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Accessions No.
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LEHRBUCH
DEll PEAKTTSCHEN
MARKSCHEIDEKUNST.
VON
O. BRATHUHN,
9
OBERBERGAMTSMARKSCHEIDER UND DOCENT FUR MARKSCHEIDEN AN DER
KONIGI.ICHEN BERGAKADEMIE ZU KLAU8THA.L.
MIT 234 ABBILDUNGEN IM TEXT.
LI
VERLAG VON.VEIT & COMP.
1884.
Das Eecht der Herausgabe von Ubersetzungen vorbehalten.
Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.
Vo r w o r t.
iLtwa bis zu Anfang der vierziger Jahre waren die wenigen Apparate,
welche die Markscheider anwendeten, so einfacher Natur, daB die Be-
schreibung und eine Anleitung zur Handhabung derselben leicht in einem
in sich abgeschlossenen Buche gegeben werden konnte.
Seitdem aber der Bergbau an Umfang bedeutend zugenommen hat
und in immer groBere Tiefen hinabdringt, ferner das Eisen beim Gruben-
ausbau und der Forderung immer mehr Verwendung findet, sind die
Anspriiche, welche an die Leistimgen" der Markscheider gestellt werden
miissen, so gestiegen, daB gegenwartig ein Markscheider auBer seinem
Spezialfach die gesamte niedere Vermessungskunde und Geodasie be-
herrschen muB.
Ein Buch, welches alles fiir den Markscheider Wissenswerte enthalten
sollte, wiirde demnach die genannten Gebiete mit zu umfassen haben und
zu einem Werke iiber Vermessungskunde anschwellen, welches nur das
Markscheiden ausfiihrlicher behandelte, als dies in den vorhandenen Biichern
von BAUERKFEIND, HUNAUS, HARTNER u. s. w. geschehen ist.
Fur ein solches umfangreiches Werk ist kein Bedurfnis vorhanden,
wohl aber scheint es zeitgemaB zu sein, das Kapitel der praktischen
Markscheidekunst gewissermaBen als Erganzung zu den Werken iiber Ver-
messungskunde zu behandeln und die in den einzelnen Biichern und Zeit-
schriften zerstreute Litteratur der Markscheidekunst in einem Buche kurz
zusammenzufassen.
In diesem Sinne ist das vorliegende Werk geschrieben worden, wobei
jedoch aus riaheliegenden Griinden einzelne Kapitel, namentlich iiber das
Luftblasenniveau und iiber den Theodolit ausfiihrlicher besprochen worden
sind, als ein nacktes Erganzungswerk einer Vermessungskunde erfordern
wiirde.
Die Behandlung des Stoffes ist unter Voraussetzung derjenigen mathe-
matischen Kenntnisse durchgefiihrt worden, welche die zur Zeit im
IV VOBWORT.
preuBischen Staate giiltigen Vorschriften iiber Priifung der Markscheider
verlangen.
Aus einem Lehrbuche allein, und wenn es alle Falle erschopfend
behandelte, 1st das Markscheiden nicht zu erlernen. Das anregende und
erganzende Wort des Lehrers unter Vorzeigung der Instrumente muB
hinzukoHiinen. Namentlich aber wird die selbstandige Anwendung aller
MeBinstrumente in den verschiedenartigen Grubenraumen fiir den lernenden
Markscheider immer das Wichtigste bleiben.
Klaus thai, im Juni 1884.
Der Verfasser.
I n h a 1 1.
Erstes Kapitel.
Einige Satze aus der mathematischen Geographic.
Seite
Horizont. Zenith. Nadir. Aquator. Meridian. Kulmination. Tagebogen und
Nachtbogen (§1) 1
Koordinatensysteme zur Bestimmung der Lage eines Punktes auf der Himmels-
kugel. Hohe und Azimut. Domination und Rektaszension (§ 2) ...... 3
Koordinatensystem zur Bestimmuug der Lage eines Punktes auf der Erdober-
flache. Geographische Lange und Breite (§§ 3 u. 4) 6
Zeiteinteilung. Ekliptik. Sternentag. Sonnentag. Mittlerer Sonnentag. Zeit-
gleichung (§5) 7
Priizession und Nutation (§6) T~'. ..... 10
Bestimmung des Meridians (§7) 11
Meridiankonvergenz (§8) . . ...... 15
Magnetnadel. Deklination. Variation. Storungen (§§ 9 u. 10) 16
Erklarung der der Markscheidekunst eigentumlichen Ausdriicke (§ 11) .... 19
Zweites Kapitel.
Die bei dem praktischen Markscheiden gebrauchlichen Instrumente,
deren Priifung und Anwendung.
Mittel zum Langenmessen (§12) 21
In der Grube. Meterkette (§12) 21
MeBstabe aus Holz und Eisen. Genauigkeit der Messungen (§13) 22
Das Mefiband aus Stahl (§14) 24
Uber Tage. MeBstabe. Basismessung. MeBband (§§ 15 u. 16) 26
Drittes Kapitel.
Der GradbogeD.
Beschreibung und Priifung desselben (§17) , . 28
Die richtige Aufhangestelle fur den Gradbogen an einer gespannten Schnur (§18) 31
Andere Formen des Gradbogens. Der KisTNERSche Gradbogen. Der SCHNEI-
DER sche Hangebogen. Das BoRCHERssche Hangeniveau (§19) 34
Viertes Kapitel.
Der KompaB.
Geschichtliches (§20) 36
Die KoinpaBbiichse. Einteilung des Kompasses (§21) 39
Priifung des Kompasses. Exzentrizitat. Empfindlichkeit der Nadel (§ 22) ... 42
Das Hangezeug. Beschreibung und Erfordernisse desselben (§ 23) 45
Priifung des Hangezeuges (§§ 24-26) 47
Andere Konstruktionen des Hangezeuges (§27) 53
Der KompaB in der Zulegeplatte (§28) 55
SetzkompaB. TaschenkompaB. Steigerhangezeug (§29) 55
Der KompaB als Feldmefiinstrument (§30) 56
Winkeltrommel und Winkelspiegel (§31) 59
vi INHALT.
Piinftes Kapitel. seite
Hilfsapparate zur Yerwendung des Kompasses in Gegenwart
von Eisen.
Allgemeine Theorie (§§ 32 u. 33) 61
Kreuzschniire (§34) 62
BRAUNSDORFsehes Hangezeug (§35) 63
REicHELTSches und LEHMANNSches KompaBstabchen (§ 36) 65
PENKERTS zentrierbarer HangekompaB (§37) 67
FuHRMANNsehes Hangezeug (§38) 68
SCHNEIDERS Zwillingshangezeug (§39) 70
Der KompaB als FeldmeBinstrument. Verscharfte Ablesemethode (§ 40) ... 70
Bestimmung von Normalstunden. Genauigkeit derartiger Messungen (§41) . . 71
Sechstes Kapitel.
Das Nivellieren und die hierzu erforderlichen Instrumente.
Allgemeines (§42) 73
Die von den Markscheidern benutzten Konstruktionen des Luftblasenniveaus (8 43) 74
Die einzelnen Teile eines Nivelliermstrumentes. Der FuB. Der DreifuB. Hori
zontalstellung mil dessen Hilfe (§44) . 76
Das Kugelgelenk (§45) 78
Das Fernrohr. Allgemeines. Verschiedene Okulare (§46) 79
Die Rohrenlibelle. Anfertigiing und Empfindlichkeit derselben (§ 47) .... 82
Priifung und Berichtigung der Nivellierinstrumente mit zerlegbaren Teilen. Prii-
fung der Libelle (§48) 84
Das Zusammenfallen der optischen und geometrischen Achse des Fernrohrs. Die
senkrechte Stellung der geometrischen Achse zur Drehachse ('§ 49) .... 84
Priifung der Nivellierinstrumente mit fest verbundenen Teilen (§ 50) ..... 85
Priifung der Instrumente mit Reversionslibelle (§51) 86
Allgemeines iiber Justieren der Nivellierinstrumente (§52) 87
Nivellierlatten (§53) 87
Grubennivellierlatten. SCHMIDT sche Latte (§ 54) . ... . ... ..... . 89
Zielvorrichtung von BOUCHERS (§ 55) 90
Methoden des Nivellierens (§56) 92
EinfluB von der Kriimmung der Erdoberflache und von der Refraktion ($ 57) . 93
Nivellieren aus den Endpunkten (§ 58) 93
Zusammengesetztes Nivellement. Formulare. Bezeichnung der einzelnen Formular-
spalten (§§ 59 u. 60) 94
Aufstellung des Nivellierinstrumentes in der Grube. Stativ. Arm. KAWERAusche
Spreize (§61) 98
Genauigkeit geometrischer Nivellements (§ 62) 100
Bemerkungen zum Nivellieren in der Grube (§63) 102
Abwagestabe. Hangelibelle (§64) 102
Spiegel ruhig stehender Gewasser (§65) 104
Apparat von LUIGI AITA (§66) 1Q4
Das trigonometrische Hohenmessen mittels des Seteniveaus und der Latte (§ 67) 104
mittels des Theodoliten (§68) 107
Das mittelbare Messen von Schachten (§69) 109
Das unmittelbare Messen von Schachten (§70) 110
Das MaBgestange von BORCHERS (§ 71) . . -.- - • • • 112
Siebentes Kapitel.
Der Theodolit.
Allgemeines (§72) , 114
Normaltheodolit fiir den Markscheider. Beschreibung desselben. Der FuB. Stcll-
schrauben. Hauptkreis (§73) 114
Alhidade mit den Nonien. Lupen. Blenden (§74) 117
Fernrohrtrager (§75) . 118
Das zentriscne Fernrohr. Fadenkreuz. Vorrichtung zum geometrischen Nivellieren.
Das exzentrische Fernrohr (§76) 118
Der Hohenkreis. Fester und abnehmbarer. Die Reiterlibelle (§§ 77 u. 78) . . 120
DerTheodolit von lOcmDurchmesser und der BREITHAUPT sche Taschentheodolit(§ 79) 122
Priifung und Berichtigung des Theodoliten. Priifung der Libelle (§ 80) ... 123
INHALT. vii
Seite
Priifung d. Standes d. Drehachse zur optischen Achse. Das umlegbare Fernrohr (§ 81) 124
Dieselbe Priifung bei nicht umlegbarem Fernrohr (§82) 124
Das Fadenkreuz des Tlicodolitfernrohres (§ 83) 125
Priifung der richtigen Bewegung dcs Okulars im Fernrohre (§ 84) 125
Priifung der rechtwinkeligen Stellung der Drehachse des Fernrohres zur Alhidaden-
und Lirnbusachse (§85) 126
Dieselbe Prufung fiir Theodoliten ohne Keiterlibelle (§86) 127
Priifung des Honenkreises auf den Indexfehler (§87) 129
Priifung des Fernrohres beziiglich der Einrichtung zuin geometrischen Nivelle-
ment. Aufsatzlibelle. Reversionslibelle (§88) 129
Ubereinstimmung derAngaben desHohenkreises u. des ho rizontalen Fernrohres (§89) 131
Die Nonien>(§ 90) . . . 132
Das Messeri von Horizontalwiukeln mit dem zentrischen Theodoliten (§91) . . 133
Das Repetieren der Winkel (§92) 134
Das Messen von Horizontal winkeln mit dem exzeiitrischen Theodoliten (§ 93) . 135
Das Messen von Vertikalwinkeln mit dem zentrischen und dem exzentrischen
Fernrohr (§§ 94 u. 95) .136
Das Aufstellen und Zentrieren der Theodoliten. UberTage. Signale. Heliotrop (§96) 137
In der Grube. Fixieren der Winkelpunkte. Stativ. Arme. Spreizen (§ 97) . . 139
Zentriervorrichtung fiir Stative von CHRISMAR (§98) 141
Andere Zentrierapparate (§99) 143
Zentriervorrichtungcn fiir eiserne Arme und Spreizen (§§ 100 u. 101) .... 144
Fixieren der Winkelpunkte durch Untersatze. WEISBACH scher Teller. Zapfensignale
(§ 102) '...'.' 145
Die JuNGESche Aufstellung (§ 103) 147
Verbesserung dieser Aufstellung (§ 104) ji,. ;-;*^ f . f/ .... 149
Der EicHHOFF-OsTERLANDsche Patenttheodolit (§ 105) 150
Die Freiberger Aufstellung (§ 106) »-.... . . . 150
Signale in der Grube fiir horizontale Strecken (§ 107) 152
Signale fiir Messungen in tonnlagigen Schichten. Signale von BORCHERS (§ 108) 154
Phototrop von CHOULANT (§ 109) 155
Das ViERTELSche Signal (§ 110) 156
Beurteilung der verschiedenen MeBverfahren mit dem Theodoliten (§ 111) . . . 158
Das Messen mit dem Theodoliten in tonnlagigen Schachten (§112) 160
Achtes Kapitel.
Die Ausfiihrung von Markscheiderziigen.
Allgemeines (§ 113) . . 163
Das Dreiecksnetz. AnschluBmessungen an dasselbe (§114) 164
Wahl des Instrumentes fiir jeden Grubenzug (§§ 115 u. 116) . . .' . .... 166
Vorbereitungen zu einem Zuge mit dem Hangezeuge (§ 117) 167
Die Orientierungslinie (§ 118) 168
Beschreibung eines Zuges mit dem Hangezeuge. Markscheiderzeichen (§119) . 169
Aufnahme der Grubenraume durch Nebenmafte (§ 120) 171
Aufnahme vom Streichen und Fallen der Schichten (§121) 172
Das Hangen der Stunde (§ 122) 173
Grubenzug mit dem Theodoliten (§ 123) 173
Die Markscheiderlampen (§124) 175
Formular fiir Reinschriften der Grubeutaschenbiicher (§ 125) 177
Das Berechnen von Sohlen und Seigerteufen (§126) 179
Das Zulegen mit dem KompaB (§ 127) 180
Die Fehler der Kompafizulage (§ 128) 182
•Elektrische Erscheinungen am KompaB (§ 129) 183
Zulegen mit dem Transporteur. Stundenscheibe. Voll- u. Halbkreistranspor teur (§ 1 30) 183
Zulegen mit Zirkel und MaBstab. Nach berechneten Tangenten und Sehnen (§ 131) 185
Allgemeines iiber Koordinaten. Rechtwinkelige Koordinaten. Ableitung der
Azimute. Koordinatenumwandlung. Polarkoordinaten (§ 132) 186
Berechnung von Koordinaten (§133) 192
Zulege nach berechneten Koordinaten (§134) 194
Das Feldmessen mit dem KompaB (§135) 195
Die Durchschlagsziige und ihre Berechnung. Angabe der Durchschlagsrichtungen
(§§ 136 u. 137) * 197
viii INHALT.
Neuntes Kapitel.
Die Anfertigung von Grubenrissen. Seite
GrundriB, SeigerriB, Profile, Plattenrisse, Eollrisse (§ 138) 203
Spezialrisse. Generalrisse etc. (§139) 204
Die Fundamentalrisse (§ 140) 205
Die Anfertigung des Grubenbildes (8 141) 206
Anfertigung von Seigerrissen und Profilen (§142) 208
Das Kopieren der Kisse (§ 143) . . . . 209
Zehntes Kapitel.
Die Fehlerverteilungen bei markscheiderischen Grubenmessungen.
Allgemeines (§ 144) 211
Mechanische Ausgseichung von KornpaBziigen (§ 145) . . . 214
Die Ausgleichuug durch Reclaming eines einzelnen oftenen Polygonzuges nach
GAUSS. Erstes Verfahren (§ 146) 216
Zweites, drittes und viertes Verfahren (§ 147) 218
Fiinftes und sechstes Verfahren (§ 148) . . 219
Siebentes, achtes und neuntes Verfahren (§ 149) 221
Ausgleichung im geschlossenen Polygon nach GAUSS (§ 150) . . 222
Dasselbe nach dem Verfahren von v. MILLER-HAUENFELS (§ 151) 225
Ausgleichung eines Grubenzuges, der mehrere geschlossene Polygone enthalt, nach
GAUSS (§ 152) 227
Dasselbe nach dem Verfahren von v. MILLER-HAUENFELS (§ 153) 232
Elftes Kapitel.
Die Anschluli- und Orientierungsmessungen.
Literatur (§ 154) . , 236
Allgemeines. Erster Fall (§ 155) 237
Verbindung von Gruben- und Tagezug durch zwei Schachte (§156) 237
Das Hangen und Anvisieren von Loten (§ 157) 239
Das SCHMIDT sche Verfahren (§ 158) 241
Verbindung durch zwei tonnlagige Schachte (§ 159) 243
Messung eines tonnlagigen Schachtes mittels des Kompasses (§160) 243
Die Verbindung durch einen seigeren Schacht. Methode durch Lotung. An-
schluBdreieck (§ 161) 244
Doppeltes AnschluBdreieck (§162) 247
Resultate solcher Messungen (§ 163) 248
Anderweitige Lotmethoden. Das Lotungsinstruinent von NAGEL. Besehreibung
und Anwendung (§ 164) , 249
Die Orientierung mittels des Magneten. Allgemeines (§ 165) 253
Die Deklinatorien (§ 166) . . . 255
Der Magnetstab mit Skala und Linse (§§ 167 u. 168) 255
Der Magnetstab mit Spiegel (§ 169) 260
Der Magnettheodolit (§ 170) 263
Das Messen eines Streichwinkels mittels des Magnettheodoliten (§ 171) . . . . 263
Das transportable Magnetometer nach BOUCHERS (§172) 266
Das Messen eines Streichwinkels. Erste Methode. Zahlenbeispiel (§ 173) . . . 268
Zweite Methode. Zahlenbeispiel (§174) .... 274
Allgemeines iiber das transportable Magnetometer (§ 175) 277
Parallelitat der Magnetlinien (§176) , . 278
Die Verbindung ist nur durch einen tonnlagigen Schacht im maguetischen Ge-
birge gegeben (§ 177) . 279
Zwolftes Kapitel.
Anwendung eines kraftigen Magneten zur Ermittelung der
Durchschlagsrichtung zweier Oegenorter.
Die hierzu erforderlichen Instrumente (§ 178) 279
Beschreibung des Verfahrens (§§ 179, 180 u. 181) 281
Sachregister 286
Berichtigungen 288
UNIVERSITY
^IFORj^
Einleitung.
Die Markscheidekunst ist ein Teil der allgemeinen Yermessungskunde
und beschaftigt sich mit der Ausmessung und der riBlichen Darstellung
der unterirdischen Grubenraume.
Der Name kommt her von ,,Mark" = Grenze und ,,scheiden" = fest-
stellen und bestimmen des Scheidenden, d. h. hier der scheidenden Grenze.
Die Grenzebene zweier aneinanderstoBenden Grubenf elder heifit Mark-
scheide. Diese iiber Tage durch Lochsteine bezeichneten Grenzen auch
in der Grube festzustellen war in den Anfangen des Bergbaues bei den
clamals sehr kleinen Grubenf eldern eine wichtige und haufig vorkommende
Arbeit des danach benannten Markscheiders.
Man spricht von alterer und neuerer Markscheidekunst und versteht
unter der alteren die ausschlieBliche Anwendung von KompaB und Grad-
bogen und unter der neuen die Benutzung von Luftblasenniveau und
Theodolit. Die Unterscheidting hat jetzt keinen Sinn mehr, da der Mark-
scheider sowohl die alteren als auch die neueren MeBwerkzeuge besitzen
und je nach den vorliegenden Yerhaltnissen die einen oder die anderen
anwenden wird.
Erstes Kapitel.
Einige Satze aus der mathematischen Geographie.
Der Erdkorper kann fur die meisten Zwecke der Markscheidekunst § 1,
als vollkommene Kugel betrachtet werden. Bei geodatischen Arbeiten
allein ist die spharoidische Gestalt zu beriicksichtigen.
Der Himmel erscheint uns wie eine ungeheure Hohlkugel, in der en
Mitte sich die Erde befindet.
Von der Himmelshohlkugel iibersehen wir nur eine Halfte auf ein-
mal, und diejenige Ebene, welche die sichtbare Halfte von der unsicht-
baren scheidet, heiBt der wahre Horizon t.
BBATHUHM-, Markscheidekunst. 1
EESTES KAPITEL.
Die Ebene des Horizontes geht durch den Mittelpunkt der Erde und
1st parallel der Tangentialebene im Standpunkte des Beobachters. Letztere
Ebene nennt man den
scheinbaren oder fal-
schen Horizon t. Beide
Horizonte haben den Ab-
stand eines Erdhalbmes-
sers. Bei den ungeheuren
Entfernungen der Him-
melskorper 1st dieser Ab-
stand aber so verschwin-
dend klein, da8 man bei den
folgenden astronomischen
Betrachtungen die beiden
Ebenen als zusammen-
fallend annehmen kann.
In Fig. 1 sei SZNZ'
das Himmelsgewolbe und
M der Standpunkt auf der
als Punkt erscheinenden
Erde. Die schraffierte
Ebene ist der Horizont.
Verlangert man ein in M
auf $J\rerrichtetes Perpen-
dikel nach beidenSeiten, so
wird das Himmelsgewolbe
in Z und Z' getroffen.
Den Punkt Z nennen
wir den Scheitelpunkt oder
das Zenith und den Punkt
Z' den FuBpunkt oder das
Nadir.
Die Sterne, mit Aus-
nahme der wenigen Pla-
neten und Kometen, haben
zwar eine unveranderliche
Stellung gegeneinander,
scheinen sich aber samt-
lich um eine feste Achse
in konzentrischen Kreisen
Fig. 1. Horizont.
Fig. 2. Weltachse.
zu drehen, welche den
Namen Weltachse fiihrt.
Die Punkte P und P7, Fig. 2, in welchen die Weltachse das Himmels-
gewolbe trifft, sind die Pole des Himmels.
^tS. f A V^
EINIGE SATZE AUS DER MATHEMATISCHEN GE^^ifetal. 3
Die Weltachse macht mit dem Horizont je nach dem Standpunkt des
Beobachters auf der Erde einen verschiedenen Winkel.
Am Aquator ist dieser WTinkel gleich Null und wachst nach den Polen zu.
Der Winkel heiBt die Polhohe des Ortes.
Eine rechtwinkelig auf die Weltachse im Erdmittelpunkte- M gelegte
Ebene AOBW ist der Himmelsaquator, mit welchem Namen nicht
bloB die Ebene, sondern die Kreislinie bezeichnet wird, in welcher die
Aquatorebene das Himmelsgewolbe schneidet. Der Aquator teilt die
Himmelskugel in eine nordliche und eine siidliche Hemisphere.
Denkt man sich durch den Nordpol, durch das Zenith und den Stand-
punkt M eine Ebene gelegt, so ist dies die Meridianebene. Die Linie S MN,
in welcher diese Ebene den Horizont schneidet, ist die Meridianlinie und
der groBte Kreis PNBP'SA der Meridiankreis.
Der Meridian oder die Mittagslinie trifft das Himmelsgewolbe in
N, dem Nord- und in S, dem Siidpunkte. 0 und W sind der Ost- und
Westpunkt des Himmels.
Die scheinbare Drehung der Himmelskugel findet in der Kichtung von
Osten nach Westen statt. Die Gestirne steigen auf der Ostseite auf, erreichen
im Meridian ihre hochste Stellung und gehen auf der Westseite wieder nieder.
Steht ein Stern gerade im Meridian des Standpunktes , so sagt man,
er kulminiert und zwar hat jeder Stern zwei: eine obere und eine untere
Kulmination.
Solche Sterne, die so nahe bei dem Pole stehen, daB sie fiir einen
bestimmten Beobachtungsort nicht mehr untergehen, heiBen Circum-
polarsterne.
Yon diesen sind beide Kulminationen sichtbar, die iibrigen Sterne
beschreiben Bahnen, von denen ein Teil liber,
ein Teil unter dem Horizonte liegt. Trolarsterri
Der erstere heiBt der Tagebogen, der
andere der Nachtbogen.
Pur die Sterne, welche auf dem Himmels-
aquator liegen, ist der Tagebogen dem Nachtbogen
gleich, fur die nordlich vom Aquator stehenden
Sterne ist in unseren Breiten der Tagebogen und
fiir die siidlich vom Aquator stehenden der Nacht-
bogen der groBte.
Grosser Heir
Um sich am gestirnten Himmel zu onentieren,
geht man gewohnlich vom Sternbilde des groBen Fig. 3 Orientierung am
0 ~ . gestirnten Jtiimmel.
Baren aus (Fig. 3). Yerlangert man namlich die
Yerbindungslinie der Sterne a und /9 um das 5l/8&clie, so trifft sie nahezu
den ersten Stern im Schwanze des kleinen Baren, welcher jetzt der nachste
helle Stern in der Nahe des Nordpoles ist. Er heiBt der Polarstern.
ERSTES KAPITEL.
Uin die Stellung eines Gestirnes am Himmel mit mathematischer
Genauigkeit anzugeben, bedarf man eines passend gewahlten Koordinaten-
systems aus groBten Kreisen der Hirnmelskugel.
Zwei Systeme sind vorwiegend im Gebrauch.
I. Ho he und Azimut. — Denkt man sich in Fig. 4, in welcher die bis-
herigen Bezeichnungen beibehalten worden sind, durch M, Z und den Stern E
eine Ebene gelegt, so entsteht ein groBter Kreis, welcher rechtwinkelig auf
dem Horizonte steht und Ho hen- oder Vertikalkreis genannt wird.
Der Bogen EH heifit die Ho he des Sternes, der Bogen EZ die
Zenithdistanz des Sternes.
Hohe und Zenithdistanz erganzen sich zu 90 Grad.
Der Bogen NH vom
Nordpunkte desHorizontes
bis zum Punkte ff, wo
der Hohenkreis des Ster-
nes E den Horizont trifft,
heifit das Azimut des
Sternes.
Anm. Die Astronomen
zahlen das Azimut vom Siid-
punkte aus iiber West. In der
Vermessungskunde zahlt man
die Azimute von Nord iiber
Ost, Slid und West bis 360 Grad.
Durch Hohe und Azi-
mut eines Sternes ist die
Stellung desselben aber nur
fur einen Zeitmoment ge-
gebeii, da infolge der
scheinbaren taglichen Be-
wregung des Himmelsge-
Fig. 4. Hohe und Azimut.
wolbes.sich sowohl die Hohe als auch das Azimut eines Gestirnes jeden
Augenblick andert.
II. Deklination, Rektaszension und Stundenwinkel. - - Alle
durch die Weltachse gelegten groBten Kreise heiBen Deklinations- oder
Stundenkreise und stehen senkrecht auf dem Aquator.
Legt man durch den Stern E (Fig. 5) einen solchen Kreis, so nennt
man den Bogen EC die Deklination oder Abweichung des Sternes.
Die Deklination ist eine nordliche oder siidliche, je nachdem der
Stern auf der nordlichen oder sudlichen Hemisphare liegt.
Der Bogen PE heiBt die Poldistanz des Sternes E.
Poldistanz und Deklination erganzen sich zn 90 Grad.
Der spharische Winkel EPN, welchen der Deklinationskreis mit dem
Meridian macht, wird der Stundenwinkel des Sternes E genannt.
Der Stundenwinkel wird durch den Bogen £C auf dem Aquator
EINIGE SATZE AUS DER MATHEMATISCHEN GEOGEAPHIE. 5
gemessen und giebt in ZeitmaB verwandelt an, wie viel Zeit seit der letzten
Kulmination des Sternes E verflossen 1st. (15 Grad = 1 Stunde.)
Durch Deklination und Stundenwinkel ist die Lage eines Gestirnes
am Himmel auch nur fiir einen Moment bestimmt, da zwar die Deklination
eine konstante GroBe ist, der Stundenwinkel sich aber fortwahrend andert.
Zur Vermeidung dieses Ubelstandes hat man zuin Anfangspunkt der
Zahlung auf dem Aquator einen bestimmten Punkt, den Friihlingspunkt,
gewahlt.
In diesem Punkte, der iibrigens durch keinen Stern bezeichnet ist,
schneidet die Sonnenbahn im Marz den Aquator.
Der in der Richtung von
Siid nach Ost u. s. w. auf
d em Aquator gezahlte Win-
kel vom Friihlingspunkte
bis zu dem Punkte, in wel-
chem der Stundenkreis
eines Sternes den Aquator
trifft, wird die gerade
Aufsteigung oder Rek-
taszension genannt.
Durch Deklination
und Rektaszension ist
die Stelle eines Sternes
am Himmel vollkommen
bestimmt, wenn dieselben
auch bei samtlichen Ster-
nen einer bekannten regel-
maBigen Anderung unter-
worfen sind (siehe § 6).
Fig. 5. Deklination, Rektaszension und Stundenwinkel.
Die mathematische Figur der Erde ist ein Rotationsellipsoid, dessen § 3,
kleine Achse die Rotationsachse der Erde ist und dessen grofie Achse
der Durchmesser des Aquatorkreises ist. Nach BESSEL ist die groBe Achse
= 6377397 m (log = 6,8046435), die kleine Achse = 6356079 m (log.
= 6,8031893). Unter der mathematischen Oberflache der Erde versteht
man diejenige, welche der Oberflache des im Gleichgewichte befindlichen
Meeres moglichst nahe kommt.
Wird eine Meridianebene durch die Erdachse gelegt, so entsteht auf
der Oberflache der Erde eine Ellipse, wahrend eine senkrecht zur Achse
gelegte Ebene einen vollkommenen Kreis erzeugt.
Die Lage eines Ortes auf der Erdoberflache wird durch die geogra-
phische Lange und Breite bestimmt.
Die geographische Breite eines Ortes C (Fig. 6) ist der auf seinem
Meridian gemessene Bogen CB von dem Orte bis zum Erdaquator. Man
6
EESTES KAPITEL.
Fig. 6. Geographische Lange und
Breite.
unterscheidet siidliche und nordliche Breite, je nachdem der Ort auf der
nordlichen oder siidlichen Halbkugel liegt.
Die geographische Lange eines
Ortes C ist der auf dem Aquator gezahlte
Winkel oder Bogen AH, welcher zwischen
dem Meridian des Ortes und irgend
einem bestimmten als Ausgangspunkt
der Zahlung gewahlten Meridian liegt,
Man zahlt entweder von diesem Meri-
dian in einer Richtung bis 360 Grad
oder nach beiden Seiten bis 180 Grad
und unterscheidet ostliche und westliche
Lange.
Der Ausgangspunkt der Zahlung ist
vielfach der Meridian, welcher nach der
Insel Ferro benannt ist und die Erde
in eine ostliche und eine westliche Halb-
kugel teilt. Die Englander zahlen von dem Meridian von Greenwich, die
Franzosen vom Pariser Meridian ab. In der neuesten Zeit werden Bestre-
bungen rege, einen einheitlichen internationalen Anfangsmeridian einzufiihren.
§ 4. Bestimmnng der geographischen Breite und Lange eines Ortes. —
Die geographische Breite eines
Ortes ist gleich seiner Polhohe.
Durch den Standpunkt C auf dem
Erdspharoid sei eine Tangentialebene
CK gelegt. Errichtet man auf der-
selben das Perpendikel CD, so ist dies
die Lotlinie, welche den Aquator nicht
im Erdmittelpunkte, sondern im Punkte
F schneidet. Der Winkel CFA ist die
geographische Breite = a.
Richtet man im Standpunkte C em
mit einem Hohenkreis versehenes Fern-
rohr auf den Himmelspol, so wird das-
selbe wegen der unendlichen Entfernung
des Poles mit der Erdachse parallel
laufen und den Winkel ECK messen,
welcher gleich der Polhohe ist. Der-
selbe ist aber, da die Schenkel beider
Fig. 7. ctestait der Erde und Bestimmung genkrechtaufeyianderstehen, gleich dem
der geographischen Breite. . 1 . ' °
Winkel a, der geographischen Breite.
Verbindet man C mit dem Mittelpunkte M der Erde, so neimt man
die Lim'e CM den geocentrischen Radius und den Winkel CM A die
EINIGE SATZE AUS DEE MATHEMATISCHEN GEOGRAPHIE. 7
geocentrische Breite. Der Winkel A MJ, dessen Konstruktion aus Figur 7
zu ersehen 1st, nermt man die reduzierte Breite.
Aus dem geocentrischen Radius und der geocentrischen Breite be-
rechnet sich der Radius der Parallelkreise. Fur die Bestimmung der
elliptischen Bogen auf der Erdoberflache sind ferner die Krummungsradien
zu berechnen, d. h. die Radien derjenigen Kreise, welche in bestimmten
Punkten des elliptischen Bogen diesem am nachsten kommen.
Hieriiber siehe GAUSS, Trigonom. und polygonom. Rechnungen. Zweiter
Teil. Seite 33, sowie die dortigen Tafeln der Erddimensionen.
Der Himmelspol ist nicht durch einen Stern bezeichnet. Man hilft
sich dadurch, daB man einen Circumpolar stern in seiner oberen und in
seiner unteren Kulmination 8 und 8' anvisiert und aus beiden Hohen-
winkeln 8MN und 8' MN das Mittel PMN nimmt (Fig. 8).
Die Bestimmung der
geographischen Lange
erfolgt durch Bestimmung
des Zeitraumes, um welchen
die Kulmination eines und des-
selben Sternes an dem einen
Orte spater eintritt, als aman-
deren. Diesen Zeitunterschied
hat man in BogenmaB zu ver-
wandeln (360 Grad = 24 Stun-
den, 1 Stunde =15 Grad).
Das Messen der Zeit
geschieht durch gute Uhren:
Chronometer oder registrierende Uhren mit Benutzung eines Telegraphen.
Unter der spharischen Entfernung zweier Orte auf der Erde ver-
steht man die in Graden oder LangenmaB ausgedriickte Lange des Bogens
eines groBten Kreises, welcher durch diese beiden Punkte gelegt ist.
Die spharische Entfernung laBt sich aus den gegebenen geographischen
Langen und Breiten der beiden Orter berechnen.
Streng genommen gehb'rt der Bogen, welcher die beiden Orte ver-
bindet, nicht einem Kreise, sondern einer Ellipse an, was bei genauen
Berechnungen zu beriicksichtigen ist. Siehe GAUSS Seite 323.
Pol
Fig. 8. Bestimmung der Polhohe.
Die Zeiteinteilung. — Die Erde dreht sich in bestimmten Zeitraumen § 5,
einmal um die eigene Achse und vollendet ebenfalls in einem groBeren
Zeitabschnitte einen Umlauf um die Sonne.
Bei dem Umlauf um die Sonne bewegt sich die Erdachse derartig,
daB der Neigungswinkel derselben gegen die Bahnebene von rund 66° 32'
im wesentlichen unverandert bleibt.
8
EESTES KAPITJEL.
Infolge dieser Neigung der Erdachse verandert die Sonne ihre Stellung
fortwahrend. arn Himmel. Am 21. Marz steht sie im Aquator, darauf wird
ihre Deklination eine nordliche, die am 22. Juni ihr Maximum erreicht.
Im weiteren Verlaufe nimmt die Deklination ab imd am 22. September
steht die Sonne wieder im Aquator, um auf die siidliche Halbkugel iiber-
zutreten. Am 22. Dezember erreicht die Sonne die groBte siidliche
Deklination und nahert sich von nun an wieder dem Aquator.
Alle diese Punkte liegen in einem grb'Bten Kreise, die Ekliptik ge-
nannt, deren Ebene mit dem Aquator einen Winkel von 23° 28' macht.
Dieser Winkel heiBt die Schiefe der Ekliptik.
Die Punkte, in welchem die Sonne ihre groBte Deklination erreicht,
heifien die Punkte der Sonnenwende oder Solstitialpunkte (Sommer-
solstitium und Wintersolstitium). Die Punkte, in welchem die Sonne den
Aquator durchschneidet, heifien Aquinoktialpunkte (Friihlings- und Herbst-
aquinoktium).
Fig. 9. Ekliptik.
Die Ekliptik kann zur Ortsbestimmung auf der Himmelskugel ebenso
dienen wie der Himmelsaquator. Denkt man sich durch irgend einen
Stern und den Pol der Ekliptik einen grb'Bten Kreis gelegt, so heiBt das
Bogenstiick zwischen dem Stern und der Ekliptik die Breite, und der
auf der Ekliptik vom Friihlingspunkte an nach Osten bis zu dem Punkte,
in welchem der durch den Stern und den Pol der Ekliptik gelegte groBte
Kreis die Ekliptik schneidet, gezahlte Bogen die Lange des Sternes.
Da sich die Sonne auf der Ekliptik nach Osten hin fortbewegt, so
nimmt ihre Lange von Tag zu Tag zu , bis sie zur Zeit des Fruhlings-
aquinoktiums wieder in dem Punkte anlangt, von welchem aus die Lange
gezahlt wird, namlich im Friihlingspunkte.
Denkt man sich den Aquator mit der Ekliptik von der Kugel ab-
gewickelt und auf eine Ebene projiziert, so entsteht die Figur 9.
In dem schraffierten spharischen Dreiecke A*BE 1st AB gleich der
Lange (x\ BE gleich der dieser Lange entsprechenden Deklination der
Sonne (y) und der Winkel A ist gleich der Schiefe der Ekliptik.
EINIGE SATZE AUS DER MATHEMATISCHEN GEOGRAPHIE. 9
Es ist sin y = sin or. sin 23° 28'.
1st x = 0 oder 360° so ist y — 0, die Sonne steht im Fruhlingspunkte.
„ x = 90° „ „ y = + 23° 28', „ „ „ „ Sommersolslitialpunkte.
„ x = 180° „ „ y = 0, „ „ „ „ Herbstpunkte.
„ x = 270° „ „ y = — 23° 28', „ „ „ „ Wintersolstitialpunkte.
Die Zeit, welche die Sonne braucht, urn die ganze Ekliptik zu durch-
laufen, nennen wir das Jahr. Das Jahr hat 365 Tage, auf diese 365 Tage
kommen aber 366 Sternentage, da die Sonne wahrend dieser Zeit gerade
einmal in entgegengesetzter Richtung um den Himmel gegangen ist.
on/>
Das Verhaltnis des Sonnentages zum Sternentage ist also -^= — 1,00274.
ooO
Wahrend nun ein Sterntag dem anderen vollkommen gleich ist, haben
die Sonnentage keineswegs eine gleiche Dauer. Wenn namlich alle Sonnen-
tage gleich sein sollten, so miiBte die Anderung in der Rektaszension der
Sonne von einem Tage zum andern das ganze Jahr hindurch vollkommen
gleich bleiben.
Dies ist aber nicht der Fall und zwar wirken hier zwei Ursachen
zusammen.
1. Die Ekliptik liegt nicht mit dem Himmelsaquator parallel.
Auch bei gleichformiger Geschwindigkeit der Sonne wiirde demselben
Wegstiicke nicht an alien Punkten der Ekliptik eine gleiche Anderung
der Rektaszension entsprechen.
Wahrend zur Zeit der Sonnenwende, wo die Ekliptik fast mit dem
Aquator parallel lauft (siehe Figur 9), ein von der Sonne durchlaufenes
Wegstiick der Anderung in der Rektaszension fast gleich ist, wird diese
Anderung viel geringer sein zur Zeit der Aquinoktien, wo die Sonnenbahn
einen Winkel von 23° 28 ' mit dem Aquator bildet.
2. Die Sonne bewegt sich auch in der Ekliptik nicht mit
gleichformiger Geschwindigkeit, sie schreitet zur Zeit unseres
Winters schneller fort als wahrend des Sommers. Vom 21. Marz bis zum
22. September sind 186 Tage, vom 22. September bis 21. Marz nur 179 Tage.
Da im biirgerlichen Leben sich alle Zeiteinteilung nach der Sonne
richten muB, aber Uhren, welche genau die unregelmaBige Dauer der
Sonnentage richtig angeben, nicht herstellbar sind, so hat man sich so
geholfen, daB man einen mit tier en Sonnentag von stets gleichbleibender
Lange eingefiihrt hat. Denkt man sich die Dauer eines gewb'hnlichen
Jahres von 365 Tagen in 365 vollkommen gleiche Teile geteilt, so ist ein
solcher Teil der mittlere Sonnentag.
Die wahren Sonnentage sind nun bald etwas langer, bald etwas kiirzer
'als der mittlere, der wahre Mittag ist also bald etwas vor dem mittleren
voraus, bald bleibt er gegen denselben zuriick. Im Februar fallt der wahre
Mittag rund 15 Minuten nach dem mittleren und im November 16 Minuten
friiher; zur Zeit der Sonnenwenden stimmen mittlere und wahre Zeit iiber-
ein. Der Zeitunterschied zwischen dem mittleren und wahren Mittag wird
die Zeitgleichung genannt.
10
EESTES KAPITEL.
Eine Zeitbestimmung heiBt nichts welter, als den Gang einer Uhr
durch astronomische Beobachtungen zu kontrollieren.
Man beobachtet zu diesem Zwecke die Kulniination der Sonne und
vergleicht, ob der wahre Mittag in richtigem, der Zeitgleichung entsprechenden
Abstande von dem mittleren Mittag, den die Uhr anzeigen soil, eintritt.
Die Kulmination der Sonne kann man durch ein im Meridian auf-
gestelltes Fernrohr beobachten oder, was fiir markscheiderische Zwecke
geniigt, mittels eines in einer Zimmerwand angebrachten Gnomons. Der
Meridian wird dann durch einen weiBen Zwirnsfaden bezeichnet, welcher
in zweckmaBiger Weise auf dem Boden des Zimmers ausgespannt 1st.
Prazession und Nutation. Bis jetzt haben wir den Himmelspol als einen
festen unverriickbaren Punkt angenommen, was er in der That nicht ist.
In Fig. 10 sei FH die
Ekliptik, E der Pol der-
selben und A B der Aquator
mit seinem Pol P. Wah-
rend nun die Schiefe der
Ekliptik im wesentlichen
unverandert bleibt, bewegt
sich die Erdachse derartig,
daB der Pol P einen Kreis
Pvsr um den Pol E der
Ekliptik als Mittelpunkt
und die Achse selbst einen
Kegelmantel beschreibt.
Durch diese Bewegung
der Erdachse wird die Lage
der Schnittlinie CD der
Ekliptik und des Aqua-
Fig. 10. Prazession des Fruhiingspunktes. tors fortwahrend verandert
und der Friihlingspunkt
schreitet dadurch auf der Ekliptik vor (jahrlich 50").
Man nennt dieses Vorschreiten die Prazession des Fruhiingspunktes.
Der Pol P durchlauft in einem Zeitraume von ca. 26000 Jahren einrnal
einen Vollkreis.
Auf die GroBen der Eektaszension und der Deklination wirkt die
Prazession regelmaBig andernd ein.
Die Nutation. Der Yerlauf der Prazession ist nicht ganz gleich-
maBig, da der Pol sich nicht in einem mathematischen Kreise, sondern in
einer wellenformigen Kurve bewegt.
Man erklart sich die Art der Bewegung dadfurch, daB man annimmt.
der Pol bewege sich auf einer kleinen Ellipse, deren Mittelpunkt sich mit
gleichformiger Geschwindigkeit um den Pol E im Kreise dreht (Fig. 11).
EINIGE SATZE AUS DER MATHEMATISCHEN GEOGRAPHIE.
11
Die groBe Achse dieser kleinen Ellipse betragt 9,6" und die kleine 8". Mit
dieser Bewegung ist eine geringe wiederkehrende Veranderung in der
Neigung der Erdachse verbunden; man
nennt diesen Vorgang deshalb Nutation
der Erdachse.
Die Neigung der Erdachse unterliegt
noch einer sakularen Veranderung , deren
Natur noch nicht hinreichend ergriindet ist.
Fig. 11. Nutation der Erdachse.
Bestimnrnng des Meridians. - Das
alteste, schon im Altertume hierzu ange-
wandte Mittel ist der Gnomon.
Stellt man in den Mittelpunkt einer
Anzahl konzentrischer Kreise einen senk-
rechten spitzen Stab, so wird bei Sonnen-
schein derselbe einen Schatten werfen und die Spitze des Schattens vom
Vormittag bis Abend die konzentrischen Kreise in den Punkten «, b, c, d,
d', c, b', d treffen (Fig. 12).
Halbiert man die Bogen aa, bb' , cc, dd' und verbindet die Halbierungs-
punkte mit dem Mittelpunkte der Kreise, so erhalt man den Meridian.
§7.
Fig. 12.
Gnomon.
Fig. 13.
Eine Verbesserung des Gnomons wird erreicht, wenn man an der
jSpitze des Stabes eine Metallplatte (Fig. 13) anbringt, welche mit einer
kleinen Offnung versehen ist, und den Gnomon so aufstellt, da6 die Offnung
senkrecht iiber dem Mittelpunkte der konzentrischen Kreise liegt.
In dem Schatten der Platte erscheint dann ein heller Fleck, dessen
Mittelpunkt mit hinreichender Seharfe gefunden werden kann.
Derartige Gnomone hat man im groBen MaBstabe ausgefiihrt, indem
12
ERSTES KAPITEL.
man in die Decke hoher Gebaude durchbohrte Metallplatten angebracht
hat, z. B. in der Kuppel des Domes zu Florenz (1467).
Jetzt sind diese Vorrichtungen zum Zweck der Meridianbestimmung
nicht mehr in Gebrauch.
Man ermittelt den Meridian mit Hilfe des Theodoliten imd zwar ent-
weder durch Beobachtung korrespondierender Sternenhohen oder durch
Beobachtung desgroBtenAzimutes von hierzu geeigneten Circumpolarsternen.
1. Bestimmung des Meridians nach korrespondierenden Sternen-
hohen.
Die Fixsterne beschreiben mit gleichmaBiger Geschwindigkeit kon-
zentrische Kreise um den Pol. Steht das Gestirn am hochsten iiber dem
Horizont oder (bei
Circumpolarsternen)
am tiefsten, so be-
findet es sich im Me-
ridian.
In gleichen
Zeitabschnitten
vor und nach der
Kulmination wird
nun der Stern
gleich hoch iiber
dem Horizonte
des Ortes stehen
und bei gleichen
Hohen iiber dem
Horizonte auch
gleichen Abstand
vom Meridian
haben.
Wenn Md = Me,
so ist bd = ac und
Fig. 14. Meridianbestimmung nach korrespondierenden Sternenhohen. i -, , T>- v^pf-
man das Fernrohr eines Theodoliten in F, dessen Nonien auf Null gestellt
sind, auf einen Stern in d und bei unveranderter Hohenstellung nach der
Kulmination auf denselben Stern in c, so wird man den auf den Horizont
projizierten Winkel dFc — bFa am Nonius ablesen konnen. Halbiert
man diesen Winkel und stellt das Fernrohr in die Richtung der Halbie-
rungslinie, so befindet sich dasselbe in der Ebene des Meridians, der nun-
mehr durch zwei Steine festgelegt werden kann.
In der Praxis wird die Meridianrichtung von einem Punkte A (Fig. 15)
am zweckmaBigsten dadurch fixiert, daB der Winkel bestimmt wird, welchen
eine fixierte Linie mit dem Meridian einschlieBt. Dieser Winkel wird das
Azimut oder der Azimutalwinkel der Linie genannt.
EINIGE SATZE AUS DEE MATHEMATISCHEN GEOGRAPHIE.
13
Nard
Zu diesem Zwecke muB man das Fernrohr mit den auf Null gestellten
Nonien zunachst auf Punkt C (Fig. 15) richten, sodann den Stern vor und
nach der Kulmination anvisieren und jedesmal den Winkel ablesen. Das
arithmetische Mittel giebt dann das Azimut von AC.
Man wird sich iibrigens nicht bloB auf eine Doppelbeobachtung des
Sternes beschranken, sondern denselben vor der Kulmination in ver-
schiedenen Hohenlagen des Fernrohrs anvisieren, am Hohenkreise und am
Limbus ablesen, sodann in urngekehrter Ordnung nach und nach den
Hohenkreis auf dieselben Hohenwinkel einstellen und die zugehorigen
Horizontalwinkel notie-
ren. Aus alien Werten der
Horizontalwinkel wird
das Mittel genornmen.
Um dem Hohenkreis
bei der Anvisierung nach
der Kulmination sicher
und schnell die erforder-
liche Lage geben zu kon-
nen, wird man den Null-
punkt des Nonius bei den
Beobachtungen vor der
Kulmination der Be-
wegung des Sternes vor-
aus auf einen Teilstrich
des Hohenkreises
Fig. 15. Azimut.
ein-
stellen und nur mit Hilfe
der Feinstellung am
Hauptkreis und spater
an der Alhidade den
Stern in das Fadenkreuz
bringen.
Nimmt man zu der
Bestimmung des Meridians Fixsterne, so sind die gefundenen Resultate
ohne weitdres zu gebrauchen.
Bei Benutzung der Sonne geben wegen Veranderlichkeit ihrer Dekli-
nation nur die Beobachtungen um die Zeit der langsten oder kiirzesten
Tage brauchbare Werte. Am fehlerhaftesten wird das Ergebnis zur Zeit
der Tag- und Nachtgleichen. Bei der Sonne trifft namlich der oben
vorausgeschickte Satz, dafi zu gleichen Hohen auch gleiche Ab-
stande des Gestirnes vor und nach der Kulmination gehoren,
nicht zu. Es bedarf die Beobachtung einer Yerbesserung, welche nach
der Formel A = ^
cos ( sin t
berechnet wird.
14
EESTES KAPITEL.
Hierin sind:
a u. b — die vor- und nachmittagigen Beobachtungen,
d u. d' = die vor- und nachmittagige Deklination der Sonne,
u. s' = der
Stundenwinkel der Sonne,
s + s'
= t
cp — die geographische Breite.
Das Anvisieren der Sonne muB derartig geschehen, daB der Horizontal-
faden den unteren oder oberen, und der Yertikalfaden einen seitlicheu
Rand der Sonne beriihrt (Fig. 16) und zwar ist der senkrechte Faden,
wenn er vormittags auf den linken Sonnenrand
gerichtet war, nacbmittags auf den rechten Rand
zu stellen oder umgekehrt.
Die Bestimmung des Meridians mittels der
Sonne ist fur den Markscheider nicht zu empfehlen,
weil astronomische Jahrbiicher zur Entnahme der
Deklination der Sonne, sowie die Mittel zu den
erforderlichen Zeitbestimmungen nicht immer zu
Gebote stehen. AuBerdem laBt sich das Faden-
kreuz mit groBerer Scharfe auf einen Stern als
auf die Sonne einstellen.
2. Bestimmung des Meridians nach dem ostlichsten oder west-
lichsten Azimute von Sternen.
Zu dieser Bestimmungsweise konnen nur solche Circumpolarsterne be-
nutzt werden, deren Poldistanz kleiner ist als die Zenithdistanz des Poles.
Z
Fig. 16. Anvisieren der
Sonne.
Fig. 17. Meridianbestimmung mittels des Polarsternes.
•
Man richtet das mit einem Okularprisma versehene Fernrohr des
Theodoliten auf einen solchen Stern, wenn er sich in seinem ostlichsten
oder westlichsten Azimute befindet, d. h. in dem Punkte, in welchem der
EINIGE SATZE AUS DEE MATHEMATISCHEN GEOGEAPHIE.
15
durch das Zenith Z und den Standpunkt M gelegte groBte Kreis die Bahn
des Sternes beriihrt (Fig. 17). Dreht man das Fernrohr um den Winkel SZP,
so befindet es sich in der Richtung des Meridians. Der Winkel SZP des
bei S rechtwinkeligen Dreiecks laBt sich aus PZ = 90° — Polhohe und
PS = Poldistanz des Sternes = 90° — Deklination nach der Formel
sin SZP =
sin PS
berechnen.
sin PZ
Aus den astronomischen Jahrbuchern ist die ungefahre Zeit, wenn ein
Stern in der brauchbaren Stellung sich befindet, zu ersehen, und der ge-
naue Zeitpunkt hierfur ergiebt sich aus der Beobachtung des Sternes
selbst, da derselbe einige Minuten vorher und nachher den vertikalen Faden
nicht verlaBt.
G-ewohnlich benutzt man bei dieser Bestimmungsweise den Polarstern
und nennt sie deshalb
kurz: die Meridianbestim-
mung mittels des Polar-
sternes.
Man kann das Azimut
eines beliebigen Sternes
auch aus einer einzigen
Hohenbeobachtung des-
selben berechnen, wenn
die Polhohe des Beobach-
tungsortes und die Dekli-
nation des Sternes be-
kannt sind.
In Fig. 18 ist ein
Vertikalkreis ZEH\m& ein
Stundenkreis PEC durch
den Stern E gelegt und in
dem dadurch entstandenen
spharischen Dreiecke ZPE
ist ZE = 90° weniger der
beobachteten Hohe EH, ZP = 90° weniger der Polhohe und PE = 90°
weniger der Deklination des Sternes. Aus den bekannten drei Seiten be-
rechnet man den Azimutalwinkel Z des Sternes und erfahrt dadurch, um
wie viel das auf den Stern E gestellte Fernrohr gedreht werden muB, um
in die Richtung des Meridians zu gelangen.
Zu dieser Meridian-Bestimmung sind sehr feine Instrumente erforder-
lich, welche selten im Besitze von Markscheidern sind.
Fig. 18.
Meridianbestimmung aus der Hohenbeobachtung
eines Sternes.
Die Meridiankonvergenz. — Die Meridianlinien aller Orte auf dem § 8,
Aquator laufen parallel mit der Erdachse.
16
EESTES KAPITEL.
Die Meridiane von verschiedenen Orten auf gleichen Parallelkreisen
konvergieren in dem Sinne, daB sie alle die Weltachse und zwar in eineni
Punkte schneiden.
Aus dem Langenunterschiede der beiden Orte, in Sekunden aus-
gedruckt = /", und der geographischen Breite y> laBt sich bei nicht zu
groBen Entfernungen der Konvergenzwinkel nach der Formel C" = /" sin y
berechnen.
Ist der Langenunterschied L in Metern gegeben, so erhalt man den
Konvergenzwinkel in Sekunden aus der Formel C" = — tg 9 . 206265.
In Fig. 19 sind A und B die beiden Orte, deren Meridiankonvergenz
bestimmt werden soil, AB = L,
AM= Erdradius r, -^.AMD die
geographische Breite y> und C
der Punkt auf der Weltachse, in
welchem die Meridianlinien A
und B sich treffen.
Nimmt man das Dreieck
ABC\>Qi A rechtwinkelig an, so
ist tg C = -^ und da AC = —
* AC tg<r
= -^ tg (f. C ist ein kleiner
Winkel, man kann daher setzen
C" = ^ tg y 206265.
In der geographischen Breite
Klausthals von 51° 48' 30" be-
tragt die Meridiankonvergenz
zweier Orte, deren Langenunter-
schied 1000 Meter oder 52,202
Bogensekunden groB ist, = 41,12
Fig. 19. Meridiankonvergenz. Sekunden.
9. Die Magnetnadel. — Ein unentbehrliches Hilfsmittel bei den mark-
scheiderischen Arbeiten ist die Magnetnadel. Eine frei schwebende, in
ihrem Schwerpunkte unterstutzte Magnetnadel stellt sich stets in eine be-
stimmte Linie, welche im wesentlichen von Slid nach Nord gerichtet ist.
Diese Linie nennt man die Magnetlinie oder den magnetischen
Meridian.
Die Lage der Magnetlinie ist veranderlich, und diese Yeranderungen
werden gegen den unveranderlichen astronomischen ortlichen Meridian
gemessen und angegeben.
Der Winkel, welchen die Magnetlinie mit dem ortlichen Meridian
macht, heiBt die Deklination.
EINIGE SATZE AUS DEB MATHEMATISCHEN GEOGEAPHIE. 17
Dieselbe ist jetzt in unserer Gegend eine westliche und betragt im
Januar 1884 fur Klausthal 12° 48' 46", nimmt aber im Jahre durchschnitt-
lich 7 Minuten ab und wird, wenn der weitere Verlauf den bis zum Jahre
1652 zuriickreichenden Beobachtungen (siehe BOECHEES, praktische Mark-
scheidekunst, Seite 168) entsprechend ist, ungefahr in der Mitte des
nachsten Jahrhunderts mit dem astronomischen Meridian zusammenfallen.
Die Deklination wird spater eine ostliche werden, in dieser Richtung ein
Maximum erreichen, dann wieder umkehren bis zu einem westlichen
Maximum und das Spiel von neuem beginnen.
Die Zeit zwischen einem ostlichen und einem westlichen Maximum ist
noch nicht genau festgestellt. Man darf es vorlaufig auf 260 Jahre annehmen.
AuBer dieser sakularen erleidet die Deklination auch noch eine
tagliche Veranderung, welche Variation genannt wird.
Astronomi&cJter Meridian .
Fig. 20. Deklination und Variation.
Die Magnetnadel zeigt namlich etwa um 8 Uhr morgens den groBten
ostlichen Stand, also die kleinste Deklination, kurz nach 1 Uhr die groBte.
Dann nimmt die Deklination wieder ab bis etwa 10 Uhr abends, bleibt
bis 4 Uhr morgens nahezu konstant und kehrt zu ihrem Minimum um
8 Uhr morgens zuriick.
Die GroBe der Variation wechselt mit den Jahreszeiten. Im all-
gemeinen ist sie in den Wintermonaten am kleinsten, in den Sommer-
monaten am groBten, wie aus nachstehenden Monatsmitteln zu ersehen ist,
welche aus Beobachtungen am Magnetometer in Klausthal abgeleitet wurden.
1878.
1879.
1880.
1881.
1882.
Jtmuar . . .
2' 38"
3' 12"
3' 29"
4' 20"
4' 31"
Februar . . .
4' 22"
4' 31"
5' 14"
5' 26"
7' 53"
Marz ....
7' 14"
7' 53"
7' 17"
8' 38"
10' 1"
April ....
10' 5"
9' 49"
10' 57"
9' 49"
11' 47"
Mai ....
8' 17"
9' 13"
10' 41"
9' 49"
11' 20"
Juni
9' 45"
10' 4"
10' 36"
11' 41"
10' 2"
Juli ....
9' 5"
9' 2"
9' 37"
11' 25"
9' 48"
August . . .
9' 3"
9' 51"
8' 43"
11' 51"
10' 46"
September . .
8' 16"
8' 33"
9' 33"
11' 3"
10' 53"
Oktober . . .
4' 57"
7' 49"
9' 4"
9' 34"
8' 37"
November . .
3' 18"
3' 37"
5' 8"
5' 35"
6' 39"
Dezember . .
2' 54"
2' 36"
4' 14"
3' 37"
4' 29"
BRATHTJHN , Markscheidekunst.
2
18 EESTES KAPITEL.
Die Variation, als Ganzes betrachtet, ist auch perioclischen Anderungen
unterworfen. In einem Zeitabsclmitte von ll1^ Jahren durchlauft dieselbe
ein Maximum und ein Minimum. Neuere Beobachtungen haben nach-
gewiesen, daB das periodische Wechseln in der Haufigkeit der Sonnenflecke
der Zeit nach vollstandig mit dem Ab- und Zunehmen der Variation
zusammenfallt.
Aus obigen Monatsmitteln ist zu ersehen, daB jetzt (1884) die Variation
einem Maximum zuschreitet.
Durch Untersuchungen des magnetischen Vereins von GAUSS und
WEBER ist festgestellt worden? daB der Verlauf der Variation auf dem-
selben magnetischen Meridiane, d. h. auf einer Linie, welche Orte (z. B. Mai-
land, Gottingen, Upsala) von gleicher Deklination verbindet, bis ins einzelne
derselbe ist, nur die Intensitat der Variation nimint vom Aquator nach
Norden bez. nach Siiden zu ab.
Der Verlauf der Variation, abgesehen vom Deklinationswinkel, andert
sich iibrigens in unseren Gegenden nach Osten oder Westen zu wenig. So
zeigen z. B. die graphischen Darstellungen des magnetischen Vereins in den
Variation skurven von Gottingen und Breslau keinen wesentlichen Unterschied.
Ferner ist durch gleichzeitige Beobachtung iiber und unter Tage
(Oberharz und Pribram) bewiesen, daB auch in den groBten vom Bergbau
erreichten Teufen die Variation in gleicher Weise wie liber Tage verlauft
(siehe BOECHEES § 51).
AuBer den genannten mehr regelmaBigen Anderungen ist der Gang
der Magnetnadel noch plotzlichen Storungen von mehr oder weniger Be-
deutung unterworfen, deren Verbreitungskreis bald klein, bald groB ist.
Dieselben treten zu manchen Zeiten viel kraftiger und haufiger auf.
Manchmal, jedoch selten, erreichen solche Storungen eine solche Starke,
daB sie den Erdmagnetismus fur einen oder zwei Tage total verandern.
Derartige Storungen nennt man magnetische Sturme.
Die Ursachen der Storungen sind bis jetzt noch nicht ermittelt.
Bekannt ist nur, daB namentlich die Erscheinung des Nordlichtes, sowie
auch Erdbeben damit im Zusammenhang stehen. Atmospharische Gewitter
haben keinen EinfluB.
Zur Beobachtung der Declination und ihrer Veranderung dienen dem
Markscheider die Orientierungslinien, Magnettheodoliten und
Magnetometer, von denen spater die Rede sein wird.
10. Die Deklination ist nicht an alien Orten der Erde gleich. Ver-
bindet man auf einer Karte diejenigen Punkte der Erdoberflache mit-
einander, welche eine gleiche Deklination haben, durch Kurven (Isogonen),
so entsteht eine sogenannte Deklinationskarte. Es sind viele solcher Karten
konstruiert worden, die erste 1701 von HALLEY* die letzte von LAMONT
1854. Alle diese Karten weichen voneinander ab und beweisen, daB diese
Kurven nicht konstant bleiben, sondern Veranderungen unterworfen sind.
EINIGE SATZE AUS DEE MATHEMATISCHEN GEOGRAPHIE.
19
Die LAMONTsche Deklinationskarte von 1854 giebt Eig. 21 in ver-
kleinertem MaBstabe wieder. Die Deklinationen der Orte auf den einzelnen
Kurven unterscheiden sich um einen Grad von Osten nach Westen zu-
nehmend, wie durch die Bezifferung der Kurven von einer mit Null be-
zeichneten ausgehend angedeutet ist.
Diese Kurven sind fur die Gegenwart nicht mehr als vollstandig
giiltig anzusehen, aber im wesentlichen ist fur Deutschland das Verhaltnis
dasselbe geblieben. Nach Westen nimmt die Deklination zu, nach
Osten ab.
Diese Zu- und
Abnahme ist aber
nicht regelmaBig,
wie auch der Ver-
lauf dieser Iso-
gonen auf Karten
in sehr groBem
MaBstabe sich
wahrscheinlich
nicht so einfach
darstellen wiirde,
wie ihn das kleine
Kartchen zeigt.
Anderseits hat
die Zu- und Ab-
nahme der Dekli-
nation innerhalb
der Entfernungen,
welche Messungen
-|-10 0 —1° —2° —30
Fig. 21. Deklinationskarte von LAMONT.
—40
mit der Bussole
und mit dem Kom-
paB gewohnlich erreichen, keinen merklichen EinfluB auf die Parallelitat
der Magnetnadel (vergleiche § 176).
Erklarung der wichtigsten der Markscheidekunst eigentiimlichen § 11,
Ansdriicke. - Die Markscheidekunst hangt eng mit dem Bergbau zu-
sammen und hat viele Ausdrlicke von da entnommen.
Ein Perpendikel auf der Horizontalebene heiBt.eiiie seigere Linie
oder Seigerlinie. Eine gerade Linie in der Horizontalebene heiBt eine
sohlige Linie, Sohle, Ebensohle; und eine gegen den Horizont ge-
neigte eine flache oder tonnlagige (donlagige) Linie.
Eine flache Linie wird eine fallende oder steigende genaimt, je
nachdem der Beobachter am oberen oder unteren Endpunkte steht.
2*
20 ERSTES KAPITEL. EINIGE SATZE AUS DEE MATHEMAT. GEOGRAPHIE.
Der Neigungswinkel einer Linie oder einer Ebene wird Fallwinkel,
Tonnlagewinkel oder auch kurz das Fallen, die Tonnlage genannt.
Wird in Fig. 22 von dem Punkte a der flachen Linie ab die Seiger-
linie ac gezogen und b mit c verbunden, so nennt der Markscheider
c den Seiger- oder Lotpunkt von a (die Projektion von a).
be die So hie der flachen Linie ab (Projektion von ab} und
ac die Seigerteufe des Punktes a (die Projizierende).
Seigerteufe und Sohle konnen aus der Lange und dem Fallen der
flachen Linie berechnet werden.
ac = ab sin a.
be = ab cos a.
Die Richtung einer Linie nennt der Markscheider das Streichen und
versteht im engeren Sinne darunter den Winkel, welchen die Linie mit
dem magnetischen Meridian einschlieBt.
Dieser Winkel wird nach der Einteilung
a des Kompasses kurz „ Stunde" genannt.
Man sagt: Diese Linie hat das Streichen
Stunde 4, oder sie streicht in Stunde 4.
Unter dem reduzierten Streichen
einer Linie versteht der Markscheider den
Winkel, welchen die Linie mit dem astro-
b
Fig. 22. Sohle und Seigerteufe. nomischen Meridian macht. Zugleich 1st
aber auch hierfiir die Bezeichnung Azimut
und Azimutalwinkel gebrauchlich.
Die Koordinaten werden im Markscheiden haufig Lange n und Brei-
ten genannt und zwar die Abcisse = Breite, die Ordinate = Lange.
Immer mehr auBer Gebrauch kommen die Ausdriicke Streichsinus
(Sinus des Streichens) fur Ordinate oder Lange und Streichcosinus fur
Abscisse oder Breite. Diese veralteten Bezeichnungen werden nur an-
gewendet, wenn der magnetische Meridian die Abscissenlinie 1st.
Die Thatigkeit des Markscheiders in der Grube wird mit ziehen,
verziehen und abziehen bezeichnet. Daraus ist das Wort Mark-
scheiderzug oder kurz Zug abgeleitet. Das zu Papier bringen (Kartieren)
des Zuges heiBt Zulegen. Man unterscheidet Tagezug und Gruben-
zug. Die Wiederholung eines Zuges zur Priifung desselben nennt man
Gegenzug oder Wahrzug.
Unter Markscheiderzeug oder Schinnzeug versteht man HangekompaB,
Gradbogen, Schnur mit Staben oder Kette.
ZWEITES KAPITEL. DIE BEIM MAKKSCHEIDEN GEBRAUCHL. INSTBUMENTE. 21
Zweites Kapitel.
Die beim Markscheiden gebrauchlichen Instrumente, deren
Prufung und Anwendung.
Mittel zum Langenmessen.
A. Unter Tage.
Die Meterkette, auch Meterschnur genannt, ist eine leichte Kette,
deren Glieder von 0,5 oder 0,25 m Lange aus diinnem gegliihten Messing-
draht bestehen und durch zweckmaBige, ebenfalls aus Messing gefertigte
Wirbel und Kinge verbunden sind. Die Lange der Kette betragt 10 — 12 m.
Fig. 23. Meterschnur.
Der Anfangspunkt der Zahlung liegt in der inneren Peripherie des Hakens
am Anfang der Schnur und endigt fur jede der Unterabteilungen in der
dem Anfange abgewandten Seite der inneren Peripherie des betreffenden
Hinges.
Die Kette wird auf eine Rolle gewickelt aufbewahrt und beim Ge-
brauch durch zwei Pfriemen (Fig. 24) ausgespannt, von denen einer durch
den Anfangshaken, der andere durch einen der Gliederringe ge-
steckt wird. Nimmt bei fortschreitender Messung der zweite
Pfriemen den Haken auf, so muB derselbe um die Pfriemen-
dicke vorwartsgesteckt werden.
Die Pfriemen sind aus starken, etwa 10 cm langen zuge-
spitzten Stahl- oder Messingdrahtstiicken angefertigt.
Die Yorziige dieser Kette bestehen darin, 1. daB dieselbe
ein geringeres Gewicht hat, 2. daB die Lange ohne weiteres ab-
gelesen werden kann, 3. daB die passende Stelle fur das Auf-
harigen des' Gradbogens sich leicht finden laBt und 4. daB die
FuBpunkte der Seitenordinaten zur Aufnahme der Grubenraume
leicht zu bestimmen sind. Namentlich der letztere Yorzug hat
dieser Kette beim Gangbergbau des Harzes Eingang verschafft.
Als Nachteil ist anzufuhren, daB die Meterschnur durch den Fis- 24-
Gebrauch dem Ausdehnen sehr ausgesetzt ist. Sie ist deshalb
jedesmal vor dem Gebrauch nachzusehen und zu berichtigen und wahrend
des Messens nicht zu stark anzuspannen. Es gehoren sehr geiibte Ge-
hilfen dazu.
Bei langeren Messungen sind stets mehrere Exemplare mitzufuhren.
22 ZWEITES KAPITEL.
13. Metistabe aus Holz Oder Eisen. - - Die ersteren sincl zwei Meter
lange prismatische Stabe von ca. 3.5 cm Breite und 2 cm Dicke aus
trockenem astfreien Tannenholz, welche an ihren Enden durch messingene
oder eiserne Schuhe vor schneller Abnutzung und durch Tranken mit
01 vor Feuchtigkeit geschtttzt sind. Die Endflachen der Schuhe miissen
stets rechtwinkelig zur Achse des Stabes und die Kanten derselben
diirfen nicht abgestumpft sein. Sollte bei langerem Gebrauch eine Ab-
stumpfung sich herausstellen, so sind die Schuhe zu erneuern.
Mehr zu empfehlen ist ein 4 m langer Stahldraht von 5—6 mm
Starke, welcher zur Halfte in einen holzernen, etwas klirzeren Stab so
eingelassen ist, dafi beide Enden des Drahtes ca. 10 cm uber die Unter-
lage hervorragen.
Wo das Einfuhren eines solchen langen Stabes in die Schachte un-
bequem ist, da wird man Stiicke des spater zu beschreibenden MaB-
gestanges benutzen (§ 70).
Das Messen mittels dieser Stabe erfolgt an ausgespannten Schniiren.
Hierzu dient eine 2 — 3 mm starke, moglichst gleichmaBig gearbeitete
Hanfschnur, welche auf eine Kurbel gewickelt aufbewahrt wird.
Fig. 25. Eiserner MeBstab.
Das Ausspannen der Schnur geschieht mittels der oben genannten
Pfriemen oder ahnlich geformter Schrauben.
Die Messung wird auf folgende Weise ausgefuhrt:
Die Winkelpunkte werden bei Theodolitmessungen meist in der Strecken-
firste fixiert, auBerdem auch durch Untersatze, welche an starken Spreizen
oder Armen befestigt sind. Im letzteren Falle haben diese Untersatze
eine Vorrichtung zum Befestigen der Schnur im Winkelpunkte.
Sind die Punkte in der Firste fixiert, so werden unter zwei auf
einander folgenden Punkten Spreizen geschlagen, auf ihnen die Seiger-
punkte bezeichnet und die Schnur so fest um die etwas rlickwarts ge-
steckten Pfriemen geschlungen, daB ein Zuriickspringen vermieden wird.
Oft werden die Spreizen nicht unmittelbar unter den Winkelpunkten
angebracht, sondern auBerhalb der zu niessenden Linie, aber nahe bei den
Endpunkten. Aus a und b werden Lote herabgelassen, welche an der
ausgespannten Schnur den Anfangs- und Endpunkt der Stationslinie be-
zeichnen, ohne an der Schnur anzuliegen (Fig. 26).
Den holzernen oder eisernen MeBstab legt man nun mit dem einen
Ende an den Anfangspunkt und bezeichnet das andere Ende durch eine
Schlinge von weiBem Zwirn, den man vorher mit den Lippen etwas an-
feuchtet. An den so bezeichneten Endpunkt legt man den MeBstab von
DIE BEIM MARKSCHEIDEN GEBRAUCHLICHEN INSTRUMENTS 'etc.- 23
neuem an und fahrt in dieser Weise fort. Das etwa iiberschieBende Stiick
wird mit einem kleineren MeBstabe ermittelt.
1st die Entfernung von a nach b sehr groB, so miBt man die Linie
in einzelnen Abteilungen. Zu diesem Zwecke schlagt man in Abstanden
von 20 m Spreizen und befestigt auf ihnen in der Richtung a b Pfriemen
zum Anschlingen der Schnur. Die Neigung der einzelnen Schniire wird
durch den Gradbogen abgenommen (Fig. 26).
Eine gleiche Genauigkeit bei geringem Zeitaufwande laBt sich er-
reichen, wenn man an Stelle der Zwirnsfadenschleife vor das Ende des
MeBstabes den einen Daumennagel fest an die Schnur preBt, sodann vor-
sichtig den zweiten Daumennagel mit entgegengesetzt gerichtetem Riicken
an die Stelle des ersteren setzt und hiergegen das Ende des inzwischen
von dem Gehilfen wieder angelegten MaBstabes anschiebt. Hierzu gehoren
zwei geiibte und gewissenhafte Gehilfen mit kraftigen und nicht zu sehr
gekrummten Daumennageln.
Fig. 26. Langenmessen in der Grube.
Bei Messungen von geringerer Wichtigkeit, z. B. mit dem Hange-
kompaB, geniigt es auch, wenn die Daumennagel nicht gewechselt werden,
vielmehr der zweite Gehilfe sogleich seinen Daumen an den des ersteren
setzt, festkneift und den holzernen MeBstab, welchen er inzwischen durch
die hohle Hand des vorderen Gehilfen durchgeschoben hat, wieder anlegt.
Das Messen mit zwei Staben, welche abwechselnd voreinander gesetzt
werden, giebt ebenfalls gute Resultate. Will man aber den Vorteil ge-
winnen, welcher bekanntlich aus der Anwendung langer MeBstabe erwachst,
so sind zur Bedienung eines jeden Stabes zwei Mann, im ganzen also
vier Mann zum Messen erforderlich. Dieses zahlreiche Personal ist aus
mehreren Griinden bei Grubenmessungen unbequem. Bei der Anwendung
klirzerer Stabe, welche ein Mann bedienen kann, vermehren sich die
Fehlerquellen.
Professor F. LORBER in Leo ben hat iiber die Genauigkeit der Langen-
messungen iiber Tage nach verschiedenen Methoden und mit verschiedenen
Instrumenten zahlreiche hochst interessante Versuche angestellt und aus
ihnen das Gesetz des mittleren Fehlers entwickelt (berg- u. hiittenm. Jahr-
24
ZWEITES KAPITEL.
buch der Bergakademieen zu Leoben, Piibram u. Schemnitz, Band 25 u. 26).
Er hat den Nachweis geliefert, daB bei Langenmessungen die zufalligen
Fehler dem theoretischen Fehlerfortpflanzungsgesetze folgen, wonacb der
mittlere Fehler einer Lange mit der Quadratwurzel aus der Lange zu-
nimmt und folgende Zahlenwerte gefunden:
ira g^nstigen
ungunstigen
. Ffir Messungen mit
2 Stiick 4 m Latten langs gespann-
ter Schnur ........ m = 0,000535 yz~ 0,000535 ML
2 Stiick 4 m Latten ohne Schnur . m = 0,000927 yZ~ 0,0041 yr
StahlmeBband ........ m = 0,002 1 6 ]/Z~ 0,0095 ]/Z"
Drehlatte ......... m = 0,00212 yr 0,0095 yr
MeBkette ......... m = 0,00300 yz" 0,0130 ]/X.
Die Messungen mittels Latten langs der gespannten Schnur, welche uns
hier zunachst allein interessieren, iibertreffen die anderen weit an Genauig-
keit. Der Mittelfehler betragt auf 1000 m = 17 mm.
Die von BOECHEKS in seiner Markscheidekunst Seite 91 und 112 ge-
gebenen Resultate, sowie zahlreiche in jiingster Zeit unter meiner Leitung
ausgefuhrte Langenmessungen an der Schnur mit einem 4 m langen
eisernen MeBstabe haben ergeben, daB der von LOEBEE gefundene Koef-
fizient 0,000535 eher zu groB als zu klein ist.
Das MeBband aus Stahl. - - In neuerer Zeit sind MeBbander aus
Stahl fast allgemein in Gebrauch gekommen. Ein 12 mm breiter und
0,2 mm diinner Streifen aus
GuBstahl von verschiedener
Lange (20 — 40 m) ist in
Dezimeter mittels feiner ein-
geschlagener Locher ein-
geteilt. Die ganzen Meter
sind durch eingelassene Mes-
singzeichen und daneben
eingeatzte Zahlen kenntlich
gemacht. An beiden Enden
sind in Gelenk und Kurbel
drehbare Ringe befestigt,
von deren innerer Peripherie die Zahlung beginnt.
Diese StahlmeBbander sind auBerst dauerhaft, dehnen sich zwar beim
Gebrauch, aber langen sich nicht dauernd aus und bieten namentlich in
sohligen Grubenstrecken, wo ihre ganze Lange ausgenutzt werden kann,
groBe Vorteile.
Bei dem Gebrauch 1st das Band moglichst gleichmaBig anzuspannen,
da die Lange desselben sich mit der Starke der Anspannung andert.
Fig. 27. Mefiband aus Stahl.
DIE BEIM MAEKSCHEIDEN GEBRAUCHLICHEN INSTEUMENTE etc. 25
Im Jahrbuch fur das Berg- und Hiittenwesen fiir 1883 erwahnt der
Prof. SCHMIDT in dem Aufsatz ,,Triangulierung im Freiberger Revier", da6
ein Stalilband von den genannten Dimensionen und 30 m Lange sich bei
einer Spannung von 7 kg um 3,4 mm und bei 14 kg Spannung um 7,5 mm
ausdehnte.
In sohligen Strecken und bei gutem Tragewerk ist die Anwendung
des MeBbandes am einfachsten, wenn die Winkelpunkte auf die Strecken-
sohle herabgelotet werden.
Ist kein gutes Tragewerk vorhanden oder ist die Grubenstrecke ge-
neigt, so wird die Lange gemessen unter Zuhilfenahme von Spreizen, deren
Abstand nicht zu gro6
(10 — 12 m) genommen
werden darf, da sonst
die eintretende Senkung
derBandmitte einen merk-
lichen Messungsfehler
herbeifuhren wiirde.
In der Richtung der
zu messendenLinie schlagt
man in die Spreizen starke
Nagel, an welcbe die
Ringe des Bandes ange-
hangt werden und miBt
von Nagel zu Nagel.
Zur Ermittelung der
Neigung mittels des Grad-
bogens sind aufierdem
Schniire zu ziehen.
Werden die Nei-
gungen der Stationslinien
am Hohenkreise desTheo-
doliten ermittelt, so wird
nach Wegnahme des Theodoliten die Yisierlinie direkt gemessen oder es
miissen an • den Untersatzen des Theodoliten und der Signale Vorrichtungen
vorhanden. sein, welche gestatten, die Lange in einer der Visierlinie
parallel laufenden Linie zu messen (Fig. 28). Vergl. § 68.
Die zwischen Anfangs- und Endpunkt geschlagenen Hilfsspreizen miissen
in diesem Falle auch beziiglich ihrer Hohenlage der Richtung der Yisier-
linie geniigen.
Sind beim Messen mit dem Stahlbande weite Abstande der Hilfs-
spreizen nicht zu vermeiden, so ist die Mitte des Bandes entweder auf
andere Weise zweckmaBig zu unterstiitzen oder das Resultat um eine
Grb'Be zu verbessern, welche aus der Durchbiegung h des Bandes und
Fig. 28. Messen geneigter Visierlinien.
26 ZWEITES KAPITEL.
O T 2
aus dessen Bogenlange ab = I riach der Formel -^y- berechnet werden
kann (Fig. 29).
Bei ca. 30 m Lange zeigt nach SCHMIDT sich bei 14 kg Anspannung.
welche ein kraftiger Gehilfe mit beiden Handen hervorzubringen vermag.
eine Durchbiegung von 16 cm, die einem MeBfehler von 2,3 mm entspricht.
Das MeBband muB nach jedesmaligem Gebrauch trocken gerieben
werden zur Yerhinderung des Rostens.
Der Preis des MeBbandes 1st je nach der Lange, der Ausstattung und
der Aufbewahrungsweise verschieden. Ein Band von 20 m Lange auf ein
eisernes Kreuz gewickelt
kostet ca. 17 Mark, ein
Fig. 29. Durchbiegen des MeBbandes. ebensolches V011 30 in ca.
22 Mark. Ein Band von 33 m Lange mit Messinggehau.se kostet 50 Mark.
AuBer den vorstehend genannten LangenmeBapparaten sind hie und
da Ketten von 10 oder 20 cm langen aus starkem Messingdraht gefertigten
Gliedern in Gebrauch, welche nur geringwertige Ergebnisse liefern konnen.
Das Langenmessen in stark geneigten Grubenraumen ist mit beson-
deren Schwierigkeiten verbunden. Man wechselt entweder mit nahezu soh-
ligen und mit vertikalen Linien ab (siehe § 71, Fig. 126) oder man ermittelt
den Hohenabstand der beiden Endpunkte (die Seigerteufe der flachen
Linie) und berechnet hieraus und aus dem Neigungswinkel die Sohle (siehe
§ 112) oder man wendet Latte mit Setzniveau an (siehe § 67).
B. tlber Tage.
15. Zu den Langenermittelungen liber Tage, welche sehr genaue Resul-
tate ergeben sollen, gehort das Messen einer Basis oder von Polygon-
seiten, diezurFest-
legung wichtiger
Punkte dieiien.
Dreiecksnetze
zu rein markschei-
derischen Zwecken
werden immer eine
nur geringe Aus-
dehnung haben, es
kann deswegen
beim Messen der
Basis von der kost-
Fig. 30. Markscheiderbock. spieligen _ Anlage
einer honzontalen
Unterlage zum Auflegen der MeBlatten abgesehen und die Langenmessung
in gleicher Weise wie in der Grube an der Schnur mit 4 m langen Stahl-
staben ausgefuhrt werden.
DIE BEIM MARKSCHEIDEN GEBEAUCHLICHEN INSTEUMENTE etc. 27
Das Yerfahren unterscheidet sich von dem in der Grube nur dadurch,
claB man statt der Spreizen starke Pfahle und sogenannte Markscheider-
bocke (Fig. 30) anwendet. Das Yerfahren ist aus Fig. 31 zu ersehen.
In PreuBen ist iibrigens in fast alien bergbautreibenden Gegenden
das Dreiecksnetz der Landesvermessung bis zu den Dreiecken IV. Ordrmng
durchgefuhrt, der Markscheider wird deshalb in den meisten Fallen seine
Messungen direkt anschlieBen konnen und dem Messen einer eigenen Basis
uberhoben sein, wenn nicht starke Bewaldung und ungunstige Oberflachen-
verhaltnisse, wie auf dem Oberharze, die Benutzung der meist auf Berg-
gipfeln angebrachten Dreieckspunkte erschweren.
Ich bin mehrmals gezwungen worden, kleinere Dreiecksnetze mit selbst-
standiger Basis einzuschalten, welche stets event, mittelst Polygonmessung
an zwei Dreieckspunkte der Landesvermessung angeschlossen wurden.
Immer habe ich mit dem obigen Yerfahren der Basismessung gute Re-
sultate erhalten.
In dem schon erwahnten Aufsatze des Jahrbuches fur Berg- und
Hiittenwesen im Konigreiche Sachsen beschreibt Professor SCHMIDT die
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Fig. 31. Basismessung.
Messung einer 568 m langen Basis mittels des bei den Markscheidern
ublichen StahlmeBbandes und kommt unter Beobachtung und Beriick-
sichtigung aller Fehlerquellen zu einem sehr guten Resultate.
Bei den sonstigen Langenmessungen iiber Tagewendet der Markscheider § 16,
dieselben Apparate an wie der Landmesser. Die friiher allgemein iibliche
Kette aus eisernen Gliedern ist in neuerer Zeit vollstandig .verdrangt von
dem StahlmeBbande, welches 20 mm breit. 0,4 mm dick und 20 m lang
ist, im iibrigen aber dem in der Grube gebrauchlichen gleicht. Die Zah-
lung beginnt in der Mitte der SchluBringe. Durch dieselben werden beim
Gebrauche • aus Eichenholz gefertigte Stabe, sogenannte Kettenstabe ge-
steckt, deren Durchmesser der Ringoffnung genau entsprechen und welche
an ihren oberen Enden kleine Dosenlibellen und am unteren Ende eiserne
Spitzen mit eisernern Querriegel zum Auflegen der Bandringe haben.
Das Yerfahren beim Messen ist folgendes: Die Endpunkte der zu
messenden Linie sind durch Lochpflocke oder Steine bezeichnet.
Nachdem die Kettenstabe durch die SchluBringe geschoben sind, setzt
der erste Gehilfe die Spitze seines Kettenstabes in das Loch des Anfangs-
punktes und bringt den vom zweiten Gehilfen gefiihrten Kettenstab in die
Richtung der zu messenden Linie ein. Zu diesem Zwecke ist der Endpunkt
28
DEITTES KAPITEL.
der Linie durch einen runden Stab (Bake, Piketpfahl) bezeichnet. Hierauf
wird das Band straff gezogen, wobei die beiden Gehilfen mittels der
Dosenlibellen deu senkrechten Stand der Kettenstabe kontrolieren. Der
Endpunkt der Bandlange wird vom zweiten Gehilfen durch ein eisernes
Zahlstabchen bezeichnet, welches der erste Gehilfe an sich nimmt, sobald
er bei fortschreitender Messung
die Spitze seines Kettenstabes an
die Stelle desZahlstabchens setzt.
1st die Bodenoberflache nicht
vollstandig horizontal, so ist am
tieferen Punkte der Ring des
Bandes an dem Kettenstabe
nach deni AugenmaBe so weit
hoch zu schieben, bis das Band
eine horizontale Lage einnimmt.
(Fig-32)'
^e* seDr steilen Hangen rei-
chen die Kettenstabe zur Be-
nutzung der ganzen Bandlange
nicht aus, man muB in diesem
Falle den zweiten Kettenstab B
aus dem Ringe nehnien und den-
selben so in der zu messenden
A
Linie aufstellen, daB die Ent-
fernung A£ mittels des Bandes
gemessen werden kann. Den
ersten Ring des Bandes streift
y()m Kettenstab A
Fig. 32. ;LaDgenmessung an s
ab, steckt .ihn auf den Stab ^, setzt den Stab A in zweckmaBiger Ent-
fernung in die Linie und verfahrt wie vorher.
Drittes Kapitel.
Der Gradbogen.
17. Der Gradbogen (Fig. 33) ist dazu bestimmt, an einer ausgespannten
Schnur aufgehangt zu werden, urn hierdurch cleren Neigung gegen den
Horizont zu 'ermitteln. Er besteht aus einem mit Haken vei^sehenen Halb-
kreise von nicht zu dickem, federhart geschlagenen Messingblech , aus
dessen Mittelpunkte ein Lot an einem schwarzen-Frauenhaar befestigt herab-
hangt. Das Haar liegt an der Gradteilung des Bogens an und ermoglicht
das Bestimmen des Neigungswinkels.
DEB GRADBOGEN.
29
Die verstellbaren Haken sind nach entgegengesetzten Seiten geoffnet
und mit Schlitzen versehenj in welche bei steilen Schniiren Vorstecker
geschoben werden konnen, urn das Abspringen der Haken zu verhiiten.
Fig. 33. Der Gradbogen.
1st in Fig. 34 a der Neigungswinkel der geneigten Schnur, so wird der
Bogen c d' am angehangten Gradbogen denWinkel dec messen. Winkel dec
= ^.ead — ^aj da die Schenkel beider auf einander senkrecht stehen.
Die Teilung des Bogens beginnt in der Mitte und geht nach beiden
Seiten bis zu 90°. Dadurch ist es moglich, den Neigungswinkel steigender
und fallender Schniire ohne
weiteres abzulesen.
Die Einteilung des Grad-
bogens ist auf J/4 oder l/5 Grade
durchgefiihrt. Die kleineren
Unterabteilungen schatzt man
mit dem Auge.
Die Priifung des Gradbogen s
hat sichj wenn man die Richtig-
keit der Teilung und die cen- a
trische Lage vom Aufhangepunkte
Fig. 34.
Messen des Neigungswinkels mittels des
Gradbogens.
des Lotes voraussetzt, auf fol-
gendes zu richten:
1. Ob die Linie durch die Teilungspunkte 90° — 90° genau parallel ist
mit der Linie, welche man sich durch die beiden Haken gelegt denkt.
2. Ob der Gradbogen vollkommen senkrecht hangt.
Urn den. Gradbogen auf das erste Erfordernis zu priifen, hange man
DRITTES KAPITEL.
denselben an eine horizontal ausgespannte Schnur, wobei das Lot auf Xull
einspielt. Darauf hange man an derselben Stelle den Graddogen um und
sehe zu. ob auch in dieser Lage der Nullpunkt von dem Lote gezeigt wird.
1st dies der Fall, so ist der Gradbogen von diesem Fehler frei. Sollten
aber sich Unstimmigkeiten herausstellen, so verschiebe man entweder einen
der Haken je nach Bedarf, wozu die Offnungen fiir die Klemmschraubchen oval
hergestellt worden sind, oder man bestimme den Fehler und bringe ihn bei
jeder Beobachtung in Rechnung. Endlich kann man den Gradbogen auch
an jeder Schnur umhangen und aus beiden Ablesungen das Mittel nehmen.
Fallt die Ebene des aufgehangten Gradbogens nicht mit der Vertikalen
zusammen, so ist dieser Fehler bei horizontalen Schniiren ohne EinfluB, der-
selbe wird aber mitzunehmendem
Neigungswinkel der Schnur be-
merkbar und zwar wird man den
Neigungswinkel zu klein ablesen.
In Fig. 35 ist
SS' die Schnurlinie,
SaS' die vertikale Ebene des
Gradbogenlimbus,
a der Nullpunkt der Teilung,
^.amb der Neigungswinkel
der Schnur
<^ama = cp der Neigungs-
winkel der Ebene, des groB-
tenKreises Sa'S' gegen die
Vertikale (fehlerhafte Stel-
lung des Gradbogens),
Fig. 35. Ablesefehler am nicht senkrecht hangenden
Gradbogen.
a' ebenfalls Nullpunkt der Teilung,
^ amb' ' — -^ amb der Neigungswinkel der Schnur,
be ist ein Teil des groBten Kreises, dessen Ebene senkrecht auf der
Vertikalebene SaS' und zugleich auf der Horizontalebene steht.
In dieser Ebene wird das beobachtende Auge die Lotlinie mb auf den
schief hangenden Gradbogen projizieren und daran die falsche Neigung tic
ablesen.
In dem spharischen Dreieck Sbc ist
Sc = 90° + a'c,
«=^; bSc = «^: am a = cf,
Sb = 90° + ab,
cos 9 = tg (90° + ab) cotg (90° + a'c),
cos cf — (— cotg ab) (— tg a'c),
cos ff tg ab = tg a c.
Setzt man in dieser Formel <f> = 3° und den Neigungswinkel nach
einander gleich 0°, 10°, 20°, 30°, 40°, 45°, 50°, 60°, 70°, 80° und 90°, so
DEE GEADBOGEN.
31
sind die Ablesefehler beziehungsweise 0, 50", 1'30", 2' 3", 2' 20", 2' 22",
2' 20", 2' 3", 1'30", 50" und oo (unbestimmt).
Mit zunehmendem Neigungswinkel der Schnur wachst der Ablese-
fehler, erreicht sein Maximum bei 45° Neigung und nimmt dann wieder
in gleichem Verhaltnis ab.
Aus obigen Zahlen geht hervor, daB der Winkel cp in
die Augen fallend sein muB, wenn der Fehler die Ablese-
grenze am Gradbogen iiberschreiten soil. Abweichungen der
Gradbogenebene aus der
Vertikalen von 3° wird
man aber schon an dem
Yerhalten des Lothaares
mit bloBem Auge er-
kennen.
Bei sehr groBen
Neigungswinkeln, wo der
Schwerpunkt durch die
Haken nicht geniigend
in seiner Lage festge-
halten wird, tritt leicht
ein Schwanken des
Winkels cp ein, dessen
Wachsen dann ein Zu-
nehmen des Ablesefeh-
lers mit sich bringt.
Der besprochene
Fehler wird durch vor-
sichtiges Biegen der
Haken beseitigt.
/ \
Fig. 36.
Ungleicher Druck der Gradbogenhaken auf die
geneigte Schnur.
Die gespannte Schnur bildet eine Kettenlinie. Der Neigungswinkel § 18,
dieser Linie ist an verschiedenen Punkten verschieden, eine Stelle muB es
aber geben, wo die Schnur der Verbindungslinie der beiden Endpunkte
parallel lauft und da wiirde der Gradbogen zur Ermittelung der richtigen
Neigung aufzuhangen sein.
Sieht man von dem Gewichte des Gradbogens ab, so wiirde der
richtige Aufhangepunkt nur wenig von dem Schnurmittel nach dem unteren
Ende zu abweichen.
Das Gewicht des Gradbogens verandert aber die Neigung der Schnur,
weil sich dasselbe nicht gleichmaBig auf beide Haken verteilt, wie aus
nachstehender Betrachtung hervorgeht:
Es bezeichnen in Fig. 36:
G das Gewicht des Gradbogens mit Lot,
8 den Schwerpunkt,
32 DEITTES KAPITEL.
d die Entfernung der Schnurlinie von S,
I den Abstand beider Haken voneinander,
ce den Neigungswinkel der Schnur gegen den Horizon!.
Man zerlege G, sowie die beiden unbekannten Driicke D^D^ in den
Aufhangepunkten in je zwei Komponenten: parallel und senkrecht
zur Schnurlinie, dann gilt nach Grundsatzen der Mechanik fur die gleicli-
gerichteten Krafte:
1. arj + x2 = G cos a, 2. y1 -f y2 = G sin a.
