  VOBWORT. 


preuBischen  Staate  giiltigen  Vorschriften  iiber  Priifung  der  Markscheider 
verlangen. 

Aus  einem  Lehrbuche  allein,  und  wenn  es  alle  Falle  erschopfend 
behandelte,  1st  das  Markscheiden  nicht  zu  erlernen.  Das  anregende  und 
erganzende  Wort  des  Lehrers  unter  Vorzeigung  der  Instrumente  muB 
hinzukoHiinen.  Namentlich  aber  wird  die  selbstandige  Anwendung  aller 
MeBinstrumente  in  den  verschiedenartigen  Grubenraumen  fiir  den  lernenden 
Markscheider  immer  das  Wichtigste  bleiben. 

Klaus  thai,  im  Juni  1884. 

Der  Verfasser. 


I  n  h  a  1 1. 


Erstes  Kapitel. 
Einige  Satze  aus  der  mathematischen  Geographic. 

Seite 
Horizont.  Zenith.  Nadir.  Aquator.  Meridian.  Kulmination.  Tagebogen  und 

Nachtbogen  (§1) 1 

Koordinatensysteme  zur  Bestimmung  der  Lage  eines  Punktes  auf  der  Himmels- 

kugel.    Hohe  und  Azimut.    Domination  und  Rektaszension  (§  2)    ......  3 

Koordinatensystem  zur  Bestimmuug  der  Lage  eines  Punktes  auf  der  Erdober- 

flache.  Geographische  Lange  und  Breite  (§§  3  u.  4) 6 

Zeiteinteilung.  Ekliptik.  Sternentag.  Sonnentag.  Mittlerer  Sonnentag.  Zeit- 

gleichung  (§5) 7 

Priizession  und  Nutation  (§6) T~'.  .....  10 

Bestimmung  des  Meridians  (§7) 11 

Meridiankonvergenz  (§8) .  .  ......  15 

Magnetnadel.  Deklination.  Variation.  Storungen  (§§  9  u.  10) 16 

Erklarung  der  der  Markscheidekunst  eigentumlichen  Ausdriicke  (§  11)  ....  19 

Zweites  Kapitel. 

Die  bei  dem  praktischen  Markscheiden  gebrauchlichen  Instrumente, 
deren  Priifung  und  Anwendung. 

Mittel  zum  Langenmessen  (§12) 21 

In  der  Grube.    Meterkette  (§12) 21 

MeBstabe  aus  Holz  und  Eisen.     Genauigkeit  der  Messungen  (§13) 22 

Das  Mefiband  aus  Stahl  (§14) 24 

Uber  Tage.    MeBstabe.    Basismessung.    MeBband  (§§  15  u.  16) 26 

Drittes  Kapitel. 
Der  GradbogeD. 

Beschreibung  und  Priifung  desselben  (§17) ,     .  28 

Die  richtige  Aufhangestelle  fur  den  Gradbogen  an  einer  gespannten  Schnur  (§18)  31 
Andere  Formen  des  Gradbogens.     Der  KisTNERSche   Gradbogen.     Der  SCHNEI- 
DER sche  Hangebogen.    Das  BoRCHERssche  Hangeniveau  (§19) 34 

Viertes  Kapitel. 
Der  KompaB. 

Geschichtliches  (§20) 36 

Die  KoinpaBbiichse.    Einteilung  des  Kompasses  (§21) 39 

Priifung  des  Kompasses.    Exzentrizitat.    Empfindlichkeit  der  Nadel  (§  22)    ...  42 

Das  Hangezeug.    Beschreibung  und  Erfordernisse  desselben  (§  23) 45 

Priifung  des  Hangezeuges  (§§  24-26) 47 

Andere  Konstruktionen  des  Hangezeuges  (§27) 53 

Der  KompaB  in  der  Zulegeplatte  (§28) 55 

SetzkompaB.    TaschenkompaB.    Steigerhangezeug  (§29) 55 

Der  KompaB  als  Feldmefiinstrument  (§30) 56 

Winkeltrommel  und  Winkelspiegel  (§31) 59 


vi  INHALT. 


Piinftes  Kapitel.  seite 
Hilfsapparate  zur  Yerwendung  des  Kompasses  in  Gegenwart 

von  Eisen. 

Allgemeine  Theorie  (§§  32  u.  33) 61 

Kreuzschniire  (§34) 62 

BRAUNSDORFsehes  Hangezeug  (§35) 63 

REicHELTSches  und  LEHMANNSches  KompaBstabchen  (§  36) 65 

PENKERTS  zentrierbarer  HangekompaB  (§37) 67 

FuHRMANNsehes  Hangezeug  (§38) 68 

SCHNEIDERS  Zwillingshangezeug  (§39) 70 

Der  KompaB  als  FeldmeBinstrument.    Verscharfte  Ablesemethode  (§  40)       ...  70 

Bestimmung  von  Normalstunden.    Genauigkeit  derartiger  Messungen  (§41)     .     .  71 

Sechstes  Kapitel. 
Das  Nivellieren  und  die  hierzu  erforderlichen  Instrumente. 

Allgemeines  (§42) 73 

Die  von  den  Markscheidern  benutzten  Konstruktionen  des  Luftblasenniveaus  (8  43)  74 
Die  einzelnen  Teile  eines  Nivelliermstrumentes.  Der  FuB.  Der  DreifuB.  Hori 

zontalstellung  mil  dessen  Hilfe  (§44) .  76 

Das  Kugelgelenk  (§45) 78 

Das  Fernrohr.  Allgemeines.  Verschiedene  Okulare  (§46) 79 

Die  Rohrenlibelle.  Anfertigiing  und  Empfindlichkeit  derselben  (§  47)  ....  82 
Priifung  und  Berichtigung  der  Nivellierinstrumente  mit  zerlegbaren  Teilen.  Prii- 

fung  der  Libelle  (§48) 84 

Das  Zusammenfallen  der  optischen  und  geometrischen  Achse  des  Fernrohrs.  Die 

senkrechte  Stellung  der  geometrischen  Achse  zur  Drehachse  ('§  49)  ....  84 

Priifung  der  Nivellierinstrumente  mit  fest  verbundenen  Teilen  (§  50)  .....  85 

Priifung  der  Instrumente  mit  Reversionslibelle  (§51) 86 

Allgemeines  iiber  Justieren  der  Nivellierinstrumente  (§52) 87 

Nivellierlatten  (§53) 87 

Grubennivellierlatten.  SCHMIDT  sche  Latte  (§  54)  .  ...  .  ...  .....  .  89 

Zielvorrichtung  von  BOUCHERS  (§  55) 90 

Methoden  des  Nivellierens  (§56) 92 

EinfluB  von  der  Kriimmung  der  Erdoberflache  und  von  der  Refraktion  ($  57)  .  93 

Nivellieren  aus  den  Endpunkten  (§  58) 93 

Zusammengesetztes  Nivellement.  Formulare.  Bezeichnung  der  einzelnen  Formular- 

spalten  (§§  59  u.  60) 94 

Aufstellung  des  Nivellierinstrumentes  in  der  Grube.  Stativ.  Arm.  KAWERAusche 

Spreize  (§61) 98 

Genauigkeit  geometrischer  Nivellements  (§  62) 100 

Bemerkungen  zum  Nivellieren  in  der  Grube  (§63) 102 

Abwagestabe.  Hangelibelle  (§64) 102 

Spiegel  ruhig  stehender  Gewasser  (§65) 104 

Apparat  von  LUIGI  AITA  (§66) 1Q4 

Das  trigonometrische  Hohenmessen  mittels  des  Seteniveaus  und  der  Latte  (§  67)  104 

mittels  des  Theodoliten  (§68) 107 

Das  mittelbare  Messen  von  Schachten  (§69) 109 

Das  unmittelbare  Messen  von  Schachten  (§70) 110 

Das  MaBgestange  von  BORCHERS  (§  71)  .  . -.-  -  •  •  •  112 

Siebentes  Kapitel. 
Der  Theodolit. 

Allgemeines  (§72) , 114 

Normaltheodolit  fiir  den  Markscheider.  Beschreibung  desselben.  Der  FuB.  Stcll- 

schrauben.  Hauptkreis  (§73) 114 

Alhidade  mit  den  Nonien.  Lupen.  Blenden  (§74) 117 

Fernrohrtrager  (§75) .  118 

Das  zentriscne  Fernrohr.  Fadenkreuz.  Vorrichtung  zum  geometrischen  Nivellieren. 

Das  exzentrische  Fernrohr  (§76) 118 

Der  Hohenkreis.  Fester  und  abnehmbarer.  Die  Reiterlibelle  (§§  77  u.  78)  .  .  120 

DerTheodolit  von  lOcmDurchmesser  und  der BREITHAUPT sche Taschentheodolit(§ 79)  122 

Priifung  und  Berichtigung  des  Theodoliten.  Priifung  der  Libelle  (§  80)  ...  123 


INHALT.  vii 


Seite 

Priifung  d.  Standes  d.  Drehachse  zur  optischen  Achse.  Das  umlegbare  Fernrohr  (§  81)  124 

Dieselbe  Priifung  bei  nicht  umlegbarem  Fernrohr  (§82) 124 

Das  Fadenkreuz  des  Tlicodolitfernrohres  (§  83) 125 

Priifung  der  richtigen  Bewegung  dcs  Okulars  im  Fernrohre  (§  84) 125 

Priifung  der  rechtwinkeligen  Stellung  der  Drehachse  des  Fernrohres  zur  Alhidaden- 

und  Lirnbusachse  (§85) 126 

Dieselbe  Prufung  fiir  Theodoliten  ohne  Keiterlibelle  (§86) 127 

Priifung  des  Honenkreises  auf  den  Indexfehler  (§87) 129 

Priifung  des  Fernrohres  beziiglich  der  Einrichtung  zuin  geometrischen  Nivelle- 

ment.  Aufsatzlibelle.  Reversionslibelle  (§88) 129 

Ubereinstimmung  derAngaben  desHohenkreises  u.  des  ho rizontalen Fernrohres  (§89)  131 

Die  Nonien>(§  90)  .  .  . 132 

Das  Messeri  von  Horizontalwiukeln  mit  dem  zentrischen  Theodoliten  (§91)  .  .  133 

Das  Repetieren  der  Winkel  (§92) 134 

Das  Messen  von  Horizontal winkeln  mit  dem  exzeiitrischen  Theodoliten  (§  93)  .  135 
Das  Messen  von  Vertikalwinkeln  mit  dem  zentrischen  und  dem  exzentrischen 

Fernrohr  (§§  94  u.  95) .136 

Das  Aufstellen  und  Zentrieren  der  Theodoliten.  UberTage.  Signale.  Heliotrop  (§96)  137 

In  der  Grube.  Fixieren  der  Winkelpunkte.  Stativ.  Arme.  Spreizen  (§  97)  .  .  139 

Zentriervorrichtung  fiir  Stative  von  CHRISMAR  (§98) 141 

Andere  Zentrierapparate  (§99) 143 

Zentriervorrichtungcn  fiir  eiserne  Arme  und  Spreizen  (§§  100  u.  101)  ....  144 
Fixieren  der  Winkelpunkte  durch  Untersatze.  WEISBACH  scher  Teller.  Zapfensignale 

(§  102) '...'.' 145 

Die  JuNGESche  Aufstellung  (§  103) 147 

Verbesserung  dieser  Aufstellung  (§  104) ji,.  ;-;*^  f .  f/  ....  149 

Der  EicHHOFF-OsTERLANDsche  Patenttheodolit  (§  105) 150 

Die  Freiberger  Aufstellung  (§  106) »-....  .  .  .  150 

Signale  in  der  Grube  fiir  horizontale  Strecken  (§  107) 152 

Signale  fiir  Messungen  in  tonnlagigen  Schichten.  Signale  von  BORCHERS  (§  108)  154 

Phototrop  von  CHOULANT  (§  109) 155 

Das  ViERTELSche  Signal  (§  110) 156 

Beurteilung  der  verschiedenen  MeBverfahren  mit  dem  Theodoliten  (§  111)  .  .  .  158 

Das  Messen  mit  dem  Theodoliten  in  tonnlagigen  Schachten  (§112) 160 

Achtes  Kapitel. 
Die  Ausfiihrung  von  Markscheiderziigen. 

Allgemeines  (§  113) .  .  163 

Das  Dreiecksnetz.  AnschluBmessungen  an  dasselbe  (§114) 164 

Wahl  des  Instrumentes  fiir  jeden  Grubenzug  (§§  115  u.  116)  .  .  .'  .  ....  166 

Vorbereitungen  zu  einem  Zuge  mit  dem  Hangezeuge  (§  117) 167 

Die  Orientierungslinie  (§  118) 168 

Beschreibung  eines  Zuges  mit  dem  Hangezeuge.  Markscheiderzeichen  (§119)  .  169 

Aufnahme  der  Grubenraume  durch  Nebenmafte  (§  120) 171 

Aufnahme  vom  Streichen  und  Fallen  der  Schichten  (§121) 172 

Das  Hangen  der  Stunde  (§  122) 173 

Grubenzug  mit  dem  Theodoliten  (§  123) 173 

Die  Markscheiderlampen  (§124) 175 

Formular  fiir  Reinschriften  der  Grubeutaschenbiicher  (§  125) 177 

Das  Berechnen  von  Sohlen  und  Seigerteufen  (§126) 179 

Das  Zulegen  mit  dem  KompaB  (§  127) 180 

Die  Fehler  der  Kompafizulage  (§  128) 182 

•Elektrische  Erscheinungen  am  KompaB  (§  129) 183 

Zulegen  mit  dem  Transporteur.  Stundenscheibe.  Voll-  u.  Halbkreistranspor teur  (§  1 30)  183 

Zulegen  mit  Zirkel  und  MaBstab.  Nach  berechneten  Tangenten  und  Sehnen  (§  131)  185 
Allgemeines  iiber  Koordinaten.  Rechtwinkelige  Koordinaten.  Ableitung  der 

Azimute.  Koordinatenumwandlung.  Polarkoordinaten  (§  132) 186 

Berechnung  von  Koordinaten  (§133) 192 

Zulege  nach  berechneten  Koordinaten  (§134) 194 

Das  Feldmessen  mit  dem  KompaB  (§135) 195 

Die  Durchschlagsziige  und  ihre  Berechnung.  Angabe  der  Durchschlagsrichtungen 

(§§  136  u.  137) * 197 


viii  INHALT. 

Neuntes  Kapitel. 

Die  Anfertigung  von  Grubenrissen.  Seite 

GrundriB,  SeigerriB,  Profile,  Plattenrisse,  Eollrisse  (§  138) 203 

Spezialrisse.     Generalrisse  etc.  (§139) 204 

Die  Fundamentalrisse  (§  140) 205 

Die  Anfertigung  des  Grubenbildes  (8  141) 206 

Anfertigung  von  Seigerrissen  und  Profilen  (§142) 208 

Das  Kopieren  der  Kisse  (§  143) .     .         .     .  209 

Zehntes  Kapitel. 
Die  Fehlerverteilungen  bei  markscheiderischen  Grubenmessungen. 

Allgemeines  (§  144) 211 

Mechanische  Ausgseichung  von  KornpaBziigen  (§  145) .     .     .  214 

Die  Ausgleichuug  durch  Reclaming    eines  einzelnen   oftenen  Polygonzuges   nach 

GAUSS.    Erstes  Verfahren  (§  146) 216 

Zweites,  drittes  und  viertes  Verfahren  (§  147) 218 

Fiinftes  und  sechstes  Verfahren  (§  148) .     .  219 

Siebentes,  achtes  und  neuntes  Verfahren  (§  149) 221 

Ausgleichung  im  geschlossenen  Polygon  nach  GAUSS  (§  150)  .     . 222 

Dasselbe  nach  dem  Verfahren  von  v.  MILLER-HAUENFELS  (§  151) 225 

Ausgleichung  eines  Grubenzuges,  der  mehrere  geschlossene  Polygone  enthalt,  nach 

GAUSS  (§  152) 227 

Dasselbe  nach  dem  Verfahren  von  v.  MILLER-HAUENFELS  (§  153) 232 

Elftes  Kapitel. 
Die  Anschluli-  und  Orientierungsmessungen. 

Literatur  (§  154)  .  , 236 

Allgemeines.  Erster  Fall  (§  155) 237 

Verbindung  von  Gruben-  und  Tagezug  durch  zwei  Schachte  (§156) 237 

Das  Hangen  und  Anvisieren  von  Loten  (§  157) 239 

Das  SCHMIDT  sche  Verfahren  (§  158) 241 

Verbindung  durch  zwei  tonnlagige  Schachte  (§  159) 243 

Messung  eines  tonnlagigen  Schachtes  mittels  des  Kompasses  (§160) 243 

Die  Verbindung  durch  einen  seigeren  Schacht.  Methode  durch  Lotung.  An- 

schluBdreieck  (§  161) 244 

Doppeltes  AnschluBdreieck  (§162) 247 

Resultate  solcher  Messungen  (§  163) 248 

Anderweitige  Lotmethoden.  Das  Lotungsinstruinent  von  NAGEL.  Besehreibung 

und  Anwendung  (§  164) , 249 

Die  Orientierung  mittels  des  Magneten.  Allgemeines  (§  165) 253 

Die  Deklinatorien  (§  166)  .  .  . 255 

Der  Magnetstab  mit  Skala  und  Linse  (§§  167  u.  168) 255 

Der  Magnetstab  mit  Spiegel  (§  169) 260 

Der  Magnettheodolit  (§  170) 263 

Das  Messen  eines  Streichwinkels  mittels  des  Magnettheodoliten  (§  171)  .  .  .  .  263 

Das  transportable  Magnetometer  nach  BOUCHERS  (§172) 266 

Das  Messen  eines  Streichwinkels.  Erste  Methode.  Zahlenbeispiel  (§  173)  .  .  .  268 

Zweite  Methode.  Zahlenbeispiel  (§174) ....  274 

Allgemeines  iiber  das  transportable  Magnetometer  (§  175) 277 

Parallelitat  der  Magnetlinien  (§176) ,  .  278 

Die  Verbindung  ist  nur  durch  einen  tonnlagigen  Schacht  im  maguetischen  Ge- 

birge  gegeben  (§  177) .  279 

Zwolftes  Kapitel. 

Anwendung  eines  kraftigen  Magneten  zur  Ermittelung  der 
Durchschlagsrichtung  zweier  Oegenorter. 

Die  hierzu  erforderlichen  Instrumente  (§  178) 279 

Beschreibung  des  Verfahrens  (§§  179,  180  u.  181) 281 

Sachregister 286 

Berichtigungen 288 


UNIVERSITY 
^IFORj^ 

Einleitung. 


Die  Markscheidekunst  ist  ein  Teil  der  allgemeinen  Yermessungskunde 
und  beschaftigt  sich  mit  der  Ausmessung  und  der  riBlichen  Darstellung 
der  unterirdischen  Grubenraume. 

Der  Name  kommt  her  von  ,,Mark"  =  Grenze  und  ,,scheiden"  =  fest- 
stellen  und  bestimmen  des  Scheidenden,  d.  h.  hier  der  scheidenden  Grenze. 
Die  Grenzebene  zweier  aneinanderstoBenden  Grubenf elder  heifit  Mark- 
scheide.  Diese  iiber  Tage  durch  Lochsteine  bezeichneten  Grenzen  auch 
in  der  Grube  festzustellen  war  in  den  Anfangen  des  Bergbaues  bei  den 
clamals  sehr  kleinen  Grubenf eldern  eine  wichtige  und  haufig  vorkommende 
Arbeit  des  danach  benannten  Markscheiders. 

Man  spricht  von  alterer  und  neuerer  Markscheidekunst  und  versteht 
unter  der  alteren  die  ausschlieBliche  Anwendung  von  KompaB  und  Grad- 
bogen  und  unter  der  neuen  die  Benutzung  von  Luftblasenniveau  und 
Theodolit.  Die  Unterscheidting  hat  jetzt  keinen  Sinn  mehr,  da  der  Mark- 
scheider  sowohl  die  alteren  als  auch  die  neueren  MeBwerkzeuge  besitzen 
und  je  nach  den  vorliegenden  Yerhaltnissen  die  einen  oder  die  anderen 
anwenden  wird. 


Erstes  Kapitel. 
Einige  Satze  aus  der  mathematischen  Geographie. 

Der  Erdkorper  kann  fur  die  meisten  Zwecke  der   Markscheidekunst    §  1, 
als  vollkommene  Kugel   betrachtet   werden.     Bei   geodatischen  Arbeiten 
allein  ist  die  spharoidische  Gestalt  zu  beriicksichtigen. 

Der  Himmel  erscheint  uns  wie  eine  ungeheure  Hohlkugel,  in  der  en 
Mitte  sich  die  Erde  befindet. 

Von  der  Himmelshohlkugel  iibersehen  wir  nur  eine  Halfte  auf  ein- 
mal,  und  diejenige  Ebene,  welche  die  sichtbare  Halfte  von  der  unsicht- 
baren  scheidet,  heiBt  der  wahre  Horizon t. 

BBATHUHM-,  Markscheidekunst.  1 


EESTES  KAPITEL. 


Die  Ebene  des  Horizontes  geht  durch  den  Mittelpunkt  der  Erde  und 
1st  parallel  der  Tangentialebene  im  Standpunkte  des  Beobachters.    Letztere 

Ebene  nennt  man  den 
scheinbaren  oder  fal- 
schen  Horizon t.  Beide 
Horizonte  haben  den  Ab- 
stand  eines  Erdhalbmes- 
sers.  Bei  den  ungeheuren 
Entfernungen  der  Him- 
melskorper  1st  dieser  Ab- 
stand  aber  so  verschwin- 
dend  klein,  da8  man  bei  den 
folgenden  astronomischen 
Betrachtungen  die  beiden 
Ebenen  als  zusammen- 
fallend  annehmen  kann. 

In  Fig.  1  sei  SZNZ' 
das  Himmelsgewolbe  und 
M  der  Standpunkt  auf  der 
als  Punkt  erscheinenden 
Erde.  Die  schraffierte 
Ebene  ist  der  Horizont. 

Verlangert  man  ein  in  M 
auf  $J\rerrichtetes  Perpen- 
dikel  nach  beidenSeiten,  so 
wird  das  Himmelsgewolbe 
in  Z  und  Z'  getroffen. 

Den  Punkt  Z  nennen 
wir  den  Scheitelpunkt  oder 
das  Zenith  und  den  Punkt 
Z'  den  FuBpunkt  oder  das 
Nadir. 

Die  Sterne,  mit  Aus- 
nahme  der  wenigen  Pla- 
neten  und  Kometen,  haben 
zwar  eine  unveranderliche 
Stellung  gegeneinander, 
scheinen  sich  aber  samt- 
lich  um  eine  feste  Achse 
in  konzentrischen  Kreisen 


Fig.  1.     Horizont. 


Fig.  2.     Weltachse. 


zu    drehen,    welche    den 
Namen  Weltachse  fiihrt. 
Die  Punkte  P  und  P7,  Fig.  2,  in  welchen  die  Weltachse  das  Himmels- 
gewolbe trifft,  sind  die  Pole  des  Himmels. 


^tS.      f     A  V^ 

EINIGE  SATZE  AUS  DER  MATHEMATISCHEN  GE^^ifetal.  3 

Die  Weltachse  macht  mit  dem  Horizont  je  nach  dem  Standpunkt  des 
Beobachters  auf  der  Erde  einen  verschiedenen  Winkel. 

Am  Aquator  ist  dieser  WTinkel  gleich  Null  und  wachst  nach  den  Polen  zu. 

Der  Winkel  heiBt  die  Polhohe  des  Ortes. 

Eine  rechtwinkelig  auf  die  Weltachse  im  Erdmittelpunkte-  M  gelegte 
Ebene  AOBW  ist  der  Himmelsaquator,  mit  welchem  Namen  nicht 
bloB  die  Ebene,  sondern  die  Kreislinie  bezeichnet  wird,  in  welcher  die 
Aquatorebene  das  Himmelsgewolbe  schneidet.  Der  Aquator  teilt  die 
Himmelskugel  in  eine  nordliche  und  eine  siidliche  Hemisphere. 

Denkt  man  sich  durch  den  Nordpol,  durch  das  Zenith  und  den  Stand- 
punkt M  eine  Ebene  gelegt,  so  ist  dies  die  Meridianebene.  Die  Linie  S MN, 
in  welcher  diese  Ebene  den  Horizont  schneidet,  ist  die  Meridianlinie  und 
der  groBte  Kreis  PNBP'SA  der  Meridiankreis. 

Der  Meridian  oder  die  Mittagslinie  trifft  das  Himmelsgewolbe  in 
N,  dem  Nord-  und  in  S,  dem  Siidpunkte.  0  und  W  sind  der  Ost-  und 
Westpunkt  des  Himmels. 

Die  scheinbare  Drehung  der  Himmelskugel  findet  in  der  Kichtung  von 
Osten  nach  Westen  statt.  Die  Gestirne  steigen  auf  der  Ostseite  auf,  erreichen 
im  Meridian  ihre  hochste  Stellung  und  gehen  auf  der  Westseite  wieder  nieder. 

Steht  ein  Stern  gerade  im  Meridian  des  Standpunktes ,  so  sagt  man, 
er  kulminiert  und  zwar  hat  jeder  Stern  zwei:  eine  obere  und  eine  untere 
Kulmination. 

Solche  Sterne,  die  so  nahe  bei  dem  Pole  stehen,  daB  sie  fiir  einen 
bestimmten  Beobachtungsort  nicht  mehr  untergehen,  heiBen  Circum- 
polarsterne. 

Yon   diesen  sind   beide  Kulminationen  sichtbar,   die   iibrigen  Sterne 
beschreiben  Bahnen,  von  denen  ein  Teil  liber, 
ein  Teil  unter  dem  Horizonte  liegt.  Trolarsterri 

Der  erstere  heiBt  der  Tagebogen,  der 
andere  der  Nachtbogen. 

Pur  die  Sterne,  welche  auf  dem  Himmels- 
aquator liegen,  ist  der  Tagebogen  dem  Nachtbogen 
gleich,  fur  die  nordlich  vom  Aquator  stehenden 
Sterne  ist  in  unseren  Breiten  der  Tagebogen  und 
fiir  die  siidlich  vom  Aquator  stehenden  der  Nacht- 
bogen der  groBte. 


Grosser  Heir 

Um  sich  am  gestirnten  Himmel  zu  onentieren, 
geht  man  gewohnlich  vom  Sternbilde  des  groBen        Fig.  3    Orientierung  am 

0  ~          .  gestirnten  Jtiimmel. 

Baren  aus  (Fig.  3).    Yerlangert  man  namlich  die 


Yerbindungslinie  der  Sterne  a  und  /9  um  das  5l/8&clie,  so  trifft  sie  nahezu 
den  ersten  Stern  im  Schwanze  des  kleinen  Baren,  welcher  jetzt  der  nachste 
helle  Stern  in  der  Nahe  des  Nordpoles  ist.  Er  heiBt  der  Polarstern. 


ERSTES  KAPITEL. 


Uin    die   Stellung   eines   Gestirnes   am   Himmel   mit    mathematischer 
Genauigkeit  anzugeben,  bedarf  man  eines  passend  gewahlten  Koordinaten- 
systems  aus  groBten  Kreisen  der  Hirnmelskugel. 
Zwei  Systeme  sind  vorwiegend  im  Gebrauch. 

I.  Ho  he  und  Azimut.  —  Denkt  man  sich  in  Fig.  4,  in  welcher  die  bis- 
herigen  Bezeichnungen  beibehalten  worden  sind,  durch  M,  Z  und  den  Stern  E 
eine  Ebene  gelegt,  so  entsteht  ein  groBter  Kreis,  welcher  rechtwinkelig  auf 
dem  Horizonte  steht  und  Ho  hen-  oder  Vertikalkreis  genannt  wird. 

Der  Bogen  EH  heifit  die  Ho  he  des  Sternes,  der  Bogen  EZ  die 
Zenithdistanz  des  Sternes. 

Hohe  und  Zenithdistanz  erganzen  sich  zu  90  Grad. 

Der  Bogen  NH  vom 
Nordpunkte  desHorizontes 
bis  zum  Punkte  ff,  wo 
der  Hohenkreis  des  Ster- 
nes E  den  Horizont  trifft, 
heifit  das  Azimut  des 
Sternes. 

Anm.  Die  Astronomen 
zahlen  das  Azimut  vom  Siid- 
punkte  aus  iiber  West.  In  der 
Vermessungskunde  zahlt  man 
die  Azimute  von  Nord  iiber 
Ost,  Slid  und  West  bis  360  Grad. 
Durch  Hohe  und  Azi- 
mut eines  Sternes  ist  die 
Stellung  desselben  aber  nur 
fur  einen  Zeitmoment  ge- 
gebeii,  da  infolge  der 
scheinbaren  taglichen  Be- 
wregung  des  Himmelsge- 


Fig.  4.     Hohe  und  Azimut. 


wolbes.sich  sowohl  die  Hohe  als  auch  das  Azimut  eines  Gestirnes  jeden 
Augenblick  andert. 

II.  Deklination,  Rektaszension  und  Stundenwinkel.  -  -  Alle 
durch  die  Weltachse  gelegten  groBten  Kreise  heiBen  Deklinations-  oder 
Stundenkreise  und  stehen  senkrecht  auf  dem  Aquator. 

Legt  man  durch  den  Stern  E  (Fig.  5)  einen  solchen  Kreis,  so  nennt 
man  den  Bogen  EC  die  Deklination  oder  Abweichung  des  Sternes. 

Die  Deklination  ist  eine  nordliche  oder  siidliche,  je  nachdem  der 
Stern  auf  der  nordlichen  oder  sudlichen  Hemisphare  liegt. 

Der  Bogen  PE  heiBt  die  Poldistanz  des  Sternes  E. 

Poldistanz  und  Deklination  erganzen  sich  zn  90  Grad. 

Der  spharische  Winkel  EPN,  welchen  der  Deklinationskreis  mit  dem 
Meridian  macht,  wird  der  Stundenwinkel  des  Sternes  E  genannt. 

Der   Stundenwinkel   wird    durch   den  Bogen   £C  auf  dem   Aquator 


EINIGE  SATZE  AUS  DER  MATHEMATISCHEN  GEOGEAPHIE.  5 

gemessen  und  giebt  in  ZeitmaB  verwandelt  an,  wie  viel  Zeit  seit  der  letzten 
Kulmination  des  Sternes  E  verflossen  1st.    (15  Grad  =  1  Stunde.) 

Durch  Deklination  und  Stundenwinkel  ist  die  Lage  eines  Gestirnes 
am  Himmel  auch  nur  fiir  einen  Moment  bestimmt,  da  zwar  die  Deklination 
eine  konstante  GroBe  ist,  der  Stundenwinkel  sich  aber  fortwahrend  andert. 

Zur  Vermeidung  dieses  Ubelstandes  hat  man  zuin  Anfangspunkt  der 
Zahlung  auf  dem  Aquator  einen  bestimmten  Punkt,  den  Friihlingspunkt, 
gewahlt. 

In  diesem  Punkte,  der  iibrigens  durch  keinen  Stern  bezeichnet  ist, 
schneidet  die  Sonnenbahn  im  Marz  den  Aquator. 

Der  in  der  Richtung  von 
Siid  nach  Ost  u.  s.  w.  auf 
d  em  Aquator  gezahlte  Win- 
kel  vom  Friihlingspunkte 
bis  zu  dem  Punkte,  in  wel- 
chem  der  Stundenkreis 
eines  Sternes  den  Aquator 
trifft,  wird  die  gerade 
Aufsteigung  oder  Rek- 
taszension  genannt. 

Durch  Deklination 
und  Rektaszension  ist 
die  Stelle  eines  Sternes 
am  Himmel  vollkommen 
bestimmt,  wenn  dieselben 
auch  bei  samtlichen  Ster- 
nen  einer  bekannten  regel- 
maBigen  Anderung  unter- 
worfen  sind  (siehe  §  6). 


Fig.  5.    Deklination,  Rektaszension  und  Stundenwinkel. 


Die  mathematische  Figur  der  Erde  ist  ein  Rotationsellipsoid,  dessen  §  3, 
kleine  Achse  die  Rotationsachse  der  Erde  ist  und  dessen  grofie  Achse 
der  Durchmesser  des  Aquatorkreises  ist.  Nach  BESSEL  ist  die  groBe  Achse 
=  6377397  m  (log  =  6,8046435),  die  kleine  Achse  =  6356079  m  (log. 
=  6,8031893).  Unter  der  mathematischen  Oberflache  der  Erde  versteht 
man  diejenige,  welche  der  Oberflache  des  im  Gleichgewichte  befindlichen 
Meeres  moglichst  nahe  kommt. 

Wird  eine  Meridianebene  durch  die  Erdachse  gelegt,  so  entsteht  auf 
der  Oberflache  der  Erde  eine  Ellipse,  wahrend  eine  senkrecht  zur  Achse 
gelegte  Ebene  einen  vollkommenen  Kreis  erzeugt. 

Die  Lage  eines  Ortes  auf  der  Erdoberflache  wird  durch  die  geogra- 
phische  Lange  und  Breite  bestimmt. 

Die  geographische  Breite  eines  Ortes  C  (Fig.  6)  ist  der  auf  seinem 
Meridian  gemessene  Bogen  CB  von  dem  Orte  bis  zum  Erdaquator.  Man 


6 


EESTES  KAPITEL. 


Fig.  6.    Geographische  Lange  und 
Breite. 


unterscheidet  siidliche  und  nordliche  Breite,  je  nachdem  der  Ort  auf  der 
nordlichen  oder  siidlichen  Halbkugel  liegt. 

Die  geographische  Lange  eines 
Ortes  C  ist  der  auf  dem  Aquator  gezahlte 
Winkel  oder  Bogen  AH,  welcher  zwischen 
dem  Meridian  des  Ortes  und  irgend 
einem  bestimmten  als  Ausgangspunkt 
der  Zahlung  gewahlten  Meridian  liegt, 

Man  zahlt  entweder  von  diesem  Meri- 
dian in  einer  Richtung  bis  360  Grad 
oder  nach  beiden  Seiten  bis  180  Grad 
und  unterscheidet  ostliche  und  westliche 
Lange. 

Der  Ausgangspunkt  der  Zahlung  ist 
vielfach  der  Meridian,  welcher  nach  der 
Insel  Ferro   benannt   ist  und  die  Erde 
in  eine  ostliche  und  eine  westliche  Halb- 
kugel teilt.     Die  Englander  zahlen  von  dem  Meridian  von  Greenwich,  die 
Franzosen  vom  Pariser  Meridian  ab.    In  der  neuesten  Zeit  werden  Bestre- 
bungen  rege,  einen  einheitlichen  internationalen  Anfangsmeridian  einzufiihren. 

§  4.          Bestimmnng  der  geographischen  Breite  und  Lange  eines  Ortes.  — 

Die  geographische  Breite  eines 
Ortes  ist  gleich  seiner  Polhohe. 

Durch  den  Standpunkt  C  auf  dem 
Erdspharoid  sei  eine  Tangentialebene 
CK  gelegt.  Errichtet  man  auf  der- 
selben  das  Perpendikel  CD,  so  ist  dies 
die  Lotlinie,  welche  den  Aquator  nicht 
im  Erdmittelpunkte,  sondern  im  Punkte 
F  schneidet.  Der  Winkel  CFA  ist  die 
geographische  Breite  =  a. 

Richtet  man  im  Standpunkte  C  em 
mit  einem  Hohenkreis  versehenes  Fern- 
rohr  auf  den  Himmelspol,  so  wird  das- 
selbe  wegen  der  unendlichen  Entfernung 
des  Poles  mit  der  Erdachse  parallel 
laufen  und  den  Winkel  ECK  messen, 
welcher  gleich  der  Polhohe  ist.  Der- 
selbe  ist  aber,  da  die  Schenkel  beider 
Fig.  7.  ctestait  der  Erde  und  Bestimmung  genkrechtaufeyianderstehen,  gleich  dem 

der  geographischen  Breite.  .     1  .      '  ° 

Winkel  a,  der  geographischen  Breite. 

Verbindet  man  C  mit  dem  Mittelpunkte  M  der  Erde,  so   neimt  man 
die   Lim'e    CM  den    geocentrischen   Radius    und    den   Winkel    CM  A   die 


EINIGE  SATZE  AUS  DEE  MATHEMATISCHEN  GEOGRAPHIE.  7 

geocentrische  Breite.     Der  Winkel  A  MJ,  dessen  Konstruktion  aus  Figur  7 
zu  ersehen  1st,  nermt  man  die  reduzierte  Breite. 

Aus  dem  geocentrischen  Radius  und  der  geocentrischen  Breite  be- 
rechnet  sich  der  Radius  der  Parallelkreise.  Fur  die  Bestimmung  der 
elliptischen  Bogen  auf  der  Erdoberflache  sind  ferner  die  Krummungsradien 
zu  berechnen,  d.  h.  die  Radien  derjenigen  Kreise,  welche  in  bestimmten 
Punkten  des  elliptischen  Bogen  diesem  am  nachsten  kommen. 

Hieriiber  siehe  GAUSS,  Trigonom.  und  polygonom.  Rechnungen.  Zweiter 
Teil.  Seite  33,  sowie  die  dortigen  Tafeln  der  Erddimensionen. 

Der  Himmelspol  ist  nicht  durch  einen  Stern  bezeichnet.  Man  hilft 
sich  dadurch,  daB  man  einen  Circumpolar stern  in  seiner  oberen  und  in 
seiner  unteren  Kulmination  8  und  8'  anvisiert  und  aus  beiden  Hohen- 
winkeln  8MN  und  8'  MN  das  Mittel  PMN  nimmt  (Fig.  8). 

Die  Bestimmung  der 
geographischen  Lange 
erfolgt  durch  Bestimmung 
des  Zeitraumes,  um  welchen 
die  Kulmination  eines  und  des- 
selben  Sternes  an  dem  einen 
Orte  spater  eintritt,  als  aman- 
deren.  Diesen  Zeitunterschied 
hat  man  in  BogenmaB  zu  ver- 


wandeln  (360  Grad  =  24  Stun- 
den,  1  Stunde  =15  Grad). 

Das  Messen  der  Zeit 
geschieht  durch  gute  Uhren: 
Chronometer  oder  registrierende  Uhren  mit  Benutzung  eines  Telegraphen. 

Unter  der  spharischen  Entfernung  zweier  Orte  auf  der  Erde  ver- 
steht  man  die  in  Graden  oder  LangenmaB  ausgedriickte  Lange  des  Bogens 
eines  groBten  Kreises,  welcher  durch  diese  beiden  Punkte  gelegt  ist. 

Die  spharische  Entfernung  laBt  sich  aus  den  gegebenen  geographischen 
Langen  und  Breiten  der  beiden  Orter  berechnen. 

Streng  genommen  gehb'rt  der  Bogen,  welcher  die  beiden  Orte  ver- 
bindet,  nicht  einem  Kreise,  sondern  einer  Ellipse  an,  was  bei  genauen 
Berechnungen  zu  beriicksichtigen  ist.  Siehe  GAUSS  Seite  323. 


Pol 


Fig.  8.     Bestimmung  der  Polhohe. 


Die  Zeiteinteilung.  —  Die  Erde  dreht  sich  in  bestimmten  Zeitraumen    §  5, 
einmal  um  die   eigene  Achse  und  vollendet  ebenfalls  in  einem  groBeren 
Zeitabschnitte  einen  Umlauf  um  die  Sonne. 

Bei  dem  Umlauf  um  die  Sonne  bewegt  sich  die  Erdachse  derartig, 
daB  der  Neigungswinkel  derselben  gegen  die  Bahnebene  von  rund  66°  32' 
im  wesentlichen  unverandert  bleibt. 


8 


EESTES  KAPITJEL. 


Infolge  dieser  Neigung  der  Erdachse  verandert  die  Sonne  ihre  Stellung 
fortwahrend.  arn  Himmel.  Am  21.  Marz  steht  sie  im  Aquator,  darauf  wird 
ihre  Deklination  eine  nordliche,  die  am  22.  Juni  ihr  Maximum  erreicht. 
Im  weiteren  Verlaufe  nimmt  die  Deklination  ab  imd  am  22.  September 
steht  die  Sonne  wieder  im  Aquator,  um  auf  die  siidliche  Halbkugel  iiber- 
zutreten.  Am  22.  Dezember  erreicht  die  Sonne  die  groBte  siidliche 
Deklination  und  nahert  sich  von  nun  an  wieder  dem  Aquator. 

Alle  diese  Punkte  liegen  in  einem  grb'Bten  Kreise,  die  Ekliptik  ge- 
nannt,  deren  Ebene  mit  dem  Aquator  einen  Winkel  von  23°  28'  macht. 
Dieser  Winkel  heiBt  die  Schiefe  der  Ekliptik. 

Die  Punkte,  in  welchem  die  Sonne  ihre  groBte  Deklination  erreicht, 
heifien  die  Punkte  der  Sonnenwende  oder  Solstitialpunkte  (Sommer- 
solstitium  und  Wintersolstitium).  Die  Punkte,  in  welchem  die  Sonne  den 
Aquator  durchschneidet,  heifien  Aquinoktialpunkte  (Friihlings-  und  Herbst- 
aquinoktium). 


Fig.  9.     Ekliptik. 

Die  Ekliptik  kann  zur  Ortsbestimmung  auf  der  Himmelskugel  ebenso 
dienen  wie  der  Himmelsaquator.  Denkt  man  sich  durch  irgend  einen 
Stern  und  den  Pol  der  Ekliptik  einen  grb'Bten  Kreis  gelegt,  so  heiBt  das 
Bogenstiick  zwischen  dem  Stern  und  der  Ekliptik  die  Breite,  und  der 
auf  der  Ekliptik  vom  Friihlingspunkte  an  nach  Osten  bis  zu  dem  Punkte, 
in  welchem  der  durch  den  Stern  und  den  Pol  der  Ekliptik  gelegte  groBte 
Kreis  die  Ekliptik  schneidet,  gezahlte  Bogen  die  Lange  des  Sternes. 

Da  sich  die  Sonne  auf  der  Ekliptik  nach  Osten  hin  fortbewegt,  so 
nimmt  ihre  Lange  von  Tag  zu  Tag  zu ,  bis  sie  zur  Zeit  des  Fruhlings- 
aquinoktiums  wieder  in  dem  Punkte  anlangt,  von  welchem  aus  die  Lange 
gezahlt  wird,  namlich  im  Friihlingspunkte. 

Denkt  man  sich  den  Aquator  mit  der  Ekliptik  von  der  Kugel  ab- 
gewickelt  und  auf  eine  Ebene  projiziert,  so  entsteht  die  Figur  9. 

In  dem  schraffierten  spharischen  Dreiecke  A*BE  1st  AB  gleich  der 
Lange  (x\  BE  gleich  der  dieser  Lange  entsprechenden  Deklination  der 
Sonne  (y)  und  der  Winkel  A  ist  gleich  der  Schiefe  der  Ekliptik. 


EINIGE  SATZE  AUS  DER  MATHEMATISCHEN  GEOGRAPHIE.  9 

Es  ist  sin  y  =  sin  or.  sin  23°  28'. 

1st  x  =  0  oder  360°  so  ist  y  —  0,                die  Sonne  steht  im  Fruhlingspunkte. 

„    x  =  90°                   „     „   y  =  +  23°  28',   „  „           „       „  Sommersolslitialpunkte. 

„    x  =  180°                 „     „   y  =  0,                  „  „           „       „  Herbstpunkte. 

„    x  =  270°                 „     „   y  =  —  23°  28',   „  „           „       „  Wintersolstitialpunkte. 

Die  Zeit,  welche  die  Sonne  braucht,  urn  die  ganze  Ekliptik  zu  durch- 
laufen,  nennen  wir  das  Jahr.  Das  Jahr  hat  365  Tage,  auf  diese  365  Tage 
kommen  aber  366  Sternentage,  da  die  Sonne  wahrend  dieser  Zeit  gerade 
einmal  in  entgegengesetzter  Richtung  um  den  Himmel  gegangen  ist. 

on/> 

Das  Verhaltnis  des  Sonnentages  zum  Sternentage  ist  also  -^=  —  1,00274. 

ooO 

Wahrend  nun  ein  Sterntag  dem  anderen  vollkommen  gleich  ist,  haben 
die  Sonnentage  keineswegs  eine  gleiche  Dauer.  Wenn  namlich  alle  Sonnen- 
tage  gleich  sein  sollten,  so  miiBte  die  Anderung  in  der  Rektaszension  der 
Sonne  von  einem  Tage  zum  andern  das  ganze  Jahr  hindurch  vollkommen 
gleich  bleiben. 

Dies  ist  aber  nicht  der  Fall  und  zwar  wirken  hier  zwei  Ursachen 
zusammen. 

1.  Die  Ekliptik  liegt  nicht  mit  dem  Himmelsaquator  parallel. 
Auch  bei  gleichformiger  Geschwindigkeit  der  Sonne  wiirde  demselben 

Wegstiicke   nicht   an  alien   Punkten    der  Ekliptik   eine  gleiche  Anderung 
der  Rektaszension  entsprechen. 

Wahrend  zur  Zeit  der  Sonnenwende,  wo  die  Ekliptik  fast  mit  dem 
Aquator  parallel  lauft  (siehe  Figur  9),  ein  von  der  Sonne  durchlaufenes 
Wegstiick  der  Anderung  in  der  Rektaszension  fast  gleich  ist,  wird  diese 
Anderung  viel  geringer  sein  zur  Zeit  der  Aquinoktien,  wo  die  Sonnenbahn 
einen  Winkel  von  23°  28 '  mit  dem  Aquator  bildet. 

2.  Die  Sonne  bewegt  sich  auch   in  der  Ekliptik  nicht   mit 
gleichformiger    Geschwindigkeit,     sie    schreitet    zur    Zeit    unseres 
Winters  schneller  fort  als  wahrend  des  Sommers.    Vom  21.  Marz  bis  zum 
22.  September  sind  186  Tage,  vom  22.  September  bis  21.  Marz  nur  179  Tage. 

Da  im  biirgerlichen  Leben  sich  alle  Zeiteinteilung  nach  der  Sonne 
richten  muB,  aber  Uhren,  welche  genau  die  unregelmaBige  Dauer  der 
Sonnentage  richtig  angeben,  nicht  herstellbar  sind,  so  hat  man  sich  so 
geholfen,  daB  man  einen  mit  tier  en  Sonnentag  von  stets  gleichbleibender 
Lange  eingefiihrt  hat.  Denkt  man  sich  die  Dauer  eines  gewb'hnlichen 
Jahres  von  365  Tagen  in  365  vollkommen  gleiche  Teile  geteilt,  so  ist  ein 
solcher  Teil  der  mittlere  Sonnentag. 

Die  wahren  Sonnentage  sind  nun  bald  etwas  langer,  bald  etwas  kiirzer 
'als  der  mittlere,  der  wahre  Mittag  ist  also  bald  etwas  vor  dem  mittleren 
voraus,  bald  bleibt  er  gegen  denselben  zuriick.  Im  Februar  fallt  der  wahre 
Mittag  rund  15  Minuten  nach  dem  mittleren  und  im  November  16  Minuten 
friiher;  zur  Zeit  der  Sonnenwenden  stimmen  mittlere  und  wahre  Zeit  iiber- 
ein.  Der  Zeitunterschied  zwischen  dem  mittleren  und  wahren  Mittag  wird 
die  Zeitgleichung  genannt. 


10 


EESTES  KAPITEL. 


Eine  Zeitbestimmung  heiBt  nichts  welter,  als  den  Gang  einer  Uhr 
durch  astronomische  Beobachtungen  zu  kontrollieren. 

Man  beobachtet  zu  diesem  Zwecke  die  Kulniination  der  Sonne  und 
vergleicht,  ob  der  wahre  Mittag  in  richtigem,  der  Zeitgleichung  entsprechenden 
Abstande  von  dem  mittleren  Mittag,  den  die  Uhr  anzeigen  soil,  eintritt. 

Die  Kulmination  der  Sonne  kann  man  durch  ein  im  Meridian  auf- 
gestelltes  Fernrohr  beobachten  oder,  was  fiir  markscheiderische  Zwecke 
geniigt,  mittels  eines  in  einer  Zimmerwand  angebrachten  Gnomons.  Der 
Meridian  wird  dann  durch  einen  weiBen  Zwirnsfaden  bezeichnet,  welcher 
in  zweckmaBiger  Weise  auf  dem  Boden  des  Zimmers  ausgespannt  1st. 

Prazession  und  Nutation.  Bis  jetzt  haben  wir  den  Himmelspol  als  einen 
festen  unverriickbaren  Punkt  angenommen,  was  er  in  der  That  nicht  ist. 

In  Fig.  10  sei  FH  die 
Ekliptik,  E  der  Pol  der- 
selben  und  A  B  der  Aquator 
mit  seinem  Pol  P.  Wah- 
rend  nun  die  Schiefe  der 
Ekliptik  im  wesentlichen 
unverandert  bleibt,  bewegt 
sich  die  Erdachse  derartig, 
daB  der  Pol  P  einen  Kreis 
Pvsr  um  den  Pol  E  der 
Ekliptik  als  Mittelpunkt 
und  die  Achse  selbst  einen 
Kegelmantel  beschreibt. 

Durch  diese  Bewegung 
der  Erdachse  wird  die  Lage 
der   Schnittlinie    CD    der 
Ekliptik    und    des    Aqua- 
Fig.  10.    Prazession  des  Fruhiingspunktes.  tors  fortwahrend  verandert 

und     der    Friihlingspunkt 
schreitet  dadurch  auf  der  Ekliptik  vor  (jahrlich  50"). 

Man  nennt  dieses  Vorschreiten  die  Prazession  des  Fruhiingspunktes. 
Der  Pol  P  durchlauft  in  einem  Zeitraume  von  ca.  26000  Jahren  einrnal 
einen  Vollkreis. 

Auf  die  GroBen  der  Eektaszension  und  der  Deklination  wirkt  die 
Prazession  regelmaBig  andernd  ein. 

Die  Nutation.  Der  Yerlauf  der  Prazession  ist  nicht  ganz  gleich- 
maBig,  da  der  Pol  sich  nicht  in  einem  mathematischen  Kreise,  sondern  in 
einer  wellenformigen  Kurve  bewegt. 

Man  erklart  sich  die  Art  der  Bewegung  dadfurch,  daB  man  annimmt. 
der  Pol  bewege  sich  auf  einer  kleinen  Ellipse,  deren  Mittelpunkt  sich  mit 
gleichformiger  Geschwindigkeit  um  den  Pol  E  im  Kreise  dreht  (Fig.  11). 


EINIGE  SATZE  AUS  DER  MATHEMATISCHEN  GEOGRAPHIE. 


11 


Die  groBe  Achse  dieser  kleinen  Ellipse  betragt  9,6"  und  die  kleine  8".    Mit 
dieser   Bewegung   ist    eine    geringe    wiederkehrende   Veranderung   in   der 
Neigung    der   Erdachse    verbunden;    man 
nennt   diesen    Vorgang    deshalb    Nutation 
der  Erdachse. 

Die  Neigung  der  Erdachse  unterliegt 
noch  einer  sakularen  Veranderung ,  deren 
Natur  noch  nicht  hinreichend  ergriindet  ist. 


Fig.  11.     Nutation  der  Erdachse. 


Bestimnrnng  des  Meridians.  -     Das 

alteste,  schon  im  Altertume  hierzu  ange- 
wandte  Mittel  ist  der  Gnomon. 

Stellt  man  in  den  Mittelpunkt  einer 
Anzahl  konzentrischer  Kreise  einen  senk- 
rechten  spitzen  Stab,  so  wird  bei  Sonnen- 
schein  derselbe  einen  Schatten  werfen  und  die  Spitze  des  Schattens  vom 
Vormittag  bis  Abend  die  konzentrischen  Kreise  in  den  Punkten  «,  b,  c,  d, 
d',  c,  b',  d  treffen  (Fig.  12). 

Halbiert  man  die  Bogen  aa,  bb' ,  cc,  dd'  und  verbindet  die  Halbierungs- 
punkte  mit  dem  Mittelpunkte  der  Kreise,  so  erhalt  man  den  Meridian. 


§7. 


Fig.  12. 


Gnomon. 


Fig.  13. 


Eine  Verbesserung  des  Gnomons  wird  erreicht,  wenn  man  an  der 
jSpitze  des  Stabes  eine  Metallplatte  (Fig.  13)  anbringt,  welche  mit  einer 
kleinen  Offnung  versehen  ist,  und  den  Gnomon  so  aufstellt,  da6  die  Offnung 
senkrecht  iiber  dem  Mittelpunkte  der  konzentrischen  Kreise  liegt. 

In  dem  Schatten  der  Platte  erscheint  dann  ein  heller  Fleck,  dessen 
Mittelpunkt  mit  hinreichender  Seharfe  gefunden  werden  kann. 

Derartige  Gnomone  hat  man  im  groBen  MaBstabe  ausgefiihrt,  indem 


12 


ERSTES  KAPITEL. 


man  in  die  Decke  hoher  Gebaude  durchbohrte  Metallplatten  angebracht 
hat,  z.  B.  in  der  Kuppel  des  Domes  zu  Florenz  (1467). 

Jetzt  sind  diese  Vorrichtungen  zum  Zweck  der  Meridianbestimmung 
nicht  mehr  in  Gebrauch. 

Man  ermittelt  den  Meridian  mit  Hilfe  des  Theodoliten  imd  zwar  ent- 
weder  durch  Beobachtung   korrespondierender   Sternenhohen   oder   durch 
Beobachtung  desgroBtenAzimutes  von  hierzu  geeigneten  Circumpolarsternen. 
1.  Bestimmung  des  Meridians  nach  korrespondierenden  Sternen- 
hohen. 

Die  Fixsterne  beschreiben  mit  gleichmaBiger  Geschwindigkeit  kon- 
zentrische  Kreise  um  den  Pol.  Steht  das  Gestirn  am  hochsten  iiber  dem 

Horizont  oder  (bei 
Circumpolarsternen) 
am  tiefsten,  so  be- 
findet  es  sich  im  Me- 
ridian. 

In     gleichen 
Zeitabschnitten 
vor  und  nach  der 
Kulmination  wird 

nun    der    Stern 
gleich  hoch  iiber 

dem  Horizonte 
des  Ortes  stehen 
und  bei  gleichen 
Hohen  iiber  dem 
Horizonte  auch 
gleichen  Abstand 

vom    Meridian 
haben. 

Wenn  Md  =  Me, 

so  ist   bd  =  ac   und 
Fig.  14.  Meridianbestimmung  nach  korrespondierenden  Sternenhohen.  i     -,     ,        T>-   v^pf- 

man  das  Fernrohr  eines  Theodoliten  in  F,  dessen  Nonien  auf  Null  gestellt 
sind,  auf  einen  Stern  in  d  und  bei  unveranderter  Hohenstellung  nach  der 
Kulmination  auf  denselben  Stern  in  c,  so  wird  man  den  auf  den  Horizont 
projizierten  Winkel  dFc  —  bFa  am  Nonius  ablesen  konnen.  Halbiert 
man  diesen  Winkel  und  stellt  das  Fernrohr  in  die  Richtung  der  Halbie- 
rungslinie,  so  befindet  sich  dasselbe  in  der  Ebene  des  Meridians,  der  nun- 
mehr  durch  zwei  Steine  festgelegt  werden  kann. 

In  der  Praxis  wird  die  Meridianrichtung  von  einem  Punkte  A  (Fig.  15) 
am  zweckmaBigsten  dadurch  fixiert,  daB  der  Winkel  bestimmt  wird,  welchen 
eine  fixierte  Linie  mit  dem  Meridian  einschlieBt.  Dieser  Winkel  wird  das 
Azimut  oder  der  Azimutalwinkel  der  Linie  genannt. 


EINIGE  SATZE  AUS  DEE  MATHEMATISCHEN  GEOGRAPHIE. 


13 


Nard 


Zu  diesem  Zwecke  muB  man  das  Fernrohr  mit  den  auf  Null  gestellten 
Nonien  zunachst  auf  Punkt  C  (Fig.  15)  richten,  sodann  den  Stern  vor  und 
nach  der  Kulmination  anvisieren  und  jedesmal  den  Winkel  ablesen.  Das 
arithmetische  Mittel  giebt  dann  das  Azimut  von  AC. 

Man  wird  sich  iibrigens  nicht  bloB  auf  eine  Doppelbeobachtung  des 
Sternes  beschranken,  sondern  denselben  vor  der  Kulmination  in  ver- 
schiedenen  Hohenlagen  des  Fernrohrs  anvisieren,  am  Hohenkreise  und  am 
Limbus  ablesen,  sodann  in  urngekehrter  Ordnung  nach  und  nach  den 
Hohenkreis  auf  dieselben  Hohenwinkel  einstellen  und  die  zugehorigen 
Horizontalwinkel  notie- 
ren.  Aus  alien  Werten  der 
Horizontalwinkel  wird 
das  Mittel  genornmen. 

Um  dem  Hohenkreis 
bei  der  Anvisierung  nach 
der  Kulmination  sicher 
und  schnell  die  erforder- 
liche  Lage  geben  zu  kon- 
nen,  wird  man  den  Null- 
punkt  des  Nonius  bei  den 
Beobachtungen  vor  der 
Kulmination  der  Be- 
wegung  des  Sternes  vor- 
aus  auf  einen  Teilstrich 
des  Hohenkreises 


Fig.  15.      Azimut. 


ein- 
stellen und  nur  mit  Hilfe 

der    Feinstellung    am 
Hauptkreis    und    spater 
an    der    Alhidade     den 
Stern  in  das  Fadenkreuz 
bringen. 

Nimmt  man  zu  der 

Bestimmung  des  Meridians  Fixsterne,  so  sind   die   gefundenen  Resultate 
ohne  weitdres  zu  gebrauchen. 

Bei  Benutzung  der  Sonne  geben  wegen  Veranderlichkeit  ihrer  Dekli- 
nation  nur  die  Beobachtungen  um  die  Zeit  der  langsten  oder  kiirzesten 
Tage  brauchbare  Werte.  Am  fehlerhaftesten  wird  das  Ergebnis  zur  Zeit 
der  Tag-  und  Nachtgleichen.  Bei  der  Sonne  trifft  namlich  der  oben 
vorausgeschickte  Satz,  dafi  zu  gleichen  Hohen  auch  gleiche  Ab- 
stande  des  Gestirnes  vor  und  nach  der  Kulmination  gehoren, 
nicht  zu.  Es  bedarf  die  Beobachtung  einer  Yerbesserung,  welche  nach 


der  Formel  A  =  ^ 


cos  (    sin  t 


berechnet  wird. 


14 


EESTES  KAPITEL. 


Hierin  sind: 

a  u.  b  —  die  vor-  und  nachmittagigen  Beobachtungen, 

d  u.  d'  =  die  vor-  und  nachmittagige  Deklination  der  Sonne, 


u.  s'  =  der 


Stundenwinkel  der  Sonne, 


s  +  s' 


=  t 


cp     —  die  geographische  Breite. 

Das  Anvisieren  der  Sonne  muB  derartig  geschehen,  daB  der  Horizontal- 
faden  den  unteren  oder  oberen,  und  der  Yertikalfaden  einen  seitlicheu 
Rand  der  Sonne  beriihrt  (Fig.  16)  und  zwar  ist  der  senkrechte  Faden, 

wenn  er  vormittags  auf  den  linken  Sonnenrand 
gerichtet  war,  nacbmittags  auf  den  rechten  Rand 
zu  stellen  oder  umgekehrt. 

Die  Bestimmung    des  Meridians    mittels    der 
Sonne  ist  fur  den  Markscheider  nicht  zu  empfehlen, 
weil  astronomische  Jahrbiicher  zur  Entnahme  der 
Deklination  der  Sonne,    sowie   die  Mittel  zu  den 
erforderlichen  Zeitbestimmungen  nicht  immer  zu 
Gebote  stehen.     AuBerdem  laBt  sich  das  Faden- 
kreuz  mit   groBerer  Scharfe  auf  einen  Stern  als 
auf  die  Sonne  einstellen. 
2.    Bestimmung  des  Meridians  nach  dem  ostlichsten  oder  west- 
lichsten  Azimute  von  Sternen. 

Zu  dieser  Bestimmungsweise  konnen  nur  solche  Circumpolarsterne  be- 
nutzt  werden,  deren  Poldistanz  kleiner  ist  als  die  Zenithdistanz  des  Poles. 

Z 


Fig.  16.     Anvisieren  der 
Sonne. 


Fig.  17.     Meridianbestimmung  mittels  des  Polarsternes. 

• 

Man  richtet  das  mit  einem  Okularprisma  versehene  Fernrohr  des 
Theodoliten  auf  einen  solchen  Stern,  wenn  er  sich  in  seinem  ostlichsten 
oder  westlichsten  Azimute  befindet,  d.  h.  in  dem  Punkte,  in  welchem  der 


EINIGE  SATZE  AUS  DEE  MATHEMATISCHEN  GEOGEAPHIE. 


15 


durch  das  Zenith  Z  und  den  Standpunkt  M  gelegte  groBte  Kreis  die  Bahn 
des  Sternes  beriihrt  (Fig.  17).  Dreht  man  das  Fernrohr  um  den  Winkel  SZP, 
so  befindet  es  sich  in  der  Richtung  des  Meridians.  Der  Winkel  SZP  des 
bei  S  rechtwinkeligen  Dreiecks  laBt  sich  aus  PZ  =  90°  —  Polhohe  und 
PS  =  Poldistanz  des  Sternes  =  90°  —  Deklination  nach  der  Formel 


sin  SZP  = 


sin  PS 


berechnen. 


sin  PZ 

Aus  den  astronomischen  Jahrbuchern  ist  die  ungefahre  Zeit,  wenn  ein 
Stern  in  der  brauchbaren  Stellung  sich  befindet,  zu  ersehen,  und  der  ge- 
naue  Zeitpunkt  hierfur  ergiebt  sich  aus  der  Beobachtung  des  Sternes 
selbst,  da  derselbe  einige  Minuten  vorher  und  nachher  den  vertikalen  Faden 
nicht  verlaBt. 

G-ewohnlich  benutzt  man  bei  dieser  Bestimmungsweise  den  Polarstern 
und     nennt     sie     deshalb 
kurz:  die  Meridianbestim- 
mung   mittels   des   Polar- 
sternes. 

Man  kann  das  Azimut 
eines  beliebigen  Sternes 
auch  aus  einer  einzigen 
Hohenbeobachtung  des- 
selben  berechnen,  wenn 
die  Polhohe  des  Beobach- 
tungsortes  und  die  Dekli- 
nation des  Sternes  be- 
kannt  sind. 

In  Fig.  18  ist  ein 
Vertikalkreis  ZEH\m&  ein 
Stundenkreis  PEC  durch 
den  Stern  E  gelegt  und  in 
dem  dadurch  entstandenen 
spharischen  Dreiecke  ZPE 
ist  ZE  =  90°  weniger  der 

beobachteten  Hohe  EH,  ZP  =  90°  weniger  der  Polhohe  und  PE  =  90° 
weniger  der  Deklination  des  Sternes.  Aus  den  bekannten  drei  Seiten  be- 
rechnet  man  den  Azimutalwinkel  Z  des  Sternes  und  erfahrt  dadurch,  um 
wie  viel  das  auf  den  Stern  E  gestellte  Fernrohr  gedreht  werden  muB,  um 
in  die  Richtung  des  Meridians  zu  gelangen. 

Zu  dieser  Meridian-Bestimmung  sind  sehr  feine  Instrumente  erforder- 
lich,  welche  selten  im  Besitze  von  Markscheidern  sind. 


Fig.  18. 


Meridianbestimmung  aus  der  Hohenbeobachtung 
eines  Sternes. 


Die  Meridiankonvergenz.  —  Die  Meridianlinien  aller  Orte  auf  dem  §  8, 
Aquator  laufen  parallel  mit  der  Erdachse. 


16 


EESTES  KAPITEL. 


Die  Meridiane  von  verschiedenen  Orten  auf  gleichen  Parallelkreisen 
konvergieren  in  dem  Sinne,  daB  sie  alle  die  Weltachse  und  zwar  in  eineni 
Punkte  schneiden. 

Aus  dem  Langenunterschiede  der  beiden  Orte,  in  Sekunden  aus- 
gedruckt  =  /",  und  der  geographischen  Breite  y>  laBt  sich  bei  nicht  zu 
groBen  Entfernungen  der  Konvergenzwinkel  nach  der  Formel  C"  =  /"  sin  y 
berechnen. 

Ist  der  Langenunterschied  L  in  Metern  gegeben,  so  erhalt  man  den 

Konvergenzwinkel  in  Sekunden  aus  der  Formel  C"  =  —  tg  9 . 206265. 

In  Fig.  19  sind  A  und  B  die  beiden  Orte,  deren  Meridiankonvergenz 

bestimmt  werden  soil,  AB  =  L, 
AM=  Erdradius  r,  -^.AMD  die 
geographische  Breite  y>  und  C 
der  Punkt  auf  der  Weltachse,  in 
welchem  die  Meridianlinien  A 
und  B  sich  treffen. 

Nimmt  man  das  Dreieck 
ABC\>Qi  A  rechtwinkelig  an,  so 

ist  tg  C  =  -^  und  da  AC  =  — 
*  AC  tg<r 

=  -^  tg  (f.  C  ist  ein  kleiner 
Winkel,  man  kann  daher  setzen 
C"  =  ^  tg  y  206265. 

In  der  geographischen  Breite 
Klausthals  von  51°  48'  30"  be- 
tragt  die  Meridiankonvergenz 
zweier  Orte,  deren  Langenunter- 
schied 1000  Meter  oder  52,202 
Bogensekunden  groB  ist,  =  41,12 

Fig.  19.     Meridiankonvergenz.  Sekunden. 


9.  Die  Magnetnadel.  —  Ein  unentbehrliches  Hilfsmittel  bei  den  mark- 

scheiderischen  Arbeiten  ist  die  Magnetnadel.  Eine  frei  schwebende,  in 
ihrem  Schwerpunkte  unterstutzte  Magnetnadel  stellt  sich  stets  in  eine  be- 
stimmte  Linie,  welche  im  wesentlichen  von  Slid  nach  Nord  gerichtet  ist. 

Diese  Linie  nennt  man  die  Magnetlinie  oder  den  magnetischen 
Meridian. 

Die  Lage  der  Magnetlinie  ist  veranderlich,  und  diese  Yeranderungen 
werden  gegen  den  unveranderlichen  astronomischen  ortlichen  Meridian 
gemessen  und  angegeben. 

Der  Winkel,  welchen  die  Magnetlinie  mit  dem  ortlichen  Meridian 
macht,  heiBt  die  Deklination. 


EINIGE  SATZE  AUS  DEB  MATHEMATISCHEN  GEOGEAPHIE.  17 

Dieselbe  ist  jetzt  in  unserer  Gegend  eine  westliche  und  betragt  im 
Januar  1884  fur  Klausthal  12°  48'  46",  nimmt  aber  im  Jahre  durchschnitt- 
lich  7  Minuten  ab  und  wird,  wenn  der  weitere  Verlauf  den  bis  zum  Jahre 
1652  zuriickreichenden  Beobachtungen  (siehe  BOECHEES,  praktische  Mark- 
scheidekunst,  Seite  168)  entsprechend  ist,  ungefahr  in  der  Mitte  des 
nachsten  Jahrhunderts  mit  dem  astronomischen  Meridian  zusammenfallen. 
Die  Deklination  wird  spater  eine  ostliche  werden,  in  dieser  Richtung  ein 
Maximum  erreichen,  dann  wieder  umkehren  bis  zu  einem  westlichen 
Maximum  und  das  Spiel  von  neuem  beginnen. 

Die  Zeit  zwischen  einem  ostlichen  und  einem  westlichen  Maximum  ist 
noch  nicht  genau  festgestellt.  Man  darf  es  vorlaufig  auf  260  Jahre  annehmen. 

AuBer  dieser  sakularen  erleidet  die  Deklination  auch  noch  eine 
tagliche  Veranderung,  welche  Variation  genannt  wird. 


Astronomi&cJter  Meridian . 


Fig.  20.     Deklination  und  Variation. 


Die  Magnetnadel  zeigt  namlich  etwa  um  8  Uhr  morgens  den  groBten 
ostlichen  Stand,  also  die  kleinste  Deklination,  kurz  nach  1  Uhr  die  groBte. 
Dann  nimmt  die  Deklination  wieder  ab  bis  etwa  10  Uhr  abends,  bleibt 
bis  4  Uhr  morgens  nahezu  konstant  und  kehrt  zu  ihrem  Minimum  um 
8  Uhr  morgens  zuriick. 

Die  GroBe  der  Variation  wechselt  mit  den  Jahreszeiten.  Im  all- 
gemeinen  ist  sie  in  den  Wintermonaten  am  kleinsten,  in  den  Sommer- 
monaten  am  groBten,  wie  aus  nachstehenden  Monatsmitteln  zu  ersehen  ist, 
welche  aus  Beobachtungen  am  Magnetometer  in  Klausthal  abgeleitet  wurden. 


1878. 

1879. 

1880. 

1881. 

1882. 

Jtmuar      .     .     . 

2'  38" 

3'  12" 

3'  29" 

4'  20" 

4'  31" 

Februar    .     .     . 

4'  22" 

4'  31" 

5'  14" 

5'  26" 

7'  53" 

Marz    .... 

7'  14" 

7'  53" 

7'  17" 

8'  38" 

10'    1" 

April    .... 

10'    5" 

9'  49" 

10'  57" 

9'  49" 

11'  47" 

Mai      .... 

8'  17" 

9'  13" 

10'  41" 

9'  49" 

11'  20" 

Juni     

9'  45" 

10'    4" 

10'  36" 

11'  41" 

10'    2" 

Juli       .... 

9'    5" 

9'    2" 

9'  37" 

11'  25" 

9'  48" 

August     .     .     . 

9'    3" 

9'  51" 

8'  43" 

11'  51" 

10'  46" 

September    .     . 

8'  16" 

8'  33" 

9'  33" 

11'    3" 

10'  53" 

Oktober    .     .     . 

4'  57" 

7'  49" 

9'    4" 

9'  34" 

8'  37" 

November    .     . 

3'  18" 

3'  37" 

5'    8" 

5'  35" 

6'  39" 

Dezember     .     . 

2'  54" 

2'  36" 

4'  14" 

3'  37" 

4'  29" 

BRATHTJHN  ,  Markscheidekunst. 

2 

18  EESTES  KAPITEL. 


Die  Variation,  als  Ganzes  betrachtet,  ist  auch  perioclischen  Anderungen 
unterworfen.  In  einem  Zeitabsclmitte  von  ll1^  Jahren  durchlauft  dieselbe 
ein  Maximum  und  ein  Minimum.  Neuere  Beobachtungen  haben  nach- 
gewiesen,  daB  das  periodische  Wechseln  in  der  Haufigkeit  der  Sonnenflecke 
der  Zeit  nach  vollstandig  mit  dem  Ab-  und  Zunehmen  der  Variation 
zusammenfallt. 

Aus  obigen  Monatsmitteln  ist  zu  ersehen,  daB  jetzt  (1884)  die  Variation 
einem  Maximum  zuschreitet. 

Durch  Untersuchungen  des  magnetischen  Vereins  von  GAUSS  und 
WEBER  ist  festgestellt  worden?  daB  der  Verlauf  der  Variation  auf  dem- 
selben  magnetischen  Meridiane,  d.  h.  auf  einer  Linie,  welche  Orte  (z.  B.  Mai- 
land,  Gottingen,  Upsala)  von  gleicher  Deklination  verbindet,  bis  ins  einzelne 
derselbe  ist,  nur  die  Intensitat  der  Variation  nimint  vom  Aquator  nach 
Norden  bez.  nach  Siiden  zu  ab. 

Der  Verlauf  der  Variation,  abgesehen  vom  Deklinationswinkel,  andert 
sich  iibrigens  in  unseren  Gegenden  nach  Osten  oder  Westen  zu  wenig.  So 
zeigen  z.  B.  die  graphischen  Darstellungen  des  magnetischen  Vereins  in  den 
Variation skurven  von  Gottingen  und  Breslau  keinen  wesentlichen  Unterschied. 

Ferner  ist  durch  gleichzeitige  Beobachtung  iiber  und  unter  Tage 
(Oberharz  und  Pribram)  bewiesen,  daB  auch  in  den  groBten  vom  Bergbau 
erreichten  Teufen  die  Variation  in  gleicher  Weise  wie  liber  Tage  verlauft 
(siehe  BOECHEES  §  51). 

AuBer  den  genannten  mehr  regelmaBigen  Anderungen  ist  der  Gang 
der  Magnetnadel  noch  plotzlichen  Storungen  von  mehr  oder  weniger  Be- 
deutung  unterworfen,  deren  Verbreitungskreis  bald  klein,  bald  groB  ist. 

Dieselben  treten  zu  manchen  Zeiten  viel  kraftiger  und  haufiger  auf. 
Manchmal,  jedoch  selten,  erreichen  solche  Storungen  eine  solche  Starke, 
daB  sie  den  Erdmagnetismus  fur  einen  oder  zwei  Tage  total  verandern. 
Derartige  Storungen  nennt  man  magnetische  Sturme. 

Die  Ursachen  der  Storungen  sind  bis  jetzt  noch  nicht  ermittelt. 
Bekannt  ist  nur,  daB  namentlich  die  Erscheinung  des  Nordlichtes,  sowie 
auch  Erdbeben  damit  im  Zusammenhang  stehen.  Atmospharische  Gewitter 
haben  keinen  EinfluB. 

Zur  Beobachtung  der  Declination  und  ihrer  Veranderung  dienen  dem 
Markscheider  die  Orientierungslinien,  Magnettheodoliten  und 
Magnetometer,  von  denen  spater  die  Rede  sein  wird. 

10.  Die    Deklination    ist   nicht   an    alien   Orten   der   Erde   gleich.     Ver- 

bindet  man  auf  einer  Karte  diejenigen  Punkte  der  Erdoberflache  mit- 
einander,  welche  eine  gleiche  Deklination  haben,  durch  Kurven  (Isogonen), 
so  entsteht  eine  sogenannte  Deklinationskarte.  Es  sind  viele  solcher  Karten 
konstruiert  worden,  die  erste  1701  von  HALLEY*  die  letzte  von  LAMONT 
1854.  Alle  diese  Karten  weichen  voneinander  ab  und  beweisen,  daB  diese 
Kurven  nicht  konstant  bleiben,  sondern  Veranderungen  unterworfen  sind. 


EINIGE  SATZE  AUS  DEE  MATHEMATISCHEN  GEOGRAPHIE. 


19 


Die  LAMONTsche  Deklinationskarte  von  1854  giebt  Eig.  21  in  ver- 
kleinertem  MaBstabe  wieder.  Die  Deklinationen  der  Orte  auf  den  einzelnen 
Kurven  unterscheiden  sich  um  einen  Grad  von  Osten  nach  Westen  zu- 
nehmend,  wie  durch  die  Bezifferung  der  Kurven  von  einer  mit  Null  be- 
zeichneten  ausgehend  angedeutet  ist. 

Diese  Kurven  sind  fur  die  Gegenwart  nicht  mehr  als  vollstandig 
giiltig  anzusehen,  aber  im  wesentlichen  ist  fur  Deutschland  das  Verhaltnis 
dasselbe  geblieben.  Nach  Westen  nimmt  die  Deklination  zu,  nach 
Osten  ab. 

Diese  Zu-  und 
Abnahme  ist  aber 
nicht  regelmaBig, 
wie  auch  der  Ver- 
lauf  dieser  Iso- 
gonen  auf  Karten 
in  sehr  groBem 

MaBstabe    sich 

wahrscheinlich 
nicht    so    einfach 
darstellen    wiirde, 
wie  ihn  das  kleine 
Kartchen  zeigt. 

Anderseits  hat 
die  Zu-  und  Ab- 
nahme der  Dekli- 
nation innerhalb 
der  Entfernungen, 
welche  Messungen 


-|-10  0  —1°         —2°  —30 

Fig.  21.    Deklinationskarte  von  LAMONT. 


—40 


mit    der    Bussole 

und  mit  dem  Kom- 

paB  gewohnlich  erreichen,  keinen  merklichen  EinfluB  auf  die  Parallelitat 

der  Magnetnadel  (vergleiche  §  176). 


Erklarung  der  wichtigsten  der  Markscheidekunst  eigentiimlichen  §  11, 
Ansdriicke.  -      Die  Markscheidekunst  hangt   eng   mit  dem  Bergbau    zu- 
sammen  und  hat  viele  Ausdrlicke  von  da  entnommen. 

Ein  Perpendikel  auf  der  Horizontalebene  heiBt.eiiie  seigere  Linie 
oder  Seigerlinie.  Eine  gerade  Linie  in  der  Horizontalebene  heiBt  eine 
sohlige  Linie,  Sohle,  Ebensohle;  und  eine  gegen  den  Horizont  ge- 
neigte  eine  flache  oder  tonnlagige  (donlagige)  Linie. 

Eine  flache  Linie  wird  eine  fallende  oder  steigende  genaimt,  je 
nachdem  der  Beobachter  am  oberen  oder  unteren  Endpunkte  steht. 

2* 


20      ERSTES  KAPITEL.    EINIGE  SATZE  AUS  DEE  MATHEMAT.  GEOGRAPHIE. 

Der  Neigungswinkel  einer  Linie  oder  einer  Ebene  wird  Fallwinkel, 
Tonnlagewinkel  oder  auch  kurz  das  Fallen,   die  Tonnlage  genannt. 
Wird  in  Fig.  22  von  dem  Punkte  a  der  flachen  Linie  ab  die  Seiger- 
linie  ac  gezogen  und  b  mit  c  verbunden,  so  nennt  der  Markscheider 
c  den  Seiger-  oder  Lotpunkt  von  a  (die  Projektion  von  a). 
be  die  So  hie  der  flachen  Linie  ab  (Projektion  von  ab}  und 
ac  die  Seigerteufe  des  Punktes  a  (die  Projizierende). 
Seigerteufe  und   Sohle   konnen  aus    der  Lange  und  dem  Fallen   der 
flachen  Linie  berechnet  werden. 
ac  =  ab  sin  a. 
be  =  ab  cos  a. 

Die  Richtung  einer  Linie  nennt  der  Markscheider  das  Streichen  und 
versteht  im  engeren  Sinne  darunter  den  Winkel,  welchen  die  Linie  mit 
dem  magnetischen  Meridian  einschlieBt. 

Dieser  Winkel  wird  nach  der  Einteilung 
a      des   Kompasses    kurz   „ Stunde"    genannt. 
Man  sagt:    Diese  Linie   hat  das  Streichen 
Stunde  4,  oder  sie  streicht  in  Stunde  4. 
Unter   dem  reduzierten  Streichen 
einer  Linie  versteht  der  Markscheider  den 
Winkel,   welchen  die  Linie  mit  dem  astro- 


b 


Fig.  22.  Sohle  und  Seigerteufe.  nomischen  Meridian  macht.  Zugleich  1st 

aber  auch  hierfiir  die  Bezeichnung  Azimut 
und  Azimutalwinkel  gebrauchlich. 

Die  Koordinaten  werden  im  Markscheiden  haufig  Lange n  und  Brei- 
ten  genannt  und  zwar  die  Abcisse  =  Breite,  die  Ordinate  =  Lange. 

Immer  mehr  auBer  Gebrauch  kommen  die  Ausdriicke  Streichsinus 
(Sinus  des  Streichens)  fur  Ordinate  oder  Lange  und  Streichcosinus  fur 
Abscisse  oder  Breite.  Diese  veralteten  Bezeichnungen  werden  nur  an- 
gewendet,  wenn  der  magnetische  Meridian  die  Abscissenlinie  1st. 

Die  Thatigkeit  des  Markscheiders  in  der  Grube  wird  mit  ziehen, 
verziehen  und  abziehen  bezeichnet.  Daraus  ist  das  Wort  Mark- 
scheiderzug  oder  kurz  Zug  abgeleitet.  Das  zu  Papier  bringen  (Kartieren) 
des  Zuges  heiBt  Zulegen.  Man  unterscheidet  Tagezug  und  Gruben- 
zug.  Die  Wiederholung  eines  Zuges  zur  Priifung  desselben  nennt  man 
Gegenzug  oder  Wahrzug. 

Unter  Markscheiderzeug  oder  Schinnzeug  versteht  man  HangekompaB, 
Gradbogen,  Schnur  mit  Staben  oder  Kette. 


ZWEITES  KAPITEL.  DIE  BEIM  MAKKSCHEIDEN  GEBRAUCHL.  INSTBUMENTE.   21 


Zweites  Kapitel. 

Die  beim  Markscheiden  gebrauchlichen  Instrumente,  deren 
Prufung  und  Anwendung. 

Mittel  zum  Langenmessen. 

A.     Unter  Tage. 

Die  Meterkette,  auch  Meterschnur  genannt,  ist  eine  leichte  Kette, 
deren  Glieder  von  0,5  oder  0,25  m  Lange  aus  diinnem  gegliihten  Messing- 
draht  bestehen  und  durch  zweckmaBige,  ebenfalls  aus  Messing  gefertigte 
Wirbel  und  Kinge  verbunden  sind.  Die  Lange  der  Kette  betragt  10 — 12  m. 


Fig.  23.    Meterschnur. 

Der  Anfangspunkt  der  Zahlung  liegt  in  der  inneren  Peripherie  des  Hakens 
am  Anfang  der  Schnur  und  endigt  fur  jede  der  Unterabteilungen  in  der 
dem  Anfange  abgewandten  Seite  der  inneren  Peripherie  des  betreffenden 
Hinges. 

Die  Kette  wird  auf  eine  Rolle  gewickelt  aufbewahrt  und  beim  Ge- 
brauch  durch  zwei  Pfriemen  (Fig.  24)  ausgespannt,  von  denen  einer  durch 
den  Anfangshaken,  der  andere  durch  einen  der  Gliederringe  ge- 
steckt  wird.  Nimmt  bei  fortschreitender  Messung  der  zweite 
Pfriemen  den  Haken  auf,  so  muB  derselbe  um  die  Pfriemen- 
dicke  vorwartsgesteckt  werden. 

Die  Pfriemen  sind  aus  starken,  etwa  10  cm  langen  zuge- 
spitzten  Stahl-  oder  Messingdrahtstiicken  angefertigt. 

Die  Yorziige  dieser  Kette  bestehen  darin,  1.  daB  dieselbe 
ein  geringeres  Gewicht  hat,  2.  daB  die  Lange  ohne  weiteres  ab- 
gelesen  werden  kann,  3.  daB  die  passende  Stelle  fur  das  Auf- 
harigen  des'  Gradbogens  sich  leicht  finden  laBt  und  4.  daB  die 
FuBpunkte  der  Seitenordinaten  zur  Aufnahme  der  Grubenraume 
leicht  zu  bestimmen  sind.  Namentlich  der  letztere  Yorzug  hat 
dieser  Kette  beim  Gangbergbau  des  Harzes  Eingang  verschafft. 

Als  Nachteil  ist  anzufuhren,  daB  die  Meterschnur  durch  den     Fis-  24- 
Gebrauch  dem  Ausdehnen   sehr  ausgesetzt  ist.     Sie  ist  deshalb 
jedesmal  vor  dem  Gebrauch  nachzusehen  und  zu  berichtigen  und  wahrend 
des  Messens  nicht   zu  stark  anzuspannen.     Es  gehoren  sehr  geiibte  Ge- 
hilfen  dazu. 

Bei  langeren  Messungen  sind  stets  mehrere  Exemplare  mitzufuhren. 


22  ZWEITES  KAPITEL. 


13.  Metistabe   aus  Holz   Oder  Eisen.  -  -  Die   ersteren   sincl   zwei  Meter 

lange  prismatische  Stabe  von  ca.  3.5  cm  Breite  und  2  cm  Dicke  aus 
trockenem  astfreien  Tannenholz,  welche  an  ihren  Enden  durch  messingene 
oder  eiserne  Schuhe  vor  schneller  Abnutzung  und  durch  Tranken  mit 
01  vor  Feuchtigkeit  geschtttzt  sind.  Die  Endflachen  der  Schuhe  miissen 
stets  rechtwinkelig  zur  Achse  des  Stabes  und  die  Kanten  derselben 
diirfen  nicht  abgestumpft  sein.  Sollte  bei  langerem  Gebrauch  eine  Ab- 
stumpfung  sich  herausstellen,  so  sind  die  Schuhe  zu  erneuern. 

Mehr  zu  empfehlen  ist  ein  4  m  langer  Stahldraht  von  5—6  mm 
Starke,  welcher  zur  Halfte  in  einen  holzernen,  etwas  klirzeren  Stab  so 
eingelassen  ist,  dafi  beide  Enden  des  Drahtes  ca.  10  cm  uber  die  Unter- 
lage  hervorragen. 

Wo  das  Einfuhren  eines  solchen  langen  Stabes  in  die  Schachte  un- 
bequem  ist,  da  wird  man  Stiicke  des  spater  zu  beschreibenden  MaB- 
gestanges  benutzen  (§  70). 

Das  Messen  mittels  dieser  Stabe  erfolgt  an  ausgespannten  Schniiren. 
Hierzu  dient  eine  2 — 3  mm  starke,  moglichst  gleichmaBig  gearbeitete 
Hanfschnur,  welche  auf  eine  Kurbel  gewickelt  aufbewahrt  wird. 


Fig.  25.     Eiserner  MeBstab. 

Das  Ausspannen  der  Schnur  geschieht  mittels  der  oben  genannten 
Pfriemen  oder  ahnlich  geformter  Schrauben. 

Die  Messung  wird  auf  folgende  Weise  ausgefuhrt: 

Die  Winkelpunkte  werden  bei  Theodolitmessungen  meist  in  der  Strecken- 
firste  fixiert,  auBerdem  auch  durch  Untersatze,  welche  an  starken  Spreizen 
oder  Armen  befestigt  sind.  Im  letzteren  Falle  haben  diese  Untersatze 
eine  Vorrichtung  zum  Befestigen  der  Schnur  im  Winkelpunkte. 

Sind  die  Punkte  in  der  Firste  fixiert,  so  werden  unter  zwei  auf 
einander  folgenden  Punkten  Spreizen  geschlagen,  auf  ihnen  die  Seiger- 
punkte  bezeichnet  und  die  Schnur  so  fest  um  die  etwas  rlickwarts  ge- 
steckten  Pfriemen  geschlungen,  daB  ein  Zuriickspringen  vermieden  wird. 

Oft  werden  die  Spreizen  nicht  unmittelbar  unter  den  Winkelpunkten 
angebracht,  sondern  auBerhalb  der  zu  niessenden  Linie,  aber  nahe  bei  den 
Endpunkten.  Aus  a  und  b  werden  Lote  herabgelassen,  welche  an  der 
ausgespannten  Schnur  den  Anfangs-  und  Endpunkt  der  Stationslinie  be- 
zeichnen,  ohne  an  der  Schnur  anzuliegen  (Fig.  26). 

Den  holzernen  oder  eisernen  MeBstab  legt  man  nun  mit  dem  einen 
Ende  an  den  Anfangspunkt  und  bezeichnet  das  andere  Ende  durch  eine 
Schlinge  von  weiBem  Zwirn,  den  man  vorher  mit  den  Lippen  etwas  an- 
feuchtet.  An  den  so  bezeichneten  Endpunkt  legt  man  den  MeBstab  von 


DIE  BEIM  MARKSCHEIDEN  GEBRAUCHLICHEN  INSTRUMENTS 'etc.-      23 

neuem  an  und  fahrt  in  dieser  Weise  fort.  Das  etwa  iiberschieBende  Stiick 
wird  mit  einem  kleineren  MeBstabe  ermittelt. 

1st  die  Entfernung  von  a  nach  b  sehr  groB,  so  miBt  man  die  Linie 
in  einzelnen  Abteilungen.  Zu  diesem  Zwecke  schlagt  man  in  Abstanden 
von  20  m  Spreizen  und  befestigt  auf  ihnen  in  der  Richtung  a  b  Pfriemen 
zum  Anschlingen  der  Schnur.  Die  Neigung  der  einzelnen  Schniire  wird 
durch  den  Gradbogen  abgenommen  (Fig.  26). 

Eine  gleiche  Genauigkeit  bei  geringem  Zeitaufwande  laBt  sich  er- 
reichen,  wenn  man  an  Stelle  der  Zwirnsfadenschleife  vor  das  Ende  des 
MeBstabes  den  einen  Daumennagel  fest  an  die  Schnur  preBt,  sodann  vor- 
sichtig  den  zweiten  Daumennagel  mit  entgegengesetzt  gerichtetem  Riicken 
an  die  Stelle  des  ersteren  setzt  und  hiergegen  das  Ende  des  inzwischen 
von  dem  Gehilfen  wieder  angelegten  MaBstabes  anschiebt.  Hierzu  gehoren 
zwei  geiibte  und  gewissenhafte  Gehilfen  mit  kraftigen  und  nicht  zu  sehr 
gekrummten  Daumennageln. 


Fig.  26.     Langenmessen  in  der  Grube. 

Bei  Messungen  von  geringerer  Wichtigkeit,  z.  B.  mit  dem  Hange- 
kompaB,  geniigt  es  auch,  wenn  die  Daumennagel  nicht  gewechselt  werden, 
vielmehr  der  zweite  Gehilfe  sogleich  seinen  Daumen  an  den  des  ersteren 
setzt,  festkneift  und  den  holzernen  MeBstab,  welchen  er  inzwischen  durch 
die  hohle  Hand  des  vorderen  Gehilfen  durchgeschoben  hat,  wieder  anlegt. 

Das  Messen  mit  zwei  Staben,  welche  abwechselnd  voreinander  gesetzt 
werden,  giebt  ebenfalls  gute  Resultate.  Will  man  aber  den  Vorteil  ge- 
winnen,  welcher  bekanntlich  aus  der  Anwendung  langer  MeBstabe  erwachst, 
so  sind  zur  Bedienung  eines  jeden  Stabes  zwei  Mann,  im  ganzen  also 
vier  Mann  zum  Messen  erforderlich.  Dieses  zahlreiche  Personal  ist  aus 
mehreren  Griinden  bei  Grubenmessungen  unbequem.  Bei  der  Anwendung 
klirzerer  Stabe,  welche  ein  Mann  bedienen  kann,  vermehren  sich  die 
Fehlerquellen. 

Professor  F.  LORBER  in  Leo  ben  hat  iiber  die  Genauigkeit  der  Langen- 
messungen  iiber  Tage  nach  verschiedenen  Methoden  und  mit  verschiedenen 
Instrumenten  zahlreiche  hochst  interessante  Versuche  angestellt  und  aus 
ihnen  das  Gesetz  des  mittleren  Fehlers  entwickelt  (berg-  u.  hiittenm.  Jahr- 


24 


ZWEITES  KAPITEL. 


buch  der  Bergakademieen  zu  Leoben,  Piibram  u.  Schemnitz,  Band  25  u.  26). 
Er  hat  den  Nachweis  geliefert,  daB  bei  Langenmessungen  die  zufalligen 
Fehler  dem  theoretischen  Fehlerfortpflanzungsgesetze  folgen,  wonacb  der 
mittlere  Fehler  einer  Lange  mit  der  Quadratwurzel  aus  der  Lange  zu- 
nimmt  und  folgende  Zahlenwerte  gefunden: 


ira  g^nstigen 


ungunstigen 


.  Ffir  Messungen  mit 
2  Stiick  4  m  Latten  langs  gespann- 

ter  Schnur    ........  m  =  0,000535  yz~  0,000535  ML 

2  Stiick  4  m  Latten  ohne  Schnur  .  m  =  0,000927  yZ~  0,0041  yr 

StahlmeBband    ........  m  =  0,002  1  6  ]/Z~  0,0095  ]/Z" 

Drehlatte      .........  m  =  0,00212  yr  0,0095  yr 

MeBkette      .........  m  =  0,00300  yz"  0,0130  ]/X. 

Die  Messungen  mittels  Latten  langs  der  gespannten  Schnur,  welche  uns 
hier  zunachst  allein  interessieren,  iibertreffen  die  anderen  weit  an  Genauig- 
keit.  Der  Mittelfehler  betragt  auf  1000  m  =  17  mm. 

Die  von  BOECHEKS  in  seiner  Markscheidekunst  Seite  91  und  112  ge- 
gebenen  Resultate,  sowie  zahlreiche  in  jiingster  Zeit  unter  meiner  Leitung 
ausgefuhrte  Langenmessungen  an  der  Schnur  mit  einem  4  m  langen 
eisernen  MeBstabe  haben  ergeben,  daB  der  von  LOEBEE  gefundene  Koef- 
fizient  0,000535  eher  zu  groB  als  zu  klein  ist. 


Das  MeBband  aus  Stahl.  -  -  In  neuerer  Zeit  sind  MeBbander  aus 
Stahl  fast  allgemein  in  Gebrauch  gekommen.  Ein  12  mm  breiter  und 

0,2  mm  diinner  Streifen  aus 
GuBstahl  von  verschiedener 
Lange  (20  —  40  m)  ist  in 
Dezimeter  mittels  feiner  ein- 
geschlagener  Locher  ein- 
geteilt.  Die  ganzen  Meter 
sind  durch  eingelassene  Mes- 
singzeichen  und  daneben 
eingeatzte  Zahlen  kenntlich 
gemacht.  An  beiden  Enden 
sind  in  Gelenk  und  Kurbel 
drehbare  Ringe  befestigt, 
von  deren  innerer  Peripherie  die  Zahlung  beginnt. 

Diese  StahlmeBbander  sind  auBerst  dauerhaft,  dehnen  sich  zwar  beim 
Gebrauch,  aber  langen  sich  nicht  dauernd  aus  und  bieten  namentlich  in 
sohligen  Grubenstrecken,  wo  ihre  ganze  Lange  ausgenutzt  werden  kann, 
groBe  Vorteile. 

Bei  dem  Gebrauch  1st  das  Band  moglichst  gleichmaBig  anzuspannen, 
da  die  Lange  desselben  sich  mit  der  Starke  der  Anspannung  andert. 


Fig.  27.     Mefiband  aus  Stahl. 


DIE  BEIM  MAEKSCHEIDEN  GEBRAUCHLICHEN  INSTEUMENTE  etc.       25 

Im  Jahrbuch  fur  das  Berg-  und  Hiittenwesen  fiir  1883  erwahnt  der 
Prof.  SCHMIDT  in  dem  Aufsatz  ,,Triangulierung  im  Freiberger  Revier",  da6 
ein  Stalilband  von  den  genannten  Dimensionen  und  30  m  Lange  sich  bei 
einer  Spannung  von  7  kg  um  3,4  mm  und  bei  14  kg  Spannung  um  7,5  mm 
ausdehnte. 

In  sohligen  Strecken  und  bei  gutem  Tragewerk  ist  die  Anwendung 
des  MeBbandes  am  einfachsten,  wenn  die  Winkelpunkte  auf  die  Strecken- 
sohle  herabgelotet  werden. 

Ist  kein  gutes  Tragewerk  vorhanden  oder  ist  die  Grubenstrecke  ge- 
neigt,  so  wird  die  Lange  gemessen  unter  Zuhilfenahme  von  Spreizen,  deren 
Abstand  nicht  zu  gro6 
(10 — 12  m)  genommen 
werden  darf,  da  sonst 
die  eintretende  Senkung 
derBandmitte  einen  merk- 

lichen  Messungsfehler 
herbeifuhren  wiirde. 

In  der  Richtung  der 
zu  messendenLinie  schlagt 
man  in  die  Spreizen  starke 
Nagel,  an  welcbe  die 
Ringe  des  Bandes  ange- 
hangt  werden  und  miBt 
von  Nagel  zu  Nagel. 

Zur  Ermittelung  der 
Neigung  mittels  des  Grad- 
bogens  sind  aufierdem 
Schniire  zu  ziehen. 

Werden  die  Nei- 
gungen  der  Stationslinien 
am  Hohenkreise  desTheo- 
doliten  ermittelt,  so  wird 
nach  Wegnahme  des  Theodoliten  die  Yisierlinie  direkt  gemessen  oder  es 
miissen  an  •  den  Untersatzen  des  Theodoliten  und  der  Signale  Vorrichtungen 
vorhanden.  sein,  welche  gestatten,  die  Lange  in  einer  der  Visierlinie 
parallel  laufenden  Linie  zu  messen  (Fig.  28).  Vergl.  §  68. 

Die  zwischen  Anfangs-  und  Endpunkt  geschlagenen  Hilfsspreizen  miissen 
in  diesem  Falle  auch  beziiglich  ihrer  Hohenlage  der  Richtung  der  Yisier- 
linie geniigen. 

Sind  beim  Messen  mit  dem  Stahlbande  weite  Abstande  der  Hilfs- 
spreizen nicht  zu  vermeiden,  so  ist  die  Mitte  des  Bandes  entweder  auf 
andere  Weise  zweckmaBig  zu  unterstiitzen  oder  das  Resultat  um  eine 
Grb'Be  zu  verbessern,  welche  aus  der  Durchbiegung  h  des  Bandes  und 


Fig.  28.    Messen  geneigter  Visierlinien. 


26  ZWEITES  KAPITEL. 


O    T     2 

aus  dessen  Bogenlange  ab  =  I  riach  der  Formel  -^y-  berechnet  werden 
kann  (Fig.  29). 

Bei  ca.  30  m  Lange  zeigt  nach  SCHMIDT  sich  bei  14  kg  Anspannung. 
welche  ein  kraftiger  Gehilfe  mit  beiden  Handen  hervorzubringen  vermag. 
eine  Durchbiegung  von  16  cm,  die  einem  MeBfehler  von  2,3  mm  entspricht. 

Das  MeBband  muB  nach  jedesmaligem  Gebrauch  trocken  gerieben 
werden  zur  Yerhinderung  des  Rostens. 

Der  Preis  des  MeBbandes  1st  je  nach  der  Lange,  der  Ausstattung  und 
der  Aufbewahrungsweise  verschieden.  Ein  Band  von  20  m  Lange  auf  ein 

eisernes  Kreuz  gewickelt 
kostet  ca.  17  Mark,  ein 

Fig.  29.     Durchbiegen  des  MeBbandes.  ebensolches     V011    30    in    ca. 

22  Mark.    Ein  Band  von  33  m  Lange  mit  Messinggehau.se  kostet  50  Mark. 

AuBer  den  vorstehend  genannten  LangenmeBapparaten  sind  hie  und 
da  Ketten  von  10  oder  20  cm  langen  aus  starkem  Messingdraht  gefertigten 
Gliedern  in  Gebrauch,  welche  nur  geringwertige  Ergebnisse  liefern  konnen. 

Das  Langenmessen  in  stark  geneigten  Grubenraumen  ist  mit  beson- 
deren  Schwierigkeiten  verbunden.  Man  wechselt  entweder  mit  nahezu  soh- 
ligen  und  mit  vertikalen  Linien  ab  (siehe  §  71,  Fig.  126)  oder  man  ermittelt 
den  Hohenabstand  der  beiden  Endpunkte  (die  Seigerteufe  der  flachen 
Linie)  und  berechnet  hieraus  und  aus  dem  Neigungswinkel  die  Sohle  (siehe 
§  112)  oder  man  wendet  Latte  mit  Setzniveau  an  (siehe  §  67). 

B.     tlber  Tage. 

15.          Zu  den  Langenermittelungen  liber  Tage,  welche   sehr  genaue  Resul- 
tate  ergeben  sollen,   gehort   das  Messen  einer  Basis    oder  von  Polygon- 

seiten,  diezurFest- 
legung  wichtiger 
Punkte  dieiien. 

Dreiecksnetze 
zu  rein  markschei- 
derischen  Zwecken 
werden  immer  eine 
nur  geringe  Aus- 
dehnung  haben,  es 

kann    deswegen 
beim    Messen    der 
Basis  von  der  kost- 

Fig.  30.    Markscheiderbock.  spieligen  _  Anlage 

einer   honzontalen 

Unterlage  zum  Auflegen  der  MeBlatten  abgesehen  und  die  Langenmessung 
in  gleicher  Weise  wie  in  der  Grube  an  der  Schnur  mit  4  m  langen  Stahl- 
staben  ausgefuhrt  werden. 


DIE  BEIM  MARKSCHEIDEN  GEBEAUCHLICHEN  INSTEUMENTE  etc.        27 

Das  Yerfahren  unterscheidet  sich  von  dem  in  der  Grube  nur  dadurch, 
claB  man  statt  der  Spreizen  starke  Pfahle  und  sogenannte  Markscheider- 
bocke  (Fig.  30)  anwendet.  Das  Yerfahren  ist  aus  Fig.  31  zu  ersehen. 

In  PreuBen  ist  iibrigens  in  fast  alien  bergbautreibenden  Gegenden 
das  Dreiecksnetz  der  Landesvermessung  bis  zu  den  Dreiecken  IV.  Ordrmng 
durchgefuhrt,  der  Markscheider  wird  deshalb  in  den  meisten  Fallen  seine 
Messungen  direkt  anschlieBen  konnen  und  dem  Messen  einer  eigenen  Basis 
uberhoben  sein,  wenn  nicht  starke  Bewaldung  und  ungunstige  Oberflachen- 
verhaltnisse,  wie  auf  dem  Oberharze,  die  Benutzung  der  meist  auf  Berg- 
gipfeln  angebrachten  Dreieckspunkte  erschweren. 

Ich  bin  mehrmals  gezwungen  worden,  kleinere  Dreiecksnetze  mit  selbst- 
standiger  Basis  einzuschalten,  welche  stets  event,  mittelst  Polygonmessung 
an  zwei  Dreieckspunkte  der  Landesvermessung  angeschlossen  wurden. 
Immer  habe  ich  mit  dem  obigen  Yerfahren  der  Basismessung  gute  Re- 
sultate  erhalten. 

In  dem  schon  erwahnten  Aufsatze  des  Jahrbuches  fur  Berg-  und 
Hiittenwesen  im  Konigreiche  Sachsen  beschreibt  Professor  SCHMIDT  die 


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~i^-  =7^-~-_               —  —  ^'ft  ^^!&^~ 

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Fig.  31.     Basismessung. 

Messung  einer  568  m  langen  Basis  mittels  des  bei  den  Markscheidern 
ublichen  StahlmeBbandes  und  kommt  unter  Beobachtung  und  Beriick- 
sichtigung  aller  Fehlerquellen  zu  einem  sehr  guten  Resultate. 

Bei  den  sonstigen  Langenmessungen  iiber  Tagewendet  der  Markscheider  §  16, 
dieselben  Apparate  an  wie  der  Landmesser.  Die  friiher  allgemein  iibliche 
Kette  aus  eisernen  Gliedern  ist  in  neuerer  Zeit  vollstandig  .verdrangt  von 
dem  StahlmeBbande,  welches  20  mm  breit.  0,4  mm  dick  und  20  m  lang 
ist,  im  iibrigen  aber  dem  in  der  Grube  gebrauchlichen  gleicht.  Die  Zah- 
lung  beginnt  in  der  Mitte  der  SchluBringe.  Durch  dieselben  werden  beim 
Gebrauche  •  aus  Eichenholz  gefertigte  Stabe,  sogenannte  Kettenstabe  ge- 
steckt,  deren  Durchmesser  der  Ringoffnung  genau  entsprechen  und  welche 
an  ihren  oberen  Enden  kleine  Dosenlibellen  und  am  unteren  Ende  eiserne 
Spitzen  mit  eisernern  Querriegel  zum  Auflegen  der  Bandringe  haben. 

Das  Yerfahren  beim  Messen  ist  folgendes:  Die  Endpunkte  der  zu 
messenden  Linie  sind  durch  Lochpflocke  oder  Steine  bezeichnet. 

Nachdem  die  Kettenstabe  durch  die  SchluBringe  geschoben  sind,  setzt 
der  erste  Gehilfe  die  Spitze  seines  Kettenstabes  in  das  Loch  des  Anfangs- 
punktes  und  bringt  den  vom  zweiten  Gehilfen  gefiihrten  Kettenstab  in  die 
Richtung  der  zu  messenden  Linie  ein.  Zu  diesem  Zwecke  ist  der  Endpunkt 


28 


DEITTES  KAPITEL. 


der  Linie  durch  einen  runden  Stab  (Bake,  Piketpfahl)  bezeichnet.  Hierauf 
wird  das  Band  straff  gezogen,  wobei  die  beiden  Gehilfen  mittels  der 
Dosenlibellen  deu  senkrechten  Stand  der  Kettenstabe  kontrolieren.  Der 
Endpunkt  der  Bandlange  wird  vom  zweiten  Gehilfen  durch  ein  eisernes 
Zahlstabchen  bezeichnet,  welches  der  erste  Gehilfe  an  sich  nimmt,  sobald 

er  bei  fortschreitender  Messung 
die  Spitze  seines  Kettenstabes  an 
die  Stelle  desZahlstabchens  setzt. 
1st  die  Bodenoberflache  nicht 
vollstandig  horizontal,  so  ist  am 
tieferen  Punkte  der  Ring  des 
Bandes  an  dem  Kettenstabe 
nach  deni  AugenmaBe  so  weit 
hoch  zu  schieben,  bis  das  Band 
eine  horizontale  Lage  einnimmt. 

(Fig-32)' 

^e*  seDr  steilen  Hangen  rei- 
chen  die  Kettenstabe  zur  Be- 
nutzung  der  ganzen  Bandlange 
nicht  aus,  man  muB  in  diesem 
Falle  den  zweiten  Kettenstab  B 
aus  dem  Ringe  nehnien  und  den- 
selben  so  in  der  zu  messenden 


A 


Linie  aufstellen,  daB  die  Ent- 
fernung  A£  mittels  des  Bandes 
gemessen  werden  kann.  Den 
ersten  Ring  des  Bandes  streift 

y()m   Kettenstab   A 


Fig.  32.  ;LaDgenmessung  an  s 

ab,   steckt  .ihn  auf  den  Stab  ^,  setzt  den  Stab  A  in  zweckmaBiger  Ent- 
fernung  in  die  Linie  und  verfahrt  wie  vorher. 


Drittes  Kapitel. 
Der  Gradbogen. 

17.  Der  Gradbogen  (Fig.  33)   ist  dazu  bestimmt,  an  einer  ausgespannten 

Schnur  aufgehangt  zu  werden,  urn  hierdurch  cleren  Neigung  gegen  den 
Horizont  zu  'ermitteln.  Er  besteht  aus  einem  mit  Haken  vei^sehenen  Halb- 
kreise  von  nicht  zu  dickem,  federhart  geschlagenen  Messingblech ,  aus 
dessen  Mittelpunkte  ein  Lot  an  einem  schwarzen-Frauenhaar  befestigt  herab- 
hangt.  Das  Haar  liegt  an  der  Gradteilung  des  Bogens  an  und  ermoglicht 
das  Bestimmen  des  Neigungswinkels. 


DEB   GRADBOGEN. 


29 


Die  verstellbaren  Haken  sind  nach  entgegengesetzten  Seiten  geoffnet 
und  mit  Schlitzen  versehenj  in  welche  bei  steilen  Schniiren  Vorstecker 
geschoben  werden  konnen,  urn  das  Abspringen  der  Haken  zu  verhiiten. 


Fig.  33.     Der  Gradbogen. 

1st  in  Fig.  34  a  der  Neigungswinkel  der  geneigten  Schnur,  so  wird  der 
Bogen  c  d'  am  angehangten  Gradbogen  denWinkel  dec  messen.  Winkel  dec 
=  ^.ead  —  ^aj  da  die  Schenkel  beider  auf  einander  senkrecht  stehen. 

Die  Teilung  des  Bogens  beginnt  in  der  Mitte  und  geht  nach  beiden 
Seiten  bis  zu  90°.  Dadurch  ist  es  moglich,  den  Neigungswinkel  steigender 
und  fallender  Schniire  ohne 
weiteres  abzulesen. 

Die  Einteilung  des  Grad- 
bogens  ist  auf  J/4  oder  l/5  Grade 
durchgefiihrt.  Die  kleineren 
Unterabteilungen  schatzt  man 
mit  dem  Auge. 

Die  Priifung  des  Gradbogen s 
hat  sichj  wenn  man  die  Richtig- 
keit   der  Teilung  und  die  cen-   a 
trische  Lage  vom  Aufhangepunkte 


Fig.  34. 


Messen  des  Neigungswinkels  mittels  des 
Gradbogens. 


des  Lotes  voraussetzt,   auf  fol- 
gendes  zu  richten: 

1.  Ob  die  Linie  durch  die  Teilungspunkte  90°  — 90°  genau  parallel  ist 
mit  der  Linie,  welche  man  sich  durch  die  beiden  Haken  gelegt  denkt. 

2.  Ob  der  Gradbogen  vollkommen  senkrecht  hangt. 

Urn  den.  Gradbogen  auf  das  erste  Erfordernis  zu  priifen,  hange  man 


DRITTES  KAPITEL. 


denselben  an  eine  horizontal  ausgespannte  Schnur,  wobei  das  Lot  auf  Xull 
einspielt.  Darauf  hange  man  an  derselben  Stelle  den  Graddogen  um  und 
sehe  zu.  ob  auch  in  dieser  Lage  der  Nullpunkt  von  dem  Lote  gezeigt  wird. 
1st  dies  der  Fall,  so  ist  der  Gradbogen  von  diesem  Fehler  frei.  Sollten 
aber  sich  Unstimmigkeiten  herausstellen,  so  verschiebe  man  entweder  einen 
der  Haken  je  nach  Bedarf,  wozu  die  Offnungen  fiir  die  Klemmschraubchen  oval 
hergestellt  worden  sind,  oder  man  bestimme  den  Fehler  und  bringe  ihn  bei 
jeder  Beobachtung  in  Rechnung.  Endlich  kann  man  den  Gradbogen  auch 
an  jeder  Schnur  umhangen  und  aus  beiden  Ablesungen  das  Mittel  nehmen. 
Fallt  die  Ebene  des  aufgehangten  Gradbogens  nicht  mit  der  Vertikalen 
zusammen,  so  ist  dieser  Fehler  bei  horizontalen  Schniiren  ohne  EinfluB,  der- 

selbe  wird  aber  mitzunehmendem 
Neigungswinkel  der  Schnur  be- 
merkbar  und  zwar  wird  man  den 
Neigungswinkel  zu  klein  ablesen. 

In  Fig.  35  ist 
SS'  die  Schnurlinie, 
SaS'  die  vertikale  Ebene  des 

Gradbogenlimbus, 
a  der  Nullpunkt  der  Teilung, 
^.amb    der    Neigungswinkel 

der  Schnur 

<^ama  =  cp  der  Neigungs- 
winkel der  Ebene,  des  groB- 
tenKreises  Sa'S'  gegen  die 
Vertikale  (fehlerhafte  Stel- 
lung  des  Gradbogens), 


Fig.  35.    Ablesefehler  am  nicht  senkrecht  hangenden 
Gradbogen. 


a'  ebenfalls  Nullpunkt  der  Teilung, 
^  amb'  '  —  -^  amb  der  Neigungswinkel  der  Schnur, 
be  ist  ein  Teil  des  groBten  Kreises,  dessen  Ebene  senkrecht  auf  der 
Vertikalebene  SaS'  und  zugleich  auf  der  Horizontalebene  steht. 
In  dieser  Ebene  wird  das  beobachtende  Auge  die  Lotlinie  mb  auf  den 
schief  hangenden  Gradbogen  projizieren  und  daran  die  falsche  Neigung  tic 
ablesen. 

In  dem  spharischen  Dreieck  Sbc  ist 
Sc  =  90°  +  a'c, 


«=^;  bSc  =  «^:  am  a  =  cf, 

Sb  =  90°  +  ab, 

cos  9  =  tg  (90°  +  ab)  cotg  (90°  +  a'c), 
cos  cf  —  (—  cotg  ab)  (—  tg  a'c), 
cos  ff  tg  ab  =  tg  a  c. 

Setzt   man  in  dieser  Formel   <f>  =  3°  und    den  Neigungswinkel  nach 
einander  gleich  0°,  10°,  20°,  30°,  40°,  45°,  50°,  60°,  70°,  80°  und  90°,  so 


DEE  GEADBOGEN. 


31 


sind  die  Ablesefehler  beziehungsweise   0,  50",    1'30",  2' 3",  2' 20",  2' 22", 
2' 20",  2' 3",  1'30",  50"  und  oo  (unbestimmt). 

Mit  zunehmendem  Neigungswinkel  der  Schnur  wachst  der  Ablese- 
fehler, erreicht  sein  Maximum  bei  45°  Neigung  und  nimmt  dann  wieder 
in  gleichem  Verhaltnis  ab. 

Aus  obigen  Zahlen  geht  hervor,  daB  der  Winkel  cp  in 
die  Augen  fallend  sein  muB,  wenn  der  Fehler  die  Ablese- 
grenze  am  Gradbogen  iiberschreiten  soil.  Abweichungen  der 
Gradbogenebene  aus  der 
Vertikalen  von  3°  wird 
man  aber  schon  an  dem 
Yerhalten  des  Lothaares 
mit  bloBem  Auge  er- 
kennen. 

Bei  sehr  groBen 
Neigungswinkeln,  wo  der 
Schwerpunkt  durch  die 
Haken  nicht  geniigend 
in  seiner  Lage  festge- 
halten  wird,  tritt  leicht 

ein    Schwanken    des 
Winkels  cp   ein,   dessen 
Wachsen  dann  ein  Zu- 
nehmen  des  Ablesefeh- 
lers  mit  sich  bringt. 

Der    besprochene 
Fehler  wird  durch  vor- 
sichtiges     Biegen     der 
Haken  beseitigt. 


/  \ 


Fig.  36. 


Ungleicher  Druck  der  Gradbogenhaken  auf  die 
geneigte   Schnur. 


Die  gespannte  Schnur  bildet  eine  Kettenlinie.     Der   Neigungswinkel  §  18, 
dieser  Linie  ist  an  verschiedenen  Punkten  verschieden,  eine  Stelle  muB  es 
aber   geben,    wo  die  Schnur  der  Verbindungslinie   der  beiden  Endpunkte 
parallel  lauft  und  da  wiirde  der  Gradbogen  zur  Ermittelung  der  richtigen 
Neigung  aufzuhangen  sein. 

Sieht  man  von  dem  Gewichte  des  Gradbogens  ab,  so  wiirde  der 
richtige  Aufhangepunkt  nur  wenig  von  dem  Schnurmittel  nach  dem  unteren 
Ende  zu  abweichen. 

Das  Gewicht  des  Gradbogens  verandert  aber  die  Neigung  der  Schnur, 
weil  sich  dasselbe  nicht  gleichmaBig  auf  beide  Haken  verteilt,  wie  aus 
nachstehender  Betrachtung  hervorgeht: 

Es  bezeichnen  in  Fig.  36: 

G  das  Gewicht  des  Gradbogens  mit  Lot, 
8  den  Schwerpunkt, 


32  DEITTES  KAPITEL. 


d  die  Entfernung  der  Schnurlinie  von  S, 
I    den  Abstand  beider  Haken  voneinander, 
ce  den  Neigungswinkel  der  Schnur  gegen  den  Horizon!. 
Man   zerlege  G,  sowie   die  beiden  unbekannten  Driicke  D^D^  in  den 
Aufhangepunkten   in  je    zwei   Komponenten:     parallel   und    senkrecht 
zur  Schnurlinie,  dann  gilt  nach  Grundsatzen  der  Mechanik  fur  die  gleicli- 
gerichteten  Krafte: 

1.  arj  +  x2  =  G  cos  a,         2.  y1  -f  y2  =  G  sin  a. 

Ferner  miissen,  wenn  Gleichgewicht  statthaben  soil,  fur  irgend  einen 
angenommenen  Punkt  die  statischen  Momente  der  Krafte  sich  ebenfalls 
gegeneinander  aufheben: 

Fiir  M  als  Drehpunkt  haben  x.>  y2  yl  kein  Moment,  es  bleibt  demnach 

3.  x\l=  G  cos  a .  —  -j-  G  sin  ce.d,  dagegen  fur  N  als  Drehpunkt 

4.  x2  /  =  G  cos  a .  —  —  G  sin  a .  d. 

Demnach  ist  der  tfberdruck  auf  die  Schnur  am  oberen  Haken 

5.  xl  —  %2  =  2  G  sin  a  -j. 

Nach  Gleichung  4  folgt,  dafi  x2  =  0,  also  der  uritere  Haken  gar  nicht 
mehr  auf  die  Schnur  driickt,  fur 

6.  G  sin  ce  j •  =  G  cos  a  —,  also  fiir  tang  a  —  -^ 
Es  springt  der  untere  Haken  sogar  ab  fiir 

7.  G  sin  a  y  >  G  cos  a .  -,  also  fiir  tang  a  >  ~ 

Sollten  demnach  selbst  bei  steigender  Schnur  die  Driicke  m  den 
beiden  Haken  dieselbe  GroBe  haben,  also  x2  =  ^  sem,  so  miifite  nach 
Gleichung  5.  d  =  0  sein,  d.  h.  der  Schwerpunkt  S  des  Gradbogens  ein- 
schlieBlich  Lot  in  der  Schnurlinie  liegen  (siehe  SCHNEIDEES  Hangebogen  §  19). 

Die  Stelle  der  ausgespannten  geneigten  Schnur,  an  welcher  der 
Gradbogen  angehangt  werden  muB,  um  den  richtigen  Neigungswinkel  zu 
geben,  ist  durch  Versuche  von  FLOBIAN,  Markscheider  zu  Bleiberg  in 
Karnten,  Professor  JUNGE  in  Freiberg  (Berg-  u.  Hiittenm.  Z.  1862,  Seite  57) 
und  Bergrat  BOECHEES  (ebendaselbst  1863,  Seite  213)  zu  ermitteln  ver- 
sucht. 

Aus  den  FLOEiANschen  Versuchen  leitet  Professor  VON  MILLEE-HAUEN- 
EELS  folgende  Regel  ab: 

,,Man  hange  den  Gradbogen  naher  gegen  das  hb'here  Ende  der  Schnur 
und  zwar  vom  Mittel  des  letzteren  um  ein  solches  MaB  entfernt,  welches 
man  erhalt,  wenn  man  die  Schnurlange  bei  einer  Tonnlage  bis  etwa  15° 
fiir  jeden  Grad  derselben  mit  0,004  und  fiir  groBere  Winkel  mit  0,003 
multipliziert." 

Bei  12  m  langer  Schnur  und  20  Grad  Neigung  wiirde  z.  B.  der  Grad- 
bogen bei  6,72,  von  unterem  Ende  ab  gerechnet,  aufzuhangen  sein. 


DEE  GEADBOGEN.  33 

JUNGE  rat,  den  Gradbogen  etwas  iiber  der  Mitte  etwa  bei  0,58  der 
Schnurlange,  vom  unteren  Ende  ab  gerechnet,  anzuhangen. 

