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Full text of "Magister choralis: Theoretisch-praktische Anweisung zum Verständnis und ..."

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Mos -39'^,4^he.s 



Harvard University 



LIBRARY OF THE 

DEPARTMENT OF MUSIC 



THE GIFT OF 



Walter Raymond Spalding rg 



Cla8» of 1887 



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MAGISTER CHORALIS. 

Theoretisch-praktische Anweisung 

zum 

Yerständnis ond Vortrag des 

authentischen römischen Choralgesanges, 

bearbeitet von 

Fr. Xav. HaberL 




Zwölfte vermehrte und verbesserte Auflage. 



Mit Drockgenehmi^DDg des Hochw. Bisoböfl. Ordinariates Regensburg. 

Regensburg, Rom, New York & Cincinnati. 

Druck und Verlag von Friedrich Pustet, 

Typograph des heil. Apost Stahles. 

1900. 



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HARVARD UNIYERSITY 

DEPARTMENT OF MU8IC 

THE eiFT OF 

WALTER RAYMOND SPALMM 

0CT1921 



^;..,. v-:>..; //'C:- r- 



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Imprimatur. 
Ratisbonae, die 15. Septembris 1899. 



Dr. Fr. Xav. Leitner, 

Vic. in Spir. Gen. 



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Vorwort. 

|urch die Einheit in der Liturgie die Einheit im 
Glauben auszusprechen und kundzugeben/) war 
vor und nach Gregor dem Grossen das Bestreben 
des römisch-katholischen Kirchenoberhauptes und der 
Organe desselben. 

Wenn im Laufe der Jahrhunderte, teils durch Sorg- 
losigkeit und Unachtsamkeit, teils durch üble Gewohn- 
heiten und eigenwilliges Eingreifen einzelner Personen 
Störungen und Verschiedenheiten ernstlicher Natur zu 
Tage traten, so wusste die Auktorität immer die richtigen 
Mittel und Wege zu finden, um wieder allmählich zur 
Einheit zu führen. 

Als sich vor vierzig Jahren zahlreiche unter ein- 
ander verschiedene Antiphonarien, Gradualien, Ritua- 
lien u. s. w., welche den römischen Choralgesang zu 
enthalten vorgaben, an den Chorsänger herandrängten, 
pflegte er sich nach eigener Wahl und Anschauung für 
die eine oder andere Ausgabe zu entscheiden. Wohnte 
er aber dem katholischen Gottesdienste in einer anderen 
Kirche oder Diöcese, oder, bei der Leichtigkeit der 
modernen Verkehrsmittel, in einem anderen Lande bei, 
so schien ihm der heimische, ortsübliche Choralgesang 
wieder fremd und verschieden. Die liturgischen Gebete 
und Zeremonien fand der Katholik in jeder Kirche seines 
Glaubensbekenntnisses gleich, nur in den liturgischen Ge- 

*) Joh. Cottonius schreibt im 11. Jahrh. (Gerh. Script Tom. U. p, Z58) : 
Cum enim constet, quod unus Dominus una fide, uno baptismate, et 
omnino morum unitate ohlectetur, quis non credat, quod idem ex mul- 
tiplici cantorum discof'dia, quia non inviti, neque ignorantes, sed 
voluntarie constrepunt, offendatur? „Ein Glaube, eine Taufe, Ein- 
heit in der Sittenlehre ist dem einen Herrn sicher wohlgefällig. 
Wer kann also zweifeln, dass Gott durch die so vielfache Zwietracht 
der Sänger beleidigt wird, wenn dieselben, nicht etwa unabsichtlich 
oder aus Unwissenheit, sondern mit Vorsatz und aus Eigenwillen 
von einander abweichen?" 



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IV Vorwort. 

Sängen waltete die bunteste Mannigfaltigkeit. Die Folge 
war, dass der Zweifler entweder den liturgischen Gesang 
ganz vernachlässigte, oder ihn für eine gleichgiltige, dem 
Belieben und Geschmacke des Individuums anheimgegebene 
Modesache zu halten sich gewöhnte, oder bald diesem 
Gelehrten, bald jener Tradition, bald diesen Errungen- 
schaften der Archäologie und wissenschaftlichen For- 
schung, bald jener Empfehlung und gepriesenen Aus- 
führung folgen zu müssen glaubte. 

Seit Vollendung der authentischen Gesangbücher, 
in denen die ganze Liturgie der Kirche mit den von 
ihr festgesetzten Melodien enthalten ist, kann die Ein- 
heit mit der römischen Kirche auch im Gesang wieder 
hergestellt werden,^) nachdem sie in den Gebeten und 
Zeremonien seit dem heiligen Konzil von Trient nach 
langem Widerstreben und vielen Kämpfen gegen Her- 
kommen und Gewohnheit erreicht war. Die Geschichte 
dieser Arbeiten und Bemühungen ist teils in §. 2 dieses 
Lehrbuches, teils in den päpstlichen Breven zu lesen, 
welche Pius IX. und Leo XIII. in dieser Angelegenheit 
erlassen haben; das neueste vom 7. Juli 1894 ist S. 239 
auch in deutscher Übersetzung mitgeteilt. 

Vorliegendes Lehrbuch hat sich zur Aufgabe ge- 
macht, die Art und Weise der richtigen Ausführung der 
authentischen Choralgesänge auf Grund der Geschichte 
und Tradition zu lehren. 

Auch der Verfasser dieses Lehrbuches, das 1864 
zum erstenmal erschienen ist, war bis zur vierten Auf- 

*) Der französische Canoniste contemporain schrieb im Juniheft 1880: 
„Den Musikern fäUt die Aufgabe zu, die Gesänge, welche die zu- 
ständige Auktorität für den liturg. Gesang vorschreibt, zu exekutieren. 
Es ist auch vom Standpunkt der Ästhetik aus keineswegs notwendig, 
für den Gesang und für die Dichtung der Hymnen und Antiphonen 
die höchstmögliche Vollkommenheit zu besitzen, dieselbe ist nur im 
Himmel zu erwarten. Sollen die Gesänge des 10. und 11. Jahrhun- 
derts deshalb wieder eingeführt werden, weil sie alt sind ? Keines- 
wegs. Die Auktorität des hl. Stuhles wird immer, wie in der Kir- 
chendisciplin überhaupt, so auch im legitimen Gesänge die entschei- 
dende Stimme haben." 



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Vorwort. V 

läge (1873) der brennenden Frage schwankend gegenüber 
gestanden und glaubte durch gewissenhafte Benützung 
auftauchender Privatansichten und Herbeiziehung ver- 
schiedener Lesearten jedem etwas bieten zu sollen: 
musste aber die Erfahrung machen: „Um gerade so zu 
sein, wie jeder uns haben möchte, dürften wir eben gar 
nicht sein."^) 

Seitdem die Authentizität der römischen Gesangs- 
weisen feststeht, konnte man nicht mehr zweifehi, dass 
nur die oberste kirchliche Auktorität zur Einheit im Ge- 
sänge führen und den Hader der um die besten Melo- 
dien und über die rechte Art des Vortrages streiten- 
den Parteien, der heute mehr als je entbrannt ist, zum 
Schweigen bringen kann.*) 

Die Notenbeispiele dieses Lehrbuches sind also aus- 
schliesslich den typischen Ausgaben der authentischen 
römischen Choralbücher entnommen, sowohl als Illustra- 
tionen der theoretischen Darlegungen, als auch für den 
Unterricht und die Gesänge des Priesters und der Kleriker. 

Auch in dieser zwölften Auflage sind mannigfache 
Verbesserungen in jedem Paragraph, nützliche Zusätze 
und zweckdienliche neue Bemerkungen, welche sich auf 
geschichtliche, archäologische oder liturgische Materien*) 
beziehen, eingefügt worden ; denn ein „Lehrbuch"*) lässt 
sich immer vervollkommnen. 



^) Deutinger in der Vorrede zum „Princip der neuen Philosophie'*. 

2) Guido von Arezzo schreibt (bei Öerb, l. c. Tom. II, 20): Illud proe- 
terea scire te volo, quod in morem pnri argenti omnis cantus quo 
magis tisitatur eo magia coloratur, et quod modo displicet, per usum, 
quasi lima politum, postea collaudatur. „Das möchte ich dir ein- 
prägen, dass jeder Gesang gleich dem Silber um so reiner und 
glänzender wird, je mehr man denselben einübt. Was anfänglich 
missfällt, wird Beifall finden, wenn es durch öfteren löblichen Ge- 
brauch gleichsam gefeilt worden ist." • 

^) Die Citate über die Entscheidungen der Ritenkongregation wurden 
nach der CoUecüo authentica S, R, C. gemacht. Die Neumen- 
tabellen S. 233 sind mit Auswahl dem Werke „les mölodies grego- 
riennes" des Dom Pothier entnommen. 

*) Vom Magister choralis bestehen Übersetzungen in englischer, fran- 
zösischer, italienischer, ungarischer, polnischer und spanischer Sprache, 
welche beim Verleger der deutschen Ausgabe zu beziehen sind; Über- 



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VI Vorwort. 