Ferner miissen, wenn Gleichgewicht statthaben soil, fur irgend einen
angenommenen Punkt die statischen Momente der Krafte sich ebenfalls
gegeneinander aufheben:
Fiir M als Drehpunkt haben x.> y2 yl kein Moment, es bleibt demnach
3. x\l= G cos a . — -j- G sin ce.d, dagegen fur N als Drehpunkt
4. x2 / = G cos a . — — G sin a . d.
Demnach ist der tfberdruck auf die Schnur am oberen Haken
5. xl — %2 = 2 G sin a -j.
Nach Gleichung 4 folgt, dafi x2 = 0, also der uritere Haken gar nicht
mehr auf die Schnur driickt, fur
6. G sin ce j • = G cos a —, also fiir tang a — -^
Es springt der untere Haken sogar ab fiir
7. G sin a y > G cos a . -, also fiir tang a > ~
Sollten demnach selbst bei steigender Schnur die Driicke m den
beiden Haken dieselbe GroBe haben, also x2 = ^ sem, so miifite nach
Gleichung 5. d = 0 sein, d. h. der Schwerpunkt S des Gradbogens ein-
schlieBlich Lot in der Schnurlinie liegen (siehe SCHNEIDEES Hangebogen § 19).
Die Stelle der ausgespannten geneigten Schnur, an welcher der
Gradbogen angehangt werden muB, um den richtigen Neigungswinkel zu
geben, ist durch Versuche von FLOBIAN, Markscheider zu Bleiberg in
Karnten, Professor JUNGE in Freiberg (Berg- u. Hiittenm. Z. 1862, Seite 57)
und Bergrat BOECHEES (ebendaselbst 1863, Seite 213) zu ermitteln ver-
sucht.
Aus den FLOEiANschen Versuchen leitet Professor VON MILLEE-HAUEN-
EELS folgende Regel ab:
,,Man hange den Gradbogen naher gegen das hb'here Ende der Schnur
und zwar vom Mittel des letzteren um ein solches MaB entfernt, welches
man erhalt, wenn man die Schnurlange bei einer Tonnlage bis etwa 15°
fiir jeden Grad derselben mit 0,004 und fiir groBere Winkel mit 0,003
multipliziert."
Bei 12 m langer Schnur und 20 Grad Neigung wiirde z. B. der Grad-
bogen bei 6,72, von unterem Ende ab gerechnet, aufzuhangen sein.
DEE GEADBOGEN. 33
JUNGE rat, den Gradbogen etwas iiber der Mitte etwa bei 0,58 der
Schnurlange, vom unteren Ende ab gerechnet, anzuhangen.
BOECHEES hat nicht den Aufhangepunkt des Gradbogens fur den rich-
tigen Neigungswinkel zu ermitteln gesucht, sondern aus wiederholt aus-
gefuhrten Versuchen eine Tabelle aufgestellt, wonach man die Winkel,
welche man beim Anhangen des Gradbogens in der Mitte der Schnur er-
halten hat, verbessern kann.
Letzteres Verfahren erscheint als das praktischste, da es leichter ist,
die Mitte der Schnur zu finden, als durch eine immerhin einige Zeit
raubende Rechmmg erst den Punkt zu ermitteln, wo der Gradbogen an-
gehangt werden soil. Dagegen ist aber nicht zu vergessen, daB eine solche
Tabelle nur fur eine Schnur von bestimmter Beschaffenheit und Lange
und fur einen Gradbogen von gewissem Gewichte Giiltigkeit hat.
Die nachstehenden Winkelwerte sind von BOECHEES durch Yersuche
festgestellt und zwar gilt die erste Reihe fur die am Harz gebrauchlich e
Meterkette aus feinem Messingdraht von 10 m Lange und die zweite Reihe
fur straff gespannte Hanfschniire von ebenfalls 10 m Lange.
Der benutzte Gradbogen hatte ein Gewicht von 70,6 Gramm.
Die Verbesserungen sind fiir Winkel von fiinf zu fiinf Grad beobachtet
und zeigen an, um wie viel die Winkel in der Mitte der Schnur zu klein
erhalten wurden.
5° 10° 15° 20° 25° 30° 35° 40° 45°
I. 2' 5" 3' 4" 5' 5" 6' IT 7'28" 8' 38" 9' 38" 10' 40" 11' 39"
II. 1'35" 2' 42" 3' 44" 4' 40" 5' 30" 6' 10" 6' 38" 7' 20" T 38"
50° 55° 60° 65° 70° 75° 80° 85° 90°
I. 12'33" 13' 28" 14'22" 15'13" 16' 2" 16'55" 17' 40" 18' 25" 19' 5"
II. 8' 10" 8' 32" 8' 55" 9' 15" 9' 34" 9' 52" 10' 12" 10' 30" 10' 45"
Die schon erwahnten Versuche von Professor JUNGE haben
auBerdem ergeben, daB man den richtigen Neigungswinkel
nicht erhalt, wenn man den Gradbogen sowohl an dem oberen
als am unteren Ende der Schnur anhangt und aus den an diesen
Stellen abgelesenen Neigungswinkeln das Mittel nimmt. Das
so gefundene arithmetische Mittel ist nicht unerheblich kleiner, als der
wahre Neigungswinkel der Schnur.
Der Gradbogen ist nach alledem kein besonders leistungsf ahige s
Instrument und man wird dasselbe zu wichtigen Seigerteufenermittelungen
nicht benutzen. Jedoch wird dasselbe fiir den Markscheider unentbehr-
lich bleiben, sobald es sich um die Bestimmung der Neigungswinkel be-
hufs Berechnung der Sohlen handelt.
Bei geringen Neigungen der Schnur wird beziiglich des Aufhange-
punktes die Beachtung der JuNGEschen Regel vollstandig geniigen, aber
da mit wachsendem Neigungswinkel die Beobachtungsfehle r
BBATHDHN, Markscheidekunst. 3
34
DBITTES KAPITEL.
am Gradbogen die Kichtigkeit der daraus berechneten Sohle
in immer hoherem MaBe beeinflussen, so ist in diesem Falle nicht
blofi die Beobachtung selbst zu verscharfen, sondern auch die Aufhangestelle
an der Schnur mit Sorgfalt zu suchen.
Am besten geht man bei groBeren Neigungswinkeln zur Benutzung
der BoECHEESchen Tabellen liber.
19. Von den Versuchen, dem Gradbogen eine andere Form zu geben, ist
zuerst der ungefahr im Jahre 1775 vom Hofrat KASTNEE konstruierte
Gradbogen zu nennen.
Die Schiene «£ mit
den beiden Haken ist
um die Achse c dreh-
bar, an welcher der
Quadrant <?/ebenfalls
drehbar befestigt ist.
Liegt die Schiene auf
der Schnur, so dreht
man den Quadranten
so lange, bis das Lot
im Nullpunkte bei e
einspielt.
Am Nonius, wel-
cher an der Schiene
bei b sitzt, kann nun
der Winkel abgelesen
werden. Die Teilung
geht von / nach e.
Dieser Gradbogen
ist sehr wenig in Ge-
brauch gekommen.
Ferner ist zu er-
wahnen, der neue Hangebogen von SCHNEEDEE (Osterr. Zeitschr, fiir Berg-
und Hiittenwesen 1877, Seite 367).
SCHNEIDEE will den Fehler des alten Gradbogens: die ungleiche Be-
lastung der einzelnen Haken durch die Konstruktion seines Hangebogens
dadurch vermeiden, daB er den Schwerpunkt in die Schnurlinie veiiegt.
Statt eines Halbkreises nimmt er einen Yollkreis und statt des Lotes eine
Alhidade mit Rohrenlibelle.
Das Instrument ist aus Aluminiumblech gefertigt und wiegt daher
trotz seines Umfanges und Beiwerkes nur 80 Gramm. Der zarte Apparat
verbiegt sich aber leicht und hangt sich nicht immer von selbst vertikal.
Auch dieses Instrument hat keine groBe Yerbreitung zu erwarten.
Fig. 37. Gradbogen von KASTNER.
DER GEADBOGEN.
35
IB der Berg- und hiittenm. Zeit. 1882, Seite 245 beschreibt BOECHEES
einen Apparat, welcher die unmittelbare Beobachtung der richtigen Neigungs-
winkel gespannter Schniire gestattet. Dieser Apparat, von BOECHEES
Fig. 38. Hangebogen von SCHNEIDEB.
Hangeniveau genannt, 1st ein Gradbogen, welcher statt des Lotes eine
um den Mittelpunkt drehbare Alhidade besitzt, die mit Nonius und Fein-
Fig. 39. Hangeniveau von BOUCHERS.
stellung versehen ist und mittels einer darauf befestigten Rohrenlibelle
senkrecht gestellt werden kann.
An dem Hangeniveau, welches nur an einem Endpunkte der aus-
36 VIEKTES KAPITEL.
gespannten Schnur aufgehangt werden kann, ist ein kleines Fernrohr so
befestigt, da6 seine optische Achse mit der Linie 90 — 90 parallel 1st.
Mittels eines kleinen Reitersignals und einer Hebungsschraube wird die
Achse des Fernrohres und mithin aucli die Linie von 90 — 90 genau parallel
der Verbindungslinie der beiden Aufhangepunkte der Schnur gestellt.
Nivellements mit dem Hangeniveau geben denen mittels des Luft-
blasenniveau und der Latte ausgefiihrten an G-enauigkeit nichts nach.
Dasselbe vermag da, wo der gewohnliche Gradbogen unsicher wird,
namlich bei der. Bestimmung des Neigungswinkels stark ansteigender
Schniire ausgezeichnete Dienste zu leisten, wird aber trotzdem wegen
seiner Kostspieligkeit, die durch die seltene Anwendung erhoht wird, keine
allgemeine Yerbreitung finden.
BOECHEES hat den Apparat iibrigens nur zu einem bestimmten
Zwecke konstruiert, wie in der angezogenen 2eitschrift ausdriicklich
hervorgehoben wird.
Viertes Kapitel.
Der KompaB.
20. Bis zum ersten Drittel dieses Jahrhunderts war der KompaB das wich-
tigste Instrument des Markscheiders. und die Entwickelung der ganzen Mark-
scheidekunst hangt eng mit der Vervollkommnung des Kompasses zusammen.
Einem gewissen FLAVIO GIOJA (13Q2 — 1320) wird gewohnlich das Yer-
dienst zugeschrieben , zuerst einen nadelfb'rmigen Magnet in eine Biichse
eingeschlossen zu haben.
Die Anwendung des Kompasses zum Yermessen in der Grube erwahnt
zuerst AGEICOLA im fiinften Kapitel seines 1556 erschienenen Buches ,,De
re metallica". Der in diesem Werke beschriebene SetzkompaB von der
altesten Konstruktion ist sehr primitiver Natur.
Das Neudorfer Bergwerk im anhaltischen Harze besitzt noch einen
solchen alten SetzkompaB, welcher die Jahreszahl 1541 tragt. Eine hol-
zerne 2 cm dicke Scheibe (Fig. 40) von 16,5 cm Durchmesser, in deren
Mitte zentrisch eingelassen eine kleine messingene KornpaBbiichse von
5,5 cm. Durchmesser sich befindet, ist in eine kreisformige Yertiefung
einer holzernen Biichse eingesetzt, welche oben durch einen Deckel ver-
schlossen werden kann und in deren Boden ein Loch, wahrscheinlich zur
Aufnahme eines Aufsteckzapfens, gebohrt ist. Der KompaB hat nur eine
Nprd-Sudlinie , und um seinen etwas erhohten Band ist eine Doppelregel
drehbar. Die holzerne Scheibe hat mehrere ringformige Yertiefungen,
welche mit verschieden gefarbtem Wachs ausgefiillt sind. Beim Gebrauch
wurde das Instrument so aufgestellt, daB die Nadel nach Norden zeigte,
DEE KOMPASS.
37
die Regel nach dem AugenmaB in die Richtung der Schnur gebracht und
diese durch Striche oder Punkte auf einem der Wachsringe bezeichnet.
Die Zulage erfolgte von dem Schachtpunkte oder dem Stollenmundloche
ausgehend auf der Tagesoberflache im naturlichen MaBstabe. Die ersten
Vermessungen batten nur den Zweck, nachzuweisen, wie die unterirdischen
Baue gegen die Grubenfeldesgrenze (Markscheide) standen.
Spater ist die einfache messingene Regel mit Haken oder Loehern
zum Einhangen einer Scbnur und die Scheibe neben den wachsernen Ringen
auch noch mit einer Kreisteilung am Rande versehen worden, wie auch
schon AGEICOLA an-
giebt.
Die abgelesenen
Winkel wurden im
Taschenbuche notiert
und die Zulage auf
dem Papiere gemacht.
Der aus AGEICOLA
zu ersehende Stand-
punkt der Markschei-
dekunst blieb lange
Jahre derselbe, bis
dieselbe mit der Er-
findung des Hange-
kompasses durch BAL-
THASAE ROSSLEE, der
1673 als Bergmeister
zu Altenberg in Sach-
sen starb, einen neuen
Aufschwung nahm.
Im Jahre 1686
erschien das erste be-
deutende Buch iiber die Geometria subterranea von NICOLAUS VOIGTEL,
worin der RossLEEsche HangekompaB, das sogenannte Kreuzhangezeug,
zuerst abgebildet und beschrieben ist (Fig. 41).
Ein breiter Messingring A, der Hangering, ist mit zwei Haken zum
Aufhangen versehen und mit einem zweiten diinneren Ringe B dem Kom-
paBringe fest verbunden, dessen Ebene um 90 Grad verdreht ist gegen die
des Hangeringes. Zwei gegeniiberliegende und um 90 Grad von der Hange-
ringebene entfernte Locher EE im KompaBringe dienen zur Aufnahme der
an der Kompafibuchse C befestigten Zapfen. AuBerdem sind an der Kom-
paBbiichse noch zwei Spitzen DD angebracht, welche beim Drehen der
Btichse an dem Hangeringe anliegen.
Die nachsten Werke von Bedeutung iiber Markscheidekunst : 1) die
lateinisch verfaBten Institutiones geometriae subterraneae von J. F. WEIDLEE.
Fig. 40. Alter SetzkompaC.
38 VIERTES KAPITEL.
Wittenberg, 1726; 2) Griindlicher Unterricht vom Bergbau nach Anleitung
der Markscheidekunst von A. BEYER. Altenburg, 1749; 3) Anleitung zur
Markscheidekunst vom Oberberghauptmann v. OPPEL. Dresden, 1749,
brachten beziiglich der KompaBkonstruktion nichts Neues, wenn sie auch
in anderer Beziehung, namentlich durch Einfuhrung des Zulegens nach
Streichsinus und Streichcosinus, die Markscheidekunst auf eine hohere
Stufe hoben.
Im Jahre 1785 erschien eine zweite Auflage des BEYERschen Buches,
bearbeitet von LEMPE, in welchem zum erstenmale die jetzt gebrauchliche
Fig. 41. Kreuzhangezeug nach ROSSLER.
Form des Hangezeuges abgebildet 1st und der Mechanikus SCHUBERT in
Freiberg als der Verfertiger genannt wird.
In dem drei Jahre vorher erschienenen Buche von LEMPE, Anleitung
zur Markscheidekunst 1782, findet sich wenigstens die neue Form noch nicht.
Anm. Der Vollstandigkeit wegen mogen hier die anderen tiber Markscheide-
kunst geschriebenen Bucher angefiihrt worden.
Lehrbuch der Markscheidekunst von D. F. HECHT. Freiberg, 1829.
Anleitung zur Markscheidekunst von J. N. LANG v. HANSTADT. Pest, 1835.
Anfangsgriinde der Markscheidekunst mit dea wichtigsten Satzen der ebenen
Trigonometric von KOTZURA. Weimar, 1848.
Die neue Markscheidekunst von J. WEISSBACH. Braunschweig, 1851.
Lehrbuch der Markscheidekunst von A. H. BEER. Prag, 1856.
DEE KOMPASS. 39
Hohere Marks cheidekunst von MILLER- HAUENFELS. Wien, 1868.
Die praktische Markscheidekunst mit Theodolit und Luftblasenniveau von BOR-
CHERS. Hannover, 1870.
AbriB der Markscheidekunst von CHOULANT. Freiberg, 1873.
Lehrbuch der Markscheidekunst und praktischen Geometrie von A. LIEBENAM.
Leipzig, 1876.
Die KompaBMchse. — Der jetzt beim Markscheiden in Anwendung kom- § 21,
mende KompaB besteht aus einer messingenen Biichse A von 7 — 10cm auBern
Durchmesser, welche auf dem innern matt versilberten Teile des Randes
dem Stundenringe B eine Teilung in Stunden oder Grade tragt (Fig. 42).
Im Mittelpunkte der Biichse ist senkrecht zur ebenfalls versilberten Boden-
platte ein stahlerner in eine feine Spitze auslaufender Stift eingeschraub't,
Fig. 42. Kompafibiichse.
auf welchem eine Magnetnadel so ruht, daB ihre Spitzen in gleicher Hohe
des Stundenringes schwingen konnen. Die Nadel ist aus diinnem Feder-
stahl gefertigt, hat vorwiegend nebenstehende rhombische Gestalt
und ist magnetisch, das heifit: die eine Spitze, welche zum besseren
Erkennen blau angelaufen und mit einem Querstrich versehen ist,
wendet sich bei ungehinderter Bewegung stets nach Norden.
Die Magnetnadel tragt iiber einer Durchbohrung ein messingenes
Hiitchen, welches mit einem konisch ausgehohlten Stein oder Stahl-
stiick zur Aufnahme des Stiftes ausgefiittert ist.
Die Biichse ist mit einem Glasdeckel, den ein eingesprengter
Eing festhalt, verschlossen und auBerdem mit einer Yorrichtung ver-
sehen, mittels welcher man die Nadel vom Stift abheben und gegen
den Glasdeckel driicken kann (Arretierung).
Die Vorrichtung besteht meistens in einem durch einen Schie-
ber in Wirkung zu bringendes Hebelwerk oder in einer Schraube,
welche durch die Bodenplafte oder durch den Glasdeckel gefiihrt
ist (Fig. 44). Berg- und hiittenm. Zeit. 1860, Seite 2, und 1875,
Seite 113.
Der Kreis des bergmannischen Kompasses ist meistens in
Stunden, seltener in Grade eingeteilt. Fis- 43-
Die 24 Stunden des Kompasses werden nicht von 1 bis 24 durch- nadei.1
gezahlt, sondern zweimal von 1 bis 12. Die Bezifferung begiunt jedes-
mal an dem an den Enden mit Nord und Siid bezeichneten Durchmesser
(der zwolften Stundenlinie) und zahlt dem sonstigen Gebrauche entgegen von
rechts nach links. An der sogenannten sechsten Stunden- oder Ost- West-
lime, d. i. an dem Durchmesser des Stundenkreises, welcher die Stunden 6
40
YIEETES KAPITEL.
miteinander verbindet, sind die Weltgegenden Ost und West vertauscht.
Der Grund fur diese Yertauschung und die widersinnige Bezifferung ist
leicht einzusehen. In Fig. 45 denke man sich zunachst den Mittelpunkt
des Kompasses so auf den Punkt a der Linie ab aufgestellt, daB die zwolfte
Stundenlinie mit der Richtung der frei schwingenden Magnetnadel zusam-
menfallt. Will man nun das
Streichen der Linie a b messen,
so bringt man die 12. Stunden-
linie in die Vertikalebene der
Linie ab, indem man den
-TT-
Fig. 44. Arretierungsvorrichtung am Glasdeckel.
KompaB um den Punkt a dreht.
Die frei schwingende Nadel
nimmt aber an der Drehung
der 12. Stundenlinie nicht teil,
sondern bleibt vermoge ihrer magnetischen Kraft unverandert im magne-
tischen Meridian stehen. Der Winkel bac, welchen die ostwarts (von
links nach rechts) gedrehte Nord-Siidlinie, bez. die Linie ab nunmehr
mit dem magnetischen Meridian einschlieBt, wird durch den Bogen be ge-
messen, den die Nadelspitze im umgekehrten Sinne, also westwarts (von
rechts nach links) bei der Drehung der
12. Stundenlinie um a durchlaufen hat. Um
sogleich den richtigen Winkel und die rich-
tige Weltgegend an der Nadelspitze ablesen
zu konnen, ist die Teilung in der Richtung
von rechts nach links bezifiert und sind die
Weltgegenden Ost und West verwechselt.
Sollte eine Uhr mit feststehendem Zeiger
und sich von links nach rechts drehendem
Zifferblatte die richtige Stunde angeben, so
miiBten die Stundennummern auch von rechts
nach links, statt, wie sonst tiblich, von links
nach rechts zahlen.
Auf Kompassen mit grofierem Durch-
messer sind die Stunden in 16 Teile, auf
solchen mit kleinerem Durchmesser in 8 Teile
geteilt. Die weiteren Unterabteilungen schatzt
man mit dem Auge.
Man unterscheidet verschiedene Ablesungen:
1) Stunden und Achtelstunden mit 16 Unterabteilungen (Sechszehntel-
achtel),
2) Stunden, Sechszehntelstunden mit 8 oder 12 Unterabteilungen.
Die zuerst genannte Abteiiung ist die gebrauchlichste und soil in
diesem Buche angewendet werden.
Fig. 45.
DEE KOMPASS.
41
Stunde
Achtel
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
1.
Or.
1.
1.
Or oder Os.
1.
1.
Oss.
1.
1.
1U-
1.
1.
!/4r.
I.
1.
i/4 r"
oder l/4
1.
1.
l/4tss
•
1.
1.
l/9 U
. s. w.
Einen Streichwinkel nach dieser Ablesung wiirde man z. B. schreiben:
W. 5. 6. 4, d. h. West. 5 Stunden 6 Achtel und 4 Sechszehntelachtel.
Eine veraltete Bezeichnungsweise hat Stunden, Achtel und Yiertel-
achtel; die Unterabteilungen werden durch r (reichlich minus) r (reichlich)
oder s (einmal scharf) und ss (zweimal scharf) bezeichnet. Es wiirde dem-
nach gleichbedeutend sein:
Sechszehntel
Achtel
1
2
3
4
5
6
7
8
Bei kleinen Kompassen mit der 8 teiligen Stunde erfolgt die Ablesung
nach Stunden, Achteln und Viertel-
achteln; die Unterabteilungen werden
durch angehangte -f oder - - Zeichen
gekennzeichnet.
1 Stunde = 15°
V8- „ =1° 51' 30"
Va » ?' 1,8"
16
Die Ablesegrenze fur Kompasse von
6 cm Durchmesser ist ein Sechszehntel-
achtel = ca. 7 Minuten. Bei solchen mit
etwas groBerem Durchmesser kann man
Bruchteile des Sechszehntelachtels ab-
schatzen, die man entweder durch +
und — oder durch Dezimalen ausdriickt.
Dem Streichwinkel einer Linie hat man die Weltgegend hinzuzusetzen.
Auch hier sind zwei Bezeichnungsweisen liblich.
Nach der einen werden nur die Weltgegenden Ost und West gebraucht
fur die Streichwinkel im ostlichen oder westlichen Halbkreis, nach der
anderen alle vier Weltgegenden und zwar Ost bez. West fur alle Streich-
winkel zwischen den Stunden 3 und 9, dagegen Nord fur den westlichen
Streichwinkel von Stunde 9 bis 12 und fur die ostlichen von 0 bis 3, Slid
fiir die ostlichen Streichwinkel von Stunde 9 bis 12 und fur die westlichen
von 0 bis 3.
Es sind demnach gleichbedeutend
0. 1. 2. 7. = N. 1. 2. 7., W. 10. 0. 8. = N. 10. 0. 8.
0. 9. 7. 3. = S. 9. 7. 3., W. 2. 4. 1. = S. 2. 4. 1.
42 VLEBTES KAPITEL.
Diese veraltete und fur die Umwandlung in GradmaB unbequeme
Stundeneinteilung wircl leider immer noch beibehalten, obgleich die Stunden-
und Gradeinteilung sich, wenn durchaus die Stunden beibehalten werden
sollten, leicht verbinden lieBe, wenn man jede Stunde statt in 16 in 15
Teile zerlegte und die Minuten clem Abschatzen iiberlieBe. Schon NICOLAUS
VOIGTEL spricht sich in seinem im Jahre 1686 erschienenen Werke Seite 25
in diesem Sinne aus.
Die Gradeinteilung findet man jetzt nur bei Kompassen von groBerem
Durchmesser, wo die Teilung bis auf halbe Grade durchgefiihrt ist und
durch Schatzung bis auf 5 Minuten abgelesen wird.
Die ebenfalls widersinnige Bezifferung der Grade geht entweder von
1° bis 360° oder zweimal von 1° bis 180°. Im letzteren Falle miissen
die Weltgegenden zu den Streichwinkeln gesetzt werden.
Der Stundenring ist fest mit dem Kranze des KoinpaBnapfes verbunden,
kann aber auch mit einer Vorrichtung zum Verstellen eingerichtet werden.
Osterr. Zeitschr. fur Berg- u. Hiittenw. 1878. Nr. 22.
§ 22. Soil ein KompaB den Anforderungen des Markscheiders geniigen, so
hat er folgende Bedingungen zu erfiillen.
1) Er muB richtig eingeteilt sein.
2) Er soil keine zu groBen Exzentrizitatsfehler besitzen.
3) Die Magnetnadel muB den erforderlichen Grad von
Empfindlichkeit haben und in der Ebene des Stundenringes
schwingen.
Zu dem ersten Erfordernis:
Bei der jetzigen Vollkommenheit der Teilmaschinen ist bei Instru-
menten aus guten Werkstatten die Teilung immer als richtig vorauszusetzen.
Zu dem zweiten Erfordernis:
Nach v. MILLEK-HAUENEELS kann man unterscheiden :
1) Die konstante Exzentrizitat, wenn Stiftspitze und Nadelenden
nicht in einer Vertikalebene liegen.
2) Die gesetzmaBig veranderliche Exzentrizitat, wenn die
Stiftspitze exzentrisch zum Stundenringe steht.
3) Die gesetzlose Exzentrizitat, wenn der Aufhangepunkt der
Nadel im Hiitchen veranderlich ist
In den beiden ersten Fallen zeigt der Fehler sich dadurch, daB die
Ablesungen an beiden Nadelspitzen nicht ubereinstimmen. Bleibt dieser
Unterschied derselbe, wenn man durch Drehen des Kompasses die Nadel-
spitzen durch den ganzen Stundenkreis fiihrt, so ist die konstante Exzen-
trizitat vorhanden ; wechselt hierbei der Fehler und geht von einem Maximum
allmahlich zu einem Minimum iiber oder umgekehrt, so liegt die gesetz-
maBig veranderliche Exzentrizitat vor.
Die Abweichung vom wahren Streichwinkel ist am groBten, wenn die
DEE KOMPASS.
43
Nadel senkrecht steht auf der Yerbindungslinie vom KompaBmittelpunkt
und Stift MM' (Fig. 47), dagegen gleich Null, wenn die Nadelrichtung in
diese Yerbindungslinie selbst fallt.
In beiden Fallen wird der Febler ausgeschieden, wenn man
an beiden Nadelspitzen abliest und aus beiden Ablesungen das
Mittel nimmt.
Der Beweis fur die Bichtigkeit des Verfahrens berubt in dem plani-
metrischen Lehrsatze, da6 ein exzentriscber Winkel gleich ist dem arith-
Fig. 47 und 48. Exzentrizitatsfehler des Kompasses.
metischen Mittel aus den beiden Centriwinkeln iiber den zwischen seinen
Schenkeln liegenden Kreisbogen.
In Fig. 48 sei M der KompaBmittelpunkt und M' der exzentrisclie
Stand des Stiftes. Die freiscbwingende Nadel schlieBt mit der 12. Stunden-
linie den Winkel a ein, zeigt aber mit der Nordspitze
auf Stunde 2 und mit der Siidspitze auf Stunde 4. Das ; :
MaB des Winkels a ist das Mittel aus den Bogen Sb
und Na oder
Stunde 2 + Stunde 4
= Stunde 3. Den-
selben Wert wurde man an einer genau zentriscb spie-
lenden Nadel (in der Figur punktiert) sogleich abgelesen
haben.
Zum Erkennen der gesetzlosen Exzentrizitat iibe man
mit einem diinnen Abschnitzel eines Federkiels oder
Fischbeins einen kleinen seitlicben Druck erst von der
einen, dann von der anderen Seite des Hutchens aus (Fig. 49) und lese ab.
Geben beide Streichwinkel eine rnerkliche Abweichung, so hat man es
mit der gesetzlosen Exzentrizitat zu thun.
Nadeln mit diesem Fehler sind unbrauchbar.
Fig. 49. Gesetzlose
Exzentrizitat.
44 VIEETES KAPITEL.
Zum dritten Erfordernis:
Die richtige Empfindlichkeit der Magnetnadel erkennt man daran,
daB dieselbe selbst die kleinsten Schwingungen regelmafiig ausfiihrt, in
ihrer freien Bewegung also nicht gestort wird.
Zur Priifung in dieser Hinsicht versetzt man eine in Ruhe befindliche
Magnetnadel eines Kompasses in der Zulegeplatte durch Annahern eines
Eisenteiles in Schwingungen, beobachtet letztere auf ihre RegelmaBigkeit und
priift namentlich, ob die Nadel genau den ersten Stand wieder einnimmt.
Die Empfindlichkeit der Nadel hangt ab:
a. von der fehlerfreien Spitze, auf welcher sie schwingt,
b. von der guten .Beschaffenheit des aus Achat oder Stahl her-
gestellten Hiitchens und
Ac. von der magnetischen Kraft der Nadel.
Zeigt die Nadel sich trage, so wird die Ursache meistens
in der fehlerhaften, abgenutzten oder stumpfen Spitze des Stiftes
zu suchen sein. Verbessert wird dieselbe durch vorsichtiges
Schleifen auf einem feinen Arkansasolsteine unter fortwahrender
Drehung des Stiftes und durch nachheriges Polieren auf feinem
Schmirgelpapier. Zudiesem Zwecke inufi derStift herausgeschraubt
und in einer Handhabe (Fig. 50) befestigt werden. Hat die
Tragheit der Magnetnadel ihren Grund in der geringen mag-
netischen Kraft, so wird man ihr dieselbe mitteilen mittels des
einfachen oder doppelten Striches.
Zu diesem Zwecke legt man die Nadel auf ein ebenes Brett,
Handhabe we^cnes m^ einer Yertiefung fur das Hiitchen versehen ist, und
zum Schiei- streicht mit einem Magneten entweder mehreremal von einem
fendesKom- Ende bis zum anderen auf der Nadel entlang, wobei man ein
Streichen nach der entgegengesetzten Richtung vermeiden muB,
oder man setzt wiederholt das eine Ende des Magneten in der Mitte
der Nadel auf und streicht nach dem einen Ende zu, dreht sodann den
Magnetstab um und streicht das andere Ende der Nadel in entgegen-
gesetzter Richtung. Hierbei muB der Siidpol des Magnetstabes die Nord-
spitze der Nadel bestreichen; ferner ist ein Riickwartsstreichen zu ver-
meiden und den Magnetstaben eine Neigung von ca. 30° zu geben. Hat
man zwei Magnetstabe zur Verfugung, so kann man die Nadel wiederholt
mit beiden Staben gleichzeitig von der Mitte nach den Enden streichen.
Hierbei ist ebenfalls ein Riickwartsstreichen zu vermeiden, und von den
Magnetstaben ist der Siidpol des einen und der Nordpol des anderen zu
benutzen.
Sollte die Magnetnadel nicht in der Hohe des Stundenringes schwingen,
so ist, wenn gestortes Gleichgewicht der beiden Spitzen der Grund ist,
dasselbe durch Unterkleb^n von Wachs wieder herzustellen oder, wenn
der Stift nicht die richtige Hohe hat, derselbe durch einen passenden zu
ersetzen.
DEE KOMPASS.
45
Hebt das Schleifen des Stiftes und das Magnetisieren der Nadel die
Tragheit derselben nicht auf, so 1st der Fehler im Hiitchen zu suchen und
die Nadel ganz zu verwerfen.
Selbstverstandlich darf die KompaBbiichse auBer Stift . und Nadel keine
Teile enthalten, welcbe ablenkend auf den Magneten wirken. Man nahert zu
dieser Untersuchung die KompaBbtichse, nachdem der Stift herausgeschraubt
und nebst der Nadel entfernt worden ist, einer zweiten empfindlichen KompaB-
nadel und beobachtet, ob dieselbe aus ihrer Ruhelage gebracht wird.
Der Markscheider gebraucht den KompaB in Verbindung mit dem
Hangezeug als HangekompaB und mit der Zulegeplatte alsZulege-
instrument; ferner mit oder ohne Zulegeplatte als FeldmeBinstrument.
c c
§23.
Fig. 51. Der HangekompaB. Seitenansicht.
Das jetzt gebrauchliche Hangezeug besteht, wie das alte, aus H ange-
ring A (Fig. 51) und KompaBring (Fig. 53). Der Hangering ist aber
Fig. 52. Der HangekompaB von oben gesehen.
nicht mehr geschlossen, sondern oben offen, und die bogenformigen An-
satze geben durch ihre Form den daransitzenden Haken (Fig. 51) einen
46
VIERTES KAPITEL.
groBeren Abstand als sie beim Kreuzhangezeug batten. Die Haken sind
genau so konstruiert wie die des Gradbogens.
Die Bezeichnung Hangering wird als nicht mebr zutreffend jetzt
durch Hangebogen oder Hangebugel ersetzt.
Der KompaBring (Fig. 53) ist mittels zweier Zapfen ZZ, welche in
Pfannen PP (Fig. 52) des Hangebogens ruhen, mit letzterem verbunden.
An diesen Zapfen ZZ sitzen zwei Aufschlageplattchen aa, welche dem
KompaBringe nur eine Drebung von 90° gestatten und die beiden Stellungen
regulieren, welcbe der KompaBring einnehmen soil. Die Pfannen und
Pfannendeckel PP in Fig. 52 sind mit einem Ausscbnitt S versehen zum
Durchlassen der Aufschlageplatten.
In der Gebrauchsstellung soil der KompaBring senkrecbt zum Hange-
bugel steben und urn 90° gedrebt soil seine Ebene mit der des Hangebugels
zusammenfallen. In letzterer Stellung nimmt das Hangezeug den wenigsten
Raum ein und wird so in einer
besonderen Umschnalltascbe
aufbewahrt.
Im KompaBringe sind zwei
um 90° von den Zapfen ab-
stebende LQcber angebracht,
von denen das eine / (Fig. 53)
zur Aufnabme eines entspre-
cbenden Zapfens der KompaB-
biicbse bestimmt ist, wahrend
in dem anderen m durcb eine
Schraube ein Stift vor- und ruck-
warts geschoben werden kann,
welche in das entsprechende
Loch am Rande der KompaBbuchse eingefuhrt wird.
In der Konstruktion des Hangezeuges liegt eine Anzahl von Fehler-
quellen, welche am ausfiihrlichsten Professor v. MILLER -HAUENFELS in
seiner hoheren Markscheidekunst behandelt hat.
Um aber die Betrachtungen iiber die Fehler des Hangezeuges zu ver-
einfachen, sollen hier dieselben auf wenige Hauptpunkte beschrankt werden.
Man kann beim Hangezeuge drei Ebenen unterscheiden, welche beim
Gebrauch desselben genau bestimmte Stellungen unter sich, zur Ver-
tikalebene und zur Horizntalebene einnehmen miissen, um gute Er-
gebnisse beim Messen zu erzielen.
1) Die Ebene des Hangebugels.
Sie soil mit der Yertikalebene zusammenfallen und zwar zugleich ent-
weder mit der Vertikalen, welche durch die Schnurachse gelegt werden
kann, oder doch mit einer, welche dieser parallel ist.
2) Die Ebene des KompaBringes.
3) Die Ebene des Stundenringes.
Fig. 53. KompaCring.
DER KOMPASS. 47
Die beiden letzteren Ebenen sind um Achsen drehbar, welche sich
rechtwinkelig kreuzen sollen.
Die Ebene des KompaBringes soil beim Gebrauche senkrecht zur Ver-
tikalebene des Hangebiigels stehen und deren Drehachse gleichwie die
12. Stundenlinie des Stundenringes in dieser Vertikalebene liegen bez. sich
bewegen.
Die Ebene und die Drehachse des Stundenringes sollen ferner beim
Gebrauche eine horizontale Lage haben, also auf der Ebene des Hange-
biigels senkrecht stehen.
Die Drehachse des Stundenringes fallt sonach mit der G. Stundenlinie
zusammen oder doch in dieselbe Vertikalebene.
Bei Instrumenten aus guten Werkstatten kann man voraussetzen, daB
die Ebene des an die Schnur gehangten Hangebiigels mit einer Vertikalen
zusammen fallt, ferner daB die Drehachse des KompaBringes und die
12. Stundenlinie in der Ebene des Hangebiigels sich befinden und senkrecht
zur Drehachse des Stundenringes bez. zur 6. Stundenlinie stehen, oder doch
daB durch etwa vorhandene Abweichungen in diesen Bichtungen nur
Fehler erzeugt werden, welche unter der Ablesegrenze liegen.
Man wird demnach bei Priifung des Hangezeuges sein Augenmerk nur § 24.
darauf zu richten haben,
1) ob die Vertikalebene des Hangebiigels mit der durch die
Schnur gelegten Vertikalebene zusammenfallt oder einen Winkel
mit ihr einschlieBt,
2) ob die Ebene des KompaBringes beim Anlegen der Auf-
schlageplattchen senkrecht zur Ebene desHangeringes steht und
3) ob die Ebene des Stundenringes eine horizontale Stellung
einnimmt.
Selbstverstandlich konnen alle drei Fehler gleichzeitig auftreten und
wirken, aber aus oben schon ausgesprochenen Griinden soil jeder der Ealle
unabhangig von den anderen besprochen werden.
1) Die Vertikalebene des Hangebiigels schliefit mit der Vertikalen
durch die Schnur einen Winkel ein.
Fig. 54 stelle eine Kugel vor, deren Mittelpunkt M zugleich der Auf-
hangepunkt der Nadel eines Kompasses im Hangezeuge ist. RNQS sei
ein horizontaler groBter Kreis, welcher der Ebene des Stundenringes ent-
spricht, RZQ ein groBter Kreis von einer Vertikalebene durch die Schnur
und 8ZN ein groBter Kreis von einer Vertikalebene durch den Hange-
biigel erzeugt. Beide sind um den Winkel (p gegen einander geneigt. Die
Linie SN entspricht der Kichtung der 12. Stundenlinie und die Linie IlQ,
der der Schnur. OM steht senkrecht auf SN, entspricht also der Dreh-
achse des Stundenringes oder der Ost-Westlinie; ferner steht CM senk-
recht auf RQ.
48
YIERTES KAPITEL.
Bei horizontaler Schnur wird demnach an der Nadelspitze ein Winkel
abgelesen, welcher von dem gesuchten Streichen der Schnur um die GroBe
(f> oder, was dasselbe bedeutet, um den Bogen OC = NQ abweicht.
Wird die Schnur aus der horizontalen Lage in eine um den Winkel E
geneigte Rl Q1 gebracht, so nimmt die Drehachse der KompaBbiichse, also
auch die 6. Stundenlinie des Stundenkreises OM, an der Bewegung derartig
teil, da6 die Linie OM einen Kegelmantel und der Punkt 0 einen Kugel-
kreis urn C mit dem Halbmesser OC beschreibt. Bei der Neigung der
Schnur RlQl moge der Punkt 0 nach B gelangt sein.
Legt man durch B
eine Yertikalebene, in
welcher die Beobach-
tung der Nadelspitze
immer erfolgen soil, so
entsteht ein groBter
Kreis, zu dem der Bo-
gen AB gehb'rt. Legt
manferner auch durch
die Punkte Bu.C einen
groBten Kreis, so ent-
steht ein spharisches
rechtwinkeliges Drei-
eck, in welchem BC
ft'
Fig. 54. Die Vertikalebenen des Hangebugels und der Schnur
schliefien einen Winkel ein.
35.
die Seite AC den
Winkel angiebt, um
welchen die Projektion
von BM auf die Hori-
zontale von MC ab-
weicht. Bei horizon-
taler Schnur ist diese Abweichung = OC= cp, bei der Neigung E der Schnur
dagegen = AC, also kleiner.
Im Dreieck ABC ist
tgAC= cos E tg cf.
Ist <^ E = 0, so ist A C am groBten, namlich (p.
Ist ^zE = 90°, so ist ^C am kleinsten, namlich 0.
Ist z. B. ^.E = 45° und (p = 3°, so ist AC = 2° 7' 20".
Der Fehler von 3° ist demnach bei der Neigung von 45° um 52' 40"
kleiner geworden.
2) Die Ebene des Kompafiringes stehe bei dem Anlegen der Aufschlage-
plattchen nicht senkrecht zur Ebene des Hangebugels.
Fig. 55 stelle wiederum eine Kugel vor, der en Mittelpunkt M zugleich
der Aufhangepunkt der Nadel sei. NRZSQ ist ein groBter Kreis in der
DEE KOMPASS.
49
Yertikalebene und entspricht der Ebene des Hangebiigels und der vorlaufig
noch horizontal gespannten Schnur; NCAS ist ein groBter Kreis in der
Horizontalebene und ein groBter Kreis, den man sich durch die Punkte
NOS gelegt denken muB , entspricht der Ebene des KompaBringes , der
gegen die horizontale Ebene NCAS um den Winkel y = A MO geneigt
ist. NS entspricht der Achse des KompaBringes und der 12. Stundenlinie,
deren Lage bei der Drehung der Ebene des KompaBringes um y> demnach
keine Anderung erleidet; M 0 entspricht der 6. Stundenlinie, welche genau
um den Winkel cp in der Vertikalebene M AZ geneigt ist.
Die Abweichung der Ebene des KompaBringes aus der Horizontalebene
hat bei horizontalen
Schniiren nur den ge-
ringen spater zu be-
sprechenden EinfluB,
welchen die Schiefe
des Stundenringes
iiberhaupt mit sich
bringt.
Bei geneigten,
nicht in der 12. Stun-
denlinie ausgespann-
ten Schniiren ver-
groBert sich der Feh-
ler. Am groBten wird
derselbe bei Schnii-
ren, welche in Stunde 6
streichen.
Diesen Fall wol-
len wir zuerst fur
sich betrachten.
Die Ebene des KompaBringes steht nicht senkrecht zum
Hangebiigel.
Fig. 55,
Die horizontale
Schnur ist zunachst der 12. Stundenlinie des KompaBringes parallel. Wird
die Schnur aber um den Winkel E geneigt, so ist sie der Linie RQ,
welche mit der Linie ' SN den Winkel E einschlieBt, parallel. Der Ein-
fachheit wegen kann man das Neigen der Schnur der Drehung der
Linie RQ um den Punkt M gleichsetzen.
An dieser Bewegung der Linie RQ aus der Lage 8N nimmt die
Linie MO insofern teil, als sie einen Kegelmantel und der Punkt 0 um A
einen Kugelkreis mit dem Eadius AO beschreibt. Bei der Neigung der
Schnur um -^ E moge der Punkt 0 in £ angekommen sein. Die JVlagnet-
nadel hat bei der Drehung die Stellung MA beibehalten, wahrend 'die
6. Stundenlinie aus der Lage MO in die Lage MS iibergegangen ist.
Legt man nun durch JB eine senkrechte Ebene, so entsteht das spha-
risch rechtwinkelige Dreieck AS C, in welchem AB = q>, der Winkel CA£
BBATHDHIT, Markscheidekunst. 4
50
YIEETES KAPITEL
= 90° - E und AC der Fehler ist, um den der Streichwinkel der Schnur
falsch abgelesen wird.
cos (90 - E) = tgACcotg cf oder
Wird ^=0, so wird auch der Fehler AC = 0.
Wird E = 90°, so wird der Fehler AC = cp, also gleich dem Nei-
gungswinkel des KompaBringes gegen die Horizontale.
Diese Formel gilt nur fur den Einzelfall, wenn, wie angenommen war,
die Schnur in der 6. Stundenlinie ausgepannt ist, bei anderen Richtungen
wird der Fehler noch abhangen von der GroBe des Streichwinkels L.
Ist das Streichen der senk-
rechten Ebene, in welcher die
Schnur in verschiedenen Nei-
gungen ausgespannt wird, = 0,
d. h. = Stunde 12, so ist auch
der Fehler = 0; ist das Strei-
chen dieser Yertikalebene = 90°,
d. i. = Stunde 6, so ist derselbe
am grb'Bten.
Diese Abhangigkeit kann mit
der trigonometrischen Funktion
des Sinus ausgedriickt werden;
darum ist allgemein
tgAC= sin E tg (f . sin L.
Es sei^- 45°, L = 45°-
Stunde 3, y = 3°, dann ist AC
= 1 ° 30' 4".
Die beiden unter 1 und 2
aufgefuhrten Priifungen lassen
Fig. 56. Die Lattenprobe. sicn auch in dem einen Satze
zusammenfassen : Der Hange-
kompaB soil fiir samtliche flache Linien, welche in einer und
derselben Seigerebene liegen, dasselbe Streichen angeben.
Befestigt man also die Schnur an einem Punkte und fiihrt das andere
Ende derselben an einer etwas davon entfernten genau senkrecht geschla-
genen Latte auf und ab, so soil bei jeder Neigung der Schnur derselbe
Streichwinkel abgelesen werden, Diese sogenannte Lattenprobe ist zwei-
mal auszufuhren, einmal bei einem Streichen der Untersuchungsebene von
Stunde 12, das anderemal bei dem von Stunde 6.
Will man den KompaB auf das erste Erfordernis priifen, so spannt
man die Schnur in Stunde 12 aus, weil dann der unter 2 besprochene
Fehler keinen EinfluB hat, Yerandert sich der Streichwinkel beim Ansteigen
und beim Fallen der Schnur gleichmaBig gegen den an der horizontalen
DER KOMPASS.
51
Schnur abgelesenen, so schlieBt die Vertikalebene des Hangebiigels mit der
Vertikalebene der Schnur einen Winkel ein.
Durch vorsichtiges Biegen des Hakenbiigels wird sich meistens der
selten auftretende Fehler beseitigen lassen.
Leistet der HangekompaB dem ersten Erfordernis Geniige, so 1st er
auf das zweite zu priifen. Aus der Fig. 55 ist zu ersehen, daB ein gleich
groBer Fehler aber nach der anderen Seite hin entsteht, wenn die Schnur
um denselben Winkel E' nach unten geneigt wird, also 8N nach R' Q' und
0 nach B' ubergeht. Daraus ergiebt sich eine einfachere und bequemere
Priifungsweise als mit der Lattenprobe, was von nicht zu unterschatzender
Wichtigkeit ist, weil diese Probe vor jedem Gebrauch des Hange-
zeuges wiederholt werden muB.
Yermittelst eines einfachen Holzgestelles spannt man einen Messing-
draht unter einem Winkel von ca. 70 Grad
und giebt diesem Gestell einen solchen
Stand, daB der Messingdraht nahezu in
Stunde 6 streicht. Hieran hangt man den
KompaB, liest an beiden Spitzen ab und
hangt den KompaB um, d. h. den unteren
Haken an die Stelle des oberen, den oberen
an die Stelle des unteren.
Giebt in der zweiten Lage die Ablesung
an beiden Spitzen nicht wieder dasselbe
arithmetische Mittel wie vorher, so ist der
KompaB mit dem besprochenen Fehler be-
haftet,
Wenn die Aufschlageplattchen nicht mit
Justiervorrichtungen versehen sind, so wird
durch Anziehen oder Lockern der Schrauben
an den Pfannendeckeln der Fehler beseitigt.
Fig. 57.
Gestell zur Prufung des
Hangezeuges.
Es laBt sich iibrigens mit einem in dieser Bichtung fehlerhaften
Hangezeug doch richtig arbeiten. Man erhalt namlich den wahren Streich-
winkel einer geneigten Schnur, wenn der KompaB in beiden Lagen ange-
hangt und aus beiden Ablesungen das Mittel genommen wird.
3) Die Ebene des Stundenringes steht schief.
In Fig. 58 ist AC ein Bogen des Horizontalkreises, AB ein Bogenstiick
des um <£: a schief stehenden Stundenringes. Ist M C der Stand der Magnet-
nadel , so wird man bei Projizierung der Nadel auf den schief stehenden
Stundenring am Punkte B ablesen. Diese Ablesung wird um so viel falsch
sein, als die Differenz von Bogen AB - AC =• y - y betragt. Nun ist
52
VIEETES KAPITEL.
tg (jp — tg <p cos « _ tg (ft (1 — cos a)
1 + tg(jD2cos« 1 + tg<p2 cos a "" 1 -f- tg2
In dem bei C rechtwinkeligen Dreieck A CB ist tg i/> = tg (f cos «.
Setzt man diesen Wert in obige Gleichung ein, so erhalt man
2 tg (f . sin ^
cos « *
Da a immer ein kleiner Winkel ist, so wird cos a nahezu = 1 und kann
als Faktor vernachlassigt
werden. Dadurch wird
der Zahler = 1 -f- tg2 y
°^er = nna*~- Diesen Wert,
sin (t>
ff> = -
COS (f,
COS
fur
sowe
eingefiihrt, giebt
cos (f sin y
2
2 sin
d. i. = sin 2
Fig. 58. Der Stundenring steht schief.
Fiir (f = 0 ist der
Ablesefehler = 0.
Fur cp = 90° ist der
Ablesefehler ebenfalls = 0.
Wenn die Nadel in
der Nord-Siidlinie oder in
der Ost-Westlinie steht, ist
also der Fehler = 0.
Bei Streichwinkeln
zwischen beiden Richtungen ist der Fehler bemerkbar und zwar bei 45°
am groBten. Ist z. B. a = 3 Grad, (p = 45 Grad, dann ist der Fehler = 2' 21".
Er liegt aber noch unter der Ablesegrenze am KompaB.
Auf die schiefe Stellung des Stunden-
ringes wird meistens die Reibung an den
Zapfen, um welche die KompaBbuchse
schwingt, von EinfluB sein.
Ist ab eine Horizontale, c der Mittel-
punkt und cd — r der Radius des Zapfens,
g der Schwerpunkt der KompaBbiichse
und eg = li der Abstand von ab, so stellt
= cf den groBten sich hierbei er-
gebenden Fehlerwinkel vor. Ist /die Reibung als Gewicht ausgedriickt und
q das Gewicht der KompaBbiichse, so muB die Gleichung erfullt werden:
rf = ce . q, ce ist aber*—
Diesen Wert eingesetzt, giebt rf=g.h.i%(p und
DEE KOMPASS. 53
Aus dieser Formel folgt, da6 die Zapfen diinn und gut geolt sein
und nahe an dem oberen Rande der KompaBbiichse liegen miissen, ferner
da6 der Boden der letzteren gegen die tibrigen Teile nicht zu leicht sein
darf, damit der Schwerpunkt moglichst tief gezogen wird.
Am zweckmaBigsten wird der Schiefe des Stundenringes vorgebeugt
durch eine Dosenlibelle, welche, um obiger Eormel zu geniigen, unter dem
durchbrochen anzufertigenden Boden der KompaBbiichse angebracht wer-
den miiBte.
* Andere Konstruktionen des Hangezeuges. — Eine neue Konstruktion § 27,
des Hangezeuges von OSTERLAND wird in der Berg- u. Hiittenm. Zeitung.
I860, S. 2 von Prof. JUNGE beschrieben. (Fig. 60.)
Fig. 60. Hangezeug von OSTERLAND.
An dem KompaBringe sind in den Endpunkten eines Durchmessers
zwei in Gelenken bewegliche Hangearme angebracht. Die Bewegung, welche
nur senkrecht zum KompaBring ausgefiihrt werden kann, ist durch Auf-
schlageplatten beschrankt. Liegen die oberen Aufschlage an dem KompaB-
ringe an, so ist das Hangezeug zum Aufhangen an die Schnur geeignet,
liegen dagegen die unteren Aufschlage an, so erscheint das Instrument
mehr in die Lange gestreckt und kann bequem in eine Markscheidertasche
gesteckt werden, welche die gewohnliche GroBe nicht uberschreitet.
Um den Schwerpunkt mehr nach unten zu verlegen, wird die Hem-
mung der Nadel durch die Bodenplatte der KompaBbiichse mit einer
verhaltnismaBig groBen Schraube bewirkt.
Da Hangearme und KompaBring nahezu starr verbunden sind, so ist
eine Fehlerquelle des iiblichen Hangezeuges mit umlegbaren KompaBring
weggefallen. Es kommt jedoch viel darauf an, daB das ganze Hangezeug
mit KompaB genau im Gleichgewicht gebaut ist, namentlich wegen des
hoch liegenden Schwerpunktes.
54
VIEETES KAPITEL.
JUNGE giebt an, daB von alien Hangezeugen das OsTERLANDsche die
Priifung des Umhangens an steiler Schnur am besten bestand.
Die osterr. Zeitschr. f. Berg- u. Huttenw. 1878, Nr. 13 enthalt einen
Yorschlag zur Konstruktion eines neuen Hangekompasses von PLAMINECK.
Das Hangezeug besteht in einem gespaltenen Pendel, welches mittels
einer daran befestigten Schiene (in der Figur 61 nur im Querschnitt zu
sehen) mit dachformigen Enden so auf
die Schnur gesetzt werden kann, daB
an jeder Seite der Schnur eine Halfte
des Pendels hangt.
Die Schiene ist in Zapfen dreh-
bar, so daB bei jeder Neigung der
Schnur das Pendel sich senkrecht
stellen kann. Nach oben endigt das-
selbe in einer Hiilse, welche zur Auf-
nahme eines an dem KompaB be-
festigten Zapfens dient.
In der Berg- u. Hiittenm. Zeit.
1875, Nr. 16 ist ein unpraktisches und
eigentumliches Hangezeug beschrieben.
Ein viereckiger Rahmen aus Mes-
sing ist an der oberen Seite mit Haken
zum Aufhangen an die Schnur, an der
entgegengesetzten Seite mit einem
linealartigen Ansatze ver sehen. An
der oberen Schiene ist der Gradbogen
befestigt, etwas unter der Mitte zwischen
den Seitenstiicken des Rahmens der
KompaBring in Zapfen beweglich an-
gebracht. Es werden Gradbogen und
KompaB zugleich angehangt und der
Rahmen kann zum Zulegen benutzt
werden.
In Nr. 50 der Ost. Zeitschrift f.
Berg- u. Huttenw. 1881, Seite 468 ist
ein auBerst komplizierter Apparat:
Markscheids-Tachygraphometer
von G. BOSCHITZ beschrieben, von dem der Verfasser sagt:
,,Ich babe mir die Aufgabe gestellt, ein Instrument zu schaffen, wel-
ches nebst Bestimmung der Seigerhohe und Ebensohle auch jene der
Koordinaten der einzelnen Vermessungspunkte, also von Streichensinus und
Streichencosinus direkt ermoglicht, sowie die sofortige graphische Dar-
stellung der Aufnahme (Kartierung) vollflihrt. Gleichzeitig war ich be-
muht, in besonderer Berucksichtigung des Markscheidewesens , dem
Fig. 61. Hangebussole von PLAMINECK.
DER KOMPASS. 55
Instrumente Grofie und Gestalt zu geben, welche dasselbe auch zu Gruben-
aufnahmen moglichst praktisch machen sollen."
Eine Beschreibung laBt sich, ohne das Instrument zur Hand zu haben,
nicht in wenigen Worten geben, sie ist deshalb hier weggelassen, nament-
lich da der auBergewohnlich verwickelte Bau des neuen Markscheider-
instrumentes demselben keine groBe Verbreitung verspricht.
Der KompaB in der Zulegeplatte. - - Die Zulegeplatte (Fig. 62) ist § 28.
ein Rechteck von Messing mit einem Ring in der Mitte zur Aufnahme
der KompaBbiichse, die mittels einer Druckschraube in jeder beliebigen
Stellung in diesem Ringe festgeklemmt werden kann.
Fallt das in der Nord - Siidlinie an der aufieren Seite der KompaB-
biichse angebrachte Zeichen mit dem feinen Striche auf der oberen Kante
des Ringes zusammen, so soil die Nord-Siidlinie des Kompasses mit der
langen Seitenkante parallel laufen.
Die Zulegeplatte ist darauf zu
priifen :
1) ob die beiden langen Seiten
vollkommen gerade Linien bilden und
2) ob beide Linien parallel sind.
Auf das erste Erfordernis wer-
den die Kanten wie jedes Lineal
gepriilt: Fjg 62 KompaB mit Zulegeplatte.
Man zieht langs der zu prii-
fenden Kante von einem Ende bis zum anderen eine scharfe Linie, legt
dann die Kante an die andere Seite der Linie und sieht nach, ob eine
vollstandige Deckung von Kante und Linie herbeigefiihrt wird.
Zur Priifung der zweiten Eigenschaft zieht man an beiden Seiten der
Platte feine Linien, dreht sodann die Platte um und legt sie wieder
zwischen die gezogenen Linien. In dieser Lage muB eine Deckung der
Kanten und Linien stattfinden.
Auch durch unmittelbares Abmessen des Abstandes der beiden langen
Seiten mittels des Zirkels oder eingeschlagener Stifte kann der Parallelis-
mus gepriift werden.
Ergeben sich hierbei Unstimjnigkeiten , so muB die Platte vom
Mechanikus berichtigt werden.
o
Ein KompaB von kleinerem Durchmesser, welcher fest mit einer § 29.
kleinen Zulegeplatte verbunden ist, wird SetzkompaB oder Taschen-
kompaB genannt.
Der Stundenkreis dieses Kompasses ist in VgStunden geteilt und auf
dem Rande der Bodenplatte ist eine gradbogenartige Einteilung in 2mal
90 Grade angebracht.
56
VEEETES KAPITEL.
771
Fig. 63. Das sogenannte Steiger-
hangezeug.
Um den Stift 1st ein kleines Pendel beweglich, welches beim Aufsetzen
der lahgen Plattenkante den Neigungswinkel einer geneigten Linie angiebt.
Die 12. Stundenlinie mid die Linie 90—90 auf der Bodenplatte fallen
zusammen und sind mit der Langskante der
Platte genau parallel.
Dieser SetzkompaB wird auf eine sehr
einfache Weise zum HangekompaB um-
gewandelt.
Zwei halbkreisformige Bogen A und B
(Fig. 63) aus Messing sind durch eine Schraube
so mit einander verbunden, daB beide
sich um dieselbe Achse drehen und der
Bogen B im Falle cles Nichtgebrauches in
dem Schlitze des Bogens A Platz findet.
Beim Gebrauche wird der SetzkompaB an
den mit den Lochern m und n versehenen
Enden des Bogens B befestigt und mittels
der am Bogen A angebrachten Haken an
die Schnur gehangt. Die 12. Stundenlinie des Kompasses soil in dieser
Yerbindung in die Ebene der beiden Bogen fallen.
Dieses einfache Hangezeug geniigt zwar in Bezug auf Genauigkeit nur
geringen Anforderungen, ist aber bei den Grubenbetriebsbeamten sehr ver-
breitet und unter dem Namen ,,Steigerhangezeug" bekannt.
SchlieBlich ist noch der eigentliche TaschenkompaB zu erwahnen,
der auBerlich einer Uhr gleicht.
30. Der KompaB als FeldmeBinstrument. - - Der Markscheider kommt
in die Lage, den KompaB auch iiber Tage anzuwenden, und da das Hange-
zeug nur bei gutem und ruhi-
gem Wetter zu benutzen ist,
so hat man die KompaBbiichse
in geeigneter Weise mit einem
FuB zum Befestigen auf Stati-
ven, ferner mit Dioptern oder
mit einem Fernrohre versehen
und sozumFeldmeBinstrument
gemacht.
Die alteste Konstruktion
besteht in einer gespaltenen
Holzplatte, deren an Fiihr-
Fig. 64 a. Einfaches Feldmefiinstrument. zap fell gleitenden Teile a Und b
, mittels einer Schraube c gelost
und zusammengepreBt werden konnen (Fig. 64a). Yon den hervorstehenden
Kanten der beiden Teile wird die Zulegeplatte mit dem KompaB festgehalten
DER KOMPASS.
57
An der Seite dieser Holzplatte ist das Fernrohr und an der unteren Flache
eine Steckhiilse angebracht (Fig. 64b), welche auf den Zapfen einer NuB-
Fig. 64b. Einfaches Feldmeflinstrument.
vorrichtung (Kugelgelenk, siehe § 102, Fig. 151) mittels der PreBschraube d
(Fig. 64 a) befestigt werden.
0 (D
(D CD
Fig. 65 a, b u. c. VisierkompaB.
a
58
VIEETES KAPITEL.
Weder das Fernrohr noch der KompaB ist bei dieser Konstruktion
zentrisch iiber dem Drehpunkte des Instrumentes angebracht. Dasselbe
eignet sich daher nur zu einfachen FeldmeBarbeiten, aber nicht zu den
im vierten Kapitel speziell im § 40 beschriebenen Markscheiderarbeiten.
Hierzu verwendbar sind nur solcbe Instrumente, deren KompaB voll-
kommen zentriscb angebrackt ist und dessen Visierlinie die verlangerte
Drehachse schneidet.
Ein solches Instrument mit Dioptern ist in der inimsteriellen Zeitung
fiir Berg-, Hiitten- und Salineu-
wesen, Band IX, beschrieben.
(Fig. 65 a. b. c.) Die Zulegeplatte
wird mittels Schrauben auf einer
Holzplatte a derartig befestigt,
daB der Mittelpunkt des Stunden-
ringes zentrisch zur Drehachse
des Instrumentes oder, was hier
dasselbe ist, zur Achse der an
der unter.en Seite der Holzplatte
angebrachten Steckhiilse b ist.
Die Visierlinie der Diopter cc,
deren Spalt verstellbar ist, geht
durch den Mittelpunkt des Kom-
passes. Das Instrument ist nur
in verhartnismaBig ebenem Ter-
rain und nicht fur zu groBe Ent-
fernungen zu gebrauchen.
Das in der Berg- u. Hiittenm.
Zeit. 1869, Seite 344 beschrie-
bene FeldmeBinstrument von EY
ist ebenfalls mit Dioptern (Loch und Fadenkreuz) versehen. Dieselben
befinden sich an einem mit Hohenkreis versehenem Biigel und gestatten
ein Ablesen der Hohenwinkel.
Die zentrischen KompaB -FeldmeBinstrumente mit Fernrohr sind in
den verschiedensten Konstruktionen vor-
handen. Fig. 66 zeigt eine auch ohne Be-
schreibung verstandliche Konstruktion, wie
die mechanischen Institute von BREITHATJPT,
FENNEL etc. sie anfertigen.
Samtliche vorgenannten Instrumente
werden mittels einer Dosenlibelle horizontal gestellt.
Eine solche Libelle besteht aus einem runden Messinggehause (Fig. 67),
welches oben luft- und wasserdicht mit einem stajrken, nach innen kugelformig
ausgeschliffenen Glase verschlossen und in der Bodenplatte mit einer
kleinen Offnung versehen ist, die mit einer Schraube verschlossen werden
Fig. 66. Kom'pafl als FeldmeBinstrument (Bussole).
Fig. 67. Durchschnitt einer
Dosenlibelle.
DER KOMPASS.
59
kann. Durch die Offnung wird der innere Raum des Gehauses mit Hilfe
eines kleinen Trichters bis auf einen als Luftblase erscheinenden kleinen
Raum mit Weingeist ausgefiillt. Auf der Oberflache des Glases ist ein
Kreis eingeatzt und die Dosenlibelle ist so justiert, daB ihre Unterlage
horizontal ist, wenn die Luftblase zentrisch zu jenem Kreise steht. Das
Deckelglas ist meist nach einem Radius von nahezu zwei Meter aus-
geschliffen, was. einer Empfindlichkeit von ca. zwei Minuten auf 1 Milli-
meter Ausschlag gleichkommt.
Mit alien FeldmeBarbeiten ist das Fallen und Errichten von Per- § 31,
pendikeln haufig verbunden. Die hierzu benutzten Instrumente sind die
Winkeltrommel (Winkelkopf) und der Win-
kelspiegel. Die Einrichtung der Winkeltrommel
ist aus Fig. 68 ersichtlich.
Durch gegeniiberliegende Spalten und Locher
sind in der Richtung verschiedener Durchmesser
Visierlinien gegeben, welche sich unter 90° oder
45° schneiden.
Zum Gebrauch wird die Trommel mittels
einer Hiilse auf einen Stock gesteckt und mit
Hilfe einer Dosenlibelle senkrecht aufgestellt.
Behufs Errichtung eines Perpendikels auf einer
Linie bringt man einen der Durchmesser in diese
Linie und steckt die Richtung des darauf senk-
rechten Durchmessers, indem man durch die
entsprechenden Spalten visiert , durch Pfahle ab.
Das zweite Instrument ist der Winkelspiegel,
von dem Fig. 69 einen Querschnitt von oben ge-
sehen giebt.
An den Seitennachen ab und dc eines in
der Figur schwarz gezeichneten Messinggehauses abed sind zwei Spiegel e
und i angebracht, von denen der eine fest sitzt, der andere mittels eines
Schraubchens v so lange gedreht werden kann, bis beide Spiegel genau
45° gegeneinander geneigt sind. Das Messinggehause ist nach der Seite ad
offen und oben und unten mit Deckplatten geschlossen, in welche ein
Griff eingeschraubt werden kann. Die Spiegel e und i nehmen nur die
halbe Hohe der Seitennachen ein, die andere Halfte derselben ist durch-
brochen, so daft z. B., wenn PSl die Richtung angiebt, in welcher das
Auge eines Menschen blickt, dasselbe zugleich in den Spiegel i und iiber
denselben hiriaus durch die Offnung der Seitenflache dc sehen kann.
Fallt vom Signal S ein Lichtstrahl auf den Punkt m des Spiegels e,
so wird dieser Strahl in der Richtung mn auf den zweiten Spiegel i und
von diesem wieder in der Richtung nP zurlickgeworfen. Das in letzterer
Fig. 68. Die Winkeltrommel.
60
VIEBTES KAPITEL. DEE KOMPASS.
Linie befindliche Auge sieht im Spiegel i das Bild des Signals S und iiber
den Spiegel hinweg durch die Offuung der Seitenflache dc blickend zu-
gleich ein Signal 8V welches in der Richtung Pn aufgestellt ist.
Wenn die Spiegel genau 45° gegeneinander geneigt sind, so ist der
Winkel tfP^ ein rechter.
Beweis. Da rm J_ mw und on _L nw, so muB ^ ron = ^ mivn =
45° sein. Als AuBenwinkel ist -£: ron = a -\- ft und aus gleichem Grunde
ist -£ SPS1 = 2 a + 2 /?, folglich ist ^ S?S^ =2 ^ron= 90 Grad.
Der Gebrauch des Winkelspiegels ergiebt sich aus den vorstehenden
Entwickelungen von selbst.
Fig. 69. Der Winkelspiegel.
Urn ein Perpendikel auf der Linie PSl im Punkte P zu errichten,
halt man den Winkelspiegel mittels des Handgriffes iiber den Punkt P, so
daB die offene Seite nach der Richtung gekehrt ist, wohin das Perpendikel
errichtet werden soil. Der Harkscheider blickt in der Richtung PSl und
laBt das Signal S so lange verstellen, bis dessen Bild im Spiegel i genau
in der Richtung PSl erscheint.
Zur Prufung wiederholt man das Verfahren in umgekehrter Stellung,
indem das Auge in der Linie S1P nach dem Signal S2 blickt und der
Winkelspiegel wieder iiber den Punkt P in die zweckmaBige Stellung ge-
bracht wird. Fallt das auf diese Weise von neueni aufgestellte Signal
ebenfalls in die Linie PS, so ist der Winkelspiegel richtig, andernfalls
muB der eine Spiegel mittels des Schraubchens v etwas verstellt werden.
Ist dagegen vom gegebenen Punkte S ein Perpendikel auf die Linie
PSl zu fallen, also der Punkt P zu suchen, so schreitet man in der Linie
FUKFTES KAPITEL. HILFSAPPARATE ZUE YERW. DBS KOMPASSES etc. 61
PS1 so lange auf und ab. bis vermittelst des in richtiger Stellung ge-
haltenen Winkelspiegels die Bilder von S und S^ in bekannter Weise mit
dem der Linie PSl entlang laufenden Blick gesehen werden.
In gebirgiger Gegend wird man der Winkeltrommel, in der Ebene
dem Winkelspiegel den Vorzug geben.
Fiinftes Kapitel.
Hilfsapparate zur Verwendung des Kompasses in Gegenwart
yon Eisen.
Das Eisen, welches in der neueren Zeit beim Grubenausbau eine aus- § 32,
gedehnte Verwendung gefunden, hat nach und nach den Gebrauch des
Kompasses eingeschrankt und den Theodolit mehr in Aufnahme gebracht.
Die alteren Markscheider wollten aber den liebgewonnenen handlichen
KompaB nicht ohne weiteres aufgeben und daher begegnen wir schon friih
Vorschlagen, welche nach einem gewissen Yerfahren die Benutzung des
Kompasses auch bei ablenkenden Einfliissen gestatten.
Diese Bestrebungen mtissen einem praktischen Bediirfnisse entspringen,
weil bis in die neueste Zeit immer wieder neue Konstruktionsvorschlage
fur den genannten Zweck auftauchen.
Keine der Konstruktionen wird dem KompaB zu derselben Leistungs-
fahigkeit verhelfen, wie er sie in Abwesenheit von Eisen besitzt oder gar,
wie sie schon ein kleiner Theodolit bietet, aber es kommen dem Mark-
scheider haufig Arbeiten vor, bei denen nicht die auBerste Genauigkeit
verlangt wird, jedoch grobe Fehler, welche durch die Ablenkung der Nadel
entstehen, vermieden werden sollen. ,
Hierhin gehoren namentlich die haufigen Nachtragsarbeiten in Kohlen-
gruben, welche im AnschluB an Theodolitmessungen ausgefiihrt werden.
Ferner ist es nicht selten, dass nur in einer verhaltnismaBig kurzen
Strecke eines mit dem KompaB auszufuhrenden Zuges Eisen vorhanden
ist und zur tFberwindung dieses Hindernisses die Anwendung des Theodo-
liten zu kostspielig sein wiirde.
In solchen und ahnlichen Fallen erscheint ein Hilfsapparat, welcher
gestattet, den KompaB auch in Gegenwart von Eisen zu benutzen, sehr
angebracht.
Alle Konstruktionen solcher Hilfsapparate beruhen auf der Thatsache, § 33.
daB die Ablenkung der Nadel dieselbe bleibt, wenn der Auf-
hangepunkt derselben seinen Ort in bezug auf die ablenkenden
Gegenstande nicht verandert.
Das Yerfahren wird an einem Beispiele am besten erlautert.
62 FUNFTES KAPITEL.
In dem Zuge abcdef (Fig. 70) ist nur an den SchluBpunkten a und/
keine Ablenkung der Magnetnadel vorhanden und es lassen sich nur
die Streichwinkel ab = 0. 3. 5. 3 und ef= 0. 3. 2. 15 mit dem gewohnlichen
Hangezeuge rich tig, oder, wie man sich kurz ausdriickt, eisenfrei er-
mitteln. Kann man den KompaB uber oder unter dem Punkte b so an-
bringen, daB ohne den Ort des Aufhangepunktes der Nadel zu verandern,
das Streichen von ab und be abgelesen werden kann, so wird man beide
Streichwinkel zwar falsch — im vorliegenden Falle um 0. 0. 2. — aber
den Winkel abc = llh. 3. 14., welchen beide Schntire einschlieBen, richtig
erhalten und das richtige Streichen von be = 0.4.1.5. berechnen konnen.
Die Rechnung gestaltet sich am einfachsten, wenn man durch Sub-
traktion der kleinen Ablesung 3. 5. 5 von der groBeren 4. 1. 7 den AuBen-
winkel 0. 4. 2 ermittelt und diesen zu dem Streichen der vorhergehenden
Schnur ab = 0. 3. 5. 3 addiert, in dem Falle, daB, wie hier, die Richtung
von be sich zur Rechten wendet und das Streichen von be (4. 1. 7) groBer
als das von ab (3. 5. 3.) ist.
Im Punkte c verfahrt man ebenso, nur wird hier der gefundene Unter-
elsenfrei
Fig. 70.
schied des Streichens von be und cd — 1. 0. 14 von dem Winkel der vorher-
gehenden Schnur 0. 4. 1.5 abgezogen, weil sich die Schnur cd zur Linken
wendet und das Streichen von cd (3. 2. 6) kleiner ist, als das von be
(4. 3. 4).
Wird bei dem Messen eines AuBenwinkels die Nord-Siidlime iiber-
schritten, so miissen zu dem kleineren Winkel zwolf Stunden hinzuaddiert
werden, z. B. das Streichen des riickwarts gelegenen Schenkels sei — 11. 4. 3,
das des vorderen = 1. 6. 9, dann muB der letztere um zwolf Stunden ver-
groBert werden, und der AuBenwinkel ist 13. 6. 9 - 11. 4. 3 = 2. 2. 6.
Gelangt man schlieBlich an den Punkt e, so muB, wenn keine Fehler
untergelaufen sind, das berechnete Streichen von ef mit dem eisenfrei
abgenommenen ubereinstimmen.
Selbstverstandlich muB bei diesen Methoden an beiden Spitzen der
Magnetnadel abgelesen und das arithmetische Mittel beider Werte in
Rechnung gezogen werden. In das Formular zu § 126 ist ein kleines
Beispiel dieser Methode eingetragen.
*
34. Das einfachste, alteste, aber auch zugleich unvollkommenste Yerfahren
ist das mit Hilfe der Kreuzschniire, welches im Jahrgang 1844 der Berg-
HlLFSAPPAEATE ZUEVEEWEND. DBS KoMP ASSES IN GEGENWA
und Huttenmannischen Zeitung, Seite 278, von RTTTINGEE beschrieben
worden ist.
Die Schniire werden in der aus Fig. 71 zu ersehenden Weise ge-
spannt und an den Kreuzungspunkten durch Faden verbunden. Der Kom-
paB wird nach einander an beide Schniire so gehangt, daB der Stift immer
senkrecht unter dem Kreuzungspunkte sich befindet. Das Verfahren ist
Fig. 71. Kreuzschniire.
nach einer Notiz in demselben Jahrgange dieser Zeitschrift auf Seite 569
schon lange vor der Veroffentlichung in Grebrauch gewesen. Es giebt sehr
ungenaue Resultate.
Im Jahre 1834 konstruierte der damalige Bergamtsassessor BEAUNS- § 35.
DOEF in Freiberg ein Hangezeug, welches im Jahre 1846 von dem Me-
chanikus LINDIG* in Dresden, dem ein solches Instrument nach Angaben
anzufertigen aufgegeben war, zum ersten Male in der ,,Deutschen Gewerbe-
zeitung" beschrieben wurde. Die Beschreibung ist im Bergwerksfreund
Band X (1846), Nr. 46 abgedruckt. In Nr. 27 desselben Bandes findet
sich einAufsatz: ,,Uber die mit dem LiNDiGschen Markscheiderinstrumente
gemachten Erfahrungen nebst den daran vorgenommenen Abanderungen"
und schlieBlich hat der Ernnder BEAUNSDOEF in Nr. 40 der ,,Berg- und
Hiittenm. Zeit." vom Jahre 1846 das Instrument nochmals beschrieben
und durch Zeichnungen erlautert.
Das Hangezeug (Fig. 72 a. b. c.) besteht aus einer Stange «, an welcher
zwei Haken bb befestigt sind, die zum Aufhangen des Instrumentes an
die Schnur dienen. Das eine Ende der Stange a lauft gabelformig in zwei
Arme cc aus, welche mit Zapfen dd versehen sind, deren Achse durch
die Mitte der Schnur gerichtet ist, an welcher die Haken bb hangen. An
den Zapfen dd bewegt sich der lange Hangering /.
1 Nach diesem Mechanikus wird unrichtiger Weise das ganze Verfahren das
LiNDiGsche genannt. Die Benennung nach dem Erfinder ,,BRAUNSDORF" wurde zu-
treffender sein.
64
FUKFTES KAPITEL.
Beim Gebrauche 1st eine wesentliche Bedingung, daB die Achsenlinie
der Zapfen dd des angehangten Instrumentes durch den Kreuzpimkt der
Schniire geht, well dann auch der Mittelpunkt des Kompasses sich eben-
falls genau unter diesem Kreuzpunkte befindet. Diese Bedingung laBt
d
bd
Fig. V2a, b u. c. Das BRAONSDORFsche Hangezeug.
sich leicht erfiillen, wenn der eine Haken b beweglich, sowie mit einer
IQemmschraube k versehen ist und wenn zur Fixierung der Schnurendpunkte
geeignete Schrauben verwendet werden.
Zur Erleichterung des Ablesens ist das KompaBgehange so abgeandert
worden, daB von den Zapfen dd zunachst zwei Arme von ca. 15 cm Lange
hangen, die unten eine runde, fest verbundene Scheibe gh tragen. Eine
HlLFSAPP ABATE ZUE VERWEND. DES KOMPASSES IN GEGENWART VON ElSEN. 65
gleiche Scheibe ik ist oben an dem bisherigen Hangeringe angebracht.
Beide Scheiben sind genau zentrisch durchbohrt, konnen zentrisch auf-
einandergelegt und durch Mutter und Schraube
aneinandergepreBt werden. Durch diese Vor-
richtung ist es moglich, dem unteren Bugel
jede beliebige Stellung zu geben und stets, ohne
von demselben verhindert zu werden, die Nadel-
spitzen genau zu beobachten.
AuBerdem gewahrt diese Yorrichtung den
Vorteil, den Winkel mehrmals bei verschie-
dener Stellung des Stundenkreises zu messen.
Ein anderer, sehr einfacher Apparat ist
das KompaBstabchen, welches vom Mark-
scheider REICHELT zu Schwarzenberg erfunden
und in Nr. 47 und 48 der Berg- und Hiittenm.
Zeit. vom Jahre 1856 beschrieben worden ist.
17 Jahre spater hat der Markscheider LEH-
MANN in Klausthal ein ganz ahnliches Instru-
ment konstruiert und in derselben Zeitung 1873,
^_ . .. , 1-1
Nr. 16, beschrieben.
Das KEiCHELTsche KompaBstabchen besteht aus einem Messingstab
a von ca. 40 cm Lange mit zwei verschiebbaren Haken c und d und mit
zwei Haltern e und /J zwischen denen eine Darmsaite zum Anhangen des
Kompasses eingespannt ist. Von dem einen verschiebbaren Haken d hangt
ein feines Lot herab, mit dessen Hilfe der KompaBstift stets genau unter
73- Verbessertes BRAUNS-
DORFsches Hangezeue.
Fig. 74a u. b. Das KompaBstabchen von REICHELT.
den Kreuzpunkt b der Schniire gebracht werden kann. Dies geschieht
dadurch, daB nach Liiftung der PreBschraube an dem verschiebbaren, fest
an den Schraubenpunkt b angehaltenen Haken d das Stabchen samt dem
angehangten Kompasse bis zum Einspielen des Lotes auf das Zentrum des
Stundenringes vor- oder riickwarts geschoben wird.
BEATHUHN, Markscheidekunst. F;
§36.
66
FUNFTES KAPITEL.
Die Verschiebbarkeit der Haken ist wegen der verschiedenen Neigung
der einzelnen Schnure notwendig. Je mehr geneigt eine solche ist, um
so mehr wird der Haken c dem Haken d genahert und das Stabchen
m
Fig. 75. Das LEHMANNSche KompaCstabchen.
iiber b hinausgeschoben werden miissen, so daB der hinausragende Arm
des Stabchens zu lang wird und den Haken von der Schnur abzuheben
bestrebt ist. Durch Vorstecker, welche durch die Hakenschlitze geschoben
werden, muB das
Abspringen verhin-
dert werden.
Die Form und die
Anwendung des LEH-
MANNSchen KompaB-
stabchens ist aus
Fig. 75 zu ersehen.
An einem 38 cm
langen Lineale sind
nach oben zwei Ha-
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Fig. 76. Das KompaCstabchen an Schnuren mit verschiedener
Neigung.
ken a und b befestigt
und nach unten zwei
Ansatzstucke c und d,
^^^^^_^ zwischen denen eine
Schnur zum Anhangen des Kompasses ausgespannt ist. Die Locher m
und n dienen zum Einhangen von Gewichtgn.
Sowohl das REiCHELTsche als das LEHMANNsche Instrument leiden an
dem tTbelstande, dafi sie nur bei ganz oder doch nahezu horizontalen
Schnuren mit Erfolg zu benutzen sind, weil bei verschieden geneigten
HlLFSAPP ABATE ZUE YEBWEND. DES KOMP ASSES IN GrEGENWABT VON ElSEN. 67
Schniiren der Fig. 76 der Abstand ad bez. ad' des KompaBstiftes dund d'
vom Schraubenpunkt a in beiden Lagen des KompaBstabchens niemals
gleich sein wird. Damit wird aber die Hauptbedingung des ganzen Yer-
fahrens erschiittert, da der Ort der Magnetnadel sich gegeniiber den ab-
lenkenden Gegenstanden verandert.
W
Fig. 77a u. b. Aufhangen des LEHMANNSchen Kompafistabchen an geneigten Schniiren.
Bei sehr steilen Schniiren wird sich sogar das LEHMANNsche Instru-
ment, weil die Haken nicht verschiebbar sind, gar nicht unter den Kreuz-
punkt der Schntire bringen lassen.
LEHMANN schlagt daher vor, die geneigten Schniire sehr schlaff zu
spannen, so dass unter Zuhilfenahme eines Gewichtes, das nach Bediirfnis
in das Loch m oder n der Ansatzstucke eingehangt wird, die horizontale
Lage des kurzen, zum Anhangen notigen Stiickes der geneigten Schnur
nahezu hergestellt werden kann (Fig. 77 a u. b).
Bei fallenden Schniiren ist der eine Haken des Stabchens durch einen
Vorstecker zu befestigen.
Dies Yerfahren wird
sich bei stark fallenden
Schniiren nicht anwenden
lassen.
Ein LEHMANNSches
KompaBstabchen kostet ca.
15 Mark.
Dem KompaBstabchen
am nachsten steht der im
iibrigen weit vollkomme-
nere, nach Angaben des
Markscheiders PENKEBT zu
Rossberg bei Beuthen von
OTT & COEADI in Kemp-
ten konstruierte zentrier- Fig. 78. Zentrierbarer Hangekompafl von PENKERT.
bare HangekompaB,
welcher in Nr. 2 der Berg- und Hiittenm. Zeit. vom Jahre 1880 wie
folgt beschrieben ist.
§37.
68
FUNFTES KAPITEL.
An dem hohlen vierkantigen Stabe A sind mittelst dauerhafter Ge-
lenke a und b zwei Arme aus runden Messingrohren h und ti angebracht,
welche in ihrer rechtwinkeligen Lage durch Federn / und /' festgehalten
werden. Diese Arme sind oben mit Haken zur Aufnahme der Schnur ver-
sehen. Der halbkreisformige KompaBtrager t ist mit einem runden Messing-
rohre £ verbunden, das sich ca 15 cm in den Ringen 0, 0' aus- und
einschieben laBt, wodurch die Zentrierung des Kompasses bewirkt werden
kann. Die Schraube d dient zur Feststellung des Rohres in den verschie-
denen Stellungen, die Fiihrungsschiene n verhindert eine seitliche Drehung
desselben.
Um zu verhiiten, dass der Haken des Armes h' durch das Gewicht
des Kompasses von der Schnur abgehoben wird und, um das Anbringen
eines lastigen Gegengewichtes zu umgehen, ist am Arm h' ein Schieber
angebracht, welcher gestattet, den Haken sicher auf der Schnur zu be-
festigen.
Die Arme h und h' lassen sich parallel zu A iibereinander legen,
ebenso der KompaBtrager um
180° und das Rohr um 90°,
so daB der ganze Apparat
flach in einer Tasche liegen
kann. Der HangekompaB laBt
sich zentrieren bis zu 45°
und an eisenfreien Stellen
wie das gewohnliche Hange-
zeug anwenden.
Derselbe leidet aber an
denselben Unvollkommenhei-
ten, wie das KompaBstabchen.
StoBen z. B. eine horizontale
Fi 79 und eine geneigte Schnur zu-
sammen, so wird der Auf-
hangepunkt der Nadel P bez. P' wohl zentrisch, aber in verschiedener
Tiefe unter dem Kreuzpunkte der Schniire K zu liegen kommen, wie die
schematische Skizze in Fig. 79 veranschaulicht.
38. Der von dem Markscheider FUHEMANN zu Horde konstruierte und in
Nr. 37 der Berg- und Hiittenm. Zeitung vom Jahre 1879 beschriebene
Apparat wendet den HangekompaB in Yerbindung mit einer Visiervorrich-
tung an (Fig. SO a be).
Das Wesentlichste dieses Instrumentes ist ein Messingstab a a von
einer Lange, die zum Anhangen von KompaB und Gradbogen geniigt,
welcher an den Enden mit Haken zum Einhangen der Schnur, sowie mit
zwei Dioptern bb versehen und in der Mitte mit einem Kugelgelenk c fest
HlLFSAPP ABATE ZUR YERWEND. DES KOMPASSES IN GEGENWART VON ElSEN. 69
verbunden ist. Die Kugel des Gelenkes bildet die Verbindung des Diopter-
lineals mit der Vorrichtung zur Befestigung des ganzen Apparates an
Zimmerung oder Spreizen und kann mittels eines beweglichen Keiles d,
der auf eine Deckplatte wirkt, in jeder Lage festgeklemint werden.
Die Yorrichtung zuni Befestigen des Apparates ist entweder ein be-
sonderer Arm, der mit einem Klemmringe eine Spreize umfafit, oder ein
Pfriemen (Fig. 80 b u. c).
Fig. 80a. b. c. Das Hangezeug von FDHBMANN.
Als Signale dienen Lamp en, welche an Signalkopfen aufgehangt werden,
die in ihren Dimensionen den vorher erwahnten Yorrichtungen entsprechen
miissen.
Auch dieser Apparat darf an demselben Punkte nur bei gleicher Nei-
gung des Diopterlineals angewendet werden, weil eine Drehung des letzteren
eine Ortsveranderung des Aufhangepunktes der Magnetnadel zur Folge hat.
Dieser Bedingung kann mit Hilfe der Diopter auch da geniigt werden,
wo zwei sehr verschieden geneigte Yisuren ab und ac zusammenstoBen
(Fig. 81). Die Richtung ac wird durch ein Lot bezeichnet und dasselbe
mit der bei der vorherigen Yisur benutzten Neigung des Lineals anvisiert.
70
FTOJFTES KAPITEL.
Von den Vorteilen dieses Apparates, welche der Erfinder anfuhrt,
sind folgende hervorzuheben:
1) Der Apparat beansprucht einen bescheidenen Raum, kann am
StoBe, an einem Stempel u. s. w. angebracht werden und einen Wagenzug
vorbeilassen, wobei die Arbeit ungestb'rt weitergeht.
2) Das Schnur- oder Kettenspannen ist beim Winkelmessen ganz ver-
mieden, da die Langen, wie bei jedem anderen Visierapparat, selbstandig
gemessen werden.
3) Die Nadel des Kompasses und das Lot des Gradbogens kommen
schneller in Ruhe, als bei Benutzung der Schnur. Der Apparat ist paten-
tiert (D. R.-P. Nr. 3245) und wird vom Mechanikus DANKEES in Dortmund
einschlieBlich der Signalkopfe und des Kastens zum Aufbewahren zu
212 Mark geliefert.
39. An dieser Stelle ist auch das Zwillingshangezeug von KEAET u. SCHNEIDEE
zu erwahnen, obgleich ein KompaB mit Magnetnadel nicht damit verbunden
ist. Dieses Instrument ist in der Osterr. Zeitschr. f. Berg- und Huttenw.
1875, S. 471, und in Nr. 48 der Berg- und Huttenm. Zeit. vom Jahre
1876 beschrieben, worauf hier lediglich verwiesen wird.
Es ist ein komplizierter, umstandlich zu handhabender und noch dazu
teurer Apparat, dessen Konstruktion viele Fehlerquellen enthalt. Er wird
sich schwerlich in der Praxis einbiirgern.
40. Endlich hat man den KompaB als FeldmeBinstrument (siehe § 30)
zum Messen iiber eisernen Schienen verwendet und damit das Messen
HlLFSAPP ABATE ZUR YERWEND. DES KOMPASSES IN GEGENWART VON ElSEN. 7 1
mit clem KompaB in Gegenwart von Eisen, namentlich wenn das in Band IX
der Zeitschrift fur Berg-. Hiitten- und Salinenwesen beschriebene ver-
scharfte Beobachten der Streichwinkel hinzutritt, wohl auf die Stufe der
hochsten Leistungsfahigkeit gebracht. Daftir erfordert aber das Yerfahren
mindestens eben so viel, wenn nicht mehr Miihe und Zeitaufwand, wie das
Messen mit dem Theodoliten, also mit einem Instrumente, welches doch
weitaus genauere Ergebnisse liefert.
Der KompaB ist bei den bierzu benutzten FeldmeBinstrumenten selbst-
verstandlich zentrisch zur Drehachse desselben angebracht und auch die
Visierlinie liegt in der Vertikalebene dieser Achse.
Das Aufstellen des Instrumentes, die Einrichtung der Signale ist
ahnlich wie bei dem Theodoliten und wird an dieser Stelle beschrieben
werden.
Das verscharfte Beobachten der Streichwinkel wird dadurch erreicht,
daB der Polygonwinkel mehrere Mai gemessen wird und zwar stets mit
etwas verdrehter KompaBbiichse oder, wenn der KompaB diese Yorrichtung
besitzt, mit etwas verdrehtem Stundenring. Dadurch erhalt man andere
Zahlen zur Ermittelung des Winkels und durch das Mittel aus samtlichen
Beobachtungen einen Winkelwert, der die Ablesegrenze der einmaligen
Beobachtung iibertrifft, z. B.:
ruckwarts 4. 1. 3 |
vorwarts 5. 6. 71"
ruckwarts 6. 2. 5
vorwarts 7. 7. 10
+ 1. 5. 5
ruckwarts 1.2. 7 \ , -, r
vorwarts 2. 7. 11 / " ' '
1.5. 4;3.
Bei der Anwendung der vorstehend beschriebenen KompaBinstrumente § 41.
ist es notwendig, in nicht allzu langen Zwischenraumen sogenannte eisen-
freie Schniire einzuschalten, um durch Yergleichung des berechneten und
beobachteten Streichens solcher Schniire den Zug auf seine Richtigkeit
priifen, bez. berichtigen zu konnen. Das Yerfahren der Berichtigung ist
einfach.
Man leitet in bekannter Weise von einer eisenfreien Schnur — auch
Normalstunde genannt — ausgehend die Streichwinkel der sich daran
anschlieBenden Schniire ab, bis man bei der zweiten Normalstunde an-
kommt. Stimmt das abgeleitete Streichen derselben nicht mit dem un-
mittelbar beobachteten, so ist die Winkelmessung zu wiederholen, bis die
Differenz verschwindet oder doch so klein wird, daB man sie auf die Winkel
zwischen der ersten und zweiten Normalstunde verteilen darf.
Das nachste Stuck zwischen der zweiten und dritten eisenfreien Schnur
behandelt man in gleicher Weise, indem man von der zweiten beobach-
teten Normalstunde ausgeht.
72 FUNFTES KAPITEL. HILFSAPPAEATE ZUE VEEW. DES KOMPASSES etc.
Bei Bestimmung des Streichens solcher Normalstunden ist mit beson-
derer Vorsicht zu Werke zu gehen. Es ist zunachst zu priifen, ob in
der That keine die Magnetnadel ablenkenden Gegenstande vorhanden sind.
Hiervon iiberzeugt man sich, wenn der KompaB an verschiedenen Stellen
einer gespannten Schnur immer denselben Streichwinkel angiebt.
Das Streichen der Normalstunde wird nicht bloB aus einer Beobach-
tung entnommen, sondern man verfahrt folgendermaBen :
Die Endpunkte einer solchen Linie ab (Fig. 82) werden auf Spreizen
verlegt, welche senkrecht zur Schnurrichtung geschlagen sind, und man
miBt dann von dem einen Punkte b zu beiden Seiten gleiche Abstande
be = bc\ bd = bd' ab und steckt in die Punkte c, c', d, d' Pfriemen oder
Schrauben.
Von a spannt man die Schnure nach samtlichen Punkten, wobei die
Vorsicht gebraucht wird, die Schnure ac und ac bez. ad und ad' so urn
die Pfriemen zu schlingen, daB sich die jedesmal entsprechenden entweder
an den inneren oder
auBeren Rand des
Pfriemens anlegen.
Aus dem Mittel
desStreichens samt-
licher Schnure er-
halt man einen ge-
naueren Wert des
Streichwinkels , als
die einfache Beob-
achtung ergeben
wiirde.
Fig. 82. Bestimmung einer Normalstunde.
Die Bestimmung dieser Normalstunden muB, um die schadlichen Ein-
fliisse der Variation auszuscheiden, moglichst schnell hinter einander ge-
schehen und zwar zu einer Zeit, wo der Stand der Magnetnadel sich wenig
andert, also des Nachmittags oder wahrend der Nacht.
Wir werden spater (§ 166 ff.) vollkommnere Methoden der Orientie-
rungsmessungen kennen lernen, bei denen durch gleichzeitige Beobachtung
eines Magnetometers der EinfluB der Variation beseitigt wird, welche jedoch
bei den in Kede stehenden einfachen Messungen mit dem KompaB nicht
angebracht sind.