BOECHEES  hat  nicht  den  Aufhangepunkt  des  Gradbogens  fur  den  rich- 
tigen  Neigungswinkel  zu  ermitteln  gesucht,  sondern  aus  wiederholt  aus- 
gefuhrten  Versuchen  eine  Tabelle  aufgestellt,  wonach  man  die  Winkel, 
welche  man  beim  Anhangen  des  Gradbogens  in  der  Mitte  der  Schnur  er- 
halten  hat,  verbessern  kann. 

Letzteres  Verfahren  erscheint  als  das  praktischste,  da  es  leichter  ist, 
die  Mitte  der  Schnur  zu  finden,  als  durch  eine  immerhin  einige  Zeit 
raubende  Rechmmg  erst  den  Punkt  zu  ermitteln,  wo  der  Gradbogen  an- 
gehangt  werden  soil.  Dagegen  ist  aber  nicht  zu  vergessen,  daB  eine  solche 
Tabelle  nur  fur  eine  Schnur  von  bestimmter  Beschaffenheit  und  Lange 
und  fur  einen  Gradbogen  von  gewissem  Gewichte  Giiltigkeit  hat. 

Die  nachstehenden  Winkelwerte  sind  von  BOECHEES  durch  Yersuche 
festgestellt  und  zwar  gilt  die  erste  Reihe  fur  die  am  Harz  gebrauchlich  e 
Meterkette  aus  feinem  Messingdraht  von  10  m  Lange  und  die  zweite  Reihe 
fur  straff  gespannte  Hanfschniire  von  ebenfalls  10  m  Lange. 

Der  benutzte  Gradbogen  hatte  ein  Gewicht  von  70,6  Gramm. 

Die  Verbesserungen  sind  fiir  Winkel  von  fiinf  zu  fiinf  Grad  beobachtet 
und  zeigen  an,  um  wie  viel  die  Winkel  in  der  Mitte  der  Schnur  zu  klein 
erhalten  wurden. 

5°          10°        15°        20°        25°        30°        35°      40°        45° 
I.     2'    5"     3'   4"     5'    5"     6'  IT     7'28"     8' 38"     9'  38"  10' 40"  11' 39" 
II.     1'35"     2'  42"     3' 44"     4' 40"     5' 30"     6' 10"     6' 38"     7'  20"     T  38" 

50°        55°        60°        65°        70°         75°        80°        85°        90° 
I.  12'33"  13' 28"  14'22"  15'13"  16'   2"  16'55"  17' 40"  18' 25"  19'   5" 
II.     8' 10"    8' 32"     8' 55"     9' 15"     9'  34"     9' 52"   10' 12"  10' 30"  10' 45" 

Die  schon  erwahnten  Versuche  von  Professor  JUNGE  haben 
auBerdem  ergeben,  daB  man  den  richtigen  Neigungswinkel 
nicht  erhalt,  wenn  man  den  Gradbogen  sowohl  an  dem  oberen 
als  am  unteren  Ende  der  Schnur  anhangt  und  aus  den  an  diesen 
Stellen  abgelesenen  Neigungswinkeln  das  Mittel  nimmt.  Das 
so  gefundene  arithmetische  Mittel  ist  nicht  unerheblich  kleiner,  als  der 
wahre  Neigungswinkel  der  Schnur. 

Der  Gradbogen  ist  nach  alledem  kein  besonders  leistungsf ahige  s 
Instrument  und  man  wird  dasselbe  zu  wichtigen  Seigerteufenermittelungen 
nicht  benutzen.  Jedoch  wird  dasselbe  fiir  den  Markscheider  unentbehr- 
lich  bleiben,  sobald  es  sich  um  die  Bestimmung  der  Neigungswinkel  be- 
hufs  Berechnung  der  Sohlen  handelt. 

Bei  geringen  Neigungen  der  Schnur  wird  beziiglich  des  Aufhange- 
punktes  die  Beachtung  der  JuNGEschen  Regel  vollstandig  geniigen,  aber 
da  mit  wachsendem  Neigungswinkel  die  Beobachtungsfehle  r 

BBATHDHN,  Markscheidekunst.  3 


34 


DBITTES  KAPITEL. 


am  Gradbogen  die  Kichtigkeit  der  daraus  berechneten  Sohle 
in  immer  hoherem  MaBe  beeinflussen,  so  ist  in  diesem  Falle  nicht 
blofi  die  Beobachtung  selbst  zu  verscharfen,  sondern  auch  die  Aufhangestelle 
an  der  Schnur  mit  Sorgfalt  zu  suchen. 

Am  besten  geht  man  bei   groBeren  Neigungswinkeln   zur  Benutzung 
der  BoECHEESchen  Tabellen  liber. 


19.         Von  den  Versuchen,  dem  Gradbogen  eine  andere  Form  zu  geben,  ist 

zuerst   der    ungefahr   im  Jahre    1775   vom   Hofrat  KASTNEE  konstruierte 

Gradbogen  zu  nennen. 
Die  Schiene  «£  mit 
den  beiden  Haken  ist 
um  die  Achse  c  dreh- 
bar,  an  welcher  der 
Quadrant  <?/ebenfalls 
drehbar  befestigt  ist. 
Liegt  die  Schiene  auf 
der  Schnur,  so  dreht 
man  den  Quadranten 
so  lange,  bis  das  Lot 
im  Nullpunkte  bei  e 
einspielt. 

Am  Nonius,  wel- 
cher an  der  Schiene 
bei  b  sitzt,  kann  nun 
der  Winkel  abgelesen 
werden.  Die  Teilung 
geht  von  /  nach  e. 

Dieser  Gradbogen 
ist  sehr  wenig  in  Ge- 
brauch  gekommen. 
Ferner  ist  zu  er- 

wahnen,  der  neue  Hangebogen  von  SCHNEEDEE  (Osterr.  Zeitschr,  fiir  Berg- 

und  Hiittenwesen  1877,  Seite  367). 

SCHNEIDEE  will  den  Fehler  des  alten  Gradbogens:   die  ungleiche  Be- 

lastung  der  einzelnen  Haken  durch  die  Konstruktion  seines  Hangebogens 

dadurch  vermeiden,  daB  er  den  Schwerpunkt  in  die  Schnurlinie  veiiegt. 

Statt  eines  Halbkreises  nimmt  er  einen  Yollkreis  und  statt  des  Lotes  eine 

Alhidade  mit  Rohrenlibelle. 

Das    Instrument   ist   aus  Aluminiumblech  gefertigt   und   wiegt   daher 

trotz  seines  Umfanges  und  Beiwerkes  nur  80  Gramm.     Der  zarte  Apparat 

verbiegt  sich  aber  leicht  und  hangt  sich  nicht  immer  von  selbst  vertikal. 

Auch  dieses  Instrument  hat  keine  groBe  Yerbreitung  zu  erwarten. 


Fig.  37.     Gradbogen  von  KASTNER. 


DER  GEADBOGEN. 


35 


IB  der  Berg-  und  hiittenm.  Zeit.  1882,  Seite  245  beschreibt  BOECHEES 
einen  Apparat,  welcher  die  unmittelbare  Beobachtung  der  richtigen  Neigungs- 
winkel  gespannter  Schniire  gestattet.  Dieser  Apparat,  von  BOECHEES 


Fig.  38.     Hangebogen  von  SCHNEIDEB. 

Hangeniveau  genannt,  1st  ein  Gradbogen,   welcher  statt  des  Lotes  eine 
um  den  Mittelpunkt  drehbare  Alhidade  besitzt,  die  mit  Nonius  und  Fein- 


Fig.  39.    Hangeniveau  von  BOUCHERS. 

stellung  versehen   ist  und   mittels  einer  darauf  befestigten  Rohrenlibelle 
senkrecht  gestellt  werden  kann. 

An  dem  Hangeniveau,   welches   nur   an  einem   Endpunkte   der   aus- 


36  VIEKTES  KAPITEL. 


gespannten  Schnur  aufgehangt  werden  kann,  ist  ein  kleines  Fernrohr  so 
befestigt,  da6  seine  optische  Achse  mit  der  Linie  90 — 90  parallel  1st. 
Mittels  eines  kleinen  Reitersignals  und  einer  Hebungsschraube  wird  die 
Achse  des  Fernrohres  und  mithin  aucli  die  Linie  von  90 — 90  genau  parallel 
der  Verbindungslinie  der  beiden  Aufhangepunkte  der  Schnur  gestellt. 

Nivellements  mit  dem  Hangeniveau  geben  denen  mittels  des  Luft- 
blasenniveau  und  der  Latte  ausgefiihrten  an  G-enauigkeit  nichts  nach. 

Dasselbe  vermag  da,  wo  der  gewohnliche  Gradbogen  unsicher  wird, 
namlich  bei  der.  Bestimmung  des  Neigungswinkels  stark  ansteigender 
Schniire  ausgezeichnete  Dienste  zu  leisten,  wird  aber  trotzdem  wegen 
seiner  Kostspieligkeit,  die  durch  die  seltene  Anwendung  erhoht  wird,  keine 
allgemeine  Yerbreitung  finden. 

BOECHEES  hat  den  Apparat  iibrigens  nur  zu  einem  bestimmten 
Zwecke  konstruiert,  wie  in  der  angezogenen  2eitschrift  ausdriicklich 
hervorgehoben  wird. 


Viertes  Kapitel. 
Der  KompaB. 

20.  Bis  zum  ersten  Drittel  dieses  Jahrhunderts  war  der  KompaB  das  wich- 

tigste  Instrument  des  Markscheiders.  und  die  Entwickelung  der  ganzen  Mark- 
scheidekunst  hangt  eng  mit  der  Vervollkommnung  des  Kompasses  zusammen. 

Einem  gewissen  FLAVIO  GIOJA  (13Q2  — 1320)  wird  gewohnlich  das  Yer- 
dienst  zugeschrieben ,  zuerst  einen  nadelfb'rmigen  Magnet  in  eine  Biichse 
eingeschlossen  zu  haben. 

Die  Anwendung  des  Kompasses  zum  Yermessen  in  der  Grube  erwahnt 
zuerst  AGEICOLA  im  fiinften  Kapitel  seines  1556  erschienenen  Buches  ,,De 
re  metallica".  Der  in  diesem  Werke  beschriebene  SetzkompaB  von  der 
altesten  Konstruktion  ist  sehr  primitiver  Natur. 

Das  Neudorfer  Bergwerk  im  anhaltischen  Harze  besitzt  noch  einen 
solchen  alten  SetzkompaB,  welcher  die  Jahreszahl  1541  tragt.  Eine  hol- 
zerne  2  cm  dicke  Scheibe  (Fig.  40)  von  16,5  cm  Durchmesser,  in  deren 
Mitte  zentrisch  eingelassen  eine  kleine  messingene  KornpaBbiichse  von 
5,5  cm.  Durchmesser  sich  befindet,  ist  in  eine  kreisformige  Yertiefung 
einer  holzernen  Biichse  eingesetzt,  welche  oben  durch  einen  Deckel  ver- 
schlossen  werden  kann  und  in  deren  Boden  ein  Loch,  wahrscheinlich  zur 
Aufnahme  eines  Aufsteckzapfens,  gebohrt  ist.  Der  KompaB  hat  nur  eine 
Nprd-Sudlinie ,  und  um  seinen  etwas  erhohten  Band  ist  eine  Doppelregel 
drehbar.  Die  holzerne  Scheibe  hat  mehrere  ringformige  Yertiefungen, 
welche  mit  verschieden  gefarbtem  Wachs  ausgefiillt  sind.  Beim  Gebrauch 
wurde  das  Instrument  so  aufgestellt,  daB  die  Nadel  nach  Norden  zeigte, 


DEE  KOMPASS. 


37 


die  Regel  nach  dem  AugenmaB  in  die  Richtung  der  Schnur  gebracht  und 
diese  durch  Striche  oder  Punkte  auf  einem  der  Wachsringe  bezeichnet. 
Die  Zulage  erfolgte  von  dem  Schachtpunkte  oder  dem  Stollenmundloche 
ausgehend  auf  der  Tagesoberflache  im  naturlichen  MaBstabe.  Die  ersten 
Vermessungen  batten  nur  den  Zweck,  nachzuweisen,  wie  die  unterirdischen 
Baue  gegen  die  Grubenfeldesgrenze  (Markscheide)  standen. 

Spater  ist  die  einfache  messingene  Regel  mit  Haken  oder  Loehern 
zum  Einhangen  einer  Scbnur  und  die  Scheibe  neben  den  wachsernen  Ringen 
auch  noch  mit  einer  Kreisteilung  am  Rande  versehen  worden,  wie  auch 
schon  AGEICOLA  an- 
giebt. 

Die  abgelesenen 
Winkel  wurden  im 
Taschenbuche  notiert 
und  die  Zulage  auf 
dem  Papiere  gemacht. 

Der  aus  AGEICOLA 
zu  ersehende  Stand- 
punkt  der  Markschei- 
dekunst  blieb  lange 
Jahre  derselbe,  bis 
dieselbe  mit  der  Er- 
findung  des  Hange- 
kompasses  durch  BAL- 
THASAE  ROSSLEE,  der 
1673  als  Bergmeister 
zu  Altenberg  in  Sach- 
sen  starb,  einen  neuen 
Aufschwung  nahm. 

Im  Jahre  1686 
erschien  das  erste  be- 
deutende  Buch  iiber  die  Geometria  subterranea  von  NICOLAUS  VOIGTEL, 
worin  der  RossLEEsche  HangekompaB,  das  sogenannte  Kreuzhangezeug, 
zuerst  abgebildet  und  beschrieben  ist  (Fig.  41). 

Ein  breiter  Messingring  A,  der  Hangering,  ist  mit  zwei  Haken  zum 
Aufhangen  versehen  und  mit  einem  zweiten  diinneren  Ringe  B  dem  Kom- 
paBringe  fest  verbunden,  dessen  Ebene  um  90  Grad  verdreht  ist  gegen  die 
des  Hangeringes.  Zwei  gegeniiberliegende  und  um  90  Grad  von  der  Hange- 
ringebene  entfernte  Locher  EE  im  KompaBringe  dienen  zur  Aufnahme  der 
an  der  Kompafibuchse  C  befestigten  Zapfen.  AuBerdem  sind  an  der  Kom- 
paBbiichse  noch  zwei  Spitzen  DD  angebracht,  welche  beim  Drehen  der 
Btichse  an  dem  Hangeringe  anliegen. 

Die  nachsten  Werke  von  Bedeutung  iiber  Markscheidekunst :  1)  die 
lateinisch  verfaBten  Institutiones  geometriae  subterraneae  von  J.  F.  WEIDLEE. 


Fig.  40.     Alter  SetzkompaC. 


38  VIERTES  KAPITEL. 

Wittenberg,  1726;  2)  Griindlicher  Unterricht  vom  Bergbau  nach  Anleitung 
der  Markscheidekunst  von  A.  BEYER.  Altenburg,  1749;  3)  Anleitung  zur 
Markscheidekunst  vom  Oberberghauptmann  v.  OPPEL.  Dresden,  1749, 
brachten  beziiglich  der  KompaBkonstruktion  nichts  Neues,  wenn  sie  auch 
in  anderer  Beziehung,  namentlich  durch  Einfuhrung  des  Zulegens  nach 
Streichsinus  und  Streichcosinus,  die  Markscheidekunst  auf  eine  hohere 
Stufe  hoben. 

Im  Jahre  1785  erschien  eine  zweite  Auflage  des  BEYERschen  Buches, 
bearbeitet  von  LEMPE,  in  welchem  zum  erstenmale  die  jetzt  gebrauchliche 


Fig.  41.     Kreuzhangezeug  nach  ROSSLER. 

Form  des  Hangezeuges  abgebildet  1st  und  der  Mechanikus  SCHUBERT   in 
Freiberg  als  der  Verfertiger  genannt  wird. 

In  dem  drei  Jahre  vorher  erschienenen  Buche  von  LEMPE,  Anleitung 
zur  Markscheidekunst  1782,  findet  sich  wenigstens  die  neue  Form  noch  nicht. 

Anm.     Der  Vollstandigkeit  wegen  mogen   hier  die  anderen  tiber  Markscheide- 
kunst geschriebenen  Bucher  angefiihrt  worden. 

Lehrbuch  der  Markscheidekunst  von  D.  F.  HECHT.    Freiberg,  1829. 
Anleitung  zur  Markscheidekunst  von  J.  N.  LANG  v.  HANSTADT.     Pest,  1835. 
Anfangsgriinde  der  Markscheidekunst  mit   dea  wichtigsten   Satzen   der  ebenen 

Trigonometric  von  KOTZURA.    Weimar,  1848. 

Die  neue  Markscheidekunst  von  J.  WEISSBACH.    Braunschweig,  1851. 
Lehrbuch  der  Markscheidekunst  von  A.  H.  BEER.    Prag,  1856. 


DEE  KOMPASS.  39 


Hohere  Marks cheidekunst  von  MILLER- HAUENFELS.    Wien,  1868. 

Die  praktische  Markscheidekunst  mit  Theodolit  und  Luftblasenniveau  von  BOR- 

CHERS.     Hannover,  1870. 

AbriB  der  Markscheidekunst  von  CHOULANT.     Freiberg,  1873. 
Lehrbuch  der  Markscheidekunst  und  praktischen   Geometrie  von  A.   LIEBENAM. 

Leipzig,  1876. 

Die  KompaBMchse. —  Der  jetzt  beim  Markscheiden  in  Anwendung  kom-  §  21, 
mende  KompaB  besteht  aus  einer  messingenen  Biichse  A  von  7 — 10cm  auBern 
Durchmesser,  welche  auf  dem  innern  matt  versilberten  Teile  des  Randes 
dem  Stundenringe  B  eine  Teilung  in  Stunden  oder  Grade  tragt  (Fig.  42). 
Im  Mittelpunkte  der  Biichse  ist  senkrecht  zur  ebenfalls  versilberten  Boden- 
platte  ein  stahlerner  in  eine  feine  Spitze  auslaufender  Stift  eingeschraub't, 


Fig.  42.     Kompafibiichse. 

auf  welchem  eine  Magnetnadel  so  ruht,  daB  ihre  Spitzen  in  gleicher  Hohe 
des  Stundenringes  schwingen  konnen.  Die  Nadel  ist  aus  diinnem  Feder- 
stahl  gefertigt,  hat  vorwiegend  nebenstehende  rhombische  Gestalt 
und  ist  magnetisch,  das  heifit:  die  eine  Spitze,  welche  zum  besseren 
Erkennen  blau  angelaufen  und  mit  einem  Querstrich  versehen  ist, 
wendet  sich  bei  ungehinderter  Bewegung  stets  nach  Norden. 

Die  Magnetnadel  tragt  iiber  einer  Durchbohrung  ein  messingenes 
Hiitchen,  welches  mit  einem  konisch  ausgehohlten  Stein  oder  Stahl- 
stiick  zur  Aufnahme  des  Stiftes  ausgefiittert  ist. 

Die  Biichse  ist  mit  einem  Glasdeckel,  den  ein  eingesprengter 
Eing  festhalt,  verschlossen  und  auBerdem  mit  einer  Yorrichtung  ver- 
sehen, mittels  welcher  man  die  Nadel  vom  Stift  abheben  und  gegen 
den  Glasdeckel  driicken  kann  (Arretierung). 

Die  Vorrichtung  besteht  meistens  in  einem  durch  einen  Schie- 
ber  in  Wirkung  zu  bringendes  Hebelwerk  oder  in  einer  Schraube, 
welche  durch  die  Bodenplafte  oder  durch  den  Glasdeckel  gefiihrt 
ist  (Fig.  44).  Berg-  und  hiittenm.  Zeit.  1860,  Seite  2,  und  1875, 
Seite  113. 

Der  Kreis  des  bergmannischen  Kompasses  ist  meistens  in 
Stunden,  seltener  in  Grade  eingeteilt.  Fis-  43- 

Die  24  Stunden  des  Kompasses  werden  nicht  von  1  bis  24  durch-  nadei.1 
gezahlt,  sondern  zweimal  von  1  bis  12.  Die  Bezifferung  begiunt  jedes- 
mal  an  dem  an  den  Enden  mit  Nord  und  Siid  bezeichneten  Durchmesser 
(der  zwolften  Stundenlinie)  und  zahlt  dem  sonstigen  Gebrauche  entgegen  von 
rechts  nach  links.  An  der  sogenannten  sechsten  Stunden-  oder  Ost- West- 
lime,  d.  i.  an  dem  Durchmesser  des  Stundenkreises,  welcher  die  Stunden  6 


40 


YIEETES  KAPITEL. 


miteinander  verbindet,  sind  die  Weltgegenden  Ost  und  West  vertauscht. 
Der  Grund  fur  diese  Yertauschung  und  die  widersinnige  Bezifferung  ist 
leicht  einzusehen.  In  Fig.  45  denke  man  sich  zunachst  den  Mittelpunkt 
des  Kompasses  so  auf  den  Punkt  a  der  Linie  ab  aufgestellt,  daB  die  zwolfte 
Stundenlinie  mit  der  Richtung  der  frei  schwingenden  Magnetnadel  zusam- 

menfallt.  Will  man  nun  das 
Streichen  der  Linie  a  b  messen, 
so  bringt  man  die  12.  Stunden- 
linie in  die  Vertikalebene  der 
Linie  ab,  indem  man  den 


-TT- 


Fig.  44.     Arretierungsvorrichtung  am  Glasdeckel. 


KompaB  um  den  Punkt  a  dreht. 
Die  frei  schwingende  Nadel 
nimmt  aber  an  der  Drehung 
der  12.  Stundenlinie  nicht  teil, 
sondern  bleibt  vermoge  ihrer  magnetischen  Kraft  unverandert  im  magne- 
tischen  Meridian  stehen.  Der  Winkel  bac,  welchen  die  ostwarts  (von 
links  nach  rechts)  gedrehte  Nord-Siidlinie,  bez.  die  Linie  ab  nunmehr 
mit  dem  magnetischen  Meridian  einschlieBt,  wird  durch  den  Bogen  be  ge- 
messen,  den  die  Nadelspitze  im  umgekehrten  Sinne,  also  westwarts  (von 

rechts  nach  links)  bei  der  Drehung  der 
12.  Stundenlinie  um  a  durchlaufen  hat.  Um 
sogleich  den  richtigen  Winkel  und  die  rich- 
tige  Weltgegend  an  der  Nadelspitze  ablesen 
zu  konnen,  ist  die  Teilung  in  der  Richtung 
von  rechts  nach  links  bezifiert  und  sind  die 
Weltgegenden  Ost  und  West  verwechselt. 

Sollte  eine  Uhr  mit  feststehendem  Zeiger 
und  sich  von  links  nach  rechts  drehendem 
Zifferblatte  die  richtige  Stunde  angeben,  so 
miiBten  die  Stundennummern  auch  von  rechts 
nach  links,  statt,  wie  sonst  tiblich,  von  links 
nach  rechts  zahlen. 

Auf  Kompassen  mit  grofierem  Durch- 
messer  sind  die  Stunden  in  16  Teile,  auf 
solchen  mit  kleinerem  Durchmesser  in  8  Teile 
geteilt.  Die  weiteren  Unterabteilungen  schatzt 
man  mit  dem  Auge. 
Man  unterscheidet  verschiedene  Ablesungen: 

1)  Stunden  und  Achtelstunden  mit  16  Unterabteilungen  (Sechszehntel- 
achtel), 

2)  Stunden,  Sechszehntelstunden  mit  8  oder  12  Unterabteilungen. 
Die   zuerst   genannte   Abteiiung  ist   die   gebrauchlichste   und  soil  in 

diesem  Buche  angewendet  werden. 


Fig.  45. 


DEE  KOMPASS. 


41 


Stunde 

Achtel 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

1. 

Or. 

1. 

1. 

Or  oder  Os. 

1. 

1. 

Oss. 

1. 

1. 

1U- 

1. 

1. 

!/4r. 

I. 

1. 

i/4  r" 

oder  l/4 

1. 

1. 

l/4tss 

• 

1. 

1. 

l/9     U 

.  s.  w. 

Einen  Streichwinkel  nach  dieser  Ablesung  wiirde  man  z.  B.  schreiben: 
W.  5.  6.  4,  d.  h.  West.  5  Stunden  6  Achtel  und  4  Sechszehntelachtel. 

Eine  veraltete  Bezeichnungsweise  hat  Stunden,  Achtel  und  Yiertel- 
achtel;  die  Unterabteilungen  werden  durch  r  (reichlich  minus)  r  (reichlich) 
oder  s  (einmal  scharf)  und  ss  (zweimal  scharf)  bezeichnet.  Es  wiirde  dem- 
nach  gleichbedeutend  sein: 

Sechszehntel 
Achtel 
1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 

Bei  kleinen  Kompassen  mit  der  8  teiligen  Stunde  erfolgt  die  Ablesung 
nach    Stunden,     Achteln     und    Viertel- 
achteln;    die    Unterabteilungen    werden 
durch    angehangte    -f    oder    -  -   Zeichen 
gekennzeichnet. 

1  Stunde   =   15° 
V8-     „         =1°  51'  30" 
Va       »  ?'  1,8" 

16 

Die  Ablesegrenze  fur  Kompasse  von 
6  cm  Durchmesser  ist  ein  Sechszehntel- 
achtel =  ca.  7  Minuten.  Bei  solchen  mit 
etwas  groBerem  Durchmesser  kann  man 
Bruchteile  des  Sechszehntelachtels  ab- 
schatzen,  die  man  entweder  durch  + 
und  —  oder  durch  Dezimalen  ausdriickt. 

Dem  Streichwinkel  einer  Linie  hat  man  die  Weltgegend  hinzuzusetzen. 
Auch  hier  sind  zwei  Bezeichnungsweisen  liblich. 

Nach  der  einen  werden  nur  die  Weltgegenden  Ost  und  West  gebraucht 
fur  die  Streichwinkel  im  ostlichen  oder  westlichen  Halbkreis,  nach  der 
anderen  alle  vier  Weltgegenden  und  zwar  Ost  bez.  West  fur  alle  Streich- 
winkel zwischen  den  Stunden  3  und  9,  dagegen  Nord  fur  den  westlichen 
Streichwinkel  von  Stunde  9  bis  12  und  fur  die  ostlichen  von  0  bis  3,  Slid 
fiir  die  ostlichen  Streichwinkel  von  Stunde  9  bis  12  und  fur  die  westlichen 
von  0  bis  3. 

Es  sind  demnach  gleichbedeutend 

0.  1.  2.  7.   =  N.  1.  2.  7.,  W.  10.  0.  8.  =  N.  10.  0.  8. 
0.  9.  7.  3.   =    S.  9.  7.  3.,  W.     2.  4.  1.  =   S.     2.  4.  1. 


42  VLEBTES  KAPITEL. 


Diese  veraltete  und  fur  die  Umwandlung  in  GradmaB  unbequeme 
Stundeneinteilung  wircl  leider  immer  noch  beibehalten,  obgleich  die  Stunden- 
und  Gradeinteilung  sich,  wenn  durchaus  die  Stunden  beibehalten  werden 
sollten,  leicht  verbinden  lieBe,  wenn  man  jede  Stunde  statt  in  16  in  15 
Teile  zerlegte  und  die  Minuten  clem  Abschatzen  iiberlieBe.  Schon  NICOLAUS 
VOIGTEL  spricht  sich  in  seinem  im  Jahre  1686  erschienenen  Werke  Seite  25 
in  diesem  Sinne  aus. 

Die  Gradeinteilung  findet  man  jetzt  nur  bei  Kompassen  von  groBerem 
Durchmesser,  wo  die  Teilung  bis  auf  halbe  Grade  durchgefiihrt  ist  und 
durch  Schatzung  bis  auf  5  Minuten  abgelesen  wird. 

Die  ebenfalls  widersinnige  Bezifferung  der  Grade  geht  entweder  von 
1°  bis  360°  oder  zweimal  von  1°  bis  180°.  Im  letzteren  Falle  miissen 
die  Weltgegenden  zu  den  Streichwinkeln  gesetzt  werden. 

Der  Stundenring  ist  fest  mit  dem  Kranze  des  KoinpaBnapfes  verbunden, 
kann  aber  auch  mit  einer  Vorrichtung  zum  Verstellen  eingerichtet  werden. 

Osterr.  Zeitschr.  fur  Berg-  u.  Hiittenw.  1878.  Nr.  22. 

§  22.  Soil  ein  KompaB  den  Anforderungen  des  Markscheiders  geniigen,   so 

hat  er  folgende  Bedingungen  zu  erfiillen. 

1)  Er  muB  richtig  eingeteilt  sein. 

2)  Er  soil  keine  zu  groBen  Exzentrizitatsfehler  besitzen. 

3)  Die    Magnetnadel    muB     den    erforderlichen    Grad    von 
Empfindlichkeit    haben   und    in    der   Ebene    des   Stundenringes 
schwingen. 

Zu  dem  ersten  Erfordernis: 

Bei   der  jetzigen  Vollkommenheit   der  Teilmaschinen   ist   bei  Instru- 
menten  aus  guten  Werkstatten  die  Teilung  immer  als  richtig  vorauszusetzen. 
Zu  dem  zweiten  Erfordernis: 
Nach  v.  MILLEK-HAUENEELS  kann  man  unterscheiden : 

1)  Die  konstante  Exzentrizitat,  wenn  Stiftspitze  und  Nadelenden 
nicht  in  einer  Vertikalebene  liegen. 

2)  Die   gesetzmaBig   veranderliche   Exzentrizitat,    wenn   die 
Stiftspitze  exzentrisch  zum  Stundenringe  steht. 

3)  Die  gesetzlose  Exzentrizitat,   wenn  der  Aufhangepunkt  der 
Nadel  im  Hiitchen  veranderlich  ist 

In  den  beiden  ersten  Fallen  zeigt  der  Fehler  sich  dadurch,  daB  die 
Ablesungen  an  beiden  Nadelspitzen  nicht  ubereinstimmen.  Bleibt  dieser 
Unterschied  derselbe,  wenn  man  durch  Drehen  des  Kompasses  die  Nadel- 
spitzen  durch  den  ganzen  Stundenkreis  fiihrt,  so  ist  die  konstante  Exzen- 
trizitat vorhanden ;  wechselt  hierbei  der  Fehler  und  geht  von  einem  Maximum 
allmahlich  zu  einem  Minimum  iiber  oder  umgekehrt,  so  liegt  die  gesetz- 
maBig veranderliche  Exzentrizitat  vor. 

Die  Abweichung  vom  wahren  Streichwinkel  ist  am  groBten,  wenn  die 


DEE  KOMPASS. 


43 


Nadel  senkrecht  steht  auf  der  Yerbindungslinie  vom  KompaBmittelpunkt 
und  Stift  MM'  (Fig.  47),  dagegen  gleich  Null,  wenn  die  Nadelrichtung  in 
diese  Yerbindungslinie  selbst  fallt. 

In  beiden  Fallen  wird  der  Febler  ausgeschieden,  wenn  man 
an  beiden  Nadelspitzen  abliest  und  aus  beiden  Ablesungen  das 
Mittel  nimmt. 

Der  Beweis  fur  die  Bichtigkeit  des  Verfahrens  berubt  in  dem  plani- 
metrischen  Lehrsatze,  da6  ein  exzentriscber  Winkel  gleich  ist  dem  arith- 


Fig.  47  und  48.     Exzentrizitatsfehler  des  Kompasses. 

metischen  Mittel  aus  den  beiden  Centriwinkeln  iiber  den  zwischen  seinen 
Schenkeln  liegenden  Kreisbogen. 

In  Fig.  48  sei  M  der  KompaBmittelpunkt  und  M'  der  exzentrisclie 
Stand  des  Stiftes.    Die  freiscbwingende  Nadel  schlieBt  mit  der  12.  Stunden- 
linie  den  Winkel  a  ein,  zeigt  aber  mit  der  Nordspitze 
auf  Stunde  2  und  mit  der  Siidspitze  auf  Stunde  4.    Das  ;  : 

MaB  des  Winkels  a  ist  das  Mittel  aus   den  Bogen  Sb 


und  Na  oder 


Stunde  2  +  Stunde  4 


=  Stunde  3.     Den- 


selben  Wert  wurde  man  an  einer  genau  zentriscb  spie- 
lenden  Nadel  (in  der  Figur  punktiert)  sogleich  abgelesen 
haben. 

Zum  Erkennen  der  gesetzlosen  Exzentrizitat  iibe  man 
mit   einem   diinnen   Abschnitzel    eines    Federkiels    oder 
Fischbeins  einen  kleinen  seitlicben  Druck  erst  von  der 
einen,  dann  von  der  anderen  Seite  des  Hutchens  aus  (Fig.  49)  und  lese  ab. 
Geben  beide  Streichwinkel  eine  rnerkliche  Abweichung,   so    hat   man   es 
mit  der  gesetzlosen  Exzentrizitat  zu  thun. 

Nadeln  mit  diesem  Fehler  sind  unbrauchbar. 


Fig.  49.     Gesetzlose 
Exzentrizitat. 


44  VIEETES  KAPITEL. 


Zum  dritten  Erfordernis: 

Die  richtige  Empfindlichkeit  der  Magnetnadel  erkennt  man  daran, 
daB  dieselbe  selbst  die  kleinsten  Schwingungen  regelmafiig  ausfiihrt,  in 
ihrer  freien  Bewegung  also  nicht  gestort  wird. 

Zur  Priifung  in  dieser  Hinsicht  versetzt  man  eine  in  Ruhe  befindliche 
Magnetnadel  eines  Kompasses  in  der  Zulegeplatte  durch  Annahern  eines 
Eisenteiles  in  Schwingungen,  beobachtet  letztere  auf  ihre  RegelmaBigkeit  und 
priift  namentlich,  ob  die  Nadel  genau  den  ersten  Stand  wieder  einnimmt. 

Die  Empfindlichkeit  der  Nadel  hangt  ab: 

a.  von  der  fehlerfreien  Spitze,  auf  welcher  sie  schwingt, 

b.  von    der    guten  .Beschaffenheit    des    aus  Achat    oder  Stahl    her- 
gestellten  Hiitchens  und 

Ac.  von  der  magnetischen  Kraft  der  Nadel. 
Zeigt  die  Nadel  sich  trage,  so  wird  die  Ursache  meistens 
in  der  fehlerhaften,  abgenutzten  oder  stumpfen  Spitze  des  Stiftes 
zu  suchen  sein.  Verbessert  wird  dieselbe  durch  vorsichtiges 
Schleifen  auf  einem  feinen  Arkansasolsteine  unter  fortwahrender 
Drehung  des  Stiftes  und  durch  nachheriges  Polieren  auf  feinem 
Schmirgelpapier.  Zudiesem  Zwecke  inufi  derStift  herausgeschraubt 
und  in  einer  Handhabe  (Fig.  50)  befestigt  werden.  Hat  die 
Tragheit  der  Magnetnadel  ihren  Grund  in  der  geringen  mag- 
netischen Kraft,  so  wird  man  ihr  dieselbe  mitteilen  mittels  des 
einfachen  oder  doppelten  Striches. 

Zu  diesem  Zwecke  legt  man  die  Nadel  auf  ein  ebenes  Brett, 
Handhabe  we^cnes  m^  einer  Yertiefung  fur  das  Hiitchen  versehen  ist,  und 
zum  Schiei-  streicht  mit  einem  Magneten  entweder  mehreremal  von  einem 
fendesKom-  Ende  bis  zum  anderen  auf  der  Nadel  entlang,  wobei  man  ein 
Streichen  nach  der  entgegengesetzten  Richtung  vermeiden  muB, 
oder  man  setzt  wiederholt  das  eine  Ende  des  Magneten  in  der  Mitte 
der  Nadel  auf  und  streicht  nach  dem  einen  Ende  zu,  dreht  sodann  den 
Magnetstab  um  und  streicht  das  andere  Ende  der  Nadel  in  entgegen- 
gesetzter  Richtung.  Hierbei  muB  der  Siidpol  des  Magnetstabes  die  Nord- 
spitze  der  Nadel  bestreichen;  ferner  ist  ein  Riickwartsstreichen  zu  ver- 
meiden und  den  Magnetstaben  eine  Neigung  von  ca.  30°  zu  geben.  Hat 
man  zwei  Magnetstabe  zur  Verfugung,  so  kann  man  die  Nadel  wiederholt 
mit  beiden  Staben  gleichzeitig  von  der  Mitte  nach  den  Enden  streichen. 
Hierbei  ist  ebenfalls  ein  Riickwartsstreichen  zu  vermeiden,  und  von  den 
Magnetstaben  ist  der  Siidpol  des  einen  und  der  Nordpol  des  anderen  zu 
benutzen. 

Sollte  die  Magnetnadel  nicht  in  der  Hohe  des  Stundenringes  schwingen, 
so  ist,  wenn  gestortes  Gleichgewicht  der  beiden  Spitzen  der  Grund  ist, 
dasselbe  durch  Unterkleb^n  von  Wachs  wieder  herzustellen  oder,  wenn 
der  Stift  nicht  die  richtige  Hohe  hat,  derselbe  durch  einen  passenden  zu 
ersetzen. 


DEE  KOMPASS. 


45 


Hebt  das  Schleifen  des  Stiftes  und  das  Magnetisieren  der  Nadel  die 
Tragheit  derselben  nicht  auf,  so  1st  der  Fehler  im  Hiitchen  zu  suchen  und 
die  Nadel  ganz  zu  verwerfen. 

Selbstverstandlich  darf  die  KompaBbiichse  auBer  Stift .  und  Nadel  keine 
Teile  enthalten,  welcbe  ablenkend  auf  den  Magneten  wirken.  Man  nahert  zu 
dieser  Untersuchung  die  KompaBbtichse,  nachdem  der  Stift  herausgeschraubt 
und  nebst  der  Nadel  entfernt  worden  ist,  einer  zweiten  empfindlichen  KompaB- 
nadel  und  beobachtet,  ob  dieselbe  aus  ihrer  Ruhelage  gebracht  wird. 

Der  Markscheider  gebraucht  den  KompaB  in  Verbindung  mit  dem 
Hangezeug  als  HangekompaB  und  mit  der  Zulegeplatte  alsZulege- 
instrument;  ferner  mit  oder  ohne  Zulegeplatte  als  FeldmeBinstrument. 

c  c 


§23. 


Fig.  51.     Der  HangekompaB.    Seitenansicht. 

Das  jetzt  gebrauchliche  Hangezeug  besteht,  wie  das  alte,  aus  H ange- 
ring A  (Fig.  51)  und  KompaBring  (Fig.  53).     Der  Hangering  ist  aber 


Fig.  52.     Der  HangekompaB  von  oben  gesehen. 

nicht  mehr  geschlossen,   sondern  oben  offen,   und  die  bogenformigen  An- 
satze  geben  durch  ihre  Form  den  daransitzenden  Haken  (Fig.  51)  einen 


46 


VIERTES  KAPITEL. 


groBeren  Abstand  als  sie  beim  Kreuzhangezeug   batten.     Die  Haken  sind 
genau  so  konstruiert  wie  die  des  Gradbogens. 

Die  Bezeichnung  Hangering  wird  als  nicht  mebr  zutreffend  jetzt 
durch  Hangebogen  oder  Hangebugel  ersetzt. 

Der  KompaBring  (Fig.  53)  ist  mittels  zweier  Zapfen  ZZ,  welche  in 
Pfannen  PP  (Fig.  52)  des  Hangebogens  ruhen,  mit  letzterem  verbunden. 
An  diesen  Zapfen  ZZ  sitzen  zwei  Aufschlageplattchen  aa,  welche  dem 
KompaBringe  nur  eine  Drebung  von  90°  gestatten  und  die  beiden  Stellungen 
regulieren,  welcbe  der  KompaBring  einnehmen  soil.  Die  Pfannen  und 
Pfannendeckel  PP  in  Fig.  52  sind  mit  einem  Ausscbnitt  S  versehen  zum 
Durchlassen  der  Aufschlageplatten. 

In  der  Gebrauchsstellung  soil  der  KompaBring  senkrecbt  zum  Hange- 
bugel steben  und  urn  90°  gedrebt  soil  seine  Ebene  mit  der  des  Hangebugels 
zusammenfallen.  In  letzterer  Stellung  nimmt  das  Hangezeug  den  wenigsten 

Raum  ein  und  wird  so  in  einer 
besonderen  Umschnalltascbe 
aufbewahrt. 

Im  KompaBringe  sind  zwei 
um  90°  von  den  Zapfen  ab- 
stebende  LQcber  angebracht, 
von  denen  das  eine  /  (Fig.  53) 
zur  Aufnabme  eines  entspre- 
cbenden  Zapfens  der  KompaB- 
biicbse  bestimmt  ist,  wahrend 
in  dem  anderen  m  durcb  eine 
Schraube  ein  Stift  vor-  und  ruck- 
warts  geschoben  werden  kann, 
welche  in  das  entsprechende 
Loch  am  Rande  der  KompaBbuchse  eingefuhrt  wird. 

In  der  Konstruktion  des  Hangezeuges  liegt  eine  Anzahl  von  Fehler- 
quellen,  welche  am  ausfiihrlichsten  Professor  v.  MILLER -HAUENFELS  in 
seiner  hoheren  Markscheidekunst  behandelt  hat. 

Um  aber  die  Betrachtungen  iiber  die  Fehler  des  Hangezeuges  zu  ver- 
einfachen,  sollen  hier  dieselben  auf  wenige  Hauptpunkte  beschrankt  werden. 
Man  kann  beim  Hangezeuge  drei  Ebenen  unterscheiden,  welche  beim 
Gebrauch  desselben  genau  bestimmte  Stellungen  unter  sich,  zur  Ver- 
tikalebene  und  zur  Horizntalebene  einnehmen  miissen,  um  gute  Er- 
gebnisse  beim  Messen  zu  erzielen. 

1)  Die  Ebene  des  Hangebugels. 

Sie  soil  mit  der  Yertikalebene  zusammenfallen  und  zwar  zugleich  ent- 
weder  mit  der  Vertikalen,  welche  durch  die  Schnurachse  gelegt  werden 
kann,  oder  doch  mit  einer,  welche  dieser  parallel  ist. 

2)  Die  Ebene  des  KompaBringes. 

3)  Die  Ebene  des  Stundenringes. 


Fig.  53.      KompaCring. 


DER  KOMPASS.  47 


Die  beiden  letzteren  Ebenen  sind  um  Achsen  drehbar,  welche  sich 
rechtwinkelig  kreuzen  sollen. 

Die  Ebene  des  KompaBringes  soil  beim  Gebrauche  senkrecht  zur  Ver- 
tikalebene  des  Hangebiigels  stehen  und  deren  Drehachse  gleichwie  die 
12.  Stundenlinie  des  Stundenringes  in  dieser  Vertikalebene  liegen  bez.  sich 
bewegen. 

Die  Ebene  und  die  Drehachse  des  Stundenringes  sollen  ferner  beim 
Gebrauche  eine  horizontale  Lage  haben,  also  auf  der  Ebene  des  Hange- 
biigels senkrecht  stehen. 

Die  Drehachse  des  Stundenringes  fallt  sonach  mit  der  G.  Stundenlinie 
zusammen  oder  doch  in  dieselbe  Vertikalebene. 

Bei  Instrumenten  aus  guten  Werkstatten  kann  man  voraussetzen,  daB 
die  Ebene  des  an  die  Schnur  gehangten  Hangebiigels  mit  einer  Vertikalen 
zusammen  fallt,  ferner  daB  die  Drehachse  des  KompaBringes  und  die 
12.  Stundenlinie  in  der  Ebene  des  Hangebiigels  sich  befinden  und  senkrecht 
zur  Drehachse  des  Stundenringes  bez.  zur  6.  Stundenlinie  stehen,  oder  doch 
daB  durch  etwa  vorhandene  Abweichungen  in  diesen  Bichtungen  nur 
Fehler  erzeugt  werden,  welche  unter  der  Ablesegrenze  liegen. 

Man  wird  demnach  bei  Priifung  des  Hangezeuges  sein  Augenmerk  nur  §  24. 
darauf  zu  richten  haben, 

1)  ob  die  Vertikalebene  des  Hangebiigels  mit  der  durch  die 
Schnur  gelegten  Vertikalebene  zusammenfallt  oder  einen  Winkel 
mit  ihr  einschlieBt, 

2)  ob  die  Ebene   des  KompaBringes  beim  Anlegen  der  Auf- 
schlageplattchen  senkrecht  zur  Ebene  desHangeringes  steht  und 

3)  ob  die  Ebene  des  Stundenringes  eine  horizontale  Stellung 
einnimmt. 

Selbstverstandlich  konnen  alle  drei  Fehler  gleichzeitig  auftreten  und 
wirken,  aber  aus  oben  schon  ausgesprochenen  Griinden  soil  jeder  der  Ealle 
unabhangig  von  den  anderen  besprochen  werden. 

1)  Die  Vertikalebene  des  Hangebiigels  schliefit  mit  der  Vertikalen 
durch  die  Schnur  einen  Winkel  ein. 

Fig.  54  stelle  eine  Kugel  vor,  deren  Mittelpunkt  M  zugleich  der  Auf- 
hangepunkt  der  Nadel  eines  Kompasses  im  Hangezeuge  ist.  RNQS  sei 
ein  horizontaler  groBter  Kreis,  welcher  der  Ebene  des  Stundenringes  ent- 
spricht,  RZQ  ein  groBter  Kreis  von  einer  Vertikalebene  durch  die  Schnur 
und  8ZN  ein  groBter  Kreis  von  einer  Vertikalebene  durch  den  Hange- 
biigel  erzeugt.  Beide  sind  um  den  Winkel  (p  gegen  einander  geneigt.  Die 
Linie  SN  entspricht  der  Kichtung  der  12.  Stundenlinie  und  die  Linie  IlQ, 
der  der  Schnur.  OM  steht  senkrecht  auf  SN,  entspricht  also  der  Dreh- 
achse des  Stundenringes  oder  der  Ost-Westlinie;  ferner  steht  CM  senk- 
recht auf  RQ. 


48 


YIERTES  KAPITEL. 


Bei  horizontaler  Schnur  wird  demnach  an  der  Nadelspitze  ein  Winkel 
abgelesen,  welcher  von  dem  gesuchten  Streichen  der  Schnur  um  die  GroBe 
(f>  oder,  was  dasselbe  bedeutet,  um  den  Bogen  OC  =  NQ  abweicht. 

Wird  die  Schnur  aus  der  horizontalen  Lage  in  eine  um  den  Winkel  E 
geneigte  Rl  Q1  gebracht,  so  nimmt  die  Drehachse  der  KompaBbiichse,  also 
auch  die  6.  Stundenlinie  des  Stundenkreises  OM,  an  der  Bewegung  derartig 
teil,  da6  die  Linie  OM  einen  Kegelmantel  und  der  Punkt  0  einen  Kugel- 
kreis  urn  C  mit  dem  Halbmesser  OC  beschreibt.  Bei  der  Neigung  der 
Schnur  RlQl  moge  der  Punkt  0  nach  B  gelangt  sein. 

Legt  man  durch  B 
eine  Yertikalebene,  in 
welcher  die  Beobach- 
tung  der  Nadelspitze 
immer  erfolgen  soil,  so 
entsteht  ein  groBter 
Kreis,  zu  dem  der  Bo- 
gen  AB  gehb'rt.  Legt 
manferner  auch  durch 
die  Punkte  Bu.C  einen 
groBten  Kreis,  so  ent- 
steht ein  spharisches 
rechtwinkeliges  Drei- 
eck,  in  welchem  BC 


ft' 


Fig.  54.    Die  Vertikalebenen  des  Hangebugels  und  der  Schnur 
schliefien  einen  Winkel  ein. 


35. 


die     Seite     AC    den 
Winkel   angiebt,    um 
welchen  die  Projektion 
von  BM  auf  die  Hori- 
zontale  von  MC  ab- 
weicht.     Bei  horizon- 
taler  Schnur  ist  diese  Abweichung  =  OC=  cp,  bei  der  Neigung  E  der  Schnur 
dagegen  =  AC,  also  kleiner. 
Im  Dreieck  ABC  ist 

tgAC=  cos  E  tg  cf. 

Ist  <^  E  =  0,  so  ist  A  C  am  groBten,  namlich  (p. 
Ist  ^zE  =  90°,  so  ist  ^C  am  kleinsten,  namlich  0. 
Ist  z.  B.  ^.E  =  45°  und  (p  =  3°,  so  ist  AC  =  2°  7'  20". 
Der  Fehler  von  3°  ist  demnach  bei  der  Neigung  von  45°  um  52'  40" 
kleiner  geworden. 

2)  Die  Ebene  des  Kompafiringes  stehe  bei  dem  Anlegen  der  Aufschlage- 
plattchen  nicht  senkrecht  zur  Ebene  des  Hangebugels. 

Fig.  55  stelle  wiederum  eine  Kugel  vor,  der  en  Mittelpunkt  M  zugleich 
der  Aufhangepunkt  der  Nadel  sei.  NRZSQ  ist  ein  groBter  Kreis  in  der 


DEE  KOMPASS. 


49 


Yertikalebene  und  entspricht  der  Ebene  des  Hangebiigels  und  der  vorlaufig 
noch  horizontal  gespannten  Schnur;  NCAS  ist  ein  groBter  Kreis  in  der 
Horizontalebene  und  ein  groBter  Kreis,  den  man  sich  durch  die  Punkte 
NOS  gelegt  denken  muB ,  entspricht  der  Ebene  des  KompaBringes ,  der 
gegen  die  horizontale  Ebene  NCAS  um  den  Winkel  y  =  A  MO  geneigt 
ist.  NS  entspricht  der  Achse  des  KompaBringes  und  der  12.  Stundenlinie, 
deren  Lage  bei  der  Drehung  der  Ebene  des  KompaBringes  um  y>  demnach 
keine  Anderung  erleidet;  M 0  entspricht  der  6.  Stundenlinie,  welche  genau 
um  den  Winkel  cp  in  der  Vertikalebene  M AZ  geneigt  ist. 

Die  Abweichung  der  Ebene  des  KompaBringes  aus  der  Horizontalebene 
hat  bei  horizontalen 
Schniiren  nur  den  ge- 
ringen  spater  zu  be- 
sprechenden  EinfluB, 
welchen  die  Schiefe 

des  Stundenringes 
iiberhaupt    mit    sich 
bringt. 

Bei  geneigten, 
nicht  in  der  12.  Stun- 
denlinie ausgespann- 

ten  Schniiren  ver- 
groBert  sich  der  Feh- 
ler.  Am  groBten  wird 
derselbe  bei  Schnii- 
ren, welche  in  Stunde  6 
streichen. 

Diesen  Fall  wol- 
len  wir  zuerst  fur 
sich  betrachten. 


Die  Ebene  des  KompaBringes  steht  nicht  senkrecht  zum 
Hangebiigel. 


Fig.  55, 

Die    horizontale 

Schnur  ist  zunachst  der  12.  Stundenlinie  des  KompaBringes  parallel.  Wird 
die  Schnur  aber  um  den  Winkel  E  geneigt,  so  ist  sie  der  Linie  RQ, 
welche  mit  der  Linie '  SN  den  Winkel  E  einschlieBt,  parallel.  Der  Ein- 
fachheit  wegen  kann  man  das  Neigen  der  Schnur  der  Drehung  der 
Linie  RQ  um  den  Punkt  M  gleichsetzen. 

An  dieser  Bewegung  der  Linie  RQ  aus  der  Lage  8N  nimmt  die 
Linie  MO  insofern  teil,  als  sie  einen  Kegelmantel  und  der  Punkt  0  um  A 
einen  Kugelkreis  mit  dem  Eadius  AO  beschreibt.  Bei  der  Neigung  der 
Schnur  um  -^  E  moge  der  Punkt  0  in  £  angekommen  sein.  Die  JVlagnet- 
nadel  hat  bei  der  Drehung  die  Stellung  MA  beibehalten,  wahrend  'die 
6.  Stundenlinie  aus  der  Lage  MO  in  die  Lage  MS  iibergegangen  ist. 

Legt  man  nun  durch  JB  eine  senkrechte  Ebene,  so  entsteht  das  spha- 
risch  rechtwinkelige  Dreieck  AS  C,  in  welchem  AB  =  q>,  der  Winkel  CA£ 

BBATHDHIT,  Markscheidekunst.  4 


50 


YIEETES  KAPITEL 


=  90°   -  E  und  AC  der  Fehler  ist,  um  den  der  Streichwinkel  der  Schnur 
falsch  abgelesen  wird. 

cos  (90  -  E)  =  tgACcotg  cf  oder 

Wird  ^=0,  so  wird  auch  der  Fehler  AC  =  0. 

Wird  E  =  90°,  so  wird  der  Fehler  AC  =  cp,  also  gleich  dem  Nei- 
gungswinkel  des  KompaBringes  gegen  die  Horizontale. 

Diese  Formel  gilt  nur  fur  den  Einzelfall,  wenn,  wie  angenommen  war, 
die  Schnur  in  der  6.  Stundenlinie  ausgepannt  ist,  bei  anderen  Richtungen 
wird  der  Fehler  noch  abhangen  von  der  GroBe  des  Streichwinkels  L. 

Ist  das  Streichen  der  senk- 
rechten  Ebene,  in  welcher  die 
Schnur  in  verschiedenen  Nei- 
gungen  ausgespannt  wird,  =  0, 
d.  h.  =  Stunde  12,  so  ist  auch 
der  Fehler  =  0;  ist  das  Strei- 
chen dieser  Yertikalebene  =  90°, 
d.  i.  =  Stunde  6,  so  ist  derselbe 
am  grb'Bten. 

Diese  Abhangigkeit  kann  mit 
der  trigonometrischen  Funktion 
des  Sinus  ausgedriickt  werden; 
darum  ist  allgemein 

tgAC=  sin  E tg  (f  .  sin  L. 

Es  sei^- 45°,  L  =  45°- 
Stunde  3,  y  =  3°,  dann  ist  AC 
=  1  °  30'  4". 

Die  beiden  unter  1   und  2 
aufgefuhrten    Priifungen    lassen 
Fig.  56.    Die  Lattenprobe.  sicn  auch  in   dem  einen  Satze 

zusammenfassen :  Der  Hange- 

kompaB  soil   fiir  samtliche  flache  Linien,   welche  in   einer  und 
derselben  Seigerebene  liegen,  dasselbe  Streichen  angeben. 

Befestigt  man  also  die  Schnur  an  einem  Punkte  und  fiihrt  das  andere 
Ende  derselben  an  einer  etwas  davon  entfernten  genau  senkrecht  geschla- 
genen  Latte  auf  und  ab,  so  soil  bei  jeder  Neigung  der  Schnur  derselbe 
Streichwinkel  abgelesen  werden,  Diese  sogenannte  Lattenprobe  ist  zwei- 
mal  auszufuhren,  einmal  bei  einem  Streichen  der  Untersuchungsebene  von 
Stunde  12,  das  anderemal  bei  dem  von  Stunde  6. 

Will  man  den  KompaB  auf  das  erste  Erfordernis  priifen,  so  spannt 
man  die  Schnur  in  Stunde  12  aus,  weil  dann  der  unter  2  besprochene 
Fehler  keinen  EinfluB  hat,  Yerandert  sich  der  Streichwinkel  beim  Ansteigen 
und  beim  Fallen  der  Schnur  gleichmaBig  gegen  den  an  der  horizontalen 


DER  KOMPASS. 


51 


Schnur  abgelesenen,  so  schlieBt  die  Vertikalebene  des  Hangebiigels  mit  der 
Vertikalebene  der  Schnur  einen  Winkel  ein. 

Durch  vorsichtiges  Biegen  des  Hakenbiigels  wird  sich  meistens  der 
selten  auftretende  Fehler  beseitigen  lassen. 

Leistet  der  HangekompaB  dem  ersten  Erfordernis  Geniige,  so  1st  er 
auf  das  zweite  zu  priifen.  Aus  der  Fig.  55  ist  zu  ersehen,  daB  ein  gleich 
groBer  Fehler  aber  nach  der  anderen  Seite  hin  entsteht,  wenn  die  Schnur 
um  denselben  Winkel  E'  nach  unten  geneigt  wird,  also  8N  nach  R'  Q'  und 
0  nach  B'  ubergeht.  Daraus  ergiebt  sich  eine  einfachere  und  bequemere 
Priifungsweise  als  mit  der  Lattenprobe,  was  von  nicht  zu  unterschatzender 
Wichtigkeit  ist,  weil  diese  Probe  vor  jedem  Gebrauch  des  Hange- 
zeuges  wiederholt  werden  muB. 

Yermittelst  eines  einfachen  Holzgestelles  spannt  man  einen  Messing- 
draht  unter  einem  Winkel  von  ca.  70  Grad 
und  giebt  diesem  Gestell  einen  solchen 
Stand,  daB  der  Messingdraht  nahezu  in 
Stunde  6  streicht.  Hieran  hangt  man  den 
KompaB,  liest  an  beiden  Spitzen  ab  und 
hangt  den  KompaB  um,  d.  h.  den  unteren 
Haken  an  die  Stelle  des  oberen,  den  oberen 
an  die  Stelle  des  unteren. 

Giebt  in  der  zweiten  Lage  die  Ablesung 
an  beiden  Spitzen  nicht  wieder  dasselbe 
arithmetische  Mittel  wie  vorher,  so  ist  der 
KompaB  mit  dem  besprochenen  Fehler  be- 
haftet, 

Wenn  die  Aufschlageplattchen  nicht  mit 
Justiervorrichtungen  versehen  sind,  so  wird 
durch  Anziehen  oder  Lockern  der  Schrauben 
an  den  Pfannendeckeln  der  Fehler  beseitigt. 


Fig.  57. 


Gestell  zur  Prufung  des 
Hangezeuges. 


Es  laBt  sich  iibrigens  mit  einem  in  dieser  Bichtung  fehlerhaften 
Hangezeug  doch  richtig  arbeiten.  Man  erhalt  namlich  den  wahren  Streich- 
winkel  einer  geneigten  Schnur,  wenn  der  KompaB  in  beiden  Lagen  ange- 
hangt  und  aus  beiden  Ablesungen  das  Mittel  genommen  wird. 


3)  Die  Ebene  des  Stundenringes  steht  schief. 

In  Fig.  58  ist  AC  ein  Bogen  des  Horizontalkreises,  AB  ein  Bogenstiick 
des  um  <£:  a  schief  stehenden  Stundenringes.  Ist  M C  der  Stand  der  Magnet- 
nadel ,  so  wird  man  bei  Projizierung  der  Nadel  auf  den  schief  stehenden 
Stundenring  am  Punkte  B  ablesen.  Diese  Ablesung  wird  um  so  viel  falsch 
sein,  als  die  Differenz  von  Bogen  AB  -  AC  =•  y  -  y  betragt.  Nun  ist 


52 


VIEETES  KAPITEL. 


tg  (jp  —  tg  <p  cos  «  _     tg  (ft  (1  —  cos  a) 
1  +  tg(jD2cos«  1  +  tg<p2  cos  a    ""  1  -f-  tg2 


In  dem  bei  C  rechtwinkeligen  Dreieck  A  CB  ist  tg  i/>  =  tg  (f  cos  «. 
Setzt  man  diesen  Wert  in  obige  Gleichung  ein,  so  erhalt  man 

2  tg  (f  .  sin  ^ 
cos  « * 

Da  a  immer  ein  kleiner  Winkel  ist,  so  wird  cos  a  nahezu  =  1  und  kann 

als  Faktor  vernachlassigt 
werden.  Dadurch  wird 
der  Zahler  =  1  -f-  tg2  y 

°^er  =  nna*~-  Diesen  Wert, 

sin  (t> 
ff>  =  - 

COS  (f, 


COS 

fur 


sowe 
eingefiihrt,  giebt 

cos  (f  sin  y 

2 


2  sin 

d.  i.  =  sin  2 


Fig.  58.     Der  Stundenring  steht  schief. 


Fiir   (f  =  0    ist    der 
Ablesefehler  =  0. 

Fur  cp  =  90°  ist  der 
Ablesefehler  ebenfalls  =  0. 

Wenn    die   Nadel    in 
der  Nord-Siidlinie  oder  in 
der  Ost-Westlinie  steht,  ist 
also  der  Fehler  =  0. 
Bei    Streichwinkeln 


zwischen  beiden  Richtungen  ist  der  Fehler  bemerkbar  und  zwar  bei  45° 
am  groBten.  Ist  z.  B.  a  =  3  Grad,  (p  =  45  Grad,  dann  ist  der  Fehler  =  2'  21". 
Er  liegt  aber  noch  unter  der  Ablesegrenze  am  KompaB. 

Auf  die  schiefe  Stellung  des  Stunden- 
ringes  wird  meistens  die  Reibung  an  den 
Zapfen,  um  welche  die  KompaBbuchse 
schwingt,  von  EinfluB  sein. 

Ist  ab  eine  Horizontale,  c  der  Mittel- 
punkt  und  cd  —  r  der  Radius  des  Zapfens, 
g  der  Schwerpunkt  der  KompaBbiichse 
und  eg  =  li  der  Abstand  von  ab,  so  stellt 
=  cf  den  groBten  sich  hierbei  er- 


gebenden  Fehlerwinkel  vor.    Ist  /die  Reibung  als  Gewicht  ausgedriickt  und 
q  das  Gewicht  der  KompaBbiichse,  so  muB  die  Gleichung  erfullt  werden: 

rf  =  ce  .  q,  ce  ist  aber*— 
Diesen  Wert  eingesetzt,  giebt  rf=g.h.i%(p  und 


DEE  KOMPASS.  53 


Aus  dieser  Formel  folgt,  da6  die  Zapfen  diinn  und  gut  geolt  sein 
und  nahe  an  dem  oberen  Rande  der  KompaBbiichse  liegen  miissen,  ferner 
da6  der  Boden  der  letzteren  gegen  die  tibrigen  Teile  nicht  zu  leicht  sein 
darf,  damit  der  Schwerpunkt  moglichst  tief  gezogen  wird. 

Am  zweckmaBigsten  wird  der  Schiefe  des  Stundenringes  vorgebeugt 
durch  eine  Dosenlibelle,  welche,  um  obiger  Eormel  zu  geniigen,  unter  dem 
durchbrochen  anzufertigenden  Boden  der  KompaBbiichse  angebracht  wer- 
den  miiBte. 

*      Andere  Konstruktionen  des  Hangezeuges.  —  Eine  neue  Konstruktion  §  27, 
des  Hangezeuges  von  OSTERLAND  wird  in  der  Berg-  u.  Hiittenm.  Zeitung. 
I860,   S.  2  von  Prof.  JUNGE  beschrieben.    (Fig.  60.) 


Fig.  60.    Hangezeug  von  OSTERLAND. 

An  dem  KompaBringe  sind  in  den  Endpunkten  eines  Durchmessers 
zwei  in  Gelenken  bewegliche  Hangearme  angebracht.  Die  Bewegung,  welche 
nur  senkrecht  zum  KompaBring  ausgefiihrt  werden  kann,  ist  durch  Auf- 
schlageplatten  beschrankt.  Liegen  die  oberen  Aufschlage  an  dem  KompaB- 
ringe an,  so  ist  das  Hangezeug  zum  Aufhangen  an  die  Schnur  geeignet, 
liegen  dagegen  die  unteren  Aufschlage  an,  so  erscheint  das  Instrument 
mehr  in  die  Lange  gestreckt  und  kann  bequem  in  eine  Markscheidertasche 
gesteckt  werden,  welche  die  gewohnliche  GroBe  nicht  uberschreitet. 

Um  den  Schwerpunkt  mehr  nach  unten  zu  verlegen,  wird  die  Hem- 
mung  der  Nadel  durch  die  Bodenplatte  der  KompaBbiichse  mit  einer 
verhaltnismaBig  groBen  Schraube  bewirkt. 

Da  Hangearme  und  KompaBring  nahezu  starr  verbunden  sind,  so  ist 
eine  Fehlerquelle  des  iiblichen  Hangezeuges  mit  umlegbaren  KompaBring 
weggefallen.  Es  kommt  jedoch  viel  darauf  an,  daB  das  ganze  Hangezeug 
mit  KompaB  genau  im  Gleichgewicht  gebaut  ist,  namentlich  wegen  des 
hoch  liegenden  Schwerpunktes. 


54 


VIEETES  KAPITEL. 


JUNGE  giebt  an,  daB  von  alien  Hangezeugen  das  OsTERLANDsche  die 
Priifung  des  Umhangens  an  steiler  Schnur  am  besten  bestand. 

Die  osterr.  Zeitschr.  f.  Berg-  u.  Huttenw.  1878,   Nr.  13   enthalt  einen 

Yorschlag  zur  Konstruktion  eines  neuen  Hangekompasses  von  PLAMINECK. 

Das  Hangezeug  besteht  in  einem  gespaltenen  Pendel,  welches  mittels 

einer  daran   befestigten  Schiene   (in  der  Figur  61  nur  im  Querschnitt  zu 

sehen)  mit  dachformigen  Enden  so  auf 
die  Schnur  gesetzt  werden  kann,  daB 
an  jeder  Seite  der  Schnur  eine  Halfte 
des  Pendels  hangt. 

Die  Schiene  ist  in  Zapfen  dreh- 
bar,  so  daB  bei  jeder  Neigung  der 
Schnur  das  Pendel  sich  senkrecht 
stellen  kann.  Nach  oben  endigt  das- 
selbe  in  einer  Hiilse,  welche  zur  Auf- 
nahme  eines  an  dem  KompaB  be- 
festigten Zapfens  dient. 

In  der  Berg-  u.  Hiittenm.  Zeit. 
1875,  Nr.  16  ist  ein  unpraktisches  und 
eigentumliches Hangezeug  beschrieben. 
Ein  viereckiger  Rahmen  aus  Mes- 
sing ist  an  der  oberen  Seite  mit  Haken 
zum  Aufhangen  an  die  Schnur,  an  der 
entgegengesetzten  Seite  mit  einem 
linealartigen  Ansatze  ver sehen.  An 
der  oberen  Schiene  ist  der  Gradbogen 
befestigt,  etwas  unter  der  Mitte  zwischen 
den  Seitenstiicken  des  Rahmens  der 
KompaBring  in  Zapfen  beweglich  an- 
gebracht.  Es  werden  Gradbogen  und 
KompaB  zugleich  angehangt  und  der 
Rahmen  kann  zum  Zulegen  benutzt 
werden. 

In  Nr.  50  der  Ost.  Zeitschrift  f. 
Berg-  u.  Huttenw.  1881,  Seite  468  ist 
ein    auBerst    komplizierter    Apparat: 
Markscheids-Tachygraphometer 
von  G.  BOSCHITZ  beschrieben,  von  dem  der  Verfasser  sagt: 

,,Ich  babe  mir  die  Aufgabe  gestellt,  ein  Instrument  zu  schaffen,  wel- 
ches nebst  Bestimmung  der  Seigerhohe  und  Ebensohle  auch  jene  der 
Koordinaten  der  einzelnen  Vermessungspunkte,  also  von  Streichensinus  und 
Streichencosinus  direkt  ermoglicht,  sowie  die  sofortige  graphische  Dar- 
stellung  der  Aufnahme  (Kartierung)  vollflihrt.  Gleichzeitig  war  ich  be- 
muht,  in  besonderer  Berucksichtigung  des  Markscheidewesens ,  dem 


Fig.  61.    Hangebussole  von  PLAMINECK. 


DER  KOMPASS.  55 


Instrumente  Grofie  und  Gestalt  zu  geben,  welche  dasselbe  auch  zu  Gruben- 
aufnahmen  moglichst  praktisch  machen  sollen." 

Eine  Beschreibung  laBt  sich,  ohne  das  Instrument  zur  Hand  zu  haben, 
nicht  in  wenigen  Worten  geben,  sie  ist  deshalb  hier  weggelassen,  nament- 
lich  da  der  auBergewohnlich  verwickelte  Bau  des  neuen  Markscheider- 
instrumentes  demselben  keine  groBe  Verbreitung  verspricht. 

Der  KompaB  in  der  Zulegeplatte.  -  -  Die  Zulegeplatte  (Fig.  62)  ist  §  28. 
ein  Rechteck  von  Messing  mit   einem  Ring   in   der  Mitte  zur  Aufnahme 
der  KompaBbiichse,   die  mittels   einer  Druckschraube  in  jeder  beliebigen 
Stellung  in  diesem  Ringe  festgeklemmt  werden  kann. 

Fallt  das  in  der  Nord  -  Siidlinie  an  der  aufieren  Seite  der  KompaB- 
biichse angebrachte  Zeichen  mit  dem  feinen  Striche  auf  der  oberen  Kante 
des  Ringes  zusammen,  so  soil  die  Nord-Siidlinie  des  Kompasses  mit  der 
langen  Seitenkante  parallel  laufen. 

Die  Zulegeplatte  ist  darauf  zu 
priifen : 

1)  ob  die  beiden  langen  Seiten 
vollkommen  gerade  Linien  bilden  und 

2)  ob  beide  Linien  parallel  sind. 
Auf  das  erste  Erfordernis  wer- 

den    die   Kanten   wie  jedes  Lineal 

gepriilt:  Fjg    62      KompaB  mit  Zulegeplatte. 

Man   zieht  langs   der  zu  prii- 

fenden  Kante  von  einem  Ende  bis  zum  anderen  eine  scharfe  Linie,  legt 
dann  die  Kante  an  die  andere  Seite  der  Linie  und  sieht  nach,  ob  eine 
vollstandige  Deckung  von  Kante  und  Linie  herbeigefiihrt  wird. 

Zur  Priifung  der  zweiten  Eigenschaft  zieht  man  an  beiden  Seiten  der 
Platte  feine  Linien,  dreht  sodann  die  Platte  um  und  legt  sie  wieder 
zwischen  die  gezogenen  Linien.  In  dieser  Lage  muB  eine  Deckung  der 
Kanten  und  Linien  stattfinden. 

Auch  durch  unmittelbares  Abmessen  des  Abstandes  der  beiden  langen 
Seiten  mittels  des  Zirkels  oder  eingeschlagener  Stifte  kann  der  Parallelis- 
mus  gepriift  werden. 

Ergeben  sich  hierbei  Unstimjnigkeiten ,  so  muB  die  Platte  vom 
Mechanikus  berichtigt  werden. 


o 


Ein   KompaB   von    kleinerem   Durchmesser,    welcher   fest   mit    einer  §  29. 
kleinen   Zulegeplatte  verbunden   ist,  wird  SetzkompaB   oder  Taschen- 
kompaB  genannt. 

Der  Stundenkreis  dieses  Kompasses  ist  in  VgStunden  geteilt  und  auf 
dem  Rande  der  Bodenplatte  ist  eine  gradbogenartige  Einteilung  in  2mal 
90  Grade  angebracht. 


56 


VEEETES  KAPITEL. 


771 


Fig.  63.    Das  sogenannte  Steiger- 
hangezeug. 


Um  den  Stift  1st  ein  kleines  Pendel  beweglich,  welches  beim  Aufsetzen 
der  lahgen  Plattenkante  den  Neigungswinkel  einer  geneigten  Linie  angiebt. 
Die  12.  Stundenlinie  mid  die  Linie  90—90  auf  der  Bodenplatte  fallen 

zusammen  und  sind  mit  der  Langskante  der 
Platte  genau  parallel. 

Dieser  SetzkompaB  wird  auf  eine  sehr 
einfache  Weise  zum  HangekompaB  um- 
gewandelt. 

Zwei  halbkreisformige  Bogen  A  und  B 
(Fig.  63)  aus  Messing  sind  durch  eine  Schraube 
so  mit  einander  verbunden,  daB  beide 
sich  um  dieselbe  Achse  drehen  und  der 
Bogen  B  im  Falle  cles  Nichtgebrauches  in 
dem  Schlitze  des  Bogens  A  Platz  findet. 
Beim  Gebrauche  wird  der  SetzkompaB  an 
den  mit  den  Lochern  m  und  n  versehenen 
Enden  des  Bogens  B  befestigt  und  mittels 
der  am  Bogen  A  angebrachten  Haken  an 
die  Schnur  gehangt.  Die  12.  Stundenlinie  des  Kompasses  soil  in  dieser 
Yerbindung  in  die  Ebene  der  beiden  Bogen  fallen. 

Dieses  einfache  Hangezeug  geniigt  zwar  in  Bezug  auf  Genauigkeit  nur 
geringen  Anforderungen,  ist  aber  bei  den  Grubenbetriebsbeamten  sehr  ver- 
breitet  und  unter  dem  Namen  ,,Steigerhangezeug"  bekannt. 

SchlieBlich  ist  noch  der  eigentliche  TaschenkompaB  zu  erwahnen, 
der  auBerlich  einer  Uhr  gleicht. 

30.  Der  KompaB  als  FeldmeBinstrument.  -  -  Der  Markscheider  kommt 

in  die  Lage,  den  KompaB  auch  iiber  Tage  anzuwenden,  und  da  das  Hange- 
zeug nur  bei  gutem  und  ruhi- 
gem  Wetter  zu  benutzen  ist, 
so  hat  man  die  KompaBbiichse 
in  geeigneter  Weise  mit  einem 
FuB  zum  Befestigen  auf  Stati- 
ven,  ferner  mit  Dioptern  oder 
mit  einem  Fernrohre  versehen 
und  sozumFeldmeBinstrument 
gemacht. 

Die  alteste  Konstruktion 
besteht  in  einer  gespaltenen 
Holzplatte,  deren  an  Fiihr- 

Fig.  64  a.    Einfaches  Feldmefiinstrument.  zap  fell  gleitenden  Teile  a  Und  b 

,  mittels  einer  Schraube  c  gelost 

und  zusammengepreBt  werden  konnen  (Fig.  64a).   Yon  den  hervorstehenden 
Kanten  der  beiden  Teile  wird  die  Zulegeplatte  mit  dem  KompaB  festgehalten 


DER  KOMPASS. 


57 


An  der  Seite  dieser  Holzplatte  ist  das  Fernrohr  und  an  der  unteren  Flache 
eine  Steckhiilse  angebracht  (Fig.  64b),  welche  auf  den  Zapfen  einer  NuB- 


Fig.  64b.    Einfaches  Feldmeflinstrument. 

vorrichtung  (Kugelgelenk,  siehe  §  102,  Fig.  151)  mittels  der  PreBschraube  d 
(Fig.  64  a)  befestigt  werden. 


0  (D 


(D  CD 


Fig.  65  a,  b  u.  c.    VisierkompaB. 


a 


58 


VIEETES  KAPITEL. 


Weder  das  Fernrohr  noch  der  KompaB  ist  bei  dieser  Konstruktion 
zentrisch  iiber  dem  Drehpunkte  des  Instrumentes  angebracht.  Dasselbe 
eignet  sich  daher  nur  zu  einfachen  FeldmeBarbeiten,  aber  nicht  zu  den 
im  vierten  Kapitel  speziell  im  §  40  beschriebenen  Markscheiderarbeiten. 
Hierzu  verwendbar  sind  nur  solcbe  Instrumente,  deren  KompaB  voll- 
kommen  zentriscb  angebrackt  ist  und  dessen  Visierlinie  die  verlangerte 
Drehachse  schneidet. 

Ein  solches  Instrument  mit  Dioptern  ist  in  der  inimsteriellen  Zeitung 

fiir  Berg-,  Hiitten-  und  Salineu- 
wesen,  Band  IX,  beschrieben. 
(Fig.  65  a.  b.  c.)  Die  Zulegeplatte 
wird  mittels  Schrauben  auf  einer 
Holzplatte  a  derartig  befestigt, 
daB  der  Mittelpunkt  des  Stunden- 
ringes  zentrisch  zur  Drehachse 
des  Instrumentes  oder,  was  hier 
dasselbe  ist,  zur  Achse  der  an 
der  unter.en  Seite  der  Holzplatte 
angebrachten  Steckhiilse  b  ist. 

Die  Visierlinie  der  Diopter  cc, 
deren  Spalt  verstellbar  ist,  geht 
durch  den  Mittelpunkt  des  Kom- 
passes.  Das  Instrument  ist  nur 
in  verhartnismaBig  ebenem  Ter- 
rain und  nicht  fur  zu  groBe  Ent- 
fernungen  zu  gebrauchen. 

Das  in  der  Berg-  u.  Hiittenm. 
Zeit.  1869,  Seite  344  beschrie- 
bene  FeldmeBinstrument  von  EY 
ist  ebenfalls  mit  Dioptern  (Loch  und  Fadenkreuz)  versehen.  Dieselben 
befinden  sich  an  einem  mit  Hohenkreis  versehenem  Biigel  und  gestatten 
ein  Ablesen  der  Hohenwinkel. 

Die  zentrischen  KompaB -FeldmeBinstrumente  mit  Fernrohr  sind   in 

den  verschiedensten  Konstruktionen  vor- 
handen.  Fig.  66  zeigt  eine  auch  ohne  Be- 
schreibung  verstandliche  Konstruktion,  wie 
die  mechanischen  Institute  von  BREITHATJPT, 
FENNEL  etc.  sie  anfertigen. 

Samtliche     vorgenannten     Instrumente 
werden  mittels  einer  Dosenlibelle  horizontal  gestellt. 

Eine  solche  Libelle  besteht  aus  einem  runden  Messinggehause  (Fig.  67), 
welches  oben  luft-  und  wasserdicht  mit  einem  stajrken,  nach  innen  kugelformig 
ausgeschliffenen  Glase  verschlossen  und  in  der  Bodenplatte  mit  einer 
kleinen  Offnung  versehen  ist,  die  mit  einer  Schraube  verschlossen  werden 


Fig.  66.     Kom'pafl  als  FeldmeBinstrument  (Bussole). 


Fig.  67.     Durchschnitt  einer 
Dosenlibelle. 


DER  KOMPASS. 


59 


kann.  Durch  die  Offnung  wird  der  innere  Raum  des  Gehauses  mit  Hilfe 
eines  kleinen  Trichters  bis  auf  einen  als  Luftblase  erscheinenden  kleinen 
Raum  mit  Weingeist  ausgefiillt.  Auf  der  Oberflache  des  Glases  ist  ein 
Kreis  eingeatzt  und  die  Dosenlibelle  ist  so  justiert,  daB  ihre  Unterlage 
horizontal  ist,  wenn  die  Luftblase  zentrisch  zu  jenem  Kreise  steht.  Das 
Deckelglas  ist  meist  nach  einem  Radius  von  nahezu  zwei  Meter  aus- 
geschliffen,  was.  einer  Empfindlichkeit  von  ca.  zwei  Minuten  auf  1  Milli- 
meter Ausschlag  gleichkommt. 


Mit    alien  FeldmeBarbeiten  ist   das   Fallen    und    Errichten  von  Per-    §  31, 
pendikeln  haufig  verbunden.     Die  hierzu  benutzten  Instrumente   sind  die 
Winkeltrommel  (Winkelkopf)  und  der  Win- 
kelspiegel.   Die  Einrichtung  der  Winkeltrommel 
ist  aus  Fig.  68  ersichtlich. 

Durch  gegeniiberliegende  Spalten  und  Locher 
sind  in  der  Richtung  verschiedener  Durchmesser 
Visierlinien  gegeben,  welche  sich  unter  90°  oder 
45°  schneiden. 

Zum  Gebrauch  wird  die  Trommel  mittels 
einer  Hiilse  auf  einen  Stock  gesteckt  und  mit 
Hilfe  einer  Dosenlibelle  senkrecht  aufgestellt. 
Behufs  Errichtung  eines  Perpendikels  auf  einer 
Linie  bringt  man  einen  der  Durchmesser  in  diese 
Linie  und  steckt  die  Richtung  des  darauf  senk- 
rechten  Durchmessers,  indem  man  durch  die 
entsprechenden  Spalten  visiert ,  durch  Pfahle  ab. 

Das  zweite  Instrument  ist  der  Winkelspiegel, 
von  dem  Fig.  69  einen  Querschnitt  von  oben  ge- 
sehen  giebt. 

An    den    Seitennachen  ab  und  dc   eines   in 

der  Figur  schwarz  gezeichneten  Messinggehauses  abed  sind  zwei  Spiegel  e 
und  i  angebracht,  von  denen  der  eine  fest  sitzt,  der  andere  mittels  eines 
Schraubchens  v  so  lange  gedreht  werden  kann,  bis  beide  Spiegel  genau 
45°  gegeneinander  geneigt  sind.  Das  Messinggehause  ist  nach  der  Seite  ad 
offen  und  oben  und  unten  mit  Deckplatten  geschlossen,  in  welche  ein 
Griff  eingeschraubt  werden  kann.  Die  Spiegel  e  und  i  nehmen  nur  die 
halbe  Hohe  der  Seitennachen  ein,  die  andere  Halfte  derselben  ist  durch- 
brochen,  so  daft  z.  B.,  wenn  PSl  die  Richtung  angiebt,  in  welcher  das 
Auge  eines  Menschen  blickt,  dasselbe  zugleich  in  den  Spiegel  i  und  iiber 
denselben  hiriaus  durch  die  Offnung  der  Seitenflache  dc  sehen  kann. 

Fallt  vom  Signal  S  ein  Lichtstrahl  auf  den  Punkt  m  des  Spiegels  e, 
so  wird  dieser  Strahl  in  der  Richtung  mn  auf  den  zweiten  Spiegel  i  und 
von  diesem  wieder  in  der  Richtung  nP  zurlickgeworfen.  Das  in  letzterer 


Fig.  68.  Die  Winkeltrommel. 


60 


VIEBTES  KAPITEL.    DEE  KOMPASS. 


Linie  befindliche  Auge  sieht  im  Spiegel  i  das  Bild  des  Signals  S  und  iiber 
den  Spiegel  hinweg  durch  die  Offuung  der  Seitenflache  dc  blickend  zu- 
gleich  ein  Signal  8V  welches  in  der  Richtung  Pn  aufgestellt  ist. 

Wenn  die  Spiegel  genau  45°  gegeneinander  geneigt  sind,  so  ist  der 
Winkel  tfP^  ein  rechter. 

Beweis.  Da  rm  J_  mw  und  on  _L  nw,  so  muB  ^  ron  =  ^  mivn  = 
45°  sein.  Als  AuBenwinkel  ist  -£:  ron  =  a  -\-  ft  und  aus  gleichem  Grunde 
ist  -£  SPS1  =  2  a  +  2  /?,  folglich  ist  ^  S?S^  =2  ^ron=  90  Grad. 

Der  Gebrauch  des  Winkelspiegels  ergiebt  sich  aus  den  vorstehenden 
Entwickelungen  von  selbst. 


Fig.  69.     Der  Winkelspiegel. 

Urn  ein  Perpendikel  auf  der  Linie  PSl  im  Punkte  P  zu  errichten, 
halt  man  den  Winkelspiegel  mittels  des  Handgriffes  iiber  den  Punkt  P,  so 
daB  die  offene  Seite  nach  der  Richtung  gekehrt  ist,  wohin  das  Perpendikel 
errichtet  werden  soil.  Der  Harkscheider  blickt  in  der  Richtung  PSl  und 
laBt  das  Signal  S  so  lange  verstellen,  bis  dessen  Bild  im  Spiegel  i  genau 
in  der  Richtung  PSl  erscheint. 

Zur  Prufung  wiederholt  man  das  Verfahren  in  umgekehrter  Stellung, 
indem  das  Auge  in  der  Linie  S1P  nach  dem  Signal  S2  blickt  und  der 
Winkelspiegel  wieder  iiber  den  Punkt  P  in  die  zweckmaBige  Stellung  ge- 
bracht  wird.  Fallt  das  auf  diese  Weise  von  neueni  aufgestellte  Signal 
ebenfalls  in  die  Linie  PS,  so  ist  der  Winkelspiegel  richtig,  andernfalls 
muB  der  eine  Spiegel  mittels  des  Schraubchens  v  etwas  verstellt  werden. 

Ist  dagegen  vom  gegebenen  Punkte  S  ein  Perpendikel  auf  die  Linie 
PSl  zu  fallen,  also  der  Punkt  P  zu  suchen,  so  schreitet  man  in  der  Linie 


FUKFTES  KAPITEL.    HILFSAPPARATE  ZUE  YERW.  DBS  KOMPASSES  etc.      61 

PS1  so  lange  auf  und  ab.  bis  vermittelst  des  in  richtiger  Stellung  ge- 
haltenen  Winkelspiegels  die  Bilder  von  S  und  S^  in  bekannter  Weise  mit 
dem  der  Linie  PSl  entlang  laufenden  Blick  gesehen  werden. 

In  gebirgiger  Gegend  wird  man  der  Winkeltrommel,  in  der  Ebene 
dem  Winkelspiegel  den  Vorzug  geben. 


Fiinftes  Kapitel. 

Hilfsapparate  zur  Verwendung  des  Kompasses  in  Gegenwart 

yon  Eisen. 

Das  Eisen,  welches  in  der  neueren  Zeit  beim  Grubenausbau  eine  aus-  §  32, 
gedehnte  Verwendung  gefunden,  hat  nach  und  nach  den  Gebrauch  des 
Kompasses  eingeschrankt  und  den  Theodolit  mehr  in  Aufnahme  gebracht. 
Die  alteren  Markscheider  wollten  aber  den  liebgewonnenen  handlichen 
KompaB  nicht  ohne  weiteres  aufgeben  und  daher  begegnen  wir  schon  friih 
Vorschlagen,  welche  nach  einem  gewissen  Yerfahren  die  Benutzung  des 
Kompasses  auch  bei  ablenkenden  Einfliissen  gestatten. 

Diese  Bestrebungen  mtissen  einem  praktischen  Bediirfnisse  entspringen, 
weil  bis  in  die  neueste  Zeit  immer  wieder  neue  Konstruktionsvorschlage 
fur  den  genannten  Zweck  auftauchen. 

Keine  der  Konstruktionen  wird  dem  KompaB  zu  derselben  Leistungs- 
fahigkeit  verhelfen,  wie  er  sie  in  Abwesenheit  von  Eisen  besitzt  oder  gar, 
wie  sie  schon  ein  kleiner  Theodolit  bietet,  aber  es  kommen  dem  Mark- 
scheider haufig  Arbeiten  vor,  bei  denen  nicht  die  auBerste  Genauigkeit 
verlangt  wird,  jedoch  grobe  Fehler,  welche  durch  die  Ablenkung  der  Nadel 
entstehen,  vermieden  werden  sollen.  , 

Hierhin  gehoren  namentlich  die  haufigen  Nachtragsarbeiten  in  Kohlen- 
gruben,  welche  im  AnschluB  an  Theodolitmessungen  ausgefiihrt  werden. 

Ferner  ist  es  nicht  selten,  dass  nur  in  einer  verhaltnismaBig  kurzen 
Strecke  eines  mit  dem  KompaB  auszufuhrenden  Zuges  Eisen  vorhanden 
ist  und  zur  tFberwindung  dieses  Hindernisses  die  Anwendung  des  Theodo- 
liten  zu  kostspielig  sein  wiirde. 

In  solchen  und  ahnlichen  Fallen  erscheint  ein  Hilfsapparat,  welcher 
gestattet,  den  KompaB  auch  in  Gegenwart  von  Eisen  zu  benutzen,  sehr 
angebracht. 

Alle  Konstruktionen  solcher  Hilfsapparate  beruhen  auf  der  Thatsache,    §  33. 
daB    die  Ablenkung    der  Nadel  dieselbe  bleibt,   wenn  der  Auf- 
hangepunkt  derselben  seinen  Ort  in  bezug  auf  die  ablenkenden 
Gegenstande  nicht  verandert. 

Das  Yerfahren  wird  an  einem  Beispiele  am  besten  erlautert. 


62  FUNFTES  KAPITEL. 


In  dem  Zuge  abcdef  (Fig.  70)  ist  nur  an  den  SchluBpunkten  a  und/ 
keine  Ablenkung  der  Magnetnadel  vorhanden  und  es  lassen  sich  nur 
die  Streichwinkel  ab  =  0.  3.  5.  3  und  ef=  0.  3.  2.  15  mit  dem  gewohnlichen 
Hangezeuge  rich  tig,  oder,  wie  man  sich  kurz  ausdriickt,  eisenfrei  er- 
mitteln.  Kann  man  den  KompaB  uber  oder  unter  dem  Punkte  b  so  an- 
bringen,  daB  ohne  den  Ort  des  Aufhangepunktes  der  Nadel  zu  verandern, 
das  Streichen  von  ab  und  be  abgelesen  werden  kann,  so  wird  man  beide 
Streichwinkel  zwar  falsch  —  im  vorliegenden  Falle  um  0.  0.  2.  —  aber 
den  Winkel  abc  =  llh.  3.  14.,  welchen  beide  Schntire  einschlieBen,  richtig 
erhalten  und  das  richtige  Streichen  von  be  =  0.4.1.5.  berechnen  konnen. 

Die  Rechnung  gestaltet  sich  am  einfachsten,  wenn  man  durch  Sub- 
traktion  der  kleinen  Ablesung  3.  5.  5  von  der  groBeren  4.  1.  7  den  AuBen- 
winkel  0.  4.  2  ermittelt  und  diesen  zu  dem  Streichen  der  vorhergehenden 
Schnur  ab  =  0.  3.  5.  3  addiert,  in  dem  Falle,  daB,  wie  hier,  die  Richtung 
von  be  sich  zur  Rechten  wendet  und  das  Streichen  von  be  (4.  1.  7)  groBer 
als  das  von  ab  (3.  5.  3.)  ist. 

Im  Punkte  c  verfahrt  man  ebenso,  nur  wird  hier  der  gefundene  Unter- 


elsenfrei 


Fig.  70. 

schied  des  Streichens  von  be  und  cd  —  1.  0.  14  von  dem  Winkel  der  vorher- 
gehenden Schnur  0.  4.  1.5  abgezogen,  weil  sich  die  Schnur  cd  zur  Linken 
wendet  und  das  Streichen  von  cd  (3.  2.  6)  kleiner  ist,  als  das  von  be 
(4.  3.  4). 

Wird  bei  dem  Messen  eines  AuBenwinkels  die  Nord-Siidlime  iiber- 
schritten,  so  miissen  zu  dem  kleineren  Winkel  zwolf  Stunden  hinzuaddiert 
werden,  z.  B.  das  Streichen  des  riickwarts  gelegenen  Schenkels  sei  —  11.  4.  3, 
das  des  vorderen  =  1.  6.  9,  dann  muB  der  letztere  um  zwolf  Stunden  ver- 
groBert  werden,  und  der  AuBenwinkel  ist  13.  6.  9  -  11.  4.  3  =  2.  2.  6. 

Gelangt  man  schlieBlich  an  den  Punkt  e,  so  muB,  wenn  keine  Fehler 
untergelaufen  sind,  das  berechnete  Streichen  von  ef  mit  dem  eisenfrei 
abgenommenen  ubereinstimmen. 

Selbstverstandlich  muB  bei  diesen  Methoden  an  beiden  Spitzen  der 
Magnetnadel  abgelesen  und  das  arithmetische  Mittel  beider  Werte  in 
Rechnung  gezogen  werden.  In  das  Formular  zu  §  126  ist  ein  kleines 
Beispiel  dieser  Methode  eingetragen. 

* 

34.  Das  einfachste,  alteste,  aber  auch  zugleich  unvollkommenste  Yerfahren 

ist  das  mit  Hilfe  der  Kreuzschniire,  welches  im  Jahrgang  1844  der  Berg- 


HlLFSAPPAEATE  ZUEVEEWEND.  DBS  KoMP  ASSES  IN  GEGENWA 


und  Huttenmannischen    Zeitung,    Seite   278,    von    RTTTINGEE    beschrieben 
worden  ist. 

Die  Schniire  werden  in  der  aus  Fig.  71  zu  ersehenden  Weise  ge- 
spannt  und  an  den  Kreuzungspunkten  durch  Faden  verbunden.  Der  Kom- 
paB  wird  nach  einander  an  beide  Schniire  so  gehangt,  daB  der  Stift  immer 
senkrecht  unter  dem  Kreuzungspunkte  sich  befindet.  Das  Verfahren  ist 


Fig.  71.    Kreuzschniire. 


nach  einer  Notiz  in  demselben  Jahrgange  dieser  Zeitschrift  auf  Seite  569 
schon  lange  vor  der  Veroffentlichung  in  Grebrauch  gewesen.  Es  giebt  sehr 
ungenaue  Resultate. 


Im  Jahre  1834  konstruierte  der  damalige  Bergamtsassessor  BEAUNS-  §  35. 
DOEF  in  Freiberg  ein  Hangezeug,  welches  im  Jahre  1846  von  dem  Me- 
chanikus  LINDIG*  in  Dresden,  dem  ein  solches  Instrument  nach  Angaben 
anzufertigen  aufgegeben  war,  zum  ersten  Male  in  der  ,,Deutschen  Gewerbe- 
zeitung"  beschrieben  wurde.  Die  Beschreibung  ist  im  Bergwerksfreund 
Band  X  (1846),  Nr.  46  abgedruckt.  In  Nr.  27  desselben  Bandes  findet 
sich  einAufsatz:  ,,Uber  die  mit  dem  LiNDiGschen  Markscheiderinstrumente 
gemachten  Erfahrungen  nebst  den  daran  vorgenommenen  Abanderungen" 
und  schlieBlich  hat  der  Ernnder  BEAUNSDOEF  in  Nr.  40  der  ,,Berg-  und 
Hiittenm.  Zeit."  vom  Jahre  1846  das  Instrument  nochmals  beschrieben 
und  durch  Zeichnungen  erlautert. 

Das  Hangezeug  (Fig.  72  a.  b.  c.)  besteht  aus  einer  Stange  «,  an  welcher 
zwei  Haken  bb  befestigt  sind,  die  zum  Aufhangen  des  Instrumentes  an 
die  Schnur  dienen.  Das  eine  Ende  der  Stange  a  lauft  gabelformig  in  zwei 
Arme  cc  aus,  welche  mit  Zapfen  dd  versehen  sind,  deren  Achse  durch 
die  Mitte  der  Schnur  gerichtet  ist,  an  welcher  die  Haken  bb  hangen.  An 
den  Zapfen  dd  bewegt  sich  der  lange  Hangering  /. 


1  Nach  diesem  Mechanikus  wird  unrichtiger  Weise  das  ganze  Verfahren  das 
LiNDiGsche  genannt.  Die  Benennung  nach  dem  Erfinder  ,,BRAUNSDORF"  wurde  zu- 
treffender  sein. 


64 


FUKFTES  KAPITEL. 


Beim  Gebrauche  1st  eine  wesentliche  Bedingung,  daB  die  Achsenlinie 
der  Zapfen  dd  des  angehangten  Instrumentes  durch  den  Kreuzpimkt  der 
Schniire  geht,  well  dann  auch  der  Mittelpunkt  des  Kompasses  sich  eben- 
falls  genau  unter  diesem  Kreuzpunkte  befindet.  Diese  Bedingung  laBt 


d 


bd 


Fig.  V2a,  b  u.  c.     Das  BRAONSDORFsche  Hangezeug. 

sich  leicht  erfiillen,  wenn  der  eine  Haken  b  beweglich,  sowie  mit  einer 
IQemmschraube  k  versehen  ist  und  wenn  zur  Fixierung  der  Schnurendpunkte 
geeignete  Schrauben  verwendet  werden. 

Zur  Erleichterung  des  Ablesens  ist  das  KompaBgehange  so  abgeandert 
worden,  daB  von  den  Zapfen  dd  zunachst  zwei  Arme  von  ca.  15  cm  Lange 
hangen,  die  unten  eine  runde,  fest  verbundene  Scheibe  gh  tragen.  Eine 


HlLFSAPP ABATE  ZUE  VERWEND.  DES  KOMPASSES  IN  GEGENWART  VON  ElSEN.       65 

gleiche  Scheibe  ik  ist  oben  an  dem  bisherigen  Hangeringe  angebracht. 
Beide  Scheiben  sind  genau  zentrisch  durchbohrt,  konnen  zentrisch  auf- 
einandergelegt  und  durch  Mutter  und  Schraube 
aneinandergepreBt  werden.  Durch  diese  Vor- 
richtung  ist  es  moglich,  dem  unteren  Bugel 
jede  beliebige  Stellung  zu  geben  und  stets,  ohne 
von  demselben  verhindert  zu  werden,  die  Nadel- 
spitzen  genau  zu  beobachten. 

AuBerdem  gewahrt  diese  Yorrichtung  den 
Vorteil,  den  Winkel  mehrmals  bei  verschie- 
dener  Stellung  des  Stundenkreises  zu  messen. 


Ein  anderer,  sehr  einfacher  Apparat  ist 
das  KompaBstabchen,  welches  vom  Mark- 
scheider  REICHELT  zu  Schwarzenberg  erfunden 
und  in  Nr.  47  und  48  der  Berg-  und  Hiittenm. 
Zeit.  vom  Jahre  1856  beschrieben  worden  ist. 
17  Jahre  spater  hat  der  Markscheider  LEH- 
MANN  in  Klausthal  ein  ganz  ahnliches  Instru- 
ment konstruiert  und  in  derselben  Zeitung  1873, 

^_        .  ..     ,         1-1 

Nr.  16,  beschrieben. 

Das  KEiCHELTsche  KompaBstabchen  besteht  aus  einem  Messingstab 
a  von  ca.  40  cm  Lange  mit  zwei  verschiebbaren  Haken  c  und  d  und  mit 
zwei  Haltern  e  und  /J  zwischen  denen  eine  Darmsaite  zum  Anhangen  des 
Kompasses  eingespannt  ist.  Von  dem  einen  verschiebbaren  Haken  d  hangt 
ein  feines  Lot  herab,  mit  dessen  Hilfe  der  KompaBstift  stets  genau  unter 


73-    Verbessertes  BRAUNS- 

DORFsches  Hangezeue. 


Fig.  74a  u.  b.     Das  KompaBstabchen  von  REICHELT. 

den  Kreuzpunkt  b  der  Schniire  gebracht  werden  kann.  Dies  geschieht 
dadurch,  daB  nach  Liiftung  der  PreBschraube  an  dem  verschiebbaren,  fest 
an  den  Schraubenpunkt  b  angehaltenen  Haken  d  das  Stabchen  samt  dem 
angehangten  Kompasse  bis  zum  Einspielen  des  Lotes  auf  das  Zentrum  des 
Stundenringes  vor-  oder  riickwarts  geschoben  wird. 

BEATHUHN,  Markscheidekunst.  F; 


§36. 


66 


FUNFTES  KAPITEL. 


Die  Verschiebbarkeit  der  Haken  ist  wegen  der  verschiedenen  Neigung 
der  einzelnen  Schnure  notwendig.  Je  mehr  geneigt  eine  solche  ist,  um 
so  mehr  wird  der  Haken  c  dem  Haken  d  genahert  und  das  Stabchen 


m 


Fig.  75.     Das  LEHMANNSche  KompaCstabchen. 

iiber  b  hinausgeschoben  werden  miissen,  so  daB  der  hinausragende  Arm 
des  Stabchens  zu  lang  wird  und  den  Haken  von  der  Schnur  abzuheben 
bestrebt  ist.  Durch  Vorstecker,  welche  durch  die  Hakenschlitze  geschoben 

werden,  muB  das 
Abspringen  verhin- 
dert  werden. 

Die  Form  und  die 
Anwendung  des  LEH- 
MANNSchen  KompaB- 
stabchens  ist  aus 
Fig.  75  zu  ersehen. 
An  einem  38  cm 
langen  Lineale  sind 
nach  oben  zwei  Ha- 


1p 

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Fig.  76.    Das  KompaCstabchen  an  Schnuren  mit  verschiedener 
Neigung. 


ken  a  und  b  befestigt 
und  nach  unten  zwei 
Ansatzstucke  c  und  d, 

^^^^^_^  zwischen  denen  eine 

Schnur  zum   Anhangen    des  Kompasses   ausgespannt   ist.     Die  Locher  m 
und  n  dienen  zum  Einhangen  von  Gewichtgn. 

Sowohl  das  REiCHELTsche  als  das  LEHMANNsche  Instrument  leiden  an 
dem  tTbelstande,  dafi  sie  nur  bei  ganz  oder  doch  nahezu  horizontalen 
Schnuren  mit  Erfolg  zu  benutzen  sind,  weil  bei  verschieden  geneigten 


HlLFSAPP  ABATE  ZUE  YEBWEND.  DES  KOMP ASSES  IN  GrEGENWABT  VON  ElSEN.      67 

Schniiren  der  Fig.  76  der  Abstand  ad  bez.  ad'  des  KompaBstiftes  dund  d' 
vom  Schraubenpunkt  a  in  beiden  Lagen  des  KompaBstabchens  niemals 
gleich  sein  wird.  Damit  wird  aber  die  Hauptbedingung  des  ganzen  Yer- 
fahrens  erschiittert,  da  der  Ort  der  Magnetnadel  sich  gegeniiber  den  ab- 
lenkenden  Gegenstanden  verandert. 


W 


Fig.  77a  u.  b.     Aufhangen  des  LEHMANNSchen  Kompafistabchen  an  geneigten  Schniiren. 

Bei  sehr  steilen  Schniiren  wird  sich  sogar  das  LEHMANNsche  Instru- 
ment, weil  die  Haken  nicht  verschiebbar  sind,  gar  nicht  unter  den  Kreuz- 
punkt  der  Schntire  bringen  lassen. 

LEHMANN  schlagt  daher  vor,  die  geneigten  Schniire  sehr  schlaff  zu 
spannen,  so  dass  unter  Zuhilfenahme  eines  Gewichtes,  das  nach  Bediirfnis 
in  das  Loch  m  oder  n  der  Ansatzstucke  eingehangt  wird,  die  horizontale 
Lage  des  kurzen,  zum  Anhangen  notigen  Stiickes  der  geneigten  Schnur 
nahezu  hergestellt  werden  kann  (Fig.  77  a  u.  b). 

Bei  fallenden  Schniiren  ist  der  eine  Haken  des  Stabchens  durch  einen 
Vorstecker  zu  befestigen. 

Dies  Yerfahren  wird 
sich  bei  stark  fallenden 
Schniiren  nicht  anwenden 
lassen. 

Ein   LEHMANNSches 
KompaBstabchen  kostet  ca. 
15  Mark. 


Dem  KompaBstabchen 
am  nachsten  steht  der  im 
iibrigen  weit  vollkomme- 
nere,  nach  Angaben  des 
Markscheiders  PENKEBT  zu 
Rossberg  bei  Beuthen  von 
OTT  &  COEADI  in  Kemp- 
ten  konstruierte  zentrier-  Fig.  78.  Zentrierbarer  Hangekompafl  von  PENKERT. 

bare    HangekompaB, 

welcher   in   Nr.  2    der   Berg-   und  Hiittenm.  Zeit.   vom    Jahre    1880   wie 
folgt  beschrieben  ist. 


§37. 


68 


FUNFTES  KAPITEL. 


An  dem  hohlen  vierkantigen  Stabe  A  sind  mittelst  dauerhafter  Ge- 
lenke  a  und  b  zwei  Arme  aus  runden  Messingrohren  h  und  ti  angebracht, 
welche  in  ihrer  rechtwinkeligen  Lage  durch  Federn  /  und  /'  festgehalten 
werden.  Diese  Arme  sind  oben  mit  Haken  zur  Aufnahme  der  Schnur  ver- 
sehen.  Der  halbkreisformige  KompaBtrager  t  ist  mit  einem  runden  Messing- 
rohre  £  verbunden,  das  sich  ca  15  cm  in  den  Ringen  0,  0'  aus-  und 
einschieben  laBt,  wodurch  die  Zentrierung  des  Kompasses  bewirkt  werden 
kann.  Die  Schraube  d  dient  zur  Feststellung  des  Rohres  in  den  verschie- 
denen  Stellungen,  die  Fiihrungsschiene  n  verhindert  eine  seitliche  Drehung 
desselben. 

Um  zu  verhiiten,  dass  der  Haken  des  Armes  h'  durch  das  Gewicht 
des  Kompasses  von  der  Schnur  abgehoben  wird  und,  um  das  Anbringen 
eines  lastigen  Gegengewichtes  zu  umgehen,  ist  am  Arm  h'  ein  Schieber 
angebracht,  welcher  gestattet,  den  Haken  sicher  auf  der  Schnur  zu  be- 
festigen. 

Die  Arme  h  und  h'   lassen   sich   parallel   zu  A   iibereinander   legen, 

ebenso  der  KompaBtrager  um 
180°  und  das  Rohr  um  90°, 
so  daB  der  ganze  Apparat 
flach  in  einer  Tasche  liegen 
kann.  Der  HangekompaB  laBt 
sich  zentrieren  bis  zu  45° 
und  an  eisenfreien  Stellen 
wie  das  gewohnliche  Hange- 
zeug  anwenden. 

Derselbe  leidet  aber  an 
denselben  Unvollkommenhei- 
ten,  wie  das  KompaBstabchen. 
StoBen  z.  B.  eine  horizontale 
Fi    79  und  eine  geneigte  Schnur  zu- 

sammen,    so  wird    der  Auf- 

hangepunkt  der  Nadel  P  bez.  P'  wohl  zentrisch,  aber  in  verschiedener 
Tiefe  unter  dem  Kreuzpunkte  der  Schniire  K  zu  liegen  kommen,  wie  die 
schematische  Skizze  in  Fig.  79  veranschaulicht. 


38.  Der  von  dem  Markscheider  FUHEMANN  zu  Horde  konstruierte  und  in 

Nr.  37  der  Berg-  und  Hiittenm.  Zeitung  vom  Jahre  1879  beschriebene 
Apparat  wendet  den  HangekompaB  in  Yerbindung  mit  einer  Visiervorrich- 
tung  an  (Fig.  SO  a  be). 

Das  Wesentlichste  dieses  Instrumentes  ist  ein  Messingstab  a  a  von 
einer  Lange,  die  zum  Anhangen  von  KompaB  und  Gradbogen  geniigt, 
welcher  an  den  Enden  mit  Haken  zum  Einhangen  der  Schnur,  sowie  mit 
zwei  Dioptern  bb  versehen  und  in  der  Mitte  mit  einem  Kugelgelenk  c  fest 


HlLFSAPP ABATE  ZUR  YERWEND.  DES  KOMPASSES  IN  GEGENWART  VON  ElSEN.       69 

verbunden  ist.  Die  Kugel  des  Gelenkes  bildet  die  Verbindung  des  Diopter- 
lineals  mit  der  Vorrichtung  zur  Befestigung  des  ganzen  Apparates  an 
Zimmerung  oder  Spreizen  und  kann  mittels  eines  beweglichen  Keiles  d, 
der  auf  eine  Deckplatte  wirkt,  in  jeder  Lage  festgeklemint  werden. 

Die  Yorrichtung  zuni  Befestigen  des  Apparates  ist  entweder  ein  be- 
sonderer  Arm,  der  mit  einem  Klemmringe  eine  Spreize  umfafit,  oder  ein 
Pfriemen  (Fig.  80  b  u.  c). 


Fig.  80a.  b.  c.     Das  Hangezeug  von  FDHBMANN. 

Als  Signale  dienen  Lamp  en,  welche  an  Signalkopfen  aufgehangt  werden, 
die  in  ihren  Dimensionen  den  vorher  erwahnten  Yorrichtungen  entsprechen 
miissen. 

Auch  dieser  Apparat  darf  an  demselben  Punkte  nur  bei  gleicher  Nei- 
gung  des  Diopterlineals  angewendet  werden,  weil  eine  Drehung  des  letzteren 
eine  Ortsveranderung  des  Aufhangepunktes  der  Magnetnadel  zur  Folge  hat. 

Dieser  Bedingung  kann  mit  Hilfe  der  Diopter  auch  da  geniigt  werden, 
wo  zwei  sehr  verschieden  geneigte  Yisuren  ab  und  ac  zusammenstoBen 
(Fig.  81).  Die  Richtung  ac  wird  durch  ein  Lot  bezeichnet  und  dasselbe 
mit  der  bei  der  vorherigen  Yisur  benutzten  Neigung  des  Lineals  anvisiert. 


70 


FTOJFTES  KAPITEL. 


Von   den  Vorteilen   dieses  Apparates,    welche    der  Erfinder   anfuhrt, 
sind  folgende  hervorzuheben: 

1)  Der   Apparat   beansprucht    einen   bescheidenen   Raum,   kann   am 
StoBe,  an  einem  Stempel  u.  s.  w.  angebracht  werden  und  einen  Wagenzug 
vorbeilassen,  wobei  die  Arbeit  ungestb'rt  weitergeht. 

2)  Das  Schnur-  oder  Kettenspannen  ist  beim  Winkelmessen  ganz  ver- 
mieden,  da  die  Langen,  wie  bei  jedem  anderen  Visierapparat,  selbstandig 
gemessen  werden. 

3)  Die  Nadel  des  Kompasses  und  das  Lot  des  Gradbogens  kommen 
schneller  in  Ruhe,  als  bei  Benutzung  der  Schnur.   Der  Apparat  ist  paten- 


tiert  (D.  R.-P.  Nr.  3245)  und  wird  vom  Mechanikus  DANKEES  in  Dortmund 
einschlieBlich  der  Signalkopfe  und  des  Kastens  zum  Aufbewahren  zu 
212  Mark  geliefert. 

39.  An  dieser  Stelle  ist  auch  das  Zwillingshangezeug  von  KEAET  u.  SCHNEIDEE 
zu  erwahnen,  obgleich  ein  KompaB  mit  Magnetnadel  nicht  damit  verbunden 
ist.  Dieses  Instrument  ist  in  der  Osterr.  Zeitschr.  f.  Berg-  und  Huttenw. 
1875,  S.  471,  und  in  Nr.  48  der  Berg-  und  Huttenm.  Zeit.  vom  Jahre 
1876  beschrieben,  worauf  hier  lediglich  verwiesen  wird. 

Es  ist  ein  komplizierter,  umstandlich  zu  handhabender  und  noch  dazu 
teurer  Apparat,  dessen  Konstruktion  viele  Fehlerquellen  enthalt.  Er  wird 
sich  schwerlich  in  der  Praxis  einbiirgern. 


40.  Endlich   hat   man   den  KompaB   als  FeldmeBinstrument   (siehe  §  30) 

zum  Messen   iiber   eisernen   Schienen  verwendet   und   damit   das   Messen 


HlLFSAPP  ABATE  ZUR  YERWEND.  DES  KOMPASSES  IN  GEGENWART  VON  ElSEN.       7 1 

mit  clem  KompaB  in  Gegenwart  von  Eisen,  namentlich  wenn  das  in  Band  IX 
der  Zeitschrift  fur  Berg-.  Hiitten-  und  Salinenwesen  beschriebene  ver- 
scharfte  Beobachten  der  Streichwinkel  hinzutritt,  wohl  auf  die  Stufe  der 
hochsten  Leistungsfahigkeit  gebracht.  Daftir  erfordert  aber  das  Yerfahren 
mindestens  eben  so  viel,  wenn  nicht  mehr  Miihe  und  Zeitaufwand,  wie  das 
Messen  mit  dem  Theodoliten,  also  mit  einem  Instrumente,  welches  doch 
weitaus  genauere  Ergebnisse  liefert. 

Der  KompaB  ist  bei  den  bierzu  benutzten  FeldmeBinstrumenten  selbst- 
verstandlich  zentrisch  zur  Drehachse  desselben  angebracht  und  auch  die 
Visierlinie  liegt  in  der  Vertikalebene  dieser  Achse. 

Das  Aufstellen  des  Instrumentes,  die  Einrichtung  der  Signale  ist 
ahnlich  wie  bei  dem  Theodoliten  und  wird  an  dieser  Stelle  beschrieben 
werden. 

Das  verscharfte  Beobachten  der  Streichwinkel  wird  dadurch  erreicht, 
daB  der  Polygonwinkel  mehrere  Mai  gemessen  wird  und  zwar  stets  mit 
etwas  verdrehter  KompaBbiichse  oder,  wenn  der  KompaB  diese  Yorrichtung 
besitzt,  mit  etwas  verdrehtem  Stundenring.  Dadurch  erhalt  man  andere 
Zahlen  zur  Ermittelung  des  Winkels  und  durch  das  Mittel  aus  samtlichen 
Beobachtungen  einen  Winkelwert,  der  die  Ablesegrenze  der  einmaligen 
Beobachtung  iibertrifft,  z.  B.: 

ruckwarts  4.  1.    3  | 
vorwarts     5.  6.    71" 
ruckwarts  6.  2.    5 


vorwarts     7.  7.  10 


+  1.  5.  5 


ruckwarts  1.2.    7  \    ,    -,    r 
vorwarts     2.  7.  11  /  "      '     ' 


1.5.  4;3. 


Bei  der  Anwendung  der  vorstehend  beschriebenen  KompaBinstrumente  §  41. 
ist  es  notwendig,  in  nicht  allzu  langen  Zwischenraumen  sogenannte  eisen- 
freie  Schniire  einzuschalten,  um  durch  Yergleichung  des  berechneten  und 
beobachteten  Streichens  solcher  Schniire  den  Zug  auf  seine  Richtigkeit 
priifen,  bez.  berichtigen  zu  konnen.  Das  Yerfahren  der  Berichtigung  ist 
einfach. 

Man  leitet  in  bekannter  Weise  von  einer  eisenfreien  Schnur  —  auch 
Normalstunde  genannt  —  ausgehend  die  Streichwinkel  der  sich  daran 
anschlieBenden  Schniire  ab,  bis  man  bei  der  zweiten  Normalstunde  an- 
kommt.  Stimmt  das  abgeleitete  Streichen  derselben  nicht  mit  dem  un- 
mittelbar  beobachteten,  so  ist  die  Winkelmessung  zu  wiederholen,  bis  die 
Differenz  verschwindet  oder  doch  so  klein  wird,  daB  man  sie  auf  die  Winkel 
zwischen  der  ersten  und  zweiten  Normalstunde  verteilen  darf. 

Das  nachste  Stuck  zwischen  der  zweiten  und  dritten  eisenfreien  Schnur 
behandelt  man  in  gleicher  Weise,  indem  man  von  der  zweiten  beobach- 
teten Normalstunde  ausgeht. 


72      FUNFTES  KAPITEL.    HILFSAPPAEATE  ZUE  VEEW.  DES  KOMPASSES  etc. 

Bei  Bestimmung  des  Streichens  solcher  Normalstunden  ist  mit  beson- 
derer  Vorsicht  zu  Werke  zu  gehen.  Es  ist  zunachst  zu  priifen,  ob  in 
der  That  keine  die  Magnetnadel  ablenkenden  Gegenstande  vorhanden  sind. 
Hiervon  iiberzeugt  man  sich,  wenn  der  KompaB  an  verschiedenen  Stellen 
einer  gespannten  Schnur  immer  denselben  Streichwinkel  angiebt. 

Das  Streichen  der  Normalstunde  wird  nicht  bloB  aus  einer  Beobach- 
tung  entnommen,  sondern  man  verfahrt  folgendermaBen : 

Die  Endpunkte  einer  solchen  Linie  ab  (Fig.  82)  werden  auf  Spreizen 
verlegt,  welche  senkrecht  zur  Schnurrichtung  geschlagen  sind,  und  man 
miBt  dann  von  dem  einen  Punkte  b  zu  beiden  Seiten  gleiche  Abstande 
be  =  bc\  bd  =  bd'  ab  und  steckt  in  die  Punkte  c,  c',  d,  d'  Pfriemen  oder 
Schrauben. 

Von  a  spannt  man  die  Schnure  nach  samtlichen  Punkten,  wobei  die 
Vorsicht  gebraucht  wird,  die  Schnure  ac  und  ac  bez.  ad  und  ad'  so  urn 
die  Pfriemen  zu  schlingen,  daB  sich  die  jedesmal  entsprechenden  entweder 

an  den  inneren  oder 
auBeren  Rand  des 
Pfriemens  anlegen. 
Aus  dem  Mittel 
desStreichens  samt- 
licher  Schnure  er- 
halt  man  einen  ge- 
naueren  Wert  des 
Streichwinkels ,  als 
die  einfache  Beob- 
achtung  ergeben 
wiirde. 


Fig.  82.     Bestimmung  einer  Normalstunde. 


Die  Bestimmung  dieser  Normalstunden  muB,  um  die  schadlichen  Ein- 
fliisse  der  Variation  auszuscheiden,  moglichst  schnell  hinter  einander  ge- 
schehen  und  zwar  zu  einer  Zeit,  wo  der  Stand  der  Magnetnadel  sich  wenig 
andert,  also  des  Nachmittags  oder  wahrend  der  Nacht. 

Wir  werden  spater  (§  166  ff.)  vollkommnere  Methoden  der  Orientie- 
rungsmessungen  kennen  lernen,  bei  denen  durch  gleichzeitige  Beobachtung 
eines  Magnetometers  der  EinfluB  der  Variation  beseitigt  wird,  welche  jedoch 
bei  den  in  Kede  stehenden  einfachen  Messungen  mit  dem  KompaB  nicht 
angebracht  sind. 

Zur  Beurteilung  der  Genauigkeit  von  solchen  Ziigen  im  Vergleich  mit 
anderen  Messungen  hat  Professor  VON  MILLEE-HAUENFELS  den  zu  befurch- 
tenden  Endfehler  berechnet  von  Messungen  ein  und  desselben  Zuges 
nach  verschiedenen  Methoden  und  mit  verschiedenen  Instrumenten,  und 
folgende  Werte  gefunden: 

1)  Bei  Anwendung  des  Kompasses  nach  den  besten  der  obigen  Me- 
thoden mit  zwei  Normalstunden  am  Anfang  und  Ende  des  Zuges  nach 
Verteilung  der  gefundenen  Differenz 0,41  der  Langeneinheit 


SECHSTES  KAPITEL.    DAS  NIVELLIEREN  etc.  73 

2)  bei  derselben  Methode  mit  nur  einer  Nor- 

malstunde 0,50  der  Langeneinheit 

3)  bei  Gebrauch  eines  Theodoliten  von  20 " 

mittlerem  Fehler 0,04     „  „ 

4)  bei  Gebrauch    des    gewohnlichen   Hange- 

zeuges 0,08     „  „ 

Die  Genauigkeiten  wurden  sich  also  verhalten,  den  Wert  des  Theodolit- 
zuges  gleich  1  gesetzt,  wie: 

10  :  12,5  :  1  :  2. 

Leider  liegen  mir  nur  wenige  Resultate  in  Zahlen  von  derartigen  Ziigen 
vor,  welche  auf  ihre  Richtigkeit  nach  erfolgtem  Durchschlag  oder  auf 
andere  Weise  durch  unmittelbare  Messungen  gepriift  werden  konnten. 
Diese  wenigen  Resultate  sind  bezuglich  ihrer  Genauigkeit  so  schwankend, 
daB  fur  den  einmal  ausgefiihrten  Zug  mit  nur  zwei  Normalstunden 
im  Durchschnitt  die  sehr  ungunstige  Verhaltniszahl  10  berechtigt  sein 
diirfte. 

Wenn  trotzdem  namentlich  mit  der  zuletzt  erwahnten,  nach  meinem 
Vater  benannten  Methode  des  verscharften  Ablesens  beachtenswerte  Re- 
sultate bei  markscheiderischen  Angaben  auf  groBe  Entfernungen  erzielt 
worden  sind,  so  ist  diese  Thatsache  auf  Rechnung  der  haufigen  Wieder- 
holungen  des  Zuges  und  der  vielen  eingeschalteten  Normalstunden  zu  setzen. 


Sechstes  Kapitel. 
Das  Mvellieren  und  die  Merzu  erforderlichen  Instrumente. 