Durch kurze Angabe reicher Litteratur ist dem 
reiferen Leser Gelegenheit gegeben, sich genauer über 
die diesbezüglichen Materien zu unterrichten. Man 
kann nur wünschen, dass sich die Priester und Kleriker 
recht eingehend mit allen Schriften und Studien über 
diese Materie beschäftigen, dann werden sie mit dem 
Unterzeichneten im Angesichte der widersprechendsten 
Resultate und fortdauernden Kämpfe zur Einsicht ge- 
langen, dass nur die kirchliche Auktorität ein ent- 
scheidendes Urteil über die Form des liturgischen Ge- 
sanges mit siegreichem Erfolg geben kann. Dieselbe hat 
aber bereits entschieden und erklärte sich für eine Re- 
daktion, welche teils der Verständlichkeit des heiligen 
Textes mehr Rechnung trägt, als die verschiedenen „ar- 
chäologischen Lesearten'', teils den liturgischen Gesang 
nicht bloss zur Domäne ausgewählter Sängerkünstler 
macht, sondern jedem Sangeskundigen die Möglichkeit 
gibt, nach Wunsch und Willen der Kirche das Lob 
Gottes zu verkünden. 

Durch Anwendung verschiedener Schriftarten wollte 
in vorliegendem Lehrbuch das Notwendige vom Nütz- 
lichen unterschieden werden, um auf diese Weise den 
Unterricht in Lehrerseminarien oder für nicht huma- 
nistisch gebildete Sänger zu erleichtern. 

tragungen in böhmischer und portugiesischer Sprache sind nahe be- 
vorstehend. 



Regensburg, am 15. Aug. 1899. 



Dr. Fr. Xav. Haberl, 

Direktor der Kirchenmusikschule. 



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MAGISTER CHORALIS. 



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§. 1. Begriff des Chorals. 

Der römische Choral oder der gregorianische Gesang ist 
die dem Gottesdienste der römisch-katholischen Kirche eigen- 
tümliche Musikgattung. Die Melodien (Tonverbindungen) des- 
selben bewegen sich in den diatonischen Haupttönen (s. §. 5); 
sie werden einstimmig (unisono)^ ohne genau abgemessenes 
Zeitmass, jedoch im Rhythmus der Sprache vorgetragen. 
Daraus folgt, dass diese Tonverbindungen nach Höhe und 
Tiefe, Länge und Kürze, sowie in den Graden der Stärke 
wechseln, wie jeder Sprachvortrag (Sprachmelodie). 

Dieser Gesang der römischen Liturgie heisst cantus gre- 
gorianus, weil der heil. Kirchenlehrer Gregor L, der Grosse 
(Papst 590—604), die zu seiner Zeit vorhandenen Gesänge 
verbessert und vermehrt hat (monumenta patrum renovavit 
et atixitj. 

Er heisst „römisch", weil er vom Mittelpunkt der kath. 
Christenheit ausgegangen ist. Auch heute noch besteht Rom 
für diejenige Form des gregorianischen Gesanges, welche die 
vom Papste für Liturgie speziell eingesetzte Kongregation 
der hl. Riten approbiert hat, auf der Bezeichnung „römischer 
Choral", — im Gegensatz zu den in verschiedenen Ländern, 
Diöcesen oder Orden üblichen und geduldeten Gesangsweisen. 
Selbstverständlich steht es allein dem Papste zu, die römische 
Liturgie und somit auch einen wesentlichen Bestandteil der- 
selben, den Choral, nach Bedürfnis zu ändern, neu zu bilden 
oder eine Reform desselben gutzuheissen. 

Der Name „Choralgesang" stammt aus der Zeit, als noch die 
im Chor (Presbyterium) versammelte Geistlichkeit — der höhere 
und niedere Elerus mit den Chorknaben — das kirchliche Officium 
absang. Der in den protestantischen Kirchen übliche „Choral" 
unterscheidet sich nach obiger Definition wesentlich vom „römi- 
schen Choral". Auch die Anschauung, ,.jeder nicht mit Orgel oder 
Instrumenten begleitete Kirchengesang, also auch Kompositionen 
Im Palestrinastile seien Choralgesänge", muss als eine Begriffsver- 
wirrung bezeichnet werden; s. §. 2, S. 9. 

Uaberl, Magister choralis, 12. Aufl. 1 



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§. 2. A4)riss seiner Geschichte. 

Der Gesang bei der Feier der gottesdienstlichen Geheim- 
nisse bildete sich in den ersten christlichen Jahrhunderten 
allmählich durch Benützung der hebräischen Singweisen und 
gewiss auch unter Einfluss der griechischen Musiklehre und 
Kunst zu bestimmterer Gestalt aus. Den Psalmenlesungen, 
Responsorien, Gesängen, Gebeten, welche aus dem alten 
Testamente in den jüdischen Synagogen üblich waren, wur- 
den die Lesungen aus den Schriften des neuen Testamentes 
beigefügt. 

Die drei Jahrhunderte der Verfolgung erschwerten eine 
gleichmässige Ausbildung der Liturgie, sowie die Einheit im 
Gesänge.^) Im vierten Jahrhundert sind vier Hauptliturgien 
zu unterscheiden: die syrische, alexandrinische, römische und 
gallikanische.*) Im Abendlande bestanden die gallikanische 
und römische Liturgie; nur die letztere kann in diesem 
Lehrbuche in Betracht kommen, besonders da dieselbe seit 
dem 6. Jahrhunderte') auch in jenen Ländern zur Einfüh- 
rung kam, welche sich bis dahin der gallikanischen Riten 
bedient hatten. 

Anmerkung. „Gleich in den Anfängen der christlichen Zeiten sehen 
wir die Elemente aus Palästina und ans Hellas wie zwei Ströme 
zusammen- und ineinanderfliessen. Von der Mtmca sacra der He- 
bräer holte sich die Musik des Christentums die Heiligung, von der 
Tonkunst der Griechen holte sie sich die Form, Gestalt und Schön- 
heit".*) 

„Die Kirche hielt an den Sangesweisen des Tempels, welche 
schon ob der Erinnerung an Christus und die Apostel nicht der 
Vergessenheit anheimgegeben werden konnten, fest; die hebräische 
Psalmodie musste die Grundlage alles christlichen Gesanges bleiben 



^) „Facies non omnibus una, nee diversa tarnen"; (die Biten) hatten 
nicht alle die nämlichen, aber ähnliche Züge. 

2) Siehe Dr. Ferd. Probst, Liturgie des 4. Jahrh. und deren Reform; 
Duchesne, Origine du culte chr6tien; Dr. Thalhofer, Handbuch der 
kath. Liturgik. 

^) Das sogen. Sacramentarium Leonianum stellt die älteste römische 
Liturgie bis Leo I. (f 461) dar; ihm folgt das Sacramentarium Ge- 
lasianum, so genannt von Papst Gelasius L (f 496). 

*) Ambros, Gesch. der Musik, L B., 1. Aufl., S. 196; 2. Aufl., S. 407. 



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§. 2. Abriss seiner Geschichte. 3 

und prägte diesem im ganzen und im einzelnen für alle Zeit seinen 
spezifischen Charakter auf. Anderseits nahm die Kirche wie die 
Sprache und die übrigen Künste, so auch die griechische Musik, die 
Theorie ihrer Tonarten, ihr diatonisches*) Klanggeschlecht mit 
Ausschluss der übrigen, ihr Gesetz des reicheren Melodienbaues, 
zugleich in ihren Dienst und bildete aus diesen beiden Elementen 
sich ihre eigene christliche Musik. Sie bewahrte so einerseits die 
hl. Tradition , die sie mit ihrem höheren Inhalte nur vollendete, 
anderseits gab sie ihr eine universelle und den neuen Christen zu- 
gänglichere Form. Mit Begeisterung wurde die Kirchenmusik von 
den ersten und grössten Vätern des Morgen- und Abendlandes ge- 
pflegt und gefördert, mit der Erweiterung der Liturgie gleichfalls 
erweitert, bald von eigens dazu bestellten Sängern auch für eine 
kunstgemässere Ausführung gesorgt und an vielen Orten bereits 
sehr frühe eine eigene Gesangschule errichtet." * 

„Im Morgenlande waren es besonders die Heiligen Ignatius von 
Antiochien, Athanasius, Ephrem der Syrer und Basilius, welche für 
die Pflege des kirchlichen Gesanges sich grosse Mühe machten: 
im Abendlande aber vor allen der hl. Ambrosius von Mailand 
(374—397). Über die Beschaffenheit der eigentlich ambrosianischen 
Gesänge ist so viel sicher, dass viele derselben auch für den ge- 
meinsamen Vortrag der Gläubigen berechnet waren. Es waren 
Wechselgesänge in kurzen, melodischen Sätzen (z. B. Te Deum)^ 
Hymnen in einfachen, aber metrisch lebhaften Weisen (z. B. JSteme 
verum Conditor, Creator cUme siderum u. ähnl.), Eesponsorien mit 
bewegten und durch W^iederholungen geläufigen Acclamationen und 
Antiphonen für die Psalmen im Doppelchore. Der kunstvollere, nur 
von Kantoren auszuführende Gesang war aber durch diese grössere 
Pflege des Volksgesanges nicht beschränkt, noch weniger ausge- 
schlossen und wesentlich von dem der Gesamtkirche in nichts 
verschieden ....*) Die Gesangsweise der mailändischen Kirche 
verbreitete sich mit ihrer Liturgie bald weithin nach Gallien, Spa- 
nien und andere Länder."') 

