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Full text of "Magazin für die gesammte Thierheilkunde"

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Magazin 


F E für die 


geſammte Dierheilkunde. 


Herausgegeben 


Dr. ©. F. Gurlt 


Dr. ©. 9. Hertwig, 
Profeſſoren an der Königl. Thierarneifchule zu Berlin. 


Dreizehnter Yahrgang. 
Mit vier Tafeln Abbildungen. 


[2 


(Preis des Jahrganges von 4 Quartalheften, jedes mit Abbildungen 
verfehen, 23 Rthlr.) 


— ee — 


Berlin, 1847. 


verlag von Ausuſt Sirſchwald. 
(Burg⸗Straße Nr. 25.) 
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xiv. 


Inhalts-Verzeichniß 
u ea Yahrganges. 


Tabatt des een Onariatheftes. | ven 
Ueber Schafpaden, deren Impfung nnd Anomallen. Bou Erdt. 1 


Beſchreibung zweier Mißgeburten. Von vHerins⸗ Di Ab: 
 Bilbungen.) .. ... 69 
Nueber. einige Gingewelbeniiraner.. Sr Gar. (Rit WEbil.) 74 
..Weber. Die. blaue. Mil der Kühe. Auszug aus.bent Rocueil 


de. möd. veter. Bon bemfelben. desnoneunse .“eoee 17 


nn membrandfe Erzeuguifie ans dem Dormlandl Yes Rins 


Bon bemfelben. ..... 666 

* Be Don pubaq. EEE 83 
Das Erbrechen, .. beobadiel. bei der Wind⸗Kolik das .. 

= Bow. enſelee DL 


gwel Fälle aus der Brarie, Den, Kuguer. 


1) Enorm vergrößerte Riere bei einem Pferbe iccreeceiı. 95 
. 2) Zerreißung bes: Mafttarme durch einen Stein... .. 99 


: Borlommen son’ Sefdtvürbifdung im Diddarm eines Mferdes, 


. ala Beitrag ‚zur pathologiſchen Anatomie. Bon Spaethe. 105 


. Harnverhaltung, -veranlaßt durch angeſammeltes — in 


ber ‚Eichel bei Einhufern. Bon demfelben.: ...... 108 


Beachtenswerihe Lahmhelt bei einem Pferde. Bon Flothe 
.. . Mann. PUT —— zZàʒ* — ⸗— ⸗ „ ⏑ veoose dine suholelsose.e 109 


Mittheilungen über Magengerteißungen bei Pferden, Bon 


xm. Literariſche Anzeigen. Haupt, über einige Seuchenfranfheiten, 


Schmolke.... ν T TIER TT) Seesen eesinneee 114 


Bon Heriwig. ............. anersenntungenengaenennnee 120 
Rau Literatur, Bon bemfelben. — . 127 


— IV — 


Inhalt des zweiten Quartalheftes. 


L Zur Typhologie. (Als Fortſetzung des von mir im XII. Bde. 
3ten Heftes des Magazins Mitgetheilten.) Bon Falke. ... 129 


Seite 


1. Das Crotonoͤl als Purgirmittel. Bon demſelben........... 178 
I. Beiträge zur pathologifchen Anatomie und gerichtlichen Thier⸗ 
heilfunde. Bon Lindenberg. „.ooeussaoocsonensnnnnnnncen 179 


1) Verſtopfung des. Labmagens bei einer Ruh mil —— 
ten groben Futterſtoffen, Durchſtoßen der Haͤute deſſelben 
an der linken Wand und Ginfchieben von Futterſtoffen 
zwifchen die Blätter des Nebes, „u. ..nuceronnncnenonennen 179 
2) Öypertrophifcge Grmeitaug der rechten Brfammer und 
variföfe Auftreibung der venöfen Gefäße des Herzens, Ber 
reißnng einiger der letzteren und Ergießung von Blut in 
den Hezibentel. zu. ne 184 
3) Aneurysmatifche DBergrößerung ober. vielmehr Berflopfung 
der Arteria pulmonalis durch eine in berfelben ausge: 
ſchwißte plaſtiſche Waffe, bei einer Kuh. areoononrccnon.. 186 
4) Verwachſung ber Hanbe mit dem Zwerchfell, diefes mid dem 
.Herzbentel. und des letzteren mit dem Herzen bei einer 
. Kuh, Durch einen Nagel von der Hanbe aus herbeigeführt 
IE Wi RD 99 
5) Ausgebehnte Verwachſung der oben Wand des Blinddarms 
‚mit ben Mieren und deu Lenbeumnsfeln, — Aneuryema 
. .ber vorderen Gekroͤsarterie, VBerflopfimg: und Zerreißung 
.. des.genannten Darms bei einem Pferbe.. vun .conenuue ..19 
6). Eutzündung der Harnblafe und. volliommene Lülmıng des 
....ganzen. Körpes bei einem Pferbeo....neccnososeonennenne 200 
7) Ein Fall von Paraplegia 'nervosa bei. einem Pferde ..,.. 206 
8) Bollfonunene Lähmung des ganzen Körpers hei einer Kuh, 
. „In Zolge von Hartnädiger Verftopfung bes britten Magens. 210 
9) Ein Zall bei einem Schweine, wo nach einem überſtandenuen 
gaſtriſchen Leiden beide Ohren trocken und brandig wur: 
ben und baum abfielem. ....c.ccccsucsosasunsensaonerennee 212 
10). Uebel abgelaufene Caſtration bei einem Läßrigen Fohlen.... 213 
14) Verwachfung faͤmmilicher Baucheingeweide unter einaitber 
‚and. mit den Bauchwandungen bei Schweinen. .......... 218 


IV. Gigenthäntige Luhmhelt an ben Hinterfchenfein der Pferde, 
"2. orgengt- durch die Zerreißung des vordern Schienbein und des 
voten‘ Wabenbeinmuskels. Von Hertwig. (Hlerzu die 
Abbildung auf Taf. IL) ............................... 221 


V.: Protdkoll Aber die zu Brühl am 28. u. 29. Auguft 1846 abge⸗ 
haltene General⸗Verſamml. des Vereins deutfcher Thierärzte. 235 


v1. 
Prüfung ber Vichfaftrirer und ver Abdeder. ee ee 256 
vi. Perfonal: Notizen. ee unse esr 259 
Anhalt des dritten Quartalheftes. 
1. Bon den Steinen und Eonrreinmten im Körper ber Haus- 
" fänrgeibleve, - Bon Zürftenberg........ ........ ect 201 
N. Kranlheit bei Schweinen. Bon Eurdk.. ................ 292 
I. Geringe Erfahrung über Crotondl. Von demfelben....... .... 296 
IV. Beitrag zur Wirkung des Crotondts als Purgirmitiel bei 
Pferden Bon Späthe.....- ee 299 
V. . Zur Pathologie des Schweines. Bon Rehrs. ... our... 306 
VI. Zwei Auffäge. Bon Hull. ... 318 
1. Bildung von Zähnen an. ‚ungewöhnlichen Orten... ..... 318 
2. Otterbißdergiftung bei einem Hunde vurch — 
einfache Behandlung beſeitigt........ .... 322 
VI. Sechſter Bericht über die zur Ermitielung der Anftekungs- 
Fähigkeit und -Selegenheitö-Urfachen der Lungenſeuche des 
Rindviehes angeſtellten Berfuche. Bon Wirich.......... 324 
VII. Siebenter Bericht u. |. w. ..... 341 
IX. Krankheits-Erſcheinungen bei einem an chroniſcher Hufgelenk⸗ 
entzündung (chroniſcher Hufgelenklähme) leidenden Pferde. 
ea 364 
X Rang und Avancement ber Militair⸗Thierärzte in Belgien..... 372 
X. Zur Beſchälkrankheit. Bon Hertwig..................... 373 
XII. Obrigkeitliche Anordnungen................................ 394 
XII. Perſonal Ronzennn 395 
Jahalt des vierten Quartalheftes. 
J. Ueber das Verhalten des Muttermundes bei der Begattung 
(Bedeckung) der Stuten. Bon Träger, —............. 397 
u. Meberfruchtung eines Schafs. MitgetHeilt von Chriftiani. 402 
II. Ueber das Kalbefieber. Bon Kniebuſch. ................. 405 
IV. Mittheilungen aus der Praxis. Bon Seen .......... ..... 412 


Vorſchriften der Koͤnigl. Preuß. Miniſterien, betreffend: die 


— V — 


% 


Seite 





V. 


VIII. 


et, I 


Seite 
(Anenryema der Grimmbdarmarterie beim Pferde, Bauch⸗ 
fellentzündung bei einer Ruh, Tollkraukheit bei Rindern.) 


Mittpeilungen aus der Praris Bon Linpenberg.......... 428 


1) Ueber fremde Körper im Schlunde und beren Entfer⸗ 
nung. 

2) Krämpfe, ber Fallſucht ähnlich, bei einer Kuh durch 
Berlegung der Zuuge und mechanifche Reibung eines 
Bungennerven burch den letzten Backenzahn herbeige⸗ 
geführt. Weber Bahnfpiken. 

3) Hartnädige Verſtopfung bei einem Dchfen durch einen 
Kotkball in Mafldarın, 

4) Zerreißung bes Zwerchfelles und Grflidungstob bei ei- 
nem Pferbe. 

Achter Bericht über bie zur Ermittelung der Auſteckungsfaͤhig⸗ 

keit und Gelegenheitsurfachen der Lungenſenche des Rind⸗ 

.. viehes angeftellten Verſuche. Bon Ulrich. ........... 453 
Neunter Bericht hierüber. Bon demfelben........... uenoence 467 
Anatomie ber — Bon Gurlt. (Hierzu Abbild. auf 

Taf. IV.).. rien 6— 

Kritik. Sandbug der Bettrinäe- Opbtöalmelogie, für Thier 
ärzte, vom Dr. I. F. Müller in Mainz. Braunſchweig 

1847 bei ©. Weftermann. Don Gerlach, eueenocnucccr 495 


; Perfonal- Notizen. DETEIEIEELETTUIEITEIITIUORT — 627 
Neue Literatur. Von Hertwig. „ce. ⸗⸗⸗⸗620 





gefammte N 


(XI. SJabrgand. M. Stüd.) 





J. Ueber Schafpoden, deren Impfung und 
Anomalien. 


Don W. E. A. Erdt, Königl. Departements⸗Thierarzt in Eöslin. 
Einleitung. 


D, Natur hat bei jeder einzelnen ihrer Schöpfungen viele 
und wunderbare Geheimnifje, ‚mit deren Enthüllung fie fehr 
vorfihtig und ſparſam zu Werfe geht; fie entdedt biefelben 
in feiner Weife dem Auge des Beſchauers auf einmal, fon- 
dern fie vertraut fie nur einzeln nach einander, fih immer 
noch etwas vorbehaltend, dem menfchlichen Yorfchergeifte als 
Lohn für Freundfchaft, Treue und Eifer. Es ift Daher fein 
Gegenftand in der Natur, wo die Veranlaſſungen zu weis 
tern Forſchungen als abgefchlofien zu betrachten wären, es 
ift Teiner fo einfach, unbedeutend und enthält, als daß in 
ibm nicht noch ein reicher Schatz von Geheimniflen ver- 
ſchloſſen wäre, die bei treuer und eifriger Forſchung eine 
reiche Ausbeute an Entdeckungen verfprächen. Aber der 
Eifer darf nie übertrieben, nie vworeilig fein, er darf nie ohne 
Treue und Licht and Werk feiner Forſchung gehen,. fonft 
taͤndelt die Natur mit ihm, fie täufcht ihn wie ein unvorfich- 
Mag. f. Thierheift. KIM. 1 


— 2 — 


tiges Kind, fie führt ihn auf Irrwege, von denen er nur 
mühfam nach vielem Straucheln zurüd zu bringen ift. 

Wollen wir diefe Reflerionen auf die Schafpoden an- 
wenden, fo finden fie auch bier ihren Boden, auf dem fie 
tiefe Wurzeln fchlagen, einen Boden, auf dem das Unfraut 
in großer Maſſe, unter wenigen guten Früchten, hervorwu⸗ 
chert. Es ift ung daher in den Schafpoden ein wiſſenſchaft⸗ 
lich praftifches Feld gegeben, auf dem der guten Früchte noch 
viele zu erndten find, fobald das Unfraut ausgejätet und bef- 
ferer Saamen gefät worden, fobald Fleiß und Arbeit die Eul- 
tur diefes Feldes hebt. Der Gegenftand ift in theuretifcher, 
wie in praftiiher Hinficht wichtig genug, daß es fich 
der größten Mühe und Aufmerffamfeit belohnt, die Natur 
und das Wefen vefielben in jeder Beziehung fennen zu ler⸗ 
nen; er ift wichtig genug, daß auch die geringfte Beob- 
achtung und Entdeckung, die zu feiner nähern Befanntichaft 
führt, veröffentlicht zu werden verdient. 

Daher habe ih denn auch nicht Anftand nehmen zu 
dürfen geglaubt, biefen Gegenfland wiederum einmal näher 
in Betrachtung zu ziehen und einiges aus meinen 15jährigen 
Erfahrungen bei vielfacher und mannigfaltiger Befchäftigung 
mit den Schafpoden, mitzuthellen, befonders infofern e8 ges 
eignet ift, den Blid in die noch vielfach verfchleierte Natur 
diefes Eranthems zu erweitern, veraltete Vorurtheile und 
Irrthümer, die fo oft zu Mißgriffen und Schaden führen, 
zurüd zu drängen. 

Die nächſte Beranlaffung hierzu iſt in dem Vorſte⸗ 
henden angegeben, doch auch die Aufſätze in dem Magazin 
für die geſammte Thierheillunde von Gurlt und Hertwig 
Zten Jahrganges Ates Quartalheft, 4ten Jahrganges Ites 
Quartalheft, bien Jahrganges Ztes Quartalheft und Sten 
Jahrganges Ites Quartalheft, fo wie in der mediciniſchen 
Zeitung 5ten Jahrganges Ro. 41, von Steiner, Curdt 
und Sid haben mich gefpornt, zum Auffchluß der dafeldft in 


— 3 — 


Frage geſtellten Beobachtungen einen Beitrag zu liefern. Wie 
weit ich dieſe Aufgabe gelöft, überlaſſe ich dem Urtheile aller 
Fachgenoſſen, da unfer zu früh verftorbener, wißbegieriger Stei- 
ner leider nicht mehr antworten kann. In einer Beziehung 
thut es mir_leid, das nicht fehon früher, al8 er noch unter 
ben Lebenden war, die Zeit mir geftattete, auf feine Fragen 
einzugehen, da ich glaube, daß meine hier mitgetheilten Beob⸗ 
achtungen geeignet find, die von ihm aufgeftellten Räthfel 
theilweife zu löfen, in anderer Hinficht ift es mir indeß lieb, 
daß dies nicht gefchehen, indem nach der Zeit meine Beob⸗ 
achtungen fich vervielfältigt haben. Die von Curdt und 
Sid gelieferten Repliden hatten unfern Steiner nicht zus 
frieden geftellt; e8 würbe mir zur befonderen Genugthuung 
gereichen, wenn andere, mit dem Gegenftande mehr vertraute, 
Fachgenoſſen mir fagen wollten, wie weit Steiner mit mei- 
nen Mittheilungen hätte zufrieven fein können und wenn fle 
hierneben die Sache zur weitern erfchöpfenden Erörterung 
brächten. 

Den Gegenſtand dieſer Mittheilungen habe ich bisher 
keinesweges oberflächlich behandelt, oder außer Acht gelaffen 
md das was ich darüber ald neu und intereffant beobach- 
tete, jederzeit mitgetheilt, ich habe es in aphoriftiichen Bes 
merkungen meinen Veterinärberichten anvertraut, aber auch 
im Sntereffe ver Schafzüchter und zur Vertheidigung ber In⸗ 
tegrität des thlerärztlichen Standes, gegen Anmaßung und 
Arroganz, in einer mehr umfafjenden Abhandlung über Schaf⸗ 
poden, meine Anftchten und Beobachtungen, ſoweit fie dem 
Zwede anpafiend waren, in der landwirthſchaftlichen Monats, 
fehrift, herausgegeben vom Hauptdirectorio der Bommerfchen 
Beonomifchen Gefellfchaft, rebigirt von Dr. Earl Sprengel 
L. 3. 2te8° Heft, niedergelegt. 


1* 


A. Betrachtung der natürlichen Pocken. 
1. Ihr Entſtehen und periodifches Erfcheinen. 


So weit meine Beobachtungen reichen, fo will es 
faft feheinen, al8 ob die Schafpodenfeuche, faſt, wie Sid 
angenommen bat, in unferen Gauen von 8 zu 8 Jahren 
d. h. wo in einem weiten Umfreife feine alljährliche Schuß- 
impfung ftatt findet, wiederkehrt. Wenn fie auch nicht dieſe 
regelmäßigen Perioden inne hält, fo ift e8 doch außer Zwei- 
fel und durch mehrfache Beobachtungen zu erweiſen, daß fie 
mindeftend uns in der Zivifchenzeit von 7 bis 12 Jahren 
ihren Befuch wiederholt. Da wo allgemeine, oder vereinzelte 
Echugimpfungen der Schafzucht alljährlich ftatt finden, Tann 
von diefer Regel nicht die Rede fein, denn in Bezirken diefer 
Art ift fie gleichfam ftationär und fo verhält es fich jest na⸗ 
mentlich in meinem Wirfungsfreife. 

Die Borken erfcheinen oft mitten in einer ©egend, wenn 
in Umfreifen von hunderten von Duadratmeilen feine Spur 
der Seuche zu finden ift, und fie binden fich in dieſer Bezie- 
hung an feine Jahreszeit, fe finden fich auf diefe Weiſe in 
den heißeften Sommer= wie in den Fälteften Wintertagen, 
gleich viel, ob das Vieh im Stalle oder auf der Weide ift. 
Sie verbreiten fich von einem ſolchen Punkte, wie die Radien 
eines Kreifed nach allen Richtungen hin, machen aber auch 
zuweilen auffallende Sprünge in entfernte Gegenden bin, wel⸗ 
ches in der Ylüchtigfeit ihres Contagiums liegt und burch 
die Atmosphäre, jo wie durch Zwifchenträger und den Schaf- 
verfehr, bedingt wird. Die Wärme begünftigt ihre Verbrei- 
tung, jo wie die Kälte fie hindert. Ihr Contagium ift je- 
denfalls noch flüchtigerer Natur, als das der Rinderpeſt, da- 
gegen nicht fo ficher haftend und in fo beftimmtem Zeitraume 
wirfend, als das der Leptern, auch wohnt den Schafen nicht 
durchgehends eine fo unbedingte Empfänglichkeit für das Pok⸗ 





oe 


fencontagium inne, wie der Gattung Bos Taurus domesticu 
für das der Rinderpeft. 

Für diefe Anfichten fprechen genügenbe facta, doch über 
das Wie und Woher die Entſtehung folcher Pockenkranlheit 
fommt, darüber haben wir feine aufflärenden Thatfachen und 
es bleibt uns dies eben fo dunkel, wie den Menfchenärzten 
jene Fragen in Beziehung auf die Menfchenblattern, die un« 
gleich länger und mehr von Sachverftändigen beobachtet wor⸗ 
den find, al8 die Schafpoden. Liegt es in der Natur und 
dem Wefen der Schafe tief begründet? Liegt es in der In⸗ 
dividualitaͤt einzelner Thiere, in kosmiſchen, tellurifchen, mias⸗ 
matifchen oder Lofalverhältnifien? gleichviel, wir wiſſen es 
nicht und es fcheint dies eins von denjenigen Geheimniſſen 
zu fein, welches die Natur eiferfüchtig fich vorbehalten hat. 
Wir wollen vorläufig auch dies Geheimniß ehren, infofern 
die Natur es fich zum Geſetz gemacht hat, den forfchenden 
Menſchen nicht überall hinter ihren Vorhang fehen zu laflen. 

Im Publikum Herrfcht der Glaube, der auch hin und 
wieber bei Sachverfländigen Eingang gefunden hat, daß die 
Schafpoden aus Hafenpoden entftünden, indem die Schafe 
durch podenfranfe Hafen angeitedt würden, da man allge= 
mein die Beobachtung gemacht hat, die ich wegen der dafür 
fprechenden vielfachen Argumente keinen Augenblic bezweifeln 
fann, daß zur Zeit allgemeiner Ausbrüche der Schafpoden 
viele oft in» und auswendig mit Poden dic beſetzte Hafen 
tod gefunden oder erlegt werden. Doch kann Hier mit glei- 
her Zuverficht angenommen werden, daß die Hafen von pol- 
fenfranfen Schafen angejtedt wurden, als umgefehrt, da Feine 
einzige Beobachtung, nicht einmal ein Verfuch, ob Hafenpof« 
fen auf Schafe geimpft, bei diefen Poden erzeugen, für das 
Gegentheil fpricht. Der erflere Fall gewinnt für jest ſchon 
infofern mehr Wahrfcheinlichkeit, da Curdt in feinem in der 
Einleitung eitirten Auffag erwiefen hat, daß Schafpoden auf 
Hafen wenigftens übertragbar feien, was mir bei meinen vor 


— 6 — 


mehreren Jahren und bei mehren jungen Haſen ſchon in 
derſelben Weiſe wie von Curdt, mit allen Vorſichtscautelen, 
angeſtellten Verſuchen nicht gelingen wollte. Waͤre nun aber 
in der That die Anſteckung der Schafe durch Haſenpocken die 
alleinige Urſache des Entſtehens der Schafpocken, ſo waͤren 
wir zwar hiermit im Reinen, es würde aber hieraus dann 
die natuͤrliche Frage entſtehen: wie und woher entſtehen dann 
die Haſenpocken? und die Loͤſung dieſer Frage, wuͤrde unſtrei⸗ 
tig noch mehr Schwierigkeiten finden, als dieſelbe in Bezug 
auf die Schafpocken, vorausgeſetzt, daß fie noch nicht gelöft 
fel. Meberhaupt finden Krankheiten unter Thieren, die im 
Raturzuftande leben, ein fo Häufig und in fo großer Mans 
nigfaltigfeit ftatt, al8 unter den durch die menfchliche Despo- 
tie ihrer Ratur entfrembeten Hausthieren, und ift dies wie- 
berum ein Argument mehr für die Wahrfcheinlichfeit der Ent- 
fiehung der Hafenpoden aus den Schafpoden. Schon: feit 
vielen Sahren bin ich emfig bemüht gewefen, pocken⸗ 
franfe Hafen zu erreichen, um von ihnen Smpfverfuche auf 
Schafe zu machen, aber auch die Krankheit bei ven Hafen 
fennen zu lernen, indeß fo nah ich oft der Erreichung dieſes 
Zwedes war, fo gelang e8 mir doch nie vollfiändig; doch 
habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben und fordere meine 
Collegen hiermit auf, diefem interefianten Gegenftande auch 
ihrerfeits Aufmerkfamfeit zu widmen. 


2. She Berhalten und Berlauf. 


Man fpricht fehr viel von Bösartigfeit der natürlichen 
Boden und fchildert fie ſtets bösartiger, als die geimpften, 
womit man fagen will, daß ihre Anſteckung allgemeiner iſt, 
demnach eine allgemeinere Eruption des Fritiichen Kranfheits- 
ftoffes und fomit einen allgemeinern heftigern Krankheitszu- 
fland, der fehr tödlich wirft, zur Folge hat. Dies liegt aber 
keineswegs in der Berfchieenartigfeit der Natur der natür- 
lichen und Tünftlichen Boden, fondern lediglich in andern zus 





— 7 — 


fälligen Umftänben begründet. Der ganze Unterſchied den 
ich zwiſchen diefen Pocken Fenne, befteht in der naturgemäßen 
Entwidelung des Eranthems nach Verſchiedenheit ver Aufs 
nahme des Contagiums durch das Individuum, abgefehen 
von dem urfprünglichen Ausbruch der Krankheit, über den 
wir bisher noch nicht urtheilen können. Da bei der natür« 
lichen Imfeetion, eine allgemeine Aufnahme des flüchtigen, 
die Luft ſchwaͤngernden Pockencontagiums durch die Haut und 
Reſpirationswege ftatt findet, fo entwickelt fi) auch mehr eine 
allgemeine Krankheit, die ihr Eritifches Product in alle Rich⸗ 
tungen des Organismus verfendet, und es hier, bei günfti- 
gen Umſtaͤnden, d. b. bei einer angemefien warmen Tempe⸗ 
tatur und Vermeidung von Erfältung und Naͤſſe in Form 
von Heinen Inmphearmen Blattern auf der bedeckenden Haut 
ablagert. 

Anders verhält. es ſich mit den künſtlichen Boden, bier 
findet bei einer Verwundung mit der Impfnabel eine nur 
Örtliche Infection ftatt. Die Lymphe, als eine frembartige 
Materie, verurfacht einen Reiz in der Wunde, noch ehe fe 
ins Blut aufgenommen iſt, und hier ein Reactionsfieber her⸗ 
vorruft. Dies indeß entwidelt, wie bei der natürlichen In- 
fection, das kritiſche Product, welches aber nicht, wie bei je⸗ 
ner, überall auf der Haut abgelagert, fontern in feiner rer 
producirten Vermehrung den Weg nach der gereizten Impf⸗ 
fielle zurüdgeht und fich Hier, umter vorgedachten günftigen 
Umftänden, in Form einer großen, Inmphreichen Bode nieder: 
legt. Was mithin bei der Impfung in einer großen Bode 
ſich eoncentrirt, fcheint bei natürlicher Anftefung in mehr 
oder weniger über die Haut zerfireuten Nenn Pocken ver 
theilt zu. fein. 

Der Character der natürlichen Moden hängt lediglich 
von ihrem Sib, ihrer Menge, Größe und dem Gefunpheits- 
zuftande der Individuen ab. Der Sid wird bedingt durch 
die Art der Aufnahme des Anſteckungsſtoffes, durch die Bes 


8 — 


fchaffenheit der Thiere. Ihre Menge und Größe ift abhän- 
gig von der Ouantität des aufgenommenen Anftedungsftoffes, 
von den Lofalverhältnifien, der Beichaffenheit und Tempera⸗ 
tur der Atmosphäre und dem Grade der Empfänglichfeit der 
Individuen für das Podencontagium. 

So wie bei der Impfung die Natur das kritiſche Pro—⸗ 
duct in der Regel auf derjenigen Gtelle ablagert, auf 
bie das Contagium geimpft worben ift, fo darf man wol ber 
Analogie nach fchließen, das es fich eben fo auch bei der 
Anftekung auf natürlihdem Wege verhält. Wenn alfo in 
einer Heerde die Poren ausbrechen, fo gefchieht dies niemals 
bei allen Individuen gleichzeitig, fondern immer erft bei eint- 
gen, oder gar bei einem; von diefem aus wird die Krank⸗ 
heit durch Uebertragung des Contagiums, theil® auf dem 


Wege des Contakts, theild auf indirekte Weife durch die. 


Luft, welche das Contagium aufnimmt, theils durch andere 
Zwifchenträger, verbreitet. Auf verfchievene Weiſe und auf 
verſchiedenen Wegen findet die natürliche Anſteckung ber 
Schafe mit Podencontagium in den meiften Fällen immer 
gleichzeitig flatt, die äußere Haut nimmt das Eontagium auf, 
wie die Schleimhäute der Reſpirations⸗ und Verdauungsor- 
gane durch die Luft und die Nahrungsmittel damit in Be⸗ 
rührung fommen. Ueberall, wo das Contagium Direct ein- 
wirkt, fommen, wie bei der Impfung, in der Regel auch bie 
Poren zum Ausbruch, daher auf der Oberfläche der Haut 
in der Nafe, den Augen, der Luftröhre, den Brondien, der 
Maul, Rachenhöhle, dem Schlunde, Magen und den Ge⸗ 
bärmen ıc. Bei feuchter, Falter und beivegter Luft ift das 
Hautorgan in einem weniger receptiond- und reactionsfähi- 
gen Zuftande, ald im umgefehrten alle, daher wird dann 
auch die Aufnahme des Podenftoffes durch daſſelbe und bie 
Reaction bderfelben, nicht in dem Maaße ftatt finden, als 
. fonft, e8 wird der Podenftoff mehr in den Organismus zu⸗ 
rüdtreten und ftatt auf ber Außern, im größern Maaße auf 


9 


den gedachten Schleimhaͤuten in Form von mehr und groͤßern 
Pocken, die theils ineinander fließen und tief in die Subſtanz 
der Organe eindringen, zum Vorſchein kommen. Umgekehrt 
findet bei trockner, warmer, ruhiger Luft eine groͤßere Auf⸗ 
nahme des Contagiums durch die Haut ſtatt, wie dieſe auch 
im höhern Grade reagirt, der Andrang der Säfte zu ihr iſt 
ftärfer, die Eirculation in ihr fcehneller, mithin auch der zur 
Ausſcheidung beftimmte Fritifche SKrankheitsftoff des Poden- 
fiebers im größern Maaße zur Haut dringt und bier in Zahl 
und Umfang mehr Poden erzeugt. 

Geſunde Fräftige Thiere rengiren gegen die Wirkungen 
des Podenftoffes Fräftiger und regelmäßiger, ald Franke, ges 
fchwächte; e8 wird von ihnen, wie es fcheint, viel des Pok⸗ 
Fenftoffs, ohne daß er zur Bildung von Poden gelangt, auf 
den in ihren Funktionen in feiner Weiſe geftörten Ausſchei⸗ 
dungswegen, entfernt, was bei Franken, gefhwächten Thieren 
nicht in dem Maaße gefchehen kann, venn in der Regel ift 
bei Diefen das Hautorgan mehr oder weniger unthätig, abge- 
ftorben, Taltıc. Daher ift e8 auch nicht in dem Maaße fähig 
zur Bildung von Boden, wie die Haut der gefunden Fräftigen 
Thiere. Bei diefen werden die Borken unter fonft günftigen 
Umftänden ihren Sie mehr auf der umfleidenden, bei kran⸗ 
fen, gefchwächten Thieren dagegen wieder mehr auf ber 
Schleimhaut haben. Daher denn auch die Poden für die 
Franken, gefehwächtern Thiere gefährlicher find und: mehr Ver⸗ 
Iufte herbeiführen, als bei den gefunden, Eräftigen Thieren. 

Die Poden der Schafe erfcheinen von ganz anderer 
Natur, wenn fie durch eine allgemeine Aufnahme des Con⸗ 
tagiums in den Organismus, mittelft der bedeckenden und 
ber Schleimhaut zugleich und durch ein concentrirted Conta⸗ 
gium, alfo überhaupt durch eine große Menge des über den 
ganzen Organismus vertheilten und von dieſem aufgenom- 
menen SKranfheitsftoffes hervorgerufen werben, als im ent- 
gegengefepien Verhaͤltniß. Die Menge des aufgenommenen 


2. 10: „ee 


Pockengifts beftimmt alfo in gewiſſem Grabe die Menge und 
Größe der entflehenden Boden, wie die Menge der Saamen- 
fürner die Zahl der entftehenden Pflanzen bedingt, da hier 
der Pockenſtoff wie der Saame und die angefledten Schafe 
wie der Boden auf dem er gefäet, angefehen werden müſſen. 
Die erſten Poden, welche in einer Heerde ausbrechen, er⸗ 
feheinen allemal fo gutartig und mit fo geringem Kranffein 
der befallenen Schafe, daß fie von den Schäfern immer über- 
fehen, daß fie gar nicht bemerkt werben, gewöhnlich find bie 
Pocken ſchon in der ganzen Heerde verbreitet, oft find fle 
fchon bei 5—10 ja 15 pr. €. zum Ausbruch gefommen und 
fhon in der 4 — 5ten Generation vorhanden, ehe fle bemerkt 
wurden, indem fie im Anfange jedesmal höchft indifferent 
auftreten, weil fie nicht nur in fo geringer Menge, fondern 
auch in fo Heiner ifolirter Form erfcheinen, daß fie von 
feinem erheblichen Nachtheil für die Deronomie des Orga⸗ 
nismus werden Fönnen, was bei vielen und großen Boden, 
zumal wenn fie außer der bedeckenden Haut, auch Die Scheim- 
haͤute zum Theil noch einnehmen, in hohem Grabe der Kal 
it, da fie die für das Fortbeftehen des Lebensprozefied fo 
höchft wichtigen Functionen der gedachten Hautorgane flören, 
ja wol ganz aufheben können. Je mehr Podenfranfe fich 
indeß in einer Heerbe vorfinden, je bösartiger erfcheint bie 
Krankheit, weil. eben durch die ‘größere Zahl vorhandener Pa- 
tienten eine verhältnigmäßig größere Menge Pockenſtoff ent» 
wicelt, in gleichem Maaße die Träger des Stoffes mehr da⸗ 
mit gefchwängert und fomit das Gontagium in größerer 
Maffe von den Individuen aufgenommen wird. Erſt dann 
finden’ fich einige Batienten vor, die ein höheres Kranffein 
verrathen und Die dann vom Schäfer bemerkt werben. Wird 
dann die Heerde fachgemäß unterfucht, fo findet man bie 
Pocken in den verfchiedenften Stadien in der Heerde vorhan⸗ 
den, man findet fie total abgetrodnet und vernarbt, ein Bes 
weis, daß die erften Poren ſchon vor mindeſtens 30 und 


tr I. Zn 


mehr Tagen zum Ausbruch famen, man findet fie im Abtrock⸗ 
nen begriffen, aljo mindeftens 20—24 Tage alt, man findet 
fie im Stabio der Reife und im Stadio der Entwidelung. 
Die letzteren Individuen find dann gewöhnlich die Fränfften, 
weil fie die legten waren, welche infleirt wurben, nachdem 
ber Snfectionsftoff fhon im größern Maaße und concentrir⸗ 
tern Grade vorhanden, weil die Infection eine allgemeinere 
und intenfivere war. Bei ihnen zeigen fih die Boden im 
Stadio der Eruption über die ganze Haut verbreitet, in ben 
Augen, der Nafe, dem Maule und wie Sectionen bewiefen, 
in vielen Fällen auch tief im Rachen, der Luftröhre, ben 
Lungen, dem Schlunde, Magen und den Gedaͤrmen, oft lier 
gen fie tief in dem verbindenden Zellgewebe der Musfeln 
und Sehnen. So findet gewöhnlich der unterfüchende Thier⸗ 
arzt die Heerde, und nicht immer gelingt es ihm, die erften 
von der Seuche ergriffenen Individuen, bei denen die Poden 
fhon vernarbt find, herauszufinden, weil einestheilg den 
Schafen äußerlich nichts anzufehen ift, und die Narben, 
welche mitunter faum die Größe einer Linfe beſitzen, fo ein⸗ 
zen vorfommen und unter der Wolle fo verfteckt find, daß 
fie nicht aufgefunden werden können. Impft man dann bie 
erfranfte Heerbe, fo finden fich ſtets einige Schafe, bet denen 
die Pocken, felbft bei wiederholter Inoeulation, nicht aufgehen 
wollen, und was wol zunächft und in den meiften Fällen 
Beranlaffung zu der Annahme gegeben hat, daß einige Schafe 
feine Empfänglichfeit für das Pockencontagium haben, Dem 
iſt indeß nicht fo, es find dies allemal diefenigen Schafe, die 
die Boden in der Heerde zuerft überflanden und bei denen 
fie in fo geringem Maaße vorhanden waren, daß ein Kranf- 
fein der Thiere nicht bemerkt wurde, und Narben, wegen ih⸗ 
rer Kleinheit, geringen Zahl und Verſchiedenheit unter der 
Wolle, nicht aufzufinden find. Die Pocken haben bei den 
zuerft ergriffenen Schafen oft nur die Größe von Hanfför« 
nern, höchftens von Erbfen, und find dabei ganz tröden und 


=> 42 — 


einzeln über die Haut zerftreut, fie hinterlaſſen Narben, bie 
man höchftens nur durch eine Loupe wahrnehmen kann. Wer⸗ 
den Thiere einer Heerde, in der die natürlichen Poden herr⸗ 
fchen, geimpft, und die Impfung bleibt ohne Erfolg, fo kann 
man fich darauf verlaften, daß dergleichen Individuen jeden⸗ 
falls die natürlichen Boden überftanden haben, indem ich, 
nachdem jene Taͤuſchung mir oft vorgeflommen, fpäter in den 
meiften Faͤllen, durch mühlame und gründliche Unterfuchun- 
gen folcher Schafe, die Wahrheit voraufgeftellter Behauptung 
in der bei weiten größten Zahl der Fälle erkannte. Wäh- 
rend num die Heerbe unter diefen Umftänden geimpft ift, fo 
finden fi) immer noch, man Tann annehmen 4—10 pr. ©. 
Schafe, bei denen vor der Impfung ſchon die natürliche all- 
gemeine Infection ftatt fand, vorausgefeht, Daß die geimpften 
Boden regelmäßig, d. b. den 6 — 7ten Tag, aufgehen, daher 
denn biefelben einer eben fo allgemeinen Eruption der Blat- 
tern unterliegen. Diefe Boden find dann in der Heerbe im- 
mer die fogenannten bösartigften, weil fie verhältnißmäßig 
bie meiften Schafe wegraffen. Schon von denjenigen Indivi⸗ 
duen, bei denen man während der erften Unterfuchung der 
Heerde die Pocken im Eruptionsftadio fand, geht eine ver- 
hältnißmäßig große Zahl der Schafe verloren, wenn auch bis 
dahin noch nicht ein Schaf den Poden erlag. Dies liegt 
aber durchaus nicht in einem befondern Charafter der Krank⸗ 
heit, fondern vielmehr in dem Sig, der Menge und Größe 
der vorhandenen Poden, bedingt durch die Art und Allge⸗ 
meinheit der Aufnahme und durch die größere Quantität des 
aufgenommenen Infectionsftoffes. 

Unterläßt man indeß die Impfung ganz und überläßt 
die Heerde der Natur, dann fteigert fich die Bösartigfeit der 
Seuche in dem Maaße, wie fie in der Heerde fich weiter 
verbreitet und die Zahl der Batienten ſich vermehrt; die der 
Seuche unterliegenden Opfer nehmen mit jedem Tage zu, alfo 
die Bösartigfeit derfelben fteigert fich bis zu dem Punkte, wo 


=, es 


die Zahl der Patienten wieder abzunehmen beginnt, von ba 
an vermindern fich Die unterliegenden Individuen in bem 
Maaße, ald weniger Infectionsſtoff entwidelt wird. 

Würde man im Stande fein, das erfle von den Boden 
ergriffene Schaf in der Zeit des Pockenfiebers und noch vor 
der Eruption der Blattern als Franf zu erfennen, es dann 
aus der Heerde herauszunehmen und von allen andern Scha- 
fen entfernt zu halten, fo daß eine Uebertragung des Boden- 
ftoffes auf andere Schafe nicht anzunehmen ſei, fo würde man 
in vielen Fällen, namentlich in denjenigen, wo eine fpontane 
Entwidelung der Krankheit in der Heerde flattgefimden hat, 
mit diefem einen Schaf die ganze Seuche abgemacht fehen. 
Es gehört dies aber faft zu den Unmöglichfeiten und die er- 
fien Spuren ber Krankheit werden jedesmal zu fpät und zwar 
erft dann entvedit, wenn das Contagium in der Heerde fich 
verbreitet, mehrere Bropagationen gemacht, in größerer Mafle 
fich entwidelt und hierdurch einen heftigeren, bösartigeren, 
mehr in die Augen fallenden Kranfheitszuftand erzeugt hat. 

Wollte man unter diefen Berhältniffen dennoch die Heerbe 
zum Durchfeuchen bringen, die Bösartigfeit der Poden und 
Sterbefälle aber vermeiden und die-Seuche in ihrer urfprüng- 
lichen Outartigfeit erhalten, ohne die Krankheit zu impfen, fo 
würde man dies bei natürlichen Boden, auf dem Wege ber 
natürlichen Anſteckung vollfommen erreichen, wenn. man zu 
dem, in einem luftigen, geräumigen Stall abgefonderten erften 
pockenkranken Schaf ein anderes gefundes oder hoͤchſtens eis 
nige wenige dergleichen, feste, die mit reifen Boden verfehes 
nen Schafe immer gleich wieder entfernte, von den gefunden 
Schafen getrennt hielt und in den Podenftall, ven man uns 
ter allen Umftänven fleißig Lüften mußte, damit das Conta⸗ 
gium in ihm ſich nicht anhäufen könnte, erft dann wieder eine 
gleiche Zahl gefunder Schafe brächte, ſobald bei dem lebten 
‚der darin vorhandenen Schafe die Polen zum Ausbruch kä⸗ 
men, fo daß die frifchen gefunden Schafe in dem Kranken⸗ 


— — 


ſtall immer nur mit einem pockenkranken Schafe zuſammen 
ſtaͤnden. Man würde hierdurch die Impfung umgehen und 
dennoch nur gutartige Poden erhalten, bei denen fein größe 
ser Berluft ftattfände, als bei gefchehener Impfung. Indeß 
dennoch dürfte diefe Marime Riemand empfehlen, da fie fei- 
nen Vorzug vor der Impfung, wol aber den Nachtheil hat, 
daß fie unendlih viel Mühe und Aufmerkfamfeit erfordert 
und den Gang der Seuche in der Heerde auf nicht zu be= 
ftimmende, aber gewiß Doch fehr Iange Zeit verzögert. Daher 
habe ich dieſe Methode der Behandlung der Schafpoden hier 
feinesweges empfehlen, ſondern nur zeigen wollen, Daß die 
Bösartigfeit der Borken keinesweges Eigenfchaft der natür« 
lichen Blattern ift und in ihrem Charakter begründet liegt, 
fondern diefe nur von der Art und Weiſe der Anſteckung und 
der Menge des aufgenommenen Gontagiums abhängt und 
dag man die natürlichen Blattern ganz gefahrlos erhalten 
und fortpflanzen kann. Man tadelt oft die Sache ihrer Ei⸗ 
genfchaften wegen, ohne daß der Fehler in dieſen liegt, oft 
ift, wie hier, der Fehler nicht in der Sache felbft, fondern in 
den Nebenumftänden und Verhältniſſen begründet. | 

Man würde die Thatfache, daß die Bodenfeuche in eis 
ner Heerde ganz gelinde, oft gar nicht bemerkbar, anfängt, 
dann immer bösartiger und heftiger wird, vielleicht. Damit ers 
Hären wollen, daß man annimmt, es feien zuerft Die geſuw⸗ 
deften und Fräftigften Schafe von der Seuche ergriffen wor« 
den und fpäter die Schwächlinge und Kranfen. Doch ver 
Ungrund diefer Annahme erweift fi) durch die Erfahrungen 
vom Gegentheil und genügt fchon das Fartum,. welches ich 
oft beobachtet, daß fchwächliche, Eranfe Schafe weit mehr Em⸗ 
pfänglichfeit für das Podencontagium haben, ald gefunde, 
ftarfe Thiere, daher auch bei jenen die Infection leichter und 
ficherer haftet, als bei diefen. Hiernach ift num anzunehmen, 
daß in jeder Heerde in der. Regel die kranken, ſchwaͤchlichen 
Individuen zuerſt von den Poren ergriffen und inficirt wer- 


— SER, Au 


den, und daß biefe aus den bereits erörterten Gründen bie 
Seuche am leichteften uͤberſtchen. Die Natur bat dies ale 
eine wohlthätige Einrichtung hingeftellt, da die Seuche jeben- 
falls verhältnißmäßig noch mehr Opfer fordern würde, als 
es ohnehin gefchieht, wenn zuerſt die Fräftigen und fpäter, 
mit der Steigerung ber Krankheit, die fehwichlichen Indivi⸗ 
buen infleirt würben. | 

Die Polen würden die Schafe nie in dem Grade heim- 
fuchen und die Heerden lichten, wenn die Thiere nicht in 
Heerden und im gezähmten Zuſtande in Ställen, Horden und 
auf Weiden in größerer Zahl bei einander lebten. ‘Diefe 
Verhaͤltniſſe, welche die Anhäufung des Pockenſtoffes in grö« 
ßerer Maſſe in einem engen Raume veranlaflen, bevingen das 
Eaufalmoment der. allgemeinen Llebertragung des in größerer 
Menge und in concentrirtem Zuftande vorhandenen Conta⸗ 
giums auf den Organismus gefunder Individuen, “Daher 
bie Poden um fo bösartiger werden, in je größerer Zahl und 
je enger die Schafe bei einander liegen, wie dies im Winter 
in engen Ställen und im Sommer in engen Horbelagern ber 
Fall ift. 

Die Befchaffenheit und Temperatur der Atmofphäre mo⸗ 
dificiren in gleicher Weife, wie Die Localverhältnifle, die Menge 
und Größe der zum Ausbruch fommenden Boden, ober ihren 
Eharafter. Am meiften fteht den Pocken entgegen eine Falte, 
feuchte Befchaffenheit der Luft, am meiften begünftigt fie eine 
warme, trodne Atmofphäre. Werden Schafe während bes 
Pockenfiebers von feuchter, Falter Luft oder gar kaltem Regen 
befallen, fo fommt das Eranthem weniger zum Ausbruch, der 
kritiſche Ausfcheidungsftoff wird in den Organismus zurüd 
auf die innern Theile getrieben und die Boden formiren fich 
an ben bereit früher angegebenen Thellen innerer Organe 
und werben auf dieſe Weife am meiften toͤdtlich, daher feucht⸗ 
falte Luft und noch mehr Kalter Regen, bei den ‘Boden, na- 
mentlich während des Eruptionsfieberde und des Eruptions⸗ 


en Air 


ſtadiums felbft, am gefährlichfien if. Zür bie bereits er- 
krankten Schafe find bie hier angegebenen atmofphärifchen Zu⸗ 
fände allerdings die ungünftigften, indeß in Beziehung auf 
die noch gefunden Schafe der Heerde haben fie den günftig- 
fien Einfluß, daß, da bei ihnen das Pordencontagium mehr 
niedergefchlagen und zurüdgehalten wird, fonach die Umge⸗ 
bungen der franfen Schafe mit demfelben nicht in dem Maaße, 
wie unter andern Umſtaͤnden, geſchwaͤngert werden fönnen, 
eine Infection in geringerem Grabe ſtattfindet, mithin nicht 
fo viele und große Poden ſich erzeugen, weshalb denn biefe 
Individuen nicht fo gefährdet find. 

Je wärmer und trodner bie Luft ift, je mehr fleigt die 
Thätigfeit des Hautorgans und je ftärfer ift ber Drang ber 
Säfte und geeigneter Auswurfäftoffe nach der Peripherie. Es 
tritt fonach auch der Podenftoff in vermehrtem Maaße nad 
diefer Seite und bewirkt bier eine flärfere Eruption, das 
flüchtige Contagium wird in größerer Menge erhalirt, vie 
Umgebungen ver Patienten werben in höherem Grade damit 
imprägnirt ‘und bie damit in Verbindung ftehenden Indivi⸗ 
duen in ausgebehnterer Weife inficirtt, was dann bei biefen 
einen vermehrten Ausbruch der Boden in Menge und Größe, 
alfo eine größere Bösartigfeit der Krankheit, zur Folge hat. 

Iſt dagegen die Luft troden und etwas bewegt, bei ei⸗ 
ner mild warmen Temperatur von + 6 bis 12° R., ſo iſt 
bie Abpockung der Franken Schafe und Die Durchfeuchung ber 
Heerde Iangfamer, aber jedenfalls ficherer, milder, regelmäßi- 
ger, als bei heißer, ruhiger Luft, weil unter jenem Verhaͤlt⸗ 
niß das Podencontagium nicht im Uebermaaß erhalirt und 
die Anhäufung deffelben durch Die Bewegung der Luft ge- 
hindert wird. Die Boden erreichen unter folchen Verhaͤlt⸗ 
niffen nie die Größe und Zahl wie bei Hige und Windftille, 
aber es genügt jene Temperatur und ein gelinder Wind dem 
Beftreben des Fritiichen Stoffes, fich auf der Haut abzula- 
gern. h 

Es 


=eu..17 u 


Es kann nach den bisher gemachten Erfahrungen, aus 
denen auch ich bie Authenticität voraufgeſtellter Thefen ges 
fchöpft habe, Kein Zweifel mehr obwalten, daß Die Schafe 
nicht ohne Ausnahme und zu allen Zeiten eine gleiche Ems 
pfänglichfeit für das Podencontagium befigen. Dies Liegt 
in dem Gefundheitözuftande, dem Ernährungszuflande, ver 
Conftitution, in Witterungs- und Nahrungsverhältnifen und 
vielleicht noch in mehrern und ganz unbefannten Umftänden. 
Kranke, geihwächte Schafe haben mehr Empfänglichkeit für 
die Blatiernmaterie, als gefunde, kraͤftige Thiere, wie ich dies 
bei meinen vielfachen Recherchen und Beobachtungen poden- 
kranker Heerden jedesmal beobachtet habe, denn immer fand 
ich zunächft jene Individuen erfranft und im Verhältnig zu 
andern am bichteften mit Dlattern beſetzt, fo daß Diefe wegen 
ihrer großen Zahl und Dichtigfeit ineinander liefen. Start 
genährte Schafe zeigen weniger Empfänglichfeit für den In- 
fertionsftoff, auch dies hat mich Beobachtung und Erfahrung 
gelehrt und es fcheint, als ob die Naturfraft der Thiere nach 
der Infection mit dem Contagium eine Art Kampf beginne 
und je mehr jene vorhanden ift, defto mehr fchwäche fie den 
Einfluß des Anftedungsftoffes; je weniger, je mehr unterliege 
der Organismus der wieder befämpften Kraft des Letztern. 
Sobald ver Grad der Krankheit dem Quantum des aufge 
nommenen Contagiums entfpricht, muß der Analogie. nach 
auch diefe letztere Anficht fich ſchon a priori rechtfertigen lafs 
fen. — Unfere Landfchafe befigen mehr Empfänglichfeit für 
das Porencontagium, als die Merinos unter gleichen Ver⸗ 
hältniffen und Umſtaͤnden. Fein gebaute Schafe und Lämmer 
nehmen das Contagium leichter und ficherer auf, als ſtark⸗ 
knochige, fräftige und alte Schafe. — Bei warmer, trockner 
und ruhiger Luft ift die Dispofition für die Podenkrankheit 
erhöht, bei naffer, Falter und bewegter Witterung verhältniße 
mäßig vermindert. Hierfür fpricht ſchon des Umftand, daß 
Die Poren in der Nähe des Strandes ungleich feltener vor⸗ 

Mag. f. Thierheilt. XI. 2 


— 18, — 


kommen, als weiter landeinwaͤrts, weil dort faſt immer eine 
kuͤhle, feuchte, bewegte Luft zu finden iſt, die dem Pockencon⸗ 
tagium durchaus feindlich entgegenzutreten ſcheint. Welche 
Nahrungs» und ſonſtigen Verhaͤltniſſe Die größere oder ge⸗ 
ringere Dispofttion für die Podenfranfheit bewirken, darüber 
herrfcht allerdings noch ein undurchbringliches Dunkel, daß 
aber vergleichen noch ftattfinden, lehrt die Erfahrung. 


B. Betrachtung der geimpften Poden. 
1. Haftung des Impffloffs und Aufgehen ber Poden. 

Bei der Impfung der Poden fommt es Häufig vor, 
daß der Impfftoff nicht bei allen Individuen einer geimpften 
Heerde zu haften fcheint, ed kommen aber auch Fälle vor, 
wiewohl dieſe felten find, wo die Impfung bei ber ganzen 
Heerde nicht haften zu wollen fcheint, wo die Boden nicht 
bei einem einzigen Thiere regelmäßig aufgehen. In Allen 
biefer Art weiß man dann nicht, worin der Grund liegt und 
ich habe mir einen derartigen Fall, der in meiner Praris 
mir vorfam, früher nicht erklären können. 

Im Sabre 1838 herrfchten die Poden in hiefiger Ge- 
gend allgemein, ich hatte fchon viele Heerden ſtets mit dem 
beften, regelmäßigften Erfolge geimpft, als ich Ende Auguſt 
nach dem Gute ©,, wo bie natürlichen Boden ausgebrochen 
waren, gerufen wurde, um die Nothimpfung zu vollziehen. 
Bon reifen natürlichen Boden impfte ich an einem Tage bie 
41200 Köpfe zählende Heerde, nachdem etwa 6 Procent ber 
Mutter, Jaͤhrlings⸗ und Laͤmmerheerde mit natürlichen Blat- 
tern behaftet und abgefondert waren. Die Hammelheerbe, 
welche 300 und einige Köpfe ftarf war, und in .einem be- 
ſondern Stalle lagerte, war noch frei von den Boden. Wäh- 
send ber Impfung erwiefen fich in jenen Heerden etwa noch 
20 Stüd mit Poden befallene Schafe, die noch ausgefept 
wurden Am elften Tage hielt ich die Nachrevifion der Pot 
ten ab. Unter den drei erſtern Heerden fanden ſich noch ei 


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nige 30 mit natürlichen Boden befallene Thiere, die ebenfalls 
ausgejegt wurden, bei allen übrigen waren bie Impfpocken 
regelmaͤßig und gut aufgegangen. Aber in der Hammelheerde 
war nicht eine Impfpocke zu finden, dagegen fanden fich zwei 
Individuen mit natürlichen Boden vor, die fofort ausgeſetzt 
wurden. Ich impfte nun von einer ſchoͤnen, blaſig großen, 
mit klarer Lymphe gefüllten Impfpocke eines Mutterſchafes 
nochmals die ganze Hammelheerde am andern Ohre mit gro⸗ 
Ber Accuratefie, weil ich mir die Erſcheinung aus irgend ei- 
ner Unachtfamfeit bei der Operation und aus ber Wahl el- 
nes vielleicht noch zu unreifen Impfftoffes erflärte. Am 
zehnten Tage nach Diefer Impfung, mithin am 2iften nad 
der erſten, revidirte ich die Pocken. Es fanden fich gegen 
20 mit natürlichen Poden behaftete Hammel vor, bei etwa 
30 war die erfte Impfpode aufgegangen, bei circa 20 fland 
bied, wegen bes rothen Flecks, umgeben mit einem Entün- 
dungshof, Geſchwulſt und vermehrter Wärme im Ohre, noch 
zu erwarten; bei zwei Hammeln waren die Boden der zwei⸗ 
ten Impfung aufgegangen. Der größte Theil der Heerde 
hatte mithin noch Feine. Dies Creigniß brachte mich faft zur 
Verzweiflung, um fo mehr, als ich feinen Grund Dafür zu 
finden vermochte, die Hammel waren überdem die Fräftigften 
und gefundeften Thiere der ganzen Schäferel. Auch der Ber 
fiber wurde um fo ungebuldiger, je mehr die natürlichen Bof- 
fen um fich griffen, da diefe fchon einen hohen Grad von 
Bösartigfeit erreichten und mehrere Hammel dahin rafften; 
er glaubte, der Fehler Tiege in meiner Operation. Nun impfte 
ich den Reſt der podenfreien Hammel zum dritten Mal und 
zwar unter dem Schwanze. Am A10ten Tage nach dieſer 
Impfung, mithin am Siften nach der erften und 20ften nad 
ber zweiten hielt ich abermals eine Recherche ab, es fanden 
ſich gegen 60 neue Ausbrüche von fehr bösartigen natürlichen 
Boden, von der erften Impfung waren über 60, von ber 
zweiten einige AO, von beiden zugleich 8 Stüd, ‚von ber 
2 %* 





— 20 — 


dritien Impfung einige 20 Pocken aufgegangen, gegen 60 
Hammel waren noch pockenfrei. Dieſe impfte ich indeß nicht 
mehr, weil ich eben fo von der Erfolglofigfeit einer neuen 
Impfung, wie Davon überzeugt war, daß die früher geimpfs 
ten Boden noch aufgehen würden. Der Erfolg diefer Im⸗ 
pfung war allerdings geeignet, mich in die unangenehmfte 
Berlegenheit zu fegen, um fo mehr als ich Damals noch Fei- 
nen Grund für denfelben aufzufinden wußte und ich muß zu 
meiner Schande geftehen, daß ich um die Lofalverhältnifie, 
die Weidebefchaffenheit, die Witterung, Temperatur ıc. mich 
nicht Fümmerte, indem ich der feften Ueberzeugung war, der 
Grund könne nur in der fehlenden Dispofition der Hammel 
gefucht werden. Soviel weiß ich wol, daß die Luft in jener 
Zeit feucht und fühl war, daß es oft regnete, doch erfunbigte 
ich mich nicht, ob auch die Hammel nad) der Impfung Re- 
gen befommen hätten. An der Empfänglichfeit für das Pok⸗ 
Fencontagium kann es indeß nicht gefehlt haben, da ja alle 
Hammel nah und nah Moden befamen, nur war e8 zu 
deflagen, daß Die Heerde zur Zeit meiner erflen Impfung 
ſchon auf natürlichem Wege infleirt war, wie dies das Bor: 
fommen ber natürlichen Borken bei der erſten Rachrevifion 
erwies. 
Später find mir derartige Zäle mehr vorgefommen und 
fand ich dann Häufig Borken, die ich an der Impfflelle ver⸗ 
gebens fuchte, was mich oft früher fchon zu dem irrigen 
Glauben verleitet haben mochte, daß die Lymphe nicht ge: 
haftet, nicht an der Spite fondern am Grunde des Ohres, 
an den mehr wärmeren, bewollten Stellen des Halfes, fogar 
an der Schulter und noch mehr rüdwärts, oft in einzelnen 
großen, oft in mehreren Kleinen, Tettenförmig aneinander ge- 
reihten, mehr trodnen Pufteln, aufgegangen. Allemal gab 
fih dann aber Doch die Haftung des Impfſtoffes, wie mir 
dies ebenfalls erft fpäter far wurde, am Ohre durch etwas 
vermehrte Wärme, und einen Fleinen hellrothen Fleck, wie 


— er 
eine 2infe groß, an der Stelle des Smpfftiche, der jedoch nie 


zu einer Blatter ſich ausbilbete, zu erfennen, fo daß fpäter 


biefe Erſcheinung mir jebesmal genügte, überzeugt zu fein, 
daß die Impfung von Erfolg gewefen. Es {ft mir bei Im- 
pfungen vorgefommen, daß bie ganzen Heerden an den Impf⸗ 
ftellen feine Blattern, fondern nur diefen rothen Fled gehabt 
haben, ich habe dies, ohne weiter an andern Stellen nach 
Poden zu fuchen, ald genügend angefehen und mich fpäter 
überzeugt, daß jene Thiere in der That abgepodt hatten, da 
feine Empfänglichfeit fürs Pockencontagium ihnen mehr inne 
wohnte. Dei manchen Schafen war feldft jener rothe Fled 
nicht zugegen, e8 war dann an der Impfftelle, um ben bes 
reits ganz verheilten und nicht mehr zu erfennenben Impf- 
ftich, bei etwas Aufloderung, Anfchwellung und Wärme, ein 
blaßröthlicher Anflug, wie ein leichter verfchwimmender Schim- 
mer zugegen, was man bei der Durchficht fämmtlicher Schafe 
in der Regel überfah, indem man es nur dann erft bemerkte, 
wenn man das Ohr zum Nachimpfen mit den Fingern an- 
faßte, erfannte man es aber dann noch nicht, fo überfah 
man es nie, fobald man die Impfnabel hineinſtach, indem 
biefe leichter und tiefer als in ein gefundes Ohr eindrang 
und in den Fingern das Gefühl erregte, als wenn man in 
einen Schwamm ftiht. Wo nur diefe Erfcheinungen fi 
zeigten, hatte der Impfftoff jedesmal beftimmt gehaftet und 
war die Pode entweder an einer andern Stelle ſchon aufs 
gegangen, oder fie fand ſich fpäter noch an der Impf⸗ 
ftelle ein. 

Wenn num auch diefe Erfcheinungen geeignet ſind, den 
Operateur über die Impfung und das Haften des Impf⸗ 
fioffe8 zu täufchen, und ihn in vielen Fällen veranlaffen konn⸗ 
ten, anzunehmen: die Boden feien nicht aufgegangen und 
bie Schafe feien unempfänglich für das Contagium, wie es 
unferm verftorbenen Steiner, dem Thierarzt Kerften in 
Goldapp und Andern ficher auch ergangen iſt, da die an 








— 22 — 


einer andern Stelle unter der Wolle aufgegangene Pocke nicht 
immer zu finden iſt, indem ſie in der Wahl des Orts, ſo wie 
in ihrer Groͤße nach äußern Umſtaͤnden und Verhaͤltniſſen 
ſehr abweicht, ſo iſt jedenfalls folgende Art der Erſcheinungen 
noch mehr geeignet, Täufchungen und Irrthuͤmer hervor⸗ 
zurufen. 

Die bisher als wifienfchaftliches Dogma feftftehende An⸗ 
nahme: daß die Schafpocken ihre regelmäßigen. Stadien in 
beflimmten Zeitperioden burchlaufen, welche ungefähr alfo ift: 

1— 5 Tag Stadium der Aufnahme des Impfftoffes, 


5-10 — — decs Fiebers und Eruption, 

10—14 — — ber Reife, 

414—21 — — der Abtrocknung, 

21—30 — — de Ausfalls der Bode und der Ver⸗ 


narbung, ift falfch, und kann, wie viele andere bisherige An- 
nahmen über diefe Seuche, Feine Güktigfeit mehr haben, denn 
mehrfache Erfahrungen haben mich eines andern belehrt. Herr 
König, Kreisthierarzt in Kyrit hat, wie er in feiner Preis- 
ſchrift über Schafpodenimpfung angiebt, ſchon die Beobach⸗ 
tung mitgetheilt, daß kaltes Wetter den Berlauf der Poren 
aufbalte, fo daß fie erft am A6ten Tage reif werben. 

Auf mehreren Gütern biefiger Gegend Habe ich feit 
1838 die Schusimpfung bei den Kämmern eingeführt, fo auch 
auf dem hart am Strande liegenden Gute P. Ich beginne 
mit der Impfung gewöhnlich im September und beenbige fie 
Mitte October. Ich entnehme die Lymphe aus Greinerfchen 
Glasröhrchen, worin ich fie mir, mit Siegellad verpicht, in 
eine Krufe mit nafien Sand gethan, von Jahr zu Jahr im 
Keller aufbewahre. Mit dem Inhalte eines folhen Nöhr- 
hend impfe ich 8 bis 10 Lämmer, von denen ih Dann, 
wenn die Boden reif find, die ganze Heerde impfe. Im 
Sahre 1844 wurde etwas fpäter mit der Impfung begonnen, 
bie Witterung war Falt, naß und rauh, ich Fonnte die Bor- 
Impfung in P. erft gegen Ende Detober bewerfftelligen. Am 


zer. 7 — 


4äten Tage wollte ich weiter impfen, doch war bei den 10 
geimpften Zämmern nicht eine Pode reif geworden und erfl 
am 2iften Tage war es möglich die Weiterimpfung zu voll 
ziehen, da an biefem Tage die Boden fchön und blafig aufs 
. gegangen und mit Harer Lymphe gefüllt waren. Ich recher- 
chirte dieſe Lämmer am 18ten Tage, fand aber Feine Boden 
aufgegangen, ausgenommen bei 2 Franken, fehr ſchwaͤchlichen 
Lämmern, doch waren biefe noch nicht reif, fie hatten noch 
feine Lymphe, ich Fehrte nach drei Tagen, mithin am 2Aſten 
Tage nad) der Impfung zurüd und erft an diefem Tage ver 
mochte ich von jenen beiden Lämmern die andern alle noch« 
mals zu*impfen. Obwol der erfte Impfſtich bei allen voll 
fommen verheilt und Feine Spur davon zu erfennen war, fo 
impfte ich dennoch am andern Ohre. Am 14ten Tage nad 
diefer, mithin am 35ſten nad) ber erften Impfung, Tehrte ich 
zur abermaligen Recherche zurü und erflaunte nicht wenig, 
als ich nun alle die zuerft geimpften Boden, an ber betref- 
fenden Impfftelle, regelmäßig und fchön aufgegangen, dagegen 
den Impfſtich der zweiten Impfung verfchwunden, und hier 
nicht eine Spur von Poden fand. Hätte ich die zweite Im⸗ 
pfung an ber Stelle der erften bewirkt, fo wäre meine Ans 
ficht, daß nun die Pocken erft durch die zweite Impfung er⸗ 
zeugt worden feien, ganz natürlich gewefen, fo aber konnte 
“hierin feine Täufchung ftatt haben. Die Boden waren nur 
zum geringen Theil reif und zum Welterimpfen geeignet, die 
meiften befanden ſich noch im Entzündungsftadio und gaben 
die Ausficht erft in 6—8 Tagen reif zu werben. Bo bleibt 
nun hiernach jene Theorie, von den regelmäßigen Stabien in 
regelmäßigen Zeitabfchnitten? Das Porencontagium, ins Blut 
übertragen, denn ich mache den AImpfflich jederzeit blutig, 
bleibt flatt 5 einige 20 Tage im Organismus Iatent, denn 
in Diefer Zelt war den Lämmern nicht das minbefte Krank⸗ 
fein anzufehen, wie fie ſich auch bei der Recherche am Zöflen 
Tage alte nach dem Porenausbruch, wieder ganz wohl und 


— U — 


munter zeigten, und kommt erſt in der Zeit des ZOſten Tages 
zur Wirkung. Wie oft wird Dies und ähnliches nicht bei 
der natürlichen Anſteckung, beim Schafhandel, auf der Huͤ⸗ 
tung ıc. der Tall fein und ift dies, ſowol in poligeilicher, wie 
in gerichtlicher Beziehung eine höchft wichtige Frage. — 
Wäre ich, wie Herr Steiner am Alten Sage zur erften 
und am 22ften zur zweiten Recherche Hingereift, dann hätte 
auch ich nichts gefunden und mit ihm und Kerften anneh- 
men müflen, die Impfung fei total mißlungen und Die Läm- 
mer hätten Feine Empfänglichfeit für das Podencontagium. 
Da Steiner aber angiebt, daß bei der erften und zweiten 
Recherche der geimpften Lämmer in Wilhelmsforge, Raudifch- 
fen, Klinfen und Langwarren ſich einige Laͤmmer mit Poden 
gefunden haben, fpäter Herr Hasford in Raudiſchken ihm 
mitgetheilt, Daß etwa bei der Hälfte feiner Lämmer im weis 
tern Verlaufe fich noch Feine Poden an der Impfftelle ge- 
zeigt hätten, fo ift die gewiffe Ueberzeugung bei mir begrün- 
bet, daß dieſe Heerden fämmtlich gehörig abgepodt haben, da 
die Pocken bei den Thieren, bei denen fie an der Impfſtelle 
nicht aufgingen, jedenfalls an andern Körpertheilen unter der 
Wolle zum Vorſchein gefommen find, wo fie weber Steiner 
noch Herr Hasford gefunden hat, noch andere mit leichter 
Mühe finden fonnten. 

Ganz anders verhält es fich mit den von Steiner ers 
zählten Beifpielen von Darfehmen und Gailboden. Im er- 
fteren Orte waren die Heerben im Jahre 1834 und 35 ge- 
impft, beide Impfungen mißlangen nad) Angabe des Stei- 
ner, die eine ganz die andere großentheild, und im Jahre 
1839 verfielen fe in die natürlichen Boden, während die 
fpäter geimpften Laͤmmerheerden dieſes Orts, bei denen bie 
Impfung gehaftet hatte, im leßtgenannten Jahre von den na⸗ 
türlihen Pocken verfchont blieben. In Gailboven fei die 
Zämmerheerve im Jahre 1837 geimpft, die Hälfte davon 
haben nur Blattern erhalten, obwol mehrmals nachgeimpft 


u Be 


worben fei. Im Sahre 1840 babe Steiner, wegen bes 
allgemeinen Ausbruchs natürlicher Boden, die Heerde in 
Gailboden wieder geimpft, da feien denn unter des Heerde 
des Sahrganges 1837 die natürlichen Poden ausgebrochen, 
und habe die num bewirkte Impfung derſelben bei circa eben 
fo viel Häuptern ſich wirffam gezeigt, ald im Jahre 1837 
ſich unempfänglich gezeigt hatten. 

Hätte Herr Steiner, was er nicht angiebt, die Heer- 
den in -Darfehmen 1834 und 35 und die in Gailboden im 
Sabre 1837 felbit geimpft und die erflere dann refp. im Jahre 
1839 beim Ausbruch der Poden, wie die zu Gailboden im 
Jahre 1840, ebenfalls felbft beobachtet, was er verneint, dann 
würde fich gegen feine Annahme, daß ganze Heerden unem- 
pfänglich für das Pockencontagium find, allerdings weniger 
fagen laſſen; fo aber, wo er ſich Iebiglich auf die Operation 
und. Angaben von Schäfereibefitern und Schäfern verläßt, 
koͤnnte man vieles dagegen behaupten, jedenfalls if es fehr 
gewagt, darauf eine technifch wiflenfchaftliche Anficht begrün- 
den zu wollen, denn exempla sunt odiosa, man fehe von 
mir den Auffab in dem 2ten Heft Oten Bandes der. allge- 
meinen landwirthſchaftlichen Monatsfchrift, herausgegeben 
vom Haupidirectorium der Bommerfchen öconomifchen Geſell⸗ 
fchaft, red. von.Dr. Carl Sprengel über Schafpoden und 
deren Impfung nad. Da Fein Grund. vorhanden ift, die 
Authenticität der Angaben Steiners in Zweifel zu ziehen, 
fo Tann nur angenommen werden, daß wenn die Laͤmmer⸗ 
heerven in Darfehmen und Gailboden refp. im Jahre 1834, 
35 und 37 geimpft worden find, ohne daß Poden erzeugt 
wurden, dagegen in dieſen Heerden refp. im Jahre 1839 und 
40 die natürlichen Blattern ausbrachen, jene Impfung mit 
unreifer, unwirkſamer Lymphe ftattgefunden hat, welchem Miß- 
griff man nur zu leicht unterliegt, wenn man auf ben regel 
mäßigen Stabienverlauf der Boden, in regelmäßigen Zeitab- 
ſchnitten fich verläßt, und die Reife der Lymphe nach 





ieh, 76: ee 


Tagen und nicht nach der Befchäffenheit der Pocken berechnet. 
Ein folcher Mißgriff muß bier flatt gefunden haben, wie zu 
vermuthen ift, da andernfalls das Factum nicht richtig ange- 
geben fein kann. 

Doch wir haben hiermit die Erzählung von intereffan- 
ten irreführenden Beifpielen der Podenimpfungen, die viel- 
feicht geeignet fein dürften, über Steiners und Kerftens 
räthfelhaft fcheinende Beobachtungen Auffhluß zu geben, und 
die die Annahme des regelmäßigen Berlaufs der Poden in 
regelmäßigen fich immer gleich bleibenden Zeitabſchnitten ver⸗ 
nichten, noch nicht geſchloſſen. 

Auf demſelben Gute PB. impfte ich auch im Herbſte vo⸗ 
rigen Jahres, welches in feinem naffen, Falten, rauhen Typus 
ercellirte, die Laͤmmerheerde, wie 1841. Die Borimpfung 
gefchah bei 10 Lämmern, bei denen nicht eine Pocke aufge- 
gangen war, als ich am A4ten Tage welter impfen wollte. 
Ich impfte abermal8 10 andere Lämmer, mit Lymphe aus 
einem Haarröhrchen und fam nach 14 Tagen wieder, bei den 
zuleßt geimpften fand ich nicht eine Pocke aufgegangen, bei 
den vor 28 Tagen geimpften waren 4 Poden aufgegangen, 
aber noch nicht reif, mithin nicht zum Weiterimpfen geeig- 
net; ich Fam nach 5 Tagen, alfo den 33ſten Tag nad) der 
erften Impfung wieder, da fand ich jene 4 Poden reif und 
impfte davon die ganze Heerde. Es Hatten von den zuerft 
geimpften 10 Lämmer abermals 3 Stüd Poden an der Impf- 
ftelle befommen, die indeß noch im Entzündungsftabio fich 
befanden, bei den 3 andern war noch nichts zu fehen. Bet 
den zulegt, alfo vor 19 Tagen, geimpften 10 Lämmern war 
feine Spur von Boden, noch von der gefchehenen Impfung 
zu erfennen, weshalb ich fie an derfelben Stelle noch einmal 
impfte. 18 Tage nach diefer Impfung kehrte ich zur Revi⸗ 
fion zurüd und fand Folgendes: 

Bon den zuerft geimpften 10 Laͤmmern waren bei 7 die 
Poden troden und zum Theil fehon abgefloßen, bei den 3 


———— 


zuletzt verbliebenen, die ich nicht nachgeimpft hatte, waren 
an der Impffſtelle Boden aufgegangen und jetzt 5 der Ab⸗ 
trocknung begriffen. 

Bei den 2ten vorgeimpften 10 Lämmern waren ſaͤmmt⸗ 
liche Boden aufgegangen und im Stadio der Reife vors 
handen. 

Bei allen übrigen Lämmern war noch feine Spur von 
Boden vorhanden. 

Obwol ich die Ueberzeugung hatte, daß auch bei allen 
diefen Laͤmmern die Polen aufgehen würben, fo impfte ich 
fie dennoch einmal, um ganz ficher zu gehen und haben fie 
dann fpäter auch ganz regelmäßig abgepodt, ohne Verluft in 
der Heerbe, wie mir der Eigenthümer fpäter mitteilte. Die 
Zämmer waren während der ganzen langen Zeit biefer Im⸗ 
pfung vollfommen gefund und munter. Es geht nun aus 
biefem Factum abermals der Beweis hervor, wie leicht Irr⸗ 
thümer und falfche Anfichten bei Diefer Seuche Wurzel faflen 
koͤnnen, und beftätigt fich die Erfahrung, daß von einem Ber- 
lauf in regelmäßigen und gleichbleibenden Zeitabfchnitten nicht 
die Rede fein fann. Das Podencontagium ift bei den vor: 
geimpften Zimmern refp. gegen einige 20, gegen 30 und gar 
35 Tage Iatent geblieben, dad Stadium der Eruption einige 
Tage fpäter und das der Porkenreife noch wieder mehrere 
Zage fpäter eingetreten. Es beburften mithin die Boden 
ftatt 30 mehr denn 60 Tage zu ihrem vollftändigen Verlauf. 

Vier Wochen früher, Ende Auguft, hatte ich in gleicher 
Weife auf dem Gute 8. die Impfung der Laͤmmer bewirkt, 
wo es mir faft Ähnlich erging. Ich machte nämlich die Vor- 
impfung bet 10 Lämmern; am 12ten Tage wollte ich nach⸗ 
impfen, hatte aber nicht eine Bode erhalten, ich impfte 10 
andere Lämmer mit Lymphe aus meinem Haarröhrchen und 
fam am 23ften Tage nach der erften Impfung wieder. Bei 
den zulebt geimpften Lämmern waren feine Boden, wol aber 
waren fie bei den zuerft geimpften in fchöner Form an ben 


SUR, 


Ympfftellen aufgegangen und im Stabio der beften Reife vor⸗ 
handen, fo daß ich mit fchöner Harer Lymphe die ganze Heerbe 
impfen konnte. Erft wie ich zur Nachrevifion dieſer am 12ten 
Tage wiederfam, waren die Boden bei den zuletzt vorgeimpf⸗ 
ten 10 Lämmern, mithin am 23ften Tage nad) ihrer Impfung 
aufgegangen, bei der Heerde felbft war noch nichts von Pok⸗ 
fen zu fehen, diefe entwidelten ſich dann erft fpäter und zwar 
zu verfchiedenen Zeiten, die erften Spuren ſah man am 18ten 
Tage, fpäter welche am 2iften und bie —— am 28ſten 
Tage zur Eruption kommen. 

Dieſen Beobachtungen ſchließt ſich nun eine ganz kuͤrz⸗ 
lich gemachte ähnlicher Art an. In B., ganz nahe bei Coͤs⸗ 
lin, waren Anfangs Dezember v. J. die natürlichen Boden 
ausgebrochen, ich wurde zur fofortigen Impfung der Thiere 
binberufen und diefe fand ftatt am 1ä3ten bei einer Tempera⸗ 
- tur von — IR. Ich fand die Seuche in der Heerde ſchon 
fehr verbreitet, e8 waren einzelne da, bei denen die Poden 
fchon vernarbt, andere, bei denen fie im Stadio der Abtrod- 
nung, noch andere bei denen fie im Stadio der Reife, gegen 
30 bei denen fie in der Cruption in verfchiedenen Graben 
. und wieder andere, wo noch fein Podenausbruch, aber das 
Pockenfieber ftatt fand. Es mochten gegen 80 kranke Schafe 
diefer Art zugegen fein, die in beiden vorhandenen Heerben, 
der Mutterheerde und der die aus Jährlingen, Zeitvieh und 
Geltevieh zufammengefegt war, welche insgefammt aus 800 
Köpfen beftanden, vertheilt waren. Die Krankheit war erft, 
wie Died gewöhnlich ift, in dieſen Tagen entdedt worden, 
obwol fie nach dem vorhandenen Status wenigftens 6 auch 
wel 8 Wochen fchon in der Heerde Wurzel gefaßt hatte, 
Ein großer Theil der Kranfen war durch den Schäfer feit 
2 Tagen erft von der Heerde getrennt worden. Die Ställe 
waren für die vorhandene kalte Witterung ungewöhnlich Talt, 
ganz befonvers aber der Stall in welchem die letztgenannte 
Heerde ftand, der früher als Scheuer gevient, und nun höchft 


— 29 — 


baufaͤllig, nicht einmal eine Decke hatte, vielmehr mußten die 
Schafe unter dem ſehr defektem Dache ſtehen. 

Unter dieſen Verhaͤltniſſen impfte ich am 13ten Dezem⸗ 
ber v. J. beide Heerden von ſchoͤnen reifen natürlichen Por: 
"Ten eines Mutterfchafes. Am 23ften fehrte ich wieder zur 
Kachrevifion.. Es hatten fih mehrere neue Yusbrüche der 
natürlichen Pocken eingeftellt, Dagegen waren von den geimpf⸗ 
ten Boden in der Mutterheerve nur wenige Spuren zu fe 
ben, indem circa 60 berfelben durch Röthung, Wärme und 
Anfchwellung der Impfitellen den Beweis lieferten, daß bie 
Impfung gehaftet hatte, bei den andern fo wie auch in ber 
zweiten Heerde war nichts zu fehen. Ich impfte nun die 
Mutter- und andere Schafe noch einmal von natürlichen 
Pocken und erft am achtzehnten Tage nad) der erften Im⸗ 
pfung gingen die Poden bei allen Dutterfchafen regelmäßig 
auf, während in der andern Heerbe immer noch Feine Poden 
zu fehen waren, bier zeigten fie fich erft acht Tage fpäter 
und während die Poden bei fämmtlichen Mutterfchafen in 
voller Reife ftanden, erreichten fie in der zweiten Heerde dies 
Stablum erft am zweiundbreißigften Tage nach der erften 
Impfung. Offenbar war hier nur der Fältere Stall Schuld 
und es beweift dies wieder, wie wefentli Temperatur und 
Witterungsbefchaffenheit auf ven Gang und Verlauf der 
Boden influirte und wie nichtig die Annahme von regelmä- 
figen Stadien in gleichbleibenden regelmäßigen Perioden ift, 
was durch nachfolgende Beobachtung noch mehr feine volle 
Betätigung findet. 

Am 23ften Dezember v. 3. impfte ich zugleich die aus 
350 Köpfen beftehende zu B. gehörige, eine Viertelmeile da⸗ 
von in D. ftationirte, fehr wolgenährte, Träftige Hammel⸗ 
heerde,. um dem Ausbruch der natürlichen Boden vorzubauen, 
der bier zu befürchten ftand, weil die Schäfer aus B. währ 
rend der Polen mehrmals in D. unter den Hammeln ger 
weien waren. Wir Hatten in jener Zeit eine Temperatur 


— 30 — 


von — 6bis 120 R. Der Stall war ſehr kalt, baufaͤllig und 
liegt ſehr frei. Ich hatte den Impfſtoff von einem mit na⸗ 
türlichen fehr fchönen reifen Boden beſetzten Mutterſchafe 
aus DB. entnommen, welches ich zu dieſem Zwed nah D. 
mitnahm. Am Zten Januar d. I. unterfuchte ich diefe Ham⸗ 
mel, fand aber feine einzige Pode; ohne etwas zu unterneh- 
men, reifte ich ab und fehrte am AOten deſſelben Monats 
wieder. Das Refultat meiner Unterfuchung war baffelbe wie 
am 3ten Januar und befuchte ich daher am 17ten die Ham⸗ 
mel wieder. Es waren an diefem Tage die Boden bei fünf 
Hammeln aufgegangen, bei biefen waren drei raube hiefige 
Landfchafe, die nur reife zum Weiterimpfen geeignete Poren 
hatten, die andern beiden Pocken waren noch nicht reif. Ich 
impfte nun von einer der reifen Boden nochmals die ganze 
Heerde an demfelben Ohre, wobei ich während des Einſtichs 
mit der Nabel bemerkte, während von dem erften Stich feine 
Spur mehr vorhanden war, daß dennoch die meiften Boden 
gehaftet hatten und im Begriff waren, ſich zu entwideln, 
benn es fand ſich ein leichter Anflug von heller Röthe, An- 
ſchwellung, Aufloderung und das eigenthümliche Gefühl beim 
Eindringen der Nadel in die Haut, fo wie das leichtere und 
tiefere Eindringen derfelben. Am 24ften recherchirte ich aber⸗ 
mals, e8 waren faft alle Boden aufgegangen, doc) noch Feine 
hatte die Reife erreicht, diefe fand ich erft am 31ſten Januar 
bei allen Hammeln, mithin am vierzigften Tage nach der 
Impfung; das Refultat, was man beim regelmäßigen Gange 
der Krankheit am A0ten finden fol, war bier 30 Tage ſpaͤ⸗ 
ter eingetreten, und ich bin überzeugt, die Boden wären felbft 
zu diefer Zeit noch nicht zur Reife gelangt, wenn ich nicht 
den Stall mit Stroh möglichit verdichtet und die Hammel 
eng zufammentreiben Iafien hätte, um auf diefe Weife dem 
Eindringen der Kälte zu wehren und die Thlere aneinander 
mehr zu erwärmen. Der zweite Impfſtich vom 17ten hatte, 
wie deutlich zu fehen war, feinen Erfolg gehabt, es waren 


we 


ſaͤmmtliche Poden aus der erften Impfung vom 23ften Des 
zember hervorgegangen. Die Poden verliefen regelmäßig und 
gut, ed waren feine natürlichen oder Beipoden entflanden, 
daher auch nicht ein Fall eines tödlichen Ausganges flatt- 
fand. Würden die Herren Steiner und Kerften am 17ten 
Januar nicht ein volftändiges Mißlingen der Impfung und 
eine totale Unempfänglichfeit dieſer Hammelheerve für das 
Pockencontagium gefehen haben? 

Fragen wir nun nach den Urſachen dieſer Erſcheinun⸗ 
gen, ſo glaube ich liegen uns dieſe ſehr nahe und ziemlich 
klar var Augen. Wenn die Pocken nicht an der Impfſtelle 
des Ohres aufgehen, fondern an mehr warme, bewollte 
Körperftellen ſich hin verfeßen, fo ift vorzugsweiſe Räfle daran 
Schuld und wie meine Beobachtungen mich gelehrt, fo haben 
die Impflinge dann allemal kalte Regen, namentlich aber 
während des Pockenfiebers, bekommen. E83 würde dieſe Ur: 
fache fehr gefährlich und in vielen Fällen tödlich fein, indem 
ber Pockenſtoff bei vielen Thieren zurüdgeprängt, auf innere 
edle Organe, Lungen ıc. ſich ablagern müßte, wenn nicht bie 
Impflinge nach ſolchen Regen, wie dies jet auch fehon bie 
meiften Schäfer wiffen und ungeheißen thun, fchnell in bie 
Ställe gebracht und hier durch dichtes Aneinanderlagern wies 
der erwärmt würden, dem eine Erfältung während des Pok⸗ 
kenfiebers ift in den meiften Fällen tödlih. Wo die Poren 
an eimer andern, als an der Impfftelle, zum Vorſchein kom⸗ 
men, da hat, fo kann man überzeugt fein, eine Erkältung 
während des Pockenfiebers ftatt gefunden; wo aber dennoch 
Keine häufigen Todesfälle nach folcher Erfältung eintreten, 
vielmehr die Poren an irgend- einer andern, als der Impf- 
ftele, äußerlich zum Worfchein kommen, da hat, fo fann man 
verfichert fein, eine regelmäßige Erwärmung der Impflinge 
unmittelbar nach jener Erkältung flatt gehabt. 

Wenn aber die Boden, wie in ven hier mitgetheilten 
Beobachtungen, in ihrem Berlaufe aufgehalten werben und 


® 


— 32 — 


ſich in angegebener Weiſe verſpaͤten, ſo haben die Schafe 
von der Impfung an, bis zum Ausbruch der Pocken entwe⸗ 
der. bei feucht Fühler, oder bei ſehr kalter Witterung und kal⸗ 
ten, fchlechten Aufenthaltsörtern gefroren und zwar in dem 
Maaße wie die Schafe frieren, brechen die Boden entſpre⸗ 


chend fpäter aus. Alfo mwenn- im erftern Yale Grfältung 


die Urfache ift, fo ift e8 im Legtern Kälte. Feuchtigkeit und 


. Kälte find fonach dem Ausbruch der Pocken, aber auch ver 


PVertragung und Berbreitung ihres Contagiums feindlich. 
Keineswegs fcheint indeß dieſer feindlihe Einfluß in einer 
zerftörenden, oder zerfeenden Einwirkung jener Potenzen be⸗ 
gründet zu fein, vielmehr glauben wir, Daß dieſe letztern nur 
die Selbftftändigkeit der Contagion befchränfen, das Repro- 
durtionsvermögen hemmen, die Erzeugung des Pockenſtoffs 
Dadurch vermindern, Das Ausſcheiden des Fritifhen Produkte 
ftören, indem fie dafjelbe nieverfchlagen und in feiner Elemen- 
targeftalt zuruͤckhalten. Wir finden uns zu dieſer Schlußfol- 
gerung berechtigt, weil das in feiner Wirkfamfeit fo beein: 
trächtigte Contagium in feinem Wefen und feiner Kraft nicht 
gelitten hat, vielmehr eben fo fortpflanzungsfähig und ſchützend 
auf Schafe, welche die Poren noch nicht überftanden, wirft, 
als das von Pocken, die unter günftigen Verhaͤltniſſen einen 
regelmäßigen Verlauf hatten, und weil ferner das Durch fol- 
ches Contagium erzeugte Eranthem unter günftigen Einflüffen 
denfelben regelmäßigen Verlauf nimmt, als bei Infectionen 
mit Lymphe von regelmäßig verlaufenen Pocken. 

Ganz richtig führt Sick a. a. O. an, daß die Structur 
bes Ohres und deflen extreme Lage nicht begünftigend für 
die Bildung des Podenerantbems unter allen Umftänden find, 
daher daſſelbe fih eine Stätte wählt, wo die Bedingungen 
zu feiner Entwidelung fi vollftändiger beifammen finden. 
Doch würden nicht zumeilen andere, als bie in der Struckur 
und Lage des Ohres begründeten Umftände, die Ausbildung 
ienes Eranthems am Ohre verhindern, fo müßten Die Reful« 

tate 


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tate der Impfung am Ohre ſtets gleich fein, ba ber wänfle- 
logiſche Standpunft Deflelben immer derſelbe Bleibt; jene an⸗ 
bern gewiſſen Umftände liegen nun eben in der Erfältung 
begründet. Das Borfommen diefer Erfcheinung ift keines⸗ 
wegs fo felten, wie Herr Sid meint; er wird dies felbft er- 
fahren, wenn er feine Impfungen öfter im Spätherbfte vor- 
nimmt. 


2: Befchaffenheit der Impfpocken und ihr Verhalten zu den natürlichen. 


Die am Ohre bei regelmäßigem Verlauf erfcheinenden 
Impfpoden find im Stadio der vollfommenen Ausbilbung 
over Reife von verfchievener Größe und Form, beides iſt in- 
deg in Beziehung auf die Schusfraft, mithin für den Zwed 
der Impfung, indifferent. Die Größe varlirt in ihrem Um⸗ 
fange zwifchen der eines halben Silbergrofchens und ber el 
nes Achtgrofchenftüds. Die Oberhaut ift entweder auf der 
ganzen Pode blafig in die Höhe gehoben und diefe Blaſe 
mit waflerheller Lymphe, dem’ eigentlichen Impfftoff, gefühlt, 
oder fie liegt in ver Mitte der Bode feſt auf, und nur ihre 
Rand ift blafig gelöft und mit Lymphe gefühlt, in welchem 
Falle die Pocke mit ‘einem weißen, Elaren, blafigen Rande 
umgeben ift, während fie innerhalb dieſes Kreiſes ein intenſtv 
hochrothes, mehr oder weniger glänzendes Anfehen hat. Au⸗ 
ßerhalb der blafigen Erhöhung ift fie mit einem blaßrothen, 
nach und nach verſchwimmenden Hof in größerer oder gerin- 
gerer Ausdehnung umgeben. Die Pode und ihre Umgebung 
hat Entzündungswärme und die Subſtanz bed Ohres iſt 
mehr oder weniger in= und’ ertenflo ‘angefchwollen. Entfernt 
man die weißlich ausfehende, durchſcheinende Oberhaut von 
der Dlafe, fo tft das darunter befindliche-Cortum angeſchwol⸗ 
len, poröß aufgeloert, mit rauher, binsröthticher, warziger 
Oberfläche, welche fortwährenn neue waſſerhelle Lomphe aus⸗ 
ſondert, die zum Impfen eben fo geeignet ift, wie die unter 
der Blafe vorhandene, die aber, wenn fie nicht in bem 

Mag. f. THierheilt. XII, 3 


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Maße, wie fle ausſiekert, entfernt wird, zu blaßgelben Kru⸗ 
ften fich verdickt und ſchuͤzend auf ber wunden Släche liegen 
2 unter welcher die Lymphe dann ferner hervorfiefert; 

Die Form der Pode ift bald rund, bald oval, boch iſt die 
runde Form vonwaltend, bald Legt fie flach au dem Ohr, 
bald ift fie .erhaben. 

Moden, die nicht an der Impfſtelle, ſondern am Grunde 
des Ohres oder an andern bewollten Koͤrperſtellen aufgehen, 
haben jederzeit ein ganz anderes Exterieur; fie erfcheinen ge- 
woͤhnlich ſchmutzig brauntoth, von erhaben runder, halbfuges 
liger Form, Die Epidermis liegt in den meiften Fällen. auf, 
oder tft Höchftens am Rande gelöft und blafig erhoben, unter 
welcher dann etwas ſchmutzig braune, burchfichtige Lymphe 
vorhanden ift; ‚überhaupt find dieſe Pocken faft immer fehr 
trocken, Entfernt man die Oberhaut, fo erfcheint das ſchwam⸗ 
mig aufgeloderte Corium unter derfelben ſchmutzig, braun, 
warzig, welches eine feiner Farbe entiprechende Lymphe aus⸗ 
fonbert, die zum Welterimpfen nicht die Sicherheit gewäßtt, 
wie die klare, waſſerhelle Lymphe der Boden, die an der Impf- 
Relle aufgegangen find, weil jene Lymphe unzweifelhaft eine 
Belmifhung eines fremdartigen Krankheitsproductes hat. Der 
Umfang dieſer Poden variirt zwijchen dem eines halben Sil⸗ 
bergrofchens und dem eines Zweigroſchenfluͤcks. 

Die an andern Köryertheilen, ‘wie am Schwanze, ben 
Schenkeln, an den Bauchhautfalten..ıc. geimpften Boden er- 
reichen gewöhnlich die Größe einer halben Pflaume und dar⸗ 
über; fie Haben meift eine runde, halbkugelige, erhabene Form, 
eine intenfio rothe Farbe, dicht anliegende, glänzende Epider⸗ 
mis, die nicht immer, wohl aber in den meiften Ballen, am 
Rande Freisförmig vom Corium getrennt und blafig erhoben 
if, worunter fich die zum Impfen gefchidte, waſſerhelle Lomphe 
befindet; fie find mit einem blaßrothen, verſchwimmenden Ent⸗ 
zöndungshof umgeben. Die Bode fühlt fih fehr hart an, 


und entfernt man von ihr die weißliche Epidermis, dann er⸗ 
ſcheint die Oberfläche warzig, ſchwammig. 

Mitunter find die geimpften Boden nicht größer als Lin⸗ 
fen, ganz flach und doch fehr ergiebig an Lymphe, fobald 
man bie Epidermis entfernt. Sind fie indeß fehr troden, fo 
kann man ficher annehmen, daß noch mehrere dergleichen an 
andern Körperfichen fiten. Je Kleiner die Boden find, je 
lieber find fie mir, weil bie Thiere deflo weniger Daran zu 
leiven haben, je größer, je mehr greifen fie die Thiere an und 
je ſchaͤdlicher find fie, ohme daß fie mehr fchügen, als bie 
Heinen. Ganz fo verhält es fich mit den natürlichen Boden, 
je weniger vorhanden und je Fleiner die vorhandenen find, 
deſto unfchädlicher find fie, deſto milder ihr Berlauf. Je 
mehr und je größere Boden ericheinen, je bichter fie an ein- 
ander fiehen, je flacher And fie, je mehr Iaufen fie in einan⸗ 
ber, je mehr zerflören fie das Hautorgan und deſto mehr ſtoͤ⸗ 
ten fle befien dem Leben fo wichtige Funetion. Während bie 
außer dem Ohre geimpften Boden fat immer eine fugelrunde 
Oberflaͤche haben und eine beträchtliche Größe erreichen, iſt 
die Oberfläche der natürlichen Boden, bie zwar auch erhaben 
find, flach; ſie find in der Regel Heiner, erreichen, wenn fie 
einzeln fiehen, felten die Größe der geimpften Poden, haben 
feinen Entzindungshof, eine mit Lymphe gefüllte Blaſe ober 
blafige Umgebung fehlt ihnen, die Epidermis iſt loſe, faltig, 
weiß, entfernt man fie, fo befindet fich unter ihr eine rofen- 
farbige, warzige Oberfläche des Coriums, auf der ein wenig 
Klare, waſſerhelle Lpmphe vorhanden, bie zum Impfen geſchickt 
it; ihre Form iſt Immer rund. Sind die Boden indeß in 
Menge vorhanden, ftehen fie fo Dicht, daß fie in einander 
laufen, fo iſt ihre Form unregelmäßig, fie find fehr fach, ſeht 
trocken, bie Epidermis ſitzt ſehr feft uud fie fühlen ſich hart 
in der Haut an. Wenn auch die geimpften. Poren vom 
Ohre nach andern Stellen des Körpers hin verfeht werden, 

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fo erfcheinen fie Doch niemald nur in einer annähernden Zaht 
der in den meiften Fällen vorhandenen natürlichen Poden, 
die oft in großer Menge, aber nur in der Groͤße von Linfen 
vorhanden find. 


3. Berlauf der Impfpoden. 


Die Poden durchlaufen ihre gewiffen Stadien, doch, wie 
wir gefehen haben, keineswegs in regelmäßigen, beftimmter 
Zeitabfchnitten. Nur wenn fie unter fonft günfltigen Ber- 
hältnifien jeder Art geimpft worden find und während ihres 
Berlaufs die Witterung milde, warm, troden, und vie Luft 
ruhig if, ‚Tann man mit Gewißheit fagen, daß folgende Sta⸗ 
dien in den angegebenen Perioden anfangen und .endigen: 

Erftes Stabium, der Infection, vom Iften bis Öten Tage, 
ohne bemerfbare äußere Zeichen eines Unwohlſeins. 

Zweites Stadium, des Fiebers, der Entzündung und 
Eruption vom ‚dien bis zum 10ten Tage. Die Impflinge 
werben traurig, matt, abgefchlagen, träge, laſſen die Ohren 
hängen, gehen etwas fteif, laffen vom Freſſen ab, zittern zu⸗ 
weilen, das Athmen ift etwas, der Puls oft mehr, oft weni- 
ger befchleunigt, vol, hart, die Augen find etwas gerötbet, 
die Smpfflelle und deren Umgebung röthet fich, wird wärmer, 
fchwillt .an, es erhebt. ſich aus deren Mitte eine Pode, anf 
welcher die Oberhaut fich löft. . — 

Drittes Stadium, der Vollendung oder Seife der Poden, 
vom 10ten bis 14ten Tage. Das Fieber und alle vorbereg- 
ten Kranfheitserfcheinungen find verfchwunden,. die Schafe. find 
munter und gefund wie vorher, die Rode ift .an der Impf- 
ftelle ausgebildet, wie fie oben ſchon befchrieben worden, und 
es ift nun Zeit, von ihr den Impfftoff zu eninehmen. 

Viertes Stadium, der Abtrodnung, vom L4ten bis, 20ſten 
und 24ften Tage. Die mit Harer Lymphe gefüllte. Blafe,. wenn 
eine folche vorhanden. ift, fAlt an ihrer Oberfläche ein, wäh 
rend die Epidermis fehrumpfig, faltig wird, die Lymphe wird 


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truͤbe, dicklich, milchig, verringert ihr Volumen immer mehr, 
Bis. fie ganz zum Schorf eintrodnet; der Entzündungshof vers 
liert fi, die rothe Farbe der Rode verdimfelt fich, wird vio⸗ 
lettroth, dann ſchmutzig braͤunlich, braun, zulegt ſchwarzbraun 
und ganz troden. In gleicher Stufenfolge, wie die Farbe 
fi) verändert, beginnt der Rand ver Pode mit bem Stüd 
Leberhaut, welches fie einnimmt, fi von dem umgebenden 
gefünden Corium zu löfen, die Trennung geht immer weiter, 
indem die Bode, vertrocknend, fih in fih zufammenzieht. In 
gleichem Maaße, wie vom Rande, löſt fie fih von ihrem 
Grunde, und fällt endlich mit dem Hautftüd, welches fie ein⸗ 
nahm, aus, woburch ein Loch, eine Vertiefung in der Sub⸗ 
ſtanz entfteht. Oft bleibt die Pocke längere Zeit, obwohl fie 
total abgeftorben und vertrodner iſt, in der Vertiefung figen, 
während fchon das 

Fünfte Stadium, das ber Vernarbung, beginnt, welches 
vom Ziften oder 2dften: bis zum 30flen oder S6ften Tage 
dauert, und wird erft dann durch das die Vertiefung füllende 
Zelfgewebe ausgeſtoßen. Die Bertiefung füllt fich mit ver 
bichtetem, zur callöfen Maſſe werdenden Zellgewebe, um wel 
ches fich der freie Wundrand des Eoriums dichter zufammen- 
zieht und ftrahlenförmig ausgehende Falten bildet, woburd 
eine fternförmige Narbe entfleht. 

War die Pode am Ohre zu tief geimpft, fo daß vie 
Nadel die Fnorpelige Ohrmufchel mit verlegte, fo ergreift der 
Tod aud) jenen Theil des Knorpels, ver mit der Bode bran⸗ 
Sig wird, mit ausfällt und, mie es oft geſchieht, ein rundes 
Loch im Ohre bildet, welches einen zadigen Rand hat. Iſt 
die Pode zu groß, das Ohr zu heftig entzündet und ange⸗ 
ſchwollen, dann faͤllt ein zu großes Hautftüd mit aus, bie 
Ohrmuſchel sieht fich faltig zufammen und die Spipe Bis an 
die. Pocke knickt um, wie umgebrochen, wodurch das Ohr vers 
ftämmelt ift; ein Rejultat, welches man :gewöhnlich durch 

Impfungen an heißen, trodnen Sommertagen erzielt, 


38 


- Mopifieirend auf den Verlauf der Pocken wirken mın 
mancherlei Umftände und Verhaͤltniſſe. Am ſchnellſten und 
regelmäßigften ift ihr Verlauf bei warmer trodner Witterung, 
bei gut genährtem Zuftande und gefunder Fräftiger Conftitution 
der Impflinge, vorausgefegt, daß die Impfung mit guter, ges 
fünder, reifer, unverborbener, reiner Lymphe oder Blut er 
folgte. Große Hibe befchleunigt den Verlauf, jedoch nicht 
über das Minimum der angegebenen Stadien hinaus. Naͤſſe 
und Erfältung modtficiren die Regelmäßigfeit des Berlaufs, 
eben fo wie Krankheitszuſtaͤnde, Alter, Schwäche, fchlechte 
Ernährung; Kälte tritt dem Berlauf hemmend entgegen. Me⸗ 
. Sanifche Einwirkungen auf die Poden, wie Reibungen, Ber 
legungen, Drud ꝛc. befchleunigen den Verlauf, namentlich das 
Abfterben und Brandigwerden der Poren. 


4. Charakter der Impfpoden, 


Wenn alle Vorſichtsmaaßregeln beobachtet und alle als 
ſchädlich befannten Potenzen bei der Schubtimpfung, wo dem 
Operateur Wahl der Jahreszeit, der Impfſtelle und des Impf⸗ 
ftoffs überlaflen find, vermieden werden, bie Impflinge eine 
vollftändige Geſundheit genießen und gut genährt und nicht 
überalt find, fo muß ber Charakter der Poren jederzeit fo 
gutartig fich entwideln, daß Fein Schaf als Opfer der Im 
pfung fällt, Wo dies der Fall iſt, ift jederzeit ein Verſehen 
irgend einer Art vorgekommen. 

Der Charakter der Pocken iſt verſchieden nach dem Sig, 
und zwar an der Ohrſpitze am milveften, an jedem. andern 
Körpertheile fchlimmer, am bösartigfien auf den Schleimhäuten 
der Augen, der Refpirations- und Schlingorgane, des Aftere 
und ber Gefchlechtötheile, ferner noch an Knochen, Knorpeln, 
Sehnen und Bändern. Er ift verfchieven nach der Menge 
und Größe der Boden, am mildeften bei einer Heinen Pode, 
am heftigften bei vielen und großen Boden. Er iſt ferner 
verfhieden nach Temperatur, Witterungs⸗ und Lokalttätöner- 


2) 


hältniffen; am bösartigften und heftigften iſt er bei großer, 
ſchwuͤler, feuchter Hige und nafler Kälte, nur daß Erflere den 
Berlauf befchleunigt, während Lebtere ihn hemmt. Unter je 
nem Berhältniß werben die Boden fehr groß, leicht brandig 
und faulig, daher toͤdtlich; unter dieſem werden fie ebenfalls 
leicht brandig, aber auch mehr zurüd in den Organismus auf 
die edlern Drgane abgelagert, und deshalb, obwohl fle Feiner 
bleiben, eben fo gefährlich; am milbeften ift der Charafter bei 
mäßig warmer, trodner Witterung. Erfältung, kalter Wind, 
falte oder 'zu heiße, namentlich enge Ställe, in denen Fein 
Luftwechſel iſt, tiefe, niedrige Lage, Zugluft, Regen, ferner 
Krantheiten, zu hohes Alter, zu große Schwäche und fchlecdhte 
Ernährung ꝛc. verfehllmmern den Charakter der Boden in ber 
Weiſe, wie bier fchon angegeben wurde, baflelbe gefchieht von 
mechanifchen Relbungen, Verletzungen u. dal. 


C. Eintheilung, Zweck und Nuben der Impfung. 
1. Eintheilung. 


Diefe iſt zu bekannt, ale daß fle hier einer Wiederholung 
bebürfte, denn jeder weiß, was eine Rothimpfung, Vorbau⸗ 
ungsimpfung, Schubimpfung, Yorimpfung und Nachimpfung 
if. Es wird uns mithin nur obliegen, den Zweck und Ruben 
ber Impfung näher zu beleuchten. 


2. Zweck. 


Der Zweck aller Impfungen ift, gleichwie der Rutzen, 
verſchieden. Man will durch die Impfung zunächft die Krank⸗ 
heit in derfelben Weiſe, wie man fle örtlich impft, an eine 
möglichft gefahrlofe, unſchädliche Stelle hinleiten und firt- 
ren, um fo Die Hautorgane, welche den Körper fowol ums 
wie auöfleiden, vor einer allgemeinen Eruption der ‘Boden 
und dadurch herbeigeführten großen Nachtheifen mancher Art 
zu fhügen. Secundaͤr aber auch will man bie Krankheit bei 


— — — - m. 


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allen Schafen gleichzeitig zur Ausbildung bringen, damit in 
der Periode, wo das Contagium am intenſivſten und haͤufig⸗ 
ſten exhalirt wird, alle Individuen im gleichen Krankheits⸗ 
ſtadio ſind und die Aufnahme jenes Contagiums durch Haut, 
Lungen ꝛc. ohne Wirkung bleibt, endlich aber auch den Gang 
der Seuche abfürgen und als eine allgemeine Heerbefranfheit 
Schnell zu Ende bringen. 


3. Nuben. 


Sobald in einer Heerde die natürlichen Pocken ausge- 
brochen find und entdeckt worden, ift die fehleunigfte Impfung 
nothwendig. Man trenne aber zuvörderft alle von den Boden 
ergriffenen Schafe von der Heerbe; fo wie dies gefchehen, 
ſuche man fi ein Schaf mit reifen Boden, deren man faft 
zu jeder Zeit und ale Mal in einer folchen Heerde findet, 
aus, und impfe davon fofort Die ganze Heerbe. Findet man 
ein folches Schaf noch nicht, fo warte man einige Tage, da 
unter allen Umftänden fehr bald reife Boden vorhanden find, 
Unter reifen natürlichen: Pocken verftehe ich folche, bei Denen 
die Epidermis weißlich und leicht löglich ift, und unter fich 
eine waſſerhelle, allenfalls auch ein wenig milchichte, oder 
blutig rothe, ober gelbliche, aber immer bünnfläffige, nie dick⸗ 
liche, Tlare oder wenigſtens burchicheinende Lymphe auf hoch⸗ 
rothem, warzigem PBodengrunde hat. Kann man wählen, fo 
nehme man Die Lymphe von möglichft großen, ifolirt ſtehenden 


Boden. Bon der Entdedung der Boden an bis zu dem 


Zage, wo Die geimpften Boden fänmtlich aufgegangen find, 
unterlaffe man nicht, jeden Tag die Heerde durchzufehen, und 
jedes Schaf, an welchem fich Spuren des Ausbruchs natürs 
licher Pocken erkennen laſſen, aus derſelben zu enifernen. 
Man wird in der Regel eine Menge kranker Schafe ſchon 
bei der Impfung finden, und der Ausbruch der Seuche wird 
immer noch nach ber Impfung bei einem erheblichen Theile 
Rattfinden, der vor ber Impfung fehon allgemein inficirt wor⸗ 


den. war. Wenn nicht eine zu große Rachläffigfeit und Un⸗ 
achtfamfeit Seitens des Schäfers ſtattgefunden hat, fo werben 
indeß immer noch 12 bie 15 der Schäferei nicht inſicirt fein 
und diefe kann man durch die Impfung vor den natürlichen 
Borken fehügen und fie alle, wenn nicht grade die Lammung 
flattfindet, wo dann meiftens Mutter und Lamm umfommt, 
am Leben, bei der Wolle, guter Conftitution, gefunden Or⸗ 
ganen und Gliedern erhalten. Hierin befteht der Hauptnugen 
der Nothimpfung und der andere ift der, daß man die Seuche 
auf einmal und fehnel zu Ende bringt, fomit eine Täftige 
Störung und Pflege, wie die läftigen polizeilichen Anorbnuns 
gen befeitigt. 

Sind in einer Entfernung von 1 bis 2 Meilen, ober 
gar noch näher, die natürlichen Boden ausgebrochen, fo wird 
ein jeder erfahrne und vorfihtige Schafzüchter die Borbaus 
ungsimpfung in feinen Heerden bewirken laſſen. Er wird zu 
diefem Ende aus ber Franken Heerde ein mit reifen Poden 
verfehenes Schaf fi verfchaffen und Davon feine Heerde im⸗ 
pfen. Vom fiebenten Tage an wird er bie Heerbe jeden Tag 
durchſehen laſſen, finden fich wenige, bei denen die Boden 
aufgehen, fo wird er dieſe aus der Heerbe entfernen und bie 
andern rechtzeitig nachimpfen, finden ſich wenige, bei denen 
fie nicht gehaftet haben, fo wird er biefe entfernen und recht» 
zeitig nachimpfen. Verfaͤhrt er fo, dann wird er ben Nutzen 
haben, daß feine Schäferei fehnell und gleichzeitig abpockt, 
mithin die möglichft Fürzefte Zeit mit der Seuche zu thun 
bat; daß fie vor den natürlichen Pocken gänzlich fücher geſtellt 
iſt, fonach der Verlauf und Charafter ber Krankheit in moͤg⸗ 
Jichfter Weiſe gemildert und gutartig gemacht worben ift; baß 
er den höchft minbeften Verluſt in der Schäferei durch den 
Tod, an Geſundheit und Ernährung der Thiere und an ber 
Wolle erzielt hat. Dies find unter allen Umftänden fehr we⸗ 
fentliche Bortheile, welche die Borbauungsimpfung gewährt, 
doch da fie Feine Wahl der Zeit und ſonſtigen Berhältnifie 





T|r——— 


geftattet, fo kann fie nicht immer günftig und zufriedenſtellend 
ausfallen, obwohl fie immer noch bedeutende Vorzuͤge vor 
der Nothimpfung hat. 

Uebertroffen wird der Nutzen jeder Impfung durch den, 
ven uns die Schutzimpfung bietet, da dieſe ums neben Ger 
währung aller Vortheile der andern Impfungsarten die Wahl 
der. Zeit und fonftigen Verhaͤltniſſe nach öfonomifchen, thera- 
peutifch-biätetifchen Rüdfichten und nach Lofalverhältniffen ges 
flattet, ohne irgend einen Mißftand der andern Arten ber 
Impfungen mit feh zu führen. &o flimme ich mit den An» 
fihten des Herm Amtsraih Karbe auf Blanfenburg voll- 
fommen überein, wenn er in feinen Bemerkungen zu ben 
Wreisfragen der märfiich = öfonomifchen Geſellſchaft, ald An- 
bang zu der gefrönten SPreisfchrift des Dr. Mueller behaup⸗ 
tet: Die Schupimpfung fei der Rothimpfung im Allgemeinen 
vorzuziehen. Ich behaupte: jeder Art von Impfung unter al- 
len Umftänden und Berhältnifien und daß fie in jedem. Falle 
gefeglich geboten werden müßte, da ein Ausbruch der Borken, 
ber durch die Schutzimpfung auf bie .einfachfle und Teichtefte 
Weiſe überall und zu jeder Zeit vermieden werben Tann, eine 
allgemeine Gefährdung und Hemmung des freien Verkehrs 
mit fich bringt. Die Koften der Schupimpfung und die Durch 
fie verurfachte Mühe und Unbequemlichkeit find fehr unbebeu- 
tend, Taum denen des aljährlichen Sortirens ver Laͤmmer 
gleich zu achten. Die durch die Schupimpfung bedingte Un- 
terhaltung der Pocken, welche vielfach fehr angefochten wor- 
den, hat, wie Herr ıc. Karbe a. a. O. ganz richtig bemerft, 
durchaus keinen Nachtheil, fondern gegentheild große Vor⸗ 
theile, man bleibt einmal in fteter Befanntfchaft mit feinem 
Feinde, neutralifirtt und inbifferenzirt baburd, eine Seuche 
vollfommen, erzielt dadurch eine höchft angenehme Sicherheit 
und wenn fie wegen ber geringen Koften und Meinen Mühe 
dennoch ein Liebel genannt werben, fan, fo ift fie gegen die 
Roth» und Vorbauungsimpfung, bie nicht vermieden werben. 


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koͤnnen und nur zu Häufig wiederkehren, immer nur das Bei 
Weitem Tleinere Uebel, weiches Jedermann vernunftgemäß 
wählen muß. 

Rachdem ih in 15 Jahren meiner Praris mannigfadye 
Beichäftigung mit Schafpoden in jeder Weiſe, in fehr ver 
ſchiedenen Gegenden des Preußiſchen Staates und unter man» 
nigfach verfchiedenen Lokal⸗ und Öfonomifchen Wirthſchafts⸗ 
verhältnifien gehabt und dadurch fo manche Beobachtung ges 
macht und biefe mit Aufmerkfamfelt zu interefianten Erfah⸗ 
sungen gefammelt und zufammengeftelt habe, bin ich zu der 
Ueberzeugung gelangt, daß die Schukimpfung der Schafyol- 
fen unter alfen Umſtaͤnden empfohlen werben kann und ſelbſt 
zum Beflen der Stantsöfonomie gefeglich geboten werben 
dürfte, da nicht ein Vebelftand ihr entgegen zu ftellen iſt 
wenn fie fo ausgeführt wird, wie die Natur ber Sache es 
zu ihrem Beflen erfordert. Alle Nachtheile, die man ber 
Schusimpfung unterſtellt, Hegen in ber That nicht in ihr, 
fondern in Unerfahrenheit oder Unwiſſenheit des Operateurd, 
aus denen Fehler und Mißgriffe bei der Operation und ven 
von ihr geforderten Verhaͤliniſſen, deren Beftimmung in der 
Hand des Operateurs liegt, hervorgehen. Demnach muß ich 
den von Dr. 2, Maier, Kreisphuftfus zu Mohrungen, in 
feiner Abhandlung über den Nachtheil der Schafpodentmpfung 
für die Staateöfonomie ausgefprochenen Anfichten direkt ent⸗ 
gegentreten, indem fewohl a priori wie a posteriori nachge- 
wiefen werben Tann, daß die Schubimpfung ber Schafpoden 
weder in ftaatsöfonomifcher, noch in einer andern Hinſicht 
ſchade, wohl aber in jeder Beziehung nüge. Wir ſehen aus 
biefer Abhandlung wiederum, wie aus fo vielen andern Ahn- 
lichen über Thierkrankheiten erfchienenen, die leidigen Wir 
tungen bloßer Theorie ohne Braris, gegründet auf compara⸗ 
tive Anfchauung, von der der Menfchenarzt füch nicht looſa⸗ 
gen zu koͤnnen fcheint, wenn er über ihierärztliche Gegen 
flände urtheilt. Ich erlaube mir dieſe Sentenz namentlich 


für den vorliegenden Specialfall und glaube ſie im Nachfol- 
genden gerechtfertigt zu haben, wenn ich nicht annehmen darf, 
dag nur Anmaßung und Dünfel Urtheile, wie in.Dr. Mai- 
er’s Abhandlung, erzeugen fönnen. Denn es würde ge- 
wagt, ja arrogant erfcheinen müflen, wenn Herr ıc. Maier 
ohne jene comparative Anfhauung, in welcher er Menfchen- 
md Schafpoden in Weſen und Form für iventifch halt, feine 
abfprechenden umd zurechtweifenden Urtheile irreführend dem 
Publikum überwiefen hätte, da er, wie aus feiner Abhand⸗ 
lung ungiveideutig hervorgeht, mit Erfahrungen über bie 
Sache lange nicht genügend ausgerüftet ift, um eine Richts 
ſchnur zur Behandlung der Schafpoden, fowohl in. gefeglicher 
wie in öfonomifcher Beziehung, vorzuzeichnen. Es koͤnnen 
mithin, wenn nicht jene auf bloße Theorie ſich ftübende coms 
parative Anfchauung, die eben fo einfeitig wie gefährlich ift, 
Hr. Dr. M's. Anfichten geleitet haben, nur einzelne wenige 
Beobachtungen in Verbindung mit jener Theorie die Grund» 
lage zu den von ihm der Welt Preis gegebenen Anfichten 
geführt haben, was wieder eben fo gewagt wie anmaßenb 
erfcheinen müßte, da durch. ein Baar Beobachtungen mit der 
Theorie die Natur und das Weien einer Krankheit mit al- 
Ien ihren Berfchiedenheiten, felbft von dem eminenteften Talent, 
nicht erfchöpft werden können. Die Erfahrung lehrt dies 
täglich, in-ihr erfennen wir im Verlauf unferer Prarxis täg- 
lich neue, ganz ungeahnete Gigenfchaften, die heute umftoßen, 
was die Theorie geftern aufbaute. Die Theorie kann baher 
für unfere Anftchten nicht maßgebend fein, fobald die Erfah⸗ 
rung ihr entgegenfteht; wo diefer Fall eintritt, hat nur bie 
Lebtere zu enticheiden. 

Soviel fteht nun einmal feft, daß die Schafpeden jebt, 
und fchon feit vielen Sahren, eine Bei uns einheimifche Krank⸗ 
heit find, fie mögen nun urfprünglich bei uns entwidelt, ober 
erfi vom Auslande eingefhleppt worden fein. Da wir nun 
einmal biefen Beind im Lande haben, fo müflen wir uns mit 


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hm ſoviel als möglich befreunden, um ihn nach Berhältniß 
unfchäblich zu machen, fobald wir nicht im Stande find, ihn 
ganz zu vertreiben; dies möchte vermuthlicd, Niemand ımter- 
nehmen und felbft Herr ce. Mater dürfte vie dazu geeigne- 
ten Mittel nicht finden. Durch welch anderes Mittel aber, 
als die Schupimpfung können wir und mit jenem Feinde am 
beiten befreunden und ihn am unfchäplichften machen? Ich 
behaupte: burch Feins in der Welt, da der Ruben der Noth⸗ 
und Borbauungsimpfung mit dem der Schupimpfung in kei⸗ 
ner Weite einen Vergleich aushält ; denn jeden andern Bor- 
tbeil der Pockenimpfung wiegt der, der freien Wahl der Zeit 
zur Impfung, bei Weitem auf. 

Die Furcht, daß die Seuche dur die Schupimpfung 
einheimifch gemacht worben, ift infofern ganz ungegruͤmdet, 
als fie feit lange ſchon einheimifch iſt, denn noch ehe an eine 
Schubimpfung gedacht worden ift, war fie ſchon bei uns 
einheimifch, indem fie damals, wie. jebt pertodifch auftrat und 
ebenfo wie jet mehr ‚oder weniger ‚über meite Bezirke fich 
verbreitete. Doch erft. feit Einführung und Verbreitung ber 
Merinoheerden, feit. Vermehrung. der. Schäfereien und Bers 
größerung der Heerden, find die Schafpoden, in dem Ber« 
hältniß des Dichteren Beifammenfeins größerer Maſſen, ver 
daraus hervorgehenden Vervielfältigung. des Contagiums, ver 
Dadurch bewirkten intenfivern und allgemeinern Anfection und 
der Veredlung mit auslänbifchem Blute, bösartiger geworden; 
im Berhältniß diefer Bösartigkeit aber und: in dem bes groͤ⸗ 
Beren Werthes jebiger Schäfereien, gegen die fruͤhern, find 
fie mehr beachtet und gewürbigt worden, find fie überhaupt 
mehr aufgefallen, haben fie an in⸗ und extenſivem Intereſſe 
gewonnen, die Aufmerkſamkeit ‚aller Züchter, Sachverſtaͤndigen, 
Landesbehörden und Gefebgeber im höhern Grade erweckt; 
in dem Verhältnis aber, als die Vervielfältigung: der Heer- 
den und die Vermehrung dieſer gegen früher, ehe Spanien 
feine Bforten dem. Export der Merinos öffnete, ſtatigefunden 


=. 46 == 


bat, iſt der Verfehr mit Schafen unter einander lebhafter und 
mannigfaltiger und der Handel mit denſelben ausgebreiteter 
geworden, in demſelben Verhaͤltniß Baben ſich die Berüh- 
rungspunkte vervielfacht und in demſelben Maaße iſt das Erz 
ſcheinen der Pockenſeuche und der Verluſt in den Heerden mit 
ihr haͤufiger geworden. Es iſt natuͤrlich, daß in unſerm Va⸗ 
terlande früher bei 3 — 4,000,000 Schafen die Pockenſeuche 
nicht fo oft erſchien und eine. fo ‚große Zahl Opfer forberie, 
als jet bei. 15-—16,000,000; es ift natürlich, daß bei jenen 
auf einem gleichen Ylächenraum wie diefe verteilt, Die Seuche 
nie fo bösartig werben fonnte; es ift natürlich Daß fie des⸗ 
halb, und weil jene von bei weiten untergeorbnetem Werthe 
gegen dieſe waren, nicht fo beachtet wurben wie jegt, zumal 
Schafe damals nur Cigenthum der Bauern und Schäfer 
waren. 

Bir wollen Herm ꝛc. Maier Recht geben, wenn er. 
annimmt, daß früher die Schafpoden höchftens alle 30 — 40 
Jahre einmal auftraten, Doch wiſſen wir darüber nichts Ges 
wifies, aus dem einfachen Grunde, . weil fie in rauhen ein« 
heimiſchen Schäfereien, bei. einem viel bünnern Verhaͤltniß 
derfelben und-entfprechendem gutartigen Charakter, ſowie bei 
ungleich geringem Werthe der Schäfereien, mehrentheils un- 
beachtet blieben. Wir wollen auch zugeben, daß es noch 
heute Gegenden giebt, in: denen bie natürlichen Boden felten 
erfcheinen und in denen fie mehrentheils. den milbeften Cha-- 
rafter Haben, dach find dies nur ſehr wenige und verhaͤltniß⸗ 
mäßig Heine Diftricte, in benen die Schafheerben bünn ver 
theilt und in weichen Lofaleinflüffe dem Contagium entgegen 
ſtehen. Dieſe Difiriete, zu denen die hoben Gebirgsgegenden 
und tiefen Nieverungen, die Marfehgegenben, fa ſelbſt einige 
Strandbezirke hier in Pommern gehören, And im Allgemeinen 
nur untergeorbnet und Tännen daher nie maßgebend für: die 
Geſetzgebung werden, Iſt es nicht bei Eipivemten und Men⸗ 
ſchencontagionen eben fo, daß, je dunner die Bevöllerung ımb 


— 4 — 


je roher und ımverfeinerter Die Ratur ver Menſchen, deſto 
milder und deſto feltener. die Krankheit iſt? Sehen wir dies 
nicht an dem gelben Fieber, der Peſt, Syphilis u. f. w.? 
Wir können .aber nicht zugeben, daß bie Schafpsden, felbft 
in Gegenden, wo an feine Schutzimpfung gedacht wird, in 
der Regel nur alle 30 bis 40 Jahre nur einmal vorlom« 
men. In einigen Gegenben erſcheinen fie. alle 7 bis B Jahre, 
ohne. daß eine.befondere nachweisbare Veranlafjung fattfin« 
det, in andern alle 10 bis 12 Jahre. Wenn wir nun dieſe 
letztere Zahl auch als den fpäteften. Durchfchnittszeitraum be⸗ 
trachten, in welchem die Schafpoden erfcheinen, fo fleben bie 
Koften und Berlufte. bei einer ‚alljährlich ſtattſindenden Schug- 
pockenimpfung ber Lämmer in feinem Verhaͤltniß zu den 
Koften und DBerluften bei einer alle 12 Jahre nothwendig 
werdenden Nothimpfung, gefchweige denn zu dem Schaden, 
welchen die Boden ohne Impfung verurfachen. Wer das 
Gegentheil behauptet, hat. Die natürlichen Poren einer Heerde 
nie in den heißen Tagen des Juli und Auguſt und nie zur 
Lammzeit wüthen fehen, er hat die traurigen Folgen nicht ges 
fehen, welche die Boden ſchon dann, wenn fie nur geimpft 
werden, während ber. Zamnyeit mit: fih bringen. Sch ber 
haupte breit, und vermag es burch ein einfaches Exempel 
nachzuweiſen, daß eine 60 — 80 Jahre hindurch fortgefeßte 
Schutzimpfung richt fo viel Koflen verurfacht, wie eine noth⸗ 
wendig werdende Nothimpfung, geſchweige denn ein natür 
licher Berlauf ver Seuche Schaden: in der Schäferel ver- 
ah \ 

Wenn. in eimer Schäferei von 1000 ‚Köpfen jährlich 
250. Laͤmmer zu impfen ‚And und man pro 100. 1 Thaler 
Impfgeld zahlt, fo find Dies. in 80 Jahren 200 Thlr. Vom 
Berfuft: gewiſſer Procente ver: Heerden alljährlich bei der 
Schupimpfung kann jetzt nicht mehr Die Rede fein, es kann 
Dies nur in Ungefchidlichfeit-und, Unwiffenheit, nicht aber tn 
den Schußpoden liegen; benn impft man biefe lege arlis und 


— 48 — 


beobachtet dabei alle jetzt bekannten Vorſichtsmaßregeln, ſo 
iſt der Verluſt in den Heerden = 0 und bie Pocken find 
durchaus nicht einmal als eine Krankheit anzuſehen, da ſie 
von. den Laͤmmern kaum bemerkbar überſtanden werden. Es 
iſt hiernach die Schutzimpfung das einzige Mittel, die Pok⸗ 
kenſeuche ganz zu indifferenciren und ſchon dies waͤre Grund 
genug, ſie nicht nur allgemein zu empfehlen, ſondern ſie auch 
geſetzlich zu gebieten; es würde damit offenbar der Seuche 
ein Ende ein für allemal gemacht und von einer Uebertra⸗ 
gung der Pocken von geimpften auf ungeimpfte Heerden 
koͤnnte dann nicht weiter die Rede ſein. 

Wenn die natürlichen Pocken in einer Heerde von 1000 
Köpfen ausbrechen, und die Nothimpfung bewirkt wird, fo 
foften 1000 Schafe zu impfen . - « » - . 10 hr. 

65 Verluft, wenn man ben Ausbruch der Pok⸗ 

fen gleich oft im heißen Sommer, kühlen Fruͤh⸗ 

ling, Herbit und Falten Winter, in und außer 

der Lammzeit, annimmt, find 60 Schafe a 21 Sl. 150 » 

35 Verluft an Wolle a 1 SH.. . . 30 » 
— 190 Thlr. 

Wenn man nun noch den Schaden an Schafen, die 
durch die natürlichen Pocken verkrüppeln, erblinden, den Ver⸗ 
luſt am Ernaͤhrungszuſtande der Schafe, mithin an Futter 
zurechnet, fo iſt der Verluſt in einer Schäferei bei einmal 
nothwendig werdender Nothimpfung bedeutender, als bei ei⸗ 
ner 80 Jahre fortgeſetzten alljährlichen Schugimpfung der 
Lämmer, geſchweige denn, wenn man die Podenfeuche ihrem 
natürlichen Verlaufe überläßt, wo dann Ber Schade in der 
Schäferei durchſchnittlich 4 bis 6 mal fo bedeutend if. Wäh- 
end 80 Jahren wird aber die Rothimpfung 8 bis 10 mal 
erforberlih und ſomit tritt der Vortheil der Schugimpfung 
unverkennbar and Licht, ungeachtet ich die ——— e 
nur gering angegeben habe. — u 

Her 


> 





u 


Herr Dr. Mater hat Recht, wenn er behauptet, daß 
bomogener Impfftoff bei den damit inoculirten Subjecten fehr 
häufig, außer den Impfftellen, noch an anderen Theilen des 
Körpers Poden zum Ausbruche bringt. Ob er aber darin 
nicht irrt, wenn er behauptet, daß der eingeimpfte Podenftoff 
von einer andern Thiergattung, heterogener Impfftoff, feine 
Broductiondfraft lediglich auf die gemachten Impfwunden be 
fchränft, wäre noch fehr in Frage zu flellen. Hier möchten 
feine comparativen Schlußfolgerungen, fo glauben wir, wie 
ber fchlecht angebracht fein und wieder den Beweis geben, 
wie fehr einfeitige Theorie, bei oberflächlicher Befanntfchaft 
mit der Sache firauchelt und auf Irrwege führt. Wenn 
Her x. Maier nur an 100 Kindern die Kuhpoden gleich- 
zeitig impft und fie in ein enges, warmes Zimmer einfperrt, 
wo fie in Schweiß gerathen, fo glauben wir, würben feine 
Kuhpoden fchon fehr modificirt werben; wenn er aber viele 
Kinder, während der Tranfpiration täglich mehreremal in’s 
Grete brächte und fie hier jedesmal eine Kalbe Stunde lang 
in Falter, feuchter Luft, Wind ıc. ftehen laffen wollte, wie es 
bie Schäfer beim Einfuttern machen, ja wenn er fie, während 
des Schweißes den Tag über bei faltem, rauhen Wetter in’s 
Freie führte und fie Hier ihrer Willkühr überließ, und fie fos 
gar mitunter von kaltem Regen - befallen würden, wie dies 
oft mit geimpften Lämmern beim Weidegange gefchieht, Dann 
würden feine Kuhpocken mwahrfcheinlich noch mehr modificirt 
werben und wir find überzeugt, daß ber heterogene Impfftoff 
feine Reprobuctionsfraft nicht allein auf die Impfſtelle bes 
fehränten würde, fo anziehend wiflenfchaftlich Herrn ꝛc. Mai⸗ 
ers aufgeſtelltes Theorem auch fcheint. Wenn .berfelbe das. 
gegen 100 Lämmer gleichzeitig mit Schafpoden-Lymphe impfte, 
jeves Lamm in ein befonderes, gehörig temperirtes Zimmer 
mit einigen wenigen abgepodten Schafen (damit es fich nicht 
ängftigt) brächte, und fie vor jedem Echauffement und. vor je 
ber Erfältung forgfam fhübte, fo würde er ſich ficher über: 

Mag. f. Thierheilt. XIN. 4 





ogene Impfftoff feine Reproduction 
fraft nur auf die Impfitelle befchränft. Doch um dies Herrn 


Sa BE erhzul bewelfen, bevarf es nicht einmal der Abſonde⸗ 


rung eines jeden Lammes in ein eigenes Zimmer, es bebarf 
nur einiger nothivendigen Vorfichtsmaßregeln, namentlich einer 
zwedmäßigen Witterungs⸗ und Temperaturwahl, auf die man 
bei Kindern nicht Rüdficht zu nehmen hat, da der Menſch 
folche in feinem Zimmer jederzeit fich fchaffen Fann. 

Wo Herrn 1. Maier’s erftere Behauptung Beftätigung 
findet, da find nicht alle Berhältnifie, die man bei der Schuß- 
impfung faft immer in feiner Gewalt hat, günftig gewefen, 
und man hat ed an der nöthigen Vorſicht und Aufmerffan- 
feit fehlen laſſen, Die jedenfalls dem Operateur, Schafbefiger 
oder Schäfer fehr zur Laft fällt, wenn Beipoden häufig vor- 
fommen und bösartig find, aber ganz inbifferent erfcheinen, 
wenn fie nur bei wenigen Schafen und einzeln ftehend vor⸗ 
fommen, wie e8 meiftens ber Fall ift, doch find mir bei mei- 
nen alljährlichen Schugimpfungen die Beipoden nur fehr fels 
ten vorgefommen. Was die ‚zweite Behauptung bes Herm 
vw. Maier betrifft, fo beruht dieſe anfcheinend lediglich auf 
einer Schlußfolgerung, daß, da es fih mit den Kuhpoden 
bei Menichen fo verhält, dies eben fo mit jedem andern he⸗ 
terogenen Porkenftoff bei den Thieren der Fall fein muß. Ab⸗ 
gefehen davon, daß für die Richtigkeit dieſer Schlußfolgerung 
jeder Beweis mangelt, daß Die Natur der verfchiedenen Thier⸗ 
gattungen unter fich ſehr verfehieven, daß fie überhaupt ſehr 
verfchieden von ber des Menfchen ift, daß eben jo verfchieden 
die Thierpoden in Ratur und Weſen unter fih find, fo find 
uns bis jet noch. Feine Boden anderer Thiere befannt, deren 
Lymphe gegen die ächten Schafpoden ſchützende Kraft zeigte; 
wenn indeß Herr ıc. Maier dergleichen kennt, fo würde er 
fich verdient machen, wenn er biefelben auch Andere fennen 
lehrte. Wenn daher eine ſolche Schlußfolgerung nicht Durch 


— I — 


Verſuche und Erfahrungen Beftätigung erhält, dann hat fie 
weder einen wifienfchaftlichen, noch praftifchen Werth. 

Wir müffen Herrn 2» Mater wiederum Recht geben, 
wenn er behauptet, daß die Poden, welche aus der Impfung 
mit homogenem Impfſtoffe entfiehen, ſtets alle jene charakte⸗ 
riftifchen Eigenfchaften beflgen, welche mit denjenigen Pocken 
dieſer Tchiergattung unzertrennlich verknüpft find, die von 
ſelbſt oder mittelft der Einwirkung des vorhandenen fpecift- 
fchen Contagiums zum Vorfchein kommen. 

Wenn er aber glaubt, daß hier die Echafpoden fich fo 
wie die Menfchenpoden verhalten, wenn er biefn Sab als 
Waffe gegen die Schusimpfung der Schafpoden gebrauchen 
wit, dann irrt er allerdings fehr. Wenn wir die Schugim«- 
pfung bei Schafen unternehmen, fo bringen wir dur bie 
örtliche Infection bei jedem einzelnen Individuum, der in 
Maſſe in einer Lofalität unter gleichmäßigen Berhältniffen 
zuſammen lebenden Thiere, nach einem leicht vorüber gehens 
den, oft nicht bemerfbaren, allgemeinen Kranffein, dem Bodens 
fieber, nur ein örtliches Leiden in-der Impfpocke an der Impf⸗ 
ftelle hervor, welches an .einer unfchädlichen Stelle, wie bie 
Ohrſpitze, ohne allen wefentlichen Nachtheil vorübergeht, wo- 
bei wir ein gleichmäßige Krankſein und ein gleichzeitiges 
Ueberſtehen der Krankheit, wie das fo höchft wichtige gleich— 
zeitige Gefchügtfein aller Thiere vor fernerer Infection erzie- 
In. Daß diefe ISmpfpoden Natur und Charakter der natür« 
lichen Boden befiten, ift unläugbar und fogar nothwendig, 
da fie fonft nicht fhügen würden; daß fie aber nie fo boͤs— 
artig werben koͤnnen, wenn die Impfung lege artis flatt 
hatte, bleibt eben fo unbeftritten, denn das Boͤeartigwerden 
iſt ja eben durch das, was wir durch die Impfung erzielten, 
unmöglid) gemacht. Natur und Charakter der natürlichen 
Boden find, wie ich oben nachgewieſen habe, von Haufe aus 
ganz gutartig, wie die unter richtigen DBerhältnifien fachge- 
mäß geimpften Boden; ihr Bösartigwerden liegt nicht im 

4% 


— 53 — 


ihrer Natur, ſondern entſpringt, wie auch Herr 2. Maier 
richtig anglebt, zwar nur untergeorbnet, aus ber Qualität 
des Impfftoffes, aus den individuellen Gefundheitszuftänden 
der Impflinge, fo wie aus ber derzeitigen Befchaffenheit der 
tellurifchen und atmofpärifchen Influenzen. Die Haupturs 
fachen davon find aber nicht diefe von Herrn ıc. Maier ans 
gegebenen, fondern dieſe liegen vielmehr in dem Beifammen- 
feben einer großen Zahl von Individuen in einer Lofalität 
und, wie ich ſchon oben angegeben, in der mit der Zahl der 
Erfranfungsfälle progreſſiv fteigenden in- und extenfiven An- 
häufung des Contagii und der in gleichem Verhaͤltniß ſtehen⸗ 
den allgemeinen Infection durch daffelbe, wie dies bei allen 
andern Menfchen- und Thiercontagionen die Erfahrung be- 
ftätigt. 

Außer ben bereit betrachteten Vortheilen, welche die all⸗ 
jährliche Schusimpfung der immer gewährt, ift noch der zu 
berücffichtigen, daß bei jeder andern Impfung, fo wie auch bei 
den natürlichen Boden, wenn die Schafe in der Wolle ftes 
ben, diefe allemal zweiwüchfig wird, wodurch fie an Werth 
verliert, was man durch die Schupimpfung bei den Lämmern, 
die man gewöhnlich im Herbft nad der Schur vornimmt, 
vermeidet, und felbft da, wo die Laͤmmer nicht gefchpren wer- 
den, verliert die Lammwolle nichts an Ahrens Werthe durch 


die Schutzimpfung. 


D. Betrachtung des Impfſtoffs. 
1 Lymphe von natuͤrlichen Pocken. 


Wenn in einer Heerde die natürlichen Pocken — 
und man keine Impfpocken mit reifer Lymphe ohne Umſtaͤnde 
erreichen kann, ſo impfe man ungeſcheut und ohne Zoͤgerung 
von den natürlichen Blattern weiter, ſobald nur reife Pocken 
vorhanden find, fie mögen font eine Befchaffenheit haben, 
welche fie wollen; enthalten fie Lymphe, fo nehme man biefe, 


au. 


find fie troden, fo impfe man mit der durch Einftich in eine 
reife Pocke erhaltenen Blutlymphe. Unter reifen Boden vers 
fiehe ich folche, auf denen die Epidermis fich gelöft und ein 
meißliches Anfehen bat, nach deren Entfernung die Pode eine 
röthliche, warzige Oberfläche zeigt und eine ſchwammige, nicht 
harte Structur befist. Befindet fi unter der Epidermis 
Lymphe, fo ift diefe waſſerhell, oder röthlich Mar, dann hat 
fie die richtige Höhe der zum Impfen geeigneten Reife, ift ſie 
aber fchon etwas milchicht trüße, dann iſt fie zwar ſchon et- 
was überreif, indeß in Ermangelung einer befiem Lymphe 
immer noch zum Impfen geeignet, da fie allemal noch gute 
Borken liefert. If die Lymphe der Bode abforbirt, fo fleche 
man-in biefe hinein und impfe mit dem aus ber Stichwunde 
heroorquellenden Blut weiter. Gewöhnlich Hält die Lymphe aus 
einer natürlichen Bode, fo wie das aus derſelben erzielte Blut 
nicht Iange vor, und man muß die Ginftiche oft wiederholen, 
bies ift zeitraubend und unbequem und verurfacht dem Lymph⸗ 
fchaf wiederholten Schmerz. Es find dies aber Die einzigen 
Nachtheile, welche die Impfung von natürlichen Blattern ge⸗ 
gen die von geimpften hat, da bie lektern gewöhnlich fo reich 
haltig an Lymphe find und dieſe in ſolchem Maaße zufließen 
laſſen, daß man fchnell und ohne Aufenthalt hinter einander 
von. einer Pode mehrere taufend Schafe impfen Tann. Das 
Alter der Bode beftimmt nicht ihre Reife, wie wir gefehen 
haben; nur die Befchaffenheit verfelben, es fei bei natürlichen 
oder geimpften Boden, muß den Operateur beftimmen, ob fie 
zum Impfen geeignet ift ober nicht. 

Es {ft mit Zuverläffigfeit nicht für alle Fälle durchgrei⸗ 
fend ver Tag zu beflimmen, an welchem man bie Lymphe zum 
Weiterimpfen der Pocken entnehmen muß, dies beweifen bie 
oben mitgetheilten Beifpiele des verfpäteten Erſcheinens der 
Poden. Doch will man einigermaßen in der Zeit eine Richt⸗ 
ſchnur ſuchen, fo gilt es als feftfichende Regel, daß man nie 
vor dem, 1Oten Tage nad) der Impfung ben Podenftoff 


zen au — 


entnehmen darf, ba vor biefer Zeit die Schafporfe nie ihre 
Reife erreicht, Der Kreis-Phyfifus Dr. Mueller empfiehlt 
zwar in feiner von der Märfifchen öfonomifchen Geſellſchaft 
gefrönten Breisfchrift, daß man den 7 —8ten Tag nad 
der Impfung die Lymphe aus den Puſteln zum Weiters 
impfen entnehmen fol, doch -ift dies grundfalfch, da in Diefer 
Zeit überhaupt noch Feine Puſteln, gefchweige denn Lymphe, 
vorhanden find. Herr 2c. Mueller hat diejen Lehrfab, wie 
bie meiften feiner Collegen ihre thierärztlichen Dogmen, zus 
verläffig nicht aus der Praxis, fondern vermuthlich auch nur 
aus einer bloß comparativen Schlußfolgerung gefchöpft und 
fo unbefangen naiv hingeftellt, ohne die traurigen Folgen fol- 
cher unwahrer, irreführender Lehrfäte zu kennen ober zu bes 
denfen. Er hat angenommen, daß, da man von Menfchen- 
und Kuhpocken den 7—Bten Tag reife Lymphe zum Weiter 
impfen entnehmen kann, dies auch bei den Schafpoden ber 
Fall fein muß. Doc wie gefährlich eine folche Schlußfolge⸗ 
sung, als Rehrfab hingeſtellt und veröffentlicht, dem Publicum 
werben Tann, davon haben mich mannigfache traurige Bei- 
fptele belehrt; ich habe ganze Heerden durch die Anwendung 
folcher falſchen Theorie zu Grunde richten fehen. Man fehe 
beiſpielsweiſe meinen Aufſatz über Schafpoden im 2ten Heft, 
Iten Bandes von Dr. Earl Sprengel’8 landwirthfchaftlicher 
Monatsſchrift. Darum ift es auffallend, daß die Hochlöb- 
liche Maͤrkiſch öconomiſche Geſellſchaft eine Schrift, wie bie 
des Herrn ꝛc. Mueller, welche außer mehreren Unwahrheiten 
und falfchen, irreführenden, gefährlichen Theorien, nichts Neues, 
Wefentliches und In praxi Nuͤtzliches enthält, mit dem Preiſe 
gekrönt hat. Wir möchten hier fragen: Wann werden unfere 
Kämpfe mit Pfeudo-BVeterinärkundigen Diefer Art, die immer 
wieder nieberreißen, was Thierärzte in ihrer Kunft Gutes 
aufgebaut haben, ein Ende nehmen? Wann werden bie der 
MWiffenichaft dadurch immer neu gefchlagenen Wunden endlich 
einmal ausbluten? Die Frage beantwortet fich ſehr leicht 


— 56 — 


und einfach: dann erſt, wenn ähnliche Pſeudo⸗Veterinaͤrkundige 
fich nicht mehr für Männer vom Fache halten und von ans 
dern gehalten werden; dann erft wird die Wiflenfchaft rein, 
frei und Eräftig emporblühen, wenn jene ſich der Pfufcherei 
in eine ihnen fremde Materie enthalten und vie Arbeit im 
Weinberge den Männern vom Yache überlafien. Wann aber 
wird diefe Zeit kommen? Diefe Frage tft fo ſchwer zu bes 
antworten, wie jene Zeit leider vielleicht noch fern liegt. Jene 
falfchen‘Thierärgte haben leider Immer noch einen großen An- 
hang im Publico und einen ficher flübenden Hort in den Lan⸗ 
desgeſetzen; fie gelten für Männer vom Fache, weil Gymna⸗ 
fiel- und Univerfitätsbildung ihnen das Wort reden, fo viel 
fie auch dem Aufihwung der Wiſſenſchaft fchaden und bie 
Lehrſätze derſelben zum Nachtheil des allgemeinen Beften ver- 
drehen oder verftümmeln, wie Beifpiele der angegebenen Art 
und viele andere, welche die Praris täglich Iehrt, genugfam 
beweifen. Was hilft es den Thierärzten der ganzen Welt,. 
wenn fie behaupten und dies in Taufenden von Fällen ber 
Praxis und Erfahrung nachweiien, daß die Schafpoden nie 
den 7 —8ten Tag eine reife, zum Weiterimpfen taugliche 
Lymphe liefern, fondern baß dies früheflens erſt nach dem 
10ten Tage ftatt findet; wenn fie hoffen, durch dieſe Beleh⸗ 
rung der Wiffenfchaft und dem Publicum zu nügen; went 
diefe Wahrheit 20—30 Sahre alt und anerfannt iſt? Ein 
Kreisphyſilus tritt auf, er hält es unter feiner Würde, nach 
Urtheil und Erfahrung des thlerärztlichen Perſonals zu fra- 
gen, und ofme bie mindefte eigene Praris ſchließt er: daß, ba 
die Menfchens und Kuhpoden den 7 — Sten Tag reif find, 
muͤſſen es auch die Schafpoden fein, er ftellt dies als That⸗ 
fache auf, veröffentlicht es in einer gut und geläufig fttlifir- 
ten, mit gelehrtem Nymbus umgebenen Brochüre als unume 
flößliche Wahrheit, Ieitet Taufende von Schafzüchtern irre, 
indem fie feine Brincipten anwenden, und bringt dieſe Armen 
um ihr Eigenthum und den Staat um Hülfsquellen, bie 


— Si 


dann die neue traurige Erfahrung jene Irregeführten wieder 
zu richtigern Anfichten führt. 


2. Lymphe von Impfpocen, Fultivirte Lymphe. 


Was die Qualität der Lymphe von Impfpocken, fo wie 
ihre Wirfung bei der Impfung anbetrifft, fo verhält fie fich 
mit der Lymphe von natürlichen Pocken ganz gleich, der Er- 
folg von beiden ift derſelbe, und von einer Kultivirung und 
Milderung des Impfftoffes kann in feiner Weife die Rede 
fein. Die natürlichen Pocken haben von Haufe aus eine fo 
milde Befchaffenheit, wie die geimpften Boden von der Fulti- 
virteften Zymphe nur haben koͤnnen. Die Impfpode gewährt 
vor der natürlichen den einzigen Vortheil, daß fie den Ope⸗ 
rateur ſtets mit reichlicher Lumphe beim Impfen unterhält, 
woburd das Gefchäft fehr gefördert wird, was bei den na⸗ 
türlihen Boden nicht flatt findet. Die Gefchichte von der 
kultivirten Lymphe und der Milderung. verfelben ift nichts als 
eine Ehimäre, die ſelbſt alles wifienfchaftlichen rundes ent- 
behrt, allgemeinen Naturgefeßen widerftreitet und überhaupt 
für die Praris feinen Werth hat. Gleiche Urfachen müffen 
gleiche Wirfungen haben, fo muß der Bodenftoff von Boden 
immer wieber nur Boden, die in Weſen und Natur fich gleich 
bleiben, erzeugen, was felbft Praris und Erfahrung beweift. 
Faͤnde jene eingebildete Milderung in der That ftatt, wo hätte 
diefe ihre Grenze? Sie müßte in vielen Fällen, wo der 
Stoff ſchon viele taufend Mal den Weg der Reprobuction 
durchlaufen hat, bis zur gänzlichen Unwirffamfeit des Stoffe 
gefteigert fein, doch befigt fie heute noch dieſelben Eigenfchaf- 
ten ungeſchwächt, wie bei ihrem natürlichen Urfprung. In 
Preußen ſtimmt man. jegt mit diefer Anficht allgemein über- 
ein, nur in den öfterreichifchen Staaten huldigt man vielfach 
noch jenem vaterländifchen Phantafiegebilde. — 


— 57 — 


3. Wir maß der Impfſtoff beſchaffen fein und wie wird er am zweck⸗ 
mäßigften aufbewahrt? 

Wenn der Impfftoff von einer reifen Pode genommen 
wird, wie fie vorbin befchrieben worden, um ihn gleich ans 
zuwenden, fo ift es allemal gleichgültig, von welcher Farbe, 
ob er waſſerhell, alfo farblos, gelblich, röthlich oder milchicht 
trübe ift, nur die darf er nicht fein; er muß vielmehr eine 
waflerdünne, ganz flüffige Conſiſtenz befigen. Sol dagegen 
der Impfftoff aufbewahrt werden, fo muß man moͤglichſt eine 
wafjerhelle, farblofe Lymphe waͤhlen, da dieſe am beſten zu 
conſerviren iſt. 

Zur Aufbewahrung der Lymphe halte ich mir die Grei⸗ 
nerſchen Glashaarroͤhrchen; von dieſen fuͤlle ich mir jeden 
Herbſt 6 bis 8 Stück. Indem ich ſie zwiſchen den Fingern 
erwaͤrme, um in ihnen die Luft zu verduͤnnen, halte ich ſie 
mit einem Ende an die durch einen Stich geöffnete Puſtel, 
aus ‚der in Haren Tropfen die Lymphe hervorquillt, die fich 
in dem Haarroͤhrchen in die Höhe zieht und dies ploͤtzlich 
füllt. Die fo gefüllten Haarröhrchen verjchließe ‚ich hermes 
tifch mis Siegellack, thue ſie in eine mit naffem Sand ge 
füllte Serufe, die ich verfchloflen im Keller aufbewahre I 
nächfifofgenden Herbft beforge ich mit dieſer Lymphe meine 
Schupimpfungen, wo fie ein für allemal eingeführt find; in⸗ 
dem ich von einem Haarroͤhrchen beide Enden abbreche, blafe 
ich die kaum mehr als einen Tropfen betragende Zumphe auf 
ein Blasplättchen, und impfe hiermit 6, 8 bis 10 Lämmer, 
von denen ich dann, fobald die Poren aufgegangen und reif 
geworden find, die Weiterimpfung der Heerde beforge. Es 
feheint mir dies Die einfachfle und befte Aufbewahrungsweiſe 
der Podenlymphe zu fein, und noch nie hat mir die auf dieſe 
Weife ein volles Jahr aufbewahrte Lymphe den Dienft ver- 
fagt. Sie fcheint allerdings nicht mehr das Eräftige und 
fichere Repropuctionsvermögen zu befigen, wie bie von Schaf 
zu Schaf übertragene Lymphe, da fie nicht immer bei allen 


— BB — 


Laͤmmern haftet, und zwar um ſo weniger, je kraͤftiger und ge⸗ 
ſunder die Lämmer ſind, je kaͤlter und feuchter die Witterung 
iſt. Daher iſt es erforderlich, daß man zur Vorimpfung die 
ſchwaͤchſten Laͤmmer waͤhle und bei einigen die Impfung am 
Ohre, bei andern unterm Schwanze oder an andern waͤrmern 
Stellen bewirke, damit man nur einige oder auch nur eine 
Pocke erziele, von der man gleich weiter impfen Tann. 


E. Betrachtung der Impflinge. 
1. In Betreff ihres Gefunbheitszuftandes . 


iſt es bei der Bodenimpfung allerdings erforderlich, daß die Impf- 
linge an feiner allgemeinen Krankheit leiden, was man bei ber 
Schutzimpfung vermeiden, bei der Nothimpfung aber füglich 
nicht umgehen kann. Bei einer allgemeinen Krankheit fügt 
man zu ber vorhandenen noch eine neue, und folche Thiere, 
von dieſem zweifachen Feinde angegriffen, unterliegen, felbft 
wenn die Boden nicht bösartiger werben, leichter und haͤufi⸗ 
ger als gefunde Schafe nach der Impfung Bel Franlen, 
fehr gefchwächten Schafen werben die Boden unter allen Um⸗ 
fländen bösartiger, ausgedehnter, als bei gefunden, Träftig ge⸗ 
nährten Thieren; fie befommen nur zu leicht einen brandigen 
und fauligen Gharafter, und es fallen ihnen verhaͤltnißmaͤßig 
mehr Opfer, ald wenn die Schafe in befierer Condition fi) 
befinden, daher iſt e8 nothwenbig, daß man, namentlich bei 
der Schubimpfung, darauf fehe, daß bie Impflinge gefund 
und Fräftig genährt find, denn je gefunder und Fräftiger fie 
find, deſto Feiner und einfacher werben die Boden, deſto leich⸗ 
ter und ficherer werben fie von den Thieren überftanven. 


2. In Betreff ihrer Dispofltion 


für die Pocken ift folche bei kranken und gefchwächten, fchlecht 
genährten Schafen größer, als bei gefunden, Träftig genaͤhr⸗ 
ten. Bei biefen fcheint das Fräftigere Reactionsvermoͤgen im 


— 680 — 


Kampf mit dem reproducirenden Impfftoff häufiger zu ſiegen, 
als dies bei ſchwachen Thieren der Fall if. Daher gehen 
bie Smpfpoden bei gefunden und kraͤftigen Thieren weit 
ſchwerer auf, als bei andern. Häufige Beifpiele haben mich 
von der Wahrheit diefes Satzes überzeugt. Hier nur eins; 
Bor zwei Jahren impfte ich mit der von mir, wie oben anges 
geben, aufbewahrten, ein Jahr alten Lymphe auf einem Gute 
10 Lämmer, nicht bei Einem ging eine Bode auf. Ich 
impfte abermals 9 andere Lämmer und ließ mir dazu bie 
fhwächften der Heerde ausfuchen. Als ich damit fertig 
war, ‚jagte der Schäfer: hier ift noch ein fehr ſchwaches, 
franfes Lamm, welches nächftens doch krepirt, wir wollen 
Dies auch noch impfen. Das Lamm Ffonnte in der Ihat 
faum noch gehen, ich impfte e8, und am Ilten Tage war 
Died das alleinige, welches eine fehöne reife Pocke Hatte, 
welche mir die Lymphe für die ganze übrige Heerbe bergab, 
von der ich dann fpäter alle übrigen Heerden impfte und 
wodurch ich die beften Poren in allen Heerden erzielte Bel 
den andern neum gleichzeitig geimpften Lämmern erhielt ich 
erſt Boden, als ich fie von jener Dlatter bes kranken Lam⸗ 
mes impfte. 


3. In Betreff ihres diaͤtaͤtiſchen Verhaltens. 


Da, wo die Schafe ein Eräftiges, gut nährendes, gefun⸗ 
des Sutter erhalten und mährend der Dauer der Poden ih⸗ 
nen ſolches verabreicht wird, noch mehr aber, wo fie auf ei» 
ner trodnen, dichten, nahrhaften, etwas hochliegenden Grasnarbe 
während der Dauer der Boden geweibet werben Fönnen, wird 
der gutartige Verlauf der Krankheit fehr beguͤnſtigt. Ges 
tränf aus frifchen Quellen oder Flüffen, fo viel die Schafe 
davon ARD: ift —J während der Pocken ſehr zw 
träglich. 


F. Betrachtung der Außenverhältniffe bei der Impfung. 
1. In NRüdficht der Jahreszeit | 


ift der Herbft jeder andern vorzuziehen. Abgefehen davon, 
daß die Temperatur die angemefienfte ift, fo befinden fich bie 
Schafe, und namentlicd bei ver Schugimpfung bie Lämmer, 
in diefer Zeit allemal in der paſſendſten Eonbition, fie find 
in der Regel am beften genährt, am Träftigften, es ift einige 
Zeit nah der Schur, die Wolle ift wieder etwas gewachfen, 
doch nicht fo, daß die Boden ihr merklich fchaden, die Thiere 
gehen noch auf die Weide, fie haben während der Krankheit 
Bewegung in freier frifcher Luft, die ihnen fehr zuträglich 
und ftärfend ift, und die den Pockenſtoff, der fich entwickelt, 
in fi) aufnimmt, vertheilt und vernichtet, fo daß nicht Die 
Thiere ihn einathmen, wie im Stalle, daher fie denn auch 
in diefer Zeit die Boden am leichteften und ficherften über- 
fleben. | | 
Uunpaſſender fchon ift ver Frühling; wenn auch in der 
Temperatur gleich, fo können die Thiere oft noch nicht auf 
die Weide gehen, fe find gewöhnlich in einem geringer ge= 
nährten und ſchwaͤcheren Zuftande, fie befinden fich entweder 
fur; vor der Schur, und dann hat man Nachtheil in ber 
Mole, oder fie find kurz vorher gefchoren, dann haͤufigern 
Grfältungen ausgefegt, wodurch die Pocken bösartiger wer⸗ 
den. Bei ver Schusimpfung aber find die Lämmer noch zu 
jung und ſchwach, als daß fie die Pocken Teicht überftehen, 
fönnten. | | 

Der Sommer ift dagegen weit ungünftiger; die Tempe⸗ 
ratur ift zu heiß, die Pocken werden dann In der Regel jehr 
groß, greifen mithin die Thiere mehr an, fie werben in ber 
Hitze leicht brandig, faufig und arten in bösartige Geſchwuͤre 
aus, die Fliegen find den Thieren fehr Täftig und nicht felten 
befommen die Boden Maden. 

Der Winter iſt ſchon wegen feiner Falten Temperatur 





— 61 — 


ben Poren gleich ungünftig; fie gehen alsdann fehr ſchwer 
und unregelmäßig auf, werfen fich oft, da fie der Kälte mer 
gen nicht nach Außen dringen fönnen, auf innere Organe 
und werben töbtlih; es enifichen in der Regel viele Bei- 
poden, die der Wolle Schaden bringen, wie überhaupt‘ die 
Ianggewachfene Wolle im Winter durch die Poren leidet, 
Der Charakter der Poden verliert im Winter fchon dadurch 
an feiner milden, gutartigen Yorm, daß die Schafe im Stalle 
enge bei einander liegen und die Ausbünftung bes Pocken⸗ 
ftoffes gegenfeitig einatmen muͤſſen. 


2. In Rüdfigt ver Witterung und Temperatur 


ift zu bemerken, daß eine naſſe und falte Witterung, viel Falter 
Regen, Rebel ꝛc., auf die podenkranten Schafe am ungün- 
ſtigſten wirkt, Daher Erkältungen jeder Art den Thieren Höchft 
nachtheilig find, und fie vor allen Dingen vor Regen, Falten 
Winden, Zugluft, Falter Luft und faltem Getränf, wenn fte 
vorher vielleicht fehr warn im Stalle oder echauffirt waren, 
gefhügt werben müfjen. Große Hitze und große Kälte iſt 
ihnen überhaupt nachtheilig. Dagegen ift eine mild warme, 
trockne, windſtille oder leis bewegte Luft bei heiterm Himmel 
und einer Temperatur von nicht unter > 6° R. und nicht 
über 12° R. ihnen am zuträglichften. 


3. In Rückficht des Aufenthalts und ber Lofalitätsverhältniffe. 


Am zuträglichften ift den podenfranfen Schafen, wenn 
die Temperatur und Witterung es erlaubt, der Aufenthalt im 
Freien, doch Darf. dies nicht des Nachts während des Thaues 
fein. Werben: fie. Abends..in den. Etall getrieben, jo fuche 
man in biefem ‚während der Nacht durch. Oeffnen der Luft⸗ 
züge, Senfter und Thüren, jedoch nur nach einer Seite, um 
Zugwind zu vermeiden, eine Temperatur von höchftens 6 bis 
12° R. zu erreichen, wobei die Luft im Stalle aber freien 
Abzug und Zutritt bat. Bel Fälterer Temperatur muß man 


den Stall fo viel wie möglich verfchließen, ohne jedoch bie 
äußere Luft ganz abzufverren. Kann man bie erforderliche 
Höhe der Temperatur nicht erzeugen, fo treibe man die Schafe 
verhältnigmäßig' dichter zufammen. Ein dichter, hoher, geräu- 
miger, etwas hoch gelegener Stall mit vielen verfchlußfähigen 
Luftzügen unter der Dede, hinreichende trodne Streu, find 
zum günftigen Verlauf der Impfpoden nothwendige Erfor- 
derniffe, wenn die Schafe während der Krankheit im Stalle 
gehalten werden mülfen. 


G. Betrachtung des Impfgefchäfts. 
1. Ueber bie zu wählende Impfſtelle 


findet jegt wohl Feine Frage mehr flatt, da die innere Ohr⸗ 
fläche, etwa einen Zoll von der Spite, wegen ber vielfachen 
Vortheile, die fie gewährt, und befonder® wegen der großen 
Gefahrfofigfeit, umzeifelhaft die vorzüglichfte und paffendfte iſt. 
Ale andern Stellen, die man zum Impfen vorfchlägt, haben 
gegen bie vorbezeichnete entſchiedene Nachtheile Iſt die Im⸗ 
yfung am Ohre indeß aus Gründen nicht zuläffig oder moͤg⸗ 
ich, fo wähle man bei Hammeln die untere Fläche des 
Schwanzes, 6—8 Zoll vom After entfernt, bei den übrigen 
Thieren aber die Mitte der Bauchhautfalte, welche vom Knie 
zum Bauche führt, _ 


2. Die Impfnadel, 


welche ich Im Gebrauche und für bie zweckmaͤßigſte befunden 
babe, ift etwa 2 Zoll lang, mit einer Vertiefung, zur Aufs 
nahme der Lymphe, an dem fpihen Ende, mit einer Schraube 
an dem entgegengefeßten Ende verfehen, welche man in die 
Mutter eines 4— 5 Zoll langen, ſechseckigen, eines guten 
Federkiels diden Stiletts einfchraubt, welches auf der Seite, 
wohin beim Einfehrauben die Vertiefung der Nabel kommt, 
einige weiße Bunfte Hat, die dazu dienen, den Operateur bei 


— —— 


der ſchnellen Impfung auf die Vertiefung der Nadel und den 
Sig der Lymphe aufmerkſam zu machen, damit er nicht etwa 
das Infterument verkehrt einführe und dabei die Lymphe ſchon 
vor dem Einftich abwiſche. 


3. Beichreibung ber Operation. 


Wenn ich eine große Heerde zu impfen habe und dabei 
mit reichlicher Lymphe von Impfpoden verfehen bin, bann 
impfe ich mit zwei Nadeln, indem ich dem Schäfer, ober ei⸗ 
nem andern verftänpdigen Menfchen, das Lymphſchaf übergebe, 
welches er, nachdem er ihm die Füße gebunden, auf einem 
Bunde Stroh zu meiner Rechten fibend, zwifchen feine Beine 
nimmt. Gr füßt mir dann die leere Nabel, während ich mit 
der zweiten vollen impfe, die ich ihm, leer geworden, zureiche, 
während ich ihm Die gefüllte wieder abnehme. Wenn Pich 
dann 12 bis 15 ftarfe Gehülfen habe, fo geht die Impfung 
fo raſch, daß ich in jeder Stunde 350 bis 400 Schafe 
impfe. 