Zur Beurteilung der Genauigkeit von solchen Ziigen im Vergleich mit
anderen Messungen hat Professor VON MILLEE-HAUENFELS den zu befurch-
tenden Endfehler berechnet von Messungen ein und desselben Zuges
nach verschiedenen Methoden und mit verschiedenen Instrumenten, und
folgende Werte gefunden:
1) Bei Anwendung des Kompasses nach den besten der obigen Me-
thoden mit zwei Normalstunden am Anfang und Ende des Zuges nach
Verteilung der gefundenen Differenz 0,41 der Langeneinheit
SECHSTES KAPITEL. DAS NIVELLIEREN etc. 73
2) bei derselben Methode mit nur einer Nor-
malstunde 0,50 der Langeneinheit
3) bei Gebrauch eines Theodoliten von 20 "
mittlerem Fehler 0,04 „ „
4) bei Gebrauch des gewohnlichen Hange-
zeuges 0,08 „ „
Die Genauigkeiten wurden sich also verhalten, den Wert des Theodolit-
zuges gleich 1 gesetzt, wie:
10 : 12,5 : 1 : 2.
Leider liegen mir nur wenige Resultate in Zahlen von derartigen Ziigen
vor, welche auf ihre Richtigkeit nach erfolgtem Durchschlag oder auf
andere Weise durch unmittelbare Messungen gepriift werden konnten.
Diese wenigen Resultate sind bezuglich ihrer Genauigkeit so schwankend,
daB fur den einmal ausgefiihrten Zug mit nur zwei Normalstunden
im Durchschnitt die sehr ungunstige Verhaltniszahl 10 berechtigt sein
diirfte.
Wenn trotzdem namentlich mit der zuletzt erwahnten, nach meinem
Vater benannten Methode des verscharften Ablesens beachtenswerte Re-
sultate bei markscheiderischen Angaben auf groBe Entfernungen erzielt
worden sind, so ist diese Thatsache auf Rechnung der haufigen Wieder-
holungen des Zuges und der vielen eingeschalteten Normalstunden zu setzen.
Sechstes Kapitel.
Das Mvellieren und die Merzu erforderlichen Instrumente.
Unter Hohenmessen oder Nivellieren versteht man die Ermittelung
des senkrechten Abstandes zweier oder mehrerer Punkte von einer be-
stimmten Horizontalebene.
Man unterscheidet trigonometrisches, geometrisches und phy-
sikalisches Hohenmessen.
Die trigonometrische Hb'henbestirnmung
erfordert Langen- und Winkelmessungen.
Als Beispiel mag der einfachste Fall dienen.
Zur Ermittelung des Hohenunterschiedes der
Punkte A und B = BC wird der Winkel
BAG und eine der beiden Linien AB oder
^Cgemessen. Der gesuchte Hohenabstand Fig 83 Trigonometrisches
BC wird durch trigonometrische Rechnung Nivellieren.
aus den beiden gemessenen GroBen gefunden.
Bei dem geometrischen Nivellieren wird eine horizontale Linie oder
Ebene konstruiert und der Abstand der beiden Punkte A und B von dieser
74
SECHSTES KAPITEL.
Horizontalen durch Aufstellen senkrechter Latten direkt gemessen. Die
Differenz der beiden gemessenen Abstande 1st der Hohenunterschied der
beiden Punkte.
Das physikalische Hohen-
messen griindet sich auf die Yer-
anderlichkeit des Luftdruckes in
verschiedenen Hohen. Das wich-
tigste hierher gehorige Instrument
ist das Barometer.
Fiir die Markscheidekunst ist
Fig. 84. Geometrisches Nivellieren.
Wichtigkeit
das erstere.
und von diesen beiden,
nur das geometrische und das
trigonometrische Nivellieren von
wie iiberhaupt in der Mefikunde,
§ 43. Zur Ausfuhrung von geometrischen Nivellements benutzt der Mark-
scheider fast ausschlieBlich das Luftblasenniveau.
. Ein solchesNivellierinstrument besteht aus drei Hauptteilen, aus dem FuB
mit den Fernrohrtragern, dem Fernrohr und aus der Rohrenlibelle.
T
Fig. 85. Nivellierinstrument mit fest verbundenen Teilen.
Diese drei Hauptteile konnen durch Schrauben fest verbunden sein
(Fig. 85), oder nur lose durch SchlieBen mit Yorsteckern (Fig. 86).
Im letzteren Falle ist das Fernrohr umlegbar und drehbar in seinen
Lagern und die Rohrenlibelle zum Umsetzen eingerichtet. Das in den
Lagern drehbare Fernrohr ist auch zuweilen fest mit der Libelle ver-
bunden. Letztere ist dann eine sogenannte Reversionslibelle mit zwei
Skalen an verschiedenen Seiten (Fig. 87).
DAS NlVELLIEREN UND DIE HIEBZU EBFORDERLICHEN INSTRUMENTS. 75
Alle drei Konstruktionen werden von den Markscheidern gebraucht.
Instrumente der ersteren Konstruktion haben den fur den Gebrauch
c
— LJ— — U—
E]
\ ^ SI
1:1-1-4
' 1 1 — i 1 • — J,
Fig. 86. Nivellierinstrument mit zerlegbaren Teilen.
in der Grube wichtigen Yorteil der groBeren Stabilitat, die der zweiten
und dritten lassen sich leichter priifen und berichtigen.
T
Fig. 87. Nivellierinstrument mit Reversionslibelle.
76
SECHSTES KAPITEL.
44. Die einzelnen Teile des Nivellierinstriiinentes. — Der FuB. Der
Fu6 der Nivellierinstrumente gleicht dem des Theodoliten und der Bussole
und dient zum Befestigen des Instrumentes auf einer Unterlage (Stativ,
Arm, Spreize) und zum Horizontalstellen desselben.
Die gewb'hnliche Form ist die des DreifuBes, seltener wird das Kugel-
gelenk angewendet.
Fig. 88 stellt einen DreifuB dar.
Von einem Mittelstiick M gehen drei Arme aus, in deren Enden die
Stellschrauben ABC in Gewinden sich drehen. Diese Stellschrauben, deren
Mittelpunkte ein gleichseitiges Dreieck
bilden, endigen unten entweder in Stahl-
spitzen, oder in kleinen Kugeln, welche
in entsprechenden Aushohlungen von
messingenen Unterlageplatten sich drehen
konnen. Zur Regulierung des leichten
oder schweren Granges der Stellschrauben
sind die kleinen PreBschrauben a, b, c
angebracht.
Das Mittelstiick M ist unten mit
einem Schraubengewinde versehen, an
welches die Zentralschraube S ange-
schraubt werden kann, deren Platte P
mittels Schraube und Spiralfeder gegen
die Unterlage gepreBt wird. Beim Nivel-
lierinstrument kann statt der Zentral-
schraube auch ein sogenannter Feder-
haken angewendet werden, welcher in
einen am Mittelstiick angebrachten Haken
eingreift.
Die vertikale, konische Drehachse
des Instrumentes ist aus Stahl gefertigt
und entweder mit dem Mittelstiick des
DreifuBes fest verbunden und ragt dann aus dem oberen Teile desselben
hervor oder mit der Schiene, welche die beiden Fernrohrlager tragt. In
letzterem Falle ist das Mittelstiick des DreifuBes ausgehohlt zur Aufnahme
der Achse.
Die zweite Befestigungsart der Achse findet sich stets bei den Nivel-
lierinstrumenten, deren Teile fest verbunden sind (Fig. 86). Die anderen
Konstruktionen der Nivellierinstrumente sind nicht an eine bestimmte An-
ordnung in dieser Beziehung gebunden.
Bei den letzteren Instrumenten ist einer der Fernrohrtrager (Fig. 89
durch zwei angebrachte Zugschrauben ZZ und eine Druckschraube d zum
Heben und Senken eingerichtet.
Um das Nivellierinstrument mit Hilfe des DreifuBes horizontal zu
Fig. 88. Der DreifuC.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELIC.HEN INSTEUMENTE. 77
stellen, dreht man dasselbe so, daB die Libelle in der Vertikalebene eines
Armes liegt und bewirkt durch Drehen der Stellschraube A dieses Armes
ein Einspielen der Luftblase, sodann dreht man das Instrument um 90 °,
daB die Libelle der durch die beiden anderen FuBschrauben B und C
gelegten Linie (Fig. 90) parallel ist und bringt durch gleichzeitiges Drehen
beider Schrauben im entgegengesetzten Sinne die Luftblase wieder zum
Einspielen. Dies Verfahren wiederholt man so lange, bis die Blase in alien
Stellungen der Libelle dieselbe Lage beibehalt.
Selbstverstandlich kann man dasselbe Ziel erreichen, wenn man die
Libelle erst in die Vertikalebene des ersten und dann des zweiten Armes
bringt und in jeder Lage die entsprechende Schraube bis zum Einspielen
der Luftblase wirken laBt. Die Schraube des dritten Armes kommt hierbei
gar nicht in Thatigkeit. Die erstere Methode fiihrt schneller zur horizon-
talen Stellung.
Z
Fig. 89. Fenrohrtrager zu
Fig. 86.
Fig. 90.
Die horizontale Stellung des Instrumentes, welche bei jeder Aufstel-
lung erstrebt wird, vollstandig genau zu erreichen, ist oft langwierig,
bei elastischem Sumpf- oder Moorboden gar nicht moglich, aber auch
nicht notig. Dieselbe braucht nur insoweit richtig zu sein, daB der
Horizontalfaden hinreichend genau horizontal ist. Die scharfe Horizontal-
stellung ist eigentlich nur in dem Augenblick des Ablesens notwendig.
Der den Markscheider begleitende Gehilfe ist deshalb darauf einzuiiben,
die Blase fortwahrend zu beobachten, einen etwaigen Ausschlag zu ver-
bessern und den Moment des richtigen Einspielens anzuzeigen.
Die Fernrohre groBerer Instrumente haben eine Vertikalbewegung
von einigen Graden, welche durch eine sehr feine Mikrometerschraube
reguliert wird.
Gute Dienste leistet auch ein iiber der Libelle angebrachter Spiegel,
welcher dem Beobachter gestattet, die Blase zu sehen, ohne seinen Stand
vor dem Okulare zu verandern.
Ist die Fassung der Libelle mit einer bezifferten Skala versehen (vergl.
78
SECHSTES KAPITEL.
45.
§ 47), so ist es moglich, den Stand der Blase fiir den Augenblick, in
welchem vom Markscheider an der Latte abgelesen wird, genau zu be-
stimmen.
Ein geiibter Gehilfe liest namlich in dem Moment der Visur die Skalen-
teile ab, bis zu welchen die beiden Blasenenden an der Skala reichen.
Aus diesen Beobachtungen kann der Ausschlag der Libelle in Skalenteilen
leicht abgeleitet und aus dem Winkelwert eines Skalenteiles und der Lange
der Yisur die GroBe berechnet werden, um welche die Ablesung an der
Latte verbessert werden muB (vgl. § 62).
Die Operation des Einstellens der Luftblase ist zwar bei einiger tlbung
und Geschicklichkeit in kurzer Zeit zu beendigen, aber es laBt sich nicht
leugnen, daB bei ausgedehnten Nivellements ein erheblicher Teil der Arbeits-
zeit zur Horizontalstellung verbraucht wird, und daB die haun'ge Wieder-
holung derselben Operation einen ermiidenden und abspannenden EinfluB
ausiibt.
Es sind deshalb Versuche gemacht worden, den Nivellierinstrumenten
eine Einrichtung zu geben, welche das Fernrohr durch Einwirkung der
Schwerkraft auf automatischem Wege annahernd horizontal stellt, etwa so
weit, daB die Blase wenigstens im Einschnitt der Libellenfassung bleibt.
Die feine Einstellung wird dann durch eine unentbehrliche Elevations-
schraube des Fernrohres geregelt.
In der Zeitschrift fiir Instrumentenkunde, Jahrgang 1884, S. 54, sind
die bisher iiblichen Einrichtungen die e in f ache Kugelaufhangung, die
Cardanische Aufhangung und eine neue zusammengesetzte Kugel-
aufhangung erlautert und be-
schrieben.
Das zu diesen Vorrichtungen
notwendig gehorige schwere Pen-
delgewicht erscheint jedoch die
Verwendung in der Grube sehr zu
erschweren, so daB dieselben vor-
laufig als nicht zweckmaBig fiir
die Markscheider bezeichnet wer-
den miissen.
Das Kugelgelenk als Fuss-
gestell. — Die Figuren 91 a. b.
zeigen die Einrichtung eines sol-
|P chen Kugelgelenkes.
Fig.91a. Das Kugelgelenk. Durchschnitt. ^6 Vertikalachse A des Nivel-
lierinstrumentes, welche mit den
Fernrohrtragern fest verbunden ist, steckt in einer Biichse mit der kugel-
formigen Erweiterung K, die nach unten in den Zapfen Z auslauft. Die
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 79
Kugel wircl von geeigneten Pfannendeckeln // gehalten, welche mit der
Aufsteckhiilse H durch Schrauben fest verbunden sind.
Die Aufsteckhiilse wird auf den Kopf eines Zapfenstatives entweder
mittels eines Schraubengewindes oder nur durch
eine PreBschraube befestigt.
Gegen den Zapfen Z wirken die beiden
Schrauben D und E und die Spiralfeder C
(Fig. 91 b).
Um mit Hilfe dieser Vorrichtung das Nivel-
lierinstrument horizontal zu stellen, dreht man
dasselbe so, daB die Libelle nach einander parallel
den beiden Stellschrauben steht und bringt die
Luftblase jedesmal zum Einspielen. Dies Verfahren wird bis zur volligen
Horizontalstellung wiederholt.
Das Fernrohr. — Wie bei alien MeBinstrumenten, so wird auch bei § 46.
dem Luftblasenniveau ein astronomisches Fernrohr verwendet, welches die
Bilder verkehrt zeigt.
Da die Theorie des Fernrohres als bekannt vorausgesetzt werden muB,
so soil nur das Wichtigste davon hier aufgefiihrt werden.
Fig. 92. Zur Theorie des Fernrohra.
Das Bild eines sehr weit entfernten Gegenstandes AB erscheint in
dem Brennpunkte p der Objektlinse 0 und zwar umgekehrt. Dieses ver-
kehrte Bild AlBl wird durch das Okular, welches genau wie eine Lupe
wirkt, vergroBert (A2B2) und erscheint dem Auge deutlich, wenn es im
Brennpunkte dieses Glases sich befindet.
1st der Gegenstand AB nicht sehr weit vom Objektiv entfernt, so
fallt das Bild A' B' iiber den Brennpunkt p hinaus nach p. Um dieses
Bild durch das Okular deutlich zu sehen, ist letzteres so weit zu ver-
schieben, bis das Bild wieder in dem Brennpunkte des Okulars sich
befindet.
Zu dem Zwecke ist die Okularrohre bei Fernrohren an MeBinstru-
menten mit einer Getriebevorrichtung versehen, um das Okular jedesmal
in die richtige Stellung bringen zu konnen.
80
SECHSTES KAPITEL.
Dieses Verschieben der Okularrohre muB in der optischen Achse des
Fernrohres erfolgen, weil sonst nicht unerhebliche Fehler beim Messen
entstehen konnen. Wegen der Priifung siehe § 84.
Die Objektivlinse soil moglichst achromatisch sein. Durch Ver-
bindung zweier Linsen, einer Sammellinse a von Crownglas mit einer Zer-
streuungslinse b von Flintglas wird ein hoher Grad von
Achromatismus erreicht.
Das Okular heiBt ein astronomisches, wenn es nur aus
einer Convexlinse besteht oder aus zweien so zusammengesetzt
ist, daB es die Bilder der Gegenstande verkehrt zeigt.
Die zweite Linse des astronomischen Okulars, welche von
der ersten einen unveranderlichen Abstand hat und folglich
mit dieser dem Objektiv genahert oder von ihm entfernt wer-
den kann, heiBt die Kollektivlinse, weil sie die auf sie
fallenden Lichtkegel in kleinere Raume zusaminendrangt.
In dem HuYGHENschen und in dem RAMSDENschen Okulare
sind die eigentliche Okularlinse und die Kollektivlinse plankonvexe Linsen.
Im ersteren wenden beide Linsen ihre konvexen Seiten dem Objektiv, in
letzteren ihre konvexen Seiten sich selbst zu.
Fig. 94 ist eine schematische Skizze des Fernrohres mit HUYGHEN-
schem Okular. Die Kollektivlinse steht innerhalb der Brennweite des Ob-
Fig. 93.
C ^ *
Fig. 94. Anordnung der Linsen im HuYGHENschen Fernrohre.
jektivs, und das Bild eines vor dem Objektiv befindlichen Gegenstandes
erzeugt sich zwischen den beiden Okularlinsen , aber nicht in der Brenn-
ebene p e' des Objektivs, sondern da die Strahlen durch die Kollektivlinse
gebrochen werden, schon in pe.
Das KELLNEEsche oder orthoskopische Okular (Fig. 95) hat eine
bikonvexe Sammellinse, dessen flachere
Krummung dem Objektiv zugewendet
ist, und ein achromatisches Augenglas.
Zu Messungen ist das astrono-
mische Fernrohr erst dann geeignet,
wenn es ein Fadenkreuz, d. h. eine
Vorrichtung besitztj mit deren Hilfe
Fig. 95. KELLNERsches Okular. dessen optische Achse auf einen be-
stinimten*Punkt gerichtet werden kann.
Ein Fadenkreuz besteht aus zwei sich kreuzenden Faden, welche entweder
sehr zarte Spinnenfaden oder noch feinere Platinadrahte sind.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIERZU ERFORDERLICHEN INSTRUMENTS. 81
Man benutzt auch Glasplattchen, auf denen ein Kreuz eingerissen 1st.
Fig. 96 a. b zeigt die einfachste Einrichtung eines Fadenkreuzes. Bei
einem HuYGHENschen Okular befindet sich das Fadenkreuz zwischen
Kollektiv- und Okularlinse, bei dem RAMSDENschen und dem KELLNERschen
hinter der Kollektivlinse.
Das Fadenkreuz muB mit dem optischen Bilde in einer Ebene liegen
und sich zugleich im Brennpunkte des Okulars befinden. 1st dies der
Fall, so wird dasselbe scharf und schwarz erscheinen und immer auf den-
selben Punkt des Bildes gerichtet bleiben, wenn man auch das Auge vor
demselben etwas rechts und links bewegt.
Die richtige Stellung des Okulars wird durch das schon erwahnte
Getriebe geregelt.
Ferner muB sowohl das Fadenkreuz als auch das Bild des Signales
vollkommen klar und scharf erscheinen.
Wird dies nicht durch das Verstellen des Okulars erreicht, so ist das
Fadenkreuz selbst etwas vorwarts oder riickwarts zu verschieben.
Zu dem Zwecke sind die
Locher oval, durch welche
die Halte- oder Justierschrau-
ben des Fadenkreuzes her-
vorragen.
Von den Faden des
Fadenkreuzes soil bei den
Fernrohren der Nivellier-
instrumentein derGebrauchs-
lage der eine horizontal, der
andere vertikal stehen.
Bei den Nivellierinstrumenten ist die genau richtige Lage vornehmlich
von dem Horizontalfaden zu verlangen.
Zur Priifung laBt man durch horizontale Drehung des Fernrohrs einen
scharf markierten Punkt durch das Gesichtsfeld gehen und iiberzeugt sich,
ob jede Stelle des Horizontalfadens diesen Punkt deckt. Durch eine geringe
Verdrehung des Okularkopfes laBt sich eine etwaige Abweichung verbessern.
Zur grofieren Sicherheit liest man immer an einer bestimmten Stelle des
Horizontalfadens ab, die mit Hilfe des Vertikalfadens immer wieder leicht
getroffen wird, wenn man z. B. letzteren mit einer Kante des Lattenbildes
zusammenfallen laBt.
Die Vergrb'Berung der Fernrohre an Nivellierinstrumenten ist je
nach dem Zweck und der Konstruktion verschieden. Fur den Gruben-
gebrauch geniigt schon eine 1 5 malige VergroBerung. Prazisionsinstrumente
erhalten Fernrohre bis zu 45facher VergroBerung.
An den Fernrohren der Nivellierinstrumente mit lose zusammengefiigten
Teilen sind zwei genau gearbeitete Lagerringe von ganz gleichem Durch-
messer angebracht, mit welchen das Rohr beim Gebrauch in den Lagern
BRATHUHN, Markscheidekunst. 6
Fig. 96a und b. Fadenkreuz.
82 SECHSTES KAPITEL.
der Fernrohrtrager aufliegt. An den Lagerringen sitzen etwas liberragende
Kranze, welche ein horizontales Verschieben des Fernrohres in den Lagern
verhindern sollen. Die Kranze sind an einer oder an zwei gegeniiber-
stehenden Stellen eingekerbt, um einen an der Rohrenlibelle sitzenden
Stift aufzunehmen, wenn dieselbe auf die Lagerringe des Fernrohres gesetzt
wird. Dieser Stift erhalt nicht nur das Fernrohr und die Rohrenlibelle
in der richtigen Gebrauchslage , sondern schiitzt auch in Yerbindung mit
einem dariibergreifenden Schieber die Libelle vor dem Herabfallen.
47. Die Rohrenlibelle. - - Die Rohrenlibelle besteht aus einer an den
Enden zugeschmolzenen, etwas gekriimmten, nicht ganz vollstandig mit
Weingeist oder Schwefelather gefiillten Glasrohre. Den leer gebliebenen
Raum nimmt Dampf von der in der Rohre befindlichen Fliissigkeit ein. Beim
Anfertigen fiillt man namlich die Rohre vollstandig mit der erwarmten
Fliissigkeit und schmilzt sie zu. Nach dern Erkalten verliert die Fliissig-
keit an Volumen, und es entsteht ein luftleerer Raum, in welchem sich
Dampf der eingeschlossenen Fliissigkeit bildet. Diese Dampfblase oder, wie
sie gewohnlich genannt wird, Luftblase, ist bestrebt, stets den hochsten
Punkt der Rohre einzunehmen.
Friiher kriimmte man, wie bei weniger feinen Libellen noch heute
geschieht, cylindrische Glasrohren dadurch, dafi man sie, mit ihren Enden
unterstiitzt, so lange iiber gliihende Kohlen legte, bis sie sich durch ihr
eigenes Gewicht etwas bogen.
Jetzt werden dieselben tonnenformig nach einem bestimmten Radius
ausgeschliffen und auf der Seite, welche die gleichformigste Kriiinmung
zeigt, wird eine Skala von gleichen Teilen eingeritzt.
Reversionslibellen erhalten an zwei gegeniiberstehenden Seiten je
eine Skala.
Die Einteilung hat meistens den Nullpunkt in der Mitte des Rohren-
bogens; steht die Mitte der Blase genau unter diesem Nullpunkte oder,
was dasselbe ist, sind die Enden derselben gleich weit
davon entfernt, so sagt man: die Blase spielt ein;
weicht die Blase aus der Mitte, so sagt man kurz: die
Blase schlagt aus.
Die GroBe eines Skalenteiles ist zwar willkiirlich,
weicht aber wenig oder gar nicht von einer Pariser
Linie ab ( = 2,256 mm).
Fig. 97. Querschnitt „. ' \ . . ....... , , . . Tn
einer Rohrenlibelle. ™ fertige Rohre kommt in erne messmgene 1 assung,
in welcher das eine Ende gelenkartig befestigt wird, wah-
rend gegen das andere Ende die Schrauben r und s wirken, die im Verein
mit den gegeniiberstehenden Federn u und v die Stellung der Libelle in
der Messingfassung regeln (Fig. 97). »
Aufsatzlibellen fur Nivellierinstrumente erhalten geeignet geformte,
dem Durchmesser der Fernrohrlagerringe entsprechend abgerundete FiiBe.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU ERFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 83
Libellen von Prazisionsinstrumenten werden an der messingenen Fassung
mit einer feinen Skala versehen, deren Bezifferung in einer Richtung vom
Anfang bis zum Ende durchgefiihrt ist.
Um den Stand der Luftblase wahrend der Arbeit beobachten zu
konnen, ohne seinen Standpunkt vor dem Okular des Fernrohres zu ver-
andern, hat man an Libellen einen um ein Gelenk beweglichen Spiegel
angebracht, der in jeder Stellung durch eine Feder festgehalten wird.
Der Wert einer Libelle hangt von ihrer Empfindlichkeit ab.
Die Empfindlichkeit wird durch die GroBe des Winkels aus-
gedriickt, um welchen eine Libelle geneigt werden muB, damit
die Blase sich um einen Teilstrich weiter bewegt. Je kleiner
dieser Winkel, um so groBer ist die Empfindlichkeit.
Fig. 98. Das Legebrett.
Diese Art und Weise der Bezeichnung hat nur Wert, wenn die Teile
der Skala auf alien Libellen gleiche Langen haben.
Unabhangig von der Lange des Skalenteils ist die Angabe des Radius,
nach welchem die Libelle ausgeschliffen ist.
Zur Ermittelung der Empfindlichkeit von Libellen dient das Legebrett
(Fig. 98). Die Libelle L wird in die auf einer Schiene S verschiebbaren
beiden G-abeln FF gelegt und die Schraube A, deren einmalige Umdrehung
eine bestimmte Neigung des Brettes E hervorbringt, so lange gedreht,
bis die Luftblase ihre Stellung genau um einen Teilstrich verandert hat.
Der aus den Umdrehungen der Schraube A sich ergebende Winkel ist die
Empfindlichkeit.
Das Verfahren wiederholt man, indem man die Stellung der Blase um
verschiedene Teilstriche verandert, den jedesmaligen auf einen Teilstrich
kommenden Winkel berechnet und aus alien Werten das Mittel nimmt.
Ist man nicht im Besitz einer solchen Vorrichtung, oder ist die Libelle
fest mit dem Fernrohr verbunden, so stellt man das Nivellierinstrument
6*
84 SECHSTES KAPITEL.
in einer gemessenen Enfernung / von einer senkrecht stehenden eingeteilten
Latte auf und liest in zwei Stellungen der Blase, die gerade um einen
Teilstrich verschieden sind, an der Latte ab.
Die Differenz dieser beiden Ablesungen sei d, dann ist die Empfmdlich-
keit a = ~ 206265 Sekunden.
i
Aus der wahren Lange des Skalenteils S und der Empfindlichkeit a
^
ergiebt sich der Kriimmungsradius der Libelle r = — .
Die kleineren von den Markscheidern benutzten Instrumente haben
Libellen von 15 — 20 Sekunden Empfindlichkeit, (bezw. von einem Radius
= 31,02 —23,26m) mit denen sich noch sehr zufriedenstellende Eesultate
erreichen lassen.
Bei Instrumenten zu Prazisionsnivellements steigt die Empfindlichkeit
der Libelle bis zu 4 Sekunden (r = 116,3m),
48. Priifung und Beriehtigung der Nivellierinstrumente. 1) Die
Prufung der Instrumente mit zerlegbaren Teilen.
Zuerst wird die Rohrenlibelle darauf gepriift, ob ihre Achse
parallel der geometrischen Achse des Fernrohres ist in verti-
kalem und horizontalem Sinne.
Man stellt zu diesem Zwecke bei dem annahernd horizontal gestellten
Nivellierinstrumente die Libelle liber einen Arm des DreifuBes, bringt mit
dessen Stellschraube die Blase zum genauen Einspielen und setzt dann die
Libelle um. Verandert hiernach die Luftblase ihren Stand, so wird die
Halfte des Fehlers an der Stellschraube des betreffenden DreifuBarmes,
die andere Halfte mit Hiilfe der Justierschraube r (Fig. 97 und 86) be-
seitigt. Das Verfahren wird bis zum genauen Stimmen wiederholt.
Das Schraubchen s wird gebraucht, wenn die Libellenachse im hori-
zontalen Sinne nicht parallel ist mit der Fernrohrachse. Hiervon iiberzeugt
man sich, wenn man die Libelle mit einspielender Luftblase etwas links
und rechts auf den zu diesem Zwecke durch untergeschobene Holzstiicke
etwas frei gelegten Lagerringen des Fernrohres neigt. Yerandert die Luft-
blase hierbei ihre Stellung, so ist der gewiinschte Parallelismus nicht vor-
handen, und die Schraube s muB in Thatigkeit gesetzt werden. Die rich-
tige Stellung der Libelle in der Bichtung der Schraube r ist vor jeder
Arbeit, die in der Richtung der Schraube s nur in langeren Zwischen-
raumen zu priifen.
49. Die geometrische Achse der Lagerringe niuB mit der opti-
schen Achse des Fernrohres zusammenfallen.
Zur Prufung dieses Erfordernisses richtet, man das Fernrohr des fest
aufgestellten Nivellierinstrumentes auf einen weit entfernten, gut beleuch-
teten Punkt und dreht das Fernrohr in den Lagern um seine Achse.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 85
Entfernt sich das Fadenkreuz beim Drehen nicht von dem Punkte, so
fallen beide Achsen zusammen; im andern Falle 1st das Fadenkreuz mittels
der Schraubchen zu verschieben, bis die Bedingung erfiillt ist.
Das Drehen der Schraubchen muB, ohne einen seitlichen Druck auf
das Fernrohr auszuiiben, ausgefiihrt werden kb'nnen. Dies ist nur moglich,
wenn der hervorstehende Kopf der Justierschraubchen durchlocht ist und
das Drehen mittels eines durch das Loch gesteckten Stiftes erfolgt. Flache,
init einem Schlitz versehene Schrauben, welche mit einem Schraubenzieher
gedreht werden miissen, sind an dieser Stelle unzweckmassig. Dasselbe
gilt auch fur den Theodoliten.
Gegen die Folgen eines etwa noch vorhandenen Fehlers in der Lage
der optischen Achse kann man sich dadurch schiitzen, daB man jede Yisur
wiederholt, nachdem das Fernrohr in den Lagern um 180 Grad gedreht
worden ist.
Ferner mussen die Lagerringe des Fernrohres gleichen
Durchmesser besitzen und kreisrund sein.
Man laBt zur Priifung des ersten Erfordernisses die Luftblase der
berichtigten Libelle genau einspielen, hebt dann das Fernrohr mit der
daraufsitzenden Libelle vorsichtig ab und legt es wieder so ein, daB die
Lagerringe in bezug zu den Lagern verwechselt werden. Die Luftblase
muB dann wieder einspielen, wenn ein gleicher Durchmesser der Einge
vorhanden ist. Hierbei ist guter Bau und feste Aufstellung, sowie gleiche
Verteilung des Gewichtes bei empfindlicher Libelle vorausgesetzt.
Zur Priifung der kreisrunden Form der Lagerringe schraubt man die
Stifte an den FiiBen der Libelle ab und beobachtet, ob beim Drehen des
Fernrohres die Luftblase der auf dem Fernrohre sitzenden Libelle ihre
Stellung beibehalt.
Sind Fernrohr und Libelle gehb'rig berichtigt, so ist eine senkrechte
Stellung der Fernrohrtrager gegen die vertikale Drehachse des ganzen
Instrumentes wunschenswert, so daB die Libelle des horizontal ge-
stellten Fernrohres nicht ausschlagt, wenn das selbe um 180 Grad
gedreht wird.
Zeigt sich hierbei ein Ausschlag, so ist durch zweckmaBiges Heben
oder Senken des mit Justiervorrichtung versehenen Fernrohrlagers der Fehler
zu verbessern.
2) Die Prufung der Nivellierinstrumente mit fest verbun- § 50.
denen Teilen ist auf andere Weise auszufuhren. Man beginnt auch hier
mit der Rohrenlibelle.
Man stellt das Nivellierinstrument moglichst horizontal auf und bringt
die Luftblase genau zum Einspielen. wahrend das Fernrohr iiber einem
Arme des DreifuBes oder liber einer der beiden Druckschrauben des Kugel-
gelenkes steht. Alsdann dreht man das Fernrohr um 1J30 Grad und sieht
nach, ob die Blase ihren Ort verandert. Zeigt dieselbe einen Ausschlag,
86
SECHSTES KAPITEL.
so verbessert man die eine Halfte an der bekannten Justierschraube, die
andere an der betreffenden FuBschraube.
Dieses Yerfahren wiederholt man so lange, bis die Luftblase beim
Drehen des Fernrohres ihren Ort nicht verandert.
Demnachst muB gepriift werden, ob die optische Achse des Fern-
rohres der Libellenacbse parallel 1st.
Man ermittelt zu diesem Zwecke den genauen Hohenunterschied zweier,
60 — 150 Meter je nach der YergroBerung des Fernrohres von einander ent-
fernten Punkte A und B (Fig. 99), stellt sodann das zu priifende Instrument
horizontal iiber dem Punkte A auf, miBt die Hohe der Fernrohrachse h und
liest an der auf B aufgestellten Latte die Hohe h' ab. Giebt die Differenz
h— ti nicht den bekannten Hohenunterschied, so muB das Fadenkreuz
in vertikaler Richtung
verschoben werden.
Man kann die Stelle
der auf B stehenden
Latte berechnen, wel-
che das Fadenkreuz
decken muB, und da-
nach dasselbe stellen.
Das Yerfahren ist
mehrmals zu wieder-
holen.
Selbstverstandlich
darf die Priifung unter
Wetterverhaltnissen,
die eine wechselnde
Strahlenbrechung be-
giinstigen, nicht vor-
genommen werden, ebensowenig wie die Entfernung von A und .#150 Meter
iibersteigen darf, weil dann die Erdkriimmung und Refraktion anfangt
nachteilig zu wirken.
Hat man die ruhige Flache eines stehenden Wassers zur Yerfiigung,
so treibt man zwei Pfahle in angemessener Entfernung so weit ein, daB
ihre Kopfe genau in der Hohe des Wasserspiegels liegen. Stellt man nun-
mehr das Nivellierinstrument in der Yerlangerung der durch die Pfahle
bezeichneten Linie auf, so inuB auf jedem der Punkte an der dort auf-
gestellten Latte dieselbe Hohe abgelesen werden.
Unstimmigkeiten sind wie vorher mittels der Korrektionsschrauben
des Fernrohrtragers zu verbessern.
Justieren des Nivellierinstrumentes mit fest
verbundenen Teilen.
51. Die Priifung und Berichtigung von Nivellierinstrumenten mit
Reversionslibellen, d. h. solcher, deren Fernrohr in den Lagern drehbar,
DAS NlVELLIEREN UND DIE HIERZU EBFOKDEBLICHEN INSTRUMENTE. 87
aber mit der Libelle fest verbunden 1st, ergiebt sich aus dem Vorigen fast
von selbst.
Nur die Priifung des parallelen Standes der Libellen- und Fernrohr-
achse ist etwas verschieden. Das Fernrohr ist zwar auch in seinen Lagern
drehbar, aber wegen der beiden zu diesem Zwecke angebrachten Anschlage-
stifte nur um 180°. In der ersten der beiden Endstellungen steht die
Libelle iiber, in der zweiten unter dem Fernrohr. Die tonnenformige
Libelle ist auf zwei gegeniiberliegenden Seiten mit einer Skala versehen,
so daB in jeder Lage des Fernrohres der Stand der Luftblase beobachtet
werden kann.
Ist das Instrument berichtigt und horizontal gestellt, so muB in beiden
Lagen des Fernrohres der Stand der Luftblase derselbe sein. Einen etwaigen
Ausschlag nach dem Umdrehen des Fernrohres wird man, wie oben schon
angegeben, halb durch die Korrektionsschraube an der Libelle? halb durch
die Stellschraube des FuBes verbessern (vgl. Fig. 138, §88).
Wenn spater gezeigt wird, daB bei zweckmaBiger Methode des Nivel- § 52.
lierens (aus der Mitte) auch mit nicht justiertem Instrumente richtige
Ergebnisse erhalten werden, so konnte die Priifung und Berichtigung von
Nivellierinstruinenten unwichtig oder gar uberfliissig erscheinen. Da aber
die Mitte zwischen zwei Punkten nicht gemessen, sondern abgeschritten
oder gar nur abgeschatzt wird, so ist schon deshalb ein berichtigtes
Instrument erforderlich. Yielmehr aber noch, wenn das Nivellieren aus
der Mitte schwierig oder unmoglich werden sollte, was bei unregelmaBigen
Ob erflachen verbal tnissen vorkommt.
Die Instrumente mit Reversionslibellen gewahren den Yorteil, daB
man, ohne in der Mitte derPunkte
zu stehen, deren Hohenabstand
richtig erhalt, wenn die Libelle in
beiden Lagen des Fernrohres ein-
gestellt und aus beiden Ablesungen
das Mittel genommen wird.
§53.
Fig. 100. Verschiedene Einteilung von
Nivellierlatten.
Die Nivellierlatten. — Die
Nivellierlatten dienen dazu, den
Abstand der Aufstellungspunkte
von der durch die Fernrohrachse
gebildeten Horizontallinie zu
messen.
Sie bestehen aus einem Stabe
von quadratischem oder rechteckigem Querschnitt, der, aus geradfaserigem
Fichtenholz hergestellt, mit siedendem Leinol getrankt ist und einen mehr-
88
SECHSTES KAPITEL.
maligen Olfarbenanstrich erhalten hat. Die Lange der Latten, welche iiber
Tage gebraucht werden, schwankt je nach Bediirfnis zwischen 3 und 5 Meter.
Die Einteilung ist sehr mannigfaltiger Art. Einfache Striche, wobei die
Lange und Dicke die ganzen und halben Dezimeter und Centimeter unter-
scheiden, oder abwechselnd weiBe und schwarze, bez. rote Felder von meist
einem Centimeter Breite in verschiedenster Anordnung sind am haufigsten.
Die Bezifferung geht meist nach Dezimetern.
Es ist zweckmaBig, die Feinheit der Einteilung nicht zu weit zu treiben.
Es wird dadurch das Ablesen erschwert und nichts an Genauigkeit ge-
wonnen, da ein geiibtes Auge bis zu Millimetern abschatzt.
Wichtig ist, daB die Latte wahrend des Ablesens senkrecht gehalten
wird. Um die richtige Stellung leicht zu finden, verbindet man das untere
Ende der Latte mit einer Dosenlibelle, deren Blase bei richtigem Stande
der Latte einspielt.
In Fig. 101 sei h die Ablesung an der senkrecht stehenden und h'
die Ablesung der urn -£: 8
geneigten Latte, dann ist
7 = cos £ und h'=
Fig. 101. Fehler aus der schiefen Stellung der Latte.
Ist S = 2 Grad und
h = 4 Meter, so ist h' =
4,002. Abweichungen von
2 Grad, die nur geringe
Fehler in der Ablesung
bringen, lassen sich aber
schon durchDosenlibellen
von geringer Empfindlich-
keit vermeiden.
1st man gezwungen, mit Latten ohne die daran befestigte Dosenlibelle zu
arbeiten, so wird man die Latte von dem Gehilfen vor- und riickwarts,
sowie rechts und links neigen lassen. Die kleinste Ablesung ist die richtigste.
Man versieht die Latten auch mit verschiebbaren Tafeln Fig. 102 a u. b,
welche vorn in schwarze und weiBe Felder so geteilt sind, daB sich der
Mittelpunkt scharf mit dem Fadenkreuz zur Deckung bringen laBt, und
welche hinten mit einer horizdntalen dem Mittelpunkt entsprechenden Linie
versehen sind.
Die Tafel laBt sich mittels einer Schnur auf und ab schieben, welche
oben und unten iiber Rollen lauft, die in der Latte versenkt befestigt sind.
Die Fiihrung der Tafel muB so beschaifen sein, daB die Einteilung
durch das Schieben derselben nicht beschadigt wird.
Diese Tafeln oder Zielscheiben werden bei solchen Entfernungen ge-
braucht, wo die Einteilung der Latte nicht mehr mit dem Fernrohr schart
abgelesen werden kann. ,
Man ist bei Verwendung der Zielscheibe allerdings gezwungen, sich
DAS NlVELLIEEEN UND DTE HIERZU ERFORDERLTCHEN INSTRUMENTE.
89
teilweise auf die Ablesungen der Gehilfen zu verlassen, aber bei geiibten
und gewissenhaften Leuten geniigt es vollkommen, die Tafel mehrere Mai
von neuem einzuwinken, den jeclesmaligen Stand vom Gehilfen aufschreiben
und die Latte mit der zu-
letzt eingestellten und un-
verriickt gebliebenen Tafel
zum Nachsehen sich bringen
zu lassen.
Von ungeiibten Gehilfen
kann man auBerdem den jedes-
maligen Stand derScheibe an
der Latte durch einen Strich
mit weichem Bleistift. der
sich leicht wieder wegwischen
laBt, bezeichnen lassen.
Latten Ohlie Zielschei- Fig. 102a und b. Zielscheiben an den Nivellierlatten.
ben werden zweckmaBig mit
Griffen oder Handhaben versehen.
In Latten zu Pracisionsnivellements werden im Abstand von einem
Meter Metallplattchen mit feiner tFber- und Untereinteilung ein-
gelassen, mit deren Hilfe auch die geringste Langenveranderung
der Latte durch Anlegen eines Normalmeters gefunden und beim
Berechnen des Nivellements beriicksichtigt werden kann.
Zur Erleichterung des Traiisportes fertigt man die Latten
zum Verschieben oder zum Zusammensetzen ein.
An den zum Verschieben eingerichteten Latten ist meistens
ein Sperrstift mit Feder angebracht, welcher in ganz bestimmten
Abstanden meist von 10 zu 10 cm den beweglichen Lattenteil von
selbst festhalt (siehe ScHMiDTsche Latte im folgenden Paragraphen).
Als praktischer Notbehelf erweisen sich aufReisen eingeteilte
Bander von Lattenbreite, welche durch eingesponnene Metall-
faden und durch einen Gummiuberzug vor clem Ausdehnen ge-
schiitzt und mit einer Einteilung versehen sind. Man hat nur
notig, dieselben auf einer holzernen, geraden Latte zu befestigen
und die Nivellierlatte ist fertig. Jedoch ist beim Gebrauch
derselben Vorsicht anzuraten, da die Bander sich bald etwas,
und zwar nicht gleichmaBig, verandern.
Zum Nivellieren in der Grube konnen Latten von derselben
Einrichtung, wie die liber Tage gebrauchlichen, angewendet
werden, nur mlissen sie kiirzer und die Dosenlibelle muB der
leichteren Beleuchtung wegen ungefahr in Brusthohe angebracht sein.
Fig. 103 zeigt erne Latte einfachster Konstruktion in der Seitenansicht.
^
Fig. 1
Seitei
03.
a-
nsicht einer
einfachen § 54
90
SECHSTES KAPITEL.
§55.
Die Beleuchtung der anvisierten Stelle geschieht mit clem gewohnlichen
Grubenlichte.
In Nr. 32 der Berg- und Hiittenmann. -Zeitung, Jahrgang 1863, und
in Nr. 22, S. 295, der Osterreichischen Zeitschrift, Jahrgang 1881, sind
Grubenniveilierlatten beschrieben, von
denen die letztere, konstruiert von Pro-
fessor SCHMIDT, empfohlen werden kami.
Diese Latte (Fig. 104) besteht aus
zwei Teilen von je 1,5 m Lange, die sich
gegen einander verschieben lassen und
von welchen die vordere, breitere Holz-
platte die Skala tragt, wahrend die zweite
als FuBgestell der Skalenlatte dient. Mit
Hilfe zweier Spangen und PreBschrauben.
sowie eines federnden, in Locher von je
10 cm Abstand eingreifenden Sperrstiftes
lafit sich die Skala innerhalb eines Spiel-
raumes von 1,2 m festklemmen.
Die GroBe der Yerschiebung erkennt
man an einem Zeiger, der bei dem tiefsten
Stande der Skala auf eine bestinimte Stelle,
z. B. 1,4 zeigt. Ein besonderer Vorteil
dieser Nivellierlatte ist die angebrachte
Refraktorlanipe, welche durch eine an
die Latte geschraubte Eisenschiene ge-
fiihrt und durch eine Feder an dieselbe
gedriickt wird,
Zum Aufsetzen der Latte bei rauher
oder weicher Streckensohle ohne Schienen-
gestange wird eine gufieiserne FuBplatte
mit halbkugelformigem Stahlknopf bei-
gegeben, weicher in eine entsprechend
erweiterte Yertiefung des Lattenschuhes
paBt.
Fie. 104. Grubennivellierlatte von -r\» rr» i • *-± T»
Prof. SCHMIDT. ^ie ZielvOPriChtung YOU BoBCHERS. —
Die Anvvendung dieses Apparates setzt
voraus, daB samtliche Stationspunkte in der Firste der Strecken durch
kleine Krampen fixiert sind.
Derselbe ist in der praktischen Markscheidekunst von BOKCHEES
S. 32 beschrieben wie folgt:
Ein vierseitiger, prismatischer Stab (Fi^. 105) aus Stahl, 1,5 m lang,
ist am oberen Ende mit einem abgerundeten, drehbaren Haken versehen,
von dessen innerer Peripherie derselbe bis an das untere Ende in Centi-
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZTJ EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 91
meter geteilt und nach Dezimetern beziffert ist. An diesem Stabe lafit
sich mittels zweier messingener Hiilsen eine Scheibe von ca. 20 cm Durch-
messer aus Eisenblech auf und ab schieben und mittels einer Schraube in
jeder Hohe feststellen.
Rechtwinkelig zur Langenachse des Stabes ist durch den Mittelpunkt
der Scheibe eine Linie eingerissen, auf welcher genau zentrisch drei
Offnungen, zwei von 1 cm und eine von 1,75 mm Durchmesser, ein-
geschnitten sind.
Vor eine der groBeren Offnungen laBt sich ein mattgeschliffenes Glas
•schieben. Auf der hinteren, in der Fig. 105 dar-
gestellten Seite der Scheibe ist ein Nonius an-
gebracht, dessen Nullpunkt mit der auf der
Scheibe eingerissenen Linie zusammenfallt.
Beim Nivellieren wird die Yorrichtung in
die schon erwahnten Krampchen eingehangt und
die Scheibe rechtwinkelig zur Yisierlinie gestellt.
Fur sehr kurze Stationen wird nun die
Flamme einer gewohnlichen Grubenlampe hinter
das kleine Loch gehalten und die Zielscheibe so
lange auf und ab geschoben, bis der Durch-
schnitt des Fadenkreuzes die Mitte des anvisierten
leuchtenden Punktes deckt. Fur groBere Ent-
fernungen von 60 — 200 m ist bei heller Luft das
groBere Loch mit dem geschliffenen Glase, bei
noch groBeren Entfernungen das groBere Loch
ohne Glasbedeckung zu benutzen.
Bei langeren Stationen, wo dem die Ziel-
vorrichtung bedienenden Gehilfen nicht mehr
zugerufen werden kann, miissen die Zeichen fur
,,Auf" und ,,Nieder" durch starkes, langsames
Klopfen auf dem Schienengestange oder durch
Aufstellung von Zwischenposten gegeben werden.
Sehr lange Stationen sind nicht zu empfehlen, wegen der Schwierig-
keit, sich mit dem Gehilfen zu verstandigen.
Diese Zielvorrichtung ist einfach, hangt sich ohne weiteres Zuthun
senkrecht, ist dem Einflusse des Wassers und des Grubenschmutzes, unter
welchem holzerne Nivellierlatten leiden, nicht unterworfen und gestattet
neben dem hochst genauen Einstellen und Ablesen der Hohen ein rasches
Arbeiten.
Dieselbe kann demnach namentlich fur Grubenprazisionsnivellements
als vorziiglich brauchbar empfohlen werden. Der einzige Nachteil gegen
Nivellierlatten kann unter Umstanden darin bestehen, daB das Anbringen
der Krampchen zum Aufhangen der Zielvorrichtung zeitraubend wird.
Fig. 105. Zielvorrichtung von
BORCHERS.
92
SECHSTES KAPITEL.
56. Die Methoden des Nivellierens. — Man unterscheidet einf aches
und zusammengesetztes Nivellement, ferner das Nivellieren aus der
Mitte und aus den Endpunkten.
Den Hohenunterschied zweier Punkte A \ind£ (Fig. 106) erhalt man durch
einf aches Nivellement. wenn man zwischen diesen Punkten das Nivellier-
instrument aufstellt und bei einspielender Libelle an den in A und B auf-
gestellten Latten die Hohen hl und h2 abliest.
Der Hohenunterschied U ist dann = h^ — h2 und zwar liegt B hoher
als Aj wenn h2 < hiy d. h. h positiv wird und umgekehrt, wenn h2 > kl9
also U negativ wird.
Die Hohenermittelung wird also durch zweimaliges Ablesen an der
Latte, einmal mit riickwarts nach der Latte auf A, dann mit vorwarts
nach der Latte auf B gerichteten Fernrohr ausgeftihrt, oder, wie man
sich kurz ausdruckt, durch Kiickblick und Yorblick.
Um die groBte Genauigkeit zu erlangen, wahlt man den Standpunkt
A
I
Fig. 106. Einfaches Nivellement.
Fig. 107. Das Nivellieren aus der Mitte.
so, daB er moglichst gleich weit von den beiden Aufstellungspunkten A
und B entfernt ist, wobei das Abschreiten der Entfernungen geniigt.
Man nennt dies das Nivellieren aus der Mitte.
Dieses Verfahren gewahrt den groBen Vorteil, daB dadurch die Fehler
des Instrumentes und diejenigen Fehler ausgeglichen werden, welche die
Strahlenbrechung und die Krummung der Erdoberflache veranlassen.
1st das Instrument in m (Fig. 107) so aufgestellt, daB ma = mb und ab
eine horizontale Linie ist und wirken alle vorher genannten Fehlerquellen
derartig, daB die optische, auf die Latte in A gerichtete Achse des Fern-
rohres bei einspielender Libellenblase einen Winkel a mit der Horizontalen
einschlieBt, so wird das Fadenkreuz des Fernrohres nicht den Punkt a,
sondern den Punkt d treffen und bei dem Blick nach der Latte auf B bei
einspielender Libelle nicht den Punkt b, sondern c.
Da in beiden Stellungen des Fernrohres dieselben Ursachen wirken,
so miissen die Winkel a gleich sein, und da ma = mb, so ist ad = be = e.
Der Hohenunterschied h = 7^ — A2 = (ht •+• e] — (h.2 + e).
Hierbei ist vorausgesetzt, daB der Zustand der Luft bei Ruck- und
Vorblick derselbe war, also die Strahlenbreohung in beiden Fallen gleich-
maBig wirkte.
PAS NlYELLIEREN UND DIE HIERZU ERFORDERLICHEN INSTRUMENTS. 93
Die Einwirkungen von der Kriimmung der Erdoberflache sind abhangig § 57.
von dem Halbmesser der Erde r und der Lange der Station /.
Denkt man sich aus dem Mittelpunkt der Erde einen Kreisbogen durch
die Fernrohrachse A beschrieben, so trifft dieser Bogen die in D auf-
gestellte Latte im Punkte B, wahrend die durch A gezogene Horizontal-
linie die Latte im Punkte C schneidet (Fig. 108 ist zum besseren Ver-
standnis in unnatiirlichen Verhaltnissen gezeichnet). AB ist die wahre,
AC die scheinbare Horizontallinie und BC die Depression des wahren
unter dem scheinbaren Horizont.
Da man durch das Fernrohr diejenigen Punkte zu sehen wiinscht,
welche in der wahren Horizontallinie
liegen, aber die des scheinbaren Hori-
zontes sieht, so ist die Depression des
Horizontes gleich dem Fehler, welchen die
Kriimmung der Erdoberflache veranlaBt.
Errichtet man BF senkrecht CM,
80 kann man BF — AF — \l und AC
c= AB — I annehrnen. Dreieck BCF ist
ahnlich ACM und daraus folgt BC: BF
= AC: AM, also:
BC =
BF.AC
AM
Dieser Febler BC wird durch die
Brechung, welche der Lichtstrahl beim
Durchgange durch die Luft erleidet, noch
verringert, da derselbe einenach oben kon-
vexe Kurve beschreibt und im Fernrohr
nicht der Punkt C, sondern Cf erscheint.
Bei ruhiger klarer Luft ist CC' = FJg. 108. Einwirkung von Erdkrummung
0,1348 BC oder allgemein = 0,1348 Jl und Refraktion-
(der Coeffizient 0,1348 ist ein Mittelwert aus den Bestimmungen mehrerer
Physiker).
Der ganze aus der Kriimmung der Erdoberflache und der Strahlen-
brechung entstehende Fehler ist also ~ - 0,1348 ^ = °'4326Z2.
&r ir r
Bei einer Entfernung von 200 Meter giebt die Formel einen Fehler
von 2,7mm, bei 150 Meter einen solchen von 1,5mm, und bei 100 Meter
ist der Fehler nur 0,68 mm, also verschwindend klein.
Das Nivellieren aus den Endpunkten ist bei der "Cberschreitung § 58.
tiefer Thaleinschnitte sehr zweckmaBig anzuwenden.
Man verfahrt dabei folgendermafien: Sind A und B die beiden Punkte,
deren Hohenunterschied ermittelt werden soil, so stellt man das Nivellier-
94 SECHSTES KAPITEL.
instrument iiber A und die Latte in B auf, mifit die Hohe der Fernrohr-
achse iiber A = / und liest an der Latte in B die Hohe = h ab. Setzt
man die Yerbesserung fur Erdkrummung und Refraktion °'4326 ' — = C,
so 1st der Hohemmterschied U = J — (h — C) = / — h -+- C.
Man begniigt sich aber nur im Notfalle mit der Aufstellung des Instru-
mentes in einem Punkte , wenn irgend moglich stellt man dasselbe auch
in B auf und miBt hier sowohl die Hohe der Fernrohrachse iiber B = i,
als auch die Lattenhohe in A = H. Der Hohenunterschied aus diesen
Werten ist gleich
U = (H - C} - i, das ist U = H - i - C.
Aus der ersten Aufstellung war U = J — h + C
giebt addiert~2 U = H — i + J — h
TT H — i 4- J — h
daraus I = - — ^— — .
Vorstehende Form el zeigt, daB durch Aufstellen auf beiden Punkten
und durch das Mittelnehmen aus beiden gefundenen Werten die Einwir-
Fig. 109. Das Nivellieren aus den Endpunkten.
kung der Refraktion und der Erdkrummung ohne weiteres ausgeschieden
wird. Hierbei wird vorausgesetzt, daB beide Visuren bei gleichartigem
Zustande der Luft gemacht werden.
Die Aufstellungspunkte A und B hat man so zu wahlen, daB beide
nahezu in gleicher Hohe liegen, weil sonst die Yisierlinie leicht zu tief
liegt und den Erdboden trifft.
Die GroBe der Entfernung zwischen A und B hangt von der Griite
des benutzten Fernrohres ab.
Die Nivellierlatte muB bei dieser Arbeit mit einer verschiebbaren
Zielscheibe versehen sein, welche man bei groBen Entfernungen nicht bios
einmal einwinkt, sondern nach einer jedesmaligen kleinen Verschiebung so
oft, bis erneute Beobachtungen den Mittelwert nicht mehr verandern.
59. Ist die Entfernung von^ undl>' (Fig. 1 10), deren Hohenunterschied ermittelt
werden soil, so groB, daB man mit einem ejnfachen Nivellement nicht aus-
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU ERFOEDEELICHEN INSTRUMENTE. 95
kommt, so reiht man mehrere einfache aneinander, wie die nebenstehende
Skizze andeutet, und erhalt dann ein zusammengesetztes Nivellement.
Die zusammengesetzten Nivellements teilt man noch ein in Langen-
nivellements, welche hauptsachlich zur Bestimmung der Hohenlage
zweier Punkte ausgefiihrt werden; zweitens in Flachennivellements,
welche die Bestimmung der Hohenlage einer netzartig iiber die Oberflache
verteilten groBeren Anzahl von Punkten zum Zweck hat, urn hiernach die
Oberflachenverhaltnisse durch Horizontalkurven darzustellen, und drittens
in Massennivellements, die nach ihrem Zweck, Massenberechnungen
fiir Erdarbeiten darauf zu griinden, benannt werden und sich aus Langen-
und Flachennivellement zusammensetzen.
Die eigentlichen markscheiderischen Aufgaben erfordern fast aus-
schlieBlich nur das Langennivellement. Flachen- und Massennivellements
kommen z. B. bei Tagebaugruben vereinzelt vor, sonst nur bei Projektionen
Fig. 110. Zusammengesetztes Nivellement.
von StraBen, Eisenbahnen ti. dgl. und bei Berechnung von Hohlraumen
und Halden.
Fig. 110 giebt ein Beispiel des zusammengesetzten Langennivellements.
Durch die Aufstellungen in den Punkten I, U, III erhalt man z. B.
fur Ruck- und Yorblick folgende Werte:
Kuckblick. Vorblick.
Dezimeter.
I. AD = 13,43
II. CF = 15,73
III. HC = 5,68
34,84
25,45
Dezimeter.
BE = 7,84
CG = 4,82
steigt von A nach B ( + ) 5,59.
steigt von B nach C ( + ) 10,91.
DJ = 12,79 fallt von C nach D (-) 7,11.
25,45
16,50 — 7,11
steigt ( + ) 9,39.
steigt 9,39.
Bezeichnet man das Steigen mit + und das Fallen mit — , so folgt
aus der algebraischen Summe der Resultate der einfachen Nivellements,
daB D' 9,39 Dezimeter hoher liegt als A. Dasselbe Resultat ergiebt sich,
wenn man die samtlichen Lattenhohen der Ruck- und Vorblicke addiert
und die kleinere Summe von der groBeren abzieht. Der sich ergebende
Unterschied ist der Hohenabstand der Endpunkte und zwar steigend,
96
SECHSTES KAPITEL.
wenn die Summe der Riickblicke groBer, und fall end, wenn die der Vor-
blicke groBer war.
Den Grund lehrt ein Blick auf die Skizze.
Man bezeichnet desbalb die Spalte des Riickblickes mit ,,Steigenu,
die des Vorblickes mit ,,Fallen".
Nachstebendes einfacbe Formular geniigt fiir den Markscheider bei
Langen- und Flachennivellements zum Eintragen der Lattenablesungen.
Zeichen.
Ruckblick
oder Steigen.
Dezin
Vorblick
oder Fallen,
icter.
Zeichen und
Bemerkungen.
Nummerstein
2,3.
1,62
0,57
1,02
1,66
7,66
40,49
32,94
43,06
42,58
37,02
bis
Nummerstein
2,8.
12,53
196,09
12,53
Fallt von 2,3 bis 2,8 = 183,56
Wenn bei Langennivellements die Hobenlage einiger Nebenpunkte
bestimmt werden soil, so wird man aus einer Aufstellung des Instrumentes
mehr als zwei Yisuren machen.
Diese Nebenblicke tragt man, wenn nicht eine besondere Spalte dafiir
eingefugt wird, in die Spalte „ Vorblick" ein und kennzeichnet sie auf
irgend eine Weise z. B. durch Einklammern, oder tragt dieselbe Ablesung
aucb in die Spalte ,,Ruckblick" ein.
Fiir beide Yerfahrungsweisen dienen die nachstehenden Beispiele.
Zeichen.
Ruckblick.
Vorblick.
Zeichen.
2,3
1,62
(25,70)
2,4 Num-
40,49
merstein
0,57
(23,64)
2,5 „
(19,64)
Briicke-f-
32,94
1,02
(30,00)
2,6 „
43,06
1,66
(31,95)
2,7 „
42,58
7,66
37,02
2,8 „
12,53
196,09
12,53
Fallt = 183,56
Zeichen.
Ruckblick.
Vorblick.
Zeichen.
2,3
1,62
25,70
2,4 Num-
25,70
40,49
merstein
0,57
23,64
2,5 „
23,64
19,64
Brucke +
19,64
32,94
1,02
30,00
2,6 „
30,00
43,06
1,66
31,95
2,7 „
31,95
42,58
7,66
37,02
2,8 „
143,46
327,02
143,46
«
Fallt = 183,56
DAS NlYELLIEREN UND DIB HIERZU ERFORDERLICHEN INSTRUMENTE. 97
Der Ausfiihrung eines Flachennivellements geht in der Regel em
Prazisions-Langennivellement voraus, welches die Hohenlage einer Anzahl
von Hauptpunkten genau bestimmt.
Alsdann wird, von jedem einzelnen dieser Hauptpunkte ausgehend,
mit einer Aufstellung des Instrumentes in der Umgebung desselben eine
dera Zwecke entsprechende Anzahl von anderweitigen Punkten nivelliert.
Das hierzu geeignete Formular ist nach obigem leicht anzufertigen.
Jedes ausgedehntere Langennivellement teilt man in kleinere Ab-
schnitte, deren Endpunkte feste Zeichen sind (bei Steinen gilt stets der
hochste Punkt) und schlieBt die Berechnung jedes einzelnen Abschnittes
fur sich ab, um bei nicht stimmender Probe nur diese kleine Strecke
wiederholen zu miissen.
Fur die Reinschrift benutzt man das nachstehende Formular:
Riickblick.
Vorblick. Differenzen
Abstand
Zeichen.
-t-
—
von der
Horizontale.
Zeichen.
Decimeter. Meter.
Meter.
2,3
1,62
25,70
2,408
2,408
2,4 Nummerstein
25,70
40,49
1,479
3,887
0,57
23,64
2,307
6,194
2,5
u. s. w.
Die beiden Spalten zum Eintragen der Differenzen von Ruck- und
Yorblick ko'nnen auch wegfallen, und es tritt zum Formular des Taschen-
buches nur die dritte Spalte, in welche die berechneten Abstande von der
Horizontalen fur die wichtigeren Punkte eingetragen werden.
Werden nur die Mittelwerte der einzelnen Abschnitte eines Nivelle-
ments eingetragen, so fallen die Spalten fur Ruck- und Vorblick weg, z. B. :
Steigen
Fallen
Abstand
Zeichen von
(+)
(-)
von der
Horizontalen.
Zeichen bis
Meter.
Meter.
Meter.
32,146
32,146
Zeichen + auf einem Grenzstein.
-f
7,213
39,359
Zeichen D auf einer Treppenstufe.
D
1,463
37,896
Stein Nr. 4.
Stein Nr. 4
3,475
34,421
Zeichen A am Schachte.
Die tTbersicht wird ungemein erleichtert, wenn alle Hohenermittelungen
eines Bezirkes oder ganzen Landes auf einen Horizont bezogen werden,
und durch BeschluB des Zentraldirektoriums der allgemeinen Landesver-
messung vom 20. Dezember 1879 ist fur PreuBen der Horizont durch den
BKATHTJHN, Markscheidekunst. 7
98 SECHSTES KAPITEL.
Nullpunkt des Amster darner Pegels als Normalnullpunkt (N. N.) vor-
geschrieben. Um den AnschluB zu erleichtern, wird ein Netz von sicheren
Hohenpunkten durch die ganze Monarchic gelegt und ist zum Teil schon
gelegt worden.
Diese Hohenpunkte sind an starken Granitpfeilern angebracht, welche
fast ausschlieBlich an Chausseen neben Nummersteinen bis zu einer gewissen
Hohe eingesenkt sind. In den herausragenden Teil des Pfeilers ist ein
eiserner Bolzen mit einem runden Kopfe eingegossen, dessen obere hori-
zontale Tangentialebene diejenige ist, auf welche sich seine Hohenzahl
bezieht (Fig. 111). Die Bolzen sincl mit laufenden Nummern versehen,
welche das Aufschlagen der Hohenzahlen in den Tabellen erleichtert.
Die Hohenzahlen sind nach Provinzen geordnet zusammengestellt von
dem Ingenieur MULLER-KOPPEN und im Buchhandel zu haben.
Da fur die meisten profilarischen Berech-
nungen und zahlenmaBigen Darstellungen die ge-
wiinschte leichte Ubersicht erst dann erreicht
wird, wenn die Normalhorizontale so gewahlt ist,
daB alle Abstande in einem Sinne iiber oder
unter der Normalhorizontale zu rechnen sind,
so ist der Horizont durch Normalnull fiir die
Fig. 111. Versteinter -p, , . , . . , . , ^
Hohenpunkt. Bergwerke nicht immer gunstig, und es ist zweck-
maBig, fiir gewisse Bezirke eine Normalhorizontale
zu wahlen, welche von N. N. einen bestimmten Abstand hat.
Fiir den Oberharzer Bergbau ist z. B. eine Normalhorizontale
600 Meter iiber N. N. angenornmen worden, unterhalb welcher samtliche
Betriebspunkte liegen.
60. Bei Anwendung der BoncHEKSschen Zielvorrichtung haben in dem
Formular die Spalten fiir den Riickblick und den Yorblick nicht wie bisher
die Bedeutung ,,Steigen" bez. ,,Fallen", sondern die umgekehrte.
Die Punkte, deren Hohenunterschiede ermittelt werden sollen, liegen
beim Gebrauch der Latte unter, beim Gebrauch der Zielvorrichtung iiber
der durch das Fernrohr gebildeten Horizontallinie.
§61. Aufstellung der Nivellierinstrumente. Das Nivellierinstrument
wird iiber Tage immer und in der Grube da, wo es die Verhaltnisse er-
lauben, auf einem Stative aufgestellt. Die beste Konstruktion der Stative
fiir den Grubengebrauch ist die, welche ein Verlangern und Yerkiirzen der
Beine gestattet.
In der Grube zwingen die engen Raume, das schwankende aus Bret-
tern bestehende Tretwerk u. dgl. oft zu anderen Hilfsmitteln Zuflucht zu
nehmen.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 99
Zunachst ist hier die einfache Spreize zu erwahnen, welche, wenn
das Niveau umnittelbar auf dieselbe gestellt werden soil, in moglichst
Fig. 112 a und b. Eiserner Aufstellungsarm nach BOUCHERS.
horizontaler Lage befestigt werden muB. Da dies aber nicht immer
leicht ausfuhrbar ist, so benutzt man einfache Flatten, welche mittels
einer Klemnivorrichtung an nicht vollig horizontalen
oder runden Spreizen in geeigneter Lage befestigt
werden.
Die horizontalen Spreizen sind jedoch fur alle
Operationen unbequem, da der Markscheider sowohl
beim Nivellieren als auch beim Winkelmessen mit
dem Theodoliten mehrmals auf beide Seiten des MeB-
instrumentes treten und zu diesem Zwecke jedesmal
die Spreize iiberschreiten oder unter derselben hin-
durchkriechen muB.
Yiel zweckmaBiger ist die Benutzung eiserner
mit Standplatten oder Tellern versehener Arme, welche
in die Grubenzimmerung oder, wenn diese nicht vor-
handen ist, in senkrechte Spreizen (Stempel) ein-
geschraubt werden.
Hierzu empfehlen sich die von BOBCHEES an-
gewendeten eisernen Arme ganz besonders.
Fig. 112 a und b zeigt einen solchen Arm in
Grund- und Seitenansicht.
Yom verstorbenen Markscheider KAWEEAU zu
Bochum ist seiner Zeit (ca. 1862) eine Spreize kon-
struiert, die namentlich in den westfalischen Stein-
kohlengruben, wo die Strecken haufig einen sehr
gleichmaBigen Querschnitt zeigen, viele Yorteile bietet
(Fig. 113).
Dieselbe besteht im wesentlichen aus zwei neben-
einander verschiebbaren und durch zwei Binge in
jeder Lage fest zu verbindenden Holzleisten, die am
Ende mit Klauen versehen sind. Die eine dieser Klauen
Fig. 113. KAWERAUSche
Spreize.
7*
100 SECHSTES KAPITEL.
kann mittels einer Schraube gegen das Gestein gedriickt in den Strecken-
stoB fest eingetrieben werden.
Um die Mitte der Spreize ist ein verschiebbarer Ring gelegt, der an
einem mehrarmigen Gelenke einen Teller zum Aufstellen des Instrumentes
tragt. Ring und Gelenke konnen, um dem Teller die zweckmaBigste Lage
zu geben, durch Schrauben in den verschiedenen Stellungen festgeklemmt
werden.
Die Spreize muB sehr stark gebaut sein, um Zittern und Schwirigungen
des Tellers zu vermeiden.
62. Genauigkeit geometrischer Nivellements. — Im Jahrgange 1879 des
Civilingenieurs, Seite 353 ff., findet sich ein Aufsatz von W. SEIBT iiber die
Genauigkeit geometrischer Nivellements, der iiber diesen Punkt die aus-
fuhrlichste Auskunft giebt.
Die Versuche, welche den Entwickelungen zu Grunde liegen, sind mit
einem Instrumente ausgefiihrt worden, dessen Fernrohr 42mm Offnung,
ein orthoskopisclies Okular mit 42facher VergroBerung, und dessen Libelle
eine Empfindlichkeit von 5,16 Sekunden hatte. Die Beobachtungen er-
folgten durch Einstellen des Horizontalstriches des Fadenkreuzes auf
die Lattenteilung und Able sen der Skala an beiden Enden der Libellen-
blase bis auf Zehnteile eines Teilstriches. Stand die Blase beim Ablesen
nicht in der Mitte der Einteilung, so erfuhr die Ablesung noch eine Kor-
rektur, die aus Zielweite und Libellenausschlag berechnet wurde. Nur
bei ruhiger klarer Luft und einem sonstigen Zustande der Atmosphare,
welche ein volliges Zurruhekommen der Libelle zulieB, ist beobachtet worden.
Wenn auch der Markscheider selten in der Lage sein wird, ein der-
artiges Instrument zu benutzen, so sind doch die von SEIBT gefundenen
Resultate vergleichsweise auch fur ihn maBgebend und dieselben folgen
deshalb hier im Auszuge.
SEEBT hat mit seinem Instrumente und seiner Beobachtungsmethode
aus 24maligem Riick- und Vorblick folgenden mittleren Fehler gefunden:
Mittlerer Fehler einer I „., , -, , ,
. „ , „.. , , I Mittlerer Fehler nach
Visierlinien in
Metern.
X7 ,,. , aer lueinoae aer Kiem-
VorblicK; zusammenge- „ , , , ,
setzten Beobachtun|. l^ten %™d™ic J"«>chnet.
Millimeter.
50
± 0,28 0,28
100
±0,62
0,60
150
±0,71
0,83
200
± 0,91
0,85
In diesem mittleren Fehler sind enthalten 1) der Zielfehler, 2) der
Libellenschatzungsfehler, 3) der Teilungsfehler der Latte, 4) der Teilungs-
DAS NlVELLIEKEN UND DIE HIEEZU ERFORDERLICHEN INSTRUMENTE. 101
fehler der Libellenskala , 5) die Refraktionsdifferenz , 6) der durch das
Schwanken der Latte bedingte Fehler, 7) der Fehler der Distanzbestimmung,
8) der Fehler der Empfindlichkeitsbestimmung.
Die Hauptfehlerquelle, gegen welche alle iibrigen verschwindend klein
erseheinen, entspringt aus dem ungenauen Ablesen der Libelle, und die
hieraus entstehenden Fehler wachsen der Zielweite proportional.
Bei einem erfahrungsmaBigen mittleren Libel lenabschatzungsfehler von
0,1 Teilstrich berechnet SEIBT den mittleren Libellenabschatzungsfehler
fiir eine Stationsbeobachtung auf eine Sekunde.
Wenn also weiter keine Fehlerquelle vorhanden ware als das ungenaue
Ablesen der Libelle, dann erhielte man die mittleren Stationsfehler fiir die
verschiedenen Zielweiten aus m — tang \" Z, wenn Z gleich der Zielweite
ist, und zwar
fur 50m 100m 150m 200m
= 0,24mm 0,48mm 0,73mm 0,97mm
Gefunden waren 0,28 „ 0,62 „ 0,71 „ 0,91 „
Die geringen Abweichungen zeigen, daB das Wachsen der mittleren
Stationsfehler proportional den Zielwerten stattfindet.
Der mittlere Fehler pro Kilometer unter Anwendung gleich langer
Zielwerten berechnet sich
Bei einer Ziel-
weite von
Bei einfachem Riick-
und Vorblick auf
Bei viermaligem Riick-
und Vorblick auf
Meter
Millimeter.
Millimeter.
50
0,95
0,47
100
1,27
0,64
150
1,39
0,69
200
1,41
0,70
Die zweite allgemeine Konferenz der europaischen Gradmessung hat
die Bestimmung getroifen, daB der wahrscheinliche Fehler des Hohen-
unterschiedes zweier urn ein Kilometer entfernter Punkte im allgemeinen
nicht 3 mm und in keinem Falle 5 mm iiberschreiten darf.
Aus Yorstehendem ergiebt sich jedoch, daB die Grenzen weit enger
gezogen werden kb'nnen, und der mittlere Einkilometerfehler wird auch
jetzt auf hochstens 2mm angenommen.
tiber die zu wahlende Zielweite sagt SEIBT:
,,In richtiger Erwagung des Erreichbaren sehen wir von der Wahl
einer ,.gunstigsten" Zielweite ganz ab und halten nur fest, daB die Ziel-
weite niemals eine bestimmte, je nach der Leistungsfahigkeit des betref-
fenden Beobachters und seines Instrumentes verschieden liegende Grenze
nicht iibersteigt. Richtig gewahlt wird die jedesmalige Zielweite dann sein,
wenn dieselbe innerhalb jener Grenze einerseits so weit ausgedehnt
102 SECHSTES KAPITEL.
wurde, wie es die Beschaffenheit der Oberflache, uber welche das Nivelle-
ment gefuhrt wird, irgend zulaBt, und auderseits soweit verklirzt wurde,
daB sich im Fernrohre kerne Spur von Luftwallungen bemerkbar macht
und die Lattenteilung sich als ein vollkommen ruhiges und aufs scharfste
begrenztes Bild dem Auge darstellt."
Fur Nivellements der allgemeinen Landesaufnahme ist jedoch seit
1879 festgesetzt, daB die Zielweite von 50 Meter nur in Notfallen (FluB-
iibergangen u. s. w.) iiberschritten werden darf.
63. Das Nivellieren in der Or rube muB bei Lampenlicht ausgefiihrt werden,
was aber durchaus nicht mit Nachteilen verbunden ist, da die helle Be-
leuchtung der Latten bei maBiger Entfernung ein genaues Ablesen ge-
stattet und bei groBeren Entfernungen das Einstellen der Lichtsignale der
BonCHEESschen Zielvorrichtung mit groBer Scharfe erfolgen kann, auBerdem
die Luftbeschaffenheit meist sehr gleichmaBig ist.
Das Fadenkreuz des Fern-
rohres muB beleuchtet werden da-
durch, daB durch einen sogenann-
ten Illuminator Licht in das Fern-
rohr geworfen wird. Die Figuren
114a und b zeigen die Formen der-
selben, welche aus Metall oder
Fig. 114a u. b. Illummatoren zur Beleuchtung , .
des Fadenkreuzes. aucn au§ Rartenpapier hergestellt
werden konnen.
Die Beleuchtung des Fadenkreuzes erfordert nur wenig Licht ; es darf
also das elliptische Loch des einen Illuminators nicht zu klein oder die
kleine Ellipse des anderen nicht zu groB genommen werden.
64. Andere Hilfsmittel zum Nivellieren. - - Ein schon sehr altes, aber
unter Umstanden immer noch anwendbares Hilfsmittel zum Hohenbe-
stimmen sind die Abwagestabe. In ihrer einfachsten Form sind es
mit eisernen Schuhen versehene tannene, 1,5 Meter lange Stabe,
welche mit einer Einteilung und, mit einem Lot zum Priifen des senk-
rechten Standes versehen sind. Steckt man an dem einen Stabe auf. dem
Punkte A in bestimmter Hohe eine Schnur an und spannt dieselbe hori-
zontal bis zum zweiten Stabe auf B, so kann man an der Einteilung des-
selben leicht ablesen, ob Punkt B hoher oder tiefer liegt als A. Hieraus
ergiebt sich von selbst, daB mit diesen Staben nivelliert werden kann und
bei immer gleich langer Schnur auch Punkte in einem ganz bestimmten
gleichmaBigen Ansteigen oder Fallen gefunden werden konnen.
Eine Verbesserung des Apparates wird man durch kleine oben auf
die Stabe geschraubte Dosenlibellen und durch verstellbare, mit PreB-
schrauben versehene kleine Rahmen erreichen, welche eine Yorrichtung
DAS NlYELLIEBEN TJND DIE HIEBZU EREOBDERLICHEN INSTEUMENTE. 103
zum Einhangen der Schnur und eine diesen Einhangepunkt entsprechenden
Index besitzen. (Fig. 115.)
Die horizontale Lage der Schnur wird mit dem Gradbogen, viel zweck-
maBiger aber mit der Hangelibelle hergestellt werden.
-A
-B
Fig. 115. Nivellieren mittels der Abwagestabe.
Die Hangelibelle ist eine schon beschriebene Rohrenlibelle, welche
an den Enden mit Haken zum Aufhangen an einer gespannten Schnur
versehen ist.
Die Hangelibelle wird in gleicher Weise durch Umhangen an einer
Schnur oder einem Draht von gleichmaBiger Starke gepriift, und wenn die
— 1
Fig. 116. Hangelibelle. .
vorher richtig stehende Blase nach dem Umhangen ausschlagt, so wird
die Halfte des Fehlers an der Justiervorrichtung der Libelle, die andere
Halfte an der Neigung der Schnur verbessert.
Selbstverstandlich muB beim Gebrauch die Hangelibelle stets in der
Mitte der Schnur angehangt werden.
104 SECHSTES KAPITEL.
65. Die Spiegel ruhig stehender Gewasser sind bei ausgedehnten Nivelle-
ments willkommene Hilfsmittel ; in Gruben konnen Sumpfstrecken den-
selben Yorteil gewahren.
So wurde z. B. im Jahre 1852 von BOUCHERS die ca. 2000 Meter
lange Wasserstrecke zwischen den Schachten Lorenz und Silbersegen zu
einem Mvellement benutzt.
Samtliche Ab- und Zugange wurden an dem Tage beseitigt, so daB
der Wasserspiegel in der Strecke als horizontal stehend angenommen werden
konnte. In bestimmten Zeitabschnitten wurde an beiden Endpunkten vom
Wasserspiegel nach den AnschluBzeichen in der Streckenfirste gemessen
und aus sieben gleichzeitigen Beobachtungen ein Hohenunterschied zwischen
den beiden Zeichen von 0,433 Meter gefunden.
Ein doppeltes Mvellement unter Anwendung der Zielvorrichtung ergab
im Mittel 0,432 Meter.
66. In der osterreichischen Zeitschrift fur Berg- u. Huttenw. 1877, Seite455
ist ein Yerfahren des Dr. LUIGI AITA angegeben, mittels kommunizierender
Rohren den Vertikalabstand zweier Punkte zu ermitteln.
Die Yorrichtung besteht aus zwei, mit metrischer Einteilung versehenen
MeBlatten; vor jeder dieser Latten ist eine 20 cm lange, 2 cm im Durch-
messer haltende Glasrohre mit Hilfe von Metallbandern auf und ab be-
weglich. Die zwei Glasrohren sind mit einem beliebig langen Kautschuk-
schlauch verbunden und dadurch die kommunizierenden Rohren hergestellt.
An einem Ende des Kautschukschlauches ist ein gut schlieBender
Zapfen angebracht, mit Hilfe dessen die Verbindung zwischen den beiden
Glasrohren unterbrochen werden kann.
Zum Gebrauch wird die eine Glasrohre nebst Kautschukschlauch mit
einer farbigen Flussigkeit gefiillt, die Latten werden an den beiden abzu-
wagenden Punkten aufgestellt und die Glasrohren bei unterbrochener Yer-
bindung nach dem AugenmaBe gleich hoch geschoben. Alsdann offnet
man vorsichtig den Zapfen, die Flussigkeit wird in beiden Glasrohren gleich
hoch stehen, und man kann den Stand derselben an beiden Latten ablesen.
In sehr engen und krummen, zum Teil verbrochenen Strecken kann
diese Yorrichtung groBe Yorteile darbieten.
67. Das trigoiionietrische Hohenmessen in der Grube. - - Zum trigono-
metrischen Hohenmessen wendet der Markscheider den Gradbogen, das
Setzniveau und den Theodoliten an.
Der Gebrauch des Gradbogens ist bereits beschrieben.
Das Setzniveau mit Latte kann unter Umstanden z. B. in nie-
drigen, steil einfallenden Strecken von Nutzen sein. Dasselbe ist be-
schrieben in WEISBACHS neuer Markscheidekunst II, S. 8.
DAS NlVELLIEREN UND DIE HIEEZU ERFORDERLICHEN INSTRUMENTS. 105
Das Setzniveau besteht aus einem Lineale mit einem darauf befestigten
Quadranten, aus einer um den Mittelpunkt des letzteren drehbaren Eegel
mit Nonius, PreB- und Stellschraube und aus einer Rohrenlibelle, welche
an der Regel festsitzt.
Man stellt beim Gebrauch das Setzniveau auf eine MeBlatte und dreht
die Regel, bis die Libelle einspielt. Der Nonius giebt dann den gesuchten
Neigungswinkel der Latte unmittelbar an.
Ein solches Instrument ist vor allem darauf zu priifen, ob der Nonius
auf Null zeigt, wenn es auf einer horizontalen Ebene steht.
Zu diesem Zwecke stellt man das Niveau mit dem Nonius der Regel
auf Null auf die Latte und hebt das eine Ende der Latte durch unter-
Fig. 117. Setzniveau.
geschobene Keile so lange, bis die Blase genau einspielt, alsdann setzt
man das Instrument um. Schlagt die Blase aus, so bringt man durch die
Stellschraube am Nonius die Libelle wieder zum Einspielen und dann zeigt
der Nonius der Regel den doppelten Index- oder Kollimationsfehler. Zur
Beseitigung desselben stellt man den Nullpunkt der Regel auf den Punkt,
welcher um den einfachen Fehler vom Nullpunkt des Teilkreises absteht,
und bringt die Libelle durch die Justierschraube zum Einspielen. Das
Verfahren ist zu wiederholen.
Man kann iibrigens, wenn man den ermittelten Indexfehler in Bfech-
nung zieht, auch mit einem nicht justierten Setzniveau richtig arbeiten.
Die Richtigkeit der Arbeit mit dem Setzniveau hangt auch noch von
der Setzlatte ab. Man fertigt dieselbe aus zwei einfachen, im Querschnitt
ein umgehrtes T bildenden Latten und versieht sie mit zwei kleinen stah-
lernen FuBplatten oder Querschienen NNFig. 118 zum Aufsetzen des Niveaus,
von denen die eine mit einer Vorrichtung zum Heben und Senken versehen ist.
106
SECHSTES KAPITEL.
Die durch die Oberflache der Querschienen gebildete Lime muB parallel
derjenigen Linie sein, welche durch die beiden Auflegepunkte der Latte geht.
Fig. 118. Die Setzlatte.
Die Priifung geschieht folgendermafien: Man stellt das berichtigte
Niveau mit auf Null gestelltem Nonius der Regel auf die Latte und bringt
durch Heben oder Senken des einen Lattenendes die Blase zum Einspielen.
Alsdann hebt man die Latte ab, legt sie mit verwechselten Stiitzpunkten
wieder auf und sieht nach, ob die Luftblase des unverandert gelassenen,
wieder aufgestellten Setzniveaus einspielt. Findet letzteres nicht statt, so
ist die eine Halfte des Ausschlages an der justierbaren Querschiene, die
andere Halfte am Lattenende zu beseitigen.
Die Enden dieser Latten miissen sich genau aneinander stoBen lassen,
deshalb sind die Enden mit zugescharften Schuhen aus Stahl bekleidet und
durch jeden dieser Schuhe ist ein Loch gebohrt, durch welche Bohrer
oder Holzschrauben gesteckt werden,
zur Befestigung der Latte auf der
Unterlage.
Bei unebener Sohle ist jede Setz-
latte durch untergelegte Holzstiicke
zu unterstutzen und so lange festzu-
halten, bis die folgende an sie heran-
geschoben ist.
Bei Anwendung des Setzniveaus
muB die Ebene des Instrumentes
senkrecht sein. Da diese Lage nur
von den verhaltnismaBig schmalen
Grundflachen der Latte abhangt, so ist mit moglichster Sorgfalt zu verfahren.
^Stellt in Fig. 119 MA die geneigte Latte, MCA eine Vertikalebene,
MBA eine urn d gegen vorige geneigte Ebene, MC und MB die Libelle
in horizontaler Linie, so ist in dem spharischen Dreieck ABC, AC = a,
dem richtigen und AB = a, dem falschen Neigungswinkel der Latte.
Es ist cos d = cotg a^ . tg a daraus tg a^ = ^^ .
Ist a = 45° und S = 2°, so ist a = 45° 1' 2".
„ tt = 45° „ ^=3°, „ „ ^ = 450 2' 21".
Fig. 119. Schiefe Stellung des Setzniveaus.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 107
Setzt man
gleich dem Fehler, dann 1st:
daraus
al = a -f- cp, worn
tg(« + o>) - -^ ,
^' COsd 1 - tga tgqp'
(tg « + tg (jp) cos £ = tg a — tg «2 tg (f, oder
tg 90 cos § + tg «2 tg qr = tg « — tg a cos £,
tg (f (cos J + tg2 a) = tg a (1 — cos #),
daraus
COS 5 + tg
Da § ein sehr kleiner Winkel 1st, so kann man ohne einen groBen
Fehler zu begehen? cos d — 1 setzen, 1 + tg2 a 1st aber gleich
eingesetzt, giebt:
COS
dies
tg
= 2sin« cos a sin2 ~ = sin 2 # sin2 — .
Aus der Formel folgt, dafi der Fehler bei 45 Grad Neigung am groBten
1st, wird die Neigung a = 90° oder = 0, so ist der Fehler gleich Null.
Es werden immer zwei gleich lange Latten angewendet. Die Be-
rechnung der Seigerteufen gestaltet sich sehr einfach, wenn man Tabellen
besitzt, aus denen die trigonometrischen Zahlen selbst entnommen werden
konnen. Die Seigerteufe zwischen den beiden Endpunkten ist:
T = /(sin a + sin ce1 + sin «2 -f sin «3 + ..... ).
Mit der Seigerteufenbestimmung sind zugleich auch die Unterlagen
zur Berechnung der sohligen Entfernung L der beiden Endpunkte gegeben:
L = /(cos a + cos ce1 + cos «2 = cos
Der Theodolit, dessen Konstruktion erst spater beschrieben wird, kann § 68.
zum trigonometrischen Hohenmessen benutzt werden, wenn. er einen Hohen-
Fig. 120.
kreis besitzt, und zwar geschieht dies meist nur da, wo der Theodolit
gleichzeitig zum Messen der Horizontalwinkel gebraucht wird.
Mit Hilfe des Hohenkreises werden die Neigungen cel9 av as, a± Fig. 120
der Yisierlinien gf, gh, ih und il gemessen und aus diesen Winkeln und aus
den Langen der Visierlinien, bez. deren Sohlen, lassen sich die Seigerteufen
fo,-hm, hn, kl berechnen.
108
SECHSTES KAPITEL.
Man hat nicht notig, auf alien Aufstellungspunkten A, C, D, E und B,
sondern nur an den abwechselnden Stationen C und E die Hohenwinkel
zu beobachten und kann als Zielobjekt entweder die gewohnlichen Signale,
oder, wenn die Winkelpuncte in der Firste fixiert sind , die BoECHEESsche,
beim geometrischen Nivellement beschriebene Zielvorrichtung gebrauchen.
Dieselbe wird hierbei immer auf einen bestimmten Teilstrich des Hange-
stabes eingestellt.
Man kann auch auf alien Standpunkten des Theodoliten die Hohen-
winkel beobachten und erhalt so fur die Seigerteufen zwei Werte, aus
denen das Mittel genommen wird.
In diesem Falle werden Signale benutzt, deren Zielpunkte in gleicher
Hohe mit der Drehachse des Fernrohrs sich befinden, sodaB sowohl in C
Fig. 121.
als in D derselbe Neigungswinkel #2 beobachtet wird und zwar in C als
Elevations- und in D als Depressionswinkel. Fig. 121.
Diese Signale haben an ihren Untersatzen gleichwie die des Theodo-
liten eine Hohlkehle, urn welche die Schnur so geschlungen werden kann,
daB sie parallel der Visierlinie und derselben gleich an Lange ist. An
dieser Schnur wird die Lange der Stationslinie ermittelt.
Die Aufstellungsuntersatze der Signale und des Theodoliten miissen
hinreichend fest sein, um dem Zuge, welcher durch das Straffspannen der
Schnur auf sie ausgeiibt wird, widerstehen zu konnen. Man befestigt die-
selben deshalb mit Vorliebe an horizontal geschlagenen starken Spreizen.
Sind die Stationslinien zu lang, so wird ihre Lange stiickweise mit
Benutzung des Gradbogens gemessen, die Sohle der ganzen Visierlinie be-
rechnet und aus ihr und derTangente des Neigungswinkels die Seigerteufe.
Der zum trigonometrischen Hohenrnessen benutzte Theodolit muB ent-
weder vom Indexfehler befreit. sein, oder man muB dessen GroBe kennen
(vergl. § 95). Fur alle Falle ist anzuraten, den AVinkel in beiden Lagen
des Fernrohres zu messen.
Genaue Hohenermittelungen wird man nur im Notfall durch trigono-
metrisches, wo inoglich stets durch geometrisches Nivellement bestimmen,
da die Resultate des letzteren zuverlassiger sind.
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. 109
Das Messen von Schachttiefen. Mit markscheiderischenNivellements § 69.
ist haufig ein Messen von Schachttiefen verbunden.
Man unterscheidet zwei verschiedene Arten dieser Messung: eine
mittelbare und eine un-
mittelbare.
Entweder wird in den
Schacht ein mit Gewichten
beschwerter Draht, bez. das
Forderseil mit Korb herab-
gelassen und durch Anlegen
von Staben die Lange des
Drahtes, bez. des Seiles beim
Aufholen und beim Ein-
lassen gemessen, oder es
wird durch Anlegen von
Staben, MeBketten und MeB-
bandern an die Zimmerung
des Schachtes die Tiefe
desselben unmittelbar ge-
messen.
Bei beidenV erfahrungs-
weisen sind gute Resultate
erzielt worden, der Natur
der Sache nach ist aber
die unmittelbar e Messung
zuverlassiger , wenn auch
beschwerlicher und zeitrau-
bender als die mittelbare.
Wenn von dem Schachte mehrere Fordersohlen abgehen, in denen
Sohlenzeichen festgelegt werden miissen, so ist die unmittelbare Messung
unbedingt vorzuziehen.
Der Anfangs- und Endpunkt der Messung muB leicht mit dem Tage-,
bez. Grubennivellement in Verbindung zu bringen sein.
Das Messen mit Hilfe eines Drahtes geschieht allgemein in folgender
Weise: Yon einer Kurbel oder einem kleinen Haspel mit Sperrvorrichtung,
in passender Entfernung vom Schachte aufgestellt, wird der Draht (Klavier-
saitendraht bis 1 mm Durchmesser) abgewickelt und iiber eine leicht be-
wegliche Scheibe oder Rolle gelegt, die oberhalb der Schachtoffnung so
angebracht ist, daB der durch ein Gewicht (5 — 15 kgr) beschwerte Draht
ungehindert bis zur Sohle des Schachtes sinken kann. Anfangs- und End-
punkt sind durch angebundene Faden zu bezeichnen.
Man miBt die Tiefe beim Aufholen und Einlassen des Drahtes und
zwar am bequemsten am horizontalen Teile desselben zwischen Leitrolle
und Kurbel. Der Draht ist durch das Gewicht stets straff genug gespannt
Fig. 122. Mittelbares Messen von Schachttiefen,
110 SECHSTES KAPITEL.
und kann parallel clem befestigten oder doch nur in engen Grenzen ver-
schiebbaren MeBstabe durch die Kurbel bewegt werden.
Die Ausdehnung des Drahtes durch das eigene und das Lotgewicht
bat keinen schadlichen EinfluB auf die Ricbtigkeit der Messung, weil der
Draht in seinem gedebnten Zustande gemessen wird.
Das Bezeicbnen des jedesmaligen Endes von dem vier bis fiinf Meter
langen MeBstabe erfolgt durch angebundene Zwirnsfaden, nachdem vorher
erforderlichenfalls der Draht durch einen leisen Feilstrich rauh gemacht
worden ist.
Auf diese Weise hat Professor CHEISMAE in Schemnitz eine Tiefe von
200 m in einer Stunde bis auf 13J00 der geinessenen Lange genau ermittelt.
Ortliche Verhaltnisse konnen dahin wirken, daB der MeBstab an den
senkrechten Teil des Drahtes angelegt werden muB. Die Ausfuhrung der
Messung ist etwas unbequemer, aber der vorigen sonst ahnlich.
Statt des Drahtes laBt sich auch das Forderseil benutzen, an welches
die MeBstabe oberhalb der Schachtoffnung unmittelbar angelegt werden.
BOBCHEKS hat ein und denselben Schacht einmal am Draht und ein-
mal am Forderseile gemessen und 259,081 m bezw. 259,090 m erhalten.
Der Markscheider RAZCZKIEWITZ (Osterr. Zeitschrift 1873, Seite 210)
leitet aus der Anzahl der Umdrehungen der liber dem Schachte ange-
brachten Leitrolle oder Scheibe von etwa 0,3 m Durchmesser die Tiefe
des Schachtes ab, nachdem der Umfang dieser senkrecht aufgestellten
Scheibe durch mehrere Yersuche moglichst genau bestimmt worden war.
Eine am Forderseil gemessene Schachttiefe von 21,763 Klaftern wurde
auf diese Weise zweimal ermittelt und 21,762° bez. 21,764° gefunden.
Der Professor VIEKTEL (Civilingenieur 1878, Seite 604) bediente sich
einer solchen MeBscheibe, dessen gut abgedrehte und in lOOTeile geteilte
Peripherie = 1,1748 m gefunden und dessen Achse mit einem Zahlwerke
verbunden war.
Derselbe hat mit Hilfe dieses MeBrades selbst bei groBen Tiefen sehr
befriedigende Resultate erhalten.