Der id. Papst CoBlestin (422—432) verordnete, dass die 
160 Psalmen Davids vor dem hl. Messopfer in wechselnden 
Doppelchören (antiphonenartig) gesnngen wurden, verteilt 



^) „Diatonisch" heisst das Tongeschlecht, in welchem fünf ganze und 
zwei halbe Töne so verteilt sind, dass letztere bei Aufeinanderfolge 
von vier Tönen (Tetrachord) an L, 2. oder 3. Stelle sich vorfinden. 
Das chromatische Tongeschlecht (Folge von zwei halben Tönen) und 
das enharmonische (Einfügung von Vierteltönen) blieben anberück- 
sichtigt. P. X. H. 

*) Die neuesten Studien siehe im 5. Bande der PaUogr. musicdle über 
einen ambrosian. Codex aus dem britischen Museum. F. X. H. 

') Jakob, die Kunst etc., S. 414. 

1* 

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4 §. 2. Abriss seiner Geschichte. 

auf eine ganze Woche ;^) dadurch war der Anfang des geord- 
neten Breviergebetes gegeben.*) Der hl. Benedikt (f 543) 
hatte in seiner Ordensregel dem Gesänge bei den Tages- 
zeiten besondere Sorgfalt zugewendet. (Regula S. Benedicti 
cap. IX.) 

Durch den hl. Papst Gregor (590—604), dessen Sacra- 
mentarium Qregorianum die Grundzüge des heutigen römi- 
schen Messbuches enthält, wurden die bisher zerstreuten 
christlichen Gesänge zu einem einheitlichen Ganzen gesammelt. 
Für die vom Papste mit dem römischen Klerus abgehaltenen 
Gottesdienste in den Stationskirchen stellte er die Liturgie 
im liher Antiphonarius^) (Buch der Antiphonen oder Wechsel- 
gesänge) zusammen; die bei den Kirchen befindlichen Bene- 
diktinermönche hatten vorzüglich das Stundengebet (die Psal- 
modie) zu pflegen. Zur Durchführung seiner Reform errich- 
tete er nach den Berichten des Johannes Diakonus*) (f v. 882) 
eine eigene Sängerschule zu Rom, in welcher er persönlich 
lehrte. Aus dieser Schule sind auch durch die Benediktiner- 
klöster die Lehrer des römisch-liturgischen Gesanges für das 
ganze Abendland und besonders für England (596 durch den 
hl. Abt Augustin) hervorgegangen. 

Anmerkung. Der erste Ordo Romanus, in den Hauptzügen von 
Gregor I. stammend und Ende des 8. Jahrh. umgearbeitet, spricht 
von zwei Gesangbüchern, dem Cantatorium^ welches vor den Zeiten 



*) Siehe Liber pontificalis, ed. Duchesne, 1. Band, S. 231. 

*) Siehe Lib. pontif. I, 89 u. 230. Gevaert, „La m61op6e antique" und 
P. U. Kornmüller im kirchenmus. Jahrbuch 1897, S. 96. 

*) Mittelalterliche Schriftsteller bedienen sich des Ausdruckes Antipho- 
naritis cmto. Nach Du Gange (Glossarium) schreiben Rupert von 
Deutz, die Reichenspergerchronik zum Jahre 591 und Radulph von 
Diceto (t 1210) : GregoritLS . . . Anfiphonarium reg^dariter centonizavit 
Das Wort centonizare bedeutet ex variis libris describere, eoccerpere, 
„aus verschiedenen Büchern zusammenstellen und Auszüge machen". 

*) Er hatte den Beinamen „Hymonides", war Mönch auf Monte Cassino 
und erhielt von Papst Johann VIII. (872) den Auftrag, das Leben 
des hl. Gregor d. Gr. zu schreiben. Unter Benützung von Akten- 
stücken aus den römischen Archiven verfasste er dasselbe in vier 
Büchern und bemerkt Lib. IL, cap. 6, von der musikal. Thätigkeit 
Gregors, dass derselbe ,, vieles gestrichen, weniges abgeändert, man- 
ches beigefügt habe" (midta mbtrahens, paticia convertens, nonnuUa 
adjidens). 



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§. 2. Abviss seiner Geschichte. 5 

des heyigen Gregor dem Diakon als Vorlage für den Gesang des 
Gradaale und ähnlicher Einzelgesänge diente, und dem Antiphonor 
rium, das die Introiten, Oifertorien, Communionen, Antiphonen ent- 
hielt und von der schola cantorum gebraucht wurde.*) In dieser 
Schule wurden die für den geistlichen Stand bestimmten Knaben 
schon von früher Jugend an unterrichtet. Dieselbe führte vor 
Gregor den Namen schola lectorum und war die Vorstufe für die 
Diakonen,*) von denen schöne Stimme und Fertigkeit im Solovor- 
trage des Graduale gefordert wurde. Gregor nahm im römischen 
Konzil von 595 den Diakonen diese zu Missbräuchen ausgeartete 
Funktion ab ;') vom 7. Jahrh. an verliessen die Knaben und Jüng- 
linge vor der Akolythenweihe die schola cantorum.*) 

Ob sich Papst Gregor einer Buchstaben- oder Neuinen- 
Schrift (Punkte, Accente u. s. w.) bediente, ist ungewiss; sicher 
aber ist, dass die vor dem ersten Jahrtausend angewendeten 
Tonzeichen nicht zur Fixierung der Intervalle ausreichten. 
Diese unbestimmte^) Notenschrift und die daraus entstehende 
Notwendigkeit mündlicher Überlieferung verursachte daher 
schon nach wenigen Jahrhunderten Verbesserungen und, mit 
der Ausbildung der Liturgie, auch Zusätze und Verände- 
rungen. 

im 7. Jahrh. schickte Papst Vitalian (657—672) den 
gesangkiindigen Theodor mit Genossen als Erzbischof nach 
Canterbury;^) 679 unterrichtete der römische Sänger Jo- 
hannes die englischen Mönche und Kleriker. 



*) Papst Honorius I. (625—640) fügte den Stationen Gregors eine 
neue an allen Samstagen bei. 

'^) Rossi, BuUetinp 1883, pag. 19, sowie Haberl, 3. Heft der Bausteine 
für Musikgeschichte. 

^) Duchesne, Origine, pag. 162. 

*) Duchesne, Lib. Pontif. Tom. I. p. 322, 377; Tom. II. 86. 

^) Sed cantus adhuc per hsec signa (newmata) minus perfecta cognoscitur, 
nee per se quisquam eum potest addiscere, sed oportet, ut aliunde 
audiatur, et longo usu discatur; et propter hoc hujus cantus nomen 
ti8ti8 accepit: „Niemand kann mit diesen unvollkommenen Zeichen 
(Neumen) den Gesang aus sich selbst erlernen, er muss ihn viel- 
mehr von andern hören und durch viele Übung lernen ; deshalb er- 
hielt dieser Gesang den Namen tims (Übung durch öfteren Gebrauch)." 
Joh. de Huris in Gerbert, Scriptores, Tom. III. p. 202. 

•) Thimus ^aubt (Harmonikale Symbolik I, 262), dass nicht nur eine 
neue Korrektur der liturg. Melodien, sondern auch eine kunstvolle 
Vortragsweise den Verbesserungen Vitalians zu Grunde gelegen habe. 



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6 §. 2. Abriss seiner Geschichte. 

Von Leo IL (682—683), dessen musikalische Kenntnisse 
der Liber pontificalis mit den Worten rühmt: „Cantilena ac 
psalmodia praecipuus et in earum sensibus subtilissima exer- 
citatione limatus" (im Gesänge der Melodien und Psalmen 
ragte er hervor, und im Vortrage derselben war er durch 
genaueste Übung geschult), erzählt das römische Brevier un- 
ter dem 28. Juni: „er habe die hl. Hymnen und Psalmen 
der Kirche neuerdings verbessert (ad concentum meliorem 
reduxit)". 

Als 716 der Mönch Winfried, der heil. Bonifacius, mit 
seinen Begleitern der germanischen Welt das Evangelium 
brachte, wurde dieselbe wie mit der römischen Liturgie be- 
kannt, so auch im römischen Gesänge unterrichtet. Papst 
Zacharias (741—752) ermunterte den Apostel der Deutschen, 
mit der im Frankenlande verbreiteten gallikanischen Liturgie 
zu brechen.*) 

Papst Paul hatte um 760 ein Antiphonarium und.Äö- 
sponsoriale an König Pipin gesendet; aber erst durch die 
energischen Bemühungen Karl des Grossen, der sich eigens 
an Papst Hadrian gewendet fiatte, wurde im fränkischen 
Abendlande Annäherung an die römischen Singweisen be- 
wirkt.*) 

Die römischen Sänger Petrus und ßomanus kamen 790 
mit „authentischen Abschriften" des gregorianischen Anti- 
phonars ins Frankenland. Petrus gründete eine Schule in 
Metz, Romanus aber war erkrankt und blieb im Kloster 
St. Gallen zurück.^) Zu dieser Zeit entstanden in Deutsch- 
land und Frankreich, besonders an den Klöstern und Kathe- 
dralen, berühmte Schulen, durch welche täglich, zu allen 
Stunden, in Hunderten von Kirchen das Lob Gottes beim 



^) Dachesne, Origine, p. 96. 

*) Das Antiphonar Gregors ist ebensowenig erhalten als die authen- 
tischen Abschriften, die unter Pipin und Karl dem Grossen in das 
fränkische Reich gelangten." Thalhofer-Ebner, Liturgik. I. B., S. 44. 