Die Impflinge werden enge zufammen getrieben, abges 
buchtet; außer der Bucht muß ein verhältnißmäßig großer 
leerer Raum fein, in welchen ein etwas langer Tifch, auf 
dem 2—3 Schafe liegen fönnen, in ein helles Licht geſtellt 
wird. Hinter diefem Tiſch ſteht der Operateur, am rechten 
Ende deffelben figt der Menfch mit dem Impfling auf fel- 
nem Bund Stroh; vor bemfelben, etwas rechts abgewendet, 
fo daß er dem Operateur nicht im Lichte ift, fleht ein ge 
wondter Menich, der den Kopf des auf den Dich gelegten 
Impflings mit beiden Händen ergreift und fo feflbält, daß 
das linke Ohr zwifchen feinen Händen frei bleib. In die 
Bucht werden 5-6 Mann zum Greifen der Schafe gefehidkt, 
welche diefelben ‘ven Zuträgern, bie eben fo flarf an Zahl 
find, über die Vorzüge In der Art zureichen, daß biefe bie 
Vorderfuͤße mit: der linken und die Hinterfüße mit der rech⸗ 
ten Hand zufammenfaflen und :fo das Schaf auf die rechte 


— 64 — 


Seite, mit dem Kopfe nach dem Operateur gewendet, auf das 
linke Ende des Tiſches legen, von welchem ſie es, ſobald der 
Operateur das geimpfte Ohr losgelaſſen hat und der Impf⸗ 
ling vom Tiſche entfernt iſt, nach der rechten Seite vor, dem 
Operateur zu rücken, wo dann der Kopfhalter ſchnell den 
Kopf ergreift, während der Zuträger die Beine unverändert 
fefthält. Der Operateur ergreift in demfelben Augenblick die 
Spite des linfen Ohrs, fpannt fie, die innere Fläche nach) 
oben gerichtet, mit dem Daumen über ven Zeige- und Mit- 
telfinger an, und führt Die Jmpfnadel, mit der gefüllten Furche 
nach oben gerichtet, einen Zoll unterhalb der Ohrſpitze, hori⸗ 
zontal mit der Fläche des Ohres, zwei Linien weit unter bie 
Oberhaut ins Corium hinein, wobei gewöhnlich etwas Blut 
in®die Wunde tritt, was ein güuftiges Zeichen ift, da auf 
dieß Weife die Lymphe am ficherften haftet. Man muß fich 
indeß hüten, den Knorpel zu verlegen, welches in der Regel 
ein Loch oder eine fonftige Verftümmelung des Ohres, indeß 
feineöwegs andere nachtheilige Wirkungen zur Folge hat. Iſt 
die Impfnadel eingeführt, fo dreht man fie, während man das 
Stilett etwas. hebt, um, damit die Lymphe in die Wunde 
fließt, biegt das Stilett wieder nieder, greift mit der Spike 
des Daumens auf die Impfivunde, während die Nadel noch 
darinn ſteckt, und zieht dDiefe heraus, indem man die Wunde 
zubrüdt und läßt das Ohr los. Das fo geimpfte Schaf 
wird an den Füßen vom Tifche gezogen und auf den Erd⸗ 
boden nieder gelegt,: während. ein, anderes: von. dem linfen 
Ende des Tiſches dem Operateur zurückt. Ich, weiß, jehr 
wohl, daß hier nichts Neues gejagt. und gelehrt, worden iſt, 
indeß dürfte dieſe Methode nicht allen jungen Thierärzten und 
Schafzüchtern befannt fein, daher ihre: genaue Mittheilung 
auch hier nüglich werden Fann. Bemerfen muß ich noch), 
daß es ganz gleichgültig ijt, wie viel Lumphe in die Wunde 
gebracht wird, daß der möglichft Eleinfte Theil venfelben Er- 
folg gewährt, wie ein weit größerer. Die Furcht vor einer 

Uns 


unbebeutenden Blutung der Impfwunde if} ganz ungegrünbet, 
ich habe fie fogar gern, da fie mir die ſichere Haftung ber 
Lymphe verbirgt. Die Oberhaut des Schafes iſt fo außer 
ordentlich fein und feft mit der Lederhaut verbunden, daß es 
kaum möglich ift, bei der größten Behutſamkeit mit der Impf- 
nadel unter ihr zu bleiben, ohne bie Lederhaut zu verlehen. 
Was am Ohre in dieſer Beziehung fchwierig iſt, iſt an an⸗ 
bern Sögpertheilen unmöglich; was bei Borficht und Behut- 
famfeit nicht gelingen will, gelingt beim fehnellen Fortgang 
ber Impfung gewiß nie. Es wird mithin bei der Impfung 
die Lederhaut jedesmal mit verlegt und die Lymphe in biefe 
bineingelofien, und wenn irgend ein -Operatenr dies anders 
glaubt, fo täufcht er fich gewiß; überbem iſt es nicht nur 
unſchaͤdlich, fondern nüglich, da die Lymphe ficherer haftet, 
und das Stüd Lederhaut, welches von der Bode eingenom« 
men wird, muß unter allen Umſtänden immer abfterben und 
ausfallen, infofern dies in der Natur der Sache liegt, was 
die nach jeder Bode zurüdbleibenne Narbe beweiſt, die nicht 
eniftehen Eönnte, wenn nicht ein Hautſtuͤck verloren ginge 


4 — der Schafe, wi nicht agaemun haben, mb: Nach⸗ 
.. ‚Impfung. 

Es fan nur zu leicht vorfommen, baß Sei der ſchnell 
vor ſtch gehenden Impfung diefe bei einzelnen der Thiere fo 
unvollkommen fatt 'gefunden hat, daß der Impffloff nicht auf⸗ 
genommen wurde, mithin eine Eruption ber Pode nicht ſtatt 
findet... Berbleiben dieſe in der Heerde, ſo erleiden fie von 
der in ihr vorkommenden großen Menge geimpfter Poden 
eine intenfioe, allgemeine, natürliche Infeetion, die einen ent⸗ 
fprechenden Ausbruch der Pocken bei ihnen zur Folge hat 
und in allen Faͤllen ihr Leben gefährbet. Died muß man 
zu vermeiden fuchen, indem man vom Tten Tage an die Schaͤ⸗ 
ferei grümblich .umd regelmäßig recherchirt.- Findet man we⸗ 
nige Poden aufgegaiigen, fo feht man. die Schafe mit diefen 

Mag. f. Thierheilt, XI. 5 


66 


aus und bringt ſie in ein anderes Gebaͤude, ſindet man viele 
aufgegangen, fo werben diejenigen entfernt, bei welchen Teine 
aufgegangen find. Diefe ficht man nun unter allen Umftän- 
den täglich durch, und feht jedes Thier, bei dem noch eine 
Bode nachkommt, in die Podenheerbe, der Reſt wirb in- 
deß, fobald die erfie Pocke reif if, mit Borficht und Genauig⸗ 
feit nachgeimpft und erft dann wieder mit den Bodenfchafen 
vereinigt, wenn auch bei ihm alle Poren aufgegangen find. 


H. Anomalien der Poden. 


Der Natur und dem Weſen nach kann man überhaupt 
nur eine Art von Schafpoden erfennen und annehmen, wenn 
fie in der Form und im Charakter auch oft fehr abweichend 
erkheinen.. Daher iſt eine Kiaffification der Schafpoden in 
Aaspocken, Steinpocken, in Achte, undchte, faliche, wahre, ins 
einanderlaufende .und brandige Boden nicht zulaͤſſig. Diefe 
Abweihungen in der Form und. den damit verbundenen Ber: 
ſchiedenheiten ihres Charakters find zein zufäßige Erſcheinun⸗ 
gen, - bedingt und abhängig von aͤußern Influenzen und in 
nern Inbivtbualitäten, haben daher mit dem Weſen und der 
Natur der Boden nichts gemein. Das Gontagium der Boden- 
feuhe, wo und auf welche Weiſe es auch entwidelt fein mag, 
behauptet, wie das der Minberpeft, immer eine gleiche Inten- 
tät und Kraft, nur die Dispoſition der Thiere für die Ei 
pfänglichfeit und Reproduction deſſelben, und die fonfligen Ber 
bingungen, ‚welche, feine. Sntwidelung erfordert, find. nicht im⸗ 
mer gleich, daher fo viele Verſchiedenheiten in der Form, bem 
Charakter und Verlauf der Seuche. Darin flinme ich: aber 
Herrn Sid in feiner Abhandlung im Magazin. für die ge⸗ 
fammte Ihierheilfunde, ßter Jahrgang, Ates Quartelhaft, bei, 
wenn er anninunt, daß das Podenfontagium nicht. den Grab 
ber Selbfiftändigfeit befigt, wie das der Rinderpeſt, was ſchon 
dadurch bewieſen wird, dag die aͤußern Einflüſſe and die Sn 
binibualitäten feine Erfolge fo fehr modificiren. 


— 617 — 


Wir haben nım noch zum Schluß einige Borurtheile 
und. Irrihümer zu befämpfen, die hin und wieder noch ger 
tehrt und als wiſſenſchaftliche Lehrfäge bei den Schafpocken 
aufgeftelt werden. 

Aus der ganz gehaltlofen und unhaltbaren Anfidht, daß 
ber Pockenſtoff durch fortgeſetzte Reproduction in den Ber: 
haͤltniß gemildert und cultivirt werde, als die Zahl der von 
ihm durchlaufenen Regenerationen zunimmt, find folgende Vor⸗ 
urtheile entſtanden: 

1) dag Schafpoden, welche durch Fultivirte Lymphe er⸗ 
zeugt werden, kleiner find als folche, die durch Impf⸗ 
ftoff von natürlichen Blattern hervorgerufen werben, 
unb 

2) daß der Eharafter der Kranfheit durch den Gebrauch 
fultivirter Lymphe gemilbert werde. ; 

Beide Annahmen find nichts weiter als Phantaſiegebilde, 
wie die Anſicht von der Mitigatton des Impfftoffes ſelbſt. 
Die Erfahrung lehrt uns Dies, und felbft wenn diefe und im 
Stiche keße, würden wir vernunftgemäß ſolche Saͤtze nicht 
aufftellen Fönnen, aus Gründen, die wir in dem Verlauf die⸗ 
fer Abhandlung fehen näher entiwidelt haben. 
Die Nachzucht derjenigen Schafe, welche die Boden 
überftanden haben, uͤberſteht bie Krankheit nicht leichter, ale 
Schafe von Eltern, bie bie Seuche ‚nicht hatten. Das Ge 
gentheil wird häufig angeitommen und gelehrt, doch iſt in ber 
That nichts Wahres daran, da alle Erfahrung das Gegen- 
teil bewieſen hat und dies täglich noch in praxi dargethan 
werden kann. Der mildere ober bösartigere Berlauf hängt, 
wie ebenfalls in dieſer Abhandlung nachgewiefen worden, Te 
diglich won. der Art ver Infeetion, von der Beſchaffenheit der 
telluriſchen und atmofphärifchen Influenzen, von dem Berhaͤli⸗ 
wis der Individuen zu denſelben und von der ie 
der mit Borken behafteten Thiere ab, 

Was nun Die un von u. Auſbkuhen, der Steige: 

5 %* 


— 66— 


rung und dann dem Erloͤſchen, dem Abſterben der. Contagion 
anbetrifft, wie man dies bei allen Contagionen geltend zu 
machen fucht, fo huldigt man auch hier einer auf Irrthum 
beruhenden und leicht zum Irrthum verleitenden Idee, fobalb 
man dieſe Erfcyeinung in der. Natur und dem Wefen ber 
Contagion und nicht in andern Außenverhältnifien fucht. Ein 
Feuer greift mit fleigender Heftiglett um fich in dem Maaße, 
wie es die Brennftoffe erreicht und dieſe fih und die Gluth 
vermehren; es erlifcht und ftirbt ab in umgekehrter Weiſe, 
wie die Conſumtion ver Brennftoffe zugenommen, ihre Eri- 
ftenz alfo abgenommen hat. Es fann aber mit jedem Augen» 
blik zu vorhergehendem Umfange und zu feiner eben abge- 
legten Heftigfeit zurüdgeführt werben, fobald man ihm neue 
Nahrung giebt oder e8 zu bichten, großen Maſſen geeigneten 
Brennftoffs verpflanzt. Eben fo verhält es ſich mit jeder 
Eontagion, denn durchlaͤuft fie eine Heerde ober eine Ge- 
gend, fo wird fie in der Mitte ihrer Dauer, wo fie den groß- 
ten Theil der Thiere ergriffen ‚bat, am heftigſten erfcheinen, 
das Contagium in größter Maſſe und am.:intenfivflen ent- 
wideln, mithin auch zur Vertragung am geeignetften fein. Se 
mehr fie aber Individuen in der Heerde oder Die Heerden ei- 
ner Gegend  gelichtet ober unempfänglich für neue Anſteckun⸗ 
gen gemacht hat, deſto weniger Brennftoff findet das Contagium, 
befto weniger zünbende Berührungspunfte finden fich für daſſelbe, 
deſto entfernter find die Individuen oder Heerden von einander, 
welche noch Empfänglichkeit für das Contagium befigen; die 


Eontagion wird alſo milder, ſie erlifcht, flirht ab, weil ihr 


nicht mehr Opfer in dem Maaße geboten werben, wie früher. 
Doch führt man. ihr neue Heerden zu oder trägt nur eine 
Spur Ihres Zündftoffes in neue. Heerden hinein, ſo lodert ſie 
mit. ungeſchwaͤchter Kraft ‚wieder auf, und verhaͤlt ſich ganz 
ſo, als wären fie leineswegs dem ‚Erlöfchen nahe geweſen. 
So kann eine Seuche Provinzen, Länder, ja ganze Welt- 
theile überziehen und verbeeren. — 





u. Befchreibung zweier Mißgeburten. 
| Bon ©. Hering 
Hlerzu Fig. 1. 2. auf Taf. I. 


— — — 


Kopfloſe Ziegen-Mißgeburt. 


Gm April 1846 erhielt ich ein ausgelragenes weibliche® Zie⸗ 
genlaum durch Thierarzt R. in R. eingefchidt, welches fich 
durch ‚beinahe gänzlichen Mangel des Kopfes auszeichnete. 
Die gehörig behaarte Haut ſchloß fih vom am Halfe, ohne 
irgend eine den Kopf bezeichnende Verdidung zu zeigen, als 
wäre an einem normalen Lamme der Kopf abgefchnitten und 
die Haut auf der Schnittfläche vereinigt worden; einzig zwei 
Heine, ohrähnliche Verlängerungen ber Haut waren am vor- 
bern. Ende des Rumpfs zu bemerken, und: unterhalb berfelben 

eine fehr Kleine Deffnung, welche ammittelbar in den Schlund 
kopf führte, 

" Bei der Sestion dieſer Mißgeburt BEN fh, daß das . 
Skelet des Rumpf gang vollftändig ift; flatt: des Kopfs 
trägt ber. erſte Halswitbel das. Rudiment eined Schäbelge- 
wötbes, welches aus dem Oberhauptbein und einigen acceflo- 
rifchen Knochenplättchen befteht. Die größte Breite des Ober: 
hauptbeins beträgt, eben fo wie die des erften Halswirbels, 
10 par. Linien, die Höhe deſſelben, von feinem Grundtheil 
bis zur Düergrube, 8 L., und der Laͤngendurchmeſſer des gan- 
zen Schäbelrubiments 84% Unter dem Oberhauptbein, etwa 
dem Hinterkieſer entfprechend, hängt ein bewegliches Knochen: 
ſtück, welches einem Schildknorpel des Luftröhrenfopfs aͤhnlich 
ſieht und nach meiner Vermuthung den Koͤrper des Zungen⸗ 
beins vorſtellt, da es zunaͤchſt den Kehlkopf umfaßte; dieſes 
Knochenſtuͤck hat nach vorn eine halbmondförmige Oeffnung, 
welche der freien Oeffnung der Haut entſpricht, durch welche 
man eine dünne Sonde in den Schlund einführen konnte. 


Bon Augen, Raſe, Zunge, Zähnen u. f. w. iſt keine Spur 
vorhanden, eben fo. wenig von dem innern Ohr, obgleich Au- 
ßerlich ohrmufchelähnlihe Hautlappen vorhanden find. 

Bon dem Hirne war blos dad vorn abgerundete ver- 
längerte Mark vorhanden, alles Uebrige fehlte. Der Lungen⸗ 
magennerv entſprang jeberfeitd an feinem gehörigen Orte und 
lief, begleitet von dem N. accessorius, ber fich in die Mus- 
feln am Halfe und der Schulter verbreitete, am Schlunde 
herab nach der Bruft- und Bauchhoͤhle. Die Verdauungs⸗ 
Eingeweide waren normal, nur hatte bie Halsportion des 
Schlundes die unverhälmißmäßige Weite von einem Manns⸗ 
daumen; Kehlfopf und Luftröhre ſammt den, beiden Lungen, 
das Herz und die Bertheilung der großen Gefäße, die Harn⸗ 
Organe und- Genitalien geigten nichts Abweichendes. 

Im Magen fand fich eine gelbliche, ſchleimige Fluͤſſig⸗ 
eit, wahrſcheinlich blos das Product der Schleimhaut deſſel⸗ 
ben, da das Hinabfehluden von Schafwafler, bei der Klein⸗ 
heit der Oeffnung und dem Mangel der Kiefer und Zunge, 
faum anzunehmen if. Der Dünndarm war großentheils 
ganz leer; erft ‘die Hinterfte Parthie defielben, ſodann der 
Blinddarm und das Gofon enthielten zaͤhes Meconium von 
dunkelgrüner Farbe, als Ueberreſt der fecemirten und in ben 
Darmkanal ergofienen Galle. 

Die Eihäute waren nicht mit ‚der Mißgeburt eingefehidt, 
Dagegen bemerft worden, daß das Thierchen breivtertel 
Stunden lang. nad der. Geburt ‚gelebt habe. 

Vergleicht man dieſe Mißgeburt mit derjenigen, welche 
Gurlt im Gten Bande dieſes Magazins S. 243 befehrieben 
umd abgebildet hat, fo fällt: deren Uebereinftimmung in faſt 
allen Beziehungen auf; doch hatte jenes Lamm eher etw Ru⸗ 
diment der Rafe oder eines Rüffels, während das fo eben be- 
fshriebene nichtd der: Art, dagegen ein Baar unvollfommene 
Ohrmuſcheln beſaß. Die Aungewoͤhnliche Erweiterung des 


— N1 — 


Schlundes ift bei beiden bemerkt werben, und in folchen FAl- 
len um fo auffallender, als fie völlig zwedios zu fein fcheint. 


2. Doppel-Lamm mit feheinbar einfachem Körper. 


Im Februar 1816 erhielt Ich durch Dberamtsthierant D. in 
M. eine weibliche Lammsmißgeburt, welche mit feiner Bei⸗ 
huͤlfe zur Welt gebracht worden war; die Mutter blieb ge⸗ 
fund. Es if ein ausgetragenes Lamm, mit fcheinbar einfa- 
chem Körper. vier Füßen, aber zwei Hälfen und zwei Köp- 
fen, fo wie zwei Schwingen. Die Haut iſt regelmäßig be- 
wollt, 

Det der Außerlichen Unterfuchung fühlt man länge des 
Rüdens eine doppelte Weihe von Dornfortfägen ver Wirbel, 
in. deren Mitte aber noch eine längs des Ruͤckens hervorfte- 
hende Graͤte, über deren Bedeutung man kaum eine flchere 
Vermuthung hegen Eonnte. Der Körper des Thieres war 
zwar fast, aber Außerlich ohne eine Spur von Spaltung 
er von Verſchmelzung zweier Körper. Bor dem Widerrüſt 
fpaltete fich Die Wirbelfäule und bildete zwei normale Haͤlſe 
und Köpfe; biefelbe Spaltung fand an der Erouppe flatt, wo 
zwei volfländige Schwänze ausgebildet waren. Der einfache 
Nabel zeigte eine Vene und zwei Arterien. 

‚Bei der Section fand fi, daß das Sfelet nicht eine 
gefpaltene Wirbelfäule, wie man vermuthen fonnte, fondern 
zwei vollfl andige nebeneinander verlaufende und nur mit ben 
Dornfortfäpen etwas fehlef nach außen gerichtete Wirbelſaͤu⸗ 
Im befaß. Am Halfe divergirten- diefelben, längs bes Ruͤl⸗ 
kens und ber Lenbe liefen fie vicht neben einander und am 
Kreuze entfernten fle-fich wieder etwas, um in zwei getrennte 
Schwänze auszulaufen. Die Zahl der Wirbel ift normal 
und blos zu bemerten, daß die Dormfortjäge etlicher Rüden- 
wirbel unter fich zufammengefchmolzen find. 

Jede Wirbelfäule trägt eine Außere, vollſtaͤndige Rippen- 
wand, die ſich mit dem Bruftbein, welches einfach ift, verei- 


— — 


nigt; es wird alſo der Thorar zunaͤchſt von den beiden Wir 
belſaͤulen, den 13 linken Rippen der einen derſelben und ben 
13 rechten Rippen der andern Wirbelſaͤule, nebſt dem Bruſt⸗ 
bein gebildet. Die innern Rippenwände ſind zwar der Zahl 
nach ebenfalls aus je 13 Rippen zuſammengeſetzt, allein letz⸗ 
tere find nicht nur ſehr verkürzt, ſondern auch ſtatt abwärts 
(nach dem Bruſtbein zu), aufwärts gerichtet und laufen zu⸗ 
ſammen, fo daß fie. von außen das Gefühl einer. Reihe von 
Dornfortfägen erregten. Diefe Einrichtung bewirft, daß bie 
innern Rippenwände nichts zur Bildung der Bruſthoͤhle bei⸗ 
fragen. 

Das Becken ift ganz einfach; das Kreugbein der linfen 
Wirbelfäule. hängt mit der linken Beckenhälfte, das der rech⸗ 
ten Wirbelfäule mit der rechten Bedenhälfte zufammen, fo 
daß hierdurch Die Bedenhöhle ebenfo al erfcheint, wie 
Die Bauch» und Bruſthoͤhle. 

Baucheingeweide. Alles, was zum Darmlanal ge- 
hört, ift bis zum Dickdarm doppelt; nämlich Die Maͤgen⸗, der 
Dünndarm und die zwei Blinddärme; ein Theil des Colon 
aber ift einfach und ‚wenige Zoll vor dem After fpaltet fich 
diefer Theil des .Darmes wieder in gwei, um fich beim Gin, 
tritt in Die Bedenhöhle (Rectum) noch, einmal zu vereinigen. 
Der After iſt einfach. Die Leber iſt aus zweien zuſammen⸗ 
geihmolgen, hat zahlreiche Lappen und zwei dicht nebenein« 
ander liegende Gallenblafen, je mit befonderm Ausführungs⸗ 
gang; die eine Milz ift einmal größer als die andere, - fonft 
aber ein ziemlich gleiches Verhaͤltniß zwiſchen ven beiden. 
Berdauungsapparaten. Das. Zwerchfell tft ‚groß, fcheinber 
einfach, hat aber doppelte Pfeiler, zwei Deffnungen für bie 
Schlunde, aber nur Eine für die fehr weite hintere Hohlvene. 
Die Bauchhöhle felbft bietet nirgends eine Spur: von Septum 
oder Trennung in zwei Hälften dar, fondern tft ganz einfach. 

Es find nur 2 Nieren vorhanden, die Blaſe iſt einfach, 


— 13 — 


ebenfo iſt der Fruchthaͤlter mit ven beiden @lerflöden und der 
Bagina normal gebildet. 

Brufteingemweibe. E8 treten zwei Luftröhren in ben 
Thorar und fpalten fich je in in zwei Lungen; die jedesma⸗ 
lige innere Zunge ift verfümmert. Das Herz ift einfach, wie 
ber Herzbeutel; aus dem. linfen Ventrifel entſpringt eine 
ftarfe Aorta, die ſich in vordere und hintere theilt, welche 
letztere an der linfen Wirbelfäule hinablaͤuft bis zum Zwerch⸗ 
fel, wo fie die rechte hintere Aorta aufnimmt, und dann ein- 
fah als Bauch⸗Aorta fortlaͤuft. Yür die rechte Lunge iſt 
fein Herz da; fie ſteht nur.mit der rechten Borfammer burch 
große Gefäße in Verbindung, Sobann: enifleht aus der 
Mitte zwifchen ben beiden Lungen der rechten Seite eine dünne 
Arterie, welche zuerſt einen Zweig nach vorn abgiebt (der 
vorbern Aorta für. den rechten Hals und Kopf .entfprechenn) 
fodann aber einen fehr viel ftärfern Aft nach hinten fendet, 
welcher der Hintern Aorta (Bruftportion) der rechten Seite 
entfpricht und fich, wie fchon angeführt, mit der Iinfen hin⸗ 
tern Aorta unmittelbar hinter dem Zwerchfell verbindet. Bon 
diefer rechten Aorta geht noch ein fehr Heiner Zweig an ein 
Etüdchen förniges Bett, das im Herzbeutel neben ber rechten 
Borfammer frei da lag. Die Zwifchenrippen-Arterien liefert 
die linfe Aorta. Die Thymus iſt groß, aber einfach. Hals 
und Kopf ſind vollſtaͤndig doppelt. 

Die fo eben beſchriebene Mißgeburt iſt ſomit im We⸗ 
ſentlichen ein ſeitlich verſchmolzener, an dem Ende der Laͤn⸗ 
genachſe aber getrennt gebliebener Doppelförper, welcher je⸗ 
doch die Anomalie zeigt, daß während Die Innern Organe, 
Zunge und Verdauungskanal fammt Zugehör, fich nach der 
Wirbelfäule richteten, Calfo entweder volftändig doppelt, oder 
aus zweien zufammengeichmolgen, gebildet find), das Herz 
und bie Bruftprüfe fich nicht oder doch nicht vellſtaͤndig an. 
die Berboppelung.. anfchloflen, ..enhlich die Harn⸗ und Ge 


... [2 
Y; —742 vu. 
eo" ! i 
. 


% ms 14 — 


ſchlechtsorgane ſammt den Beckenknochen > die 4 5) 
den einfachen oe. ke 





Erklärung ” Abbildungen auf Taf. 1 Sig 1. 2. 


Fig. 1. Schähdel⸗Rudiment von ver Seite geſehen: 
a. Knopffortfaß des Oberhauptbeins; 
b. der im früheften Alter ein beſonderes Stück bil⸗ 
dende Quer⸗ oder Genidfortfas; 
c. Schlußſtück der Schäbelhöhle; 
d. Rudiment des Schuppentheils des Sdiſeins; 
o. Rudiment des Zungenbeing. | 
dig. 2. Bordere Anſicht des Schädel-Rudintents; ' 
b; c, d, e wie bei Sig. 1. 
:f, zweites vordere Schlußftüd ber Sonenohn aus 
„einem bimnen: Plättchen beſtehend; 
gg. Inorpelige Bervollftänbigung des un 
h. deögleichen mit - 
1. der Oeffnung, welche in ben Schlund führt = 





HEN. licher einige Eingeweidewürmer. 
| ‚Bon Gurlt. u 
(Hierzu Fig. 3-9 anf Taf. I.) - 


J. Ueber ag tubaeformis — 


Dieſ Rundwurm iſt von Zeder einmal im —— 
darme der Katze und ſeitdem bei dieſem Thiere nicht wieber 
gefunden worden. Entweder iſt das Votkommen dieſes Wur⸗ 
mes ſo ſelten, oder man hat einen Umftand nicht beachtet, 


— — nf 


auf welchen ich erſt in: biefem Sommer gefloßen bin. Sch 
unierfuchte nämlich ‚die Eingeweide von. dem im hiefigen 
joologiichen Garten geftorbenen Leoparden und Panther, und 
fand im vordern Theile des Dünndarmes, nicht gerade im 
Zwölffingerdarme, an der Schleimhaut Feine Erhöhungen, Die fich 
faſt Bart, calloͤs anfühlten. An einigen dieſer Kleinen Erhoͤ⸗ 
hungen fand ſich eine fehr Heine, ſchwaͤrzliche Definung, an 
andern fehlte biefe (vergl. Fig. 7). Als ich die Heinen, kno⸗ 
tenartigen Erhöhungen aufihnitt, fand ich in jedem einige 
Mürmer, die ich bald. für Strangylus tnbaeformis erfannte. 
Vielleicht verhält fich dies im Darme der Kate auch fo, daß 
nämlich die Würmer nicht frei im Darme, fondern in den 
Heinen, feften Erhöhungen leben, und man hat fie deshalb 
überfehen. Sch werde von jetzt an jeden Kabendarın darauf 
unterfuchen. Die mehrgertannten knotenartigen Erhöhungen‘ 
find offenbar durch die Würmer Överurfacht, indem fie fich in 
vie Schleimhaut einbohrten, worauf ein Erguß von Faferftoff 
erfolgte und eine Verdichtung (Faſerbildung) -befielben flatt- 
fand. Wenn han eine Bergleichung anflellen will, fo fcheint 
mir dieſe Bildung mit den, durch den Stich von Cynips er- 
zeugten Gallaͤpfeln die meifte Aehnlichfeit zu haben. Ge- 
wöhnlich fand ich Männchen und Weibchen zuſammen in den 
Heinen Höhlen, und es ſcheint daher, * dieſe ihre beſtaͤn⸗ 
bigen Wohnorte find. 

Da die von Zeder gegebenen Abbildungen ( Anleltung 
zur Naturgeſchichte der Eingeweidewürmer, Bamberg 1803, 
Taf. I Fig. 4.5) nicht gut find, fo habe ich die Haupttheile 


beider Gefchlechter noch) einmal zeichnen lafi ſen, und ich fuͤge 


eine kurze Beſchreibung bei. 

Das Männchen iſt 5°, dad Weibchen 7 lang, beide 
find duͤnn, nach vom. verſchmaͤlert. Der Mund iſt 
laͤnglich viexeckig, nach: unten. gewendet, indem Die. Oberlippe 
über die Unterlippe hervorragt. An der Oberlippe find zwei 
parallele Laͤngenbamdel von Muslelfaſern ſichtbar. Der 


—HK — 


Schwanzbeutel des Männchens iſt ungetheilt, aber. die Rän- 
der.der dünnen. Haut des Beutels- ftoßen unten am Körper 
zufammen, und er ift. daher nicht. eigentlich trompetenförmig, 
aber auch nicht zweilapyig. Die Haut des Beutels ift durch 
11 Strahlen von Muslkelfaſern .unterftügt, nämlich 4 auf je- 
der Seite und in der Mitte 3, die aber aus einem. Haupt- 
ftamme Fommen. ‚Die Ruthen babe idy nicht vorgeſtreckt ge- 
fehen. Das Schwanzende des Weibchens geht plöhlich in 
einen dünnen Yortiad aus, und am diefem findet fid) noch ein 
fehr feines Spischen der Oberhaut. Gier fab ich nicht. 


2. Ueber Spiropiera strongylina Rudolphi. 


Ich Habe diefen, im Magen des Schweings felten vor: 
‚kommenden Wurm im Anhange zu meiner pathologifchen Ana⸗ 
tomie ( Iſter Theil) zwar befchrieben und auch abgebildet, 
aber ich habe noch Weniges zu ergänzen. Bom' Munde an 
gehen über den ganzen Schlund zwei fpiralförmig gewwundene, 
Musfelfreifen, einer von links nach rechts, . der. andere von: 
rechts nach links ſich windend, fo daß fle fich immer an zwei 
Seiten durchkreuzen, wodurch das Ganze ein fchönes Anfehn 
erhält, | Zu 
Am Schwanzende des Männchens find die beiden hät» 
tigen Seitenflügel mit vielen querlaufenden, feinen, wellenför- 
migen . Musfelfafern durchzogen. Die beiden Ruthen von 
ungleicher Länge find lang hervorgeſtreckt. 





Erflärung der Abbildungen auf Taf. I Fig. 3—9. 
. Die Figuren 3—6 und- 8—9 find vergrößert. 

Fig. 3. Das Kopfende von Strongylus tubaeformis. 

Big. 4. Das Schwanzende des Weibchens von: bemielben 
Wurme; das Ende des Durmes iſt mit dargeſtellt. 

Big. 5. Das: Schwanzende des Maͤnnchens veflslben Stron- 


— 17 — 


. gylus, von ber Seite dargeflellt; man ficht 6 Strah- 
Er len mit dem Mittelſtrahl. 
Big. 6. Derſelbe Theil von unten geſehen, wobei die 3 mitte 
lern am Grunde vereinigten Strahlen deutlich find, 
Fig. 7. Ein Stückchen der Schleimhaut des Dünndarm vom 
Leoparden, wovon zwei Feine Wurmhoͤhlen, eine ge 
Öffnet, die andere geichloffen, dargeſtellt find. 
Fig. 8. Das Kopfende von Spiropiera strongyline. 
Big. 9. Das Schwanzende des Männchens von bemfelben 
Wurme. 


EV. Ueber die blaue Milch der Kühe. 
Fr aus dem Resueil de Mödecine völerianire. Sepiember, 1846.) 
Bon Demfelben.- 


Die Herren Drouard und Leclere in Montbard: hatten 
der. Gentral»Societät der Thierheilfunde in Barid 
eine Abhandlung über die blaue: Milch eingereiht. Die So- 
cietät hatte die Herren Magne, Delafond und Laffaigne 
zu Berlchterfiattern ernannt, und. —— gaben den. ‚folgenden 
Bericht... : 
Die Berfafler FIG in der —— zu ihrer Abhand⸗ 
lung die Sätze auf, daß. die blaue Milch unbedingt in allen 
Localitaͤten, in allen Jahreszeiten und ſelbſt dann vorkommen 
kann, wenn die vollkommen geſunden Kühe allein von dem 
auf: künſtlichen Weiden erzeugten Gruͤnfutier, entweder im 
Stalle, oder auf der Weide felbft ernährt werben. 
Seit mehreren Jahren hatte fich.. die blaue Milch im 
Frühjahr und: unter Einfluß- des. Grünfuttero in der Ge⸗ 
meinde Fresnes, im Banten Montbard, gezeigt. Sie erſchien 
auf die befannte Weiſe, indem nämlich: auf der. Oberfläche 


— IB, 


des Rahms Heine, zirkelrunde, leicht azurblau gefärbte Flecke 
entſtanden, die an Größe und. Intenſitaͤt der Färburig zunah⸗ 
men, bis endlich die ganze Oberfläche fchön blau gefärbt, von 
der Farbe des Berlinerblau's, war. 

Die Verf. erklaͤren, im Widerſpruch mit andern Schrift⸗ 
ſtellern, die blaue Mich für nicht ſchaͤdlich, denn die von ih⸗ 
nen getrunfene Mitch, die daraus bereitete Butter und ber 
Käfe erfhtenen ihnen von gutem Geſchmack und nicht von 
guter Milch) und den Yabrifaten daraus verfchieben. Jene 
dürften daher ohne den geringften Nachtheil für die Gefund- 
heit der Menfchen und Thiere genoffen werben. 

Als die Urfache zur Entflehung der blauen Färbung der 
Miih nehmen fie die Gegenwart eined Doppelſalzes von 
phosphorfaurem Eifenorydul-Dryde an, welches Sal 
ip verfchledenen: Arten des genoffenen Gruͤnfutters 'enthalten 
fei, mit den übrigen Subſtanzen afftmilirt und durch bie 
Mitchabfonderung in ver Folge theilmeife wieder ausgejchie- 
den werde. 

Um ihre Anficht zur unterfrüßen, ‚haben die: Berfaffer zu 
frifch. gemolfenee Milch eine geringe. Menge von frifch berei⸗ 
tetem phosphorfaurem Eiſenorydul⸗Oxyd⸗Hydrat zugefeßt, und 
fie :erflären, daß dieſe Witch. augenblicklich eine bläuliche Farbe 
annahm, welche der biauen Milch glich. Aber fie fahen auf 
der Oberfläche Feine blaue Slede entftehen, felbft nach mehre- 
ren Tagen nicht, obgleich‘ ein Theil des Eiſenſalzes durch Die 
Säure der Molken gelöfl war, wie die Reagentien jeigten...: 

Die Berichterftatter. bemerkten hierzu, daß die Annahme 
eines Eiſenſalzes, als Urfache der blauen Milch, ‚nicht neu 
fei, daß Radt im Jahre 1833 .und früher fchon. Robiquet 
dies behauptet haben, daß Bra eonnot —— Al en 
als irrig widerlegt habe. - j 

- Einer der Berichterflatter, Lafſai alane, Sat en einfachen 
Berfuch wiederholt und gefunden, daß die .entitanbene blau⸗ 
grünlicye Faͤrbung der Milch der von ſelbſt blau gewordenen 


Na 


Milch etwas ähnlich, ihr aber keinesweges gleich if. 
Das. unldsliche phosphorſaure Eiſen bildet ſogleich einen 
blafien, ſchieferblauen Riederfihlag, und wenn ſich Rahm ımd 
Molsen. freiwillig gefondert haben, befigen fle wieder ihre na⸗ 
türliche Farbe; niemals haben fich die ber blauen Milch cha» 
rafteriftifchen blauen Flecke gezeigt. Der Verfuch, den die 
Berfaffer zur Beftätigung ihrer Meinung anftellten, zeigt 
grade, daß dieſe Anſicht nicht durch ihn beftätigt wird. 

Um die Angabe in Hinfiht auf die Nahrungsmittel zu 
eontrolliren, wurde einer Ziege, welche drei Zicklein ſaͤugte, 
eine beftimmte Menge (1 Gramme taͤglich) biefes phoophor⸗ 
fauren Eiſens als feines Pulver mit den Nahrungsmitteln 
gegeben, und netm Tage damit fortgefahren. Alle 12 und 
alle 24 Stunden nach dem -Futtern wurde etwas Milch ab- 
gemolfen, und biefe, ruhig ftehen bleibend, hat zu feiner Zeit 
eine blaue Farbe angenommen, felbft nicht nach dem Gerin⸗ 
nen. Die Analyfe der täglich erhaltenen Milh Hat nur 
Spuren des phosphorfauren Eifens gezeigt, wie fie die Milch 
gewöhnlic) enthält. — Ein zweiter Verſuch wurde an einer 
milchenden: Kuh⸗ gemacht; indem ihr 8-Tage hindurch täglich 
2 Grammen vor‘ dem "Eifenfahe virit den Nahrungsmitteln 
gegeben wurben. Die nad 12 und 24 Stunden gemolfene 
und in Glasgefaͤßen weggeftellte Milch zeigte eine blaue 
Farbe, aber der Rahm war gelblich, ziemlich confiftent; der 
Käfeftoff ungefärßt,. das Serum, hell, gelb + grünlich und. in 
ihm zeigte ſich durch Reagentien leine wahrnehmbare Spur 
des Eifenfalges. ‚Die Berichterfaster konnten daher die Meir 
nung, daß das phosphotſaure Eiſen ‚das Blauwerden der 
Milch verurfache, nicht theilen. Sie find aber mit den Vers 
faffern darin einverftanden, daß die Urſache in ben von ben 
Thieren genoffenen Nahrungsmitteln liege. In den verfchie- 
denen, über diefen Gegenftand erfchienenen, Schriften fei an- 
genommen, daß es ein organiicher Stoff ſei, ber. fi) unter 
gewifien Bedingungen erzeuge; deſſen Urſprung aber nach 


— 80 — 


unbefannt fe. Aus den letzten chemifchen Berfuchen, die 
Braconnet in Nancy 1836 gemacht hat, fei mit einiger 
MWahrfcheinlichkeit hernorgegangen, daß die blau färbende Ma- 
terie fich felbfiftändig erzeuge, und daß biefe vielleicht, in Be 
ziehung auf die Farbe, einem organifchen Weſen, wie ber 
blaue Schimmel, gleiche. _ 

Die von C. J. Fuchs*) gemachten Beobachtungen über 
das Blaumwerden der Milch bat einer der Berichterflatier 
(Delafond) wiederholt, nachdem ed ihm gelungen war, 
blaue Milch, den Rahm, die Butter, Käfe und Molfen da⸗ 
von zu erhalten, und er hat fie als vollfommen wahr er⸗ 
kannt. Derjelbe hat fich auch überzeugt, daß die blaue Farbe 
nicht won dem auf der Oberfläche des Rahme entftlandenen 
Schimmel, fondern allein von den Vibrionen (Vibrio cya- 
nogenus) herrührte. Der übrige Theil des Berichts enthält 
nur Auszüge aus der Abhandlung von Fuchs. 


VW. Ueber menbrauöfe Erzeuguiffe and dem 
| Darmfanal des Nindes. 


"Bon Demfelben. 


⸗ 





Si einigen Jahren find mir von verfchiebenen Seiten pa? 
thologifche Erzeugnifle aus dem Darmkanal von Rindern zus 
gegangen. Es find nämlich dünnhäutige hohle Eylinder, von 
verfchledener Länge, und ungefähr von dem Durchmefler des 
Duͤnndarmes des Rindes. Die Innere Fläche dieſer Hohl- 
cylinder enthält Futterreſte. Die microscopifche Unterfuchung 


zeigt 


— 





*) Beiträge zur nähern Kenntniß der gefunden umb fehlerhaften 
Möc, der Hanethiere. In dieſem Magaz. 7. Jahrg. ©. 133 u. f. 


m U e — — 
eu —⏑ 


sr Me: er 


| zeigt ein feinfaferiges Gewebe, mit vielen kleinen Körnchen 


untermifcht, und diefes Gewebe tft im Weingeiſt zähe gewors 
ven, fo daß es fich in Lamellen trennen läßt, und daher den 
Schein hat, ala ob es aus verfchiedenen, einander einfchlie- 
Benden Haͤuten beftände. Ich muß diefe membranöfen ®e- 
bilde allerbings für Erfudate der Darmfchleimhaut Halten, 
denn. für abgelöftes Epithelium kann es nicht genommen wers 
den, weil ihm bie eigenthümliche Tertur deſſelben fehlt. 

Die erſte Sendung der Art erhielt ich 1844 von dem 
verftorbenen Kuers mit der Bezeichnung: Ausfchwisun- 
gen von der eroupartigen Darmentzündung eines 
Rindes. K. fchreibt mir Folgendes: Die Ausſchwitzungen 
find von einem zweijährigen, zu Möglin bei Schlempe auf- 
gezogenen, kräftigen Bullen, der im Bebruar an einer Krank 
heit leidend geweſen tft, aus deren Erfcheinungen auf eine 
Rattgehabte Reizung im Darmkanale zu fehließen if. Ich 
felbft habe ihn jedoch damals nicht gefehen, und der Bericht 
des Hirten lautete: Der Bulle fland betrübt, fah fich öfter 
nach dem Leibe um, feine Haare waren gefträubt, er jitterte, 
fraß mehre Tage wenig Futter, erholte fich aber, ohne wieder 
ganz munter zu werden. Bor biefer Rranfheit war er zum 
Befpringen der Kühe ſchnell bereit, nach derſelben war er faft 
nicht mehr zum Beipringen zu bewegen, jedoch erhielt er fich 
in ziemlich gut genährtem Körperzuftande Am 13. April, 
fährt Kuers fort, war ich gegenwärtig, als der Bulle wie⸗ 
der befpringen follte, und er wurde dazu mittelft ſehr ſtarker 
Beitfchenhiebe vom Hirten angeregt; der Act wurde endlich 
volführt, aber. der Bulle ging dann traurig in den Stall. 
Es entwidelten fich Erfcheinungen einer leichten Kolif; 
mit Zittern und raſcherem Bulfe, bei. trauriger Haltung des 
Thiered. Nach Anwendung eines Einguſſes, aus Leinfaamen 
und Kamillen bereitet, entleerte das Thier die darmähnlichen 
Erfudate, nachdem Erguß einer. ftinfenden, braunen Brühe 
durch den: After ftatigefunden hatte. Seit diefer Entleerung 

Mag. f. Thierheift. XII. 6° 


it der Bulle weit munterer und vollführt dad Befpringen 
ohne alle Anregung. 

Im November 1845 erhielt ich von dem Herm Lande 
und Hof-Thierarzte Falke eine Parthie folcher Erſudate, die 
einer ungefähr 9 Jahr alten Kuh mit dem Kothe abgegan- 
gen waren. Hr. 8. hörte von dem Eigenthümer, daß bie 
Kuh feit einem Jahre immer einen anftrengenven, trodenen 
Huften gehabt habe, gegen welchen er Mohrrüben und zu⸗ 
legt Honig angewendet habe. Nachdem jene Ausleerungen 
flatigefunden hatten, fei der Huften gänzlich verfchwunden, 
und die Kuh habe ſich von da an weit beffer genährt; Hr. 5. 
fand fie auch fehr wohl befeibt. 

Vor einigen Wochen endlich ſandte mir der Thierarzt 
Herr Hannen in Gladbach ebenfalls folche Erfudate, die den 
früheren ganz ähnlich find. Sie waren einem Pflugochſen 
abgegangen, welcher am Tage vorher Koliffchmerzen und ver- 
minderte Freßluſt gezeigt, dann ſtarkes Lariren befommen 
hatte. Dieſes Lariren dauerte beinah ununterbrochen bis zum 
nächtten Morgen, wobei aber der Ochfe fein Futter verzehrte, 
Als der Eigenthümer des Morgens in den Stall Fam, fah 
er, daß dem Ochſen ein Stüf Darm (tie er glaubte) aus 
dem After hervorhing, was Hr. Hannen noch fo fand, und 
er zog den vermeintlichen Darm aus dem Maftvarme heraus. 
Das Ihier erfchien nun völlig gefund, denn auch das Laxi⸗ 
ren hatte nachgelafien. 

Es ift wohl faum zu bezweifeln, daß fo beträchtliche 
Erfudate nur in Folge einer fchleichenden, daher chronifchen 
Entzündung der Darmfchleimhaut eniftehen, weshalb auch die 
erften Zeichen der Entzündung in den meiften Fällen von den 
Eigenthümern oder Wärtern der Thiere überfehen werden. 
Rur in dem von Kuers mitgetheilten Sale hatte der Hirte 
längere Zeit vor. dem Abgange der Pfeudo-Membranen Krank⸗ 
beitszeichen bemerft. 

Andere hierher gehörige Fälle von Darmentzündung mit 


83 


Bildung falfher Membranen find von deutfchen und franzo⸗ 
ſiſchen Thieraͤrzten beobachtet und mitgetheilt. 

1) Jahn in Eßlingen ſah fie bei einer Ajährigen Kub 
(Hering's Repertorium V. Jahrg. 3. Heft, S. 221). 

2) Engeffer in Hüfingen beobachtete fie bei einer hoch» 
trächtigen Kuh einen Tag vor dem Gebären CEbendaf. VI. 
Jahrg. 1. Heft, S. 24). 

3) Drouard (Recueil de Medecinae vöterinaire 18432, 
— Im Auszuge in: Hering’s Repert. II. Jahrg. S. 141) 
hat einen Ball von dem Abgehen der Pfeudo-Membranen bei 
einer Sjährigen Kuh mitgetheilt. 

4) Delafond (Recueil etc. 1842, — Hering’s Res 
yert. III. ©. 252) giebt an, diefe Kranfheit öfter beobachtet 
zu haben, vorzugsweife im Yrühling, bei jungen, gut genähr- 
ten Thieren. Er giebt aber den Verlauf nur auf 6 bis 7 
Tage an. 

5) Der von Moreau (Recueil etc, 1843. — He- 
ring's Reyert. IV. Jahrg. S. 160) angeführte Kranfheite- 
fall, welcher einen jungen Ochfen betraf, gehört mehr zu 
den acuten Entzündungen (wie auch die Delafondfchen), 
und Die falfchen Membranen gingen auch nicht in fo großer 
Ausbreitung ab, wie in den zuerft angeführten Beobachtungen. 


En 


VE. Ein Peritonaeal⸗Serotalbruch. 
Beobachtet von Hildach, Kreis-Thierarzte in Quarig. 


Wie oft dem Arzte in der Praxis Faͤlle vorkommen, die 

er erſt, wenn es leider ſchon zu ſpaͤt iſt, bei der Section, gehoͤ⸗ 

rig erfennt und ſich erklaͤren kann, habe ich wohl nicht noͤ⸗ 

thig, aus einander zu ſetzen; gewiß hat ſchon manches Ca⸗ 
6 


— 84 — 


daver uͤber Zuſtaͤnde Licht verbreitet, die waͤhrend des Lebens 
fuͤr uns in ein undurchdringliches Dunkel gehüllt waren. 

Wenngleich das Geſagte weniger bei Hodenſackbrüchen 
ſeine Anwendung zu finden ſcheint, da die Diagnoſe derſelben 
nicht zu den ſchwierigſten gehört, ſo will ich doch durch un⸗ 
ten ſtehenden Fall beweiſen, daß auch bier der. oben aufge⸗ 
ftellte Sat fich bewahrheitet. 

Eine Schlinge Dünndarm, ſellener Rep, geht in. den, 
durch das von den Hoden bewirkte Vorwaͤrtsſchieben des Pe⸗ 
ritonaͤi gebildeten Leiftenfanat, ſenkt fich bis zum Teftifel, mar⸗ 
firt neben biefem eine teigige (Reb) oder elaftifche C Darm) 
Mafie, die man von außen bis in den Leib. hinein verfolgen 
fann. Die leivende Seite des Scrotum iſt angefchwollen, 
ſchmerzhaft, fpäterhin. heiß, ſchwitzend, Kolikſymptome ſtellen 
ſich ein, und bei der Unterſuchung per anum macht ſich an 
dem Leiftenringe eine Einſenkung und in den meiſten Fällen 
das Darmftüd bemerkbar. Jener, fühlenn, daß Fremdes in 
ſeinem Raume fich befindet, reargirt darauf, contrahirt Sich, 
Zutterfloffe werden durch Die periftaltifche Bewegung in bie 
Schlinge geführt, Eönnen aber gegen das Gefep der Schivere 
nicht auffteigen, ziehen einen immer größeren Darmiheit hin⸗ 
ein, bis der Ring fich fo feft gefchloffen, daß nicht nur. feine 
Dewegung ftatt finden kann, fondern ſelbſt die Eirculation 
des Blutes mehr oder weniger befchränft und aufgehoben 
wird. Die Incarceration ift gefchehen, der Teftifel laͤßt fich 
durch den angezogenen Saamenftrang nicht mehr bewegen, 
ſondern ift eingefeilt, und die nun eintretende, heftige und 
ohne Dperatton des Bruches toͤdtliche Darmentzündung febt 
dem Leben des Thieres ein Ende. Das find der-Hergang und 
die diagnoſtiſchen Zeichen eines Hodenſackbruches, und felten 
wird ein oder bad andere Symptom fehlen oder die Diagnofe 
nicht leicht umd richtig zu flellen fein. _ 

Ich hätte nicht gewagt, den geehrten Lefern Das gilh der 
hernia inguinalis hier vorzuführen, wenn es nicht ber Ver⸗ 


— 65 — 


gleichung wegen mit nachfolgendem Falle mir von großem 
Rutzen erſchienen wäre, ein Fall, deſſen Diagnoſe erſt nach 
dem Tode richtig von mir geſtellt werden konnte. 

Am 28. Auguſt, Mittags 113 Uhr forderte mich ein 
Kerr (nomina sunt odiosa) auf, feinen Hengſt zu unters 
fuchen, mit dem er fo eben von einem 25 Meilen langen 
Ritt. angelommen und der nun unruhig geworben fei. Er er- 
zählte mir von dem Thiere, wie folgt: „Der Hengſt hat- frü- 
ber in dem Geftüte zu B. gededit, wurde jedoch, da er in den 
letzten 4 Jahren: häufiger einen Hodenfadbruch, der aber im⸗ 
mer reponirt, gehabt, ausrangirt und von dem Herrn v. Sch. 
erftanden, bei dem das Leiden vor 4 Tagen wieder eingetre- 
ten und auf die befannte Weife geheilt wurde. Das im Stall 
ftebende Thier fah ich, und da e8 mir fonvenirte, Faufte ich 
baffelbe geitern und machte heut die angegebene Tour mit 
ihm. Der Hengft ging feurig, feine Krankheit war ihm 
angujehen, und felbft Bier in den Hof ging er im ſchoͤn⸗ 
fien Galopp ein. Wie erflaunte ich aber, als er, in ben 
Stall gebracht, ſich foruvührend nach der linken Seite um⸗ 
ſah, mit den Hinterfüßen unruhig bin und her trippelte, mit 
dem Schweif wedelte und das gefchlittete Yutter nicht, ans 
ruͤhrte. Sogleich richtete ich, mein Augenmerf auf den Bruch 
“und fand, daß bie linke Seite des Hodenfades angefchwollen 
wär; gewiß iſt eine Daenpyinige ausgetreten, die Een 
werben muß.” 

In dem Stalfe wurde mir ein fchöner, 95 Jahr alter, 
5’ 5" hoher, kirſchbrauner, Graditzer Hengft. ald der Patient 
vorgeftellt, der, wie oben gefagt, unruhig: mit den Hinterfüßen 
umbertrot, ſich umblickte und mit dem Schweife webelte. Die 
Iinfe Hälfte des Seroti war angefchwollen, beim Drucke ſchmerz⸗ 
(08, ohne erhöhte Temperatur, der Teftifel deutlich zu fühlen 
and fo in der Mitte des Ganzen nach außen gelegen, daß 
unter ihm die beutelartige, in einer ſtumpfen Spige endigenbe, 
kalte Anfchweilung (gleich einer Schlafmüge) ſich befand, Die 


nach allen Seiten bin ſich prüden und dabei ein dem Kollern 
Ähnliches Geraͤuſch, als wenn Luft im Dünndarm fich fort 
bewegt, hören ließ. Bei der Unterfuchung per anum fühlte 
ich den betreffenden Leiftenring erweitert, fo daß ich mit brei 
Fingern bequem eingehen Tonnte, in feinem Lumen war .eine 
eingehende Darmſchlinge nicht zu finden, und fein Symptom 
deutete bei diefer Unterfuhung auf das Borhandenfein einer 
folchen bin, im Gegentheil Tonnte der Hode am Saamen- 
firange mit der größten Leichtigkeit auf und ab bewegt wer⸗ 
den. Während der genauen Beſichtigung äußerte Patient 
nirgends Schmerz, fondern verhielt fih ruhig, der Puls aber 
erſchien befchleunigt, vol, und Miftabfag war feit dem Mor» 
gen nicht bemerft. 

Welche Diagnofe war hier zu fielen? Die Anfchwellung 
des Scroti und das kollernde Geräufch bei der Unruhe bes 
Thieres deuteten auf dad Vorhandenfein eines Bruches Hin, 
wogegen das Richtfinden der Schlinge in dem enwveiterten 
Reiftenringe, die freie Beweglichkeit des Hodens, die Abwe⸗ 
fenheit von Schmerz und Wärme fprachen. Und welche Be 
wandiniß hatte es mit der etwa 4” langen Anjchwellung uns 
terhalb des normalen Teftifels? Auf das Vorhandenfeiu eis 
ner Dünndarmfchlinge mußte ich von dem Kollern fchließen, 
doch aber follte der Hode durch fie in feiner Scheivenhaut 
nach oben und dieſe fo weit nach unten gebrängt fein? Uns 
möglich; und wie erflärt fich die leichte, freie Beweglichkeit 
des Teftifels, und wie das Vorhandenſein der Hernia, ohne 
daß man am Leiftenringe eine Einfenfung ober ein eingehet« 
des Darmftüd findet? 

Alles diente. dazu, mich ein klares Krankheitsbild nicht 
fafien und mich ohne Anhaltöpunfte für die Diagnofe zu Taf 
fen. Das Thier wurde behutfam auf den Rüden gelegt und 
der Zuſtand abermals, doch leider ohne günftigere Refultate, 
unterfucht, worauf ich dem Befiger vorflellte, daß der einzige 
Weg zur ficheren Diagnofe und refpertive Heilung die Ca⸗ 


firation fei, worin er willigte und ich fogleich mich anfdhidte, 
bie zur Operation nöthigen Inftrumente zu holen. Bel mei: 
ner Rüdfehr aber geftand er mir ganz freudig, daß die linke 
Seite des Serotum nur eben fo did fei, wie geftern (bie 
Seite. fol immer ftärfer gervefen fein) und die Operation 
unndh erfcheine. Obgleich ich davon nichts wahrnahm, fo 
wurde doch das Thier entieilelt, das eben fo unruhig fi 
zeigte, wie vorher, und bei dem die Anfchwellung nach Aus« 
fage des Beſitzers und feines Bebienten wie früher und nicht 
flärfer war. Ein tüchtiger Aderlaß, Einreibung von Ol. Te- 
reb., Opium 38 mit Natr. sulph. 3vj in Haferfchleim und Ap⸗ 
plifation von Kiyftieren follte bei fteter Bewegung des Thie- 
res den krankhaften Zuftand heben. Sah man ed gehen, fo 
hätte man es nicht für leidend gehalten, munter fehritt es 
aus, ohne irgend eine Steifheit des linfen Hinterfußes zu 
verrathen, und wieherte, wenn es eine Stute mitterte. 

Nach der zweiten Eingabe der obigen Medizin legte fich 
die Unruhe, man zählte 56 Kleine, weiche Pulſe, die Maul: 
fchleimhaut war feucht, nicht heiß, Die Extremitäten warm 
und das Scrotum nad) des Beſitzers Aeußerung wie im fruͤ⸗ 
beren Zuftande, ohne Iofalen Schweißausbruch,. Schmerz oder 
Hitze. Nachdem zum dritten Male die Arznei gereicht, trat 
nad 3 Uhr die. Opiumwirkung in fo hohem Grade ein, wie 
ich fie nach folchen Dofen noch nie gefehen; das Thier wollte 
im Stehen einfchlafen, die Pupille erfchien erweitert. Gegen 
4 Uhr war fie vorüber und Die alte Unruhe vorhanden, die 
Geſchwulſt unterhalb des Hodens hatte fich, meiner Anflcht 
nad, vergrößert, das beim Drucke kollernde Geräufch nicht 
abgenommen, die Wärme fich um ein Geringes erhöht, obs 
gleich der Sang ein normaler, die leichte Beweglichkeit des 
Teſtikels durch Anziehen des Saamenftranges dieſelbe und 
kein Darmtheil in dem 2eiflenringe zu fühlen war. Ich ftellke 
abermals die Kaſtration dem Beſitzer vor, der fie mir jedoch 
abfchlug, da er die Krankheit für neroöfe Kolik und die An- 





88 — 


ſchwellung des Scrotums durch die Manipulationen bedingt 
erachtete. 

Es konnte alfo nur mit der Behandlung fortgefahren 
werden. Eine Veränderung im Hobenfade trat nur in fo 
fern ein, als die Anfchwellung ftärfer wurde und zwar nur 
unterhalb des Teſtikels bis 6”, der fich, nach wie vor, leicht 
auf und ab bewegen ließ; auch erſchien fpäterhin die Tem⸗ 
peratur und die Empfindlichkeit etwas erhöht. 

Der allgemeine Zuftand verfchlimmerte- fich innner mehr 
und mehr, der Puls wurde frequenter, Eleiner, bis 80, ber 
Herzſchlag doppelfchlägig, an beiden Seiten fühlbar, die Ex⸗ 
tremitäten Ealt, der Ausdruck des Schmerzes im Auge ftärfer, 
die Aufmerkſamkeit auf andere Thiere vermißt, Unruhe abs 
wechjelnd heftiger und fchwädher und Miſtabſatz noch nicht 
bemerft. Gegen 5 Uhr Morgens war der Puls nicht mehr 
fühlbar, Schmerz und Angftaugdruf auf das Höchſte geflie- 
gen, beim Aufſtehen ftürgte ed nach vorn hin und farb end- 
lich um 5 Uhr unter Gonvulfionen. 

Bei: der fleten Beobachtung des Thieres hatte fich in 
mir die Muthmaßung eines vorhandenen Bruches immer 
mehr und mehr zur Gewißheit geſtaltet, nur konnte ich mir 
bie tiefe Geſchwulſt unter dem Hoden, die Leerheit des Lei⸗ 
Renringed und die leichte Beweglichkeit des Tefikels nicht 
erflären, in der Ben Spannung —— ich daher zur 
Section. 

Das Thier — auf den Rücken gelegt, in welcher 
Lage ich die Kaſtration vornehmen wollte und zu dieſem Be⸗ 
hufe eine vorſichtige Deffnung des Sackes durch einen Laͤn⸗ 
genſchnitt machte, aus der ſich ein röthliches Serum ergoß. 
Wie. groß aber war mein Erſtaunen, als ſtatt der tunica 
vaginalis testis et. funiculi spermatici eine Duͤnndarm⸗ 
fshlinge mir entgegentritt? Hier. fonnten nur zwei. Fälle exi⸗ 
firen, entweber war die Schlinge in den Leiftenfanal und 
durch eine. regelwidrige Deffnung der tımica vaginalis in bag 


Scrotum getreten, ober. das Peritonäum war an einer ande 
ren Stelle getrennt und bie Schlinge hatte durch fie in den 
Hodenſack fich gefenft. 

Das Letztere fand flatt; vor dem Leiftenringe war das 
Peritonaͤum geriffen und durch die Deffnung die Schlinge 
gegangen, fte hatte fich nicht incarcerirt, fondern Fonnte durch 
Ziehen hin und her beivegt werden, war mit Blut Injicrt 
und mit Fleinen Extravaſaten befept, hatte eine dunkle Farbe, 
die, aufgeloderte Häute und eine ziemlich fefte Confſiſtenz. 
Die Scheivenhaut befand fich in einem normalen Zuflande, 
ohne Reizung, ohne Entzündung und bis zum Bauchringe 
ohne Verlegung; nach Eröffnung derfelben trat der gefunbe 
Hode hervor, der auch in feinem Parenchym eine normale 
Befchaffenheit zeigte. Beim Erenteriren der Bauchhöhle fand 
fih noch Ausfchwisung eines röthli gefärbten Serums, 
ftarfe Injection der Umgebung des Riſſes ine Bauchfell und 
Entzündung eines Heinen Theile der Fortſetzung des im 
Serotum befindlichen Duͤnndarms. Sonft nichts Ungewöhn- " 
liches, 

Sehen wir auf den Verlauf ber Krankheit und die 
Section zurüd, fo müffen wir geftehen, daß biefer Bruch 
nicht feit 4 Jahren beſtanden hat, fondern als ein Product 
ver legten 24 Stunden zu bezeichnen ift, da der Riß eine 
friſche Beichaffenheit nachweiſt und feine Ränder im entger 
gefesten Falle, wenn wirflich nicht eine töntliche Peritonitis, 
wie nur felten, nach ber Verlegung eingetreten wäre, bei bie- 
fem langen Beftehen vernarbt fein müßten. Sehr wahrſchein⸗ 
lich ift aber das Vorhandenſein eines wahren Inguinalbrucheg, 
ber yon Zeit zu Zeit ausgetreten und reponirt if. 

. Die Urfachen der Verlegung liegen. auch nicht fern, der 
Befiger iſt ein guter Reiter, das Pferd hatte 4 Tage geruht, 
aber fand Bewegung’ im Schritt gewiß nicht flatt, und kann 
bei den Baloppfprüngen und dem Streden des Thieres bie 


u. 60 —0 


ſchon in einem erſchlafften Zuſtande ſich befindende Stelle um 
den Leiſtenring leicht einen Riß ſich zugezogen haben. 

Nach vorliegendem Falle würde der Peritonaͤal⸗Scrotal⸗ 
bruch von einem Inguinalbruch Durch —— Verſchiedenhei⸗ 
ten ſich auszeichnen: 

Bei Erſterem iſt die Geſchwulſt unterhalb des Teſtikels 
bis 6" Zoll und darüber, dieſer liegt frei da, kann bis in Die 
Bauhhöble frei und ifolirt verfolgt und durch den freien Leis 
ſtenring mit Leichtigkeit am Saamenftrange hochgezogen wer⸗ 
den, die Anſchwellung ift kalt, fchmerzlos, erft fpäterhin wirb 
fie warm und fchmerzhaft, der Gang mit dem betreffenden 
Hinterfuße it normal, während bei dem Inguinalbruche bie 
Geſchwulſt mehr um den Hoden, heiß und fchmerzhaft, mit 
Schweißausbruch, der Gang des Hinterfußes gefpannt, ber 
Teſtikel nicht mit Leichtigkeit durch den funiculus spermaticus 
zu heben und der Leiſtenring nicht frei zu fühlen ift. 

Hätte die genaue Diagnofe bei Lebzeiten des Thieres 
für die Therapie Nuben geftiftet? Würde bie Operation, 
das heißt nach dem Deffnen des Serotum die Repositio 
herniae die Geſundheit des Thieres wiederhergeſtellt Den 
oder daſſelbe an Peritonitis geftorben fein ? 

Eine Frage, die mit Beftimmtheit ſich nicht beantiworten 
läßt; jedenfalld aber wäre die Operation zu verfuchen gewe⸗ 
fen, da ja im Unterlaffungsfalle der Verluſt des Thieres ge- 
wiß war und bier die Möglichkeit der Genefung vorlag. 

Bis jebt habe ich noch feinen Fall diefer Art befchrieben 
gefunden, ja felbft die gefchäßte pathologifche Anatomie des 
Herrn Profeſſor Dr. Gurlt ermähnt eines folchen nicht; viel⸗ 
leicht aber dachte Ammon daran, wenn er in. feinem Hand⸗ 
buche der practifchen Pferbearzneitunft, Heilbronn 1808, im 
2ten Bande ©. 192 fagt: „Die naͤchſte Urfache des Hoben- 
fadbruches ift entweder eine natürliche Erweiterung bed Bauch- 
ringes ‘oder eine Deffnung der Bauchmuskeln.” 





—— 


Vo. Das Erbrechen, beobachtet bei der 
Windkolik eines Pferdes. 


Von Demſelben. 


Das Erbrechen der Pfetde iſt ein ſeltenes und meiften- 
theils fehr gefährliches Symptom, das bei Entzündung, 
Brand, Zerreifung oder Einflemmung eines Darmtheiles, 
Abſceſſes im Dünndarm ⁊c. aufzutreten pflegt und dem bes 
handelnden Arzte die ziemlich fichere Gewißheit des nahen- 
den Todes giebt. Als Hinderniffe des, beim Hunde fo leicht 
zu effectuirenden, Erbrechens im normalen Zuftande der Ein» 
hufer find die ftarfe Musfelhaut des Defophagus, die fchräge 
Einſetzung beffelben durch einen Zwerchfellpfeiler in den Ma⸗ 
gen, bie fpiralförmige valvula cardiae und die Entfernung 
der Bauchmuskeln von dem Magen zu betrachten, — Jedoch 
hat man auch, als Ausnahme natürlich, Fälle beobachtet, in 
denen nad) dem Vomiren nicht der Tod, fondern Beflerung 
eintrat (fiehe 1. u. 2. Jahrg. diefes Magaz. die Yuffäbe der 
Herren Lichte und Prof, Dr. Hertwig), und zwar fand 
diefe antiperiftaltifche Bewegung gewöhnlich bei durch Luft 
übermäßig ausgebehnten Magen und ſtark angezogenem 
Schlunde ftatt, wobei die fonft das Auffleigen der Contenta 
verhindernde Klappe erfchlafft wird und einen hinreichend 
großen Raum zum Durchgange darbietet. Ein Gleiches, das 
Aufhoͤren der feften Bontraction und des Widerſtandes ders 
felben, findet auch feinen Grund in der welfen Schwäche des 
Magens, bewirkt Durch viele ſchwaͤchende Arzneien oder durch 
ſtetes Darreichen eines wenig nährenden, erfehlaffenden Fut⸗ 
ters, wie Kleien. Durch diefe Nahrung verſchwindet ber 
ſtraffe Baferbau, die Muskulatur hält eine andauernde Arbeit 
nicht mehr aus, obgleich der Körper wohlgenährt erfcheint, 
und die Musfelfafern des unteren Thelles des Defophagus 
Tönnen dem andringenden Mageninhalte nicht mehr wider⸗ 


— 92 — 


ſtehen. Eine gleiche Veraͤnderung findet bei fortwährend ge⸗ 
reichten ſchwaͤchenden Arzneien ftatt. .. 

Aber auch nicht bei allen ködtlich endenden Entzündun⸗ 
‚gen oder Zerreißungen des Darmtractus tritt in Rebe fte- 
hendes gefährliches Symptom auf (Gurlt's pathol. Anat. 
S. 179), wie mir fürzlich ein Hal von Grimmdarm-Entzün- 
dung bewies, die mit dem Tode endete und bei der Sertion 
einen Riß zeigte, ohne daß Patient Anftrengungen zum Wür- 
gen oder Erbrechen gemacht hätte,. 

Wohl zu unterfcheiden ift dieſes wahre Erbrechen, das 
heißt das Heraufführen des Mageninhaltes in die Munde 
böhle, von dem falfchen, dem Schlunderbrechen, bei dem nur 
die Contenta des’ Schlundes ausgeworfen werden. Diefes 
falfche Erbrechen koͤmmt bei der Dilatatio- oesophagi vor, 
wobei fich in. einem Falle eine Portion Heu in dem Schlunde, 
9" vor deſſen Eintritt in den Bruflfaften, feftfebte und das 
Brbrechen fo lange erzeugte, bis durch ben Probang bie 
Mafle entfernt wurde. Berner ſtellt fi das Symptom ein 
bei Spaltungen der Musfelhaut und fadähnlicher Ausdeh⸗ 
nung der Schleimhaut des Organs, in der fi dann bie 
Butterftoffe übermäßig anfammeln, und bei Berengerung ber 
Schlundhöhle durch Gefchwülfte, Knoten ıc. Im erften und 
legten Falle ift e8 ein ſehr bedenkliches Zeichen, bei fichtba- 
ren Schlundbrüchen aber am wenigften zu. fürchten, indem 
nach der Operation der Ausftülpungen die antiperiftaltifche 
Bewegung. von felbft verſchwunden M und die entſtandene 
Wunde leicht verheilen kann. 

Die Dilatation iſt gefährlicher und gewöhnlich tödtkich, 
weil die Contraction der Häute nicht gu effectuiren iſt und 
die Muskelfaſern zu erfchlafft find, als daß fie den geſchluck⸗ 
ten Biffen in den Magen leiten fönnten, weshalb diefe An⸗ 
häufungen bei jedem gierigen und fchnellen Freſſen wieder 
entftehen. Hat der Schlund das Marimum der Ausdehnung 
erlangt, fo zerreißt er und ergießt feinen Inhalt in Das ber 


— 9 — 


nachbarte Zellgewebe, in welchem es ſich bis in die Bruſt⸗ 
hoͤhle ſenkt, oder wenn die geplatzte Stelle in genannter 
Höhle liegt, in dieſelbe ſich ergießt, worauf toͤdtliche Bruſt⸗ 
entzundung folgt. 

So iſt alſo das Erbrechen bei Pferden nie mit gleich⸗ 
guͤltigem Auge zu betrachten, ſondern verdient die ganze Auf⸗ 
merffamfeit des behandelnden Arztes. Zur Vermehrung ver 
Zahl der befannten Säle, in denen das wahre Erbrechen 
nicht Vorläufer des Todes war, ſei mir erlaubt, bie Krank⸗ 
beitögefchichte eines an Windkolik erfranften Pferdes aufzu⸗ 
führen. 

Am 26, Juli Abends forderte mich der Kaufmann H. 
auf, fein Pferd zu befuchen, das plöglich erfranft fei. Auf 
einem nahen Dominio habe es vor etwa breiviertel Stunden 
ein gutes Kleefutter gefrefien und fei darauf, fowohl bei der 
Rüdfahrt, als auch jest im Stalle, did geworden und habe 
durch unruhiges Benehmen Schmerzen verrathen. 

Das bisher gefunde Pferd (ed hatte nur vor einem 
Jahre an einem durch einen Hufichlag bewirften Ertravafate 
gelitten) äußerte heftige Koliffchmerzen bei ftarf aufgetriebes 
nem Hinterleibe, was bie Krankheit als Windfolif in Folge 
des genoflenen Kleefutters charakterifirte. Um den Blutan- 
drang und die Anfammlung defielben in der Bauchhoͤhle zu 
vermindern, wurde ein reichlicher Aderlaß vorgenommen, und 
zur Reforption des Im Magen und Darmfanale befindlichen: 
Gaſes, fo wie zur fehnelleren Entleerung der Gad erzeugen. 
den Stoffe (des Klees), das Kal. sulpburat, 3iij mit Natr. 
sulph. uij und Kamillenthee in 35 Stunden gegeben. Ein 
ftarfes Srottiren des Leibes, Setzen von Seifenklyſtiren und 
Herumführen des Thieres follten die Heilung befchleunigen. 
Nach Verlauf von etwa einer Stunde, in welcher Zeit ber 
Zuftend fich gleich geblieben war, nahm. ich ein Aufftoßen 
von Luft aus dem Schlunde wahr, das fich öfter wiederholte 
und in ein anhaltendes Erbrechen überging. Cine weißgelb- - 


N 


— 9894 — 


liche, ſchaumige, fäuerlich riechende Fluͤſſigkeit lief dem mit tief ges 
fenftem und geftredtem Kopfe gehenden Pferde aus Nafe und 
Maul; die antiperiftaltifche Bervegung wiederholte fich und 
neue Contenta wurden ausgeworfen. Gewiß war meine Be- 
flärzung im erften Augenblide gerechtfertigt, da ich annehmen 
zu müflen glaubte, daß die Ausdehnung des Magend oder 
eines Darmtheiles den höchften Grad erreicht babe und ges 
nannter Theil geriffen fe. Die Prognofe wurde demnach fo 
ſchlimm als möglich geftellt und ber Beſitzer von der großen 
Gefahr in Kenntniß gefegt. Nach Verlauf von einer halben 
Stunde aber fah ich meinen Irrthum ein; die nach dem Ber- 
ften eines Eingeweides eintretende Ruhe, tief liegende Augen, der - 
Ausdruck eines tiefen, inneren Schmerzes und bie Berändes 
rungen im Pulſe fehlten ganz, im Gegentheil wurde der Blick 
freier, weniger Angftlich, und der Puls weniger unterbrüdt. 
13 Stunde mochte das Erbrechen gewährt haben, als es end- 
lich nadhließ und um 10 Uhr gänzlich verfchwand; gegen 
9 Uhr Hatte fih beim Abfließen der Klyſtiere auch Abgang 
von Winden eingeftellt, was ſich bis um 10 Uhr bei fortwaͤh⸗ 
render Unruhe verftärttee Patient, in einen warmen Stall 
gebracht, erhielt gute Streu und Bedeckung; ermattet legte er 
ſogleich fi nieder, wurde ruhig und befam nach reichlichem 
Abgange von Blähungen einen weicheren und dünnen Leib. 
Erft am folgenden Morgen ftellte fic ein reichliches Miften 
ein, und mit ihm der Appetit. Das Thler war genefen, und 
obgleich ich e8 noch lange Zeit beobachtet, habe ich nie eine 
Schwäche oder Erweiterung des Schlundes bemerkt; nie ka⸗ 
men Yutterfioffe zurüd, woraus zu entnehmen, daß die Car⸗ 
dia. in Ihren Normalzufland zurüdgefehrt iſt. 


————————— — 


— 955 — 


VIII. Zwei Fälle aus der Praxis. 


Von W. Augner, Thierarzte im Königlichen Sten Ulanen⸗Regi⸗ 
mente zu Trier. 





1. Enorm vergrößerte Niere bei einem Pferde. 


Wenn auch nicht fo felten Bergrößerungen der Niere be- 
obachtet werben, fo fcheint mir dieſer Fall doch zu denen zu 
gehören, welcher einiger Aufmerkſamkeit würbig fel, da im 
gegenwärtigen die Niere ein Gewicht von. 12 Pfunden und bie 
Größe eines ſtark ausgedehnten Pferdemagens erreicht hatte, 
deswegen wohl fo viel Intereffe erregen dürfte, daß eine fpe- 
cielle Beſchreibung derfelben nicht unzweckmäßig erfcheint. 

Eine 6 Jahr alte, braune, 5 Fuß 2 Zoll große Stute, 
märfifcher Abfunft, Dienftpferd des Königlichen Sten Ulanen- 
Regiments, litt während der Herbftübungen 1845 an In⸗ 
fluenza in hohem Grade, wie mir bei dem Einrüden in bie 
Garnifon Ende September mitgetheilt wurbe. 

Bei der fpäter von mir angeftellten Unterfuchung dieſes 
Pferdes fand ſich, daß die Krankheit bis auf einen geringen, 
gutartigen Ausflug aus der Naſe wenig vermehrted und be⸗ 
fehwertes Athmen, einen. hohen Grad von Schwäche, die je⸗ 
doch fchon einige Bewegung in freier Luft zuließ, befeitigt 
war. Mllein bei jedesmaliger Bewegung ftellte fi) ein be- 
ängftigender, krampfartiger Huften ein, welcher einige Minuten 
anhielt und mitunter Erflidung fürchten ließ. Diefe Uebel 
verloren fich jedoch bei einer fortgefesten zweckmaͤßigen Bes 
handlung in dem Maaße, daß in einem Zeitraume von vier 
Wochen nur noch etwas Furzes, befchwertes Athmen und 
Huften zurüdblieben, was beides, aller Wahrfcheinlichkeit nach, 
in einer partiellen Desorgantfation der Lungen begründet war, 
jedoch aber das Thier zum leichten Dienfte brauchbar ließen. 


— 96 


Nah einer fünfmächentlichen Benukung des Pferdes bei 
der größtmöglichften Pflege und Schanung -Deffelben - fan- 
den fich neue Lungenentzündungs» Symptome, verbunden mit 
ftarfem, übelriechendem, einige Eiterflümpchen enthaltendem 
Ausfluffe ein, der die beginnende Eiterung in den ſchon frü- 
her afficirt gewefenen Bronchien erfennen ließ. 

Dies nach allen pathologifchen Gründen ſchwer zu 
befeitigende Uebel troßte auch in diefem alle allen ange: 
wandten Heilmitteln und machte nach Berlauf von drei Wo⸗ 
chen dem Leben des Thieres ein Ende. 

Noch muß ich hinzufügen, daß während der dreimonat⸗ 
lichen Beobachtung des Patienten nicht im Geringſten ein 
Nierenleiden bemerkt wurde. 

Bei der Section fanden ſich die ſchon beim Leben des 
Thieres vermutheten organiſchen Veraͤnderungen in der Bruſt⸗ 
hoöhle beſtätigt, hauptſaͤchlich aber Tuberkeln in den Zungen, 
welche ſich zum größten Theile aufgeloͤſt hatten, namentlich 
in der rechten Zunge, fo daß dieſe von der Jauche faſt gänz⸗ 
lich zerftört worden war und als eigentliche Todesurfache. an- 
gefehen werben mußte. Die Veränderungen an den ‚übrigen 
einzelnen Organen des Cadavers waren fo unbebeutend und 
von den gewöhnlichen durchaus nicht abweichend, daß fie füg- 
lich übergangen werden koͤnnen und idy gleich die fpecielle. Be⸗ 

fehreibung der pathologifch „veränderten linken Niere folgen laſ⸗ 
ſen kann. 

Die linke Niere lag auf ihrer normalen Stelle, hatie je- 
doch die Größe eines ſtark durch Futterfloffe oder Gaſe aus⸗ 
gedehnten Magens erreicht, und verfuchte Jedermann im er-. 
ſten Momente des Anfchauens, fie eher für Diefen, als das 
wirkliche Organ zu halten. Die rechte Niere hatte bie nor⸗ 
male Lage, Größe. und Befchaffenheit. 

Nachdem dies im wahren Sinne des Wortes. Foloffal::zu 
nennende Organ aus. der Bauchhöhle genommen war; bot. fi 
bei der ferneren Unterfuchung. nicht die geringfle Spur eines 

Fett⸗ 


az 97 — 


Feiwpolſters am felhiges dar; bie membrana propria erfchien 
mit der ganz verbichteten capsula renalis feft verbunden und 
eine drei Linien dide Haut von blaffer Farbe bildend. Da 
nun ein Laͤngenſchnitt in daſſelbe gemacht und ſodann lege 
arlis bis zum Nierenwärzchen getrennt worden war, wobei 
fi etwas duͤnnflüſſiges Blut entleerte, zeigten fich die tabuli 
uriniferi fo vergrößert, daß fie im Verhältniß zur Größe der 
Niere ftanden; eben fo Die die substanlia medullaris bildenden 
Röhrchen jehr deutlich gefondert und zwifchen fich einige erb⸗ 
fengroße Tuberkeln einfchließend; das Rierenbeden hatte etwas 
über 2 Zoll im Durchmefler; im Uebrigen befaßen alle ein- 
zelnen Theile den Tonus, wie im normalen Zuftande, 

Der Harnleiter, fo wie die Nierenarterie, zeigten feine 
Abweichungen von der Normalität; dagegen erfchien die Bene 
von einer feften, plaftifchen, fchichtweis über einander liegen- 
den Ausfchwisung fo angefüllt, daß nur mit Mühe eine ſtroh⸗ 
halmdicke Sonde eingebracht werben Fonnte. 

Bei der Betrachtung diefes vergrößerten Organs bringt 
fich nothwendig die Frage auf: „was wohl die Urfache zu 
diefem erhöhten Bildungstriebe abgegeben haben mag?” 

Sch glaube, daß die causa proxima hauptfächlich in dem 
Organe felbft zu fuchen fei, wenn auch die causa remota in 
dem allgemeinen Kranfheitözuftande, der Influenza, woran das 
Thier vier Monate vor feinem Tode in einem ziemlich en 
Grade gelitten hatte, bedingt war. 

Es liegt nicht in meiner Abficht, einen ſpeciellen Krant- 
heitöbericht des allgemeinen Leidens aufzuführen, auch iſt 
diefe Krankheit fo allgemein gefannt, daß es in diefem Yalle 
genügt, nur den Namen derſelben anzuführen, um beurtheilen 
zu Fönnen, in wie fern das Leiden der Niere mit dem —— 
meinleiden in Verbindung geſtanden hat. 

Es iſt haͤufig beobachtet und allgemein anerkannt, daß 
bei der Influenza im ſtärkeren Grade die Urinwerkzeuge mehr 


ober weniger in Mitleidenfchaft gezogen werben, ja daß öfter 
Mag. fı Thierheift. XOI. 7 


— 88 — 
heftige Nierenentzündung, namentlich, wenn ber Organismus 
auf eine Fritifche Entleerung bed Krankheitsſtoffes durch dieſe 
Organe hinarbeitet und ſelbige zu fruͤhzeitig, mitunter auch 
zu ſtark, mit medicamentis terebinthinatis unterſtuͤtzt werben, 
beobachtet, ſo wie auch deren Ausgaͤnge bei der Section ge⸗ 
funden werden. 

Dies berüdfichtigend, glaube ich annehmen zu können, 
daß auch bier der erfle Keim zur Vergrößerung durch eine 
ſympathiſche Entzündung gelegt wurde, und daß man bei der 
vorgefundenen pathologifchen Veränderung ber Nierenvene da⸗ 
für ſtimmen müffe, daß dieſe hauptſächlich gelitten und bie 
causa proxima auf folgende Weife abgegeben habe: 

Die vena renalis war zur Zeit von einer Entzündung 
ergriffen, welche fich nicht zertheilte, fondern in Ausfchwigung 
überging und dieſe fich fchichtenweis an der Innern Wand 
des Gefäßes anlegte, bis es die vorbefchriebene Deffnung er- 
hielt, wodurch natürlich der venöfe Blutfluß der Niere zur 
hinteren Hohlvene fehr beeinträchtigt wurbe; da aber in ber 
arteria renalis fein Hinderniß obwaltete, fo führte diefe dem 
Drgane das gewöhnliche Duantum Blut zu, woraus unaus- 
bleiblich eine Stodung in der Eirculation deſſelben (Conge⸗ 
flion) entftehen mußte, welche nur dadurch, daß in ber Niere 
mehr Blut verarbeitet, zum Theil als Urin ausgeführt, zum 
Theil zur größeren Ernährung des Organs felbft verbraucht 
wurde, was freilich erft dann gefchah, als bie corpuscula 
Malpighiana durch den verflärkten Andrang des Blutes zur 
größeren Thätigfeit angefpornt und biefe auf die tubuli uri- 
niferi übertragen wurde; da aber dad Andrängen ſich immer 
wiederholte, faft mit jedem Pulfe eintreten mußte, das Hin 
dernig im Rüdflufe aber unaufhebbar war, ja fich nach und 
nach verftärkte, wie dies Die gefchichtete Blaftica in der vena 
renalis beweift, jo wurde, namentlich da keine Entzündung in 
der Niere eintrat, die abnorm erhöhte phyſiſche Thätigkeit im⸗ 
mer mehr angefpornt, und Die verflärfte Ernährung und das 

Y 


€ 
— 80 En 


Wachsthum ded Organs konnte ungehindert von flatten ge» 
ben und bis zum vorgefundenen Volumen fich fleigern. 


2. Zerreißung des Maſtdarms durch einen Darmftein. 


Eine 10 Jahr alte, 5 Fuß 3 Zoll große, braune Stute, 
märfifcher Abkunft, Dienftpferd des Königlichen Sten Ulanen⸗ 
Regiments, welche während ihrer fechsijährigen Dienſtbrauch⸗ 
barkeit beim benannten Regimente meine® Willens an feiner 
Krankheit gelitteu hatte, Frepirte eines Morgens plöglich, ohne 
daß ärztliche Hülfe in Anwendung gebracht werben konnte; 
denn da ich hinzu trat, fand ich felbiges fchon im vollen To⸗ 
deskampfe begriffen: Falte Schweiße drangen, mit flarfem Zit⸗ 
tern verbunden, über den ganzen Körper aus; ber Puls war 
nicht mehr fühlbar; das Thier ſtand mit feftgeftellten, eiskal⸗ 
ten Schenfeln, Halfe und Kopfe, ſtierem, gebrochenem Blicke 
und drohte jeden Augenblid umzuſtuͤrzen; fo daß in ber 
Schnelligkeit die Unterfuchung nur unvollfommen gemacht, 
eben fo die Diagnofe nur auf Vermuthung, zumal, da ber 
Borbericht höchſt unvollkommen zu erhalten war, indem Tas 
ges zuvor noch das Pferd zu einer Reitmufterung benutzt 
worden war, ohne daß irgend eine Störung in den Verrich- 
tungen des Organismus, fowohl mechanifchen, als animali⸗ 
ſchen, fich gezeigt hätte, — im Allgemeinen dahin aufgeftellt 
werden konnte: daß irgend eine organiiche Veränderung, hef⸗ 
tige Entzündung, vieleicht auch Zerreifung eines inneren 
edlen Organs, ftattgefunden habe, und den im ganzen Habi- 
tus des Thieres fchon ausgeprägten Tobesfampf begründe. 

Un ein’ geregeltes curatived Berfahren war hier eben fo 
wenig zu denken, als man bie’ geeigneten Mebicamente ſo⸗ 
gleich zur Hand Haben Fonnte; und wenn man fle auch ge- 
habt hätte, wie konnten fie die in fo große Unordnung, fa 
far bis zum Momente des Stiüftandes gerathene organiſche 
Maſchine In folcher Schnelle wieder regeln, N der Te Kin 
bie Oberhand erhalten hätte? — 

7 %* 


— ma — 


Hier haͤtte ich faſt bedauern moͤgen, nicht Homdopath zu 
fein, da es bei diefen faft Regel iſt, ihre ganze Apotheke ſtets 
bei ſich zu tragen, was wenigſtens das Gute für ſich hat, 
daß in außergewöhnlichen Fällen gleich ein anwendbares Arz⸗ 
neimittel zur Hand ift. 

Ob auch ein wirffames? — Das ift eine Frage, die zu 
erörtern ich mich für jegt noch nicht berufen fühle. Ich hatte 
jedoch beim Patienten Feine Zeit mit Lamentationen zu ver- 
fieren und fahe wohl ein, daß im gegenwärtigen Falle auch 
auf homdophatifchem Wege nicht viel von einigen Tropfen 
Keonit oder Arfenif, und wenn auch, bis zu 40 und mehre- 
ren Tropfen verftärft, die neuefte Urtinftur erreicht wuͤrde, zu 
hoffen fel. Daher denn wir Alldopathen mit den Homoͤopa⸗ 
then in folchen Faͤllen der lieben guten Natur ihren freien 
Lauf kaffen und laſſen müfjen. 

Deſſen ungeachtet, um einigermaßen ben heftigflen Sym- 
ptomen entgegen zu wirfen, unternahm ich die Venaͤſectio an 
der Jugularis, allein in dem Momente der Operation fiel 
das Thier zu Boden und Frepirte, ehe noch ein Pfund duͤnn⸗ 
fläffigen Bluts fich entleerte. | 

Da ich beim Leben des Thieres Fein ficheres Urtheil über 
die Krankheit fällen, noch weniger fpäter die Todesurfache er⸗ 
forfchen konnte, fo verfprad ich mir um fo mehr Aufſchluß 
über felbige von den bei der Section zu findenden Verän- 
derungen und hierbei zeigte fich Folgendes: 

Bei Oeffnung der Bauchhöhle Entweichung von Gafen und 
Borbandenfein der Futterftoffe in dem freien Raume der Bauch- 
höhle; hier waren die hinteren Parthien der Därme ganz mit 
dieſen bedeckt, wodurch eine heftige Bauchfellentzündung ber 
dingt, deren Producte an den betreffenden Stellen deutlich 
fihtbar waren; zugleich ließ fich durch Gefühl in der linken 
obern Lage des Grimmdarmes eine Menge, über eine. ftasle 
Fauft großer, harter, begränzter Körper, bie fich fpäter als 
Darmfteine erfennen ließen, wahrnehmen, welche zu der Ver⸗ 


— 1 — 


muthung ‚berechtigten, daß ein Stein an irgend einer Stelle 
des Darmes eingezwängt, die Urfache zur Zerreißung abges 
geben haben möchte, was fich auch im Berfolg der Unterſu⸗ 
chung beftätigte, da, nachdem die Eingeweide behutfam aus 
der Bauchhöhle entfernt waren, fich ein fauftgroßer Stein frei 
in diefer Höhle vorfand. 

Die Deffnung, durch welche ber Stein gebrungen war, 
fand fich bei der fpeciellen Unterfuchung des Verdauungsap⸗ 
yarates im Maftdarme an ber untern Wand, zwei Fuß vom 
After entfernt und beftand in einem Längenriß von drei Zoll, 
deſſen Ränder etwas aufgelodert und geröthet erfchlenen. Der 
Maſtdarm in feiner ganzen Laͤnge, fo wie auch der After vom 
Miſte leer und ftarf mit Schleim überzogen. 

Bei Oeffnung der vorerwähnten Lage des Grimmdarmes 
präfentirten ſich die durch's Gefühl früher erfannten harten 
Körper ale fieben Darmfleine von ähnlicher Größe, als bie 
des in die Bauchhöhle getretenen. Die Form diefer Steine 
war höchft ungleich, einige näherten fich der Kugelform, an⸗ 
dere hatten eine plattrunde, fo wie auch eine beinahe dreiek⸗ 
fige Geftalt. Aeußerlich zeigten fie eine Fryftallinifche, un⸗ 
gleich glatte, mit einzelnen Poren verſehene Fläche, im In⸗ 
nern eine filgartige Maſſe, deren Centrum eine Höhle —* 
welche etwas Feuchtigkeit in ſich ſchloß. 

Außer dieſen fauſtgroßen Steinen fanden ſich noch acht, 
meiſtentheils um 3 Feiner als Die oben beſchriebenen vor, wel⸗ 
he größtentheils eine dreieckige, mit einer gerundeien und 2 
ungleich graben Flächen verfehene Geſtalt hatten; die Ränder 
der converen Ylächen erfchienen nach den graben zu umge⸗ 
neigt und zum Theil wie abgefchliffen; außerdem fehlte ven 
graden Flächen der kryſtalliniſche Heberzug, wogegen fle mehr 
das filgartige Anfehen hatten, doch aber fo, daß fie zwei Bruch« 
flächen, welche durch längere Berührung fich abgeglättet ha⸗ 
ben, glichen. 

Zwifchen dieſem Convolut von Steinen fanden fi) ein- 


(GEGEBENE TEE 
— MM 


zeine ſehr Kleine, von denen ein Bohnengroßer ein fchön po⸗ 
lirtes Anfehen hatte; ſodann ein ziemliches Quantum Sand, 
Kieſel⸗ und Schieferfleindhen. 

Andere Abnormitäten fanden fich weder an dem Darme 
felbft, noch an irgend einem Organe des Kadavers weiter vor. 

Der Tod des Thieres war demnach Flar durch Die, in 
Folge der Zerreißung des Maſtdarmes entflandene Entleerung 
der Butterfloffe in. die Bauchhöhle erzeugte Entzündung des 
Bauchfells bedingt worden. 

Am auffallendſten bleibt bei diefem Falle, daß, da ber 
Stein bis nahe an den After vorgebrungen war, er hier noch eine 
Zerreißung des Darmes bewirkte. Eine Berflopfung Tonnte 
nicht zugegen geweſen fein; denn wie Fonnte das Pferd, wenn 
ſolche beftanden hätte, 14 Stunden vor feinem Tode den 
Dienft verrichten, ohne daß fich hei felbigem während des 
Reitens und fpäter Kolifiymptome bemerkbar machten? 

Es jcheint, daß hier mehrere befondere Umftände zuſam⸗ 
mentrafen, welche dieſe Zerreißung begünftigten, nämlich: Es 
wäre möglich, daß einige feharfe Kiefelfteinchen, wovon ſich 

seine Menge, wie fchon bemerft, unter ben Darmfteinen bei 
der Sertion vorfanden, den durchgetretenen Stein begleitet 
hätten und an der bezeichneten Stelle des Maſtdarms die 
Schleim» und Musfelhaut eins und zum Theil durchfchnitten, 
fo daß bei einem ftarfen Sprunge während des Reitens durch 
die Erfchütterung des Körpers und Schwere des Steine bie 
Wand des Darmed leicht durchrifien wurbe und durch bie 
neu entflandene Deffnung Stein und . Darminhalt in bie 
Bauchhöhle fielen, flatt durch den After entleert zu werben. 
Hieraus wäre dann zu folgern, daß gleich nach der Entlees 
rung des Steins in die Bauchhöhle eine heftige Pe- 
ritonitis fich erzeugte, wobei, wie befannt, die Thiere ſich we⸗ 
nig wälgen, fondern mit der größten Behutſamkeit ſich nie⸗ 
verlegen, fo daß wohl von den Wärtern die Krankheit über 


— 1098 — 


feben und ihnen erft da bemerkbar wurde, ale das Thier 
fchon mit dem Tode kaͤmpſte. 

Bei Betrachtung der Steine in Hinficht ihrer Eonftruc« 
tion findet fih, daß fie Außerlich durch ben kryſtalliniſchen 
Ueberzug vollfommen den eigentlihen Darmfteinen gleichen; 
Dagegen im Innern, durch die gleichmäßige, ziemlich lodere, 
filgartige Befchaffenheit, ohne eine fefte Grundlage im Cen⸗ 
trum zu haben, fchließen fie fich den @oncrementen an, und 
fo fönnte man fle füglich zu den falfchen Darmſteinen zählen, 

Ueber die Bildung biefer Steine muß ich offen geftchen, 
nicht recht im Klaren zu fein. — Eine fremdartige Grund⸗ 
lage ift nicht vorhanden, ebenfo laͤßt fich ein ſchichtenweiſes 
Wachsthum nicht erfennen, da die Maſſe bis zur Peripherie 
gleichmäßig ift. 

Wenn ich meine unmaßgebende Anficht hierüber aus⸗ 
fprechen darf, fo wäre es folgende: 

Durch zufällige ftarfe Verunreinigungen bes Futters mit 
Steinden und Sand, welche fi) in den Pofchen des Did- 
darmes feſtſetzen, wurde die erſte Beranlafjung gegeben, indem 
diefe frembartigen Stoffe die Verdauung beeinträchtigen, bie 
periftaltifche Bewegung behindern, fo daß die heterogenen 
Subflanzen, da fie fehwerer als die in dem Dickdarm fich be⸗ 
findenden flüffigen Contenta find, in den vertieften Poſchen 
fi) nad) und nady mehr anfammeln und dann um fo weni- 
ger ausgetrieben werben fönnen; hieraus erfolgt ein theilwei⸗ 
fer, wenn auch wenig bemerfbarer krankhafter Zuftand in dem 
Verdauungsprogeffe, wodurch das Thier wahrfcheinlich ange⸗ 
trieben wird, reizende Subftanzen in fich aufzunehmen; daher 
denn die Wände im Stalle fleißig beledt und benagt werben, 
fo wie die mit Urin gefchwängerte Streu verzehrt wird, wo⸗ 
durch nichts gebeflert, fondern die unauflöslichen Stoffe nur 
vermehrt werben. 

Ein gewiſſes Quantum diefer Subftanzen, vielleicht 
grade fo viel, als in den einzelnen Pofchen fich befindet, ver- 


— 1014 — 


bindet ſich mit dem Darmſchleime zu einer compacten, ſchwer 
löslichen Maſſe, welche dann, durch die Immer nicht ganz 
aufgehobenen peri⸗ und antiperiftältifchen Bewegungen hin 
und her gewälzt, nach und nad) fefter wird und ſodann fä- 
big ift, eine kryſtalliniſche Krufte aus dem, phosphor- und 
fohlenfaure Kalkerden enthaltenden Chylus ſich anzueignen. 
Auf diefe Weife Fönnten fich viele folcher Maſſen zu gleicher 
Zeit bilden; wie man denn auch diefe Steinarten immer jehr 
zahlreich in den mit Pofchen verfehenen Darmtheilen vorfindet, 

Ich muß jedoch hinzufügen, daß überhaupt eine träge 
Verdauung und eigne Inelination zur Steinbildung das Ih⸗ 
rige beitragen muß, da man häufig Sand, ohne Steinbildung 
in den Därmen vorfinbet. 

Zum Schluß will ich noch bemerfen, daß die Fleineren 
dreieckigen Steine Stüde von größeren find, die fchon beim 
Leben des Thiered in dem Darme durch irgend eine Berans 
laffung zerftüdelt worden. Daß dieſe Zerftüdelung wirklich 
im Innern ftattgefunden hatte, ift ‚deutlich an den, fowohl in 
der Geftalt ald Structur ungleichen Flächen wahrzunehmen. 
Die converen Flächen gleichen vollfommen denen der größern 
Steine; dahingegen Die ungleich graben, von denen einige 
vollfommen articulirten, die filzartige Beichaffenheit wie die 
Steine im Innern hatten und bei Zufammenftellung mehrerer 
Heinen Steine konnte vollfommen die Form der großen ge= 
bildet werden; auch beweiſen die abgefchliffenen Eden, daß 
biefe Zerftüdelung in eine u Beriode als der Tod des 
Thieres fällt. 


— 105 — 


EX. Vorkommen von Geſchwürbilbung im 
Diedarme eines Pferdes, ald Beitrag zur 
patbologifchen Anatomie. 


Bon Spaethe, Thierarzt After Klaffe und Kurſchmied im Königl. 
8. Ulanen-Regiment in Trier. 


Da das Vorkommen von Geſchwuͤrbiſldung im Darmkanale 
der Pferde noch ziemlich zu den ſelten beobachteten Erſchei⸗ 
nungen gehört, fo mag ed wohl nicht ganz unmillfommen 
fein, im Nachftehbenden einen Fall diefer Art mitzuthellen. 

Es war im Winter vorigen Jahres bei Gelegenheit mei⸗ 
nes. Rommanbobienftes in Luremburg, als ich auf ein drei Stun- 
den von uremburg entlegenes Gut, dem General Bertier 
gehörig, zu einem an Kolik leidenden Pferde gerufen wurde. 

Nach rem PVorberichte des Verwalters war erwähntes 
Pferd, fo lange er daſſelbe Fennt, nie franf und troß feiner 
Mägerfeit (ed war ein fehr magered Thier) zählte er das⸗ 
felbe zu feinen beften Arbeitspferden. Erft feit zwei Tagen 
fei es krank, habe zuerft mit Freſſen nachgelaflen und ſich 
fehr traurig gezeigt, bis e8 heute fehr unruhig geworden, fich 
abwechfelnd Hingelegt und wieder aufgeftanden fei und mit 
ven - Füßen viel gefcharrt habe, mas ihm bewogen, meine 
Hülfe in Anfpruch zu nehmen. 

Bei meiner Antunft dafelbft fand ich dieſes Pferd, eine 
Gjährtge Fuchsftute von gemeiner Landrace, ähnlich einem 
Hunde, auf dem Hintern figend. Die nähere Unterfuchung 
ergab einen dünnen, drathförmigen, frequenten Puls (80 in 
der Minute), pochenden Herzfchlag, ein befchleunigtes, ange 
firengtes Athmen mit weit aufgerifienen Rafenlöchern und 
laut hörbarem Röcheln durch Diefelben; die Schleimhäute des 
Maules, der Nafe und die Conjunctiva des Auges, welches 
feßtere im Blicke viel Angft verrieth, blaß gefärbt; die Enden 
der Gliedmaßen, fo wie die Ohren waren fall. Beim Drud 


an die Bauchwandungen, nach denen fich das Pferd häufig 
wufah, aͤußerte es bedeutende Schmerzen, die es durch Aus⸗ 
weichen und lautes Stoͤhnen nid that, bie. Ercretionen wa⸗ 
ren unterdrückt, doch hatte es etwas Miſt entleert. Ein mir 
beſonders auffallendes Symptom war ein ruckweiſe, krampfhaf⸗ 
tes in die Höhefahren des ganzen Vordertheiles, wenn das 
Pferd im Hofe herumgeführt wurde, was fich In Zwiſchen⸗ 
räumen von 2—3 Minuten wiederholte. Nach Ausfage des 
Verwalters ift diefes Symptom vor meiner — nicht 
beobachtet worden. 

Die vorgefundenen Erſcheinungen zeigten mir deutlich 
ein heftiges Leiden in der Bauchhöhle und ich ſtellte darum 
dem Eigenthümer die Brognofe höchſt ungünflig, beſonders, 
da mich das Sigen des Thieres auf dem Hintern und Das 
beim Herumführen frampfhafte in die Höhefahren des gan- 
zen Bordertheiles auf die Vermuthung brachten, es Tönne ir- 
gend ein organifcher Behler, wie Zerreißung eines Darmthei⸗ 
les, Berfchlingung ıc. die Krankheit bedingen, in welcher 
Meinung ich noch mehr beftärft wurde, wenn ich betrachtete, 
daß die gegenwärtigen Krankheitserſcheinungen die der Darm⸗ 
und Bauchfellentzündung waren. 

Eine Behandlung konnte ich nur fehr beſchrankt einlei⸗ 
ten, indem drei Stunden von der Stadt entfernt nicht ſobald 
Arzneimittel herbei zu ſchaffen waren und der Arzneivorrath 
des Verwalters nur in etwas Natrum sulphuricum und Ca⸗ 
millenblumen beſtand, aus welchen ich einen Einguß bereitete 
und Klyſtire von warmem Waſſer und Oel applicirte. Den 
Bauch rieb ich mit Oleum terebinthinae ein, wobei dad Thier 
immer heftige Schmerzen Außerte. 

Richt lange hiernach, eine halbe Stunde ungefähr, fres 
pirte das Pferd unter heftigen Convulfionen. 

Sestion. 

Diefe wurde alfobald vorgenommen und es zeigte ſich 

auf der Oberfläche des Gadavers, außer Duetfihungen und 


— 10 — 


wunben Stellen an verfchlevenen Körpertheilen, alles Folgen 
des Werfens während der Krankheit, nichts Abnormes. Bei 
Seffnung ber’ Bauchhöhle gewahrte man in ihr eine bedeu⸗ 
tende Maſſe fläffiger Darmcontenta, die natürlich auf irgend 
eine Berlegung des Darmkanales hindeutete, welche auch bald 
und zwar am Grimmdarme (Intestiaum colon) ver hintern 
Krümmung deſſelben, da wo diefe im die linfe obere Lage 
übergeht, gefunden wurde. Die nähere Betrachtung biefes 
Darmiheiles ergab nämlich ein Gefchwür, das die Darmhäute 
durchbohrt und ein Loch in der Größe eines Eilbergrofchens 
gebilvet hatte; drei bis vier Zoll in der nächften Umgebung 
deffelben zeigten fich die Darmhäute verdickt und eine fulzige, 
gefhwürige Maſſe bildend. Reben biefen fand ich, befonders 
im Dünndarnte, eine bedeutende Anzahl von Spulmürmern 
(Ascaris megalocephale). 

Das Bauchfell zeigte faſt in feinem ganzen Verlauf, Im 
Folge der ergoffenen Darmeontenta, die Erfcheinungen einer 
dageweſenen Peritonitis. 

An den übrigen Organen, fowohl der Bauch- als Bruſt⸗ 
hoͤhle, konnte ich Feine krankhaften Veränderungen wahr⸗ 
nehmen. 

Aus den vorgefundenen Sectionserſcheinungen geht her⸗ 
vor, daß der Tod des Thieres durch das gefundene Darm⸗ 
geſchwur mittelbar bedingt iſt, indem durch die entſtandene 
Oeffnung der Darminhalt ausfloß und in der Bauchhoͤhle als 
frembartiger Körper Bauchfellentzündung a die 
den Top unmittelbar. nach fich 309. 
| Die beftimmte Urfache zur Entftehung dieſes Geſchwuͤrs 
weiß ich nicht anzugeben; doch glaube ich, daß eine örtliche 
Reizung durch irgend einen fremden Körper hier ftattfand, zu⸗ 
mal da nur ein Gefchwür zu finden war. 





— 18 — 


x. Sarnverbaltung, veranlaft Durch ange: 
fammelte® Sauttalg in der Eichel bei 
Einbufern. 


Bon Demfelben. 


Oogleich es wohl jedem Thierarzte bekannt ſein mag, daß 
das in der Grube der Eichel bei Einhufern befindliche Haut⸗ 
talg ſich zuweilen in ſolchen Maflen anfammeln Tann, daß 
dadurch Berftopfung der Harnröhre und nun Harnverhaltung 
entfteht, fo möge ed doch nicht ganz überflüffig fein, in Fol⸗ 
gendem einige Fälle der Art zur fefteren Begründung anzu⸗ 
führen. 

Am 29. Auguft d. J., beim Remonte - Kommando des 
Königl. Sten Manen- Regiments, wurde ich Abends durch ei- 
nen Ulanen zu einem jungen Pferde gerufen, weil es fehr 
unruhig fei und nicht frefien wolle. Bei meiner Anfunft da⸗ 
ſelbſt fand ic) das Thier auch, wie gefagt, fehr unruhig, mit 
den-Füßen fcharrend, hin und ber trippelnd und ſich abwech⸗ 
felnd legend. Die nähere Unterfuchung zeigte ein geringes 
Fieber (45 Pulfe in der Minute), Herzfchlag nicht Fühlbar, 
etwas befchleunigtes Athmen, die Schleimhaut des Maules 
troden, der Blick des Auges Angft verrathend. Indem ich 
das Uebel für eine gewöhnliche Kolik hielt, verorbnete ich 
einfach Das in derartigen Fällen von mir ſtets gebrauchte 
Natrum sulphuricum in Kamillen⸗-Infuſum als Einguß, ließ 
zur Aber und applieirte Klyſtire aus Seifenwafler; doch 
ohne Erfolg, fo daß nach ungefähr einer Stunde, wo fonft 
berartige Kolifen immer gehoben waren, der Zuftand bei 
dieſem Pferde nicht bloß noch befand, fondern fich verſchlim⸗ 
mert hatte. Während meiner Abweſenheit (ich hatte mich 
auf einige Zeit entfernt) bemerkte der das Pferd beforgenbe 
lan, ‘daß es öfter ausfchachte, ohne doch uriniren zu koͤn⸗ 


— 100 — 


nen, was er mir bei meiner Ruͤckkunft meſdete, und dabei 
noch fagte, Daß es tüchtig gemiftet habe. 

Sch unterfuchte in Folge dieſes den Schlauch und fand 
in bemfelben bedeutend viel Schmug (Hauttalg), in der Grube 
der Eichel felbft aber, in Form großer Bohnen, zufammenge- 
balltes Hauttalg, welches den Ausgang der Harmröhre gänz- 
lich verfchloß und hierdurch die Hamverhaltung und Kolike 
fomptome veranlaßte. Nach Wegichaffung diefes Hinderniffes 
trat alfobald Uriniren und Befferung des allgemeinen Zuftan« 
des ein. 

Eben diefes beobachtete ich noch bei zwei andern Pfer⸗ 
den, von denen das eine ebenfalls Kolikſymptome zeigte, das 
andere aber noch gefund war und durch ein nur im bütt- 
nen Strahl, zuletzt aber tropfenwels erfolgendes Ausfließen 
des Urins, aufmerffam machte. 

Bei letztern Pferde war das angefammelte Hauttalg noch 
nicht in fo hinreichender Menge vorhanden, um gänzliche Vers 
ftopfung bewirfen zu können. 

Sp unbedeutend diefe Fälle auch fcheinen, fo geht Doch 
baraus hervor, bei Behandlung von Kolifen die Unterfuchung 
des Schlauches nicht unberüdfichtigt zu laſſen. 


’ 


KI Beachtenswerthe Labmbeit bei einem 
Pferde. 


Von Flothmann, Thierarzt J. Klaſſe und Kurſchmidt im Köntal. 
Sten Wanen » Regimente in Trier. 


Da ven. fehriftlichen Mitiheilungen die einzige Tendenz zum 
Grunde liegt, wichtige. und beachtenswerthe ‚Beobachtungen 
und Erfahrungen aus dem praftifchen Leben unſern fernen 
Collegen mitzutheilen, damit fie das für fie Brauchbare her 


— 10 — 


ausziehen und fich aneignen mögen, veranlaßt mich, folgende 
Kranfheitögefchichte zu veröffentlichen. 

Obwohl e8 auf den erften Anblick nicht der Mühe loh— 
nend erſcheinen möchte,- eine einfache Lahmheit in einer Zeit⸗ 
fehrift zu befprechen, fo halte ich dieſes dennoch nicht 
überflüffig, wenn ich bevenfe, wie lüdenhaft unfer Wiffen über 
die Lahmheiten noch tft, und wie vielen Lichtes es noch bes 
darf, ehe wir in Diefer Branche der Thierheilfunde das Ziel 
erreicht haben, welches zu erreichen wünfchenswerth wäre. 

Da wir dieſes aber um fo gründlicher und fchneller er 
zielen, je mehr ein Jeder fich bemüht, das ihm wichtig Scheis 
nende feinen Collegen mitzutheilen, fo möchte auch ich hierzu 
mein Scherflein beitragen, von welchem Geſichtspunkte aus 
ih nur allein folgende Kranfheitögefchichte beurtheilt zu has 
ben wünfchte. 

Am 27. September v. 3. wurde ich durch den Herrn 
Lieutenant v. B. im biefigen Sten Ulfanen» Regiment erſucht, 
ein Pferd, welches er eben noch geritten, wegen einer plötz⸗ 
lich eingetretenen ftarfen Lahmheit zu unterfuchen. 

Aus der Anamnefe erfuhr ich in ätiologifcher Beziehung, 
daß das Pferd, nachdem er ed auf der ganz ebnen Chauflee 
von hier nad) Rouver circa eine halbe Stunde im fchnellen 
Zrabe geritten, plöglich den linken Vorderfuß merklich ge- 
fehont habe. Einen Stein am Hufe ahnen, fei er gleich ab⸗ 
geftiegen, um denfelben heraus zu nehmen, habe aber weder 
einen foldyen, noch eine andere Urſache des Lahmgehens fin- 
den fönnen, worauf er das Pferd einem vorüber gehenden 
Bauer zum Nachhaufeführen übergab. _ 

Ich fand daſſelbe, eine 10 Jahr alte Stute, englifches 
Halbblut, Reitpferd, mit vorgeftelltem linken Vorderfuße und 
fo, daß. alle Gelenfe dieſer Gliedmaße ſich in einem halb ge« 
beugten Zuftande befanden, im Stalle vor. 

Bein Herausführen, welches mit merklichem Schonen 

bes linken Vorderfußes verbunden: war, wurbe derſelbe nicht 


— 11 — 


fo weit vorgefegt, wie der geſunde, ferner unvollkommen ge 
firedt und gehoben, fo daß die Trachten des Hufes kaum 
den Boden berührten und das Thier, ohne mit diefem Fuße 
aufzuftoßen, nicht über eine 4 Zoll hohe Thuͤrſchwelle fchrei- 
ten fonnte; zum Rüdwärtötreten‘ war e8 nur ſchwer zu be- 
wegen und es wurde ber betreffende Fuß dabei etwas ge- 
fchleppt. 

Eine glei) darauf vorgenommene genaue Befichtigung 
des Hufes, nachdem derfelbe vom Schmuge gereinigt und et- 
was ausgewirkt war, fo wie eine Unterfuchung mit der Vi⸗ 
fitirzange, ergaben nichts Erhebliches. 

Dbwohl das Pferd, wenn man die Trachten des Hufes 
mit der Zange umfaßte und dort ſtark drüdte, etwas zuckte, 
fo ftand diefe Schmerzensäußerung doch mit der fich zeigen» 
den Lahmbeit durchaus in feinem Berhäftnifie. 

As ich hierauf durch ein Befühlen und Drüden der 
Sehnen und Muskeln bis zur Schulter hinauf mit meiner 
Unterfuchung fortfuhr, zeigte fich nirgends eine erhöhte Wärme, 
Anfchwellungen oder Schmerzensäußerungen. — Alle Gelenke 
des Fußes waren frei beweglich und es manifeftirte fich bei 
dem Bor- und Rüdwärtsbiegen verfelben nirgends Schmerz; 
die große Schienbeinarterie pulfirte jedoch deutlich fühlbar. 

Daß mich in diefem Kalle die Diagnofe, wegen Man⸗ 
gel aller pofitiven Merkmale über den Sitz der Lahmheit, in 
nicht geringe Verlegenheit fehte, muß ich offen befennen. 
| ine nochmals vorgenommene, ganz fpecielle Unterfudyung 
der affieisten Gliedmaße, vom Hufe bis zur Schulter hinauf, 
lieferte in fo fern ein glüdlicheres NRefultat, als das Pferd 
nach einem Drude an dem mittleren Zwifchenfnochenmugfel 
(Musculus interosseus medius) ein wenig zuckte, welches 
aber fo gering war, daß ich hiervon die fo merfliche Lahm⸗ 
heit allein nicht ableiten Tonnte, 

Jedoch aufmerffam gemacht hierdurch, ſetzte ich meine 
Unterfuhhung an diefem Musfel oder, befier, an dieſer Sehne 


— 112 — 


genauer fort, ließ den Buß im Vorderfußwurzel⸗ und Feſſel⸗ 
gekenk ftarf biegen, um biefelbe fo weit zu erichlaffen, daß fie 
einem Drude zugänglich wurde, was namentlih an dem obe- 
en Theile diefer Sehne, wo fie zwifchen den dickern Theilen 
ver Oriffelbeine liegt, nur hierdurch zu bewirken ift. 

Als ich dann hier, an dem obern Drittheile diefer Sehne, 
einen Drud anbrachte, äußerte das Pferd die heftigften Schmer- 
zen, indem es den Fuß hoch aufhob und fich mit dem ganzen 
Körper auf die entgegengefeßte Seite neigte. 

Sept nicht mehr im Zweifel über den Sig dieſer Lahm⸗ 
heit, zeigte ich dieſen Patienten meinen hier anweſenden Col⸗ 
fegen, welche, nachdem fie fi) von dem Sige der Lahmheit 
überzeugt hatten, mit mir übereinflimmender Meinung waren, 
daß durch das Auftreten auf eine ſchiefe Fläche, vielleicht mit 
der Zehe auf einen Stein, fo daß diefe nur allein einen 
Stügpunft fand und die Trachten fich tief neigen mußten, 
diefe Sehne zu fehr in Anfpruch genommen wurde, welches 
eine Zerrung oder zu flarke Ausdehnung derjelben zur Folge 
hatte. 

Obwohl num eben bejchriebene Lahmheit weder etwas 
Neues noch Merkwürdiges darbietet, fo dürfte Diefelbe doch 
in fo fern beachtenswerth fein, als fie auf den Sig einer 
Lahmheit aufmerffam macht, welche, wenn fie auch nicht zu 
den fo hoͤchſt felten vorfommenven gehört, denn ich hatte nad) 
diefem noch vier Mal Gelegenheit, diefelbe zu beobachten, doch 
wegen ihres verftedten Sites wohl überfehen und für eine 
andere gehalten werden Fönnte. — Sch felbft Fam im vorlies 
genden alle, nachdem ich den affleirten Fuß zweimal ganz 
fpeeiel unterfucht hatte, ohne über den Sitz ver Lahmheit mit 
mir einig zu fein, ſchon auf den Gedanken, aus dieſem nega⸗ 
tiven Befunde und aus dem theilmeifen Zugegenfein der bie 
chronifche Sußrollenentzündung charakterifirenden Symptome, 
diefe Krankheit vor mir zu haben; befonders da dieſes Pferd, 
ein englifches Halbblut mit trockner Safer, fchmale und Heine 

| Hu- 


— 113 — 


Hufe mit ſtark zufammengezogenen Trachten hat, Momente, 
welche zu biefer Krankheit vorzugsweiſe disponiren follen. 

Da jedody die chroniſche Bußrollenentzändung von mei 
men Collegen hierfelbft fo wenig wie von mir bis jeßt be 
obachtet wurde, obgleich wir ihretwegen ſtets die größte Auf. 
merffamfeit auf die unferer Obhut anvertrauten circa 600 
Königlichen Dienftpferde biefigen Regiments, nicht gerechnet 
die Pferde der Herren Offiziere, Ienkten, und fehr viele der⸗ 
felben an bem zu diefer Krankheit disponirenden Zwanghuf 
leiden, die meiften Offizierpferde auch mit Eifen ohne Stol⸗ 
Ien befehlagen werben und .legtere alle Racepferve, größten- 
theils .englifches Halbblut find, ferner alle Pferde ven veran⸗ 
laſſenden Urfachen fehr häufig ausgeſetzt find, indem ploͤtzliche 
Paraden aus geftredtem Trabe oder Galopp bei jenem Erer⸗ 
ziren vorfommen, das Terrain dazu auch ein fehr unebenes, 
hartes und theilweife fogar fteiniges if, trotz allen dieſen praͤ⸗ 
disponirenden und oecaftonellen Urfachen diefer Krankheit ſa⸗ 
hen wir biefelbe, wie fchon erwähnt, bei feinem Pferde, wes⸗ 
halb ich mich ‚nicht fogleich zu derſelben verfiehen konnte und 
daher meine Unterfuchwig aufs genauefte fortfegte, was mir 
dann auch durch das Auffinden des wahren Sitzes biefer 
Lahmheit hinlänglich gelohnt wurde. 

In Betreff der Behandlung diefer Lahmheit möchte ich 
furz erwähnen, daß ich mich hier der ſeit zwei Jahren von 
mir gegen Sehnenentzündungen überhaupt, fie mögen von 
mechanifchen oder rheumatifchen Urfachen herrühren, mit dem 
glüdlichften Erfolge in Gebrauch gezogenen ſcharfen Salbe 
bediente und zwar folgender, ganz einfacher Compofition: 

- Rec. Pulv. Cantharid, 3|j. 
Picis Kquidae 
quant, suffcit ad Unguent. 

Rachvem ich von biefer Salbe während 8 Stunden, vier 

Mal wiederholt, eine Linie dick auſgeſrichem — ich Er eine 
Mas: fa Thiexheilt. xun. 


— 1141 — 


gleichmäßige und intenflve Wirkung und nach 8—1@ Tagen 
gänzliche Hebung, felbft der ftärfftien Lahmheiten, erfolgen. 

Auch im vorliegenden Falle war, zur größten Freude des 
Eigenthümers, nachdem ich diefe Salbe, wie oben: angegeben, 
gleich applicirt hatte, nach 8 Tagen die Lahmheit fo weit 
verfchwunden, ‚Daß er das Pferd wieder zum Epazierenreiten 
benuben konnte. 

In zwei andern Hüllen dieſer Lahmheit ließ ich, den all⸗ 
gemeinen therapeutiſchen Grundſaͤhen folgend, kalte Umſchläge 
von Bleiwaſſer waͤhrend 4 Tagen nachdrücklich anwenden, 
ohne daß ſich aber darnach das Uebel auch nur im Gering⸗ 
ſten vermindert haͤtte, und ich mich genöthigt fah, zur oben 
genannten fcharfen Salbe meine Zuflucht zu nehmen, weiche 
dann auch den vr Erfolg hatte. 





SI: Mittbeilung über Dagenjerreifiungen 
bei Pferden. 


Bom Tierarzt L. Schmolke in Berlin. 





Setter Karl 


In Monat Juni 1842 wurde ich zur 14tägigen Kouhwehr- 
Uebung des. hiefigen 2Qften Landwehr - Kavallerie» Regiments 
kommandirt, um ben eingeftellten Pferden. bie etwa nothwen⸗ 
big werdende thieraͤrztliche Hulfe angedeihen zu laflen. 

Am Sonntag früh, den-3. Juni d. J., wurden die zur 
Uebung beftimmten.-Pferde von den beixeffenden Landwehr⸗ 
maͤnnern übernommen: und Nachmittags ein kurzer Nil, au⸗ 
Berhalb ‚des Koͤnigsthors, gemacht, um die Mferde an das 
Gehen in Escadrons⸗Zuͤgen ꝛc. zu gewöhnen. Rachdem die⸗ 


— 115 — 


ſes gefchehen, wurden die Pferde in die Ställe gebracht, bie 
nöthige Stallwacht beftimmt, das Füttern zur gewiſſen Stunde 
fo wie das Ausruͤcken am andern Morgen angeorbnet. 

Montag, den 4, Juni früh um 6 Uhr, waren 2 Eaca- 
drons des erwähnten Regiments (die 3te kam aus Treuen⸗ 
briegen zumarfchirt) auf dem Hiefigen Schüßenplag aufmar⸗ 
ſchirt. Bei meinem Hinzufommen wurbe mir der Rapport 
gemacht, daß ſaͤmmiliche Pferde bis auf eine mir näher bes 
zeichnete, gut gefreffen haben, Ietteres aber habe am Morgen 
nicht gefreſſen. Da eben abmarfchirt werben follte, blieb mir 
nicht fo viel Zeit übrig, daſſelbe an Ort und Stelle unter⸗ 
fuchen zu können. 

Es wurde, nachdem der Exercierplatz vor dem Haliſchen 
Thore erreicht war, mehrere Stunden im flarfen Trabe und 
abwechſelnd im Schritt geritten. Um 11 Uhr erft machte 
der Reiter des ſchon erwähnten Pferdes, welches fein: Mor⸗ 
genfutter nicht gefrefien hatte, Die Anzeige, daß fein Pferd 
dergeftalt ermattet, daß es ihm unmöglich fei, daſſelbe mit 
der Escadron noch weiter fort zu bewegen. - 

Meine Unterfuchung konnte in demfelben Augenblick kein 
feſtſtehendes Reſultat liefern, weil das Pferd: zu fehr ange⸗ 
griffen und deßhalb Über den ganzen Koͤrper naß von Schweiß 
war; jeboch fchloß ich aus dem mwellenförmigen Schlagen mit 
den Slanfen und dem nicht fühlbaren Bulfe, daß eine Bauch⸗ 
waflerfucht oder innerliche Verblutung zugegen fe. Das 
Pferd wuürde ſogleich, weil an dem Tage eine rauhe, Talte 
Witterung, mit Regenfchauern verbunden, war, nad) Schöne- 
berg gefchickt, woſelbſt unfer Kantonirungsquartier war. 

Nach Verlauf von etwa einer Stunde begab ich mich. 
ebenfalls dorthin, um das Pferd jetzt, nach genoflener Erho⸗ 
lung, ganz genau unterfuchen zu fönnen; fand aber, wie es 
en im Begriff war, ſich ganz behutfam auf fein Streulager 
zu legen, und 10 Minuten darauf fchon, ohne alles oe 
ober Eramfhafte Erfcheimungen, ſtarb. J 

8 


%s 


— 116 — 


Bei der an vemfelben Tage Nachmittags gemachten Ob- 
duction fanden fich beim Oeffnen ber Bauchhöhle 4 — 6 Eir 
mer voll dunfelbrauner Flüfigfeit, mit Futterſtoffen vermengt, 
vor. Der Darmkanal -felbft war ‚in. normaler Lage und an 
der äußeren untern Kläche ber feröfen Haut des Blind -.und 
Grimmdarms fanden fich ‚mehrere emtzündete Stellen vor, 
welche Entzündung bereit den Ausgang in Ausſchwitzung 
gemacht hatte, wie fich dies durch zum Theil plaftifche Aus⸗ 
fchwigung nadhweifen ließ. Im Magen, welcher ebenfalle 
bei normaler Lage vorgefunden wurde, befand fih ein Riß 
Durch fänmtliche 3 Magenhaͤute von 3 Zoll Länge, an der 
linfen Seite der großen Krümmung; die Wundränder bes 
Riffes waren bedeutend aufgefchwollen und bildeten eine dicke 
Wulf. Der Inhalt des Magens. befkand aus .einer Verben 
Buttermaffe, meiſtentheils aus aufgequollenen Haherlörnem 
mit etwas Blut, aus der Wunde, vermiſcht. 

.Die noch übrigen Baucheingeweide, namentlich bie Ber 
ber, Milz, Bauchſpeicheldrüſe, Sefchlechta- und Haruwerk⸗ 
jeuge, waren von ganz gefunder Beichaffenheit. Das Baur 
fell aber befand fich burchgängig, an, der untern Fläche der 
Bauchdeden, in. einem entzünbeten Zuftande, und. hatte auch 
dieſe Entzündung bereits überall. den Ausgang in Ausſchwiz⸗ 
gung gemacht, was ſich ebenfalls wieber durch das vorgefun— 
dene plaſtiſche Exrſudat nachweiſen ließ. 

Das Herz und die Lunge wurden, nach dem Definen 
der Brufihöhle, von ganz gefunder und normaler DIR 
beit vorgefunden, 

Ich war ber Anficht, das. das Pferd in der Rat von 
„8: zum 4. Juni vieleicht viel Hafer gefreſſen, ſich darauf mit 
dem vollen Magen, jedenfalls in Folge von. Koljkſchmerzen, 
Hark nievergeworfen und ben. Magen dabei, wenigſtens zum 
größeren Theil, zerriſſen. Nachweiſen läßt ſich Piefer Vor⸗ 
gang nicht, weil bei den -Wehrmännern viel zu wenig mili⸗ 
tairiſche Diseiplin herrfcht, um über ihr Pferd Rechenichaft 


— 117 — 


zu geben. Außerdem war das Thier auch in ber Nacht er⸗ 
krankt und die Stallwacht hat wahrfcheinlih ganz feft ges 
fehlafen oder it gar nicht in den Stall gelommen. 

: Der Magenriß dürfte fomit als primäres Leiden zu bes 
trachten fein, und die beſtandene Bauchfellentzundumg if, 
durch die Reizung, welche durch den Ausflug der Magens 
flüffigkeit entftanden ift, hervorgerufen worden, Daher als fer 
cundaͤres Leiden zu betrachten. 

Die in der Bauchhöhle vorgefundene große Menge Fluͤſ⸗ 
figfeit war. aller Wahrſcheinlichkeit nach fchon ein Predukt der 
beftandenen Entzündung im Bauchfel. Aus biefem Thatbes 
Rande würde fih dann folgern lafien: daß der Magenriß 
durch fänmtliche drei Häute fchon einige Zeit vor dem gaͤnz⸗ 
lichen Ermatten des Pferdes entflanden if. 


Zweiter Fall. 


. Am 9, Februar v. J. machte der Infpeftor G. welcher 
zur Zeit beim Gutsbeſitzer U. in 2. bei Berlin in Condition 
war, eine Reife mit zwei Nderpferden nad) Werneuchen, wo⸗ 
felbft die Thiere in einen Stall gebracht, warn zugebedt und 
wit ihrem gewöhnlichen, aus Roggen und Hädfel beftehenden 
Futter gefüttert wurden. Nachdem der Snfpeltor ©. feine 
Geſchaͤfte dafelbft beendet, und die Pferde, nach der Angabe, 
tüchtig gefrefien, beftellte er beim Kutfcher das Anfpannen. 
Beim Hinzubommen des Kutſchers in den Stall fand er 
jedoch, daß fich Das eine: ver beiden Pferde niedergeworfen 
and gewäht hatte; auch Hatte man Das Dadurch verurfachte 
Poltern im Haufe neben dem Stall ‚gehört. Nach der dem 
Dmipefter hiervon gemachten Mittheilung hielt letzterer das 
Werfen des. Pferdes für kein Zeichen irgend einer Krankheit, 
weil er öfter fchon. bemerkt, daß fich daſſelbe Pferd nad) der 
Apfütterung gewaͤlzt hatte, befahl nochmals das fchleunige 


— 1189 — 


Anſpannen, um den Rüdweg nach L. circa 3 Meile, anzu⸗ 
treten. 

Als die Dferde wor den Wagen gefpannt waren, bes 
merkte jedoch der Inſpektor Keim Aufſteigen auf denſelben, 
daß das in Rede ſtehende Pferd nicht jo munter ausſah, auch 
mit einem Vorderfuß auf dem Erbboben ſcharrte. Dieſe Zei- 
chen hielt er jest für Heußerung gelinder Kolikichmerzen in 
Folge zu vielen Freſſens, glaubte, daß fich diefe Schmerzen, 
wenn ſich das Pferd durch Laufen und Ziehen erwärmt habe, 
wieder legen würben, und fuhr deshalb fort. 

Auf der Tour zwifchen Werneuchen und Weißenfee bei 
Berlin war Patient auch, nach der Angabe des Inſpektors 
und des Kutichers ziemlich willig und kraͤftig gelaufen, und 
bier beim Entrichten des Chauſſeegeldes, hatte er auch nach 
geſtallt. Von bier an wurden aber die Bewegungen bes 
Pferdes immer FTraftlofer und Eonnte nur im langiamen 
Schritte durch Berlin bis in die Gegend der neuen Welt 
wor dem Frankfurter Thore ‚gebracht werben. Rach der An- 
gabe des Infpeltors hatte diefer deshalb den weitern Weg durch 
Berlin gewählt, um bier einen Thierarzt zu erlangen; ba 
das Pferd aber in Berlin ſtch munterer gezeigt, war er durch⸗ 
gefahren. Jede Bemühung jedoch, Patienten von hier weiter 
zu bringen, hatte der Inſpektor vergebens verfucht, und des⸗ 
halb eben den Entichluß gefaßt, einen Thierarzt herbei zu 
holen. | 
Auf die an mich Durdy den Sufpeltor ergangene Bitte, 
das Thier dort zu unterfuchen und demfelben bie etwa noch 
mögliche Hülfe zu leiften, begab ich mich fogleich, Abende 
zwiſchen 9 und 10 Uhr an Ort und Stelle, fand es unter 
freiem Himmel der fehr Falten Witterung ausgeſetzt und am 
genzen Körper mit Faltem Schweiß bevedt. Der Buls war 
nicht, Das Herz Dagegen an beiden Selten pochend fühlber, 
das Athmen langſam, ſtark ſtoͤhnend und innerliche Schmer⸗ 


— — 


zen verraihend, der Stand des Thieres mit geſpreizten Fuͤßen 
und immer mehr und mehr rückwärts taumelnd. 

Diefe Symptome überzeugien mich ſchon, fo viel es in 
ber Dumfelheit möglich war; daß im Innern des Pferdes ei» 
was zerrifien fein mußte Die forgfältigften Bemühungen, 
das Thier, um es der fehr Falten Witterung zu entziehen, ie 
einen Stall zu. ſchaffen, mußten ohne Erfolg bleiben, weil fich 
Batient in den naͤchſten Minuten langſam Menelicgle und 
far; Darauf verendete. 

Da der Eigenihümer, nach reiner demielben hiervon ger 
machten Mitheilung, bereshtigt zu ‚fein glaubte, feinen In⸗ 
fpeftor gerichtlich zum Erfab.. des Pferdes zu beanfpruchen, 
forderte er mich auf, die Obduction am felgenden Tage zu 
machen und über ben derfelben ein. Sagen aus⸗ 
zuftellen. 

Es wurde deshalb am 10. Februar v. J. Nachmittags 
die Obduction auf der hieſigen Abdeckerei, da das Cadaver 
ſchon dorthin geſchafft worden, vorgenommen. 

Beim Oeffnen der Bauchhöhle fand ſich ebenfalls gegen 
ein Eimer. vol, mit fehr vielem Futterſtoffe vermifcht, miſt⸗ 
jaucheähnlicher Zlüffigfeit vor. Sämmtliche Eingeweide der 
Bauchhöhle, bis auf den Magen, waren von ganz gejunder 
Beichaffenheit und normaler Lage. Der Magen aber wurde 
erft, nachdem eine ſehr große Futtermaſſe, meiſtentheils aus 
Roggen, mit nur wenig Haͤckſel vermengt, beſtehend, aus der 
Bauchhoͤhle entfernt worden, ganz leer und zuſammengezogen 
vorgefunden. An der großen Krümmung deſſelben befand 
ſich ein Riß von 10 Joll Länge, ebenfalls durch alle drei 
Häute, dur welchen: Die ganze Futtermaſſe paſſirt war. Die 
Wundränder waren bedeutend aufgefhwollen und ebenfallg 
eine dicke Wulft bildend, was wiederum für eine im Leben 
ſchon beftanbene Entzündung ſprach. Die Häute an den 
Wundraͤndern mehr geröthet und mit ergofjenem Blute be⸗ 
dedt. 


— 19 — 


In meinem Gutachten ſprach ich mich darüber aus: daß 
der Riß im Magen jedenfalls zum größeren Theil durch die 
feröfe und Mustelhaut während des Iepten Werfens in 
Werneuchen entftanden, die vollftändige Zerreißung der Schleim« 
haut aber auf dem Wege, während des fchnellen Laufens, er⸗ 
folgt ift. 

Es ſcheint fomit aus beiden mitgetheilten Yällen doch 
hervorzugehen, daß dieſe Thiere noch einige Zeit, nachdem 
auch die volftändige Zerreißung durch fämmtliche drei Did 
genhäute erfolgt war, im Stande waren, wenige Stunden 
hindurch ihren Dienft zu verrichten, wenn auch allerdings 
mit dem ganzen Kraͤfteaufwande. 

Die Annahme von fo vielen Thierärzten, daß nach ers 
folgter Magenzerreißung ein Pferd zu jenem Weitermarfch fos 
fort nicht mehr zu bewegen wäre, vielmehr in fehr wenigen 
Stunden zu Grunde gehen muß, fcheint hiermit: widerlegt 
au fein. 

Zu bemerfen babe ich noch, daß das im erften Fall auf- 
geführte Pferd eine 24jährige Stute, und das im zweiten 
Falle eine Löjährige Stute war. 





XII. Literariſche Anzeige. 


Ueber einige Seuchenkrankheiten der Hausthiere 
in Sibirien und im, ſüdlichen europgiſchen 
Rußland, namentlid) über die (auch bei Menfchen 
vorkommende) fibirifche Beulenfeuche, die Rinderpeft 
und das bösartige Fieber. Bon Wilhelm Haupt, 
Ober» Thierarzte in Mosfau und einiger -gelehrten 
Geſellſchaften Mitglieve. Mit einem Borworte von 

' Dr. € F. Surlt, Profefior u. ſ. w. Berlin, 1845. 
Berlag von U. Hirſchwald. (X u. 417 S.) Preis 
13 Thlr. 


— 1231 — 


Das im vorfichenven Titel bezeichnete Werk enthält weit 
mehr, als der Lettere verfpricht. Denn ed handelt nicht als 
fein über die genannten, dem Thierarzte, dem Menſchenarzte 
und dem Ganitäts-Beamten gleichmäßig interefianten eigen⸗ 
thumlichen Seuchenfranfbeiten eines Landes, von bem wir in 
diefer Hinficht nur fehr wenig wiflen, fonbern es giebt auch 
eine recht vollſtaͤndige veterinaͤr⸗mediziniſche Geographie und 
felbft. zum Theil eine ſolche Topographie von Sibirien und 
ben Katherinoslawſchen Gouvernement.. bes füdlichen Ruß⸗ 
lands, nach eigener Beobachtung und Erfahrung des Verfaſ⸗ 
fers. Diefer war: nämlich: (laut Vorrede) im Jahre 1808: 
aus Sachſen in Kaiſerlich Ruſſiſche Dienfte berufen, 1910 
nad) St. Petersburg gefommen, und’ im Juli deffelben Juh⸗ 
res als Gouvernements-Thierarzt nach Irkutsk Cim öftli- 
Ken Sibirien) gefendet worden. Nach 7 Jahren geftattete 
man ihm die Berfetung nad Tobolsk Cim weſtlichen Si⸗ 
birien), und nad 6 Sahren von hier nad Katherinoss 
law, wo er im Range eines: Ober» Thierarztes, übrigens in 
gleicher Gigenfchaft, wie in Sibirien abermals 6 Jahre fun⸗ 
girte, bis ihn feine, durch vieles Reifen zersüttete Gefundheit 
nöthigte, dem Krondienſte zu entfagen. Sein Dienft hatte 
hauptfächlich die Tilgung der nicht felten vorfommenden Vieh, 
feuchen zum ®egenftande, und der Berfafler mußte deshalb 
wicht nur einen großen Theil des bewohnten Sibiriend, ſon⸗ 
dern auch des füblichen Rußlands, einige Male bereifen. 
Hiernach hat derſelbe Gelegenheit gehabt, überall in. den ge⸗ 
hannten Ländern des Ruſſiſchen Reichs Alles, was bafelbft 
in Hinficht auf Viehſeuchen, namentlich deren Ontftehung und 
Verbreitung, von Intereſſe tft, felbft zu fehen und amtlich zu 
unterfuchen. In dem vorliegenden Werfe theilt er nun bie 
Ergebniffe feiner Beobachtungen und Erfahrungen in voll 
ſtaͤndigen Abhandlungen mit. Nach Durchleſung derſelben 
und nachdem ich einen Theil der genannten Gegenden (das 
ganze fübliche Rußland) nebft den dortigen, auf die Viehſeu⸗ 


— 193 — 


hen bezüglichen Berhältniffen felbft kennen gelernt habe, kann 
ich. nicht umhin, dem Verfaſſer alle Lob dafür gu zollen. 
Denn wer nur einigermaßen eine Borftellung davon bat, mit 
welchen Befchwerden das Reifen in jenen Rändern, bei ber 
großen Ausdehmung, bei dem eigenthämlichen Clima, bei dem 
ſchlechten Wegen u. ſ. w. verbunden tft, — welche Hinder⸗ 
niſſe bei thieroͤrztlichen Unterſuchungen und Anorxdnungen dort 
zu überwinden ſind, ber wird es zu ſchaͤtzen wiſſen: wenn 
Jemand noch den Sinn und bie Luft zu wiſſenſchaftlichen Be⸗ 
obachtungen ſich bewahrt hat. Herr Haupt hat dies in ſei⸗ 
ner: Schrift dargethan, und außerdem zeigt biefelbe nicht al⸗ 
lein eine tüchtige thierärztliche, fonbern auch eine RR 
wifienfchaftliche Bildung. 

Das Buch enthält in vier: Abthellungen 1) Geogta 
phiſche und topographiſche Bemerkungen über Sibirien und 
das katherinoslawſche Gouvernement, beſonders in Beziehung 
auf die. größern Hausthiere. — 2) Die Beulenſeuche oder 
fibirtiche Peft der Pferde. — 3) Die Rinderpeſt in Sibirien; 
und — 4) Das bösartige Fieber (Rinderpeſt?) im füblichen 
europäithen Rußland. 

Die erſte Abtheilung ift auf 141 Seiten ſehr vollſtaͤndig 
und gewährt in Hinſicht auf die, durch Clima, Beſchaffenheit 
bes Bodens, Gewäfler, Vegetation, Zoologie, Landwirthſchaft, 
Viehzucht, Handel, befonders Viehhandel u. f. w. eigenthuͤm⸗ 
lichen biologiſchen Verhältniffe der Be Hausthiere eine 
recht: gute, Ueberſicht. 

Die zweite Abtheilung giebt auf 85 Seiten über bie, bei 
Ihieren (vorzugsmweife Pferden) und Menſchen in Sibirien 
allgemeine und faßt einzige endemifch-epidemifche Krankheit, 
die Beulenfeuche, nach einer Einleitung: 1) die ‚bei ben 
Schriftfiellern gebräuchlichen Namen und die Literatur ber 
Krankheit; 2) eine Gefchichte derfelben; 3) zeigt Verf. wo und 
mann fie vorkommt; 4) wer davon leidet; 5) Gang und 
Berlauf der Krankheit, Zufälle und Sectionsbefund; 6) Gang 


und Characier der Seuche: 7) einige Bemerfungen über bie 
Krankheit bei Menfchen;. 8) Urfachen und Weſen der Beu⸗ 
lenſeuche; 9) Borbeugung; 10) Heilung und 11) Refultate. 

. Bon den lebtern bemerfen wir in Kürze: L) daß ber 
Berfafler die Beulenfeuche als wahricheinlich zu den Anthrar⸗ 
raufheiten gehörend betrachtet, aber fie “für. eine befonvere 
Art derfelden hält. 2-4) Daß fie dem. fünlichen Sibirien 
etgenthümlich iſt, fich .aber auch über andere Provinzen bes 
Ruffifchen. Reichs verbreitet, jedoch auch da, mo fie endemiſch 
if, ſehr ungleich erfcheint und nur in. ber wärmften Zeit des 
Sahres unter dem Einfluß einer .befonderen Witterung vor⸗ 
fommt. 5) Die Gelegenheitsurfachen. und dad Weſen der 
Krankheit find unbefannt. 6) Die. Ortslage fcheint weniger 
beizutragen als Witterungsverhältnifie. 7) Nahrungsmittel 
und Trinkwaſſer und die Lebensweiſe der Thiere haben feinen 
anerkannten Einfluß auf die Entftehung des Uebels. &) Sie 
befällt vorzugoweiſe Menfchen und Pferde, aber nicht ſtets 
beide zugleich und ganz unabhängig in der Zahl und Boͤs⸗ 
artigfeit der ‚bei beiden erkrankten Individuen. 9) Sie ent« 
widelt: weder bei Menſchen noch bei Pferden ein Miasoma 
oder ein Gontagium, und kranke fowohl als todte Pferde 
find für. Menfchen und andere Thiere unichädlich. 10,11) Den 
Anfang der Krankheit macht ftets eine eigenthümliche Beule 
und zwar ganz plößlich. . 12) Die in einer Gegend bei einem 
Individuo entftandene Anlage kann 'wahrfcheinlich einige Zeil 
im Koͤrper fortbeftehen, auch entfernt vom Seuchenorte. 13) 
Die Krankheit ift heilbar, vie Heilbarfeit aber vom Jahres 
Charalter der Seuche abhängig. 14) Es giebt weder ein 
fichered Borbauungs- noch ein folches Heilmittel. 

In der dritten Abtheilung des Buchs finden wir den 
©. 227-301 über die hoͤchſt wichtige Krankheit, nad) einer 
paftenden Einfeitung: 1) eine gefchichtliche Ueberſicht: a) über 
Die Rinderpeft in Sibirien überhaupt, b) vom Jahre 1818 
bis 1820, und c) von 1820 bis 1822; dann 2) den Gang 





— 124 — 

und Verlauf der Krankheit, ihre Zufaͤlle und den Sections⸗ 
befund; 3) Stand und Dauer, Bösartigkeit und Tödtlichkeitz 
4) Liften über Bichfall an der. Rinverpeft in verfchiebenen 
Gegenden und Orten Sibiriend von Mitte September 1820 
bis Mitte Mai 1821; 5) die Anftedungsfähigfeit und An⸗ 
ſteckung; 6) den Urſprung und die Urſachen der Rinderpeſt 
in Sibirien; 7): den geographiſchen Gang und die geogta⸗ 
phifchen ‚Brenzen der Rinderpeft in Sibirien; 8) die Bor: 
beugung :unb 9) bie Heilung der Krankheit befprochen. 

Der eben genannte Inhalt zeigt, wie vollftänbig. ver Vers 
fafler auch biefen Theil feines Buchs bearbeitet bat. Ueber: 
au finden wir intereffante Beobachtungen und Bemerkungen, 
felbft ganz neue Thatfachen, die wir jenuch des Raums wegen 
bier felbft im Auszuge.nicht mittheilen können. 

Die vierte Abtheilung umfaßt eine proteusartige Krant⸗ 
heit, welche der Verfaſſer in der Zeit vom Jahre 1824 bis 
1830 im füblichen Rußland beobachtete und bie unter der 
Form a) von Blutharnen, b) Nierenentzündung und. Rieren- 
verderbniß, c) Leber- und Milzentzuͤndung, d) Bruft- und 
Lungenentzündung, e) ald milzbrandartige Zufälle, f) Durch⸗ 
fall und Muhr, g) als Maul- und Klauenfeuche erfchien und 
ſich zulegt als ein..bösartiged Fieber geſtaltete. Der 
DBerfaffer. ift der Anficht: Daß jene Leiden in der Hauptfäche 
entweder ‚nur vorwaltende Symptome einer und derſelben Ur⸗ 
Kranfheit, oder in biefe Hineingezogene, verwickelte, aber von 
ihr beherrſchte Seuchenauftritte, örtliche ımd individuelle Er⸗ 
zeugnifle eines und deſſelben Krankheitsgenius ſeien. Diejer 
verkuͤndigte fih am allgemeinften ala ein: fieber; meiſt mit 
Entzündungen edler Eingeweide verduuben, : und ‚trat vorzugs⸗ 
weile mit dunkel ausgebrädten, gleichſem fehlenden Sympto⸗ 
men, anfangs mehr mit. entzündlichen, imFortgange mehr 
fauligen Fieberzufällen fich Fundgebend; auch. ſpeziell als’ boͤs⸗ 
artiges. Fieber auf. Da. dieſe Krankheit. einige Aehnlichkeit 
mit ‚der Rinderpeſt zeigte, .fo wurde ſie von. manchen. Berfos 





— 135 — 


nen, felbft von Aerzten, zum großen Schaden bes Landes für 
Minderpeft gehalten, — was wahrfcheinlich theils mit! Rüd- 
fiht auf Die. Gegend und theild deshalb, weil man die Rin- 
derpeft in der Form ihrer primären Entwidelung nicht Fennt, 
gefchehen iſt. Der Verfaſſer hat jedoch das bösartige Fieber 
der Rinder im fühlichen Rußland fragweife. mit der Rinder⸗ 
peft zufammengeftelt und beide: mit einander verglichen. Er 
ift dabei zu dem Refultat gefommen: daß dns bösartige Fie- 
ber von der Rinderpeft im’ Weſen verfchieden iſt, indem es 
oft ein und daflelbe Thier mehrmals befiel und fein Gonta- 
gium entwidelte, auch Die Seuche als folche einen centagid- 
fen Gang zu feiner Zeit und in Feiner Form wahrnehmen 
ließ; ja, daß dies felbft zur Zeit des ‚Krieges 1828, als ‚ganze 
Heerven von Ochfen aus: den Gegenden, wo vie Eeuche 
herrſchte, für die Armee zuſammengetrieben wurden, durchaus 
eben ſo der Fall war. Ich ſtimme Ihm, darin, und da ic Eis 
niges an Ort und Stelle über .vie Krankheit: erfahren habe, 
durchaus bei. — Dennoch bleibt dieſelbe in ihren Eigen- 
thümlichkeiten, die man in andern Ländern Europa’ nicht 
wieder findet, fehr intereſſant. Der Verfaſſer theilt über fie 
nur feine Beobachtungen und Anftchten mit, da et Feine Vor⸗ 
gänger über diefen Gegehftand hat, Die Arbeit gereicht ihm 
Daher um fo mehr zur Ehre, weil fe zeigt: wie er mit einem 
allgemein umfafjenden Ueberblide den Krankheitsgenius meh. 
rer Jahre zu faflen und zu würdigen wußte, was og ganz 
leicht und deshalb auch nicht Jedermanns Sache iſt. 

Mir können daher die Schrift beſtens empfehlen. 

Bei der großen Entfernung des Verfaſſers vom Druck⸗ 
orte Fonnten nicht ale Druckfehler ausgemerzt werben, wes⸗ 
halb hier nachträglich eine Verbeſſerung berfelben erfolgt. 
Seite VII Zeile 3 von oben flatt: 7 Faden engl. lies: 7 Fuß engl. 

”"» 2033. Lu. 2 v. oben fl. kauskiſche l. ‚tanapieve Cunb fe überall 
©. 4, 15, 70, 71, 283 .). 


" 3.13, 14, 17, 30 ſt. Rireusf 1. Kiemel (und fo überall ©. 11, 
. 42, 68 2.). 


— 126 — 


Seite 2 3. 8 v. oben ſt. Abiſchkan I. Abiſchgan. 


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zu 1 3 


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2838 


*æ*——822—2—2222xR2BäXMEESS X 2 


zz sy gg 3 a3 nu 


— 


1 3.13 v. oben ſt. Angora⸗Selengo J. Angara ⸗ Selenga (cafe 
©. 15). 

13 3. 3 v. unten fl. jelntonifchen I. jelutonowskiſchen. 

14 3, 13 v. oben fl. ſüdöſtlicher l. S. O. 

14 3. 23 9. oben fi. Saſchinen I. Safchenen. - 

15 3. 5 v. oben ft. (ebend. ac.) I. Cin ber Baerba) fagt Pallas 
(Th. 3 ©. 464). 


18 3.4». unten fl. Taru I. Tura. 


23 3. 17 v. unten fl. um Temnik I. am Tomnil. 

80 3. 16 ». oben fl. 150 Fuß I. 150 Safchenen. 

33 3. 15 v. oben ft. Zirbelfichte wenig I. Zirbelfichte mehr nord⸗ 
wäris, weniger. 


33 3. 12 v. unten fl. Sorbus Aucup. I. Sorbus aucup, 


42 3. 4 v. oben fi. Irkutsk I, Jalutsk (ebenfo ©. 47 3. 13). 
42 unten * fi. Rola .... 60. m. I, Sola .... 60° c®. 

55 3. 3. 8 v. unten 8. firmifcher I. finnifcher. 

63 8. 1v. oben ſt. Auſcha I. Alſcha. 

) 3.3 v. unten ſt. Tafchleuten  Tafchkenten. 

3. 2 v. oben fl. wätkinsk I. wäiskiſch. 

3. 8 v. unten fl. Maninpol I. Maniupol (ebenfo — S. 


— 


88, 89, 91, 311, 360, 362, 410, 412 2.).. 

3. 22 u, 23 9. oben fl. Taraſſowla; und I, Taraffonta unb 
makowla. 

Z. 11 v. oben ſt. Tanal. Tonaffoiofa. 


: 88 3. 15 9. unten fl. und I. ober eiwas mehr, aber. 


92 3. 36 v. unten ſt. Aponasjewa 1. Afonasjewa. 
92 3. 13 v. unten ſt. Snameukaja I. Snamentaja. 
110 3. 25 ». unten fl. Bulbocod. cern. I. Bulbocod. vern. 


113 3. 16 u. 17 vo; oben ft. Pot. aus I. Pot. ans, 


113 8. 18 v. oben fl. Dictis I.. Diötie. 

113 3. 8 v. unten fl. pal. L pat. 

155 3. 17 v. unten ft. Selega I. Selenga. 

155 3. 16 v. unten fl. Schnesna I. Sienſchna. 

164 3. 12 v. oben fi. daß Ihiere I daß dieſe Thiere. :- - - 

181 3, 5 v. oben fi. Kopotulowa I, Kopskälowa. - 

181 8. 12 v. oben fl. Druswänte I. Dreswänta. 
194 3. 3 v. oben ft. Verbindlichkeit, ob J. Verbindlichkeit ob, 
220 3. 11 v. oben ft. worben iſt, I. worben, iſt — 
242 3. 2 v. oben ft. ich I. ſich. 

247 3. 14 v. oben fl. Stunden I, Städen- 

269 3. 13 v. unten fl. innere I. immer, 

286 3. 14 v. oben fl. nicht I. weicht. 

310 3. 21 v. unten fl. Tſcherkuſow I. Therkaſow. 


u — 


Seite 355 3. 6 v. unten fi. Leib I. Laab. 

"» 364 3. 8». unten fl. nochmals 1. nachmals. 

n 366 3. 6 v. oben fl. Beſuwleck I. Beſuwlul. 

3. 11». unten fi. erhaltend 1. erhallend. 

383 3. 11 ». unten fl. ober I. und, 
388 3. 1. v. oben fi. Ufo I. Ufa. 
412 3. 2 v. oben fl. Anbeifewfa I. Andrejewla. a 
414 3. 3 v. unten ft. Kauſchowka I. Kruſchewka. 
" 415 Mitte fl. J—3 des Kreiſes L. 2— 4 ber Kranken. 


zu 2 233 3 


"» 45 23. 6u.5 fl. 5 Bull. 3 ing 8 K. 
3 ’ 51 Küh. ıc. | 17 18 
L. 5 2ullen | 3 jüngere 
51 Küherc. | 8 Kälb. 17 Ir. 


„ 416 3. 2 9. oben fl, Feenowla I, Teenowka. 
" 416 3. 11 9. oben ſt. fampfig I. fumpfig. 


Hertwig. 


KIV. Reue Literatur. 


Alefeld, E. bie Wuth der Hunde und ihre Hebertragung auf ber Men⸗ 
fen. Wiesbaden. A Sgr. 
Büchner, C, , die Berbefferung ber Rindviehzucht nad ſichern Grund⸗ 
ſäßen obne fremde Race. Leipzig. — 20 Sgr. 
Duttenhofer, F. M., das Schaf, feine Zucht, Behandlung, Lebensver⸗ 
hältniſſe und Krankheiten, nebſt Beſchreibung und Beurtheilung der 
Wolle. Mit 65 in ven Tert eingedruckten Holzfchnitten. ur 
7 


Günther, F. A., Nouveau Manuel de Medicine vöterinaire homoeo- 
pathique, ou Traitement homoeopathique, des Maladies du Cheval 
etc. Traduit de l’allemand par Martin. 1 Vol. 8, Paris, chez 
Balli£re. 6 Fr. 


Kreutzer, 3. M. Bericht Über die Fortfchritte der gefammten Beterinär- 
Medizin und bie veterinär-ärztlichen Unterrichts: Standes- und Bereins- 
Angelegenheiten in den Sahren 1844 und 1845. Mit 2 lithogr. Ta⸗ 


feln. Augsburg, 1846, 2 Thlt. 20 Ser. 
Lafore, trait6 des maladies particulitreg aux grands ruminaux. 
Toulouse, 1844. 8. Avec une planche. | 10 Fr. 


Magnesia, C. G., trattato di anatomia descrittiva e flsiolagica ve- 
terinaria. Part. 1—111. Torino, 1843—44. 8 

Mansuy, L., observations relatives à la canservation des animaux 
domestiques. Metz, 1844. 8. 

Miles, William, Esq. The Horses Foot, and how to keep it sound. 
London, 1846 bei Longman. 7 Shill, 

Moiroud, nuovo formulario farmaceutico-veterinario o scelta delle 
migliore formole medicamentose usate nelle principale scuole ve- 


> 


terinarie d’Europa e sparse nei \migliori aulori, con indicazione 
del modo piu proto e piu economicv di prepararle etc. Recato 
in italiano e considerabilmente aumentato dal chir. “Alessandro 
Volpi. Milano, 1844, we 

Pierquien (Offcier de l’Universit6 etc.), de la Folie des animaux, 
de ses Rapports avec celle de ’Homme et les Legislations actuelles. 
U. vol. 8. Paris, 16 Fr. 

Rainard, J. (Directeur de l’Eoole royale vet. de Lyon ete.), Traits 
complet de la Parturiiion des principales Femelles domestiques, 
suivi d’un Trait& des maladjes propres aux Femelles et aux jeunes 


’ 


animaux. Paris, chez Labô I. vol. 8 14 Fr.. 
Nofenbaum, W., der Abtominalanthrartpphus ber Pferbe. a 8. 
gr. 


Seidler, €. $., bie Dreffur bifficiler Pferde, bie Korreftion verborbener 
und böfer Pferde, erläutert durch Hinweiſung auf ben geregelten Me⸗ 
chanismus und bie in Disharmonie geftellten Muskelkräfle des Pferbes. 
Nebit Anleitung zur theilweilen und auch zur [peciellen' Bearbeitung des 
Pferdes an, ber Hand, ohne und mit drm fpan. Reiter. Als 2. Thl., 
gehörig zuin Leitfaden zur fpftematifchen Bearbeitung des Sampagne- 
Pferdes. Mit 62 erläut, Abbild. .ar. 8. (27 B.) Berlin, en 

n. r, 

Spinsla, W. Th. J., Mittheilungen über die Rinderpeft, gefammelt auf 
einer im Auftrage der K. Pr. Staatäregierung im Frühjahr 1845 nach 
Do und Rußland Agieknommenen, Seife. gr. 8. (20 3.) Berlin, 

irſchwald. Sch. 7 n. 3 Thlr. 

Spooner, W. O., the history, structure, economy and diseases of 
the Sheep, In three parts. London, 1844. 12. 7 sh. 


Staab, W. Ch., Guenon’d Äußere Kennzeichen der Milchergiebigkeit beim 
Nindvieh. Eine vom landwirthſchaftichen Bezirköverein Reut nen ge 
krönte Preisichrift. Mit 2 Tafeln. 8. (3°B.) Reutlingen, Macden 
Sohn. Geh. = — Se 15 Sgr 

— — Erklärung und bildliche Darftellung der äußern Stennzeichen ber 

Milchergiebigkeit beim Rindvieh nach Guenon. Ein Auszug aus ber 

gekrönten Preisſchrift. 12. Ebend. Cart. 5 Sgr. 


Traeger, B. H., der homöopathiſche Haus- und Thierarzt, zunächſt für 
den Landmann. 1 Hefichen: das erkrankte Pferd, nebſt einer Anleitung 
zur Homdopathie überhaupt. 8. (6 B.) Nordhauſen, Fürſt. 10 Sgr. 
Bir, C. W., Zoo⸗Symptomatologie oder Krankheitszeichenlehre ber vor⸗ 
züglicheren nutzbaren Hausthiere ir Ihierärzte, Aerzte und Landwirthe. 
2. 3b, gr. 8. Gießen, Berber. > 
Vogel, Julius, über die Geſetze, nach welchen bie Miſchung von Flülfig- 
feiten und ihr Einbringen in permeable —— erfolgt, mit beſon⸗ 
‘ derer Rückſicht auf die Vorgänge im menſchlichen und ihieriſchen Dr⸗ 
danismus. gr. 8. (42 ©.). Göttingen, Vandenhoeck und Ruprecht. 
Geh. (Aus den Göttinger Stubien 1845 abgedruckt.) — 71 Sgr. 
J — . u. — 


* ul 


a Te ae Tan are 
a IAFENEN ‚Berlin, Drug RIM 3 Perle... iu nim 


J— Magazin 
fuͤr die 
geſammte Chierheilkunde. 


(CXIII. Jahrgaug. *. Städ.) 





I. Zur Tyophologie. 


(Als Fortſetzung des von mir im XI. Bande 3. Hefls des Magazine 
Mitgetheilten.) 


Bon Falke, Landes⸗Thierarzt in Rudolſtadt. 


Verehrter Herr College! 


So eben uͤbergiebt mir mein Chef, der Herr Oberſtallmei⸗ 
ſter von ...... den von Ihnen angefertigten Bericht über 
die Krankheit des ſchwarzen Wallachs Kohle*). 

Ihr Krankheitsbericht war fuͤr mich ebenfalls von gro⸗ 
ßem Intereſſe, denn ich erſah aus dem, von Ihnen mit we⸗ 
nigen aber beftimmten Worten entworfenen Bilde der Kranke 
heit des Kohle, daß die in dem hiefigen Marftalle feit mehren 
Monaten feuchenhaft aufgetretene Krankheit in ihren Haupt⸗ 
erfcheinungen berfelben durchaus ähnelt, und konnte nicht um⸗ 
hin, in Folge diefes Umftandes verfchledene Fragen mir auf 
zuftellen, welche von Ihnen beantwortet zu fehen, mir ein 
befonderes Vergnügen und Intereffe gewähren würde. Hal- 
ten Sie nämlich erftens: nach der fogleich folgen ſollenden 
kurzen Beichreibung Hiefiger Seuche, diefe für eine und dies 
ſelbe Krankheit, an welcher ver Kohle erepirte, und zweitens: 


*) Defien Krankheit nebft Sectionsbefund in oben erwähntem Hefte 
mitgetheilt worden ift. 
Mag. f. Thierheilt. XI. 9 


— 10 — 


glauben Sie, daß Kohle die Dispofttion zur Krankheit von 
hier mit nach Rudolſtadt genommen? 

Die Seuche, welche ih, da ich wirflid für dies epi- 
zootifche Fieber Keinen paffendern Namen weiß *), Influenza 
nennen will, befiel vom 4. December v. 3. bis heute, den 
24. Zebruar (1846), 24 Pferde hieſigen Marftalles und trat 
unter den anſcheinend verfehiedenften Formen und mit ben 

mannigfachften Complicationen auf. Indeſſen kann ich nad) 
genauer und unbefangener Beobachtung nur zwei Hauptfor« 
men annehmen: eine catarrhaliich- rheumatifche und eine gas 
firifch - rheumatifhe, welche theils für ſich allein, theild mit 
einander in Verbindung mir vorgefommen. 

Die wefentlichften gemeinfhaftlihen Symptome waren: 
ein vermehrter Puls, ein befchleunigtes Athemholen, ein mehr 
oder weniger fehmerzhafter Huften und eine eigenthlümliche 
Schwäche der Hinterhand, welche ſich hauptfächlich durch eis 
nen fehwanfenden Gang zu erfennen gab. Außer den vielen 
Symptomen, welche beide Formen von einander trennten, umd 
deren Borhandenfein, wenn ich mich fo ausprüden darf, ſich 
von felbft verfteht, habe ich hauptfächlich bei der catarrhaliſch⸗ 
ıheumatifchen Form ein freieres Ausſehen, weniger geftörte 
Freßluſt und weniger rafche Abnahme der Kräfte des Thieres, 
als bei. der gaftrifchrheumatifchen Form bemerkt; dahin⸗ 
gegen fah ich bei Diefer von vorn herein das Nervenſyſtem 
mehr oder weniger afficirt, und das Fieber entfchieven fich 
hinneigend zum nervöfen, wie der Heine, undeutliche, matte 
Puls, der fich fehr ſchnell einftellende, pochende Herzſchlag, 
die Betäubung des Thieres, und das fchmierige, ſchwarze 
Blut hinlaͤnglich darthaten. 

Bon ungefähr zehn, unter. diefer letzten Form erkrankten 
Pferden crepirten mir denn auch zwei, bei denen in Bezug 
auf Symptome, Sectionserſcheinungen, Entwicklungsgang und 


*) Ic hatte fie in meinem Berichte als Typhus declarirt 


— 131 — 


Berlauf der Krankheit Alles fo war, wie Ihrem Berichte 
nach e8 beim Kohle gewefen, nur mit dem alleinigen Uns 
terfchiede, Daß ich den Puls nicht Bart, fondern von vorn 
herein matt uub in einander fließend fand. 

Hinfichtlich des von mir in Anwendung gebrachten Heil⸗ 
verfahrens bemerfe ich nur, daß es ein gemifchtes, wie Sie 
in Ihrem, Beitrage zur Lehre des Nervenftebers (Zeitſchrift 
für die gefammte Thierheilfunde, IX. Bo. 3. Heft) fih aus 
drüfen: möglichft blandes, war, nur waren fcharfe Fonta⸗ 
nellen vor und unter der Bruft und veficatorifche Einreibun⸗ 
gen an den Bruftwandungen, der Lebergegend 2c. unzertrenn⸗ 


Lich von demfelben. Hierbei erepirten mir von ben 24 vor⸗ 


Hin genannten, an der Seuche erkrankten Pferben nur zwei. 
Kohle ging den 5. Januar von hier ab *) und hatte 
in einem Stalle geftanden, aus welchen ich die meiften Kran⸗ 
fen erhielt, und der, obgleich nicht Dunftig, dennoch Jahr aus 
Jahr ein mit einigen funfzig Pferden befegt if.” 
BB. 
Meine Antwort lautete: 


Berehrter Herr College! 