Unter  Hohenmessen  oder  Nivellieren  versteht  man  die  Ermittelung 
des  senkrechten  Abstandes  zweier  oder  mehrerer  Punkte  von  einer  be- 
stimmten  Horizontalebene. 

Man  unterscheidet  trigonometrisches,  geometrisches  und  phy- 
sikalisches  Hohenmessen. 

Die  trigonometrische  Hb'henbestirnmung 
erfordert  Langen-  und  Winkelmessungen. 
Als  Beispiel  mag  der  einfachste  Fall  dienen. 
Zur  Ermittelung  des  Hohenunterschiedes  der 
Punkte  A  und  B  =  BC  wird  der  Winkel 
BAG  und  eine  der  beiden  Linien  AB  oder 

^Cgemessen.    Der  gesuchte  Hohenabstand         Fig  83    Trigonometrisches 
BC  wird  durch  trigonometrische  Rechnung  Nivellieren. 

aus  den  beiden  gemessenen  GroBen  gefunden. 

Bei  dem  geometrischen  Nivellieren  wird  eine  horizontale  Linie  oder 
Ebene  konstruiert  und  der  Abstand  der  beiden  Punkte  A  und  B  von  dieser 


74 


SECHSTES  KAPITEL. 


Horizontalen   durch  Aufstellen    senkrechter  Latten    direkt  gemessen.     Die 
Differenz  der  beiden   gemessenen  Abstande   1st  der  Hohenunterschied  der 

beiden  Punkte. 

Das  physikalische  Hohen- 
messen  griindet  sich  auf  die  Yer- 
anderlichkeit  des  Luftdruckes  in 
verschiedenen  Hohen.  Das  wich- 
tigste  hierher  gehorige  Instrument 
ist  das  Barometer. 

Fiir  die  Markscheidekunst  ist 


Fig.  84.     Geometrisches  Nivellieren. 


Wichtigkeit 
das  erstere. 


und    von    diesen   beiden, 


nur   das   geometrische    und    das 

trigonometrische  Nivellieren  von 

wie   iiberhaupt   in   der   Mefikunde, 


§  43.  Zur  Ausfuhrung   von   geometrischen  Nivellements   benutzt  der  Mark- 

scheider  fast  ausschlieBlich  das  Luftblasenniveau. 

.  Ein  solchesNivellierinstrument  besteht  aus  drei  Hauptteilen,  aus  dem  FuB 
mit  den  Fernrohrtragern,  dem  Fernrohr  und  aus  der  Rohrenlibelle. 


T 


Fig.  85.     Nivellierinstrument  mit  fest  verbundenen  Teilen. 

Diese  drei  Hauptteile  konnen  durch  Schrauben  fest  verbunden  sein 
(Fig.  85),  oder  nur  lose  durch  SchlieBen  mit  Yorsteckern  (Fig.  86). 

Im  letzteren  Falle  ist  das  Fernrohr  umlegbar  und  drehbar  in  seinen 
Lagern  und  die  Rohrenlibelle  zum  Umsetzen  eingerichtet.  Das  in  den 
Lagern  drehbare  Fernrohr  ist  auch  zuweilen  fest  mit  der  Libelle  ver- 
bunden. Letztere  ist  dann  eine  sogenannte  Reversionslibelle  mit  zwei 
Skalen  an  verschiedenen  Seiten  (Fig.  87). 


DAS    NlVELLIEREN    UND    DIE    HIEBZU    EBFORDERLICHEN   INSTRUMENTS.          75 

Alle  drei  Konstruktionen  werden  von  den  Markscheidern  gebraucht. 
Instrumente  der  ersteren  Konstruktion  haben  den  fur  den  Gebrauch 


c 

—  LJ—                                          —  U— 

E] 

\                         ^                          SI 

1:1-1-4 

'  1  1  —  i  1  •  —  J, 

Fig.  86.     Nivellierinstrument  mit  zerlegbaren  Teilen. 

in   der  Grube  wichtigen  Yorteil  der  groBeren  Stabilitat,    die  der  zweiten 
und  dritten  lassen  sich  leichter  priifen  und  berichtigen. 


T 


Fig.  87.     Nivellierinstrument  mit  Reversionslibelle. 


76 


SECHSTES  KAPITEL. 


44.  Die  einzelnen  Teile  des  Nivellierinstriiinentes.  —  Der  FuB.  Der 
Fu6  der  Nivellierinstrumente  gleicht  dem  des  Theodoliten  und  der  Bussole 
und  dient  zum  Befestigen  des  Instrumentes  auf  einer  Unterlage  (Stativ, 
Arm,  Spreize)  und  zum  Horizontalstellen  desselben. 

Die  gewb'hnliche  Form  ist  die  des  DreifuBes,  seltener  wird  das  Kugel- 
gelenk  angewendet. 

Fig.  88  stellt  einen  DreifuB  dar. 

Von  einem  Mittelstiick  M  gehen  drei  Arme  aus,  in  deren  Enden  die 
Stellschrauben  ABC  in  Gewinden  sich  drehen.  Diese  Stellschrauben,  deren 

Mittelpunkte  ein  gleichseitiges  Dreieck 
bilden,  endigen  unten  entweder  in  Stahl- 
spitzen,  oder  in  kleinen  Kugeln,  welche 
in  entsprechenden  Aushohlungen  von 
messingenen  Unterlageplatten  sich  drehen 
konnen.  Zur  Regulierung  des  leichten 
oder  schweren  Granges  der  Stellschrauben 
sind  die  kleinen  PreBschrauben  a,  b,  c 
angebracht. 

Das  Mittelstiick  M  ist  unten  mit 
einem  Schraubengewinde  versehen,  an 
welches  die  Zentralschraube  S  ange- 
schraubt  werden  kann,  deren  Platte  P 
mittels  Schraube  und  Spiralfeder  gegen 
die  Unterlage  gepreBt  wird.  Beim  Nivel- 
lierinstrument  kann  statt  der  Zentral- 
schraube auch  ein  sogenannter  Feder- 
haken  angewendet  werden,  welcher  in 
einen  am  Mittelstiick  angebrachten  Haken 
eingreift. 

Die  vertikale,  konische  Drehachse 
des  Instrumentes  ist  aus  Stahl  gefertigt 
und  entweder  mit  dem  Mittelstiick  des 

DreifuBes  fest  verbunden  und  ragt  dann  aus  dem  oberen  Teile  desselben 
hervor  oder  mit  der  Schiene,  welche  die  beiden  Fernrohrlager  tragt.  In 
letzterem  Falle  ist  das  Mittelstiick  des  DreifuBes  ausgehohlt  zur  Aufnahme 
der  Achse. 

Die  zweite  Befestigungsart  der  Achse  findet  sich  stets  bei  den  Nivel- 
lierinstrumenten,  deren  Teile  fest  verbunden  sind  (Fig.  86).  Die  anderen 
Konstruktionen  der  Nivellierinstrumente  sind  nicht  an  eine  bestimmte  An- 
ordnung  in  dieser  Beziehung  gebunden. 

Bei  den  letzteren  Instrumenten  ist  einer  der  Fernrohrtrager  (Fig.  89 
durch  zwei  angebrachte  Zugschrauben  ZZ  und  eine  Druckschraube  d  zum 
Heben  und  Senken  eingerichtet. 

Um   das   Nivellierinstrument   mit  Hilfe    des   DreifuBes    horizontal   zu 


Fig.  88.     Der  DreifuC. 


DAS    NlVELLIEEEN   UND    DIE    HIEEZU    EEFOEDEELIC.HEN   INSTEUMENTE.  77 

stellen,  dreht  man  dasselbe  so,  daB  die  Libelle  in  der  Vertikalebene  eines 
Armes  liegt  und  bewirkt  durch  Drehen  der  Stellschraube  A  dieses  Armes 
ein  Einspielen  der  Luftblase,  sodann  dreht  man  das  Instrument  um  90  °, 
daB  die  Libelle  der  durch  die  beiden  anderen  FuBschrauben  B  und  C 
gelegten  Linie  (Fig.  90)  parallel  ist  und  bringt  durch  gleichzeitiges  Drehen 
beider  Schrauben  im  entgegengesetzten  Sinne  die  Luftblase  wieder  zum 
Einspielen.  Dies  Verfahren  wiederholt  man  so  lange,  bis  die  Blase  in  alien 
Stellungen  der  Libelle  dieselbe  Lage  beibehalt. 

Selbstverstandlich  kann  man  dasselbe  Ziel  erreichen,  wenn  man  die 
Libelle  erst  in  die  Vertikalebene  des  ersten  und  dann  des  zweiten  Armes 
bringt  und  in  jeder  Lage  die  entsprechende  Schraube  bis  zum  Einspielen 
der  Luftblase  wirken  laBt.  Die  Schraube  des  dritten  Armes  kommt  hierbei 
gar  nicht  in  Thatigkeit.  Die  erstere  Methode  fiihrt  schneller  zur  horizon- 
talen  Stellung. 


Z 


Fig.  89.     Fenrohrtrager  zu 
Fig.  86. 


Fig.  90. 


Die  horizontale  Stellung  des  Instrumentes,  welche  bei  jeder  Aufstel- 
lung  erstrebt  wird,  vollstandig  genau  zu  erreichen,  ist  oft  langwierig, 
bei  elastischem  Sumpf-  oder  Moorboden  gar  nicht  moglich,  aber  auch 
nicht  notig.  Dieselbe  braucht  nur  insoweit  richtig  zu  sein,  daB  der 
Horizontalfaden  hinreichend  genau  horizontal  ist.  Die  scharfe  Horizontal- 
stellung  ist  eigentlich  nur  in  dem  Augenblick  des  Ablesens  notwendig. 
Der  den  Markscheider  begleitende  Gehilfe  ist  deshalb  darauf  einzuiiben, 
die  Blase  fortwahrend  zu  beobachten,  einen  etwaigen  Ausschlag  zu  ver- 
bessern  und  den  Moment  des  richtigen  Einspielens  anzuzeigen. 

Die  Fernrohre  groBerer  Instrumente  haben  eine  Vertikalbewegung 
von  einigen  Graden,  welche  durch  eine  sehr  feine  Mikrometerschraube 
reguliert  wird. 

Gute  Dienste  leistet  auch  ein  iiber  der  Libelle  angebrachter  Spiegel, 
welcher  dem  Beobachter  gestattet,  die  Blase  zu  sehen,  ohne  seinen  Stand 
vor  dem  Okulare  zu  verandern. 

Ist  die  Fassung  der  Libelle  mit  einer  bezifferten  Skala  versehen  (vergl. 


78 


SECHSTES  KAPITEL. 


45. 


§  47),  so  ist  es  moglich,  den  Stand  der  Blase  fiir  den  Augenblick,  in 
welchem  vom  Markscheider  an  der  Latte  abgelesen  wird,  genau  zu  be- 
stimmen. 

Ein  geiibter  Gehilfe  liest  namlich  in  dem  Moment  der  Visur  die  Skalen- 
teile  ab,  bis  zu  welchen  die  beiden  Blasenenden  an  der  Skala  reichen. 
Aus  diesen  Beobachtungen  kann  der  Ausschlag  der  Libelle  in  Skalenteilen 
leicht  abgeleitet  und  aus  dem  Winkelwert  eines  Skalenteiles  und  der  Lange 
der  Yisur  die  GroBe  berechnet  werden,  um  welche  die  Ablesung  an  der 
Latte  verbessert  werden  muB  (vgl.  §  62). 

Die  Operation  des  Einstellens  der  Luftblase  ist  zwar  bei  einiger  tlbung 
und  Geschicklichkeit  in  kurzer  Zeit  zu  beendigen,  aber  es  laBt  sich  nicht 
leugnen,  daB  bei  ausgedehnten  Nivellements  ein  erheblicher  Teil  der  Arbeits- 
zeit  zur  Horizontalstellung  verbraucht  wird,  und  daB  die  haun'ge  Wieder- 
holung  derselben  Operation  einen  ermiidenden  und  abspannenden  EinfluB 
ausiibt. 

Es  sind  deshalb  Versuche  gemacht  worden,  den  Nivellierinstrumenten 
eine  Einrichtung  zu  geben,  welche  das  Fernrohr  durch  Einwirkung  der 
Schwerkraft  auf  automatischem  Wege  annahernd  horizontal  stellt,  etwa  so 
weit,  daB  die  Blase  wenigstens  im  Einschnitt  der  Libellenfassung  bleibt. 
Die  feine  Einstellung  wird  dann  durch  eine  unentbehrliche  Elevations- 
schraube  des  Fernrohres  geregelt. 

In  der  Zeitschrift  fiir  Instrumentenkunde,  Jahrgang  1884,  S.  54,  sind 
die  bisher  iiblichen  Einrichtungen  die  e in f ache  Kugelaufhangung,  die 
Cardanische  Aufhangung  und  eine  neue  zusammengesetzte  Kugel- 
aufhangung erlautert  und  be- 
schrieben. 

Das  zu  diesen  Vorrichtungen 
notwendig  gehorige  schwere  Pen- 
delgewicht  erscheint  jedoch  die 
Verwendung  in  der  Grube  sehr  zu 
erschweren,  so  daB  dieselben  vor- 
laufig  als  nicht  zweckmaBig  fiir 
die  Markscheider  bezeichnet  wer- 
den miissen. 


Das  Kugelgelenk  als  Fuss- 
gestell.   —   Die   Figuren   91  a.  b. 
zeigen  die  Einrichtung  eines   sol- 
|P  chen  Kugelgelenkes. 

Fig.91a.     Das  Kugelgelenk.    Durchschnitt.  ^6  Vertikalachse  A  des  Nivel- 

lierinstrumentes,  welche  mit  den 

Fernrohrtragern  fest  verbunden  ist,  steckt  in  einer  Biichse  mit  der  kugel- 
formigen  Erweiterung  K,  die  nach  unten  in  den  Zapfen  Z  auslauft.     Die 


DAS    NlVELLIEEEN   UND   DIE   HIEEZU   EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.  79 

Kugel  wircl  von  geeigneten  Pfannendeckeln  //  gehalten,  welche  mit  der 
Aufsteckhiilse  H  durch  Schrauben  fest  verbunden  sind. 

Die  Aufsteckhiilse  wird  auf  den  Kopf  eines  Zapfenstatives  entweder 
mittels  eines  Schraubengewindes  oder  nur  durch 
eine  PreBschraube  befestigt. 

Gegen  den  Zapfen  Z  wirken  die  beiden 
Schrauben  D  und  E  und  die  Spiralfeder  C 
(Fig.  91  b). 

Um  mit  Hilfe  dieser  Vorrichtung  das  Nivel- 
lierinstrument  horizontal  zu  stellen,  dreht  man 
dasselbe  so,  daB  die  Libelle  nach  einander  parallel 
den  beiden  Stellschrauben  steht  und  bringt  die 
Luftblase  jedesmal  zum  Einspielen.  Dies  Verfahren  wird  bis  zur  volligen 
Horizontalstellung  wiederholt. 


Das  Fernrohr.  —  Wie  bei  alien  MeBinstrumenten,  so  wird  auch  bei  §  46. 
dem  Luftblasenniveau  ein  astronomisches  Fernrohr  verwendet,  welches  die 
Bilder  verkehrt  zeigt. 

Da  die  Theorie  des  Fernrohres  als  bekannt  vorausgesetzt  werden  muB, 
so  soil  nur  das  Wichtigste  davon  hier  aufgefiihrt  werden. 


Fig.  92.    Zur  Theorie  des  Fernrohra. 

Das  Bild  eines  sehr  weit  entfernten  Gegenstandes  AB  erscheint  in 
dem  Brennpunkte  p  der  Objektlinse  0  und  zwar  umgekehrt.  Dieses  ver- 
kehrte  Bild  AlBl  wird  durch  das  Okular,  welches  genau  wie  eine  Lupe 
wirkt,  vergroBert  (A2B2)  und  erscheint  dem  Auge  deutlich,  wenn  es  im 
Brennpunkte  dieses  Glases  sich  befindet. 

1st  der  Gegenstand  AB  nicht  sehr  weit  vom  Objektiv  entfernt,  so 
fallt  das  Bild  A' B'  iiber  den  Brennpunkt  p  hinaus  nach  p.  Um  dieses 
Bild  durch  das  Okular  deutlich  zu  sehen,  ist  letzteres  so  weit  zu  ver- 
schieben,  bis  das  Bild  wieder  in  dem  Brennpunkte  des  Okulars  sich 
befindet. 

Zu  dem  Zwecke  ist  die  Okularrohre  bei  Fernrohren  an  MeBinstru- 
menten  mit  einer  Getriebevorrichtung  versehen,  um  das  Okular  jedesmal 
in  die  richtige  Stellung  bringen  zu  konnen. 


80 


SECHSTES  KAPITEL. 


Dieses  Verschieben  der  Okularrohre  muB  in  der  optischen  Achse  des 
Fernrohres  erfolgen,  weil  sonst  nicht  unerhebliche  Fehler  beim  Messen 
entstehen  konnen.  Wegen  der  Priifung  siehe  §  84. 

Die  Objektivlinse  soil  moglichst   achromatisch  sein.     Durch  Ver- 
bindung  zweier  Linsen,  einer  Sammellinse  a  von  Crownglas  mit  einer  Zer- 
streuungslinse   b    von    Flintglas    wird    ein    hoher    Grad   von 
Achromatismus  erreicht. 

Das  Okular  heiBt  ein  astronomisches,  wenn  es  nur  aus 
einer  Convexlinse  besteht  oder  aus  zweien  so  zusammengesetzt 
ist,  daB  es  die  Bilder  der  Gegenstande  verkehrt  zeigt. 

Die  zweite  Linse  des  astronomischen  Okulars,  welche  von 
der  ersten  einen  unveranderlichen  Abstand  hat  und  folglich 
mit  dieser  dem  Objektiv  genahert  oder  von  ihm  entfernt  wer- 
den  kann,  heiBt  die  Kollektivlinse,  weil  sie  die  auf  sie 
fallenden  Lichtkegel  in  kleinere  Raume  zusaminendrangt. 

In  dem  HuYGHENschen  und  in  dem  RAMSDENschen  Okulare 
sind  die  eigentliche  Okularlinse  und  die  Kollektivlinse  plankonvexe  Linsen. 
Im  ersteren  wenden  beide  Linsen  ihre  konvexen  Seiten  dem  Objektiv,  in 
letzteren  ihre  konvexen  Seiten  sich  selbst  zu. 

Fig.  94  ist  eine  schematische  Skizze  des  Fernrohres  mit  HUYGHEN- 
schem  Okular.  Die  Kollektivlinse  steht  innerhalb  der  Brennweite  des  Ob- 


Fig.  93. 

C          ^  * 


Fig.  94.     Anordnung  der  Linsen  im  HuYGHENschen  Fernrohre. 

jektivs,  und  das  Bild  eines  vor  dem  Objektiv  befindlichen  Gegenstandes 
erzeugt  sich  zwischen  den  beiden  Okularlinsen ,  aber  nicht  in  der  Brenn- 
ebene  p  e'  des  Objektivs,  sondern  da  die  Strahlen  durch  die  Kollektivlinse 
gebrochen  werden,  schon  in  pe. 

Das  KELLNEEsche  oder  orthoskopische  Okular  (Fig.  95)  hat  eine 

bikonvexe  Sammellinse,  dessen  flachere 
Krummung  dem  Objektiv  zugewendet 
ist,  und  ein  achromatisches  Augenglas. 
Zu  Messungen  ist  das  astrono- 
mische  Fernrohr  erst  dann  geeignet, 
wenn  es  ein  Fadenkreuz,  d.  h.  eine 
Vorrichtung  besitztj  mit  deren  Hilfe 

Fig.  95.    KELLNERsches  Okular.  dessen  optische  Achse  auf  einen  be- 

stinimten*Punkt  gerichtet  werden  kann. 

Ein  Fadenkreuz  besteht  aus  zwei  sich  kreuzenden  Faden,  welche  entweder 
sehr  zarte  Spinnenfaden  oder  noch  feinere  Platinadrahte  sind. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE    HIERZU   ERFORDERLICHEN   INSTRUMENTS.          81 

Man  benutzt  auch  Glasplattchen,  auf  denen  ein  Kreuz  eingerissen  1st. 

Fig.  96  a.  b  zeigt  die  einfachste  Einrichtung  eines  Fadenkreuzes.  Bei 
einem  HuYGHENschen  Okular  befindet  sich  das  Fadenkreuz  zwischen 
Kollektiv-  und  Okularlinse,  bei  dem  RAMSDENschen  und  dem  KELLNERschen 
hinter  der  Kollektivlinse. 

Das  Fadenkreuz  muB  mit  dem  optischen  Bilde  in  einer  Ebene  liegen 
und  sich  zugleich  im  Brennpunkte  des  Okulars  befinden.  1st  dies  der 
Fall,  so  wird  dasselbe  scharf  und  schwarz  erscheinen  und  immer  auf  den- 
selben  Punkt  des  Bildes  gerichtet  bleiben,  wenn  man  auch  das  Auge  vor 
demselben  etwas  rechts  und  links  bewegt. 

Die  richtige  Stellung  des  Okulars  wird  durch  das  schon  erwahnte 
Getriebe  geregelt. 

Ferner  muB  sowohl  das  Fadenkreuz  als  auch  das  Bild  des  Signales 
vollkommen  klar  und  scharf  erscheinen. 

Wird  dies  nicht  durch  das  Verstellen  des  Okulars  erreicht,  so  ist  das 
Fadenkreuz  selbst  etwas  vorwarts  oder  riickwarts  zu  verschieben. 

Zu  dem  Zwecke  sind  die 
Locher  oval,  durch  welche 
die  Halte-  oder  Justierschrau- 
ben  des  Fadenkreuzes  her- 
vorragen. 

Von  den  Faden  des 
Fadenkreuzes  soil  bei  den 
Fernrohren  der  Nivellier- 
instrumentein  derGebrauchs- 
lage  der  eine  horizontal,  der 
andere  vertikal  stehen. 

Bei  den  Nivellierinstrumenten  ist  die  genau  richtige  Lage  vornehmlich 
von  dem  Horizontalfaden  zu  verlangen. 

Zur  Priifung  laBt  man  durch  horizontale  Drehung  des  Fernrohrs  einen 
scharf  markierten  Punkt  durch  das  Gesichtsfeld  gehen  und  iiberzeugt  sich, 
ob  jede  Stelle  des  Horizontalfadens  diesen  Punkt  deckt.  Durch  eine  geringe 
Verdrehung  des  Okularkopfes  laBt  sich  eine  etwaige  Abweichung  verbessern. 
Zur  grofieren  Sicherheit  liest  man  immer  an  einer  bestimmten  Stelle  des 
Horizontalfadens  ab,  die  mit  Hilfe  des  Vertikalfadens  immer  wieder  leicht 
getroffen  wird,  wenn  man  z.  B.  letzteren  mit  einer  Kante  des  Lattenbildes 
zusammenfallen  laBt. 

Die  Vergrb'Berung  der  Fernrohre  an  Nivellierinstrumenten  ist  je 
nach  dem  Zweck  und  der  Konstruktion  verschieden.  Fur  den  Gruben- 
gebrauch  geniigt  schon  eine  1 5  malige  VergroBerung.  Prazisionsinstrumente 
erhalten  Fernrohre  bis  zu  45facher  VergroBerung. 

An  den  Fernrohren  der  Nivellierinstrumente  mit  lose  zusammengefiigten 
Teilen  sind  zwei  genau  gearbeitete  Lagerringe  von  ganz  gleichem  Durch- 
messer  angebracht,  mit  welchen  das  Rohr  beim  Gebrauch  in  den  Lagern 

BRATHUHN,  Markscheidekunst.  6 


Fig.  96a  und  b.     Fadenkreuz. 


82  SECHSTES  KAPITEL. 


der  Fernrohrtrager  aufliegt.  An  den  Lagerringen  sitzen  etwas  liberragende 
Kranze,  welche  ein  horizontales  Verschieben  des  Fernrohres  in  den  Lagern 
verhindern  sollen.  Die  Kranze  sind  an  einer  oder  an  zwei  gegeniiber- 
stehenden  Stellen  eingekerbt,  um  einen  an  der  Rohrenlibelle  sitzenden 
Stift  aufzunehmen,  wenn  dieselbe  auf  die  Lagerringe  des  Fernrohres  gesetzt 
wird.  Dieser  Stift  erhalt  nicht  nur  das  Fernrohr  und  die  Rohrenlibelle 
in  der  richtigen  Gebrauchslage ,  sondern  schiitzt  auch  in  Yerbindung  mit 
einem  dariibergreifenden  Schieber  die  Libelle  vor  dem  Herabfallen. 

47.  Die  Rohrenlibelle.  -  -  Die  Rohrenlibelle    besteht  aus  einer  an  den 

Enden  zugeschmolzenen,  etwas  gekriimmten,  nicht  ganz  vollstandig  mit 
Weingeist  oder  Schwefelather  gefiillten  Glasrohre.  Den  leer  gebliebenen 
Raum  nimmt  Dampf  von  der  in  der  Rohre  befindlichen  Fliissigkeit  ein.  Beim 
Anfertigen  fiillt  man  namlich  die  Rohre  vollstandig  mit  der  erwarmten 
Fliissigkeit  und  schmilzt  sie  zu.  Nach  dern  Erkalten  verliert  die  Fliissig- 
keit an  Volumen,  und  es  entsteht  ein  luftleerer  Raum,  in  welchem  sich 
Dampf  der  eingeschlossenen  Fliissigkeit  bildet.  Diese  Dampfblase  oder,  wie 
sie  gewohnlich  genannt  wird,  Luftblase,  ist  bestrebt,  stets  den  hochsten 
Punkt  der  Rohre  einzunehmen. 

Friiher  kriimmte  man,  wie  bei  weniger  feinen  Libellen  noch  heute 
geschieht,  cylindrische  Glasrohren  dadurch,  dafi  man  sie,  mit  ihren  Enden 
unterstiitzt,  so  lange  iiber  gliihende  Kohlen  legte,  bis  sie  sich  durch  ihr 
eigenes  Gewicht  etwas  bogen. 

Jetzt  werden  dieselben  tonnenformig  nach  einem  bestimmten  Radius 
ausgeschliffen  und  auf  der  Seite,  welche  die  gleichformigste  Kriiinmung 
zeigt,  wird  eine  Skala  von  gleichen  Teilen  eingeritzt. 

Reversionslibellen  erhalten  an  zwei  gegeniiberstehenden  Seiten  je 
eine  Skala. 

Die  Einteilung  hat  meistens  den  Nullpunkt  in  der  Mitte  des  Rohren- 
bogens;  steht  die  Mitte  der  Blase  genau  unter  diesem  Nullpunkte  oder, 
was  dasselbe  ist,  sind  die  Enden  derselben  gleich  weit 
davon  entfernt,  so  sagt  man:  die  Blase  spielt  ein; 
weicht  die  Blase  aus  der  Mitte,  so  sagt  man  kurz:  die 
Blase  schlagt  aus. 

Die  GroBe  eines  Skalenteiles  ist  zwar  willkiirlich, 
weicht  aber  wenig  oder  gar  nicht  von  einer  Pariser 
Linie  ab  (  =  2,256  mm). 

Fig.  97.  Querschnitt  „.      ' \     . .       .......         ,  ,   .  .  Tn 

einer  Rohrenlibelle.  ™  fertige  Rohre  kommt  in  erne  messmgene  1  assung, 

in  welcher  das  eine  Ende  gelenkartig  befestigt  wird,  wah- 
rend  gegen  das  andere  Ende  die  Schrauben  r  und  s  wirken,  die  im  Verein 
mit  den  gegeniiberstehenden  Federn  u  und  v  die  Stellung  der  Libelle  in 
der  Messingfassung  regeln  (Fig.  97).  » 

Aufsatzlibellen  fur  Nivellierinstrumente  erhalten  geeignet  geformte, 
dem  Durchmesser  der  Fernrohrlagerringe  entsprechend  abgerundete  FiiBe. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND   DIE   HIEEZU    ERFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.        83 

Libellen  von  Prazisionsinstrumenten  werden  an  der  messingenen  Fassung 
mit  einer  feinen  Skala  versehen,  deren  Bezifferung  in  einer  Richtung  vom 
Anfang  bis  zum  Ende  durchgefiihrt  ist. 

Um  den  Stand  der  Luftblase  wahrend  der  Arbeit  beobachten  zu 
konnen,  ohne  seinen  Standpunkt  vor  dem  Okular  des  Fernrohres  zu  ver- 
andern,  hat  man  an  Libellen  einen  um  ein  Gelenk  beweglichen  Spiegel 
angebracht,  der  in  jeder  Stellung  durch  eine  Feder  festgehalten  wird. 

Der  Wert  einer  Libelle  hangt  von  ihrer  Empfindlichkeit  ab. 

Die  Empfindlichkeit  wird  durch  die  GroBe  des  Winkels  aus- 
gedriickt,  um  welchen  eine  Libelle  geneigt  werden  muB,  damit 
die  Blase  sich  um  einen  Teilstrich  weiter  bewegt.  Je  kleiner 
dieser  Winkel,  um  so  groBer  ist  die  Empfindlichkeit. 


Fig.  98.     Das  Legebrett. 

Diese  Art  und  Weise  der  Bezeichnung  hat  nur  Wert,  wenn  die  Teile 
der  Skala  auf  alien  Libellen  gleiche  Langen  haben. 

Unabhangig  von  der  Lange  des  Skalenteils  ist  die  Angabe  des  Radius, 
nach  welchem  die  Libelle  ausgeschliffen  ist. 

Zur  Ermittelung  der  Empfindlichkeit  von  Libellen  dient  das  Legebrett 
(Fig.  98).  Die  Libelle  L  wird  in  die  auf  einer  Schiene  S  verschiebbaren 
beiden  G-abeln  FF  gelegt  und  die  Schraube  A,  deren  einmalige  Umdrehung 
eine  bestimmte  Neigung  des  Brettes  E  hervorbringt,  so  lange  gedreht, 
bis  die  Luftblase  ihre  Stellung  genau  um  einen  Teilstrich  verandert  hat. 
Der  aus  den  Umdrehungen  der  Schraube  A  sich  ergebende  Winkel  ist  die 
Empfindlichkeit. 

Das  Verfahren  wiederholt  man,  indem  man  die  Stellung  der  Blase  um 
verschiedene  Teilstriche  verandert,  den  jedesmaligen  auf  einen  Teilstrich 
kommenden  Winkel  berechnet  und  aus  alien  Werten  das  Mittel  nimmt. 

Ist  man  nicht  im  Besitz  einer  solchen  Vorrichtung,  oder  ist  die  Libelle 
fest  mit  dem  Fernrohr  verbunden,  so  stellt  man  das  Nivellierinstrument 

6* 


84  SECHSTES  KAPITEL. 


in  einer  gemessenen  Enfernung  /  von  einer  senkrecht  stehenden  eingeteilten 
Latte  auf  und  liest  in  zwei  Stellungen  der  Blase,  die  gerade  um  einen 
Teilstrich  verschieden  sind,  an  der  Latte  ab. 

Die  Differenz  dieser  beiden  Ablesungen  sei  d,  dann  ist  die  Empfmdlich- 

keit  a  =  ~  206265  Sekunden. 

i 

Aus   der  wahren  Lange   des  Skalenteils  S  und  der  Empfindlichkeit  a 

^ 
ergiebt  sich  der  Kriimmungsradius   der  Libelle  r  =  — . 

Die  kleineren  von  den  Markscheidern  benutzten  Instrumente  haben 
Libellen  von  15 — 20  Sekunden  Empfindlichkeit,  (bezw.  von  einem  Radius 
=  31,02  —23,26m)  mit  denen  sich  noch  sehr  zufriedenstellende  Eesultate 
erreichen  lassen. 

Bei  Instrumenten  zu  Prazisionsnivellements  steigt  die  Empfindlichkeit 
der  Libelle  bis  zu  4  Sekunden  (r  =  116,3m), 

48.  Priifung  und  Beriehtigung    der  Nivellierinstrumente.          1)  Die 
Prufung  der  Instrumente  mit  zerlegbaren  Teilen. 

Zuerst  wird  die  Rohrenlibelle  darauf  gepriift,  ob  ihre  Achse 
parallel  der  geometrischen  Achse  des  Fernrohres  ist  in  verti- 
kalem  und  horizontalem  Sinne. 

Man  stellt  zu  diesem  Zwecke  bei  dem  annahernd  horizontal  gestellten 
Nivellierinstrumente  die  Libelle  liber  einen  Arm  des  DreifuBes,  bringt  mit 
dessen  Stellschraube  die  Blase  zum  genauen  Einspielen  und  setzt  dann  die 
Libelle  um.  Verandert  hiernach  die  Luftblase  ihren  Stand,  so  wird  die 
Halfte  des  Fehlers  an  der  Stellschraube  des  betreffenden  DreifuBarmes, 
die  andere  Halfte  mit  Hiilfe  der  Justierschraube  r  (Fig.  97  und  86)  be- 
seitigt.  Das  Verfahren  wird  bis  zum  genauen  Stimmen  wiederholt. 

Das  Schraubchen  s  wird  gebraucht,  wenn  die  Libellenachse  im  hori- 
zontalen  Sinne  nicht  parallel  ist  mit  der  Fernrohrachse.  Hiervon  iiberzeugt 
man  sich,  wenn  man  die  Libelle  mit  einspielender  Luftblase  etwas  links 
und  rechts  auf  den  zu  diesem  Zwecke  durch  untergeschobene  Holzstiicke 
etwas  frei  gelegten  Lagerringen  des  Fernrohres  neigt.  Yerandert  die  Luft- 
blase hierbei  ihre  Stellung,  so  ist  der  gewiinschte  Parallelismus  nicht  vor- 
handen,  und  die  Schraube  s  muB  in  Thatigkeit  gesetzt  werden.  Die  rich- 
tige  Stellung  der  Libelle  in  der  Bichtung  der  Schraube  r  ist  vor  jeder 
Arbeit,  die  in  der  Richtung  der  Schraube  s  nur  in  langeren  Zwischen- 
raumen  zu  priifen. 

49.  Die  geometrische  Achse  der  Lagerringe  niuB  mit  der  opti- 
schen  Achse  des  Fernrohres  zusammenfallen. 

Zur  Prufung  dieses  Erfordernisses  richtet,  man  das  Fernrohr  des  fest 
aufgestellten  Nivellierinstrumentes  auf  einen  weit  entfernten,  gut  beleuch- 
teten  Punkt  und  dreht  das  Fernrohr  in  den  Lagern  um  seine  Achse. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE   HIEEZU    EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.       85 

Entfernt  sich  das  Fadenkreuz  beim  Drehen  nicht  von  dem  Punkte,  so 
fallen  beide  Achsen  zusammen;  im  andern  Falle  1st  das  Fadenkreuz  mittels 
der  Schraubchen  zu  verschieben,  bis  die  Bedingung  erfiillt  ist. 

Das  Drehen  der  Schraubchen  muB,  ohne  einen  seitlichen  Druck  auf 
das  Fernrohr  auszuiiben,  ausgefiihrt  werden  kb'nnen.  Dies  ist  nur  moglich, 
wenn  der  hervorstehende  Kopf  der  Justierschraubchen  durchlocht  ist  und 
das  Drehen  mittels  eines  durch  das  Loch  gesteckten  Stiftes  erfolgt.  Flache, 
init  einem  Schlitz  versehene  Schrauben,  welche  mit  einem  Schraubenzieher 
gedreht  werden  miissen,  sind  an  dieser  Stelle  unzweckmassig.  Dasselbe 
gilt  auch  fur  den  Theodoliten. 

Gegen  die  Folgen  eines  etwa  noch  vorhandenen  Fehlers  in  der  Lage 
der  optischen  Achse  kann  man  sich  dadurch  schiitzen,  daB  man  jede  Yisur 
wiederholt,  nachdem  das  Fernrohr  in  den  Lagern  um  180  Grad  gedreht 
worden  ist. 

Ferner  mussen  die  Lagerringe  des  Fernrohres  gleichen 
Durchmesser  besitzen  und  kreisrund  sein. 

Man  laBt  zur  Priifung  des  ersten  Erfordernisses  die  Luftblase  der 
berichtigten  Libelle  genau  einspielen,  hebt  dann  das  Fernrohr  mit  der 
daraufsitzenden  Libelle  vorsichtig  ab  und  legt  es  wieder  so  ein,  daB  die 
Lagerringe  in  bezug  zu  den  Lagern  verwechselt  werden.  Die  Luftblase 
muB  dann  wieder  einspielen,  wenn  ein  gleicher  Durchmesser  der  Einge 
vorhanden  ist.  Hierbei  ist  guter  Bau  und  feste  Aufstellung,  sowie  gleiche 
Verteilung  des  Gewichtes  bei  empfindlicher  Libelle  vorausgesetzt. 

Zur  Priifung  der  kreisrunden  Form  der  Lagerringe  schraubt  man  die 
Stifte  an  den  FiiBen  der  Libelle  ab  und  beobachtet,  ob  beim  Drehen  des 
Fernrohres  die  Luftblase  der  auf  dem  Fernrohre  sitzenden  Libelle  ihre 
Stellung  beibehalt. 

Sind  Fernrohr  und  Libelle  gehb'rig  berichtigt,  so  ist  eine  senkrechte 
Stellung  der  Fernrohrtrager  gegen  die  vertikale  Drehachse  des  ganzen 
Instrumentes  wunschenswert,  so  daB  die  Libelle  des  horizontal  ge- 
stellten  Fernrohres  nicht  ausschlagt,  wenn  das selbe  um  180  Grad 
gedreht  wird. 

Zeigt  sich  hierbei  ein  Ausschlag,  so  ist  durch  zweckmaBiges  Heben 
oder  Senken  des  mit  Justiervorrichtung  versehenen  Fernrohrlagers  der  Fehler 
zu  verbessern. 

2)  Die   Prufung  der  Nivellierinstrumente   mit  fest    verbun-  §  50. 
denen  Teilen  ist  auf  andere  Weise  auszufuhren.   Man  beginnt  auch  hier 
mit  der  Rohrenlibelle. 

Man  stellt  das  Nivellierinstrument  moglichst  horizontal  auf  und  bringt 
die  Luftblase  genau  zum  Einspielen.  wahrend  das  Fernrohr  iiber  einem 
Arme  des  DreifuBes  oder  liber  einer  der  beiden  Druckschrauben  des  Kugel- 
gelenkes  steht.  Alsdann  dreht  man  das  Fernrohr  um  1J30  Grad  und  sieht 
nach,  ob  die  Blase  ihren  Ort  verandert.  Zeigt  dieselbe  einen  Ausschlag, 


86 


SECHSTES  KAPITEL. 


so  verbessert  man  die  eine  Halfte  an  der  bekannten  Justierschraube,   die 
andere  an  der  betreffenden  FuBschraube. 

Dieses  Yerfahren  wiederholt  man  so  lange,  bis  die  Luftblase  beim 
Drehen  des  Fernrohres  ihren  Ort  nicht  verandert. 

Demnachst  muB  gepriift  werden,  ob  die  optische  Achse  des  Fern- 
rohres der  Libellenacbse  parallel  1st. 

Man  ermittelt  zu  diesem  Zwecke  den  genauen  Hohenunterschied  zweier, 
60 — 150  Meter  je  nach  der  YergroBerung  des  Fernrohres  von  einander  ent- 
fernten  Punkte  A  und  B  (Fig.  99),  stellt  sodann  das  zu  priifende  Instrument 
horizontal  iiber  dem  Punkte  A  auf,  miBt  die  Hohe  der  Fernrohrachse  h  und 
liest  an  der  auf  B  aufgestellten  Latte  die  Hohe  h'  ab.  Giebt  die  Differenz 
h— ti  nicht  den  bekannten  Hohenunterschied,  so  muB  das  Fadenkreuz 

in  vertikaler  Richtung 
verschoben  werden. 
Man  kann  die  Stelle 
der  auf  B  stehenden 
Latte  berechnen,  wel- 
che  das  Fadenkreuz 
decken  muB,  und  da- 
nach  dasselbe  stellen. 
Das  Yerfahren  ist 
mehrmals  zu  wieder- 
holen. 

Selbstverstandlich 
darf  die  Priifung  unter 
Wetterverhaltnissen, 
die  eine  wechselnde 
Strahlenbrechung  be- 
giinstigen,  nicht  vor- 
genommen  werden,  ebensowenig  wie  die  Entfernung  von  A  und  .#150  Meter 
iibersteigen  darf,  weil  dann  die  Erdkriimmung  und  Refraktion  anfangt 
nachteilig  zu  wirken. 

Hat  man  die  ruhige  Flache  eines  stehenden  Wassers  zur  Yerfiigung, 
so  treibt  man  zwei  Pfahle  in  angemessener  Entfernung  so  weit  ein,  daB 
ihre  Kopfe  genau  in  der  Hohe  des  Wasserspiegels  liegen.  Stellt  man  nun- 
mehr  das  Nivellierinstrument  in  der  Yerlangerung  der  durch  die  Pfahle 
bezeichneten  Linie  auf,  so  inuB  auf  jedem  der  Punkte  an  der  dort  auf- 
gestellten Latte  dieselbe  Hohe  abgelesen  werden. 

Unstimmigkeiten  sind  wie  vorher  mittels  der  Korrektionsschrauben 
des  Fernrohrtragers  zu  verbessern. 


Justieren  des  Nivellierinstrumentes  mit  fest 
verbundenen  Teilen. 


51.  Die   Priifung   und   Berichtigung   von    Nivellierinstrumenten   mit 

Reversionslibellen,  d.  h.  solcher,  deren  Fernrohr  in  den  Lagern  drehbar, 


DAS    NlVELLIEREN    UND    DIE   HIERZU   EBFOKDEBLICHEN   INSTRUMENTE.          87 

aber  mit  der  Libelle  fest  verbunden  1st,  ergiebt  sich  aus  dem  Vorigen  fast 
von  selbst. 

Nur  die  Priifung  des  parallelen  Standes  der  Libellen-  und  Fernrohr- 
achse  ist  etwas  verschieden.  Das  Fernrohr  ist  zwar  auch  in  seinen  Lagern 
drehbar,  aber  wegen  der  beiden  zu  diesem  Zwecke  angebrachten  Anschlage- 
stifte  nur  um  180°.  In  der  ersten  der  beiden  Endstellungen  steht  die 
Libelle  iiber,  in  der  zweiten  unter  dem  Fernrohr.  Die  tonnenformige 
Libelle  ist  auf  zwei  gegeniiberliegenden  Seiten  mit  einer  Skala  versehen, 
so  daB  in  jeder  Lage  des  Fernrohres  der  Stand  der  Luftblase  beobachtet 
werden  kann. 

Ist  das  Instrument  berichtigt  und  horizontal  gestellt,  so  muB  in  beiden 
Lagen  des  Fernrohres  der  Stand  der  Luftblase  derselbe  sein.  Einen  etwaigen 
Ausschlag  nach  dem  Umdrehen  des  Fernrohres  wird  man,  wie  oben  schon 
angegeben,  halb  durch  die  Korrektionsschraube  an  der  Libelle?  halb  durch 
die  Stellschraube  des  FuBes  verbessern  (vgl.  Fig.  138,  §88). 


Wenn  spater  gezeigt  wird,  daB  bei  zweckmaBiger  Methode  des  Nivel-  §  52. 
lierens  (aus  der  Mitte)  auch  mit  nicht  justiertem  Instrumente  richtige 
Ergebnisse  erhalten  werden,  so  konnte  die  Priifung  und  Berichtigung  von 
Nivellierinstruinenten  unwichtig  oder  gar  uberfliissig  erscheinen.  Da  aber 
die  Mitte  zwischen  zwei  Punkten  nicht  gemessen,  sondern  abgeschritten 
oder  gar  nur  abgeschatzt  wird,  so  ist  schon  deshalb  ein  berichtigtes 
Instrument  erforderlich.  Yielmehr  aber  noch,  wenn  das  Nivellieren  aus 
der  Mitte  schwierig  oder  unmoglich  werden  sollte,  was  bei  unregelmaBigen 
Ob  erflachen  verbal  tnissen  vorkommt. 

Die  Instrumente  mit  Reversionslibellen  gewahren  den  Yorteil,  daB 
man,  ohne  in  der  Mitte  derPunkte 
zu  stehen,  deren  Hohenabstand 
richtig  erhalt,  wenn  die  Libelle  in 
beiden  Lagen  des  Fernrohres  ein- 
gestellt  und  aus  beiden  Ablesungen 
das  Mittel  genommen  wird. 


§53. 


Fig.  100.    Verschiedene  Einteilung  von 
Nivellierlatten. 


Die  Nivellierlatten.  —  Die 

Nivellierlatten  dienen  dazu,  den 
Abstand  der  Aufstellungspunkte 
von  der  durch  die  Fernrohrachse 

gebildeten    Horizontallinie    zu 
messen. 

Sie  bestehen  aus  einem  Stabe 
von  quadratischem  oder  rechteckigem  Querschnitt,  der,  aus  geradfaserigem 
Fichtenholz  hergestellt,  mit  siedendem  Leinol  getrankt  ist  und  einen  mehr- 


88 


SECHSTES  KAPITEL. 


maligen  Olfarbenanstrich  erhalten  hat.  Die  Lange  der  Latten,  welche  iiber 
Tage  gebraucht  werden,  schwankt  je  nach  Bediirfnis  zwischen  3  und  5  Meter. 
Die  Einteilung  ist  sehr  mannigfaltiger  Art.  Einfache  Striche,  wobei  die 
Lange  und  Dicke  die  ganzen  und  halben  Dezimeter  und  Centimeter  unter- 
scheiden,  oder  abwechselnd  weiBe  und  schwarze,  bez.  rote  Felder  von  meist 
einem  Centimeter  Breite  in  verschiedenster  Anordnung  sind  am  haufigsten. 

Die  Bezifferung  geht  meist  nach  Dezimetern. 

Es  ist  zweckmaBig,  die  Feinheit  der  Einteilung  nicht  zu  weit  zu  treiben. 
Es  wird  dadurch  das  Ablesen  erschwert  und  nichts  an  Genauigkeit  ge- 
wonnen,  da  ein  geiibtes  Auge  bis  zu  Millimetern  abschatzt. 

Wichtig  ist,  daB  die  Latte  wahrend  des  Ablesens  senkrecht  gehalten 
wird.  Um  die  richtige  Stellung  leicht  zu  finden,  verbindet  man  das  untere 
Ende  der  Latte  mit  einer  Dosenlibelle,  deren  Blase  bei  richtigem  Stande 
der  Latte  einspielt. 

In  Fig.  101  sei  h  die  Ablesung  an  der  senkrecht  stehenden  und  h' 

die  Ablesung  der  urn  -£:  8 
geneigten  Latte,  dann  ist 

7  =  cos  £  und  h'= 


Fig.  101.     Fehler  aus  der  schiefen  Stellung  der  Latte. 


Ist  S  =  2  Grad  und 
h  =  4  Meter,  so  ist  h'  = 
4,002.  Abweichungen  von 
2  Grad,  die  nur  geringe 
Fehler  in  der  Ablesung 
bringen,  lassen  sich  aber 
schon  durchDosenlibellen 
von  geringer  Empfindlich- 
keit  vermeiden. 


1st  man  gezwungen,  mit  Latten  ohne  die  daran  befestigte  Dosenlibelle  zu 
arbeiten,  so  wird  man  die  Latte  von  dem  Gehilfen  vor-  und  riickwarts, 
sowie  rechts  und  links  neigen  lassen.  Die  kleinste  Ablesung  ist  die  richtigste. 

Man  versieht  die  Latten  auch  mit  verschiebbaren  Tafeln  Fig.  102  a  u.  b, 
welche  vorn  in  schwarze  und  weiBe  Felder  so  geteilt  sind,  daB  sich  der 
Mittelpunkt  scharf  mit  dem  Fadenkreuz  zur  Deckung  bringen  laBt,  und 
welche  hinten  mit  einer  horizdntalen  dem  Mittelpunkt  entsprechenden  Linie 
versehen  sind. 

Die  Tafel  laBt  sich  mittels  einer  Schnur  auf  und  ab  schieben,  welche 
oben  und  unten  iiber  Rollen  lauft,  die  in  der  Latte  versenkt  befestigt  sind. 

Die  Fiihrung  der  Tafel  muB  so  beschaifen  sein,  daB  die  Einteilung 
durch  das  Schieben  derselben  nicht  beschadigt  wird. 

Diese  Tafeln  oder  Zielscheiben  werden  bei  solchen  Entfernungen  ge- 
braucht, wo  die  Einteilung  der  Latte  nicht  mehr  mit  dem  Fernrohr  schart 
abgelesen  werden  kann.  , 

Man  ist  bei  Verwendung  der  Zielscheibe  allerdings  gezwungen,    sich 


DAS    NlVELLIEEEN   UND    DTE   HIERZU   ERFORDERLTCHEN    INSTRUMENTE. 


89 


teilweise  auf  die  Ablesungen  der  Gehilfen  zu  verlassen,   aber  bei  geiibten 
und  gewissenhaften  Leuten  geniigt  es  vollkommen,  die  Tafel  mehrere  Mai 
von  neuem  einzuwinken,  den  jeclesmaligen  Stand  vom  Gehilfen  aufschreiben 
und    die  Latte   mit   der  zu- 
letzt   eingestellten    und    un- 
verriickt    gebliebenen    Tafel 
zum  Nachsehen  sich  bringen 
zu  lassen. 

Von  ungeiibten  Gehilfen 
kann  man  auBerdem  den  jedes- 
maligen  Stand  derScheibe  an 
der  Latte  durch  einen  Strich 
mit  weichem  Bleistift.  der 
sich  leicht  wieder  wegwischen 
laBt,  bezeichnen  lassen. 

Latten    Ohlie    Zielschei-        Fig.  102a  und  b.     Zielscheiben  an  den  Nivellierlatten. 

ben  werden  zweckmaBig  mit 
Griffen  oder  Handhaben  versehen. 

In  Latten  zu  Pracisionsnivellements  werden  im  Abstand  von    einem 
Meter  Metallplattchen  mit  feiner  tFber-  und  Untereinteilung  ein- 
gelassen,  mit  deren  Hilfe  auch  die  geringste  Langenveranderung 
der  Latte  durch  Anlegen  eines  Normalmeters  gefunden  und  beim 
Berechnen  des  Nivellements  beriicksichtigt  werden  kann. 

Zur  Erleichterung  des  Traiisportes  fertigt  man  die  Latten 
zum  Verschieben  oder  zum  Zusammensetzen  ein. 

An  den  zum  Verschieben  eingerichteten  Latten  ist  meistens 
ein  Sperrstift  mit  Feder  angebracht,  welcher  in  ganz  bestimmten 
Abstanden  meist  von  10  zu  10  cm  den  beweglichen  Lattenteil  von 
selbst  festhalt  (siehe  ScHMiDTsche  Latte  im  folgenden  Paragraphen). 

Als  praktischer  Notbehelf  erweisen  sich  aufReisen  eingeteilte 
Bander  von  Lattenbreite,  welche  durch  eingesponnene  Metall- 
faden  und  durch  einen  Gummiuberzug  vor  clem  Ausdehnen  ge- 
schiitzt  und  mit  einer  Einteilung  versehen  sind.  Man  hat  nur 
notig,  dieselben  auf  einer  holzernen,  geraden  Latte  zu  befestigen 
und  die  Nivellierlatte  ist  fertig.  Jedoch  ist  beim  Gebrauch 
derselben  Vorsicht  anzuraten,  da  die  Bander  sich  bald  etwas, 
und  zwar  nicht  gleichmaBig,  verandern. 


Zum  Nivellieren  in  der  Grube  konnen  Latten  von  derselben 
Einrichtung,    wie    die   liber   Tage    gebrauchlichen,    angewendet 
werden,   nur  mlissen  sie  kiirzer  und   die  Dosenlibelle  muB  der 
leichteren   Beleuchtung    wegen   ungefahr    in   Brusthohe   angebracht    sein. 
Fig.  103   zeigt   erne  Latte   einfachster  Konstruktion  in  der  Seitenansicht. 


^ 

Fig.  1 
Seitei 

03. 
a- 

nsicht  einer 
einfachen       §  54 

90 


SECHSTES  KAPITEL. 


§55. 


Die  Beleuchtung  der  anvisierten  Stelle   geschieht   mit    clem  gewohnlichen 

Grubenlichte. 

In  Nr.  32  der  Berg-  und  Hiittenmann.  -Zeitung,   Jahrgang  1863,   und 

in  Nr.  22,  S.  295,    der  Osterreichischen  Zeitschrift,    Jahrgang   1881,    sind 

Grubenniveilierlatten  beschrieben,  von 
denen  die  letztere,  konstruiert  von  Pro- 
fessor SCHMIDT,  empfohlen  werden  kami. 
Diese  Latte  (Fig.  104)  besteht  aus 
zwei  Teilen  von  je  1,5  m  Lange,  die  sich 
gegen  einander  verschieben  lassen  und 
von  welchen  die  vordere,  breitere  Holz- 
platte  die  Skala  tragt,  wahrend  die  zweite 
als  FuBgestell  der  Skalenlatte  dient.  Mit 
Hilfe  zweier  Spangen  und  PreBschrauben. 
sowie  eines  federnden,  in  Locher  von  je 
10  cm  Abstand  eingreifenden  Sperrstiftes 
lafit  sich  die  Skala  innerhalb  eines  Spiel- 
raumes  von  1,2  m  festklemmen. 

Die  GroBe  der  Yerschiebung  erkennt 
man  an  einem  Zeiger,  der  bei  dem  tiefsten 
Stande  der  Skala  auf  eine  bestinimte  Stelle, 
z.  B.  1,4  zeigt.  Ein  besonderer  Vorteil 
dieser  Nivellierlatte  ist  die  angebrachte 
Refraktorlanipe,  welche  durch  eine  an 
die  Latte  geschraubte  Eisenschiene  ge- 
fiihrt  und  durch  eine  Feder  an  dieselbe 
gedriickt  wird, 

Zum  Aufsetzen  der  Latte  bei  rauher 
oder  weicher  Streckensohle  ohne  Schienen- 
gestange  wird  eine  gufieiserne  FuBplatte 
mit  halbkugelformigem  Stahlknopf  bei- 
gegeben,  weicher  in  eine  entsprechend 
erweiterte  Yertiefung  des  Lattenschuhes 
paBt. 

Fie.  104.     Grubennivellierlatte  von  -r\»     rr»    i  •    *-±  T» 

Prof.  SCHMIDT.  ^ie  ZielvOPriChtung  YOU  BoBCHERS.  — 

Die  Anvvendung  dieses  Apparates  setzt 

voraus,  daB  samtliche  Stationspunkte  in  der  Firste  der  Strecken  durch 
kleine  Krampen  fixiert  sind. 

Derselbe  ist  in  der  praktischen  Markscheidekunst  von  BOKCHEES 
S.  32  beschrieben  wie  folgt: 

Ein  vierseitiger,  prismatischer  Stab  (Fi^.  105)  aus  Stahl,  1,5  m  lang, 
ist  am  oberen  Ende  mit  einem  abgerundeten,  drehbaren  Haken  versehen, 
von  dessen  innerer  Peripherie  derselbe  bis  an  das  untere  Ende  in  Centi- 


DAS    NlVELLIEEEN   UND   DIE    HIEEZTJ   EEFOEDEELICHEN    INSTEUMENTE.          91 

meter  geteilt  und  nach  Dezimetern  beziffert  ist.  An  diesem  Stabe  lafit 
sich  mittels  zweier  messingener  Hiilsen  eine  Scheibe  von  ca.  20  cm  Durch- 
messer  aus  Eisenblech  auf  und  ab  schieben  und  mittels  einer  Schraube  in 
jeder  Hohe  feststellen. 

Rechtwinkelig  zur  Langenachse  des  Stabes  ist  durch  den  Mittelpunkt 
der  Scheibe  eine  Linie  eingerissen,  auf  welcher  genau  zentrisch  drei 
Offnungen,  zwei  von  1  cm  und  eine  von  1,75  mm  Durchmesser,  ein- 
geschnitten  sind. 

Vor  eine  der  groBeren  Offnungen  laBt  sich  ein  mattgeschliffenes  Glas 
•schieben.    Auf  der  hinteren,  in  der  Fig.  105  dar- 
gestellten  Seite  der  Scheibe  ist  ein  Nonius  an- 
gebracht,    dessen   Nullpunkt   mit   der    auf  der 
Scheibe  eingerissenen  Linie  zusammenfallt. 

Beim  Nivellieren  wird  die  Yorrichtung  in 
die  schon  erwahnten  Krampchen  eingehangt  und 
die  Scheibe  rechtwinkelig  zur  Yisierlinie  gestellt. 

Fur  sehr  kurze  Stationen  wird  nun  die 
Flamme  einer  gewohnlichen  Grubenlampe  hinter 
das  kleine  Loch  gehalten  und  die  Zielscheibe  so 
lange  auf  und  ab  geschoben,  bis  der  Durch- 
schnitt  des  Fadenkreuzes  die  Mitte  des  anvisierten 
leuchtenden  Punktes  deckt.  Fur  groBere  Ent- 
fernungen  von  60 — 200  m  ist  bei  heller  Luft  das 
groBere  Loch  mit  dem  geschliffenen  Glase,  bei 
noch  groBeren  Entfernungen  das  groBere  Loch 
ohne  Glasbedeckung  zu  benutzen. 

Bei  langeren  Stationen,  wo  dem  die  Ziel- 
vorrichtung  bedienenden  Gehilfen  nicht  mehr 
zugerufen  werden  kann,  miissen  die  Zeichen  fur 
,,Auf"  und  ,,Nieder"  durch  starkes,  langsames 
Klopfen  auf  dem  Schienengestange  oder  durch 
Aufstellung  von  Zwischenposten  gegeben  werden. 

Sehr  lange  Stationen  sind  nicht  zu  empfehlen,  wegen  der  Schwierig- 
keit,  sich  mit  dem  Gehilfen  zu  verstandigen. 

Diese  Zielvorrichtung  ist  einfach,  hangt  sich  ohne  weiteres  Zuthun 
senkrecht,  ist  dem  Einflusse  des  Wassers  und  des  Grubenschmutzes,  unter 
welchem  holzerne  Nivellierlatten  leiden,  nicht  unterworfen  und  gestattet 
neben  dem  hochst  genauen  Einstellen  und  Ablesen  der  Hohen  ein  rasches 
Arbeiten. 

Dieselbe  kann  demnach  namentlich  fur  Grubenprazisionsnivellements 
als  vorziiglich  brauchbar  empfohlen  werden.  Der  einzige  Nachteil  gegen 
Nivellierlatten  kann  unter  Umstanden  darin  bestehen,  daB  das  Anbringen 
der  Krampchen  zum  Aufhangen  der  Zielvorrichtung  zeitraubend  wird. 


Fig.  105.     Zielvorrichtung  von 

BORCHERS. 


92 


SECHSTES  KAPITEL. 


56.  Die  Methoden  des  Nivellierens.  —  Man  unterscheidet  einf aches 

und  zusammengesetztes  Nivellement,  ferner  das  Nivellieren  aus  der 
Mitte  und  aus  den  Endpunkten. 

Den  Hohenunterschied  zweier  Punkte  A  \ind£  (Fig.  106)  erhalt  man  durch 
einf  aches  Nivellement.  wenn  man  zwischen  diesen  Punkten  das  Nivellier- 
instrument  aufstellt  und  bei  einspielender  Libelle  an  den  in  A  und  B  auf- 
gestellten  Latten  die  Hohen  hl  und  h2  abliest. 

Der  Hohenunterschied  U  ist  dann  =  h^  —  h2  und  zwar  liegt  B  hoher 
als  Aj  wenn  h2  <  hiy  d.  h.  h  positiv  wird  und  umgekehrt,  wenn  h2  >  kl9 
also  U  negativ  wird. 

Die  Hohenermittelung  wird  also  durch  zweimaliges  Ablesen  an  der 
Latte,  einmal  mit  riickwarts  nach  der  Latte  auf  A,  dann  mit  vorwarts 
nach  der  Latte  auf  B  gerichteten  Fernrohr  ausgeftihrt,  oder,  wie  man 
sich  kurz  ausdruckt,  durch  Kiickblick  und  Yorblick. 

Um  die  groBte  Genauigkeit  zu  erlangen,  wahlt  man  den  Standpunkt 


A 


I 


Fig.  106.     Einfaches  Nivellement. 


Fig.  107.    Das  Nivellieren  aus  der  Mitte. 


so,  daB  er  moglichst  gleich  weit  von  den  beiden  Aufstellungspunkten  A 
und  B  entfernt  ist,  wobei  das  Abschreiten  der  Entfernungen  geniigt. 

Man  nennt  dies  das  Nivellieren  aus  der  Mitte. 

Dieses  Verfahren  gewahrt  den  groBen  Vorteil,  daB  dadurch  die  Fehler 
des  Instrumentes  und  diejenigen  Fehler  ausgeglichen  werden,  welche  die 
Strahlenbrechung  und  die  Krummung  der  Erdoberflache  veranlassen. 

1st  das  Instrument  in  m  (Fig.  107)  so  aufgestellt,  daB  ma  =  mb  und  ab 
eine  horizontale  Linie  ist  und  wirken  alle  vorher  genannten  Fehlerquellen 
derartig,  daB  die  optische,  auf  die  Latte  in  A  gerichtete  Achse  des  Fern- 
rohres  bei  einspielender  Libellenblase  einen  Winkel  a  mit  der  Horizontalen 
einschlieBt,  so  wird  das  Fadenkreuz  des  Fernrohres  nicht  den  Punkt  a, 
sondern  den  Punkt  d  treffen  und  bei  dem  Blick  nach  der  Latte  auf  B  bei 
einspielender  Libelle  nicht  den  Punkt  b,  sondern  c. 

Da  in  beiden  Stellungen  des  Fernrohres  dieselben  Ursachen  wirken, 
so  miissen  die  Winkel  a  gleich  sein,  und  da  ma  =  mb,  so  ist  ad  =  be  =  e. 

Der  Hohenunterschied  h  =  7^  —  A2  =  (ht  •+•  e]  —  (h.2  +  e). 

Hierbei  ist  vorausgesetzt,  daB  der  Zustand  der  Luft  bei  Ruck-  und 
Vorblick  derselbe  war,  also  die  Strahlenbreohung  in  beiden  Fallen  gleich- 
maBig  wirkte. 


PAS    NlYELLIEREN   UND    DIE    HIERZU   ERFORDERLICHEN   INSTRUMENTS.          93 

Die  Einwirkungen  von  der  Kriimmung  der  Erdoberflache  sind  abhangig   §  57. 
von  dem  Halbmesser  der  Erde  r  und  der  Lange  der  Station  /. 

Denkt  man  sich  aus  dem  Mittelpunkt  der  Erde  einen  Kreisbogen  durch 
die  Fernrohrachse  A  beschrieben,  so  trifft  dieser  Bogen  die  in  D  auf- 
gestellte  Latte  im  Punkte  B,  wahrend  die  durch  A  gezogene  Horizontal- 
linie die  Latte  im  Punkte  C  schneidet  (Fig.  108  ist  zum  besseren  Ver- 
standnis  in  unnatiirlichen  Verhaltnissen  gezeichnet).  AB  ist  die  wahre, 
AC  die  scheinbare  Horizontallinie  und  BC  die  Depression  des  wahren 
unter  dem  scheinbaren  Horizont. 

Da  man  durch  das  Fernrohr  diejenigen  Punkte  zu  sehen  wiinscht, 
welche  in  der  wahren  Horizontallinie 
liegen,  aber  die  des  scheinbaren  Hori- 
zontes  sieht,  so  ist  die  Depression  des 
Horizontes  gleich  dem  Fehler,  welchen  die 
Kriimmung  der  Erdoberflache  veranlaBt. 

Errichtet  man  BF  senkrecht  CM, 
80  kann  man  BF  —  AF  —  \l  und  AC 
c=  AB  —  I  annehrnen.  Dreieck  BCF  ist 
ahnlich  ACM  und  daraus  folgt  BC:  BF 
=  AC:  AM,  also: 


BC  = 


BF.AC 
AM 


Dieser  Febler  BC  wird  durch  die 
Brechung,  welche  der  Lichtstrahl  beim 
Durchgange  durch  die  Luft  erleidet,  noch 
verringert,  da  derselbe  einenach  oben  kon- 
vexe  Kurve  beschreibt  und  im  Fernrohr 
nicht  der  Punkt  C,  sondern  Cf  erscheint. 

Bei    ruhiger    klarer   Luft   ist    CC'  =     FJg.   108.     Einwirkung  von  Erdkrummung 

0,1348  BC  oder  allgemein  =  0,1348  Jl  und  Refraktion- 

(der  Coeffizient  0,1348  ist  ein  Mittelwert  aus  den  Bestimmungen  mehrerer 
Physiker). 

Der  ganze  aus   der  Kriimmung  der  Erdoberflache  und  der  Strahlen- 

brechung  entstehende  Fehler  ist  also  ~  -  0,1348  ^  =  °'4326Z2. 

&r  ir  r 

Bei  einer  Entfernung  von  200  Meter  giebt  die  Formel  einen  Fehler 
von  2,7mm,  bei  150  Meter  einen  solchen  von  1,5mm,  und  bei  100  Meter 
ist  der  Fehler  nur  0,68  mm,  also  verschwindend  klein. 


Das  Nivellieren  aus  den  Endpunkten  ist  bei  der  "Cberschreitung  §  58. 
tiefer  Thaleinschnitte  sehr  zweckmaBig  anzuwenden. 

Man  verfahrt  dabei  folgendermafien:    Sind  A  und  B  die  beiden  Punkte, 
deren  Hohenunterschied  ermittelt  werden  soil,  so  stellt  man  das  Nivellier- 


94  SECHSTES  KAPITEL. 


instrument  iiber  A  und  die  Latte  in  B  auf,  mifit  die  Hohe  der  Fernrohr- 
achse  iiber  A  =  /  und  liest  an  der  Latte  in  B  die  Hohe  =  h  ab.     Setzt 

man   die  Yerbesserung   fur  Erdkrummung  und  Refraktion  °'4326 ' —  =  C, 

so  1st  der  Hohemmterschied  U  =  J  —  (h  —  C)  =  /  —  h  -+-  C. 

Man  begniigt  sich  aber  nur  im  Notfalle  mit  der  Aufstellung  des  Instru- 
mentes  in  einem  Punkte ,  wenn  irgend  moglich  stellt  man  dasselbe  auch 
in  B  auf  und  miBt  hier  sowohl  die  Hohe  der  Fernrohrachse  iiber  B  =  i, 
als  auch  die  Lattenhohe  in  A  =  H.  Der  Hohenunterschied  aus  diesen 
Werten  ist  gleich 

U  =  (H  -  C}  -  i,  das  ist  U  =  H  -  i  -  C. 
Aus  der  ersten  Aufstellung  war  U  =  J  —  h  +  C 

giebt  addiert~2  U  =  H  —  i  +  J  —  h 

TT       H  —  i  4-  J  —  h 
daraus  I  =  -        — ^—      — . 

Vorstehende  Form  el  zeigt,  daB  durch  Aufstellen  auf  beiden  Punkten 
und  durch  das  Mittelnehmen  aus  beiden  gefundenen  Werten  die  Einwir- 


Fig.  109.     Das  Nivellieren  aus  den  Endpunkten. 

kung  der  Refraktion  und  der  Erdkrummung  ohne  weiteres  ausgeschieden 
wird.  Hierbei  wird  vorausgesetzt,  daB  beide  Visuren  bei  gleichartigem 
Zustande  der  Luft  gemacht  werden. 

Die  Aufstellungspunkte  A  und  B  hat  man  so  zu  wahlen,  daB  beide 
nahezu  in  gleicher  Hohe  liegen,  weil  sonst  die  Yisierlinie  leicht  zu  tief 
liegt  und  den  Erdboden  trifft. 

Die  GroBe  der  Entfernung  zwischen  A  und  B  hangt  von  der  Griite 
des  benutzten  Fernrohres  ab. 

Die  Nivellierlatte  muB  bei  dieser  Arbeit  mit  einer  verschiebbaren 
Zielscheibe  versehen  sein,  welche  man  bei  groBen  Entfernungen  nicht  bios 
einmal  einwinkt,  sondern  nach  einer  jedesmaligen  kleinen  Verschiebung  so 
oft,  bis  erneute  Beobachtungen  den  Mittelwert  nicht  mehr  verandern. 

59.          Ist  die  Entfernung  von^  undl>'  (Fig.  1 10),  deren Hohenunterschied  ermittelt 
werden  soil,  so  groB,  daB  man  mit  einem  ejnfachen  Nivellement  nicht  aus- 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE   HIEEZU   ERFOEDEELICHEN    INSTRUMENTE.         95 

kommt,  so  reiht  man  mehrere  einfache  aneinander,  wie  die  nebenstehende 
Skizze  andeutet,  und  erhalt  dann  ein  zusammengesetztes  Nivellement. 

Die  zusammengesetzten  Nivellements  teilt  man  noch  ein  in  Langen- 
nivellements,  welche  hauptsachlich  zur  Bestimmung  der  Hohenlage 
zweier  Punkte  ausgefiihrt  werden;  zweitens  in  Flachennivellements, 
welche  die  Bestimmung  der  Hohenlage  einer  netzartig  iiber  die  Oberflache 
verteilten  groBeren  Anzahl  von  Punkten  zum  Zweck  hat,  urn  hiernach  die 
Oberflachenverhaltnisse  durch  Horizontalkurven  darzustellen,  und  drittens 
in  Massennivellements,  die  nach  ihrem  Zweck,  Massenberechnungen 
fiir  Erdarbeiten  darauf  zu  griinden,  benannt  werden  und  sich  aus  Langen- 
und  Flachennivellement  zusammensetzen. 

Die  eigentlichen  markscheiderischen  Aufgaben  erfordern  fast  aus- 
schlieBlich  nur  das  Langennivellement.  Flachen-  und  Massennivellements 
kommen  z.  B.  bei  Tagebaugruben  vereinzelt  vor,  sonst  nur  bei  Projektionen 


Fig.  110.     Zusammengesetztes  Nivellement. 

von  StraBen,    Eisenbahnen  ti.  dgl.  und  bei  Berechnung  von  Hohlraumen 
und  Halden. 

Fig.  110  giebt  ein  Beispiel  des  zusammengesetzten  Langennivellements. 

Durch  die  Aufstellungen  in  den  Punkten  I,  U,  III  erhalt  man  z.  B. 
fur  Ruck-  und  Yorblick  folgende  Werte: 
Kuckblick.  Vorblick. 


Dezimeter. 

I.  AD  =  13,43 

II.   CF  =  15,73 

III.  HC  =     5,68 

34,84 

25,45 


Dezimeter. 
BE  =     7,84 
CG  =    4,82 


steigt  von  A  nach  B  (  +  )     5,59. 
steigt  von  B  nach    C  (  +  )  10,91. 


DJ  =  12,79       fallt     von   C  nach  D  (-)     7,11. 


25,45 


16,50  —      7,11 
steigt  (  +  )     9,39. 


steigt  9,39. 

Bezeichnet  man  das  Steigen  mit  +  und  das  Fallen  mit  — ,  so  folgt 
aus  der  algebraischen  Summe  der  Resultate  der  einfachen  Nivellements, 
daB  D'  9,39  Dezimeter  hoher  liegt  als  A.  Dasselbe  Resultat  ergiebt  sich, 
wenn  man  die  samtlichen  Lattenhohen  der  Ruck-  und  Vorblicke  addiert 
und  die  kleinere  Summe  von  der  groBeren  abzieht.  Der  sich  ergebende 
Unterschied  ist  der  Hohenabstand  der  Endpunkte  und  zwar  steigend, 


96 


SECHSTES  KAPITEL. 


wenn  die  Summe  der  Riickblicke  groBer,  und  fall  end,  wenn  die  der  Vor- 
blicke  groBer  war. 

Den  Grund  lehrt  ein  Blick  auf  die  Skizze. 

Man  bezeichnet  desbalb  die  Spalte  des  Riickblickes  mit  ,,Steigenu, 
die  des  Vorblickes  mit  ,,Fallen". 

Nachstebendes  einfacbe  Formular  geniigt  fiir  den  Markscheider  bei 
Langen-  und  Flachennivellements  zum  Eintragen  der  Lattenablesungen. 


Zeichen. 

Ruckblick 
oder  Steigen. 
Dezin 

Vorblick 
oder  Fallen, 
icter. 

Zeichen  und 
Bemerkungen. 

Nummerstein 
2,3. 

1,62 
0,57 
1,02 
1,66 
7,66 

40,49 
32,94 
43,06 
42,58 
37,02 

bis 
Nummerstein 

2,8. 

12,53 

196,09 
12,53 

Fallt  von  2,3  bis  2,8  =  183,56 

Wenn  bei  Langennivellements  die  Hobenlage  einiger  Nebenpunkte 
bestimmt  werden  soil,  so  wird  man  aus  einer  Aufstellung  des  Instrumentes 
mehr  als  zwei  Yisuren  machen. 

Diese  Nebenblicke  tragt  man,  wenn  nicht  eine  besondere  Spalte  dafiir 
eingefugt  wird,  in  die  Spalte  „ Vorblick"  ein  und  kennzeichnet  sie  auf 
irgend  eine  Weise  z.  B.  durch  Einklammern,  oder  tragt  dieselbe  Ablesung 
aucb  in  die  Spalte  ,,Ruckblick"  ein. 

Fiir  beide  Yerfahrungsweisen  dienen  die  nachstehenden  Beispiele. 


Zeichen. 

Ruckblick. 

Vorblick. 

Zeichen. 

2,3 

1,62 

(25,70) 

2,4  Num- 

40,49 

merstein 

0,57 

(23,64) 

2,5     „ 

(19,64) 

Briicke-f- 

32,94 

1,02 

(30,00) 

2,6      „ 

43,06 

1,66 

(31,95) 

2,7       „ 

42,58 

7,66 

37,02 

2,8       „ 

12,53 

196,09 

12,53 

Fallt  =  183,56 

Zeichen. 

Ruckblick. 

Vorblick. 

Zeichen. 

2,3 

1,62 

25,70 

2,4  Num- 

25,70 

40,49 

merstein 

0,57 

23,64 

2,5     „ 

23,64 

19,64 

Brucke  + 

19,64 

32,94 

1,02 

30,00 

2,6      „ 

30,00 

43,06 

1,66 

31,95 

2,7       „ 

31,95 

42,58 

7,66 

37,02 

2,8       „ 

143,46 

327,02 

143,46 

« 

Fallt  =  183,56 

DAS    NlYELLIEREN    UND    DIB    HIERZU   ERFORDERLICHEN   INSTRUMENTE.         97 

Der  Ausfiihrung  eines  Flachennivellements  geht  in  der  Regel  em 
Prazisions-Langennivellement  voraus,  welches  die  Hohenlage  einer  Anzahl 
von  Hauptpunkten  genau  bestimmt. 

Alsdann  wird,  von  jedem  einzelnen  dieser  Hauptpunkte  ausgehend, 
mit  einer  Aufstellung  des  Instrumentes  in  der  Umgebung  desselben  eine 
dera  Zwecke  entsprechende  Anzahl  von  anderweitigen  Punkten  nivelliert. 
Das  hierzu  geeignete  Formular  ist  nach  obigem  leicht  anzufertigen. 

Jedes  ausgedehntere  Langennivellement  teilt  man  in  kleinere  Ab- 
schnitte,  deren  Endpunkte  feste  Zeichen  sind  (bei  Steinen  gilt  stets  der 
hochste  Punkt)  und  schlieBt  die  Berechnung  jedes  einzelnen  Abschnittes 
fur  sich  ab,  um  bei  nicht  stimmender  Probe  nur  diese  kleine  Strecke 
wiederholen  zu  miissen. 

Fur  die  Reinschrift  benutzt  man  das  nachstehende  Formular: 


Riickblick. 

Vorblick.                 Differenzen 

Abstand 

Zeichen. 

-t- 

— 

von  der 
Horizontale. 

Zeichen. 

Decimeter.                                Meter. 

Meter. 

2,3 

1,62 

25,70 

2,408 

2,408 

2,4  Nummerstein 

25,70 

40,49 

1,479 

3,887 

0,57 

23,64 

2,307 

6,194 

2,5 

u.  s.  w. 


Die  beiden  Spalten  zum  Eintragen  der  Differenzen  von  Ruck-  und 
Yorblick  ko'nnen  auch  wegfallen,  und  es  tritt  zum  Formular  des  Taschen- 
buches  nur  die  dritte  Spalte,  in  welche  die  berechneten  Abstande  von  der 
Horizontalen  fur  die  wichtigeren  Punkte  eingetragen  werden. 

Werden  nur  die  Mittelwerte  der  einzelnen  Abschnitte  eines  Nivelle- 
ments  eingetragen,  so  fallen  die  Spalten  fur  Ruck-  und  Vorblick  weg,  z.  B. : 


Steigen 

Fallen 

Abstand 

Zeichen  von 

(+) 

(-) 

von  der 
Horizontalen. 

Zeichen  bis 

Meter. 

Meter. 

Meter. 

32,146 

32,146 

Zeichen  +  auf  einem  Grenzstein. 

-f 

7,213 

39,359 

Zeichen  D  auf  einer  Treppenstufe. 

D 

1,463 

37,896 

Stein  Nr.  4. 

Stein  Nr.  4 

3,475 

34,421 

Zeichen  A  am  Schachte. 

Die  tTbersicht  wird  ungemein  erleichtert,  wenn  alle  Hohenermittelungen 
eines  Bezirkes  oder  ganzen  Landes  auf  einen  Horizont  bezogen  werden, 
und  durch  BeschluB  des  Zentraldirektoriums  der  allgemeinen  Landesver- 
messung  vom  20.  Dezember  1879  ist  fur  PreuBen  der  Horizont  durch  den 

BKATHTJHN,   Markscheidekunst.  7 


98  SECHSTES  KAPITEL. 


Nullpunkt  des  Amster darner  Pegels  als  Normalnullpunkt  (N.  N.)  vor- 
geschrieben.  Um  den  AnschluB  zu  erleichtern,  wird  ein  Netz  von  sicheren 
Hohenpunkten  durch  die  ganze  Monarchic  gelegt  und  ist  zum  Teil  schon 
gelegt  worden. 

Diese  Hohenpunkte  sind  an  starken  Granitpfeilern  angebracht,  welche 
fast  ausschlieBlich  an  Chausseen  neben  Nummersteinen  bis  zu  einer  gewissen 
Hohe  eingesenkt  sind.  In  den  herausragenden  Teil  des  Pfeilers  ist  ein 
eiserner  Bolzen  mit  einem  runden  Kopfe  eingegossen,  dessen  obere  hori- 
zontale  Tangentialebene  diejenige  ist,  auf  welche  sich  seine  Hohenzahl 
bezieht  (Fig.  111).  Die  Bolzen  sincl  mit  laufenden  Nummern  versehen, 
welche  das  Aufschlagen  der  Hohenzahlen  in  den  Tabellen  erleichtert. 

Die  Hohenzahlen  sind  nach  Provinzen  geordnet  zusammengestellt  von 
dem  Ingenieur  MULLER-KOPPEN  und  im  Buchhandel  zu  haben. 

Da  fur  die  meisten  profilarischen  Berech- 
nungen  und  zahlenmaBigen  Darstellungen  die  ge- 
wiinschte  leichte  Ubersicht  erst  dann  erreicht 
wird,  wenn  die  Normalhorizontale  so  gewahlt  ist, 
daB  alle  Abstande  in  einem  Sinne  iiber  oder 
unter  der  Normalhorizontale  zu  rechnen  sind, 
so  ist  der  Horizont  durch  Normalnull  fiir  die 

Fig.  111.     Versteinter  -p,  ,          .   ,      .  .  ,          .   ,  ^ 

Hohenpunkt.  Bergwerke  nicht  immer  gunstig,  und  es  ist  zweck- 

maBig,  fiir  gewisse  Bezirke  eine  Normalhorizontale 
zu  wahlen,  welche  von  N.  N.  einen  bestimmten  Abstand  hat. 

Fiir  den  Oberharzer  Bergbau  ist  z.  B.  eine  Normalhorizontale 
600  Meter  iiber  N.  N.  angenornmen  worden,  unterhalb  welcher  samtliche 
Betriebspunkte  liegen. 


60.  Bei  Anwendung  der  BoncHEKSschen  Zielvorrichtung  haben  in  dem 
Formular  die  Spalten  fiir  den  Riickblick  und  den  Yorblick  nicht  wie  bisher 
die  Bedeutung  ,,Steigen"  bez.  ,,Fallen",  sondern  die  umgekehrte. 

Die  Punkte,  deren  Hohenunterschiede  ermittelt  werden  sollen,  liegen 
beim  Gebrauch  der  Latte  unter,  beim  Gebrauch  der  Zielvorrichtung  iiber 
der  durch  das  Fernrohr  gebildeten  Horizontallinie. 


§61.  Aufstellung  der  Nivellierinstrumente.  Das  Nivellierinstrument 
wird  iiber  Tage  immer  und  in  der  Grube  da,  wo  es  die  Verhaltnisse  er- 
lauben,  auf  einem  Stative  aufgestellt.  Die  beste  Konstruktion  der  Stative 
fiir  den  Grubengebrauch  ist  die,  welche  ein  Verlangern  und  Yerkiirzen  der 
Beine  gestattet. 

In  der  Grube  zwingen  die  engen  Raume,  das  schwankende  aus  Bret- 
tern  bestehende  Tretwerk  u.  dgl.  oft  zu  anderen  Hilfsmitteln  Zuflucht  zu 
nehmen. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE    HIEEZU    EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.         99 

Zunachst   ist   hier  die    einfache   Spreize   zu   erwahnen,   welche,  wenn 
das   Niveau  umnittelbar  auf  dieselbe   gestellt   werden   soil,   in   moglichst 


Fig.  112  a  und  b.     Eiserner  Aufstellungsarm  nach  BOUCHERS. 

horizontaler  Lage  befestigt  werden  muB.  Da  dies  aber  nicht  immer 
leicht  ausfuhrbar  ist,  so  benutzt  man  einfache  Flatten,  welche  mittels 
einer  Klemnivorrichtung  an  nicht  vollig  horizontalen 
oder  runden  Spreizen  in  geeigneter  Lage  befestigt 
werden. 

Die  horizontalen  Spreizen  sind  jedoch  fur  alle 
Operationen  unbequem,  da  der  Markscheider  sowohl 
beim  Nivellieren  als  auch  beim  Winkelmessen  mit 
dem  Theodoliten  mehrmals  auf  beide  Seiten  des  MeB- 
instrumentes  treten  und  zu  diesem  Zwecke  jedesmal 
die  Spreize  iiberschreiten  oder  unter  derselben  hin- 
durchkriechen  muB. 

Yiel  zweckmaBiger  ist  die  Benutzung  eiserner 
mit  Standplatten  oder  Tellern  versehener  Arme,  welche 
in  die  Grubenzimmerung  oder,  wenn  diese  nicht  vor- 
handen  ist,  in  senkrechte  Spreizen  (Stempel)  ein- 
geschraubt  werden. 

Hierzu  empfehlen  sich  die  von  BOBCHEES  an- 
gewendeten  eisernen  Arme  ganz  besonders. 

Fig.  112  a  und  b  zeigt  einen  solchen  Arm  in 
Grund-  und  Seitenansicht. 

Yom  verstorbenen  Markscheider  KAWEEAU  zu 
Bochum  ist  seiner  Zeit  (ca.  1862)  eine  Spreize  kon- 
struiert,  die  namentlich  in  den  westfalischen  Stein- 
kohlengruben,  wo  die  Strecken  haufig  einen  sehr 
gleichmaBigen  Querschnitt  zeigen,  viele  Yorteile  bietet 
(Fig.  113). 

Dieselbe  besteht  im  wesentlichen  aus  zwei  neben- 
einander  verschiebbaren  und  durch  zwei  Binge  in 
jeder  Lage  fest  zu  verbindenden  Holzleisten,  die  am 
Ende  mit  Klauen  versehen  sind.  Die  eine  dieser  Klauen 


Fig.  113.    KAWERAUSche 
Spreize. 


7* 


100  SECHSTES  KAPITEL. 


kann  mittels  einer  Schraube  gegen  das  Gestein  gedriickt  in  den  Strecken- 
stoB  fest  eingetrieben  werden. 

Um  die  Mitte  der  Spreize  ist  ein  verschiebbarer  Ring  gelegt,  der  an 
einem  mehrarmigen  Gelenke  einen  Teller  zum  Aufstellen  des  Instrumentes 
tragt.  Ring  und  Gelenke  konnen,  um  dem  Teller  die  zweckmaBigste  Lage 
zu  geben,  durch  Schrauben  in  den  verschiedenen  Stellungen  festgeklemmt 
werden. 

Die  Spreize  muB  sehr  stark  gebaut  sein,  um  Zittern  und  Schwirigungen 
des  Tellers  zu  vermeiden. 


62.  Genauigkeit  geometrischer  Nivellements.  —  Im  Jahrgange  1879  des 
Civilingenieurs,  Seite  353  ff.,  findet  sich  ein  Aufsatz  von  W.  SEIBT  iiber  die 
Genauigkeit  geometrischer  Nivellements,  der  iiber  diesen  Punkt  die  aus- 
fuhrlichste  Auskunft  giebt. 

Die  Versuche,  welche  den  Entwickelungen  zu  Grunde  liegen,  sind  mit 
einem  Instrumente  ausgefiihrt  worden,  dessen  Fernrohr  42mm  Offnung, 
ein  orthoskopisclies  Okular  mit  42facher  VergroBerung,  und  dessen  Libelle 
eine  Empfindlichkeit  von  5,16  Sekunden  hatte.  Die  Beobachtungen  er- 
folgten  durch  Einstellen  des  Horizontalstriches  des  Fadenkreuzes  auf 
die  Lattenteilung  und  Able  sen  der  Skala  an  beiden  Enden  der  Libellen- 
blase  bis  auf  Zehnteile  eines  Teilstriches.  Stand  die  Blase  beim  Ablesen 
nicht  in  der  Mitte  der  Einteilung,  so  erfuhr  die  Ablesung  noch  eine  Kor- 
rektur,  die  aus  Zielweite  und  Libellenausschlag  berechnet  wurde.  Nur 
bei  ruhiger  klarer  Luft  und  einem  sonstigen  Zustande  der  Atmosphare, 
welche  ein  volliges  Zurruhekommen  der  Libelle  zulieB,  ist  beobachtet  worden. 

Wenn  auch  der  Markscheider  selten  in  der  Lage  sein  wird,  ein  der- 
artiges  Instrument  zu  benutzen,  so  sind  doch  die  von  SEIBT  gefundenen 
Resultate  vergleichsweise  auch  fur  ihn  maBgebend  und  dieselben  folgen 
deshalb  hier  im  Auszuge. 

SEEBT  hat  mit  seinem  Instrumente  und  seiner  Beobachtungsmethode 
aus  24maligem  Riick-  und  Vorblick  folgenden  mittleren  Fehler  gefunden: 


Mittlerer  Fehler  einer    I    „.,  ,          -,  , , 

.  „    ,        „..  ,          ,  I    Mittlerer  Fehler  nach 


Visierlinien  in 
Metern. 

X7    ,,.  ,                                  aer  lueinoae  aer  Kiem- 
VorblicK;  zusammenge-               „      ,     ,    ,         , 

setzten  Beobachtun|.      l^ten  %™d™ic  J"«>chnet. 
Millimeter. 

50 

±  0,28                                 0,28 

100 

±0,62 

0,60 

150 

±0,71 

0,83 

200 

±  0,91 

0,85 

In  diesem  mittleren  Fehler  sind  enthalten   1)  der  Zielfehler,    2)  der 
Libellenschatzungsfehler,  3)  der  Teilungsfehler  der  Latte,  4)  der  Teilungs- 


DAS    NlVELLIEKEN    UND    DIE    HIEEZU    ERFORDERLICHEN    INSTRUMENTE.         101 

fehler  der  Libellenskala ,  5)  die  Refraktionsdifferenz ,  6)  der  durch  das 
Schwanken  der  Latte  bedingte  Fehler,  7)  der  Fehler  der  Distanzbestimmung, 
8)  der  Fehler  der  Empfindlichkeitsbestimmung. 

Die  Hauptfehlerquelle,  gegen  welche  alle  iibrigen  verschwindend  klein 
erseheinen,  entspringt  aus  dem  ungenauen  Ablesen  der  Libelle,  und  die 
hieraus  entstehenden  Fehler  wachsen  der  Zielweite  proportional. 

Bei  einem  erfahrungsmaBigen  mittleren  Libel lenabschatzungsfehler  von 
0,1  Teilstrich  berechnet  SEIBT  den  mittleren  Libellenabschatzungsfehler 
fiir  eine  Stationsbeobachtung  auf  eine  Sekunde. 

Wenn  also  weiter  keine  Fehlerquelle  vorhanden  ware  als  das  ungenaue 
Ablesen  der  Libelle,  dann  erhielte  man  die  mittleren  Stationsfehler  fiir  die 
verschiedenen  Zielweiten  aus  m  —  tang  \"  Z,  wenn  Z  gleich  der  Zielweite 
ist,  und  zwar 

fur  50m  100m  150m  200m 

=     0,24mm        0,48mm        0,73mm        0,97mm 
Gefunden  waren     0,28    „  0,62   „          0,71    „          0,91    „ 

Die  geringen  Abweichungen  zeigen,  daB  das  Wachsen  der  mittleren 
Stationsfehler  proportional  den  Zielwerten  stattfindet. 

Der  mittlere  Fehler  pro  Kilometer  unter  Anwendung  gleich  langer 
Zielwerten  berechnet  sich 


Bei  einer  Ziel- 
weite von 

Bei  einfachem  Riick- 
und  Vorblick  auf 

Bei  viermaligem  Riick- 
und  Vorblick  auf 

Meter 

Millimeter. 

Millimeter. 

50 

0,95 

0,47 

100 

1,27 

0,64 

150 

1,39 

0,69 

200 

1,41 

0,70 

Die  zweite  allgemeine  Konferenz  der  europaischen  Gradmessung  hat 
die  Bestimmung  getroifen,  daB  der  wahrscheinliche  Fehler  des  Hohen- 
unterschiedes  zweier  urn  ein  Kilometer  entfernter  Punkte  im  allgemeinen 
nicht  3  mm  und  in  keinem  Falle  5  mm  iiberschreiten  darf. 

Aus  Yorstehendem  ergiebt  sich  jedoch,  daB  die  Grenzen  weit  enger 
gezogen  werden  kb'nnen,  und  der  mittlere  Einkilometerfehler  wird  auch 
jetzt  auf  hochstens  2mm  angenommen. 

tiber  die  zu  wahlende  Zielweite  sagt  SEIBT: 

,,In  richtiger  Erwagung  des  Erreichbaren  sehen  wir  von  der  Wahl 
einer  ,.gunstigsten"  Zielweite  ganz  ab  und  halten  nur  fest,  daB  die  Ziel- 
weite niemals  eine  bestimmte,  je  nach  der  Leistungsfahigkeit  des  betref- 
fenden  Beobachters  und  seines  Instrumentes  verschieden  liegende  Grenze 
nicht  iibersteigt.  Richtig  gewahlt  wird  die  jedesmalige  Zielweite  dann  sein, 
wenn  dieselbe  innerhalb  jener  Grenze  einerseits  so  weit  ausgedehnt 


102  SECHSTES  KAPITEL. 


wurde,  wie  es  die  Beschaffenheit  der  Oberflache,  uber  welche  das  Nivelle- 
ment  gefuhrt  wird,  irgend  zulaBt,  und  auderseits  soweit  verklirzt  wurde, 
daB  sich  im  Fernrohre  kerne  Spur  von  Luftwallungen  bemerkbar  macht 
und  die  Lattenteilung  sich  als  ein  vollkommen  ruhiges  und  aufs  scharfste 
begrenztes  Bild  dem  Auge  darstellt." 

Fur  Nivellements  der  allgemeinen  Landesaufnahme  ist  jedoch  seit 
1879  festgesetzt,  daB  die  Zielweite  von  50  Meter  nur  in  Notfallen  (FluB- 
iibergangen  u.  s.  w.)  iiberschritten  werden  darf. 

63.  Das  Nivellieren  in  der  Or  rube  muB  bei  Lampenlicht  ausgefiihrt  werden, 
was  aber  durchaus  nicht  mit  Nachteilen  verbunden  ist,    da  die  helle  Be- 
leuchtung  der  Latten   bei   maBiger  Entfernung   ein   genaues  Ablesen  ge- 
stattet  und  bei  groBeren  Entfernungen  das  Einstellen  der  Lichtsignale  der 
BonCHEESschen  Zielvorrichtung  mit  groBer  Scharfe  erfolgen  kann,  auBerdem 
die  Luftbeschaffenheit  meist  sehr  gleichmaBig  ist. 

Das  Fadenkreuz  des  Fern- 
rohres  muB  beleuchtet  werden  da- 
durch,  daB  durch  einen  sogenann- 
ten  Illuminator  Licht  in  das  Fern- 
rohr  geworfen  wird.  Die  Figuren 
114a  und  b  zeigen  die  Formen  der- 
selben,  welche  aus  Metall  oder 

Fig.  114a  u.  b.     Illummatoren  zur  Beleuchtung  ,  . 

des  Fadenkreuzes.  aucn  au§  Rartenpapier  hergestellt 

werden  konnen. 

Die  Beleuchtung  des  Fadenkreuzes  erfordert  nur  wenig  Licht ;  es  darf 
also  das  elliptische  Loch  des  einen  Illuminators  nicht  zu  klein  oder  die 
kleine  Ellipse  des  anderen  nicht  zu  groB  genommen  werden. 

64.  Andere  Hilfsmittel  zum  Nivellieren.  -  -  Ein  schon  sehr  altes,   aber 
unter   Umstanden    immer   noch   anwendbares   Hilfsmittel    zum  Hohenbe- 
stimmen    sind    die   Abwagestabe.     In    ihrer    einfachsten    Form    sind    es 
mit    eisernen     Schuhen     versehene     tannene,     1,5    Meter    lange    Stabe, 
welche  mit  einer    Einteilung   und,   mit  einem  Lot  zum   Priifen  des  senk- 
rechten  Standes  versehen  sind.     Steckt  man  an  dem  einen  Stabe  auf.  dem 
Punkte  A  in  bestimmter  Hohe  eine  Schnur  an  und  spannt  dieselbe  hori- 
zontal bis  zum  zweiten  Stabe  auf  B,  so  kann  man  an  der  Einteilung  des- 
selben  leicht  ablesen,  ob  Punkt  B  hoher  oder  tiefer  liegt  als  A.    Hieraus 
ergiebt  sich  von  selbst,  daB  mit  diesen  Staben  nivelliert  werden  kann  und 
bei  immer  gleich  langer  Schnur  auch  Punkte  in  einem  ganz  bestimmten 
gleichmaBigen  Ansteigen  oder  Fallen  gefunden  werden  konnen. 

Eine  Verbesserung  des  Apparates  wird  man  durch  kleine  oben  auf 
die  Stabe  geschraubte  Dosenlibellen  und  durch  verstellbare,  mit  PreB- 
schrauben  versehene  kleine  Rahmen  erreichen,  welche  eine  Yorrichtung 


DAS    NlYELLIEBEN    TJND    DIE    HIEBZU   EREOBDERLICHEN    INSTEUMENTE.         103 

zum  Einhangen  der  Schnur  und  eine  diesen  Einhangepunkt  entsprechenden 
Index  besitzen.  (Fig.  115.) 

Die  horizontale  Lage  der  Schnur  wird  mit  dem  Gradbogen,  viel  zweck- 
maBiger  aber  mit  der  Hangelibelle  hergestellt  werden. 


-A 


-B 


Fig.  115.     Nivellieren  mittels  der  Abwagestabe. 

Die  Hangelibelle  ist  eine  schon  beschriebene  Rohrenlibelle,  welche 
an  den  Enden  mit  Haken  zum  Aufhangen  an  einer  gespannten  Schnur 
versehen  ist. 

Die  Hangelibelle  wird  in  gleicher  Weise  durch  Umhangen  an  einer 
Schnur  oder  einem  Draht  von  gleichmaBiger  Starke  gepriift,  und  wenn  die 


— 1 


Fig.  116.     Hangelibelle.  . 

vorher  richtig  stehende  Blase  nach  dem  Umhangen  ausschlagt,  so  wird 
die  Halfte  des  Fehlers  an  der  Justiervorrichtung  der  Libelle,  die  andere 
Halfte  an  der  Neigung  der  Schnur  verbessert. 

Selbstverstandlich  muB  beim  Gebrauch  die  Hangelibelle  stets  in  der 
Mitte  der  Schnur  angehangt  werden. 


104  SECHSTES  KAPITEL. 


65.  Die  Spiegel  ruhig  stehender  Gewasser  sind  bei  ausgedehnten  Nivelle- 

ments  willkommene  Hilfsmittel ;  in  Gruben  konnen  Sumpfstrecken  den- 
selben  Yorteil  gewahren. 

So  wurde  z.  B.  im  Jahre  1852  von  BOUCHERS  die  ca.  2000  Meter 
lange  Wasserstrecke  zwischen  den  Schachten  Lorenz  und  Silbersegen  zu 
einem  Mvellement  benutzt. 

Samtliche  Ab-  und  Zugange  wurden  an  dem  Tage  beseitigt,  so  daB 
der  Wasserspiegel  in  der  Strecke  als  horizontal  stehend  angenommen  werden 
konnte.  In  bestimmten  Zeitabschnitten  wurde  an  beiden  Endpunkten  vom 
Wasserspiegel  nach  den  AnschluBzeichen  in  der  Streckenfirste  gemessen 
und  aus  sieben  gleichzeitigen  Beobachtungen  ein  Hohenunterschied  zwischen 
den  beiden  Zeichen  von  0,433  Meter  gefunden. 

Ein  doppeltes  Mvellement  unter  Anwendung  der  Zielvorrichtung  ergab 
im  Mittel  0,432  Meter. 


66.  In  der  osterreichischen  Zeitschrift  fur  Berg-  u.  Huttenw.  1877,  Seite455 

ist  ein  Yerfahren  des  Dr.  LUIGI  AITA  angegeben,  mittels  kommunizierender 
Rohren  den  Vertikalabstand  zweier  Punkte  zu  ermitteln. 

Die  Yorrichtung  besteht  aus  zwei,  mit  metrischer  Einteilung  versehenen 
MeBlatten;  vor  jeder  dieser  Latten  ist  eine  20  cm  lange,  2  cm  im  Durch- 
messer  haltende  Glasrohre  mit  Hilfe  von  Metallbandern  auf  und  ab  be- 
weglich.  Die  zwei  Glasrohren  sind  mit  einem  beliebig  langen  Kautschuk- 
schlauch  verbunden  und  dadurch  die  kommunizierenden  Rohren  hergestellt. 

An  einem  Ende  des  Kautschukschlauches  ist  ein  gut  schlieBender 
Zapfen  angebracht,  mit  Hilfe  dessen  die  Verbindung  zwischen  den  beiden 
Glasrohren  unterbrochen  werden  kann. 

Zum  Gebrauch  wird  die  eine  Glasrohre  nebst  Kautschukschlauch  mit 
einer  farbigen  Flussigkeit  gefiillt,  die  Latten  werden  an  den  beiden  abzu- 
wagenden  Punkten  aufgestellt  und  die  Glasrohren  bei  unterbrochener  Yer- 
bindung  nach  dem  AugenmaBe  gleich  hoch  geschoben.  Alsdann  offnet 
man  vorsichtig  den  Zapfen,  die  Flussigkeit  wird  in  beiden  Glasrohren  gleich 
hoch  stehen,  und  man  kann  den  Stand  derselben  an  beiden  Latten  ablesen. 

In  sehr  engen  und  krummen,  zum  Teil  verbrochenen  Strecken  kann 
diese  Yorrichtung  groBe  Yorteile  darbieten. 


67.  Das  trigoiionietrische  Hohenmessen  in  der  Grube.  -  -  Zum  trigono- 
metrischen  Hohenmessen  wendet  der  Markscheider  den  Gradbogen,  das 
Setzniveau  und  den  Theodoliten  an. 

Der  Gebrauch  des  Gradbogens  ist  bereits  beschrieben. 

Das  Setzniveau  mit  Latte  kann  unter  Umstanden  z.  B.  in  nie- 
drigen,  steil  einfallenden  Strecken  von  Nutzen  sein.  Dasselbe  ist  be- 
schrieben in  WEISBACHS  neuer  Markscheidekunst  II,  S.  8. 


DAS    NlVELLIEREN   UND    DIE   HIEEZU   ERFORDERLICHEN   INSTRUMENTS.         105 

Das  Setzniveau  besteht  aus  einem  Lineale  mit  einem  darauf  befestigten 
Quadranten,  aus  einer  um  den  Mittelpunkt  des  letzteren  drehbaren  Eegel 
mit  Nonius,  PreB-  und  Stellschraube  und  aus  einer  Rohrenlibelle,  welche 
an  der  Regel  festsitzt. 

Man  stellt  beim  Gebrauch  das  Setzniveau  auf  eine  MeBlatte  und  dreht 
die  Regel,  bis  die  Libelle  einspielt.  Der  Nonius  giebt  dann  den  gesuchten 
Neigungswinkel  der  Latte  unmittelbar  an. 

Ein  solches  Instrument  ist  vor  allem  darauf  zu  priifen,  ob  der  Nonius 
auf  Null  zeigt,  wenn  es  auf  einer  horizontalen  Ebene  steht. 

Zu  diesem  Zwecke  stellt  man  das  Niveau  mit  dem  Nonius  der  Regel 
auf  Null  auf  die  Latte  und  hebt  das  eine  Ende  der  Latte  durch  unter- 


Fig.  117.     Setzniveau. 


geschobene  Keile  so  lange,  bis  die  Blase  genau  einspielt,  alsdann  setzt 
man  das  Instrument  um.  Schlagt  die  Blase  aus,  so  bringt  man  durch  die 
Stellschraube  am  Nonius  die  Libelle  wieder  zum  Einspielen  und  dann  zeigt 
der  Nonius  der  Regel  den  doppelten  Index-  oder  Kollimationsfehler.  Zur 
Beseitigung  desselben  stellt  man  den  Nullpunkt  der  Regel  auf  den  Punkt, 
welcher  um  den  einfachen  Fehler  vom  Nullpunkt  des  Teilkreises  absteht, 
und  bringt  die  Libelle  durch  die  Justierschraube  zum  Einspielen.  Das 
Verfahren  ist  zu  wiederholen. 

Man  kann  iibrigens,  wenn  man  den  ermittelten  Indexfehler  in  Bfech- 
nung  zieht,  auch  mit  einem  nicht  justierten  Setzniveau  richtig  arbeiten. 

Die  Richtigkeit  der  Arbeit  mit  dem  Setzniveau  hangt  auch  noch  von 
der  Setzlatte  ab.  Man  fertigt  dieselbe  aus  zwei  einfachen,  im  Querschnitt 
ein  umgehrtes  T  bildenden  Latten  und  versieht  sie  mit  zwei  kleinen  stah- 
lernen  FuBplatten  oder  Querschienen  NNFig.  118  zum  Aufsetzen  des  Niveaus, 
von  denen  die  eine  mit  einer  Vorrichtung  zum  Heben  und  Senken  versehen  ist. 


106 


SECHSTES  KAPITEL. 


Die  durch  die  Oberflache  der  Querschienen  gebildete  Lime  muB  parallel 
derjenigen  Linie  sein,  welche  durch  die  beiden  Auflegepunkte  der  Latte  geht. 


Fig.  118.     Die  Setzlatte. 

Die  Priifung  geschieht  folgendermafien:  Man  stellt  das  berichtigte 
Niveau  mit  auf  Null  gestelltem  Nonius  der  Regel  auf  die  Latte  und  bringt 
durch  Heben  oder  Senken  des  einen  Lattenendes  die  Blase  zum  Einspielen. 
Alsdann  hebt  man  die  Latte  ab,  legt  sie  mit  verwechselten  Stiitzpunkten 
wieder  auf  und  sieht  nach,  ob  die  Luftblase  des  unverandert  gelassenen, 
wieder  aufgestellten  Setzniveaus  einspielt.  Findet  letzteres  nicht  statt,  so 
ist  die  eine  Halfte  des  Ausschlages  an  der  justierbaren  Querschiene,  die 
andere  Halfte  am  Lattenende  zu  beseitigen. 

Die  Enden  dieser  Latten  miissen  sich  genau  aneinander  stoBen  lassen, 
deshalb  sind  die  Enden  mit  zugescharften  Schuhen  aus  Stahl  bekleidet  und 
durch  jeden  dieser  Schuhe  ist  ein  Loch  gebohrt,  durch  welche  Bohrer 

oder  Holzschrauben  gesteckt  werden, 
zur  Befestigung  der  Latte  auf  der 
Unterlage. 

Bei  unebener  Sohle  ist  jede  Setz- 
latte durch  untergelegte  Holzstiicke 
zu  unterstutzen  und  so  lange  festzu- 
halten,  bis  die  folgende  an  sie  heran- 
geschoben  ist. 

Bei  Anwendung  des  Setzniveaus 
muB  die  Ebene  des  Instrumentes 
senkrecht  sein.  Da  diese  Lage  nur 
von  den  verhaltnismaBig  schmalen 

Grundflachen  der  Latte  abhangt,  so  ist  mit  moglichster  Sorgfalt  zu  verfahren. 
^Stellt  in  Fig.  119  MA  die  geneigte  Latte,  MCA  eine  Vertikalebene, 
MBA  eine  urn  d  gegen  vorige  geneigte  Ebene,  MC  und  MB  die  Libelle 
in  horizontaler  Linie,  so  ist  in  dem  spharischen  Dreieck  ABC,  AC  =  a, 
dem  richtigen  und  AB  =  a,  dem  falschen  Neigungswinkel  der  Latte. 

Es  ist  cos  d  =  cotg  a^ .  tg  a  daraus  tg  a^  =  ^^ . 

Ist  a  =  45°  und  S  =  2°,  so  ist  a  =  45°  1'  2". 
„    tt  =  45°     „     ^=3°,    „    „    ^  =  450  2' 21". 


Fig.  119.     Schiefe  Stellung  des  Setzniveaus. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE    HIEEZU    EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.         107 


Setzt  man 


gleich  dem  Fehler,  dann  1st: 
daraus 


al  =  a  -f-  cp,  worn 
tg(«  +  o>)  -  -^  , 

^'         COsd         1  -  tga  tgqp' 

(tg  «  +  tg  (jp)  cos  £  =  tg  a  —  tg  «2  tg  (f,  oder 

tg  90  cos  §  +  tg  «2  tg  qr  =  tg  «  —  tg  a  cos  £, 

tg  (f  (cos  J  +  tg2  a)  =  tg  a  (1  —  cos  #), 


daraus 


COS  5  +  tg 


Da    §  ein  sehr  kleiner  Winkel  1st,    so  kann  man  ohne  einen  groBen 


Fehler  zu  begehen?  cos  d  —  1  setzen,   1  +  tg2  a  1st  aber  gleich 
eingesetzt,  giebt: 


COS 


dies 


tg 


=  2sin«  cos  a  sin2  ~  =  sin  2  #  sin2  —  . 


Aus  der  Formel  folgt,  dafi  der  Fehler  bei  45  Grad  Neigung  am  groBten 
1st,  wird  die  Neigung  a  =  90°  oder  =  0,  so  ist  der  Fehler  gleich  Null. 

Es   werden   immer   zwei   gleich  lange   Latten   angewendet.     Die  Be- 
rechnung  der  Seigerteufen  gestaltet  sich  sehr  einfach,  wenn  man  Tabellen 
besitzt,  aus  denen  die  trigonometrischen  Zahlen  selbst  entnommen  werden 
konnen.     Die  Seigerteufe  zwischen  den  beiden  Endpunkten  ist: 
T  =  /(sin  a  +  sin  ce1  +  sin  «2  -f  sin  «3  +  .....  ). 

Mit   der  Seigerteufenbestimmung   sind  zugleich  auch  die  Unterlagen 
zur  Berechnung  der  sohligen  Entfernung  L  der  beiden  Endpunkte  gegeben: 


L  =  /(cos  a  +  cos  ce1  +  cos  «2  =  cos 


Der  Theodolit,  dessen  Konstruktion  erst  spater  beschrieben  wird,  kann   §  68. 
zum  trigonometrischen  Hohenmessen  benutzt  werden,  wenn.  er  einen  Hohen- 


Fig.  120. 

kreis   besitzt,   und   zwar   geschieht   dies   meist   nur  da,   wo  der  Theodolit 
gleichzeitig  zum  Messen  der  Horizontalwinkel  gebraucht  wird. 

Mit  Hilfe  des  Hohenkreises  werden  die  Neigungen  cel9  av  as,  a±  Fig.  120 
der  Yisierlinien  gf,  gh,  ih  und  il  gemessen  und  aus  diesen  Winkeln  und  aus 
den  Langen  der  Visierlinien,  bez.  deren  Sohlen,  lassen  sich  die  Seigerteufen 
fo,-hm,  hn,  kl  berechnen. 


108 


SECHSTES  KAPITEL. 


Man  hat  nicht  notig,  auf  alien  Aufstellungspunkten  A,  C,  D,  E  und  B, 
sondern  nur  an  den  abwechselnden  Stationen  C  und  E  die  Hohenwinkel 
zu  beobachten  und  kann  als  Zielobjekt  entweder  die  gewohnlichen  Signale, 
oder,  wenn  die  Winkelpuncte  in  der  Firste  fixiert  sind ,  die  BoECHEESsche, 
beim  geometrischen  Nivellement  beschriebene  Zielvorrichtung  gebrauchen. 
Dieselbe  wird  hierbei  immer  auf  einen  bestimmten  Teilstrich  des  Hange- 
stabes  eingestellt. 

Man  kann  auch  auf  alien  Standpunkten  des  Theodoliten  die  Hohen- 
winkel beobachten  und  erhalt  so  fur  die  Seigerteufen  zwei  Werte,  aus 
denen  das  Mittel  genommen  wird. 

In  diesem  Falle  werden  Signale  benutzt,  deren  Zielpunkte  in  gleicher 
Hohe  mit  der  Drehachse  des  Fernrohrs  sich  befinden,  sodaB  sowohl  in  C 


Fig.  121. 

als  in  D  derselbe  Neigungswinkel  #2  beobachtet  wird  und  zwar  in  C  als 
Elevations-  und  in  D  als  Depressionswinkel.  Fig.  121. 

Diese  Signale  haben  an  ihren  Untersatzen  gleichwie  die  des  Theodo- 
liten eine  Hohlkehle,  urn  welche  die  Schnur  so  geschlungen  werden  kann, 
daB  sie  parallel  der  Visierlinie  und  derselben  gleich  an  Lange  ist.  An 
dieser  Schnur  wird  die  Lange  der  Stationslinie  ermittelt. 

Die  Aufstellungsuntersatze  der  Signale  und  des  Theodoliten  miissen 
hinreichend  fest  sein,  um  dem  Zuge,  welcher  durch  das  Straffspannen  der 
Schnur  auf  sie  ausgeiibt  wird,  widerstehen  zu  konnen.  Man  befestigt  die- 
selben  deshalb  mit  Vorliebe  an  horizontal  geschlagenen  starken  Spreizen. 

Sind  die  Stationslinien  zu  lang,  so  wird  ihre  Lange  stiickweise  mit 
Benutzung  des  Gradbogens  gemessen,  die  Sohle  der  ganzen  Visierlinie  be- 
rechnet  und  aus  ihr  und  derTangente  des  Neigungswinkels  die  Seigerteufe. 

Der  zum  trigonometrischen  Hohenrnessen  benutzte  Theodolit  muB  ent- 
weder vom  Indexfehler  befreit.  sein,  oder  man  muB  dessen  GroBe  kennen 
(vergl.  §  95).  Fur  alle  Falle  ist  anzuraten,  den  AVinkel  in  beiden  Lagen 
des  Fernrohres  zu  messen. 

Genaue  Hohenermittelungen  wird  man  nur  im  Notfall  durch  trigono- 
metrisches,  wo  inoglich  stets  durch  geometrisches  Nivellement  bestimmen, 
da  die  Resultate  des  letzteren  zuverlassiger  sind. 


DAS    NlVELLIEEEN    UND    DIE    HIEEZU   EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.         109 

Das  Messen  von  Schachttiefen.     Mit  markscheiderischenNivellements  §  69. 
ist  haufig  ein  Messen  von  Schachttiefen  verbunden. 

Man   unterscheidet    zwei   verschiedene    Arten    dieser    Messung:    eine 
mittelbare  und  eine  un- 
mittelbare. 

Entweder  wird  in  den 
Schacht  ein  mit  Gewichten 
beschwerter  Draht,  bez.  das 
Forderseil  mit  Korb  herab- 
gelassen  und  durch  Anlegen 
von  Staben  die  Lange  des 
Drahtes,  bez.  des  Seiles  beim 
Aufholen  und  beim  Ein- 
lassen  gemessen,  oder  es 
wird  durch  Anlegen  von 
Staben,  MeBketten  und  MeB- 
bandern  an  die  Zimmerung 
des  Schachtes  die  Tiefe 
desselben  unmittelbar  ge- 
messen. 

Bei  beidenV  erfahrungs- 
weisen  sind  gute  Resultate 
erzielt  worden,  der  Natur 
der  Sache  nach  ist  aber 
die  unmittelbar e  Messung 
zuverlassiger ,  wenn  auch 
beschwerlicher  und  zeitrau- 
bender  als  die  mittelbare. 

Wenn  von  dem  Schachte  mehrere  Fordersohlen  abgehen,  in  denen 
Sohlenzeichen  festgelegt  werden  miissen,  so  ist  die  unmittelbare  Messung 
unbedingt  vorzuziehen. 

Der  Anfangs-  und  Endpunkt  der  Messung  muB  leicht  mit  dem  Tage-, 
bez.  Grubennivellement  in  Verbindung  zu  bringen  sein. 

Das  Messen  mit  Hilfe  eines  Drahtes  geschieht  allgemein  in  folgender 
Weise:  Yon  einer  Kurbel  oder  einem  kleinen  Haspel  mit  Sperrvorrichtung, 
in  passender  Entfernung  vom  Schachte  aufgestellt,  wird  der  Draht  (Klavier- 
saitendraht  bis  1  mm  Durchmesser)  abgewickelt  und  iiber  eine  leicht  be- 
wegliche  Scheibe  oder  Rolle  gelegt,  die  oberhalb  der  Schachtoffnung  so 
angebracht  ist,  daB  der  durch  ein  Gewicht  (5  — 15  kgr)  beschwerte  Draht 
ungehindert  bis  zur  Sohle  des  Schachtes  sinken  kann.  Anfangs-  und  End- 
punkt sind  durch  angebundene  Faden  zu  bezeichnen. 

Man  miBt  die  Tiefe  beim  Aufholen  und  Einlassen  des  Drahtes  und 
zwar  am  bequemsten  am  horizontalen  Teile  desselben  zwischen  Leitrolle 
und  Kurbel.  Der  Draht  ist  durch  das  Gewicht  stets  straff  genug  gespannt 


Fig.  122.     Mittelbares  Messen  von  Schachttiefen, 


110  SECHSTES  KAPITEL. 


und  kann  parallel  clem  befestigten  oder  doch  nur  in  engen  Grenzen  ver- 
schiebbaren  MeBstabe  durch  die  Kurbel  bewegt  werden. 

Die  Ausdehnung  des  Drahtes  durch  das  eigene  und  das  Lotgewicht 
bat  keinen  schadlichen  EinfluB  auf  die  Ricbtigkeit  der  Messung,  weil  der 
Draht  in  seinem  gedebnten  Zustande  gemessen  wird. 

Das  Bezeicbnen  des  jedesmaligen  Endes  von  dem  vier  bis  fiinf  Meter 
langen  MeBstabe  erfolgt  durch  angebundene  Zwirnsfaden,  nachdem  vorher 
erforderlichenfalls  der  Draht  durch  einen  leisen  Feilstrich  rauh  gemacht 
worden  ist. 

Auf  diese  Weise  hat  Professor  CHEISMAE  in  Schemnitz  eine  Tiefe  von 
200  m  in  einer  Stunde  bis  auf  13J00  der  geinessenen  Lange  genau  ermittelt. 

Ortliche  Verhaltnisse  konnen  dahin  wirken,  daB  der  MeBstab  an  den 
senkrechten  Teil  des  Drahtes  angelegt  werden  muB.  Die  Ausfuhrung  der 
Messung  ist  etwas  unbequemer,  aber  der  vorigen  sonst  ahnlich. 

Statt  des  Drahtes  laBt  sich  auch  das  Forderseil  benutzen,  an  welches 
die  MeBstabe  oberhalb  der  Schachtoffnung  unmittelbar  angelegt  werden. 

BOBCHEKS  hat  ein  und  denselben  Schacht  einmal  am  Draht  und  ein- 
mal  am  Forderseile  gemessen  und  259,081  m  bezw.  259,090  m  erhalten. 

Der  Markscheider  RAZCZKIEWITZ  (Osterr.  Zeitschrift  1873,  Seite  210) 
leitet  aus  der  Anzahl  der  Umdrehungen  der  liber  dem  Schachte  ange- 
brachten  Leitrolle  oder  Scheibe  von  etwa  0,3  m  Durchmesser  die  Tiefe 
des  Schachtes  ab,  nachdem  der  Umfang  dieser  senkrecht  aufgestellten 
Scheibe  durch  mehrere  Yersuche  moglichst  genau  bestimmt  worden  war. 

Eine  am  Forderseil  gemessene  Schachttiefe  von  21,763  Klaftern  wurde 
auf  diese  Weise  zweimal  ermittelt  und  21,762°  bez.  21,764°  gefunden. 

Der  Professor  VIEKTEL  (Civilingenieur  1878,  Seite  604)  bediente  sich 
einer  solchen  MeBscheibe,  dessen  gut  abgedrehte  und  in  lOOTeile  geteilte 
Peripherie  =  1,1748  m  gefunden  und  dessen  Achse  mit  einem  Zahlwerke 
verbunden  war. 

Derselbe  hat  mit  Hilfe  dieses  MeBrades  selbst  bei  groBen  Tiefen  sehr 
befriedigende  Resultate  erhalten. 

Trotzdem  ist  es  nicht  ratsam,  bei  wichtigen  Angaben  sich  auf  diesen 
Apparat  allein  zu  verlassen. 