') Siehe P. Anselm Schubigers Sängerschule von St. GaUen. Über die 
„Eomanusbuchstaben" von a — t (g, v, x, y, z sind nicht benutzt) 
als Yortragszeichen siehe die ausgezeichnete Studie im 4. Bande der 
Pal6ogr. musicale. 



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§. 2. Abriss seiner Geschichte. 7 

heil. Opfer und bei den kanonischen Tagzeiten verkündet 
wurde.^) Besondere Sorgfalt verwendete man in diesen 
Schulen auf den Psalmengesang. Jeden Tag wurde den 
Schülern ein Abschnitt des Psalters erklärt; dann erst wur- 
den sie zum Chor- und Kunstgesang zugelassen.^) 

Anmerkung. „Das berühmte älteste Antiphonar der Stiftsbiblio- 
thek von St. Gallen, welches vielfach als das ursprüngliche des 
römischen Sängers Komanus vom Jahre 790 galt, reicht kaum über 
das 10. Jahrh. hinauf. Diesem und dem folgenden Jahrh. gehört 
eine Anzahl anderer wertvoller Handschriften des Antiphonars in 
der genannten Bibliothek an. Überhaupt sind Antiphonarien des 
10. und der folgenden Jahrhunderte, reich mit alter Notenschrift 
(Neumen) versehen, noch sehr zahlreich erhalten, und man darf 
annehmen, dass dieselben der Hauptsache nach die zu Ende des 
8. Jahrh. in das fränkische Eeich gelangten Abschriften mehr oder 
minder getreu repräsentieren."*) 

Fr. Aug. Gevaert kam auf Grund seiner Studien über die alt- 
griechische Musik und den lateinischen Eirchengesang'*) zur An- 
sicht, die noch vorliegenden Neumenhandschriften seien nur Kopien 
der Gesänge, welche von den griecliischen Päpsten, die am Ende 
des 7. und im Anfange des 8. Jahrh. (zwischen 680 und 750) den 
päpstlichen Stuhl einnahmen, ihre definitive Gestalt erhalten haben. 
Der Jesuitenpater A. Dechevrens und der Musikgelehrte G. G. Hou- 
dard versuchen seit 1897 darzuthun, dass die in den Manuskripten 
des 9. und 10. Jahrh. uns erhaltenen- Gesänge in mensurierter 
Weise, also taktartig, je nach der Gestalt der Neumenzeichen, vor- 
zutragen seien. 

Solange die in neuerer Zeit mit besonderem Eifer . be- 
triebenen historischen Studien über die Liturgie vor dem 
Jahre 1000 nicht zu bestimmteren Resultaten führen, kann 
auch die Ansicht nicht festgehalten werden, dass die Neumen- 
handschriften des 9. Jahrhunderts eine getreue und unver- 
änderte Abschrift der Gesänge des hl. Gregor seien. So viel 
ist gewiss, dass die römischen Päpste jener Zeit in jedem 
Jahrhundert dem liturgischen Gesang ihre Sorge weihten, 

*) Siehe Dr. Ant. Walter im kirchenmus. Jahrbuch 1887, S. 41, und 
P. Utto KornmüUer, „Geschichte der Kirchenmusik in Deutschland 
um das 1. Jahrtausend" im kirchenmus. Jahrb. 1894, S. 5—22. 

*) P. Walafried Straho (f 849) in Patrol. lat. 113. B. 9. 

») Thalhofer-Ebner. Liturgik, I. B., S. 44. 

*) Histoire et th^me de la mimque de Vantiquite und La mHopee antique 
dans le üumt de VEglise latine. 



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8 §-2. Abriss seiner Geschichte. 

denselben vermehrten, verbesserten oder umänderten, also 
das Beispiel des grossen hl. Gregor nachahmten, so dass die 
römische Liturgie sich den Zeitverhältnissen anschmiegt, wäh- 
rend die übrigen Liturgien gleichsam erstarrten und sich 
nicht mehr organisch weiter entwickelten. 

Guido von Arezzo^) führte in der ersten Hälfte des 
11. Jahrh. die von dem Flamländer Hukbald von S. Amand 
(f 930) bereits angedeutete Erfindung von Linien, zur Fest- 
setzung und Benennung der einzelnen Töne, systematisch 
durch und bewirkte so einen grossen Umschwung im Kir- 
chengesang. Auch Papst Johann XIX. (f 1033) war von 
diesen Erfolgen aufs höchste befriedigt.*) 

Eine Menge von Theoretikern beschäftigte sich vom 9. 
bis 15. Jahrh. mit Erläuterungen des Tonsystems und mit 
Eegeln für Gesangunterricht, Tonarten, Rhythmus u. s. w.^) 
Die Musik wurde nun auch zur Wissenschaft; die Entwick- 
lung des mehrstimmigen Gesanges aber wirkte auf den Vor- 
trag nicht unwesentlich ein. 

Anmerkung. Schon im 9. und 10. Jahrh. hatte man angefangen, 
die Choralmelodien in Quarten, Quinten und Oktaven, und zwar im 
motus rectm, durch eine zweite Stimme zu begleiten. Im 11. Jahrh. 
erweiterte sich diese Begleitung in der Weise, dass auch Terzen 
zugelassen wurden und das Organum auf einem Tone liegen blieb, 
während sich die Melodie bewegte (motus öbliquus), oder dass beide 
Stimmen in Gegenbewegung (mottis contrarius) fortschritten. Im 
12. Jahrh. wurde die Diaphonie (Discantus) ausgebildet, besonders 
in Kadenzen am Ende der Abschnitte und Sätze unter Ausschluss 
der Quarte und mit Anwendung der Quinte und Terz.*) In all 

*) P. Germ. Morin, 0. S. B., hat 1888 die Meinung verteidigt, dass 
Guido im Kloster St. Maur des Fosses bei Paris erzogen worden, 
also Franzose gewesen sei , widerrief jedoch 1895 seinen Irrtum. 
Nach U. Chevalier war Guido um 990 in Arezzo geboren, zuerst in 
Pomposa Benediktiner, dann in Avellano Camaldulenser und starb 
am 17. Mai 1050. 

2) Siehe die Werke Guidos in Gerbert, Script. Tom. II. p. 1—60. 

') Einen Auszug sämtlicher Theoretiker des Mittelalters verfasste 
P. ü. Kornmüller im kirchenm. Jahrb. 1886—1889. Die hauptsäch- 
lichsten Namen sind: Reraigius von Auxerre, Notker, Hukbald, Re- 
gino von Prüm, Oddo, Guido, Bemo, Wilhelm v. Hirschau, Joh. Cot- 
tonius, hl. Bernhard und seine Schule, Joh. de Garlandia u. s. w. 

*) Siehe Dr. Riemann, „Geschichte der Musiktheorie"; über Fauxbour- 
don besonders S. 141 flgde., sowie Mus. s. 1890, S. 20. 



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§. 2. Abriss seiner Geschichte. 9 

diesen Be^leitungsarten wurde die Choralmelodie cantiis firmus (ital. 
canto fermo, fester Gesang) genannt, im Gegensatz zu den übrigen 
kontrapunktierenden ^) Stimmen. Begreiflicherweise wurde durch 
solche Begleitung der rhythmische Fluss der Choralmelodie ausser- 
ordentlich gehemmt, ja gänzlich zerstört. Man hatte sich bald so 
sehr an diese ^^Mehrstimmigkeit" gewöhnt, dass man den gregoria- 
nischen Choral nur mehr mit dem Namen cantus planus (gleicher 
Gesang, franz. piain chant) bezeichnete. 

Vom 13. bis 15. Jahrh. entstand die Polyphonie ,2) welche im 
15. Jahrh. durch Wilhelm du Fay (f 1474 in Cambrai) und seine 
Nachfolger in rhythmischer Beziehung weiter ausgebildet wurde 
und im 16. Jahrh. als Kunst ihren Höhepunkt erreicht hat durch 
Gioyanni Pierluigi da Palestrina {Joannes Peträloysius Prcenestinus, 
1526 zu Palestrina geb., gest. zu Kom 2. Febr. 1594). Die Kom- 
ponisten entnahmen ihre Themata für Messen und Motetten noch 
grösstenteils dem gregorianischen Choral, indem sie denselben einer 
Stimme in gleich langen Tönen, aber auch in gemischter Notation, 
übergaben. Im 16. Jahrh. begnügte man sich mit kürzeren, aus 
dem liturgischen Gesänge entlehnten Motiven, bis im 17. Jahrh. 
auch diese Praxis verschwand und die mehrstimmigen Kirchen- 
Kompositionen immer mehr dem individuellen Geschmack und der 
Verweltlichung anheimfielen, nachdem sie sich vom liturgischeu 
Kanon des gregorianischen Choralgesanges losgelöst hatten. Für 
die richtige Aufführung der polyphonen Werke des 16. Jahrh. ist 
also die Kenntnis der freien Rhythmik des gregorianischen Chorals 
unumgänglich notwendig. Dr. Karl Proske (f 20. Dezember 1861) 
schreibt deshalb im Vorworte zum 1. Bande seiner Musica divina: 
„Die allgemeine Basis und Brücke zur Auflfassung und Darstellung 
der kontrapunktischen Werke der alten Kirchenkomponisten ist der 
gregorianische Gesang. Wollte man durch Vermittlung und Ak- 
kommodation den älteren Werken auf umgekehrtem Wege von der 



*) Der Name Kontrapunkt stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Die Note 
hiess functvs oder punctum, woraus sich der Name contrapunctu8(m} 
für die gegen die vorhandene Melodie gesetzten neuen Melodien 
bildete, t- 
^) In der Mehrstimmigkeit ist zwischen Homophonie, wenn die ein- 
zelnen Stimmen eine Melodie bloss harmonisch begleiten, und zwi- 
schen Polyphonie zu unterscheiden. Im polyphonen Satze bewegen 
sich die einzelnen Stimmen frei und selbständig, bilden aber dennoch 
in ihrer Vereinigung ein harmonisches Ganze. Dante (f 1321) 
schildert das Wesen dieser Vielstimmigkeit mit den schönen Ver- 
sen (Paradies, 8. Ges. V. 16 seq.): 

„Und wie man Funken sieht in einer Flamme, 
Und wie man unterscheidet Stimm^ in Stimme, 
Wenn eine feststeht, eine kommt und gehet, 
So sah in diesem Licht ich andre Leuchten 
Im Kreis sich drehn, mehr oder minder eilend." 