Wenn nicht auch Morrok gefährlich erkrankt geweſen 
wäre, fo würde ich mit Vergnügen Ihren werthen Brief fos 
fort beantwortet haben; fo mußte ich aber, um eines befon- 
dern Berichtes enthoben zu fein, die Erife abwarten, und 
diefe ſcheint num durch die Refpirationsorgane günftig zu 
geſchehen **). 

Es war dies einer von den Patienten, die Bei einer 
noch ziemlich freundlichen Larve doch Höchft gefährlich find: 
die fpannenlang gezogenen Nafenlöcher, das Umfippen des 
untern Winkels derfelben, das fichtbare Dampfen der ausge⸗ 


2) und war nach Hierher 10 bis 11 Tage auf dem Marfche, 
**) Dieß Pferd ift vollfommen- wieder hergeſtellt worden. 


® 9 % 


— 12 — 


athmeten Luft, die flarf punctirte Röthe der Rafenfchleimhaut, 
der prellende, fprigelnde, links und rechts fühlbare Herzichlag, 
Die Dedeme, die auf bie fchärfften Salben flatt einer intenft- 
ven Gefchwulft eintraten, die dünne, jauchige Abfonderung 
des Fontanelles an der Bruft, das beharrliche Stehen bei 
großer Schwäche ꝛc. ıc., deuteten die vorgefchrittene Ergießung 
in die Brufthöhle und die höchft paffive Ueberfüllung ver 
Lungen deutlich genug an, obfchon die ziemlich gute Futter⸗ 
aufnahme und die freie Gehirmthätigfeit dem Kutſcher es 
glauben machten, daß dieſer Fall mit dem vorigen nichts 
Verwandtes habe, weshalb er mich auch erft „mehre Tage 
nach dem fcheinbar Teichten Erkranken“ hatte rufen lafjen. 

Mit der Goldwage habe ich die Art der Mittel abwä- 
gen und mit wahren Argusaugen den Patienten überwachen 
müſſen. | 
Icch unterſchreibe ganz und gar, daß die bei Ihnen herr⸗ 
ſchende und diefe Krankheit eine und Diefelbe ift, und daß 
die Sincubationsperiode der beiden von Ihnen am 5. Januar 
entlaffenen und hier erkrankten Pferde bei Ihnen ſchon bes 
gonnen hat. 

Da die Influenza eine Form des Typhus oder Nerven- 
fiebers ift, wie ich mich nun überzeugt habe, fo ſtimmen Sie 
allerdings in fofern mit mir überein, nicht aber mag ich dieſe 
Form mit cyelifchem- Verlaufe und aftbenifcher Natur In⸗ 
fluenza nennen. Die feften Theile der Blutmaffe find, fo zu 
fagen, zerfloffen und das Miasma wirkte vielleicht Tange ſchon 
darauf ein; das Stadium der Neconvalescenz wird "Daher 
auch lange dauern, und Höhlenwafferfucht ift immer noch bei 
ben mehr erfranft Gewefenen zu fürchten, wenn nicht toni- 
fhe Mittel ihr begegnen. Wie ich die Sache nach den zwei 
Sällen nehme, wo das Sal ammoniacum martiatum, im 2ten 
Galle, mir außerordentlich nüßte, möchten milde Eifenmittel 
vorzugsweife zu empfehlen fein. 

Aus Obigem geht hervor, daß man von catarrhalif h⸗ 


— 13 — 


ober gaftrifcherheumatifchen Formen nicht fprechen Tann, nein, 
der Typhus iſt eine Kranfheit sui generis, eine Krankheit 
des Blutlebens, die auch lähmend aufs Nervenfoftem wirft, 
und daher die Schwäche, der wadelige, kreuzlahme Gang, 
das Ergriffenfein der feröfen Häute, die Snfiltrationen, die 
Erfcheinungen des Catarrhs ꝛc. F. 


Dieſe Antwort iſt den 3. Maͤrz gegeben. Seitdem hat 
mich, bis Ende Juli (1846) dieſe Krankheit wieder mannig⸗ 
fach beſchäftigt. Denn nicht nur, daß die anderen, vorigen 
Sommer ſchon hier angekommenen, Pferde der hohen Beſitze⸗ 
rin und zwei andere, die in depifglben Stalle ſtanden, von 
per Krankheit (wenn auch leichter) ergriffen wurden, — bie 
Krankheit trat auch im Monate April bei hierher verfaggten 
Pferden auf; bei dem erften berfelben: einem Mecklenburg⸗ 
Englifhen, dem Herrn Hauptmann... .. . ‚ angehörigen 
Pferde waren die erften fichtbaren. Erfcheinungen die höchfte 
Höhe derfelben: Gehirn» und Rüdenmarföblutfchlag, der bin⸗ 
nen 40 Stunden dem Leben ein Ende machte. Naͤchſtdem 
waren die, welche unter den Zufällen einer Colik erkranften, 
die am meiften gefährbeten, obfchon fie alle, bis auf zwei ges 
rettet wurden. 


Es kann dem wiffenfchaftlichen Manne nicht zum Tadel 
gereichen, wenn er bei feinen Forſchungen auf fchwierig weg⸗ 
zuwaͤlzende Steine des Anftoßes trifft, und er dadurch von 
dem Wege, den er ald den wahren und richtigen erfannt und 
folchen in feinem practifchen Berufe auch bereits betreten hat, 
momentan abweicht. „Ach, jeder Schritt,” fagt A. v. Hum⸗ 
boldt, „welcher den Naturforfcher feinem Ziele zu nähern 
fcheint, führt ihn an den Eingang neuer Labyrinthel” — 
Obgleich ich durch gewichtige Beifpiele den Unterfchieb zwi— 
fchen Influenza und Typhus in meiner monographifchen Skizze 
und bei Gelegenheit nievergefchriebener Kritifen gezeichnet 


.— 134 — 


hatte, verleitete mich doch einmal einer Seits das Buntdurch⸗ 
einander in den Schilderungen über vermeintliche Influenza 
von thierärztlichen Notabilitäten, namentlid aber Spinola’s, 
höchften Orts huldvoll angenommenen und doch wahrfchein- 
lih auch yor einem wifjenfchaftlichen Forum begutachtete (?) 
Monographie, anderer Seits das Studium der Seuchenge⸗ 
fhichte, die von Influenza-Epidenien erzählt, welche fo fehr 
das Tpphusgepräge an ſich tragen”), enblih Fuchs's zu 
allgemeinhin auögefprochene Erfahrung, „daß die Grippe mit 
gaftrifchem Anftriche und mehr torpivem Charafter, wie fie 
1833 an verfchiedenen Drten Branfens bewied, auch in 
Schleimfieber und Abdonmigaluphen übergehen kann, und daß 
die Seuchengefchichte yon Epidemien erzählt, welche fich in 
Pepinltupbus ne rwachrlien —S womit er freilich nicht 
en * — ſondern die ganze Epidemie bes 


zeichnen mag **), zu einer ſolchen wiffenfchaftlichen Verir⸗ 
rung —— 





*) Die von 1712 und 1729 hatten „große Abgeſchlagenheit ber 
Kräfte, nefielartige Erantheme und Petechienbildung, critifches Nafenbinten 
u. dgl, andere lethale Barotivengefchwülfte”, und die Influenza = Epidemie 
von 1782 (cf. Sprengel’ Gefchichte der Medicin, T. V. p. 497) 
„Bruſtſtiche, einen unbefchreiblich ängfllichen Huften, Wüftigfeit des Kopfes, 
Entfräftung, Krämpfe und Wahnfinn“ als wefentlichfte Zufälle in ihrem 
Gefolge; und nach Profefior Fuchs's Lehrbuche haben hie und da die ga⸗ 
ſtriſchen Beſchwerden bei der Influenza fo überwiegende Gewalt, daß ſich 
das Leiden mehr wie Cholera oder Enteropyra geftaltet; überhaupt haben 
Influenza und bie Prodrome der aftatifchen Cholera — befanntlih eine 
Zyphusform — fehr verwandte Symptome bei Menfchen, als Mattigleit 
und Unbehaglichkeit, eine gewiffe Angft, die gleichfam aus ber Tiefe des 
Unterleibes zu feigen fcheint, Gingenommenheit des Kopfes, ein tiefes, in⸗ 
neres Leiden ausdrückende Geſichtsbildung, mattes Ausfehen der Augen, 
Mißfarbe und eigenthümliche Zufammenziehung ber äußeren Hautbedeckung 
und eigenartigen Bungenbeleg. 

**) Was aus den Worten bei den Ausgängen der Snfluenza: „Ues 
berhaupt feheint die Influenza die Kraft zu befigen, Keime von Epibemien, 
welche in einerBenölferung liegen, zur Entwicklung zu bringen‘ hervorgeht. 


”0%) Ich befenne mein Peccat nicht nur eben brieflich eingeführten 


— 15 — 


Die erdrüdende Maſſe von Berufsarbeiten, die währenb 
ber herrfchenden Seuche jede ruhige Prüfung vereitelten, ließ 
endlich nach, und ich fah mich nun wieder zur Prüfung ihrer 
Wefenheit und zur wiflenfchaftlichen Beantwortung der Frage: 

Iſt die Influenza eine Typbusform ? 
aufgefordert. In der vom Dorenten Dr, Spinola in Ber- 
lin 1844 herausgegebenen Monographie: 


Die Influenza der Pferde 
in ihren verfchiedenen Modificationen 


ift meiner „monograbbifchen Skizze über den Typhus ber 
Pferde und der anderen Hausfäugethiere” in der Literatur« 
angabe nicht gedacht worden. Nach ihm ift der Typhus das 
ber etwa8 wefentlich Anderes. Was ift aber die Influenza? 
Erfi Seite 114 der Spinola’fhen Schrift erfahren wir 
bieß: „Influenza ift, in ihrer Totalität aufgefaßt, eine fieber- 
hafte contagiöfe Krankheit mit vorzugsweife Ergriffenfein des 
feröfen Membranenfyftems, die aber fehr gem und gewöhn⸗ 
lih bald mit catarrhafffchen, bald mit gaftrifch-biliöfen Bes 
fchwerden, mitunter fogar mit.beiden zugleich, fich verbindet 
und dadurch, fowie durch die Ausbildung von inneren Ent» 
zünbungen und Herworbildung des nervös-fauligen Fiebercha⸗ 
rafters fehr verwidelt und von ihrer Primitivform fehr abe 
weichend erfcheinen Tann.” 

Empirifch hätte Derfelbe dadurch die Sache erflärt, wife 
fenfchaftlich jedoch nicht, fonft dürfte er fchon die Extenfionen 


Herrn Eollegen B., fondern öffentlich, da ich es nicht nur ihm, ſondern 
der ganzen Genofjenfchaft fchulvig bin, um dadurch bie einzelnen Phafen 
der Entwicklung und feften Begründung darzuthnn. So aufrichtig ich übris 
gens bin, wenn ich einer Schwäche mich zeihen muß, eben fo wahrhaft 
wollen alle die, denen ich hier jet opponiren muß, die Oppofition auf 
nehmen und nicht die Perfon, nur die Sache angegriffen fehen. Ciner 
ſchmerzlichen Erfahrung wegen beanfpruche ich ausdrücklich dieſes alte, 
von allen Getrenen der Tauteren Wiſſenſchaft fanctionirte Geſetz! 


rg, 


ver Ktanfheit nimmermehr Verwicklungen nennen; denn ob- 
fchon in ihrem Verlaufe Die mannigfachften Localleiden dazu 
treten Tönnen, fo find fie doch im Allgemeinen von einem 
und demfelben Wefentlichen abhängig. Anders gefaltet fich 
aber die Sache, wenn man Influenza und Typhus confun- 
dirt *), 

Bon vorn herein lefen wir viel von einer EIER 
( Grund⸗) d. h. rheumatifchen und von einer rheumatifch-ca- 
tarrhalifchen und biliössrheumatifchen Form der Krankheit. 
Wenn aber das in Rebe ftehende Leiden vom Herrn Ber: 
fafler als ein contagiöfes bezeichnet worden ift, fo müflen 
wir ihm entgegenfeben, daß anftedende Rheumatismen nicht 
befannt find; und da wir mit Fug und Recht annehmen 
müflen, daß das Spinola'ſche Compoſitum miasmatifch-cons 
tagiöfer Art ift, fo ift dadurch die eben erwähnte Eintheilung 
als falfch anzuerkennen, und auch al& Catarıh und als fie 
berhafter Gaſtricismus hält fie nicht Stich, und kann auf 
Die Therapeutik angewandt, vielen Schaden bringen. 

In der Menfchenheilfunde, wo Bie Bezeichnung „Me 
fiuenza” zuerft Geltung hatte und woher fie in unfere Ter⸗ 
minologie gezogen ward, gilt fie aber als mobificirter Gas 
tarrh. Spüren wir doch der Nichtigkeit der Sache gleich 
weiter nah! Ich nehme eine antbroptatrifhe Autorität, 
Fuch s's Lehrbuch der fpeciellen Nofologie und Therapie, Göt- 
tingen, 1846, zur Hand, zeichne von dieſem die einzelnen 
Symptome zur linfen, die der Pferde, nach Spinola’s Mos 
nographie, zur rechten und fuche zu erfennen, ob eine legi⸗ 
time Berwandtfchaft und ein catarrhalifch-rheumatifches ua 
leiden nachgewielen werden Tann. 


*) Der Herr Dr. Spinola warnt S. 4 feiner Monographie vor 
biefer Verwechfelung ! F. 


⸗ 


=. 97. — 
(Buchs, $. 742. Symptome | (Spinola, 8.10, Zufälle ber 


der Hauptform): 
1. Ein ploͤtzlich anwandeln- 


Krankheit): 
1. In welcher Form die Krank⸗ 


des Gefühl von Mattigfeit und | heit auch auftreten mag, in der 


Aögefchlagenheit, druͤckender 
Kopffchmerz in der Blabella 
und Supraorbitalgegend; 


3. Berftopfung der Rafe und 
Rauhigfeit im Halfe, heftiges 
Riefen und ein rauber, trock⸗ 
ner, mehr nervös, wie bei Ma- 
fern klingender Huften, das 
find die Erfcheinungen, mit 
welchen die einfache Grippe 
zu beginnen pflegt. 

3, Biele Kranke beklagen fich 
dabei über Täftiges Ziehen, drü⸗ 
enden Schmerz und Steifig⸗ 


Regel gehen ihrem völligen 
Ausbruche Borboten voran, die 
fi im Ganzen auf ein tiefes 
Geftörtfein des Gemeingefühls 
beziehen, al8 verminderte Mun⸗ 
terfeit, Trägheit und Abgefchlas 
genheit, denen fich 

2. gewöhnlich Huften, wel⸗ 
cher bald mehr kurz und troden, 
bald mehr rauh und gedehnt 
ift, hinzugeſellt. Auch pflegt 
man einige Pulfe und Athem- 
züge mehr wahrzunehmen und 
eine ungleichmäßige Tempe⸗ 
ratur. 

3. Dergleichen Pferde haben 
einen geſpannten, wackeligen 
Gang, wobei mitunter die Ge⸗ 


keit in der Lumbalgegend der lenke knacken; im Stehen ruhen 
Wirbelſaͤule, über vage, reis ſie abwechſelnd mit dem einen 
Bende, fchlagende Schmerzen |oder andern Hinterfuße. Auch 
in allen Gliedern. wohl noch Schwäche im Kreuze 
und daher ſchwankenden Gang, 

fowie auch [ähmungsartige Zu- 

fälle an anderen Körpertheilen, 

hat man dem wirklichen Aus⸗ 

bruche vorangehen fehen. (Oft 

zeigen fich diefe Zufälle erft im 

weitern Verlaufe der Krankheit, 

oft ift auch ein unbeholfen hohes 


— 18 — 


Heben und unſicheres tappen⸗ 
des Vorſchieben und Nieder⸗ 
ſeten aller 4 Schenkel wahr⸗ 
zunehmen, oft tritt ſtatt der ei⸗ 
gentlich ſog. Influenza nur 
jene eigenthuͤmliche Laͤhme ein. 


C(S. Körbers unten welter 


4. Die Epluft verliert fich, 


migezogene Mittheilung über 
die fog. Influenza.) 
4. Die Frepluft ift nicht mehr 


indem fich die Zunge weiß bes| fo rege, der Appetit pflegt mehr 


legt. 


5. Zu diefen Symptomen 


auf Rauh⸗ als Körnerfutter 


gerichtet zu fein. 
5. (8.11.) Die meiften ber 


gefelit fich, bald fchon in ihrem |fo eben genannten Vorboten 
Beginne, meiflens aber erſt am gehen dem Ausbruche d. Krank: 
2. oder 3,, und zuweilen felbft | heit immer mehr over weniger 
am 5. sie 7. Tage Bieber, das | vorher, und meiftens mehre 
den erethifchen Charakter trägt,| Tage, ja felbft Wochen lang. 
mit Sröfteln beginnt, auf wel-| Ein mehr oder weniger deut- 
ches Hitze folgt, und fich durch | licher, doch meift nur kurz dau⸗ 


frequenten, aber weichen Bus, 
vermehrten Durft, warme, jer 
Doch nicht trodene Haut, mehr 
getrübten als rothen Urin und 
retardirten Stuhl verräth. 


6. Mit ſeinem Cintreten exa⸗ 
cerbiren alle Symptome: das 
Auge injicirt ſich, thraͤnt und 
wird lichtſcheu; heller, albumi⸗ 
nöfer Schleim fließt aus ber 
Nafe, röthet und erodirt die 


Oberlippe, das Schlingen iſt Erethismus. So au 


ernder Froſtſchauder mit nach⸗ 
folgender Hite kuͤndigt den Fie⸗ 
bereintritt und fomit den völ- 
ligen Ausbruch der Krankheit 
in Borm eines EDERMAEDER: 
Tiebers an. 

6. (8.123 Das Fieber trägt 
bald den Charafter einer gelin- 
den, feltner gleich einer heftigen 
Synocha, bald den ver Schwä⸗ 
che, in beiden Fällen aber mehr 
oder minder hervortretenden 
im fer⸗ 


— 138 — 


nicht ſelten erſchwert u. ſchmerz⸗ | nern Verlaufe. Deumach zeigen 
haft; oft ſtellt ſich Sauſen und Puls und Herzſchlag einige 
Stechen in den Ohren, oder Verſchiedenheiten, ſo daß im 


Schwerhörigfeit ein; befonders 
aber beflagen fich die Kranfen 
über Kragen und Brennen in 
der LZuftröhre, über Drud und 
Spannen auf der Bruft zu- 
weilen mit flüchtigen Stichen, 
fprechen heifer und huften hef- 


tig, rauh und troden. Die lei- 


benden Schleimhäute, ſoweit fie 
fichtbar find, zeigen eine blafie, 
fledige (eranthematiſche) Rö- 
the, find etwas angeſchwollen 


erfteren Sale der letztere nur 
undeutlich oder gar nicht her⸗ 
vortritt, im letztern Falle der⸗ 
ſelbe aber mehr oder minder 
deutlich gefühlt wird, und ber 
Puls, wenngleich in der Regel 
frampfhaft und Hein, im er⸗ 
ftern Falle doch mehr geipannt, 
im lestern Dagegen mehr weich 
erfcheint. Die Maule und Nae 
fenfchleimhaut iſt höher gerö« 

thet und weniger feucht, die 


und mit Durchfichtigem Schlei-| Wärme im Maule vermehrt, 
me überzogen. In blutreichen | ſowie Die Temperatur des Koͤr⸗ 
Subjecten fühlt fich dabei die | pers überhaupt gefteigert. Doch 
Kopfhaut heiß an, das Geficht| wird nicht felten gleich zu Ans 
ift geröthet und nicht felten flei- | fange ein häufiger Wechfel in 
gert fi), namentlih in ber| der Körpermärmeoder ungleiche 
Abenderacerbation, der Kopf-| Vertheilung derfelben beobach⸗ 
fchmerz bis zu Sinnestäufchun-| tet, wenn die Krankheit mit ei⸗ 
gen und leichten Delirien. In niger Bedenklichfeit(?) auftritt 
ſchwaͤchlichen Subjecten hinge⸗ und eine Hinneigung zum ner« 
gen, die fich meiftens unendlich |vöfen Charafter verräth. Im 
frank fühlen, ift das Geftcht| legtern Falle kann ſich ſogar 
blaß und aufgebunfen. Nach-|der Körper fühl anfühlen, ins⸗ 
dem das Fieber mit diefen Er-|befondere aber zeigen Die Er⸗ 
feheinungen als conlinua re-|tremitäten eine (eifige) Kälte, 
mittens in der Regel 2 — 3| Die Ercretionen find verändert: 
Tage, zuweilen aber auch laͤn⸗ die Miftentleerung meiftens ver⸗ 
ger gewährt bat, entfcheivet es zögert, der Mift Hein geballt, 
ſich durch Schweiß, den nicht! dunkel gefärbt und mehr troden, 





— 140 — 


felten Hydroa, Erythem oder| ober auch weih. Der Urin iſt 
Urticarinartige Eruptionen be=| waflerhell oder gelblich gefärbt, 
gleiten; doch Fommen ſolche doch nur felten, außer wenn Los 
Ausfchläge zuweilen auch frü«]| calentzündungen Hinzutreten, bes 
her, auf ber Höhe der Kranfheit| figt derfelbe eine faturirt gelbe 
zum Vorfchein. Der Harn macht | Farbe; häufig findet ein Reiz 
oft fohleimiges Sediment, und |zum Uriniren Statt (8. 13.). 
wenn Kopfeongeftionen zuge-| Die Affection der Brufthäute 


gen waren, tritt gern Epiftaris 
ein. Unter biefen bald mehr, 
bald minder completen Erifen 
verliert fich zuerſt Die große 
Mattigfeit und Abgefchlagen- 
heit, e8 ehrt etwas Eßluſt wie- 
der und hebt fich die BVerfto- 
pfung. Kopf» und Glieder- 
ſchmerz hält in gemäßigtem 
Grade meiftens noch einige 
Tage an und am fpätefien ver- 
fchwindet die Affertion der Re⸗ 
fpirationgfchleimhaut, Die mit 
dem Eintritte des Erifenfta- 
diums anfängt, zähen Schleim 
von- weißer ober weißgelber 
Farbe zu fecerniren. Wochen 
und Monate währt oft noch 
der Huften, befonders in Per- 
fonen, die ſchon vorher auf der 
Bruſt litten, 


wird nun insbefondere Durch ein 
vermehrted, doch nicht gerabe 
erfehwertes Athemholen Durch 
die gefpannte Stellung und fteife 
Haltung der Kranken und die 
Empfindlichfeit . gegen ange- 
brachten Druck an die Bruft- 
wandungen erfannt. War der 
Huften fchon früher vorhanden, 
fo wird derfelbe jetzt häufiger, 
feiner Beſchaffenheit nach, Furz 
und troden gehört, oder er tritt 
jest erft ein; jedoch iſt der Hu⸗ 
fien keineswegs ein conftantes 
Symptom. Die Kranken pfles 
gen während der Dauer der 
Krankheit fih entweder, gar 
nicht zu legen, oder nur auf 
kurze Zeit. (8. 14.) In dieſer 
einfachen Form geht die Krank⸗ 
heit, faſt ohne Anwendung phar⸗ 
maceutiſcher Mittel, durch ein 
zweckmaͤßiges diaͤtetiſches Ver⸗ 
halten, meiſtens nach 7 — 9 tä= 
giger Dauer in Genefung über, 
indem fte fich durch eritifchen 


— 141 — 


Urin, feltener durch Schweiß 
entfcheibet. 

(8.743.) Varietäten. Inje| Wo aber die Krankheit mit 
der Epivemie der Grippe fin⸗ größerer Heftigfeit auftrat, das 
den ſich nach der Individualität) Fieber eine bedeutende Höße 
der Befallenen ꝛc. Abweichun-| erreichte, Vernachlaͤſſigung der 
gen von der einfachen, erethi- | Kranfen Statt fand, da fleis 
fhen und reinen Hauptform,|gert fih das örtliche Leiden 
und ed gab Seuchen, in denen | ganz gewöhnlich, wird zur förme . 
alle oder doch die meiften Bälle |lichen Bruftentzündung. Der 
folhe Abweichungen waren. | Kranfheitszuftanderfcheintdann 
Die vorzüglichften und häufig« | complicirter und bedenklicher 
ſten der verfchiedenen Modifi⸗ (8. 15.) Manchmal ift dieſe 
eationen aber werden durch den | rheumatifche Form mit Catarrh 


ſynochalen oder torpiden Reacs | gemifcht, ja diefer ift praͤdispo⸗ 


tionscharafter des Leidens und |nirend. Das Mitleiven ber 
durch die Theilnahme der Vers | Schleimhäute giebt fich durch die 
dauungswerfzeuge begründet, mehr oder wenigere Auflodes 
und bilden folgende drei Va⸗ rung der Rafenfchleimhaut und 
rietäten: a) Influenza syno-|der Conjunctiva des Auges, tie⸗ 
chalis. Bei diefer Form nähert| fere Röthe derfelben, durch eis 
ſich die Bruftaffertion mehr der nen anfangs woäfirig-fchleimt- 
Entzündung. Der Schmerz ift| gen, fpäter confiftentern, nicht 


heftiger, firer, nicht felten Blut⸗ 
huſten zugegen. Die fichtbaren 
Schleimhäute find intenfiv roth, 
das Auge fehr empfindlich, Die 
Naſenſchleimhaut troden, die 
Fauces oft gefchwollen. Im⸗ 
mer iſt der Kopfichmerz flarf, 
das Geficht roth und zumeilen 
die Congeftion fo heftig, daß 
furibunde Delirien ıc. zugegen 
find. Das Fieber ift in der 


felten Elümprigen und gelb ges 
färbten, jedoch nie fehr beträcht- 
lichen Ausflug aus der Rafe, 
durch häufigern, gedehnten, raus 
ben Huften zu erfennen. Das 
Athmen tft etwas beengt, wird 
leicht hörbar, wohl felbft (durch 
den in der Luftröhre angeſam⸗ 
melten Schleim) röchelnd. Bei 
jungen Thieren (und diefe find 
es eben, wo eine catarrhalifche 


— 142 — 


Regel vom Beginn an ſyno⸗ Beimifhung am gewöhnlich“ 
hal, der Puls hart und vol, |ften vorfommt) ſchwellen auch 
der Durft heftig, die Haut tro⸗ gern die Kehlgangprüfen an, 
den, ver Harn roth und feurig.\fo daß der Kehlgang mehr over 


Man fieht diefe Abart vorzüg- 
fich in jungen, vollfaftigen Per⸗ 
fonen; und als Beifpiel einer 
Epidemie, welche in ihrer Tos 
. talität mehr diefen Charafter 
trug, mag die von Hoffmann 
geſchilderte Seuche von 1729 
bis 30 dienen. b) Influenza 
torpida (nervosa, maligna). 
Die Schleimhautaffertion ift bei 
dieſer Barietät, welche den Ge⸗ 
genfaß der vorigen bildet, in der 
Regel nicht fehrintenftv, wenn 
auch gewöhnlich weit verbrei- 
tet, nicht auf die Luftwege be- 
fohränft. Die Verſtimmung des 
Nervenſyſtems ift aber fogleich 


weniger belegt gefunden wirb. 
Das Fieber (defien Eintritt ges 
wöhnlih durch auffallenden 
und anhaltenden Froftfchauber, 
der nicht felten in den folgenden 
Tagen periodiſch wiederkehrt, 
mit deutlichem Aufſtraͤuben des 
Haares verbunden iſt), pflegt 
ſchon von vorn herein eine Hin⸗ 
neigung zum aſtheniſchen Cha⸗ 
rakter zu zeigen, daher der Puls, 
wenn auch voll, doch wenig 
geſpannt und mehr weich er⸗ 
ſcheint, der Herzſchlag mehr 
oder weniger fühlbar iſt. Der 
anfangs mitunter vorkommende 
entzündliche Anftrich bes Fie⸗ 


anfangs ehr beträchtlich, die bers pflegt fich meift bald zu 
Patienten fühlen ſich Außerft| verlieren, doch fehen wir das⸗ 
matt und Traftlos, fehen blaß |felbe auch bei robuften Conſti⸗ 
und entftellt aus und bieten Die | tutionen und bei trodner Falter 
mannigfachften nervöfen Zu⸗ Witterung mit dem fthenifchen 


fälle dar. Diefe Form ift es, 
bei der fich die SKranfen vor 
Schwindel oft faum aufrecht er- 
halten koͤnnen, bei welcher der 
nervoͤſe Huften zumErftiden hef⸗ 
tig iſt, krampfhaftes Erbrechen, 


Charakter fo ganz felten nicht 
auftreten. In dieſem Falle pflegt 
dann, aber gewöhnlich das 
Schleimhautleiden bis zur wirfs 
lichen Entzündung ſich zu ſtei⸗ 
gern: Ceatarrhalifche) Bräune u. 


Spasmen der Waben, Sechs Bronchitis gelangen leicht zur 
nenhüpfen u. dgl. vorfommen, | Ausbildung und rufen nun 


— 143 — 


Kinder nicht ſelten in Convul⸗ noch eine Reihe anderer Er⸗ 
fionen verfallen und Erwach⸗ | fheinungen in dem Krankheits⸗ 
fene gern ohne alle Spur von bilde hervor. Indeſſen verbient 
Eongeftionen muffitirend deli⸗ doch bemerkt zu werden, daß 
riren. Das Bieber tritt oft auch felbft in folchen Fällen 
ziemlich fpät ein und trägt den der Charafter des Fiebers ſich 





torpiden Charafter; der Puls 
ift Hein, häufig und unregel- 
mäßig, die Zunge troden und 
fehmußig, der Harn trüb und 
fpaftiich, und der Stuhl bald 
verfchloffen, bald durchfällig. 
Die Erifen treten bei dieſer 
Form meiftend fpät und unvoll- 
fländig ein und hinterlafien 
noch lange Zeit große Schwä- 
he. Es nimmt die Influenza 
vorzüglih in Schwächlingen 
und feinen Kindern gern Die- 
fen Eharafter an, und bie tor- 
pide Form fcheint ed geweſen 
zu fein, welche in der bösar- 
tigen Epidemie, die 1580 Eu⸗ 
ropa durchzog, Die vorwaltende 
war. 


nicht lange als fthenifch ers 
hält, vielmehr bald eine Um⸗ 
wanblung in den afthenifchen 
zu erleiden pflegt und dann 
gern, bei fchweren Leiden, in 
den typhöfen übergeht. Bemerft 
zu werben verdient noch, daß 
in der erften Hälfte der Krank⸗ 
heit, bis Nafenausfluß eintritt, 
mehr oder weniger Eingenom⸗ 
menheit des Kopfes zu beftes 
hen pflegt, die bei ber rheu⸗ 
matifchen Form in ber Regel 
nicht beobachtet wird. Die Abs 
weichungen in den Digeftiond- 
verrichtungen, find denen ber 
rheumatifchen Form im Gan⸗ 
zen gleich, doch ift ein fchlei- 
miger Ueberzug des Miftes 
eine ziemlich gewöhnliche Er⸗ 
fcheinung. (8. 16.) Die Krank⸗ 
heit verläuft in dieſer Form et- 
was zögernber, als inerft be- 
fchriebener, nur felten entſchei⸗ 
det fich diefelbe vor. dem 10, 
bis 14. Tage; doch iſt der Aus⸗ 
gang auch hier gewöhnlich Ges 
nefung, wenn nicht Örtliche Ent⸗ 


War 


— 144 — 


zuͤndungen oder Erſcheinun⸗ 

gen eines tiefern lymphatiſchen 

Leidens hinzutreten und mit 

ihnen eine gefährliche Krank⸗ 

heit zur Ausbildung gelangte. 

Die Erfeheinungen, unter wel- 

chen die Genefung erfolgt, find, 

neben dem Nachlaſſen der allges 

meinen Krankheits = Zeichen, 

ein trüber, febimentöfer Urin, 

Schleimfluß aus der Nafe, bes 

gleitet von einem trocknen Huſten. 

7. Influenza gastrica. &| 7. (6. 17.) Haͤufiger noch 
charakteriſirt ſich dieſe Varietaͤt als die Schleimhäute ſehen wir 
dadurch, daß außer der Reſpi⸗ | die Hinterleibsorgane mitleiden, 
rationsſchleimhaut und hie und |und zwar am gewöhnlichften 
da felbft flatt derſelben die die Leber mit in den Krank— 
Mucofa des Digeftionscanales |heitöprogeß gezogen werben, 
leidet. Sie unterſcheidet fich |und die Influenza dann in der 


gewöhnlich fehon in ihrem Be⸗ 
ginne von der einfachen Form, 
da gleichzeitig mit den Sym⸗ 
ptomen diefer ein weißgrauer 
oder gelbliher Zungenbeleg, 
bitterer Geſchmack, Aufftoßen, 
Brechneigung und wirkliches 
Erbrechen fchleimiger oder gal⸗ 


gaftrifcherheumatifchen oder bi⸗ 
liös⸗rheumatiſchen Form auf: 
treten. Wo dieſe gleich vom 
Anfange praͤvalirt, da ſehen 
wir haͤufig ſchon unter den 


oben genannten Vorboten eine 


gelbliche Faͤrbung der Schleim⸗ 
häute, die am ſtaͤrkſten an der 


liger Maſſen, Mangel der Eß⸗ Conjunctiva des Auges hervor⸗ 
luſt, Volle und Brennen im tritt, m. o. w. belegte Zunge, 
Scrobiculo cordis, zuweilen| Störungen in der Verdauung?e. 
auch Durchfaͤlle u. dergl. Er⸗ dem eigentlichen Ausbruche 
ſcheinungen ſich einſtellen. Ja der Krankheit laͤngere oder kuͤr⸗ 
bie und da find dieſe gaftris|gere Zeit vorausgehen; Er⸗ 
ſchen Befchwerben fo überwies|fcheinungen, welche während 


— 145 — 


gend, die eatarrhalifchen fo zu- 
rüdgebrängt, daß ſich das Lei⸗ 
den mehr wie Cholera oder 
Enteropyra geftaltet und nur 
das gleichzeitige Vorkommen 
mit anderen Fällen, die große 
Proftration der Kräfte ıc. Die 
Influenza erfennen lafien. Das 
Fieber ſtellt ſich gewöhnlich 
frühzeitig ein und währt et- 
was länger, al& bei der Haupt» 
form; meiftens ift der Puls 
frequent (110— 120), weich, 
großwellig, die Haut turges⸗ 
eirend, der Harn bierbraun, 
wie beim Rothlauffieber; Doch 
fann die Gefäßreaction auch 
mehr zum Torpiden neigen und 
fih mit allen GErfcheinungen 
der vorigen Varietät verbinden, 
und ich habe in einigen Fällen 
felbft Zufälle der Diffolution, 
profufe Blutungen aus ber 
Rafe, Burpurafleden, ftinfende 
Burchfälle ic. neben der ga⸗ 
ſtriſchen Influenza des Jahres 
1833 geſehen. Gewoͤhnlich ent⸗ 
ſcheidet fich das Fieber erſt ge⸗ 
gen den 5. bis 7, Tag, und 
Ausichläge, bald große, rothe 
Fleden, eine Art von Rafh, 
bald Urticaria oder Phlytcae- 


nosis labialis fommen hier 
noch frequenter als fonft vor; 


Mas. ft Thierheilt. XI. 


der Dauer der Krankheit blei⸗ 
bend find und dem Grade nach 
zunehmen, Der Eintritt der 
Krankheit felbft Fündigt fich 
nicht ſelten durch gelinde Ko⸗ 
likſchmerzen an, wobei fich bie 
Kranken jedoch nicht fo un« 
rubig benehmen (fi nur nad) 
dem Leibe umfehen, mit dem 
Schweife webeln, ſich nieber- 
legen und meiftens längere Zeit 
liegen bleiben), als dies bei 
einer eigentlichen Kolik der 
Tal if. Doc fehlt e8 auch 
nicht an Beifpielen, wo wirk⸗ 
lich Coliken zu Stande famen, 
nach deren Weberftehung die 
Influenza dann in ihrer vollen 
Blüthe daſtand; ja es find 
Fälle vorgefommen, wo von 
vorn herein eine Darmentzüns 
dung zur Ausbildung gelangte, 
und die Thiere tödtete. Im 
Ganzen und am Gewöhnlidhs 
ften fehen wir aber, daß Er- 
feheinungen einer Bruftaffertion 
fehr bald Hinzutreten, und die 
fer die Erſcheinungen eines Le⸗ 
berleivend. Auf welche Weiſe 
diefes aber zur Entwidlung 
gelangt, es pflegt bei biefer 
Form der Influenza die Ein- 
genommenheit des Kopfes groß 
zu fein: die Thiere ſtehen ab» 
10°»: 


— 14 — 


auch fehlen faft niemals eritifche | geftumpft, ſtuͤzen den Kopf 
gallige Stühle, Wie aber beider wohl auf den Barren, die Au⸗ 
gewöhnlichen Grippe oft noch | genlieder erſcheinen wie gedun« 
lange Zeit Huften zurüdbleibt, | fen, die Augen find halb ge 
fo hinterläßt die gaſtriſche Artifchloffen, gläfern; in hoben 
oft dispeptifche Zufälle, Diar⸗ Graben treten ſelbſt Erſchei⸗ 
rhoͤe c. Zahlreiche Fälle biefer nungen niebern Grades des 
Form kamen vorzüglich in ber Dummkollers ein, wo dann die 
Senche von 1833, einzelne. je⸗ Kranken auch eine unregel⸗ 
doch auch 1837 vor. mäßige Stellung, meiſtens eine 
ſchraͤge, mit mehr unter den Leib geſtellten Hinterfüßen, an⸗ 
nehmen; in anderen Faͤllen ift die Stellung der Hinterfüße 
mehr kuhheſſig; doch fehlt auch hier das Schildern der Hin« 
terfüße, indbefondere mit dem rechten, nicht. Gegen den Drud 
in der Lebergegend zeigen fich die Thiere (wenn die Abſtum⸗ 
pfung nicht zu groß iſt) empfindlich. Das Athen, das auch, 
hier befchleunigt, jedoch nicht fo frequent, als bei einfacher 
Bruſtaffection ift, gefchieht in der Art, daß die Inſpiration 
lang und tief, die Exrfpiration furz ifl. Der gewöhnlich vor 
bandene Huften iſt kurz, abgebrochen (wegen ber Beruͤh⸗ 
rung zwiſchen Zwerchfell und Leber) ſchmerzhaft und wird 
zu unterbrüden gefucht. Der Puls, der audy bier, zwar ja 
nad) dem Charakter des Fiebers verſchieden fich zeigt, if da⸗ 
durch ausgezeichnet, daß er meiftens in Bezug auf die Aufe 
einanderfolge und Befchaffenheit eine größere ober geringere 
Ungleichheit und Unregelmäßigfeit zeigt, nicht ſelten ſogat 
ausfegend iſt. Die Freßluſt ift gering ober ganz aufgehoben; 
die Störungen in der Miftereretion find hier auffalender: der 
Miſt ift Hein geballt, troden, dunkel gefärbt und glänzend, 
oder auch größer und loder geballt, unverdauete Stoffe ent⸗ 
baltend. Der Urin gelblich, fafranfarbig. ($..18) So lange 
auch bier in den Organen feine namhaften Gutzändungen 
zus Ausbildung gelangen, erfolgen mit dem 7. — 9. Tage 
eritifhe Erfcheinungen durch die Nissen, den Darmfanal, 


\ — 141 — 


burch tofenartigg Schlauchanfchwellungen ıc., und Genefung 


tritt ein. 

8. (8.744.) Die Influenza 
unterfcheidet fich vom einfachen 
Catarrhe, außer durch die all- 
gemeine Verbreitung ihrer Epi- 
demien, die gewöhnlich in Fur: 
zer Srift den größten Theil ver 
Bevölferung heimfuchen, durch 
die weitere Ausdehnung und 
die enianthematifche Natur ber 


8. (8. 117.) Die Influenza 
muß zunaͤchſt als eine anftef- 
fende Seuche aufgeftellt wer- 
den, indem ihr fporabiiches 
Vorkommen nur mehr fehein« 
bar iſt. ) (8. 118.) Eine Ber: 
wechslung mit der Influenza 
läßt insbefondere die (rheuma⸗ 
tifhe) Bruftentzündung zu. 


Schleimhaut » Affertion, durch | Das plöbliche Auftreten, ſowie 


das tiefe Ergriffenfein des Ge⸗ 
meingefühls, die große Mattig- 
feit und Abgefchlagenheit, den 
Kreuzſchmerz, das verhältniß- 
mäßig beftigere Fieber und ben 
acuten Verlauf. Außerdem wä- 


die meiſtens nachweisbaren 
veranlaffenden Urfachen ver 
fporadifch auftretenden Bruſt⸗ 
entzändung reichen für gewoͤhn⸗ 
lich ſchon aus, fih vor einer 
Verwechslung zu fehügen, min⸗ 


ren manche Bälle der gaftris | deftens führen fle darauf bin, 
ſchen Varietät vielleicht mit fo= | Verdacht zu fchöpfen. Auch Le 
genanntem gaftrifchen Fieber |berentzündung fönnte durch 
oder Cholera, Diarrhöe ıc. zu eine oberflächliche Unterfuchung 
verwechſeln, allein e8 wurde und Würdigung für Influenza 
bereitö erwähnt, wodurch Die! genommen werben. Die Ver⸗ 
Diagnofe gefichert wird. | wechslung aber mit fieberhaf« 
ten rheumatifchen, rheumatifch- 
catarrhalifchen und rheumaz 
tifch -gaftrifchen Zuftänden (9) 
wird wentgftens durch den Ver- 
lauf aufgehoben. 


*) Somit iſt der Sa ©, 6: „bag fie ſich in einzelnen Erkrankun⸗ 
gen zu erhalten weiß, beshalb nunmehr als eine ſtationaͤre Krankheit zu 
betrachten ift“ umpaſſend für bie Influenzalehre? F. 

10* 


— 148 — 


O. (8.745.) Yetiologie. Die| 9. ($. 119.) Ueber den 
Influenza tritt nie fporadifch, | Seuchengang der Influenza 
fondern ftets in großen Epi⸗ (die Art und Weife ihrer Wei- 
demien auf, welche die alte|terverbreitung) laͤßt fich nichts 
Welt conftant in der Richtung | Beftimmtes anführen. Daß fle 
von Oft nad) Weft durchziehen, | fich in einer gewifien Richtung 
Europa von China her zuerft| weiter verbreite (nach einer 
in Rußland berühren und bis | Himmelsgegend hin), wie Dieß 
nah Spanien vorfchreiten. | wohl bei einigen anderen Seu- 
Manche Seuchen Haben fich chenkrankheiten fih bemerkbar 
über das Meer von Europa | macht, fcheint nicht der Fall zu 
her nach Amerifa verbreitet; | fein, wohl aber hat man beob- 
allein die neue Welt hat auch | achtet, daß fie fich in der Rich- 
ihre eigenen Influenzazüge, bie tung hin weiter verbreite, in 
(wunderbar genug) die Richs | welcher Pferde - Abtheilungen 
tung von Süden nad) Norden | transportirt werden, unter wel- 
einhalten. Was diefe Kranfe| chen die Influenza herrfchte. 
heitöwanderungen, welche fih Bachmann fagt: Pferde aus 
weder um die Strömung der den verfchievenften Gegenden 
Luft, noch um Breite» und Län- | und Lebensverhältniffen (mit 
gengrade, Jahreszeiten und Terz | den Kranken in Berührung ger 
rainverfchievenheiten fümmern, | bracht) wurden angeftedt. In 
bedinge, wiffen wir nicht. Moft | Ställen, wo erft Ein Krank 
u. A. haben gemeint, fie ehr- |heitsfall eintrat, folgten ges 
ten in regelmäßigen Intervallen | wöhnlich bald mehre, bis bie 
wieder, allein dieß beftätigt fich | Zahl der gleichzeitigen Erfran- 
nicht. Die wahrfcheinlichfte uns | fungsfälle ein Marimum ers 
ter den verfchiedenen Hypothes | reichte und dann allmählg wie⸗ 
fen, durch welche man fie zu! der abnahm. Bei warmer, feuch- 
erklären verfucht, ift mir noch |ter Luft zeigten fich die mehr-. 
bie, daß fie mit eleftrifchen Vor⸗ ften Kranken, das Gegentheil 
gängen in der Atmofphäre und |aber wurde beobachtet, fobald 
Erdrinde im Zufammenhange)reine Luft und eine trodne 
fländen, die in der Richtung | Kälte eintraten. Wo die Krank⸗ 








— 19 


von Oft nach Weft (oder von heit aber im Entflehen war, da 
Sid nah Nord) allmaͤhlich kam fie bei trodner Kälte um 
über große Landftriche fort⸗ jo fehneller zum Ausbruch und 
fhritten; doch verfenne ich |erreichte einen höheren Grad. 
nicht, daß auch gegen diefe An⸗(8. 85 Heißt es: Die Kranf- 
nahme Manches einzuwenden |heit hat fich bisher unter den 


iſt. 
Langt die Grippe an einem 
Orte an, fo befaͤllt ſie gewöhn⸗ 


verſchiedenſten Außeneinfluͤſſen 
ebenſowohl gezeigt, als ſie oft 
dort erſchien, wo in der Fuͤtte⸗ 


lich in kurzer Zeit ohne Unters rungsweiſe und in dem Ver⸗ 
ſchied des Alters, Gefchlechts, halten der Pferde überhaupt 


der Race, Individualität ıc., 
einen größern Theil der Be- 
völferung, als jede andere Epi- 
demie, und der Iocale und epi- 
demifche Genius morborum, 
die Kranfheitsconftitution und 
individuelle Anlage influiren 
nur in fofern auf fie, daß fie 
im einzelnen Falle oder in der 
ganzen Seuche bie Barietät bes 
ftimmen, in welcher die Krank⸗ 
heit erfcheint. Anderweitige 
berrfchende Uebel werben zu⸗ 
weilen durch ihr Hereinbrechen 
erftit, To 3. B. die Blattern 
"1833 bei Bamberg, zuweilen 
aber compliciren fie fi mit 
ihr. Sie hält fi an einem 
Drte, je nad der Volkszahl 
und der Intenfität, mit welcher 


fle auftritt," längere oder fürs. 


zere Zeit auf und verfchwindet 


nichts Rachtheiliges fich auf 
finden ließ.) 

Uebrigens folgt die Influ⸗ 
enza gern den Ylußgebieten. 
Freilich wird dieß nur für ih⸗ 
ren miadmatifchen Ausbrei⸗ 
tungsweg gelten Tönnen und 
nur bedingt auch für den con⸗ 
tagiöfen Anwendung finden. 
Bom Seuchengange bat man 
auch auf das mehr periodifche 
Auftreten der Krankheit, in eis 
ner und’derfelben Provinz, Ans 
wendung gemacht, und auf 
Grund vorangegangener Beob- 
achtungen angenommen (Bach⸗ 
mann), daß der Influenza mei- 
ftens eine dreijährige Eruption 
eigen fei. Dies Verhalten hat 
man eben dadurch zu erklären 
geglaubt, daß, da bei einem 
allgemeinen Berbreitetfein der⸗ 


dann ſtets allmählicher, als fle|felben w. o. w. alle Pferde, 


— 150 — 


gekommen. Waͤhrend ihrer vol⸗ 
len Herrſchaft iſt in vielen Kran⸗ 
fen fein veranlaſſendes Mo⸗ 
ment nachzuweiſen: ſie ergreift 
auch ſolche, die das Bett nicht 
verkaſſen, doch um fo ſicherer 
die, welche ſich Verfältungen 
ausjegen ıc. Iſt die Seuche 
aber in ihrer Abnahme begrifs 
fen, fo werden nur jene befal« 
len, welche fih Schädlichkeiten 
Preis geben, und in diefer Zeit 
verräth fich auch, wie ich ge- 
jehen zu haben glaube, die Con⸗ 
tagiofität der Krankheit: Leute, 
die mit Grippekranken umgin- 
gen, wurden nochbefallen, wäh- 
rend in gefunden Familien ſchon 
längere Zeit keine Erkrankun⸗ 
gen mehr vorfamen. Dies Eon- 
tagium ift aber ficher nicht der 
Bermittler der Influenzazüge, 
wahrfcheinlih nur an ben 


welche die Krankheit noch nicht 
überftanden, von ihr ergriffen 
wurden, und alle Pferde nicht 
wieder in diefelbe zum zweiten 
Male verfielen — die Dispo: 
fition erftin den nachfolgenden 
Generationen wieder auffom- 
men Fönne, und daß fo in der 
Regel eine mehrjährige Paufe, 
während welcher eine größere 
Zahl infectionsfähiger Pferde 
wieder herangewachfen, eintre- 
ten müfle, bevor wieder eine 
größere Verbreitung der Seu⸗ 


che vorkommen fönne. 


Wenn gleich diefe Annahme, 
in ihrer ganzen Ausdehnung, 
fich nicht beftätigt hat, fo Tiegt 
ihr doch etwas Wahres zu 
Grunde und ift nicht ganz Hy⸗ 
pothefe. Der zur Zeit viel re= 
gere Verkehr mit Pferden als 
früher, mag dazu beitragen, daß 


Hauch ber Kranken gebunden | die Periodicität in der neueflen 
und leicht zerfeßbar. Much | Zeit weniger mehr hat wahrger 
fchüßt es nicht vor einem zwei= nommen werben fönnen. Viel⸗ 
ten Befallenwerden, welches, |leicht, daß eine Sammlung ' 
wenn auch felten, in derſelben | chronologifch verfolgter einzel- 
Epidemie Statt finden kann. ner Seuchenfälle doch noch zu 
interefianten Refultaten füht. 

10. (8.745.) Verlauf, Dau-| 10. c$. 37.) Der größern 
er, Ausgänge. Die eigentliche | oder geringern Einfachheit und 
Grippe verläuft ſtets acut; es Complication, dem Charafter 
find nur ihre Nachwehen, wel⸗ des Fiebers 2c, entfprechend, 


— 151 — 


che ſich zuweilen ſehr in die geſtaltet ſich der Verlauf der 
Länge ziehen. Sie iſt jedoch Influenza mannigfach verſchie⸗ 
nicht immer fieberhaft und den. In den unterſchiedenen 
uͤberall, wo Influenza herrſcht, drei Hauptformen beobachtet 
kommen zahlreiche fieberloſe Ca⸗ der Verlauf zwar eine größere 
tarıhe vor, welche ihren Zus|Regelmäßigfeit und auch Gut⸗ 
fammenhang mit der Eeuchejartigfeit, das Fieber behauptet 
durch bie Berflimmung des | mehr einen anhaltend nachlafs 
Gemeingefühls, die Abgejchlar |fenden Typus. Nicht felten 
genheit, den Ruͤckenſchmerz be= | wird jedoch auch in dieſen Faͤl⸗ 
urfunden. len einige Unregelmäßigfeit in 
der Aufeinanderfolge und Stärke der Symptome wahrgenons 
mer, daher man benn auch der Influenza einen unregelmaͤ⸗ 
figen Verlauf zugefchrieben, der von Mehren fogar als et- 
wos Sharakteriftifches betrachtet worden iſt. Je beträchtlichere 
Localentzuͤndungen zur Ausbildung gelangen, defte anhalten» 
der pflegt jedoch der Verlauf zu fein, die früher mehr ober 
weniger beobachteten Remifflonen treten nicht mehr fo beuts 
lich hervor, und der ganze Krankheitszuftand erfcheint uͤber⸗ 
haupt heftiger; doch treten auch hier, nach Verſchiedenheit 
der entzuͤndeten Organe, Abweichungen ein, die nach dem, 
was bei Betrachtung der Complication geſagt worden iſt, 
leicht zu bemeſſen find. Die größte Unregelmaͤßigkeit zeigt 
aber die Kranfheit in ihrem Verlaufe, fobald das Fieber ent- 
fieben einen nervöfen Charakter angenommen hat. Auffal 
lende Eracerbationen, felbft Barorysmen, werben hier beobs ' 
achtet, worüber jedoch zu bemerken, daß nicht immer eine 
größere Brequenz des Pulfes das Merkmal der Eracerbation 
if; denn nicht felten ift ver Puls während derſelben feltener, 
voller und zur Zeit der Remiſſion frequenter, aber ſchwaͤcher. 
Die größte Höhe pflegt die Krankheit gegen ven 5. 7., % 
Tag zu erreichen, wo in den gelinveren Fällen vollſtaͤndige 
Erifen (durch die Haut, Schleimhaut, Nieren ıc.) fich einzu⸗ 
ftellen pflegen. In ſchweren Erkraufungsfällen aber und na⸗ 





— 132 — 


mentlich bei deutlich ausgefprochenem nervoͤſem und fauligem 
Zuftande treten um diefe Zeit, befonders wenn ein übler Aus- 
gang bevorfteht, ſchwerere Nervenzufälle (Krämpfe, Convul⸗ 
fionen, Zittern der Gliedmaßen, Lähmungen ıc.), fowie Zei⸗ 
chen der Colliquation (falte, wäßrige Schweiße, ftinfende 
Durchfälle, Gefchwülfte an verfchievenen Körpertheilen) ein. 

Die Dauer des Uebels va-| ($. 33) Die Dauer der 
rürt etwas nah den Baries | Krankheit varürt fehr.. Sie 
täten. | richtet fich im Allgemeinen nach 
der Art des Ausganges, welchen die Krankheit nimmt. Hier 
befchränfen wir uns zunächft auf die Dauer derfelben, wenn 
fie ihren Curſus vollendet und nicht Durch den Tod unter 
brochen wird. In den gelinden Graben, wo feine namhaften 
Entzündungen innerer wichtiger Organe zu Stande fommen, 
ift die Krankheit in 10 bis 14 Tagen, d. 5. vom Tage ber 
wirflichen Erfranfung an gerechnet, überftanden; bei beträcht- 
lichen Localentzuͤndungen aber und der Bildung von Entzün- 
bungsübergängen felten vor drei Wochen beendet, und wo 
ſchwere Nervenzufälle und die eines feptifchen Zuftandes über- 
haupt bervortreten, kann die Krankheit eine Dauer von 4 bis 
6 Wochen umfaflen. Etwa eintretende Nachkrankheiten Fönnen 
bie Dauer des Krankſeins mehr oder weniger noch weiter 
hinausziehen. Insbeſondere verdient aber bezüglidy des Sta- 
biums der Reconvalescenz bemerft zu werden, daß daſſelbe, 
wenngleich es fich mitunter fehr in die Länge zieht, im Gan⸗ 
zen Doch nach der Dauer der Krankheit fich richtet. 

Die möglichen Ausgänge| (8. 39.) Die Krankheit geht 
aber find: a) In Genefung.|1) in Genefung über und zwar 
Sie erfolgt unter allfemeinen |entweder unmittelbar, indem 
und örtlichen Criſen, wie bes das Fieber ſich auflöft, Die zu 
reits erwähnt worden. b) In |Stande gefommenen Entzüns 
theilweife Genefung. Oft hin⸗ dungen fich zertheilen; ober 
terbleibt noch lange Zeit Het- mittelbar: durch Enzündungs- 
ferfeit, trodner nervöfer Hu⸗ übergaͤnge. Oder 2) führt fie 


— 13 — 


fen, Catarrhus chronicus bei 
der gewöhnlichen, Dyspepſie 
oder Diarrhöe bei der gaſtri⸗ 
ſchen Form, und viele Patien- 
ten fommen nur fehr allmäh- 
lich zu Kräften. c) In andere 
Krankheit. Ich habe in den 
beiden mir vorgefommenen Epi- 
demien (1823 u. 1837) fehr 
mannichfache andere Kranfhei- 
ten aus der Influenza entſte⸗ 
hen fehen. Bald fleigerte fie 
fi) (namentlich die erſte Va⸗ 
rietät) zur Entzündung, Bron⸗ 
chitis oder Pneumonitis, bald 
trat Pneumochyſis oder Sthes 
tochyfis hinzu, in Kindern 
wurde fie wiederholt zum 
@roup, noch häufiger aber 
zur WPartuffis, und mehre 
theils fchwächliche, theils voll⸗ 
ſaftige Subjecte gingen waͤh⸗ 
rend derſelben durch hinzutre⸗ 
tende Eclampſte oder Ence- 
phalochyſis zu Grunde. Be⸗ 
ſonders häufig aber metaſche⸗ 
matiſirte ſich die gaſtriſche In⸗ 
fluenza d. J. 1833 in Inter- 
mittens quotidiana oder ter- 
tiana, indem ſich die Refpira- 


zum Tode und zwar ebenfalls 
entweber unmittelbar, oder mit⸗ 
telbar durch übelgeartete Fol⸗ 
gekrankheiten. Endlich aber fann 
fie 3) auch zu verfchiedenen 
hronifchen, mit relativer Ge⸗ 
fundheit beftehenden Nachkrank⸗ 
heiten von verfchiedener Dis 
gnität führen. ($. 40.) Der 
unmittelbare Ausgang in Ges 
nefung ſteht überhaupt zu er⸗ 
warten, wenn das Fieber In 
mäßigem Grade fortbefteht und 
fi) als ein gelind Tunochöfes 
oder mehr einfach afthenifches 
behauptet, hochgradige Entzuͤn⸗ 
dungen nicht zur Ausbildung 
gelangten und heftigere nervoͤſe 
Zufaͤlle fehlen, insbeſondere, 
wenn gegen den 5., 7. bis 9. 
Tag eritifche Erſcheinungen her⸗ 
vortreten. Am allergewoͤhnlich⸗ 
ſten und namentlich bei mehr 
reinen Leiden der ſeroͤſen Haͤute 
kommen Criſen durch die Nie⸗ 
ren und Haut zu Stande. Beim 
Mitleiden der Schleimhaͤute 
neben dieſen Wegen, auch durch 
Schleimauswurf und Durch⸗ 
fall (wenn die Darmſchleim⸗ 


tionsſymptome maͤßigten, der haut mit ergriffen war). Letz⸗ 


Gaſtricismus aber fortbeſtand, 
das Fiber ſeinen Typus aͤn⸗ 
derte u. ff, Außer biefen Ue⸗ 


tere fehen wir auch bei gaftri- 
ſchen Xeiden eintreten, wo ſich 
auch Hautausfchläge mit Lo⸗ 


ar RE: 


bergängen, die ich ſelbſt beob-|fung Der Krankheit hervorbil⸗ 
achtet, kann aber bie Grippe den. ($. 48.) In nicht weni⸗ 
mit gaſtriſchem Anftriche und gen Zällen tritt aber auch die 
mehr torpidem Charakter, wie | Kranfheitsentfcheidung auf dem 
fie 1833 an verfchiebenen Der | Wege der Lyſis ein, indem die 
ten Frankens bewies, au in| Krankheitsiynintome ſuccefſtve 
Schleimfieber und Abdominal⸗ an Stärle und Zahl abneh⸗ 
typhen übergehen, und die Seu⸗ men und das Reconpalescenz⸗ 
chengeſchichte erzählt felbft. von | ſtadium eingeleitet yalrd. In ante 
Epidemien, welche fich in Per | deren Faͤllen erfolgen die Aus⸗ 
techial⸗Typhus vermandelten | leerungen nicht reichlich genug, 
(1580), Ueberhaupt fcheint die um zur vollkommenen Löfung 
Influenza Die Kraft zu beſitzen, Der. Krankheit zu führen, bie volls 
Keime von Epidemien, welche| fländige Genefung wird dann 
in einer Bevölkerung liegen, | zum Theil auch Durch Lyſis her⸗ 
zur Entwidlung zu bringen, beigeführt. In beiden Fällen 
und war fieht daher unmit⸗ wird bie Geneſungsperiode um 
telbar auf ihre Wanderun«|fo länger dauern, daher denn 
gen wmannigfache andere Seu⸗ auch zu den oben genannten 
chen, namentlich exanthemathi⸗ Momenten für Die Dauer des 
fhe Krankheiten, der Mafern, | Reconvalescenz⸗Stadiums Die 
des Scharlachs, der Blatiern,| Art der Entſcheidung der Krank: 
aber auch Des Keuchhuftens, | heit noch hinzu zu rechnen if. 
ber Cholera, ja felbft der Pe — Bei vollkommen durchge⸗ 
folgen, Eine ähnliche Wirfung | führten Grifen fehen wir mit- 
uͤht Re in Individuen aus, er⸗ unter auch, bald nach dem Zu: 
weckt auch in ihnen ſchlummernde | rüdtritt der Ausleerungen, mes 
Krankheitöfeime: Lungentuber- | taftatifche Gefchwülfte an ver⸗ 
feln zerfließen, Hydrothorar, | fchiedenen Körperſtellen entſte⸗ 
Herzfehler u. dgl, machen ra⸗ hen (namentlich in jenen Faͤl⸗ 
fche Fortfehritte, und gern bil-|len, wo neben dem Schleim- 
den fich in Folge der Grippe hautleiden auch ein Eingriff in 
Seropheln, Rachitis und aͤhn⸗ das lymphatiſche Syſtem flat 
liche Cacochymien aus. d) In fand) Die zwar meiſtens zur 





— 155 — 


ben Tod. Kinder, Schwäch- | vollftändigen Loͤſung der Krauk⸗ 
linge und Greiſe vermag In=| heit führen (und fomit gewiſ⸗ 
fluenza primär zu tödten: fie|fermaßen als Hülfscrifen zu 
fterben bald fuffocativ bald apo⸗ betrachten find), aber auch germ 
plectiſch. Häufiger aber wird | den Grund zu chirurgifchen Ue⸗ 
fie durch den Ausgang in an-|bein legen, die bald leicht, bald 
dere Krankheit lethal. aber auch hartnädig fein koͤn⸗ 
nen. (8. 49.) Geht die Krankheit nicht unmittelbar in Ge⸗ 
nefung über, was da erfolgt, wo beträchtliche Entzündungen 
einzelner Organe zur Ausbildung gelangten, und welche be- 
reits Vlebergänge machten, fo Tann die Genefung zwar noch, 
aber nur mittelbar durch diefe Entzündungsübergänge erfolgen, 
indem die Probucte ver Entzündung befeitigt werden und Ge⸗ 
fundheit wiederkehrt. ES kann felbft da noch Geſundheit er» 
folgen, wo eine vollftändige Befeitigung der Entzündungs« 
producte (deren fichere Erkennung nicht einmal immer möglich 
if) nicht ſtatt fand, fo daß bie thierifchen Berrichtungen ohne 
fiyibare Störungen von flatten gehen und die Dienftfähigkeit 
der Thiere nicht, oder doch nicht beſonders beeinträchtiget 
wird. (8. 57.) Inſofern folche Uebergänge aber feine Gene- 
fung zulaſſen, aber auch nicht, durch Vernichtung wichtiger, 
zur Erhaltung des Lebens nothwendiger Functionen zum Tode 
führen, legen fie meiftens den Grund zu Nachkrankheiten, als 
Unorbnungen in der Berbauungsthätigfeit, Mangel an Ap⸗ 
petit, fchwache, fhlechte Verdauung und daher rührende man⸗ 
gelhafte Ernährung, chronische Huften, Athmungsbeſchwerden, 
Dampf, Schwindfucht, verdächtige Drufe, Ro und Wurm, 
Augenentzündungen, lähmungsartige Schwäche, Eontracturen 
der Sehnen, Sehnenfcheiden- und Gelenkanſchwellungen, An- 
ſchwellungen und umfangreiche Abſceſſe an verſchiedenen Kör- 
perftellen, fchmerzhafte Anfchwellungen der Rippen, Auftrei- 
bung des Speichelcanales, Anfchwellung, Berhärtung der 
Ohrdruͤſe und Fifteln daſelbſt, üble Geſchwüre an ben früher 
geſchwollen gewefenen Theilen, fowie Dort, wo Haarſeile, 


— 16 — 


Sontanelle ıc. gelegen haben; übelartige Gefchwüre und Ent⸗ 
artungen der Haut in der Köthe; harte begrenzte Knoten in 
der Haut; in einzelnen Fällen Harnbefchwerden, Hamruhren, 
Nierenſchwindſucht, chronifche Bauchwaflerfucht, Lähmungen 
der Ruthe, innere Berblutungen, in Folge von geborftenen 
Aneurpsmen. ($. 58.) Der zmeite und unglüdliche Aus- 
gang, welchen die Influenza nehmen fann, ift der in ben 
Tod. Mittelbar kann diefer nun durch Entzündungsüber- 
gänge ober durch ihrer Seits bedingte Nachfranfheiten erfol- 
gen. Namentlich wird er aber ftetd da eintreten, wo die 
Entzündung bis zu dem Grade fich fleigerte, den man mit 
Brand zu bezeichnen pflegt. 

11. Die Vorherfage it im) 11. (8. 121.) Welchen 
Allgemeinen günftig, Die Mor⸗ Ausgang die Influenza nehme, 
talität im Verhältniffe zur Zahl laͤßt fich gleich zu Anfange ber 
der Befallenen gewöhnlich fehr | Krankheit nicht immer mit ber 
gering. Doch es Hat Seuchen, zu wünfchenden Sicherheit be- 
wie die von 1580, von 1729 |flimmen, da im ferneren Ber- 
bis 1730 u. a. gegeben, wels|Iaufe derfelben fich leicht und 
che durchaus nicht gutartig wa⸗ gern Complicationen 2c. hinzu⸗ 
ren, und in Kindern und Grei⸗ geſellen, die, felbft bei einem 
fen, in Subjeeten, die fchon | anfänglich gelinden Anſcheine 
feit länger auf der Bruft lei⸗ der Krankheit, doch noch einen 
den u. f. f., ift ein Influenz⸗ uͤbeln Ausgang ber Krankheit 
fat, namentlich der zwei erften | bedingen. Im Ganzen aber ge: 
Varietäten, durchaus nicht un-| hört fie nicht zu den bösartig- 
bedeutend. Viele der Kranfheis!ften Seuchen. Beiden verſchie⸗ 
ten, in welche die Grippe en-|denen Seuchenanfällen haben 
den kann, find höchft gefaͤhr⸗ ſich zwar fehr verfchiedene Res 
lich. ſultate heraus geſtellt; bei ih» 
ren erften Ausbrüchen zeigte fie fich bösartiger, als fpäter, 
doch ift der DVerluft felten nur über 10 pCt. geweſen. In 
der neueften Zeit hat er meiftens nicht 5 p&t. überftiegen, 
in vielen Zällen fogar nur 2 bis 1 pCt. betragen. Wenn 


— 197 — 


biefe jet günftigeren Refultate zum Theil dem Verhalten ber 
Influenza felbft zugefchrieben werden müfien, fo mag hieran 
doch auch eine zwedimäßigere Behandlung einen nicht gerin- 
gen Antheil haben. (8. 122.) Bei verebelten Pferden fah 
man die Seuche leichter einen übeln Ausgang nehmen; tra« 
genden Mutterftuten wird fie eher verberblich; bei ſtuͤrmi⸗ 
fchem, falten regnigem und Schneewetter tritt fie übler auf; 
in Niederungsgegenden, in ber Rähe von Fluͤſſen, Ragniren- 
den Gewäflern, in größeren, dem Zuge mehr ausgeſetzten 
Stallungen ıc., neigt fie fich mehr zum bösartigen Eharafter. 
12. (8. 747.) Leichenbe⸗ 12. (8. 59.) Die Veraͤn⸗ 
fund. Der Influenza als ſol⸗ derungen, welche nad dem 
her gehört wohl nur bie flef«, Tode in dem Körper gefunden 
fige, enianthematifche Röthe werben, find im Allgemeinen 
der affieirten Schleimhäute an, | abhängig von der Art und dem 
die man in den Leichen bald | Sige der örtlichen Entzündung, 
nur in den Luftwegen, bald |den etwa ſchon erfolgten Ue⸗ 
auch im "Tractus intestinalis | bergängen berfelben, fowie von 
findet, und die, je nad der |fonftigen Complicationen und 
Zeit, in welcher die Patienten dem Charakter der Krankheit 
zu Örunde gehen, nach der überhaupt. Wie nun von Dies 
Varietät ıc. bald mehr, bald ſen Momenten auch m. o. w., 
weniger entwidelt ift. Außer: |die Dauer der Krankheit ab- 
dem findet man aber Leber- |hängig ift, fo wird denn auch 
fülung der Bronchien mit der Befund nah Verſchieden⸗ 
Schleim und die Zeichen der | heit diefer ſich richten, fo daß 
Stethaemia passiva, wo Er= | wir im Allgemeinen bei ſchnell 
ſtickung töbtete, Blut oder Waf- | zum Tode geführten Krank 
jer im Kopfe, wo Apoplerie | heitöfällen nur die Zeichen ber 
lethal wurde, und in den mei=| Congeftion oder m. o. w. bie 
fien Leichen Merkmale anderer der Entzündung; bei längerer 
Krankheiten, in welche die In⸗ Dauer und fchon Statt gefun⸗ 
fluenga übergegangen war. denen Entzündungsübergängen 
die Producte diefer vorfinden. 


— 18 — 


werben. Es kann daher auch als Regel gelten, daß nach 
furz bauernder Krankheit die Abnormitäten weniger zahlreich 
find, ala wo die Stranfheit von längerer Dauer war. (Auf 
Die einzelnen Spinola’fchen Sectionsdata werden wir unten 
wieder zurüdkommen.) | 
Die Therapie hier als unweſentlich übergehend, obfchon 
e8 Tür den practifchen Arzt wahrlich nicht einerlei ift, ob er 
die „Snfluenza” als einen Gatarıh oder Rheumatismus, oder 
als eine weit vorgefchrittene Blutvergiftung anfteht, kehren 
wir zu der Frage zurüd, ob eine legitime Verwandiſchaft 
und ein cotarrhalifchsrheumatifches Grundleiden nachgewielen 
werden fann? 3 
Die Symptome, wie die Herren Fuchs und Spinsla 
fie aufgezeichnet haben, zeigen dem flüchtigen Befchauer eine 
- genaue Verwandtſchaft, und er beruhigt ſich, daß die zu fin⸗ 
denden Abweichungen nur auf bie ergriffenen Genera, Menſch 
und Pferde, zu beziehen find, und wenn Fuchs fie als Ga- 
tarrh, Spinola ald Rheumatismus Tennen lernte, daß dieß 
zugleich auf Elima und anderen Nebeneinflüffen berube. 
Doc wir dürfen nicht blos die Aehnlichkeiten fuchen, 
wenn wir Die Identität mehrer Dinge darthun wollen, fonts 
bern wir müffen notwendig auch die wefentlichen Verſchie⸗ 
benheiten aufzufuchen ung bemühen: nur dadurch befommt fie 
Halt und Werth. Ich nahm deshalb zur Beantwortung der 
Fragen: ift die Influenza eine Typhusartige, find Die Fuchs« 
ſche und Spinolaſſche Influenza eine und biefelbe, ober ger 
Hört vielmehr die Fuchs'ſche Influenza der Catarrhfamilie, die - 
Spinola’fehe den Typhen an? folgende Punkte wahr: 1) 
bie Genefls und Verbreitung; 2) die Erfcheinungen, welche 
den Eintritt der Krankheit bilden; 3) die Succeſſtons⸗Er⸗ 
fdeinungen; 4) den Berlauf, die Dauer und die Nachkrank⸗ 
heiten. | 
Sehen wir die Influenza auch Nicht geradezu ald ge⸗ 
wöhnlihen Catarrh verlaufen, fondern das Nerven. und 


— 159 — 


; | 
Blutleben mehr und eigenartiger ergriffen, fo finden wir boch, 
baß die Influenza einen Atiologifchen Focus haben mag, und 
daß fie immer epidemifch fich zeigt, und als contaglöfe Krank⸗ 
heit, immer wieder Influenza erzeugt, indeß Tyuphus aus 
mancherlei fchäblichen Emanationen  fich erzeugt, auch fpora- 
diſch auftreten und „fattonär" (f. oben) fein kann, ımb nicht 
immer und unbebingt wie der Typhus, ſondern auch Th⸗ 
phoide und mannigfache andere Infectiondfrantheiten bewirkt. 
Bei Influenza wird gleich anfangs bie Naſenſchleimhaut ca⸗ 
tarıhalifch affieist fein („Blikeatarch d. h. fehr ſchnell eintre⸗ 
tender Catasıh), während ber Typhus zuerfi immer mit Er⸗ 
fiheinungen auftritt, welche eine Affection bes gefammten 
Bhıta und Nervenlebens bezeichnen und ſich erit foäter ent: 
weder in ber Dauungs⸗ oder Bronchialſchleimhaut Iocalifirt. 
Bei der Influenza, wie bei allen Eatarrben, tritt nad) dem 
Stadium irritationis dad Stadiam blennorrhoicum ein, bei 
Typhus Dagegen eine Gruppe von Erſcheinungen, welche ein 
Dantederliegen des Nerwenleben® bezeichnen, das fich durch 
Torpor in spec. durch Stupor zu erkennen giebt und von 
Diffolution des Blutes und jenen eigenthümlichen Veraͤnde⸗ 
rungen der Schleimbäute begleitet wird. Während ferner 
der Typhus eine Borliebe für eine beftimmte Dauer und für 
die Entſcheidung an beftimmten critifchen Tagen bat (als Fa⸗ 
milie, alfo abgerechnet den fich uͤbercilenden Milzbrand und 
die aßatiſche Cholera — gewöhnlich am 14., 21. oder 28, 
Sage) dauert die Influenza im Allgemeinen weit kuͤrzere Zeit 
und ift ohne einen Typus. Wenn die Inſtuenza im Gan⸗ 
zen noch zu ben leicht Heilbaren Srtanfheiteh zu rechnen ift 
und in fonk Gefunden, nicht fo bedeutungsvolle Beſchwerden, 
als. Nachlrankheit folgen, zeigt ſich bei ben: Typhen die Le⸗ 
thalität greß, wenigfiens bleiben oft ſchwere und fehr ver= 
ſchiedene Krankheitsformen, als Hydrops, — 
Rotz, Wurm, Taubheit, Dummkoller ıc. zurück. 

Was — aber die ie bed Wefend der 


— 109 — 


(Spinola'ſchen) Influenza betrifft, wie iſt es da z. B. mög⸗ 
lich, daß, mit Spinola's Worten zu reden, „Pferde mitunter 
binnen 2 bis 4 Wochen influenzakrank fein und rotzig werben 
fönnen, nicht ſelten ſogar wider Vermuthen?“ 

- Anftatt meine Anſichten über das Unding der Diadoche 
im beredten Falle weiter zu entwideln, laſſe ich einen ge⸗ 
wichtigen Mann, der auch diefer Anficht entgegentritt, hier 
fprechen. Remak fagt in feinen „pathologifchen Unterfuchun- 
gen," Berlin 1845, ©. 55: „Es ift eine erhebliche Trage, 
ob Darmtyphus bei einer gewiffen Anlage des Körpers un 
ter ungünftigen Berhäftnifien aus alimentären und climatie 
fhen Schädlichkeiten fich herausbilden koͤnne, ob ed demnach) 
einen Uebergang von dem fogenannten gaftrifchen und catar« 
thalifchen Krankheitöprogefie der Magen Darmfchleimhaut zu 
dem Darmtyphus gebe. Sicherlich wäre felbft die Vermu⸗ 
thung eines folchen Ueberganges niemals entftanden, wenn 
nicht die Symptome der erften Entwiclungsftufe des ſpora⸗ 
bifhen Darmiyphus mit den andern genannten eine folche 
feicht truͤgende Aehnlichkeit darboͤten. Seitdem aber durch bie 
diagnoſtiſchen Bemühungen von Hildenbrand’s, Andral's, 
Schönlein’s und feiner Schüler e8 gelungen tft, auch für 
das erfte Auftreten des Darmtyphus in dem jähen, die Kranf- 
heit eröffnenden Sroftanfalle, in der unverhältnigmäßigen Af⸗ 
fertion bes Nervenfoftems, in dem Göcalfchmerz und Cöcal- 
geräufche leitende Momente zur Erfenntniß der noch unent- 
widelten Krankheit zu finden, werben die Fälle immer feltener, 
in welchen der Verdacht einer folchen Metamorphofe aufkom⸗ 
men konnte.“ Und an einer andern Stele: „Man fann 
mit Sicherheit behaupten, daß der Uebergang ber Febris ga- 
strica in bie Febris nervosa versatilis oder stupida oder 
putrida, foweıt die letzteren Kranfheitsformen mit dem Darm⸗ 
typhus verwechfelt werben, nur ein feheinbarer ift, daß dieß 
nicht verfchiedene, in einander übergehende Kranfheitsprogeffe, 
fondern nur verfchiebene — eines und deſſelben 

Krankheits⸗ 


— 11 — 


Krankheitsprozeſſes find. Wir hatten Gelegenheit, mehre 
Fälle zu beobachten, in welchem der Darmtyphus nach ein- 
ander in allen jenen verfchievenen Reactionsformen auftrat.“ 

Befteht aber in Wahrheit das von Spinola und an- 
deren Thierärzten behauptete ratarrhalifch-rheumatifche Grund⸗ 
leiden bei den Batienten, wo, mit Spinela zu reden „das 
Fieber entfchieben einen nervölen Charakter angenommen hat?“ 
Ich beantworte die Frage zunerfichtlih mit Rein. Wenn 
auch bei der Influenza nervoͤſe Erfcheinungen vorkommen, fo 
gehören doch manche ber gefchilderten Symptome, manche der 
„Complicationen“ die übereinftimmenden, unten noch näher 
beleuchteten Sertiongerfcheinungen, ber Hauptſache nach nicht 
der wahren Influenza, fondern dem Typhus (namentlich dem 
Preumotyphus) an, beide Krankheiten find alfo bier, wie in 
der Bathogenefe, confundirt worden! Denn obſchon auch der 
Typhus viel fcheindbar Verwandte vom Catarrh und Rheu- 
matismus hat, fo liegt die Entftehung, und dieß ift ja we⸗ 
fentlich, doch viel tiefer: ein zunächft auf das Blut wirfendes 
eigenartige Seminium, ein Miasına, jened omnipotens für 
Die Typhen, ift veranlaſſend. Oder verhält ſich ein Catarrh, 
ein Rheumatismus mindeſtens 24 Tage, wie wir oben Bei⸗ 
ſpiele angegeben haben, latent? — Nimmermehr! Gerade 
aber Miasmen laſſen eine fo lange Incubationsperiode zu. 
Spinola wie Körber unterflügen in nachftehenden Sägen 
diefen. Auöfpruch, wenn fie auch, gegen die feftbegrünete 
Anficht der Medicin, von der Influenza dieß zu fagen wäh- 
nen. Letzterer bemerft in einer fofort zu nennenden Relation 
(S. 398); „Die Influenza bat zu ihrer wefentlichen Grund⸗ 
lage eine noch unbefannte fehlerhafte Befchaffenheit des Blu- 
tes, welche häufig einen laͤhmenden Einfluß auf das Nerven- 
fuftem ausübt, dem fichtbaren Ausbruche der Kranfheit vor⸗ 
angeht, nicht aber Folge deſſelben ik. Mitunter fcheint die⸗ 
felbe bis zu einem gewiſſen Grade Tängere Zeit ohne fichtbare 


Störung der Gefundheit beftehen au Fönnen.” Und Erſterer 
Mag. fı Thierheilt. XUM. 11 


— 12 — 


(8. 104.): Minsmatifche Einflüfle bewirken hoͤchſt wahr- 
feheinlich eine veränderte Blutmifchung, welche nun die dunft« 
förmigen Seeretionen behindert und erfchwert, weshalb auf 
antagoniftifhe Weife Franfhafte Ausfcheidungen auf inneren 
Theilen, namentlich auf den feröfen Häuten, entfliehen und 
die Nerven deprimirt werden, woraus fich auch Die nernöfen 
Erfcheinungen im Krankheitsprozeſſe wieder erklären laſſen.“ 

Catarrh und Rheumatismus find daher nicht Wefenhet- 
ten, fondern Symptome, wie. dieß auch u. A. Hammernjf 
in der Prager PVierteljahre » Schrift II. 1846, bei der Dia- 
gnofe des Typhus, angiebt: „Wor allem find hier zwei, bei 
Zyphus vorkommende Zuftände zu erwähnen, ohne beren 
Kenntniß eine richtige Diagnofe diefer Krankheit nicht mög- 
lich if. Es find dieß 1) die fogenannten rheumatismussar- 
tigen Schmerzen: Schmerzen an verſchiedenen Stellen bes 
Körpers und befonders in den Füßen, ohne eine wahrnehm⸗ 
bare Veränderung der betreffenden Stellen oder der Gelenfe. 
Sie fommen im Anfange in der Regel vor und kuͤndigen die 
Ankunft diefes oft Wochen vorher an. Die Verwechslung 
diefer Schmerzen mit Rheumatismus hat in die Diagnofe 
bes Typhus eine Verwirrung gebracht *). Diefelben haben 


*) Departements » Thierarzt Körber, deſſen Mittheilung über bie 
fogenannte „Influenza der Pferde im Frühjahre.und Sommer 1845 und 
im Winter 1845 bis 46° mir im 4A. Quartalgefte des 12. B. des Ma⸗ 
gazins eben zur Hand kommt, fagt S. 393 von der Kreuzlähme, als 
Symptome der fogenannten Influenza: „vie Lähmung befteht ohne 
Schmerz, wie fi aus dem ganzen Benehmen bes Pferdes unter ben ver: 
ſchiedenartigſten Verhaͤltniſſen ergiebt; die Ernaͤhrung bes gelähmten 
Hintertheils geht mit der Ernährung der übrigen Körperiheile, foviel fi 
dies beobachten läßt, gleichen Schritt, das Empfindungsvermögen zeigt 
fi ungefchwächt, organifche Fehler laſſen fi nicht wahrnehmen; es läßt 
fih daher als Grund diefer Lähmung nur ein verminderter @influß ber 
motorichen Potenz des Nervenſyſtems oder verminderte Erregbarkeit der 
Muskeln oder Rheumatismus annehmen. Nehmen wir Rheumatismus 
an, fo würde die Lähmung felbfi nur eine Täufchung, ein Ausfpruch bes 
durch den Rheumatismus verurfachten Schmerzes fein. Der Anmwefenheit 


nie 


aber einen centralen Urfprung, und find durch die Berhält- 
nifje einer veränderten Bluterafe zum Gehirn. und Rüden 
marf bedingt; 2) der vorhandene Catarrh if ſecundaͤrer Zu⸗ 
fand der tnphöfen Bluterafe, nicht aber umgekehrt. Gatar- 
rhalifche Affeetionen werben fich aber jederzeit bei Typhus 
zeigen, wo befonders ulcerdfe Veränderungen der Darmſchleim⸗ 
baut vorgehen.” Fuchs kennt feinen Typhus, der nicht, 
ohne wenigſtens örtliche Affection derſelben verliefe. 

Auch die Rinderpeft, ein Typhus abdominalis, fol an 
ihren Urfprungsorten oft als eine einfache catarrhalifche 
Affection verlaufen, ohne daß wir fie deswegen ald einen 
Catarrh bezeichnen Fönnen. Iſt ferner die Hundefeuche ein 
Catarrh? Die Blennorrhöe ift oft beträchtlich. Nein, ſie tft 
e8 nicht, fonvern ebenfalls ein Typhus. Bon fporabifchen 
Faͤllen aus laͤßt fich freilich ein weniger ficheres Urtheil faͤl⸗ 
len. Betrachten wir daher die Hundefeuche ald Seuche, leſen 
wir vornämlich die Berichte über ihr vielleicht nur anfängli« 
ched Auftreten. So heißt e8 in den Recherches de Patho- 
logie compar&e par Heusinger, cah. 3.: „Die Berwüftuns 
gen, welche fie in dem Königl. Jägerhofe zu Yanville ver- 
urfadhte, find fehr gut in ‚folgendem Berichte gezeichnet: Zu 
Ende des Jahres 1763 und im Laufe des Jahres 1764 if 
in Frankreich und in den benachbarten Rändern eine epidemi⸗ 
che Krankheit unter jeder Art Hunden gewefen. Sie fing 
in England an. Man unterfchied zwei SKrankheitsarten: 
Zuerft ein Hinderni in der Kehle mit einem fehr ftarfen 
Huften und Fieber. Rach dem Huftenanfalle gaben die Thiere 
weißen Schleim: durch das Maul von fih, und warfen eite- 
rige Blüffigfeit durch die Nafe aus. Die andere Kranfheits- 
art war ſehr bedeutend und fehr gefährlich. Die Hunde was 


eines folchen Schmerzes wieberfprechen jedoch alle übrigen Aeußerungen 
and ift Daher die Annahme, daß — der Grund der Laͤhmung 
ſei, nicht fiatthaft.“ 

11” 


— 164 — 
sen von einem heftigen Sieber ergriffen und hatten den Kopf 
jo ſchwer, daß fie ihn nicht tragen Fonnten, waren augen⸗ 
bliklih an allen Gliedern eingenommen, ober fielen frank 
hin und fonnten fi nicht mehr erheben, warfen vielen 
Schleim durch die Naſe aus und hatten Convulſtonen, die 
denen bei ber Zallfucht gleich waren, und biflen in ihr La⸗ 
gerfiroh, wie wenn fie wüthend wären. Den Augenblick dar- 
auf verfielen fie in Schlaffucht; die Convulſtonen Fehrten auch 
zurüd, endlich aber flarben fe an dieſen und an Entfräftung. 
Einzelne waren fo heftig ergriffen, daß fie fchon am erften 
Tage ftarben, ohne daß fie ein Arzneimittel oder Nahrung 
nehmen fonnten. Unter ver Heinen Zahl derjenigen, welche 
geheilt wurden, erblinveten die Einen, andere hatten ein ges 
lähmtes Hintertheil, wieder andere waren wie betrunfen. 
Eine Ausnahme machte nur eine Feine Zahl, Die in ihren 
Gliedern eine Schwäche behielten. Wie aber Heilmittel fin⸗ 
den für eine Krankheit, die man nicht kannte und von ber 
man niemald reden hörte. Man mußte die geftorbenen Hunde 
öffnen, wobei man fand, daß Das Blut fich verändert hatte 
und daß die Lungen voll Eiter waren. Diefe Seuche war 
jehr mörberifch, raffte gange Meuten weg, in dem Königl. 
Forſthauſe allein gingen mehr ald 308 Hunde ein (in Ma- 
brid, nach Webſter's Mittheilungen, 900 Hunde im Jahre 
1763), und fo gut junge wie alte. Bon 120, die eine be« 
fondere Meute bildeten, fonnte man eines Tages auf. bie Jagd 
nur 32 führen, die anderen waren tobt oder krank. Auch in 
anderen Staaten haufete Diefe Seuche, ja felbft Katzen wur⸗ 
den bie und da von einer faft gleichartigen Krankheit ergrif- 
fen.” (Eines Typhus bei Kagen habe ich auch in meiner 
Monographie gedacht, und iſt eine genaue Befchreibung das 
von in d'Arboval's Wörterbuche zu Iefen) Um in Rebe 
ftehende Kranfheitsfamilie in threr möglichften Mannigfaltigkeit 
su veranfchaulichen, ftehe ich nicht an, nach ben, wenn auch 
unvolftändigen Krankheits⸗ und Sectionsbericht von @tßler 


— 3 — 


im 3b. XXI, p. 286 der Schwediſchen Aeademie v. J. 1758 
wiederzugeben. 

„1748 zeigte fich in dem fühweftlichen Theile Lapplands, 
in der Kornifchen Lappmarf, eine Krankheit unter den Renn- 
thieren, welche die Zappländer Radok tanta oder Radok 
maine nennen, die fich nachgehends in die ganze Rornifche 
Lappmarf ausgebreitet hat und den Einwohnern foviel Scha- 
den verurfachte, daß manche unter ihnen, welche vor diefem 
fehr vermögend waren, verarmten und den Bettelftab ergreifen 
mußten. Ich bin völlig überzeugt worden, daß dieſe Renn- 
thierfranfheiten völlig einerlet mit der Seuche des Rindviehs 
und der Pferde ift*), bie 1750 und 51 durch Anſteckung 
aus Norwegen nad Iemtland Fam. Die Zeichen find: der 
Kopf hängt, das Maul fühlt fich troden an und das Ge 
weihe Falt, zuweilen bemerft man ein Zittern und Beben auf 
den Beinen, die Mugen find wäßrig und rinnen, aus der 
Naſe läuft wäßriger Rob, ber Speichel ift fehleimig und haͤn⸗ 
gend, das Maul hat inwendig blaue und dunkelblaue Flecken, 
die mit Schwärze bis an das Zahnfleifch außen und innen 
und bis an den Baumen, die Zunge, den Hals ı. gehen**). 
Das Vieh hat Berflopfungen. Wenn die Krankheit ihre 
Höhe erreicht hat, werden Die Augen eitricht, der Rob fchlei- 
micht, bie, eitrig, übelriechend und wird blutig herausgerd- 
heit, das Maul wird ganz ſchwarz, mit Fleden, Blutblafen, 
ſcharfen, auffteigenden Hübeln, wie mit einem Leichengeruche. 
Das Odemholen wird langfam und ſchwer, die Luſt zum 
Freſſen und das Wiederkaͤuen hören auf, das Vieh fteht zit- 
ternd auf den Füßen, die Augapfel werben grün; endlich 
turfeln fie auf den Füßen, fchleppen fich auf dem Felde hin, 
ohne zu freflen oder zu faufen, ſchnauben ſtark, bis fle end⸗ 
lich nach einigen Wochen umfallen. Bel denen, die hiervon 


*) Rinderpefi, Milzbrand. 
”*) Typhoͤſes Pigment. 


— TEE: ie 


umgefallen find, findet man Hals, Gedaͤrme, Leber und an- 
dere Eingewetde ſchwarz, roth vom Falten Brande, die Lunge 
verfault und verzehrt.” 

Das Richtige der Annahme eines eheumatifehen Leidens 
zeigen ferner auch felbft die Typhoide. So haben mit Rotz⸗ 
krankheit Cficher ein Typhoid) behaftete Menfchen immer die 
- Zufälle eines acuten Rheumatismus, namentlich die unftäten 
Schmerzen, ja fogar die Anfchwellungen der Muskeln; auch 
eine dem Typhus-Cöcalfchmerz ähnliche Empfindung wird 
Dabei gefunden. Der Harn aber und die Befchaffenheit der 
Haut verbieten ſchon die Diagnofe für Rheumatismus. Wie 
follten auch bie $. 35. der Spinola’fhen Monographie er- 
wähnten Typhusgefchwüre, der Wurm und acute Rog ge⸗ 
deutet werben? | 

Die- oben erwähnte übelartigere Spinola’fche Influenza 
ift fomit etwas Anderes, ala Catarrh und Rheumatismug, 
und wie ich fehon vor Jahren das Bild deutlich genug ge- 
zeichnet babe, und wie auch Heufinger meine Diagnofe 
doeumentirt hat *): fie ift ein Typhus. 

. Die Sectionsdata ſollen über die Ipentität befagter „thters 
ärztlichen Influenza” und meines Typhus, welcher letztere 
ja dem des Menfchen idenficirt worden ift, weiteren Auffchluß 
geben. Ich ziehe zu diefem Zwecke wieder die betreffenden 
Schriftftellen unferer beiden Gewährsmänner, Buchs und 
Spinola, ad oculos: 


*) Im 3. Hefte feiner Recherches de Pathologie comparee, unter 
ben Corrections et additions fagt berfelbe: La seconde maladie fort 
importante est le typhus des chevaux, la si dite Influenza, L’hi- 
stoire de cette maladie est extremement instructive pour la doctrine 
du Typhus de ’homme et tout ce que j’avais pu dire, n’aurait pas 
parl& autant à l’esprit des mödecins, que les rapports que j’ai com- 
muniquös et qui font entrevoir d’une maniere tr&s interessant , com- 
ment dans tous les pays les vöterinaires sont peu a peu parvenu a 
ssisir le caractöre de la maladie qu’ils avoient d’abord meconnu, 


— 1 — 


1. (Bude 6. 208) Diel 1. Spinola gebenft im 
Typhusleichen bleiben Tange| Ganzen diefer Erfcheinung im 
warm, befommen in der Regel|$. 64., wo er von ber eintre- 
nicht die gewöhnliche Todtens |tenden typhöfen Natur der 
fteifigfeit, zeigen zahlreiche, gro= | Krankheit fpricht. 
ße nnd dunkle Todtenfleden und | . 
gehen früher als andere in Faͤulniß über. Ihre Muskeln ſind 
gewöhnlich blutreich, livid, bräunlich gefärbt und leicht zer⸗ 
reißlich, dad meiftend ftark gefchwundene Fett weich und das 
aus den burchfchnittenen Denen in ziemlicher Menge flie⸗ 
gende Blut, mindeftens im zweiten Stadium, bünnflüffig und 
dunfel. 

2. Auch das Herz ift in der 2. Spinola übergeht die- 

Regel livid gefärbt, fchlaff und |fen Punkt. Ein anderer Bes 
weich, die Farbe dunkel, zu⸗ richterſtatter über die fogen. 
weilen in’8 Bläuliche oder Bio- | Influenza, Gergenberger in 
Iette fchillernd, und nicht felten | Augsburg, deſſen Mittbeilun- 
fießt man in ihm, oderin den |gen ich zunäcft zur Hand 
großen Gefäßftämmen, in den | habe (ſ. Centralarchiv, II Jahr⸗ 
&oronarvenen, in denen bed | gang 1846, S. 229) fagt all- 
Gehirns, ‚deutliche Luftblafen | gemein bin: das Herz ift welt, 
(ein Product der Zerfegung). und in bemfelben Blut» und 
Die Herzhöhlen » und innere plaftifche Lymphcoagula. 
Gefaͤßhaut ift in der Regel! 
Cbefonders in den Venen) durch Imbitition geröthet. Rur, 
wo der Tod frühzeitig eintrat, findet man das in ihm und 
den großen Gefäßen enthaltene Blut fefter geronnen; ſpaͤter 
ift es entweder ohne alles Eoagulum, ober nur mit etwas 
weichem, ſchwarzem Gerinnfel gemifcht. 

3. Die Centralgebilde des; 3. (8. 63.) In Fällen, wo 
Nervenſyſtems zeigen häufig, |ein nambaftes Leiden des Ge- 
obgleich währenn des Lebens | hirns und Rüdenmarfs beob- 
heftige nerwöfe Grfcheinungen | achtet wurde, hat man die Ex- 
zugegen waren, nicht bie ge⸗ feheinungen vorhanden geives 





— 18 


singfte nachweisbare Beränve- | fener Entzündung der Hirn⸗ 
rung, oder nur leicht verän- , und Rüdenmarfshäute u. pla⸗ 
derter Confiftenz, fchmußigere ſtiſche Erſudationen an denſel⸗ 
Färbung ꝛc., oder Hyperaͤmie, ben gefunden. 

bald im Gehirne, bald im Rückenmarke, bald geröthete und 
geſchwollene Abdominalganglien 20. Meift tft die Ueberfuͤllung 
venöfer Art, und wenn fi Producte aus ihr gebildet ha⸗ 
ben, fo find es entweder bintige Ergüffe, oder Wafler, ober 
auch Lumpherfudat, Eiterbildung und ähnliche Merkmale ver 


Entzündung. 


4. Bei allen Typhen finden 


fi) Schleimhautveränderungen, 
bald nur einzelner, bald meh⸗ 
rer, bald zuweilen vielleicht al- 
fer Mucosae, primär‘ und 
Bauptfächlich aber entweder ber 
Sinteftinal= oder der Reſpira⸗ 
tionsfchleimhaut; bei exanthe⸗ 
matifchen Typhen find fie in 
der Regel minder beträchtlich, 
als bei nicht eranthematifchen. 
Oft zeigt die leidende Schleim» 
haut nur eine dunkle, livide, 
meiftens fledige Röthe, durch 
vendfe Hyperaͤmie und häufig 
durch ertravafirted Blut be- 
bingt: fie fühlt fich dabei wei- 
her und dicker, aufgemulftet 
und infiltrirt an, ihre Cry- 
ptae find deutlicher fichtbar 
und ein meiftens reichliches 
Eerret, felten ferds, gewoͤhn⸗ 
li ein gallertartiger, zäher, 
oft mit venöfem Blute tingirter 


4. (8. 61, 63. 64. 65.) 
Die Bronchien enthalten blu⸗ 
tigen, ſchaumigen Schleim, od. 
find theilweiſe durch zähen 
Schleim verftopft oder mit ei⸗ 
teriger Blüffigfeit gefüllt, die 
Schleimhaut in den größeren 
Heften derſelben aufgeloders, 
verdidt, abnorm gefärbt, vom 
grünlicher, grauer, ſchmutzig 
rother Farbe. War Laryngitis 
vorhanden, jo findet fich auch 
die Schleimhaut ber Luftröhre 
in ihrer obern Partie. und na- 
mentlib im Luftröhrentopfe 
entzündet, aufgelodert, zwiſchen 
den Stimmripenbändern, am 
Kehldeckel Ausfchwigungen x. 
Die Darmſchleimhaut iſt zu⸗ 
weilen entzündet, bedeutend 
aufgelockert, hier und da ihres 
Epitheliums beraubt, Blutaus⸗ 
tretungen zwifchen Schleim: u, 
Mustelhaut. — Wo das Fie 


Schleim bedeckt fie und füllt|ber eine typhoͤſe Natur bekun⸗ 
die Candle, welche fie ausklei⸗ dete, finden ſich durch Aphthen 
det. Mit der Zeit wird ſie auf der Maulfchleimbaut res 
immer weicher und zulegt in flectirte Geſchwuͤre der Darm- 
einen blutigen oder mißfarbis | fchleimhaut (Abbominal » Ty- 
gen Brei deftruirt, ver ſich phus). Auch auf der Nafen- 
leicht abftreifen läßt, und auch | fchleimhaut erſcheinen branbige 
ihr Secret ift in fpäterenSta- | Geſchwuͤre; die Kieferhöhlen 
dien biffolut, mißfarbig und |find mit jauchiger Flüſſigkeit 
häufig übelriechend. In ande: |gefüllt ıc. 

ren Fällen bebedt fich die hyperämifche und aufgeloderte 
Schleimhaut bald nur an einzelnen Stellen, bald in größerer 
Ausdehnung mit Pſeudomembranen, die zumeilen weiß, gelb⸗ 
lich oder grau, oft aber auch durch Blut oder Pigment roh, 
braum oder ſchwarz gefärbt find, ziemlich feſt anhangen, und 
bald dünne, fehimmelartige, bald Dice Lagen bilden; doch jew 
fließen fie bald in eine fchmierige, übelriechende Pulpa, Die 
zerfepend auf Die Mucofa einwirkt und die unterliegenden 
Theile erodirt und zerftört. 

5. Bon den Drüfen leiten 5. ($. 60,, 66, und 78.) 
vorzüglich oft die Glandulae, Die Gefrösprüfen fand man 
mesaraicae und bronchiales,| ſehr vergrößert und verhärtel, 
erftere nehmen faft immer an oder in @iterung übergegan- 
der Affectton der Darmfchleim-| gen und dann mitunter bes 
haut, dieſe häufig an fener der] trächtliche Abfceffe bildend. Die 
Luftwege Antheil. Sie find in! Nachkrankheiten, als chroni⸗ 
früheren Stadien der Kranke) ſchen Huften, Dämpfigfeit und 
heit byperämifch, roth, blau] Schwinbfucht werden gar oft 
und angeſchwollen, fpäter aber| in Veränderungen ber Bron⸗ 
werden auch fie, wie die Pey⸗ chial- und anderer Drüfen ihre 
erfehen Drüfen ſpeckig und mar⸗ Urfache finden. Die verdaͤch⸗ 
fig inftitrirt, nur felten iſt jee!tige Drufe ift (nach $. 70.) 
doch der Brozeß in ihnen ſo mit Leiven des Lymphdruͤſen⸗ 
weit vorgefchritten, daß fle in ſyſtems und mit Geſchwuͤlften 


“ werden. . 


— 10 — 


Berfhwärung oder Gangrän| der Ofrbrüfen gepaart, welche 
übergegangen wären. Häufi⸗ letzteren auch verhärtet und 
ger kommt dieſes in Außeren | fiftulös gefunden worden find. 
Drüfen vor, wenn fie, wie die] Oft findet man die Lungen 
Parotis bei mannigfachen For⸗ (gewöhnlich eine) ſtark mit 
men, infiltrirt und erweicht| Bfut erfüllt, aufgetrieben, von 
dunfler Farbe und geringem 

Bon parenchymatöfen Ge-| Zufammenhange Cmürbe); fie 
bilden zeigen fich vorzüglich | zeigen überhaupt mehr oder 
Die Lungen und die Milz häu=| minder deutlich Die Spuren ber 
fig krankhaft. Die erfteren find | Entzündung, ja foger plaflis 
oft hyperämifch, zumweilen felbft |fche Ausfchwigungen im Pa⸗ 


entzündet und fönnen von ty⸗ 
phöfer Infiltration und Abma- 
gerung betroffen, ſelbſt gan- 
gränös werben. Die Milz aber 
ift in den meiften Typhen ver- 
größert, dunkel gefärbt und 
weich, und in fpäteren Perio⸗ 
den der Krankheit ift ihr Pa⸗ 
renchym nicht felten zu einem 
formlofen Brei zerflofien. 
Minder conftant und häufig 
leiven die Leber, das Pan⸗ 
kreas, oder zeigen die Nieren 
u.f.w. Anomalien, doch Fün- 
nen auch fie in höherem oder 


renchym, Daher fie hepattfirt, 
vergrößert, verdichtet, ber Po⸗ 
rofität: beraubt, auch grau ger 
färbt, gegen bie Ränder zu 
nicht felten marmorirt erjchei- 
nen, in Wafler unterfinfen. 
Außerdem findet man in den 
Lungen auch wohl Eiterfnoten. 
Die Milz ift, bei anthrarar- 
tiger Natur der Krankheit 
durch ein ſchwarzes, theerarti⸗ 
ges Blut aufgetrieben, fledig, 
bunfelgefärbt und mürbe. 
Außer Coagulirungen auf 
ber 2eber, findet fich ihre Sub⸗ 


geringerem Grade hyperaͤmiſch ftanz unter dem feröfen Ueber- 
und erweicht fein, und ich habe zuge auf eine oder mehre Li- 
mindeftend in der Leber deut⸗ | nien Tiefe oder durchweg durch 
liche typhoͤſe Ablagerung ge=| plaftifche Ausfchwigungen ver- 
fehen. bichtet und von graugelber Far⸗ 

Die Beränderungen der aͤu⸗ be, vergrößert, ſelten geborften, 
feren Haut aber beruhen, wie|mit Abfcefien ꝛc. Die Nieren 


— MM — 


die der Schleimhaut, bald nur |hat man in einzelnen Eyizoos 
auf umfchriebener, exanthema⸗ tien ziemlich häufig entzündet, 
tifcher Hyperaͤmie, bald auf oder fehr blutreich, gleichfam 
Bluterguß oder Infiltration, |wie einen geronnenen Blut 
bald auf inphöfer Ablagerung klumpen, gefunden, 
in bie Hautbrüfen und ſubeu⸗ Bei typhöfer Natur brandige 
tane Schicht, und haben, min- | Zerftörungen in äußeren Thei⸗ 
beftens in ihren höher ausge⸗ len, fo wo Fontanelle gelegen. 
bildeten Geftalten, 3. B. den Over (als Nachkrankheiten) 
Garbunfeln, diefelbe Tendenz | fchmerzhafte, wie ſchmerzloſe 
zur ulceröfen und brandigen | Anfchwellungen an verfchiebe- 
Zerftörung. nen Körpertheilen, umfangrei« 
Werden hingegen ſeroͤſe che Abſceſſe, üble Gefchwüre, 
Häute vom typhoͤſen Prozefie | harte, begrenzte Knoten. 
in Mitleidenfchaft gezogen, wad| In der Bruft findet man, 
verhältnigmäßig felten geſchieht, fchon nach kurzer Kranfheite« 
fo befchränft fi) zwar die Ber- | dauer, die Pleura entweder 
Anderung meift auf Hyperaͤmie mehr allgemein oder mehr in 
und flüffige, bald geronnene| einzelnen “Partien entzündet, 
Erfudate ; allein zuweilennimmt | daher mehr oder weniger aufs 
man auch an ihren Producten, | gelodert und verdidt, ſtark ge⸗ 
wie an ben gallertartigen Ab- | röthet, vielfach mit turgesci⸗ 
lagerungen, denen man hie und renden Gefäßen durchzogen, u. 
Da im Zellgewebe, zwifchen ben in deren Umgebungen, bei hoch⸗ 
Muskeln, in fibroͤſen Gebilden, gradigen Entzündungen, wohl 
in den Knorpeln u. ſ. w. be⸗ Blutaustretungen, in welchem 
gegnet, Spuren der Zerſetzung | Falle dann die Pleura noch 
wahr, und man hat in einzels dunkel⸗ und fehwarzrothe Streis 
nen Fällen der Peſt u. vergl. |fen und Flecke zeigt. Die Ober- 
carbunculöfe und analoge Zer⸗ fläche der Pleura Hat ihre 
ftörungen auf den feröfen Häu- | Glaͤtte verloren, erfcheint mehr 
ten, im Zellgewebe, den Mus-| oder weniger raubzaferig und 
Teln ꝛc. gefehen. ‚wie mit einer Schmiere über: 
'Heiftert, Ganz gewöhnlich fin⸗ 


— 112 — 


det fich außerdem in ber Brufthöhle ein Erguß von bluti⸗ 
gem Serum, der Bald nur gering ift, bald aber auch in 
beträchtlichen Maße ſich vorfindet; auch der Herzbeutel ent- 
hält, mitunter in übermäßiger Menge, eine gleiche Fluͤffigkeit. 
In anderen Faͤllen findet: man die PBleura nur wenig verän- 
dert. Nach längerer Kranfheitöpauer findet man in der Bruft- 
höhle Ergiefungen einer wäßrigen, mehr ober minder gelb 
gefärbten, durch, zu Flocken geronnene, plaftifche Lymphe ges 
trübten, meiftens mehr oder weniger übelriechenden Flüffigfeit, 
die oft in der Menge von einem und mehren Stalleimern 
voll vorhanden tft: ober es iſt ber wäßrige Erguß nur ge 
ring, und die plaftifchen Ausfchwigungen bededen, zu loderen, 
poröfen oder fadenförmigen Maffen geronnen, mehr oder we⸗ 
niger di die entzündete Bruſthaut und verfleben die Organe 
der Brufthöhle unter fich, fo die Lungen mit dem Zwerchfell 
und den Rippen, den Herzbeutel mit dem Mittelfell x. Nicht 
felten find dieſe plaftifchen Ausfchwigungen in dem Maße vor- 
handen, daß fie den Mittelfellraum ausfüllen und mitunter 
ale fadartige Serinnfel die ganze Oberfläche der Lungen bes 
deden. In anderen Fällen findet man bie plaftifchen Aus⸗ 
fhwigungen in der Brufthöhle nur gering, over fie fehlen 
ganz. Bet vollftändiger Abſcheidung der plaſtiſchen Stoffe zu 
sufammenhängenden Maſſen von den wäßrigen Tann das in 
ver Brufihöhle vorhandene, gelblich gefärbte Wafler Far und 
ohne Geruch fein. — Zwar nicht fo häufig, aber doch in 
jenen Fällen, wo im Leben die Erfcheinungen einer Bauchfell⸗ 
Darmentzündung vorhanden waren, finden ſich, wenn ber 
Tod fchnell erfolgte, die Ergebniffe derfelden vor, und‘ bei 
Uedergängen, wie in der Bruft, wäßrige und plaftifche Aus: 
fchwigungen. 
Fuchs gedenkt noch im legten Sape feiner anatomifchen 
Charaktere, daß die ergoffenen Subftangen den Keim der Jerr 
fegung an fich tragen, und biefe auf die Organtheile ſelbſt, 
in welchen fe vorfommen, überpflanzen, daß auch bie feften 


— u73 — 


Ablagerungen ſehr amorpyh und von ſehr unvollkommener Bil⸗ 
bung find. Spinola, der dieſe Krankheit mehr ale Af⸗ 
festion der feröfen Häute kennen gelernt hat und fle, ber 
Thiergattung nad, als folche kennen lernen mußte, babei 
aber einen anfangs ſtheniſchen Habitus, auch meinen frühe: 
ren Erfahrungen gemäß, vorfand, nähert fih mehr den 
Phlogiſtikern *), indeß andere ganz gewichtige Thierärzte ihre 
„Taulartige Natur” fehr bald kennen lernen mußten. So fagt 
u. A. ber oben erwähnte Regimentd- Thierarzt Gerzenber- 
ger, daß überhaupt alle Theile in faulig aufgelöften Zuſtande 
bei der Section befunden worben feien, und daß ſchon ehr 
bald im Leben der nervös-faulige Zufland fi ausgebildet 
habe. Ebenfo Gerlach, den wir alsbald revend einführen 
werben. | 

Woher aber diefe entzündlichen, oder nad) und nach 
oder fofort faulfieberartigen Erfcheinungen? Sind fie primär 
oder ferundär? Sch will nicht erft mit theoretifchen Beweiſen 
ausholen, ſondern fofort auf Spinola's „Weſen und nächte 
Urſache der Influenza” mich fügen. Für lehtere nimmt er, 
wie wir fchon oben erwähnten, eine Anomalie der Blutmi⸗ 
(hung an, namentlich eine zaͤhfluͤſſige Beichaffenheit, die hoͤchſt 
wahrfcheinlich in einem nicht zur vollftändigen Läuterung ges 
langten Baferftoffe beruhe. Hören wir nun dagegen Remak: 
„Bas von der chemiſchen Mifchung des Typhusblutes gilt, 
das gilt auch von den phyſikaliſchen Veränderungen beffelben, 
namentlich von der theerähnlichen Befchaffenheit, welche man 
in den fpäteren Stadien ** an der Typhusleiche vorfindet, 
Denn der nächfte Grund der theerähnlichen Beſchaffenheit 
liegt, wie die microfcopifche Unterfuchung lehrt, in einem ver⸗ 


*) Daher mancher Irrthum leicht verzeihlich ſich damit einfchlich! 


**) Nach Schmidts Jahrbüchern, 50. Band 3. Heft und anderen 
Autoren iſt das Blut fehon (zuweilen ?) im erften Stadium des Typhus 
hunbel ſchwatzroth, dickſuͤſſig. 





— 1714 — 


änderten Gerinnungszuſtande des Faſerſtoffs. (Man findet 
nämlich denfelben nicht, wie im normalen Zuftande, zu fafe- 
tigen Maffen verbunden, fondern in Form von vereinzelten 
Faſern oder moleculären Körperchen. Diefe Faſern find zu- 
weilen fehr flraff und majchenartig einander kreuzend, babei 
ftellenweife gegliedert, fo daß fie mit Conferven Aehnlichfeit 
haben. Einige Male fand ich den Baferftoff in Form dunkler, 
gleichmäßiger, ftellenweife Inieförmig mit einander verbundener 
Stäbchen von 255 Linie Länge. Diefe Stäbchen fah id 
aud in dem Blute eines an Rotzkrankheit Verftors 
benen).” 

Eine theerähnliche Beichaffenheit findet man auch beim 
Milzbrande, und man ift überhaupt mit fich einig geworben, 
dag der Milzbrand zu den Typhen gerechnet werben muß. 
Was halt Spinola davon? *). Hören wir ihn 8. 108. 


*) Hier ift Körbers Aenferung in feinem vorhin bemerkten „Ins 
Auenza“ Berichte ganz affirmativ, wenn Körber aud die Sache negirt: 
„Was wir aber in der erften Periode der Krankheit weniger deutlich er- 
blickten, das ift die auch für das Auge wahrnehmbare abnorme Beſchaf⸗ 
fenheit des Blutes: ungewöhnlich dicke, ſchmutzig gelbe, fulzige Spedhaut, 
welche locker auf dem ſchmutzig dunkel⸗rothen, fchmierigen Blutfuchen aufs 
liegt, gaͤnzlicher Mangel oder nur fehr fparfame Ausicheidung von Serum. 
Daß aber dieſe fichtbar fehlerhafte Blutmifchung, die fo fehr zu der Be 
ſchaffenheit des typhöfen Blutes hinneigt, dem eigentlichen Wefen ber In: 
fluenza angehört, möchte ich dennoch nicht umbeningt annehmen, fonbern 
vielmehr zu der Anficht mich befennen, daß dieſe Blutbefchaffenheit mehr 
dem SIahreszeiteinfluffe des Eommers zuzumeffen if, wie fich dieß auch 
daraus entnehmen läßt, daß bei anderen Thieren (Rindvieh und Schafen 
nah S. 384) der Milzbrand eine fehr gewöhnliche Erſcheinung um biefe 
Zeit war. In demfelben Hefte des Magazins fagt (S. 400) Kreisthierr 
arzt Gerlach: „In den Jahren 1841 und befonders 1842 Tamen im 
Mansfelder Gebirgsfreife gaftrifche typhöfe Krankheiten, Influenza in gas 
firifch Billöfer und inphöfer Form, Milzbrand und Yaulfieber bunt durch⸗ 
einander (!) in mannigfalligen Gradationen, Modalitäten und Complica⸗ 
tionen bei Pferden vor. Jede Krankheit hatte Aehnlichfeit mit der andern, 
jede war wieder eigenthümlich, und doch waren wieber alle durch einen 
Grundfaden verbunden. - Generell war die immer mehr ober minder her⸗ 
vortretende Neigung zur Eutmifchung ber Säfte zur Localifation im Hins 


— 15 — 


feiner Influenza » Monographie: „Was aber insbefondere 
noch wichtig ift, ift, daß Durch Annahme des Nächfturfäch- 
lichen der Krankheit im Blute jene Beobachtungen auch eine 
Erklärung finden, wo die Krankheit unläugbar in das Ans 
tbrarartige hinüberfchweifte, ja in einzelnen Fällen felbft un- 
zweideutig bis zum wirklichen Milzbrande fich heranbildete — 
einer Krankheit, deren Weſen jetzt allgemein in eine eigen- 
thümliche Blutentmifchung geſetzt wird. — Es fteht feſt, wenn 
es gleich noch einige Zweifler giebt, daß die Influenza eine 
antbrarartige Beimifchung erleive (ja es zeigen fich felbft nach 
8. 36. Carbunkeln, Anthrarbräune, Gloffantbrar), und nicht 
blos in hoben Sommern, fondern felbft im Winter, wie Beob⸗ 
achtungen diefer Art von mir und Anderen gemacht worden 
find.” Räumt aber nun Spinola diefes ein, ja fordert er 
die Anerkennung deſſelben, fo muß ich die Anerfennung ber 
Identitaͤt von der vermeintlichen Influenza und des Typhus 
wieder von ihm fordern, indem ich ihn mit feinen eigenen, 
nachſtehenden Worten (entlehnt von S. 145 und 146 feiner 
höchft fchäßenswerthen Mittheilnngen über die Rinder 
peft, Berlin 1846,) überführe: „Saflen wir. die Rinderpeft 
als eine primäre Krankheit des Blutes auf, fo gewinnt da⸗ 
durch das in manchen Hinfichten ſich herausftellende ver- 
wandtfchaftliche Verhältnis mit dem Milzbrande an Erklaͤ⸗ 
rung. Ku eine typhöfe Krankheit, findet fein Nächfl- 


— — — — — 


terleibe. Der ſchon 1841 herrſchende Genius epizooticus typhosus nahm 
in dem folgenden Jahre bei der großen Hige und Dürre und durch bie 
Mißerndte an In⸗ und Extenfität zu. In Folge der durch Mißwachs bes 
bingten fchlechten Qualität der Nahrungsmittel wurde ver Anthrar bei 
Pferden vorherrfchend. Influenza und Milzbrand traten immer unter Eos 
Kfchmerzen auf, und eine typhoͤſe Entzündung und Maceration ober gar 
Zerſetzung der Schleimhaut des Magens und Darmcanales, mit der ſich 
wohl jelbft der Leber-Gallengang, die Schleimhaut der Nierenbeden und 
der Harnleiter und die Leber in Mitleivenfchaft ſetzte, machte fich geltend, 
Die Daner ver Krankheit erſtreckte ſich auf 9, a auf 14 bis 21, felten 
bis auf 28 Tage ꝛc. ꝛc. 


urfächliches in einer veränderten Blutmiſchung, die fich auch 
hier, neben einer überlohlenftoffigen Beichaffenheit des Blutes 
durch Blutſtockungen im Bereiche der Denen, Ecchymoſenbil⸗ 
dung ıc., durch Die Bildung einer eigenthümlichen Materie 
im Blute, der Anthrarmaterie, auszeichnet. Die Tendenz zur 
Ausfcheidung diefer Materie aus dem Blute waltet auch beim 
- Unthrar vor. Es ſteht diefelbe jedoch hier mehr in befonde- 
rer Beziehung zu dem Zellgewebe und den feröfen Häuten, 
während bei der Rinderpeft eine folche Beziehung zu ben 
Schleimhäuten bervortritt. Wie bei der Rinderpeft die Aus⸗ 
fheibung in der Schleimhaut zu Stande fommt, fo erfolgt 
fie beim Anthrar in das Zellgewebe unter ver Haut (Cars 
bunfeln) oder nach inneren Organen, zwifchen die Gekrös⸗ 
platten u. |. w., als Ergießung in die Bauch- und Bruft- 
höhfe. Wie in der Rinderpeft die Ausſcheidung nicht immer 
ober bach nur unvollfemmen zu Stande fommt, fo auch im 
Anthrar, und es feheint dann hier wie dort, die Krankheit 
gleichfam innerhalb der Blutmaffe zu verlaufen *). Den 
Grund zu ihrer Cäußerlichen?) Differenz aber werden wir 
in bie abweichenden urfächlichen Verhaͤltniſſe beider sun 
ten legen müflen” 

Sind aber bie fogenannte Influenza, der Milzbrand und 
bie Rinderpeſt identiſch und wird, wie man jetzt allgemein 
anerkennt und wie Spinola auch in feinen „Mittheilun⸗ 
gen” ©. 8 angiebt, daß Pawlowski, der längere Zeit im 
füdlichen Rußland und im Oriente verweilt hat, Die Veft des 
Menfchen Cdie Bubonenpeft) und die Rinderpeft ganz ana= 
loge Krankheiten nennt, Rinderpeft mit Typhus identificirt, 
nennt Fuchs x. obengenannte Bubonenpeft einen Anthraco- 

oder 


) Rokitansky ſagt Band 3, S. 257, daß der typhoͤſe Prozeß 
wach innerhalb der Blutmaſſe, alſo gewiffermaßen abortiv, verlaufen kann, 
ohne fich alfo Iocalifirt (Darmgefchwüre ac. erzeugt) zu haben. 


-—— 1117 — 


oder Garbunfeltyphus, wie fann man da noch Die fogenante 
Influenza zu den Batarrhen oder Rheumatismen rechnen?!! 

Wird man fi) erft der Idee entwehrt haben, daß Th⸗ 
phus immer nur einer befchränften Rorm folgt und daß er 
immer, wenigftens immer anfangs, den torpiden Character 
bat, dann wird man die Sache auch mit andern Augen ans 
fehen. Man wird fich aber dieſer entwöhnen, man wird über- 
haupt manches Räthfel der Thierarzneifunde zu Iöfen vermoͤ⸗ 
gen, wenn man fich bequemt, die Pathologie comparativ zu 
ſtudiren! 

Daß das Krankheitoſtudium der mamnnigfaltigen Gattun⸗ 
gen der Hausſaͤugethiere mit den Krankheiten des Menſchen 
und das Streben zur Erforſchung ber Identitaͤten den Dia- 
gnoftifer bildet, das fpreche ich ohne Oloriation, vielmehr zum 
Impulfe der Racheiferung, dankbar und laut aus. Und ob» 
gleich ich bei dieſer langgeprüften Erfahrung Dennoch weiblich 
lachte, al8 ich in Heufingers Recherches de Pathologie 
comparee *) die Krankheiten der Vögel aufgezeichnet und 
befchrieben fand, fo erfah ich doch bald, daß felbft das Stu⸗ 
dium dieſer fruchtbringend für die veterinärifche Praris fein 
fann, wie ich dieß auch in Grabau's Repertorium für bie 
Gefammtmebiein, wohin ich eine Relation über befagtes hoch⸗ 
achtbares Werk lieferte, dankbar ausgefprochen habe. 

Daß fogar Menfchenärzte, bie, zu Lehrern der Thierarz⸗ 
neiwifjenfchaft berufen, ganz befondere Gelegenheit und Faͤ⸗ 
higfeit haben, dafür zu wirken, dieß zum Theil vernachläf- 
figten, if leider wahr! Man wird deshalb aber auch um 
fo weniger dem fchlichten practifchen Thierarzte es als Artos 
ganz auslegen, went er dafür einmal eintritt. Mehre, na- 
mentlich, was rühmend hervor zu heben ift, Preußifche Thier⸗ 


3 





*) Die für den Bweck ber ſchon von mir beim Gelehrten⸗Congreſſe 
in Straßburg 1842 angeregten, von der Brüffeler Acabemie der Willen 
ſchaften für einen Preis geftellten Trage: Was bie Thierarzneiwifienfchaft 
der Anthropiatrik bis jetzt genutzt habe? bearheitet worden find. 

Mag: f. Thierheilt. XI. F 12 


ärzte zeigen dieſes löbliche Streben und fprechen durch ihre 
Arbeiten das Geſtändniß aus, daß die Menfchenheilfunde 
manche Ausbeute für unfere Wiffenfchaft und Kunft zuläßt. 
Auch ich mochte in obiger Kranfheitsfamilie meine Grlebnifle 
und Zorfchungen nicht zurüdhalten, und ih wil überhaupt 
es risquiren, zu den Grundfteinen einer naturhiftorifchen Be⸗ 
handlung der Pathologie mein Theilchen beizutragen: Wenn 
mein Dienft es irgend zuläßt, wird mein guter Wille durch 
Herausgabe eines Compendiums der comparativen Batholo- 
gie ſchon in diefem Jahre conftatirt werden! 

Meinen lieben Eollegen ein herzliches Wohlauf! Am 
1. Januar 1847. 

be m nn I 


HM. Das Erotondl als Burgiemitte 
Bon Demfelben. 


Herm Sommers Mitteilungen im Iten Jahrgange deg 
Magazins über die ficher purgirenden Wirfungen des Gros 
tondls und die Beftätigung des Herrn Prof. Dr. Hertwig, 
daß dem fo fei, veranlaßte mich, der. fo oft untreuen Aloe 
felbft einmal untreu zu werben, und — nachdem Herr Som- 
mer die Anfechtungen gegen biefes Mittel im 12. Jahrgange 
des Magazins wieder zur Sprache gebracht hat, fühle auch 
ich mich. verpflichtet, hier zu. befennen, daß ich mit dem Re⸗ 
fultate der Anwendung fehr zufrieden geftellt worden bin. 
Nur fcheint Die Wirkung, verglichen mit der der Aloe, went« 
ger in= als ertenflo zu fein. Doc ift es ja recht gut, daß 
wir ein Mittel mehr roifehen den falinifchen und der drafti- 
ſchen Aloe haben. 

Um ficher zu fein, daß fein Theilchen verloren gehe, 
habe ich das Mittel jedesmal ſelbſt gegeben, und nach folgen⸗ 
der Vorſchrift, die keinen a des Hauptmittels zuläßt, 
verordnet; 


— 19 — 


Rec, Ol. Croton, gtt. xt —xıv 
Pulv. Bace. Juniper. 
Pulv. Rad. Althaeae aa 3iij 
Aquae comm. q. s. 
ut f. pill. j- 
Soweit ich nachfommen fonnte, babe ich eine foldhe 
Berbindung circa JO Mal in Anwendung gebracht. 


III. Beitraͤge zur pathologifchen Anatomie 
und gerichtlichen Thierbeilkunde. 


Bon Lindenberg, Königl. Kreisthierarzt in Suhl. 


1. Berftopfung des Labmagens bei einer Küh mit unver 

dauten groben Futterftoffen, Durchftoßen der Häute deſ⸗ 

felben an der linken Band und Einfchieben von Futter 
ſtoffen zwifchen die Blätter des Nebes. 


Dar genannte Fall ift gewiß von fehr großem Intereſſe für 
die pathologifche Anatomie, denn ich erinnere mich nicht, je 
etwas berartiges gehört ober gelefen zu haben, beshalb halte 
ich ihn auch der Mittheilung und Veröffentlichung durch das 
Magazin wert. 

Unterm 25, Oftober 1845 wurde ich von dem Bauer 
Otto in Rohr aufgefordert, eine braun und weiß gefledte 
gegen. 12 Jahr alte Kuh von fränkifcher Race zu unterfuchen 
und reſp. mein Gutachten DanIBrt abzugeben. 


Borberidt, 
Der Eigenthümer erzählte mir: er habe die qu. Kuh 
vor etwa 6 nn von dem jüdiſchen Handelömann Fei⸗ 
12 * | 


— 180 —- 


bel aus ©. eingetauſcht. Schon an demfelben Tage habe 
er bemerft, daß das Thler keine feſten Futterſtoffe au fich 
nehme; feit Diefer Zeit habe es nur Fluͤſſigkeiten genofien, da⸗ 
bei fei e8 von Tage zu Tage mehr abgemagert, fehr matt 
geworben, fo daß es nun ſchon feit 14 Tagen faft gar nicht 
mehr auffiche. Das Mbfegen des Miftes ſei unregelmäßig 
gewefen, zumeilen harte, fchmwärzliche Stüde, zuweilen ganz 
dünn und übelriechend, und es feien gewöhnlich 18 — 30 
Stunden verflofien, ehe etwas Mift erfolgte. 

Sowohl innerlich eröffnende Mittel als auch Klyftiere 
haben keine Befferung herbeigeführt. Da er feine Aenderung 
bes Zuftandes wahrgenommen, babe er fi endlich entihlof 
jen, Die Kuh von mir unterfuchen zu laſſen und wenn ich 
diefelbe für incurabel erklären würde, zu fchlachten, damit ich 
bei der Deffnung zugegen fei und mein Gutachten über den 
Befund abgebe. In der lebten Zeit habe er noch in Erfah. 
rung gebracht, daß der x. Feibel Die Kuh in der Gegend 
bei Mölrihftädt Frank gekauft, wo biefelbe fchon mehrere 
Wochen von dem dortigen Thierarzte ohne Erfolg behandelt 
worben fei, worüber von dem Letztern auch eine Belcheini- 
gung ausgeftellt worden. 


Unterfudgung. | 

Diefe ergab Folgendes: Ich fand die Anh in gewöhn- 
licher Weile, d. h. mit untergefchlagenen Füßen im Stalle lie- 
gend, fehr abgemagert, Ohren, Hörner und Ertremitäten «i6« 
falt, das Flotzmaul troden, die Augen tief in die Höhlen zu- 
rüdgezogen und der Blid matt, die Haut feft anfiegend, das 
Haar gefträubt und glanzlos, der Buls Hein und weich, fat 
nicht zu fühlen, ver Hersfchlag ſtark fühlbar, aber wenig’ hin⸗ 
fichtlih der Zahl vom Normalen abweichend, das Athmen 
normal, zuweilen ein tiefes Stöhnen wahrzunehmen, Freß⸗ 
und Saufluft, fo wie das Wiederkaͤuen unterbrüdt., Der Ab- 
gang des Miftes ganz felten, dünn, ſchwarz ausſehend und 


— 181 — 


übelriecdend, die Urin⸗Ab- und Ausfonderung nicht geftört. 
Der Leib ded Thieres hatte noch eine ziemlich ſtarke Ausdeh⸗ 
nung, und es mußte alfo im Innern etwas vorhanden fein, 
was den Durchgang der Contenta ſtoͤrte. 

Zum Aufftehen war die Kuh unter feiner Bedingung 
zu bewegen. Da ich nach dem bei der Unterfuchung Borges 
fundenen die Kuh für incurabel erflärte, fo wurde fie fofort 
geichlachtet und die Obduction gemacht. 


Gectiojn. 


Bei diefer fand ſich Folgendes vor: 

1) An der äußern Umfläcdhe bes Körpers und 
nad) Wegnahme der Haut fanden fi mehrere durchge⸗ 
legene Stellen. Die Bruft» und Bauchmuskeln, auch bie 
Schenfel waren flarf mit ſchwarzem Blute unterlaufen und 
im Zellgewebe hatte ſich viel ſchwarzes Blut abgelagert, das 
Fleiſch war mürbe, ziegelroth von Farbe und wie halb ge⸗ 
kocht ausſehend. 

2) Bei Oeffnung der Bauchhoͤhle fand ich 10 bis 
12 Maaß eines gelblich weißen Serums vor, in welchem 
viele weißliche Sloden wie Eiweiß ſchwammen. An den dün- 
nen Gedärmen, am Labmagen und dem Nebe hatte fich auch 
viel gelbliche Sulze abgelagert, fonft waren die erſten 3 Mä- 
gen, der Darmkanal, die Leber, Bauchjpeichelprüfe, die Nieren 
und Gefchlechtstheile, außer allgemeinem Blutmangel und 
blafler Barbe gefund. Der Darmlanal war vom vierten Dias 
gen ab bis zum After ganz leer, wie ausgewafchen. Ver 
Panſen enthielt viel faures Futter und der Inhalt des brit- 
ten Magens war ganz troden. Am vierten Magen, Lab- 
magen (Abomasus) fanden fich fehr merkwürdige pathologifche 
Erfcheinungen vor; er war feft wie ein Stein mit Futterſtof⸗ 
fen vollgepfropft, fehr ſtark ausgedehnt, die Häute wie mit 
Blut injicirt und verbidt. Nach der-linten, dem Wanfte zu⸗ 
gefehrten Seite, hatte fih im Netze eine mehrere Zoll ftarfe 


— 12 — 


gelbe Sulze abgelagert. Beim Auffchneiven dieſes Magens 
fand ich eine ganz feft aufammengeballte, unverdaute, mit ei- 
nem ſchwarzen glänzenden Pigment *) überzogene und mit einem 
fhwarzen Safte tingirte Futtermaſſe, aus Spreu, groben 
Stroh⸗ und Heuhalmen beftehend. (Der Inhalt iſt fonft 
breiartig.) Diefer fo zu fagen eingefeilte Futterball hatte 
nach) ungefährer Schägung ein Gewicht von 16—18 Pfund 
und ein Volumen' von 3— 4 Berliner Meben. Nach Ent- 
fernung diefes Yutterballed fand ih an der linfen Wand 
einen Riß durch die fämmtlichen Magenhäute, in der Rich⸗ 
tung von vorn nach hinten, gegen 3 Zul lang. Durch dies 
fen Riß waren von den bezeichneten rohen unverbauten Fut⸗ 
terftöffen einige Pfund zwifchen die Blätter des Netzes ge- 
drungen, ohne in den freien Raum der Bauchhöhle gelangt 
zu fein. Aeußerlich war, wie oben fchon angegeben, dieſe 
Stelle mit einer flarfen Lage von gelber Sulze umgeben. 
Der Behälter zwifchen den Blättern des Netzes, — man Tönnte 
ihn eine Futterfiftel nennen, — hatte eine Ausdehnung von zwei 
ftarfen Mannsfäuften. Die Ränder des Riffes waren ganz 
vernarbt, er mußte daher fchon lange beftanden haben. 

3) Bei Deffnung der Brufthöhle fand fich nichts Regel. 
widriges vor. 

Auf Berlangen des Eigenthümers ftelite ich über en 
Hall ein Gutachten aus, in welchem ich nad Angabe des 
Borftehenden folgenden Schluß machte: 

„Aus den beim Leben beobachteten Erfcheinungen, und 
aus dem bei der Obduction Vorgefundenen geht mit voller 
Gewißheit hervor, daß die qu. Kuh an einer hronifchen 
Berftopfung und Anfüllung des vierten Magens 
mit vielen ungewöhnliden, rohen unverdauten 
Butterftoffen, fo wie an Zerreißung der linken 


*) Das Pigment war fo ſchwarzglaͤnzend wie ber ueberzug uͤber die 
Haarbaͤlle (Aegagropilae). 


% 


— 13 — 


Wand der Magenhäute und an Einſchiebung der 
Zutierftoffe zwifchen die Blätter des Netzes litt, in 
Folge dDeffen der Durchgang des Futters durch die- 
fen Magen gänzlich gehindert wurde und das Thier 
dem Hungertode Preis gegeben worden wäre Es 
ergiebt fih auch hieraus auf das Beftimmtefte, da das Thier 
fi) fhon am Tage des Kaufs Frank zeigte und vor dem 
Kaufe, von dem oben bezeichneten Thierarzte längere Zeit 
ohne Erfolg behandelt wurde, daß der franfhafte Zuftand 
bereits mehrere Wochen vor dem Kaufe beftand, durchaus in⸗ 
eurabel war und den Tod in Kurzem herbeigeführt hätte. 
Daß Borftehendes der Wahrheit u. f. w. 
Bemerfung. Ich habe viel über diefen pathologifchen 
Zuftand nachgedacht, kann mir aber bis jetzt Feinen genügen“ 
den Aufichluß geben; denn 
1) Wie fommen diefe groben unverbauten Yutterftoffe in 
den vierten Diagen, da derfelbe doch fonft nur vollfom- 
men zerfleinertes wiedergefäutes Futter enthält? und 

. 2) Wie enitftand der Riß in den Magenhäuten? Jeden⸗ 
falls war der Riß zuerſt eniftanden, aber wodurch? 
und dann erfolgte die Anhäufung der Zutterftoffe im 
vierten Magen in Folge der gehinderten Contraction. 
Am Pförtner war durchaus Fein Hinderniß vorhanden, 
wodurch das Futter zurüdgehalten fein Tonnte. ”) 

Ich bewundere nur, daß das Thier fo lange lebte, da 
namentlich in der legten Zeit nur Flüffigfeiten den vierten 
Magen paffiren konnten, und die eigentliche Verdauung gänz- 
lich aufgehoben war. Diefer ſtark angefülltte Magen brachte 
zulegt eine Lähmung des Hintertheild hervor; denn ihrer för 
perlichen Befchaffenheit nad) hätte die Kuh wohl aufſtehen 
können. 


EU 


- *) Der Pförtner iſt beim Rinde zu eng, um grobe Zutterfloffe durch⸗ 
zulaffen. Gurlt. 





— 14 — 


In diefem Falle fpiegelt fich wieder bie ungeheure Tor: 
pidität des Rindviehs ganz auffallend ab; denn biefer Frank. 
hafte Zuftand hatte Doch wenigftens ein Pierteljahr beftanden. 
Welch heftige Erfcheinungen wären unter ähnlichen Umſtaͤn⸗ 
den bei einem Pferde eingetreten! — 





—— 


2. Hypertrophiſche Erweiterung der rechten Vorkammer 

und varicöſe Auftreibung der venöſen Gefäße des Her⸗ 

zens, Zerreißung einiger der letztern und Ergiegung von 
Blut in den Herzbeufel, bei einer Kuh. 


Diefer Fall ift nicht minder interefiant als der vorige, 
da fich wohl fehr felten Varices im Innern bes Thierförpers 
zeigen; ich wüßte mich noch feines foldyen Falles zu erinnern. 
Ich hatte nicht Gelegenheit die Kuh lebend zu fehen, und 
wurde nur zur Abgabe eined Obductions⸗ Guiachtens aufge⸗ 
fordert, welches ich hier folgen lafſſe. 


Obpuctions- Bericht und Gutachten 


über eine dem M. Simfon in ©. gehörige, gelbe, 8 bis 9 
Sahr alte Kuh, von hiefiger Landrace und mittlerer Größe. 


Borberidt 


Der M. Simfon theilte mir mit: er habe die in Rebe 
fiehende Kuh am 18. Novbr. d. 3. von dem Hammerbefiger 
Herrn 9. in 3. gefauft, dieſelbe jedoch bald darauf wieder 
an den Herrn B. dafelbft verfauft, bdiefer habe die Kuh am _ 
24. defi. Mts. von jenem in Empfang genommen. Schon 
an bemjelben und dem folgenden Tage habe der B. gemerft, 
daß die Kuh Frank fei und weder gehörig frefien noch faufen 
wollte, und davon fowohl den ıc. 9. ., als ihn in Kenntniß 
geſetzt. Außerdem habe die Kuh noch ſtark gehuſtet, geſtöhnt 
und röchelnd geathmet. Da ſich die Krankheit mit jedem 


— 15 — 


Tage verfchlimmert, fo fei ihm am 5. d. M. die Kuh von 
3. nach ©. zugeführt, wo fie dann am andern Tage geflor- - 
den. Die Kuh fei ganz matt geweien und habe beim Gehen 
immer hin und hergeichiwanft. 


ODbducetion. 


Am 8. d. M. wurde die Kuh durch den hiefigen Scharf: 
richterfnecht von ©. hierher gefchafft und unter heutigem Da- 
tum Vormittags 9 Uhr die Leichenöffnung von mir vollzogen, 
welche folgende Tata lieferte: 

1) An der äußern Umfläche des Körpers und 
nach Wegnahme der Haut fand fich, außer Blutarmuth 
in den Gefäßen und Bleichfärbung der Muskeln, nichts Ab⸗ 
normes vor. 

2) Bei Deffnung der Bauchhöhle fand fich außer 
einer leichten Röthung der dünnen Gebärme und weicheren 
Conſtſtenz der Leber nichts Krankhaftes vor. Die großen 
Benen des Hinterleibs, auch die Auen enthielten ſchwar⸗ 
zes theerartiged Blut. 

3) Bei Deffnung der Brufihöhle fand ich die Lun⸗ 
gen, LZuftröhre, Bronchien und Bruſthaut (Pleura) gefund, 
Im Herzbeutel (Pericardium) befanden fich gegen 24 bis 3 
Maaß fhwarzes, geronnenes Blut. Die venoͤſen Ges 
fäße der Vor- und Herzlammern, namentlich die Kranzvene 
und mittlere Bene des Herzens waren varicös aufgetrieben 
und bie rechte Vorkammer hypertrophifch erweitert, wenigftend 
noch einmal fo groß als im Normalzuſtande. Einige Diefer 
Venen (die flärfften Stämme) waren zerplabt und hatten ihr 
Blut in den Herzbeutel entleert (theilweiſe innere VBerblutung). 
Das Herz felbft war welf und fchlaff, und enthielt in beiden 
Kammern und Vorkammern fchwarzes, theerartiges,. zerſetztes 
Blut. 


— 16 — 


Gutachten und Schlußbemerkung. 


Aus dem bei der Sertion Borgefindenen, namentlich. ad 
3 Angegebenen geht nun ohne Zweifel hervor, daß bie in 
Rede ſtehende Kuh an einer chronifchen Krankheit des 
Herzens, flarfer Ausdehnung der Venen (Varices), 
Zerplagen derfelben und hypertrophiſcher Ermwei- 
terung der rechten Hergfammer litt, in Folge def- 
fen das Thier nach und nah durch Störung des 
Kreislaufs und theilweifer innerer Verblutung zu 
Grunde ging. Die vorgefundenen pathologifchen Zuftände 
find fehr chronifcher Natur und haben nicht nur zur Zeit des 
Berfaufs, fondern ſchon längere Zeit vorher beftanden, wofür 
auch die im Vorbericht angeführten Krankheitserfcheinungen. 
fprachen, | 

Daß Vorftehendes der Wahrheit u. |. w. 


3. Aneurysmatiſche Vergrößerung oder vielmehr Verfto: 

pfung (Obliteration) der Arteria pnlmonalis durd) 

eine in derfelben ausgefchwigte plaftifche Reſſe, bei 
einer Kuh. 


Auch dieſer Fall iſt bei Thieren gewiß höchſt ſelten und 
daher fuͤr die pathologiſche Anatomie von Wichtigkeit. Von 
Verwachſungen oder Verſtopfungen (Obliterationen) kleinerer 
Gefäße find mehrere Fälle bekannt und in dieſem Magazin 
mitgetheilt, aber an den Arterienffämmen wurden ſolche hoͤchſt 

wahrfcheinlih noch nicht beobachtet. Deßhalb erlaube ich 
mir denfelben mitzutheilen. | 

Beim Lehen der qu. Kuh hatte ich ebenfalls nicht Ge⸗ 
legenheit diefelbe zu beobachten, fondern wurde nur zum Ab⸗ 


— 17 — 


geben eines Obductions⸗Gutachtens aufgeforbert, welches hier 
folgt. 
Obductions⸗Bericht und Gutachten 


über eine, dem jüdifchen Handelsmann Herm & Sußmann 
in Heinrich gehörige Kuh von rothbrauner Farbe, 9 bis 10 
Sahr alt, von biefiger Race und mittlerer Größe. 


Borberidt. 


Der Herr Sußmann erzählte mir, er babe diefe 
Kuh am 29. v. M. von dem Eigenthümer V. Schneider 
in Schmiedefeld gefauft. Schon beim Herunterführen von 
Schmiedefeld habe er bemerft, daß das Vieh Furz geathmet 
und troden gehuftet, er habe es aber ber weit vorgerüdten 
ZTrächtigfeit zugefchrieben und daher weniger Notiz davon ge⸗ 
nommen. Zu Haufe angefommen, habe die Kuh fchlecht ge- 
frefien und felbft im Stande der Ruhe habe das beengte 
Athmen und der kurze Huften nicht nachgelaffen. Am geftrigen 
Tage, den 8, Bebr., fei er um 11Uhr Vormittags weggetrieben, 
um die Kuh wieder zu verkaufen. Nachdem er kaum eine 
Stunde Weges in drei Stunden, aber bergauf, gemacht, habe 
fie ſich ſchon träge gezeigt, ſtark gehuftet und zu erftiden 
gedroht, weshalb er wieder umgefehrt fei. Gleich darauf habe 
die Kuh hin und hergefchwanft, mit aufgeriffenem Maule ges 
athmet, fei zufammengeftürzt und bald darauf geftorben. 


Section. 


- Unter heutigem Datum Vormittags 9 Uhr, begab fich 
der unterzeichnete Kreis-Thierarzt auf Verlangen des Suß- 
mann nach ber hieſigen Scharfrichterei, um die Kadaveroͤff⸗ 
nung mit beisumwohnen. Ich fand die Kuh in der Nähe 
des Uterfchen Tlechfenhaufes, wohin fie mit dem Karren 
durch den Scharfrichterfnecht gefchafft worden war, vor und 
gleich nach meiner Ankunft wurde zur Oeffnung gefchritten, 
bei welcher fich Folgendes vorfand: 


— 188 — | 
1. An der äußern Umfläche bes Körpers, fo 


wie nah Wegnahme der Haut, zeigte ſich außer Blut⸗ 


mangel in ben dußeren Theilen, nichts Regelwidriges, das 
Thier war wie ausgefihladhtet. So zeigte ſich auch 

‚2. bei Dffnung der Bauchhöhle außer einigen 
Gallenfteinen in den Gallengängen der Leber nichts Innor⸗ 
males, aber ebenfalls Blutmangel. 

3. Bei Deffnung der Brufthöhle waren gleich- 
falls alle Organe, außer einer ftarfen aneurpsmatifchen Auf- 
treibung der Zungenfchlagader (Lungenarterie, Arteria pul- 
monalis), gefund, 

Die genannte Arterie fand ich von der rechten Herz 
fammer aus bis zur Mündung in die Lungen circa 4’ lang 
wenigftens auf das Sechöfache ausgedehnt, wie ein ftarfer 
Mannsarm. Die Häute des Gefäßes waren fehr verdidt, 
41 bis 4” ſtark und das Lumen bderfelben durch eine ausges 
fh wipte plaftifche Maſſe faft gänzlich verfchloffen, fo daß der 
Durchgang des Bluts, von der rechten Herzfammer in bie 
Zungen, beinahe ganz gehemmt wurde. Die genannte Maffe 


war in Folge einer chronifchen Entzündung und plaflifchen 


Ausichwigung der Gefäßwände allmählig entflanden, war 
graugelblich von Farbe und hatte eine etwas feftere Conſi⸗ 
ftenz. ald alter Käfe, etwa wie gefochter Knorpel, aber die 
Grundlage berfelben war Faſerſtoff. Zwiſchen den verbieten 
Gefäßwänden und der Ausfchwigung hatte bereits eine Ab⸗ 
fonderung von mißfarbigem Eiter (Jauche) begonnen, in 
Folge deſſen fich dieſe Maſſe leicht herausnehmen ließ. Die 
Flächen, an den innern Gefäßwänden fowohl, als an ber 
äußern der ausgefchwigten Maffe, hatten ein rauhes unebe⸗ 
nes, dem Blumenkohl ähnliches Anfehen. Die Maſſe wog 


ezcl. der Arterienhäute 20 Loth, fie war 6" lang und 3" 


im Durchmeffer, und ließ fich nach bem Herausnehmen leicht 
der Länge nach in zwei Hälften theilen. Die Deffnung zum 
Durchgang des Bluts war nur fo groß wie eine duͤnne Meffer- 


& 


— 189 — 


flinge. Die rechte Herzkammer enthielt ſchwarzes geronnenes 
Blut. 
Gutachten. 


Aus dem ad 3. Angegebenen geht nun mit Beſtimmt⸗ 
heit hervor, Daß die Kuh an einer aneurysmatifchen 
Auftreibung und Verſtopfung der Lungenfchlagader 
mit ausgeſchwitztem plaftifchen Faferftoff litt (Ob- 
literation), in Folge deſſen der Tod durch flarfe Hem- 
mung, ja faft gänzliches Geftörtfein des Heinen Kreislaufs, 
Erſtickung durch Blutmangel in den Lungen und Lähmung 
verfelben veranlaßt wurde. Der vorgefundene franfhafte Zus 
fand, die unbedingte Veranlafjung zum Tode des Thieres 
ift chronifcher Natur und brauchte wenigftens einige Monate”), 
um fich bis auf den bezeichneten Grab auszubilden, er war 
daher nicht nur zur Zeit des Verkaufs, am 29, Jan. d. S., 
fondern wenigftens ſchon einige Monate vorher vorhanden. 


Demerfung. Weber die Urfachen, welche diefen merk ' 
würdigen Krankheitszuſtand veranlaßten, läßt fich nichts mit 
Beftimmtheit angeben, fehr wahrfcheinfich ift e8, daß derſelbe 
in Folge einer dyriamifchen Einwirkung oder Metaftafe entitand. 
Daß das Thier bei einer ftärfern Anftrengung, wie hier beim 
Bergaufgehen ftarb, und nicht ſchon früher bei dem längern 
Marſche bergab verendete, iſt ganz natürlich. Beim Berg« 
aufgehen ift eine größere Kraftanftrengung und Mustelthäs 
tigfeit nothwendig, in Folge deffen werden auch die Refpira« 
tionsorgane in eine größere Thätigfeit verfegt oder mit Lie- 
big zu reden, es müflen der Zunge durch den im Körper 
vermehrt entwidelten Wärmeftoff mehr .zu orydirende Stoffe 
Cfohlenftoffhaltiges Blut), zugeführt werden. Da dies in 


— 


*) Daß der krankhafte Zuſtand einige Monate zu feiner Ausbil 
dung gebraucht hat, iſt durchaus nicht zu beweifen, und man follte daher 
in gerichtlichen Gutachten fo beftimmte Seitangaben vermeiden. 

J | Gurlt. 


Kolge der Berftepfung ber Arteria pulmonalis nicht erfolgen 
fonnte; fo war der Tod durch Erftidung wegen Blutmangel 
und Lungenlaͤhmung unausbleiblich. 


4. Verwachſung der Haube mit dem Zwerchfelle, diefes 
mit dem Herzbeutel und des letztern mit dem Herzen, bei 
einer Kuh, durch einen Nagel von der Haube aus herbei⸗ 
geführt, in Folge deffen eine übermäßige Anfüllung des 
Panfens mit Futter und der Tod erfolgte. 


Diefe Kuh hatte ich Gelegenheit 8 Tage lang zu be 
handeln und laſſe deshalb eine Furggefaßte Krankheitsge⸗ 
fehichte und fpäter den Obductions - Bericht und Gutachten 
folgen. 


Am 12. October d. 3. wurde ich von dem Hammer: 
ſchmidt Künftler hierſelbſt zur Unterſuchung und Behand- 
lung einer franfen, 9 bis 10 Jahr alten, kleinen, braunen 
Kuh von fränfifcher Race, aufgefordert. 


Vorbericht. 


Die Kuh wurde anfangs October dieſes Jahres von dem 
juͤdiſchen Handelsmann S. Sußmann, aus einem Meining- 
ſchen Dorfe, von dem Viehhändler L. Sandel gekauft. Am 
11. October verkaufte der Sußmann die Kuh an den hie— 
figen Hammerfchmidt Künftler, welcher diefelbe ſchon am 
erften Tage nicht für gefund erkannte, weshalb Iepierer mich 
gleih am andern Tage zu Ratte 309. 


Unterfudung. 

Bei diefer zeigte fich Folgendes: abwechfelnd Falte Oh⸗ 
ren, Hörner und Extremitäten, jedod waren Ohren und Hörs 
ner am Grunde immer heiß, gefträubtes Haar, trodnes Flotz⸗ 
maul, fchmieriger zäher Schleim im Maule, öfteres Rülpfen 


—- 11 — 


und faft regelmäßig alle 2— 3 Minuten ein Zuſammenſchau⸗ 
dern des ganzen Körpers, wie ed wohl durch flarf einwir- 
fende Kälte hervorgebracht wird, oder auch Durch Edel. Etarf 
gefpannter Leib, aber nicht von Gas, fondern von Ueberfüls 
lung des Panſens herrührend, die Anfpannung war fo ſtark 
und Bart, daß man nicht mit der Hand einprüden Tonnte. 
In den Zunctionen des Kreislaufs und Athmens war, außer 
Stöhnen beim Einathmen, nichts Regelwidriges wahrzunehmen. 
Die Functionen der Verdauung, Ab⸗ und Ausſonderung 
waren geſtoͤrt. In 24 Stunden war weder Miſt noch Urin 
abgeſetzt. Der Appetit unregelmaͤßig, Abneigung gegen Sau⸗ 
fen, namentlich gegen Traͤnke die aus Leinmehl oder Kleie 
bereitet worden waren. Wiederkäͤuen fand gar nicht Statt. 
Außerdem fchien die Kuh nicht jo bedeutend zu leiden, und 
zeigte nur eine Schwäche im Kreuz, beim Drud auf das 
Miderrüft, auch von vorn ber an die Bruft und zu beiden 
Seiten, wurde ein etwas flärferes, tiefes Stöhnen bemerft. 
Die Milchfefretion hatte ganz aufgehört, obgleich fie einige 
Tage zuvor noch 2 Maaß pro Tag gegeben haben foll. 

In Folge diefer Erfeheinungen hielt ich Das Uebel für 
eine flarfe Ueberfüllung des Panfens und Verſtopfung, und 
leitete demgemäß meine Behandlung ein, obgleich unwillkuͤhr⸗ 
lich der Gedanke in mir aufftieg, es Eönne wohl auch .ein 
Herzleiden mit im Spiele fein, burch einen fremden Körper 
von der Haube aus veranlaft. 


Behandlumg. 


Natr, sulphuric. 4 Pfd., Calomel 3ß und Tartar. sti- 
biat. 35 in Verbindung mit Pulv. Rad. Gentianae und Lein- 
famenfhleim, und außerdem noch größere Quantitäten des 
fegtern (10 bis 12 Maaß täglich), fo wie zweifünblich er⸗ 
weichende Klyſtire applieirt, hatten in 4 Tagen noch -feine 
Beſſerung herbeigeführt. Es war einige Mal nur eine Klei- 
nigkeit übelriechender, jedoch nicht zu harter Mift mit großen 


— IR — 


Schleimfloden verfehen abgegangen, ebenfo war auch wenig 
Urin erfolgt. - 

Am fünften Tage nahm ich meine Zuflucht zu der weis 
Ben Nießwurz. Mittags erhielt Patientin 2 Drachm. mit eis 
nem halben Maaß Leinfamenfchleim, worauf bis Abend außer 
etwas Speicheln, Feine Wirkung eintrat. Abends wurde 
diefe Doſis verdoppelt, worauf ſtarkes Speicheln, Ruͤlpſen, 
MWürgen, Ausbruch von Schweiß, Angft, Kolikfchmerzen und 
nad) 4 Stunden ein fehr heftige Erbrechen erfolgte. Das 
Thier hatte wenigſtens 3 Stalleimer vol Futter von gewoͤhn⸗ 
licher Befchaffenheit, nur etwas ftarf und fauer riechen, ent- 
leert, audy war während der Nacht Mift- und Urinentleerung 
erfolgt. | 

Am fechöten Tage zeigte ſich das Thier viel munterer und 
verlangte nach Freſſen, foff auch einige Mal von dem ihm vorge- 
haltenen Leintranf, Die Hungergruben waren jebt eingefallen, 
das Stöhnen und Zufammenfchaudern nahm man aber noch 
wahr. Wieberfäuen erfolgte nicht. Sch verordnete nun Ein⸗ 
güffe von Wermuthabfochung und Kochſalz. Diefe wurden 
nur noch einen Tag gegeben; denn der Sußmann hatte 
fi) zur Zurüdnahmie der Kuh bewegen laflen und dadurch 
wurde Diefe meiner ferneren Behandlung und Beobachtung 
entzogen. Ich hörte nur nad) 2 Tagen, daß die Kuh ziem⸗ 
lich frefie und faufe, aber wenig Miſt abfebe und noch gar 
nicht wiederfäue. Am dritten Tage nad der Zurüdnahme 
fei der Leib aber wieder eben fo gefpannt gemwefen als zu An- 
fang, und am 23ften Morgens fei die Kuh verenbet. 


Section 


Diefe konnte wegen einer nothwendigen Reife erfl am 

25. DOftober Morgens vorgenommen werben, bei welcher fich 
ein fehr interefianter pathologifcher Zuftand vorfand, der auch 
in veterinair=gerichtlicher -Beziehung beachtet zu werben ver⸗ 
dient. Morgens 9 Uhr wurde die Deffnung des Kadavers 
auf 


j 18 
— — — — 


auf der hieſigen Abdeckerei von mir vollzogen, wobei ſich fol⸗ 
gendes ergab: 
1L. An der äußern Umfläche des Körpers und 
nah Wegnahme der Haut fand ſich außer Magerfeit 
and ftarfer Auftreibung des Leibes, nichts Kranfhaftes vor. 
2. Bei Deffnung der Bauchhöle fand ich Die Le 
ber, Milz, Bauchſpeicheldruſe, den Iten und Aten Magen, bie 
Nieren und Geſchlechtotheile gefund. Ber Banfen enthielt 
eine fehr große Maſſe fefter Yutterftoffe, wenigftens 34 Berk 
ner Scheffel, an Gewicht nach ungefährer Schähung 180 bis 
200 Pfund. Der 2te Magen (Retioulum) war an felıter 
ganzen vorderen Fläche, in Ausbehnmg von 1 Quad. Buß 
mit dem Zwerchfelle innig verwachſen. Beim Trennen dieſer 
beiden Theile zeigten fich mehrere Fleine Fiſtelgaͤnge, welche 
jauchichten Eiter enthielten, und in ber Mitte der Verwach⸗ 
fung ſchnitt ich auf einen Brettnagel. Diefer Nagel von 4° 
Ränge, fand fich in der Haube vor, und "hatte deren vordere 
Wand nach und nad) an mehreren Stellen burchbehtt. 
Das Zwerchfellwar an der ne gegen 
44.3001 did und norpelartig'verhärtet. - 
3. Bei. Deffnung der Brußhähle — is vie Lun⸗ 
gen und Quftröhre gefund, ber Herzbeutel war auf eiher 16 
Quadr. Zoll großen Bläche ‚mit: dem Zwerchfell und auf einer 
10. bis 12. Quadr. Zoll großen FRaͤche mit: der äußern Fläche 
der linfen Herzfammer innig verwachſen. Die fibröfe Hart 
deflelben zeigte fih an der verwachſenen Stelle, wenigſtens 
um das Vierfache verbidt. Die äußere liche des Herzens 
am der: adhärttten Stelle, der Herzbeutel, das Zwerchfell und 
die vordere Wand ber Haube, bildete eine fefte callöfe — 
die circa 3" ſtark war. 


| Aus den / beim geben — — und dem 


bei der Section Vorgefundenen, namentlich aus dem ad 2 
Mag. fı Thierheilt. XII. 2 13 


— 194 — 


und 3 Angegebenen, geht mit aller Gewißheit hervor, daß 
die Kuh an einer regelwidrigen chroniſchen Verwach— 
fung des zweiten Magens (Beticulum) mit dem 
Zwerchfelle, diefed mit dem Herzbeutel und des letz— 
tern mit dem Herzen durch einen Nagel, welder 
diefe Theile von der Haube aus durchbohrte und 
fortwährend reizte, veranlagt und an farfer Ueber— 
füllung des Panſens mit ———— litt und 
ſtarb. 

Der letztere Zuſtand, die Heberfüllung des erſten Ma- 
gens mit Zutter, war ein fecundäres 2eiden und durch bie 
angeführten pathologifchen Zuftände der Haube des Zwerch⸗ 
fells und Herzens herbeigeführt; denn In Folge der ausge⸗ 
dehnten Berwachfung der Haube‘ mit dem Zwerchfelle, hatte 
fie ihre natürliche Zufammenziehungsfraft verloren, Tonnte 
die ihr faſt allein zufommende Function des Wiederfäuens 
nicht mehr beforgen, weshalb fich übermäßig große Futter⸗ 
maſſen im erſten Magen anhäuften, die nicht wieder fortge⸗ 
ſchafft werden konnten. Auch reizte der verletende Koͤrper 
beim jedesmaligen Verſuch zum Wiederkaͤuen das Herz, wo⸗ 
durch es in Folge des Schmerzes gleichfalls unterblieb. 

Die Entſtehung dieſer Uebel laſſen ſich gerade nicht auf 
den Tag beſtimmen, ſo viel geht aber aus den vorgefundenen 
pathologiſchen Zuſtaͤnden mit Gewißheit hervor, daß fie we⸗ 
nigſtens 8 bis 10 Wochen beftanden haben müflen, ehe fie 
viefen Grad erreichten, fie waren alſo ſchon zur Zeit des 
Kaufs am 5. Ortober vorhanden. Der Nagel felbft Hatte 
vielleicht fchon ein halbes Jahr im Magen gelegen; denn er 
war von der darauf einwirkenden RaBEINUNE: an der zn 


faft gänzlich aufgelöft. 


Bemerkung. Das Futter im dritten Magen war 
nicht, wie fonft bei geftörter Verdauung Bart und troden, 
fondern breiartig, wahrfcheinlich deshalb, weil immer viel 


Flüffigfeiten eingefchüttet wurden, und nur biefe mit fehr 
verfleinerten Zutterftoffen denſelben paflirten. Werner war es 
auffallend, daß fich weder plaftifche Ausfchwigungen noch ein 
Erfudat im Herzbeutel vorfanden. Ich fuche mir dies auf 
folgende Weife zu erklären. Magen und Zwerchfell verwuch⸗ 
fen zuerſt, wodurch grabatim eine immer größere Anhäufung 
von Zutterftoffen im erſten Magen herbeigeführt wurde. Im 
Folge defien wurde das Zwerchfell ſtark nach vorn in bie 
Brufthöhle hineingebrüdt, der verlebende Hagel reiste den 
Herzbeutel und Das Herz ımb letztere verwuchſen dadurch 
gleichfalls fchnell, indem eine innigere und anhaltendere Bes 
rührung diefer Theile Statt hatte. Es bildete ſich am Her⸗ 
zen durch Ausfchwigung eine baldige Berwachfung um ben 
verlebenden Körper (Pſeudomembran) und machte fo die fer⸗ 
neren Neigungen deſſelben auf die übrige Flaͤche des Herzens 
unfhäblich, ed Fonnte daher weiter Feine Entzündung und 
Wafferergießung erfolgen, welche lebtere jedenfalls eingetreten 
wäre, wenn die Verwachſung nicht Statt fand. Der Nagel 
hatte die vordere Wand der Haube an mehreren Stellen 
durchbohrt, daher war fie auf einer fo großen Flaͤche mit 
dem Zwerchfelle ae 


— — — — — 


5. Ausgedehnte Verwachſung der obern Wand des Blind⸗ 

darms mit den Nieren und den Lendenmuskeln — Aneu⸗ 

rysma der vordern Gekrösarterie, Verſtopfung und Zer⸗ 
reißung des genannten Darms bei einem Pferde. 


Dieſer Fall iſt gewiß auch für die pathologiſche Anato⸗ 
mie ‚und die gerichtliche Thierheilkunde von Wichtigkeit und 
höchft felten bei Pferden beobachtet. 

Das Pferd, ein brauner Wallach, Langſchwanz, bezeich- 
net mit einer Bläffe und alle vier Züge halb weiß geftiefelt, 
20 und. einige. Sahre alt, 5’ 4” groß, von Medienburgifcher 

13 * 


— 16 — 


Race und Wagenpferd, — wurde am 8. Mai d. J. durch 
den Gaflwirth Herrn Werner bierfelbft von dem Pferde⸗ 
händler 9. Meyer aus ©. gekauft. 

Bevorworten muß ich: daß das Thier fehr abgeftumpft 
und torpidve war. Es war nicht fehlecht genährt, konnte aber 
gleich anfangs, feiner fchlechten Zähne wegen, den Hafer nicht 
gut beißen, verbaute daher auch ſchlecht und feßte die ganzen 
Haferförner wieder mit dem Mifte ab. Mit dem Heufrefien 
ging. es noch fchlechter, denn es verzehrte pro Tag nur 1 
bis 3 Pfund. Es mußte nun täglich angefrengt arbeiten 
und fo war es nicht zu verwundern, daß es he feiner ſchlech⸗ 
ten Verdauung von Zleiich Fam. 