Trotzdem ist es nicht ratsam, bei wichtigen Angaben sich auf diesen
Apparat allein zu verlassen.
70. Zum unmittelbaren Schachtmessen verwendet man eiserne Feldmesser-
ketten, stahlerne Messbander und besonders hierzu konstruierte MaBgestange.
Die zum Schachtmessen zu gebrauchende Feldmesserkette muB vorher
auf einer ebenen Unterlage gerade ausgespannt und die Lange zwischen
der inneren Peripherie der beiden Endringe genau ermittelt werden.
Die Kette wird an einer passenden Stelle eingelassen und mit dem oberen
Ringe an einem Nagel aufgehangt. Dieselbe darf nirgends seitlich an-
liegen, sondern muB durch das eigene Gewicht vollkommen senkrecht
hangen. Hindernde Gegenstande, z. B. Biilmen, sind vorher zu entfernen
oder zu durchbohren. Innerhalb des unteren Ringes der Kette wird ein
DAS NlVELLIEEEN UND DIE HIEEZU EEFOEDEELICHEN INSTEUMENTE. Ill
z welter Nagel so eingeschlagen, da8 derselbe an der inneren Peripherie
des Ringes hart anliegt. Darauf wird die Kette abgenommen , der obere
Ring an den zweiten Nagel gehangt und verfahren wie das erste Mai.
Diese auf solche Weise gefundene Tiefe ist noch um die mitgemesse-
nen Nagelstarken zu vermindern. Es sind deshalb runde Nagel von ganz
gleichmaBigem Durchmesser zu verwenden.
Zuweilen ist es nicht moglich, den Schacht in einer Lime zu messen.
Man wird in diesem Falle absetzen, d. h. den Endpunkt einer Ketten-
lange mittelst der Hangelibelle oder des Gradbogens nach einem giinstiger
gelegenen Punkte tibertragen und von da weiter messen.
Das Messen der Schachte mit dem StahlmeBbande geschieht auf
ahnliche Weise wie mit der Kette.
Die Lange des Bandes ist vor der Messung bei einer bestimmten Tem-
peratur und bei einer bestimmten, event, durch eine Federwage zu messen-
den Spannung genau zu ermitteln.
Bei der Operation des Messens ist die gleichmaBige Spannung durch
ein angehangtes G-ewicht herzustellen , auBerdem ist die Einwirkung der
Temperatur auf die Lange des Bandes zu beriicksichtigen. (Ausdehnungs-
coefficient fur Stahl auf 1° Celsius = 0,000012.)
Der Markscheider GEAFE hat die Messung an der Schachtleitung des
Forderkorbes mit dem MeBbande auf folgende Weise ausgefiihrt (Berg-
und Huttenmannische Zeitung 1883, Nr. 1):
In angemessener Hohe liber dem Schutzdache des Forderkorbes ist
ein Stuhl mit Schienen und Laschen derartig am Forderseil befestigt, daB
ein Arbeiter gefahrlos darin sitzen und das obere Ende des MeBbandes
an die Leitung anlegen kann.
Auf dem Schutzdache steht der Markscheider, welcher das untere
Ende des MeBbandes fiihrt, und ein zweiter Arbeiter, dem obliegt, die
Zeichen zum Aufholen und Niederlassen des Korbes zu geben.
Auf diese Weise ist, nachdem alle Yorbereitungen getroffen waren,
ein Schacht in der Zeit von sechs Stunden dreimal gemessen worden, wo-
bei sich folgende Resultate ergaben:
Erste Messung 334,757 m
Zweite . „ 334,758 „
Dritte „ 334,758 „
Hierbei muBten auBerdem noch die Hohe von acht iibereinander im
Schachte liegender Sohlenzeichen bestimmt werden.
In fast ebenso kurzer Zeit wurde ein zweiter Schacht viermal gemessen
und dabei die Hohe von sieben im Schachte liegenden Sohlenzeichen er-
mittelt. • Die Resultate waren:
Erste Messung 353,715m
Zweite „ 353,713 „
Dritte „ 353,717 „
Yierte „ 353,714 „
112
SECHSTES KAPITEL.
In solchen Schachten, deren Ausbau es gestattet, ist vielfach die Mes-
sung mit dem Stahlbande an der Leitung entlang vom Fahrtrum aus mit
gutem Erfolge und schnell ausgefuhrt worden.
Ein ausgezeichnetes Hilfsmittel zuin unmittelbaren Messen von Schacbt-
tiefen ist das von BORCHERS konstruierte MaBgestange.
Dasselbe ist ausfuhrlich beschrieben im § 25 ff. von BOKCHERS' ,,prakti-
sche Markscheidekunst", welchem Buche das Folgende entnommen ist.
Fig. 123. Ma%estange
von BORCHERS.
Fig. 124 u. 125.
Das MaBgestange bestebt aus einer Anzahl von runden Staben aus
fStahldrabt von 4 — 6 mm Durcbmesser und von genau 1 — 4 m Lange.
Die Enden sind mit Schraubengewinden versehen und lassen sich mittels
kleiner messingener Scbraubenmuffen verbinden. Auf diese Weise kann
.ein MaBgestange von beliebiger Lange hergestellt werden. Die geraden
Endflachen der einzelnen Stabe miissen genau recbtwinkelig zur Langen-
acbse stehen und die Muifen sind an zwei gegeniiberstehenden Seiten so-
weit ausgefeilt, daB man das ZusammenstoBen der Endflacben zweier Stabe
seben kann. Der erste Stab ist mit einem Haken versehen, von dessen in-
nerer Peripberie die Zahlung beginnt.
Vor Beginn der Messung sind eine oder bei notwendigeni Absetzen
mebrere senkrechte Offnungen zu schaifen , durcb welche das Gestange
.ungehindert seiger gefiihrt werden ka,nn.
DAS NlVELLIEREN UND DIE HEERZTJ ERFORDERLICHEN INSTRUMENTS. 113
Die Aufhangepunkte des Gestanges wird man so bequem wie moglich
wahlen, also stets nahe iiber einer Buhne, und so herstellen, wie die Figuren
124 und 125 zeigen, aus denen zugleich zu ersehen ist, wie etwaige Rest-
stiicke gemessen werden.
Fig. 126. Das Messen tonnlagiger Schachte mittels des
BoRCHERSschen Mafigestanges.
Von groBerer Wichtigkeit noch ist das Gestange beim Messen tonn-
lagiger Schachte.
Das hierbei wegen des haufigeren Absetzens notwendige Verlangern
und Verkiirzen des Gestanges kann leicht durch An- und Abschrauben der
einzelnen Stabe und durch Einschalten kiirzerer Stiicke erreicht werden.
BRATHUHN, Markscheidekunst. 8
114 SIEBENTES KAPITEL.
Das Verfahren 1st aus Fig. 126 zu ersehen. Bei Benutzung des MaBgestanges
ist die Einwirkung der Temperatur ebenfalls zu berucksichtigen.
Bei Seigerteufenbestimmungen, welche durch Firstenbaue oder ahnliche
Grubenraume gefuhrt werden miissen, kann die mannigfaltigste Yerbindung
aller Arten von Hohenermittelungen notwendig werden.
Siebentes Kapitol.
Der Theodolit.
72. Die ersten Versuche, den Theodolit en als Markscheiderapparat einzu-
fuhren, sind schon am Ende des vorigen Jahrhunderts gemacht worden,
ohne allgemeine Nachahmung zu finden.
In Deutschland wurde im Jahre 1835 der erste Grubenzug mit dem
Theodoliten vom Markscheider PEEDIGEE zur Angabe von Gegenortern in
dem ca. 2000 m langen Ensdorfer Stolln der Steinkohlenzeche ,,Kronprinz"
bei Saarlouis ausgefiihrt.
Im Jahre , 1851 hatte das Instrument schon eine allgemeinere Yer-
breitung gefunden, wie namentlich aus den Aufsatzen in den Nummern
14. 25. 28. 39 u. 40 von Band XI Y der damals in Eisleben erscheinenden
Fachzeitschrift ,,Der Bergwerksfreund" hervorgeht.
Gegenwartig ist der Theodolit fur alle Markscheider das wichtigste
WinkelmeBinstrument. Die GroBe und Form der Theodoliten ist sehr ver-
schieden. Hier sollen nur drei Konstruktionen beriicksichtigt werden, welche
vorziiglich bei den Markscheidern im Gebrauch sind.
Der Preis des Theodoliten ist bedeutend, so daB wenige Markscheider
in der Lage sein diirften, sich mehrere in verschiedenen GroBen anzu-
schaffen, es ist deswegen ratsam, beim Ankauf einem derartig konstruierten
Theodoliten den Vorzug zu geben, welcher imstande ist, alien an den
Markscheider herantretenden Anforderungen Geniige zu leisten.
Namentlich muB derselbe eine angemessene GroBe besitzen, damit er
sowohl bei Ausfuhrung von Triangulierungsarbeiten hinreichend genaue
Kesultate liefert, als auch in der Grube bei alien Arbeiten verwendbar ist.
Sodann sind bei Anfertigung desselben alle Metalle zu vermeiden, welche
ablenkend auf die Magnetnadel wirken, dainit je nach Bedurfnis eine
Orientirungsbussole oder ein Magnetstab mit Kollimatorablesung verbunden
werden kann. Selbstverstandlich muB derselbe mit den vollkommensten
Justiervorrichtungen versehen sein.
73. Yon einem solchen Normaltheodoliten fur den Markscheider giebt
Fig. 127 eine schematische Skizze des senkrechten Schnittes. Eine per-
spektivische Ansicht ist absichtlich weggelassen.
Wir unterscheiden an dem Theodoliten folgende Hauptteile: den FuB
DEE THEODOLIT.
115
F, den Hauptkreis K, den Noniuskreis oder die Alhidade A mit den
Fernrohrtragern TT ', das Fernrohr R, die Rohrenlibelle L und den
Hohenkreis H.
Fig. 127. Durchschnitt des Theodoliten.
116 SIEBENTES KAPITEL.
Der FuB ist der gewohnliche DreifuB, wie er schon bei dem Nivellier-
instrumente beschrieben wurde. Das Kugelgelenk wird jetzt mit dem Theo-
doliten fast niemals mehr verbunden.
Da beim Aufstellen des Theodoliten bald Stellschrauben mit Spitzen,
bald solche mit Unterlegeplatten erforderlich sind, so muB man beide be-
sitzen, um nach Bediirfnis mit ihnen wechseln zu konnen.
Am zweckmaBigsten sind
beide Schrauben so einzu-
richten, daB sie sich von
unten in den Arm des Drei-
fuBes einschrauben lassen.
L. ? Fig. 128.
Das Mittelstiick des Drei-
ist ^'
u
Fig. 128. FuCschraubenamTheoom
gehohlt. Am unteren Encle
ist dasselbe mit einem inneren und einem auBeren Gewinde versehen.
Das innere Gewinde dient zur Aufnahme des Zentrierstiftes C (vergl.
§ 99), der seinerseits wieder den spater zu erwahnenden Gegen-
gewichtsfedern zum Stiitzpunkt dient, das auBere Gewinde dient zur Auf-
nahme der Zentralschraube, welche in bekannter Weise mittels einer Spiral-
feder die Verbindung mit dem Stativkopfe oder einer anderen Unterlage
bewirkt.
Statt der Zentralschraube kann auf das auBere Gewinde auch ein
kugelformig abgerundetes Stiick geschraubt werden, wenn der Theodolit
fur die Freiberger Aufstellung (§ 106) brauchbar gemacht werden soil.
In der Biichse des DreifuBes steckt zunachst die Achse des Hauptkreises K
(in der Fig. 127 schraffiert), welche ihrerseits wieder die Achse der Alhi-
dade aufnimmt. Beide Achsen, deren Mittellinien zusammenfallen sollen,
sind in der Mitte cylindrisch, oben und unten dagegen kegelformig, aber
mit verschiedener Neigung der Seitenlinien.
Die Gewichte des Hauptkreises und der Alhidade sind durch Federn,
welche gegen die Achsenenden wirken, etwas ausgeglichen.
Haufig findet man auch gleichmaBig kegelforrnige Achsen ohne Feder-
ausgleichung ihrer Gewichte.
Der Hauptkreis, dessen Form aus dem Querschnitt Fig. 127 hervor-
geht, ist auf dem erhohten Rande mit einem Streifen Feinsilber belegt,
auf welchem die Teilung angebracht ist. Dieselbe ist bis auf l/3 Grad
ausgefiihrt. Die Flache der Teilung liegt des bequemeren Ablesens wegen
in einer dem Auge zugeneigten Flache. Der innere Durchmesser des ein-
geteilten Kreises ist 13 cm.
Die Alhidade A A, deren Form ebenfalls aus dem Querschnitt hervor-
geht, greift iiber die Teilung des Hauptkreises hinaus und schiitzt diesen
empfindlichen Teil des Instrumentes.
Der Hauptkreis und die Alhidade konnen selbstandig um ihre Achsen
DER THEODOLIT. 117
gedreht und mittels Klemmschrauben und Mikrometerwerk in jede belie-
bige Stellung gebracht werden. Diese genannten Vorrichtungen sind in
der Figur weggelassen, da ihre Einrichtung und Wirkungsweise am besten
an dem Instruments selbst gezeigt und erlautert wird.
Man kann demnach bei festgeklemmtem Hauptkreis und geloster Al-
hidade diese allein und bei festgeklemmter Alhidade und gelostem Haupt-
kreis letzteren zugleich mit der Alhidade drehen.
Ein Theodolit, welcher diese Einrichtung besitzt, wird ein Repetitions-
theodolit genannt; derjenige, welcher nicht damit versehen ist, heiBt em
einfacher Theodolit.
Der Markscheider kann nur einen Repetitionstheodoliten gebrauchen,
weil unter Umstanden nur mit einem derartigen Instrumente in der Grub e
Vermessungen ausgefuhrt werden konnen.
In engen Grubenstrecken ist es namlich nicht immer moglich, dem
Kopf eine solche Stellung zu geben, welche zum Ablesen der beiden Nonien
erforderlich ist. Man dreht in diesem Falle die Alhidade und den Haupt-
kreis mit der Klemmschraube verbunden um die Achse des letzteren in
eine fur das Ablesen der Nonien bequemere Stellung und richtet danach,
wenn der Winkel repetiert werden soil, das Fadenkreuz des Fernrohres
mittels des Mikrometerwerkes am Hauptkreise wieder auf das rechts
liegende Objekt.
An der inneren Seite der Alhidade sind an kleinen angeschraubten § 74,
Flatten NN (Fig. 127) die Nonien angebracht, welche mit dem Limbus
eine gleiche Neigung haben, aber mit demselben nicht genau in einer
Ebene, sondern ein wenig tiefer liegen. Fur die Nonien ist der Alhidaden-
mantel an zwei, bez. vier Stellen durchbrochen und mit Planglasern ver-
deckt. Dieselben stehen sich meistens diametral gegenliber und befinden
sich, wenn deren zwei vorhanden sind, am zweckmaBigsten in der Richtung
der Fernrohrdrehachse.
Wird der Theodolit aber mit eingelegtem exzentrischen Fernrohre
gebraucht, so ist die weit hervorragende Achse, sowie das Fernrohr selbst
dem Ablesen sehr hinderlich, und die zweckmaBigste Stellung der Nonien
ist fur diesen Fall eine solche, welche gegen die erste um 90 Grad
gedreht ist.
Mit dieser Stellung ist beim Gebrauch des zentrischen Rohres wieder
der Nachteil verbunden, daB man das Fernrohr jedesmal vor dem Ablesen
senkrecht stellen mufi. — Will man diese Unbequemlichkeit vermeiden,
so sind vier Nonien an der Alhidade anzubringen.
Zum Ablesen der Nonien sind zwei Lupen angebracht, welche an
einem um den unteren Teil der Fernrohrtrager drehbaren Ringe festsitzen
und fur den Fall, daB die Alhidade mit vier Nonien versehen ist, sowohl fiir
das eine als das andere Nonienpaar nach Belieben benutzt werden konnen.
118
SIEBENTES KAPITEL.
Die Nonien sind mit Blenden aus Milchglas, aus Elfenbein oder aus
gewb'hnlichem weiBen Papier versehen.
Die papiernen Blenden sind die billigsten und die praktischsten; sie lassen
sich leicht erneuern, beleuchten die Nonien auch in der Grube hinreichend,
sind der Bewegung der Lupen, wie haufig die aus starrem Glas oder
Elfenbein, niemals hinderlich, und schlieBlich konnen kleine Yerbesserungen
der Stellungen ohne Drehung des Blendengestelles durch ein geringes
Verbiegen des Papiers schnell herbeigefiihrt werden.
75. Mit der Alhidade sind die Fernrohrtrager TT (Fig. 127) fest ver-
bunden, von denen einer die Vorrichtung zum Heben und Senken des
Achsenlagers besitzt.
Von einigen mechanischen Werkstatten werden an den Fernrohrtragern
der Markscheidertheodoliten eine oder zwei Rohrenlibellen angebracht
welche auBer der auf die Fernrohrachse gesetzten Reiterlibelle zur Hori-
zontierung des Theodoliten und zur tlberwachung dieser horizontalen
Stellung dienen.
Diese Libellen sind zwar nicht ohne Nutzen, ob aber in dem MaBe,
daB damit die mit dem komplizierteren Bau verbundene Umstandlichkeit
in der Behandlung des Instrumentes und der hohere Preis im Gleichgewicht
steht, ist zu bezweifeln.
Will man auBer der Reiterlibelle noch eine zweite Libelle anbringen,
so geniigt eine Dosenlibelle zwischen den Fernrohrtragern.
76. Das Fernrohr des Theodoliten unterscheidet sich beziiglich der inne-
ren Konstruktion nur dann durch das Fadenkreuz von dem des Nivellier-
instrumentes, wenn statt des einen vertikalen Fadens zwei
Parallelfaden eingespannt sind.
Das Fernrohr liegt mit den Enden seiner Drehachse
in den Lagern der Fernrohrtrager; dieselben haben neben-
stehende Form (Fig. 129) und sind mit SchlieBen oder
Schiebern iiberdeckt.
Die Auflagestellen der Achse mtissen genau cylindrisch
und von gleichem Durchmesser sein. Die Mittellinie dieser
Achse soil rechtwinkelig zur optischen Achse des Fern-
rohres stehen und den Schwerpunkt des Rohres treffen. Bei
dem Winkelmessen ist es namlich sehr storend, wenn das
Rohr so wenig im Gleichgewicht ist, daB dasselbe nach
Losung der Klemmschraube mit der Hand aufgehalten wer-
den muB, damit das Objektivende nicht sofort sinkt oder
gar hart auf den Alhidadenrand aufschlagt.
Fig. 129. Justier-
barer Fernrohr-
trager mit auf-
gesetzter Libelle.
Das Fernrohr laBt sich selbstverstandlich aus seinen Lagern heraus-
nehmen und umlegen.
DEE THEODOLIT.
119
Soil der Theodolit auch zum geometrischen Nivellieren tauglich
sein, so ist das Fernrohr entweder mit einer Reversionslibelle fest zu ver-
binden, oder dasselbe ist mit zwei Ringen zur Aufnahme einer Aufsatz-
libelle und in der Mitte mit einer aufrecht stehenden Hiilse zu versehen,
in welche ein an der Libelle befestigter Stift eingreifen kann (Fig. 130).
Stift und Hiilse dienen zum Schutz gegen das Herabfallen der auf-
gesetzten Libelle.
Die Vertikalbewegung des Fernrohres wird gehemmt und reguliert
durch eine abnehmbare Yorrichtung.
Dieselbe besteht aus zwei Ringen, von denen der eine r mittels einer
Schraube (in Fig. 127 ist an Stelle derselben das Gegengewicht m gezeich-
net) fest auf das konische, iiber das Lager hinausragende Achsenende auf-
getrieben ist und der andere s sich in einer Yertiefung des ersteren dreht.
Der Ring s kann mittels einer Druckschraube an den Ring r festgeklemmt
werden, so daB die Drehung der Achse nur mit Hilfe der Feinstellschraube /
erfolgen kann, welche gegen den Hebel p wirkt.
Fig. 130. Einrichtung des Theodolitfernrohres
zum geometrischen Nivellieren.
Fig. 131. Okularprisma.
MuB der Markscheider den Theodoliten in stark fallenden Strecken,
Bremsbergen oder tonnlagigen Schachten benutzen, so ist auBer dem
zentrischen nocb ein exzentrisches Fernrohr erforderlich. Dasselbe
kann bedeutend kleiner sein als das zentrische, weil in den genannten
Grubenraumen selten lange Yisuren vorkommen.
Die kleinen Dimensionen verringern auch das G-ewicht des Fernrohres,
was namentlich deshalb sehr erwiinscht ist, weil dasselbe so weit von den
Fernrohrtragern an der dariiber hinausragenden Achse angebracht sein
muB, daB sein Gresichtsfeld in keiner Lage von dem Alhidadenmantel ver-
deckt wird.
Es bedarf daher nur eines kleinen Gegengewichtes , welches zugleich
zum Befestigen des am anderen Achsenende aufzuschiebenden Hohenkreises
dient. (In Figur 127 dient das Gegengewicht zum Befestigen der Klemm-
vorrichtung.)
Die Achse des exzentrischen Fernrohres entspricht an den Auflege-
stellen genau denen des zentrischen Rohres.
Die Klemmvorrichtung sitzt an der Achse fest. Seine Lage ist in der
schematischen Skizze Fig. 127 durch die zugehorige punktierte Schraube n
fur die Feinstellung angegeben.
120
SIEBENTES KAPITEL.
Fur das exzentrische Kohr mu6 ein Okularprisma vorhanden sein, so
daB sehr steil aufgerichtete Visuren in bequemer Stellung des Auges und
Korpers ausgefiihrt werden konnen (Fig. 131).
Der Hohenkreis H ist in J/3 Grade eingeteilt. Die BezuTerung be-
ginnt an zwei diametral gegentiberliegenden Punkten und zwar nach beiden
Seiten von 0 bis 90 Grad. Dadurch ist man im stande, Elevatio-ns- und
Depressionswinkel ohne weiteres abzulesen.
Der Klappnonius ist ein sogenannter Doppelnonius und giebt 30 Se-
kunden an.
Der Hohenkreis kann mit seiner Nabe, urn welche eine Armlupe be-
weglich ist , an das konische Ende der Achse sowohl des zentrischen wie
des exzentrischen Fernrohres aufge-
schoben werden und wird im ersteren
Falle (Fig. 127) mit einer kleinen, im
zweiten mit einer groBen als Gegen-
gewicht dienenden PreBschraube in
jeder Lage befestigt.
Der Hohenkreis kann selbstver-
staudlich auch fest mit den Fernrohr-
achsen verbunden werden. Es ist dann
fur jede derselben ein besonderer Kreis
erforderlich, welcher zwischen den Auf-
lagestellen der Achsen anzubringen ist.
Einige mechanische Werkstatten
geben dem festsitzenden Hohenkreis
eine drehbare Alhidade mit zwei No-
nien. Fig. 132. Die Alhidade A ist mit
einem Hebel H zur Feinstellung und mit einer durch die' Schrauben r und s
verstellbaren Rb'hrenlibelle L verbunden und kann so justiert werden, daB,
wenn die Nonien derselben auf Null zeigen, die Libelle genau einspielt
und auch das Fernrohr vollstandig horizontal gerichtet ist.
Mit Hilfe dieser Einrichtung sollen die Hohenwinkel mit groBerer
Genauigkeit, namentlich unabhangig von einem Fehler in der Vertikalstel-
lung, gemessen werden konnen, als ohne dieselben.
Wenn man aber bedenkt, daB mit einer empfindlichen Reiterlibelle
eine genaue Stellung der Yertikalachse erreicht werden kann und ein
Indexfehler des Hohenkreises durch Beobachten in beiden Lagen des Fern-
rohres unschadlich gemacht wird (§ 87) , so erscheint die die Eosten des
Instrumentes erhohende Einrichtung iiberfliissig.
AuBerdem kann der Nachteil nicht unerwahnt bleiben, daB ein Ver-
wechseln der Feinstellschrauben fiir die Alhidade des Hohenkreises und
fiir die Yertikalbewegung des Fernrohres sehr leicht ist, da dieselben zwar
Fig. 132.
DEE THEODOLIT.
121
an verschiedenen Fernrohrtragern , aber an derselben Stelle angebracht
sind und beide gleichgestaltet sind.
Die Rohrenlibelle von 15 — 20 Sekunden Empfindlichkeit wird ent- § 78,
weder mil gabelformigen Fiifien auf den etwas iiber die Lager hervor-
Fig. 133. Kleiner Grubentheodolit von 10 cm Durchmesser.
ragenden cylindrischen Teil der Achsen oder mit dreieckig ausgeschnittenen
kurzen Fiifien auf die Lagerpunkte derselben aufgesetzt. Im ersteren Falle
greifen diese FiiBe, um eine feste Lage zu erhalten, noch iiber einen etwas
tiefer liegenden cylindrischen Knopf vom Durchmesser der Achsen. Im
anderen Falle werden die FiiBe durch eine Offnung der iiber die Achsen-
lager gelegten SchlieBen gesteckt, wie es die Fig. 129 zeigt. Diese Auf-
122
SIEBENTES KAPITEL.
stellung ist nur dann praktisch, wenn der Hohenkreis aufierhalb der Fern-
rohrtrager befestigt ist.
Mit den gabelformigen langen FiiBen wird in gleicher Weise wie die
Libelle eine Orientirungsbussole auf die iiberragenden Teile der Fernrohr-
achse gesteckt (vergl. § 170).
Fig. 134. BREiTHAUPTscher Taschentheodolit.
Der kleine haufig von den Markscheidern gebrauchte Theodolit hat
einen in l/2 Grade eingeteilten Limbus von 10cm Durchmesser mit einer
Noniusangabe von einer Minute. Die Horizontierung erfolgt nur mittels
einer zwischen den Fernrohrtragern sitzenden Dosenlibelle. Das Fernrohr
ist zum Durchschlagen eingerichtet und seine Achsen werden durch auf-
geschraubte Pfannendeckel festgehalten. Der Hohenkreis sitzt fest an der
Fernrohrdrehachse innerhalb der Fernrohrtrager.
Alles iibrige ergiebt die Figur 133.
DER THEODOLIT.
Fig. 134 giebt eine Ansicht des Taschentheodoliten von BREITHAUPT,
welcher in Nr. 29 der Berg- und Huttenmannischen Zeitung vom Jahre
1869 beschrieben ist, in seiner von BREITHAUPT verbesserten Konstruktion,
wonach der Hohenkreis auf der dem exzentrischen Fernrohre entgegen-
gesetzten Seite liegt.
Der Theodolit ist niit Repetitionseinrichtung versehen und laBt sich,
da er eine Steckhiilse besitzt, aus seinem DreifuB- bez. Kugelgelenkunter-
satz herausnehmen und so in einer vor den Leib geschnallten Tasche be-
quem transportieren.
Der Horizontal-, sowie der Vertikalkreis haben 8 cm Durchmesser und
die Nonien der Alhidade geben einzelne Minuten an. Das 15cm lange
Fernrohr liegt exzentrisch und laBt sich durchschlagen.
Auf dem Fernrohr sitzt zwischen zwei Spitzen eine um die Langs-
achse drehbare Libelle und das Mikrometerwerk am Hohenkreise gestattet
das Instrument zum Nivellieren zu gebrauchen.
Der mit dem Instrument ver-
bundene KompaB hat eine 6,5 cm
lange Nadel, ist drehbar und heraus-
zunehmen.
Die Dosenlibelle befmdet sich
unter der Bodenplatte des Kompasses,
welche zum Beobachten der Blase
durchbrochen ist. Das Gewicht des
Theodoliten betragt etwa funf Pfund.
Die Konstruktion der Signale ist aus der Figur 135 leicht ersichtlich.
Das Doppelsignal dient zu einfachen Winkelmessungen mit dem exzen-
trischen Rohre.
Nach mir zugegangenen Mitteilungen wurden von mehreren Mark-
scheidern mit diesem kleinen Theodoliten beachtenswerte Resultate erzielt.
Fig. 135.
Priifung und Berichtignng des Theodoliten. — Die Priifung und Be- § 80.
richtigung des Theodoliten wird sich auf folgende Punkte erstrecken mussen:
l).Auf die Brauchbarkeit der Libellen.
2) Auf den rechtwinkeligen Stand der optischen Achse des
Fernrohres zur Drehachse desselben, sowie auf die richtige
Stellung des Fadenkreuzes iiberhaupt.
3) Auf die rechtwinkelige Stellung der Fernrohr-Drehachse
zur Alhidaden- und Limbusachse und damit zugleich auf das
Zusammenfallen dieser beiden Achsen.
4) Auf den Hohenkreis und seinen etwaigen Indexfehler.
Die Reiterlibelle des Theodoliten wird auf dieselbe Art gepriift,
wie die umsetzbare Libelle der Nivellierinstrumente (§ 48), worauf hier
lediglich verwiesen werden kann.
124 SIEBENTES KAPITEL.
1st der Theodolit nur mit einer Dosenlibelle versehen (§ 79, Fig. 133),
so bringt man die Blase derselben zum Einspielen und dreht dann die
Alhidade um 180 Grad. Schlagt die Blase aus, so verbessert man den
Fehler zur Halfte an der entsprechenden Stellschraube des FuBes und zur
anderen Halfte an einer der Justierschrauben, welcbe die Stellung der
Dosenlibelle regeln. Nacb vollstandig durcbgefiihrter Berichtigung wieder-
holt man die Priifung mit der Abwechselung, daB statt der Alhidade der
Hauptkreis um 180 Grad gedrebt wird. Hier darf die Blase keinen Aus-
schlag zeigen, weil sonst Alhidaden- und Limbusachse nicht zusammen-
fallen (siebe aucb § 85).
81. Priifung des recb-twinkeligen Standes der optiscben Achse
des Fernrobres zu der Drebachse und der Stellung des Faden-
kreuzes uberhaupt.
Es wird zunachst vorausgesetzt, daB das Fadenkreuz mit dem optiscben
Bilde in einer Ebene liegt und sicb zugleich im Brennpunkte des Okulars
befindet, also beim Auf- und Abbewegen des Auges vor dem Okulare das
Fadenkreuz immer denselben Punkt des Bildes deckt.
Sodann ricbtet man bei horizontal gestelltem Theodoliten das Fern-
rohr auf einen gut beleuchteten, scharf begrenzten Punkt und legt dasselbe
um, so daB die Achsen mit ihren Lagern wechseln.
Trifft die optische Achse wieder genau diesen Punkt, so ist die ge-
wiinscbte recbtwinkelige Stellung beider Achsen vorhanden, wenn nicht,
so ist das Fadenkreuz um die Halfte der Abweichung mit Hilfe der seitlich
wirkenden Korrektionsschrauben zu verschieben und diese Probe bis zum
Stimmen zu wiederholen.
Beim Priifen des exzentrischen Fernrohres hat man entweder
einen sehr weit entfernten Punkt anzuvisieren, so daB nach dem Umlegen
des Rohres die Exzentrizitat keinen EinfluB mehr hat, oder bei kurzen
Entfernungen zwei solcher Yisierpunkte vorzurichten, die einen Abstand
gleich der doppelten Exzentrizitat haben.
82. LaBt sich das Fernrohr des kleinen Tbeodoliten (Fig. 133) auch, nach-
dem die Pfannendeckel der Achsenlager abgeschraubt sind, mit verwechselten
Achsenlagern nicht umlegen, weil der Hohenkreis oder die Klemm-
vorrichtung der Achsenbewegung hierfur hinderlich angebracht sind, so
wird man sich eine Hilfsvorrichtung zum Ein- und Umlegen des Fernrohres
konstruieren mlissen, was mit sehr einfachen Hilfsmitteln zu erreichen ist,
oder sich mit folgendem Yerfahren begniigen:
Man stellt die Nonien des Theodoliten auf Null, klemmt den Haupt-
kreis fest und visiert einen weit entfernten, scharf markierten Punkt an,
alsdann schlagt man das Fernrohr durch, dreht die Alhidade um 180 Grad
und richtet das Fernrohr wieder auf den vorher anvisierten Punkt. Sind
DEE THEODOLIT.
125
die beiden Ablesungen an beiden Nonien oder deren Mittel genau um
180 Grad verschieden, so ist keine Verbesserung erforderlich, — wo nicht,
so verstelle man die Alhidade um die Halfte der gefundenen Abweichung
von 180 G-rad und schiebe den Yertikalfaden so, daB das Zielobjekt ge-
troffen wird.
Bei der Wiederholung der Prufung geht man nicht von Null, sondern
von einem anderen Punkte der Kreiseinteilung aus.
Das Fadenkreuz des Theodolitfernrohrs besteht am besten aus einem § 83,
Horizontalfaden und zwei nebeneinander parallel gespannten Vertikalfaden.
Die Parallelitat der vertikalen Faden ist ohne besondere Hilfsmittel
mit dem Auge zu erkennen. Die vertikale Stellung priift man dadurch,
daB man einen Vertikalfaden auf einen scharf begrenzten Punkt richtet
und das Fernrohr des horizontal gestellten Theodoliten ein wenig kippt
und darauf achtet, ob der anvisierte Punkt den Faden verlaBt oder nicht.
Durch Drehung des Okularkopfes wird ein etwaiger Fehler beseitigt.
Die bisher besprochenen Priifungen haben streng genommen nur fur § 84,
eine Stellung des Okularrohres Giiltigkeit, so lange man sich nicht iiber-
zeugt hat, daB bei der Verschiebung des Oku-
lars die optische Achse unverandert bleibt.
Ein Verfahren, die unrichtige Bewegung
der Okularrohre zu erkennen, giebt Professor
PEEDIGEE in der ministeriellen Zeitung fur Berg-,
Hiitten- und Salinenwesen Band 20 (1872).
Der Zapfen c des in Fig. 136 dargestellten
Hilfsapparates laBt sich senkrecht in der Hiilse
auf und ab bewegen und durch eine Druck-
schraube in jeder Stellung festklemmen. Die
kleine Scheibe ef ist mit Papier beklebt, auf
welches ein Andreaskreuz gezeichnet ist, und
kann um die Achse ab bewegt, bez. auf- und
niedergeklappt werden.
Solcher Apparate stellt man auf einer
geraden Linie von 100m sechs auf und bringt
durch ein Fernrohr, welches von dem weitesten
Signale 100 m, von dem nachsten gerade so
weit entfernt ist, daB das Bild auf der Scheibe
durch Herausziehen des Okuiars noch erkennbar gemacht wird, alle Kreuze
auf den Scheiben in eine gerade Linie. Dies geschieht dadurch, daB man
nach und nach die erste, zweite, dritte Scheibe umschlagt und, indem man
die Okularrohre entsprechend einschraubt, das Kreuz der jedesmaligen
Scheibe einrichtet. Zur Sicherung wiederholt man das Verfahren.
egung des Okuiars.
126 SIEBENTES KAPITEL.
Ware nun die Bewegung der Okularrohre fehlerhaft, so wurde ein
Punkt in ihrer optischen Achse eine Kurve doppelter Kriimmtmg be-
schreiben. Denkt man sich eine solche Kurve um 180 Grad gedreht, so
konnen ihre Punkte nach Vollendung der Drehung nicht in ihre urspriing-
liche Lage zuriickkehren, sondern sie miissen im allgemeinen eine von der
ersten verschiedene Lage annehmen.
Man lege daher das Fernrohr in seinen Lagern um und zwar so, daB
das friiher rechts gelegene Ende der Drehachse in das links liegende Lager
kommt, und visiere die letzte in der Entfernung von 100 m vom Beobachter
aufgestellte Scheibe an.
War das Fernrohr vorher berichtigt, so wird das Fadenkreuz wieder
genau den Schnittpunkt der beiden auf der Scheibe gezogenen Linien
treffen.
Jetzt lasse man die folgende dem Fernrohr naher liegende Scheibe
in die Hohe schlagen, und schraube gleichzeitig die Okularrohre des Fern-
rohrs etwas heraus, um das Kreuz genau zu sehen. Ebenso verfahre
man bei alien iibrigen, welche nach und nach in die Hohe geschlagen
werden.
Trifft nun in alien Fallen der Durchschnittspunkt der Kreuzfaden des
Fernrohrs die Durchschnittspunkte der Andreaskreuze auf den Scheiben,
dann ist die Bewegung der Okularrohre richtig, im anderen Falle falsch.
Die vorstehende Untersuchung kann auch, wenngleich nicht ganz so
zuverlassig mit zwei Apparaten dergestalt ausgefiihrt werden, daB man
einen derselben 100 m vom Fernrohr und den anderen nach und nach auf
anderen Punkten dazwischen aufstellt. Bei jeder Aufstellung wird dann
das ganze obige Verfahren wiederholt.
Ergiebt die vorstehende Pruning eine wesentliche Abweichung, so ist
am besten die Okularrohre von dem Mechanikus durch eine andere zu
ersetzen.
Ist dieselbe nicht bedeutend und verlauft sie regelmaBig, d. h. ist die
Abweichung fur bestimmte Stellungen des Okulars gleichbleibend, was sich
durch wiederholte Prufung erkennen laBt, so wird der Fehler durch das
Messen jedes Winkels in beiden Lagen des Fernrohrs sich ausscheiden
lassen.
Vorstehendes ist namentlich fur den Markscheider von Wichtigkeit,
weil in derGrube viel haufiger wie liber Tage Winkel von ungleich larigen
Schenkeln zu messen sind.
85. Prufung der rechtwinkeligen Stellung der Drehachse des
Fernrohrs zur Alhidaden- und Limbusachse. Damit mittels des
Theodoliten auch dann richtige Horizontal winkel gemessen werden, wenn
die Zielpunkte in verschiedener Hohe liegen, so muB die Kippebene des
Fernrohres in horizontaler Stellung des Instrumentes eine vertikale sein.
Diesem Erfordernis wird nur geniigt, wenn die Drehachse des Fern-
DER THEODOLIT. 127
rohres rechtwinkelig zur gemeinschaftlichen Alhidaden- und Limbus-
achse steht.
Dieser Priifung muB, streng genommen, beim erstenmale eine andere
vorausgehen, namlich die der Fernrohrachsen auf ihre cylindrische Form
und ihre gleichmaBige Dicke, obgleich man bei Instrumenten aus guten
Werkstatten Fehler in dieser Beziehung nicht zu befurchten hat.
Beide Erfordernisse werden mit der berichtigten Rohrenlibelle gepriift.
Schlagt dieselbe nicht aus, wahrend unter ihr die Achsen in den Lagern
gedreht werden, so sind dieselben cylindrisch rund, und nimmt die
Blase denselben Stand wie vorher ein, wenn das Fernrohr abgehoben, mit
verwechselten Lagern wieder eingelegt und die Libelle in der ersten Stellung
aufgesetzt wird, so haben die Fernrohrachsen in ihren Lager-
punkten gleiche Dicke.
Die Hauptpriifung erfolgt nun in der Weise, daB man bei hori-
zontal gestelltem Theodolit und festgeklemmtem -Hauptkreis die Alhidade
so stellt, daB die Drehachse des Fernrohres mit der darauf sitzenden event,
berichtigten Libelle in der Richtung einer FuBschraube steht und die Blase
der Libelle zum genauen Einspielen bringt. Dreht man darauf die Alhi-
dade um 180 Grad, so zeigt die Luftblase der Libelle einen Ausschlag,
wenn die Fernrohrdreh- und die Alhidadenachse nicht rechtwinklig gegen-
einander stehen. Die eine Halfte des Fehlers ist an der FuBschraube,
die andere Halfte an der Justiervorrichtung des Fernrohrtragers zu be-
seitigen.
Das Yerfahren ist wie bei alien Instrumentberichtigungen zu wie-
derholen.
Hierauf priift man die Limbusachse auf gleiche Weise, indem man
vorher die Alhidade an den frei sich drehenden Limbuskreis festklemmt.
Es darf sich nach Vollendung der gleichen oben angegebenen Operation
kein Ausschlag der Libelle, oder doch nur ein sehr geringer zeigen, sonst
fallen Limbus- und Alhidadenachse nicht zusammen.
Ein solcher Fehler kann durch keine Justiervorrichtung beseitigt
werden.
Instrumente aus bewahrten Werkstatten werden indeB an diesem
Fehler nie in der GroBe leiden, daB ein merklicher EinfiuB auf die Rich-
tigkeit der Winkelmessung entstehen konnte.
Dieser EinfluB kann durch die Methode des Winkelmessens noch her-
abgemindert werden (siehe § 91).
Kleinere Theodoliten ohne Reiterlibelle Fig. 133 werden nach folgen- § 86.
den Methoden auf die richtige vertikale Bewegung des Fernrohres gepriift,
welche iibrigens auch fiir die Theodoliten mit Reiterlibelle giiltig sind:
Hat man Gelegenheit, ein moglichst langes Lot so aufzuhangen, daB
es vom Windzug nicht getroffen wird, also ganz ruhig ist, so stellt man
128 SIEBENTES KAPITEL.
den Theodoliten nicht weit davon horizontal auf, visiert das untere Ende
des Lotfadens an und klemmt Limbus und Alhidade fest. Darauf kippt
man das Rohr und beobachtet, ob das Fadenkreuz wahrend der Bewegung
den senkrechten Lotfaden verlaBt oder nicht. Eine Abweichung wird auf
die bekannte We.ise durch Heben und Senken eines Achsenlagers ver-
bessert.
Bin anderes Mittel istein kiinstlicher Horizont, den man sich
leicht mittels eines Tellers, welchen man mit dunkel gefarbtem Wasser
ftillt, schaffen kann.
Der Theodolit wird horizontal und so aufgestellt, daB ein hoher Gegen-
stand, z. B. die Spitze einer Windfahne mit emporgerichtetem, sodann sein
Spiegelbild mit geneigtem Rohre in dem kiinstlichen Horizonte gesehen
werden kann.
Deckt das Fadenkreuz denselben Punkt sowohl des Gegenstandes als
auch nach erfolgter Neigung des Fernrohres seines Spiegelbildes, so be-
wegt sich das Fernrohr in einer Yertikalebene. Limbus und Alhidade miissen
auch hierbei festgeklemmt sein.
Stehen Lot und kiinstlicher Horizont nicht zur Verfugung, so verfahrt
man folgendermaBen:
Gegeniiber einer moglichst hohen Wand stellt man den Theodoliten
genau horizontal auf und visiert daran einen hohen, scharf markierten
Punkt an. Sodann kippt man das Fernrohr und bezeichnet am FuBe der
Wand auf einem befestigten Stiicke Papier, Brett oder dergleichen den
Punkt, welchen dort das Fadenkreuz trifft. Mit durchgeschlagenem Fern-
rohr visiert man hierauf den hohen Punkt nochmals an, wozu die Alhidade
gelost, um 180 Grad gedreht und dann wieder festgeklemmt werden muB,
und neigt sodann wiederuin das Fernrohr nach dem zweiten Punkte am
FuBe der Wand. Derselbe wird vom Fadenkreuze wieder getroffen, wenn
das Fernrohr in einer senkrechten Ebene sich bewegt. Trifft die optische
Achse den zweiten Punkt nicht wieder, sondern einen seitwarts gelegenen,
so wird man diesen ebenfalls bezeichnen und die Mitte zwischen den beiden
Punkten liegt mit dem oberen Punkte in einer Seigerebene. Man wieder-
hole diese Operation mehrmals, nachdem die horizontale Stellung jedesmal
nachgesehen worden ist, dann ist mit Hilfe dieser Punkte die Ver-
besserung leicht durchzufiihren.
Auch nachstehendes Verfahren fuhrt zum Ziele: Man stellt den Theo-
doliten horizontal, richtet das Fernrohr auf einen entfernten festen Punkt,
welcher sich ungefahr in gleicher Hohe mit dem Instrument befindet und
klemmt dabei Alhidade und Limbus fest. Darauf schlagt man das Fern-
rohr durch und fixiert in der optischen Achse desselben einen zweiten
Punkt in gleicher Hohe.
Man liberzeugt sich nun, am besten durch ein zweites Fernrohr, ob
die beiden fixierten Punkte mit dem Mittelpunkte des zu priifenden Theo-
doliten sich in einer geraden Linie befinden. Ist dies nicht der Fall, so
DER THEODOLIT. 129
bewegt sich das Fernrohr nicht in einer Vertikalen. Die Stellung des
einen Achsenlagers ist wie oben zu verbessern.
Der Hohenkreis. - - Der Hohenkreis soil keinen Indexfehler besitzen, § 87.
oder man soil wenigstens die GroBe desselben kennen. Mit anderen Worten :
Bei horizontal gestelltem Theodolit soil der Nonius desHohen-
kreises auf Null zeigen, wenn die optische Achse des Fern-
rohres genau horizontal gerichtet ist.
Giebt in diesem Falle der Nonius aber eine Abweichung von Null,
also einen am Hohenkreise abzulesenden Winkel an, so ist dies djer Index-
oder Kollimationsfehler.
Um diesen Winkel kennen zu lernen, richte man das Fernrohr
des horizontal gestellten Theodoliten auf einen scharf begrenzten, hoch
oder tief gelegenen Punkt und lese am Nonius des Hohenkreises ab.
Sodann dreht man die geloste Alhidade um 180 Grad, schlagt das Fern-
rohr durch oder legt dasselbe um, ohne die Achsenlager zu verwechseln,
und richtet das Fernrohr wieder auf denselben Punkt. Die in dieser Stel-
lung des Rohres am Nonius des Hohenkreises erhaltene Ablesung wird
entweder mit der ersten stimmen oder nicht. Im ersteren Falle hat der
Hohenkreis keinen Indexfehler, im zweiten Falle ist die Differenz beider
Ablesungen gleich dem doppelten Indexfehler (vergl. § 95).
Das arithmetische Mittel aus beiden Ablesungen ist gleich dem rich-
tigen Hohenwinkel.
Der Indexfehler wird beseitigt durch Verschieben des Nonius, oder,
wenn der Hohenkreis beweglich ist, durch zweckmaBiges Verdrehen des-
selben. Mit einem solchen berichtigten Instrument kann man den richtigen
Hohenwinkel durch eine einzige Visur erhalten.
Dasselbe ist iibrigens rnoglich, auch ohne den Indexfehler am Instru-
mente selbst zu beseitigen, da man denselben, sobald seine GroBe bekannt
ist, durch Rechnung ausscheiden kann.
Da aber die Bestimmung des Indexfehlers nur fur eine Stellung des
Okulars erfolgen kann, so wird man bei genauen Messungen sich auf die
Ermittelung dieses Fehlers nicht verlassen, sondern den Hohenwinkel stets
in zwei Lagen des Fernrohres messen und durch das arithmetische Mittel
aus beiden Ablesungen einen etwaigen Indexfehler ausscheiden.
AuBerdem wird man bei einem beweglichen Hohenkreise die Messung
nach einer Verstellung desselben wiederholen (Beispiel in § 95).
Hat der Hohenkreis zwei Nonien, so kann jeder mit einem besonderen
Fehler behaftet sein. Man nimmt deshalb aus den Ablesungen an jedem
Nonius in der ersten und in der zweiten Lage das Mittel und aus diesen
Werten wieder das Mittel.
Soil das Fernrohr des Theodoliten auch zum geometrischen Nivel- § 88.
lement mittels einer besonderen Aufsatz- oder Reversionslibelle gebraucht
BRATHUHN, Markscheidekunst. 9
130
SIEBENTES KAPITEL,
werden, wie es bei den hier besprochenen Markscheidertheodoliten voraus-
gesetzt wird, so geht der Bestimmung des Indexfehlers des Hohenkreises
am besten die Justierung des Fernrohres zum Nivellementsgebrauch voraus.
Diese 1st bei den einzelnen Instrumenten verschieden, je nach der
Art und Weise, wie die Libelle mit dem Fernrohre verbunden ist.
a. Das Fernrohr ist mit Ringen zur Aufnahme einer Aufsatz-
libelle versehen.
Man priift und berichtigt zunachst die Aufsatzlibelle auf die bekannte
Weise. Sodann wird zu untersuchen sein, ob die Einge am Fernrohr, auf
welche die Libelle gesetzt wird, gleichen Durchmesser haben und genau
cylindrisch sind.
Ist das Instrument aus einem bewahrten Institute, so kann man die
erforderlieben Eigenschaften voraussetzen, da dem Mechanikus sehr ernpfind-
liche Priifungsmittel zu
Gebote stehen.
Will man aber die
Prufung ausftihren, so
hat man sich einen
Hilfsapparat (Fig. 137),
bestehend aus einem
Brett und zwei liolzer-
nen Stiitzen , letztere
mit Ausschnitten zum
Einlegen der Ringe, zu
konstruieren und dann
zu verfahren, wie mit
dem Fernrohre des
Nivellierinstrumentes.
Fig. 137. Hilfsapparat, womit das Zusammenfallen der
optischen und geometrischen Achse des Theodolitenrohres
gepriift wird.
Nach dieser Prufung legt man das Fernrohr wieder in seine Lager
des Theodoliten und richtet dasselbe, nachdem der Theodolit mittels der
Reiterlibelle und darauf das Fernrohr fur sich mit der Aufsatzlibelle eben-
falls horizontal gestellt worden ist, auf eine in angemessener Entfernung
fest aufgestellte Nivellierlatte und liest ab. Darauf legt man das Fernrohr
mit verwechselten Achsenlagern um, so daB die obere Seite zur unteren
wird, und stellt es abermals in der Richtung auf die Latte mit der Auf-
satzlibelle horizontal. Deckt der horizontale Faden den zuerst anvisierten
Punkt der Latte, so ist die geometrische Achse der Aufsatzringe mit der
Achse der Aufsatzlibelle parallel, im anderen Falle ist der Fehler zur
Halfte an den vertikalen Schrauben des Fadenkreuzes zu verbessern.
b. Das Fernrohr ist mit einer Reversionslibelle versehen.
Fig. 138. Man visiertmit dem Fernrohr des horizontal gestellten Theodo-
liten, wahrend die unterhalb desselben befindliche Libelle einspielt, eine fest
aufgestellte Nivellierlatte an und liest ab, sodann schlagt man das Fern-
rohr durch, so daB die Libelle nach oben kommt, bringt dieselbe zuin
DER THEODOLIT.
131
Einspielen und liest wieder an der Latte ab. 1st die erste Ablesung A
nicht gleich der zweiten B, so 1st der in der Mitte von beiden liegende
Pimkt C der richtige Niveaupunkt. Auf diesen richtet man das Fernrohr
und bringt die Libelle durch die vertikalen Justierschrauben zum Ein-
spielen.
Fig. 138. Priifung der Reversionslibelle am Theodolitfernrohre.
c. Die Libelle ist mit dem Fernrohre fest verbunden, aber
keine Reversionslibelle.
Man bestimme auf bekannte Weise mittels eines Nivellierinstrumentes
oder auch mit dem Fernrohre des Theodoliten den Hohenabstand zweier
Punkte A und B = d, stelle den Theodoliten horizontal am Punkte A so
auf, dafi man die Hb'he von A bis zur Fernrohrachse — AC messen kann
und richte das Fernrohr auf den Punkt D der iiber B aufgestellten Latte,
welcher aus der bekannten Hbhendifferenz d und aus der Hbhe AC sich
ergiebt.
In dieser, Stellung des Rohres bringe man die Libelle durch die ver-
tikale Justierschraube zum Einspielen (vergl. § 50).
Alle diese Priifungen und Berichtigungen sind mehrmals zu wiederholen.
Sind auf diese Weise Libellen- und Fernrohrachse parallel gemacht, § 89.
so kann man den Hohenkreis nochmals auf seinen etwaigen Indexfehler
untersuchen, indem man nachsieht, ob bei einspielender Libelle des Fern-
rohres der Nonius des Hb'henkreises auf Null zeigt.
Sowohl diese als die im § 87 angegebene Methode miissen beziiglich
des Kollimationswinkels dasselbe Resultat ergeben, wo nicht, so tragt die
mangelhafte Horizontalstellung des Theodoliten Schuld.
Hat die Alhidade des Hb'henkreises eine besondere Libelle (§77 und
Fig. 132),. so ist letztere, nachdem das Fernrohr horizontal und der Nonius
des Hbhenkreises auf Null gestellt worden war, durch die Justierschrauben r
und s zum Einspielen zu bringen.
132 SIEBENTES KAPITEL.
90. Die Nonien. — Man unterscheidet vortragende und nachtragende
Nonien.
Bei dem ersteren 1st ein Noniusteil etwas grofier als ein Teil des
Hauptkreises, bei letzteren etwas kleiner.
Der nachtragende Nonius 1st ausschlieBlich bei dem Theodoliten in
Gebrauch.
Bei einem solchen Nonius sind n Noniusteile (t) immer gleich (n — 1)
rn
Teilen (T) des Hauptkreises. Daraus folgt: T — t = — , d. h. den Unter-
schied eines Nonius- und eines Limbusteiles; die sogenannte
Angabe des Nonius erhalt man, wenn man den Wert eines Lim-
busteiles durch die Anzahl der Noniusteile dividiert.
1st z. B. der Limbus eingeteilt in Drittelgrade und der Nonius in
20 Teile, so giebt der Nonius an ^^^ = \ Minute.
Bei gleicher GroBe des Limbusteiles habe der Nonius 40 Teile, dann
giebt der Nonius an 20 M™uten = -30 Sekunden.
1st ferner ein Limbusteil = 1/6 Grad und soil der Nonius 10 Sekunden
fji nn AAO
angeben, so ist -'- = 10", also n — -- = — - = 60.
Es sind demnach 59 Limbusteile in 60 Teile zu teilen.
Der Gebrauch des Nonius ist einfach. Man liest zunachst den Winkel
ab, welcher von dem Nullpunkte des Nonius direkt angezeigt wird und
zahlt dann, wenn die Indexlinie des Nonius nicht mit einem Limbus-
striche in eine gerade Linie fallt, die Striche des Nonius vom Nullpunkte
bis zu dem, welcher mit einem Striche des Limbus eine Linie bildet.
Soviel solcher Teilstriche auf dem Nonius gezahlt wurden, so oft ist dem
abgelesenen Winkel die Angabe des Nonius hinzuzufugen.
Zur Erleichterung sind die Noniusteile so beziffert, daft ohne Rech-
nung die Minuten und Sekunden direkt abgelesen werden konnen.
Zum Ablesen der Nonien dienen drehbare und verstellbare Lupen,
durch welche die zusammenfallenden Teilstriche stets in der Mitte des
Gesichtsfeldes beobachtet werden mussen, urn eine schadliche Parallaxe
zu vermeiden, da die Nonien absichtlich ein wenig tiefer gelegt werden
als der Hauptkreis.
Oft findet ein vollstandiges Zusammenfallen von Nonius- und Limbus-
strich nicht statt, sondern zwei Striche des ersteren stehen zwischen zwei
Strichen des letzteren. In diesem Falle ist der CFberschuB iiber die direkte
Noniusangabe abzuschatzen.
Bei sehr feiner Teilung des Limbus ist es ratsam, nicht bloB die
beiden in Frage kommenden Striche von Nonius und Hauptkreis, sondern
auch die rechts und links liegenden und deren gleichmaBige oder ungleich-
maBige Abweichung zu beobachten. Der Nonius ist deshalb am Nullpunkte
fur das oft vorkommende Einstellen mit einer Uberteilung versehen.
DEE THEODOLIT. 133
Doppelnonien sind solche, welche zu beiden Seiten des Nullpunktes
eine gleiche Einteilung haben. Sie werden stets an dem Hohenkreise des
Theodoliten angebracht.
Das Messen von Horizontal- und Vertikalwinkeln mittels des Theo- § 91,
doliten. — Der Theodolit wird horizontal und zentrisch aufgestellt, nam-
lich so, daB der Mittelpunkt des Hauptkreises senkrecht iiber oder unter
dem Scheitelpunkt des zu messenden Winkels liegt.
Das Horizontalstellen erfolgt in derselben Weise wie bei dem Nivellier-
instrumente mit der Variation, daB man den Theodoliten sowohl nach der
Alhidadenachse als auch nach der Limbusachse horizontieren kann, jenach-
dem man die Libelle mit der Alhidade allein oder mit dem Haupt-
kreise, an dem die Alhidade festgeklemmt ist, dreht. Das Zentrieren
wird in einem besonderen Abschnitte abgehandelt werden.
Nach erfolgter Horizontierung des Theodoliten stellt man zunachst
Null auf Null, wie man sich kurz ausdriickt, das heiBt man stellt den
Nullpunkt des Nonius I auf den Anfangspunkt der Teilung und notiert den
Stand des Nonius II, falls sein Standpunkt nicht genau auf den Teilstrich
180° zeigen sollte, dreht sodann den Hauptkreis mit der Alhidade fest ver-
bunden so, daB das Fernrohr in der Bichtung des links liegenden Signals
kommt, zieht die Klemmschraube an und stellt das Fadenkreuz mittels der
Mikrometerschraube scharf ein. Alsdann lost man die Klemmschraube der
Alhidade, dreht letztere allein so weit, bis das Fernrohr in dem rechten
Schenkel des zu messenden Winkels liegt und stellt mit dem Mikrometer-
werke der Alhidade das Fadenkreuz genau auf das Signal ein. Von den
beiden Nonien ist hierbei ein dem zu messenden Winkel entsprechender
Bogen des Hauptkreises durchlaufen worden, dessen Grb'Be am Nonius I
uninittelbar abgelesen, beim Nonius II aus dem Unterschied der ersten
und zweiten Ablesung erhalten wird.
Aus beiden Werten nimmt man das arithmetische Mittel.
Denselben Winkel miBt man in der zweiten Lage des Fernrohres,
nachdem dasselbe durchgeschlagen oder ohne Verwechslung der Achsen-
lager umgelegt worden ist, auf dieselbe Weise nochmals und nimmt aus
den beiden SchluBwerten das Mittel.
Durch das wiederholte Mittelnehmen werden Folgen der Fehler, welche
die Justierung des Instrumentes nicht vollstandig beseitigt hat, sowie der-
jenigen, welche durch die Exzentrizitat des Fernrohres, durch das Nicht-
zusammenfallen der Limbus- und Alhidadenachse und durch die Verande-
rung der optischen Achse des Fernrohres bei Verstellung der Okularrohre
entstehen konnen, ausgeschieden, bezw. vermindert.
Alle durch die genannten Ursachen herbeigefiihrten Fehler erscheinen
zwar bei dem Messen in der zweiten Lage des Fernrohres ebenfalls, aber
auf der entgegengesetzten Seite, so daB das arithmetische Mittel der
Messungen ein nahezu fehlerfreies Kesultat liefert.
134 SIEBENTES KAPITEL.
92. Repetieren der Winkel. - - Urn die Genauigkeit der Winkelmessung
zu erhohen, namentlich den EinfluB der Beobachtungsfehler und der kleinen
Mangel der Kreisteilung moglichst zu beseitigen, wiederholt man dieselbe;
man repetiert den Winkel, wie der allgemein iibliche Ausdruck lautet.
Man kann einfache und aufeinanderfolgende Repetition der
Winkel unterscheiden. Die erstere wird auch wohl Repetition, die
andere Multiplikation des Winkels genannt.
Die einfache Repetition besteht darin, daB mail den Winkel mehrere
Male auf gewohnliche Weise miBt, aber beim Beginn einer neuen Messung
den Nonius nicht wieder auf Null stellt, sondern jedesmal um ein bestimmtes
Bogenstiick, 10, 20 oder 30 Grad, vorriickt. Die Messungen werden darauf
ebenso in der zweiten Lage des Fernrohres ausgefiihrt und aus alien
Resultaten das Mittel genommen.
Mit einfachen Theodoliten laBt sich nur auf diese Weise repetieren.
Von dem Markscheider wird meistens die aufeinanderfolgende Repe-
tition, die Multiplikation, angewendet.
Hierzu ist ein Repetitionstheodolit erforderlich und das Yerfahren 1st
folgendes :
Nachdem, wie oben beschrieben, die erste einfache Winkelmessung
vollendet ist, liest man am Nonius ab, lost die Klemnie des Limbus,
fuhrt diesen samt der fest mit ihm verbundenen Alhidade zum wieder-
holten Einstellen auf das linke Objekt zuriick, lost die Klemme der
Alhidade und dreht diese wieder all ein zur Einstellung des Fernrohrs auf
das rechts liegende Signal.
Hierbei haben die Nonien einen Bogen durchlaufen, welcher gleich
der doppelten GroBe des zu messenden Winkels ist. Wiederholt man dies
Yerfahren im ganzen rcmal, so werden die Nonien die rcfache GroBe des
zu messenden Winkels angeben, wenn dem zuletzt an den Nonien abge-
lesenen Werte so oft 360 Grade zugesetzt werden, als derYollkreis beim
Repetieren von dem Nonius I durchlaufen wurde. Diese WinkelgroBe wird
durch die Anzahl der Repetitionen geteilt.
Dasselbe Yerfahren wiederholt man in gleicher Weise in der zweiten
Lage des Fernrohrs und nimmt aus beiden Werten das Mittel.
Unter der erst en und zweiten Lage sind zunachst die zeitlich auf-
einander folgenden Lagen des Fernrohrs zu verstehen, aber in der Praxis
nennt man eine bestimmte Lage die erste, z. B. diejenige, in welcher die
Getriebeschraube des Okulars sich unterhalb des Rohres befmdet, und die-
jenige Lage, in welcher diese Schraube oberhalb ist, die zweite..
Obgleich man nur notig hat, am SchluB abzulesen, so wird man es
doch nach der ersten Einstellung auf das rechte Objekt thun, um die GroBe
des Winkels wenigstens annahernd zu kennen und bei der vorletzten, event,
auch schon bei der drittletzten Repetition um sich von dem fortschreiten-
den Gange der Naherung zu iiberzeugen.
Z. B. Erste Ablesung 102° 45'.
DER THEODOLIT.
135
I. Lage des Fernrohrs.
Anzahl der
Repetitionen,
4.
5.
6.
4.
5.
6.
Ablesung,
fNon. I 51° 0'45"i
„ II 231° 0'45"j
„ I 153° 45' 45"\
„ II 333°45'45"j
„ I 256° 31' 0"
II 76° 31' 0"
Mittel,
411° 0'45"
513° 45' 45"
616° 31'— "
„
Mittelwert = 102° 45' 8".
Winkel,
102° 45' 11"
102° 45' 9"
102° 45' 10"
II. Lage des Fernrohrs.
;; n253lo ff\5»} 4u° °'15"
: nSSS} 513° 45' 25" 102' 45'
„ -I 256° 30' 40" I
II 76° 30' 30"/
10904*'
WEISBACH schlagt fur Winkelmessen in der Grube ein Zeit ersparen-
des Verfahren vor : Man repetiert den Winkel zweimal, schlagt dann ohne
an den Nonien abzulesen, das Fernrohr durch, repetiert noch zweimal und
liest dann erst ab. Die SchluBablesung wird dann durch vier geteilt.
Selbstverstandlich kann in jeder Lage des Fernrohrs noch ofter repetiert
werden, wonach der SchluBdivisor sich dann richtet.
In den meisten Fallen wird zur Priifung der Erganzungswinkel zu
360 Grad auf dieselbe Weise gemessen.
Hatte die Priifung des Theodoliten ergeben , daB Limbus und Alhi- § 93,
dadenachse nicht genau zusammenfallen , so ist bei der einfachen
Repetition der Theodolit nach der Alhidadenachse bei der
aufeinanderfolgenden Repetition (Multiplikation) nach der Lim-
busachse horizontal zu stellen.
Bei der einfachen Repetition wird nur die Alhidade gedreht und die
geneigte Stellung der Limbusachse ist ohne alien EinfluB.
Bei der Multiplikation des Winkels dagegen bleibt die Achse des
Hauptkreises selbst vertikal und die Fernrohrdrehachse kann sich nur um
den eventuell vorhandenen Divergenzwinkel von Limbus- und Alhidaden-
achse neigen.
Bei fortgesetzter Repetition ist aber schon nach halber Umdrehung
der Alhidade diese Neigung eine entgegengesetzte geworden und wirkt
auch im entgegengesetzten Sinne wie vorher, also den Fehler ausgleichend.
136
SIEBENTES KAPITEL.
§ 94. Das Messen eines Horizontalwinkels mittels des Theodoliten mit
exzentrischem Fernrohre unterscheidet sich nicht von dem Messen mit
zentrischem Fernrohr. Man mifit auch hier den Winkel in beiden
Lagen des Fernrohrs und nimmt das arithmetische Mittel aus
beiden Werten.
Die Richtigkeit des Verfahrens ergiebt sich aus folgenderBetrachtung.
In den Figuren 139 a und b ist AMB — IF der zu messende Winkel,
iiber dessen Scheitelpunkte der Hauptkreis des Theodoliten senkrecht steht,
In der ersten Lage (Fig. 139 a) wird aber durch die beiden Visuren nach
Fig. 139 a XT. b. Messen eines Horizontalwinkels mit einem exzentrischen Theodoliten.
A und B ein Winkel = a, in der zweiten Lage des Fernrohrs (Fig. 139 b)
ein Winkel = 8 gemessen.
Yon den Winkeln V und Fl ist nun jeder ein gemeinschaftlicher
Aufienwinkel zweier Dreiecke namlich
in Fig. a V = W + y = a + 'S (1)
in Fig. b V1 = W+ S = fi + y(2)
Aus Gleichung (1) folgt W=*ct + d — y
„ (2) „ JF=p-d+y
addiert giebt 2 W = a + (3
DEE THEODOLIT.
137
Die Theorie von dem Messen der Yertikalwinkel mittels des Hohen- § 95,
kreises ist bei der Besprechung und Berichtigung dieses Kreises im § 87
schon geniigend erortert, so daB nur einige Beispiele anzufiihren sind.
Messung eines Depressionswinkels ohne vorherige Beseitigung des
Indexfehlers:
I. Lage des Fornrohrs 75° 33; 30") m» , __ ?50 5- -,,
II. „ „ „ 76° 17' 20 '/ J > ^ '
Der Indexfehler betragt = 0° 21' 55".
Wiederholung der Messung mit etwas verstelltem Hohenkreis:
d rernhrs
*•*• » " » °
Der Indexfehler betragt =
5° 39' 55".
Der gemessene Depressions-
winkel ist gleich
750 55' 25" + 750 55' 45"
2 ;
= 75° 55' 35".
Ein Punkt beim Hohen-
winkelmessen mittels exzentrisch
liegenden Fernrohrs bedarf noch
der Beriicksichtigung.
Der Winkel AMB = a
(Fig. 140) soil ermittelt werden
und der Winkel A CB = a wird
in Wirklichkeit gemessen.
Nun ist tg a =
Fig. 140. Messen von Hohen winkeln mit einem
exzentrischen Fernrohr.
MC2 =
so ist tg# =
H
cotg2 KI + e*
H
1st
yl+( * y
T \H cot£ aj
tf: gegen die Exzentrizitat e des Fernrohrs hinreichend
groB, so verschwindet das Grlied (]gcot ft ) und Winkel a = ar
Ist z. B. H= 25 m, Ce1 = 75°, e = 0,07 m, so ist a = 75° -' 3".
Das Anfstellen und Zentrieren des Theodoliten tiber. Tage und &
in der Grube , sowie die hierbei ublichen Signale. - - Unter dem Zen-
trieren des Theodoliten versteht man eine derartige Aufstellung des-
selben, daB der Mittelpunkt des Hauptkreises genau senkrecht iiber oder
unter dem Scheitel des zu messenden Winkels liegt. Die korrekte Aus-
fiihrung dieser Arbeit ist von groBem EinfluB auf die Richtigkeit der
Theodolitmessungen.
138
SIEBENTES KAPITEL.
A. Ueber Tage.
Das Aufstellen und Zentrieren des Theodoliten erfolgt iiber Tage
mittels Stativs und Zentralschraube, welche letztere zugleich in bekannter
Weise durch eine Spirals zur Befestigung des Instrumentes dient.
Das Stativ wird so iiber den durch einen Pfahl oder Stein bezeich-
neten Punkt gestellt, da6 die Kopfplatte moglichst horizontal und das
Loch derselben sich senkrecht iiber dem AVinkelpunkte befindet. Soclann
wird der Theodolit aufgesetzt, die Zentralschraube, ohne die Platte anzu-
pressen, an das untere mit Gewinde versehene Ansetzstiick des FuBes an-
geschraubt und ein Lot in den Haken der Zentralschraube gehangt
Der Theodolit wird dann
so lange abwechselnd hori-
zontal gestellt und auf dem
Stativteller verschoben, bis bei
vollstandig horizontaler Stel-
lung des Theodoliten das Lot
genau in die Marke des Stei-
nes oder Pfahles einspielt.
Hierauf wird die Zentral-
schraube fest angezogen und
die genaue Horizontalstellung
nochmals nachgesehen.
Der Theodolit ist nun-
mehr zentriert, denn bei
guter Arbeit des Mechanikus
mufi die verlangerte Haupt-
achse des Theodoliten zugleich
die Mittellinie der auf der Kingfiache aa (Fig. 127) fest anliegenden Zentral-
schraube sein.
Das eben beschriebene Verfahren setzt -voraus, da6 die Stellschrauben
des DreifuBes mit Unterlageplatten versehen sind.
Als Sign ale sind iiber Tage bei sehr groBen Entfernungen dreifuBige
Bocksignale Fig. 141 a, wie sie bei groBeren trigonometrischen Arbeiten
allgemein angewendet werden, zu empfehlen, bei kiirzeren Entfernungen
gerade weifi angestrichene Stangen mit Fahnchen, Fig. 141 b, welche durch
Stiitzen in senkrechter Stellung erhalten werden, und bei ganz kurzen
Stationen, wie sie ausnahmsweise auch bei Tagemessungen vorkommen?
ist ein feiner Stift oder eine Lotschnur als Ziel zu benutzen.
Yon den Stangensignalen ist womoglich stets der tiefste Punkt an-
zuvisieren.
In einzelnen Fallen wird der Markscheider auch das Heliotrop als
Signal benutzen; Yon den Konstruktionen eines solchen Instrumentes ist
Fig. 141 a u. b. Signale fur Theodolitmessungen
iiber Tage.
DEE THEODOLIT. 139
das einfache, von jedem Mefigehilfen leicht zu bedienende BAEYEEsche
oder BEETEAMSche Heliotrop zu empfehlen.
Ein Brett (Fig. 142) kann auf geeigneter Unterlage mit dem Dreh-
punkte C zentrisch iiber einen Signalpunkt gestellt und mittels der Schraube
etwas geneigt werden. In einem Loch steckt ein einfaches Gestell,
welches den Spiegel S tragt. Derselbe ist um eine durch die beiden
Schrauben vv gebildete Achse drehbar, und da der runde Zapfen des Ge-
stelles in dem Loche sich auch drehen laBt, so kann dem Spiegel jede
beliebige Stellung gegeben werden.
An der entgegengesetzten Seite des Brettes steckt in einem vier-
eckigen Loche der ebenso gestaltete Zapfen der kleinen Rohre R, die mit
einer Gelenkklappe geoffnet und geschlossen werden kann.
Die Spiegelbelegung ist in der Mitte innerhalb eines kleinen Kreises
entfernt. Zum Gebrauche stellt man das Brett zentrisch so auf, daB man
Ji
Fig. 142. Das BAEYERsche Heliotrop.
durch den kleinen Kreis in der Mitte des Spiegels und durch die geoffnete
Rohre R nach dem Theodoliten blicken kann. Darauf schlieBt man die
Rohre mit der Klappe und dreht den Spiegel so lange, bis das Sonnen-
licht von demselben in die kleine Rohre geworfen wird. Um dies leicht
zu erkennen, ist die innere Flache der Klappe mit weiBem Papier oder
Spiegelglas belegt, worauf man den etwas dunkleren Mittelpunkt des
Spiegels sehen mufi.
Entfernt man darauf die Rohre, so wird das Sonnenlicht nach dem
Theodolit hin geworfen. Da die Sonne ihren Stand fortwahrend verandert,
so ist die Stellung des Spiegels von Zeit zu Zeit zu berichtigen.
Die Winkelmessungen bei Triangulationen sind zu einer solchen Tages-
zeit auszufiihren, in welcher die Signale gut und voll beleuchtet sind.
Einige Winkel werden daher am besten am Yormittag, andere am Nach-
mittag zu messen sein.
B. In der Grube.
Die Aufstellung und damit im engen Zusammenhange das Zentrieren § 97.
des Theodoliten in der Grube ist nicht immer einfach, da die mannig-
faltige Beschaffenheit der Grubenraume in der verschiedensten Weise darauf
140
SIEBENTES KAPITEL.
einwirkt und in der That auch eine groBe Auswahl von Verfahrungs-
weisen hervorgerufen hat.
Zur Aufstellung des Theodoliten in der Grube dienen Stative mit
verstellbaren Beinen, Spreizen aus starken Brettern, Bohlen und Rund-
holz, oder besondere Arme.
Die Ausfuhrung des Zentrierens hangt davon ab, wie und wo die
Winkelpunkte fixiert sind.
Diese werden entweder dauernd durch unverriickbare Zeichen, welche
fast immer in der Streckenfirste, sehr selten in der Sohle angebracht
sind, oder voriibergehend durch Untersatze fixiert, welche wie der
Theodolit auf Stativen, Spreizen oder Armen aufgestellt
werden.
Zunachst soil von den Methoden des Zentrierens
gesprochen werden, welche bei dauernd fixierten
Winkelpunkten zur Anwendung kommen.
Das dauernde Fixieren der Winkelpunkte geschieht
£ast ausnahmslos in der Firste und zwar durch
kleine messingene oder eiserne Krampen (Fig. 143),
welche ein Loch zum Durchziehen der Lotschnur haben.
Diese Krampen werden in die Firstenzimmerung
geschlagen, oder in Pflocke, welche bei festem Gestein
und bei Mauerung in vorher gebohrte Locher ein-
getrieben waren.
Bei eisernem Streckenausbau kerbt man die
scharfe Kante eines geeignet liegenden Eisenbogens
mittels einer Bohrerschneide so ein, daB die Lot-
schnur in diese Vertiefung eingelegt werden kann.
Zum Zentrieren dient ein Lot (Fig. 143), dessen
Fig. 143. Zentrieriot. Spitze stets in die Achse des durch das kleine Loch
der erwahnten Krampen gezogene Lotschnur fallen muB.
Auf dem Mittelstege der Reiterlibelle oder auf dem Fernrohre des
Theodoliten ist ein Punkt bezeichnet, welcher in der Verlangerung der
Drehachse des lustrumentes liegt. (Der Punkt auf dem Fernrohre gilt
selbstverstandlich nur fur die horizontale Richtung des Rohres.) Zeigt die
Spitze des aus einem Winkelpunkte ruhig hangenden Lotes auf jenen Punkt
des horizontal stehenden Theodoliten, so ist derselbe zentriert.
Ob der Punkt auf der Reiterlibelle oder auf dem Fernrohre genau in
der Drehachse des Theodoliten liegt, iiberzeugt man sich, wenn man den
horizontal und zentrisch unter deni ruhig hangenden Lote aufgestellten
Theodoliten dreht. Liegt der Punkt in der Drehachse des Instrumentes,
so wird derselbe wahrend der Drehung stets dieselbe Stellung unter der
Lotspitze beibehalten, im anderen Falle dagegen einen Kreis beschreiben.
Der Mittelpunkt dieses Kreises ist der richtige, zum Zentrieren zu be-
nutzende Punkt.
DEE THEODOLIT. 141
Gestatten die Yerhaltnisse in der Grube die Anwendung eines Statives
zur Aufstellung des Theodoliten, so wird dasselbe so unter dem Winkel-
punkt aufgestellt, daB das Lot nahezu iiber der Lochmitte der Kopfplatte
spielt und daB letztere moglichst horizontal ist. Dieser Bedingung kann
mit Hilfe der verstellbaren Beine leicht geniigt werden. Erst dann wird
der Theodolit auf das Stativ gestellt und durch abwechselndes Yerschieben
und Horizontieren zentriert.
BOECHEES, welcher bei seinen ausgedehnten Prazisionsmessungen sich
nur dieser Zentriermethode bedient hat, sagt in seinem Werke: ,,Die
praktische Markscheidekunst" iiber dieses Verfahren:
,,Das Zentrieren des Theodoliten mit Hilfe eines Lotes nimmt so
wenig Zeit in Anspruch, daB dieselbe gar nicht in Betracht kommt; in
einigen Minuten kann diese geringe Vorarbeit, ohne viel tFbung voraus-
zusetzen, gemacht werden. Auch hat das besondere Zentrieren des Theo-
doliten meinen Erwartungen in Bezug auf die Winkelbestimmung stets
vollstandig entsprochen."
Die Schwierigkeiten vorstehender Zentrierung liegen nur in der Auf-
stellung des Stativs, namentlich in der Bedingung, daB die Spitze des
Zentrierlotes nahezu liber der Lochmitte der Kopfplatte hangen muB.
Letzteres ist aber notwendig, weil die Zentralschraube, welche das Loch
der Stativplatte nahezu ausfullt, nur einen geringen Spielraum zum Yer-
schieben des Instrumentes gewahrt.
Sind die Grubenraume fur die Benutzung des Stativs nicht geeignet,
so sind eiserne Arme (siehe § 61, Fig. 112) oder Spreizen anzuwenden.
Die eisernen Arme werden in die Zimmerung oder in senkrechte
Stempel eingeschraubt, gewahren dem Theodoliten einen vollkommen sicheren
Stand und gestatten dem Markscheider eine freiere Bewegung als das Stativ
oder die Spreize. Die Schwierigkeit, die Kopfplatte des Armes moglichst
zentrisch unter einen gegebenen Fixpunkt zu bringen, ist aber noch groBer
als bei dem Stativ, wenn nicht beim Aussuchen der Winkelpunkte mit der
notigen Umsicht verfahren worden ist. Am besten wird erst der Arm
eingeschraubt und dann der Winkelpunkt fixiert.
Zur Beseitigung der obengenannten Schwierigkeit hat man die Kopf- § 98.
platten der Stative und Arme mit Zentriervorrichtungen versehen, welche
die Yerschiebung der Theodoliten behufs seiner Zentrierung innerhalb einer
groBeren Flache gestatten, als die gewohnliche Durchbohrung der Kopfplatte.
Professor CHEISMAE in Schemnitz beschreibt in der Berg- und Hiitten-
mannischen Zeitung 1880, Nr. 20 eine solche Zentriervorrichtung, welche
sehr weitgehenden Anspruchen geniigt, aber leider, da ein besonderes
Stativ dazu gehort, sehr kostspielig ist (350 Mark) und durch sein Gewicht
den Gebrauch sehr erschwert.
142
SIEBENTES KAPITEL.
Die CnEiSMARsche Zentriervorrichtung besteht aus einer Drehscheibe
CC, der Schiebebrucke BB und der Standplatte A (Fig. 144 a u. b).
Die Standplatte ist mit einem Zentriermittelpunkt und mit Korrier-
punkten fiir die Spitzen der FuBschrauben des Theodoliten versehen. Die
Fig. 144 a. Zentriervorrichtung von CHRISMAR.
Standplatte ist auf keilformigen Schienen der Schieberbriicke verschiebbar
und mittels Druckschrauben festzuklemmen, auBerdem mit einer Dosen-
libelle versehen.
Fig. 144b. Zentriervorrichtung von CHRISMAR.
Die Drehscheibe kann durch eine Zentralschraube mit Spirale an die
Stativkopfplatte DD fest angepreBt und durch die Schrauben FF hori-
zontal gestellt werden.
Diese Schrauben FFgehen durch mit Gewinden versehene Kugeln, welche
ihrerseits nach Art eines Kugelgelenkes mit der Stativplatte verbunden
DEE THEODOLIT. 143
sind. Die Drehscheibe hat sechs Arrae, welche sich etwas nach unten
in einer Nabe vereinigen, und einen Kranz von kreuzformigem Querschnitt,
der nach oben in einer rechtwinkeligen Schneide endet. Die Nabe dient
zur Befestigung der Scheibe am Stativ und zur Aufnahme der Drehachse
der Schieberbriicke, welche letztere mit geeigneten Einschnitten fiir den
eingreifenden keilformigen Ring der Drehscheibe verbunden sind. Durch
die vereinigte Bewegung der zu verschiebenden Standplatte und der zu
drehenden Schieberbriicke laBt sich der Mittelpunkt der Standplatte inner-
halb eines Kreises von 30 cm Durchmesser unter die Lotspitze stellen.
Werden die Spitzen der FuBschrauben in die Korner der Standplatte ge-
setzt, so ist der Theoclolit zentriert.
Der einfachste Zentrierapparat ist eine Holzplatte von geniigender § 99,
Starke, welche mittels Spindel und Fliigelmutter (Fig. 145) an jede Kopf-
platte angeschraubt werden kann.
Der Winkelpunkt wird aus der Firste auf die Platte, welche mit
Papier beklebt werden kann, herabgelotet
und der Theodolit iiber diesen Punkt
zentrisch aufgestellt.
Dies geschieht in erforderlicher
Scharfe mit Hilfe der Zentrierspitze,
welche in den unteren Teil der DreifuB-
hiilse eingeschraubt werden kann (§ 72,
Fig. 145. Zentnerbrett.
Fig. 127). Die Stellschrauben des Drei-
fuBes werden in eine solche Lage gebracht, daB die Zentrierspitze die
Flache des Brettes nahezu beriihrt.
Die DreifuBarme miissen fiir diesen Fall die Stellschrauben mit Spitzen
fiihren (vergl. Fig. 128), welche in die Platte fest eingedriickt werden.
Wiinscht man eine groBere Sicherheit des Theodoliten, so laBt sich
diese durch Bander erreichen, welche an den DreifuBarmen befestigt sind
und um Stifte an dem Rande der Holzplatte gewunden werden.
Dieser Apparat leistet mit den einfachsten Mitteln viel und hat auBer-
dem noch den Vorzug, daB die Platte nicht horizontal gestellt zu werden
braucht.
Mit dieser ersten Platte A lassen sich noch zwei andere B und C
so verbinden, daB die zweite in
der ersten und rechtwinkelig,
dagegen die dritte in der zwei-
ten mittels SChwalbenschwanz- Fig. U6> Zentrierbrett mit Schlittenverschiebung.
formiger Fiihrung verschiebbar
ist, auBerdem jede besonders festgeklemmt werden kann, Fig. 146. Durch die
doppelte Bewegung kann die Standplatte C innerhalb gewisser Grenzen in
jede beliebige Stellung gebracht werden. Dieselbe ist auf ihrer metallenen
144
SIEBENTES KAPITEL.
Belegung mit Zentrierpunkt, Kb'rnerpunkten oder geradlinigten keilformigen
Yertiefungen (Schlitzen) versehen. Die Vertiefungen miissen in ihren Yer-
langerungen sich genau im Zentrierpunkte unter 120 Grad schneiden (vgl.
auch Fig. 155). Die Kornerpunkte sind die Eckpunkte eines regelmaBigen
Dreiecks, dessen Schwerpunkt zugleich der Zentrierpunkt ist. Der Apparat
muB bei seiner Benutzung horizontal
gestellt werden, weil bei geneigter Stel-
lung der Standplatte die horizontale
Entfernung der Kornerpunkte verkiirzt
wird, wahrend die der Stellschrauben-
spitzen dieselbe bleibt, (Fig. 147.)
Auch bei dem Yorhandensein von
Yertiefungen (Schlitzen) wird eine geneigte Stellung der Standplatte zur Folge
haben, daB die Mittellinie des horizontierten Theodoliten den Zentrierpunkt
nicht trifft.
Die Spreizenschraube mit der darauf zu steckenden Standplatte, welche
bei der Freiberger Aufstellung in § 103 ff. besprochen werden wird, eignet
sich mit geringen Abanderungen ebenfalls zu einer Zentriervorrichtung,
welche mit dem Stative verbunden werden kann. Die verhaltnismafiig
diinne Schraubenspindel hat in der gewohnlichen Durchbohrung der Kopf-
platte mehr Spielraum als die Zentralschraube.
Fig. 147.
100. Die im vorstehenden beschriebenen Zentriervorrichtungen lassen sich
ebenfalls auf der Kopfplatte eines Armes anbringen; es werden aber inYer-
__ _ bindung mit demselben
auch noch besondere Yor-
richtungen angewendet.
BOECHEES hat seine
schon erwahnten Arme
(§§ 61, 97, Fig. 112) mit
folgender Yorrichtung
versehen :
Die Kopfplatte K des
Armes enthalt auBer der
groBen zentrischen Durch-
bohrung noch drei Locher
Fig. us. Zentriervorrichtung von BORCHERS. DDJ), deren Mittelpunkte
ein gleichseitiges Dreieck
bilden. Auf der Platte K laBt sich die mit Schrauben ERR zum Hori-
zontalstellen versehene Standplatte 8 so weit verschieben, als die drei
erwahnten Locher erlauben. An der unteren Seite der Standplatte sitzen
namlich den Mittelpunkten dieser Locher entsprechend drei mit Gewinden
versehene Zapfen, die durch die Kopfplatte hindurchragen und an dem
DEE THEODOLIT. 145
unteren Ende Schrauben haben, mittels welcher die Standplatte fest-
geklemmt werden kann.
Die Standplatte hat fur die Zentralschraube eine Durchbohrung und
Kornerpunkte fur die Spitzen der FuBschrauben des Theodoliten.
In der zentralen Durchbohrung der Standplatte kann ein zentrisches
Lichtsignal bei Messungen in tonnlagigen Schachten angebracht werden
(vergl. Fig. 161 zu § 108).
Die von OTTO in Plauitz bei Zwickau in der Berg- und Huttenmanni-
schen Zeitung, Jahrgang 1879, Seite 254, beschriebene, ebenfalls auf einem
Arme angebrachte Zentriervorrichtung unterscheidet sich wesentlich nur
dadurch von der BoECHEESschen, daB die dreifliigelige, mit Schlitzen statt
der Kornerpunkte versehene Standplatte keine Stellschrauben zum Horizon-
tieren hat.
An Stelle von Stativ und Arm kann auch noch die horizontal ge- § 101.
schlagene Spreize treten, welche in dem Falle, daB mit in der Firste an-
gebrachten Fixpunkten gearbeitet wird, am zweckmaBigsten aus einem
sehr starken und hinreichend breiten Brette besteht, welches mittels Biihn-
loch und Anpfahl unter dem Winkelpunkte fest angetrieben wird. Das
Zentrieren erfolgt durch das Lot von oben oder mit Hilfe der Zentrier-
spitze, nachdem der Winkelpunkt auf die Spreize herabgelotet worden ist
(vergl. die Zentriervorrichtung in § 99).
Wenn die Winkelpunkte nicht dauernd fixiert sind, oder wenn, wie § 102.
man sich ausdriickt, mit verlorenen Punkten gearbeitet wird, so beruht
das Aufstellungs- und Zentrierverfahren auf der Anwendung von Tint er-
satz en, die ebenfalls teils auf Stativen, teils auf Armen und Spreizen auf-
gestellt werden.
Die Untersatze sind so konstruiert , dass sie abwechselnd den Theo-
dolit oder das Signal aufnehmen konnen.
Bei diesem Wechsel soil die Mittelachse des Signals genau die Lage
der senkrechten Mittelachse des Theodoliten einnehmen, oder der Ziel-
punkt des Signals soil wenigstens in
diese Linie fallen.
Solcher Untersatze sind stets min-
destens drei notwendig, da einer den Theo-
doliten, jeder der beiden anderen ein
Signal aufzunehmeri hat.
Nachstehende Formen werden am
haufigsten angewandt: Fig U9 WEIS8BACHScherTellemnter9atz
1) Die von WEISSBACH konstruierten fur Theodoliten.
Teller. Ein solcher besteht aus einer
runden Metallscheibe mit drei FuBschrauben zum Horizontalstellen und
drei Kornerpunkten oder Schlitzen zur Aufnahme der FuBschrauben des
BRATHUHK, Markscheidekunst. 10
146
SIEBENTES KAPITEL.
Theodoliten, und 1st in der Mitte zentrisch ausgedreht, um je nach Be-
diirfnis eine Dosenlibelle zum Horizontieren oder eine domformige Setz-
lampe als Signal aufnehmen zu konnen.
Durch den Mittelpunkt der Flamme, welcher als Zielpunkt dient, wircl
nach dem Umwechseln die Yertikalachse des Theodoliten gehen.
Der Teller kann auch als Zentriervorrichtung dienen und wird am
zweckmaBigsten auf horizontal geschlagenen starken Brettspreizen auf-
gestellt.
2) Auf einem ahnlichen Grundsatze beruhen die BOECHEES schen Arme
mit Zentriervorrichtung, welche beim Hessen in
tonnlagigen Schachten naher besprochen werden.
3) Der gewohnliche DreifuB.
Der Achsenzapfen des Theodolithauptkreises
hat mit dem der Signale gleiche Dimensionen, so
dafi jeder Untersatz beide abwechselnd aufneh-
men kann.
Die Signale sind ebenfalls mit Libellen zum
Horizontalstellen ausgeriistet (Fig. 150).
Zu jedem Untersatz gehort ein Stativ, es sind
also im ganzen deren drei erforderlich.
4) Das Kugelgelenk oder die NuBvor-
richtung.
Das Kugelgelenk findet man nur an alteren
Instrumenten, jetzt werden hochstens kleine Theo-
Fig. 150. zapfensignai fur doliten, aber auch selten damit verbunden.
Theodoiitmessungen. Ein soiches Kugelgelenk 1st dem in § 45 be-
schriebenen ahnlich, nur wirken hier gegen den
Zapfen nicht zwei Schrauben und eine Feder, sondern vier Schrauben, von
denen sich je zwei diametral gegenuberstehen (Fig. 151).
Man kann drei solcher .Kugelgelenke an-
wenden, in diesem Falle besitzen, wie vorher,
der Theodolit und die Signale Zapfen von
gleichen Dimensionen und die Signale sind mit
Libellen versehen. Die Kugelgelenke werden
mit ihren Hulsen entweder auf Zapfenstative
aufgeschraubt oder auf Spreizenschrauben mit
kegelformigem Kopf aufgesteckt.
Es gentigt auch, wenn der Theodolit allein
mit einem Kugelgelenk versehen und damit
fest verbunden 1st, die Signale dagegen dieses
Fig. 151. Querschmtt ernes . i\..i u
Kugeigeienkes. uelenk mcht, sondern nur eine btecknulse be-
DEE THEODOLIT.
147
sitzen, welche der des Theodoliten vollstandig gleich 1st. Der Zielpunkt
der Signale muB sich in gleicher Hohe mit dem Mittelpunkt der Gelenk-
kugel befinden (Fig. 152).
Mit dieser Yorrichtung ist das
im § 30 Fig. 65 beschriebene Kom-
paBinstrunient versehen, welches zum
Messen liber eisernen Schienen ge-
braucht wird.
Fig. 152.
Aufstellung des Theodoliten mit
Kugelgelenk.
Die Freiberger Aufstellung. —
Die Freiberger Aufstellung des Theo-
doliten, deren Beschreibung in der
sechsten Auflage der Yermessungs-
kunde von BAUEENEEIND S. 322 sich
findet, ist als der gelungene AbschluB
von mehrfachen Yersuchen zu be-
trachten, die zuerst von dem Professor
JUNGE in der Berg- und Htitten-
mannischen Zeitung Jahrgang 1861, Seite 62, vorgeschlagene Aufstellung
seines Goniometers zu verbessern.
Einmal des historischen Interesses wegen, sodann weil Apparate aus
den verschiedenen Entwicke-
lungsstufen noch im Gebrauch
sind, mb'ge da's Nachstehende
hier Platz finden.
Die JuNGEsche Aufstel-
lung beruht auf der Anwen-
dung einer eisernen Schraube
oder Spindel, deren Gestalt, so-
wie deren Befestigung an einer
Spreize Fig. 153u. 155 zeigen.
Die Spindel endigt oben
und unten in Schraubenge-
winden. Unter der Schrauben-
spitze befindet sich der Hals,
welcher mit einer Hohlkehle
zur Aufnahme der MeBschnur
oder des MeBbandringes ver-
sehen ist.
§103.
Fig. 153. Aufstellung des JuNGEschen Goniometers.
Die Spreizen werden zur Aufnahme der Spindel senkrecht durchbohrt,
wobei der mit besonderen Schneiden ausgeriistete Bohrer eine horizontale
Flache fiir die Auflageplatte herstellt. Nachdem die Spindel durch das
Loch gesteckt und mittels der Flugelmutter an der Spreize befestigt ist,
10
148
SIEBENTES KAPITEL.
schraubt man zunachst auf die Schraubenspitze eine Dosenlibelle, um den
senkrechten Stand der Spindel zu priifen, bez. durch leichte Schlage auf
die Spreize herstellen.
Sobald die Spreizenschraube senkrecht steht, wird die Dosenlibelle ab-
und der Goniometer aufgeschraubt. Derselbe ist ein Theodolit, dessen
DreifuB von einem messingenen abnehmbaren Gehause umgeben ist
(Fig. 153).
In der Mitte der unteren Platte dieses Gehauses ist eine Schrauben-
hiilse angebracht , in welche das Gewinde an der Spitze der Spreizen-
schraube passt.
Der aufgeschraubte Goniometer soil eigentlich sofort horizontal
stehen ; kleine Abweichungen werden durch
die Stellschrauben des DreifuBes beseitigt.
Diese Abweichungen diirfen selbst-
verstandlich nicht bedeutend sein, weil
sonst leicht durch das Beseitigen dersel-
ben das erforderliche Zusammenfallen der
Vertikalachse des Instrumentes mit der
Mittelachse der Schraubenspindel aufge-
hoben wird und hierdurch die Richtig-
keit der Messung leiden wiirde.
Die in Vorschlag gebrachten Signale
(Fig. 154) besitzen namlich keine Hori-
zontierungsvorrichtung , sondern sind so
konstruiert, daB ihr Zielpunkt stets in
der Verlangerung der Schraubenspindel
liegt.