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10 §-2. Abriss seiner Geschichte. 

moderneu Kunst aus Eingang gewinnen^ so würde man gänzlich 
das Ziel verfehlen und für jeden Schritt vorwärts um zwei Schritte 
rückwärts getrieben werden.** 

Nach Verlauf des 12. Jahrh. waren die verschiedenen 
neumatisierten Codices (Handschriften) in die immer deut- 
licher und grösser sich entwickelnde Choralnotenschrift um- 
geschrieben. Das Resultat dieser Übersetzungen jedoch war 
nach dem Orte, an dem sie geschahen, ein verschiedenes, 
weil die Möglichkeit der abweichenden Auffassung und Über- 
lieferung der Neumenzeichen bereits im 11. Jahrhunderte zu 
verschiedenen Gresangsweisen und Tonarten ein und desselben 
Textes geführt hatte, je nach dem Unterricht, den die Sänger 
art Kloster- und Domschulen genossen.^) 

Der gregorianische Gesang ist trotz der Wandlungen, 
welche er im Laufe der Jahrhunderte erfahren hat, von der 
römischen Kirche stets als die eigentliche liturgische Kirchen- 
musik anerkannt worden; die Kürzungen und Abänderungen 
gingen Hand in Hand mit den Veränderungen in den litur- 
gischen Büchern überhaupt und mit den Zeitverhältnissen, 
welche für den öffentlichen Gottesdienst gedrängtere Aus- 
dehnung der Gesänge sowohl von Seiten der Hörer als der 
Ausführenden erheischten. 

Anmerkung. Die Fortschritte in der polyphonen Musik des 15. und 
16. Jahrhunderts, die Bildung von Sängerchören, welche sich vor- 
zugsweise mit Ausführung der mehrstimmigen Vokalwerke beschäf- 
tigten, den Vortrag des Chorals in den tägüchen Konventsämtern 
und beim Officium divinum aber den weniger gebildeten Choralisten 
überliessen, hat dem guten Vortrage des eigentlichen Kirchenge- 
sanges ausserordentüch geschadet. Verschiedene Meister, z. B. 
Heinr. Isaac, Mat. Asola, Blas. Ammon, Cost. Porta u. a. komponier- 
ten auch die Introiten, Gradualien und Communionen der Haupt- 
feste des Kirchenjahres für mehrere Stimmen, wenn auch unter 

'*) Kirchenm. Jahrb. 1890, S. 93, schreibt P. U. KommttUer gegenüber 
. den Versuchen, aus den Manuskripten die ürmelodien Gregors wieder- 
herzustellen : „Es ist eine verkehrte Logik, aus der Übereinstimmung 
der notierten Manuskripte und der blossen Ähnlichkeit mit den 
neumierten den Schluss ziehen zu wollen, dass dies der voUgttl- 
tigste Beweis für die Identität der beiden Gattungen von Manu- 
skripten .sei. . . Die Behauptung, dass die notierten Melodien die 
getreue Übertragung der neumierten Gesangätücke und also die echt 
gregorianischen seien, kann nicht als richtig anerkannt werden." 



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§. 2. Abriss seiner Geschichte. 11 

Einfügung der Choralmelodie in einer Stimme als canttis firmus, so 
dass der Choralgesang meist nur auf die Psalmodie, die Antiphon, 
den Hymnus und auf die Konventsämter an Stifts- und Kloster- 
kirchen beschränkt war. Mangelhafter und ungenügender Vortrag 
führte allmählich Verachtung und Vernachlässigung desselben her- 
bei, so dass der altehrwürdige Gesang schwer unter diesen Unbilden 
leiden musste. Neues Leben in der Kirche Gottes und die gross- 
artigen Eeformen des 16. Jahrhunderts kamen auch dem liturgischen 
Kirchengesang zu gute. 

Die römische Kirche betrachtete stets den Choral als 
den ihr eigenen Gesang, wahrte sich und übte das Recht, 
die Änderungen im Missale und Breviarium auch auf den 
gregorianischen Choral auszudehnen, und publizierte die litur- 
gischen Bücher nie ohne denselben. Da nach den Beschlüssen 
des Trientiner Konzils, deren päpstliche Bestätigung durch 
Pius IV. 1564 erfolgte, die beiden Hauptwerke der kathol. 
Liturgie, das Brevier und Missale, durch eigene Kommissio- 
nen herausgegeben worden waren, entwickelte sich in Rom 
am Ende des 16. Jahrhunderts ein neuer Eifer für Herstel- 
lung der Liturgie und des kirchlichen Ritualgesanges. 

1582 erschienen das Directorium chori, 1587 der Gantus eccle- 
siasticus officii maj. hebd,, 1588 die Prcefationes in cantu firmo von 
Guidetti unter dem Beirate Palestrinas und den Auspizien Gre- 
gor XIII. und Sixtus V., in den Jahren 1614 und 1615 das Gra- 
ducde Bomanum, aus der mediceischen Offtcin, dessen 1. Band eine 
Arbeit Palestrinas ist, die bereits 1594 von der Ritenkongregation 
approbiert >yorden war/) während das Ganze von den Schülern 
Palestrinas, Feiice Anerio und Franc. Suriano, druckfertig herge- 
stellt wurde. 1614 wurde das Rituale Bomanum auf Befehl Paul V. 
neu herausgegeben, 1611 ist ein vollständiges Äntiphonarium Bo- 
manum in zwei Foliobänden bei Joachim Trognäsius in Antwerpen 
erschienen. Die Hymnen, welche Giov. Pierluigi da Palestrina im 
Jahre 1589 mehrstimmig publiziert hatte, wurden auf Befehl ürban 
Vni. 1644 mit Beifügung des gregorianischen Chorals nach der 
neuen Textrevision aufgelegt. 

Pius IX. endlich verordnete im Jahre 1868 eine neue 
Bearbeitung sämtlicher Choralbücher, für welche auch die 



^) Siehe die Studie in Mus. sacra, ßegensburg 1894, Nr. 2 und erweitert 
als Broschüre in Italien. Sprache: Haberl, „Giov. Pierluigi da Pale- 
strina e il Grad. Rom. officiale delF editio MedicoM'^, sowie den An- 
hang zu diesem Lehrbuche. 



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12 §.2. Abriss seiner Geschichte. 

Gesänge aller Feste, mit denen die Liturgie seit dem 17. Jahr- 
hundert bereichert worden ist, neu hergestellt werden sollten. 
Er übertrug diese Arbeit der Sacror. Rituum Congregatio,') 
die mit Beistimmung des Papstes eine Kommission von fünf 
sachverständigen Männern ernannte. Dieselben stellten die 
Grundsätze der römischen Gesangsweise fest, wie sie seit 
dem Trientinerkonzil angebahnt, aber noch nicht ein- 
heitlich und konsequent durchgeführt waren, und prüften 
die vorgelegten Arbeiten.^) 

Seit dem Jahre 1884 sind sämtliche liturgische Bücher, welche 
Choralgesänge enthalten, in den authentischen, gregorianisch-römi- 
schen Gesangsweisen hergestellt. Die typographische Ausführung 
dieser kostspieligen Riesenarbeit wurde mit dem Schutze und der 
Begünstigung eines Druck -Privilegiums von dreissig Jahren dem 
päpstlichen Typographen Fb. Pustet in Regensburg übertragen, 
das Eigentumsrecht hat sich die S. R. C. vorbehalten. 

Die Mechlinerausgaben von de Voght und E. Duval, die Pariser- 
editionen von Jac. Lecoifre & Comp., die Editionen von Rheims- 
Cambrai, das Liber Gradualis von Dom Pothier u. a. wurden nach 
ihrer Drucklegung dem römischen Stuhle vorgelegt, und der heilige 
Vater säumte nicht, den betreffenden Autoren und Verlegern An- 
erkennung für ihren Eifer in Hebung und Pflege des gregor. Chorals 
auszusprechen. Der Unterschied zwischen diesen Privatarbeiten und 
Ausgaben und zwischen den offiziellen Editionen der S. R. C. 
liegt in der Thatsache, dass jeder einzelne Manuskriptbogen der 
authentischen Choralbücher der vom hl. Vater aufgestellten Kom- 
mission vorgelegt, nach Prüfung, Korrektur und Gutachten der- 
selben von der S. R. C. mit Siegel und Approbation versehen und 
dann erst zum Druck befördert wm*de. Das Breve des hl. Vaters 



5) Die S. R. C. (= Congregatioa der hl. Riten) hat Sixtus V. 1587 für 
liturgische Entscheidungen eingesetzt. Benedikt XIV. bemerkt kurz 
über diese Einrichtung: „Durch die Stimme der Kongregationen 
drückt der apostolische Stuhl seine Entscheidungen aus." 