Schon gleich in "den erften Tagen — das Pferd ei⸗ 
nen unregelmäßigen Appetit, es vergingen aber kaum 4 Wo⸗ 
chen, als es ‚gänzlich Yutter und Geiränf verfagte. Ich Tann 
wohl. offen und frei geftehen, daß mir noch Fein Patient fo 
viel Sorgen gemacht hat, und daß ich bei feinem die Be- 
handlung mit felchem Unmuth und Widerwillen fortgeführt 
habe als bei diefem; denn Innerhalb 4 Wochen blieb ſich der 
Krankheitszuftand faſt ganz gleich, nur mit dem Unterfchiche, 
daß in der legten Zeit heftiges Kleber eintrat. Das Pferd 
ift, fo zu fagen, den Hungertod geftorben, da es nicht fo viel 
Rahrung aufnahm, als zur Erhaltung feines Körpers nothe 
wendig gewejen wäre. Der Anfang der Krankheit war am 
10. Juni. Das gaftrifche Leiden war nicht zu verfennen, zur 
mweilen gelinde Kolikſchmerzen, abwechfelnd kalte Obren und 
Ertremitäten, belegte Zunge, gelblich gefärbte. Schleimhäute, 
geftörter, manche Tage gänzlich unterbrüdter Miftabfag, An⸗ 
frengung und Sohmerz beim Abſetzen des Urins und Ver⸗ 
minderung der Secretion deſſelben, Wedeln mit dem Schweif, 
Umfehen nad) dem Leib; Abſetzen eines -fchlechten mit 
vielen Schleim umhüllten; ſehr übel... riechenden: Miftes, 
periodiſches Kragen. mit den Borderfüßen,. Rieberlegen und 
wieder Aufſtehen. Eigentliche Anfälle von Kolik; traten periv⸗ 


— 191 — 


diſch ein, zuweilen täglich 2 bis 4 Mal, zuweilen alle 3 bie 
4 Tage nur einmal. Gin eigenthümliches Symptom war 
und blieb bis zum Tode zugegen, Dies war das Aufziehen 
der Oberlippe nach der Nafe zu und Reiben verfelben, wie 
bei Würmern im Darmeanal: - Bei diefem Juftande war fein 
Zieber zugegen, der Puls voll und fräftig, 36 bis 40 Mal 
per Minute zu fühlen, das Athmen normal, nur zuweilen 
beim Liegen ftöhnend. Der Appetit war unregelmäßig, in 
ben erften 3 Tagen der Krankheit eine Abneigung gegen alle 
Sutterftoffe, Dann wurde fpäter mitunter etwas Gras, Klee 
ober Heu gefrefien. In der dritten Woche des Krankſeins 
fam eine Periode, wo der Appetit fo ziemlich war, es fraß 
mehr Heu und einige Hände voll Hafer. 

‚In den legten beiden Tagen trat Fieber ein und zwar 
ſehr heftig, das Thier zeigte eine große Unruhe, war zum 
Sfelet abgemagert, ſchwitzte über den ganzen Köryer, daß 
das Waſſer in Tropfen zur Erde Tief, ſchwankte hin und ber, 
Ohren, Maul und Füße waren eisfalt, das Atmen erfchwert, 
der Puls ganz Hein, fehr frequent, faft nicht mehr zu fühlen, 
das Muge matt und gebrochen; das Pferd hatte fich nieder 
gelegt und ftarb dann nad) einigen Stunden ohne heftige 
Convulfionen. Dies war am 2. Juli des Morgens. | 

Die Behandlung beftand in Folgendem: innerlich eröffs 
nende und ftärfende Mittel, Natrum sulphuricum, Nitrum, 
Tartarus stibiatus, Calomel mit Rad. Gentianae, Calami, 
u. flor, Sambuei in Verbindung. Später einige Maas Bier⸗ 
hefe, ohne Erfolg. Aeußerlich Einreibungen von Oleum Te- 
rebinth, am Bauche. In der dritten Woche verabreichte ich 
eine Zarirpilfe aus Pulv. Aloës soccotrin. 3x und Calomel 
3jjj mit weißer Seife zur Pille gemacht, beftchend. Es trat 
hiernach etwas Unruhe ein, Bolten im Leibe und erft 
nah 72 Stunden Abſetzen eines breiigen, ſchwarz gefärbten: 
und fehr übelriechennen Miftes. Babel wurden täglich meh- 
tere Klyſtire von Setfenwaffer, Oel und Salz, Kamillenthee, 





— 18 — 


Eſſig und Waſſer und reinem Falten Wafler applichtt, jeboch 
blieb der Zuftand immer derfelbe. In der lebten Zeit wurs 
den Klyſtire von Stärfemehl gegeben und innerlich Mehltränfe 
verabreicht, 

Bei der Unterfuchung durch den Mafldarm fühlte ich 
auf der rechten Seite einen feften Körper, an der Stelle, wo 
der Blinddarm liegt, ich hielt dies anfänglich für eine Balg- 
geſchwulft, fpäterhin überzeugte ich mich aber, Daß es nur 
verhärtete Futtermaffen waren. An ein Sortfchaffen dieſer 
Maſſen war nicht zu denfen, dies die Obduction 
nur zu auffallend. 


Section. 


Am nächften Morgen, den 3. Juli, Morgens 5 Uhr, 
wurde die fehr intereffante Obduction in. Beifein eines hiefi- 
gen Arztes, Herm Dr. Blau und des Eigenthümers, von 
mir felbft vollzogen, wobei fich Folgendes vorfand: 

1. An der äußern Umflähe des Körpers und 
nah Wegnahme der Haut, zeigte fich außer ftarfer Ab- 
magerung und Aufliegen (Decubitus) nichts Regelwidriges. 

2. Bei Deffnung der Bauchhöhle fanden ſich fehr 
feltene und merkwürdige Erfeheinungen. Magen, Dünndarm, 
Leber, Milz und Hamblafe waren gefund. Am Gefröfe 
zeigten. fi einige Iodere plaftifche Ausfhwigungen. Der. 
Magen und die dünnen Gevärme, auch der Grimm- und 
Maſtdarm waren leer von Futter, fo zu fagen wie ausge- 
wafchen, der Blinddarm aber ftarf mit unverbautem feften 
Zutter angefüllt, wie ausgeftopft (der Inhalt ift fonft breis 
artig), er war ganz hart anzufühlen, fo daß man faum Einprüde 
mit der Hand oder den Fingern machen konnte. Die obere 
Seite defielben war auf einer 14 Q. Fuß großen Fläche mit 
den Nieren, den Lendenmudfeln, ber Wirbelfäule und dem dar⸗ 
über bingehenden Leerbarm innig verwachfen. “Die feröfe 
Hanf. hir Nierenfapfeln und das in ber Umgegend liegende 


— 





—- 19 — 


Zellgewebe, bildeten eine 3 — 1” flarfe, durch eine chronifche 
Entzündung berbeigeführte verhärtete Maſſe. Die vordere 

Gekroͤsarterie, welche den Mittelpunkt ver Berwachfungen 
ausmachte, und von welcher diefelben auszugehen fchtenen, bil- 
dete ein Aneurysma von der Groͤße eines Gaͤnſeeies. An 
diefer Stelle hatte der Blinddarm einen Dueerriß, von 4 bis 
5 Zoll Länge, welcher in Folge der in demfelben enthaltenen 
großen Futtermaſſe entflanden war, es fanden fich auch einige 
Stüde geronnenes Dlut von der Größe eines Hühnerels 
vor und das Lumen ber vordern Gefrösarterie war gleiche 
falls durch geronnene® Blut verftopf. Der Riß im Blind⸗ 
darm hatte gewiß‘ fehon einige Tage beflanden, benn bie 
Pſoas⸗- und Lendenmuskeln zeigten eine ziegelrothe Farbe 
und fahen aus, wie halb gekocht. Die Nieren waren ges 
ſchwunden. Die Contenta des Blinddarms hatten ſich aber 
nicht in die Bauchhöhle entfeert, fondern waren durch die 
Berwachfung deſſelben mit den Rieren und der Wirbelfäufe 
förmlich abgefchlofien. Die obere Wand des Blinddarms 
und der ganze Grimmdarm waren entzündet, letzterer wahr- 
fcheinlich wegen feiner Leerheit und des Reizes der Darmfäfte. 


| Outachten und Schluß s Bemerkung. | 


Aus den beim Leben beobachteten Symptomen und aus 
dem bei der Section Borgefundenen, geht mit voller Gewiß⸗ 
heit hervor , daB das Pferd an einer regelwidrigen, 
hronifhen Berwachfung der obern Wand bes Blind- 
darms mit den Nieren, der Wirbelfäule und den 
Lendenmusfeln und an einem Aneurysma und Ber: 
flopfung der vordern Gefrösarterie, fo wie an flar- 
fer Berftopfung und Zerreißung des genannten 
Darms litt und in Folge deffen, an eintretender 
Darmentzündung und Entfräftung ftarb. 

Die Berwachfung der obern Wand des Blinddarms mit 
den genannten Theilen hemmte deflen periftaltiiche Bewegung 


— 00 — 


und Zuſammenziehungskraft, bie Futterſtoffe hänften ſich, ba 
fie in Solge der. gehinderten Contraction des Darms nicht 
fortgefchafft werden. konnten, allmaͤhlig immer mehr an, bis 
derfelbe eine ſolche Ausdehnung erreichte, daß Lähmung, alfo 
gänzliches Iinyermögen bie. Contenta weiter zu ‚befördern, ein- 
trat, worauf natürlich der Tod burch Gonfinntien der Kräfte 
eintreten mußte, 

Die Zeit. der Entftehung dieſes uUebels läßt fich zwar 
nicht mit Gewißheit auf den Tag heſtimmen, aber ſo viel 
geht aus den vorgefundenen pathologiſchen Zuſtaͤnden gur Ge⸗ 
nüge hervor, daß daſſelbe ſchon laͤnger als 14 bis 16 Wochen 
beſtand, alſo zur Zeit des Verkaufs ſchon vorhanden wur. 

Den Grund zu dieſer Krankheit bat jedenfalls eine fr⸗ 
here Ueberfütterungskolik gelegt, wobei der. Blinddarm eben⸗ 
falls fehr angefült war und durch Die Laft und heftiges 
MWälzen eine Zerrung der vordern @ekrösarterie und des 
Zellgewebes, fo wie Zerreißung einiger Fleiner Blutgefäße, 
Ausſchwitzung plaftiicher Lymphe und Verwachſung der obern 
Wand des Darms den ſchon öfter genannten Theilen 
ſtattfand. 

Bemerkung. 55 Grund, daß die Krankheit fo lange 
währte ehe der Tod erfolgte, und daß nicht fchon früher hef⸗ 
tigere Symptome eintraten, liegt wohl Iediglich in dem hohen 
Alter und der großen Torpipität des betreffenden Individuums. 
Wäre e8 ein junges fenfibles Pferd geweſen, fo wäre ber 
Tod höchſt wahrfcheinlich. fchon in 2 6i9.3 Tagen unter a 
tigen ——— erfolgt. 


6. Entzündung der Harnblaſe und vollkommene 
Läaähmung des ganzen Körpers bei einem Pferde. 


Am 28, November 1845 wurde ich von dem biefigen 
Gaſtwirth Herrn Werner aufgefordert, eins feiner Pferde 


wil 


zu unterſuchen und reſpective zu behandeln. — Daſſelbe war 
ein Fuchs⸗Wallach, Langſchwanz, bezeichnet mit einer Blaͤſſe 
und beide Hinterfühe Halb weiß geftiefelt, 9 bis 10 Jahr alt, 
5 4 groß, von Polniſcher Race und Wagenpferd. 

Ich fand bei dem fonft Eräftigen, aber zur Zeit etwas 
herunter gekommenen Pferde durchaus nichts Krankhaftes, 
weder eine Aufgeregtheit im Kreislaufe, noch Athembeſchwer⸗ 
den oder Unxegelmaͤßigleit in der Temperatur ber verſchiedenen 
Körpertheile, noch eine Berftimmung birfichtlich des Empfin⸗ 
dungs⸗ und Bewegungslebends. Ich rieth daher dem Eigen⸗ 
thümer, dem Shiere einen Tag Ruhe zu geben. und es dann 
wieder wie vorher (zu verwenden, ohne irgend Medicamente 


in Anwendung zu bringen. 


Das bier hatte nämlich, nach einer. mehrmöchenttichen 
Ruhe, vier Wochen hinter einander . täglich bie fchwerfte 
Arbeit verrichten mäflen, und war dabei. in ben lepten 3 Ta⸗ 
gen ſehr ſchlechten Witterungseinfläfien ausgeſeht geweſen 
(haͤufigen Regen und Schneeſtürmen). Später, nach feinem 
Tode, wurde mir von dem Snechte noch: berichtet, daß das 
Thier nie anders, ala im..Stalfe den Urin gelafien und vor 
etwa 5 bi. 6 Tagen: an einem: heftigen Neffelausfchlage, (Ge⸗ 
ſchwuͤlſte von der Größe einer Mannsfauft über den ganzen 
Körper, namentlich am Halfe, ver Bruft und dem Bauche) 
gelitten babe, weicher in einigen ae Dar 
ben ſe. | 
» Am 29flen Mitiags vaſſirte ich, um aufs Land zu rei- 
ten, bei dem Gaſthofe vorbei. Ich flieg vom Pferde um den, 
von: der Arbeit fehr ermüdeten Patienten zu befuchen, und 
erftaunte daher, . ald ich denfelben ganz ausgeftredt liegend 
fand. Im erfien Augenblide , ſelbſt noch nachs einer: ober= 
flächlichen Unterfuchung glaubte ich, das Thier genöffe die 
Ruhe ordentlich, die ihm während. 24 Stunden gegönnt 
wurde; aber leider war dem nicht ſo. 

Die Temperatur des Körpers war regelmäßig, bie ficht- 


— a — 


baren Schleimhäute intenſiv gelb gefärbt, die Fumctionen des 
Kreislaufs und Athmens normal, aber die des Empfindungs⸗ 
und Bewegungslebens nicht. Es war eine Lähmung des 
ganzen Körpers zugegen (Nervenfchlag). Das Thier fah und 
hörte nicht und lag in einem förmlich foporöfen Zuſtande, 
zeigte auch Feine Spur von Empfindung, Berfuche es aufzu- 
heben, gelangen nicht. Es lag mit geichlofienen Augen, mit 
herabhängenden Ohren, mit aus dem Maule hängender Zunge 
und aus der Borhaut hängender gelähmter Ruthe Man 
konnte klatſchen, rufen, mit ver Beitiche nallen, das Thier 
ſchlagen, ftechen, fchneiden, ohne daß es fi) nur regte oder 
auch nur den mindeften Grab von Empfindlichkeit und Irri⸗ 
tabilität zu zeigen. Bei offenen Augen ſah es nicht, Diele 
waren faft gebrochen und Hatten ein gläfernes Anfehen. Dies 
fer Rervenfchlag ſchien ganz befonders die Bildungs» und 
Empfindungsnerven beiroffen zu haben; denn außer an ber 
Zunge, dem Schlunde und der Ruthe, waren bie Bewegungs 
nerven nicht gelähmt. Das Thier richtete fich zuweilen auf, 
verfuchte aufzuftehen, konnte ſich aber nicht auf den Füßen 
erhalten. Diefer Zuftand dauerte gegen 8 Stunden fort, wo 
ich dann das Thier mit Bewilligung des Eigenthuͤmers Durch 
Deffnen der Garotis tödtete, da an eine Wiederherftellung 
nicht zu Denfen war. So heftige Convulſionen beim Sterben 
eines Thieres find mir aber bisher in der Braris nicht vor- 
gefommen. DBemerfen muß ich noch, daß bei Unterfuchung 
der Blaſe, durch den Maſtdarm, fich diefelbe vermehrt warm 


und ſtark mit Urin angefüllt zeigte. Beim Drud auf dieſelbe 


ftöhnte das Thier und fchlug heftig mit den Ertremitäten, 
ohne daß Abgang von Urin erfolgte. Ungefähr eine Stunde 
vor dem Tode richtete fich der Patient mit dem Hintertheile 
in die Höhe, und fegte einige Maaß eines gerötheten Urins 
ab. Noch etwas fpäter, als das Thier ſchon durch's Maul 
zu athmen anfing, fehlen der Urin unwillkührlich abzugehen. 
Merkwuͤrdig ift es, daß das Pferd noch am Morgen 





fen gewoͤhnliches Futier, 23 Berliner Mebe Hafer mit ziem- 
lich gutem Appetit verzehrt, und kaum 3 Stunde vor meiner 
Ankunft ganz munter geweſen und En ein Hengſt hell aufs 
gewiehert bat; fo daß der Eigenthümer noch freudig zu fei- 
nen Hausgenofien geäußert, dem muß wohl fein, daß er 
heute im Stalle ſtehen Tann. 

Eine unbedingt fichere Diagnofe zu flellen, war unter 
diefen Umftänden nicht möglich, ich konnte die Krankheit da⸗ 
her nur für einen Nervenfchlag halten, ob biefer aber durch 
allgemeine Urfachen ober durch ein oͤrtliches Leiden herbeige- 
führt worden war, konnte ich unmöglich entfcheiden, am al« 
lerwenigften fonnte ich eine Blafenentzüundung vermuihen, da 
fih bei dieſer Krankheit fonft immer eine große Aufgeregtheit 
im Gefaͤßſyſtem zeigt und namentlich fich auch ein frequentes 
kurzes Athmen einftellt. Selbft nach der Unterfuchung ver 
Harnblafe, Durch den Maſtdarm, konnte ich freilich die Laͤh⸗ 
mung als Folge der flarfen Anfüllung derſelben betrachten, 
aber bei Abweſenheit aller fonft charakterifiifchen Symptome 
feine Blafenentzündung diagnoſticiren. 

Diefer Fall ift wirklich factiſch und einfach aber genau, 
naturgetreu und der Wahrheit gemäß niedergefchrieben und 
zeigt, daß in der Praxis Krankheitszuftände vorkommen koͤn⸗ 
nen, die und beim Stellen einer nur ziemlich fihern Dia- 
gnofe in die größte Verlegenheit zu bringen im Stande find. 
In Folge der intenſiv gelb gefärbten Schleimhäute ſchloß ich 
auf eine Deftruction, der Leber und daß die Laͤhmung von 
dem Nervus sympath, magn, ausgegangen fei; aber auch ein 
ſolches Leiden konnte nicht ohne TEN im Kreislaufs⸗ 
ſyſteme auftreten. 

Die Prognofe konnte gleich von vorn herein nur fehr un⸗ 
günftig geftellt werben. Die Behandlung konnte fih nur auf 
äußere, ſehr erregende Mittel erfireden; denn ein zum Verſuch 
eingefchütteter Mehltrank fam nicht in den Magen, fondern 
lief in die Luftröhre, da der Schlund auch gelähmt war. Es 


— HM — 


erfolgte ein roͤchelndes Athmen, ohne Huſten, das Thier rich⸗ 
tete das Vordertheil in die Hoͤhe, ließ den Kopf ſinken, ſtellte 
ihm nach vorn geſtreckt auf die Erde, und fo fam ber einge⸗ 
gebene Trank durch die Naſe zurüd. Das Thier benahm fich 
gerade fo, wie Pferde, bei denen eine Darmentzänding in 
Brand übergegangen ift und die den Kopf bewußtlos und 
fehlaff hängen laflen, wenn fie dem Sterben nahe find, Bei 
einem fühlbaren, : mäßig. vollen, ruhigem Bulfe und ruhigem 
Athmen konnte Died aber nicht möglich fein, es waren auch 
feine Symptome einer Darmentzündung vorher -gegangen, da⸗ 
ber auch feine Entzündung ber Harnblaſe zu vermuthen; 
denn Diefe iſt jener, ven Kranfheitserfcheinungen nach, faſt aͤhn⸗ 
ich. Wie ſchon oben gefagt, die Behandlung lonnte ſich nur 
auf eine Außerliche, fehr erregende und belebende erfireden, 
und dies gejchah denn auch. 

Ein Aderlaß von 8 Pfd. Blut blieb ohne Erfolg, eine 
Einreibung von 6 Ungen Oleum Terebintb. am ganzen Körs 
per, und fpäterhin eine Sinreibung vdeflelben längs der Wir⸗ 
belfäule und Abbrennen des Dels, blieben gänzlich ohne Reac⸗ 
"tion, das hier lag wie ein tödter Körper. 

Ic bewundere nur, ‚daß bei einer fo- totalen Lähmung. 

und beim gänzlichen Erlofchenfein der Senfibilttät: und Stri« 
tabilität, noch eine gleichmäßige Temperatur des Körpers und 
ein regelmäßiger Kreislauf zugegen fein fonnten. Das Haar 
hes Thiered lag ganz glatt an, es .glänzte und am Feiner. 
Stelle war Ausbruch von Schweiß zu bemerfen. 
Von Wieverherftelung eines folchen Patienten: Tonnte 
wohl nicht die Rede fein, es war daher vorzuziehen, das 
hier fo bald als möglich von der Welt zu fehaffen, und 
died gefchah, wie fchon oben geſagt durch Zeiſcncdang der 
Garotiden. 

Der ganze Abend ii bie halbe Nacht war dem Rach⸗ 
denken über dieſen höchſt ſonderbaren und eigenthümlichen 
Krankheitsfall gewidmet, ohne daß ich zu irgend einem Re⸗ 


% 


— 095 — 


fultate gelangen fonnte. Ich Fonnte daher am andern Mors 
gen ven Tag faum erwarten und brannte vor Begierde, bie 
Obduction mit der größten Ausführlichkeit und Genauigkeit 
zu unternehmen, um Aufſchluß über diefen mir fo fehr inter- 
efianten Yal zu erhalten. 


Obduction. 


Mit Anbruch des Tages, Morgens um 7 Uhr war ich 
ſchon auf der hieſigen Scharfrichterei, wo der Knecht des 
Scharfrichters ſich ſchon mit dem Abhaͤuten des Cadavers be⸗ 
ſchaͤftigte. Die Oeffnung lieferte folgenden Befund: 

1. An der äußeren Umfläche des Körpers und 
nad Wegnahme der Haut zeigte fich außer einigen ab« 
geihundenen Hautftelen und intenfiver ©elbfärbung des Zell⸗ 
gewebes, des Fetts und der Sehnen, nichts Regelwidriges. 

‚2. Bei Deffnung der Bauchhöhle hatten ſaͤmmi⸗ 
liche Organe, der Magen, Darmkanal, die Bauchipeichelprüfe 
und Milz, ihre normale Lage, Gehalt, Größe, Tertur, Conſi⸗ 
ſtenz und Structur, nur bie, eher und die Nieren hatten 
eine etwas weichere Gonfiften; (Erweichung), aber Feine 
Entzündung. Die Leber war auffallend Fein, wie bei einem 
balbjährigen Kohlen. Die Harnblafe enthielt noch gegen 2 
Maaß eines rothgefärbten Urins, in welchem foͤrmliche Mut⸗ 
Hümpchen ſchwammen, oder wenigftens plaſtiſche Flocken. 
Alle drei Haͤute, am intenſivſten aber die Schleimhaut, waren 
heftig entzündet, faft brandig und gewiß 3 Mal flärfer als 
im gefunden Zuftande: denn obgleich das Thier vollfommen 
ausgeblutet hatte, fo war die Blafe doch ganz dunkelroth ge- 
färbt, und beiverlei Gefäße, Arterien und Venen, waren bie 
in bie feinften Verzweigungen mit Blut angefüllt. 

3. Bei Deffnung der Bruft-, Gehirn- und Rü- 
denmartshähle, fand, fich nichts: Sanormales vor. .. 


— 2106 — 
Schlußbemerkung. 

Aus dem bei der Section Vorgefundenen geht nun ohne 
Zweifel hervor, daß das Pferd an einer Entzündung der 
Harnblafe, Ermweichung der Leber» und Nierenfubftanz und 
höchft wahrfcheinlich in Folge deſſen eingetretener Lähmung 
des ganzen Körpers litt. 

* Die am lebenden Thiere fich zeigenden Symptome fpras 
hen aber nicht für Entzündung irgend eines Organs im 
Körper. Die Lähmung ließe fich wohl eher von der ftarfen 
Ueberfüllung der Harnblafe herleiten. Es ift mir faft uner- 
- Flärlih, daß die Entzündung der Harnblafe in dem Falle 
ganz ohne Fiebererfcheinungen auftrat. Ich denfe mir bie 
Cache fo, daß die Entzündung der Blaſe anfangs chronifch 
war, längere Zeit befland ımd dann plößlich in eine acute 
überging, 3. B. durch Erfältung oder Metaftafe. In diefem 
Falle tft das Letztere wahrfcheinlich, da das Thier einige Tage 
vorher an einen Nefielausfchlage litt, welcher fchnell wieder 
zuruͤcktrat. Da nun mit dem Auftreten der acuten Entzuͤn⸗ 
dung der Harnblafe gleichzeitig eine Lähmung des ganzen 
Körpers eintrat, namentlich die Senfibilität und Irritabiliät 
erlofch; fo Eonnte fich auch Feine Reaction auf die Kreislaufs- 
organe ausbilden, und der Puls blieb ruhig Das helle 
Wiehern, kurz vor Eintreten der Lähmung, wurbe jedenfalls 
auch durch den beginnenden ftärfern Metz in der Harnblafe 
veranlaßt, Als Urfache zur Entſtehung der Krankheit, hatte 
gewiß die böfe Angewohnheit des Thieres viel Schuld, daß es 
den Urin nur im Stalle gehen ließ. 


— —— — — — 


7. Einen Fall von Paraplegia nervosa bei einem 


Pferde. 


Am 4. Februar 1846 wurde ich von dem Superinten⸗ 
denten Herrn Dr. Holzapfel zu Benshauſen aufgefordert, 


— 07 — 


eins feiner Pferde zu behandeln, weiches plößlich zufammen 
gebrochen jet. 


Signalement. 


Das in Rede ſtehende Pferd if von ſchwarzbrauner 
Farbe, bezeichnet mit einem. Stern, 8 Jahr alt, -5 Fuß 1 Zoll 
groß, von verebelter Landrace, feines Geichlechts ein Wallach, 
und feines Gebrauchs ein Wagenpferb. 


Borberidt. 


Der Herr Dr. Holzapfel theilte mir mit, er habe Vor⸗ 
mittags die Pferde nach einem Filiale, welches 3 Meile ent- 
fernt liegt, eingefpannt, auf dem Rüdwege habe das Pferd 
angefangen zu fchwanfen, ſei zufammengebrochen und nur 


mit Mühe in den Stall zu bringen gewefen, worauf er fich 


fogleich entkhlofien, mich zu Rathe zu ziehen, 
Unterfudung. 


Ich fand das Thier mit: ausgeſtreckten Füßen im Stalle 
liegend, bet Annäherung verfuchte es vorn aufzuſtehen, das 
Hintertheil blieb aber liegen. Ein Berfuch, daſſelbe aufzuhe⸗ 
ben und in einen Gurt zu hängen, gelang nicht; denn es 
fand durchaus Feine Unterftügung mit dem Hintertheile Statt. 
Sämmtliche Functionen, bis auf die Bewegung und Kälte 
des: Hintertheild waren normal. Kreislauf, Athmen und Ver⸗ 
dauung regelmäßig. Das Hintertheil war kalt und unem- 
pfinplich, und zeigte gegen Rabelftiche durchaus Feine Reac⸗ 
tion. Das Thier hob ſich vorn in die Höhe, ſah fih mun⸗ 
ter um, fraß und foff mit dem größten Appetit, wieherte wenn 
das andere Pferd heraus geführt Ba mit dem a li 
blieb es aber liegen. 

Die Lähmung. ging vom Rüdenmarfe aus, und Hatte bie 
Empfindungs- und Bewegungsnerven des Hintertheild - bes 
troffen. Da der Krankheüszuſtand gänzlich fieberlos auftrat, 





— BB -— 


konnie ich denſelben nicht anders als für nervös Halten umb 
fomit die Kreuzlähmung ald eine nervöfe (Paraplegia ner- 
vosa) bezeichnen. 

Obgleich ich im vorliegenden alle nur eine ſchlechte 
und unguͤnſtige Prognoſe ſtellen konnte, ſo leitete ich doch 
folgende recht kraͤftig eingreifende Behandlung ein, und ich 
ſahe fie mit dem glaͤnzendſten Erfolge gekroöͤnt. 

Dem fräftigen und weohlgenährten Thiere machte Ich ei⸗ 
nen Abderlaß von 12 Pfund Blut aus der Vena jugularis. 
Hierauf wurben die Lenden, das Kreuz und bie Hinterbaden 
von Haaren entblößt Cabgefchoren), tüchtig mit Nadeln ges 
flochen und dann eine Mifchung von Oleum Terebinth., 
Lig. Ammon. caust, und  Tinctura Cantharid. zu gleichen 
Theilen, recht nachbrüdlich eingerieben, worauf einige Read⸗ 
tion ‚erfolgte. Dann wurde Die einftirömende Wärme ange- 
wendet, um recht eindringend auf die Nerventhätigkeit .er- 
regend zu wirfen. Zu diefem Zwecke ließ ich eine Stunde 
lang auf die genannten Theile des Hintertheil die Hige von 
gluͤhendem flarfen Stabeifen in Entfernung von 1 bis 3 Zoll 
continuirlich einftrömen und ganz zulebt 309 ich noch zu bei⸗ 
den Seiten, ein 1 Fuß langes, ſtark mit Terpentinöl getränftes 
Haarſeil. Außerdem wurde das. Thier anhaltend mit Stroh⸗ 
wifchen frottirt,; und alle Stumden ein Klyſtir von Kamillen⸗ 
thee und Asa foetida gefebt. 

Innerlich gab ich Tartarus ztibiatus, Natr. sulphurio, 
und Pulv. flor. Sambuc. mit einem ftarfen — von 
flor. Sambuc. in fluͤſſiger Form ein. 

In Folge dieſer Behandlung hatte ich: He Freude, bob 
das Thier fchon. im Verlauf von 16 Stunden: von felbft wies 
der aufitand und länger als eine Stunde ſtehen blieb. 

Daß daſſelbe fortwährend mit mehreren. Flanken und von 
Zeit,,au: Zeit gewärmten. Deden.. * m — — 
en der: Anführung. 

Rad) 12. Stunden, d. h. von — meiner eingelei 


G88 * 


teten Behandlung angerechnet, ſtellte ſich ein fo ſtarker, man 
kann wohl jagen ktitiſcher Schweiß ein, daß das Pferd förm- 
lich tsiefte und das Waſſer in Tropfen herabflog. Ich „habe 
einen fo heftigen Schweiß bei Pferden noch nie gefehen und 
biefer hielt gegen vier Tage an, zwei Tage mit gleicher Hefe 
tigkeit, jo ‚daß die Decken alle Stunden gewedhfelt werben 
mußten. 

Une den Schweiß theilweiſe zu erhalten, aber. auch viu- 
retiſch einzunoirken, gab ich vom zweiten Tage an bie zum 
echten folgende Latwerge. Bec. Tart. stibiat, Pulv. Herb. 
Digitalis aa 3ß, Natr. sulphuric. 3xvi, Pulv. Baco, Juni- 
per. 3vi, Pulv. Rad. Gentianae Ziv, Pulv. Rad, Althaeae 
Zü. M. c. Ag. font. ad Electuar. 

Taglich 3 bie 4 Mal wie ein Hühnerel groß davon 
einzugeben. | 

Der Appetit war immer regelmäßig. Am vierten Tage 

Tonnte das Thier ſchon in der Mittagsftunde einige Zeit bes 
wegt werden und nad acht Tagen ‚wurde es wieder ein- 
gefpannt. - 
Die urfächlichen Momente, welche den genannten Kranf: 
heliözuftand herbeiführten, laſſen ſich in dieſem Falle nicht 
genau angeben; denn eine Erfältung hatte weder unmittelbar 
noch längere Zeit vorher auf das Pferd eingewirkt, fie war 
mwenigftens nicht mit Beftimmtheit nachzumelfen. 

Dei ſolchen dynamiſchen Leiden, wie die hier in Rebe 
Rehende Kreuzlähmung Cover Schlag) wirfen oft uns noch 
unbefannte fosmifchstellurifche Einflüffe ein. Wie es eine, 
allen Aerzten allgemein befannte Sache ift, daß im Januar 
und Februar und befonders in gelinden Wintern, bei den 
Menichen die meiften Lähmungen und Schlagflüffe vorfom- 
men, weshalb folfte dies nicht auch bei Thieren der Fall 
fein koͤnnen. Dee | 


Ping. f. Thierheilt. xuL. 14 


210 


8. Vollkonnnene Lähmung des ganzen Körpers bei ei⸗ 
ner Kuh, in Folge von hartnädiger Verſtopfung des 
dritten Magens. 


iſt ein Seitenſtück zu dem unter 6. angeführten 
Sale beim Pferde mit Entzündung der Harnblafe. 

Am 5. Auguſt 1846 forderte mich der Polizeidiener Her- 
309 zu Heinrichs auf, eine-ihm gehörige, im Walde zufams 
mengebrochene rotbbraune, 5 Jahr alte Kuh von hiefiger 
Rare, zu unterfuchen und zu behandeln. ; 

Borber h ch t 

Die Hirten erzählten mir,.daß die Kuh am Normittage 
noch den beften Appetit gezeigt habe, Nachmittags fei fie et⸗ 
was von der Heerde zurüsfgeblieben und. gegen 5 Uhr an 
der Stelle im Walde zufammengeflürgt, wo fie noch ie Re 


ö unterſuchung. 


Ich fand die Kuh ungefaͤhr eine Viertelmeile vom Dorfe, 
im Walde, auf der rechten Seite liegend vor. Sie war gaͤnzlich 
gelaͤhmt, lag mit geſchloſſenen Augen und ſchlaffen herabhaͤn⸗ 
genden Ohren, ſah und hörte nicht, fühlte auch keine Nadel⸗ 
flihe 2. Die Zunge hing fchlaff aus dem Maule, Kreislauf 
und Athmen waren regelmäßig. Das Flotzmaul und Maul 
troden; die Extreme des Körpers Falt, und aus dem After 
gingen zuweilen mit Blut untermifchte Ereremente ab. 

Berfuche, das Thier aufzuheben, gelangen nicht, Indem 
feine Gliedmaaße bewegt wurde... Einreibungen von. Oleum 
Terebinth. und Lig. Ammon, caust. über den ganzen Koͤr⸗ 
per, blieben ‚ohne alle Reaction, felbft Das Anbrennen des 
Terpenthinöls fruchtete nichts. Das Thier lag da, wie ein 
todter Körper. 

Da unter diefen Umftänden an feine Wiederherſtellung 





— 211 — 


zu benfen war; fo wurde bie Kuh gleich an Ort und Stelle 
gefchlachtet und dann auf einer Schleife nach Haufe gefahren. 
Bet der Section fand fich weiter nichts, als eine hartnädige 
Berftopfung des dritten Magens, Die Eontenta waren fo 
hart und troden, daß fie zu Pulver geftoßen werden Eonnten, 
fonft waren alle Organe gefund. Selbſt bei Deffnung der 
Gehim- und Rüdenmarkshöhle, fand ſich nichts Krankhaf⸗ 
te8 vor. 

Es find mir übrigens feit einem Jahre einige folche 
Fälle vorgefommen, wo eine ftarfe Verftopfung des Blätter- 
magens (Centipellio), mit Lähmung des Hintertheils com- 
plieirt waren. Man fönnte es eine Apoplexia gastrica nen- 
nen. Nach Befeitigung der Berftopfung verſchwand auch 
die Laͤhmung und Schwäche im Kreuze wieder. 

Die Schwäche im Kreuze oder Lähmung tritt wahrfcheln- 
li) in Folge des Eonneres ein, in welchem der Nerv. sym- 
path, maximus mit den Dorfal» und Lumbalnerven fteht, 


| 


Ein ganz ähnlicher Fall ift mir auch von einem Schweine 
befannt, welches einen großen Wergbaufchen gefaut und ver- 
[hludt hatte Das Thier war ebenfalls ganz gelähmt, hu⸗ 
ftete und würgte zuweilen, es wurde baher fogleih ger 
ſchlachtet. 

Bei der Oeffnung fand ich im Magen zerkautes und 
förmlich gefilztes Werg, welches naß 1 Pfund wog; es war 
eine fo große Mafie, daß es weder den Darmfanal noch den 
Schlund hätte paffiren Eönnen. Das Werg mußte in der 
Kleie geweien ‚fein, wo e8 nach und nad) eingefreflen wurbe, 


14 * 


— 212 — 


9. Ein Fall bei einem Schweine, mo nach einem über- 
ftandenen gaftrifchen Leiden beide Ohren troden und 
: brandig wurden und dann abflelen. 


| Ein Seitenftüd zu dem, vom Gollegen Müller zu 
Naumburg in biefem Magazin Jahrg. VII. S. 468 mitger 
theilten Sale, wo bei einem Schweine beide Hinterfüße ab« 
fielen. 
‚Mitte Juli 1846 behanbelte ich das fragliche Schwein 
an einem gaſtriſchen Leiden, mit ſtarker Verſtopfung. Nach 3 
bis 4 Tagen war die Krankheit gehoben und wieder regel⸗ 
mäßiger Appetit. eingetreten, es gingen uͤberhaupt alle Func⸗ 
tionen regelmaͤßig von Staiten, Etwa nach 14 Tagen fin, 
gen bie Ohren von der. Spitze an, ſchwarz und trocken zu 
werben (trockner Brand). Nach 3 bis 4 Tagen hatte ſich 
bie Trodenheit bis 2 Zoll vom Grunde der Ohrmufchel, er⸗ 
ſtreckt. In den eifen Tagen fühlten fich die Spiten wie 
Pergament an, Später wie hartes Leder (mumienartig), dann 
fingen die Ohrlappen an vom Rande der Ohrmufcheln aus fich 
abzulöfen und am fechsten Tage fielen beide Ohrmufcheln an 
der eben bezeichneten Stelle ab. An den Ohrftumpfen fiderte 
etwas Blut und Lymphe aus, und trodnete bald zu einem 
feften Schorfe an und in 8 Tagen war volflommene Ver⸗ 
narbung erfolgt. Sollte dies ein Refler des gaftrifchen Rei- 
dens geweſen fein? — Die Gefundheit des Thieres war wäh- 
rend diefer Kataftrophe fonft auf- feine Weiſe geſtört. Das 
Schwein flieht ganz pofftrlicy aus, ie ein Mops mit 'ge- 
Kugten Ohren. Anfangs November wurde daffelbe von ber 
Maufs und Klauenſeuche befallen, im Uebrigen Bat es an 
Sleifh und Sped fehr gut- zugenommen, 


— 13 — 


10. Uebel abgelaufene Gaftration bei einem 14 jährigen 
Fohlen. 


Zwei Irjährige Kohlen des Gaftwirth Keiner auf dem 
Köhler bei Schwarza, Faftrirte ih am 18. Octobre 1844, 
welche dem Aeußern nach zu urtheilen vollfommen gefund zu 
fein fchtenen. Das wohlgenährtefte diefer beiven Fohlen flarb 
am fiebenten Tage nach der Operation an einem typhöfen 
Allgemeinleiden. Bevorworten muß ich, daß bies Fohlen wäh- 
rend des ganzen Sommers an ber Drufe litt, fett etwa ſechs 
Wochen es diefe Krankheit überftanden und ſich dann ausneh⸗ 
mend gut gefüttert hatte Der typhöfe Krankheitsſtoff ober 
Milzbrandſtoff fehlummerte fo zu fagen in dem Körper des 
jungen Thieres und beburfte nur einer Anregumg von Außen, 
um hervorzutreten, und dies gefchah Durch bie tief eingreifende 
Operation des Caſtrirens. Die nächfte Urfache zur Erkran⸗ 
fung und zum Tode des Thieres lag alfo im Körper beflel- 
ben, in einer Hinneigung der Säfte zur Zerfegung und Auf⸗ 
loͤſung; die gemachte Operation fann daher nur als Gele 
legenheitsurſache, gleichſam als ein anregendes Agens betrach⸗ 
tet werden. 

Es iſt viel darüber geſtritten ee: welche Gaftras 
tionsmethode die befte ſei, ich glaube, daß ein jeder die Me⸗ 
thode am meiften hervorhebt, in der er ſich durch bie Praxis 
die größte Gefchidlichfeit angeeignet bat. Ich .caftrirte bisher 
immer mit der Ligatur, und Tann in Wahrheit verlichern, 
daß der hier näher zu befchreibende Fall der einzige iſt, ber 
einen unglüdlichen Ausgang nahur, obgleich ich bis jetzt wer 
nigftend gegen 300 Pferde, Fohlen und Bullen und einige 
taufend Schweine und Kälber caftrirte. Ich kann biefe Opes 
tationsmethode ihrer Einfachheit und.. fehnellen Ausführung 
wegen 'nur empfehlen, und werde dieſelbe auch ferner beibe- 
halten, wenn nicht ausbrüdlich eine andere gewünfcht wird. 

Ich wage es zu behaupten,. daß das in Rebe ſtehende 


— ma —- 


Fohlen unter jeder Bedingung nach der Caſtration zu Grunde 
gegangen wäre, die Operation mochte ausgeführt werben, 
nach welcher Methode fie immer nur wollte Das Thier 
würde auch nach jeder andern tief eingreifenden Operation 
zu Grunde gegangen fein, 3.8. beim Engliftren, Ausfchälen 
einer großen Gefchwulft 20. Das eben Geſagte wird fich we- 
nigſtens durch die nähere Befchreibung des Krankheitszuſtan⸗ 
des und Sectionsbefundes beftätigen. 

- Bei dem einen Thiere war ber Erfolg der Operation 
fehr erwünfcht, ed trat weder eine zu ſtarke Geſchwulſt, noch 
ein zu heftiges Allgemeinleiven ein, und mit dem dritten Tage 
batte fich Eiterung in den Schnittwunden gebilbet. 

Dei dem andern Thiere war bies. aber nicht der Fall: 
denn bis zum vierten Tage, wo ich wieber aufgefordert wurde, 
daffelbe zu behandeln, Hatte die Gefhwulft immer mehr zu- 
genommen, Der. Hodenfad, die VBorhaut und der aus bet- 
felben hervorgepreßte Penis, waren ſtark angefchtwollen, der 
legtere hatte Die Stärfe eines ſchwachen Mannsſchenkels und 
bing bis zum Sprunggelenf hinab, außerbem hatte er in ber 
Borhaut Feinen Play mehr, fondern wurde von berfelben 
förmlich eingefchnürt. An der unteren Fläche des Penis, 
etwa 5 Zoll von der Eichel nach hinten, zeigte fich ein wei⸗ 
Be8 abgeftorbenes Fledichen, von der Größe eined Zweigro⸗ 
fhenftüds, beim Einſchneiden floß nur eine gelbe, fulzige 
Mafie heraus, wie man fie in den Carbunfeln abgelagert 
findet. Die Geſchwulſt war Feine Entzündungsgeſchwulſt, fle 
war kalt, weich, glänzend, fehmerzhaft, beim Eindrüden blieben 
die Fingereinprüde, wie bet einer ödematöfen Anfchiwellung, 
längere Zeit zurüd, In den Schnittwunben war fcheinbar 
etwas Eiterung eingetreten, die Samenftränge waren aber 
gar nicht angefchwollen. 

Die Temperatur am Körper war ungleichmäßig verbrei- 
tet, am Körper brennend und an den Ohren, dem Maule 
und den Extremitäten Falt, der Buls Hein, weich und frequent, 


— 215 — 


60 Mal in der Minute, der Herzſchlag ſtark fuͤhlbar uns 
eben fo oft, wie der Puls wahrzunehmen. Das Athmen zeigte 
fih wrmal, die Functionen ver Berbauung ſchienen auch noch 
nieht fo heftig geflört zu fein; denn der Appetit wart noch 
ziemlich regelmäßig, der Mift gut befchaffen, auch wurde ber 
Urin regelmäßig abgefebt. 

Die Behandlung, welche ich einleitete, war folgenbe: 
Ich gab innerlich: pas Calomel mit. Nitrum, Arnica und 
bittern Mitten in Verbindung, machte. tiefe Skarificationen 
in die Gefchwulft, welche auf der Schnitifläche ein fpediges 
Anfehen hatte, ohne viel Blut zu liefern. Die oben erwähnte 
Stelle entfernte ich gänzlich, und ließ dann die ganze Ge- 
fehwulft mit einem Infuſum von Heufamen, Thymian, Pfef⸗ 
fermünge und Aſchenlauge continuirlich lauwarm bähen. Die 
Bähungen wurden 3 Tage lang Sag und Nacht ohtte Un⸗ 
terbrechung fortgefegt, fo auch die innerlihen Mittel, welchen 
ih am dritten Tage mit Hinweglafiung des Calomels, noch 
Kampfer hinzufetzte. Es trat aber Feine günftige Wirkung 
ein, denn am fechsten Tage hatte fich. die Gefchwulft auf die 
Hinterfchenfel und nad vorn bis an Die Vorberichenfel auß- 
gedehnt. Sie war namentlih am Bauche von enormer Größe, 


“fie Hatte eine Ausbehnung von 14 bis 2 Berliner Scheffel 


ſtark. Jetzt zeigten fich alle Symptome eines typhoͤſen Fie⸗ 
bers im hohen Grade. Das Thier hatte in feiner. Nähe eine 
eigenthümliche, übelriechende Ausbünftung Die Ertreme des 
Körpers waren eisfalt, das Haar gefträubt, der Puls Kein, 
weich, faft unfühlbar, der Herzfchlag pochend, uber 100 in 
der Minute, das Athmen angeftrengt, ftöhnend und frequent, 
co Mal in der Mimite. Die ausgeathmete Luft war Falt, 
und von bemfelben fpecifiichen Geruche wie die Hautausbün- 
ſtung. Der: Mift war breiig, fehr übelrlechend und ſchwaͤrz⸗ 


lich ausfehend, der Urin braͤunlich ‚gefärbt. Am Penis und 


der Vorhaut hatten ſich mehrere weiße carbunkulöfe Flecke 
von der Größe eines Viergroſchenſtuͤcks, bis zu der einer klei⸗ 





— 26 — 


nen Mannkhand gebildet. Ich gab nun alle Hoffnung zue 
Wiederherſtellung des Thleres auf, machte aber noch mehrere 
Sfarifimmtionen am Bauche, welche gleichfalls ‚nur wenig 
Blut lieferten; dies war am Rachmittage des fechsten Tages. 
Bon nun. an wurde der Patient mit jeder Stunde abge 
flumpfter, und farb am andern Morgen unter geringen Zuf: 
tungen. Der Eigenthümer glaubte nun, das Thier ſei in 
Folge der Sfarificationen und der darauf Statt gehabten 
Diutungen zu Grunde gegangen. 


Obduction. 


1. An der äußern Umfläche des Körpers fand 
fich außer ftarfer Auftreibung bes Leibes durch Luft und ei⸗ 
ner enormen Gefchwulft unterm Bauche, nichts Negelmibriges 
vor. In der Geſchwulſt fanden fich mehrere größere und 
Heinere Wunden, von den gemachten Einfchnitten berrührend, 
die ein weißgelbliches Anfehen Hatten. 

2. Nach Abnahme der Haut zeigte fih die Ge 
ſchwulſt, wie von Luft aufgeblafen, mit gelber Sulze infiltrirt, 
und an einzelnen Theilen des Zellgemebes viele punktförmige 
Extravaſate, wie fie bei typhöfen Leiden, dem Milgbrande und 
der gelben Geſchwulſt vorfommen, aber durchaus Fein Zeichen 
einer aeuten Entzündung. Das Blut in den Griravafaten 
war fehwarz und theerartig. Beim Auffchnelden der Samen- 
firänge bis in die Bauchhöhle hinein, waren diefe von ganz 
natürlicher weißer Farbe, ohne irgend eine Spur von Ent 
zündung oder Anfchwelung, in den Wunden war Eiterung 
zu bemerfen, aber Teine gutartige. Alle Muskeln am ganzen 
Körper hatten anftatt einer braumen, eine ziegelrothe Farbe; 
fie fahen aus wie halb gekocht und die großen Gefäße waren 
mit ſchwarzem theerartigen Blute angefüllt, überhaupt war 
der ganze Organismus in Auflöfung begriffen. Bon allen 
Knochen hatten fich die. Musfeln Iosgelöft, die Knochen wa⸗ 
ven ziegelroth gefärbt und zwifchen ihnen und bem ‚Perio- 











— 17 — 


steum, hatte fich eine hellrothe, der wäßrigen Blutlymphe ahn ⸗ 
liche Flüſſigkeit abgefondert, felbft die Schäbellnochen: waren 
nicht davon verfchent geblieben. 

6. Beim Oeffnen der Bauchhoͤhle entwich ein übel: 
riechendes Gas. Es fand fich ebenfalls Feine Spur einer acu⸗ 
ten Entzündung, die Bauchhaut (Peritonaeum) war gleich“ 
falls wie mit Luft aufgeblafen (emphyſematiſch aufgetrieben), 
und zeigte an verſchiedenen Stellen punktförmige Ertravafate, 
welche ein fchwarzes, dünnflüffiges, theerartiged Blut enthielt: 
ten. Der Magen, Darmfanal und die Harnblafe waren 
durchaus gefund zu nennen, mir von Luft ſtark ausgebehnt; 
aber die drüfigen Organe, Nieren, Leber, Bauchfpeichelprüfe 
und Milz zeigten fih, wie dies beim Milzbrande der Fall 

tft, faft gänzlich in eine breiartige Maffe verwandelt, der Zu⸗ 
fammenhang war faft aufgehoben und außerdem waren die 
Gefäße mit ſchwarzem Blute überfüllt, fo auch die großen 
Benen der Bauchhoͤhle. 

3. Bei Deffnung ber Brufthöhle fanden fi bie 
Lungen ebenfalls in Auflöfung begriffen, mit ſchwarzem theerz 
artigen Blute Überfült, das Herz war welf und fchlaff, ent- 
hielt in feinen Höhlen ſchwarzes Blut und zeigte fidh wie 
die übrigen Muskeln, von ziegelröther Farbe. Die Brufts 
haut (Pleura) zeigte ſich auch wie mit Luft aufgeblafen und 
enthielt viele punftförmige Ertravafate (Zeichen der eingetres 
tenen Ta Zerfebung). 

Sätußsenertung, . 

Aus diefem Allen geht nun mit voller Gewißheit hervor, 
daß bie Krankheit, an welcher: dad Thier zu runde ging, 
eine milgbrandartige, typhoͤſe war; denn wie ſchon oben ge⸗ 
ſagt, war der ganze Körper in Auflöfung begriffen. Das 
Angefuͤlltſein, fogar Ueberfühtfein der. wenöfen Gefäße mil 
Blut, ſpricht auch. zugleich dafür, daß das Thier nicht an _ 


— 2118 — 


Berblutung geſtorben iR. Herfielung deſſelben war :umter 
dieſen Umftänden auf feine Weife möglich. 

Jede andere tief eingreifende Operation, 3. B. Englifl- 
ren," Ausfchälen einer ‘großen Sefcwpift: 2c., würben das ty⸗ 
phöfe milzbranbartige Leiden bervorgerufen haben. Der Krank⸗ 
heitsftoff fchlummerte fo zu fagen in dem Körper des Tchteres, 
wurde aber durch die tiefeindringende Operation gewedt und 
brachte fo eine tödtliche Wirkung hervor. : Wie ebenfalls fchon 
oben gefagt, lag tie .nächfte Urfache der Krankheit im Orga⸗ 
nismus und die Caſtration war nur als Gelegenheitsurfache, 
als anregendes Agens zu betrachten. 

Es blieb fi daher ganz gleich, nach welcher Methode 
das Fohlen kaſtrirt wurde, mit Kluppen, mit Brennen, durch 
Abdrehen, durch Unterbinden; es würbe unter jeder Bedin⸗ 
gung geſtorben ſein. 

Ich wollte hiermit meinen verehrten Herren Lehrern und 
geehrten Herren Collegen den in Rede ſtehenden Fall zur 

gütigen Beurtheilung vorlegen, ob mir bei. demſelben am 
etwas zur Laſt gelegt werben Fönne. 

Der Krankheitszuſtand ift naturgetreu befchrieben, * 
find die Sectionsdata ber Wahrheit gemäß, wie es der De- 
“ fund zeigte, angegeben, wie von einem Unparthellfchen; denn 
ih halte e8 immer mit dem Motto: Veritas constat, 


11. Verwachſung fämmtlicher Baucheingeweide unter- 
einander und mit den Bauchwandungen bei Schweinen. 


In hieſiger Gegend kommt es nicht felten vor, daß far 
firirte weibliche alte Schweine, die vor der Kaftration ſchon 
mehrere Male geworfen haben und aus Franken hier einge 
führt werden, in Folge der Operation zu Grunde gehen, und 
dann findet man Bereiterung der Gehbaͤrmutter und Entzüns 
bung berfelben, Verwachſung ber Gebärme unter einander 


— 19 — 


und mit den Bauchwandungen, und Anſammlung von Mir 
in der Bauchhöhle, auch acute und chronifche Bauchwaſſer⸗ 
ſucht. 
Die Zeit, in welcher die Thiere nach der Kaſtration zu 
Grunde gehen, iſt vom Eten bis zum. 36ſten Tage. Sier⸗ 
ben fie an Verblutung, fo verenden ſie innerhalb 24 Sum⸗ 
den bis 6 Tagen; treten die andern vorbenannten Zuflände 
ein, fo dauert e8 gewöhnlich länger, fo daß fie felbft noch 
nach 6 Wochen an aeuter Darmentzündung fterben. 

Die vorzüglichfte unter den Gelegenheitsurfachen ift wohl 
folgende: Man hat nämlich in der ganzen hiefigen Gegend 
bie vorgefaßte Meinung, daß, wenn Faftrirte weibliche Schweine 
gleich nach der Operation getrieben werden, fie diefelbe leich⸗ 
ter überftehen. Geſchieht dies Zreiben nun namentlid im 
Sommer, fo ftillt fi aus den nicht unterkumdenen ‚Gefäßen 
ber Gierftöde die Blutung viel ſchwerer bei ber Bewegung 
der Thiere, ald dies im Stande der Ruhe gefchehen würbe, 
Iſt nun noch. während der Operation viel Luft in die Bauch- 
höhle gebrungen, fo wird eine Entzündung des Peritonaeums, 
Zerfegung. des Bluts und Eiterung an ber operirten Stelle 
nicht ausbleiben. 

Mährend meines: Hierfeins (34 Jahr) kamen mir ſechs 
Faͤlle vor, wo bie oben angeführten pathologiſchen Zuſtaͤnde 
fih bei der Obbuetion vorfanden, Diejenigen häufigen Fälle 
ausgenommen, welche in Folge der von mir eingeleiteten Bes 
handlung wieder in Genefung übergingen. 

Es zeigten ſich bei den genannten Thieren ungefähr fo 
gende Symptome: anfänglich gerötkete Augen, Anfchwellung 
und Röthe der Operationsftelle, heißes trocknes Maul, Talte 
Ohren und Büße, etwas frequentes und angefrengtes Ath⸗ 
men, verminderter Appetit, außerorbentliche Begierde kaltes 
Waſſer zu faufen, der Mifte geht felten troden und mit 
Schleim umhült ab, eben fo ift das Abſetzen bes Urins 
auch felten, letzterer .ift gewöhnlich von. brauner Farbe. Die 


Thiere wühlen fich, wenn es ‚möglich If, gamı in bie 
Streue ein. 

Später werben die Schleimhäute blaß, der Ruͤſſel ganz 
weiß, es treten auch förmliche Kolikfchmerzen -ein, die Thiere 
find unruhiger, ftöhnen und aͤchzen, das Fieber wird heftiger, 
es tritt zuweilen Zitten und Schüttelfroft ein, beim Druck 
auf den Hinterleib zeigen fte heftige Schmerzen, der Mift iſt 
immer verhärtet und fchlecht befchaffen, die Extreme des Kör- 
pers werben nach und nach eisfalt, kurz vor dem Tode tritt 
Ruhe ein und bie Thiere flerben dann unter gelinden Zu⸗ 
un 


Section. 


Beim Deffnen der Bauchhöhle findet man Folgen- 
des: Entzuͤndung des Peritonaeums, der Baucheingeweibe, 
Derwachfungen derjelben unter einander und mit den Bauch- 
wandungen, Ausſchwitzung plaftifcher Lymphe, Wereiterung 
der. Gebärmutter, acute ober chronifche Bauchwafferfucht.: Bei 
einigen Thieren war bie Berwachlung der Leber, des Ma⸗ 
gens, der Milz, des Zwerchfells, der Gedaͤrme, Nieren, Harn- 
bfafe, der Gebärmutter und Bauchwandungen, fo volffommen 
und innig, daß man fie nur mit dem: Mefler-trennen Tonnte, 
das Ganze bildete ein fürmliches Convolut in befien Mitte 
namentlich um bie Gebärmutter herum, fich große Eilerde⸗ 
pots befanden. 

Bei einem Schweine, welches am 14. Auguſt d. J. ge⸗ 
kauft, zwei Tage vorher kaſtrirt wurde und am 20. Sepibr. 
ſtarb, fand ich den ganzen Darmkanal, vom Magen bis zum 
After entzündet und brandig und die Gebärmutter erweitert. 
Das Thier muß ſchrecklich ausgeftanden haben, ehe es ver⸗ 
endete. Eine fo ausgenehnte und :intenfive Entzuͤndung der 
Baucheingeweide ift mir noch bei feinem Thiere vorgelommen. 
Die Hänte bed Darmlanals waren verdickt, aufgelodert und 
beim Auffchneiben: fand ſich im Innern auspefchwigtes Blut, 


— a — 


womit bie noch wenigen Eontenta, nammtlich im Vlinddarm 
rothgefaͤrbt waren. 

, Bet der Behandlung find das Calomel und Nitrum in 
Verbindung mit fcehleimigen Mitteln hauptſaͤchlich anzuwen⸗ 
den, und habe ich in recht vielen Faͤllen einen. außerorvent- 
lich günftigen Erfolg davon gefehen. 


EV. Eigenthümliche Lahbmbeit an deu Sins: 

terſchenkelu Der Pferde, erzeugt durch Die 

Zerreißung bed vordern Schienbein: und ded 
dritten Wadenbeinmuskels. 


Bon Gertwig. 
(Hierzu die Abbildung auf Tafel U). 


Oogleich die Lahmheiten her Pferde zu den häufigfen Bere 
fällen in, der thierärztlichen Braris gehören, fo daß es an 
Gelegenheit: zu Beobachtungen über hiefelben an lebenden 
Thieren nirgends fehlt, und, obgleich in der neueren Zeit 
auch durch geuaue anatomiſch⸗ pathologiſche Unterſuchungen 
mehrere krankhafte Zuſtaͤnde, welche gewiſſen Arten des Lahm⸗ 
gehens zum Grunde liegen, näher erforſcht worden find; fo. 
giebt e8 Doch noch verſchiedene Lahmheiten, bei denen vie 
nicht der Fall iſt und wo das eigentliche Uebel fowohl nach 
feinem Wefen wie auch nach feinem Sige nicht genügend 
befannt ift, wo daher auch der Thierarzt bei der Beurthei- 
lung und Behandlung der Lahmheit fehr leicht Fehlgriffe 
macht, Dies iß befonders der Fall bei folchen Zuſtaͤnden, 
weiche feltener vorkommen, dabei einen tieferen Sie unter 
nicht mitleidenden andern Gebilden haben, und baher an ber 
Oberfläche des leidenden Theile wenig ever ger feine krank⸗ 





— mm — 

hafte Veränderung zeigen. Hier kann nur allein die anato⸗ 
mifche Unterſuchung die nöthige Aufklärung geben; venn 
wenn gleich die Symptome, namentlich diejenigen, welche aus 
den Bunktionsflörungen der einzelnen Theile hervorgehen, ei 
nigermaßen einen Schluß über den Sit und dad Wefen des 
Leidens geftatten, fo tft berfelbe doch bei weitem nicht immer 
ganz ficher, da bei der Bewegung der Gliedmaßen im Franfen 
Zuftande, namentlich bei Schmerzen und bei der aufgehobenen 
Gegenwirkung einzelner Muskeln, die Störung fich oft ſchein⸗ 
bar von einem Theile auf den andern "überträgt. Noch wes 
niger ſicher beweiſend oder auch nur belehrend über den Sig 
une dad Weſen mancher Lahmheiten ift ver Erfolg der etiva 
eingelekteten Kür, da bekanntlich in. manchen Fällen die Hei⸗ 
lung ganz.ohne äntliche Hülfe, alfein durch Schonung oder 
Ruhe der Thiere erfolgt. Es bleibt daher die anatomifche 
Unterfuchung der leidenden Gliedmaße, namentlich bei folchen 
Lahmheiten, welche noch nicht gründlich befannt find, fich 
aber durch conflante Symptome in allen Fällen charafteri- 
firen, immer entfcheidend und gewiffermaßen die Probe zu 
dem Rechnungserempel, welches ber Pralktiker aus ben 
Symptomen, den Urſachen u, f. w. berausgerechnet hat. 
‚Aber leider, an Lahmheit ftirbt felten ein Thler und man hat 
deshalb auch nur felten Gelegenheit dieſe Probe zu machen. 


Die vorftehenden Andeutungen find zwar allgemein be= 
kannt, fie gelten aber ganz beſonders von ber eigenthümlichen 
Art von Lahmhelt, welche an den Hinterfchenfeln der Pferde 
burch die Zerreißung des vorderen Schlenenbeinmugfel® CM. 
tibialis anticus) und des dritten Wadenbein - Musfels CM. 
peroneus tertius) erzeugt wird. 


Diefe Lahmheit fommt nicht Häufig vor und feheint in 
früßeren Zelten nicht fpeziell ‚beachtet worden zu fein. Sol 
leyſel iſt meines Willens der Erſte, ver fle nach ihren 
Symptomen befehrieben Bat, wenn gleich er ben Sig und das 


228 


Weſen des Uebels nicht richtig erfanntei Er fagt barüber am 
unten angeführten Orte”) folgendes: - 

„Die Pferd haben einen dicken Nerv oder Sehnen **), 
ber ihnen umb das Knie ”**) berumbgeht und einen Raum 
zwilchen dem .Bein, allwo die Vessignons +) entfpringen, 
leer laſſet. Dies iſt der dickſte und fcheinbarfte Nero an dem 
ganzen Leib des Pferds, welcher wegen eines Gewalts in 
des Arbeit, oder im Beichlagen, oder durch ein Fall, ober 
weil das Pferd fich in etwas Grobes veriwidelt, fich mit Ges 
walt außfpannet, und vergeftalten aufeinander geht, daß er 
fi bewegen läßt, wie ein lukkes Sail. Wann das Pferb 
gehen. wi, hängt der Schenkel ohne Hülff an dem Knie, 
als wenn er daran auffgehängt wäre; fintemalen der bide 
Nery feine Bewegung nicht mehr regulieret, alfo daß man 
davor hielte, das Bein wäre zerfnirfcht, fo fehr ift der Schen- 
fel yon feiner: natürlichen Aktion abgewichen, auſſer wenn 
das Pferd den Fuß zu Boden: fegt, dann in felbigen Augen« 
blick iſt das Niederſetzen des Fuſſes gut: ja wenn Das Pferd 
ſtill ftehet, meynet man nicht, daß ihm etwas fehle, in An⸗ 
fehung -ver Fuß recht auff den Boden gefebet if, und das 
Knie feine natürliche Außſtreckung hat; fo ihr aber den biden 
Nerp anrühret, befindet ihr,- Daß er fich mehr als der andere 
in dem Schenkel, der nicht gelitten, und ſtark außgefpannet 
iſt, hewegen läßt. Sngleichen fo das Pferd nur mit bem 
Creuz ein wenig hin und herfshwanfet, werbet ihr alſobald 
fehen, daß dieſer dicke Nerv wider bie Natur dieſes Glieds 
ſich bieget,” 

Er äußert fi dann noch Darüber; daß Die meiften Leute 


*) De Solleysel, le veritable parfait Marechal Die 6. franz. 
und 1. beutiche Ausgabe. Genf, 1677. Cap. CXVI. ©. 672. 


**).Die Achillesſehne. 
”"*) Das, heißt das fogenannte Hinterknie oder Sprunggeleuf. 
1) Sallen. | 


Ren 298 m nr 
ı . ö 


ben Zuſtand nicht in der Achillesſehne, Tonderh in: ben Haden 
fuchen und daß die Heilung der Pferde wider alles Anſehen 
erfolgt if. Zur Kur empfiehlt er Bretumfchläge von aroma- 
iſchen Mitteln mit Wein gekocht, dann eine Salbe aus Ro⸗ 
fenöt, Kamillen -. und Wacholderöl und aus Gaftoreum, und 
fpäter. die Einwickelung des Unterſchenlels. 

: Ben. Söllsyfel bis gegen. das Ende des vorigen Jahr⸗ 
hunders ſindet fich nur eine Beobachtung von Louchard Ein 
den Instruct, veterinaires, Vol, 3.) aufgezeichnet, wo zwar 
der Verfaſſer die Symptome wie Solleyſel angiebt, den 
Zuſtand aber für eine Verrenkung des Sprunggelenks hielt. 
Hierauf. theilte wieder nach einer Pauſe son einem halben 
Jahrhundert, im Sahre 1833 Bouley-d. 3. im Recueil de 
Medee.. veterinaire, X. Annee p. .242., unter der Lieber 
frift: :Quelques gas d’une claudication remarquable ai- 
senlant la fracture du tibia, observ&s chez le cheval, — 
einige Beobachtungen über den in Rede ſtehenden Zuſtand mit: 
In den beigefügten Bemerkungen fagt Bouley: daß ex aus 
der geftörten: Verrichuung der - helle geſchloſſen, daß: eine 
gaͤnzliche oner theilwetſe⸗Kerreißung der Sehne des vordern 
Schienbrinmuskels vie Urſache dieſer Lahmheit fei, und daß 
er daher, um dies näher: zu erforfehen, mit Rigot biefen 
Muskel: an: mehreren Bferben ‚quer durchſchnitten ‚und jebes- 
mol hiesnach fogleich dieſelben Erfeheinungen habe eintreten 
fehen, welche die lahmen Pferde zeigten. — Noch in demſel⸗ 
ben Jahre theilte auch Renault zwei Beobachtungen mit 
(a. a.O. ©.597), in welchen er diefe Verlegung des genann⸗ 
ten Musfels als erwiefen annahm. : Sechs Sahre fpäter be= 
ſchrieb Böther in Köthen ziemlich kurz drei von ihm beobs 
achtete Bälle von fogenannter Lähmung am. Hinterfchenfel, 
welche er als durch Zerreißung oder doch durch eine fehr hef⸗ 
tige Dehnung des Beugers des Schienbeins verurfacht hielt. 
(Zeitſchr. f. d. gefammie Thierheilkl. 1889. Br. VL S. 430.) 
Kurze Mittheilungen über einzelne Säle finden ſich noch won 

Schrader 


— 25 — 


Schrader m Hamburg (Magaz. für d. Thierheift. Bo. VI. 
©. 351) und von Cartwright (Veterinarian, 1841, p. 
273 und Magaz. f. Thierheilf. Bo. VIII. ©. 502). Weil 
in allen diefen Fällen die Bferde geheilt wurden, konnte nie 
mals der anatomifche Beweis der Zerreißung des genannten 
Muskels geliefert werben. Letzteres iſt jedoch Bouley im 
vorigen Jahre gelungen (Recueil veter. 1846. p. 520 und 
521 2c.). Loiſet hatte Dagegen (Journ. des Veterinaires 
du Midi, 1840, Juin) an einem Pferde, welches die in Rebe 
ſtehende Lahmheit zeigte, den dünnen Streder des Sprungbeins 
“ (Gurlt) oder, nach franzöftfcher Terminologie, den peroneo- 
calcanien zerriffen gefunden. Die Beobachtung fteht aber 
fehr zweifelhaft da. — Ich habe während einigen 20 Jahren 
und unter mehr als 40,000 in verfchievener Art Iahmen Pfer- 
den nur neunmal Gelegenheit gehabt, die in Rede ftehende 
Lahmheit zu beobachten, und ich konnte zu der anatomifchen 
Unterfuchung berfelben nur dadurch gelangen, daß ich ein mit 
diefem Leiden behaftetes Pferd kaufte, um es zu tödten und 
mit meinem Collegen Gurlt die Section zu machen. Es 
fand ſich dabei: Daß nicht nur der vordere Schienenbeinmus- 
fel, fondern auch ber denfelben in der Wirkung unterflügende 
dritte Wabenbeinmusfel *) in fchräger Richtung eingerifien 
war, 

Diefe hiſtoriſche Ueberficht enthält Alles, was mir bei 
forgfäftigem Nachfuchen in ber mir zu Gebote ftehenpen 2i- 
teratur über biefen Gegenftand befannt geworden if. Es geht 
daraus hervor: daß unfere Kenntniſſe über venfelben in ber 
Hauptfache erft in der neuern Zeit erworben und befonbers 
Bouley zu danken find, Auch darf man baraus wohl mit 
Wahrfcheinlichfeit annehmen, daß überhaupt diefer krankhafte 


) Nach der Anatomie von Girard und Schwab und überhaupt 
der franzoͤſiſchen Autoren wird biefer Muskel an ver fleifchige Theil bes 
vordern Schienbeinmuskels betrachtet, 

Mas. f. Thierheilt. XL. 15 


— 2266 — 


Zuſtand noch nicht genügend bekannt iſt, da bisher in ven 
Lehrbüchern über. Ehirurgie, ja ſelbſt in den umfaſſendern 
Abhandlungen über die Lahmheiten von ihr Feine Rede war. 
Dies. möge es entfchuldigen, wenn ich hier in’s Einzelne über 
denfelben eingehe. 

Das Leiden entfteht immer plõtzlich durch eine — 
ſame Streckung eines Hinterfußes im Sprunggelenk, wie z. B. 
wenn Pferde auf die untere Seite der Bruſt niederſtür⸗ 
zen, während ein oder der andere Hinterfuß ausgeftredt bleibt, 
fo daß er mit dem Knie zuerft den Boden berührt; oder wenn 
ihnen: bei dem Befchlagen ein Hinterfuß mit dem Seil durch 
einen Ring an ver Wand nad) hinten in die Höhe gezogen 
und feftgehalten ift, während fle heftig nach vorn fpringen 
oder nieberftürzen, — oder eben-fo, wenn man fie im Notb- 
ftalle befchlägt und fie, während ihre Befeftigung am Vor—⸗ 
dertheil nicht genügend gefchehen iſt, heftig nach vorn brän- 
gen; ferner, wenn fie im Stalle über ven Latierbaum, ober 
vor den. Wagen gefpannt nach, hinten über das fogenannte 
Achterholz (die Waage) fehlagen, mit einem Buße auf dieſem 
Gegenftand fipen bleiben und dann theil durch bie Laft des 
Körpers, theils durch ihre Anftrengungen, um fich aus ber 
unbequemen Lage zu befreien, den Fuß rüdwärts heftig aus⸗ 
ſtrecken. Selbft ein heftiged SHintenausfchlagen in die Luft, 
oder ein ftarfes Ausgleiten auf den Boden kann die Lahm⸗ 
heit erzeugen. In dem von Bouley zuletzt beobachteten und 
anatomiſch unterfuchten alle, war biefelbe in der Thierarz- 
neifchule zu Alfort dadurch entftanden,. daß das Pferd, wel- 
ches niedergelegt worden war, um ihm. die Sohle. aus dem 
Hufe zu nehmen, fich, während diefer Operation. fehr. winer- 
feslich benommen hatte. ‚Auch Böther. fahe das Uebel bei 
einem Pferde, welches er vorfichtig niedergelegt hatte, um den 
Sehnenklapp zu brennen, in Folge heftiger Anftrengungen 
hierbei entftehen. 

Die ———— Erſcheinungen, wu biefe Labm⸗ 


— 2277 — 


heit charafterifiren, find folgende: Bel dem ruhigen Stehen 

des Pferdes ſeht Dafielbe den ganzen Huf gleichmäßig und 

fe auf den Boden und tritt dabei auch im Feſſel gut durch, 

aber das. Heberfchenfelbein (die Tibia) macht mit dem Schien- 

bein (Mittelfuße) einen viel ftumpferen Winkel ald an dem 

‚gefunden Hinterbeine, — ‚oder mit anderen Worten: dieſe 

Knochen ftehen in der kranken Gliedmaße mehr gerade, zu: 

weilen faft fenfrecht übereinander (wie Dies’ bei der Abbildung 

Zafel III. der mit A bezeichnete Franke Fuß im Vergleich zu 

der punftirten Stellung des gefunden Fußes B zeigt) Das 

Oberſchenkel⸗ oder Backbein fcheint mehr in Die Höhe gezogen 

und feftgeftellt zu fein. An der Achillesfehne bemerkt man 
etwa 1 bis 3 Zoll über wen Ferſen⸗ oder Sprungbein eine 

fleine Wölbung ihrer oberen Linie, (Nr. 5 der Abbild.) und 

bei dem Befühlen berfelben eine geringere Spannung, ja felbft 

wohl. eine wirkliche Erfchlaffung. — Wil das Thier gehen, 

fo: hebt es den Oberfchenfel etwas höher als fonft ımb wirft 

die Theile unter Ihm fehwerfällig nach vorn, wobei aber das 

Sprunggelenk nicht gebeugt und das Schienbein nicht aufs 

gehoben wird. Alle diefe Theile Bängen gleichlam vom Schen- 
fel herunter und oft wadeln dieſelben hin und her, fo daß 

es das Aufehen erhält, ald ob das Unterfchenfelbein gebro- 

chen wäre. Während der Fuß fo in die Höhe gehoben iſt, 

erfcheint die Achillesſehne noch etwas mehr erichlafft als vor 

her, indem fie über dem Sprungbein eine Kalte bilbet, Die 
mit: den Singern leicht von einer Seite zur andern verfchoben 
werden fan. Das Nieverfegen des Fußes auf ben Boben 
gefchieht etwas tappend mit. ver ganzen Flaͤche der Gohle, 
faft wie bei den dummkollerigen Pferden; fo wie e8 aber ge⸗ 
ſchehen if, verſchwinden die eben erwähnten Zufälle und das 
Meerd nimmt die oben angegebetie Stellung wieder an. Hebt 
im ihm den Fuß auf und fivedt ihn nach hinten aus, fo 
fattn- manl lezteres ſehr leicht und An dem Grade bewirten, 
daß dienGliebmaßo, ſelbſt wenn ſte faſt hortzorital gehalten 
| 15 * 


Bl 


— 228 — 


wird, vom Knieſcheibengelenk bis zum Feſſel eine gerade Li— 
nie darſtellt, alſo das Unterſchenkelbein mit dem Mittelfuß 
(Schienbein) im Sprunggelenk feinen Winkel bildet, und das 
Serfenbein ſich ganz an dad LUnterfchenfelbein legt, — wie 
dies auf der Abbildung bei C angedeutet ift. Hierbei wird bie 
Achillesſehne fo fehr erfchlafft, daß fie eine gefränfelte Falte 
bildet, die. fih von felbft nach der einen over der andem 
Seite legt. (Auf d. Abbild. Ar. 7.) 

Diefe Zufälfe finden fih durchaus in gleicher Art, find 
aber dem Grade nach in den einzelnen Fällen etwas. abwei- 
chend, was hauptfächlich von der bald vollftändigen bald un⸗ 
vollftändigen Zerreißung des einen oder beiver Musfeln und 
von Mebenverlegungen abhängig fein mag. 

In den allermeiften Fällen ift an feinem Theile des lei⸗ 
denden. Fußes Schmerz oder Geſchwulſt zu entveden, zumeilen 
aber findet fih am Tage nach dem Eniftehen des Uebels 
eine ödematöfe Anfchwellung an dem Site beflelben, um bie 
Mitte der vordern und äußern Seite des Unterfchenfels und 
ſenkt fich almälig zum Sprunggelenf und tiefer hinab. Wahr⸗ 
fheinlich find in folchen Sällen neben den Muskeln auch mehr 
Plutgefäße zerriffen und es ift ein größeres Ertravafat in 
das Zellgewebe erfolgt als in andern. Eben fo zeigen ein- 
zelne Thiere in der Umgegend des zerriffenen Muskels bald 
mehr bald weniger Schmerz, wenn man ftarf auf denfelben 
brüdt. Renault ſahe an-einem Pferde bei diefer Zerreißung 
außer den übrigen Symptomen nicht nur große Anfchwellung 
und heftigen Schmerz, fondern in den erften Tagen nach ber 
Verletzung auch Appetitlofigfeit entſtehen. 


Bei der Seftion hat man, wie bereits oben emwähnt, ven. 


vorderen Schienbeinmusfel und ben dritten Wadenbeinmuskel, 
einzeln .oder beide zugleich, queer ober fchief zerriffen gefunden. 
Ob auch eine Übermäßige Ausdehnung diefer Musfeln durch 
dieſelben Gelegenbeitsurfachen entfliehen und gleihe Sym⸗ 
ptome heroorsufen koͤnne, — wie Böther dies ‚angiebt — 


⸗ 


— 229 — 


iſt zwar bis jetzt nicht anatomiſch nachgewieſen, aber doch als 
hoͤchſt wahrſcheinlich anzunehmen, weil eine Zerreißung im⸗ 
mer erſt dann erfolgt, wenn ein hoher Grad von Ausdehnung 
der betreffenden Theile flattgefunden bat. Beide Zuftände 
haben alfo einen gleichartigen Anfang, und es kommt nur 
auf den Gran und die Dauer der einwirfenden Gewalt an, 
ob eine übermäßige Ausdehnung in Zerreißung übergeht. 
Mit Rüdficht auf die Art der Entflehung des Leidens halte 
ich e8 auch für ganz wahrfcheinlich, daß außer den genannten 
Muskeln auch die an der vorderen Fläche des Sprunggelente 
liegenden Bänder, namentlich das Ligamentum tarsi laterale, 
das L. deltoideum, das L. astragali obliquum und felbft 
das Eapfelband bei der Verlegung durch Ausdehnung fehr 
mitleiden. 

Die Erfcheinungen der eigenthümlichen Lahmheit find, 
bis auf die Erfchlaffung der Achillesfehne, fehr leicht aus ber 
‚aufgehobenen Bunftion der genannten beiden Muskeln zu ers 
flären. Diefelben ziehen befanntlich den Mittelfuß (Schien⸗ 
bein 20.) an den Unterfchenfel in die Höhe, beugen fomit das 
Sprunggelenf, Da aber jene beiden Theile der Gliedmaße 
am Sprunggelenf in einen Winfel mit einander verbunden 
find, fo befinden fich die genannten Musfeln auch außer ber 
Zeit ihrer eigentlichen Aktion, fortwährend in einem gewiffen 
Grade von Spannung, vermöge welcher fie nicht allein jenen 
Winkel zwifchen dem Unterfchenfel und Schienbein erhalten, 
fondern auch den erftern firiren und fo das Anziehen und 
Aufheben der Gliedmaße unterftügen, wenn das Badbein durch 
feine Muskeln gegen den Leib gezogen wird. Durch jene erfte 
Wirfung (dieBeugung) werben zugleich die an der hintern Seite 
des Sprunggelenfs angehefteten Sehnen antagoniftifch gelind 
angefpannt. Das Sprunggelent erhält fomit von vorn und 
hinten durch die Sehnen eine fefte Haltung, welche aber au- 
genblidlich verſchwindet, wenn die Schienbein- und Waben- 
beinmusfeln außer Aktion gefeßt werben. Daher das fchlaffe 


— 230 — 


Herabhaͤngen und Wackeln des untern Theils der Gliedmaße 
nf. w. Dagegen ſcheint aber die Erſchlaffung der Achilles⸗ 
ſehne, namentlich in dem ſtarken Grade bei. dem kuͤnſtlichen 
Ausſtrecken des Fußes nach hinten, auf den erſten Anblick 
nicht genügend aus ber. Zerreißung jener Muskeln entre 
werden au. fönnen; denn dieſe Sehne: nebſt ihren Musteln 
(den ‚nstzoonemiis) bewirfen im ‚normalen Zuſtande die 
Streckung des Sprunggelenks, wobel fie: ſich verkuͤrzen und 
mehr ſtraff werden. Dieſe Erſcheinnugen: ſollten alfo - auch 
zu. bemerken. fein, wenn die Antagoniften ver. Achilbesſahnr 
and ihter .Musfein außer Thätigfelt geſetzt worden find: 
Über enigegengefebt, — flat: Spannung der. Sehne triit bier 
eine Erfchlaffung derfelben ein. Dies ift, gewiß Fehr befrem⸗ 
dend, aber wie ich denke dadurch zu erflären, daß 1) der 
Winkel im Sprunggelenf, wie oben erwähnt, nach der Zer- 
reißung Des Schienbein » und Wadenbeinmuskels viel größer 
geworden, ia fafl ganz ausgeglichen ift, daher die Achilles⸗ 
jehne ſich nicht mehr im Zuftande ihrer natürlichen Anſpan⸗ 
nung befindet; — 2) daß bei der aufgehobenen Spannung 
ber zerrifienen Muskeln und wohl auch der. ausgedehnten 
Bänder des Sprunggelenfs, bei dem Aufheben des Fußes nad 
rückwaͤrts eine größere Stredung bed Legteren bewirkt wird, 
als die Zwilfingsmusteln felbft bei ihrer ftärffien Contraktion 
im normalen Zuftande herbeiführen fönnen. Wenn muın. aber 
eine ſolche Stredung über den normalen Grad hinausgeht, 
fo muß nothwendig die Wirfung dieſer Muskeln: auf ihre 
Sehne aufhören. 

Die Diagnofis ift aus den angegebenen Symptomen 
ſtets mit großer Sicherheit zu erlangen, um ſo mehr, da der 
Krankheits zuſtand nur mit wenigen anderen, naͤmlich mit ei⸗ 
nem Bruch des Unterſchenkelbeins, mit Zerrelßung oder Ue⸗ 
bervehnung der Achillesfehne und mit Berftauchung im Sprung- 
gelenf einige Achnlichkeit zeigt, fih aher auch von — 3 
fländen leicht unterfcheiden laͤßt. 


— 21 — 


"1 Mit einer Braftur des Unterſchenkelbeins (der Ti- 
 bia). erhält die Zerraißung des Schienbein- und Wabenbein- 
musfeld ‚hauptfächlich Durch das fchlaffe Herabhängen und 
bie wackelnde Bewegung des unteren Theils der Gliedmaße 
bei dem bloßen. Auſehen der letztern allerdings xine große 
Aehnlichkeitz; und Bouley gefteht mehrfältig ein: daß früher 
nicht allein er ſelbſt, fendern auch fein College Chanas; 
Veterinaire en chef der Pariſer Garde, fo wie neuerlich 
auch ein Thierarzt im. Departement .du Nord und noch Ans 
bere, dad Leiden für einen Bruch der Tibia gehalten haben. 
Bei einer genaueren Linterfuchung wird man jedoch finden, 
daß alle.anderen charafteriftifchen Merkmale eines Knochen 
bruchs fehlen, fomit jene Symptome im Verein mit den an« 
dern nur ‚allein auf die Zerreißung oder übermäßige Aus» 
nn ber: genannten Muskeln deuten. | 

. 2.. .dür. eine Ueberbehnung oder übermäßige Ausdeh⸗ 
rung ber Achillesſehne und dadurch bedingte Erſchlaffung der⸗ 
ſelben ſpricht ſcheinbar die, bei den Symptomen (S. 227 u. 28) 
angegebene Beſchaffenheit dieſer Sehne. Solleyſel (an der 
oben mitgetheilten Stelle) und wahrſcheinlich viele Andere, 
haben den Zuſtand wirklich für eine ſolche Ausdehnung und 
Erfchlaffung gehalten, und ich felbft bin bei den erften mir 
vorgelommenen Batienten der Art in diefen Irrthum verfals 
len — was (ohne daß ich mich gerade entſchuldigen will), 
um fo mehr verzeihlich erfcheint, da: an der Stelle der ver- 
legten Muskeln gewöhnlich fein Krankheitszeichen wahrzu- 
nehmen if, alſo die ficht- und fühlbare Erfchlaffung der 
Achillesſehne als etwas Wefentliches erfcheinen mußte. Ich 
wurbe jeboch zuerſt durch das Nachdenken über die Art ber 
Gelegenheitsurſachen und ihrer Wirfungen auf bie einzelnen 
Muskeln und Sehnen, zum Zweifeln an der Richtigkeit jener 
Diagnoſis und dann zum Erfennen des Irrthums geführt, 
Denn bie Zwillingsmusfeln fireden das Sprunggelent und 
das Schienbein, was nach allgemeinen Regeln über bie. Mus⸗ 


— 232 — 


kelwirkung dadurch geſchieht, daß ſie ſich contrahtren. Nun 
wird aber bei den Veranlaſſungen, durch welche die Ruptur 
des Schienbein⸗ und Wadenbeinmusfels entfteht, eine über» 
mäßige Ausftrefung des Schienbeins erzeugt und fomit bie 
Zufammenziehung der Zwillingsmusfeln begünftiget, keines⸗ 
weges aber eine übermäßige Ausdehnung berfelben oder der 
Achillesfehne herbeigeführt. Die Legtere, und eine hierdurch bes 
dingte Erfchlaffung, könnte nur auf enigegengefehte Weiſe, 
durch eine zu flarfe Beugung des Fußes im Sprunggelenf 
erzeugt werben, wie 3. B. wenn das Thier mit dem Hinter 
theile des Körpers plöglich fo niederfällt, daß die Hinterbeine 
mit gebogenen Sprunggelenfen unter ben Leib zu liegen kom⸗ 
men, — oder audy bei ftarfen Quetfchungen, welche die Zwile 
lingsmuskeln und die Achillesfehne unmittelbar treffen. — 
Bei einer hiernach entftandenen Erfchlaffung der genannten 
Sehne findet man diefelbe allerdings etwas weich, aber nie= 
mals in dem Grade wie bei dem bier in Rebe ftehenven 
Krankheitszuftande; außerdem zeigt dad Sprumggelent mehr 
Feſtigkeit und bildet ftets einen größern Winkel als im nor⸗ 
malen Zuftande; denn das Schienbein ift Durch den vordern - 
Schienbein⸗ und den dritten Wabenbeinmusfel viel flärker in 
die Höhe gezogen, weil eben die Wirkung ihrer Antagoniften, 
ber Zwillingsmusfel, fehr vermindert ifl. Hierdurch ift die 
Unterfcheidung beider Zuflände leicht zu machen. 

3. Eine Berftauhung oder Subluxation des Sprung- 
gelenfs hat man ebenfalls aus den oben angegebenen Sym⸗ 
ptomen der Zerreißung des vordern Schienbein - und des brit- 
ten Wabenbeinmusfeld biagnoftizirt; allein die Erfahrung 
lehrt, daß bei jenem erfteren Zuftande, bei welchem nur bie 
Bänder und die Sehnen am Gelenk gebehnt und die Gelenk⸗ 
flächen der Knochen erfchüttert oder gequetfcht worden find, 
Entzündung mit ihren gewöhnlichen Symptomen; vermehrte 
Wärme, Schmerz und zumeilen auch etwas Gefchwulft am 
Sprunggelenf felbft entfteht, während dieſe Zufälfe bei der 





— 233 — 


Muskelruptur fehlen. Die ſteile Stellung der Tibia und bes 
Mittelfußes findet fih zwar in manchen Fällen auch ein, 
aber die Beweglichkeit im Sprunggelenk ift immer fehr ver- 
mindert ımb die Pferbe lahmen daher faft wie bei dem 
Spatt, 

Die Prognofts if bei ver Ruptur bes Schienbein» und 
Wadenbeinmuskels durchaus günftig, da, wie Solleyfel 
fchon beobachtet hat und wie die fpätern Beobachtungen von 
Bouley, Renault, Böther, Cartwright, Schrader und 
von mir dies beftätigen, die Heilung bisher in allen Fällen 
erfolgt ift. Einzelne Pferde gingen fchon nah 25 Tagen 
wieder ganz regelmäßig, andere aber erft nach Verlauf von 
6 His 8 Wochen; aber alle verrichteten dann wieber ſchwere 
Arbeit, ohne daß eine Schwäche ober irgend eine andere üble 
Bolge an dem betreffenden Buße fpäterhin zu bemerken war. 

Die Heilung beruhet auf dem Wiederzufammenmwachfen 
der zerrifienen Muskelfaſern, was bier, da Die Verlegung fub- 
eutan befteht, fehr wohl in Zeit von etwa 20 bis 25 Tagen 
geſchehen kann. Die Kur wird daher in denjenigen Fällen, 
welche ohne Geſchwulſt und ohne großen Schmerz an ber 
Stelle der Zerreißung beftehen, lediglich durch die eigene Na⸗ 
turheilfraft des Thieres bewirkt, aber durch ruhiges Verhalten 
defielben in den erflen 3 bis A Wochen befördert. Dabei 
: Tann man aber an der vorbern Fläche und den Seiten bes 
Sprunggelenks Waſchungen mit Goularbfchem Bleiwaſſer an- 
wenden, um bie 'fchleichende Entzündung in den zu ſtark aus» 
gedehnten Gelenfbändern zu befeitigen. Iſt in einzelnen Faͤl⸗ 
len viel Schmerz und Anfchwellung zugegen, fo find in den 
erften .3 bis 4 Tagen Befeuchtungen der betroffenen Theife 
mit eben ſolchem Bleiwaſſer, oder mit einer Auflöfung von 
Salmiaf in Eſſtg und Waffer, fpäter jedoch Wafchungen mit 
aromatischen Kräuterbrühen und mit einem Zufag von Pott⸗ 
afche, fehr nüblih. Bouley empfiehlt (Recueil 1846, p. 524) 
eine fcharfe ober reizende Einreibung auf die vordere und bie 


m 


— 234 — 


Settenflächen: des Unterfihenfeld ‚zu machen, in ber doppelteit 
Abſicht: die Reſorption der ergeſſenen Fluͤſſigleiten zu beför⸗ 
dern und durch ben von der. Hautantzündung entſtehenden 
Schmerz die Bewegungen des: @liebes zu vermiudern vund 
hierdurch die Zuſammenwachſung der getrennten Theile zu be 
fürbern.: Rofſig nol (a. a. O.) bemerkt hiergegen: Daß jebe 
Art :einer surativen Behandlung ihm ‚bet Diefer Affeftion vollig 
unnüß.‚erfcheine) ‚indem: in ‚einigen: von ihm beobachteten Hals 
ken. die Heilung ohne; ſolche Behandlung eben fo ſchnell wie 
mit derfelben gelungen if. Ich flimme ihm darin für Die 
gewöhnlichen Fälle bei, nicht aber wenn bie vorhin genannten, 
ungewöhnlichen Zufälle zugegen find. Außerdem aber ver 
dient in ber. Praxis vielleicht. noch zuweilen Die Bemerkung 
Bouley’s;cinige Beachtung: daß die. Anwendung eines zweck⸗ 
mäßigen Mitteld neben der Heilwirfung noch den Vortheil 


gewährt, daß der zu Rathe gezögene Tihierarzt, dent Leiden des 


Thieres — und bei der Rn ——— — — 
— Ban J 


Erklaͤrung der Abbildung auf Tafel I: er 
Der linfe Hinterfehenfel eines Pferdes, i 
a. Die Stelfung und die Beſchaffenheit deſſelben bei der — 
reißung des vordern Schienbeinmuskels und des dritten 

Wadenbeinmuskels, nach Abnahme der Haut. 

1) Der. lange Zehenſtrecker oder vordere Strecker des 
Kronen und Hufbeines, am obern Ende quer durch⸗ 
fehnitten und von den: Darunter EIER a 


‚abgelöft. - 
2) Der vordere Scienbriumnetel (aß sun Boni ), 
bei A.zerriflen. :. a 


3) Drüter. Wadenbeinmustsl, — Dem vorige, und 
wie dieſer, bei. 4 eingeriſſen. ee u 


5) Eine Balte. in der Achillesfehne, bie ſich ſelbſt bei 
: gerader Stellung des Fußes bemerkbar macht. 
-: 6): Die zu gerade faſt fenfrechte u des unteren 
Theils der Gliedmaß. 

B. Andeutung der Stellung, welche der — Theil der 
anderen, gefunden Gliedmaße hatte und ſich durch einen 
mehr. ſpitzen Winkel im Sprunggelenk von ber Stellung 
des verletzten Fußes unterfcheidet, 

©... Die faſt geradlinige Richtung des Lnterfchenfel - und 

Schienbeins zufammen, welche biefe Theile annehmen, 

wenn der Fuß nach hinten ausgeftredt wird, und wobei 
fih bei Nr. 7. die große, fehlaffe us in. der Achilles: 
fehne bildet. 


V. Protokoll über Die zu Brühl. am 28. und 
39, Auguſt 1846 abgebaltene General: Ber 
fammlung des Wereins deuticher — 


Gemãß der vom Vorſtande im Laufe des Sa ver⸗ 
theilten Special⸗Einladungen Hatten ſich 37 Thieraͤrzte *) 


*) Der Berſammlung wohnten bei, außer ben untengenannten Thier⸗ 
ärzten, der Präfident bes landwirihſchaftlichen Vereins für Rheinpreußen, 
Here Freiherr von Carnap zu Burg=- Bornheim, der Direitor der land⸗ 
wirthfchaftlichen Local⸗Abtheilung zu Bonn, Herr Hüttenbefiger Sägen, 
der Oberbürgermeifter von Brühl, mehrere Aerzte, Apotheker umb Lands 
wirthe aus der Umgegend. 

1. Dr. Spinola, Lehrer an ber Königl, Thlerarzueifchule in Berlin. 
2. Fuchs, Lehrer an der Großherzoglich Badiſchen Thierarzneifchule in 
Garlsrufe. 3. Lautemann, Oberthierarzt bei der Artillerie daſelbſt. 4. 
Henfer, Thierarzt und Stallmeiſter in Fraukfurt a. M. 5. Körper, 
Thierarzt in Frankenthal (Rheinbaiern). 6. Mecke, VeterinairsAffeffor im 
Eoblenz. 7. Weynen, Departements »Thierarzt in Aachen. 8. Prehr, 
desgl. in Düffelvorf. 9. Halm, desgl. in Geldern. 10. Border, Kreis 


— U — 


hierzu in Brühl verſammelt, und eröffnete ber zeitige Präft- 
dent, Veterinair-Affeffor Mede aus Coblenz die Sigung des 
erften Tages am 28. Auguft Morgens 9 Uhr. mit einer Anz 
rede, worin er bie dermalige Lage: des thierärztlichen Faches 
und Standes der Wirklichkeit gemäß zu ſchildern fich beftrebte. 
Nach Beendigung feiner Rede theilte der Präfident den faft 
gleichlautenden Inhalt vieler eingegangenen Schreiben von 
Dereinsgenofien mit, wonach ſich die ſchon in früheren Jah⸗ 
ren gemachte Erfahrung beftätigte, daß nicht ſowohl Mangel 
an Liebe zur Sache, als vielmehr Armuth der Tierärzte das 
Hauptbinderniß einer thätigen perfönlichen Theilnahme am 
Vereine bilde. 

Der Praͤſident des Vereins der hannöprifchen Thierärzte, 
Regiments -» Thierarzt Dr. Hillmer in Stade, der Borftand 
des Vereines der badifchen, fo wie ber der Pfälzer Thier- 
ärzte hatten die Berfammlung fchriftlich begrüßt, nebft dem, 
daß die beiden Tegteren Vereine durch ihre Mitglieder Buchs 
imd Rautemann aus Carlsruhe und une aus Sranfen- 
thal befonders vertreten waren. ' 

"Um den Gang der Verhandlungen, wie ihn das Pro- 
gramm vorgezeichnet, nicht zu flören, wurbe es beliebt, zuerft 





thierarzt in Creuznach. 11. Schoͤngen, desgl. in Kerpen. 12. Zirkel, 
besgl, in Seilentirchen 13. Peters, desgl. in Bonn. "14. Sticker, 
besgl. in Neuß. 15. Schäven, desgl. in Vüttgenbadh. 16. Sanberg, 
beögl. in Cleve. 17. Meeßen, desgl. in Langenfeld. 18. Rhode, Res 
giments⸗Thierarzt in Bonn. 19. Horft, Thierarzt in Zülpich. 20. 
Schwill, vesgl. in Jüchen, 21. Schell, vesgl. in Eöln. 22. Suth, 
besgl in Röbingen. 23. Dellvofs, desgl. in Benburbid. 24. Krichels, 
besgl. in Eſchweiler. 25. Strattmann, desgl. in Schleiden. 26. Füſ⸗ 
fenich, desgl. in Bergheim. 27. Schmidt, dgl. in Coͤln. 38. Schmiß, 
desgl. in Coͤln. 29. Stachler, dgl. in Cöln. 30. Ang, besgl. in 
Brühl. 31. Kottelmann, dgl. in Bonn. 32. Römer, dgl, in Duis⸗ 
burg. 33. Stolz, desgl. in Euslirchen. 34. Schönen, dgl. in Lohn 
3. Voigt, desgl. in Rheinberg. 36, Breuer, deögl. in Coͤln. 37. 
Wagner, desgl. in Conradsheim. 


Diejenigen Gegenſtaͤnde zu erlebigen, welche nicht viel Zeit in 
Anfpruch nehmen mögten. 

Es haite verlautet, daß Fuchs Fürzlich von einer Reife 
aus Belgien zurüdigefehrt fei, und wurde berfelbe gebeten das 
Reſultat feiner Beobachtungen der Verſammlung mitzutheilen. 
Fuchs entiprach dieſer Bitte fogleidy und hielt einen aus⸗ 
führlichen Vortrag über den Falten Hufbefchlag, worüber ge⸗ 
genmwärtig, befonders in Frankreich fo viele Verhandlungen 
ftatt fanden. 

Dur Vorlage mehrerer Bodometer, bejonders des von 
Riquet erfundenen, fo wie mehrerer interefianten Zeichnun⸗ 
gen über bie Hormbildung an den Hufen der Pferde, wußte 
er feinem Bortrage die nöthigen Erläuterungen zu geben. Er 
erwähnte der von Delafond angeftellten vielfältigen Ver⸗ 
fuche über den Einfluß verfchiedener Wärme - Grabe auf den 
Huf der Pferde, berührte die Hauptpunfte, welche in ben 
Disceuffionen des thierärztlichen Vereins in Paris für und 
gegen die Einführung des falten Befchlages hervorgehoben 
wären, und fchfoß mit der Bemerkung, daß, feitbem durch 
Refeript des Kriegsminifters der Beichlag nach der Riquet- 
ſchen Methode bet der franzöfifchen Cavallerie allgemein ein⸗ 
geführt fei, nun auch bald die Erfahrung über den Werth 
der genannten Befchlagmethode entichieven haben werde. 

Diele Mitglieder, namentlih Spinola, Zirkel, Law 
temann, Schöngen, Römer und Schwill theilten ihre 
Anfichten und Erfahrungen über das hierhin gehörige mit.. 

- Der ſchon im Jahre 1828 von Nüsken erfundene Po⸗ 
dometer würde jedenfalls für den gewöhnlichen Gebrauch in 
den Schmieven weiter vervollfommnet, d. b. praftifcher ein- 
gerichtet bei uns fein, hätte fich ein bringendes Bebürfniß zu 
dem Gebrauche eines folchen Inftrumentes ergeben. Die Nach⸗ 
theile des fogenannten warmen Befchlages feien - jedenfalls, 
wenn nur das Auflegen der Eifen einigermaßen mit Ber- 
ſtand ‚geichehe, nicht fo groß, als bie Freunde des falten Bes 


ſchlages fte ſchildern, und Habe auch der kalte Beichlag: man⸗ 
cherlei NRachtheile, von denen man faft glauben Fönnte, daß 
fie Sie Vortheile überwiegen. Durch die früfer von Nüsten, 
ſpaͤter unter Leitung Hertwigs an der Königlichen Thier- 
arzneifchule:in Berlin angeftellten Verſuche über den Einfluß 
des Aufbrennens in den verfchiebenften Graben warmer Huf- 
eiſen auf den Huf, fei bereits auf wifienfchaftlichen Wege 
das Maß des Nachtheils feſtgeſtellt, welches das Auflegen 
oder felbft Aufbrennen eines ſchwarz oder roth warmen Ei⸗ 
ſens "haben Tönne. Die Schmiede, welche auf empirifchem 
Wege das richtige Maß einzuhalten nicht gelernt hätten, feien 
auch in anderer Hinficht im Hufbefchkige nichts werth, und 
diefe würden faum ein warmes Eiſen gehörig anfertigen und 
aufpaſſen lernen, gefchweige dann im Stande fein, die mehr 
verwickelteren Regeln des Falten Beſchlages zu befolgen. Der 
kalte Hufbefchlag ſei übrigens in Deutfchland fehon oft von 
den Schmieden in Anwendung gebracht, wenn es die Um⸗ 
fände erforberten, und theilten Zirkel und Fuchs dafür ges 
nügende Thatfachen mit, worauf biefer- Gegenftand als zu 
weiteren Anregungen hinreichend verhandelt man. und 
verlaffen murbe. 

"Der Praͤfident Iegte hierauf der Verfammlung die von 
der Maͤrkiſch ötonomifchen Gefellfehaft in Potsdam gefrönte 
Preisſchtift über die Lungenfeuche des Rindoiehes vor, welche 
der Beifafler, Kreisthierart Sauberg in Eleve, dem Vers 
eine zugefandt hatte, mit ber Bitte, daß ein Mitglied das 
Referat über den Inhalt jener Schrift in der a Si- 

bung übernehmen möge. 
Buch erftärte, mit der genannten Prelsſchrift volllom⸗ 
men vertraut zu fein, und wolle er, wenn es beliebt werde, 
das Referat fogleich übernehmen, was allgemeine Zuſtimmung 
fand; Fuchs machte nun bie Gefellſchaift mit Den weſentli⸗ 
chen heilen der Schrift befannt, und hob als befonders werth⸗ 
voll und gut bearbeitet: Den gefehichtlichen Inhalt hervor. "Die 


239 — 


Gentagbefltät der Yungenfeuche werde bier fo evident nachge⸗ 
wiefen, daß kaum ein anderes Beweismittel noch nöthig fet. 
Wenn. gleich Neferent mit den. pathologifchen Anfichten und 
felbft mit mancher. Ausdrucksweiſe des. Berfaflers,. der feine 
Schrift auch für Landwirthe beſtimmtizu haben ſchien, nicht ein⸗ 
verſtanden fein könne, fo müſſe er fie Doch als eine gute Zu- 
fammenftellung ber bis jegt über die Limgenfeuche gewonne⸗ 
nen Erfahrungen anempfehlen. Die Verfammlung fprach dem 
Verfaſſer für die dem Vereine erzeigte Aufmerkſamkeit ihren 
Dank aus, und legte hierauf der Praͤſident eine vom Thier- 
arzt⸗Tauſch In Halle verfaßte und eingefandte Abhandlung 
über die Entividlung der Tuberkeln in der Rogfranfheit vor. 
Rhode übernahm das Neferat für die Situng des anderen 
Tages. J 


Der Praͤſident glaubte nun noch den Inhalt mehrerer, 
theils von den Zweig-Vereinen, theils von einzelnen entfern- 
teren Mitgliedern eingegangenen Schreiben mittheilen zu 
muͤſſen, inſofern fie ſich üͤber die Beſtrebungen des Vereins 
und ſeiner Local⸗ Abtheilungen verbreiteten, oder auch Fort— 
ſchritte in der weiteren te des nn 


| bezeichneten. 


Die yon dem Vereine Pfälzer Zhierärzte an Die Staͤnde⸗ 
Verſammlung in München eingereichte Eingabe über die Miß- 
verhaͤltniffe unſeres Standes, kam zwar nicht einmal zur Des 
batte, Doch mögte. daraus nicht gefolgert werden bürfen, daß 
die. Entwicklung des Veteringirweſens nach den . Zeitbebürf- 
niſſen in Baiern ſobald nicht zu erwarten ſei. In Baden 
Haben bereits. die Stähbe fich veranlaßt gefiinden, die Ber: 
bältniffe ver dortigen Thierärzte zu befprechen, (ſ. thierärzte 
liche :Settung II. Jahrg. Nr. 31.) um eine gewiffe Summe 
sur Beihuͤlfe bei der Anſtellung von Communal⸗ Shterärgten 
zu bewilligen. Am; erfreulichſten ſeien die Nachrichten, welche 
Hilmet über eine beſſere Geſtaltung bes: Veterinairweſens 


4 3 





— 240 — 


in. Hannover mittheilte ). Der. dortige Verein habe durch 
die Ausdauer in feinem Wirfen für unfer Fach fich ein um 
fo größeres Berbienft erworben, als es befannt ift, daß bie 
dortige Staats » Verwaltung bis jest den wifienfchaftlichen 


Thierärzten fich nicht fonderlich geneigt gezeigt Hat. 
— Der 


*) Schreiben des Koͤniglichen Kabinets vom 17. Mai 1846 bie Re 
gulirung der thierärzlichen Praxis betreffend. 

Die löbliche allgemeine Stände-Berfammlung hat mitielſt Schreibens 

vom 25. Juli 1844 auf Anlaß einer von Seiten eines Vereines von Thier- 
ärzten an biefelben gerichteten Vorſtellung, der Königlichen Regierumg bie 
anderweitige Regulirung der thlerärztlichen Praxis zur Erwägung empfoh⸗ 
len. Die Königliche Regierung, welche diefer Angelegenheit eine bejonbere 
»Aufmerkſamkeit gewidmet hat, ift eben jegt damit befchäftigt, die hiefige 
Thierarzneifehule, welche neuerlich unter ‚die obere Leitung des Königlichen 
Minifterii des Iunern geſtellt worden iſt, zu reorganificen, wobei dann bie 
Bedingungen des Eintrittes in diefelbe, die Dauer des Schulcurſus, bie 
Art der Prüfungen u. ſ. w. fo wie foldjes ſich zur Hebung ber Wiſſen⸗ 
ſchaft und des Standes der Thierheilkundigen als rathſam und ausführbar 
darftellt, werde fefigeftellt werben. 
Es war die Abficht der Königlichen Regierung, der Töblichen allge: 
meinen Stände-Berfammlung hierüber, fo wie über die wegen Ausübung 
der Thierheilfunde angenommenen Grunbfäge ſchon in ber gegentoärtigen 
Diät nähere Mittheilungen zu machen. Indeß Hat fi zunächft das Er⸗ 
forberniß von Neubauten für die Zwecke der hiefigen Thierarzneifchule her⸗ 
ausgeftellt, und indem dazu der aufzuwendenden nicht unerheblichen Koften 
wegen, erft jet vorgefchritten werden Tann, Hat unvermeidlich die Feſtſtel⸗ 
Iung des Reorganifationsplanes einen einftweiligen Aufſchub erlitten. 

. Die Königl. Regierung kann deshalb nicht umhin, fi für jetzt auf 
die alfgemeine Bezeugung zu befchränfen, daß ber Angelegenheit bie ihr 
‚gebührende Beachtung fernerweit angebeihen und bie erwünfchte weitere 
Entwicklung, fobald als thunlich gegeben werben wird. 

Indem die Königlide Regierung ſich vorbehält, über den Gegenftand 
den loͤblichen Ständen bemnächft weitere. Mittheilungen zu machen, habe 

ich bier nur noch die Bemerkung hinzuzufügen, daß auch bie jegt beftehen- 
den Einrichtungen dahin geführt Haben, das Land mit einer Anzahl ſchul⸗ 
mäßig gebildeter Thieraͤrzte in der Art zu verſehen, daß in verſchiedenen 
Landestheilen fernere Eonceffions-Gefuche wegen beforgter Ueberfültung ha⸗ 
ben zurücgeiwiefen werden muͤſſen. Es läßt biejer Umftand darauf ſchlie⸗ 
gen, daß in den meiften Landestheilen den Landwirthen und ben übrigen 
Viehbeſitzern, die Gelegenheit zu angemeffener: thierärztlicher Hülfe nicht 
fehlt, wie denn such dieſerhalb in neuerer Zeit keine Beſchwerden geführt 
worden 


— 241 — 


Der Tagesordnung gemäß Fam jeht das im Programm 
vorgefchlagene Thema, dad Verhältniß der Thierheilfunde zur. 
Menjchenheilfunde resp. der Thieraͤrzte zu den Menfchenärzten 
zue Verhandlung. 

Der Praͤſident deutete mit wenigen einleitenben Worten 
den Standpunft an, von welchem man hierbei ausgehen könne, 
worauf fih allmählig eine lebhafte Discuflon zwifchen Spi⸗ 
nola, Fuchs, Mede, Halm und mehresen Anderen. ent- 
widelte. Spinola ergriff zuerfi das Wort und fee aus.“ 
einander, daß die in vielen Staaten noch beftehende Bevor⸗ 
munbung ber Thierärzte durch DMenfchenärzte in den Geſetzen 
begründet ſei. Dieſe Geſetze ſtammen freilich aus einer Zeit, 
wo es entweder gar feine ober doch zu wenige gebilbete Thier⸗ 
ärzte. gab oder auch, wo Letztere doch burch Mißgriffe in der 
Einrichtung der Thierarzneiſchulen auf einer fo niedrigen 
Stufe, wiſſenſchaftlicher Ausbildung fanden, daß der. Staat 
bei. den vetertnair polizeilichen Gefchäften ihnen das gehörige 
Vertrauen nicht fehenfen konnte. Diefe allerdings. jet. vers 
alteten Geſetze wuͤrden gewiß. bald durch angemeſſenere erſetzt 
werben, wenn erſt eine angemeſſene Zahl ſolcher Thieraͤrzie 
verbreitet ſeien, wie fie das dermalige Beduͤrfniß der Staates 
Verwaltung erfordern, , 

Die Selbfiftändigfeit des Thlerarnei - Weſcns. Hänge 
| hauptſachlich von der Tuͤchtigleit feiner Glieder ab, und es 
koͤnne nicht ernſtlich genug darauf gedrungen werben, daß hie 
Thierarzneiſchulen verbeſſert, insbeſondere, daß die angehenden 





Lo 


worden find, und daß es beſonderer Maßregeln kaum noch bedürfen wird, 
um einen Anreiz zur Ergreifung feines Faches nen zu begründen. — 
Banunover den 17. Mai 1846. 
Cabinet Seiner Maieſtat des Könige. 
Bermöge befonberen Auftrages 
Au De}; ze 
die — allgemeine Staͤnde⸗ sermlung - 
des Koͤnigreichs. 
Meg. f. Thierheitt, zın. 16 


— 242 — 


Tierarzte mehr wiſſenſchaftlich und grundlich ausgebildet 
würden. Hier ſei noch Vieles gu wuͤmſchen übrig; und koͤnne 
er dabei feldft diejenige Anſtalt nicht -ausnehmen; ver et an⸗ 
zugehören die Ehre habe. Ob es indeſſen ſchon jegt am Bei 
Zeit ſeĩ, Schütte zu that daß bie- Derinäligen Geſehe zu 
Gurrflert der Thierätzte veraͤndert wuͤrden, twage''er nicht 627 
ftimmt zu behaupten ;: man’: mitffe duch nicht blos Barker in 
feiner eigenen Sache fein‘, ſondern bebenfen; Daß die Men⸗ 
ſchenaͤrgle detmalen - noch "manches Beifpiek von Unwiffenhett 
def Thieraͤrzte den gegen Me en —— ent⸗ 
gegenſeten koͤnnten. “= iz heben 
Mede-höb nun — wie * ſeiner Unberreugung 
die Unabhangigkeit der Thierarznei nicht darin“ beſtehe, deiß 
fie alis dem Kreiſe der: Wiſſenſchaften heraustrete, ſondern 
Ihm ſchiene es: fehr wuͤnſchenswerth / wenn -die Thierarzte Mir 
den! Menſchenarzten in wiſſenſchafilicher Berlehung Hakbin 
Hand gingen. Im praktiſchen Leben muͤſſen fie über: ganz 
unabhaͤngig fein: Dein unmöglich Fünne ‘ber Thieratzt!bnd 
für: feine Wirkſamkeit fo nötige. Vertrauen gentißen, wenn 
ſeine ‚Anordnungen indbefönderd auf dem Gebiete der Staals⸗ 
Thierheilkunde Noch: der :Behlanbigimg' von Menſchenaͤrzten 
unterworfen feien. Daß zumeilen gegen“tüchtige wiffenfehnft- 
Bi gebllvete Thierärjte wie befprodheke Beyonnunbting ent« 
wedet ‚garnicht: ober im einek:'nichE verletzenden Weiſe sr 
Anwendung ·Komme, hebe den ⸗Wünſch wicht auf, daß die Bei 
fie balbigſt zu Gunften der Thierärite: veraͤnvert nwerden 
moͤgten. Es ſeien ihm Beiſpiele bekannt, daß Menſchenaͤrzte 
aus Eigennug, aus Eitelfeit und Herrſchſucht, von der ihnen | 
der Thierärzte vollen Gebrauch. gemadit. haben, pr feien bie 
Beftrebungen: mancher“ Menfchenärzte, die alten Geſetze bis 
in’8 Unendliche aüfrecht zu erhalten, nicht zu üherſehen, ja 
man müffe wohl bevenfen, daß ſelbſt in neuefter Zeit. manche 
Menfchenärzte fich offen dahin ausgeſprochen, man müffe den 
F u BE 





= 


Shierarzt zu einem bloßen Hanblanger der Medizinal⸗Polizei 
wieber herabbrüden, wovon unter andern die. Schrift..des Dr. 
Sponholz Zaugniß gebe: Fuchs erwieberte, wenn- von ei⸗ 
ner Berhindung der Menichenbeilfunde mit ber Ehierheilfunde 
in wiſſenſchaftlicher Beziehung. Die Rede fei, fo, müfle man 
etwa nicht annehmen woullen, Daß dieſes allein im Intereſſe 
der Yartbildung. der. Thierheillunde wünschenswertb bleibe, 
vielmehr ‘oben fo. führ im. Intexefle der Menſchenheilkunde. Er 
könne, nicht laͤugnen und jeder. wiſſe es auch, daß die darnie⸗ 
der gelegene Thierheillunde im: vorigen Jahrhundert vorzugs⸗ 
weiſe dunch Menfchenärte wieder zur Wiſſenſchaft erhoben 
werben ſei: er febte.aber auch voraus, Daß Die Menſchen⸗ 
ärzte nicht vergeſſen, daß fia.in der. Kindheit ihrer Kunſt 
eben ſo viel dem damals ſchon bis zu einer gewiſſen Bluͤthe 
gediehenen tchierärztlichen Hilfen. zu verdanken gehabt. haben, 
Die Menſchenaͤrzte moͤgen nicht überſehen, daß im gegenwänr 
tigen, Augenblick die thieraͤrztliche Wiſſenſchaft der menſchen⸗ 
aͤrztlichen nicht unbedingt behürfe, ſondern, daß beine ſich aus 
den gegenfeitigen Gebieten ein Die Waage uns Mass 
des fortbildenden Materials aueignem. .: . 

Wollie mar aus der Thatſache, daß An Thierarzte auf 
dem Gebiete. ber · Menſchenheillamde arregenden Stoff ſammeln, 
die Folgerung ziehen, daß fie dieſerhalb auch in einem Ab⸗ 
hungigleits⸗Merhaͤliniſſe zu den Musihern.iniefer. ſtehen ſollten, 
fo: müßte man in conſequenter Weiſe⸗ auch :ammehmen;. daß 
Died, zugleich in Rückſitht auf. Landwirthſrhaft, Reitfunſt 5. 
der Kal fein:fallte, dena auch aus dieſer Gebieten ‚habe firh 
der. Thierarzt kein kleineres Maaß mon Kenntniffen anzueige 
nen, ald dies m Rüͤckſicht auf die Menſchenheilfunde der Fall 
fei. Was. eine mehrere Gruͤndlichkeit in. dem chiexraͤrztlichen 
Unterrichte zur Beförderung der thieraͤrztlichen Wiſſenſchaft 
und der Selbitſtaͤndigkeit der Thieraͤrzte betreffe, fo "feier 
wwar damitiwollkommen einverſtanden, und ſtrebe or auch mit 
aller Kraft dahin, in dieſem Sinne zu wirken, aber ‚er könne 

16 * 


— 2114 — 


darin nur das eine Moment zur Erreichung des allen — 
aͤrzten vorſchwebenden Zweckes erkennen. 

Ein anderes Moment liege in der Begünfkgung der ma- 
tertellen Unabhängigkeit und ver moralifchen Freiheit; dem, 
wenn biefe beiden Momente nicht gleichzeitig und nebenein⸗ 
ander laufend wirken, fönne nie das Ziel des fonft redlichen 
Strebens erreicht werden. Wie könne man auch vernünftiger 
Weiſe fordern, daß auf ein Zach ein beftimmtes Maaß von 
Zeit, Geld und Intelligenz : verwendet werben fol, mit dem 
ber fpätere. im Erwerb und in der bürgerlichen Stellung lie 
gende Zins in einem fo smbortheilhaften. Berhältniffe ſiegt: 
Sn diefem Umſtande ſei ein vorzügliches Hemmnig für. ons 
Fortſchreiten der Thierärzte zur Selbſtſtaͤndigkeit zu ſuchen. 
Was die wifienjchaftliche Selbſtſtaͤndigkeit hetreffe, fo glaube 
er dieſe ſo weit vorgefchritten, daß wenn eine Statiftif uͤber 
die wiſſenſchaftlichen Qualitäten zu.machen wäre, bie Thier⸗ 
ärzte ‚fich mit den Menfchenärsten relativ ihrer. an fih ge 
ringeren Zahl nach, mit der ‘größeren Maſſe dieſer — 
vuͤrften. | 
Halm meinte, und ibm ſtimmten Zirkel, Schell, 
Weynen nebft vielen Anderen bei, daß es doch wohl an ber 
Zeit fein dürfte, Schritte zu thun, damit die. Bevormundung 
ver Thieraͤrzte nicht blos factiſch, fondern auch formell auf⸗ 
gehoben werde. Oeffentlichkeit ſei jebt das Loſungswort, es 
mögen alfo auch die Thierärzte es nicht verfäumen, dieſe An⸗ 
gelegenheit nicht bloß’ in. ihren Zeitfchriften, fonbern bei jeder 
fich ihnen darbietenden Gelegenheit ſelbſt in: politifchen. Blaͤt⸗ 
tern zur Sprache zu bringen. Semehr man hierbei Sach⸗ 
fenntniß, Würde und Kraft entwidle, defto fichrer werbe man 
ein Publifum ‚gewinnen, das für die Thierärzte ſich zu Inter- 
effiren bereit fei und nicht, wie es bisher leider der Fall ge 
wegen, die Klagen der Ihierärzte zu ignoriren Urſache habe. 
Hierbei müfje man, wie auch. ſchon Spinola anbentete, vor 
allen Dingen Thatfachen mittheilen, Durch welche bie aus der 





— 45 — 


Bevormundung der Menfchenärzte eniftehenden moralifchen und 
materiellen Nachtheile für die Thterärzte in einer für Jeder: 
mann einleuchtende Weife dargeftellt werben koͤnnen. Ohne 
Scheu und fehonungslos möge man aber auch die Handlun⸗ 
gen derjenigen Menfchenärzte aufdecken, welche in ihrer amt⸗ 
Hchen Stellung die natürlichen und gefehlichen Schranfen ges 
gen bie Thierärzte zu überfchreiten fich erlaubt haben. 

Rach einer allgemeinen und lebhaſten Befprechung wurde 
Folgendes zum Beichluß erhoben: 

„Es fei an der Zeit, die Selbſtſtaͤndigkeit des thieraͤrzt⸗ 
lichen Standes auch in gefeplicher Hinficht zu erwirfen, und 
wollen die Mitglieder neben der „öffentlichen Verhandlung Dies 
fer Angelegenheit, alle ihnen befannten auf das befprochene 
Verhaͤltniß Bezug habenden-Thatfadhen dem Vorſtande mit- 
tbeilen, damit dieſer das vollſtaͤndigſte Material’ erhalte, mit 
Hülfe deſſen er die zur Erreichung unſeres Zieles geeignetften 
Schritte zu thun im Stande if." 

Der Praͤſident glaubte nun. noch die Statiftit des Dr. 
Sponholz, fo weit foldye die Thierärzte betrifft, in Erin 
nerung bringen zu müflen, und flellt der Berfammlung au- 
beim, von einem früheren Befchluffe Gebrauch zu machen; 
diefer geht nämlich dahin, daß ber Verein denjenigen, welche 
fi) ein befonderes Verdienſt um benfelben, um die Thierbeil« 
Bande ımd den Arztlichen Stand erworben, eine Anerfennung, 
denjenigen aber, welche im entgegengefebten Sinne gehandelt 
haben eine Mißbilligung votire. 

Spinola ſprach fih dahin aus, daß die Sponhol 
ſche Sache fchon mehr befprochen ſei, als ſie eigentlich ver- 
diene, er Tenne viele und fehr ausgezeichnete Männer. unter 
den Menfchenärzten, welche die Anfichten und Befchulbiguns 
gen des Dr. Sponholz in Bezug auf die Thierärzte nicht 
Allein nicht theilen, fondern fle durchaus mißbilligen. 

Buchs meinte, es fei zu unterfuchen, ob in den gedad)- 
ten Auslaffungen eine Wahrheit, ein wiſſenſchaftlicher Gehalt 


— 246 — 


liege, welche der Berüuckſichtigung, Erläuterung oder Wider⸗ 
legung von Seiten des Vereines werth, oder ob in denfſekben 
nur eine gemeine. Feindſeligkeit gegen einen Stand zu erkon⸗ 
nen ſei, der dem Kreis⸗Phyſikus Dr. Sponholz einen Er 
werb ſchmaͤlere, welchen er bisher doch nur als eine Begim⸗ 
fuigung des. Zufulls genoſſen: habe, nicht: aber als ein unver 
aͤußerliches Rerhtein Anfpruch nehrhen könnge. Im erfteren 
alle: habe der Verein vie Pflicht, der Sache feine‘ Aufmerk⸗ 
famfeit zu widmen, im anderen Falle aber möge es angemef- 
jener ſein, die: Sache mit alter gebaͤhrenden Indignation der 
Bergeffekheit zu. übergeben. Letzteres machte ſich als ae ne 
gemeine Anſicht der Berfammlung geltemws. 

: Da bie Zeit bereits. zu Weit vorgerüdt' war, um. — 
dem Programme die Beſprechung uͤber Die Inſſuenza in aus⸗ 
fuͤhrlicher Weiſe vornehmen zu koͤnnen, ſo wurde dieſes auf 
die Sitzung des folgenden Tages verſchoben und Spinola 
gebeten, das Reſultat ſeiner Reiſe nach Polen und Rußland, 
welche er im Auftrage der preußiſchen Regierung zur Erfor⸗ 
{hung der Rinderpeſt unternommen Hatte, mitzutheilen. Spi⸗ 
wola entiprach diefem Wunſche bereitwiligk und: hielt einen 
Vortrag, der, wenn gleich verfelbe auf felne fo ‚eben erft "hen 
ausgegebene Schrift *) ſich ftübte, u ſo — als an⸗ 
ziehend ar. 

Nach Beendigung bieſes WVortrages glaubte ber Dei 
bent dem Ausdrucke aligeimeiner Befriedigung :vadurdh Worte 
zu geben, daß er dem Redner. im Namen des Vereins ſelnen 
beſonderen Dank ausſprach. 

In Betreff der reißfrage, welche in ber: vorigiahrigen 
—— über die Mittel zur —— der er 





*) Mittheilungen über bie indereſt, heſmat auf einer im Auf⸗ 
trage der Koͤnigl. Preuß. Stants-Regierung im Frühjahre 1845 nach Polen 


und Rußland unternommenen Reife von Dr. Wern. Th. 3. Spinola. 
‚Berlin 1846. 





a 


azatlichen · Pfuſcherti, getzellt war, erwaͤhnte bar Praͤſhent. daß 
pay eine Arbeit eingegangen ſei, und die Perſammlung hahe 
Darüber: zu entjcheiden, ob diefer Arbeit ungeachtet des Mair 
gels, an Concurrenz doch der Preis zuerkannt werben, gber 
ob ein anderer Termin beftimmt werben folle, damit noch an⸗ 
dere berarlige Arbeiten eingefandt werden: koͤnnten. Die Meir 
ayngen warpn hierüber ſehr getheilt und, wurden mancherlei 
Gründe für und gegen ‚gemacht. Als indeffen Fuchs befom- 
ders. hervorhob, daß der Verein durch Anfegung eines weite- 

xen Tarmins fih nicht; möge - zu Schulden kommen ;Iafien, 
was anderwaͤris leider! ſchon mehrmals geſchehen und wor 
durch nicht allein alle Preisbewexhungen corrumpirt würben, 
fondern auch, glles Vertrauen guy Rechtlichkeit ‚der Preisſteller 
‚verloren gehen müſſe, wurde durch Stimmenmehrheit der Be⸗ 
ſchluß gefaßt, eine Commiſſton zu wählen, welche zu entſchei⸗ 
den hat: ob die eingegangene Schrift als eine preis— 
würdige anzuerkennen ſei oder nicht. Durch Accla⸗ 
mation wurden Weynen, Prehr, Halm, Sauberg und 
Zirkel zu Mitglledern der Commiſſton beſtimmt, von biefen- 
die Wahl ngetemmen und‘ an bie  Sipung aufgehoben. 


Bu ‚Sisung, vom 29; Au g u ſt 


Morgens 8 Uhr Hatten ſich die Thlerärzte aus Rheinpreus 

‚sen zu: einer. Specialfigung verfammelt, Mede trug vor, daß 
idee: Verein deutſcher Thierärzte, gemäß ben: in früheren Ge⸗ 
neral⸗Verſammlungen gefaßten: Beſchluͤſſen die Aufgabe habe, 
je. nad) Bebürfniß. und Gegenden fi in Bocal-Abtheilungen. zu 

zergliebern.: Der :Berein zähle in’ Rheinpreußen fo ‚viele. Mit- 
„glieder, daß fie ſtark genug. wären, eine. eigene Local-Abthei- 
‚lung ‚zu bilden, und das Bedürfniß dazu arete in jegiger Zeit 
dringend. hervor; ‚er bitte alfo; darüber Beſchluß zu faflen: 
‚ah und wenn die Thieraͤrzte aus der Rheinproninz. au einer 
eigenen Local⸗Abtheilung im Vereine deutſcher Thiexraͤrzte ſich 





— 248 — 


zu conſtituiren haben? Die Verſammelten erklaͤrten einſtim⸗ 
mig, daß dieſes ſogleich auszuführen ſei, daß die Abtheilimg 
unter dem Namen „Berein Rhein » Preußifcher Thieraͤrzte“ 
und unter denfelben Beringungen, wie die Bereine der badi⸗ 
fen und pfäher Thierärzte im Vereine deutſcher Thieraͤrzte 
befiehen möge, daß der jetzige Borftand des deutfchen Ver⸗ 
eins, da berfelbe mit den Vereins - Angelegenheiten vertraut 
fet, als Vorſtand ver Local: Abtheilung und in feiner jetzigen 
Stellung, nämlich Mecke ald Direktor, Schöngen als Se—⸗ 
‚cretalr und Beer ald Rendant, die Gefchäfte bis zur naͤch⸗ 
ften ®eneral-Berfammlung leiten möge. Derfelbe werbe be⸗ 
auftragt, bei den Behörden die geeigneten Schritte zu thun, 
um die Erlaubniß der Staatd-Regierung zu erwirfen. 


Es wurde ferner befchlofien, daß die Verfammlung der 
Local⸗Abtheilung jedenfalls vor der immer im September zu 
baltenden General-Berfammlung des Haupt-Bereins ftatt fin- 
den müffe. 


Es mögte wohl im Allgemeinen das Frühjahr die geeig- 
‚neifte Zeit dazu fein, Doch könne man fich auch. nach Umftän- 
den ben General» Berfammlungen des Iandmirthfchaftlichen 
Bereins anfchließen. Wenn über Perfonalien oder Standes⸗ 
Intereſſen verhandelt werde, folle der Vorſtand daruͤber wa- 
hen, daß nur Mitglieder der Berfammlung beimohnen. 

Für den Fall, daß ein Mitglied fich vereinswidrig ver⸗ 
alte, folle der Vorftand befugt fein, ein Ehrengericht aus 3 
oder 5 Mitgliedern zu ernennen, welches die Sache. auf Das 
gewißtenhaftefte zu umterfuchen. habe, worauf. dann in der Jah 
res· Verſammlung weiterer Beichluß gefaßt werben folle. 

Mede trug vor, wie in jebiger Zeit alle Stlaffen der 
‚bürgerlichen Geſellſchaft nach Verbefferung ihrer äußeren Lage 
firebten, wie insbefondere die als nothwendig eifannte Res 
form der Mebicinal » Verfafjung in unferm Staate eine leb⸗ 
hafte Bewegung hervorgerufen habe, und daß darin für bie 


— 12149 — 


Zhierärste eine Aufforderung liege, auch ihrerſeits nicht un⸗ 
chatig zu bleiben. 

Bon einer -Meform des Thierarzneiwefens koͤnne wohl 
weniger die Rede fein, ald von einer zeit« und fachgemäßen 
Entwicklung. Hierbei fei ein unumgängliches Erforderniß, daß 
man die Wirklichkeit klar und unpartheitfch auffaffe und um 
diefed in vollem Umfange zu können, die Behörben dazu 
m den Stand zu feben, fei ed nöthig, daß jedes Mitglied 
die Refultate, jeiner Lebenserfahrungen mitiheile. Das Ganze 
möge dann durch eine irgend zu wählende Commiſſton in 
Ein Ganzes zufammengeftellt werden. 

Halm und mehrere Andere unterftüßten die Anfichten 
des Mede, ja, Erfterer machte geltend, daß gar Feine Zeit 
zu verlieren fei, fogar jeber verpflichtet werben möge, feine 
‚Arbeit bis zu Neujahr 1847 an den Borftand einzufenden. 

Es wurde nun zum Befchluß erhoben, dem Vorſchlage 
des Mede unverzüglich Folge zu geben und Comitéè's zu bil 
den, welche die Ausführung zu übernehmen haben. Das er 
ftere Comite müfje aus alten Klaſſen von Thierärzten befte- 
hen, ‚über die ganze Rheinprovinz verbreitet fein und haben 
die praftifchen, die Kreiöthierärzte ac. ihre Arbeiten.an die 
Bertreter ihrer Klaſſe im Eomite zu übergeben... 

Ein zweites Comite habe dann bie einzelnen Arbeiten 
nach ihrem wefentlichen Inhalte zufammen zu ftellen und bar- 
an die gehörig geprüften Vorfchläge zu knuͤpfen. 

Durch Acelamation wurden zu Mitgliedern : des — 
— —— —— 


I. Gomite 


A. Für die praftifchen Thierarzte. 


———— Coln: Thierarzt Fuͤſſenich, in Bergheim. 

| = Schell in Eiln. 

ee s Stier Depart.»Thierarzt Fuchs in Trier. 
.. Vertretung durch einen praftifchen Thierarzt feiner Wahl. 


‘ 





— 0 — 
Regierungs- Beat; Düffelbarfi : Thierarzt BR nen in 


Gladbach. 
— ⸗.7 „Voigt in) — 2 | 
ee Nasen: URN Krichels, in Eſch⸗ 
te — weiler. 
a a rn re, Schönen. in. Lohn. 
ee Elend: ; =, Kreis⸗Thierarzt Ras 


pemacher in Deplar. 
==B, Für die "Kreis- Tyietärite | 


Begierungs-Beyirt Coͤln: Kr. -Shierapgt Peters in, Bom. 
FR Schöngen in Kerpen. 


— Trier: Kyeis— Thierarzt Kautz in Saar- 
om — brücken. 
ln Düffeldorf: Kr. = "Hälm in: Geldern. 
rn, 2°. Aaden: Kr.-Thierarzt Zirckel in Gel 
an ae lenlirchen. 
u “ nr Eodleng: ° = Beder in Creumnach. 
x 7% . 2 .1IL.&omite, 


Mede, Departements / Thierarzt Sticker ind Thieratgt 
— in Cöln. * 
„Hierauf, wurde die Sigung aufgehoben, 


tie. 


-, Nach einer Pauſe wurde die allgemeine Verſammlung 
eröffnet. Rhutz zeigte eine Art Gcheere ‚eigener Erfirtonng, 
deren er Sch zum Oeffnen des verwachfenen Muttermunbes 
mit Erfolg bediene, und feste die Conſtruktion diefes Inſtru⸗ 
ments fo wie auch. die Weife des Gebrauches auseinander. 
Hierauf referierte Rhode den Iahalt der von Tauſch einge⸗ 
fandten Abhandlung . über die Bildung der Tuberfeln in der 
Ratzkrankheit ver Pferde, und. reihet daran feine Erfahrungen 
Rber gebachte Krankheit. Nash. feiner. Meberzeugung. autwickeln 


— 251 — 


ſich die Rotztuberkeln in den Lungen ſehr ällmaͤhlig und fie 
können oft Jahre lang beſtehen, ohne daß beſondere aͤmßere 
Erſcheinungen an den Pferden wahrnehmbar ſind.Ein ſol⸗ 
ches Pferd könne dann ſehr leicht Veranlaſſung zur. Ber- 
breitung ber Rotzkrankheit werden, wie er dieſes bei einer Es⸗ 
kadron ſeines Regiments erfahren habe. Ein Pferd erfrantte 
hier 1837 unter den Geſcheinungen der Druſe, wehhe Zu. 
Faͤlle fich verloren. Außer einem von: Zelt zu’ Felt eintreten 
ben unbebeutenden Ausfluffe aus der Nafe und gelinden An— 
ſchwellungen der GanafchensDrüfen neben einem eigenthüm⸗ 
ichen Huften, ‚hielt fich das. Pferd: gefund. - Im Jahre 1844 
wurde. Dafielbe getödtet und man fand Verdickung der Rafen- 
ſchleimhaut mit Narben, und in den Lungen außerordentlich 
viel Tuberkeln von verſchiedener Größe und: von verfchlevenen 
Lagen. Mecke erwähnte feiner Erfahrungen, wonach er uͤber⸗ 
zeugt ſein müſſe, daß Die Entwicklung der Tuberkeln in ben 
Lungen bei der. Rotzkrankheit bald, d. h. Innerhalb 2 bie 3 
Wochen. nach der auf natürlidem Wege erfolgten Anſteckung 
ftatt babe, daß fie: gewiß in den meiften Fällen dem Hervor⸗ 
treten aller übrigen Grfcheinungen‘ vorhergehe. Es ſcheine 
ihm zweifelhaßt, ob bie der Rotzkrankheit eigenthümlichen Knv⸗ 
tem als eine wefentliche. Bebingung ihrer Unhellbarfeit ange⸗ 
ſehen werben märfen.:.Ein 7 Jahr 'altes. Pfeid fland- neben 
einem rotzigen und wurde : ungeftedt. infeltiger Naſenaus⸗ 
fluß, Anſchwellungen des Ganaſchen⸗Oruͤſen derfelben Seite 
und: die. Thatſache, daß das neben. ihm geſtandene Pferd bei 
‚der Section in einem hohen Grade rotzig befunden. war, 
machten es unzweifelhaft, . daß das Pferd an keiner andorn 
Ktanfheit als am Rotze Hit. Daffelde wurde auf. einen außer 
allem Verkehr liegenden Hof ‚gebracht, woſelbſt es zwar gut 
werpflegt wurde, aber auch tüchtig: arbeiten mußte. Das Pferd 
‚hielt fich ſtets in gutem Futterzuſtande, verlor nach und nad) 
den Ausflug. aus der Nafe und die. Drüfenanfchwellung und 
zeigte. fih 2 Jahre fpäter ganz -fret von allen verbächtigen 


252 


Symptomen. Sieben Sahre nach der ſtatigehabten Infechon 
Irepirte das Pferd in Folge. einer Berftopfungsfolit, und Me: 
ferent fand: bei der Section auf ver Hafenfchleimbaut. kaum 
bemerfbare Spuren von Narben, Drüfenverhärtumgen "gar 
Seine, in den Lungen eine Menge feiler Tuberkeln von der 
-Bröße eines. Stednadellnopfes, von denen die auf der Ober: 
Häche ‚gelegenen mit. einem Ringe. eines fchwarzen Pigmentes 
umgeben waren. Spinvla madıt. darauf aufmerkſam, daß 
sei Den geimpften Pferden Tuberkel⸗VInfiltration nach fehr 
Furzer Zeit gefunden werde. Mehrere Mitglieder ſtellten bie 
Brage, ob es nicht vor. dem Erfcheinen des Nafenausflufles 
und der Drüfenanfchwellung Symptome gebe, welche auf bie 
Entwicklung des Rotzes, wenn auch nur mit Wahrfcheinlich- 
‚feit ſchließen laſſen. Rhopde. bezeichnete als foldyes. einen 
ganz eigenthümlichen Huften. Spinola mogte hierauf nicht 
viel Werth legen, da er .einen fpeciflichen Huften in den 
Krankheiten der Thiere nicht anzuerfennen vermoͤge. Mede 
zund mehrere Andere fiimmen aber Rhode bei: Erſterer legt 
in allen Källen, wo Gelegenheit zur Anftedung ‚vorhanden 
war, auf ben fich zeigenten Huſten um fo mehr ©ewicht, 
‚wenn gleichzeitig eine rafche Abmagerung ftatt Hat, und em⸗ 
pfehlt derartige Pferde fogleich außer ‚alle Gemeinſchaft mit 
‚anderen Pferden zu bringen. Körper Ienkte vie Aufmerk⸗ 
fomfeit auf die Hellung des Rotzes durch Anwendung bes 
Queckſilberſublimats in Verbindung mit bitteren Mitteln. Ein 
durch ein anderes rotziges angeſtecktes Pferd hatte die Krank: 
heit in einem folchen Grade, daß bereit Gefchmüre auf der 
Naſenſchleimhaut vorhanden waren. Das Bferd .erhielt Queck⸗ 
‚fberfublimat. mit bittern Mitteln und zwar 3 Gran pro dosi 
Morgens, Mittags und Abens, und wurde Die Gabe um taͤg⸗ 
lich einen Grab fo lange vermehrt, bis das Pferd: die Freß⸗ 
Auf verlor. Dann wurde einige Tage ausgeſetzt und hier- 
auf das Quedfilberfuhlimat wieder angewendet, bis die Do- 
#8 bis ‚auf 14 Gran geftiegen. war. Auch in die Rafe wur- 


ven Eimfprigumgen einer Duedfilberauflöfiing ‚gemacht. Das 
Pferd magerte zwar fehr ab, es verfchwanden aber die aͤuße⸗ 
ren Eymptome des Robed und Körper glaubt, da das 
Pferd fich bis jet gefund erhalten, Heilung erreicht zu haben. 
Körper ift. der Meinung, daß ber Sublimat in den. Rotz⸗ 
Eranfheiten eine mehr fpecifiiche Wirkung babe, und möchte 
er nad) feinen bisherigen Erfahrungen annehmen, daß Die 
Anwendung des Sublimats in Fleinen Dofen in zweifelhaften 
Fällen ver Ropfranäheit ein ‚geeignetes Mittel if, Die Ratur 
der. Krankheit feftzuftellen. Hier zeigen fi nämlich, wenn 
bie Krankheit wirklicher Rep if, binnen kurzer Zeit nach dem 
Gebrauch des Eublimats Geſchwure auf der Nafanfchleim: 
haut, welcher Behauptung mehrere Mitglieder als ber. Erfah⸗ 
rung gemäß beipflichteten.. Spinola bemerkte indeſſen, daß 
man mit. den Gahen des. Eublimats im Allgemeinen nicht 
fehr aͤngſtlich zu fein brauche, er habe ſchon in 12 Tagen 
eine Unze. ohne nachtheilige Folgen gegeben, 

Hierauf kam die Influenza.der Pferde dem Programme 
gemäß zur. Beſprechung. Fuchs theilte zuerſt in. einem aus⸗ 
führlichen ‚Bortrage die Erfahrungen mit, welche „über. dieſen 
Gegenſtand im Großherzogthum Baden. neuefter Zeit. gefams 
welt waren, und reihte hieran Rautemann bie Beobachtun⸗ 
gen. und :Anfichten von Dittweiler in Garlöruhe, welche 
verfelbe in einem beſondern Auffage. mitgetheilt hatte. Spi⸗ 
nola, Rhode, Halm, Prehr, Stider und mehrere A 
dere, theilten ihre Erfahrungen über die genannte, in man- 
her Beziehung noch räthfelhafte Krankheit. mit und winde 
dadurch eine allgemeine und lebhafte Discufſion herbeige⸗ 
fuͤhrt. Die Mehrzahl ſtimmte darin überein, daß die Krank⸗ 
heit offenbar in vielen. Faͤllen miasmatiſchen Urſprungs, daß 
ſie aber, beſonders dann, wenn die Krankheit in Staͤllen, wo 
viele Pferde ſich befaͤnden, zum Ausbruche komme, ſehr leicht 
ein Contaginm entwickele und ſich durch dieſes weiter ver⸗ 
breite. ‚Hierfür wurden namentlich mehrere ſchlagende Bei⸗ 


— 254 — 


fpiele angeführt. Die Thatſache, Daß die Juſſuenza ſeit ber 
allgemeiner gewordenen: Veredlung der Pferde auch allgemei⸗ 
ner und haͤufiger vorgelommen ſei, wurde als richtig aner⸗ 
kannt, ob und in welcher Weiſe hietbei aber ein urſaͤchlicher 
Zufammenhang:ftatt finde, muͤſſe noch näßer aufgeklaͤrt wer 
den. :: Beßimmte Normen zur Heilung diefer nach Form und 
Charalter ſo vielgeftaltigen Krankheit laſſen fich. nicht "anfftels 
in, Doch habe die Erfahrung bereits entſchieden, daß ein ein⸗ 
greifendes ärztliches Verfahren im: Allgemeinen nicht. zu. em⸗ 
pfehlen if, namentlich müſſe man mit der Anwendung bes 
Aderlaſſes ſehr vorſichtig ſein. Ini Anfange der Kraukhei 
eine. gelinde antiphlogiſtiſche: Methode in Verbindung mit aͤu⸗ 
feren Abkeitungemitieln, ſpaͤtet Die gelinde erregende Kurme⸗ 
thode Haben ſich vielfach als nuützlich bewaͤhrt. Auf den Grund 
daß die Contagioſität der Influenza’ von der Verſammlung 
anetkannt wurde, ſtützte Fuchs ven Antrag, daß ber. Verein 
es ſich zur Aufgabe machen möge, bei paſſender Gelegenheit 
den betteffenden Regierungen: dieſe Ueberzeugung mitzutheilen, 
damit: allgemeine md mehr ſchuͤtzende · polizeiliche Maaßregeln 
als: Diefes:bishtr: den: Fall war, angeordnet · werden mögtem 
Der :Antrdg wurde als zweckmaßig erfannt und angenommen; 
über die Frage aber: 06: man. zugbeich Bis zurierguei 
fürwen Maaßregeln in ihrer Art undit.ügrem: Ump 
fünge näher begeichnew: en —— keine Einigung‘ ers 
Ben 1.10. ine? Sit 
"Der Praſident atlarte — dir Deacuſſn für: — 
ſieſſn und forbertonden Rendunden: zur: Rechnungsablage 
Mr Werainsjahr 1345 und 46: uf... Becker: untechog 
fl dieſer Aufgabs in emer ſpeciellen Nadweröfiiig nei Einnah⸗ 
wien und Ausdaben. Da ſich inzwiſchen: herausſtellte, duß noch 
mehrere Mitglieder mit: der Zahlung.ahter tährkichen Beiträge 
in Reſt waren, und die Wille, "wie bisher Die: Veitraͤge ein⸗ 
geſannnolt wurden, allerdings fe: Viele laͤſtig und Veranlaſ⸗ 
fung ihres Rucſſtandes fin. durſte, ſo wurde befchloffen, den 


— 388 — 
Aendanten zu vtmaͤchtigen, auf Koſen ves Vereinð alle im 
Refverjeichuiffe brheichmeten Miiglieder ſpeciell zut Jahniing 
mit dem Bemerien aufzufotdern, ihee Beirage daldigſt mit 
der Poſt und unfrankirt ihm zu übermachen. Es wurden 
ſodann Körper nnd Prehr gewählt, die Rechnung'zn plu— 
fen und bevollmaͤchtigt, die noͤthige Decharge. zu ertheilen. 
Nachdem der Praͤſident die Gründe dargelegt hatte, welche 
ihm mit dei übrigen Mitgliedern des Vorſtandes genöthigt 
hatten, die Berfammlung ſtatt im September früher zu berus 
fen, ſchritt man zur Wahl des Ortes für die nächfte Gene 
ral-Berfammlung. Nach vielfachen Vorſchlaͤgen einigte man 
ſich dahin, daß nur Gießen, Carlsruhe und Hannover in die 
Mahl Fonimen folten und wurde‘ endlich Hannover durch ab⸗ 
ſoluie Stimmen⸗Mehrheit beſtimmt. Zum Vorſtande wurden 
gewaͤhlt: ‚Spinola zum Praͤſidenten, Regiments-⸗Thierarii 
Dr. Hillmer in Stade zum Secretair und Becker durch 
Stimmen-Einheit zum Rendanten beibehalten, worauf die Sij⸗ 
zung aufgehoben wurde. *) 
Brühl, den 29. Auguft 1846. Fa 
. "Der Prafit dent: = "Der Secretair des Wereins: 
ge. Mede  . "00 dei. "Schöngen. we 
Be I RE "die Richtigkeit‘ bei Abſchrift 
— M de en 


) Es muß hier bantent rwaͤhat werben, da ie Müsliever 
Schurtz und Stähterm Cötn, Peters und Rhobe ik Bonn anf 
das Bereitwilligfte fich der Mühe unterzogen haben / den aubemnleuden frems 
ben Gollegen jede genauefte Auskunft zu extheilen und idnen.!beim Bes 
fuche Alles deſſen, was Cöln, Brühl und Bopn Sehenswürdiges barbieten, 
Führer zu fein. Am 28. Auguft — fi auf befondere Binladung 
bes Seren Freihertu von Earnap, a: groͤßer Theil der Vereimsgenoſſen 
auf deſſen eben fo reizendre, als durch. feine landwſyxthſchaftliche Einrich⸗ 
tung, intereſſantes Gut, Burg. Bornheim bei Bonn, 

Freundliches, collegialtiches Verhalten und eine heltere Saune wuͤrz⸗ 
ten die gemeinſchaftlichen Mittagsmahle in Brühl und eicht vergaß Jeder 
die Sorge, welche ihn unſeren jebigen thieraͤrzlichen Verhaͤltniſſen da⸗ 
heim erwartet. 





Ir ee . N 
. “ ‘ PR —— ee, 





vl Borfchriften ber Königl. Preuß. Minis 
fterien, betreffend: die Prüfung der Vieh⸗ 
Kaftrirer und der Abdeder. *) 


1. Reglement für die Prüfung der Vieh⸗Kaſtrirer. 


8. 1. Wer zur Prüfung als Vieh - Kaftrirer zugelaſ⸗ 
ſen zu werden wünfcht, hat fich dieferhalb an. die betreffende 
Königliche Regierung, unter. Einreichung eines. von feiner 
Ortsobrigfeit ausgeftellten Führungs Atteſtes, ſchriftlich zu 
melden. 

8. 2. Die Königliche Regierung ordnet bie Prüfung 

Die Prüfungs Commiffion befteht aus. einem. Deparies 
— oder einem Kreis⸗ -Thierarzte, dem Landrathe oder ei⸗ 
nem von dieſem zu ernennenden Stellvertreter. 
8. 3. Die Verhandlung über den Hergang ber Prüs 
fung wird von dem technifchen Beamten geführt. $ 

$. 4. Die Prüfung zerfällt in einen theoretifchen und 
praftifchen Theil. 

8. 5. Insbeſondere find bei ber Prüfung der theoreti- 
ſchen Kenniniſſe nachſtehende Punkte zu berückſichtigen: 

1.. De. ‚anatomifhe Bau ber Geſchlechtstheile det nuß- 
baren Hausthiere; 
2. die wichtigeren, die Kaſtration ‚begünftigenden. und er⸗ 
ſchwerenden ober verbietenden Umpänbe, ünlangen:. 
a) Die Jahreszeit, . Be 
b)' das Alter der Thiere, | 5 Be. E 
F ec) franfhafte Zuftände der Sctsiehtereit, \ 
m. ſolche regelwidrige Zufälle, welche ſich wahrend 
der Operation ergeben koͤnnen. 
v 0) allgemeine rn ie bet zu operirenden 
; Thierz 3 die 


| * Publicirt durch die Amtsblaͤtter ber verſchiedenen Koniglichen Res 
gierungen im Herbſt 1846. wer 








— 287 — 


3. die verſchiedenen Methoden bei der Kaſtration, die zu 

derſelben nöthigen Vorbereitungen und Inſtrumente ıc.; 
4. die allgemeinen Principien bei der Nachbehandlung; 
5. einige der wichtigſten Folge-Krankheiten. 

8. 6. Zur Prüfung der praktiſchen Gewandtheit muß 
von den Eraminandus eine Kaftration, wo möglich an einem 
lebenden Thiere oder in beflen Ermangelung an einem todten 
Thiere ausgeführt werben. 

8. 7. Das Protokoll wird demnaͤchſt mit einer Sqluß⸗ 
Cenſur: „beſtanden“ oder „nicht beſtanden“ verſehen, von ber 
Pruͤfungs⸗Commiſſion unterſchrieben und der Koͤniglichen Re⸗ 
gierung eingereicht. 

$. 8. Die Königliche Regierung ertheilt, je nach dem 
Ausfall der Prüfung, das Atteft zur Befähigung zum Ges 
werbebetrieb als Vieh⸗Kaſtrirer, für den ganzen Umfang der 

Monarchie. 
= Berlin den 29, September 1846, 


Der Minifter des geiftlichen Der Minifter des 

Unterrichts und Mebicinal- Innern. 

Angelegenheiten. In Abwe⸗ Im Auftrage. 

fenbenheit und im Yuftrage. von Manteuffel. 
Klug. 


2. Neglement für die Prüfung der Abdecer. 


8. 1. Wer zur Brüfung als Abdecker zugelaffen zu 
werben wünfcht, hat ſich dieſerhalb bei ber betrefienden Kd« 
niglichen Regierung, unter Einreichung eines von feiner Orts⸗ 
. obrigfeit ausgeftellten Attefles über feine fittlihe Führung 
während ber letzten zwei Jahre, fchriftlich zu melden. 

8. 2. Die Königliche Regierung ordnet die Prüfung 
durch eine Commiſſion an, bei welcher fih der Examinandus 
zu melden, und um Anberaumung eines Termins zu bite" 
ten hat. 

Mag. f. Thierheilt. XIII. 17 


— 258 — 


8. 3. Die Prüfungs⸗Commiffion beſteht aus dem De- 
partements⸗/ oder einem Kreis⸗Thierarzte, dem Landrathe oder 
einem von biefem zu ernennenden Stelfvertreter. 

8. 4. Der Departements- oder Kreis - Thierarzt fürth 
die Verhandlung über den Gang ver Prüfung, 

$. 9. Die Prüfung zerfällt in einen theoretifchen und 
praftifchen Theil. 

$. 6. Bei der Prüfung der theoretifchen Keumtniſſe des 
Examinandus ift zu erforfchen: 

1) ob derſelbe lefen und fchreiben Fönne; 

2) ob er allgemeine Kenniniffe des Thierförpers, na⸗ 
mentlih der Eingeweide defielben im gefunden Zuftande bes 
fiße; 

3) ob er die wichtigeren, ber in ber Ilıngegend vorfem- 
menden Seuchen und anſteckenden Krankheiten, nad) ihren 
Haupterfcheinungen am todten Thiere kenne und minbeitend 
zu unterfcheiden wiſſe, welche Umftände Verdacht erregen; 

45) ob er mit den veterinair-polizeilichen Beſtimmungen, 
jo weit fle die Ausübung feines Gewerbes anlangen, be⸗ 
kannt ſei. 

8. 7. Zur Erforſchung der praktiſchen Geſchiclichkeit 
muß von dem zu Pruͤfenden eine Obduction gemacht werden, 
wobei er die ſich etwa findenden Abweichungen von dem ge⸗ 
ſunden Zuſtande zu bezeichnen und im na zu deu⸗ 
ten hat. 

$. 8. Das Protokoll wird ſodann mit der Schlußcen⸗ 
fur: „beſtanden“ oder „nicht beſtanden“ verſehen, von der 
Commiſſton unterſchrieben und der Königlichen a zur 
Beranlafiung des Weiteren eingereicht. 

Berlin ben 29. September 1946, 
Der Minifter der Geiftlichen,- Unter: Der Minifter des 


richts⸗ und Mebirinal-Angelegenheiten. . men. . 
In Abwefenheit und im Ayftrage. Im Auftrage, 


Klug. von Manteuffel. 


— 259 — 
WEL Perſonal⸗Motizen. 


Ehrenbezeugungen. 

Seine Majeſtaͤt der König von Preußen haben dem Pro⸗ 
feffor Dr. Gurlt den rothen Adlerorden dritter Klaſſe mit 
der Echleife, und dem Kurfhmid Thürmagel beim fechd- 
ten Küraffter-Regiment, das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver- 
leihen geruhet. 


Anftellungen. 

Der Thierarzt erfter Klaffe H. E. 5. Göring, if zum 
Kreis-Thierarzt des Kreiſes Warburg, 

der Thierarzt erfter Klaſſe 3. F. C. Großkopf, zum 
Kreis-Thierarzt des Kreiſes Pruͤm — und 

ber Thierarzt erfter Klafie Krüger, biöher in Solbim, 
ift zum Kreis-Thierarzt für die Kreiſe Uſedom und Wollin, 
Regierunge-Bezirf Etettin, ernannt worden. 

Niederlaffungen. 

Die IThierärzte erfter Klaſſe: 3. Th. Bröder gu Sen⸗ 
derhorft, Kreis Bekum; — Royer in Puttbus auf der In- 
jel Rügen; — Stalowsty in Schrimn und — C. von 
Szawelsky in Poſen. 

Die Thieraͤrzte zweiter Klaſſe: I. H. Güdler in Zer- 
fow, Kreis Wrefhen; — Haſenbalch in Rheinbach, Res 
gierunge ⸗Bezirk Cöln; — Koch in Berlin und — ©. €. 
A. Zabel in Cöslin. E | 

Verſetzungen und Veränderungen. 

Der Kreis-Thierarzt Klein hat fih aus dem Freisthier- 
ärztlichen Bezirk Titfit-Nieverung und Heydekrug in dieKreiſe 
Loͤtzen und nein wieder zurüd verlegen laffen. 

Der Thierarzt Ifter Klaſſe Horft, ift von Rheinbach nach 
Zülpich, Kreis Enstirchen, Regierungs-Bezirk Coͤln, gezogen. 

. Ebenfo der Thierarzt After Klaffe L. T eeleft, von 
Straffund nach Bergen und der Thierarzt Iſter Klaſſe R: 
Wilke, von Schrimm nad) Neuftadt bei Pofen. 

Todesfälle 

Der Kreis-Thierarzt Hager in Bunzlau ift im Februar 
d. J. geftorben. or 

Am 25. Januar d. 3. ftarb U. F. Hausmann, Die 
teftor der Königl. Thierarzneifchule zu Hannover, 71 Jahr 
alt. Er vereinigte Wifienfchaftlichfeit mit praftifcher Tüchtig- 

17 * 


— 2160 — 


feit und lehrte in ber praftifchen Tendenz, welche feine Vor⸗ 
gänger, Kerfliing und Havemann, der dortigen Schule 
egeben. Einige Auffäbe von ihm ftehen im Hannöverſchen 
Magazin; außerdem gab er 1840 die, von der Königl. So- 
cietaͤt der Wiffenfchaften zu Göttingen gefrönte Preigfchrift: 
„Ueber die Zeugung und Entftehung des wahren weiblichen 
Eies“ 2c., fo wie eine Heine Abhandlung „über die Entzuͤn⸗ 
dung” heraus. 

Ebenſo farb am 9. Januar d. I. William Youatt 
Esq., im 71. Jahre feines‘ Lebens. Er war urfprünglich 
(wie viele andere der berühmteften englifehen Tchierärzte, 
z. B. Coleman, Goodwin d. B. ıc.) Chirurg, ging 
aber mit größtem Eifer für die Thierheilfunde zu derfelben 
über, und widmete derfelben über 30 Jahre lang alle feine 
Kräfte. Als Praftifer Hatte er vorzugsmweife einen großen 
Ruf in der Behandfung Franfer Hunde und der übrigen Fleis 
nen Hausthiere, fo wie der Wiederfäuer, und er wurde des⸗ 
halb auch zum Thierarzt in dem. um das Jahr 1826 in 
London errichteten zoologifchen Garten gewählt. Er grüns 
bete 1928 die Zeitfchrift „The Veterinarian‘ und wußte 
diefelbe fo auszuftatten, daß fie fortwährend von allen Thier- 
ärzten Englands ald das Organ zur Förderung ihrer Wif- 
fenfchaft anerfannt wurde; feit 1841 überließ er ſte feinem 
Freunde Percivall, Er war auch der Berfafler ver vom 
Brofefior Hering ind Deutfche übertragenen vortrefflichen 
Werke: „das Pferd” und „das Rindvieh“, fo wie ähnlicher 
Merfe über den „Hund“, über das „Schaf und über „Das 
Schwein.” Letzteres ift noch nicht gebrudt. Er arbeitete dieſe 
Schriften in dem Wuftrage des Vereins zur Berbreitung 
nüglicher Kenntniffe aus und hat hierdurch die Zwecke diefer 
Geſellſchaft wefentlich gefördert. Ein noch größeres Verdienft 
aber erwarb fih Youatt durch die Herausgabe einer Schrift: 
„über die Verpflichtung und den Umfang der Humanität ges 
gen There, mit befonderer Hinfiht auf unfere Hausthiere”; 
denn er hat in derfelben diefe Verpflichtung mit eben jo viel 
Gelehrfamkeit wie mit Gemüth und mit fittlichereligiöfem Ge— 
fühl geſchildert, ſo daß fie allgemeine Anerfennung, felbft bis 
= das le gefunden und fchon die beften Fruͤchte ge⸗ 
ragen hat. = 





Berlin, Drink von I Pete: | 








Magazın 


für bie 


gefammte Ehierheilkumde. 


(XIII. Sjahrgang. 8. Stäch,) 





JH. Bon den Steinen und Conerementen im 
Körper der Sausfäugetbiere. 


Bon den Gallenfteinen. 
Dom K. Kreis-Thieraszte Fürftenberg in Solin. 


Gauenſteine ſind faſt bei allen Hausſäugethieren gefunden 
worden, bei der einen Species jedoch haͤufiger, als bei der 
anderen. So trifft man fie am häufigften beim Rindvieh, 
weniger häufig beim Pferde, Schweine, Hund und bei der 
Kabe. Bei den Schafen find fie, ſoviel mir befannt, bie 
jest noch nicht beobachtet worden. 

Von den Gallenfteinen der Hunde und Kaben Tann 
ich nichts als das Außere Erfcheinen derſelben mittheilen, da 
fie nur in Spiritus-PBräparaten im Mufeum vorhanden find. 


Bon der phyſikaliſchen Befchaffenheit der Gallenſteine. 
A, Gallenſteine vom Pferde. 


Bei den Pferden werden die Gallenfteine nicht fehr 
felten angetroffen, die bei denfelben gefundenen bieten in Hin⸗ 
ficht auf ihre Farbe wenig Verſchiedenheiten dar, fie find ger 
mwöhnlich ganz dunkelgrün, hie und da von einer hellgelben 

Schicht durchzogen, welches letztere fich meift bet den großen, 
ſelten bei den Heinen runden Gallenſteinen findet. Die Ge- 


flalt"der Mehrzahl iſt eine unregelmäßig runde, nür eine 
Mag. fı Thierheilt, XII. 18 


— 12 — 


Parietät der Gallenſteine der Pferde fand iih von regelmä- 
Biger Geftalt, nämlich die Heinen runden Ballenfteine, die ich 
deshalb auch in eine befondere Abtheilung gebracht habe. 

1) Die Fleinen runden Gallenfleine der Pferbe. 

Es find dies kleinere Körper von der Größe einer ſtar⸗ 
ken Erbſe, bis zu der einer kleinen Wallnuß; ihre äußere 
Flaͤche iſt eben, ohne glatt zu ſein, und von ganz dunkel⸗ 
gruͤner Farbe, die Geſtalt iſt der der kleinen Pomeranzen 
ähnlich, an denen beide Pole etwas gedrückt erſcheinen. Sie 
beſtehen aus unregelmaͤßigen Schichten, ſind in der Mitte 
hohl, und Haben einen ſehr geringen Grad von Feſtigkeit, 
weshalb fie auch fehr Teicht zu zerreiben find. Das Pulver 
diefer Steine ift heller grün, als ihre äußere Fläche. 

GE Tommen gewöhnlich mehrere zu gleicher Zeit vor, 
und fie haben ihren Sit in dem Duct. hepatic. und in ben 
großen Aeften der Gallengaͤnge. Ihr abfolutes Gewicht 
betrug einige Grammen, das fyechfifche iſt 1,02, 

2) Die großen Gallenfteine der Pferde, 

Wie oben angeführt, ift die Geftalt dieſer Varietaͤt ber 
Gallenfteine eine fehr verfchiebene, meiſtentheils eine. unregel- 
mäßig runde. Die äußere Fläche ift rauh, felten ‚glatt, faft 
ſtets mit Riffen verfehen, die zuweilen bis tief ind Innere 
ſich erftreden, mitunter finden ſich Höhlen an einzelnen Stel- 
len, die das Innere des Steines durchziehen, in welchen ſich 
Anhäufungen von Fett und deren Verbindungen mit Alfalien 
und Erden vorfinden. 

Die Größe die diefe Gallenſteine erreichen, ift fehr ver- 
fhieden, von der Größe einer Wallnuß bis zu ber eined 
großen Apfels, ja zuweilen noch viel größer, Der 
größte der hier vorhandenen "Gallenfleine der Pferde war 6 
Zoll lang, 4 Zoll did und 32 300 breit, mit dieſem zufammen 
fanden fich noch 4, von denen ber eine 23 30ll lang, 2 Zoll 
breit und 2 Zoll dick war. 


— 263 — 


Im Durchſchnitt zeigen die meiſten Schichtenlagerungen 
nur einen gewoͤhnlich rund geformten Nucleus, der aus der⸗ 
ſelben Maſſe, aus der der übrige Theil des Steines beſteht, 
gebildet iſt. Die Schichten ſelbſt ſind von verſchiedener Staͤrke 
und Faͤrbung, einige Schichten ſind hellgruͤn, andere dunkel⸗ 
grün, noch andere weißlich, überhaupt zeigt ber zerbroͤckelte 
Stein die verfchiedenften Nüancen der grünen Farbe. 

Es Tommen von diefen Steinen oft mehrere zu gleicher 
Zeit vor, bei denen fid dann bie zufammenliegenden Flächen 
facettiren, wie dies bei den mittelgroßen dieſer Varietaͤt faſt 
ſtets der Fall if. ; 

Ihr Sig ift in dem Duct, hepatic., feltener in den Gal- 
Iengängen ber Leber felbR, diefe letzteren find Häufig, babei 
. von verdidtem Farbſtoff und Schleim infruftirt, der Gang 
ſelbſt iſt dann auch leivend und gewöhnlich verdidt. 