70.  Zum  unmittelbaren  Schachtmessen  verwendet  man  eiserne  Feldmesser- 

ketten,  stahlerne  Messbander  und  besonders  hierzu  konstruierte  MaBgestange. 
Die  zum  Schachtmessen  zu  gebrauchende  Feldmesserkette  muB  vorher 
auf  einer  ebenen  Unterlage  gerade  ausgespannt  und  die  Lange  zwischen 
der  inneren  Peripherie  der  beiden  Endringe  genau  ermittelt  werden. 
Die  Kette  wird  an  einer  passenden  Stelle  eingelassen  und  mit  dem  oberen 
Ringe  an  einem  Nagel  aufgehangt.  Dieselbe  darf  nirgends  seitlich  an- 
liegen,  sondern  muB  durch  das  eigene  Gewicht  vollkommen  senkrecht 
hangen.  Hindernde  Gegenstande,  z.  B.  Biilmen,  sind  vorher  zu  entfernen 
oder  zu  durchbohren.  Innerhalb  des  unteren  Ringes  der  Kette  wird  ein 


DAS    NlVELLIEEEN   UND   DIE   HIEEZU   EEFOEDEELICHEN   INSTEUMENTE.          Ill 

z welter  Nagel  so  eingeschlagen,  da8  derselbe  an  der  inneren  Peripherie 
des  Ringes  hart  anliegt.  Darauf  wird  die  Kette  abgenommen ,  der  obere 
Ring  an  den  zweiten  Nagel  gehangt  und  verfahren  wie  das  erste  Mai. 

Diese  auf  solche  Weise  gefundene  Tiefe  ist  noch  um  die  mitgemesse- 
nen  Nagelstarken  zu  vermindern.  Es  sind  deshalb  runde  Nagel  von  ganz 
gleichmaBigem  Durchmesser  zu  verwenden. 

Zuweilen  ist  es  nicht  moglich,  den  Schacht  in  einer  Lime  zu  messen. 
Man  wird  in  diesem  Falle  absetzen,  d.  h.  den  Endpunkt  einer  Ketten- 
lange  mittelst  der  Hangelibelle  oder  des  Gradbogens  nach  einem  giinstiger 
gelegenen  Punkte  tibertragen  und  von  da  weiter  messen. 

Das  Messen  der  Schachte  mit  dem  StahlmeBbande  geschieht  auf 
ahnliche  Weise  wie  mit  der  Kette. 

Die  Lange  des  Bandes  ist  vor  der  Messung  bei  einer  bestimmten  Tem- 
peratur  und  bei  einer  bestimmten,  event,  durch  eine  Federwage  zu  messen- 
den  Spannung  genau  zu  ermitteln. 

Bei  der  Operation  des  Messens  ist  die  gleichmaBige  Spannung  durch 
ein  angehangtes  G-ewicht  herzustellen ,  auBerdem  ist  die  Einwirkung  der 
Temperatur  auf  die  Lange  des  Bandes  zu  beriicksichtigen.  (Ausdehnungs- 
coefficient  fur  Stahl  auf  1°  Celsius  =  0,000012.) 

Der  Markscheider  GEAFE  hat  die  Messung  an  der  Schachtleitung  des 
Forderkorbes  mit  dem  MeBbande  auf  folgende  Weise  ausgefiihrt  (Berg- 
und  Huttenmannische  Zeitung  1883,  Nr.  1): 

In  angemessener  Hohe  liber  dem  Schutzdache  des  Forderkorbes  ist 
ein  Stuhl  mit  Schienen  und  Laschen  derartig  am  Forderseil  befestigt,  daB 
ein  Arbeiter  gefahrlos  darin  sitzen  und  das  obere  Ende  des  MeBbandes 
an  die  Leitung  anlegen  kann. 

Auf  dem  Schutzdache  steht  der  Markscheider,  welcher  das  untere 
Ende  des  MeBbandes  fiihrt,  und  ein  zweiter  Arbeiter,  dem  obliegt,  die 
Zeichen  zum  Aufholen  und  Niederlassen  des  Korbes  zu  geben. 

Auf  diese  Weise  ist,  nachdem  alle  Yorbereitungen  getroffen  waren, 
ein  Schacht  in  der  Zeit  von  sechs  Stunden  dreimal  gemessen  worden,  wo- 
bei  sich  folgende  Resultate  ergaben: 

Erste  Messung  334,757  m 
Zweite  .  „  334,758  „ 
Dritte  „  334,758  „ 

Hierbei  muBten  auBerdem  noch  die  Hohe  von  acht  iibereinander  im 
Schachte  liegender  Sohlenzeichen  bestimmt  werden. 

In  fast  ebenso  kurzer  Zeit  wurde  ein  zweiter  Schacht  viermal  gemessen 
und  dabei  die  Hohe  von  sieben  im  Schachte  liegenden  Sohlenzeichen  er- 
mittelt.  •  Die  Resultate  waren: 

Erste  Messung  353,715m 
Zweite  „  353,713  „ 
Dritte  „  353,717  „ 
Yierte  „  353,714  „ 


112 


SECHSTES  KAPITEL. 


In  solchen  Schachten,  deren  Ausbau  es  gestattet,  ist  vielfach  die  Mes- 
sung  mit  dem  Stahlbande  an  der  Leitung  entlang  vom  Fahrtrum  aus  mit 
gutem  Erfolge  und  schnell  ausgefuhrt  worden. 


Ein  ausgezeichnetes  Hilfsmittel  zuin  unmittelbaren  Messen  von  Schacbt- 
tiefen  ist  das  von  BORCHERS  konstruierte  MaBgestange. 

Dasselbe  ist  ausfuhrlich  beschrieben  im  §  25  ff.  von  BOKCHERS'  ,,prakti- 
sche  Markscheidekunst",  welchem  Buche  das  Folgende  entnommen  ist. 


Fig.  123.     Ma%estange 
von  BORCHERS. 


Fig.  124  u.  125. 


Das  MaBgestange  bestebt  aus  einer  Anzahl  von  runden  Staben  aus 
fStahldrabt  von  4 — 6  mm  Durcbmesser  und  von  genau  1 — 4  m  Lange. 
Die  Enden  sind  mit  Schraubengewinden  versehen  und  lassen  sich  mittels 
kleiner  messingener  Scbraubenmuffen  verbinden.  Auf  diese  Weise  kann 
.ein  MaBgestange  von  beliebiger  Lange  hergestellt  werden.  Die  geraden 
Endflachen  der  einzelnen  Stabe  miissen  genau  recbtwinkelig  zur  Langen- 
acbse  stehen  und  die  Muifen  sind  an  zwei  gegeniiberstehenden  Seiten  so- 
weit  ausgefeilt,  daB  man  das  ZusammenstoBen  der  Endflacben  zweier  Stabe 
seben  kann.  Der  erste  Stab  ist  mit  einem  Haken  versehen,  von  dessen  in- 
nerer  Peripberie  die  Zahlung  beginnt. 

Vor  Beginn  der  Messung  sind  eine  oder  bei  notwendigeni  Absetzen 
mebrere  senkrechte  Offnungen  zu  schaifen ,  durcb  welche  das  Gestange 
.ungehindert  seiger  gefiihrt  werden  ka,nn. 


DAS    NlVELLIEREN   UND    DIE   HEERZTJ   ERFORDERLICHEN   INSTRUMENTS.         113 

Die  Aufhangepunkte  des  Gestanges  wird  man  so  bequem  wie  moglich 
wahlen,  also  stets  nahe  iiber  einer  Buhne,  und  so  herstellen,  wie  die  Figuren 
124  und  125  zeigen,  aus  denen  zugleich  zu  ersehen  ist,  wie  etwaige  Rest- 
stiicke  gemessen  werden. 


Fig.  126.     Das  Messen  tonnlagiger  Schachte  mittels  des 
BoRCHERSschen  Mafigestanges. 

Von  groBerer  Wichtigkeit  noch  ist  das  Gestange  beim  Messen  tonn- 
lagiger Schachte. 

Das  hierbei  wegen  des  haufigeren  Absetzens  notwendige  Verlangern 
und  Verkiirzen  des  Gestanges  kann  leicht  durch  An-  und  Abschrauben  der 
einzelnen  Stabe  und  durch  Einschalten  kiirzerer  Stiicke  erreicht  werden. 

BRATHUHN,   Markscheidekunst.  8 


114  SIEBENTES  KAPITEL. 


Das  Verfahren  1st  aus  Fig.  126  zu  ersehen.    Bei  Benutzung  des  MaBgestanges 
ist  die  Einwirkung  der  Temperatur  ebenfalls  zu  berucksichtigen. 

Bei  Seigerteufenbestimmungen,  welche  durch  Firstenbaue  oder  ahnliche 
Grubenraume  gefuhrt  werden  miissen,  kann  die  mannigfaltigste  Yerbindung 
aller  Arten  von  Hohenermittelungen  notwendig  werden. 


Siebentes  Kapitol. 
Der  Theodolit. 

72.  Die  ersten  Versuche,  den  Theodolit  en  als  Markscheiderapparat  einzu- 
fuhren,    sind  schon  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts    gemacht   worden, 
ohne  allgemeine  Nachahmung  zu  finden. 

In  Deutschland  wurde  im  Jahre  1835  der  erste  Grubenzug  mit  dem 
Theodoliten  vom  Markscheider  PEEDIGEE  zur  Angabe  von  Gegenortern  in 
dem  ca.  2000  m  langen  Ensdorfer  Stolln  der  Steinkohlenzeche  ,,Kronprinz" 
bei  Saarlouis  ausgefiihrt. 

Im  Jahre  ,  1851  hatte  das  Instrument  schon  eine  allgemeinere  Yer- 
breitung  gefunden,  wie  namentlich  aus  den  Aufsatzen  in  den  Nummern 
14.  25.  28.  39  u.  40  von  Band  XI Y  der  damals  in  Eisleben  erscheinenden 
Fachzeitschrift  ,,Der  Bergwerksfreund"  hervorgeht. 

Gegenwartig  ist  der  Theodolit  fur  alle  Markscheider  das  wichtigste 
WinkelmeBinstrument.  Die  GroBe  und  Form  der  Theodoliten  ist  sehr  ver- 
schieden.  Hier  sollen  nur  drei  Konstruktionen  beriicksichtigt  werden,  welche 
vorziiglich  bei  den  Markscheidern  im  Gebrauch  sind. 

Der  Preis  des  Theodoliten  ist  bedeutend,  so  daB  wenige  Markscheider 
in  der  Lage  sein  diirften,  sich  mehrere  in  verschiedenen  GroBen  anzu- 
schaffen,  es  ist  deswegen  ratsam,  beim  Ankauf  einem  derartig  konstruierten 
Theodoliten  den  Vorzug  zu  geben,  welcher  imstande  ist,  alien  an  den 
Markscheider  herantretenden  Anforderungen  Geniige  zu  leisten. 

Namentlich  muB  derselbe  eine  angemessene  GroBe  besitzen,  damit  er 
sowohl  bei  Ausfuhrung  von  Triangulierungsarbeiten  hinreichend  genaue 
Kesultate  liefert,  als  auch  in  der  Grube  bei  alien  Arbeiten  verwendbar  ist. 
Sodann  sind  bei  Anfertigung  desselben  alle  Metalle  zu  vermeiden,  welche 
ablenkend  auf  die  Magnetnadel  wirken,  dainit  je  nach  Bedurfnis  eine 
Orientirungsbussole  oder  ein  Magnetstab  mit  Kollimatorablesung  verbunden 
werden  kann.  Selbstverstandlich  muB  derselbe  mit  den  vollkommensten 
Justiervorrichtungen  versehen  sein. 

73.  Yon  einem   solchen   Normaltheodoliten   fur   den   Markscheider   giebt 
Fig.  127  eine  schematische  Skizze    des   senkrechten   Schnittes.     Eine   per- 
spektivische  Ansicht  ist  absichtlich  weggelassen. 

Wir  unterscheiden  an  dem  Theodoliten  folgende  Hauptteile:   den  FuB 


DEE  THEODOLIT. 


115 


F,  den  Hauptkreis  K,  den  Noniuskreis  oder  die  Alhidade  A  mit  den 
Fernrohrtragern  TT ',  das  Fernrohr  R,  die  Rohrenlibelle  L  und  den 
Hohenkreis  H. 


Fig.  127.     Durchschnitt  des  Theodoliten. 


116  SIEBENTES  KAPITEL. 


Der  FuB  ist  der  gewohnliche  DreifuB,  wie  er  schon  bei  dem  Nivellier- 
instrumente  beschrieben  wurde.  Das  Kugelgelenk  wird  jetzt  mit  dem  Theo- 
doliten  fast  niemals  mehr  verbunden. 

Da  beim  Aufstellen  des  Theodoliten  bald  Stellschrauben  mit  Spitzen, 
bald  solche  mit  Unterlegeplatten  erforderlich  sind,  so  muB  man  beide  be- 
sitzen,  um  nach  Bediirfnis  mit  ihnen  wechseln  zu  konnen. 

Am  zweckmaBigsten  sind 
beide  Schrauben  so  einzu- 
richten,  daB  sie  sich  von 
unten  in  den  Arm  des  Drei- 
fuBes  einschrauben  lassen. 
L.  ?  Fig.  128. 

Das  Mittelstiick  des  Drei- 

ist    ^' 


u 


Fig.  128.     FuCschraubenamTheoom 

gehohlt.  Am  unteren  Encle 

ist  dasselbe  mit  einem  inneren  und  einem  auBeren  Gewinde  versehen. 
Das  innere  Gewinde  dient  zur  Aufnahme  des  Zentrierstiftes  C  (vergl. 
§  99),  der  seinerseits  wieder  den  spater  zu  erwahnenden  Gegen- 
gewichtsfedern  zum  Stiitzpunkt  dient,  das  auBere  Gewinde  dient  zur  Auf- 
nahme der  Zentralschraube,  welche  in  bekannter  Weise  mittels  einer  Spiral- 
feder  die  Verbindung  mit  dem  Stativkopfe  oder  einer  anderen  Unterlage 
bewirkt. 

Statt  der  Zentralschraube  kann  auf  das  auBere  Gewinde  auch  ein 
kugelformig  abgerundetes  Stiick  geschraubt  werden,  wenn  der  Theodolit 
fur  die  Freiberger  Aufstellung  (§  106)  brauchbar  gemacht  werden  soil. 

In  der  Biichse  des  DreifuBes  steckt  zunachst  die  Achse  des  Hauptkreises  K 
(in  der  Fig.  127  schraffiert),  welche  ihrerseits  wieder  die  Achse  der  Alhi- 
dade  aufnimmt.  Beide  Achsen,  deren  Mittellinien  zusammenfallen  sollen, 
sind  in  der  Mitte  cylindrisch,  oben  und  unten  dagegen  kegelformig,  aber 
mit  verschiedener  Neigung  der  Seitenlinien. 

Die  Gewichte  des  Hauptkreises  und  der  Alhidade  sind  durch  Federn, 
welche  gegen  die  Achsenenden  wirken,  etwas  ausgeglichen. 

Haufig  findet  man  auch  gleichmaBig  kegelforrnige  Achsen  ohne  Feder- 
ausgleichung  ihrer  Gewichte. 

Der  Hauptkreis,  dessen  Form  aus  dem  Querschnitt  Fig.  127  hervor- 
geht,  ist  auf  dem  erhohten  Rande  mit  einem  Streifen  Feinsilber  belegt, 
auf  welchem  die  Teilung  angebracht  ist.  Dieselbe  ist  bis  auf  l/3  Grad 
ausgefiihrt.  Die  Flache  der  Teilung  liegt  des  bequemeren  Ablesens  wegen 
in  einer  dem  Auge  zugeneigten  Flache.  Der  innere  Durchmesser  des  ein- 
geteilten  Kreises  ist  13  cm. 

Die  Alhidade  A  A,  deren  Form  ebenfalls  aus  dem  Querschnitt  hervor- 
geht,  greift  iiber  die  Teilung  des  Hauptkreises  hinaus  und  schiitzt  diesen 
empfindlichen  Teil  des  Instrumentes. 

Der  Hauptkreis  und  die  Alhidade  konnen  selbstandig  um  ihre  Achsen 


DER  THEODOLIT.  117 


gedreht  und  mittels  Klemmschrauben  und  Mikrometerwerk  in  jede  belie- 
bige  Stellung  gebracht  werden.  Diese  genannten  Vorrichtungen  sind  in 
der  Figur  weggelassen,  da  ihre  Einrichtung  und  Wirkungsweise  am  besten 
an  dem  Instruments  selbst  gezeigt  und  erlautert  wird. 

Man  kann  demnach  bei  festgeklemmtem  Hauptkreis  und  geloster  Al- 
hidade  diese  allein  und  bei  festgeklemmter  Alhidade  und  gelostem  Haupt- 
kreis letzteren  zugleich  mit  der  Alhidade  drehen. 

Ein  Theodolit,  welcher  diese  Einrichtung  besitzt,  wird  ein  Repetitions- 
theodolit  genannt;  derjenige,  welcher  nicht  damit  versehen  ist,  heiBt  em 
einfacher  Theodolit. 

Der  Markscheider  kann  nur  einen  Repetitionstheodoliten  gebrauchen, 
weil  unter  Umstanden  nur  mit  einem  derartigen  Instrumente  in  der  Grub e 
Vermessungen  ausgefuhrt  werden  konnen. 

In  engen  Grubenstrecken  ist  es  namlich  nicht  immer  moglich,  dem 
Kopf  eine  solche  Stellung  zu  geben,  welche  zum  Ablesen  der  beiden  Nonien 
erforderlich  ist.  Man  dreht  in  diesem  Falle  die  Alhidade  und  den  Haupt- 
kreis mit  der  Klemmschraube  verbunden  um  die  Achse  des  letzteren  in 
eine  fur  das  Ablesen  der  Nonien  bequemere  Stellung  und  richtet  danach, 
wenn  der  Winkel  repetiert  werden  soil,  das  Fadenkreuz  des  Fernrohres 
mittels  des  Mikrometerwerkes  am  Hauptkreise  wieder  auf  das  rechts 
liegende  Objekt. 


An  der  inneren  Seite  der  Alhidade  sind  an  kleinen  angeschraubten  §  74, 
Flatten  NN  (Fig.  127)  die  Nonien  angebracht,  welche  mit  dem  Limbus 
eine  gleiche  Neigung  haben,  aber  mit  demselben  nicht  genau  in  einer 
Ebene,  sondern  ein  wenig  tiefer  liegen.  Fur  die  Nonien  ist  der  Alhidaden- 
mantel  an  zwei,  bez.  vier  Stellen  durchbrochen  und  mit  Planglasern  ver- 
deckt.  Dieselben  stehen  sich  meistens  diametral  gegenliber  und  befinden 
sich,  wenn  deren  zwei  vorhanden  sind,  am  zweckmaBigsten  in  der  Richtung 
der  Fernrohrdrehachse. 

Wird  der  Theodolit  aber  mit  eingelegtem  exzentrischen  Fernrohre 
gebraucht,  so  ist  die  weit  hervorragende  Achse,  sowie  das  Fernrohr  selbst 
dem  Ablesen  sehr  hinderlich,  und  die  zweckmaBigste  Stellung  der  Nonien 
ist  fur  diesen  Fall  eine  solche,  welche  gegen  die  erste  um  90  Grad 
gedreht  ist. 

Mit  dieser  Stellung  ist  beim  Gebrauch  des  zentrischen  Rohres  wieder 
der  Nachteil  verbunden,  daB  man  das  Fernrohr  jedesmal  vor  dem  Ablesen 
senkrecht  stellen  mufi.  —  Will  man  diese  Unbequemlichkeit  vermeiden, 
so  sind  vier  Nonien  an  der  Alhidade  anzubringen. 

Zum  Ablesen  der  Nonien  sind  zwei  Lupen  angebracht,  welche  an 
einem  um  den  unteren  Teil  der  Fernrohrtrager  drehbaren  Ringe  festsitzen 
und  fur  den  Fall,  daB  die  Alhidade  mit  vier  Nonien  versehen  ist,  sowohl  fiir 
das  eine  als  das  andere  Nonienpaar  nach  Belieben  benutzt  werden  konnen. 


118 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Die  Nonien  sind  mit  Blenden  aus  Milchglas,  aus  Elfenbein  oder  aus 
gewb'hnlichem  weiBen  Papier  versehen. 

Die  papiernen  Blenden  sind  die  billigsten  und  die  praktischsten;  sie  lassen 
sich  leicht  erneuern,  beleuchten  die  Nonien  auch  in  der  Grube  hinreichend, 
sind  der  Bewegung  der  Lupen,  wie  haufig  die  aus  starrem  Glas  oder 
Elfenbein,  niemals  hinderlich,  und  schlieBlich  konnen  kleine  Yerbesserungen 
der  Stellungen  ohne  Drehung  des  Blendengestelles  durch  ein  geringes 
Verbiegen  des  Papiers  schnell  herbeigefiihrt  werden. 

75.  Mit  der  Alhidade  sind  die  Fernrohrtrager  TT  (Fig.  127)  fest  ver- 
bunden,   von   denen   einer   die  Vorrichtung   zum  Heben   und  Senken  des 
Achsenlagers  besitzt. 

Von  einigen  mechanischen  Werkstatten  werden  an  den  Fernrohrtragern 
der  Markscheidertheodoliten  eine  oder  zwei  Rohrenlibellen  angebracht 
welche  auBer  der  auf  die  Fernrohrachse  gesetzten  Reiterlibelle  zur  Hori- 
zontierung  des  Theodoliten  und  zur  tlberwachung  dieser  horizontalen 
Stellung  dienen. 

Diese  Libellen  sind  zwar  nicht  ohne  Nutzen,  ob  aber  in  dem  MaBe, 
daB  damit  die  mit  dem  komplizierteren  Bau  verbundene  Umstandlichkeit 
in  der  Behandlung  des  Instrumentes  und  der  hohere  Preis  im  Gleichgewicht 
steht,  ist  zu  bezweifeln. 

Will  man  auBer  der  Reiterlibelle  noch  eine  zweite  Libelle  anbringen, 
so  geniigt  eine  Dosenlibelle  zwischen  den  Fernrohrtragern. 

76.  Das  Fernrohr  des  Theodoliten  unterscheidet  sich  beziiglich  der  inne- 
ren  Konstruktion  nur  dann  durch  das  Fadenkreuz  von  dem  des  Nivellier- 

instrumentes,  wenn  statt  des  einen  vertikalen  Fadens  zwei 
Parallelfaden  eingespannt  sind. 

Das  Fernrohr  liegt  mit  den  Enden  seiner  Drehachse 
in  den  Lagern  der  Fernrohrtrager;  dieselben  haben  neben- 
stehende  Form  (Fig.  129)  und  sind  mit  SchlieBen  oder 
Schiebern  iiberdeckt. 

Die  Auflagestellen  der  Achse  mtissen  genau  cylindrisch 
und  von  gleichem  Durchmesser  sein.  Die  Mittellinie  dieser 
Achse  soil  rechtwinkelig  zur  optischen  Achse  des  Fern- 
rohres  stehen  und  den  Schwerpunkt  des  Rohres  treffen.  Bei 
dem  Winkelmessen  ist  es  namlich  sehr  storend,  wenn  das 
Rohr  so  wenig  im  Gleichgewicht  ist,  daB  dasselbe  nach 
Losung  der  Klemmschraube  mit  der  Hand  aufgehalten  wer- 
den muB,  damit  das  Objektivende  nicht  sofort  sinkt  oder 
gar  hart  auf  den  Alhidadenrand  aufschlagt. 


Fig.  129.    Justier- 
barer  Fernrohr- 
trager  mit  auf- 
gesetzter  Libelle. 


Das  Fernrohr  laBt  sich  selbstverstandlich  aus  seinen  Lagern  heraus- 
nehmen  und  umlegen. 


DEE  THEODOLIT. 


119 


Soil  der  Theodolit  auch  zum  geometrischen  Nivellieren  tauglich 
sein,  so  ist  das  Fernrohr  entweder  mit  einer  Reversionslibelle  fest  zu  ver- 
binden,  oder  dasselbe  ist  mit  zwei  Ringen  zur  Aufnahme  einer  Aufsatz- 
libelle  und  in  der  Mitte  mit  einer  aufrecht  stehenden  Hiilse  zu  versehen, 
in  welche  ein  an  der  Libelle  befestigter  Stift  eingreifen  kann  (Fig.  130). 

Stift  und  Hiilse  dienen  zum  Schutz  gegen  das  Herabfallen  der  auf- 
gesetzten  Libelle. 

Die  Vertikalbewegung  des  Fernrohres  wird  gehemmt  und  reguliert 
durch  eine  abnehmbare  Yorrichtung. 

Dieselbe  besteht  aus  zwei  Ringen,  von  denen  der  eine  r  mittels  einer 
Schraube  (in  Fig.  127  ist  an  Stelle  derselben  das  Gegengewicht  m  gezeich- 
net)  fest  auf  das  konische,  iiber  das  Lager  hinausragende  Achsenende  auf- 
getrieben  ist  und  der  andere  s  sich  in  einer  Yertiefung  des  ersteren  dreht. 
Der  Ring  s  kann  mittels  einer  Druckschraube  an  den  Ring  r  festgeklemmt 
werden,  so  daB  die  Drehung  der  Achse  nur  mit  Hilfe  der  Feinstellschraube  / 
erfolgen  kann,  welche  gegen  den  Hebel  p  wirkt. 


Fig.  130.    Einrichtung  des  Theodolitfernrohres 
zum  geometrischen  Nivellieren. 


Fig.  131.    Okularprisma. 


MuB  der  Markscheider  den  Theodoliten  in  stark  fallenden  Strecken, 
Bremsbergen  oder  tonnlagigen  Schachten  benutzen,  so  ist  auBer  dem 
zentrischen  nocb  ein  exzentrisches  Fernrohr  erforderlich.  Dasselbe 
kann  bedeutend  kleiner  sein  als  das  zentrische,  weil  in  den  genannten 
Grubenraumen  selten  lange  Yisuren  vorkommen. 

Die  kleinen  Dimensionen  verringern  auch  das  G-ewicht  des  Fernrohres, 
was  namentlich  deshalb  sehr  erwiinscht  ist,  weil  dasselbe  so  weit  von  den 
Fernrohrtragern  an  der  dariiber  hinausragenden  Achse  angebracht  sein 
muB,  daB  sein  Gresichtsfeld  in  keiner  Lage  von  dem  Alhidadenmantel  ver- 
deckt  wird. 

Es  bedarf  daher  nur  eines  kleinen  Gegengewichtes ,  welches  zugleich 
zum  Befestigen  des  am  anderen  Achsenende  aufzuschiebenden  Hohenkreises 
dient.  (In  Figur  127  dient  das  Gegengewicht  zum  Befestigen  der  Klemm- 
vorrichtung.) 

Die  Achse  des  exzentrischen  Fernrohres  entspricht  an  den  Auflege- 
stellen  genau  denen  des  zentrischen  Rohres. 

Die  Klemmvorrichtung  sitzt  an  der  Achse  fest.  Seine  Lage  ist  in  der 
schematischen  Skizze  Fig.  127  durch  die  zugehorige  punktierte  Schraube  n 
fur  die  Feinstellung  angegeben. 


120 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Fur  das  exzentrische  Kohr  mu6  ein  Okularprisma  vorhanden  sein,  so 
daB  sehr  steil  aufgerichtete  Visuren  in  bequemer  Stellung  des  Auges  und 
Korpers  ausgefiihrt  werden  konnen  (Fig.  131). 


Der  Hohenkreis  H  ist  in  J/3  Grade  eingeteilt.  Die  BezuTerung  be- 
ginnt  an  zwei  diametral  gegentiberliegenden  Punkten  und  zwar  nach  beiden 
Seiten  von  0  bis  90  Grad.  Dadurch  ist  man  im  stande,  Elevatio-ns-  und 
Depressionswinkel  ohne  weiteres  abzulesen. 

Der  Klappnonius  ist  ein  sogenannter  Doppelnonius  und  giebt  30  Se- 
kunden  an. 

Der  Hohenkreis  kann  mit  seiner  Nabe,  urn  welche  eine  Armlupe  be- 
weglich  ist ,  an  das  konische  Ende  der  Achse  sowohl  des  zentrischen  wie 

des  exzentrischen  Fernrohres  aufge- 
schoben  werden  und  wird  im  ersteren 
Falle  (Fig.  127)  mit  einer  kleinen,  im 
zweiten  mit  einer  groBen  als  Gegen- 
gewicht  dienenden  PreBschraube  in 
jeder  Lage  befestigt. 

Der  Hohenkreis  kann  selbstver- 
staudlich  auch  fest  mit  den  Fernrohr- 
achsen  verbunden  werden.  Es  ist  dann 
fur  jede  derselben  ein  besonderer  Kreis 
erforderlich,  welcher  zwischen  den  Auf- 
lagestellen  der  Achsen  anzubringen  ist. 
Einige  mechanische  Werkstatten 
geben  dem  festsitzenden  Hohenkreis 
eine  drehbare  Alhidade  mit  zwei  No- 
nien.  Fig.  132.  Die  Alhidade  A  ist  mit 
einem  Hebel  H  zur  Feinstellung  und  mit  einer  durch  die'  Schrauben  r  und  s 
verstellbaren  Rb'hrenlibelle  L  verbunden  und  kann  so  justiert  werden,  daB, 
wenn  die  Nonien  derselben  auf  Null  zeigen,  die  Libelle  genau  einspielt 
und  auch  das  Fernrohr  vollstandig  horizontal  gerichtet  ist. 

Mit  Hilfe  dieser  Einrichtung  sollen  die  Hohenwinkel  mit  groBerer 
Genauigkeit,  namentlich  unabhangig  von  einem  Fehler  in  der  Vertikalstel- 
lung,  gemessen  werden  konnen,  als  ohne  dieselben. 

Wenn  man  aber  bedenkt,  daB  mit  einer  empfindlichen  Reiterlibelle 
eine  genaue  Stellung  der  Yertikalachse  erreicht  werden  kann  und  ein 
Indexfehler  des  Hohenkreises  durch  Beobachten  in  beiden  Lagen  des  Fern- 
rohres unschadlich  gemacht  wird  (§  87) ,  so  erscheint  die  die  Eosten  des 
Instrumentes  erhohende  Einrichtung  iiberfliissig. 

AuBerdem  kann  der  Nachteil  nicht  unerwahnt  bleiben,  daB  ein  Ver- 
wechseln  der  Feinstellschrauben  fiir  die  Alhidade  des  Hohenkreises  und 
fiir  die  Yertikalbewegung  des  Fernrohres  sehr  leicht  ist,  da  dieselben  zwar 


Fig.  132. 


DEE  THEODOLIT. 


121 


an  verschiedenen  Fernrohrtragern ,    aber   an  derselben    Stelle    angebracht 
sind  und  beide  gleichgestaltet  sind. 

Die  Rohrenlibelle  von  15  —  20  Sekunden  Empfindlichkeit  wird  ent-  §  78, 
weder  mil  gabelformigen  Fiifien   auf  den   etwas   iiber   die   Lager  hervor- 


Fig.  133.     Kleiner  Grubentheodolit  von  10  cm  Durchmesser. 

ragenden  cylindrischen  Teil  der  Achsen  oder  mit  dreieckig  ausgeschnittenen 
kurzen  Fiifien  auf  die  Lagerpunkte  derselben  aufgesetzt.  Im  ersteren  Falle 
greifen  diese  FiiBe,  um  eine  feste  Lage  zu  erhalten,  noch  iiber  einen  etwas 
tiefer  liegenden  cylindrischen  Knopf  vom  Durchmesser  der  Achsen.  Im 
anderen  Falle  werden  die  FiiBe  durch  eine  Offnung  der  iiber  die  Achsen- 
lager  gelegten  SchlieBen  gesteckt,  wie  es  die  Fig.  129  zeigt.  Diese  Auf- 


122 


SIEBENTES  KAPITEL. 


stellung  ist  nur  dann  praktisch,  wenn  der  Hohenkreis  aufierhalb  der  Fern- 
rohrtrager  befestigt  ist. 

Mit  den  gabelformigen  langen  FiiBen  wird  in  gleicher  Weise  wie  die 
Libelle  eine  Orientirungsbussole  auf  die  iiberragenden  Teile  der  Fernrohr- 
achse  gesteckt  (vergl.  §  170). 


Fig.  134.     BREiTHAUPTscher  Taschentheodolit. 

Der  kleine  haufig  von  den  Markscheidern  gebrauchte  Theodolit  hat 
einen  in  l/2  Grade  eingeteilten  Limbus  von  10cm  Durchmesser  mit  einer 
Noniusangabe  von  einer  Minute.  Die  Horizontierung  erfolgt  nur  mittels 
einer  zwischen  den  Fernrohrtragern  sitzenden  Dosenlibelle.  Das  Fernrohr 
ist  zum  Durchschlagen  eingerichtet  und  seine  Achsen  werden  durch  auf- 
geschraubte  Pfannendeckel  festgehalten.  Der  Hohenkreis  sitzt  fest  an  der 
Fernrohrdrehachse  innerhalb  der  Fernrohrtrager. 

Alles  iibrige  ergiebt  die  Figur  133. 


DER  THEODOLIT. 


Fig.  134  giebt  eine  Ansicht  des  Taschentheodoliten  von  BREITHAUPT, 
welcher  in  Nr.  29  der  Berg-  und  Huttenmannischen  Zeitung  vom  Jahre 
1869  beschrieben  ist,  in  seiner  von  BREITHAUPT  verbesserten  Konstruktion, 
wonach  der  Hohenkreis  auf  der  dem  exzentrischen  Fernrohre  entgegen- 
gesetzten  Seite  liegt. 

Der  Theodolit  ist  niit  Repetitionseinrichtung  versehen  und  laBt  sich, 
da  er  eine  Steckhiilse  besitzt,  aus  seinem  DreifuB-  bez.  Kugelgelenkunter- 
satz  herausnehmen  und  so  in  einer  vor  den  Leib  geschnallten  Tasche  be- 
quem  transportieren. 

Der  Horizontal-,  sowie  der  Vertikalkreis  haben  8  cm  Durchmesser  und 
die  Nonien  der  Alhidade  geben  einzelne  Minuten  an.  Das  15cm  lange 
Fernrohr  liegt  exzentrisch  und  laBt  sich  durchschlagen. 

Auf  dem  Fernrohr  sitzt  zwischen  zwei  Spitzen  eine  um  die  Langs- 
achse  drehbare  Libelle  und  das  Mikrometerwerk  am  Hohenkreise  gestattet 
das  Instrument  zum  Nivellieren  zu  gebrauchen. 

Der  mit  dem  Instrument  ver- 
bundene  KompaB  hat  eine  6,5  cm 
lange  Nadel,  ist  drehbar  und  heraus- 
zunehmen. 

Die  Dosenlibelle  befmdet  sich 
unter  der  Bodenplatte  des  Kompasses, 
welche  zum  Beobachten  der  Blase 
durchbrochen  ist.  Das  Gewicht  des 
Theodoliten  betragt  etwa  funf  Pfund. 

Die  Konstruktion  der  Signale  ist  aus  der  Figur  135  leicht  ersichtlich. 

Das  Doppelsignal  dient  zu  einfachen  Winkelmessungen  mit  dem  exzen- 
trischen Rohre. 

Nach  mir  zugegangenen  Mitteilungen  wurden  von  mehreren  Mark- 
scheidern  mit  diesem  kleinen  Theodoliten  beachtenswerte  Resultate  erzielt. 


Fig.  135. 


Priifung  und  Berichtignng  des  Theodoliten.  —  Die  Priifung  und  Be-  §  80. 
richtigung  des  Theodoliten  wird  sich  auf  folgende  Punkte  erstrecken  mussen: 
l).Auf  die  Brauchbarkeit  der  Libellen. 

2)  Auf  den  rechtwinkeligen  Stand   der  optischen  Achse  des 
Fernrohres   zur   Drehachse    desselben,    sowie    auf  die    richtige 
Stellung  des  Fadenkreuzes  iiberhaupt. 

3)  Auf  die  rechtwinkelige  Stellung  der  Fernrohr-Drehachse 
zur  Alhidaden-    und  Limbusachse  und    damit   zugleich   auf  das 
Zusammenfallen  dieser  beiden  Achsen. 

4)  Auf  den  Hohenkreis  und  seinen  etwaigen  Indexfehler. 
Die  Reiterlibelle   des  Theodoliten   wird   auf  dieselbe  Art   gepriift, 

wie    die   umsetzbare  Libelle  der  Nivellierinstrumente   (§  48),    worauf  hier 
lediglich  verwiesen  werden  kann. 


124  SIEBENTES  KAPITEL. 


1st  der  Theodolit  nur  mit  einer  Dosenlibelle  versehen  (§  79,  Fig.  133), 
so  bringt  man  die  Blase  derselben  zum  Einspielen  und  dreht  dann  die 
Alhidade  um  180  Grad.  Schlagt  die  Blase  aus,  so  verbessert  man  den 
Fehler  zur  Halfte  an  der  entsprechenden  Stellschraube  des  FuBes  und  zur 
anderen  Halfte  an  einer  der  Justierschrauben,  welcbe  die  Stellung  der 
Dosenlibelle  regeln.  Nacb  vollstandig  durcbgefiihrter  Berichtigung  wieder- 
holt  man  die  Priifung  mit  der  Abwechselung,  daB  statt  der  Alhidade  der 
Hauptkreis  um  180  Grad  gedrebt  wird.  Hier  darf  die  Blase  keinen  Aus- 
schlag  zeigen,  weil  sonst  Alhidaden-  und  Limbusachse  nicht  zusammen- 
fallen  (siebe  aucb  §  85). 

81.  Priifung  des  recb-twinkeligen  Standes   der   optiscben  Achse 
des  Fernrobres  zu  der  Drebachse  und  der  Stellung  des  Faden- 
kreuzes  uberhaupt. 

Es  wird  zunachst  vorausgesetzt,  daB  das  Fadenkreuz  mit  dem  optiscben 
Bilde  in  einer  Ebene  liegt  und  sicb  zugleich  im  Brennpunkte  des  Okulars 
befindet,  also  beim  Auf-  und  Abbewegen  des  Auges  vor  dem  Okulare  das 
Fadenkreuz  immer  denselben  Punkt  des  Bildes  deckt. 

Sodann  ricbtet  man  bei  horizontal  gestelltem  Theodoliten  das  Fern- 
rohr  auf  einen  gut  beleuchteten,  scharf  begrenzten  Punkt  und  legt  dasselbe 
um,  so  daB  die  Achsen  mit  ihren  Lagern  wechseln. 

Trifft  die  optische  Achse  wieder  genau  diesen  Punkt,  so  ist  die  ge- 
wiinscbte  recbtwinkelige  Stellung  beider  Achsen  vorhanden,  wenn  nicht, 
so  ist  das  Fadenkreuz  um  die  Halfte  der  Abweichung  mit  Hilfe  der  seitlich 
wirkenden  Korrektionsschrauben  zu  verschieben  und  diese  Probe  bis  zum 
Stimmen  zu  wiederholen. 

Beim  Priifen  des  exzentrischen  Fernrohres  hat  man  entweder 
einen  sehr  weit  entfernten  Punkt  anzuvisieren,  so  daB  nach  dem  Umlegen 
des  Rohres  die  Exzentrizitat  keinen  EinfluB  mehr  hat,  oder  bei  kurzen 
Entfernungen  zwei  solcher  Yisierpunkte  vorzurichten,  die  einen  Abstand 
gleich  der  doppelten  Exzentrizitat  haben. 

82.  LaBt  sich  das  Fernrohr  des  kleinen  Tbeodoliten  (Fig.  133)  auch,  nach- 
dem  die  Pfannendeckel  der  Achsenlager  abgeschraubt  sind,  mit  verwechselten 
Achsenlagern    nicht   umlegen,    weil    der   Hohenkreis    oder    die   Klemm- 
vorrichtung    der  Achsenbewegung   hierfur  hinderlich   angebracht   sind,    so 
wird  man  sich  eine  Hilfsvorrichtung  zum  Ein-  und  Umlegen  des  Fernrohres 
konstruieren  mlissen,  was  mit  sehr  einfachen  Hilfsmitteln  zu  erreichen  ist, 
oder  sich  mit  folgendem  Yerfahren  begniigen: 

Man  stellt  die  Nonien  des  Theodoliten  auf  Null,  klemmt  den  Haupt- 
kreis fest  und  visiert  einen  weit  entfernten,  scharf  markierten  Punkt  an, 
alsdann  schlagt  man  das  Fernrohr  durch,  dreht  die  Alhidade  um  180  Grad 
und  richtet  das  Fernrohr  wieder  auf  den  vorher  anvisierten  Punkt.  Sind 


DEE  THEODOLIT. 


125 


die  beiden  Ablesungen  an  beiden  Nonien  oder  deren  Mittel  genau  um 
180  Grad  verschieden,  so  ist  keine  Verbesserung  erforderlich,  —  wo  nicht, 
so  verstelle  man  die  Alhidade  um  die  Halfte  der  gefundenen  Abweichung 
von  180  G-rad  und  schiebe  den  Yertikalfaden  so,  daB  das  Zielobjekt  ge- 
troffen  wird. 

Bei  der  Wiederholung  der  Prufung  geht  man  nicht  von  Null,  sondern 
von  einem  anderen  Punkte  der  Kreiseinteilung  aus. 

Das  Fadenkreuz  des  Theodolitfernrohrs  besteht  am  besten  aus  einem  §  83, 
Horizontalfaden  und  zwei  nebeneinander  parallel  gespannten  Vertikalfaden. 

Die  Parallelitat  der  vertikalen  Faden  ist  ohne  besondere  Hilfsmittel 
mit  dem  Auge  zu  erkennen.  Die  vertikale  Stellung  priift  man  dadurch, 
daB  man  einen  Vertikalfaden  auf  einen  scharf  begrenzten  Punkt  richtet 
und  das  Fernrohr  des  horizontal  gestellten  Theodoliten  ein  wenig  kippt 
und  darauf  achtet,  ob  der  anvisierte  Punkt  den  Faden  verlaBt  oder  nicht. 

Durch  Drehung  des  Okularkopfes  wird  ein  etwaiger  Fehler  beseitigt. 


Die  bisher  besprochenen  Priifungen  haben  streng  genommen  nur  fur  §  84, 
eine  Stellung  des  Okularrohres  Giiltigkeit,   so  lange  man  sich  nicht  iiber- 
zeugt  hat,  daB  bei  der  Verschiebung  des  Oku- 
lars  die  optische  Achse  unverandert  bleibt. 

Ein  Verfahren,  die  unrichtige  Bewegung 
der  Okularrohre  zu  erkennen,  giebt  Professor 
PEEDIGEE  in  der  ministeriellen  Zeitung  fur  Berg-, 
Hiitten-  und  Salinenwesen  Band  20  (1872). 

Der  Zapfen  c  des  in  Fig.  136  dargestellten 
Hilfsapparates  laBt  sich  senkrecht  in  der  Hiilse 
auf  und  ab  bewegen  und  durch  eine  Druck- 
schraube  in  jeder  Stellung  festklemmen.  Die 
kleine  Scheibe  ef  ist  mit  Papier  beklebt,  auf 
welches  ein  Andreaskreuz  gezeichnet  ist,  und 
kann  um  die  Achse  ab  bewegt,  bez.  auf-  und 
niedergeklappt  werden. 

Solcher  Apparate  stellt  man  auf  einer 
geraden  Linie  von  100m  sechs  auf  und  bringt 
durch  ein  Fernrohr,  welches  von  dem  weitesten 
Signale  100  m,  von  dem  nachsten  gerade  so 
weit  entfernt  ist,  daB  das  Bild  auf  der  Scheibe 

durch  Herausziehen  des  Okuiars  noch  erkennbar  gemacht  wird,  alle  Kreuze 
auf  den  Scheiben  in  eine  gerade  Linie.  Dies  geschieht  dadurch,  daB  man 
nach  und  nach  die  erste,  zweite,  dritte  Scheibe  umschlagt  und,  indem  man 
die  Okularrohre  entsprechend  einschraubt,  das  Kreuz  der  jedesmaligen 
Scheibe  einrichtet.  Zur  Sicherung  wiederholt  man  das  Verfahren. 


egung  des  Okuiars. 


126  SIEBENTES  KAPITEL. 


Ware  nun  die  Bewegung  der  Okularrohre  fehlerhaft,  so  wurde  ein 
Punkt  in  ihrer  optischen  Achse  eine  Kurve  doppelter  Kriimmtmg  be- 
schreiben.  Denkt  man  sich  eine  solche  Kurve  um  180  Grad  gedreht,  so 
konnen  ihre  Punkte  nach  Vollendung  der  Drehung  nicht  in  ihre  urspriing- 
liche  Lage  zuriickkehren,  sondern  sie  miissen  im  allgemeinen  eine  von  der 
ersten  verschiedene  Lage  annehmen. 

Man  lege  daher  das  Fernrohr  in  seinen  Lagern  um  und  zwar  so,  daB 
das  friiher  rechts  gelegene  Ende  der  Drehachse  in  das  links  liegende  Lager 
kommt,  und  visiere  die  letzte  in  der  Entfernung  von  100  m  vom  Beobachter 
aufgestellte  Scheibe  an. 

War  das  Fernrohr  vorher  berichtigt,  so  wird  das  Fadenkreuz  wieder 
genau  den  Schnittpunkt  der  beiden  auf  der  Scheibe  gezogenen  Linien 
treffen. 

Jetzt  lasse  man  die  folgende  dem  Fernrohr  naher  liegende  Scheibe 
in  die  Hohe  schlagen,  und  schraube  gleichzeitig  die  Okularrohre  des  Fern- 
rohrs  etwas  heraus,  um  das  Kreuz  genau  zu  sehen.  Ebenso  verfahre 
man  bei  alien  iibrigen,  welche  nach  und  nach  in  die  Hohe  geschlagen 
werden. 

Trifft  nun  in  alien  Fallen  der  Durchschnittspunkt  der  Kreuzfaden  des 
Fernrohrs  die  Durchschnittspunkte  der  Andreaskreuze  auf  den  Scheiben, 
dann  ist  die  Bewegung  der  Okularrohre  richtig,  im  anderen  Falle  falsch. 

Die  vorstehende  Untersuchung  kann  auch,  wenngleich  nicht  ganz  so 
zuverlassig  mit  zwei  Apparaten  dergestalt  ausgefiihrt  werden,  daB  man 
einen  derselben  100  m  vom  Fernrohr  und  den  anderen  nach  und  nach  auf 
anderen  Punkten  dazwischen  aufstellt.  Bei  jeder  Aufstellung  wird  dann 
das  ganze  obige  Verfahren  wiederholt. 

Ergiebt  die  vorstehende  Pruning  eine  wesentliche  Abweichung,  so  ist 
am  besten  die  Okularrohre  von  dem  Mechanikus  durch  eine  andere  zu 
ersetzen. 

Ist  dieselbe  nicht  bedeutend  und  verlauft  sie  regelmaBig,  d.  h.  ist  die 
Abweichung  fur  bestimmte  Stellungen  des  Okulars  gleichbleibend,  was  sich 
durch  wiederholte  Prufung  erkennen  laBt,  so  wird  der  Fehler  durch  das 
Messen  jedes  Winkels  in  beiden  Lagen  des  Fernrohrs  sich  ausscheiden 
lassen. 

Vorstehendes  ist  namentlich  fur  den  Markscheider  von  Wichtigkeit, 
weil  in  derGrube  viel  haufiger  wie  liber  Tage  Winkel  von  ungleich  larigen 
Schenkeln  zu  messen  sind. 

85.  Prufung   der   rechtwinkeligen  Stellung  der  Drehachse    des 

Fernrohrs   zur   Alhidaden-    und   Limbusachse.     Damit  mittels  des 
Theodoliten  auch  dann  richtige  Horizontal winkel  gemessen  werden,  wenn 
die  Zielpunkte  in  verschiedener    Hohe   liegen,  so  muB  die  Kippebene  des 
Fernrohres  in  horizontaler  Stellung  des  Instrumentes  eine  vertikale  sein. 
Diesem  Erfordernis  wird  nur  geniigt,  wenn  die  Drehachse  des  Fern- 


DER  THEODOLIT.  127 


rohres  rechtwinkelig  zur  gemeinschaftlichen  Alhidaden-  und  Limbus- 
achse  steht. 

Dieser  Priifung  muB,  streng  genommen,  beim  erstenmale  eine  andere 
vorausgehen,  namlich  die  der  Fernrohrachsen  auf  ihre  cylindrische  Form 
und  ihre  gleichmaBige  Dicke,  obgleich  man  bei  Instrumenten  aus  guten 
Werkstatten  Fehler  in  dieser  Beziehung  nicht  zu  befurchten  hat. 

Beide  Erfordernisse  werden  mit  der  berichtigten  Rohrenlibelle  gepriift. 
Schlagt  dieselbe  nicht  aus,  wahrend  unter  ihr  die  Achsen  in  den  Lagern 
gedreht  werden,  so  sind  dieselben  cylindrisch  rund,  und  nimmt  die 
Blase  denselben  Stand  wie  vorher  ein,  wenn  das  Fernrohr  abgehoben,  mit 
verwechselten  Lagern  wieder  eingelegt  und  die  Libelle  in  der  ersten  Stellung 
aufgesetzt  wird,  so  haben  die  Fernrohrachsen  in  ihren  Lager- 
punkten  gleiche  Dicke. 

Die  Hauptpriifung  erfolgt  nun  in  der  Weise,  daB  man  bei  hori- 
zontal gestelltem  Theodolit  und  festgeklemmtem  -Hauptkreis  die  Alhidade 
so  stellt,  daB  die  Drehachse  des  Fernrohres  mit  der  darauf  sitzenden  event, 
berichtigten  Libelle  in  der  Richtung  einer  FuBschraube  steht  und  die  Blase 
der  Libelle  zum  genauen  Einspielen  bringt.  Dreht  man  darauf  die  Alhi- 
dade um  180  Grad,  so  zeigt  die  Luftblase  der  Libelle  einen  Ausschlag, 
wenn  die  Fernrohrdreh-  und  die  Alhidadenachse  nicht  rechtwinklig  gegen- 
einander  stehen.  Die  eine  Halfte  des  Fehlers  ist  an  der  FuBschraube, 
die  andere  Halfte  an  der  Justiervorrichtung  des  Fernrohrtragers  zu  be- 
seitigen. 

Das  Yerfahren  ist  wie  bei  alien  Instrumentberichtigungen  zu  wie- 
derholen. 

Hierauf  priift  man  die  Limbusachse  auf  gleiche  Weise,  indem  man 
vorher  die  Alhidade  an  den  frei  sich  drehenden  Limbuskreis  festklemmt. 
Es  darf  sich  nach  Vollendung  der  gleichen  oben  angegebenen  Operation 
kein  Ausschlag  der  Libelle,  oder  doch  nur  ein  sehr  geringer  zeigen,  sonst 
fallen  Limbus-  und  Alhidadenachse  nicht  zusammen. 

Ein  solcher  Fehler  kann  durch  keine  Justiervorrichtung  beseitigt 
werden. 

Instrumente  aus  bewahrten  Werkstatten  werden  indeB  an  diesem 
Fehler  nie  in  der  GroBe  leiden,  daB  ein  merklicher  EinfiuB  auf  die  Rich- 
tigkeit  der  Winkelmessung  entstehen  konnte. 

Dieser  EinfluB  kann  durch  die  Methode  des  Winkelmessens  noch  her- 
abgemindert  werden  (siehe  §  91). 


Kleinere  Theodoliten  ohne  Reiterlibelle  Fig.  133  werden  nach  folgen-  §  86. 
den  Methoden  auf  die  richtige  vertikale  Bewegung  des  Fernrohres  gepriift, 
welche  iibrigens  auch  fiir  die  Theodoliten  mit  Reiterlibelle  giiltig  sind: 

Hat  man  Gelegenheit,  ein  moglichst  langes  Lot  so  aufzuhangen,   daB 
es  vom  Windzug  nicht  getroffen  wird,  also  ganz  ruhig  ist,  so  stellt  man 


128  SIEBENTES  KAPITEL. 


den  Theodoliten  nicht  weit  davon  horizontal  auf,  visiert  das  untere  Ende 
des  Lotfadens  an  und  klemmt  Limbus  und  Alhidade  fest.  Darauf  kippt 
man  das  Rohr  und  beobachtet,  ob  das  Fadenkreuz  wahrend  der  Bewegung 
den  senkrechten  Lotfaden  verlaBt  oder  nicht.  Eine  Abweichung  wird  auf 
die  bekannte  We.ise  durch  Heben  und  Senken  eines  Achsenlagers  ver- 
bessert. 

Bin  anderes  Mittel  istein  kiinstlicher  Horizont,  den  man  sich 
leicht  mittels  eines  Tellers,  welchen  man  mit  dunkel  gefarbtem  Wasser 
ftillt,  schaffen  kann. 

Der  Theodolit  wird  horizontal  und  so  aufgestellt,  daB  ein  hoher  Gegen- 
stand,  z.  B.  die  Spitze  einer  Windfahne  mit  emporgerichtetem,  sodann  sein 
Spiegelbild  mit  geneigtem  Rohre  in  dem  kiinstlichen  Horizonte  gesehen 
werden  kann. 

Deckt  das  Fadenkreuz  denselben  Punkt  sowohl  des  Gegenstandes  als 
auch  nach  erfolgter  Neigung  des  Fernrohres  seines  Spiegelbildes,  so  be- 
wegt  sich  das  Fernrohr  in  einer  Yertikalebene.  Limbus  und  Alhidade  miissen 
auch  hierbei  festgeklemmt  sein. 

Stehen  Lot  und  kiinstlicher  Horizont  nicht  zur  Verfugung,  so  verfahrt 
man  folgendermaBen: 

Gegeniiber  einer  moglichst  hohen  Wand  stellt  man  den  Theodoliten 
genau  horizontal  auf  und  visiert  daran  einen  hohen,  scharf  markierten 
Punkt  an.  Sodann  kippt  man  das  Fernrohr  und  bezeichnet  am  FuBe  der 
Wand  auf  einem  befestigten  Stiicke  Papier,  Brett  oder  dergleichen  den 
Punkt,  welchen  dort  das  Fadenkreuz  trifft.  Mit  durchgeschlagenem  Fern- 
rohr visiert  man  hierauf  den  hohen  Punkt  nochmals  an,  wozu  die  Alhidade 
gelost,  um  180  Grad  gedreht  und  dann  wieder  festgeklemmt  werden  muB, 
und  neigt  sodann  wiederuin  das  Fernrohr  nach  dem  zweiten  Punkte  am 
FuBe  der  Wand.  Derselbe  wird  vom  Fadenkreuze  wieder  getroffen,  wenn 
das  Fernrohr  in  einer  senkrechten  Ebene  sich  bewegt.  Trifft  die  optische 
Achse  den  zweiten  Punkt  nicht  wieder,  sondern  einen  seitwarts  gelegenen, 
so  wird  man  diesen  ebenfalls  bezeichnen  und  die  Mitte  zwischen  den  beiden 
Punkten  liegt  mit  dem  oberen  Punkte  in  einer  Seigerebene.  Man  wieder- 
hole  diese  Operation  mehrmals,  nachdem  die  horizontale  Stellung  jedesmal 
nachgesehen  worden  ist,  dann  ist  mit  Hilfe  dieser  Punkte  die  Ver- 
besserung  leicht  durchzufiihren. 

Auch  nachstehendes  Verfahren  fuhrt  zum  Ziele:  Man  stellt  den  Theo- 
doliten horizontal,  richtet  das  Fernrohr  auf  einen  entfernten  festen  Punkt, 
welcher  sich  ungefahr  in  gleicher  Hohe  mit  dem  Instrument  befindet  und 
klemmt  dabei  Alhidade  und  Limbus  fest.  Darauf  schlagt  man  das  Fern- 
rohr durch  und  fixiert  in  der  optischen  Achse  desselben  einen  zweiten 
Punkt  in  gleicher  Hohe. 

Man  liberzeugt  sich  nun,  am  besten  durch  ein  zweites  Fernrohr,  ob 
die  beiden  fixierten  Punkte  mit  dem  Mittelpunkte  des  zu  priifenden  Theo- 
doliten sich  in  einer  geraden  Linie  befinden.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so 


DER  THEODOLIT.  129 


bewegt   sich   das  Fernrohr   nicht   in    einer  Vertikalen.     Die   Stellung    des 
einen  Achsenlagers  ist  wie  oben  zu  verbessern. 

Der  Hohenkreis.  -  -  Der  Hohenkreis  soil  keinen  Indexfehler  besitzen,   §  87. 
oder  man  soil  wenigstens  die  GroBe  desselben  kennen.    Mit  anderen  Worten : 
Bei  horizontal  gestelltem  Theodolit  soil  der  Nonius  desHohen- 
kreises   auf  Null  zeigen,   wenn   die    optische   Achse    des   Fern- 
rohres  genau  horizontal  gerichtet  ist. 

Giebt  in  diesem  Falle  der  Nonius  aber  eine  Abweichung  von  Null, 
also  einen  am  Hohenkreise  abzulesenden  Winkel  an,  so  ist  dies  djer  Index- 
oder  Kollimationsfehler. 

Um  diesen  Winkel  kennen  zu  lernen,  richte  man  das  Fernrohr 
des  horizontal  gestellten  Theodoliten  auf  einen  scharf  begrenzten,  hoch 
oder  tief  gelegenen  Punkt  und  lese  am  Nonius  des  Hohenkreises  ab. 
Sodann  dreht  man  die  geloste  Alhidade  um  180  Grad,  schlagt  das  Fern- 
rohr durch  oder  legt  dasselbe  um,  ohne  die  Achsenlager  zu  verwechseln, 
und  richtet  das  Fernrohr  wieder  auf  denselben  Punkt.  Die  in  dieser  Stel- 
lung des  Rohres  am  Nonius  des  Hohenkreises  erhaltene  Ablesung  wird 
entweder  mit  der  ersten  stimmen  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle  hat  der 
Hohenkreis  keinen  Indexfehler,  im  zweiten  Falle  ist  die  Differenz  beider 
Ablesungen  gleich  dem  doppelten  Indexfehler  (vergl.  §  95). 

Das  arithmetische  Mittel  aus  beiden  Ablesungen  ist  gleich  dem  rich- 
tigen  Hohenwinkel. 

Der  Indexfehler  wird  beseitigt  durch  Verschieben  des  Nonius,  oder, 
wenn  der  Hohenkreis  beweglich  ist,  durch  zweckmaBiges  Verdrehen  des- 
selben. Mit  einem  solchen  berichtigten  Instrument  kann  man  den  richtigen 
Hohenwinkel  durch  eine  einzige  Visur  erhalten. 

Dasselbe  ist  iibrigens  rnoglich,  auch  ohne  den  Indexfehler  am  Instru- 
mente  selbst  zu  beseitigen,  da  man  denselben,  sobald  seine  GroBe  bekannt 
ist,  durch  Rechnung  ausscheiden  kann. 

Da  aber  die  Bestimmung  des  Indexfehlers  nur  fur  eine  Stellung  des 
Okulars  erfolgen  kann,  so  wird  man  bei  genauen  Messungen  sich  auf  die 
Ermittelung  dieses  Fehlers  nicht  verlassen,  sondern  den  Hohenwinkel  stets 
in  zwei  Lagen  des  Fernrohres  messen  und  durch  das  arithmetische  Mittel 
aus  beiden  Ablesungen  einen  etwaigen  Indexfehler  ausscheiden. 

AuBerdem  wird  man  bei  einem  beweglichen  Hohenkreise  die  Messung 
nach  einer  Verstellung  desselben  wiederholen  (Beispiel  in  §  95). 

Hat  der  Hohenkreis  zwei  Nonien,  so  kann  jeder  mit  einem  besonderen 
Fehler  behaftet  sein.  Man  nimmt  deshalb  aus  den  Ablesungen  an  jedem 
Nonius  in  der  ersten  und  in  der  zweiten  Lage  das  Mittel  und  aus  diesen 
Werten  wieder  das  Mittel. 

Soil   das  Fernrohr   des  Theodoliten   auch   zum  geometrischen  Nivel-    §  88. 
lement  mittels  einer  besonderen  Aufsatz-  oder  Reversionslibelle  gebraucht 

BRATHUHN,   Markscheidekunst.  9 


130 


SIEBENTES  KAPITEL, 


werden,  wie  es  bei  den  hier  besprochenen  Markscheidertheodoliten  voraus- 
gesetzt  wird,  so  geht  der  Bestimmung  des  Indexfehlers  des  Hohenkreises 
am  besten  die  Justierung  des  Fernrohres  zum  Nivellementsgebrauch  voraus. 
Diese  1st  bei  den  einzelnen  Instrumenten  verschieden,  je  nach  der 
Art  und  Weise,  wie  die  Libelle  mit  dem  Fernrohre  verbunden  ist. 

a.  Das  Fernrohr  ist  mit  Ringen  zur  Aufnahme  einer  Aufsatz- 
libelle  versehen. 

Man  priift  und  berichtigt  zunachst  die  Aufsatzlibelle  auf  die  bekannte 
Weise.  Sodann  wird  zu  untersuchen  sein,  ob  die  Einge  am  Fernrohr,  auf 
welche  die  Libelle  gesetzt  wird,  gleichen  Durchmesser  haben  und  genau 
cylindrisch  sind. 

Ist  das  Instrument  aus  einem  bewahrten  Institute,  so  kann  man  die 
erforderlieben  Eigenschaften  voraussetzen,  da  dem  Mechanikus  sehr  ernpfind- 

liche  Priifungsmittel  zu 
Gebote  stehen. 

Will  man  aber  die 
Prufung  ausftihren,  so 
hat  man  sich  einen 
Hilfsapparat  (Fig.  137), 
bestehend  aus  einem 
Brett  und  zwei  liolzer- 
nen  Stiitzen ,  letztere 
mit  Ausschnitten  zum 
Einlegen  der  Ringe,  zu 
konstruieren  und  dann 
zu  verfahren,  wie  mit 
dem  Fernrohre  des 
Nivellierinstrumentes. 


Fig.  137.     Hilfsapparat,   womit   das   Zusammenfallen   der 

optischen  und  geometrischen  Achse  des  Theodolitenrohres 

gepriift  wird. 


Nach  dieser  Prufung  legt  man  das  Fernrohr  wieder  in  seine  Lager 
des  Theodoliten  und  richtet  dasselbe,  nachdem  der  Theodolit  mittels  der 
Reiterlibelle  und  darauf  das  Fernrohr  fur  sich  mit  der  Aufsatzlibelle  eben- 
falls  horizontal  gestellt  worden  ist,  auf  eine  in  angemessener  Entfernung 
fest  aufgestellte  Nivellierlatte  und  liest  ab.  Darauf  legt  man  das  Fernrohr 
mit  verwechselten  Achsenlagern  um,  so  daB  die  obere  Seite  zur  unteren 
wird,  und  stellt  es  abermals  in  der  Richtung  auf  die  Latte  mit  der  Auf- 
satzlibelle horizontal.  Deckt  der  horizontale  Faden  den  zuerst  anvisierten 
Punkt  der  Latte,  so  ist  die  geometrische  Achse  der  Aufsatzringe  mit  der 
Achse  der  Aufsatzlibelle  parallel,  im  anderen  Falle  ist  der  Fehler  zur 
Halfte  an  den  vertikalen  Schrauben  des  Fadenkreuzes  zu  verbessern. 

b.  Das  Fernrohr  ist  mit  einer  Reversionslibelle  versehen. 

Fig.  138.  Man  visiertmit  dem  Fernrohr  des  horizontal  gestellten  Theodo- 
liten, wahrend  die  unterhalb  desselben  befindliche  Libelle  einspielt,  eine  fest 
aufgestellte  Nivellierlatte  an  und  liest  ab,  sodann  schlagt  man  das  Fern- 
rohr durch,  so  daB  die  Libelle  nach  oben  kommt,  bringt  dieselbe  zuin 


DER  THEODOLIT. 


131 


Einspielen  und  liest  wieder  an  der  Latte  ab.  1st  die  erste  Ablesung  A 
nicht  gleich  der  zweiten  B,  so  1st  der  in  der  Mitte  von  beiden  liegende 
Pimkt  C  der  richtige  Niveaupunkt.  Auf  diesen  richtet  man  das  Fernrohr 
und  bringt  die  Libelle  durch  die  vertikalen  Justierschrauben  zum  Ein- 
spielen. 


Fig.  138.     Priifung  der  Reversionslibelle  am  Theodolitfernrohre. 

c.  Die  Libelle  ist  mit  dem  Fernrohre  fest  verbunden,  aber 
keine  Reversionslibelle. 

Man  bestimme  auf  bekannte  Weise  mittels  eines  Nivellierinstrumentes 
oder  auch  mit  dem  Fernrohre  des  Theodoliten  den  Hohenabstand  zweier 
Punkte  A  und  B  =  d,  stelle  den  Theodoliten  horizontal  am  Punkte  A  so 
auf,  dafi  man  die  Hb'he  von  A  bis  zur  Fernrohrachse  —  AC  messen  kann 
und  richte  das  Fernrohr  auf  den  Punkt  D  der  iiber  B  aufgestellten  Latte, 
welcher  aus  der  bekannten  Hbhendifferenz  d  und  aus  der  Hbhe  AC  sich 
ergiebt. 

In  dieser,  Stellung  des  Rohres  bringe  man  die  Libelle  durch  die  ver- 
tikale  Justierschraube  zum  Einspielen  (vergl.  §  50). 

Alle  diese  Priifungen  und  Berichtigungen  sind  mehrmals  zu  wiederholen. 


Sind  auf  diese  Weise  Libellen-   und  Fernrohrachse  parallel  gemacht,  §  89. 
so  kann  man  den  Hohenkreis  nochmals  auf  seinen  etwaigen  Indexfehler 
untersuchen,  indem  man  nachsieht,  ob  bei  einspielender  Libelle  des  Fern- 
rohres  der  Nonius  des  Hb'henkreises  auf  Null  zeigt. 

Sowohl  diese  als  die  im  §  87  angegebene  Methode  miissen  beziiglich 
des  Kollimationswinkels  dasselbe  Resultat  ergeben,  wo  nicht,  so  tragt  die 
mangelhafte  Horizontalstellung  des  Theodoliten  Schuld. 

Hat  die  Alhidade  des  Hb'henkreises  eine  besondere  Libelle  (§77  und 
Fig.  132),.  so  ist  letztere,  nachdem  das  Fernrohr  horizontal  und  der  Nonius 
des  Hbhenkreises  auf  Null  gestellt  worden  war,  durch  die  Justierschrauben  r 
und  s  zum  Einspielen  zu  bringen. 


132  SIEBENTES  KAPITEL. 


90.  Die  Nonien.  —  Man  unterscheidet  vortragende  und  nachtragende 

Nonien. 

Bei  dem  ersteren  1st  ein  Noniusteil  etwas  grofier  als  ein  Teil  des 
Hauptkreises,  bei  letzteren  etwas  kleiner. 

Der  nachtragende  Nonius  1st  ausschlieBlich  bei  dem  Theodoliten  in 
Gebrauch. 

Bei  einem  solchen  Nonius  sind  n  Noniusteile  (t)  immer  gleich  (n  —  1) 

rn 

Teilen  (T)  des  Hauptkreises.    Daraus  folgt:  T  —  t  =  — ,  d.  h.  den  Unter- 

schied  eines  Nonius-  und  eines  Limbusteiles;  die  sogenannte 
Angabe  des  Nonius  erhalt  man,  wenn  man  den  Wert  eines  Lim- 
busteiles durch  die  Anzahl  der  Noniusteile  dividiert. 

1st  z.  B.    der  Limbus    eingeteilt   in  Drittelgrade   und    der  Nonius   in 

20  Teile,  so  giebt  der  Nonius  an  ^^^  =  \  Minute. 

Bei  gleicher  GroBe  des  Limbusteiles  habe  der  Nonius  40  Teile,  dann 
giebt  der  Nonius  an  20  M™uten  =  -30  Sekunden. 

1st  ferner  ein  Limbusteil  =  1/6  Grad  und  soil  der  Nonius  10  Sekunden 

fji  nn  AAO 

angeben,  so  ist  -'-  =  10",  also  n  —  --  =  — -  =  60. 

Es  sind  demnach  59  Limbusteile  in  60  Teile  zu  teilen. 

Der  Gebrauch  des  Nonius  ist  einfach.  Man  liest  zunachst  den  Winkel 
ab,  welcher  von  dem  Nullpunkte  des  Nonius  direkt  angezeigt  wird  und 
zahlt  dann,  wenn  die  Indexlinie  des  Nonius  nicht  mit  einem  Limbus- 
striche  in  eine  gerade  Linie  fallt,  die  Striche  des  Nonius  vom  Nullpunkte 
bis  zu  dem,  welcher  mit  einem  Striche  des  Limbus  eine  Linie  bildet. 
Soviel  solcher  Teilstriche  auf  dem  Nonius  gezahlt  wurden,  so  oft  ist  dem 
abgelesenen  Winkel  die  Angabe  des  Nonius  hinzuzufugen. 

Zur  Erleichterung  sind  die  Noniusteile  so  beziffert,  daft  ohne  Rech- 
nung  die  Minuten  und  Sekunden  direkt  abgelesen  werden  konnen. 

Zum  Ablesen  der  Nonien  dienen  drehbare  und  verstellbare  Lupen, 
durch  welche  die  zusammenfallenden  Teilstriche  stets  in  der  Mitte  des 
Gesichtsfeldes  beobachtet  werden  mussen,  urn  eine  schadliche  Parallaxe 
zu  vermeiden,  da  die  Nonien  absichtlich  ein  wenig  tiefer  gelegt  werden 
als  der  Hauptkreis. 

Oft  findet  ein  vollstandiges  Zusammenfallen  von  Nonius-  und  Limbus- 
strich  nicht  statt,  sondern  zwei  Striche  des  ersteren  stehen  zwischen  zwei 
Strichen  des  letzteren.  In  diesem  Falle  ist  der  CFberschuB  iiber  die  direkte 
Noniusangabe  abzuschatzen. 

Bei  sehr  feiner  Teilung  des  Limbus  ist  es  ratsam,  nicht  bloB  die 
beiden  in  Frage  kommenden  Striche  von  Nonius  und  Hauptkreis,  sondern 
auch  die  rechts  und  links  liegenden  und  deren  gleichmaBige  oder  ungleich- 
maBige  Abweichung  zu  beobachten.  Der  Nonius  ist  deshalb  am  Nullpunkte 
fur  das  oft  vorkommende  Einstellen  mit  einer  Uberteilung  versehen. 


DEE  THEODOLIT.  133 


Doppelnonien  sind  solche,  welche  zu  beiden  Seiten  des  Nullpunktes 
eine  gleiche  Einteilung  haben.  Sie  werden  stets  an  dem  Hohenkreise  des 
Theodoliten  angebracht. 

Das  Messen  von  Horizontal-  und  Vertikalwinkeln  mittels  des  Theo-  §  91, 
doliten.  —  Der  Theodolit  wird  horizontal  und  zentrisch  aufgestellt, nam- 
lich  so,  daB  der  Mittelpunkt  des  Hauptkreises  senkrecht  iiber  oder  unter 
dem  Scheitelpunkt  des  zu  messenden  Winkels  liegt. 

Das  Horizontalstellen  erfolgt  in  derselben  Weise  wie  bei  dem  Nivellier- 
instrumente  mit  der  Variation,  daB  man  den  Theodoliten  sowohl  nach  der 
Alhidadenachse  als  auch  nach  der  Limbusachse  horizontieren  kann,  jenach- 
dem  man  die  Libelle  mit  der  Alhidade  allein  oder  mit  dem  Haupt- 
kreise,  an  dem  die  Alhidade  festgeklemmt  ist,  dreht.  Das  Zentrieren 
wird  in  einem  besonderen  Abschnitte  abgehandelt  werden. 

Nach  erfolgter  Horizontierung  des  Theodoliten  stellt  man  zunachst 
Null  auf  Null,  wie  man  sich  kurz  ausdriickt,  das  heiBt  man  stellt  den 
Nullpunkt  des  Nonius  I  auf  den  Anfangspunkt  der  Teilung  und  notiert  den 
Stand  des  Nonius  II,  falls  sein  Standpunkt  nicht  genau  auf  den  Teilstrich 
180°  zeigen  sollte,  dreht  sodann  den  Hauptkreis  mit  der  Alhidade  fest  ver- 
bunden  so,  daB  das  Fernrohr  in  der  Bichtung  des  links  liegenden  Signals 
kommt,  zieht  die  Klemmschraube  an  und  stellt  das  Fadenkreuz  mittels  der 
Mikrometerschraube  scharf  ein.  Alsdann  lost  man  die  Klemmschraube  der 
Alhidade,  dreht  letztere  allein  so  weit,  bis  das  Fernrohr  in  dem  rechten 
Schenkel  des  zu  messenden  Winkels  liegt  und  stellt  mit  dem  Mikrometer- 
werke  der  Alhidade  das  Fadenkreuz  genau  auf  das  Signal  ein.  Von  den 
beiden  Nonien  ist  hierbei  ein  dem  zu  messenden  Winkel  entsprechender 
Bogen  des  Hauptkreises  durchlaufen  worden,  dessen  Grb'Be  am  Nonius  I 
uninittelbar  abgelesen,  beim  Nonius  II  aus  dem  Unterschied  der  ersten 
und  zweiten  Ablesung  erhalten  wird. 

Aus  beiden  Werten  nimmt  man  das  arithmetische  Mittel. 

Denselben  Winkel  miBt  man  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohres, 
nachdem  dasselbe  durchgeschlagen  oder  ohne  Verwechslung  der  Achsen- 
lager  umgelegt  worden  ist,  auf  dieselbe  Weise  nochmals  und  nimmt  aus 
den  beiden  SchluBwerten  das  Mittel. 

Durch  das  wiederholte  Mittelnehmen  werden  Folgen  der  Fehler,  welche 
die  Justierung  des  Instrumentes  nicht  vollstandig  beseitigt  hat,  sowie  der- 
jenigen,  welche  durch  die  Exzentrizitat  des  Fernrohres,  durch  das  Nicht- 
zusammenfallen  der  Limbus-  und  Alhidadenachse  und  durch  die  Verande- 
rung  der  optischen  Achse  des  Fernrohres  bei  Verstellung  der  Okularrohre 
entstehen  konnen,  ausgeschieden,  bezw.  vermindert. 

Alle  durch  die  genannten  Ursachen  herbeigefiihrten  Fehler  erscheinen 
zwar  bei  dem  Messen  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohres  ebenfalls,  aber 
auf  der  entgegengesetzten  Seite,  so  daB  das  arithmetische  Mittel  der 
Messungen  ein  nahezu  fehlerfreies  Kesultat  liefert. 


134  SIEBENTES  KAPITEL. 


92.  Repetieren  der  Winkel.  -  -  Urn  die  Genauigkeit  der  Winkelmessung 

zu  erhohen,  namentlich  den  EinfluB  der  Beobachtungsfehler  und  der  kleinen 
Mangel  der  Kreisteilung  moglichst  zu  beseitigen,  wiederholt  man  dieselbe; 
man  repetiert  den  Winkel,  wie  der  allgemein  iibliche  Ausdruck  lautet. 

Man  kann  einfache  und  aufeinanderfolgende  Repetition  der 
Winkel  unterscheiden.  Die  erstere  wird  auch  wohl  Repetition,  die 
andere  Multiplikation  des  Winkels  genannt. 

Die  einfache  Repetition  besteht  darin,  daB  mail  den  Winkel  mehrere 
Male  auf  gewohnliche  Weise  miBt,  aber  beim  Beginn  einer  neuen  Messung 
den  Nonius  nicht  wieder  auf  Null  stellt,  sondern  jedesmal  um  ein  bestimmtes 
Bogenstiick,  10,  20  oder  30  Grad,  vorriickt.  Die  Messungen  werden  darauf 
ebenso  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohres  ausgefiihrt  und  aus  alien 
Resultaten  das  Mittel  genommen. 

Mit  einfachen  Theodoliten  laBt  sich  nur  auf  diese  Weise  repetieren. 

Von  dem  Markscheider  wird  meistens  die  aufeinanderfolgende  Repe- 
tition, die  Multiplikation,  angewendet. 

Hierzu  ist  ein  Repetitionstheodolit  erforderlich  und  das  Yerfahren  1st 
folgendes : 

Nachdem,  wie  oben  beschrieben,  die  erste  einfache  Winkelmessung 
vollendet  ist,  liest  man  am  Nonius  ab,  lost  die  Klemnie  des  Limbus, 
fuhrt  diesen  samt  der  fest  mit  ihm  verbundenen  Alhidade  zum  wieder- 
holten  Einstellen  auf  das  linke  Objekt  zuriick,  lost  die  Klemme  der 
Alhidade  und  dreht  diese  wieder  all  ein  zur  Einstellung  des  Fernrohrs  auf 
das  rechts  liegende  Signal. 

Hierbei  haben  die  Nonien  einen  Bogen  durchlaufen,  welcher  gleich 
der  doppelten  GroBe  des  zu  messenden  Winkels  ist.  Wiederholt  man  dies 
Yerfahren  im  ganzen  rcmal,  so  werden  die  Nonien  die  rcfache  GroBe  des 
zu  messenden  Winkels  angeben,  wenn  dem  zuletzt  an  den  Nonien  abge- 
lesenen  Werte  so  oft  360  Grade  zugesetzt  werden,  als  derYollkreis  beim 
Repetieren  von  dem  Nonius  I  durchlaufen  wurde.  Diese  WinkelgroBe  wird 
durch  die  Anzahl  der  Repetitionen  geteilt. 

Dasselbe  Yerfahren  wiederholt  man  in  gleicher  Weise  in  der  zweiten 
Lage  des  Fernrohrs  und  nimmt  aus  beiden  Werten  das  Mittel. 

Unter  der  erst  en  und  zweiten  Lage  sind  zunachst  die  zeitlich  auf- 
einander  folgenden  Lagen  des  Fernrohrs  zu  verstehen,  aber  in  der  Praxis 
nennt  man  eine  bestimmte  Lage  die  erste,  z.  B.  diejenige,  in  welcher  die 
Getriebeschraube  des  Okulars  sich  unterhalb  des  Rohres  befmdet,  und  die- 
jenige Lage,  in  welcher  diese  Schraube  oberhalb  ist,  die  zweite.. 

Obgleich  man  nur  notig  hat,  am  SchluB  abzulesen,  so  wird  man  es 
doch  nach  der  ersten  Einstellung  auf  das  rechte  Objekt  thun,  um  die  GroBe 
des  Winkels  wenigstens  annahernd  zu  kennen  und  bei  der  vorletzten,  event, 
auch  schon  bei  der  drittletzten  Repetition  um  sich  von  dem  fortschreiten- 
den  Gange  der  Naherung  zu  iiberzeugen. 

Z.  B.     Erste  Ablesung  102°  45'. 


DER  THEODOLIT. 


135 


I.  Lage   des  Fernrohrs. 


Anzahl  der 
Repetitionen, 

4. 
5. 
6. 


4. 


5. 


6. 


Ablesung, 
fNon.  I     51°   0'45"i 


„    II  231°   0'45"j 

„     I  153°  45' 45"\ 
„   II  333°45'45"j 

„     I  256°  31'   0" 
II     76°  31'   0" 


Mittel, 

411°  0'45" 
513°  45' 45" 
616°  31'— " 


„ 


Mittelwert  =  102°  45'  8". 


Winkel, 
102°  45'  11" 
102°  45'    9" 
102° 45'  10" 


II.  Lage  des  Fernrohrs. 

;;  n253lo  ff\5»}  4u°  °'15" 

:   nSSS}     513°  45' 25"     102' 45' 

„    -I  256°  30' 40"  I 
II     76°  30'  30"/ 


10904*' 


WEISBACH  schlagt  fur  Winkelmessen  in  der  Grube  ein  Zeit  ersparen- 
des  Verfahren  vor :  Man  repetiert  den  Winkel  zweimal,  schlagt  dann  ohne 
an  den  Nonien  abzulesen,  das  Fernrohr  durch,  repetiert  noch  zweimal  und 
liest  dann  erst  ab.  Die  SchluBablesung  wird  dann  durch  vier  geteilt. 
Selbstverstandlich  kann  in  jeder  Lage  des  Fernrohrs  noch  ofter  repetiert 
werden,  wonach  der  SchluBdivisor  sich  dann  richtet. 

In  den  meisten  Fallen  wird  zur  Priifung  der  Erganzungswinkel  zu 
360  Grad  auf  dieselbe  Weise  gemessen. 


Hatte  die  Priifung   des   Theodoliten  ergeben ,   daB  Limbus  und  Alhi-  §  93, 
dadenachse    nicht    genau    zusammenfallen ,    so    ist    bei  der  einfachen 
Repetition    der    Theodolit   nach    der   Alhidadenachse    bei    der 
aufeinanderfolgenden  Repetition  (Multiplikation)  nach  der  Lim- 
busachse  horizontal  zu  stellen. 

Bei  der  einfachen  Repetition  wird  nur  die  Alhidade  gedreht  und  die 
geneigte  Stellung  der  Limbusachse  ist  ohne  alien  EinfluB. 

Bei  der  Multiplikation  des  Winkels  dagegen  bleibt  die  Achse  des 
Hauptkreises  selbst  vertikal  und  die  Fernrohrdrehachse  kann  sich  nur  um 
den  eventuell  vorhandenen  Divergenzwinkel  von  Limbus-  und  Alhidaden- 
achse neigen. 

Bei  fortgesetzter  Repetition  ist  aber  schon  nach  halber  Umdrehung 
der  Alhidade  diese  Neigung  eine  entgegengesetzte  geworden  und  wirkt 
auch  im  entgegengesetzten  Sinne  wie  vorher,  also  den  Fehler  ausgleichend. 


136 


SIEBENTES  KAPITEL. 


§  94.  Das  Messen  eines  Horizontalwinkels  mittels  des  Theodoliten  mit 

exzentrischem  Fernrohre  unterscheidet  sich  nicht  von  dem  Messen  mit 
zentrischem  Fernrohr.  Man  mifit  auch  hier  den  Winkel  in  beiden 
Lagen  des  Fernrohrs  und  nimmt  das  arithmetische  Mittel  aus 
beiden  Werten. 

Die  Richtigkeit  des  Verfahrens  ergiebt  sich  aus  folgenderBetrachtung. 

In  den  Figuren  139  a  und  b  ist  AMB  —  IF  der  zu  messende  Winkel, 
iiber  dessen  Scheitelpunkte  der  Hauptkreis  des  Theodoliten  senkrecht  steht, 
In  der  ersten  Lage  (Fig.  139  a)  wird  aber  durch  die  beiden  Visuren  nach 


Fig.  139  a  XT.  b.     Messen  eines  Horizontalwinkels  mit  einem  exzentrischen  Theodoliten. 

A  und  B  ein  Winkel  =  a,  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohrs  (Fig.  139  b) 
ein  Winkel  =  8  gemessen. 

Yon   den   Winkeln  V  und   Fl   ist  nun  jeder   ein   gemeinschaftlicher 
Aufienwinkel  zweier  Dreiecke  namlich 

in  Fig.  a  V  =  W  +  y  =  a  +  'S  (1) 
in  Fig.  b  V1  =  W+  S  =  fi  +  y(2) 
Aus  Gleichung  (1)  folgt  W=*ct  +  d  —  y 

„  (2)      „  JF=p-d+y 

addiert  giebt  2  W  =  a  +  (3 


DEE  THEODOLIT. 


137 


Die  Theorie  von  dem  Messen  der  Yertikalwinkel  mittels    des  Hohen-   §  95, 
kreises  ist  bei  der  Besprechung  und  Berichtigung   dieses  Kreises  im  §  87 
schon  geniigend  erortert,  so  daB  nur  einige  Beispiele  anzufiihren  sind. 

Messung    eines    Depressionswinkels    ohne   vorherige    Beseitigung   des 
Indexfehlers: 

I.  Lage  des  Fornrohrs  75°  33;  30")  m»  ,  __  ?50  5-  -,, 
II.      „       „  „          76°  17'  20 '/  J  >  ^  ' 

Der  Indexfehler  betragt  =  0°  21'  55". 
Wiederholung  der  Messung  mit  etwas  verstelltem  Hohenkreis: 

d  rernhrs 


*•*•        »         "  »  ° 

Der  Indexfehler  betragt  = 
5°  39'  55". 

Der  gemessene  Depressions- 
winkel  ist  gleich 

750  55'  25"  +  750  55'  45" 

2         ; 

=  75°  55'  35". 

Ein  Punkt  beim  Hohen- 
winkelmessen  mittels  exzentrisch 
liegenden  Fernrohrs  bedarf  noch 
der  Beriicksichtigung. 

Der  Winkel  AMB  =  a 
(Fig.  140)  soil  ermittelt  werden 
und  der  Winkel  A  CB  =  a  wird 
in  Wirklichkeit  gemessen. 

Nun  ist  tg  a  = 


Fig.  140.     Messen  von  Hohen winkeln  mit  einem 
exzentrischen  Fernrohr. 


MC2  = 


so  ist  tg#  = 


H 


cotg2  KI  +  e* 
H 


1st 


yl+(     *    y 

T  \H  cot£  aj 

tf:    gegen    die    Exzentrizitat  e  des   Fernrohrs    hinreichend 
groB,   so  verschwindet   das  Grlied  (]gcot   ft    )  und  Winkel  a  =  ar 
Ist  z.  B.  H=  25  m,  Ce1  =  75°,  e  =  0,07  m,  so  ist  a  =  75°  -'  3". 

Das  Anfstellen  und  Zentrieren  des  Theodoliten  tiber.  Tage  und  & 
in  der  Grube ,  sowie  die  hierbei  ublichen  Signale.  -  -  Unter  dem  Zen- 
trieren  des  Theodoliten  versteht  man  eine  derartige  Aufstellung  des- 
selben,  daB  der  Mittelpunkt  des  Hauptkreises  genau  senkrecht  iiber  oder 
unter  dem  Scheitel  des  zu  messenden  Winkels  liegt.  Die  korrekte  Aus- 
fiihrung  dieser  Arbeit  ist  von  groBem  EinfluB  auf  die  Richtigkeit  der 
Theodolitmessungen. 


138 


SIEBENTES  KAPITEL. 


A.    Ueber  Tage. 

Das  Aufstellen  und  Zentrieren  des  Theodoliten  erfolgt  iiber  Tage 
mittels  Stativs  und  Zentralschraube,  welche  letztere  zugleich  in  bekannter 
Weise  durch  eine  Spirals  zur  Befestigung  des  Instrumentes  dient. 

Das  Stativ  wird  so  iiber  den  durch  einen  Pfahl  oder  Stein  bezeich- 
neten  Punkt  gestellt,  da6  die  Kopfplatte  moglichst  horizontal  und  das 
Loch  derselben  sich  senkrecht  iiber  dem  AVinkelpunkte  befindet.  Soclann 
wird  der  Theodolit  aufgesetzt,  die  Zentralschraube,  ohne  die  Platte  anzu- 
pressen,  an  das  untere  mit  Gewinde  versehene  Ansetzstiick  des  FuBes  an- 
geschraubt  und  ein  Lot  in  den  Haken  der  Zentralschraube  gehangt 

Der  Theodolit  wird  dann 
so  lange  abwechselnd  hori- 
zontal gestellt  und  auf  dem 
Stativteller  verschoben,  bis  bei 
vollstandig  horizontaler  Stel- 
lung  des  Theodoliten  das  Lot 
genau  in  die  Marke  des  Stei- 
nes  oder  Pfahles  einspielt. 
Hierauf  wird  die  Zentral- 
schraube fest  angezogen  und 
die  genaue  Horizontalstellung 
nochmals  nachgesehen. 

Der  Theodolit  ist  nun- 
mehr  zentriert,  denn  bei 
guter  Arbeit  des  Mechanikus 
mufi  die  verlangerte  Haupt- 
achse  des  Theodoliten  zugleich 
die  Mittellinie  der  auf  der  Kingfiache  aa  (Fig.  127)  fest  anliegenden  Zentral- 
schraube sein. 

Das  eben  beschriebene  Verfahren  setzt  -voraus,  da6  die  Stellschrauben 
des  DreifuBes  mit  Unterlageplatten  versehen  sind. 

Als  Sign  ale  sind  iiber  Tage  bei  sehr  groBen  Entfernungen  dreifuBige 
Bocksignale  Fig.  141  a,  wie  sie  bei  groBeren  trigonometrischen  Arbeiten 
allgemein  angewendet  werden,  zu  empfehlen,  bei  kiirzeren  Entfernungen 
gerade  weifi  angestrichene  Stangen  mit  Fahnchen,  Fig.  141  b,  welche  durch 
Stiitzen  in  senkrechter  Stellung  erhalten  werden,  und  bei  ganz  kurzen 
Stationen,  wie  sie  ausnahmsweise  auch  bei  Tagemessungen  vorkommen? 
ist  ein  feiner  Stift  oder  eine  Lotschnur  als  Ziel  zu  benutzen. 

Yon  den  Stangensignalen  ist  womoglich  stets  der  tiefste  Punkt  an- 
zuvisieren. 

In  einzelnen  Fallen  wird  der  Markscheider  auch  das  Heliotrop  als 
Signal  benutzen;  Yon  den  Konstruktionen  eines  solchen  Instrumentes  ist 


Fig.  141  a  u.  b.     Signale  fur  Theodolitmessungen 
iiber  Tage. 


DEE  THEODOLIT.  139 


das  einfache,  von  jedem  Mefigehilfen  leicht  zu  bedienende  BAEYEEsche 
oder  BEETEAMSche  Heliotrop  zu  empfehlen. 

Ein  Brett  (Fig.  142)  kann  auf  geeigneter  Unterlage  mit  dem  Dreh- 
punkte  C  zentrisch  iiber  einen  Signalpunkt  gestellt  und  mittels  der  Schraube 
etwas  geneigt  werden.  In  einem  Loch  steckt  ein  einfaches  Gestell, 
welches  den  Spiegel  S  tragt.  Derselbe  ist  um  eine  durch  die  beiden 
Schrauben  vv  gebildete  Achse  drehbar,  und  da  der  runde  Zapfen  des  Ge- 
stelles  in  dem  Loche  sich  auch  drehen  laBt,  so  kann  dem  Spiegel  jede 
beliebige  Stellung  gegeben  werden. 

An  der  entgegengesetzten  Seite  des  Brettes  steckt  in  einem  vier- 
eckigen  Loche  der  ebenso  gestaltete  Zapfen  der  kleinen  Rohre  R,  die  mit 
einer  Gelenkklappe  geoffnet  und  geschlossen  werden  kann. 

Die  Spiegelbelegung  ist  in  der  Mitte  innerhalb  eines  kleinen  Kreises 
entfernt.  Zum  Gebrauche  stellt  man  das  Brett  zentrisch  so  auf,  daB  man 


Ji 


Fig.  142.     Das  BAEYERsche  Heliotrop. 

durch  den  kleinen  Kreis  in  der  Mitte  des  Spiegels  und  durch  die  geoffnete 
Rohre  R  nach  dem  Theodoliten  blicken  kann.  Darauf  schlieBt  man  die 
Rohre  mit  der  Klappe  und  dreht  den  Spiegel  so  lange,  bis  das  Sonnen- 
licht  von  demselben  in  die  kleine  Rohre  geworfen  wird.  Um  dies  leicht 
zu  erkennen,  ist  die  innere  Flache  der  Klappe  mit  weiBem  Papier  oder 
Spiegelglas  belegt,  worauf  man  den  etwas  dunkleren  Mittelpunkt  des 
Spiegels  sehen  mufi. 

Entfernt  man  darauf  die  Rohre,  so  wird  das  Sonnenlicht  nach  dem 
Theodolit  hin  geworfen.  Da  die  Sonne  ihren  Stand  fortwahrend  verandert, 
so  ist  die  Stellung  des  Spiegels  von  Zeit  zu  Zeit  zu  berichtigen. 

Die  Winkelmessungen  bei  Triangulationen  sind  zu  einer  solchen  Tages- 
zeit  auszufiihren,  in  welcher  die  Signale  gut  und  voll  beleuchtet  sind. 
Einige  Winkel  werden  daher  am  besten  am  Yormittag,  andere  am  Nach- 
mittag  zu  messen  sein. 

B.    In  der  Grube. 

Die  Aufstellung  und  damit  im  engen  Zusammenhange  das  Zentrieren    §  97. 
des  Theodoliten   in   der  Grube   ist   nicht   immer  einfach,    da  die  mannig- 
faltige  Beschaffenheit  der  Grubenraume  in  der  verschiedensten  Weise  darauf 


140 


SIEBENTES  KAPITEL. 


einwirkt   und   in    der  That   auch    eine   groBe   Auswahl   von  Verfahrungs- 
weisen  hervorgerufen  hat. 

Zur  Aufstellung  des  Theodoliten  in  der  Grube  dienen  Stative  mit 
verstellbaren  Beinen,  Spreizen  aus  starken  Brettern,  Bohlen  und  Rund- 
holz,  oder  besondere  Arme. 

Die  Ausfuhrung  des  Zentrierens  hangt  davon  ab,  wie  und  wo  die 
Winkelpunkte  fixiert  sind. 

Diese  werden  entweder  dauernd  durch  unverriickbare  Zeichen,  welche 
fast   immer   in    der  Streckenfirste,    sehr   selten   in   der  Sohle    angebracht 
sind,    oder   voriibergehend   durch   Untersatze    fixiert,    welche   wie   der 
Theodolit  auf  Stativen,  Spreizen  oder  Armen  aufgestellt 
werden. 

Zunachst  soil  von  den  Methoden  des  Zentrierens 
gesprochen  werden,  welche  bei  dauernd  fixierten 
Winkelpunkten  zur  Anwendung  kommen. 

Das  dauernde  Fixieren  der  Winkelpunkte  geschieht 
£ast  ausnahmslos  in  der  Firste  und  zwar  durch 
kleine  messingene  oder  eiserne  Krampen  (Fig.  143), 
welche  ein  Loch  zum  Durchziehen  der  Lotschnur  haben. 
Diese  Krampen  werden  in  die  Firstenzimmerung 
geschlagen,  oder  in  Pflocke,  welche  bei  festem  Gestein 
und  bei  Mauerung  in  vorher  gebohrte  Locher  ein- 
getrieben  waren. 

Bei  eisernem  Streckenausbau  kerbt  man  die 
scharfe  Kante  eines  geeignet  liegenden  Eisenbogens 
mittels  einer  Bohrerschneide  so  ein,  daB  die  Lot- 
schnur in  diese  Vertiefung  eingelegt  werden  kann. 

Zum  Zentrieren  dient   ein  Lot  (Fig.  143),   dessen 
Fig.  143.    Zentrieriot.    Spitze  stets  in  die  Achse  des  durch  das  kleine  Loch 
der  erwahnten  Krampen  gezogene  Lotschnur  fallen  muB. 
Auf  dem  Mittelstege   der  Reiterlibelle    oder   auf  dem  Fernrohre  des 
Theodoliten  ist  ein   Punkt  bezeichnet,   welcher  in  der  Verlangerung  der 
Drehachse    des  lustrumentes   liegt.     (Der  Punkt   auf  dem  Fernrohre    gilt 
selbstverstandlich  nur  fur  die  horizontale  Richtung  des  Rohres.)   Zeigt  die 
Spitze  des  aus  einem  Winkelpunkte  ruhig  hangenden  Lotes  auf  jenen  Punkt 
des  horizontal  stehenden  Theodoliten,  so  ist  derselbe  zentriert. 

Ob  der  Punkt  auf  der  Reiterlibelle  oder  auf  dem  Fernrohre  genau  in 
der  Drehachse  des  Theodoliten  liegt,  iiberzeugt  man  sich,  wenn  man  den 
horizontal  und  zentrisch  unter  deni  ruhig  hangenden  Lote  aufgestellten 
Theodoliten  dreht.  Liegt  der  Punkt  in  der  Drehachse  des  Instrumentes, 
so  wird  derselbe  wahrend  der  Drehung  stets  dieselbe  Stellung  unter  der 
Lotspitze  beibehalten,  im  anderen  Falle  dagegen  einen  Kreis  beschreiben. 
Der  Mittelpunkt  dieses  Kreises  ist  der  richtige,  zum  Zentrieren  zu  be- 
nutzende  Punkt. 


DEE  THEODOLIT.  141 


Gestatten  die  Yerhaltnisse  in  der  Grube  die  Anwendung  eines  Statives 
zur  Aufstellung  des  Theodoliten,  so  wird  dasselbe  so  unter  dem  Winkel- 
punkt  aufgestellt,  daB  das  Lot  nahezu  iiber  der  Lochmitte  der  Kopfplatte 
spielt  und  daB  letztere  moglichst  horizontal  ist.  Dieser  Bedingung  kann 
mit  Hilfe  der  verstellbaren  Beine  leicht  geniigt  werden.  Erst  dann  wird 
der  Theodolit  auf  das  Stativ  gestellt  und  durch  abwechselndes  Yerschieben 
und  Horizontieren  zentriert. 

BOECHEES,  welcher  bei  seinen  ausgedehnten  Prazisionsmessungen  sich 
nur  dieser  Zentriermethode  bedient  hat,  sagt  in  seinem  Werke:  ,,Die 
praktische  Markscheidekunst"  iiber  dieses  Verfahren: 

,,Das  Zentrieren  des  Theodoliten  mit  Hilfe  eines  Lotes  nimmt  so 
wenig  Zeit  in  Anspruch,  daB  dieselbe  gar  nicht  in  Betracht  kommt;  in 
einigen  Minuten  kann  diese  geringe  Vorarbeit,  ohne  viel  tFbung  voraus- 
zusetzen,  gemacht  werden.  Auch  hat  das  besondere  Zentrieren  des  Theo- 
doliten meinen  Erwartungen  in  Bezug  auf  die  Winkelbestimmung  stets 
vollstandig  entsprochen." 

Die  Schwierigkeiten  vorstehender  Zentrierung  liegen  nur  in  der  Auf- 
stellung des  Stativs,  namentlich  in  der  Bedingung,  daB  die  Spitze  des 
Zentrierlotes  nahezu  liber  der  Lochmitte  der  Kopfplatte  hangen  muB. 
Letzteres  ist  aber  notwendig,  weil  die  Zentralschraube,  welche  das  Loch 
der  Stativplatte  nahezu  ausfullt,  nur  einen  geringen  Spielraum  zum  Yer- 
schieben  des  Instrumentes  gewahrt. 

Sind  die  Grubenraume  fur  die  Benutzung  des  Stativs  nicht  geeignet, 
so  sind  eiserne  Arme  (siehe  §  61,  Fig.  112)  oder  Spreizen  anzuwenden. 

Die  eisernen  Arme  werden  in  die  Zimmerung  oder  in  senkrechte 
Stempel  eingeschraubt,  gewahren  dem  Theodoliten  einen  vollkommen  sicheren 
Stand  und  gestatten  dem  Markscheider  eine  freiere  Bewegung  als  das  Stativ 
oder  die  Spreize.  Die  Schwierigkeit,  die  Kopfplatte  des  Armes  moglichst 
zentrisch  unter  einen  gegebenen  Fixpunkt  zu  bringen,  ist  aber  noch  groBer 
als  bei  dem  Stativ,  wenn  nicht  beim  Aussuchen  der  Winkelpunkte  mit  der 
notigen  Umsicht  verfahren  worden  ist.  Am  besten  wird  erst  der  Arm 
eingeschraubt  und  dann  der  Winkelpunkt  fixiert. 


Zur  Beseitigung  der  obengenannten  Schwierigkeit  hat  man  die  Kopf-  §  98. 
platten  der  Stative  und  Arme  mit  Zentriervorrichtungen  versehen,  welche 
die  Yerschiebung  der  Theodoliten  behufs  seiner  Zentrierung  innerhalb  einer 
groBeren  Flache  gestatten,  als  die  gewohnliche  Durchbohrung  der  Kopfplatte. 

Professor  CHEISMAE  in  Schemnitz  beschreibt  in  der  Berg-  und  Hiitten- 
mannischen  Zeitung  1880,  Nr.  20  eine  solche  Zentriervorrichtung,  welche 
sehr  weitgehenden  Anspruchen  geniigt,  aber  leider,  da  ein  besonderes 
Stativ  dazu  gehort,  sehr  kostspielig  ist  (350  Mark)  und  durch  sein  Gewicht 
den  Gebrauch  sehr  erschwert. 


142 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Die  CnEiSMARsche  Zentriervorrichtung  besteht  aus  einer  Drehscheibe 
CC,  der  Schiebebrucke  BB  und  der  Standplatte  A  (Fig.  144  a  u.  b). 

Die  Standplatte  ist  mit  einem  Zentriermittelpunkt  und  mit  Korrier- 
punkten  fiir  die  Spitzen  der  FuBschrauben  des  Theodoliten  versehen.  Die 


Fig.  144 a.     Zentriervorrichtung  von  CHRISMAR. 

Standplatte  ist  auf  keilformigen  Schienen  der  Schieberbriicke  verschiebbar 
und  mittels  Druckschrauben  festzuklemmen,  auBerdem  mit  einer  Dosen- 
libelle  versehen. 


Fig.  144b.     Zentriervorrichtung  von  CHRISMAR. 

Die  Drehscheibe  kann  durch  eine  Zentralschraube  mit  Spirale  an  die 
Stativkopfplatte  DD  fest  angepreBt  und  durch  die  Schrauben  FF  hori- 
zontal gestellt  werden. 

Diese  Schrauben  FFgehen  durch  mit  Gewinden  versehene  Kugeln,  welche 
ihrerseits  nach  Art  eines  Kugelgelenkes  mit  der  Stativplatte  verbunden 


DEE  THEODOLIT.  143 


sind.  Die  Drehscheibe  hat  sechs  Arrae,  welche  sich  etwas  nach  unten 
in  einer  Nabe  vereinigen,  und  einen  Kranz  von  kreuzformigem  Querschnitt, 
der  nach  oben  in  einer  rechtwinkeligen  Schneide  endet.  Die  Nabe  dient 
zur  Befestigung  der  Scheibe  am  Stativ  und  zur  Aufnahme  der  Drehachse 
der  Schieberbriicke,  welche  letztere  mit  geeigneten  Einschnitten  fiir  den 
eingreifenden  keilformigen  Ring  der  Drehscheibe  verbunden  sind.  Durch 
die  vereinigte  Bewegung  der  zu  verschiebenden  Standplatte  und  der  zu 
drehenden  Schieberbriicke  laBt  sich  der  Mittelpunkt  der  Standplatte  inner- 
halb  eines  Kreises  von  30  cm  Durchmesser  unter  die  Lotspitze  stellen. 
Werden  die  Spitzen  der  FuBschrauben  in  die  Korner  der  Standplatte  ge- 
setzt,  so  ist  der  Theoclolit  zentriert. 


Der   einfachste    Zentrierapparat   ist   eine    Holzplatte  von  geniigender  §  99, 
Starke,  welche  mittels  Spindel  und  Fliigelmutter  (Fig.  145)  an  jede  Kopf- 
platte  angeschraubt  werden  kann. 

Der  Winkelpunkt  wird   aus   der  Firste   auf  die    Platte,   welche   mit 
Papier  beklebt  werden  kann,  herabgelotet 
und    der   Theodolit   iiber   diesen   Punkt 
zentrisch  aufgestellt. 

Dies  geschieht  in  erforderlicher 
Scharfe  mit  Hilfe  der  Zentrierspitze, 
welche  in  den  unteren  Teil  der  DreifuB- 
hiilse  eingeschraubt  werden  kann  (§  72, 

Fig.  145.    Zentnerbrett. 

Fig.  127).     Die  Stellschrauben  des  Drei- 

fuBes  werden   in  eine  solche  Lage  gebracht,   daB    die  Zentrierspitze   die 

Flache  des  Brettes  nahezu  beriihrt. 

Die  DreifuBarme  miissen  fiir  diesen  Fall  die  Stellschrauben  mit  Spitzen 
fiihren  (vergl.  Fig.  128),  welche  in  die  Platte  fest  eingedriickt  werden. 

Wiinscht  man  eine  groBere  Sicherheit  des  Theodoliten,  so  laBt  sich 
diese  durch  Bander  erreichen,  welche  an  den  DreifuBarmen  befestigt  sind 
und  um  Stifte  an  dem  Rande  der  Holzplatte  gewunden  werden. 

Dieser  Apparat  leistet  mit  den  einfachsten  Mitteln  viel  und  hat  auBer- 
dem  noch  den  Vorzug,  daB  die  Platte  nicht  horizontal  gestellt  zu  werden 
braucht. 

Mit   dieser   ersten  Platte  A  lassen   sich   noch   zwei  andere  B  und  C 
so  verbinden,  daB  die  zweite  in 
der  ersten  und   rechtwinkelig, 
dagegen  die  dritte  in  der  zwei- 

ten    mittels   SChwalbenschwanz-         Fig.  U6>     Zentrierbrett  mit  Schlittenverschiebung. 

formiger  Fiihrung  verschiebbar 

ist,  auBerdem  jede  besonders  festgeklemmt  werden  kann,  Fig.  146.  Durch  die 
doppelte  Bewegung  kann  die  Standplatte  C  innerhalb  gewisser  Grenzen  in 
jede  beliebige  Stellung  gebracht  werden.  Dieselbe  ist  auf  ihrer  metallenen 


144 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Belegung  mit  Zentrierpunkt,  Kb'rnerpunkten  oder  geradlinigten  keilformigen 
Yertiefungen  (Schlitzen)  versehen.  Die  Vertiefungen  miissen  in  ihren  Yer- 
langerungen  sich  genau  im  Zentrierpunkte  unter  120  Grad  schneiden  (vgl. 
auch  Fig.  155).  Die  Kornerpunkte  sind  die  Eckpunkte  eines  regelmaBigen 
Dreiecks,  dessen  Schwerpunkt  zugleich  der  Zentrierpunkt  ist.  Der  Apparat 

muB  bei  seiner  Benutzung  horizontal 
gestellt  werden,  weil  bei  geneigter  Stel- 
lung  der  Standplatte  die  horizontale 
Entfernung  der  Kornerpunkte  verkiirzt 
wird,  wahrend  die  der  Stellschrauben- 
spitzen  dieselbe  bleibt,  (Fig.  147.) 

Auch  bei  dem  Yorhandensein  von 
Yertiefungen  (Schlitzen)  wird  eine  geneigte  Stellung  der  Standplatte  zur  Folge 
haben,  daB  die  Mittellinie  des  horizontierten  Theodoliten  den  Zentrierpunkt 
nicht  trifft. 

Die  Spreizenschraube  mit  der  darauf  zu  steckenden  Standplatte,  welche 
bei  der  Freiberger  Aufstellung  in  §  103  ff.  besprochen  werden  wird,  eignet 
sich  mit  geringen  Abanderungen  ebenfalls  zu  einer  Zentriervorrichtung, 
welche  mit  dem  Stative  verbunden  werden  kann.  Die  verhaltnismafiig 
diinne  Schraubenspindel  hat  in  der  gewohnlichen  Durchbohrung  der  Kopf- 
platte  mehr  Spielraum  als  die  Zentralschraube. 


Fig.  147. 


100.          Die  im  vorstehenden  beschriebenen  Zentriervorrichtungen  lassen  sich 
ebenfalls  auf  der  Kopfplatte  eines  Armes  anbringen;  es  werden  aber  inYer- 

__     _  bindung    mit    demselben 

auch  noch  besondere  Yor- 
richtungen  angewendet. 

BOECHEES  hat  seine 
schon  erwahnten  Arme 
(§§  61,  97,  Fig.  112)  mit 
folgender  Yorrichtung 
versehen : 

Die  Kopfplatte  K  des 
Armes  enthalt  auBer  der 
groBen  zentrischen  Durch- 
bohrung noch  drei  Locher 

Fig.  us.    Zentriervorrichtung  von  BORCHERS.  DDJ),  deren  Mittelpunkte 

ein  gleichseitiges  Dreieck 

bilden.  Auf  der  Platte  K  laBt  sich  die  mit  Schrauben  ERR  zum  Hori- 
zontalstellen  versehene  Standplatte  8  so  weit  verschieben,  als  die  drei 
erwahnten  Locher  erlauben.  An  der  unteren  Seite  der  Standplatte  sitzen 
namlich  den  Mittelpunkten  dieser  Locher  entsprechend  drei  mit  Gewinden 
versehene  Zapfen,  die  durch  die  Kopfplatte  hindurchragen  und  an  dem 


DEE  THEODOLIT.  145 


unteren  Ende  Schrauben  haben,  mittels  welcher  die  Standplatte  fest- 
geklemmt  werden  kann. 

Die  Standplatte  hat  fur  die  Zentralschraube  eine  Durchbohrung  und 
Kornerpunkte  fur  die  Spitzen  der  FuBschrauben  des  Theodoliten. 

In  der  zentralen  Durchbohrung  der  Standplatte  kann  ein  zentrisches 
Lichtsignal  bei  Messungen  in  tonnlagigen  Schachten  angebracht  werden 
(vergl.  Fig.  161  zu  §  108). 

Die  von  OTTO  in  Plauitz  bei  Zwickau  in  der  Berg-  und  Huttenmanni- 
schen  Zeitung,  Jahrgang  1879,  Seite  254,  beschriebene,  ebenfalls  auf  einem 
Arme  angebrachte  Zentriervorrichtung  unterscheidet  sich  wesentlich  nur 
dadurch  von  der  BoECHEESschen,  daB  die  dreifliigelige,  mit  Schlitzen  statt 
der  Kornerpunkte  versehene  Standplatte  keine  Stellschrauben  zum  Horizon- 
tieren  hat. 

An  Stelle  von  Stativ  und  Arm  kann  auch  noch  die  horizontal  ge-  §  101. 
schlagene  Spreize  treten,  welche  in  dem  Falle,  daB  mit  in  der  Firste  an- 
gebrachten  Fixpunkten  gearbeitet  wird,  am  zweckmaBigsten  aus  einem 
sehr  starken  und  hinreichend  breiten  Brette  besteht,  welches  mittels  Biihn- 
loch  und  Anpfahl  unter  dem  Winkelpunkte  fest  angetrieben  wird.  Das 
Zentrieren  erfolgt  durch  das  Lot  von  oben  oder  mit  Hilfe  der  Zentrier- 
spitze,  nachdem  der  Winkelpunkt  auf  die  Spreize  herabgelotet  worden  ist 
(vergl.  die  Zentriervorrichtung  in  §  99). 

Wenn  die  Winkelpunkte   nicht    dauernd   fixiert  sind,  oder  wenn,  wie  §  102. 
man  sich  ausdriickt,  mit  verlorenen  Punkten  gearbeitet  wird,  so  beruht 
das  Aufstellungs-  und  Zentrierverfahren  auf  der  Anwendung  von  Tint  er- 
satz en,  die  ebenfalls  teils  auf  Stativen,  teils  auf  Armen  und  Spreizen  auf- 
gestellt  werden. 

Die  Untersatze  sind  so  konstruiert ,  dass  sie  abwechselnd  den  Theo- 
dolit  oder  das  Signal  aufnehmen  konnen. 

Bei  diesem  Wechsel  soil  die  Mittelachse  des  Signals  genau  die  Lage 
der  senkrechten  Mittelachse  des  Theodoliten  einnehmen,  oder  der  Ziel- 
punkt  des  Signals  soil  wenigstens  in 
diese  Linie  fallen. 

Solcher  Untersatze  sind  stets  min- 
destens  drei  notwendig,  da  einer  den  Theo- 
doliten, jeder  der  beiden  anderen  ein 
Signal  aufzunehmeri  hat. 

Nachstehende  Formen  werden  am 
haufigsten  angewandt:  Fig  U9  WEIS8BACHScherTellemnter9atz 

1)  Die  von  WEISSBACH  konstruierten  fur  Theodoliten. 

Teller.     Ein   solcher    besteht    aus    einer 

runden  Metallscheibe  mit  drei  FuBschrauben  zum  Horizontalstellen  und 
drei  Kornerpunkten  oder  Schlitzen  zur  Aufnahme  der  FuBschrauben  des 

BRATHUHK,   Markscheidekunst.  10 


146 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Theodoliten,  und  1st  in  der  Mitte  zentrisch  ausgedreht,  um  je  nach  Be- 
diirfnis  eine  Dosenlibelle  zum  Horizontieren  oder  eine  domformige  Setz- 
lampe  als  Signal  aufnehmen  zu  konnen. 

Durch  den  Mittelpunkt  der  Flamme,  welcher  als  Zielpunkt  dient,  wircl 
nach  dem  Umwechseln  die  Yertikalachse  des  Theodoliten  gehen. 

Der  Teller  kann  auch  als  Zentriervorrichtung  dienen  und  wird  am 
zweckmaBigsten  auf  horizontal  geschlagenen  starken  Brettspreizen  auf- 
gestellt. 

2)  Auf  einem  ahnlichen  Grundsatze  beruhen  die  BOECHEES  schen  Arme 
mit  Zentriervorrichtung,  welche  beim  Hessen  in 
tonnlagigen  Schachten  naher  besprochen  werden. 

3)  Der  gewohnliche  DreifuB. 

Der  Achsenzapfen  des  Theodolithauptkreises 
hat  mit  dem  der  Signale  gleiche  Dimensionen,  so 
dafi  jeder  Untersatz  beide  abwechselnd  aufneh- 
men kann. 

Die  Signale  sind  ebenfalls  mit  Libellen  zum 
Horizontalstellen  ausgeriistet  (Fig.  150). 

Zu  jedem  Untersatz  gehort  ein  Stativ,  es  sind 
also  im  ganzen  deren  drei  erforderlich. 

4)  Das  Kugelgelenk   oder   die  NuBvor- 
richtung. 

Das   Kugelgelenk  findet  man  nur   an  alteren 
Instrumenten,  jetzt  werden  hochstens  kleine  Theo- 
Fig.  150.    zapfensignai  fur    doliten,  aber  auch  selten  damit  verbunden. 

Theodoiitmessungen.  Ein  soiches  Kugelgelenk  1st  dem  in  §  45  be- 

schriebenen  ahnlich,    nur  wirken  hier    gegen  den 

Zapfen  nicht  zwei  Schrauben  und  eine  Feder,  sondern  vier  Schrauben,  von 
denen  sich  je  zwei  diametral  gegenuberstehen  (Fig.  151). 

Man  kann  drei  solcher  .Kugelgelenke  an- 
wenden,  in  diesem  Falle  besitzen,  wie  vorher, 
der  Theodolit  und  die  Signale  Zapfen  von 
gleichen  Dimensionen  und  die  Signale  sind  mit 
Libellen  versehen.  Die  Kugelgelenke  werden 
mit  ihren  Hulsen  entweder  auf  Zapfenstative 
aufgeschraubt  oder  auf  Spreizenschrauben  mit 
kegelformigem  Kopf  aufgesteckt. 

Es  gentigt  auch,  wenn  der  Theodolit  allein 
mit  einem  Kugelgelenk  versehen  und  damit 
fest  verbunden  1st,  die  Signale  dagegen  dieses 

Fig.  151.     Querschmtt  ernes  .  i\..i        u 

Kugeigeienkes.  uelenk  mcht,  sondern  nur  eine  btecknulse  be- 


DEE  THEODOLIT. 


147 


sitzen,  welche  der  des  Theodoliten  vollstandig  gleich  1st.  Der  Zielpunkt 
der  Signale  muB  sich  in  gleicher  Hohe  mit  dem  Mittelpunkt  der  Gelenk- 
kugel  befinden  (Fig.  152). 

Mit  dieser  Yorrichtung  ist  das 
im  §  30  Fig.  65  beschriebene  Kom- 
paBinstrunient  versehen,  welches  zum 
Messen  liber  eisernen  Schienen  ge- 
braucht  wird. 


Fig.  152. 


Aufstellung  des  Theodoliten  mit 
Kugelgelenk. 


Die  Freiberger  Aufstellung.  — 

Die  Freiberger  Aufstellung  des  Theo- 
doliten, deren  Beschreibung  in  der 
sechsten  Auflage  der  Yermessungs- 
kunde  von  BAUEENEEIND  S.  322  sich 
findet,  ist  als  der  gelungene  AbschluB 
von  mehrfachen  Yersuchen  zu  be- 
trachten,  die  zuerst  von  dem  Professor 
JUNGE  in  der  Berg-  und  Htitten- 

mannischen  Zeitung  Jahrgang  1861,   Seite  62,  vorgeschlagene  Aufstellung 
seines  Goniometers  zu  verbessern. 

Einmal  des  historischen  Interesses  wegen,  sodann  weil  Apparate  aus 
den  verschiedenen  Entwicke- 
lungsstufen  noch  im  Gebrauch 
sind,  mb'ge  da's  Nachstehende 
hier  Platz  finden. 

Die  JuNGEsche  Aufstel- 
lung beruht  auf  der  Anwen- 
dung  einer  eisernen  Schraube 
oder  Spindel,  deren  Gestalt,  so- 
wie  deren  Befestigung  an  einer 
Spreize  Fig.  153u.  155  zeigen. 

Die  Spindel  endigt  oben 
und  unten  in  Schraubenge- 
winden.  Unter  der  Schrauben- 
spitze  befindet  sich  der  Hals, 
welcher  mit  einer  Hohlkehle 
zur  Aufnahme  der  MeBschnur 
oder  des  MeBbandringes  ver- 
sehen ist. 


§103. 


Fig.  153.     Aufstellung  des  JuNGEschen  Goniometers. 


Die  Spreizen  werden  zur  Aufnahme  der  Spindel  senkrecht  durchbohrt, 
wobei  der  mit  besonderen  Schneiden  ausgeriistete  Bohrer  eine  horizontale 
Flache  fiir  die  Auflageplatte  herstellt.  Nachdem  die  Spindel  durch  das 
Loch  gesteckt  und  mittels  der  Flugelmutter  an  der  Spreize  befestigt  ist, 


10 


148 


SIEBENTES  KAPITEL. 


schraubt  man  zunachst  auf  die  Schraubenspitze  eine  Dosenlibelle,  um  den 
senkrechten  Stand  der  Spindel  zu  priifen,  bez.  durch  leichte  Schlage  auf 
die  Spreize  herstellen. 

Sobald  die  Spreizenschraube  senkrecht  steht,  wird  die  Dosenlibelle  ab- 
und  der  Goniometer  aufgeschraubt.  Derselbe  ist  ein  Theodolit,  dessen 
DreifuB  von  einem  messingenen  abnehmbaren  Gehause  umgeben  ist 
(Fig.  153). 

In  der  Mitte  der  unteren  Platte  dieses  Gehauses  ist  eine  Schrauben- 
hiilse  angebracht  ,  in  welche  das  Gewinde  an  der  Spitze  der  Spreizen- 
schraube passt. 

Der    aufgeschraubte    Goniometer    soil    eigentlich    sofort    horizontal 

stehen  ;  kleine  Abweichungen  werden  durch 
die  Stellschrauben  des  DreifuBes  beseitigt. 
Diese  Abweichungen  diirfen  selbst- 
verstandlich  nicht  bedeutend  sein,  weil 
sonst  leicht  durch  das  Beseitigen  dersel- 
ben  das  erforderliche  Zusammenfallen  der 
Vertikalachse  des  Instrumentes  mit  der 
Mittelachse  der  Schraubenspindel  aufge- 
hoben  wird  und  hierdurch  die  Richtig- 
keit  der  Messung  leiden  wiirde. 