2) Thalhofer-Ebner, Handbuch, I. Band, S. 63: „Mögen immerhin die 
altern, reichern Melodien vom archäologischen Standpunkte au^ be- 
trachtet vor denen der Medicoea und der neuesten Ausgabe gewisse 
Vorzüge besitzen, vom praktischen Gesichtspunkte aus (weil leichter 
und ohne übermässige Verlängerung des Gottesdienstes ausführbar) 
und ganz besonders im Interesse der Erzielung grösstmöglicher 
Einheit erscheint es als höchst wünschenswert, dass die vom Ober- 
haupte der Kirche als „authentisch" erklärte und dringend empfoh- 
lene Gesangsweise auch von. jenen. Kreisen (besonders Frankreichs) 
angenommen werde, welche ihr noch inmier abhold sind." Siehe 
auch Jakob, „die Kunst" etc. S. 424 flgde. 



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§. 2. Abriss seiner Geschichte. 13 

vom 20. Mai 1873 sagt deshalb: „Wir empfehlen dringend allen 
Hoch würdigen Diöcesanbischöfen , sowie jenen Männern, welchen 
die Sorge für die hl. Musik obliegt, diese Ausgabe, weil es unser 
sehnlichster Wunsch ist, nicht nur in den übrigen Vorschriften der 
Liturgie, sondern auch im Gesänge überall und in allen Diöcesen 
die Einheit mit der römischen Kirche beobachtet zu sehen." 

Rom sah sich genötigt, gegenüber vielfachen Angriffen, Ver- 
dächtigungen und Zweifeln über die Legitimität der offiziellen Aus- 
gaben unterm 14. April 1877 den von Pius IX. ausgesprochenen 
Willen neuerdings kundzugeben. 

Durch erneute Approbationen des glorreichen Nachfolgers, 
Leo XIIL, sind die Akte Pius IX. bestätigt. 

Die S. E. C. hat bei Anfragen, Zweifeln oder Einsprüchen über 
die Authentizität ihrer Choralbücher stets die bestimmtesten Auf- 
schlüsse und Antworten gegeben und diesen Gesang als den cantus 
legitimus bezeichnet. Als trotz dieser unzweideutigen Anordnungen 
ein sogenannter „Europäischer Kongress für liturgischen Gesang" 
im September 1882 in Arezzo ^) zusammengetreten war und sich 
indirekt gegen die offiziellen Ausgaben ausgesprochen hatte, um 
an deren Stelle Neuausgaben auf „archäologisch - wissenschaftlicher 
Basis" anzuregen, erschien das Dekret vom 26. April 1883, das der 
Streitfrage definitiv ein Ende machte.*) Als natürliche Folgerung 
ergab sich die Anordnung, dass die Ausgaben des Äntiphonarium 
und Gr aduale auf dem Titel den Zusatz erhielten: „Cura et audo- 
ritate S. B. C, digestum Bomce," 

Infolge dieser öffentlichen Akte hatten bereits vor dem 26. April 
1883 die meisten Diöcesen Deutschlands, Amerikas, Hollands diese 
Ausgaben adoptiert, und die Synoden von Westminster 1873 und 
von Maynooth 1875 haben dieselben für England und Irland feier- 
lich und ausdrücklich angenommen und zur allgemeinen Einführung 
empfohlen. Seit der letzten Willensäusserung des römischen Stuhles 
sind diese offiziellen Bücher in Deutschland durch ausdrückliche 
Verordnungen der Bischöfe (besonders feierlich in den Diöcesen 
Breslau, Köln, Münster und Trier) eingeführt worden, und es folg- 
ten allmählich auch jene Diöcesen und Länder, welche bisher die 
verschiedensten Privatarbeiten bei der Liturgie benützt hatten, so 
dass jetzt alle Diöcesen der kathol. Welt dieselben kennen und in 
überwiegender Mehrzahl sich ihrer bedienen. Alle Buchdrucker, 
welche seit dieser Zeit ein Missale, EituMe oder Pontificale neu 
herausgegeben haben, wurden durch die S. R. C. verpflichtet, auch 
in bezug auf Melodien und Notation sich den typischen Ausgaben 
(editiones typicce) aufs genaueste anzuschliessen. 



^) Übei die Geschichte und den Verlauf desselben siehe „Offene Briefe" 
von Professor J. M. Lans, übersetzt von Edm. Luypen. 

*) Über die Tragweite dieses Dekrets siehe J. Bogaerts: „Le Congrös 
d' Arezzo" und Cäc.-Kal. für 1884. 



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14 §. 3. Wert des Chorals. 

Das neueste Aktenstück der obersten Autorität in litur- 
gischen Angelegenheiten, das Dekret Quod 8. Auqustimts, 
erschien am 7. Juli 1894 und ist mit jenem vom 26. April 
1883 im Anhang wörtlich abgedruckt. Dasselbe lehnt die 
Darbietungen der Choralgesänge auf Grund der archäologi- 
schen Forschungen*) neuerdings ab, bekräftigt die päpst- 
lichen Entscheidungen vom 30. Mai 1873, 15. Nov. 1878 
und 26. April 1883*) und bezeichnet die römischen Ausgaben 
kurzweg als libri chorici Ecdesioe (Chorbücher der Kirche 
selbst.^) 

§. 3. Wert des Chorals. 

Von jeher mit der Liturgie der katholischen Kirche ver- 
knüpft und ihr gesamtes liturgisches Leben umfassend, bildet 
der gregorianische Choral einen wesentlichen Bestandteil der 
Liturgie. Die Sprache, in welcher er vorgetragen wird, ist 
wohlklingend und ehrwürdig, der Ort, wo er erschallt, ist 
nur ein heiliger; die Gesangsweise ist einfach, klar und doch 
erhaben! Dies alles macht ihn seiner hohen Bestimmung 
wert und zeugt von dem Walten eines höheren Geistes in 
der katholischen Kirche auch in dieser Beziehung. „Der 
Katholik weiss, was es wert ist, wenn er am fernsten, frem- 
desten Orte in die Kirche tritt und findet da seinen Gottes- 
dienst bis auf die kleinste Verneigung des Priesters genau 

^) „Auch wenn es den unermüdeten archäologischen Forschungen, um 
welche besonders die Benediktiner von Solesmes sich hervorragende 
Verdienste erworben haben, gelingen sollte, die Melodien des neun- 
ten Jahrhunderts aus den Neumenhandschriften zweifellos fest- 
zustellen, so bleibt doch von den ältesten Manuskripten der karolin- 
gischen Zeit bis auf Gregor den Grossen noch ein Sprung, welcher 
unsers Erachtens zu gross ist, als dass man mit Sicherheit von „echt 
gregorianischen" Melodien im Gegensatze zum jetzigen authentischen 
Choral reden könnte." ThaUiofer-Ebner, Liturgik, I. Bd., S. 62,2. 

*) Ähnlich hatte schon im Jahre 1694 die S. R. C. gegenüber der von 
Palestrina vorbereiteten Ausgabe der Choralbücher, speziell des Gh-ad, 
Born, bemerkt: „Die Kirchen sollen durch Se. Heiligkeit ermahnt 
werden, diesen Choral sobald als möglich einzuführen, da es sehr 
wünschenswert ist, dass jede Verschiedenheit bei der Feier des 
Gottesdienstes in der Kirche Gottes beseitigt werde." 

•) Siehe Ahle, die Choralausgabe etc., Lans, Dix ans etc., Mus. sacr., 
Regensburg Nr. 9, 1895. 



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§. 3. Wert des Chorals. 15 

wieder wie in der Heimat."^) Und auch, setzen wir dem 
Zusammenhange der Stelle gemäss bei, den nämlichen Gesang 
des Priesters! „Kaum lässt sich eine allen Anforderungen 
besser entsprechende, zweck- und sachgemässere Singart (für 
den kath. Ritus) denken. Die Kunstgeschichte hat von ihrem 
Standpunkte aus bloss auf die hohe Würde, die grossartige 
Einfachheit und die eindringliche Kraft der in der Kirche 
gebräuchlichen gregorianischen Melodien hinzuweisen ..."*) 
Der Protestant Thibaut nennt in seinem Büchlein über „Rein- 
heit der Tonkunst" die ambrosianischen und gregorianischen 
Gesänge (soweit er sie kenne) „wahrhaft himmlische, er- 
habene Gesänge und Intonationen, welche in den schönsten 
Zeiten der Kirche vom Genie geschaffen und von der Kunst 
gepflegt das Gemüt tiefer ergreifen als viele unserer auf 
den Effekt berechneten neueren Kompositionen." Otto Kade, 
der Herausgeber des Lutherkodex von 1530, schreibt (1871) 
in der Einleitung: „Der gregorianische Gesang oder Choral 
im weiteren Sinne — vox verbi divini — ist unter allen 
Produkten, welche die Kirche zu Tage förderte, die selb- 
ständigste, eigentümlichste, tiefsinnigste, grossartigste Schö- 
pfung! Nichts in der Welt ersetzt den tiefen Wert dieser 
Charaktertypen und Gesangsformen, an deren Vollendung die 
Kirche tausend Jahre arbeitete. Keine Musik erreicht den- 
selben an eindringlichen Motiven; es ist die geheimnisvollste 
Tonsprache, die es in der Welt gibt, es ist der köstlichste 
Besitz einer Gemeinde, die in dieser reichen Auswahl von 
Singweisen, womit sämtliche liturgische Textstücke nicht nur 
einmal, sondern bisweilen doppelt, je nach ihrer liturgischen 
Stellung, belegt sind, einen Mittelpunkt fand, in welchem 
sich Kunst und Kirche begegnen. Es ist die in Musik 
gesetzte Bibel." 