Das abfolute Gewicht diefer Gallenſteine ift verſchieden; 
der oben erwähnte größte nebfi den dazu gehörigen kleineren 
WBallenfteinen wog 6 Pfund, der kleinſte diefer Varietät wog 
1 Loth. Das ſpecißſche Gewicht iſt verfchleden von 0,931 
1134 


B. Gallenfteine vom Rinde. 


Beim Rinde finden fi mehrere Varietaͤten ver Gallen⸗ 
fteine. Das Hauptfennzeihen der Oallenfieine bes Rindes 
iſt, der Beruch nah Moſchus, der feinem fehlt, follte er la⸗ 
tent fein, fo ift er burch Behandlung des Steined mit Lig. Kal. 
caushe. in Verbindung mit dem frei werdenden Ammomiaf 
-fogleich hervorzubringen. 

Es kommen beim Rinde 3, in Farbe und Beſchaffenheit 
ſich unterſcheidende Barietäten von Gallenfteinen vor. 


1) Der duntelgrüne Gallenſtein. 


Diefe am häufigften beim Rinde ſich finbende Barietät 
zerreicht eine ziemlich bedeutende Größe; die Außere Flaͤche iſt 
18* 


ı 


“ — 2364 — 


tief dunkelgrün von Farbe, theils eben, theils durch Riffe und 
Höhlen, die fich tief ind Innere der Steine erftreden, durch⸗ 
brochen, in den Höhlen finden fich gewöhnlich Anfäge von 
Fett ꝛc. 

Durchſchnittlich Haben fie eine ganz unregelmäßige Ge 
ftalt, die durch Fortfäbe, Vertiefungen, Erhabenheiten und 
Höhlen 'verurfacht, namentlich zeichnen fich Die in dem Duck. 


'hepatic. und dem Duct. choledoch. fich findenden durch die 


Unregelmäßigfeit ihrer Geftalt aus, wo Hingegen die in der 
Gallenblafe fich findenden mehr die Form biefer haben, na⸗ 
mentlich, wenn fie zu den Größeren gehören; fo fand ich 
einen Gallenftein, der in der Gallenblafe feinen Sig gehabt 
und ganz die Geftalt der Zegteren hatte, er war 43 Zoll lang, 
am unteren, dem Grunde der Gallenblafe entiprechenden 
Theile 22 Zoll breit und 2 Zoll did, nach oben lief er in 
einen langen, allmälig dünner werdenden Fortfab aus. Die 
Farbe der Oberfläche dieſes Steine war bunfelgrün, dabei 
von Rifien nach allen Richtungen hin durchzogen, deren Grund 
mit Selten 2. von ſchmutzig weißer Farbe bedeckt war. 

Einzelne Concremente, die in Gängen ver Leber ihren 
Sitz hatten, bilden röhrenförmige Körper, fo findet fich eins 
in der Sammlung, das gegen 2 Zoll lang, 4 Zoll breit ift; 
e8 bildet einen Eylinder, deſſen Wände von der Stärfe einer 
halben Linie find. 

Im Durchſchnitt zeigt Die Mehrzahl der zu dieſer Va- 
rietät gehörenden ®allenfteine eine Schichtenlagerung, deren 
einzelne Schichten nicht nur verfehieden ftarf, fondern jede 
einzelne Schicht an verfchiedenen Stellen des GSteined vers 
ſchieden ſtark find; die Färbung des Durchfchnittes iſt ver« 
ſchieden und verhält fich ganz fo, wie bei den Gallenſteinen 
der Pferde. | 

Die Feftigfeit der Steine ift ebenfalls in verſchiedenem 
Grade vorhanden, fo find einzelne fehr Hart und fehr ſchwer 
zu durchbrechen, wo hingegen andere ſehr brödelig und fehr 


— u — 


leicht zu pulderifiren find. Bet den erfleren führt wohl der 
größere Gehalt an Oallenfchleim die größere Beftigfeit herbei, 
während bei den anderen der Mangel an jenem das Bröde- 
ligſein verurfacht; wo leßteres der Fall ift findet fich felten 
eine regelmäßige Schichtenlagerung und meiftens ein lofer, 
im Steine liegender Nucleus. Im Ganzen bilden fie eigent- 
lich ein aus Gries loder gebildetes Concrement, bei ven har- 
ten und feften Steinen hingegen ift der Nucleus feft von den 
Schichten umfchloffen. 

Ein holeftearinhaltiger Gallenſtein, deſſen quantitative 
Zufammenfegung weiter unten aufgeführt ifl, war fehr hart 
und feft, der Bruch glänzend; er hatte eine Länge von 2 Zoll, 
eine Breite von 14 und Dide von 14 Zoll. Die Oberfläche 
fand ich riffig, Durch Vertiefungen und Erhabenheiten uneben, 
und von Höhlen durchzogen, dabei zeigte er im Durchfchnitte 
feine Schichtenlagerung. Es war ein unregelmäßig runder 
an den Enden mit Fortfäben verfehener Körper, deſſen ab- 
ſolutes Gewicht ungefähr 6 Loth betrug, fein fpecififches ıft 
1,237. Das abfolute Gewicht der zu dieſer Varietaͤt gehö- 
renden Steine tft je nach ihrer Größe ein verſchiedenes; es 
beträgt von 3 Loth bis zu J Pfund und Darüber, das ſpeci⸗ 
fifche iſt 1,096 1,237. 


2) Die gelbliggrünen Sallenfeine, 


Durch die Farbe nicht allein, fondern auch durch die Ber 
fhaffenheit der Beſtandtheile ift dieſe Varietaͤt von allen früher 
aufgeführten Gallenfteinen verfchleden. Die äußere Släche ift 
gewöhnlich rauf, eben und von gelblich grüner Farbe; bie 
Geſtalt der Steine ift die runde, zuweilen, wenn mehrere Diefer 
Steine zu gleicher Zeit vorkommen, findet fich die äußere 
Fläche facettirt. Sie haben einen nicht unbedeutenden Grab 
von Feftigfeit. Im Durchfchnitte zeigen fie mit weniger Aus«- 
nahme eine regelmäßige um einen aus berfelben Maſſe bes 


“ 
ne 
— — 366 


ſtehenden Nucleus erfolgte Schichtenlagerung, bie faft durch⸗ 
weg von einer gelblich gruͤnen Farbe iſt. 
Das abfelute Gewicht it nicht bedeutend, der größte 


vorhandene Stein wog gegen Loth, das ſpeciſiſche Gewicht 
iſt 1,04. 


3) Die weißen Gallenſteine. 


Dieſe Gallenſteine ſind meiſtentheils hohl und haben ganz 
bie Geftalt der Gallengänge, die fie auskleiden; fie find das 
ber länglich runde Körper, haben eine rauhe, fehmugigweiße 
Oberflähe an der ſich hier und dort etwas angetrodneter, 
tingirter Gallenſchleim findet. _ Die innere Höhlung if ein 
wenig mit Gallenfarbftoff und Gallenharz überzogen. Der 
Durchmefier der Wände diefer Steine tft Höchft unbedeutend, 
er beträgt ungefähr 3 Linie und erfeheint Durch die Loupe be- 
trachtet von kryſtalliniſchem Gefüge, 

‚Die Feſtigkeit dieſer Steine ift, wie aus dem geringen 
Durchmeffer der Wände hervorgeht, nicht bedeutend, Sie ers 
reichen weder bebeutendes Gewicht noch Größe, und fommen 
überhaupt fehr felten vor. Den, den andern Varietaͤten der 
Ballenfleine vom Rinde eigenthämlichen, Geruch nach Mos 
ſchus befigen fie nur in einem fehr geringen Grabe. 

Das fpecififche Gewicht der Steine iſt 1,164. 


©. Gallenfteine vom Schweine. 

Die in der Sammlung fi vorfindenden Steine find 
feine, edige Körperchen von bunfelgrüner Farbe; einzelne 
Flächen find glatt und glänzend, andere Zlächen, die nicht 
mit Denen anderer artifulirten, find rauh. Ihre Geftalt iſt un⸗ 
regelmäßig und bei ben verfchiedenen Körpern verfchieden, bei 
ben meiften if die eine Seite rund, die andern edig, die run« 
ben fcheinen gegen die Wände der Gallenblaſe oder der Gal⸗ 


Iengänge gelegen zu Haben, und daher dieſe N zu 
befigen. 


— HH — 

Auf den erften Blick erfcheinen dieſe Körper wie Gtüd- 
chen eines bunfelen Kolophonium; im Durdhfchnitte zeigen fie 
feine Schichtenlagerung, zerrieben liefern fte ein hellgelbes 
Pulver, ohne befonderen Gerudy und von bikterem, füßfichen 
Gefhmad, ähnlich dem Gallenharz. Das abfolute Gewicht 
der größeren biefer Körper betrug 03 — 0,5 Gramme, das 

fpeeififche war von 1,303 — 1,484. 


D. G©allenfteine vom Hunde und der Kaße, 


Es find diefe hellgrüne runde Körperchen von der Größe 
einer Erbfe Bis zu der einer Heinen Hafelnuß, vie fich bei 
den in der Sammlımg vorhandenen Präparaten in dem Le- 
bergallengange finden; da letztere, wie oben fchon angeführt, 
Spiritus⸗Praͤparate find, fo konnte eine Analnfe Berielben 
nicht ———— werden. 


Sikeni in der ®allenblafe des Rinde. | 


Es findet fih zuweilen in der Gallenblaſe des Kindes 
ein Sediment, das bald gelblich, bald dunkelgrün von Farbe 
if. Es iſt, frifch aus der Gallenblafe genommen, von breiiger 
Befchaffenheit, und verhäft ſich getrodnet wie die Gallenfteine. 
Es beſteht aus Schleim, Sarbeftoff und einer unbebeutenden 
Menge Fett. 


Bon der chemifchen Beſchaffenheit der Gallenſteine. 


Was die Befchaffenheit der Gallenſteine des Pferdes, 
Rindes und Schweines anbetrifft, fo bieten fie in qualita- 
tiver fowohl, wie in quantitativer Hinficht Berfchiebenheiten 
bar; die Beftandtheile fämmtlicher Gallenfteine find: 

1. Galle. 

2. Gallenfarbftoff. 

3. Gallenharz. 

4. Gallenfobleim. 


— 268 — 

5. Choleſtearin. 

6. Feite und deren Saͤuren. 

7. Stearinſaurer Kalt. 

8. Alkalien in Verbindung mit Säuren. 

9. Phosphorfaurer Kalk. 

10, Kohlenfaurer Kalk und Magnefia. 

11. Albumin. 
12. Ein nah Mofchus riechender Beftandtheil. 


I. Die Galle. 


Ueber fein Secret eined Organs find mehr Anfichten 
in Hinficht der Zufammenfegung zu Tage gefördert, und Feind 
vielfältiger unterfucht worden, als über das ber Xeber, bie 
Galle. 

Die Anficht der älteren Aerzte und Naturforfcher war, 
die Galle fei die Seife eines harzähnlichen Körpers mit einem 
Alkali; fie folgerten ihre Anficht aus der Eigenfchaft der Galle, 
mit Waſſer gemifcht, gefchüttelt oder gerührt, Schaum zu lies 
fern, und daß auf Zuſatz von Säuren zu derſelben eine harz⸗ 
ähnliche Maſſe, die Säure die mit dem Alfali verbunden ges 
wefen, fich adfcheide. Bekanntlich fchäumen die Seifen der 
Alfalien mit Waffer gefchüttelt, auch fcheidet fich bei biefen 
durch Zuſatz einer flärferen Säure die Fettfäure ab. 

Berzelius machte faft gleichzeitig mit Thenarb bie 
erften gründlichen Analnfen der Ochfengalle, erfterer nannte 
den durch Säuren abfcheidbaren harzähnlichen Körper Gal⸗ 
lenftoff, ihn als Hauptbeftandtheil der Galle bezeichnend, The⸗ 
nard fand darin das Picromel und das Gallenharz, die er 
als Hauptbeftandtheile der Sale annahm. Mehrere Jahre 
fpäter machte Gmelin eine Arbeit über die DBeftandtheile der 
Galle befannt; er hatte, wie Thenard, Oallenharz und Pi- 
eromel als die Hauptbeftanptheile gefunden, und außer biefen 
eine Menge anderer Stoffe als Taurin, Cholfäure, Chole⸗ 





0 — 
flearin, Fette und deren Säuren, Farbeftoffe ıc. welche erſtere 
er ebenfalls als Beftandtheile der frifchen Galle anfah. 

Etwas fpäter machte Demarcay die Ergebniffe feiner 
Gallenanalyfen befannt; er hatte in der Galle eine Säure: 
gefunden, die mit Natron verbunden vorfommend, den Haupt« 
beftandtheil der Galle ausmache, und nannte dieſe Säure 
Acide choleique; er zeigte ferner, Daß das Taurin, die Chol⸗ 
fäure u. f. w. Provufte der Analyfe feien, ımb gab den Weg 
an, wie fie darzuftellen find. 

Hierauf machte Berzelius wieberum feine Anficht über 
bie Beſtandtheile der Galle befannt, indem er die Analyſe 
derfelben mittheilte; er betrachtete als Hauptbeſtandtheil der 
Galle das Bilin, ferner den Gallenfchleim und Gallenfarb- 
ftoff, und befchrieb zu gleicher Zeit die Zerfeßungsprodufte 
des Bilins. Nach ihm machten Liebig, Theyer und Schlofs. 
fer, Kemp und Enderlin Analyfen der Galle und fanden 
als Hauptbeftandtheil: der Galle die Verbindung einer ſtick⸗ 
ftoffhaltigen Säure mit Ratron, wie Demarcay ſchon frü- 
ber ein Gleiches befannt gemacht hatte. 

Die Anficht, die ich über die Zuſammenſetzung der Galle 
durch Analyſen von Gallen verichiedener Hausthierarten bes 
kommen habe, ift folgende: 

Der Hauptbeftandtheil des Secrets der Leber iſt, wie. 
der aller andern im Körper fecernirten Fluͤſſigkeiten das Waf- 
fer; es enthält die Galle des Rindes hiervon etwas über 
92 pCt., Die des Schweines von 88,34 — 90,00, Die des 
Schafes 86,90 in 100 Theilen; fie hinterläßt dem zu Folge 
8—12 yE&t. feften Rüdftand, deſſen Hauptbeſtandtheil eine 
Verbindung von Gallenfäure (Choleinfäure) verbunden mit 
Katron tft, ſodann folgt der Gallenfchleim, der Gallenfarbftoff, 
Choleftegrin, die Fette nebft den Fettfäuren und Ehlornatrium. 

Die Pon Schleim, Fett und Barbftoff befreite Gallenſub⸗ 
ftanz ift gallenfaures Natron mit etwas Chlornatrium, nach 
Berzelius Bilin mit Bilifellinfäure und Natron, nach The⸗ 


— DI 


nard und. Omelin Pieromel, nach Demarcan Acide cho- 
leique mir Natron. | 

Die Sallenfäure ift in der Galle mit dem Watron zu 
einem newtralen Salze verbunden, ſie ik em Körper, ber eine 
große Neigung zur Bildung von Metamorphofen Bat, wes⸗ 
halb auch dieſe legteren, ehe fie genau gefamnt ivaren, ale 
Beſtandtheile ver ftiſchen Galle bezeichnet wurben. Die Dar⸗ 
ftellung ber Gallenfäure aus der reinen Galle führte ich nach 
den Angaben von Theyer und Schloffer aus. 

Friſche Galle wurde zu biefem Behuf entweder mit ab- 
folnteım Allohol ſofort bis zur gänzlichen Faͤlumg des Schlei- 
mes behandelt, oder die Galle bis zur Syrupsconſiſtenz im 
Waſſerbade eingedampft, und ſodann mit Altohol behandelt; 
beide Behandlungsoweiſen führten die Ausſcheiding des Schlei⸗ 
mes berbei. Die fo gewonnene alfoholifche Löfung wurde nun 
durch Behandlung mit Thierfohle in der Kälte vom Farbe⸗ 
ftoff befreit, filtrirt, eingedampft und mit Weiher fo lange be⸗ 
handelt, als berjelbe noch etwas aufnahm; durch letzteres 
erfahren wurden Die Fette, Choleſtearin u. |. w. aus der 
Galle entfernt, hierauf über Echwefelfäure zur Trodne ge⸗ 
bracht. Die fo erhaltene Subftanz iſt von allen oben ange 
führten Beftandtheilen befreite reine Galle, die aus gallenſau⸗ 
rem Natron und etwas Chlornatrium befteht. 

Die reine Galle wurde Behufs Darftellung der Gallen⸗ 
füure in fehr wenig Wafler gelöft, und fo lange mit einer 
Löfung von baflfch effigfaurem Bleioryb verfebt, als ein ſtar⸗ 
fer pflofteräßnlicher Niederfchlag erfolgte, welcher eine Verbin⸗ 
bung von Gallenfäure mit Bleioxyd ift, vermifcht mit etwas 
Ehlorblei, welches durch Zerfegung des Chlornatrium gebil⸗ 
bet iſt; Die darüber ſtehende Sküffigfeit wurde nun abfiltrirt 
und das gallenfaure Bleioxyd gehörig ausgewafchen; in die 
fer Slüffigfeit fand ich nicht eine Spur von Bilin und hierin 
Liedig’s Angaben beftätigt. 

Das fo erhaltene gallenfaure Bleioryb wurde in Alfohol 


— 281 — 


aufgelöft und filtrirt, wobei das Chlorblei zurücblieb, und 
fodann mit Schwefelwaſſerſtoff zerfept, wobei ſich Schwefel: 
blei ausſcheidet und die -Gallenfäure im Mitohol gelöft bleibt. 
Durch Verdampfen biefer alfoholifchen Löfung wird die Gal⸗ 
lenfäure gewonnen, bie -getrodnet eine ſchwach gelbliche gum- 
miähnliche Waffe liefert, und gepulvert weiß erfcheint. Eie 
zieht fehr leicht Keuchtigfeit aus der Zuft an, ſchmeckt bitter 
und hintennach füßlich. Das fein geriebene Pulver reizt bie 
Schleimhaut der Nafe und verurſacht Niefen. Erhitzt man 
die Gallenfaͤure in einer Platinſchale, fo ſchmilzt fle zuerſt, 
blaͤht ſich auf bei verftärftem Higegrade und verbrennt mie 
rußendet Flamme, eine volumindfe Kohle hinterlaflend; letztere 
verbrennt ohne allen Rüdftand. 


Die Zuſammenſetzung der Gallenſaͤurr — iſt 
nach Theyer und Schloſſer folgende: 
Kohlnfof - » 2: +. 69322 
Waffe . . 2... 897 
Sl. ee 386 
Surf .» 2 .202...239% 
und die Formel für Diefelbe nach Liebig: 
. . 67° HB N‘ .0%, 


Ich erhielt beim Verbrennen von. 100 Thellen der oben 
befchriebenen reinen Galle 14,48 einer allaliſchen Afche, die 
aus 3,96 Chlotnatrium und 10,52 fohlenfaurem Natron be- 
ſtand; Ießteres enthält 6,11 Natriumorydb, welches mit der 
Baltenfäure verbunden gewefen if, mithin betrug bie in 100 
Theilen reiner Galle enthaltene Quantität Onllenfäure 89,93, 


Die reine alle befteht nach ange und Schloſſer 
in 100 Meilen aus: 


— 2172 — 


Kohlenſtoff « ... 5800 - 
Waſſerſtof . » . 8,09 
Gallenſaure ao... 3,62 
Sauerfof . . . . 20,65 
Natriumoryp . . » » 6,08 
Ehlornatrium . . . 356 
Ä 700,00 
Das Ehlornatrium fcheint faſt ſtets in einer ziemlich 
gleichen Quantität in der Galle enthalten zu fein; ich fand 
den Gehalt an Ehlornatrium nur bei der Galle von Schafen 
etwas gering, bei der der Schweine und bes Rindes war er, 
wie oben angegeben, in ziemlich gleichmäßiger Quantität vors 
handen. 


Berbindet man reine Oallenfäure mit Natron zu gallen- 
faurem Natron, berechnet man ferner die Analyfe der reinen 
Galle nah Abzug des Kochfalzgehaltes, und vergleicht bie 
Ergebniffe, fo findet man, daß die aus der reinen Galle ab» 
gefchiedene Gallenfäure ganz dieſelbe ifl, wie Die in der en 


ſich findende. 

Galle. gallenſaures Natron. 
Kohlenfoft . . 60,14 . . . 60,12 
Waflerfof .. .. 838 ... . 8,62 
Stift . .. 35.... 332 
Sauerfoff. » . 2143 „ . . 20,99 
Natriumornd. 630... 68- 

—_ u 100.00 

Ich laſſe hier nun bie Ergebniffe der von mir angefer- 


tigten Analyfen von Rinde», Schweine- und. Hammelgalle 
folgen: 





a) Galle vom Rinde. 


Die Galle war von einer Mafttuh entnommen, frifch 
war fie ganz neutral, von grüner Farbe und 1,028 fpectfi- 














— 73 — 


fhem Gewichte bei + 18° €, She Beſtandiheile waren 
folgende: 
Sallenfaure . . . 2 200. BEL 
Natron damit verbunden. . . - 0,40 
Chlornatrium . 2 2 2 2.022 
Edlim . . . 2 2 22... 08 
Farbſtoff, grüner . . . 0,32 
Fett mit einer Spur Gooear .. 003 
Wafer . .» . . 0 02. 9291 
| 0, 


b) Gallen von Sammeln. 


Es wurde zur Anfertigung der Analufe die Galle von 
3 Hammeln genommen, die zufammen 15 Grammes wog; 
die Galle war neutral, und grün wie die Rindsgalle von 
Farbe; fie hatte ein fpecifiiches Gewicht von 1,032 bei 
+ 18° €, und beftand aus; 
Gallenfäure © - - . . .. 10,69 
Natron 2 2 2000. 092 
Ehlornatrium . » 2.013 
Schleim -. . 2» 2... 09 
Farbſtoff, grüner -- . . + .0,29 
Feitt. ne 
Wafr 2 2 000 2. 860 


c) Galle von Schweinen. 


1, Die Galle war von einem magern Schweine, ihr 
ganzes Gewicht ohne Gallenblaſe betrug. 50,331 Gramme, fie 
reagirte ſehr ſchwach alkalifh, war von fchöner goldgelber 
Farbe und hatte ein fpecififches Gewicht von 1,027 bei + 
18° &, Die Analyfe lieferte folgende Refultate: 


— I 


Gallestiue -. . » 2»... 805 
Natron . 2 2 2 2 2.059 
- Shlomatrium . . » 2... 08 
Schleim. . A ; 0,29 
Sarbftoff, gelber. - -. . . 0,68 
Fett. ee. 008 
MWafer . 0.2 0 2.2.9000 - 
| “700,00 
2. Es war dieſe Galle von einem Maftfehweine ent» 
nommen; Ür Gewicht excl. Gallenblafe betrug 31,686 Gram⸗ 
me, war neutral und hatte eine grüne Farbe wie Rinds⸗ 
galfe, ihr fpecififches Gewicht bei + 18° C. betrug 1,030 
und war folgendermaßen zufammengefebt: 
BSollenfüure . . . . . 958 
Raten 22222008 
Chomakim . 2... :0,83 
Schleim . . » 2... Q64 
Farbſtoff, grüner . . . . 088 
Et er ern 02 
a ern... BB 
100,60 
3. Das Gewicht biefer von einem Maſtſchweine ent- 
nommenen alle betrug, excl. Sallenblafe, 57 Gramme; fie 
war neutral und hatte. eine grüne Farbe mie Rindsgalle; ihr 
fpeeififches Gewicht bei + 18° C. war 1,022, Sie beftand 
aus; 


®. 
® 


Gallenfüuute . . . » 2. 9,47 
Kamen . 2 2000. DB 
Ehlornatium . . . ... 03 
Ehleim . . 2. 0.2.0. 94 
Sarbioff, grüner . ». . „028 
Sen 


Waller - 2 2 22 2...8875 





— 275 — 


Ich werde bier gleich bie bis jetzt gekannten Metamor⸗ 
phoſen der Gallenſaͤnre in der Kürze aufführen, ba einige 
berfelben in den Gallenfleinen fich vorfinden. 

D) Das Faurin Wird reine Galle (gallenfaures 
Natron) in Wafler aufgelöft, Chlorwaſſerſtoffſaͤure Hinzuge- 
fest und biermit fo lange gekocht oder Digerint, bis eine harz⸗ 
aͤhnliche Maſſe ih abgefchienen, jo ift die Baenfäure zer- 
fest; es hat ich ein harzähnlicher Körper gebildet, der nad) 
Berzelius aus Hellinfäune, Chelinfänre und Deslyſin be- 
fteht; in der fauren Fluͤfſigkeit findet man neben Chlornatrium 
Ehlorammonium und das Zaurin; letzteres wird durch Ein- 
dampfen der Zlüffigfeit und Ausgehen des Chlornatrium und 
Ehlorammonium durch Alkohol erhalten. Hierauf wird das 
Taurin durch Aufloͤſen in fehr wenig kochenden Waflers, aus 
dem es beim Erkalten herauskyftalliſirt, rein erhalten. 

Das Taurin, von Omelim entdeckt, fand ich auf eben 
angeführte Mrt bargeflellt, von folgender Beſchaffenheit: Es 
Impfalifint in regulären fechöfeitigen Prismen mit vier» oder 
fechäfeitiger Zufpipung, deren Grundform ein grades rhombi- 
ſches DBrisma if. Die Kryſtalle find farbies, durchſichtig, 
hart amd Inirfchen zwiſchen den Zähnen, ſchmecken yelant, je⸗ 
Doch weder ſuͤßlich, noch ſalzig. Rah Diemarcay’s Unter⸗ 
ſuchungen beftdht das Zaurin in 100 Theilen aus: 

Kehlenfofi' - . 19,48 
Waſſerſtoff . 387 

Stilfoff . . . 11,27 

Sauerſtoff 6368 

100,60 

und wird nach bemfelben mit der Formel 
C H1 Na gu bezeichnet. 

2) Choloidinſaäͤure. Der harzige Körper, ber nach 
der Behandlung der Galle mit Chlorwaſſerſtoffſäure zurüd- 
bleibt, ift von Demarcay als ‚eine Säure betrachtet worden, 
die er Acide choloidique nannte. Es ift diefe Säure, wenn 


— 276 — 


fie durch wiederholtes Schmelzen unter kochendem Wafler von 
der Chlorwaflerftofffäure, nach dem Exhärten pulverifirt, und 
durch Behandlung mit Aether von den Betten befreit ifl, eine 
gelblich braune, fefte, geruchlofe Maſſe, die ſtark bitter ſchmeckt, 
wenig oder gar nicht im Waſſer, etwas im Aether, leicht in 
Alkohol, kohlenſaurem und Aetzammoniak löslich if. Es be 
ſteht dieſe Säure nad) Berzelius, wie eben angeführt, aus 
3 verſchiedenen Körpern, der Sellin-, Cholinfäure und Dys⸗ 
Infin. Nach Demarcay’s und. Dumas Unterfuchungen 
enthalten 100 Theile Chokoidinfäure 

Kohlenfoff . . . 73,0 

Waflerfoff . . - 94 

Sauerfioff -_. . 176 

100 

und wird mit folgender Formel bezeichnet: ce 6 07, 

3) $ellinfäure erhält man nach Berzelius, wenn 
man ben bei der Darftellung des Taurin gewonnenen harz⸗ 
artigen Körper mit Alkohol behandelt, dieſer Löft die Fellin— 
und Cholinfäure auf und läßt das Dyslyſtn ungelöft zurüd. 
Die alfoholifche Löfung wird mit Ammoniak verfept, welches 
nach und nach die Abfcheidung einer wie im Wafler aufge- 
quollener Leim erſcheinenden Mafle herbeiführt; dies iſt Cho- 
linfaures Ammoniaf, In der Löfung befindet ſich Bellinfaus 
tes Ammoniak, dies wird abgegofien, etwas eingedampft und 
mit Chlorwafferftofffäure zerſetzt, worauf ſich die Sellinfäure 
in weißen Flocken abfcheidet, die.man nach dem Trocknen als 
eine weiße erdige Maſſe erhält. Sie läßt fich leicht pulverls 
firen und ſchmeckt ftarf bitter. 

4) Cholinfäure. Diefe wird aus dem eben erwähn- 
‚ten cholinfauren Ammoniak durch Zerfegung mit Chlorwafler- 
ftofffäure dargeſtellt. Sie fcheivet fich dabei in weißen Flok⸗ 
fen aus; getrocknet ftellt. fie eine braune, ſpröde Maſſe dar, 
Die fich leicht pulveriſtren laͤßt. | 

5) Dysipfin. 


— 27 — 


5) Dyslyſin. Es iſt, rein dargeſtellt, eine weiße erdige 
Maſſe. 

6) Cholſaͤure. Sie wurde von Omelin bei der Uns 
terfuchung der Galle entdeckt. Die Säure wird durch Kochen 
der Gallenfäure mit Fauftifhem Kali oder Natron erhalten; 
das Kochen wird hierbei fo lange fortgefeht, als ſich Ammo⸗ 
niak entwidelt. Es bildet fih aus der Gallenſäure cholſau⸗ 
tes Kali, welches fich aus der Klüffigfeit Durch Goncentration 
der lepteren abfcheidet und zu Boden febt, worauf die Klüffig- 
feit von ihm abgegoflen und das Salz ſodann durch Eſ⸗ 
figfäure zerſetzt wird. 

Die Eholfäure Erpftallifirt nah Gmelin und Demar- 
cay in feinen Nadeln; nah Dumas befteht die Säure in 
100 Theilen aus: 

Koblenftof . . . 68,8 
MWaflerloff . » - 96 
GSauerfoff . . . 216 
100,0 
und wird mit der Formel C2 H?? O1 hezeichnet. 

Die Säure, fo wie ihre Salze zeichnen fich durch einen 
füßen Geſchmack aus. 

Mus der in den Apothefen vorrätbig gehaltenen Fel. Tauri 
inspissat, hat Berzelius noch zwei Säuren dargeflellt, die 
er Sellan- und Cholanfäure genannt hat. 


IM. Der Sallenfarbftoff. 


Der Hauptbeftandtheil der Gallenfteine, mit Ausnahme 
der weißen vom Rinde, ift der Gallenfarbftoff, der in zwei 
verfchievenen Farben fich vorfindet, nämlich als grüner und 
als gelber. Beide Nüancen des Karbftoffs gehören einem und 
demfelben Körper an; man kann wenigftene den grünen Barb- 
ftoff aus dem gelben darftellen; erfterer entfteht aus letzterem 
durch Abferption von Sauerſtoff. Der gelbe Barbftoff ift von 

Mag. fe Thierheilt, ALU. 19 


Berzeltius mit dem Namen Cholepyrrhin und der grüne 
mit Biliverdin belegt worden. 

Ausgezeichnet iſt der Gallenfarbftoff durch feine Reaction, 
die er mit Salpeterfäure liefert; wird nämlich einer Auflöfung 
des Farbſtoffs Salpeterfäure nach) und nach hinzugefebt, fo 
wird die Loͤſung zuerft bläulich, fodann grün, violett, roth 
und gelb oder gelbbraun. Es beruht diefe Reaction des Gal- 
Ienfarbftoffed wahrfcheinlich in der von Zeit zu Zeit vermehr- 
ten Sauerftoffaufnahme. Das Biliverbin wird am häufigften 
in den ®allenfteinen und der Galle der Herbivoren angetrofs 
fen, wofür auch fchon die Farbe der Gallenfteine und ber 
Galle fpriht, Bei den Carnivoren ift die Galle gelblicher 
und ift hier wohl mehr Cholepyrrhin als Biliverdin vorhanden. 

Der Gallenfarbftoff ift fein Produkt der Leber, ſondern 
nur ein Edukt aus dem der Leber zuftrömenden Pfortader- 
blute. Es ift befannt, daß letzteres reich an fremdartigen Be⸗ 
ftandtheilen, als Farbſtoff, Fett u. f. w. tft; die Farbftoffe 
werden, wie Magendie nachgemwiefen hat, fchnell von den 
Venen des Darmlanald aufgenommen und ſo der Leber zu- 
geführt. Es ift nun fehr wahrfcheinlich, daß das von ben 
Thieren mit den Speifen aufgenommene und fo in den Ma- 
gen und Darmlanal gebrachte Chlorophyll bier theilweiſe von 
den Venen aufgenommen und fo der Leber zur Abfcheihung 
zugeführt wird. Es ſpricht für Die Gleichartigfeit des Bili⸗ 
verdins und des Chlorophylls nicht nur die Farbe, fondern auch 
das ziemlich gleiche Verhalten in chemifcher Beziehung, auch 
feheint dafür noch das zu fprechen, daß bei den Herbivoren 
wir ſtets die Galle grün gefärbt finden, wohingegen biefelbe 
bei den Garnivoren, welche Nahrungsmittel verzehren, bie. 
wenig oder gar Fein Chlorophyll enthalten, ſtets gelblich ge- 
färbt erfcheint. Bet Schweinen finden wir fie bald gelb, bald 
grün. gefärbt, welches Variiren ebenfalls von ber 5— 
art, der das Thier unterworfen war, abhaͤngt. 

Der Gehalt der Gallenſteine der ee an Gel 


— 929 — 


lenfarbſtoff iſt verſchieden von 45 — 60 pro Cent und dar⸗ 
uͤber, bei den Omnivoren betraͤgt derſelbe nur 27 p. C. Auch 
dieſe Verſchiedenheit in der Quantitaͤt zwiſchen den Gallen⸗ 
ſteinen von Herbivoren und Omnivoren ſpricht für die oben 
angegebene Annahme, daß der Gallenfarbſtoff von Chloro⸗ 
phyll herruͤhrt. 

In der Galle iſt der Gehalt an Farbſtoff hoͤchſt unbe⸗ 
deutend, jedoch ziemlich gleichmaͤßig in der Galle der Her⸗ 
bivoren und Omnivoren; er beträgt bei beiden zwiſchen 0,28 
—031. 

Die Ergebniffe der Analyfe fowohl, wie direfte Berfuche 
haben gezeigt, daß höchft wenig dieſes Farbſtoffs und auch 

des Chlorophylls hinreichen, eine ziemliche Quantität Fluͤſſig⸗ 
feit grün zu färben, 


; II. Das Gallenhar;. 


Durch Alkohol wird aus den Gallenſteinen eine dunkel⸗ 
braune Maſſe ausgezogen, die fih ganz fo, wie das aus 
der Galle von ®melin bargeftellte Gallenharz verhält, und 
von ihm, wie bereits angeführt, al8 ein Beftandtheil der 
frifchen” Galle angefehen wurde. Getrodnet ift es leicht zu 
zerreiben, es fchmedt bitter, fchmilzt bei + 100° und ver- 
brennt dann mit rußender Flamme unter Berbreitung eines 
nicht unangenehmen Geruches. Das in Alkohol gelöfte Gal⸗ 
lenharz ift durch Waſſer aus diefer Auflöfung fälbar, Aether 
loͤſt fehr wenig davon auf; fehr leicht Iöslich fand ich es im 
fohlenfauren und Fauftifchen Ammontaf. 

Es ift dieſes Gallenharz die Acide choloidique von 
Demarcay, oder ein Gemiſch von Zellin-Cholinfäure und 
Dyslnfin nach Berzelius, und wird durch Zerfegung ber 
Sallenfäure durch Chlorwaflerftofffäure ıc. erhalten, wie dies 
bei der Choloidinfäure erwähnt worden ift. 


19 * 


— 280 — 


IV. Choleſtearin. 


Das Choleſtearin findet ſich nur ſelten in den Gallen⸗ 
ſteinen; ich fand es nur in einem Steine von einem Ochſen, 
worin es 68 ausmachte; der Stein erſchien auf einzelnen 
Stellen Froftallinifch; Ddiefe durch das Mifrosfop betrachtet 
zeigten Choleftearinfruftalle. 

Es ift beinah ſtets in der Galle enthalten, jedoch. in 
fehr verfchiedenen Mengen, zuweilen beträgt e8 ein Procent, 
oft ift nur eine Spur und in einzelnen Fällen iſt auch dieſe 
nicht darin zu finden. | 

Es ift das Choleftearin durch das. gallenfaure. Natron, 
und durch bie verfeiften Fette in Auflöfung erhalten, denn 
wird die Galle mit Schwefelfäure behandelt, wodurch Die eben 
angegebenen Verbindungen zerlegt werden, fo fcheibet fich auch 
das Choleftearin aus. Nah Wagener Iöft fi ein Theil 
Choleftearin in einer in 4 Theilen Waffers gelöften Seife- auf. 

Das Choleftearin iſt feine Bettart, weil ihm: die Haupt⸗ 
eigenfchaft der Fette: die Berfeifbarkeit abgeht; mit den Yetten 
bat es nur die Auflöstichkeit in Alkohol und Aether gemein. 
Kauftifches Kalt verändert daſſelbe weder in der Kälte noch 
in der Wärme; es loͤſt fi in Ealtem, noch mehr in kochendem 
Alfohol, aus welchem lebteren es theilweife beim Erfalten in 
fehönen, weißen, glänzenden Kryſtallen herausfaͤllt. Die Kry⸗ 
ſtallform ift ein vierfeitiges Blättchen und hieran leicht er- 
kennbar. 

Kürzlich hat Redtenbacher gezeigt, daß die Choloidin⸗ 
fäure nah) Demarcay und das Choleftearin durch Oxpdation 
mit Calpeterfäure bafjelbe Hauptrefultat liefern, nämlich Cho⸗ 
Ieftearinfäure. Choloidinſaͤure enifteht, wie ‚oben angeführt, 
durch Metamorphofe der Eholeinfäure, das Choleftearin findet 
fih ebenfalls in der Galle, beide liefern gleiche Produlte, 
dies und dad Borhandenfein in einem Secrete laffen ‚wohl 
ben Schluß zu, daß beide gemeinfchaftlichen Urfprungs find, 


— 81— 


daß alſo das Choleſtearin auch als ein Produkt der Leber 
angeſehen werden kann. 

Die Zuſammenſetzung des Choleſtearin iſt nach Mar⸗ 
chand und Chevreul in 100 Theilen folgende: 

Kohblnfoff . . . 2. 84,998 
Waflefof . . . . . 11,998 
Saurlff -» » » 2 ...3004 
“700,000 
es wird mit der Kormel C’’ H°* O! bezeichnet. 

Die durch Drydation mit Salpeterfäure aus dem Cho⸗ 
leftearin und der Eholoidinfäure hervorgebrachte Choleftearin« 
fäure ift eine lichtgelbe, dem Kirſchgummi ähnliche Maſſe, 
welche an der Luft Beuchtigfeit anzieht, und dadurch erweicht. 
Sie hat einen fauren, herbbitteren Gefchmad, ift in Waffer, 
Alkohol, fo wie in flüffigen Säuren zu einer gelblichen Fluͤſ⸗ 
figfeit Teicht Iöslich, fie verbrennt beim Luftzutritt mit rußen⸗ 
der Flamme. Die Formel für diefe Säure iſt: 

| c® H* 0%, 


V. Der Gallenfchleim. 


Diefer ift mit ein Hauptbeftandtheil der Gallenfleine, 
er fügt die Ballenfarbftofftheilchen inniger zufammen, verhält 
ſich alfo ebenfo wie ber Schleim bei den früher abgehandelten 
Steinen. Die Menge des in den Ballenfteinen enthaltenen 
Schleimes variirt von 6— 128; die in der Galle enthaltene 
Quantitaͤt ift ebenfalls nicht unbedeutend, fie beträgt 3 5 und 
darüber. Es enthält dieſer Schleim ebenfalls, wie der von 
ben andern Schleimhäuten abgefonderte, kohlenſauren und 
phosphorfauren Kalt. 


VI. Die Fette und deren Säuren. 


Die in den Ballenfteinen ſich findenden Fette und Fett: 
fäuren find: das Stearin, Elain, zuweilen auch das Mar: 
garin und deren Säuren. Ich fand meiftentheild nur das 


— 32 — 


Stearin und deren Säure, und werde dieſes nur hier aus⸗ 
führlicher abhandeln. 

Das Stearin tft eine weiße, Halb burchfcheinende, nicht 
kryſtalliniſche Maffe; nach Chevreul kann man durch Auf- 
föfen in Fochendem Alkohol daſſelbe in Blaͤttchen Eryftallifirt 
erhalten. 

Es ift das Stearin nad) Liebig's und Pelouzes An⸗ 
ſicht eine Verbindung von Glycerin und Stearinfäure, wel- 
ches durch die nachftehende Formel noch mehr dargethan wird. 
Ste fanden die Zufammenfegung bed Stearin in 100 Theilen 


Koblenfof . - . .. . 7621 
MWafterfoff . ©: .. .- 1218 
Saurfof . -» 0. 1161 


700,00 und berech- 
neten folgende Formel: 
Gr16 H?°6 0, 
Die Formel des Stearind entfpricht nun 
2 Atome Stearinfäure . 1! He 01 
1 Atom Glycerin .. @ mM 0 


2 Atome Waſſer — * 0? 


Hieraus ließe ſtch nun der Schluß ziehen, daß bie Stea⸗ 
rinſäure in dem Stearin präeriftire, und wuͤrde beim Ver⸗ 
feifen des Stearin nur die Baſis geändert, ſtatt des Glycerin 
treten in den Seifen mit Kali oder Ratron die LXepteren ein. 

Die Stearinfäure tft eine. aus weißen Schuppen ober 
Nadeln beftehende Maffe, die fich fettig wie Talgftein an- 
fühlt; ihr Schmelzpunft ift ungefähr bei 70° C. Sie ver: 
bindet fich mit Alfalien und Erden zu Seifen, 'erftere find in 
Waſſer löslich, letztere nicht, 


vu. a Kalk. 


In zwei bei den Analyſen auch aufgeführten Gallen⸗ 
ſteinen vom Pferde fand ich ſtearinſauren Kalf als ſteinbil⸗ 


— 1 — 


benden Beftandtheil; er findet fi in den Gallenfteinen ent 
- weder als ein erdiged Pulver von ganz hellgelber Farbe an 
einzelnen Stellen abgelagert, oder er ift eine Schicht bildend 
in bemfelben vorhanden. 

Derfelbe ift untöslih in Waſſer, Iöslich in kaltem und 
fochendem Alkohol und im Aether. Ich fand in 100 Theilen 
ber Steine 6— 85 biefes Salzes. Die Zufammenfegung ift 
in 100 Theile 

Stearinfäure -» 2 2 2. 908 
Kalkerde. 2.2.95 
Ä —000 und wird 
mit der Fond (es HY2 05 Ca? bezeichnet. 


VIII. IX. X. ” 


Ueber die Alfalien und deren Verbindung mit Säuren, 
über den phosphorjauren Kalk und über den Eohlenfauren 
Kall und Magnefia habe ich mich ſchon in der ebanblung 
über Harnfteine ac. ———— 


XI. Das Albumin 


iſt ein ſeltener Beſtandtheil der. Galle, und ſoll nad 
Berzelius gar nicht darin vorkommen. Ich fand baffelbe 
zwar nicht in der Galle, wohl aber in einem Gallenfteine 
vom Schweine. 8 war hier im getrocneten, nicht coagu= 
lirten Zuftande enthalten, löfte fich in Waſſer aufund wurde 
durh den Wafferauszug neben etwas Galle erhalten; ges 
trodnet bildete es glänzende, leicht zu pulverifirende Häut- 
hen, die in Eiffigfäure Iöslih waren 2. Nach früheren 
Analyfen von Mulder beftand das Albumin in 100 Thei- 
len aus: 


Koblenfiof . . 54,84 
Waflerfof' . . 7,09 
Stidfoff . - . 15,83 
Sausfoff . . 21,23 
Schweil - . . 0,83 
Phosphor ._. 068 

100,UU 


XII. Ein nach Mofchus riechender Beſtandtheil. 


Diefer fehlt feinem Gallenfteine vom. Rinde und Tann 
als ein charafteriftifches Kennzeichen der Gallenſteine bee 
Kindes angefehen werden. Iſt er durch längeres Liegen an 
der Luft aus den äußeren Schichten anfcheinend entfernt, fo 
reicht eine geringe Menge Lig. Kal, caustic. hin, ihn wieder 
hervorzubringen; erfolgt dies nicht bei Anwendung des Kali 
in der Kälte, fo tritt der Geruch nach Mofchus doch gleich 
nah Anwendung einer gelinden Wärme hervor, ebenfo wird 
er durch Kochen mit etwas verbünnter Schwefelfäure hervor⸗ 
gebracht. Durch legtere wird er nicht allein aus den Gal⸗ 
lenſteinen, fondern ich fand auch, Daß er aus dem Blute und 
Fleiſche vom Rinde dadurch frei gemacht wird. Aus im Waf- 
ferbade eingetrodnetem Blute, welches ich gegen ein Jahr in 
Papier aufbewahrt hatte, entwidelte fich diefer Mofchusgeruch 
eben fo leicht und wahrnehmbar, wie aus frifhem Blute. 

Es feheint diefer nach Mofchus riechende Beſtandtheil 
mit Ammoniak verbunden im ganzen Körper des Rindes ver: 
breitet zu fein, und entweder durch Bindung des Ammoniaks 
vermittelt Acid. sulphuric. allein, oder durch Austreibung 
des Ammoniafs vermittelft Kali mit diefem frei zu werben. 
Bei frifcher Galle nimmt man feinen Geruch nach Mofchus 
wahr, wird fie jedoch einen oder mehrere Tage hingeftellt, fo 
wird er in dem Grade, wie dad Ammoniak durch Zerfegung 
der Galle frei wird, auch frei. Wird frifche Galle gleich dem 


— a — 

Blute, wie oben angeführt, mit Acid, sulphuric. over Kali 
behandelt, fo wird ebenfalls der Mofchusgeruch wahrgenom- 
men; im erften Kalle. ift Ammoniak nicht nachzumeifen, im 
Iegtern, bei Behandlung mit Kali caustic. ift es deutlich durch 
Acid. murialic. nachweisbar. Bon Alkohol und Aether wird 
der nach Mofchus riechende Beftandtheil aufgenommen, Tann 
auch mit erfteren. von den Gallenfteinen abbeftillirt werben, 
ift jedoch von Alkohol nicht abſcheidbar. Es ift möglich, daß 
diefer Stoff in Berbindung mit Ammoniaf im Körper ver: 
breitet ift, und daß er mit diefem, oder für fich, nach Bindung 
defielben mit einer flarfen Säure, erft frei wird. 

Die Bildung der Gallenfteine erfolgt bei den mit einer 
Gallenblaſe verfehenen Thieren entweder in der Gallenblafe, 
in dem Duct. choledoph. oder in den Gallengängen der Le⸗ 
ber; bei den Thieren hingegen, denen die Gallenblafe fehlt, 
erfolgt fie in dem Lebergallengange und in — er 
der Leber. 

Die Bildung der Gallenfteine tft nach den heilen, wo⸗ 
rin ſie ſich bilden, verſchieden; in der Gallenblaſe erfolgt ſie 
ahnlich wie die der Blaſenſteine in der Harnblaſe; es bildet 
ſich zuerſt ein Sediment von Gallenfarbſtoff mit Schleim, der, 
da er ſpecifiſch ſchwerer als die Galle iſt, auf dem Grunde 
der Blaſe ſich anſammelt, dort bleibt, nach und nach er⸗ 
haͤrtet, und ſo den Nucleus zu dem zu bildenden Stein ab⸗ 
giebt. In der Mehrzahl der Bälle find Die Gallenblaſenſteine 
ohne regelmäßige Schichtenlegung und bilden eine nur loder 
zsufammenhängende Maffe, wie wir bie bei den bunfelgrünen 
Gallenfteinen des Rindes . durchgängig finden. Bei vielen 
Ballenfteinen ift der Nucleus an dem einen Ende berfelben 
zu finden, und ift dad Wachſen des Steines durch Anhaͤu⸗ 
fung an dem obern Theile des Nucleus nachzuweifen. Je 
größer das Koncrement wird, deſto mehr nimmt ed bie Ge⸗ 
flat der Gallenblaſe am, fo daß es zuletzt ganz die Form ber 


— 2866 — 


letzteren hat, ſich ſogar auch bis in den Gang der Blaſe er⸗ 
ſtreckt, wie einzelne Steine dies darthun. 

Die gelbli grünen Gallenſteine haben durchſchnittlich 
ein inniges Gefüge, find hart und beſtehen aus Schichtenla- 
gerung; die einzelnen Schichten find fehr dünn, innig an .ein- 
ander gelagert; fie haben einen kleinen, Hirfeforngroßen, zus 
weilen dunfel, zumeilen heil gefärbten, weniger harten Nucleus, 
der aus denfelben Beftandtbeilen wie die übrige Maſſe des 
Eteines befteht. Die Bildung diefer Gallenfteine geht ganz 
fo wie die der Harnblafenfteine von Statten. 

Sn den Gallengängen erfolgt die Bildung der Gallen⸗ 
ſteine auf zweierlei Art; ein Mal bilden fie ſich wie die Gal—⸗ 
Ienblafenfteine um einen Nucleus, der wahrfcheinlich in ben 
Heinern Gallengängen der Leber fich bildet, in die größeren. 
gelangt und hier durch Schichtenanfab an Größe zunimmt;. 
oder fie entftehen durch Sneruftiren des Gallenganges und 
ftellen dann hohle Cylinder dar, deren Höhlen fich nad und 
nach durch Anſatz von Schichten anfüllen. 

Die.weißen Gallenfteine vom Rinde bilden hohle, harte 
Coneretionen, die die Geftalt des Gallenganges haben, ben 
fie ausfleiden; ſie entftehen wie alle Verfnöcherungen durch 
Ablagerungen von Erden; die in ihnen vorhandene Materie 
ift wahrfcheinlich Schleim. 

Die urfächlichen Momente, die die Steinbildung herbei⸗ 
führen, beruhen entweder in einem erſchlafften Zuſtande der 
Gallenblaſe oder Gallengänge, oder in einer zu großen Menge 
son Sallenfarbftoff in ver Galle. 

Iſt erſteres die Urfache der Steinbildung, ſo geht ſie 
wohl auf folgende Weiſe von Statten: Es zerſetzt ſich die in 
der Gallenblaſe oder in den Gallengängen zurückgehaltene 
Galle, wofür das in den Gallenſteinen vorhandene Gallen⸗ 
harz ſpricht, in Folge deſſen der Gallenfarbſtoff mit erſterer 
ausgeſchieden wird, denn letzterer wird durch die normale 
Galle oder vielmehr deren gallenſaurem Natron in Aufloͤſung 


— BT — 


erhalten; der auf folche Weiſe ausgefchievene Farbftoff, das 
Sallenharz und der Schleim bilden fo den Nucleus zu dem 
ſich bildenden Steine. Bel einer zu großen Menge des Farb« 
ftoffs hingegen kann Die Galle diefen nicht in Auflöfung er- 
halten, er fcheidet fi aus, und bildet fo die Grundlage zu 
dem Steine. Eine zu große Menge von grünem Farbftoff 
- wird-wahrfcheinlih durch anhaltenden Genuß grüner, viel 
Chloraphyll enthaltender Kräuter dem Körper und fo der 
Galle zugeführt. 

Was den ftearinfauren Kalk und überhaupt die Verbin⸗ 
bung von Bettfäuren mit Kalk betrifft, fo beftätigt fich hier» _ 
durch wiederum bie Annahme, daß beim Drangel von Alfa- 
lien die Erden in den Organismen die Stelle der erfteren 
vertreten müffen; ich fand ſchon das Vertreten bes einen Al- 
fali durch das andere bei Harnanalyfen beftätigt, wo das 
Natron, was das gewöhnliche im Harn fich findende Alfali 
ift, durch Kali vertreten war. 

ch laſſe nun einige von mir angefertigte Analyfen von 
Gallenſteinen folgen: 

A. Gallenfteine vom Pferde 
3) Kleiner runder Gallenflein vom Pferde, 

Der Stein hatte die Größe einer Kleinen Hafelnuß, war 
rund, beftand aus einem poröfen Nucleus und unregelmäßig 
um denfelben erfolgte Schichtenfagerung, dunkelgrün, beinah 
ſchwarz von Farbe; gerieben ftellte er ein grünlich braunes 
Pulver dar; fein abfolutes Gewicht betrug 1,95 Oramme, fein 
ſpecifiſches 1,023. Er war aus folgenden Beſtandtheilen gebildet: 

Saltenfarbfoff . - 43,92 
Gallenhay . . 2.2.1065 
Gallenfhleim . . . ... 108 
Fette, Durch Aether ausziehbar 19,97 
Galle. 2 2 222. 823 
Wfl > 2 2222. 702 
100,00 





— 21 — 


2) Große Gallenſteine vom Pferde. 

a) Die Gallenſteine von den nachfolgenden Analyſen 
wogen zuſammen gegen 6 Pfd. Civil⸗Gew.; ber größte derſelben 
war 7 Zoll lang, 32 Zoll breit und 4 Zoll did; ein kleine⸗ 
rer war 22 Zoll lang, 24 Zoll breit und 2 Zoll did; bie 
äußere Släche war von bunfelgrüner Yarbe und riffig, ber 
Stein an fi ſehr brödlig; fie beftanden aus Schichtenlage- 
rung und einem aus berfelben Materie beftehenden Nucleus; 
zerrieben lieferten fie ein hellgrünes Pulver. Das fpecififche 
Gewicht betrug 1,134. Die Beſtandtheile waren: 

Sale, . > 2 2 2 2 210.925 
Galenbarr » 2 2202000 42,06. 
Stearinfaurer Hall . 7768 
Galtenfarbfoff . -. .-. 2 2. 44926 
Sallenfhleim . . = 2 2. . 1%10 
BAM ee 
Waſſer u, eine Spur phosphorfauren 

und fchwefelfauren Natrons . . 9,86 

100,00 | 

b) Die Oberfläche dieſes Gallenſteines war bunfelgrau 
von Farbe und riffig; im Durchfchnitt zeigte er Schichtenla- 
gerung, zerrieben lieferte er ein hellgrünes Pulver; das ſpe⸗ 
eififche Gewicht if 0,931. Er beftand auf: 

Gallenhban . . 2». 2. 39323 
©altenfarbfof . . . . . 4911 





ale. ©» 2 2 222020. 13847 

. Gallenfhleim . . :. . 123,16 
Stearinfaurem Half . . . : 6,60. 
Feitt...36 

Bft . 2 22208 ..1097 

100,00 


c) Der Ballenftein, von dem nachſtehende Analyfe an⸗ 
gefertigt wurde, war 2 Zoll lang, 13 Zoll breit und 1 Zoll 
di; die Oberfläche war von dunfelgrüner Farbe, der Durch- 


289 


fehnitt fo wie ber zu Pulver geriebene Theil erfchlen gelblich» 
grün von Farbe, er war aus fehr dünnen, innig an einander 
liegenden Schiäpten, die fih um einen poröfen Nucleus gela- 
gert hatten, gebilvet, hatte einen ziemlichen Grad von Feſtig⸗ 
feit und ein abfolates Gewicht von 24 Loth; das fpecififche 
betrug 1,134. Die Analyfe lieferte folgende Refultate: 

Galle -» : . 11,40 

Gallenharz . . 13,78 

Gallenfarbfiof . 40,17 

Gallenfhleim. . 18,32 


Fett.. 3,65 
Wafer. . —33 
100,00 


B. ®allenfteine vom Rinde. 
1) Die vunfelgrünen Gallenfteine vom Rinde, 


a) Der Gallenftein war 2 Zoll lang, 24 Zoll breit und 
14 300 did; die Oberfläche war dunkelgrün, mit eingelnen 
weißen Stellen, riffig, mit tief ins Innere fich erfiredenden 
Höhlen. Im Durchſchnitt hatte er Feine Schichtenlagerung, 
jeigte einen Eryftallinifchen Bruch, der unter dem Mifroffop 
- betrachtet, Eholeftenrinfryftalle wahrnehmen ließ; er befaß ei- 
nen bohen Grad von Feſtigkeit und hatte ein abiolutes Ges 
wicht von 5 Loth. Das fpecififche Gewicht betrug 1,237. 

Die Refultate der Analpfe waren folgende: 

Ge ... . 1001 

Galenfarn . . 412 

Gallenfarbfioff . 61,12 

Sallenfohleim . . - 8,42 

Cholchearin . . 6,12 

BA .. 3,08 

Wafer.. . 22713 


b) Die Farbe der Oberfläche des Gallenſteins war : dun⸗ 
felgrün; ber zu Pulver gerriebene Theil hatte eine hellgrüne 
Farbe, das ſpecifiſche Gewicht defielben war 1,096. Er bes 
ftand aus: 

Galle. 2... 963 
- "Gallenharz . . 9,63 
Gallenfardftoff . 56,12 
Gallenfhleim. . 13,17 





Fett. 320 
Mafler. » . 2825 
100,00 


2) Die gelblich grünen Gallenfleine vom Rinde. 

Der zur Analyfe verwendete Stein war von der Größe 
einer großen Hafelnuß, die Oberfläche war von gelblich grü- 
ner Farbe und rauh, der Durchfchnitt zeigte dann um einen 
dunfeln etwas pordfen Kern erfolgte Schichtenlagerung von 
gelblich grüner Farbe; das fpecififche N des Steins 
betrug 1,04. Er beftand aus: 

Galle... .- 1598 
Gallenbaz . . 9,05 
Gallenfarbftof . 49,60 
Gallenfhleim . . 12,09 
Gt 140 
Wafler. . . . 11,88 

; 100,00 

; 3) Die weißen Gallenfteine des Rindes. 

"Der Stein hatte die Geftalt des Gallenganges, war 
hohl und die Wände deſſelben fehr dünn, ungefähr 3 Linie 
ſtark, anfcheinend aus Schichtenlagerung gebildet ; die Ober: 
flähe war weiß, bier und da mit dunfelgrünen Flecken ver- 
fehen, die von etwas angetrodneter Galle herftammen. Das 
fpeeififche Gewicht. deffelben beitrug 1,164. Folgende Refultate 
lieferte die Analyſe: 


— 9 — 


Vhosphorfaure Kalferde . . 46,06 
‚Koblenfaure Kalferde . . . 921 
Kohlenfaure Magnefa . . 4,26 
Organiſche Materie . . . 28,83 
Waflerr ». » 2 22 02..11,64 
“7 T00,00 


C. Gallenfteine vom Schweine. 


a) Die kleinen, dunfelgrün gefärbten Steinchen lieferten 
zerrieben ein gelblich grünes Pulver. Das fpecififche Gewich 
derfelben war 1,303. Sie beftanden aus: ' 

Galle . . . . 56,01 
Gallenharz . . 20,37 
Galtenfarbftoff . 9,14 
-Sallenfchleim. . 6,86 
Fett, eine Spur. 0,00 
Wafler. . ._. 7,62 
| “700,00 

b) -Ein größeres Steinchen diefer Warietät, von ediger 
Geſtalt, mit dunfelgrün gefärbter riffiger Oberfläche Tieferte 
zerrieben ein hellgelbes Pulver; es hatte ein abfolutes Ge— 
wicht von 0,95 Gramme, und ein fperififches von 1,484. Die 
Analyfe lieferte folgende Beftanbtheile: 

Galle. . . .. 1450 
Albumin . . . 1700 
Gallenhaz . . 31,00 
Gallenfarbftoff . 27,50 

“ Gallenfhleim . . 7,50 
Bett, Spur . . 0,00 
Wafer . . . 250 
700,00 


. 
ET — — — 


EI. Krankheit bei Schweinen, 
Dom Königl. Kreistbierarzte Curdt in Grimmen. 


J. ſeltner dem praktiſchen Thierarzte Krankheiten bei Schwei⸗ 
nen und überhaupt den übrigen Hausthieren, außer Pferden, 
zur Behandlung kommen, oder befler gefagt: je feltner er lei⸗ 
der dazu berufen wird, Indem das Publikum immer noch ge⸗ 
neigt iſt, und hierin weniger zugutrauen als ‚bei Pferdekrank⸗ 
heiten, defto eifriger follte man jede Gelegenheit ergreifen, 
Krankheiten bei den übrigen Thieren in Behandlung zu bes 
fommen und feine Bemühungen und Erfolge veröffentlichen. 
Gelegentlich Fommen doch immer dergleichen vor, und an Zeit 
zum Aufzeichnen fehlt e8 Keinem, wenn er nur bie Zeit zu 
benugen weiß. 

Ein gutes Zeichen if es demnach immer, wenn man 
hin und wieder etwas über dergleichen Gegenſtaͤnde findet 
und mit vielem Intereſſe habe ich im legten Heft dieſer Zeit 
fehrift den Aufſatz von Haubner „über Nefielfieber ver 
Schweine” gelefen. Auch mir ift im Verlaufe diefe Krank: 
heit vorgefommen und ich geftehe aufrichtig, daß ich fie ebenfalls 
für Anthrar — euer — wie Kirchner gehalten. Durch 
tiefe Ecarification der rothen Stellen und innerlih Salpeter 
und Glauberſalz habe ich fie geheilt. Aber fo geht es, man 
ift ſtets geneigt, fich größere Verdienſte zugufchreiben, al® man 
verdient, und ich bin jetzt ganz geneigt, Haubner's Anficht 
zu unterfchreiben. 

Wenngleich es hier nicht her gehört, fo will ich doch 
erwähnen, daß mir ein ähnliches Leiden einige Mal bei Ochfen 
vorgefommen ift, und ich habe in meinen Quartalberichten 
darüber referirt. 

Die Haut ſchwillt nämlich Stellenweiſe flach auf und 
man ſieht den weißen Grund intenſiv — ernfipelatös — roth 

gefärbt. 


— 293 — 


gefaͤrbt. Solche Stellen erſcheinen bald an den Ertremitaͤten, 
oder am Körper in 6 — 12zolligem Durchmeſſer, oder fie neh⸗ 
men den ganzen Körper, d. h. immer begrängt, alfo gefunde 
Streifen inmitten, ein. Nie fah ich fie Dagegen am Kopfe. 
Das Haar fieht rauh und die Gefchwülfte find vermehrt 
warm, das Thier fiebert leicht, jedoch bleibt der Appetit meift 
ungeftört, auch gehen fonft alle Funktionen leidlich von flat- 
ten. Etwas harter mit Schleim umzogener Mift, mattes 
Auge, blaßgelbe, carmoifinftreifig durchzogene Schleimhäute, 
heißes trocknes Flozmaul, fleifer Gang, — das find die Ab- 
weichungen, die man gewöhnlich fieht. Nur wenn die Ertre- 
mitäten vorzugsweiſe ergriffen, werben biefe ungefchidt tap- 
pend fortgefept und das Ihier fcheint tiefer zu leiden. Nach 
einigen Tagen fühlen fich die kranken Stellen pergamentartig 
om, fie werben kalt, die Epidermis geht in Brand über und 
wird abgeftoßen; reißt man fle ab, wobei man hier und da 
mit: dem Meffer nachhelfen muß, fo erfcheint Die junge Haut, 
mit feinen Haaren befegt, darunter. -Der Verlauf des gan- 
zen Leidens ift ziemlich langſam, fo daß er Wochen einnimmt, 
Eobald aber die Abftoßung vor ſich geht, verliert fich das 
Sieber und das Thier wird munterer. Ich fah das Leiden 
ſtets beim - Weldegang. : | 

entifih dem Neflelfieber bei Pferden, wie dieſes hier 
vor. einigen Jahren Iange Zeit Kindurch Herrfchte, finde ich 
das Leiden nicht und habe es deshalb Ahnlich genannt. Ob 
es eine einfache. Kranfheit (Brand) der Haut ift, oder ob 
eine andere Krankheit, die einen fperiellen Namen verbient, 
ven Heerd macht, wage ich nicht zu enticheiden. 

Wenn Haubner in feiner höchft intereffanten Kranfen- 
gefchichte fchließlich noch pofitiv behauptet, daß der Milzbrand 
bier in unferer Provinz oder Gegend nie auftrete, fo möchte 
dieſer Husfyruch zu gewagt fein. Allerdings ift er ein felt- 
ner. Gaſt, aber zur Steuer der Wahrheit muß ich fagen, daß 
Ih ihn in Sommermonaten nicht allein fporabifch bei Kühen 

Mag. f. Thierheilt. An. 20 


— 294 — 


ſondern auch bei Schweinen, und im Sommer 1832 in dem 
Dorfe Kaſchow, z Meile von bier, unter ven Dorffühen fo 
ausgebreitet fah, daß das Dorf in diefer Hinficht abgefperrt 
werden mußte. Auch fah ich ihn zur Zeit meines Aufent- 
halts in Anclam 1828 auf einem nah gelegenen Gute bei 
Pferden, wo er in ganz kurzer Zeit 18 Stück wegraffte. 

Was nun die Krankheit bei Schweinen, über die ich 
mich hier eigentlich äußern will, betrifit, fo beobachtete ich fie 
im Spätfommer im Jahre 1846, 

In einem Orte, wo die Zucht diefer Thiere nicht zu 
Haufe war, wohl aber von jedem Einwohner ein folches zum 
herbftlichen Einfchlachten im Frühjahr angefauft und auf dem 
Stall gehalten wurde, wo e8 dann, um allmälig feinem Zweck 
näher zu fommen, von vorn herein und je näher am Ziel je 
beſſer gehalten, mit Körnern gefüttert wurde; da konnte es 
nicht fehlen, daß, bei der großen anhaltenden Hige, vereint 
mit erhigender Nahrung, in frei fiehenden heißen. Schuppen 
und Heinen Ställen die Thiere erfranften. Zu Anfang trat 
ein hartnädiges gaftrifches Leiden auf, welches alsbald mit 
Verſchlag, entweder ber vordern ober hintern Cxtremitäten, 
eomplicirt wurde, 

Die Thiere verfagten das utter ganz, waren harinädig 
verftopft und der fpärlich abgegangene Mift war fehr klein 
geballt, fait fteinhart, ſchwarz und entweber ganz trocken und 
hatte beim Durchbrechen das Anfehn, als feh er aus feinen 
Haaren zufammen geballt; „over er wear mit einem Eiweiß⸗ 
glänzenden Schleim, der von blutigen Schleimfefern und 
Klümpchen durchzogen war, überzogen. Sobald ber Ver⸗ 
Schlag. hinzutrat, Iagen die Patienten meift anhaltend auf der 
flachen Seite mit gefchloffenen Augen und bemühten fich nur, 
wenn Faltes Wafler Dargereicht wurde. Ich fah viele Thiere 
auf dem Rüden mit Theer befchmiert und erfuhr, daß ein 
alter Pfuſcher fie alle für — gehalten und dieſe Kur 
veror dnet une 


Die Behandlung des Leinens war einfach und glücklich: 
Glauberſalz in Gaben von 6—8 Loth täglich, bis weiches 
Miften erfolgte, flelte den Appetit einigermaßen her. Im 
einem Falle wo Bräune mit zugegen war, gab ich einem halb⸗ 
jährigen Schweine 12 Gran Brechweinftein ald Vomitiv (in 
Ermangelung der weißen Nießwurzel, die ich fonft bei Schwei⸗ 
‚nen, zu diefen Zweck immer gebe), aber die Wirfung blieb 
aus, es ftellte fih etwas Speichelfluß ein und hinterher 
wurde das Thier unruhig und blieb 24 Stunden hindurch 
recht leidend. — Das Leiden der Ertremitäten erforberte 
einer befondern Berüdfichtigung: kalte Umfchläge und Begie⸗ 
fung, Einreibung von Spirituofen oder Verpenthindl, ja felbft 
der fchärfften Salben, führten fein Refultat herbei: bie dicke 
Haut ließ Teine Reaction zu. Nachdem alle diefe Curarten 
vergebens verfucht waren, beviente ich mich folgender Formel 
mit grellem Erfolg: Euphorbium, Spanifchfliegen von jed. 2 
Drachmen, concentrirte Schwefelfäure 3 Drachmen, mit grüner 
Seife zur Salbe gemacht und dann täglich die untern Fuß⸗ 
enden der leidenden Schenfel eingerieben. Die eingeriebenen 
Stellen färbten fich bald gelbbraun, fchwollen etwas an und 
das Thier zeigte große Empfinvlichfeit beim Berühren biefer 
Stellen, bald aber fanden fie als genefen auf den Beinen. 
Bei einem Batienten gab ich in der Reconvalescenz, wo fich 
der Appetit immer wieder verlor und offenbar immer wieber 
gaſtriſche Fehler eintraten: Magnesia carbonica 5 Unze in 
- Berbindung mit rohem Spießglanz 1 Unze, täglich 1 Eplöf- 
fel voll mit gutem Erfolg. 

Auch das Geriren des Thierarzted bei den verſchiedenen 
kranken Tchierarten, ift keinesweges gleichgültig; eine gewiſſe 
Anftelligkeit infinuirt ihn und erleichtert ihm felbft das Ger 
ſchaͤfi; auch die Heinfte Belehrung foll man nicht verſchmaͤhn. 
— Das Eingeben bei Schweinen ift ein eigner Caſus; das 
übliche Berfohren, dem liegenden Schweine einen Knüppel in 
das Maul zu fehleben und die Fläffigfeit hinein zu gießen, iſt 

20* 


— U — 


roh und ſelbſt gefährlich. Neu tft mir Haubners Methobe, 
die Arznei in Latwwergenform zu geben, jedenfalls ift dies 
befier, nur wird dabei ſtets mehr oder weniger verloren gehn. 
Am beften bleibt e8 immer, die Arznei im Saufen beizubrin- 
gen; nehmen die Thiere das nicht, fo fand ich die von Hil- 
dDebrand empfohlene Methode noch immer am beften. Iſt 
das Schwein nicht zu groß, fo biegt fich ein bandfefter Menich 
über dafjelbe, erfaßt eö an beiden Oberarmen und richtet es 
auf, fo daß ſich der Rüden des Schweine an feine Bruft 
lehnt, er ſelbſt ftellt fich an eine Wand fefl. Der Eingeber 
fehiebt feinen linfen Daumen in die rechte Badentafche des 
Schweins, zieht diefe nach außen und flößt hier die flüffige 
Medizin mit leichter Mühe ein... Das ganze Verfahren ift 
höchft einfach und für die Patienten gefahrlos. 





IE. Geringe Crfabrung über — 
Von Demſelben. 


Ars Eommer feine Erfahrung über die Wirkung des. Ero- 
tonoͤls als Larirmittel vorlegte, ergriff auch ich freudig die 
erfte Gelegenheit um, wie ich glaubte, recht ficher zu gehn, 
denn wer die recht oft verfehlten Wirkungen der Draftica 
fennt, weiß auch wie verdrießlich dergleichen für ben praftis 
[hen Landthierarzt if. Ich laſſe hier Die einzelnen Verſuche 
einfach folgen: 

Einem 5jährigen gut genährten, ftarfen Wallach, ber an 
den Erfcheinungen des beginnenden Dummkollers litt, verord⸗ 
nete ich 16 Tropfen, nach Vorſchrift mit Seife zur Pille. 
Der gewuͤnſchte Erfolg blieb ganz aus. Der Beflger machte 
mir Vorwürfe: wie ein fo Heines Ding von Pille wirken 
Tönne. Ich ſchob es auf das Kingeben und verordnete 18 

Tropfen. Auch das Del kann ſchuldigen bachte ich Hinterher 


— 297 — 


und ging ſelbſt in die Apotheke, erhielt hier aber die Ders 
fiherung, daß es von der beften Dualität fei. Bei meinem 
nächften Befuch des Patienten biefelben Vorwürfe; ich fchob 
es wieder auf das Eingehen, der Herr hatte ed aber eigen» 
händig eingegeben, ein Wort gab das Andere und das Res 
fultat war: ich verlor das Gut. — Diefer Vorfall miße 
ftimmte mich natürlich ziemlich gegen das Erotonöl, Bald dars 
auf lebte ich einige Zeit in der Nähe des Collegen Holſt, 
er hatte gerade ein verebeltes nicht großes Pferd in Behand- 
lung, welches plöglich in den ftärffiten Dummfoller verfallen 
war; die gegebene Aloepille hatte nicht gewirkt und er Flagte 
fein Leid. Ich gab kurz zur Antwort: geben Sie doch Eros 
tonöl, „wieviel“ 20 Tropfen! Er gab 20 Tropfen und bie 
Wirkung war fehr heftig, das Thier hatte über 24 Stuns 
den ungewöhnlich ſtark purgirt. Als mir H. das Refultat 
mittheilte erfchraf ich, denn ich hatte nicht geglaubt, daß er 
fo feicht auf meine hingeworfenen Worte eingehen würbe. 

Ein Gjährigerr Wallach, groß und flarf, der öfter an 
Unvervaulichfeit litt, erhielt von mir 18 Tropfen. Die Wirs 
fung war erwünfcht und fo glaubte ich nun bei ben verfchies 
denen Seranfheitszuftänden das rechte Maaß gefunden zu 
haben. | 

Ein Sjähriger Rappe, Wallach, an periodifcher Augenents 
zündung leidend, erhielt darauf 16 Tropfen, ich gab die Pille 
felöft: durchaus Feine Wirkung. 

Ein 5jähriger Fuchs, Wallach, lahmte plöglich auf dem 
rechten Vorverfuß fehr ftarf, Das Feflelgelenf trat nicht Durch, 
Feffel und Huf vermehrt warm, im Hufe felbft war nichts 
aufzufinden: Kalte Bäder, fpäter Spirituofa, thaten nichts, 
nach fcharfen Einreibungen etwas Beſſerung. Das Hinfen 
war eigenthümlich, die erflen Schritte geſchahen auf ber 
Zehenfpige und das Thier fchien dabei Fopfüber zu fallen, 
plöglih — bald früher, bald fpäter — trat der Feſſel durch 
und das Hinfen war verſchwunden. Nirgends wurbe eine 


— 1 — 


Abnormität aufgefunden. So ging es einige Wochen durch, 
als auf einmal das Thier auf den linken Buß hinkte. Dies 
ſes fonderbare Hinfen, abwechjelnd auf biefem oder jenem 
Fuße, trogte zu meinem Berbruffe jeglicher örtlichen Behand⸗ 
lung. Das Thier war ein guter Treffer, gut gemährt und 
gab fonft auf ale Weife fein Wohlbefinden an den Tag. 
Gethan mußte etwas werden und ich fuchte dem verfieckten 
Feinde auf anderem Wege nachzujagen. Die Ration wurde fehr 
gefehmälert und Das Thier einige Tage vorher zum Purgiren 
vorbereitet, Ich verordnete 17 Tropfen Grotonöl und gab 
die Pille feldft ein, ftedte ein Fontanell an die Bruſt und 
teifte ab. Nach 14 Tagen wurde ich wegen anderer Kran⸗ 
fen dahin berufen und war fehr neugierig, meinen Fuchs zu 
fehn. Uber man benfe fi mein Erſtaunen, als mir Fol⸗ 
gended erzählt wurde: das Thier verhielt fih am. Eingebes 
tage ganz ruhig, verlangte nach Futter, went dem neben⸗ 
fiehenden folches verabreicht wurde, erhielt aber, wie vorges 
fehrieben, nichts als abgefühltes Kleienwaſſer und warb ge- 
gen Abend bei fchönem Wetter im Schritt geführt, wobei es 
fich fehr munter zeigte. Des Abende legte es ſich bald auf die. 
frifch gemachte Streu nieder und in berfelden Lage fand 
man ed am andern Morgen — todtl — Zwei Menſchen, 
die im Stalle ſelbſt ſchlafen, haben nichts gehört, die Streu 
liegt unvennvorren, wie fie des Abends gemacht, die Sec» 
tion, — bie ich leider nicht gemacht, — hatte nichts erge- 
ben, der Eigner verficherte, daß er genau Alles durchgefehn. 

Hiermit glaubs man mir wohl aufs Wort, daß ich des 
Grotons fatt war und bei ber nächften Gelegenheit wieder 
zu Mo griff, 

Man fühlt fich erfeichtert, wenn man fein Leid einem 
Freunde klagt und fo theikte ich Haubner dieſen Fall um⸗ 
ſtaͤndlich mit: er bedauerte, daß ich die Sectivn nicht gemacht, 
jedenfalis habe das Croton noch eine andere noch unbebannte 
Wirkung und zu biefer Anſicht war ich auch gelommen. 


— [m — 


Später theilte ich College H. den Fall mündlich mit und 
nachdem er aufmerkſam zugehört, gab er zur Antwort: Ger 
wiß derſelbe Sal, der Thierarzt 3. giebt eines Morgens 
einem Bauerpferde eine Heine Pille ein, fchreibt dem Eigner 
das Berhalten vor und jagt: „Das Thier wird flarf purs 
given, beunruhigt Euch deswegen nicht.” Aber am andern 
Morgen liegt dafjelbe tobt am Boden. — Ich verfchmähte 
ed nicht, fogleich, im Interefie der Wiſſenſchaft, an T. zu 
fchreiben und bat um aufrichtige Mittheilung, habe aber keine 
Antwort erhalten. Das ift aber der Fluch, der noch immer 
auf uns ruht, daß wir nur ang tägliche Brod denfen, — 





EV. Beitrag zur Wirkung des Krotondls 
(Oleum erotenis) al! Purgirmittel bei 
| Pferden. 


Dom Thierarzt I. Klaſſe Späthe in Trier. 


Aus dem Auffake des Thierarztes Herm Sommer in 
dieſem Magazin AU. Jahrgang Seite 456, betreffend die 
Wirkung des Erotonöls als Purgirmittel bei Pferden, er- 
fehe ich, wie verſchieden die Refultate feiner Berfuche in Be⸗ 
zug ber. zureichenden Doſis von denen Anderer, befonvers 
des Herrn Dittweiler find. Ich erlaube mir daher in Fol⸗ 
gendem das von mir hierüber Erfahrene mitzutheilen, um fo 
vieleicht zur ſchnellern Aufflärung dieſes Gegenſtandes et- 
was beizutsagen. So wie viele Andern bat auch mich die 
Aloe ale PBurgiermitel bei Pferden oft im Stiche gelafien 
und dadurch mir von meinen Vorgeſetzten mancherlei unan- 
genehme Bemerkungen zugezogen, weshalb ich mich enblich 
entfchloß, das von fo vielen Seiten ald Purgirmittel fehr 
gerühmte Krotonoͤl zu verfuchen. Das erfte Pferd, bei dem 
ich das Mittel zu diefem Behufe in Anwendung brachte, war 


300 


ein großer, Fräftiger, I2jähriger Wallach, welcher fchon  feit 
Jahren an einer chronifchen Hautfranfheit leidet, bei ber fich 
Verdickungen im Gewebe der Haut gebildet haben, die in 
Form von Rippen über den Rüden gelagert erfcheinen. Ne 
ben der anderweitigen Behandlung der Krankheit wirkte ich 
auch ableitend auf’ den Darmfanal und gab dem SPferbe, 
nachdem ich von einer 10 Drachmen flarfen Gabe Aloe nicht 
bie mindefte Wirkung erhalten hatte, 16 Tropfen Krotonöl 
in 3 Duart Wafler ein, wovon jedoch beim Einfchütten ein 
Dedeutendes verloren ging. In Folge diefes erlangte ich die 
erwünfchte Wirkung ebenfalls nicht und ich fah mich genö- 
thigt, den Verſuch zu wiederholen; doch In der Art, daß ich 
die nämliche Dofis Del auf Kommisbrod tröpfelte und Die- 
ſes wie eine Pille eingab. Hierauf trat, ungefähr nad 12 
Stunden, ein tüchtiges Purgiren ein, welches bis zum an⸗ 
bern Tage dauerte, wo fich dann wieder feſteres Mifen ein- 
ftellte. | 
Mährend des ganzen Vorganges zeigte das Thier, außer 
einiger Fieberbewegung und Traurigkeit, Feine fchlimmen Ne- 
benerfcheinungen und fraß fein Futter wie gewöhnlich. 
Hierauf wendete ich das Mittel noch bei acht andern 
Pferden an; bei 5 in derfelben Art, nämlich zu 16 Tropfen 
und auf Kommisbrod getröpfelt, bei den drei andern aber 
mit Leinfanmenmehl zur Pille gemacht und in einer Gabe 
von nur 10 Tropfen, die bei einem von den breien nur weis 
cheres Miften und Fein eigentliches PBurgiren, bei den ans 
bern aber eine ganz vollftändige Wirkung hervorbrachten. 
Daß ich bei den. drei legten Pferden die Dofts, fo wie 
bie Form des Mittels veränderte, dazu wurde ich veranlaft: 
1. dur die Entzündung und ftarfe Anfchiwellung der 
Lippen, die bei einigen Pferden nach Beſchmutzung berfelben 
mit dem nur lofe auf das Brod getröpfelten Oele ſich ein- 
ſtellten und 


— 1 — 


2. durch Die zu heftige Wirkung, die nach 16 Tropfen 
bei einem Pferde eintrat und den Tod deſſelben nach fich 309. 
Diefes Pferd, 6 Jahr alt, von halb verebelter Race, 
war feit einem Jahre feines Hierfeins immerwährend Fränf- 
lich, ohne eine ausgebilvete Krankheit zu zeigen. Es war 
mager, fraß abwechfelnd fehlecht und hatte ftruppiges, glanz- 
loſes Haar; die fihtbaren Schleimhäute waren blaß gefärbt 
und feine willführlichen Bewegungen fchlaff und träge. 

: Die Symptome nad) dem Eingeben des Krotons beftan- 
den: in bedeutend fieberhaftem Bulfe (70 pro M. die ſich bis 
zum 3. Tage weit über 100 gefteigert hatten), der Buls war 
flein und zuletzt unfühlbar; in angeftrengtem fehr vermehrten 
Athmen, wie bei der ftärfften Lungenentzündung, denn der 
Körper wurde dabei flarf vor- und rüdwärts bewegt, fer⸗ 
ner in Herzklopfen, Boltern im Leibe und häufigen waffer- 
bünnen Ausleerungen, die etwa 12—13 Stunden nach dem 
Eingeben eintraten und bis zum Tode, der zwifchen dem. 3. 
und 4. Tage erfolgte, fortbauerten. Durch's Beſchmutzen mit 
dem Krotonöl waren die Lippen bedeutend angefchwollen, fo 
daß der Kopf das Anfehen wie beim Saulfieber hatte. 

Die Section ergab Folgendes: Der Magen und Darm- 
fanal waren nur’ wenig entzündet, fchlaff und zufammenges 
fallen und ziemlich leer; in ber Brufthöhle fand ich nach dem 
untern Rande der linken Zunge zu ein großes Lungengeſchwuͤr, 
welches über ein Quart biefflüffigen, weißlichen Eiter ent« 
hielt, in der Umgegend dieſes Gefchwüres zeigte ſich die Lun- 
genfubftanz entzündet. An den übrigen — fand ich 
nichts Abnormes. 

Ich glaube nicht, daß hier das Krotonöl die direkte To⸗ 
desurſache war; doch traͤgt es wohl indirekt die Schuld deſ⸗ 
ſelben, indem durch die zu große Aufregung, die es im Or⸗ 
ganismus hervorbrachte, die ſchlummernde Lungenkrankheit ge⸗ 
weckt und hierdurch der Tod herbeigeführt wurde. 

Mit den Ergebniſſen dieſer Verſuche ſtimmen bie in Ge⸗ 


— m — 


meinfchaft mit meinem Kollegen Flothmann einige Zeit 
nach den obigen angeftellten in der Hauptjache überein. Bei 
drei Pferden brachten 16 Tropfen, mit Leinfaamenmehl zur 
Pille gemacht nach etwa 20 Stunden ein gehöriges Purgiren 
hervor, welches etwas über 24 Stunden anhielt, -bei einem 
andern trat nur etwas weicheres Miften ein, und noch bei 
einem- andern, an befien Lebenserhaltung uns nicht viel ge 
legen geweſen wäre, erfolgte nach 32 Tropfen ungefähr nach 
12 —14 Stunden ein ſtarkes Purgiren, welches 2 Tage an⸗ 
hielt und dann ohne irgend übele Folgen zurüd zu laſſen, wie 
der aufhörte. Einem andern, welches wie das oben genannte 
Pferd längere Zeit hindurch Fränfelte und ſchlecht frag, gab 
Flothmann 15 Tropfen, worauf ed fürchterlich angegrife 
fen wurbe, wie Waffer duͤnn purgirte und alle Ericheinungen 
wie bei Bruftentzündung zeigte, in Folge deren es nach etwa 
8 Tagen krepirte. 

Wenn man nun einen Schluß aus dieſen Verſuchen 
zieht, ſo muß er in Hinſicht auf die Gabengroͤße, nach meiner 
Meinung, doch dahin ausfallen, daß die von Herrn Som⸗ 
mer angegebene Doſis von 12—16 Tropfen als bie mitt⸗ 
lere und fomit als die richtigere anzunehmen tft, ja daß ſo⸗ 
gar in manchen Fällen ſchon I0 Tropfen zur Erzielung einer 
ordentlichen Wirkung ausreichen. Wenn es hingegen nun 
doch Fälle giebt, wie der oben angeführte, wo Pferde 30 
und mehr Tropfen vertragen, fo ift eine fo hohe Gabe kei— 
neswegs als Norm aufzuftellen, fondern gerathner, im All⸗ 
gemeinen mit Heinen Gaben anzufangen und im alle der 
Nichtwirfung diefelben vorfichtig zu fleigern. Was die Ver 
fehiedenheit der Wirfung dieſes Mittels anbelangt, jo glaube 
ih aus den Ergebniffen diefer Verfuche fchließen zu können, 
daß neben der Berüdfichtigung der Qualität des Krotonoͤls 
auch befonders noch Rürkficht auf den allgemeinen, fo wie auf 
den fperiellen Krankheitszuſtand des Thieres genommen wer⸗ 
ben muß. Hierfür ſpricht beſonders ber Umſtand, DaB das 


- 


Gjährige Pferd, deſſen Zufland ich im Eingange naͤher be⸗ 
ſchrieben, durch 16 Tropfen von demſelben Oele, aus dem⸗ 
ſelben Flaͤſchchen den Tod fand, von welchem ich vorher ſechs 
andern Bferben diefelbe Dofis reichte und nur das erwünfchte 
Burgiren erhielt, welche Gabe fogar bei dem Pferde mit der 
Hautfranfheit im Zeitraum von 2 Tagen wiederholt wurde; 
noch auffallender geht es aber aus dem Falle hervor, wo ein 
Pferd von 15 Tropfen deſſelben Del den Tod fand, von 
dem ein anderes 32 Tropfen ohne befondere Nachtheile 
ertrug. 

Es muß alfo zum großen Theile ver Zuftand des Thie- 
res mit berüdfichtigt werden und in diefer Beziehung möchte 
ich als Gegenanzeigen die in Pr. Hertwigs Arzneimittel- 
Iehre 9. 397 angeführten Krankheitszuſtaͤnde auch hier als 
folche anführen, nämlich: Heftige funochöfe Entzündungen, Ent- 
zündungsfieber und Krankheiten, die mit heftig aufgeregter 
Senfbilität und Srritabilität in den Organen der Bauch⸗ und 
Dedenhöhle verbunden find. Auch in cacheftiichen Krants 
beiten follen die Thiere dies Mittel nicht vertragen, wofür 
auch beide oben angeführten Falle üblen Ausganges fprechen; 
bo glaube ich, daß man, in gehörig gemäßigter Gabe, es 
wagen darf, daſſelbe in folchen Fällen in Anwendung zu brin= 
gen, denn einem jungen Sjährigen Pferde, welches ebenfo 
wie oben genannte fchlecht fraß, ſtruppiges, glanzlofes Haar 
und überhaupt daſſelbe magere, elende cacheftifche Anfehn hatte, 
gab ich 10 Tropfen mit Leinfaamenmehl zur Pille gemacht 
und erhielt eine ganz hübfche Wirfung ohne fehlimme Neben- 
erfcheinungen. | 

Die bei diefen Verfuchen bemerfte Verſchiedenheit des 
Zeitraumes, in weldem die Wirfung eintrat, hängt wohl 
auch von der Dispofition der Thiere, fo wie auch von ber 

Größe der geringften Dofis ab. 
Die Frage nun, ob das Krotonöl als Purgirmittel ber 
Aloe vorzuziehen fei, ift fchon von vielen Seiten her mit Ja 


— Hd — 


beantwortet worben und auch die Nefultate dieſer Verſuche 
fprechen fehr viel für die Bevorzugung defielben, denn 1. wirft 
das Krotondl ficherer als Aloe; 2, bebarf man feiner langen 
Vorbereitung der Thiere und 3. gewährt dies Mittel eine 
viel bifligere Erzielung des Purgirens, als dies bei der Aloe 
der Fall ift, denn obgleich das Mittel an und für fich theurer 
als Aloe ift, fo often die erforberlihen 12 —16 Tropfen 
mit dem zur Pillenmafle gehörigen Leinfaamenmehl höchftens 
nur 8 - 10 Pfennig, während eine Aloe⸗Pille immer gegen 
4—5 Eifbergrofchen Foftet. 

In Bezug auf die Qualität des Mitteld wäre es wohl 
gut, wenn der Thierarzt, der daffelbe in Anwendung bringen 
will, mit dem Apothefer, von dem er es bezieht, fich hier⸗ 
über verftändigte, um fo, nicht allein die möglichtt befte Qua⸗ 
Ktät, fondern auch ein immer gleichmäßig wirkendes Mittel 
zu erhalten. 

Mas die Form, in der das Mittel am beften gereicht 
werben kann anbelangt, fo Hat ſich die mit Leinfanmenmehl 
zur Pille gemachte, als vie vortheilhaftefte bewährt; man 
fann dad Del bei einiger forgfältigen Bereitung möglichkt 
gleichmäßig vertheilen, einhüllen und fo die Abende Einwir⸗ 
fung befielben auf die Lippen und Maulfchleimhaut verhin⸗ 
bern; auch nehmen die Pferde es in dieſer Form fo gern, 
daß fie fogar daſſelbe freiwillig aus der Krippe freſſen, was 
ich bei einigen beobachtet habe. 


— 305 — 


V. Zur Pathologie des Schweines. 


Dom Koͤnigl. Kreisthierarzte Rehrs zu Ibbenbüren, im Kreiſe 
Tecklenburg. 


Wenn gleich es allſeitig anerfannt werden muß, daß 
auch die Thierheilfunde das in allen Fächern der Kunft und 
Wiffenichaft gegenwärtig mwahrzunehmende „VBorwärts” zu 
ihrem claffifhen Motto gewählt hat, fo ift doch das Areal 
derfelben zu groß, um alle Selber, in der erft Furzen Zeit 
ihrer @ultur, mit gleicher Sorgfalt hegen und pflegen zu 
fönnen. Man fafle unter Andern einmal die Pathologie des 
Schweines ins Auge, lag fie nicht noch vor Kurzem ganz im 
Argen? Run bat Spinola dieſen Gegenfland durch ein 
ireffliches Werk „Die Krankheiten der Schweine, Berlin 1842‘ 
vortheilhaft beleuchtet; indeß find immer noch einige Dunfels 
heiten geblieben, welche aufzuklären für die Wiffenfchaft wie 
für die Praxis gleich intereffant fein würde, 

Das Schwein iſt unftreitig für den Landwirth ein fehr 
wichtiges Hausthier. . Diefes erfennend hat auch ber weft 
phaͤliſche Landwirth fich der Zucht deffelben feit Iange her fehr . 
befleißiget, was er aber bei den immer mehr fich verändern«- 
den Berhältniffen der hieftgen Landwirthſchaft um jo mehr zu 
thun .genöthigt fein wird, als mit. der tragifchen Wendung 
des. Schieffals der Leinwandfabrifation die Landwirthe, na⸗ 
mentlich bie. vielen Heinen Landleute des Münfterlandes, Die 
Quellen ihrer Einnahmen in der Biehzucht und die letztern 
ganz befonders in der Schweinezucht fuchen müflen, indem 
Durch. die von Jahr zu. Sabre fich günftiger geftaltenden Con⸗ 
kancturen mehr Lebhaftigkeit in den Verkehr mit Faſel⸗ und 
fetten Schweinen, mit Speck, Schinken und Würften kömmt 
und damit die Ergebniſſe des Fleißes ‚mehr belohnt werben, 

Bei diefer dem Schweine in landwirthſchaftlicher Hinficht 
geichenkten Wichtigkeit dürfte es nicht unintereffant fein, eine 


in Weftphalen fehr allgemein und oft vorfommende Krank⸗ 
heit defielben hier zur allgemeinen Kenntniß zu bringen; zu⸗ 
mal diefelbe alle Beachtung verdient und meines Wiſſens noch 
nirgends befchrieben worden ift. 

Es ift eine, der Rhaditis des Menfhen ähn— 
lihe Knochenkrankheit, die nur junge Schweine 
tim erften Lebensjahre befällt und im Allgemeinen 
burh Störungen der Ernährung, Auftreibung der 
Gelenkenden der Röhrenknochen, fo wie auch mit- 
unter durch Erweichung und Biegung der legtern 
ſich charakteriſirt. 

Wie die meiſten Krankheiten des Schweins hier mit dem 
trivialen Namen „Verfangen“ bezeichnet werden, ſo wird 
auch die fragliche hierunter ſubſumirt; doch giebt ihr der Lanb⸗ 
mann, feinen großen Kummer und Schaden, ben fie ihm 
häufig anrichtet, ausprüdend, auch ven Namen „Schweine: 
leiden. 

Symptomatolsgie. Bei einiger Zeit vorhergeganger 
ner Traurigkeit und Unluftigfeit, fchwacher Freßluſt, firäuben 
fih die Borften und legen fich Ereug und quer burcheinander, 
in der Gegend der Flanken bilden fich oft Wirbel daraus; 
die Thiere wühlen gern und zeigen ein außergewöhnliches 
Berlangen nach Talfigen und efelhaften Dingen, z. B. Hüb- 
nermift, Miftiauche 265 fie liegen. viel und ftehen ungern auf; 
ungeachtet des fchlechten Freſſens tragen fie meiflens einen 
großen Leib bei nicht entfprechender Zunahme an Fleiſch. — 
Bugleidy nehmen die Kranken eine zaghafte, klammrige Be« 
wegung an; die meiften fangen auch an mit dem einen ober 
andern Fuße lahm zu gehen Chinfen); im Stande der Ruhe, 
z. B. beim Freſſen, ziehen fie abwechfelnd den einen. um ben 
andern Hinterfuß gleichfam zudend in bie Höhe. — Die 
Gelenke treiben auf, namentlich das Sprunggelenf, das Vor⸗ 
derknie (HandwurzeigelenD und die Feſſelgelenke, entweder 
ſchwillt das Gelentende des Knochens in feinem ganzen Um⸗ 





307 


fange auf, ober es bilden fich verfchieben geformte mehr ober 
weniger dicke Eroftofen an diefen Gelenken, in feltenern Fäl- 
len auch bie und da am Körper der Röhrenfnochen. Be 
vielen Kranken erweichen zugleich. auch die Knochen und wer- 
den durch die Gewalt der Muskeln gebogen; daher Ber- 
kruͤmmungen der Schenkel eine häufige Erfcheinung ifl. In 
Folge des continuirlichen Schmerzes in den Schenfeln tabe- 
feiren die fleifchigen Theile derfelben, woran oft auch ber 
ganze Habitus partizipirt. 

Bei diefem Zuftande der Krüppelhaftigfeit find viele 
Schweine noch fähig, fich felbfiftändig von ihrem Lager zu er⸗ 
heben und den Yuttertrögen ſich zunähern, aud wohl etwas 
weitere Bewegungen zu machen; andere hingegen find zum 
beftändigen Liegen verdammt und koͤnnen entweder gar nicht 
ftehen, oder ftehen höchftens eine kurze Zeit zitternd und un⸗ 
ficher, wenn fie von Menfchen aufgehoben worden find, 

Die nicht felten vorfommenden Curvaturen der Schen- 
Tel geben dem Thiere ein jämmerliches Exterieur; man flieht 
fie in verſchiedenem Grabe und fehr mannigfaltiger Art: die 
gervöhnlichen beftehen in dem Dachsähnlichen, ober auch die⸗ 
fer entgegengefesten knieeinwaͤrts Blegung; ferner an ben 
Hinterfhenfeln von der Form einer ftarfen Hafenhade bis 
zur Blegung, daß das Thier mit dem Sprung oder Ferjen- 
kein faft die Erde berührt. Auch die Knochen der Wirbel: 
fünte werben in einzelnen, wiewohl feltenen Fällen verfrümmt 
und dadurch Budel (Kyphosis) erzeugt *). 

Die die Kranfheit ſtets begleitenden Knochenauftreibun⸗ 
gen entwickeln fich gewöhnlich fehr allmählig; zumellen tre⸗ 
ten fle jedoch mehr befchleunigten Schritte hervor, und co⸗ 
exiftiren dann im Anfange auch einige gelinde Erfcheinungen 


*) Hiermit find jedoch diejenigen, nicht felten vorfommenden Buckel 
nicht zu verwerhfeln, welche in Bolge mechanifcher Berlegungen in ber 
frübehen Jugend, 3. B. durch Treten ber San veranlaft werben. 


— 3068 — 


der Entzündung, wie Schmerz beim Drucke, vermehrte 
Wärme. — Eiterung ober Caries fand ich nie an den af⸗ 
fieirten Knochen, noch in deren Umgebung. 

In nicht feltenen Faͤllen find die gedachten Erſcheinungen 
von unzweideutigen Merkmalen der (Schwefter) Scrophel« 
frantheit begleitet, welche fich in dem, bereits oben angeführ: 
ten, aufgetriebenen Bauche, fo wie auch in den, an verſchie⸗ 
denen Stellen des Körpers hervortretenden Beulen und Ge⸗ 
fhwüren ausfpricht. — Häufiger noch als dieſe legtern 
Eymptome findet die. Coincidenz eines eigenthümlichen Haut- 
ausfchlages über den ganzen Körper, vorzüglich längs des 
Rückens, ftatt, welcher in der Ablagerung mehr ober weniger 
dicker, bräunlicher, feft an der Haut abhärirender Kruften, 
unter welchen, wenn man fie abfragt, eine. gelb«bräunliche 
(wie mir fcheint) eigenthümlich riechende Beuchtigfeit aus ber 
Haut fidert, befteht. — 

Die Bildung und Entwidelung dieſer Kämmtticher: ange⸗ 
gebenen Symptome geſchieht immer langſam, doch in einem 
Falle raſcher als im andern; oft ſiſtiren ſie auf laͤngere Zeit 
und ſchreiten dann wieder raſch vorwaͤrts. Ihr Eintreten 
findet gewöhnlich um die Zeit des viermonatlichen bis halb⸗ 
jährigen Alters des Schweins (Ferkels) Statt, und kann bie 
Dauer der Krankheit des intervenirenden öfonomifchen Intreſ⸗ 
ſes wegen nicht angegeben werben. Toͤdtlich wird fie wol nie, 
fondern Berfrüppeln und Verfümmern ift ihr ſchlimmſter, 
leider aber gewöhnlichfter Ausgang. Indeſſen giebt es auch 
viele Fälle, wo die Natur allein, oder in Allianz mit ber 
Kunft die Krankheit nicht bis zu diefem Grave kommen laſ⸗ 
fen, oder, das bereits ftarf.von derfelben attaquirte Schwein 
wieder heilen, und es fpäter ein guter Gegenſtand für Die Küche 
wird; allein ift es ein Zuchtfchwein, fo entglimmt bie Krank: 
heit bei der Nachlommenfchaft wieder. — Bei anhaltend recht 
warmem Wetter wird es gewöhnlich beffer mit den Patienten, 
Sp habe ich oft gefehen,. daß, mit einem. hohen Grabe biefer 
| Krankheit 


Krankheit behaftete, fehr verfrüppelte Schweine bei eintreten« 
dem Frühjahr, wenn die Thiere die freie Luft genoflen, wie 
der ganz munter und mobil wurden; allein bei kaltem Herbft» 
wetter wurde e8 wieder fchlimmer mit ihnen. | 

Zur Diagnofik befagter Krankheit fei noch bemerft, 
daß die letztere fich zwar durch die aufgeführten Symptome 
hinlänglih vor andern unterfcheidet;. allein es giebt noch 
zwei Uebel beim Schweine, welche Aehnlichfeit mit der Rhachi⸗ 
tis verfelben haben und, um einer Verwechfelung vorzubeu- 
gen, hier angeführt werben ſollen. Es find dieſes: 

1) der afute und noch mehr der chronifche Gelenkrheu⸗ 
matismus,; und 

2) das in specie mit * men Berfangen bes 
zeichneten Leiden. 

Der Gelenfrbeumatismus und das fogenannte Ver 
fangen, Rofe, Butterrofe, Verſchlag (complicirter Muskular⸗ 
theumatismus find zwei verfchiedene, jedoch verwandte Krank⸗ 
heiten, welche oft bei Schweinen vorkommen. Der Erftere 
erfcheint in Hinficht des Charakters feiner‘ Symptome. in 
zweierlei Formen: afut.und hronifc. 

Der akute Gelentrheumatismus der Schweine un- 
terfcheidet fi) von der, der menſchlichen Rhachitis ähnlichen 
- Knochenfranfheit derſelben: durch feinen plöglichen Eintritt 
und rafchen. Verlauf, mit dem gänzlichen Berluft des Appe⸗ 
tits, der Munterfeit und freiwilligen Bewegung, wobei bie 
Thiere oft in kurzer Zeit entweder allgemein, oder doch am 
Hintertheil Crheumatifch) gelähmt find und Schmerz und an- 
* dere Entzündungszufälle, entweder. fir, oder auch oft wandernd, 
an den. affleirten Gelenken zeigen; ferner durch das beglel- 
tende entzündliche Fieber; durch gewöhnlich ftattfindendes auf⸗ 
fallendes Knacken in.den Gelenken, wie wenn man trodned 
Reiferholz zerbricht; endlich durch die Abmwefenheit der Knochen⸗ 
anfhwellungen und Verbiegungen. — Dem chroniſchen 


Gelentrheumatismus, der gewöhnlich aus dem afuten 
Drag. f. Thierbeilt. XI, 2 


810 
en — U 


hervorgeht, fehlen ebenfalls die Knochenauftreibungen und 
Berbiegungen; es kommen zwar hierbei auch Curvaturen ber 
Schenkel vor, aber anderer Art, und zwar in Folge einer ans ' 
haltenden Contraftur der Flexoren *). 

Das Berfangen, die Rhehe ift eine oft fehr —*— 
cirte Krankheitsforin, worin bald der gaſtriſche, bald der rheu⸗ 
matiſche Charalter praͤdominirt, und ſich gleichwohl durch Ihr 
raſches, meiſtens fieberhaftes Eintreten und Verlaufen, durch 
den gänzlichen Verluſt des Appetits, träge oder gänzlich un⸗ 
terbrüdte Miftentleerung, fo wie durch ben Mangel ber mehr⸗ 
gedachten, Ertumefcenzen und Gurvaturen ber Knochen von 
der Rhachitis unterfcheidet. Der Verfang complicirt fi zwar 
mit innern Entzündungen der Bruft und bes Hinterleibes und 
macht fich dadurch oft zu einer lebensgefährlichen Krankheit. 

Die in Frage flehende Krankheit wird nicht-feiten von 
den vorhin näher bezeichneten Scrophelſymptomen, Hautausfchlag 

u. ſ. m. begleitet, auch manifeſtirt fie eine entfchiedene Erb⸗ 
Er was die beiden rheumatifchen Kranfheiten ni, 
verneinen. 

Die Sektionserſcheinungen beziehen fich hauptſaͤch⸗ 
lich auf die Knochen; es zeigen ſich mancherlei Berdidungen, 
Inotige Auftreibungen und nicht felten Berfrümmungen an 
denſelben. Ramentlich find die Eipiphyfen der Roͤhrenknochen 
aufgetrieben, erweicht, mitunter etwas geröthet; fie verbinden 
ſich unvollfommen wit dem Störper bes Knochens. Suppus 
ration, Ulzeration, fulgige und ödematöfe ‚Ablagerungen in 
und an den Gelenfen habe ich nie gefunden. — Ferner fand 
ich die Lymphdruͤſen, namentlich die Mefenterialprüfen manch⸗ 
mal vergrößert, verhärtet, in Eiterung übergegangen, und in 


— 





*) Der Gelenkrheumalismus der Schweine findet ſich unter dem Na⸗ 
men „Rhenmatifche Arthritis” im Repert. der Thierhlde. 6. Ihrg. 4. ‚Heft 
beſchrieben. 


— Si — 


. den Zalen, wo Beulen oder Geſchwuͤre ſich mit der Krank⸗ 
heit gebildet hatten, Knoten von verſchiedener Größe, mitun⸗ 
ter im Gentrum Eiter enthaltend, im Kehlgange, unier dem 
Ohre, in ber Hinterbade und auf den Rippen. — Eine che⸗ 
miſche Analyfe der Knochen würde vielleicht —2 Auf⸗ 
ſchluͤſſe geben. 

Aetiologie. Unter den entfernten Urfagen der 
Krankheit if, nach meinem Dafürhalten, die innere, prä- 
bisponirende vom größeften Belange; fie wird (ähnlich 
der jerophulöfen Anlage des Menfchen auf die Rachfommen) 
von den elterlichen Thieren ererbt, und ift der Hauptgrund 
des hier ftatifindenden enzootifchen Vorkommens der Krank: 
heit. Man kann fle zwar aus ſemiotiſchen Wahrnehmungen 
an den jungen Schweinen nicht beftimmen , ihr großer Ein- 
fluß läßt fi) aber aus den mannigfaltigen Beobachtungen ber 
baldigen Entwidiung der Krankheit bei den Jungen, die von 
rhachitiſchen Eltern gefallen, fupponiren, wenn man dabei bie 
negative Bemerfung, daß bei jungen Schweinen”anderer, von 
der fraglichen Krankheit freier Zuchten, die gleichen Einflüffen 
ausgefegt find, die Krankheit nicht vorfömmt, damit ver⸗ 
gleicht. Die Rhachitis koͤmmt nicht bei allen fich hier vorfin⸗ 
denden Racn und Schlägen gleich häufig vor: am meiften 
verbreitet ift fie unter den grobknochigen, hochbeinigen Schwei- 
nen; weniger bei der fogenannten Karautfche, und unter der 
fogenannten Amerifanifchen Race”) habe ich fie noch gar 


*) Die amerifanifchen Schweine wurden hier vor eiwa 14 Jahren 
direlt aus Nordamerika eingeführt, mit den hiefigen gekreuzt umb auch in 
seiner Race fortgepflanzt. Der Erfolg der Kreuzung war nach Berlauf 
einiger Jahre, dem einflimmigen Utheile aller unferer Landwirthe gemäß, 
ein guter, und es konnte daher nicht fehlen, daß dieſe neue Schweinerace 
damals en vogue wurbe. Allein mit der Zeit geht es derſelben, wie ben 
meiften Neuerungen, es freien ihr Vorurtheil und Gewohnheit entgegen. 
Doch u davon muß man bie amerilaniſchen Schweine jhäpen, 


21 * 


— 312 — 


nicht beobachtet; auch bei den Meftigen von diefen und ben 
hieſigen iſt fte felten. 

Zu den Gelegenheitsurfachen, die den Ausbruch 
der Krankheit befördern, rechne ich: Das den jungen Thieren 
gereichte fchwere Futter aus Gerfte, Erbſen, Bohnen, Widen 
u. dergl., welches ihnen gewöhnlich zum Auffuchen von der 
Erde. tfchnüffeln): rein vorgeworfen . wird; ferner das viele 
Liegen in feuchten Ställen. — Ein feuchtes Lager, überhaupt 
einen unreinen Stall können die Schmweine.eben fo . wenig 
ertragen, wie andere Hausthiere. Viele glauben zwar, das 
Schwein fühle ſich um fo behaglicher, je mehr es im Kethe 
flede; dem ift aber nicht fo: das Schwein muß ſtets einen 
trocknen Stall haben, wenn «8 gefund bleiben und fich. gut 
nähren fol. Es wühlt zwar häufig im Kothe, Doch dieſes 
thut es nur entweder. um fish bei äußerer und innerer Wärme 
augenblidlich abzufühlen, oder um fich Nahrung — x.) 
zu fuchen. 

Pathogenie und Weſen der Krankheit. Bon 
fremder thierärztlicher Saat kann ich hier nichts. erndten; da⸗ 
‚ber ift ed mir wol erlaubt, mit den mannigfachen mebieini- 
jhen Theorien über die Rhachitis einige Bekanntſchaft zu 
machen. Ohne gerade hiervon eine aboptiren zu wollen, finde 
ich mich doch. für diejenige Anſicht am geneigteften, welche 
das Weſen der Rhachitis in eine Blutkrafis fept; und habe 
ich über die Geneſis derfelben folgende Idee: Die Bildung 


fie find genigfam, nehmen mit allerlei Sutter, was die andern oft ver⸗ 
ſchmaͤhen, vorlieb und nähren ſich dabei rafch und gut. Sie find nicht fo 
weichlich wie unfere einheimifchen Schweine, daher felten Krankheiten mn: 
terworfen. Die vermehrten Handelsconjuncturen mit Schweinfleiſch⸗Waa⸗ 
ren im dieſſeitigen und Mindener Regierungsbezirk, wodurch die fetten 
Schweine zu einem welt verbreiteten Handelsartikel geworden find, haben 
die amerifanifchen Schweine verpönt, weil die commerzielle Probuftfon 


were Echweine verlangt, wenigfiens bei der Maftung ſchwerer Schweine 
ber meilte Gewinn len foll. 





— — 


und Entwickelung der Krankheit ſetzt eine beſondere Anlage — 
welche als eine Unvollkommenheit der Kräfte und des Baues 
Coorzüglich der Schenkel) ererbt wird — voraus; durch Die 
als Gelegenheitöurfachen erfahrungsgemäß beſchuldigten 
Schädlichfeiten — das den jungen Schweinen gereichte ſchwere 
Zutter — werden mehr chylöfe Säfte erzeugt, als ber Kör- 
per einerfeitd zu feiner normalen Reproduktion bedarf. und 
anbrerfeit auch in der mangelhaften Atmofphäre, worin er 
vogetirt -- Die feuchte, fauerftoffarme und mit Fohlenfaurem 
Bas gefchwängerten Luft *) — afftmiliren (oxydiren, dekar⸗ 
bonifiren) Fann. Auf diefe Weiſe entfteht die Blutkraſis, 
welhe dann den, in der vorberrfchenden Evolution bes 
griffenen Knochen zur Laft fällt indem biefelben von dem mins 
- der ausgearbeiteten Blute mehr befommen, als fie zu ihrer 
gefundheitsmäßigen Ernährung bedürfen. — Häufig wird 
auch in Folge des Franfhaft- qualificirten Blutes eine ano- 
male Bildungsthätigfeit in andern Theilen, in der Haut, in 
den Drüfen u. dergl. erzeugt, und find daraus der Hautaus⸗ 
ſchlag, die Verhärtung und Eiterung der Drüfen, die Tuber: 
kelbildung u. f. w. zu erklaͤren. 

Daß diefe Erflärungsweife nichts Vollkommenes darbie⸗ 
tet, fühle ich fehr wol; indeß glaube ich, es iſt beffer, eine 
‚unvolffommene, als gar feine Idee über einen zu behandeln« 
den Krankheitszuftand zu haben und ver bloßen Empirie zu 
huldigen. 

Mit den bei andern Hausthieeen vorfommenden Jugend⸗ 
franfheiten, wie Füllenlähme over Rhachitis der Füllen, Kaͤl⸗ 
berlähme (Rhachitis vitulorum) u. f. w. bat die hier befchrie- 


— — — — — 


“) Das anhaltende Liegen in feuchten Ställen wirft doppelt nach⸗ 
teilig auf den Vegetationsprozeß: einmal auf die (nach meiner Meinung 
beim Schweine zu gering angefchlagene) Transpiration und andererfeits auf 
die Refpiration, durch bie in folchen Ställen enthaltene ſauerſtoffarme und 
an Fohlenfaurem Gas reiche Luft. 


— 3 — 


bene Echweinefranfheit Teine, weder fomptomatifche noch eflen- 
tiele Spentität, obgleich fie dem Weſentlichen nach jenen wol 
nahe fteht. Eben fo wenig läßt fie ſich mit der Gicht ober 
dem Rheumatismus identiſiciren (S. weiter oben), wie manche 
Thieraͤrzte glauben. 

Brognofe. Die in Rebe fiehende Knochenkrankheit if 
im Allgemeinen eine ſchwer, oft gar nicht gründlich zu hei 
Iende Krankheit; doch richtet fi) die Vorherſage nach dem 
Grade derfelben, mehr oder minderem Vorberrfchen der erblichen 
Anlage und darnach, ob die öfonomifchen Verhältniffe mit 
dem Heilzwecke übereinftimmen. Rüdfichten der zu erhalten- 
ben erteriellen Schönheit der Thiere Tommen hier natürlich 
nicht (wie beim Menfchen) in Betracht; denn ob die Schweine 
budelig und Früppelhaft werten, hat nichts zu fagen, wenn 
fie nur fett werden. Aber infofern die Krüppelhaftigfeit die 
Aeußerung des Inftinkts, 3. B. der Butteraufnahme nachzuges 
ben, befchränft, tritt fie diefem Zwecke entgegen. Das Feti⸗ 
werden bei biefem Uebel, auch wenn die Schweine noch ge- 
hen Fönnen, ift flets eine zweifelhafte Sache; denn die Rhachi⸗ 
tis ift Krankheit der Ernährungsthätigfeit, zwar vorzugsweiſe 
der Knochen, jedoch wird der ganze Körper immer mehr ober 
weniger mit affleirt. In vielen Fällen quält fich die Natur 
durch, überträgt den Roͤhrenknochen das Leiden, und der Kör- 
per mäftet fich, obgleich nie dem genoflenen Futter entfprechend, 
doch noch leidlich aus; in chen fo häufigen andern Fällen 
liegt die ganze Meproduction barnieder, und ber mit allem 
Bleiße pflegende Landmann gewinnt weder Fleiſch noch Schmeer 
für feine Küche. — 

Therapie. Die empirifche Behandlung, welche bie 
hiefigen Zandleute und Pfufcher bei diefer Krankheit in An⸗ 
wendung bringen, befteht in Franzenſtechen (Applikation ber 
Rießwurz, welche man glei der Panacea Hülfe in allen 
Krankheiten zufchreibt) und dem innerlichen Gebrauch der 
Berberige in Abfochungen mit Mid. — Meine bisher in 


— 35 — 


Anwendung gebrachten Kuren fügen fich, ber vorhin aus⸗ 
gefprochenen Theorie über die Entwidlung und das Wefen 
der Kranfheit gemäß, auf folgende Indikationen: 

3) die Urfachen zu entfernen: Daher den kranken Thieren 
einer Seits eine leicht verdauliche, ihrem Alter und ihrer 
Größe anpafiende Nahrung zu geben (Milch, Wurzelwerf, 
nur etwas gefchrotened oder mit kochendem Wafler gequelites 
Korn u. dergl), und anderer Seits ihnen ein trodene® La⸗ 
ges, das von einer reinen Luft umgeben ift, gu ver 
fchaffen. 

2) Dem anomalen Ernaͤhrungsprozeſſe überhaupt und 
insbefondere in den Knochen durch geeignete Arzneimittel ent« 
gegen zu wirken; und zwar a) burch innerliche, ſpecifiſch auf 
die Knochen wirkende, in Verbindung ſolcher den Grnähs 
rungsprogeß im Körper überhaupt umſtimmenden Mittel, und 
b) durch Außerliche, ie nach Art der örtlichen Zufälle, ab« 
leitende, ftärfende, oder fpecififch auf die Emährung in ben affi⸗ 
eirten Knochen wirfende Einreibungen. 

Was das der zweiten Hauptanzeige entfprechenbe Heil 
verfahren betrifft, fo ermangeln wir leider noch eben fo fehr 
der genauen Kenninifi der Wirkung diefer Arzneimittel, als 
uns der anomale Ernährungsprozeß in feinem Weſen oft 
problematiſch if. Mittel, welche in biefer Beziehung im 
Allgemeinen gerühmt und in der Rhachitis des Schweins von 
mir oft, mit bald mehr, bald weniger günftigem Erfolg an- 
gewendet. werben, find: Brechmittel, welche ich in ber Re⸗ 
gel voraus gehen und den fpäter zu gebenden Mitteln ins 
terveniren laſſe. — Der Leberthran und aud der gewöhn- 
lie Thran. Vorzüglich den Erftern laſſe ich vielfältig in- 
nerlich 3 Mal des Tages, jedesmal 1 —2 Eßloöͤffel vol, mit 
gepulv. rohen Spießglanz, mit Terpenthinsl, mit Enzian, 
Kalmus und dergl. geben, und effectuire bamit jederzeit 
Nusen, wenn das Mittel anhaltend genug gebraucht wird. 

Die Asa foetida wirft ebenfalls in biefer Krankheit 


— 316: — 


wohlthätig; leider nehmen die Schweine die Arznei, worin 
ſich dieſes Mittel befindet, nicht mit dem Futter ein, und 
man ift gezwungen zu dem bei Schweinen Täftigen Eingeben 
überzugehen. Bei den Schweinen der hiefigen Kötter und 
Heuerleute, welche gewöhnlich fehr handzahm find (mas in 
der Art, fie zu behandeln Tiegt), geht das Eingeben der Ar- 
zeneten bequemer, und da wende - ich die Asa foet, mit 
Antimon. crud., Ammon, muriat. Calmus ıc. an. 

Die Rubia tinctor. habe ich gleichfalls oft mit gr 
tem Erfolge angewandt. Sie fcheint gegen das Knochen» 
leiden mwohlthätig zu fein, verbeflert aber nicht den bei rha- 
chitifchen Schweinen meiſtens verminderten Appetit und bie 
fchlechte Verdauung, daher verbinde ich fie mit Tart, stibiat, 
Ammon, muriat,, Natr. muriat, oder auch mit Asa foet. 

Bon der Anwendung des Jods und feiner Präparate 
konnte ich bisher, da hier mit der Bezahlung für thierärzt- 
liche Kuren gar zu fehr gefnaufert wird, bei diefer Schwei- 
nefranfheit feinen Gebrauch machen; feine befannten fpeciftfchen 
Wirfungen auf den DBegetationsprogeß laflen aber- auch casu, 
substrato einen günftigen &ffeft muthmaßen, welcher um ſo 
größer fein würde, wenn es mit dem Ol. jec. Asell. in Ver⸗ 
bindung gebraucht würde. 

Gleich nüglich der innerlich zu gehenden Mitel find 
Außerliche Einreibungen auf die aufgetriebenen, ver 
frümmten Knochen, und ich muß vorzüglich diejenige ‚von 
Terpenthindl hervorheben. - Ich feße dem. Leptern häufig 
etwas Theer hinzu, lafle beides in einem Topfe einige Tage 
fiehen, rühre 'e8 oft um und gieße dann das gefärbte Ter⸗ 
penthindl ab und laſſe diefes 2mal auf den Tag einteiben, 
wonah Die Schweine wieder gehen fünnen. Wenn bie 
Knochenauftreibungen fich mehr rafch entwideln und mit Er⸗ 
feheinungen der Entzündung verbunden find, fo laſſe ich et- 
was erwärmten Thran einreiben. 

Nicht unnütz ift es, bei der Behandlung das Augen⸗ 


merk auch auf den oft vorhandenen Kautausfchlag zu rich- 
ten. Obgleich ich die ſchnelle Vertilgung deſſelben nicht 
rathe und auch feine Mittel dazu weiß, empfehle ich doch 
das öftere Abwafchen mit warmem Seifenwaffer, indem es 
den Thieren fehr gut bekömmt. 

Prophylaris. Um die Entftehung diefer Krankheit 
zu verhüten, hat man zwei wichtige Aufgaben zu löfen, als: 
1) die Tilgung der erblichen Dispofition, und 2) den jun 
gen Schweinen ein zwedmäßiges biätetifches Verhalten zu 
gewähren. 

Die erfte Maafregel fann nur durch Ausſchließung 
folher Säue und Eber ‘von der Zucht, welche rhachitifche 
Erfcheinungen- zeigen, oder deren Eltern und Boreltern da⸗ 
von befallen waren, erreicht werben; denn es findet hier 

"ganz beftimmt. das Sprichwort feine Beftätigung: das Glei⸗ 
ches vom leihen fällt. — Am ſchwierigſten iſt dieſer 
Praͤcaution bei.dem Ankauf 6—8 Wochen alter Ferfel zu 
genügen, indem diefe Thierchen Fräftig umd gefund genug er⸗ 
fcheinen und. dennoch den Keim der Krankheit in fich iragen 
fönnen. . Ich weiß bier nur ein (zwar auch nicht ſtets vor⸗ 
handenes) Zeichen, auf das ic. fehe, und welches in dem 
abwechſelnden, gleichfam zuckenden Aufheben ber Hinterſchen⸗ 
kel, beim Stehen, beſteht. 

Was 2) das zweckmaͤßige diaͤtetiſche Verhalten der Fer⸗ 
kel anbetrifft, ſo ſind hierbei die als Urſachen befehulbigten 
Umftände zu beuchten. 

Diefe beiden Berhütungs -Maafregein find allerdings 
leichter vorzufehreiben,. als auszuführen. Indeſſen kommt e8 
hierbei auf die Intelligenz der Landwirthe an; denn Dies 
felben machen bier und da 'noch große Operationen, um 
den vermeintlichen Dämon aus. dem Stalle ju eroreiten: 
So kenne ich mehrere Beifpiele, wo der Landmann, der 
jäbrlichen Verkrüppelung feiner Schweine an der Rhachitis 
wegen, den Schweineftall abbrach und einen neuen am 


einem andern Blake wieder aufbaute. — Jebdoch ift bas 
Umbauen des Stalles nicht immer ald eine fuperftitiäfe 
Fatuität zu betrachten, wenn- nämlich der Stall fogenanntes 
Orundwaffer hat, welches ihn beftänbig feucht erhält, 
fo fann das Umbauen deffelben an einen andern, höher 
gelegenen, trodnen Drt, heilfam für die Zukunft wirken. 


-VE Zwei Auffätze. 
Don &. W. R. Huth, Thlerarzt erfter Klaſſe in Neukirch. 


1. Bildung von Zähnen am’ ungewöhnlichen Orte. 


Da aud wir in meiner Praris einige dergleichen. Fälle 
vergelommen find, fo fühle ich mich, durch die Aufſätze im 
Magazin 1842, ©. 471, und 1843, ©. 17], veranlaßt, 
das was ich über biefen Gegenſtand beobachtet und kennen 
gelernt: habe, bier mitzutheilen. 

Was die Form eines ſolchen Zahnes betrifft, fo iR die⸗ 


felbe der eines gewöhnlichen Pferde-Backenzahnes am aͤhn⸗ 


lichſten, nur daß erfterer baburch eine etwas unregelmäßige 
Form erhält, daß er nicht wie der gemöhnliche Barfenzahn ie 
einer Zahnhöhle (Alveole), fondern frei zwiſchen Weichge⸗ 
bilden, nur mit dem einem Ende an irgend einem Knochen 
oder Knorpel leicht befeftigt, in der Ausbildung vorwärts 
ſchreitet. 

Zu Anfange, ehe der Zahn gebildet wird, ſindet wan 
an der betreffenden Stelle, wo der Zahn ſpaͤter entſacht, eine 
Taubens bis Hühnereigroße mehr ober weniger begrenzte 
Geſchwulſt, welche ein Heinea geſchloſſenes Sädchen in ſich 
verbirgt, deſſen Häute fehr dünn find, und an dem oben 


m — — — — — 


— 39 — 


N 

freiern Ende mehrere in ſich umgeſchlagene Falten bilden; 
das Saͤckchen ſelbſt iſt hinreichend mit Gefaͤßen und Nerven 
verſehen, welche ſich ſpaͤter, nachdem der Zahn vollkommen 
ausgebildet iſt, verlieren. Der Inhalt des Saͤckchens beſteht 
aus einer gelatinöſen Feuchtigkeit. Inhalt und die Häute 
des Sädchens verwandeln fi) allmählig in Zahnſubſtanz und 
zwar fo, daß die Krone zuerfi und die Wurzel zulegt gebils 
det wird. 

Je mehr ein folcher Zahn an Umfang, zunimmt, befto 
färfer wirkt er auf ber betreffenden Stelle als fremder Koͤr⸗ 
per, es entiteht Reizung, Entzündung der umliegenden Theile, 
hauptfächli des Zellgewebes. Es entwidelt ſich eine 
befondere Slüffigfeit, woraus fi) @iter bildet, derſelbe 
fucht fich einen Weg nah Nußen, hierdurch entſteht eine 
Fiftel, durch deren Oeffnung der Zahn, wenn der Zuftand 
nicht früher erkannt wird, hervorwaͤchſt. 

Nach den mir bis jept befannt gewordenen Fällen, ent⸗ 
ſtehen Zahnbiloungen an ungewöhnlichen Orten, nur in ber 
Zahmperiode bei Pferden; werben felbige fpäter angetroffen, 
fo beftehen fie wahrfcheinlich fchon feit jener Zeit; eben fo 
hört auch das Wachsthum eines foldhen Zahns, nach vollen« 
deter Zahnperiode des betreffenden Thieres, auf. Wenigſtens 
fprechen die Fälle in denen diefe Abnormitäten von mir be= 
obachtet find, für die Richtigkeit meiner Behauptung. 

Um Geſagtes zu vervollſtaͤndigen, theile ich hier einige 
mir vorgefommenen Faͤlle mit. 

Im September 1840 theilte mir der Wundarzt Herr 
Wirthſchaft zu Neufahrwaſſer mit, daß einem Pferde feines 
Berwandten, (einer fiebenfährigen Rappftute) ein Zahn am 
Kopfe unweit des linfen Ohres heraus gewachſen ſei. Neu⸗ 
gier trieb mich dorthin, und ich fand wirklich bei qu. Pferde 
einen 3 Zoll über die Oberfläche hervorſtehenden Zahn, wel⸗ 
cher mit dem obern Ende des Schläfenfortfages ‚(Processus 
temporalis) der linfen Seite in. Berbindung ſtand. 


— 320 — 


Der Eigenthümer eniſchloß ſich, den Zahn entfernen zu 
laſſen, und es gelang mir, denſelben ſehr bald von ſeinem ie 
ſitzenden Punkte, durch Erftirpation, zu loͤſen. 

Blutung trat fehr wenig ein; welche auch durch Kühlen 
mit kaltem Waſſer bald geftillt wurde, worauf-auch in lurzer 
Zeit vollkommene Heilung der Wunde erfolgte. 

Dem Pferde fehlte kein Backenzahn, und auf mein Be 
fragen erfuhr ich, daß diefer Zahn, fchon feit 4 Jahren bei 
qu. Pferde bemerkt worden — alſo feit dem ‚dritten Lebens: 
jahre des Thieres — er fei aber während diefer Zeit bis. vor 
ohngefähr 2 Jahren noch gewachſen. 

Den Zahn felbft behielt der. Wundarzt Het Bir 
haft als ſeltenes Präparat. 

Im Herbft 1842 erfuchte mich der Hofbefiger. Prohl zu 
Stüblau, ein 24 Jahr altes Stutfohlen zu beſichtigen, wel⸗ 
ches in der Nähe des rechten Ohres eine — habe, 
woran das Thier viel Schmerzen äußere. 

Bei genauer Unterſuchung fand ich am Grunde der 
rechten Ohrmuſchel eine Huͤhnereigroße begrenzte Geſchwulſt, 
welche ich für eine Balggeſchwulſt hielt; um dieſelbe zu ent⸗ 
fernen. fcehritt ich zur Operation. und um diefelbe mtt Sicher⸗ 
heit ausführen zu können, legte ich das Thier nieder. Nach 
Durchfehneidung der Haut und verhärteten Zellgewebes, ge: 
wahrte ich in jener vermeinten Balggefhwulft einen. kleinen 
gefchlofienen, oben näher bezeichneten Zahnfad. Mit der Natur 
eines ſolchen Sades jedoch nicht befannt, ‘opperirte ich fort; 
während deſſen machte ich einen unvorfichtigen Einſtich in das 
Säckchen und es floß eine geringe Quantität gelatindfer Feuch⸗ 
tigfeit aus. Im Fortgange der Operation wurde das hier 
fehr unruhig, e8 trat heftige Blutung ein, und ich mußte zufrie- 
den fein, diefelde durch Tamponation und Heften der Wunde 
geftillt zu fehen ohne die Operation beendet zu haben. . 

Die Wunde heilte jpäter bis .auf eine kleine Yiftelöff- 
nung zu, und mit Diefer befam ich das Thier 1843 im Herbfl 


— 321 — 


erſt wieder" zur Behandlung, nachdem der Eigenthümer fchon 
vorher, auf Anrathen anderer Perſonen verfchiedene Einfpriz- 
zungen gebraucht hatte, ohne die Fiftel zu heilen. 

Bei Unterfuchung der. Fiftel mit der Sonde, ftieß ich 
auf einen hatten Körper, welchen ich, nachdem die Fiftelöff- 
nung erweitert worden, ald die Krune eines Badenzahnes 
“ erfannte; das Thier verrieth bei der Berührung des Zahnes 
viel Schmerzen, und wurde fehr umruhlg; dennoch gelang es 
mir, den Zahn durch Erftirpation zu entfernen. 

Wahrfcheinlich hatte genannter Zahn mit dem Außern 
füöchernen Gehörgange in Verbindung geftanden. 

Die bedeutend ftarfe Blutung wurde durch Tamponation 
und Heften der Wunde geftillt, und die Heilung erfolgte in 
furzer Zeit gänzlich. 

Nachdem der fo entfernte Zahn vom Blut gereinigt war, 
bemerfte man deutlich, ar dem ihm anhängenden Ueberrefte 
des noch nicht in Zahnfubftang Übergegangenen Zahnfädchene 
einige feine Nervenfäden und Blutgefäße. 

: Auch dieſem Thiere fehlte dem Alter nach fein Bak⸗ 
kenzahn. 
Den Zahn ſelbſt überſende ich unter Nr. 1. der Brä- 
yaratenfammlung der Koͤnigl. Thierarzneifchule zu Berlin. 

Im Februar 1844 erfuchte mich der Hofbefiter Lieder 
zu Reunhuben, eines feiner Pferde zu befichtigen, welches 
fehon feir ohngefähr drei Jahren einen knoͤchernen Auswuchs 
am Kopfe habe. 

Als ich zur Stelle angelangt war, ergab es ſich, daß 
ber gemeinte Auswuchs, ein unregelmäßiger Backenzahn war, 
welcher fehr leicht beweglich mit dem Schläfenfortfape der 
rechten Seite in Berbindung fland. . Dur Erftirpation 
wurde auch diefer Zahn bald entfernt; Blutung trat nur 
wenig ein. 

. Dem Pferde. welches zu der Zeit ſechs Jahr alt war, 
fehlte fein Badenzahn. 


3322 


Genannten Zahn überfende ich ebenfalls der Praͤpara⸗ 
tenfammlung der Königlichen Thierarzneifchule zu Berlin 
unter Ar. 2. . | 

Nun Fönnte ich noch 6 dergleichen Bälle anführen, welche 
mir feit 1840 bis jegt vorgefommen find, Da felbige aber 
den vorher fpeciel befchriebenen Fällen in der Hauptfache 
gleich find; fo möge dies nur noch ald Belag dienen, daß 
befonders hiefige Gegend zu dergleichen za geeignet 
zu fein ſcheint. 


2 Otterbißvergiftung bei einem Hunde durch aͤußer⸗ 
liche einfache Behandlung beſeitigt. 


Am 16, Juli 1845 ritt ich mit einem meiner Freunde, 
welcher einen Jagdhund bei: fich führte, durch den Hochkoͤl⸗ 
biner Wald; der Hund welcher gewöhnlich neben den Pfer⸗ 
den berlief, blieb auf einmal ftehen, fing an zu been und 
ging dann einige Schritt in das Gebüfch; plöglich ſtieß er 
ein Schmerz verratbendes Geheul aus, wir eilten hinzu und 
fanden neben ihm eine Otter (Coluber Berus), — hier höchf 
felten. — Rad unferer Bermuthung hatte fie den Hund ge- 
biffen, wir fliegen ab, unterfuchten den Hund und fanden am 
techten Buße im Ballen zwei enigegengefegte Wunden, deut⸗ 
lich als Bißwunden zu erfennen; ich unterband fofort unter 
dem Kniegelenf den Fuß mit einem Bande, und wufch bie 
Wunden gut mit Wafler aus. Mein Begleiter nahm den 
Hund, an welchen ihm fehr viel gelegen war, auf fein Pferd, 
und wir eilten dem 5 Meile weit entfernten Gafthofe zu, wo 
wir binnen einer halben Stunde anlangten. | 

Der Hund zeigte jetzt an dem gebiffenen Fuße viel 
Schmerzen, heulte jämmerlich, der Fuß war unter ber Unter- 
bindungsſtelle ftarf angefchwollen, hart; jedoch -zeigte er nur 


in der nächften Umgegend der Bißwunden Schmerzen; ber 
Bus war ſchnell und fieberhaft, und das Thier verrieih 
große Unruhe. | 

Da ich mich von der Zwecdienlichleit der Unterbindung 
überzeuge hatte, behielt ich felbige bei, wufch die Wunden mit 
einer ftarfen Auflöfung von Pottafche gnt aus, und ließ 
außerdem um den gejchwollenen Buß warme Effigumfchläge 
machen. - 

Wir hatten noch eine Meile bis nach Haufe, und nah: 
men deshalb einen Wagen an, damit der Hund gefahren mwer- 
ben konnte. Ic ließ Legteren warn einwideln und, fo viel 
und fo lange es fich thun ließ, unterwegs die warmen Effig- 
umfchläge fortfegen.. Zu Haufe angelangt brannte ich die 
Wunden mit dem Glüheifen aus. Den andern Tag war bie 
Gefchwulft bedeutend gefallen, Schmerz und Fieber gemindert. 
Die Unterbindung lüftete ich etwas, mit den Effigumfchlä- 
gen wurde fortgefahren. Den dritten Tag befand fih Pa- 
tient fieberfrei, und Gefchwulft war noch weit weniger ale 
Tages vorher. Den vierten bis fiebenten Tag verfchwand 
nach den Effigumfchlägen die Gefchwulft gänzlich, der Brand⸗ 
fchorf hatte fich gelößt, die Wunden waren ihrer Vernar⸗ 
bung nahe, die Unterbindung wurde gänzlich entfernt. Am 
achten Tage erklärte ich den Hund für gefund und übergab 
ihn meinem Freunde. 

Die ganze Zeit der Kur hindurch hatte der Hund 
firenge Diät beobachten müffen. 


— Mu — 


VII. Secfter Beriht’) über die zur Ermit: 
telung der Anfteungs: Fähigkeit und Gele: 
genbeits-Urfachen der Lungenfeuche des 
Nindviches angeftellten Berfuche. 


Im Auftrage des Comitéè's des Vereins der Landwirthe Ober⸗ 
Barnimſchen Kreiſes, entworfen vom Gefchäftsführer Ulrich 
zu Möglin. ' 


Das unterzeichnete Comtte hat auch in dieſem Berichte zu⸗ 
vörderft die Herren Sntereffenten um gütige Nachficht zu bit⸗ 
ten wegen der langen Verzögerung deffelben, wobei es zu 
feiner Entfchuldigung anzuführen fich erlaubt, daß nur allein 
die nicht umerhebliche Veränderung, welche unter den Mit- 
gliedern des Comité's vorgefallen ift, die Veranlaffung geges 
bei hat. Der bisherige Gefchäftsführer, Kreis-Thierarzt Dr. 
Kuers **) trat aus dem Comité aus, als er zu Michaelis 
v. J. feinen bisherigen Wohnfig mit einem neuen in Berlin 
vertaufchte, und an feine Stelle wurde der Kreis - Thierargt 
und Dozent Ulrich zu Möglin zum Gefchäftsführer ermählt, 
dem der Chemiker und Thierarzt I. Clafie Dr. Trommer zu 
Möglin als Affiftent zugeordnet wurde. Ferner mußte der 
Profeflor Körte ***) Er dem Gomite feine 

Thätigfeit 


*) Die fünf erftien Berichte finden fi abgebrudt in dem „Magazin 
von Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Gebiete der Zuchtungs =, 
Geſundheits⸗, Erhaltungs- und Heilfunde der Hausthiere von Dr. F. A. 
Kuers. Ir u. Ir Ihrg. 1842, 43 u. 44. Berlin bei Rüder u. Püͤchler.“ 
Der Herr Verf, wünfcht die Aufnahme dieſes Berichtes in das Magazin. 

d. H 


*«*) Leider iſt derſelbe am 3. Juni c, in Berlin an einer tuberculoͤſen 
Lungenfchwindfucht verfiorben; viel zu früh für die Wiſſenſchaft, der er 
fich mit ganzer Liebe hingegeben, und an deren Emporfommen er fo thaͤtig 
gearbeitet hatte. 

“RR Gr ftarh geliebt, geachtet und geehrt von Allen, bie ihn Fannten, 
am 30. Januar c. in Bolge eines wiederholten Anfalles vom Schlagfinfle, 


325 


Thätigfeit entziehen, und feine Steffe nahm der Sohn, Amt- 
mann Körte. zu Xüderdborf ein. Außerdem ift noch der Herr 
Ritterfchaftsratb von Bredow auf Ihlow, überhäufter Ger 
fchäfte wegen, aus dem Comité aysgefchieben, welche Stelle 
jedoch, da die bisherige Angahl der Mitglieder durch den Ein« 
tritt des Dr. Trommer in das Comité bereits ergänzt tft, 
nicht wieder .befegt wurde. 

Nach dieſen Veränderungen ſchritt nun das Comité ſo⸗ 
fort zur Wiederaufnahme der Verſuche, und zwar ſollte, den 
früheren Beſchlüſſen zufolge, mit den Verſuchen über die Er⸗ 
mittelung der Gelegenheitsurſachen der Lungenſeuche fortge⸗ 
fahren werden. Zu dem Ende wurde es für nothwendig er⸗ 
fannt, in Möglin. einen neuen Verfuche-Stal zu bauen, da 
in dem biäher zu den Berfuchen benutzten Stalle bereits 
mehrere Male lungenſeuch⸗kranke Thiere geftanven hatten, und 
hierdurch bei etwa bewirktem Ausbruche dieſer Krankheit in 
Tolge angewandter Zuttermittel leicht der Einwurf einer ſtatt⸗ 
gehabten Anftedung gemacht werden koͤnnte. Diefem nach, 
und: um überhaupt jebem etwaigen: Zweifel, der in diefer Bes 
ziehung gegen die Genauigkeit der Verfuche fich erheben Fönnte; 
von vornherein zu begegnen, wurde der Neubau des Stalles 
beſchlofſen, mit deſſen Ausführung indeß wegen des frühen 
Bintritts ‚und der Jangen Andauer des Winters a in Dies 
= Frühjahr begonnen werden konnte. 

Zur ſchnellern Betreibung der Verſuche Hatte Herr Rits 
tergutöbefiger Chriftiani- auf Kerſtenbruch es übernommen, 
vier Stüde Rindvieh auf feinem Gute aufzuftelen, und Dies 
jelbey mit verdorbenem Futter, Behufs Erzeugung der Lun⸗ 
genfeuche, zu - füttern. Zu dem Ende hatte er in Gemein 
ſchaft mit dem Herrn Thierarzt Schmidt am 10, Dibr. p. 
auf dem Wriezener Martte 

1 Ochfen von ſchwarzer Farbe, 8 Jahre alt, (No. 1 
fernerhin bezeichnet), 


1 Kuh von ſchwarzer Farbe, 6 Jahre alt (No. 2), 
Mag. f. Thierheilt. XuI. 22 





1 rothbunte Ferfe, 4 Jahre alt (Ro, 3), 
1 rohe Ferſe, 2 Jahre alt (No. 4), 

für den Breis von 69 Rthlr. angekauft, jo daß alſo durch⸗ 
fehnittlich jedes Stud 174 Rthlr. koſtete. Wie ſchon dieſer 
geringe Preis erwarten läßt, fo war das Vieh von fehr Heiz 
ner Statur; fiber ven. Geſundheitozuſtand vefielben hatte ſich 
jedoch Herr Thierarzt Schmidt beim Anfauf günftig ausge⸗ 
fprochen. Die ſchwarze Kuh No. 2 gab nod etwas Milch, 
die aber vom 12. Dzbr. an nicht mehr abgemolfen wurde, 

Diefe Verſuchothkere wurden anfangs in einer Abthei⸗ 
lung des Yüllenflalles, etwa 100 Schritte vom Kuhſtalle ents 
fernt, aufgeftelt; die Krippe wurde in der Mitte durch Late 
ten und. Breiter getheilt, und links bie beiden Thiere No. 1 
und 2 (Abth. No. I.) mit Kartoffeln, rechts Ro. 3 und 4 
(Abth. No. IE.) mit Heu gefüttert. Spaͤterhin, nah 10 Tas 
gen, wurden indeß die Ehlere getrennt, und Moar in ber Art, 
daß Abtheilung No. I. in dein Hisherigen Stalle blieb, Abth. 
Ro. II Aber in einen anderen, von jenem Durch eine maffloe 
Mauer getrennten, und ſelbſt nicht durch Luftzug mit ihm Im 
Berbindung Rehenden Stat gebracht wurbe, Damit, falls eine 
Erkrankung bei einem ober dem anderen Thlere eintrete, jede 
etwa inögliche Aufteilung vermieden werde. Es war nun Ab⸗ 
fit, die in unferem Profpettus vum 26. Dzbr. 184% ver⸗ 
zeichneten Sütterungs »-Berfuche, und zwar den unter litt. d 
aufgeführten, mit angefrorenen Kartoffeln und ben in litt, i 
No. I enthaltenen mit mulftrigem Heu an je zwei »iefer 
Shiere zu machen*). Da jedoch dieſe Stoffe in der erfor 
berlichen Qualität nicht erhalten werben fonnfen, fo mußte 
fünftlic, eine entiprechende Verderbniß derfelben Herbeigepiihtt 
werden. Es wurden deßhalb 12.Scheffel Kartoffeln während 


*) Bon der urſpruͤnglichen, im Ptofnektus vopjeichweten Reibenfälge, 
mußte bei dieſen Verſuchen abgewichen werden, da einmal zur Schlämper 

fütterung erſt ein nener Stall gebaut werben follte, und außerbem zu 

Beichaffung ver anbern Futtermittel ſtch keine Gelegenheit barbot. 


bo P 4 — 


einer Nacht dem Froſte ansgefebt, fo daß fie gänzlich durch⸗ 
froren, und in diefem Zuftande am 10. Dezbr. in den Kuh⸗ 
ftall gebracht: am anderen Tage, an welchem die Yutterung 
begann, waren fie aufgethaut, weich und naß an ber Obers 
fläche. Hietvon erhielten Ro. 1 und 2 jedes pro Tag 3 
Mesen in 3 Mahlzeiten, Vormittags 73 Uhr und Rachniit- 
tage 34 Uhr: Die Kartoffeln wurden ungerfleinert, ohne 
Hädfel und Kaff gegeben, und nach den Kartoffeln jedesmal 
gefundes Gerfiftroh pro Stüd täglih 5 Pfd., fo wie reines 
Wafler zur Tränfe gereicht. 

Das Heu war zu den Verfuchen ſchon im Oftober be- 
fonder6 vorbereitet worden; alles was der Wind von den 
Heuhaufen abgeworfen hatte, wurde gefammelt, und in eis 
nen etwa 3 Buß hohen Haufen, bei mehrmaligem Umwen⸗ 
ben dem @influs der anhaltend regnigten Witterung aus: 
geſetzt. Durch Die auf der Wiefe gehüteten Sammel wurde 
dies Heu öfters auseinander geriffern und betreten. Amt 
30, November, als WFroftwetter eintrat, wurde es ausgebrei- 
tet, mehrmals gewendet, am 2. Dezember, Bei trodenem, kal⸗ 
sen Winde in Haufen von 7 Fuß gebracht, und am 11: 
ed, nach Ketftenbruch gefahren, wo es anf einem trodenen 
Boden über der MWagenremife dicht unter dem Ziegeldache 
einen  abgefonserten Platz erhielt. Das Heu, auf 15 Er. 
geſchaͤtzt, war ſaͤmmtlich Nachmath, und von dem Vorwerk 
Bienenwerder im Mittel» Oderbruche gewonnen; feine Farbe 
war eine Mifchung von dunfel= und gelbgrün, auch braun⸗ 
gelb und ſchwaͤtzlich, der Getuch dumpfig und erdig; dabei 
Raubte es etwas, jenoch war vom Schimmel noch nichts zu 
entdecken. Bon diefem Heue befamen bie Thiere No. 3 
und 4 CH. Abtheilung) ebenfalls in 2 Mahlzeiten, Mlorgend 
um 74 Uhr md Nachmittags um 34 Uhr, pro-Stüd und 
Tag. Area 12 Pſd. nachher geſundes Gerfiftroh, jedoch etwas 
weriger abs Abıl Ro. J, ımd zur Tränfe reines Waſſer. 


Am 12. Dezbr. wurde vom Herm Thierarzt Schmidt 
der Geſundheitszuſtand der Thiere noch. näher unterſucht, der 
fi) als in jeder Beziehung befriedigend barftellte. 

No. 1 hatte in der Minute 48 Pulfe und 12 Wthemgüge. 
» 2 » »» » Bl » 13 .» 

» 3 » » » 46 » » 310 ‘n. 

» A» >» » 50 » „» 12  » 
Die Augen von fämmtlihen Thieren waren lebhaft, die 
undurchfichtige Hornhaut mit hellrothen Aederchen durchzo⸗ 
gen, und die Ausfultation ergab nichts Abnormes in ber 
Bruſthoͤhle. 

In Bezug auf das dargereichte Futter — folgende 
Bemerkungen gemacht: 

Die im Kuhſtalle befindlichen, aufgethauten Kartoffeln 
waren fehr weich und naß, und von der anflebenden Erbe 
fchmierig; hiernach ließ ſich auch vorausſetzen, daß fie bald 
in einen fauligten Zuftand übergeben. würden, wo fle Dann 
das Vieh nicht genießen möchte. , Deßhalb wurde befchlofe - 
fen, nur 2 Scheffel diefer Kartoffeln im Stalle zu behalten, 
die übrigen aber wieder dem Froſte auszufegen, und dann 
von denfelben nur immer fo viel, als für 2.Tage erfor 
derlich ift, zum Aufthauen in den warmen Stall zu britt- 
gen. Bis heute, den 12. December, war jedoch ein Ueber⸗ 
gang zur Fäulniß an ihnen noch nicht zu bemerken, und 
wurden fie auch, wie bisher, volftändig von ben Thieren 
verzehrt. 

Das Heu wurde nicht in einem fo fchfechten Zuftande 
gefunden, daß man burch daffelbe eine Erfranfung des Vie⸗ 
bes zu erzeugen hoffen durfte. Namentlih war. von Pilzen 
oder fogenanntem Schimmel faft nirgends eine Spur, auch 
fein Zufammenbaden einzelner Theile zu bemerklen. Es 
wurde deßhalb beichloffen, einen Theil des Heues auf einer 
Erhöhung im Schafitalle dem Viehdunſte auszufegen. Sol 
ches geſchah auch am 14, Dezbr.; es wurden einige Eentner 


— 3 — 


gedachten Heues auf ein erhöhtes Gerüft in den Schafflall 
gebracht, jedoch nicht mit Wafler angefeuchtet, weil fich vor» 
ausfegen ließ, daß es durch die Ausdünftung der Schafe 
allein ſchon eine feuchtere Befchaffenheit annehmen und mehr 
verberben würde. Nach drei Tagen wurde zuerft von bie- 
fem, dem Viehbunſte ausgefebten Heue gefüttert; es hatte 
bereils an Gewicht fehr zugenommen, jedoch fraßen es bie 
beiden Ferſen eben fo gut als vorher. 

In der Berfammlung der öfonomifchen Gefellfchaft zu 
Wriezen am 19. Dezember p. nahm Herr Ehriftiani Ge— 
legenheit, über die begonnenen Berfuche Mittheilung zu 
machen, und zur Berathung über das fernere Verfahren aufs 
zufordbern. Mehrere Mitglieder des Comites waren zus 
gegen, und nach längerer Befprechung wurde Folgendes be⸗ 
Pa | 

1. Die Verfuchsthiere, wie ſchon oben angeführt, zu tren⸗ 

nen, fo daß jede Abtheilung in einen befonderen, mit 

- dem andern nicht in Berbindung ftehenden Stall fomme. 

2. Die erfrorenen Kartoffeln nicht im Kuhftalle aufzube- 

wahren, weil fie bier einen Theil des Viehdunſtes auf- 
nehmen -bürften, was zu vermeiden fei. Ihre Aufbes 
wahrung ſoll vielmehr eine, dem allgemeinen Verfahren 

- entfprechende fein, und theils im Freien, u im Kar⸗ 

toffelkeller ftatt finden. - 

3. Die Kartoffeln im Zuſtande der Faulniß zu ver⸗ 
futtern; 

4. auch ſollen den Verſuchothieren nicht, wie bisher, blos 
3 Metzen pro Stück täglich, ſondern fo viel als fie 
freffen mögen, gereicht werden. 

- 5, Falls die Thiere in der Folge die faulen Kartoffeln nicht 
frefien möchten, follen nach Umftänden mehr oder we⸗ 
niger gute "Kartoffeln ben verborbenen beigemifcht 
werden. 


— 330 — 


6. Vom Stroh, als Beifutter, ſoll aber in feinem Falle 
mehr, als bisher, gegeben werben, naͤmlich &—6 Pfd. 
pro Stüf und Tag. 

7, Das Heu fol in den Zuſtand des Schimmelnd ver⸗ 
ſetzt und zu dem Behufe mit Waſſer beſprengt, in den 
Kuhſtall gebracht und feſtgetreten werden. 

In Folge dieſer Beſchluͤſſe wurden zunaͤchſt die noch im 
Freien liegenden und erfrorenen Kartoffeln, welche aber 
bei dem zur Zeit berrfshenden gelinden Wetter aufgethauet 
waren, in einen Keller gebracht, und von bier aus ver 
füttert. 

Bon der Abthl. No, I. erhielt jeit dem 20. Dezbr. jenes 
Stück tägli 4 Megen biefer Kartoffeln, mehr mogten fie je= 
doch nicht verzehren. 

Das Heu wurde vom Boden nach dem Kuhftalle ger 
bracht, und in einem engen Raume Iagenwyeis mit Waſſer 
befprengt und zuletzt feflgetreten, Um 28,.Dhr. hatte es 
fich ſtark erhigt, und fing an zu bampfen, weßhalb ein Um⸗ 
paden nöthig wurde. Hierbei zeigte ſich .eine ſtarke Ver⸗ 
derbniß, m vielen Stellen ein Zufammenbaden, und eine 
große Menge weißer Pünktchen, als. Beweis der flatigefun- 
denen Schimmelbildung; das Hey mar alſo in einem Zus 
ftande, wie man es findet, wenn «8, nicht Binreichenh aus» 
getrodnet, in großen Haufen oder. in Per Scheune aufge- 
fehichtet worden. 

Am 30. Dezember nahm Herr Thierarzt Sqhmidt eine 
Beſichtigung der Thiere in Betreff ihres Geſundheits⸗ZJu⸗ 
ſtandes vor, fand jedoch am ihnen noch Feine Beränberung. 
Ebenfo war auch bei dem Befuche des Herrn Landes⸗Oeko⸗ 
nomie-Rath Thaer am 7. Januar 1845 feine Veraͤnde⸗ 
sung eingetreten. Das zum Butter beftimmmte Heu fand fich 
in einem fehr verborbenen, übelriechenden und flaubigen Zus 
ftande vor. 

Bom 12. Januar an zeigte fich bei der II Abtheilung 








— 31 — 


eine große Abneigung gegen das Heu, das auch bereits fehr 
fhlecht geworden war. Es entftand hieraus Pie Nothwen⸗ 
bigfeit, dem weiteren Verderben Einhalt zu ihun, und wurde 
das Heu deßhalb aus dem Kuhftalle, wo es fo lange befind« 
lich war, auf den Hof gebracht, gelüftet, durch Schütteln. et- 
was vom Staube befreit, und demnaͤchſt auf einem trodenen 
Boden dünn ausgebreitet. 

Um die ˖ Thiere zum Genuß des Heues zu zwingen, er⸗ 
hielten ſie bei Tage gar fein Stroh mehr, und nur zur Nacht 
pro Stüf 23 Pd, In Folge diefes Berfahrens fraßen fie 
wieder die frühere Quantität dieſes Heues. 

Die beiden Thiere in Abtheilung 1. fraßen die Katz 
toffeln bald befler, bald fchlechter, je nachdem dieſe mehr 
oder minder dem faulartigen Zuftande fich näherten. Am 20, 
Januar war bie Freßluſt geringe, es waren aber die, bes 
reits einen unangenehmen Geruch verbreitenden Kartoffeln 
ftorf mit anklebender Thonerde vermifcht, weßhalb von die⸗ 
fem Tage ab täglich die zum Futtern beflimmte Quantität 
gewafchen wurde. 

Bei der Unterfuchung am 24. 9. durch den Thierarzt 
Herrn Schmidt fanb ſich noch feine Spur. von Krankheit 
an den Verfuchsthieren; das Athmen und die Pulfe waren 
noch ganz normal. 

Eine der Kühe, die rothbunte No. 3 in Abth. AL. wurde 
al6 tragend erfannt. 

Am 14. Februar fand wieder eine Ilnterfuchung durch 
Sem x. Schmidt flatt; auch diesmal waren Pulſe und 
Athemzüge unverändert, Deßgleichen auch bie Freßluſt. Als 
jedoch der Verfuch gemacht wurde, durch Drud am Kehlkopfe 
einen kuͤnſtlichen Huften zu erzeugen, erfchien biefer bei ber 
rathhunten Kuh Ro. 3 weniger voll, etwas heifer und Ver⸗ 
dacht erregend. 

Acht Tage fpäter, den 22. Februar, war aber, als 
Herr Schmidt den DVerfuch wiederholte, dieſes bedenkliche 


— 352 — 


Symptom verſchwunden, und der Huften wieder ein 
ganz gejunder. 

Die für die IL Abth. auf 15 Eir. abgefchähte Quanti⸗ 
tät Heu war mit dem 3. März verzehrt, und hatte alſo 83 
Tage ausdgereicht; fomit hatte jedes der beiden Thiere durch⸗ 
fehnittlich pro Tag 10 Pfd. dieſes mufftrigen, fchinmeligen 
und flaubigen Heues zu fih genommen. Mit dem 1. März 
war eine neue Quantität. Rachmath- Heu (gleichfalls vom 
Vorwerk Bienenwerder im Mittel-DOderbruche) auf 12 Et 
abgeſchaͤtzt, durch fchichtweifes Befprengen mit. Waſſer und 
nachheriges Befttreten in den Zufland ber Verderbniß gebracht 
worden. Das Heu wurde durch 'dieſe Behandlung fehr. fehlecht, 
ſchimmelig, ftaubig, dumpfig, übelriechend und ſtellenweis zu⸗ 
fammenflebend. Es blieb, ohne umgepadt zu werben, bie 
zum J. April im Kuhftalle, dann wurbe es in einen Kleinen, 
ifolirten Stall gepadt, in welchem 14 Tage zuvor die mit 
Heu gefütterten beiden Verſuchsthiere aufgeſtellt worden wa» 
ren. Diefe fraßen das verborbene Heu, was von den An⸗ 
bern verfchmäht wurde, mit fichtlichem Appetit, unausgefept 
und tranfen dabei viel Wafler. . . Zu 

Bei der am 5. April vorgenommenen (pegieffen Unters 
ſuchung zeigten ſich an beiden Abtheilungen durchaus Teine 
verbächtigen Symptome, die Bulfe, (durchſchnittlich 52-54 in 
der Minute) fo wie die Athemzüge. waren ganz. normal, und 
das Anjehn überhaupt ein ganz gefundes;. eine leifchgunahme 
war jedoch nicht bemerkbar, aber auch keineswegs eine Ab⸗ 
nahme. Auffallend war der rege Appetit, mit welchem :vie 
Thiere der Abth. I. die Kartoffeln verzehrten. Lebtere waren 
zum größeren Theile in faulige Gaͤhrung übergegangen, wel⸗ 
ches, außer dem Geruch, auch aus den auf der Oberfläche 
befindlichen Schaumblafen erfihtlih wurde. Seit dem 1; 
März ift anzunehmen, daß jedes diefer Thiere täglich) 8 Metzen 
diefer verdorbenen Kartoffeln verzehrte, wie eine mehrmalige 
genaue Meflung ergab. 


333 — 


Am 25. April kalbte die rothbunte Kuh No, 3 ſehr 
feiht, und ohne Hülfsleiftung, und brachte ein fehwarzes 
Bullkalb zur Welt, das fofort zu faugen begann. 

Die Kuh erfhien nach wie vor fehr gefund, gab aber 
wenig Milch. Mit der Fütterung wurbe feine Veränderung 
vorgenommen, fondern wie früher verborbenes Heu, ohne 
Schrots oder Mehltrank gegeben. Zwei Tage’ fpäter, den 
27. Nachmittags, bemerkte indeſſen Herr Chriſtiani bet 
diefer Kuh einige bedenkliche Symptome; der Puls war bes 
fihlennigt, 62 in der Minute, das Athemholen beengt und 
ſchnell, die Augen etwas ftier und die Bewegung der Na⸗ 
fenränder krampfhaft; Hieraus glaubte er auf ein Zungenlei 
den fchließen zu dürfen, obgleich ein Huſten fich nicht 
zeigte. Diefelben Symptome zeigten ſich auch am 28, und 
29. April, jedoch war die Freßluft nicht vermindert. Das 
Kalb, welches im Uebrigen gefund erfchien, und öfters bei 
ber Ruh. fich naͤhrte, erhielt Durchfall, wie man ihn häufig 
bei fo jungen Kälbern findet. Die zweijährige Ferſe (No. 4) 
welche zu derſelben Abtheilung gehört, ftieß zuweilen, was 
bisher noch nicht bemerft worden, einen matten Huften 
Bon diefen Wahrnehmungen wurde fofort Herr Thier⸗ 
arzt Schmidt benachrichtigt, der auch am 1. Mat fich ein⸗ 
fand und eine spezielle Unterfuchung vornahm. Diefe ergab 
bei. ver Kalbskuh No. 3, 70 Pulſe und 74— 78 Athemzuͤge 
in der Minute, das. Auge war ftier und matt, in den Aus 
genwinfeln ‘zeigte fich eine Flebrige Feuchtigkeit; der durch 
Drud auf den Kehltopf hervorgebrachte Huften war Anfangs 
pfeifend, nachher aber matt, der abgeſetzte Miſt erſchien et- 
was weicher als früher und von flechendem Geruch. Diefe 
Symptome wurden ald einem Lungenleiden .angehörig aner⸗ 
Tannt. 

Die Ferſe No. 4 huftete mehrmals freiwillig, der Huften 
war matt und keuchend. Im Uebrigen ließen fich. mit ihr 


. 


feine näheren Unterfuchungen anftellen da fle zu wild und 
widerſpenſtig fich gebehrdete. 

Die Verſuchsthiere der I, Abtheilung (bet Kartoffel 
futter) zeigten fich heute wie immer, im beſten Geſundheits⸗ 

zuſtande, es wurde an der Kuh Ro. 2 fogar eine nicht un⸗ 
bedeutende Fleiſchzunahme bemerkt. — Das Futter beiber 
Abthelungen wurde in einem aͤußerſt ſchlechten Zuſtande bes 
funden, 
: Um 5, Mai fand Herr Chriftiani an der Kalbskuh 
eine auffallende Beſſerung; die Athemzůge waren um vieles 
ruhiger, der Puls langſamer und das Auge weniger glaͤn⸗ 
zend; bie Beſſerung nahm allmälig mit jedem Tage zu. Hiervon 
in Kennmiß gefept, nahm der Untergeichnete am 0, ejd. 
Gelegenheit, fi von dem gegenwärtigen Zuftande der Ver⸗ 
ſuchothiere zu überzeugen, und es ergab die hierüber ange« 
ſtellte Unterfuchung folgende Refultate: 

Die beiden Berfuchstbiere No, 1 und 2 (Abtheilung I) 
welche ſich .in einem Stalle befanden, der non dem der Abth. II. 
burch eine maffive Mauer getrennt iſt, zeigten fich recht leb⸗ 
baft und munter. Sie fraßen Die ihnen vorgelegten faulen 
Kartoffeln mit großer Gier, und auch von dem zur Streu 
benutzten Stroh. Ihr Fütterungszuſtand war, den Umſtaͤn⸗ 
den nach, wohl befriedigend, beſonders aber hatte die Kuh 
Ro. 2 ein recht glatt anliegendes Haar, 

Der Puls und die Athemzüge waren bei beiden Thieren 
normal, der Ochs No. 1 zeigte 58 Pulſe und 11 Atkemyüge, 
bie Kuh No. 3 64 Pulſe und.16 Athemzuͤge in der Minute. 
Bei dem erfteren war Durch Drud auf ven Kehlkopf ein 
Huften nicht zu erregen, während ber bei der Kuh auf die 
ſelbe Weiſe erzeugte, fehr Eräftig und volltoͤnend erſchien. 
Die Auskultation Ked bei dem Ochſen an allen Stellen ber 
Bruſt das normale Refpirattions-Geräufch wahrnehmen; bei. 
ber Kuh hingegen war auf der rechten Seite, an der untern 
Hälfte der Bruft ein Initterndes Geräufch zu bemerfen, bad 


J 
— 28 — 


nicht als ganz normal begeichnet werben konnte. Die Per⸗ 
Euffion zeigte an beiden Thieren nichts. Abnormes. 

Die Kartoffeln, welche bei biefer Abtheilung verfüttert 
wurden, zeigten: geöfitentheild fchon äußerlich einen Zuſtand 
beträchtlicher Verderbniß an; fie waren alle ſehr weich, fe 
daß man fie mit den Fingern zerquetſchen fonnte, und ver- 
breiteten, befonders nach dem Zerbrüden einen höchft unan⸗ 
genehmen, penetranten Geruch; felbft diejenigen, welche noch 
fefter in ihrer Struktur waren, hatten doch an ihrer Ober 
flaͤche Schaumblafen, die hinreichend den im Sunern vorfich 
gehenden Zerfebunge« Prozeß anzeigten. 

. Die beiden Thiere der Abtheilung No. II. zeigten gleich 
falls einen recht befrienigenden Geſundheits zuſtand, die Kalbo⸗ 
kuh Ro. 3 hatte 40 Bulle und 12 Athemzüge in ber Mis 
nute und maren Demnach diesem 1. Mai verzeichneten Krank⸗ 
heitsſymptome gänzlich verfchmunden. Der durch “Drud auf 
den Kehlkopf hervorgebrachte Huſten war matt; die Auskul⸗ 
tation und Perlkuſſion ergab nichts Abnormes, wie überhaupt 
die übrigen shierifchen Funktionen normal erfchienen. Die 
Ferſe No, 3 ließ 13 Athemzüge in der Minute wahrnehmen, 
und zeigte fich im Allgemeinen fehr munter und im einem 
ziemlich befriedigenden Ernährungsauflande. Der Puls war 
‚wegen zu großer Unruhe des Thieres nicht zu unterſuchen. 
Auch das Kalb der Kuh No. 3 befand fich in einem gu« 
ten Zuſtande, und machte recht muntere und Fräftige Ber 
wagungen. 