An solchen Stellen, wo Spreizen nicht
__ j angewendet werden konnen, schlagt JUNGE
"[] __ | dieBenutzungeisernerGestellevor(Fig.l54).
Der Arm A ist mit einer Durchbohrung
zur Aufnahme der Schraubenspindel ver-
sehen und die mit Ansatzen versehene Schiene B wird mit Holzschrauben
an der Grubenzimmerung befestigt.
Die JuNGEsche Aufstellung ist wegen der damit verbundenen Nach-
teile nur noch wenig in Gebrauch. Diese Nachteile bestehen zunachst in
der Schwierigkeit, die Hauptbedingung zu erfullen, namlich die Spindeln
genau senkrecht zu stellen. Diese Schwierigkeit steigert sich bei Anwen-
dung der Gestelle auBerordentlich. Sodann ist das Aufschrauben des
immerhin etwas gewichtigen Instrumentes auf die diinne Schraube mit
vielen Windungen lastig und bietet keine Sicherheit fur das Aufdrehen
wahrend des Messens. SchlieBlich ist es eine sehr zeitraubende Operation,
die Schraubenspindel in der angegebenen Art an der Spreize oder an dem
Arme zu befestigen und zugleich senkrecht unter einem gegebenen Winkel-
Fig. 154.
DEE THEODOLIT.
149
punkte aufzustellen, eine Arbeit, die beim AnschluB an friihere Messungen
immer notwendig sein wird.
Eine Verbesserung der JuNGESchen Aufstellung ist dadurch erreicht, § 104,
daB auf die Spitze der Spreizenschraube nicht der Theodolit selbst, son-
dern eine Standplatte mit Kornerpunkten oder Schlitzen fur die Theodolit-
ftiBe aufgeschraubt wird, und daB die Hohlkehle zur Aufnahme der Schnur
dichtunterder Spitze der Schraube angebracht ist. (Osterr. Zeitschrift 1877,
Seite 201: Abhandlung von GODEE. Berg- und Huttenmannische Zeitung
1879, Nr. 27 ff.: Abhandlung von OTTO.)
Die Moglichkeit des Verdrehens der Standplatte wahrend des Messens
ist bei dieser Konstruktion auch nicht ausgeschlossen , und djer Theodolit
Fig. 155 a u. b. Aufstellungsvorrichtung fiir den Theodoliten von GODER.
steht olme Schutz vor clem Herabfallen auf der Platte, aber die schwierig
auszufiihrende Bedingung, die Schraubenspindel senkrecht zu stellen, braucht
hier nicht so streng eingehalten zu werden wie beim JuNGEschen Gonio-
meter, da die Signale entweder auf gleichen DreifuBen stehen, wie der
Theodolit, oder die Schraubenspitze S (Fig. 155 a) selbst als Zielpunkt dient.
Sind namlich die Aufstellungspunkte der Stellschrauben so gewahlt,
daB der Theodolit auf der horizontalen Standplatte genau zentrisch zu der
liber die Oberflache der Platte etwas hinausragenden Schraubenspitze 8
steht, so wird auch bei etwas geneigter Lage der Standplatte durch die
erforderlich werdende Horizontierung des Theodoliten die zentrische Stellung
desselben doch nur wenig leiden, da die Schraubenspitze S nahezu in
gleicher Hohe mit den Enden der DreifuBarme liegt.
Den eisernen Aufstellungsarmen und den claran befestigten Spindeln ist
ferner eine Form gegeben, welche die senkrechte Stellung der Schrauben-
spindel auf leichte Weise erreichen laBt (Fig. 156).
150
SEEBENTES KAPITEL.
§105.
Der untere Teil der Auf legeplatte ist kugelformig abgedreht und das
Loch in dem eisernen Arme erweitert sich nach unten, so daft die Spindel
hinreichenden Spielraum fiir ver-
schiedene Stellungen hat.
Ein anderweitiger Versuch.
die schwierige Senkrechtstellung
der JuxGESchen Schraubenspin-
del entbehrlich zu machen, hat zu
der Konstruktion des EICHHOFF-
OsTERLANDschen Patenttheodo-
liten gefuhrt (Berg- und Hiit-
tenm. Zeitung, 1871, Nr. 39 ff.).
Der beabsichtigte Zweck ist
durch die eigenartige Aufstel-
lungsvorrichtung allerdings erreicht, da aber im fbrigen an der Kon-
struktion des JuxGESchen Goniometers, namentlich an der Terkapselung
der Stellschrauben und an der Yerbindung des Gehauses mit der Spreizen-
schraube durch Schraubengewinde festgehalten wurde, ferner Signale mit
derselben teuern Aufstellungsvorrichtung notwendig sind, so ist ein schwer-
falliges Instrument mit sehr vielem Beiwerk entstanden, was dem praktischen
Markscheider nicht empfohlen werden kann.
Fig. 156. Eiserner Aufstellungsarm von OTTO.
§ 106. Die Freiberger Aufstellung wendet Spreizenschrauben d an, welche
am oberen Ende mit einem Prisma p statt des Schraubengewindes ver-
sehen sind, im iibrigen den JUXGE-
schen Schrauben gleichen. Das
Prisma endigt oben in einer Spitze,
welche in der gemeinschaftlichen
Achse der Schraube d und des
Prismas liegt. Dicht unter der Spitz e
ist die Hohlkehle zu dem bekannten
Zwecke angebracht.
Auf dieses Prisma wird die drei-
armige Standplatte aufgesetzt und
mit einer Klemmschraube festge-
preBt. Aus der Mitte der Stand-
platte ragt ein kurzer hohler Cylin-
der c heraus, dessen Achse mit der
Prismenachse zusammenfallt. Der-
selbe ist dazu bestimmt, das kugel-
Fig. 157. Die Freiberger Theodoiitaufsteiiung. formige Ende i der FuBhulse des
DER THEODOLIT. 151
Theodoliten aufzunehmen, das mit Hilfe der Schraube n und einer Spirale
sanft gegen die innere Wandung des Hohlcylinders angedriickt wird. Die
Enden der mit Rippen verstarkten Arme tragen FuBplattchen zur Auf-
nahme der Stellschraubenspitzen.
Eins dieser Plattchen ist mit einer keilformigen Vertiefung (Schlitz),
welche auf den Mittelpunkt des Hohlcylinders gerichtet ist, versehen und
festgeschraubt, wahrend die beiden anderen kegelformige Yertiefungen
haben und mit geringem Spielraum auf den Miigeln der Standplatte ver-
schiebbar sind, ohne jedoch abfallen zu konnen.
Yon den FuBschrauben des Theodoliten wird eine nur bis zu einer
gewissen durch ein einschiebbares Zwischenstiick bedingten Stelle in den
DreifuBarm eingeschraubt, so daB dieser Arm bei der Horizon tierung immer
in gleicher Hohe iiber der Standplatte bleibt.
Der DreifuB der Signale hat nur zwei Stellschrauben, am dritten Arme
ist ein festes Bein (siehe Fig. 159, § 107) so angebracht, daB dieser Arm
stets in derselben Hohe iiber der Standplatte bleibt wie der des Theodo-
litendreifuBes, dessen Schraube durch das Zwischenstiick gehemmt ist.
Beim Aufsetzen des Theodoliten und der Singnale ist darauf zu achten,
daB nur die gehemmte FuBschraube, bez. das feste Bein in das fest-
geschraubte, mit einer Yertiefung versehene Plattchen der Standplatte
kommt. Die Horizontierung kann beim Theodolit und bei den Signalen
nur mittels zweier Stellschrauben erfolgen.
Durch die beschriebene Yorrichtung ist es moglich, daB der Zielpunkt
der Signale und die Drehachse des Fernrohres nach erfolgtem Wechsel
von Signal und Theodolit sich stets in gleicher Hohe befinden.
Die Freiberger Aufstellung hat im allgemeinen aber besonders den
anderen Aufstellungen dieser Art gegeniiber mancherlei Yorziige.
Jeder gewohnliche Theodolit kann leicht tauglich fur dieselbe gemacht
werden. Es ist nur notig, auf das fur die Zentralschraube vorhandene Ge-
winde einen Knopf mit kugelformigen Wiilsten aufzuschrauben (vergl.Fig. 127).
Die Standplatte wird auf der Spreizenschraube bequemer und sicherer
durch das Aufstecken auf das Prisma als durch das Aufschrauben befestigt.
Der Theodolit steht verhaltnismaBig sicher auf der Standplatte, da die
Kugel tief genug in den Hohlcylinder hinabreicht.
Die ganze Yorrichtung laBt sich mit geringer Abanderung in den
Dimensionen der Schraubenspindel als Zentriervorrichtung, auf Stativen oder
auf Armen benutzen.
Es sind nicht unbedingt besondere Signale erforderlich, da die Spitze
des Prismas als Zielpunkt dienen kann.
SchlieBlich ist die senkrechte Stellung der Schraubenspindel nur annahernd
erforderlich und zwar nicht bloB wenn besondere Signale gebraucht werden,
sondern auch wenn nur die Prismenspitze als Ziel- und Zentrierpunkt dient-
Der Mittelpunkt der Kugel verandert namlich bei einer Drehung der
Stellschrauben seine Lage in dem Hohlcylinder nur sehr wenig, und da
152 SIEBENTES KAPITEL.
die Alhidadenachse bis zum Mittelpunkt der Kugel hinabreicht, ferner die
Spitze des Prismas ganz nahe und zentrisch unter dem Endpunkte der
Alhidade zu liegen kommt, so wird bei einer erforderlich werdenden
Horizontierung des Theodoliten die zentrische Stellung der Prisraenspitze
gegen die Alhidadenachse nicht oder doch nur in verschwinclend kleinem
Grade verandert. Selbstverstandlich clarf die Neigung der Standplatte nicht
bedeutend sein.
107. Die Signale in der Grube. - - Die Signale sincl von der Methode des
Messens abhangig.
Sind die Winkelpunkte in der Streckenfirste fixiert, so dienen (siehe
die Werke von WEISSBACH und BOECHEES) die Lotschniire als Signale,
welche aus den Lochern der kleinen schon (§ 97, Fig. 143) beschriebenen
Krampen herabhangen und durch ein von clem Gehilfen mit der Hand
hinter die Schnur gehaltenes und von hint en beleuchtetes Milchglas oder
bequemer durch ein Stuck mit Ol getranktes Papier sichtbar gemacht
werden. Bei ganz reiner Grubenluft sind diese Schniire zwar noch bei
180 Meter Entfernung anvisiert worden, in den meisten Fallen wird aber
die Grenze nahe bei 100 Meter liegen.
Bei groBeren Entfernungen sind die Flammen gewohnlicher Gruben-
lichter als Signale zu benutzen, welche eingelotet und gegen Wetterzug durch
Holzstiickchen, Glas oder Glimmerblattchen geschiitzt werden.
WEISSBACH wandte Hangelampen (Fig. 158) an, bei denen infolge ihrer
Einrichtung die Flamme sogleich zentrisch unter dem Winkelpunkte ist. Sie
haben wenig Eingang gefunden, da sie schon bei maBigem Wetterzug
pendeln und die freie Flamme sich nur umstandlich vor dem unruhigen
Flackern schiitzen laBt.
Bei dem Messen in schlagenden Wettern bleibt freilich nichts weiter
iibrig, als die Sicherheitslampe nach Art der eben genannten Hangelampen
zu benutzen. Die sonstige Konstruktion der Sicherheitslampen erleichtert
das Anbringen einer Yorrichtung zum zentrischen Aufhangen, nur muB ein
Gelenkwirbel damit verbunden sein, welcher ein Drehen der Lampe um die
Langsachse gestattet, wenn einer der den Glascylinder umgebenden Stabe
das Licht verdeckt. Das Licht der Sicherheitslampe brennt sehr gleich-
maBig, und bietet ein gutes Zielobjekt, wahrend die Lampe selbst vermoge
ihrer Schwere ruhig hangt und sich leicht vor Luftzug schiitzen laBt; Auf
genau horizon taler TJnterlage kann diese Lampe auch aufgestellt und
eingelotet werden.
Bei den Arbeiten mit verlorenen Fixpunkten dienen ebenfalls einfache
Lichtflammen, welche, wie bei den WEISSBACH schen Tellern (§ 103 Fig. 149),
infolge der Einrichtung der Untersatze ohne weiteres zentrisch aufgestellt
werden konnen, als Zielpunkte.
Meistens werden besondere Signale benutzt, welche denselben FuB und
dieselbe Aufstellungsvorrichtung besitzen, wie der Theodolit. Der Zielpunkt
DEE THEODOLIT.
153
1st auf einer Platte aus Metall oder aus Milchglas angebracht und befindet
sich in dem Mittelpunkte einer regelmaBigen Figur, welche aus dem Metall
ausgeschnitten oder auf das Glas mit schwarzer Farbe aufgetragen ist
(vergl. Fig. 150 Seite 146). Diese Platte wird von hinten mit einem Lichte
beleuchtet, welches moglichst vor Luftzug geschiitzt werden muB, weil bei
flackernder und schwankender Flamme die Starke der Beleuchtung wechselt
und demzufolge die Einstellung des Fadenkreuzes erschwert wird.
Fig. 158. WEISSBACHS
Hangelampen.
Fig. 159. Signal zur Freiberger
Theodolitaufstellung.
AuBerdem sind diese den Zielpunkt enthaltenden Flatten zum Kippen
um eine durch den Zielpunkt gehende Achse eingerichtet und mit einem
kleinen Fernrohr verseben, damit bei geneigten Yisuren das Signal senk-
recbt zur Yisur gestellt werden kann und daher unverkiirzt im Fernrohr
gesehen wird.
Als Beispiel ist in Fig. 159 das Signal zur Freiberger Aufstellung mit
Weglassung des Leuchtzeuges abgebildet.
154
SIEBENTES KAPITEL.
108. In stark geneigten Strecken und in tonnlagigen Schachten, wo die
Signale unter groBen Elevations- oder Depressionswinkeln gesehen werden,
tritt aber leicht der tTbelstand ein, daB die Beleuchtung
der Signalplatten Schwierigkeit macht und daB bei aufwarts
gerichteterVisierlinie derFuB des Signals den Zielpunkt deckt.
Bei derartigen Messungen sind deshalb besondere Signale
anzuwenden.
BOECHEES (Praktische Markscheidekunst, Seite 119 — 124)
wendet Signallampen an, deren Form aus Fig. 160 .zu ersehen
ist. Diese Lampen werden in Verbindung mit dem in § 99
beschriebenen Armen nebst Zentriervorrichtung derartig
benutzt, da6 sie in die niit entsprechendem Ansatz a (Fig. 161)
versehene kreisruude Offnung eingesetzt werden. Die Flamme
befindet sich dann genau im Mittelpunkte der Offnung und
auch der Standplatte.
Fiir den Fall, daB die Neigung der Visierlinie so gering wird, daB die
Kopfplatte das Signallicht deckt, so ist eine zweite Lampe bereit zu halten,
deren Benutzung da beginnt, wo die der ersteren aufkb'rt (Fig. 161).
Fig. 160.
Signallampe von
BORCHERS.
Fig. 161. Arm und Zentriervorrichtung von BORCHERS mit Signal.
Um das gleichmaBige Brennen der Signallampen zu befordern, sind
dieselben mit Regulatoren versehen, deren Konstruktion und Wirkungs-
weise aus der Fig. 162 zu erkennen ist.
DEE THEODOLIT.
155
Die Flamme wird vor dem Wetterzuge geschiitzt durch eine cylin-
drische Hiille von diinner Pappe, auf welche, wenn der Luftzug von oben
nach unten geht, ein reines (jlim-
merblatt gelegt wird. Hat der
Wetterzug eine umgekehrte Rich-
tung, so ist der freie Raum neben
der Signallampe durch eine pas-
sende Platte aus Glas zu ver-
decken.
BOECHEES hat seine in jeder
Beziehung bedeutenden Schacht-
messungen mit diesen Signal-
lamp en ausgefiihrt und dadurch
denselben das beste Zeugnis ihrer
Brauchbarkeit ausgestellt.
Der Markscheider CHOULANT
beschreibt im Jahrgange 1872 der
Berg- und Hiittemn. Zeitung,
Nr. 15, einen auf dem Prinzip des
Heliotropen beruhenden Signal-
apparat, von ihm Phototrop ge-
nannt, der in seiner Konstruktion
die Eigentiimlichkeiten des BEE-
TEAM schen und STEINHEIL schen
Heliotropen in sich vereinigt.
Durch eine Holzschraube und
verschiedene Achsen- und Zapfen-
bewegungen laBt sich der Apparat
so anbringen, dafi der Mittelpunkt
des Spiegels S (Fig. 163) sich
lotrecht unter dem Winkelpunkte *
befindet. Ferner wird .mit Hilfe
des an dem beweglichen Arme A
sitzenden und in einem besonderen
Gelenke G verdrehbaren Diopter-
rohres R und mit Hilfe des von
der Belegung befreiten Mittel-
punktes des Spiegels die Flache
desselben rechtwinkelig zur Yisier-
ebene gestellt.
Die den Spiegel beleuchtende
Grubenlampe erhalt einen solchen
§109.
Fig. 162.
Olregulator an der BOKCHERS schen
Signallampe.
Fig. 163. CHOULANTS Phototrop.
156
SIEBENTES KAPITEL.
Platz, daB die Lichtstrahlen von dem erforderlichen Falles etwas zu kip-
penden Spiegel in das feststehende Diopterrohr und nach Wegnahme des
letzteren in die Richtung auf den Theodoliten geworfen werden.
Das Diopterrohr ist zum besseren Erkennen der richtigen Reflexion
der Strahlen mit einem umlegbaren Deckel zu verschlieBen, dessen Innen-
seite mit Spiegelglas bekleidet ist.
CHOULANT giebt an, daB der von der Belegung befreite Mittelpunkt
des beleuchteten Spiegels dunkel erscheint und auf Entfernungen bis zu
80 und 100 Meter noch sehr gut zur Einstellung des Fadenkreuzes be-
nutzt werden kann.
Bei groBeren Entfernungen ist der Spiegel selbst anzuvisieren. Da
aber der hellste Punkt des Spiegels wegen der seitlichen Stellung der
Lampe nicht in der Mitte liegt und zu falschen Visuren Veranlassung
geben kann, so ist vor die Flamme ein Porzellantafelchen zu halten, um
dadurch eine gleichmaBige Beleuchtung des Spiegels hervorzubringen.
Der Signalapparat kann in horizontalen und in geneigten Gruben-
raumen mit gutem Erfolge verwendet werden, hat aber trotzdem aus nahe-
liegenden Griinden wenig Verbreitung gefunden.
110. Weit einfacher und handlicher ist der vom verstorbenen Professor
VIERTEL vorgeschlagene und im ,,Zivilingenieur" 1878, Seite 595, beschrie-
bene Signalapparat.
Fig. 164 a u. b. Grubensignal von VIERTEL,.
Fig. 164 giebt eine schematische Zeichnung desselben.
Eine mit messingener Fassung umgebene Sammellinse L ist um eine
seitlich angebrachte horizontal Achse A drehbar. Mit dieser Fassung ist
an der hinteren Seite der Linse ein Spiegel S in einer solchen Lage und
Neigung gegen die Linse angebracht. daB die Strahlen eines neben der
Linse in der Richtung der Drehachse stehenden Lichtes / immer derartig
DER THEODOLIT.
157
auf die Linse zuriickgeworfen werden, als wenn sie aus dem Brennpunkte
der Linse kamen. Nach dem Durchgange durch die Linse werden die
Strahlen unter sich parallel fortgehen. An der horizontalen Achse der Linse ist
ein kleines Diopterlineal D befestigt, mit dessen Hilfe, unter Mitwirkung
einer vertikalen Drehachse V, man leicht die Linse rechtwinkelig gegen
die optische Achse des Theodolitfernrohres fiir jede Neigung und Richtung
desselben stellen kann.
Das hier durch hervorgebrachte Lichtsignal ist stets kreisformig und
gleichmaBig beleuchtet. Bei zu kurzen Entfernungen kann man durch
farbiges Planglas
das Licht abschwa-
chenund den Durch-
x
messer durch eine
aufgelegte Papier-
oder Metallblen-
dung einschranken.
Das Licht und
der groBte Teil des
ganzen Apparates
ist zum Schutz ge-
gen Wetterzug und
Tropfwasser mit
einer Blechhulle zu
umgeben, inwelcher
ein gebrochener
Schornstein einge-
setzt ist. AuBerdem
ist der Apparat mit
einer Vorrichtung
zur zentrischen Auf-
stellung zu versehen.
Das VIERTEL-
sche Signal hat zwar
bis jetzt wenig Ver-
breitung gefunden, verdient aber Beachtung.
Es wird z. B. zu Messungen in tonnlagigen Schachten in Yerbindung
mit den BOECHERS schen Armen leicht anwendbar zu machen sein.
Die Drehung um die vertikale Achse ist in diesem Falle durch einen
zweckmaBig angebrachten Ring R zu vermitteln, der sich auf den Ansatz
a (Fig. 165) in der zentrischen Durchbohrung der Standplatte auflegt und
darauf drehbar ist.
Die Durchbohrung der Standplatte nmBte allerdings etwas groBer sein,
als fiir die BoRCHERschen Signallampen (siehe § 108, Fig. 160).
Fig. 165a u. b.
Verbindung des VIERTEL schen Signals mit den
BORCHERS schen Armen.
158 SIKBENTES KAPITEL.
111. Die naheliegende Frage, welche Aufstellung und welche Zentrierung
des Theodoliten vor alien anderen den Yorzug verdient, ist wegen des
innigen Zusammenhanges dieser Arbeit mit der ganzen Methode des
Messens zugleich auf letztere auszudehnen.
Diese Frage wird sich aber nur unter jedesmaliger Beriicksichtigung
der Verhaltnisse in den aufzunehmenden Grubenraumen, also nicht aus-
schlieBlich zu gunsten einer Methode beantworten lassen.
Man kann nur den einen Hauptgrundsatz aufstellen, da6 der Mark-
scheider nicht starr an einer Methode festhalten darf, sondern je nach
Bedurfnis und ZweckmaBigkeit die eine oder die andere anwenden soil,
aber dabei bestrebt sein muB, mit moglichst einfachen und wenigen Hilfs-
apparaten auszukommen und alles iiberfliissige und beschwerliche Beiwerk
zu vermeiden.
Als Yorteil und Nachteil der einzelnen Methoden laBt sich ungefahr
folgendes anfiihren:
Das Verfahren mit fixierten Winkelpunkten gestattet ein
Trennen der Messung von Winkeln und Langen und die Signale sind die
denkbar einfachsten (Lot, ein Stuck geoltes Papier und die gewohnliche
Grubenlampe). Die Fixierung samtlicher Winkelpunkte, namentlich bei
festem Gestein, giebt der ganzen Messung einen dauernden Wert und macht
die Wiederholung und Prufung der Arbeit im einzelnen, sowie den An-
schluB spaterer Messungen leicht moglich, auch wenn einzelne Punkte
verloren gehen sollten. l
Das Stativ, Arme und auch Spreizen lassen sich dabei verwenden.
Das trigonometrische Nivellieren kann mit Hilfe der BoECHEESschen
Zielvorrichtung sehr leicht damit verbunden werden.
Dagegen erfordert das Fixieren der Winkelpunkte im festen Gesteine
Muhe und Zeit und das Zentrieren des Theodoliten ist zuweilen schwierig.
Das Messen mit verlorenen Winkelpunkten laBt ein schnelles
Arbeiten zu, da das Fixieren der Winkelpunkte bis auf die SchluBpunkte
wegfallt und das Aufstellen und Zentrieren des Theodoliten keinen Zeit-
aufwand beansprucht.
Dem gegentiber sind folgende Nachteile anzufuhren:
Der AnschluB an spatere Messungen ist auf die Erhaltung der wenigen
SchluBzeichen beschrankt.
Das Messen der Wlnkel und Langen kann nicht getrennt, sondern
muB abwechselnd hintereinander vorgenommen werden. Der Markscheider
ist demnach gezwungen, die Apparate fur das Langenmessen gleich mit-
zufiihren.
1 So sind z. B. die festen Zeichen, welche BOUCHERS bei seinen Messungen behufs
der Durchschlagsangaben des Ernst- Auguststollens vor ca. 25 Jahren schlagen lieB, zum
grofien Teil noch erhalten und sind bei dem jetzt begonnenen Werk:. ,,Die Um-
arbeitung der Oberharzer Grubenrisse" von grofiem Nutzen gewesen.
DER THEODOLIT. 159
AuBerdem ist beim Langenmessen mit besonderer Aufmerksamkeit
darauf zu achten, daB kein Winkelpunkt verriickt wird, well sonst ieicht
die ganze friihere Messung verloren gehen kann. Wircl mit drei Stativen
gearbeitet, so sind die Winkelpunkte entweder auf die Sohle oder in die
Firste durch Lotung zu iibertragen.
Spreizen geben zum Befestigen der MeBschniire den sichersten Halt,
haben aber, wenn sie zugleich zur Aufstellung des Theodoliten dienen, den
Nachteil, daB der Markscheider beim jedesmaligen Stellungswechsel ent-
weder iiber sie hinwegschreiten oder unter ihr durchkriechen muB.
Werden Arnie oder Spreizen mit den Schraubenspindeln der Frei-
berger Aufstellung benutzt, an welchen die MeBschnur oder das MeBband
befestigt werden , so ist die G-efahr nicht ausgescblossen , daB durch den
starken an dem Hebelarm der Spreizenschraube wirkenden Zug, mit
clem das MeBband straff gespannt werden muB, ein Verdrehen des Armes
oder der Spreize herbeigefiihrt wird. Bei Pracisionsmessungen erscheint
es wenigstens gewagt, auf dieselbe Schraubenspindel, welche einem solchen
Zug des MeBbandes ausgesetzt war, den Theodoliten behufs genauer Winkel-
messung zu setzen.
Es bleibt also nichts weiter iibrig, als die Winkelpunkte in die Firste
durch Lotung zu iibertragen, oder statt drei solcher Aufstellungsvorrichtungen
der en sechs anzuwenden.
SchlieBlich ist noch als Nachteil dieser Methode anzufuhren, daB die
hierbei angewendeten Signale sehr teuer und sehr umfangreich sind, so daB
sie zur Yermehrung der beim Messen mitzufuhrenden Hilfsapparate sehr
erheblich beitragen.
Es erscheint in der That zweifelhaft, ob die Kosten und die vermehrte
Miihe beim Transport solcher schwerfalliger Signale, deren FiiBe und Unter-
satze denen des Theodoliten gleichen und deren Zielpunkte die gleiche Hohe
wie die der Fernrohrdrehachse haben, mit den dadurch zu erreichenden
Vorteilen im Verhaltnis stehen.
Man will mit Hilfe dieser Signale den Gradbogen entbehrlich machen
indem man den Neigungswinkel der Visierlinien in zwei Aufstellungen, also
sehr genau, ermittelt und denselben zur Berechnung von Sohle und Seiger-
teufe benutzt, wenn die Lange der geneigten Yisierlinie unmittelbar ge-
messen wird. (Yergl. § 68 das trigonometrische Nivellieren.)
Das unmittelbare Messen der geneigten Yisierlinie ist aber nur bis zu
Entfernungen von hochstens 30 m genau auszufiihren. Bei langeren Stations-
linien muB deren Lange stiickweise unter Zuhilfenahme von Spreizen ge-
messen werden.
Diese Spreizen in eine solche Lage zu bringen, daB die einzelnen Schnur-
stiicke eine gerade Linie bilden (vergl. Fig. 28 S. 25), kostet viel Zeit und Miihe
und man wird viel besser thun, die Lange in gebrochener Linie mit Anwendung
des Gradbogens zu ermitteln, welches Instrument unter gewohnlichen Yer-
haltnissen zur Berechnung der So hi en hinreichend genaue Resultate liefert.
160 SIEBENTES KAPITEL.
Hiernach konnen die in Frage kommenden Signale nur bei Stations-
linien von ungefahr 30 m Lange mit den beabsichtigten Nutzen angewendet
werden. Da aber die Winkelinessung niit clem Theodoliten um so genauer
ausfallt, je langer die Yisuren genommen werden, so ist nicht recht ein-
zusehen , warum man den teuren und schwerfalligen Signalen zu Liebe
einen so groBcn Vorteil aufgeben soil, namentlich da man das, was mit
Hilfe dieser Signale erreicht wird, auf bequemere Weise in geniigender
Scharfe erhalten kann.
Beobachtet man namlich nicht auf jedem Winkelpunkte, sondern nur
abwechselnd die Neigungswinkel, so erhalt man denselben zur Berechnung
der Seigerteufen hinreichend genau, wenn man bedenkt, daB die durch
das trigonometrische Nivellement gewonnenen Resultate doch nicht fur
genaue markscheiderische Angaben verwandt werden konnen, sondern daB
in diesem Falle stets zum Luftblasenniveau gegriffen wird (vergl. § 68).
Zu dem einmaligen Messen des Hohenwinkels geniigen einfachere Sig-
nale, welche auch in steil fallenden Strecken und Schachten, wo jene ganz
den Dienst versagen, ebenfalls benutzt werden konnen.
§ 112. Das Messen mit dem Theodoliten in tonnlagigen Schachten. — Die
Messungen in tonnlagigen Schachten sind nach der von BOCRHERS durch
seine Pracisionsmessungen erprobten Methode auszufiihren, welcher er in
seiner praktischen Markscheidekunst S. 130 — 140 ausfiihrlich beschreibt.
Indem auf das genannte Buch verwiesen wird, soil hier nur das Wich-
tigste hervorgehoben werden.
BORCHERS wendet einen kleinen Theodoliten mit exzentrischem Eern-
rohre an. Die kleinere Form ist gewahlt, weil hiermit der beschrankte Raum
in Schachten besser ausgenutzt wird und auch der Transport des kleineren
Instrumentes leichter ist.
Es kann jedoch jeder Theodolit mit exzentrischem Fernrohre Ver-
wendung finden.
Die Aufstellung des Theodoliten erfolgt auf Armen, die nebst Zentrier-
und Signalvorrichtung bereits beschrieben sind. § 100. Fig. 148.
Das unmittelbare Anvisieren des unteren Signals ist stets unbequeni
auszufiihren, wahrend dieYisur von unten nach oben, namentlich dasAuf-
suchen des Lichtsignals mit dem Fernrohr schwierig ist.
Man bedient sich zur Erleichterung eines Prismenokulars. wodurch die
Visierlinie um 90 Grad gebrochen wird und das Auge in bequemer Stellung
des Korpers in die Visierlinie gebracht werden kann, Fig. 131 Seite 119.
Das Auffinden des Signals ist durch das Prisma aber noch mehr erschwert.
Man muB daher, nachdem zum erstenmale das Fadenkreuz auf das Signal
eingestellt worden war, durch genaue Abmessungen von festen Punkten
nach den Fernrohrtragern und dem Okular sich die leichte Wiederholung
des Einstellens auf das obere Signal sichern.
DEE THEODOLIT.
161
Fig. 166. Der kunstliche Horizont.
Ein Mittel, das unmittelbare Visieren nach oben zu umgehen, bietet
der kiinstliche Horizont, indem man das sich in demselben spiegelnde Bild
der oberen Lichtflamme anvisiert.
Dieses Spiegelbild liegt mit dem Signale und dem Fernrohre des Theo-
doliten in einer Vertikalebene und wird unter einem Depressionswinkel a
gesehen, der dem Elevationswinkel ft am
Reflexionspunkte gleich ist (Fig. 166).
Man verwandelt demnach eine auf-
warts gerichtete Visierlinie in die bequemere
abwarts gerichtete und hat nicht notig,
das Fernrohr beim LTberfiihren desselben
aus einem Winkelschenkel in den anderen
zu kippen, wie es beim unmittelbaren An-
visieren des oberen und unteren Signals
in bedeutendem MaBe gesche^en muB.
Der kunstliche Horizont wird in einer
kleinen messingenen Dose, deren Stiel
zwischen den Kopfplatten am Arme mittels
Holzkeile befestigt werden kann, mit Hilfe
von Ol, dem etwas KienruB beigemengt
ist, hergestellt. Der Rand der Dose ist
etwas schrag abgeschnitten., weil zur Ab-
haltung des Wetterzuges ein reines Glimmerblatt iiber den Horizont ge-
deckt und das darin sich zeigende Spiegelbild unschadlich fur die Visur
gemacht werden muB. Durch das Glimmerblatt findet nach den Beobach-
tungen von BORCHERS keine Ablenkung des Strahles statt.
Der kunstliche Horizont wird bei dem Messen der Horizontal- und
Vertikalwinkel benutzt.
Das eigentliche Verfahren wird am besten an der Figur 167 erlautert.
Die Winkelpunkte sind die in den Zentriervorrichtungen sitzenden
Signallampen A, B, C. Der Winkel, welchen die Horizontalprojektionen
der beiden Schenkel BA und B C miteinander einschlieBen, und die beiden
Langen Bf und 1C sollen ermittelt werden.
In jeder Aufstellung des Theodoliten sind auBer der eigentlichen
Winkelmessung folgende Arbeiten zu erledigen.
Mittels des Hohenkreises sind die Punkte I, II, III u. s. w. in gleicher
Hohe mit der Fernrohrdrehachse an dem SchachtstoBe zu bestimmen und
zu fixieren ; ferner ist der Abstand der Fernrohrdrehachse von dem Licht-
signale iB = ef und oC = kl und auch von dem Spiegel des kiinstlichen
Horizontes eg und km zu messen.
Das Messen des Horizontalwinkels erfolgt durch mehrmalige Repe-
tition in beiden Lagen des Fernrohres und daran schlieBt sich die Messung
des Elevations- und Depressionswinkels, ebenfalls in beiden Lagen.
Bei der Messung der Depressionswinkel a und y visiert man die
BBATHUHN, Markscheidekunst. 1 1
162
SIEBENTES KAPITEL.
Flamme des unteren Signals unmittelbar an, wahrend man behufs Messung
des Elevationswinkels das Fadenkreuz auf das Spiegelbild des oberen Signals
Fig. 167. Theodolitmessungen in tonnlagigen Schachten.
DEE THEODOLIT.
163
im kiinstlichen Horizon! einstellt und dadurch in den Stellungen des Theo-
doliten auf B und C die Winkel ft = ft*, bez. 8=3* mifit.
Am SchluB werden mit Hilfe des MaBgestanges die seigeren Abstande
der Punkte I, II, III u. s. w. genau ermittelt, und damit sind alle Unter-
lagen gegeben, um die Projektionen der
Winkelschenkel BA und BCzu berechnen.
Dies geschieht bei jeder einzelnen
Projektion auf zwei verschiedenen Wegen.
Bf wird einmal aus dem Winkel u und
der Kathete df des rechtwinkeligen
Dreiecks dfB berechnet, das zweite Mai
aus den Stiicken gh und h B (der Punkt
B' ist in der Figur weggelassen ; er liegt
senkrecht um eine Lange gleichjf^ unter
B, in gleicher Hohe mit der Oberflache
des kiinstlichen Horizontes).
Die Lange gh wird aus der Kathete
Ag und dem Winkel ft des rechtwinke-
ligen Dreiecks Agh und hB' aus iB' = eg
und dem Winkel ft berechnet.
Wird der kiinstliche Horizont nicht
angewandt, Fig. 168, so erfolgt die Be-
rechnung der Projektionen Bf des Winkel-
schenkels BA einmal aus der Kathete df
und dem Winkel #, das andere Mai aus
dem Winkel ft und der Kathete Ae.
Bei dem Messen der Hohenwinkel mittels des exzentrischen Fernrohres
ist iibrigens das zu berucksichtigen, was hieriiber in § 95 gesagt worden
ist (vergl. Fig. 140).
Fig. 168.
Achtes Kapitel.
Die Ausfuhrmig yon Markscheiderztlgen.
Die eigentlichen Markscheiderarbeiten kann man einteilen in solche, § 113,
welche lediglich die riBliche Darstellung der Grubenraume zum Zweck
haben, und in sogenannte Durchschlagsziige.
Diese letzteren Ziige werden ausgefiihrt zur Angabe wichtiger berg-
mannischer Anlagen und Betriebseinrichtungen, z. B. behufs Zusammen-
fiihrung der Gegenorter von Stollen und Strecken, ferner behufs tFbertragung
eines Tagepunktes in die Grube oder eines Punktes der hoheren Sohle in
die tiefere und umgekehrt. Die zuletzt genannte Aufgabe hat meistens
11*
164 ACHTES KAPITEL.
die Angabe eines Schachtes zum Zweck, der entweder nur von der Tages-
oberflache aus oder in mehreren tibereinanderliegenden Sohlen in Angriff
genommen werden soil.
AuBerdem rechnet man hinzu die Bestimmung solcher Grenzen, welche
der Grubenbau nicht iiberschreiten darf, namentlich die Sicherheitspfeiler
an der Feldesgrenze, sowie den zum Schutz von Hausern, StraBen, Eisen-
bahnen und dergleichen.
Die Aufnahme aller der genannten Gegenstande auf der Tagesober-
flache, sowie iiberhaupt der baulichen Anlagen, welche der bergmannische
Betrieb erheischt, und die Bestimmung ihrer Lage gegen die Grubenbaue
gehort ebenfalls zu den Aufgaben des Markscheiders.
In gleicher Weise muB letzterer alle Feldmesser- und Ingenieur-
arbeiten, z, B. Vermessung von ganzen Gemarkungen, die Projektierung von
StraBen, Eisenbahnen, Wasserlaufen, Wehr- und Stauanlagen, die Kubizierung
von Hohlraumen und Korpern, von Teichen, Halden u. dergl. ausfuhren
konnen, aber an dieser Stelle werden derartige Aufgaben nicht beriick-
sichtigt werden, da dies Buch nur die Besprechung der eigentlichen Mark-
scheiderarbeiten bezweckt.
114. Vor Beginn einer groBeren markscheiderischen Arbeit muB es die erste
Sorge des Markscheiders sein, iiber das Grubenfeld, sobald es eine gewisse
Ausdehnung erreicht, ein richtiges, womoglich nach einem bestimmten
Meridian orientiertes Dreiecksnetz zu legen und sicher zu versteinen.
Der Nutzen eines solchen Netzes ist nicht blofi ein augenblicklicher,
sondern auch ein dauernder.
Mit dem Netze wird namlich die Lage aller vorhandenen Stollen und
Schachte genau bestimmt und dieser Umstand verleiht der daran an-
schlieBenden Grubenvermessung um so groBere Sicherheit, je mehr solcher
Verbindungen vorhanden sind. Sodann gewahren die einmal festgelegten
Dreieckspunkte eine groBe Erleichterung fiir alle spateren markscheiderischen
Angaben, indem die Messungen nur von jenen versteinten Punkten aus-
zugehen brauchen.
Ist ein solches Dreiecksnetz schon fiir ein einzelnes Grubenfeld wiin-
schenswert, so wird es fiir einen groBeren Grubenkomplex, wo die Inne-
haltung der Grubenfeldsgrenzen von groBer Wichtigkeit ist, zu einer Not-
wendigkeit.
Die Aufgabe jedoch, iiber groBere Grubenkomplexe ein gutes Dreiecks-
netz zu messen und zu berechnen, iibersteigt die Krafte des einzelnen
Markscheiders und deshalb ist es mit Freuden zu begriiBen, daB im Konig-
reich PreuBen die Triangulation der allgemeinen Landesaufnahme vorziiglich
in den Bergbaudistrikten zum Teil infolge von Vorstellungen der Konig-
lichen Bergbehorden beschleunigt und bis zu den Dreiecken IV. Ordnung
ausgefiihrt worclen ist.
DIE AUSFUHBUNG VON MABKSCHEIDEKZUGEN. 165
Die Gegend von Saarbriicken, der Oberharz und, wo es am wichtigsten
1st, der groBe westfalische Bezirk erfreuen sich bereits der Wohlthat eines
solchen Dreiecksnetzes und die iibrigeri Bezirke werden derselben ebenfalls
bald teilhaftig werden.
Es ist Sache der Markscheider, den AnschluB an diese ausgezeichneten
Grundlagen zu gewinnen. Der Wichtigkeit der Sache wtirde es sogar ent-
sprechen, wenn bergpolizeiliche Vorschriften und die Geschaftsanweisungen
der Markscheider diese Bestrebungen unterstiitzten.
Die bei diesen AnschluBmessungen erforderlich werdenden Berechnun-
gen, namentlich der Fehlerausgleichungen sind fur den praktischen Ge-
brauch in ganz vorziiglicher und ubersichtlicher Weise gegeben in dem
Buche: ,,Die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen in der
FeldmeBkunst. Bearbeitet von F. G. GAUSS. Konigl. PreuB. General-
inspektor des Katasters."
Dieses Werk ist bei derartigen trigonometrischen AnschluBarbeiten
fur den Markscheider unentbehrlich ; die samtlichen darin enthaltenen Eor-
meln sind klar und vollstandig, so daB auch ohne groBe Vorkenntnisse das
Buch benutzt werden kann.
Dasselbe ist auch in weiterer Beziehung sehr inhaltsreich. Es be-
riicksichtigt, wie der Titel sagt, alle Operationen und Rechnungen, welche
bei trigonometrischen und polygonometrischen Yermessungen vorkommen
konnen, namentlich ist auch eine Anleitung gegeben, die spharisch recht-
winkeligen Koordinaten zweier Punkte auf der Erdoberflache, ihre Ent-
fernung, den Erdbogen und dessen Azimut aus den geographischen Positionen
und umgekehrt aus ersteren das letztere zu berechnen. Die dazu notigen
Tabellen iiber die Dimensionen des Erdspharoids sind in dem Anhange dem
GauBschen Buche beigefiigt.
Yermag der Markscheider seine Punktenbestimmung an gegebene
Punkte nicht anzuschlieBen, so ist er genotigt, ein unabhangiges Dreiecks-
netz zu bestimmen. Dasselbe wird die Ausdehnung eines Grubenfeldes nicht
uberschreiten.
Wenn die Oberflachenverhaltnisse es gestatten, so iiberspanne man die
ganze zu triangulierende Flache mit einem einzigen groBen moglichst gleich-
seitigen Dreiecke. An dasselbe schlieBe man die kleineren Dreiecke an
und messe samtliche Winkel und die Lange zweier Dreiecksseiten genau.
Diese zu messenden Seiten diirfen nicht zu nahe aneinanderliegen, am
besten wahlt man sie an den entgegeugesetzten Seiten des ganzen Dreiecks-
netzes aus. Aus diesen gemessenen Seiten und den Winkeln leite man
einen vorlaufigen mittleren Wert fur die Koordinaten der Eckpunkte des
Hauptdreiecks ab.
Aus diesen vorlaufigen Koordinaten des Hauptdreiecks berechnet man
nach den Methoden des ,,Einsehneidens" (siehe GAUSS) die Koordinaten
samtlicher Dreieckspunkte und am SchluB auch die Langen @ und @x , der
gemessenen Dreiecksseiten. Sind S und ^ die durch Me'ssung gefundenen
166 ACHTES KAPITEL.
Langenzahlen derselben, welche etwas von @ und @j abweichen, so ver-
einige man die beiden Quotienten ^ und ^-l- zu einem arithmetischen Mittel q
1
und multipliziere hiermit die vorlaufigen Eoordinaten der samtlichen Dreiecks-
punkte.
Bequemer fuhrt man die Berechnungen aus, wenn man nur die Ver-
besserungen ermittelt, welche den vorlaufigen Koordinaten jx, ja, £3 . . .
tyj, t)2, ty3 zuzufugen sind, um die definitiven xlf #2, z3 . . . y19 yz, y3 zu
erhalten.
Dies geschieht, wenn q — \ — -^ 1st, nach den Fornieln:
#2 = ^2 + ^ ~ 1) ^2 > A'2 = £2 + (? " 1) £2
etc. etc.
1st es nicht ausfiihrbar, das Yermessungsgebiet mit einem einzigen
groBen Dreiecke zu uberspannen, so wird man deren zwei oder mehrere
derselben aneinanderreihen. (siehe GAUSS S. 155).
In bergigem Terrain mit tiefen sich krummenden Thalern kann man
auch diese Regeln nicht befolgen und muB das Dreiecksnetz legen so gut
es gehen will. Hierbei sind haufig ungiinstig geformte Dreiecke mit in
den Kauf zu nehmen.
Auch in diesem Falle werden die Langen zweier Dreiecksseiten ge-
messen und auf Grund dieser beiden Langen .und der Winkel die Koordi-
naten aller Dreieckspunkte berechnet. Bei geringer Differenz der beiden
Werte geniigt in den meisten Fallen das arithmetische Mittel aus ihnen.
Mit Befolgung dieser einfachen Methode sind von BOECHERS unter
den ungiinstigsten Terrainverhaltnissen doch die genauen Resultate bei den
Durchschlagsangaben des Ernst-August-Stollns erzielt worden.
Die Dreieckspunkte sind vor der Messung mit Steinen zu bezeichnen,
welche so tief unter die Oberflache des Erdbodens zu versenken sind, daB
sie vor alien Yerletzungen und Yerschiebungen geschiitzt sind. Ich habe
circa l/2 m hohe Steine angewendet mit einer behauenen quadratischen
Oberflache von 20 cm Seite, in deren Mitte ein 5 cm tiefes rundes Loch
zur Aufnahme der Signalstange gebohrt war.
In sandigem oder weichem Boden wird der Punkt noch dadurch ge-
sichert, daB er auf einer Steinplatte bezeichnet ist, die in zweckmaBiger
Tiefe unter dem Lochsteine versenkt liegt.
Wichtige Polygonpunkte werden ebenfalls mit solchen Lochsteinen
bezeichnet; weniger wichtige mit l/2m langen 10 — 15cm starken Pfahlen,
in deren Mitte nach dem Einschlagen ein Loch gebohrt wird.
115. Die Wahl der Instrumente und Methoden bei den einzelnen mark-
scheiderischen Arbeiten hat der Markscheider nach den jedesmaligen vor-
liegenden Yerhaltnissen zu treffen.
DlE AUSFUHEUNG VON MAEKSCHEIDEEZUGEN. 167
Es ware ein unniitzes Bemuhen, alle einzelne Falle an dieser Stelle
zu besprechen.
Im allgemeinen kann man den Grundsatz aufstellen, daB behufs
risslicher Darstellung alle Gruben, in denen nur wenig Eisen ver-
wendet wird, namentlich wenn haufige Verbindungen mit dem Dreiecks-
netze iiber Tage vorhanden sind , lediglich mit KompaB und Gradbogen
vermessen werden konnen, daB dagegen in Gruben von grb'Berer Ausdeh-
nung, in denen eiserne Schienengestange liegen und zum Grubenbau Eisen
verwendet wird, die Hauptstrecken und Querschlage mit dem Theodoliten
und dem Luftblasenniveau aufzunehmen sind, wahrend bei der Yermessung
der Neben- und Abbaustrecken , sowie solcher Hauptstrecken, die sich in
mehreren Punkten an das mittels des Theodoliten festgelegte Polygon an-
schlieBen, der KompaB event, nach einer der im fiinften Kapitel beschrie-
benen Methoden angewendet werden kann.
Bei Durchschlagsziigen von einiger Ausdehnung und Wichtigkeit 1st
dagegen stets der Theodolit mit dem Luftblasenniveau zu verwenden.
Nicht die zunehmende Tiefe und Ausdehnung der Gruben haben den § 116.
KompaB verdrangt, sondern allein das in der Grube verwendete Eisen.
Bei Beriicksichtigung der Veranderungen des magnetischen Meridians und
bei richtiger Methode des Zulegens vermag fur die rissliche Dar-
stellung der KompaB den Wettstreit mit dem Theodoliten aufzunehmen.
Mit letzterem ist man zwar im stande, die Brechungswinkel eines Poly-
gons genau zu messen, aber da die zur Berechnung der Koordinaten er-
forderlichen Azimutalwinkel der einzelnen Seiten durch succesive Summie-
rung der gemessenen Polygonwinkel abgeleitet werden, so wird eine An-
haufung der beim Messen der Winkel gemachten Fehler entstehen, welche
auf das Endresnltat einen schadlichen mit der Lange des Zuges proportional
wachsenden EinfluB ausiibt.
Bei dem Messen mit dem KompaB wird das Streichen einer jeden
Linie ganz unabhangig von der vorhergehenden bestimmt und ein darin
begangener Fehler pflanzt sich parallel, d. h. ohne zu wachsen, fort.
Die Ablesegrenze des Kompasses ist auf circa fiinf Minuten anzu-
nehmen und mit jeder einzelnen Schnur kann ein Fehler bis zu dieser
GroBe gemacht werden.
Nach den gewonnenen Erfahrungen wiederholen sich diese mog-
lichen Fehler aber nicht in derselben Weise, sondern sie fallen bald auf
die eine, bald auf die andere Seite und heben sich dadurch grb'Btenteils
gegenseitig auf.
Die Ausfiihrung von Ziigen behufs risslicher Darstellung der § 117.
Gruben raurne haben ganz unabhangig von den Instrumenten, mit
welchen sie ausgefiihrt wurden, sehr viel tFbereinstimmendes.
168
ACHTES KAPITEL.
Die Beschreibung solcher Ziige wird deshalb am iibersichtlichsten
ausfallen, wenn zunachst ein Zug init dem gewohnlichen Hangezeuge aus-
fiihrlich besprochen und am SchluB cler einzelnen Abschnitte nur das her-
vorgehoben wird, worin ein Theodolitzug davon abweicht.
Yor Beginn einer jeden markscheiderischen Arbeit sind die zu ge-
brauchenden Instrumente in diesem Falle : HangekompaB, Gradbogen, Meter-
kette oder die MeBstabe in der friiher angegebenen Weise zu priifen und
zu berichtigen, aufierdem sind mitzufiihren ein kleiner MeBstab (Schmiege),
ein oder mehrere Lote, kleine aus Knochen gefertigte Yorstecker, um
KompaB oder Gradbogen an stark geneigten Schniiren befestigen zu konnen,
einige Reservehaare fiir den Gradbogen und etwas Wachs.
Im Taschenbuche ist eine entsprechende Anzahl von Seiten nach dem
folgenden Formular und zwar so vorzurichten , daB die linke Seite das
Formular enthalt, die rechte Seite fiir Skizzen und Bemerkungen
frei bleibt
Formular 1.
Nr.
Zeichen
von bis
J
St.F.
'feigung
Gr. Min.
O.W.
Streic
St.
aen
i/
/8
V../8
Flache
L'ange.
Meter.
Bemerkungen und
Skizzen.
linke Seite
rechte Seite
Sodann ist stets zuerst das Streicben der Orientierungslinie ab-
zunehmen und im Taschenbuche, nebst der Zeit der Beobachtung, zu
notieren.
§ 118. Unter der Orientierungslinie versteht man eine Linie, welche in der
Nahe der Grube durch moglichst unverriickbare Gegenstande wie Steine,
Kirchturme und dergl., dauernd fixiert ist und ein Beobachten ihres
Streichens mittels des Kompasses im Hangezeuge und als FeldmeBinstru-
ment gestattet.
Es ist wiinschenswert, aber nicht absolut notwendig, das Azimut dieser
Linie zu kennen.
Ist iiber das Grubenfeld ein Dreiecksnetz gelegt, so ist womoglich
eine Dreiecksseite als Orientierungslinie zu nehmen.
Meistens werden zugleich mehrere solcher Linien, wenn moglich auch
eine in den Grubenraumen selbst fixiert, von denen die gegenseitige Nei-
gung bekannt sein muB.
Durch die Beobachtung des Streichens der Orientierungslinie vor jeder
DlE AUSFUHRUNG VON MARKSCHEIDERZUGEN. 169
Arbeit ist der Markscheider durch Vergleichung mit den friiheren Re-
sultaten auf eine sehr einfache Weise in der Lage, sich von der Ver-
anderung der Deklination zu iiberzeugen und diese bei seinen Arbeiten zu
beriicksichtigen.
AuBerdem leistet die Orientierungslinie wichtige Dienste, wenn in der-
selben Grube verschiedene Kompasse benutzt werden.
Thatsachlich wird infolge kleiner Fehler der einzelnen Instrumente das
Streichen ein und derselben Linie mit verschiedenen Kompassen, ebenso
wie mit demselben KompaB einmal im Harigezeug, das andere Mai im
FeldmeBinstrument haufig verschieden gefunden.
Durch Beobachtung der Orientierungslinie kann die Verschiedenheit
der Kompasse in bezug auf die Angabe des Streichens festgestellt und bei
vorkommenden Messungen mit diesen verschiedenen Kompassen beriick-
sichtigt werden.
Die Zeit, zu welcher die Beobachtung der Orientierungslinie erfolgt,
ist jedesmal zu notieren, weil dadurch ein Mittel gegeben ist, die Ein-
wirkung der taglichen Variation bei normalem Verlauf derselben annahernd
beurteilen und event, ausscheiden zu konnen.
Die Orientierungslinie ist im Vergleich mit anderen nur ein rohes
Mittel, die Einwirkungen der Deklination und ihrer Variation, sowie die von
Einzelfehlern der Kompasse auszuscheiden, aber bei Benutzung des ein-
fachen Kompasses behufs Aufnahme und Zulage von Grubenrissen ist sie
doch von nicht zu unterschatzender Bedeutung.
Der eigentlichen Grubenmessung geht bei neu aufgeschlossenen dem § 119,
Markscheider unbekannten Feldern eine Befahrung der aufzunehmenden
Raume voraus. Hat die Messurig die JSTachtragung der Grube zum Zweck,
so wird der Markscheider eine Pause des Kisses von den bereits ver-
messenen Grubenraumen mit sich fuhren, um eine Wiederholung von Messun-
gen zu vermeiden und um die AnschluBpunkte (Markscheiderzeichen) leicht
zu finden.
Jeder markscheiderischen Aufnahme wird ein Netz von Linien zu Grunde
gelegt, welche bei der KompaBmessung durch Meterketten oder hanfene
Schniire gebildet werden.
Eine solche Linie wird, abgesehen von dem Mittel, womit sie hergestellt
wurde, eine ,,Schnur" genannt.
Die Ketten oder Schniire spannt man mittelst der bekannten Pfriemen
oder Schrauben aus, die in die Zimmerung der StoBe oder der Firste be-
festigt werden.
Die Schniire nimmt man nicht iiber zehn Meter lang, sobald aus den
Gradbogenbeobachtungen und der flachen Schnur die Seigerteufen mit
einiger Genauigkeit berechnet werden sollen. Beabsichtigt man dies nicht
zu thun, so konnen die Schniire bis zu 30 Meter Lange gespannt werden.
170 ACHTES KAPITEL.
Bei Anwendung der hanfenen Schnur kann man mehrere Schnurlinien
hintereinander gleichzeitig spannen, wahrend man bei Anwendung der Meter-
kette immer auf eine Schnur beschrankt bleibt.
Bei der Legung des Netzes wird man bestrebt sein, moglichst viele
geschlossene Figuren zu erhalten, weil hierdurch eine Selbstpriifung der
Arbeit geschaffen wird.
Wichtige Endpunkte dieser Schniire, namentlich SchluBpunkte, die zum
AnschluB an spatere Ziige dienen sollen, oder solche, von denen mehrere
Schniire ausgehen, werden durch sogenannte Markscheiderzeichen in der
Zimmerung oder im festen Gestein kenntlich gemacht.
Auf dem Oberharze sind nachstehende Zeichen im Gebrauch:
Fig. 169. Markscheiderzeichen.
Der giiltige Punkt dieser Zeichen ist hier durch einen kleinen Kreis
hervorgehoben. In der Grube wird an dieser Stelle ein Nagel oder eine
Krampe eingeschlagen.
Sehr zweckmaBig ist es, an diesen Zeichen selbst oder in der Nahe
auf eine dauerhafte Weise die Zeit kenntlich zu machen, zu welcher das
betreffende Zeichen geschlagen wurde.
Im festen Grestein kann es durch Einhauen der Jahreszahl geschehen.
In einigen Kohlengruben z. B. fiihrt der Markscheider holzerne Tafel-
chen mit sich, auf denen die Jahres- und Monatszahlen nebst laufenden
Nummern eingebrannt sind, welche in der Nahe der Zeichen an der Zimmerung
befestigt werden. Auf einzelnen Erzgruben werden die Markscheiderzeichen
durch kurze Bohiiocher bezeichnet, in welche Pflocke fest eingetrieben werden.
Auf dem Pflock wird eine ebenfalls mit Jahres- und Monatszahl nebst
laufender Nummer versehene Zinkblechplatte durch einen nicht vollstandig
eingeschlagenen Nagel befestigt. Soil das Zeichen bei einer AnschluB-
messung benutzt werden, so dreht man das den Pflock bedeckende Zink-
blech urn den Nagel.
Von jeder einzelnen Schnur wird Lange, Neigung und Richtung
bestimmt. Die gefundenen Zahlen werden sorgfaltig und leserlich in das
Taschenbuch nach dem vorgerichteten Formular eingetragen.
Die Lange wird entweder mit der Meterkette oder an der Hanfschnur
mit Staben auf einfache Weise gemessen, die Neigung mit dem Gradbogen
unter Beriicksichtigung der im § 18 besprochenen Regeln und die Richtung
DlE AUSFUHEUNG VON MAEKSCHEIDEEZUGEN.
171
mit dem HangekompaB ermittelt. Der letztere muB stets so angehangt
werden, daB die Bezeichnung ,,Nord" in der Zugrichtung vorausgeht.
Beim Ablesen des Streichens hat man, wenn irgend moglich, eine
solche Stellung einzunehmen, daB die Sehlinie in die Richtung der Nadel fallt.
Man liest entweder nur an der Nordspitze ab oder an beiden Spitzen
und notiert das Mittel aus beiden Winkeln, je nachdem der Zug wieder
mit dem Kom-
paB oder nach
berechneten
Koordinaten
zugelegt wer-
den soil.
Zur Aus-
scheidung des
schadlichen
Einflusses der
Variation istes
.zweckmaBig,in
gewissen Zwi-
schenraumen
bei den Kom-
paBstundendie
Zeit der Ab-
lesung im Ta-
schenbuche zu
Vermerken. Fig> 170> Ziehen in stark geneigten Strecken.
Bei Besprechung der Instrumente ist schon angedeutet worden, daB
stark geneigte Schniire fur KompaB und Gradbogen zu Fehlerquellen
werden konnen und auch mit anderen Unannehmlichkeiten verbunden
sind. In stark geneigten Strecken oder tonnlagigen Schachten wird man
deswegen gut thun, senkrechte Schntire mit nahezu horizontalen abwechseln
zu lassen, wie aus Fig. 170 zu ersehen ist.
Durch horizontale und seigere Ordinaten von geeigneten § 120,
Punk ten der einzelnen Schniire wird die Gestalt der Grubenraume selbst,
sowie alle fur die Darstellung wichtigen Aufschliisse aufgenommen. Dahin
gehoren: die Grenzen der durchfahrenen Gebirgsschichten, Spriinge und
Yerwerfungen nebst der en Streichen und Fallen, gestoBene Sohlen- oder
Firstenbohrlocher u. dergl.
Die hierbei zu machenden Notizen werden in die auf der rechten
freien Seite des Taschenbuches zu zeichnenden Skizzen eingetragen.
Bei Anfertigung dieser Skizzen sind folgende Regeln zu beobachten:
In Gruben mit unregelmaBigen Kaumen, welche viele Nebenmessungen
erfordern, ist es zweckmaBig, jede einzelne Schnur fiir sich darzustellen
172
ACHTES KAPITEL.
(Fig. 171) und zwar, ohne Berucksichtigung des Streichens der einzelnen
Schnur, stets so, daB die bei Ausfuhrung des Zuges innegehaltene Richtung
im Taschenbuche einer
von links nach rechts ge-
zogenen Linie entspricht.
Werden von einer Schnur
horizontale und seigere
Ordinaten gemessen, so
sind von dieser Schnur
zwei Skizzen anzufertigen
und die letztere ist durch
Fig. 171. Aufnahme von Grubenraumen.
die beigesetzten Buchstaben Pr (Profil) zu kennzeichnen. Ist der Zug ver-
wickelt, so ist noch eine besondere Skizze anzufertigen, welche samtliche
Schniire im Zusammen-
g\ I _.\_ \ hange in ihrer gegen-
seitigen Lage darstellt.
In solchen Gruben,
deren Strecken immer
in gleichen Dimensionen
aufgefahren werden, ge-
niigt meistens diese zu-
sammenhangende Skizze
ohne die Einzeldarstel-
lungen der Schniire
(Fig. 172).
Die Winkelpunkte
sind ohne Ausnahme
mit laufenden Buchstaben oder Zahlen zu versehen, wo nicht Mark-
scheiderzeichen an deren Stelle treten.
Fig. 172. Skizze von gemessenen Grubenraumen.
121. Die Aufhahme von dem Streichen und Fallen der Gebirgsschichten
oder der Spriinge und Verwerfungen, welches bei den Grubenvermessungen
haufig notwendig ist, wird mit dem Hangezeuge oder mit dem SetzkompaB
im wesentlichen auf folgende Weise ausgefuhrt:
Man befestigt in dem einen StreckenstoBe auf einer leicht erkennbaren
Gebirgsschicht an einem Saalbande des Ganges oder der Kluft u. s. w. die
Schnur und sucht auf derselben Schicht im anderen StreckenstoBe mittels
des an die Schnur gehangten Gradbogens einen Punkt, welcher mit dem
ersteren in gleicher Sohle liegt. An diese horizontale Schnur hangt man
den KompaB und erhalt mit dem Streichen dieser Schnur zugleich das
Streichen der Gebirgsschicht. Spannt man rechtwinkelig zu dieser Schnur
eine zweite, welche zwei Punkte der betreffenden Gebirgsschicht in der
Sohle und in der Firste verbindet, so erhalt man mit Hilfe des angehangten
Gradbogens den Fallwinkel.
DlE AUSFUHBUNG VON MAEKSCHEIDEKZUGEN, 173
1st mit dem SetzkompaB die Arbeit auszufuhren , so legt man eine
kleine Flache der zu untersuchenden Schicht frei und bestimmt zuerst die
Fallrichtung, indem man den SetzkompaB mit der betreffenden Kante
auf diese Flache oder ein darauf gelegtes Brett aufsetzt und so lange ver-
riickt, bis das Pendel den groBten Winkel zeigt. $-'
Dieser Winkel ist der Fallwinkel und eine Linie senkrecht zur ge-
fundenen Fallrichtung das Streichen der Lagerstatte.
Dieses angegebene allgemeine Verfahren muB selbstverstandlich in den
einzelnen Fallen den vorliegenden Verhaltnissen angepasst und durch
Benutzung sich meist von selbst ergebender Hilfsmittel entsprechend
geandert werden.
AuBer dem Bestimmen von Streichen und Fallen wird der Mark- § 122.
scheider haufig die Richtung von aufzufahrenden Strecken anzugeben haben
oder, wie man hierfiir kurz sagt: ,,Die Stunde zu hangen." Ist
die Strecke bereits im Betriebe, so wird man den Punkt, von
welchem aus die Richtung gegeben werden soil, in der Mitte der
Strecke und zwar in der Firste mit einem Senkeleisen (Fig. 173)
fixieren und daran eine Schnur befestigen. Das andere Ende
dieser etwas schlaff gelassenen, ca. 5 Meter langen Schnur wird
an der Streckenfirst so lange verriickt, bis der angehangte
KompaB die verlangte Stunde angiebt. Der so gefundene zweite
Punkt wird ebenfalls mit einem solchen Eisen fixiert und an
beide werden Lote gehangt. Mit Hilfe dieser Lote kann man auf
groBere Entfernungen leicht ein Grubenlicht in die ,,gehangte
Stunde" bringen und beim Weitertreiben der Strecke zum Senkeleisen.
Anhalten nehmen.
Da bei dieser Operation die Grubenlichter benutzt werden, so nennt
man die durch die beiden Lote bezeichnete Linie auch die Feuerlinie.
In hohen Grubenraumen lotet man den Abgabepunkt auf eine Spreize
herunter, bezeichnet den zweiten Punkt ebenfalls auf einer Spreize und
libertragt ihn dann in die Firste.
Sollen aus einer Forderstrecke eine oder mehrere parallele Abbau-
strecken getrieben und deren Ansatzpunkt und Richtung angegeben werden
(Pranen), so geschieht dies auf dieselbe Weise. Da aber nur die Strecken-
breite zum Anbringen der beiden Lote vorhanden ist, so wird man, nach-
dem die Strecke einige Meter nach der kurzen Pranenlinie getrieben ist,
die Stunde mit weiterem Abstande der Lote nochmals hangen.
Bei Grubenvermessungen mit dem Theodoliten wird ebenfalls ein Netz § 123.
von Linien zu Grunde gelegt. Diese Linien sind moglichst lang zu nehmen,
erstens weil bei langen Schenkeln das Fernrohr scharfer auf das Signal
eingestellt und somit der Winkel genauer gemessen werden kann, zweitens
weil von der Anzahl der Winkelpunkte die Zeitdauer und Mtihe der Arbeit
174
ACHTES KAPITEL.
4*- Standpunktes. 3 g
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winkel.
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§'
Bemerkungen u. Skizzen.
wesentlich abhangt. AufdasAuf-
suchen der zweckmaBigen Win-
kelpunkte ist deshalb Sorgfalt
zu verwenden.
Auf jedem Aufstellungs-
punkte des Theodoliten werden
der Polygonwinkel und sein Er-
ganzungswinkel zu 360 Grad je
nach der Wichtigkeit der Arbeit
entweder einfach oder mit Re-
petition gemessen.
Die Stationslinien werden
zunachst einmal nur zur Er-
mittelung der Lange mit Stab en
gemessen, dann noch einmal
mit der Meterkette oder dem
MeBbande zur Aufnahme der
Grubenraume mittels der hori-
zontalen und seigerenOrdinaten.
Eine wichtige Arbeit bei
dem Messen mit dem Theodo-
liten ist das Orientieren dieser
Ziige gegen das Dreiecksnetz
iiber Tage.
Bei Nachtragungsarbeiten
gestaltet sich diese Orientierung
sehr einfach, wenn von den
friiheren Messungen eine oder
mehrere lange Stationslinien,
womoglich am Ende erhalten
sind, da in diesem Falle die
neue Messung eine einfache
Fortsetzung der alten ist.
Fehlen aber solche An-
schluBlinien und sind nur ein-
zelne Punkte von den friihe-
ren Messungen iibrig geblie-
ben, so ist auf eine der allge-
meinen, im zehnten Kapitel be-
spr ochenen Orientierungsmetho-
den zuriickzugreifen.
Fiir das gewohnliche Nach-
tragen der Gruberibaue, das mit
dem Theodoliten erfolgen mufi,
DlE AUSFUHEUNG VON MAEKSCHEIDEEZUGEN. 175
gilt iibrigens die JKegel, die Strecken erst eine Zeit lang bis auf eine ent-
sprechende Lange, gewissermaBen verloren, mit dem KompaB zu vermessen
und spater durch langere Theodolitzuge diese Nachtragungen zu verbessern.
Eine Ausnahme hiervon macht das Nachtragen von Gegenortern.
Fur die Skizzen gelten die bei der KompaBmessung gegebenen Regeln.
Die Hohenlage der Punkte (Seigerteufen) konnen mittels des Grad-
bogens, des Hohenkreises am Theodoliten oder des Nivellierinstrumentes
gefunden werden.
Bei ausgedehnten und wichtigen Messungen wird es stets am zweck-
maBigsten sein, sich des Nivellierinstrumentes zu bedienen und nur bei
kleinen Nachtragungen oder unwichtigen Messungen ist das trigonometrische
Nivellement mit dem Hohenkreis des Theodoliten oder mit dem Gradbogen
anzuwenden.
In einigen Fallen, z. B. bei Nachtragen von Gegenortern, ist es von
Vorteil, das Fernrohr des Theodoliten zum geometrischen Nivellement be-
nutzen zu konnen.
Ein bestimmtes Formular vorzuschreiben, in welches in der Grube
die gefundenen Resultate der Theodolitmessungen eingetragen werden, ist
nicht notwendig.
Sollte dasselbe alien Anforderungen geniigen, so miiBte es die Ein-
richtung von Formular 2, also eine so groBe Anzahl von Spalten besitzen,
daB dieselben in der Breite, welche zum Eintragen der Zahlen notwendig
ist, auch nicht auf beiden Seiten des Taschenbuches Platz finden wiirden.
Weit einfacher erscheint dagegen die Eintragung ohne Formular:
Standpunkt 4.
Yon 5 nach 6.
175° 16'-
I. Lage.
II. Lage.
I. 0.0.0. 4^341°4/15/'70104'15- 1750 16' 4"
II. 179° 59.30' 4)16P3'45"7°
Mittel 175° 16' 6".
Die etwa am Hohenkreis gemachten Beobachtungen finden hierunter
Platz, wahrend die Langenmessungen mit den Gradbogenbeobachtungen
getrennt hiervon notiert werden.
Der Markscheider bedient sich bei seiner Arbeit messingener Gruben- § 124,
lampen, welche keine ablenkende Wirkung auf die Magnetnadel haben
und mit Ol gespeist werden.
Nach lokalem Gebrauch unterscheiden sie sich in der Form und in
der Art und Weise, wie sie getragen werden.
176
ACHTES KAPITEL.
Abgesehen yon den Sicherheitslampen stimmen die besseren Mark-
scheiderlampen darin iiberein, da6 sie eine seitlich etwas hervorstehende
Schnauze oder Tulle haben.
Diese Vorrichtung gestattet, die leuchtende Flamme moglichst nalie
an die Blend en der abzulesenden Nonien, namentllich aber an die zu be-
obachtende Nadelspitze des Kompasses heran-
zubringen.
Fig. 174 zeigt die Form der Mansfelder
Lampe (Kreisel), welche mittels des Draht-
biigels am Schachthute getragen wird, wah-
^ ~y^\> — *i^ m rend die Hande mit dem Instrumente (Hori-
CJ )\ (III zontalstellen , Zentrieren u. s. w.), oder mit
dem Einschreiben der Notizen beschaftigt sind.
Beim Ablesen der Winkel am Theodolit oder
KompaB wird sie vom Hute genommen und mit
derHand in die zweckmaBigste Stellung gebracht.
Die eigentliche Lampe L steht in einem
ihren unteren Teil umschliefienden GefaBe,
dem Olfanger 0.
Die in Fig. 175 a und b perspektivisch
und im Querschnitt dargestellte Lampe ist der
Mansfelder Lampe ahnlich. Sie wird aber
nicht am Hute, sondern fortwahrend an der
Fig. 174. Die Mansfelder
Grubenlampe.
linken Hand getragen. Zu diesem Zwecke wird der aus einem Blechstreifen
bestehende Handgriff T iiber den Daumen oder iiber die Wurzelglieder der
r\
Fig. 175 a u. b. Markscheiderlampe.
anderen vier Finger derartig geschoben, daB die Lampe an der auBeren
Seite der Finger sich befindet.
DlE AUSFUHEUNG VON MAEKSCHEIDEEZUGEN.
177
Der Handgriff T sitzt an einem GefaBe G, welches den unteren Teil
des Olfangers 0 umfafit und eine Drehung des letzteren bis zu 90 Grad
zulaBt. Der Olfanger (im Querschnitt schwarz)
hat unterhalb des Ringes ab, auf welchem
die Lampe aufsitzt, eine Yerlangerung, ledig-
lich zur Aufnahme des TraggefaBes G.
In Freiberg (Konigreich Sachsen) stehen
die Grubenlampen in holzernen, mit Messing-
blech ausgeschlagenen Kastchen (Blenden),
welche an einem Bugel in der Hand getragen,
oder mit diesem in einen um den Hals ge-
legten Riemen eingehangt werden.
Die Sicherheitslampen aller Systeme
geben ein schwacheres Licht, als die offene
Grubenlanipe, auch gestattet die Konstruktion
derselben nicht, die umschlossene Flamme
nahe an die KompaBteilung und die Nonien-
blenden heranzubringen.
Der in Nr. 5 der Berg- und Hiittenm. Zei-
tung, 1884, vom Markscheider PEZYBOESKI
gemachte Yorschlag zur Erhohung des Be-
leuchtungseffektes erscheint deswegen be-
achtenswert.
An einer Stiitze des Drahtgeflechtes ist,
wie Fig. 176 zeigt, eine bikonvexe, stark
gekriimmte Sammellinse angebracht, welche mittels des doppelgelenkigen
Armes in jede gewiinschte Stellung gebracht werden kann.
Fig. 176. Sicherheitslampe fur
Markscheider.
Yon dem in der Grube gefiihrten Taschen- oder Winkelbuche der § 125.
KompaBmessungen ist eine genaue Reinschrift anzufertigen , wozu For-
mular 3 zu benutzen ist. In dasselbe ist ein kurzer Grubenzug mit voll-
standiger Berechnung eingetragen, auch einige nach BBAUNSDOEF scher
Manier gemessene Winkel hinzugefiigt (vergl. funftes Kapitel).
Soil von dem Taschenbuche der Theodolitmessungen eine vollstandige
Reinschrift gefertigt werden, so wird ein ahnliches Formular, wie das im
§123 angegebene, zu benutzen sein. Meistens wird aber nur ein mehr
oder weniger vollstandiger Auszug gemacht.
Formular 4, dessen rechte Seite frei bleibt fur die Skizzen und Be-
merkungen, geniigt zur Eintragung aller Originalbeobachtungen bis auf
die Winkelmessungen, von denen der Raumersparnis wegen nur der gefun-
dene Mittelwert eingesetzt wird.
BBATHUHN, Markscheidekunst. 12
178
ACHTES KAPITEL.
Formular 3.
Zeichen
von bis
Kompass.
0/W. St. Vs V«/i6
Sohle.
Meter.
Neigung
der
Schnur.
st./fl. Gr. M.
Flache
Lange
der
Schnur
Meter.
Seigerteufe
stei- ! - ,, -,
, fallend
gend ;
Meter.
Abstand
von der
Normal-
horizon-
talen.
Meter.
Grube Herzog Wilhelm, Montag, den ten
18
Nachtragung der Grubenbaue mit dem Hangezeug.
1 4
9
3
Streichen
der Orientierungslmie.
Angefangen im Zeichen A der n*en Strecke 541,0 unterN.-H.
541,000
A
a
W
8
4
3
11,250
fl.
4
30
11,285
0,885
a
b
W
9
2
5
10,400
St.
5
12V,
10,443
0,948
540,937
d
b
c
W
8
3
10
6,430
St.
0
5V2
6,430
0,010
g
c
d
W
8
7
15
8,820
fl.
6
—
8,869
0,9271
1
540,9370
b
e
0
3
3
6
11,800
fl.
4
22 V2
11,834
0,9027
541,840
5
e
f
W
9
0
0
10,420
St.
3
55
10,444
0,7133
541,127
1
541,840
e
g
0
8
4
8
9,540
St.
4
21/.,
9,564
0,6741
—
541,166
03
g
h
0
9
3
13
7,255
fl.
6
25
7,301
—
0,816
541,982
M
h
i
0
9
5
8
6,650
St.
5
30
6,681
0,6404
—
541,362
.•— i
i
k
W
4
0
8
10,460
fl.
1
30
10,464
—
0,2739
541,616
£
k
A
St.
90
—
0,614
0,614
541,002
i
Fortsetzung nach BRAUNSDORF scher Manier.
"S
02
c
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W
8
7
15
ohne Ablenkung
-2
^ -~^
""§
riickw. 8
6 12
P3
vorw. 9
4 13
0
0
10,00
—
—
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+ 0.6.1 DhTerenz
d
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9
0
___^
bericht. Stunde
riickw. 9
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vorw. 7
2 4
0
0
10,00
—
—
1
m
W
^•-^
7
1
10
-2.4.6
bericht. Stunde
Linke Seite.
Formular 4.
Stand-
punkt.
Signal
links, rechts.
Gemess.
Langen.
Meter.
Neigung.
st./fl.| Gr. JMin.
Sohlige
Langen.
Meter.
Gemessene
Winkel.
Mittel aus alien
Beobachtungen
Gr. M. Sc.
Im Polygon
ausgeglichene
Winkel.
Gr. M. Sc.
Uechte Seite fur
Bemerkungen
u. Skizzen.
Linke Seite.
DIE AusFUHRUNa VON MARKSCHEIDERZUGEN. 179
Diese Reinschriften erhalten eine tTberschrift, welche den Namen der
Grube, Zweck des Zuges, das angewandte Instrument und den Tag der
Ausfiihrung angiebt. Ferner gehort dahin eine Notiz iiber die GroBe der
Deklination oder iiber das Streichen der Orientierungslinie, sowie iiber den
Horizont, auf welchen sich die Seigerteufenabschliisse beziehen.
Die Skizzen werden auf die rechte freie Seite des Formulares sorg-
faltig gezeichnet, und wenn auch in der Grube nur die einzelnen Schniire
getrennt skizziert wurden, so sollte man es in der Reinschrift nie ver-
saumen, auch noch eine zusammenhangende Skizze hinzuzufiigen, weil da-
durch das Winkelbuch ungemein an tlbersichtlichkeit gewinnt und eine
Benutzung desselben in spateren Zeiten ohne Schwierigkeit moglich ge-
macht wird.
Nach beendigter und verglichener Reinschrift sind fiir samtliche flache
Schniire die Sohlen und Seigerteufen zu berechnen und in die dazu be-
stimmten Spalten des Formulars einzutragen.
Das Berechnen kann mit Hilfe der Logarithmen oder mittels Tabellen
geschehen, von denen es mehrere giebt:
1) Der geschwind und richtig rechnende Marksch eider von C. W. EGBERT.
Leipzig 1842. Zweite Auflage.
In diesen Tafeln sind die Sohlen und Seigerteufen von fiinf zu fiinf
Minuten im GradmaB und die Streichsinus und Kosinus fiir die KompaB-
stunden bis zu einem Sechszehntelachtel angegeben, AuBerdem enthalt
das Buch eine Tabelle zur Umwandlung der KompaBstunde in GradmaB.
2) Die vielfachen Sinus und Kosinus von A. LIEBENAM von fiinf zu
fiinf Minuten. Eisleben 1873.
3) Tabellen zur Berechnung der Seigerteufen und Sohlen zu Winkeln
bis zu 2,5 Minuten im GradmaB von C. A. SCHUTZE. Quedlinburg 1875.
Die Sinus und Kosinus sind in diesen Tabellen nebeneinandergestellt,
so daB beide Zahlen zugleich aufgeschlagen werden.
4) Mathematische Tafeln fiir Markscheider zu Winkeln bis zu 2,5
Minuten von E. LULING. Bonn 1881.
Diese Tafeln enthalten auBer den Sohlen bezw. Breiten und Seiger-
teufen bezw. Langen Tabellen zur Umrechnung der verschiedenen KompaB-
einteilungen in Grade und umgekehrt.
Aus den ermittelten Seigerteufen sind sodann die Seigerteufenabschliisse,
wenn auch nicht fiir alle Punkte, so doch fiir diejenigen auszurechnen,
welche im SeigerriB dargestellt werden sollen.
Bei zusammenhangenden Ziigen wird der SeigerteufenabschluB jedes
Punktes aus der Differenz von den Summen der fallenden und der stei-
genden Seigerteufen der vorhergehenden Punkte gefunden. Bei den aus
dem Hauptzuge sich abzweigenden Nebenziigen ist der SeigerteufenabschluB
des Abgangspunktes vorzutragen (siehe Fofmular 3 zu § 125).
12*
180 ACHTES KAPITEL.
Diese berechneten seigeren Abstande beziehen sich auf cine Horizontale,
welche durch den Anfangspunkt geht. Da es zweckmaBig ist, alle Seiger-
teufenangaben einer Grube oder eines Grubenkomplexes auf eine Hori-
zontale, die sogenannte Normalhorizontale, abzuschlieBen, so ist der Ab-
stand des Anfangspunktes von der Normalhorizontalen in der betreifenden
Spalte vorzutragen.
127. Das Zulegen. - - Das Auftragen des der markscheiderischen Aufnahme
zu grunde liegenden Netzes von Schniiren wird das Zulegen genannt.
Man unterscheidet folgende Verfahren. Mit dem KompaB in der Zu-
legeplatte, mit dem Transporteur, mit dem Zirkel, dem MaBstab und
dem Lineal nach berechneten Sehnen bez. Tangenten, oder nach be-
rechneten Koordinaten.
Die Zulage mit dem KompaB. Hierzu ist ein Arbeitsraum er-
forderlich, welcher Erschiitterungen nicht ausgesetzt ist und in welchem
ablenkende Einfliisse nicht vorhanden sind. Um sich hiervon zu iiberzeugen,
zieht man mit einem richtigen Lineal eine lange Linie auf den horizOntalen
Zeichentisch und legt die Zulegeplatte an verschiedenen Stellen dieser Linie
an. Giebt die Nadel immer dasselbe Streichen an, so sind in der Nahe
dieser Linie keine Storungen der Magnetnadel zu befurchten. Wiederholt
man dies Verfahren an Linien, welche zur ersten nahezu senkrecht stehen,
so wird man sich bald iiberzeugen, ob die ganze Tischflache oder doch ein
Teil derselben zum Zulegen mit dem KompaB geeignet ist.
Soil auf Grund der Vermessungen ein ganz neuer RiB angefertigt
werden und ist die Figur der darzustellenden Grubenraume nicht ander-
weitig bekannt, so ist es zweckmaBig, erst eine fliichtige Zulage in kleinem
MaBstabe auszufiihren, um ein Urteil iiber die GroBe des zu verwendenden
Papiers, liber den MaBstab u. s. w. zu erhalten.
Fur das Verjiingungsverhaltnis, in welchem die Zulagen ausgefiihrt
werden, empfiehlt sich die Befolgung der Vorschrift, wonach dasselbe ein
in ganzen Zahlen ausgedrucktes Vielfaches von TJ0, z. B. 2JD, 5J0, BJ0, ^
u. s. w. sein soil.
Wenn nicht andere Grunde hindernd entgegenstehen, so wird man die
Zulage so zu Papier bringen, daB die Langsrichtung derselben mit der
langen Seite des Papiers parallel lauft. Zu dem Zwecke wird man den
ZulegekompaB so auf das Papier legen, daB die lange Seite der Zulege-
platte parallel der Papierkante ist und das Papier mit dem darauf stehenden
KompaB so lange drehen, bis die Nadel das aus der vorlaufigen Zulage
entnommene Streichen der Langenausdehnung des Zuges zeigt. Da aber
hierdurch das Papier leicht eine fur das Zulegen unbequeme Lage erhalt,
so ist es zweckmaBiger, das Papier zuerst parallel zur Tischkante zu be-
festigen, und die Zulegeplatte so aufzustellen, daB die lange Seite ebenfalls
der Tischkante parallel ist. Alsdann dreht man die KompaBbiichse in der
DlE AUSFUHEUNG VON MAEKSCHEIDEEZUGEN. 181
unverandert bleibenden Zulegeplatte so lange, bis die Nadel die Langs-
richtung cler Zulage angiebt und klemmt den KompaB in dieser Lage fest.
Auf die Richtigkeit der Zulage kann die Drehung des Kompasses keinen
EinfluB haben, weil samtliche Streichwinkel, einschlieBlich der Orientierungs-
linie, um eine gleiche GroBe zu klein oder zu groB aufgetragen werden.
Das Papier ist vor der Benutzung auf ein ReiBbrett zu spannen. Zu
diesem Zwecke feuchtet man das Papier mit einem reinen Schwamme auf
der Ruckseite an und klebt es an den Randern mit Mundleim fest. Schneidet
man das vb'llig trocken gewordene Papier ab, so wird es alle Unebenheiten
und eine etwaige Neigung zum Rollen verloren haben und sich glatt auf
den Tisch legen.
Sodann ist dasselbe mit einem Quadratnetz zu versehen, dessen Linien
je nach dem MaBstabe einen bestimmten Abstand von 10, 20, 30 m u. s. w.
haben und parallel der Papierkante laufen, wenn nicht ein bestimmt vor-
gescnriebenes Koordinatensystem darauf einen andernden EinfluB hat. Die
Netzlinien haben hier nur den Zweck, bei spateren Kopierungen des Risses
zum Anhalten zu dienen.
Ist die Zulage auf einen schon erhaltenen RiB zu tragen, so ist der-
selbe mittels der Orientierungslinie zu or i en tier en. Das heiBt, man legt
die Zulegeplatte an diese auf dem Risse aufgezeichneten Linie und dreht den
RiB oder besser die KompaBbiichse in der Zulegeplatte solange, bis die
Nadel des vor Beginn des Zuges beobachtete Streichen der Orientierungs-
linie zeigt.
Dient die Zulage zur Anfertigung eines neuen Risses, so tragt man das
Streichen der Orientierungslinie und die zwolfte Stundenlinie auf und beginnt
mit der eigentlichen Zulage. Dies geschieht in der Weise, daB man die lange
Kante der Zulegeplatte so an den Anfangspunkt legt, daB die Nadel denStreich-
winkel der ersten Schnur zeigt. Darauf zieht man an der Kante der Platte
eine scharfe Bleilinie in der Zugrichtung von genugender Lange und tragt
mittels eines Zirkels, der am besten bis auf die aufiersten stablemen
Spitzen ganz aus Messing gefertigt ist, im verjiingten MaBstabe die Sohle
der ersten Schnur vom Anfangspunkte aus auf die Linie ab. An den da-
durch entstandenen zweiten Punkt, den man mit einem kleinen Kreise ein-
schlieBt, legt man die Zulegeplatte wieder an und verfahrt wie vorher.
Hierbei hat man die Zulegeplatte stets so zu handhaben, daB wie beim
Ziehen in der Grube Nord voraus genommen wird. War jedoch die KompaB-
buchse in der Platte gedreht, so wird man hierbei eine Schraube der Zu-
legeplatte zum Anhalten nehmen.
Ist ein Verschieben des Papiers zu befurchten, so hat man sich von
Zeit zu Zeit durch Anlegen der Zulegeplatte an die Orientierungslinie oder
an die zwolfte Stundenlinie von der unveranderten Lage zu iiberzeugen.
Da fasU jeder KompaB mit kleinen Fehlern behaftet ist, welche von
EinfluB auf die beobachteten Winkel waren, so ist es ratsam, zum Zulegen
182 ACHTES KAPITEL.
denselben KompaB zu benutzen, mit welchem gezogen wurde, well dadurch
die Folgen jener Fehler ausgeschieden werden.
Die in der Grube beobachteten Streichwinkel sind auBerdem mit dem
Fehler der taglichen Variation behaftet. Da man im allgemeinen annehmen
darf, daB der Verlauf der taglichen Variation innnerhalb der Zeit, welche
zwischen der Ausfiihrung mid der Zulage eines Markscheiderzuges liegt,
dieselbe bleibt oder doch die etwaigen Schwankungen die Ablesegrenze anf
dem Kompasse nicht erreichen, so ist zur Vermeidung der Fehler der
Variation der Zug zu derselben Tageszeit wieder zuzulegen, zu welcher or
in der Grube ausgefuhrt wurde.
Dadurch kann aber das Geschaft des Zulegens zu einem sehr zeit-
raubenden werden, deshalb ist es besser, die Einwirkung der Variation durch
Rechnung auszuscheiden.
Soil diese Rechnung moglichst zuverlassig ausfallen, so miissen wahrend
des Grubenzuges gleichzeitig Beobachtungen der Variation an einer anderen
Magnetnadel angestellt werden. Andernfalls wird es annahernd dadurch
geschehen miissen, daB man einen normalen, der Jahres- und Tageszeit
entsprechenden Verlauf der Variation voraussetzt.
Bei sehr ausgedehnten Ziigen, deren Zulage viel Zeit erfordert, ist die
wahrend der Zulage auftretende Variation auch von EinfluB, welche ebenfalls
durch Rechnung ausgeschieden werden kann oder, wenn der Stundenring
durch ein Mikrometerwerk beweglich ist, durch Drehung desselben.
128. Die Friichte aller dieser VorsichtsmaBregeln werden aber beeintrach-
tigt durch die Fehler, denen man beim Zulegen als Zeichenarbeit aus-
gesetzt ist. Die Genauigkeit des MaBstabes, die Dicke des Bleifederstriches,
das Abgreifen vom MaBstabe, die feinere oder grobere Spitze des Zirkels,
die Festigkeit des Papiers u. s. w., alles ist von EinfluB auf die Richtigkeit
einer Zulage. Professor PEEDIGEE veroffentlicht in der Berg- und Huttenrn.
Zeitschr. 1859, Nr. 18, Versuche, aus denen nachgewiesen wird, daB der
Zeichenfehler einer Zulage von einem
nicht sehr ausgedehnten Zuge sich bis
zu 15 Minuten steigern kann.
Zur Ausfiihrung eines solchen Ver-
suches zieht man auf dem Papiere des
Zeichentisches eine Linie AB und be-
stimmt deren Lange nach einem MaB-
stabe auf das genaueste; sodann wird
durch einen der Endpunkte A der
magnetische Meridian gezogen und von
B ein Perpendikel darauf gefallt. Durch
die genau maBstablich ermittelten Langen AC und BC ist das Streichen
der Linien AB gegeben.
DlE AUSFUHRUNG VON MARKSCHEIDERZUGEN.
183
Fiihrt man nun eine Zulage zwischen den Endpunkten A und B aus
und berechnet die Koordinaten dieses fingierten Zuges, so mussen, wenn
keine Fehler beim Zulegen gemacht wurden, die Abscissensummen gleich A C
und die Ordinatensummen gleich B C sein. Finden sich jedochAbweichungen,
so sind sie Folgen von Ungenauigkeiten des Zulegens. Diese Abweichungen
in den Langen von AC und BC haben EinfluB auf den Streichwinkel von
AB, und der Unterschied zwischen den berechneten und aufgetragenen
GroBen giebt ein MaB fiir die Genauigkeit dcr Zulage. Professor PREDIGER
hat 13 verschiedene Versuche mit Linien von 16 — 55 Meter Lange und
im MaBstabe 1 : 350 ausgefiihrt und gefunden, daB bei Zulegen von dieser
geringen Ausdehnung ein Fehler im Streichwinkel von +15 oder — 9
Minuten zu befiirchten ist.
Einer Erscheinung ist im AnschluB an das Kapitel des Zulegens mit § 129.
dem KompaB noch Erwahnung zu thun, namlich daB bei den Arbeiten mit
dem KompaB, namentlich aber beim Zulegen in sehr trockener Luft durch
unwillkiirlich streichende Bertihrung des Glasdeckels sich in demselben Elek-
trizitat anhaufen kann, welche ein Anhaften der ISadel am Glase herbeifuhrt.
Das Zulegen mit dem Transporteur. — Der unvollkommenste Apparat § 130.
dieser Art ist die Stundenscheibe. So nennt man eine kreisrunde, in
derMitte durchbrochene
Scheibe aus Messing oder
aus Kartonpapier, welche
am auBeren Eande die
Einteilung des Kompas-
ses, aber rechtsinnig,
tragt und deren Mittel-
punkt durch zwei feine, in
der Kichtung des Durch-
messers sich kreuzende
Faden bezeichnet ist.
Die Zulage geschieht fol-
gendermaBen:
Man zieht durch den
Anfangspunkt eine Pa-
rallele mit dem magne-
tischen Meridian und
legt die Scheibe so auf
das Papier, daB der Mit- Fig 178 stundenscheibe.
telpunkt auf den An-
fangspunkt und die Nord-Siidlinie auf den gezogenen Meridian zu liegen
kommt. Mit einer Nadel oder einem spitzen Bleistifte bezeichnet man
184 ACHTES KAPITEL.
den Punkt der Peripherie, welcher dem beobachteten Streichwinkel ent-
spricht und verbindet ihn nach Wegnahme der Stundenscheibe mit dem
Anfangspunkte durch eine Bleilinie. Auf diese Linie tragt man die sohlige
Lange der ersten Schnur auf, zieht dnrch den neu entstandenen Punkt
wieder eine Parallele zuni magnetischen Meridian und verfahrt mit der
zweiten Schnur in gleicher Weise.
Die brauchbaren Apparate sind entweder Yollkreis- oder Halbkreis-
transporteure.
Beide haben ein um den Mittelpunkt drehbares Lineal (Regel), an
welchem der Nonius zum Einstellen auf die Teilung des Kreises angebracht
1st. Der Mittelpunkt, der Noniusnullpunkt und die eine Regelkante liegen
in einer geraden Linie.
Der Nonius bewegt sich in einer Vertiefung des Kreises. Die Teilung
desselben ist eine doppelte, nach Stunden und nach Graden. Der Yoll-
kreistransporteur gleicht einer vervollkommneten Stundenscheibe. In der
Mitte ist derselbe ebenfalls durchbrochen und das Loch unten mit einem
Glas- oder feinem Hornblattchen verschlossen , auf welchem zwei sich
kreuzende Linien zur Bezeichnung des Mittelpunktes eingerissen sind.
Beim Zulegen gebraucht man den Yollkreistransporteur, wie die Stunden-
scheibe. Man legt den Mittelpunkt desselben auf den Winkelpunkt und
die Kante der auf Null gestellten Regel an den durch den Winkelpunkt
gezogenen magnetischen Meridian, bezw. an die Parallele zur Abscissen-
linie, dreht sodann die Regel, bis der Nonius das Streichen der nachsten
Schnur, bezw. deren Neigungswinkel gegen die Abscissenlinie zeigt und
zieht einen Bleisiftstrich langs der Regelkante. Nachdem der Transporteur
weggenommen ist, verlangert man die an der Regel entlang gezogene
Linie bis zum Winkelpunkt und tragt die Lange der Schnur ab.
Zur Beschleunigung der Arbeit tragt es bei, wenn man in einer Lage
des Transporteurs nicht bloB die Richtung der einen folgenden Schnur,
sondern von einer Anzahl der Reihe nach auftragt und dieselben mittels
genau gearbeiteter Winkellineale in richtiger Reihenfolge an den jedes-
maligen Endpunkt der vorhergehenden Schnur abschiebt.