Die  in  Vorschlag  gebrachten  Signale 
(Fig.  154)  besitzen  namlich  keine  Hori- 
zontierungsvorrichtung  ,  sondern  sind  so 
konstruiert,  daB  ihr  Zielpunkt  stets  in 
der  Verlangerung  der  Schraubenspindel 
liegt. 

An  solchen  Stellen,  wo  Spreizen  nicht 

__  j  angewendet  werden  konnen,  schlagt  JUNGE 

"[]  __  |  dieBenutzungeisernerGestellevor(Fig.l54). 

Der  Arm  A  ist  mit  einer  Durchbohrung 
zur  Aufnahme  der  Schraubenspindel  ver- 
sehen  und  die  mit  Ansatzen  versehene  Schiene  B  wird  mit  Holzschrauben 
an  der  Grubenzimmerung  befestigt. 

Die  JuNGEsche  Aufstellung  ist  wegen  der  damit  verbundenen  Nach- 
teile  nur  noch  wenig  in  Gebrauch.  Diese  Nachteile  bestehen  zunachst  in 
der  Schwierigkeit,  die  Hauptbedingung  zu  erfullen,  namlich  die  Spindeln 
genau  senkrecht  zu  stellen.  Diese  Schwierigkeit  steigert  sich  bei  Anwen- 
dung  der  Gestelle  auBerordentlich.  Sodann  ist  das  Aufschrauben  des 
immerhin  etwas  gewichtigen  Instrumentes  auf  die  diinne  Schraube  mit 
vielen  Windungen  lastig  und  bietet  keine  Sicherheit  fur  das  Aufdrehen 
wahrend  des  Messens.  SchlieBlich  ist  es  eine  sehr  zeitraubende  Operation, 
die  Schraubenspindel  in  der  angegebenen  Art  an  der  Spreize  oder  an  dem 
Arme  zu  befestigen  und  zugleich  senkrecht  unter  einem  gegebenen  Winkel- 


Fig.  154. 


DEE  THEODOLIT. 


149 


punkte  aufzustellen,  eine  Arbeit,  die  beim  AnschluB  an  friihere  Messungen 
immer  notwendig  sein  wird. 


Eine  Verbesserung  der  JuNGESchen  Aufstellung  ist  dadurch  erreicht,  §  104, 
daB  auf  die  Spitze  der  Spreizenschraube  nicht  der  Theodolit  selbst,  son- 
dern  eine  Standplatte  mit  Kornerpunkten  oder  Schlitzen  fur  die  Theodolit- 
ftiBe  aufgeschraubt  wird,  und  daB  die  Hohlkehle  zur  Aufnahme  der  Schnur 
dichtunterder  Spitze  der  Schraube  angebracht  ist.  (Osterr.  Zeitschrift  1877, 
Seite  201:  Abhandlung  von  GODEE.  Berg-  und  Huttenmannische  Zeitung 
1879,  Nr.  27  ff.:  Abhandlung  von  OTTO.) 

Die  Moglichkeit  des  Verdrehens  der  Standplatte  wahrend  des  Messens 
ist  bei  dieser  Konstruktion  auch  nicht  ausgeschlossen ,   und  djer  Theodolit 


Fig.  155  a  u.  b.     Aufstellungsvorrichtung  fiir  den  Theodoliten  von  GODER. 

steht  olme  Schutz  vor  clem  Herabfallen  auf  der  Platte,  aber  die  schwierig 
auszufiihrende  Bedingung,  die  Schraubenspindel  senkrecht  zu  stellen,  braucht 
hier  nicht  so  streng  eingehalten  zu  werden  wie  beim  JuNGEschen  Gonio- 
meter, da  die  Signale  entweder  auf  gleichen  DreifuBen  stehen,  wie  der 
Theodolit,  oder  die  Schraubenspitze  S  (Fig.  155  a)  selbst  als  Zielpunkt  dient. 

Sind  namlich  die  Aufstellungspunkte  der  Stellschrauben  so  gewahlt, 
daB  der  Theodolit  auf  der  horizontalen  Standplatte  genau  zentrisch  zu  der 
liber  die  Oberflache  der  Platte  etwas  hinausragenden  Schraubenspitze  8 
steht,  so  wird  auch  bei  etwas  geneigter  Lage  der  Standplatte  durch  die 
erforderlich  werdende  Horizontierung  des  Theodoliten  die  zentrische  Stellung 
desselben  doch  nur  wenig  leiden,  da  die  Schraubenspitze  S  nahezu  in 
gleicher  Hohe  mit  den  Enden  der  DreifuBarme  liegt. 

Den  eisernen  Aufstellungsarmen  und  den  claran  befestigten  Spindeln  ist 
ferner  eine  Form  gegeben,  welche  die  senkrechte  Stellung  der  Schrauben- 
spindel auf  leichte  Weise  erreichen  laBt  (Fig.  156). 


150 


SEEBENTES  KAPITEL. 


§105. 


Der  untere  Teil  der  Auf  legeplatte  ist  kugelformig  abgedreht  und  das 
Loch  in  dem  eisernen  Arme  erweitert  sich  nach  unten,  so  daft  die  Spindel 

hinreichenden  Spielraum  fiir  ver- 
schiedene  Stellungen  hat. 


Ein  anderweitiger  Versuch. 
die  schwierige  Senkrechtstellung 
der  JuxGESchen  Schraubenspin- 
del  entbehrlich  zu  machen,  hat  zu 
der  Konstruktion  des  EICHHOFF- 
OsTERLANDschen  Patenttheodo- 
liten  gefuhrt  (Berg-  und  Hiit- 
tenm.  Zeitung,  1871,  Nr.  39  ff.). 
Der  beabsichtigte  Zweck  ist 
durch  die  eigenartige  Aufstel- 
lungsvorrichtung  allerdings  erreicht,  da  aber  im  fbrigen  an  der  Kon- 
struktion des  JuxGESchen  Goniometers,  namentlich  an  der  Terkapselung 
der  Stellschrauben  und  an  der  Yerbindung  des  Gehauses  mit  der  Spreizen- 
schraube  durch  Schraubengewinde  festgehalten  wurde,  ferner  Signale  mit 
derselben  teuern  Aufstellungsvorrichtung  notwendig  sind,  so  ist  ein  schwer- 
falliges  Instrument  mit  sehr  vielem  Beiwerk  entstanden,  was  dem  praktischen 
Markscheider  nicht  empfohlen  werden  kann. 


Fig.  156.     Eiserner  Aufstellungsarm  von  OTTO. 


§  106.  Die  Freiberger  Aufstellung  wendet  Spreizenschrauben  d  an,  welche 

am   oberen  Ende  mit  einem  Prisma  p  statt  des   Schraubengewindes  ver- 

sehen  sind,  im  iibrigen  den  JUXGE- 
schen  Schrauben  gleichen.  Das 
Prisma  endigt  oben  in  einer  Spitze, 
welche  in  der  gemeinschaftlichen 
Achse  der  Schraube  d  und  des 
Prismas  liegt.  Dicht  unter  der  Spitz e 
ist  die  Hohlkehle  zu  dem  bekannten 
Zwecke  angebracht. 

Auf  dieses  Prisma  wird  die  drei- 
armige  Standplatte  aufgesetzt  und 
mit  einer  Klemmschraube  festge- 
preBt.  Aus  der  Mitte  der  Stand- 
platte ragt  ein  kurzer  hohler  Cylin- 
der c  heraus,  dessen  Achse  mit  der 
Prismenachse  zusammenfallt.  Der- 
selbe  ist  dazu  bestimmt,  das  kugel- 
Fig.  157.  Die  Freiberger  Theodoiitaufsteiiung.  formige  Ende  i  der  FuBhulse  des 


DER  THEODOLIT.  151 


Theodoliten  aufzunehmen,  das  mit  Hilfe  der  Schraube  n  und  einer  Spirale 
sanft  gegen  die  innere  Wandung  des  Hohlcylinders  angedriickt  wird.  Die 
Enden  der  mit  Rippen  verstarkten  Arme  tragen  FuBplattchen  zur  Auf- 
nahme  der  Stellschraubenspitzen. 

Eins  dieser  Plattchen  ist  mit  einer  keilformigen  Vertiefung  (Schlitz), 
welche  auf  den  Mittelpunkt  des  Hohlcylinders  gerichtet  ist,  versehen  und 
festgeschraubt,  wahrend  die  beiden  anderen  kegelformige  Yertiefungen 
haben  und  mit  geringem  Spielraum  auf  den  Miigeln  der  Standplatte  ver- 
schiebbar  sind,  ohne  jedoch  abfallen  zu  konnen. 

Yon  den  FuBschrauben  des  Theodoliten  wird  eine  nur  bis  zu  einer 
gewissen  durch  ein  einschiebbares  Zwischenstiick  bedingten  Stelle  in  den 
DreifuBarm  eingeschraubt,  so  daB  dieser  Arm  bei  der  Horizon tierung  immer 
in  gleicher  Hohe  iiber  der  Standplatte  bleibt. 

Der  DreifuB  der  Signale  hat  nur  zwei  Stellschrauben,  am  dritten  Arme 
ist  ein  festes  Bein  (siehe  Fig.  159,  §  107)  so  angebracht,  daB  dieser  Arm 
stets  in  derselben  Hohe  iiber  der  Standplatte  bleibt  wie  der  des  Theodo- 
litendreifuBes,  dessen  Schraube  durch  das  Zwischenstiick  gehemmt  ist. 

Beim  Aufsetzen  des  Theodoliten  und  der  Singnale  ist  darauf  zu  achten, 
daB  nur  die  gehemmte  FuBschraube,  bez.  das  feste  Bein  in  das  fest- 
geschraubte,  mit  einer  Yertiefung  versehene  Plattchen  der  Standplatte 
kommt.  Die  Horizontierung  kann  beim  Theodolit  und  bei  den  Signalen 
nur  mittels  zweier  Stellschrauben  erfolgen. 

Durch  die  beschriebene  Yorrichtung  ist  es  moglich,  daB  der  Zielpunkt 
der  Signale  und  die  Drehachse  des  Fernrohres  nach  erfolgtem  Wechsel 
von  Signal  und  Theodolit  sich  stets  in  gleicher  Hohe  befinden. 

Die  Freiberger  Aufstellung  hat  im  allgemeinen  aber  besonders  den 
anderen  Aufstellungen  dieser  Art  gegeniiber  mancherlei  Yorziige. 

Jeder  gewohnliche  Theodolit  kann  leicht  tauglich  fur  dieselbe  gemacht 
werden.  Es  ist  nur  notig,  auf  das  fur  die  Zentralschraube  vorhandene  Ge- 
winde  einen  Knopf  mit  kugelformigen  Wiilsten  aufzuschrauben  (vergl.Fig.  127). 

Die  Standplatte  wird  auf  der  Spreizenschraube  bequemer  und  sicherer 
durch  das  Aufstecken  auf  das  Prisma  als  durch  das  Aufschrauben  befestigt. 

Der  Theodolit  steht  verhaltnismaBig  sicher  auf  der  Standplatte,  da  die 
Kugel  tief  genug  in  den  Hohlcylinder  hinabreicht. 

Die  ganze  Yorrichtung  laBt  sich  mit  geringer  Abanderung  in  den 
Dimensionen  der  Schraubenspindel  als  Zentriervorrichtung,  auf  Stativen  oder 
auf  Armen  benutzen. 

Es  sind  nicht  unbedingt  besondere  Signale  erforderlich,  da  die  Spitze 
des  Prismas  als  Zielpunkt  dienen  kann. 

SchlieBlich  ist  die  senkrechte  Stellung  der  Schraubenspindel  nur  annahernd 
erforderlich  und  zwar  nicht  bloB  wenn  besondere  Signale  gebraucht  werden, 
sondern  auch  wenn  nur  die  Prismenspitze  als  Ziel-  und  Zentrierpunkt  dient- 

Der  Mittelpunkt  der  Kugel  verandert  namlich  bei  einer  Drehung  der 
Stellschrauben  seine  Lage  in  dem  Hohlcylinder  nur  sehr  wenig,  und  da 


152  SIEBENTES  KAPITEL. 


die  Alhidadenachse  bis  zum  Mittelpunkt  der  Kugel  hinabreicht,  ferner  die 
Spitze  des  Prismas  ganz  nahe  und  zentrisch  unter  dem  Endpunkte  der 
Alhidade  zu  liegen  kommt,  so  wird  bei  einer  erforderlich  werdenden 
Horizontierung  des  Theodoliten  die  zentrische  Stellung  der  Prisraenspitze 
gegen  die  Alhidadenachse  nicht  oder  doch  nur  in  verschwinclend  kleinem 
Grade  verandert.  Selbstverstandlich  clarf  die  Neigung  der  Standplatte  nicht 
bedeutend  sein. 

107.  Die  Signale  in  der  Grube.  -  -  Die  Signale  sincl  von  der  Methode  des 

Messens  abhangig. 

Sind  die  Winkelpunkte  in  der  Streckenfirste  fixiert,  so  dienen  (siehe 
die  Werke  von  WEISSBACH  und  BOECHEES)  die  Lotschniire  als  Signale, 
welche  aus  den  Lochern  der  kleinen  schon  (§  97,  Fig.  143)  beschriebenen 
Krampen  herabhangen  und  durch  ein  von  clem  Gehilfen  mit  der  Hand 
hinter  die  Schnur  gehaltenes  und  von  hint  en  beleuchtetes  Milchglas  oder 
bequemer  durch  ein  Stuck  mit  Ol  getranktes  Papier  sichtbar  gemacht 
werden.  Bei  ganz  reiner  Grubenluft  sind  diese  Schniire  zwar  noch  bei 
180  Meter  Entfernung  anvisiert  worden,  in  den  meisten  Fallen  wird  aber 
die  Grenze  nahe  bei  100  Meter  liegen. 

Bei  groBeren  Entfernungen  sind  die  Flammen  gewohnlicher  Gruben- 
lichter  als  Signale  zu  benutzen,  welche  eingelotet  und  gegen  Wetterzug  durch 
Holzstiickchen,  Glas  oder  Glimmerblattchen  geschiitzt  werden. 

WEISSBACH  wandte  Hangelampen  (Fig.  158)  an,  bei  denen  infolge  ihrer 
Einrichtung  die  Flamme  sogleich  zentrisch  unter  dem  Winkelpunkte  ist.  Sie 
haben  wenig  Eingang  gefunden,  da  sie  schon  bei  maBigem  Wetterzug 
pendeln  und  die  freie  Flamme  sich  nur  umstandlich  vor  dem  unruhigen 
Flackern  schiitzen  laBt. 

Bei  dem  Messen  in  schlagenden  Wettern  bleibt  freilich  nichts  weiter 
iibrig,  als  die  Sicherheitslampe  nach  Art  der  eben  genannten  Hangelampen 
zu  benutzen.  Die  sonstige  Konstruktion  der  Sicherheitslampen  erleichtert 
das  Anbringen  einer  Yorrichtung  zum  zentrischen  Aufhangen,  nur  muB  ein 
Gelenkwirbel  damit  verbunden  sein,  welcher  ein  Drehen  der  Lampe  um  die 
Langsachse  gestattet,  wenn  einer  der  den  Glascylinder  umgebenden  Stabe 
das  Licht  verdeckt.  Das  Licht  der  Sicherheitslampe  brennt  sehr  gleich- 
maBig,  und  bietet  ein  gutes  Zielobjekt,  wahrend  die  Lampe  selbst  vermoge 
ihrer  Schwere  ruhig  hangt  und  sich  leicht  vor  Luftzug  schiitzen  laBt;  Auf 
genau  horizon taler  TJnterlage  kann  diese  Lampe  auch  aufgestellt  und 
eingelotet  werden. 

Bei  den  Arbeiten  mit  verlorenen  Fixpunkten  dienen  ebenfalls  einfache 
Lichtflammen,  welche,  wie  bei  den  WEISSBACH  schen  Tellern  (§  103  Fig.  149), 
infolge  der  Einrichtung  der  Untersatze  ohne  weiteres  zentrisch  aufgestellt 
werden  konnen,  als  Zielpunkte. 

Meistens  werden  besondere  Signale  benutzt,  welche  denselben  FuB  und 
dieselbe  Aufstellungsvorrichtung  besitzen,  wie  der  Theodolit.  Der  Zielpunkt 


DEE  THEODOLIT. 


153 


1st  auf  einer  Platte  aus  Metall  oder  aus  Milchglas  angebracht  und  befindet 
sich  in  dem  Mittelpunkte  einer  regelmaBigen  Figur,  welche  aus  dem  Metall 
ausgeschnitten  oder  auf  das  Glas  mit  schwarzer  Farbe  aufgetragen  ist 
(vergl.  Fig.  150  Seite  146).  Diese  Platte  wird  von  hinten  mit  einem  Lichte 
beleuchtet,  welches  moglichst  vor  Luftzug  geschiitzt  werden  muB,  weil  bei 
flackernder  und  schwankender  Flamme  die  Starke  der  Beleuchtung  wechselt 
und  demzufolge  die  Einstellung  des  Fadenkreuzes  erschwert  wird. 


Fig.  158.     WEISSBACHS 
Hangelampen. 


Fig.  159.    Signal  zur  Freiberger 
Theodolitaufstellung. 


AuBerdem  sind  diese  den  Zielpunkt  enthaltenden  Flatten  zum  Kippen 
um  eine  durch  den  Zielpunkt  gehende  Achse  eingerichtet  und  mit  einem 
kleinen  Fernrohr  verseben,  damit  bei  geneigten  Yisuren  das  Signal  senk- 
recbt  zur  Yisur  gestellt  werden  kann  und  daher  unverkiirzt  im  Fernrohr 
gesehen  wird. 

Als  Beispiel  ist  in  Fig.  159  das  Signal  zur  Freiberger  Aufstellung  mit 
Weglassung  des  Leuchtzeuges  abgebildet. 


154 


SIEBENTES  KAPITEL. 


108.  In  stark   geneigten  Strecken   und   in  tonnlagigen  Schachten,    wo  die 

Signale  unter  groBen  Elevations-  oder  Depressionswinkeln  gesehen  werden, 
tritt  aber  leicht  der  tTbelstand  ein,  daB  die  Beleuchtung 
der  Signalplatten  Schwierigkeit  macht  und  daB  bei  aufwarts 
gerichteterVisierlinie  derFuB  des  Signals  den  Zielpunkt  deckt. 
Bei  derartigen  Messungen  sind  deshalb  besondere  Signale 
anzuwenden. 

BOECHEES  (Praktische  Markscheidekunst,  Seite  119 — 124) 
wendet  Signallampen  an,  deren  Form  aus  Fig.  160  .zu  ersehen 
ist.  Diese  Lampen  werden  in  Verbindung  mit  dem  in  §  99 
beschriebenen  Armen  nebst  Zentriervorrichtung  derartig 
benutzt,  da6  sie  in  die  niit  entsprechendem  Ansatz  a  (Fig.  161) 
versehene  kreisruude  Offnung  eingesetzt  werden.  Die  Flamme 
befindet  sich  dann  genau  im  Mittelpunkte  der  Offnung  und 
auch  der  Standplatte. 

Fiir  den  Fall,  daB  die  Neigung  der  Visierlinie  so  gering  wird,  daB  die 
Kopfplatte  das  Signallicht  deckt,  so  ist  eine  zweite  Lampe  bereit  zu  halten, 
deren  Benutzung  da  beginnt,  wo  die  der  ersteren  aufkb'rt  (Fig.  161). 


Fig.  160. 

Signallampe  von 

BORCHERS. 


Fig.  161.     Arm  und  Zentriervorrichtung  von  BORCHERS  mit  Signal. 

Um  das  gleichmaBige  Brennen  der  Signallampen  zu  befordern,  sind 
dieselben  mit  Regulatoren  versehen,  deren  Konstruktion  und  Wirkungs- 
weise  aus  der  Fig.  162  zu  erkennen  ist. 


DEE  THEODOLIT. 


155 


Die  Flamme  wird  vor  dem  Wetterzuge  geschiitzt  durch  eine  cylin- 
drische  Hiille  von  diinner  Pappe,  auf  welche,  wenn  der  Luftzug  von  oben 
nach  unten  geht,  ein  reines  (jlim- 
merblatt  gelegt  wird.  Hat  der 
Wetterzug  eine  umgekehrte  Rich- 
tung,  so  ist  der  freie  Raum  neben 
der  Signallampe  durch  eine  pas- 
sende  Platte  aus  Glas  zu  ver- 
decken. 

BOECHEES  hat  seine  in  jeder 
Beziehung  bedeutenden  Schacht- 
messungen  mit  diesen  Signal- 
lamp  en  ausgefiihrt  und  dadurch 
denselben  das  beste  Zeugnis  ihrer 
Brauchbarkeit  ausgestellt. 


Der  Markscheider  CHOULANT 
beschreibt  im  Jahrgange  1872  der 
Berg-  und  Hiittemn.  Zeitung, 
Nr.  15,  einen  auf  dem  Prinzip  des 
Heliotropen  beruhenden  Signal- 
apparat,  von  ihm  Phototrop  ge- 
nannt,  der  in  seiner  Konstruktion 
die  Eigentiimlichkeiten  des  BEE- 
TEAM  schen  und  STEINHEIL  schen 
Heliotropen  in  sich  vereinigt. 

Durch  eine  Holzschraube  und 
verschiedene  Achsen-  und  Zapfen- 
bewegungen  laBt  sich  der  Apparat 
so  anbringen,  dafi  der  Mittelpunkt 
des  Spiegels  S  (Fig.  163)  sich 
lotrecht  unter  dem  Winkelpunkte  * 
befindet.  Ferner  wird  .mit  Hilfe 
des  an  dem  beweglichen  Arme  A 
sitzenden  und  in  einem  besonderen 
Gelenke  G  verdrehbaren  Diopter- 
rohres  R  und  mit  Hilfe  des  von 
der  Belegung  befreiten  Mittel- 
punktes  des  Spiegels  die  Flache 
desselben  rechtwinkelig  zur  Yisier- 
ebene  gestellt. 

Die  den  Spiegel  beleuchtende 
Grubenlampe  erhalt  einen  solchen 


§109. 


Fig.  162. 


Olregulator  an  der  BOKCHERS  schen 
Signallampe. 


Fig.  163.     CHOULANTS  Phototrop. 


156 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Platz,  daB  die  Lichtstrahlen  von  dem  erforderlichen  Falles  etwas  zu  kip- 
penden  Spiegel  in  das  feststehende  Diopterrohr  und  nach  Wegnahme  des 
letzteren  in  die  Richtung  auf  den  Theodoliten  geworfen  werden. 

Das  Diopterrohr  ist  zum  besseren  Erkennen  der  richtigen  Reflexion 
der  Strahlen  mit  einem  umlegbaren  Deckel  zu  verschlieBen,  dessen  Innen- 
seite  mit  Spiegelglas  bekleidet  ist. 

CHOULANT  giebt  an,  daB  der  von  der  Belegung  befreite  Mittelpunkt 
des  beleuchteten  Spiegels  dunkel  erscheint  und  auf  Entfernungen  bis  zu 
80  und  100  Meter  noch  sehr  gut  zur  Einstellung  des  Fadenkreuzes  be- 
nutzt  werden  kann. 

Bei  groBeren  Entfernungen  ist  der  Spiegel  selbst  anzuvisieren.  Da 
aber  der  hellste  Punkt  des  Spiegels  wegen  der  seitlichen  Stellung  der 
Lampe  nicht  in  der  Mitte  liegt  und  zu  falschen  Visuren  Veranlassung 
geben  kann,  so  ist  vor  die  Flamme  ein  Porzellantafelchen  zu  halten,  um 
dadurch  eine  gleichmaBige  Beleuchtung  des  Spiegels  hervorzubringen. 

Der  Signalapparat  kann  in  horizontalen  und  in  geneigten  Gruben- 
raumen  mit  gutem  Erfolge  verwendet  werden,  hat  aber  trotzdem  aus  nahe- 
liegenden  Griinden  wenig  Verbreitung  gefunden. 


110.  Weit   einfacher   und   handlicher   ist   der  vom  verstorbenen  Professor 

VIERTEL  vorgeschlagene  und  im  ,,Zivilingenieur"  1878,  Seite  595,  beschrie- 
bene  Signalapparat. 


Fig.  164 a  u.  b.     Grubensignal  von  VIERTEL,. 

Fig.  164  giebt  eine  schematische  Zeichnung  desselben. 

Eine  mit  messingener  Fassung  umgebene  Sammellinse  L  ist  um  eine 
seitlich  angebrachte  horizontal  Achse  A  drehbar.  Mit  dieser  Fassung  ist 
an  der  hinteren  Seite  der  Linse  ein  Spiegel  S  in  einer  solchen  Lage  und 
Neigung  gegen  die  Linse  angebracht.  daB  die  Strahlen  eines  neben  der 
Linse  in  der  Richtung  der  Drehachse  stehenden  Lichtes  /  immer  derartig 


DER  THEODOLIT. 


157 


auf  die  Linse  zuriickgeworfen  werden,  als  wenn  sie  aus  dem  Brennpunkte 
der  Linse  kamen.  Nach  dem  Durchgange  durch  die  Linse  werden  die 
Strahlen  unter  sich  parallel  fortgehen.  An  der  horizontalen  Achse  der  Linse  ist 
ein  kleines  Diopterlineal  D  befestigt,  mit  dessen  Hilfe,  unter  Mitwirkung 
einer  vertikalen  Drehachse  V,  man  leicht  die  Linse  rechtwinkelig  gegen 
die  optische  Achse  des  Theodolitfernrohres  fiir  jede  Neigung  und  Richtung 
desselben  stellen  kann. 

Das  hier durch  hervorgebrachte  Lichtsignal  ist  stets  kreisformig  und 
gleichmaBig   beleuchtet.     Bei   zu   kurzen   Entfernungen   kann   man   durch 
farbiges      Planglas 
das  Licht  abschwa- 
chenund  den  Durch- 

x 

messer  durch   eine 
aufgelegte    Papier- 

oder  Metallblen- 
dung  einschranken. 

Das  Licht  und 
der  groBte  Teil  des 
ganzen  Apparates 
ist  zum  Schutz  ge- 
gen Wetterzug  und 

Tropfwasser   mit 
einer  Blechhulle  zu 
umgeben,  inwelcher 

ein  gebrochener 
Schornstein  einge- 
setzt  ist.  AuBerdem 
ist  der  Apparat  mit 
einer  Vorrichtung 
zur  zentrischen  Auf- 
stellung  zu  versehen. 

Das  VIERTEL- 
sche  Signal  hat  zwar 
bis  jetzt  wenig  Ver- 
breitung  gefunden,  verdient  aber  Beachtung. 

Es  wird  z.  B.  zu  Messungen  in  tonnlagigen  Schachten  in  Yerbindung 
mit  den  BOECHERS  schen  Armen  leicht  anwendbar  zu  machen  sein. 

Die  Drehung  um  die  vertikale  Achse  ist  in  diesem  Falle  durch  einen 
zweckmaBig  angebrachten  Ring  R  zu  vermitteln,  der  sich  auf  den  Ansatz 
a  (Fig.  165)  in  der  zentrischen  Durchbohrung  der  Standplatte  auflegt  und 
darauf  drehbar  ist. 

Die  Durchbohrung  der  Standplatte  nmBte  allerdings  etwas  groBer  sein, 
als  fiir  die  BoRCHERschen  Signallampen  (siehe  §  108,  Fig.  160). 


Fig.  165a  u.  b. 


Verbindung  des  VIERTEL schen  Signals  mit  den 
BORCHERS schen  Armen. 


158  SIKBENTES  KAPITEL. 


111.  Die  naheliegende  Frage,  welche  Aufstellung  und  welche  Zentrierung 

des  Theodoliten  vor  alien  anderen  den  Yorzug  verdient,  ist  wegen  des 
innigen  Zusammenhanges  dieser  Arbeit  mit  der  ganzen  Methode  des 
Messens  zugleich  auf  letztere  auszudehnen. 

Diese  Frage  wird  sich  aber  nur  unter  jedesmaliger  Beriicksichtigung 
der  Verhaltnisse  in  den  aufzunehmenden  Grubenraumen,  also  nicht  aus- 
schlieBlich  zu  gunsten  einer  Methode  beantworten  lassen. 

Man  kann  nur  den  einen  Hauptgrundsatz  aufstellen,  da6  der  Mark- 
scheider  nicht  starr  an  einer  Methode  festhalten  darf,  sondern  je  nach 
Bedurfnis  und  ZweckmaBigkeit  die  eine  oder  die  andere  anwenden  soil, 
aber  dabei  bestrebt  sein  muB,  mit  moglichst  einfachen  und  wenigen  Hilfs- 
apparaten  auszukommen  und  alles  iiberfliissige  und  beschwerliche  Beiwerk 
zu  vermeiden. 

Als  Yorteil  und  Nachteil  der  einzelnen  Methoden  laBt  sich  ungefahr 
folgendes  anfiihren: 

Das  Verfahren  mit  fixierten  Winkelpunkten  gestattet  ein 
Trennen  der  Messung  von  Winkeln  und  Langen  und  die  Signale  sind  die 
denkbar  einfachsten  (Lot,  ein  Stuck  geoltes  Papier  und  die  gewohnliche 
Grubenlampe).  Die  Fixierung  samtlicher  Winkelpunkte,  namentlich  bei 
festem  Gestein,  giebt  der  ganzen  Messung  einen  dauernden  Wert  und  macht 
die  Wiederholung  und  Prufung  der  Arbeit  im  einzelnen,  sowie  den  An- 
schluB  spaterer  Messungen  leicht  moglich,  auch  wenn  einzelne  Punkte 
verloren  gehen  sollten. l 

Das  Stativ,  Arme  und  auch  Spreizen  lassen  sich  dabei  verwenden. 

Das  trigonometrische  Nivellieren  kann  mit  Hilfe  der  BoECHEESschen 
Zielvorrichtung  sehr  leicht  damit  verbunden  werden. 

Dagegen  erfordert  das  Fixieren  der  Winkelpunkte  im  festen  Gesteine 
Muhe  und  Zeit  und  das  Zentrieren  des  Theodoliten  ist  zuweilen  schwierig. 

Das  Messen  mit  verlorenen  Winkelpunkten  laBt  ein  schnelles 
Arbeiten  zu,  da  das  Fixieren  der  Winkelpunkte  bis  auf  die  SchluBpunkte 
wegfallt  und  das  Aufstellen  und  Zentrieren  des  Theodoliten  keinen  Zeit- 
aufwand  beansprucht. 

Dem  gegentiber  sind  folgende  Nachteile  anzufuhren: 

Der  AnschluB  an  spatere  Messungen  ist  auf  die  Erhaltung  der  wenigen 
SchluBzeichen  beschrankt. 

Das  Messen  der  Wlnkel  und  Langen  kann  nicht  getrennt,  sondern 
muB  abwechselnd  hintereinander  vorgenommen  werden.  Der  Markscheider 
ist  demnach  gezwungen,  die  Apparate  fur  das  Langenmessen  gleich  mit- 
zufiihren. 


1  So  sind  z.  B.  die  festen  Zeichen,  welche  BOUCHERS  bei  seinen  Messungen  behufs 
der  Durchschlagsangaben  des  Ernst- Auguststollens  vor  ca.  25  Jahren  schlagen  lieB,  zum 
grofien  Teil  noch  erhalten  und  sind  bei  dem  jetzt  begonnenen  Werk:.  ,,Die  Um- 
arbeitung  der  Oberharzer  Grubenrisse"  von  grofiem  Nutzen  gewesen. 


DER  THEODOLIT.  159 


AuBerdem  ist  beim  Langenmessen  mit  besonderer  Aufmerksamkeit 
darauf  zu  achten,  daB  kein  Winkelpunkt  verriickt  wird,  well  sonst  ieicht 
die  ganze  friihere  Messung  verloren  gehen  kann.  Wircl  mit  drei  Stativen 
gearbeitet,  so  sind  die  Winkelpunkte  entweder  auf  die  Sohle  oder  in  die 
Firste  durch  Lotung  zu  iibertragen. 

Spreizen  geben  zum  Befestigen  der  MeBschniire  den  sichersten  Halt, 
haben  aber,  wenn  sie  zugleich  zur  Aufstellung  des  Theodoliten  dienen,  den 
Nachteil,  daB  der  Markscheider  beim  jedesmaligen  Stellungswechsel  ent- 
weder iiber  sie  hinwegschreiten  oder  unter  ihr  durchkriechen  muB. 

Werden  Arnie  oder  Spreizen  mit  den  Schraubenspindeln  der  Frei- 
berger  Aufstellung  benutzt,  an  welchen  die  MeBschnur  oder  das  MeBband 
befestigt  werden ,  so  ist  die  G-efahr  nicht  ausgescblossen ,  daB  durch  den 
starken  an  dem  Hebelarm  der  Spreizenschraube  wirkenden  Zug,  mit 
clem  das  MeBband  straff  gespannt  werden  muB,  ein  Verdrehen  des  Armes 
oder  der  Spreize  herbeigefiihrt  wird.  Bei  Pracisionsmessungen  erscheint 
es  wenigstens  gewagt,  auf  dieselbe  Schraubenspindel,  welche  einem  solchen 
Zug  des  MeBbandes  ausgesetzt  war,  den  Theodoliten  behufs  genauer  Winkel- 
messung  zu  setzen. 

Es  bleibt  also  nichts  weiter  iibrig,  als  die  Winkelpunkte  in  die  Firste 
durch  Lotung  zu  iibertragen,  oder  statt  drei  solcher  Aufstellungsvorrichtungen 
der  en  sechs  anzuwenden. 

SchlieBlich  ist  noch  als  Nachteil  dieser  Methode  anzufuhren,  daB  die 
hierbei  angewendeten  Signale  sehr  teuer  und  sehr  umfangreich  sind,  so  daB 
sie  zur  Yermehrung  der  beim  Messen  mitzufuhrenden  Hilfsapparate  sehr 
erheblich  beitragen. 

Es  erscheint  in  der  That  zweifelhaft,  ob  die  Kosten  und  die  vermehrte 
Miihe  beim  Transport  solcher  schwerfalliger  Signale,  deren  FiiBe  und  Unter- 
satze  denen  des  Theodoliten  gleichen  und  deren  Zielpunkte  die  gleiche  Hohe 
wie  die  der  Fernrohrdrehachse  haben,  mit  den  dadurch  zu  erreichenden 
Vorteilen  im  Verhaltnis  stehen. 

Man  will  mit  Hilfe  dieser  Signale  den  Gradbogen  entbehrlich  machen 
indem  man  den  Neigungswinkel  der  Visierlinien  in  zwei  Aufstellungen,  also 
sehr  genau,  ermittelt  und  denselben  zur  Berechnung  von  Sohle  und  Seiger- 
teufe  benutzt,  wenn  die  Lange  der  geneigten Yisierlinie  unmittelbar  ge- 
messen  wird.  (Yergl.  §  68  das  trigonometrische  Nivellieren.) 

Das  unmittelbare  Messen  der  geneigten  Yisierlinie  ist  aber  nur  bis  zu 
Entfernungen  von  hochstens  30  m  genau  auszufiihren.  Bei  langeren  Stations- 
linien  muB  deren  Lange  stiickweise  unter  Zuhilfenahme  von  Spreizen  ge- 
messen  werden. 

Diese  Spreizen  in  eine  solche  Lage  zu  bringen,  daB  die  einzelnen  Schnur- 
stiicke  eine  gerade  Linie  bilden  (vergl.  Fig.  28  S.  25),  kostet  viel  Zeit  und  Miihe 
und  man  wird  viel  besser  thun,  die  Lange  in  gebrochener  Linie  mit  Anwendung 
des  Gradbogens  zu  ermitteln,  welches  Instrument  unter  gewohnlichen  Yer- 
haltnissen  zur  Berechnung  der  So  hi  en  hinreichend  genaue  Resultate  liefert. 


160  SIEBENTES  KAPITEL. 


Hiernach  konnen  die  in  Frage  kommenden  Signale  nur  bei  Stations- 
linien  von  ungefahr  30  m  Lange  mit  den  beabsichtigten  Nutzen  angewendet 
werden.  Da  aber  die  Winkelinessung  niit  clem  Theodoliten  um  so  genauer 
ausfallt,  je  langer  die  Yisuren  genommen  werden,  so  ist  nicht  recht  ein- 
zusehen ,  warum  man  den  teuren  und  schwerfalligen  Signalen  zu  Liebe 
einen  so  groBcn  Vorteil  aufgeben  soil,  namentlich  da  man  das,  was  mit 
Hilfe  dieser  Signale  erreicht  wird,  auf  bequemere  Weise  in  geniigender 
Scharfe  erhalten  kann. 

Beobachtet  man  namlich  nicht  auf  jedem  Winkelpunkte,  sondern  nur 
abwechselnd  die  Neigungswinkel,  so  erhalt  man  denselben  zur  Berechnung 
der  Seigerteufen  hinreichend  genau,  wenn  man  bedenkt,  daB  die  durch 
das  trigonometrische  Nivellement  gewonnenen  Resultate  doch  nicht  fur 
genaue  markscheiderische  Angaben  verwandt  werden  konnen,  sondern  daB 
in  diesem  Falle  stets  zum  Luftblasenniveau  gegriffen  wird  (vergl.  §  68). 

Zu  dem  einmaligen  Messen  des  Hohenwinkels  geniigen  einfachere  Sig- 
nale, welche  auch  in  steil  fallenden  Strecken  und  Schachten,  wo  jene  ganz 
den  Dienst  versagen,  ebenfalls  benutzt  werden  konnen. 


§  112.  Das  Messen  mit  dem  Theodoliten  in  tonnlagigen  Schachten.  —  Die 

Messungen  in  tonnlagigen  Schachten  sind  nach  der  von  BOCRHERS  durch 
seine  Pracisionsmessungen  erprobten  Methode  auszufiihren,  welcher  er  in 
seiner  praktischen  Markscheidekunst  S.  130 — 140  ausfiihrlich  beschreibt. 

Indem  auf  das  genannte  Buch  verwiesen  wird,  soil  hier  nur  das  Wich- 
tigste  hervorgehoben  werden. 

BORCHERS  wendet  einen  kleinen  Theodoliten  mit  exzentrischem  Eern- 
rohre  an.  Die  kleinere  Form  ist  gewahlt,  weil  hiermit  der  beschrankte  Raum 
in  Schachten  besser  ausgenutzt  wird  und  auch  der  Transport  des  kleineren 
Instrumentes  leichter  ist. 

Es  kann  jedoch  jeder  Theodolit  mit  exzentrischem  Fernrohre  Ver- 
wendung  finden. 

Die  Aufstellung  des  Theodoliten  erfolgt  auf  Armen,  die  nebst  Zentrier- 
und  Signalvorrichtung  bereits  beschrieben  sind.  §  100.  Fig.  148. 

Das  unmittelbare  Anvisieren  des  unteren  Signals  ist  stets  unbequeni 
auszufiihren,  wahrend  dieYisur  von  unten  nach  oben,  namentlich  dasAuf- 
suchen  des  Lichtsignals  mit  dem  Fernrohr  schwierig  ist. 

Man  bedient  sich  zur  Erleichterung  eines  Prismenokulars.  wodurch  die 
Visierlinie  um  90  Grad  gebrochen  wird  und  das  Auge  in  bequemer  Stellung 
des  Korpers  in  die  Visierlinie  gebracht  werden  kann,  Fig.  131  Seite  119. 
Das  Auffinden  des  Signals  ist  durch  das  Prisma  aber  noch  mehr  erschwert. 
Man  muB  daher,  nachdem  zum  erstenmale  das  Fadenkreuz  auf  das  Signal 
eingestellt  worden  war,  durch  genaue  Abmessungen  von  festen  Punkten 
nach  den  Fernrohrtragern  und  dem  Okular  sich  die  leichte  Wiederholung 
des  Einstellens  auf  das  obere  Signal  sichern. 


DEE  THEODOLIT. 


161 


Fig.  166.     Der  kunstliche  Horizont. 


Ein  Mittel,  das  unmittelbare  Visieren  nach  oben  zu  umgehen,  bietet 
der  kiinstliche  Horizont,  indem  man  das  sich  in  demselben  spiegelnde  Bild 
der  oberen  Lichtflamme  anvisiert. 

Dieses  Spiegelbild  liegt  mit  dem  Signale  und  dem  Fernrohre  des  Theo- 
doliten  in  einer  Vertikalebene  und  wird  unter  einem  Depressionswinkel  a 
gesehen,  der  dem  Elevationswinkel  ft  am 
Reflexionspunkte  gleich  ist  (Fig.  166). 

Man  verwandelt  demnach  eine  auf- 
warts  gerichtete  Visierlinie  in  die  bequemere 
abwarts  gerichtete  und  hat  nicht  notig, 
das  Fernrohr  beim  LTberfiihren  desselben 
aus  einem  Winkelschenkel  in  den  anderen 
zu  kippen,  wie  es  beim  unmittelbaren  An- 
visieren  des  oberen  und  unteren  Signals 
in  bedeutendem  MaBe  gesche^en  muB. 

Der  kunstliche  Horizont  wird  in  einer 
kleinen  messingenen  Dose,  deren  Stiel 
zwischen  den  Kopfplatten  am  Arme  mittels 
Holzkeile  befestigt  werden  kann,  mit  Hilfe 
von  Ol,  dem  etwas  KienruB  beigemengt 
ist,  hergestellt.  Der  Rand  der  Dose  ist 
etwas  schrag  abgeschnitten.,  weil  zur  Ab- 
haltung  des  Wetterzuges  ein  reines  Glimmerblatt  iiber  den  Horizont  ge- 
deckt  und  das  darin  sich  zeigende  Spiegelbild  unschadlich  fur  die  Visur 
gemacht  werden  muB.  Durch  das  Glimmerblatt  findet  nach  den  Beobach- 
tungen  von  BORCHERS  keine  Ablenkung  des  Strahles  statt. 

Der  kunstliche  Horizont  wird  bei  dem  Messen  der  Horizontal-  und 
Vertikalwinkel  benutzt. 

Das  eigentliche  Verfahren  wird  am  besten  an  der  Figur  167  erlautert. 

Die  Winkelpunkte  sind  die  in  den  Zentriervorrichtungen  sitzenden 
Signallampen  A,  B,  C.  Der  Winkel,  welchen  die  Horizontalprojektionen 
der  beiden  Schenkel  BA  und  B  C  miteinander  einschlieBen,  und  die  beiden 
Langen  Bf  und  1C  sollen  ermittelt  werden. 

In  jeder  Aufstellung  des  Theodoliten  sind  auBer  der  eigentlichen 
Winkelmessung  folgende  Arbeiten  zu  erledigen. 

Mittels  des  Hohenkreises  sind  die  Punkte  I,  II,  III  u.  s.  w.  in  gleicher 
Hohe  mit  der  Fernrohrdrehachse  an  dem  SchachtstoBe  zu  bestimmen  und 
zu  fixieren ;  ferner  ist  der  Abstand  der  Fernrohrdrehachse  von  dem  Licht- 
signale  iB  =  ef  und  oC  =  kl  und  auch  von  dem  Spiegel  des  kiinstlichen 
Horizontes  eg  und  km  zu  messen. 

Das  Messen  des  Horizontalwinkels  erfolgt  durch  mehrmalige  Repe- 
tition in  beiden  Lagen  des  Fernrohres  und  daran  schlieBt  sich  die  Messung 
des  Elevations-  und  Depressionswinkels,  ebenfalls  in  beiden  Lagen. 

Bei   der   Messung   der   Depressionswinkel   a   und  y   visiert   man   die 

BBATHUHN,  Markscheidekunst.  1 1 


162 


SIEBENTES  KAPITEL. 


Flamme  des  unteren  Signals  unmittelbar  an,  wahrend  man  behufs  Messung 
des  Elevationswinkels  das  Fadenkreuz  auf  das  Spiegelbild  des  oberen  Signals 


Fig.  167.     Theodolitmessungen  in  tonnlagigen  Schachten. 


DEE  THEODOLIT. 


163 


im  kiinstlichen  Horizon!  einstellt  und  dadurch  in  den  Stellungen  des  Theo- 
doliten  auf  B  und  C  die  Winkel  ft  =  ft*,  bez.  8=3*  mifit. 

Am  SchluB  werden  mit  Hilfe  des  MaBgestanges  die  seigeren  Abstande 
der  Punkte  I,  II,  III  u.  s.  w.  genau  ermittelt,  und  damit  sind  alle  Unter- 
lagen  gegeben,  um  die  Projektionen  der 
Winkelschenkel  BA  und  BCzu  berechnen. 

Dies  geschieht  bei  jeder  einzelnen 
Projektion  auf  zwei  verschiedenen  Wegen. 
Bf  wird  einmal  aus  dem  Winkel  u  und 
der  Kathete  df  des  rechtwinkeligen 
Dreiecks  dfB  berechnet,  das  zweite  Mai 
aus  den  Stiicken  gh  und  h  B  (der  Punkt 
B'  ist  in  der  Figur  weggelassen ;  er  liegt 
senkrecht  um  eine  Lange  gleichjf^  unter 
B,  in  gleicher  Hohe  mit  der  Oberflache 
des  kiinstlichen  Horizontes). 

Die  Lange  gh  wird  aus  der  Kathete 
Ag  und  dem  Winkel  ft  des  rechtwinke- 
ligen Dreiecks  Agh  und  hB'  aus  iB'  =  eg 
und  dem  Winkel  ft  berechnet. 

Wird  der  kiinstliche  Horizont  nicht 
angewandt,  Fig.  168,  so  erfolgt  die  Be- 
rechnung  der  Projektionen  Bf  des  Winkel- 
schenkels  BA  einmal  aus  der  Kathete  df 
und  dem  Winkel  #,  das  andere  Mai  aus 
dem  Winkel  ft  und  der  Kathete  Ae. 

Bei  dem  Messen  der  Hohenwinkel  mittels  des  exzentrischen  Fernrohres 
ist  iibrigens  das  zu  berucksichtigen,  was  hieriiber  in  §  95  gesagt  worden 
ist  (vergl.  Fig.  140). 


Fig.  168. 


Achtes  Kapitel. 
Die  Ausfuhrmig  yon  Markscheiderztlgen. 

Die   eigentlichen  Markscheiderarbeiten  kann  man  einteilen  in  solche,   §  113, 
welche  lediglich  die  riBliche  Darstellung  der  Grubenraume  zum  Zweck 
haben,  und  in  sogenannte  Durchschlagsziige. 

Diese  letzteren  Ziige  werden  ausgefiihrt  zur  Angabe  wichtiger  berg- 
mannischer  Anlagen  und  Betriebseinrichtungen,  z.  B.  behufs  Zusammen- 
fiihrung  der  Gegenorter  von  Stollen  und  Strecken,  ferner  behufs  tFbertragung 
eines  Tagepunktes  in  die  Grube  oder  eines  Punktes  der  hoheren  Sohle  in 
die  tiefere  und  umgekehrt.  Die  zuletzt  genannte  Aufgabe  hat  meistens 

11* 


164  ACHTES  KAPITEL. 

die  Angabe  eines  Schachtes  zum  Zweck,  der  entweder  nur  von  der  Tages- 
oberflache  aus  oder  in  mehreren  tibereinanderliegenden  Sohlen  in  Angriff 
genommen  werden  soil. 

AuBerdem  rechnet  man  hinzu  die  Bestimmung  solcher  Grenzen,  welche 
der  Grubenbau  nicht  iiberschreiten  darf,  namentlich  die  Sicherheitspfeiler 
an  der  Feldesgrenze,  sowie  den  zum  Schutz  von  Hausern,  StraBen,  Eisen- 
bahnen  und  dergleichen. 

Die  Aufnahme  aller  der  genannten  Gegenstande  auf  der  Tagesober- 
flache,  sowie  iiberhaupt  der  baulichen  Anlagen,  welche  der  bergmannische 
Betrieb  erheischt,  und  die  Bestimmung  ihrer  Lage  gegen  die  Grubenbaue 
gehort  ebenfalls  zu  den  Aufgaben  des  Markscheiders. 

In  gleicher  Weise  muB  letzterer  alle  Feldmesser-  und  Ingenieur- 
arbeiten,  z,  B.  Vermessung  von  ganzen  Gemarkungen,  die  Projektierung  von 
StraBen,  Eisenbahnen,  Wasserlaufen,  Wehr-  und  Stauanlagen,  die  Kubizierung 
von  Hohlraumen  und  Korpern,  von  Teichen,  Halden  u.  dergl.  ausfuhren 
konnen,  aber  an  dieser  Stelle  werden  derartige  Aufgaben  nicht  beriick- 
sichtigt  werden,  da  dies  Buch  nur  die  Besprechung  der  eigentlichen  Mark- 
scheiderarbeiten  bezweckt. 


114.  Vor  Beginn  einer  groBeren  markscheiderischen  Arbeit  muB  es  die  erste 

Sorge  des  Markscheiders  sein,  iiber  das  Grubenfeld,  sobald  es  eine  gewisse 
Ausdehnung  erreicht,  ein  richtiges,  womoglich  nach  einem  bestimmten 
Meridian  orientiertes  Dreiecksnetz  zu  legen  und  sicher  zu  versteinen. 

Der  Nutzen  eines  solchen  Netzes  ist  nicht  blofi  ein  augenblicklicher, 
sondern  auch  ein  dauernder. 

Mit  dem  Netze  wird  namlich  die  Lage  aller  vorhandenen  Stollen  und 
Schachte  genau  bestimmt  und  dieser  Umstand  verleiht  der  daran  an- 
schlieBenden  Grubenvermessung  um  so  groBere  Sicherheit,  je  mehr  solcher 
Verbindungen  vorhanden  sind.  Sodann  gewahren  die  einmal  festgelegten 
Dreieckspunkte  eine  groBe  Erleichterung  fiir  alle  spateren  markscheiderischen 
Angaben,  indem  die  Messungen  nur  von  jenen  versteinten  Punkten  aus- 
zugehen  brauchen. 

Ist  ein  solches  Dreiecksnetz  schon  fiir  ein  einzelnes  Grubenfeld  wiin- 
schenswert,  so  wird  es  fiir  einen  groBeren  Grubenkomplex,  wo  die  Inne- 
haltung  der  Grubenfeldsgrenzen  von  groBer  Wichtigkeit  ist,  zu  einer  Not- 
wendigkeit. 

Die  Aufgabe  jedoch,  iiber  groBere  Grubenkomplexe  ein  gutes  Dreiecks- 
netz zu  messen  und  zu  berechnen,  iibersteigt  die  Krafte  des  einzelnen 
Markscheiders  und  deshalb  ist  es  mit  Freuden  zu  begriiBen,  daB  im  Konig- 
reich  PreuBen  die  Triangulation  der  allgemeinen  Landesaufnahme  vorziiglich 
in  den  Bergbaudistrikten  zum  Teil  infolge  von  Vorstellungen  der  Konig- 
lichen  Bergbehorden  beschleunigt  und  bis  zu  den  Dreiecken  IV.  Ordnung 
ausgefiihrt  worclen  ist. 


DIE  AUSFUHBUNG  VON  MABKSCHEIDEKZUGEN.  165 

Die  Gegend  von  Saarbriicken,  der  Oberharz  und,  wo  es  am  wichtigsten 
1st,  der  groBe  westfalische  Bezirk  erfreuen  sich  bereits  der  Wohlthat  eines 
solchen  Dreiecksnetzes  und  die  iibrigeri  Bezirke  werden  derselben  ebenfalls 
bald  teilhaftig  werden. 

Es  ist  Sache  der  Markscheider,  den  AnschluB  an  diese  ausgezeichneten 
Grundlagen  zu  gewinnen.  Der  Wichtigkeit  der  Sache  wtirde  es  sogar  ent- 
sprechen,  wenn  bergpolizeiliche  Vorschriften  und  die  Geschaftsanweisungen 
der  Markscheider  diese  Bestrebungen  unterstiitzten. 

Die  bei  diesen  AnschluBmessungen  erforderlich  werdenden  Berechnun- 
gen,  namentlich  der  Fehlerausgleichungen  sind  fur  den  praktischen  Ge- 
brauch  in  ganz  vorziiglicher  und  ubersichtlicher  Weise  gegeben  in  dem 
Buche:  ,,Die  trigonometrischen  und  polygonometrischen  Rechnungen  in  der 
FeldmeBkunst.  Bearbeitet  von  F.  G.  GAUSS.  Konigl.  PreuB.  General- 
inspektor  des  Katasters." 

Dieses  Werk  ist  bei  derartigen  trigonometrischen  AnschluBarbeiten 
fur  den  Markscheider  unentbehrlich ;  die  samtlichen  darin  enthaltenen  Eor- 
meln  sind  klar  und  vollstandig,  so  daB  auch  ohne  groBe  Vorkenntnisse  das 
Buch  benutzt  werden  kann. 

Dasselbe  ist  auch  in  weiterer  Beziehung  sehr  inhaltsreich.  Es  be- 
riicksichtigt,  wie  der  Titel  sagt,  alle  Operationen  und  Rechnungen,  welche 
bei  trigonometrischen  und  polygonometrischen  Yermessungen  vorkommen 
konnen,  namentlich  ist  auch  eine  Anleitung  gegeben,  die  spharisch  recht- 
winkeligen  Koordinaten  zweier  Punkte  auf  der  Erdoberflache,  ihre  Ent- 
fernung,  den  Erdbogen  und  dessen  Azimut  aus  den  geographischen  Positionen 
und  umgekehrt  aus  ersteren  das  letztere  zu  berechnen.  Die  dazu  notigen 
Tabellen  iiber  die  Dimensionen  des  Erdspharoids  sind  in  dem  Anhange  dem 
GauBschen  Buche  beigefiigt. 

Yermag  der  Markscheider  seine  Punktenbestimmung  an  gegebene 
Punkte  nicht  anzuschlieBen,  so  ist  er  genotigt,  ein  unabhangiges  Dreiecks- 
netz  zu  bestimmen.  Dasselbe  wird  die  Ausdehnung  eines  Grubenfeldes  nicht 
uberschreiten. 

Wenn  die  Oberflachenverhaltnisse  es  gestatten,  so  iiberspanne  man  die 
ganze  zu  triangulierende  Flache  mit  einem  einzigen  groBen  moglichst  gleich- 
seitigen  Dreiecke.  An  dasselbe  schlieBe  man  die  kleineren  Dreiecke  an 
und  messe  samtliche  Winkel  und  die  Lange  zweier  Dreiecksseiten  genau. 

Diese  zu  messenden  Seiten  diirfen  nicht  zu  nahe  aneinanderliegen,  am 
besten  wahlt  man  sie  an  den  entgegeugesetzten  Seiten  des  ganzen  Dreiecks- 
netzes aus.  Aus  diesen  gemessenen  Seiten  und  den  Winkeln  leite  man 
einen  vorlaufigen  mittleren  Wert  fur  die  Koordinaten  der  Eckpunkte  des 
Hauptdreiecks  ab. 

Aus  diesen  vorlaufigen  Koordinaten  des  Hauptdreiecks  berechnet  man 
nach  den  Methoden  des  ,,Einsehneidens"  (siehe  GAUSS)  die  Koordinaten 
samtlicher  Dreieckspunkte  und  am  SchluB  auch  die  Langen  @  und  @x ,  der 
gemessenen  Dreiecksseiten.  Sind  S  und  ^  die  durch  Me'ssung  gefundenen 


166  ACHTES  KAPITEL. 


Langenzahlen  derselben,  welche  etwas  von  @  und  @j  abweichen,  so  ver- 
einige  man  die  beiden  Quotienten  ^  und  ^-l-  zu  einem  arithmetischen  Mittel  q 

1 

und  multipliziere  hiermit  die  vorlaufigen  Eoordinaten  der  samtlichen  Dreiecks- 
punkte. 

Bequemer  fuhrt  man  die  Berechnungen  aus,  wenn  man  nur  die  Ver- 
besserungen  ermittelt,  welche  den  vorlaufigen  Koordinaten  jx,  ja,  £3  .  .  . 
tyj,  t)2,  ty3  zuzufugen  sind,  um  die  definitiven  xlf  #2,  z3  .  .  .  y19  yz,  y3  zu 
erhalten. 

Dies  geschieht,  wenn  q  —  \  —  -^    1st,  nach  den  Fornieln: 

#2  =  ^2   +   ^  ~   1)  ^2  >  A'2   =  £2   +   (?  "    1)  £2 

etc.  etc. 

1st  es  nicht  ausfiihrbar,  das  Yermessungsgebiet  mit  einem  einzigen 
groBen  Dreiecke  zu  uberspannen,  so  wird  man  deren  zwei  oder  mehrere 
derselben  aneinanderreihen.  (siehe  GAUSS  S.  155). 

In  bergigem  Terrain  mit  tiefen  sich  krummenden  Thalern  kann  man 
auch  diese  Regeln  nicht  befolgen  und  muB  das  Dreiecksnetz  legen  so  gut 
es  gehen  will.  Hierbei  sind  haufig  ungiinstig  geformte  Dreiecke  mit  in 
den  Kauf  zu  nehmen. 

Auch  in  diesem  Falle  werden  die  Langen  zweier  Dreiecksseiten  ge- 
messen  und  auf  Grund  dieser  beiden  Langen  .und  der  Winkel  die  Koordi- 
naten aller  Dreieckspunkte  berechnet.  Bei  geringer  Differenz  der  beiden 
Werte  geniigt  in  den  meisten  Fallen  das  arithmetische  Mittel  aus  ihnen. 

Mit  Befolgung  dieser  einfachen  Methode  sind  von  BOECHERS  unter 
den  ungiinstigsten  Terrainverhaltnissen  doch  die  genauen  Resultate  bei  den 
Durchschlagsangaben  des  Ernst-August-Stollns  erzielt  worden. 

Die  Dreieckspunkte  sind  vor  der  Messung  mit  Steinen  zu  bezeichnen, 
welche  so  tief  unter  die  Oberflache  des  Erdbodens  zu  versenken  sind,  daB 
sie  vor  alien  Yerletzungen  und  Yerschiebungen  geschiitzt  sind.  Ich  habe 
circa  l/2  m  hohe  Steine  angewendet  mit  einer  behauenen  quadratischen 
Oberflache  von  20  cm  Seite,  in  deren  Mitte  ein  5  cm  tiefes  rundes  Loch 
zur  Aufnahme  der  Signalstange  gebohrt  war. 

In  sandigem  oder  weichem  Boden  wird  der  Punkt  noch  dadurch  ge- 
sichert,  daB  er  auf  einer  Steinplatte  bezeichnet  ist,  die  in  zweckmaBiger 
Tiefe  unter  dem  Lochsteine  versenkt  liegt. 

Wichtige  Polygonpunkte  werden  ebenfalls  mit  solchen  Lochsteinen 
bezeichnet;  weniger  wichtige  mit  l/2m  langen  10 — 15cm  starken  Pfahlen, 
in  deren  Mitte  nach  dem  Einschlagen  ein  Loch  gebohrt  wird. 

115.  Die  Wahl   der   Instrumente   und   Methoden   bei  den  einzelnen  mark- 

scheiderischen  Arbeiten  hat  der  Markscheider  nach  den  jedesmaligen  vor- 
liegenden  Yerhaltnissen  zu  treffen. 


DlE    AUSFUHEUNG   VON   MAEKSCHEIDEEZUGEN.  167 

Es  ware  ein  unniitzes  Bemuhen,  alle  einzelne  Falle  an  dieser  Stelle 
zu  besprechen. 

Im  allgemeinen  kann  man  den  Grundsatz  aufstellen,  daB  behufs 
risslicher  Darstellung  alle  Gruben,  in  denen  nur  wenig  Eisen  ver- 
wendet  wird,  namentlich  wenn  haufige  Verbindungen  mit  dem  Dreiecks- 
netze  iiber  Tage  vorhanden  sind ,  lediglich  mit  KompaB  und  Gradbogen 
vermessen  werden  konnen,  daB  dagegen  in  Gruben  von  grb'Berer  Ausdeh- 
nung, in  denen  eiserne  Schienengestange  liegen  und  zum  Grubenbau  Eisen 
verwendet  wird,  die  Hauptstrecken  und  Querschlage  mit  dem  Theodoliten 
und  dem  Luftblasenniveau  aufzunehmen  sind,  wahrend  bei  der  Yermessung 
der  Neben-  und  Abbaustrecken ,  sowie  solcher  Hauptstrecken,  die  sich  in 
mehreren  Punkten  an  das  mittels  des  Theodoliten  festgelegte  Polygon  an- 
schlieBen,  der  KompaB  event,  nach  einer  der  im  fiinften  Kapitel  beschrie- 
benen  Methoden  angewendet  werden  kann. 

Bei  Durchschlagsziigen  von  einiger  Ausdehnung  und  Wichtigkeit  1st 
dagegen  stets  der  Theodolit  mit  dem  Luftblasenniveau  zu  verwenden. 

Nicht  die  zunehmende  Tiefe  und  Ausdehnung  der  Gruben  haben  den  §  116. 
KompaB  verdrangt,  sondern  allein  das  in  der  Grube  verwendete  Eisen. 
Bei  Beriicksichtigung  der  Veranderungen  des  magnetischen  Meridians  und 
bei  richtiger  Methode  des  Zulegens  vermag  fur  die  rissliche  Dar- 
stellung der  KompaB  den  Wettstreit  mit  dem  Theodoliten  aufzunehmen. 
Mit  letzterem  ist  man  zwar  im  stande,  die  Brechungswinkel  eines  Poly- 
gons genau  zu  messen,  aber  da  die  zur  Berechnung  der  Koordinaten  er- 
forderlichen  Azimutalwinkel  der  einzelnen  Seiten  durch  succesive  Summie- 
rung  der  gemessenen  Polygonwinkel  abgeleitet  werden,  so  wird  eine  An- 
haufung  der  beim  Messen  der  Winkel  gemachten  Fehler  entstehen,  welche 
auf  das  Endresnltat  einen  schadlichen  mit  der  Lange  des  Zuges  proportional 
wachsenden  EinfluB  ausiibt. 

Bei  dem  Messen  mit  dem  KompaB  wird  das  Streichen  einer  jeden 
Linie  ganz  unabhangig  von  der  vorhergehenden  bestimmt  und  ein  darin 
begangener  Fehler  pflanzt  sich  parallel,  d.  h.  ohne  zu  wachsen,  fort. 

Die  Ablesegrenze  des  Kompasses  ist  auf  circa  fiinf  Minuten  anzu- 
nehmen  und  mit  jeder  einzelnen  Schnur  kann  ein  Fehler  bis  zu  dieser 
GroBe  gemacht  werden. 

Nach  den  gewonnenen  Erfahrungen  wiederholen  sich  diese  mog- 
lichen  Fehler  aber  nicht  in  derselben  Weise,  sondern  sie  fallen  bald  auf 
die  eine,  bald  auf  die  andere  Seite  und  heben  sich  dadurch  grb'Btenteils 
gegenseitig  auf. 

Die  Ausfiihrung  von  Ziigen   behufs   risslicher   Darstellung   der    §  117. 
Gruben raurne    haben    ganz    unabhangig    von    den    Instrumenten,    mit 
welchen  sie  ausgefiihrt  wurden,  sehr  viel  tFbereinstimmendes. 


168 


ACHTES  KAPITEL. 


Die  Beschreibung  solcher  Ziige  wird  deshalb  am  iibersichtlichsten 
ausfallen,  wenn  zunachst  ein  Zug  init  dem  gewohnlichen  Hangezeuge  aus- 
fiihrlich  besprochen  und  am  SchluB  cler  einzelnen  Abschnitte  nur  das  her- 
vorgehoben  wird,  worin  ein  Theodolitzug  davon  abweicht. 

Yor  Beginn  einer  jeden  markscheiderischen  Arbeit  sind  die  zu  ge- 
brauchenden  Instrumente  in  diesem  Falle :  HangekompaB,  Gradbogen,  Meter- 
kette  oder  die  MeBstabe  in  der  friiher  angegebenen  Weise  zu  priifen  und 
zu  berichtigen,  aufierdem  sind  mitzufiihren  ein  kleiner  MeBstab  (Schmiege), 
ein  oder  mehrere  Lote,  kleine  aus  Knochen  gefertigte  Yorstecker,  um 
KompaB  oder  Gradbogen  an  stark  geneigten  Schniiren  befestigen  zu  konnen, 
einige  Reservehaare  fiir  den  Gradbogen  und  etwas  Wachs. 

Im  Taschenbuche  ist  eine  entsprechende  Anzahl  von  Seiten  nach  dem 
folgenden  Formular  und  zwar  so  vorzurichten ,  daB  die  linke  Seite  das 
Formular  enthalt,  die  rechte  Seite  fiir  Skizzen  und  Bemerkungen 
frei  bleibt 

Formular  1. 


Nr. 

Zeichen 
von       bis 

J 
St.F. 

'feigung 
Gr.      Min. 

O.W. 

Streic 
St. 

aen 

i/ 

/8 

V../8 

Flache 
L'ange. 

Meter. 

Bemerkungen  und 
Skizzen. 

linke  Seite 


rechte  Seite 


Sodann  ist  stets  zuerst  das  Streicben  der  Orientierungslinie  ab- 
zunehmen  und  im  Taschenbuche,  nebst  der  Zeit  der  Beobachtung,  zu 
notieren. 


§  118.  Unter  der  Orientierungslinie  versteht  man  eine  Linie,  welche  in  der 

Nahe  der  Grube  durch  moglichst  unverriickbare  Gegenstande  wie  Steine, 
Kirchturme  und  dergl.,  dauernd  fixiert  ist  und  ein  Beobachten  ihres 
Streichens  mittels  des  Kompasses  im  Hangezeuge  und  als  FeldmeBinstru- 
ment  gestattet. 

Es  ist  wiinschenswert,  aber  nicht  absolut  notwendig,  das  Azimut  dieser 
Linie  zu  kennen. 

Ist  iiber  das  Grubenfeld  ein  Dreiecksnetz  gelegt,  so  ist  womoglich 
eine  Dreiecksseite  als  Orientierungslinie  zu  nehmen. 

Meistens  werden  zugleich  mehrere  solcher  Linien,  wenn  moglich  auch 
eine  in  den  Grubenraumen  selbst  fixiert,  von  denen  die  gegenseitige  Nei- 
gung  bekannt  sein  muB. 

Durch  die  Beobachtung  des  Streichens  der  Orientierungslinie  vor  jeder 


DlE   AUSFUHRUNG   VON   MARKSCHEIDERZUGEN.  169 

Arbeit  ist  der  Markscheider  durch  Vergleichung  mit  den  friiheren  Re- 
sultaten  auf  eine  sehr  einfache  Weise  in  der  Lage,  sich  von  der  Ver- 
anderung  der  Deklination  zu  iiberzeugen  und  diese  bei  seinen  Arbeiten  zu 
beriicksichtigen. 

AuBerdem  leistet  die  Orientierungslinie  wichtige  Dienste,  wenn  in  der- 
selben  Grube  verschiedene  Kompasse  benutzt  werden. 

Thatsachlich  wird  infolge  kleiner  Fehler  der  einzelnen  Instrumente  das 
Streichen  ein  und  derselben  Linie  mit  verschiedenen  Kompassen,  ebenso 
wie  mit  demselben  KompaB  einmal  im  Harigezeug,  das  andere  Mai  im 
FeldmeBinstrument  haufig  verschieden  gefunden. 

Durch  Beobachtung  der  Orientierungslinie  kann  die  Verschiedenheit 
der  Kompasse  in  bezug  auf  die  Angabe  des  Streichens  festgestellt  und  bei 
vorkommenden  Messungen  mit  diesen  verschiedenen  Kompassen  beriick- 
sichtigt  werden. 

Die  Zeit,  zu  welcher  die  Beobachtung  der  Orientierungslinie  erfolgt, 
ist  jedesmal  zu  notieren,  weil  dadurch  ein  Mittel  gegeben  ist,  die  Ein- 
wirkung  der  taglichen  Variation  bei  normalem  Verlauf  derselben  annahernd 
beurteilen  und  event,  ausscheiden  zu  konnen. 

Die  Orientierungslinie  ist  im  Vergleich  mit  anderen  nur  ein  rohes 
Mittel,  die  Einwirkungen  der  Deklination  und  ihrer  Variation,  sowie  die  von 
Einzelfehlern  der  Kompasse  auszuscheiden,  aber  bei  Benutzung  des  ein- 
fachen  Kompasses  behufs  Aufnahme  und  Zulage  von  Grubenrissen  ist  sie 
doch  von  nicht  zu  unterschatzender  Bedeutung. 


Der  eigentlichen  Grubenmessung  geht  bei  neu  aufgeschlossenen  dem  §  119, 
Markscheider  unbekannten  Feldern  eine  Befahrung  der  aufzunehmenden 
Raume  voraus.  Hat  die  Messurig  die  JSTachtragung  der  Grube  zum  Zweck, 
so  wird  der  Markscheider  eine  Pause  des  Kisses  von  den  bereits  ver- 
messenen  Grubenraumen  mit  sich  fuhren,  um  eine  Wiederholung  von  Messun- 
gen zu  vermeiden  und  um  die  AnschluBpunkte  (Markscheiderzeichen)  leicht 
zu  finden. 

Jeder  markscheiderischen  Aufnahme  wird  ein  Netz  von  Linien  zu  Grunde 
gelegt,  welche  bei  der  KompaBmessung  durch  Meterketten  oder  hanfene 
Schniire  gebildet  werden. 

Eine  solche  Linie  wird,  abgesehen  von  dem  Mittel,  womit  sie  hergestellt 
wurde,  eine  ,,Schnur"  genannt. 

Die  Ketten  oder  Schniire  spannt  man  mittelst  der  bekannten  Pfriemen 
oder  Schrauben  aus,  die  in  die  Zimmerung  der  StoBe  oder  der  Firste  be- 
festigt  werden. 

Die  Schniire  nimmt  man  nicht  iiber  zehn  Meter  lang,  sobald  aus  den 
Gradbogenbeobachtungen  und  der  flachen  Schnur  die  Seigerteufen  mit 
einiger  Genauigkeit  berechnet  werden  sollen.  Beabsichtigt  man  dies  nicht 
zu  thun,  so  konnen  die  Schniire  bis  zu  30  Meter  Lange  gespannt  werden. 


170  ACHTES  KAPITEL. 


Bei  Anwendung  der  hanfenen  Schnur  kann  man  mehrere  Schnurlinien 
hintereinander  gleichzeitig  spannen,  wahrend  man  bei  Anwendung  der  Meter- 
kette  immer  auf  eine  Schnur  beschrankt  bleibt. 

Bei  der  Legung  des  Netzes  wird  man  bestrebt  sein,  moglichst  viele 
geschlossene  Figuren  zu  erhalten,  weil  hierdurch  eine  Selbstpriifung  der 
Arbeit  geschaffen  wird. 

Wichtige  Endpunkte  dieser  Schniire,  namentlich  SchluBpunkte,  die  zum 
AnschluB  an  spatere  Ziige  dienen  sollen,  oder  solche,  von  denen  mehrere 
Schniire  ausgehen,  werden  durch  sogenannte  Markscheiderzeichen  in  der 
Zimmerung  oder  im  festen  Gestein  kenntlich  gemacht. 

Auf  dem  Oberharze  sind  nachstehende  Zeichen  im  Gebrauch: 


Fig.  169.     Markscheiderzeichen. 

Der  giiltige  Punkt  dieser  Zeichen  ist  hier  durch  einen  kleinen  Kreis 
hervorgehoben.  In  der  Grube  wird  an  dieser  Stelle  ein  Nagel  oder  eine 
Krampe  eingeschlagen. 

Sehr  zweckmaBig  ist  es,  an  diesen  Zeichen  selbst  oder  in  der  Nahe 
auf  eine  dauerhafte  Weise  die  Zeit  kenntlich  zu  machen,  zu  welcher  das 
betreffende  Zeichen  geschlagen  wurde. 

Im  festen  Grestein  kann  es  durch  Einhauen  der  Jahreszahl  geschehen. 

In  einigen  Kohlengruben  z.  B.  fiihrt  der  Markscheider  holzerne  Tafel- 
chen  mit  sich,  auf  denen  die  Jahres-  und  Monatszahlen  nebst  laufenden 
Nummern  eingebrannt  sind,  welche  in  der  Nahe  der  Zeichen  an  der  Zimmerung 
befestigt  werden.  Auf  einzelnen  Erzgruben  werden  die  Markscheiderzeichen 
durch  kurze  Bohiiocher  bezeichnet,  in  welche  Pflocke  fest  eingetrieben  werden. 
Auf  dem  Pflock  wird  eine  ebenfalls  mit  Jahres-  und  Monatszahl  nebst 
laufender  Nummer  versehene  Zinkblechplatte  durch  einen  nicht  vollstandig 
eingeschlagenen  Nagel  befestigt.  Soil  das  Zeichen  bei  einer  AnschluB- 
messung  benutzt  werden,  so  dreht  man  das  den  Pflock  bedeckende  Zink- 
blech  urn  den  Nagel. 

Von  jeder  einzelnen  Schnur  wird  Lange,  Neigung  und  Richtung 
bestimmt.  Die  gefundenen  Zahlen  werden  sorgfaltig  und  leserlich  in  das 
Taschenbuch  nach  dem  vorgerichteten  Formular  eingetragen. 

Die  Lange  wird  entweder  mit  der  Meterkette  oder  an  der  Hanfschnur 
mit  Staben  auf  einfache  Weise  gemessen,  die  Neigung  mit  dem  Gradbogen 
unter  Beriicksichtigung  der  im  §  18  besprochenen  Regeln  und  die  Richtung 


DlE    AUSFUHEUNG   VON    MAEKSCHEIDEEZUGEN. 


171 


mit  dem  HangekompaB   ermittelt.     Der  letztere   muB  stets  so  angehangt 
werden,  daB  die  Bezeichnung  ,,Nord"  in  der  Zugrichtung  vorausgeht. 

Beim  Ablesen  des  Streichens  hat  man,  wenn  irgend  moglich,  eine 
solche  Stellung  einzunehmen,  daB  die  Sehlinie  in  die  Richtung  der  Nadel  fallt. 

Man  liest  entweder  nur  an  der  Nordspitze  ab  oder  an  beiden  Spitzen 
und  notiert  das  Mittel  aus  beiden  Winkeln,  je  nachdem  der  Zug  wieder 
mit  dem  Kom- 
paB  oder  nach 
berechneten 
Koordinaten 
zugelegt    wer- 
den soil. 

Zur    Aus- 
scheidung   des 

schadlichen 
Einflusses  der 
Variation  istes 
.zweckmaBig,in 
gewissen  Zwi- 
schenraumen 
bei  den  Kom- 
paBstundendie 
Zeit  der  Ab- 
lesung  im  Ta- 
schenbuche  zu 

Vermerken.  Fig>  170>     Ziehen  in  stark  geneigten  Strecken. 

Bei  Besprechung  der  Instrumente  ist  schon  angedeutet  worden,  daB 
stark  geneigte  Schniire  fur  KompaB  und  Gradbogen  zu  Fehlerquellen 
werden  konnen  und  auch  mit  anderen  Unannehmlichkeiten  verbunden 
sind.  In  stark  geneigten  Strecken  oder  tonnlagigen  Schachten  wird  man 
deswegen  gut  thun,  senkrechte  Schntire  mit  nahezu  horizontalen  abwechseln 
zu  lassen,  wie  aus  Fig.  170  zu  ersehen  ist. 

Durch  horizontale  und  seigere  Ordinaten  von  geeigneten  §  120, 
Punk  ten  der  einzelnen  Schniire  wird  die  Gestalt  der  Grubenraume  selbst, 
sowie  alle  fur  die  Darstellung  wichtigen  Aufschliisse  aufgenommen.  Dahin 
gehoren:  die  Grenzen  der  durchfahrenen  Gebirgsschichten,  Spriinge  und 
Yerwerfungen  nebst  der  en  Streichen  und  Fallen,  gestoBene  Sohlen-  oder 
Firstenbohrlocher  u.  dergl. 

Die  hierbei  zu  machenden  Notizen  werden  in  die  auf  der  rechten 
freien  Seite  des  Taschenbuches  zu  zeichnenden  Skizzen  eingetragen. 

Bei  Anfertigung  dieser  Skizzen  sind  folgende  Regeln  zu  beobachten: 

In  Gruben  mit  unregelmaBigen  Kaumen,  welche  viele  Nebenmessungen 
erfordern,  ist  es  zweckmaBig,  jede  einzelne  Schnur  fiir  sich  darzustellen 


172 


ACHTES  KAPITEL. 


(Fig.  171)  und  zwar,   ohne  Berucksichtigung  des  Streichens  der  einzelnen 
Schnur,  stets  so,  daB  die  bei  Ausfuhrung  des  Zuges  innegehaltene  Richtung 

im  Taschenbuche  einer 
von  links  nach  rechts  ge- 
zogenen  Linie  entspricht. 
Werden  von  einer  Schnur 
horizontale  und  seigere 
Ordinaten  gemessen,  so 
sind  von  dieser  Schnur 
zwei  Skizzen  anzufertigen 
und  die  letztere  ist  durch 


Fig.  171.     Aufnahme  von  Grubenraumen. 


die  beigesetzten  Buchstaben  Pr  (Profil)  zu  kennzeichnen.    Ist  der  Zug  ver- 

wickelt,  so  ist  noch  eine  besondere  Skizze  anzufertigen,   welche  samtliche 

Schniire  im  Zusammen- 

g\  I  _.\_  \  hange   in    ihrer   gegen- 

seitigen  Lage  darstellt. 
In  solchen  Gruben, 
deren  Strecken  immer 
in  gleichen  Dimensionen 
aufgefahren  werden,  ge- 
niigt  meistens  diese  zu- 
sammenhangende  Skizze 
ohne  die  Einzeldarstel- 
lungen  der  Schniire 
(Fig.  172). 

Die     Winkelpunkte 
sind  ohne  Ausnahme 

mit   laufenden    Buchstaben   oder    Zahlen   zu    versehen,   wo    nicht   Mark- 

scheiderzeichen  an  deren  Stelle  treten. 


Fig.  172.     Skizze  von  gemessenen  Grubenraumen. 


121.  Die  Aufhahme  von  dem  Streichen  und  Fallen   der  Gebirgsschichten 

oder  der  Spriinge  und  Verwerfungen,  welches  bei  den  Grubenvermessungen 
haufig  notwendig  ist,  wird  mit  dem  Hangezeuge  oder  mit  dem  SetzkompaB 
im  wesentlichen  auf  folgende  Weise  ausgefuhrt: 

Man  befestigt  in  dem  einen  StreckenstoBe  auf  einer  leicht  erkennbaren 
Gebirgsschicht  an  einem  Saalbande  des  Ganges  oder  der  Kluft  u.  s.  w.  die 
Schnur  und  sucht  auf  derselben  Schicht  im  anderen  StreckenstoBe  mittels 
des  an  die  Schnur  gehangten  Gradbogens  einen  Punkt,  welcher  mit  dem 
ersteren  in  gleicher  Sohle  liegt.  An  diese  horizontale  Schnur  hangt  man 
den  KompaB  und  erhalt  mit  dem  Streichen  dieser  Schnur  zugleich  das 
Streichen  der  Gebirgsschicht.  Spannt  man  rechtwinkelig  zu  dieser  Schnur 
eine  zweite,  welche  zwei  Punkte  der  betreffenden  Gebirgsschicht  in  der 
Sohle  und  in  der  Firste  verbindet,  so  erhalt  man  mit  Hilfe  des  angehangten 
Gradbogens  den  Fallwinkel. 


DlE   AUSFUHBUNG   VON   MAEKSCHEIDEKZUGEN,  173 


1st  mit  dem  SetzkompaB  die  Arbeit  auszufuhren ,  so  legt  man  eine 
kleine  Flache  der  zu  untersuchenden  Schicht  frei  und  bestimmt  zuerst  die 
Fallrichtung,  indem  man  den  SetzkompaB  mit  der  betreffenden  Kante 
auf  diese  Flache  oder  ein  darauf  gelegtes  Brett  aufsetzt  und  so  lange  ver- 
riickt,  bis  das  Pendel  den  groBten  Winkel  zeigt.  $-' 

Dieser  Winkel  ist  der  Fallwinkel  und  eine  Linie  senkrecht  zur  ge- 
fundenen  Fallrichtung  das  Streichen  der  Lagerstatte. 

Dieses  angegebene  allgemeine  Verfahren  muB  selbstverstandlich  in  den 
einzelnen  Fallen  den  vorliegenden  Verhaltnissen  angepasst  und  durch 
Benutzung  sich  meist  von  selbst  ergebender  Hilfsmittel  entsprechend 
geandert  werden. 

AuBer   dem   Bestimmen   von   Streichen   und   Fallen   wird   der  Mark-    §  122. 
scheider  haufig  die  Richtung  von  aufzufahrenden  Strecken  anzugeben  haben 
oder,  wie  man  hierfiir  kurz  sagt:  ,,Die  Stunde  zu  hangen."    Ist 
die  Strecke  bereits  im  Betriebe,  so  wird  man  den  Punkt,  von 
welchem  aus  die  Richtung  gegeben  werden  soil,  in  der  Mitte  der 
Strecke  und  zwar  in  der  Firste  mit  einem  Senkeleisen  (Fig.  173) 
fixieren  und   daran   eine  Schnur   befestigen.     Das  andere  Ende 
dieser  etwas  schlaff  gelassenen,  ca.  5  Meter  langen  Schnur  wird 
an   der  Streckenfirst    so   lange  verriickt,   bis    der  angehangte 
KompaB  die  verlangte  Stunde  angiebt.    Der  so  gefundene  zweite 
Punkt  wird  ebenfalls  mit  einem   solchen  Eisen  fixiert   und  an 
beide  werden  Lote  gehangt.    Mit  Hilfe  dieser  Lote  kann  man  auf 
groBere  Entfernungen  leicht  ein  Grubenlicht  in  die  ,,gehangte 
Stunde"    bringen    und   beim  Weitertreiben  der  Strecke    zum     Senkeleisen. 
Anhalten  nehmen. 

Da  bei  dieser  Operation  die  Grubenlichter  benutzt  werden,  so  nennt 
man  die  durch  die  beiden  Lote  bezeichnete  Linie  auch  die  Feuerlinie. 

In  hohen  Grubenraumen  lotet  man  den  Abgabepunkt  auf  eine  Spreize 
herunter,  bezeichnet  den  zweiten  Punkt  ebenfalls  auf  einer  Spreize  und 
libertragt  ihn  dann  in  die  Firste. 

Sollen  aus  einer  Forderstrecke  eine  oder  mehrere  parallele  Abbau- 
strecken  getrieben  und  deren  Ansatzpunkt  und  Richtung  angegeben  werden 
(Pranen),  so  geschieht  dies  auf  dieselbe  Weise.  Da  aber  nur  die  Strecken- 
breite  zum  Anbringen  der  beiden  Lote  vorhanden  ist,  so  wird  man,  nach- 
dem  die  Strecke  einige  Meter  nach  der  kurzen  Pranenlinie  getrieben  ist, 
die  Stunde  mit  weiterem  Abstande  der  Lote  nochmals  hangen. 

Bei  Grubenvermessungen  mit  dem  Theodoliten  wird  ebenfalls  ein  Netz   §  123. 
von  Linien  zu  Grunde  gelegt.   Diese  Linien  sind  moglichst  lang  zu  nehmen, 
erstens  weil  bei   langen  Schenkeln  das  Fernrohr  scharfer  auf  das  Signal 
eingestellt  und  somit  der  Winkel  genauer  gemessen  werden  kann,  zweitens 
weil  von  der  Anzahl  der  Winkelpunkte  die  Zeitdauer  und  Mtihe  der  Arbeit 


174 


ACHTES  KAPITEL. 


4*-                  Standpunktes.          3  g 

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§' 

Bemerkungen  u.  Skizzen. 

wesentlich  abhangt.  AufdasAuf- 
suchen  der  zweckmaBigen  Win- 
kelpunkte  ist  deshalb  Sorgfalt 
zu  verwenden. 

Auf  jedem  Aufstellungs- 
punkte  des  Theodoliten  werden 
der  Polygonwinkel  und  sein  Er- 
ganzungswinkel  zu  360  Grad  je 
nach  der  Wichtigkeit  der  Arbeit 
entweder  einfach  oder  mit  Re- 
petition gemessen. 

Die  Stationslinien  werden 
zunachst  einmal  nur  zur  Er- 
mittelung  der  Lange  mit  Stab  en 
gemessen,  dann  noch  einmal 
mit  der  Meterkette  oder  dem 
MeBbande  zur  Aufnahme  der 
Grubenraume  mittels  der  hori- 
zontalen  und  seigerenOrdinaten. 

Eine  wichtige  Arbeit  bei 
dem  Messen  mit  dem  Theodo- 
liten ist  das  Orientieren  dieser 
Ziige  gegen  das  Dreiecksnetz 
iiber  Tage. 

Bei  Nachtragungsarbeiten 
gestaltet  sich  diese  Orientierung 
sehr  einfach,  wenn  von  den 
friiheren  Messungen  eine  oder 
mehrere  lange  Stationslinien, 
womoglich  am  Ende  erhalten 
sind,  da  in  diesem  Falle  die 
neue  Messung  eine  einfache 
Fortsetzung  der  alten  ist. 

Fehlen  aber  solche  An- 
schluBlinien  und  sind  nur  ein- 
zelne  Punkte  von  den  friihe- 
ren Messungen  iibrig  geblie- 
ben,  so  ist  auf  eine  der  allge- 
meinen,  im  zehnten  Kapitel  be- 
spr  ochenen  Orientierungsmetho- 
den  zuriickzugreifen. 

Fiir  das  gewohnliche  Nach- 
tragen  der  Gruberibaue,  das  mit 
dem  Theodoliten  erfolgen  mufi, 


DlE   AUSFUHEUNG    VON   MAEKSCHEIDEEZUGEN.  175 

gilt  iibrigens  die  JKegel,  die  Strecken  erst  eine  Zeit  lang  bis  auf  eine  ent- 
sprechende  Lange,  gewissermaBen  verloren,  mit  dem  KompaB  zu  vermessen 
und  spater  durch  langere  Theodolitzuge  diese  Nachtragungen  zu  verbessern. 
Eine  Ausnahme  hiervon  macht  das  Nachtragen  von  Gegenortern. 

Fur  die  Skizzen  gelten  die  bei  der  KompaBmessung  gegebenen  Regeln. 

Die  Hohenlage  der  Punkte  (Seigerteufen)  konnen  mittels  des  Grad- 
bogens,  des  Hohenkreises  am  Theodoliten  oder  des  Nivellierinstrumentes 
gefunden  werden. 

Bei  ausgedehnten  und  wichtigen  Messungen  wird  es  stets  am  zweck- 
maBigsten  sein,  sich  des  Nivellierinstrumentes  zu  bedienen  und  nur  bei 
kleinen  Nachtragungen  oder  unwichtigen  Messungen  ist  das  trigonometrische 
Nivellement  mit  dem  Hohenkreis  des  Theodoliten  oder  mit  dem  Gradbogen 
anzuwenden. 

In  einigen  Fallen,  z.  B.  bei  Nachtragen  von  Gegenortern,  ist  es  von 
Vorteil,  das  Fernrohr  des  Theodoliten  zum  geometrischen  Nivellement  be- 
nutzen  zu  konnen. 

Ein  bestimmtes  Formular  vorzuschreiben,  in  welches  in  der  Grube 
die  gefundenen  Resultate  der  Theodolitmessungen  eingetragen  werden,  ist 
nicht  notwendig. 

Sollte  dasselbe  alien  Anforderungen  geniigen,  so  miiBte  es  die  Ein- 
richtung  von  Formular  2,  also  eine  so  groBe  Anzahl  von  Spalten  besitzen, 
daB  dieselben  in  der  Breite,  welche  zum  Eintragen  der  Zahlen  notwendig 
ist,  auch  nicht  auf  beiden  Seiten  des  Taschenbuches  Platz  finden  wiirden. 

Weit  einfacher  erscheint  dagegen  die  Eintragung  ohne  Formular: 

Standpunkt  4. 
Yon  5  nach  6. 
175°  16'- 

I.  Lage. 


II.  Lage. 

I.  0.0.0.  4^341°4/15/'70104'15-     1750  16'  4" 

II.  179°  59.30'  4)16P3'45"7° 

Mittel  175°  16'  6". 

Die  etwa  am  Hohenkreis  gemachten  Beobachtungen  finden  hierunter 
Platz,  wahrend  die  Langenmessungen  mit  den  Gradbogenbeobachtungen 
getrennt  hiervon  notiert  werden. 

Der  Markscheider  bedient  sich  bei  seiner  Arbeit  messingener  Gruben-   §  124, 
lampen,    welche   keine  ablenkende   Wirkung    auf    die  Magnetnadel  haben 
und  mit  Ol  gespeist  werden. 

Nach  lokalem  Gebrauch  unterscheiden  sie  sich  in  der  Form  und  in 
der  Art  und  Weise,  wie  sie  getragen  werden. 


176 


ACHTES  KAPITEL. 


Abgesehen  yon  den  Sicherheitslampen  stimmen  die  besseren  Mark- 
scheiderlampen  darin  iiberein,  da6  sie  eine  seitlich  etwas  hervorstehende 
Schnauze  oder  Tulle  haben. 

Diese  Vorrichtung  gestattet,  die  leuchtende  Flamme  moglichst  nalie 
an  die  Blend  en  der  abzulesenden  Nonien,  namentllich  aber  an  die  zu  be- 

obachtende  Nadelspitze  des  Kompasses  heran- 
zubringen. 

Fig.  174  zeigt  die  Form  der  Mansfelder 
Lampe  (Kreisel),  welche  mittels  des  Draht- 
biigels   am  Schachthute  getragen  wird,   wah- 
^  ~y^\> — *i^  m    rend  die  Hande  mit  dem  Instrumente  (Hori- 

CJ         )\  (III    zontalstellen ,    Zentrieren  u.  s.  w.),    oder   mit 

dem  Einschreiben  der  Notizen  beschaftigt  sind. 
Beim  Ablesen  der  Winkel  am  Theodolit  oder 
KompaB  wird  sie  vom  Hute  genommen  und  mit 
derHand  in  die  zweckmaBigste  Stellung  gebracht. 
Die  eigentliche  Lampe  L  steht  in  einem 
ihren  unteren  Teil  umschliefienden  GefaBe, 
dem  Olfanger  0. 

Die  in  Fig.  175  a  und  b  perspektivisch 
und  im  Querschnitt  dargestellte  Lampe  ist  der 
Mansfelder  Lampe  ahnlich.  Sie  wird  aber 
nicht  am  Hute,  sondern  fortwahrend  an  der 


Fig.  174.     Die  Mansfelder 
Grubenlampe. 


linken  Hand  getragen.    Zu  diesem  Zwecke  wird  der  aus  einem  Blechstreifen 
bestehende  Handgriff  T  iiber  den  Daumen  oder  iiber  die  Wurzelglieder  der 


r\ 


Fig.  175  a  u.  b.     Markscheiderlampe. 

anderen  vier  Finger  derartig  geschoben,   daB  die  Lampe  an  der  auBeren 
Seite  der  Finger  sich  befindet. 


DlE    AUSFUHEUNG   VON    MAEKSCHEIDEEZUGEN. 


177 


Der  Handgriff  T  sitzt  an  einem  GefaBe  G,  welches  den  unteren  Teil 
des  Olfangers  0  umfafit  und  eine  Drehung  des  letzteren  bis  zu  90  Grad 
zulaBt.  Der  Olfanger  (im  Querschnitt  schwarz) 
hat  unterhalb   des  Ringes  ab,   auf  welchem 
die  Lampe  aufsitzt,  eine  Yerlangerung,  ledig- 
lich  zur  Aufnahme  des  TraggefaBes  G. 

In  Freiberg  (Konigreich  Sachsen)  stehen 
die  Grubenlampen  in  holzernen,  mit  Messing- 
blech  ausgeschlagenen  Kastchen  (Blenden), 
welche  an  einem  Bugel  in  der  Hand  getragen, 
oder  mit  diesem  in  einen  um  den  Hals  ge- 
legten  Riemen  eingehangt  werden. 

Die  Sicherheitslampen  aller  Systeme 
geben  ein  schwacheres  Licht,  als  die  offene 
Grubenlanipe,  auch  gestattet  die  Konstruktion 
derselben  nicht,  die  umschlossene  Flamme 
nahe  an  die  KompaBteilung  und  die  Nonien- 
blenden  heranzubringen. 

Der  in  Nr.  5  der  Berg-  und  Hiittenm.  Zei- 
tung,  1884,  vom  Markscheider  PEZYBOESKI 
gemachte  Yorschlag  zur  Erhohung  des  Be- 
leuchtungseffektes  erscheint  deswegen  be- 
achtenswert. 

An  einer  Stiitze  des  Drahtgeflechtes  ist, 
wie  Fig.  176  zeigt,  eine  bikonvexe,  stark 

gekriimmte  Sammellinse  angebracht,   welche  mittels   des  doppelgelenkigen 
Armes  in  jede  gewiinschte  Stellung  gebracht  werden  kann. 


Fig.  176.     Sicherheitslampe  fur 
Markscheider. 


Yon   dem   in  der  Grube   gefiihrten  Taschen-   oder  Winkelbuche  der  §  125. 
KompaBmessungen   ist   eine   genaue   Reinschrift  anzufertigen ,   wozu  For- 
mular  3  zu  benutzen  ist.     In  dasselbe  ist  ein  kurzer  Grubenzug  mit  voll- 
standiger  Berechnung   eingetragen,   auch    einige    nach   BBAUNSDOEF  scher 
Manier  gemessene  Winkel  hinzugefiigt  (vergl.  funftes  Kapitel). 

Soil  von  dem  Taschenbuche  der  Theodolitmessungen  eine  vollstandige 
Reinschrift  gefertigt  werden,  so  wird  ein  ahnliches  Formular,  wie  das  im 
§123  angegebene,  zu  benutzen  sein.  Meistens  wird  aber  nur  ein  mehr 
oder  weniger  vollstandiger  Auszug  gemacht. 

Formular  4,  dessen  rechte  Seite  frei  bleibt  fur  die  Skizzen  und  Be- 
merkungen,  geniigt  zur  Eintragung  aller  Originalbeobachtungen  bis  auf 
die  Winkelmessungen,  von  denen  der  Raumersparnis  wegen  nur  der  gefun- 
dene  Mittelwert  eingesetzt  wird. 

BBATHUHN,  Markscheidekunst.  12 


178 


ACHTES  KAPITEL. 


Formular  3. 


Zeichen 
von  bis 

Kompass. 

0/W.   St.    Vs  V«/i6 

Sohle. 
Meter. 

Neigung 
der 
Schnur. 

st./fl.  Gr.    M. 

Flache 
Lange 
der 
Schnur 

Meter. 

Seigerteufe 

stei-    !    -  ,,      -, 
,      fallend 
gend    ; 

Meter. 

Abstand 
von  der 
Normal- 
horizon- 
talen. 
Meter. 

Grube  Herzog  Wilhelm,  Montag,  den      ten 

18 

Nachtragung  der  Grubenbaue  mit  dem  Hangezeug. 

1  4 

9 

3 

Streichen 

der  Orientierungslmie. 

Angefangen  im  Zeichen  A  der  n*en  Strecke  541,0  unterN.-H. 

541,000 

A 

a 

W 

8 

4 

3 

11,250 

fl. 

4 

30 

11,285 

0,885 

a 

b 

W 

9 

2 

5 

10,400 

St. 

5 

12V, 

10,443 

0,948 

540,937 

d 

b 

c 

W 

8 

3 

10 

6,430 

St. 

0 

5V2 

6,430 

0,010 

g 

c 

d 

W 

8 

7 

15 

8,820 

fl. 

6 

— 

8,869 

0,9271 

1 

540,9370 

b 

e 

0 

3 

3 

6 

11,800 

fl. 

4 

22  V2 

11,834 

0,9027 

541,840 

5 

e 

f 

W 

9 

0 

0 

10,420 

St. 

3 

55 

10,444 

0,7133 

541,127 

1 

541,840 

e 

g 

0 

8 

4 

8 

9,540 

St. 

4 

21/., 

9,564 

0,6741 

— 

541,166 

03 

g 

h 

0 

9 

3 

13 

7,255 

fl. 

6 

25 

7,301 

— 

0,816 

541,982 

M 

h 

i 

0 

9 

5 

8 

6,650 

St. 

5 

30 

6,681 

0,6404 

— 

541,362 

.•—  i 

i 

k 

W 

4 

0 

8 

10,460 

fl. 

1 

30 

10,464 

— 

0,2739 

541,616 

£ 

k 

A 

St. 

90 

— 

0,614 

0,614 

541,002 

i 

Fortsetzung  nach  BRAUNSDORF  scher  Manier. 

"S 

02 

c 

d 

W 

8 

7 

15 

ohne  Ablenkung 

-2 

^  -~^ 

""§ 

riickw.  8 

6     12 

P3 

vorw.  9 

4     13 

0 

0 

10,00 

— 

— 

W1 

"•—  

+  0.6.1  DhTerenz 

d 

. 

9 

0 

___^ 

bericht.  Stunde 

riickw.  9 

6 

~icT 

vorw.  7 

2       4 

0 

0 

10,00 

— 

— 

1 

m 

W 

^•-^ 
7 

1 

10 

-2.4.6 
bericht.  Stunde 

Linke  Seite. 

Formular  4. 


Stand- 
punkt. 

Signal 
links,  rechts. 

Gemess. 
Langen. 

Meter. 

Neigung. 

st./fl.|  Gr.  JMin. 

Sohlige 
Langen. 

Meter. 

Gemessene 
Winkel. 
Mittel  aus  alien 
Beobachtungen 

Gr.     M.     Sc. 

Im  Polygon 
ausgeglichene 
Winkel. 

Gr.     M.     Sc. 

Uechte  Seite  fur 
Bemerkungen 
u.  Skizzen. 

Linke  Seite. 


DIE  AusFUHRUNa  VON  MARKSCHEIDERZUGEN.  179 

Diese  Reinschriften  erhalten  eine  tTberschrift,  welche  den  Namen  der 
Grube,  Zweck  des  Zuges,  das  angewandte  Instrument  und  den  Tag  der 
Ausfiihrung  angiebt.  Ferner  gehort  dahin  eine  Notiz  iiber  die  GroBe  der 
Deklination  oder  iiber  das  Streichen  der  Orientierungslinie,  sowie  iiber  den 
Horizont,  auf  welchen  sich  die  Seigerteufenabschliisse  beziehen. 

Die  Skizzen  werden  auf  die  rechte  freie  Seite  des  Formulares  sorg- 
faltig  gezeichnet,  und  wenn  auch  in  der  Grube  nur  die  einzelnen  Schniire 
getrennt  skizziert  wurden,  so  sollte  man  es  in  der  Reinschrift  nie  ver- 
saumen,  auch  noch  eine  zusammenhangende  Skizze  hinzuzufiigen,  weil  da- 
durch  das  Winkelbuch  ungemein  an  tlbersichtlichkeit  gewinnt  und  eine 
Benutzung  desselben  in  spateren  Zeiten  ohne  Schwierigkeit  moglich  ge- 
macht  wird. 


Nach  beendigter  und  verglichener  Reinschrift  sind  fiir  samtliche  flache 
Schniire  die  Sohlen  und  Seigerteufen  zu  berechnen  und  in  die  dazu  be- 
stimmten  Spalten  des  Formulars  einzutragen. 

Das  Berechnen  kann  mit  Hilfe  der  Logarithmen  oder  mittels  Tabellen 
geschehen,  von  denen  es  mehrere  giebt: 

1)  Der  geschwind  und  richtig  rechnende  Marksch eider  von  C.  W.  EGBERT. 
Leipzig  1842.     Zweite  Auflage. 

In  diesen  Tafeln  sind  die  Sohlen  und  Seigerteufen  von  fiinf  zu  fiinf 
Minuten  im  GradmaB  und  die  Streichsinus  und  Kosinus  fiir  die  KompaB- 
stunden  bis  zu  einem  Sechszehntelachtel  angegeben,  AuBerdem  enthalt 
das  Buch  eine  Tabelle  zur  Umwandlung  der  KompaBstunde  in  GradmaB. 

2)  Die  vielfachen  Sinus  und  Kosinus  von  A.  LIEBENAM  von   fiinf  zu 
fiinf  Minuten.     Eisleben  1873. 

3)  Tabellen  zur  Berechnung  der  Seigerteufen  und  Sohlen  zu  Winkeln 
bis  zu  2,5  Minuten  im  GradmaB  von  C.  A.  SCHUTZE.     Quedlinburg  1875. 

Die  Sinus  und  Kosinus  sind  in  diesen  Tabellen  nebeneinandergestellt, 
so  daB  beide  Zahlen  zugleich  aufgeschlagen  werden. 

4)  Mathematische   Tafeln   fiir  Markscheider   zu  Winkeln  bis   zu    2,5 
Minuten  von  E.  LULING.     Bonn  1881. 

Diese  Tafeln  enthalten  auBer  den  Sohlen  bezw.  Breiten  und  Seiger- 
teufen bezw.  Langen  Tabellen  zur  Umrechnung  der  verschiedenen  KompaB- 
einteilungen  in  Grade  und  umgekehrt. 

Aus  den  ermittelten  Seigerteufen  sind  sodann  die  Seigerteufenabschliisse, 
wenn  auch  nicht  fiir  alle  Punkte,  so  doch  fiir  diejenigen  auszurechnen, 
welche  im  SeigerriB  dargestellt  werden  sollen. 

Bei  zusammenhangenden  Ziigen  wird  der  SeigerteufenabschluB  jedes 
Punktes  aus  der  Differenz  von  den  Summen  der  fallenden  und  der  stei- 
genden  Seigerteufen  der  vorhergehenden  Punkte  gefunden.  Bei  den  aus 
dem  Hauptzuge  sich  abzweigenden  Nebenziigen  ist  der  SeigerteufenabschluB 
des  Abgangspunktes  vorzutragen  (siehe  Fofmular  3  zu  §  125). 

12* 


180  ACHTES  KAPITEL. 


Diese  berechneten  seigeren  Abstande  beziehen  sich  auf  cine  Horizontale, 
welche  durch  den  Anfangspunkt  geht.  Da  es  zweckmaBig  ist,  alle  Seiger- 
teufenangaben  einer  Grube  oder  eines  Grubenkomplexes  auf  eine  Hori- 
zontale, die  sogenannte  Normalhorizontale,  abzuschlieBen,  so  ist  der  Ab- 
stand  des  Anfangspunktes  von  der  Normalhorizontalen  in  der  betreifenden 
Spalte  vorzutragen. 


127.  Das  Zulegen.  -  -  Das  Auftragen  des  der  markscheiderischen  Aufnahme 

zu  grunde  liegenden  Netzes  von  Schniiren  wird  das  Zulegen  genannt. 

Man  unterscheidet  folgende  Verfahren.  Mit  dem  KompaB  in  der  Zu- 
legeplatte, mit  dem  Transporteur,  mit  dem  Zirkel,  dem  MaBstab  und 
dem  Lineal  nach  berechneten  Sehnen  bez.  Tangenten,  oder  nach  be- 
rechneten Koordinaten. 

Die  Zulage  mit  dem  KompaB.  Hierzu  ist  ein  Arbeitsraum  er- 
forderlich,  welcher  Erschiitterungen  nicht  ausgesetzt  ist  und  in  welchem 
ablenkende  Einfliisse  nicht  vorhanden  sind.  Um  sich  hiervon  zu  iiberzeugen, 
zieht  man  mit  einem  richtigen  Lineal  eine  lange  Linie  auf  den  horizOntalen 
Zeichentisch  und  legt  die  Zulegeplatte  an  verschiedenen  Stellen  dieser  Linie 
an.  Giebt  die  Nadel  immer  dasselbe  Streichen  an,  so  sind  in  der  Nahe 
dieser  Linie  keine  Storungen  der  Magnetnadel  zu  befurchten.  Wiederholt 
man  dies  Verfahren  an  Linien,  welche  zur  ersten  nahezu  senkrecht  stehen, 
so  wird  man  sich  bald  iiberzeugen,  ob  die  ganze  Tischflache  oder  doch  ein 
Teil  derselben  zum  Zulegen  mit  dem  KompaB  geeignet  ist. 

Soil  auf  Grund  der  Vermessungen  ein  ganz  neuer  RiB  angefertigt 
werden  und  ist  die  Figur  der  darzustellenden  Grubenraume  nicht  ander- 
weitig  bekannt,  so  ist  es  zweckmaBig,  erst  eine  fliichtige  Zulage  in  kleinem 
MaBstabe  auszufiihren,  um  ein  Urteil  iiber  die  GroBe  des  zu  verwendenden 
Papiers,  liber  den  MaBstab  u.  s.  w.  zu  erhalten. 

Fur  das  Verjiingungsverhaltnis,  in  welchem  die  Zulagen  ausgefiihrt 
werden,  empfiehlt  sich  die  Befolgung  der  Vorschrift,  wonach  dasselbe  ein 
in  ganzen  Zahlen  ausgedrucktes  Vielfaches  von  TJ0,  z.  B.  2JD,  5J0,  BJ0,  ^ 
u.  s.  w.  sein  soil. 

Wenn  nicht  andere  Grunde  hindernd  entgegenstehen,  so  wird  man  die 
Zulage  so  zu  Papier  bringen,  daB  die  Langsrichtung  derselben  mit  der 
langen  Seite  des  Papiers  parallel  lauft.  Zu  dem  Zwecke  wird  man  den 
ZulegekompaB  so  auf  das  Papier  legen,  daB  die  lange  Seite  der  Zulege- 
platte parallel  der  Papierkante  ist  und  das  Papier  mit  dem  darauf  stehenden 
KompaB  so  lange  drehen,  bis  die  Nadel  das  aus  der  vorlaufigen  Zulage 
entnommene  Streichen  der  Langenausdehnung  des  Zuges  zeigt.  Da  aber 
hierdurch  das  Papier  leicht  eine  fur  das  Zulegen  unbequeme  Lage  erhalt, 
so  ist  es  zweckmaBiger,  das  Papier  zuerst  parallel  zur  Tischkante  zu  be- 
festigen,  und  die  Zulegeplatte  so  aufzustellen,  daB  die  lange  Seite  ebenfalls 
der  Tischkante  parallel  ist.  Alsdann  dreht  man  die  KompaBbiichse  in  der 


DlE    AUSFUHEUNG   VON    MAEKSCHEIDEEZUGEN.  181 

unverandert  bleibenden  Zulegeplatte  so  lange,  bis  die  Nadel  die  Langs- 
richtung  cler  Zulage  angiebt  und  klemmt  den  KompaB  in  dieser  Lage  fest. 
Auf  die  Richtigkeit  der  Zulage  kann  die  Drehung  des  Kompasses  keinen 
EinfluB  haben,  weil  samtliche  Streichwinkel,  einschlieBlich  der  Orientierungs- 
linie,  um  eine  gleiche  GroBe  zu  klein  oder  zu  groB  aufgetragen  werden. 

Das  Papier  ist  vor  der  Benutzung  auf  ein  ReiBbrett  zu  spannen.  Zu 
diesem  Zwecke  feuchtet  man  das  Papier  mit  einem  reinen  Schwamme  auf 
der  Ruckseite  an  und  klebt  es  an  den  Randern  mit  Mundleim  fest.  Schneidet 
man  das  vb'llig  trocken  gewordene  Papier  ab,  so  wird  es  alle  Unebenheiten 
und  eine  etwaige  Neigung  zum  Rollen  verloren  haben  und  sich  glatt  auf 
den  Tisch  legen. 

Sodann  ist  dasselbe  mit  einem  Quadratnetz  zu  versehen,  dessen  Linien 
je  nach  dem  MaBstabe  einen  bestimmten  Abstand  von  10,  20,  30  m  u.  s.  w. 
haben  und  parallel  der  Papierkante  laufen,  wenn  nicht  ein  bestimmt  vor- 
gescnriebenes  Koordinatensystem  darauf  einen  andernden  EinfluB  hat.  Die 
Netzlinien  haben  hier  nur  den  Zweck,  bei  spateren  Kopierungen  des  Risses 
zum  Anhalten  zu  dienen. 

Ist  die  Zulage  auf  einen  schon  erhaltenen  RiB  zu  tragen,  so  ist  der- 
selbe  mittels  der  Orientierungslinie  zu  or  i  en  tier  en.  Das  heiBt,  man  legt 
die  Zulegeplatte  an  diese  auf  dem  Risse  aufgezeichneten  Linie  und  dreht  den 
RiB  oder  besser  die  KompaBbiichse  in  der  Zulegeplatte  solange,  bis  die 
Nadel  des  vor  Beginn  des  Zuges  beobachtete  Streichen  der  Orientierungs- 
linie zeigt. 

Dient  die  Zulage  zur  Anfertigung  eines  neuen  Risses,  so  tragt  man  das 
Streichen  der  Orientierungslinie  und  die  zwolfte  Stundenlinie  auf  und  beginnt 
mit  der  eigentlichen  Zulage.  Dies  geschieht  in  der  Weise,  daB  man  die  lange 
Kante  der  Zulegeplatte  so  an  den  Anfangspunkt  legt,  daB  die  Nadel  denStreich- 
winkel  der  ersten  Schnur  zeigt.  Darauf  zieht  man  an  der  Kante  der  Platte 
eine  scharfe  Bleilinie  in  der  Zugrichtung  von  genugender  Lange  und  tragt 
mittels  eines  Zirkels,  der  am  besten  bis  auf  die  aufiersten  stablemen 
Spitzen  ganz  aus  Messing  gefertigt  ist,  im  verjiingten  MaBstabe  die  Sohle 
der  ersten  Schnur  vom  Anfangspunkte  aus  auf  die  Linie  ab.  An  den  da- 
durch  entstandenen  zweiten  Punkt,  den  man  mit  einem  kleinen  Kreise  ein- 
schlieBt,  legt  man  die  Zulegeplatte  wieder  an  und  verfahrt  wie  vorher. 

Hierbei  hat  man  die  Zulegeplatte  stets  so  zu  handhaben,  daB  wie  beim 
Ziehen  in  der  Grube  Nord  voraus  genommen  wird.  War  jedoch  die  KompaB- 
buchse  in  der  Platte  gedreht,  so  wird  man  hierbei  eine  Schraube  der  Zu- 
legeplatte zum  Anhalten  nehmen. 

Ist  ein  Verschieben  des  Papiers  zu  befurchten,  so  hat  man  sich  von 
Zeit  zu  Zeit  durch  Anlegen  der  Zulegeplatte  an  die  Orientierungslinie  oder 
an  die  zwolfte  Stundenlinie  von  der  unveranderten  Lage  zu  iiberzeugen. 

Da  fasU  jeder  KompaB  mit  kleinen  Fehlern  behaftet  ist,  welche  von 
EinfluB  auf  die  beobachteten  Winkel  waren,  so  ist  es  ratsam,  zum  Zulegen 


182  ACHTES  KAPITEL. 


denselben  KompaB  zu  benutzen,  mit  welchem  gezogen  wurde,  well  dadurch 
die  Folgen  jener  Fehler  ausgeschieden  werden. 

Die  in  der  Grube  beobachteten  Streichwinkel  sind  auBerdem  mit  dem 
Fehler  der  taglichen  Variation  behaftet.  Da  man  im  allgemeinen  annehmen 
darf,  daB  der  Verlauf  der  taglichen  Variation  innnerhalb  der  Zeit,  welche 
zwischen  der  Ausfiihrung  mid  der  Zulage  eines  Markscheiderzuges  liegt, 
dieselbe  bleibt  oder  doch  die  etwaigen  Schwankungen  die  Ablesegrenze  anf 
dem  Kompasse  nicht  erreichen,  so  ist  zur  Vermeidung  der  Fehler  der 
Variation  der  Zug  zu  derselben  Tageszeit  wieder  zuzulegen,  zu  welcher  or 
in  der  Grube  ausgefuhrt  wurde. 

Dadurch  kann  aber  das  Geschaft  des  Zulegens  zu  einem  sehr  zeit- 
raubenden  werden,  deshalb  ist  es  besser,  die  Einwirkung  der  Variation  durch 
Rechnung  auszuscheiden. 

Soil  diese  Rechnung  moglichst  zuverlassig  ausfallen,  so  miissen  wahrend 
des  Grubenzuges  gleichzeitig  Beobachtungen  der  Variation  an  einer  anderen 
Magnetnadel  angestellt  werden.  Andernfalls  wird  es  annahernd  dadurch 
geschehen  miissen,  daB  man  einen  normalen,  der  Jahres-  und  Tageszeit 
entsprechenden  Verlauf  der  Variation  voraussetzt. 

Bei  sehr  ausgedehnten  Ziigen,  deren  Zulage  viel  Zeit  erfordert,  ist  die 
wahrend  der  Zulage  auftretende  Variation  auch  von  EinfluB,  welche  ebenfalls 
durch  Rechnung  ausgeschieden  werden  kann  oder,  wenn  der  Stundenring 
durch  ein  Mikrometerwerk  beweglich  ist,  durch  Drehung  desselben. 


128.  Die  Friichte  aller  dieser  VorsichtsmaBregeln  werden  aber  beeintrach- 
tigt  durch  die  Fehler,  denen  man  beim  Zulegen  als  Zeichenarbeit  aus- 
gesetzt  ist.  Die  Genauigkeit  des  MaBstabes,  die  Dicke  des  Bleifederstriches, 
das  Abgreifen  vom  MaBstabe,  die  feinere  oder  grobere  Spitze  des  Zirkels, 
die  Festigkeit  des  Papiers  u.  s.  w.,  alles  ist  von  EinfluB  auf  die  Richtigkeit 
einer  Zulage.  Professor  PEEDIGEE  veroffentlicht  in  der  Berg-  und  Huttenrn. 
Zeitschr.  1859,  Nr.  18,  Versuche,  aus  denen  nachgewiesen  wird,  daB  der 

Zeichenfehler  einer  Zulage  von  einem 
nicht  sehr  ausgedehnten  Zuge  sich  bis 
zu  15  Minuten  steigern  kann. 

Zur  Ausfiihrung  eines  solchen  Ver- 
suches  zieht  man  auf  dem  Papiere  des 
Zeichentisches  eine  Linie  AB  und  be- 
stimmt  deren  Lange  nach  einem  MaB- 
stabe auf  das  genaueste;  sodann  wird 
durch  einen  der  Endpunkte  A  der 
magnetische  Meridian  gezogen  und  von 
B  ein  Perpendikel  darauf  gefallt.  Durch 

die   genau  maBstablich  ermittelten  Langen  AC  und  BC  ist  das  Streichen 
der  Linien  AB  gegeben. 


DlE    AUSFUHRUNG    VON    MARKSCHEIDERZUGEN. 


183 


Fiihrt  man  nun  eine  Zulage  zwischen  den  Endpunkten  A  und  B  aus 
und  berechnet  die  Koordinaten  dieses  fingierten  Zuges,  so  mussen,  wenn 
keine  Fehler  beim  Zulegen  gemacht  wurden,  die  Abscissensummen  gleich  A  C 
und  die  Ordinatensummen  gleich  B  C  sein.  Finden  sich  jedochAbweichungen, 
so  sind  sie  Folgen  von  Ungenauigkeiten  des  Zulegens.  Diese  Abweichungen 
in  den  Langen  von  AC  und  BC  haben  EinfluB  auf  den  Streichwinkel  von 
AB,  und  der  Unterschied  zwischen  den  berechneten  und  aufgetragenen 
GroBen  giebt  ein  MaB  fiir  die  Genauigkeit  dcr  Zulage.  Professor  PREDIGER 
hat  13  verschiedene  Versuche  mit  Linien  von  16 — 55  Meter  Lange  und 
im  MaBstabe  1  :  350  ausgefiihrt  und  gefunden,  daB  bei  Zulegen  von  dieser 
geringen  Ausdehnung  ein  Fehler  im  Streichwinkel  von  +15  oder  —  9 
Minuten  zu  befiirchten  ist. 


Einer  Erscheinung  ist  im  AnschluB  an  das  Kapitel  des  Zulegens  mit   §  129. 
dem  KompaB  noch  Erwahnung  zu  thun,  namlich  daB  bei  den  Arbeiten  mit 
dem  KompaB,  namentlich  aber  beim  Zulegen  in  sehr  trockener  Luft  durch 
unwillkiirlich  streichende  Bertihrung  des  Glasdeckels  sich  in  demselben  Elek- 
trizitat  anhaufen  kann,  welche  ein  Anhaften  der  ISadel  am  Glase  herbeifuhrt. 


Das  Zulegen  mit  dem  Transporteur.  —  Der  unvollkommenste  Apparat  §  130. 
dieser  Art  ist  die  Stundenscheibe.  So  nennt  man  eine  kreisrunde,  in 
derMitte  durchbrochene 
Scheibe  aus  Messing  oder 
aus  Kartonpapier,  welche 
am  auBeren  Eande  die 
Einteilung  des  Kompas- 
ses,  aber  rechtsinnig, 
tragt  und  deren  Mittel- 
punkt  durch  zwei  feine,  in 
der  Kichtung  des  Durch- 
messers  sich  kreuzende 
Faden  bezeichnet  ist. 
Die  Zulage  geschieht  fol- 
gendermaBen: 

Man  zieht  durch  den 
Anfangspunkt  eine  Pa- 
rallele  mit  dem  magne- 
tischen  Meridian  und 
legt  die  Scheibe  so  auf 

das  Papier,  daB  der  Mit-  Fig  178     stundenscheibe. 

telpunkt    auf    den   An- 
fangspunkt und  die  Nord-Siidlinie  auf  den  gezogenen  Meridian  zu  liegen 
kommt.     Mit   einer  Nadel  oder   einem  spitzen  Bleistifte   bezeichnet   man 


184  ACHTES  KAPITEL. 


den  Punkt  der  Peripherie,  welcher  dem  beobachteten  Streichwinkel  ent- 
spricht  und  verbindet  ihn  nach  Wegnahme  der  Stundenscheibe  mit  dem 
Anfangspunkte  durch  eine  Bleilinie.  Auf  diese  Linie  tragt  man  die  sohlige 
Lange  der  ersten  Schnur  auf,  zieht  dnrch  den  neu  entstandenen  Punkt 
wieder  eine  Parallele  zuni  magnetischen  Meridian  und  verfahrt  mit  der 
zweiten  Schnur  in  gleicher  Weise. 

Die  brauchbaren  Apparate  sind  entweder  Yollkreis-  oder  Halbkreis- 
transporteure. 

Beide  haben  ein  um  den  Mittelpunkt  drehbares  Lineal  (Regel),  an 
welchem  der  Nonius  zum  Einstellen  auf  die  Teilung  des  Kreises  angebracht 
1st.  Der  Mittelpunkt,  der  Noniusnullpunkt  und  die  eine  Regelkante  liegen 
in  einer  geraden  Linie. 

Der  Nonius  bewegt  sich  in  einer  Vertiefung  des  Kreises.  Die  Teilung 
desselben  ist  eine  doppelte,  nach  Stunden  und  nach  Graden.  Der  Yoll- 
kreistransporteur  gleicht  einer  vervollkommneten  Stundenscheibe.  In  der 
Mitte  ist  derselbe  ebenfalls  durchbrochen  und  das  Loch  unten  mit  einem 
Glas-  oder  feinem  Hornblattchen  verschlossen ,  auf  welchem  zwei  sich 
kreuzende  Linien  zur  Bezeichnung  des  Mittelpunktes  eingerissen  sind. 