Das dieſen Thieren zum Futter dienende Heu war 
von einer ſolchen Beſchaffenheit, daß jeder Landwirth ſich 
ſcheuen würde, es zu füttern. Es war an verſchiedenen 
Stellen feucht, an anderen ftaubig, größtentheils mit Schim⸗ 
melpilzen bebedt, und verbreitete einen fehr ftarfen, mulftrigen, 
bumpfigen Geruch, der fehon bei dem Eintritt in den Stall 
fi auffallend bemerkbar machte. Dennoch ſchienen Die Thiere 
seht gern hiervon zn frefien, und auch das noch an ber 


Mutter faugende Kalb fing ſchon am, davon zu fih zu neh⸗ 
men, wie folches von einem bei Herrn Ehriftiani anwe⸗ 
fenden Defonomen, und auch von mir bemerkt worpen ift, 
denn ich fah, daß das Kalb einige Halme von DIeIeHN Em 
im Maule batte. 

Im Betreff des Kalbes ift vom Comite scene wor 
den, daß daſſelbe fechs Wochen Hindurch von der. Mutter 
gefäugt . werde; da aber. dieſe bei dem fehlechten, wenig nah⸗ 
rungshaltigen Butter. nicht hinreichend Mitch zur Ernährung 
des Kalbes abfondern Tann, fo fol ihm als Rebenfutter 
ebenfalls von diefem fchlechten Heue gereicht werden. Nach 
biefer Zeit wird das. Kalb abgefegt und weiter nur mit dem 
ſchlechten Heue gefüttert, um auf dieſe Weife eine zweckmä⸗ 
ige Erweiterung des. Verfuches zu veranlaffen, nämlich zu⸗ 
erft die Wirkung der aus: fchlechtem Heu producirten Milch 
und weiterhin bie des fehlechten Heues felbft bei dem Kalbe 
wahrzunehmen. 

Die am 21. Mai von Herrn Chriftiani vorgenom- 
mene Unterfuchung ergab wieder ein befriedigendes Refultat 
bei. fämmtlichen Thieren. Die: Kalbesfuh No. 3° hatte ruhi⸗ 
gen Puls nnd Athem, war aber fehr mager, ihr Kalb da- 
gegen hatte an Größe zugenommen. Die Befchaffenheit des 
Heued und. der Kartoffeln war nach wie vor eine. ſehr 
ſchlechte. 

Die Unterfuhung am 1. Juni ergab ſaſt ein gleiches 
Reſultat; die Kalbeskuh, obgleich gefund, erfchlen noch ma⸗ 
gerer, und fonnte dies auch nicht anders erwartet werden, 
da das Kalb, mit dieſem Tage 6 Wochen alt, noch von Yet 
Kuh. ernährt wurde; das Kalb felbft, welches nebenbei:-von 
dem. verborbenen Heu frißt, hatte an Größe und Fleiſch nicht 
fonderlich zugenommen; dagegen war aber die Kuh No. 2 
in ihrem Feiſtigkeitsgrade bergeftalt vorgefehritten, - daß an 
ihr alle fogenannten Schlächtergriffe: die weiche und volle 
Haut auf ven Rippen, dad Talg ‚vor und hinter dem Schul⸗ 


= 97. 


terblatt. ıc. fich ausgeichneten.. Bei ganz gefundem Sutter 
würde dieſe Kuh vielleicht ſchon in 14 Tagen an den 
Schlächter verfäuflih fein. Der ſchwarze Ochſe No. 1 war 
weder magerer, noch ſleiſchiger geworden; ebenſo die rothe 
Br. Ne. 4 

Da das fchlechte Kartoffelfutter auf bie Seige — fo 
— am’ 28. Mai 4 Scheffel etwas trockenfauler und 4 
Scheffel ganz geſunder Kartoffeln in einem auf dem Hofe 
ſtehenden Waffertroge mit Wafler begofen, fo daß es über 
fand, und hierauf die Kartoffeln mit Mift. el ‚um Hu 
niß hervorzubringen. 

Von der ſchlechten Beſchaffenheit des Heues ſowohl, als 
auch der Kartoffeln, ſo wie davon, daß die Verſuchsthiere 
auch wirklich davon gefreſſen, haben ſich auch mehrere Her⸗ 
sen, bie nicht zum Comitéè gehören, hier bei Gelegenheit eines 
Beſuchs uͤberzeugt. Unter andern ſind dies der Herr Baron 
von Eckardtſtein auf Prötzel, und ber — 
Her Johannes auf Carlshof. 

Mit dem 10. Juni haben die Verſuchsthiere * 6 
Monate lang verdorbenes Futter zur Nahrung: en und 
in diefer Zeit verzehrt: 

J. Abth. Der ſchwarze Ochſe No. 1 und bie ſchwarze 
Kuh No. 2, pro Stüd täglich 10 Pfd. Heu in 182 Tagen, 
—J 38i Chr. 10 Bfo. 

1, Abth. Die rothe Kuh. No. 3 und die rothe Ferſe 
No. 4, pro Stück täglich und im Durchſchnitt 7 Metzen, Kar⸗ 
toffeln in 182. Tagen zufammen 6 Wopl. 15 Schfl. 4 Mtz. 

Ganz genau konnte indeß die Futtermenge nicht ange⸗ 


geben werden. Vom Heu iſt jedenfalls mehr verbraucht 


worden, indem. Manches unter die. Füße gezogen wurde, und 
unter den Mift kam. Auch ift in. ver Feten Zeit das gefunde 
Hen, ehe es dem Verderben araguen wurde, Mar - ge⸗ 
wogen worden. 

Die Thiee erbieiten & von Dem. ſchlechten Heu fo vi, ‚ld 


fie nur immer freffen mochten, fie fraßen in ber letzten Jeit, 
nachdem fie fih daran gewöhnt hatten, auch mehr als fruͤ⸗ 
Ser. Es mögen daher wohl an 7 Etr. mehr darauf gegan- 
gen fein. Bon den Kartoffeln fraßen die Thiere in ber letz⸗ 
ten Zeit auch mehr als früher, je fchlechter das Butter, deſto 
mehr, . Die Duantität iſt daher auch nicht ganz genau zu 
berechnen gewefen, denn das urfprünglihe Volumen ber 
Kartoffeln verringerte fich mit jedem Tage, wie vie Verderb⸗ 
nis zunahm, fo daß ein Schfl. gefunder Kartoffeln zuletzt 
nicht viel mehr, als etwa 10 Metzen an Bolumen ergab. 
Am 1. Juni fraßen die beiden Thiere, jedes täglich an Su 
10 Metzen folcher Kartoffeln. Durch das, wenn gleich nur 
oberächliche Waſchen verfelben, kurz vor ihrem Berbrauche, 
ging immer ein Theil der gelöften Kartoffelfubftanz verloren, 
Herr Ehriftiani verſichert jedoch, daß durch das Waſchen 
feine weſentliche Verbeſſerung bewirkt wurde, nur vie Eb⸗ 
theile und etwas abgeloͤſte Faſertheile wurden dadurch ent⸗ 
fernt; — das Futter, fo wie die Thiere ed erhieitun, "War 
ſtets ein in einem hoben Grade fauliges, weiches und ſtin⸗ 
kendes, wie auch ‚Herr Thierargt Schmidt ſich oͤſters Aber- 
zeugt hat. 

Un gefundem Gerfiftrob hat jede Abtheilung (pro Stüd 
5 Pfd. täglich in den 6 Monaten verzehrt 1820 Pſd. 

beide Abtheilungen mithin . . . ‚3640 Pfv. 
was 182 Bund a 20 Pfd., oder 2 Schod und 54. Bund 
(das Schod zu 64 Bund) beträgt. . 

Die Quantität des confumirten Trinkwaffers ift nicht 
berechnet, die Abtheilung No. I. verbrauchte aber bei dem 
Seufutter weit mehr ald Ro. II. 

Nach einem allgemeinen Befchluffe des Comusvs werden 
dieſe eben gedachten Verſuche bis zum Herbſt d. J. fortge⸗ 
ſeßt, fo daß fie alsdann ein ganzes Jahr hindurch gewährt 
Haben. Diefen Zeitraum hat das Comité als den laͤngſten 
Betrachtet, innerhalb welchen in einer Wirthſchaft gleichmäßig 











— u — 


ſchlechtes Yutter den Thieren verabreicht werben kann, ba 
der Eintritt einer neuen Vegetalion jederzeit einen Wechfel 
in der Fütterung bedingt. 


Der Bau des neuen Berfuchsftalles in Möglin, mit def» 
fen Ausführung die Comite- Mitglieder Körte, Ribbach, 
Thaer, Trommer und der Unterzeichnete beauftragt wor⸗ 
den waren, iſt jebt vollendet, und wird nun zu weiteren 
Verſuchen geichritten. Bon ver früheren Beftimmung, nad 
welcher die Verfuche mit der Schlämpe fortgefeßt, refp. wie- 
berholt werden follten, mußte indeß abgewichen werben, da 
der Betrieb der hiefigen Branntwein-Brennerei vom 1. Juli 
ab auf2 Monate ausgefegt wird, und hierdurch wegen Man⸗ 
gel an Schlämpe eine fehr unangenehme Störung in der 
Betreibung der Verfuche veranlaßt worden wäre. Statt 
deſſen follen jest die Verſuche mit unreifen Kartoffeln, und 
mit verſchlammtem Heu, nach Maßgabe unjers Profpefts un- 
ter c. 3 und i. No. 1. an je 2 Thieren gemacht werden, 
über deren Erfolg der nächfte Quartalsbericht das Weitere 
enthalten wird, 

Möglin, den 1, Juli 1845. 

| Uri, 


— — — — — 


Daß die im vorſtehenden Berichte enthaltenen Thatſa⸗ 
hen, mit dem ‚Inhalte des von Herrn Ehriftiani Darüber 
geführten Tagebuches übereinftimmen, im Üebrigen aber der 
Bericht den Aften gemäß abgefaßt ift, dafür verbürgt ſich 
der Gefhäftsführer des Comité's 

Ulrich. 





— 0 — 


Das unterzeichnete Eomits genehmigt — den %- 
druck des vorſtehenden ſechſten Berichtes. 
Chriſtiani. Gobbin. Hering.“) Kaskel. 
A. Körte. Koppe. Ribbach. A. Schmidt. 
A. P. Thaer. Dr. Trommer. 


Bericht über Einnahme und Ausgabe des Comité's. 


Einnahmen waren in dieſer Zeit nicht; es blieb alſo ein Be⸗ 
Rand, laut fünften Berichtes, von 735 Thlr. **) 1 Sgr. 3 in 
Ausgaben: 
Für den Anfauf von 4 Verſuchs⸗ 
thieren . . .. 69 Thir. — Sgr. — Pf. 
Der Stadtkaſſe zu Nauen yurüd- 
gefandt an zu viel ee 


Beitrag 2 2 * l » 6 » 
Für den Bau des neuen Ber; 

fuhsftalee - . . . ‚32 » 17 — » 
Futter für die 4 Verfuchsthiere BD: 

bis zum 10. Sunic.. .» . 56» Won — » 
Für 2 Verfuchsthiere zu ga | 

neuen Berfuhen . ... 8» 0» —» 


Futter für diefelden incl. Fuhrlohn 6 » 2 — » 
Schreibmaterialien, Porto, Bos 
tenlohn &. 2. 2 2 2 2. 23» 1» —» 
| Sun 08 Che IT Sor 53 
Es bleibt ſonach ein Beftand von 209 » 16 » 9» 
Möglin und Schulzendorf, den 8. Juli 1845. 
Der Gefhäftsführer. Der Rendant. 
| Ulrich. Ribbach. 
*) Die Unterſchrift des Herrn von Jena konnte bei deſſen Abwe⸗ 
ſenheit nicht eingeholt werden. 


“*) In Folge eines Druckfehlers iſt im vorigen Berichte ſtatt 735 
Thlr. nur 725 Thlr. angegeben worben. 


ze, — 


VIH. SDiebenter Bericht über Die zur Ermit- 
telung der Zinfteungs: Fähigkeit und Gele 
genbeitö-Hrfachen der Lungenfeuche des 
Nindviches angefleliten Verſuche. 


Im Auftrage des Comité's des Dereind der Landwirthe Ober» 
Barnimfchen Kreifes, entworfen vom Geſchaͤftsfuhrer Ulrich 
zu Wriezen. 


Das Kalb von der Kuh Nr. 3, (vergl. den Gten Bericht 
vom 1. Juli pr.) wurde am 13. Juni, nachdem es 7 Wochen 
lang an ber Mutter gefogen, abgefegt und von jest an mit 
verborbenem, ſchimmligen Heu und reinem Wafler genährt. 
Es fraß eine ziemliche Menge des Heues, wurde aber von 
Tage zu Tage magerer und zuletzt fo hinfällig, daß es kaum 
zu gehen vermochte. Deßhalb wurde ihm vom 6. Suli an 
täglich J Metze Roggenkleie gebrüht und unter das Saufen 
gethan, und da die Entkräftung nicht abnahm, vielmehr einen 
plöglichen Tod befürchten ließ, fo wurde vom 23, Juli at 
ftatt des verborbenen Heues gutes, gefundes gegeben. Hier: 
auf erholte fih das Kalb allmälig und erhielt wieder ein 
etwas muntered Anfehen, obgleich am 24. Juli die Fleifch- 
Zunahme noch nicht fehr in die Augen fpringend war. 
Bei der ſpeciellen Befihtigung an diefem Tage wurde 
. an den übrigen Thieren Folgendes bemerft: 

Abtheilung I. der ſchwarze Ochs Nr. 1. fehlen etwas 
an Fleifh zugenommen zu haben, wofür auch die Lofe, leicht 
bewegliche, weiche Haut auf den Rippen zeugte, = 

Die Kuh Nr. 2. war in einem guten, halbfetten Zus 
ſtande, hatte aber in den legten fechs Wochen an Feiſtigkeit 
nicht zu⸗, fondern abgenommen." Sie erfchien jetzt tragen, 
was bisher noch in Zweifel gezogen wurde. Beide Thiere 
aber zeigten fich ganz gefund. ee 

Mag. f. Thierheilt. XI. 23 


—,M2 — 


Die Kartoffeln waren ihnen in den legten 14 Tagen 
im trodenfaulen Zuftande gegeben, dergeftalt, daß nur wenig 
‚ gute, underdorbene Thella daran l ſindrn waren, Da Nie 
ſelben aus dem großen Haufar: FHargſalſſg: ausgelejen warn 
fo hing ihnen keine Erde an, usb dad Waſchen xqr, der 
Berfütterung Tounte unterbſeihen. Die tägl. Derzehrte 
Duantität war die frühere, nämlich durchſchnittlich pro en 
7 Mepen. 

Abtheilung II. Die rothe Kuh Nr. 3. hatte ſich, has: 
dem das Kalb abgefegt worben, fichtbar erholt; fie war zwar 
magerer, aber nicht in dem Grabe, wie früher, Hatte ein 
munteres Anſehen und zeigte Feine Spur ihrer früheren 
Krankheit, die vieleicht nur in ‚Folge der. Anftrengung beim 
Kalben veranlaft worden iſt. 

Die Färfe Nr. d. war, wie immer, weder feifchiger noch 
magerer geworben, und durchaus gejund. 

Das Heu wurde ‚beiden Thieren, nach wie vor, durch 
Defprengen mit Wafler und Zufammentreten bereitet und fo 
in dem allerfchlechteften Zuftande, total verfehimmelt, ftinfend 
und zum Theil feucht, zum Theil, ftaubig, gegeben. Die ver- 
zehrte Quantität war bie frühere, pro .Stüd und Tag 10 
Pfd. und die Freßluſt immer gleich. 

Auch die große Hibe, die mit wenigen Unterbrechun⸗ 
gen feit dem 1, Juli herrfchte, Hatte in dem Befinden ber 
4 Thiere feine DBeränderung hervorgebracht, obwohl die beis 
ben engen Ställe mitunter, wenn die Thüren gefchlofien wa- 
ren, fich ſehr dunſtig zeigten. 

Bei der am 1. Auguft vorgenommenen Unterſuchung 
erfchienen alle 4 Thiere vollfommen gefund und zeigten un« 
‚veränderte Freßluſt. Die fchwarze Kuh Nr. 2. kalbte an die— 
fem Tage und brachte ein fchwarzbuntes Bulfalb. Das Kalb 
der Kuh Nr. 3 war munter, aber troß des - befferen Futters 
immer noch mager. - Die gereichten trodenfaulen Kartoffeln 
hatten einen üblen, fauren Geruch, fahen ganz ſchwarz aug, 


— 313 — 


und waren in’ einem Buftande, wie man fie zur Düngkitg 
auf dad Feld wirft, wenn’ fie in den Miethen durch troden- 
faule und hitzige GAhrung gänzlich verborben find, — Das 
zar Zeit: verfütterte Heu beftand aus friſcher Bormath und 
war durch Begießen mit Waſſer und Sefttreten in Verderb⸗ 
8 verfegt. worden. Doch. mochte die. Menge des bazu ver- 
brauchten Waſſers nicht hinreichend: gewefen fein, denn bis 
Schimmelerzeugung war geringer, als bet den früheren Quan⸗ 
titaͤten, weßhalb eine nochmalige Beſprengung veranlaßt 
wurde. Gleichzeitig wurde eine Duantität Vormathhen sr 
Berfütterung beftimmt,. welches zu diefem Zwede in Schwa- 
den audgebreitet, ſchon feit 24 Wochen den öfters ſtarken Res 
genguͤſſen audgefegt, auf dem Felde gelegen hatte. Es zeigte 
auf der. unteren Seite bereits‘ Schimmel und hatte einen 
dumpfigen Erdgeruch. 

Am 3. Auguſt trat Her Ehrifiani eine —— — 
liche Reiſe an und übertrug die ſpecielle Beaufſichtigung der 
Berfuhsthiere feinem aͤlteſten Herrn Sohne und feinem Wirth- 
ſchafts⸗Inſpektor Herm Behm, mit der Weifung, die Fütte- 
rung in ber bisherigen Weiſe fortzufeden, bei etwa vorkom⸗ 
menden Erkrankungen fofort dem Herrn Thierarzt Schmidt 
und dem Gefchäftsführer Nachricht zu geben, und alles Be⸗ 
merkenswerthe im. Tagebuche zu vetrzeichnen. 

Unter der Aufficht dieſer beiden Herren wurde nun den 
Thieren der Abtheilung II. das oben erwähnte Heu gereicht, 
welches indeß nicht in dem Maße Schimmelbildung zeigte, 
wie dies bei früheren Quantitäten der Fall geweſen wart 
die Thiere verzehrten es auch mit umverändertem Appetite. 
Es mußte bald wieder neued Heu zubereitet werben; dies 
beftand aus guter, biesjähriger Vormath und wurde durch 
oftmaltged Begießen und Befttreten in einen ei ur 
fitigen, fchimmligen Zuftand verfebt. 

Die Thiere der Abthellung'L erhielten auf einige Sage 
En bie faſt dem eigenen. Miſte glichen; :Khre' Formi 

23 * 


— 34 — 


hatten fie faſt ganz verloren, : denn fie bildeten mehr einen 
Brei; ſchwarzgrau von Farbe und im höchften Grabe flin- 
end, konnte wohl nur der größte Hunger und Mangel on 
anderen NRahrungsftoffen fie zwingen, die Krippen völlig m 
leeren. 

Eine Veränderung im Geſundheits⸗Zuſtande war bis 
zum: 11. Auguſ bei beiden Abtheilungen nicht wahrzu⸗ 
nehmen. 

Die am 14. Auguſt vom Herrn Thierarzt Schmidt 
vorgenommene Unterſuchung ergab folgendes Reſultat: 

Der Ochs Nr. 1., weicher ſich bei dem gereichten gut⸗ 
ter weniger gut genaͤhrt hatte, als die bei ihm ſtehende Kuh 
Nr. 2., zeigte durchaus keine krankhaften Symptome; der 
Puls war normal und nur das Athmen um einige Züge 
vermehrt, was aber wohl nur durch die Beunruhigung bed 
Thieres von. liegen und anderen Infeften veranlaßt wor⸗ 
den ift. 

Daſſelbe Ergebniß En fih bei der Kuh Wr. 2; nur 
war zu bemerken, daß biefes Thier, troß dem es — Wo⸗ 
chen zuvor gekalbt hatte, ganz ausgezeichnet genährt war. 
| Die diefen Thieren gereichten Kartoffeln befanden fich 
noch immer in einem ſehr ſchlechten Zuſtande. 

Die Kuh Nr. 3. und die Faͤrſe Nr. 4. zeigten feine 
Abnormitäten; beide aber waren bei dem verabreichten Heu 
bedeutend fohlechter genährt, ald Nr. 1. und 2. bei Kartofs 
fein. Das Heu war fehr fchlecht, übelriechend und Häufig 
mit Schimmelpilzen befebt. 

Am 24. Auguft war der Geſundheits ⸗Zuſtand bei allen 
vier Ihieren ein erwünfchter; die Kuh Nr. 2. indeß, welche 
bisher in einem fleifhigen Zuſtande ſich befand, fing an, et⸗ 
was abzumagern, was wohl dem Säugen des Kalbes zuzu⸗ 
fepreiben fein duͤrfte. 

Die faulen Kartoffeln begannen auszuwachfen, und fie 
wurden nun mit den Keimen verfütter. Der vorhandene 


— 35 — 


Borrath an alten, faulen Kartoffeln ging auf die Neige, und 
da andere nicht mehr befchafft werden fonnten, neue Kartofe 
fein aber bekanntlich nicht fo leicht in Faͤulniß zu Bringen 
find, ald alte, fo wurde, nach eingeholtem Gutachten fämmt- 
licher Herren Comits- Mitglieder befchlofien, mit dieſen Ver» 
fuchen am 3. September abzufchließen. Bis dahin haben die 
Thiere 9 Monate lang verborbenes Futter befommen und es 
kann dieſer Zeitraum als vollfommen ausreichend für den vor 
babenden Zweck betrachtet werden, da es doch nicht fo leicht 
vorfommen därfte, daß in einer Wirthfchaft 9 Monate hin⸗ 
durch ein und daſſelbe Futter in gleicher Befchaffenbeit ver- 
abreicht wird. Auf Herrn Chriftiani’s Borfchlag wurde 
daher feftgefeht, aus jeder Abtheilung ein Thier zu fchlachten, 
während er felbft ſich erbot, die beiden andern Thiere an ſich 
zu kaufen, um mit ihnen einen neuen Verſuch anzuftellen, 
nämlich ven dieſer fehlechten Fütterung fofort auf reichliches, 
gutes Maſtfutter Überzugehen. Es wurden hierzu die beiden 
Kalbestühe Nr. 2. und 3. ausgewählt, die vom 1. Septem- 
ber ab zuerft bei grünem Hafer, mit junger euerne vers 
mifcht, aufgeftellt wurden. 

Der Ochs Nr. 1. und die Färfe Nr. 4. wurden dage- 
gen nach Wriezen verkauft. Erfterer wurde am 4. Septem⸗ 
ber in Gegenwart mehrerer Mitglieder des Oderbrüuͤcher⸗ 
Bereins, des Herrn Thierarztes Schmidt und des unter 
zeichneten Gefchäftsführers gefchlachtet. Die Lungen, worauf 
da8 Hauptaugenmerf der Anweſenden gerichtet war, Tonnten 
nicht geradezu als Franfhaft bezeichnet werden. Das hintere 
Drittheil des rechten Lungenflügeld war etwas derber anzu⸗ 
fühlen, als die übrigen Lungenparthieen, doch boten weder 
bas eigene Parenchhym der Lunge, noch das bie einzelnen 
Zungenläppchen verbindende Zellgewebe an diefem Theil dem 
prüfenden Auge Abweichungen von den anerkannt gefunden 
Theilen der Lunge dar. Wahrfcheinlich waren bier die Waͤnde 
der Rungenzellen etwas bider, als an den übrigen Parthieen, 


— 3460 — 


wodurch bie größere Derbheit beim Befühlen veranlaßt murbe, 
und. e8 ift wohl möglich, daß dies eine größere Dispofitton 
zu Lungenleiden begründet; als evident Iranfhaft Tomte 
aber: die Sunge von Den —— nicht bezeichnet 
werden. 
Das Herz zeigte ſich ſeht welt. un in feinen Wandun⸗ 
gen fehr. duüͤnn. Die. Leber war, in Bezug auf Ihre Zertur 
und Färbung normal, aber die größeren Galiengänge waren 
von immen her wit einer Falfartigen Mafle förmlich incru⸗ 
ſtirt und zum Theil gaͤnzlich obliterirtz es fanden ſich in 
ihnen. auch einzelne Leberegeln vor. Die Larven dieſes 
Bingeweipewurms zeigten fich in zahlreicher Menge im Lab- 
magen, der, fo mie bie übrigen Maͤgen, und der ganze 
Darmlanal nichts Abnornes erfennen ließ. Unzweifelhaft 
rührt der erdige Abſatz in den Gallengängen non dem ſchlech⸗ 
ten Futter her, wie ſieh dies ja bei Schafen: nach ſchlechter 
Bütterung in. der Regel zetgt. Zu benterken iR noch, daß 
Das Thier eine verhältniimäßig ‚graße Menge Talg enthielt, 
da. der Schlärhter mit dem Ausfehlachten ziemlich zufrier 
den war. 

. Am: ‚11. September wurde die Faͤrſe Nr 4, gleichfalls 
in: Wrieen geichlachtet, von- deren Befund die. Herten Co⸗ 
niteeMighiever Chriftiani, Schmidt und Unterzeichne⸗ 
ter. Kenntniß nahmen. In der Bauchhoͤhle dieſes Thieres 
fanden- fih, mit Ausnahme der Leber, Teine Normwidrig⸗ 
feiten vor, An dieſer erſchien die Subftanz ſelbſt geſund, 
bach traten auch bier die größeren Gallengaͤnge ſtark her⸗ 
vor als weiße Stränge, da ihre Wandungen ſehr verdickt 
und mit einer kalkariigen Maſſe überzogen. waren. In eis 
zen Gange waren Heine Gallenſteine, in. anderen einzelne 
 Ggelföneden; im rechten, Leberlappen ‚befand fich aufm 
dem ein Knoten — der dom — ſich — 
WR: nn ee 

Beim Oeffnen der. Brufköhle * Ser Thirant 








„n.. gig = 


Schmidt den hintern Lungenlappen ber tinfen Seite in ver 
Gegend der dritt- und viertlegten Rippe durch eine Pſeudo⸗ 
menbran mit den Rippen verwachſen, Diefe Lungenparthie 
ſelbſt livid gefärbt, und das beim Durchſchneiden ausfließenve 
Blut mehr plaftifch als gewöhnlich. An dem vordern Lap⸗ 
ven biefer Seite fand fich eine Stelle in der Größe eines 
Viergroſchenſtuͤcks, die von den übrigen deutlich begrenzt, dun⸗ 
kelroth und derber als ihre Umgebung erfchten. In den Bron- 
chien biefes Lappens war ein zäher, dider, grünlicher Schleim 
angeſchoppt. Solcher Stellen fanden ſich zerftrent noch meh⸗ 
rere, weßhalb ich eine genaue anatomifche Uinterfuchung diefer 
Runge vornahm. Ich blies einzelne Theile derfelben auf, wo» 
bei fich die ſchon äußerlich gefund ſcheinenden Lungenläppchen 
mit Luft fühlten, und blaßroth, wie aufgeblafene, gefunde 
Kälberlungen zeigten; Die mehr dunfelrothen und derberen 
Läppchen Dagegen füllten fich nicht, was mich veranlaßte, die 
Heinen Bronchienzweige, welche zu ſolchen Laͤppchen führen, 
aufzufchneiden, und da fand ich denn als Hinderniß ein Fleis 
ned. Pfröpfchen, anfcheinend von ylaftiichem Gerinfel, in ber 
Größe einer. vurchfchnittenen Linfe und Fleiner, was jedoch 
nicht .feft an der Bronchienſchleimhaut abhärirte, fondern ſich 
mit. der. Bincette. leicht herausnegmen ließ, Nach Entfernung 
dieſes GerinfelS war ih nun im Stande, auch biefe dun⸗ 
fein Läppchen aufzublafen, und fie erichlenen jebt wie jene 
erftangefülten, nur behielten fie -eine kaum bemerkbar dunf- 
lere Färbung. Diefe Prozevur gelang mir mit allen ben 
Zungenläppchen, welche ſich Außerlich anders zeigten, ald bie 
sormalen, und ich glaube daher wohl mit Recht annehmen 
zu dürfen, daß hier in Folge eines Leidens ver Bronchlal- 
fchleimhant ein Tranfhaftes Secret berfelben die Verſtopfung 
der. Heinften Verzweigungen ver Luftröhre vetanlaßt hat, und 
dag nun, bei dem Richtelnbringen der Luft, eine Funktions⸗ 
flörung: in einem foldyen Lungenlaͤppchen ergeugt wurde, welche 
eine Stockung nes Blutumlaufes in dieſem Theile, eine ge⸗ 


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— 348 — 


bemmte Decarboniſation des Blutes und dadurch die dunk⸗ 
lere Faͤrbung ſolcher Laͤppchen verurſachte. 

Daß eine ſolche abnorme Beſchaffenheit einzelner Lun⸗ 
genlaͤppchen zu weiteren krankhaften Veränderungen ber Lunge 
führen fann und muß, wird wohl nicht in Abrebe geſtellt 
werben fünnen; ob aber Diejelbe eine vorherrſchende Dispor 
fition zur 2ungenfeuche bildet, oder ob wohl gar bie fich ſelbſt⸗ 
fländig entwidelnde Zungenfeuche ſtets einen folchen Anfang 
nimmt, wage ich nicht zu entfcheiven; hierüber müflen wohl 
erft weitere Unterfuchungen angeftellt werben. 

Im Uebrigen ift zu diefem Befunde noch zu bemerken, 
daß die Lymphbrüfen der Lunge und Leber vergrößert und 
entartet, und das Herg fehlaff war. . 

"Die beiden Kälber von ven Thieren Ro. 2. und 3, 
welche- am heutigen Tage gleichfalls gefchlachtet wurben, zeige 
ten durchaus ‚nichts Abnormes. 

Die Kuh Nr. 3., welche cixca 4 Monate hindurch auf 
einem Vorwerke des Herm Chriftiani zur Maft aufge 
fieflt war, Anfangs, etwa 3 Wochen lang, Gras, hierauf 
gefundes Heu bis zur Sättigung, und in ben lebten vier 
Wochen rohe Kartoffeln mit Heu erhielt, wurde am 7. Ja⸗ 
nuar +. in Wriegen in meinem Beiſein gefchlachte. Sie 
hatte fich, unter Berüdfichtigung ihrer Sörperconflitution und 
ihres früheren, fehr abgemagerten Zuflandes, recht gut ge 
mäftet.. Da fie, wie im vorigen Bericht mitgetheilt, gleich 
nach dem Kalben ſich Frank gezeigt hatte, und ber damalige 
Zuftand, wenngleich nur ‚vorübergehend, - Dennoch. befürchten 
ließ, als Eönne hier ſich am allereheften ein  Bruftleiden ent⸗ 
wideln, fo war man auf ven ‚Befund viefes Thieres fehr 
geipannt. Nach dem Deffnen ver Brufthöhle zeigte ſich in⸗ 
deß Die Zunge vollkommen gefund; Die ſchönſte Kälberlunge 
fonnie nicht befier fein, was auch. der Schlächter, ſowie der 
anweſende JZudenſchaͤchter, Der das Thier für Fofcher. erflärte, 
ausfpsachen Dagegen zeigte die Leber einige Abnormitaͤten; 


— 340 — 


ige unterer Rand erſchien groͤßtentheils auf einen Zoll Breite 
weißlich und fehr derb, ſowohl aͤußerlich, als audy auf ber 
Schnittflaͤche. In der Nähe und am Anfange eines Gallen 
ganges war ein Geſchwur von ber Größe eines borftorfer 
Apfels, 13" im Durchmefler, mit Falfartigen Wandungen und 
angefüllt mit einer fchtwärzlichen, fchmierigen, jedoch nicht 
übelriechenden Jauche. 

Alle Übrigen Organe waren normal. 

Die Faͤrſe Nr. 2. fleht noch auf der Maſt und wird 
nächftens ebenfalls gefchlachtet werben. 


Nach der im fechsten Bericht — Mittheilung 
follte nun zunaͤchſt der Verſuch mit verſchlammtem Heu und 
der. mit unreifen Kartoffeln, nach Maßgabe unſeres Proſpel⸗ 
tes vom 26. December 1841 unter i. Nr. 1. und c. Nr. 3, 
zur Ausführung fommen. Es wurden deßhalb, zur Betrei⸗ 
bung des erftern Berfucys, von dem Herrn Amtnaun Ba- 
ter in Batlow, auf befien Gute feit Menfchengebenfen fein 
Sal von Lungenfeuche vorgefommen ift, am 4. 1045 
zwei Stuͤck Rindvieh und zwar 

J. eine Gjährige Kuh, weiß mit ſchwarzen Flecken, 
2, sin Ziähriges Ochfenfalb, gleichfalls wei, mit nur we⸗ 
nigen ſchwarzen Flecken, ng 
beide von: hiefiger Landrace, für den Preis von‘ 63 She. 
und 10 Sgr. Stridgelb erkauft. Der Geſundheitszuſtand 
beides Thiere wurde acht Tage. binburch, während welcher 
Zeit fe guten Hafer und geſundes Gerſiſtroh zum Sutter er⸗ 
hielten, auf das Genaueſie unterſucht und es era 4 Si 
pe folgendes Refultat: | 

Die Kuh Nr. 1. hatte ein fehr. ER nemlich wohl⸗ 
— Ausſehen, ein ‚glas. anliegendes, glänzendes: Hude 
und zeigte ſehr gute Freßluſt; fie gab much täglich noch 6 


En 2 350 je Sn 


bio 7 Quart Mitch. Sie hatte durchſchnittlich Se mäßig 
golle und. Fräftige Pulſe in ver. Mimste und 16 Athemzuͤge 
wit jo geringer. Beisegung ver Bauchmuskeln, daß dieſelben 
nur mit ber größten. Aufmerkfamkeit wahrgenommen werben 
Sonnten. Die Berasffion ließ an allen. Stellen ber Bruft 
einen klaugvollen Zon wahrnehmen und bei der Ausfultation 
war überall das normale Lungenbläschen-Weräufch zu hören; 
Huften wurde während ber ganzen Zeit nicht gehört, auch 
war ein falcher durch Drud auf den Kehllopf nicht zu erre⸗ 
gen. Die Färbung der Maul- und. Naſenſchleimhaut, ſowie 
der Conjunctiva war hellroth, auf der undurchfichtigen Horn 
baut zeigten fich hellrothe Aederchen; der Miſtabſatz fand in 
normaler Weife flatt, jedoch war der Mift, wahrfcheinlich in 
Beige Des. trockenen Hafer» und Strohfutters, in den Iebten 
ver: 8. Tage. eimas mehr geballt und troden.: Nach dem Freſ⸗ 
fen legte ſich die Kuh meiſt nieder, ruminirte in gehöriger 
Weiſe und. reits fich nach. dem’ wie dies bei ger 
funden Thieren ver Fall iſt. 

Das Ochfendalb Nr. 2. war gieichfaus recht lebhaft 
und munter, gut genährt und fehr freßluſtig. Es zeigte im 
Dirchſchnitt 50 sole, nicht ſehr harte Pulſe und: 18 Athem⸗ 
zuͤge in der Minute, letztere mit kaum bemerkbarer Bewe⸗ 
gung der. Bruft- und Bauchwandungen. "Die Farbung ˖ der 
äußeren: Schleimhaͤute Wari;normal, das Floßmaunl bethaut 
und wurde oft vom Thiere belecktz die Pertuſſton und: Aus» 
cultãtion ließen Feine Abnormitäten in ber Lunge wahrneh⸗ 
men. Huflenwurbe ‚bei biefem Thiere nicht gehört, ein ſol⸗ 
cher war suchiburdh Druck auf: den Kehllopf nicht zu erzeu⸗ 
gen. Die Ab⸗und Ansſondrtungen: gingen in normaler 
Reife von ſtatten, Sedo Wat: auch bei dieſem Thiere der 
* nach einigen Tagen mehr troden, faſt geballt. 

Gleich nach ihter· Ankumnft wuren -beiöe Thiere in bie 
en Hälfte des neuen Vetſuchoſtalles gebracht. - ’ 

ı Werfelke- iR--16' fang, 20: breit, 10 hoch une. in su 


— Bl — 


Mitte der Breite nach durch eine einen Fuß dicke Mauer in 
zwei gleiche Hälften: getheilt, in der Art, daß jede Hälfte 
einen beſonderen Eingang befam. Diefe Einrichtung wurde 
deßhalb für erforbexlich gehalten, weil, wenn in beiben Hälfs 
ten Verſuchsthiere ſich befinden, und unter ven Thieren ber 
“einen Seite die Lungenſeuche entftehen follte, die andern da⸗ 
durch vor der Anſteckung gefchüst werben. Jede Hälfte if 
dersnach. 13° ang und zur Aufnahme von 4 Thieren geeig- 
get; die. Krippen befinden fich in ver einen Hälfte an ver 
Weſt⸗ und in der anderen an ber Oſtſeite des Stalles; an 
Der Süpfette if in jeder Abtheilung 4’ vom Fußboden ent- 
fernt ein 4 hohes und 5’ breites Fenſter, und ihm genen» 
über, alſo an der Norbfeite, iſt die Thüͤr; letziere iſt jedoch 
ganz nahe der Scheidewand angebracht, fo daß beim Deffe 
nen derfelben bie Thiere nicht unmittelbar von ber einfirös 
menden Luft getroffen. werden. Der Fußboden ift mit Zie⸗ 
gelfteinen gepflaftert und wirb in der Hälfte A., wo fich hie 
gegenwärtigen Verſuchsthiere befinden, mit Sand geſtreut, 
damit bie Thiere nicht. mehr als das für fle beftimmie Quan⸗ 
tum Stroh freffen koͤrnen. Ungefähr. AD Schritte vom Stalle 
entfernt if. ein Schuppen erbaut worden zur Unterbringung 
der Futtervorraͤthe. Er beſteht einfach aus mehreren in bie 
Erde. gefchlagenen und mit breiternen Schalen verbundenen 
Bfählen und ift mit einem Strohdach verfehen. Der fanbige 
Zußboben- ift mit einer Lage Stroh ei, und darauf * 
das Heu, Stroh x. gebracht. 

Nachdem die Thiere nad). actägiger Beobachtung fin 
vollfammen geſund erachtet worden waren, wurde am 12, 
Yalt: mit dem Zättern pon verſchlaumem Heu und geſun⸗ 
dem Gerſtſtroh begonnen. Zu dem Ende war von dem Gute 
Mr&aul bei Wriezen, dem Herrn. Landes⸗Oekonomierathe 
Thass: gehörig, eine Quantitaͤt Heu herbeigeſchafft, das auf 
hier torfigen Bruchwiefe gewonnen worden, welche im letz⸗ 
tim Frühjahr laͤngere Zeit unter Waſſer geflanden, ‚hatte: 


— 352 — 


Bon dieſem Heu, das übrigens bei dem ſchoͤnen Wetter 
fehr gut eingebracht war, wurben die fchlechieften Parthieen 
ausgefucht und biefe für die beiden Verſuchsthiere benugt. 
Es waren meift fehr große Pflocken eines bräunlichen Heuss, 
bas zum Theil wie verfilgt und mit Schlamm bebedt war, 
ber aber bei der Berührung des Heues abſtaͤubte; einen um- 
angenehmen Geruch befaß das Heu nicht. 

Don diefem Heu, das ‚größtentheils aus Juncus arti- 
culatus und bufonius (Simfe), Giyceria fluitans (Schwa- 
dengras), Poa aqualica (Waflerrispengras), Poa praten- 
sis, verfchievenen Carex- (Segge) Arten, befonderd Carex 
acuta, vielem Hypnum (Mftmoos), einigen Pflanzen von 
Phellandrium aquaticum (Waſſerfenchel), Alisma (Froſchloͤffel) 
u. ſ. w. beftand, fraßen die Thiere in ber erften Zeit nur 
wenig, ſondern hielten fich lieber an das ihnen gereichte Gerſt⸗ 
ſtroh. Da dieſes indeg nur in ver Quantität von 5 Pfd. 
pro Stüf und Tag ihnen vorgelegt wurde, fo trieb fie ſpaͤ⸗ 
ter der Hunger, mehr von dem Heu zu’ frefien und nad. 8 
Tagen verzehrien fle auch ſchon zufammen 30 Pfd. Heu, wo⸗ 
von auf die Kuh 20 und auf das Kalb 10 Pfo. zu rech⸗ 
nen fein möchten. Es wird ihren nun täglich ‚dreimal, Des 
Morgens 5 Uhr, des Mittags 11 Uhr und Abends 7 Uhr 
Heu in folcher Menge vorgelegt, daß fie beliebig viel das 
von freſſen Tönnen. In der Zwifchenzeit und. zwar des Bor« 
mittags. und zur Nacht bekommen. fie bie. gedachte Bortion 
Gerſtſtroh und außerdem reines, frifches Wafler zum Gem 
traͤnk. | . 

Bis zum 23, Juli waren noch in keiner Weiſe an den 
Thieren Abnormitäten wahrzunehmen. : ‘Der abgefeßte Miſt 
war ziemlich troden und feſt, ganz ſchwarz und an bee 
Oberflaͤche faft glänzend. Zur befleren Controle, in wie 
äroßer  Menge-vie Thiere das Hen zu fich nehmen, wurben. 
vom 30. Juli ab Heubunde gemacht, die genau jebes 10 
Did. fhwerwaren; die Thiere nahmen auch. jetzt nicht: mehr 


. — 33 — 


als 3 folcher Bunde, alfo 3O Pfd. des Heues zu fih. Am 
2. Auguft hatten fi) die Pulfe und Athemzüge bei beiden 
Thieren der Zahl nach vermindert, denn es zeigte Die Kuh 
40 Pulſe und 14 Athemzüge und das Kalb 46 Pulſe und 
%6 Athemzüge in der Minute, was wohl der von Diefer 
Zeit ab nicht mehr fo hohen Lufttemperatur zuzuſchreiben 
fein möchte. In diefer Art war ber Befund ber Unterfu- 
hung während Des ganzen Monats, und es zeigten fich fei- 
nerlei Abnormitäten. 


Zur VBetreibung des Verſuchs mit unreifen Kartoffeln 
(nach dem Proſpect vom 26. Dezember 1841, litt. c. Wr. 
3.) wurden am 1. Sehtember auf dem Seelower Marfte 
durch Herrn Amtmann Ribbach und den Unterzeichneten 
. zwei Ochfen von dem Heinen pommerfchen (Balzer) Schlage 
für den Preis von 32 Thlr. und 5 Sgr. Stridgeld gekauft 
und zunächft zur Beobachtung ihres Geſundheitszuſtandes 8 
Tage hindurch bei Heu und Stroh in ber Abtheilung B. des 
neuen Berfuchsftalles aufgeftellt, die ebenfalls mit Sand ge- 
fireut war. Währenn diefer Zeit zeigte der Ochs Nr. 1, 
roth mit Blaͤſſe, 8 Jahr alt, purchfchnittlich 50 Pulfe und 
8 bis 9 Athemzüge in der Minute; er war fehr munter, 
zeigte große Freßluſt, war aber fehr mager und befaß 
Aruppiges Haar. Durch die Auskultation und Percuffion 
ber Bruft Tonnten aber feine Abnormitäten an ihm bemerkt 
werben. 

Der etwas Kleinere Ochs Nr. 2., roth, ohne Atzeichen, 
6 Jahr alt, hatte im Durchſchnitt * Pulſe und 9 bis 10 
Athemzuͤge pro Minute, fein Blick war munter, das Auge 
klar, die undurchfichtige Hornhaut mit wenigen rothen Adern 
durchzogen; die Percuſſion und Ausfultation der Bruft zeigte 


— 35 — D 


nichts Abnormes und "die Freßluft bee mnen En — 
ſehr gut, 

„Vom 8. September. ab — dieſen Tharen — Sm⸗ 
taͤglich 3 Metzen Kartoffeln und 23 Pd. Stroh: gereicht. Die 
hierzu verwandten Kartoffeln waren vom Herrn Amtmann 
Bater in Batzlow pro Wispel für 12 Thlri erkauft worden, 
welcher. Preis dadurch gerechtfertigt -wirb, daß die Kartoffeln 
zu dieſem Berfuche ſpeciell ausgeleſen werben mußten, auch 
beim Berfauf noch fehr ungünftige Ausfichten für die Kar⸗ 
toffelernte vorhanden waren. Die Kartoffeln waren über- 
haupt in diefem Sommer fehr im Wachsthum zurüdgeblie- 
ben, fo daß erft Anfangs September, im Allgemeinen aber 
erſt Mitte September mit der Erndte begonnen werben 
konnte. In ben lebten Tagen des Auguft wurden. bie zu 
unſern Berfuchen beftimmtien Kartoffeln eingefommelt, in der 
Art, daß von jeder Staude die Heinften, von der Größe ei⸗ 
ner. Haſelnuß, 518 zu der einer Wuinuß ‚und: etwas darüker - 
ausgeleſen wurden. Hierdurch glaubten wir den’ Anforbiruns 
den unſeres Proſpects, in Betreff der unreifen Kartoffeln, 
zu genügen; denn man konnte von dieſen Sarteffeln durch 
leiſes Drücken die Schaale. abſtreifen, was von mehreren 
Landwirthen als ein Kennzeichen der noch nicht erlangten 
Reife angegeben wurde. Mehrere von ihnen, darunter auch 
einige der Herren Comito⸗Mitglieder, haben die‘ Kartoffeln 
felöft unterfucht und fie für unſern Zweck ganz geeignet gefun⸗ 
den. Es mwurbe ven Thieren die angegebene Quantität Karr 
toffeln in drei Bortionen; des Morgens, Mittags und Abende 
gegeben und in den Zmwifchenzeiten das geringe Quantum von 
Gerſtſtroh umd reines. Waſſer zum Getränk gereicht. Sie 
fragen die Kartoffeln mit großem. Appetite, doch wurde bier 
nach fchon in eimigen Tagen der abgefebte Miſt fehr weich 
und übelriedhend. In ber nächften Woche, .vom 15. Sep: 
tember ab, erhielten die Thiere je eine Metze Kartoffeln zu⸗ 
gelegt, und um der Entflehung ber Zußräude vorzubeugen, 


— I — 


wurden ihnen von ba ab 5 Pie. Stroh pro Städt und Tag 
gegeben. In dieſer Weile wurde allmöchentlich fortgefahren, 
den Thieren pro Städ und Tag 1 Metze Kartoffeln zuzule⸗ 
gen, ſo daß fie vom 12. October ab jedes 8 Meben 1äglich 
verzehrten; über biefe Duantität hinaus fraßen fie aber 
niemals. 

Am 20. September zeigten der Ochs Nr. 1. 56 Puſe 
und 8 Athemzuͤge in ver Minute und Nr. 2, 52 Pulſe und 
Il Athemzüge in berfelben Zeit. Am 23. ejd. Nr. 1. 58 
Bulfe und 14 Athemzüge, Nr. 2. 50 Pulſe und 15 Athen: 
züge, welche Zunahme. an Athemzügen wohl auf Rechnung 
der an dieſem Tage erhöhten äußern Temperatur zu ſchrei⸗ 
ben iſt. 

Von der Abtheilung A. Hatte die Kuh an demſelben 
Tage 28 Pulſe und 10 Athemzüge in der Minute, das 
Stierkalb 42 Pulfe und 16 Mihemzüge 

Am 26. September ließen aus, der Abiheilung A, bie 
Kuh 36 Pulfe und 10 Athemzüge, das Stierkaib 42 Pulſe 
und 12 Athemzüge, aus der Abtheilung B. ver Ochs Wr. 1, 
52 Dulfe und 10 Athemzuge und Rr. 2, 44 Bulfe und 8 
Athemzuͤge in der Minute wahrnehmen. 

Die bisherige Duantität Heu war mit dem heutigen 
Tage. verzehrt und es waren bereits Vorfehrmgen getrof⸗ 
fen, anderes Heu herbeizufchaffen. Der Herr Amtmann 
Ribbach und der Unterzeichnete haben es ſich beſonders 
angelegen fein lafien, das fchlechtefte Heu, wie es nur irgend 
in der Gegend zu haben war, zu erlangen, und wir erhiels 
ten foldes von dem Gutöbefiger Herrn Schröder zu Alt 
Tornow bei Freyenwalte. Es war von einer Dverwiefe, bei 
Freyenwalde, welche den größten Theil des Sommers unter 
Waffer geftanden hatte, fo daß der erfte Schnitt erſt im Sep 
tember gemacht werden Tonnte. Faſt Die ganze Wiefe war 
‚ungefähr 3" über bem Erdboden mit einer. filjigen Dede 
überzogen, die von Conferven und ähnlichen Gebilden er 





— 36 — 


zeugt war; der Boben ſelbſt war noch immer fehr naß web 
die darauf gemachfenen Pflanzen waren an der Wurzel zum 
Theil durch Faͤulniß zerftört. Das bei regnichter Witterung: 
hiervon gemachte Heu war faft ganz ſchwarz und der .auf 
der Oberfläche befindliche Schlammüberzug haftete ziemlich 
feft; er beftand größtentheild aus den foflilen Leberreften von 
Anfuforien,. wie folched durch . die mikroskopiſchen Unterſu⸗ 
ungen des Herrn Dr. Trommer bargeihan wurde. Das 
Heu.war der Hauptfache nach, des Herm Dr. Irommer?s 
Unterfuchung zufolge zufammengefegt aus: 

Seirpus lacusiris (See-Binfe), Rumex Hydrolapa- 
thum (Riefen-Ampfer), Equisetum limosum (Waſſer⸗Schach⸗ 
telhalm), Carex acuta (fcharfe Segge), Sium latifolium (Breit- 
blättriger Merk), Phellandrium aquaticum (MBaflerfenchel), 
Giyceria fluitans (Schwadengras), Poa aqualica (Waſſerris⸗ 
pengra6), Polygonuum ampbibium Bafer-Enöterig), Alisma 
Plantago ($rofchlöffel) u, ſ. w. 

Bon nun ab erhielten die Thlere der Abtheilumg A. 
nur. von dieſem Heu und nebenbei bie frühere Quantität 
Gerſtſtroh. In den erflen Tagen verfchmähten fie das Heu 
foft ganz und fuchten ſich nur einige beflere Haline her- 
aus; doch Bald trieb fie ver Hunger, mehr davon zu fich gu 
nehmen, und nad; ungefähr 8 Tagen verzehren fie, wie 
früher, pro Tag 30 Pfd., wovon auch wieder auf die Kuh 
20 und auf den Stier 10 Pfd. zu rechnen find. Allerbinge 
nahmen die Thiere Hierbei an Volumen nicht zu, fondern 
eher ab, doch erhielten fie fich immer noch längere Zeit m 
einem leiblichen Ernährungszuftande. Ihre Ereremente was 
ren, wie früher, fehr feft, troden, ſchwarz von Barbe und 
wie mit einem Firniß überzogen. An allen übrigen Verrich⸗ 
tungen, wie auch in ihrem Wohlbefinden, zeigten ſich — 
nicht die geringſten Störungen. 

Die Thiere der Abtheilung B. zeigte fich ebenfalls in 
einem recht erfveulichen Geſundheitszuſtande; fie fraßen in 


der 


—357 — 


der erften und zweiten Woche des Octobers jebes 6 bis 7 
Metzen Kartoffeln. und 5 Pfd. Stroh täglich, hatten jenoch 
in den 6 Wochen ihrer Aufftelung noch faft gar nicht zus 
genommen, was indeß bei ihren häufigen und fehr breiigen 
Darmexcretionen auch nicht wohl zu erwarten war. ‚Am 11. 
Detober zeigte fich aber von biefer Abtheilung der Ochs Nr. 
1. krank; er athmete beſchleunigt, etwas angefirengt und 
hörbar, faft ſchnaufend, 22 Mal in der. Minute; Pulfe wa- 
ren in derjelben Zeit 74, und, ver Befchaffenheit nach, voll 
und weich; die Nafenfchleimhaut war höher geröthet; Aus: 
fluß aus der Nafe fand nicht flatt; die Bereuffion und Aus 
fultation der Bruft zeigte nichts Abnormes. Das Thier hu⸗ 
flete öfters mit jehr lautem, faft ſchreiendem Tone; doch war 
die Freßluſt ungetrübt. 

Der Ochs Nr. 2. hatte an dieſem Lage 62 Pulfe und 
14 Athemzüge in der Minute. 

Aus der Abtheilung A. zeigte die Kuh 40 Pulſe und 
10 Athemzüge, und ber. Etier 44 Pulfe und 14- Ahempüge 
in ber Minute. 

“ Am folgenden Tage, am 12. October, hatten fi bie 
Symptome bei dem Ochfen Nr. 1. noch gefteigert; der 
Bulfe waren 80 und Athemzüge 24 in ver Minute; ver 
Art nach verhielten fi die. Erfcheinungen wie um vorigen 
Tage; auch beftand die Freßluft noch. in derſelben Weife 
fort. 

Am: 13. ejd. m. waren nur. 78 Pulſe und 18 Athem⸗ 
züge; doch’ war an dieſem Tage bei der Auskultation das 
refpiraterifche Geräufch an der rechten Seite der Bruſt, in 
der Gegend des Hintern Zungenlappend weniger deutlich wahr⸗ 
zunehmen, ald. an ven übrigen Theilen. 

Am 15. zeigte der Ochs Rr. 1. nur 74 Bulfe und .bie 
Zahl der Athemzüge hatte ſich bio auf 12 vermindert; auf) 
war heute das Athmen weniger hörbar, als an den vorher 
gehenden Tagen, doch huſtete das Thier ˖ noch öfter. 

Mag. f. Thierheilt. XIIL 24 


358 


Der Ochs Ar. 2. ließ an diefem Tage 42 Bulfe und 
10 Athemzüge in der Minute wahrnehmen, die Kuh der Ab⸗ 
theilung B. 40 Pulfe und 12 Athemzäge und der Stier.38 
Pulſe und 11 Athemzüge. 

Am 18. waren bei dem Ochſen Ar. 1. faft fämmtliche 
Krankheits Symptome, mit Ausnahme des noch etwas auf- 
geregten Pulſes (62 in der Minute), verſchwunden; dag 
Athmen geſchah 14 Mal in ver Mimite; doch Kuftete das 
Thier noch einige Male während des Tages mit langgebehn+ 
tem, Fräftigem, klingendem Tone, und bei der Auskultation 
ließ fih an dem Hintern Theile der rechten Brufffeite ein 
Fnitternded Geräuſch wahrnehmen. 

Der Ochs Nr. 2. hatte 42 Pulfe und 12 Athemzüge, 
Sn der Abtheilung A. zeigte die Kuh 40 Pulſe und 11 
Athemzüge, und der Stier 44 Pulfe und 12 Athemzüge in 
der Minute. 

Am 21. October wurden bei dem Ochfen Nr. 1. 68 
Pulſe und 13 NAthemzüge, bei Nr. 2, 52 Pulſe und: 10 
Athemzüge, bei der Kuh 42 Pulfe und 11 Athemzüge und 
bei dem Stier 60 Pulſe und 12 Athemzige in der Minute 
gezählt. 

Am 29, October zeigte der Ochs Nr. 1. 74 Bulje umd 
14 Athemzuͤge und dabet unveränderte Freßluft, aber nach ab 
und zu Huften; Ochs Nr. 2. 60 Pulſe und 10 Athemzüge 
in der Minute. 

Es erhält dieſe Abtheilung auch jetzt noch umunterhros 
en pro Stück und Tag 8 Metzen Kartoffeln und 5 Pfb. 
Gerſtſtroh, die diefe Thiere mit dem un Appetite ver⸗ 
zehren. — 

Aus der Abtheilung A., welche andauernd 30 Pfd. Heu 
und 10 Pfd. Stroh bekommt, zeigte am heutigen Tage bie 
Kuh 40 Pulfe und 9 Athemzuͤge und der Stier 50 Pulfe 
und 10 Athemzüge in der Minute. 

Da der Vorrath an Gerfifirch mit dem 7. 


— 359 — 


Rovember verzehrt war, und auch nicht ſogleich anderes be- 
Schafft werden Fonnte, fo erhielten beive Abtheilungen von die⸗ 
fem Tage ab das für fie beftimmte Futter, alfo für die Ab⸗ 
theilung A. das Heu und für die Abtheilung B. die Kartofs 
feln, bis zum 14. December, ohne Stroh, was indeß nicht 
den geringften Nachtheil bei ihnem erzeugt Hat. 

Aus der Abtheilung A. zeigte Die Kuh am 26. Novem⸗ 
ber 42 PBulfe und 12 Athemzüge, das Kalb 46 Bulfe um 
11 Athemzüge in der Minute. 

Aus der Abtheilung B. hatte der Ochs Nr. 1.69 Puilfe 
und 20 Athemzüge, der Ochs Ar. 2.56 Pulfe und 10 ug 
züge in der Minute. 

Am 2. December hatte aus der Abtheilung A. die Kuß 
42 Pulſe und 8 Aihemzüge, der Stier 52 Pulfe und 10 
Athenzüge; aus der Abtheilung B. der Ochs Nr. 1.70 
Pulfe und 20 Athemzüge, Rr. 2. 68 Bulfe und 10 an 
züge in ber Minute, 

Der Ochs Nr. 1. laͤßt noch — täglich zwei⸗ Bis 
dreimal einen Huften von der früher bezeichneten Beſchaffen⸗ 
heit hoͤren. 

Seit dem 14. December war der vorhandene Kartof⸗ 
felvorrath von 5 Winspeln zu Ende gegangen, und da fein 
neuer Vorrath von unreifen Sartoffelt berbeigefchafft wer⸗ 
den Fonnte, auch überdies in der nächften Comitoͤ⸗Verfamm⸗ 
fung erſt berathichlagt werben follte, was in Betreff diefes 
Berfuches weiter gu thun ſei, ſo wurde vorfäufig nach Leber 
einfühft dreier Eomitoͤ⸗Mitglieder angeordnet, den Thieren 
ber Abtheilung B: täglih pro Stüd 5 Meben gewöhnlicher 
Kartoffeln, weldhe von bem Dominium Möglin geliefert wur- 
den, und 5 Pfd. Stroh zu geben. 

“Für die Abtheilung A. deren Heuvorrath ebenfalls ver- 
zehrt worden war, wurbe indeß fofort ‚wieder ein ‚neuer Vor⸗ 
rath angefchafft.-- Unfer Eomite-Mitglien, Herr Rittmeifter 
von Sena auf Cöthen Hatte die Freundlichkeit, dem Eonttte 

24* 


für diefen Verſuch eine Fuhre fehr fchlechten Oderheues un⸗ 
entgeldlich zu überlaffen. Dies Heu iſt gleichfalls von einer 
Wieſe gewonnen, die den größten Theil des Sommers unter 
Waſſer geftanden hatte, und übertrifft wo. möglich noch das 
frühere an fchlechter Befchaffenheit. Es enthält vorzugsweiſe: 
Equisetum limosum (Waſſerſchachtelhalm), und im Uebrigen 
dieſelben Pflanzen, wie pas frühere Heu. 
ı Die Thiere.der Abtheilung A, hatten in den ae bei⸗ 
den Tagen auch nicht große Luſt, von dieſem Heu zu freſ⸗ 
fen, zumal ihnen vom 15. December ab wieder das frühere 
Quantum Gerfifiroh, 5 Pfe. pro Stüd und Tag, gereicht 
wurde, doch gewöhnten fie fich auch hieran und freſſen jetzt, 
wie früher, 30 Pf. täglich. 

Am 16. December wurden aus der Abtheilung A. bei 
der Kuh 40 Pulſe und 10 Athemzüge, bei dem Stier 46 
Pulſe und 11 Athenzüge; | 

aus der Abtheilung B. bei dem Ochfen Wr. 1. 60 Pulſe 
und 12 Atbemzüge und bei Nr. 2. 56 Pulſe und 8 Athem⸗ 
zuͤge in der Minute gezählt... Ä 

Die Thiere der letzteren Abtheilung befommen jebt ein 
beſſeres Ausfehen, während die ber Abhrilung A. immer 
mebr herunter fommen. 

Am 23. December zeigte Die Kuh 40 Pulſe * 10 
Athemzuͤge, ber Stier 58 Pulſe und 11 Athemzüge; 

der DIENT. 1. 6O Pulfe und 12 Athemzuͤge, und Nr. 2, 
54 Pulfe und 11 Athemzüge in der Minute... - 

Am 6. Januar c, zeigten die Kuh -50 Pulſe und 9 
Athemzüge, der Stier 48 Pulſe und 10 .Athemzüge; 

der Ochs Nr. 1. 48 Pulſe und 9. Athemzüge, Nr. 2, 
56 Pulſe und 12 Athemzüge in der Minute, 

Am 12. Sanuar wurden bei der. Kuh 52 Bulfe und 9 
Athemzuͤge, bei dem Stier 50 Bulfe und 10 Athemzüge; 

‚dei dem, Dchfen Rr. 1. 54 Bulfe und 9 Athemzüge, Nr. 2, 
60 Pulſe und 11, Athemzüge in der Minute gezählt. 


— 31 — 


- Die ich jebt zeigende Bermehrung der Pulſe bei der 
Kuh rührt wohl davon her, daß fie fi in ber lebten Pes 
siode der Trächtigfeit befindet. Beide Thiere der Abtheilurg 
A. find aber ziemlih mager, während bie Thiere der 
Abtheilung B. an Beleibtheit inmmer mehr zunehmen. Der 
Ochs Nr. 1. huſtet indeß noch täglid 3—4 Mal mit dem 
früher fchon erwähnten klingenden, Fräftigen Tone; auch hat 
fich bei mehrmals wiederholter, forgfältiger Ausfultation an’ 
der Hintern, untern Parthie der rechten Bruftfeite jedesmal 
das knitternde Geräufch, ftatt des normalen Lungenbläschens 
Geräufches wahrnehmen laffen, was wohl zu der Annahme 
einer ftattgefundenen organifchen Weränderung des betreffen- 
dert Lungentheils berechtigt. Zu bemerken ift von der letztern 
Abtheilung noch, daß, feitdem fie nicht mehr von den - un« 
ausgebildeten Kartoffel: zu frefien befommen, ihre Darmercres 
mente confiftenter und von dem unangenehmen ©eruche be⸗ 
freit worden find. 

Schließlich ift noch über eine unter den Gomite-Mit- 
gliedern ftattgefundene Veränderung zu berichten, welche 
durch das Ausfcheiden des Herren Rentiers Gobbin, ver 
feinen Wohnſi itz nach Berlin verlegt hat, veranlaßt worden 
if. An deſſen Stelle HA der Wirthſchafts-Direktor Hert 
Bremer zu Alt-Ranft bei Freyenwalde von den übrigen 
Eomite- Mitgliedern erwählt und die Wahl —— 
worden. 

Wriezen, den 12. Januar 1846. 

a u Ulrid). 


a. 
- Daß. die im vorſtehenden Berichte enthaltenen Tchatfa- 
hen mit dem Inhalte des. Protofollbuche übereinfiimmen 
und: der Bericht den Akten gemäß abgefaßt ift, dafür ver⸗ 
buͤrgt ſich | 
ber Befhäftsführer des Comité's 
Ulrich. 


Das unterzeichnete Bomite genehmigt hierdurch den Ab, 
druck des vorfiehenden fiebenten Berichtes. 
Wriezen, ben 13. Januar 1846. 


Bremer. Ehrifiani. Hering. von Jena. Kaskel. 
A, Koͤrte.) Ribbach. Schmidt A. P. Thaer. 
Dr. Trommer. Ho — 


Berechnung der Einnahmen und Ausgaben. 


ACinnahbmen: 


Beſtand laut 6. Beriht. . . 209 a 16 Sgr. 9 Pf. 
Dom Berein wepreußifcherfanb- 
: wirthe zu. Marienwerder. .. 20 — 2 —_n 
Für 2 Kälber und 2 Stüd 

Rindvieh vom Schlächtermeis 


fler Ehrift in Wrign . . 8 » — nn —n 
Aus der Rieder-Barnimer Kreis⸗ 
Kafle a .100 » — DD 2 

Aus der Königl. Weneral⸗Staats⸗ 
Kafle . 0.0. .300 — » —n 


_ Summa 667 Shlr. 16 Sgr. I Br. 


*) Die Unterfchrift des Herrn Landes⸗Oekonomie⸗Raths Koppe auf 
Wollup Tonnte bei deſſen Abweſenheit nicht eingeholt werben. Ulrich. 


— 8363 — | 
-B Ausgaben: 
Cohn an den Biehwärtr . . 43 The. 9 Sgr. — Pf. 
Stempel zur Quittung für bie — 
Koͤnigl. General-Staatö-Kafe — » 10» — .» 


Fuhrlohn für 3 Fuder e” 6» 15 — * 
Dem Glaſer .. » 2» 4» —» 
Für Stroh . 8 » 10 » — » 


Porto für den 6. Bericht und 

für die Geldfendung von Ma- | 

rinwerder . . . 4» 83» 9» 
Für den Drud des 6. Berichte 9» 9» —» 
Für 2 Ochſen an Wesel zu 

Schwanenber bei Zachan in 

Pommern .. 32 » 5 —n 
Für 5 Winspel Kartoffeln nebſt | 

Fuhrlohn an Herm Amt: 

mann DBater in Baplom. . 68 » 10» — » 
Zür 2 Fuder Heu an Herm 
. Gutsbefiger Schröder bei 
. Breyenwalde . 2. un. 6 » 10 — 


= Summa: 186 Shlr. 10 Sg. 3 SM. 


Go sc fon ein Beftand von 481 » 62 —.» 
| Squljzendorf, den 15. Januar 1846, 


Ulrich, Ribbach, 
Geſchäftsführer. als Rendant. 


— U — 


IX. Sranfheits:@rfcheinungen bei einem, an 
chroniſcher Sufgelenkentzündung (chroniſcher 
Sufselenklähme) leidenden Pferde, 


Dom Thierarzt I. Klaſſe Mag in Greiffenberg in Pommern. 


En brauner. Wallach, 6 Sahr alt, 5 Fuß 4 Zoll groß, von 
verebelter Race, wurde im Srühjahr 1842 als Reitpferd ge- 
fauft. Da daffelbe ſchon beim Kaufe mit dem rechten Vor⸗ 
berfuße im Trabe etwas, beim nach Haufeführen aber auf einer 
Reife von 12 Meilen noch mehr lahmte, ſo wurde ich gleich 
nach. der Ankunft hinzugerufen, um den Sig der Lahmheit zu 
ermitteln. 

Bei der Unterſuchung des Patienten fand ich etwas 
vermehrte Wärme des Hufes, geringen Schmerz beim Drud 
mit der Zange, und ftärfered Pulſiren der Schienbeinarterie; 
auch war die Lahmheit beim Reiten auf Steinpflafter mehr 
als auf weichem Boden fichtbar. Die Hufe waren fonft tes 
gelmäßig gebaut, nur zeigten fie einige Neigung zum Zwang⸗ 
hufe und der Strahl war Flein Cetwas fauliger Strab). Ich 
erftärte die Lahmheit für ein Hufleiden, und, da ſich bei 
näherer Unterfuchung des Hufes außer diefen angeführten all: 
gemeinen Entzündungsfymptomen Teine krankhaften Veraͤnde⸗ 
rungen als: Steingallen ꝛc. vorfanden, die man als die Ur- 
ſache der Lahmheit hätte anfehen können, für eine Entzün« 
bung der innern Theile des Hufes, die wahrfcheinlich durch 
mechaniiche Einwirkungen entſtanden wäre. 

Zur Heilung verordnete ich Falte Fußbaͤder oder Um- 
fhläge. Dann zog der Befiger mit dem Pferde in feine ent» 
ferntere Heimath. 

Im Herbfte deffelben Jahres war dies Pferd wieder an 
einen mir näher wohnenden Beſitzer verkauft worden, von 
dem ich nun, aber erft im Brühiahr 1843, aufgefordert wurde, 


daffelbe zu unterſuchen ımb zu behandeln. Er exsählte mir 
sun, daß das Pferb bei dem vorigen. Befiber ſtets lahm ger 
gangen fel,:obgleich .e8 .den ganzen Sommer in einer Kop⸗ 
pel geweidet habe, und Daß es auch bei ikm während bes 
halben Jahres gleichmäßig fort gelahmt Habe, auch zu feiner 
‚Arbeit benupt worden fel. . 

Die Unterfuchung des Patienten ergab nun aber: daß 
der. Huf de& lahmen Fußes bereits eine fichtliche Desergani- 
ſation erlitten hatte. Er war, namentlich von vorne betrachs 
tet, bedeutend Feiner (fchmäler) geworden, die Trachten hat⸗ 
ten. fich mehr nach. innen zufammengezogen, ber Strobl war 
fehr geichiwunden. und die Hornfohle hatte eine flärfere Hoͤh⸗ 
dung erlitten.: Die Wärme des Hufes war nicht auffallend 
sermehrt, . dagegen pulfirte die Schienbeinarterie bebeutend 
Rärfer .ald im normalen, Zuftande. . Beim Drud des Hufes 
mit der: Zange von.oben. nach. unten zeigte das Thier feinen 
Schmerz, wohl aber wem man den Huf von beiden Seiten 
zuſammendrückte. Wurde der Batient auf Steinpflafter ge⸗ 
führt, fo lahmte er bedeutend ftärfer ald auf weichem Bo⸗ 
den... An der Beugefehne dieſes Fußes fand fich in der Mitte 
des Schienbeins eine. geringe Anſchwellung . ohne alle Ente 
sändungsfymptome, auch; zeigte das Thier beim angebrachten 
Drud nicht den geringften Schmerz, daher dieſelbe ganz un⸗ 
beachtet bleiben konnte. 

Aber auch auf dem entgegengeſetzten Vorderfuße ſchien 
das Thier beim Führen, namentlich auf hartem Boden, durch 
feinen gebundenen ‚und. ängftlichen Gang, bei fonft beftigem 
Temperamente, Schmerzen zu zeigen, auch pulfitte- hier bie 
Schienbeinarterie etwas flärfer, jedoch waren biefe Erfchei- 
nungen nur fo geringe, daß ich fie weiter nicht beachtete, 
fondern nur die auffallende Lahmheit am rechten Fuße im 
Auge: behielt. 

Aus allen den, bei der Lnterfuchung vorgefundenen 
Symptomen ergab ſich Har: daß der Sig der. Lahmheit nur 


i — 466 — 


im. Fuße: war, und:-daß ich es hier ver größten Wahrſchein⸗ 
Achkrit nach mit der chroniſchen Hufgelenklaͤhme (oder wohl 
richtiger chroniſche Hufgelenkentzuͤndung) zu thun hatte, Ich 
mächte nun den Beſitzer mit der Krankheit und dem wahr⸗ 
feheinlichen - mißlichen . Erfolge der Behandlung bekannt, und 
ftüste mich dabei darauf, daß biefe — ſchon ſeit fo 
langes Zeit beſtanden hatte. 

Mieſer aber, ein Mann von feltener Aubdauer bei kran⸗ 
ken Thieren, wollte alles Moͤgliche verſucht en um das 
Bierd wieder herzuſtellen. 

Ich ſchritt daher ſogleich zur Operation und: zog dem 

Pferde ein Haarſeil durch den Strahl, nachdem zuvor der 
Huf nach Möglichkeit niedergefchnitten war; ließ baffelbe 18 
Tage liegen und.;während diefer Zeit durch tägliches Wafchen 
den Huf feucht erhalten. Nachdem das Haarſeil entfernt 
war ,. wurde noch am der Krone eine ſcharfe: Einreibung von 
det. Kantharidenſalbe angewandt, und: nad; Abheilung der ent⸗ 
ſtandenen Schorfe:das Pferd 4 Wochen lang. täglicy einige 
Stunden in ein Taltes Bad geftellt.. 
Nach Verlauf von etwa 16 Wochen, und nachdem zu⸗ 
vor das Pferd noch in einer weichen Koppel gegangen war, 
hatte ſich die Lahmheit ſo weit verloren, daß man nur auf 
Steinpflaſter noch ein geringes Schonen bemerkte, dagegen 
ging es auf weichem Boden, namentlich nach einer kurzen 
Bewegung ganz gut, und wurde deshalb auch wieder als 
Reitpferd in Gebrauch genommen. . 

Das ftarke Pulſiren der Schienbeinarterie batte fich, 
Wenn auch noch nicht ganz verloren, Doch bedeutend vermin- 
dert. : Der Huf. wurde während des Wachſens von ber Krone 
aus an-den Trachten breiter, und der entflandene neue Horn: 
ſtrahl ‚war feft und: ſtark. Bis „gegen dns Frühjahr. 1844 
erhielt fi) das Pferd beim mäßigen Gebrauch in Diefem Zur 
flande,; ohne daß ſich die Lahmbeit.:merflich repetirte. Dann 
aber fing «8 auch auf dem linken: Fuße zu lahmen an, und 


— 367 — 


das Uebel hatte ſogar einige Monate fpäter in — Grade 
zugenonmen. 

Alle vorgefundenen Symptome deuteten — auf 
ein Hufuͤbel und besechfigten mich wieder zur Annahme der 
chronischen Hufgelenfentgünbung. 

Es wurde nun auch ein Haarfeil durch den Strahl ger 
sogen umd die Schon oben angegebene Behandlung in Ans 
wendung gebracht. Nach Verlauf non 6—7 Wochen wurde 
das Pferd in eine Koppel.gebracht, wo es fich felbft üher⸗ 
Jaffen umher ging und fich fichtlich befierte, fo DaB man von 
ber Lahmheit nur noch wenig bemerkte. 

Im. Ratıfe des Sommers aber, als bie Koppel trodener 
wurde und auch die Hufe mehr austrockneten, nahm die 
Lahmheit wieder zu, und zwar auf beiden kranken Füßen 
gleichmäßig und fo ſchnell, daß das Thier in Zeit von 14 
Tagen wie ein im hohen Grabe verfchlagenes Pferd ging. 

Die Hufe zeigten in Anbetracht der Lahmheit nur eine 
fehr geringe Wärme, Dagegen pulfirten die Schienbeingrierien 
fehr. ſtark. An der Beugeſehne des linken Fußes bildete fich 
jebt auch eine Anfchwellung, und die febon beſtehende an dem 
rechten, Fuße vergrößerte fich, beide waren aber auch jeht Falt 
und unfchmerzhaft. (mehr ödematös. zu nennen) daher fle zur 
Lahmheit nicht mitwirkten, um fo weniger: da fie fich erft 
während ber fehon beftehenden Huflahmheit ausbildeten. 

Es wurde num abermals durch den Strahl beider Füße 
an. -Eiterband gezogen, welches 3 Wochen liegen blieb, und 
die Hufe dabei ftetS feucht erhalten, darauf noch die Kantha⸗ 
ridenfalbe zweimal wieberhalt an der Krone eingerieben; auch 
=. fpäter wieder kalte Fußbaͤder angewandt und zulegt 

das Thier in die Koppel gebracht, wo es nach) a von 
23 Monat auffallende Beflerung zeigte. 

Die Entzündungsfymptome der Hufe, bis auf ein noch 
immer gelinde fortbeftehendes Bulfiren der Schienbeinarterien, 
hatten fich gleichfalls verloren. Fehlte auch noch viel daran 


— 368 — 
jetzt den Gang des Pferdes einen geſunden zu nennen, ſo 
war daſſelbe doch fo weit hergeſtellt, daß es zum Zuge bes 
nugt werben konnte. Auffallend war, daß ſich nach dieſer 
Curmethode an beiden Füßen ein ftarfer fefter Strahl gebil⸗ 
det hatte, die Hufe an den Trachten allmählig weiter wur- 
den, und die Form bed Zwanghufes fehr verloren hatten. 

Im Winter aber, ald das Pferd - mehrere Tage auf 
hartem Froſt ſehr gebraucht werden ivar, wurde ed abermals 
unter den Grfcheinungen: einer Hufentzuͤndung auf Beiden 
Borderfüßen fehr lahm; und durch das öftere Wiederkehren 
der Lahmheit wurde alle Hoffnumg zu Heilung aufgegeben. Das 
Thier blieb deshalb vom Winter 1844 — 45 bis zum Herbft 
1846 außer allem Gebrauch, aber auch ohne jede Behand» 
fung: In’ den Wintern 1844 — 45 und.1845— 46 ftand es 
im Stalle, und in ben Sommern 1845 und 46 weidete e8 
in einer Koppel. Während nun fo an dem Pferde nichts 
gethan wurde, verminderte ſich bei der fteten Ruhe die Lahm⸗ 
heit‘ wieder etwas; es bildete fich aber an der Krone beider 
Füße eine harte Auftreibung (ähnlich der Schanle), die wohl 
dadurch veranlaßt wurde, Daß das Thier fo wohl im Stande 
der Ruhe als auch beim Gehen meiftens nur die Zehen der 
Hufe auffepte, wobei der Fuß im Beffeleine gerade und mehr 
nad) vorn Üübergebogene Stellung befam. Später verlor ſich 
biefe Auftreibung an dem rechten Buße wieder und Mit ihr 
trat auch eine Verminderung der Rahmheit ein; auf dem lin- 
fen dagegen beftand diefelbe “gleichmäßig fort und das — 
am auch auf diefem Fuße vorherrfchend. 

' Da das: Pferd in diefem Zuſtande zu jebem Dienfte un⸗ 
brauchbar war, fo wurde es, nachdem es über. 44 Jahr an’ 
diefem Hufuͤbel — Onigetentenkgänbung) — hatte; 
—— 


Ich glaube nicht, daß das Erſcheinen der chroniſchen 
Hufgelententzündung eine fo ſeltene Krankheit ift, denn es 
find mir in meiner Praxis ſchon mehrere Falle von Lahm⸗ 
beiten befannt geworden, von denen ich, glaube, daß es die 
beginnende chzonifche Hufgelenfentzündung war, da fie flets 
von folgenden Symptomen begleitet waren: 

: Die Thiere gingen Monate Inng:und känger mehr oder 
weniger lahm. War bie Lahmheit auch überhaupt nur ge- 
ring, fo. zeigte fie ſich doch auf hartem Boden, namentlich 
auf Steinpflafter, - flärfer. Die Wärme des Hufes war. 
meiftens .im Vergleich. zur Lahmheit nur ‚geringe, dagegen 
fehlte nie ein mehr over weniger ſtaͤrkeres Pulſiren der 
Schienbeinarterie, und war dies auch in eingelnen Faͤllen, 
wenn nämlich die Thiere längere Zeit geſtanden hatten, ober 
wohl gar kalte Bußbäder angewandt waren, (wonach audy 
nicht felten eine geringe ſcheinbare Beflerung im Lahmgehen 
ſichtbar wird) in geringerem Maaße vorhanden, fo wurde «6 
doch. einige: Stunden nachher deutlich bemerkbar, fobald . die 
Thiere etwas angeftrengt bewegt. worden waren. Beim Drud 
des Hufes mit der Zange auf die Sohle und Hornwand 
zeigten die Thiere felten Schmerz, dagegen aber deutlich; 
wenn man auf den Strahl oder den Huf an den Trachten 
von den Seiten brüdte. 

In den. erften 8— 10 Wochen der Sabınbeit bemerkt 
man an bem Hufe noch feine pathologifche Veränderung ; 
hat Diefe. aber bereits länger beftanden, fo wird ‚auch. eitte 
geringe Veränderung des Hufed dadurch bemerkbar, Daß. der⸗ 
felbe, namentlich von Borne betrachtet, an ben Seiten ſchm⸗ 
ler und an den Trachten enger wird (ſchwindet), wobei die 
Sohle eine ftärfere Höhlung erhält und ber Strahl mehr 
fhwindet und Heiner wird. Jedoch wird dieſe krankhafte 
Veränderung des Hufes mehr von dem Grade * Krancheit 
als von der Zeit bedingt. 

In vielen Faͤllen, namentlich während — erſten Zeit 


— 870 — 


dieſer Vahmheit, find aber die Symptome: fo geringe und un- 
deutlich, daß es nicht allein fehr ſchwierig ift, fondern oft 
unmöglich wird, fogleich mit Beſtimmtheit den Sig der Lahm⸗ 
heit aufgufinden, und nur durch wieberhöltes und fehr ge, 
naues Unterfuchen bes Patienten, verbunden mit einiger prak⸗ 
tifcher Vebung des: Thierarztes, entfteht die Ueberzeugung, daß 
die Lahmheit ein Hufuͤbel ſel. Tritt dieſe -Aber gleich mit 
größerer Heftigfelt auf und Hat fie einige Zeit beftanden, fo 
wird auch das Schwinden des Hufes bald fichlbar und es 
if dann nicht ſchwer den Ste der -Lahmheit aufzufinden und 
die Krankheit richtig zu diagnoſticiren. 

GEs ſteht zwar die Thaiſache fe, das nicht allein bei 
der chronifchen Hufgelenfentzündung, fondern auch bei andern 
lange beftehenden Lahmheiten, ein Schwinden (Kleinetwer⸗ 
den) des Hufes fich ausbildet, wie z. B. in einzelnen Fällen 
bet Feflel- und Schulterlahmheiten, jedoch wird man’ dann 
ſtets dieſe angeführten Cntzündungsfymptome im Hufe nicht 
vorfinden, und die Thiere werden auf —— nicht mehr 
al8 im weihen Sande lahmen. 

Unterliegen auch wohl alle, febft die befigeformten Hufe 
nach vorangegangenen Urfachen diefer Kranfheit, fo habe ich 
diefelbe bis jegt doch nur bei denjenigen Hufen gefunden 
welche mehr oder weniger die Form des Zwanghufes hatten; 
weshalb ich glaube, daß dieſe eine vorhervfchende Anlage zu 
der chroniſchen Hufgelenfentzündung befiten. “Denn nad dem 
Grade des Zwanghufes finden ſich die Hornwand an der 
Trachten meht oder weniger zuſammengezogen, die Trachten 
hoch und der Strahl Klein, wodurch bie natürliche Neigung, 
ich immer mehr zuſammenzuziehen, im Hufe enifteht. Wird 
mm ein folcher Huf fehr troden erhalten, wie bies fo häufig 
bei wenig gebrauchten Reitpferden,. die- viel im Stalle auf 
trocknen Bohlen over Pflafter: ſtehen, geſchieht, fo wird feine 
Neigung, ſich zufammenzuziehen beförbert, die von der Horn⸗ 
kapſel eingefchlofienen weichen Theile erleiven einen über- 


— MM 0— 


mäßigen Drud, unb verurfachen eine Entzimvung, ein Leiden, 
welches die Thiere nun durch Lahmgehen zu erkennen geben 
und das ein Schwinden des Hufes bewirkt. Man findet bei ber 
Unterfuchung eines folcyen Patienten nach dem Grave des 
Uebels nun die flärferen oder geringen Entzuͤndungsſym⸗ 
ptome des Hufes. 

Aber nicht durch das Zutrockenhalten des Hufes allein 
wird dieſe Lahmheit hervorgerufen, fondern auch wenn bie 
Thiere zu lange beſchlagen gehen, ohne daß die Eiſen erneuet 
werben, ober wenn fie etwas flarf auf hartem Boden ges 
braucht, auch übermäßig angeftrengt werden. Wendet man beim 
Eniftehen diefer Lahmheit Wochen lang und länger Talte Fuß⸗ 
bäder. an, fo fcheint fih das Leiden etwas zu vermindern, 
En wie bie Thiere aber wieder gebraucht werden oder bie 
Hufe fehr austrocknen, Fehrt auch Die Lahmheit wieder. Auch 
fieht man zu Zeiten anhaltend feuchten Wetters und bei 
gleichzeitigem ftarfem Gebrauch ein geringeres Lahmen; ſo⸗ 
bald aber das entgegengefebte Verhaͤltniß eintritt, kehrt auch 
das Uebel im ftärferen Grabe wieder. 

Gegen die oben angeführten Lahmheiten, die. ich nach 
meiner Anficht für eine beftehende Hufgelenkentzündung hielt, 
habe ich oft 4—6 Wochen anhaltend Falte Fußbäder ange- 
wandt, auch wohl die Kantharibenfalbe, an der Krone. ein⸗ 
gerieben, und in einzelnen Fällen. einige Abnahme der Lahm⸗ 
heit bemerft; wenn aber die Thiere in Gebrauch genommen 
wurden, nahm auch die Lahmheit und zwar gleich in den er⸗ 
ſten Stunden wieder zu. 

Bon beſſerm Erfolge: war bie Anwendung. des — 
ſeils durch den Strahl, ſelbſt in den Faͤllen, wo die Thiere 
6 Monate und länger lahmten, auch ſchon ein fichtliches 
Schwinden des Hufes eingetreten war. Ich ließ daſſelbe 
gegen 3 Wochen liegen und rieb fpAter nach Umftänben noch 
bie Kantbaridenfalde an die Krone. ein. Waren die entſtan⸗ 
denen Schorfe im Abheilen, fo wurden durch einige Zeit. Takte 


— 372 — 


Fußbaͤder angewandt, und wenn es die Umſtaͤnde erlaubten, 
der Patient in eine Koppel gebracht, wo dies aber nicht aus⸗ 
zuführen war, erhielt das Thier im Stalle einen feuchten und 
- weichen Stand, wie überhaupt dafür geforgt wurde, Daß die 
Hufe ſtets feucht blieben. 

Bei diefem Heilverfahren, welches ich keinesweges ale 
ein, bie chronifche Hufgelenfentzündung unbebingt heilendes 
Mittel Iennen gelernt habe, find ‚von mir dennoch in vielem 
derartigen Bällen die lahmen Patienten in 6 bis höchftene 
8 Wochen mit großem Glücke geheilt; auch ift mir von den 
Beſitzern nah Jahren verfichert worden daß die Thiere ſpaͤ⸗ 
ter nicht wieber gelahmt haben, wie ich mich denn felbft über- 
zeugt habe; daß der Huf in vielen Fällen eine breitere, beſ⸗ 
fere Form befommen, überhaupt die Yorm des Zwanghufes 
fehr verloren hatte und der ‚vorhin beftehende Heine (faufige) 
Strahl ftärfer und fefter geworden war. 


De 


X Hang und Avancement der Militär 
Thierärzte in Belgien. 


ers dem Gefetz vom 10. März d. J. haben die Militär- 

Thierärzte in Belgien die folgenden militärifchen Grabe: 

der Veterinair⸗Inſpektor den Rang: des Major; 

"die Thierärzte J. Klaſſe » » SHauptmannd; 

die Thierärzte II. Klafe » >» » (Premier) Lieut. 

die ——— IM, Klaſſe » » '» (Geconbes) Untet⸗ 
— Lieutenanits. 

Um Dhieratzt dritter Klaſſe werden zu koͤnnen, muß 
man drei Jahr ftudirt, das für..bie Civil⸗Thieraͤrzto vorge⸗ 
fchriebene Eramen mit Auszeichnung beftanten haben, man 
muß wenigſtens 24 Jahre alt, tt — oder natu⸗ 
ralifirt fein. - 


re; ee 


Niemand kann Thierarzt zweiter Klaſſe werben, wenn er 
nicht wenigftend zwei Jahre als En dritter Klaſſe ge⸗ 
dient hat. 

Um in die erſte Klaſſe einguräden, muß er wenigftens 
zwei Sahre in ber zweiten Klaſſe gedient haben; endlich um 

Beterinait sInfpector werben zu Fönnen, muß der Aſpi⸗ 
rant wenigftens drei Jahre als Thierarzt erfter Klaſſe ge- 
dient haben. 

Zur Erlangung ber weiten und erften Klaſſe muß eine 
praktische Brüfung vorausgehen ; die Ernennung zum Vete⸗ 
rinair⸗Inſpektor gefchieht durch den König. 

Die Thierärzte aller Grade erhalten nach 10jährigem 
Dienft 4 mehr von der Penfion, ald die entfprechenden Offi⸗ 
ciergrabe in der Armee. 

(Journal veterinaire et agricole de Belgique. 
1847.. Fevrier p. 94.) 


Zur Beſchaͤlkrankheit. 


Bon Hertwig. 
(Hierzu die Abbildung Tafel IH.) 


UÜeser die oben genannte Krankheit der Pferde Habe ich im 
achten Jahrgange dieſes Magazins (1842, ©. 269) eine 
Abhandlung mitgetheilt, welche ziemlich volftändig dasjenige 
enthält, was bis dahin über die Krankheit befannt geworben 
war. Ich habe dort es ausbrüdlich gefagt und der ganze 
Aufſatz zeigt es, daß die Krankheit‘ in Feiner Hinſicht genü⸗ 
gend gefannt ift, und deßhalb über fie noch viel zu forfchen 
ſei. Da ich nun Gelegenheit Hatte, feit jener Zeit noch Eini⸗ 
ges über die Krankheit zu fammeln; fo erlaube ich mir, den 
Gegenftand hier noch einmal zur Sprache zu bringen. 

Zunaͤchſt bemerfe ich zur Vervollftändigung der, in jenem 

Mag. fe Thierheilt. XI. 25 





— 874 — 


Aufſatze gegebenen Literatur umd Gefchichte der Beichäffranf- 
heit, daß mahrfcheinlich die erfte Boſchreibung diefer Kranke 
heit von den Preußiſchen Geftüts-Thierärzten Ammon umb 
Dickhäuſer im Iten Bande (1803) von S. v. Tennefers 
Zeitung für Pferdezucht, den Pferbehandel u. |. w. mitge⸗ 
theift worden ift, von woher dieſe Beichreibung in La uben⸗ 
ders Seuchengefhihte der lanbwirthfchaftlichen Hausthiere, 
Br. I. (München und Burghaufen 1811.) Abtheilung 1. 
S. 226 übergegangen if; und — 2, daß in der neuern 
Zeit die Literatur unſers Gegenſtandes nur allein von dem 
Profefior Georg Straufz in Wien durch - „Beiträge zur 
Geſchichte der Laͤhmungskrankheit (Schanferfeuche) des Pfer⸗ 
des”, in den von bem Direftor des Wiener Thierarznei⸗In⸗ 
ſtituts, Herm Dr. Edel herausgegebenen „Mittheilungen 
öfterreichifcher Veterinäre, I. Heft, Wien 1844" vermehrt 
worden iſt. 

Die Beichälfranfheit if, fo weit dies mir aus officiel- 
len Berichten befannt geworden, im Preuß. Staate nach dem 
Sahre 1842 in der bösartigen Form nur an fehr wenigen 
Pferden in der Provinz Bofen, dagegen aber in der gutar- 
tigen Form mehrfältig vorgefommen, wie befonderd 1843 
und 44 in der Marf Brandenburg Cin der Gegend um Neu« 
ſtadt an der Dofje, im Sreife Kyrig und Ruppin); 1844 
in’ Berlin und Umgegend, in der Neumarf (Kreis Soldin), 
eben fo an mehrern Orten des Regierungs-Bezirts Gumbin- 
nen in Lithauen; 1845 im Regierungs⸗Bezirk Oppeln und 
im Regierungs⸗-Bezirk Frankfurt; 1846 ebenfalls in dem 
legtern und im Negierungs-Bezirf Königsberg (Sreid Bars 
tenkein), und 1847 im Regierungd- Bezirk Frankfurt (Kreis 
Sobin). 

. Sinfichtlich der Siisiie und des Verlaufs der beis 
den, von mir in der oben bezeichneten Abhandlung unters 
ſchiedenen Formen, ber bösartigen und der gutartigen 


— 175 — 


Beſchaͤlkrankheit, habe ich zu dem dort Befagten eimas We⸗ 
fentliches .weber hinzuzufügen, noch zu berichtigen; indem fos 
wohl meine eigenen Beobachtungen, wie auch die Mittheilums 
gen anderer Zhierärzte, namentlich der Herm Kreis⸗Thier⸗ 
ärzte König, Höpfner, Weber, Arnsberg und Bed, 
ber Departemenisthieränte Kniebufh, Weber, Richter, 
des Geſtũts⸗Inſpektors Rodloff u. a. feine wichtigen Ab⸗ 
weichungen von ber. frühesen Schilderung ergeben haben. 

Da jedoch bie befte Beſchreibung kaum im Stande iſt, 
eine ganz richtige Vorſtellung zu geben, und weil bildliche 
Darſtellungen dies mehr vermoͤgen, ſo theile ich hier (Tafel 
II.) eine Abbildung von den Blaͤschen, Geſchwuͤren und 
Narben bei der gutartigen Beichälfranfheit an dem Penis 
eines Hengfles, nebft der hierzu gehörenden kurzen Kranke 
heitögefchichte mit. 

Der in der Beſchaͤlzeit des Jahres 1844 hier in Berlin 
flationirt geweſene Königliche Landbefchäler Pretender 
CEngl. Vollblut, B Jahr Alt, dunkelbraun) Hatte im April 
und Mai eine Anzahl Privat» Stuten, und mehrere derfelben 
wiederholt gedeckt. Diefe Stuten, welche verfihievenen Bes 
fibern in Berlin und in der Umgegend ‚gehörten, waren je- 
besmal vorher unterfucht und fämtlich gefund befunden wor⸗ 
den. Als am. 27. Mai eine biefer Stuten zu einem noch⸗ 
maligen Bedecken vorgeführt wurbe, bemerkte ber Ober⸗ 
roßarzt am Königl. Marſtalle, Herr Dr. Knauert, ihre 
Vulva mit vielen Geſchwüren beſetzt. Da diefelbe 10 Tage 
vorher von bemfelben Hengſt beiprungen worden war, ſo 
hielt Herr Dr. Knauert es für nöthig, auch ben letztern 
zu unterfuchen. Es fand fich dabei Folgendes: 

Der Hengft erfehien matt und hatte einige Pulfe mehr 
al8 im normalen Zuflande; das Athmen war normal, bie 
Schleimhaut der KRafe und des Maules, fowie die Binde 
baut der Augen zeigte ſich wie bei gefunden Pferben; bie 
Lymphdrüſen im Kehlgange u. f. w. nirgends angefchwollen; 

25* 


— 316 — 


der Appetit etwas vermindert, die Verdauung ungeftört; aber 
in der Haut am Halfe, am Wiberrüfl und an den Hinter- 
ſchenkeln fanden fich eine Menge Heiner Knoten, welche mäßig 
derb, etwas. empfinblicher- und mehr warm waren als bie 
Haut in der Umgebung; fie faßen am zahlreichkten im Ver⸗ 
kaufe der Lymphgefäße, beſonders am rechten Hinterfchenfel; 
auch waren einzelne Heine Lyınphgefäße der Haut) nicht des 
darunter gelegenen Zellgewebes) an diefen Snötchen. fichtbar, 
und die Haare auf ihnen waren etwas in Die Höhe gerich- 
tet. Aber die wichtigfte Veränderung fand ſich am Penis, 
indem berfelbe etwas. mehr ald im gefunden Zuftande. glän« 
zend und. fowohl an beiden Seiten wie auch. an her 
Eichel mit einer Anzahl von (zufammen gegen 20) Bläschen 
und Gefchwüren befegt war. Die erfteren waren gelbröthlich, 
den Boden ähnlich und in der Größe einer halben Erbfe *), 
bie leßteren (Tafel IIL b.) hatten den Umfang einer kleinen 
bis einer großen Erbfe und einen dunfel»zinnoberrothen, et- 
was flach :vertieften Grund, um*welchen die glatten, mäßig 
derben Ränder gegen 3 Linie erhöhet waren. Die Oberhaut 
war um bie meiften Gefchwüre etwas dunkler gefärbt als an 
dem übrigen Gliede. Aus den Gefchwären wurde eine kleb⸗ 
tige, gelblich - weiße, Flüſſigkeit abgefonbert. Uebrigens war 
das Glied nur um ein Geringes mehr warn. als im normas 
len Zuftande, auch bei der Berührung mit der Hand nicht 
ſchmerzhaft empfindlich, und das Pferd fchadhtete es beim Vor⸗ 
führen einer Stute leicht und vollſtaͤndig aus. Die Münr 
dung der Harnroͤhre erfchien normal geröthet. Hobenfad und 
Schlauch waren nicht angefchwollen. 


*) Ich fahe am 29. und 30. Mai an biefem Pferde nur noch ein 
folches Bläschen und da daſſelbe bis zum folgenden Tage,. wo bie vor- 
Hegende Abbildung angefertigt wurde, fich in ein offenes Geſchwür um⸗ 
wandelte, Sonnte es nicht mehr als Bläschen gezeichuet werben; ich habe 
jedoch an feiner Stelle (Tafel III. bei a.) ein ganz ähnliches Bläschen, 
wie dafielbe bei einem andern Hengft am dritten Tage der Krankheit ges 
fanden wurde, abbilden laſſen. 


— 370 — 


Diefe Erfcheinungen beftanden ohne bedeutende Veraͤn⸗ 
derungen bis zum 29. Mai, wo ich das Pferd zum erften 
Male foh. Am 31. Mai waren die früheren Bläschen am 
Penis in Gefchwüre, den oben bezeichneten ähnlich, umge 
wandelt; das Pferd zeigte fich bei gutem Appetit, fehr mun- 
ter und begattungsluftig; die Hautfnötchen verkleinerten fich, 
die Haut und das Haar wurden glatt. 

"Bis zum 3. Juni bildeten ſich auf den Gefchwüren am 
Gliede braune Schorfe, Die Ränder flachten fi) ab und zo⸗ 
gen: fich mehr zufammen; nad) Abnahme eines Schorfes er- 
ſchien der Grund mehr blaßroth; der Glanz ded Gliedes war 
verfchwunden. Die Knötchen der Haut waren weit Heiner 
und die fräher fichtbar SEOAENEN Lymphgefaͤße nicht u 
wahrzunehmen. 

Am 9. Suni fanden Aid mehrere Gefchiwüre bereits glatt 
vernarbt und an ihrer Stelle weiße, runde Flede (bei c), 
und bis zum 12. Juni war dieſe Veränderung mit allen 
Geſchwüren gefchehen, au die .Haut an den Stellen, wo 
die Snötchen faßen, ganz glatt, das Thier in jeder Hinficht 
ohne Abnormitäten, und man: daher als eone gefund au 
betrachten. 

Die oben — Stute war am 12., 17. und 24. 
April von dem Pretender, am 24. April von dem Sfilator, 
und am 17. Mai wieder von dem Pretender gedeckt worden 
(Sfilator zeigte fich bei der Umterfuchung ganz gefund). Sie 
war dunfelbraun, 7 Jahr alt, von Meklenburg. Race, gut 
genährt und fehr Träftig, iS zum legten Sprunge ganz ges 
fund, und miemald von einem fremden Hengſt gedeckt. Ich 
fand fie am 29. Mai munter, ohne Sieber, bei gutem Appe⸗ 
tit, Koth⸗ und Urinabgang regelmäßig, die Schleimhaut der 
Naſe und des Maules gleichmäßig blaßroth und gehörig 
feucht; _ aber die. Haut am Halfe, am Widerrüft, an den. 
Hinterbaden, beſonders am hintera Rande berfelben, feitlich 
und über dem After enthielt fehr viele derbe Knötchen in ber 





— sm» — 


Groͤße einer Erbfe, aber etwad mehr flah; das Hadr auf 
denfelben erfchien gefträubt und. die Oberhaut enthielt etwas 
zähe, Flebrige Feuchtigkeit. Die Leiftendrüfen erfchienen aufs 
gelodert und einzelne Lymphgefaͤße der Haut ſtark ſichtbar. 
Die Schaam war Außerlich mit 11 Geſchwürchen beſetzt, welche 
tund waren, den Umfang einer Erbfe, etwas derbe, erhöhete 
Ränder und einen lebhaft rothen, faft fcharlachfarbigen Grund 
hatten; fie fahen Boden fehr ähnlich und fchwisten eine klare, 
Inmphatifche Feuchtigkeit aus. Die Schleimhaut der Schaam⸗ 
Iefjen und der Scheibe zeigte Feine Geſchwuͤre, aber am ober 
ren Winkel der erfteren war fle mit dunfelrotben Flecken und 
mit vielen ftarf injizirten Gefäßen verfehen. Ausflug aus 
der Schaam beftand nicht. Nah 2 Tagen (am 31. Mai) 
waren in dem obern Winkel ver Schaamlefjen an der dun⸗ 
felfledigen Schleimhaut 23 gelbliche Bläschen in der Größe 
einer Erbfe entftanden. Diefelben berfteten jedoch fchon am 
folgenden Tage und fleliten dann ähnliche Geſchwuͤrchen wie 
die auf der Außenflähe der Schaamlefzen befindlichen bar. 
Diefelben heilten ohne Schorfbildung bis zum 9. Juni (alfo 
in 10 Tagen feit dem Erfcheinen der Bläschen) wieder ab 
und hinterließen blaßrothe Flede, aber Feine Karben. Die 
äußerlichen Geſchwuͤre hatten unterdeffen fich mit braunen 
Schorfen bededt, welche almältg den 7., 8. und 9. Juni 
abfielen und weiße, glatte Flecke zurüdließen. Das Thiet 
war fehr munter, bei gutem Appetit und hatte ein gleich⸗ 
maͤßig glaͤnzendes Haar am ganzen Koͤrper. 

Als in Folge des‘ Erfranfens dieſer Stute auch die an⸗ 
deren, von dem Pretender gebeten, Stuten unterfacht wurden, 
fanden fih noch 5 derſelben mit ähnlichen Geſchwuͤren an 
der Schaam behaftet. Diefe Stuten waren ſämmtlich in den 
legten Tagen vor bem bemerkten Krankfein des Pretender von 
demfelben befprungen worben; jedoch waren auch ‚mehrere an⸗ 
dere, bie während berfelben von ihm gedeckt worden, fo wie 


— 39 — 


alle dieſenigen, bei welchen dies früher geſchehen, burdaus 
ohne eine Spur von Krankheit der Genitalien. 

Zur Befoͤrderung der Heilung, namentlich um eine Ab⸗ 
leitung durch den Darmlanal zu bewirken, hatte Herr Ober⸗ 
Roßarzt Dr. Knauert dem Pretender eine Burganz gegeben, 
im Uebrigen aber die Heilung der Naturihätigfeit überlaffen. 
Bei den Stuten erfolgte diefelbe burch letztere allein, und 
zwar faft bei allen in etwa 14 Tagen. Da diefe Pferde 
biernah und auch nad 5 bis 6 Wochen noch gleichmäßig 
fehr munter, im guten Ernährungszuftande und mit glattem 
glänzenden Haar verfehen waren, wurben fie nach diefer Zeit 
als -mit der wirklichen Befchälfranfheit nicht behaftet geweſen, 
erftärt und. deßhalb auch wieder zur Begattung zugelaflen. 
Auch Aber‘ den Pretender gaben wir biefe Erflärung ab; der⸗ 
felbe blieb jedoch, obgleich er ſtets gefund erfchien, und obs 
gleich er während feiner Refonvaleszenz zwei, der K. Thier⸗ 
arznetichule gehörende Stuten dedte, ohne biefelden im Ge⸗ 
ringften zu inficiren, aus Vorſicht für diefed Jahr von ber 
weiteren Benutzung audgefchlofien. Er ift, fo weit ich «8 
erfahren konnte, auch im folgenden Jahre bei dem Befchälen 
gefund geblieben. 

Faſt ganz Üübereinftimmend mit ben vorfichenden Anga⸗ 
ber meiner eigenen Beobachtung zeigte fich die fogenannte 
gutartige Beichälfranfgeit au an andern Orten. Hin und 
wieder erichienen die Bläschen etwas mehr gelb, als das auf 
unferer Abbildung bei a bargeftellte, und ihre Größe varlirte 
son dem Umfange eines Hirſekorno bis zu dem einer Heinen 
Bohne. 

Ihre Zahl war in den verfchiedenen Fällen von 1 bis über 
20. Immer erhielten fie fi als Bläschen nur 2-3 Tage; 
dann platzte die Haut, letztere fehälte ſich ab und es erfchien 
die Gefhwürsfläche zinnoberroth, oft auch etwas bunfler; 
biefelben ſchwitzten eine gelbliche, Flebrige Beuchtigfeit aus, 
welche in bräunliche Schorfe vertrodnete, nach. beren Abfallen 


urn 
— 80 — 


weiße Flecke zurüdblieben. Nur etwa in 2 Fällen (unter mehr 
als 35 Beobachtungen) entftand eine eiterähnliche Abſonde⸗ 
rung. Gewöhnlich erfolgte Die Heilung in etwa 14 Tagen, 
in einzelnen Fällen etwas früher, und in wenigen Faͤllen erft 
mit L_ 6 MWochen. Bei Stuten fand man außer den Blaͤo⸗ 
hen und Gefchwüren auf der, gewöhnlich gelbröthlich gefaͤrb⸗ 
ten und etwas angefchwollenen Schleimhaut der Schaamlef- 
zen auch dunkelrothe Flecke von verfchiedener Größe und . 
Form, und mehrentheils mit ſtark angefüllten Adern umge- 
ben, auf berfelben. Einige zeigten folche Flecke *) auch ohne 
daß Gefchwüre zugegen waren; und bei mehrern Stuten be= 
ftand .ein Ausflug von fehr klebrigem, gelblichem Schleim, _ 
der die Schaam, die Schenfel und den Schweif befudelte und 
an. erfiern Theilen zu gelblichen SKruften vertrodnete. Die 
Dauer diefes Schleimfluffes erftredte fih auf 5 bie 14 
Tage. 

Die, Mehrzahl der Patienten ließ außer den Srtfihen 
Erfcheinungen an den Genitalien feine andern Krankhkheitszu⸗ 
fälle.an, fi) wahrnehmen, einige von ihnen aber waren, wie 
dies oben von dem Bretender ‚und der einen, von ihm gebed- 
ten Stute gefagt worden, mit einem Snötchenaudfchlage, mit 
Anſchwellung der oberflächlichen Lymphgefüße, ‚andere mit An⸗ 
fchwellung der ©efchlechtötheile, mit Dedemen am Baushe und 
an- den Beinen, noch andere mit Erfcheinungen des Gaftricis- 
mus und einige mit fieberhafter Aufregung des Pulſes be⸗ 


*) An mehreren Stuten, beſonders an jungen und wohlbeleibten fan⸗ 
ben twir bei der Unterfuchung, daß nach dem Berühren der Schleimhaut 
mit den Fingern, an den betroffenen Stellen in Zeit von 5— 7 Minuten 
begrängte dunfelrothe Flecke entftanden, welche aber nach 10 Minuten wie- 
ber verſchwanden. Diefe Iehtere &igenfchaft, fo wie die Berüdfichtigung 
der Umſtaͤnde, unter denen diefe Flecke bervoriraten und die Abweſenheit 
injicirter Gefäße charafterificen die Erfcheinung deutlich genug als eine 
bloße mechanifche Irritation, Da diefelbe jedoch bei Nichifennern fchon 
BVeranlaffung zu am gegeben, a es mir a daranf auf- 
merkfam zu machen. 


— Ba — 


haftet. Aber alle dieſe Zufälle verſchwanden mit Heilung ber 
örtlichen Zufälle, ja oft noch vorher, und bie Thiere genaſen 
bei einfacher Behandlung dauerhaft und vollſtaͤndig. 

Sch erlaube mir, ein paar Fälle der letzteren Art hier 
ſpeziell mitzuthetlen. j 

1. Beobachtung des Herrn Kreiothierarztes Arnsberg. 

Am 14. März v. J. erkrankte ein, bis dahin in jeber 
Hinficht gefund gewefener, Hengft an Appetitlofigfeit, nachdem 
er am 8. und 13. ejusd, zwei Stuten befprungen hatte, wel« 
he bei der Unterfuhung als ganz gefund erfchienen. Er 
magerte fichtbar ab und zeigte Geſchwulſt am Geſchrt. Am 
26. März war er fehon fehr eingefallen und fehr matt, fein 
Haar ſtruppig, und der Buls wurde etwas befchleuniget und 
der Herzfchlag fühlbar gefunden; die Schleimhäute erfchienen 
ſchmutzig gelblich und troden; der Schlauch und Hodenfad 
waren fehr angefchmollen, ödematös, die Hoden ebenfalld ger 
Schwellen, gegen den Leib in die Höhe gezogen und bei der - 
Berührung fehr fehmerzhaft; aus dem Schlauch fiderte, eine 
weißliche, ſehr übelriechende Jauche. Als der Hengft hurch 
Borführen einer Stute zum Hervorfireden bes Gliedes ge⸗ 
reizt, worden war, fahe man auf dem letztern 14 Geſchwüre 
mit aufgeworfenen Rändern, aber von verfchievener Größe, 
Diefelben fonderten jene Slüffigfeit ab und waren bei der Be⸗ 
rührung fehr fehmerzhaft. — Bei der Anwendung einer Pur⸗ 
girpille aus Ol. Crotonis mit Seife und Althaewurzelpul⸗ 
ver, bei gehöriger Reinigung des Schlauches nebft Cauteri⸗ 
fation der Geſchwüre mit Argent, nitric. fusum und Betup- 
fen derſelben mit Aqua phagedaenica erfolgte die Heilung 
des Thieres innerhalb 4 Wochen und ganz dauerhaft. 

2. Mittheilung des Herrn Departements - Thierarztes 
Weber. 

Auf der Beihälftation zu Frankfurt a. D., wo die aufs 
geftelten 4 Hengfle aus dem Königl. Landgeſtüt zu Grabig 
vom 7. Februar bis zum 9, März 1846 gegen 33 Stuten 


— 382 — 


gedeckt und ſich weder an dieſen, noch an den Hengſten krank⸗ 
hafte, mit dem Beſchaͤlakt in Beziehung flehende Erſcheinun⸗ 
gen gezeigt hatten, bemerfte der Geftätswärter Baul am letzt⸗ 
genannten Tage an. dem Hengft Pollur auf dem Mittelftüd 
ber Ruthe 4 erbfengroße Bläschen, welche bald aufgingen 
und flache, mäßig eiternde Gefchwürchen zurüd ließen. Diefe 
befirich der Paul nach ver in feiner Imftruction gegebenen 
Borfchrift tiglid 2 Mal mit Bleiweißfalbe, und hielt den 
Hengft 8Tage lang vom Deden jurüd, bis wohin bie wun⸗ 
den Stellen vollftändig geheilt waren. Am Ende befielben 
Monats liegen ſich am Henzſt Fifcher ähnliche Gefchwüre 
wahrnehmen und an einer zum Rachdecken vorgeführten: 
Stute zeigten fich mehrere Gefchiwüre auf den angefchwollenen 
Schaamtheilen und ftarfer Ausflug aus der Scheibe. 

Auf die, dem Departements-Thierarzt Weber gemachte 
Anzeige unterfuchte derfelbe am 21. März fämmtliche Hengfte, 
und fand an der Rutbe des Pollux die 4 Geſchwürſtellen 
Durch glatt abgeheilte weißliche Flede angedeutet. Das AL 
gemeinbefinden dieſes Thieres war übrigens volllommen nor⸗ 
mal. An der Ruthe des Hengftes Fifcher,- dicht an der kreis⸗ 
förmigen Wulft, befanden fich zwei ineinanderlauſende Ge⸗ 
fchwürchen, die beide den Raum einer länglihen Bohne ein- 
nahmen, glatte flache Ränder, roſenrothen Grund hatten, 
und nur wenig eiterten. Auf der Vorhaut nach oben zeigte 
ſich ein flaches mit roftfarbigem Schorfe bedecktes Geſchwür, 
und an der Mündung der Harnröhre ein Heineres vom Um⸗ 
fange einer Linfe. Diefer Hengft gab bei der öftern Urin⸗ 
entleerung in geringer Quantitaͤt durch Trampeln mit den 
Hinterfüßen Schmerz zu erkennen, fonft aber waren feine Ab⸗ 
weichungen vom Rormalzuftande, namentlih Anſchwellungen 
am Schlau oder Hodenfade ꝛc. vorhanden. An den Ges 
fchlechtötheilen der beiden Hengſte Garolath und Plenow - 
ließen fich auch nicht die geringften Spuren von Bläöchen 
oder Befchwürchen entdeden, und dennoch wurbe fehr Bald 


— 883 — 


die auffallende Beobachtung gemacht, daß von jenem 3 Stuͤck 
der zuletzt gebeten Stuten von dem Beichälausfchlage Ki 
len worden. | 

Noch an demfelben Tage, den 21. März, — 
aͤngſtlich beſorgt, einige Pferdebeſitzer mit ihren kranken Stu 
ten zur Unterſuchung und aͤrztlichen Behandlung, an wel⸗ 
chen ſich im Allgemeinen folgende Erfcheinungen darboten. 
Die Stuten zeigten fich entweber aufgeregt oder weniger mun⸗ 
ter als. gewöhnlich; die Anfangs wahrgehommenen Fieberbee 
wegungen waren nicht mehr vorhanden, daher Puls und 
Athem nicht befchleunigt und die Freßluſt nicht unterbrüdt. 
Das Haar hatte jedoch weniger Glanz; die Bewegung mit 
dem Hintertheil war gefpannt. Der Drang zum Utriniren 
vermehrt und mit Schmerz verbunden, der Schweif wurbe 
oft bewegt und die untern, Haare deffelben waren durch den 
aus der Scheide fließenden zähen gelbröthlichen Schleim zu- 
fanmen geflebt. Auf den, warm anzufühlenden, mäßig ges 
fehwollenen Echaamlefzen befanden fich mehrere mit braufts 
gelblichen Echorfen bebedte, flache, erbfen» und linfengroße, 
runde Geſchwuͤre mit etwas erhabenen, glatten Rändern und 
fiefigem runde, die fich bei den am melften ergriffenen 
Stuten bis auf den After und zwifchen ben Hinterfchenfeln 
bis zum Guter verbreitet: hatten. Am Rande der Schaams- 
lefzen und bis zu 15 Zoll nach innen auf der aufgeloder- 
ten, mit zaͤhem Schleim belegten, gelbröthlich, jedoch nicht 
ungleichmäßig gefärbt, ausfehenden Schleimhaut und im un 
tern Winkel in der Nähe der Clitoris, zeigten ſich ähnliche, 
oberflächliche, runde, etwas hart anzufühlende Gefchwürchen. 
Bis zum 26. März waren 14 erkrankte Stuten ermittelt, und 
bei allen war die Kranfheit- vom 5. bis 7. Tage nach dem 
letzten Deden zum Ausbruch gekommen, bei mehreren jedoch 
mit weniger auffallenden Erfcheinungen. Da bie Stuten 
immer erſt zur Unterſuchung gebracht wurden, wenn die Kranke 
heit ſchon Tage lang gedauert hatte, fo Fonnten bie erften 


— 384 — 


Eymptome derſelben nicht wahrgenommen werden. Nach dem 
aus dem Sprungregiſter entnommenen Verzeichniß ereignete 
ſich der erſte Krankheitsfall bei einer felbft gezogenen bjaͤhrigen 
Stute, welche dreimal, und zwar das legte Malden 8. März 
vom Hengft Pollur war gededt worden. Uuter den Yom 11. 
bis 19. durch den Hengft Sifcher gedeckten Stuten zeigte ſich bie 
Krankheit bei 7, und vom 15. bis 21. März von Garolath 
und Plenow gededten, von jedem bei 3 Stuten. Uebrigens 
muß bemerkt werben, daß beim Deden ber Stuten ein Werh- 
fel mit den Hengſten flattgefunden. 

Da nun unter diefen Umftänden bie Hengfte als Trä- 
ger eines Gontagiums betrachtet werden mußten, wenn man 
fie ferner zum Deden benußte, fo wurde daſſelbe deshalb 
vom 21, März ab eingeftellt, und auf den von dem Depar- 
tements⸗Thierarzt Hertn Weber erftatteten Bericht und in 
Rückſicht auf die in der Provinz Schleften in dieſer Bezie- 
bung: gemachten ungünftigen Erfahrungen wurde verfügt: Die 
von der Krankheit ergriffenen Stuten einer forgfältigen Be⸗ 
handlung zu unterwerfen. und unter polizeiliche Aufficht der 
Ortsbehörbe zu flellen, das Zurüdziehen der Hengſte Pollur 
und Fiſcher von der Station zu veranlaffen, und fämmtliche 
bis jegt gedeckte 54 Stuten zur genaueften Unterfuchung an einem 
zu beftimmenden Tage hier geftellen zu laflen. Zur Heilung 
der Stuten wurde verorbnet und den betreffenden Eigenthuͤ⸗ 
mern benachrichtigend empfohlen: die gefchwollenen Schaam« 
teile Anfangs: mit Ooulardifchen Waffer öfter zu. wafchen, 
nach befeitigter Geſchwulſt mit aq. phagedaen. flav, zu bes 
feuchten, und innerlich von einer Latwerge aus Glauberfalz 
4 Bfo., Schwefelblumen und Antimonium von jedem 4 Loth, 
Kalmus und Wachholverbeeren, von jedem 8 Loth, täglich 
dreimal 2 ftarfe Spatel-voll zu geben. - Der Verlauf: ber 
Krankheit ftellte ſich ſo günftig, daß ſchon nach einigen Zar 
gen Beflerung, und in Zeit von 14 bis 18 Sagen vollkän- 


dige Genefung erfolgte. Auch der Hengft Fiſcher war durch 
die angegebenen Mittel in 8 Tagen volftändig geheilt. 

Bei der auf den 14. April anberaumten Unterfuchung 
fämmtlicher gedeckten Stuten, wozu fich der Ober-Marflall- 
Thierarzt Dr. Knauert, der Geflütsthierarzt Träger und 
der Staflmeifter Schwarzene der eingefunden hatten, wurben 
die 14 ergriffenen Stuten, bis auf die zulebt erkrankte, voll- 
ſtaͤndig wieder bergeftellt gefunden, indem bei gehöriger Mun⸗ 
terkeit, glattem Haar, feftem fihern Gang mit dem Hinters 
teil 2c. auf den, Außern Gefchlechtsthellen fich nıir bei einigen 
auf den ©efchwürftellen weiße Fleckchen und auf der innern 
Schleimhaut faum noch die gehörig ausgeglichenen Geſchwuͤr⸗ 
flächen wahrnehmen ließen. An allen übrigen Stellen waren 
feine. Merfmale der etwa vorhanden gewefenen Krankheit zu 
entdecken. 

Die Unterſuchung gewährte mithin das guͤnſtige Reſul⸗ 
tat, daß die ftatigefundene Krankheit nicht als die wirklich 
ausgebildete Befchälfrankheit, fonbern nur als eine gutartige 
Modification derfelben betrachtet werden fonnte, weshalb auch 
das in der Allerhöchften Kabinets⸗Ordre, vom 28. October 
1840, vorgefchriebene Einbrennen zur Bezeichnung der er- 
franft gewefenen Stuten unterlaflen, und das Deden mit ben 
gefund gebliebenen Hengften Garolath und Plenow wieder geftattet 
wurde. Da die wiederholte Unterfuchung der ergriffen geivefenen 
Stuten am 11. Mai nur günftige Wahrnehmungen darbot, fo 
unterlag es feinem Bebenfen, auch diefe Stuten zum Nachdeden 
wieder zuzulaſſen, was auch ohne Nachtheil von Statten gegan⸗ 
gen.ift. Nach allen folchen, in der Hauptfache unter einander 
übereinftimmenden Beobachtungen fann man jebt wohl mit 
Sicherheit ausfprechen: 1. daß die fogenannte gutartige Be⸗ 
fchälfranfheit, wie fie bereits früher (a. a. O.) und auch hier 
gefchildert iſt, im Wefentlichen als ein eigenthümliches, den 
Poden einigermanßen ähnliches Eranthem betrachtet werden 


386 


ann; 2. daß Die Krankheit war einen anftedenden Charak⸗ 
ter befigt, dennoch aber eine von der bödartigen Beſchaͤlkrank⸗ 
beit verſchiedene Krankheit iſt. 

Der erſte Punkt erhellet aus den geſchilderten Erſchei⸗ 
nungen, namentlich aus der Veſchaffenheit und Dauer der 
Bläschen und der Geſchwüre, aus der Art des Abheilens durch 
Schorfbildung und aus der ziemlich gleichmäßigen Heilung 
durch die Naturthätigfeit allein; außerdem auch durch das 
gleichzeitige Exfcheinen eines Ausfchlages an andern Körper- 
theilen. — Daß die Krankheit hiernah als ein Eranthem 
betrachtet werden muß, iſt gewiß; und eben beshalb war ich 
im Zweifel darüber: ob ich die Bläschen nach dem Plagen 
der Oberhaut als Gefchwüre bezeichnen follte. Bei den mei- 
Ren Patienten erfcheint dies wohl nicht ganz paſſend, bei ein- 
zelnen aber, wie 3. B. in dem von Arnsberg beobachteten 
Falle, waren wirkliche Geſchwuͤre zugegen und ich habe theils 
beahalb, theild aber auch weil man auf diefe Weife am fürs 
zeſten das zweite Stadium des Ausſchlages bezeichnen Tann, 
das Wort ‚Gefchwär” beibehalten. 

Die Eontagtofität des Uebels hat ſich dadurch erwie⸗ 
fen, daß überall, wo ein Hengft mit demfelben behaftet 
war, auch die meiften während feiner Krankheit von ihm ge- 
deckten Stuten mit derfelben Krankheit behaftet wurden, waͤh⸗ 
rend diejenigen Stuten an dem nämlichen Drte, welche fich 
mit ‚gefunden Hengften begatteten, von der Krankheit befreiet 
blieben. So 3. B. wurden bier unter den fämtlichen Stuten 
nur eine Anzahl der vom Pretender gevedten krank; in Len⸗ 
ten bei Ragnit erkrankten 1844. von 13 Stuten, die von Dem 
Hengſt Robin⸗Hood gedeckt worben waren, 9; — in dem oben 
von Weber mitgetheilten Falle erfchien die Krankheit bei 14 
Stuten, und in einem, von dem Kreisthierarzt Schutt zu 
Bilenzig beobachteten alle fanden ſich unter 35 Stuten, 
welche ber Franke Hengft des Bauer Mint gedeckt Hatte, 
ebenfalls 14 mit der Krankheit behaftet ıc. | 


— 387 — 


Die Zeit, in welcher bie Krankheit nach ber wahrſchein⸗ 
lich gefchehenen Infektion zum Ausbruch kam, dauerte in den 
meiften Faͤllen 5—10 Tage; vor 5 Tagen erſchien fie bei 
diefen neuern Beobachtungen niemals, wohl aber in mehreren 
Fällen nah 10 Tagen, in 2 Fällen fogar nad) 20 Tagen, 
und in einem von dem Departements: Thierarzt Richter 
beobachteten Falle Hatte die Incubation fogar gegen einen 
Monat gedauert. Gewöhnlich erfolgte das Hervortreten 
ver Bläschen an zwei oder an drei bis vier Tagen nad 
einander. 

Die Selbftentwidehing der gutartigen Beſchaͤlkrankheit 
iſt in der lebtern Zeit mehrfältig beobachtet worden, und zwar 
meiſtens bei Hengften; fo namentlid, bei dem Bretenber, wel⸗ 
eher bier gefund angefommen war und faſt zwei Monate ale 
Befchäler fungirt hatte, ehe ſich eine Spur von Krankheit 
zeigte; — eben fo Robin« Hood, der ald vierjähriger Hengft 
im Sabre 1844 zum erften Male im Anfange des März ale 
Beichäler Dienfte leiftete und am 23, deffelben Monats Franf, 
und ‚zwar fein Glied mit fchon von Schorfen bebedten Ge⸗ 
fehwüren behaftet, befunden wurde, während an biefem Tage 
die fämmelichen von ihm gebedten Stuten noch als völlig 
gefund erſchienen. Erft in den folgenden Tagen zeigten fich 
nad) und nach 9 diefer Stuten als Trank. Unter biefen letz⸗ 
teren befanden fich einige, welche vorher noch niemals von 
einem andern Hengft befprungen worden waren. An den 
Hengſten Pollur und Fiſcher (ſiehe oben die Mittheilung von 
Weber) zeigte fi bie Krankheit ebenfalls cher als an ben 
von. ihnen gebeten Stuten, und eben fo war es in mehre 
ten anderen Fällen, deren fpezielle Aufzählung ich, der Kürze 
wegen, unterlafie. Noch im gegenwärtigen Sahre ereignete 
es ſich, daß ein im Kreife Soldin zum Lanbbefchäler beftimm- 
ter junger Hengft, ber vorher noch nie. gedeckt hatte, nach 
der Begaktung mit nur drei Stuten die gutartige Beichälz 
krankheit im hohen Grade befam. Diefe drei Stuten ließen 


388 


bei genauer und wieberhofter Unterfuchung durch den Kreis⸗ 
thierarzt Dr. Fürftenberg nicht das geringfte Merkmal einer 
Krankheit wahrnehmen. Der Hengft wurde, nachdem er vom 
ferneren Deden abgehalten, in einigen Wochen völlig herge⸗ 
ftellt und dann wieder hierzu benubt, ohne daß üble Folgen 
danach eingetreten find. 

In Betreff der Selbftentwidelung darf man jedoch nicht 
die Hengfte allein befchuldigen, fondern es find auch wieder 
bei Stuten, welche feit 1, 2 und 3 Jahren nicht zur Begat- 
tung ugelaffen waren, ja fogar bei folchen Stutfüllen von 2, 
3 und 4 Jahren, welche ſich im noch ganz jungfräulichen Zu⸗ 
ftande befanden, die Bläschen und Gefchwürchen ganz fo wie 
bei der fogenannten gutartigen Beichälfranfheit beobachtet wor⸗ 
ben, namentlich von den Kreisthierärzten König, Höpfner 
und Bed. 

Ueber die Urfachen der primären Entwidelung dieſer 
Krankheit kann ich nicht mehr fagen als was ich bereits in 
meinem früheren Auflage (a. a. O. ©. 345) angedeutet. 
Sch muß auch jegt noch für die wahrfcheinliche Haupturfache 
eine eigenthümliche Krankheits-Conftitution der Atmofphäre, 
ähnlich derjenigen, welche auch bei dem Entftehen des epi⸗ 
zootifchen Maul⸗ und Stlauenwehes (Aphthenausichlages) be⸗ 
fteht, betrachten; glaube jedoch auch, daß die mit der Auf« 
tegung der Gefchlechtöthätigfeit verbundene Turgeszenz im 
Frühling und bei dem Begattungsafte dabei fehr mitwirfend 
iſt. Daß aber diefer Akt Hierbei nicht durchaus nothwendig 
ift, ergiebt fih aus dem Entſtehen der Krankheit auch bei 
ſolchen Thieren, welche ihn vorher nicht ausgeübt Batten. — 
Db außerdem noch- andere Urfachen, namentlich im Körper 
beftehende Diskraſien hierbei yon Einfluß fein und ob Diejel- 
ben eine Mopdification des einfachen Bläschen» Eranthems 
und des Contagiums verurfachen Tönnen (mie dies früher 
vermuthet wurde)? — wage ich noch nicht zu entfcheiben. 
Die Möglichkeit, daß durch Gomplication der Urfachen und 


— 1338 — 


Befonbers dur Mitwirkung von Dystkraften folge Krankheits⸗ 

zufläude, die fonft einen einfachen und gutartigen Gharalter 
om ſich tragen, zu einem bösartigen Leiden umgeflaltet‘ wer⸗ 
den, ja.daß fie felbft ganz eigenthuͤmliche Charaktere anneh⸗ 
men, lehrt in der Menfchen- Pathologie die tägliche Erfah⸗ 
rung über den unheilvollen Einfluß der Strophein, ber Gicht 
u. ſ. w. auf die verfchievenften Krankheiten der Individuen, 
weiche an: Diefen Dyskraſien leiden. Es liegen in biefer Hin⸗ 
ficht ſelbſt über unfern Gegenſtand einige Beobachtungen aus 
neuerer. Zeit-vor, welche den -Berdadht. beftätigen koͤnnten, 
daß durch die Mitwirfung. des Rotz⸗ und Wurmgifes bie 
bösartige : Beichälfranfheit entftehen möge. Mein. College, 
Dr. Spinola hat eine ſolche Beobachtung gemacht und die 
Thierärzte Müller in Frankfurt und Frey in Driefen haben 
Jeder einen folchen Fall mitgeiheit. In dent. Bericht nes 
Herrn Müller if erzählt: daß ein 7 Jahr alter, bis dahin 
fletö gefund geweſener Hengſt im Anfange des Monats Juni 


1842..eine, des Rotzes verbächtige und fpäter bei der. Sektion 


als mit Diefer Krankheit wirklich behaftet. gefundene, Stute 
befprungen hat und .ummittelbar hierauf an Erſcheinungen der 
beginnenden Befchälfranfheit erkrankt. iſt. Er deckte jedoch. in 
diefer Zeit noch. eine vierjährige, ganz gefunde Stute, und 
dieſe erlrankte nad) ‘ver Begnitung ebenfalls. Bei dem Hengft 
entwidelten fich alle Eymptome der bösartigen Beſchaͤlkrank⸗ 
heit in kurzer Zeit zu einem. hohen Grade, und fchon mit 8 
Wochen nach. flattgefundener Brgattung mit ber rotzverdaͤch⸗ 
Higen Stute erfolgte der. Tod, — An.der zweiten (4jährigen) 
Stute ‚zeigten fich zuerft Erfcheinungen eined katarrhaliſchen 
Leidens. der Refpirationsorgane mit. Affeftion des Lymphge— 
faͤßſyſtenis, wozu fich nach einigen ‚Monaten. Zufälle Dex 
Beuftwaflerfuht und. "Dana .Yaralufis des Hintertheils ein⸗ 
fanden. Der Tod erfolgte etwa 6 — sur > 
gattung. | 

Sn dem, von ı dem Herm Frey —— zalle war 
Mag. f. Thierheilt. XIN. 26 


300 


bei einem bie dahin ganz gefunden Hengſt nach dem Decken 
einer, der Rotzkrankheit verdaͤchtigen, Stute die gutartige Bes 
fchälfrantheit entſtanden, dieſe jedach in 3 Wochen wieder ger 
heitt worden, ohne daß fpäter ſich üble Folgen zeigten. — 
Einen aͤhnlichen Ball, wo jeboch außer den Symptomen auch 
die Bösartige Drufe und Rog übertragen wurden, beobachtete 
Herr Thierarzt Simon in Ratibor. Cine braune Stute, 5 
Jahr alt, Reitpferb des Gutsbeſitzers v. E. hatte im. Auguſt 
1844 bereits feit 4 Monaten an Drufe gelitten, welche als 
ten Mitteln trobte und ſelbſt mehr und mehr einen verdaͤch⸗ 
tigen Charalter annahm. Auf den Rath Anderer ließ nun 
der Eigenihümer diefe Stute in feiner Gegenwart und mit 
ſolcher Vorſicht, Daß eine Mittheilung des Druſenausfluſſes 
aus ver Naſe nicht ſtattſinden kounte, von einem geſunden 
Hengſt decen. Die Stute wurde tragend, aber die Drufe 
ging bald in wirklichen. Roy über, weshalb ber. Eigenthümer 
Das Thier tödten lief. Der 6 Jahr alte Hengft erfraufte 8 
Tage nach jmem Eprunge an ber Beſchaͤlkrankheit und zur 
gleich am ber Drufe. Der Penis ſchwoll ziemlid, ſtark an, 
Ing währen 3 Tagen beftändig hervor und zeigte in der 
Gegend der Eichel mehrere Heine Bläschen, welche mit einer 
geiblichen Fluͤſſtgheit amgefült waren; das. Mittelfleifeh, die 
Hoden wad ſelbſt Die Leiſtendrüſen waren angeſchwollen; das 
Thier trippelte unruhig von einem Hinterfuße auf den an⸗ 
dern und zog biefelben in bie Hähe; Fisher und: andere. Er⸗ 
ſcheinungen, mit Ausnahme von etwas Ausfhuß aus der Nafe 
und Anſchwellung der Lymphdruͤſen im Kehlgange, beſtanden 
nicht. Im Verlauſe von B Tagen minderten ſich die Symptome 
an den Genitalien ſehr, die unruhige Bewegung mit den Hin⸗ 
terfüßen war verſchwunden und der Hengſt mit der D. Wache 
von biefer Krankheit geheilt. nfiähen. das Drufenleiten, ba6 
fihen-in ber 3 Woche nach dem Dacken der Stute „einen ber 
denklichen Charakter angenommen hatte, war nad 5 Waden 


— 3801 — 


ſehr bösartig geworden und endlich in den offenbaren Rotz 
ausgeariet, weoͤhalb der Hengſt getödtet wurde. 

Einige ſolche Beobachtungen, die uns früher ſchon be⸗ 
kannt wurden, hatten es wuͤnſchenswerth gemacht, uͤber die⸗ 
ſen Gegenſtand durch abſichtlich angeſtellte Verſuche mehr Licht 
und größere Sicherheit zu gewinnen. Denn theils ſtehen bie 
Beobachtungen zu fehr vereinzelt da, theils find fie in man⸗ 
hen Punkten mangelhaft, — mas wohl zu eniſchuldigen iſt, 
da man auf die betreffenden Thiere erft immer dann aufmerk⸗ 
fam wurde, wenn fie bereits Symptome der Befchälfranfheit 
zeigten, wo dann bie Srmittelung des früheren Geſundheits⸗ 
zuftandes u. f. w. gewöhnlich nicht mehr vollſtaͤndig und 
ficher zu erlangen war. Mit Zuftimmmg des Direktors der 
Königl. Ihierarzneifchule, Herren Geh. Medizinal⸗Rathes 
Dr. Albers habe ich daher feit dem Jahre 1842 bis jept 
eine Reihe fehr zeitraubenver Verſuche gemacht, indem ich 
nach und nad 15 Stuten, welche an der Rob» oder an ber 
Wurmkrankheit, oder auch an beiden zugleich litten, von 3 
verfchlevenen Hengiten, welche innerlich ganz gefund waren, 
ein» over mehrmal babe decken laffen. Eben fo ließ ich 16 ges 
ſunde Stuten von vier Hengften, die mit Nog oder Wurm 
behaftet waren, jede derſelben ein⸗ ober mehrmal (einzelne bie 
4mal) befpringen. Es wurde dabei die Borfiht gebraucht, 
daß die Stuten auf dem ganzen obern Theile ihres Körpers 
mit Deden behangen waren, fo Daß eine beiverfeitige andere 
Berührung ald an den Genitalien nicht ftatifinden Tonnte, 
Die Pferde wurden nach der Begattung während 1 Monat 
bis 2 Monate beobachtet, aber forwohl die gefunden Hengfte 
wie auch die gefunden Stuten blieben fämmtlich gefund, und 
namentlich zeigten fie weder ein Symptom von bösartiger 
Drufe, Rod oder Wurm noch von der Beſchaͤlkrankheit. 
Ebenſo entſtand die legtere nicht bei B andern Verſuchen, in 
weichen fowohl die Hengfte wie auch die Stuten mit Roy 
oder mit Wurm, oder mit beiden Krankheiten zugleich behaf- 

26* 





— 39 — 


tet waren. — Bei einigen dieſer Verſuche waren die Stuten 
roſſig und einige andere wurden durch das Zuſammenſtellen 
mit den Hengften in einem und demſelben Stalle, fo wie 
durch den’ wiederholten Begattungsaft in den Zuftand bes 
Roſſigſeins verfebt. 

Außerdem babe ich auch mehrere Fälle beobachtet, in 
welchen PBrivatperfonen ihre Stuten, die an bösartiger chroni⸗ 
feher Drufe litten, mit gefunden Hengften deden ließen, ohne daß 
hiernach bei den lebtern eine Spur von Beichälfranfheit ent⸗ 
fand: Ganz biefelbe Beobachtung hat der Departementsthier- 
art Herr Kuhlmann in Marienwerder vielfältig gemacht. 

. Wenngleich ich auf meine Verfuche und Beobachtungen, 
von denen das Refultat gleichartig negativ war, Feinen ent 
feheidenden Werth legen will, fo ‚berechtigen fie mich doch zu 
dem Schluße: daß fehr wahrfcheinlich durch die Begattung 
roß= und mwurmfranfer Pferbe mit einander oder mit geſun⸗ 
den Pferden weder die bösartige noch die fogenannte gutar⸗ 
tige Beichälfranfheit primär entfleht, fondern daß hierzu, wenn 
überhaupt die Rotz⸗Dyskraſie mitwirfend fein mag, noch an⸗ 
dere, bis jebt unbefannte Einflüffe und in ben erfranfenden _ 
Pferden eine eigenthümliche Anlage kommen müffen. Hiermit 
will ich aber die Möglichkeit nicht beftreiten, daß die auf an⸗ 
dere Weife, 3. B. durch Einwirkung einer veränderten Atmo⸗ 
fohäre entitandene, gutartige Befchälfranfheit durch das gleiche 
zeitige Entftehen der Rotz⸗ oder Wurmkrankheit oder durch 
bie Infeltion der an der gutartigen Befchälfranfheit leidenden 
Pferde mit Robs und Wurmgift in ein bösartiges Leiden 
ausarten und, unter gewiffen Umftänden, felbft in die bösar« 
tige Befchälfrantheit übergehen könne. Dies ift jedoch nur 
eine Hypotheſe, deren Beflätigung oder Widerlegung kuͤnfti⸗ 
gen Beobachtungen überlafien bleiben muß. 

Am Schlufle dieſes Auffages, den ich des Raumes we 
gen bier nur auf die fogenannte gutartige Beichälfrankheit 


— 30 — 


beſchraͤnken muß, kann ich folgende Bemerkungen nicht unter⸗ 
drücken. 

Da die bisher ſogenannte gutartige Beſchaͤlkrankheit, wie 
dies aus dem Vorſtehenden klar hervorgeht: 1) ihrer Natur 
nach ein Bläschen⸗Exanthem iſt; — 2) da fie, obgleich in 
einem gewiſſen Grade anftedend, doch eine im Allgemeinen 
fehr gutartige, leicht heilbare und nur 14 Tage bis 4 Wochen 
dauernde Krankheit iftz und — 3) da biefelbe in neuerer Zeit 
einen erwiefenen Zufammenhang mit der fogenannten bösars 
tigen Befchälfranfheit nicht gezeigt hat, fo follte man auch 
fernerhin dieſe gutartige Beichälftankheit gar nicht mehr Bes 
fhälfranfheit nennen. Ich fchlage daher vor, Fünftig ihr den 
Kamen: „Bläschen- oder Phlyctänenausſchlag der 
Gefhlechtstheile” zu geben. Diefe Ramensveränderung 
ift, wenigftens im Preuß. Staat, nicht gleichgültig, da nach 
ihr eine Befchränfung der in der Cabinets-Ordre vom 22. 
September 1840 vorgefchriebenen ftrengen Maafregeln auf 
die bösartige Beichälfrankheit, die Folge fein wird. Diefe 
Maaßregeln find für die Iegtere Krankheit gewiß ganz noth« 
wendig, feinesweges aber für den hier in Rede ſtehenden 
akuten Ausfchlag der Gefchlechtötheile, und doch Fonnte eine 
gewiſſenhaft ftrenge Polizeibehörde von der Anwendung diefer 
Maapregeln überall nicht abftehen, wo das Wort „Befhäls 
krankheit“ ausgefprochen war. Denn das obige Gefeß er- 
wähnt feiner zwei Sormen diefer Krankheit und macht daher 
auch in den Maaßregeln keinen Unterfchied zwifchen gutartis 
ger und bösartiger Veſchälkrankheit. Es müßte alfo eine 
nachträgliche Deflaration von Seiten des Geſetzgebers bie 
Nichtanwendung diefer, für die Pferdebeſitzer fehr Iäftigen 
Maadregeln bei der fogenannten gutartigen Befchälfrankheit 
geftatten, wenn ber biöherige Name beibehalten würde. Dies 
erfcheint jedoch nicht nöthig, da das Gefeß nur von einer 
bösartigen Beſchaͤlkrankheit fpricht, mit welcher das Bläschen- 
exanthem nichts anderes gemein hat, als den Sig an den 





— 394 — 


Genullalien und das gewoͤhnlichſte Erſcheinen nach dem Bes 
gattungsakte. 

Dennoch wird es nöthig bleiben auch bei dieſem Eran« 
them die Thiere von der —— Begattung während ver 
Krankheit und bis wenigſtens 3—4 Wochen nad) gänzlich 
erfolgter Heilung zurüdzuhalten und fie hinfichtlich ihres all⸗ 
gemeinen Wohlbefindens, der Beichaffenheit ihrer Oenitalien, 
fo wie hinfichtlich des Lymphgefäßſyſtems, ganz befonders aber 
die Haut hinfichtlich der, die bösartige Beichälfranfheit cha- 
takterifirenden flachen Gefchwälfte öfters genau zu unterfuchen. 





su. Obrigkeitliche Anordnungen. 


1) Allerhöchſte Sabinets-Drdre in Betreff mehrmaliger 
| Wiederholung der Staatsprüfungen. 


Auf Ihren Bericht vom 8. d. M. beſtimme ich, daß die zu 
Erlangung der Approbation als praktiſcher Arzt, Wundarzt, 
Zahnarzt, Thierarzt, Apotheler oder Hebamme vorgeſchriebe⸗ 
nen Staatöprüfungen, fo wie die einzelnen Prüfungsabſchnitte, 
infofern folche nad dem Reglement für die Staatöprüfungen 
der Medizinalperfonen vom 1. December 1825 als in fi 
abgefchlofien betrachtet und einer felbiiftändigern Cenſur un« 
terworfen werden, im Fall eines unbefriedigenden Ergebnifles 
in der Regel nur zweimal wiederholt werden dürfen. Ich 
will Sie jedoch ermächtigen, nach pflichtmäßigem Ermeſſen 
aus befonderen - Gründen ausnahmsmeife noch eine britte 
Wiederholung einer folchen ungenügend ausgefallenen Prü- 
fung und beziehungsweife eines einzelnen Abfchnittes derfel- 
ben zu geftatten. — Dagegen fol für bie zur Erlangung der 
Approbation als Kreis⸗Phyſikus, gerichtlicher Wundarzt, 
Geburtöhelfer und Augenarzt vorgefchriebenen Staatsprüfun« 
gen im all eines unbefriedigenden Ergebniffes nur eine ein- 
malige Wiederholung der Prüfung ftattfinden, fo daß insbe: 
fondere bie im 8. 76 des Reglements vom 1. December 1825 
für die Phyfifats- Prüfungen vorgefchriebenen Ausarbeitun- 
gen über Themata medico-legalia, falls fie das erftemal un» 
genügend ausgefallen find, nur noch einmal aufgegeben wer- 
den dürfen. — Sch überlafje Ihnen, dieſen Meinen Befehl 
zur Kenntniß der bethelligten Behörben zu bringen und durch 
die Amtshlätter bekannt zu machen. 
Berlin, den 22. März 1847. 
(gez) Sriedrih Wilhelm. 

An den Stants-Minifter Eichhorn. et 


2) Amtliche Verfügung in Betreff de8 Namens Ihierarzt, 
den fich Leute ohne Approbation beilegen dürfen. 


Der Königl. Regierung erwiedere ich auf den Bericht 
vom 19. v. M. (B. III. 895), daß auf Grund des Aller 
höchft genehmigten Reglements über die Eintheilung des thtere 
Arztlichen Perfonald vom 25. Mai 1839 PBerfonen, welche, 
ohne als Thierarzt geprüft und approbirt zu fein, thierärzts 
liye Praxis treiben, nicht verboten werden fann, die Benen- 
nung „Thierarzt“ fich beizulegen. Auch kann ich mich nicht 
veranlaßt finden, ein ſolches Verbot bei des Königs Majeftät 
in Antrag zu Bringen, da nach Lage der Gefeßgebung den 
approbirten Thierärzten Feine ausfchließliche Berechtigung zur 
Ausübung der Thierheilfunde zufteht, die Benennung Thier- 
arzt nicht als ein amtlicher Titel zu betrachten ift, und die 
Beichäftigung Derjenigen richtig bezeichnet, welche, ohne als 
Thierärzte approbirt zu fein, die Thierheilfunde gegen Ent- 
gelt ausüben. 

Dagegen bleibt den approbirten Thierärzten unbenom- 
men, fich zur ficherern Unterfcheidung von den nicht appro⸗ 
birten „geprüfte” oder „approbirte Tchierärzte” zu benennen. 

Der Königl. Regierung überlaffe ich, dieſe Verfügung 
| Amtsblatt zur Kenntniß des beiheiligten Publikums 
u bringen. 

Berlin, den 31. März 3947. 
Der Minifter der geiftlichen, Unterridts- und Me 

” dizinal⸗Angelegenheiten. 

ZUR RR: (ge) Eichhorn. - | 
An Die Königl Regierung zu Köln. | 

Abschrift vorſtehender Werfügung erhält die Koͤnigl. Res 
glerung zur Kennmißnahme und ebenmäßkgen Bekanntmachung 
durch das Amtsblatt ihres Bezirks. - ' 

Berlin, ven 31. Maͤrz 1847. 

' Der Minifter ıc. 
An ſaͤmmtliche Könige. Regierungen. 


"mug . . ’\ - 


XIII. Perfonal: Notizen, 
Anftellungen. 


‚ Der Kreisthierartt Wendenburg ift als Lehrer der 
Chirurgie an der Königl. Thierarzneifchule in Berlin ange 
ſtellt worden. 


. D 


Der. Kreisthierarzt Richter, zuletzt Repetitor an ber» 
felden Tchierarzneiichule, ift zum ‘Departementsthierarzt in 
. Gumbinnen ernannt worden. 

Der Thierarzt erfter Claſſe Grzedziewski iſt als Kreis⸗ 
thierarzt des aus den Kreifen Lublinig und Strehlig gebilde⸗ 
ten Bezirks angeftellt worden. | 

Deögl. der Thierarzt erfter Claſſe La uſch als Kreis⸗ 
thierarzt des Kreiſes Tilſit; | 

Deögl. der Thierarit erfter Claſſe Müller als Kreis- 
thierarzt des aus den SKreifen Niederung und Heidefrug ges 
bildeten Bezirks; 

Desgl. der Thierarzt erfter Claſſe Kühne als Kreis⸗ 
thierarzt des Kreifed Bunzlau, — und | 

Desgl. der Thierarzt erfter Elafje, Stender als Kreis⸗ 
thierarzt des Kreiſes Herford. 


Niederlaffungen. 


Der Thierarzt erfter Claſſe Bartels hat fi) in Befum, 
— der Thierarzt zweiter Claſſe Behrend und Elend in 
Berlin niedergelaffen. 


Todesfälle. 


Der Kreisthierarzt Bufch in Lublinig, Reg.⸗Bez. Op⸗ 
peln, — der Thierarzt 1. Claſſe Hielſe in Hoyerswerda, — 
und der Thierarzt 2. Claſſe Koͤſter zu Geſcher find geſtorben. 

Am 9. April ſtarb zu Karlsruhe im Großherzogthum 
Baden der Dr. Sigismund Teuffel, Großherzogl. Bad. Ge⸗ 
heimer Rath und Direftor der Sanitäts⸗-Commiſſion. Der⸗ 
ſelbe hat ſich um die Organiſation und Verwaltung der Thier⸗ 
arzneiſchule in Karlsruhe, an welcher er in früherer Zeit felbſt 
als erfter Hauptlehrer fungirte, große Derbienfte erworben. 
Um das Jahr 18I1— 13 gab er das. Magazin für theoret. 
‚und praft. TIhierarzneifunde heraus, welches damals gerechte 
Anerkennung fand, aber leider nur in einem Bande erfchien. 

In Alfort ift der dortige Profeſſor der Anatomie und 
Phyſtologie Rigot, der fich beſonders durch feine Anatomie 
des Regions du corps da cheval, fo wie durch ein Hand- 
buch der comparativen Anatomie der Hausfäugethiere vortheils 
haft bekannt gemischt hat, geftorben. 





Berlin, Drud von 3 Belle : 


Maygazın 
für die 
gefammte Chierheilkunde. 


(XIII. Sjohrgang. 4. Stück.) 





——— —— ——— —— — —— ——— — — — 


I. Ueber das Verhalten des Muttermundes 
bei der Begattung (Bedeckung) der Stuten. 


Von Träger, Ober-Nofarzt am Hauptgeſtüt Graditz. 


Ein Geſpraͤch mit unſerm verehrten Herrn Prof. Gurlt 
über den bezeichneten Gegenſtand und eine freundliche Ans 
forderung Eeiten deſſelben veranlaßten mich, betreffende Un⸗ 
terfuchungen mehrfeitig ‚vorzunehmen, deren Refultate ich denn 
in Nachftehendem mittheile. Ein „Beitrag zur Lehre über 
die Befruchtung des Pferdes” aus der Feder eined Lands 
wirthes und Züchters in die „Zeitfchrift des Landwirthfchafts 
lichen Eentral-Bereins der Provinz Sachſen 1844. Heft 3." 
gelangt, rief früher fchon „Bemerkungen“ meinerfeitd hervor, 
die in derjelben „Zeitfchrift, 6. Heft" abgedrudt wurden. 

Die Zeugung, das fehöpferifche „Merde!” hat die größ- 
ten Geifter aller Zeiten befchäftigt. Diefer Punft wird von 
unferm. Gegenftande glücklicherweiſe nicht berührt: wir haben 
e8 bier nur mit dem Acte der Befruchtung zu thun; 
aber auch ihm ift der Schleier bisweilen noch nicht überall 
enthoben. 

Prof. Biſchof in Bonn *) gründet auf eine weithin 


* Entwicklungsgeſchichte bes Hunde⸗ECies. 
Mag. fr Thierheild. AI, 27 


— 38 — 


gezogne Analogie die Anſicht, der weiblicht Drganismus flei- 
gere in mehr oder weniger regelmäßigen Perioden die Lebens⸗ 
thätigfeit der Geſchlechtsſphaͤre dis zur Entwicklung und Her- 
vorbringung des Eies, und werde nur bie Befruchtung 
vefielber durch ven Zutritt Web maͤnnlichen Barmer bedingt 
Sn andern Thierflaffen, bei Sröfchen, Fiſchen ıc. gefchieht Dies 
Letztere befanntlich Ya außerhalb des Ihlerförpers: der 
männliche Saame wird während des Laichens über die Tau⸗ 
fende von VFiern entlaffen. Biſchof geht nun von Stufe zu 
Stufe die Thierflaffen dur) und nimmt mit jeder Periode 
eines natürlichen Gefchlechtötriebes die wirfliche Entwicklung 
weiblicher Eier an, äleichviel, ob auch die männliche Beiwoh⸗ 
nung, und alfo die Befruchtung fehle Auch die Bertodicität 
unfrer Frauen zählt er dahin, und wenn zwar die Schaam 
des geſitteten Weibes zu folder Zeit fie cher von bem Manne 
entfernt halte, fo taffe fich doch die größere Zahl der Em— 
pfangenfchaften auf Beiwohnung alsbald nach verlaufenen 
Regeln zurüdführen, es fpreche Dies aber ziemlich unzweiden⸗ 


tig für Loſung und Durchgang weiblicher Eier, Die ohne Be⸗ 


fruchtung allerdings fpurlos verfihminden. 

Prof, Bifchof bat für feinen Gegenſtand viele dankens⸗ 
werthe Experimente und Unterfuchımgen angeſtellt; ob jedoch 
die anatomiſchen Etgebwige feine Anficht überall vollſtändig 
betätigen würden, will Ich Nicht entſcheiden. 

Hausmann *) fand dagegen verſchiedentlich, dab Der 
Gefchlechtötried ver weiblichen Thiere, ohne Begattung, 
die Graaf'ſchen Blädchen nicht gelöf’t habe; indeſſen muß 
es auch rüdfichtlich dieſer Beobachtungen dahin geſtellt blei⸗ 
ben, ob fie für alle Faͤlle macßgedend felen over nicht. Seht 
befriedigend hat Hausmann außerdem und neben Feiner 


*) Ueber die Beugung und Entſtehung des wahren weiblicyen Eies 
bei ven Säugethieren und Menfchen; eine von ber Königl. Societaͤt der 
MWiffenfchaften zu Göttingen gefrönte Preisſchrift, 1840. 


— 899 — 

Hauptaufgabe de Bedingungen der relativen Unfruchtbarkeit 
nachgewieſen. Einmal finden ſich nämlich ſehr oft bei Alterk 
weiblichen Thieren, bie vielleicht früher Häufig ein unbefrie⸗ 
Digter Gefchlechtötrieb quälte, mehr oder weniger ewtartete, 
verhärtete, dickhaͤutige Elerſtoͤcke, die fortan einer Erfchliegung 
kaum noch, oder gar nicht mehr fähig find, Abnormitäten, die 
ſelbſt bei jüngeren Inbividnen ohne erweisliche Veranlaſſung 
vorfommen. Daß aber, je nach dem Grabe Verartiger Zu⸗ 
fände, eine länger genäbrte und dann durch wiederholte Be⸗ 
gattung in fürzern Intervallen hoch potenzirte gefchledytliche 
Reizung im glücklichen Falle wahrfcheinlicher die erfor 
derliche Turgestenz in die ganze Sphäre der Geſchlechtsor⸗ 
gane bringe, die Anſchwellung der Cierſtoͤcke, das Berften 
eines Bläschen, Die Aufrichting der Muttertrompeten zur 
Aufnahme deſſelben x. bewirke, als eine einmalige Begattung 
bei den erften leichten Anzeichen des Geſchlechtstriebes, dar⸗ 
über find Theorie und Prarts laͤngſt einig. Endlich aber 
entfteht die Frage, ob der männliche Saamen auch wohl jes 
desmal in den: Uterus gelange; und auf dieſen Umftand if 
nun eben unſre Aufmerffamfeit gerichtet. 

Mom hat lange Zeit angenommen, das märnnkiche Glied 
dringe bei der Begattung durch den weit genug dazu geöff- 
neten Muttermund unmittelbar in den Fruchthaͤlter ein. Dies 
M aber kleinesweges ver Kal. Der organiſche Bau der bei⸗ 
berfeitigen Geſchlechistheile deutet vielmehr bei den verſchied⸗ 
nen Säugethiergatemgen mehr oder weniger beflimmt bie 
Abficht an, die Mündung des Saamenfanals der Mündung 
bes Fruchthaͤlters möglichft genau auf- ober an⸗ und nur 
theilwerfe Durch eine entfprechende geringe Verlängerung des 
Erftern, alfo mittelft. der Barnröbre, einzupaflen, wm fo den 
Saamen doch möglichft direct, wie mittelft einer Ganüle, mit« 
telſt eines ſtumpfen Sprügenröhrchens in die Gebärmutter 
zu führen. Eine derartige Einrichtung tritt beſonders bei 
dem Beichäler und bei dem Widder recht deutlich hervor, 

27* 


— 400 — 


Von dieſem Bilde allerdings eingenommen, habe ich nichts 
deſtoweniger die Ergebniſſe zahlreicher Unterſuchungen jedes⸗ 
mal protokollariſch zu Papier gebtacht und gebe ſie hier im 
Auszuge und in Zuſammenſtellung wieder. 

1) Stuten die zur Zeit der Unterſuchung nicht roſſen, juͤn⸗ 
gere wie ältere, laflen den Muttermund, in der Mehrzahl 
der Fälle, fanft geſchloſſen finden. Es ift dies aber keines⸗ 
wege allgültige Regel; denn mitunter geflattet er auch bei 
folchen einem auch wohl zwei Zingern einen bequemen 
Eingang. 

2) Stuten die zur Zeit des Roffens unterfucht werden, bieten 
faft durchgängig eine. Deffnung des Muttermundes für eis 
nen, zwei auch wohl drei Finger dar. 

3) Stuten die am Tten, Sten, 9ten oder 10ten Tage nad 
der Abfohlung halb willig, halb gezwungen den Hengft 
annehmen, zeigen in der Mehrzahl der Fälle ein etwas 
weiteres Lumen des Muttermundes fo z. B. daß mitunter 
wohl die gefchmiegige Hand eingeführt werben Tann. 

4) Nach Aborten verhält es fih Dem ähnlih, wenn nicht 
ausgelprochne Krankheit der Stute die Umftände ändert. 
5) Sämmtlidhe Unterfuhungen unmittelbar nad 
der Dededung ergaben gar feine oder nur höchft 
unmerfliche Mehrerweiterung des Muttermundes, 

6) Stuten die viel roffen, ohme zu concipiren, Stuten bie 
den Hengft annehmen auch ohne zu roflen — und unter 
Lestern wieder foldye, die erfahrungsmäßig nach einigen 
Eprüngen tragend find, während andere der Art felten 
beziehen — geben in Bezug auf die Deffnung des Muts 
termundes, bei DVergleihung vieler ſolcher Individuen, 
feine haltbaren und wefentlichen Unterſcheidungsmerkmale *). 


®) Sollten mir bergleichen noch vorkommen und mir Gelegenheit 
bieten die Beobachtungen von Binz — fiche unten — zu verfolgen, fo 
werde ich weitere Nachrichten darüber beibringen, 


— 0 — 


7) Aus der großen Mehrzahl der Unterſuchungen geht als 
Norm hervor, daß bei geſunden einigermaaßen gut gehal⸗ 
tenen Stuten Mutterhals und Muttermund zwiſchen 7 — 
10 Zoll hinter dem Eingange der Schaam von den taſten⸗ 
den Fingern erreicht werden. Sie füllen die Scheide überall 
ziemlich gleichmäßig als weiches nachgiebiges Organ aus *). 
Man fann den Mutterhals vollftändig mit den fünf Fin- 
gern umtaften und fo den Muttermund in der Bola der 
Hand fühlen. Dringt man fchonend mit dem gut geölten 
Arm weiter ein, fo weichen die Theile vor demielben her. 

Am Ziele diefer Manipulation hat man eine Deffnung, ven 
Muttermund, umgeben oder gebildet von einem etwas re- 
fiftenterem Ringe und einer Art Hautrinne, Hautgrube, 

den Audimenten der Berbopplung von Mutterhals und 
Scheide vor fi, und kann, die Form der entwidelten 
Eichel des Hengftes, die Form der Calla aethiopica mits 
telft der entfprechend geöffneten Finger nachahmend, für 
diefe einen Stüßpunft in jenem Hintergrunde finden, den 

Daumen aber an die Stelle der Harnröhrenmündung bes 
quem in den Muttermund legen. 

8) Dies Zurüdweichen des Mutterhalfes und DMuttermundes 
erftrecft fich verfchiedentlih auf 18 — 20 Zoll und darüber, 
von dem Eingange der Schaam aus und fcheint daraus, 
alfo aus der den Umftänden fi) accommodirenden Stel⸗ 
lung derfelben erflärlich zu werden, wie ſchwach begabte 
Beichäler ven Muttermund im Vordergrunde finden fönnen, 
ohne daß flarfbegabte denfelben durchbrechen müßten. Ich 
füge noch Hinzu, daß es mir nie gelingen wollte, durch 
anhaltende gelinde Manipulationen felbft bei ftarf roffenden 


*) Nur bei einigen alten, als Yorkſhire⸗Stuten angefanften Zucht- 
thieren, fand ſich das Becken hohl, leer und der Muttermund nur durch 
eine fingerweite Oeffnung — das Ganze einem. Blumentopf aͤhnlich — 
bargeftellt. Diefe Siuten bezogen aber auch nicht, 


— MM — 
Stuten, gleichviel ob vor ober nach der Bebedung, dem 
Muttermund mehr zu erweitern, als dies durch den Ge⸗ 
fehlechtstrieb bereits bewirkt war, und halte mich fomit 
einftweilen zu der Meinung, daß bei der Bededung 
bie Eichel des Befhälers der Regel nah nicht in 
den Muttermund bringt. 
In coitu nostro gefchieht dies goch weniger. Die Weſttelung 
deſſen konnen wir jedoch Andern überlaſſen. 

Was Pantaleon Binz, Thierarzt in Herboltzheim im 
Breisgau, über Das kuͤnſtliche ODeffnen des Muttermundes bei 
Kuͤhen, Kalbinnen und Stuten — in Dieterichs, Nebel und 
Bir Zeitſchrift 2. 1846. 13r Band 48 Heft — ſagt, IR als 
ein Ergehniß der Praris wohl zu beachten und habe ich bei 
Diefer Gelegenheit darauf aufmerffam machen wollen. Biel 
leicht theilt unfer gefehäbtes „Magazin einen Auszug Davon 
bierunter mik 


IE. Weberfruchtung eine! Schafes. 


Mitgetheilt vom Herm Rittergutsbeſitzer Chriſtiani in 
Kerſtenbruch. 


Da über die wirkliche Ueberfruchtung noch Zweifel *) 
gehegt werben, fo fcheint es nicht ohne Intereſſe zu fein, fol- 


*, Man macht haupkfächlich den Einwurf, daß nach erfolgter Be⸗ 
fruchtung durch einen Begattungsaft fi der Gebärmuttermund verfchließt 
und daher bei einer fpäter wiederhollen Begattung der männliche Saamen 
nicht in den Uterus gelangen Fünne. Diefe Berfchliefung findet jeboch 
nicht bei allen Tieren ftatt, und Haller fagt: der Gebärmuttermund 
fei nie verfchloffien. Es kann alfo diefer Grund nicht für alle Fälle als 
gültig betrachtet werben. Es wäre jedoch wichtig, über die Befchaffenheit 
bes Muttermundes in beu einzelnen Perioden ber Traͤchligkelt bei den ver- 
ſchiedenen Hausfäugelhieren vecht viele Beobachtungen fo zu ſammeln, wie 
fie in dem vorigen Auffage von dem Seren Träger über ben Suflanb 
biefes Organs vor der Begattung mitgetheilt worden fiab. Ö. 


0 — 
genden Fall Affentlich mitzutheilen, und zwar wohl am ein« 
fochſten in ver Form des Protokolls, welches ich darüber 
aufgenommen habe. Daſſelbe lautet: 

Kerſtenbruch, den 17. März 1847. 

Heute erſchien der Koloniſt Ludwig Keller aus Neu« 
Lewin bei mir und theilte unter Anderem mit, daß er ein 
Schaf befipe, welches am 15. Februar d. J. zwei Lämmer, 
und am 13, März, alfo 4 Wochen fpäter,. wiederum zwei 
Laͤmmer geharen habe, Da mir die Sache höchft merkwürdig 
erſchien, fa erfuchte ich ihn, am Abende nochmals zu mir zu 
kommen, etwaige Zeugen bed Vorganges mitzubringen und 
mir mit hiefen Näheres hierüber in aller Ausführlichkeit an 
augeben. . 