„Der Choral (cantics gregoriantis) ist die Zusammen- 
fassung und das höchste und herrlichste Erzeugnis jener 
Kunstepoche, in welcher man Melodien erfand, ohne an ihre 

^) Kulturhistorische Bilder aus dem Musikleben der Gegenwart. Von 

A. W, Ambros. 
') Ambros, Musikgeschichte, 2. Band, S. 67. 

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16 §.3. Wert des Chorals. 

Begleitung, resp. Harmonisierung durch Accorde zu denken, 
er ist ein unvergängliches, ja in seiner Art unerreichbares 
Meisterwerk der natürlichen musikalischen Deklamation."^) 

Das Trientinerkonzil verordnet mit kurzen, aber entschie- 
denen Worten: „den Gesang in Seminarien und ähnlichen 
Anstalten zu lehren und zu pflegen." 2) Ähnliche Bestim- 
mungen wurden von selten Roms und 'verschiedener Provin- 
zialkonzile erneuert.^) 

Das rührige Leben in katholischer Kunst (Baukunst, 
Skulptur und Malerei) hat sich auf dem Gebiete der Kir- 
chenmusik und des Chorals ebenfalls entfaltet, nachdem die 
Einsicht, dass alle Künste Hand in Hand mit der Kirche 
blühten, eine allgemeine geworden ist. Es ist eine Pflicht 
der Gerechtigkeit, dass man diesem ehrwürdigen, lange 
missachteten Gesänge das frühere Ansehen und die ver- 
bindende Kraft wiedergebe. „Der gregorianische Choral ist 
eine von der modernen ganz verschiedene Kunstform, er hat 
Melodien eigener Art, die auch eine eigenartige Behandlung 
erfordern."*) 

Die Vorurteile gegen den Choral entspringen aus zwei 
Ursachen, aus Unkenntnis oder aus schlechtem Vortrag des- 
selben. Dieser letztere besonders hat den Choral in Miss- 
kredit gebracht; durch den guten Vortrag soll er wieder zu 
Ehren kommen.^) 

1) Dr. Witt in Musica sacra, 18ö8, S. 99. 

*) Conc. Trid. Sess. XXIII, cap. 18, de refonn. „Grammatices, cantus, 
computi ecclesiastici, aliarumque bonaruin artium disciplinain discent." 

*) Das römische Konzil von 1725, das Prov.-Konzil von Baltimore 1837, 
das aUgemeine Konzil von Baltimore 1866, das Prov.- Konzil von 
Köln 1860, verschiedene Erlasse der Bischöfe, z. B. des Kardinal- 
Erzbischofs Engelbert von Mecheln, des seL^Valentin von Uegensburg 
etc. nehmen sich des gregorianischen Chorals mit grösster Wärme 
und Begeisterung an. Die „CoUectio Lacensis", d. h. „Acta et Decreta 
sacrorum concilibrum recentiorum", Band 1 — 6, zu Freiburg i. Br. 
bei Herder von 1870—1884 publiziert, bringen sämtliche Entschei- 
dungen und Aussprüche, welche in den verschiedenen Provinzial- 
Konzilien von 1687—1869 über diesen Gegenstand gemacht wurden; 
siehe den Art. von P. Eaphael Molitor im kirchenmus. Jahrb. 1898, 
S. 45—62. 

*) M. l'abbö Cloet, recueil de mölodies liturg. Tom. II. 

^) Die unvernünftigen Äusserungen über „aschgrauen, langweili- 
gen, eiskalten Choral, wildes Eselßgeschrei" und ähnliche 



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§. 4. Einteilung. 17 

Ein Oisterzienser, Mauritius Vogt, schrieb die begeisterte Lob- 
rede:*) „Diese festen, gemessenen, nachdrucksamen, erhabenen, 
wahren, keuschen, friedeatmenden, lieblichen und wahrhaft heiligen 
Melodien sind von heiligen Männern verfasst. Dieser Gesang flieht 
die Höfe der Fürsten und betritt nicht die Gast- und Wirtshäuser; 
er allein wagt das Heilige der Heiligen zu betreten . . . Durch ihn 
werden die Nächte heilig gefeiert, und da hören heilige Scharen 
' himmlischer Musiker, die Engel, ja Gott selbst zu. Ihn verfluchen 
vor allen die Dämonen, ihn ignoriert die tanzende Welt. Ihn hat 
Eom zu Ehren gebracht. Ihn allein singen Päpste und Kardinäle, 
Patriarchen, Bischöfe und die Prälaten der Kirche, sowie der übrige 
Klerus; ... ihn haben die Konzilien approbiert . . . Niemand hat 
ihn je von der Kirche Gottes auszurotten versucht, ausser er war 
nicht in der Kirche Gottes. Diese Art Musik stand immer so ehren- 
und achtunggebietend da, dass sie gleich einer Königin sich sozu- 
sagen einen eigenen Thron in den Tempeln des Allerhöchsten er- 
richtet hat, um mit heller Stimme sich vernehmen zu lassen, wenn 
der Prediger auf der Kanzel schweigt Wenn aber ihre Schwester, 
die geschmückte Figuralmusik, etwas zu sagen hat, so achte sie 
Bxd das Gebot: Musica debet esse honesta — „die Musik muss an- 
ständig sein** ; und Non debet deformare ccmtum planum — „sie darf 
den Choralgesang nicht verunstÜEÜten".^) 

Wenn Richard Wagner') von der Kirchenmusik verlangt, dass 
sie wieder ganz allein Vokalmusik werde, so hat er damit auch 
den Choralgesang in trefflicher Weise gewürdigt und weist mit 
richtigem Blicke nicht nur dem Theater zu, was ihm gehört, son- 
dern auch der Kirche, was sich für sie geziemt. 

§. 4. Elntellnng. 

Nachfolgende GKederung des theoretischen und prakti- 
schen Materials in Vorkenntnisse, Kenntnis und Er- 
kenntnis wurde gewählt, um die Übersicht des reichen 



verächtliche Ausdrücke finden aus obigem Satze ihre Erklärung; 
die Schuld liegt aber nicht an den Gesängen, sondern an den 
Sängern. Sogar Luther äussert sich: „Zudem haben wir auch, zum 
p:uten Exempel, die schöne Musica oder Gesänge, so im Babstume 
in Yigilien, Seelenmessen und Begrebniss gebraucht sind, genommen, 
der etliche in diess Büchlein dnicken lassen und wollen mit der 
Zeit mehr nehmen. Doch anderen Text darunter gesetzt . . . Der 
Gesang und die Noten sind köstlich, schade were es, dass sie sollten 
untergehen." 

*) In „Tractatus musicus" von P. Meinrad Spiess, Cap. 15, p. 70. 

') Extravag. de vita et hon. Cleric. Cap. Docta. 

») Gesammelte Schriften, II. B., S. 337: „Die menschliche Stimme, 
die unmittelbare Trägerin des heiligen Wortes, nicht aber 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 2 



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18 §.4. Einteilung. 

Stoffes zu erleichtern und das Verständnis des gregoriani- 
schen Chorals nach allen Seiten zu vermitteln. 

A. Vorkenntnisse. 

Gesangunterricht zu erteilen, kann nicht Aufgabe des 
magister choralis sein. Da jedoch der Choral in manchen Punkten 
andere und umfassendere Vorkenntnisse fordert als gewöhnliche 
Gesänge, so müssen vorerst zweckdienliche, wenn auch gedrängte 
Andeutungen über Ton, Intervall, Noten, Linien, Schlüssel, Rhyth- 
mus, Stimme, Aussprache etc. gegeben werden. 

B. Kenntnis. 
In zwei Teilen soll hier a) theoretisch das Wesen der 
alten Tonarten und ihrer Anwendung im römischen Choral- 
gesang erläutert, b) praktisch in kurzen Umrissen eine 
Anleitung, den Kirchenkalender zu lesen, die Einrichtung 
und den Gebrauch der verschiedenen liturgischen Bücher 
kennen zu lernen, geboten werden, um das ganze Gebiet der 
katholischen Choral -Kirchenmusik in übersichtlichem Plane 
zeichnen zu können. 

Nach Vorgang musikalischer Theoretiker seit dem 10. Jahr- 
hundert teilt man alle Choralgesänge in concenttis und accentus.^) 

Mit Rücksicht auf die gottesdienstliche Feier und die Vertei- 
lung der Gesänge bei derselben wurde folgende Anordnung gewählt: 
1) Das heilige Messopfer, 2) die kirchlichen Tagzeiten, 
3) die ausserordentlicheuFeierlichkeiten des Kirchen- 
jahres. 