Beim  Zulegen  gebraucht  man  den  Yollkreistransporteur,  wie  die  Stunden- 
scheibe. Man  legt  den  Mittelpunkt  desselben  auf  den  Winkelpunkt  und 
die  Kante  der  auf  Null  gestellten  Regel  an  den  durch  den  Winkelpunkt 
gezogenen  magnetischen  Meridian,  bezw.  an  die  Parallele  zur  Abscissen- 
linie,  dreht  sodann  die  Regel,  bis  der  Nonius  das  Streichen  der  nachsten 
Schnur,  bezw.  deren  Neigungswinkel  gegen  die  Abscissenlinie  zeigt  und 
zieht  einen  Bleisiftstrich  langs  der  Regelkante.  Nachdem  der  Transporteur 
weggenommen  ist,  verlangert  man  die  an  der  Regel  entlang  gezogene 
Linie  bis  zum  Winkelpunkt  und  tragt  die  Lange  der  Schnur  ab. 

Zur  Beschleunigung  der  Arbeit  tragt  es  bei,  wenn  man  in  einer  Lage 
des  Transporteurs  nicht  bloB  die  Richtung  der  einen  folgenden  Schnur, 
sondern  von  einer  Anzahl  der  Reihe  nach  auftragt  und  dieselben  mittels 
genau  gearbeiteter  Winkellineale  in  richtiger  Reihenfolge  an  den  jedes- 
maligen  Endpunkt  der  vorhergehenden  Schnur  abschiebt. 

Zu  dem  Halbkreistransporteur  gehort  ein  langeres  eisernes  Lineal, 
welches  beim  Gebrauch  durch  Klemmschrauben  langs  der  Tischkante  fest- 
gehalten  werden  muB  (Fig.  179).  An  dem  etwas  verlangerten  Halbkreise 
des  Transporteurs  ist  ein  Ansatz  angebracht,  mit  Hilfe  dessen  sich  der- 
selbe an  dem  festgeklemmten  Lineal  entlang  verschieben  laBt. 

Der  Gebrauch  des  Halbkreistransporteurs  ist  bequemer  als  der  des 
Vollkreises,  da  dank  seiner  Verschiebbarkeit  mit  ihm  die  meisten  Streich- 
winkel direkt  aufgetragen  werden  konnen. 

Bei  ungiinstig  streichenden  Linien  geniigt  es  vielfach  schon,  die  Regel 
auf  einen  um  90  Grad  verschiedenen  Streichwinkel  zu  stellen  und  ein 
rechtwinkeliges  Lineal  an  die  Regel  zu  legen.  Erreicht  man  damit  nicht 
den  gewiinschten  Zweck,  so  muB  man  zu  dem  Yerfahren  des  Abschiebens 


DlE   AUSFUHEUNG    VON 


185 


seine  Zuflucht  nehmen,  wie  es  bei  dem  Yollkreistransporteur  beschrieben 
wurde.  Der  Transporters  wird  zum  Zulegen  sowohl  von  Messungen  mit'  dem 
KompaB  als  auch  solcher  mit  dem  Theodoliten  ausgefiihrt.  Bei  KompaB- 
messungen  muB  die  tagliche  Variation  aus  den  beobachteten  Streichwinkeln 
vorher  ausgeschieden  sein. 

Bei  der  Zulage  einer  KompaBmessung  mittels  des  Transporteurs  werden 
die  dem  benutzten  Kompasse  anhaftenden  kleinen  Fehler  nicht  ausgeglichen 
und  die  Zeichenfehler  sind  dieselben  wie  bei  der  Zulage  mit  der  Zulege- 
ptatte.  Durch  das  oft  notwendig  werdende  Einschalten  eines  rechtwinkeligen 
Winkellineals  konnen  sich  diese  Fehler  sogar  noch  steigern. 


Fig.  179.     Der  Halbkreistransporteur. 

Dagegen  arbeitet  man  mit  dem  Transporters  schneller  als  mit  dem 
KompaB,  namentlich  wenn  viele  Schniire  von  nahezu  gleichem  Streichen 
aufgetragen  werden  miissen,  und  man  ist  von  den  die  Nadel  ablenkenden 
Gegenstanden  und  den  Erschiitterungen  des  FuBbodens  nicht  abhangig. 


Zulegen  mit  Zirkel  und  MaBstab  nach  berechneten  Tangenten  oder  §  131. 
Sehnen.  -  -  Urn  •  einen  Winkel  W  nach  dieser  Methode,  welche  ubrigens 
nur  als  ein  Notbehelf  zu  betrachten  ist,  aufzutragen,  zieht  man  den  einen 
Schenkel  a  in  bestimmter  Lange  und  berechnet  entweder  nach  der  Formel 
b  =  atgW  das   auf  dem  Endpunkte   von  a  zu  errichtende  Perpendikel    b 


186 


ACHTES  KAPITEL. 


oder  nach  der  Formel  s  =  2  a  sin  1J2  /Fdie  Sehne  s  des  Zentriwinkels  W  fur 
einen  Kreis  mit  dem  Radius  a  (siehe  Fig.  180). 


Fig.  181. 


1st  der  aufzutragende  Winkel  ein   stumpfer,    so   verlangert  man  den 
Schenkel  a  und  tragt  den  spitzen  Nebenwinkel  auf  (Fig.  181). 


132.          Das  Zulegen  nach  bereclmeten  Koordinaten  (Langen  und  Breiten, 
Streichsinus    und   Streichcosinus).    —    Der   Beschreibung    dieses   Zulegens 


a 


3 


d 


or 

Fig.  182. 


mogen  einige  allgemeine,   auf  die  Koordinaten  beziigliche  Bemerkungen 
vorausgehen. 

Die  gegenseitige   Lage   von  Punkten   in   einer    Ebene   durch   Zahlen 
auszudrucken,  kann  auf  verschiedene  Art  und  Weise  geschehen. 


DlE    AUSFUHBUNG    VON    MARKSCHErDEKZUGKEN. 


187 


Erstens  durch  die  Langen  der  die  Punkte  verbindenden  Linien  (Poly- 
gonseiten)  und  durch  die  von  diesen  Linien  eingeschlossenen  Winkel 
(Polygonwinkel,  Brechungswinkel).  Diese  Linien  kb'nnen  in  ihrem  Zusammen- 
hange  eine  geschlossene,  vielseitige  Figur  bilden,  oder  eine  zusammen- 
hangende,  gebrochene  Lime,  mit  oder  ohne  Abzweigungen.  In  beiden  Fallen 
ist  der  Name  Polygon  gebrauchlich  und  man  unterscheidet  das  geschlos- 
sene und  das  offene  Polygon.  Letzteres  nennt  man  auch  wohl 
Polygonzug. 

Zweitens  kann  die  gegenseitige  Lage  von  Punkten  durch  recht- 
winkelige  Ko  or  din  at  en  ausgedriickt  werden. 


-y 


/  TT 


Abse. 
Ord. 


m 


\     Absc. 

\ 
\ 
\ 


Absc.  + 
Ord.  + 


JT 

Absc.— 
Ord.  4- 


Fig.   183. 

Fallt  man  von  den  Punkten  A,  B,  C,  D  in  Fig.  182  Perpendikel  auf 
eine  Linie  xx,  die  Abscissenlinie,  und  nimmt  man  auf  derselben  einen 
bestimmten  Punkt  0,  den  Anfangspunkt,  an,  so  ist  die  gegenseitige 
Lage  der  Punkte  A,  B,  C,  D  durch  die  Langen  der  Perpendikel  (Ordi- 
naten)  Aa,  Bb,  Cc,  DC?  und  durch  die  Langen  der  Abschnitte  (Abscissen) 
0«,  ob,  oc,  od  genau  bestimmt,  sobald  noch  dariiber  GewiBheit  ist,  ob 
die  Perpendikel  nach  rechts  oder  nach  links  von  der  Abscissenlinie  xx 
aus,  und  ob  die  Abschnitte  nach  oben  oder  unten  von  dem  Punkte  0  aus 
abzumessen  sind. 

Diese  GewiBheit  wird  durch  Hinzufugung  von  Plus-  und  Minuszeichen 
derartig  herbeigefuhrt,  daB  alle  vom  Anfangspunkte  0  nach  oben 


188 


ACHTES  KAPITEL. 


gemessenen  Abscissen  positiv,  alle  nach  unten  gemessenen  negativ,  die  nach 
rechts  abzumessenden  Ordinaten  positiv,  die  nach  der  entgegengesetzten 
Seite  negativ  angenommen  werden. 

Errichtet  man  in  dem  Nullpunkte  der  Abscissenachse  des  Perpen- 
dikels  yy  die  Ordinatenachse,  so  werden  hierdurch  die  vier  Quadranten 
/,  77,  ///,  W  gebildet,  Fig.  183.  Die  Punkte  im  ersten  Quadranten  haben 
positive  Abscissen  und  Ordinaten,  im  zweiten  Quadranten  positive  Ordi- 
naten und  negative  Abscissen,  im  dritten  negative  Ordinaten  und  Abscissen 
und  im  vierten  positive  Abscissen  und  negative  Ordinaten. 

Die  Abscisse  und  Ordinate  eines  Punktes  faBt  man  mit  der  Bezeich- 
nung  Koordinaten  zusammen. 

Die  'Koordinaten  von  Punkten  werden  berechnet  aus  der  Lange  ihrer 
Verbindungslinien  und  aus  deren  Neigungswinkeln  gegen  die  Abscissen- 
achse. Diese  Neigungswinkel  werden  aus  der  bekannten  Neigung  einer 
Polygonseite  und  aus  den  Brechungswinkeln  der  Polygonseiten  abgeleitet  und 

von  der  positiven  Seite  der  Ab- 
scissenachse aus  nach  rechts  von  0 
bis  360  Grad  gezahlt. 

1st   z.  B.  in  Fig.  184  xx  die 

\   J  Abscissenlinie  und  sind  die  durch 

die  Punkte  1,  2,  3,  4,  5  gezogenen 
Linien  Parallelen  zu  derselben, 
so  sind  die  durch  die  kleinen 
Bogen  bezeichneten  Winkel  die 
zu  berechnenden  Neigungswinkel 
der  Seiten  gegen  die  Abscissen- 
achse. 

Die  Berechnung  derselben  ge- 
•  schieht  nach  der  Formel: 


Fig.  184. 


wenn  P?,  P},  P2  .  .  .  .  Pn_i,  Pn 
die  aufeinanderfolgenden  Polygon- 
winkel und  N09  N19  JVg  .  .  .  Nn— i, 
Nn  die  Neigungswinkel  der  auf- 
einanderfolgenden Polygonseiten 
bedeuten.  Die  in  Rechnung  zu 
ziehenden  Polygonwinkel  P0 ,  Pl , 
P2  .  .  .  miissen  die  links  von  der  Richtung  des  ganzen  Zuges  liegen- 
den  sein. 

In  Worten  lautet  die  Regel:  Die  Neigung  einer  (der  rcten)  Polygon- 
seite gegen  die  Abscissenachse  wird  gefunden,  wenn  man  zur 
Neigung  der  vorhergehenden  (der  n—  lten)  Seite  den  (links  lie- 
genden)  Polygonwinkel  zwischen  den  beidenPolygonseiten  hinzu- 


DlE  'AUSFUHRUNG    VON    M  ARKS  CHEIDERZU  GEN. 


189 


addiert  und  von  der  Summe  180  Grad  abzieht,  sobald  sie  grofier, 
oder  180  Grad  hinzufiigt,  sobald  die  Summe  kleiner  als  180  Grad 
ist.  Bleibt  im  ersteren  Falle  ein  grb'Berer  Rest  als  360  Grad,  so  1st  nur 
der  "CberschuB  iiber  vier  Eechte  als  Neigungswinkel  anzusehen. 

In  Fig.  185  sei  die  Neigung  der  Seite  So  ==  323°  40' 26"  gegeben,  die 
Berechnung  gestaltet  sich  dann  folgendermafien: 


190  ACHTES  KAPITEL. 


N°  =  323°  40'  26"  N3  =  240°  58'  30" 

PI  =  281°  34'  54"  P4  =  229°  31'  30" 
605°  15'  20"  470°  30'  — 

-  180°  -  180° 


425°  15'  20"  N4 

36()0  P5  =  309°  40'  10" 


__ 

Nl  =    65°  15'  20"  =  600°  10'  10" 

P2  =  260°  10'  10"          -  (180°  +  360°)  =  -  540°  - 

325°  25'  30"  N6  =    60°  10'  10" 

-  180°  PO  =    83°  30'  16" 

N2  =  145°  25'  30"  143°  40'  26" 

P3  =  275°  33'  -  +  180°- 

420°  58'  30"  .2V0  =  323°  40'  26" 
-180° 

Berechnet  man  die  Neigungswinkel  desselben  Zuges  in  umgekehrter 
Reihenfolge,  so  miissen  die  nunmehr  links  liegenden  Erganzungswinkel  zu 
360  G-rad  der  Polygonwinkel  P0,  P1?  P2  ....  in  Rechnung  gezogen  werden 
und  die  auf  diesem  Wege  ermittelten  Neigungen  derselben  Polygonseiten 
sind  um  180  Grad  von  den  nach  der  ersten  Reihenfolge  berechneten 
verschieden. 

Aus  der  Lange  der  Polygonseiten  $0,  Slt  S2  .  .  .  .  und  den  Neigungs- 
winkeln  N0  ,  N19  N2  .  .  .  .  werden  die  Koordinaten  der  einzelnen  Punkte 
Piy  P2,  P3  ....  berechnet  und  zwar  die  Abscissen  xlt  x2,  x3  .  .  .  .  nach 
den  Formeln  S0  cos  N0  ,  ^  cos  ^  ,  S2  cos  N2  .  .  .  .  und  die  Ordinaten 


yl9  y2,  y3  .  .  .  .  nach  den  Formeln  ^0sin^Y0,  S^  sin^,  S2  siuN2  .  .  .  .,  wobei 
die  richtigen  Vorzeichen  fur  die  Koordinaten  aus  den  Yorzeichen  der 
Funktionen  sinus  und  cosinus  des  jedesmalingen  Neigungswinkels  sich 
ergeben. 

Die  so  berechneten  Koordinaten  jedes  Punktes  beziehen  sich  zunachst 
auf  den  vorhergehenden  Punkt  als  Anfangspunkt  und  auf  die  durch  den- 
selben  gezogene  Parallele  zur  Abscissenlinie,  oder,  wie  man  sich  kurz  aus- 
driickt,  auf  den  vorhergehenden  Punkt  als  Ursprung.  Man  nennt  sie  zur 
Unterscheidung  von  den  eigentlichen  Koordinaten:  Teilkoordinaten  oder 
Koordinatenunterschiede. 

Um  von  alien  Punkten  die  Koordinaten  auf  eine  Abscissenlinie 
und  einen  Anfangspunkt  zu  beziehen,  addiert  man  die  Teilkoordinaten 
der  Reihe  nach  mit  Berucksichtigung  der  Vorzeichen,  z.  B.  mit  Bezug 
auf  Fig.  185: 


DlE  AUSFUHKUNG  VON  MAKKSCHEIDERZUG-EN. 


191 


Ordinaten. 

Abscissen. 

Koordinaten        des 
Teilkoordinaten    „ 

Punktes  0 
»         ! 

0,000 
-  29,350 

0,000 
+  39,917 

Koordinaten          „ 
Teilkoordinaten    „ 

„         1 
»        2 

—  29,350 

+  40,868 

+  39,917 

+  18,836 

Koordinaten         „ 
Teilkoordinaten    „ 

„        2 
„         3 

+  11,518 
+  52,946 

+  58,753 
-  76,822 

Koordinaten          „ 
Teilkoordinaten    „ 

»        3 
»         4 

+  64,464 
-  48,967 

—  18,069 
-27,171 

Koordinaten         „ 
Teilkoordinaten    „ 

»           4 

»         5 

+  15,497 
-  57,137 

—  45,240 
+  21,363 

Koordinaten          „ 
Teilkoordinaten    „ 

„        5 

o 

-  41,640 
+  41,640 

—  23,877 
+  23,877 

Koordinaten          „ 

v           0 

0,000 

0,000 

AuBer  dem  rechtwinkeligen  Koordinatensysteme  giebt  es  noch  schief- 
winkelige,  deren  Achsen  unter  einem  spitzen  Winkel  sich  schneiden.  Von 
ihnen  inacht.der  Markscheider  keinen  Gebrauch. 

Dagegen  kommt  die  Aufgabe 
haufig  vor  die  rechtwinkeligen 
Koordinaten  eines(alten)  Systems 
auf  ein  anderes  (neues)  zu  be- 
rechnen,  wenn  der  Neigungs- 
winkel  a  der  beiden  Abscissen- 
achsen  und  die  Koordinaten  des 
Nullpunktes  vom  alten  System 
a,  b  in  bezug  auf  die  neuen 
Koordinatenachsen  bekannt  sind. 

Man  kann  mehrere  Falle 
unterscheiden  nach  der  gegen- 
seitigen  Lage  der  beiden  Ko- 
ordinatensysteme, zu  denen  die 
Umwandlungsformeln  aber  samt- 
lich  auf  eine  der  nachstehenden 
ahnlicheWeise  entwickelt  werden. 

In  Fig.  186  sind  Cf=  x  und 
Ch  =  y  die  Koordinaten  des 
Punktes  C  in  bezug  auf  das  alte 

System  OP  Und  QR,  es  Sollen  die  Fig.  186.     Koordinatenverwandlung. 


192  ACHTES  KAPITEL. 


Koordinaten  dieses  Punktes  1C  —  x  und  IFF  =  y  in  bezug  auf  das  neue 
Koordinatensystem  ST,  UF  berechnet  werden.  Gegeben  sind  der  Winkel  a 
und  die  Koordinaten  des  Anfangspunktes  z  =  a  und  b. 

Zieht  man  ze  und  fg  J_  FC  und  fd  _L  ze,  so  ist  x  =  FC  =  Fe  -f  Cg 
-  eg  =  a  +  #'  cos  «  —  y  sin  a-  und  y  =  IFF  =  //-'A  +  kF  =  It  k  +  zd  -\-  de 
—  b  +  y'  cos  «  +  #'  sin  #. 

Die  Lage  der  rechtwinkeligen  Koordinatenachsen  kann  man  beliebig 
wahlen.  Bei  ausgedehnten  markscheiderischen  Messungen  nimmt  man  mit 
Vorliebe  einen  gut  fixierten,  moglichst  in  der  Mitte  der  Yermessungen 
liegenden  Dreieckspunkt  als  Anfangspunkt  und  als  Abscissenlinie  entweder 
den  durch  diesen  Punkt  gelegten  Meridian  oder  erne  Linie,  welche  mit 
diesem  Meridian  einen  bestimmten  Winkel  einschlieBt.  Dieser  Winkel  wird 
meistens  von  der  Natur  der  Lagerstatte  abhangen,  auf  welcher  die  darzu- 
stellenden  Grubenraume  getrieben  sind,  und  so  gewahlt  werden,  da6  die 
Abscissenlinie  senkrecht  auf  dem  Hauptstreichen  der  Lagerstatte  steht. 

Hierdurch  erreicbt  man,  daB  die  grb'Bte  Langenausdelmung  der  dar- 
zustellenden  Grubenraume  mit  der  langen  Xante  des  Papiers  parallel 
lauft,  ohne  das  Quadratnetz  gegen  dieselbe  zu  verdrehen. 

Die  dritte  Art  und  Weise,  die  gegenseitige  Lage  von  Punkten  in 
Zahlen  auszudriicken,  ist  die  mittels  der  Polarkoordinaten. 

Berechnet  man  aus  den  rechtwinkeligen  Koordinaten  der  Punkte  1,  2, 
3,  4  und  5  (Fig.  185)  die  Entfernungen  derselben  vom  Anfangspunkte. 
jetzt  Pol  genannt,  namlich  die  Strahlen:  Rl  =  0  —  1,  R.2  =  0  —  2, 
.#3  =  0  —  3 ,  7?4  =  0  —  4,  .Sg^O  —  S  und  deren  Neigungswinkel  gegen 
die  Abscissenachse ,  jetzt  Polachse  genannt:  A\  A'2,  A3,  A*,  A5,  so  sind 
in  bezug  auf  den  Pol  0  die  Polarkoordinaten: 

vom  Punkte  2.  A2  =    11°   5' 30"  und  R2  =  59,871.. 

„         „        3.  A]  =  105°39'29//  und  R3  =--  66,949. 

„         .,        4.  J4  =  161°   5' 28"  und  R±  =  47,821. 

„         „        5.  A5  =  240°  10'  10"  und  R5  =  48,000. 

1.  Al  =  323°  40' 26"  und  ^  =  49,545. 

133.  Bei  den  Messungen  mit  dem  Kompafi  erhalt  man  die  Neigungswinkel 

der  Schnure  gegen  den  magnetischen  Meridian,  welcher  als  Abscissenlinie 
angenommen  wird,  durch  die  direkte  Ablesung  der  Streichwinkel  und  hat 
nur  notig,  dieselben  von  den  Fehlern  der  Variation  zu  befreien. 

Die  Berechnung  der  Koordinaten  (Langen  und  Breiten)  erfolgt  mit 
Hilfe  der  Logarithmen  oder  einer  der  im  §  126  genannten  Tabellen. 

Wenn  nicht  die  Bb'BEETschenTafeln  zurVerfugung  stehen,  ist  es  not- 
wendig,  die  nach  der  KompaBteilung  in  Stunden  angegebenen  Winkel  in 
Grade  und  Minuten  umzuwandeln. 

Dieses  zeitraubende  Geschaft  wiirde  wegfallen,  wenn  man  sich  ent- 
schlieBen  konnte,  nur  Kompasse  mit  Gradteilung  oder  mit  fiinfzehnteiligen 
Stunden  anzuwenden. 


DIE  AusFUHEUNa  VON  MARKSCHEEDEBZUGEN. 


193 


Bei  dieser  Umwandlung  hat  sich  ganz  ungerechtfertigt  unter  dem 
EinfluB  der  KompaBeinteilung  eine  iible  Gewohnheit  eingebiirgert  und  auch 
auf  Theodolitmessungen  sich  iibertragen,  namlich  die  Neigungswinkel  in 
ostliche  und  westliche  zu  unterscheiden  und  die  ersteren  von  Nord  iiber  Ost 
bis  180°,  die  anderen  von  Slid  iiber  West  ebenfalls  von  0  bis  180°  zu  zahlen. 

Da  in  diesem  Falle  die  Neigungswinkel  nicht  von  0  bis  360  Grad 
durchgezahlt  werden,  mithin  die  Vorzeichen  der  Funktionen  sinus  und 
cosinus  nicht  mehr  das  richtige  Yorzeichen  der  Koordinaten  von  selbst 
ergeben,  so  ist  zu  merken,  daB  die  Abscissen  positiv  sind  bei  den  ost- 
lichen  Streichwinkeln  von  0 — 90°  (Stunde  0 — 6)  und  bei  den  westlichen 
von  (90°— 180°)  (Stunde  6—12),  dagegen  negativ  bei  ostlichen  Streich- 
winkeln von  (90°— 180°)  und  bei  westlichen  Streichwinkeln  von  (0°— 90°), 
ferner  daB  die  ostlichen  Ordinaten  positiv,  die  westlichen  negativ  sind. 

Yielfach  ist  man  noch  weiter  gegangen  und  hat  nur  die  spitzen  Winkel 
angegeben,  welche  die  Schniire  mit  der  Abscissenlinie  einschlieBen ,  ganz 
abgesehen  von  der  Richtung  der  Schniire. 

In  diesem  Falle  konnen  die  richtigen  Vorzeichen  fiir  die  Teilkoordinaten 
nur  unter  Zuhilfenahme  von  Skizzen  oder  Figuren  ermittelt  werden,  ohne 
welche  auch  das  Winkelbuch  eines  solchen  Zuges  schwer  verstandlich  sein  wird. 

Es  erscheint  deshalb  ratsam,  die  KompaBstunden  in  Winkel  zu  ver- 
wandeln,  welche  von  0—360  Grad  durchzahlen. 

Die  Berechnung  der  Ziige  nach  Koordinaten  wird  in  Formulare  ein- 
getragen. 

Fiir  KompaBmessungen  geniigt  es,  wenn  dem  Formulare  3  fiir  die 
Winkelbuchreinschrift  noch  folgende  Spalten  hinzugefiigt  werden. 

Formular  5. 


g 

Im  Gradmafi 
verwandelter 

Teilordinaten 

Teilabscissen 

Koordinateu 
Ordinaten-    |    Abscissen- 

0 

*s 

Stundenwinkel. 

Meter 

Meter 

summe 

1 

I 

+ 

- 

+ 

- 

± 

Meter 

± 

Meter 

02 

r^ 

A 

307°  51'    6" 

8,883 

6,903 

— 

8,883 

+ 

6,903 

a 

fl 

P 

a 

319°  20'    9" 

6,777 

7,889 

— 

15,660 

+ 

14,792 

b 

1 

b 

206°  47'  49" 

5,149 

3,852 

— 

20,809 

+ 

18,644 

c 

c 

314°  49'  27" 

6,256 

6,218 

- 

27,065 

+ 

24,862 

d 

1 

- 

15,660 

+ 

14,792 

g 

8 

PQ 

d 

51°  16   10" 

9,205 

7,383 

— 

6,455 

•f 

22,175 

e 

fe 

e 

315°    0'    0" 

7,368 

7,368 

- 

13,823 

+ 

29,543 

f 

1 

— 

6,455 

+ 

22,175 

'53 

02 

f 

128°  26'  15" 

7,473 

5,931 

+ 

1,018 

+ 

16,244 

g 

3 

g 

142°    8'  54" 

4,452 

5,729 

+ 

5,470 

+ 

10,515 

h 

"% 

h 

145°  22'  16" 

3,779 

5,472 

+ 

9,249 

-f 

5,043 

i 

*? 

i 

240°  52  '44" 

9,138 

5,090 

+ 

0,111 

— 

0,047 

k 

linke  Seite 


BBATHUHN,  Markscheidekunst. 


13 


194 


ACHTES  KAPITEL. 


Fiir  die  Messungen  mit  dem  Theodoliten  sind  verschiedenartige  For- 
mulare  in  -Gebrauch.  Wenn  keine  Beobachtungen  am  Hohenkreise  gemacht 
wurden  und  eine  Reinschrift  des  Grubentaschenbuches  vorliegt,  so  reicht 
folgendes  einfache  Formular  aus: 

Formular  6. 


1 

Sohlige 
Lange. 

Azimut. 

Teilordinaten. 

1 

Teilabscissen. 

Koordinaten. 
Ordi-  1  Ab- 
naten-  |  scissen- 

a 

N 

j 

summe. 

0) 

Meter. 

Gr.     M. 

S. 

Meter. 

Meter. 

Meter. 

i 

y)    QJ      . 

^  tog 

^  CQ 

Linke  Seite. 

Die  Spalte  ,,Zeichen"  am  SchluB  hat  den  beim  Zulegen  hervortreten- 
den  Yorteil,  da6  die  Bezeichnung  des  Punktes  gleich  neben  seinen  Koor- 
dinaten steht. 

Was  iibrigens  fiir  ein  Formular  gewahlt  werden  mag,  stets  ist  eine 
genaue  Skizze  hinzuzufiigen. 

Bei  Berechnung  der  Koordinaten  geschlossener  Polygone  miissen  die 
Koordinatensummen  gleich  Null  werden,  oder  wenn  kein  geschlossenes 
Polygon  vorhanden  war,  so  miissen  die  Koordinaten  derselben  Punkte  im 
Zug  und  Gegenzug  iibereinstimmen.  Werden  diese  Forderungen  nicht  er- 
fiillt,  so  sind  diese  Unstimmigkeiten  nach  einem  bestimmten  Verfahren 
auszugleichen,  woriiber  in  einem  besonderen  Kapitel  die  Rede  sein  wird. 


134.  .  Nachdem  die  etwa  vorhandenen  Fehler  in  den  Koordinaten  beseitigt 
worden  sind,  kann  man  zur  Zulage  schreiten. 

Zu  diesem  Zwecke  versieht  man  bei  Anfertigung  eines  neuen  Risses 
das  Papier  mit  einem  Quadratnetz  und  beziffert  die  einzelnen  Linien  des 
Ketzes  mit  Hinzufugung  der  Yorzeichen,  wie  aus  Fig.  187  zu  ersehen  ist. 
Die  Bezifferung  geht  von  dem  gewahlten,  oder  wenn  fur  die  betreffende 
Grube  schon  ein  Koordinatensystem  angenommen  war,  von  dem  vorge- 
schriebenen  Nullpunkte  aus. 

Das  Yerfahren  erlautert  sich  am  einfachsten  an  einem  Beispiele:  Der 
Punkt  d,  dessen  Koordinaten  •-  12  und  +25  sind,  soil  aufgetragen 
werden. 

Man  sucht  zunachst  das  Quadrat  efgh  auf,  in  welches  der  Punkt  d 
fallen  muB.  Dasselbe  wird  von  den  Netzlinien  in  der  Abscissenachsenrich- 


DIE    AUSFUHEUNG    VON    MARKSCHEIDERZUGEN. 


195 


tung  --  10  und  —  20  und  von  den  Netzlinien  in  der  Ordinatenachsen- 
richtung  -f  20  und  +  30  gebildet.  Sodann  nimmt  man  die  Lange  5  in 
den  Zirkel  und  tragt  dieselbe  von  der  Netzlinie  +  20  aus  in  der  posi- 
tiven  Abscissenrichtung  auf  die  beiden  von  den  Netzlinien  —  10  und 
—  20  gebildeten  Quadratseiten  ab,  so  daB  ah  =  be  =  5. 

Durch  diese  beiden  auf  diese  Weise  erhaltenen  Punkte  a  und  b  zieht 
man  eine  feine  Bleistiftlinie,  nimmt  die  Lange  2  in  den  Zirkel,  tragt  diese 
vom  Punkt  b,  also  von  der  Netzlinie  —  10  in  der  negativen  Ordinaten- 
richtung  auf  die  Linie  ba  ab  und  erhalt  so  die  Lage  des  Punktes  d. 


+30 


+20 


f 

a 

j 

* 

B 

\ 

c 

Q~ 

- 

+20 


-70 


7  III 

Fig.  187.     Zulegen  nach  berechneten  Koordinaten. 


Benutzt  man  zwei  Zirkel  zugleich,  so  tragt  man  erst  die  Punkte  b 
und  c  von  e  aus  mit  den  Langen  5  und  2  auf  und  schlagt  vom  Punkte  c 
aus  mit  dem  Radius  5,  sowie  vom  Punkte  b  mit  dem  Radius  2  je  einen 
Bogen.  Der  Schnittpunkt  der  Bogen  ist  der  gesuchte  Punkt  d. 

Vergleicht  man  zum  SchluB  die  verschiedenen  Methoden  des  Zulegens 
untereinander,  so  ist  der  nach  berechneten  Koordinaten  entschieden  der 
Vorzug  zu  geben. 


Zu  den  Markscheiderarbeiten ,    welche  die  riBliche    Darstellung    zum   §  135, 
Zweck    haben,    gehort   auch   die  Aufnahme    derjenigen    Gegenstande  der 
Tagesoberflache,  auf  welche  der  Grubenbau  Rucksicht  zu  nehmen  hat,  z.  B. 
der  Feldesgrenze,  der  Gebaude,  StraBen,  Eisenbahnen,  Teiche,  Wasserlaufe 
und  dergl. 

Bei  groBerer  Ausdehmmg  solcher  Messungen  werden  nach  den  Regeln 
der  Feldmefikunst  Polygone  an  das  Dreiecksnetz  des  Grubenfeldes  und  an 
diese  Polygone  wieder  die  Stuckvermessungen  angeschlossen. 

13* 


196 


ACHTES  KAPITEL. 


Die  Stuck vermessung  fuhrt  der  Markscheider  fast  immer  und  die 
AnschluBpolygone  bei  nicht  zu  groBer  Ausdehnung  sehr  haufig  mit  dem 
KompaB  als  FeldmeBinstrument  aus. 

Diesen  Yermessungen  wird  ebenfalls  ein  Netz  von  Linien  zu  grunde 
gelegt,  welches  womoglich  aus  einem  Hauptpolygonzuge  von  einem  Drei- 
eckspunkte  zum  anderen  und  aus  mehreren  sich  hieran  anlehnenden  kleinen 
Nebenziigen  besteht.  Der  Hauptsache  nach  kommt  die  Umfangsmethode 
zur  Anwendung,  untergeordnet  treten  auch  die  anderen  Methoden  auf.  In 
Fig.  188,  welche  einen  Teil  einer  solchen  KompaBaufnahme  darstellt,  ist 
die  um  den  Punkt  c  liegende  Hausergruppe  mittels  der  Polarmethode,  die 
mit  ,,Garten"  bezeichnete  Flache  nach  der  Koordinatenmethode  aufge- 
nommen  worden. 


Fig.  188.     Skizze  einer  Situationsaufnahme  mit  dem  Kompafi. 

Man  sucht  moglichst  viel  geschlossene  Figuren  zu  erhalten.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  z.  B.  die  Linie  2  —  f  eingeschaltet  worden.  Die  Eckpunkte 
des  Netzes  werden  durch  kleine  Pflocke  bezeichnet,  auBerdem  benutzt  man 
auch  Hausecken,  Grenzsteine  u.  s.  w.  Die  Richtungen  der  Linien  werden 
mit  dem  FeldmeBinstrument  (KompaB)  ermittelt,  und  zwar  wird  dasselbe 
nicht  auf  jedem  einzelnen  Punkte,  sondern  abwechselnd  aufgestellt.  Z.  B. 
wird  in  der  Aufstellung  des  Instrumentes  iiber  a  die  Kichtung  a  —  /,  a  —  b 
und  a  —  1  abgelesen,  sodann  wird  das  Instrument  erst  in  c,  bez.  in  2 
aufgestellt  und  die  Punkte  b  und  1  werden  iibersprungen. 

Von  diesem  Verfahren  wird  man  abweichen,  wenn  die  Einwirkung  von 
Eisen  auf  die  Magnetnadel  zu  befurchten  ist. 

Unter  Umstanden  kann  auch  hierbei  von  den  im  fimften  Kapitel 
beschriebenen  Methoden  Gebrauch  gemacht  werden. 

Die  Langen  miBt  man  mit  dem  MeBbande,  die  senkrechten  Abstande 


DlE    AUSFUHKUNG    VON   MAKKSCHEIDERZUGEN. 


197 


von  den  Polygonseiten  mit  MeBstaben.  Das  Errichten  dieser  Perpendikel 
geschieht  bei  kurzen  Ordinaten  mit  dem  bloBen  Auge,  bei  langeren  mit 
Hilfe  des  Winkelkopfes  oder  Winkelspiegels. 

Zum  Eintragen  der  Beobachtungen  geniigen  wenige  Spalten. 

Formular  7. 


Zeichen     . 
von         bis 

0/W. 

Kompass. 
St.        V8      1/8/i6 

Lange. 

Meter. 

Bemer- 
kungen. 

Skizzen. 

'«. 

Linke  Seite.  Kechte  Seite. 

Die  Zulage  erfolgt  nach  denselben  Methoden  wie  die  der  G-rubenziige. 


Durchschlagszuge.  --  Bisher  ist  von   den  Markscheiderarbeiten   die  §  136, 
Rede  gewesen,  welche  lediglich  der  riBlichen  Darstellung  wegen  ausgefiihrt 
werden. 

In  der  Anordnung  wenig  verschieden  von  ihnen  sind  die  sogenannten 
Durchschlagsziige. 

Man  unterscheidet  zwei  Gruppen  von  solchen  Ziigen.  Die  einen  haben 
die  Zusammenfuhrung  zweier  Stolln-  oder  Streckenorter,  die  anderen  die 
seigere  Ubertragung  eines  Punktes  der  Tagesoberflache  in  die  Grube  oder 
umgekehrt  zum  Zweck.  Im  erst  en  Falle  ist  das  Ni  veil  ement,  im  zweiten 
die  Horizontalmessung  mittels  des  Theodoliten  von  groBter  Wichtigkeit. 

Die  Abweichung  zweier  Gegenorter  eines  Stollns  in  den  Sohlen  kann 
unter  Umstanden  gar  nicht  oder  doch  nur  durch  Aufwendung  groBer  Kosten 
beseitigt  werden,  wahrend  eine  Abweichung  der  beiden  Durchschlagsrich- 
tungen  schon  ziemlich  weit  gehen  kann,  ehe  Betriebshindernisse  daraus 
entstehen. 

Bei  Punktiibertragungen  konnen  Abweichungen  in  horizontaler 
Richtung  sehr  unangenehm  sein,  namentlich  wenn  hiernach  ein  Scbacht 
in  verschiedenen  Sohlen  in  Angriff  genommen  worden  ist,  wahrend  die 
Seigerhohen  selten  mit  dieser  Scharfe  bestimmt  zu  werden  brauchen. 

Die  Durchschlagsziige  von  einiger  Ausdehnung  und  Wichtigkeit  sind 
stets  mit  dem  Theodoliten  auszufiihren;  bei  kleineren  unwichtigen  Zugen 
geniigt  auch  der  HangekompaB.  Die  Durchschlagsrichtung  sollte  aber  in 
diesem  Falle  ausschlieBlich  durch  Rechnung  ermittelt  werden.  Geschieht 


198  ACHTES  KAPITEL. 


es  dennoch  durch  die  mechanische  Zulage,  so  sind  alle  oben  erwahnten 
VorsichtsmaBregeln  zu  beachten. 

Fiir  alle  Durchlagsziige  gilt  der  Hauptgrundsatz,  da6  dieselben  ganz 
unabhangig  von  den  schon  vorhandenen  Messungen  vollstandig  neu  aus- 
gefuhrt werden  mussen  und  nur  in  Ausnahmefallen  sich  an  friihere  Mes- 
sungen oder  an  riBliche  Darstellungen  anlehnen  oder  darauf  stiitzen  durfen. 

Diese  Ausnahmefalle  finden  statt:  erstens,  wenn  schon  eine  verbiirgte 
genaue  Messung  durch  einen  Teil  der  aufzunehmenden  Grubenraume  gefiihrt 
war  und  deren  Fixpunkte  sich  vollstandig  unversehrt  erhalten  hatten, 
und  zweitens,  wenn  verbrochene  Strecken  u.  dergl.  die  Neumessung  fur 
den  Durchschlag  verhindern  und  Gefahr  im  Yerzuge  ist.  Im  letzteren  Falle 
1st  auf  Grund  der  riBlichen  Darstellungen  die  Angabe  zu  machen.  Der 
Rift  ist  aber  entstanden  aus  einer  Anzahl  zu  verschiedenen  Zeiten  aus- 
gefuhrter  Nachtragsmessungen,  deren  Richtigkeit,  abgesehen  von  anderen 
Einfliissen,  abhangt  von  der  unversehrten  Erhaltung  der  jedesmaligen  An- 
schluBpunkte  und  kann  deshalb  nicht  die  Sicherheit  bieten,  wie  ein  zu- 
sammenhangender  Durchschlagszug. 

Der  Wichtigkeit  der  Sache  entsprechend  wird  bei  solchen  Durchschlags- 
ziigen  die  Sorgfalt  bei  dem  Aussuchen  und  Fixieren  der  Winkelpunkte, 
sowie  bei  dem  Messen  der  Winkel  und  Langen  erhoht  und  der  ganze  Zug 
wird  mindestens  zweimal  ausgefuhrt. 

Waren  die  Winkelpunkte  in  der  Firste  fixiert,  so  werden  dieselben 
beim  Gegenzug  beibehalten.  Dadurch  aber,  daB  der  Theodolit  von  neuem 
zentriert  wird,  erhalt  dieser  Gegenzug  doch  den  Wert  einer  ganz  unab- 
hangigen  Arbeit. 

Mit  den  Durchschlagsziigen  ist  nur  in  Ausnahmetallen  eine  Aufnahnie 
der  Grubenraume  verbunden,  auch  werden  die  Ziige  meistens  nicht  zu- 
gelegt,  sondern  nur  berechnet,  weil  zur  Angabe  der  Durchschlagsrichtungen 
die  Koordinaten  der  letzten  Punkte,  sowie  die  Azimute  der  beiden  letzten 
Polygonseiten  vollstandig  geniigen. 

In  Fig.  189  ist  der  einfachste  Fall  eines  Durchschlagszuges  dargestellt, 
welcher  beziiglich  der  Berechnung  fur  alle  anderen  als  Muster  dienen  kann. 
Derselbe  ist  vom  Punkt  I  bis  zum  Punkt  VII  ausgefuhrt,  und  soil  sowohl 
von  dem  einen  als  von  dem  anderen  Punkt  die  Richtung  zur  Aufeinander- 
fuhrung  der  beiden  Gegenorter  angegeben  werden.  Die  Koordinaten  der 
beiden  Endpunkte  sind  berechnet  und  zwar 

Ord.  Absc. 

far      7+45,621         +81,583 

„    VII  -      3,631         +  40,235 

sowie  die  Azimute  der  Linien  VI—  VII  und  /— //  zu  51°  20' 22",  bez. 
62°  12'  11".  Aus  den  Koordinaten  der  Punkte  I  und  VII  findet  man 
wie  folgt: 


DIE  ATJSFUHEUNO  VON  MAKKSCHEIDEEZUGEN, 


199 


+  45,621 
-     3,631 


+  81,583 
4-  40,235 


49,252  41,348 

die    Katheten    des   rechtwinkeligen    Dreiecks   I  A  VII   und   daraus    den 
Winkel  A  VIII  nach  der  Formel  \%A7HI=  ^1  =  49°  59' 9",  sowie  die 

Tel  .o4O 

Hypotenuse  VII- 1  =  ^^57  =  64,307. 

Aus  der  Figur  1st  ohne  weiteres  zu  entnehmen,  daB  der  Abgabewinkel 
aus  VII  sich  zu  178°  38'  47"  und  derselbe  aus  I  zu  167°  46'  58"  ergiebt. 


Fig.  189.     Durchschlagsbestimmung. 

Die  beiden  Richtungswinkel  werden  in  der  Grube  auf  folgende  Weise 
angegeben:  Man  stellt  den  Theodoliten  unter  dem  Punkte  I  zentrisch  und 
horizontal  auf,  richtet  das  Fernrohr  mit  Null  auf  Null  auf  den  Punkt  II 
und  dreht  die  Alhidade  bei  festgeklemmtem  Hauptkreis  soweit  herum,  bis 
die  Nonien  den  Winkel  167°  46'  58"  angeben.  Das  Fernrohr  befindet  sich 
nunmehr  in  der  Durchschlagsrichtung,  welche  auf  einer  in  zweckmaBiger, 
Entfernung  vom  Punkt  /  geschlagenen  Spreize  durch  einen  Drahtstift 
Pfriemen  u.  dergl.  bezeichnet  wird. 

Dieselbe  Messung  wiederholt  man  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohres 
und  nimmt,  wenn  die  beiden  gefundenen  Punkte  nicht  ubereinstimmen, 
das  Mittel. 


200 


ACHTES  KAPITEL. 


Den  so  gefundenen  Punkt  iibertragt  man  sorgfaltig  in  die  Firste,  und 
die  aus  diesem  und  dem  Punkte  /  herabhangenden  Lote  bezeichnen  die 
Durchschlagsrichtung.  Genau  so  verfahrt  man  auf  dem  Punkte  VII,  wo 
der  Abgabewinkel  =  178°  38'  41"  ist. 

Die  Punkte  /  und  VII  diirfen,  um  zur  genauen  Winkelangabe  hin- 
reicbenden  Spielraum  zu  haben,  nicht  zu  nahe  am  OrtsstoBe  ange- 
bracbt  sein. 

Das  vorher  beschriebene  Verfahren  reicbt  in  den  meisten  Fallen  aus. 
Will  man  jedocb  mit  der  groBtmoglichsten  Scharfe  den  Winkel  angeben, 
so  wird  man  zunachst  wie  vorher  nur  in  einer  Lage  des  Fernrobres  einen 
Punkt  x  in  der  Durchschlagsrichtung  auf  der  Spreize  bezeichnen,  sodann 
miBt  man  diesen  abgesteckten  Winkel  II  Ix  so  genau  wie  rnoglich  durch 
mehrmalige  Kepetitionen  in  beiden  Lagen  des  Fernrohrs.  Aus  dieser 
Messung  ergiebt  sich,  wie  viel  der  Winkel  //  /  x  von  der  berechneten 
Durchschlagsrichtung  abweicht,  und  man  kann  aus  dieser  Differenz  d  und 
aus  der  Lange  I  x  das  kurze  Stuck,  um  welches  der  Punkt  x  recktwinkelig 
zur  Seite  geriickt  werden  muB,  aus  der  Formel  tge?.  Ix  berechnen. 

Bei  dem  Betriebe  von  Stollngegenortern  sind  zugleich  die  Angaben 
fur  die  Sohlen  zu  geben. 

Dies  geschieht  am  einfachsten,  wenn  ein  Sohlenpunkt  nahe  an  dem 
OrtsstoB  in  der  Firste  angebracht  und  durch  Nivellement  bestimmt  wird, 
wie  tief  die  Ortssohle  unter  demselben  angenommen  werden  soil. 

Sind  flache  Gesenke,  Bremsberge  und  Ubersichbrechen,  welche  zwei 
Punkte  in  verschiedenen  Sohlen  verbinden  sollen,  anzugeben,  so  ist  der 
Fallwinkel  aus  einem  rechtwinkeligen  Dreieck  zu  berechnen,  dessen  eine 
Kathete  gleich  dem  Seigerteufenunterschied  der  beiden  Sohlenpunkte  und 
dessen  andere  gleich  der  horizontalen  Entfermmg  dieser  beiden  Punkte  ist 
Letztere  wird  aus  der  Zulage  entnommen  oder  aus  den  Koordinaten  berechnet 


Fig.  190. 


Zur  Angabe  des  Fallwinkels  ist  ein  sorgfaltig  gearbeitetes  recht- 
winkeliges  Dreieck  von  moglichst  grofien  Dimensionen  sehr  brauchbar.  Der 
eine  spitze  Winkel  A  dieses  Dreiecks  ABC  entspricht  dem  berechneten 
Fallwinkel.  Beim  Gebrauch  setzt  man  die  Hypotenuse  dieses  Dreiecks  auf 
die  Sohle  der  Strecke  und  eine  Setzlibelle  oder  Setzwage  (Fig.  190)  auf 


DlE    AUSFUHEUNG    VON    MARKSCHEIDERZUGEN. 


201 


di  e  oben  befindliche  Kathete  AC.  Spielt  die  Blase  der  Libelle  oder  das 
Lot  der  Setzwage  ein,  so  ist  das  Ansteigen  der  Streckensohle  richtig. 

BeimAbteufen  vonGesenken 
und  tonnlagigen  Schachten  mit 
sehr  starkem  Einfallen  ist  vor- 
stehender  Apparat  nicht  anwend- 
bar.  Man  verfahrt  hier  auf  fol- 
gende  Weise: 

Von  dem  Punkte  a  (Fig.  191) 
hangt  man  ein  Lot  ab.  Von  den 
Punkten  c,  d  und  e  des  Lotes, 
welche  um  eine  bestimmte  Lange 
voneinander  abstehen,  werden 
nach  dem  Hangenden  die  Ab- 
messungen  gc,  di  und  el  und 
nach  dem  Liegenden  die  Ab- 
messungen  cf,  dh  und  ek  beim 
Betriebe  inne  gehalten.  Der  Fig,  191.  Abteufen  von  flachen  Schachten, 
Punkt  a  sowohl,  als  auch  die 

Abmessungen  vom  Lote  aus  werden  im  Voraus  vom  Markscbeider  be- 
rechnet  und  angegeben.  Ist  bis  zum  Punkte  b  abgeteuft,  so  ist  die  An- 
gabe  eines  neuen  Lotpunktes  mit  den  zugehorigen  Abstanden  erforderlicb. 

tlbertragungen  von  Seigerpunkten   aus  der  Grube  auf  die  Tagesober-   §  137. 
flache  und  umgekebrt  sind  erforderlich: 

Zur  Bestimmung  der  Sicherheitspfeiler  und  zum  Schutze  von  Gegen- 
standen  auf  der  Tagesoberflache,  zur  Angabe  des  Ansatzpunktes  eines 
Schachtes,  welcher  an  eine  bestimmte  Stelle  in  der  Grube  treffen  soil, 
und  zur  Angabe  eines  Punktes  in  der  Grube,  welchen  ein  liber  Tage  be- 
gonnener  Schacht  treffen  wird.  Letzteres  kommt  bei  Unterfahrungen  von 
Schachten  vor,  die  im  Abteufen  begriffen  sind. 

SchlieBlich  ist  eine  wiederholte  tFbertragung  von  Seigerpunkten  not- 
wendig,  wenn  ein  Schacht  in  verschiedenen  Sohlen  zu  gleicher  Zeit  in  An- 
griff  genommen  werden  soil. 

Alle  derartige  Ztige  bestehen  aus  Gruben-  und  Tagezug.  Fiir  letztere 
bildet  das  entweder  schon  vorhandene  oder  zu  konstruierende  Dreiecksnetz 
die  Grundlage. 

Zur  Angabe  eines  Schachtes,  der  an  einer  bestimmten  Stelle  B  der 
Grube  eintreffen  sollr  ist  die  tFbertragung  dieses  Punktes  auf  die  Tages- 
oberflache  notig.  Man  fixiert  ungefahr  in  der  Gegend,  wo  der  Schacht 
angesetzt  werden  wird,  durch  einen  Pfahl  oder  Stein  den  sogenannten  ver- 
lorenen  Punkt  A  und  verbindet  denselben  durch  Messung  sowohl  mit  dem 
Dreiecksnetz  iiber  Tage,  als  auch  mit  dem  Polygon  in  der  Grube,  welches 
seinerseits  den  Punkt  E  in  sich  schlieBt,  Fig.  192. 


202      ACHTES  KAPITEL.    DIE  AUSFUHRUNG  VON  MARKSCHEIDERZUGEN. 

Aus  den  Koordinaten  von  A  und  B  und  aus  dem  Azimut  der  Dreiecks- 
oder  Polygonseite,  deren  Endpunkt  A  ist,  berechnet  man,  in  welcher  Ent- 
fernung  und  Richtung  von  A  ab  der  Schacht  angesetzt  werden  muB. 

Mittels  des  zentrisch  iiber  A  aufgestellten  Theodoliten  wird  auf  die- 
selbe  Weise  wie  bei  der  Richtungsangabe  von  Gegenortern  der  Winkel  CAB 
und  mittelst  Schnur,  Gradbogen  und  MeBstab  die  Lange  der  Linie  AB  von 

dem  verlorenen  Punkte  A 
nach  dem  Schachtpunkte 
angegeben. 

Soil  umgekehrt  ein  iiber 
Tage  begonnener  Schacht 
durch  einen  Querschlag 
unterfahren  werden,  so  ist 
eine  gleiche  Messung  vor- 
zunehmen  wie  vorher,  wel- 
che  den  angefangenen 
Schacht  und  diejenigen 

Grubenraume    in    sich 
schlieBt,    in    deren   Nahe 
der  Schacht  eintreifen  wird. 
Nach  Berechnung  der 
Fig.  192.  Koordinaten     ist    in    der 

Grube  diejenige  Stelle  des 

Zuges  auszuwahlen,  von  welcher  aus  die  Unterfahrungsstrecke  am  zweck- 
maBigsten  angesetzt  wird.  Die  Angabe  der  Richtung  geschieht  wie  bei  dem 
Durchschlagszuge.  Nachdem  der  notige  Raum  durch  die  aufgefahrene 
Strecke  freigelegt  ist,  kann  zur  genauen  Bestimmung  des  Schachtpunktes 
auf  bekannte  Weise  geschritten  werden. 

Die  schwierigste  und  wichtigste  Markscheiderarbeit  dieser  Gattung  ist 
die  Angabe  eines  Schachtes,  welcher  gleichzeitig  in  mehreren  Sohlen  in 
Angriffgenommen  werden  soil.  Die  beiden  oben  besprochenen  Falle  kommen 
hierbei  in  Verbindung  vor. 

Soil  der  Schacht  einen  runden  Querschnitt  erhalten,  so  geniigt  selbst- 
verstandlich  die  Angabe  des  Mittelpunktes,  soil  der  Schacht  aber  viereckig 
werden,  so  ist  an  jedem  Angriffspunkte  die  Schachtfigur  abzustecken. 

Die  mit  vorstehenden  Arbeiten  stets  verbundenen  AnschluB-  und  Orien- 
tierungsmessungen  zwischen  Tage-  und  Grubenzug  werden  in  einem  be- 
sonderen  Kapitel  besprochen  werden. 


NEUNTES  KAPITEL.    DIE  ANEERTIGUNG  VON  GRUBENRISSEN.        203 

Neuntes  Kapitel. 
Die  Anfertigung  yon  Grubenrissen. 

Zur  vollstandigen  Klarstellung  der  Grubenverhaltnisse  ist  mindestens   §  138, 
ein  GrundriB  und  ein  SeigerriB  erforderlich. 

Der  GrundriB  ist  eine  Projektion  der  Grubenraume  auf  die  Horizontal- 
ebene  und  der  SeigerriB  eine  solche  auf  eine  Seigerebene,  welche  der  Haupt- 
langsrichtung  der  Grubenbaue  parallel  lauft. 

Auf  Profilen  oder  Profilrissen  werden  nur  diejenigen  Gegenstande 
dargestellt,  welche  von  der  durch  die  Grubenbaue  gelegten  seigeren 
Profilebene  geschnitten  werden.  Miissen  zum  besseren  Verstandnis 
dennoch  Gegenstande  angegeben  werden,  welche  vor  oder  hinter  der  Profil- 
ebene liegen,  so  geschieht  dies  in  punktierten  Linien. 

Die  Ebene  der  Querprofile  liegt  in  der  Fallrichtung,  die  der  Langen- 
profile  in  dem  Streichen  der  Lagerstatte. 

FlacheEisse  nennt  man  solche,  welche  auf  eine  geneigte  der  Lager- 
statte parallelen  Ebene  projiziert  sind, 

Nach  der  auBeren  Form  unterscheidet  man  Flatten-  und  Rollrisse. 
Die  letzteren  sind  aus  einem  oder  mehreren  Bogen  Zeichenpapier  die  auf 
Leinwand  geklebt  sind,  in  einer  solchen  GroBe  hergestellt,  daB  die  ganze 
Grube  oder  doch  ein  abgeschlossener  Teil  (Revier)  derselben  darauf  Platz 
findet. 

Ihren  Namen  haben  sie  davon,  daB  sie  gerollt  aufbewahrt  werden. 
Zum  Schutz  gegen  Druck  und  Bruch  sind  sie  auf  der  einen  kurzen  Seite 
mit  einer  Rolle,  auf  der  anderen  mit  einer  Leiste  versehen.  Der  Rand  der 
langen  Seiten  ist  mit  Band  umnaht. 

Das  zu  den  Rollrissen  notige  Papiermaterial  wird  mit  Nessel  unterklebt 
von  Papierfabriken  geliefert.  Will  man  aber  das  Aufkleben  des  Papier s 
auf  Leinen  selbst  besorgen,  so  verfahrt  man  wie  folgt: 

Man  lege  ein  Stuck  Leinwand  oder  Nessel  von  etwas  groBeren  Dimen- 
sionen  als  sie  der  RiB  erhalten  soil,  auf  einen  abgehobelten  Tisch,  knicke 
an  den  Randern  einen  zwei  Finger  breiten  Streifen  um  und  bestreiche 
denselben  mit  Kleister.  Die  so  bestrichenen  Rander  legt  man  wieder  um 
und  driickt  dieselben  auf  den  Tisch,  indem  man  zugleich  die  Leinwand 
straff  zu  ziehen  versucht.  Bei  grosser  Ausdehnung  der  Leinwand  miissen 
zwei  Personen,  und  zwar  stets  an  entgegengesetzten  Stellen,  driicken  und 
ziehen. 

Hat  die  Leinwand  scharfe  Briiche,  so  bestreicht  man  diese  Stellen 
mit  einem  feuchten  Schwamme.  Nachdem  der  Rand  nahezu  trocken  ge- 
worden  ist,  legt  man  das  Papier  mit  der  rechten  Seite  auf  die  Leinwand 
und  bestreicht  die  linke  Seite  so  lange  mit  Kleister,  bis  das  Papier  durch 
die  Feuchtigkeit  ganz  schlaff  geworden  ist. 


204  NEUNTES  KAPITEL. 


Sodann  hebt  man  dasselbe  vorsichtig  ab,  legt  es  mit  der  bestrichenen 
Seite  auf  die  Leinwand  und  driickt,  von  der  Mitte  ausgehend,  nach  den 
Seiten  zu  das  Papier  fest  auf.  Das  streichende  Aufdriicken  fiihrt  man  mit 
der  bloBen  Hand  oder  mit  Tiichern  aus,  legt  aber  stets  reines  Papier  unter. 

Sind  mehrere  Bogen  Zeichenpapier  aneinander  zu  kleben,  so  ist  es 
zweckmaBig,  den  Kanten  der  Bogen,  welche  iibereinandergreifen,  eine  kleine 
Zuscharfung  zu  geben.  Man  kann  diese  durch  sorgfaltiges  Schaben  mit 
einem  Messer  einfacher  durch  folgendes  Verfahren  erreichen. 

Man  fiihrt  parallel  und  nahe  an  den  iibereinander  zu  klebenden  Kanten 
jedes  Papierbogens  in  gerader  Linie  einen  scharfen  Schnitt  in  das  Papier, 
der  aber  nur  bis  zur  Mitte  desselben  eindringen  darf,  legt  sodann  das 
Papier  mit  der  eingeschnittenen  Seite  auf  den  Tisch  und  reiBt  den  halb 
losgetrennten  Streifen  vorsichtig  ab,  indem  man  inn  parallel  der  Kante 
des  Bogens  abzieht.  Da  der  Streifen  in  der  halben  Starke  des  Papieres 
noch  anhaftet,  so  wird  beim  Abziehen  desselben  auch  vom  Bogen  etwas 
Papier  mit  entfernt  und  die  gewiinschte  Zuscharfung  erreicht. 

Auf  die  gute  Beschaffenheit  des  Kleisters  komnit  hierbei  viel  an. 
Derselbe  muB  von  einer  bestimmten  Diinnfmssigkeit  sein  und  darf  keine 
Kliimpcheu  enthalten.  Zu  seiner  Bereitung  lost  man  eine  kleine  Portion 
guter  Starke  in  moglichst  wenig  kaltem  Wasser  vollstandig  auf  und  gieBt 
in  diesen  dunnen  Brei  kochendes  Wasser  unter  fortwahrendem  Um- 
riihren  des  dabei  entstehenden  Starkekleisters. 

Die  Plattenrisse  bestehen  aus  einzelnen  Flatten  von  gleicher  GroBe 
und  Dicke,  welche  durch  Beschneiden  zum  unmittelbaren  AneinanderstoBen 
eingerichtet  sind. 

Die  GroBe  der  Platten  richtet  sich  nach  dem  MaBstab,  meistens 
nahern  sie  sich  den  Dimensionen  von  70  und  50  Centimeter. 

Die  Platten  werden  am  zweckmaBigsten  auf  folgende  Weise  an- 
gefertigt. 

Man  klebt  ein  fur  die  GroBe  mehrerer  Platten  ausreichendes  Stuck 
Leinwand  nach  dem  oben  beschriebenen  Yerfahren  mit  den  Randern  auf 
einen .  glatt  gehobelten  Tisch  und  darauf  iibereinander  zwei  Lagen  von 
starkem  Maschinenpapier  und  zuletzt  das  eigentliche  Zeichenpapier.  LaBt 
man  vor  dem  Aufkleben  des  letzteren  das  Maschinenpapier  erst  trocken 
werden,  so  hat  man  den  Yorteil,  daB  die  Wellungen  des  vorher  nassen 
Papieres  verschwunden  sind  und  das  Aufdrucken  des  mit  Kleister  be- 
strichenen Zeichenpapieres  miiheloser  ist.  Das  ganze,  so  zusammen- 
geklebte  Plattenmaterial  muB  ca.  acht  Tage  trocknen,  bevor  es  vom  Tische 
abgeschnitten  wird,  und  auch  dann  bewahrt  man  die  einzelnen  Platten 
noch  einige  Wochen  auf,  ehe  man  sie  benutzt. 


139.  Nach  dem  Zweck  teilt  man  dieRisse  ein  in  Spezialrisse,  Situations- 

und  Hauptgrundrisse,  in  General-  und  tTbersichtsrisse. 


DIE  ANFEETIGUNG  VON  GRUBENRISSEN.  205 

Spezialrisse  sind  solche  Risse,  welche  nur  zur  Fiihrung  des  Gruben- 
baues  dienen.  Bei  dem  Yorhandensein  mehrerer  Bausohlen  oder  mehrerer 
iibereinander  liegender  Lagerstatten  wird  zur  Vermeidung  storender  tfber- 
deckungen  meistens  nur  jedesmal  eine  dargestellt. 

Sie  enthalten  nur  solche  Gegenstande  der  Tagesoberflache,  auf  welche 
der  Grubenbau  Riicksicht  nehmen  muB.  Ihr  MaBstab  ist  der  des  Funda- 
mentalrisses. 

Situations-  und  Hauptgrundrisse  werden  meistens  in  einem  um 
die  Halfte  kleineren  MaBstabe  als  der  der  Spezialrisse  angefertigt  und 
enthalten  neben  den  Gegenstanden  der  Tagesoberflache  nur  die  Schachte, 
Stolln  und  Hauptgrundstrecken  der  Grubenbaue. 

General-  und  tFbersichtsrisse  dienen,  wie  schon  ihr  Namen  sagt, 
zur  allgemeinen  Cbersicht  ganzer  Bezirke  und  konnen  bei  ihrem  meist 
kleinen  MaBstabe  nur  das  wichtigste  der  Grubenraume  und  der  Tages- 
oberflache wiedergeben. 

Fnndamentalrisse.   -  -   Alle   bisher   genannten  Risse  sollen  nach  den  §  140. 
preuBischen  Vorschriften   aus   den   Fundamentalrissen   entstehen.      So 
werden  namlich   die  Konzeptrisse  genannt,    auf  welche    der  Markscheider 
alle  Aufnahmen   unmittelbar   zulegt   und   welche   alien   iibrigen,  noch  an- 
zufertigenden  Rissen  als  Grundlage  dienen. 

Zu  diesen  Fundamentalrissen  soil  nur  Zeichenpapier  (Handpapier) 
bester  Sorte  verwendet  werden,  welches  weder  gerollt,  noch  mit  Leinen 
unterklebt  werden  darf.  Jedes  Blatt  wird  mit  einem  Quadratnetz  versehen, 
dessen  Linien  dem  fiir  die  Grube  giltigen  Koordinatensystem  entsprechen. 

Die  Blatter  werden  nicht  beschnitten,  es  bleibt  also  auBerhalb  des 
durch  die  auBersten  Netzlinien  begrenzten  Yiereckes  noch  ein  Rand, 
iiber  welchen  hinaus  ebenfalls  die  Zulage  und  Zeichnung  ausgedehnt  wird. 
Auf  dem  anstoBenden  Blatte  des  Fundamentalrisses  werden  auf  dem  Rande 
dieselben  Gegenstande  ebenfalls  verzeichnet  und  dadurch  ist  der  AnschluB 
der  beiden  angrenzenden  Blatter  erreicht. 

Wird  der  Grubenbau  auf  mehreren  iibereinander  liegenden  Sohlen 
oder  Lagerstatten  gefiihrt,  so  ist  fiir  jede  einzelne  derselben  ein  besonderer 
FundamentalriB  zu  fertigen.  Yon  dieser  Regel  weicht  man  nur  dann 
ab,  wenn  Yerdunkelungen  und  storende  ITberdeckungen  nicht  zu  befiirchten 
sind.  Die  wichtigsten  Strecken  der  zunachst  dariiber  liegenden  Sohle  bezw. 
Lagerstatte  sind  punktiert  auf  dem  Risse  anzugeben. 

Der  MaBstab  der  Fundamentalrisse  muB  so  beschaffen  sein,  daB  alle 
anderen  Risse  leicht  danach  angefertigt  werden  konnen.  Fiir  ausgedehntere, 
auf  Flotzen  bauende  Gruben  hat  sich  das  Yerhaltnis  1 : 1000,  fiir  Gang- 
bergbau  das  Yerhaltnis  1 : 500  bewahrt. 

Die  spezielle  zeichnerische  Ausfiihrung  entspricht  mit  geringen  Ab- 
weichungen  der  der  Spezialrisse.  Hiervon  wird  in  dem  nachsten  Para- 
graphen  die  Rede  sein. 


206 


NEUNTES  KAPITEL. 


141.  Nachdem  durch  die  in  §  141  ff.  beschriebenen  Methoden  ein  GrundriB 

des  der  markscheiderischen  Aufnahme  zu  Grunde  liegenden  Netzes  auf 
dem  Papiere  zugelegt  worden  ist,  werden  die  raumlichen  Grubenbaue 
eingetragen. 

Hierzu  dienen  die  auf  der  rechten  Seite  des  Winkelbuches  stehenden 
Skizzen.     Z.  B.     Man   steckt   vom  Anfangspunkte   a  die  Lange   4  ab  imd 

senkrecht  darauf  die  Or- 
dinate  2,1  nach  links 
und  1,1  nach  rechts,  so- 
dann  den  OrdinatenfuB- 
punkt  bei  6,2  Lange  und 
die  Ordinaten  0,5  bis  zur 
Ecke  des  Gesenkes  u.  s.  w. 
Die  hierdurch  erhal- 
tenen  Punkte  verbindet 


Fig.  193. 


man  nach  Anleitung  der  Skizze  und  erhalt  dadurch  ein  der  Wirklichkeit 
ahnliches  Bild  in  horizontaler  Projektion  oder  im  GrundriB. 

Das  auf  diese  Weise  entstandene  Bild  wird  darauf  mit  feinen,  schwarzen 
Tuschlinien  ausgezogen  und  mit  Farben  und  sonstigen,  zum  Verstandnis 
von  der  Form  der  Lagerstatte  und  deren  Abbau  erforderlichen  Bezeich- 
nungen  versehen. 

In  dieser  Beziehung  konnen  iiberall  giltige  Vorschriften  nicht  auf- 
gestellt  werden,  da  die  ortlichen  Gruben-  und  Lagerungsverhaltnisse  jedes- 
mal  beriicksichtigt  werden  miissen,  ferner  auch  das  langjahrige  Herkommen 
und  die  Gewohnheiten  sowohl  der  Markscheider,  als  auch  der  Gruben- 
betriebsbeamten  von  EinfluB  sind. 

Das  Nachstehende  soil  auch  nur  das  Wichtigste  in  dieser  Eichtung 
andeuten,  ohne  die  Anwendbarkeit  fur  alle  Falle  vorauszusetzen. 

Bei  der  Farbengebung  gilt  der  Hauptgrundsatz,  daB  alle  Eaume  einer 
Sohle  mit  derselben  Farbe  und  die  verschiedenen  Sohlen  mit  verschiedenen 
Farben  angelegt  werden. 

Fur  benachbarte  Sohlen  wahlt  man  scharf  voneinander  abstechende 
Farben. 

Querschlage  sind  an  der  auBeren  Seite  durch  eine  leichte  Verwaschung 
in  grauer  Tusche  zu  kennzeichnen. 

Unter  bestimmten  Yerhaltnissen  kann  es  auch  wiinschenswert  sein, 
die  ins  Liegende  getriebenen  Querschlage  von  denen  des  Hangenden  durch 
Yerwaschungen  in  verschiedenen  Farben  zu  unterscheiden. 

Alle  Strecken  erhalten  einen  Schatten,  bei  dessen  Konstruktion  man 
annimmt,  daB  das  Licht  von  links  nach  rechts  unter  einem  Winkel  von  45  ° 
einfallt.  Der  Schatten  wird  in  der  Sohlenfarbe  oder  mit  grauer  Tusche 
angegeben,  und  durch  den  Wechsel  der  beiden  Farben  im  Schattenstrich 
kann  man  man  noch  eine  Bedeutung  verbinden.  Z.  B.  alle  Streckenteile, 
welche  in  der  Lagerstatte  getrieben  sind,  mit  farbigem,  diejenigen,  welche 


DIE  ANFERTIGUNG  VON  GBUBENKISSEN.  207 

auBerhalb  derselben  liegen,  mit  grauem  Schatten  versehen.  Letzteres 
ist  nur  bei  Darstellungen  in  groBem  MaBstabe  anwendbar. 

Alle  Einrichtungen  in  der  Grube,  wie  Ausmauerung,  eiserne  Zimmerung 
u.  dergl.,  sind  stets  gleichformig  nach  bestimmten  Vorschriften  darzustellen. 

Die  Offnungen  von  Schachten,  Rolllochern,  Gesenken  u.  dergl.  werden 
diagonal  geteilt  und  zur  Halfte  tiefschwarz,  zur  anderen  Halfte,  wenn  der 
Schacht  bis  zu  Tage  ausgeht,  weiB  gelassen,  dagegen  bei  blinden  Schachten, 
Gesenken  u.  s.  w.  grau  (mit  Tusche)  angelegt. 

Die  Sohle  von  tonnlagigen  Schachten,  Gesenken  u.  s.  w.  wird  dadurch 
bezeichnet,  daB  in  der  Scbachtfigur  beide  sich  kreuzende  Diagonalen  ge- 
zogen  werden. 

Verstiirzte  Strecken  werden  mit  der  Sohlenfarbe  schraffiert,  abgegangene 
Schachte,  Gesenke  u.  dergl.  ganz  schwarz  ausgefullt. 

Auf  Grundrissen  von  solchen  Grubenbauen,  in  denen  das  Niveau  der 
einzelnen  Strecken  vielfaeh  wechselt,  ist  es  zu  empfehlen,  die  Zahlen  der 
Seigerteufen  (die  Abschliisse  auf  die  Normalhorizontale)  an  die  wichtigsten 
Punkte  zu  schreiben. 

Nicht  selten  ist  es  auch  von  Vorteil,  mit  Hilfe  dieser  Hohenzahlen 
Horizontalkurven  in  gleichem  Hohenabstande  auf  der  Sohle  des  Flotzes  zu 
konstruieren ,  da  hierdurch  die  Gestalt  einer  unregelmaBigen  Lagerstatte 
am  besten  veranschaulicht  wird. 

Die  grundriBliche  Darstellung  ganz  regelloser  hb'hlenartiger  Gruben- 
baue  ist  am  schwierigsten.  Es  erscheint  ratsam,  die  Baue  in  Schichten  von 
gleicher  Hohe  zu  zerlegen  und  fur  jede  dieser  Schichten  eine  hervor- 
stechende  Farbe  zu  wahlen,  mit  der  alle  Begrenzungslinien  der  unregel- 
maBigen Hohlraume  nach  innen  schmal  verwaschen  werden.  Yon  diesen 
Schichten  diirferi  nur  so  viel  iibereinander  auf  ein  Blatt  gezeichnet  werden, 
als  ohne  Beeintrachtigung  der  Deutlichkeit  geschehen  kann.  Eine  klare  Yor- 
stellung  wird  man  bei  derartigen  Lagerstatten  durch  den  GrundriB  allein  nicht 
erreichen ;  es  miissen  Seigerrisse  und  zweckmaBig  gelegte  Profile  hinzutreten. 

Werden  zur  Yervollstandigung  der  Aufnahme  altere  Risse  benutzt  und 
ist  mit  der  neuen  Aufnahme  nicht  eine  eingehende  Priifung  derselben  zu 
erreichen  gewesen,  so  sind  diese  kenntlich  zu  machen,  z.  B.  dadurch,  daB 
sie  punktiert  ausgezogen  werden  und  keinen  Schatten  erhalten. 

Der  Abbau  wird  beim  Gang-  und  Flotzbergbau  meist  durch  Schraffierung 
event,  mit  Farbenuntergrund  und  zwar  fiir  jede  Bauabteilung  in  der  Farbe 
der  zugehorigen  Sohlenstrecke.  Die  Zeit  des  Abbaues  ist  deutlich  mit 
Zahlen  einzutragen. 

Wird  ein  Flotz  in  zwei  oder  mehreren  Abteilungen  abgebaut,  ohne 
daB  fur  jede  derselben  ein  besonderer  RiB  gefiihrt  wird,  oder  wird  in  einer 
Tagebaugrube  die  Lagerstatte  in  mehreren  Strossen  gewonnen,  so  sind  die 
Abbaue  der  verschiedenen  Abteilungen  bez.  Strossen  durch  hellere  und 
dunklere  Farben  und  durch  einfache  oder  sich  kreuzende  Schraffierung  zu 
bezeichnen. 


208  NEUNTES  KAPITEL. 


Die  oberste  Abteilung  erhalt  die  hellste  Farbe  oder  einfachste  SchrafFur, 
die  unterste  wird  in  Farbe  und  Schraffur  am  dunkelsten  gehalten. 

Beim  Gangbergbau  ist  es  wiinschenswert,  die  Gangverhaltnisse  und 
namentlich  die  Erzfuhrung  der  Gange  ersichtlich  zu  machen.  Die  Gange 
-;  bezeichnet  man  durch  feine  Federstrichelung  mit  hellgrauer  Tusche,  die 
Erzfuhrung  mit  farbiger  Strichelung,  die  mit  etwas  trockenem  Pinsel  aus- 
gefiihrt  wird.  Durch  kraftigere  und  schwachere  Strichelung  kann  auch  die 
reichere  oder  armere  Erzfuhrung  angedeutet  werden.  Die  Farbe  ist  stets 
die  Sohlenfarbe. 

Spriinge  und  Yerwerfungen  werden  durch  scharfe  schwarze  Linien  mit 
einem  feinen  Pinselstrich  in  der  Sohlenfarbe  dargestellt.  Die  Fallrichtung 
und  der  Fallwinkel  werden  durch  einen  Pfeil  mit  beigeschriebener  Grad- 
zahl  bezeichnet. 

Die  einzelnen  Winkelpunkte  bezeichnet  man  auf  den  Fundamental- 
rissen  mit  kleinen  Kreisen.  Auf  den  Grubenrissen  laBt  man  sie  meisteris 
weg.  Nie  darf  dies  aber  bei  den  Markscheiderzeichen  geschehen,  welche 
ebenso,  wie  sie  in  Wirklichkeit  gestaltet  sind,  auf  den  Rissen  vermerkt  werden. 

142.  Seigerrisse  und  Profile.  —  Seigerrisse  und  Profile  haben  den  Zweck, 

iiber  die  Hohenverhaltnisse  der  im  Grundrisse  verzeichneten  Grubenbaue, 
liber  Machtigkeit  der  Lagerstatte  und  der  sie  begleitenden  Gebirgsschichten, 
sowie  iiber  Abweichungen  in  der  regelmaBigen  Lagerung  Auskunft  zu  erteilen. 

Die  Anfertigung  des  Seigerrisses  geschieht  auf  folgende  Weise: 

Man  ziehe  unterhalb  des  Grundrisses  eine  mit  der  Hauptstreichungs- 
linie  der  Lagerstatte  parallele  Linie,  welche  entweder  die  Normalhorizontale 
selbst  oder  eine  Horizontale  in  bestimmtem  daran  zu  schreibenden  Ab- 
stande  von  jener  ist.  Sodann  ziehe  man  durch  alle  Winkelpunkte,  welche 
zur  vollstandigen  Anfertigung  des  Seigerrisses  notwendig  sind,  senkrechte 
Linien  auf  die  Horizontale  und  verlangere  sie  um  die  GroBe  der  Seiger- 
teufenabschliisse.  Verbindet  man  die  dadurch  entstandenen  Punkte,  so  hat 
man  das  Gerippe  des  Seigerrisses. 

In  dem  Winkelbuche  finden  sich  die  Sohlen-  und  Firstenabstande  von 
den  einzelnen  Schniiren  und  Punkten  in  den  Handzeichnungen  angegeben, 
und  man  hat  nur  notig,  diese  in  derselben  Weise  wie  im  Grundrisse  auf- 
zutragen.  Verbindet  man  die  entstandenen  Punkte,  so  entsteht  ein  der 
Natur  ahnliches  Bild  der  Grubenraume  in  der  Projektion  auf  die  Seigerebene. 

Der  Entwurf  des  Seigerrisses  wird  mit  feinen  Tuschlinien  ausgezogen 
und  mit  den  aus  dem  Grundrisse  zu  entnehmenden  Farben  angelegt. 
Hierbei  werden  die  vornliegenden  Strecken  heller,  die  weiter  hinter- 
liegenden  dunkler  angelegt.  Senkrecht  zur  Projektionsebene  abgehende 
Strecken  werden  diagonal  geteilt  halbschwarz  und  grau,  ferner  alle  Schachte, 
Gesenke,  Rolllocher  u.  s.  w.  mit  grauer  Tusche  angelegt. 

Nicht  immer  geniigt  ein  SeigerriB  zu  einem  GrundriB.  Die  Projektions- 
ebene fur  den  zweiten  SeigerriB  nimmt  man  senkrecht  zu  der  des  ersten  an. 


Of    THE 


x      c        of 

DIE  ANFERTIGUNG  YON  GRUBENRISSEN.  209 

Bei  dem  Gangbergbau  dienen  besondere  Seigerrisse  zur  Darstellung 
des  Abbaues,  und  zwar  1st  hier  fur  jeden  einzelnen  Gang  oder  fur  jedes 
sich  abzweigende  Trum  ein  besonderer  SeigerriB  erforderlich.  Der  Abbau 
wird  in  derselben  Weise  wie  auf  den  Grundrissen  bezeichnet. 

Die  Lage  der  Projektionsebenen  fiir  die  einzelnen  Seigerrisse  ist  auf 
dem  Grundrisse  durch  Linien  anzudeuten. 

Die  Profile,  welche  in  ahnlicher  Weise  wie  die  Seigerrisse  angefer- 
tigt  werden,  dienen  meistens  zur  Darstellung  der  Lagerstatte  mit  dem 
umgebenden  Gestein.  Hierbei  ist  als  Hauptgrundsatz  aufzustellen,  daB 
alle  thatsachlichen  Aufschliisse  von  den  mutmafilichen  sich  unterscheiden 
lassen  miissen. 

Fiir  die  Farbengebung  der  Lagerstatten  und  der  anderen  Gebirgs- 
formationen  und  Schichten  ist  der  ortliche  Gebrauch  entscheidend. 

tFber  die  Ausfiihrung  der  Situationsrisse  und  sonstiger  topographischer 
Karten  sind  in  PreuBen  die  Bestimmungen  der  Zentraldirektion  der  Ver- 
messungen  im  preuBischen  Staate,  die  Anwendung  gleichmaBiger  Signaturen 
betreffend,  auch  fiir  den  Markscheider  maBgebend.  Diese  Bestimmungen 
sind  in  einem  Hefte  bei  MAEQUAEDT  &  SCHENCK,  Berlin,  1880,  erschienen. 

Das  Kopieren  von  Rissen.  —  Das  Kopieren  der  Kisse  sowohl  in  dem-  §  143. 
selben  als  auch  in  einem  kleineren  oder  groBeren  MaBstabe  ist  nur  in 
dem  Falle  mit  Sicherheit  auszufiihren,  wenn  das  Original  schon  bei  seiner 
Anfertigung  mit  einem  genau  konstruierten  Quadratnetze  iiberzogen  war, 
dessen  einzelne  Linien  einen  bestimmten  in  Zahlen  angegebenen  Abstand 
haben.  Das  Papier,  worauf  die.  Kopie  gezeichnet  werden  soil,  wird  mit 
einem  gleichen,  sorgfaltig  nach  NormalmaBen  konstruierten  Quadratnetze 
versehen  und  der  Inhalt  jedes  einzelnen  Quadrates  iibertragen. 

Dieses  tFbertragen  erfolgt,  wenn  Original  und  Kopie  gleichen  MaBstab 
erhalten  f  sollen  ,  entweder  mit  dem  Zirkel  oder,  was  weit  bequemer  und 
genauer  ist,  mit  Hilfe  von  Pauspapier. 

Man  bezieht  das  zu  benutzende  Pauspapier  mit  einem  richtigen 
Quadratnetze  und  kopiert  auf  dasselbe  vom  Original  die  Zeichnung  quadrat- 
weise,  indem  man  bei  jedem  einzelnen  Quadrate  die  Seitenkanten  mog- 
lichst  zur  Deckung  zu  bringen  sucht. 

In  gleicher  Weise  verfahrt  man  bei  der  IFbertragung  der  Zeichnung 
von  der  Pause  auf  die  Kopie. 

Besteht  die  Zeichnung  aus  geraden  Linien,  so  sind  die  Eckpunkte  der- 
selben mit  einer  feinen  Kopiernadel  zu  durchstechen,  nachdem  die  Pause 
quadratweise  aufgelegt  worden  ist.  Die  Nadel  ist  hierbei  stets  genau  senk- 
recht  zu  halten. 

Herrschen  in  der  zu  kopierenden  Zeichnung  krumme  unregelmaBige 
Linien  vor,  so  schiebt  man  unter  die  richtig  gelegte  Pause  ein  Stuck  be- 
sonders  feines  Pauspapier,  auf  welches  Graphit  aufgerieben  worden  ist,  und 
fahrt  mit  einem  feinen  stahlernen  Stift  mit  rund  polierter  Spitze  gelinde 

BBATHUHN,   Markscheidekunst. 


210       NEUNTES  KAPITEL.     DIE  ANFERTIGUNG  VON  GRUBENEISSEN. 


driickend  iiber  die  Linien  auf  der  Pause.  Man  erhalt  dadurch  auf  dem 
Papiere  eine  feine  Bleistiftkopie  des  Originals. 

Anstatt  eines  Druckstiftes ,  welchen  man  sich  aus  einer  zerbrochenen 
Strick-  oder  Stopfnadel,  die  man  in  einen  Holzstiel  treibt,  selbst  schleifen 
kann,  benutzt  man  wohl  auch  harte  Bleistifte  (Faber  Nr.  5)  erhalt  aber 
mit  letzteren  bei  weitem  nicht  so  scharfe  Bilder,  wie  mit  dem  stahlernen 
Druckstift. 

Das  Kopieren  durch  unmittelbares  Durchstechen  des  Originales  giebt, 
selbst  wenn  das  Papier  desselben  ganz  glatt  aufliegt  und  die  Kopiernadel 
sehr  sorgfaltig  gehandbabt  wird,  sehr  mangelhafte  Resultate. 

Soil  die  Kopie  in  einem  groBeren  oder  in  einem  kleineren  MaBstabe 
angefertigt  werden,  als  das  Original,  so  geschieht  dies  mit  Hilfe  des  Zirkels 
oder  des  Pantographen. 

Im  ersteren  Falle  kopiert  man  ebenfalls  quadratweise  und  hierbei 
konnen  Keduktionszirkel  oder  YerhaltnismaBstabe  gute  Dienste  leisten. 

Die  groBen,  in  guten  mechanischen  Werkstatten  angefertigten  Pan- 
tographen arbeiten  bei  sachgemaBer  Behandlung  mit  groBer  Prazision, 
namentlich  beim  Verkleinern  von  Zeichnungen. 

Die  Anschaffungskosten  sind  jedoch  nicht  unerheblich,  so  daB  ein  ein- 
zelner  Markscheider  schwerlich  einen  solchen  Apparat  sich  erwirbt,  nament- 
lich da  Reduktionsarbeiten  nicht  allzu  haufig  vorkommen. 

Man  unterscheidet  auf  Rollen  laufende  oder  schwebende  Pantographen. 

Der  erstere  erfordert  einen  groBen  quadratischen  Tisch  von  minclestens 
zwei  Meter  Seitenlange,  mit  dem  zweiten  laBt  sich  auf  einem  weit  kleineren 
Tische  arbeiten. 

Das  Kopieren  mittelst  des  Pantographen  erfolgt  entweder  dadurch, 
daB  mit  dem  Fahrstift  die  Linien  der  Originalzeichnung  genau  verfolgt 
werden,  wahrend  der  Zeichenstift  (Faber  Nr.  4)  die  ahnliche  Figur  auf- 
zeichnet,  oder  man  setzt  an  Stelle  des  Zeichenstiftes  einen  Stift  mit  einer 
genau  zentrischen  Nadelspitze,  welche  in  das  Papier  der  Kopie  eingedriickt 
wird,  sobald  der  Fahrstift  auf  einem  zu  kopierenden  Punkte  des  Originals 
eingestellt  ist. 

Das  letztere  Verfahren  ergiebt  genauere  Kopien,  kann  aber  nur  bei 
geradlinigen  Zeichnungen  angewendet  werden. 

Beim  Kopieren  mittels  des  Pantographen  kann  das  Quadratnetz  auch 
zur  Ausscheidung  der  Fehler  dienen,  welche  durch  Veranderungen  des 
Papiers  von  der  Originalzeichnung  entstehen  miissen. 

Das  Quadratnetz  des  Originals  wird  mit  der  Zeichnung  zugleich  mittels 
des  Pantographen  reduziert.  Von  diesem  Bilde  fertigt  man  eine  Pause, 
bezieht  das  Papier,  auf  welches  die  verkleinerte  Kopie  gezeichnet  werden 
soil,  mit  einem  richtigen  Quadratnetz  uud  iibertragt  quadratweise. 

Das  Kopieren  von  Zeichnungen  mittels  Lichtdrucks  ist  ebenfalls 
zu  einer  groBen  Vollkommenheit  entwickelt,  hat  aber  fur  die  eigentliche 


ZEHNTES  KAPITEL.    DIE  FEHLERVERTEILUNGEN  etc.  211 

Markscheidekunst  nur  untergeordnete  Bedeutung,  da  die  dadurch  erhaltenen 
Kopieen  me  genau  maBstablich  werden  konnen.  Zur  Yervielfaltigung  von 
tFbersichtskarten  sind  die  Apparate  mit  Vorteil  zu  benutzeD. 


Zehntes  Kapitel. 

Die  Fehleryerteilungen  M  markscheiderischen 
Grubenmessungen. 

Den  Resultaten  einer  jeden  Messung  werden  stets  groBere  oder  kleinere 
Mangel  anhaften,  die  von  den  wahrend  der  Messung  gemachten  Fehlern 
herriihren. 

Die  Fehler  sind  zum  Teil  vermeidliche,  zum  Teil  unvermeidliche. 

Die  ersteren  sind  solche,  welche  durch  fehlerhafte  Instrumente  und 
durch  Unachtsamkeit  entstehen,  und  durch  sorgfaltiges  Justieren  der  In- 
strumente, sowie  durch  gewissenhafte  Befolgung  aller  YorsichtsmaBregeln 
wahrend  der  Arbeit  vermieden  werden  konnen.  Die  anderen,  die  unver- 
meidlichen  Fehler,  haben  ihre  Quelle  darin,  daB  die  MeBinstrumente  nie 
ganz  vollstandig  justiert  werden  konnen,  und  auch  wahrend  des  Messens 
ihren  Zustand  verandern,  ferner  in  der  TJnvollkommenheit  der  menschlichen 
Sinnesorgane,  mit  denen  die  Beobachtungen  ausgefiihrt  werden. 

Den  vermeidlichen  Fehlern  kann  man  ausweichen,  die  unvermeidlichen 
miissen  nach  bestimmten  Regeln  so  ausgeglichen  werden,  daB  aus  den  ge- 
wonnenen  Resultaten  der  wahrscheinlichste  Wert  gefunden  wird. 

Dies  geschieht  in  vollkommenster  Weise  durch  die  Methode  der  klein- 
sten  Quadrate.  Diese  Methode  ist  aber  fur  die  Aufgaben  derprak- 
tischenMarkscheidekunst  wegen  des  bedeutenden  Zeitaufwandes 
nicht  anwendbar,  auBerdem  wiirde  sie  bei  den  polygonometrischen  Rech- 
nungen,  mit  denen  der  Markscheider  bei  Grubenaufnahmen  nur  allein  zu 
thun  hat,  nicht  einmal  immer  von  zweifellos  gutem  Erfolge  sein,  da  es  sich 
um  eine  Verbindung  von  ungleichartigen  Werten  —  Winkel  und  Langen  - 
handelt.  Dieselbe  kann  auch  entbehrt  werden,  weil  andere  zum  Teil  sehr 
einfache  Methoden  der  Fehlerverteilung  dern  Bedurfnis  des  praktischen 
Markscheiders  gentigen. 

Diejenigen  Biicher,  welche  diesen  Stoff  am  klarsten  und  fur  den  Ge- 
brauch  am  bequemsten  behandeln,  sind:  ,,Die  hohere  Markscheidekunst  von 
Professor  A.  von  MILLER  -  HAUEKFELS.  Praktisch-theoretische  Anleitung, 
beim  Markscheiden  die  vermeidlichen  Fehler  zu  umgehen,  die  unvermeid- 
lichen aber  in  einfacher  und  streng  wissenschaftlicher  Weise  zu  verbessern", 
und  zweitens  ,,Die  trigonometrischen  und  polygonometrischen  Rechnungen 
von  F.  G.  GAUSS". 

14* 


212  ZEHNTES  KAPITEL. 


Das  erste  dieser  Biicher  ist  ausschliefilich  fiir  Markscheider  mit  haupt- 
sachlicher  Beriicksichtigung  des  Hangezeuges  (Schinnzeuges),  das  zweite  ur- 
spriinglich  fiir  den  praktischen  Gebrauch  der  Landmesser  geschrieben. 

Wie  niitzlich  das  letztere  Buch  bei  Anschlufiarbeiten  an  vorhandene 
Triangulationen  auch  dem  Markscheider  werden  kann,  ist  scbon  in  §  114 
gesagt.  In  gleicher  Weise  sind  die  Regeln,  welche  in  diesem  Werke  iiber 
die  Ausgleichungen  bei  Polygonen  gegeben  sind,  fiir  den  Markscheider  maB- 
gebend,  wenn  sie  auch  in  erster  Linie  fiir  Polygone  auf  der  Erdoberflache 
gelten. 

Es  wiirde  den  beabsichtigten  Umfang  dieses  Buches  uberschreiten, 
wenn  die  in  jenen  Werken  entwickelten  Regeln  hier  ausfiihrlich  besprochen 
werden  sollten;  ich  beschranke  mich  vielmehr  darauf,  das  Wichtigste  aus- 
zugsweise  anzudeuten  und  fiir  das  eingehendere  Studium  dieser  Frage  auf 
die  genannten  Biicher  zu  verweisen. 

Vorher  sind  jedoch  einige  Bemerkungen  iiber  diejenigen  Umstande 
vorauszuschicken,  welche  auf  die  Beurteilung  der  Fehlerausgleichungen  bei 
Grubenmessungen  von  EinfluB  sind. 

Die  eigentlichen  Markscheiderarbeiten  werden,  wie  schon  friiher  ge- 
sagt, geschieden  in  Durchschlagsziige  und  in  solche,  welche  behufs  riB- 
licher  Darstellung  ausgefiihrt  werden.  Beide  sind  Polygonziige  uud  zwar 
die  ersteren  fast  ausschlieBlich  offene,  die  letzteren  meist  geschlossene. 

Die  Durchschlagsziige  sind  wichtige  und  zum  Teil  mit  groBer  Ver- 
antwortlichkeit  verbundene  Arbeiten,  bei  denen  der  hochste  Grad  der 
Genauigkeit  verlangt  wird.  Der  Markscheider  muB  sich  deshalb  hin- 
reichende  GewiBheit  iiber  die  Richtigkeit  seiner  ersten  Messung  schaffen, 
und  das  kann  bei  offenen  Polygonen  nicht  anders  geschehen,  als  durch 
ein-  oder  mehrmalige  Wiederholung  desselben  Zuges.  Da  bei  Zug  und 
Gegenzug  mit  demselben  Instrumente  und  mit  derselben  Sorgfalt  gearbeitet 
wird,  so  ist  es  wissenschaftlich  vollkommen  gerechtfertigt,  wenn  der  Mark- 
scheider zur  Ausgleichung  etwa  vorhandener  Differenzen  das  gemeine 
arithmetische  Mittel  aus  den  SchluBresultaten  aller  dieser 
gleichartigen  Messungen  nimmt  und  darauf  hin  seine  Durchschlags- 
angaben  macht. 

Die  anderen  Markscheiderarbeiten  haben  die  riBliche  Darstellung  der 
Grubenraume  zum  Zweck. 

Man  kann  annehmen,  daB  im  Durchschnitt  auch  diese  mit  guten 
Instrumenten  und  mit  Sorgfalt  ausgefiihrt  werden,  aber  trotzdem  werden 
die  Grubenrisse  Fehler  enthalten,  welche,  durch  verschiedene  ungiinstige 
Verhaltnisse  unterstiitzt,  sich  leicht  vermehren  und  vergroBern.  Der  Grund 
hierfiir  ist  im  folgenden  zu  suchen. 

Der  GrubenriB  wird  angelegt,  sobald  die  ersten  Grubenraume  vor- 
handen  sind  und  die  spater  aufgefahrenen  Strecken  werden  in  gewissen  Zeit- 
raumen  gemessen  und  auf  dem  Risse  nachgetragen  Bei  diesen  Nachtrags- 
messungen  muB  an  die  friiheren  Messungen  angeschlossen  werden  und  ihre 


DIE  FEHLEBVERTEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDEE.  GKUBENMESSUNGEN.      213 

richtige  Auftragung  1st  wesentlich  von  der  guten,  unverriickten  Erhaltang 
der  alten  Markscheiderzeichen  abhangig.  Eine  etwaige  Yerschiebung  eines 
solchen  AnschltiBpunktes  wirkt  nur  in  geringem  MaBe  nachteilig,  wenn 
der  Nachtragszug  mit  dem  KoinpaB  ausgefuhrt  werden  kann,  well  der  Zug 
nur  so  viel  parallel  mit  sich  selbst  verschoben  wird,  als  die  Lage  des 
Anfangspunktes  im  horizontalen  Sinne  sich  verandert  hat. 

Miissen  die  Nachtragungen  aber  mit  dem  Theodoliten  ausgefuhrt 
werden,  so  ist  die  gute  Erhaltung  der  AnschluBpunkte  viel  wichtiger. 
Gewohnlich  werden,  wenn  nicht  alle,  jedenfalls  doch  die  zwei  oder  drei 
letzten  Winkelpunkte  eines  Zuges  in  der  Firste  fixiert,  mit  deren  Hilfe 
der  neue  Zug  sich  gewissermaBen  als  Fortsetzung  an  die  friihere  Messung 
anschlieBt.  Ist  eins  der  AnschluBzeichen  aus  seiner  urspriinglichen  Lage 
gewichen  und  ist  dadurch  die  Anschlufilinie  um  einen  Winkel  geschwenkt, 
so  wird  diese  Yerschwenkung  auf  den  ganzen  Nachtragszug  iibertragen 
und  ein  Fehler  erzeugt,  der  proportional  der  Zuglange  wachst. 

In  einem  solchen  Falle,  und  wenn  nur  ein  einziges  AnschluBzeichen 
vorhanden  ist,  muB  der  Theodolitzug  mittels  des  Magneten  orientiert  werden. 
Mit  den  jetzigen  Hilfsmitteln  konnen  zwar  die  Magnetorientierungen  bis 
zu  groBer  Winkelgenauigkeit  gebracht  werden,  wenn  aber  eine  groBere 
Anzahl  soldier  Orientierungen  beim  Nachtragen  erforderlich  ist,  so  nehmen 
sie  bei  Anwendung  der  besten  Methoden  sehr  viel  Zeit  in  Anspruch  und 
verursachen  solche  Kosten,  daB  man  sich  mit  einem  einfacheren,  aber  auch 
weniger  genauen  Yerfahren  begniigt,  Der  durch  die  Orientierung  verur- 
sachte  Fehler  vergroBert  sich  ebenfalls  proportional  der  Lange  des  Zuges. 

Am  sichersten  wird  ein  mit  dem  Theodoliten  ausgefuhrter  Nachtrags- 
zug orientiert,  wenn  seine  beiden  Endpunkte  an  zwei  moglichst  weit  von 
einander  entfernte  Markscheiderzeichen  anschlieBen.  Und  dies  geschieht 
auch  dann  noch,  wenn  beide  Zeichen  durch  den  Druck  des  Gebirges  etwas 
verschoben  sein  sollten.  Leider  sind  solche  AnschluBzeichen  in  der  ge- 
wiinschten  Lage  selten  vorhanden. 

Aus  dem  Gesagten  geht  zur  Geniige  hervor,  daB,  wenn  nicht  besonders 
giinstige  Umstande  vorliegen,  die  Grubenrisse  durch  das  nach  und  nach 
erfolgende  Nachtragen  leicht  fehlerhaft  werden. 

Zu  den  giinstigen  Umstanden  gehoren: 

Festes,  wenig  druckhaftes  Gestein,  in  welchem  die  Zeichen  unversehrt 
erhalten  bleiben,  und  haufige  Verbindungen  der  Grubeiipolygone  durch 
Schachte  und  Stolln  mit  dem  Dreiecksnetze  auf  der  Tagesoberflache.  Das 
feste  Gestein  wird  das  Entstehen  der  Fehler  verhindern,  wahrend  die 
haufigen  Yerbindungen  leicht  zur  Entdeckung  und  Yerbesserung  der  vor- 
handenen  Fehler  fiihreri.  Ersteres  findet  sich  haufig  auf  Erzgruben,  letztere 
z.  B.  auf  den  groBen  Braunkohlengruben  der  Provinz  Sachsen. 

Sind  diese  giinstigen  Umstande  nicht  vorhanden,  wie  z.  B.  in  den 
ausgedelmten  Steirikohlengruben  Westfalens,  welche  meistens  nur  zwei 
nahe  bei  einander  gelegene  Schachte  besitzen  und  wo  selbst  in  den  aus- 


214 


ZEHNTES  KAPITEL. 


145. 


gemauerten  Querschlagen  und  Strecken  die  Markscheiderzeichen  nicht  immer 
vor  Verschiebungen  geschiitzt  sind,  da  mlissen  von  Zeit  zu  Zeit  groBe, 
zusammenhangende  Prazisionsmessungen  durch  die  ganzen  Grubenraume 
ausgefuhrt  und  mit  deren  Hilfe  die  allmahlich  eingeschlichenen  Fehler 
ausgemerzt  werden. 

Wir  kehren  nunmehr  zu  den  Ausgleichungen  der  Grubenmessungen 
zuriick,  und  unter  Hinweisung  auf  das  oben  Gesagte  kann  man  folgende 
Regel  aufstellen,  welche  in  der  Praxis  auch  schon  immer  von  den  Mark- 
scheidern  befolgt  worden  ist. 

Aus  den  Resultaten  von  zwei-  'Oder  mehreremal  in  gleicher  Weise  aus- 
gefuhrten  Polygonziigen  (Durchschlagziigen)  wird  das  arithmetische  Mittel  ge- 
nommen.  Bei  dem  gewohnlichen  stiickweisen  Nachtragen  der  Grubenrisse 
und  bei  sonstigen  Arbeiten,  die  diesen  gleichzustellen  sind,  findet  die  Aus- 
gleichung  der  Fehler  nur  in  der  moglich  einfachsten  Weise  statt.  Das 
arithmetische  Mittel  bildet  die  Regel,  nur  hier  und  da  wird  ein  Yer- 
teilen  nach  den  Langen  der  Polygonseiten  vorgenommen.  Bei  groBeren 
zusammenhangenden  Messungen,  welche  die  Aufnahme  ganzer  Gruben  zum 
Zweck  haben  und  wobei  Abschliisse  jeder  Art,  namentlich  aber  in  ein- 
zelnen  oder  aneinanderhangenden  Polygonen  vorkommen,  sind  die  Fehler 
nach  bestimmten  bewahrten  Methoden  auszugleichen. 

Eine  allgemein  giltige  Regel  hierfiir  laBt  sich  aber  nicht  aufstellen, 
das  Yerfahren  muB  vielmehr  fur  jeden  einzelnen  Fall  besonders  gewahlt 
werden.  Nach  meinen  in  der  jiingsten  Zeit  bei  Umarbeitung  der  Ober- 
harzer  Grubenrisse  gemachten  Erfahrungen  haben  die  einfachsten  Methoden 
sich  meistens  als  ausreichend  erwiesen. 

KompaBzuge,  welche  ,,mechanisch"  mit  Zulegeplatte  oder  Transporteur 
zugelegt  worden  sind,  werden  zweckmaBig  auch  auf  mechanischem  Wege, 
d.  h.  konstruktiv,  ausgeglichen. 

Bei  offenen  Polygonen,  welche  zweimal  gemessen  sind,  legt  man  Zug 
und  Gegenzug  in  einem  gewissen  Abstande  parallel  nebeneinander  zu. 

Die  Lange  und  Richtung 
der  Linien,  welche  die 
Anfangspunkte  P  und  Pv 
die  Endpunkte  Q  und  Ql 
und  die  anderen  gemein- 
schaftlichen  Punkte  bei- 
der  Ziige  verbinden,  miis- 
sen,  wenn  Zug  und  Gegen- 
zug genau  ubereinstim- 
Fig.  194.  men,  gleich  lang  sein  und 

gleiche  Richtung   haben. 

Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  verschiebt  man  mit  Hilfe  guter  Winkellineale 
den  Gegenzug  parallel  mit  sich  derartig,  daB  Pl  auf  P  und  der  Endpunkt  Ql 


DIE  FEHLEKVEKTEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDER.  GEUBENMESSUNGEN.      215 

nach  §2  fallt  (Fig.  194).  Alsdann  verbindet  man  Q  mit  Q2,  balbiert  diese 
Linie  in  Q3  und  erhalt  damit  die  wabrscheinlichste  Lage  des  SchluBpunktes. 
Den  zwischenliegenden  Zug  konstruiert  man  entweder  aus  freier  Hand,  oder 
wenn  Zug  und  Gegenzug  mehrere  gemeinschaftliche  Punkte  besitzen,  so 
verfahrt  man  bier  wie  am  ScbluBpunkte. 

Geschlossene  Polygone  zerlegt  man  sicb  derartig,  daB  man  einen 
Punkt  a  aussucht,  der  womoglich  um  gleicb  viel  Seiten  von  den  fehler- 
haften  SchluBpunkten  e  und  e"  absteht.  Sodann  zieht  man  die  Linien 
ae,  ae'  und  e'  e" ,  balbiert  e  e"  in  e  und  zieht  ae. 

Hierbei  sind  drei  Falle  zu  unterscheiden.  Erstens  konnen  die  Polygon- 
halften  auseinanderklaffen  oder  iibereinandergreifen,  oder  es  fallt  die  Ver- 
bindungslinie  der  beiden  fehlerbaften  SchluBpunkte  e  e"  in  die  Linien  ae. 

Die  beiden  ersten  Falle  sind  so  ahnlich,  daB  es  geniigt,  den  ersten  zu 
besprecben. 


Fig.  195. 

In  Fig.  195  sind  a  b'  c  d'  e  und  a  ti  gf  f  e"  die  auseinanderklaffenden 
Polygonhalften.  Nachdem  die  oben  genannten  Linien  gezogen  sind,  falle 
man  die  Senkrechten  b' ($,  cy,  d' d,  /f  u.  s.  w.  und  ziebe  durch  die  FuB- 
punkte  dieser  Perpendikel  parallel  zu  e  e"  Linien  bis  zum  Scbnitt  mit  der 
Linie  ae,  also  bis  ^?',  y',  §'  u.  s.  w.  In  diesen  Schnittpunkten  erricbte 
man  auf  der  Linie  ae  die  Perpendikel  {3'b,  y'c.  8'd  u.  s.  w.,  welche  mit 
den  Perpendikeln  fib',  yc,  dd'  u.  s.  w.  gleiche  Lange  haben.  Verbindet 
man  die  Endpunkte  dieser  Perpendikel,  so  erhalt  man  das  schlieBende 
Polygon  abcdefyh. 

Im  dritten  Falle  Fig.  196  halbiere  man  ebenfalls  e" e  in  e,  beschreibe  mit 
ae  als  Radius  um  a  einen  Kreisbogen  men,  mache  me  =  en  und  ziehe  am 
und  an,  so  wie  em  und  en.  Weiter  falle  man  von  den  falschen  Polygon- 
punkten,  von  denen  nur  zwei,  d'  und  /',  in  der  Figur  dargestellt  sind, 
die  Perpendikel  d'§,f'£  u.  s.  w.  und  durch  die  FuBpunkte  dieser  Perpen- 
dikel Parallelen  mit  e'm,  bezw.  e"n  bis  zum  Schnitt  mit  der  Hilfslinie  am 
oder  an.  Durch  diese  Schnittpunkte  konstruiere  man  wieder  Senkrechte 
auf  ae  von  gleichen  Langen,  wie  d' S  und/'J  u.  s.  w.  Verbindet  man  die 


216 


ZEHNTES  KAPITEL. 


Kopfe    dieser  Senkrechten    der  Reihe   nach   mit  Einschaltung    der  Punkte 
a  und  e,  so  erhalt  man  ein  geschlossenes  Polygon. 


71 


Fig.  196. 

Man  wird  bei  umfangreichen  Polygonen  nicht  jeden  einzelnen  Punkt  des- 
selben  auf  diese  Weise  verbessern,  sondern  nur  solche,  in  denen  der  Zug 
eine  scharfe  Wendung  macht,  oder  aus  denen  Nebenziige  sich  abzweigen. 

§  146.  Die  berechneten  Koordinatensummen  der  Punkte  eines  geschlossenen 

Polygons  mtissen  Null  geben  und  die  Koordinaten  der  durch  verschiedene 
Ziige  bestimmten  Polygonpunkte  miissen  ubereinstimmen. 

Zeigen  sich  Unstimmig- 
keiten,  so  sind  dieselben 
durch  Reclmung  auszu- 
gleichen. 

Aus  dem  Werke  von 
GAUSS  werden  im  nach- 
stehenden  auszugsweise  die 
daselbst  vorgeschlagenen 
Verfahren  mitgeteilt. 

T.     Fehlerausglei- 
chung  eines  einzelnen 

Polygons    zwischen 
zwei  anderweit  festge- 
legten  Punkten  (Drei- 
eckspunkten). 

Tragt  man  die  algebrai- 
schen  Summen  der  unver- 
besserten  Teilkoordinaten 
[zh)]  und  [z/rj,  sowie  die 
Summen  der  verbesserten 
Teilkoordinaten  [z/y]  und 

\_dx\  eines  Polygons  auf  (die  eckigen   Klammern  bedeuten  das  Summen- 
zeichen),  so  moge  in  Fig.  197  ab  die  wirkliche  Lage  dieses  Zuges  und  ae 


Fig.  197. 


DIE  FEHLEEVEETEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDEE.  GEUBENMESSUNGEN.      217 


diejenige  Lage  sein,  welche  man  aus  den  unverbesserten  Teilkoordinaten 
erhalten  hat.  Zieht  man  noch  ab  —  8  und  ae  —  @,  so  ist  der  Winkel- 
fehler  =  (p  und  der  Fehler  in  der  Langenmessung  @  —  S  =f. 

Die  Koordinatenfehler  fy  und  fx  sind  zu  verteilen,  und  zwar  sind  die 
Yerbesserungen  von  A\)  und  AI  so  zu  bestimmen,  dafi  der  Fehler  /  vor- 
zugsweise  durch  die  Anderung  der  Strecken,  wie  GAUSS  die  Langen  der 
Polygonseiten  nennt,  und  der  Fehler  cp  vorzugsweise  durch  die  Anderung 
der  Polygonwinkel  vernichtet  wird. 

Yor  Beginn  des  Yerfahrens  ist  es  unter  Umstanden  von  Yorteil,  den 
Fehler  f  vornweg  grb'Btenteils  zu  vernichten  ,  indem  man  die  Teilkoordi- 

o 

naten  Jty  und  AI  mit  q  =  -     multipliziert,  oder  die  Yerbesserungen 


w3,  .  .  .  .  ,    so 


u.  s.  w.  u.  s.  w. 

berechnet  und  zu  A$v  z/t)2  .  .  .  .  Jj1?  Jj2  algebraisch  addiert. 

Beide  Wege  fiihren  numerisch  zu  demselben  Resultate.  Der  letztere 
ist  bequemer. 

Damit  werden  aber  die  Koordinatenfehler  fx  und  fy  nicht  vollstandig 
beseitigt. 

Dies  geschieht  auf  verschiedene  Weise. 

Erstes    Yerfahren.      Nennt    man   die    Yerbesserungen    der    Teil- 
koordinaten Vj  ,  v2  ,  v%  ....  die  der  Teilabscissen  wlt  w2, 
werden  die   Koordinatenfehler  fy  und  fx  vernichtet,  wenn 

(3)  Vl  +  v,  +  v3  +  •  •  •  •  =  -fy 

(4)  Wi  +  Wz  +  Ws  +,...=    -fx. 

Mit  dem  Buchstaben  e  wird  die  Anderung  der  Strecken  fiir  die  Ein- 
heit  des  LangenmaBes  bezeichnet,  welche  dieselben  durch  die  Yerbesse- 
rungen der  Teilkoordinaten  erleiden. 

Mit  dem  griechischen  Buchstaben  «  wird  die  Anderung  der  Neigungs- 
winkel  v1  v2  v3  .  .  .  .  bezeichnet,  welche  vorlaufig  fiir  alle  Neigungswinkel 
dieselbe  sein  soil. 

Yersteht  man  wie  oben  unter  der  eckigen  Klammer  das  Su-mmen- 
zeichen,  so  ist 

(5)  [Jfl  +  .[>]  =  [(s  +  **)sin(*  +  €)]  =  [_Ay\ 

(6)  \_Ai\  +  [w]  -  [(*  +  es)cos(v  +  e)]  =  [z/j] 

Hierin  bedeutet  s  die  Strecke  und  s  +  es  die  verbesserte  Strecke. 

Formt  man  sin  (v  +  s)  und  cos  (v  +  e)  in  bekannter  Weise  um  ,  und 
bedenkt  man,  daB.  g  nur  ein  kleiner  Winkel  ist,  also  cos  £  =  1  und  fiir 
sing  der  Bogen  gesetzt  werden  kann,  so  wird 

(7)  sin  (v  +  g)  =  sin  v  +  g  cos  v 

(8)  cos  (v  +  g)  =  cos  v  —  g  sin  v. 


218  ZEHNTES  KAPITEL. 


Setzt   man    diese  Worte   in  die    Gleichungen    (5)  und  (6)  ein,    so  er- 
giebt  sich: 

(11)  [u]  =  [es  sin  v  +  es  cos  v~\  =  e  \_s  sin  -i/]  +  €  [s  cos  i/]  =    -  fy 

(12)  [«0]  =  [es  cos  v  —  ss  sin  v\  =  e  \s  cos  ?']  —  €  [5  sin  t>]  =  —  />. 
Substitniert  man  darauf 

(9)  0/rj]  =  [5.  sin  7.'] 

(10)  \_A  y]  =  [5.  cosy],  so  erhalt  man  durch  Auflosung  der  Gleichungen 
nach  e  und  €  die  Ausdriicke. 


,iox  f 

Mit  den  Werten  e  und  s  werden  die  einzelnen  Yerbesserungen  leicht 
erhalten,  namlich 

vl  =  e  Jt)L  +  £  AIV  wl  =  e  All  -  8  ^9i 

v2  =  e  At)2  +  €  AI<>_,  w2  =  e  All  ~  «  ^2 
u.  s.  w.  u.  s.  w. 

147.  Yorstehendes  Yerfahren  ist  jedoch  nur  dann  korrekt,    wenn  die  Nei- 

gungswinkel  unmittelbar,  etwa  mit  der  Bussole,  gemessen  werden.  Werden 
aber  die  Polygonwinkel  mit  dem  Theodoliten  gemessen  und  durch  succes- 
sive Summierung  derselben  erst  die  Neigungswinkel  gefunden,  so  werden 
sich  in  letzteren  folgerichtig  alle  beim  Messen  der  Polygonwinkel  gemachten 
Fehler  anhaufen,  und  es  wird  notig,  die  Neigungswinkel  verschieden  und 
zwar  so  zu  andern,  dafi  auBer  dem  AnschluB-  und  AbschluBwinkel  an  die 
Dreiecksseiten  auch  die  iibrigen  Polygonwinkel  geandert  werden. 

Zweites  Yerfahren.     Die  Neigungswinkel  kann  man  auf  verschie- 
dene  Weise  andern. 

Zunachst  laBt  man  die  Neigungswinkel  der  vorhandenen  n  —  1  Strecken 
sich  abwechselnd  um  s  und  2  £  andern  und  somit  iibergehen  in 

v\    +  £J    1'2  +  2  £,    ?;3  +   t,    V±  +  2  £  ----  ,    |/n_3   +   6,    J'n-2    +  2  f  ,    ?'n_i    -f   f  , 

wodurch  die  Polygonwinkel  geandert  werden  in 

+  €  +€  -€+€  -£  +£  _£,—£. 

.1st  n  —  \  eine  gerade  Zahl,  so  muB  man  die  abwechselnde  Anderung 
der  Neigungswinkel  um  £  und  2  £  an  irgend  einer  Stelle  unterbrechen  und 
entweder  die  Anderung  £  oder  2f  zweimal  aufeinander  folgen  lassen,  um 
zu  vermeiden  ,  daB  der  letzte  Neigungswinkel  und  dadurch  der  letzte  Ab- 
schluBwinkel die  doppelte  Anderung  2e  erhalt. 

'  Fiihrt  man  die  so  umgestalteten  Neigungswinkel  in  die  Formelentwicke- 
lung  des  vorigen  Paragraphen  ein  und  setzt  die  darin  auftretenden  Summen- 
glieder: 

(15)  A^  +2z/^2  +  J^  +  2  J^  +  .... 

2  Jt}n_4    +    Z/^n_3    +  2  A\)n-<*    +  A\)n-l=  g), 

(16)  Jfl  +  2J?3  +  A&  +  2A&  +  .... 

2  Aln-±   +    Jjn_3    +    2  A  £_a    +    Jjn_i    =  36, 

so  erhalt  man  aus  den  SchluBgleichungen  die  Werte: 


DIE  FEHLERVERTEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDER.  GEUBENMESSUNGEN.      219 


• 

~  ?)  [  'A  ft  +  3£  [  A  ?? 

In  der  darauf  folgenden  Berechnung  der  einzelnen  Yerbesserungen 
v  und  10  sind  die  mit  €  als  Faktor  behafteten  Glieder  auch  einfacli  oder 
doppelt  zu  nehmen,  je  nachdem  die  Neigungswinkel  der  Strecken,  aus  denen 
die  beziiglichen  Teilkoordinaten  berechnet  sind,  um  «  oder  2  £  geandert 
waren,  wie  folgt: 

vl  =  e  A^  +  e  Alv      w1  =  e  A^  -  8  A^ 
v2  =  e  Jt)2  +  £2  j£2,  w2  =  e  j£3  —  e  2  Jt)2 
v3  =  e  A^  +  £  J£3,      w3  =  e  j£3  -  «  Jt)3 
u.  s.  w.  u.  s.  w. 

Drittes  Verfahren.  Aus  der  Betrachtung  der  letzten  Ausdriicke 
fiir  e  und  «  ersieht  man  obne  weiteres,  daB  6  um  so  kleiner  ausfallen 
wird,  je  groBer  g)  und  36  in  ihrem  absoluten  Zahlenwerte  werden.  Dies 
erreicht  man,  wenn  man  die  Neigungswinkel  nicht  streng  abwechselnd 
in  v  +  «  und  v  +  2  e  iibergeben  laBt,  sondern  die  doppelte  Anderung  auf 
diejenigen  Strecken  legt,  welche  vorzugsweise  eine  VergroBerung  von  g) 
und  3E  bewirken.  Hierbei  konnen  zwei  oder  mehr  aufeinander  folgende 
Neigungswinkel  gleichmaBig  geandert  werden,  nur  diirfen  sich  die  Ande- 
rungen  zweier  aufeinander  folgender  Neigungswinkel  nicht  um  mehr  als 
einmal  €  unterscheiden,  diejenigen  der  Neigungswinkel  der  ersten  und 
letzten  Strecke  des  Zuges  aber  iiberhaupt  einmal  e  nicht  iibersteigen. 

Das  iibrige  Yerfahren  ist  dem  vorigen  analog. 

Yiertes  Yerfahren.  Im  allgemeinen  wird  man  fur  5)  und  3£  noch 
grofiere  und  demnach  fiir  s  noch  kleinere  Werte  erhalten,  wenn  man  die 
Anderung  der  Neigungswinkel  vom  Anfange  bis  zur  Mitte  des  Zuges  regel- 
maBig  um  ein  e  steigen  und  dann  bis  zum  Zugende  wieder  um  ein  «  fallen 
laBt,  so  daB  die  Neigungswinkel  in 

Vl    +  6,'  l/2  +  2  €,    l/4  +  3  £  ----  ?'n_3   +  3  £,    ^n_2    +  2  £,    J'B_i  +  £ 

libergehen  und  damit  die  Polygonwinkel  um 

+  £,+£,  +  £  -  £,  -  £,  -  f,     -  € 

geandert  werden. 

Das  Yerfahren  ist  dem  vorigen  ahnlich,  nur  hat  man  bei  Bildung  der 
Summenwerte  g)  und  X  und  ebenso  der  mit  £  behafteten  Glieder  der  Aus- 
driicke fur  v  und  iv  die  Teilkoordinaten  A\)  und  AI  mit  derselben  Zahl 
zu  multiplizieren,  mit  welcher  fiir  die  Anderung  der  beziiglichen  Neigungs- 
winkel £  multipliziert  werden  soil,  also  auch  mit  0,  wenn  gar  keine  Anderung 
beabsichtigt  wurde. 


Fiinftes  Verfahren.     Weicht  der  Zug  sehr  erheblich  von  der  ge-    §  148. 
streckten  Form  ab,    so  sind   aus  nahe  liegenden  Griinden   die  bisherigen 
Arten  der  Fehlerverteilung  nicht  anzuwenden. 


220  ZEHNTES  KAPITEL. 


Den  zwischen  den  Dreieckspunkten  a  und  b  ausgefiihrten  Polygonzug 
(Fig.  198)  denkt  man  sich  in  dem  Hauptwendepunkte  w  in  zwei  Teile  zer- 

legt  und  leitet  aus  den  unverbesserten  Teil- 
koordhlaten,  einmal  von  «,  das  andere  Mai 
von  b  ausgehend,  die  Koordinaten  von  w 
ab.  Man  wird  verschiedene  Werte  erhal- 
ten,  zwischen  denen,  so  lange  nicht  andere 
Bestiinmungen  hinzutreten,  die  wahrschein- 
Fi  lichen  Koordinaten werte  fur  den  Punkt  w 

angenommen  werden  miissen.     Sollen  die 

Teilkoordinaten  dementsprechend  verbessert  werden,  so  ist  im  allgemeinen 
vorauszusetzen,  daB  eine  VergroBerung  der  Strecken  und  der  Neigungs- 
winkel  in  dem  einen  Zugteile  eine  Yerkleinerung  beider  Stiicke,  in  dem 
anderen  bedingt  und  umgekehrt.  In  dieser  Voraussetzung  wird  man  dahin 
gelangen,  daB  e  und  s  in  beiden  Zugteilen  beziiglich  ihres  absoluten 
Wertes  gleich  groB,  beziiglich  ihres  Vorzeichens  aber  verschieden  sein 
werden. 