Zu dem Halbkreistransporteur gehort ein langeres eisernes Lineal,
welches beim Gebrauch durch Klemmschrauben langs der Tischkante fest-
gehalten werden muB (Fig. 179). An dem etwas verlangerten Halbkreise
des Transporteurs ist ein Ansatz angebracht, mit Hilfe dessen sich der-
selbe an dem festgeklemmten Lineal entlang verschieben laBt.
Der Gebrauch des Halbkreistransporteurs ist bequemer als der des
Vollkreises, da dank seiner Verschiebbarkeit mit ihm die meisten Streich-
winkel direkt aufgetragen werden konnen.
Bei ungiinstig streichenden Linien geniigt es vielfach schon, die Regel
auf einen um 90 Grad verschiedenen Streichwinkel zu stellen und ein
rechtwinkeliges Lineal an die Regel zu legen. Erreicht man damit nicht
den gewiinschten Zweck, so muB man zu dem Yerfahren des Abschiebens
DlE AUSFUHEUNG VON
185
seine Zuflucht nehmen, wie es bei dem Yollkreistransporteur beschrieben
wurde. Der Transporters wird zum Zulegen sowohl von Messungen mit' dem
KompaB als auch solcher mit dem Theodoliten ausgefiihrt. Bei KompaB-
messungen muB die tagliche Variation aus den beobachteten Streichwinkeln
vorher ausgeschieden sein.
Bei der Zulage einer KompaBmessung mittels des Transporteurs werden
die dem benutzten Kompasse anhaftenden kleinen Fehler nicht ausgeglichen
und die Zeichenfehler sind dieselben wie bei der Zulage mit der Zulege-
ptatte. Durch das oft notwendig werdende Einschalten eines rechtwinkeligen
Winkellineals konnen sich diese Fehler sogar noch steigern.
Fig. 179. Der Halbkreistransporteur.
Dagegen arbeitet man mit dem Transporters schneller als mit dem
KompaB, namentlich wenn viele Schniire von nahezu gleichem Streichen
aufgetragen werden miissen, und man ist von den die Nadel ablenkenden
Gegenstanden und den Erschiitterungen des FuBbodens nicht abhangig.
Zulegen mit Zirkel und MaBstab nach berechneten Tangenten oder § 131.
Sehnen. - - Urn • einen Winkel W nach dieser Methode, welche ubrigens
nur als ein Notbehelf zu betrachten ist, aufzutragen, zieht man den einen
Schenkel a in bestimmter Lange und berechnet entweder nach der Formel
b = atgW das auf dem Endpunkte von a zu errichtende Perpendikel b
186
ACHTES KAPITEL.
oder nach der Formel s = 2 a sin 1J2 /Fdie Sehne s des Zentriwinkels W fur
einen Kreis mit dem Radius a (siehe Fig. 180).
Fig. 181.
1st der aufzutragende Winkel ein stumpfer, so verlangert man den
Schenkel a und tragt den spitzen Nebenwinkel auf (Fig. 181).
132. Das Zulegen nach bereclmeten Koordinaten (Langen und Breiten,
Streichsinus und Streichcosinus). — Der Beschreibung dieses Zulegens
a
3
d
or
Fig. 182.
mogen einige allgemeine, auf die Koordinaten beziigliche Bemerkungen
vorausgehen.
Die gegenseitige Lage von Punkten in einer Ebene durch Zahlen
auszudrucken, kann auf verschiedene Art und Weise geschehen.
DlE AUSFUHBUNG VON MARKSCHErDEKZUGKEN.
187
Erstens durch die Langen der die Punkte verbindenden Linien (Poly-
gonseiten) und durch die von diesen Linien eingeschlossenen Winkel
(Polygonwinkel, Brechungswinkel). Diese Linien kb'nnen in ihrem Zusammen-
hange eine geschlossene, vielseitige Figur bilden, oder eine zusammen-
hangende, gebrochene Lime, mit oder ohne Abzweigungen. In beiden Fallen
ist der Name Polygon gebrauchlich und man unterscheidet das geschlos-
sene und das offene Polygon. Letzteres nennt man auch wohl
Polygonzug.
Zweitens kann die gegenseitige Lage von Punkten durch recht-
winkelige Ko or din at en ausgedriickt werden.
-y
/ TT
Abse.
Ord.
m
\ Absc.
\
\
\
Absc. +
Ord. +
JT
Absc.—
Ord. 4-
Fig. 183.
Fallt man von den Punkten A, B, C, D in Fig. 182 Perpendikel auf
eine Linie xx, die Abscissenlinie, und nimmt man auf derselben einen
bestimmten Punkt 0, den Anfangspunkt, an, so ist die gegenseitige
Lage der Punkte A, B, C, D durch die Langen der Perpendikel (Ordi-
naten) Aa, Bb, Cc, DC? und durch die Langen der Abschnitte (Abscissen)
0«, ob, oc, od genau bestimmt, sobald noch dariiber GewiBheit ist, ob
die Perpendikel nach rechts oder nach links von der Abscissenlinie xx
aus, und ob die Abschnitte nach oben oder unten von dem Punkte 0 aus
abzumessen sind.
Diese GewiBheit wird durch Hinzufugung von Plus- und Minuszeichen
derartig herbeigefuhrt, daB alle vom Anfangspunkte 0 nach oben
188
ACHTES KAPITEL.
gemessenen Abscissen positiv, alle nach unten gemessenen negativ, die nach
rechts abzumessenden Ordinaten positiv, die nach der entgegengesetzten
Seite negativ angenommen werden.
Errichtet man in dem Nullpunkte der Abscissenachse des Perpen-
dikels yy die Ordinatenachse, so werden hierdurch die vier Quadranten
/, 77, ///, W gebildet, Fig. 183. Die Punkte im ersten Quadranten haben
positive Abscissen und Ordinaten, im zweiten Quadranten positive Ordi-
naten und negative Abscissen, im dritten negative Ordinaten und Abscissen
und im vierten positive Abscissen und negative Ordinaten.
Die Abscisse und Ordinate eines Punktes faBt man mit der Bezeich-
nung Koordinaten zusammen.
Die 'Koordinaten von Punkten werden berechnet aus der Lange ihrer
Verbindungslinien und aus deren Neigungswinkeln gegen die Abscissen-
achse. Diese Neigungswinkel werden aus der bekannten Neigung einer
Polygonseite und aus den Brechungswinkeln der Polygonseiten abgeleitet und
von der positiven Seite der Ab-
scissenachse aus nach rechts von 0
bis 360 Grad gezahlt.
1st z. B. in Fig. 184 xx die
\ J Abscissenlinie und sind die durch
die Punkte 1, 2, 3, 4, 5 gezogenen
Linien Parallelen zu derselben,
so sind die durch die kleinen
Bogen bezeichneten Winkel die
zu berechnenden Neigungswinkel
der Seiten gegen die Abscissen-
achse.
Die Berechnung derselben ge-
• schieht nach der Formel:
Fig. 184.
wenn P?, P}, P2 . . . . Pn_i, Pn
die aufeinanderfolgenden Polygon-
winkel und N09 N19 JVg . . . Nn— i,
Nn die Neigungswinkel der auf-
einanderfolgenden Polygonseiten
bedeuten. Die in Rechnung zu
ziehenden Polygonwinkel P0 , Pl ,
P2 . . . miissen die links von der Richtung des ganzen Zuges liegen-
den sein.
In Worten lautet die Regel: Die Neigung einer (der rcten) Polygon-
seite gegen die Abscissenachse wird gefunden, wenn man zur
Neigung der vorhergehenden (der n— lten) Seite den (links lie-
genden) Polygonwinkel zwischen den beidenPolygonseiten hinzu-
DlE 'AUSFUHRUNG VON M ARKS CHEIDERZU GEN.
189
addiert und von der Summe 180 Grad abzieht, sobald sie grofier,
oder 180 Grad hinzufiigt, sobald die Summe kleiner als 180 Grad
ist. Bleibt im ersteren Falle ein grb'Berer Rest als 360 Grad, so 1st nur
der "CberschuB iiber vier Eechte als Neigungswinkel anzusehen.
In Fig. 185 sei die Neigung der Seite So == 323° 40' 26" gegeben, die
Berechnung gestaltet sich dann folgendermafien:
190 ACHTES KAPITEL.
N° = 323° 40' 26" N3 = 240° 58' 30"
PI = 281° 34' 54" P4 = 229° 31' 30"
605° 15' 20" 470° 30' —
- 180° - 180°
425° 15' 20" N4
36()0 P5 = 309° 40' 10"
__
Nl = 65° 15' 20" = 600° 10' 10"
P2 = 260° 10' 10" - (180° + 360°) = - 540° -
325° 25' 30" N6 = 60° 10' 10"
- 180° PO = 83° 30' 16"
N2 = 145° 25' 30" 143° 40' 26"
P3 = 275° 33' - + 180°-
420° 58' 30" .2V0 = 323° 40' 26"
-180°
Berechnet man die Neigungswinkel desselben Zuges in umgekehrter
Reihenfolge, so miissen die nunmehr links liegenden Erganzungswinkel zu
360 G-rad der Polygonwinkel P0, P1? P2 .... in Rechnung gezogen werden
und die auf diesem Wege ermittelten Neigungen derselben Polygonseiten
sind um 180 Grad von den nach der ersten Reihenfolge berechneten
verschieden.
Aus der Lange der Polygonseiten $0, Slt S2 . . . . und den Neigungs-
winkeln N0 , N19 N2 . . . . werden die Koordinaten der einzelnen Punkte
Piy P2, P3 .... berechnet und zwar die Abscissen xlt x2, x3 . . . . nach
den Formeln S0 cos N0 , ^ cos ^ , S2 cos N2 . . . . und die Ordinaten
yl9 y2, y3 . . . . nach den Formeln ^0sin^Y0, S^ sin^, S2 siuN2 . . . ., wobei
die richtigen Vorzeichen fur die Koordinaten aus den Yorzeichen der
Funktionen sinus und cosinus des jedesmalingen Neigungswinkels sich
ergeben.
Die so berechneten Koordinaten jedes Punktes beziehen sich zunachst
auf den vorhergehenden Punkt als Anfangspunkt und auf die durch den-
selben gezogene Parallele zur Abscissenlinie, oder, wie man sich kurz aus-
driickt, auf den vorhergehenden Punkt als Ursprung. Man nennt sie zur
Unterscheidung von den eigentlichen Koordinaten: Teilkoordinaten oder
Koordinatenunterschiede.
Um von alien Punkten die Koordinaten auf eine Abscissenlinie
und einen Anfangspunkt zu beziehen, addiert man die Teilkoordinaten
der Reihe nach mit Berucksichtigung der Vorzeichen, z. B. mit Bezug
auf Fig. 185:
DlE AUSFUHKUNG VON MAKKSCHEIDERZUG-EN.
191
Ordinaten.
Abscissen.
Koordinaten des
Teilkoordinaten „
Punktes 0
» !
0,000
- 29,350
0,000
+ 39,917
Koordinaten „
Teilkoordinaten „
„ 1
» 2
— 29,350
+ 40,868
+ 39,917
+ 18,836
Koordinaten „
Teilkoordinaten „
„ 2
„ 3
+ 11,518
+ 52,946
+ 58,753
- 76,822
Koordinaten „
Teilkoordinaten „
» 3
» 4
+ 64,464
- 48,967
— 18,069
-27,171
Koordinaten „
Teilkoordinaten „
» 4
» 5
+ 15,497
- 57,137
— 45,240
+ 21,363
Koordinaten „
Teilkoordinaten „
„ 5
o
- 41,640
+ 41,640
— 23,877
+ 23,877
Koordinaten „
v 0
0,000
0,000
AuBer dem rechtwinkeligen Koordinatensysteme giebt es noch schief-
winkelige, deren Achsen unter einem spitzen Winkel sich schneiden. Von
ihnen inacht.der Markscheider keinen Gebrauch.
Dagegen kommt die Aufgabe
haufig vor die rechtwinkeligen
Koordinaten eines(alten) Systems
auf ein anderes (neues) zu be-
rechnen, wenn der Neigungs-
winkel a der beiden Abscissen-
achsen und die Koordinaten des
Nullpunktes vom alten System
a, b in bezug auf die neuen
Koordinatenachsen bekannt sind.
Man kann mehrere Falle
unterscheiden nach der gegen-
seitigen Lage der beiden Ko-
ordinatensysteme, zu denen die
Umwandlungsformeln aber samt-
lich auf eine der nachstehenden
ahnlicheWeise entwickelt werden.
In Fig. 186 sind Cf= x und
Ch = y die Koordinaten des
Punktes C in bezug auf das alte
System OP Und QR, es Sollen die Fig. 186. Koordinatenverwandlung.
192 ACHTES KAPITEL.
Koordinaten dieses Punktes 1C — x und IFF = y in bezug auf das neue
Koordinatensystem ST, UF berechnet werden. Gegeben sind der Winkel a
und die Koordinaten des Anfangspunktes z = a und b.
Zieht man ze und fg J_ FC und fd _L ze, so ist x = FC = Fe -f Cg
- eg = a + #' cos « — y sin a- und y = IFF = //-'A + kF = It k + zd -\- de
— b + y' cos « + #' sin #.
Die Lage der rechtwinkeligen Koordinatenachsen kann man beliebig
wahlen. Bei ausgedehnten markscheiderischen Messungen nimmt man mit
Vorliebe einen gut fixierten, moglichst in der Mitte der Yermessungen
liegenden Dreieckspunkt als Anfangspunkt und als Abscissenlinie entweder
den durch diesen Punkt gelegten Meridian oder erne Linie, welche mit
diesem Meridian einen bestimmten Winkel einschlieBt. Dieser Winkel wird
meistens von der Natur der Lagerstatte abhangen, auf welcher die darzu-
stellenden Grubenraume getrieben sind, und so gewahlt werden, da6 die
Abscissenlinie senkrecht auf dem Hauptstreichen der Lagerstatte steht.
Hierdurch erreicbt man, daB die grb'Bte Langenausdelmung der dar-
zustellenden Grubenraume mit der langen Xante des Papiers parallel
lauft, ohne das Quadratnetz gegen dieselbe zu verdrehen.
Die dritte Art und Weise, die gegenseitige Lage von Punkten in
Zahlen auszudriicken, ist die mittels der Polarkoordinaten.
Berechnet man aus den rechtwinkeligen Koordinaten der Punkte 1, 2,
3, 4 und 5 (Fig. 185) die Entfernungen derselben vom Anfangspunkte.
jetzt Pol genannt, namlich die Strahlen: Rl = 0 — 1, R.2 = 0 — 2,
.#3 = 0 — 3 , 7?4 = 0 — 4, .Sg^O — S und deren Neigungswinkel gegen
die Abscissenachse , jetzt Polachse genannt: A\ A'2, A3, A*, A5, so sind
in bezug auf den Pol 0 die Polarkoordinaten:
vom Punkte 2. A2 = 11° 5' 30" und R2 = 59,871..
„ „ 3. A] = 105°39'29// und R3 =-- 66,949.
„ ., 4. J4 = 161° 5' 28" und R± = 47,821.
„ „ 5. A5 = 240° 10' 10" und R5 = 48,000.
1. Al = 323° 40' 26" und ^ = 49,545.
133. Bei den Messungen mit dem Kompafi erhalt man die Neigungswinkel
der Schnure gegen den magnetischen Meridian, welcher als Abscissenlinie
angenommen wird, durch die direkte Ablesung der Streichwinkel und hat
nur notig, dieselben von den Fehlern der Variation zu befreien.
Die Berechnung der Koordinaten (Langen und Breiten) erfolgt mit
Hilfe der Logarithmen oder einer der im § 126 genannten Tabellen.
Wenn nicht die Bb'BEETschenTafeln zurVerfugung stehen, ist es not-
wendig, die nach der KompaBteilung in Stunden angegebenen Winkel in
Grade und Minuten umzuwandeln.
Dieses zeitraubende Geschaft wiirde wegfallen, wenn man sich ent-
schlieBen konnte, nur Kompasse mit Gradteilung oder mit fiinfzehnteiligen
Stunden anzuwenden.
DIE AusFUHEUNa VON MARKSCHEEDEBZUGEN.
193
Bei dieser Umwandlung hat sich ganz ungerechtfertigt unter dem
EinfluB der KompaBeinteilung eine iible Gewohnheit eingebiirgert und auch
auf Theodolitmessungen sich iibertragen, namlich die Neigungswinkel in
ostliche und westliche zu unterscheiden und die ersteren von Nord iiber Ost
bis 180°, die anderen von Slid iiber West ebenfalls von 0 bis 180° zu zahlen.
Da in diesem Falle die Neigungswinkel nicht von 0 bis 360 Grad
durchgezahlt werden, mithin die Vorzeichen der Funktionen sinus und
cosinus nicht mehr das richtige Yorzeichen der Koordinaten von selbst
ergeben, so ist zu merken, daB die Abscissen positiv sind bei den ost-
lichen Streichwinkeln von 0 — 90° (Stunde 0 — 6) und bei den westlichen
von (90°— 180°) (Stunde 6—12), dagegen negativ bei ostlichen Streich-
winkeln von (90°— 180°) und bei westlichen Streichwinkeln von (0°— 90°),
ferner daB die ostlichen Ordinaten positiv, die westlichen negativ sind.
Yielfach ist man noch weiter gegangen und hat nur die spitzen Winkel
angegeben, welche die Schniire mit der Abscissenlinie einschlieBen , ganz
abgesehen von der Richtung der Schniire.
In diesem Falle konnen die richtigen Vorzeichen fiir die Teilkoordinaten
nur unter Zuhilfenahme von Skizzen oder Figuren ermittelt werden, ohne
welche auch das Winkelbuch eines solchen Zuges schwer verstandlich sein wird.
Es erscheint deshalb ratsam, die KompaBstunden in Winkel zu ver-
wandeln, welche von 0—360 Grad durchzahlen.
Die Berechnung der Ziige nach Koordinaten wird in Formulare ein-
getragen.
Fiir KompaBmessungen geniigt es, wenn dem Formulare 3 fiir die
Winkelbuchreinschrift noch folgende Spalten hinzugefiigt werden.
Formular 5.
g
Im Gradmafi
verwandelter
Teilordinaten
Teilabscissen
Koordinateu
Ordinaten- | Abscissen-
0
*s
Stundenwinkel.
Meter
Meter
summe
1
I
+
-
+
-
±
Meter
±
Meter
02
r^
A
307° 51' 6"
8,883
6,903
—
8,883
+
6,903
a
fl
P
a
319° 20' 9"
6,777
7,889
—
15,660
+
14,792
b
1
b
206° 47' 49"
5,149
3,852
—
20,809
+
18,644
c
c
314° 49' 27"
6,256
6,218
-
27,065
+
24,862
d
1
-
15,660
+
14,792
g
8
PQ
d
51° 16 10"
9,205
7,383
—
6,455
•f
22,175
e
fe
e
315° 0' 0"
7,368
7,368
-
13,823
+
29,543
f
1
—
6,455
+
22,175
'53
02
f
128° 26' 15"
7,473
5,931
+
1,018
+
16,244
g
3
g
142° 8' 54"
4,452
5,729
+
5,470
+
10,515
h
"%
h
145° 22' 16"
3,779
5,472
+
9,249
-f
5,043
i
*?
i
240° 52 '44"
9,138
5,090
+
0,111
—
0,047
k
linke Seite
BBATHUHN, Markscheidekunst.
13
194
ACHTES KAPITEL.
Fiir die Messungen mit dem Theodoliten sind verschiedenartige For-
mulare in -Gebrauch. Wenn keine Beobachtungen am Hohenkreise gemacht
wurden und eine Reinschrift des Grubentaschenbuches vorliegt, so reicht
folgendes einfache Formular aus:
Formular 6.
1
Sohlige
Lange.
Azimut.
Teilordinaten.
1
Teilabscissen.
Koordinaten.
Ordi- 1 Ab-
naten- | scissen-
a
N
j
summe.
0)
Meter.
Gr. M.
S.
Meter.
Meter.
Meter.
i
y) QJ .
^ tog
^ CQ
Linke Seite.
Die Spalte ,,Zeichen" am SchluB hat den beim Zulegen hervortreten-
den Yorteil, da6 die Bezeichnung des Punktes gleich neben seinen Koor-
dinaten steht.
Was iibrigens fiir ein Formular gewahlt werden mag, stets ist eine
genaue Skizze hinzuzufiigen.
Bei Berechnung der Koordinaten geschlossener Polygone miissen die
Koordinatensummen gleich Null werden, oder wenn kein geschlossenes
Polygon vorhanden war, so miissen die Koordinaten derselben Punkte im
Zug und Gegenzug iibereinstimmen. Werden diese Forderungen nicht er-
fiillt, so sind diese Unstimmigkeiten nach einem bestimmten Verfahren
auszugleichen, woriiber in einem besonderen Kapitel die Rede sein wird.
134. . Nachdem die etwa vorhandenen Fehler in den Koordinaten beseitigt
worden sind, kann man zur Zulage schreiten.
Zu diesem Zwecke versieht man bei Anfertigung eines neuen Risses
das Papier mit einem Quadratnetz und beziffert die einzelnen Linien des
Ketzes mit Hinzufugung der Yorzeichen, wie aus Fig. 187 zu ersehen ist.
Die Bezifferung geht von dem gewahlten, oder wenn fur die betreffende
Grube schon ein Koordinatensystem angenommen war, von dem vorge-
schriebenen Nullpunkte aus.
Das Yerfahren erlautert sich am einfachsten an einem Beispiele: Der
Punkt d, dessen Koordinaten •- 12 und +25 sind, soil aufgetragen
werden.
Man sucht zunachst das Quadrat efgh auf, in welches der Punkt d
fallen muB. Dasselbe wird von den Netzlinien in der Abscissenachsenrich-
DIE AUSFUHEUNG VON MARKSCHEIDERZUGEN.
195
tung -- 10 und — 20 und von den Netzlinien in der Ordinatenachsen-
richtung -f 20 und + 30 gebildet. Sodann nimmt man die Lange 5 in
den Zirkel und tragt dieselbe von der Netzlinie + 20 aus in der posi-
tiven Abscissenrichtung auf die beiden von den Netzlinien — 10 und
— 20 gebildeten Quadratseiten ab, so daB ah = be = 5.
Durch diese beiden auf diese Weise erhaltenen Punkte a und b zieht
man eine feine Bleistiftlinie, nimmt die Lange 2 in den Zirkel, tragt diese
vom Punkt b, also von der Netzlinie — 10 in der negativen Ordinaten-
richtung auf die Linie ba ab und erhalt so die Lage des Punktes d.
+30
+20
f
a
j
*
B
\
c
Q~
-
+20
-70
7 III
Fig. 187. Zulegen nach berechneten Koordinaten.
Benutzt man zwei Zirkel zugleich, so tragt man erst die Punkte b
und c von e aus mit den Langen 5 und 2 auf und schlagt vom Punkte c
aus mit dem Radius 5, sowie vom Punkte b mit dem Radius 2 je einen
Bogen. Der Schnittpunkt der Bogen ist der gesuchte Punkt d.
Vergleicht man zum SchluB die verschiedenen Methoden des Zulegens
untereinander, so ist der nach berechneten Koordinaten entschieden der
Vorzug zu geben.
Zu den Markscheiderarbeiten , welche die riBliche Darstellung zum § 135,
Zweck haben, gehort auch die Aufnahme derjenigen Gegenstande der
Tagesoberflache, auf welche der Grubenbau Rucksicht zu nehmen hat, z. B.
der Feldesgrenze, der Gebaude, StraBen, Eisenbahnen, Teiche, Wasserlaufe
und dergl.
Bei groBerer Ausdehmmg solcher Messungen werden nach den Regeln
der Feldmefikunst Polygone an das Dreiecksnetz des Grubenfeldes und an
diese Polygone wieder die Stuckvermessungen angeschlossen.
13*
196
ACHTES KAPITEL.
Die Stuck vermessung fuhrt der Markscheider fast immer und die
AnschluBpolygone bei nicht zu groBer Ausdehnung sehr haufig mit dem
KompaB als FeldmeBinstrument aus.
Diesen Yermessungen wird ebenfalls ein Netz von Linien zu grunde
gelegt, welches womoglich aus einem Hauptpolygonzuge von einem Drei-
eckspunkte zum anderen und aus mehreren sich hieran anlehnenden kleinen
Nebenziigen besteht. Der Hauptsache nach kommt die Umfangsmethode
zur Anwendung, untergeordnet treten auch die anderen Methoden auf. In
Fig. 188, welche einen Teil einer solchen KompaBaufnahme darstellt, ist
die um den Punkt c liegende Hausergruppe mittels der Polarmethode, die
mit ,,Garten" bezeichnete Flache nach der Koordinatenmethode aufge-
nommen worden.
Fig. 188. Skizze einer Situationsaufnahme mit dem Kompafi.
Man sucht moglichst viel geschlossene Figuren zu erhalten. Zu diesem
Zwecke ist z. B. die Linie 2 — f eingeschaltet worden. Die Eckpunkte
des Netzes werden durch kleine Pflocke bezeichnet, auBerdem benutzt man
auch Hausecken, Grenzsteine u. s. w. Die Richtungen der Linien werden
mit dem FeldmeBinstrument (KompaB) ermittelt, und zwar wird dasselbe
nicht auf jedem einzelnen Punkte, sondern abwechselnd aufgestellt. Z. B.
wird in der Aufstellung des Instrumentes iiber a die Kichtung a — /, a — b
und a — 1 abgelesen, sodann wird das Instrument erst in c, bez. in 2
aufgestellt und die Punkte b und 1 werden iibersprungen.
Von diesem Verfahren wird man abweichen, wenn die Einwirkung von
Eisen auf die Magnetnadel zu befurchten ist.
Unter Umstanden kann auch hierbei von den im fimften Kapitel
beschriebenen Methoden Gebrauch gemacht werden.
Die Langen miBt man mit dem MeBbande, die senkrechten Abstande
DlE AUSFUHKUNG VON MAKKSCHEIDERZUGEN.
197
von den Polygonseiten mit MeBstaben. Das Errichten dieser Perpendikel
geschieht bei kurzen Ordinaten mit dem bloBen Auge, bei langeren mit
Hilfe des Winkelkopfes oder Winkelspiegels.
Zum Eintragen der Beobachtungen geniigen wenige Spalten.
Formular 7.
Zeichen .
von bis
0/W.
Kompass.
St. V8 1/8/i6
Lange.
Meter.
Bemer-
kungen.
Skizzen.
'«.
Linke Seite. Kechte Seite.
Die Zulage erfolgt nach denselben Methoden wie die der G-rubenziige.
Durchschlagszuge. -- Bisher ist von den Markscheiderarbeiten die § 136,
Rede gewesen, welche lediglich der riBlichen Darstellung wegen ausgefiihrt
werden.
In der Anordnung wenig verschieden von ihnen sind die sogenannten
Durchschlagsziige.
Man unterscheidet zwei Gruppen von solchen Ziigen. Die einen haben
die Zusammenfuhrung zweier Stolln- oder Streckenorter, die anderen die
seigere Ubertragung eines Punktes der Tagesoberflache in die Grube oder
umgekehrt zum Zweck. Im erst en Falle ist das Ni veil ement, im zweiten
die Horizontalmessung mittels des Theodoliten von groBter Wichtigkeit.
Die Abweichung zweier Gegenorter eines Stollns in den Sohlen kann
unter Umstanden gar nicht oder doch nur durch Aufwendung groBer Kosten
beseitigt werden, wahrend eine Abweichung der beiden Durchschlagsrich-
tungen schon ziemlich weit gehen kann, ehe Betriebshindernisse daraus
entstehen.
Bei Punktiibertragungen konnen Abweichungen in horizontaler
Richtung sehr unangenehm sein, namentlich wenn hiernach ein Scbacht
in verschiedenen Sohlen in Angriff genommen worden ist, wahrend die
Seigerhohen selten mit dieser Scharfe bestimmt zu werden brauchen.
Die Durchschlagsziige von einiger Ausdehnung und Wichtigkeit sind
stets mit dem Theodoliten auszufiihren; bei kleineren unwichtigen Zugen
geniigt auch der HangekompaB. Die Durchschlagsrichtung sollte aber in
diesem Falle ausschlieBlich durch Rechnung ermittelt werden. Geschieht
198 ACHTES KAPITEL.
es dennoch durch die mechanische Zulage, so sind alle oben erwahnten
VorsichtsmaBregeln zu beachten.
Fiir alle Durchlagsziige gilt der Hauptgrundsatz, da6 dieselben ganz
unabhangig von den schon vorhandenen Messungen vollstandig neu aus-
gefuhrt werden mussen und nur in Ausnahmefallen sich an friihere Mes-
sungen oder an riBliche Darstellungen anlehnen oder darauf stiitzen durfen.
Diese Ausnahmefalle finden statt: erstens, wenn schon eine verbiirgte
genaue Messung durch einen Teil der aufzunehmenden Grubenraume gefiihrt
war und deren Fixpunkte sich vollstandig unversehrt erhalten hatten,
und zweitens, wenn verbrochene Strecken u. dergl. die Neumessung fur
den Durchschlag verhindern und Gefahr im Yerzuge ist. Im letzteren Falle
1st auf Grund der riBlichen Darstellungen die Angabe zu machen. Der
Rift ist aber entstanden aus einer Anzahl zu verschiedenen Zeiten aus-
gefuhrter Nachtragsmessungen, deren Richtigkeit, abgesehen von anderen
Einfliissen, abhangt von der unversehrten Erhaltung der jedesmaligen An-
schluBpunkte und kann deshalb nicht die Sicherheit bieten, wie ein zu-
sammenhangender Durchschlagszug.
Der Wichtigkeit der Sache entsprechend wird bei solchen Durchschlags-
ziigen die Sorgfalt bei dem Aussuchen und Fixieren der Winkelpunkte,
sowie bei dem Messen der Winkel und Langen erhoht und der ganze Zug
wird mindestens zweimal ausgefuhrt.
Waren die Winkelpunkte in der Firste fixiert, so werden dieselben
beim Gegenzug beibehalten. Dadurch aber, daB der Theodolit von neuem
zentriert wird, erhalt dieser Gegenzug doch den Wert einer ganz unab-
hangigen Arbeit.
Mit den Durchschlagsziigen ist nur in Ausnahmetallen eine Aufnahnie
der Grubenraume verbunden, auch werden die Ziige meistens nicht zu-
gelegt, sondern nur berechnet, weil zur Angabe der Durchschlagsrichtungen
die Koordinaten der letzten Punkte, sowie die Azimute der beiden letzten
Polygonseiten vollstandig geniigen.
In Fig. 189 ist der einfachste Fall eines Durchschlagszuges dargestellt,
welcher beziiglich der Berechnung fur alle anderen als Muster dienen kann.
Derselbe ist vom Punkt I bis zum Punkt VII ausgefuhrt, und soil sowohl
von dem einen als von dem anderen Punkt die Richtung zur Aufeinander-
fuhrung der beiden Gegenorter angegeben werden. Die Koordinaten der
beiden Endpunkte sind berechnet und zwar
Ord. Absc.
far 7+45,621 +81,583
„ VII - 3,631 + 40,235
sowie die Azimute der Linien VI— VII und /— // zu 51° 20' 22", bez.
62° 12' 11". Aus den Koordinaten der Punkte I und VII findet man
wie folgt:
DIE ATJSFUHEUNO VON MAKKSCHEIDEEZUGEN,
199
+ 45,621
- 3,631
+ 81,583
4- 40,235
49,252 41,348
die Katheten des rechtwinkeligen Dreiecks I A VII und daraus den
Winkel A VIII nach der Formel \%A7HI= ^1 = 49° 59' 9", sowie die
Tel .o4O
Hypotenuse VII- 1 = ^^57 = 64,307.
Aus der Figur 1st ohne weiteres zu entnehmen, daB der Abgabewinkel
aus VII sich zu 178° 38' 47" und derselbe aus I zu 167° 46' 58" ergiebt.
Fig. 189. Durchschlagsbestimmung.
Die beiden Richtungswinkel werden in der Grube auf folgende Weise
angegeben: Man stellt den Theodoliten unter dem Punkte I zentrisch und
horizontal auf, richtet das Fernrohr mit Null auf Null auf den Punkt II
und dreht die Alhidade bei festgeklemmtem Hauptkreis soweit herum, bis
die Nonien den Winkel 167° 46' 58" angeben. Das Fernrohr befindet sich
nunmehr in der Durchschlagsrichtung, welche auf einer in zweckmaBiger,
Entfernung vom Punkt / geschlagenen Spreize durch einen Drahtstift
Pfriemen u. dergl. bezeichnet wird.
Dieselbe Messung wiederholt man in der zweiten Lage des Fernrohres
und nimmt, wenn die beiden gefundenen Punkte nicht ubereinstimmen,
das Mittel.
200
ACHTES KAPITEL.
Den so gefundenen Punkt iibertragt man sorgfaltig in die Firste, und
die aus diesem und dem Punkte / herabhangenden Lote bezeichnen die
Durchschlagsrichtung. Genau so verfahrt man auf dem Punkte VII, wo
der Abgabewinkel = 178° 38' 41" ist.
Die Punkte / und VII diirfen, um zur genauen Winkelangabe hin-
reicbenden Spielraum zu haben, nicht zu nahe am OrtsstoBe ange-
bracbt sein.
Das vorher beschriebene Verfahren reicbt in den meisten Fallen aus.
Will man jedocb mit der groBtmoglichsten Scharfe den Winkel angeben,
so wird man zunachst wie vorher nur in einer Lage des Fernrobres einen
Punkt x in der Durchschlagsrichtung auf der Spreize bezeichnen, sodann
miBt man diesen abgesteckten Winkel II Ix so genau wie rnoglich durch
mehrmalige Kepetitionen in beiden Lagen des Fernrohrs. Aus dieser
Messung ergiebt sich, wie viel der Winkel // / x von der berechneten
Durchschlagsrichtung abweicht, und man kann aus dieser Differenz d und
aus der Lange I x das kurze Stuck, um welches der Punkt x recktwinkelig
zur Seite geriickt werden muB, aus der Formel tge?. Ix berechnen.
Bei dem Betriebe von Stollngegenortern sind zugleich die Angaben
fur die Sohlen zu geben.
Dies geschieht am einfachsten, wenn ein Sohlenpunkt nahe an dem
OrtsstoB in der Firste angebracht und durch Nivellement bestimmt wird,
wie tief die Ortssohle unter demselben angenommen werden soil.
Sind flache Gesenke, Bremsberge und Ubersichbrechen, welche zwei
Punkte in verschiedenen Sohlen verbinden sollen, anzugeben, so ist der
Fallwinkel aus einem rechtwinkeligen Dreieck zu berechnen, dessen eine
Kathete gleich dem Seigerteufenunterschied der beiden Sohlenpunkte und
dessen andere gleich der horizontalen Entfermmg dieser beiden Punkte ist
Letztere wird aus der Zulage entnommen oder aus den Koordinaten berechnet
Fig. 190.
Zur Angabe des Fallwinkels ist ein sorgfaltig gearbeitetes recht-
winkeliges Dreieck von moglichst grofien Dimensionen sehr brauchbar. Der
eine spitze Winkel A dieses Dreiecks ABC entspricht dem berechneten
Fallwinkel. Beim Gebrauch setzt man die Hypotenuse dieses Dreiecks auf
die Sohle der Strecke und eine Setzlibelle oder Setzwage (Fig. 190) auf
DlE AUSFUHEUNG VON MARKSCHEIDERZUGEN.
201
di e oben befindliche Kathete AC. Spielt die Blase der Libelle oder das
Lot der Setzwage ein, so ist das Ansteigen der Streckensohle richtig.
BeimAbteufen vonGesenken
und tonnlagigen Schachten mit
sehr starkem Einfallen ist vor-
stehender Apparat nicht anwend-
bar. Man verfahrt hier auf fol-
gende Weise:
Von dem Punkte a (Fig. 191)
hangt man ein Lot ab. Von den
Punkten c, d und e des Lotes,
welche um eine bestimmte Lange
voneinander abstehen, werden
nach dem Hangenden die Ab-
messungen gc, di und el und
nach dem Liegenden die Ab-
messungen cf, dh und ek beim
Betriebe inne gehalten. Der Fig, 191. Abteufen von flachen Schachten,
Punkt a sowohl, als auch die
Abmessungen vom Lote aus werden im Voraus vom Markscbeider be-
rechnet und angegeben. Ist bis zum Punkte b abgeteuft, so ist die An-
gabe eines neuen Lotpunktes mit den zugehorigen Abstanden erforderlicb.
tlbertragungen von Seigerpunkten aus der Grube auf die Tagesober- § 137.
flache und umgekebrt sind erforderlich:
Zur Bestimmung der Sicherheitspfeiler und zum Schutze von Gegen-
standen auf der Tagesoberflache, zur Angabe des Ansatzpunktes eines
Schachtes, welcher an eine bestimmte Stelle in der Grube treffen soil,
und zur Angabe eines Punktes in der Grube, welchen ein liber Tage be-
gonnener Schacht treffen wird. Letzteres kommt bei Unterfahrungen von
Schachten vor, die im Abteufen begriffen sind.
SchlieBlich ist eine wiederholte tFbertragung von Seigerpunkten not-
wendig, wenn ein Schacht in verschiedenen Sohlen zu gleicher Zeit in An-
griff genommen werden soil.
Alle derartige Ztige bestehen aus Gruben- und Tagezug. Fiir letztere
bildet das entweder schon vorhandene oder zu konstruierende Dreiecksnetz
die Grundlage.
Zur Angabe eines Schachtes, der an einer bestimmten Stelle B der
Grube eintreffen sollr ist die tFbertragung dieses Punktes auf die Tages-
oberflache notig. Man fixiert ungefahr in der Gegend, wo der Schacht
angesetzt werden wird, durch einen Pfahl oder Stein den sogenannten ver-
lorenen Punkt A und verbindet denselben durch Messung sowohl mit dem
Dreiecksnetz iiber Tage, als auch mit dem Polygon in der Grube, welches
seinerseits den Punkt E in sich schlieBt, Fig. 192.
202 ACHTES KAPITEL. DIE AUSFUHRUNG VON MARKSCHEIDERZUGEN.
Aus den Koordinaten von A und B und aus dem Azimut der Dreiecks-
oder Polygonseite, deren Endpunkt A ist, berechnet man, in welcher Ent-
fernung und Richtung von A ab der Schacht angesetzt werden muB.
Mittels des zentrisch iiber A aufgestellten Theodoliten wird auf die-
selbe Weise wie bei der Richtungsangabe von Gegenortern der Winkel CAB
und mittelst Schnur, Gradbogen und MeBstab die Lange der Linie AB von
dem verlorenen Punkte A
nach dem Schachtpunkte
angegeben.
Soil umgekehrt ein iiber
Tage begonnener Schacht
durch einen Querschlag
unterfahren werden, so ist
eine gleiche Messung vor-
zunehmen wie vorher, wel-
che den angefangenen
Schacht und diejenigen
Grubenraume in sich
schlieBt, in deren Nahe
der Schacht eintreifen wird.
Nach Berechnung der
Fig. 192. Koordinaten ist in der
Grube diejenige Stelle des
Zuges auszuwahlen, von welcher aus die Unterfahrungsstrecke am zweck-
maBigsten angesetzt wird. Die Angabe der Richtung geschieht wie bei dem
Durchschlagszuge. Nachdem der notige Raum durch die aufgefahrene
Strecke freigelegt ist, kann zur genauen Bestimmung des Schachtpunktes
auf bekannte Weise geschritten werden.
Die schwierigste und wichtigste Markscheiderarbeit dieser Gattung ist
die Angabe eines Schachtes, welcher gleichzeitig in mehreren Sohlen in
Angriffgenommen werden soil. Die beiden oben besprochenen Falle kommen
hierbei in Verbindung vor.
Soil der Schacht einen runden Querschnitt erhalten, so geniigt selbst-
verstandlich die Angabe des Mittelpunktes, soil der Schacht aber viereckig
werden, so ist an jedem Angriffspunkte die Schachtfigur abzustecken.
Die mit vorstehenden Arbeiten stets verbundenen AnschluB- und Orien-
tierungsmessungen zwischen Tage- und Grubenzug werden in einem be-
sonderen Kapitel besprochen werden.
NEUNTES KAPITEL. DIE ANEERTIGUNG VON GRUBENRISSEN. 203
Neuntes Kapitel.
Die Anfertigung yon Grubenrissen.
Zur vollstandigen Klarstellung der Grubenverhaltnisse ist mindestens § 138,
ein GrundriB und ein SeigerriB erforderlich.
Der GrundriB ist eine Projektion der Grubenraume auf die Horizontal-
ebene und der SeigerriB eine solche auf eine Seigerebene, welche der Haupt-
langsrichtung der Grubenbaue parallel lauft.
Auf Profilen oder Profilrissen werden nur diejenigen Gegenstande
dargestellt, welche von der durch die Grubenbaue gelegten seigeren
Profilebene geschnitten werden. Miissen zum besseren Verstandnis
dennoch Gegenstande angegeben werden, welche vor oder hinter der Profil-
ebene liegen, so geschieht dies in punktierten Linien.
Die Ebene der Querprofile liegt in der Fallrichtung, die der Langen-
profile in dem Streichen der Lagerstatte.
FlacheEisse nennt man solche, welche auf eine geneigte der Lager-
statte parallelen Ebene projiziert sind,
Nach der auBeren Form unterscheidet man Flatten- und Rollrisse.
Die letzteren sind aus einem oder mehreren Bogen Zeichenpapier die auf
Leinwand geklebt sind, in einer solchen GroBe hergestellt, daB die ganze
Grube oder doch ein abgeschlossener Teil (Revier) derselben darauf Platz
findet.
Ihren Namen haben sie davon, daB sie gerollt aufbewahrt werden.
Zum Schutz gegen Druck und Bruch sind sie auf der einen kurzen Seite
mit einer Rolle, auf der anderen mit einer Leiste versehen. Der Rand der
langen Seiten ist mit Band umnaht.
Das zu den Rollrissen notige Papiermaterial wird mit Nessel unterklebt
von Papierfabriken geliefert. Will man aber das Aufkleben des Papier s
auf Leinen selbst besorgen, so verfahrt man wie folgt:
Man lege ein Stuck Leinwand oder Nessel von etwas groBeren Dimen-
sionen als sie der RiB erhalten soil, auf einen abgehobelten Tisch, knicke
an den Randern einen zwei Finger breiten Streifen um und bestreiche
denselben mit Kleister. Die so bestrichenen Rander legt man wieder um
und driickt dieselben auf den Tisch, indem man zugleich die Leinwand
straff zu ziehen versucht. Bei grosser Ausdehnung der Leinwand miissen
zwei Personen, und zwar stets an entgegengesetzten Stellen, driicken und
ziehen.
Hat die Leinwand scharfe Briiche, so bestreicht man diese Stellen
mit einem feuchten Schwamme. Nachdem der Rand nahezu trocken ge-
worden ist, legt man das Papier mit der rechten Seite auf die Leinwand
und bestreicht die linke Seite so lange mit Kleister, bis das Papier durch
die Feuchtigkeit ganz schlaff geworden ist.
204 NEUNTES KAPITEL.
Sodann hebt man dasselbe vorsichtig ab, legt es mit der bestrichenen
Seite auf die Leinwand und driickt, von der Mitte ausgehend, nach den
Seiten zu das Papier fest auf. Das streichende Aufdriicken fiihrt man mit
der bloBen Hand oder mit Tiichern aus, legt aber stets reines Papier unter.
Sind mehrere Bogen Zeichenpapier aneinander zu kleben, so ist es
zweckmaBig, den Kanten der Bogen, welche iibereinandergreifen, eine kleine
Zuscharfung zu geben. Man kann diese durch sorgfaltiges Schaben mit
einem Messer einfacher durch folgendes Verfahren erreichen.
Man fiihrt parallel und nahe an den iibereinander zu klebenden Kanten
jedes Papierbogens in gerader Linie einen scharfen Schnitt in das Papier,
der aber nur bis zur Mitte desselben eindringen darf, legt sodann das
Papier mit der eingeschnittenen Seite auf den Tisch und reiBt den halb
losgetrennten Streifen vorsichtig ab, indem man inn parallel der Kante
des Bogens abzieht. Da der Streifen in der halben Starke des Papieres
noch anhaftet, so wird beim Abziehen desselben auch vom Bogen etwas
Papier mit entfernt und die gewiinschte Zuscharfung erreicht.
Auf die gute Beschaffenheit des Kleisters komnit hierbei viel an.
Derselbe muB von einer bestimmten Diinnfmssigkeit sein und darf keine
Kliimpcheu enthalten. Zu seiner Bereitung lost man eine kleine Portion
guter Starke in moglichst wenig kaltem Wasser vollstandig auf und gieBt
in diesen dunnen Brei kochendes Wasser unter fortwahrendem Um-
riihren des dabei entstehenden Starkekleisters.
Die Plattenrisse bestehen aus einzelnen Flatten von gleicher GroBe
und Dicke, welche durch Beschneiden zum unmittelbaren AneinanderstoBen
eingerichtet sind.
Die GroBe der Platten richtet sich nach dem MaBstab, meistens
nahern sie sich den Dimensionen von 70 und 50 Centimeter.
Die Platten werden am zweckmaBigsten auf folgende Weise an-
gefertigt.
Man klebt ein fur die GroBe mehrerer Platten ausreichendes Stuck
Leinwand nach dem oben beschriebenen Yerfahren mit den Randern auf
einen . glatt gehobelten Tisch und darauf iibereinander zwei Lagen von
starkem Maschinenpapier und zuletzt das eigentliche Zeichenpapier. LaBt
man vor dem Aufkleben des letzteren das Maschinenpapier erst trocken
werden, so hat man den Yorteil, daB die Wellungen des vorher nassen
Papieres verschwunden sind und das Aufdrucken des mit Kleister be-
strichenen Zeichenpapieres miiheloser ist. Das ganze, so zusammen-
geklebte Plattenmaterial muB ca. acht Tage trocknen, bevor es vom Tische
abgeschnitten wird, und auch dann bewahrt man die einzelnen Platten
noch einige Wochen auf, ehe man sie benutzt.
139. Nach dem Zweck teilt man dieRisse ein in Spezialrisse, Situations-
und Hauptgrundrisse, in General- und tTbersichtsrisse.
DIE ANFEETIGUNG VON GRUBENRISSEN. 205
Spezialrisse sind solche Risse, welche nur zur Fiihrung des Gruben-
baues dienen. Bei dem Yorhandensein mehrerer Bausohlen oder mehrerer
iibereinander liegender Lagerstatten wird zur Vermeidung storender tfber-
deckungen meistens nur jedesmal eine dargestellt.
Sie enthalten nur solche Gegenstande der Tagesoberflache, auf welche
der Grubenbau Riicksicht nehmen muB. Ihr MaBstab ist der des Funda-
mentalrisses.
Situations- und Hauptgrundrisse werden meistens in einem um
die Halfte kleineren MaBstabe als der der Spezialrisse angefertigt und
enthalten neben den Gegenstanden der Tagesoberflache nur die Schachte,
Stolln und Hauptgrundstrecken der Grubenbaue.
General- und tFbersichtsrisse dienen, wie schon ihr Namen sagt,
zur allgemeinen Cbersicht ganzer Bezirke und konnen bei ihrem meist
kleinen MaBstabe nur das wichtigste der Grubenraume und der Tages-
oberflache wiedergeben.
Fnndamentalrisse. - - Alle bisher genannten Risse sollen nach den § 140.
preuBischen Vorschriften aus den Fundamentalrissen entstehen. So
werden namlich die Konzeptrisse genannt, auf welche der Markscheider
alle Aufnahmen unmittelbar zulegt und welche alien iibrigen, noch an-
zufertigenden Rissen als Grundlage dienen.
Zu diesen Fundamentalrissen soil nur Zeichenpapier (Handpapier)
bester Sorte verwendet werden, welches weder gerollt, noch mit Leinen
unterklebt werden darf. Jedes Blatt wird mit einem Quadratnetz versehen,
dessen Linien dem fiir die Grube giltigen Koordinatensystem entsprechen.
Die Blatter werden nicht beschnitten, es bleibt also auBerhalb des
durch die auBersten Netzlinien begrenzten Yiereckes noch ein Rand,
iiber welchen hinaus ebenfalls die Zulage und Zeichnung ausgedehnt wird.
Auf dem anstoBenden Blatte des Fundamentalrisses werden auf dem Rande
dieselben Gegenstande ebenfalls verzeichnet und dadurch ist der AnschluB
der beiden angrenzenden Blatter erreicht.
Wird der Grubenbau auf mehreren iibereinander liegenden Sohlen
oder Lagerstatten gefiihrt, so ist fiir jede einzelne derselben ein besonderer
FundamentalriB zu fertigen. Yon dieser Regel weicht man nur dann
ab, wenn Yerdunkelungen und storende ITberdeckungen nicht zu befiirchten
sind. Die wichtigsten Strecken der zunachst dariiber liegenden Sohle bezw.
Lagerstatte sind punktiert auf dem Risse anzugeben.
Der MaBstab der Fundamentalrisse muB so beschaffen sein, daB alle
anderen Risse leicht danach angefertigt werden konnen. Fiir ausgedehntere,
auf Flotzen bauende Gruben hat sich das Yerhaltnis 1 : 1000, fiir Gang-
bergbau das Yerhaltnis 1 : 500 bewahrt.
Die spezielle zeichnerische Ausfiihrung entspricht mit geringen Ab-
weichungen der der Spezialrisse. Hiervon wird in dem nachsten Para-
graphen die Rede sein.
206
NEUNTES KAPITEL.
141. Nachdem durch die in § 141 ff. beschriebenen Methoden ein GrundriB
des der markscheiderischen Aufnahme zu Grunde liegenden Netzes auf
dem Papiere zugelegt worden ist, werden die raumlichen Grubenbaue
eingetragen.
Hierzu dienen die auf der rechten Seite des Winkelbuches stehenden
Skizzen. Z. B. Man steckt vom Anfangspunkte a die Lange 4 ab imd
senkrecht darauf die Or-
dinate 2,1 nach links
und 1,1 nach rechts, so-
dann den OrdinatenfuB-
punkt bei 6,2 Lange und
die Ordinaten 0,5 bis zur
Ecke des Gesenkes u. s. w.
Die hierdurch erhal-
tenen Punkte verbindet
Fig. 193.
man nach Anleitung der Skizze und erhalt dadurch ein der Wirklichkeit
ahnliches Bild in horizontaler Projektion oder im GrundriB.
Das auf diese Weise entstandene Bild wird darauf mit feinen, schwarzen
Tuschlinien ausgezogen und mit Farben und sonstigen, zum Verstandnis
von der Form der Lagerstatte und deren Abbau erforderlichen Bezeich-
nungen versehen.
In dieser Beziehung konnen iiberall giltige Vorschriften nicht auf-
gestellt werden, da die ortlichen Gruben- und Lagerungsverhaltnisse jedes-
mal beriicksichtigt werden miissen, ferner auch das langjahrige Herkommen
und die Gewohnheiten sowohl der Markscheider, als auch der Gruben-
betriebsbeamten von EinfluB sind.
Das Nachstehende soil auch nur das Wichtigste in dieser Eichtung
andeuten, ohne die Anwendbarkeit fur alle Falle vorauszusetzen.
Bei der Farbengebung gilt der Hauptgrundsatz, daB alle Eaume einer
Sohle mit derselben Farbe und die verschiedenen Sohlen mit verschiedenen
Farben angelegt werden.
Fur benachbarte Sohlen wahlt man scharf voneinander abstechende
Farben.
Querschlage sind an der auBeren Seite durch eine leichte Verwaschung
in grauer Tusche zu kennzeichnen.
Unter bestimmten Yerhaltnissen kann es auch wiinschenswert sein,
die ins Liegende getriebenen Querschlage von denen des Hangenden durch
Yerwaschungen in verschiedenen Farben zu unterscheiden.
Alle Strecken erhalten einen Schatten, bei dessen Konstruktion man
annimmt, daB das Licht von links nach rechts unter einem Winkel von 45 °
einfallt. Der Schatten wird in der Sohlenfarbe oder mit grauer Tusche
angegeben, und durch den Wechsel der beiden Farben im Schattenstrich
kann man man noch eine Bedeutung verbinden. Z. B. alle Streckenteile,
welche in der Lagerstatte getrieben sind, mit farbigem, diejenigen, welche
DIE ANFERTIGUNG VON GBUBENKISSEN. 207
auBerhalb derselben liegen, mit grauem Schatten versehen. Letzteres
ist nur bei Darstellungen in groBem MaBstabe anwendbar.
Alle Einrichtungen in der Grube, wie Ausmauerung, eiserne Zimmerung
u. dergl., sind stets gleichformig nach bestimmten Vorschriften darzustellen.
Die Offnungen von Schachten, Rolllochern, Gesenken u. dergl. werden
diagonal geteilt und zur Halfte tiefschwarz, zur anderen Halfte, wenn der
Schacht bis zu Tage ausgeht, weiB gelassen, dagegen bei blinden Schachten,
Gesenken u. s. w. grau (mit Tusche) angelegt.
Die Sohle von tonnlagigen Schachten, Gesenken u. s. w. wird dadurch
bezeichnet, daB in der Scbachtfigur beide sich kreuzende Diagonalen ge-
zogen werden.
Verstiirzte Strecken werden mit der Sohlenfarbe schraffiert, abgegangene
Schachte, Gesenke u. dergl. ganz schwarz ausgefullt.
Auf Grundrissen von solchen Grubenbauen, in denen das Niveau der
einzelnen Strecken vielfaeh wechselt, ist es zu empfehlen, die Zahlen der
Seigerteufen (die Abschliisse auf die Normalhorizontale) an die wichtigsten
Punkte zu schreiben.
Nicht selten ist es auch von Vorteil, mit Hilfe dieser Hohenzahlen
Horizontalkurven in gleichem Hohenabstande auf der Sohle des Flotzes zu
konstruieren , da hierdurch die Gestalt einer unregelmaBigen Lagerstatte
am besten veranschaulicht wird.
Die grundriBliche Darstellung ganz regelloser hb'hlenartiger Gruben-
baue ist am schwierigsten. Es erscheint ratsam, die Baue in Schichten von
gleicher Hohe zu zerlegen und fur jede dieser Schichten eine hervor-
stechende Farbe zu wahlen, mit der alle Begrenzungslinien der unregel-
maBigen Hohlraume nach innen schmal verwaschen werden. Yon diesen
Schichten diirferi nur so viel iibereinander auf ein Blatt gezeichnet werden,
als ohne Beeintrachtigung der Deutlichkeit geschehen kann. Eine klare Yor-
stellung wird man bei derartigen Lagerstatten durch den GrundriB allein nicht
erreichen ; es miissen Seigerrisse und zweckmaBig gelegte Profile hinzutreten.
Werden zur Yervollstandigung der Aufnahme altere Risse benutzt und
ist mit der neuen Aufnahme nicht eine eingehende Priifung derselben zu
erreichen gewesen, so sind diese kenntlich zu machen, z. B. dadurch, daB
sie punktiert ausgezogen werden und keinen Schatten erhalten.
Der Abbau wird beim Gang- und Flotzbergbau meist durch Schraffierung
event, mit Farbenuntergrund und zwar fiir jede Bauabteilung in der Farbe
der zugehorigen Sohlenstrecke. Die Zeit des Abbaues ist deutlich mit
Zahlen einzutragen.
Wird ein Flotz in zwei oder mehreren Abteilungen abgebaut, ohne
daB fur jede derselben ein besonderer RiB gefiihrt wird, oder wird in einer
Tagebaugrube die Lagerstatte in mehreren Strossen gewonnen, so sind die
Abbaue der verschiedenen Abteilungen bez. Strossen durch hellere und
dunklere Farben und durch einfache oder sich kreuzende Schraffierung zu
bezeichnen.
208 NEUNTES KAPITEL.
Die oberste Abteilung erhalt die hellste Farbe oder einfachste SchrafFur,
die unterste wird in Farbe und Schraffur am dunkelsten gehalten.
Beim Gangbergbau ist es wiinschenswert, die Gangverhaltnisse und
namentlich die Erzfuhrung der Gange ersichtlich zu machen. Die Gange
-; bezeichnet man durch feine Federstrichelung mit hellgrauer Tusche, die
Erzfuhrung mit farbiger Strichelung, die mit etwas trockenem Pinsel aus-
gefiihrt wird. Durch kraftigere und schwachere Strichelung kann auch die
reichere oder armere Erzfuhrung angedeutet werden. Die Farbe ist stets
die Sohlenfarbe.
Spriinge und Yerwerfungen werden durch scharfe schwarze Linien mit
einem feinen Pinselstrich in der Sohlenfarbe dargestellt. Die Fallrichtung
und der Fallwinkel werden durch einen Pfeil mit beigeschriebener Grad-
zahl bezeichnet.
Die einzelnen Winkelpunkte bezeichnet man auf den Fundamental-
rissen mit kleinen Kreisen. Auf den Grubenrissen laBt man sie meisteris
weg. Nie darf dies aber bei den Markscheiderzeichen geschehen, welche
ebenso, wie sie in Wirklichkeit gestaltet sind, auf den Rissen vermerkt werden.
142. Seigerrisse und Profile. — Seigerrisse und Profile haben den Zweck,
iiber die Hohenverhaltnisse der im Grundrisse verzeichneten Grubenbaue,
liber Machtigkeit der Lagerstatte und der sie begleitenden Gebirgsschichten,
sowie iiber Abweichungen in der regelmaBigen Lagerung Auskunft zu erteilen.
Die Anfertigung des Seigerrisses geschieht auf folgende Weise:
Man ziehe unterhalb des Grundrisses eine mit der Hauptstreichungs-
linie der Lagerstatte parallele Linie, welche entweder die Normalhorizontale
selbst oder eine Horizontale in bestimmtem daran zu schreibenden Ab-
stande von jener ist. Sodann ziehe man durch alle Winkelpunkte, welche
zur vollstandigen Anfertigung des Seigerrisses notwendig sind, senkrechte
Linien auf die Horizontale und verlangere sie um die GroBe der Seiger-
teufenabschliisse. Verbindet man die dadurch entstandenen Punkte, so hat
man das Gerippe des Seigerrisses.
In dem Winkelbuche finden sich die Sohlen- und Firstenabstande von
den einzelnen Schniiren und Punkten in den Handzeichnungen angegeben,
und man hat nur notig, diese in derselben Weise wie im Grundrisse auf-
zutragen. Verbindet man die entstandenen Punkte, so entsteht ein der
Natur ahnliches Bild der Grubenraume in der Projektion auf die Seigerebene.
Der Entwurf des Seigerrisses wird mit feinen Tuschlinien ausgezogen
und mit den aus dem Grundrisse zu entnehmenden Farben angelegt.
Hierbei werden die vornliegenden Strecken heller, die weiter hinter-
liegenden dunkler angelegt. Senkrecht zur Projektionsebene abgehende
Strecken werden diagonal geteilt halbschwarz und grau, ferner alle Schachte,
Gesenke, Rolllocher u. s. w. mit grauer Tusche angelegt.
Nicht immer geniigt ein SeigerriB zu einem GrundriB. Die Projektions-
ebene fur den zweiten SeigerriB nimmt man senkrecht zu der des ersten an.
Of THE
x c of
DIE ANFERTIGUNG YON GRUBENRISSEN. 209
Bei dem Gangbergbau dienen besondere Seigerrisse zur Darstellung
des Abbaues, und zwar 1st hier fur jeden einzelnen Gang oder fur jedes
sich abzweigende Trum ein besonderer SeigerriB erforderlich. Der Abbau
wird in derselben Weise wie auf den Grundrissen bezeichnet.
Die Lage der Projektionsebenen fiir die einzelnen Seigerrisse ist auf
dem Grundrisse durch Linien anzudeuten.
Die Profile, welche in ahnlicher Weise wie die Seigerrisse angefer-
tigt werden, dienen meistens zur Darstellung der Lagerstatte mit dem
umgebenden Gestein. Hierbei ist als Hauptgrundsatz aufzustellen, daB
alle thatsachlichen Aufschliisse von den mutmafilichen sich unterscheiden
lassen miissen.
Fiir die Farbengebung der Lagerstatten und der anderen Gebirgs-
formationen und Schichten ist der ortliche Gebrauch entscheidend.
tFber die Ausfiihrung der Situationsrisse und sonstiger topographischer
Karten sind in PreuBen die Bestimmungen der Zentraldirektion der Ver-
messungen im preuBischen Staate, die Anwendung gleichmaBiger Signaturen
betreffend, auch fiir den Markscheider maBgebend. Diese Bestimmungen
sind in einem Hefte bei MAEQUAEDT & SCHENCK, Berlin, 1880, erschienen.
Das Kopieren von Rissen. — Das Kopieren der Kisse sowohl in dem- § 143.
selben als auch in einem kleineren oder groBeren MaBstabe ist nur in
dem Falle mit Sicherheit auszufiihren, wenn das Original schon bei seiner
Anfertigung mit einem genau konstruierten Quadratnetze iiberzogen war,
dessen einzelne Linien einen bestimmten in Zahlen angegebenen Abstand
haben. Das Papier, worauf die. Kopie gezeichnet werden soil, wird mit
einem gleichen, sorgfaltig nach NormalmaBen konstruierten Quadratnetze
versehen und der Inhalt jedes einzelnen Quadrates iibertragen.
Dieses tFbertragen erfolgt, wenn Original und Kopie gleichen MaBstab
erhalten f sollen , entweder mit dem Zirkel oder, was weit bequemer und
genauer ist, mit Hilfe von Pauspapier.
Man bezieht das zu benutzende Pauspapier mit einem richtigen
Quadratnetze und kopiert auf dasselbe vom Original die Zeichnung quadrat-
weise, indem man bei jedem einzelnen Quadrate die Seitenkanten mog-
lichst zur Deckung zu bringen sucht.
In gleicher Weise verfahrt man bei der IFbertragung der Zeichnung
von der Pause auf die Kopie.
Besteht die Zeichnung aus geraden Linien, so sind die Eckpunkte der-
selben mit einer feinen Kopiernadel zu durchstechen, nachdem die Pause
quadratweise aufgelegt worden ist. Die Nadel ist hierbei stets genau senk-
recht zu halten.
Herrschen in der zu kopierenden Zeichnung krumme unregelmaBige
Linien vor, so schiebt man unter die richtig gelegte Pause ein Stuck be-
sonders feines Pauspapier, auf welches Graphit aufgerieben worden ist, und
fahrt mit einem feinen stahlernen Stift mit rund polierter Spitze gelinde
BBATHUHN, Markscheidekunst.
210 NEUNTES KAPITEL. DIE ANFERTIGUNG VON GRUBENEISSEN.
driickend iiber die Linien auf der Pause. Man erhalt dadurch auf dem
Papiere eine feine Bleistiftkopie des Originals.
Anstatt eines Druckstiftes , welchen man sich aus einer zerbrochenen
Strick- oder Stopfnadel, die man in einen Holzstiel treibt, selbst schleifen
kann, benutzt man wohl auch harte Bleistifte (Faber Nr. 5) erhalt aber
mit letzteren bei weitem nicht so scharfe Bilder, wie mit dem stahlernen
Druckstift.
Das Kopieren durch unmittelbares Durchstechen des Originales giebt,
selbst wenn das Papier desselben ganz glatt aufliegt und die Kopiernadel
sehr sorgfaltig gehandbabt wird, sehr mangelhafte Resultate.
Soil die Kopie in einem groBeren oder in einem kleineren MaBstabe
angefertigt werden, als das Original, so geschieht dies mit Hilfe des Zirkels
oder des Pantographen.
Im ersteren Falle kopiert man ebenfalls quadratweise und hierbei
konnen Keduktionszirkel oder YerhaltnismaBstabe gute Dienste leisten.
Die groBen, in guten mechanischen Werkstatten angefertigten Pan-
tographen arbeiten bei sachgemaBer Behandlung mit groBer Prazision,
namentlich beim Verkleinern von Zeichnungen.
Die Anschaffungskosten sind jedoch nicht unerheblich, so daB ein ein-
zelner Markscheider schwerlich einen solchen Apparat sich erwirbt, nament-
lich da Reduktionsarbeiten nicht allzu haufig vorkommen.
Man unterscheidet auf Rollen laufende oder schwebende Pantographen.
Der erstere erfordert einen groBen quadratischen Tisch von minclestens
zwei Meter Seitenlange, mit dem zweiten laBt sich auf einem weit kleineren
Tische arbeiten.
Das Kopieren mittelst des Pantographen erfolgt entweder dadurch,
daB mit dem Fahrstift die Linien der Originalzeichnung genau verfolgt
werden, wahrend der Zeichenstift (Faber Nr. 4) die ahnliche Figur auf-
zeichnet, oder man setzt an Stelle des Zeichenstiftes einen Stift mit einer
genau zentrischen Nadelspitze, welche in das Papier der Kopie eingedriickt
wird, sobald der Fahrstift auf einem zu kopierenden Punkte des Originals
eingestellt ist.
Das letztere Verfahren ergiebt genauere Kopien, kann aber nur bei
geradlinigen Zeichnungen angewendet werden.
Beim Kopieren mittels des Pantographen kann das Quadratnetz auch
zur Ausscheidung der Fehler dienen, welche durch Veranderungen des
Papiers von der Originalzeichnung entstehen miissen.
Das Quadratnetz des Originals wird mit der Zeichnung zugleich mittels
des Pantographen reduziert. Von diesem Bilde fertigt man eine Pause,
bezieht das Papier, auf welches die verkleinerte Kopie gezeichnet werden
soil, mit einem richtigen Quadratnetz uud iibertragt quadratweise.
Das Kopieren von Zeichnungen mittels Lichtdrucks ist ebenfalls
zu einer groBen Vollkommenheit entwickelt, hat aber fur die eigentliche
ZEHNTES KAPITEL. DIE FEHLERVERTEILUNGEN etc. 211
Markscheidekunst nur untergeordnete Bedeutung, da die dadurch erhaltenen
Kopieen me genau maBstablich werden konnen. Zur Yervielfaltigung von
tFbersichtskarten sind die Apparate mit Vorteil zu benutzeD.
Zehntes Kapitel.
Die Fehleryerteilungen M markscheiderischen
Grubenmessungen.
Den Resultaten einer jeden Messung werden stets groBere oder kleinere
Mangel anhaften, die von den wahrend der Messung gemachten Fehlern
herriihren.
Die Fehler sind zum Teil vermeidliche, zum Teil unvermeidliche.
Die ersteren sind solche, welche durch fehlerhafte Instrumente und
durch Unachtsamkeit entstehen, und durch sorgfaltiges Justieren der In-
strumente, sowie durch gewissenhafte Befolgung aller YorsichtsmaBregeln
wahrend der Arbeit vermieden werden konnen. Die anderen, die unver-
meidlichen Fehler, haben ihre Quelle darin, daB die MeBinstrumente nie
ganz vollstandig justiert werden konnen, und auch wahrend des Messens
ihren Zustand verandern, ferner in der TJnvollkommenheit der menschlichen
Sinnesorgane, mit denen die Beobachtungen ausgefiihrt werden.
Den vermeidlichen Fehlern kann man ausweichen, die unvermeidlichen
miissen nach bestimmten Regeln so ausgeglichen werden, daB aus den ge-
wonnenen Resultaten der wahrscheinlichste Wert gefunden wird.
Dies geschieht in vollkommenster Weise durch die Methode der klein-
sten Quadrate. Diese Methode ist aber fur die Aufgaben derprak-
tischenMarkscheidekunst wegen des bedeutenden Zeitaufwandes
nicht anwendbar, auBerdem wiirde sie bei den polygonometrischen Rech-
nungen, mit denen der Markscheider bei Grubenaufnahmen nur allein zu
thun hat, nicht einmal immer von zweifellos gutem Erfolge sein, da es sich
um eine Verbindung von ungleichartigen Werten — Winkel und Langen -
handelt. Dieselbe kann auch entbehrt werden, weil andere zum Teil sehr
einfache Methoden der Fehlerverteilung dern Bedurfnis des praktischen
Markscheiders gentigen.
Diejenigen Biicher, welche diesen Stoff am klarsten und fur den Ge-
brauch am bequemsten behandeln, sind: ,,Die hohere Markscheidekunst von
Professor A. von MILLER - HAUEKFELS. Praktisch-theoretische Anleitung,
beim Markscheiden die vermeidlichen Fehler zu umgehen, die unvermeid-
lichen aber in einfacher und streng wissenschaftlicher Weise zu verbessern",
und zweitens ,,Die trigonometrischen und polygonometrischen Rechnungen
von F. G. GAUSS".
14*
212 ZEHNTES KAPITEL.
Das erste dieser Biicher ist ausschliefilich fiir Markscheider mit haupt-
sachlicher Beriicksichtigung des Hangezeuges (Schinnzeuges), das zweite ur-
spriinglich fiir den praktischen Gebrauch der Landmesser geschrieben.
Wie niitzlich das letztere Buch bei Anschlufiarbeiten an vorhandene
Triangulationen auch dem Markscheider werden kann, ist scbon in § 114
gesagt. In gleicher Weise sind die Regeln, welche in diesem Werke iiber
die Ausgleichungen bei Polygonen gegeben sind, fiir den Markscheider maB-
gebend, wenn sie auch in erster Linie fiir Polygone auf der Erdoberflache
gelten.
Es wiirde den beabsichtigten Umfang dieses Buches uberschreiten,
wenn die in jenen Werken entwickelten Regeln hier ausfiihrlich besprochen
werden sollten; ich beschranke mich vielmehr darauf, das Wichtigste aus-
zugsweise anzudeuten und fiir das eingehendere Studium dieser Frage auf
die genannten Biicher zu verweisen.
Vorher sind jedoch einige Bemerkungen iiber diejenigen Umstande
vorauszuschicken, welche auf die Beurteilung der Fehlerausgleichungen bei
Grubenmessungen von EinfluB sind.
Die eigentlichen Markscheiderarbeiten werden, wie schon friiher ge-
sagt, geschieden in Durchschlagsziige und in solche, welche behufs riB-
licher Darstellung ausgefiihrt werden. Beide sind Polygonziige uud zwar
die ersteren fast ausschlieBlich offene, die letzteren meist geschlossene.
Die Durchschlagsziige sind wichtige und zum Teil mit groBer Ver-
antwortlichkeit verbundene Arbeiten, bei denen der hochste Grad der
Genauigkeit verlangt wird. Der Markscheider muB sich deshalb hin-
reichende GewiBheit iiber die Richtigkeit seiner ersten Messung schaffen,
und das kann bei offenen Polygonen nicht anders geschehen, als durch
ein- oder mehrmalige Wiederholung desselben Zuges. Da bei Zug und
Gegenzug mit demselben Instrumente und mit derselben Sorgfalt gearbeitet
wird, so ist es wissenschaftlich vollkommen gerechtfertigt, wenn der Mark-
scheider zur Ausgleichung etwa vorhandener Differenzen das gemeine
arithmetische Mittel aus den SchluBresultaten aller dieser
gleichartigen Messungen nimmt und darauf hin seine Durchschlags-
angaben macht.
Die anderen Markscheiderarbeiten haben die riBliche Darstellung der
Grubenraume zum Zweck.
Man kann annehmen, daB im Durchschnitt auch diese mit guten
Instrumenten und mit Sorgfalt ausgefiihrt werden, aber trotzdem werden
die Grubenrisse Fehler enthalten, welche, durch verschiedene ungiinstige
Verhaltnisse unterstiitzt, sich leicht vermehren und vergroBern. Der Grund
hierfiir ist im folgenden zu suchen.
Der GrubenriB wird angelegt, sobald die ersten Grubenraume vor-
handen sind und die spater aufgefahrenen Strecken werden in gewissen Zeit-
raumen gemessen und auf dem Risse nachgetragen Bei diesen Nachtrags-
messungen muB an die friiheren Messungen angeschlossen werden und ihre
DIE FEHLEBVERTEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDEE. GKUBENMESSUNGEN. 213
richtige Auftragung 1st wesentlich von der guten, unverriickten Erhaltang
der alten Markscheiderzeichen abhangig. Eine etwaige Yerschiebung eines
solchen AnschltiBpunktes wirkt nur in geringem MaBe nachteilig, wenn
der Nachtragszug mit dem KoinpaB ausgefuhrt werden kann, well der Zug
nur so viel parallel mit sich selbst verschoben wird, als die Lage des
Anfangspunktes im horizontalen Sinne sich verandert hat.
Miissen die Nachtragungen aber mit dem Theodoliten ausgefuhrt
werden, so ist die gute Erhaltung der AnschluBpunkte viel wichtiger.
Gewohnlich werden, wenn nicht alle, jedenfalls doch die zwei oder drei
letzten Winkelpunkte eines Zuges in der Firste fixiert, mit deren Hilfe
der neue Zug sich gewissermaBen als Fortsetzung an die friihere Messung
anschlieBt. Ist eins der AnschluBzeichen aus seiner urspriinglichen Lage
gewichen und ist dadurch die Anschlufilinie um einen Winkel geschwenkt,
so wird diese Yerschwenkung auf den ganzen Nachtragszug iibertragen
und ein Fehler erzeugt, der proportional der Zuglange wachst.
In einem solchen Falle, und wenn nur ein einziges AnschluBzeichen
vorhanden ist, muB der Theodolitzug mittels des Magneten orientiert werden.
Mit den jetzigen Hilfsmitteln konnen zwar die Magnetorientierungen bis
zu groBer Winkelgenauigkeit gebracht werden, wenn aber eine groBere
Anzahl soldier Orientierungen beim Nachtragen erforderlich ist, so nehmen
sie bei Anwendung der besten Methoden sehr viel Zeit in Anspruch und
verursachen solche Kosten, daB man sich mit einem einfacheren, aber auch
weniger genauen Yerfahren begniigt, Der durch die Orientierung verur-
sachte Fehler vergroBert sich ebenfalls proportional der Lange des Zuges.
Am sichersten wird ein mit dem Theodoliten ausgefuhrter Nachtrags-
zug orientiert, wenn seine beiden Endpunkte an zwei moglichst weit von
einander entfernte Markscheiderzeichen anschlieBen. Und dies geschieht
auch dann noch, wenn beide Zeichen durch den Druck des Gebirges etwas
verschoben sein sollten. Leider sind solche AnschluBzeichen in der ge-
wiinschten Lage selten vorhanden.
Aus dem Gesagten geht zur Geniige hervor, daB, wenn nicht besonders
giinstige Umstande vorliegen, die Grubenrisse durch das nach und nach
erfolgende Nachtragen leicht fehlerhaft werden.
Zu den giinstigen Umstanden gehoren:
Festes, wenig druckhaftes Gestein, in welchem die Zeichen unversehrt
erhalten bleiben, und haufige Verbindungen der Grubeiipolygone durch
Schachte und Stolln mit dem Dreiecksnetze auf der Tagesoberflache. Das
feste Gestein wird das Entstehen der Fehler verhindern, wahrend die
haufigen Yerbindungen leicht zur Entdeckung und Yerbesserung der vor-
handenen Fehler fiihreri. Ersteres findet sich haufig auf Erzgruben, letztere
z. B. auf den groBen Braunkohlengruben der Provinz Sachsen.
Sind diese giinstigen Umstande nicht vorhanden, wie z. B. in den
ausgedelmten Steirikohlengruben Westfalens, welche meistens nur zwei
nahe bei einander gelegene Schachte besitzen und wo selbst in den aus-
214
ZEHNTES KAPITEL.
145.
gemauerten Querschlagen und Strecken die Markscheiderzeichen nicht immer
vor Verschiebungen geschiitzt sind, da mlissen von Zeit zu Zeit groBe,
zusammenhangende Prazisionsmessungen durch die ganzen Grubenraume
ausgefuhrt und mit deren Hilfe die allmahlich eingeschlichenen Fehler
ausgemerzt werden.
Wir kehren nunmehr zu den Ausgleichungen der Grubenmessungen
zuriick, und unter Hinweisung auf das oben Gesagte kann man folgende
Regel aufstellen, welche in der Praxis auch schon immer von den Mark-
scheidern befolgt worden ist.
Aus den Resultaten von zwei- 'Oder mehreremal in gleicher Weise aus-
gefuhrten Polygonziigen (Durchschlagziigen) wird das arithmetische Mittel ge-
nommen. Bei dem gewohnlichen stiickweisen Nachtragen der Grubenrisse
und bei sonstigen Arbeiten, die diesen gleichzustellen sind, findet die Aus-
gleichung der Fehler nur in der moglich einfachsten Weise statt. Das
arithmetische Mittel bildet die Regel, nur hier und da wird ein Yer-
teilen nach den Langen der Polygonseiten vorgenommen. Bei groBeren
zusammenhangenden Messungen, welche die Aufnahme ganzer Gruben zum
Zweck haben und wobei Abschliisse jeder Art, namentlich aber in ein-
zelnen oder aneinanderhangenden Polygonen vorkommen, sind die Fehler
nach bestimmten bewahrten Methoden auszugleichen.
Eine allgemein giltige Regel hierfiir laBt sich aber nicht aufstellen,
das Yerfahren muB vielmehr fur jeden einzelnen Fall besonders gewahlt
werden. Nach meinen in der jiingsten Zeit bei Umarbeitung der Ober-
harzer Grubenrisse gemachten Erfahrungen haben die einfachsten Methoden
sich meistens als ausreichend erwiesen.
KompaBzuge, welche ,,mechanisch" mit Zulegeplatte oder Transporteur
zugelegt worden sind, werden zweckmaBig auch auf mechanischem Wege,
d. h. konstruktiv, ausgeglichen.
Bei offenen Polygonen, welche zweimal gemessen sind, legt man Zug
und Gegenzug in einem gewissen Abstande parallel nebeneinander zu.
Die Lange und Richtung
der Linien, welche die
Anfangspunkte P und Pv
die Endpunkte Q und Ql
und die anderen gemein-
schaftlichen Punkte bei-
der Ziige verbinden, miis-
sen, wenn Zug und Gegen-
zug genau ubereinstim-
Fig. 194. men, gleich lang sein und
gleiche Richtung haben.
Ist dies nicht der Fall, so verschiebt man mit Hilfe guter Winkellineale
den Gegenzug parallel mit sich derartig, daB Pl auf P und der Endpunkt Ql
DIE FEHLEKVEKTEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDER. GEUBENMESSUNGEN. 215
nach §2 fallt (Fig. 194). Alsdann verbindet man Q mit Q2, balbiert diese
Linie in Q3 und erhalt damit die wabrscheinlichste Lage des SchluBpunktes.
Den zwischenliegenden Zug konstruiert man entweder aus freier Hand, oder
wenn Zug und Gegenzug mehrere gemeinschaftliche Punkte besitzen, so
verfahrt man bier wie am ScbluBpunkte.
Geschlossene Polygone zerlegt man sicb derartig, daB man einen
Punkt a aussucht, der womoglich um gleicb viel Seiten von den fehler-
haften SchluBpunkten e und e" absteht. Sodann zieht man die Linien
ae, ae' und e' e" , balbiert e e" in e und zieht ae.
Hierbei sind drei Falle zu unterscheiden. Erstens konnen die Polygon-
halften auseinanderklaffen oder iibereinandergreifen, oder es fallt die Ver-
bindungslinie der beiden fehlerbaften SchluBpunkte e e" in die Linien ae.
Die beiden ersten Falle sind so ahnlich, daB es geniigt, den ersten zu
besprecben.
Fig. 195.
In Fig. 195 sind a b' c d' e und a ti gf f e" die auseinanderklaffenden
Polygonhalften. Nachdem die oben genannten Linien gezogen sind, falle
man die Senkrechten b' ($, cy, d' d, /f u. s. w. und ziebe durch die FuB-
punkte dieser Perpendikel parallel zu e e" Linien bis zum Scbnitt mit der
Linie ae, also bis ^?', y', §' u. s. w. In diesen Schnittpunkten erricbte
man auf der Linie ae die Perpendikel {3'b, y'c. 8'd u. s. w., welche mit
den Perpendikeln fib', yc, dd' u. s. w. gleiche Lange haben. Verbindet
man die Endpunkte dieser Perpendikel, so erhalt man das schlieBende
Polygon abcdefyh.
Im dritten Falle Fig. 196 halbiere man ebenfalls e" e in e, beschreibe mit
ae als Radius um a einen Kreisbogen men, mache me = en und ziehe am
und an, so wie em und en. Weiter falle man von den falschen Polygon-
punkten, von denen nur zwei, d' und /', in der Figur dargestellt sind,
die Perpendikel d'§,f'£ u. s. w. und durch die FuBpunkte dieser Perpen-
dikel Parallelen mit e'm, bezw. e"n bis zum Schnitt mit der Hilfslinie am
oder an. Durch diese Schnittpunkte konstruiere man wieder Senkrechte
auf ae von gleichen Langen, wie d' S und/'J u. s. w. Verbindet man die
216
ZEHNTES KAPITEL.
Kopfe dieser Senkrechten der Reihe nach mit Einschaltung der Punkte
a und e, so erhalt man ein geschlossenes Polygon.
71
Fig. 196.
Man wird bei umfangreichen Polygonen nicht jeden einzelnen Punkt des-
selben auf diese Weise verbessern, sondern nur solche, in denen der Zug
eine scharfe Wendung macht, oder aus denen Nebenziige sich abzweigen.
§ 146. Die berechneten Koordinatensummen der Punkte eines geschlossenen
Polygons mtissen Null geben und die Koordinaten der durch verschiedene
Ziige bestimmten Polygonpunkte miissen ubereinstimmen.
Zeigen sich Unstimmig-
keiten, so sind dieselben
durch Reclmung auszu-
gleichen.
Aus dem Werke von
GAUSS werden im nach-
stehenden auszugsweise die
daselbst vorgeschlagenen
Verfahren mitgeteilt.
T. Fehlerausglei-
chung eines einzelnen
Polygons zwischen
zwei anderweit festge-
legten Punkten (Drei-
eckspunkten).
Tragt man die algebrai-
schen Summen der unver-
besserten Teilkoordinaten
[zh)] und [z/rj, sowie die
Summen der verbesserten
Teilkoordinaten [z/y] und
\_dx\ eines Polygons auf (die eckigen Klammern bedeuten das Summen-
zeichen), so moge in Fig. 197 ab die wirkliche Lage dieses Zuges und ae
Fig. 197.
DIE FEHLEEVEETEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDEE. GEUBENMESSUNGEN. 217
diejenige Lage sein, welche man aus den unverbesserten Teilkoordinaten
erhalten hat. Zieht man noch ab — 8 und ae — @, so ist der Winkel-
fehler = (p und der Fehler in der Langenmessung @ — S =f.
Die Koordinatenfehler fy und fx sind zu verteilen, und zwar sind die
Yerbesserungen von A\) und AI so zu bestimmen, dafi der Fehler / vor-
zugsweise durch die Anderung der Strecken, wie GAUSS die Langen der
Polygonseiten nennt, und der Fehler cp vorzugsweise durch die Anderung
der Polygonwinkel vernichtet wird.
Yor Beginn des Yerfahrens ist es unter Umstanden von Yorteil, den
Fehler f vornweg grb'Btenteils zu vernichten , indem man die Teilkoordi-
o
naten Jty und AI mit q = - multipliziert, oder die Yerbesserungen
w3, . . . . , so
u. s. w. u. s. w.
berechnet und zu A$v z/t)2 . . . . Jj1? Jj2 algebraisch addiert.
Beide Wege fiihren numerisch zu demselben Resultate. Der letztere
ist bequemer.
Damit werden aber die Koordinatenfehler fx und fy nicht vollstandig
beseitigt.
Dies geschieht auf verschiedene Weise.
Erstes Yerfahren. Nennt man die Yerbesserungen der Teil-
koordinaten Vj , v2 , v% .... die der Teilabscissen wlt w2,
werden die Koordinatenfehler fy und fx vernichtet, wenn
(3) Vl + v, + v3 + • • • • = -fy
(4) Wi + Wz + Ws +,...= -fx.
Mit dem Buchstaben e wird die Anderung der Strecken fiir die Ein-
heit des LangenmaBes bezeichnet, welche dieselben durch die Yerbesse-
rungen der Teilkoordinaten erleiden.
Mit dem griechischen Buchstaben « wird die Anderung der Neigungs-
winkel v1 v2 v3 . . . . bezeichnet, welche vorlaufig fiir alle Neigungswinkel
dieselbe sein soil.
Yersteht man wie oben unter der eckigen Klammer das Su-mmen-
zeichen, so ist
(5) [Jfl + .[>] = [(s + **)sin(* + €)] = [_Ay\
(6) \_Ai\ + [w] - [(* + es)cos(v + e)] = [z/j]
Hierin bedeutet s die Strecke und s + es die verbesserte Strecke.
Formt man sin (v + s) und cos (v + e) in bekannter Weise um , und
bedenkt man, daB. g nur ein kleiner Winkel ist, also cos £ = 1 und fiir
sing der Bogen gesetzt werden kann, so wird
(7) sin (v + g) = sin v + g cos v
(8) cos (v + g) = cos v — g sin v.
218 ZEHNTES KAPITEL.
Setzt man diese Worte in die Gleichungen (5) und (6) ein, so er-
giebt sich:
(11) [u] = [es sin v + es cos v~\ = e \_s sin -i/] + € [s cos i/] = - fy
(12) [«0] = [es cos v — ss sin v\ = e \s cos ?'] — € [5 sin t>] = — />.
Substitniert man darauf
(9) 0/rj] = [5. sin 7.']
(10) \_A y] = [5. cosy], so erhalt man durch Auflosung der Gleichungen
nach e und € die Ausdriicke.
,iox f
Mit den Werten e und s werden die einzelnen Yerbesserungen leicht
erhalten, namlich
vl = e Jt)L + £ AIV wl = e All - 8 ^9i
v2 = e At)2 + € AI<>_, w2 = e All ~ « ^2
u. s. w. u. s. w.
147. Yorstehendes Yerfahren ist jedoch nur dann korrekt, wenn die Nei-
gungswinkel unmittelbar, etwa mit der Bussole, gemessen werden. Werden
aber die Polygonwinkel mit dem Theodoliten gemessen und durch succes-
sive Summierung derselben erst die Neigungswinkel gefunden, so werden
sich in letzteren folgerichtig alle beim Messen der Polygonwinkel gemachten
Fehler anhaufen, und es wird notig, die Neigungswinkel verschieden und
zwar so zu andern, dafi auBer dem AnschluB- und AbschluBwinkel an die
Dreiecksseiten auch die iibrigen Polygonwinkel geandert werden.
Zweites Yerfahren. Die Neigungswinkel kann man auf verschie-
dene Weise andern.
Zunachst laBt man die Neigungswinkel der vorhandenen n — 1 Strecken
sich abwechselnd um s und 2 £ andern und somit iibergehen in
v\ + £J 1'2 + 2 £, ?;3 + t, V± + 2 £ ---- , |/n_3 + 6, J'n-2 + 2 f , ?'n_i -f f ,
wodurch die Polygonwinkel geandert werden in
+ € +€ -€+€ -£ +£ _£,—£.
.1st n — \ eine gerade Zahl, so muB man die abwechselnde Anderung
der Neigungswinkel um £ und 2 £ an irgend einer Stelle unterbrechen und
entweder die Anderung £ oder 2f zweimal aufeinander folgen lassen, um
zu vermeiden , daB der letzte Neigungswinkel und dadurch der letzte Ab-
schluBwinkel die doppelte Anderung 2e erhalt.
' Fiihrt man die so umgestalteten Neigungswinkel in die Formelentwicke-
lung des vorigen Paragraphen ein und setzt die darin auftretenden Summen-
glieder:
(15) A^ +2z/^2 + J^ + 2 J^ + ....
2 Jt}n_4 + Z/^n_3 + 2 A\)n-<* + A\)n-l= g),
(16) Jfl + 2J?3 + A& + 2A& + ....
2 Aln-± + Jjn_3 + 2 A £_a + Jjn_i = 36,
so erhalt man aus den SchluBgleichungen die Werte:
DIE FEHLERVERTEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDER. GEUBENMESSUNGEN. 219
•
~ ?) [ 'A ft + 3£ [ A ??
In der darauf folgenden Berechnung der einzelnen Yerbesserungen
v und 10 sind die mit € als Faktor behafteten Glieder auch einfacli oder
doppelt zu nehmen, je nachdem die Neigungswinkel der Strecken, aus denen
die beziiglichen Teilkoordinaten berechnet sind, um « oder 2 £ geandert
waren, wie folgt:
vl = e A^ + e Alv w1 = e A^ - 8 A^
v2 = e Jt)2 + £2 j£2, w2 = e j£3 — e 2 Jt)2
v3 = e A^ + £ J£3, w3 = e j£3 - « Jt)3
u. s. w. u. s. w.
Drittes Verfahren. Aus der Betrachtung der letzten Ausdriicke
fiir e und « ersieht man obne weiteres, daB 6 um so kleiner ausfallen
wird, je groBer g) und 36 in ihrem absoluten Zahlenwerte werden. Dies
erreicht man, wenn man die Neigungswinkel nicht streng abwechselnd
in v + « und v + 2 e iibergeben laBt, sondern die doppelte Anderung auf
diejenigen Strecken legt, welche vorzugsweise eine VergroBerung von g)
und 3E bewirken. Hierbei konnen zwei oder mehr aufeinander folgende
Neigungswinkel gleichmaBig geandert werden, nur diirfen sich die Ande-
rungen zweier aufeinander folgender Neigungswinkel nicht um mehr als
einmal € unterscheiden, diejenigen der Neigungswinkel der ersten und
letzten Strecke des Zuges aber iiberhaupt einmal e nicht iibersteigen.
Das iibrige Yerfahren ist dem vorigen analog.
Yiertes Yerfahren. Im allgemeinen wird man fur 5) und 3£ noch
grofiere und demnach fiir s noch kleinere Werte erhalten, wenn man die
Anderung der Neigungswinkel vom Anfange bis zur Mitte des Zuges regel-
maBig um ein e steigen und dann bis zum Zugende wieder um ein « fallen
laBt, so daB die Neigungswinkel in
Vl + 6,' l/2 + 2 €, l/4 + 3 £ ---- ?'n_3 + 3 £, ^n_2 + 2 £, J'B_i + £
libergehen und damit die Polygonwinkel um
+ £,+£, + £ - £, - £, - f, - €
geandert werden.
Das Yerfahren ist dem vorigen ahnlich, nur hat man bei Bildung der
Summenwerte g) und X und ebenso der mit £ behafteten Glieder der Aus-
driicke fur v und iv die Teilkoordinaten A\) und AI mit derselben Zahl
zu multiplizieren, mit welcher fiir die Anderung der beziiglichen Neigungs-
winkel £ multipliziert werden soil, also auch mit 0, wenn gar keine Anderung
beabsichtigt wurde.
Fiinftes Verfahren. Weicht der Zug sehr erheblich von der ge- § 148.
streckten Form ab, so sind aus nahe liegenden Griinden die bisherigen
Arten der Fehlerverteilung nicht anzuwenden.
220 ZEHNTES KAPITEL.
Den zwischen den Dreieckspunkten a und b ausgefiihrten Polygonzug
(Fig. 198) denkt man sich in dem Hauptwendepunkte w in zwei Teile zer-
legt und leitet aus den unverbesserten Teil-
koordhlaten, einmal von «, das andere Mai
von b ausgehend, die Koordinaten von w
ab. Man wird verschiedene Werte erhal-
ten, zwischen denen, so lange nicht andere
Bestiinmungen hinzutreten, die wahrschein-
Fi lichen Koordinaten werte fur den Punkt w
angenommen werden miissen. Sollen die
Teilkoordinaten dementsprechend verbessert werden, so ist im allgemeinen
vorauszusetzen, daB eine VergroBerung der Strecken und der Neigungs-
winkel in dem einen Zugteile eine Yerkleinerung beider Stiicke, in dem
anderen bedingt und umgekehrt. In dieser Voraussetzung wird man dahin
gelangen, daB e und s in beiden Zugteilen beziiglich ihres absoluten
Wertes gleich groB, beziiglich ihres Vorzeichens aber verschieden sein
werden.
Sind die Neigungswinkel mit dem KompaB gemessen, so sind die For-
meln zur Berechnung von e und c folgende:
, - M?L) + f*
Sechstes Verfahren. Ist die Winkelmessung dagegen mit dem
Theodoliten ausgefuhrt, so gestalten sich dieselben unter Anwendung
almlicher Bezeichnungsweisen wie in den Formeln (17) und (18) folgen-
dermaBen:
,
,
~
In den vorstehenden Formeln sind [^tTL und [^y]x die algebraischen
Summen der unverbesserten Teilkoordinaten des ersten Zugteils, [Jty]2 und
[z/j]9 dieselben Summen fur den zweiten Zugteil.
[Jft + [J^]2 = [Jt)] und [J^ + [Jj]2 = [z/j].
|)1 und 36X gehoren zum ersten, ^2 und £2 zum zweiten Zugteil.
Die Anderung der Neigungswinkel, welche auf die Bildung der Grb'Ben
D und 36 von EinfluB sind, wird fiir jeden Zugteil fiir sich vorgenommen.
Ist « nicht sehr klein, so ist der Neigungswinkel einer der beiden Polygon-
seiten, welche den Winkel am Wendepunkte von der Anderung ganz aus-
schlieBen.
Die aus obigen Formeln berechneten Werte von e und g gelten fur
beide Zugteile, nur erhalten die zum zweiten Zugteile gehorigen Werte um-
gekehrte Yorzeichen.