Demnach erfchienen am Abend ber 

vorgenannte Koloniſt Ludwig Keller, 
deſſen aͤlteſte Sohn Wilhelm, 19 Jahr alt, und 
der Koloniſt Jacob Speidel aus Neu⸗Lewin. 

Der zn Ludwig Keller ließ ſich hierauf alſo ver- 
nehmen: 

„Ach beſitze ein engliſches Schaf grober Wolle, welches 
ich eiwa gegen ben 12ten September 1846 dem Dorfhirten 
übergab, welcher eine Eleine Schafheerbe hütete, in der fich 
ein Bod befand. Vier Wochen fpäter nahm ich das Schaf 
aus dieſer Heerbe heraus und brachte es zu dem Diſhleybock 
der Wittwe Speidel in Neu⸗Lewin, welcher es auch beiprang. 
Am 15. Sehr, d. 3. lammte dad Schaf und brachte 2 Zib- 
belämmer, wovon das eine bald ſtarb, das andere aber noch 
jetzt lebt. Am 13. März, als ich des Morgens in den Stall 
fam, fand ich au meiner Verwunderung wieder zwei neuge« 
borne Zimmer bei dem Schafe, beide noch naß; die Mutter 
leckte fie und hatte noch Nicht Die Nachgeburt verloren. Da⸗ 
durch wurde mein anfänglicher Zweifel und die Vermuthung, 
daß Jemand aus Scherz mir die Laͤmmer in den Stall gefeht 
habe, gehoben. Daß meine Ausfage der Wahrheit gemäß ift, 


— #0 — 


würbe ich allenfalls eidlich erhärten Fönnen, was ich hiermit 
ausdrüdlich anführe, da mehrere Perfonen im Dorfe fie be 
zweifeln. Mein hier gegenwärtiger Sohn Tann meine Aus« 
fage betätigen, und mein Nachbar Speidel hat fowohl die 
Laͤmmer der erſten als zweiten Geburt an den Sagen, wo 
fie geboren wurden, geſehen.“ 

Der ıc. Wilhelm Keller betätigt in Allem die Ausfage 
feines Vaters. 

Jacob Speidel erklärte, daB er die neugebornen Laͤm⸗ 
mer fowohl am 15. Februar, als am 13, März gefehen habe 
und führte noch an, daß das Schaf nad) ber erften Lammung 
4 Wochen lang blaue und ſehr wäflrige Mitch gegeben habe, 
nach der zweiten Lammung aber weiße und fette Milch gebe. 

Die genannten drei Perfonen beftätigten hierauf ihre 
Ausfage, nachdem fie ihnen vorgelefen worden, durch ihre 
Ramens » Unterfihrift. 

Ludwig Keller. Wilhelm Keller. Jacob Speibdel. 

Diefer protocollarifchen Ausfage habe ich noch Folgendes 
beizufügen: | 

Die Wahrheit des Factums bezweifle ich nicht im Ges 
ringften, denn einmal find mir die vorgenannten Perfonen 
als aufrichtige und glaubwürdige Männer befannt, und an⸗ 
drerſeits find ähnliche Erfcheinungen fehon früher, wenngleich 
nur höchft felten, vorgefommen. — Das Echaf des ıc. Keller 
fann aber nicht ein englifches fein, denn bei diefen fommt 
eine folche Fruchtbarkeit nicht vor; es ift vielmehr ein Eider⸗ 
ftädter, bei denen befanntlih Driliings» und Vierlingsgeburs 
ten häufig vorfommen. Auch beftätigt dies das Anfehen des 


Schafe, nämlich: große Statur, verhältnißmißig geringer . 


Mollertrag und Wolllofigfeit an Kopf, Hals, Bauch und 
Füßen. Chriftiani, Rittergutsbefiger. 


EI. Ueber Ralbefieber. 
Bom Königl. Departements» Thierarzt Knie buſch in Oppeln. - 


Seit Jahren und befonderd in meinem jebigen Verhaͤlt⸗ 
nifte find mir in meiner Praxis Krankheiten unter dem Rind» 
vieh und den Schafen vorgefommen, die ich früher nicht Ge⸗ 
legenheit hatte zu beobachten. Derer ded Pferdes gedenke ich 
abfichtlich hier nicht, weil uns Thieraͤrzten nur zu oft noch 
der Vorwurf gemacht wird, daß wir von Krankheiten des 
Rindes und Schafe weniger wiflen, als von denen des 
Pferdes. Iſt dem wirklich fo, dann liegt übrigens die Schuld 
weniger an den Thierärzten, als vielmehr an den Oekonomie⸗ 
Beſitzern felber ; denn es liegt in ihrer Hand erflere erfahr- 
ner zu machen. 

Sch beginne mit dem nervöſen Kalbefieber. Die 
fämmtlicyen Erfcheinungen bier aufzuzählen, möge mir erlaffen 
bleiben, und die wenigen die ich anführe, gelten mir als bie 
weſentlichſten. — Die Krankheit tritt immer bald nach dem 
Kalben ein, und zwar ohne alle aufzufindenven Urfachen, mit 
einer Aufregung im Rerven= und Blutgefäßfyftem. Wer je 
den eigenthümlichen fchüchternen Blick beobachtet hat, wird ihn 
nie vergeffen; befchreiben läßt er fich nicht. Die Thiere find 
ängftlih, unruhig, gleichfam in einem fihrirenden Zuftande, 
Das Fieber anhaltend, die Abwechfelungen von Froſt und 
Hige flellen fich weniger deutlich hervor, die Ertreme des 
Körpers ſtets Kalt, Buls fehr frequent und faft bei Feiner 
Krankheit fchwerer zu fühlen, als hier: deutlicher ſtellt ſich 
der Blutlauf durch den ftets fühlbaren Herzſchlag heraus. 
Die Freßluſt von vorne herein ganz unterdrüdt; von ben 
Ab» und Ausfonderungen iſt des gänzlichen Berfiegens der 
Milch zu gedenken, das Euter fchlaff und welf, die Tempe 
ratur des Körpers ſehr vermindert. Die Hinfälligfeit iſt 


un — 


groß. Stehend erhalten ſich die Thiere nicht lange, und lie⸗ 
gen ſie einmal, dann ſtehen ſie auch nicht wieder auf; von 
einer Reaction in allen Deutungen keine Spur. Den Kopf 
oft, ia meiſtens nach dem Hinterleibe gebreht, verenden die 
Thiere in dieſer eigenthümlichen Lage unter Stöhnen und 
Zudungen. Der Berlauf der Krankheit ſehr arm. As Aus: 
gang meiſtens ber Tod. Thiere welche in dieſe Krankheit 
vorſſelen, hatten ſehr leicht, nur zu leicht gekalht und fi 
theilnanlos gegen ihr Junges gezeigt. Eine im ihren Cr⸗ 
ſcheinungen nur dem Verlaufe ähnliche, nicht gleiche Krank⸗ 
heit, als Madiſicatien bes eigentlichen Kalbefiebers, das Bilh 
eines entzündlichen nernöfen Fiebers darfiellend, hatte ich Pak 
eingeinen Thieren Gelegenheit zu beobachten, bei denen im 
Gegenfap zu den erſteren wer Gebaͤralt ſehr ſchwer vor ſich 
gegangen war, und bei benen mon recht eigentlich Handlei⸗ 
flungen verfchievener und zuweilen recht grobes Art vorge⸗ 
nommen hatte Wenn gleich diefe Kühe nach her ſchweren 
Kalbung fepeinbar Appetit gezeigt, fo war. pas Ruminiren 
Doch verzägers, Plöhlich tritt Unruhe ein, hie ſich burch Ger 
ben der Beine zu erkennen giebt, ähnlich wie bei Kolibanfaͤl⸗— 
fen. Die Matur trikt in den Kampf durch deutliche Reactio⸗ 
nen. Der Buls färfer ausgefnrochen, fehr frequent, beutli« 
her Herzſchlag, heftiges Fieber, wahel bie Ohren und Ertre⸗ 
mitaͤten kalt bieiben, bis zum eigentlichen Schweiß kommt eq; 
micht; Das Athmen zum Mulfe nicht im Einflang, da erſtereo 
nicht auffällig beſchleunigt. Die Schleimhäute höher geröthet, 
"die Reinigung bat aufgehört, in dem Euter Keine Milch, oder 
bach nicht des Nenuend werth. Die Ab» und Aufonderuns 
gen vermindert, Die Natur ermudet, bie Kräfte yerfagen, 64 
tritt Mattigleit ein, Die bie Thiere Dusch hie ganze Haltung 
des Koͤrpers zu erhannen geben, ſie Innen ſich nicht mit her 
gewöhntichen. Barficht, ſondern finfen mehr aus Hinfälligfeit 
nieher. Run if day Stuanfheitsbild dem des erſteren, ded 
winen nernäjen Kolbefichere ähnlicher, Die Kühe legen ben 


Kopf nad; den Ruͤckenwandungen zu und ſtoͤhnen, beuten 
außerdem Schmerz durch Zähnenirfchen an, auch flelfen ſich 
Zudungen ein. Die Temperatur des Körpera namentlich bes 
Numpfes finft gegen früher fehr. herunter, die Kranken werden 
immer matter, fpäter wie regung@los, und verenden unter ge⸗ 
singen Zudungen-fehr leicht. Verlauf weniger acut alo bei dem 
wahren nerpöfen Fieber; der Tod tritt innerhalb 2 — 3 Tagen 
ein. Erfolgt Genefung fa verläuft Die Krankheit durch eine 
Woche. Ausgang fat eben fo oft in ben Top als in Ges 
nefung. Die Deffnung der Kühe bie an dem wahren ner 
voſen Kalbefieber verendeten oder gefchlacdhtet wurden, zeigte 
nichts materielles Kranfhaftes, weber im Gehim noch in Dem 
Rückenmark. 

Dei der Unterſuchung des an dem entzuͤndlichen nervoͤ⸗ 
fen Kalbefieber geftorbenen Thiere® (ih hatte nur einmal Ge⸗ 
tegenheit ein folches Thier zu öffnen) fand ſieh der Hauptbes 
fimb in ber Bauchhöhle, und zwar. waren in derfelben mehr 
rero Quart einer Inmphatifchen, eiterigen, hellgelben Fluͤſſig⸗ 
Teit, in ber weniges eigenthümliches Gerinfel ſchwamm. Das 
Bauchfell. entzündet und ftellenweife dicker, ebenfo die Eier⸗ 
ſtoͤcke und Tuben; ber Uterus ebenfalls entzündet. 

Obgleich mir früher fchon derartige unglüdliche Patien⸗ 
ten, und namentlich von bem rein nervöfen Stalbeficber be⸗ 
fallene Kühe zu Geficht gefommen find, fo ift mir das früher 
Geſehene wieder "durch das öftere Vorkommen biefer Kranke 
heiten im vorigen Jahre auf dem Gute D. in’s Gedaͤchtniß 
zurädgerufen, und mir gegen früher flarer geworben. Nie 
fah ich die Krankheit im Stalle eines Bauern, oder in fols 
hen Wirthfehaften worfommen, wo bie Kühe nach gewoͤhn⸗ 
licher, einfacher. Art gehalten werden ; wohl aber tritt fie da 
auf, wo die Kühe faft Jahr ein, Jahr aus auf dem Gtalle 
bleiben, und mit vielem Geſoͤff, fei es Schlempe oder Bier- 
trebern, gefüttert werben. Auf den Gütern D. und R. wer 
den big Brennerei fo foroirt, daß während des. ganyen Jah⸗ 


— 40 — 


res gebrannt wird, und zwar ſchon geraume Zeit. Die 
Kühe, welche Schlempe und Stroh als Futter bekommen, 
verbleiben ſaſt während des ganzen Jahres auf dem Stall 
(im vorigen Jahre find fie gar nicht herausgefommen, Indem 
die an und für fich fchon fchlechte Koppel wegen vorjähriger 
Dürre fein Gras Heferte) und find zum Theil gut und zum 
Theil mittelmäßig genährt, je nachdem die Milchfecretion der 
Individuen weniger oder mehr ift, auf die, nebenbei gefagt, 
fehr gefehen wird. Unter biefen Kühen eben kommt das in 
Rede ftehende Leiden, und neben ihm ein ganzes Heer ans 
berer Kranfheiten wie auch manches Uebel ver Kälber vor. 
Berüdfichtigt man die Haltung und Fütterung dieſer Kühe 
und bält feft, daß folche fehon viele Jahre in der Art ges 
wefen ift, alfo Mütter, vielleicht Großmütter es nicht anders 
erfahren, fo ftellt fich ein wefentlicher Umftand über die Er⸗ 
Härung bes Urfächlichen heraus, nämlich — Difpofition — 
Präpifpofition. Durch die Ruhe, Bütterung, durch das Ein⸗ 
gefchlofjenfein der Thiere in Stälfen tritt nämlich ein Miß⸗ 
verhältnig zwiſchen der Wechfelwirfung der vegetativen und 
animalen Seite des Lebens in der Art heraus, daß die er⸗ 
ftere, die vegetative, als beim Rindvieh und namentlich bet 
tragenden Kühen an und für fich ſchon überwiegend, um fo 
überwiegender gegen bie Ießtere, die der Sreitabilität und 
Senfibilität wird. Beachten wir ferner, daß beim weiblichen 
Geſchlechte die Senfibilität ftärfer bervortritt, durch bie ftet6 
angeregte Milchſecretion das bildende Leben durch bie vor⸗ 
herrſchende Egeftion beeinträchtigt wird, und ganz befonders 
auch das Nervenſyſtem in fteter Anregung gehalten, fo ftellt 
fi) nach den Grundverhältniffen des Krankſeins die dyna⸗ 
mifche, und durch gefteigerte Reigempfänglichfeit ind Beſon⸗ 
dere. die fenfible Schwäche und mit ihr die Zurtheit heraus, 
Die zarte Conſtitution alfo, theils ſchon angeboren Cangeerbt) 
oder auch nur erworben, tft der eine Factor, ein wejentlicher, 
als Anlage zur Herbeiführung unferer in Rede flehenden 


Krankheit. Wie in jeder Krankheit, fo auch bei diefer, laſſen 
fich Die beiden Factoren derfelben in der Anlage, Difpofition, 
als von innen hervorgehend, und in den Gelegenheits - Urfa« 
chen auffinden. Zu den letzteren zählt man wieder alle Au- 
Gere Einflüfle, welche zur Entflehung einer Krankheit bei⸗ 
tragen fönnen. Warum nach Gelegenheits-Urfachen fo ferne 
fuchen, da man fie nahe hat; das was am nächften liegt, iſt 
immer das Richtigfte, das Gefuchte weniger. Rach welcher 
Gelegenheit iſt denn die Kuh anders erkrankt, als bei ber 
des Kalbens, und eben in dem Kalben, Gebären, felbft, if 
der zweite Bactor, der der Gelegenheits-Urfache zu finden. 
Richt nur das Gebären überhaupt, fondern ganz befons 
ders das zu leichte Gebären iſt eined Theils und bier als 
Urfache zu berüdfichtigen.. Schon aus dem zu leichten Kal» 
ben ift zu entnehmen, daß Nero und Musfel in Feiner ger 
genfeitigen normalen Bewegung, alſo in Disharmonie ftehen, 
Die plögliche Entleerung bringt eine Nervenerregung hervor, 
die fich auf geheimnißvollen Wegen, gleichjam ber eleftrifchen 
Bewegung vergleichbar, fortpflanzt. Die zarte Conſtitution 
der Thiere wird durch die gefteigerte Reigempfänglichkeit fehr 
leicht angefacht, fie beftrebt fidy zu reagiren, aber — es bleibt 
bei dem Befireben, indem das Wirfungsvermögen fehlt. 
Denken wir uns die krankhafte Nervenerregung als 
Schluß über und über hinausgefteigert, fo wird fie ermat⸗ 
ten, ohnmächtig werden und? — bleiben. Da ferner 
franfhafte Nervenerregung auch ftetd mit Franfhafter Be⸗ 
wegung der Musfeln verbunden und, denfen wir und an—⸗ 
dern Seits in der Räumlichfeit zwei Pole, Erpanfion und 
Contrartion, in der Bewegung des Herzens Diaftole und 
Syftole, fo ſtellt fih durch fehlendes Wirkungsvermögen 
ber dynamiſchen Schwäche der verharrende — Moment 
ber Erpanfton,- die Diaftole, heraus. Wil man den allge 
mein berrfchenden Krankheits⸗Typus: vorherrichend nervoͤſes 
und mit Gallenſtoff geſchwaͤngertes Blut, auch bei biefer 


— 10 — 


Arankheit in Anfchlag bringen, und eine Vorbereitung in 
succo et in sanguine auf bie vegetative Sphäre desd Lebens 
surüdfähren, fo mürben die Erſcheinungen des Reflenes auf 
das gefammte Nervenſyſtem (vom Ganglienſyſtem auf bad 
Gehirn) als um fo leichter auftretend, auch von jener Seite 
ber herangezogen, von nicht unbedeutender Wichtigfeit feim, 
Die zweite Krankheit, ale Modification, Anomalie, zu 
ber eben abgehanbelten, von mir entzündliches nervoͤſes Kul⸗ 
beſtebet bezeichnet, hat zur Ausbildung, als krank machende 
Potenz, dieſelben Factoren, die jener erſteren brigegeben, naͤm⸗ 
lich als Anlage die dynamiſche (ſenſtble und irritable) Schwaͤ⸗ 
che in der Zartheit, und als Gelegenhelts⸗Urſache, als den 
andern Factor, ebenfalls in dem @ebären und war, ohne 
eine Erfähtung zu titiren, Die übrigens nur zu leicht vorkom⸗ 
men kann, in dem fchweren Kalben; wobei eben bie bethei⸗ 
ligten Organe durch große Handleiſtungen mehr oder weniger 
gereist, und fpäter — bie erfteren, mber gang befonbers bie 
im Sympathie ftehenden Organe zu Ablagerungs » Organen 
werden. Während wir im erfteren Sranfheitszuftande die 
dynamiſche Schwäche ſo überwiegend gefunden, daß von einer 
hilfreichen Ihätigfeit der Natur faſt gar feine Spur wahr⸗ 
zunehmen und biefe nur zu leicht unterlag, zeigt fich in die⸗ 
fen zweiten ganz deutlich ein Kampf her Natur, als Reac⸗ 
ton, die für Die nicht fo tief gefimlene dynamiſche Schwäche 
deutlich ſpricht. Allein trog aller Bemuͤhungen, bas normale 
Verhaͤltaiß herzuſtellen, umterliegt Die Natur auch hier; nach⸗ 
dem fie vorher noch den Beweis falfıher Beftrebungen zutück⸗ 
gelafien, die wir ganz beutlich an Dem Befund in ber Bauch⸗ 
höhle wahrnehmen. Bon dieſem Gefichtöpurfite aus betrach⸗ 
tet, find auch beide Krankheiten ihrem Weſen nach, als nicht 
fo verfihieden zu betrachten, fie fallen vielmehr Im ihrem 
Grundkarakter in vinem Punkt, nämlich in dem, ber dynami⸗ 
ſchen Schwäche zuſammen; und ſtellt Jich ber Linterfehieb in 
ber Art heraus, daß in ber erſteren anlheit die dunamifdhe 


— 4 — 
Schwache ſich als vollſtaͤndig ausgepraͤgt, wähtend in ber 
Welten die ſenſible Schwache gegen bie irtitable, Ir der 
Schwäche eben, die Oberhand trägt. Oder auch beide Kranb⸗ 
heiten find ihrem Wefen nach als ein nerwöfes Fieber zu bes 
trachten, und zwar bie erflere als ein rein nervöfes, während 
fi) die zweite als ein entzündlich nervöfes herausftellt. 

Sp. viel zur Rechtfertigung für Die von mir von vorne 
herein gewählten Bezeichnungen. Mit der legten Krankheit 
{ft in Ihrem Berlaufe eite Veränderung (Metaſchematismus) 
in der Art vorgegangen, als fie aus einem entzündlichen ner- 
vöfen Fieber in ein rein nerwöfes übergegangen, und wenn 
wit durch den Gertionsbefand auch eine Formveraͤnderung 
wahrgenommen, fo ſtellt fie fich als wirkliche Meraftafe (We⸗ 
ſen⸗ und Yormveränderung) heraus. Die in ber Vauchhöhle 
vorgefundene Fluͤſſigkeit, aus mit Eiter vermiichter Eymphe 
beſtehend, koͤnnen nad) Gutlt und Hertwig als die plaſti⸗ 
ſchen Stoffe gelten, welche die Abſonderung der Milch bebin⸗ 
gen. Dieſem nach, und nach dem angenommenen Unkerſchieb 
über Secret und Greret, daß erſteres eine vom Organtsmus 
bereitete Fluͤſſtgkeit if, welche den Zined der Erhaltung feiner 
felbft, oder der Gattung zu erfüllen hat und organtfche Forin⸗ 
elemente gegen, während letzteres, das Ereret, ſolchen Zwecken 
wicht dient und nicht dienen kann, dba es aus Reſiduen ber 
organiſchen Metamorphoſe beſteht, und ſelbſt nicht organiſch 
belebt iſt, muß dieſe Metaſtaſe als ein fecretiellee Stoff be⸗ 
achtet werden. 

Schließlich bemerke ch noch, die Erfahtung gemacht zu 
haben, daß man mit Dem Prognoſticum ſehr vorſichtig ſein 
muß, und wenn ber Ausgang nicht ſeht plauftble, man beffer 
But, das Schlachtmeſſer zu verorenen, als durch zu kümftliches 
Kuriren dad Eigenthum van Beſttzer zu ertrinken. Wiſſen ei⸗ 
nem auch die Leute für derartige Kathſchlaͤge mitunter keinen 
Dant, mag Immerhin fein, man hat Boch in ſich die Ueberzen⸗ 
gung das Beſte gewollt zu haben. 


— MN — 


Die Kurart findet fi, hat es fich erft herausgeſtellt, 
womit man es zu thun, bei allen Krankheiten, fo auch bei 
diefer von felber. 


IV. Mittbeilungen aus der Praxis. 


Bon dem K. Kreis⸗Thierarzt Heren Seer zu Schloß Eckerbdorf 
in der Grafſchaft Glag. 


Die drei hier mitgetheilten Fälle aus meiner Praris 
haben weniger wifienfchaftlichen Werth als fie mehr in bie 
praftifche Sphäre des thierärztlichen Wirkens greifen. Wenn 
die beiden Erften zeigen: wie vorfichtig der Thierarzt als 
Sacverftändiger zu Werfe gehen muß, und dennoch bei ver 
größeften Vorſicht nicht immer vor Täufchung ficher ift, fo 
zeigt der Leute, wie ihm auch oft noch durch wifjentliches oder 
unmiffentliches Werfchweigen wichtiger Umftände, erfchwert 
wird die Wahrheit zu — und mit ſeinen beſten Kraͤf⸗ 
ten zu wirken. 

In Betreff des letzten Falles bemerke ich noch vorher: 
Laͤngſt habe ich das chimaͤriſche der Hoffnung vieler Thier⸗ 
aͤrzte eingeſehen, die da glauben es werde einmal eine Zeit 
kommen, in der die thieraͤrztliche Praxis den Haͤnden der 
Pfuſcher gaͤnzlich entriſſen ſein wird; aber die Hoffnung 
halte ich mindeſtens für gerecht, daß endlich doch einmal das 
Geſetz von feiner Strafgewalt Gebrauh mache und foldhe 
Leute, die durch Unverftand und Anmaßung unberechenbaren 
Schaden verurfachen fünnen und bereits verurfacht haben, zur 
Rechenfchaft. ziehe. Einige Strafacte ſchon würden hinreichen 
bie Pfufcherei in engere Grenzen zurüdzuweifen. Gin Geſetz, 
welches fich Feine Geltung zu verfchaffen ſucht, hat aufgehoͤrt 
Geſetz zu fein. 





— 


— 413 — 
Erſter Fall. 


(aAneurysma an der Grimmdarmarterie beim 
Pferde.) 


Als nach der CavalleriesLandwehrübung 1846 die dabei 
benöthigt gewefenen Dienftpferde den Eigenthümern zurüdge- 
geben werden follten, fand fich unter denfelben eine 12jährige 
Rappftute, welche der Eigenthümer, ein Bauer aus W., wer 
gen ihres allgemein fchlechteren Ausfehens nicht zurüdnehmen 
wollte. Das Thier war durchaus nicht auffallend abgema«- 
gert, follte aber früher in einem befieren Zuftande fich be« 
funden haben; es ftand abgefchlagen, mit herabhangenden 
Ohren da, war jedoch leicht zu erregen, und wenn ed zu 
Bewegungen genöthigt wurde, fo wurden dieſe, wenn auch 
mit geringerer Energie, fo doch aber ohne alle Unregelmäßig« 
feiten auggeführt, Der Kreislauf war bei mäßig voller Ars 
terie vollfommen normal, der Herzfchlag fehr wenig fühlbar, 


die Schleimhäute der Augen, der Nafe und des Maules von 


rofenrother Färbung und die Ohren und Ertremitäten von 
gehörig warmer Temperatur. Die Unterfuchung bes refpira« 
torifchen ©efchäftes ließ ebenfowenig eine Abweichung erfen= 
nen, das Athmen in feinen einzelnen Motionen fo wie der 
fünftlich erregte Huften waren vollfommen normal. Zur Vers 
vollftändigung der Unterfuhung wurde dem Thiere Zutter 
vorgelegt, und nachdem dies mit gehörigem Appetite verzehrt, 
ließ ich das Pferd einige Zeit in verfchiedenen Gangarten 
bis zum Echweißausbruch bewegen. Da nun bei allem die⸗ 
ſem fich nicht die geringfte Kranfheitserfcheinung wahrnehmen 
ließ, fo gab ich in Uebereinftimmung mit dem dabei gegen« 
wärtigen Herrn Collegen H. meine gutachtliche Meinung 


dahin ab, daß das in Rede flehende Thier zwar gefund, aber 


wahrjcheinlich bei der Uebung etwas über feine Kräfte an⸗ 
geitrengt worden ſei. 
Obgleich der Eigenthuͤmer unſer beider Urtheil nicht recht 


Mag. f, Thierheilt. mn 28 


— AA — 


zu trauen ſchien, wurde er doch endlich dahin bewogen, gegen 
eine baare Entſchaͤdigung von Acht Thalern ſein Pferd zu⸗ 
rüdzunehmen, und durch Unterſchreibung des darüber aufge⸗ 
nommenen Protokolles allen ferneren Anſpruͤchen an den 
Militär-Fiscus zu entſagen. 

Eine PViertelftunde nach diefem Vorgange wurbe ich je- 
doch wieder zu dem fraglichen Pferde gerufen, und fand das⸗ 
felbe jet unter ganz anderen Umftänden wieder: das Thier 
fag vor der Krippe mit untergefchlagenen Vorder- und weit 
hintenausgeftredten Hinterfüßen ; der Blid, welchen es oft 
auf den Hinterleib richtete, war ängftlic und ftier, jo wie 
ich ihm oft fehon als Vorboten des nahenden Todes gefehen; 
das Athmen war nicht befchwert, die Schleimhäute etwas 
blaffer gefärbt aber Ohren und Ertremitäten warm. Der Puls 
etwas kleiner jedoch nicht frequenter als früher; dabei lag 
das Thier fortwährend ganz ruhig, und verfchmähete das 
- Hhm angebotene Futter. Bon Stunde zu Stunde machte fid 
das Sinfen der Kräfte bemerflicher, der Puls murde leer, 
der Herzichlag immer mehr fühlbar, fpäter pochend; die 
Schleimhäute verloren ihre Röthung und waren endlidy ganz 
bleih, Ohren und Ertremitäten wurden falt und bebedten 
fich mit Faltem Schweiße; dabei blieb das Thier. auch jebt 
ruhig, nur daß es fich, jedoch nur felten, ftöhnend und feuf- 
zend einmal herummälzte. Bereits in der zweiten Stunde 
der Krankheit bezweifelte ich nicht mehr, daß ich hier eine 
innerliche Verblutung vor mir hatte; ja der Verdacht ftieg 
fogar in mir auf, man habe dem Thiere eine Verlegung durch 
den Maſtdarm beigebracht. um befielben gegen den Taxpreis 
ledig zu werden. 

In der Ueberzeugung von der Sruchtlofigfeit eines jeden 
weiteren SHeilverfahrens ſetzte ich die übrigen Commiſſtons⸗ 
Mitglieder von Allem in Kenntniß, und verließ das Thier, 
nachdem ich eine hinreichend zuverläßige Bewachung deſſelben 
angeordnet hatte In der Nacht befielben Tages verendete 


— 193 — 


Patient und die Section wurde gegen Mittag des folgenben 
vorgenommen. In der Umfläcdhe des Cadavers war Tele 
Abnormität. aufzufinden; nad) Entfernung der Haut aber fan⸗ 
den ſich fänmtliche Blutgefäße größeren und Meineren Cali⸗ 
ber faft vollfommen biutleer, und die Muskulatur bleicher 
al8 gewöhnlich; da aber außer dieſem fich weiter Feine patho⸗ 
logifche Erfcheinung vorfand fchritt ich zur Eröffnung des 
Hinterleibes. Gleich beim Hervortreten des Coeci zeigten fi 
zwiſchen diefem und den Lagen des Coli größere und kleinere 
Blutcoagula in noch flüffigem Blute ſchwimmend, eine noch 
beveutendere Menge Blutes, welche jedoch nicht gemeflen 
werden konnte, fand fich in allen Theilen der Bauchhöhle vor, 
fo daß eine innere Verblutung außer allen Zweifel geſtellt 
wurde, es fam daher nur noch darauf an, das verletzte Ors 
gan zu ermitteln aus welchem die Blutung flatt gefunden 
hatte, Borfichtig entfernte ich den ziemlich angefüllten Darm 
fanal, da ich nicht anders glaubte al8 daß entweder eine 
Verlegung der hinteren Aorta oder eine Ruptur ber Leber 
oder Milz Urfache ver Blutung fe. Zu meinem Erſtaunen 
fand ich jedoch Nichtd von diefem, und nahm daher noch 
eine genauere Unterfuchung des Darmfanales und Gekroͤſes 
vor. Ich durfte nicht lange fuchen, an der Grimmdarmarterle 
fand fi ein Aneurysma von 7 Zoll Länge und 3 Zoll im 
Durchmefler (noch jegt in meinem Beſitz), ftellenweife, je nach⸗ 
dem Einfchnürungen und Poſchen am Darme wechfeln eben⸗ 
fall8 eingeftynürt und erweitert, und an den erweiterten Stel- 
len durch Ablagerung von Kalfen verknöchert. Dies Aneurysma 
war an feinem hinteren Ende, an welchem e8 überhaupt die 
dünften Wandungen hatte, Durchbohrt, Durch welche Deffnung 
die Blutung in die Bauchhöhle flattgefunden hatte. Auch 
beim genaueften Suchen fand ich Fein Eremplar des fonft 
häufig in folchen Aneurysmen vorgefundenen Strongylus 
armalus, 

Diefer Fall im Allgemeinen bietet allerdings durchaus 

28% 


— 46 — 


nichts Außerorbentliches dar, da die Bildung von Aneurys- 
men beim Pferde, namentlich an der hinteren Gekrösarterie 
und Orimmdarmarterie durchaus Feine Seltenheit ift, und 
wenn auch ein Berften folcher Aneurysmen im Berhältniß 
zu ihrem Vorkommen zu den Seltenheiten gehört, fo if doch 
die Möglichkeit dazu in eineni jeden einzelnen alle gegeben. 
Im befonderen aber warnt diefer Vorfall vor dem Auöftellen 
eines fogenannten Gefundheit-Atteftes, denn der Laie nimmt 
bei einer Vorkommenheit wie die eben erzählte, Die nachherige 
Rechtfertigung des Arztes nie an, wenn biefelbe auch noch 
fo begründet if. Verwickelt wird die Sachlage aber in bie 
fem Falle durch die hier obwaltenden Umftände. Wäre das 
Thier während der Uebungszeit verenbet, fo wäre jedenfalls 
ohne Widerfpruch die tarmäßige Entfhädigung ausgezahlt 
worden; jeßt aber, nachdem der Eigenthümer, durch Die Bes 
gutachtung zweier von den Behörden anerkannter Sachver⸗ 
ftändiger beftimmt, eine Entfagungsafte unterzeichnet, wird 
ihm die Entfchädigung, wenn auch nicht gleich abgeſprochen, 
jo doch aber durch entftehende Weitläuftigfeiten erichwert und 
verfümmert. Ich fehe hier uämlich für jet ganz von. der 
Brage ab, ob er überhaupt auf eine Entfchädigung Anfpruch 
zu machen bat oder nicht. 

Die Frage: Iſt die Krankheit während der Uebungszeit 
und durch deren Anftrengungen entflanden? if, der Beſchaf⸗ 
fenheit ded Aneurysma nad) zu urtheilen, natürlich zu ver⸗ 
neinen; im Gegentheil ift mit der größeften Sicherheit anzu⸗ 
nehmen, daß daffelbe bereitd lange, vielleicht Jahre lang be= 
ftand. Anvererfeits fpricht aber auch große Wahrfcheinlichkeit 
dafür, daß das im Ader rubig fort arbeitende Thier noch 
lange gelebt und gevient haben fönnte, wenn feine relative 
Ruhe nicht durch folche Strapazen und heftige Bewegungen 
wie fie mit einer größeren, vierwöchentlichen Militär-Uebung 
verbunden find, unterbrochen worden wäre. Unter älteren 
Pferden findet man verhältnißmäßig viele, die Aneursymen, 





— 47 — 


namentlich an der Grimmdarmarterie ‚haben, und wenn Dies 
felben auch nicht einen folchen Umfang erreichen wie in Dies 
fem Falle, fo findet man doch auch hin und wieder größere 
noch, ohne daß fie zur nächften Todesurfache wurden; wenn 
nun die Strapazen bei der Hebung wirklich zur Ruptur der 
Aneurysma-Wandungen prädisponirt haben, wenn nun, wie 
ich anzunehmen geneigt bin, die Ruptur wirklich erft beim 
legten Unterfuchungs -Ritt erfolgte, hat da der Eigenthümer 
gefeßmäßigen Anfpruch auf Entfchädigung? 

Iſt der MilitärsFiseus, welcher zur Landwehrübung ge⸗ 
ſunde Thiere verlangt, verpflichtet die Entfchädigung zu ge 
währen? Iſt endlich der mit der, der Abnahme vorhergehen- 
den Unterfuchung beauftragte Sachverftändige zur Berantwor- 
tung zu ziehen, wegen bes Nichtauffindens eines Fehlers, 
welcher dad Mitmachen der bevorftehenden Hebung verbietet? - 

Die Beantwortung der lebten Frage wird einem Seven 
der das Gefchäft des Aushebens der Pferde Fennt, leicht fein, 
während die beiden erften augsfchließlich vor das Forum des 
Richters gehören, ich kann fie daher füglich hier unerörtert 
laſſen und zu dem zweiten Falle übergehen. 


Zweiter Fall. 
(Peritonitis mit Exſudation u.f.w. bet einer Kuh.) 


Bon einem Schmied und Bauergutäbefiger aus einem 
der entlegenften Gebirgsdörfer der Grafſchaft Glag wurde 
mir gelegentlich an einem Marfttage, als ich mich eben- 
fals Gefchäfte halber in der Stadt befand, ein Volumen 
Papiere übergeben, und. meine gutachtliche Meinung über den 
in den Papieren verhandelten Vorfall verlangt, 

Aus der mir gemachten Erzählung, fo wie aus den, 
größtentheild aus Zeugenausfagen (vor dem Dorfgerichte ab» 
gelegt) beftehenden Papieren ergab fi, daß die Kühe des 
Schmieded auf dem Weidegange fich auf eine fremde, dem 
Dorffchulzen gehörige Wiefe begeben und von dieſem allda 


[4 


— 38 — 


getroffen worden waren. Der Schule hatte Die Thiere mit 
Knitteln, Steinen, Fußtritten ꝛc. ıc. maltraitirt und fie end⸗ 
lich über Zäune und Gräben davon gejagt. Sämmtliche 
Zeugenausfagen flimmten darin überein. Berner gab eins 
von den PBapieren, von einem in ber dortigen Gegend gut 
senomirten Thierarzte Cauf dem Wiener Inſtitute gebildet) 
ausgefertigt, an, daß er von dem Schmied an demſelben 
Tage ald die „Hag“ vorgefallen, zu einer kranken Kuh gerufen 
worden fei, bie nicht allein mehrere frifche Heine Hautwun den 
in der Lendengegend und am Bauche, fondern auch eine grö- 
Bere lappige Rißwunde an Lebterem gehabt, außerdem aber 
flarf fieberte und das Futter verfchmähete. Ein anderes von 
dem Örtögerichte aufgenommenes und von bemfelben Wanne 
vollzogened Protocol gab an, daß das Thier zwei Tage 
nach dem bezeichneten Borfalle fich fehr leidend befand, fos 
wohl durch die Angft, die heftige Bewegung, als auch in 
Folge der bedeutenden Mifhandlungen an und für fich, ers 
krankt fei, fih wohl gar etwas gefprengt haben möchte. 

Seit dem Borfalle felbft waren jebt fieben Tage ver: 
flofien und die Kuh lebte noch, nahm auch nach dem Berichte 
des Eigenthuͤmers wiederum, wiewohl fehr wenig, Nahrung 
zu ſich. | 

Da ed wegen ver großen Entfernung faft unmöglich 
war eine Behandlung perfönlich einzuleiten und burchzufühs 
sen, rieth ich dem Manne, nachdem er mir fo gut es ging 
die Krankheitsſymptome angegeben, und ich daraus auf eine 
fehleichende Reh» und Bauchfellentzündung geſchloſſen, die 
Anwendung der mir paflend erfcheinenden Mittel, und ferner 
daß er fich fo gut es gehe mit dem Schulzen zu vergleichen 
fuchen möge. Sollte das Thier ehwa umftehen, und er eine 
nähere Unterfuchung verlangen, fo möge er mir dies auf dem 
Fürzeften Wege melden. 

Nach dem Berlaufe von wiederum fieben Tagen, zeigte 
wir der Schmied an, daß der Zuftand der Kuh immer noch 


— 49 — 


berfelbe fei, und ber Schulze fich durchaus zu Feiner Ent- 
ſchaͤdigung verftehen wolle, auch das von dem Thierarzt aud« 
geftellte Atteft völlig verwerfe, weswegen er mich denn erfuchte, 
felbft die Unterfuchung vorzunehmen. 

Ich begab mich demzufolge am naͤchſten Tage an Ort 
und Stelle, und fand allda die Sachlage wie folgt: 

An der betreffenden Kuh waren noch jept Hautfchrunden 
in der Lendengegend und am Bauche zu finden, namentlid) 
war die lappige Rißwunde in der linken Flanke noch nicht 
vollfommen geheilt. Waflerfüchtige Anfchwellungen unter dem 
Bauche und im Triel, Schwappen im Leibe, fowie fünmtliche 
andere Erfcheinungen ließen feinen Zweifel daß eine Bauch» 
waſſerſucht vorhanden fei; außerdem aber zeigte der Kräftezus 
fland des Thieres, daß die Krankheit fih ihrem Ausgang in 
den Tod mit Riefenfchritten nahe. 

Die Tödtung des Thieres wurde verweigert, da der Eis 
genthümer immer noch auf eine günftige Entfcheidung der 
Krankheit hoffte, und von mir ein Atteft über die Entftehung 
der Krankheit und die Einleitung eines paflenderen Heilver« 
fahrens verlangte. 

Obgleih nun wohl Wahrfcheinlichkeit genug vorhanden 
war, daß das tragende Thier durch die ihm widerfahrene 
üble. Behandlung wirklich von einer Peritonitis, bie ihren 
Ausgang in feröfe Exsudation genommen, befallen fein fonntg, 
fo verweigerte ich das geforderte Gutachten dennoch bis nach 
gemachter Section, und zwar Erftens aus dem Grunde weil 
die Section bier in Kurzem gemacht werden konnte, indem 
ich von der Rettungslofigfeit des Thieres überzeugt war, und 
Zweitens, weil ich weiß, aus Erfahrung weiß, daß bei vor 
handenen Körpern in den Magenmwandungen und dem Dias 
phragma die Kranfheitserfcheinungen viefelben find wie bier 
vorgefundenen, und nach einmal gefälltem Gutachten die vor« 
gebrachten Entfchuldigungen Betreffs eines Irrthums ſelten 
geneigtes Gehör finden, und das mit Recht! — 


— 420 — 


Da der Schmied meine Beharrlichkeil ſah, gab er end⸗ 
lich die Toͤdtung des Thieres nach, und die Settion wurde 
vollzogen. 

Dieſelbe ergab eine bedeutende Waſſeranſammlung in der 
Bauchhoͤhle, ſtinkendes, gelbliches, kaͤſiges Erſudat auf dem 
Netz und dem das Zwerchfell und die vordere Parthie der 
Bauchwandungen überkleidenden Periloneum, und — eine 
Verwachſung des Zwerchfells mit der Haube, in welcher die 
Hälfte eines ſogenannten Schindelnagels vorgefunden wurde, 

Wie froh war ich mein Gutachten nicht ſchon gegeben 
zu haben, und welchen großen Unannehmlichfeiten entging ich 
hierdurch! — 

Die Erfranfung des Stüdes erfolgte hier unmittelbar 
darauf, nachdem hinreichend Franfmachende Potenzen einge- 
wirft hatten, und dem hinzugerufenen Thlerarzte kann ich 
durchaus feinen Vorwurf machen, daß derfelbe die entftehenve 
Bauchfellentzundung als eine Folge der Erhitzung und rohen 
Behandlung ausgegeben, und dennoch war er offenbar im 
Irrthume. Wäre ich gleich zu Anfang zu dem erfranften 
Stüde gezogen, und gleich darauf vom Ortsgerichte befragt 
worden, auch ich hätte die Wahrfcheinlichfeit der Entftehung 
der Krankheit durch die widerfahrene Behandlung hervorges 
hoben, während doch eine ganz andere in biefelbe be- 
wirkte. 


Dritter Fall. 
Tollkrankheit beim Rindvieh. 


Wie bekannt, brach im Herbſte 1846 in den K. K. 
Deſterreichiſchen Staaten wiederum die Rinderpeſt aus, wes⸗ 
halb dann im Monat Oktober die Grenze gegen den genann⸗ 
ten Staat nach den darüber beſtehenden polizeilichen Verord⸗ 
nungen geſperrt wurde. Durch die Nähe, in welcher dieſe 
gefürchtete Seuche im Jahre 1844 vorgefommen war und 
burd) die Befchwerben, welche eine Maaßregel wie die Grenze 


⁊ 


— 21 — 


ſperte hervorbringt, war der Viehbeſiter bereits im hoͤchſten 
Grade beunruhigt, als plöglich ſich das Gerüuͤcht verbreitete, 
daß auf dem Pfarrhofe des Dorfes K. drei Stuͤcke Rindvieh 
in Heinen Zwiſchenraͤumen nad einem Krankſein von ſechs 
Tagen, an einer und berfelben Krankheit verendet felen, nach» 
dem bereit furge Zeit vorher eine Kuh ebenfalls unter den- 
ſelben Erfcheinungen erfranft aber noch gefchlachtet und ver- 
kauft worden. 

Nachdem died Gerücht den betreffenden Polizei⸗Diſtricto⸗ 
Commiffarius erreicht, ordnete dieſer fogleich eine frenge 
Local-Sperre an, und berichtete den Vorfall dem Königlichen 
Landrathbsamte. Bon diefem aufgefordert begab ich mich un, 
verzüglihd an Ort und Stelle die Sachlage zu unterfuchen 
und den Thatbeftand feftzuftellen. 

Der Vorbericht des Pfarrers beftand in Yolgendem: 
Vier Wochen vor dem jebigen Zeitpunfte erkrankte eine Kuh, 
und zwar zeigte diefelbe neben Appetitlofigfeit eine hartnädige 
Berftopfung, Schwäche des Hintertheils, welche zulebt in 
Lähmung deſſelben überging, fortwährende Unruhe, flieren 
ängftlichen Blick und ein eigenes ängftliches, bald kurz abges 
brochenes,, bald Tanggezogenes Brüllen. Im Yortfchreiten 
der Krankheit fich immer vermehrende Unruhe, beim Liegen 
Hin» und Herwerfen des Kopfes, Geifern aus dem Maule 
und Abfab hochroth gefärbten, vielleicht blutigen, Urins in 
Heinen aber häufigen Bortionen. Kothabſatz erfolgte nicht, 
felbft nicht nach mehrfach applicirten Klyſtiren, und die mit 
der Hand aus dem Maſtdarm ertrahirten Faeces waren 
fhwarz und verbrannt. 

Ein aus dem Defterreichfegen herzugerufener Thierarzt 
erlärte die Krankheit für ein zur Zeit häufig vorkommendes 
rheumatifches Fieber, verabreichte fehr viele Arzneien, ohne daß 
jedoch troß feiner günftigen Prognoſe Befferung erfolgte, und 
das Thier crepirte am — Tage unter Bruͤllen und Con⸗ 
vulſionen. 


— 42 — 


Einige Tage nach dem Tode dieſes erſten Stüdes er⸗ 
krankte eine zweite Kuh unter denſelben Erſcheinungen und 
durch ben mißlichen Erfolg der erften Behandlung beſtimmt, 
ließ der Pfarrer das Stüd ſchlachten und an «einen Fleifcher 
verkaufen, denn beim Schlachten ſoll durchaus feine Franfhafte 
Erfcheinung an dem Fleiſche und den Eingeweiden des fonk 
jungen und wohlgenährten Thieres vorgefunden worden fein. 

Wiederum im Zwifchenraum von einigen Tagen erkranfte 
ein drittes Stüd unter den fchon befannten Grfcheinungen, 
und verendete ebenfalls, ohne daß ärztliche Hülfe, außer An⸗ 
wendung einiger Hausmittel, geleiftet wurde, am fechöten 
Tage nad; Ausbruch der Krankheit. Allerdings erregte ber 
Vorfall im Dorfe bereits Aufmerkſamkeit, doch geſchah noch 
Nichts, bis endlich auch eine vierte Kuh unter den nänlichen 
Symptomen erfranfte. Noch während der Krankheit derfelben 
wurde ber Pfarrhof abgefperrt und das Nöthige beim Kö⸗ 
niglichen Landrathsamte veranlaßt. Ehe jedoch mir die Auf 
forderung sufam und ich mich an Ort und Stelle begeben 
fonnte, war auch dieſe Kuh vor zwei Tagen verendet und ich 
fand nur noch das mit der Haut noch bebedite Cadaver vor. 

Die Krankheitserfcheinungen, fo mangelhaft fie mir auch 
mitgetheilt wurden, zufammengefiellt, zeigten mir hinreichend, 
daß ich hier mit der Rinderpeft nicht zu thun Hatte; wenn 
auch die Dauer der Krankheit mit Der der Rinderpeſt über 
einftimmt, fo find doch hartnädige Verflopfung, fo auffallende 
Rreuzlähmung, wie fie hier fich zeigte, und die bis zum Tode 
fortdauernde Unruhe mir in der ganzen ‚langen Zeit, in ber 
ich mich practifch ausfchließlich mit der Rinderpeft befchäftigte, 
nie vorgefommen, und ehe ich das Cadaver in Augenfchein 
nahm war ich überzeugt, daß von dieſer Krankheit Feine Rebe 
fein koͤnne. 

Die oberflächliche Befichtigung des Cadavers zeigte, daß 
der Sinterleib mäßig aufgetrieben und der Maſtdarm etwas 
hervorgetreten war, die Parotiden und ber Kehlgang waren 


— 18 — 


angeſchwollen und fühlten fich teigig an, fonft war an dem 
ganzen Cadaver Feine Abnormität oder irgend eine Außere 
Berlepung aufzufinden. 

Da ich die Section in dem Stalle, in welchem ich das 
Thier vorfand, nicht unternehmen wollte, ließ ich daflelbe auf 
ein nahes Aderftüd fchleifen, bei welcher-Belegenheit fi aus 
beiden Rafenlöchern ein ſchmieriges, zerſetztes, bräunliches Blut, 
jedoch nur in geringer Menge ergoß. | 

Die Section, welche ich lege artis vornahm, deren ger 
nauere Befchreibung ich mithin als befannt weglaſſen fann, 
ergab Aufgelodertheit und entzündliche Befchaffenheit der Pa⸗ 
rotiven und Tonſillen, blutige Infiltrationen in das fle um⸗ 
gebende Zellgewebe, große Haarbüfchel mit Erbflümpchen uns 
termengt in der Radyenhöhle und dem Schlundfopfe, entzünds 
liche Befchaffenheit des Larynx u. Pharynx, fo wie des oberen 
Theiles der Trachea, Blutanhäufungen in den Lungen, flüfs 
figes, übelfarbenes Blut in beiden Herzventrifeln. 

Im Panſen viele Haare und Erde, fonft aber war ber; 
‚felbe fo wie die übrigen Magenabtheilungen und ber Schlund 
sollfommen gefund wie die übrigen Baucheingeweide, mit Aus⸗ 
nahme der uropötifchen Organe, von denen die Nieren wei⸗ 
her als gewöhnlich, die Harnleiter und Blafe aber in ihrer 
Schleimhaut mit Firfehbraunen Flecken befebt waren. Die 
Scheide erfchien etwas geröthet. Hirn und Rüdenmark zeige 
ten nach Eröffnung der fie einfchließenden Höhlen nichts 
Rormwidriges, und fo ließ ich das Cadaver aus weiter unten 
angeführten Gründen auf der Stelle mit zerfchnittener Haut 
‚gehörig tief verfcharren. 

Der Borbericht war an und für fich Außerft mangelhaft, 
die Kranfheitserfcheinungen felbft zu beobachten war nicht 
mehr möglich, die einzige Baſis meines Handelns gab mir ' 
daher der magere Sertionsbefund, und biefer zeigte eben nur 
die Abwefenheit aller folcher Beränderimgen in edlen Orga- 
‚nen, die nothwendig ein Mufhören des Lebens bedingen muß- 


X 


— 424 — 


tem. Gehe ich deshalb noch einmal fämmtliche Erſcheinungen, 
bie fih am lebenden Thiere, fo wie bie, welche fih am Ca⸗ 
daver darboten, durch, um auf eine gehörig motivirte Schluß⸗ 
folgerung zu kommen. — 

Verftopfung, ängftliche Aufgeregtheit, forwaͤhrendes, ei⸗ 
genthuͤmliches Brüllen, in Lähmung übergehende Schwäche 
des Kreuzes, blutiger Urin, häufiges Lecken am Körper und 
Beißen in die Erde, verhindertes Schlingen (denn woher fonft 
das Geifern aus dem Maule und die Menge Haare und 
Erde in der Maul» und Rachenhöhle), Aufloderung und ent⸗ 
zündliche Beichaffenheit der Tonſillen und Barotiven, entzünd- 
liche Beichaffenheit des oberen Theiles der Trachea und end» 
lich, eine deutliche Deifchungsveränderung des Blutes, find 
neben der fechötägigen Dauer der Krankheit und Muthmaßung 
bie Anſteckungsfaͤhigkeit betreffend, das Einzige wonach geurs 
theilt und gehandelt werben fol. - 

Obgleich einige Anthrarformen Manches von dem An⸗ 
geführten zu ihren pathognomonifchen Kennzeichen zählen, fo 
findet doch wohl niemals bei mehreren . Stüden eine ſolche 
genaue Uebereinftimmung der Symptome Statt, fondern bie 
Individualitaͤt des Patienten verändert dieſelben faft in jedem 
einzelnen alle und ebenfo find auch nicht alle die. angeführ- 


ten Erfcheinungen zugegen, fo wie wiederum bier fehlende 


dort fich faft immer zeigen. 3. 8. die fulzigen, over carbun- 
eulöfen Ablagerungen. Für eine AnDtOrTenm bielt ich dieſe 
Krankheit alfo auch nicht. - 

Im Sabre 1839 hatte ich Gelegenheit auf der Koͤnigl. 
Domaine H. bei E. Rindvieh zu beobachten, welches von 
einem wuͤthigen Hunde gebiſſen worden, und hatte ich auch 
richt gleich die Damals niedergefchriebenen Bemerkungen zur 
Hand, fo tauchte doch das einmal gefehene Bild in mir wies 
der. auf, und ich fand eine zu große Aehnlichkeit zwifchen ihm 
und dem jest vorliegenden Falle, als daß ich nicht wenigftens 
fuchen follte Gewißheit über dieſe Muthmaßung zu erhalten. 


Es wäre jedenfalls unnüb gewefen durch Fragen über 
das Nähere der einzelnen Kranfheitserfcheinungen mehr Bes 
ftimmtheit zu erhalten, da Erſtens die Leute, die mit ber 
Dflege der Thiere befchäftiget find, felten die gehörige Auf⸗ 
merffamfeit darauf verwenden, und Zweitens audy gewöhnlich 
gar nicht befähigt find Beobachtungen zu machen, gefchweige 
denn fie Deutlich wieder zu geben. Wenigftens habe ich mich in 
meiner Praris meiftentheils nur auf eigene Wahrnehmungen 
zu verlafien. Dieferhalb ftellte ich weiter Feine Frage als 
die, ob man vielleicht in fürzer oder länger vergangener Zeit 
in der Umgegend von einem wüthenden ober der Wuth ver- 
dächtigen Hunde irgend etwas vernommen, und erfuhr hier⸗ 
auf Folgendes: Auf dem Pfarrhofe felbft erkrankte im Mo- 
nate Juli der Dicht neben dem Kuhftalle angefettete Hofhund, 
und zwar wurde berfelbe traurig, fraß jedoch von Zeit zu 
Zeit mit großem Appetite (Gier?), zeigte Feine Beißfucht, er- 
ſchien aber grämlicher als früher und bellte, namentlich wenn 
er aus der Hütte ins Helle getrieben wurde und zwar, wie 
mir Perſonen von größerer Beobachtungsgabe verficherten, 
mit abgebrochener heijerer Stimme. Nachdem die Krankheit 
einige Tage gedauert, fnicte der Hund beim Gehen mit dem 
Hintertheile zufammen und crepirte etwa am neunten Tage 
nach Ausbruch per Krankheit. Seine Stelle mußte wieder 
bejegt werben, und ein zwei Sahr alter männlicher Hund 
nahm von feiner Wohnung und feinem Lager Beſitz. 

Im Monat September erkrankte auch diefer Hund und 
. zwar unter denfelben Erfcheinungen, nur daß bei diefem bie 
Kreuzlähmung gleich von vorn herein mit auftrat, weshalb 
man den Berlauf nicht abwartete und ihn, nachdem der 
Schäfer die Krankheit für die unheilbare Lendenftaupe erflärt 
hatte, tödtete. Jetzt wurde auf Anrathen des Schäfers der 
in der Mauer befindliche Hundeftall gereinigt und bie hoͤl⸗ 
zerne Vorbauung verbrannt. — . 

Meinem Dafürhalten nach hersicht über die Ratur Dies 


— IM — 


ſes hier erzählten Falles Fein Dunkel mehr; die Kühe find 
von einem diefer Hunde gebifien, ohne daß Jemand es bes 
merkt, und endlich an der Hundswuth zu Orunde gegangen. — 

Nun aber weiter: Das Yleifch der zweiten erfranfien 
Kuh ift verfauft und genoffen, und die KHäute diefer fo wie 
bie der beiden anderen crepirten Kühe find verarbeitet worden, 

Sch für mein Theil bin zwar überzeugt, daß der Genuß 
des Fleifches von tollwuthkranken Thieren nie Entwidelung 
berfelben Krankheit -zu bedingen im Stande gewefen iſt, ich 
glaube ‚ferner, ohne aber dafür Beweife aufbringen zu koͤn⸗ 
nen, daß die Tollwuth von einem Pflanzen frefienden Thiere 
nicht wie der Anthrar, felbft nicht Durch einen mit Geifer im⸗ 
prägnirten Biß, mehr fortgepflanzt werden kann, mithin bie 
Bearbeitung der Häute durchaus nicht gefahrbrohend für dem . 
damit befchäftigten Arbeiter fein fann; dennoch aber ift der 
Genuß des Fleifches, fo wie das Bearbeiten des Leders po⸗ 
Izeilich unterfagt, und dies wohl mit Recht, da die Ueber⸗ 
zeugung des Einzelnen, zumal wenn die Beweife der Triftig- 
feit fehlen, hier feine Richtfchnur abgeben Tann und der er- 
zielte Vortheil mit dem zu fürchtenden Schaden durchaus in 
feinem Berhältnifie ſteht; und welcher Schaben ſelbſt dann 
zu fürchten ift, wenn auch feine wirkliche Anftedung erfolgt, 
zeigte fich gleich in dieſem alle. Eine vornehme, fehr reiche 
Dame, welche von dem Sleifche der gefchlachteten Kuh ge- 
geffen, erkrankte nachdem fie von den wiederholten Sterbe- 
fällen auf dem Pfarrhofe und deren Urfache gehört, fehr be= 
venflich, fo daß man für ihr Leben fürchtete, 

Wenn gleich hier jedenfalls nur Ekel, Angft und große 
Rervenreizbarkeit Urfache zum Ausbruch einer Krankheit ge= 
ben konnte, fo tft dieſer Umftand allein fchon hinreichend eine 
fo leicht zu erfüllende polizeiliche Maaßregel wie das Ver⸗ 
fharren des Cadavers, zu rechtfertigen, und dennoch iſt es 
bei der Lauheit, womit die über Veterinair⸗Polizei beftehenden 
Gefetze und Berorbnungen von den Berwaltungsbehörben 


— 47 — 


zum Nachtheile des Publikums gehandhabt werden, nicht zu 
überwachen, Daß dieſe billigen Worfichtsmaaßregeln erfüllt 
werben. 

Es wäre unbilfig dem Viehbeſitzer, wenn ein Stüd 
Schlachtvieh von einer unheilbaren Kranfheit befallen wird, 
zu unterfagen, den noch möglichen Nuben von demſelben zu 
ziehen, wenigſtens follte aber in diefen Fällen die Krank 
heit aufs Genaueſte feflgeftellt fein, fo wie bie Befchaffenheit 
Des zu genießenden Fleiſches. Pleifcher und Mitplieder der 
Ortögerichte find eben fo wenig befühigt über die Genieß⸗ 
barfeit des Fleiſches zu urtheilen als im Allgemeinen die 
Kreis⸗Phyſici, da ſich Letztere zu wenig mit der Thierheil⸗ 
funde und fpecieß mit der Beterinatr-Bolizei abgegeben haben, 
um ein hinreichend motivirtes Gutachten abgeben zu Fönnen. 
Nur der gehörig geprüfte und als tüchtig befundene Thier- 
arzt vermag Barüber zu enficheiden, und follte billig, da wir 
feine alfgemeine Fleiſchbeſchau haben, mindeftens in den Faͤl⸗ 
len wo ein krankes Stüd gefchlachtet wird, immer erft zu 
Rathe gezogen werben. 

Indem ich Dies gefchrieben, hat fich bereits wieder in 
dem Dorfe N., eine feine Meile von meinem Wohnſitz, ein 
wüthenvder Hund gezeigt und mehrere Menfchen und Stüde 
Bieh gebiffen, worunter Hunde und Hagen. Nach 11tägigem 
Berlaufe ift aber bis heute von den Behörden noch nicht der 
Heinfte Schritt gethan worden, den auf dieſe Weiſe ausge- 
freuten Krankheitöfaamen zu vertilgen oder unſchaͤblich zu 
machen. — Es iſt traurig, wenn man fich damit Begnügt, 
bei einem entftandenen Unglüd die Opfer zu bellagen, wenn 
man die Mittel in Händen gehabt, demfelben vorbeugen zu 
fönnen, und ſchwere Verantwortung wird fene Leute drüden 
die aus Lafchheit, und weiter ift fein Grund vorhanden, die 
heilfamen Geſetze die ihnen zur Handhabung anvertraut find, 
in Wushbung zu bringen verfäumen. 

Die Borfichtömangregeln welche Geh. Med.⸗Rath Dr. 


—AHB8 — 


Sauter in feinem jüngften Werke über die Hundowuth an⸗ 
räth, find nicht in Ausführung zu bringen, es wäre hinrei⸗ 
chend wenn bie bei uns beftehenden Verordnungen flets mit 
unnachfichtlicher Strenge, ohne Entfchuldigungen anzunehmen, 
ohne Anſehen der Perſon befolgt würden, wenn bei entftchen- 
dem Schaden derjenige, welcher fid eines Pfufchers bevient 
oder felbft Pfufcherei getrieben hat, zur Verantwortung gezo⸗ 
gen würde, wenn bie erecutiven Behörden nicht mehr vor- 
fchügten: es fet fo fchwer den beſtehenden Geſetzen allgemeine 
Geltung zu verfchaffen; denn dies iſt nur in fo weit wahr, 
als man nicht die Fälle, wo ontraventionen offen zu Tage 
liegen, hinreichend zu beftrafen weiß und fomit Warnungen 
de facto und nicht Bloß gefchriebene Warnungen aufftelt.. 


V. Mittheilungen aus der Praxis. 
Bon dem Königl. Kreis-Thierarzt Herrn Rindenberg in Suhl 


I. Ueber fremde Körper im Schlunde und deren 
Entfernung, namentlich beim Rindvieh. 


Nachfolgender Aufſatz wird gewiß meinen füngeren, in 
die Praxis tretenden Collegen fehr willfommen fein, indem 
ich ihnen die Anleitung gebe, wie in den meiften Fällen frembe 
Körper, namentlich Startoffeln, beim Rindvieh ohne große 
Schwierigkeiten, ohne complicirte Inftrumente und ohne die 
Oesophagotomie aus dem Schlunde entfernt werden koͤnnen. 
Selbft viele meiner älteren Herren Collegen, werben dieſe 
practiſche Notiz nicht ohne Intereſſe leſen. 

Die Operation des Schlundſchnitts iſt gerade nicht ſo 
ſchwer auszuführen, namentlich, wenn der fremde Körper in 
ber Halsportion des Schlundes feinen Sit hat und man 
gerade auf denfelben einfchneiden kann, jedoch iſt diefelbe in 
der Praris nicht fo ſtricte anzurathen, da man nicht in allen 
Fallen eine unbedingt fichere Prognoſe ftellen kann, nament- 


— 49 — 


lich, wenn ſie in der Nähe der Bruſt Statt finden müßte. 
Wie leicht fünmen hier nicht Eiterverſenkungen erfolgen, bie 
durch das Eintreten in die Brufthöhle, fofort den Tod. her- 
beiführen würden. 

Sch bin gewiß feiner von denen, der fo leicht das Meſ⸗ 
fer fürchtet, unter ſolchen Umftänden aber, wo, wenn 'aud): 
nicht in jedem Halle, vorausfichtlich Tebensgefährliche Opera- 
tionen vermieden werden fünnen und der Franfhafte Zuftand 
auf andere Weife und leicht zu befeitigen ift, da wähle ich 
unter jeder Bedingung das Letztere. Co lange dergleichen 
Operationen gut ablaufen, wird die Oefchidlichkeit des Thiers 
arzted gerühmt,, fchlägt aber eine fehl, fo werben baburch 
nicht nur 100 früher gut abgelaufene verdunfelt, fondern die 
böfe Fama fucht die üblen Gerüchte, aber im verftärkten 
Maaße, meilenweit in den Umfreis auszubreiten. 

Mehrere der thierärztlichen Autoren, unter anderen Herr 
Brofefior Dietrich in feiner Chirurgie, auch Rychner und 
Im⸗Thurn in der Encyelopädie, ‚empfehlen in den Fällen, wo 
. der fremde Körper in der Halsportion des Echlundes feinen 
Sitz hat, fogleih, den Schlundfchnitt zu machen, wenn das 
Hinunterftoßen nicht gelingt. Nur der Herr Profefior Hert- 
wig führte in den Vorträgen feiner fpeciellen Chirurgie das 
Verfahren an, wie ich bisher immer zum Ziel gelangt bin, 
aber auch nur in folchen Fällen, wo der fremde Störper im 
Schlundfopfe ſtecken blieb. 

Daß Zerquetfhen der fremden Körper würbe 
ich nur dann empiehlen, wenn es gefochte Kartoffeln und 
Eier find, indem bei feften Körpern der Schlund zu flarf ge⸗ 
quetfcht, wohl gar zerriffen werden könnte, 

Das Hinunterftoßen derfelben, mit einer flarfen 
Sonde, fteifem Stride ober einem langen elaftifcheu Beitfchen- 
ftode, würde ich nur da anrathen, wo der fremde Körper 


ſchon in der Bruftportion des Schlundes fißt, Unter 30 mir 
Mag. f. Thierheilt. XIV. 29 


— 430 — 
vorgekommenen Faͤllen habe ich beim Rindvieh nur einmal 
die Sonde angewendet. 

Kartoffeln, und wenn ſie bis dicht an der Bruſt ſitzen, 
entferne ich auf ganz einfache Weiſe, durch Einſetzen eines 
weiten Maulgitters ins Maul, durch Hinaufſchieben des frem⸗ 
den Koͤrpers bis in den Schlundkopf und Ergreifen deſſelben 
mit der Hand. 

Die Symptome hier noch weiter anzugeben, halte ich 
für überflüſſig, da ſie zu allgemein bekannt und zu augenfäls 
lig ſind; denn der Bote, durch welchen man gerufen wird, 
bringt gewöhnlich die Kunde ſchon mit, daB dem Patienten 
etwas im Schlunde ſteckt. Ich will nur hier noch berühren, 
dag häufig die Erftidungsgefahr gar nicht fo groß ift, und dies 
ift namentlich dann der Fall, wenn die fremden Körper mehr 
in der Mitte des Schlundes, zwifchen Hals und Bruft ihren 
Sitz haben. Am größten ift diefelbe, wenn der fremde Kör- 
per fo groß ift, daß er im Schlundfopfe, oder gleich unter 
demfelben fisen bleibt, an dieſer Stelle ift der Drud auf den 
Kehlkopf und die Luftröhre zu ftarl. Würgen und Anftren- 
gung zum Erbrechen find dann gewöhnlich am ftärkften, wenn 
die Körper in der Bruftportion des Schlundes fiben. 

Sind die fremden Körper fo groß, daß fie oben fchon 
im Schlundfopfe fiten bleiben, fo ift das Hinunterftoßen rein 
unmöglich, da bie Bruftportion des Schlundes noch enger 
wird und dort leicht eine Zerreißung beffelben erfolgt, na= 
mentlich wenn der Operateur die Kraft nicht genau abmißt. 

Es find mir Fälle vorgefommen wo Die fremden Körper 
über 12 Stunden im Schlunde ftedten und die Thiere waren 
fo ruhig, als wenn ihnen nichts fehlte, ed wurden zuletzt gar 
- feine Anfteengungen zum Erbrechen mehr gemacht. 

In dem Jahre 1845 habe ich allein zehn Fälle in der 
Braris gehabt, wo ich Kartoffeln auf die oben angege- 
bee und unten noch näher zu befchreibende Weife entfernte. 
. Das vorige Jahr war auch ganz befonders günftig Dazu, 


— 431 — 


daß hier am Orte fo viele ſolche Fäͤlle vorkamen. In Folge: 
der Kartoffelfranfheit wurden von vielen Leuten die Kartoffeln 
auf der Straße und in den Höfen getrodnet und verleſen, wo 


dann die zur Weide gehenden und dort herfommenven Fühe m; 


und Dchfen ſich im Vorbeigehen Kartoffeln nahmen. Ge⸗ 
wöhnlich dann, wenn fie dabei geftört wurden, verſchluckten 
fie dieſelben, ohne fie zu kauen. 

Die Operation, wie ich fie ausführe, ift in ein bis drei 
Minuten beenbigt und wird auf folgende Weife ausgeführt. 

Ich feße ein etwas weites Maulgitter ein, laffe durch 2 
fräftige Männer den Kopf des Thieres nach vorn ausſtrecken 
und denfelben firiren, dann fchiebe ich den fremden Körper, 
wenn er tief unten fißt, indem ich zu jeder Seite einen Daus 
men unter denfelbe fege, bis zum Schlundfopf hinauf. Dar⸗ 
auf greife ich mit der rechten Hand durchs Maul bis Hinten 
in die Rachenhöhle, nehme nun den Daumen der linken Hand 
und fege ihn auf der rechten Seite unter den fremden Koͤr⸗ 
per und laſſe auf der linfen Seite durch einen Gehülfen ges 
gendrüden. Auf diefe Weife gleitet einem verjelbe über den 
Kehlkopf weg von felbft zwifchen die Finger und man zieht 
ihn nun aus dem Maule hervor. In vielen Fällen war 
noch feine Minute vergangen und der fremde Körper war 
fehon entfernt. Sitzt derfelbe nicht tief, vielleicht nur 1 Fuß 
unter dem Schlundfopf, fo greife ich gleich mit der rechten 
Hand in die Rachenhöhle, und lafje wie eben gefagt auf der 
linfen Seite durch einen Gehülfen gegendrüden. 

Ich erinnere mich, Fürzlich gelefen zu haben, vielleicht in 
der thierärztlichen Zeitung, daß eine Kartoffel durch einen 
fräftigen Schlag mit der Kauft von unten, gleich bis in den 
Schlundkopf flieg. Ich will den Verfuch bei dem mir zus 
naͤchſt vorkommenden Falle machen. 

Iſt der fremde Koͤrper ſchon mehrere Stunden verſchluckt 
geweſen, ſo gieße ich erſt einige Unzen fettes Oel durchs Maul 
ein, daß der Weg wieder ſchlüpfriger wird. Zuweilen, wenn 

29% 


— 432 — 


gerade ein geſchickter Gehülfe mangelt, und deshalb die Ope⸗ 
ration etwas Länger währt, flürzgen Die Thiere zufammen, in⸗ 
. dem Erftidungszufälle eintreten, hierdurch muß man fich aber- 
nicht irre machen laffen, ein Fräftiger Drud, Anregung und 
Zurechtweiſung des Gehülfen, und die Operation ift beendet. 
Die Thiere erholen fich ſchon im nächften Augenblide und 
find gleich darauf wieder auf den Füßen. 

Nachbehandlung. Wird der fremde Körper innerhalb 
1 — 1 Stunde entfernt, fo ift gar nichts zu thun nöthig, 
fonft laffe ih 3 — 3 Maaß fettes Del einfchütten. Waren 
Erftikungszufälle zugegen, oder find die Thiere aufgebläht, 
fo made ich auch wohl einen Aderlaß und ſchon nach eini« 
gen Minuten pflegen fie ihr Butter und ©etränf mit dem 
größten Appetit zu verzehren. 

Zum Hinunterftoßen, wenn ber fremde Körper fchon in 
der Bruftportion des Schlundes figt, bediene ich mich eines 
5' Iangen fpanifchen Rohres, welches am unteren Ende daum⸗ 
ftarf mit Werg fo umwidelt und umbunden ift, daß diefes 
nicht leicht abgleiten Fann. Diefen Knopf befeuchte ich gut mit 
Del und fahre dann den Schlund Tangfam hinunter, bis an 
den fremden Körper und fihiebe diefen fanft nachprüdend bis 
in den Magen. 

Das Einbringen der Sonde in den Schlund gefchieht 
auf die Weife am beiten und ficherften, daß man ebenfalls 
ein weites Maulgitter einfegt, den Kopf des Thieres durch 
Gehülfen nach vorn außftreden und firiren läßt, mit der rech⸗ 
ten Hand bis hinten in die Nachenhöhle eingeht und dann 
die Sonde mit der linfen Hand nachfchiebt, die rechte Hand 
dient bloß dazu, daß die Sonde gehörig regulirt und in ben 
Schlundkopf geführt wird. 

Selbſt bei edigen und unebenen Körpern würde ich den 
Verſuch machen, fie auf Die angegebene Art zu entfernen; 
man müßte freilich recht vorfichtig Dabei zu Werke gehen und 
vorher Del einfchütten. — 


— 433 — 


Dieſe Faͤlle beweiſen zur Genüge, daß man nicht gleich 
mit dem Schlundfchnitte bei der Hand zu fein braucht; ich 
wenigftens würde benfelben nur in ganz verzweifelten Fällen 
ausführen, wo auf feine andere Art Hülfe zu fchaffen wäre. 

Bei Pferden ift e8 mir 2 Mal vorgefommen, wo ich 
fremde Körper, die in der Bruftportion ftedten, in den Mas 
gen hinabgeftoßen habe. Hier ift aber das Einbringen der 
Sonde in den Schlund, des langen Gaumenfegel wegen, 
fhwieriger, aber e8 gelingt doch und man fann fich bei ſtark 
ausgeftredtem Kopfe und Halfe leicht davon überzeugen, ine 
dem man den Knopf derfelben Außerlich recht gut fühlen kann. 
Pferde müflen jedesmal geworfen werden. Sollte e8 mir ein- 
mal vorfommen, daß ein fremder Körper bei einem Pferde 
in der Halsportion des Schlundes fteden bliebe, fo würde ich 
wenigftens den Verſuch machen, denfelben auf die oben an» 
gegebene Weife zu entfernen. 


Bei diefer Gelegenheit will ich noch eines Falles von 
ftarfer Ausdehnung (Ditatatio) und BVerftopfung des Schlun« 
des mit zerfautem Sutter bei einem Pferde erwähnen, wel« 
cher gewiß nicht ohne Intereſſe gelefen werden wird. Es thut 
mir leid, daß ich das Präparat nicht an die Thierarzneifchule 
eingeſchickt habe. 

Anführen muß ich zuvörberft, daß das Pferd fehr alt, 
abgetrieben und torpive war, fonft hätte fich eine derartige 
Berftopfung des Echlundes nicht ausbilden Fönnen. 

Am 12. Zuli 1839 wurde ich von dem Ortseinnehmer 
Herrn Teche zu Gr. Apenburg im Kreife Salzwedel aufge 
fordert, ein ihm gehöriges, feit 5 Tagen franfes, Pferd zu uns 
terfuchen und refpective zu behandeln. 

Diefes Pferd war von brauner Farbe, bezeichnet mit 
einer Bläffe und beide Hinterfüße weiß gefeffelt, 20 und 
einige Jahre alt, 5’ 2" groß, feines Geſchlechts eine Stute 
und feines Gebrauchs ein Wagenpferb. 


— 44 — 


Vorbericht. Der Eigenthümer erzählte mir, das in 
Rede ſtehende Pferd habe im Februar ejusd. a. ein Fohlen 
geworfen, diefes bis etwa vor 4 Wochen gefäugt, und dabei 
täglich arbeiten muͤſen. Am 7. Suli habe es plöglich das 
Freſſen und Saufen verfagt und bis zu dem angegebenen 
Tage nur einzelne Heuhalmen gefrefien, aber auch nicht einen 
Tropfen gefoffen. Es feien dem Thiere einige Zränfe zur 
Beflerung des Appetits eingefchüttet worden, er wiſſe aber 
nicht, ob e8 diefelben wirklich verfchludt. Da Feine Befferung 
eingetreten, habe er fich endlich entfchloffen, meine Hülfe in 
Anfpruch zu nehmen. 

Unterfuhung. Diefe gefhah am 12. Juli Vormit- 
tags, und ergab Folgendes: Das Pferd war fehr abgema- 
gert, der Leib aufgezogen, dad Haar ftruppig und glanzloß, 
die Hüften und Schultern aufgelegen, der Blick matt, die 
Augen trübe, in die Höhlen zurüdgezogen und eitrig. 

Der Kreislauf um einige Pulfe vermehrt, klein und weich, 
der Herzfchlag auf beiden Seiten ftark fühlbar, Athmen nor- 
mal, Verdauung fchlecht, Aufnahme von Futter und Getränf 
fand gar nicht Statt, Miftabgang verzögert, die übrigen Ses 
und Ereretionen auch vermindert. Der Gang matt und Frafte 
los, Sinnesthätigfeit normal. 

Bei Unterfuchung des Schlundes fand ich denfelben vom 
Schlundfopfe an bis zur Brufthöhle hinab armitarf ausgedehnt 
und feinhart anzufühlen, e8 ließen fich nicht einmal Eindrücke 
mit den Fingern machen. | 

Ich machte den Eigenthümer gleich damit befannt, daß 
das Pferd incurabel fei, und da es feinen großen Werth 
habe, möge er e8 doch töbten laffen. In diefem Falle war 
fogar von der Oesophagotomie fein Erfolg zu erwarten; denn 
der über 4 Buß lange Zuttercylinder war auf feine Weife zu 
entfernen oder fortzufchaffen, was Die nachfolgenden Sections⸗ 
data zur Genüge ergeben werben. 

Der Eigenthümer ging aber nicht fogleih auf meinen 


— 43 — 


Borfchlag ein; ſondern erft nach 3 Tagen, alfo am 15. Juli, 
lieferte er das in Rede ftehende Pferd an den Scharfrichter 
zu Klöße ab. 

Die Section, welde fogleich nach dem Tödten des 
Thieres gemacht wurde, ergab folgende intereffante Data: 

In der Bauch» und Brufthöhle fand ich alle Organe 
gefund, nur den Magen und Darmfanal faft gänzlich futter 
leer. Der Schlund war aber vom Schlundfopfe aus bis zur 
unteren Schlundöffnung (Cardia) fehr ftark, wie ein Manne- 
arm, ausgedehnt, wenigftens 23” im Durchmefjer, mit zer- 
kautem Heu ganz felt ausgeftopft und fteinhart anzufühlen. 
Der Schlund hatte die größte Aehnlichkeit Hinfichtlich des 
Anfühlens mit einer recht hart geräucherten ſtarken Schlad- 
wurft; er wog inclufive des Inhalts 5 Pfb., denn die Fut⸗ 
terftoffe waren fo feft wie eingekeilt. Eine Entzündung war 
aber der ganzen Länge nach nicht wahrzunehmen. An der 
Valvula cardiae fand fich gerade Fein Hinderniß vor, was 
den Eingang der Yutterftoffe in den Magen verhindert hätte, 
nur fehien die untere Partie Heu fchlecht gefaut und in grö- 
$erer Quantität verfehludt worden zu fein, als gewöhnlich. 
Die Umgegend des Schlundes war mit .gelblichen Sugilla- 
tionen umgeben, weiter fand ich nichts Krankhaftes vor. 


Bemerfung Daß fich die Anfüllung des Schlundes 
bei dem genannten Thiere in fo ungeheurer Ausdehnung bil« 
bete, ohne Daß fich von vorn herein irgend eine Anftrengung 
zum Erbrechen oder Athembeſchwerden zeigten, feheint in ber 
großen Schlaffheit und Torpidität des betreffenden Individu- 
ums feinen Grund zu haben; denn welche augenfälligen 
Symptome würden bei einem fenfiblen Thiere eingetreten 
fein, als: Angft, Anftrengung zum Erbrechen, Würgem, 
Geifern aus dem Maule, Ausbruch von Schweiß, Erſtickungs⸗ 
zufälle u. few. Dieſer Futtercylinder hatte doch wemgſtens 

6 Tage im Schlunde geſeſſen. | 


Was die Entftehung des Uebeld anbetrifft, jo wurde je⸗ 
denfalls ein flarfer, fchlecht gefauter Biffen Heu verfchludt, 
welcher bei der großen Schlaffheit des Schlundes, die erfte 
Verftopfung an der Valvula cardiae bildete, nad) und nad) 
wurde fo lange zerfautes Futter nachgefchoben, bis der Schlund 
in feiner ganzen Länge, bis zum Schlundfopf hinauf, vollge- 
pfropft war. 

"Daß der genannte SKrankheitszuftand nicht zu befeitigen 
war, leuchtet jedem Sachkenner von felbft ein; denn wie wäre 
es wohl möglich gewefen, einen fefteingefeilten Suttercylinder, 
yon über 4’ Länge und 24 — 3" im Durchmefler, in Bewer 
gung zu feßen, oder fonft fortzufchaffen. In Solge der ſtar⸗ 
fen Ausdehnung der Häute, war der Schlund nicht nur ges 
laͤhmt, fondern auch in allen feinen Verrichtungen geftört, es 
fonnte daher auch feine Schleimabfonderung an der Schleim- 
haut Statt finden. Ganz in der erften Zeit hätte fich der 
Krankheitszuſtand befeitigen laſſen, wenn derſelbe fofort be= 
merkt und das Thier gleich zur Behandlung‘ gefommen wäre. 


D. Krämpfe, der Saflfucht (Epilepsie) ähnlich, bei 
einer Kuh, durch Verlegung der Zunge und mes 
chanifche Reibung eines Zungennerven mit dem 
lesten linfen unteren Badzahn, herbeigeführt. 


Am 7. Januar 1847 wurde ich zur Unterfuchung und 
Behandlung einer, dem Arbeitsmann Echau in der Bleiweis- 
mühle zu Heinrich gehörigen 12 — 14 Jahr alten braunen 
Kuh von mittlerer Größe und hiefiger Race, aufgefordert. 

Unterfuhung. Diefe ergab Folgendes: Das Thier 
geigte fich fehr matt, aber dabei im hohen Grade aufgeregt 
und fihredhaft, von fchlaffer Eonftitution, das Haar gefträubt 
and glanzlos, die Temperatur ungleichmäßig über den Körper 
verbreitet, Ohren, Hörner und Füße Falt; Augen trübe, der 
Blick matt und Angft verrathend. Der Puls. fieberhaft auf 
geregt, Elein, weich und zitternd, 70 Mal pr. Minute an ber 


— 437 — 


Arter. brachial. wahrzunehmen, der Herzfchlag ſtark fühlkar 
und mit dem Wulfe gleiches Tempo haltend. Das. Athmen 
war angeftrengt und röchelnd und erfolgte 24 Mal in der 
Minute. 

Die Bunetionen der Verdauung, Ab⸗ und Ausfonderung 
waren geftört. Der Appetit zum Freflen war gänzlich ver 
fhwunden, ebenfo hatte das Wiederfäuen aufgehört, nur zur 
weilen wurde etwas Getränk (Sleyen- und Leinmehltränfe) 
. aufgenommen; Mift und Urin» Ab- und Ausfonderung, uns 
regelmäßig, verhalten, die Milchabfonderung hatte aufgehört. 
Die Speichelabfonderung war vermehrt, das Thier fchäumte 
und geiferte aus dem Maule, welches fehr übel roch, bewegte 
den Unterfiefer ſchnell und frampfhaft, wie bei der Eyilepfie, 
verbrehte die Augen im Kopfe, Hals und Kopf zitterten hef⸗ 
tig, wurden frampfhaft nach der linfen Seite gezogen, wobet 
die Kuh dann während der heftigften Anfälle zufammenbrady 
und einige Zeit befinnungslos liegen blieb. Es erfolgte nun 
ein förmlicher Ausbruch von Schweiß, das Thier fprang auf, 
fhüttelte ſich, zitterte heftig am ganzen Körper und erholte 
fih nur langfam wieder. Diefe Paroxysmen wiederholten fich 
innerhalb 50 — 60 Minuten und in der Zwifchenzeit erfolgte 
gewöhnlich noch ein gelinder Anfall, der bloß mit den fchnel« 
len Kieferbewegungen (Snatfchen) und krampfhaften Verdre⸗ 
hungen der Augen und des Halſes vorüberging. 

Diefer Zuftand hatte ſchon 48 Stunden beftanden und 
die bezeichneten Anfälle waren immer regelmäßig wiedergefehrt, 
namentlich dann wenn das Thier zum Kauen animirt wurde. ' 
Am erften Augenblicke glaubte ich wirklich epileptifche Anfälle 
vor mir zu haben, aber die Regelmäßigfeit, mit der fish Dies 
felben wiederholten und bag ftarfe Schäumen aus dem Maule, 
verbunden mit einem üblen Geruch, brachten mich auf ben 
Gedanfen, die nächfte Urfache der Krankheit fönne wohl in 
der Maulhöhle ihren Sig haben und durch einen fremden 
Körper, welcher die Zunge und zugleich einen Nervenfaden 


— 438 — 


derſelben verlegt habe, eniflanden fein. Da ich fein Maul⸗ 
gitter zur Hand hatte und die Nacht fchon hereingebrochen 
war, fo konnte die Unterfychung der Maulhöhle nicht genau 
vorgenommen werden. Sch verordnete Daher, dem Thiere 
recht viel Leinfamenfchleim einfchütten zu laſſen und verfprach 
am andern Morgen, mit den nöthigen Inftrumenten verfehen, 
wieder zu fommen. Da mir der Krankheitsfall fehr interef- 
fant fchien, war ich am andern Morgen ſchon mit Tages- 
anbruch wieder an Ort und Stelle und hatte die — 
mich nicht in der Diagnoſe geirrt zu haben. 

Durch das Einſchütten des vielen veinſamenſchleims 
waren die Anfaͤlle in Folge der milden Wirkung deſſelben 
zuerſt länger ausgeblieben, und Hatten gegen ge faft 
ganz nachgelaffen. 

Bei genauer Unterfuchung des Mauls fand ich eine un 
regelmäßige Abreibung der Badenzähne vor, die fowohl am 
Ober» als Unterkiefer mit vielen hervorragenden fcharfen Kan⸗ 
ten und Spisen verfehen waren, daß man fich leicht Die 
Hände verlegte. Namentlich aber war der legte untere Bad 
zahn Tinker Seits ſtark nach innen gedrängt und hatte we- 
nigftens eine 3" lang hervorragende fcharfe Kante am innern 
Rande, welche bei jedesmaliger Bewegung der Zunge berührt 
und wodurch letztere nach und nach ſtark verlegt werden mußte. 

Die Wunde der Zunge an der linfen Seite, Durd) "ven 
benannten Zahn hervorgebracht, war wenigftend von der 
Größe eines Preuß. Thalers und gegen 3 Linien tief, wobei 
jevenfall8 einer der Zungennerven mit verletzt wurde, wahr⸗ 
ſcheinlich ein Zweig des Nervus hypoglossus. 

Nach beendigter Unterſuchung wurden ſaͤmmtliche hervorra⸗ 
gende Spitzen und Kanten mit dem Zahnmeißel und der Zahnfeile*) 


*) Die Zahnfeile, welche ich anwende, iſt ganz eigens dazu conſtruirt 
und hat ſich mir in den meiſten Fällen ale weit zweckmaͤßiger bewährt, 
als der Sahnmeißel, die Thiere ſtehen gewöhnlich während der Operation 
befier, indem die Erſchütterung nicht fo flarf if, als beim Abfchlagen. 


— 49 — 


entfernt und dann Die Heilung der Zungenwunde der Natur 


überlaffen. 

Nach beendigter Operation waren nicht nur die Kraͤmpfe 
gänzlich befeitigt, fondern die Kuh verzehrte unmittelbar dar⸗ 
auf ihr Butter mit dem größten Appetit. Ich verordnete aber, 
dem Patienten in den erſten 10 — 14 Lagen Feine feften 
Futterftoffe, fondern nur nahrhafte fchleimige Getränke und 
Brei von gefochten Kartoffeln zu verabreichen. Dies war 
auf das Pünftlichfte befolgt worben und als ich nach 14 
Tagen die Zungenmwunde noch einmal unterfuchte, fand ich 
diefelbe beinahe ſchon vernarbt, auch hatte fich die Kuh be= 
deutend wieder erholt und es war auch die Milchabfonderung 
viel flärfer geworden (4 Maaß täglich.) 

Bemerfung Aus dieſem Krankheitsfalle ergiebt fich, 
daß durch die mechanifche Reizung des fcharfen Zahns Die 
Zunge und gewiß auch ein Nervenfaben derſelben verlegt 
wurde, wo in Folge des anhaltenden mechanifchen Reizes auf 
den Zungennerven, confenfuell epileptifche Zufälle eintraten. 
Nachdem diefe Reizung durch Abfchlagen nnd Abfeilen ver 
Zähne befeitigt worden war, hörten natürlicher Weife auch 
die krankhaften Erfcheinungen unmittelbar darauf, auf. 


Das Inftrument befteht zumächft aus einem 54” Tangen, 14” breiten 
und 4° diden Endſtück von Stahl, die eine Fläche iſt der ganzen Länge 
nach hohl (concav) und in Form einer groben Keile gehauen, deren Schär- 
fen nach vorn gerichtet find, die andere Fläche if conver und glatt po⸗ 
lirt, auch find fowwohl vorn, wie an den Seiten, die Kanten gut gebros 
chen, Das Enpftüd geht in ein ſcharf abgefeutes, fall 3” im Quadrat 
flarfes und 1’ langes Mittelflük von Eifen über, an welches fih noch 
eine 6° lang ausgezogene Spibe befindet, die zur Aufnahme eines gebreh- 
ten hölzernen Handgriffs (Hefte) dient. Das ganze Inftrument iſt circa 
2 lang und eignet fich viel beffer zum Abfeilen der Sahnfbigen, als eine 
Hufraspel, indem es eine glatte Seite hat, woburch die Baden und Zun⸗ 
genfchleimhaut niemals verlebt werben Tann. Wenn der Kopf bes Pferdes 
gehörig fixirt iſt, dann ergreift man das hölzerne Heft mit beiden Händen 
und fährt fo mit der Hohlen aufgehauenen Seite in kurzen Stößen an 
den fcharfen Zahnfpigen auf und nieder. 





— 40 — 


Noch Einiges über die Zahnfpigen im- Allgemeinen, 
und deren Entfernung. 
Niele thierärztliche Schriftfteller ereifern fich gegen das 
Putzen der Zähne, als eine rohe und unnüße Operation, 
diefe Herren haben fich aber wahrfcheinlich nie von dem wirk« 
Yich praftifchen Nutzen deſſelben überzeugt. Sch behaupte, daß 
unter zehn Fällen, wo bei Pferden fich verminderte Frepluft 
zeigt, ohne daß fich Symptome eines gaftrifchen Leidens vor- 
finden, beſtimmt neun davon, in unregelmäßiger Abreibung 
"der Badenzähne und Rerlegung der Schleimhaut der Baden 
und Zunge begründet find. Es find mir fogar Kranfheitöfälle 
vorgefommen, wo Thiere in Folge deſſen den Hungertod ftar- 
ben. &8 fanden ſich bei der Obduction Köcher in den Baden, 
wo man eine große Pflaume, oder ein halbes Hühnerei hätte 
hineinlegen fönnen. Nicht nur die Echleimhaut, fondern die 
Badenmusfeln bis auf Die Außere Haut warert verlegt. 
Sch ftelle auch nicht in Abrede, daß z. B. von Schmie- 
den oder andern Bfufchern zu roh beim Adfchlagen der Zahns 
fpigen verfahren wird, wobei die Zähne fogar gefpalten wer⸗ 


den und fpäterhin Garies derſelben und Auftreibung der Kie— 


ferfnochen eintritt. Sind die Spigen dünn und lang, fo bes 
diene ich mich des Zahnmmeißeld und’ nachher der Zannfeile, 
find fie furz und dünn; fo wende ich bloß Die Ießtere .an und 
bies Verfahren hat fich noch immer bewährt. Die nach mei- 
nem Borfchlage conftruirte Zahnfeile hat den Vortheil, daß 
fie vormöge ihrer Aushöhlung an der Feilfläche nicht jo leicht 
von den Zähnen abgleitet und vermöge ihrer glatten conves 
xen Eeite, die Schleimhaut der Baden und Zunge nicht vers 
legt wird. Stehen vielleicht einzelne Zähne lang vor, wie 
Dies zuweilen durch Ausfallen eines gegenüberftehenden Bad 
zahns erfolgt, wo jener dann gleichfam in die Lüͤcke hinein⸗ 
wächft, da feine Oegenabreibung ftattfinden Fann, und dieſer 
berührt dann den Alveolarrand der entgegengefegten Seite, fo 
bediene ich mich einer Säge, die wie eine GStichfäge, aber 


— 441 — 


nicht ſo ſpitz, ſondern vorn mehr abgerundet conſtruirt iſt. 
Die Zähne der Säge find kurz und ſtark, wie bie Eifenarbeis 
ter zum Schneiden des Eifens fie gebrauchen; es geht zwar 
langfam, aber man erreicht doch feinen Zwed, ohne den Thie- 
ren große Schmerzen zu verurfachen. Die Thiere werben nie⸗ 
dergeworfen. 

Es fommen auch Bälle vor, wo die Zähne des Ober 
oder Unterfiefers über die der entgegengefeßten Seite, fowohl 
am eriten als legten Backzahn hinwegragen, hier bilden fich 
zuweilen Spiten, welche an der Bafis 3 — 3" im Quadrat 
haben, 3 — 13” über die Zähne des entgegengefehten Kie⸗ 
fers hervortreten und fo zuletzt den Alveolarrand dieſes 
Kinnbadens berühren und verwunden. Bei diefer Gelegenheit 
fann man ſich des Meißels bedienen, wenn auch die vorras 
gende Spitze nicht ganz bis auf die Bafis weggenommen wird, 

Es find mir Pferde zur Behandlung vorgeführt worden, 
welche A bis 6 Monate mit bittern und erregenden Mitteln 
gleichfam gefüttert worden waren, und nad) Örtlicher Unter: 
fuchung der Maulhöhle fand ich die Kranfheitsurfache in eis 
ner unregelmäßigen Abreibung der Zähne und in Folge deſſen 
Berlegung der Schleimhaut der Baden, der Zunge oder des 
Alveolarrandes der entgegengelegten Seite. Nach Entfernung 
diefer Zahnfpigen, auf die eine oder andere Weife war bie 
Krankheit befeitigt und der gefunde Appetit Fehrte bald zurück. 

Sch habe es mir daher zur feften Regel gemacht, wenn 
mir Thiere vorgezeigt werden, die an Appetitlofigfeit leiden, 
wenn diefe namentlich fo gradatim eingetreten ift und ich finde 
fein Symptom eines gaftrifchen Leidens vor, daß ich jedesmal 
unbedingt die Maulhöhle genau unterfuche. Meiftentheils findet 
fich der fchon mehrmals angeführte Zuftand der Zähne vor, 
welchen ich dann auch leicht auf die angegebene Art be= 
feitige. 

Wie gut es ift, unter folchen Umftänden das Maul ge 
nau zu unterfuchen, dazu mag folgender Hall als Beleg die- 


— 42 — 


nen. Wenn er auch nicht gerade in biefelde Kategorie ge⸗ 
hört, fo betrifft e8 doch einen fremden Körper, der. zwiſchen 
den Zähnen des Oberfiefers bei einem Pferde eingeklemmt faß. 
Ein Landmann brachte mir im Sommer ein Pferd, welches 
in 3 Tagen weder etwas gefrefien, noch gefoffen Hatte Es 
bis mit aller Gewalt ins Futter ein, ließ es aber immer 
wieder aus dem Maule fallen. Der gutmüthige und ehrliche 
Mann erzählte mir, er habe das Thier ſchon wenigſtens zehn 
Schmieten und fonfligen Pfufchern vorgezeigt, welche er mir 
auch namhaft machte; fie hätten dem Patienten alle ins Maul 
geſehen, aber Niemand habe etwas darin entdeden Fönnen. 
Ich holte fogleich mein Maulgitter herbei, febte es ein und 
fand oden am harten Gaumen, zwifchen den vierten Badens 
zähnen, ein daumftarfes, 23” langes Stüd Tannenholz der 
Quere nah fo feft eingeflemmt, daß ich mich eines Meißels 
zu defien Entfernung bedienen mußte. Nach Herausnahme 
des Stüd Holzes verzehrte das Thier fein Futter mit dem 
größten Appetit. Vorher Tonnte das Kauen des Futters, na⸗ 
mentlich aber das Verſchlucken des Biffens unmöglich ftatt- 
finden, indem lebterer im Hinaufgleiten an den harten Gaus 
men, durch die beinahe 1” ftarfe Querleifte gehindert wurde, 
mithin wieder aus dem Maule herausfiel. Obgleich das Holz- 
fü von ſchwarzer Barbe war, fo wurde ed doch von den 
Pſeudo⸗Thieraͤrzten nicht bemerkt. Ich fah es ſchon, ehe das 
Maulgitter eingefegt wurde. 

Faſt um diefelbe Zeit nahm ich ini: andern Pferde, 
welches ſchon in A Wochen ſchlecht und feit 8 Tagen gar 
nicht gefreffen hatte, zwei Ioder ſitzende Badzähne aus dem 
Oberfiefer, worauf fogleich Befferung erfolgte. Wie oft kommt 
es nicht auch bei Pferden, fogenannten Holzfreffern vor, daß 
ſich Splitter zwifchen die Zähne und ins Zahnfleifch einbei- 
Ben, wodurch das regelmäßige Kauen fogleich gehindert wird, 


— 43 — 


3, Hartnädige Berftopfung bei einem Ochfen durch 
einen verhärteten Kothball, der fich im Maft- 
darm gewiffermaßen eingefeilt hatte. Das Thier 
zeigte Die nämlihen Symptome wie bei einem in« 
nern Bruch CHernia interna abdominalis). 

Einfache Berftopfungen und Kolifen, wie überhaupt 
gaftrifche Leiden, gehören bei den Hausthieren zu den am 
häufigften vorfommenden innern Krankheiten, daher iſt auch 
jeder meiner Herren Gollegen mit den Symptomen berfelben 
und deren therapeutifcher Behandlung zur Genüge befannt. 
Ganz genau in die Details in biefer Hinficht einzugehen, ift 
auch nicht der Zwed diefer Mittbeilung, der Fall fol viel- 
mehr nur darthun, wie. heftig und gefahrdrohend die Krank⸗ 
heitöerfcheinungen fein fönnen und wie ſchnell dennoch mit« 
unter Befierung und vollfommene Genefung eintritt, wenn 
nur die Krankheitöurfache entfernt werden kann. Die Sym- 
ptome waren gerade fo, wie bei Ochſen die am Ueberwurf 
leiden. So heftige und gefahrdrohende SKrankheitserfcheinuns 
gen find mir bei diefer Thiergattung, während meiner 13jäh- 
rigen Praris noch nicht vorgelommen, wie im qu. Falle: ich 
habe fie bei den viel fenfibleren Pferden felten heftiger gefehen. 

In der Nacht vom 29-30, Nov. v. J. wurde ich durch 
den Ochſenbauer P. Weiß in Heinrichs requirirt, ſchnell dort⸗ 
hin zu fommen, um einen heftig erfranften 4 Jahr alten brau⸗ 
nen, ftarfen Ochfen von Boigtländifcher Race, zu behandeln. 

Unterfuhung. Bei meiner Ankunft fand ich. das Thier 
im Stalle liegend, aber fonft in einem: hohen Grade von 
Aufregung. Er war wohlgenährt und von ftraffen Faſerbau, 
Ohren, Hömer und Füße eisfalt, der Unterleib heiß und -ges 
fpannt, die Hungergruben aufgetrieben, am Halfe, an ber 
Bruft und dem Bauche bemerkte man Ausbruch von Schweiß, 
die Haare: waren gefträubt, die fihtbaren Schleimhäute ſtark 
geröthet, dad Flogmaul, die. Zunge und Maulichleimhaut 
troden. Der Puls war frequent, Klein umb Bart, 80: Mal 





— 44 — 


pr. Minute an der Arteria brachial. wahrzunehmen, der Herz⸗ 
fchlag unfühlbar, das Athmen ängftlich, ftöhnend und hatte 
eine Frequenz von 40 Zügen pr. Minute. Die Sunctionen 
der Verdauung, Ab⸗ und Ausfonderung waren geftört, das 
Thier zeigte weder zum Freffen noch zum Saufen Luft (vom 
MWiederfäuen Tonnte gar nicht die Rede fein) und Fnirfchte 
heftig mit den Zähnen. Mift- und Lirinentleerung waren 
während der ganzen Dauer der Krankheit unterbrüdt. Die 
Augen waren bald gefchloffen, bald glänzend, feurig und 
glogend aus den Höhlen hervorgedrängt, der Blid ftier, gleich⸗ 
fam verwirrt, große Angft verrathend, das Thier lag perio⸗ 
bifh ganz ruhig, dann trat aber in der nächjten Minute bie 
größte Unruhe ein, es fchlug heftig mit den Füßen, waͤlzte 
fih, iwie ein an heftiger Kolif leidendes Pferd, warf fih fogar 
auf den Rüden, zog die Büße an den Leib und blieb zuwei⸗ 
len 2— 3 Minuten in diefer Lage, es zeigte beim Drud in 
die linke Slanfengegend ftarfen Schmerz und juchte jenem fo 
viel als möglich auszumeichen. Während des ruhigen Liegens 
war feine Möglichkeit, das Thier auf Die Beine zw bringen, 
aber während des Paroxysmus fprung ed gewöhnlich von 
felbft auf, lief mit dem Kopfe gegen die Wand, ftieg mit den 
Borderfüßen in die Krippe und benahm fich wie toll und 
rafend, ſah fih nad) dem Leibe um, brüllte vor Schmerz laut 
auf, drängte heftig auf den Mafldarn und fragte mit den 
Vorderfüßen, rülpste öfter ftarf, dabei fenfte es bie linke 
Hüfte immer bedeutend, vermogte nicht auf den linfen Hins 
terfuß zu treten und fchleppte benfelben beim Gehen nad), es 
wurden auch periodifche Zudungen diefer Gliedmaße wahrge- 
nommen. Der Patient brach nun plößlich wieder zufummen, 
ald wenn alle vier Füße mit einem Stride zufammengezogen 
würden und nach einem folchen Anfalle trat gewöhnlich ein 
förmlich foporöfer Zuftand ein, wobei das Thier mit ausge⸗ 
firedten Süßen, wie todt dalag. 

Einen innern Bruch (Hernia interna abdominelis) mit 


— 45 — 


größter Wahrfcheintichleit vermuthend, machte ich die Unter - 
fuchung durch den Maftdarın, fand aber durchaus gar nichts; 
was diefe heftigen Symptome Hätte herbeiführen können. 

Der Schlächter war ſchon vor meiner Ankunft zugegen 
und erwartete jegt nur des Winfs von mir, um das Thier 
mit einem Schlage vor den Kopf feiner Schmerzen zu übers 
heben, damit auch das Fleiſch noch benupt werden Fönne. 

Brognofe. Diefe konnte bei den obwaltenden Umftän« 
den allerdings nur fehr ungünftig und zweifelhaft geftellt 
werben. Ich war Daher faft ſelbſt entichloffen, meine Einwilli⸗ 
gung zum Schlachten zu geben; da dies aber im Stalle nicht 
unterhommen werden fonnte und das Thier faft nicht trans⸗ 
portabel war, fo unterblieb es noch und ich leitete folgende 
Behandlung ein. 

Behandlung. Ein Aderlaß von 16 Bo. Blut, Reis 
bungen mit Strohmifchen über den ganzen Körper, Appliciren 
reizender Klyſtire und Eingeben von abführenden Salım, in 
Verbindung mit krampfſtillenden und fchleimigen Deitteln, 
Glauberſalz, Leinfamenjchleim, Bilfentraut und Kamillenthee. 
Schon 4 Stumde nad dem Merlaß und nachdem einige Ein- 
güffe gemacht worden, wurde das Thier ruhiger, e8 nahm 
nunmehr eine normale Lage, mit untergefchlagenen Füßen an, 
hielt den Kopf in die Höße .und fah überhaupt munterer 
aus. Nun wurde mit den Gmgüflen, Kiyftiren und Reibun⸗ 
gen anhaltend fortgefahren und. innerhalb 3 Stunden erfolgte 
unter Anftrengung, Trippeln mit den Füßen und Wedeln mit 
dem Schwanz, das Abfeben eines fehr Barten, fauftgroßen 
mit einer ſtarken Schleimdecke und Blut umbüllten Koth⸗ 
balles, dem unmittelbar darauf noch mehrere lleine harte 
Stücke folgten. Urin wurde nun ebenfalls in ziemlich großer 
Menge abgeſetzt. Jetzt war das Thier als hergeſtellt zu be 
trachten; denn es ſah ſich gleich munter um, blieb ſtehen und 
langte nach Butter. Puls und Athmen wurden bald ruhiger, 
die Haut trocken ober vielmehr gleichmäßig ſanft duͤnſtend, 

Mag. f. Thierheilt. XUL 30 


— 4 — 


die Temperatur des Körpers gleichmäßig und das Flotzmaul, 
die Zunge und Maulfchleimhaut feucht. Es trat nun nach 
"und nach auch Appetit ein; ein Eimer Leinfamenfchleim und 
‚einige Hände voll Heu wurden bald verzehrt und nachdem 
noch 3 Stunden verflofien waren, wiererfäute das Thier wie 
ein gefundes Stück. Zur Nachbehandlung oronete ich bloß 
in den erſten Tagen eine geregelte und fchmale Diät an, 
namentlich recht viel fohleimige Sachen zum Getränk zw ver- 
ebreichen. Der Ochs wurde nach 30 Stunden wieber ein⸗ 
gefpannt, ift jetzt nach 5 Monaten vollflommen gefund und 


2 Bat keinen Anfall von Berftopfung wieder gehabt. 


Bemerkung Diefer verhärtete Kothball war im 
Maſtdarm fo feft eingefeilt, daß das Thier ähnliche Sympto⸗ 
me wie bei einem eingeflemmten Bruche zeigte, durch ven 
fräftigen Aderlaß wurbe- aber eine ftarfe Abfpannung der 
Mustelfafern des Darmkanals und durch die reizenden Kly⸗ 
fire und Manipulationen. mit der Hand eine Örtliche Reizung 
und größere Thäsigfeit im hintern Theile des Maſtdarms her⸗ 
beigeführt, wodurch jener dann. fertgefchoben und zulept Durch 
den After entfernt wurde. Nachdem biefer eingefeilte Futter⸗ 
ball fich gelöft . hatte, mußte freilich fofort Beſſerung und 
Nachlaſſen der Kolikſymptome eintreten; da die Schmerzen au⸗ 
genblicklich und fomit auch her Krampf und die Entzündung 
gradatim nachließen, daher das plögliche Verſchwinden . ber 
beftigen : und gefahrdrohenden Krankheitserſcheinungen. Er⸗ 
folgte dad Fortgleiten des Kothballes nicht, fo mußte das 
Thier unter allen Umfländen an. ftarfer Entzündung und Brand 
der betreffenden Darmitelle fterben, wenn ed nicht ſchan vor« 
ber duch den. Schlächter getöbtet wurde, um das nach ges 
nießbare Fleisch zu benutzen. 

Wie ſchon im Eingange gefagt, find mir beim Rindvieh 
nach feine fo heftige und gefahrdrohende Krankheitserſcheinun⸗ 
gen, wie in Diefem Balle vorgefommen, Ich babe aber früher 
bei andern ‚Gelegenheiten fchon häufiger erwähnt, Daß weun 


— MI — 


bei Rindern Kolikſymptome eintreten, bie Proguoſe in ber Re z 


gel ungünftig zu flellen ift und bie Patienten in der größten 
Gefahr find. Die Kranfheit Hat bei biefer Thlergattung bann 
in den meiften Zällen einen fehr hohen Grad erreicht, da fie 
einen geringen Grad berfelben, in Folge ihrer großen Zors 
pidität gar nicht durch augenfällige Symptome äußern ; dem⸗ 
nach mußte gerade das betreffende Individuum einen höhern 
Grad von Senfibilität befigen, ald andere, Es ergiebt fich 
auch aus dem hier befchriebenen Krankheitsfall zur Genüge, 
daß man felbft bei den gefahrdrohendſten Symptomen nicht 
fögleich mit der Keule.zur Hand zu fein braucht und nur 
dann erft das Zödten zuläßt, wenn fich charasteriflifche Vor⸗ 
boten. und Zeichen des Todes einftellen. 





4, Zerreißung des Zwerdhfells bei einem Pferde und 
Dadurch erfolgter jchneller Tod durch Erftidung, 
ober vielmehr durch Störung oder Hemmung des 
Kreislaufs. 


‚Diefer Fall if em Seitenſtück zu dem vom Gollegen 
Waltrup, in diefem Magazin, 2r Jahrg. 48 Heft Seite 442, 
mitgeibeilten. Am 12. Decbr. 1847, Bormittags 10 Uhr, 
flürzte ein Pferd des Fuhrmanns Schud aus Heinrichs, 
welches einen leeren Wagen nad, einem hiefigen Eifenhams 
mer ziehen follte, in ver Nähe meiner Wohnung zufammen 
und drohte zu erſticken, weshalb ich fogleich gerufen wurde. 

Signalement Das qu. Pferd war von Farbe eih 
Dimtelfuchs, bezeichnet mit einer Bläffe und beide Hinterfüße 
halbweiß geftiefelt, 9 Sahr alt, 5 Fuß 4 Zoll groß, von 
Mektenburgifcher Race, feines. Geſchlechts ein Hengft und 
feines Gebrauchs .ein Fuhrmannspferd. 

Borberiht. Der: Eigenthümer fagte mir, das Pferd 
habe am vorigen Abend fein Futter mit dem größten Appetit 
gerzehrt, aber am Morgen habe es nicht fo gut als gewoͤhn⸗ 


lich vr auch habe es. ihm gefchlenen, als wenn «8 fich 
30* 





— 448 — 


während ver Nacht mehrere Male gewälzt haben müfle; denn 
es fei über und über ſchmutzig geweſen. Beim Hierherführen 
der Pferde, Habe das in Rede ftehende auch nicht fo viel 


Muth gezeigt, wie fonft und trüber um bie Augen ausgefehen. 


Uebrigens babe er nichts Krankes bemerkt, bis e8 zu taumeln 
anfing und zufammenftürzte. 

Unterfuhung. Diefe ergab Kolgendes: tch fand das 
Pferd in der Nähe meiner Wohnung auf der Straße liegend 
vor, wo 78 zu erfliden brohte, es athmete fehr angeflrengt, 
mit ſtarkem, fchnarchenden Geräufh, daß man es fchon auf 
80 — 40 Schritte gewahren Fonnte, mit trichterförmig erwei⸗ 
terten Rafenlöchern, weit geöffnetem Maule und ftarfer Bewe⸗ 
gung und Anftrengung der Bauchmusfeln, fo daß fi längs 
der falfchen Rippen eine armflarfe Rinne bildete. Der Blick 
far ſtier und venvirrt, die Augen wurden Erampfhaft. ver- 
dreht, Die Schleimhäute waren bfaß, die Zunge livid gefärbt, 
hing fchlaff aus dem Maule, und an den Extremitäten nahm 
man convulfioifche Bewegungen wahr. Der Puls war uns 
fühlbar, der Herzichlag wellenförmig, zitternd und ſchwach 


fühlbar. Das Pferd triefte am ganzen Körper von Schweiß, 


welcher zwifchen den Hinterfchenteln einen weißen Schaum 
bilbete. Die Hoden hingen ſchlaff herab. "In dem Augen 
blick, wo ich heran trat, war das Thier wieder auf die Beine 
gelommen, es fchwanite hin und her, ſtand mit‘ ausgefpreig 
ten Büßen, ‚worauf ich fogleich fagte, daß dem Thiere im 
Innern ‚etwas zerrifien ſei. Ich vermuthete nämlich eine in- 
nee Berblutung, Durch Zerreifung eines großen Gefäßes; 
bem fo.benahm es fich gerade. Da das Pferb zufällig wor 
bem Haufe eines Fuhrmanns, deſſen Bferbe .nicht zu Haufe 
waren, zufammengebrodhen war, fo wurde ein Verſuch ger 
macht, es in deſſen Stall gu dringen, bamit es nur von Der 
Straße kam, aber faum war es umgedreht unb einige Schritkt 
geführt, fo ſtuͤrzte es von Neuem zufammen und .ich glaubte, 
8 wuͤrde verenben. Nach 10 Minuten erbolte es fich aber⸗ 


— 449 — 


mals und wurde num gkluͤdlich in den Stall gebracht. Dieſer 
Stall hatte ein ſehr ſtarkes Gefaͤll in feiner Pflaſterung, daß 
dns Pferd vorn wenigſtens 9— 10 Zoll höher ſtand ale 
hinten. Hier angelommen, ließ ich von einigen Männern 
tüchtige Relbungen mit Stroh machen, um das Blut wieder 
mehr nach der Bertpherie des Körpers zu leiten. Einreibuns ' 
gen von reizenden Delen unterließ ich deshalb, um große 
Unruhe und Aufregung zu vermeiden. Während biefer Rei⸗ 
bungen erholte ſich der Patient fichtlih, das angefrengte 
Nihmen ließ nach, der Puls wurde fühlbar, fehlug übrigens 
siormal, die Schleimhäute befamen ihre natürliche Roöthe, ber 
Schweiß ließ nach, und nach einer Biertelftunde fah das Thier 
fi munter um und. fing an Heu zu frefien. Zerreißung eines 
großen Gefäßes Fonnte alfo nicht flatigefunden haben. , Nun 
zeigte fich aber zuweilen ein ganz dumpfer unfräftiger Huften, 
und wenn die Thür geöffnet wurde, wollte das: Thier wies 
bern, Tonnte aber nicht, fondern fließ nur ganz leife Töne 
aus, wie ein ganz junges Sohlen. Sept erſt war ich in ber 
Dingnofe ficher, Daß das Zwerchfell geriften fei. Dur den 
vorn ſehr erhöhten Stand waren bie Eingeweide der Bauch⸗ 
hoͤhle, ihrer natürlichen Schwere gemäß, nach hinten gefunfen 
und in Folge defien wurde der Drud auf die Lungen und 
das Herz gemindert, die Brufthöhle alfo freier, ed Fonnte fo- 
mit wieder ein freieres Athmen und ein freierer Kreislauf 
flattfinden, weshalb anfcheinend eine fo fchnelle Beflerung des 
Zuftandes erfolgte. Die Scene follte ſich aber fehr bald wie⸗ 
ber ändern. Nach ungefähr 3 Stunden wollte’ der Eigenthü« 
wer den Berfuch machen das Pferd aus dem Stalle zu füh- 
ren, um au fehen, ob «8 zu transportiren fel, In demfelben 
Momente, wie e8 umgebreht wurde und mit bem Vorder⸗ 
theile niedrig zu ſtehen Tam, ftürzte es zuſammen, wie. vom 
Schlage getroffen und in Seit von drei an war es 
Kerendet. 


i 


I 


Section. Diefe wurde am 13. December, Diorgens, 
von mir felbft vollzogen, wobei fich Folgendes vorfand: 

1) An der Außern Umfläde des Körpers und nad 
Wegnahme der Haut, zeigte fich nichts Krankhaftes. 
2) Bei Deffnung der Bauchhöhle zeigten fich fämmtliche 

Organe von normaler Farbe, Lage, Geftalt, Gonfiftenz, 
Textur und Structur. In der Gegend zwifchen der Leber, 
dem Magen und Zwerchfel fand ſich etwas geronnenes 

Blut vor (eirca 1 Maaß). Erſt nady Entfernung fämmt- 
licher Baucheingeweide bemerkte man im linken Pfeiler des 
Zwerchfels einen Längenriß, der fih von der Wirbelfäule 
“aus, 6 Zoll nach unten erſtreckte, deſſen Ränder zadig und 
blutig waren. Die Muskeln fowohl als die-Sehnenfafern, 
zeigten eine verminderte Kohärenz, erftere Hatten eine zie⸗ 
gelrothe Farbe und fahen wie halb gekocht aus. 

3) Bei Deffnung der Brufthöhle, die übrigens mit der 
Bauchhoͤhle zu gleicher Zeit, durch Wegnahme fämmtlicher 
Rippen gemacht wurde, fand ich gegen 2 Maaß geronne- 
nen Blutes, die Lungen waren gefund, das Herz aber uns 
gewöhnlich groß und die Musfelfubftanz defjelben erfchlafft, 
das Blut in demfelben, wie in den großen Gefäßen, war 
geronnen und ſchwarz. Im Herzbeutel befand fich über 
ein Maaß gelbröthliches Serum. 

Bemerfung. Aus den beim Leben bes. Thieres beob⸗ 
achteten Zeichen und aus dem bei der Obbuction Vorgefun⸗ 
denen. ergiebt fich mit Gewißhelt, daß das -qu. Pferd an Zer⸗ 
reißung des Zwerchfells litt und in Folge defien, durch den 
Drud der Gedärme, auf das Herz und die Lungen, an Er⸗ 
ſtickung ſtarb. Wenn gleich die linke obere Lage des Grimm- 
darms nicht durch den Riß bis in die Brufthöhle bringen 
fonnte; fo wurde doch durch den Drud der Gedärme aufs 
Herz und die Lungen, der Kreislauf geftört und die Bewe⸗ 
gung ber letztern gehindert, und es traten apoplectifche und 
fuffocatorifche Zufälle ein. In der erften Zeit erholte fich das 


— BI — 


Pferd einige Mal wieder, es hatte aber zufällig immer eine 
folche Lage, daß das Vordertheil höher lag als das Hinter 
theil, fonft hätte ed vielleicht gleich beim erften Nieberfallen 
geendet. Durch das Umdrehen im Stall, wo das Hintertheil 
hoch und das Vordertheil tief zus ftehen kam, fentten fich die 
Gedaͤrme ihrer Schwere gemäß nach vorn in die Brufthöhle, 
und durch den anhaltenden flarfen Drud auf das Herz umd 
die Zungen erfolgte der Tod durch Schlagfluß und Erftidung. 

Ob der Tod fehnell, oder langfam, oder gar nicht nach 
einer Zerreißung des Zwerchfells erfolgt, hängt jedenfalls non 
dem Drte ab, wo bie Zerreißung ftattfindet, fo wie auch von 
ber Größe des Riffes. Je mehr nach unten diefelbe entfteht, 
defto weniger Tebensgefährlich ift fie wohl; denn es finden 
fih bei Obbuctionen Riffe, die wohl Jahre lang beftanden 
haben, wenn fie nicht zufällig durch Incareeration eines 
Darms den. Tod der Thiere herbeiführen. Je mehr der Ri 
fich. im obern Theile des Zwerchfells befindet, deſto eher kann 
der Tod dadurch herbeigeführt werben, wenn, wie im vorlies 
genden Falle, die Eingemweide der Bauchhöhle von oben auf 
das Herz, die großen Gefäße und die Lungen drüden. Die 
Größe und Schlaffheit des Herzens tft in dieſem Falle gewiß 
auch in Betracht zu ziehen; denn bei dem in Rebe ftehenden 
Pferde wurde durch den Drud von oben auf die fchlaffen 
Bor- und. Herzfammern der Kreislauf geflört, wohl gar gänz- 
lich gehemmt, indem das Herz in der Breite Die ganze Brufthöhle 
ausfüllte, daher weder nach der einen, noch nach der andern 
Seite ausweichen fonnte. Daß der Kreislauf beinahe gänz- 
lich gehemmt war, beweif’t der durchaus unfühlbare Puls. 
Das in die Brufihöhle gelaufene Blut beengte den Raum 
ebenfalls, wenn auch nur unbedeutend. Daß der Riß fchon 
beim Leben des Thieres, entflanden war, beweift fich durch 
die blutigen Ränder befielben, fo wie durch das audgetretene 
Blut felbft, welches fich in der Bauch- und Brufthöhle vorfand. 

Meiner unvorgreiflichen Meinung zufolge, eniftand ber 


— 8 — 


Riß, wenn auch nicht in feiner ganzen Ausdehnung, fchon 
während der Racht, da, wie im Vorbericht angegeben, fich 
das Pferd ſtark gewälzt Hatte, und bei der Bewegung, na⸗ 
mentlich beim Bergabführen, wurde bie Ruptur größer, Je⸗ 
denfalls hatte e8 einen Anfa von Kolik bekommen, wobei es 
fi ein oder einige Mal plöglich nieverwarf und der Riß des 
Zwerchfells erfolgte; denn daß dem Thiere etwas fehlte, ging 
Daraus hervor, daß es fein Morgenfutter nicht gehörig ges 
frefien und fich nicht fo munter und: muthig al8 gewöhnlich 
zeigte. Vielleicht trug auch die Franfhafte Gohärenz bes 
Zwerchfellpfeiler6 zur leichtern Zerreißung deſſelben bei. 

Somit wäre alfo ein ſchwacher unfräftiger Huften und 
das Nichtvermögen zum Wiehern, beim Borhandenfein der oben 
näher befchriebenen Symptome, wie fie auch College Walt rup 
in feinem Auſſatze anführt, als characteriftifche Zeichen ders 
jenigen Zwerchfellggerreißungen zu betrachten, die eine ziem⸗ 
liche Ausdehnung haben. Ich war wenigftens bei dem in Rebe 
ſtehenden Pferde, nad) genauer Prüfung der Krankheitser⸗ 
feheinungen, ganz ficher in der Diagnofe, was fich auch durch 
die Section beftätigt hat. Bei Fleineren Rupturen bieten vie 
Symptome gewiß feinen fo feften Anhaltspunft zur Stellung 
einer fichern Diagnofe; denn da wäre fogar noch ein Eräftiger 
Huften und das Wichern möglich, namentlich dann, wenn 
biefelbe, wie ſchon oben geſagt, fich mehr in der untern Hälfte, 
nach der Mitte zu befänbe. 


— 43 — 


VE. Achter Bericht *) über die zur Erwitte 

lung der Auſteckungsfähigkeit und Gelegen⸗ 

heitsurſachen der Lungenſeuche des Nindvie⸗ 
hes angeſtellten Verſuche. 


Im Auftrage des Comité's des Vereins der Landwirthe Ober⸗ 
Barnimſchen Kreiſes entworfen nom Geſchaͤftsführer Ulrich zu 
Wriezen. 


Fortſetzung der Verſuche mit unreifen Kartoffeln 
und mit verſchlammtem Heu. 
In der Verſammlung des Comité's vom 1äten Januar 
1846 wurde angeorbnet, 

1) daß die beiden, im flebenten Bericht näher bezeichneten 
Verſuchsthiere der Abtheilung B., welche mit unreifen Kar- 
toffeln gefüttert wurden, zum Schlachten verfauft werben 
follten, und 

2) daß die Verfuchsthiere der Abtheilung A., welde mit 
verfchlammten Heu ernährt wurden, noch bis Ausgang 
März d. 9. gefüttert würden, um fo auch diefen Verſuch 
9 Monate hindurch betrieben zu haben. 

Der Beſtimmung ad 1. gemäß wurden am 28, Januar 
die beiden Ochſen an den Schlächtermeifter Ehrift in Wries 
zen für den Preis von 40 Thlrn. verfauft, und der eine von 
ihnen, Nr. 2., noch an demfelben Tage in meiner Gegenwart 
geſchlachtet. Diefe beiden Thiere waren vom 8. Septbr. bis 
zum 15. Decbr. mit unreifen Kartoffeln, neben einer geringen 
Menge Gerfiftroh, pro Stüd und Tag 5 Pfo., erhalten wors 
den, und hatten während diefer Zeit, in der früher angege 
benen Weife, 5 Wſpl. hiervon verzehrt. Länger konnte biefer 
ae nicht fortgefeht werben, weil der urfprüngliche Vor⸗ 


*) Auf Verlangen ves Hru. Berichterſtatiers von dem für die Herru 
Bereinsmitglieber gedruckten Bericht abgedruckt. 6. 





— Hd — 


rath diefer Kartoffeln erfchöpft, ein neuer aber nicht zu be= 
fchaffen war; es konnte dies auch um fo weniger als noth⸗ 
wendig erfcheinen, als biefer Bütterungsverfuch, fowohl was 
feine Dauer, als die Quantität der verabreichten Kartoffeln 
anbetrifft, ven gewöhnlichen Wirthfchaftsverhältnifien vollfom- 
men entfpricht, ja, e8 bürfte unter folchen Verhältnifien wohl 
niemals vorkommen, daß 3 Donate hindurch unreife Kartof- 
feln verabreicht werben, indem ed doch im Intereſſe eines je= 
den Landwirthes liegt, die Kartoffeln erft völlig ausgebildet 
aus der Erde zu nehmen, und nur der größte Futtermangel 
fönnte es herbeiführen, die Kartoffeln 3 bis 4 Wochen vor 
der gemöhnlichen Erndte auszunehmen; — und auch dann 
dürfte wohl nur immer ſoviel geernbtet werben, wie gerade 
für diefen Zeitraum erforderlich ift. 

Beim Schlachten des eben gedachten Ochſen zeigte fich 
berfelbe ziemlich gut genährt und er Hatte auch einen befrie= 
digenden Fettanfat, Seine Baucheingeweide waren normal 
bis auf einige traubenförmige Knötchen, wie fie bei der ſo⸗ 
genannten Franzoſen⸗Krankheit vorkommen, welche ſich an ver 
Außerften Haut des Panſens befanden. Nur an der Leber 
zeigten fich einige Abnormitäten, indem die größeren Gallen- 
gänge in ihren Wandungen verbidt waren, und dadurch als 
weiße fingersdide Stränge an die Oberfläche der Xeber her⸗ 
vortraten. Die eigentliche Zeberfubftang war an dem untern 
Ende, namentlich des linfen Lappens, fefter ald an den übris 
gen Theilen, doch an Farbe mit ihnen normal. Nah Oeff⸗ 
nung der Brufthöhle zeigten fi an dem Bruftfell ähnliche 
tuberculöfe, aber zerftreut liegende Anhänge, wie an ver Aus 
Beren Haut des Panfens, auch waren dergleichen an bem 
Lungenfell des linken Lungenflügels zu bemerken, etwa 3 bi8 
4 Linfen große Körperchen. Faſt drei PViertheile des linfen 
und die Hälfte des rechten Qungenflügels hatten äußerlich 
eine andere Faͤrbung als die übrigen Theile, welche wie fri- 
ſche, geſunde Kalbslungen heil, fleifchfarb fich zeigten, während 





— 455 — 


erſtere eine ſchwach braunroͤthliche Faͤrbung hatten, und mit 
haufenweis an einander gelegenen dunkelblaurothen Punkten 
verſehen waren. Dieſe veraͤnderte Färbung ruͤhrte her von 
einer Verdickung der Pleura, die hier um das 3⸗ bis 4fache 
fo did war, als an den normalen Theilen. Es ging biefe 
Verdickung ber Bleura nicht allmälig von den gefunden Thei⸗ 
len aus, fondern fie war ganz deutlich fcharf begrenzt, Die 
dunklen Bunfte waren Heine Blutergießungen, welche von den 
aus ber Lungenſubſtanz an die Oberfläche hervortretenden 
Gefäßen berrührten. Die verbidte Pleura war fehr leicht, 
ohne einzureißen, von dem Lungenparenchym zu trennen; letz⸗ 
teres-erfchien ganz normal, auch das die Lungenläppchen ver- 
bindende Zellgeivebe war gefund. Andere ANNIE im 
Körper waren nicht aufzufinden. 

Das andere Thier dieſes Verjuches, der Ochs Nr. 1, 
wurde am 29. Sanuar in meinem Beifein gefchlachtet. Ma⸗ 
gen und Gebärme erfchienen gefund, ebenfo das Barenchym 
der Leber, nur waren auch hier Die großen Ballengänge ver- 
bit, und als weiße fefte Stränge an der Oberfläche der 
Leber fichtbar. Die Lungen waren nicht durchgehends von 
gleicher Färbung, nur die vordern Lappen waren hellroth, 
fleifchfarben, dagegen die übrigen Theile, befonderd der rech⸗ 
ten Zunge etwas dunkler und ins Dläuliche fpielend. Eine 
Verdidung der Pleura war bier nicht zugegen, aber es wa⸗ 
ren mehrere Hydatiden vorhanden, angefuͤllt mit klarer Klüffig« 
feit und einem gelblichen, fadenförmigen Gonvolut; in der . 
rechten Lunge zeigten fich deren vier bis fünf und in der lin- 
fen Zunge drei; ſie hatten die Größe bis zu einer Lamberts⸗ 
nuß. Die Schleimhaut des Kehlfopfs: und der Luftröhre war 
mit einzelnen Gefäßverzweigungen verfehen, fonft erfchien ſte 
blaß. In den Bronchienverzweigungen der rechten Lunge war 
bie Schleinihaut etwas verdidt, und mit Didem, grünlichem 
Schleim bevedt. Das Zellgewebe zwifchen den Lungenläpp« 


— 466 — 


chen zeigte ſich aufgelockert, war aber ſonſt ohne weitere Franke 
bafte Erfcheinungen. 

Mit den Thieren der Abtheilung A. wurbe der Beſtim⸗ 
mung ad 2. zufolge der Verfuch noch in gleicher Weife fort⸗ 
gefeht ; am 26ften Januar zeigte die Kuh 52 Pulſe und 11 
Athemzüge, der Stier 44 Bulfe und 9 Athemzuüge; beibe 
Thiere waren fehr abgemagert, doch fraßen fie. das fchlechte 
Futter noch in der frühern Quantität. Es Hatte ſich auch 
bie zum 27. Februar in ihrem Befinden nichts geändert; an 
diefem Tage aber war die Witterung verhältnifmäßig warm, 
und es blieb auch ihr Einfluß auf die Verſuchsthiere nicht 
unbemerkt; denn an diefem Tage hatte die Kuh 70 Pulſe und 
16 Athemzüge und ber Stier 50 Bulfe und 14. Athemzüge 
in der Minute, während fie am 22. Febr. nur und zwar die 
Kuh 58 Pulſe und 12 Athemgüge und ber Stier 46 Pulſe 
und 10 Athemgüge in der Minute erfennen ließen; im ühri- 
gen Wohlbefinden war aber feine Störung wahrzunehmen. 

Eine neue Quantität jehr fchlechten, verfchlammten Heues 
war uns wieder durch die Güte des Herrn von Jena auf 
Göthen unentgeldlich überlaffen worden; dies Heu war aber 
auch ein wenig naß, und deßhalb wurde es in den erſten 
beiden. Tagen faft gänzlich von den Thieren verfchmäht; fpäter 
aber gewöhnten fie fi) auch hieran, zumal ihnen außer Dem 
Gerſtſtroh (5 Pfd. pro Stüd und Tag) fein anderes Futter 
gereicht wurde, und fie fraßen dann daſſelbe in der früheren 
Menge, nämlich zufammen taͤglich 30 Pfd. 

In der Berfammlung der öfonomifchen Geſellſchaft Ober⸗ 
Barnimfchen Kreiſes vom 3. März c. wurde auf die Mitthei- 
fung des Unterzeichneten, daß der Butter-Vorrath an Heu febt 
aufgezehrt, und nicht fo leicht ein anderes zu befchaffen fei, 
befchlofien die Thiere zu ſchlachten, zumal der Verſuch bereits 
über 8 Dionate gewährt hatte, und’ diefer Zeitraum als voll» 
fländig dem Zwecke enifprechend anerfannt wurde. Denmach 
erhielten dieſe Thiere vom nächften Tage ab pro Stüd und 


— 4571 — 


Tag 4 Meztgen Kartoffeln und 5 Pfd. Gerſtſtroh, welche Füt⸗ 
terumgsweife auch bis zum Schlachten der Thiere fortgeſett 
wurde. Am 10. März kalbte die Kuh, und brachte ohne alle 
Beſchwerden ein verhältnismäßig fehr gut genährtes, gefundes, 
ſtarkes Bulfalb zur Welt; ihr Euter war Binreichend groß 
und ſchien wohl geeignet, eine ſolche Menge Mitch abzufon« 
dern, um das Kalb zu ernähren. Inzwiſchen verzögerte fich 
das Schlachten der Thiere bis zum 19. März, da es auf 
den Wunſch der Herren Gomite-Mitgliever in Wriegen vor⸗ 
genommen werben follte, der Schlächtermeifter Chrift bafeldft 
aber. ein fo geringes Gebot auf dieſe beiden Thiere nebft dem 
Kalbe that, daß noch andere Schlädhter zum Kaufe derfelben 
aufgefordert werden mußten, von denen jeboch fein einziger 
Luft bezeigte, „die Thiere anzufaufen. Allerdings waren Dies 
felben mit Ausnahme des Kalbes, fehr abgemagert und ein 
eigentlicher Fleifchwerth daran nicht vorhanden; es blieb dem⸗ 
nach nichts übrig, als biefelben an den Schlächtermeifter 
Ehrift zu überliefern, der das Fleiſch ſpäͤterhin an die Wrie- 
zener Armen vertheilen ließ. 

Am 18, März zeigte die Kuh 54 Pulſe und 11 Athem- 
zäge und ber Stier 52 Bulfe und 12 Athemzüge in der Mi 
aute. Am.19. März wurden die beiden Thiere in Wriezen 
gefchlachtet, und es geichah Dies in des Unterzeichneten Ge⸗ 
genwart und im Beifein mehrerer Mitgliever des Oberbrücher 
Vereins. Das Fleiſch beider Thiere zeigte fich in Bezug auf 
Feſtigkeit und Farbe ganz normal, aber e8 war troden, fett- 
arm; fänmtliche Baucheingeweive befaßen eine gefunde Be⸗ 
fhaffenheit, ſelbſt die Beber war Bei ver Kuh fehr gefund und 
nur bei dem. Stiere traten die größeren Gallengaͤnge mit ih⸗ 
ten verdickten Wandungen etwas über die Oberfläche Der Les 
ber hervor. Die Lunge war bei der Kuh ohne irgend elite 
tranthafte Veränderung; bei dem Stiere erſchien fie 
beim. Herausnehmen etwas gefledt, d. h. es waren einige, 
ungefähr thalersgroße Stellen ganz hellroth, faſt weiß gefaͤtht, 


— 458 — 


und etwas über die Oberfläche der umliegenden Theile her⸗ 
vortretend, während bie ganze übrige Lunge mehr dunkelroth 
von Farbe war. Diefe eigenthümliche Faͤrbung veranlaßte die 
Anweſenden, die Lunge für Trank zu halten, dem aber der 
Unterzeichnete wiberfprechen mußte, indem, feiner Anficht nach 
diefe Färbung nur dadurch veranlaßt wurde, daß der größte 
Theil der Lunge faft Iuftleer und nur jene oben bezeichneten 
Stellen mit Luft angefüllt waren, und zum Beweiſe deſſen 
ließ verfelbe beide Lungen von der Luftröhre aus aufblafen, 
was mit Leichtigkeit vollführt werden Eonnte, und nun zeigten 
dieſelben ganz gleichmäßig eine. hellrothe Faͤrbung, wie fie 
den aufgeblafenen, gefunden Kalbslungen eigenthümlich if, 
und ed war auch an beiden Lungen, mit Ausnahme einer 
hafelnußgroßen Wafferblafe, welche am obern Rande des Iin- 
fen Lungenflügels fi vorfand, nichts Kranfhaftes wahrzu⸗ 
nehmen. 
Verſuch mit gefeimten Kartoffeln. 

Sn der oben gedachten Berfammlung wurde gleichzeitig 
beftimmt, die Verſuche mit der Schlämpefütterung bis mem 
Herbſt auszufegen, da fegt biefelben Doch mancherlei Störun« 
gen erleiden würden, einmal, weil in der Mögliner Brenne⸗ 
rei, von wo doch Die Schlämpe bezogen werben müflte, nur 
noch bis zum Juni oder Juli gebrannt werde, und dann, 
weil die im Srübiahr und Sommer zum Brennen benutzten 
Kartoffeln doch niemals fo ganz unverändert feien, wie im 
Herdft und Winter. Statt defien wurden, der Jahreszeit 
entfprechend, die Berfuche mit gefeimten Kartoffeln, nach Maß⸗ 
gabe unferes Profperted vom 26. Dec. 1841 sub C. Rr. 1. 
und 2., als die zunächft anzuflellenden ausgewählt, und bee 
Unterzeichnete mit der Betreibung derſelben beauftragt... Zu 
diefem Behufe wurden am 6. März von dem Eigenthümer 
Schmidt in Batzlow ein 7Tjähriger Ochs und eine Zjährige 
Faͤrſe erfauft; beide Thiere waren vom Befiger felbf aufge- 
jagen, und, feiner Berficherung nach, während biefer ganzen 


— 49 — 


Zeit niemals krank geweſen; er ließ ſich auch nur ungern 
und allein durch die Ausſicht auf einen guten Preis zu ei—⸗ 
nem Verkauf derfelben bewegen. Am folgenden Tage wurden 
beide Thiere in dem neuen Berfuchsftalle aufgeftellt, und mit 
guten Kartoffeln pro Stüd und Tag 4 Megen, bei gefunden 
Gerſiſtroh, 5 Pfd. täglich pro Stüd gefüttert. Während einer 
achttägigen Beobachtung zeigten die Thiere burchfchnittlich, 
und ‚zwar der Ochs 56 Pulſe und 10 Athemzüge und die 
Faͤrſe 60 Pulfe und 9 Athemzüge in der Minute. Sie hat- 
ten Beide ein munteres Ausfehen, waren ziemlich gut genährt, 
und. fraßen mit regem Appetite. Die thierifchen. Zunctionen, 
namentlich der Berbauungsaft, gingen normal von Statten: 
die Percuſſion und Auskultation ergaben nichts Abnormes, 
und die Thiere ließen auch während der ganzen Zeit feinen 
Huften hören. 

Am 23. März zeigte der Ochs 50 Bulfe und 9 Athem⸗ 
zuͤge und bie Faͤrſe 66 Pulſe und 9 Athemzüge in. der Mi⸗ 
nute. Da in dieſer Zeit gefeimte Kartoffeln, wie fie den 
Verſuchszwecken entſprachen, noch nicht zu. beſchaffen waren, 
ſo wurde ein halber Wſpl. Kartoffeln im Freien auf einen 
Haufen. zuſammengebracht und mit Erde und Pferdemiſt be⸗ 
deckt, um hiernach ſchneller den Keimungsprozeß zu bewirken: 
Doch waͤhrte dies noch geraume Zeit, da die Falten Tage des 
März: hierauf flörend einwirkten. Inzwiſchen mußten .. der 
Zhieren immer noch ungeleimte Kartoffeln.in der. früher ger 
dachten Quantität verabreicht werben. . . 

Am. 30. Maͤrz hatte. Der Ochs 48. Bulfe und 9 Athem⸗ 
zuͤge und bie Faͤtſe 68 Pulſe und 11: Athemzüge in der Mi⸗ 
nute und am nädıften Tage begann die Fütterung mit ger 
feimten. Kartoffeln, deren Keime jebt die vorfchriftsmäftige 
Sänge von 4" erlangt hatten; fie erhielten hiervon pr. Stüd 
täglich 4 Mtz., neben der früheren Omanfität Gerfiftrob. : - 

WVom 18. April ab, an welchem Tage der Ocha 68 Pulſe 
und 9 Arhemzüge und De Kärfe 80 Pulſe und 10 Athens 


— 460 — 


züge wahrnehmen ließen, bekamen bie Thiere 5 Ms. weißer 
Kartoffeln, an denen die Keime eine Länge von 5" halten. 
Seit dem 21. d. M. Huftete die Härte, des Tages mehr⸗ 
mals, mit einem hellen, Hingenden Tone und hiermit dürfte 
auch die vermehrte Zahl der Pulſe in Verbindung zu bringen 
fein, welche das Thier um dieſe Zeit zu erkennen gab. Am 
24. April hatte fie 84 Pulfe und 15 Athemzüge, der Ochs 
dagegen, von dem fein Huften gehört wurde, hatte 54 Pulſe 
und 11 Athemzüge ; die Freßluſt war übrigens bei beiden 
Thieren ungetrübt. Vom 27. April ab eshalten biefe Thiere 
jedes täglih 6 ME. Kartoffeln, mit ihren 23” langen’ Kei⸗ 
men. An diefem Tage hatte die Faͤrſe 68 Pulfe und 14 
Athemzuͤge und fie ließ feltener einen Huften hören; der Ochs 
zeigte 54 Pulfe und 11 Athemzuͤge. Bei der Unterfichung 
am 4. Mai zeigte die Färfe 78 Pulſe und 12 Athemzügez 
fie hatte felt vem vorigen Tage nicht, wie fonft, gefreflen; 
der von ihr abgefekte Mift war hellgruͤn und bünn, während 
er bei dem Ochfen eine mehr dunkle Farbe hatte; bis dahin 
war überhaupt bie Färbung und fonftige Beſchaffenheit der 
Darm-Excremente bei beiden Thieren übereimflimmend, etwas 
dunfelgraugrün und, wie bei Kartoffelfütterung in der Regel, 
weih. Der Ochs Hatte an biefem Tage 54 Bulfe ımb 10 
Arhemzüge. Auch für dieſe Woche war den Thleren taͤglich 
jedem eine Metze gefeimter Kartoffeln zugelegt, und fie befa- 
men ‚mithin jegt 7 Metzen. Schon am folgenden Tage hatte 
fih bei der Faͤrſe die frühere Freßluſt wieder -eingefunden, 
und dürfte Demnach die Appetitlofigfeit an’ den. beiden vorher- 
gehenden Tagen wohl mır in Folge eines Ueberfrefiens ver- 
anlaßt worden fein, zumal anderweitige. Eranfhafte Erſchei⸗ 
nungen nicht aufzufinden waren. - Am IR Mal zeigte bie 
Färfe 68 Pulfe und 18 Athemzüge, der Ochs SO Pulfe und 
14 Athemzüge in Der Minute. Zu dieſer erhöhten Thaͤtig⸗ 
keltsaͤußerung im Blutgefäßfyftem des Ochfen war Feine an⸗ 
dere Beranlafiung aufzufinden, als daß bie beiden Thiere von 


— 461 — 


dem Tage ab jedes 8 Mtz. gekeimter Kartoffeln erhielten, und 
es dürfte vielleicht hierdurch eine innerliche Reizung herbei⸗ 
geführt worden fein, die jene erhöhte Blutbewegung zur Folge 
hatte. Die Färfe ließ noch immer mehrmals des Tages ei- 
nen Huften von der früher bezeichneten Art hören. Am 18. 
Mat wor am Morgen bei beiten Thieren die Freßluſt etwas 
gemindert, doch änderte fich dies fchon im Laufe des Tages 
bis zur früheren Weiſe. Um die günftige Gelegenheit, welche 
fi, in der Beichaffung einer binreichenden Menge gefeimter 
Kartoffeln jetzt darbot, zu benugen, wurbe bie gleichzeitige 
Ausführung des zweiten, im Proſpect unter C. Nr. 2. ent« 
haltenen Verſuches befchloffen, nämlich: rohe Kartoffeln mit 
ihren drei Zoll langen Keimen und mit dem Zufage von Kei⸗ 
men einer gleich großen Maſſe Kartoffeln ale Maftfutter zu 
geben... Zu diefem Behufe wurden am 19. Mai von dem 
Eigenthümer Scheer in Batzlow zwei won ihm felbft gezo⸗ 
gene Thiere und zwar ein breifähriger Ochs, roth mit wei⸗ 
sem Kopf und eine 7 — Sjährige. Kuh erfauft, und an dem- 
ſelben Tage zur weiteren Beobachtung thres Geſundheitszu⸗ 
ftandes in die zweite Abtheilung des Verfuchsftalles gebracht, 
wo ihnen vorläufig pro Stüd und Tag 4 Meben Kartoffeln 
und 5 Pfd. Gerfiftroh gegeben wurden. Während einer acht⸗ 
tägigen Beobachtung zeigte der Ochs 64 Pulſe und 10 bis 
11 Athemzüge; er hatte ein munteres, gefundes Ausſehen, 
gute Freßluſt und die thierifehen Yunctionen gingen normal 
von Statten; bei der Bereuffion und Auscultecion wurbe 
nichts Abnormes wahrgenommen und Huften zeigte fich gleich“ 
falis nicht. Die Kuh hingegen zeigte in diefer Zeit 78 Pulſe 
und 20 Athemzüge, und da das Thier öfter einen Huften 
horen ließ, mithin wenigftens ein Reizungszufland in den 
Refpirationdorganen zugegen war, fo wurde dieſelbe dem Ver⸗ 
Fäufer wieder zurüdgegeben, und dafür am 26. Mai von dem 
Eigenthümer Rochlig in Batzlow ein von ihm felbft gezo⸗ 
gener großer ſtarker Tjähriger Ochs, ſchwarz, mit einigen weis 
Mag. f. Thierheilt. XIV. 31 


— 42 — 

fen Fleclen, für 45 Thaler gekauft. Dieſer zeigte während 
einer achikägigen Beobachtung 52 Pulſe und 11 Atkemyige, 
batte ein muntered Ausfehen, einen Haren und lebhaften 
Blid, die Freßluſt und das Wiederfäuen waren normal, ebenfo 
‚der Abfag der Darm⸗Ercremente und durch die Auscultation 
und Verouffion ließen fich Feine. Abnormitäten wahrnehmen; 
auch wurde während der ganzen Zeit fein Huſten gebört. 

Diele beiden Thiere befgmen nun vom 1. Iumi ab jedes 
taͤglich 5 Metzen gefeimter Kartoffeln mit Zufag der Keime 
son 5 Meben Karteffeln und wußerden 5 Pfd. Gerſtſtroh. 
Als Streymaterial wurde bei ihnen, wie auch bei der erfien 
Abtheilung Sand benupt. 

Die Thiere der erften Abtheilung zeigten am 25. Mai 
und zwat der Ochs 72 Pulſe und 11 Athempüge, die Faͤrſe 
76 Puiſe und 13 Athemzuͤge in der Minute; am 29. wur 
ven bei dem Ochſen 54 Pulſe und 11 Athemzüge und- bei 
der Färſe 72 Pulſe und 16 Athemzuüge gezählt. An dewſel⸗ 
ben Tage hatte der zuerſt gekaufte Ochs «der weiten Abthei⸗ 
lung 80 Pulſe und 12 Athemzüge und No. 2, 52 Balfe 
und 11 Athemzüge. 

Am 3. Zum ließen von ber Abtheilung L der Div 48 
Pulſe und Al Athemzöge und die Färſe 60 Bulle und 12 
Athemzüge erfennen, und won der Abtheilung II: der Dchs 
Ro. 1. 54. Pulſe und 11 Yhemglige in der Mine ; uͤbri⸗ 
gend fraßen die Thiere der lehten Abtheilung die Kartoffeln 
ſo wie die größere Menge Keime mit dem: beften Appetite. 

Am 8. Juni peigte der Ochs aus der Yhtheilung 1.54 
Pulſe und 12 Athemzuͤge in ver Minute; auch_hatte derſelbe 
eine: mit. Ausſechwitzung verbundene Klastenfpaltentzändung, 
He indeß anf das Drfinzen des Thieres keinen beſonderen 
Einfluß ausübte, und wogegen daher much nichts gethan 
wurde. Die. Farſe geigte an dieſen Tage 71 Pulſe und 29 
Athemzuge. :: Die Thiere ver. Abtheilung II., welche won die⸗ 
ſem Tage ab 6 Megen geleimter Kaxtoffeln und außerdam 


— 463 — 


bie Keime van. 6 Mahzen Rartofieks echielten, zeigten: und 
zwar der Ochs No. J. 58 Pulſe und 31 Athemzüge und 
No. 2. @ Pulſe und 15 Ahemzuge. Die an alle Thiere 
verfutterten Kartoffeln beſaßen jetzt nur 23“ lange Keime, da 
die Nartoffeln erſt vor Kurzem zum Keimen aufgelagert wer⸗ 
ben konnten; dagegen beſaßen bie der IL. Abtheilung nach 
zugelegten Keime, melche von ‚andern: Randaffeln:: — 
waren, eine Laͤnge von 4.618.5 Zoll . — 

Am :16, Juni hätte; yon ker. Abtheilung .L der Sm 
52. 2 Hui und I4 Ahemzüge uud. die Kärfe 80 Pulſe und 
15 Athemzuͤge; letztere bußete noch immer mehrmals. des Ta⸗ 
ges, während ſich bei dem Ochſen die Klauenſpallemzundung 
noch micht verloren, im Gegentheil ſich noch eine maulenar⸗ 


tige. Rötung ider Feſſel am Hinterfuße mit. hinzugefellt heite, - 


Ber der, Abtheilung‘ II. ließ. der Ochs No. J., hek dem fich 
‚ eine sothlanfartige Roͤthung aller vier Feffel zu erkennen gab, 
73 Bulfe, und. 12 Mhemzüge und der Ochs Nu 2, 5A Pulſe 
und. 14 Uthemzüge wahrnehmen. Lebtere:beiden Thiere erhiels 
ten wont:.köten ab 7: Moehen gekeimter Kartoffeln amd Die 
Keime von. 7: Metzen Kamoffeln hinzugeſetzt; während bei ber 
erftan. Abtheilung :immer..noch für jedes Thier Die tägliche 
Ration von 8 Mepen gereicht wurde, da fie. eine. größege 
Menge nicht vollänbig werzehrsen.. Webrigens. befinden fich 
dieſe Thiere in einem recht guten Srnährungäguftande. . - .: 

‚Am. 10.Jumi zeigten die beinan Ochſen der Abtheilung 
I. durch haufiges Speicheln die Gegenwart ber Maulſeuche 
au; welche. zu dieſer Zelt. allerdings öfter. in... Der. Gegend 
wahrgenommen maude, woven ‚aber. bie: Thiere Der erſten Ab⸗ 
Heilung ‚gänglich:werfihent. blieben, obgleich bride Abtheilun 
gen einen und denſelben Waͤrter hatten. Doch möchte auch 
belſenen Tieren eine Exzeugung der Maulſeuthe burch An 
ſteckung nicht angenommen werden: Können, zumal Auf dem 
Wirthſchaftshofe in Möglin die Maulſeuche nicht vorhanden 
war, und ſonſt eine andere Gelegenheit zur Anſteckung nicht 

3l* 


— 44 — 


nachgewieſen werben Bonnie. Außerdem begannen biefe Thiere 
auch an demſelben Tage zu huſten, un zwar 'mit einem glei⸗ 
hen hellen, Hingenden Tone, wie bei der Faͤrſe aus der er⸗ 
ſten Abtheilung. 

Am 22. Juni hatten bie Thiere der erſten Abtheilung 
und zwar: der Ochs 58 Pulſe und 18 Athemzüge, die Faͤrſe 
64 Putſe und 20 Athemzuͤge; in ver IL. Abtheilung ber Ochs 
Ro. 1. 78 Bulfe und 20 Atbemzüge, und Ro. 2. 60 Bulfe 
und 14 Nibemzäge in der Minute; die ven letztern Thieren 
yon heut ab vorgelegten 8. Meden Kartoffeln, nebft den Kei⸗ 
men einer gleichen Menge Kartoffeln verzehrten dieſelben nicht 
ganz vollſtaͤndig. Am 26ften zeigte. der Ochs No. 1. der IL 
Abtheilung auch Klauenſeuche; er huſtete wie auch der an- 
dere Ochs noch in gleicher. Weiſe, beide aber hatten gute 
Freßluft und die 8 Metzen Kartoffeln ‚verzehrten ſie jegt voll⸗ 
ſtaͤndig. Die Zärfe der: Abtheilung IE, huſtete auch noch im⸗ 
mer beveutend und zwar jegt mit einem faft ſchreienden Tone. 
Am 29. Juni zeigten beine Thiere der Abtheilung H. neben 
der Maulfenche auch die Klauenſeuche und namentlich bie 
Maufe an allen vier Fuͤßen in einem nicht "unbebeutenben 
Grabe. Dabei beftand vie Freßkuft in: ungetrübter Welfe fort, 
ader' bei einem. Berfuche, vie tägliche Ration noch um eine 
Mege zu fleigern, den. Thieren alſo 9 Metzen gefeimter Kat⸗ 
toffeln und daneben noch von 9. Megen die Keime zu geben, 
geigte. es fich, daB in diefer Menge die Keime von den Thies 
ren verfhmäht, und nur die Kartoffeln allein -gefreffen wur⸗ 
benz. bemmadh: mußte es bei der bisherigen: Nation fein Des 
wenden haben. An viefem. Tage zeigten von ber Abtheilung 
1. der Ochs 73 Pulſe und. 16 Athemzüge und die, Faͤrſe 76 
Vulſe und 19 Athemzuͤge; von der Abtheilung IE der Ochs 
Re. 1. 78 Pulſe und 15 Athemgüge, unb Ro. 2. 60 — 
und 13 Athemzuͤge in der Minute. 
Briezen, den 1. Auguſt 846. ‚Ulrich. 


— 465 — 


Daß die im vorſtehenden Berichte: enthaltenen Thaͤtſachen 
mit dem Inhalte des Protokollbuchs ühereinftimmen, und. ber 
Bericht ben Acten .. — iſt, dafür — ſich 


* U rich. 
Das unterzeichnete Gomite genehmigt Öemarg ben. A. 
druck des vorftehenden achten Berichts. . er 
Briegen, ben 13. Januar 1846... 


Bremer. Ehriftiani. *) Hering, Kaslel. y, Koͤrte. 
Koppe. Ribbach. Schmidt, A. P. Thaer. 
Dr. Trommer. Er I 


— 


1 
⸗— 4 


Berechnung dei, Einnahnign und Musgaben: , , 


N Einnahmen: 


Beftand laut ſiebenten Bericht .... 481 thlr. 6 fr. = — yf. 
Für 2 an Hrn. Ehriftiani- verfaufte. — 
Berfuchstbiere -.. 2.220.000. 3 - — ss —⸗ 
Für 2 an Hm. Ehrift verkaufte Bm 1... 
fuchsthiere re ee ae 40 — . — ⸗ 


Vom Verein zur Befoͤrderung der Land⸗ 
wirthſchaft zu Königsberg 3: 100 -» — - — > 


Summa 659 thir. 6 fgr. — pf. 


*) Die Unterfchrift bes Herrn von Jena konnte bei deſſen Abwe⸗ 
fenheit nicht eingeholt werben. 





er 
Do => > ee 


re — — AB. in. — 
Dem Viehwarter Bohn... St pr oyt. 
Futtergeld für vier Berfuchöthiere an BR 

Hm. Ehrifiant .. 8 5—⸗ 


Dem Buchdruder und Buchbinder für | we 
"Anfertigung des’ ten’ Berichts. a, 65V — 
Reifefoften, Porto und Sörenar en ee Ber 
teriallen 03.50.0022 1,87 —, 
Für Heu u. Kartoffeln ann Der, J a 
Inſpeetor Grütiner in-Möglin . 365-5 - — - 
Für Stroh incl. Fuhrlcht ....:: Als» 5 
Für 2 Stück Rindvieh an ben Eigene 
thümer Schmidt zu Baklow ... Bd - — ⸗— 
Für 1 Ochfen an den Eigenthümer 


u 


Scheer zu Balw......... 38. Br —- 
Für 1 Ochfen an den Eigenthümer | 

Rochlitz zu Baploıw ........ 45 — ss — >: 

en Samma. 816 thlr. 14 far. 3 pf. 

ara Se Bleib Veſtand — —— IH 


Schulzendorf, W.Juli 1846. J 


— 2 
d SEE Zr Se Sr Er Ye SE 2 


“00821 1.21 8 1: 2 2 8 8 0a 


— ——— 
ea A—-2 ie E li 5 Be 


Fa En | 


— 467 — 


vo Neunter Bericht Über die zur Ermit⸗ 
telung der Anftedungs: Fähigkeit und Gele 


genbeits:Urfachen der Lungenteuche des 
Nindviches angeflchten Verſuche. 


Im Auftrage des Comitös des’ Vereins der Landwirthe Ober⸗ 
Barnimſchen Kreiſes entworfen vom ne ulrich zu 
Wriezen. 


— der Verſuche mit gekeimten Kartoffeln, 


Der achte Bericht enihält in feiner zweiten Haͤlfte die 
Mittheilung von dem Beginn dieſes Verfuches, welches: an 
‚vier gefunden Rindviehſtücken ausgeführt wurde, von Denen 
zwei (Abthl. L) gute Kartoffeln mit ihren circa 4 Zul 
fangen Keimen feit. dem 31. März, und die beiden andern 
(Abthl. IL.) von denſelben Kartoffeln mit ihren Keimen. und 
mit dem Zuſatze der Keime von einer gleichen u Kurs 
toffeln feit dem J. Juni erhielten. . 

Bei der. Unterfuchung .am' 6. Juli pr. gie ‚aus der 
Abtheiling I der Ochs GO Bulfe und. 21 Athemzüge, Die 
Tärfe, welche noch immer öfters huftet, 68 Pulſe und 18 
Athemzüge in der Minute; aus der .Abtheilung IL-ließ der 
Ochs No 1 in einem gleichen Zeitraume 80 Pulſe und 20 
Athemzüge und No.2 72 Bulfe und 18 Athemzüge wahr- 
nehmen. Die beiden letztern Thiere hufteten, wie früher, 
mehrmals des Zages mit einem hellen, klingenden, langge- 
dDehnten. Tone; auch bat fich bei ihnen: Die Maufe in einem 
fo bedeutenden Grade eingeftellt, daß bei jenem alle vier 
Süße Bis über das Knie und. Eprunggelenf davon ergriffen 
find, und die Thiere fich vor Schmerzen faum noch auf ven 
Füßen zu erhalten vermögen;. ebenfe ift. bei ihnen die Maul 
feuche noch nicht gänzlich gehoben, und wenn auch Aphtben 
im Maule :nicht mehr wahrzunehmen find, fo zeigt doch ber 
reichliche Schleim» und Speichelflug aus dem. Maule noch 


_— dB — 


eine in Folge jenes Krankheitszuſtandes abnorm vermehrte 
Abſonderung in dieſem Theile art. Die vertehrie Zahl der 
Bulfe und Athemzüge bei allen vier Thieren dürfte "wohl 
auf Rechnung der an diefem Tage DOTJEILIDEND: geweienen 
fchwülen Gewitterluft zu ſetzen fein. 
.. Am 10. ejusd. wurde bei den Thieren ber II. Abthei- 
lung am Maule ein gleicher eryfipelatöfer Ausfhlag, wie an 
den Füßen, wahrgenommen, in der Art, daß er nur in der 
äußern Haut feinen Sitz Hatte, während das mit einer 
Schleimhaut verfehene Flogmaul gaͤnzlich davon verſchont 
blieb, fo daß die Grenze des Ausſchlags nach der Maul⸗ 
öffnung zu auch die Grenze zwilchen Leber- und Schleim⸗ 
haut angab. Ohne Zweifel ift diefer Ausſchlag nur durch 
Anſteckung, in Yolge des häufigen Beleckens der Füße und 
bann wieder des. Flogmauls, entflanden, und fein Berlauf 
zeigte fich ganz identiſch mit dem Verlaufe des Maukeaus⸗ 
ſchlages. 
Am 13. Juli ergab die uUnterſuchung Folgendes: 
Abthl. J. Ochs 68 P. u. 12Athz. Faͤrſe 80 P. u. 16 Athz. 
Abthl. U. Ochs Ro. I. 8S4 P. u. 0 A. Ochs No. 2. DEU 149. 
Am 20. Sull: . 
Abthl. J. Ochs 84 P. u. 24 Athemz. Bärfe 8 P. 
Abthl. I. Ochs No.1. 102P. 56 A. No. 2. 76 PB. 84. 
Die zur Zeit herrfchende große Hige trägt gewiß nicht 
wenig zu der eben bezeichneten Erhöhung der Gefaͤßthaͤtig⸗ 
feit und der Beſchleunigung des Athmens bei,. welches Bei 
bed zum Theil aber auch von der Beunruhigung . der Ihiere 
durch. die Fliegen veranlaßt fein mag,. die mitunter fo groß 
if, daB man oft bei ber größten Aufmerkſamkeit die Zahl 
Der Athemzüge nicht unterfuchen. fann. Bei ben. Zhieren 
der Abtheilung II hat die Maufe einen fo ‚enormen ‚Grab 
erreicht, Daß zur Linderung der Schmerzen etwas hiergegen 
geſchehen mußte; beahalb. wurden nom nädften ‚Tage ab 
Waſchungen der Füße mit warmer Schlämpe, ſowie Reini⸗ 


— 469 — 


gung mit ſchwarzer Seife und nachheriges Befeuchten der⸗ 
felben mit einer, Zinkvitriol⸗Aufloͤſung vorgenommen. So 
ſehr die Thiere augenſcheinlich durch die großen ‚Schmerzen 
beunsubigt worden, fo iſt Doch.ihre Freßluſt ungetrübt., Trotz⸗ 
dem aber: fommen ſie hierbei, wie feicht zu erachten, tagtäglich 
im Ernaͤhrungzuſtande immer mehr zurück, und es Hat ſich 
auch ſeit kurzer Zeit bei ihnen der Rinderhaarling (Tricho- 
decies schlaris) .eingefunven , deſſen weiterer Ausbreitung 
durch Striegeln nach Kräften Einhalt gethan wurde. . 

Nach. einigen Tagen begann der Augsſchlag in Folge 
vorermähnter Behandlung etwas augzutrocknen, und Die 
Schmerzen wurden geringer; es hatten fich bereits am 24. 
Die: Kruften gebildet, und bie Thiere zeigten auch nicht 
mehr fo große Neigung zum Beleden der Füße, wodurch fie 
früher die kranken Stellen zum Bluten brachten. 

— 27. Juli zeigte von F 
Abthl. I. der Ochs 72 P. 19 A. Die Faͤrſe GAB. 18 4. 
Abthl. I. Ochs No. 1. 94 P. 54.9. No. 2. 80 P. 20 9. 
in der Minute. Für die bebeutende Zahl der Aihenzüge 
bei dem Ochfen No. 1. Abtheifung V. konnte vortäufig eine 
befondere äußere Veranlaſſung nicht aufgefunden werben, 
Bei beiden Thieren dieſer Abtheilung begannen jet bie 
Kruften ſich allmälig zu löfen, daher auch die örtliche Be⸗ 
Handlung mit Schlämpe und Zinfauflöfung forigefegt. wird. 

Am 3. Auguft äußerte der Ochs Ro. J. Abtheilung IL 
wieder bebeitende Schmerzen, fo daß er. beilänvig lag und 
durch nichts zum Aufftehen zu bewegen war; dieſe heftige 
Reizung, bei wahricheinlich vorhandener. großer. Reizbarkeit 
bes Thieres, mag daher auch die, Beichleunigung des Athmens 
bewirft haben, weiche an dieſem Tage im Liegen bes Thie⸗ 
res bei 78. Bulfen bis auf 100 Athemzüge in der Minute 
gefteigert war, während der Ochs No. 2. 78 Auf unb 
50 Athemzüge wahrnehmen ließ. 

Der Ochs der Abiheilung L zeigte 78 Pulſe und 30 Athem⸗ 


— 40° — 


züge; bei ihm hatte Die Haut am Feffel, beſonders des linken Bop- 
derfußes, eine höhere Röthung angenommen, auch war Hitze 
und Schmerz an dieſer Stelle nicht zu vwerfennen, fo daß ed 
fcheint, als ob auch hier Die Maufe fich ausbilden wmoite. 

Die Faͤrſe, welche 76 Bulfe und 46 Athemʒuͤge in der 
Minute erkennen ‚ließ, zeigte ſich heut fehr munter, an 
der Huften zeitweife noch gehört. wird. 

Die Kartoffeln, welche den Thieren gereicht: — 
fangen ſchon an einzelnen Stellen an zu faulen; fie ſcheinen 
auch den Thieren nicht mehr recht zufagen zu wollen, ba 
fie, befonders vom 7. ab, nr u io fchnell verzehrt wer 
den, wie ‚früher. 