Sind  die  Neigungswinkel  mit  dem  KompaB  gemessen,  so  sind  die  For- 
meln  zur  Berechnung  von  e  und  c  folgende: 


,  -  M?L)  +  f* 


Sechstes  Verfahren.  Ist  die  Winkelmessung  dagegen  mit  dem 
Theodoliten  ausgefuhrt,  so  gestalten  sich  dieselben  unter  Anwendung 
almlicher  Bezeichnungsweisen  wie  in  den  Formeln  (17)  und  (18)  folgen- 
dermaBen: 


, 


, 
~ 


In  den  vorstehenden  Formeln  sind  [^tTL  und  [^y]x  die  algebraischen 
Summen  der  unverbesserten  Teilkoordinaten  des  ersten  Zugteils,  [Jty]2  und 
[z/j]9  dieselben  Summen  fur  den  zweiten  Zugteil. 

[Jft  +  [J^]2  =  [Jt)]  und  [J^  +  [Jj]2  =  [z/j]. 

|)1  und  36X  gehoren  zum  ersten,  ^2  und  £2  zum  zweiten  Zugteil. 

Die  Anderung  der  Neigungswinkel,  welche  auf  die  Bildung  der  Grb'Ben 
D  und  36  von  EinfluB  sind,  wird  fiir  jeden  Zugteil  fiir  sich  vorgenommen. 
Ist  «  nicht  sehr  klein,  so  ist  der  Neigungswinkel  einer  der  beiden  Polygon- 
seiten,  welche  den  Winkel  am  Wendepunkte  von  der  Anderung  ganz  aus- 
schlieBen. 

Die  aus  obigen  Formeln  berechneten  Werte  von  e  und  g  gelten  fur 
beide  Zugteile,  nur  erhalten  die  zum  zweiten  Zugteile  gehorigen  Werte  um- 
gekehrte  Yorzeichen. 


UlE    FEKLERVEBTEILUNG-Ea    BEI    MAEKSCHEIDEE.    GRUBENMESSUNGEN.         221 

Haufig  besitzt  ein  gebogener  Zug  keinen  scharf  hervortretenden  Wende- 
punkt.  und  man  hat  die  Wahl  zwischen  mehreren,  dann  wird  man  sich  den 
Punkt  w  so  wahlen,  daB  die  Nenner  in  den  Ausdriicken  (19),  (20),  (21),  (22) 
moglichst  groB  and  die  Werte  fiir  e  und  8  moglichst  klein  werden. 

AuBerdem  ist  es  ratsam  zu  untersuchen,  ob  fiir  einen  derartig  ge- 
bogenen  Zug  mit  den  Formeln  (17)  und  (18)  nicht  kleinere  Werte  fur  e, 
namentlich  aber  fiir  «  erreicht  werden,  als  mit  (21)  und  (22). 

Die  GroBen  e  und  s  bieten  einen  unmittelbaren  Anhalt  zur  Beurteilung 
der  Genauigkeit  der  Strecken-  und  Winkelmessung. 

Einem  Streckenfehler  von  I(JjD  bez.  BJ0  der  Gesamtlange  entsprechen 
die  Werte  e  =  0,001  bez.  0,002.  Der  Wert  von  s  soil  nach  GAUSS  fiir  die 
Polygonmessungen  iiber  Tage  unter  mittleren  Verhaltnissen  0,00015,  unter 
ungiinstigen  0,00030  sein.  Dies  wiirde  Winkelwerten  von 

..0,00015    x   206265   =   31  Sekunden 
und  0,00030   X   206265   =   62  Sekunden  entsprechen. 

Im  allgemeinen  preuBischen  Markscheiderreglement  gilt  als  auBerste 
Fehlergrenze  beziiglich  der  Langenmessung  gJ0  und  fiir  die  seitliche  Ab- 
weichung  als  Folge  der  fehlerhaften  Winkelmessung  gJ0  bez.  ^m  der  Ge- 
samtlange des  Zuges,  je  nachdem  der  KompaB  oder  der  Theodolit  als 
WinkelmeBinstrument  gebraucht  wurde.  Dies  wiirde  einem  Werte  von 
e  =  0,00125  und  einem  von  s  =  0,00062  entsprechen.  Bei  Durchschlags- 
ziigen  darf  e  die  GroBe  von  0,0006  und  6  von  0,00031  nicht  iiberschreiten. 

Die  auBersten  Fehlergrenzen  sind  also  in  dem  jetzt  giiltigen  Reglement 
ziemlich  weit  gesteckt  und  konnten  fiir  Prazisionsmessungen  bedeutend  ein- 
geengt  werden. 

Fallt  e  und  «  grofier  aus  als  vorstehend  angenommen,  so  liegen  grobe 
Fehler  vor  und  die  Messung  ist  zu  wiederholen. 

Haufig  handelt  es  sich  bei  den  Ausgleichungen  innerhalb  eines  Polygon-    §  149. 
zuges  um  geringfiigige  Fehler,  welche   ohne  Schaden   fiir  die  Rechnungs- 
ergebnisse  in  wesentlich  einfacherer  Weise  verteilt  werden  konnen.     Solche 
einfache  Arten  der  Yerteilung  bestehen  in  dem 

Siebenten   Verfahren:    Verteilung  nach  Verhaltnis    der    absoluten 
Langen  der  berechneten  Teilkoordinaten  (z/t)  bez.  Jr.), 
in  dem 

Achten  Yerfahren:   Verteilung  nach  Verhaltnis  der  Strecken  (Langen 
der  Polygonseiten), 
und  in  dem 

Neunten  Verfahren:  Verteilung  nach  Verhaltnis  der  Summen  aus 
Strecken  und  Teilordinaten  bez.  Teilabscissen  (s  +  4  ty  bez.  s  +  A  j) ;  A  t)  und  A  r. 
ebenfalls  absolut  genommen,  d.  h.  ohne  Beriicksichtigung  des  Vorzeichens. 

Nennt  man  die  Summe  der  absoluten  Zahlenwerte  von  den  Teil- 
koordinaten Sty  bez.  S%,  so  erhalt  man  v  =  -,  w  =  ^-^.  Mit  v  mul- 


222  ZEHNTES  KAPITEL. 


tipliziert  man  der  Reihe  nach  die  einzelnen  Teilordinaten,  mit  w  die  Teil- 
abscissen. 

Dies  Yerfahren  vernichtet  die  Fehler  mehr  durch  eine  Anderung  der 
Polygonseiten  als  der  Winkel,  fuhrt  aber  unter  Umstanden  zu  unbrauch- 
baren  Resultaten,  wenn  z.  B.  der  Polygonzug  der  Hauptsache  nach  der  Ab- 
scissenachse  parallel  lauft  und  wenige,  aber  kurze  Polygonseiten  vorhanden 
sind,  deren  Neigungswinkel  einem  oder  drei  Rechten  nahezu  gleichkommt. 
Der  Ordinatenfehler  fy  wird  dann  nur  auf  die  diesen  kurzen  Polygonseiten 
angehorigen  Teilordinaten  geworfen,  welche  dann  in  unzulassiger  Weise  ver- 
andert  werden. 


Das  achte  Yerfahren,   wobei  v  =  -pi    un(i  w  =     r  T>   wird  am 

lAl  Is] 

haufigsten  gebraucht. 

Es  bedingt  zwar  im  allgemeinen  eine  grb'Bere  Anderung  der  Winkel, 
vermeidet  aber  die  fehlerhafte  Anhaufung  des  siebenten  Yerfahrens. 

Das  neunte  Yerfahren  vereinigt  alle  Yorziige  des  siebenten  und  achten 
Yerfahrens,  ist  aber  nicht  so  einfach,  da  die  Yerbesserungen  nach  den 

Formeln  v—  ^^~^..  w  =  0       r  -.  berechnet  werden  miissen. 

S\)  +  [>]7  ^>5H-M 

Die  drei  letzten  Yerfahrungsarten  geben  bei  gestreckten  Ziigen  gleiche 
Kesultate.  Je  mehr  aber  der  Zug  sich  "von  dieser  Form  entfernt,  um  so 
verschiedener  werden  die  Anderungen  der  einzelnen  Streckenlangen  und 
Winkel  ausfallen,  und  um  so  weniger  wird  sich  die  Wirkung  von  v  und  w 
iibersehen  lassen. 

Gerade  darin,  daB  aus  den  Werten  far  e  und  e  auf  den  ersten  Blick 
die  Anderungen  ersichtlich  werden,  liegt  ein  nicht  zu  unterschatzender 
Yorteil  der  sechs  ersten,  gegeniiber  den  drei  letzten  Yerfahrungsarten. 


150.  II.  Das  einzelne  geschlossene  Polygon.  Die  bisher  besprochenen 

Yerfahren  beziehen  sich  zunachst  auf  offene  Polygonziige,  deren  Anfangs- 
und  Endpunkte  anderweitig  festgelegt  sind,  sie  lassen  sich  aber  auch  auf 
geschlossene  Polygone  ausdehnen. 

Vor  Berechnung  der  Neigungswinkel  der  einzelnen  Seiten  sind  die 
Winkel  eines  geschlossenen  Polygons  darauf  zu  priifen,  ob  die  Summe  der- 
selben  gleich  2nR  —  4R  ist.  Zeigt  sich  eine  Differenz  und  sind  alle  Winkel 
mit  derselben  Genauigkeit  gemessen,  so  ist  der  Fehler  gleichmaBig  auf  alle 
Polygonwinkel  zu  verteilen. 

Die  iiber  Tage  zu  messenden  Polygone  wird  man  meistens  so  kon- 
struieren  konnen,  daB  alle  Winkel  mit  gleichmaBiger  Scharfe  gemessen 
werden  konnen,  aber  in  der  Grube  wird  man  dies  nicht  immer  erreichen, 
da  in  den  engen  und  unregelmaBigen  Raumen  Winkel  mit  kurzen  oder  un- 
gleich  langen  oder  auch  mit  steilen,  verschieclen  gerichteten  Schenkeln  nicht 
zu  vermeiden  sind. 

Enthalt  ein  geschlossenes  Polygon  mehrere  solcher  Winkel,  so  ist  eine 


DIE  FEHLEEVEETEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDER.  GEUBENMESSUNGEN.      223 

gleichmaBige  Yerteilung  der  Winkelfehler  nicht  ratsam.  Es  bleiben  dann 
nur  zwei  Wege  iibrig:  Entweder  berechnet  man  ohne  vorherige  Ausgleichung 
der  Winkel  im  Polygon  mit  den  ursprunglich  gemessenen  Winkeln  und  den 
Langen  die  Koordinaten  und  gleicht  die  hier  sich  zeigenden  Fehler  aus, 
oder  man  verteilt  vor  der  Berechnung  den  Winkelfehler  auf  die  Polygon- 
winkel  nach  dem  umgekehrten  Verhaltnis  ihrer  Schenkellangen.  Dieses 
Verhaltnis  wird  man  jedoch  nicbt  angstlich  genau  berechnen,  sondern  sich 
mit  dem  Abschatzen  begniigen. 

Das  Ausgleichen  der  Winkel  im  Polygon  hat  aber  noch  nicht  zur 
Folge,  da6  die  algebraische  Summe  der  Teilkoordinaten  gleich  Null  wird. 
Der  SchluBfehler  fy  in  den  Ordinaten  und  fx  in  den  Abscissen  mu6  noch 
ausgeglichen  werden,  wie  an  nachstehendem  Beispiele  gezeigt  werden  wird. 


Sohlige 
Lange 
(Strecke) 

Neigungs- 
winkel 

Teil- 
Ordinaten 
d) 

Teil- 
Abscissen 

*i 

Koordinaten. 

i 

ae 

Meter 

Gr. 

M. 

8. 

+ 

— 

+    i 

y            x 

+ 

— 

+ 

-. 

32,670 

22 

10 

20 

-16 
12,329 

-10 
30,254 

+  12,313 

+  30,244 

1 

12 

30 

38,456 

78 

57 

33 

—  22 
37,745 

+  28 

7,361 

+  50,036 

+  37,628 

2 

75 

15 

29,578 

97 

53 

34 

-9 

29,298 

+  33 
4,062 

+  79,325 

+  33,599 

8 

b8 

12 

11,623 

72 

5 

49 

-7 
11,060 

+  6 
3,573 

+  90,378 

+37,178 

2 

22 

7 

17,856 

88 

52 

8 

n 

17,852 

+  6 
0,352 

+  108,221 

+  37,536 

1 

18 

0 

20,703 

137 

41 

16 

-7 
13,936 

+  8 
15,310 

+  122,150 

+  22,234 

0 

0 

0 

150,886 

-Mi 

122,220 

Wft— 

H  122,220 

41,540 

19,372 

19,372 

+  211 

>  =  ?), 

52 
12 

12 

+  22,168  =  [Jjl 

+  40 

=3e, 

31,653 

203 

32 

26 

-15 
12,642 

g 
29,019 

+  109,493 

-6,794 

1 

13 

29 

32,680 

252 

55 

56 

-21 
31,241 

+  16 
9,592 

+  78,231 

—  16,370 

2 

62 

19 

29,659 

270 

40 

42 

^ 

—  14 

29,657 

+  20 
0,351 

+  48,560 

-15,999 

2 

59 

1 

18,907 

250 

27 

58 

-10 
17,819 

+  3 
6,322 

+  30,731 

—22,318 

1 

18 

' 

6 

37,962 

305 

59 

26 

.-     Ul-' 

-15 

30,716 

+  10 
22,308 

0,000 

0,000 

0 

0 

0 

150,861 

••Mi 

[J  ^  =  -122,075 

22,659 

44,933 
22,659 

&=-152 

£,-53 

/>  =  +0,145 

[J?]2  =  -22,274 
/«=-  0,106 

224 


ZEHNTES  KAPITEL. 


Nachdem  in  dem  elfseitigen  Polygon,  Fig.  199,  die  Winkel  auf  1620Grad 
abgeglichen  und  die  Neigungswinkel  aus  der  gegebenen  Neigung  22°  10' 20" 
der  Seite  1 — 2  abgeleitet  sind,  ergiebt  die  algebraische  Summe  der  Teil- 


Fig.  199. 

koordinaten  einen  Fehler  in  den  Ordinaten  fy  =  +0.145  und  in  den 
Abscissen  —  0  .  106. 

Bei  geschlossenen  Polygonen  erscheint  das  sechste  Yerfahren  nach 
GAUSS  das  zweckmaBigste. 

Man  zerlegt  das  Polygon  in  zwei  Zugteile,  in  den  von  1  iiber  5  bis 
6,  und  in  den  von  6  iiber  11  bis  1  und  ermittelt  die  GroBen  \_A^\ 
=  +  122,220,  [Jr^  =  -f  22,168,  [//t)]9  =  -  122,075,  [Jj]2  =  -  22,274, 
ferner  &  =  +  215,  ^  =  +  40,  g)a  =  -  152,  X2  =  -  53. 

Nach  den  Formeln  (19)  und  (20)"  berechnen  sich  fur  den  ersten  Zug- 
teil  die  GroBen  e  und  s  und  zwar: 

•  =  9^  =   -  °'0°046'    £  =  936^4  =   -  °'°0034 

Fiir  den  zweiten  Zugteil  1st: 

e  =  +  o  .  00046,  «  =  +  0  .  00034. 
Hieraus  berechnet  man  die  Verbesserungen  v  und  w  nach  den  Formeln: 

i?i  =  e  Atyi 

v   =  e  Jt    + 


oder  allgemein 


u.  s.  w. 


=  e     r.3  — 
u.  s.  w. 


v  =  e 


€2:  Jr. 


w  =  e 


—  tz 


wenn  z  diejenige  Zahl  bedeutet,  wie  oft  e  zu  dem  Neigungswinkel  hinzu- 
gefiigt  worden  ist. 

Die  algebraische  Summe  der  berechneten  Yerbesserungen  [v~]  muB 
gleich  sein  —fy=  —0,0145  und  \w]=  +fa=  -f  0,106.  Die  Yerbesse- 
rungen sind  mit  dem  richtigen  Yorzeichen  versehen  iiber  die  zugehorigen 
Teilkoordinaten  im  obigen  Beispiel  gesetzt. 


DIE  FEHLEKVERTEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDEE.  GRUBENMESSUNGEN.      225 

Aus  den  Teilkoordinaten  leitet  man  die  Koordinaten  der  einzelnen 
Punkte  ab  und  erhalt  am  SchluB  ein  allseitig  stimmendes  Resultat. 

Man  hatte  sich  iibrigens  auch  darauf  beschranken  konnen,  die  Ge- 
samtverbesserungen  fur  die  beiden  Polygonteile  namlich: 

Hi  =  *\A Wi  + « *i  =  -  °>070      Mi  =  *V di  - « 9i  =  +  o?064 

[t?]a  =  4Jt)]2  -  £^  =  -  0,075         [>]2  =  e[JrJ2  +  gg)2  =  +0,042 

-  0,145  +  0,106 

zu  berechnen,  und  nach  dem  achten  Verfahren  zu  verteilen.  Die  dadurch 
erhaltenen  Koordinaten  der  einzelnen  Punkte  sind  in  der  Zusammenstellung 
auf  Seite  227  mit  B  bezeichnet. 


Professor  v.  MILLEB-HAUENFELS  verteilt  die  Fehler  nach  dem  Yer-   §  151, 
haltnis  der  Quadrate  der  Seitenlangen.     Um  dieses  Verfahren  anzuwenden, 
berechnet  man  die  Koordinaten  beider  Polygonteile  im  Beispiel  des  vorigen 
Paragraphen  jedesmal  vom  Punkte  1  aus?  und  zwar  die  des  ersten  Zug- 
teiles  von  1  bis  7  und  die  des  zweiten  Zugteiles  von  1  iiber  10  wieder  bis  7. 


Von 

S  oblige 
Lange. 

Meter. 

5 

G» 

Teilord 

4\ 

Meter. 

^naten 
Meter. 

Teilabscissen 
Meter.    Meter. 

Nicht  verbesserte 
Koordinaten. 

Meter.         Meter. 

Verbesserte 
Koordinaten. 

Meter.         Meter. 

Bis 

—0,017 

+  13 

-..-' 

1 

32,670 

1063 

12,329 

30,254 

+   12,329 

+  30,254 

+   12,312 

+  30,267 

2 

—  24 

+  18 

• 

2 

38,456 

1475 

37,745 

7,361 

+  50,074 

+  37,615 

+  50,033 

+  37,646 

3 

—  14 

+  10 

3 

29,578 

876 

29,298 

4,062 

+  79,372 

+  33,553 

+   79,317 

+  33,594 

4 

—  2 

+  1 

4 

11,623 

134 

11,060 

3,573 

+  90,432 

+  37,126 

+  90,375 

+  37,168 

5 

—  5 

+  4 

5 

17,856 

317 

17,852 

0,352 

+  108,284 

+  37,478 

+  108,222 

+  37,524 

6 

—  7 

+  5 

6 

20,703 

428 

13,936 

15,310 

+  122,220 

+  22,168 

+  122,151 

+  22,219 

7 

150,886 

4293 

+  23 

—  16 

'l 

37,962 

1444 

30,716 

_i     A 

22,308 

+   30,716 

-22,308 

+  30,739 

—22,324 

11 

11 

18,907 

357 

17,819 

6,322 

+  48,535 

-15,986 

+  48,564 

—16,006 

10 

+  14 

-  10 

10 

29,659 

876 

29,657 

0,351 

+  78,192 

—16,337 

+  78,235 

-16,367 

9 

+  17 

—  13 

9 

32,680 

1063 

31,241 

9,592 

+  109,433 

-  6,745 

+  109,493 

—  6,788 

8 

+  16 

—  12 

8 

31,653 

1000 

12,642 

29,019 

+  122,075 

+  22,274 

+  122,151 

+  22,219 

7 

150,861 

4740 

BEATHUHN,   Markscheidekunst. 

15 

226  ZEHNTES  KAPITEL. 


Im  ersten  Falle  erhalt  man  fur  den  Punkt  7: 

die  Koordinaten         +  122,220         +  22,168 
im  zweiten  Falle        +  122,075         +  22,274 


Differenz         =  0,145  0,106 

Zwischen  den  beiden  Werten  liegen  die  wahrscheinlichen  Koordinaten 

des  Punktes  7. 

Man   bilde   nun    die    Quadrate    der   Seitenlangen   und    summiere    die 

Quadrate  des  ersten  und  des  zweiten  Zugteiles.    Nach  dem  Verhaltnis  dieser 

Quadratsummen    wird    die   Differenz    der   Abscissen    und    Ordinaten    des 

Punktes  7  verteilt. 


122,220  -  0,069  =  122,151         22,168  +  0,051  =  22,219 
122,075  +  0,076  =  122,151         22,274  -  0,055  =  22,219 
Die  wahrscheinlichen  Koordinaten  des  Punktes  7  sind: 

+  122,151         +  22,219. 

Die  Koordinaten  der  Zwischenpunkte  verbessert  man  wie  folgt: 
Auf    die   Ordinaten    des    ersten  Zugteils  ist  die  Differenz    122,151— 
122,220  =  —  0,069   zu  verteilen   und   zwar  geschieht  dies  ebenfalls  nach 
Verhaltnis  der  Langenquadrate  : 

4293  :  -  0,069  =  1063  :vl9     ^  =  -  0,017 
4293  :  -  0,069  =  1475  :  v2  ,     v.2  =  —  0,024 

u.  s.  w. 

In  dem  zweiten  Zugteil  ist  auf  die  Ordinaten  die  Differenz  122,151— 
122,075  =  +  0,106  zu  verteilen  und  zwar  mit  Hilfe  der  Ansatze: 
4740  :  +  0,106  =  1444  :v19     ^  =  +  0,023 
4740  :  +  0,106  =     357  :  v2,     v,  =  +  0,006 

u.  s.  w. 

In  gleicher  Weise  verteilt  man  die  Differenzen  der  Abscissen  und 
addiert  die  partiellen  Yerbesserungen  —  0,017,  —  0,024  u.  s.  w.  zu  den 
betreffenden  Teilkoordinaten. 

Die  algebraischen  Summen  der  letzteren  ergeben  in  beiden  Zugteilen 
fur  den  Punkt  7  die  Koordinaten 

+  122,151     +  22,219. 

Setzt  man  in  dem  letzten  Verfahren  statt  der  Quadrate  der  Langen, 
diese  Langen  selbst  ein,  wendet  man  also  das  achte  Verfahren  in  dieser 
Anordnung  des  Zuges  an,  so  erhalt  man  ganz  ahnliche  Resultate. 

In  der  nachstehenden  Tabelle  sind  die  nach  vier  verschiedenen  Ver- 
fahrungsweisen  verbesserten  Koordinaten  desselben  Beispiels  nebenein- 
andergestellt  und  zwar  unter  A  nach  dem  sechsten  Verfahren  von  GAUSS, 
unter  £  nach  einem  aus  dem  sechsten  und  achten  kombinierten  Verfahren, 


DIE  FEHLERVERTEILUNGEN  BEI  MARKSCHEIDER.  GRUBENMESSUNGEN.      227 


unter  C  nach  dem  von  Professor  v.  MILLER-HAUENFELS  vorgeschlagenen 
und  imter  D  nach  dem  achten  Yerfahren  von  GAUSS.  Der  besseren  tFber- 
sicht  wegen  sind  die  Ordinaten  und  Abscissen  fur  sich  nebeneinander- 

gestellt. 


Ordinaten. 

Abscissen. 

Nicht 

Nicht 

ver- 

A. 

B. 

C. 

D. 

ver- 

A. 

B. 

C. 

D. 

besserte. 

besserte. 

12,329 

12,313 

12,314   12,312 

12,314 

30,254 

30,244 

30,268 

30,267 

30,266 

50,074 

50,036 

50,041   50,033 

50,040 

37,615 

37,628 

37,645 

37,646 

37,641 

79,372 

79,325 

79,325   79,317 

79,324 

33,553 

33,599 

33,595 

33,594 

33,589 

90,432 

90,378 

90,379   90,375 

90,378 

37,126 

37,178 

37,173 

37,168 

37,162 

108,284 

108,221 

108,224  i  108,222 

108,221 

37,478 

37,536 

37,533 

37,524 

37,524 

122,220 

122,150 

122,150 

122,151 

122,147 

22,168 

22,234 

22,232 

22,219 

22,221 

109,578 

109,493 

109,492 

109,493 

109,490 

6,851 

6,794 

6,778 

6,788 

6,787 

78,337 

78,231 

78,235 

78,235 

78,233 

16,443 

16,370 

16,361 

16,367 

16,367 

48,680 

48,560 

48,563 

48,564 

48,562 

16,092 

15,999 

16,002 

16,006 

16,006 

30,861 

30,731 

30,734 

30,739 

30,734 

22,414 

22,318 

22,319 

22,324 

22,321 

0,145 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

0,106 

0,0 

0,0 

0,0 

0,0 

Die  verbesserten  Koordinaten  weichen  wenig  voneinander  ab ,  so  daB 
in  diesem  Falle  das  einfachste  Verfahren,  namlich  die  Ausgleichung  nach 
dem  Yerhaltnis  der  Seitenlangen  vollstandig  gentigt  haben  wiirde.  Dies 
hat  seinen  Grund  darin,  daB  beide  Polygonhalften  sich  der  gestreckten 
Form  nahern. 


Besteht  eine  Grubenmessung  aus  mehreren  geschlossenen  sich  anein-  §  152. 
anderreihenden  Polygonen,  so  gilt  als  Hauptregel ,  daB  man  wenige,  wo 
moglich  nur  eins  oder  zwei,  Hauptpolygone  auswahlt,  welche  den  grb'Bten 
Teil  der  Grube  umfassen  und  die  iibrigen  Polygone  in  sich  einschlieBen, 
diese  mit  Sorgfalt  (erforderlichenfalls  zweimal)  miBt  und  im  Zusammen- 
hange  beziiglich  der  Winkel  und  Koordinaten  ausgleicht.  Die  iibrigen  Zug- 
teile  werden  sodann  als  offene  Polygonziige  behandelt ,  deren  Endpunkte 
bereits  festgelegt  sind. 

Liegen  die  Yerhaltnisse  fur  Befolgung  dieser  Regel  nicht  gunstig  und 
erhalt  der  Markscheider  eine  groBere  Anzahl  gleichwertiger  Polygone,  so 
hat  er  diese  im  Zusammenhange  auszugleichen. 

Das  hierbei  einzuschlagende  Yerfahren  andert  sich  nach  der  Zahl  und 
nach  der  gegenseitigen  Lage  der  Polygone,  wie  in  dem  GAUSS  schen  Werke 
an  zahlreichen  Beispielen  ausgefiihrt  ist. 

Da  hier  nur  der  Zweck  verfolgt  wird,  den  Markscheider  auf  den  prak- 
tischen  Nutzen  des  GAUSS  schen  Buches  aufmerksam  zu  machen  und  der 

15* 


223 


ZEHNTES  KAPITEL. 


einfaclie  Fall   zugleich   der   baufigere  ist,    so  geniigt  es,    die  Ausgleichung 
zwei  zusammenhangender  Polygone  nach  §  45  des  genannten  Werkes  aus- 

zugsweise  mitzuteilen ,  fiir  die 
anderen  Falle  auf  das  Buch  selbst 
zu  verweisen. 

Gegeben  sind  die  beiden  Poly- 
gone  a  und  b  mit  den  Eckpunkten  1 
bis  11  (Fig.  200).  Der  Zugteil  Zl 
von  Punkt  1  bis  4  1st  beiden  Poly- 
gonen  gemeinschaftlich,  der  zweite 
Zugteil  Z±  vom  Punkte  4  liber  6 
bis  1  gehort  dem  Polygon  a  und 
der  dritte  Zugteil  Z3  vom  Punkt  4 
iiber  9  bis  1  ausschlieBlich  dem 
Polygon  b  an.  Die  Pfeile  geben 
die  Ricbtung  an,  in  welcher  die  einzelnen  Zugteile  berechnet  werden. 
Die  Winkel  der  Polygone  sind  wie  folgt  ermittelt: 


Fig.  200. 


Im  Polygon  a. 

Verbesserung. 

Im  Polygon  b. 

Verbesserung. 

1 

113°54'36" 

+  28,83" 

1 

66°   6'24" 

-14,195" 

2 

192     6  30 

+  21,51 

2 

167  53  30 

—  21,51 

3 

176  47  12 

+  21,51 

3 

183  12  48 

-21,51 

4 

88  30  54 

+  28,83 

4 

182     3  48 

-14,195 

5 

133  20  42 

+  28,83 

9 

56     7  — 

-14,195 

6 

112     2  42 

+  28,83 

10 

66     5  36 

-  14,195 

7 

166  15  36 

+  28,83 

11 

178  32  48 

—  14,195 

8 

96  58  12 

+  28,83 

900°  1'54"        i       -114,0 

1079°56'  24" 

+  216,0" 

900 

1080 

Differenz  -  1'  55  '              -  1'  54" 

Differenz  —  3  36" 

=  +  3'  36" 

Der  Gesamtwinkelfebler  des  Polygons  a  sei  A,  die  Verbesserung  T'a  fur 
einen  Winkel  des  Polygons  a  von  na  (=  8)  Seiten  ist  bei  gleichmaBiger 

Verteilung  Va—  -        -  oder  na Va  +  A  =  0. 

Ist  B  der  Gesamtwinkelfehler  im  Polygon  />,  so  erhalt  man  fiir  die 
Verbesserung  jedes  Winkels  im  Polygon  b  die  Gleichung 

T5 

Vb  =  —  -;  -  oder  ^  7 "6  +  J3  —  0. 

Die  Summe  der  beiden  Winkel  bei  den  Punkten  2  und  3  ist  bei  der 
Messung  schon  auf  4  E  abgeglichen.  Dieser  Summenwert  darf  durch  die 
Verbesserung  nicht  geandert  werden  und  die  aufzustellenden  Gleichungen 
miissen  diesen  Bedingungen  entsprechen. 


DIE  FEHLER  VERTEILUNGEN  BEI  MARKSCEEIDER.  GRUBENMESSUNGEN.      229 


Nennt  man  die  Yerbesserung  fur  die  Winkel  bei  2  und  3  =  (2),  bez. 
(3),  so  muB,  wenn  die  Summenwerte  der  Winkel  bei  den  Punkten  2  und 
und  3  =  360°  bleiben  sollen,  immer  (2)  =  (3)  sein. 

Bezeichnet  man  diesen  Wert  von  (2)  =  (3)  mit  (s),  so  erhalt  man  fur 
beide  Punkte  nur  die  eine  Horizontgleichung 

2(*)  +  r«  +  n  =  o. 

Die  Polygongleichungen  erhalten  folgende  Gestalt: 


+  n,  (*)+£  =  0, 

wenn  nt  die  Anzahl  der  Punkte  bedeutet,  fur  welche  die  Horizontbe- 
dingungen  zu  erfiillen  sind.  Der  Index  1  bezieht  sich  auf  den  zugehorigen 
Zugteil  Zr 

Aus  obigen  drei  Gleichungen  sind  die  drei  Unbekannten  V  ,  F&  und 
(s)  zu  entwickeln  und  zwar  ist: 

7a  =  ~       ~1T~      ~>  Vb  =  "        ~JT~        -\  W  =  "     TT~    ~ ' 
wenn  7^=  ^(^  -f  w6)  —  2w.aw5  ist. 

Im  gewahlten  Beispiele  ist  pa  =8,  nb  =  7,  Wj  =  2  5  =  2,  A  =  —  216", 
.#  =  +  114",  und  setzt  man  diese  Werte  in  die  Gleichungen  ein,  so  wird 
ra  =  +  28,83",  Fb  =  --  14,195  .  .",  s  =  --  7,32". 

Die  hieraus  sich  ergebenden  Yerbesserungen  sind  auf  Seite  228  hinter 
die  einzelnen  Winkel  der  Polygone  a  und  b  gesetzt. 

Werden  mit  den  so  verbesserten  Polygonwinkeln  die  Neigungswinkel 
abgeleitet,  so  muB  dies  immer  zu  stimmenden  Resultaten  fiihren. 

Die  mit  diesen  Neigungswinkeln  und  mit  den  zugehorigen  durch 
Messung  gefundenen  Langen  ausgefiihrte  Berechnung  der  Teilkoordinaten, 
wird  aber  wieder  Fehler  hervortreten  lassen,  welche  in  dem  Polygon  a 
sich  anders  als  in  dem  Polygon  b  gestalten  werden. 

Nennt  man  die  Summen  der  Teilordinaten  und  der  Teilabscissen 
der  Ziige  Z19  Z2  und  Z3  =  [^ty^,  [^fty]2>  \_dty\  und  [2/5^,  [^j]a  und 
[z/r]3,  so  wiirden  in  der  Yoraussetzung,  daB  die  Koordinaten  in  der  durch 
Pfeile  angedeuteten  Richtung  bereclmet  sind, 

(!)  [^Mi  +  [^W3  =  °     (3)  [^?li  +  C^Jl  =  ° 
(2)  \_dty\  +  [Jt)]3  =  0     (4)  [z/r]L  +  [Jy]3  =  0 

sein  miissen,  wenn  Fehler  nicht  vorhanden  waren.  Ist  dies  aber  der  Fall, 
so  miissen  die  GroBen  [^t)]1?  [^i)]2?  [^^3  un(i  \_^l\\  i  [dl\,  \_dic\  in 
obigen  Gleichungen  noch  die  Yerbesserungen  v19  v.,9  v3  und  wl9  w29  w3  als 
Addenten  erhalten. 

Xennen  .wir  nun  Ay,  Ax  die  Summe  der  Fehler  der  Teilordinaten 
und  Teilabscissen  im  Polygon  «,  ferner  By,  Bx  die  gleichen  Fehler  im 
Polygon  b,  so  ist 

(5)  ^  +  "2  +  Ay  =  0     (7)  iol  +  w.,  +  Ax  =  0 

(6)  vl  +  v3  +  By  =  0     (8)  iol  +  w3  +  Sx  =  0, 


230  ZEHNTES  KAPITEL. 


Die  Bestimmung  der  Verbesserungen  v  und  ic  geschieht 
derartig,  daB  die  zugweisen  Summen  sowohl  der  Teilordi- 
naten  als  auch  der  Teilabscissen  nach  Verhaltnis  der  Summen 
der  Seitenlangen  an  den  Fehlern  Ay.  Ax,  By.  Bx  Teil  zu 
nehmen  haben. 

Es  bezeichen  ay,  ax  denjenigen  Teil  der  Fehler  Ay,  Ax,  welcher  auf 
die  MaBeinheit  im  Polygon  a,  ferner  fiy  ,  fix  denjenigen  Teil  der  Fehler 
By,  Bx,  welcher  auf  die  MaBeinheit  im  Polygon  b  koinrnt.  Die  Sumnie 
der  Langen  der  drei  Zugteile  seien  L^,  L2,  L.6. 

Dann  wird,  da  der  Zug  Z^  an  den  Fehlern  beider  Polygone  der  Zug 
Z.2  unmittelbar  nur  an  den  Fehlern  des  Polygons  a  und  Z.^  umnittelbar 
nur  an  den  Fehlern  des  Polygons  b  beteiligt  ist,  sein 

v,  =  L,  ((ay]  +  (,%))         w,  =  L,  ((ax)  +  (/?*)) 
v.2  =  L2  (ay]  w,  =  L2  (ax) 


Setzt  man*  diese  Werte  von  v  und  iv  in  die  Gleichungen  (5)  bis  (8)  und 
fiihrt  noch  die  Grb'Ben  L^  +  Lt  =  La  (Umfang  des  Polygons  a) 
Ll  +  L3  =  Lb  (Umfang  des  Polygons  b) 

em,  so  erhalt  man  vier  Gleichungen  zur  Berechnung  der  Unbekannten  (ay). 
(f$y),  (ax),  (/?*)  und  aus  ihnen  die  Ausdriicke: 

—LbAy  +  ^By        ,      N         -LbAr  +  L^x 

=  -     ~^w~    -->    («x)  =  -    —$- 

-  +LlAy-LaBy        (f>  }  _     +  L,  Ax  -  La  Ex 

-  y         —>      (Px)  -  ~~N~ 

worin  N=  L^L.?  +  L^La  =  LaLb  —  LiLl  ist. 

(Siehe  nebenstehende  Tabeile.) 
In  dem  gewahlten  Beispiele  sind  aus  den  verbesserten  Polygonwinkeln 

und  dem  gegebenen  Azimut  der  Seite  1  —  2  =  45  °  3  —  "  die  Neigungswinkel 

der  iibrigen  Seiten  abgeleitet  und  die  Teilkoordinaten  berechnet  worden. 

Hieraus  ergiebt  sich: 

l  =  +  61,591  [Jr.],  =  +  48,307 

2=  -61,766  [Jr]2=  -48,252 

y  =  -    0,175  Ax  =  +    0,055 

!  =  +  61,591  [Jr^  =  +  48,307 

3  =  -  61,498  [Jg]3  =  -  48,325 


By  =  +    0,093  Bx  =  —    0,018 

78,  L,  =  325,  £3  =  214,  La  =  403,  Lb  =  292. 

292  •  0,175  +  78  •  0,093 
«y  =   78  »  325  +  214.  403-  =      + 


-  =      -  0000458 


r  =  78  •  0,055  +  403  •  0,018  = 
'  111592 


DIE  FEHLEEVEETEILUNGEN  BEI  MAEKSCHEIDEE.  GEUBENMESSUNGEN.      231 


Koordinatenberechnung. 


Zeichen. 

Lange. 
Meter. 

A 
Gr. 

z\mu 
M. 

t. 

S. 

Teilordinaten. 
Meter 

Teilab 
M( 

scissen. 
jter 

Sumu 
Ordinaten 

Meter. 

len  der 
Abscissen 
Meter. 

+  2 

—  2 

HH 

^ 

1—2 

27,121 

45 

3 

19,194 

19,161 

,,-,-,., 

+  19,196 

+   19,159 

& 

+  1 

i 

= 

2—3 

24,640 

57 

9 

52 

20,703 

13,361 

+  39,900 

+   32,518 

ll 

+  2 

—  1 

3—4 

26,830 

53 

57 

26 

21,694 

15,786 

+  61,596 

+  48,303 

78,581 

[A*)\=  +61,591 

[Aj],  48,307 

01=+  0,005 

MI  -•     0,004 

[Ay\=+  61,596 

\_A  x\  =  +48,303 

+  60 

—  6 

4—5 

103,135 

322 

28 

49 

62,813 

81,801 

-  1,157 

+  130,098 

^ 

+  13 

—  1 

»—  i 

5—6 

32,450 

275 

49 

59 

32,282 

3,298 

—33,426 

+  133,395 

jg 

+  9 

-24 

.—  i  < 

6-7 

46,793 

207 

53 

10 

21,886 

41,359 

—55,303 

+  92,012 

fn 

+  48 

—  39 

CJj 

7—8 

66,392 

194 

9 

15 

16,235 

64,376 

—71,490 

+  27,597 

CS3 

+  40 

+  19 

8—1 

76,600 

111 

7 

55 

71,450 

27,616 

0,0 

0,0 

325,370 

71,450 

133,216 

85,099 

133,351 

71,450 

85,099 

[Jlj]8  =  —  61,766 

[Jj]2  =  —  48,252 

v2=  +   0,170 

w"2  =  __  o,051 

[J#]2  =  —  61,596 

-  Ax\  =  —  48,303 

+  61,596 

+  48,303 

—  11 

+  3 

HH 

4—9 

24,390 

51 

53 

52 

19,193 

15,050 

+  80,778 

+  63,356 

1— 

—  44 

+  10 

£ 

9-10 

95,915 

175 

47 

6 

7,050 

95,656 

+  87,784 

—  32,290 

^' 

—  28 

+  6 

1 

10—11 

61,208 

289 

41 

44 

57,627 

20,629 

+  30,129 

-  11,655 

!5r 

—  15 

+  3 

S! 

11—1 

32,290 

291 

9 

10 

;     30,114 

11,652 

0,0 

0,0 

213,803 

26,243  ;     87,741 

47,331 

95,656 

26,243 

47,331 

[Jty]s  =  —  61,498 

;jf]3  =  —  48,325 

« 

v3  =  —  0,098 

[Jy],  =  -61,596 

(ay]  = 


-1-  0,170,  w2  =  LZ    (ax)  =  -  0,051 

-  0,098,  w3  =.L.,(px)=  +  0,022 

Diese  Yerbesserungen   zu   den  Summen   der  Teilordinaten   bez.  Teil- 
abscissen  hinzugefugt  ergeben  iiberall  stimmende  Resultate. 


232 


ZEHNTES  KAPITEL. 


z 

I 

+ 

) 

+ 

IE 

1 

63 

82 

0 

0 

0 

1 

|  22 

41 

2 

32 

129 

1 

71 

28 

Es  erubrigt  nunmehr  noch  die  Teilkoordinaten  der  Zwischenpunkte  zu 
verbessern. 

Da  der  Zugteil  Nr.  I  eine  gestreckte  Form  besitzt,  so  werden,  wie 
auch  geschehen,  die  Yerbesserungen  am  einfachsten  nach  dem  achten  Yer- 
fahren verteilt. 

Die  Yerbesserungen   des  zweiten  und  dritten  Zugteils  miiBten  wegen 
ihrer  Form  nach  dem  sechsten  Yerfahren  behandelt  werden,  aber  man  wird 
diese  immerhin  etwas  umstandliche  Berechnung  nur  dann  anwenden,  wenn 
aus  Punkten  des  Zugteiles  andere  wichtige  Ziige  sich  abzweigen,  in  alien 
anderen    Fallen    aber    zu    dem    achten   Yerfahren 
iibergehen. 

In  dem  vorliegenden  Beispiele  ist  der  Zugteil 
Nr.  Ill  nach  dem  achten,  der  Zugteil  Nr.  II  nach 
dem  sechsten  Yerfahren  behandelt  worden. 

Hierbei  ist  fy  =  -  0,170       e  =  +  0,000389 
fx  =  +  0,051       £  -  ±  0,000428 
Wie  aus  nebenstehender  Tabelle  hervorgeht,  ist 
g)j  =  -  63  D,  =  +    17 
&!  =  +  82  £~  =  -  198 
Die  Yerbesserungen  sind  nach  den  bekannten  Fornieln: 

w  —  eA^—  szAty  berechnet, 

und   mit   den   zugehorigen   Yorzeichen   iiber   die   Teilkoordinaten   gesetzt. 
Hieraus  ergeben  sich  allseitig  stimmende  Koordinaten. 

153.  Die  vom  Professor  v.  MILLER  -HAUENFELS  aufgestellte  Regel  zur  Aus- 

gleichung  der  Fehler  in  G-rubenmessungen  soil  an  einem  moglichst  einfachen 
Beispiele  erlautert  werden. 

Fig.  201  stellt  einen  mit  dem  Theodoliten  ohne  Benutzung  des  Hohen- 
Y.          _x  /o  kreises    ausgefiihrten 

f  Grubenzug  im  GrundriB 
dar.  Die  Winkelpunkte 
sind  mit  Zahlen  bezeich- 
net  und  zwar  die  SchluB- 
punkte  mit  romischen,die 
anderen  mit  arabischen 
Z*ahlen.  Die  Winkel  sind 
vorher  im  Polygon  nicht 
ausgeglichen  worden. 

Fi    2Q1  Aus  der  nachstehen- 

den  Berechnung  ist  zu 

ersehen,  daB  fur  die  Koordinaten  der  SchluBpunkte  sich  verschiedene  Werte 
ergeben,   welche  durch  die  angehangten  Indexe  1  und  2  bezeichnet  sind. 


DIE  FEHLERVERTEILUNGEN  BEI  MARKSCHEIDER.  GEUBENMESSUNGEN.      233 


Nr.  der 
Punkte. 

fl     S 

'S   c 

!i 

1  ^| 

*&     o 

Neigungs- 
winkel. 

Teil- 
ordinaten 

Teil- 
abscissen 

Nicht  verbesserte 
Koordinaten 

Verbesserte 
Koordinaten 

Meter. 

s  "S 

Gr.  M.  S. 

Meter. 

Meter. 

Meter. 

Meter. 

Ord. 

Absc. 

Ord.          Absc. 

—  11 

—  11 

1—2 

29,643 

878,71 

89 

— 

20 

29,638 

0,514 

+   29,638  +   0,514 

+   29,627 

+   0,503 

—  10 

—  11 

2—3 

28,421 

807,75 

88 

1410 

28,408 

0,875 

+  58,046  +   1,389 

+  58,025 

+   1,367 

—  11 

—  12 

3—4 

30,283 

917,04 

10 

20 

20 

5,435 

29,791 

+   63,481+31,180 

+   63,449+31,146 

—  9 

—  10 

4-Vt 

27,633 

763,58 

4021 

80 

17,894 

21,057 

+   81,375 

+  52,237 

+   81,334 

+  52,193 

+   58,025  +   1,367 

+  56 

+  59 

3—6 

40,827 

1666,9 

7533 

10 

39,536 

10,186 

+   97,582 

+  11,575 

+  97,617  +11,612 

+  18 

+  19 

6—7 

23,288 

542,3 

I.  210 

0,421 

23,284 

+   98,003 

+  34,859 

+  98,056  +34,915 

+  20 

+  21 

-7-V, 

24,044 

578,1 

31552    4 

16,742  17,257 

+   81,261  +52,116  +   81,334+52,193 

—  6 

-13 

Vo-11 

28,620 

819,1 

88 

15 

80 

28,606 

0,870 

+  109,867 

+  52,986 

+  109,934 

+  53,050 

—  3 

—  7 

11—12 

21,210 

449,8 

87 

19 

20 

21,187 

0,991 

+  131,054 

+  53,977 

+  131,118 

+  54,034 

12-XIII, 

15,021 

225,6 

89 

— 

10 

15,019 

0,261 

+  146,073 

+  54,238 

+  146,135 

+  54,292 

+  97,617 

+  11,612 

—  46 

—  44 

6—8 

27,822 

774,0 

75 

12  — 

26,899 

7,107 

+  124,481+18,682 

+  124,470 

+  18,675 

—  38 

—  35 

8-9 

25,123 

631,1 

81 

1010 

24,825 

3,857 

+  149,306+22,539 

+  149,257 

+  22,497 

—  13 

—  12 

9-Xt 

14,456 

208,9 

761230 

14,039 

3,447 

+  163,345  +25,986 

+  163,283  +25,932 

1-14 

t 

—  1 

—  1 

18,224 

332,1 

8 

40 

40 

2,750 

18,015 

+  166,095  +44,001 

+  163,032 

+43,946 

—  1 

—  1 

14-XIII, 

22,425 

502,8 

297 

2838 

19,896 

10,347 

+  146,199  +54,348 

-1-146,135 

+  54,292 

+  11 

+  7 

t 

+  97,617 

+  11,612 

6  —  15 

48,263 

2324,0 

125 

1210 

39,436 

27,823 

+  137,018 

—16,248 

+  137,064 

—16,204 

+  4 

+  2 

15—16 

20,213 

796,0 

88 

5250 

28,208 

0,551 

+  165,226 

—15,697 

+  165,276 

—15,651 

+  7 

+  4 

16—  X.2 

41,617 

1732,0 

357 

1446 

2,000 

41,579 

+  163,226  +25,882 

+  163,283 

+  25,932 

Die  Ausgleichung  der  Differenzen  in  den  Koordinatensummen  der 
SchluBpunkte  geschieht  nun  auf  folgende  Weise. 

Man  entwirft  eine  Skizze  von  dem  GrundriB,  die  nur  ein  ungefahres 
Bild  der  Aufnahme  zu  geben  braucht  und  die  Unstimmigkeiten  in  den 
SchluBpunkten  andeutet  (Fig.  202). 


234 


ZEHNTES  KAPITEL. 


In  dieser  Skizze  werden  die  Streckenpartieen  1  bis  3,  3  bis  7",  V  bis 
XIII  u.  s.  w.  als  Einheiten  zusammengefaBt. 

Auf  der   angefertigten  Skizze   fiihrt   man   sodann   mit   dem  Bleistifte 
Yom  Anfangspunkte  1  ini  Stollnmundloche  ausgehend  an  den  Linien  ent- 

lang,    bis   man    zu 
einem   nicht    stim- 

menden   SchluB- 
punkt  gelangt  und 
versieht  jede  durch- 
fahrene     Strecken- 
partie    mit    einem 

^2 


'    ftttr 


Fig.  202.     Fehlerausgleichung  nach  VON  MILLER-HAUEXFELS. 


Querstrich.  Z.  B.: 
Auf  dem  einen  AVege 
von  1 — T  werden  die 
Partieenl— 3,3— 7" 
durchfahren.  Jede 

erhalt  einen  Querstrich.  Auf  dem  anderen  Wege  zwischen  1  und  V  werden 
die  Streckenpartieen  1 — 3,  3 — 6,  6 — T  durchfahren.  Jede  derselben  erhalt 
ebenfalls  einen  Querstrich,  die  Partie  1 — 3  hat  also  schon  deren  zwei. 
Wieder  von  1  beginnend  werden  auf  verschiedenen  Wegen  bis  zum  Punkte 
XIII  die  Streckenpartieen  1—3,  3—6  zweimal,  die  Partieen  6— T7,  F—XII1. 
6 — X,  X — XIII  je  einmal  durchfahren  und  erhalten  dementsprechend  zwei 
bez.  einen  Querstrich.  Auf  diese  Weise  erhalten  die  einzelnen  Strecken- 
partieen die  aus  der  Skizze  ersichtliche  Anzahl  von  Querstrichen. 

Alsdann  bildet  man  die  Produkte  aus  den  Quadratsummen  der  Schnur- 
langen  und  den  zugehorigen  Querstrichzahlen : 
Fiir  die  Partie 

1_3  =  (878,71  +  807,75)  X  6  =  10118. 
3—  Fl  =  (917,04  +  763,58)  x  1  =  1681. 
3-6=  1666,9  X  5  =  8334. 
6—7;  =  (542,3  +  578,1)  X  2  =  2241. 
F2—XIH2  =  (819,1  +  449,8  +  225,6)  x  1  =  1495. 
6— A;  =  (774,0  +  631,1  +  208,9)  X  2  =  3228. 
Xir~ XII^  ='(332,1  +  502,8)  X  1  =  835. 
6_X2  =  (2324  +  796  +  1732)  x  1  =  4852. 

Nunmehr  schreitet  man  zur  Bildung  der  Produktensummen  fur  alle 
SchluBpunkte,  indem  man  die  Produkte  fur  alle  jene  Streckenpartieen  der 
Reihe  nach  entnimmt,  welche  zwischen  Anfangs-  und  dem  in  Frage  kom- 
menden  SchluBpunkt  liegen,  und  sie  als  Summanden  nebeneinander  setzt. 
Auf  diese  Weise  ergeben  sich  als  Produktensummen: 
Fiir  den  Punkt  Fl       =  10118  +  1681  =  11799. 
„      „         ,.       7;       =10118  +  8334  +  2241=20693. 

"  TL  =  10118  +  8334  +  3228  +  825  =  22515. 


DIE  FEHLERVERTEILUNGEN  BEI  MARKSCHEIDER.  GRUBENMESSUNGEN.       235 

Fur  den  Punkt  17//2  =  10118  +  8334  +  2241  +  1495  =  22188. 
„       .,         „       Xl       =10118  +  8334  +  4852=23304. 
„       „         „       I,       =10118  +  8334  +  3228  =  21680. 
Die  Differenz  in  den  Abscissensummen  des  Punktes  Tist  gleich  0,121  =d, 
nennt  man  nun  die  fur  jeden  einzelnen  Punkt  sich  spater  ergebenden  Yer- 
besserungen d1  und  d2,  so  ist  d  =  dl  +  dt.  Die  Yerbesserungen  dl  und  d.2  wer- 
den  nun  nach  dem  Yerhaltnis  ihrer  zugehorigen  Produktensummen  berechnet. 
dl:d2  =  l  1799  :  20693  oder  annahernd. 

i  *   2  ==  ^"^-*     :  o  i  o. 
daraus  dl  +  d, :  (328  +  575)  =  d1 :  328,  d:  =  0.044. 

"O12T  rfa :  575,  d.2  =  0.077. 

d  =012L 

Die  berichtigte  Abscissensumme  des  Punktes  V  ist  demnach 
52,237  -  0,044  =  52,193 
52,116  +  0,077  =  52,193 

Auf  gleiche  "Weise  erhalten  wir  den  ausgeglichenen  Wert  der  Ordinaten 
des  Punktes  V  —  81,334.  Mit  Benutzung  der  zugehorigen  Produktensummen 
erhalt  man  die  Koordinaten  des  Punktes  XIII  +146,135  +  54,292 

X  +  163,283  +25,932 

Hierauf  beginnt  die  Yerbesserung  der  Teilkoordinaten  der  Zwischenpunkte. 
Als  Beispiel  mag  hierfur  die  nachfolgende  Berechnung  der  Yerbesserungen 
fur  die  Punkte  zwischen  V  und  XIII  dienen. 

Die   Koordinaten   des   fehlerhaften   Punktes        72  =  +    81,261    +52,116 

„         XIII,  =  +  146,073  +  54,238 
Differenz  =  +    64,812  +    2,122 

Die  Koordinaten  des  wahrscheinlichen  Punktes      V  =•  +    81,334  +52,193 

„       XIII  =  +146,135   +54,292 
Differenz  +    64,801   +    2,099 
Der  algebraische  Unterschied  der  Differenzen 

64,801  2,099 

JB4,812_  2,122 

^0,6TT  -  0,023 

sind  die  Yerbesserungen,  welche  nach  dem  Yersaltnis  der  Quadrate  der 
Langen  verteilt  werden  miissen. 

Flir  die  Schnur       V— 11  ist  -0,023:^=1495:819,  d=  -0,0126 
„       „         „  11—12    „     -0,023:^=1495:450,6?=   -0,0070 

„       „         „        12—Xffl,,    -  0,023  :  d  =  1495  : 226,  d  =  -  0,0034 

0,023 
Ferner : 

Fur  die  Schnur      1—11  ist  -  0,011  :rf=  1495:819,  d=  -0,006 
„       „         „  12—11,,     -0,01 1:*7  =1495: 450,  d=   -0,003 

„       „         „        12— XIII  „    -0,011:^=1495:226,  d  =   -0,002 

0,011 


236  ELFTES  KAPITEL. 


Das  gewahlte  Beispiel  bezieht  sich  auf  den  einfachsten,  aber  auch  am 
haufigsten  vorkommenden  Fall,  da  die  wichtigeren  Ziige  meist  durchweg 
mit  clemselben  Instrument  und  mit  Anwendung  desselben  Yerfahrens  aus- 
gefiihrt  werden. 

Wenn  mehrere  Anfangspunkte  der  Messung  vorhanclen  sind,  z.  B.  Stolln- 
mundlocher  oder  Schachte,  deren  Lage  durch  Triangulation  bestimmt  war, 
so  wird  die  Konstruktion  der  Querstriche  von  verschiedenen  Anfangs- 
punkten  aus,  sonst  in  der  angegebenen  Weise  ausgefiihrt. 

Die  Seigerteufenabschliisse,  welche  aus  Beobachtungen  am  Gradbogen 
und  an  dem  Hohenkreis  des  Theodoliten  abgeleitet  worden  sind,  werden 
ebenfalls  nach  dem  Verhaltnis  der  Produktensummen  abgeglichen. 

Werden  verschiedene Instruniente  und  Methoden  bei  einer  zusamnien- 
hangenden  Aufhahme  angewendet  und  sollen  die  etwaigen  Differenzen  im 
Zusammenhange  abgeglichen  werden,  so  geschieht  die  Verteilung  der  Fehler 
nach  dem  Verhaltnis  von  Zahlen,  die  entstehen  durch  Sumnianden  von 
Produkten  aus  den  Querstrichen  und  den  quadrierten  mittleren  Endfehler 
der  einzelnen  Streckenpartieen. 

Die  Art  und  Weise,  wie  die  mittleren  Endfehler  fur  die  verschiedenen 
Instrumente  und  Methoden  zu  finden  sind,  ist  in  clem  v..  MiLLERschen 
Buche  ausfuhrlich  entwickelt,  worauf  hier  lediglich  verwiesen  werden  kann, 
um  so  mehr,  da  die  zusammenhangende  Ausgleichung  eines  mit  verschie- 
denen Instrumenten  ausgefiihrten  Zuges  nicht  zu  haufig  vorkommen  wird. 


Elftes  Kapitel. 
Die  AnschluB-  und  Orientierungsniessungeii. 

154.  In    der   bisherigen   Literatur   sind   die   AnschluB-    und   Orientierungs- 

messungen  besprochen: 

1)  In   der   neuen  -Markscheidekunst    von   WEISSBACH,    II.  Abteilung, 
3.  Kapitel. 

2)  In  der  praktischen  Markscheidekunst  von  BORCHEKS,  Seite  141  bis  186. 

3)  In  einem  Artikel   des   verstorbenen   Professor   VIEETEL   im   Zivil- 
ingenieur,  1878,     Seite  586—619. 

Ferner  finden  sich  Beitrage  zu  diesem  wichtigen  Teile  der  Markscheide- 
kunst: In  der  Berg-  und  Huttemnannischen  Zeitung.  Jahrgang  1874.  Nr.  42. 
HAUSSE,  Cbertragung  der  Orientierung  durch  seigere  Schachte:  im  Zivil- 
ingenieur,  1878,  Seite  620—663.  Lotungen  und  LotuDgsapparate  von  Pro- 
fessor A.  NAGEL;  in  dem  Jahrbuche  fur  das  Berg-  und  Hiittenwesen  des 
Konigreichs  Sachsen  auf  das  Jahr  1882:  Das  Problem  der  Schachtlotung  und 
seine  Losung  mit  schwingenden  Loten,  von  Professor  Dr.  SCHMIDT  in  Freiberg. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKEENTIERUNGSMESSUNGEN.  237 

Der    zuletzt    genannte   Artikel   ist    auszugsweise    abgedruckt    in    der 
Osterreich.  Zeitschrift  fiir  Berg-  und  Hiittenwesen,  1882,  Nr.  10. 


Die  Messungen,  welche  ausgefiihrt  werden,  urn  einen  Gruben-  und  §155- 
Tagezug,  oder  zwei  Grubenziige  in  verschiedenen  Sohlen  zu  verbinden,  nennt 
man  AnschluBmessungen;  diejenigen,  welcbe  den  Zweck  haben,  die 
gegenseitige  Lage  der  beiden  Ztige  zu  ermitteln,  oder,  was  dasselbe  ist, 
beide  auf  ein  gemeinschaftliches  Koordinatensystem  beziehen  zu  konnen, 
Orientierungsmessungen. 

In  den  meisten  Fallen  werden  mit  derselben  Messung  beide  Zwecke  zu- 
gleich  verfolgt. 

Dies  Verfahren  richtet  sich  nach  Art  und  Zalil  der  Verbindungswege 
zwischen  Tage-  und  Grubenzug,  tmd  man  kann  hiernach  folgende  Falle 
unterscheiden: 

Die  Verbindung  kann  stattfinden: 

1)  durch  einen  Stolln, 

2)  durch  zwei  Schachte, 

3)  durch  einen  Schacht, 

oder  es  konnen  zwei  oder  mehrere  der  vorher  angefiihrten  Falle  zusanimen- 
treffen. 

Der  GleichmaBigkeit  wegen  soil  angenommen  werden,  da8  der  Tagezug 
aus  einem  Dreiecksnetz  besteht  und  die  Grubenmessungen  ausschlieBlich  mit 
dem  Theodoliten  ausgefiihrt  sind. 

Erster  Fall.  Bildet  ein  Stolln  oder  eine  flache  Tagesstrecke  die 
Verbindung  zwischen  Gruben-  und  Tageszug,  so  ist  die  AnschluB-  und 
Orientierungsmessung  einfach,  da  das  in  der  Grube  aufgenommene  Polygon 
nur  durch  den  Stolln,  bez.  durch  die  flache  Strecke  bis  zur  nachsten  Dreiecks- 
seite  fortzusetzen  ist. 


Zweiter  Fall.     Es  sind  zwei  Schachte  vorhanden.  §  156, 

Diese  konnen  beide  seiger  und  tonnlagig  sein,  oder  einer  ist  seiger, 
der  andere  tonnlagig. 

Sind  die  beiden  Schachte  seiger,  so  wird  der  AnschluB  von  Gruben- 
und  Tagemessung  durch  zwei  Lote  geschaffen,  von  den  en  in  jedem  Schachte 
eins  gehangt  wird. 

Die  Lotpunkte  in  beiden  Schachten  werden  mit  dem  Dreiecksnetze 
iiber  Tage  durch  eine  genaue  Messung  verbunden  und  daraus  wird  die 
Lange  und  das  Azimut  der  Yerbindungslinie  beider  Lote  ermittelt. 

Alsdann  fuhrt  man  in  der  Grube  von  dem  einen  Lote  bis  zu  dem 
anderen  einen  Polygonzug  aus  und  berechnet  denselben  auf  ein  Koordinaten- 
system, dessen  Nullpunkt  ein  Lotpunkt  und  dessen  Abscissenachse  am  zweck- 
maBigsten  die  erste  vom  Nullpunkte  ausgehende  Polygonseite  ist. 


238 


ELFTES  KAPITEL. 


Aus  den  so  gewonnenen  Koordinaten  des  Grubenzuges  laBt  sich  noch- 
mals  die  Lange  der  Verbindungslinie  beider  Lotpunkte,  sowie  derenNeigung 
gegen  die  erste  Polygonseite  berechnen.  Das  Azimut  der  genannten  Yer- 
bindungslinie  war  aus  der  Tagestriangulation  bekannt,  folglich  laBt  sich 
das  Azimut  der  ersten  Polygonseite  des  Grubenzuges  ebenfalls  bestimmen, 
woraus  die  Azimute  der  iibrigen  Polygonseiten  leicht  abgeleitet  werden 
konnen. 


Fig.  203.     Orientierung  eines  Grubenzuges  durch  zwei  Schachte. 

Beispiel. 

In  zwei  seigeren  Schachten  sind  die  Lote  in  den  Punkten  A  und  B 
gehangt.  Aus  der  Tagestriangulation  ergiebt  sich  die  Lange  der  Linie  AB 
zu  562,949  m  und  ihr  Azimut  zu  118°  35'  35". 

In  der  Grube  ist  ein  Polygonzug  ausgefiihrt ,  dessen  Koordinatenbe- 
rechnung  auf  die  Linie  A I  als  Abscissenlinie  und  auf  A  als  Anfangspunkt 
folgendermaften  sich  gestaltet: 


Zeichen 

Polygonwinkel 

Neigungswinkel 

Koordinaten. 

Lange. 

Ordinaten 

Abscissen. 

von 

bis 

Gr. 

M. 

S. 

Gr. 

M.      S. 

Meter. 

Meter. 

A 

I 

17,632 

— 

— 

— 

0 

0 

0 

0,0 

+  17,632 

I 

II 

42,363 

177 

32 

57 

357 

32 

57 

—      1,812 

+  59,956 

II 

III 

129,991 

284 

57 

24 

102 

30 

21 

+  125,095 

+  31,808 

III 

IV 

167,510 

177 

55 

38 

100 

25 

59 

+  289,835 

+    1,471 

IV 

V 

92,963 

180 

52 

30 

101 

18 

29 

+  380,993 

-16,755 

V 

VI 

82,810 

158 

33 

27 

79 

51 

56 

+  462,511 

-    2,184 

VI 

VII 

37,453 

184 

52 

25 

84 

44 

21 

+  499,806 

4-    1,250 

VII 

VIII 

63,160 

184 

25 

31 

89 

9 

52 

+  562,959 

+    2,171 

VIII        IX 

61,220 

93 

53  '  21 

3 

3 

13 

+  566,220 

+  63,304 

IX          B 

11,830 

135 

11 

21 

318 

14      34 

+  558,341 

+  72,129 

DIE  ANSCHLUSS-  UND  OBIENTIERUNGSMESSUNGEN.  239 


Aus  den  Koordinaten  +  558,341  und  +  72,129,  welche  die  Katheten 
des  rechtwinkeligen  Dreiecks  ABC  sind,  berechnet  man  die  Neigung  und 
die  Lange  der  Linie,  wie  folgt: 

log  558,341  =  2,7468995 

log     72,129  =  1,8581099 

logtg  BAG  =  0,8887896     ^:BAC  =  82°  38'  20" 

log  558,341  =  2,746  8995 
log  sin  BAG  =  9,9964059- 10 

log  AB  =  2,7504936  AB  =  562,980. 

Aus  dem  Winkel^JC,  d.  i.  dem  Neigungswinkel  der  Linie  AB  gegen 
die  Polygonseite  AI,  und  aus  dem  bekannten  Azimute  der  Linie  AB  — 
118°  35'  35''  erhalt  man  das  Azimut  der  ersten  Polygonseite  Al  und  zwar 
in  diesem  Falle  durch  Subtraktion  118°  35'  35"  -  82°  38'  20" 
=  35°  57'  15". 

Hieraus  lassen  sich  die  Azimute  der  iibrigen  Polygonseiten  ableiten, 
was  in  unserem  Beispiele  am  einfachsten  dadurch  geschieht,  daB  man  die. 
Neigungswinkel  der  obigen  Koordinatenberechnung  um  35°  57'  15"  ver- 
groBert. 

In  der  Fig.  203  sind  die  Neigungswinkel  gegen  die  Polygonseite  AI 
als  Abscissenachse  mit  einem  Bogen  versehen,  die  wahren  Azimute 
schraffiert. 

Mit  Hilfe  dieser  Azimute  werden  die  Koordinaten  der  Polygonpunkte 
in  der  Grube  definitiv  berechnet,  und  die  geringen  Unstimmigkeiten  nach 
dem  achten  Verfahren  (GAUSS)  an  den  Teilkoordinaten  abgeglichen. 

Schachtlotungen.     Bei   Ausfiihrung   der   vorstehenden   Orientierungs-   §  157. 
messung  sind  Lote  in  den  Schacht  zu  hangen  und  diese  mit  dem  Theodo- 
liten   anzuvisieren.      Das   hierbei  zu  beobachtende  Yerfahren  bedarf  noch 
einiger  Erlauterungen. 

Zum  Aufhangen  der  Lotkorper  bedient  man  sich  eines  Drahtes  von 
0,4  mm  Starke  aus  Eisen  oder  Messing. 

Hanfschniire  sind  hierzu  ganz  untauglich.  Gegliihter  Messingdraht  ist  • 
dem  eisernen  vorzuziehen,  weil  der  erstere  die  erforderlichen  Eigenschaften 
des  Lotdrahtes  in  erhohtem  MaBe  besitzt.  Diese  Eigenschaften  sind  ge- 
ringe  Steifigkeit,  so  daB  der  Draht  sich  leicht  auf  eine  Rolle  wickeln 
und  auch  wieder  straff  ziehen  laBt,  und  wenig  Neigung  zum  Oxy- 
dieren. 

Die  Gewichte  der  Lote  betragen  fur  solche  Drahte  fiinf  bis  acht  Pfund. 
Diese  werden  aber  nicht  gleich  beim  Einlassen  des  Drahtes  angehangt, 
sondern  kleinere  Gewichte  oder  leichte  GefaBe,  die  mit  Sand  oder  Wasser 
gefiillt  sind,  damit  bei  dem  etwaigen  ReiBen  des  Drahtes  wahrend  des  Ein- 
lassens  durch  das  schwere  Gewicht  kein  Schaden  herbeigefuhrt  wird.  Auf 
der  Schachtsohle  lassen  sich  die  Gewichte  leicht  umwechseln. 


240  ELFTES  KAPITEL. 


Die  Lote  miissen  vollstandig  freihangen  und  diirfen  nirgends 
anliegen. 

Sind  Bedenken  in  dieser  Bichtung  vorhanden,  so  muB  der  Markscheider 
den  Schacht  befahren  und  vom  Fahrschacht  aus  den  Lotdraht  von  der 
Hangebank  bis  zur  Schachtsohle  beobachten. 

Bei  reiner  Schachtluft  und  maBiger  Teufe  beobachtet  man  ein  Gruben- 
licht,  welches  auf  der  Schachtsohle  rings  um  den  Lotkorper  herumgefuhrt 
wird.  Sieht  das  iiber  dem  Lotpunkte  befindliche  Auge  stets  das  Licht,  so 
hangt  das  Lot  frei. 

Am  bequemsten  kommt  man  zum  Resultate,  wenn  man  aus  der  Lange 
des  Lotdrahtes  die  Schwingungsdauer  des  Lotkorpers  berechnet  und  mit 
der  beobachteten  vergleicht.  Aus  einer  Unstimmigkeit  wird  man  auf  ein 
Anliegen  des  Lotfadens  schlieBen 

Die  Berechnung  erfolgt  nach  der  bekannten  Formel  t  —  it  I/— ,  worin 

t  die  Schwingungsdauer,  n  =  3,141  .  .  .,  I  die  Pendellange,  g  die  beschleu- 
nigende  Kraft  der  Schwere  =  9,809  m  ist. 

Das  Anvisieren  der  Lote  ist  bei  den  Messungen  iiber  Tage  ohne 
Schwierigkeiten  auszufiihren,  da  das  oberste  Stiick  des  Drahtes  unbe- 
weglich  ist. 

In  der  Grube  clagegen  muB  man  die  Lotdrahte  an  dem  untersten 
Ende  anvisieren,  welches  fortwahrend  Pendelschwingungen  ausfiihrt.  Man 
kann  diese  Bewegungen  verlangsamen  und  verringern,  indem  man  die  Lot- 
korper in  untergestellte  WassergefaBe  eintauchen  laBt  und  den  Wetterzug 
sowie  die  Spritzwasser  im  Schachte  mb'glichst  vom  Lotdrahte  fernhalt; 
aber  ganz  aufheben  kann  man  dieselben  nicht. 

Fiir  das  Anvisieren  solcher  Lote  giebt  BOKCHEKS  folgendes  Ver- 
fahren  an: 

Man  geht  von  dem  festen  Schenkel  des  zu  messenden  Winkels  aus 
und  richtet  dann  das  Fernrohr  durch  Drehung  der  Alhidade  auf  das  schwin- 
gende  Lot.  Mit  Hilfe  der  Feinstellung  verfolgt  man  dasselbe  bis  zu  dem 
einen  auBersten  Stande  und  hat  dann,  ehe  das  Lot  den  Schwingungsbogen 
bis  zum  anderen  auBersten  Stande  durchlauft,  Zeit  genug,  an  einem  Nonius 
abzulesen  und  auch  noch  das  Fadenkreuz  bei  diesem  Stande  des  Lotes  auf 
dasselbe  zu  richten. 

Dieses  Verfahren  wiederholt  man  mehrere  Mai,  nimmt  das  arithmetische 
Mittel  aus  alien  Werten  und  stellt  den  zum  Ablesen  der  Winkel  benutzten 
Nonius  I  auf  diesen  Mittelwert  ein,  um  die  Ablesung  von  Nonius  II  zu  er- 
halten.  Dasselbe  geschieht  ebenso  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohrs. 

Bei  sehr  kleinen  Schwingungsbogen  kann  die  Mitte  abgeschatzt  und 
das  Fadenkreuz  unmittelbar  darauf  eingestellt  werden. 

Die  Lotdrahte  werden  durch  dahinter  gehaltene  erleuchtete  Blatter 
von  Olpapier  oder  Milchglasscheiben  sichtbar  gemacht  und  wenn,  wie  es 
bei  einem  spater  zu  besprechenden  Verfahren  notwendig  ist,  der  Theodolit 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIEEUNGSMESSUNGEN.  241 

in  die  Verlangerung  der  Verbindungslinie  zweier  eingehangten  Lotdrahte 
aufgestellt  wird,  so  ist  einer  derselben  durch  einen  angebundenen  Faden 
kenntlich  zu  machen. 

Dieses  Verfahren  ist  sehr  anstrengend  und  hat  seine  nicht  zu  ver- 
kennenden  Schwierigkeiten.  Es  erfordert  groBe  Gewandtheit  in  der  ver- 
haltnismaBig  kurzen  Zeit,  in  welcher  das  Lot  einen  Schwingungsbogen 
vollendet,  die  Ablesung  an  einem  Nonius  auszufuhren  und  das  Fernrohr 
auf  den  nachsten  auBersten  Stand  zu  richten. 

AuBerdem  ist  das  genaue  Messen  der  Linie  vom  Aufstellungspunkte 
des  Theodoliten  bis  zum  Lote  nicht  leicht,  da  dasselbe  selten  beim  Schwin- 
gen  sich  in  einer  Ebene  bewegt. 


Professor  SCHMIDT   in  Freiberg  beseitigt   die  Schwierigkeiten   durch   §  158. 
folgendes  bequeme  Verfahren. 

Die  Lote  werden  an  starkeren  Drahten  (1  mm  Durchmesser)  aufgehangt 
und  deren  Gewichte  schwerer  genommen  (bis  zu  25  Kilo). 

Dieselben  werden  nicht  in  Wasser  eingetaucht,  sondern  sie  schwin- 
gen  frei. 

Nahe  ttber  der  Schachtsohle  wird  in  entsprechender  Hohe  hinter  dem  Lot- 
drahte eine  horizontale  Millimeterskala  senkrecht  zur  Yisirachse  des  Fern- 
rohrs  angebracht,  die  durch  mehrgliedrige  Aufstellungsarme  festgehalten  wird. 

Mit  dem  Fernrohre  des  Theodoliten  werden  sodann  die  schwingenden 
Lotdrahte  beobachtet,  die  aufeinander  folgenden  auBersten  Grenzstellungen 
abgelesen  und  notiert.  Man  dirigiert  hierbei  absichtlich  die  Schwingungen 
des  Lotes  parallel  mit  der  Skalenflache. 

Die  Beleuchtung  der  Skala  erfolgt  mit  einem  gewohnlichen  Gruben- 
lichte.  Aus  einer  oder  mehreren  Reihen  solcher  Doppelbeobachtungen  wird 
die  mittlere  Ruhelage  des  Lotes  an  der  Skala  berechnet  und  das  Faden- 
kreuz  des  Fernrohres  behuf  Ausfuhrung  der  Winkelmessung  genau  auf  diesen 
berechneten  Punkt  eingestellt. 

Die  Berechnung  der  Ruhelage  ist  eine  sehr  genaue.  Professor  SCHMIDT 
findet  aus  zwei  Versuchen,  von  denen  der  eine  in  einer  Teufe  von  170  m 
unter  giinstigen  Verhaltnissen,  der  andere  in  525  m  Teufe  unter  ungiinstigen 
Verhaltnissen  ausgefuhrt  wurde,  den  mittleren  Fehler  einer  Beobachtungs- 
reihe  =  ±0,32  mm  und  den  mittleren  Fehler  des  Resultats  einer  Doppel- 
reihe  =  ±  0,21,  fur  ungiinstige  Verhaltnisse  denselben  Fehler  auf  ±  0,44mm 
bez.  +  0,31  mm. 

Die  Benutzung  der  Skala  karin  auch  die  Ausfuhrung  der  Langenmessung 
vom  Theodolitstandpunkte  bis  zu  dem  Lote  sehr  erleichtern.  Zu  diesem 
Zwecke  stellt  man  entweder  die  Skala  in  die  Richtung  der  zu  messenden 
Linie,  ermittelt  durch  mehrere  Beobachtungsreihen  den  Punkt  an  der  Skala 
fur  die  mittlere  Ruhelage  des  Lotes  und  miBt  von  diesem  Punkte  der  Skala 
bis  zur  Theodolitenachse,  oder  man  fixiert  den  Lotpunkt  auf  folgende 

BEATHUHN,   Markscheidekunst.  lg 


242 


ELFTES  KAPITEL. 


Weise:  dasselbe  schwingende  Lot  wird  von  zwei  Punkten  aus  beobachtet, 

so  daB  die  beiden  Visierlinien  sich  unter  einem  fur  Festlegung  des  Schnitt- 

punktes  giinstigen  Winkel  kreuzen. 

Wird  in  der  Kichtung  der  einen  Visierlinie  ein  feiner  Draht  ausge- 

spannt   und   an   diesem    der   Kreuzungspunkt   der   zweiten    Yisierrichtung 

durch  einen  feinen  angeschleiften  Faden  bezeichnet,  so  ist  der  Lotpunkt 

mit  hinreichender  Scharfe  festgelegt,  um  die  Langenmessung  mit  Sicherheit 

ausfiihreD  zu  konnen. 

Mittels  eines  einfachen  Zentriei  apparates  von  Professor  SCHMIDT  (Berg- 

und  Hiittenmannische  Zeitung.  1884,  Nr.  21)  lassen  sich  die  Lotdrahte  selbst 

fixieren. 

Auf  einem  in  der  Mitte  durchlochten  guBeisernen  Teller  T  (Fig.  204 

a  und  b)  laBt  sich  ein  prismatisches  Mittelstiick  M  durch  vier  Zentrier- 

schrauben  S  in  zwei  zu  einander  recht- 
winkeligen  Richtungen  verschieben.  tlber 
den  Zentrierschrauben  werden  auf  dem 
Tellerrand  zwei  100  mm  lange  um  die 
Aufsteckzapfen  drehbare  Skalen  I)  an- 
gebracht. 

Das  abiiehmbare  Mittelstiick  M  ist 
langs  seiner  Achse  durchbohrt  und  oben 
mit  einem  Schraubengewinde  versehen, 
in  welches  eine  iiber  den  Lotdraht  zu 
schiebende  Kopfschraube  K  paBt. 

Bei  der  Ausfiihrung  der  Lotung  wer- 
den die  Zentrierteller  T  ohne  das  Mittel- 
stiick M  mit  Schrauben  auf  einer  durch- 
lochten Pfoste  derartig  befestigt,  daB 
dieselben  horizontal  sind,  daB  der  be- 
schwerte  Lotdraht  moglichst  zentrisch 
in  der  Offnung  des  Tellers  hangt  und 
kleine  Schwingungen  vollkommen  frei  aus- 
fiihren  kann  und  endlich,  daB  das  eine 
Paar  der  Zentrierschrauben  in  der  Eich- 
tung  des  Theodolitfernrohrs,  das  andere 
Paar  in  der  eines  zweiten  kleinen  Be- 


Fig.  204 a  u.  b.     Zentrierapparat  fiir 
Schachtlotungen  von  SCHMIDT. 


obachtungsfernrohrs  mit  kurzer  Sehweite  sich  befmden.  Mit  diesem  kleinen 
Fernrohre  und  dem  des  Theodoliten  beobachtet  man  auf  bekaimte  Weise 
die  Schwingungen  des  Lotes  auf  den  dahinterstehenden  scharf  beleuch- 
teten  Skalen  und  berechnet  fiir  beide  Eichtungen  die  Ruhelage  des  Lotes. 
Hierauf  wird  das  Lotgewicht  abgehangt,  iiber  den  Lotdraht  die  Kopf- 
schraube K  geschoben  und  nachdem  das  Gewicht  wieder  am  Draht  be- 
festigt worden  ist,  die  Schraube  K  in  das  Gewinde  des  eingelegten  Mittel- 
stiickes  eingeschraubt. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUNGSMESSUNGEN.  243 


Mittels  der  beiden  Fernrohre  und  der  Zentrierschrauben  S  kann  nun 
das  Mittelstuck  in  eine  solche  Lage  gebracht  werden,  daB  der  Lotdraht  in 
der  berechneten  Ruhelage  sich  befindet. 

Das  Fixieren  des  Lotdrahtes  selbst  erscheint  nur  in  dem  Falle  von 
Vorteil,  wenn  der  AnschluB  in  mehreren  iibereinanderliegenden  Sohlen 
zugleich  bewirkt  werden  soil,  sonst  diirfte  es  geniigen,  wenn  auf  dem 
Mittelstiicke  M  ein  feiner  Stift  senkrecht  befestigt  und  derselbe  auf  gleiche 
Weise  in  die  berechnete  Ruhelage  des  Lotes  geschoben  wiirde. 


Sind  die  beiden  Schachte,  welche  die  Verbindung  zwischen  dem  Drei-  §»  159, 
ec'ksnetze  liber  Tage  und  der  Grubenmessung  herstellen,  tonnlagig,  so  ist 
das  Yerfahren  dasselbe,  nur  wird  der  AnschluB  nicht  durch  Lote,  sondern 
durch  Polygonziige  vermittelt,  welche  durch  die  tonnlagigen  Schachte  ge- 
fiihrt  werden  miissen. 

Diese  Polygonziige  durch  die  Schachte  iibertragen  die  Orientierung 
zwar  ebenfalls  von  der  Tagesoberflache  in  die  Grube  hinein,  aber  die  Ziige 
enthalten  fast  ausschlieBlich  Winkel,  welche  unter  den  denkbar  ungiinstigsten 
Verhaltnissen  gemessen  werden  muBten,  so  daB  kein  gutes  Resultat  der 
Orientierung  erwartet  werden  kann. 

BOKCHEES  fiihrt  in  seiner  Markscheidekunst  Seite  158  ein  Beispiel  an. 
Hiernach  zeigen  zwei  in  einem  tonnlagigen  Schachte  ausgefiihrte  Messungen 
mit  je  achtmaliger  Aufstellung  des  Theodoliten  eine  Orientierungsdifferenz 
von  2'24"  und  das  Mittel  aus  beiden  Werten  weicht  urn  3'  13"  von  der 
aus  beiden  AnschluBpunkten  berechneten  Orientierung  ab. 

Noch  ungenauere  Resultate  erhalt  man,  wenn  man  gezwungen  wird, 
die  Schachtmessung  derartig  zu  unterbrechen,  daB  die  Aufstellungsarme 
des  Theodoliten  herausgeschraubt  werden  miissen. 

Da  namlich  die  dadurch  erforderlich  werdende  Fixierung  des  Winkel- 
punktes  senkrecht  uber  dem  Theodoliten  und  die  nachherige  zentrische 
Aufstellung  desselben  unter  diesem  Punkte  nur  mit  Hilfe  meistens  sehr 
langer  Lote  erfolgen  kann,  welche  in  dem  Wetterzuge  des  Schachtes  schwer  . 
zur  Ruhe  kommen,  so  sind  die  beiden  fur  die  Richtigkeit  des  Endresultates 
maBgebenden  Operationen  nicht  mit  Sicherheit  auszufiihren. 

Auf  die  Koordinatenbestimmung  der  beiden  AnschluBpunkte  in  der 
Grube  hat  dagegen  die  Unsicherheit  in  den  Schachtwinkeln,  bei  den  kurzen 
sohligen  Entfernungen  zwischen  den  einzelnen  Winkelpunkten,  einen  ver- 
haltnismaBig  geringen  EinfluB.  Derselbe  ist  namentlich  auf  die  Richtung 
der  Yerbindungslinie  beider  AnschluBpunkte  fast  verschwindend. 


Haben  die  zu  messenden  Schachte   eine  geringe  Tonnlage  und  ist  in  §  160. 
denselben  nicht  zu  viel  Eisen  vorhanden,  so  wird  die  Messung  sehr  zweck- 
maBig  mit  dem  HangekompaB  statt  mit  dem  Theodoliten  ausgefiihrt. 

16* 


244  ELFTES  KAPITEL. 


Es  kommt  ja  nur  darauf  an,  die  gegenseitige  Lage  zweier  Punkte  oben 
bez.  unten  am  Schachte  zu  bestimmen  und  unter  den  obigen  Vcraus- 
setzungen  wird  dies  mit  dem  KompaB  mindestens  ebenso  genau,  wie  mit 
dem  Theodoliten  erreicht. 

Bei  dem  groBen  Fallwinkel  des  Schachtes,  kann  man  denselben  in 
groBen  Stiicken  abseigern  und  es  ist  das  Streichen  von  nur  wenigen  kurzen 
Schniiren  abzunehmen,  welche  an  den  Absetzpunkten  die  Lote  mit  einander 
verbinden.  Die  Absetzpunkte  ergeben  sich  von  selbst  da,  wo  aus  irgend 
einem  Grunde  nicht  weiter  gelotet  werden  kann.  Sollte  an  einer  solchen 
Stelle  zu  viel  Eisen  in  der  Nahe  sein,  so  ist  an  einem  giinstigeren,  hoher 
gelegenen  Punkte  abzusetzen.  Selbstverstandlich  muB  mit  dem  benutzten 
HangekompaB  das  Streichen  einer  Dreiecksseite  iiber  Tage  als  Orientierungs- 
linie  abgenommen  werden. 


161.  Dritter  Fall.  Die  Verbindung  zwischen  Tage-  und  Grubenzug  findet 

nur  durch  einen  Schacht  statt. 

Ist  der  Schacht  seiger  und  das  Gebirge  in  der  Grube  nicht  magne- 
tisch,  so  sind  zwei  verschiedene  Orientierungsmethoden  anwendbar. 

Die  eine  erfolgt  mit  Hilfe  des  Magneten,  welche  spater  ausfuhrlich 
besprochen  werden  wird,  die  zweite  durch  tJbertragung  einer  kurzen 
Linie  von  der  Tagesoberflache  in  die  Grube  mittels  zweier  in  den 
Schacht  gehangter  Lote. 

Letztere  Methode  ist  bei  magnetischem  Gebirge  nur  allein  anwendbar. 

Das  Azimut  und  die  Lange  dieser  kurzen  Linie  kann  mit  der  erforder- 
lichen  Scharfe  iiber  Tage  bestimmt  werden,  indem  man  diese  Linie  mit 
dem  Dreiecksnetz  in  genaue  Verbindung  bringt. 

SchlieBt  man  die  Polygonmessung  in  der  Grube  ebenfalls  an  die 
Linie  AB  an,  welche  durch  die  in  den  Punkten  A  und  B  herabhangenden 
seigeren  Lotdrahte  auch  auf  der  Schlachtsohle  dargestellt  wird,  so  kann 
man  mit  Hilfe  des  bekannten  Azimutes  der  Linie  AB  den  Grubenzug 
orientieren. 

Die  AnschluBmessung  an  die  durch  die  beiden  Lote  dargestellten  Linie 
geschieht  iiber  Tage  und  in  der  Grube  auf  dieselbe  Weise,  namlich  durch 
ein  AnschluBdreieck  ABC  (Fig.  205a  und  b). 

Ein  Aufstellen  und  Zentrieren  des  Theodoliten  auf  den  Punkten  A  und 
B  ist  iiber  Tage  wohl  moglich,  aber  in  der  Grube  selbst  nicht  mit  dem 
vom  Prof.  JUNGE  in  der  Berg-  und  Hiittenm.  Zeitung  1863,  Nr.  32  vorge- 
schlagenen  Zentrierapparate  in  der  erforderlichen  Scharfe  ausfiihrbar. 

In  den  nachfolgenden  Betrachtungen  sind  A  und  B  die  beiden  Lot- 
punkte,  C  der  Standpunkt  des  Theodoliten  und  «,  b,  c  die  den  gleich- 
namigen  Winkeln  gegeniiberstehenden  Seiten. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


245 


Die  Genauigkeit  der  Orientierung  1st  in  erster  Lime  von  der  richtigen 
Ermittelung  der  Winkel  A  und  B  in  dem  Dreieck  ABC  abhangig. 


I 

^ 
^ 


^ 


Fig.  205a  u.  b. 


Diese  Winkel  sind  aus  der  bekannten  Lange  c  und  aus  den  in  der  Grube 
gemessenen  Seiten  a  und  b,  sowie  aus  dem  Winkel  C  zu  berechnen. 
Dies  kann  geschehen  durch  den  Sinussatz. 


sin  C .  a 


sin  C.  b 


In  der  Formel  sin  A  =  -  —  —  ist  sin  A  abhangig  von  den  drei  GroBen 

C 

C,  c  und  a. 

Die  Lange  c  kann  iiber  Tage  mit  hinreichender  Genauigkeit  gemessen 
werden  und  ebenso  der  Winkel  C  in  der  Grube,  wenn  das  SCHMIDT sche 
Verfahren  angewendet  wird,  dagegen  wird  die  genaue  Messung  der  Lange  a 
die  meisten  Schwierigkeiten  darbieten. 

Die  Einwirkung  eines  Fehlers  in  der  Lange  a  auf  den  Winkel  A  ist 
nun  sehr  verschieden,  je  nach  der  Form  des  Dreiecks.  Sie  ist  groB, 
wenn  die  Seiten  a  und  b  nahezu  gleich  lang  sind,  wenn  also 
das  Dreieck  ABC  sich  einem  gleichschenkeligen  nahert,  am 
kleinsten  bei  einer  sehr  spitzwinkeligen  Form  des  Dreiecks. 

Die  Sinus  der  Winkel  nahe  bei  0°  oder  180°  nehmen,  wie  ein  Blick 
in  die  Logarithmentafeln  lehrt,  bei  geringer  VergroBerung  oder  Ver- 
kleinerung  des  Winkels  unverhaltnismaBig  zu,  bez.  ab,  umgekehrt  hat  eine 
geringe  Veranderung  des  Sinus  einen  verschwindenden  EinfluB  auf  den  zu- 
gehorigen  Winkel. 

Ein  geringer  Fehler  in  der  Lange  a  hat  deshalb  keinen  EinfluB  auf 
die  Ermittelung  des  Winkels  A,  wenn  das  Dreieck  spitz winkelig  .ist. 

Z.  B.    In  dem  spitzwinkeligen  Dreiecke  ABC  sei 

AB  =  c  =  2  m,     BC  =  a  =  4,284  m,     <£:  C  =  0°  1'  10", 
dann  berechnet  sich  der  Winkel  A  auf  179°  57'  30,2". 


246  ELFTES  KAPITEL. 

Vermindert  man  die  Seite  um  ein  Millimeter,  so  daft  ihre  Lange 
=  4,283  m  wircl  ,  so  ist  der  EinfluB  dieser  Anderung  noch  nicht  in  den 
Zehntelsekunden  des  Winkels  A  zu  spiiren. 

Um  diesen  Winkel  circa  zwei  Sekunden  verschieden  zu  erhalten,  miiBte 
die  Seite  a  um  circa  80  mm  falsch  gemessen  werden. 

Man  wird  nicht  bios  den  einen  Winkel  A,  sondern  auch  B  nach  der 
Formel  sin  B  —  -  ^-—  berechnen.  Zeigt  sich  dann  bei  dem  Addieren 

der  Dreieckswinkel  A,  B  und  C  eine  geringe  Differenz  gegen  180  Grad, 
so  ist  dieselbe  auf  die  berechneten  Winkel  A  und  B  zu  verteilen. 

Dagegen  sei  in  einem  anderen  Dreiecke  AJBC,  c  =  2,000  m,  b  =  5,114, 
a  =  5,262  -^  C  =  22°  10'  2,9"  <£  B  =  74°  45'  6,5"  -^  A  =  83°  4'  50,6". 
Wenn  hier  die  Seite  a  in  5,263  iibergeht,  sich  also  nur  um  ein  Millimeter 
andert,  so  berechnet  sich  der  WinkeU  nach  dem  Sinussatze  zu  83°  10'  14", 
d.  h.  iim  5'  23"  gegen  den  ersten  Wert  verschieden. 

Man  wird  hiernach  fur  den  vorliegenden  Zweck  von  der  sonst  gim- 
stigen  Form  der  Dreiecke  abgehen  und  die  moglichst  spitzwinkelige  riehmen, 
also  den  Theodolit  nahezu  in  der  Verlangerung  der  Linie  AB  aufstellen. 

Auch  wenn  die  Ortlichkeiten  um  den  Schacht  derartig  sind,  daB  die 
spitzwinkelige  Form  des  Dreiecks  nur  dadurch  ermoglicht  wird  ,  daB  die 
Yerbindungslinie  beider  Lote  verkiirzt  wird,  so  ist  es  immer  fur  das  Re- 
sultat  giinstiger  auf  eine  im  tibrigen  sehr  wiinschenswerte  groBere  Lange 
von  AB  ,  als  auf  die  spitzwinkelige  Form  des  AnschluBdreiecks  zu  ver- 
zichten. 

Notigen  lokale  Verhaltnisse  dazu,  die  in  diesem  Falle  ungiinstige  Form 
des  AnschluBdreiecks  zu  wahlen,  so  wird  man  zur  Berechnung  der  Winkel 
A  und  B  nicht  den  Sinussatz,  sondern  den  sogenannten  Cosinussatz 

*  +f-  -  "*     oder   ungeformt  tg  -f  = 


wahlen,  weil  etwaige  Fehler  im  Messen  der  Langen  nicht  so  groBen  Ein- 
fluB auf  die  Winkel  A  und  B  ausiiben  ,  als  bei  Anwendung  des  Sinus- 
satzes,  namentlich  wenn  einer  der  beiden  Winkel  A  und  B  sich  einem 
Rechten  nahert. 

Es  ist  dabei  nicht  gleichgiiltig,  ob  die  beiden  Seiten  im  gleichen  Sinne 
falsch,  also  entweder  beide  zu  kurz  oder  zu  lang  gemessen  werden,  oder 
ob  die  eine  zu  lang,  die  andere  dagegen  zu  kurz  gemessen  wird,  da  natur- 
gemaB  im  letzteren  Falle  der  schadliche  EinfluB  auf  die  zu  berechnenden 
Winkel  A  und  B  groBer  sein  muB,  als  im  ersteren. 

In  dem  nachfolgenden  fingierten  Zahlenbeispiel  sind  die  LangenmeB- 
fehler  zum  besseren  Hervortreten  des  Einflusses  etwas  groB  angenommen 
worden.  Unter  I  sind  die  richtigen  Seiten  und  Winkel  eines  Dreieckes 
ABC  aufgefuhrt.  Unter  II  sind  die  Seiten  a  und  b  in  gleichem  Sinne 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


247 


falsch  um  je  ein  Millimeter,  unter  III  1st  eine  Seite  unverandert  gelassen, 
die  andere  um  ein  Millimeter  falsch  angenommen,  und  unter  IV  sind  wie- 
der  beide  Seiten  a  und  b  falsch,  und  zwar  die  eine  um  ein  Millimeter  zu 
kurz,  die  andere  um  ebenso  viel  zu  lang  gemacht.  Darunter  stehen  die 
aus  den  veranderten  Seiten  berechneten  Winkel  A  und  B,  ohne  Abgleichung 
auf  180  Grad. 


I 

a  =  5,262 

b  =  5,114 

c  =  2,000 

A  =  83°    4'  51" 

_£  =  74°  45'    7" 

C  =  22°  10'    3". 


II 

5,263 
5,115 

2,000 
83°    4' 59' 
74°  45'  14' 


III 

IV 

5,263 

5,263 

5,114 

5,113 

2,000 

2,000 

83°    6'  38" 

83°    8'  17" 

74°  43'  30" 

74°  41'  45" 

Berechnet  man  den  Winkel  A  mit  den  unter  ///  gegebenen  Seiten  nach 
dem  Sinussatze,  so  erhalt  man  <^  A  =  83°  10'  16",  also  eine  noch  groBerc 
Differenz  als  im  Falle  IV. 


Nach  alledem  erscheint  es  ratsam,   das  AnschluB-  und  Orientierungs-  §  162. 
verfahren  so  zu  gestalten,  daB  hierbei  hauptsachlich  Winkelmessungen  yor- 
zunehmen sind  und  dieLangenmessungen 
wo  moglich  ganz  ausgeschieden  werden. 

Dies  wird  erreicht  nach  Analogic 
der  bekaimten  geodatischen  Aufgabe  von 
der  unzuganglichen  Distanz,  worauf  der 
Markscheider  HAUSSE  in  der  Berg-  und 
Hiittenm.  Zeitung.  1874,  Nr.  42  zuerst 
aufmerksam  gemacht  hat. 

Stellt  man  namlich  den  Theodoliten 
nicht  bloB  in  C,  sondern  noch  in  D  auf 
und  miBt  die  Winkel  v,  fi,  y  und  £, 
sowie  die  Lange  CD,  so  lassen  sich  die 
Winkel  ip  und  rp  und  die  AnschluBlinien 
AC  und  .BD  berechnen. 

2        ~ 


2 


n 


Fig.  206.     AnschluC  durch  zwei  Dreiecke. 


=  :      ^-m-  daraus  BD  = 


CD  sin(a  +  <5)     -,  D  ,, 

BD    -  ~4rn^  daraUS  BJ)  = 
BD 

AB    ~~  sin  (a  -  _ 

Aus(l)und(2)folgt(3)^='^^| 

CD  sin  (r  + 
AC   =  sin;? 


(1) 
(2) 


(4) 


CDsm 

sin  (a 


sin  («  —  ff) 


CDsmfi 
sin  (Y  +  3) 


248  ELFTES  KAPITEL. 


Die  Werte  aus  (3)  und  (6)  gleichgesetzt  und  nach  den  Unbekannten 
entwickelt  giebt: 

/«.  sin^/       _    sin  (y  +  8)  sin  («  —  ff)  sin  fl 

sin  go  sin  (a  -f  <5)  sin  (^  —  <5)  sin  ,3 

Setzt  man  die  rechte  Seite  der  Grleichung  (7)  gleich  der  Tangente  eines 
Hilfswinkels  v,  so  ist  tg  v  =   «£*   =  ™fr  +  fl'hO'  -£.•»".;  (g) 

sm  — 


.. 

sm  ^  sin  (a  +  <5)  sm  (^  —  <5)  sm 

Daraus  kann  man  bilden: 


(9) 


•    sm  y  ' 

i  -t  r\\  -4  -|  Sill  llf 

sin  qr 

_(9)  1  +  tgE    _      sin  ?  H-^in^    .      2  sin    ~ 2~  cos  ^2^ 

(10)  1  —  tsr  y  sin  o>  —  sin  w  m  +  w    .     en  ~  w 

2  cos r  sin  v 

2  2 


(12)  tg(45°4-^)  = 

(13)  tg 


163.  BOECHEES  hat   eine  Orientierungsmessung  mit  ca.  270  Meter  langen 

Loten  dreimal  wiederholt  und  dieselbe  das  erste  Mai  mit  ungiinstiger,  die 
beiden  anderen  Male  mit  spitzwinkliger,  also  giinstiger  Form  des  Dreiecks 
ausgefuhrt,  wobei  die  Lote  in  ein  mit  Wasser  gefulltes  GefaB  eingetaucht, 
und  unmittelbar  anvisiert  wurden. 

Die  drei  Messungen  ergaben  das  Azimut  der  AnschluBlinie  zu 

22°  51'  28" 

22°  54'  16' 

und  22°  47'  12" 

im  Mittel  22°  50' 5 8". 

Dasselbe  wurde  spater  nach  erfolgtem  Durchschlag  genau  bestiinmt 
=  22°  48'  35". 

Die  Methode  des  Professor  SCHMIDT  mit  frei  schwingenden  Loten 
laBt  giinstigere  Kesultate  hoffen. 

Der  Orientierungsfehler  der  AnschluBlinie  bei  zwei  Meter  Lotabstand 
ergiebt  sich  nach  dem  niittleren  aus  den  Beobachtungsreihen  berechneten 
Lotungsfehler  eines  Punktes,  bei  ungunstiger  fur  eine  doppelteBeobachtungs- 
reihe  =  ±  45". 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OBIENTIEKUNGSMESSUNGEN. 


249 


Der  Markscheider  SCHURIG  in  Potschappel  hat  eine  Schachtlotung 
im  dortigen  400  Meter  tiefen  Gluckaufschachte  unter  ungunstigen  Yer- 
haltnissen  (sehr  starker  Wetterzug)  ausgefiihrt  und  die  dadurch  erhaltene 
Orientierung  sehr  genau  prufen  konnen,  weil  noch  ein  zweiter  seigerer 
Schacht  zur  Yerfiigung  stand. 

Die  Orientierungsdifferenz  betrug  nur  28  Sekunden. 

Auf  den  hiesigen  Werken  ist  die  Orientierung  eines  und  desselben 
Grubenpolygons  erst  mittels  zweier  Lote  nach  dem  SCHMIDT  schen  Yer- 
fahren,  das  zweite  Mai  mit  dem  Magnetometer,  §  172,  ausgefiihrt  worden. 
Beide  Resultate  wichen  45  Sekunden  voneinander  ab.  Zwischen  der 

AnschluBlinie    im 
Schachte  und  dem  Auf- 
stellungspunkte      des 

Magnetometers  lagen  ~  ™ 

funf  Winkelpunkte. 


AuBer  dem  Lote 
giebt  es  noch  zwei 
andere  Mittel,  einen 
Punkt  senkrecht  in  die 
Teufe  zu  fallen,  nam- 
lich  die  Oberflache 
einer  in  Ruhe  be- 
findlicheiiFliissig- 
keit  unddieLibelle. 

Die  beiden  letz- 
ten  Hilfsmittel  geben 
unmittelbar  nur  eine 

horizontale  Ebene 
oder  Richtung  an,  sie 
sind  also  mit  solchen 
Vorrichtungen  zu  ver- 
binden,  daB  mit  ihrer 
Hilfe  auf  der  darge- 
stellten  Ebene  ein 
Perpendikel  errichtet 
werden  kann. 

Professor  YIER- 
TEL  hat  zuerst  den 


§164. 


u 


Querschnitt. 

das  Fernrohr  eines  exzentrischen  Theodoliten  wie  ein  Passagerohr  unter 
Anwendung  eines  kiinstlichen  Horizontes  senkrecht  zu  stellen  und  durch 
eine  Yisur  den  Lotpunkt  auf  der  Schachtsohle  zu  bestimmen. 


250 


ELFTES  KAPITEL. 


Der  Theodolit  ist  aber  fur  diese  Operation  zu  leicht  gebaut  und  auBer- 
dem  ist  es  schwierig,  das  Fernrohr  zu  zentrieren. 

Professor  A.  NAGEL  in  Dresden  hat  ein  Instrument  konstruiert,  welcnes 
die  Anwendung  sowohl  des  einen,  als  auch  des  anderen  Hilfsmittels  ge- 
stattet  und  mit  grofier  Scharfe  iiber  dem  Schachte  zentriert  werden  kann. 

Dasselbe  ist  ein 
kleines,  transporta- 
bles  Passageinstru- 
ment,  von  welchem 
Fig.  207  eine  geome- 
trische  Querschnitt- 
zeichnung  und  Fig. 
208  eine  perspekti- 
vische  Ansicht  giebt. 
Der  mit  Horizon- 
talschrauben  ver- 
sehene  FuB  besteht 
aus  dem  Korper  A, 
welcher  in  der  Mitte 
eine  cylinderische 
Durchbohrung  hat. 
In  dein  Fu6e  dreht 
sich  um  eine  senk- 
rechte  Achse  der 
obere  Teil  B,  welcher 
unten  vollstandig  cy- 
linderisch  ist,  nach 
oben  aber  in  zwei 
Fernrohrtrager  sich 
verjiingt ,  so  dafi 
freier  Raum  zum 
Kippen  des  Fern- 
rohres  in  einer  Sei- 
gerebene  vorhanden 
ist.  Fines  der  Fern- 
rohrlager  ist  auf  be- 
kannte  Weise  zum 
Justieren  eingerichtet,  und  fur  die  horizontale  Drehung  des  MitteL 
stiickes,  sowie  fur  die  vertikale  Bewegung  des  Fernrohres  ist  eine  Klemm- 
schraube  mit  Feinstellung  verbunden.  Zur  Horizontierung  der  Fernrohr- 
achse  dient  eine  zum  Abnehmen  eingerichtete  Reiterlibelle  L,  Fig.  207,  von 
6"  Empfindlichkeit,  eine  zweite  Libelle  C  von  1"  Empfindlichkeit,  Fig.  208 
welche  bei  senkrechtem  Stande  des  Rohres  auf  eine  oben  abgeplattete 
Verstarkung  1)  der  Fernrohrachse  aufgeschraubt  und  mittels  zweier  Fiih- 


Fig.  208.     Lotinstrument  von  NAGEL.     Perspektivische  Ansicht. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


251 


rungsstifte    so    gerichtet   wird,    da6    die  Libellenachse    senkrecht  zur  ver- 
tikalen  Fernrohrachse  steht. 

Zur  genauen  Zentrierung  des  ^pparates  dient  der  Zentrierstift  F, 
dessen  Fiihrung  in  einem  Hohlcylinder  besteht,  welcher,  wie  aus  der  Fig.  207 
zu  ersehen,  in  die  zentrale  Bohrung  des  FuBstiickes  A  eingesetzt  und 
nach  erfolgter  Zentrierung  wieder  herausgenommen  werden  kann. 

Die  Priifung  und  Berichtigung  des  Instrumentes  ist  im  wesentlichen 
dieselbe,  wie  die  des  Theodoliten. 

Um  aber  alle  zuriickgebliebenen  Fehler  unschadlich  zu  machen,  werden 
symmetrische  Beobachtungan  ausgefiihrt. 

Nachdem  das  berichtigte  Instrument  mit  Hilfe  des  Zentrierstiftes 
zentrisch  iiber  dem  Schachte  aufgestellt  ist,  wird  das  Fernrohr  mittels  der 
Libelle  C  senkrecht  gestellt  und  der  Zielpunkt  auf  der  Schachtsohle  fixiert, 
sodann  das  Mittelstiick  mit  dem  Fernrohr  um  180  Grad  gedreht  und  eine 
zweite  Visur  ausgefiihrt. 

Zwei  solche  Yisuren  werden  auBerdem  noch  in  der  Ebene  gemacht, 
welche  gegen  die  erstere  um  90  Grad  gedreht  ist. 

Bei  jeder  der  vier  Fernrohrlagen  darf  aber  nicht  der  Kreuzpunkt  des 
Fadenkreuzes  projiziert,  sondern  es  muB  die  Projektion  des  rechtwinkelig 
zur  Libelle  befindlichen  Fadens  durch  zwei  Punkte  markiert  werden. 
Der  Schnittpunkt  der  Mittellinien,  welche  zwischen  jedes  Paar  der  er- 
haltenen  Parallellinien  gezogen  werden  konnen,  ist  der  Lotpunkt. 

Diese  Operation  wird  er- 
leichtert  durch  einen  Schiebe- 
apparat  (Fig.  209),  mit  Hilfe 
dessen  eine  kleine  weiBe 
Platte  mit  eingerissenem 
schwarzen  Kreuz  sich  in  zwei 
aufeinander  senkrecht  stehen- 
den  Richtungen  verschieben 
laBt,  Die  Platte  ist  an  zwei 
Kanten  mit  einem  Nonius 
versehen,  von  denen  jeder  an 
einerSkalaentlang  geschoben 
werden  kann  und  jede  Ver- 
schiebung  bis  auf  l/10  mm 
angiebt.  AuBerdem  ist  das 
starke  weiB  lackierte  Blech, 
auf  welchem  der  Schiebe- 
apparat  befestigt  ist,  mit  zwei  Randmarken  1,  2,  und  3,  4,  versehen, 
welche  die  beiden  rechtwinkelig  aufeinanderstehenden  Bewegungsrichtungen 
bezeichnen. 

Das  Fernrohr  des  zentrierten  Lotungsapparates  wird  bei  einspielender 
Libelle  so  auf  diese  Schiebevorrichtung  gerichtet  und  soweit  urn  die  ver- 


Fig.  209.     Schiebeapparat,  zum  Lotinstrument  von 
NAGEL  gehorig. 


252  ELFTES  KAPITEL. 


tikale  Achse  gedreht.  daB  der  rechtwinkelig  zur  Libelle  stehende  Kreuzfaden 
(der  andere  wird,  wie  beiin  Nivellieren,  wenig  beachtet)  auf  zwei  gegen- 
tiberstehende  Randmarken,  z.  B.  1,  2  emsteht  oder  mit  ihrer  Verbindungs- 
linie  parallel  ist. 

Nachdem  nochmals  die  Libelle  genau  eingestellt  worden  ist,  wird  das 
Mittelstiick  des  Schiebeapparates  mit  dem  Kreuz  so  lange  in  der  Richtung 
3,  4  verschoben,  bis  dasselbe  von  dem  zur  Libellenachse  rechtwinkeligen 
Kreuzfaden  gedeckt  wird.  Alsdann  erfolgt  die  Ablesung  an  der  Skala  in 
der  Richtung,  in  welcher  die  Verschiebung  stattfand.  Nach  einer  darauf 
vorgenommenen  Drehung  des  Instrumentes  um  180  Grad  liegt  derselbe 
Faden  wieder  parallel  zu  1,  2  und  es  wird  das  Kreuz  abermals  in  der 
Eichtung  3,  4  eingestellt  und  diese  Stelluug  an  der  Skala  abgelesen.  Das 
arithmetische  Mittel  aus  beiden  Ablesungen  giebt  diejenige  Stellung  des 
Schiebers  an  der  Skala,  fur  welche  der  Mittelpunkt  des  Kreuzes  in  einer 
zu  1,  2  parallelen  Vertikalebene  durch  den  Mittelpunkt  des  Lotinstru- 
mentes  geht. 

Sodann  dreht  man  das  Instrument  um  90  Grad,  so  daB  der  betreffende 
Kreuzfaden  mit  der  Markenlinie  3,  4  parallel  wird  und  bringt  in  dieser 
Stellung,  sowie  nach  einer  Drehung  des  Mittelstuckes  um  180  Grad  das 
Kreuz  zur  Deckung  mit  dem  mehrfach  genannten  Faden.  Durch  das 
Mittel  aus  beiden  Ablesungen  erhalt  man  die  Stellung  des  Schiebers,  fur 
welche  der  Kreuzpunkt  sich  in  einer  Vertikalebene  befindet,  die  durch  das 
Zentrum  des  Lotapparates  geht  und  parellel  mit  der  Markenlinie  3,  4  1st. 

Die  Platte  der  Schiebevorrichtung  laBt  sich  nun  so  stellen,  daB  beide 
Skalen  gleichzeitig  die  gefundenen  mittleren  Ablesungen  geben,  und  in 
dieser  Lage  befindet  sich  der  Kreuzpunkt  vertikal  unter  dem  Mittelpunkte 
des  Instrumentes. 

Die  Beleuchtung  des  Schiebeapparates  muB  eine  sehr  kraftige  sein 
und  wird  durch  eine  Glaslinse  bewirkt,  in  deren  Brennpunkte  sich  eine 
Lampe  befindet. 

Die  senkrechte  Stellung  der  optischen  Achse  des  Fernrohrs  kann  auch 
mit  Hilfe  eines  kiinstlichen  Horizoutes  erreicht  werden. 

Schiebt  man  unter  das  senkrecht  gestellte  Fernrohr  eine  Schale  mit 
Quecksilber,  so  erblickt  man  bei  gehoriger  Beleuchtung  des  Fadenkreuzes 
auBer  diesem  selbst  auch  das  im  kunstlichen  Horizont  erzeugte  Spiegel- 
bild  desselben. 

Bringt  man  beide  Fadenkreuzbilder  zur  Deckung,  so  ist  die  optische 
Achse  des  Fernrohrs  genau  senkrecht  gerichtet  und  man  kann  nach  "\Veg- 
nahme  des  Horizontes  durch  eine  einzige  Yisur  den  Lotpunkt  bestimmen. 
Um  aber  die  Fehler  zu  vermeiden,  welche  durch  die  Exzentrizitat  des 
Fernrohrs  entstehen,  wird  man  eine  zw^ite  Visur  ausfiihren,  nachdem  das 
Mittelstuck  des  Instrumentes  um  180  Grad  gedreht  worden  ist.  Die  Mitte 
zwischen  beiden  gefundenen  Punkten  ist  dann  der  richtige  Seigerpunkt. 

Professor   NAGEL   empfiehlt    indes    die    Anwendung    des    kunstlichen 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIEBUNGSMESSUNGEN.  253 


Horizontes  nicht,  da  er  die  ganze  Operation  nicht  allein  umstandlicher, 
unbequemer  und  aufhaltlicher,  sondern  auch  unsicherer  gefunden  hat  als 
mit  der  Libelle. 

Mit  seinem  Instrumente  bei  alleiniger  Benutzung  der  Libelle  hat  NAGEL 
in  einem  132m  tiefen  Schachte  Versuche  angestellt  und  daraus  den  mittleren 
Fehler  des  Lotpunktes  zu  ±  0,6  mm  fur  eine  Doppelbeobachtung,  und  zu 
±  0,27  mm  fiir  den  Mittelwert  einer  aus  fiinf  Doppelbeobachtungen  be- 
stehenden  Reihe  gefunden.  Letzterer  Wert  wiirde  einem  Richtungsfehler 
bei  einer  2  m  langen  AnschluBlinie  von  40  Sekunden  ergeben. 

Ein  anderweitiger,  von  dem  Professor  SCHMIDT  mitgeteilter  Versuch 
des  Herrn  SUSKI  in  Eladnow  wurde  in  einem  520  m  tiefen  Schachte  und 
zwar  einmal  in  zwei  Absatzen,  das  zweite  Mai  in  der  ganzen  Tiefe  aus- 
gefuhrt.  Das  benutzte  Instrument  war  dem  NAGEL'schen  gleich,  nur  die 
Libelle  besaB  eine  Empfindlichkeit  von  einer  Sekunde. 

Der  mittlere  Fehler  aus  fiinf  Beobachtungsreihen  ergiebt  sich  fiir  beide 
SUSKI sche  Lotungen  gleichmaBig  auf  0,557  mm. 

Der  Lotungsfehler  wachst  bei  dem  NAGELschen  Verfahren  proportional 
der  Lotungstiefe  und  da  derselbe  fast  allein  von  der  Libelle  und  der  davon 
gemachten  Ablesung  abhangt,  so  muB  die  Empfindlichkeit  derselben  mit 
der  Lottiefe  wachsen,  d.  h.  fiir  tiefere  Schachte  ist  eine  Libelle  mit  gro- 
Berem  Kriimmungsradius  zu  verwenden. 

Das  grofite  Hindernis  fiir  die  Anwendung  der  Methode  wird  die  mit 
der  Schachttiefe  abnehmende  Durchsichtigkeit  der  Luft  sein,  wozu  bei 
ausziehenden  Schachten  die  mitgefiihrten  Rauch-  und  Staubteile  haupt- 
sachlich  beitragen. 

Die  wenigen  bisher  gemachten  Versuche  haben  zwar  sehr  befriedigende 
Resultate  ergeben,  aber  trotzdem  ist  zu  bezweifeln,  daB  das  Lotungs- 
instrument  sich  allgernein  bei  den  Markscheidern  einbiirgern  wird,  da  das- 
selbe  kostspielig  (500  M.)  und  seine  Anwendung  mit  Schwierigkeiten  ver- 
kniipft  ist. 

Das  Verfahren  des  Professors  SCHMIDT  nach  schwingenden  Loten  den 
Lotpunkt  zu  fixieren  hat  den  entschiedenen  Vorzug  der  leichteren  Ausfiihrung , 
der  billigen  Hilfsapparate  und  mindestens  der  gleichen  Sicherheit. 


Die  zweite  Methode   der   Orientierung   eines   Grubenzuges ,    der   nur   §  105, 
durch  einen  seigeren  Schacht  mit  der  Tagesoberflache  in  Verbindung  steht, 
beruht  bei   nicht   magnetischem   Gebirge   auf  der   Anwendung   eines 
Magneten. 

Der  AnschluB  erfolgt  hierbei  durch  ein  Lot,  woran  der  zu  orientie- 
rende  Grubenzug  in  bekannter  Weise  angeschlossen  wird.  Dieselbe  Methode 
ist  auch  maBgebend,  wenn  der  eine  Verbindungsschacht  tonnlagig  ist,  nur 
der  AnschluB  wird  in  diesem  Falle  nicht  durch  ein  Lot,  sondern  durch 
einen  Polygonzug  im  Schachte  herbeigefiihrt. 


254 


ELFTES  KAPITEL. 


Das  Yerfahren  der  Orientierurig  mittels  des  Magneten  ist  in  semen 
Hauptziigen  folgendes:  Man  ermittelt  sowohl  den  Winkel,  welchen 
eine  Dreiecksseite  iiber  Tage,  als  auch  den,  welchen  eine  Poly- 
gonseite des  Grubenzuges  mit  der  Richtung  ein  und  derselben 
Magnetnadel  einschlieBt  und  leitet  aus  dem  bekannten  Azi- 
mut  der  Dreiecksseite  das  der  Grubenpolygonseite  ab. 

Die  Ableitung  geschieht  am  iibersichtlichsten,  wenn  man  sich  eine  Skizze 
entwirft,  wie  sie  Fig.  210  zeigt. 

Das  Streichen  der  Polygonseite  in  der  Grube  sei  =  75°  2'  10",  das  der 
Dreieckseite  =  140°  20'  10"  gefunden  worden. 
Von  dem  Punkte  A  der  Magnetlinie  zieht 
man  zwei  Linien,  von  denen  A 11  das  Streichen 
der  Dreiecksseite,  AC  das  der  Polygonseite 
hat,  sodann  zieht  man  durch  den  Punkt  A  die 
Abscissenlinie,  welche  mit  der  Dreiecksseite 
den  bekannten  Neigungswinkel  =  127°  33' 45" 
macht. 

Aus  der  Figur  geht  ohne  weiteres  hervor, 
daB  der  Neigungswinkel  der  Grubenpolygon- 
seite A  C  gegen  die  Abscissenlinie  ist  = 
127°  33' 45"  -  (140°  20'  10"  —  75°  2'  10")  = 
62°  15' 45". 

Bei  dem  in  den  Grundziigen  angedeuteten 
Verfahren  ist  im  einzelnen  folgendes  zu  be- 
achten. 

1)  Die  Beobachtungspunkte  der  Orientie- 
rungslinien  iiber  Tage  und  in  der  Grube,  deren 
Streichen  ermittelt  werden  soil,  diirfen  in 
horizontaler  Richtung  nicht  zu  weit  voneinander  entfernt  sein,  weil  sonst 
die  Magnetlinie  an  den  betreffenden  Punkten  nicht  mehr  parallel  an- 
genommen  werden  kann. 

Die  Orientierungslinien  selbst  diirfen  nicht  zu  kurz  gewahlt  werden. 

2)  Zur  Ermittelung  des  Streichens  einer  solchen  Linie  muB  das  Be- 
obachtungsinstrument  stets  auf  zwei  Punkten    derselben  und,    wenn  sich 
Unstimmigkeiten  ergeben,  auf  einem  dritten  Punkte  aufgestellt  werden. 

3)  Das  Beobachtungsinstrument  muB  das  Messen  der  Streichwinkel  in 
hinreichender  Scharfe  gestatten. 

4)  Da  die  Ermittelung  der  Streichwinkel  mit  demselben  Instrumente. 
also    der   Zeit   nach   hintereinander   erfolgen    muB    und    unterdessen    der 
magnetische  Meridian  sich  fortwahrend  andert,  so  miissen  gleichzeitige  Be- 
obachtungen  iiber  die  GroBe  dieser  Anderungen  angestellt  werden,  damit 
die  daraus  entspringenden  Fehler  durch  Rechnung  ausgeschieden  werden 
konnen. 