UlE FEKLERVEBTEILUNG-Ea BEI MAEKSCHEIDEE. GRUBENMESSUNGEN. 221
Haufig besitzt ein gebogener Zug keinen scharf hervortretenden Wende-
punkt. und man hat die Wahl zwischen mehreren, dann wird man sich den
Punkt w so wahlen, daB die Nenner in den Ausdriicken (19), (20), (21), (22)
moglichst groB and die Werte fiir e und 8 moglichst klein werden.
AuBerdem ist es ratsam zu untersuchen, ob fiir einen derartig ge-
bogenen Zug mit den Formeln (17) und (18) nicht kleinere Werte fur e,
namentlich aber fiir « erreicht werden, als mit (21) und (22).
Die GroBen e und s bieten einen unmittelbaren Anhalt zur Beurteilung
der Genauigkeit der Strecken- und Winkelmessung.
Einem Streckenfehler von I(JjD bez. BJ0 der Gesamtlange entsprechen
die Werte e = 0,001 bez. 0,002. Der Wert von s soil nach GAUSS fiir die
Polygonmessungen iiber Tage unter mittleren Verhaltnissen 0,00015, unter
ungiinstigen 0,00030 sein. Dies wiirde Winkelwerten von
..0,00015 x 206265 = 31 Sekunden
und 0,00030 X 206265 = 62 Sekunden entsprechen.
Im allgemeinen preuBischen Markscheiderreglement gilt als auBerste
Fehlergrenze beziiglich der Langenmessung gJ0 und fiir die seitliche Ab-
weichung als Folge der fehlerhaften Winkelmessung gJ0 bez. ^m der Ge-
samtlange des Zuges, je nachdem der KompaB oder der Theodolit als
WinkelmeBinstrument gebraucht wurde. Dies wiirde einem Werte von
e = 0,00125 und einem von s = 0,00062 entsprechen. Bei Durchschlags-
ziigen darf e die GroBe von 0,0006 und 6 von 0,00031 nicht iiberschreiten.
Die auBersten Fehlergrenzen sind also in dem jetzt giiltigen Reglement
ziemlich weit gesteckt und konnten fiir Prazisionsmessungen bedeutend ein-
geengt werden.
Fallt e und « grofier aus als vorstehend angenommen, so liegen grobe
Fehler vor und die Messung ist zu wiederholen.
Haufig handelt es sich bei den Ausgleichungen innerhalb eines Polygon- § 149.
zuges um geringfiigige Fehler, welche ohne Schaden fiir die Rechnungs-
ergebnisse in wesentlich einfacherer Weise verteilt werden konnen. Solche
einfache Arten der Yerteilung bestehen in dem
Siebenten Verfahren: Verteilung nach Verhaltnis der absoluten
Langen der berechneten Teilkoordinaten (z/t) bez. Jr.),
in dem
Achten Yerfahren: Verteilung nach Verhaltnis der Strecken (Langen
der Polygonseiten),
und in dem
Neunten Verfahren: Verteilung nach Verhaltnis der Summen aus
Strecken und Teilordinaten bez. Teilabscissen (s + 4 ty bez. s + A j) ; A t) und A r.
ebenfalls absolut genommen, d. h. ohne Beriicksichtigung des Vorzeichens.
Nennt man die Summe der absoluten Zahlenwerte von den Teil-
koordinaten Sty bez. S%, so erhalt man v = -, w = ^-^. Mit v mul-
222 ZEHNTES KAPITEL.
tipliziert man der Reihe nach die einzelnen Teilordinaten, mit w die Teil-
abscissen.
Dies Yerfahren vernichtet die Fehler mehr durch eine Anderung der
Polygonseiten als der Winkel, fuhrt aber unter Umstanden zu unbrauch-
baren Resultaten, wenn z. B. der Polygonzug der Hauptsache nach der Ab-
scissenachse parallel lauft und wenige, aber kurze Polygonseiten vorhanden
sind, deren Neigungswinkel einem oder drei Rechten nahezu gleichkommt.
Der Ordinatenfehler fy wird dann nur auf die diesen kurzen Polygonseiten
angehorigen Teilordinaten geworfen, welche dann in unzulassiger Weise ver-
andert werden.
Das achte Yerfahren, wobei v = -pi un(i w = r T> wird am
lAl Is]
haufigsten gebraucht.
Es bedingt zwar im allgemeinen eine grb'Bere Anderung der Winkel,
vermeidet aber die fehlerhafte Anhaufung des siebenten Yerfahrens.
Das neunte Yerfahren vereinigt alle Yorziige des siebenten und achten
Yerfahrens, ist aber nicht so einfach, da die Yerbesserungen nach den
Formeln v— ^^~^.. w = 0 r -. berechnet werden miissen.
S\) + [>]7 ^>5H-M
Die drei letzten Yerfahrungsarten geben bei gestreckten Ziigen gleiche
Kesultate. Je mehr aber der Zug sich "von dieser Form entfernt, um so
verschiedener werden die Anderungen der einzelnen Streckenlangen und
Winkel ausfallen, und um so weniger wird sich die Wirkung von v und w
iibersehen lassen.
Gerade darin, daB aus den Werten far e und e auf den ersten Blick
die Anderungen ersichtlich werden, liegt ein nicht zu unterschatzender
Yorteil der sechs ersten, gegeniiber den drei letzten Yerfahrungsarten.
150. II. Das einzelne geschlossene Polygon. Die bisher besprochenen
Yerfahren beziehen sich zunachst auf offene Polygonziige, deren Anfangs-
und Endpunkte anderweitig festgelegt sind, sie lassen sich aber auch auf
geschlossene Polygone ausdehnen.
Vor Berechnung der Neigungswinkel der einzelnen Seiten sind die
Winkel eines geschlossenen Polygons darauf zu priifen, ob die Summe der-
selben gleich 2nR — 4R ist. Zeigt sich eine Differenz und sind alle Winkel
mit derselben Genauigkeit gemessen, so ist der Fehler gleichmaBig auf alle
Polygonwinkel zu verteilen.
Die iiber Tage zu messenden Polygone wird man meistens so kon-
struieren konnen, daB alle Winkel mit gleichmaBiger Scharfe gemessen
werden konnen, aber in der Grube wird man dies nicht immer erreichen,
da in den engen und unregelmaBigen Raumen Winkel mit kurzen oder un-
gleich langen oder auch mit steilen, verschieclen gerichteten Schenkeln nicht
zu vermeiden sind.
Enthalt ein geschlossenes Polygon mehrere solcher Winkel, so ist eine
DIE FEHLEEVEETEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDER. GEUBENMESSUNGEN. 223
gleichmaBige Yerteilung der Winkelfehler nicht ratsam. Es bleiben dann
nur zwei Wege iibrig: Entweder berechnet man ohne vorherige Ausgleichung
der Winkel im Polygon mit den ursprunglich gemessenen Winkeln und den
Langen die Koordinaten und gleicht die hier sich zeigenden Fehler aus,
oder man verteilt vor der Berechnung den Winkelfehler auf die Polygon-
winkel nach dem umgekehrten Verhaltnis ihrer Schenkellangen. Dieses
Verhaltnis wird man jedoch nicbt angstlich genau berechnen, sondern sich
mit dem Abschatzen begniigen.
Das Ausgleichen der Winkel im Polygon hat aber noch nicht zur
Folge, da6 die algebraische Summe der Teilkoordinaten gleich Null wird.
Der SchluBfehler fy in den Ordinaten und fx in den Abscissen mu6 noch
ausgeglichen werden, wie an nachstehendem Beispiele gezeigt werden wird.
Sohlige
Lange
(Strecke)
Neigungs-
winkel
Teil-
Ordinaten
d)
Teil-
Abscissen
*i
Koordinaten.
i
ae
Meter
Gr.
M.
8.
+
—
+ i
y x
+
—
+
-.
32,670
22
10
20
-16
12,329
-10
30,254
+ 12,313
+ 30,244
1
12
30
38,456
78
57
33
— 22
37,745
+ 28
7,361
+ 50,036
+ 37,628
2
75
15
29,578
97
53
34
-9
29,298
+ 33
4,062
+ 79,325
+ 33,599
8
b8
12
11,623
72
5
49
-7
11,060
+ 6
3,573
+ 90,378
+37,178
2
22
7
17,856
88
52
8
n
17,852
+ 6
0,352
+ 108,221
+ 37,536
1
18
0
20,703
137
41
16
-7
13,936
+ 8
15,310
+ 122,150
+ 22,234
0
0
0
150,886
-Mi
122,220
Wft—
H 122,220
41,540
19,372
19,372
+ 211
> = ?),
52
12
12
+ 22,168 = [Jjl
+ 40
=3e,
31,653
203
32
26
-15
12,642
g
29,019
+ 109,493
-6,794
1
13
29
32,680
252
55
56
-21
31,241
+ 16
9,592
+ 78,231
— 16,370
2
62
19
29,659
270
40
42
^
— 14
29,657
+ 20
0,351
+ 48,560
-15,999
2
59
1
18,907
250
27
58
-10
17,819
+ 3
6,322
+ 30,731
—22,318
1
18
'
6
37,962
305
59
26
.- Ul-'
-15
30,716
+ 10
22,308
0,000
0,000
0
0
0
150,861
••Mi
[J ^ = -122,075
22,659
44,933
22,659
&=-152
£,-53
/> = +0,145
[J?]2 = -22,274
/«=- 0,106
224
ZEHNTES KAPITEL.
Nachdem in dem elfseitigen Polygon, Fig. 199, die Winkel auf 1620Grad
abgeglichen und die Neigungswinkel aus der gegebenen Neigung 22° 10' 20"
der Seite 1 — 2 abgeleitet sind, ergiebt die algebraische Summe der Teil-
Fig. 199.
koordinaten einen Fehler in den Ordinaten fy = +0.145 und in den
Abscissen — 0 . 106.
Bei geschlossenen Polygonen erscheint das sechste Yerfahren nach
GAUSS das zweckmaBigste.
Man zerlegt das Polygon in zwei Zugteile, in den von 1 iiber 5 bis
6, und in den von 6 iiber 11 bis 1 und ermittelt die GroBen \_A^\
= + 122,220, [Jr^ = -f 22,168, [//t)]9 = - 122,075, [Jj]2 = - 22,274,
ferner & = + 215, ^ = + 40, g)a = - 152, X2 = - 53.
Nach den Formeln (19) und (20)" berechnen sich fur den ersten Zug-
teil die GroBen e und s und zwar:
• = 9^ = - °'0°046' £ = 936^4 = - °'°0034
Fiir den zweiten Zugteil 1st:
e = + o . 00046, « = + 0 . 00034.
Hieraus berechnet man die Verbesserungen v und w nach den Formeln:
i?i = e Atyi
v = e Jt +
oder allgemein
u. s. w.
= e r.3 —
u. s. w.
v = e
€2: Jr.
w = e
— tz
wenn z diejenige Zahl bedeutet, wie oft e zu dem Neigungswinkel hinzu-
gefiigt worden ist.
Die algebraische Summe der berechneten Yerbesserungen [v~] muB
gleich sein —fy= —0,0145 und \w]= +fa= -f 0,106. Die Yerbesse-
rungen sind mit dem richtigen Yorzeichen versehen iiber die zugehorigen
Teilkoordinaten im obigen Beispiel gesetzt.
DIE FEHLEKVERTEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDEE. GRUBENMESSUNGEN. 225
Aus den Teilkoordinaten leitet man die Koordinaten der einzelnen
Punkte ab und erhalt am SchluB ein allseitig stimmendes Resultat.
Man hatte sich iibrigens auch darauf beschranken konnen, die Ge-
samtverbesserungen fur die beiden Polygonteile namlich:
Hi = *\A Wi + « *i = - °>070 Mi = *V di - « 9i = + o?064
[t?]a = 4Jt)]2 - £^ = - 0,075 [>]2 = e[JrJ2 + gg)2 = +0,042
- 0,145 + 0,106
zu berechnen, und nach dem achten Verfahren zu verteilen. Die dadurch
erhaltenen Koordinaten der einzelnen Punkte sind in der Zusammenstellung
auf Seite 227 mit B bezeichnet.
Professor v. MILLEB-HAUENFELS verteilt die Fehler nach dem Yer- § 151,
haltnis der Quadrate der Seitenlangen. Um dieses Verfahren anzuwenden,
berechnet man die Koordinaten beider Polygonteile im Beispiel des vorigen
Paragraphen jedesmal vom Punkte 1 aus? und zwar die des ersten Zug-
teiles von 1 bis 7 und die des zweiten Zugteiles von 1 iiber 10 wieder bis 7.
Von
S oblige
Lange.
Meter.
5
G»
Teilord
4\
Meter.
^naten
Meter.
Teilabscissen
Meter. Meter.
Nicht verbesserte
Koordinaten.
Meter. Meter.
Verbesserte
Koordinaten.
Meter. Meter.
Bis
—0,017
+ 13
-..-'
1
32,670
1063
12,329
30,254
+ 12,329
+ 30,254
+ 12,312
+ 30,267
2
— 24
+ 18
•
2
38,456
1475
37,745
7,361
+ 50,074
+ 37,615
+ 50,033
+ 37,646
3
— 14
+ 10
3
29,578
876
29,298
4,062
+ 79,372
+ 33,553
+ 79,317
+ 33,594
4
— 2
+ 1
4
11,623
134
11,060
3,573
+ 90,432
+ 37,126
+ 90,375
+ 37,168
5
— 5
+ 4
5
17,856
317
17,852
0,352
+ 108,284
+ 37,478
+ 108,222
+ 37,524
6
— 7
+ 5
6
20,703
428
13,936
15,310
+ 122,220
+ 22,168
+ 122,151
+ 22,219
7
150,886
4293
+ 23
— 16
'l
37,962
1444
30,716
_i A
22,308
+ 30,716
-22,308
+ 30,739
—22,324
11
11
18,907
357
17,819
6,322
+ 48,535
-15,986
+ 48,564
—16,006
10
+ 14
- 10
10
29,659
876
29,657
0,351
+ 78,192
—16,337
+ 78,235
-16,367
9
+ 17
— 13
9
32,680
1063
31,241
9,592
+ 109,433
- 6,745
+ 109,493
— 6,788
8
+ 16
— 12
8
31,653
1000
12,642
29,019
+ 122,075
+ 22,274
+ 122,151
+ 22,219
7
150,861
4740
BEATHUHN, Markscheidekunst.
15
226 ZEHNTES KAPITEL.
Im ersten Falle erhalt man fur den Punkt 7:
die Koordinaten + 122,220 + 22,168
im zweiten Falle + 122,075 + 22,274
Differenz = 0,145 0,106
Zwischen den beiden Werten liegen die wahrscheinlichen Koordinaten
des Punktes 7.
Man bilde nun die Quadrate der Seitenlangen und summiere die
Quadrate des ersten und des zweiten Zugteiles. Nach dem Verhaltnis dieser
Quadratsummen wird die Differenz der Abscissen und Ordinaten des
Punktes 7 verteilt.
122,220 - 0,069 = 122,151 22,168 + 0,051 = 22,219
122,075 + 0,076 = 122,151 22,274 - 0,055 = 22,219
Die wahrscheinlichen Koordinaten des Punktes 7 sind:
+ 122,151 + 22,219.
Die Koordinaten der Zwischenpunkte verbessert man wie folgt:
Auf die Ordinaten des ersten Zugteils ist die Differenz 122,151—
122,220 = — 0,069 zu verteilen und zwar geschieht dies ebenfalls nach
Verhaltnis der Langenquadrate :
4293 : - 0,069 = 1063 :vl9 ^ = - 0,017
4293 : - 0,069 = 1475 : v2 , v.2 = — 0,024
u. s. w.
In dem zweiten Zugteil ist auf die Ordinaten die Differenz 122,151—
122,075 = + 0,106 zu verteilen und zwar mit Hilfe der Ansatze:
4740 : + 0,106 = 1444 :v19 ^ = + 0,023
4740 : + 0,106 = 357 : v2, v, = + 0,006
u. s. w.
In gleicher Weise verteilt man die Differenzen der Abscissen und
addiert die partiellen Yerbesserungen — 0,017, — 0,024 u. s. w. zu den
betreffenden Teilkoordinaten.
Die algebraischen Summen der letzteren ergeben in beiden Zugteilen
fur den Punkt 7 die Koordinaten
+ 122,151 + 22,219.
Setzt man in dem letzten Verfahren statt der Quadrate der Langen,
diese Langen selbst ein, wendet man also das achte Verfahren in dieser
Anordnung des Zuges an, so erhalt man ganz ahnliche Resultate.
In der nachstehenden Tabelle sind die nach vier verschiedenen Ver-
fahrungsweisen verbesserten Koordinaten desselben Beispiels nebenein-
andergestellt und zwar unter A nach dem sechsten Verfahren von GAUSS,
unter £ nach einem aus dem sechsten und achten kombinierten Verfahren,
DIE FEHLERVERTEILUNGEN BEI MARKSCHEIDER. GRUBENMESSUNGEN. 227
unter C nach dem von Professor v. MILLER-HAUENFELS vorgeschlagenen
und imter D nach dem achten Yerfahren von GAUSS. Der besseren tFber-
sicht wegen sind die Ordinaten und Abscissen fur sich nebeneinander-
gestellt.
Ordinaten.
Abscissen.
Nicht
Nicht
ver-
A.
B.
C.
D.
ver-
A.
B.
C.
D.
besserte.
besserte.
12,329
12,313
12,314 12,312
12,314
30,254
30,244
30,268
30,267
30,266
50,074
50,036
50,041 50,033
50,040
37,615
37,628
37,645
37,646
37,641
79,372
79,325
79,325 79,317
79,324
33,553
33,599
33,595
33,594
33,589
90,432
90,378
90,379 90,375
90,378
37,126
37,178
37,173
37,168
37,162
108,284
108,221
108,224 i 108,222
108,221
37,478
37,536
37,533
37,524
37,524
122,220
122,150
122,150
122,151
122,147
22,168
22,234
22,232
22,219
22,221
109,578
109,493
109,492
109,493
109,490
6,851
6,794
6,778
6,788
6,787
78,337
78,231
78,235
78,235
78,233
16,443
16,370
16,361
16,367
16,367
48,680
48,560
48,563
48,564
48,562
16,092
15,999
16,002
16,006
16,006
30,861
30,731
30,734
30,739
30,734
22,414
22,318
22,319
22,324
22,321
0,145
0,0
0,0
0,0
0,0
0,106
0,0
0,0
0,0
0,0
Die verbesserten Koordinaten weichen wenig voneinander ab , so daB
in diesem Falle das einfachste Verfahren, namlich die Ausgleichung nach
dem Yerhaltnis der Seitenlangen vollstandig gentigt haben wiirde. Dies
hat seinen Grund darin, daB beide Polygonhalften sich der gestreckten
Form nahern.
Besteht eine Grubenmessung aus mehreren geschlossenen sich anein- § 152.
anderreihenden Polygonen, so gilt als Hauptregel , daB man wenige, wo
moglich nur eins oder zwei, Hauptpolygone auswahlt, welche den grb'Bten
Teil der Grube umfassen und die iibrigen Polygone in sich einschlieBen,
diese mit Sorgfalt (erforderlichenfalls zweimal) miBt und im Zusammen-
hange beziiglich der Winkel und Koordinaten ausgleicht. Die iibrigen Zug-
teile werden sodann als offene Polygonziige behandelt , deren Endpunkte
bereits festgelegt sind.
Liegen die Yerhaltnisse fur Befolgung dieser Regel nicht gunstig und
erhalt der Markscheider eine groBere Anzahl gleichwertiger Polygone, so
hat er diese im Zusammenhange auszugleichen.
Das hierbei einzuschlagende Yerfahren andert sich nach der Zahl und
nach der gegenseitigen Lage der Polygone, wie in dem GAUSS schen Werke
an zahlreichen Beispielen ausgefiihrt ist.
Da hier nur der Zweck verfolgt wird, den Markscheider auf den prak-
tischen Nutzen des GAUSS schen Buches aufmerksam zu machen und der
15*
223
ZEHNTES KAPITEL.
einfaclie Fall zugleich der baufigere ist, so geniigt es, die Ausgleichung
zwei zusammenhangender Polygone nach § 45 des genannten Werkes aus-
zugsweise mitzuteilen , fiir die
anderen Falle auf das Buch selbst
zu verweisen.
Gegeben sind die beiden Poly-
gone a und b mit den Eckpunkten 1
bis 11 (Fig. 200). Der Zugteil Zl
von Punkt 1 bis 4 1st beiden Poly-
gonen gemeinschaftlich, der zweite
Zugteil Z± vom Punkte 4 liber 6
bis 1 gehort dem Polygon a und
der dritte Zugteil Z3 vom Punkt 4
iiber 9 bis 1 ausschlieBlich dem
Polygon b an. Die Pfeile geben
die Ricbtung an, in welcher die einzelnen Zugteile berechnet werden.
Die Winkel der Polygone sind wie folgt ermittelt:
Fig. 200.
Im Polygon a.
Verbesserung.
Im Polygon b.
Verbesserung.
1
113°54'36"
+ 28,83"
1
66° 6'24"
-14,195"
2
192 6 30
+ 21,51
2
167 53 30
— 21,51
3
176 47 12
+ 21,51
3
183 12 48
-21,51
4
88 30 54
+ 28,83
4
182 3 48
-14,195
5
133 20 42
+ 28,83
9
56 7 —
-14,195
6
112 2 42
+ 28,83
10
66 5 36
- 14,195
7
166 15 36
+ 28,83
11
178 32 48
— 14,195
8
96 58 12
+ 28,83
900° 1'54" i -114,0
1079°56' 24"
+ 216,0"
900
1080
Differenz - 1' 55 ' - 1' 54"
Differenz — 3 36"
= + 3' 36"
Der Gesamtwinkelfebler des Polygons a sei A, die Verbesserung T'a fur
einen Winkel des Polygons a von na (= 8) Seiten ist bei gleichmaBiger
Verteilung Va— - - oder na Va + A = 0.
Ist B der Gesamtwinkelfehler im Polygon />, so erhalt man fiir die
Verbesserung jedes Winkels im Polygon b die Gleichung
T5
Vb = — -; - oder ^ 7 "6 + J3 — 0.
Die Summe der beiden Winkel bei den Punkten 2 und 3 ist bei der
Messung schon auf 4 E abgeglichen. Dieser Summenwert darf durch die
Verbesserung nicht geandert werden und die aufzustellenden Gleichungen
miissen diesen Bedingungen entsprechen.
DIE FEHLER VERTEILUNGEN BEI MARKSCEEIDER. GRUBENMESSUNGEN. 229
Nennt man die Yerbesserung fur die Winkel bei 2 und 3 = (2), bez.
(3), so muB, wenn die Summenwerte der Winkel bei den Punkten 2 und
und 3 = 360° bleiben sollen, immer (2) = (3) sein.
Bezeichnet man diesen Wert von (2) = (3) mit (s), so erhalt man fur
beide Punkte nur die eine Horizontgleichung
2(*) + r« + n = o.
Die Polygongleichungen erhalten folgende Gestalt:
+ n, (*)+£ = 0,
wenn nt die Anzahl der Punkte bedeutet, fur welche die Horizontbe-
dingungen zu erfiillen sind. Der Index 1 bezieht sich auf den zugehorigen
Zugteil Zr
Aus obigen drei Gleichungen sind die drei Unbekannten V , F& und
(s) zu entwickeln und zwar ist:
7a = ~ ~1T~ ~> Vb = " ~JT~ -\ W = " TT~ ~ '
wenn 7^= ^(^ -f w6) — 2w.aw5 ist.
Im gewahlten Beispiele ist pa =8, nb = 7, Wj = 2 5 = 2, A = — 216",
.# = + 114", und setzt man diese Werte in die Gleichungen ein, so wird
ra = + 28,83", Fb = -- 14,195 . .", s = -- 7,32".
Die hieraus sich ergebenden Yerbesserungen sind auf Seite 228 hinter
die einzelnen Winkel der Polygone a und b gesetzt.
Werden mit den so verbesserten Polygonwinkeln die Neigungswinkel
abgeleitet, so muB dies immer zu stimmenden Resultaten fiihren.
Die mit diesen Neigungswinkeln und mit den zugehorigen durch
Messung gefundenen Langen ausgefiihrte Berechnung der Teilkoordinaten,
wird aber wieder Fehler hervortreten lassen, welche in dem Polygon a
sich anders als in dem Polygon b gestalten werden.
Nennt man die Summen der Teilordinaten und der Teilabscissen
der Ziige Z19 Z2 und Z3 = [^ty^, [^fty]2> \_dty\ und [2/5^, [^j]a und
[z/r]3, so wiirden in der Yoraussetzung, daB die Koordinaten in der durch
Pfeile angedeuteten Richtung bereclmet sind,
(!) [^Mi + [^W3 = ° (3) [^?li + C^Jl = °
(2) \_dty\ + [Jt)]3 = 0 (4) [z/r]L + [Jy]3 = 0
sein miissen, wenn Fehler nicht vorhanden waren. Ist dies aber der Fall,
so miissen die GroBen [^t)]1? [^i)]2? [^^3 un(i \_^l\\ i [dl\, \_dic\ in
obigen Gleichungen noch die Yerbesserungen v19 v.,9 v3 und wl9 w29 w3 als
Addenten erhalten.
Xennen .wir nun Ay, Ax die Summe der Fehler der Teilordinaten
und Teilabscissen im Polygon «, ferner By, Bx die gleichen Fehler im
Polygon b, so ist
(5) ^ + "2 + Ay = 0 (7) iol + w., + Ax = 0
(6) vl + v3 + By = 0 (8) iol + w3 + Sx = 0,
230 ZEHNTES KAPITEL.
Die Bestimmung der Verbesserungen v und ic geschieht
derartig, daB die zugweisen Summen sowohl der Teilordi-
naten als auch der Teilabscissen nach Verhaltnis der Summen
der Seitenlangen an den Fehlern Ay. Ax, By. Bx Teil zu
nehmen haben.
Es bezeichen ay, ax denjenigen Teil der Fehler Ay, Ax, welcher auf
die MaBeinheit im Polygon a, ferner fiy , fix denjenigen Teil der Fehler
By, Bx, welcher auf die MaBeinheit im Polygon b koinrnt. Die Sumnie
der Langen der drei Zugteile seien L^, L2, L.6.
Dann wird, da der Zug Z^ an den Fehlern beider Polygone der Zug
Z.2 unmittelbar nur an den Fehlern des Polygons a und Z.^ umnittelbar
nur an den Fehlern des Polygons b beteiligt ist, sein
v, = L, ((ay] + (,%)) w, = L, ((ax) + (/?*))
v.2 = L2 (ay] w, = L2 (ax)
Setzt man* diese Werte von v und iv in die Gleichungen (5) bis (8) und
fiihrt noch die Grb'Ben L^ + Lt = La (Umfang des Polygons a)
Ll + L3 = Lb (Umfang des Polygons b)
em, so erhalt man vier Gleichungen zur Berechnung der Unbekannten (ay).
(f$y), (ax), (/?*) und aus ihnen die Ausdriicke:
—LbAy + ^By , N -LbAr + L^x
= - ~^w~ --> («x) = - —$-
- +LlAy-LaBy (f> } _ + L, Ax - La Ex
- y —> (Px) - ~~N~
worin N= L^L.? + L^La = LaLb — LiLl ist.
(Siehe nebenstehende Tabeile.)
In dem gewahlten Beispiele sind aus den verbesserten Polygonwinkeln
und dem gegebenen Azimut der Seite 1 — 2 = 45 ° 3 — " die Neigungswinkel
der iibrigen Seiten abgeleitet und die Teilkoordinaten berechnet worden.
Hieraus ergiebt sich:
l = + 61,591 [Jr.], = + 48,307
2= -61,766 [Jr]2= -48,252
y = - 0,175 Ax = + 0,055
! = + 61,591 [Jr^ = + 48,307
3 = - 61,498 [Jg]3 = - 48,325
By = + 0,093 Bx = — 0,018
78, L, = 325, £3 = 214, La = 403, Lb = 292.
292 • 0,175 + 78 • 0,093
«y = 78 » 325 + 214. 403- = +
- = - 0000458
r = 78 • 0,055 + 403 • 0,018 =
' 111592
DIE FEHLEEVEETEILUNGEN BEI MAEKSCHEIDEE. GEUBENMESSUNGEN. 231
Koordinatenberechnung.
Zeichen.
Lange.
Meter.
A
Gr.
z\mu
M.
t.
S.
Teilordinaten.
Meter
Teilab
M(
scissen.
jter
Sumu
Ordinaten
Meter.
len der
Abscissen
Meter.
+ 2
— 2
HH
^
1—2
27,121
45
3
19,194
19,161
,,-,-,.,
+ 19,196
+ 19,159
&
+ 1
i
=
2—3
24,640
57
9
52
20,703
13,361
+ 39,900
+ 32,518
ll
+ 2
— 1
3—4
26,830
53
57
26
21,694
15,786
+ 61,596
+ 48,303
78,581
[A*)\= +61,591
[Aj], 48,307
01=+ 0,005
MI -• 0,004
[Ay\=+ 61,596
\_A x\ = +48,303
+ 60
— 6
4—5
103,135
322
28
49
62,813
81,801
- 1,157
+ 130,098
^
+ 13
— 1
»— i
5—6
32,450
275
49
59
32,282
3,298
—33,426
+ 133,395
jg
+ 9
-24
.— i <
6-7
46,793
207
53
10
21,886
41,359
—55,303
+ 92,012
fn
+ 48
— 39
CJj
7—8
66,392
194
9
15
16,235
64,376
—71,490
+ 27,597
CS3
+ 40
+ 19
8—1
76,600
111
7
55
71,450
27,616
0,0
0,0
325,370
71,450
133,216
85,099
133,351
71,450
85,099
[Jlj]8 = — 61,766
[Jj]2 = — 48,252
v2= + 0,170
w"2 = __ o,051
[J#]2 = — 61,596
- Ax\ = — 48,303
+ 61,596
+ 48,303
— 11
+ 3
HH
4—9
24,390
51
53
52
19,193
15,050
+ 80,778
+ 63,356
1—
— 44
+ 10
£
9-10
95,915
175
47
6
7,050
95,656
+ 87,784
— 32,290
^'
— 28
+ 6
1
10—11
61,208
289
41
44
57,627
20,629
+ 30,129
- 11,655
!5r
— 15
+ 3
S!
11—1
32,290
291
9
10
; 30,114
11,652
0,0
0,0
213,803
26,243 ; 87,741
47,331
95,656
26,243
47,331
[Jty]s = — 61,498
;jf]3 = — 48,325
«
v3 = — 0,098
[Jy], = -61,596
(ay] =
-1- 0,170, w2 = LZ (ax) = - 0,051
- 0,098, w3 =.L.,(px)= + 0,022
Diese Yerbesserungen zu den Summen der Teilordinaten bez. Teil-
abscissen hinzugefugt ergeben iiberall stimmende Resultate.
232
ZEHNTES KAPITEL.
z
I
+
)
+
IE
1
63
82
0
0
0
1
| 22
41
2
32
129
1
71
28
Es erubrigt nunmehr noch die Teilkoordinaten der Zwischenpunkte zu
verbessern.
Da der Zugteil Nr. I eine gestreckte Form besitzt, so werden, wie
auch geschehen, die Yerbesserungen am einfachsten nach dem achten Yer-
fahren verteilt.
Die Yerbesserungen des zweiten und dritten Zugteils miiBten wegen
ihrer Form nach dem sechsten Yerfahren behandelt werden, aber man wird
diese immerhin etwas umstandliche Berechnung nur dann anwenden, wenn
aus Punkten des Zugteiles andere wichtige Ziige sich abzweigen, in alien
anderen Fallen aber zu dem achten Yerfahren
iibergehen.
In dem vorliegenden Beispiele ist der Zugteil
Nr. Ill nach dem achten, der Zugteil Nr. II nach
dem sechsten Yerfahren behandelt worden.
Hierbei ist fy = - 0,170 e = + 0,000389
fx = + 0,051 £ - ± 0,000428
Wie aus nebenstehender Tabelle hervorgeht, ist
g)j = - 63 D, = + 17
&! = + 82 £~ = - 198
Die Yerbesserungen sind nach den bekannten Fornieln:
w — eA^— szAty berechnet,
und mit den zugehorigen Yorzeichen iiber die Teilkoordinaten gesetzt.
Hieraus ergeben sich allseitig stimmende Koordinaten.
153. Die vom Professor v. MILLER -HAUENFELS aufgestellte Regel zur Aus-
gleichung der Fehler in G-rubenmessungen soil an einem moglichst einfachen
Beispiele erlautert werden.
Fig. 201 stellt einen mit dem Theodoliten ohne Benutzung des Hohen-
Y. _x /o kreises ausgefiihrten
f Grubenzug im GrundriB
dar. Die Winkelpunkte
sind mit Zahlen bezeich-
net und zwar die SchluB-
punkte mit romischen,die
anderen mit arabischen
Z*ahlen. Die Winkel sind
vorher im Polygon nicht
ausgeglichen worden.
Fi 2Q1 Aus der nachstehen-
den Berechnung ist zu
ersehen, daB fur die Koordinaten der SchluBpunkte sich verschiedene Werte
ergeben, welche durch die angehangten Indexe 1 und 2 bezeichnet sind.
DIE FEHLERVERTEILUNGEN BEI MARKSCHEIDER. GEUBENMESSUNGEN. 233
Nr. der
Punkte.
fl S
'S c
!i
1 ^|
*& o
Neigungs-
winkel.
Teil-
ordinaten
Teil-
abscissen
Nicht verbesserte
Koordinaten
Verbesserte
Koordinaten
Meter.
s "S
Gr. M. S.
Meter.
Meter.
Meter.
Meter.
Ord.
Absc.
Ord. Absc.
— 11
— 11
1—2
29,643
878,71
89
—
20
29,638
0,514
+ 29,638 + 0,514
+ 29,627
+ 0,503
— 10
— 11
2—3
28,421
807,75
88
1410
28,408
0,875
+ 58,046 + 1,389
+ 58,025
+ 1,367
— 11
— 12
3—4
30,283
917,04
10
20
20
5,435
29,791
+ 63,481+31,180
+ 63,449+31,146
— 9
— 10
4-Vt
27,633
763,58
4021
80
17,894
21,057
+ 81,375
+ 52,237
+ 81,334
+ 52,193
+ 58,025 + 1,367
+ 56
+ 59
3—6
40,827
1666,9
7533
10
39,536
10,186
+ 97,582
+ 11,575
+ 97,617 +11,612
+ 18
+ 19
6—7
23,288
542,3
I. 210
0,421
23,284
+ 98,003
+ 34,859
+ 98,056 +34,915
+ 20
+ 21
-7-V,
24,044
578,1
31552 4
16,742 17,257
+ 81,261 +52,116 + 81,334+52,193
— 6
-13
Vo-11
28,620
819,1
88
15
80
28,606
0,870
+ 109,867
+ 52,986
+ 109,934
+ 53,050
— 3
— 7
11—12
21,210
449,8
87
19
20
21,187
0,991
+ 131,054
+ 53,977
+ 131,118
+ 54,034
12-XIII,
15,021
225,6
89
—
10
15,019
0,261
+ 146,073
+ 54,238
+ 146,135
+ 54,292
+ 97,617
+ 11,612
— 46
— 44
6—8
27,822
774,0
75
12 —
26,899
7,107
+ 124,481+18,682
+ 124,470
+ 18,675
— 38
— 35
8-9
25,123
631,1
81
1010
24,825
3,857
+ 149,306+22,539
+ 149,257
+ 22,497
— 13
— 12
9-Xt
14,456
208,9
761230
14,039
3,447
+ 163,345 +25,986
+ 163,283 +25,932
1-14
t
— 1
— 1
18,224
332,1
8
40
40
2,750
18,015
+ 166,095 +44,001
+ 163,032
+43,946
— 1
— 1
14-XIII,
22,425
502,8
297
2838
19,896
10,347
+ 146,199 +54,348
-1-146,135
+ 54,292
+ 11
+ 7
t
+ 97,617
+ 11,612
6 — 15
48,263
2324,0
125
1210
39,436
27,823
+ 137,018
—16,248
+ 137,064
—16,204
+ 4
+ 2
15—16
20,213
796,0
88
5250
28,208
0,551
+ 165,226
—15,697
+ 165,276
—15,651
+ 7
+ 4
16— X.2
41,617
1732,0
357
1446
2,000
41,579
+ 163,226 +25,882
+ 163,283
+ 25,932
Die Ausgleichung der Differenzen in den Koordinatensummen der
SchluBpunkte geschieht nun auf folgende Weise.
Man entwirft eine Skizze von dem GrundriB, die nur ein ungefahres
Bild der Aufnahme zu geben braucht und die Unstimmigkeiten in den
SchluBpunkten andeutet (Fig. 202).
234
ZEHNTES KAPITEL.
In dieser Skizze werden die Streckenpartieen 1 bis 3, 3 bis 7", V bis
XIII u. s. w. als Einheiten zusammengefaBt.
Auf der angefertigten Skizze fiihrt man sodann mit dem Bleistifte
Yom Anfangspunkte 1 ini Stollnmundloche ausgehend an den Linien ent-
lang, bis man zu
einem nicht stim-
menden SchluB-
punkt gelangt und
versieht jede durch-
fahrene Strecken-
partie mit einem
^2
' ftttr
Fig. 202. Fehlerausgleichung nach VON MILLER-HAUEXFELS.
Querstrich. Z. B.:
Auf dem einen AVege
von 1 — T werden die
Partieenl— 3,3— 7"
durchfahren. Jede
erhalt einen Querstrich. Auf dem anderen Wege zwischen 1 und V werden
die Streckenpartieen 1 — 3, 3 — 6, 6 — T durchfahren. Jede derselben erhalt
ebenfalls einen Querstrich, die Partie 1 — 3 hat also schon deren zwei.
Wieder von 1 beginnend werden auf verschiedenen Wegen bis zum Punkte
XIII die Streckenpartieen 1—3, 3—6 zweimal, die Partieen 6— T7, F—XII1.
6 — X, X — XIII je einmal durchfahren und erhalten dementsprechend zwei
bez. einen Querstrich. Auf diese Weise erhalten die einzelnen Strecken-
partieen die aus der Skizze ersichtliche Anzahl von Querstrichen.
Alsdann bildet man die Produkte aus den Quadratsummen der Schnur-
langen und den zugehorigen Querstrichzahlen :
Fiir die Partie
1_3 = (878,71 + 807,75) X 6 = 10118.
3— Fl = (917,04 + 763,58) x 1 = 1681.
3-6= 1666,9 X 5 = 8334.
6—7; = (542,3 + 578,1) X 2 = 2241.
F2—XIH2 = (819,1 + 449,8 + 225,6) x 1 = 1495.
6— A; = (774,0 + 631,1 + 208,9) X 2 = 3228.
Xir~ XII^ ='(332,1 + 502,8) X 1 = 835.
6_X2 = (2324 + 796 + 1732) x 1 = 4852.
Nunmehr schreitet man zur Bildung der Produktensummen fur alle
SchluBpunkte, indem man die Produkte fur alle jene Streckenpartieen der
Reihe nach entnimmt, welche zwischen Anfangs- und dem in Frage kom-
menden SchluBpunkt liegen, und sie als Summanden nebeneinander setzt.
Auf diese Weise ergeben sich als Produktensummen:
Fiir den Punkt Fl = 10118 + 1681 = 11799.
„ „ ,. 7; =10118 + 8334 + 2241=20693.
" TL = 10118 + 8334 + 3228 + 825 = 22515.
DIE FEHLERVERTEILUNGEN BEI MARKSCHEIDER. GRUBENMESSUNGEN. 235
Fur den Punkt 17//2 = 10118 + 8334 + 2241 + 1495 = 22188.
„ ., „ Xl =10118 + 8334 + 4852=23304.
„ „ „ I, =10118 + 8334 + 3228 = 21680.
Die Differenz in den Abscissensummen des Punktes Tist gleich 0,121 =d,
nennt man nun die fur jeden einzelnen Punkt sich spater ergebenden Yer-
besserungen d1 und d2, so ist d = dl + dt. Die Yerbesserungen dl und d.2 wer-
den nun nach dem Yerhaltnis ihrer zugehorigen Produktensummen berechnet.
dl:d2 = l 1799 : 20693 oder annahernd.
i * 2 == ^"^-* : o i o.
daraus dl + d, : (328 + 575) = d1 : 328, d: = 0.044.
"O12T rfa : 575, d.2 = 0.077.
d =012L
Die berichtigte Abscissensumme des Punktes V ist demnach
52,237 - 0,044 = 52,193
52,116 + 0,077 = 52,193
Auf gleiche "Weise erhalten wir den ausgeglichenen Wert der Ordinaten
des Punktes V — 81,334. Mit Benutzung der zugehorigen Produktensummen
erhalt man die Koordinaten des Punktes XIII +146,135 + 54,292
X + 163,283 +25,932
Hierauf beginnt die Yerbesserung der Teilkoordinaten der Zwischenpunkte.
Als Beispiel mag hierfur die nachfolgende Berechnung der Yerbesserungen
fur die Punkte zwischen V und XIII dienen.
Die Koordinaten des fehlerhaften Punktes 72 = + 81,261 +52,116
„ XIII, = + 146,073 + 54,238
Differenz = + 64,812 + 2,122
Die Koordinaten des wahrscheinlichen Punktes V =• + 81,334 +52,193
„ XIII = +146,135 +54,292
Differenz + 64,801 + 2,099
Der algebraische Unterschied der Differenzen
64,801 2,099
JB4,812_ 2,122
^0,6TT - 0,023
sind die Yerbesserungen, welche nach dem Yersaltnis der Quadrate der
Langen verteilt werden miissen.
Flir die Schnur V— 11 ist -0,023:^=1495:819, d= -0,0126
„ „ „ 11—12 „ -0,023:^=1495:450,6?= -0,0070
„ „ „ 12—Xffl,, - 0,023 : d = 1495 : 226, d = - 0,0034
0,023
Ferner :
Fur die Schnur 1—11 ist - 0,011 :rf= 1495:819, d= -0,006
„ „ „ 12—11,, -0,01 1:*7 =1495: 450, d= -0,003
„ „ „ 12— XIII „ -0,011:^=1495:226, d = -0,002
0,011
236 ELFTES KAPITEL.
Das gewahlte Beispiel bezieht sich auf den einfachsten, aber auch am
haufigsten vorkommenden Fall, da die wichtigeren Ziige meist durchweg
mit clemselben Instrument und mit Anwendung desselben Yerfahrens aus-
gefiihrt werden.
Wenn mehrere Anfangspunkte der Messung vorhanclen sind, z. B. Stolln-
mundlocher oder Schachte, deren Lage durch Triangulation bestimmt war,
so wird die Konstruktion der Querstriche von verschiedenen Anfangs-
punkten aus, sonst in der angegebenen Weise ausgefiihrt.
Die Seigerteufenabschliisse, welche aus Beobachtungen am Gradbogen
und an dem Hohenkreis des Theodoliten abgeleitet worden sind, werden
ebenfalls nach dem Verhaltnis der Produktensummen abgeglichen.
Werden verschiedene Instruniente und Methoden bei einer zusamnien-
hangenden Aufhahme angewendet und sollen die etwaigen Differenzen im
Zusammenhange abgeglichen werden, so geschieht die Verteilung der Fehler
nach dem Verhaltnis von Zahlen, die entstehen durch Sumnianden von
Produkten aus den Querstrichen und den quadrierten mittleren Endfehler
der einzelnen Streckenpartieen.
Die Art und Weise, wie die mittleren Endfehler fur die verschiedenen
Instrumente und Methoden zu finden sind, ist in clem v.. MiLLERschen
Buche ausfuhrlich entwickelt, worauf hier lediglich verwiesen werden kann,
um so mehr, da die zusammenhangende Ausgleichung eines mit verschie-
denen Instrumenten ausgefiihrten Zuges nicht zu haufig vorkommen wird.
Elftes Kapitel.
Die AnschluB- und Orientierungsniessungeii.
154. In der bisherigen Literatur sind die AnschluB- und Orientierungs-
messungen besprochen:
1) In der neuen -Markscheidekunst von WEISSBACH, II. Abteilung,
3. Kapitel.
2) In der praktischen Markscheidekunst von BORCHEKS, Seite 141 bis 186.
3) In einem Artikel des verstorbenen Professor VIEETEL im Zivil-
ingenieur, 1878, Seite 586—619.
Ferner finden sich Beitrage zu diesem wichtigen Teile der Markscheide-
kunst: In der Berg- und Huttemnannischen Zeitung. Jahrgang 1874. Nr. 42.
HAUSSE, Cbertragung der Orientierung durch seigere Schachte: im Zivil-
ingenieur, 1878, Seite 620—663. Lotungen und LotuDgsapparate von Pro-
fessor A. NAGEL; in dem Jahrbuche fur das Berg- und Hiittenwesen des
Konigreichs Sachsen auf das Jahr 1882: Das Problem der Schachtlotung und
seine Losung mit schwingenden Loten, von Professor Dr. SCHMIDT in Freiberg.
DIE ANSCHLUSS- UND OKEENTIERUNGSMESSUNGEN. 237
Der zuletzt genannte Artikel ist auszugsweise abgedruckt in der
Osterreich. Zeitschrift fiir Berg- und Hiittenwesen, 1882, Nr. 10.
Die Messungen, welche ausgefiihrt werden, urn einen Gruben- und §155-
Tagezug, oder zwei Grubenziige in verschiedenen Sohlen zu verbinden, nennt
man AnschluBmessungen; diejenigen, welcbe den Zweck haben, die
gegenseitige Lage der beiden Ztige zu ermitteln, oder, was dasselbe ist,
beide auf ein gemeinschaftliches Koordinatensystem beziehen zu konnen,
Orientierungsmessungen.
In den meisten Fallen werden mit derselben Messung beide Zwecke zu-
gleich verfolgt.
Dies Verfahren richtet sich nach Art und Zalil der Verbindungswege
zwischen Tage- und Grubenzug, tmd man kann hiernach folgende Falle
unterscheiden:
Die Verbindung kann stattfinden:
1) durch einen Stolln,
2) durch zwei Schachte,
3) durch einen Schacht,
oder es konnen zwei oder mehrere der vorher angefiihrten Falle zusanimen-
treffen.
Der GleichmaBigkeit wegen soil angenommen werden, da8 der Tagezug
aus einem Dreiecksnetz besteht und die Grubenmessungen ausschlieBlich mit
dem Theodoliten ausgefiihrt sind.
Erster Fall. Bildet ein Stolln oder eine flache Tagesstrecke die
Verbindung zwischen Gruben- und Tageszug, so ist die AnschluB- und
Orientierungsmessung einfach, da das in der Grube aufgenommene Polygon
nur durch den Stolln, bez. durch die flache Strecke bis zur nachsten Dreiecks-
seite fortzusetzen ist.
Zweiter Fall. Es sind zwei Schachte vorhanden. § 156,
Diese konnen beide seiger und tonnlagig sein, oder einer ist seiger,
der andere tonnlagig.
Sind die beiden Schachte seiger, so wird der AnschluB von Gruben-
und Tagemessung durch zwei Lote geschaffen, von den en in jedem Schachte
eins gehangt wird.
Die Lotpunkte in beiden Schachten werden mit dem Dreiecksnetze
iiber Tage durch eine genaue Messung verbunden und daraus wird die
Lange und das Azimut der Yerbindungslinie beider Lote ermittelt.
Alsdann fuhrt man in der Grube von dem einen Lote bis zu dem
anderen einen Polygonzug aus und berechnet denselben auf ein Koordinaten-
system, dessen Nullpunkt ein Lotpunkt und dessen Abscissenachse am zweck-
maBigsten die erste vom Nullpunkte ausgehende Polygonseite ist.
238
ELFTES KAPITEL.
Aus den so gewonnenen Koordinaten des Grubenzuges laBt sich noch-
mals die Lange der Verbindungslinie beider Lotpunkte, sowie derenNeigung
gegen die erste Polygonseite berechnen. Das Azimut der genannten Yer-
bindungslinie war aus der Tagestriangulation bekannt, folglich laBt sich
das Azimut der ersten Polygonseite des Grubenzuges ebenfalls bestimmen,
woraus die Azimute der iibrigen Polygonseiten leicht abgeleitet werden
konnen.
Fig. 203. Orientierung eines Grubenzuges durch zwei Schachte.
Beispiel.
In zwei seigeren Schachten sind die Lote in den Punkten A und B
gehangt. Aus der Tagestriangulation ergiebt sich die Lange der Linie AB
zu 562,949 m und ihr Azimut zu 118° 35' 35".
In der Grube ist ein Polygonzug ausgefiihrt , dessen Koordinatenbe-
rechnung auf die Linie A I als Abscissenlinie und auf A als Anfangspunkt
folgendermaften sich gestaltet:
Zeichen
Polygonwinkel
Neigungswinkel
Koordinaten.
Lange.
Ordinaten
Abscissen.
von
bis
Gr.
M.
S.
Gr.
M. S.
Meter.
Meter.
A
I
17,632
—
—
—
0
0
0
0,0
+ 17,632
I
II
42,363
177
32
57
357
32
57
— 1,812
+ 59,956
II
III
129,991
284
57
24
102
30
21
+ 125,095
+ 31,808
III
IV
167,510
177
55
38
100
25
59
+ 289,835
+ 1,471
IV
V
92,963
180
52
30
101
18
29
+ 380,993
-16,755
V
VI
82,810
158
33
27
79
51
56
+ 462,511
- 2,184
VI
VII
37,453
184
52
25
84
44
21
+ 499,806
4- 1,250
VII
VIII
63,160
184
25
31
89
9
52
+ 562,959
+ 2,171
VIII IX
61,220
93
53 ' 21
3
3
13
+ 566,220
+ 63,304
IX B
11,830
135
11
21
318
14 34
+ 558,341
+ 72,129
DIE ANSCHLUSS- UND OBIENTIERUNGSMESSUNGEN. 239
Aus den Koordinaten + 558,341 und + 72,129, welche die Katheten
des rechtwinkeligen Dreiecks ABC sind, berechnet man die Neigung und
die Lange der Linie, wie folgt:
log 558,341 = 2,7468995
log 72,129 = 1,8581099
logtg BAG = 0,8887896 ^:BAC = 82° 38' 20"
log 558,341 = 2,746 8995
log sin BAG = 9,9964059- 10
log AB = 2,7504936 AB = 562,980.
Aus dem Winkel^JC, d. i. dem Neigungswinkel der Linie AB gegen
die Polygonseite AI, und aus dem bekannten Azimute der Linie AB —
118° 35' 35'' erhalt man das Azimut der ersten Polygonseite Al und zwar
in diesem Falle durch Subtraktion 118° 35' 35" - 82° 38' 20"
= 35° 57' 15".
Hieraus lassen sich die Azimute der iibrigen Polygonseiten ableiten,
was in unserem Beispiele am einfachsten dadurch geschieht, daB man die.
Neigungswinkel der obigen Koordinatenberechnung um 35° 57' 15" ver-
groBert.
In der Fig. 203 sind die Neigungswinkel gegen die Polygonseite AI
als Abscissenachse mit einem Bogen versehen, die wahren Azimute
schraffiert.
Mit Hilfe dieser Azimute werden die Koordinaten der Polygonpunkte
in der Grube definitiv berechnet, und die geringen Unstimmigkeiten nach
dem achten Verfahren (GAUSS) an den Teilkoordinaten abgeglichen.
Schachtlotungen. Bei Ausfiihrung der vorstehenden Orientierungs- § 157.
messung sind Lote in den Schacht zu hangen und diese mit dem Theodo-
liten anzuvisieren. Das hierbei zu beobachtende Yerfahren bedarf noch
einiger Erlauterungen.
Zum Aufhangen der Lotkorper bedient man sich eines Drahtes von
0,4 mm Starke aus Eisen oder Messing.
Hanfschniire sind hierzu ganz untauglich. Gegliihter Messingdraht ist •
dem eisernen vorzuziehen, weil der erstere die erforderlichen Eigenschaften
des Lotdrahtes in erhohtem MaBe besitzt. Diese Eigenschaften sind ge-
ringe Steifigkeit, so daB der Draht sich leicht auf eine Rolle wickeln
und auch wieder straff ziehen laBt, und wenig Neigung zum Oxy-
dieren.
Die Gewichte der Lote betragen fur solche Drahte fiinf bis acht Pfund.
Diese werden aber nicht gleich beim Einlassen des Drahtes angehangt,
sondern kleinere Gewichte oder leichte GefaBe, die mit Sand oder Wasser
gefiillt sind, damit bei dem etwaigen ReiBen des Drahtes wahrend des Ein-
lassens durch das schwere Gewicht kein Schaden herbeigefuhrt wird. Auf
der Schachtsohle lassen sich die Gewichte leicht umwechseln.
240 ELFTES KAPITEL.
Die Lote miissen vollstandig freihangen und diirfen nirgends
anliegen.
Sind Bedenken in dieser Bichtung vorhanden, so muB der Markscheider
den Schacht befahren und vom Fahrschacht aus den Lotdraht von der
Hangebank bis zur Schachtsohle beobachten.
Bei reiner Schachtluft und maBiger Teufe beobachtet man ein Gruben-
licht, welches auf der Schachtsohle rings um den Lotkorper herumgefuhrt
wird. Sieht das iiber dem Lotpunkte befindliche Auge stets das Licht, so
hangt das Lot frei.
Am bequemsten kommt man zum Resultate, wenn man aus der Lange
des Lotdrahtes die Schwingungsdauer des Lotkorpers berechnet und mit
der beobachteten vergleicht. Aus einer Unstimmigkeit wird man auf ein
Anliegen des Lotfadens schlieBen
Die Berechnung erfolgt nach der bekannten Formel t — it I/— , worin
t die Schwingungsdauer, n = 3,141 . . ., I die Pendellange, g die beschleu-
nigende Kraft der Schwere = 9,809 m ist.
Das Anvisieren der Lote ist bei den Messungen iiber Tage ohne
Schwierigkeiten auszufiihren, da das oberste Stiick des Drahtes unbe-
weglich ist.
In der Grube clagegen muB man die Lotdrahte an dem untersten
Ende anvisieren, welches fortwahrend Pendelschwingungen ausfiihrt. Man
kann diese Bewegungen verlangsamen und verringern, indem man die Lot-
korper in untergestellte WassergefaBe eintauchen laBt und den Wetterzug
sowie die Spritzwasser im Schachte mb'glichst vom Lotdrahte fernhalt;
aber ganz aufheben kann man dieselben nicht.
Fiir das Anvisieren solcher Lote giebt BOKCHEKS folgendes Ver-
fahren an:
Man geht von dem festen Schenkel des zu messenden Winkels aus
und richtet dann das Fernrohr durch Drehung der Alhidade auf das schwin-
gende Lot. Mit Hilfe der Feinstellung verfolgt man dasselbe bis zu dem
einen auBersten Stande und hat dann, ehe das Lot den Schwingungsbogen
bis zum anderen auBersten Stande durchlauft, Zeit genug, an einem Nonius
abzulesen und auch noch das Fadenkreuz bei diesem Stande des Lotes auf
dasselbe zu richten.
Dieses Verfahren wiederholt man mehrere Mai, nimmt das arithmetische
Mittel aus alien Werten und stellt den zum Ablesen der Winkel benutzten
Nonius I auf diesen Mittelwert ein, um die Ablesung von Nonius II zu er-
halten. Dasselbe geschieht ebenso in der zweiten Lage des Fernrohrs.
Bei sehr kleinen Schwingungsbogen kann die Mitte abgeschatzt und
das Fadenkreuz unmittelbar darauf eingestellt werden.
Die Lotdrahte werden durch dahinter gehaltene erleuchtete Blatter
von Olpapier oder Milchglasscheiben sichtbar gemacht und wenn, wie es
bei einem spater zu besprechenden Verfahren notwendig ist, der Theodolit
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIEEUNGSMESSUNGEN. 241
in die Verlangerung der Verbindungslinie zweier eingehangten Lotdrahte
aufgestellt wird, so ist einer derselben durch einen angebundenen Faden
kenntlich zu machen.
Dieses Verfahren ist sehr anstrengend und hat seine nicht zu ver-
kennenden Schwierigkeiten. Es erfordert groBe Gewandtheit in der ver-
haltnismaBig kurzen Zeit, in welcher das Lot einen Schwingungsbogen
vollendet, die Ablesung an einem Nonius auszufuhren und das Fernrohr
auf den nachsten auBersten Stand zu richten.
AuBerdem ist das genaue Messen der Linie vom Aufstellungspunkte
des Theodoliten bis zum Lote nicht leicht, da dasselbe selten beim Schwin-
gen sich in einer Ebene bewegt.
Professor SCHMIDT in Freiberg beseitigt die Schwierigkeiten durch § 158.
folgendes bequeme Verfahren.
Die Lote werden an starkeren Drahten (1 mm Durchmesser) aufgehangt
und deren Gewichte schwerer genommen (bis zu 25 Kilo).
Dieselben werden nicht in Wasser eingetaucht, sondern sie schwin-
gen frei.
Nahe ttber der Schachtsohle wird in entsprechender Hohe hinter dem Lot-
drahte eine horizontale Millimeterskala senkrecht zur Yisirachse des Fern-
rohrs angebracht, die durch mehrgliedrige Aufstellungsarme festgehalten wird.
Mit dem Fernrohre des Theodoliten werden sodann die schwingenden
Lotdrahte beobachtet, die aufeinander folgenden auBersten Grenzstellungen
abgelesen und notiert. Man dirigiert hierbei absichtlich die Schwingungen
des Lotes parallel mit der Skalenflache.
Die Beleuchtung der Skala erfolgt mit einem gewohnlichen Gruben-
lichte. Aus einer oder mehreren Reihen solcher Doppelbeobachtungen wird
die mittlere Ruhelage des Lotes an der Skala berechnet und das Faden-
kreuz des Fernrohres behuf Ausfuhrung der Winkelmessung genau auf diesen
berechneten Punkt eingestellt.
Die Berechnung der Ruhelage ist eine sehr genaue. Professor SCHMIDT
findet aus zwei Versuchen, von denen der eine in einer Teufe von 170 m
unter giinstigen Verhaltnissen, der andere in 525 m Teufe unter ungiinstigen
Verhaltnissen ausgefuhrt wurde, den mittleren Fehler einer Beobachtungs-
reihe = ±0,32 mm und den mittleren Fehler des Resultats einer Doppel-
reihe = ± 0,21, fur ungiinstige Verhaltnisse denselben Fehler auf ± 0,44mm
bez. + 0,31 mm.
Die Benutzung der Skala karin auch die Ausfuhrung der Langenmessung
vom Theodolitstandpunkte bis zu dem Lote sehr erleichtern. Zu diesem
Zwecke stellt man entweder die Skala in die Richtung der zu messenden
Linie, ermittelt durch mehrere Beobachtungsreihen den Punkt an der Skala
fur die mittlere Ruhelage des Lotes und miBt von diesem Punkte der Skala
bis zur Theodolitenachse, oder man fixiert den Lotpunkt auf folgende
BEATHUHN, Markscheidekunst. lg
242
ELFTES KAPITEL.
Weise: dasselbe schwingende Lot wird von zwei Punkten aus beobachtet,
so daB die beiden Visierlinien sich unter einem fur Festlegung des Schnitt-
punktes giinstigen Winkel kreuzen.
Wird in der Kichtung der einen Visierlinie ein feiner Draht ausge-
spannt und an diesem der Kreuzungspunkt der zweiten Yisierrichtung
durch einen feinen angeschleiften Faden bezeichnet, so ist der Lotpunkt
mit hinreichender Scharfe festgelegt, um die Langenmessung mit Sicherheit
ausfiihreD zu konnen.
Mittels eines einfachen Zentriei apparates von Professor SCHMIDT (Berg-
und Hiittenmannische Zeitung. 1884, Nr. 21) lassen sich die Lotdrahte selbst
fixieren.
Auf einem in der Mitte durchlochten guBeisernen Teller T (Fig. 204
a und b) laBt sich ein prismatisches Mittelstiick M durch vier Zentrier-
schrauben S in zwei zu einander recht-
winkeligen Richtungen verschieben. tlber
den Zentrierschrauben werden auf dem
Tellerrand zwei 100 mm lange um die
Aufsteckzapfen drehbare Skalen I) an-
gebracht.
Das abiiehmbare Mittelstiick M ist
langs seiner Achse durchbohrt und oben
mit einem Schraubengewinde versehen,
in welches eine iiber den Lotdraht zu
schiebende Kopfschraube K paBt.
Bei der Ausfiihrung der Lotung wer-
den die Zentrierteller T ohne das Mittel-
stiick M mit Schrauben auf einer durch-
lochten Pfoste derartig befestigt, daB
dieselben horizontal sind, daB der be-
schwerte Lotdraht moglichst zentrisch
in der Offnung des Tellers hangt und
kleine Schwingungen vollkommen frei aus-
fiihren kann und endlich, daB das eine
Paar der Zentrierschrauben in der Eich-
tung des Theodolitfernrohrs, das andere
Paar in der eines zweiten kleinen Be-
Fig. 204 a u. b. Zentrierapparat fiir
Schachtlotungen von SCHMIDT.
obachtungsfernrohrs mit kurzer Sehweite sich befmden. Mit diesem kleinen
Fernrohre und dem des Theodoliten beobachtet man auf bekaimte Weise
die Schwingungen des Lotes auf den dahinterstehenden scharf beleuch-
teten Skalen und berechnet fiir beide Eichtungen die Ruhelage des Lotes.
Hierauf wird das Lotgewicht abgehangt, iiber den Lotdraht die Kopf-
schraube K geschoben und nachdem das Gewicht wieder am Draht be-
festigt worden ist, die Schraube K in das Gewinde des eingelegten Mittel-
stiickes eingeschraubt.
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUNGSMESSUNGEN. 243
Mittels der beiden Fernrohre und der Zentrierschrauben S kann nun
das Mittelstuck in eine solche Lage gebracht werden, daB der Lotdraht in
der berechneten Ruhelage sich befindet.
Das Fixieren des Lotdrahtes selbst erscheint nur in dem Falle von
Vorteil, wenn der AnschluB in mehreren iibereinanderliegenden Sohlen
zugleich bewirkt werden soil, sonst diirfte es geniigen, wenn auf dem
Mittelstiicke M ein feiner Stift senkrecht befestigt und derselbe auf gleiche
Weise in die berechnete Ruhelage des Lotes geschoben wiirde.
Sind die beiden Schachte, welche die Verbindung zwischen dem Drei- §» 159,
ec'ksnetze liber Tage und der Grubenmessung herstellen, tonnlagig, so ist
das Yerfahren dasselbe, nur wird der AnschluB nicht durch Lote, sondern
durch Polygonziige vermittelt, welche durch die tonnlagigen Schachte ge-
fiihrt werden miissen.
Diese Polygonziige durch die Schachte iibertragen die Orientierung
zwar ebenfalls von der Tagesoberflache in die Grube hinein, aber die Ziige
enthalten fast ausschlieBlich Winkel, welche unter den denkbar ungiinstigsten
Verhaltnissen gemessen werden muBten, so daB kein gutes Resultat der
Orientierung erwartet werden kann.
BOKCHEES fiihrt in seiner Markscheidekunst Seite 158 ein Beispiel an.
Hiernach zeigen zwei in einem tonnlagigen Schachte ausgefiihrte Messungen
mit je achtmaliger Aufstellung des Theodoliten eine Orientierungsdifferenz
von 2'24" und das Mittel aus beiden Werten weicht urn 3' 13" von der
aus beiden AnschluBpunkten berechneten Orientierung ab.
Noch ungenauere Resultate erhalt man, wenn man gezwungen wird,
die Schachtmessung derartig zu unterbrechen, daB die Aufstellungsarme
des Theodoliten herausgeschraubt werden miissen.
Da namlich die dadurch erforderlich werdende Fixierung des Winkel-
punktes senkrecht uber dem Theodoliten und die nachherige zentrische
Aufstellung desselben unter diesem Punkte nur mit Hilfe meistens sehr
langer Lote erfolgen kann, welche in dem Wetterzuge des Schachtes schwer .
zur Ruhe kommen, so sind die beiden fur die Richtigkeit des Endresultates
maBgebenden Operationen nicht mit Sicherheit auszufiihren.
Auf die Koordinatenbestimmung der beiden AnschluBpunkte in der
Grube hat dagegen die Unsicherheit in den Schachtwinkeln, bei den kurzen
sohligen Entfernungen zwischen den einzelnen Winkelpunkten, einen ver-
haltnismaBig geringen EinfluB. Derselbe ist namentlich auf die Richtung
der Yerbindungslinie beider AnschluBpunkte fast verschwindend.
Haben die zu messenden Schachte eine geringe Tonnlage und ist in § 160.
denselben nicht zu viel Eisen vorhanden, so wird die Messung sehr zweck-
maBig mit dem HangekompaB statt mit dem Theodoliten ausgefiihrt.
16*
244 ELFTES KAPITEL.
Es kommt ja nur darauf an, die gegenseitige Lage zweier Punkte oben
bez. unten am Schachte zu bestimmen und unter den obigen Vcraus-
setzungen wird dies mit dem KompaB mindestens ebenso genau, wie mit
dem Theodoliten erreicht.
Bei dem groBen Fallwinkel des Schachtes, kann man denselben in
groBen Stiicken abseigern und es ist das Streichen von nur wenigen kurzen
Schniiren abzunehmen, welche an den Absetzpunkten die Lote mit einander
verbinden. Die Absetzpunkte ergeben sich von selbst da, wo aus irgend
einem Grunde nicht weiter gelotet werden kann. Sollte an einer solchen
Stelle zu viel Eisen in der Nahe sein, so ist an einem giinstigeren, hoher
gelegenen Punkte abzusetzen. Selbstverstandlich muB mit dem benutzten
HangekompaB das Streichen einer Dreiecksseite iiber Tage als Orientierungs-
linie abgenommen werden.
161. Dritter Fall. Die Verbindung zwischen Tage- und Grubenzug findet
nur durch einen Schacht statt.
Ist der Schacht seiger und das Gebirge in der Grube nicht magne-
tisch, so sind zwei verschiedene Orientierungsmethoden anwendbar.
Die eine erfolgt mit Hilfe des Magneten, welche spater ausfuhrlich
besprochen werden wird, die zweite durch tJbertragung einer kurzen
Linie von der Tagesoberflache in die Grube mittels zweier in den
Schacht gehangter Lote.
Letztere Methode ist bei magnetischem Gebirge nur allein anwendbar.
Das Azimut und die Lange dieser kurzen Linie kann mit der erforder-
lichen Scharfe iiber Tage bestimmt werden, indem man diese Linie mit
dem Dreiecksnetz in genaue Verbindung bringt.
SchlieBt man die Polygonmessung in der Grube ebenfalls an die
Linie AB an, welche durch die in den Punkten A und B herabhangenden
seigeren Lotdrahte auch auf der Schlachtsohle dargestellt wird, so kann
man mit Hilfe des bekannten Azimutes der Linie AB den Grubenzug
orientieren.
Die AnschluBmessung an die durch die beiden Lote dargestellten Linie
geschieht iiber Tage und in der Grube auf dieselbe Weise, namlich durch
ein AnschluBdreieck ABC (Fig. 205a und b).
Ein Aufstellen und Zentrieren des Theodoliten auf den Punkten A und
B ist iiber Tage wohl moglich, aber in der Grube selbst nicht mit dem
vom Prof. JUNGE in der Berg- und Hiittenm. Zeitung 1863, Nr. 32 vorge-
schlagenen Zentrierapparate in der erforderlichen Scharfe ausfiihrbar.
In den nachfolgenden Betrachtungen sind A und B die beiden Lot-
punkte, C der Standpunkt des Theodoliten und «, b, c die den gleich-
namigen Winkeln gegeniiberstehenden Seiten.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
245
Die Genauigkeit der Orientierung 1st in erster Lime von der richtigen
Ermittelung der Winkel A und B in dem Dreieck ABC abhangig.
I
^
^
^
Fig. 205a u. b.
Diese Winkel sind aus der bekannten Lange c und aus den in der Grube
gemessenen Seiten a und b, sowie aus dem Winkel C zu berechnen.
Dies kann geschehen durch den Sinussatz.
sin C . a
sin C. b
In der Formel sin A = - — — ist sin A abhangig von den drei GroBen
C
C, c und a.
Die Lange c kann iiber Tage mit hinreichender Genauigkeit gemessen
werden und ebenso der Winkel C in der Grube, wenn das SCHMIDT sche
Verfahren angewendet wird, dagegen wird die genaue Messung der Lange a
die meisten Schwierigkeiten darbieten.
Die Einwirkung eines Fehlers in der Lange a auf den Winkel A ist
nun sehr verschieden, je nach der Form des Dreiecks. Sie ist groB,
wenn die Seiten a und b nahezu gleich lang sind, wenn also
das Dreieck ABC sich einem gleichschenkeligen nahert, am
kleinsten bei einer sehr spitzwinkeligen Form des Dreiecks.
Die Sinus der Winkel nahe bei 0° oder 180° nehmen, wie ein Blick
in die Logarithmentafeln lehrt, bei geringer VergroBerung oder Ver-
kleinerung des Winkels unverhaltnismaBig zu, bez. ab, umgekehrt hat eine
geringe Veranderung des Sinus einen verschwindenden EinfluB auf den zu-
gehorigen Winkel.
Ein geringer Fehler in der Lange a hat deshalb keinen EinfluB auf
die Ermittelung des Winkels A, wenn das Dreieck spitz winkelig .ist.
Z. B. In dem spitzwinkeligen Dreiecke ABC sei
AB = c = 2 m, BC = a = 4,284 m, <£: C = 0° 1' 10",
dann berechnet sich der Winkel A auf 179° 57' 30,2".
246 ELFTES KAPITEL.
Vermindert man die Seite um ein Millimeter, so daft ihre Lange
= 4,283 m wircl , so ist der EinfluB dieser Anderung noch nicht in den
Zehntelsekunden des Winkels A zu spiiren.
Um diesen Winkel circa zwei Sekunden verschieden zu erhalten, miiBte
die Seite a um circa 80 mm falsch gemessen werden.
Man wird nicht bios den einen Winkel A, sondern auch B nach der
Formel sin B — - ^-— berechnen. Zeigt sich dann bei dem Addieren
der Dreieckswinkel A, B und C eine geringe Differenz gegen 180 Grad,
so ist dieselbe auf die berechneten Winkel A und B zu verteilen.
Dagegen sei in einem anderen Dreiecke AJBC, c = 2,000 m, b = 5,114,
a = 5,262 -^ C = 22° 10' 2,9" <£ B = 74° 45' 6,5" -^ A = 83° 4' 50,6".
Wenn hier die Seite a in 5,263 iibergeht, sich also nur um ein Millimeter
andert, so berechnet sich der WinkeU nach dem Sinussatze zu 83° 10' 14",
d. h. iim 5' 23" gegen den ersten Wert verschieden.
Man wird hiernach fur den vorliegenden Zweck von der sonst gim-
stigen Form der Dreiecke abgehen und die moglichst spitzwinkelige riehmen,
also den Theodolit nahezu in der Verlangerung der Linie AB aufstellen.
Auch wenn die Ortlichkeiten um den Schacht derartig sind, daB die
spitzwinkelige Form des Dreiecks nur dadurch ermoglicht wird , daB die
Yerbindungslinie beider Lote verkiirzt wird, so ist es immer fur das Re-
sultat giinstiger auf eine im tibrigen sehr wiinschenswerte groBere Lange
von AB , als auf die spitzwinkelige Form des AnschluBdreiecks zu ver-
zichten.
Notigen lokale Verhaltnisse dazu, die in diesem Falle ungiinstige Form
des AnschluBdreiecks zu wahlen, so wird man zur Berechnung der Winkel
A und B nicht den Sinussatz, sondern den sogenannten Cosinussatz
* +f- - "* oder ungeformt tg -f =
wahlen, weil etwaige Fehler im Messen der Langen nicht so groBen Ein-
fluB auf die Winkel A und B ausiiben , als bei Anwendung des Sinus-
satzes, namentlich wenn einer der beiden Winkel A und B sich einem
Rechten nahert.
Es ist dabei nicht gleichgiiltig, ob die beiden Seiten im gleichen Sinne
falsch, also entweder beide zu kurz oder zu lang gemessen werden, oder
ob die eine zu lang, die andere dagegen zu kurz gemessen wird, da natur-
gemaB im letzteren Falle der schadliche EinfluB auf die zu berechnenden
Winkel A und B groBer sein muB, als im ersteren.
In dem nachfolgenden fingierten Zahlenbeispiel sind die LangenmeB-
fehler zum besseren Hervortreten des Einflusses etwas groB angenommen
worden. Unter I sind die richtigen Seiten und Winkel eines Dreieckes
ABC aufgefuhrt. Unter II sind die Seiten a und b in gleichem Sinne
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUNGSMESSUNGEN.
247
falsch um je ein Millimeter, unter III 1st eine Seite unverandert gelassen,
die andere um ein Millimeter falsch angenommen, und unter IV sind wie-
der beide Seiten a und b falsch, und zwar die eine um ein Millimeter zu
kurz, die andere um ebenso viel zu lang gemacht. Darunter stehen die
aus den veranderten Seiten berechneten Winkel A und B, ohne Abgleichung
auf 180 Grad.
I
a = 5,262
b = 5,114
c = 2,000
A = 83° 4' 51"
_£ = 74° 45' 7"
C = 22° 10' 3".
II
5,263
5,115
2,000
83° 4' 59'
74° 45' 14'
III
IV
5,263
5,263
5,114
5,113
2,000
2,000
83° 6' 38"
83° 8' 17"
74° 43' 30"
74° 41' 45"
Berechnet man den Winkel A mit den unter /// gegebenen Seiten nach
dem Sinussatze, so erhalt man <^ A = 83° 10' 16", also eine noch groBerc
Differenz als im Falle IV.
Nach alledem erscheint es ratsam, das AnschluB- und Orientierungs- § 162.
verfahren so zu gestalten, daB hierbei hauptsachlich Winkelmessungen yor-
zunehmen sind und dieLangenmessungen
wo moglich ganz ausgeschieden werden.
Dies wird erreicht nach Analogic
der bekaimten geodatischen Aufgabe von
der unzuganglichen Distanz, worauf der
Markscheider HAUSSE in der Berg- und
Hiittenm. Zeitung. 1874, Nr. 42 zuerst
aufmerksam gemacht hat.
Stellt man namlich den Theodoliten
nicht bloB in C, sondern noch in D auf
und miBt die Winkel v, fi, y und £,
sowie die Lange CD, so lassen sich die
Winkel ip und rp und die AnschluBlinien
AC und .BD berechnen.
2 ~
2
n
Fig. 206. AnschluC durch zwei Dreiecke.
= : ^-m- daraus BD =
CD sin(a + <5) -, D ,,
BD - ~4rn^ daraUS BJ) =
BD
AB ~~ sin (a - _
Aus(l)und(2)folgt(3)^='^^|
CD sin (r +
AC = sin;?
(1)
(2)
(4)
CDsm
sin (a
sin (« — ff)
CDsmfi
sin (Y + 3)
248 ELFTES KAPITEL.
Die Werte aus (3) und (6) gleichgesetzt und nach den Unbekannten
entwickelt giebt:
/«. sin^/ _ sin (y + 8) sin (« — ff) sin fl
sin go sin (a -f <5) sin (^ — <5) sin ,3
Setzt man die rechte Seite der Grleichung (7) gleich der Tangente eines
Hilfswinkels v, so ist tg v = «£* = ™fr + fl'hO' -£.•»".; (g)
sm —
..
sm ^ sin (a + <5) sm (^ — <5) sm
Daraus kann man bilden:
(9)
• sm y '
i -t r\\ -4 -| Sill llf
sin qr
_(9) 1 + tgE _ sin ? H-^in^ . 2 sin ~ 2~ cos ^2^
(10) 1 — tsr y sin o> — sin w m + w . en ~ w
2 cos r sin v
2 2
(12) tg(45°4-^) =
(13) tg
163. BOECHEES hat eine Orientierungsmessung mit ca. 270 Meter langen
Loten dreimal wiederholt und dieselbe das erste Mai mit ungiinstiger, die
beiden anderen Male mit spitzwinkliger, also giinstiger Form des Dreiecks
ausgefuhrt, wobei die Lote in ein mit Wasser gefulltes GefaB eingetaucht,
und unmittelbar anvisiert wurden.
Die drei Messungen ergaben das Azimut der AnschluBlinie zu
22° 51' 28"
22° 54' 16'
und 22° 47' 12"
im Mittel 22° 50' 5 8".
Dasselbe wurde spater nach erfolgtem Durchschlag genau bestiinmt
= 22° 48' 35".
Die Methode des Professor SCHMIDT mit frei schwingenden Loten
laBt giinstigere Kesultate hoffen.
Der Orientierungsfehler der AnschluBlinie bei zwei Meter Lotabstand
ergiebt sich nach dem niittleren aus den Beobachtungsreihen berechneten
Lotungsfehler eines Punktes, bei ungunstiger fur eine doppelteBeobachtungs-
reihe = ± 45".
DIE ANSCHLUSS- UND OBIENTIEKUNGSMESSUNGEN.
249
Der Markscheider SCHURIG in Potschappel hat eine Schachtlotung
im dortigen 400 Meter tiefen Gluckaufschachte unter ungunstigen Yer-
haltnissen (sehr starker Wetterzug) ausgefiihrt und die dadurch erhaltene
Orientierung sehr genau prufen konnen, weil noch ein zweiter seigerer
Schacht zur Yerfiigung stand.
Die Orientierungsdifferenz betrug nur 28 Sekunden.
Auf den hiesigen Werken ist die Orientierung eines und desselben
Grubenpolygons erst mittels zweier Lote nach dem SCHMIDT schen Yer-
fahren, das zweite Mai mit dem Magnetometer, § 172, ausgefiihrt worden.
Beide Resultate wichen 45 Sekunden voneinander ab. Zwischen der
AnschluBlinie im
Schachte und dem Auf-
stellungspunkte des
Magnetometers lagen ~ ™
funf Winkelpunkte.
AuBer dem Lote
giebt es noch zwei
andere Mittel, einen
Punkt senkrecht in die
Teufe zu fallen, nam-
lich die Oberflache
einer in Ruhe be-
findlicheiiFliissig-
keit unddieLibelle.
Die beiden letz-
ten Hilfsmittel geben
unmittelbar nur eine
horizontale Ebene
oder Richtung an, sie
sind also mit solchen
Vorrichtungen zu ver-
binden, daB mit ihrer
Hilfe auf der darge-
stellten Ebene ein
Perpendikel errichtet
werden kann.
Professor YIER-
TEL hat zuerst den
§164.
u
Querschnitt.
das Fernrohr eines exzentrischen Theodoliten wie ein Passagerohr unter
Anwendung eines kiinstlichen Horizontes senkrecht zu stellen und durch
eine Yisur den Lotpunkt auf der Schachtsohle zu bestimmen.
250
ELFTES KAPITEL.
Der Theodolit ist aber fur diese Operation zu leicht gebaut und auBer-
dem ist es schwierig, das Fernrohr zu zentrieren.
Professor A. NAGEL in Dresden hat ein Instrument konstruiert, welcnes
die Anwendung sowohl des einen, als auch des anderen Hilfsmittels ge-
stattet und mit grofier Scharfe iiber dem Schachte zentriert werden kann.
Dasselbe ist ein
kleines, transporta-
bles Passageinstru-
ment, von welchem
Fig. 207 eine geome-
trische Querschnitt-
zeichnung und Fig.
208 eine perspekti-
vische Ansicht giebt.
Der mit Horizon-
talschrauben ver-
sehene FuB besteht
aus dem Korper A,
welcher in der Mitte
eine cylinderische
Durchbohrung hat.
In dein Fu6e dreht
sich um eine senk-
rechte Achse der
obere Teil B, welcher
unten vollstandig cy-
linderisch ist, nach
oben aber in zwei
Fernrohrtrager sich
verjiingt , so dafi
freier Raum zum
Kippen des Fern-
rohres in einer Sei-
gerebene vorhanden
ist. Fines der Fern-
rohrlager ist auf be-
kannte Weise zum
Justieren eingerichtet, und fur die horizontale Drehung des MitteL
stiickes, sowie fur die vertikale Bewegung des Fernrohres ist eine Klemm-
schraube mit Feinstellung verbunden. Zur Horizontierung der Fernrohr-
achse dient eine zum Abnehmen eingerichtete Reiterlibelle L, Fig. 207, von
6" Empfindlichkeit, eine zweite Libelle C von 1" Empfindlichkeit, Fig. 208
welche bei senkrechtem Stande des Rohres auf eine oben abgeplattete
Verstarkung 1) der Fernrohrachse aufgeschraubt und mittels zweier Fiih-
Fig. 208. Lotinstrument von NAGEL. Perspektivische Ansicht.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
251
rungsstifte so gerichtet wird, da6 die Libellenachse senkrecht zur ver-
tikalen Fernrohrachse steht.
Zur genauen Zentrierung des ^pparates dient der Zentrierstift F,
dessen Fiihrung in einem Hohlcylinder besteht, welcher, wie aus der Fig. 207
zu ersehen, in die zentrale Bohrung des FuBstiickes A eingesetzt und
nach erfolgter Zentrierung wieder herausgenommen werden kann.
Die Priifung und Berichtigung des Instrumentes ist im wesentlichen
dieselbe, wie die des Theodoliten.
Um aber alle zuriickgebliebenen Fehler unschadlich zu machen, werden
symmetrische Beobachtungan ausgefiihrt.
Nachdem das berichtigte Instrument mit Hilfe des Zentrierstiftes
zentrisch iiber dem Schachte aufgestellt ist, wird das Fernrohr mittels der
Libelle C senkrecht gestellt und der Zielpunkt auf der Schachtsohle fixiert,
sodann das Mittelstiick mit dem Fernrohr um 180 Grad gedreht und eine
zweite Visur ausgefiihrt.
Zwei solche Yisuren werden auBerdem noch in der Ebene gemacht,
welche gegen die erstere um 90 Grad gedreht ist.
Bei jeder der vier Fernrohrlagen darf aber nicht der Kreuzpunkt des
Fadenkreuzes projiziert, sondern es muB die Projektion des rechtwinkelig
zur Libelle befindlichen Fadens durch zwei Punkte markiert werden.
Der Schnittpunkt der Mittellinien, welche zwischen jedes Paar der er-
haltenen Parallellinien gezogen werden konnen, ist der Lotpunkt.
Diese Operation wird er-
leichtert durch einen Schiebe-
apparat (Fig. 209), mit Hilfe
dessen eine kleine weiBe
Platte mit eingerissenem
schwarzen Kreuz sich in zwei
aufeinander senkrecht stehen-
den Richtungen verschieben
laBt, Die Platte ist an zwei
Kanten mit einem Nonius
versehen, von denen jeder an
einerSkalaentlang geschoben
werden kann und jede Ver-
schiebung bis auf l/10 mm
angiebt. AuBerdem ist das
starke weiB lackierte Blech,
auf welchem der Schiebe-
apparat befestigt ist, mit zwei Randmarken 1, 2, und 3, 4, versehen,
welche die beiden rechtwinkelig aufeinanderstehenden Bewegungsrichtungen
bezeichnen.
Das Fernrohr des zentrierten Lotungsapparates wird bei einspielender
Libelle so auf diese Schiebevorrichtung gerichtet und soweit urn die ver-
Fig. 209. Schiebeapparat, zum Lotinstrument von
NAGEL gehorig.
252 ELFTES KAPITEL.
tikale Achse gedreht. daB der rechtwinkelig zur Libelle stehende Kreuzfaden
(der andere wird, wie beiin Nivellieren, wenig beachtet) auf zwei gegen-
tiberstehende Randmarken, z. B. 1, 2 emsteht oder mit ihrer Verbindungs-
linie parallel ist.
Nachdem nochmals die Libelle genau eingestellt worden ist, wird das
Mittelstiick des Schiebeapparates mit dem Kreuz so lange in der Richtung
3, 4 verschoben, bis dasselbe von dem zur Libellenachse rechtwinkeligen
Kreuzfaden gedeckt wird. Alsdann erfolgt die Ablesung an der Skala in
der Richtung, in welcher die Verschiebung stattfand. Nach einer darauf
vorgenommenen Drehung des Instrumentes um 180 Grad liegt derselbe
Faden wieder parallel zu 1, 2 und es wird das Kreuz abermals in der
Eichtung 3, 4 eingestellt und diese Stelluug an der Skala abgelesen. Das
arithmetische Mittel aus beiden Ablesungen giebt diejenige Stellung des
Schiebers an der Skala, fur welche der Mittelpunkt des Kreuzes in einer
zu 1, 2 parallelen Vertikalebene durch den Mittelpunkt des Lotinstru-
mentes geht.
Sodann dreht man das Instrument um 90 Grad, so daB der betreffende
Kreuzfaden mit der Markenlinie 3, 4 parallel wird und bringt in dieser
Stellung, sowie nach einer Drehung des Mittelstuckes um 180 Grad das
Kreuz zur Deckung mit dem mehrfach genannten Faden. Durch das
Mittel aus beiden Ablesungen erhalt man die Stellung des Schiebers, fur
welche der Kreuzpunkt sich in einer Vertikalebene befindet, die durch das
Zentrum des Lotapparates geht und parellel mit der Markenlinie 3, 4 1st.
Die Platte der Schiebevorrichtung laBt sich nun so stellen, daB beide
Skalen gleichzeitig die gefundenen mittleren Ablesungen geben, und in
dieser Lage befindet sich der Kreuzpunkt vertikal unter dem Mittelpunkte
des Instrumentes.
Die Beleuchtung des Schiebeapparates muB eine sehr kraftige sein
und wird durch eine Glaslinse bewirkt, in deren Brennpunkte sich eine
Lampe befindet.
Die senkrechte Stellung der optischen Achse des Fernrohrs kann auch
mit Hilfe eines kiinstlichen Horizoutes erreicht werden.
Schiebt man unter das senkrecht gestellte Fernrohr eine Schale mit
Quecksilber, so erblickt man bei gehoriger Beleuchtung des Fadenkreuzes
auBer diesem selbst auch das im kunstlichen Horizont erzeugte Spiegel-
bild desselben.
Bringt man beide Fadenkreuzbilder zur Deckung, so ist die optische
Achse des Fernrohrs genau senkrecht gerichtet und man kann nach "\Veg-
nahme des Horizontes durch eine einzige Yisur den Lotpunkt bestimmen.
Um aber die Fehler zu vermeiden, welche durch die Exzentrizitat des
Fernrohrs entstehen, wird man eine zw^ite Visur ausfiihren, nachdem das
Mittelstuck des Instrumentes um 180 Grad gedreht worden ist. Die Mitte
zwischen beiden gefundenen Punkten ist dann der richtige Seigerpunkt.
Professor NAGEL empfiehlt indes die Anwendung des kunstlichen
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIEBUNGSMESSUNGEN. 253
Horizontes nicht, da er die ganze Operation nicht allein umstandlicher,
unbequemer und aufhaltlicher, sondern auch unsicherer gefunden hat als
mit der Libelle.
Mit seinem Instrumente bei alleiniger Benutzung der Libelle hat NAGEL
in einem 132m tiefen Schachte Versuche angestellt und daraus den mittleren
Fehler des Lotpunktes zu ± 0,6 mm fur eine Doppelbeobachtung, und zu
± 0,27 mm fiir den Mittelwert einer aus fiinf Doppelbeobachtungen be-
stehenden Reihe gefunden. Letzterer Wert wiirde einem Richtungsfehler
bei einer 2 m langen AnschluBlinie von 40 Sekunden ergeben.
Ein anderweitiger, von dem Professor SCHMIDT mitgeteilter Versuch
des Herrn SUSKI in Eladnow wurde in einem 520 m tiefen Schachte und
zwar einmal in zwei Absatzen, das zweite Mai in der ganzen Tiefe aus-
gefuhrt. Das benutzte Instrument war dem NAGEL'schen gleich, nur die
Libelle besaB eine Empfindlichkeit von einer Sekunde.
Der mittlere Fehler aus fiinf Beobachtungsreihen ergiebt sich fiir beide
SUSKI sche Lotungen gleichmaBig auf 0,557 mm.
Der Lotungsfehler wachst bei dem NAGELschen Verfahren proportional
der Lotungstiefe und da derselbe fast allein von der Libelle und der davon
gemachten Ablesung abhangt, so muB die Empfindlichkeit derselben mit
der Lottiefe wachsen, d. h. fiir tiefere Schachte ist eine Libelle mit gro-
Berem Kriimmungsradius zu verwenden.
Das grofite Hindernis fiir die Anwendung der Methode wird die mit
der Schachttiefe abnehmende Durchsichtigkeit der Luft sein, wozu bei
ausziehenden Schachten die mitgefiihrten Rauch- und Staubteile haupt-
sachlich beitragen.
Die wenigen bisher gemachten Versuche haben zwar sehr befriedigende
Resultate ergeben, aber trotzdem ist zu bezweifeln, daB das Lotungs-
instrument sich allgernein bei den Markscheidern einbiirgern wird, da das-
selbe kostspielig (500 M.) und seine Anwendung mit Schwierigkeiten ver-
kniipft ist.
Das Verfahren des Professors SCHMIDT nach schwingenden Loten den
Lotpunkt zu fixieren hat den entschiedenen Vorzug der leichteren Ausfiihrung ,
der billigen Hilfsapparate und mindestens der gleichen Sicherheit.
Die zweite Methode der Orientierung eines Grubenzuges , der nur § 105,
durch einen seigeren Schacht mit der Tagesoberflache in Verbindung steht,
beruht bei nicht magnetischem Gebirge auf der Anwendung eines
Magneten.
Der AnschluB erfolgt hierbei durch ein Lot, woran der zu orientie-
rende Grubenzug in bekannter Weise angeschlossen wird. Dieselbe Methode
ist auch maBgebend, wenn der eine Verbindungsschacht tonnlagig ist, nur
der AnschluB wird in diesem Falle nicht durch ein Lot, sondern durch
einen Polygonzug im Schachte herbeigefiihrt.
254
ELFTES KAPITEL.
Das Yerfahren der Orientierurig mittels des Magneten ist in semen
Hauptziigen folgendes: Man ermittelt sowohl den Winkel, welchen
eine Dreiecksseite iiber Tage, als auch den, welchen eine Poly-
gonseite des Grubenzuges mit der Richtung ein und derselben
Magnetnadel einschlieBt und leitet aus dem bekannten Azi-
mut der Dreiecksseite das der Grubenpolygonseite ab.
Die Ableitung geschieht am iibersichtlichsten, wenn man sich eine Skizze
entwirft, wie sie Fig. 210 zeigt.
Das Streichen der Polygonseite in der Grube sei = 75° 2' 10", das der
Dreieckseite = 140° 20' 10" gefunden worden.
Von dem Punkte A der Magnetlinie zieht
man zwei Linien, von denen A 11 das Streichen
der Dreiecksseite, AC das der Polygonseite
hat, sodann zieht man durch den Punkt A die
Abscissenlinie, welche mit der Dreiecksseite
den bekannten Neigungswinkel = 127° 33' 45"
macht.
Aus der Figur geht ohne weiteres hervor,
daB der Neigungswinkel der Grubenpolygon-
seite A C gegen die Abscissenlinie ist =
127° 33' 45" - (140° 20' 10" — 75° 2' 10") =
62° 15' 45".
Bei dem in den Grundziigen angedeuteten
Verfahren ist im einzelnen folgendes zu be-
achten.
1) Die Beobachtungspunkte der Orientie-
rungslinien iiber Tage und in der Grube, deren
Streichen ermittelt werden soil, diirfen in
horizontaler Richtung nicht zu weit voneinander entfernt sein, weil sonst
die Magnetlinie an den betreffenden Punkten nicht mehr parallel an-
genommen werden kann.
Die Orientierungslinien selbst diirfen nicht zu kurz gewahlt werden.
2) Zur Ermittelung des Streichens einer solchen Linie muB das Be-
obachtungsinstrument stets auf zwei Punkten derselben und, wenn sich
Unstimmigkeiten ergeben, auf einem dritten Punkte aufgestellt werden.
3) Das Beobachtungsinstrument muB das Messen der Streichwinkel in
hinreichender Scharfe gestatten.
4) Da die Ermittelung der Streichwinkel mit demselben Instrumente.
also der Zeit nach hintereinander erfolgen muB und unterdessen der
magnetische Meridian sich fortwahrend andert, so miissen gleichzeitige Be-
obachtungen iiber die GroBe dieser Anderungen angestellt werden, damit
die daraus entspringenden Fehler durch Rechnung ausgeschieden werden
konnen.
Fig. 210.
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUNGSMESSUNGEN.
255
Die Vorrichtung zur Beobachtung der Veranderungen des magnetischen § 166.
Meridians nennt man ein Deklinatorium, Magnetometer oder magne-
tisches Observatorium.
In den vollkommneren Deklinatorien werden Ermittelungen der ab-
soluten Deklination, der taglichen Yariation, der Inklination und
der Intensitat vorgenommen.
Fur markscheiderische Zwecke geniigt ein Deklinatorium, wenn dasselbe
die Veranderungen der Deklination, namentlich aber den Gang der taglichen
Yariation moglichst genau zu beobachten gestattet. Die anderen genannten
Untersuchungen sind entbehrlich, selbst die Kenntnis der absolute n De-
klination ist nicht unumganglich notwendig.
Die erforderliche Genauigkeit in der Ablesung der Yariation gewahren
nur Magnetstabe, welche an einem entsprechend langen diinnen Kokonfaden
oder, bei hinreichender Schwere, an einem feinen Draht aufgehangt und
mit solchen Yorrichtungen versehen sind, daB ihre Schwingungen mittels
eines Fernrohres beobachtet werden konnen.
Magnetnadeln, welche durch Stifte unterstiitzt sind, wie die des Kompasses
und der Bussole, sind zu den genannten Beobachtungen untauglich.