Am. 10. Auguft — wirklich bei dem. Ochſen der 
I. Abtheiling Feine Schoͤrfe am Feſſel aller vier Füße: ber 
merkt, wenngleich nur in ſehr geringer Menge, und es tft 
die ausgebildete Maufe, allerdings in einem ſehr niedrigen 
Grade, nicht mehr zu verfemiten.. Bon ber H. Abtheilung 
heilt. bei dem Ochſen No. 1. der Ausſchlag recht gut, der 
andere- Ochs hingegen leckt fich ‚die Füße. immer wieder von 
Reuem wund. Seit dem 14. Auguſt huſtet nun. .auch ber 
Ochſe aus ber 1. Abthl., und zwar in ‚gleicher Weife, mie 
bei den übrigen Thieren; . ift nun feines: derfelben vom 
Huften 'verfchont. 

. Die Unterfuhung vom 17. Yuguft ergab aus der 
Abthl. I: bei dem Ochſen 68 P. 28 Athemz., bei der Faͤrſe 
80 B. uns 34 Athemz., aus der Abthl. II. bei dem Ochfen 
Ro. 1. 88. P. und 76 Athemz. und bei Ro. 2. 80 P. und 
68 Athemz. Der bisherige Kartoffelvorrath war mit dem 
heutigen Tage aufgezehrt; durch Die Güte des Herrn Ober 
Amtmann Ddel wurden amd 4 Scheffel gefeimter Kar⸗ 
toffeln unentgeltlich überlafien, und. diefe wem 18. ab ar bie 
Thiere verfüttert. 

Am 24. Auguft wurden bei: dem Ochſen der L wihl. 
MP. und 20 Athemz., bei. der Harfe 68P. und 23 Alhemz., 


— W111 — 


und bei dam. Ochſen No. 1. Abihl. 78 P. und 24 Achems;, 
fo"swie bei: No. 2. 72 P. und 12 Athemz. in der Minute 
wahrgenommen; eine an dieſem Tage bei allen vier Thieren 
angeſtellte ſorgfaͤltige Auskultation und Percuſſion ergab. bei 
feinem. eine Abnormität. in ven Bruſtorganen. 

Der Maidfe -Wustchlag bei. den Thieten ber II. ab⸗ 
theilung iſt ziemlich abgeheilt, doch ſchonen die Thiers ihre 
Süße worh: immer ſehr; außerdem ſind ſie in Folge dieſes 
langwierigen, ſchmerzhaften und mit nicht ‚geringem: Saͤftever⸗ 
luft verbundenen Krankheitsprozeſſes, trotz ihrer fordauerm 
den, guten Freßluſt, förmlich" zu einem Skelet abgemagert, fo 

daß ſie einen greifen Contraſt hilden zu ben Thieren ber J. 
Abtheilung, welche ſich in einem recht guten Maſtungézuſtande 
befinden. Bei dem Ochſen dieſer Abtheilung waren Die Aus⸗ 
ſchlagsſchorfe bald wieder derſchwunden, und es. ift jetzt an 
beiden Thieren, mit ne — — ich — 
tes zu hemerken. 

Mit dem heutigen Tage — dieſe beiden Berfüche 
gefchloffe werden, da trog der angeflrengteften. Bemuͤhungen 
ein veurs Quantum gekeimter Kartoffel in dieſer Jahreszeit 
nicht zu beſchaffen war: Jadeß glaubt das unterzeichnete Co⸗ 
mitoͤ, Die Zeit, in welcher überhaupt geleimte Kartoffeln als 
rg bonutzt werben, vollſtuͤndig inne gehalten zu haben, 

und es dürfte fomit der Zweck der vorliegenden Berfuche ers 
reicht fein, zumal die Kartoffeln in ber as ai Ange 
ben Dhieren gereicht worden ſind. 1... 

"Nachdem hierüber ben — Gomit6-Mitgliehen Die 
nöthigen Mitheilungen gemacht waren, wurde durch Stim⸗ 
menmehrheit entſchieden, daß alle bier. Thiere zum Schlach⸗ 
ten verkauft wurden. Dies. hatte aber ſeine Schwierigkriten 
indem ſich zu: den: ſehr magern Thieren der. II. Abthl. hier 
m bers@egend feine Käufer fanden; es -Tanmte daher ‚nme 
dadurch bewerkitelligt werben, aß :3 ber. Thiere nach Berlin 
verkauft würden. Dies geſchah am Al. Geptanber, :biA wo⸗ 


— ın — 


bin die Thiere neue Kartoffeln und Gerfifiroh in der frühern 
Duantität erhielten, nämlich pro Stüd und Tag 8 Mesen 
Kartoffeln und 5 Pfund Stroh, was fie auch ununterbrochen 
mit fehr gutem Appetite verzehrten. Wie fehr die beiden 
Ochſen der II. Abtheilung abgemagert waren, möchte baraus 
hervorgehen, daß während der. Schlächter für die beiven Thiere 
Der I. Abthellung gern SO Thlr. geben wollte, für: biefe. nur 
mit großer. Mühe 20 Thlr. zu befommen waren; und doch 
hatten letztere längere Zeit hindurch. täglich 8 BR Kar⸗ 
toffeln pro Stüd verzehrt! 

Am il. September . wurden bie Thiere, — fe ı ben 
Stall verließen, nochmals genau ———— und es ergab 
ſich hiebei Folgendes: 

Abthl. J. Ochs: 56 P. 25 Athemz. Särfe 62.P. 28 tchem. 
Abihl. IE. Ochs No. 1. 80 P. 54 9. No. 2. 70. P. 24.9, 

Auskultation und Percuffion der Buuſt ergab bei. fei- 
nem ber Thiere etwas Abnormes; auch anderweitige Franke 
hafte Erfoheinungen, mit nn: des Huſtens, — 
nirgends wahrgenommen. 

Am folgenden Tage wurde die Farſe in Wriggen ge 
ſchlachtet. Die Bruſt und: Baucheingewelde, namentlich Die 
Lungen befanden fich in einem ganz täbellofen. Zuftande, und 
der anweſende Aubenfchächter erflärte Dieferhalb das Thier 
für koſcher. Als Urfache bed Huſtens mar nirgends eine 
vrganiſche Veränderung aufzufinden, und es muß daher ans 
genommen werben, daß er Durch Reflerwirkung vom Magen 
ber vermittelt worden, alfo ein RUE, Magenhuften ge- 
weien if. 

.. Die drei anderen &hiere — am 14. September in 
Berlin gefihlachtet; bier hatte der. Koͤnigl. Kreis⸗Thierarzt 
und Repetitor an der Koͤnigl. Thierarzneiſchule, Herr Rich 
ter, die Güte, die Unterfuchung “über den Befund biefer 
Thiere mit: dem: Unterzeichneten gemeinfchaftlich vorzunehmen. 

Der. Bullochſe aus Abihellung J. hatte .fehr geſumde 


— 4713 — 


Lungen; fie waren gleichmäßig hellroth, fleiſchfarben, locker 
und weich; die Leber beſaß an den Wandungen der großen 
Gallengänge' einige Verdickungen; ſonſt war nichts Krank 
haftes aufzufinben. 

De. Ochs Ro. 1 Abtheilung II, welcher in ber Iehten 
Zeit des PVerfuches eine abnorme Frequenz im Athmen Hatte 
wahrnehmen lafien, die aber futz vor dem Tode größtentheilg 
wachgelafien zu haben fchien, ‚zeigte ganz normale Baucheins 
geweide; bezüglich der Lungen wurde am hintern Drittheil 
des rechten Lungenflügels eine große Regivität des Gewebes 
besbachtet, ohne daß. fich jedoch dem Auge Eranfhafte. Veraͤn⸗ 
derungen barboten, ausgenommen eine wirkliche Verdickung 
des Lungenfelles an dieſen Theile, wodurch bier die. Ober- 
fläche der Lunge ein etwas bläuliches Anfehen befam. Daß 
hierin. vielleicht die Veranlaſſung zu der obgedachten Unre⸗ 
gelmaͤßigkeit im Athmen gelegen haben mag, iſt nicht zu be— 
ſtreiten, obgleich nicht angenommen werden kann, daß dieſe 
Erſcheinung der Lungenſeuche angehoͤrt; inwieweit aber hierin 
etwa eine Dispoſttion zu dieſer Krankheit zu ſuchen ſei, duͤrfte 
für jetzt wohl noch gar nicht. nachzuweiſen fein. 

Bei dem Ochfen No. 2 waren ſowohl Bruf-, ald auch 

Baucheingeweide vollfommen gefund, ohne irgend eine Spur 
einer krankhaften Veränberung.. 
.  . Bet allen. drei Thieren war troß ber forgfäftigften Un- 
terſuchung, welche fich auch auf die Befchaffenheit des halb⸗ 
mondfoͤrmigen Geflechts am großen fompathifchen Nerven er⸗ 
ſtreckte, Feine: organiſche Wbnormitkt als Veranlaſſung des 
Huſtens aufzufinden, wenn nicht etwa die Beſchaffenheit der 
Lunge bei: dem Ochfen No: 1. als ſolche angeſehen wird, 
Eo muß daher auch von ihnen: in’ Bezug auf die Entſtehung 
des Huſtens daſſelbe angenommen werden, was bereits von 
der Faͤrſe in dieſer Beziehung angegeben wurde. 


— 4714 — 


Wiederholung der Verfuche mit guter, friſcher 
Kartoffelbranntweinsſchlaͤmpe. 


Zur Wiederholung der Verſuche mit Karioffelſchlaͤmpe, 
welche um deßwillen nothwendig erſchien, als die im Jahre 
1844 angeſtellten (cf. V. Bericht) nicht ganz den Anforde⸗ 
tungen: ded Proſpektes enifprechend ausgeführt worden wa⸗ 
sen, indem hei dem Verſuche mit Schlaͤmpe ohne Stroh, eine 
Woche hindurch Scylämpe von fchlechter Beſchaffenhett gege- 
ben worden war, und der andere Verfuch, mit Schlämpe und 
Stroh, nicht lange genug gewährt hatte, — wurden am 13. 
October Ipr.. auf .dem Mriegener Viehmarkte 4 Ochſen für 
den Preis von MIhlen. und 10 Sgr. angekauft. Sie war 
ren ſaͤmmtlich von dem Heinen pommerſchen Landſchlage (fo⸗ 
amainte Bahls'er Ochſen) und zeigten Innerhalb einer achte 
tägigen ‚Unterfuchung, während welcher Zeit jedes Thier pro 
Sag 10 Pfd. gutes Heu und 5 Pi. Stroh 'erhielt, folgende 
Geſcheinungen: 

Ra 1. Brauner. O8 mit. — weißen Fleden, Jehr 
alt, 3° 8 groß, hatte in der Minute 85 volle, mäßig 
f harte Pulſe und 9 tiefe Auhengüge; die aͤußerlich 
; ſichtharen Schleimhäute waren. von normaler Färbung; 
Percuſſion und Ausfultation.ver Bruſt ergaben nichts 
a © Abnormes und De Freßluſt Des Thieres war ſehr rege. 
Ro. 2. Ganz brauner Ochs, gegen O Jahr alt, 4’ groß, 
J ließ. 44 Pulſe und 12 Athemzuͤge in der Mimie, 
und im Uebrigen alle Jeichen der — 
nehmen. 
Ro. 3. Rothbrauner Ochs, ohne Abjeichen eirca 8. Jahr 
alt, 44 Buß groß, zeigte ID. Pulſe und 10. Achem⸗ 
. . zage in. der Minute; fein Haar war. eiwas geſttaͤubt, 
beſonders längs dem: Ruͤcken bis zu ven Lendeywir⸗ 
bein; er hatte etwas eingezogene Flanken und fletſchte 
zuweilen mit den Zähnen, welches letztere ſich aber 


— 15 — 


nach einigen Tagen wieder verlor; im Uebrigen er- 
- fehlen er gefund. 
No. 4. Gelbbrauner Ochs mit weißem Vorkopf, 6 Jahr 
alt, 4 Buß groß; bei ihm wurden in der Minute 
46 Pulſe und 11 Athemzüge, beides von normaler 
Befchaffenheit, gezählt; auch er fletfchte in ven erften 
Tagen mit den Zähnen, zeigte aber fonft Feine krank⸗ 
haften Erfcheinungen. 
‚Rad diefem Befunde, welcher eine — Zwei entfpres 
chende Geſundheit bei allen vier Thieren ergab, wurden Dies 
felben je zwei und zwei, und zwar No. 1 und 2 als Abthei- 
(ung I in die rechte. Hälfte und Ro. 3 nnd 4 als Abthei⸗ 
fung II in bie linfe Hälfte des Verſuchsſtalles aufgeſtellt. 
Die erfte Abtheilung erhielt vom 21. October ab Schlämpe 
ohne alles Rebenfutter, die zweite. Abtheilung Schlämpe mit 
Stroh, und zwar zur Nacht pro Stüd 5 Pfd. gutes: Gerſt⸗ 
ſtroh und für beide Abtheilungen — als —— 
Sand benutzt. 

In der erſten Zeit ſchien hie Shlampe, walche übrigen6 
von fehr guter Beſchaffenheit war, den Thieren nicht vet 
zuzufagen; fie waren. wohl nicht daran gewöhnt, und foffen 
deshalb nur geringe Suiantitäten, Doch die Thiere der IE Ab- 
theilung non vornherein mehr, als die der I. Abtheilung. - ' 

Am 28. October ließen bereits die Ochſen der II. Ab«- 
tbeilung und der Ochs No. 2 (Abthl. I) einen heilen, kraͤf⸗ 
tigen Huften (ven fogenannten Schlämpehuften) wahrnehmen, 
und bei dem Ochſen No. 1 war dies am folgenden Tage der 
Ball; von. allen aber wurde er nur felten gehört. Die There 
der. I. Abthl. ſoffen ihre Quantität .Schlämpe viel fchneller 
van deckten die Krippe reiner aus, a bie en der andem 
Abthl ——— 

Am 30. wurde bei dem Sen Ro, 3 ummltelbar vor 
dem Miften ein Stöhnen gehört, wahrfcheinlich in Folge einer 
im geringen Grabe beftehenden Verſtopfung. 


_— 4116 —— 


Bei der Beflchtigung am 3. November zeigten ſich die 
Thiere recht munter, doch fchien es, ald ob der Ochs No. 3, 
bei welchem flruppiges Haar und eine Vergrößerung der Kehle 
gangsprüfen wahrgenommen wurde, an einer Verhärtung ber 
Lymphdruͤſen (Anfang der Drüfencacherie) leide, was inbeß 
auf fein jetziges Mohlbefinden Feinen weſentlich ftörenden er 
fluß hatte. 

Am 13. November äußerten bie Thiere el der Unter= 
ſuchung große Munterkeit und zeigten feine mg in 
der Refpiration und Blutbewegung. 

Am 24. Rovembder ergab die Unterfuchung Yolgendes: 
Abthl. J. Ochs Ro. 1. 57 B. 16 N. Ro. 2. 79 P. 12 94. 
Abthl. I. No. 3. 62 P. 129. Ne. 4 70 P. 15 9. 

Die. hiere hatten bis dahin au Wohlbeleibtheit recht 
erfreulich zugenommen, obgleich, wie mehrfach wahrgenommen 
und auch von vielen anderen Brennereibefigern beftätigt wurde, 
Me Schlämpe in biefem Sahre feine fo große Naͤhrkraft zu 
befigen fcheint, als fonft, wahrfcheinlich in Folge eines gerin- 
geren Stärfemehlgehaltes der Kartoffeln. Die Darm Erere- 
mente von ben Thieren der Abtheilung I, zeigten fich immer 
ſehr Dunfel, faſt ſchwarz gefärbt, und ihre Oberfläche wie mit 
eurem Firniß überzogen, während bie. von ben Vhieren der 
II. Abtheilung eine mehr grünliche Faͤrbung befaßen. 

-... Am 30. Roveinber Batte . 

Ochs No. 1. 56 P. 16 Athemz. Ro. 2. 58 B. 14 Athemz. 
Ochs Ro. 3. 55 P. 10 Athemz. No. 4. 45 BP. 9 Athemz. 
in.der Minute. Der Ochs No. 1 Hatte feit Dem 28. nicht 
fo.munter gefoffen wie fonfl, und es ift anzunehmen, zumal 
andere Kranfheitsgeichen weiter nicht aufzufinden waren, daß 
er ſich in den vorhergehenden Tagen überfrefien hatte, welche 
Annahme auch durdy den Erfolg beftätigt wurde, indem ſich 
der Appetit am Seas Tage wieder zur Zufriebenheit eins 
ftellte. 


. 
Mr „ « 
rn — — 
7 


Am 15. December ließen die Thiere und zwar: 

Ochs Ro. 1. 66 B. 13 Athemz. No. 2. 62 P. 16 Athemz. 
Ochs No. 3. 58 PB. 12 Athemz. No.4. 60 P. IL Alhemz. 
in der Minute wahrnehmen; alle übrigen Erfcheinungen, mit 
Ausnahme des ab und zu hörbaren Huftend, zeugen von 
Gefundheit. 5 
. Am 33. ergab bie Unterfucung bei 

Ochs No. 1. 58 BP. IL Alhemz. No. 2. 66 P. 12 Athem 
Ochs Ro. 3. 56 P. 16 Athemz. No. 4. 60 P. 9 Athemz. 
Auni 5, Januar c. zeigte bei: der Befichtigung 

Ochs No. 1. 62 P. 12 Athen; Ne. 2. 60 P. 14 Athemz. 
Ochs No. 3. 60 P. 16 Athemz. No. 4. 58 P. 15 Athemz. 

Am 18. Januar: 

Ochs No. 1. 64 P. 1 Athemz. "oe 608. 8 Ahern. 
Ochs No. 3, 12 Athemz. No. 4. 14 Athemz. 

Die Anzahl der Pulſe bei der legten Abtheilung konnte 
heut wegen großer Unruhe der Thiere nicht ermittelt: werden: 
Dagegen zeigten biefe beiden .Thiere am 22, und. zwar: 

Ochs No. 3. 66 P. 10:Athemz. No. 4. 60 P. 8 Athemz. 
in der Minute; fie foffen. an dieſem Tage nicht fo munter 
wie fonft, obgleich ſie ihre Quantitaͤt Schlämpe verzehrten. 

Am 25. ergab die Unterfuchung Folgendes: 
Ochs No. 1. 66 B. 11 Athemz. No. 2. 70 P. 10 Athemz. 
Ochs No..3. 72 P. 9 Athemz. Ro. 4. 62 P. 8 Athemz. 

Der Eraͤhrungszuſtand der Thiere if}: recht zufrieden⸗ 
ſtellend, ſie zeigen ſich ſchon etwas angemaͤſtet, und der Apr 
petit iſt bei allen recht rege. Als etwas. Gigenthümliches 
verdient hier erwähnt zu: werben,. daß bei den Thieren ber 
J. Abtheilung, welche gar einen feiten Nabhrungsfloff erhal« 
ten, bei aller hierauf verwendeten Aufmerkfamfeit, in der gan⸗ 
zen Zeit der Schlämpefütterung kein Wieberfäuen wahtzuneh⸗ 
men war, während die Thiere ber II. Abtheilung öfter bei 
dieſem Gefchäft betroffen wurben. Nur ein Anftoß. Hierzu, 

Mas. f. Thierheilt. AUL. 32 5 


— 479 — 


ſowie ein Aufſteigen von Luft in den Schlund, alſo eine Art 
Ruͤlpſen wird bei erſteren zuweilen beobachtet. 

Die Schlaͤmpe, welche den Thieren waͤhrend der ganzen 
Verſuchozeit gereicht wurde, iſt durchgehende in ber Concen⸗ 
tration verfuͤttert worden, wie fie von der Blaſe abgelaſſen 
wird; nur ſelten, hoͤchſtens alle 2 oder 3 Wochen einmal, 
wenn aus irgend einem Grunde etwas Mangel an Schlaͤmpe 
eingetreten, wurde eine geringe Quantität Waſſers hinzuge- 
fest. Die Kartoffeln, welche in ber Brennerei zu Moͤglin 
zum Brennen benugt werden, und woher bie für De Ver⸗ 
ſuchsthiere verfütterte Schlämpe ſtammt, find größtentheils 
fehr gut, nur felten findet ſich darunter eine trodenfaule Kar⸗ 
toffel; an Spiritus werden daraus im Durchſchnitt 5002 
gepogen. Der Temperaturgrab, in welchem die Schlaͤmpe an 
die Verfuchöthiere verabreicht wird, varlirte zwilchen + 24° 
und 42° R. und beitrug im mittleren Durchſchnitt von 24 
Tagen + 33,1° R. Da die Schlänpe erſt aus dem 
Schlaͤmpebehaͤlter, welcher neben dem Mögliner Rindviehftalle 
befindlich ift, mit Eimern geholt, und dann noch ungefähr 
200 Schritte weit bis zum Verſuchaſtalle transportirt wer« 
den. mußte, fo wurde natürlich hier die Schlämpe immer um 
1 — 2° fälter verfüttert, al8 dort, wo die Schlämpe ben 
Thieren unmittelbar durch eine mit dem Schlämpebehälter in 
Verbindung ftehende Rinne zugeführt wird. Genaue: Thermo⸗ 
metermeflungen, bie vom Herrn Brennerei⸗Verwalter Staub 
in Möglin, von Herm Dr. Trommer und dem Unterzeich- 
neten angeftellt find, haben dieſe Refultale ergeben. 

Die Quantität Schlämpe, welche von den Verfuchothie⸗ 
ren bishes verzehrt worden, iſt nad — un 11 — 12 
Sinart) bevechnet, -folgende: 

Am 23L- October jebes Thier aus ber weihl. 1 2 Eimer. 
Br ⸗ — =. ss :s IE 4 ⸗ 
⸗22. a ⸗ ⸗ PER N » -1L5 ⸗ 


= — * * ⸗ ⸗ :» 1 7 ⸗ 


— 1113 — 


Am 23,, 24. und 35. Detober jedes. Thier Agzlich 8 Eimer. 
« 26. Ocibr. bis 7. Nopbr. = = .- 10 »- 
.s 8. Rovember jedes Thier - = Ede 
:» 9, u ⸗ ⸗ a es 
s» 10. 88.16. - 5 täglich 10°: sr 
s 16. Rovember = Pe 11’ +- 
a 17... ⸗ ⸗Aaus der Abthl. J. 10: - 
W U ⸗ . = ⸗ ⸗ II. 11: - 
⸗ :I8, # ⸗* = 107 = 
- m 20 - =... | 
j 3 = s ⸗ ⸗ I. 1 = 
1 


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« 21. Rovember Zr ⸗ . 9. 
⸗ 2 —A ⸗ ⸗ IL 10 ⸗ 


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1, 
2, 
3. 


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24. 
In 


überall feft gefroren war; ein anderes, 


— 46860 — 
Am 29. und 30. Dechr. jedes Thier 7 Eimer bei + 24° R. 


Sanuar 47. 


und. 9. 
und 11. 


‘der lebten Zeit, 


. 8 


he Be ee ee 
neh N RR N N N N U 


$ 


8 


EST ASEW SOSSE PO D 


Le Ve Ge u un zn u \ 


r 
[2 


bei + 24° R. 
bei + 25° R. 
bei + 24° R, 
bei + 25° R, 
bei + 38° R. 
bei + 42°’ R 
bei + 37’ R. 
bei + 25° R. 
bei + 38° R. 
bei + 36° R. 
bei + 37’ R 
bei + 39° R, 
bei + 37°’ R 
bei + 24° R. 
bei + 38° R. 
bei + 36° R, 
bei + 27° R. 
bei + 38°. R, 
bei + 39’ R. 
bei + 35’ R. 


bei + 37° R. 


und zwar feit Neujahr, haben bie 
Thiere auf dem bloßen Fußboden .Iiegen müffen, da der Sand 
namentlich vegetabi« 
liſches Streumaterial aber follte hierzu nicht benuht werben, 
da fonft die Thiere, befonders der Abtheilung I, leicht davon- 
frefien würben, und der Verſuch nicht rein bliebe. Der Stall 
{ft Immer mit warmen Dämpfen angefüllt, welche. theild von 
der. Schlämpe, theild von ber thierifchen Ausbühftung her- 
sühren, und einen Geruch befigen, wie er überhaupt von fris 
fher Schlämpe wahrzunehmen if. Die Stallthüren werden 


— 481 — 


indeß haͤufig genug des Tages geoͤffnet, ſo daß ein hinrei⸗ 
chender Luftwechſel ſtattfindet. Die Krippen werden möglichft 
reinlich gehalten, alle Tage einmal mit heißem Wafler aus- 
gewafchen, um fo jede Gaͤhrung etwa vorhandener Schläms 
perefte zu verhindern; ein faurer Geruch tft in ihnen auch 
nicht wahrzunehmen. 


In Bezug auf die Kalbeskuh, welche circa 9 Monate 
hindurch mit verfaulten Kartoffeln gefüttert worden und welche 
(wie im VII. Bericht pag. 345 mitgetheilt) von Herrn Chris 
ftiani angefauft wurde, um ihr Verhalten bei reichlicher 
Fütterung zu beobachten, verdient hier bemerkt zu werben, 
daß dieſelbe ſich noch gegenwärtig in Herm Chriftiani’s 
Befib befindet; fie bat, wie Herr Chriſtiani mittheilt, bee 
reits zum zweiten Male gefalbt, und fteht, bei beftem Wohl- 
fein, unter übrigen Milchfühen des Beſitzers. 

Schließlich ift den verehrlichen Sntereffenten noch die 
erfreuliche Mittheilung zu machen, daß die Herren‘ Kreis- 
ftände des Niederbarnimſchen Kreifes für unfere Verſuche 
einen Beitrag von 100 Thlm. bewilligt haben *). Die 
Herren Stände des Oberbarnimfchen Kreifes haben fich be= 
reit erflärt, den erforderlichen Zufhuß zur Ergänzung von 
500 Thlrn. berzugeben, wenn die von ben infaffen des 
Kreifes zu dem in Rede ftehenden Zwecke ſchon freiwillig 
hergegebenen Beiträge bie Höhe von 500 Thlrn. nicht errei⸗ 
chen follten, 

Die Herren Stände des Angermünber - Kreifes haben 
eine Unterftügung von 300 Thlm. aus ven SKreis-Kommu- 
nal⸗Fonds zu gewähren verſprochen, und endlich die Herren. 
Kreisftände des DOfthanelländifchen SKreifes haben die Summe 


*) Diefe 100 Thlr. find ſchon im October 1845 ein für alle Mal 
gezahlt worden und im fiebenten Bericht ſchon in Einnahme geftellt. 
Ribbach. 


— u — 


von. 200 Thlen. aus Ihren Kreigmitteln - ale, Beitrag be⸗ 
—* Fe 
Alles dieles iſt Feige einer Aufforderung geſchehen, 
welche am, Die. Herren Landraͤthe des Potsdamer Regierungs⸗ 
Verirkes Seuens ber Königlichen Hochloͤblichen Regierung 
zu Potsdam ergangen iſt, um die betreffenden Herren Kreis⸗ 
ſtaͤnde zur Bewilligung von Beiträgen Behufs dieſer Ver⸗ 
ſuche zu veranlaſſen; das unterzeichnete Comité fühlt fi 
defhalb ‚biefer hohen Behörde, fowie den Herren Kreis- 
fländen, ‘welche die gedachten Beiträge zur Erreichung eines 
gemeinnügigen Zweckes freundlichft bewilligt haben, zum tief» 
fien Danfe verpflichtet, den es hiermit Öffentlich auszuſpre⸗ 
chen ſich erlaubt. 

Wriezen, den 26. Januar 1847. 
Ulrich. 


— ⸗ 





Daß die im vorſtehenden Berichte enthaltenen Thatſa⸗ 
chen mit dem Inhalte des Protokollbuches übereinſtimmen 
und der Bericht den -Acten gemäß abgefaßt if, dafür ver⸗ 


| Par Me 
I WR der Sefsäfsfüßrer des Comitos 
i on g i I, MR uirich . 


311 15. 


— en Comit ans 9 hiedurch 6 den Ab⸗ 
—* deß worſtehenden neunten Bericht.. 95° 
Wriezen, ben 26. Januar 1817. ne 
Breiter. "epriftiant. Hering. v Jena. Kaskel. 
A. Korte Ribbach Schmidt. AP. Thaer. 
| i SDR Trommer. 


22 


Die. Unterſchrift des Kerrn Landes⸗Oekonomle⸗Rathes Koppe 
konnte nicht — werden, ba berfelße auf Längere Zeit verreiſt war. 
Ulrich. 


Berechnung der Einnähmen und Ausgaben. 





A, Einnahmen. 


Beftand laut 8. Beriht. . . . 342 thl. 21 far. 
Bon‘ Herrn Oppermann für 4 


9 pf. 


Oben » 2... .. 10 - — 1, — ⸗ 


Don Herrn Chrift für 2 Ochſen. 10.— ⸗ 
Aus der Kreiskaſſe des Dfthavel- 
ländifchen Kreifes 2 2.2.20 - — ⸗ 


Summa: 652 thl, 21 fgr. 


B Ausgaben. 


Dem Biehwarier Lohn..... 30thl. — ſgr. 


Für 9 Wſp. 11: Schffl. Kartoffeln 
a 10 Thlr. Pe 94 » 17 ⸗ 
— Buchdrucker und Buqhbinder 


für Anfertigung des 8. Berichths 8 » . 
Für 4 Ochſen.. 2 02. 90 „ 10 - 
Für Stoh. ...... : 0 - — s 
An Neifetoften. . oo . 6» — ⸗ 


Porto für Verſendung des 8. Be 
richts RE ee ⸗ 
Bär ı 4 Kubfeten ., >» . | . . 1 Eu 6 * 


Summa: 247 thl. 24 ſgr. 
Bleibt Beſtand: 404 thl, 27 fgr. 


Schulzendorf, ven 28. Januar 1847. 


Ulrich, Ribbach, 
Geſchaͤfisfuͤhrer. Rendant. 


— * 


m 3 


9 pf. 


— pf 


6 pf. 
3 pf. 


— 484 — 


VIIE Anatomie der Hausvögel. 
| Bon Gurlt. 
(Hierzu die Abbildungen auf Taf. IV.) 


Schon feit langer Zeit habe ich die Abficht gehabt, den 
TIhterärzten eine Anatomie ver Hausvögel vorzulegen, um 
den Weg zu einer Pathologie diefer Thiere anzubahnen; jegt 
endlich komme ich dazu, und ich werde nach und nad) im 
Magazin diefen Gegenftand bearbeiten und bie nöthigen Ab- 
— beifügen. 2 
i I. Bom Skelet der Bögel. 

In der: mikroſcopiſchen Textur und in der chemiſchen Zu⸗ 
ſammenſetzung find die Knochen der Voͤgel denen der Saͤuge⸗ 
thiere im Wefentlichen: gleich; aber in der Structur findet fich 
bei ihnen. die. auffallende Berfchiedenheit, daß Die Knochen Der 
erwachfenen Vögel Fein Knochenmark enthalten, während 
bie Knochen der jungen Vögel allerdings damit verfehen find. 
Indem das Knochenmark nun allmählig verſchwindet werden 
bie Knochen ‚hohl, und fie enthalten dann atwoſphaͤriſche Luft, 
welche ihnen auf verfchiedenen Wegen zugeführt wird, und 
ipoburch der. ganze ‚Körper des Vogels betraͤchtlich leichter 
wird. Zwar enthalten nicht ( alle Knochen immer Luft, auch 
iſt das Luftführen ber Knochen bei den verſchiedenen Ord⸗ 
nungen ber Vögel verſchieden. 

In die: den des Kopfes dringt bie Luft, ie Dur 
die Nafenhöht ‚tbeild durch die Euſtachſchen Röhren ein; 
in die Rnolpem- des Rumpfes ii iind der Gliedmaßen gelangt 
fie aus. den, der Klaſſe der Vögel’ eigenthümlichen Luftfäden, 
die mit den Lungen in unmittelbarer Verbindung flehen und 
in der Bruft« und Bauchhöhle ſich ausbreiten. 

a) Knochen des Kopfes. 

Der Kopf wird wie gewöhnlich in den Schädel⸗- und 

Gefichts-Theil eingetheilt. Die Zahl der Schädelfnochen, fo 





— 65 — 


lange fle noch trennbar find, tft neun, wie bei den Säuges 
thieren, nämlich 2 Stirnbeme, 2 Scheitelbeine, 2 Schläfen- 
beine (indem der Schuppen= und Felſentheil vereinigt find), 
I Hinterhaupts-, 1 Keilbein und 1 Siebbein. Diefe Schäbel- 
knochen verwachſen fchon früh, daher fehlt am Hirnſchaͤdel 
des erwachfenen Vogels in der Regel jede Naht. 

An dem Hinterhauptsbeine iſt nur ein Knopffortfaß 
(Processus condyloideus) vorhanden, welcher daher in der 
Mittelinie unter dem großen Hinterhauptsloche liegt, aber 
Durch einen ſchwachen Eindruck eine Andeutung zur Theilung 
in zwei feitliche Hälften giebt. Bei der Gans und Ente hat 
die Schuppe des Hinterhauptsbeines an jeder Seite des Kam⸗ 
med .eine Iängliche Deffnung (Hontanelle). 

- Der Schuppentheil des Schläfenbeines enthält die 
Gelentgrube für.das Quadratbein (ſtatt des Gelenkfortſatzes 
des Unterfieferd) und hat einen mehr oder weniger flarfen 
Jochfortfatz; Diefer ift bei der Gans am ftärfften, bei der Ente 
am-längften,. denn er erreicht beinahe das Thränenbein um 
mit .Diefem ven .untern. Rand der Mugenhöhle (der .bei ven 
übrigen unten nicht gefchloffen ift) zu ſchließen; bei vem Huhn 
iſt er fehr Fürz und dünn, aber bei ihm hat das Stirnbein 
einen Augenhöhlenfortfab, welcher mit dem Heinen Jochfort⸗ 
Tage zufummenftößt und ein Loch bildet. 

: * An-dber unteren Bläche des Keikbeinkförpers, welcher 
dreieckig und vorn fpisig iſt, kommen zivei feitliche Gelenk⸗ 
flächen vor, ‚mit. welchen. die. beiden Flügelbeine artikuliren. 
An der Uebergangsſtelle in die Spite des Keilbeinkörpers 
muünden die beiden Cuſtach'ſchen Trompeten gemeinſchaftlich 
und die Spitze ſeibſt trägt zur Bildung der Schädelhöhle nicht 
mehr bei, fordern fie ‚trägt die fenkrechte Platte des Siebbei- 
ned, weldhe die beiden Augenhöhlen trennt. 

Die Stirnbeine find die größeften Knochen des Hirn⸗ 
ſchaͤdels; fie bilden den ‚oberen Rand ber Augenhöhle und bei 
dem Huhn in Gemeinfchaft mit dem großen Keilbeinflügel den 


— A — 


hinteren - Augenhoͤhlenfortſatz (Prodessus orhitelis posterior) 
welcher ftärfer 416 der Sochfortfah der Schläfenbeine if. 

Das Siebbein iſt fehr ausgebildet, namentlich find Die 
horizontalen Platten groß; fle liegen zwifchen den Stirn⸗, 
Nafenbeinen und den Nafenfortfägen des Zwiſchenkieferbeins 
mit den Stirnbeinen in einer Ebene, daher find fie non oben 
frei; ſtatt der Stebplatte iſt nur ein Kanal zum Durchtritt 
des Riechnervens vorhanden. 

Die Zahl der in der Jugend — Geſiehtsknochen 
iſt bei den Voͤgeln betraͤchtlich größer, als bei den Säuge- 
thieren; dieſe Vermehrung tft beſonders dadurch herbeigeführt, 
das ſtatt der beiden Gelenkfortſaͤtze Des Unterkiefers zwei ge⸗ 
ſonderte Knochen, die Quabratbeine, vorkommen, und daß bie 
beiden Lnterfieferäfte noch in 11 Stücke zerfallen, die. aber - 
bei dem erwachſenen Vogel alle verſchmolzen find. Freilich 
fehlen den Bögeln. die Zähne, und wenn man biefe ald ein⸗ 
zeine Sinochen des Gefichtöfheiles betrachten wollte, dann 
hätten die Säugethiere allerdings mehr Knochen. Die ſchwach 
bewegliche Verbindung des. Oberfieferö. mit dem Schäbeltheile 
iſt bei den erwachfenen Vögeln faft zu einer unbeweglichen 
Verbinvung geworben, wenigftens ‚verwachfen die Nafenbeine 
und das Zwiſchenkieferbein mit den Stirnbeinen vollflänbig.. 

Die Oberfieferbeine find Heine Knochen, bie befon- 
ders an den Seiten den Boben der Rafenlöcher ‚bilden. Be⸗ 
traͤchtlicher als dieſe RM das unpaare Zwiſchenkieferbein, 
son: deſſen vorderem Theile zwei ſtarke Gaumenfortfätze und 
zwei dunnere Naſenfortſaͤtze, die zwiſchen beiden Naſenbeinen 
liegen, abgehen. Dieſer Knochen tft: — der größte am 
Oberſchnabel und beftimmt auch ſeine Form. 

Die Rafenbeine find faſt größer als ste Dbertiefer. 
beine; fle verbinden. ſich vorn mit den Naſenfortſätzen des 
Zusifchenfieferbeines und ben Oberkleferbeinen, hinten mit dem 
horisontalen Theile des Siebbeines und den Thränenbeinen, 


c 


— 17 — 


amd find durch die Nafenfortfäge des Zwiſchenkieferbeines in 
der Mittellinie. von einander getrennt. 

Jedes Thränenbein liegt am vorderen Theile bed 
aberem Anndes der. Augenhöhle, und frümmt ſich etwas nach 
außen: und unten; bei der Ente trägt diefer Knochen zur 
Bildung des untern Randes der Augenhöhle bei, Indem ein 
Fortſatz nach hinten geht und ben Jochfortſatz des Saläfen, 
beines beinab erreicht. . 

Die Jochbrücke befteht aus zwei dünnen, langen Kno⸗ 
hen, die .fich verbinden, und hinten mit dem Quadratfnochen, 
vorn mit dem Oberfiefer fidy vereinigen. 

Die Gaumenbeine find beträchtliche Knochen, die nach 
dem harten Gaumen zu mehr oder weniger ausgehöhlt und 
vorn von einander getrennt: find. Sie bilden den größeren 
Theil des harten Gaumens, umfchließen die Hintern Nafen- 
Saungen und verbinden fi) vorn. mit: den SOBEENEIF hin» 
ten mit den: 

Flügelbeinen. Diefe liegen. von ber untern Fläche 
des Steilbeinförpers, mit welchem fie beweglich verbunden find, 
bivergirend nach hinten und außen, wo fie die Quadratbeine 
erreichen, mit weichen fie ebenfalls Gelenke bilden. 

Das Pflugſcharbein ift wie gewoͤhnlich unpaarig und 
liegt in der Mittellinie zwifchen ben beiden Gaumenbeinen. 

, DaB Quadratbein entfpriht dem, Gelenffortfage bes 
Unterfiefers bei :dven Säugethieren, denn es vermittelt die 
Gelenkverbindung zwiſchen viefem Knochen . und. dem Schlä- 
fenbeine; es hat daher oben und unten Gelenkflächen für biefe 
Berbindungen, und vorn einen Fortſatz zur Muskelbefeſtigung; 
außer diefen Fortſätzen hat ed auch Gelenfflächen zur Ver⸗ 
bindung mit dem Jochbeine und Flügelbeine. 

Der Unterkiefer beſteht bei dem erwachſenen Vogel 
aus einem Städ, iſt aber urfprünglich aus 11 Stüden (wie 
bei den Amphibien) zufammengefegt; dieſe find folgende: 1) 
das Zahnhöhlenflüd (pars alveolaris s. dentalis), es ip — 


Das größte und fchon früh verwachſen, daher unpaarig; an 
jeder Seite: 2) das Gelenfftüd Cp. articularis), welches 
vorzüglich das Gelenf mit dem Quadratbeine bildet; 3) das 
äußere Ausfüllungsftäd (p. complementaris externa s. 
supra angularis) ift eine die Außere hintere Wand bildende 
Platte; 4) das Winfelftüd (p. angularis) bildet ven hin 
tern Winfel des Unterfiefers;. 5) das innere Ausfüllungss 
ftüd (p. complementaris interna s. .opercularis) hilft als 
dünne Knochenplatte die innere Wand bilden und ftößt vorn 
an das Zahnhöhlenftüäd; 6) das Kronenftüd Cp. coronalis) 
bildet den Kronenfortſatz. 
b) Knochen des Rumpfes. 

Es find die Knochen der Wirbelfäule, die Rippen, das 
Bruftbein und das Becken. | 

Die Wirbelfäule ift dadurch ausgezeichnet, daß ihr 
vorberer Theil lang und leicht beweglich, der hintere kurz und 
in feinen Theilen unbeweglich ift, mit Ausnahme des Schwans 
zes, defien Wirbel wieder leicht beiveglich find. Die Lenden- 
wirbel fehlen in ber Regel, ober fle find mit dem SKreuzbein 
feft verwachfen. | 

Die Halswirbel, deren Zahl (7) bei den Säugethies 
en ziemlich beftändig ift, fommen bei den Vögeln immer in 
weit größerer Zahl vor, denn von den Hausvögeln hat die 
Taube 12, das Huhn 13, die Ente 15. und die Gans 18 
Halswirbel. Der erfte Halswirbel (Atlas) iſt der kleinſte, 
denn er iſt nur ein niebriger Ring mit einfacher Gelenfhöhle 
für den: einfachen Knopffortfag des Hinterhauptsbeines. Die 
Koͤrper der Wirbel find am hinten Ende ſchwach conver, am 
vorderen concav (umgefehrt wie bei den Säugethieren); ihre 
fchiefen oder ©elenkfortfäbe find am meiften entwidelt, denn 
die Dornfortfäge kommen nur bei den vorberen und hinteren 
Halswirbeln vor, die Querfortfäße find Furz, bilden den Kanal 
für die Wirbel-Arterie, Bene und den auffteigenden Theil des 
ſympathiſchen Nervens. An den Iehten Halswirbeln Tommen 


— 49 — 


außer den Querfortſaͤtzen und an ihnen befeſtigt kurze griffel⸗ 
foͤrmige Fortfaͤtze vor, die in der Jugend beweglich find und 
falſchen Rippen gleichen. 

Die Zahl. der Rückenwirbel ‘tft beträchtlich — 
als die der Halswirbel; die Taube und das Huhn haben 7, 
die Ente und Gans 9. Jeder Wirbel iſt Fürzer, als ein 
Halswirbel, ber Körper ift fohmal, von den Seiten zuſammen⸗ 
gevrüdt, und an ber untern Fläche find bei dem Huhn be= 
trächtliche Dornfortfäge, welche unter einander zu einer durch⸗ 
brochenen Knochenteifte verwachſen. Die Bogen find dicht an 
einander gerüdt, ohne Lüden, fo daß auch die oberen Dorn⸗ 
fortfäße gewöhnlich verfchmolzen find. Die Querfortſaͤtze find 
fehr entwidelt, breit, flach und horizontal, bisweilen der vor⸗ 
dere mit dem. folgenden hinteren verwachfen; an jeben heftet 
fih der Höder der Rippe. 

Die Lendenwirbel beftehen bei dem erwachſenen Vogel . 
nicht mehr als trennbare Knochen, fonbern fie vermachien. 
ſtets mit dem Kreuzbein zu einem Stüd; übrigens find ihrer. 
nur 1 bis 2 vorhanden. 

Das Kreuzbein .befteht nur beim jungen Vogel aus 
einzelnen, gewöhnlich 12 Wirbeln, bei dem erwachjenen iſt e8 
ein zufammenhängender Knochen, an welchem bie einzelnen 
Wirbel durch die Fortfäße und Zwiſchenwirbelloͤcher nur ſchwach 
zu unterfcheiden find. Seine obere Fläche iſt hinter den Darm- 
beinen ausgehöhlt und ohne Dornfortfäge, zwiſchen bem 
Darmbeinen find verſchmolzene Dornfortfäße vorhanden. 

Schwanzwirbel kommen gewöhnlich 7 vor, von. wel- 
hen der letzte der flärffte und faſt dreifantig iſt; ſie beflken 
Harfe Fortfäge und find beweglich. 

. Die Zahl der Rippen ift bei.dem Huhn und der Taube 
7 (wie die Rüdenmwirbel), bei der Gans und. Ente 10 Paar, 
(bei 9 Rüdenwirbeln), fo Daß das letzte Paar an dem erften 
Lendenwirbel befeftigt iſt. Alle haben vorn zwei kurze, faljche 
Rippen, bie das Bruftbein nicht erreichen. Die Verbindung 


— RM — 


der wahren Rippen ‚mit dem. Brufibeine gefchieht nicht durch 
Knorpel, fondern durch Knochen (Ossa sterno-costalia), wel- 
he den Rippen gleichen und mit weichen fie in einem ab⸗ 
und ruͤdwaͤris gefehrien Winkel beweglich verbunden find. 
An dem Bruftbeinende iſt jeder dieſer Knochen etwas breiter, 
er ſpaltet ſich in zwei kleine Gelenkköpfe, die mit: zwei Ges 
Ienfgräbihen am Settenraude des Bruſtbeins artikuliren. Am 
obern Ende haben bie meiſten Rippen ein Köpfchen. und eis 
nen Höder. Eigenthümlich find der zweiten falfchen und. den 
meiften wahren Rippen Heine, rückwuͤrts und aufwärts ge⸗ 
fehrte Fortfäbe (Processus ;uncinsti), die von der Mitte des 
binteren Rande einer Rippe über die Außere Fläche ver 
nächften folgenden Rippe ſich erſtrecken und mit ihr durch 
Bänder verbimden find, Durch diefe Einrichtung erhält ber 
Bruftfaften größere Feſtigkeit. 

Das Bruftbein if bei den Vögeln im Verhaͤltniß fehr 
Inng und überhaupt groß, und es ragt nach Hinten über bie 
eigentliche Bruftgegend hinaus. Es Hat bei allen ımferem 
Hausvögeln in der Mittellinie einen Hohen Laͤngskamm over 
Kiel, der den ſtarken Bruftmusfeln ‚als Anheftungsfläche dient. 
Am vorderen Rande des Bruftbeines befinden fich zwei laͤng⸗ 
liche: Gelenfgrusen zur Verbindung mit den Schtüffefbeinen, 
. and zwiſchen beiben. in der Mitte ein foharfer Fortſatz. Jeder 
Seitenrand enthält vom vorderen Theile fo viel Doppelgruͤb⸗ 
chen als fich wahre Rippen durch ihre Ossa sterno-costalia 
mit ihm verbinden. . Das vorbere Ende des Seitenrandes 
geht. in’ einen dem Schlüffelbeine parallelen Fortſatz aus wel« 
her Rippenfortſatz (Processus costalis) heißt. ‚Der Hintere 
Theil des Seitenrandes ift durch einen "binnen, langen Fort« 
fa gebildet, welcher vom Miktelftäd des Bruſtbeins durch 
einen tiefen, won einer Membran ausgefüllten Ausfchniit ges 
wennt tft; und am ber Baſisdeſſelben kommt ‚beim Huhm: noch 
— nach Pe und. oben — und mit em 


bi 5 orte, 
2 i — 


— 4 — 


Dreieck endigender Fortſaz vor, weldyer einige Ossa sterno- 
costalia äußerlich deit. . 

Das Beden befteht wie geiwößntich aus ben. beiden 
feitlichen Beckenbeinen (Ossa innominata) und dem Kreuz: 
beine. Es ift. fehr lang, und dadurch ausgezeichnet, daß es 
unten offen ift, indem die Schanmbeine in der Mittellinie. fich 
nicht erreichen. Diefe Ginrichtung erleichtert das — 
feht. Jedes Beckenbein beſteht aus dem Darm⸗, Sitz⸗ und 
Schaambeine, die in der nach innen nicht en Se 
lenfpfanne zufammenftoßen. . . 

. Das Darmr oder Hüftbein if bie ‚größte Abtheiling 
es reicht nach vorn bis über. bie letzte Rippe hinaus und 
bedeckt ſie, verbindet ſich an ſeinem Innenrande vorn mit den 
Dornfortſaäͤzen und dem gleichnamigen Rande bes ander. 
Darmbeins Ceine Brüde bildend), und ift in feiner vordern 
Hälfte oben feicht, in feiner hintern Hälfte unten tief aus⸗ 
gehöhlt. 

Das Sitzbein iſt Fürzer, aber breiter al8 das Darmbein; 
es enthält hinter der Gelenkpfanne flatt des Sitzbeinausſchnit⸗ 
tes (Incisura ischiadica) ein großes. ovales Koch, welches nur 
vorn von dem Darmbeine begrenzt wird, und dem Hüftners 
ven zum Durchtritt dient. - 

Das Schaambein ift ein duͤnner, fehmaler, rippenartiger 
Knochen, welcher mit dem untern Rande des Sitzbeines pa⸗ 
rallel laͤuft, und mit demſelben entweder zum größten Theile 
verbunden ift (bei dem Huhn), oder nur an das hintere Ende 
des Sitzbeins fich anlegt, wie dies ‚bei den Schwimmvoͤgeln 
der Fall if. Nach diefer verfchtedenen Verbindung iſt auch 
das eirunde Loch (Foramen obturatorium) verſchieden; bei 
dem Huhn iſt es ganz vorn, unmittelbar unter ber Gelenk⸗ 
pfanne; bei der Taube ſind' zwei Feine eirunde Köcher ‚hinter 
einander, imb bei ben er bifbet e an auge 
opale Spalte. _ 


— 42 — 


c) Knochen der Gliedmaßen. 

Das Schultergerüft für den Flügel beſteht aus dem 
Schulterblatte, dem Schlüflelbeine und dem Gabelfnecyen. 

Das Schulterblatt if ein langer, ſchmaler, ſaͤbelför⸗ 
mig gebagener Knochen, welcher an ber Rüdenfeite quer auf 
ben Rippen liegt, und vorn mit. dem Schlüflelbeine und dem 
Gabelfnochen durch Faferfnorpel verbunden iſt. In Gemein⸗ 
ſchaft mit dem Schlüffelbeine bildet das Schulterblatt die 
Gelenkgrube für den Oberarm. 

Das Schlüffelbein ober Hatenfhläffelbein (Cie- 
vieula s. Os coracoideum) ift der ftärffie Knochen des Schul⸗ 
tergeruͤſteo; es fleigt fchräg von oben und außen (vom Schul« 
terblatte) nach unten und innen zum Bruftbeine herab, ift 
bier am breiteften. und ſchwach beweglich verbunden. 

Der Gabelknochen oder das zweite Schlüffelbein 
(Furcula) iſt ein Vförmiger, unpaariger Knochen, welcher an 
feinem unteren einfachen Ende durch ein Band mit der Spike 
bes Bruftbeinfieles und durch feine beiden oberen Enden mit 
ben beiden Schultergerüften verbunden ifl. 

Der Ylügel befteht aus dem Oberarm, Vorderarm, ber 
Handwurzel, Mittelhand und den Fingern. 

Das Dberarmbein (Os humeri) hat flatt des runden 
Gelenklopfes eine Iängliche, wenig abgefepte Gelenkflaͤche, es 
ift am oberen Ende am flärfflen und mit Stnochenleiften, zur. 
Mustelanheftung, verfehen. Das untere Ende if dem der 
Sfugethiere ähnlich. 

‚Der Borderarm befleht aus der duͤnnen Epeiche und 
dem dickeren Ellenbogenbeine, weiches oben. Chinten) ar 
kurzen Ellenbogenhöder (Olecranen) hat, 

Die Handmwurzel beſteht nur aus zwei neben; der 
vordere (Os carpi radiale) ift mit der Speiche eingelenkt und 
nimmt den größeren Theil der Mittelhand auf. Der hintere 
(Os carpi ulnare) liegt in der Biegung zwifchen dem Ellen⸗ 
bogenbeine und der Mittelband. 


— 11913 — 


Die Mittelhand befleht aus zwei, oben und unten 
verwachfenen, in der Mitte getrennten Knochen; der größere 
liegt vorm und hat oben einen Höder für den Daumen; ber 
Heinere liegt hinter jenem. Die Vögel haben die Anlage zu 
drei Fingern; der Damen figt am vorderen Flügelbuge und 
befteht bei dem Huhn und der Taube aus einem Gliede, hat 
aber bei den Schwimmvoͤgeln zwei Glieder. Der Mittelfinger 
iſt der Iängfte und ſtaͤrkſte; er ift an beine Mittelhandknochen 
befeftigt und befteht aus zwei Gliedern, wovon das erfte breit, 
das zweite ſpitz zulaufend if. Der dritte Finger befteht nur 
aus einem Gliede, und liegt unter dem dünnen Mittelhand« 
fnochen, dicht an dem Mittelfinger. 

Die Hinterertremität befteht aus dem Oberfchenfel mit 
der Knieſcheibe, dem Unterſchenkel, dem Mittelfuß und den 
Zehen, es fehlt alfo die Fußwurzel. 

Ober⸗ und Unterfchenfel haben die meifte Aehnlich« 
Zeit mit den gleichen Theilen der Säugethiere; der Unter- 
fehenfel befteht aus dem ftarfen Unterfchenfelbeine ( Tibia), 
welches mit dem großen Mitteffußfnochen artifulirt, und dem 
nach unten dünn -auslaufenden Wadenbeine CFibula). 

Der Mittelfuß befteht. aus dem großen unb Fleinen 
Mittelfußfnochen. Der große fpaltet ſich unten in drei Forte 
füge, zur Artifufation mit den, drei größeren Zehen, auch hat 
er am Mittelftü vorn und hinten eine Längsfurche zur Auf⸗ 
nahme der Stred- und Beugefehnen. Bei dem Hahn befigt 
er noch einen flarfen gefpisten Bortfag an ber innern Seite 
für den Sporn. Der Heine Mittelfußfnochen liegt am untern 
Ende und.innern Rande des großen umd ift nur für bie in- 
nerfte Zeche beftimmt. Bon ben vier Zehen befeht bie in⸗ 
-nerfte aus 2 Gliedern, die zweite aus 3, die dritte (längfte) 
aus 4 und die vierte Cäußere) aus 5 Bliedern. Das End⸗ 
gliev an jeder Zehe ift rund und trägt die Kralle. 





Mag. f. Ihierheift, XUL 33 


— 0 — 


Erklaͤrung der Abbildungen auf Taf. IV. 


Fig. 1. Das Skelet des Haushahns, verjüngt; von 
ber linfen Seite gefehen. 


1. Das Sochbein. 2, Das Quadratbein.. 3. Der äußere Ges 
hörgang und die Paufenhöhle 4. Der Atlas. 5. u.6. Der 
zweite bis dreizehnte Halswirbel. 7. u. 8. Der erfte bis ſie⸗ 
bente Rüdenwirbel. 9. Das Darmbein. 10. Das Siebein. 
11. Das Schaambein. 12. 12. Das linfe und rechte Hüft- 
beinloch. 13. Das eirunde Loch der rechten Seite. 14. 14. 
Die fieben Schwanzwirbel. 15. Der Kamm oder Kiel des 
Bruftbeins. 15 b. Der vordere Fortſatz des Bruſtbeins. 16. 
Der Rippenfortfag (Processus costalis). 17. Der breite, 18, 
der dünne und lange Fortſatz am Seitenrande des Bruftbeins. 
19. Der dünne Fortfag der rechten Seite. 20. Die zwei fals 
ſchen Rippen. 21.21, Die fünf wahren Rippen. 22.22, Die 
gefrümmten Fortfäße (Processus uncinati). 23:23. Die Brufts 
bein-Rippenfnochen (Ossa sterno-costalia), ftatt ver Rippen- 
knorpel. 24. Das Schulterblatt. 25. Das Schlüfielbein. 26, 
Der Gabelfnochen. 27. Das Oberarmbein. 28. Die Speiche. 
29. Das Elienbogenbein. 30. Der vorvere, 31. der hintere 
Handwurzellnochen. 32. Die zwei Mittelhandknochen. 33. Das 
einzige Daumenglied. 34. Die zwei Glieder des Mittelfingers. 
35. Das einzige Glied des dritten Fingers. 36. Das Ober⸗ 
fchenfelbein. 37. Die Sniefcheibe. 38. 38. Das Unterfchenfel« 
bein. 39. 39. Das Wadenbein. 40. Der große Mittelfußfno- 
chen. 41. Der Hortjab für den Sporn. 42. Der Heine Mit« 
telfußfnochen, für 43. die innerfte, aus zwei Gliedern be- 
fiehende Zeche. 44. Die zweite Zeche, mit drei Gliedern. 45. 
Die dritte Zehe, mit vier Gliedern. 46. Die vierte Zeche, mit 
fünf. Glievern. | 


Fig. 2. Der Kopf des Hahns, von unten. 


Naturgröße. 
1. Das große Hinterhauptsloch. 2. Der Knopffortſatz. 3. Das 
Keilbein. 4. Das Ylügelbein. 5. Das Gaumenbein. 6. Das 
Bflugfhaarbein. 7.7, Zwei Musfelfortfäße vom Unterfiefer. 
. Das Jochbein. 
Fig. 3. Das Schulterblatt, von oben. Naturgröße. 
1. Das vordere, 2. das hintere Ende. 3. Die obere Fläche. 


— 458 — 


IS. Kritik. 


Handbuch der Veterinair-Ophthalmologie für 
Thierärzte, vom Dr. 3. F. Müller in Mainz. 
Berl. von. G. Weftermann in Braunſchweig. 1847. 


Das ganze Werk zerfällt in zwei Abtheilungen ; in ber 
erften ift die Anatomie und Phyſiologie der Geſichtswerkzeuge 
und in ber zweiten die Pathologie. und Therapie der Augen» 
Iranfheiten abgehandelt. 

1. Abtheilung: Anatomie und Phyſiologie. 

In dem anatomifchen Theile hat der Verfaſſer 65 erläus 
ternde Figuren (ſehr gelungene, ſchoͤne Holzfchnitte) in den 
Text druden laflen, Die von 1 bis incl. 36 und von 43 bis 
ineL 65 aus Gurlt's anatomifchen Tabellen fehr genau abs 
gezeichnet find; denn fte ftellen alle Diefelbe Anlage der Theile 
dar, enthalten diefelbe Numerirung felbfl da, wo es dem 
Zwecke nach überflüffig und deshalb für den Lefer flörend iſt; 
ja der Berfafler ift bei dem Copiren fo getreu geweſen, daß 
er felbft einzelne Unrichtigfeiten bona fide mit aufgenommen 
bat, die beim Prof. Gurlt in einer früheren Ausgabe zwi⸗ 
fchen den Tabellen und dem beigegebenen Texte ſich einge 
fehlichen hatten, aber von demſelben längft wieder berichtigt 
find. Die übrigen 6 Figuren von 37 bie 42 find, nach des 
Berfaflers Bemerkung aus Weber’s anatomifchem Atlas ent- 
lehnt. Vergeblich fucht man noch nad) andern Figuren, die 
nicht aus jenen beiden Werken gezogen find, und müflen wir 
und deshalb. wundern, warum. der Berfafler in der Vorrede 
nur theilweife und nicht ganz aufrichtig gewefen iſt. Er fagt 
hier nämlich: „Die zur. Beranfchaulichung verwandten natur 
getreuen Abbildungen zogen wir theilweiſe aus den Werfen 
der beiden Soͤmmering, Weber und Gurlt, nachdem wir fol- 
he größtentheild nachpräparirt hatten und zugleih nah 
der Ratur aufnehmen und zu unferem Gebrauche enifpre 
chend verkleinern ließen.” 

33 * 


— 49096 — 


Mißbilligen muͤſſen wir ganz beſonders die häufige und 
'unnüge Wiederholung vieler Abbildungen; Figur 1 finden 
wir unter Fig. 22 wieder; Fig. 2 unter 23; Fig. 3 unter 
18; Fig. 4 unter 9 und 16; Fig. 5 unter 10 und 20; Fig. 
6 unter 7, 12 und 25; Fig. 11 unter 13, 14 und 15; 
Sig. 26 umter 27, 29 und 33; Fig. 28 unter 31 und 61; 
Fig. 30 unter 60; Fig. 32 unter 62; Fig. 34 unter 35, 36 
und 64; Fig. 43 unter 46 und 47; Fig. 44 unter 48 und 
50. Es hätten alfo gegen die Hälfte von den Figuren fuͤg⸗ 
lich wegbleiben können, wodurch nicht der Werth, wohl aber 
der Preis vermindert worden wäre. Bel der häufigen Wie⸗ 
derholung derſelben Figur zur Erläuterung der verfchiebenften 
Gegenſtaͤnde find nun auch ganz natürlich Die Figuren den 
befchriebenen Theilen nicht Immer recht entſprechend, fo daß 
manche- Theile nicht ganz Mar und anfchaulich dargeſtellt find; 
wenn 3.3. dieſelbe Figur, welche urfprünglich die Blendungs⸗ 
nerven verfinnlichen fol, auch zur Darftellung der durch⸗ und 
undurchſichtigen Hornhaut benupt wird, ober wenn die Figur, 
welche im. Originale bei: Gurlt die Fortfegung der Central 
Arterien der Neghaut in dem Glaskoͤrper und der Kryſtall⸗ 
linfe des Foͤtusauges vom Pferde darftellt, wenn biefelbe 
Figur zur Berfinnlichung des Glaskoͤrpers und der Kryſtall⸗ 
linfe gebraucht wird, fo ift e8 wohl einleuchtenn, daß bei der 
überflüffigen Anzahl von Figuren viele Thelle hätten zweck⸗ 
mäßiger und anfchaulicher dargeftellt werben fönnen. - 

Im 8 2 finden wir zunächft eine Befchreibung der. Au⸗ 
‚genhöhle, wo es heißt: „Der Augapfel liegt in einer, von 7 
Knochen gebildeten und mit einer ftarfen Sehnenhaut ums 
fleideten, Fegelförmigen, vorn offenen Höhle ꝛc.“ Diefe 
Beichreibung paßt nun wohl für die Augenhöhle der Men- 
fehen und Affen, aber nicht. für Die der Hausthiere, denn bie 
befannten 7 Knochen tragen nicht allfeitig zur Bildung der 
YAugenhöhle bei, es :bleibt. bei fümmtlichen Hausthieren nach 
hinten und außen, bei Pferden und Rindern auch nach oben 


ein, bei verfchiedenen Thtergattungen auch verfchleden großer 
Raum übrig, wo zunächft nur die Augenhöhlenhaut zur 
Schließung ber. Augenhöhle dient; dann ift bei Hunden und 
Schweinen nicht einmal der vordere Ring der Augenhöhle 
ganz durch Knochen gebildet, fondern er wird zum Theil 
durd ein Band erfeßt. 

Bei der Befchreibung der Binbehaut im $ 21 fagt ber 
Derfaffer: „Man fieht daher in der Conjunctiva eines ganz 
gefunden Auges, zu welchem gar Fein Frankhafter Zufluß des 
Blutes flattfindet, nur fehr wenig und fehr feine Blutgefäße; 
übrigens erfcheint diefe Haut in ihrer ganzen Ausdehnung 
durchfichtig und farblos, fo daß fie an der vordern Fläche 
des Augapfels, ſowohl die weiße Sclerotica, als die durch⸗ 
fihtige Hornhaut durchfcheinen läßt." Es ift aber befannt, 
wie auch Prof. Gurlt an den betreffenden Orten deutlich 
ausgelprochen hat, daß Die Augenliverbindehaut bei unferen 
Hausthieren fehr deutliche Gefäßnebe zeigt, daß ferner ber 
Augapfeltheil der Bindehaut bet den meiften Pferden und 
MWiederfäuern mehr oder weniger fchwärzlich gefärbt ift, und 
ſich wenigſtens um den Rand der Hornhaut ein bräunlicher 
oder fchmärzlicher Ring findet. Auch bei Schweinen, Hun⸗ 
den und Kasen findet ſich in der Regel —— is 
Pigment vor. 

Bei der Betrachtung ber —— —— wo man ein 
und dieſelbe Figur auf jeder Seite und fo viermal hinterein- 
ander findet, vermiffen wir eine genügende Ausführlichkeit, 
indem . der Abweichungen ‚bei den verfchiedenen Hausthieren 
gar nicht gedacht if. Der Verfaſſer hätte bier ftatt der uns 
nuͤtzen Wiederholungen berfelben Figur zur Berfinnlichung ber 
Shränenorgane bei dem Pferde, die Abweichungen der Thrä- 
nenorgane bei den übrigen Hausthieren bilvlich barftellen 
fönnen, ohne die Abbildungen zu vermehren. Es find dieſe 
verfchievenen Abweichungen freilich noch: nicht. alle -in den 
anatomifchen Tabellen von Gurlt zu finben, fie werben erft 


in den jebt bearbeiteten Supplement⸗Tafeln vollſtaͤndig er⸗ 
fiheinen, der Berfafler Tonnte daher etwas ſchon Vorhanz- 
denes nicht abzeichnen, was hier beſonders deshalb zu 
rügen ift, weil er den anatomifihen Theil des Auges voll- 
fRändiger bearbeiten wollte, wie bisher gefchehen fei. 

Die Befchreibung der einzelnen Häute umd der übrigen 
optifchen Theile des Auges ift gründlich und gut. Das Ka 
pitel über die Blutgefäße des Auges aber enthält mehrere, 
faft fo viele Unrichtigfeiten, wie ed Abweichungen zwiſchen 
dem Auge des Menfchen und unferer Hausthiere giebt, und 
muß man deshalb annehmen, daß der Verfaſſer mindeſtens 
die Gefäße des Auges bei unferen Hausthieren nie felbft 
präparirt hat, was man dody füglich von demjenigen verlan⸗ 
gen: kann, der ſich zur Wervollftändigung der Zootomie des 
Auges berufen fühlte. Es heißt nämlich im $ 134: „Saͤmmt⸗ 
liche Schlagabergefäße des Auges entfpringen unmittelbar aus 
der innern Kopfarterie, vor deren Hirnpulsader (arteria ca- 
rotis interna — art. cerebralis anterior, art. encephalica), 
und unmittelbar aus ber Augenpulsader (art. opbthalmica);“ 
und im $ 142: „Weiterhin, als die worhergehenden Arterien 
(die Gentralarterien) entfpringt die Netzhautpulsader ꝛc.“ 

Die innere Kopfpulsader. giebt die Eentralarterle ber 
Netzhaut und bei Hunden und Sagen einzelne Verbindungs⸗ 
äfte mit der Augenarterie ab, letztere felbft aber entipringt bei 
allen unferen Hausthieren aus der inneren Kinnbacken⸗ 
arterie (art, maxillaris interna). Bei der Befchreibung ver 
Venen floßen wir auf ähnliche Unrichtigfeiten; denn im $ 143 
it gefagt: „Das Hintere Ende des vornehmften Augenvenen- 
ftammes liegt in dem Blutbehälter des Türkenfattels, beinahe 
nad unten, manchmal verbunden mit der Hauptvene der hars 
ten Hirnhaut, oder findet fich in dem freisförmigen, auch wohl 
in dem obern Blutbehaͤlter des Yelfenftüfes vom Schläfen- 
knochen.“ Der vormehmfte Augenvenenftamm (venia ophthal- 
mica) nimmt die Eiebbeinvene, die Berien der Ader⸗ umd 


Regenbogenhaut, Die Musfelzweige und die Stimvene auf 
und mündet in ber vordern Gefichtövene (vena facialis an- 
terior), liegt aber nicht im Blutbehälter des Türfenfattels. 

"Außerdem find auch in den folgenden Paragraphen die 
meiften Denen der Öefichtöwerfjeuge mehr oder weniger will⸗ 
fürlich angenommen und unrichtig befchrieben. — 

. Die Phyſiologie der Gefichtöwerkzeuge handelt der Ver⸗ 
fafier, mit .Einfchluß der reichlichen, wörtlichen Eitate aus 
verichledenen Werfen in 27 Seiten ab; es laͤht ſich alſo ſchon 
a priori fchließen, daß biefer Theil der Ophthalmologie nicht 
fonderlich ausführlich abgehandelt ik. Mit Ausnahme einer 
optiſchen Figur, welche die Wirkung der. Augenmusfeln ver- 
finnlichen foll, findet man wenig mehr, als in den Dann 
Kern der Phyſiologie. 

2. Abtheil. Pathologie-und Therapie. 

Sämmtliche Augenfranfheiten hat der DBerfaffer in zwei 
Abſchnitten abgehandelt und zwar in dem eriten bie dynami⸗ 
schen (Phlogoſen und Reurofen) und in dem zweiten die or⸗ 
ganiſchen Krankheiten. 

Phlogoſen. 

Der Verfaſſer betrachtet zunaͤchſt die aan 
im Allgemeinen und. zwar nad ihrem Character als fonochöfe, 
erethifche und torpide. Es werden hier die prädisponirenden 
und ereitirenden Urfachen, die -PBrognofe, die Ausgänge, die 
Behandlung und die dabei in Anwendung kommenden Mittel 
im Allgemeinen beſprochen. 

Bei den Urfachen ift unter andern auch folchen Thieren 
mit weicher, dünner Haut, ‚mit hellen Haaren und mit 
pigmentarmen Augen eine :Brädispofition zu Augenentzün- 
dungen zugefchrieben. Worauf der Berfafjer dies |begründet, 
iR-und unbekannt, nur ſoviel ift gewiß, Daß dies etwas Neues 


% 


aber nichts Wahres .ift. Niemand wird dem arabifchen Pferde, 


weiches doch eine fehr weiche und dünne Haut hat, eine 
befonbere Präpispofition -zu Augenentzündungen zuſchreiben; 





500 


ebenſo wenig hat es fih bis jest heraußgeftellt, daß: Schim⸗ 
mel und Pferde mit pigmentarmen Augen, mit den fogenann- 
ten Glasaugen, wo die Iris theilweife oder ganz weiß if, 
eine größere Anlage zu Augenentzündungen haben. Ich Tenne 
ein Geftät, wo nur Sfabellen mit Glasaugen gezüchtet wer⸗ 
den, an denen fich aber keineswegs eine befondere Anlage zur 
Augenentzündung herausgeftellt bat. In manchen Gegenden 
berrfcht fogar der Glaube, daß die Glasaugen weniger er⸗ 


F kranken, als andere, weshalb man ſolche Pferde gern kauft. 


Wenn ſich ſolche Anſicht im Volke forterhält, fo dürfte dies 
wenigſtens dafür ſprechen, daß nicht das Gegentheil ſtattfindet. 

Die Arzneimittel find nach ihrer Wirkungsweiſe ausführ- 
lich befchrieben, die In⸗ und Eontraindicationen beftimmt und 
far hervorgehoben; ich kann mich zwar nicht bei allen Mit« 
tein mit dem Berfafler einverftanden erflären, muß aber den⸗ 
noch diefen Theil für gründlich abgehandelt betrachten. 

Die Localblutentziebungen nach allgemeinen Blutentzie⸗ 
Hungen hält der Berfafer unter Umftänden für unentbehrlich, 
fie follen aber entfprechend reichlich gemacht werben, weil fie 
außerdem mehr reisten, ald herabftimmten. Blutegel, Schröpf- 
föpfe und Scarificationen der Bindehaut find Hier zu empfeh- 
fen. Damit aber die Blutegel anfaugen, wird das haarauf⸗ 
löfende Mittel von Ripel, beftehend aus einer Verbindung 
von Schwefel und Calcium, empfohlen. Die Blutegel follen 
um das Auge und mehr entfernt hinter dem Ohre und an 
dem Winfel des Unterkiefers angefebt werben. » 

Dies find alles Mittel und Vorfchläge, von denen ie 
in der Beterinair-Ophthalmotherapie ebenfo wenig einen zweck⸗ 
mäßigen Gebrauch machen koͤnnen, als fie vielleicht in ber 
Menfchen-Augenheillande unentbehrlich: find und zwar zum 
Theil aus dem, vom Verfaſſer felbft aufgeftellten, fehr richti⸗ 
gen Grundfate, daß nämlich jeder örtliche Aderlaß entfpre- 
chend reichlich gemacht werben muß, damit er nicht mehr 
reist, als herabfiimmt. Bei unferen größeren Haustieren 


— 1 — 


aber wirb die Herabſtimmung durch einen örtlichen Aderlaß 
nicht genügend erreicht, wohl aber bie Reizung vermehrt und 
fomit mehr Schaden als Bortheil gebracht. Die Schröpfe 
föpfe mögen noch paflisen, weil fie einmal nicht koſtſpielig 
und nur in der Umgegenb des Auges zu appliciren find, wo⸗ 
durch Das Auge ſelbſt nicht gereizt wird. Die Blutegel könn⸗ 
ten nur in der nädhften Nahe und in größerer Anzahl etwas 
fruchten, nie aber hinter Dem Ohre und an dem Un» 
terfieferwinfel. Die Blutegel koſten bei und gewöhnlich 
a St. 3—4 Sgr. und 15 — 20 Stüd find. bei den größeren 
Hausthieren zu einem wirffamen örtlichen Aderlaſſe nöthig; 
es würde alfo ein einziger. örtlicher Aderlaß 14 — 23 Thlr. 
koſten, der obenein nur in folchen Faͤllen etwas nuͤtzen Fönnte, 
wo er gar nicht einmal fo dringend nöthig ift, nämlich bei 
Entzündungen der Augenliver und der Bindehaut. Bel Ent- 
zändung im Inneren des Auges felbft, wo eben die Indica⸗ 
tion zum örtlichen Aderlaſſe am dringendflen if, da nügt er 
fehr wenig. Strenge Diät, Ableitung durch den Darmkanal, 
ſtarke und wiederholte allgemeine Aderlaͤſſe und örtlich ablei- 
tende Mittel haben neben andern, zweckentſprechenden Arznei- 
miüteln in der Praris noch fletö genügt und bie unficheren, 
meift ſchwer zu applicirenden, oft fchäplichen und theilweiſe auch 
fehr Eoftfpieligen Localblutentziehungen entbehrlich gemacht. 
Sn den Paragraphen 91 und 93 ift die Application bes 
Senfteiges umd der blafenziehenden Salben auf die Wangen, 
hinter die Ohren, an die Seiten des Halfes, an ben 
Widerriſt und an bie innere Seite der Schenkel empfoh- 
In. Der Senfteig if aber bei den Thieren gar nicht an 
ſolchen Stellen in Anwendung zu bringen, wo eine ablei- 
tende Wirkung bei Augenentzündungen zu erwarten ifl; abs 
geſehen von der Schwierigfeit der Befefligung, fo würde es 
doch trotz aller Borfiht Taum zu verhüten fein, daß fich die 
Thiere nicht etwas davon in die Augen rieben. Die Anwen⸗ 
dung der fcharfen Mittel am Halfe, befonders aber am Wi⸗ 


— 502 — 


derrift und an der inneren Schenfelfläche Ift bei Augenent- 
sündung der größeren Thiere weniftens ganz zwecklos, wonen 
fein praftifcher Thierarzt Gebrauch machen wird. 

Die Fontanelle durch Zerflörung der Haut mittelft Aetz⸗ 
pafte, wie im 896 angegeben, ift in ber Ihierheilfunde ganz 

unpraftifch und gänzlich zu entbehren. Biel zweckmaͤßiger, ein- 
facher und mindeſtens ebenfo Fräftig wirkend iſt Das gleich“ 
zeitig vom Verfaſſer angeführte Gfüheijen, wenn man es 
nicht vorziehen follte, ſich auf die Kontanelle, durch fremde 
Körper in einer Wunde, zu befchränfen. Die Applicatton fol 
nach dem Berfaffer in der Regel am Hinterliefer in der Oh⸗ 
rengrube gefcheben, weil hier die Rarbe durch den Zaum⸗ 
oder Halöriemen bededt wird. Ungenchtet biefes Keinen Bor- 
theile Können wir es doch nicht bilfigen und noch weniger 
empfehlen, bei unferen Hausthieren an der bezeichneten Stelle, 
alfo auf der Ohrfpeicheldrüfe ein Eiterdepot zu etabliren. 
Die zwedmäßigfte Stelle hierzu tft immer auf dem äußeren 
Kaumusfel nahe am Unterfieferrande. 

Das Haarfeil tft an dem Unterfiefer ober hinter dem 
Dhre am Halfe oder durh den Grund der Mähnen zu 
ziehen empfohlen. ebenfalls ift es aber zwedmäßig, fich 
auf die beiden erſten Stellen zu: befchränfen und die Mähnen 
zufrieden zu laffen. Beim Haarſeilziehen an der Badenfläche 
fol man eine horizontal Laufende Hautfalte am Hinterfiefer 
bilden, diefe nahe am Grunde quer vurchftechen und fo das 
Band durchziehen, woburch ein fenfrechtes 4—5 Zoll unter 
der Haut hinlaufendes Haarſeil gebildet werben fol. Es if 
nun aber nicht möglich, bei den größeren Hausthieren, na« 
mentlich bei den Pferden eine ſolche Hautfalte auf der Bade 
zu bilden, daß das Haarfeil 4—5 Zoll lang unter der Haut 
binläuft, und fürzer darf die Hautbrüde nicht, werben, weil 
einmal dad Haarfeil beim laͤngeren Liegen leicht ausreißen 
und dann auch, weil die Wirkung ‚nicht Fräftig genug fein 
würde. Diefe Operationsweiſe ift alfe unzwedmaͤßig. Die 


— 5 — 


Richtung des Haarfelld auf der Bade iſt durch das Wort 
„ſenkrecht“ nicht genau angegeben, weil nicht geſagt iſt, bei 
weldher Kopfſtellung; meint der Verf. etwa, daß das Haar- 
feil von der SJochleifte nach dem Unterfieferrande — gleiche 
gültig, ob in grader oder fchräger Richtung — hinlaufen ſoll, 
wie man aus ber Befchreibung wohl annehmen muß, fo if 
biefes ein grober Verftoß gegen die Zootomie, der fich in ber 
Praxis oft bitter rächen würde; denn in der Nähe ber och 
Teifte, unterhalb berfelben verläuft neben einem Nervenziveige 
vom fünften Sirnnerven auch der Hauptflamm des Antlig- 
nerven oberflächlich unter der Haut, der fehr leicht verlegt 
wird, was ſtets eine Lähmung ver Lippen zur Folge bat, bie 
gewöhnlich incurabel if. 
Augapfelentzündung, Ophthalmitis, 

Se nachdem dieſe urfprünglich in allen Gebilden bes 
Muges zugleich auftritt oder fich von einem entzündeten wich- 
tigen Organtheile aus auf den ganzen Bulbus verbreitet, ift 
fie in primäre und ſecundaͤre unterfchteven und vollſtaͤndig 
abgehandelt; nur in Bezug auf die Behandlung haben: wir 
einige Bemerkungen zu machen. 

Im $ 111 empfiehlt der Verfafler zunächft „einen reich« 
lichen, dem Entzündungsgrade genügend entfprechennen Aber 
laß, und zwar bei flarfer Blutcongeflion nach dem SKopfe 
oder bei noch nicht vollftändig entwidelter Entzündung, am 
Schweife, bei intenfiverer Entzündung, am Halfe oder ſelbſt 
die Eröffnung eines Schlagaberaftes in der Umgebung des 
Auges vorzunehmen.” IR die Entzündung gebrochen, iſt Nei⸗ 
gung zur Erfubation oder letztere felbft fehon vorhanden, fo 
fol die Gegend des Bogenfortfages vom Stirnbeine, bes 
Thränens und Jochbeins mit Duerfilberfalbe und Opium 
eingerieben werden, um die NReforptionsthätigfeit zu erhöhen 
und die Entzündung zu zertheilen. 

Alfo ein Aderlaß am Schweife „bei ſtarker Conge⸗ 
ſtion nach dem Kopfe und bei noch nicht vollſtaͤndig ent⸗ 


— 504 — 


wickelter Entzündung.” Warum bei Congeſtionen nach dem 
Kopfe? Wie uns beduünkt, fo iſt in folchen Fällen der 
Aderlaß am Halfe ganz befonder angezeigt, und ber Ver⸗ 
fafler wird uns auch aus zootomifchen Gründen zugefichen 
muͤſſen, Daß hierdurch eine directe und Fräftigere Ableitung 
vom Kopfe bewirkt wird, wie fle burdy einen Aderlaß am 
Schweife nicht zu erreichen if. Bei noch nicht vollſtaͤndig 
entwidelter Entzündung finden wir ebenfalls feine Veranlaſ⸗ 
fung, Blut am Schweife abzuzapfen und lebteren wohl gar 
zu verflümmeln; denn man kann au6 der Halsvene ganz ge= 
nau jede beliebige Quantität Blut ablaflen und braucht fich 
deshalb nicht an den Schweif zu wenden, um weniger 
Blut zu entziehen. Die Gründe gegen den Aderlaß am 
Schweife überhaupt, durch Deffnen der Venen oder Abfchla- 
gen der Rübe (wenn lebteres nicht zugleich aus amderen 
Gründen beabfichtigt wird) find jedem Thierarzte binlänglich 
befannt. Bei den Schweinen aber if das Abfchneiden des 
Schwanzes die bequemfte Art, Blut abzulaflen. Die Schweine 
aber kann der Verfaſſer nicht im Auge gehabt haben, weil er 
vom Schweife ſpricht. Bei intenfiverer Entzündung foll 
am Halje oder „ſelbſt an einer Schlagader in der Umgebung 
bed Auges” zur Ader gelaffen werben. Der legte Aderlaß 
fteht alfo dem Berfaffer in feiner Wirkung bei Augenentzün: 
dung am höchften. Hier muß ich meine Kollegen warnen, 
fich nicht etwa verführen zu laſſen. Es fragt ſich zunächkt, 
weiche Schlagader fann in ver Nähe des Auges geöffnet 
werden? Der Berfafler fpricht fich Darüber nicht aus, und 
nad) ‚meiner anatomifchen Topographie ift e8 nur die Arteria 
transversa faciei, biefe aber fendet ihr Blut befonderd nad) 
dem äußeren Kaumuskel, dem Joch⸗ und Geſichtshautmuskel 
und nach der Haut, das Auge befömmt nichts davon ab, 
diefem wird das Blut nur durch einen, von außen unzu⸗ 
gänglichen AR der inneren Kinnbadenarterie, durch die Art. 
ophthalmica, zugeführt. Eine directe Blutentziehung von dem 


— Bu — 


Auge kann alſo durch die Oeffnung der Schläfenarterie nicht 
erreicht werden, und um einen allgemeinen Aderlaß zu machen, 
wird es wohl Niemandem einfallen, dieſe Arterie zu öffnen. 

Die Arteriotomie hat alfo bei Yugenentzündungen feinen 
Nutzen, wohl aber bat fie immer einen nicht unbeträchtlichen 
Nachiheil dadurch, daß fich regelmäßig ein Ertravafat bildet, 
„weiches fich nicht felten über die ganze Bade erftredt, heftige 
Spannung. verurfacht und fo zur Verfchlimmerung der Augen⸗ 
entzündung beiträgt. 

- Db die Einreibungen der Quedfilberfalbe- mit Opium in 
der Umgegend des Auges die Reforption im Auge bethätigen, 
ift fehr zweifelhaft, jedenfalls aber iſt die Wirkung zu ſchwach 
und zu langfam bei den Thleren, als daß fie angewendet zu 
werden verdienen, zumal da der Zweck auf andere Weile viel 
ficherer erreicht wird. 

Entzündung der Augenliver. Hier find die reinen und 
die rofenartigen Augenliderentzündungen, die entzündliche 
Nafenwinkelgefchtwulft, das Gerftenforn und bie idiopathiſche 
Augenlider» Drüfenentzündung — lebtere befonders ausführ- 
lich — abgehandelt. Die Nafenwinfelgefhwulft, Aegilops, 
fol Häufig die Ziegen befallen. Dies ift jedoch ein Irrthum, 
zu welchem fich der Verfaſſer wahrfcheinlich durd) den Ramen 
Bat verleiten laſſen. 

Dem Berfafter bat bei Bearbeitung dieſes Kapitels * 
vas Auge des Menſchen, als das der Thiere vorgeſchwebt, 
wie aus der ganzen Abhandlung und beſonders noch daraus 
zu entnehmen iſt, wenn im 8. 117 geſagt wird: „Sie — die 
Augenliderentzuͤndung — beginnt am Tarſalrande als inten⸗ 
five Röthe,. Hitze, Geſchwulſt, fühlbares Klopfen x.“ 
— und im 8. 118: „fo dehnt ſich die. Geſchwulſt immer weis 
ter aus, erhebt ſich an ihrem hoͤchſten Punkte, erſcheint dort 
blaͤſſer, als auf der übrigen blaurothen Flaͤche ꝛc.“ 

Bon der roſenartigen Yugenliverentzündung wird 8. 122 
gefagt, daß fie, wie Eryſipel überhaupt, in der Oberhaut 


506 


und dem Schleinmepe und auch manchmal in der. Leder 
baut hafte. Diefe.Anficht, die fo ganz als ausgemacht da⸗ 
bingeflellt ift, Hätte der Verfaſſer lieber für fish behalten fol« 
fen, er irrt fich wenigftens fehr, wenn er glaubt, daß bie 
Thieraͤrzte überhaupt gutgläubig genug find, alles für bare 
Münze zu nehmen, was er und aus Mitleiden für unfere 
Wiftenfchaft darbietet. Die Oberhaut hat feine Gefäße und 
Nerven und Tann fich fomit eben fo wenig entzünden, wie 
Haare und Horn. Ganz gleich verhält es fih auch mit dem 
Schleimnepe, welches gewiflermaßen die junge, nad) nicht zu 
Schuppen erhärtete Oberhaut ift. 

Zu den excitirenden Urfachen des Gerſtenkorns wird 
9. 134 fchlechte oder allzuerhigende Rabrung, namentlich ber 
zu ‚häufige uud reichliche Genuß Des Branntweinsfpüligts ge- 
zählt. Wäre dies der Fall, fo müßte das Uebel in Brenne- 
rewirthichaften, mo dem Rindvich faft nur Schlämpe gefüt⸗ 
test wird, eine häufige Erfcheinung fein; dem iſt aber nicht 
fo ; bei mehreren Hundert Kühen in Brennereien ift mir noch 
nicht ein einziger Hal vorgefommen. 

Die Entzündung der Bindehaut ift in 7 verfchievenen 
Formen abgehandelt; biefe find: bie iviopathifche, die katarrha⸗ 
lifche, die rhermatifche, die eranthematifche und bie impeligi- 
nöfe Entzündung, das Triefauge und die Entzündung der 
Blinzkaut. Die exanthematiſche Entzündung zerfällt wieber: 
l).in rofenartige und 2) in variolöfe Entzündung und zwar 
a, variolöfe Entzündung der Bindehaut, b. varioloͤſe Augem- 
liderdrüſen⸗ c. Augenliverentzündung und d. Schleimflüfle 
ber varlolöfen Augenentzündung. Die impetiginoͤſe Entzün- 
dung ift als pforifche Entzündung der Augenliver und der 
Bindehaut abgehandelt. Alfo 7 Hauptformen, von denen 2 
wieder in 7 Unterabtheilungen zerfallen, fo daß gerade ein 
Dutzend herausfommen. 

Den armen Thieren werden alle nur möglichen Bormen - 
angebichtei, die man nad vieler Mühe bei dem Menſchen 


— dl — 


herausgefunden hat. Eine Beſchreibung hat uns der Ver⸗ 
faſſer von jeder Form gegeben, das Erkennen darnach aber 
muͤſſen wir demſelben uͤberlaſſen, ich bin wenigſtens nicht im 
Stande, alle formen nach der Beichreibung in der Natur 
herauszufinden. Wahrſcheinlich hat aber wohl der Berfaffer 
mehr für die Erweiterung der Beterinair-Wiffenfchaft Cin dem 
Sinne einer früheren Zeit), denn für die Praris gefchrieben. 

Auf eine ſpecielle Kritif kann ich mich hier nicht weiter 
einlaffen, weil dieſe Teicht Länger werben Eönnte, wie die Ab- 
handlung felbft, deshalb will ich nur das herausgreifen, was 
ich nicht gut übergehen Fann. 

Sm $. 162 iſt gefagt, daß ferner diefenigen Bindehaut⸗ 
entzündungen ©eneigtheit haben, in Brand überzugehen, welche 
die fogenannten Anthrarfranfheiten des Hornviches begleiten. 
Noch nie habe ich den Anthrar von einer Bindehautentzün- 
bung begleitet gefehen, weder beim Hornvieh, noch bei andern 
Thieren, obwohl ich, mit Einſchluß der Schafe, mehrere Hun- 
dert folcher Patienten gefehben und behandelt habe. Beim 
wirklichen Milzbrande kommt auch überhaupt nie eine wirfs 
liche Entzündung zu Stande, fondern nur paffive Hyperämien 
und Ablagerungen von entmiſchtem Blute. Es kommt in fel- 
tenen Fällen vor (ich habe erft 2 derartige Fälle beobachtet), 
daß fi am Auge ein Karbunfel bildet, d. h. zerfehtes Blut 
und gelbe Sulze ablagert, dies ift aber feine Entzündung, 
eben fo wenig, wie das Gekroͤſe entzündet ift, wenn bier bie 
Ablagerungen, wie gewöhnlich, ftattfinden. 

Bei der Behandlung der idiopathiſchen Bindehautentzün- 
dung fagt der Verfaſſer 8. 371: „Bei heftigen und ganz re- 
centen Entzündungen bedient man ſich mit Bortheil der Ader⸗ 
läffe, welche man bei Fräftigen Thieren am Halfe auf der 
Seite des erkrankten Auges, fo wie in einem, dem allgemei- 
nen SKräfteguftände des erfranften Thieres entfprechenden 
Maße, zu 3 His APfd. vornimmt. If das Thier ſchwach 
und ſteht allzugroße Entkräftung au befürchten, fo 


— 508 — 


hat Leblanc durch den Schlag⸗- und Blutaderlaß 
am. Schweife in dem erſten Zeitraume der Entzundung 
ſehr oft den gewuͤnſchten Erfolg gehabt, indem er zu dieſem 
Zwede etwas von dem Schwanze abſchnitt und nachdem er 
3 Theile des gewoͤhnlich aus der Drofielader zu entziehenden 
Quantums entleert hatte, die Blutung mittelft des. Gluͤheiſens 
ſtillte. 

Für welche Thiergattung iſt das Quantum von 3 — 4 
Pfd. beſtimmt? Bei Fräftigen Pferden und Rindern iſt es 
um 3 Thelle zu wenig, für Schafe und Hunde iſt es um bie 
Hälfte, refpective das 4 fache zu viel. Die eitirte Methode 
von Leblanc ift überhaupt nicht, am allerwenigften aber aus 
dem angeführten Grunde, zu empfehlen. Es glaubt gewiß 
fein Thierarzt mehr, daß ein Aderlaß aus dem Schwanze we 
niger fchwächt, als aus der Jugularis, im Gegentheil, jener 
ſchwaͤcht unbedingt mehr, wenn er durch Abfchlagen des 
Schwanzes bewirft wird, denn bies ift nicht eine arterio- 
phlebotomia, wie Leblanc es nennt, fondern eine arterio- 
tomia, weil außer einigen Tropfen Benenblut auf der Schnitt« 
flähe nur arterielles Blut entleert wird und entleert 
. werben fann. — Wenn wir auch Leblanc alle Gerechtigfeit 
wiederfahren laſſen und feine Berbienfte um bie Beterinair- 
Augenheilkunde anerfennen wollen, fo müffen wir, von dem 
befprochenen Eitate ganz abgejehen, doch bemerken, daß auch 
er und Vieles aus der Menfchenaugenheilfunde überbracht 
hat, wovon wir feinen Gebrauch machen Fönnen; und wenn 
nun deſſen Werk nad) 22 Jahren wieder ohne firenge Sich 
tung zum Ueberfluß benubt wird bei einer neuen Bearbei- 
tung, fo kann daraus für die Ihierheillunde nicht viel Ers 
ſprießliches hervorgehen. 

Sm 6. 173 wird bei reizbarer Conftitution ein Abführs 
mittel, aus Bitter- und Glauberfalz beftehend, für ein Pferd 
3 — 4 Unzen in einer Abfochung von getrodneten Pflaumen, 
empfohlen. Iſt hier die Pflaumenbrübe nicht ganz befonbers 


599 


wittſam, ſo tritt die beabſichtigte Wirkung kaum der 
4 — 5fachen Quantität ein. - 

Bei der katarrhaliſchen Bindehautentzndung haben wir 
ad 8. 188 zu bemerken, daß dieſe bei der Druſe der Pferde 
keine beſondere oͤrtliche Behandlung erheiſcht und daß der zur 
innerlichen Anwendung mit empfohlene Goldſchwefel wegen 
ſeines hohen Preiſes um ſo mehr zu entbehren iſt, als es bei 
der eigentlichen Druſe, und der conſenſuellen Affection der 
Bindehaut ſehr ſelten der innerlichen Arzneimittel bedarf. 

Die roſenartige Entzündung der Bindehaut (8.197 
bis 202) iſt bei unſeren Hausthieren wohl noch ſehr proble⸗ 
matiſch; der Verfaſſer ſcheint ſte, wie ſo manche andere Augen⸗ 
krankheit, bei den Thieren auch noch nicht geſehen zu haben; 
denn die Beſchreibung derſelben iſt aus der Menſchenaugen⸗ 
heilkunde entnommen und die allgemeinen Symptome des 
Rothlaufs, welche der Verfaſſer notwendig auch angeben 
mußte,-weil er behauptet hat, daß bald Fieber zuerſt vorhan⸗ 
den und das Localleiden Folge fei, bald umgelehrt, hat der⸗ 
felbe aus der Pathologie von Hering geholt. Kurz eine 
vollſtaͤndige Beſchreibung ſteht fir und fertig da, und Die 
Thierärzte können nun.fehen, wie fie damit fertig werden. 

Die. Bindehaut ift bei unferen Hausthieren, namentlich 
bei Pferden, der Spiegel, in welchem fich viele allgemeine. 
Krankheiten reflectiren, fie tft beim Bieber, je nach ‚dem Cha- 
racter und dem damit verbundenen 2ocalleiven ꝛc. bald hell, 
bald dunfel venös, bald gelblich, bald typhös geröthet und 
aufgedunfen, woraus man bei einiger Vorliebe und bei nicht 
genauer Sachkenntniß noch etliche Formen von entzuͤndlichen 
Leiden der Bindehaut zufammenfegen koͤnnte. — 

Die in den 98. 220 — 226 abgehandelten beiden For⸗ 
men der impetigindfen Augenentzündungen, die Blepharoph» 
thalmia psorica und Ophthalmia externa psorica hätte der 
Verfaſſer füglidy der Menfchenaugenheilfunde belafien können; 
denn die Thierheilfunde hat den, aus der Menſchenhelllunde 

Mag. f. Thierheilt. XIV. 24 


— 5 — 


überfommenen Glauben an das Zurürdtreten der Kraͤtze Durch 
Thatſachen laͤngſt beſeitigt. Ich Femme. fehr zuverläffige 
Thierärzte, die neben andern Thieren mehrere Taufend 
Schafe an der Räude behandelt haben, welche oft ſchon Jahre 
lang unter den Heerden beftanden hatte und Die durch zweck⸗ 
mäßige örtliche (Außerliche) Behandlung (durch die Walz'⸗ 
ſchen Zaugenbäder) in 14 Tagen bis 3 Wochen gründlich 
geheilt worden ift; nie ift aber denſelben ein einziger Fall 
vorgefommen, wo fich irgend ein Nachtheil, irgend eine Kranke 
beit in Folge diefer fchnellen Heilung herausgefteit hätte, ob⸗ 
wohl ſolche Heerden noch längere Zeit hindurch oft burchger 
ſehen und beobachtet worben find. 

Ich ſelbſt habe dieſelbe Erfahrung gemacht bei einigen 
Hundert Schafen und mehreren Pferden. Hierdurch dürfte 
auch Die hauptfächlich ‚gehulpigte Annahme in ver Thierheil- 
funde, daß die Milben die alleinige Urfache der Raͤude 
find, durch deren Tötung die Kranfheit ohne alle nachtheir 
lige Folgen fehr bald geheilt wird, fehr Fräftig unterftüßt 
werden. Aus diefem Grunde Tennen wir auch nur eine 
Rinde (Kräge); wenn glei dte Milben bei den verfchiede 
nen Thiergattungen etwas unweſentlich verfchleven find, fo 
ift doch Die Durch fie erzeugte Hautfranfheit im Weſentlichen 
ſtets gleich, und daher der Verfaſſer wieder im Irrthume, 
wenn er $. 224 von verfchiebenen Arten der Kräge fpricht. 

Die Räude kann wohl Veranlaffung zur Bindehautent- 
zündung ‚geben durch Reiben ꝛc., wenn fte fich auf den Kopf 
mit verbreitet hat, dies ift aber feine impetiginöfe, fondern 
eine traumatifche Augenlibbindebautentzündung. 

Die Entzündung der Blinzhaut ift befonders abgehandelt, 
wobei zwar fehr richtig darauf hingewieſen wird, daß fle ſtets 
an der. Entzündung der Bindehaut participire und fih auf 
Diefelbe Weife zu erfennen gebe, Die Blinzhaut ſoll : aber 
ihres größeren Zellgewebgehalts und ihrer ſchwammigen 
Structur wegen noch eine weit größere Neigung zur Auf⸗ 


— 5il — 


loderung, Anfchiwelung und Entartung zeigen; fie fol -fich 
ferner ſelbſtſtaͤndig entzuͤnden und meift in Kolge von Stichen, 
Huffhlägen, Hornftößen, Eindringen von fremden Kör- 
pern, feuchte Kälte und dicke Nebel, wie g. 130 ge 
fagt if. 

Den größeren Gehalt an Zellgewebe und die ſchwan⸗ 
migere Structur muͤſſen wir im Vergleich zum Augenlidtheil 
der Bindehaut beſtreiten. Wenn die Blinzhaut bei der Ent⸗ 
zuͤndung ſtaͤrker anſchwillt, als der uͤbrige Theil der Binde⸗ 
haut, fo hat dies feinen Grund lediglich darin, daß hier die⸗ 
felbe Schleimhaut in einer doppelten Lage den bünnen 
Knorpel einfchließt und auf der inneren Fläche eine kleine 
(Harderfehe) Drüfe liegt. Dies tft aber überhaupt kein 
Grund, fie bei Betrachtung der Bindehautentzundung auszu⸗ 
fehließen und beſonders abzuhandeln, folches könnte nur in 
Bezug auf die unter Umftänden eintretenden Folgen der Ent- 
zündung, die gefchwürige Entartung, die Caries bes. Knor⸗ 
-pels einen praftifchen Werih haben. Diefes Uebel, was na⸗ 
mentlih beim Rindvieh hin und wieder -vorfommt, iſt aber 
nur dem Namen nad erwähnt und weder bier noch fpäter 
fpeciel erörtert. Wie ‘aber die ſelbſtſtaͤndige Entzündung 
ver Blinzhaut durch Huffhläge, Hornftöße, durch feuchte 
Kälte und dDide Nebel zu Stande kommen foll, vermögen 
wir nicht einzufehen. 

Die Entzündung der Thränen-Drgane iſt ebenfalls ſehr 
ausführlich abgehandelt; nur Schade, daß nicht Alles, was 
bier gefagt ift, bei den Thieren fich fo verhält. Se z. B. 
heißt es unter Andern im $. 261: 

Die vordere Wand der anfänglid bohnengroßen Ge⸗ 
ſchwulſt des Thränenfades werde ſpaͤter der Art ausgebehnt, 
daß fie fich ſtark entzünde und ihre grell rothe over blaͤu⸗ 
Lich gefärbte Geſchwulſt über die Augenlider, Baden 
und manchmal über die ganze. Geſichtsfläche verbreite . 

348. I 


— 612 — 


Dieſes ſoll nun ein ſicheres Kennzeichen des geſchehenen 
Ueberganges der Entzündung in Eiterung fein. 

Die. Befchreibung mag fehr wohl für das Uebel bei 
Menſchen pafien, keineswegs aber bei Ihieren. Auf ähnliche 
Weife fcheint fich der Verfaffer überhaupt gern ans ber Ber- 
legenheit zu ziehen, wenn ihn fein thierärgtliches Wiſſen verläßt. 

Die Entzündung der Sclerotein wird in die rheumar 
tiſche, die fatarrhalifch-rheumatifche „und die gichtifche einge⸗ 
theilt, und jede diefer Formen bejonders betrachtet. 

Ob ' die gichtifche Form bei unferen Hausthieren vor⸗ 
kommt, iſt noch in Frage zu ſtellen; jedenfalls iſt fie aber 
ſchwer und namentlich nach der, an und für ſich zwar ſehr 
ausführlichen, aber wiederum ganz aus der Menfchen-Augen- 
heilkunde entlehnten Beichreibung von dem Beifafler nicht gu 
efennen. — Demnädft folgt nun die Betrachtung der Ent⸗ 
züundung der Hornhaut, der Übers und Nervenhaut. Unter 
den vbiertiven Erjcheinungen der Nervenhautentzündung fin- 
den wir im 8 307 „außerordentlich gefteigerte Unruhe, Fie⸗ 
berbewegungen: und felbf, Gehirnentzündung, rafender 
Koller bei Pferden und Drehkrankheit bei, Schafen“ 
angefuͤhrt. 

. Wenn Gehitmentgändung bei Nebhautentyänbung vor⸗ 
fommt, fo iſt fie keineswegs ein Symptom von dieſer Krank⸗ 
heit, fondern es iſt dann ein complicirtes Leiden vorhanden, 
wo der eine Krankheitszuſtand nicht als objective Erſcheinung 
des andern betrachtet werden kann. Woher aber bei der. Netz⸗ 
Bautentzündung der Schafe die Drehkrankheit kommt, ift ung 
unerklärlid ; fol etwa die Netzhgutentzuͤndung Gehirnhaut⸗ 
entzündung und Biefe den Blaſenwurm erzeugen und fo end⸗ 
lich der Coenurus cerebralis :al8. Symptom der Netzhautent⸗ 
zuͤndung figuriren? Hier wären wir ja mit einem Male aus 
der. Berlegenheit über die Urſachen der Drebfranthelt. Nur 
ſchade für. diefe Theorie, daß der Blafenwurm im Ge- 
- birn nie das Product einer Gehirnentzündung ifl. 


— s5s13 — 


. Bei der Abhandlung der Regenbogenhautentzündung hat 
der Verfaſſer, nach eigenem Geſtaͤndniß, v. Ammon's ge⸗ 
frönte Preisſchrift über Iritis benutzt. Hier treffen wir auf 
fehr viele Subtilitäten, die zwar im Allgemeinen einen wiflen- 
fchaftlihen Werth, aber für die Thier-Augenheillunde fchon 
um. deöwillen feinen reellen Nuten haben, weil fie mit uns 
bewaffneten Augen nicht zu erfennen find. Im $ 327 And 
ald allgemeine Eymptome der Jritis aufgeführt: Fieber, voller 
harter Puls; weißbelegte, trockene Zunge, Erbrechen, Appetit» 
lofigfeit und Stuhlverftopfung.. 8 332 heißt es ferner: „Würs 
gen und Erbrechen ſtellt ſich ein, Freßluſt und Schlaf fehlen. 
Je nach der Gonftitution des Kranken, oder nad den Urfas 
chen. und dem Grabe der Iritis follen diefe Symptome alle 
ober einzeln vorhanden fein ober ganz fehlen. Den Grund 
hiervon leitet der Berfafler.von der Sympathie zwifchen Iris 
und den.Affimilationsorganen her, welche auf- der Verbindung 
des fompathifchen Nerven mit den @iliarnerven beruhe. 

Da haben wir abermals eine Reihe von Kranfheitsers 
feheinungen, die bei den Thieren gar nicht vorkommen; ale 
diefe allgemeinen Symptome ber Sritis fehlen bei unferen 
Hausthieren immer ohne Rüdfiht auf Eonftitution, 
©rad x. obwohl jene Rervenverbindung vorhanden 
iſt. Was den Schlaf. betrifft, fo iſt es für den Thierarzt eine 
fehwere. Aufgabe, bei dem: Kranfenbefuche auszumitten, ob 
die Thiere gut oder: unruhig geſchlafen haben. : . . - «r.ı 
... Rachdem nun der Berfafler die Entzündung der Linfenz 
fapfel, der Glashaut und der Gebilde in der Augenhöhle 
(Muskeln, Zeligewebe und Knochenhaut) noch in der Kürze 
abgehandelt Hat, kommt er. am Schluſſe dieſes Kapitels zür- 
periöbifchen Augenentzündung. Bei der Beichreibung diefer. 
Augenentzuͤndung vermiſſen wir einige, ziemlich characteriftlfche 
Symptome, nämlich. die. meergrüne Farbe auf der vor: 
dern Flaͤche der Iris und in der freien Zwifchenzeit, nach 
wiederholten Aufällen, einen grünlicken Schein in Der 


— 5614 — 


hintern Augenkammer. Außerdem find bie einzelnen An⸗ 
faͤlle und ihre Folgen ausführlich und gut beſchrieben. Das 
Kapitel über die Urfachen aber iſt weniger genügend und 
enthält manche irrige Anfichten. Im 8 398 Heißt es: Junge 
und alte Pferde find diefer Augenkrankheit mehr ausges 
fest, als die vom mittleren LZebendalter und zwar aus bem 
©runde, weil in diefen äußeren Epochen des Lebens die noch 
nicht völlig ausgebildeten und während ber Dentitionsperiobe 
obmehin häufiger Reizung ausgeſetzten, oder im höhern Lebens» 
alter fchon gefchwächten Organe des Auges, nicht Fräftig ges 
nug find, den fchäblichen Einflüffen hinlänglichen Widerftand 
enigegenzufeßen. | 

.  Bom reinen theoretifchen Standpunkte aus betrachtet, 
bat diefes Raifonnement etwas für fi, aber bie Erfahrun⸗ 
gen fprechen anders, wonach die periodifche Augenentzünbung 
gerabe im Alter vom 4 — ten Lebensjahre am häufigften, 
früher. nicht fo Häufig und fpäter fehr felten vorfommt. Hier⸗ 
aus ergiebt fich nun auch fchon von felbfl, was von der An- 
ficht des Verfaſſers zu Halten ift, bie derielbe früher in einer 
Anmerkung zum 8 39 entwidelt bat. Hier ift nämlich gefagt: 
„Die periodiſche Mugenenizündung beim Pferde rührt häufig 
von Irritation einiger Zahnnerven, ber Nerven des fünften 
Paares her und emdigt nicht vor Ausziehung des auf ben 
Rerven wirkenden Zahnes. Tenon hatte bemerft, daß bei 
dem Pferde der Badenzahn Cwelcher?) vor dem vierten Les 
bens jahre Feine Wurzeln hat, bis wohin der Zahn gerade auf 
dem nervus maxillaris inferior ruht (1) und ihn druͤckt. So 
wie die Wurzel ſich bildet, was zwifchen dem vierten und 
achten Jahre ftatthat, wird der Nerv Durch fie auf die Seite 
gedrängt und Hört auf gebrüdt zu werden. Dies erklärt, 
warum bei dem Dferbe die Verdunkelung der Linfenkapfel ge⸗ 
wöhnlih nur während ober wor der vollſtaͤndigen Bilbung 
des Backenzahns eintritt und fehr felten fpäter. Dieſe Bes 
obachtung erflärt zugleich, warum bei den Race Bferben die 


— 55 — 


Gataract. fo felten ift (7), nämlich, weil bei den engliichen 
Nace⸗Pferden ber nervus maxillaris fich von Ratur vor und 
nicht. unter dem. Badenzahne befindet.” 

Hier müffen wir zunächft fragen, wie fol man den Zahn 
erkennen, welcher fo graufam ift und auf den Rerven drückt, 
um ibn unfchänlich zu machen? ferner welcher Badenzahn 
befommt denn erft zwifchen dem vierten und achten Lebens⸗ 
iabre feine Wurzel, etwa jeder? Der Verfaſſer hat feinem 
Gewährsmann hier zu viel Vertrauen gefchentt, fonft Hätte 
er fich wohl einmal ad oculos überzeugt, wobei er denn frei« 
lich um feine intereffante Theorie gefommen fein würde, mit 
der er die Thierheilklunde doch einmal bereichern wollte. 

Jeder Backenzahn hat feine vollſtaͤndige Wurzel, wenn 
bie Krone vollſtaͤnbig ausgebildet if. Mehrere Badenzähne 
haben ;naher ſchon vor dem vierten und alle mit dem Ende 
des fünften Lebensjahres ihre wolftändige Wurzel, Diefem 
nach mäfite alfo auch Die gewoͤhnlichſte und. häufigfte 
Urfacdye der periodischen Augenentzändung und der Berbuns 
felung der Linfenfapfel nach dem fünften Jahre wegfallen, 
Beides kommt aber nach dem fünften Jahre ungleich häufiger 
vor, als vorher. Wie ſoll aber überhaupt der nervus maxil- 
laris inferior mit den Zahnwurzeln in Berührung kommen! 
wahrſcheinlich nimmt der .Verfafler wohl nur den einen von 
den 7 Zweigen dieſes Mervens, nämlich den ramus .alveolaris 
maxillae inferioris. Seiner Theorie zu Gefallen hat er dem 
nervus maxillaris bei dem englifchen Race Pferde fogar einen 
andern Berlauf angebichtet. Die Natur iſt jedoch nicht fo 
ungerecht geweien, vie englifhen Races Pferde anf dieſe 
Weife zu bevorzugen, fie war vielmehr weife genug, die Zahn⸗ 
nerven bei allen Thiergattungen vor jedem mechanifchen Drucke 
von den Zahnwurgeln zu befchirmen. 

Wenn der Berfaffer- bei den urfächlichen Momenten is 
die Nahrungsmittel. in Bezug auf phuflfche Eigenfhaft und 
fchlechte Beſchaffenheit erwähnt, fo finden wir dieſes ganz 


— 5l6 — 


in der Orbnung, keineswegs ‚aber fönnen wir damit einver> 
fanden fein, wenn er weiter jagt: „ber Einfluß der phyſiſchen 
Eigenfchaften bezieht fi) vorzüglich auf das Kauen, ins 
dem hartes Futter das Zahnfleifh und feiglich auch bie Or⸗ 
gane reizt, die mit ihm in naher. Verbindung fliehen, um fo 
mehr, wenn die Kinnladen und deren Muskeln den gehörigen 
Grad der Ausbildung und Stärfe noch nicht erkangt hahen.“ 
Gier foll es ficher wieder BR eine Quelfchung ber Zahn⸗ 
nerven hinaudgehen! . - 

kinter ben Außerlichen urfaͤchlichen Momenten wird nun 
auch noch der. rafche-Wechfel des Sonnenlichtes. mit gänzli- 
cher Finſtorniß, Das rveflectirte Licht der weißen Wänbe ıc. 
angeführt und noch Hinzugefügt, daß dieſes urfächliche Außere 
Moment in Bezug. auf die Genefe dieſer Ophthalmie für ganz 
beſonders relevant anzuſehen ſei, da bie Erfahrung lehre, 
daß ein, nach der vorbergegangenen Entzündung durch Ver⸗ 
bunfelung. der vurchfichtigen Medien, am grauen Staare x. 
einmal erblindetes Auge niemals mehr von der intermitti- 
renden Augenentzündung befallen werde, 

Es ift allgemeiner Grundſatz, daß ein Organ, fo fange es 
ſeine phyſtologiſchen Functionen noch nicht angetreten hat, 
oder wenn es aufgehoͤrt hat, thaͤtig zu ſein, alſo ein ſolches 
phyſiologiſch todtes Organ ſehr felten, namentlich aber nicht 
an ſolchen Krankheiten leidet, die mit der Function in Be⸗ 
ziehung ſtehen, weil eben bie, für die Function naturgemaͤßen 
und nothivendigen äußeren Reize nicht mehr beſtehen. Dies 
gilt nicht allein für das Auge, fondern auch für andere Or⸗ 
gane, 3. B. für die Geſchlechtstheile vor ihrer Eniwickelung, 
für die Milchdruͤſen, wenn feine Milch abgefondert wird 
u. dgl. m. Aus dieſem Grunde allein kehren gewöhnlich 
feine Anfälle der periodifchen. Yugenentzündung wieder, wenn 
das Auge vollftändig erblinvet if. Daraus. geht aber kei⸗ 
neswegs hervor, daß das Licht und ‚ber Ploͤtzliche Wechfel 
mit Finſterniß dieſelbe auch urfprüglich veranlaßt und neue 


Anfälle hervorruft. Ja es ift fogar Thatfache imd kann als 
Regel aufgeftellt werben, daß bet den bereits theilweiſe und 
felbft zum größten Theile fchon geblendeten Augen, die das 
belle Licht nur noch als Schimmer empfinven, daß unter fol« 
hen Umftänden immer noch neue Anfälle von Entzündung 
fommen, bis alle Lichtempfindung endlich total verſchwunden 
if. Hier tft Doch aber das kaum als Schimmer empfundene 
&cht an und für fich nicht als Urfache des Rüdfalls zu ber 
trachten. - Die einzelnen Anfälle kommen meift ohne alle 
fpecielle Beranlaffung oder werden durch unmelentliche 
Einflüffe vermittelt; es Liegt ‘dies in dem Wefen ber Krank⸗ 
"beit jelbft, und Die Anfälle ſiſtiren metft erſt dann, wenn das 
Auge feiner Beſtimmung gemäß tobt ifl. Bei dent intermitti- 
renden Sieber bevarf e8 Keiner neuen Verantaffung zum neuen 
Anfalle; wenn auch die intermittirende Augenentzändung nicht 
in regelmäßigen Zeitabfchnitten und oft erft nach langer Zeit 
wiederfehrt, fo dürfte. diefer Vergleich dennoch paflend fein, 
weil eben der intermitfirende Typus ebenfalls in dem el en 
der Krankheit begründet if. 

Zur Bermeidung eines Mißverftändnifies muß ich ur 
auf aufmerffam machen, daß die wiederholten Anfälle 
von den Recidiven zu unterfcheiden find; fo lange nad 
einem Anfalle noch krankhaft vermehrte Empfindlichkeit (Licht 
fcheu) fortbefteht, ift der Anfall: felbft noch nicht ganz vorüber, 
und dann Tann. helles Licht ıc. allerdings einen Rüdfall 
(Reeidiv) veranlaften: -Ift aber der Anfall vollſtuͤndig ver- 
ſchwunden, was bei den fyäteren Anfällen oft. lange: dauert, 
ja mitunter gar nicht mehr eintritt, dann befteht keine Frank 
Bafte Empfindlichkeit, Feine Lichtfcheu mehr, und dann ift audy 
das Licht nicht mehr als Nrlaße eines neuen Ans 
falls zu betrachten. 

Del der intermittirenden Augenentzuͤndung And überpeupt 
die vom Verfaſſer angegebenen äußeren Urſachen ven unter⸗ 
georpnetem Werthe, fie ind meift nur vermittelnde Botenzen, 


— 58 — 


die zum Weſen ber Krankheit felbft wenig ober gar nichts 
beitragen; denn alles, was alterirend auf den Organismus 
einwirft, ift im Stande, unter Umftänden die periodiſche Aus 
genentzündung zum Ausbruch zu bringen, aber nicht zu 
erzeugen. Wenn bie verfchiedenartigften Einflüffe ein und 
diefelbe Krankheit zur Folge haben, fo muß dieſe felbft fhon 
in der Anlage vorhanden fein, wie jede phyfiologifche 
Entwickelung urfprünglich. ſchon in der Anlage vorhanden if. 
Alfo die wefentlidh vorbereitenden Urfachen, d. 5. 
ſolche, welche die Krankheit ihrem Wefen nad felbft, 
aber nur in der Anlage erzeugen, die freilich unter ganz 
günftigen Außenverhältniffen als folche verbleiben und in den 
folgenden Generationen wieder untergehen kann — dieſe Ur- 
fachen muͤſſen wir erforfchen und Hätten wir barüber in ber 
vorliegenden, umfangreichen Schrift etwas Ausführlicheres zu 
finden gewuͤnſcht. 
Die Keurofen. 

4 Senfibilitäts-Reurofen, abnormer Zuftand ber Senfation: 

a) Veränderte Senfation durch gefleigertes Nervenleben — 
Lichtſcheu — 

b) Geſchwaͤchte * vernichtete Senfation durch Sinlen 
der nervoͤſen Stimmung — Gefichtöfchwäche, ſchwar⸗ 
zer Staar —. 

2) Motititäts-Reurofen des Auges. 

a) Steigerung ver bewegenden Thaͤtigkeit, ausgefprochen 
in. tonifchen und Honifchen Serämpfen. — Augenlid⸗ 
frampf, Augapfelframpf, Schielen, Iriskrampf — 

b) Bon der Berminderung ber bewegenven Thätigfeit, Pre 
gefprochen durch Paralyſe. 

Um mid) etwas Fürzer zu fallen, mache ich nur einige 
Bemerkungen zu der wichtigften von den hier abgehanbelten 
Krankheiten, zum fchwarzen Staar. Die im $ 440 angege- 
benen Beränderungen an der Iris beim ſchwarzen Gtaar, 
nämlich: der lebhafte Wechfel zwiſchen Gontraction. und E⸗ 


— 519 — 


yanfion, die Lichtichen, die dunkele Kärbung ber Iris, Ver- 
dickung und Turgescenz ihre® Gewebes, coniſches Hervorge⸗ 
draͤngtſein derſelben, dadurch Verkleinerung ber vordern Au⸗ 
genkammer — erethiſcher Zuſtand —, helle Faͤrbung der Iris, 
Verduͤnnung, Wellſein und Schlaffheit ihres Gewebes — tor⸗ 
pider Zuſtand —, find Feine Erſcheinungen des ſchwar⸗ 
zen Staares bei unſeren Hausthieren, ebenſo wenig 
auch die fpäter noch angeführte Farbenveränderung (roͤthliche, 
gelbliche, manchmal auch meergrüne Färbung) im Hinter 
grunde des Auges. Die Pupille ift entweder anhaltend vers 
engt (gewöhnlich verwachfen) oder erweitert und immer un⸗ 
beweglih, wenn man die Reflerbemegungen dadurch verhin« 
dert, daß man den Lichtreiz von dem gefunden Auge abhält. 
Wird das gefunde Auge nicht verbunden, fo findet allerdings 
eine Bewegung der Iris ftatt, immer aber eine umvollſtaͤn⸗ 
digere, als bei einem Auge mit -Sehvermögen, nie aber tft 
bei wirklich fhwarzem Staar eine lebhafte Berne 
gung der Iris vorhanden. Wo einmal der Tod Platz genom⸗ 
men hat, da waltet Fein Erethismus mehr; und da die Be- 
wegung der Iris eine Reflerbewegung ift, die hervorgerufen 
wird je nach dem Grade des Lichtreizes auf der Netzhaut, 
alfo je nach Bebürfniß den Einfall der Lichtftrahlen zu bes 
ſchraͤnken, ſo kann von Ereihismus der Iris, durch ſchwar⸗ 
zen Staar bedingt, auch nicht die Rebe fein; folcher Zuftand 
kann nur bei gefleigerter Reizbarkeit der Nebhaut aber nicht 
bei Lähmung derfelben beftehen. Thatſachen geben hierfür 
täglich Beweife. Die Farbenveränverungen gehören nicht dem 
ſchwarzen Staar an, fie deuten vielmehr auf einen complicir⸗ 
ten Zuftand bin. Die Unterfuchungsmethobe iſt bei den Thie⸗ 
ren die Hauptfache, ohne fie kann ein krankes Thierauge nie 
richtig beurtheilt werben; wir finden diefe aber nicht umfaſſend 
und überfichtlich genug angegeben. Die Erkennung ber Blind» 
heit auf einem Auge hält ver Verfaſſer für fehr fchwer; nach 
feiner Angabe tft es auch nicht leicht, bindet man aber das 


gefunde Yuge zu und IAßt eim folches Thier an einem ihm 
unbefannten Orte allein gehen, fo ift e8 ja fehr leicht, bie 
Blindheit auf einem Auge zu erfennen. Auf biefe Weile 
fann man fih auch ganz einfach vor folchen Täufchungen 
fehügen, wo die Pupille durch Narcotica betrügerifcher Weiſe 
krankhaft erweitert if, wie im 8 447 erwähnt if. Die vom 
Verfaſſer abgehandelte Tag⸗ und Nachtblindheit und das 
amaurotifche Kabenauge find u. BEIN Amaurofen 
ſchwer zu erfennen. 


Organiſche Krankheiten des Auges. 
Störung des Zuſammenhanges. 


Wunden, Queiſchungen, Commotionen; veraltete Tren⸗ 
nungen — Spalte des Augenlids und ber Iris —; wider⸗ 
natürliche Cohaͤrenz — Berwachfung der Augenlider unter 
fit) und mit dem Augapfel,.ver Ausführungsgänge der Thrä- 
nendrüfe, Verwachſung und Berengerung der Thraͤnenpunkte 
und Ihränenfanäfchen, Thränenfiftel und Unwegfamkeit bes 
Naſenkanals, Verengerung und Berfchliegung der Pupille —; 
veraͤnderte Lage der Theile — fehlerhafte Richtung der Wim⸗ 
pern, Ein⸗ und Yuswärtsftülpung der Augenlider — find 
größten Theils ſehr ausführlich abgehandelt. 

Ob die im 8 618 — 24 umftändlich beſchriebene kuͤnſt⸗ 
liche Pupillenbildung bei den Thieren mit gutem Erfolg ge⸗ 
macht werben kann iſt fehr. zu bezweifeln; denn die, eine 
Verwachſung ber Iris veranlaßenden Kranfheitszufände find 
meift nicht auf die Iris. befehränft geblieben,. fondern haben 
zugleich auch..noch andere Desorganifationen — grauen, grür 
nen, auch wohl ſchwarzen Staar c. — hervorgerufen... 

In einer Anmerkung‘ zu $ 661, wo von der Behand» 
$ung des Negenbogenhautvorfälles die Rede iſt, wirb: folgen- 
der Ausſpruch von Ehelius citirt:. „Der Vorfall‘ der: Iris 
indicirt für fih gar nicht; die Behandlung richtet. fich einzig 
und allein nach den, mit demfelben verbundenen Krankheits⸗ 


— bi — 


erfeheinungen.” Der Verfaffer fügt bier vie Bemerkung hin- 
zu, daß dieſer Satz auf das Thierauge nur eine fehr bes 
fchränfte Anwendung finde, weil felbes als ein mehr pro 
Ductives und minder fenfibles Organ, ald das Mens 
fihenauge, weit mehr zu Afterproductionen geneigt fei 
und immer viel geringere Reaction gegen hemifche 
Reise zeige. 

Berfafier bat uns viel Unbrauchbares aus ber. Menſchen⸗ 
Augenheilkunde gebracht und hier will er etwas Brauchbares 
nicht gelten laſſen fuͤr die Thier-Augenheilkunde; denn die 
Aeußerung des Chelius iſt auch eine vollkommene 
Wahrheit in Bezug auf das Thierauge, welches für den⸗ 
ſelben Reiz (das Licht) in demſelben Grade empfaͤnglich iſt 
und auf alle andern, auf chemiſche wie auf mechaniſche Reize 
auf dieſelbe Weiſe und mindeſtens in demſelben Grade, wie 
das Menſchenauge reagirt. Die Reaction, die Entzündung 
nad der Staaroperation ift 3. B. beim Pferde viel heftiger, 
als beim Menfchen, wovon ich mich zu überzeugen öfter Ge⸗ 
Tegenheit gehabt habe. Woher hier ber — Bi De 
arzttichen. Kenniniffe hat, ift mir nicht bekannt. 


| Veraͤnderte Beſchaffenheit der durchſichtigen 
Medien. 


Verdundelung und Flecke ber. Hornhaut, grauer ie 
Rachſtaar — von zurüdgebliebenen Reften der Linfe bedingte 
Trübung —, grüner Staar, Wafferfuchten des ne und 
Staphylome der Hornhaut. 

Der ‚graue Staar iſt fehr vollftändig ua bie 
verfchiedenen Grade und Formen find genau und treffend. bes 
ſchrieben und die Urfachen gut entwidelt.. Rur müflen wir 
Dagegen proteftiren, wenn der Verfaſſer 8 721 fagt, daß die 
Augen mit hellgefärbter. Regenbogenhaut die größte Neigung 
zum grauen Staare haben, weil in ihnen bei geringer 
Energie der Gefäßthätigkeit auch die Ernährungs: 


gefäße der Kapfel am leichteften obliteriren x.;3 denn 
wir fehen namentlich bei Pferden mit Glasaugen ebenfowenig 
den ‚grauen Staar, ald auch die Entzündung, wie früher 
ſchon gefagt, häufiger entſtehen, wie bei jedem andern Auge, 
wo es nicht am Pigmente fehlt. Wir find andy nicht im 
Stande, einzufehen, wie die Gefäßthätigfeit bei wenigerem 
Pigmente von geringerer Energie fein fol. Eine genaue Un⸗ 
terfuchungsmethode, die für den Ihierarzt um fo nothwendi⸗ 
ger ift, als außerdem fehr leicht optiſche Täufchungen untere 
laufen, wird auch bier vermißt. Bei der Staaroperation wird 
das Firiren des Augapfels vom Grunde aus, indem man in 
die Augengrube hineingeht, deshalb nicht für zweckmaͤßig ge⸗ 
‚halten, weil die Verlegung der Thränendprüäfe nicht 
füglih vermieden, weil ferner beftige Entzündung bes 
Zellgewebes und auch Lähmungszuftände des Auges, 
namentlich aber des oberen Augenlides bewirkt werben 
fönnen. — Das Auge iſt jedoch auf diefe Welfe am ficher- 
fien zu firiren, eine Verlegung der Thraͤnendrüſe, eine Laͤh⸗ 
mung des Augapfels und des oberen Angenlides kommt nie 
vor, wenn bie Operation nicht ganz rob und unwiſſend aus⸗ 
geführt wird, und felbft dann vielleicht noch nicht einmal. 
Durch diefe Behauptungen zeigt der Berfaffer nur zu deutlich, 
daß es ihm einmal an einer genauen anatomifchen Kenntniß 
dieſer Theile fehlt, und daß er außerdem auch die Operation 
ſelbſt nicht näher Fennt. Die Entzündung aber ift bei dem, 
unter allen Umſtaͤnden nach ber Operation einzuleitenden 
fireng antiphlogiftifchen Behandlung gar nicht in Anfchlag zu 
bringen, und die Wunde heilt durch. [chnelle Vereinigung ohne 
Eiterung. Die Abhandlung über Entartung der organifchen 
Theile des Auges, über Production neuer Gebilde, über 
fremde Körper im Auge und über das Schwinden einzelner 
Theile und des ganzen Auges macht den Beſchluß des Werkes. 

Kommen wir nun in der Kürze auf die Borrebe zurück. 
Die neuen Ergebnifie der mebicinifchen Beſtrebungen — fagt 


— 528 — 


der Verfaſſer — haben auf einzelne Spalten der Beterinair- 
Wiſſenſchaft günftig zuridgewirkt, aber die Ophthalmologie 
fei dabei leer ausgegangen. Der Grund hiervon fei im All⸗ 
gemeinen und vorzugsweife in dem mangelhaften, oft gänzlich 
vernachläffigten Studium des Tihierauges in feinem norma⸗ 
len Berbalten zu fuchen; man vermiffe in den Handbüchern 
der Zootomie und. Zoophyſiologie allzufehr eine ausführlichere 
Behandlung dieſes Gegenflandes, und darum enlangte bie 
Kenntniß über das Thierauge noch Feine Specialität. In den 
Handbüchern der Zootomie feien nur die Hauptgebilde des 
Auges oberflächlich befchrieben und felbft bei Gurlt, dem 
ausgezeichneten und fleißigen Zootomen finde man das Auge 
weniger als optiiches Werkzeug in feine Häute zerlegt und 
behandelt, denn als fenfibled und irritables Gebilde zerglie- 
dert und abgebilvet. Wehr aber fei diefer Gegenftand noch in 
der Phyfiologie zurück. 

Die Pathologie und Therapie des Thierauges anları- 
gend, fo finde fich nur ‚Die einzige Schrift von Leblanc (Leips 
sig 1825). Da nun aber feit dem Erfcheinen dieſer Schrift 
fo bedeutende Bortfchritte in der Menfchen-Augenheillunde ges 
macht wären, fo halte er es nun für verbienfllih, den An⸗ 
forderungen Leblanc's zu folgen und diefen Gegenfland ei- 
ner neuen Bearbeitung zu unterwerfen, da bis jept in dieſem 
Zweige des Willens von Seiten der Schriftfteller der Vete⸗ 
rinairs Wiflenfchaften Feine Bortfchritte gethan worden wären 
und auch feltdem nichts gefchehen fei, um bie Thier- Augen 
heilfunde der verbienten Stufe der Wiſſenſchaftlichkeit näher 
zu rüden. 

Außer den fchen früher genannten anatomifchen Werlen 
hat der Verfaſſer noch folgende Schriften benutzt und in der 
Vorrede angeführt. Aus der Thierheitunde: Leblanc’s Aus 
genheilfunde, Dieterich8 Chirurgie und Afiurgie, Waldin⸗ 
ger’s und Hering’s Pathologie. und Veith's gerichtliche 
Thierheillunde. Aus der Menſchen⸗Augenheilkunde: Ammon, 


— 54 — 


Benedict, Bed, Chelius, Fiſcher, Dieffenbach, Jüng«- 
ten, Rofa, Ruete, Weller ꝛc. Den allgemeinen Theil der 
materia medica will der Berfafier aus Voigt's Pharmaco⸗ 
dynamik, Graefe's Repertorium, Rieke's neuer Arzneimit- 
tellehre und vorzugsweiſe aus einem noch ungedruckten eige⸗ 
nen Werke über die Augenheilmittel gezogen haben. 

Aus der Veterinair-Literatur hat der Verſ. fehr wenig 
und zum Theil fehr alte Schriften benutzt; eine thieraͤrztliche 
Arzneimittellehre, jelbft das klaſſiſche Werk von Hertwig - 
ben gar nicht bie Ehre gehabt, benugt zu werben, . 

Am Schluß der Vorrede wird nun noch der Wunſch 
ausgeſprochen, daß dieſe Arbeit, die eine Frucht des eifrigen 
Studiums und der aufmerkſamen Beobachtung ſei, und die faſt 
das ſaͤmmtliche thieraͤrztliche Wiſſen umfchließe (1), 
dazu dienen möge, dem Verfaſſer eine beſcheidene Stelle neben 
den Bertretern dieſes Faches zu verleihen. — 

Mit Kreuben haben wir das Werf dem Titel nach in 
der. Beterinair- Literatur begrüßt, weil eine: derartige’ Schrift 
ein wirfliches Bebürfniß war, leider aber auch jest no 
ift; denn dem Verfaſſer iſt es nicht gelungen, in feinem, mit 
vielem Fleiß bearbeiteten Werfe zu geben, was uns nothihut. 
Wenn: der Berfafler in- der Vorrede die Bernachläffigung bed 
Studiums des Tchieranges im normalen: Zuftande beſonders 
rügt, fo berechtigte uns diefer Tadel zu den Erwartungen, 
daß ber anatemifche und phyfiologifche Theil in dem vorlie⸗ 
genden Werke ganz befonvers vollſtandig ubgehanneit fein 
würde ‚.bies. ift aber, wie wir zum Theil gezeigt haben, feis 
neöwegs der Fall; wir finden, wenn einige Citate von an⸗ 
beren Aucioren aus der Menfchenheilfunde abgerechnet wer⸗ 
den, nicht mehr, als mir ſchon längft in ben zootomiſchen und 
phyſtologiſchen Handbüchern befeffen. haben, ja wir finven 
Manches fogar mangelhafter und felbft unrichtig befchrieben, 
was nur zu deutlich beweiſt, daß ber Berfafler das Thier⸗ 
auge in feinem normalen Berbalten nicht beſonders ſtudirt 


— 525 — 


hat. Er rügt, daß Gurlt das Auge nur ale fenfihles und 
ixtitables Gebilde zergliedert und abgebildet habe, und den⸗ 
noch giebt er und nichts, ais ganz getreue Copien von deſſen 
Abbildungen. 

Aus der Vorrede geht nur zu deutlich hervor, daß der 
Verfaſſer die Leiſtungen in den letzten beiden Decennien und 
ſomit auch den gegenwärtigen Standpunkt der Thierheilkunde 
überhaupt nicht Tennt, daß er ſich alfo in dieſer Wiffenfchaft 
auf einem längft vergefienen, alfo veralteten Standpunkte bes 
findet, und auch nur aus dieſem Grunde konnte er glauben, 
das fein Werk fafl das ganze thieraͤrztliche Wiſſen 
umſchließe. 

In der Menſchen⸗Augenheilkunde nahm er dagegen bei 
der Bearbeitung ſeines Werkes einen hohen wiſſenſchaftlichen 
Standpunkt ein, indem er die gediegenſten Werke beruͤhmter 
Auctoren benutzte. So nun trug er von der Höhe der Wiſſen⸗ 
ſchaft aus der Menſchen⸗Augenheilkunde herab zu der tief im 
Dunkeln gelegenen Thierheilkunde, wo es, nach des Verfaſſers 
Anſicht, noch nicht getagt hat und wo der Boden ſeit 20 
Jahren nicht cultivirt iſt. 

Wenn es nun wirklich ſo um die Thierheilkunde ſtaͤnde, 
wie der Verfaſſer glaubt, konnte ſein Werk dann wohl Fruͤchte 
bringen? gewiß nicht. Glüuͤcklicherweiſe iſt num aber die Thier⸗ 
heiltunbe in den lebten Decennien fo weit cultivirt, daß fie 
wohl fähig ift, die Forſchungen im Gebiete der Menfchen- 
Augenheilfunde.zu empfangen ; dennoch aber bringt ihr das 
Wert des Berfafiers Feine Srüchte, weil derjelbe bei der 
Bearbeitung nicht auf der Höhe der wiſſenſchaftlichen 
und praktiſchen Ausbildung in der Thierheilfunde 
fand und fo nicht im Stande war, das für lebtere Brauch- 
bare von dem Unbrauchbaren zu fichten; er hat vielmehr 
wörtlich da am meiften übertragen, wo ihm die einzelnen Ve⸗ 
terinairfchriften am wenigften dargeboten haben, wo es ihm 


alfo in der thierärztlichen Literatur am Material zum Zufam- 
Mag. f. Thierheift, XII. 35 





mentragen mangelte, da langte er um fo. mehr zu in ber 
Menſchen⸗Augenheilkunde. Hierdurch aber hat ver Verfaſſer 
bie Erkenntniß über das Thierauge nicht zur wirklichen 
Specialität gebracht, wohl aber hat er der Gpeciafien fo 
viele gegeben, daß ein wohl begründetes und. — Ganze 
für den Thierarzt nicht herauszufinden: if. 

Große Bortheile haben wir aus der Menſchenheillunde 
gezogen, weshalb wir noch lange Schuldner bleiben werden; 
dies ſetzt aber. voraus, daß die Thierheilkunde eine wiſſen⸗ 
ſchaftliche Selbſtſtaͤndigkeit erlangt haben muß, denn ohne dieſe 
wuͤrde fie nie im Stande geweſen fein; das für fie 
Wahre, Gute und Brauchbare herauszufinden. Hätte 
der Berfaffer: diefe Wahrheit und den: ‚gegenwärtigen : Stand» 
punft der Thierbeiftunde erfannt, ſo "hätte er — 
Wert fo, wie es if, gewiß nicht geſchriebn. 

Ich habe mich bet: wiefer Kritif: der Kürze — nur 
auf dd: Auffaͤlligſte beſchraͤnlen muͤſſen; jedoch glaube ich 
einigerniaßen gezeigt zu haben, daß das beſprochene Weit 
nicht im: Stande. iſt, die Thier⸗Augenheillunde, noch viel wer 
niger aber die ganze Veterinairkunde zu heben, daß daſſelbe, 
wenn wir den anatomiſchen Theil und die intermitlirende 
Augenentzuͤndung des Pferdes. abrechnen, vielnehr für :bie 
Menfchenärzte, denm für die Thierärzte paßt, und letztere daher 
auch auf Pie. angenehme Pflicht: verzichten muſſen, ben Ver⸗ 
faffer einen befonbern Dank für feinen großen Fleiß zu zollen 
und ihm die beanfpruchte :befcheidene Stelle neben ben Ber- 
tretern: ber Thierheilkunde einzuräumen, deren Standßunkt und 
Umfang er noch lange: nicht - erkannt und erjoht, — | 
denn vertreten — 

© ala: 
umge ' . 1° 7 1; "1, 


— 527 — 


Perſonal⸗Notizen. 


Der Thierarzt J. Claſſe, Krekeler, iſt als Kreisthierarzt 
des Kreiſes Hoͤrter, Reg.-Bezirts Minden, angeſtellt worden. 

Der Kreis⸗Thierarzt Kühnert aus Jaſtrow iſt in die 
Kreis⸗Thierarztſtelle Gneſen — Wongrowiec, Regier.⸗Bezirk 
Bromberg, verſetzt worden. 

Der Thierarzt J. Claſſe, Mahlberg, hat ſich in Eſch, 
Kreis Rheinbach, niedergelaſſen. 

Der Thierarzt I. Claſſe, Tetzloff, iſt von nach 
Stralſund und der Thierarzt IL. Claſſe, Arndt, nad Deutz 
gezogen. 

Der bisherige Landes-Thierarzt in Rubolftadt, Dr. Falke, 
ift zum Lehrer an dem Iandwirthfchaftlichen Inſtitut zu Jena 
berufen. 

Mr. Prince, früher Profeſſor an ber Thierarmeiſchul⸗ in 
Lyon, iſt zum Direktor der Thierarzneiſchule in Toulouſe 
ernannt. 

Mr. Bernard, bisheriger Direltor dieſer Schule, zieht 
fih mit Penſion zurüd., 

Mr. Yvart, General=Infpeftor der franzöfifchen Thier- 
arzneifchulen, — und 

Mr. Barthel&my, Thierarzt zu Paris, Mitglied der 
Academie de Medecine und des Sanitäts-Comite’8 dafelbft, 
— find zu Offigieren der Ehrenlegion ernannt worden. 

Mr. Bouley jeune und Mr. Leblanc, beides Thierärzte 
in Baris, — fo wie 

Mr. Brivet, Veterinaire en premier des Equipages 
militaires, 

35* 


— 528 — 
Mr. Robert, Velerinaire en premier au 5me d’Artillerie, 


Mr, Gillet, .Veierinaire en premier au’ 7me Lanciers, 
find zu Rittern der Ehrenlegion ernannt worden. 


Geftorben find: 


der Kreis⸗Thierarzt Frankmoͤlle, der Kreife Steinfurt 
und Ahaus, — desgl. der Kreis-Thierarzt Weber, der 
die Kreife Gneſen — Wongrowiee verwaltete. 


Desgl. ver Thierarzt II. Elafie, Ziegler in Rawicz. 
Desgl. der Thierarzt Birnbaum in Braunfehweig. 
Desgl. Gillmeiſter, (bereits im December v. J.) zu 
Ludwigsluſt, früher Thierarzt am Marſtalle des Fürſten von 
Thurn und Taris, bekannt durch eine Schrift: Sammlung 
wichtiger Erfahrungen auf dem Felde der thierärztl: Praris. 

Desgl. Mr. Lafore, Profeſſor der Clinif und der Pa- 
thologie an der Thierarzneifchule in Touloufe, befannt durch 
fein Werf: Traite des Maladies particulieres aux grands 
Ruminants und mehrere Auffäge im Recueil veter, | 

Deögl. Mr. Gelle, ehemals Profeſſor zu Touloufe, eben 


falls durch ein Werk über die Krankheiten des Rindviches 
und mehrere Auffäge befannt. | 


XI. Reue Literatur (bis Ende Auguft 1817), 


un 
pie 
® 


12. 


Don Hertwig. 


‚ Actes du Congrös medical de France, session de 1843. 


Publi6s par le soin du MM. Serres, Bouillaud etc. Section 
de medecine, de pharmacie, de medecine veterinaire., 4 Vol, 
in 8. | 


2. Bartels, Dr. ®., Thierarzt in Helmſtedt. Programm ber Statik 


bes Pferbeförpers, ber Lehre, aus äußerlich fichtbaren und fühlbaren 

Körperverhältnifien die im Baue des Pferdes gegebenen Mittel für 

einen Dienft, ihrer Art und Größe nach, fo wie die Größe der Leis 

Rung in . gemifien Zeit zu berechnen. Braunfchweig u bei. 
der. 1.8 . . i 


o 0 — ® gr. 


. Bauer, Dr. 8. C, praft. Tpierarzt. Der Thierarzt wie er fein foll 
X 


uud muß, oder allgemein brauchbares Vieharzneibuch. gr. 12. (XU 
n. 395 ©.) Hanau, Edlerfche Buchh. s i «20 for. 


. Baumeifter, W., Handbuch der landwirthſchaftl. Thierkunde und 


Thierzucht. 6— 11. Liefer. gr. 8. Stuttgart, Ehener u. A 
x gr. 


. Bericht über die Korifchritte in der Thierarzneikunde im J. 1845. 


Bon Chrift. Iof. Füchse.’ Heransgegeben von Dr. Cannflatt und 
Dr. @ifenmann. Grlangen, 1846. Verl. von Ferd. Enfe, 7 fgr. 


. Briddon, J. Practical Treatise ‘on the veterinary art; cön- 


taining correct and useful information for the cattle keeper and 
grazier, and also large number of original Receipts, for the 
cure every Disease incident of Ihe horse and cow; with notes 
from different on the principal Disease of the horse. Derby. 


. v9. Burgsborf-Eerpenten, Landflallmeifter a. D. Etwas gegen 


das „Gimas über die preuß. Pferdezucht und ihre Gefchichte seit ben 
Tode Friedrichs des Großen. Bom Hofrath Dr. Th. Renner. gr. 8. 
Gumbinnen bei Boni, SH. . . 5 fer. 


8. Darville, R. Treatise on the english racehorse. 2 Vol, 8. 


Lond. 184. 


. Duttenhofer, 5. M. Dr., Anleitung zur Erkenntniß und Heilung 


der Krankheiten u Hausthiere. Mit Run Holjfchnitten. 


Stuttgart, 1817. 8. thle. 27 fgr. 
. v. Froriep, Rob. Die Pferberacen. (Ein großes Tableau.) 2te 


vermehrte u. verbefl. Aufl. Weimar, Landes⸗Inſtr⸗Compt. a 
r. 


Fuchs, Chr. Joſ. Prof. Darſtellung und a derjenigen 
Manpregeln, welche die Königl. Preuß. und Königl. Belgifche Re- 
oierung in Bezug auf das Thierarzneiweſen und die Landiwirthfchaft 
zu nehmen im Begriffe ftehen. Karlsruhe 1847, 8. Braun. 10 fer. 
Funke, Dr. Carl Frieder. Wilh. Praktiſches Handbuch der fpeciellen 
Pathologie und Therapie der größeren nnkbaren Hausfängethiere. 
1.2.2. Abth. (Schluß des 1. Bos.) Krankheiten des bildenden Le: 
bene. 2te umgearb. Aufl. Leipzig 1847, 8. Briefe. geh . 27 for, 


13. 
14. 


15. 


16 


17. 


18. 


19. 


Gayot, Eug. , Direct. da Haras de Pompadour. Etudes hip- 
ge ire Livraison. Paris 1847 chez Dusacg. 


Gerlach, A, Kreis-Thierarzt. Die Blutſenchr der Schafe in Rüd- 
ficht der Urfachen, ber aeg und der Borbauung nebfl 
einer Befchreibung aller — L en gr. 8. Salbe 
ftadt bei Helm. 1846. 0 far. 


Groneberg, $., ER Die Beiwäßrteften — zur 
Verhuͤtumg und Heilung ber anftedlenden Lungenfencye beim Rind⸗ 
viehe. Nach d. Holländ. gr. 8. Ulm bei Seik, 1847. (Berken). 

gt. 
Groß, I. C., Lehrer a, d. K. Thierarzneifchule in Stuttgart. Die 
Sufentzänbung der Pferde mit befonberer Beziehung auf bie Urſachen, 
das MWefen und bie Sl. bes n ass Mit 25 Abbild. 
Stuttg. 1847. 8. F . 35 for 
®ünther, Dr. Fr. Aug. Dar Bomöopatfifige Thleranzt, 1x Theil. 
Die Fer rg des Hehe a verm, ur we 


®urlt, Dr. ©. $. vehrbuch der ver eleijenbe Phyfiologie ber 
Hans: Sangethiere. Zweiie, Bene. fage. nu Kupfertafeln. 
Berlin, 1847. bei Hirſchwald. 8. . 2 thlr. 15 for 


Gurlt, Dr. 8. und Hertwig, Dr. @. H., chirurgiſche Ana⸗ 
lomie⸗ und Operationslehre für —— — 10 ale Fol. 


“Berlin, 1847, bei Reime. . . 5 the. 15 fgr. 


20. 


21. 


22. 


23. 


24. v 


26. 


Handbuch für Thlerärzte in Bayern. Die äber das Beterinärwefen 

beftehenden Inftihtioren und Borfchriften enthaltend. In Auszügen 

— ln: von a Dalltages h ei 
8. o f\ . “ gr. 


— F. C., Vee-arts der erste Klasse etc. De Ziekten 
van den Mensch, die ontstan ten Gevolge van Besmetting door 
Ziekten van Dieren. Vry bewerkt naar het Hoogduitsch van 
B. Ritter, en met Anteokeningen etc. Amersfort, 1847. 8. 
b. van Vloten, 


Heinze, Theod., Königl. Sächf. Bereiter; Bippeingt ſche on “ 
Deuthland, Sranfreich, England und Belki ft Beurthe 
R Reit- und Abrichtungsmethode des Stallmeifters F. Sonden 
8. (XVI u. 173 ©.) Leipzig bei Wigand, Geh . thlr. 
Hering, Med.⸗Rath, Profefior. Die Königl, Würtemberg Thier⸗ 
arzneifchule in Stuttgart in den erften 25 Jahren ihres Beſtehens. 
Mit 1 lithogr. FR (in 410) gt. 8. ———— 1847, bei Ebner 
und Seubert . 0.00.46 fer 
. Herrmanı, ©. Mm. Das Reitpferb, feine Eigenfchaften und Be⸗ 
Senlung Eine auf vieljährige Erfahrting begründete Anleitung für 
eitluftige, den Gebrauch und das Wefen der Rettpferbe ohne frembe 
Fa fennen zu lernen ꝛc. * m bei we * A u 
— gr. 
Hertwig, C. H. Profeſor. Praktiſche Xegneimitelfehee für Thier⸗ 
ärzte. Dritte vermehrte u. verbeſſ. Aufl, Berlin bei Veit u. — 
r. 


Hildebrandt, Departements⸗Thierarzt. Die Bluiſenche der Schafe, 


27. 


28 


2. 


37. 
38. 


39. 


— BE — 


beren Urſache und Vorbeugung. Mit einem Vorwort von Dr. Ans 
dreae, Koͤnigl. Regier.⸗Medic.⸗Rath. 2te Ausg. 8. Queblinburg bei 
Ernſt. ee er DT 
Jahrbuch für Pferbezucht, Pferbefenntnig, Pferbehanbel, Pferdes 
drefiur und Roßarzneifunft auf das Jahr 1847. Angefangen von ©. 
v. Tenneder, fortgefept von mehrern Hippologen und Thieraͤrzten. 
Mit Abbild. eines Racepferbes. 23r Jahrgang. Weimar bei Voigt. 
12m, . . 0.0. HL the 10 fer: 


Katechismus über das Aeufere, die Pflege, die Gänge, das Bes 
fihlagen, die Erkennung und Behanblung der Krankheiten, die Zucht 
und die Stämme des Pferdes ꝛc. Mit 7 lithogr. Bildern. 12mo. 
(233 ©.) Straubing bei Schorner. Eh. . : 10 fer 


Kreuger, Dr. I. Mart., Central⸗Archiv für die gefammte Veterin.⸗ 
Med. und für die veterin.särztl, Unterrichte-, Standes: un. Vereines 
angelegenheiten. 2r Jahrg. 1846. 4 Hfte. Nugeb. bei Senifch m, 
Stat. 5 u. 02. 2 2 20 for. 
37 Jahrg. 1847. 16 Heft bei ©. A. Fahrmbacher in Augsb. 


. — Das Schlachten der Pferde und der Genuß bes Pferbefleifches, in 


gefchichtlicher, öfonomifcher und gefunbheitspolizellicher Beziehung bes 
trachtet. Augsburg, 1847, bei Fahrmbacher. 


. La Notte, Departements: Thierarzt in Bromberg. Die Reform im 


Medicinalwefen in Bezug auf den thierärztlichen Stand in Preußen. 
Bromberg, 1847, bei Tewil. ß 


. Lecocq, F. Profess. de l’Anatomie etc. Traité de l’Exterieur 


du Cheval et des principaux Animaux domestiques; avec Plan- 
ches. Deuxième £dit., revue et corrigee. 8. Lyon 1847. 11 Fr. 


Longet, F. A. Anatomie et physiologie du systöme nerveux 
de !’homme et des animaux vertöbres, T. II. Paris. 8. 

Die zwei Bände. ea ar ae. IE 
Maclise, J. Comparative Osteology being morphological stu- 


dies to demonstrate the archetype skeleton of vertebrated api- 
mals. Fol. Lond, 1847. . . 20... BS6D. 


. Magazin für die neneflen Beobachtungen und Grfahrungen im Ges 


biete der homöopatifchen Thierheilfunde. Herausgeg. von Dr. Fr. 
Aug. Günther. 18 Bochn. I—48 Heft. gr. 8. Sonbershaufen 
bei Eupel. . . . o 0 0 0 a Heft 15 fgr. 
Manuel nouveau de mödecine vötörinaire homoeo- 
patique, ou Traitement Bomosopalnııue des maladies du che- 
val, di boeuf, de la brebis, du porc, de la chövre et du chien; 
par F. A. Günther. Traduit de l’allemand sur la 3me &dition, 
par P. J. Martin. 8. Paris. Balitree . . . 6 PFr. 
Manuels-Roret. Nouveau manuel complet du Vöterinaire. 
Paris 147... 2 2 ee ee 0.0. ..8Fr 
Mariage, P. F. Vetörin. Guerison infaillible dans tous les cas 
du Javart cartilagineux (vulgairement appelé Javart encorn&) en 
onze Jours sans operation. — 42 Observations cons&cutives par 
le même procede. Paris 197. . . . 0. 10 Fr 
(Ein Brüffeler Nachdruck 1 Fr. 50 Cent.) 
Miles, Will. The Horse’s Foot, an how to keep it sound, 


— 533 —— 


5 Edition, with au Appendix on Shoeing in general and Hun- 

ters in particular. Lond. 1847. Imper. 8. Longmann, Braun etc. 

. E ” . 9 8. 

The Appendix separately . © ....2S6D. 

(Four casts or models of shoes may be had, displaying the 
different kinds of shoeing. Price 10 S.). 


Möller, 3. H. Hydro:homöopathifches Tafchenbuch der Thierheil- 
funde, oder die Krankheiten der Hausthiere und deren Heilung durch 
Faltes Waffer, vorzügli aber durch Komönpathifche Mittel. Gin 
neues, alphabetifch georbneies Noth⸗ und Hilfsbuch zc. Durchgefehen 
von Lux. 8 Leipzig, Barth. 3 fer 


- Müller, Dr. Joh. Fr. Handbuch der Veterinaͤr⸗Ophthalmologie für 
Thierärzte. Mit zahlreichen iu ben Text gebructen Holzfchnitten. 
In 5 Lief. oder 2 Bohn. Braunfchweig, 1846 u. 1847, bei Weiter: 

; mann, . . e . . e . 0) a Lief. 18 ſgr. 

42. v. Pollnitz, G. L. Das fehlerhafte Pferd, oder Darſtellung aller 

aͤußerlichen Maͤngel und Gebrechen eines Pferdes nebſt Anleitung z. 
. ‚Heilung derſelben. Als Anhang die Kunſt das Alter des Pferdes 
genauer zu beflimmen, nebft 3 erprobten Rezepten. Mit einer Zeich⸗ 
nung. gr. 8. (28 ©.) Ober-Glogau. Geh. 0. 6fer 

43. Posthumous Extracts from the veterinary-Records of the late 

‘John Field. Kdited by this Brother, Will. Field, Veterinary 
Surgeon. Lond. 8.88. 

44. Pradal, Amedee, Vetsrinaire. Trait& des maladies du porc, 

leurs Symptomes, leurs causes, avec l’indication des procedes 
operatoires, des moyens des les guerir et de les prörenis, 

- Paris 1847 chez Lab. 8. 2 200200... 98 Fr 

Meche, R. Dr med. Die Kennzeichen des erkrankten Schlachtvies 

bes, nebſt geſetzl. Verordnungen, betreffend das Schlächtergewerbe. 8. 

Gleiwitz bei Landaberger. Eh... - >. 0. 10 fer. 

Richard, M. A. Dr. en med. cultivateur etc. — De la confor- 

mation du Cheval suivant les Lois de la Physiologie et de la 

Mecanique. Haras, Courses, Types reproducteurs, Amelioration 

des Races, Vices redhibitoires, Paris 1847. Compt, des Impri- 

meurs-Unis. 1 Vol. in 8. 020002 0... TFr 50 O.- 

47. Riege, Hauptmann. Beurtheilung bes Pferdes in Bezug feiner 

Brauchbarfeit für den Reit» oder Zugdienſt. Mit 14 Abbild. auf 

| Taf. (in Folio.) te Aufl. 8. (91 ©.) Berlin 1847, bei ae 

" . . . . > . i gre 

Ritter, J., Paſtor. Kurze Anweiſung, wie Jeder mit den von 

Guénon aufgeftellten äußeren Kennzeichen der Milchergiebigkeit der 

Kühe ſich teicht befannt machen Tann. 8. (8 ©. u. 1 Taf. Abbild.) 

Parchim bei Hemstorf. Geh. ee Ah. 

49. Rodet, M. H. Prof. & P&cole veter. de Toulouse. Legons de 

* botanique ‘a l’usage des &leves veterinaires. 

50 


Rohlwes, Joh. Nie. Allgem. Bieharzneibud 171 a is 
gr. 
51 


40 


6 


Zu 
[2.2 
® 


* 3 


5 


14 . ‘ [2 [2 


48 


“ 


Mit 1 Taf. Abbild. Berlin 1847, bei Rider .. - 


Rohne, 8. Die Kunft, ein vollfommener Prerdefenner M werben, 
die Belrügereien ber Pferdehaͤnbler zu entdecken und beim Pferdes 
handel zu ee Mit 8 Abbild. (in Ato) 8. (58 ©.) Quedliu⸗ 
burg bei affe. Seh. . . . . . 18 for. 


® 


52 


53. 


53. 


57. 


58. 


>9. 


64. 


— 533 — 


Schaf, das, feine Zucht, Behanblung, Lebensverhältsiffe uud Kraut, 
heiten, nebſt Befchreibung und Beurtheilung ber Wolle, nud einem 
vollſt. Regifter. Nach der 2ien engl. Ausg. mit Aumerk. und 3x 
fügen von F. M. Duttenhofer. Mit 65 eingebr. Golafchnitten. 
Auch unter dem Titel: Die Engl. Viehzucht. Ir Bd. Stutig. 1845, 
Mepleriche Buch. Geh. i ö R . 3 thle. 10 fer. 
Sälefinger, Dr. 3. Die Einathmung des Schwefeläthers in ih⸗ 
ven irkungen auf Menfchen und. Thlere, befonders als ein Mittel, 
bei chirurg. Operationen den Schmerz zu umgehen. RNebſt 6 (ein: 
gedruckten) Abbild. 12 Leipzig bei Sahard.. . 7 fgr. 6 pf. 


.Shod, C. G. W. Anweifung, wie der Nichtarzt die meiſten Krank⸗ 


heiten feiner Hausthiere durch forgfältige Auffaffung ber ſicht⸗, fühl 
und hoͤrbaren SKrantheitserfcheinungen mit den danach ſicher und 
ſchnell aufzufindenden erprobten und zweckdlenlichen homoopathiſchen 
Se Lee auf einfache und faft Eoftenlofe Weiſe Heilen — ni 
ar [ o . 0 “ o o ‘ . “ gr. 
Sakas, Dr. Kour. Ludw. Prof. ꝛc. Katechismus der Sufoefage 
kunſt. Oder theoret. prakt. Unterricht über din Hufbeſchlag. 
20 lithogr. Abbild. Hte verbefi. und mit einem Anhange: Vom Bes 
fchlagen ver Efel, Maulthiere sc. verm. Aufl. 8, Stuttgart 1847, 
bei Ehner n. Seuber, ©... . AI the 3 fer. 


. Steinbrenner, Dr. Ch. Trait6 sur la vaccine ou recherches 


historiques et critiques sur les resultats oblenus par les vacci- 
nations ęt revaccinations, depuis le commencement de leur em- 
ploi universel jusqu’a nos jours. 8. Paris 1846. . 8Fr. 


Stempel, L., prakt. Landwirth. Rath und Hilfe für den Landmann 
in den Seiten des Futtermangels. Oder: Wie kann der Landmann 
fein Vieh in gutem Stande erhalten, wenn er durch ungünftige Wit- 
terung ber gewöhnt Yutterniittel beraubt iſt? 2te Aufl. 8. Halbers 
ſtadt, 1847, bei Lidequiſt u. Schinrof. Gh. . . AU fox 
Strauss-Dürkheim, H. Anatomie descriptive et comparalive 
du Chat, type des mammiferes en general et des carnivores on 
particulier. 2 Vol. in 4. et 25 planch. sur papier raisin. Paris 
chez Pauteur. 2 2 020. 86 Fr. 
Taubenfreund, ber, ober auf Erfahrung gegründete sms 

e 

gr 


über das Ganze ber Taubenzucht. 12mo. (117 S.) Norbhaufen 
Fürſt. Sch... TE Tan 10 fgr. 


. Thomas, Schäfer zu Bunzlau, allgemeines Vieharzneibuch, heraus⸗ 


egeben von feinem Sohne Thomas, Ate Aufl. gr. 8. Glogan bei 
emminn. Gh. . . . .. ihlr. 


‚ Thomson, Rob. Dund. Med. Dr. Experimental Researches on 


the Food of Animals and the Fattening of Cattle; with Remarks 
on the Food of Man . . 


ee 68 
. Tuczek, Dr. F. W., allgemeines re Thierarzneißuch. (X VI 
e 


u. 442 ©.) Süterbog, 1846, bei Colbiß. Geh. . 1 thle. 15 fer. 


. Turner, James, M. R. V. C. A Treatise on the Foot of the 


Horse, and a new System of Shoeing, by one sided nailing; 
and on the nature, Origin, and Symptoms of the Navicular- 
Joint Lamenes, with Preventive and Curative Treatment. Lond. 
1847. 8 Longmam. . . . 2.0.0.0. 7T86D. 
Turner, James, Veterinary-Surgeon. A Register of Experi- 
ments, anatomical, physiological, and pathological; disclosing 


74. 


— 534 — 


a New and striking Fact demonstrative of a (probable) uni.- 
vorsal principle pervading the Human Organization and all 
Animal Life, not hitherto expounded by comparative Anato- 
mists oto. Lond. 1847. 8. Longmanan and O. 3 Part. each ä S. 


‚ Bir, Dr. & W. Profeſſor. Praktifche Befchlaglehre ꝛc. für Huf⸗ 


ſchmiede, Thierärzte u. |. w. Mit 19 lithogr. Tafeln, 2te Aufl. 
Gieſſen Bei Ricerrrr. 622 fer. 
Wagenfeld, Dr. 2. Gruͤndliche Anwelſung die Krankheiten des 
Pferdes zu erfennen und zu heilen. Zte vermehrte u. verbefi. Aufl. 
or. 8, Dit 4 lithogr. Tareln, Danzig bei Anhut.  . 24 fer. 


.Wannovius, Mer. Hufbefchlags: Katechismus für praftifche Huf- 


ſchmiede, zunächft für die Militärs Befchlagfchmiede. 8. (32 Bog.) 
Weſel bei Kine. GBeh.. 10 fer. 
v. Wetherlin, A. Die landwirthſchaftl. Thierprobuftion. Ir u. 2r 
Theil, gr. 8. (X u. 235, VI u. 467 ©.) — — ya 
r. 

ZIr Th. (Schafzucht. gr. 8. (VI u. 345.) Ebendaſ. Ithlr. 12 dar. 


. Wirth, I. Der wohlerfahrene Rindvieharzt oder Teicht faßliche An⸗ 


leitung, wie ber Landmann die Krankheiten feines Rindviehes richtig 
erfennen, leicht verhüten und gründlich heilen Tann. Mit Kpfen. 12. 
Chur, 1847, bei Orubenmnn. - 0.20.20 for 


70. Birth, 3. €. (Arzt und Lehrer an der Veter.-Schule in Zürich). . 


Lehrbuch der Seuchen und anfterfenden Krankheiten ber Hausthiere. 
2te verm u. verbefl. Aufl. gr. 8. Zürich bei Fuß, 1 thlr. 21 fer. 


. Bits, ©. C. Handbuch der Veterinär: Chirurgie. A. d. Dänifchen 


überf. u. mit Zuſaͤtzen verfehen von Dr. Joh. Darf. Kreußer. 5te 
Lief. gr. 8. Augsb. bei Jenifch u. Stage. Geh.. . 20 for 
— Brolegomena zur Veterinaͤrpropaͤdeutik oder Bemerkungen über 


das Beterinärflubium, die Organifation und Verwaltung der®eterinär: 


ſchulen. Nah eiuer zum Theil nenen Bearbeitung bes Driginals 
aus dem Dänifchen überf., mit Anmerkungen n.|.w. von P. Seifen, 
Collegienaſſeſſor, Oberthierarzt. gr. 8. Kopenhagen bei le 

— gr. 


Berlin bei Hirſchwald. 
— ODyu Hestekjods Afbemittelſe til Foͤde for Mannesket ved Levnemib⸗ 


lernes nuvaͤrende hoͤin Priis. Kjoͤbenh. 1847. 8. (S. 39.) 

(Ueber die Benutzung Des Pferdeſleiſches für Menſchen.) 
— Almeenfattelig Anvilsning til Huusdiravlen og Huusdirens Ber 
ar: i ſund og ſyg Tilſtand. Mit 1 Kob. 2 Udgave. Kiöbenh. b. 


‘ Bhilippfen. 8. Geh. . — 2 thlr. 74 fgr. 
. Youatt, Wil. The Pig. a Treatise on the Breeds, Manage- 


ment, Feedin and Medical Treatment of Swine. To which 
are added, Directions for salting Pork and curing Bacon and 
Hams, as practised abroad and at home. Lond. 1847.8. ee 


DOruck von 3.-Betfe. 





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