Fig.  210. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


255 


Die  Vorrichtung  zur  Beobachtung  der  Veranderungen  des  magnetischen   §  166. 
Meridians  nennt  man  ein  Deklinatorium,  Magnetometer  oder  magne- 
tisches  Observatorium. 

In  den  vollkommneren  Deklinatorien  werden  Ermittelungen  der  ab- 
soluten  Deklination,  der  taglichen  Yariation,  der  Inklination  und 
der  Intensitat  vorgenommen. 

Fur  markscheiderische  Zwecke  geniigt  ein  Deklinatorium,  wenn  dasselbe 
die  Veranderungen  der  Deklination,  namentlich  aber  den  Gang  der  taglichen 
Yariation  moglichst  genau  zu  beobachten  gestattet.  Die  anderen  genannten 
Untersuchungen  sind  entbehrlich,  selbst  die  Kenntnis  der  absolute n  De- 
klination ist  nicht  unumganglich  notwendig. 

Die  erforderliche  Genauigkeit  in  der  Ablesung  der  Yariation  gewahren 
nur  Magnetstabe,  welche  an  einem  entsprechend  langen  diinnen  Kokonfaden 
oder,  bei  hinreichender  Schwere,  an  einem  feinen  Draht  aufgehangt  und 
mit  solchen  Yorrichtungen  versehen  sind,  daB  ihre  Schwingungen  mittels 
eines  Fernrohres  beobachtet  werden  konnen. 

Magnetnadeln,  welche  durch  Stifte  unterstiitzt  sind,  wie  die  des  Kompasses 
und  der  Bussole,  sind  zu  den  genannten  Beobachtungen  untauglich. 

Die  Schwingungen  des  Magnetstabes  werden  in  den  Deklinatorien  mit 
Hilfe  zweier  Yorrichtungen  beobachtet.  Die  eine  ist  die  mit  Skala  und 
Linse  (Kollimatorablesung),  die  andere  mit  Spiegel  und  Skala. 

Die  Konstruktion  der  Deklinatorien  ist  auBerst  mannigfaltig.  Im  Nach- 
stehenden  sind  nur  diejenigen  angefuhrt,  welche  ich  personlich  benutzt  habe. 

Magnetstab   mit   Skala  und   Linse   (Kollimatorvorrichtung).   —    Ein   §  167, 
cylindrischer  Magnetstab  von  ca.  3  mm  Dicke  und  125  mm  Lange  Fig.  211 


B 


Fig.  211. 


tragt  an  seinen  beiden  Enden  ringformige  Messingfassungen  A  und  £,  von 
denen  A  eine  geschliffene  Glasplatte,  B  eine  kleine  achromatische  Linse 
enthalt.  Die  Mitte  der  Glasplatte  befindet  sich  in  dem  Brennpunkte  der 
Linse  und  auf  ihr  ist  eine  feine  Skala  eingeritzt  (4  Millimeter  oder  2  Milli- 
meter in  40  Teile  geteilt).  Die  Skala  ist  stets  am  Nordende  des  Stabes, 
die  Linse  am  Slide nde  angebracht. 

In  der  Mitte  des  Stabchens  ist  ein  Haken  H  eingeschraubt,  woran 
dasselbe  mittels  eines  Kokonfadens  aufgehangt  ist. 


256 


ELFTES  KAPITEL. 


Wird  vor  der  Linse  des  frei  schwingenden  Magnetstabes  ein  Fernrohr 
aufgestellt  und  die  Glasplatte  von  hinten  beleuchtet,  so  tritt  das  in  der 
Richtung  des  Magnetstabes  auf  die  Linse  fallende  Licht  aus  derselben  in 
parallelen  Strahlen  heraus  und  in  der  Ebene  des  Fadenkreuzes  erscheint 
ein  Bild  der  Skala.  Das  Okular  des  Fernrohres  muB  fur  Objekte  in  un- 
endlicher  Entfernung  eingestellt  sein. 

Diejenige  Linie,  welche  den  mittleren  Strich  der  Skala  auf  der  Glas- 
platte A  mit  dem  Mittelpunkte  der  Linse  B  verbindet,  ist  die  Normal  - 
linie  oder  Kollimationsachse  des  Magnetstabchens.  Deckt  der  mittlere 
Strich  der  Skala  den  senkrechten  Kreuzfaden  im  Beobachtungsfernrohr,  so 
fallt  die  Normallinie  des  Magnetstabes  mit  der  optischen  Achse  des  Fern- 
rohres zusammen. 

Die  Normallinie  des  Magnetstabes  ist  nicht  zugleich  die  magnetische 
Achse  desselben.  Beicle  Linien'  fallen  fast  nie  zusammen  und  schliefien 
bisweilen  einen  nicht  unbedeutenden  Winkel  ein  (siehe  Bestimmung  der 
absoluten  Deklination).  Die  Normallinien  zweier  solcher  Magnetstabe  diirfen 
nicht  parallel  angenommen  werden. 

Zur  Herstellung  ernes  Deklinatoriums  miissen  Fernrohr  und  der  Magnet- 
stab  in  zweckmaBiger  Weise  aufgestellt  werden. 

Von  einem  festen  Punkte  A  in  einem  geschiitzten  eisenfreien  Raume 
aus,  wird  eine  Linie  AB,  deren  Azimut  bekannt  ist,  durch  einen  Stein  B 
fixiert,  desgleichen  die  Richtung  des  magnetischen  Meridians   durch   ein 
Zeichen  C.    (In  der  Figur  212  ist  AB  der  astronomische 
Meridian  selbst). 

Der  Winkel  BAG  wird  mit  Hilfe  eines  Theodoliten 
moglichst  genau  gemessen. 

Das  Beobachtungsfernrohr  wird  mittels  eines  gewohn- 
lichen  DreifuBes  zentrisch  iiber  dem  Punkte  A  so  auf- 
gestellt und  dann  die  optische  Achse  in  die  Richtung  AC 
gebracht.  Vor  dem  Objektiv  des  horizontal  gerichteten 
Fernrohres  wird  das  Magnetstabchen,  vor  Erschutterungen 
geschiitzt,  so  aufgehangt,  daB  der  Kokonfaden  sich  in  der 
Linie  AC  befindet  und  die  optische  Achse  des  Fernrohrs 
und  die  Normallinie  nahezu  zusammenfallen. 

Beobachtet  man  nun  durch  das  Fernrohr  die  von 
hinten  beleuchtete  Skala  des  Magnetenstabes,  so  wird  der 
Mittelstrich  der  Skala  den  senkrechten  Kreuzfaden  ent- 
weder  decken  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle  befindet  sich 
die  Normallinie  des  Magnetstabes  genau  in  der  Linie  A  Cy 
im  anderen  Falle  wird  die  GroBe  der  Abweichung  in  Skalen- 
teilen  unmittelbar  abgelesen  und,  da  der  Winkelwert  eines  Skalenintervalls 
vorher  bekannt  sein  muB,  in  Bogensekunden  ausgedriickt. 

Dieser  Winkel  giebt  an,  um  wie  viel  die  beobachtete  Richtung  des 
Magnetstabes  von  der  Richtung  der  Linie  AC  abweicht,  und  sobald  noch 


Fig.  212.     Kleines 
Deklinatorium. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


257 


feststeht,  in  welchem  Sinne  die  Abweichung  erfolgte,  kann  man  jederzeit 
auf  die  GroBe  der  Deklination  des  Magnetstabes  im  Punkte  A  schlieBen. 

Statt  der  Skala  kann  auch  auf  der  Glasplatte  des  Magnetstabchens 
ein  einzelner  feiner  Strich  in  senkrechter  Richtung  aufgetragen  sein.  In 
cliesem  Falle  ist  es  zweckmaBig,  wenn  in  dem  Fernrohre  an  Stelle  des 
Fadenkreuzes  ein  Glasplattchen  mit  einer  feinen  Skala  eingesetzt  ist. 

Das  Beobachtungsverfahren  mit  dieser  Einrichtung  des  Magneten  und 
des  Fernrohres  ist  im  wesentlichen  dieselbe,  wie  die  vorher  beschriebene, 
nur  wird  die  Abweichung  des  Indexstriches  von  dem  Mittelstriche  der  Skala 
im  entgegengesetzten  Sinne  aufzufassen  sein,  da  hier  die  Skala  feststeht 
und  dort  dieselbe  mit  dem  Stabe  schwingt. 

Den  Winkelwert  eines  Skalenteils  kann  man  durch  unmittelbare  Beob- 
achtung  bestimmen,  indem  man  den  Magnetstab  samt  der  Linse  und  der 
Skala  festlegt,  das  Fernrohr  eines  Theodoliten,  wie  bei  jeder  Winkel- 
messung,  erst  auf  den  einen,  dann  auf  den  nachsten  Skalenteil  richtet 
und  an  den  Nonien  abliest.  Bei  der  Wiederholung  wird  man  den  Wert 
mehrerer  Skalenteile  messen  und  das  Resultat  durch  die  Anzahl  der  ge- 
messenen  Skalenteile  teilen. 

Einfacher   findet  man  denselben  aus  der  Formel  ^.206265.  wenn  L 

±j 

gleich  dem  Abstande  der  Skala  vom  Mittelpunkte  der  kleinen  Linse  in 
Skalenteilen  ist. 

An  den  von  mir  benutzten  Stabchen  ist  L  =  120  mm  und  ein  Skalen- 
teil an  dem  einen  =  0,1,  an  dem  anderen  =  0,05  mm.  Durch  Rechnung 
und  Beobachtung  ergiebt  sich  der  Winkelwert  eines  Skalenteiles  zu  172, 
bezw.  86  Sekunden. 

Da  man  bei  der  grb'Beren  Einteilung  Zehntel  eines  Skalenteiles  und 
bei  der  kleineren  Fimftel  noch  genau  abschatzen  kann,  so  wird  man  eine 
Genauigkeit  der  Ablesung  von  17  Sekunden  erreichen. 

Der  Magnetstab  ist  nie  vollstandig  ruhig,  sondern  er  fiihrt  stets  groBere 
oder   kleinere  horizontale  Schwingungen  aus.     Es   geniigt   daher   zur  Be- 
stimmung  seines  jedesmaligen  Standes  eine  Ablesung  nicht,  sondern  man 
muB   von   einem  Schwingungsbogen   die   beiden   auBersten  Stellungen   des 
senkrechten  Kreuzfadens   notieren    und   daraus    das  Mittel   nehmen.     Nur 
wenn  die  Schwingungen  sehr  klein 
sind,  so  wird  man  mit  hinreichen- 
derSicherheit  das  Mittel  abschatzen. 

Die  kleine  Skala  des  Magnet- 
stabes ist  nicht  mit  Zahlen  ver- 
sehen,  man  kann  dieselbe  aber  ent- 
weder  von  rechts  nach  links  oder, 

wie  bei  den  spater  aufgefiihrten  Beispielen  geschehen  ist,  von  links  nach 
rechts  von  0  bis  40  sich  beziffert  denken,  wie  in  der  stark  vergroBert 
gezeichneten  Fig.  213.  Die  Bezeichrmngen  links  und  rechts  beziehen  sich 

BEATHCHK,   Markscheidekunst.  \1 


Fig.  213.    VergroCerte  Skala. 


258 


ELFTES  KAPITEL. 


auf  das  Bild  der  Skala,  wie  es  im  Fernrohr  gesehen  wird.  Der  Skalenteil  20 
ist  somit  der  Nullpunkt.  Hat  man  die  beiden  auBersten  Stellungen  des  senk- 
rechten  Kreuzfadens  auf  die  Skala  (ein  Teil  =  172")  zu  15,4  und  27,2 

beobachtet,  so  ist  die  Ruhelage  des  Stabes  fiir  diesen  Moment  =  15'4  *  27'2 

=  21,3.  Die  Magnetlinie  weicht  also  urn  1,3  Scalenteile  =  396  Sekunden 
von  der  Richtung  AC  Fig.  212  ab.  1st  fur  einen  bestimmten  Zeitpunkt 
die  Ruhelage  des  Magneten  zu  ermitteln,  so  hat  man  die  Ausschlage 
desjenigen  Schwingungsbogens  zu  notieren,  in  dessen  Dauer  der  gewahlte 
Zeitpunkt  fallt. 

Die  Schwingungsdauer  der  von  mir  benutzten  kleinen  Magnetstabe 
1st  zehn  Sekunden. 

Will  man  sich  hierbei  nicht  mit  der  Beobachtung  nur  eines  Schwingungs- 
bogens begniigen,  so  ist  das  Yerfahren  genau  so,  wie  es  bei  dem  GAUSS- 
schen  Magnetometer  beschrieben  ist.  (Seite  262.) 


168.  Zum  Schutze  vor  dem  Luftzuge  ist  der  Magnetstab,  sowie  der  ihn  tra- 

gende  Kokonfaden  mit  einem  Gehause  umgeben. 

Mit  dem  Deckel  eines  Kastchens  (Fig.  214),  dessen  lange  Seitenwande 

herausnehmbare  Glasplatten  sind 
und  dessen  Giebelseiten  kreisfor- 
mige,  einander  gegeniiberstehende 
Durchbrechungen  haben,  ist  ein 
ca.  25  Centimeter  langes  Glasrohr 
verbunden.  An  dem  oberen  Ende 
dieses  Rohres  sitzt  eine  Messing- 
htilse  r  fest,  auf  welcher  sich  eine 
zweite  Hiilse  s  auf-  und  abschieben 
laBt  und  hierbei  durch  Schlitz- 
und  Fiihrstift  in  senkrechter  Rich- 
tung gehalten  wird.  Um  den 
oberen  Teil  der  letzteren  sitzt  eine 
dritte  Hulse  t,  welche  sich  uni 
die  Rohrachse  drehen  und  durch 
eine  Klemmschraube  in  jeder  Stel- 
luug  festhalten  laBt.  Der  Deckel 
der  Hiilse  /hat  eine  feineDurchboh- 
rung,  durch  welche  der  Kokonfaden 
gezogen  und  mittels  einer  kleinen 
Schraube  v  festgehalten  wird. 

Der  den  Magnetstab  tragende 

Kokonfaden  muB  frei  von  Torsion  sein,  d.  h.    er   darf  den   regelmaBigen 
Schwingungen  des  Magnetstabes  keinen  Widerstand  entgegensetzen. 


Fig.  214. 


Kleines  Deklinatorium.     Magnetstab 
mit  Skala  und  Linse. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


259 


Zur  Beseitigung  dieses  Fehlers  hangt  man  an  den  Faden  statt  des 
Magnetstabes  ein  kleines  Gewicht,  dessen  Form  Fig.  215  zeigt,  und  laBt 
dasselbe  vollstandig  zur  Ruhe  kommen.  Darauf  dreht 
man  den  oberen  Hiilsenteil  t  so  lange,  bis  das  kleine 
Stabchen  des  Torsionsgewichtes  sich  ungefahr  in  der  Rich- 
tung  des  magnetischen  Meridians  befindet  und  hangt  an 
die  Stelle  des  Gewichtes  wieder  den  Magnetstab.  Bei 
diesem  Ab-  und  Anhangen  muB  der  Kokonfaden  mit  einer 
Pinzette  festgehalten  werden. 

Mittels  dieses  kleinen  Magnetometers  laBt  sich  auch 
die  absolute  Deklination  bestimmen,  wenn  dasselbe  in 
einem  vollstandig  eisenfreien  Raume  aufgestellt  ist.  Zu 


Pig.  215. 
Torsionsgewicht. 


diesem  Zwecke  ist  in  den  Magnetstab  ein  zweiter  Haken  K  (Fig.  211)  ein- 
zuschrauben,  welcher  die  entgegengesetzte  Richtung  des  ersteren,  H,  und 
eine  solche  Lange  hat,  daB  die  Normallinie  der  Linse  in  derselben  Lage 
bleibt.  Durch  die  Beobachtungen  des  Magneten  in  beiden  Aufhangungen 
findet  man  durch  Halbieren  der  gefundenen  Winkelwerte  den  Winkel,  um 
welchen  die  magnetische  Achse  des  Stabchens  von  der  optischen  Achse  der 
kleinen  Linse  abweicht.  Durch  Addition,  bezw.  Subtraktion  dieses  kon- 
stanten  Winkels  zu,  bezw.  von  den  beobachteten  Werten  erhalt  man  die 
absolute  Deklination.  Selbstverstandlich  miissen,  um  die  inzwischen  ein- 
wirkende  Variation  unschadlich  zu  machen,  Kontrolbeobachtungen  an  einem 
zweiten  Magnetometer  ausgefuhrt  werden. 

Die  Kenntnis  der  absoluten  Deklination  ist  iibrigens,  wie  schon  friiher 
gesagt  wurde,  nicht  notwendig,  namentlich  wenn  das  Magnetometer  nur 
zu  den  bei  den  Orientierungsmessungen  unentbehrlichen, 
genauen  Variationsbeobachtungen  dienen  soil.  Daraus 
folgt  auch,  daB  das  Azimut  der  fixierten  Linie  AB  in 
Fig.  216  nicht  bekannt  zu  sein  und  ferner,  daB  die 
Aufstellung  des  Deklinatoriums  nicht  in  vollkommen 
eisenfreiem  Raume  zu  geschehen  braucht,  wenn  nur 
die  ablenkenden  Gegenstande  immer  auf  derselben  Stelle 
bleiben. 

Im  Laufe  der  Zeit  wird  die  Deklination  abnehmen 
und  der  magnetische  Meridian  immer  mehr  von  der 
Linie  AC  Fig.  216  abweichen. 

Man  muB  deswegen  in  gewissen  Zeitabschnitten 
den  Aufhangepunkt  des  Magneten  verschieben.  Zu 
diesem  Zwecke  fixiert  man  von  neuem  eine  Linie  AC',  Fig.  216. 

welche  dem  mittleren  magnetischen  Meridian  durch  den 
Punkt   A  entspricht,    miBt   den  Winkel  C' AB  und  hangt  den  Magneten 
in  der  Linie  AC'  vor  dem  Fernrohre  auf,  dessen  optische  Achse  ebenfalls 
auf  C'  gerichtet  wird. 

17* 


260  ELFTES  KAPITEL. 


169.  Die  Ablesung   mittels  Spiegel  und  Skala  ist  von  GAUSS  in   dem  von 

ihm  Anfang  der  dreiBiger  Jahre  konstruierten  Magnetometer  zur  Anwen- 
dung  gebracht  worden.  Dasselbe  ist  ausfuhrlich  beschrieben  und  abgebildet 
in  den  Resultaten  des  magnetischen  Yereins  im  Jahre  1836  von  C.  F.GAUSS 
und  W.  WEBEB,  ferner  hat  BOECHEES  in  seiner  ,,praktischen  Markscheide- 
kunst"  das  nach  dem  GAUSS  schen  Prinzipe  in  Klausthal  erbaute  magne- 
tische  Observatorium  beschrieben. 

Der  astronornische  Meridian  und  die  zur  Zeit  giltige  Magnetlinie  sind 
hier  ebenfalls  von  einem  festen  Punkte  A  aus  durch  die  Linien  AB  und  AC 
fixiert  und  der  Winkel  BAG  ist  genau  gemessen  (Fig.  217).  tlber  dem 
Punkte  A  ist  auf  einem  gut  fundamentierten  stein ernen  Pfeiler  innerhalb 
eines  vollstandig  eisenfreien  Hauschens  das  Beobachtungsfernrohr  zentrisch 
und  so  aufgestellt,  daB  seine  optische  Achse  in  der  Yertikalebene  der 
Linie  AC  sich  befindet.  Unter  dem  Objektiv  desselben  und  senkrecht  zur 
Linie  AC  ist  die  Skala  an  dem  steinernen  Pfeiler  befestigt.  Der  Skalen- 
punkt  0,  welcher  der  optischen  Achse  des  Fernrohres  entspricht,  wird 
gefunden,  indem  man  vor  der  Mitte  des  Objektivs  ein  feines  Lot  herab- 
laBt.  Dasselbe  wird  im  Spiegel  vor  dem  Punkte  0  gesehen. 

Im  Punkte  g,  in  der  Mitte  zwischen  der  Skala  und  dem  an  der  Wand 
des  Hauschens  angebrachten  Zeichen  C  ist  ein  feiner  Messingdraht  befestigt, 
welcher  unten  das  sogenannte  Schiffchen  mit  Torsionskreis  tragt.  Das 
Schiffchen  dient  zur  Aufnahme  des  Magnetstabes. 

Der  Draht  legt  sich  in  die  Gange  einer  Hebeschraube,  durch  welche 
derselbe  aufgewunden  werden  kann,  ohne  aus  der  urspriinglichen  Lage  y 
zu  weichen.  Derselbe  muB  frei  von  Torsion  sein. 

Die  Beseitigung  derselben  erfolgt  in  schon  genannter  Weise  dadurch, 
daB  man  den  Magnetstab  aus  dem  Schiffchen  herausnimmt,  dafiir  emeu 
Messingstab  von  gleicher  Form  und  gleichem  Gewicht  einlegt  und  den- 
selben  bis  zu  seiner  vollstandigen  Beruhigung  hangen  laBt.  Mit  Hilfe  des 
an  dem  Schiffchen  befindlichen  Torsionskreises  bringt  man  alsdann  den 
Hilfsstab  und  somit  auch  das  Schiffchen,  ohne  den  Draht  zu  drehen,  in 
die  Richtung  des  magnetischen  Meridians  und  legt  statt  des  Messingstabes 
den  Magnetstab  wieder  in  das  Schiffchen  ein. 

An  dem  ca.  50  cm  langen  Magnetstabe  ist  dem  Fernrohre  zugekehrt 
und  rechtwinkelig  zur  magnetischen  Achse  des  Stabes  ein  Planspiegel  hk 
angebracht,  in  welchem  das  Bild  der  Skala  mittelst  des  Beobachtungs- 
fernrohres  gesehen  werden  kann. 

Befindet  sich  der  Magnetstab  genau  in  der  Linie  AC,  so  wird  das 
Fadenkreuz  des  Fernrohres  auf  den  Punkt  0  des  Skalenbildes  im  Spiegel 
gerichtet  sein. 

Weicht  der  Stab  aus  der  Richtung  der  Linie  AC,  so  kann  man  diese 
Abweichung  unmittelbar  in  Skalenteilen  ablesen  und,  wenn  der  Wert  des 
Skalenteiles  bekannt  ist,  in  Bogensekunden  ausdriicken. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIEBUNGSMESSUNGEN. 


261 


i  _ 


In  Fig.  217  liegt  bei  der  absichtlich  sehr  weit  verdreht  gezeichneten 
Stellung  des  Magnetstabes  der  Punkt  I  des  Spiegels  in  der  optischen  Achse 
des  Fernrohrs.  Errichtet  man  auf 
der  Ebene  des  Spiegels  im  Punkte  / 
das  Perpendikel  Zra,  so  moge  mo 
gleich  einem  Skalenteile  sein.  Der 
Winkelwert  w  desselben  wird  berech- 

net  aus  tg  <^.  olm  =  j-9  oder  da  olm 
ein  sehr  kleiner  Winkel  ist,  so  kann 
man  setzen  w  =  ^206  265  Sekunden. 

Nach  den  Gesetzen  der  Reflexion 
sieht  man  aber  im  Fernrohr  nicht 
den  Punkt  TTZ,  sondern  den  Punkt  ?z, 
man  liest  also,  da  mn  =  no  angenom- 
men  werden  kann,  nicht  einen,  son- 
dern zwei  Skalenteile  ab.  Yor  der 
Yerwandlung  in  Sekunden,  d.  h.  vor 
der  Multiplikation  mit  w,  miissen  die 
abgelesenen  Skalenteile  durch  2  di- 
vidiert  werden,  oder,  was  viel  ein- 
facher  ist,  man  nimmt  den  Wert 
eines  Skalenteiles  halb  so  groB  an, 
wie  oben  berechnet,  namlich  w"  = 

^-.206265  Sekunden,  und  mul- 

2  X  lo 

tipliziert  hiermit  die  abgelesenen 
Skalenteile. 

In  dem  Klausthaler  Deklina- 
torium  ist  jetzt  die  Entfernung  lo  = 


3808  Skalenteilen,  mithin  w  = 


Fig.  217.     Deklinatorium  von  GAUSS. 


=  27,08  Sekunden.  Da  mit  groBer 
Scharfe  noch  Zehntel  des  Skalen- 
teiles abgeschatzt  werden  konnen,  so 
wird  man  die  Abweichung  des  Magnet- 
stabes aus  der  Linie  AC  bis  auf  2,7  Sekunden  ablesen. 

Bei  der  Messung  dieser  Abweichung  ist  folgendes  zu  beachten: 
Da  bekanntlich  der  Magnetstab  in  bestandiger  Bewegung  ist,  so  geniigt 
eine  Ablesung  zur  Bestimmung  des  Ruhestandes  nicht,  sondern  es  miissen 
deren  wenigstens  zwei  gemacht  werden,  und  zwar  an  den  aufeinander- 
folgenden  Enden  eines  Schwingungsbogens.  Gewohnlich  werden  auf  diese 
Weise  3  bis  5  Schwingungen  beobachtet.  Aus  je  zwei  aufeinander  fallen- 
den  Ablesungen  wird  das  Mittel  und  aus  diesen  Werten  wieder  das  Mittel 
genommen. 


262  ELFTES  KAPITEL. 


Soil  ffir  einen  bestimmten  Zeitpunkt  die  Kuhelage  aus  den  Beobach- 
tungen  von  5  Schwingungen  abgeleitet  werden  und  ist  die  Schwingungs- 
dauer  des  Magnetstabes  18  Sekunden,  so  muB  die  erste  Ablesung  45  Se- 
kunden  vor  dem  bestimmten  Zeitpunkte,  die  letzte  45  Sekunden  danach 
erfolgen.  Z.  B. 

Beobachtungszeit.    Abgelesene       Mittel  aus  je  Hauptmittel 

Skalenteile.    zwei  Ablesungen.         fiir  die  Zeit. 

9  Uhr  29'  15"       485,0  478?00  9  Uhr  30' 

„  „          29      33  471,0 


29'  51"       484,8 
w    q"      471  4  4«,yu  4t?,84. 

*«1* 


„     „     30'  27"       484,4 
„     „     SO'  45"       471,0 

Dem  Nullpunkte  der  Skala  entspricht  der  Skalenteil  500,  der  Winkel 
BA  C=  12°  29'  33",  und  da   im  Klausthaler  Magnetometer   die   Abnahme 
der   Skalenteile   eine   Zunahme   der   Deklination   bedeutet,    so   wiirde   die 
Deklination  des  Magnetstabes  in  A  und  fur  den  obigen  Zeitpunkt  sein 
=  12°  29'  33"  +  (500-477,84)  27,08=  12°  39'  33". 

Zur  Bestimmung  der  absoluten  Deklination  mufi  der  Winkel  ermittelt 
werden,  welchen  die  Normale  auf  dem  Spiegel  mit  der  magnetischen  Achse 
des  Stabes  einschlieBt.  Dies  geschieht  duroh  Umlegen  des  Stabes  und 
durch  Beobachtung  der  Deklination  in  beiden  I  a  gen  (vergleiche  das 
hieriiber  im  vorigen  Paragraphen  gesagte). 

Das  Magnetometer  wird  am  besten  in  einem  moglichst  isoliert  liegen- 
clen  eisenfreien  Hauschen  aufgestellt  und  um  den  Magnetstab  auBerdem 
vor  Zugluft  zu  schiitzen,  1st  er  mit  einem  holzernen  Gehause  umgeben. 

Dicht  unter  dem  Stabe  sind  mit  Sammt  belegte  Leisten  angebracht, 
'damit  bei  etwaigem  ReiBen  des  Drahtes  der  Stab  und  der  Spiegel  nicht 
beschadigt  werden. 

Ein  solches  GAUSS  sches  Magnetometer  ist  unstreitig  das  beste  Hilfs- 
mittel  zur  Beobachtung  der  Deklinationsvariation  ,  aber  die  Kosten  des- 
selben  iibersteigen  die  Krafte  des  einzelnen  Markscheiders. 

Man  kann  iibrigens  ein  ahnliches  kleineres  Magnetometer  sich  leicht 
aus  vorhandenen  Instrumenten  zusammenstellen,  wie  sich  BOECHERS  auf 
Seite  186  seiner  Markscheidekunst  ausspricht.  Mit  einem  zweiten  Theo- 
doliten,  einem  Nivellierinstrumente  oder  auch  einer  gehorig  befestigten 
Kippregel  konnen  die  Ablesungen  gemacht  werden  und  eine  Skala  kann 
man  leicht  selbst  anfertigen.  Es  bedarf  nur  noch  eines  mit  einem  Spiegel 
versehenen  Magnetstabes  und  des  zum  Einlegen  desselben  erforderlichen 
Schiffchens.  Das  letztere,  sowie  die  Vorrichtung  zur  Beseitigung  der 
Torsion  konnen  sehr  einfach  sein,  ferner  ist  es  nicht  notwendig,  den  Spiegel 
senkrecht  zur  magnetischen  Achse  des  Stabes  anzubringen.  Derselbe  kann 
an  einer  beliebigen  Stelle  des  Stabes  befestigt  werden,  welche  dem  Auf- 
stellungspunkte  des  Fernrohres  entspricht. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OBIENTIEKUNGSMESSTJNGEN.  263 

Nachdem   die   Vorrichtungen  besprochen   sind,   mit   deren   Hilfe   die  §  170 
Yariationen  der  Magnetnadel  beobachtet  und  gemessen  werden,  gehen  wir 
zu  denjenigen  Instrument  en  uber,  mit  denen  die  eigentlichen  Orientierungs- 
messungen  ausgefiihrt,  d.  h.  die  Streichwinkel  der  Dreiecksseite  uber  Tage 
und  der  Polygonseite  in  der  Grube  gemessen  werden. 

Das  einzige  hierzu  brauchbare  Instrument  ist  der  Theodo- 
lit.  Derselbe  wird  mit  einer  Magnetnadel  verbunden,  welche  dazu  dient, 
das  Fernrohr  in  die  Richtung  des  magnetischen  Meridians  zu  bringen. 

Am  haufigsten  findet  man  jetzt  noch  Theodoliten  im  Gebrauch,  welche 
mit  einer  Bussole  verbunden  sind,  die  sich  mittelst  gabelformiger  FiiBe 
auf  die  horizontale  Drehachse  des  Fernrohres  derartig  setzen  laBt,  daB 
der  Durchmesser  0 — 180  in  der  Richtung  des  Fernrohrs  liegt.  Ein  voll- 
standiges  Zusammenfallen  der  optischen  Achse  des  Fernrohres  mit  dem 
genannten  Durchmesser  ist  nicht  erforderlich.  Ebensowenig  ist  eine  Bussole 
mit  vollstandiger  Kreisteilung  notwendig,  es  geniigt  ein  schmales  langliches, 


Fig.  218.     Orientierungsbussole. 

mit  einem  Indexstriche  versehenes  Kastchen  (Fig.  218).  Die  Magnetnadel 
ist  moglichst  leicht  zu  konstruieren,  mit  schlanker  Endspitze  zu  versehen 
und  der  Schwerpunkt  ist  nicht  zu  tief  unter  den  Aufhangepunkt  zu  legen. 
Spitze  und  Hiitchen  miissen  aus  gutem  Material  und  tadellos  angefertigt 
sein,  namentlich  muB  erstere  den  erforderlichen  Hartegrad  besitzen. 

Das  Kastchen  ist  mit  Lupen  zum  genauen  Einstellen  der  Nadel  auf 
die  Indexlinie  zu  versehen  und  schlieBlich  muB  die  Arretierung  so  be- 
schaffen  sein,  daB  die  Nadel  moglichst  sanft  auf  den  Stift  aufgesetzt  wer- 
den kann. 

Das  Verfahren  beim  Messen  des  Streichens  einer  Linie  ist  bei  alien 
clerartigen  Instrumenten  im  Prinzipe  sowohl  uber  Tage  als  in  der  Grube 
gleich. 

Man  stellt  den  Theodoliten  horizontal  und  zentrisch  im  Punkte  A  der 
Linie  AB  auf  (Fig.  219),  bringt  den  Nonius  I  auf  Null,  lost  die  Nadel  und  dreht 
den  Hauptkreis  zuletzt  mit  Hilfe  der  Feinstellung  so  lange,  bis  die  Nadel 
genau  auf  die  Indexlinie  der  Orientierungsbussole  einspielt. 

Die  optische  Achse  des  Fernrohrs  mag  dadurch  in  die  Linie  AC  ge- 
kommen  und  das  Objektiv  des  Fernrohrs  nach  Norden  gerichtet  sein.1 


1  Die  Messung  ist  iibrigens  genau  dieselbe,  wenn  das  Objektiv  eine  umgekehrte 
JRichtung  hat,  man  erhalt  nur  nicht  den  wahren  Streichwinkel  der  Linie,  sondern  einen 
um  180  Grad  verschiedenen. 


264 


ELFTES  KAPITEL. 


Alsdann  arretiert  man  die  Nadel,  wenn  die  Orientierungsbussole  keinen 
vollstandigen  Kreis  hat,  lost  die  Alhidadenschraube,  visiert  den  Punkt  B  an 
und  liest  am  Nonius  den  Winkel  CAB  ab.  Zur  Repetition  des  Winkels 
fiihrt  man  das  Fernrohr  durch  Drehung  des  Hauptkreises  wieder  in  die 
Richtung  des  magnetischen  Meridians  und  lafit  die  Nadel  auf  den  Index- 
strich  einspielen.  Inzwischen  moge  sich  die  Deklination  um  die  Winkel- 
groBe  LAC  (in  der  Figur  absichtlich  sehr  groB  gezeichnet)  vergroBert  haben 
und  das  Fernrohr  bei  der  zweiten  Einstellung  der  Nadel  die  Richtung  AD 

erhalten.  Visiert 
man  darauf  wieder 
das  Objekt^  an,  so 
wird  man  am  Nonius 
einen  Winkel  ab- 
lesen  =  2  CAB  -f- 
DAC.  Hatzur  Zeit 
der  dritten  Einstel- 
lung die  Deklination 
sich  so  verandert, 
daB  die  Nadel  bei 
der  Richtung  des 
Fernrohres  A  E  ein- 
spielt,  so  wird  man 
nach  Einvisierung 
des  Objektes  B  am 
Nonius  einen  Win- 


Fig.  219.          -  kel 

-CAE  ablesen. 

Die  Grb'Be  der  Deklinationsvariationen  DAC  und  CAE  sind  an  einem 
Kontrolmagnetometer  gemessen  und  zwar  sind  diese  Beobachtungen  genau 
zu  derselben  vorher  verabredeten  Zeit,  in  welcher  die  Nadel  der  Orien- 
tierungsbussole  eingestellt  wurde,  ausgefiihrt  worden.  Am  zweckmaBigsten 
geschieht  dies  in  Zeitintervallen  von  flinf  zu  fiinf  Minuten.  Bekanntlich 
sind  die  gleichzeitigen  Variationen  zweier  Magnete  bei  den  hier  in  Betracht 
kommenden  Entfernungen  in  sohliger  und  seigerer  Richtung  vollstandig  iiber- 
einstimmend  (vergl.  §  9  Seite  18). 

Durch  die  Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  werden  die 
GroBen  der  Winkel  DAC  und  CAE  erhalten,  und  um  die  Messung  des 
Streichwinkels  auf  die  erste  Richtung  AC  des  Fernrohres  zu  beziehen, 
addiert  man  die  Deklinations- Variationen  mit  umgekehrtem  Vorzeichen  zu 
dem  nach  der  dritten  Repetition  abgelesenen  Werte:  W~l  =  3  CAS  +  DAC 

-  CAS,  der   gesuchte  Winkel wert   W  =  -         — ^—         — .  Die  Messung 
desselben  Winkels  wiederholt  man  in  der  zweiten  Lage  des  Fernrohrs. 
Alsdann  stellt  man  den  Theodoliten  auf  den  anderen  Endpunkt  B  der 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUNG-SMESSUNGEN. 


265 


Linie  AB  und  bei  einspielender  Nadel  mag  die  optische  Achse  des  Fern- 
rohres  in  der  Linie  BG  stehen.  Die  Linie  BF  ist  parallel  der  Linie  AC 
der  ersten  Stellung  des  Magneten,  auf  welche  die  Messung  des  Streichens 
der  Linie  AB  reduziert  werden  muB.  Die  Deklination  hat  inzwischen  ab- 
genommen  um  den  Winkel  FB  G  und  es  wird  demzufolge  nach  Einstellung 
des  Fernrohrs  auf  das  Objekt  A  am  Nonius  ein  um  FBG  zu  kleiner  Winkel 
abgelesen.  Bei  der  zweiten  Repetition  habe  das  Fernrohr  bei  einspielender 
Nadel  die  Richtung  BH,  da  die  Deklination  wieder  um  den  Winkel  GBH 
abgenommen  hat.  Man  wird  also  nach  Einvisierung  am  Nonius  einen  um 
FBG -{-FBH  zu  kleinen  Winkel  ablesen.  Nach  der  dritten  Repetition, 
wo  das  Fernrohr  bei  einspielender  Nadel  die  Richtunk  ^/hatte,  wird  man 
am  Nonius  einen  Winkel  ablesen: 

W2  =  SFBA  -  FBG  -  FBH-  FBI. 
Die  Werte  der  Winkel  FBG,  FBH  und  FBI,  welche 
aus  den  gleichzeitigen  Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer 
bekannt  sind,  werden  mit  entgegengesetztem  Yorzeichen  (also 
hier  mit  +)  zu  dem  am  SchluB  der  dritten  Repetition  am 
Nonius  abgelesenen  Winkel  addiert  und  die  Summe  durch  3 


dividiert. 


180  = 


FBG 


FBE 


pig>  220. 


Auch  diese  Messung  wiederholt  man  mit  durchgeschla- 
genem  Fernrohr. 

Die  auf  den  beiden  Endpunkten  A  und  B  gemessenen 
Streichwinkel  von  AB  miissen  um  180  Grad  verschieden  sein. 
Bei  geringen  Abweichungen  nimmt  man  aus  beiden  Werten 
das  Mittel.  Uberschreitet  jedoch  die  Abweichung  ein  gewisses 
MaB,  so  ist  -  -  eine  sorgfaltige  Ausfiihrung  der  Messung 
vorausgesetzt  -  -  der  Grund  in  ablenkenden  Einfmssen  auf 
die  Magnetnadel  zu  suchen.  Es  bleibt  dann  nichts  weiter 
tibrig,  als  auf  einem  dritten  Punkte  C  das  Streichen  einer  zweiten  Linie  CB 
zu  ermitteln,  welche  durch  Winkelmessung  mit  der  ersten  Linie  AB  ver- 
bunden  ist. 

War  dieser  dritte  Punkt  C  eisenfrei,  so  wird  man  sich  durch  Ableitung 
leicht  iiberzeugen  konnen,  ob  die  Messung  auf  dem  Punkte  A  oder  B  richtig 
war.  Haufig  ist  das  Aufstellen  auf  den  beiden  Endpunkten  einer  Linie 
nicht  moglich,  dann  wird  man  die  Kontrolmessung  sogleich  auf  einem  ge- 
eigneten  dritten  Punkte  ausfiihren. 

Niemals  darf  aber  die  Kontrolmessung  unterbleiben. 

Bei  sehr  langen  Grubenpolygonziigen  empfiehlt  es  sich,  namentlich 
wenn  unsicher  gemessene  Polygonwinkel  vorhanden  sind,  das  Streichen  von 
zwei  oder  drei  weit  auseinander  liegenden  Linien  ganz  unabhangig  vonein- 
-einander  durch  doppelte  Messung  zu  bestimmen. 

Hierdurch  werden  die  in  den  Azimuten  sich  anhaufenden  Fehler  der 
Winkelmessung  unschadlich  gemacht. 


266  ELFTES  KAPITEL. 


Bei  der  vorstehend  beschriebenen  Messung  des  Streichwinkels  1st  das 
Fernrohr  immer  zuerst  in  die  Richtung  der  Magnetlinie  gebracht  worden 
und  dann  in  die  fixierte  Linie  AB.  Man  kann  auch  umgekehrt  verfahren 
und  erhalt  dann  nicht  den  Streichwinkel  der  Linie  A  B,  sondern  dessen  Er- 
ganzungswinkel  zu  360  °.  Die  wahrend  der  Messung  auftretenden  Yariationen 
der  Magnetnadel  haben  aber  dann  einen  dem  vorherigen  entgegen- 
gesetzten  EinfluB. 

Im  ersten  Falle  sind  nanilich  die  Zunahmen  der  Deklination1  von 
dem  nach  vollendeter  Repetition  abgelesenen  SchluBwerte  abzuziehen, 
und  die  Abnahmen  hinzuzuzahlen,  wahrend  man  im  anderen  Falle  ge- 
rade  umgekehrt  verfahren  muB. 

Zur  Vermeidung  von  Irrungen  erscheint  es  ratsam,  das  Fernrohr  immer 
zuerst  in  die  Magnetlinie  zu  bringen. 

Ein  besonderes  Zahlenbeispiel  fur  die  Messungen  mit  dem  Magnet- 
theodoliten  1st  nicht  angefuhrt,  weil  es  sich  nicht  von  dem  Beispiele  unter- 
scheiden  wiirde,  welches  zu  den  Messungen  mit  dem  BoECHEESschen  trans- 
portablen  Magnetometer  gegeben  ist.  (Seite  269.) 

Der  vorstehend  beschriebene  Apparat,  gewohnlich  Magnettheodolit  ge- 
nannt,  hat  den  Nachteil,  welchen  die  Aufhangung  der  Nadel  mit  Hiitchen 
und  Spitze  immer  mit  sich  fuhrt,  daB  nanilich  leicht  eine  verrnehrte  Reibung 
eintritt  und  dadurch  die  Nadel  an  Empfindlichkeit  verliert. 

AuBerdem  entspricht  die  Einstellung  der  Nadel  auf  den  Indexstrich 
selbst  mit  Anwendung  stark  vergrb'Berender  Lupen  nicht  der  Genauigkeit, 
welche  mit  dem  Fernrohr  beim  Einstellen  des  Fadenkreuzes  auf  ein  festes 
Objekt  erreicht  wird. 

Zu  den  zahlreichen  Orientierungsarbeiten,  welche  in  neuerer  Zeit  bei 
der  Umarbeitung  der  Oberharzer  Grubenrisse  vorgenommen  werden  muBten, 
wurden  anfanglich  auf  Punkten  untergeordneter  Bedeutung  Theodoliten 
mit  Orientierungsbussole  benutzt.  Yon  den  vier  vorhandenen  Instrurnenten 
solcher  Art  gab  nur  eins  brauchbare  Resultate.  Es  wurde  deswegen  aus- 
schlieBlich  nur  der  im  nachsten  Paragraphen  beschriebene  Apparat  benutzt. 


172.  Der  um  die  Yervollkommnung  der  Markscheidekunst  hoch  verdiente 

Bergrat  BOECHEES  hat  zuerst  den  fruchtbringenden  Gedanken  gehabt,  den 
Markscheidertheodoliten  in  ein  transportables  Magnetometer  zu  verwandeln, 
und  dadurch  den  Weg  gezeigt,  den  Streichwinkel  von  Linien  behufs  der 
Orientierung  aufs  scharfste  zu  bestimmen. 

Das  in  Fig.  214  abgebildete  Kastchen  mit  daraufsitzendem  Glasrohr, 
in  welchem  ein  mit  Skala  nnd  Linse  versehener  Magnetstab  aufgehangt 
ist,  hat  an  Stelle  des  DreifuBes  einen  holzernen  Stab  c,  welcher  in  einen 
sich  etwas  verjiingenden  Zapfen  b  auslauft. 


Dies  gilt  nur  von  der  jetzt   in  Europa  allgemeinen  westlichen  Deklination. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OEIENTIEKUNGSMESSUNGEN. 


267 


An  einem  Arme  des  TheodolitdreifuBes  laBt  sich  mittels  zweier  Stell- 
stifte  und  einer  Schraube  ein  messingener  Arm  a  befestigen,  welcher  in  der 
Mitte  mit  einem  Gelenk  und  vorn  mit  einer  viereckigen  Offnung  versehen 
ist,  in  welche  der  Zapfen  b  paBt.  Derselbe  kann  mit  einer  Schraube  von 
unten  angezogen  und  mit  dem  Arme  a  fest  verbunden  werden. 


Fig.  221.     Transportables  Magnetometer  nach  BORCHERS. 

Der  Stab  c  hat  eine  solche  Lange,  daB  die  beiden  gegeniiberliegenden 
Offnungen  des  Kastchens  und  die  Drehachse  des  Fernrohres  bei  horizontalem 
Stande  des  Theodoliten  in  gleicher  Hohe  sich  befinden  und  ein  Einstellen 
der  optischen  Achse  des  Fernrohres  in  die  Normallinie  des  Magnetstabes 
moglich  ist. 

Der  Magnetstab  muB  wahrend  des  Transportes  arretiert  sein  und  dies 
geschieht  dadurch,  daB  beim  Emporschieben  des  kleinen  Brettchens  g  die 
an  demselben  sitzenden  ausgekerbten  Ansatze  ee  den  Magnetstab  aufnehmen 
und  gegen  die  Polster  hh  drlicken.  Damit  der  Stab  bei  dem  Andrucken 


268  ELFTES  KAPITEL. 


nicht  gedreht  wird,  greift  ein  kleiner  an  dem  Magnetstabe  sitzender  Messing- 
stift  in  eine  Vertiefung  des  untertretenden  Ansatzes. 

Die  Bewegung  des  Brettchens  g  erfolgt  durch  ein  daran  befestigtes 
Stabchen,  welches  in  einer  Aushohlung  des  Stabes  c  durch  den  Klemm- 
ring  k  auf  und  ab  geschoben  werden  kann. 

An  der  Unterseite  des  Kastchens  ist  ein  kleines  ausziehbares  Bret  an- 
gebracht,  welches  zur  Aufnahme  einer  kleinen  Lampe  oder  eines  um  zwei 
Achsen  beweglichen  Reflexionsspiegels  dient.  Die  Lampe  wird  in  der  Grube, 
der  Spiegel  iiber  Tage  gebraucht.  Werden  die  Orientierungen  in  Gruben 
rait  schlagenden  Wettern  ausgefuhrt?  so  wird  man  am  zweckmaBigsten  das 
Licht  der  Sicherheitslampe  durch  den  Spiegel  auf  die  Skala  reflektieren. 

Die  Aufstellung  des  transportablen  Magnetometers  behufs  Messung  des 
Streichwinkels  einer  Linie  geschieht  am  zweckmaBigsten  folgendermaBen  : 

Man  schraubt  den  Arm  des  Magnetstabkastchens  an  den  DreifuB  des  Theo- 
doliten  und  stellt  den  letzteren  so  auf  die  Stativplatte,  daB  der  Arm  ungefahr 
im  magrietischen  Meridiane  sich  befindet  und  zwar  nach  Norden  gerichtet 
ist.  Die  Linse  befindet  sich  bekanntlich  am  Siidende  des  Magnetstabes. 

Am  vorderen  Ende  des  Armes  befestigt  man  eine  Schnur,  welche  durch 
einen  Gehilfen  gespannt,  gehalten  und  mittels  eines  angehangten  Kompasses 
genau  in  den  magnetischen  Meridian  gebracht  wird.  Der  Markscheider  dreht 
den  Theodoliten  so,  daB  der  Arm  die  Richtung  der  Schnur  einnimmt  und  der 
Theodolit  zugleich  die  richtige  zentrische  und  horizontale  Stellung  erhalt. 

Nunmehr  steckt  man  den  Stab  c  in  die  Offnung  des  Armes  a  und 
laBt  den  Magnetstab  schwingen. 

Derselbe  wird  sich  meistens  in  der  erwiinschten  Lage  befinden  oder 
der  Theodolit  wird  doch  nur  sehr  wenig  gedreht  werden  nmssen. 

Die  stets  auftretenden  horizontalen  Schwingungen  des  Magnetstabes 
werden  durch  ein  magnetisches  oder  auch  eisernes  Stiftchen  leicht  ver- 
mindert,  wenn  man  dasselbe  wiederholt  in  richtiger  Weise  und  im  rich- 
tigen  Zeitpunkte  dem  einen  Ende  des  Stabes  nahert  und  wieder  entfernt. 

Die  Schwingungen  in  der  Vertikalebene  lassen  sich  durch  Beriihren 
des  Kastchens  aufheben. 

Die  Beruhigung  des  Magnetstabes  nimmt  bei  einiger  tlbung  kaum  ftinf 
Minuten  in  Anspruch. 

Zur  Abhalfung  des  Windes  ist  bei  Tagemessungen  das  Instrument  mit 
einer  zeltartigen  Schutzwand  zu  umgeben. 

173.  Nunmehr  beginnt  das  eigentliche  Messen  des  Streichwinkels.  Dasselbe 

kann  nach  zwei  verschiedenen  Methoden  geschehen. 

Die  erste  urrterscheidet  sich  nicht  von  der  Seite  264  beschriebenen  mit 
dem  Magnettheodoliten ,  nur  allein  die  Einstellung  des  Fernrohrs  in  die 
Magnetlinie  ist  eine  andere  und  genauere. 

Ohne  daB  die  Schwingungen  des  Magnetstabes  auf  das  Minimum  zuruck- 
gedrangt  sind,  kann  man  doch  das  Fadenkreuz  auf  den  mittleren  Teilstricli 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


269 


D 


der  Skala   einstellen,  wenn  man  das  Fernrohr  so  lange  mittels  der  Fein- 
stellung  dreht,  bis  der  Mittelstrich  der  Skala  gleichweit  zu  beiden  Seiten 
des  vertikalen  Kreuzfadens  auschlagt.   Nach  der  friiher 
schon  angegebenen  Einteilung  der  Skala  und  der  Lange 
des  Magnetstabes  kann  man  bis  auf  17  Sekunden  ge- 
nau  die  optische  Achse  des  Fernrohrs  in  die  Magnet- 
lime  einstellen. 

Nach  erfolgter  Einstellung  des  Fernrohrs  wird  das- 
selbe  auf  das  rechts  liegende  Objekt  gerichtet.  Dieser 
Winkel  wird  mehrere  Mai  repetiert.  Wenn  vor  der 
wiederholten  Einstellung  der  optischen  Achse  in  die 
Kollimationslinie  des  Magnetstabes  die  Deklination  sich 
verandert,  z.  B.  vergrb'Bert  hat,  so  daB  der  Magnet- 
stab  aus  der  Lage  CMD  in  die  Lage  EMF  iiber- 
gegangen  ist  (Fig.  222),  so  muB  das  Objektiv  im  Sinne 
des  Pfeiles  P  gedreht  werden,  und  man  wird  den 
Streichwinkel  der  Linie  ebenfalls  um  die  VergroBerung 
der  Deklination  zu  groB  erhalten. 

Die  Ausscheidung  der  mitgemessenen  Deklina- 
tionsveranderungen  erfolgt  genau  auf  dieselbe  Weise, 
wie  sie  oben  bei  dem  Magnettheodoliten  beschrieben 
wurde  (Seite  264). 

Zahlenbeispiel  einer  vollstandigen  Orien- 

tierungsmessung. 

Die  Zunahme  der  Deklination  ist  durch  -f- ,  die 
Abnahme  durch  -  -  bezeichnet.  Die  Deklinationsver- 
anderungen  beziehen  sich  auf  den  Stand  des  Magnet- 
stabes um  3  Uhr  20  Min.  eines  bestimmten  Tages, 
zu  welcher  Zeit  im  GAUSS  schen  Kontrolmagnetometer 
454,93  Skalenteile  abgelesen  wurden.  Ein  Skalenteil 
derselben  =  27,08  Sekunden. 

Standpunkt  JB  auf  der  Dreiecksseite  A£.  Fig.  222. 


E 


_i 


Beobachtungen   am   Kontrolmagnetometer   fur   die   erste   Lage 

des  Fernrohrs. 


Zeit. 

Abgelesene 
Skalenteile. 

Berechnimg  der  Deklinationsveranderungen. 

3h20' 

454,93 

— 

3h25' 

455,44 

(454,93  —  455,44)  27,08  =  —  14" 

3h30' 

455,62 

(454,93  —  455,62)  27,08  =  —  18" 

3h35' 

455,84 

(454,93  —  455,84)  27,08  =  —  25" 

3MO' 

456,12 

(454,93  —  456,12)  27,08  =  —  32" 

270 


ELFTES  KAPITEL. 


Beobachtungsinstrument.     Erste 

Lage  des  Fernrohrs. 

Anzahl 
Zeit.              der 
Repetition. 

Mittel  aus  beiden  Nonien 

und  Berechnung  des  Streichens. 

3h  20'            1 
3h25'            2 

3h30'            3 
3h  35'            4 
3h40'            5 

288°  21'  30" 

576°  43'  22"  +  14" 

=  288°  21'  30" 

OQQO  01'  AQ" 

2 

865°  5'  7"  +  14"+  18" 

=  288°  21'  53" 

+  25                    _  OQQO  01'  5Q" 

3 
1153°  26'  22"  +  14"  +  18 

4 
1441°  47'  35"  +  14"  +  18' 

'    +     25"      +     32"      _     QQQQ    Q,   ,       ,<y, 

5 

Beobaclitungen  am  Kontrolmagnetometer  fiir  die  zweite  Lage 

des  Fernrohrs. 


feumnien 

Zeit. 

Abgelesene 

Berechnung  der  Deklinations-    . 

der 

Skalenteile. 

veranderungen. 

Verandergn. 

3h50' 

456,52 

(454,93  —  456,52)  27,08  =  —  43" 

—    43" 

3h55' 

456,61 

(454,93  _  456,61)  27,08  =  —  45" 

—    88" 

4h 

456,43 

(454,93  —  456,43)  27,08  =  —  41" 

-  129" 

4h5' 

456,54 

(454,93  _  456,54)  27,08  =  —  44" 

—  173" 

4MO' 

456,54 

(454,93  —  456,54)  27,08  =  —  44" 

-217" 

Beobachtungsinstrument.     Zweite  Lage  des  Fernrohrs. 

Standpunkt  B. 


Zeit. 

Anzahl 
der 
Repetitionen. 

Mittel  aus  beiden 
des 

Nonien  und  Berechnung 
Streichens. 

3h50' 
3h55' 

4h 
4h5' 
4h10' 
Mit,t,P.l 

1 
2 

3 
4 
5 

fl.iis     hmrlpi 

288°  21'  37"  +  43"   =  288°  22'  20" 

576°  42'  37"  +  88"               OQQOOO'    ^" 

2 

865°  3'  37"  +  129" 

=  288°  21'  57" 
=  288°  21'  58" 
—   288°  22'    \" 

3 
1153°  25'  0"  +  173" 

4 
1441°  46'  27"  +  217 

5 
i     Lflerp.n    dps  Fp.rnrnVir 

288°  21'  49"  +  288<>  22'  1" 

=  288°  21'  55". 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  OEIENTIEEUNGSMESSUNGEN. 


271 


Die  darauf  folgende  Kontrolmessung  des  Streichens  der  Linie  AB  auf 
dem  Punkte  A  ergab  eine  so  bedeutende  Differenz,  daB  ein  dritter  Auf- 
stellungspunkt  C  gewahlt  und  das  Streichen  der  Linie  CA  gemessen  wer- 
den  mufite. 


Fig.  223. 

Der  Winkel  SAC  wurde  genau  ermittelt  =  179°  32'  30",  siehe 
Fig.  223. 

Die  oben  angegebene  Berechnung  der  Streichwinkel  nach  jeder  ein- 
zelnen  Repetition  ist  interessant,  weil  die  allmahliche  Naherung  der  Werte 
zu  erkennen  ist,  aber  nicht  notwendig. 

Die  Messungen  auf  dem  Punkte  C  sind  kiirzer  dargestellt : 

Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  fiir  die  erste  Lage. 


Zeit. 

5^25' 

5&30' 

5^35'            5^40' 

5h45' 

Normalstand 
Abgelesene  Skalenteile 

454,93 

459,58 

454,93 
459,58 

454,93 
459,36 

454,93 
459,35 

454,93 
459,80 

Deklinationsveranderungen 

-4,65 

-4,65 

-4,43 

-4,42 

-4,87 

Summe  der  Deklinationsveranderungen  =  —  23,02  Skalenteile  oder 
gleich  -  23,02  .  27,08  =  -  623  Sekunden. 

Beobachtungsinstrument.     Erste  Lage  des  Fernrohrs. 

Nach  funfmaliger  Repetition,  wobei  von  fiinf  zu  funf  Minuten  das 
Fernrohr  in  die  Magnetlinie  gestellt  wurde,  ergab  sich  das  Mittel  aus  bei- 
den  Nonien  =  539°  21'  40". 

Mit  Beriicksichtigung  der  Deklinationsveranderung  ist  der  Streichwinkel 


der  Linie   CA 


539°  "' 


=  107»  54'  24". 


272 


ELETES  KAPITEL. 


Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  flir  die  zweite   Lage. 


Zeit.                                 5b  55' 

6h 

6h  5' 

6MO' 

6&  15' 

Normalstand 
Abgelesene  Skalenteile 

454,93 
459,00 

454,93 
458,95 

454,93 

458,87 

454,93 
459,00 

454,93 
459,00 

Deklinatiqnsveranderungen 

Summe     der     Dekli] 
=   —   546  Sekunden. 

-4,07 

aationsver 

-4,02 

inderungen 

-  3,94           -  4,07 

=    -    20,17     S 

-4,07 

kalenteile 

Beobachtungsinstrument: 

539<>  23'  35"  +  546" 


,  -p,  107°  54'  24"  +   1070  54'  32" 

Mittel   aus  beiden  Lagen   des  Fernrohrs  =  -  ~~2~ 

=  107°  54'  28". 

Leitet  man  aus  dem  Streichen  von  BA  das  Streichen  von  CA  ab,  so 

erhalt  man 

288°  21'  55" 

179°  32'  30" 

467°  54'  25" 

180°  -- 


=   107°  54'  25", 
mithin  nur  eine  Differenz  von  3  Sekunden. 

Messung  des  Streichwinkels  der  Grubenpolygonseite  XI— X. 
Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  fur  die  erste  Lage. 

10h35'  10h40'  10h45'  10h  50'  10h  55" 

454,93         454,93        454,93         454,93         454,93 
453,80        454,80        454,77         454,30         453,08 
+  1,13        +  0,13        +  0,16       +  0,63        +  1,85 
Summe  der  Deklinationsveranderungen  =  -f  3,9  Skalenteile  =  +  106" 

Sekunden. 

Beobachtungsinstrument.    Standpunkt  X.    Richtung  X — IX  erste 
Lage.     Nach  fiinfmaliger  Repetition: 

16230  43'  5"  —  106" 
5 


324°  44'  16". 


Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  fur  die  zweite  Lage. 

lit  _'  nh  5'  llh  15'  llh  20'  llh  25' 

454,93    454,93    454,93    454,93  454,93 

453,46    455, 16_  455,34  _455,68_  455,17 

^n^r~  ^ps~  -  0,41     -  0/75  -  0,24 " 

Summe  =  —  0,16  Skalenteile  =  -  4  Sekunden. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


273 


Beobachtungsfernrohr  zweite  Lage: 
1623Q  42'  55" 


Mittel  aus  beiden  Lagen  des  Fe.rnrohrs: 

324o  44"  16"  +  324°  44'  36" 


44'   36". 


Beobaclitungen  am  Kontrolmagnetometer  flir  die  erste  Lage. 


2h5' 

2MO' 

2h15' 

2h20' 

2h  25' 

454,93 

454,93 

454,93 

454,93 

454,93. 

448,88 

449,67 

449,91 

449,39 

449,10. 

+  6,05       +5,26       +5,02       +5,54       +5,83, 
Summa  =  +  27,7  Skalenteile  =  +  750  Sekunden. 

Beobachtungsinstrument  auf  Standpunkt  IX,  RichtunglX  —  X. 

Erste  Lage  des  Fernrohrs: 
728Q  51-  40"-  12'  30" 


Beobachtungen   am   Kontrolmagnetometer    fur   die   zweite 
Lage  des  Fernrohrs. 

2MO'  2h45'  2h55'  3h—  '  3h  5' 

454,93  454,93  454,93  454,93  454,93 
451,17  451,72  453,24  _  453,73  454,08. 
1,69 


+  3,76       +3,21 


+  1,20       +0,85. 


Summa  -  +  10,71  Skalenteile  =  +  290  Sekunden. 
Beobachtungsinstrument.     Zweite  Lage. 

723°  49' 50"  -4'  50"  =  j  440  45'  _ 


Mittel  aus  beiden  Lagen  desFern- 
rohrs  — 

'  50"+  144Q45'-" 


Die  Messung  auf  Standpunkt  X  ergab 
=  324°  44'  26",  mithin  stimmen  beideKesul- 
tate  fast  genau  iiberein. 

Der  Neigungswinkel  der  Linie  AB 
gegen  die  Abscissenachse  ist  bekannt  = 
65^21-  25", 

Aus  der  iiblichen  Zusammenstellung 
(Fig.  224)  ergiebt  sich  der  Neigungswinkel 
der  Seite  IX—  X  =  65°  21'  25"  +  (144° 
44'  25"—  108°  21'  56")  =  101°43/54". 

BRATHOHN,  Markscheidekunst. 


Fig.  224. 
18 


274 


ELFTES  KAPITEL. 


AuBerdern  mogen  noch  einige  Resultate  von  solchen  Orientierungs- 
messungen  mit  dem  transportablen  Magnetometer  folgen,  bei  denen  der 
Streichwinkel  der  Linie  auf  beiden  Endpunkten  unmittelbar  gemessen 
wurde. 

1)  153°  31' 49"          2)  145°  30'-  3)  321°  50'- 

153°  31'  36"  145°  29'  17"  321°  50'  40" 


Differenz  =  13" 


Diff.  -  43" 


Diff.  =  40" 


4)  95°  20' 40"          5)  232°  46' 35" 
95°  20' 25"  232°  46' 24" 

Diff.  -  15"  "Diff.  =  II77" 

Die  Resultate  fallen  nicht  immer  so  genau  aus,  wenn  die  Kontrol- 
messung  auf  zwei  verschiedenen  Linien  erfolgen  muB,  zwischen  denen 
mehrere  Brechpunkte  des  Polygonzuges  liegen,  weil  die  Fehler  der  dazwischen 
liegenden  Polygonwinkel  einwirken. 

SchlieBlich  darf  nicht  unerwahnt  bleiben,  daB  der  enipfindliche  Apparat 
schon  durch  die  Gegenwart  geringer  Quantitaten  von  Eisen  beeinfluBt  wird. 
Da  Nagel,  Bohrer  und  sonstige  Eisenstiicke  sich  in  der  Grube  leicht  dem 
Auge  entziehen,  so  wird  manche  Orientierungsmessung  vergeblich  aus- 
gefuhrt. 

174.  Zweite  Methode  des  Messens  eines  Streichwinkels  mittels  des  trans- 
portablen Magnetometers.  -  -  Behufs  Anwendung  dieser  Methode  wird  das 
Magnetometer  in  derselben  Weise  wie  bei  der  ersten  Methode  auf  dem 
Endpunkt  der  Linie  AB  aufgestellt. 

Nachdem  man  sich  iiberzeugt  hat,  dafi  die  Normallinie  djes  Magnet- 
stabes  sich  nahezti  in  der  optischen  Achse  des  Fernrohres  befindet.  arretiert 

man  den  Stab  und  dreht  das  Kastchen 
mittels  des  Gelenkes  im  Arme  a  (Fig.  221) 
aus  dem  Gesichtsfelde. 

In  der  Yerlangerung  der  optischen 
Achse  des  unverandert  gebliebenen  Fern- 
rohrs  fixiert  man  ein  scharf  anzuvisieren- 
des  Signal  Cm  entsprechender Entfernung 
und  dreht  das  Magnetkastchen  wieder  in 
die  Gebrauchslage  zuriick.  Alsdann  lost  man 
die  Arretierung,  beruhigt  den  Magnetstab 
und  beginnt  mit  den  Beobachtungen.  Diese 
werden  in  bekannter  Weise  ausgefiihrt. 

Man  notiert  die  beiden  aufiersten  Ausschlage  von  ein  oder  mehreren 
auf  einanderfolgenden  Schwingungen,  welche  der  Mittelstrich  der  Skala  nach 
rechts  und  links  ausfiihrt  und  kann  daraus  seine  mittlere  Ruhelage  fiir 
diejenigen  Zeitpunkte  berechnen,  an  welchen  nach  Verabredung  an  einem 
zweiten  Magnetometer  die  Kontrolbeobachtungen  gemacht  werden. 


Fig.  225. 


DIE  ANSCHLUSS-  UND  ORIENTIERUNGSMESSUNGEN. 


275 


Hat  man  mehre  Male,  etwa  8 — 10  mal  in  Zwischenraumen  von  5  zu  5 
Minuten  beobachtet,  so  dreht  man  das  Magnetkastchen  wieder  zur  Seite,  iiber- 
zeugt  sich,  daB  das  Fernrohr  noch  genau  auf  das  Signal  Cgerichtet  ist  und  miBt 
nachWegnahme  des  Magneten  den  Winkel  CAB  (Fig.  225)  moglichst  genau. 

Jede  einzelne  Berechnung  der  Ruhelage  des  Magnetstabes  giebt  den 
Winkel,  um  den  die  Kollimationslinie  des  Magnetstabes  von  der  Linie  AC 
abweicht,  fiir  eine  bestimmte  Zeit  und  in  der  Scharfe  an,  welche  die  Ab- 
lesung  der  Skala  zulaBt. 

Man  wird  nun  die  Ruhelage  eines  solchen  Zeitpunktes  fiir  maBgebend 
auswahlen,  wo  nach  Ausweis  der  beiden  Magnetometer  die  Schwingungen 
der  Magnetstabe  sehr  gleichmaBigen  Yerlauf  zeigen. 

Haben  jedoch  die  Beobachtungen  am  Kontrolmagnetometer  einen 
hoheren  Genauigkeitsgrad,  so  wird  man  aus  alien  Werten  des  Beobachtungs- 
instrumentes  unterBeriicksich- 
tigimgder  am  Kontrolmagneto- 
meter gefundenen  Deklina- 
tionsveranderungen  einen  Mit- 
telwert  herausziehen. 

Zahlenbeispiel. 

Hierzu  Fig.  226. 
Das  StreichenderDreiecks- 
seite  KE  (Knollen-Eichelnberg) 
bei  Grund  wurde  am  22.  Februar 
1 884  mit  einem  transportablen 
Magnetometer  bestimmt,  dessen 
Skalenteil  einen  Wert  von  86 
Sekunden  hat.  Die  Ablesung 
an  der  40  teiligen  Skala  erfolgte 
von  links  nach  rechts  (in  dem 
Sinne,  wie  die  Skala  dem  Auge  im  Fernrohr  erscheint)  die  Schwingungs- 
dauer  des  Stabes  =  10  Sekunden. 

Standpunkt  E.    Richtung  des  Fernrohrs  auf  B. 


Fig.  226. 


Zeit. 

Beobachtungsinstrument. 

GAUSS  sches  Kontrolmagnetometer. 

Abgelesene 
Skalenteile. 

Deklinationsvariation 
in  Sekunden  berechnet 
auf  den  Stand 
10*30' 

Abgelesene 
Skalenteile. 

Dekliuationsvariation 
in  Sekunden  berechnet 
auf  den  Stand 
10*30' 

IQh 
10*    5' 
lOfc  10' 
10h  15' 
10h  20' 
10h  25' 
10*  30' 

20,700 
20,670 
20,180 
20,800 
20,085 
20,030 
20,020 

—  58" 
-  56" 
-   14" 
—  24" 
—     6" 

—     0" 

480,03 
479,44 

478,42 
478,43 
478,08 
477,95 

477,55 

—  67" 
—  51" 
—  23" 
—  24" 
—  14" 
—  11" 
—     0" 

18 : 


276 


ELFTES  KAPITEL. 


Die  Beobachtungen  an  beiden  Magnetometern  zeigen  einen  sehr  gleich- 
mafiigen  Terlauf  der  Variationen,  man  konnte  also  einen  beliebigen  Stand 
der  Magnetnadel  auswahlen,  namentlich  da  in  dem  vorliegenden  Falle  die 
Orientierungen  ganz  von  neuem  begannen. 

Es  wurde  die  Stellung  uni  10h30'  gewahlt,  zu  welcher  Zeit  die  Richtung 
der  Normallinie  des  Magnetstabes  nur  0,02  Skalenteile,  also  um  einen  ver- 
schwindend  kleinen  Winkel  von  der  optischen  Achse  des  Fernrohrs  abwich. 

Der  gemessene  Winkel  KEB  konnte  also  beibehalten  werden  =  84° 
51' 58",  das  Streichen  der  Linie  KE  auf  E  ist  demnach  =  275°  8' 2". 

Standpunkt  K,  Richtung  des  Fernrohrs  auf  A. 


Beobachtungsinstrument. 

GAUSS  sches  Kontrolmagnetometer. 

Nr. 

Zeit. 

Abgelesene 

OstlicheAbweichung 
des  Magnetstabes 

Zunahme 
Abgelesene           der  Deklination 

Skalenteile. 

aus  der  Linie  KA 

Skalenteile.     !          seit  10h  30' 

in  Sekunden. 

1         in  Sekunden. 

1 

Ilfc50' 

22,615 

225 

464,71 

348 

2 

lib  55' 

22,760 

237 

464,44 

355 

3 

19h 

22,490 

214 

463,70 

375 

4 

12h    5' 

22,340 

201 

463,43 

383 

5 

12MO' 

22,050 

176 

463,25 

388 

6 

12M5' 

22,170 

187 

462,52 

407 

7 

12h  20' 

21,985 

171 

462,10 

429 

8 

12^25' 

21,925 

166 

462,00 

421 

Zur  Erinittelung  des  Streichens  der  Linie  KE  aus  vorstehenden  Beob- 
achtungen  ist  der  gemessene  Winkel  AKE  =  95°  18'  23"  zu  vermindern 
um  die  abgelesene  ostliche  Abweichung  des  Magnetstabes  aus  der  Linie  KA 
und  um  die  inzwischen  stattgefundene  Zunahme  der  Deklination. 

Aus  jeder  einzelnen  Beobachtung  laBt  sich  das  Streichen  berechnen, 
wie  folgt: 

1.  95°  18'  23"  -  (225  +  348)"  =  95°  18'  23 

2.  „      „     „     -  (237  +  355)"  =  „      „     „ 

3/O1    A       .      Q^TPCX" 
11          11         11         ~   \6i-±  +  OlOj      =11          ji         a 

4.  „  „  „  -  (201  +  383)"  =  „  „  „ 

5.  „  „  „  -(176  +  388)"=  „  „  „ 

6.  „  „  „  -  (187  +  407)"  =  „  „  „ 

7.  „  .  „  „  -(171  +429)"=   „  „  „ 

8.  „  „  „  -(166  +  421)"=  „  „  „                         ..     .. 

LaBt  man  die  erste  und  fiinfte  Beobachtung,  welche  bei  sehr  unruhigem 
Stabe  gemacht  wurden,  aus,  so  erhalt  man  im  Mittel  95°  18'  23"  -  9'  51" 
=  95°  8' 32". 

Das  Streichen  von  EK  auf  dem  Punkte  E=  275°  8'    2" 

V  QPiO  Q  '   QO" 

91  11  11  A    —        l  '      6* 

Differenz  = 


-573"  =  95°! 

3'  50" 

-  592"  =    „ 

11  31  ' 

-589"=    „ 

11  34" 

-  584"  =    „ 

11  39" 

-  564"  -    ., 

11  59" 

-594"=    „ 

a  29-" 

-600"=    „ 

„  23" 

-587"=    „ 

a  36" 

DIE  ANSCHLUSS-  UND  OBIENTIEEUNGSMESSUNGEN.  277 

Die  abgeglichenen  Winkel  sind    .275°  8'  17" 

und      95°  8'  17". 

Fiir  diese  Methode  1st  immer  eine  bestimmte  Bezifferung  der  Skala 
anzunehmen,  z.  B.  wie  hier  geschehen,  von  links  nach  rechts  (die  Be- 
deutung  links  und  rechts  auf  das  im  Fernrohr  gesehene  Bild  der  Skala 
angewandt).  In  diesem  Falle  entspricht  die  Abnahme  der  Skalenteile  einer 
Zunahme  der  Deklination.  Ferner  ist  die  Ruhelage  des  Magnetstabes  bei 
einer  Ablesung  von  20  Skalenteilen  genau  mit  der  optischen  Achse  des 
Fernrohres  ubereinstimmend,  bei  einer  Ablesung  von  mehr  als  20  Skalen- 
teilen weicht  die  Richtung  des  Magnetstabes  nach  Osten  (Fig.  226),  bei 
einer  geringeren  Ablesung  als  20  nach  Westen  ab.  Es  ist  ratsam,  sich 
stets  durch  eine  Figur  klar  zu  machen,  wie  die  jedesmalige  Stellung  des 
Magnetstabes  und  die  Zu-  oder  Abnahme  der  Deklination  auf  die  Grofie 
des  gemessenen  Winkels  einwirkt. 

Die  letztere  Methode  ist  miiheloser  und  auch  genauer,  als  die  erste ; 
sie  wird  sich  iiber  Tage  immer,  in  der  Grube  aber  nur  da  mit  Yorteil 
anwenden  lassen,  wo  die  Magnetlinie  in  die  Richtung  der  Strecke  fallt. 
Wenn  dagegen  dieselbe  hiervon  erheblich  abweicht,  so  wiirde  der  Punkt  C 
in  nachster  Nahe  des  Theodoliten  an  dem  StreckenstoBe  bezeichnet  werden 
und  die  Messung  des  Winkels  CAB  (Fig.  225)  sehr  ungenau  ausfallen  mussen. 

Will  man  aber  auch  in  dem  Falle,  daB  die  Magnetlinie  in  die  Rich- 
tung der  Grubenstrecke  fallt  und  das  Magnetstabkastchen  die  Yisur  in 
der  Linie  AB  deckt,  die  erste  Methode  anwenden,  so  ist,  so  oft  das  Signal 
B  anvisiert  werden  soil,  das  vordere  Stuck  des  Armes  a  mit  dem  Magnet- 
stabchen  zur  Seite  zu  drehen.  Bei  jeder  einzelnen  Repetition  muB  also 
das  Magnetstabchen  arretiert,  wieder  gelost  und  von  neuem  beruhigt  werden* 

Der  Magnetstab  mit  der  Kollimatorablesung  im  transportablen  Magneto-   §  175. 
meter  ist  vorsichtig  zu  behandeln,  namentlich  sind  die  Fassungen  der  Linse 
vor  alien  StoBen  und  Yerdrehungen  zu  hiiten,  weil  eine  Yeranderung  der- 
selben  eine  solche  der  Kollimationsachse  mit  sich  bringt. 

Es  ist  deswegen  ratsam,  wenn  viele  Grubenorientierungen  sich.  auf 
eine  Linie  iiber  Tage  stiitzen,  den  Streichwinkel  dieser  Linie  von  Zeit  zu 
Zeit  wieder  zu  messen,  damit  man  sich  von  der  unveranderten  Kolli- 
mationsachse des  Magnetstabes  iiberzeugt.  Wendet  man  hierbei  das  zweite 
Yerfahren  an,  so  sind  die  wenigen  Beobachtungen  mit  dem  geringsten  Zeit- 
aufwande  auszufuhren. 

Bei  richtiger  Behandlung  iiberragt  das  transportable  Magnetometer 
alle  derartigen  Instrumente  an  Leistungsfahigkeit  und  man  muB  sich  wun- 
dern,  daB  dasselbe  noch  so  wenig  Eingang  bei  den  Markscheidern  ge- 
funclen  hat. 

Der  Apparat  ist  fiir  100 — 120  Mark  einschlieBlich  des  Armes  her- 
zustellen  und  die  Behandlung  desselben  ist  schnell  zu  erlernen. 


278   ELFTES  KAPITEL.  DIE  ANSCHLUSS-  UND  OKIENTIERUGSMESSUNGEN. 

Ich  darf  nach  den  Erfahrungen,  welche  ich  an  den  unter  meiner  Lei- 
tung  arbeitenden  Markscheidern  geniacht  habe,  den  Satz  aussprechen: 
Derjenige  Markscheider,  welcher  einmal  die*  Benutzung  dieses 
Magnetometers  kennen  gelernt  hat,  wird  von  der  Anwendung 
anderer  derartiger  Apparate  fiir  immer  absehen. 


§  176.  Die  Beobachtungspunkte,  auf  denen  die  Orientierungsmessungen  aus- 

gefiihrt  werden,  diirfen  in  horizontaler  Richtung  nicht  zu  weit  voneinander 
entfernt  sein,  weil  sonst  die  Magnetlinien  an  den  betreffenden  Pimkten 
nicht  mehr  parallel  angenommen  werden  konnen. 

Bestimmte  Regeln  iiber  die  GroBe  der  zulassigen  Entfernung  lassen 
sich  nicht  geben,  man  braucht  aber  nach  den  von  mir  gemachten  Ver- 
suchen  nicht  zu  angstlich  zu  sein. 

Ich  habe  mit  demselben  transportablen  Magnetometer  mit  Berechnung 
auf  einen  Normalstand  des  GAUSS  schen  Magnetometers  an  vier  verschie- 
denen  Punkten  ABCD  das  Streichen  von  Seiten  des  Dreiecksnetzes,  welches 
iiber  den  Bergwerksdistrikt  des  Oberharzes  gelegt  ist,  genau  und  doppelt 
gemessen  und  daraus  das  Streichen  der  Abscissenlinie  auf  den  vier  Pimkten 
abgeleitet. 

Die  Punkte  ABC  liegen  fast  genau  in  der  Ost-Westlinie ;  die  gegensei- 

tigen  Entfernungen 
dieser  drei  Punkte, 
sowie  die  Lage  des 
Punktes  D  sind 
aus  der  Fig.  227 
zu  ersehen,  zugleich 
sind  auch  die  ge- 
fundenen  Streich- 
winkel  der  Abscis- 
senlinie beige- 
schrieben. 

Diese  Beobach- 
tungen  entsprechen 

iibrigens  im  ganzen  und  groBen  dem  bekannten  Satze,  daB  die  Deklinatio- 
nen  nach  Westen  und  Osten  abnehmen. 

Die  Punkte  A  und  C  sind  12000  Meter  voneinander  entfernt  (Fig.  228). 
Die  Abscissenlinie  ist  gegen  den  wahren  Meridian  des  Punktes  A  geneigt  um 
30°,  die  Deklination  der  Magnetlinie  betragt  also  im  Punkte  A=  12°  48'  18". 
Zieht  man  durch  den  Punkt  C  eine  Parallele  zum  Meridian  von  y/,  so 
macht  die  Magnetlinie  mit  dieser  Parallele  nach  der  ausgefiihrten  Messung 
einen  AVinkel  von  12°  49'  26". 

Der  Meridian  des  Punktes  C  konvergiert  aber  gegen  den  des  Punktes 
A  =  0°  8'  13".  Die  Deklination  auf  dem  Punkte  C  betragt  mithin 


Fig.  2?7. 


ZWOLETES  KAPITEL.  ANWENDUNG  EINES  KBAFTIGEN  MAGNETEN  etc.  279 

12°  49'  26"  —  8'  13"  =  12°  41'  13  '  und  ist,  wie  zu  erwarten  war,   kleiner 
als  in  clem  12000  Meter  welter  westlich  liegenden  Punkte  A. 


Fig.  228. 


Zuletzt  ist  noch  der  eine  Fall  des  Orientierungsverfahrens  zu  erwahnen,   §  17< 
wenn  der  AnschluB  von  Gruben  und  Tagezug  nur  durch  einen  tonnlagigen 
Schacht  stattfinden  kann,    und  das  Gebirge  ablenkend  auf  die  Magnet- 
nadel  wirkt. 

In  diesem  Falle  bleibt  nichts  weiter  iibrig,  als  die  Orientierung  mittels 
der  durch  den  Schacht  ausgefiihrten  Polygonmessung  in  die  Tiefe  zu  iiber- 
tragen. 

Die  Schachtmessung  ist  event,  mehrere  Mai  zu  wiederholen  und  die 
Winkel  sind  in  ununterbrochener  Reihenfolge  zu  messen,  ohne  dafi  ein  Arm, 
welcher  den  Winkelpunkt  bezeichnet,  vor  vollstandig  beendeter  Winkel- 
messung  herausgenommen  wird.  Vergleiche  librigens  §.  159. 


Zwolftes  Kapitel. 

Anwendung  eines  kraftigen  Magneten  zur  Erniittelung  der 
Durchschlagsrichtnng  zweier  Gegenorter. 

Das  Verfahren  mittels  eines  kraftigen  Magneten  die  Durchschlags- 
richtung  zweier  zusammenzufiihrenden  Gegenorter  zu  bestimmen,  sofern 
dieselben  sich  bis  auf  eine  Entfernung  von  mindestens  18  Meter 


280 


ZWOLFTES  KAPITEL. 


bereits  genahert  haben,  hat  BOECHEBS  vor  ca.  36  Jahren  zuerst 
angewandt. 

Dieser,  sowie  ein  sich  daran  schlieBendes  Yerfahren  unter  Anwendung 
desselben  Hilfsmittels  die  Starke  des  festen  Mittels  und  den  Sohlenstand 
der  beiden  Orter  zu  priifen,  1st  ausfiihrlich  beschrieben  in  dem  Anhang  zu 
BORCHEES  praktischer  Markscheidekunst. 

Indem  ich  ausdriicklich  auf  dieses  Werk  verweise,  werde  ich  daraus 
das  Wesentlichste  und  zwar  nur  dasjenige,  was  die  Ermittelung  der  Durch- 
schlagsrichtung  betrifft,  hier  folgen  lassen. 

Die  zu  dem  Verfahren  notigen  Apparate  sind  der  Hauptmagnet,  die 
dazu  gehorige  Stundenscheibe,  der  KompaB  mit  einer  Yorrichtung,  die 
Nadel  an  einem  Kokonfaden  aufzuhangen,  und  ein  kleiner  Hilfsmagnet. 

Der  Haupt magnet  besteht  aus  sechs  magnetisierten  Stahlstaben  von 
125  cm  Lange,  8  cm  Breite  und  2  cm  Dicke,  welche  in  zwei  holzernen 
Kasten  eingeschlossen  sind.  Der  eine  Kasten  enthalt  nur  emeu  Stab,  der 
andere  die  iibrigen  Stabe.  Diese  letzteren  liegen  nicht  unmittelbar  auf- 
einander,  sondern  sind  in  der  Mitte  und  an  den  Enden  durch  dazwischen- 
gelegte  Pappstiicke  getrennt. 

Der  grb'Bere  Kasten  ist  in  der  Mitte  der  oberen  Seite  mit  einem 
Zapfen  versehen,  welcher  in  ein  Loch  des  kleinen  Kastens  paBt.  Um  diesen 
Zapfen  kann  der  kleine  Kasten  gedreht  und  dadurch  den  Polen  des  darin 
befindlichen  Magnetstabes  eine  umgekehrte  Lage  gegen  die  der  Stabe  im 
groBen  Kasten  gegeben  werden.  Dadurch  wird  ein  Teil  der  magnetischen 
Kraft  der  letzteren  aufgehoben. 

Im  Laufe  des  Yerfahrens  muB  der  Hauptmagnet  in  verschiedene  be- 
stimmte  Richtungen  gestellt  werden  konnen,  ohne  daB  die  Lage  seines 


a 


Fig.  229  a  u.  b.     Stundenscheibe  fur  den  groCen  Magneten. 

Mittelpunktes  sich  verandert.  Hierzu  dient  eine  messingene  Stunden- 
scheibe S,  welche  mittelst  versenkter  Schrauben  auf  einem  starken  Brette 
befestigt  werden  kann.  Um  den  Mittelpunkt  der  Stundenscheibe  lafit  sich 
eine  messingene  Platte  P  drehen,  zwischen  deren  Ansatze  a,  a,  a,  a  der 
Hauptmagnet  eingelegt  werden  kann.  Rechtwinkelig  zur  Langenachse  des 
eingelegten  Magneten  ist  die  Indexlinie  eingeschnitten. 


ANWENDUNG  EINES  KRAETIGEN  MAGNETEN  etc. 


281 


Bis  zu  Entfernungen  von  6  m  kann  ein  gewohnlicher  ZulegekompaB 
mit   empfindlicher   Nadel   benutzt   werden,  fiir   groBere  Entfernungen   ist 
ein  Kompafi    erforderlich ,  dessen  Nadel  an 
einem  feinen  Kokonfaden  aufgehangt  ist. 

Der  stahlerne  Stift  ist  aus  der  Boden- 
platte  des  Kompasses  herauszuschrauben  und 
atif  den  King  der  Zulegeplatte  ein  Gehause 
zu  schieben,  dessen  Einrichtung  aus  Fig.  230 
vollstandig  zu  ersehen  ist. 

Die  Seiten  des  Gestelles  sind  zur  Ab- 
haltung  der  Zugluft  mit  Spiegelglas  zu  ver- 
setzen  und  das  obere  Ende  des  Glasrohres 
ist  mit  einer  verschiebbaren  Hiilse  und  mit 
einer  kleinen  Schlittenvorrichtung  zur  Zen- 
trierung  der  Nadel  zu  versehen.  Die  Nadel, 
welche  etwas  langer  ist  als  der  Durchmesser 
des  Stundenringes ,  braucht  iibrigens  nicht 
genau  zentrisch  zu  hangen,  wenn  an  beiden 
Spitzen  abgelesen  wird. 

Der  Hilfsmagnet  ist  ein  kleiner 
25 — 43  cm  langer  Magnetstab. 

Fig.  230. 

Das  Verfahren  ist  folgendes:  In  dem  einen  Gegenort  wird  auf  einer   §  179 
starken  Unterlage  die  Stundenscheibe  (Fig.  229)  so  befestigt,  daB  die  12. 
Stundenlinie  im  magnetischen  Meridian  sich  befindet,  in  dem  anderen  Gegen- 
orte  wird  auf  einer  Unterlage  in  moglichst  gleicher  Hohe  mit  der  Stunden- 
scheibe der  KompaB  so  aufgesetzt,  daB  die  Nadel  auf  Stunde  12  einspielt. 

Die  Nadel  des  Kompasses  muB  sodann  in  einen  moglichst  astatischen 
Zustand  versetzt  werden.  Zu  diesem  Zwecke  legt  man  den  Hilfsmagneten 
mit  umgekehrten  Polen  in  die  Richtung  der  12.  Stundenlinie  auf  die 
vom  Hauptmagneten  abgewandten  Seite  des  Kompasses  und  schiebt  ihn 
solange  vor-  und  riickwarts,  bis  die  richtende  Kraft  der  Nadel  aufge- 
hoben  ist. 

Nachdem  diese  Vorbereitungen  beendet  sind,  wird  der  Hauptmagnet 
(der  kleine  Kasten  oben  aufliegend)  auf  die  drehbare  Platte  P  der  Stun- 
denscheibe gelegt  und  schatzungsweise  in  die  Durchschlagsrichtung  gebracht. 
Der  groBe  Magnet  wirkt  auf  die  astatische  Nadel  des  Kompasses  und 
stellt  sie  nach  einer  von  GAUSS  aufgestellten  Regel  in  eine  bestimmte 
Richtung. 

Da  aber  die  KompaBnadel  nicht  fiir  aile  Stellungen  vollkommen  astatisch 
ist,  so  muB  der  letzte  Rest  der  richtenden  Kraft  wieder  fiir  die  unter  der 
Einwirkung  des  Hauptmagneten  angenommene  Stellung  aufgehoben  werden. 


282  ZWOLFTES  KAPITEL. 


Dies  geschieht  auf  folgende  Weise:  Man  dreht  den  oberen  klenren 
Kasten  des  Hauptmagneten,  welcher  nur  einen  Magnetstab  enthalt,  um  den 
Zapfen  in  die  umgekehrte  Lage  und  schwacht  dadurch,  wie  oben  angedeutet, 
die  Wirkung  des  groBen  Magneten.  War  in  der  KompaBnadel  noch  etwas 
von  der  eigenen  richtenden  Kraft  vorhanden,  war  dieselbe  also  nicht  voll- 
kommen  astatisch,  so  wird  ihre  Stellung  sich  andern,  je  nachdem  der  Haupt- 
magnet  mit  voller  oder  geschwachter  Kraft  wirkt. 

1st  wahrend  der  Einwirkung  des  geschwachten  Hauptmagneten  eine 
Yeranderung  der  Nadel  erkennbar,  so  wird  man  durch  eine  ganz  geringe 
Yerschiebung  des  Hilfsmagneten  zu  erreichen  suchen,  da6  die  Nadel  sich 
dem  Stande  nahert,  welchen  sie  einnimmt,  wenn  der  Hauptmagnet  mit 
voller  Kraft  wirkt. 

Alsdann  dreht  man  den  oberen  Stab  des  Hauptmagneten  wieder  in  die 
erste  Lage,  so  daB  die  voile  Kraft  wieder  hergestellt  ist  und  iiberzeugt  sich 
ob  die  KompaBnadel  ihre  Stellung  verandert,  und  ob  die  Verschiebung  des 
Hilfsmagneten  hinreichend  gewesen  ist.  Wenn  sich  noch  eine  Veranderung 
der  Nadel  zeigt,  so  wiederholt  man  das  Yerfahren  solange,  bis  die  KompaB 
nadel  bei  voller  und  bei  geschwachter  Kraft  des  Hauptmagneten  dieselbe 
Stunde  zeigt. 

Aus  dieser  am  KompaB  abgelesenen  Stunde  und  aus  der  Richtung 
des  Hauptmagneten  laBt  sich  nach  einer  von  GAUSS  aufgestellten  Regel 

die     Durchschlagsrichtung     be- 
stiminen. 

Ist  in  Figur  231  ABC  ein 
bei  C  rechtwinkeliges  Dreick  und 
befindet  sich  in  A  der  Mittel- 
punkt  des  Hauptmagneten  und 
seine  Langsachse  in  der  Rich- 
tung der  HypotenuseS.#,  ferner 
befindet  sich  die  astatische  Nadel 
in  C,  so  wird  dieselbe  unter  dem 

Fig.  231.    GAusssche  Regei.  EinfluB  der  richtenden  Kraft  des 

groBen  Magneten  ihre  Stellung 
in  der  Linie  CD  einnehmen.  Die  Richtung  dieser  Linie  ist  dadurch  be- 
stimmt,  daB  AD  =  \AB. 

Streng  genommen  soil  der  Magnet  NS  sehr  klein  sein,  jedoch  laBt 
sich  der  Satz  fur  den  vorliegenden  Zweck  ohne  erhebliche  Fehler  in  An- 
wendung  bringen. 

Die  Durchschlagsrichtung  AC  laBt  sich  nun  wie  folgt  berechnen. 
In  Fig.  232,  welche  dieselbe  Lage  des  Hauptmagneten  und  des  Kom- 
passes,  wie  die  vorige  Figur  zeigt,  sind  Ax  und  Cy  die  Richtungen  der 
zwolften  Stundenlinie,  durch  C  ist  FG  parallel  mit  AB,  d.  h.  mit  der  Rich- 
tung des  groBen  Magneten  und  von  C,  auBer  der  schon  vorhandenen  Linie 
C  D,  noch  die  Linie  CE  derartig  gezogen,  daB  AE=EB  ist. 


ANWENDUNG  EINES  KBAFTIGEN  MAGNETEN  etc.  283 

Der  Magnet  NS  1st  um  den  Winkel  NAx  gegen  die  zwolfte  Stunden- 
linie  gedreht  und  die  astatische  Nadel  um  den  Winkel  y  CD.  Da  4^  y  CF 
=  L.  xAN,  so  ist  Z.  FCD  = 
/L'yCD  -  xAN  =  L.  CDE. 
Der  letztere  Winkel  ist  aber 
als  AuBenwinkel  =  ct  -}-  ft. 
Um  den  Winkel  a  weicht  die 
Durchschlagsrichtung  von 
der  Richtung  des  groBen 
Magneten  und  um  den  Win- 
kel ft  von  der  Richtung  der 
KompaBnadel  ab.  „..  . 

Die  Winkel  a  und  ft  sind 
zu  berechnen.  Fig.  232. 

In   dem   Dreiecke    CDE 

ist,  da  das  Dreieck  AEC  gleichschenkelig  ist,  der  Winkel  DCE=  a  —  ft, 
ferner  ist  die  Seite  DE  =  J  AE—\  CE.    Nach  dem  Sinussatze  verhalt  sich 

sin  («  +  /?):  sin  (a  —  ft)  =  3  : 1,  sin  (a  —  ft)  =  J  sin  (a  +  ft). 
Ware  z.  B.  an  der  Stundenscheibe  des  groBen  Magneten  3h  (45°)  ab- 
gelesen  und  am  Kompafi  5h  6  A.  (86°  15'),    so  ist  die  Differenz  =  2h  6  A. 

(41°  15')  =  a  +  ft,  sin  2h  6  A.  (41°  15')  =  0,6593,  °'^  =  0,2198  dazu  ge- 

bort  der  Streichwinkel  Oh  6,  12,3  (12°  41'  50") 

a  +  fi^  2h  6         oder  41°  15'  - 
a-  fi  =  ^Q  12,3          12°  41' 50" 

«=          1^6~M~       26°58'25/' 
ft=         Oh  7  10  14°  16'  35" 

Die  Durcbschlagsrichtung  ist 

3h     +lh6    6,  =  4.6.  6,- 
und  5h  6-Oh  7  10,  =  4.  6.  6.  - 

Dies  aus  der  Berechnung  hervorgegangene  Streichen  ist  von  zwolf  Stun- 
den  abzuziehen,  da  die  Nord-Siidlinie  des  Kompasses  wahrend  des  ganzen 
Yerfahrens  stets  in  derselben  Lage  bleibt  und  die  Nadel  gleichsam  wie  eine 
Alhidade  gedreht  wird.  Die  mit  dem  Hangezeug  abzugebende  Stunde  wiirde 
demnach  sein: 

12h  — 4h  6.  6.  =  A  7.  1.  10. 


Man  wird  sich  mit  einer  einmaligen  Bestimmung  der  Durchschlags- 
richtung  aber  nicht  begniigen.  Denn  nur  in  dem  Falle,  wenn  diese  Rich- 
tung durch  einen  Theodolitzug  hinreichend  genau  ermittelt  und  der  groBe 
Magnet  in  dieselbe  gelegt  worden  war,  wird  man  bei  der  einmaligen  Be- 
stimmung des  Durchschlages  ein  brauchbares  Resultat  erwarten  konnen. 

Je  mehr    die  Richtung    des    groBen  Magneten   von    der   des  Durch- 


284 


ZWOLFTES  KAPITEL. 


schlages  abweicht,  um  so  unsicherer  fallt  die  einmalige  Durchschlags- 
bestimmung  aus. 

Man  verfahrt  deshalb  folgendermaBen : 

Nachdem  in  Fig.  233  die  Richtung  der  KompaBnadel  ^  —  s1  gefunden 
ist,  welche  nur  allein  von  der  Stellung  des  Hauptmagneten  Nt  —  Sl  bedingt 


Fig.  233.     Durchschlagsbestimmung  mittels  eines  kraftigen  Magneten. 

wird,  bringt  man  den  Hauptmagneten  mit  Hilfe  der  Stundenscheibe  in  eine 
der  Richtung  ^  —  s1  parallele  Lage  =  N2  —  S2.  Dadurch  wird  die  KompaB- 
nadel  eine  neue  Stellung  n.2  —  s2  einnehmen.  Giebt  man  dem  Hauptmagneten 
danach  die  Lage  JV3  —  S3  parallel  zur  Nadelstellung  ?i2  —  s2,  so  resultiert 
die  neue  Nadelrichtung  n3  —  s.3  u.  s.  w. 

Aus  der  Fig.  233  ist  ersichtlich,  daB  die  Stellungen  des  groBen  Mag- 
neten und  der  KompaBnadel  sich  immer  mehr  der  Durchschlagsrichtung 
nahern  und  zuletzt  bei  Fortsetzung  dieser  Methode  in  dieselbe  hineinfallen 
miissen. 


181.  1st  der  gegenseitige  Stand  der  Orter  ganzlich  unbekannt,  so  ist  noch 
eine  Unsicherheit  in  der  gegenseitigen  Lage  des  Hauptmagneten  und  des 
Kompasses  vorhanden. 

Wiederholt  man  namlich  die  Konstruktion  der  Fig.  131  und  schlagt 
mit  dem  Radius  EA  einen  Kreis  um  E,  verlangert  AB  iiber  A  hinaus 
bis  E'j  so  daB  AE  =  AE'  wird,  und  schlagt  ebenfalls  mit  AE'  einen  Kreis, 
so  entsteht,  wenn  man  noch  der  Reihe  nach  die  geraden  Linien  CDO', 
C' AC",  CAC'",  AE'B',  C'"ff  und  C'B  zieht,  die  Fig.  234.  In  jedem  der  vier 
Punkte  C,  C',  C",  C'"  kann  bei  derselben  Lage  des  Hauptmagneten  sich  der 
Kompafi  befinden,  da  fur  jeden  derselben  die  GAUSS  sche  Konstruktion  paBt. 

Wendet  man  jedoch  das  oben  beschriebene  Naherungsverfahren  an, 
so  reduziert  sich  die  Anzahl  der  moglichen  Standpunkte  des  Kompasses 
auf  zwei,  namlich  auf  C  und  C'"  oder  auf  C'  und  C". 

Dieser  Zweifel  lafit  sich  heben,  wenn  man  den  Hauptmagneten  auf 
einem  zweiten  Punkte  in  moglichst  rechtwinkeligen  Abstande  von  der  zuerst 


ANWENDUNG  EINES  KBAFTIGEN  MAGNETEN  etc. 


285 


gefundenen  Durchschlagsrichtung  aufstellt  und  von  neuem  diese  Kichtung 
bestimmt,  welche  gegen  die  zuerst  gefundenen  konvergieren  wird. 


Fig.  234. 

Die  gewiinschten  Operationen  am  groBen  Magneten  werden  auf  vorher 
genau  verabredete  Signale  ausgeftihrt,  welche  der  Beobachter  am  Kompasse 
durch  Klopfen  geben  laBt. 

Die  Stabe  des  groBen  Magneten  sind  zur  besseren  Erhaltung  der 
magnetischen  Kraft  in  einer  solchen  Lage  aufzubewahren,  daB  die  ungleich- 
namigen  Pole  nebeneinander  liegen.  Erst  kurz  vor  dem  Gebrauche  sind 
die  Stabe  so  umzulegen,  daB  ihre  Pole  gleichgerichtet  sind. 


S  a  c  h  r  e  g  i  s  t  e  r. 


Abbaubezeichnung  auf  Rissen 

207. 

Ablesung  am  KompaB  41. 
Abscissenlinie  187. 
Abwagestabe  108. 
Alhidade  106. 
AITA,  Nivellierinstr.  104. 
Astatische  Nadel  281. 
Angabe  des  Nonius  132. 
AnschluCdreieck  245.  247. 
AnschluGmessungen  236. 
ArretierungderMagnetnadel40. 
Aufnahme  von  Grubenraumen 

171. 
Aufspannen  des  Zeichenpapiers 

181.  203. 
Aufsteigung,  gerade,  eines  Ster- 

nes  4.  4 

Aufstellungsarm  von  BOUCHERS 

99. 

Aufstellungsarm  von  OTTO  150. 
Aufstellung   der   Nivellierinstr. 

98. 

—  des  Theodoliten  iiber  Tage 
137. 

—  des  Theodoliten  in  der  Grube 
140.  149. 

—  Freiberger  147.   150. 
Azimut  u.  Hohe  eines  Sternes  4. 
Azimut  einer  Linie  13. 
Azimutalwinkel,  Ableitung  des- 

selben  188. 


Basismessung  27. 
Blase  der  Libelle  82. 
BORCHERS,  Zielvorrichtung  91. 

—  Aufstellungsarm  und  Signal 
99.  154. 

—  Hangeniveau  35. 

—  MaBgestange  112. 

—  Magnetometer  267. 
BRAUNSDORF,  Hangezeug  64. 
Breite,  geograpbische  5.  6. 

—  eines  Sternes  8. 


Deklination  eines  Sternes  4. 

—  der  Magnetlinie  17. 

—  absolute  255.  259. 
Deklinatorium  255. 

—  von  GAUSS  261. 
Deklinationskreis  4. 
Deklinationskarte  19. 
Doppelnonius  133. 
Doppelhangezeug  von    KRAFT 

und  SCHNEIDER  70. 
Dosenlibelle  58. 
Dreiecksnetz  164. 
Dreifufi  76. 

Durchschlagsziige    197. 
Durchschlagsangabe  199. 

—  mittels  eines  kraft.  Magneten 
279  ff. 


Eisenfreie  Schnure  62.  71. 

Ekliptik  8. 

Elektrizitat  im'Deckelglase  des 

Kompasses  183. 
Empfindlichkeit    der    Rohren- 

libelle  83. 

—  der  KompaCnadel  44. 
Entfernung,  spharische   7. 
Erde,  Gestalt,  DimensionenS.  6. 
Erdkriimmung ,     Einfluil    der- 

selben  94. 
Exzentrischer    Theodolit    136. 

161. 
Exzentrizitatsfehler    am    Kom- 

pass'42. 

Fadenkreuz  81.   118. 
Fallen,  Fallwinkel  20.  172. 
FarbenaufdenGrundrissen206. 
Fehlerverteilung  211. 

—  mecbanische  214. 

—  im  offenen  Polygon  216. 

—  im  geschloss.  Polygon  222. 
228. 

-  nach  v.  MILLER  225.  233. 
Federhaken  76. 


FeldmeCinstrument  56. 
Fernrohr  des  Theodoliten  116. 

—  des  Nivellierinstr.   79. 
Fernrohrtrager  118. 
Feuerlinie   173. 

Fixieren  derWinkelpunkte!40. 

—  der  Schachtlote  242. 
Flache  Linie  19. 

Flache   Strecken   u.   Schachte, 

Abteufen  derselben  200. 
Formulare  fiir  Nivellements  96. 

—  fiir  Kompaflmessungen  168. 
178.   197. 

—  fiir  Theodolitmessungen  174. 
178. 

Freiberger  Aufstellung  150. 
Friihlingspunkt   9. 
FUHRMANNS  Hangezeug  69. 
Fundamentalrisse  205. 
FuBschrauben  amTheodolit  116. 


GAUSS,  Deklinatorium  261. 

—  trig,  und  polygonom.  Rech- 
nungen  165.  212. 

Gegenzug  20.  212.  214. 
Geometrisches  Nivellement  73.' 

—  Genauigkeit  derselben  100. 
Gnomon  11. 

Gradbogen  29.  30. 

—  Aufhangepunkt  am  31.  33. 

—  von  KASTNER  34. 
-  von  SCHNEIDER  35. 

—  von  BORCHERS  35. 
GRAFE,  Schachtmessung  111. 
Grubenaufnahme  172. 
Grubenrisse  203. 
Grundriii  206. 


Haken  am  Gradbogen  31. 
Hiingebogen  von  SCHNEIDER  35. 
Hangebiigel  45. 
Hangebussole   von  PLAMINECK 

55. 
HangekompaB  von  PENKERT  6  7 . 


SACHEEGISTEE. 


287 


Hangelampe     von     WEISBACH 

153. 

Hangelibelle  108. 
Hangeniveau  vonBoRCHERs  35. 
Hangezeug,  Priifung  desselben 

45  ff. 

-  VOn    OSTERLAND    53. 

—  von  BRAUNSDORF  65. 

-  von  FUHRMANN  69. 
Hangezeug    von    KRAFT     und 

SCHNEIDER  70. 
Heliotrop  139. 
Herbstpunkt  9. 
Himmelsaquator  3. 
Hohe  und  Azimut  eines  Sternes  4. 
Hohen-  oder  Vertikalkreis  4. 
Hohenkreis  am  Theodoliten  120. 

129. 

-  mit  Alhidade  120. 
Horizont,    wahrer   und  schein- 

barer  2. 

—  Depression  desselben    57. 

—  kunstlicher  128.  161. 
Horizontalwinkel,   Messen  des- 
selben 133. 

—  mit  exzentr.  Fernrohr  136. 
Horizontalstellung  derNivellier- 

instrumente  77. 

-  der  Theodoliten  135. 
HuYGHENSSches  Fernrohr  80. 


llluminatorendesFadenkreuzes 

102. 
Indexfehler  des  Hohenkreises 

129. 
JUNGE,  Goniometer,  Signal  147. 

148. 
Justierung  der  Nivellierinstr. 

84  ff. 
—  des  Theodoliten  123 ff. 


KAwERAUsche  Spreize   99. 
KELLNERS         orthoskopisches 

Okular  80. 
Kleister    zum    Aufkleben    der 

Risse  204. 
Kokonfaden  255. 
Korner,  Kornerpunkte  144. 
Kollimatorablesung  255. 
Kollimationsachse   256. 
Kollimationsfehler   am  Hohen- 

kreis  129. 
KompaC  36. 

—  verglichen  mit   dem  Theo- 
dolit  167. 

-  Fehler  am,  42. 
KompaCbuchse  39. 
KompaCnadel  39. 

—  Arretierung  derselben  40. 
Kompafieinteilung  40.  41. 
Kompafi  im  Hangezeuge  45  ff. 


Kompaftring  46. 
—  stabchen  von  LEHMANN  u. 
REICHELT  66. 

Koordinaten  186ff. 

Koordinatenverwandlung    191. 

Kopieren  von  Rissen  209. 

Kreuzhangezeug  von  ROSSLER 
38. 

Kreuzschniire  63. 

Kugelgelenk  78.   146. 

Kugelaufhangung  fiir  Nivellier- 
instr.  78. 

Kulmination  3. 

Jjage,    erste    und    zweite   des 

Fernrohrs  134. 
Lattenprobe    des    Hangezeuges 

50. 

Latten  zum  Nivellieren  87. 
Lange,  geographische  5. 
Lange  eines  Sternes   8. 
Legebrett  83. 
LEHMANNS       KompaCstabchen 

66. 

Limbus,  Limbusachse  116.  126. 
Lochsteine  166. 
Lotinstrument  von  NAG  EL  249. 
Luftblasenniveau  74ff. 
Lupen  an  den  Nonien  117. 

Magnetlinie  16. 
Magnetometer   mit    Skala   und 

Linse  255. 

-  mit  Spiegel  und  Skala  261. 
—  transportables  v.  BORCHERS 

267. 
Magnetisierender  KompaBnadel 

44. 

Markscheiderbock  26. 
Markscheidertheodolit  115. 
Markscheiderlampen  176. 
Markscheiderzeichen  170. 
Markscheiderziige  168. 
MaCgestange  von  BORCHERS  112. 
Maftstab  der  Risse  180.  205. 
Meridian  3. 

Meridianbestimmung  12 — 15. 
Meridiankonvergenz  16. 
Meflband  aus  Stahl  24.  111. 
MeBstabe  22. 

Messen  von  Langen  22  ff. 
Messen    von    Horizontal-    und 

Vertikalwinkeln  133. 
Messen  von  Schachttiefen  109. 
Mefistabe  aus  Holz  und  Eisen  2  2. 
Meterkette  21. 
Multiplikation  der  Winkel  134. 

Nadel  im  KompaC  39. 
Nadir  2. 


Nachtbogen  der  Gestirne  3. 
Nivellieren  73. 
Nivellement,  einfaches  92. 

—  zusammengesetztes  95. 

—  aus  der  Mitte  92. 

-  aus  den  Endpunkten  94. 

-  geometrisches  130.   131. 
Nivellementsformulare  96. 
Nivellierinstrumente  74. 

—  Priifung  und  Berichtig.  der- 
selben 84  ff. 

Nivellierinstrument    von   AITA 

104. 
Nivellierlatten  87. 

—  fiir  die  Grube  90. 
Nonien  117.   132. 
Nonienblenden  118. 
Normalhorizontale  98. 
Normalstunde  71. 
Nutation  11. 

Objektivlinse  80. 
Okular  80. 

—  Geradfiihrung  desselben  125. 
Okularprisma  119. 
Optische  Achse  des  Fernrohrs 

84.  124. 

Orientieren  eines  Risses  180. 
Orientierungslinie   168. 
Orientierungsbussole  263. 
Orientierungsmessungen  236. 

-  durch  zwei  Schachte  238. 

—  durch  einen  Schacht  (Lot- 
verfahren)  244  ff. 

—  durch  einen  Schacht  (mittels 
des  Magneten)  254  ff. 

OsTERLANDsches  Hangezeug  53. 

i  antograph  210. 

Parallelitat     der    Magnetlinien 

278. 
PENKERTS  zentrierbarer  Hange- 

kompafi  67. 

Phototrop  von  CHOULANT  155. 
Pfriemen  21. 

PLAMINECKS  Hangebussole  54. 
Plattenrisse  204. 
Polarkoordinaten  192. 
Polarstern  3.   14. 
Polhohe,  Bestimmung  derselben 

3.  7. 
Polygon,  offenes  u.  geschlossenes 

187. 
Prazession  des  Friihlingspunk- 

tes  10. 
PREDIGER,  Fehler  beimZulegen 

182. 

—  Prufung  des  Okulars  125. 

Quadratnetz  181.   195.  210. 
Quecksilberhorizont  252. 


288 


SACHRE  GISTER. 


RAMSDENsehes  Okular  80. 
Refraktion  94. 

REICHELTS  KompaBstabchen  65. 
Rektaszension  eines  Sternes  4. 
Repetitionstheodolit  117. 
Repetieren  der  Winkel  134. 
Reversionslibelle  am  Nivellier- 
instrument  87. 

—  am  Theodolit  131. 
Rollrisse  203. 

Schachtmessungen    am   Draht 
109. 

—  mittels  MeCrades  110. 

—  Kette  und  MeBbandes  111. 
-  MaBgestanges  112. 

Schachtangabe  202. 
Schachtlotungen  239. 
Schiefe  der  Ekliptik  8. 
SCHMIDTS  Lotverfahren  241. 
Seigerlinie  und  Punkt  19. 
Seigerteufe  und  Sohle  20. 
Setzniveau  und  Latte  105. 
SetzkompaB  37. 
Skala,  Skalenteil  257. 
Signale  fur  Theodolit  iiber  Tage 
138. 

—  in  der  Grube  152. 
Signal  von  BOUCHERS  154. 

—  CHOULANT  155. 

—  VIERTEL  156. 

Signale,   Beurteilung  derselben 

159. 

Sohle,  sohlige  Linie  20. 
Solstitialpunkte  8. 
Spiegel,    an   der  Rohrenlibelle 

77. 

—  an    dem    Magnetstab    255. 
261. 

Spreizenschraube  147.  149. 
Standplatte  der  Zentriervorrich- 
tungen  142.   144.  149. 


Steigerhangezeug  56. 
Sternentag  9. 
Streichen  einer  Linie  20. 
—  Bestimmen  derselben  71.172. 
Streichsinus  und  -cosinus  20. 
Stunde,  Streichen  in  20. 
Stunde  hangen  173. 
Stundenkreis  4. 
Stundenwinkel  eines  Kreises  4. 
Stundenring  52. 
Stundenscheibe  183.  280. 
Stuck vermessung  mitdemKom- 
paB  196. 


Tagebogen  der  Gestirne  3. 
TaschenkompaB  56. 
Taschentheodolit    von    BREIT- 

HAUPT    122. 

Telleruntersatz  von  WEISBACH 

145. 

Teilkoordinaten  190. 
Theodolit  114ff. 
Theodolitfernrohr      119.     130. 

131. 

Tonnlage  20. 

Tonnlagige  Schachte  113.  160. 
Transporteur   185. 


C 


bertragung  vonSeigerpunkten 
197.  201. 
Untersatze  fiir  Theodoliten  145. 


Variation  der  Magnetnadel  17. 

255  ff. 

Verlorener  Punkt,  Pfahl  202. 
Verscharftes    Beobachten    der 

Streichwinkel  71. 
Vertikalwinkel  129.  137. 
Vertikal-  oder  Hohenkreis  4. 


VIERTEL,  Signal  156. 
VisierkompaB  57. 


YV  ahrzug  10. 

WEISBACH,  Setzniveau  105. 
—  Hangelampe   153. 
Weltachse  2. 

Weltgegend  am  KompaB  40. 
Widersinnige  Beaifferung  40. 
Winkeltrommel  59. 
Winkelspiegel  60. 
Winkelwert    eines    Skalenteils 
257.  261. 


/Japfensignale  146. 

Zeitbestimmung  10. 

Zeiteinteilung   7. 

Zenith   2. 

Zenithdistanz  4. 

Zentralschraube  76.   138. 

Zentrierbrett  143. 

Zentrierlot  140. 

Zentrierspitze   oder  -Stift    116. 
143.  251. 

Zentrieren      der      Theodoliten 
137. 

Zentriervorrichtung  von  CHRIS- 
MAR  142. 
-  von  BORCHERS  144. 

Zielscheiben  an  Nivellieiiatten 
89. 

Zielvorrichtung  von  BORCHERS 
91. 

Zirkumpolarsterne  3.   14. 

Zug  oder  Markscheiderz.  20. 

Zulegeplatte  55. 

Zulegen  mit  dem  Kompafi  180 
bis  182. 

—  mit  der  Stundenscheibe  183. 

—  mit  dem  Transporteur  185. 

—  nach  Koordinaten  195. 


Berichtigungen. 

Seite   62.  In  Fig.    70  fehlt  an  der  Linie  be  die  Stunde  4.  3.  4. 

„       82.  In  Fig.    97  sind  die  Buchstaben  r  und  s  zu  vertauschen. 

„    186.  In  Fig.  182  fehlt  der  Buchstabe  C. 

„     215.  In  Fig.  195  fehlt  der  Buchstabe     . 


Berichtigimgen. 


Seite  7  Abs.  4  Zeile  3.     Hinter  dern  Worte  ,,beiden"  ist  einzufiigen:    ,.mit  Beriick- 

sichtigung  der  astronomischen  Refraktiou  ermittelten". 
„      10  Zeile  1  v.  o.     Hinter  ,.Gang"  einzufiigen  ,,und  Stand". 
„      12  Zeile  8  v.  u.     Statt  dFc  =  bFa  lies  dFc,  bFa. 
„      13  Zeile  4  v.  o.     Hinter    dem    Worte    ,,dann"    ist   einzufiigen:    ,,den    Winkel 

C  A  Nord  und  aus  360  °— C  A  Nord  findet  man". 
„      16  §.  9  Zeile  2  v.  o.     Statt    der   Worte:    ,,Eine    —   Magnetnadel"  lies  ,,Eme 

frei  schwingende  Magnetuadel,  deren  Schwerpunkt  unterstutzt  ist". 
„      17  Abs.  2  Zeile  2  v.  o.     Statt  ,,es"  lies  ,,dieselbe". 
„      20  Abs.  1.    Hinzuzufugen :    ,,Uuter   der  Tonnlage  von  Schachten  versteht 

man  den  Winkel,  welchen  die  Mittellinie  des  Schachtes  mit  der  Vertikalen 

einschliesst." 

„      24  Zeile  6  v.  u.  und  Seite  25  Zeile  5  v.  o.     Statt  ,,dehnen"  lies  ,,strecken". 
„      27  Zeile  2  v.  u.     Statt  ,,bringt"  lies  ,,weist", 
„      39  §.  21  Zeile  11  v.  o.     Die    Worte:    ,,und   mit   einem   Querstrich   versehen" 

sind  zu  streicheu. 
„      49  §.  25.    Der  hier  besprochene  Feliler  vergrossert  sich  stets  mit  der  Neigung 

der  Sclinur,  abgeseheu  von  ihrer  Richtung.    Er  verschwindet  n  i  ch  t  bei 

Schniiren,  welche  in  Stunde  12  streichen  und  das  in  §.  25  darauf  beziig- 

lieh  Gesagte  muss  wegfallen. 

„      52  Zeile  7  v.  o.     Statt  ,,Zahler"  lies  ,,Nenner". 
„      62  In  Fig.  70  fehlt  an  der  Linie  be  die  Stunde  4.  3.  4. 
„      73  §.  42  Zeile  3    v.  o.     Statt  ,,Horizontalebene"  lies  ,,Niveauflache". 
„      74  Zeile  5  v.  o.     Statt  ,,Veranderlichkeit'*  lies  ,,Aenderung". 
„      79  Zeile  5  und  10  v.  u.,    sowie  §.  81  Zeile  5.     Statt   ,,im  Brenupunkte"    lies 

,,innerhalb  der  Brenuweite". 

„      82  In  Fig.  97  sind  die  Buclistaben  r  uiid  s  zu  vertauschen. 
„      86  Die  Zeilen  3  und  4  v.  u.  sind  zu  streichen. 

„      91  Abs.  2  Zeile  3.     Statt  ,,ein  Nonius"  lies  ,,eine  Millimeterteilung" . 
„      128  Die  Priifungsmethode  am  Schlusse  des  §.  86  gehort  unter  §.  81  und  die 

Korrektion  muss  am  Fadenkreuz  bewirkt  werden. 
„      160  Zeile  11  v.  u.     Statt  ,,unbequem"  lies  ,,bequem". 
„      169  Zeile  2  v.  u.     Das  Wort  ,,einiger"  ist  zu  streichen. 
„      171  Zeile  7  v.  o.     Statt  ,,dem"  lies  ,,demselben"  und  hinter  den  Worten  ,,Kom- 

pass  oder"   ist  einzufiigen    ,,mit   einem  Transporteur,  mit  einem  anderen 

Kompass  oder  auch". 

„      186  In  Fig.  182  fehlt  der  Buchstabe  C. 
„      188  Zeile  15  v.  o.     Statt   ,,Brechungswinkeln  der  Polygonseiten"    lies    ,,Poly- 

gonwinkeln". 

„      215  In  Fig.  195  fehlt  der  Buchstabe  y. 
„      255  Zeile  1  v.  o.     Statt   ,,des    magnetischen   Meridians"    lies   ,,der   Richtung1 

der  Magnetlinie". 

„     256  Zeile  8  v.  o.     Die  Worte  ,,Normallinie  oder"  sind  zu  streichen. 
„      258  Zeile  3  v.  o.     Statt  ,,die"  lies  ,,der". 
„      259  Zeile  2  v.  o.    Hinter  den  Worten  ,,ein  kleines  Gewicht"  sind  die  Worte 

einzufiigen  ,,welches  geuau  so  schwer  ist,  wie  der  Magnetstab  und". 

Abs.  2  Zeile  6.     Statt  ,,Lage"  lies  ,,Hohe". 

„     274  §.  174  Zeile  4.     Statt  ,,Normallinie"  lies  ,,Collimationsachse". 
„      278  Zeile  9  v.  u.     Statt  ,,nach  Westen  und  Osten"  lies  ,,von  Westen  nach 

Osten". 
„      280  Zeile  3  v.  o.     Statt  ,,dieser"  lies  ,,dieses". 

Brathuhn,  Markscheidekunst. 


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3S*I 


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