Die Schwingungen des Magnetstabes werden in den Deklinatorien mit
Hilfe zweier Yorrichtungen beobachtet. Die eine ist die mit Skala und
Linse (Kollimatorablesung), die andere mit Spiegel und Skala.
Die Konstruktion der Deklinatorien ist auBerst mannigfaltig. Im Nach-
stehenden sind nur diejenigen angefuhrt, welche ich personlich benutzt habe.
Magnetstab mit Skala und Linse (Kollimatorvorrichtung). — Ein § 167,
cylindrischer Magnetstab von ca. 3 mm Dicke und 125 mm Lange Fig. 211
B
Fig. 211.
tragt an seinen beiden Enden ringformige Messingfassungen A und £, von
denen A eine geschliffene Glasplatte, B eine kleine achromatische Linse
enthalt. Die Mitte der Glasplatte befindet sich in dem Brennpunkte der
Linse und auf ihr ist eine feine Skala eingeritzt (4 Millimeter oder 2 Milli-
meter in 40 Teile geteilt). Die Skala ist stets am Nordende des Stabes,
die Linse am Slide nde angebracht.
In der Mitte des Stabchens ist ein Haken H eingeschraubt, woran
dasselbe mittels eines Kokonfadens aufgehangt ist.
256
ELFTES KAPITEL.
Wird vor der Linse des frei schwingenden Magnetstabes ein Fernrohr
aufgestellt und die Glasplatte von hinten beleuchtet, so tritt das in der
Richtung des Magnetstabes auf die Linse fallende Licht aus derselben in
parallelen Strahlen heraus und in der Ebene des Fadenkreuzes erscheint
ein Bild der Skala. Das Okular des Fernrohres muB fur Objekte in un-
endlicher Entfernung eingestellt sein.
Diejenige Linie, welche den mittleren Strich der Skala auf der Glas-
platte A mit dem Mittelpunkte der Linse B verbindet, ist die Normal -
linie oder Kollimationsachse des Magnetstabchens. Deckt der mittlere
Strich der Skala den senkrechten Kreuzfaden im Beobachtungsfernrohr, so
fallt die Normallinie des Magnetstabes mit der optischen Achse des Fern-
rohres zusammen.
Die Normallinie des Magnetstabes ist nicht zugleich die magnetische
Achse desselben. Beicle Linien' fallen fast nie zusammen und schliefien
bisweilen einen nicht unbedeutenden Winkel ein (siehe Bestimmung der
absoluten Deklination). Die Normallinien zweier solcher Magnetstabe diirfen
nicht parallel angenommen werden.
Zur Herstellung ernes Deklinatoriums miissen Fernrohr und der Magnet-
stab in zweckmaBiger Weise aufgestellt werden.
Von einem festen Punkte A in einem geschiitzten eisenfreien Raume
aus, wird eine Linie AB, deren Azimut bekannt ist, durch einen Stein B
fixiert, desgleichen die Richtung des magnetischen Meridians durch ein
Zeichen C. (In der Figur 212 ist AB der astronomische
Meridian selbst).
Der Winkel BAG wird mit Hilfe eines Theodoliten
moglichst genau gemessen.
Das Beobachtungsfernrohr wird mittels eines gewohn-
lichen DreifuBes zentrisch iiber dem Punkte A so auf-
gestellt und dann die optische Achse in die Richtung AC
gebracht. Vor dem Objektiv des horizontal gerichteten
Fernrohres wird das Magnetstabchen, vor Erschutterungen
geschiitzt, so aufgehangt, daB der Kokonfaden sich in der
Linie AC befindet und die optische Achse des Fernrohrs
und die Normallinie nahezu zusammenfallen.
Beobachtet man nun durch das Fernrohr die von
hinten beleuchtete Skala des Magnetenstabes, so wird der
Mittelstrich der Skala den senkrechten Kreuzfaden ent-
weder decken oder nicht. Im ersteren Falle befindet sich
die Normallinie des Magnetstabes genau in der Linie A Cy
im anderen Falle wird die GroBe der Abweichung in Skalen-
teilen unmittelbar abgelesen und, da der Winkelwert eines Skalenintervalls
vorher bekannt sein muB, in Bogensekunden ausgedriickt.
Dieser Winkel giebt an, um wie viel die beobachtete Richtung des
Magnetstabes von der Richtung der Linie AC abweicht, und sobald noch
Fig. 212. Kleines
Deklinatorium.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
257
feststeht, in welchem Sinne die Abweichung erfolgte, kann man jederzeit
auf die GroBe der Deklination des Magnetstabes im Punkte A schlieBen.
Statt der Skala kann auch auf der Glasplatte des Magnetstabchens
ein einzelner feiner Strich in senkrechter Richtung aufgetragen sein. In
cliesem Falle ist es zweckmaBig, wenn in dem Fernrohre an Stelle des
Fadenkreuzes ein Glasplattchen mit einer feinen Skala eingesetzt ist.
Das Beobachtungsverfahren mit dieser Einrichtung des Magneten und
des Fernrohres ist im wesentlichen dieselbe, wie die vorher beschriebene,
nur wird die Abweichung des Indexstriches von dem Mittelstriche der Skala
im entgegengesetzten Sinne aufzufassen sein, da hier die Skala feststeht
und dort dieselbe mit dem Stabe schwingt.
Den Winkelwert eines Skalenteils kann man durch unmittelbare Beob-
achtung bestimmen, indem man den Magnetstab samt der Linse und der
Skala festlegt, das Fernrohr eines Theodoliten, wie bei jeder Winkel-
messung, erst auf den einen, dann auf den nachsten Skalenteil richtet
und an den Nonien abliest. Bei der Wiederholung wird man den Wert
mehrerer Skalenteile messen und das Resultat durch die Anzahl der ge-
messenen Skalenteile teilen.
Einfacher findet man denselben aus der Formel ^.206265. wenn L
±j
gleich dem Abstande der Skala vom Mittelpunkte der kleinen Linse in
Skalenteilen ist.
An den von mir benutzten Stabchen ist L = 120 mm und ein Skalen-
teil an dem einen = 0,1, an dem anderen = 0,05 mm. Durch Rechnung
und Beobachtung ergiebt sich der Winkelwert eines Skalenteiles zu 172,
bezw. 86 Sekunden.
Da man bei der grb'Beren Einteilung Zehntel eines Skalenteiles und
bei der kleineren Fimftel noch genau abschatzen kann, so wird man eine
Genauigkeit der Ablesung von 17 Sekunden erreichen.
Der Magnetstab ist nie vollstandig ruhig, sondern er fiihrt stets groBere
oder kleinere horizontale Schwingungen aus. Es geniigt daher zur Be-
stimmung seines jedesmaligen Standes eine Ablesung nicht, sondern man
muB von einem Schwingungsbogen die beiden auBersten Stellungen des
senkrechten Kreuzfadens notieren und daraus das Mittel nehmen. Nur
wenn die Schwingungen sehr klein
sind, so wird man mit hinreichen-
derSicherheit das Mittel abschatzen.
Die kleine Skala des Magnet-
stabes ist nicht mit Zahlen ver-
sehen, man kann dieselbe aber ent-
weder von rechts nach links oder,
wie bei den spater aufgefiihrten Beispielen geschehen ist, von links nach
rechts von 0 bis 40 sich beziffert denken, wie in der stark vergroBert
gezeichneten Fig. 213. Die Bezeichrmngen links und rechts beziehen sich
BEATHCHK, Markscheidekunst. \1
Fig. 213. VergroCerte Skala.
258
ELFTES KAPITEL.
auf das Bild der Skala, wie es im Fernrohr gesehen wird. Der Skalenteil 20
ist somit der Nullpunkt. Hat man die beiden auBersten Stellungen des senk-
rechten Kreuzfadens auf die Skala (ein Teil = 172") zu 15,4 und 27,2
beobachtet, so ist die Ruhelage des Stabes fiir diesen Moment = 15'4 * 27'2
= 21,3. Die Magnetlinie weicht also urn 1,3 Scalenteile = 396 Sekunden
von der Richtung AC Fig. 212 ab. 1st fur einen bestimmten Zeitpunkt
die Ruhelage des Magneten zu ermitteln, so hat man die Ausschlage
desjenigen Schwingungsbogens zu notieren, in dessen Dauer der gewahlte
Zeitpunkt fallt.
Die Schwingungsdauer der von mir benutzten kleinen Magnetstabe
1st zehn Sekunden.
Will man sich hierbei nicht mit der Beobachtung nur eines Schwingungs-
bogens begniigen, so ist das Yerfahren genau so, wie es bei dem GAUSS-
schen Magnetometer beschrieben ist. (Seite 262.)
168. Zum Schutze vor dem Luftzuge ist der Magnetstab, sowie der ihn tra-
gende Kokonfaden mit einem Gehause umgeben.
Mit dem Deckel eines Kastchens (Fig. 214), dessen lange Seitenwande
herausnehmbare Glasplatten sind
und dessen Giebelseiten kreisfor-
mige, einander gegeniiberstehende
Durchbrechungen haben, ist ein
ca. 25 Centimeter langes Glasrohr
verbunden. An dem oberen Ende
dieses Rohres sitzt eine Messing-
htilse r fest, auf welcher sich eine
zweite Hiilse s auf- und abschieben
laBt und hierbei durch Schlitz-
und Fiihrstift in senkrechter Rich-
tung gehalten wird. Um den
oberen Teil der letzteren sitzt eine
dritte Hulse t, welche sich uni
die Rohrachse drehen und durch
eine Klemmschraube in jeder Stel-
luug festhalten laBt. Der Deckel
der Hiilse /hat eine feineDurchboh-
rung, durch welche der Kokonfaden
gezogen und mittels einer kleinen
Schraube v festgehalten wird.
Der den Magnetstab tragende
Kokonfaden muB frei von Torsion sein, d. h. er darf den regelmaBigen
Schwingungen des Magnetstabes keinen Widerstand entgegensetzen.
Fig. 214.
Kleines Deklinatorium. Magnetstab
mit Skala und Linse.
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUNGSMESSUNGEN.
259
Zur Beseitigung dieses Fehlers hangt man an den Faden statt des
Magnetstabes ein kleines Gewicht, dessen Form Fig. 215 zeigt, und laBt
dasselbe vollstandig zur Ruhe kommen. Darauf dreht
man den oberen Hiilsenteil t so lange, bis das kleine
Stabchen des Torsionsgewichtes sich ungefahr in der Rich-
tung des magnetischen Meridians befindet und hangt an
die Stelle des Gewichtes wieder den Magnetstab. Bei
diesem Ab- und Anhangen muB der Kokonfaden mit einer
Pinzette festgehalten werden.
Mittels dieses kleinen Magnetometers laBt sich auch
die absolute Deklination bestimmen, wenn dasselbe in
einem vollstandig eisenfreien Raume aufgestellt ist. Zu
Pig. 215.
Torsionsgewicht.
diesem Zwecke ist in den Magnetstab ein zweiter Haken K (Fig. 211) ein-
zuschrauben, welcher die entgegengesetzte Richtung des ersteren, H, und
eine solche Lange hat, daB die Normallinie der Linse in derselben Lage
bleibt. Durch die Beobachtungen des Magneten in beiden Aufhangungen
findet man durch Halbieren der gefundenen Winkelwerte den Winkel, um
welchen die magnetische Achse des Stabchens von der optischen Achse der
kleinen Linse abweicht. Durch Addition, bezw. Subtraktion dieses kon-
stanten Winkels zu, bezw. von den beobachteten Werten erhalt man die
absolute Deklination. Selbstverstandlich miissen, um die inzwischen ein-
wirkende Variation unschadlich zu machen, Kontrolbeobachtungen an einem
zweiten Magnetometer ausgefuhrt werden.
Die Kenntnis der absoluten Deklination ist iibrigens, wie schon friiher
gesagt wurde, nicht notwendig, namentlich wenn das Magnetometer nur
zu den bei den Orientierungsmessungen unentbehrlichen,
genauen Variationsbeobachtungen dienen soil. Daraus
folgt auch, daB das Azimut der fixierten Linie AB in
Fig. 216 nicht bekannt zu sein und ferner, daB die
Aufstellung des Deklinatoriums nicht in vollkommen
eisenfreiem Raume zu geschehen braucht, wenn nur
die ablenkenden Gegenstande immer auf derselben Stelle
bleiben.
Im Laufe der Zeit wird die Deklination abnehmen
und der magnetische Meridian immer mehr von der
Linie AC Fig. 216 abweichen.
Man muB deswegen in gewissen Zeitabschnitten
den Aufhangepunkt des Magneten verschieben. Zu
diesem Zwecke fixiert man von neuem eine Linie AC', Fig. 216.
welche dem mittleren magnetischen Meridian durch den
Punkt A entspricht, miBt den Winkel C' AB und hangt den Magneten
in der Linie AC' vor dem Fernrohre auf, dessen optische Achse ebenfalls
auf C' gerichtet wird.
17*
260 ELFTES KAPITEL.
169. Die Ablesung mittels Spiegel und Skala ist von GAUSS in dem von
ihm Anfang der dreiBiger Jahre konstruierten Magnetometer zur Anwen-
dung gebracht worden. Dasselbe ist ausfuhrlich beschrieben und abgebildet
in den Resultaten des magnetischen Yereins im Jahre 1836 von C. F.GAUSS
und W. WEBEB, ferner hat BOECHEES in seiner ,,praktischen Markscheide-
kunst" das nach dem GAUSS schen Prinzipe in Klausthal erbaute magne-
tische Observatorium beschrieben.
Der astronornische Meridian und die zur Zeit giltige Magnetlinie sind
hier ebenfalls von einem festen Punkte A aus durch die Linien AB und AC
fixiert und der Winkel BAG ist genau gemessen (Fig. 217). tlber dem
Punkte A ist auf einem gut fundamentierten stein ernen Pfeiler innerhalb
eines vollstandig eisenfreien Hauschens das Beobachtungsfernrohr zentrisch
und so aufgestellt, daB seine optische Achse in der Yertikalebene der
Linie AC sich befindet. Unter dem Objektiv desselben und senkrecht zur
Linie AC ist die Skala an dem steinernen Pfeiler befestigt. Der Skalen-
punkt 0, welcher der optischen Achse des Fernrohres entspricht, wird
gefunden, indem man vor der Mitte des Objektivs ein feines Lot herab-
laBt. Dasselbe wird im Spiegel vor dem Punkte 0 gesehen.
Im Punkte g, in der Mitte zwischen der Skala und dem an der Wand
des Hauschens angebrachten Zeichen C ist ein feiner Messingdraht befestigt,
welcher unten das sogenannte Schiffchen mit Torsionskreis tragt. Das
Schiffchen dient zur Aufnahme des Magnetstabes.
Der Draht legt sich in die Gange einer Hebeschraube, durch welche
derselbe aufgewunden werden kann, ohne aus der urspriinglichen Lage y
zu weichen. Derselbe muB frei von Torsion sein.
Die Beseitigung derselben erfolgt in schon genannter Weise dadurch,
daB man den Magnetstab aus dem Schiffchen herausnimmt, dafiir emeu
Messingstab von gleicher Form und gleichem Gewicht einlegt und den-
selben bis zu seiner vollstandigen Beruhigung hangen laBt. Mit Hilfe des
an dem Schiffchen befindlichen Torsionskreises bringt man alsdann den
Hilfsstab und somit auch das Schiffchen, ohne den Draht zu drehen, in
die Richtung des magnetischen Meridians und legt statt des Messingstabes
den Magnetstab wieder in das Schiffchen ein.
An dem ca. 50 cm langen Magnetstabe ist dem Fernrohre zugekehrt
und rechtwinkelig zur magnetischen Achse des Stabes ein Planspiegel hk
angebracht, in welchem das Bild der Skala mittelst des Beobachtungs-
fernrohres gesehen werden kann.
Befindet sich der Magnetstab genau in der Linie AC, so wird das
Fadenkreuz des Fernrohres auf den Punkt 0 des Skalenbildes im Spiegel
gerichtet sein.
Weicht der Stab aus der Richtung der Linie AC, so kann man diese
Abweichung unmittelbar in Skalenteilen ablesen und, wenn der Wert des
Skalenteiles bekannt ist, in Bogensekunden ausdriicken.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIEBUNGSMESSUNGEN.
261
i _
In Fig. 217 liegt bei der absichtlich sehr weit verdreht gezeichneten
Stellung des Magnetstabes der Punkt I des Spiegels in der optischen Achse
des Fernrohrs. Errichtet man auf
der Ebene des Spiegels im Punkte /
das Perpendikel Zra, so moge mo
gleich einem Skalenteile sein. Der
Winkelwert w desselben wird berech-
net aus tg <^. olm = j-9 oder da olm
ein sehr kleiner Winkel ist, so kann
man setzen w = ^206 265 Sekunden.
Nach den Gesetzen der Reflexion
sieht man aber im Fernrohr nicht
den Punkt TTZ, sondern den Punkt ?z,
man liest also, da mn = no angenom-
men werden kann, nicht einen, son-
dern zwei Skalenteile ab. Yor der
Yerwandlung in Sekunden, d. h. vor
der Multiplikation mit w, miissen die
abgelesenen Skalenteile durch 2 di-
vidiert werden, oder, was viel ein-
facher ist, man nimmt den Wert
eines Skalenteiles halb so groB an,
wie oben berechnet, namlich w" =
^-.206265 Sekunden, und mul-
2 X lo
tipliziert hiermit die abgelesenen
Skalenteile.
In dem Klausthaler Deklina-
torium ist jetzt die Entfernung lo =
3808 Skalenteilen, mithin w =
Fig. 217. Deklinatorium von GAUSS.
= 27,08 Sekunden. Da mit groBer
Scharfe noch Zehntel des Skalen-
teiles abgeschatzt werden konnen, so
wird man die Abweichung des Magnet-
stabes aus der Linie AC bis auf 2,7 Sekunden ablesen.
Bei der Messung dieser Abweichung ist folgendes zu beachten:
Da bekanntlich der Magnetstab in bestandiger Bewegung ist, so geniigt
eine Ablesung zur Bestimmung des Ruhestandes nicht, sondern es miissen
deren wenigstens zwei gemacht werden, und zwar an den aufeinander-
folgenden Enden eines Schwingungsbogens. Gewohnlich werden auf diese
Weise 3 bis 5 Schwingungen beobachtet. Aus je zwei aufeinander fallen-
den Ablesungen wird das Mittel und aus diesen Werten wieder das Mittel
genommen.
262 ELFTES KAPITEL.
Soil ffir einen bestimmten Zeitpunkt die Kuhelage aus den Beobach-
tungen von 5 Schwingungen abgeleitet werden und ist die Schwingungs-
dauer des Magnetstabes 18 Sekunden, so muB die erste Ablesung 45 Se-
kunden vor dem bestimmten Zeitpunkte, die letzte 45 Sekunden danach
erfolgen. Z. B.
Beobachtungszeit. Abgelesene Mittel aus je Hauptmittel
Skalenteile. zwei Ablesungen. fiir die Zeit.
9 Uhr 29' 15" 485,0 478?00 9 Uhr 30'
„ „ 29 33 471,0
29' 51" 484,8
w q" 471 4 4«,yu 4t?,84.
*«1*
„ „ 30' 27" 484,4
„ „ SO' 45" 471,0
Dem Nullpunkte der Skala entspricht der Skalenteil 500, der Winkel
BA C= 12° 29' 33", und da im Klausthaler Magnetometer die Abnahme
der Skalenteile eine Zunahme der Deklination bedeutet, so wiirde die
Deklination des Magnetstabes in A und fur den obigen Zeitpunkt sein
= 12° 29' 33" + (500-477,84) 27,08= 12° 39' 33".
Zur Bestimmung der absoluten Deklination mufi der Winkel ermittelt
werden, welchen die Normale auf dem Spiegel mit der magnetischen Achse
des Stabes einschlieBt. Dies geschieht duroh Umlegen des Stabes und
durch Beobachtung der Deklination in beiden I a gen (vergleiche das
hieriiber im vorigen Paragraphen gesagte).
Das Magnetometer wird am besten in einem moglichst isoliert liegen-
clen eisenfreien Hauschen aufgestellt und um den Magnetstab auBerdem
vor Zugluft zu schiitzen, 1st er mit einem holzernen Gehause umgeben.
Dicht unter dem Stabe sind mit Sammt belegte Leisten angebracht,
'damit bei etwaigem ReiBen des Drahtes der Stab und der Spiegel nicht
beschadigt werden.
Ein solches GAUSS sches Magnetometer ist unstreitig das beste Hilfs-
mittel zur Beobachtung der Deklinationsvariation , aber die Kosten des-
selben iibersteigen die Krafte des einzelnen Markscheiders.
Man kann iibrigens ein ahnliches kleineres Magnetometer sich leicht
aus vorhandenen Instrumenten zusammenstellen, wie sich BOECHERS auf
Seite 186 seiner Markscheidekunst ausspricht. Mit einem zweiten Theo-
doliten, einem Nivellierinstrumente oder auch einer gehorig befestigten
Kippregel konnen die Ablesungen gemacht werden und eine Skala kann
man leicht selbst anfertigen. Es bedarf nur noch eines mit einem Spiegel
versehenen Magnetstabes und des zum Einlegen desselben erforderlichen
Schiffchens. Das letztere, sowie die Vorrichtung zur Beseitigung der
Torsion konnen sehr einfach sein, ferner ist es nicht notwendig, den Spiegel
senkrecht zur magnetischen Achse des Stabes anzubringen. Derselbe kann
an einer beliebigen Stelle des Stabes befestigt werden, welche dem Auf-
stellungspunkte des Fernrohres entspricht.
DIE ANSCHLUSS- UND OBIENTIEKUNGSMESSTJNGEN. 263
Nachdem die Vorrichtungen besprochen sind, mit deren Hilfe die § 170
Yariationen der Magnetnadel beobachtet und gemessen werden, gehen wir
zu denjenigen Instrument en uber, mit denen die eigentlichen Orientierungs-
messungen ausgefiihrt, d. h. die Streichwinkel der Dreiecksseite uber Tage
und der Polygonseite in der Grube gemessen werden.
Das einzige hierzu brauchbare Instrument ist der Theodo-
lit. Derselbe wird mit einer Magnetnadel verbunden, welche dazu dient,
das Fernrohr in die Richtung des magnetischen Meridians zu bringen.
Am haufigsten findet man jetzt noch Theodoliten im Gebrauch, welche
mit einer Bussole verbunden sind, die sich mittelst gabelformiger FiiBe
auf die horizontale Drehachse des Fernrohres derartig setzen laBt, daB
der Durchmesser 0 — 180 in der Richtung des Fernrohrs liegt. Ein voll-
standiges Zusammenfallen der optischen Achse des Fernrohres mit dem
genannten Durchmesser ist nicht erforderlich. Ebensowenig ist eine Bussole
mit vollstandiger Kreisteilung notwendig, es geniigt ein schmales langliches,
Fig. 218. Orientierungsbussole.
mit einem Indexstriche versehenes Kastchen (Fig. 218). Die Magnetnadel
ist moglichst leicht zu konstruieren, mit schlanker Endspitze zu versehen
und der Schwerpunkt ist nicht zu tief unter den Aufhangepunkt zu legen.
Spitze und Hiitchen miissen aus gutem Material und tadellos angefertigt
sein, namentlich muB erstere den erforderlichen Hartegrad besitzen.
Das Kastchen ist mit Lupen zum genauen Einstellen der Nadel auf
die Indexlinie zu versehen und schlieBlich muB die Arretierung so be-
schaffen sein, daB die Nadel moglichst sanft auf den Stift aufgesetzt wer-
den kann.
Das Verfahren beim Messen des Streichens einer Linie ist bei alien
clerartigen Instrumenten im Prinzipe sowohl uber Tage als in der Grube
gleich.
Man stellt den Theodoliten horizontal und zentrisch im Punkte A der
Linie AB auf (Fig. 219), bringt den Nonius I auf Null, lost die Nadel und dreht
den Hauptkreis zuletzt mit Hilfe der Feinstellung so lange, bis die Nadel
genau auf die Indexlinie der Orientierungsbussole einspielt.
Die optische Achse des Fernrohrs mag dadurch in die Linie AC ge-
kommen und das Objektiv des Fernrohrs nach Norden gerichtet sein.1
1 Die Messung ist iibrigens genau dieselbe, wenn das Objektiv eine umgekehrte
JRichtung hat, man erhalt nur nicht den wahren Streichwinkel der Linie, sondern einen
um 180 Grad verschiedenen.
264
ELFTES KAPITEL.
Alsdann arretiert man die Nadel, wenn die Orientierungsbussole keinen
vollstandigen Kreis hat, lost die Alhidadenschraube, visiert den Punkt B an
und liest am Nonius den Winkel CAB ab. Zur Repetition des Winkels
fiihrt man das Fernrohr durch Drehung des Hauptkreises wieder in die
Richtung des magnetischen Meridians und lafit die Nadel auf den Index-
strich einspielen. Inzwischen moge sich die Deklination um die Winkel-
groBe LAC (in der Figur absichtlich sehr groB gezeichnet) vergroBert haben
und das Fernrohr bei der zweiten Einstellung der Nadel die Richtung AD
erhalten. Visiert
man darauf wieder
das Objekt^ an, so
wird man am Nonius
einen Winkel ab-
lesen = 2 CAB -f-
DAC. Hatzur Zeit
der dritten Einstel-
lung die Deklination
sich so verandert,
daB die Nadel bei
der Richtung des
Fernrohres A E ein-
spielt, so wird man
nach Einvisierung
des Objektes B am
Nonius einen Win-
Fig. 219. - kel
-CAE ablesen.
Die Grb'Be der Deklinationsvariationen DAC und CAE sind an einem
Kontrolmagnetometer gemessen und zwar sind diese Beobachtungen genau
zu derselben vorher verabredeten Zeit, in welcher die Nadel der Orien-
tierungsbussole eingestellt wurde, ausgefiihrt worden. Am zweckmaBigsten
geschieht dies in Zeitintervallen von flinf zu fiinf Minuten. Bekanntlich
sind die gleichzeitigen Variationen zweier Magnete bei den hier in Betracht
kommenden Entfernungen in sohliger und seigerer Richtung vollstandig iiber-
einstimmend (vergl. § 9 Seite 18).
Durch die Beobachtungen am Kontrolmagnetometer werden die
GroBen der Winkel DAC und CAE erhalten, und um die Messung des
Streichwinkels auf die erste Richtung AC des Fernrohres zu beziehen,
addiert man die Deklinations- Variationen mit umgekehrtem Vorzeichen zu
dem nach der dritten Repetition abgelesenen Werte: W~l = 3 CAS + DAC
- CAS, der gesuchte Winkel wert W = - — ^— — . Die Messung
desselben Winkels wiederholt man in der zweiten Lage des Fernrohrs.
Alsdann stellt man den Theodoliten auf den anderen Endpunkt B der
DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUNG-SMESSUNGEN.
265
Linie AB und bei einspielender Nadel mag die optische Achse des Fern-
rohres in der Linie BG stehen. Die Linie BF ist parallel der Linie AC
der ersten Stellung des Magneten, auf welche die Messung des Streichens
der Linie AB reduziert werden muB. Die Deklination hat inzwischen ab-
genommen um den Winkel FB G und es wird demzufolge nach Einstellung
des Fernrohrs auf das Objekt A am Nonius ein um FBG zu kleiner Winkel
abgelesen. Bei der zweiten Repetition habe das Fernrohr bei einspielender
Nadel die Richtung BH, da die Deklination wieder um den Winkel GBH
abgenommen hat. Man wird also nach Einvisierung am Nonius einen um
FBG -{-FBH zu kleinen Winkel ablesen. Nach der dritten Repetition,
wo das Fernrohr bei einspielender Nadel die Richtunk ^/hatte, wird man
am Nonius einen Winkel ablesen:
W2 = SFBA - FBG - FBH- FBI.
Die Werte der Winkel FBG, FBH und FBI, welche
aus den gleichzeitigen Beobachtungen am Kontrolmagnetometer
bekannt sind, werden mit entgegengesetztem Yorzeichen (also
hier mit +) zu dem am SchluB der dritten Repetition am
Nonius abgelesenen Winkel addiert und die Summe durch 3
dividiert.
180 =
FBG
FBE
pig> 220.
Auch diese Messung wiederholt man mit durchgeschla-
genem Fernrohr.
Die auf den beiden Endpunkten A und B gemessenen
Streichwinkel von AB miissen um 180 Grad verschieden sein.
Bei geringen Abweichungen nimmt man aus beiden Werten
das Mittel. Uberschreitet jedoch die Abweichung ein gewisses
MaB, so ist - - eine sorgfaltige Ausfiihrung der Messung
vorausgesetzt - - der Grund in ablenkenden Einfmssen auf
die Magnetnadel zu suchen. Es bleibt dann nichts weiter
tibrig, als auf einem dritten Punkte C das Streichen einer zweiten Linie CB
zu ermitteln, welche durch Winkelmessung mit der ersten Linie AB ver-
bunden ist.
War dieser dritte Punkt C eisenfrei, so wird man sich durch Ableitung
leicht iiberzeugen konnen, ob die Messung auf dem Punkte A oder B richtig
war. Haufig ist das Aufstellen auf den beiden Endpunkten einer Linie
nicht moglich, dann wird man die Kontrolmessung sogleich auf einem ge-
eigneten dritten Punkte ausfiihren.
Niemals darf aber die Kontrolmessung unterbleiben.
Bei sehr langen Grubenpolygonziigen empfiehlt es sich, namentlich
wenn unsicher gemessene Polygonwinkel vorhanden sind, das Streichen von
zwei oder drei weit auseinander liegenden Linien ganz unabhangig vonein-
-einander durch doppelte Messung zu bestimmen.
Hierdurch werden die in den Azimuten sich anhaufenden Fehler der
Winkelmessung unschadlich gemacht.
266 ELFTES KAPITEL.
Bei der vorstehend beschriebenen Messung des Streichwinkels 1st das
Fernrohr immer zuerst in die Richtung der Magnetlinie gebracht worden
und dann in die fixierte Linie AB. Man kann auch umgekehrt verfahren
und erhalt dann nicht den Streichwinkel der Linie A B, sondern dessen Er-
ganzungswinkel zu 360 °. Die wahrend der Messung auftretenden Yariationen
der Magnetnadel haben aber dann einen dem vorherigen entgegen-
gesetzten EinfluB.
Im ersten Falle sind nanilich die Zunahmen der Deklination1 von
dem nach vollendeter Repetition abgelesenen SchluBwerte abzuziehen,
und die Abnahmen hinzuzuzahlen, wahrend man im anderen Falle ge-
rade umgekehrt verfahren muB.
Zur Vermeidung von Irrungen erscheint es ratsam, das Fernrohr immer
zuerst in die Magnetlinie zu bringen.
Ein besonderes Zahlenbeispiel fur die Messungen mit dem Magnet-
theodoliten 1st nicht angefuhrt, weil es sich nicht von dem Beispiele unter-
scheiden wiirde, welches zu den Messungen mit dem BoECHEESschen trans-
portablen Magnetometer gegeben ist. (Seite 269.)
Der vorstehend beschriebene Apparat, gewohnlich Magnettheodolit ge-
nannt, hat den Nachteil, welchen die Aufhangung der Nadel mit Hiitchen
und Spitze immer mit sich fuhrt, daB nanilich leicht eine verrnehrte Reibung
eintritt und dadurch die Nadel an Empfindlichkeit verliert.
AuBerdem entspricht die Einstellung der Nadel auf den Indexstrich
selbst mit Anwendung stark vergrb'Berender Lupen nicht der Genauigkeit,
welche mit dem Fernrohr beim Einstellen des Fadenkreuzes auf ein festes
Objekt erreicht wird.
Zu den zahlreichen Orientierungsarbeiten, welche in neuerer Zeit bei
der Umarbeitung der Oberharzer Grubenrisse vorgenommen werden muBten,
wurden anfanglich auf Punkten untergeordneter Bedeutung Theodoliten
mit Orientierungsbussole benutzt. Yon den vier vorhandenen Instrurnenten
solcher Art gab nur eins brauchbare Resultate. Es wurde deswegen aus-
schlieBlich nur der im nachsten Paragraphen beschriebene Apparat benutzt.
172. Der um die Yervollkommnung der Markscheidekunst hoch verdiente
Bergrat BOECHEES hat zuerst den fruchtbringenden Gedanken gehabt, den
Markscheidertheodoliten in ein transportables Magnetometer zu verwandeln,
und dadurch den Weg gezeigt, den Streichwinkel von Linien behufs der
Orientierung aufs scharfste zu bestimmen.
Das in Fig. 214 abgebildete Kastchen mit daraufsitzendem Glasrohr,
in welchem ein mit Skala nnd Linse versehener Magnetstab aufgehangt
ist, hat an Stelle des DreifuBes einen holzernen Stab c, welcher in einen
sich etwas verjiingenden Zapfen b auslauft.
Dies gilt nur von der jetzt in Europa allgemeinen westlichen Deklination.
DIE ANSCHLUSS- UND OEIENTIEKUNGSMESSUNGEN.
267
An einem Arme des TheodolitdreifuBes laBt sich mittels zweier Stell-
stifte und einer Schraube ein messingener Arm a befestigen, welcher in der
Mitte mit einem Gelenk und vorn mit einer viereckigen Offnung versehen
ist, in welche der Zapfen b paBt. Derselbe kann mit einer Schraube von
unten angezogen und mit dem Arme a fest verbunden werden.
Fig. 221. Transportables Magnetometer nach BORCHERS.
Der Stab c hat eine solche Lange, daB die beiden gegeniiberliegenden
Offnungen des Kastchens und die Drehachse des Fernrohres bei horizontalem
Stande des Theodoliten in gleicher Hohe sich befinden und ein Einstellen
der optischen Achse des Fernrohres in die Normallinie des Magnetstabes
moglich ist.
Der Magnetstab muB wahrend des Transportes arretiert sein und dies
geschieht dadurch, daB beim Emporschieben des kleinen Brettchens g die
an demselben sitzenden ausgekerbten Ansatze ee den Magnetstab aufnehmen
und gegen die Polster hh drlicken. Damit der Stab bei dem Andrucken
268 ELFTES KAPITEL.
nicht gedreht wird, greift ein kleiner an dem Magnetstabe sitzender Messing-
stift in eine Vertiefung des untertretenden Ansatzes.
Die Bewegung des Brettchens g erfolgt durch ein daran befestigtes
Stabchen, welches in einer Aushohlung des Stabes c durch den Klemm-
ring k auf und ab geschoben werden kann.
An der Unterseite des Kastchens ist ein kleines ausziehbares Bret an-
gebracht, welches zur Aufnahme einer kleinen Lampe oder eines um zwei
Achsen beweglichen Reflexionsspiegels dient. Die Lampe wird in der Grube,
der Spiegel iiber Tage gebraucht. Werden die Orientierungen in Gruben
rait schlagenden Wettern ausgefuhrt? so wird man am zweckmaBigsten das
Licht der Sicherheitslampe durch den Spiegel auf die Skala reflektieren.
Die Aufstellung des transportablen Magnetometers behufs Messung des
Streichwinkels einer Linie geschieht am zweckmaBigsten folgendermaBen :
Man schraubt den Arm des Magnetstabkastchens an den DreifuB des Theo-
doliten und stellt den letzteren so auf die Stativplatte, daB der Arm ungefahr
im magrietischen Meridiane sich befindet und zwar nach Norden gerichtet
ist. Die Linse befindet sich bekanntlich am Siidende des Magnetstabes.
Am vorderen Ende des Armes befestigt man eine Schnur, welche durch
einen Gehilfen gespannt, gehalten und mittels eines angehangten Kompasses
genau in den magnetischen Meridian gebracht wird. Der Markscheider dreht
den Theodoliten so, daB der Arm die Richtung der Schnur einnimmt und der
Theodolit zugleich die richtige zentrische und horizontale Stellung erhalt.
Nunmehr steckt man den Stab c in die Offnung des Armes a und
laBt den Magnetstab schwingen.
Derselbe wird sich meistens in der erwiinschten Lage befinden oder
der Theodolit wird doch nur sehr wenig gedreht werden nmssen.
Die stets auftretenden horizontalen Schwingungen des Magnetstabes
werden durch ein magnetisches oder auch eisernes Stiftchen leicht ver-
mindert, wenn man dasselbe wiederholt in richtiger Weise und im rich-
tigen Zeitpunkte dem einen Ende des Stabes nahert und wieder entfernt.
Die Schwingungen in der Vertikalebene lassen sich durch Beriihren
des Kastchens aufheben.
Die Beruhigung des Magnetstabes nimmt bei einiger tlbung kaum ftinf
Minuten in Anspruch.
Zur Abhalfung des Windes ist bei Tagemessungen das Instrument mit
einer zeltartigen Schutzwand zu umgeben.
173. Nunmehr beginnt das eigentliche Messen des Streichwinkels. Dasselbe
kann nach zwei verschiedenen Methoden geschehen.
Die erste urrterscheidet sich nicht von der Seite 264 beschriebenen mit
dem Magnettheodoliten , nur allein die Einstellung des Fernrohrs in die
Magnetlinie ist eine andere und genauere.
Ohne daB die Schwingungen des Magnetstabes auf das Minimum zuruck-
gedrangt sind, kann man doch das Fadenkreuz auf den mittleren Teilstricli
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
269
D
der Skala einstellen, wenn man das Fernrohr so lange mittels der Fein-
stellung dreht, bis der Mittelstrich der Skala gleichweit zu beiden Seiten
des vertikalen Kreuzfadens auschlagt. Nach der friiher
schon angegebenen Einteilung der Skala und der Lange
des Magnetstabes kann man bis auf 17 Sekunden ge-
nau die optische Achse des Fernrohrs in die Magnet-
lime einstellen.
Nach erfolgter Einstellung des Fernrohrs wird das-
selbe auf das rechts liegende Objekt gerichtet. Dieser
Winkel wird mehrere Mai repetiert. Wenn vor der
wiederholten Einstellung der optischen Achse in die
Kollimationslinie des Magnetstabes die Deklination sich
verandert, z. B. vergrb'Bert hat, so daB der Magnet-
stab aus der Lage CMD in die Lage EMF iiber-
gegangen ist (Fig. 222), so muB das Objektiv im Sinne
des Pfeiles P gedreht werden, und man wird den
Streichwinkel der Linie ebenfalls um die VergroBerung
der Deklination zu groB erhalten.
Die Ausscheidung der mitgemessenen Deklina-
tionsveranderungen erfolgt genau auf dieselbe Weise,
wie sie oben bei dem Magnettheodoliten beschrieben
wurde (Seite 264).
Zahlenbeispiel einer vollstandigen Orien-
tierungsmessung.
Die Zunahme der Deklination ist durch -f- , die
Abnahme durch - - bezeichnet. Die Deklinationsver-
anderungen beziehen sich auf den Stand des Magnet-
stabes um 3 Uhr 20 Min. eines bestimmten Tages,
zu welcher Zeit im GAUSS schen Kontrolmagnetometer
454,93 Skalenteile abgelesen wurden. Ein Skalenteil
derselben = 27,08 Sekunden.
Standpunkt JB auf der Dreiecksseite A£. Fig. 222.
E
_i
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer fur die erste Lage
des Fernrohrs.
Zeit.
Abgelesene
Skalenteile.
Berechnimg der Deklinationsveranderungen.
3h20'
454,93
—
3h25'
455,44
(454,93 — 455,44) 27,08 = — 14"
3h30'
455,62
(454,93 — 455,62) 27,08 = — 18"
3h35'
455,84
(454,93 — 455,84) 27,08 = — 25"
3MO'
456,12
(454,93 — 456,12) 27,08 = — 32"
270
ELFTES KAPITEL.
Beobachtungsinstrument. Erste
Lage des Fernrohrs.
Anzahl
Zeit. der
Repetition.
Mittel aus beiden Nonien
und Berechnung des Streichens.
3h 20' 1
3h25' 2
3h30' 3
3h 35' 4
3h40' 5
288° 21' 30"
576° 43' 22" + 14"
= 288° 21' 30"
OQQO 01' AQ"
2
865° 5' 7" + 14"+ 18"
= 288° 21' 53"
+ 25 _ OQQO 01' 5Q"
3
1153° 26' 22" + 14" + 18
4
1441° 47' 35" + 14" + 18'
' + 25" + 32" _ QQQQ Q, , ,<y,
5
Beobaclitungen am Kontrolmagnetometer fiir die zweite Lage
des Fernrohrs.
feumnien
Zeit.
Abgelesene
Berechnung der Deklinations- .
der
Skalenteile.
veranderungen.
Verandergn.
3h50'
456,52
(454,93 — 456,52) 27,08 = — 43"
— 43"
3h55'
456,61
(454,93 _ 456,61) 27,08 = — 45"
— 88"
4h
456,43
(454,93 — 456,43) 27,08 = — 41"
- 129"
4h5'
456,54
(454,93 _ 456,54) 27,08 = — 44"
— 173"
4MO'
456,54
(454,93 — 456,54) 27,08 = — 44"
-217"
Beobachtungsinstrument. Zweite Lage des Fernrohrs.
Standpunkt B.
Zeit.
Anzahl
der
Repetitionen.
Mittel aus beiden
des
Nonien und Berechnung
Streichens.
3h50'
3h55'
4h
4h5'
4h10'
Mit,t,P.l
1
2
3
4
5
fl.iis hmrlpi
288° 21' 37" + 43" = 288° 22' 20"
576° 42' 37" + 88" OQQOOO' ^"
2
865° 3' 37" + 129"
= 288° 21' 57"
= 288° 21' 58"
— 288° 22' \"
3
1153° 25' 0" + 173"
4
1441° 46' 27" + 217
5
i Lflerp.n dps Fp.rnrnVir
288° 21' 49" + 288<> 22' 1"
= 288° 21' 55".
DIE ANSCHLUSS- UND OEIENTIEEUNGSMESSUNGEN.
271
Die darauf folgende Kontrolmessung des Streichens der Linie AB auf
dem Punkte A ergab eine so bedeutende Differenz, daB ein dritter Auf-
stellungspunkt C gewahlt und das Streichen der Linie CA gemessen wer-
den mufite.
Fig. 223.
Der Winkel SAC wurde genau ermittelt = 179° 32' 30", siehe
Fig. 223.
Die oben angegebene Berechnung der Streichwinkel nach jeder ein-
zelnen Repetition ist interessant, weil die allmahliche Naherung der Werte
zu erkennen ist, aber nicht notwendig.
Die Messungen auf dem Punkte C sind kiirzer dargestellt :
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer fiir die erste Lage.
Zeit.
5^25'
5&30'
5^35' 5^40'
5h45'
Normalstand
Abgelesene Skalenteile
454,93
459,58
454,93
459,58
454,93
459,36
454,93
459,35
454,93
459,80
Deklinationsveranderungen
-4,65
-4,65
-4,43
-4,42
-4,87
Summe der Deklinationsveranderungen = — 23,02 Skalenteile oder
gleich - 23,02 . 27,08 = - 623 Sekunden.
Beobachtungsinstrument. Erste Lage des Fernrohrs.
Nach funfmaliger Repetition, wobei von fiinf zu funf Minuten das
Fernrohr in die Magnetlinie gestellt wurde, ergab sich das Mittel aus bei-
den Nonien = 539° 21' 40".
Mit Beriicksichtigung der Deklinationsveranderung ist der Streichwinkel
der Linie CA
539° "'
= 107» 54' 24".
272
ELETES KAPITEL.
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer flir die zweite Lage.
Zeit. 5b 55'
6h
6h 5'
6MO'
6& 15'
Normalstand
Abgelesene Skalenteile
454,93
459,00
454,93
458,95
454,93
458,87
454,93
459,00
454,93
459,00
Deklinatiqnsveranderungen
Summe der Dekli]
= — 546 Sekunden.
-4,07
aationsver
-4,02
inderungen
- 3,94 - 4,07
= - 20,17 S
-4,07
kalenteile
Beobachtungsinstrument:
539<> 23' 35" + 546"
, -p, 107° 54' 24" + 1070 54' 32"
Mittel aus beiden Lagen des Fernrohrs = - ~~2~
= 107° 54' 28".
Leitet man aus dem Streichen von BA das Streichen von CA ab, so
erhalt man
288° 21' 55"
179° 32' 30"
467° 54' 25"
180° --
= 107° 54' 25",
mithin nur eine Differenz von 3 Sekunden.
Messung des Streichwinkels der Grubenpolygonseite XI— X.
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer fur die erste Lage.
10h35' 10h40' 10h45' 10h 50' 10h 55"
454,93 454,93 454,93 454,93 454,93
453,80 454,80 454,77 454,30 453,08
+ 1,13 + 0,13 + 0,16 + 0,63 + 1,85
Summe der Deklinationsveranderungen = -f 3,9 Skalenteile = + 106"
Sekunden.
Beobachtungsinstrument. Standpunkt X. Richtung X — IX erste
Lage. Nach fiinfmaliger Repetition:
16230 43' 5" — 106"
5
324° 44' 16".
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer fur die zweite Lage.
lit _' nh 5' llh 15' llh 20' llh 25'
454,93 454,93 454,93 454,93 454,93
453,46 455, 16_ 455,34 _455,68_ 455,17
^n^r~ ^ps~ - 0,41 - 0/75 - 0,24 "
Summe = — 0,16 Skalenteile = - 4 Sekunden.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
273
Beobachtungsfernrohr zweite Lage:
1623Q 42' 55"
Mittel aus beiden Lagen des Fe.rnrohrs:
324o 44" 16" + 324° 44' 36"
44' 36".
Beobaclitungen am Kontrolmagnetometer flir die erste Lage.
2h5'
2MO'
2h15'
2h20'
2h 25'
454,93
454,93
454,93
454,93
454,93.
448,88
449,67
449,91
449,39
449,10.
+ 6,05 +5,26 +5,02 +5,54 +5,83,
Summa = + 27,7 Skalenteile = + 750 Sekunden.
Beobachtungsinstrument auf Standpunkt IX, RichtunglX — X.
Erste Lage des Fernrohrs:
728Q 51- 40"- 12' 30"
Beobachtungen am Kontrolmagnetometer fur die zweite
Lage des Fernrohrs.
2MO' 2h45' 2h55' 3h— ' 3h 5'
454,93 454,93 454,93 454,93 454,93
451,17 451,72 453,24 _ 453,73 454,08.
1,69
+ 3,76 +3,21
+ 1,20 +0,85.
Summa - + 10,71 Skalenteile = + 290 Sekunden.
Beobachtungsinstrument. Zweite Lage.
723° 49' 50" -4' 50" = j 440 45' _
Mittel aus beiden Lagen desFern-
rohrs —
' 50"+ 144Q45'-"
Die Messung auf Standpunkt X ergab
= 324° 44' 26", mithin stimmen beideKesul-
tate fast genau iiberein.
Der Neigungswinkel der Linie AB
gegen die Abscissenachse ist bekannt =
65^21- 25",
Aus der iiblichen Zusammenstellung
(Fig. 224) ergiebt sich der Neigungswinkel
der Seite IX— X = 65° 21' 25" + (144°
44' 25"— 108° 21' 56") = 101°43/54".
BRATHOHN, Markscheidekunst.
Fig. 224.
18
274
ELFTES KAPITEL.
AuBerdern mogen noch einige Resultate von solchen Orientierungs-
messungen mit dem transportablen Magnetometer folgen, bei denen der
Streichwinkel der Linie auf beiden Endpunkten unmittelbar gemessen
wurde.
1) 153° 31' 49" 2) 145° 30'- 3) 321° 50'-
153° 31' 36" 145° 29' 17" 321° 50' 40"
Differenz = 13"
Diff. - 43"
Diff. = 40"
4) 95° 20' 40" 5) 232° 46' 35"
95° 20' 25" 232° 46' 24"
Diff. - 15" "Diff. = II77"
Die Resultate fallen nicht immer so genau aus, wenn die Kontrol-
messung auf zwei verschiedenen Linien erfolgen muB, zwischen denen
mehrere Brechpunkte des Polygonzuges liegen, weil die Fehler der dazwischen
liegenden Polygonwinkel einwirken.
SchlieBlich darf nicht unerwahnt bleiben, daB der enipfindliche Apparat
schon durch die Gegenwart geringer Quantitaten von Eisen beeinfluBt wird.
Da Nagel, Bohrer und sonstige Eisenstiicke sich in der Grube leicht dem
Auge entziehen, so wird manche Orientierungsmessung vergeblich aus-
gefuhrt.
174. Zweite Methode des Messens eines Streichwinkels mittels des trans-
portablen Magnetometers. - - Behufs Anwendung dieser Methode wird das
Magnetometer in derselben Weise wie bei der ersten Methode auf dem
Endpunkt der Linie AB aufgestellt.
Nachdem man sich iiberzeugt hat, dafi die Normallinie djes Magnet-
stabes sich nahezti in der optischen Achse des Fernrohres befindet. arretiert
man den Stab und dreht das Kastchen
mittels des Gelenkes im Arme a (Fig. 221)
aus dem Gesichtsfelde.
In der Yerlangerung der optischen
Achse des unverandert gebliebenen Fern-
rohrs fixiert man ein scharf anzuvisieren-
des Signal Cm entsprechender Entfernung
und dreht das Magnetkastchen wieder in
die Gebrauchslage zuriick. Alsdann lost man
die Arretierung, beruhigt den Magnetstab
und beginnt mit den Beobachtungen. Diese
werden in bekannter Weise ausgefiihrt.
Man notiert die beiden aufiersten Ausschlage von ein oder mehreren
auf einanderfolgenden Schwingungen, welche der Mittelstrich der Skala nach
rechts und links ausfiihrt und kann daraus seine mittlere Ruhelage fiir
diejenigen Zeitpunkte berechnen, an welchen nach Verabredung an einem
zweiten Magnetometer die Kontrolbeobachtungen gemacht werden.
Fig. 225.
DIE ANSCHLUSS- UND ORIENTIERUNGSMESSUNGEN.
275
Hat man mehre Male, etwa 8 — 10 mal in Zwischenraumen von 5 zu 5
Minuten beobachtet, so dreht man das Magnetkastchen wieder zur Seite, iiber-
zeugt sich, daB das Fernrohr noch genau auf das Signal Cgerichtet ist und miBt
nachWegnahme des Magneten den Winkel CAB (Fig. 225) moglichst genau.
Jede einzelne Berechnung der Ruhelage des Magnetstabes giebt den
Winkel, um den die Kollimationslinie des Magnetstabes von der Linie AC
abweicht, fiir eine bestimmte Zeit und in der Scharfe an, welche die Ab-
lesung der Skala zulaBt.
Man wird nun die Ruhelage eines solchen Zeitpunktes fiir maBgebend
auswahlen, wo nach Ausweis der beiden Magnetometer die Schwingungen
der Magnetstabe sehr gleichmaBigen Yerlauf zeigen.
Haben jedoch die Beobachtungen am Kontrolmagnetometer einen
hoheren Genauigkeitsgrad, so wird man aus alien Werten des Beobachtungs-
instrumentes unterBeriicksich-
tigimgder am Kontrolmagneto-
meter gefundenen Deklina-
tionsveranderungen einen Mit-
telwert herausziehen.
Zahlenbeispiel.
Hierzu Fig. 226.
Das StreichenderDreiecks-
seite KE (Knollen-Eichelnberg)
bei Grund wurde am 22. Februar
1 884 mit einem transportablen
Magnetometer bestimmt, dessen
Skalenteil einen Wert von 86
Sekunden hat. Die Ablesung
an der 40 teiligen Skala erfolgte
von links nach rechts (in dem
Sinne, wie die Skala dem Auge im Fernrohr erscheint) die Schwingungs-
dauer des Stabes = 10 Sekunden.
Standpunkt E. Richtung des Fernrohrs auf B.
Fig. 226.
Zeit.
Beobachtungsinstrument.
GAUSS sches Kontrolmagnetometer.
Abgelesene
Skalenteile.
Deklinationsvariation
in Sekunden berechnet
auf den Stand
10*30'
Abgelesene
Skalenteile.
Dekliuationsvariation
in Sekunden berechnet
auf den Stand
10*30'
IQh
10* 5'
lOfc 10'
10h 15'
10h 20'
10h 25'
10* 30'
20,700
20,670
20,180
20,800
20,085
20,030
20,020
— 58"
- 56"
- 14"
— 24"
— 6"
— 0"
480,03
479,44
478,42
478,43
478,08
477,95
477,55
— 67"
— 51"
— 23"
— 24"
— 14"
— 11"
— 0"
18 :
276
ELFTES KAPITEL.
Die Beobachtungen an beiden Magnetometern zeigen einen sehr gleich-
mafiigen Terlauf der Variationen, man konnte also einen beliebigen Stand
der Magnetnadel auswahlen, namentlich da in dem vorliegenden Falle die
Orientierungen ganz von neuem begannen.
Es wurde die Stellung uni 10h30' gewahlt, zu welcher Zeit die Richtung
der Normallinie des Magnetstabes nur 0,02 Skalenteile, also um einen ver-
schwindend kleinen Winkel von der optischen Achse des Fernrohrs abwich.
Der gemessene Winkel KEB konnte also beibehalten werden = 84°
51' 58", das Streichen der Linie KE auf E ist demnach = 275° 8' 2".
Standpunkt K, Richtung des Fernrohrs auf A.
Beobachtungsinstrument.
GAUSS sches Kontrolmagnetometer.
Nr.
Zeit.
Abgelesene
OstlicheAbweichung
des Magnetstabes
Zunahme
Abgelesene der Deklination
Skalenteile.
aus der Linie KA
Skalenteile. ! seit 10h 30'
in Sekunden.
1 in Sekunden.
1
Ilfc50'
22,615
225
464,71
348
2
lib 55'
22,760
237
464,44
355
3
19h
22,490
214
463,70
375
4
12h 5'
22,340
201
463,43
383
5
12MO'
22,050
176
463,25
388
6
12M5'
22,170
187
462,52
407
7
12h 20'
21,985
171
462,10
429
8
12^25'
21,925
166
462,00
421
Zur Erinittelung des Streichens der Linie KE aus vorstehenden Beob-
achtungen ist der gemessene Winkel AKE = 95° 18' 23" zu vermindern
um die abgelesene ostliche Abweichung des Magnetstabes aus der Linie KA
und um die inzwischen stattgefundene Zunahme der Deklination.
Aus jeder einzelnen Beobachtung laBt sich das Streichen berechnen,
wie folgt:
1. 95° 18' 23" - (225 + 348)" = 95° 18' 23
2. „ „ „ - (237 + 355)" = „ „ „
3/O1 A . Q^TPCX"
11 11 11 ~ \6i-± + OlOj =11 ji a
4. „ „ „ - (201 + 383)" = „ „ „
5. „ „ „ -(176 + 388)"= „ „ „
6. „ „ „ - (187 + 407)" = „ „ „
7. „ . „ „ -(171 +429)"= „ „ „
8. „ „ „ -(166 + 421)"= „ „ „ .. ..
LaBt man die erste und fiinfte Beobachtung, welche bei sehr unruhigem
Stabe gemacht wurden, aus, so erhalt man im Mittel 95° 18' 23" - 9' 51"
= 95° 8' 32".
Das Streichen von EK auf dem Punkte E= 275° 8' 2"
V QPiO Q ' QO"
91 11 11 A — l ' 6*
Differenz =
-573" = 95°!
3' 50"
- 592" = „
11 31 '
-589"= „
11 34"
- 584" = „
11 39"
- 564" - .,
11 59"
-594"= „
a 29-"
-600"= „
„ 23"
-587"= „
a 36"
DIE ANSCHLUSS- UND OBIENTIEEUNGSMESSUNGEN. 277
Die abgeglichenen Winkel sind .275° 8' 17"
und 95° 8' 17".
Fiir diese Methode 1st immer eine bestimmte Bezifferung der Skala
anzunehmen, z. B. wie hier geschehen, von links nach rechts (die Be-
deutung links und rechts auf das im Fernrohr gesehene Bild der Skala
angewandt). In diesem Falle entspricht die Abnahme der Skalenteile einer
Zunahme der Deklination. Ferner ist die Ruhelage des Magnetstabes bei
einer Ablesung von 20 Skalenteilen genau mit der optischen Achse des
Fernrohres ubereinstimmend, bei einer Ablesung von mehr als 20 Skalen-
teilen weicht die Richtung des Magnetstabes nach Osten (Fig. 226), bei
einer geringeren Ablesung als 20 nach Westen ab. Es ist ratsam, sich
stets durch eine Figur klar zu machen, wie die jedesmalige Stellung des
Magnetstabes und die Zu- oder Abnahme der Deklination auf die Grofie
des gemessenen Winkels einwirkt.
Die letztere Methode ist miiheloser und auch genauer, als die erste ;
sie wird sich iiber Tage immer, in der Grube aber nur da mit Yorteil
anwenden lassen, wo die Magnetlinie in die Richtung der Strecke fallt.
Wenn dagegen dieselbe hiervon erheblich abweicht, so wiirde der Punkt C
in nachster Nahe des Theodoliten an dem StreckenstoBe bezeichnet werden
und die Messung des Winkels CAB (Fig. 225) sehr ungenau ausfallen mussen.
Will man aber auch in dem Falle, daB die Magnetlinie in die Rich-
tung der Grubenstrecke fallt und das Magnetstabkastchen die Yisur in
der Linie AB deckt, die erste Methode anwenden, so ist, so oft das Signal
B anvisiert werden soil, das vordere Stuck des Armes a mit dem Magnet-
stabchen zur Seite zu drehen. Bei jeder einzelnen Repetition muB also
das Magnetstabchen arretiert, wieder gelost und von neuem beruhigt werden*
Der Magnetstab mit der Kollimatorablesung im transportablen Magneto- § 175.
meter ist vorsichtig zu behandeln, namentlich sind die Fassungen der Linse
vor alien StoBen und Yerdrehungen zu hiiten, weil eine Yeranderung der-
selben eine solche der Kollimationsachse mit sich bringt.
Es ist deswegen ratsam, wenn viele Grubenorientierungen sich. auf
eine Linie iiber Tage stiitzen, den Streichwinkel dieser Linie von Zeit zu
Zeit wieder zu messen, damit man sich von der unveranderten Kolli-
mationsachse des Magnetstabes iiberzeugt. Wendet man hierbei das zweite
Yerfahren an, so sind die wenigen Beobachtungen mit dem geringsten Zeit-
aufwande auszufuhren.
Bei richtiger Behandlung iiberragt das transportable Magnetometer
alle derartigen Instrumente an Leistungsfahigkeit und man muB sich wun-
dern, daB dasselbe noch so wenig Eingang bei den Markscheidern ge-
funclen hat.
Der Apparat ist fiir 100 — 120 Mark einschlieBlich des Armes her-
zustellen und die Behandlung desselben ist schnell zu erlernen.
278 ELFTES KAPITEL. DIE ANSCHLUSS- UND OKIENTIERUGSMESSUNGEN.
Ich darf nach den Erfahrungen, welche ich an den unter meiner Lei-
tung arbeitenden Markscheidern geniacht habe, den Satz aussprechen:
Derjenige Markscheider, welcher einmal die* Benutzung dieses
Magnetometers kennen gelernt hat, wird von der Anwendung
anderer derartiger Apparate fiir immer absehen.
§ 176. Die Beobachtungspunkte, auf denen die Orientierungsmessungen aus-
gefiihrt werden, diirfen in horizontaler Richtung nicht zu weit voneinander
entfernt sein, weil sonst die Magnetlinien an den betreffenden Pimkten
nicht mehr parallel angenommen werden konnen.
Bestimmte Regeln iiber die GroBe der zulassigen Entfernung lassen
sich nicht geben, man braucht aber nach den von mir gemachten Ver-
suchen nicht zu angstlich zu sein.
Ich habe mit demselben transportablen Magnetometer mit Berechnung
auf einen Normalstand des GAUSS schen Magnetometers an vier verschie-
denen Punkten ABCD das Streichen von Seiten des Dreiecksnetzes, welches
iiber den Bergwerksdistrikt des Oberharzes gelegt ist, genau und doppelt
gemessen und daraus das Streichen der Abscissenlinie auf den vier Pimkten
abgeleitet.
Die Punkte ABC liegen fast genau in der Ost-Westlinie ; die gegensei-
tigen Entfernungen
dieser drei Punkte,
sowie die Lage des
Punktes D sind
aus der Fig. 227
zu ersehen, zugleich
sind auch die ge-
fundenen Streich-
winkel der Abscis-
senlinie beige-
schrieben.
Diese Beobach-
tungen entsprechen
iibrigens im ganzen und groBen dem bekannten Satze, daB die Deklinatio-
nen nach Westen und Osten abnehmen.
Die Punkte A und C sind 12000 Meter voneinander entfernt (Fig. 228).
Die Abscissenlinie ist gegen den wahren Meridian des Punktes A geneigt um
30°, die Deklination der Magnetlinie betragt also im Punkte A= 12° 48' 18".
Zieht man durch den Punkt C eine Parallele zum Meridian von y/, so
macht die Magnetlinie mit dieser Parallele nach der ausgefiihrten Messung
einen AVinkel von 12° 49' 26".
Der Meridian des Punktes C konvergiert aber gegen den des Punktes
A = 0° 8' 13". Die Deklination auf dem Punkte C betragt mithin
Fig. 2?7.
ZWOLETES KAPITEL. ANWENDUNG EINES KBAFTIGEN MAGNETEN etc. 279
12° 49' 26" — 8' 13" = 12° 41' 13 ' und ist, wie zu erwarten war, kleiner
als in clem 12000 Meter welter westlich liegenden Punkte A.
Fig. 228.
Zuletzt ist noch der eine Fall des Orientierungsverfahrens zu erwahnen, § 17<
wenn der AnschluB von Gruben und Tagezug nur durch einen tonnlagigen
Schacht stattfinden kann, und das Gebirge ablenkend auf die Magnet-
nadel wirkt.
In diesem Falle bleibt nichts weiter iibrig, als die Orientierung mittels
der durch den Schacht ausgefiihrten Polygonmessung in die Tiefe zu iiber-
tragen.
Die Schachtmessung ist event, mehrere Mai zu wiederholen und die
Winkel sind in ununterbrochener Reihenfolge zu messen, ohne dafi ein Arm,
welcher den Winkelpunkt bezeichnet, vor vollstandig beendeter Winkel-
messung herausgenommen wird. Vergleiche librigens §. 159.
Zwolftes Kapitel.
Anwendung eines kraftigen Magneten zur Erniittelung der
Durchschlagsrichtnng zweier Gegenorter.
Das Verfahren mittels eines kraftigen Magneten die Durchschlags-
richtung zweier zusammenzufiihrenden Gegenorter zu bestimmen, sofern
dieselben sich bis auf eine Entfernung von mindestens 18 Meter
280
ZWOLFTES KAPITEL.
bereits genahert haben, hat BOECHEBS vor ca. 36 Jahren zuerst
angewandt.
Dieser, sowie ein sich daran schlieBendes Yerfahren unter Anwendung
desselben Hilfsmittels die Starke des festen Mittels und den Sohlenstand
der beiden Orter zu priifen, 1st ausfiihrlich beschrieben in dem Anhang zu
BORCHEES praktischer Markscheidekunst.
Indem ich ausdriicklich auf dieses Werk verweise, werde ich daraus
das Wesentlichste und zwar nur dasjenige, was die Ermittelung der Durch-
schlagsrichtung betrifft, hier folgen lassen.
Die zu dem Verfahren notigen Apparate sind der Hauptmagnet, die
dazu gehorige Stundenscheibe, der KompaB mit einer Yorrichtung, die
Nadel an einem Kokonfaden aufzuhangen, und ein kleiner Hilfsmagnet.
Der Haupt magnet besteht aus sechs magnetisierten Stahlstaben von
125 cm Lange, 8 cm Breite und 2 cm Dicke, welche in zwei holzernen
Kasten eingeschlossen sind. Der eine Kasten enthalt nur emeu Stab, der
andere die iibrigen Stabe. Diese letzteren liegen nicht unmittelbar auf-
einander, sondern sind in der Mitte und an den Enden durch dazwischen-
gelegte Pappstiicke getrennt.
Der grb'Bere Kasten ist in der Mitte der oberen Seite mit einem
Zapfen versehen, welcher in ein Loch des kleinen Kastens paBt. Um diesen
Zapfen kann der kleine Kasten gedreht und dadurch den Polen des darin
befindlichen Magnetstabes eine umgekehrte Lage gegen die der Stabe im
groBen Kasten gegeben werden. Dadurch wird ein Teil der magnetischen
Kraft der letzteren aufgehoben.
Im Laufe des Yerfahrens muB der Hauptmagnet in verschiedene be-
stimmte Richtungen gestellt werden konnen, ohne daB die Lage seines
a
Fig. 229 a u. b. Stundenscheibe fur den groCen Magneten.
Mittelpunktes sich verandert. Hierzu dient eine messingene Stunden-
scheibe S, welche mittelst versenkter Schrauben auf einem starken Brette
befestigt werden kann. Um den Mittelpunkt der Stundenscheibe lafit sich
eine messingene Platte P drehen, zwischen deren Ansatze a, a, a, a der
Hauptmagnet eingelegt werden kann. Rechtwinkelig zur Langenachse des
eingelegten Magneten ist die Indexlinie eingeschnitten.
ANWENDUNG EINES KRAETIGEN MAGNETEN etc.
281
Bis zu Entfernungen von 6 m kann ein gewohnlicher ZulegekompaB
mit empfindlicher Nadel benutzt werden, fiir groBere Entfernungen ist
ein Kompafi erforderlich , dessen Nadel an
einem feinen Kokonfaden aufgehangt ist.
Der stahlerne Stift ist aus der Boden-
platte des Kompasses herauszuschrauben und
atif den King der Zulegeplatte ein Gehause
zu schieben, dessen Einrichtung aus Fig. 230
vollstandig zu ersehen ist.
Die Seiten des Gestelles sind zur Ab-
haltung der Zugluft mit Spiegelglas zu ver-
setzen und das obere Ende des Glasrohres
ist mit einer verschiebbaren Hiilse und mit
einer kleinen Schlittenvorrichtung zur Zen-
trierung der Nadel zu versehen. Die Nadel,
welche etwas langer ist als der Durchmesser
des Stundenringes , braucht iibrigens nicht
genau zentrisch zu hangen, wenn an beiden
Spitzen abgelesen wird.
Der Hilfsmagnet ist ein kleiner
25 — 43 cm langer Magnetstab.
Fig. 230.
Das Verfahren ist folgendes: In dem einen Gegenort wird auf einer § 179
starken Unterlage die Stundenscheibe (Fig. 229) so befestigt, daB die 12.
Stundenlinie im magnetischen Meridian sich befindet, in dem anderen Gegen-
orte wird auf einer Unterlage in moglichst gleicher Hohe mit der Stunden-
scheibe der KompaB so aufgesetzt, daB die Nadel auf Stunde 12 einspielt.
Die Nadel des Kompasses muB sodann in einen moglichst astatischen
Zustand versetzt werden. Zu diesem Zwecke legt man den Hilfsmagneten
mit umgekehrten Polen in die Richtung der 12. Stundenlinie auf die
vom Hauptmagneten abgewandten Seite des Kompasses und schiebt ihn
solange vor- und riickwarts, bis die richtende Kraft der Nadel aufge-
hoben ist.
Nachdem diese Vorbereitungen beendet sind, wird der Hauptmagnet
(der kleine Kasten oben aufliegend) auf die drehbare Platte P der Stun-
denscheibe gelegt und schatzungsweise in die Durchschlagsrichtung gebracht.
Der groBe Magnet wirkt auf die astatische Nadel des Kompasses und
stellt sie nach einer von GAUSS aufgestellten Regel in eine bestimmte
Richtung.
Da aber die KompaBnadel nicht fiir aile Stellungen vollkommen astatisch
ist, so muB der letzte Rest der richtenden Kraft wieder fiir die unter der
Einwirkung des Hauptmagneten angenommene Stellung aufgehoben werden.
282 ZWOLFTES KAPITEL.
Dies geschieht auf folgende Weise: Man dreht den oberen klenren
Kasten des Hauptmagneten, welcher nur einen Magnetstab enthalt, um den
Zapfen in die umgekehrte Lage und schwacht dadurch, wie oben angedeutet,
die Wirkung des groBen Magneten. War in der KompaBnadel noch etwas
von der eigenen richtenden Kraft vorhanden, war dieselbe also nicht voll-
kommen astatisch, so wird ihre Stellung sich andern, je nachdem der Haupt-
magnet mit voller oder geschwachter Kraft wirkt.
1st wahrend der Einwirkung des geschwachten Hauptmagneten eine
Yeranderung der Nadel erkennbar, so wird man durch eine ganz geringe
Yerschiebung des Hilfsmagneten zu erreichen suchen, da6 die Nadel sich
dem Stande nahert, welchen sie einnimmt, wenn der Hauptmagnet mit
voller Kraft wirkt.
Alsdann dreht man den oberen Stab des Hauptmagneten wieder in die
erste Lage, so daB die voile Kraft wieder hergestellt ist und iiberzeugt sich
ob die KompaBnadel ihre Stellung verandert, und ob die Verschiebung des
Hilfsmagneten hinreichend gewesen ist. Wenn sich noch eine Veranderung
der Nadel zeigt, so wiederholt man das Yerfahren solange, bis die KompaB
nadel bei voller und bei geschwachter Kraft des Hauptmagneten dieselbe
Stunde zeigt.
Aus dieser am KompaB abgelesenen Stunde und aus der Richtung
des Hauptmagneten laBt sich nach einer von GAUSS aufgestellten Regel
die Durchschlagsrichtung be-
stiminen.
Ist in Figur 231 ABC ein
bei C rechtwinkeliges Dreick und
befindet sich in A der Mittel-
punkt des Hauptmagneten und
seine Langsachse in der Rich-
tung der HypotenuseS.#, ferner
befindet sich die astatische Nadel
in C, so wird dieselbe unter dem
Fig. 231. GAusssche Regei. EinfluB der richtenden Kraft des
groBen Magneten ihre Stellung
in der Linie CD einnehmen. Die Richtung dieser Linie ist dadurch be-
stimmt, daB AD = \AB.
Streng genommen soil der Magnet NS sehr klein sein, jedoch laBt
sich der Satz fur den vorliegenden Zweck ohne erhebliche Fehler in An-
wendung bringen.
Die Durchschlagsrichtung AC laBt sich nun wie folgt berechnen.
In Fig. 232, welche dieselbe Lage des Hauptmagneten und des Kom-
passes, wie die vorige Figur zeigt, sind Ax und Cy die Richtungen der
zwolften Stundenlinie, durch C ist FG parallel mit AB, d. h. mit der Rich-
tung des groBen Magneten und von C, auBer der schon vorhandenen Linie
C D, noch die Linie CE derartig gezogen, daB AE=EB ist.
ANWENDUNG EINES KBAFTIGEN MAGNETEN etc. 283
Der Magnet NS 1st um den Winkel NAx gegen die zwolfte Stunden-
linie gedreht und die astatische Nadel um den Winkel y CD. Da 4^ y CF
= L. xAN, so ist Z. FCD =
/L'yCD - xAN = L. CDE.
Der letztere Winkel ist aber
als AuBenwinkel = ct -}- ft.
Um den Winkel a weicht die
Durchschlagsrichtung von
der Richtung des groBen
Magneten und um den Win-
kel ft von der Richtung der
KompaBnadel ab. „.. .
Die Winkel a und ft sind
zu berechnen. Fig. 232.
In dem Dreiecke CDE
ist, da das Dreieck AEC gleichschenkelig ist, der Winkel DCE= a — ft,
ferner ist die Seite DE = J AE—\ CE. Nach dem Sinussatze verhalt sich
sin (« + /?): sin (a — ft) = 3 : 1, sin (a — ft) = J sin (a + ft).
Ware z. B. an der Stundenscheibe des groBen Magneten 3h (45°) ab-
gelesen und am Kompafi 5h 6 A. (86° 15'), so ist die Differenz = 2h 6 A.
(41° 15') = a + ft, sin 2h 6 A. (41° 15') = 0,6593, °'^ = 0,2198 dazu ge-
bort der Streichwinkel Oh 6, 12,3 (12° 41' 50")
a + fi^ 2h 6 oder 41° 15' -
a- fi = ^Q 12,3 12° 41' 50"
«= 1^6~M~ 26°58'25/'
ft= Oh 7 10 14° 16' 35"
Die Durcbschlagsrichtung ist
3h +lh6 6, = 4.6. 6,-
und 5h 6-Oh 7 10, = 4. 6. 6. -
Dies aus der Berechnung hervorgegangene Streichen ist von zwolf Stun-
den abzuziehen, da die Nord-Siidlinie des Kompasses wahrend des ganzen
Yerfahrens stets in derselben Lage bleibt und die Nadel gleichsam wie eine
Alhidade gedreht wird. Die mit dem Hangezeug abzugebende Stunde wiirde
demnach sein:
12h — 4h 6. 6. = A 7. 1. 10.
Man wird sich mit einer einmaligen Bestimmung der Durchschlags-
richtung aber nicht begniigen. Denn nur in dem Falle, wenn diese Rich-
tung durch einen Theodolitzug hinreichend genau ermittelt und der groBe
Magnet in dieselbe gelegt worden war, wird man bei der einmaligen Be-
stimmung des Durchschlages ein brauchbares Resultat erwarten konnen.
Je mehr die Richtung des groBen Magneten von der des Durch-
284
ZWOLFTES KAPITEL.
schlages abweicht, um so unsicherer fallt die einmalige Durchschlags-
bestimmung aus.
Man verfahrt deshalb folgendermaBen :
Nachdem in Fig. 233 die Richtung der KompaBnadel ^ — s1 gefunden
ist, welche nur allein von der Stellung des Hauptmagneten Nt — Sl bedingt
Fig. 233. Durchschlagsbestimmung mittels eines kraftigen Magneten.
wird, bringt man den Hauptmagneten mit Hilfe der Stundenscheibe in eine
der Richtung ^ — s1 parallele Lage = N2 — S2. Dadurch wird die KompaB-
nadel eine neue Stellung n.2 — s2 einnehmen. Giebt man dem Hauptmagneten
danach die Lage JV3 — S3 parallel zur Nadelstellung ?i2 — s2, so resultiert
die neue Nadelrichtung n3 — s.3 u. s. w.
Aus der Fig. 233 ist ersichtlich, daB die Stellungen des groBen Mag-
neten und der KompaBnadel sich immer mehr der Durchschlagsrichtung
nahern und zuletzt bei Fortsetzung dieser Methode in dieselbe hineinfallen
miissen.
181. 1st der gegenseitige Stand der Orter ganzlich unbekannt, so ist noch
eine Unsicherheit in der gegenseitigen Lage des Hauptmagneten und des
Kompasses vorhanden.
Wiederholt man namlich die Konstruktion der Fig. 131 und schlagt
mit dem Radius EA einen Kreis um E, verlangert AB iiber A hinaus
bis E'j so daB AE = AE' wird, und schlagt ebenfalls mit AE' einen Kreis,
so entsteht, wenn man noch der Reihe nach die geraden Linien CDO',
C' AC", CAC'", AE'B', C'"ff und C'B zieht, die Fig. 234. In jedem der vier
Punkte C, C', C", C'" kann bei derselben Lage des Hauptmagneten sich der
Kompafi befinden, da fur jeden derselben die GAUSS sche Konstruktion paBt.
Wendet man jedoch das oben beschriebene Naherungsverfahren an,
so reduziert sich die Anzahl der moglichen Standpunkte des Kompasses
auf zwei, namlich auf C und C'" oder auf C' und C".
Dieser Zweifel lafit sich heben, wenn man den Hauptmagneten auf
einem zweiten Punkte in moglichst rechtwinkeligen Abstande von der zuerst
ANWENDUNG EINES KBAFTIGEN MAGNETEN etc.
285
gefundenen Durchschlagsrichtung aufstellt und von neuem diese Kichtung
bestimmt, welche gegen die zuerst gefundenen konvergieren wird.
Fig. 234.
Die gewiinschten Operationen am groBen Magneten werden auf vorher
genau verabredete Signale ausgeftihrt, welche der Beobachter am Kompasse
durch Klopfen geben laBt.
Die Stabe des groBen Magneten sind zur besseren Erhaltung der
magnetischen Kraft in einer solchen Lage aufzubewahren, daB die ungleich-
namigen Pole nebeneinander liegen. Erst kurz vor dem Gebrauche sind
die Stabe so umzulegen, daB ihre Pole gleichgerichtet sind.
S a c h r e g i s t e r.
Abbaubezeichnung auf Rissen
207.
Ablesung am KompaB 41.
Abscissenlinie 187.
Abwagestabe 108.
Alhidade 106.
AITA, Nivellierinstr. 104.
Astatische Nadel 281.
Angabe des Nonius 132.
AnschluCdreieck 245. 247.
AnschluGmessungen 236.
ArretierungderMagnetnadel40.
Aufnahme von Grubenraumen
171.
Aufspannen des Zeichenpapiers
181. 203.
Aufsteigung, gerade, eines Ster-
nes 4. 4
Aufstellungsarm von BOUCHERS
99.
Aufstellungsarm von OTTO 150.
Aufstellung der Nivellierinstr.
98.
— des Theodoliten iiber Tage
137.
— des Theodoliten in der Grube
140. 149.
— Freiberger 147. 150.
Azimut u. Hohe eines Sternes 4.
Azimut einer Linie 13.
Azimutalwinkel, Ableitung des-
selben 188.
Basismessung 27.
Blase der Libelle 82.
BORCHERS, Zielvorrichtung 91.
— Aufstellungsarm und Signal
99. 154.
— Hangeniveau 35.
— MaBgestange 112.
— Magnetometer 267.
BRAUNSDORF, Hangezeug 64.
Breite, geograpbische 5. 6.
— eines Sternes 8.
Deklination eines Sternes 4.
— der Magnetlinie 17.
— absolute 255. 259.
Deklinatorium 255.
— von GAUSS 261.
Deklinationskreis 4.
Deklinationskarte 19.
Doppelnonius 133.
Doppelhangezeug von KRAFT
und SCHNEIDER 70.
Dosenlibelle 58.
Dreiecksnetz 164.
Dreifufi 76.
Durchschlagsziige 197.
Durchschlagsangabe 199.
— mittels eines kraft. Magneten
279 ff.
Eisenfreie Schnure 62. 71.
Ekliptik 8.
Elektrizitat im'Deckelglase des
Kompasses 183.
Empfindlichkeit der Rohren-
libelle 83.
— der KompaCnadel 44.
Entfernung, spharische 7.
Erde, Gestalt, DimensionenS. 6.
Erdkriimmung , Einfluil der-
selben 94.
Exzentrischer Theodolit 136.
161.
Exzentrizitatsfehler am Kom-
pass'42.
Fadenkreuz 81. 118.
Fallen, Fallwinkel 20. 172.
FarbenaufdenGrundrissen206.
Fehlerverteilung 211.
— mecbanische 214.
— im offenen Polygon 216.
— im geschloss. Polygon 222.
228.
- nach v. MILLER 225. 233.
Federhaken 76.
FeldmeCinstrument 56.
Fernrohr des Theodoliten 116.
— des Nivellierinstr. 79.
Fernrohrtrager 118.
Feuerlinie 173.
Fixieren derWinkelpunkte!40.
— der Schachtlote 242.
Flache Linie 19.
Flache Strecken u. Schachte,
Abteufen derselben 200.
Formulare fiir Nivellements 96.
— fiir Kompaflmessungen 168.
178. 197.
— fiir Theodolitmessungen 174.
178.
Freiberger Aufstellung 150.
Friihlingspunkt 9.
FUHRMANNS Hangezeug 69.
Fundamentalrisse 205.
FuBschrauben amTheodolit 116.
GAUSS, Deklinatorium 261.
— trig, und polygonom. Rech-
nungen 165. 212.
Gegenzug 20. 212. 214.
Geometrisches Nivellement 73.'
— Genauigkeit derselben 100.
Gnomon 11.
Gradbogen 29. 30.
— Aufhangepunkt am 31. 33.
— von KASTNER 34.
- von SCHNEIDER 35.
— von BORCHERS 35.
GRAFE, Schachtmessung 111.
Grubenaufnahme 172.
Grubenrisse 203.
Grundriii 206.
Haken am Gradbogen 31.
Hiingebogen von SCHNEIDER 35.
Hangebiigel 45.
Hangebussole von PLAMINECK
55.
HangekompaB von PENKERT 6 7 .
SACHEEGISTEE.
287
Hangelampe von WEISBACH
153.
Hangelibelle 108.
Hangeniveau vonBoRCHERs 35.
Hangezeug, Priifung desselben
45 ff.
- VOn OSTERLAND 53.
— von BRAUNSDORF 65.
- von FUHRMANN 69.
Hangezeug von KRAFT und
SCHNEIDER 70.
Heliotrop 139.
Herbstpunkt 9.
Himmelsaquator 3.
Hohe und Azimut eines Sternes 4.
Hohen- oder Vertikalkreis 4.
Hohenkreis am Theodoliten 120.
129.
- mit Alhidade 120.
Horizont, wahrer und schein-
barer 2.
— Depression desselben 57.
— kunstlicher 128. 161.
Horizontalwinkel, Messen des-
selben 133.
— mit exzentr. Fernrohr 136.
Horizontalstellung derNivellier-
instrumente 77.
- der Theodoliten 135.
HuYGHENSSches Fernrohr 80.
llluminatorendesFadenkreuzes
102.
Indexfehler des Hohenkreises
129.
JUNGE, Goniometer, Signal 147.
148.
Justierung der Nivellierinstr.
84 ff.
— des Theodoliten 123 ff.
KAwERAUsche Spreize 99.
KELLNERS orthoskopisches
Okular 80.
Kleister zum Aufkleben der
Risse 204.
Kokonfaden 255.
Korner, Kornerpunkte 144.
Kollimatorablesung 255.
Kollimationsachse 256.
Kollimationsfehler am Hohen-
kreis 129.
KompaC 36.
— verglichen mit dem Theo-
dolit 167.
- Fehler am, 42.
KompaCbuchse 39.
KompaCnadel 39.
— Arretierung derselben 40.
Kompafieinteilung 40. 41.
Kompafi im Hangezeuge 45 ff.
Kompaftring 46.
— stabchen von LEHMANN u.
REICHELT 66.
Koordinaten 186ff.
Koordinatenverwandlung 191.
Kopieren von Rissen 209.
Kreuzhangezeug von ROSSLER
38.
Kreuzschniire 63.
Kugelgelenk 78. 146.
Kugelaufhangung fiir Nivellier-
instr. 78.
Kulmination 3.
Jjage, erste und zweite des
Fernrohrs 134.
Lattenprobe des Hangezeuges
50.
Latten zum Nivellieren 87.
Lange, geographische 5.
Lange eines Sternes 8.
Legebrett 83.
LEHMANNS KompaCstabchen
66.
Limbus, Limbusachse 116. 126.
Lochsteine 166.
Lotinstrument von NAG EL 249.
Luftblasenniveau 74ff.
Lupen an den Nonien 117.
Magnetlinie 16.
Magnetometer mit Skala und
Linse 255.
- mit Spiegel und Skala 261.
— transportables v. BORCHERS
267.
Magnetisierender KompaBnadel
44.
Markscheiderbock 26.
Markscheidertheodolit 115.
Markscheiderlampen 176.
Markscheiderzeichen 170.
Markscheiderziige 168.
MaCgestange von BORCHERS 112.
Maftstab der Risse 180. 205.
Meridian 3.
Meridianbestimmung 12 — 15.
Meridiankonvergenz 16.
Meflband aus Stahl 24. 111.
MeBstabe 22.
Messen von Langen 22 ff.
Messen von Horizontal- und
Vertikalwinkeln 133.
Messen von Schachttiefen 109.
Mefistabe aus Holz und Eisen 2 2.
Meterkette 21.
Multiplikation der Winkel 134.
Nadel im KompaC 39.
Nadir 2.
Nachtbogen der Gestirne 3.
Nivellieren 73.
Nivellement, einfaches 92.
— zusammengesetztes 95.
— aus der Mitte 92.
- aus den Endpunkten 94.
- geometrisches 130. 131.
Nivellementsformulare 96.
Nivellierinstrumente 74.
— Priifung und Berichtig. der-
selben 84 ff.
Nivellierinstrument von AITA
104.
Nivellierlatten 87.
— fiir die Grube 90.
Nonien 117. 132.
Nonienblenden 118.
Normalhorizontale 98.
Normalstunde 71.
Nutation 11.
Objektivlinse 80.
Okular 80.
— Geradfiihrung desselben 125.
Okularprisma 119.
Optische Achse des Fernrohrs
84. 124.
Orientieren eines Risses 180.
Orientierungslinie 168.
Orientierungsbussole 263.
Orientierungsmessungen 236.
- durch zwei Schachte 238.
— durch einen Schacht (Lot-
verfahren) 244 ff.
— durch einen Schacht (mittels
des Magneten) 254 ff.
OsTERLANDsches Hangezeug 53.
i antograph 210.
Parallelitat der Magnetlinien
278.
PENKERTS zentrierbarer Hange-
kompafi 67.
Phototrop von CHOULANT 155.
Pfriemen 21.
PLAMINECKS Hangebussole 54.
Plattenrisse 204.
Polarkoordinaten 192.
Polarstern 3. 14.
Polhohe, Bestimmung derselben
3. 7.
Polygon, offenes u. geschlossenes
187.
Prazession des Friihlingspunk-
tes 10.
PREDIGER, Fehler beimZulegen
182.
— Prufung des Okulars 125.
Quadratnetz 181. 195. 210.
Quecksilberhorizont 252.
288
SACHRE GISTER.
RAMSDENsehes Okular 80.
Refraktion 94.
REICHELTS KompaBstabchen 65.
Rektaszension eines Sternes 4.
Repetitionstheodolit 117.
Repetieren der Winkel 134.
Reversionslibelle am Nivellier-
instrument 87.
— am Theodolit 131.
Rollrisse 203.
Schachtmessungen am Draht
109.
— mittels MeCrades 110.
— Kette und MeBbandes 111.
- MaBgestanges 112.
Schachtangabe 202.
Schachtlotungen 239.
Schiefe der Ekliptik 8.
SCHMIDTS Lotverfahren 241.
Seigerlinie und Punkt 19.
Seigerteufe und Sohle 20.
Setzniveau und Latte 105.
SetzkompaB 37.
Skala, Skalenteil 257.
Signale fur Theodolit iiber Tage
138.
— in der Grube 152.
Signal von BOUCHERS 154.
— CHOULANT 155.
— VIERTEL 156.
Signale, Beurteilung derselben
159.
Sohle, sohlige Linie 20.
Solstitialpunkte 8.
Spiegel, an der Rohrenlibelle
77.
— an dem Magnetstab 255.
261.
Spreizenschraube 147. 149.
Standplatte der Zentriervorrich-
tungen 142. 144. 149.
Steigerhangezeug 56.
Sternentag 9.
Streichen einer Linie 20.
— Bestimmen derselben 71.172.
Streichsinus und -cosinus 20.
Stunde, Streichen in 20.
Stunde hangen 173.
Stundenkreis 4.
Stundenwinkel eines Kreises 4.
Stundenring 52.
Stundenscheibe 183. 280.
Stuck vermessung mitdemKom-
paB 196.
Tagebogen der Gestirne 3.
TaschenkompaB 56.
Taschentheodolit von BREIT-
HAUPT 122.
Telleruntersatz von WEISBACH
145.
Teilkoordinaten 190.
Theodolit 114ff.
Theodolitfernrohr 119. 130.
131.
Tonnlage 20.
Tonnlagige Schachte 113. 160.
Transporteur 185.
C
bertragung vonSeigerpunkten
197. 201.
Untersatze fiir Theodoliten 145.
Variation der Magnetnadel 17.
255 ff.
Verlorener Punkt, Pfahl 202.
Verscharftes Beobachten der
Streichwinkel 71.
Vertikalwinkel 129. 137.
Vertikal- oder Hohenkreis 4.
VIERTEL, Signal 156.
VisierkompaB 57.
YV ahrzug 10.
WEISBACH, Setzniveau 105.
— Hangelampe 153.
Weltachse 2.
Weltgegend am KompaB 40.
Widersinnige Beaifferung 40.
Winkeltrommel 59.
Winkelspiegel 60.
Winkelwert eines Skalenteils
257. 261.
/Japfensignale 146.
Zeitbestimmung 10.
Zeiteinteilung 7.
Zenith 2.
Zenithdistanz 4.
Zentralschraube 76. 138.
Zentrierbrett 143.
Zentrierlot 140.
Zentrierspitze oder -Stift 116.
143. 251.
Zentrieren der Theodoliten
137.
Zentriervorrichtung von CHRIS-
MAR 142.
- von BORCHERS 144.
Zielscheiben an Nivellieiiatten
89.
Zielvorrichtung von BORCHERS
91.
Zirkumpolarsterne 3. 14.
Zug oder Markscheiderz. 20.
Zulegeplatte 55.
Zulegen mit dem Kompafi 180
bis 182.
— mit der Stundenscheibe 183.
— mit dem Transporteur 185.
— nach Koordinaten 195.
Berichtigungen.
Seite 62. In Fig. 70 fehlt an der Linie be die Stunde 4. 3. 4.
„ 82. In Fig. 97 sind die Buchstaben r und s zu vertauschen.
„ 186. In Fig. 182 fehlt der Buchstabe C.
„ 215. In Fig. 195 fehlt der Buchstabe .
Berichtigimgen.
Seite 7 Abs. 4 Zeile 3. Hinter dern Worte ,,beiden" ist einzufiigen: ,.mit Beriick-
sichtigung der astronomischen Refraktiou ermittelten".
„ 10 Zeile 1 v. o. Hinter ,.Gang" einzufiigen ,,und Stand".
„ 12 Zeile 8 v. u. Statt dFc = bFa lies dFc, bFa.
„ 13 Zeile 4 v. o. Hinter dem Worte ,,dann" ist einzufiigen: ,,den Winkel
C A Nord und aus 360 °— C A Nord findet man".
„ 16 §. 9 Zeile 2 v. o. Statt der Worte: ,,Eine — Magnetnadel" lies ,,Eme
frei schwingende Magnetuadel, deren Schwerpunkt unterstutzt ist".
„ 17 Abs. 2 Zeile 2 v. o. Statt ,,es" lies ,,dieselbe".
„ 20 Abs. 1. Hinzuzufugen : ,,Uuter der Tonnlage von Schachten versteht
man den Winkel, welchen die Mittellinie des Schachtes mit der Vertikalen
einschliesst."
„ 24 Zeile 6 v. u. und Seite 25 Zeile 5 v. o. Statt ,,dehnen" lies ,,strecken".
„ 27 Zeile 2 v. u. Statt ,,bringt" lies ,,weist",
„ 39 §. 21 Zeile 11 v. o. Die Worte: ,,und mit einem Querstrich versehen"
sind zu streicheu.
„ 49 §. 25. Der hier besprochene Feliler vergrossert sich stets mit der Neigung
der Sclinur, abgeseheu von ihrer Richtung. Er verschwindet n i ch t bei
Schniiren, welche in Stunde 12 streichen und das in §. 25 darauf beziig-
lieh Gesagte muss wegfallen.
„ 52 Zeile 7 v. o. Statt ,,Zahler" lies ,,Nenner".
„ 62 In Fig. 70 fehlt an der Linie be die Stunde 4. 3. 4.
„ 73 §. 42 Zeile 3 v. o. Statt ,,Horizontalebene" lies ,,Niveauflache".
„ 74 Zeile 5 v. o. Statt ,,Veranderlichkeit'* lies ,,Aenderung".
„ 79 Zeile 5 und 10 v. u., sowie §. 81 Zeile 5. Statt ,,im Brenupunkte" lies
,,innerhalb der Brenuweite".
„ 82 In Fig. 97 sind die Buclistaben r uiid s zu vertauschen.
„ 86 Die Zeilen 3 und 4 v. u. sind zu streichen.
„ 91 Abs. 2 Zeile 3. Statt ,,ein Nonius" lies ,,eine Millimeterteilung" .
„ 128 Die Priifungsmethode am Schlusse des §. 86 gehort unter §. 81 und die
Korrektion muss am Fadenkreuz bewirkt werden.
„ 160 Zeile 11 v. u. Statt ,,unbequem" lies ,,bequem".
„ 169 Zeile 2 v. u. Das Wort ,,einiger" ist zu streichen.
„ 171 Zeile 7 v. o. Statt ,,dem" lies ,,demselben" und hinter den Worten ,,Kom-
pass oder" ist einzufiigen ,,mit einem Transporteur, mit einem anderen
Kompass oder auch".
„ 186 In Fig. 182 fehlt der Buchstabe C.
„ 188 Zeile 15 v. o. Statt ,,Brechungswinkeln der Polygonseiten" lies ,,Poly-
gonwinkeln".
„ 215 In Fig. 195 fehlt der Buchstabe y.
„ 255 Zeile 1 v. o. Statt ,,des magnetischen Meridians" lies ,,der Richtung1
der Magnetlinie".
„ 256 Zeile 8 v. o. Die Worte ,,Normallinie oder" sind zu streichen.
„ 258 Zeile 3 v. o. Statt ,,die" lies ,,der".
„ 259 Zeile 2 v. o. Hinter den Worten ,,ein kleines Gewicht" sind die Worte
einzufiigen ,,welches geuau so schwer ist, wie der Magnetstab und".
Abs. 2 Zeile 6. Statt ,,Lage" lies ,,Hohe".
„ 274 §. 174 Zeile 4. Statt ,,Normallinie" lies ,,Collimationsachse".
„ 278 Zeile 9 v. u. Statt ,,nach Westen und Osten" lies ,,von Westen nach
Osten".
„ 280 Zeile 3 v. o. Statt ,,dieser" lies ,,dieses".
Brathuhn, Markscheidekunst.
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