Bei den einzelnen Abteilungen werden auch die von der Sacr, 
Bit Gongr, teils im GceremonicUe Episcoporum gegebenen, teils für 
einzelne Fälle und Orte erlassenen Bestimmungen über den litur- 
gischen Gesang, und was damit zusammenhängt, eingeschaltet. 



der instrumentale Schmuck oder gar die triviale Geigerei in den 
meisten unserer jetzigen Kirchenstücke, muss den unmittelbaren 
Vorrang in der Kirche haben, und wenn die Kirchenmusik zu 
ihrer ursprünglichen Reinheit wieder ganz gelangen soll, muss die 
Vokalmusik sie wieder ganz allein vertraten." 
^) Concentus Messen die Gesänge, welche vom (xesamtchor oder über- 
haupt von mehreren zugleich vorgetragen wurden; accentus ist der 
Einzelgesang des Priesters, Diakons, Subdiakons oder antwortenden 
Dieners. Als sich nämlich zu dem Unisonogesang der Männer und 
Knaben auch noch begleitende Stimmen gesellten, wurde der Aus- 
druck concentus (Mitgesang) im Gegensatz zum accentus üblich. 



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§. 5. Namen der Töne, Bildung der Tonleiter. 19 

Diesem liturgisch-musikalischen Teile folgt ein Paragraph über 
die Begleitung der Orgel beim gregorianischen Choral, mit allge- 
meinen und besonderen Regeln über die harmonische Behandlung 
der Kirchentonarten. 

Bqt accenttis ist nach den offiziellen Choralbüchem, besonders 
dem MissalB und Directorium chori vollständig angegeben; in Be- 
zug auf den concentm muss auf die Gradualien und Antiphonarien, 
beziehungsweise deren Auszüge, wie Ordinarium Missoe, Vesperale 
Bomanum etc., verwiesen werden. 

C. Erkenntnis. 
Erkenntnis, tiefere, geistige Auffassung muss vor 
allem erstrebt werden, wenn der Choralgesang gedeihen und 
blühen soll; die theoretische und praktische Kenntnis allein 
ist ungenügend. 

Es werden demnach I. im allgemeinen Erwägungen und 
Grundsätze für Kleriker, Dirigenten, Organisten und Sänger mit- 
geteilt; n. im besonderen wird die Wirkung des Textes und der 
Aussprache auf Notenzeichen und Ton, sowie die Bedeutung und 
Wichtigkeit der Interpunktion durch Beispiele und Regeln erläutert. 
Darauf fussend wird dann der Vortrag des recitierenden , des mo- 
dulierten und des neumisierenden (reicheren) Choralgesanges be- 
sprochen und geregelj. 

Ein alphabetisches Verzeichnis enthält sämtliche Abkürzungen 
und Ausdrücke des römisch -lateinischen Diöcesankirchenkalenders 
mit Übersetzung und Erklärung, ein Appendix Notizen über den 
gegenwärtigen Stand der archäologischen Forschungen und der 
musikalischen Paläographie, mit Tabellen über die Entwicklung der 
Notenzeichen. — Den Schluss bilden die päpstlichen Dekrete von 
1883 und 1894 über die offiziellen Choralbücher. 



A. Vorkenntnisse. 
§. 6. Namen der Töne, Bildung der Tonleiter. 

i. Wie die Sprache der Schrift vorausgegangen ist, so 
bestand auch der Gesang vor den Notenzeichen. Es dauerte 
lange, bis man die Töne nach ihrer Höhe und Tiefe, Länge 
und Kürze, Stärke und Schwäche zu bezeichnen im stände 
war, 

2* 

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20 §• 5- Namen der Töne, Bildung der Tonleiter. 

Die Theoretiker des Mittelalters^) folgten dem Boetius (t 524), 
der durch seine lateinische (diatonische) Buchstabennotation die 
griechische (enharmonisch chromatische) verdrängt hatte. Die Ton- 
leiter (scala) der Griechen umfasst zwei Oktaven, von oben begin- 
nend mit aa, endigend mit A; als tiefster Ton galt das A, eine 
Oktav unter der Mese (fjtsori) oder dem mittleren Ton der männ- 
lichen Stimme. Musiklehre und Tonzeichen der Griechen wurden 
auch im römischen Eeiche verbreitet. Boetius begann die Tonleiter 
von unten und wählte die ersten 15 Buchstaben des lateinischen 
Alphabetes von A bis P zur Benennung der Töne A— aa. Später 
wurden die sieben ersten Buchstaben in verschiedener Schreibweise 
für die üblichen 15 Töne angewendet, näiülich: 

ABCDEFGabcdefgaa. 

Nach den sieben ersten Buchstaben kehren die Ganz- und flalb- 
töne in gleicher Ordnung wieder.*) 

Die theoretischen Schriftsteller fügten schon vor Guido (geb. 
um 1000) den griechischen Buchstaben r (Gamma) hinzu') und er- 
weiterten diese Tonreihe auch nach oben. Guido zählt 20 Töne auf: 



TABC DEFG abcd efgaa bbccddee. 

graves finales acutsß superacutse excellentes. 

Die Gruppierung in vier Noten hiess Tetrachor d; in jeder 
derselben wechselte die Lage des Halbtones. Die Verbindung sämt- 
licher fünf Tetrachorde zu einer Tonleiter hiess Systema maximum. 

Der Ton b und bb (nicht das erste B) galten sowohl für das 
heutige h tj (2» durum oder qmdratum), als auch für das eigentliche 
b (5 moüe oder rotundum). 

„Die graves haben ihren Namen von dem tiefen Klange, die 
finaks daher, dass jeder Gesang in einem derselben schliesst, die 
amtcB von ihrem höheren Klange, die superacutce, weil sie die vor- 
hergehenden übertreffen, die excellentes überragen alle an Höhe und 
Feinheit des Klanges.*) Diese Töne hatten keine bestimmte Ton- 
höhe, wie heutzutage: a z. B. konnte wie unser c klingen, wenn 
nur der Halbton, welcher sich bei B— C, E— F, a— b, h— c, e— f, 
aa— bb, hh— cc land, beibehalten wurde." 



Siehe kirchenmus. Jahrb. 1886 und, 1887 in den Art. von P. U. Eom- 
müUer „Die Musiktheoretiker". Über die Geschichte der Notation 
findet man ausführlichere Belehrung in Gevaerts oben S. 4 genann- 
ten Werken, in „Stadien zur Geschichte der Notenschrift" von 
Dr. Hugo Eiemann, in Ambros „Geschichte der Musik" II. Bd. und 
P. Ans. Schubiger, „Die Sängerschule von St. Gallen." 



*) In modemer Notenschrift: ^ 



*) Einen Erklärungsversuch für dieses F s. Musica sacra, Regensburg 
1889, S. 27. 

*) Siehe „Monatshefte für Musikgeschichte" 1872, S. 63. 



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§. 5. Namen der Töne^ Bildung der Tonleiter. 21 

In Guidos Schule wurden die Anfangssilben des Hymnus 
an den heil. Johannes Bapt.') 

TJt queant laxis J'amuli tuorum, 

iZesonare fibris SoIy% polluti 

Mra gestorum iabii reatum, 

für die Töne C D E F G a gebraucht. In dieser Reihe von 
sechs Tönen (Hexachord) liegt der Halbton von der 3. zur 
4. Stufe (ebenso in c — aa). Das Gleiche trifft bei den Hexa- 
chorden r— E, G— e und g— ee undF~d, f—dd zu, da zur 
Bildung einer reinen Quart bei letzterem h statt h zu nehmen 
ist. Diese sechs Töne nun wurden mit den Silben ut, re, mi, 
fa, sol, la bezeichnet, und da mi auf e und fa auf f fällt, 
so nannte man den Halbton überhaupt (auch a — h und ä— c) 
mi—fa. 

Anmerkung. Die drei mit dem Tone r, G, g beginnenden Hexa- 
Chorda hiess man Hexachorda dura (hart) wegen des b, die zwei 
mit dem Tone C und c beginnenden Hexaehorde wurden Mexachorda 
naturalia (natürlich) genannt, weil kein b und t[ vorkommt, die 
beiden Hexaehorde mit F und f sind als Hexachorda moUia (weich 
wegen des b) bezeichnet. 

G z. B. hatte die Silbe sol im Hex. naturale, die Silbe re im 
Hex, moUe, die Silbe ut im Hex, durum, c hiess sol, fa, ut etc., 
h konnte nur mi, b nur fa heissen. 

Diese drei Hexaehorde griffen aber in folgender Weise in- 
einander: 



*) Dieser Hymnus ist von Paul Warnefried, mit dem Zunamen Paulus 
Dia Conus, um 796 gedichtet. Guido von Arezzo benützte die 
damals gebräuchliche Melodie desselben, um seinen Schülern das 
Treffen und Merken d^r Töne zu erleichtern, da die Abschnitte der 
Verse mit den Tönen von c bis a in regelmässiger Folge begannen. 
Nur auf die Silbe m traf g. In einem Codex zu Montpellier aus 
dem 10. Jahrh. steht die gleiche Melodie für die Horaz'sche Ode 
„Est mi^i nonuff*. Es kann nicht entschieden werden, ob dieselbe 
für den Hymnus TJt queant oder für die Ode komponiert worden ist. 
8. Ooussemacker, histoire, S. 103 und Tafel X. Die Melodie musste 
auf Befehl der von der S. R. C. aufgestellten Kommission als „zweite" 
dem offiziellen Antiphonarium beigefügt werden. Bemerkenswert 
ist, dass der hl. Johannes der Täufer noch bis ins 17. Jahrhundert 
herauf als Patron der Sänger verehrt wurde, mit Bezug auf die 
Stelle im Hymnus : „Qui r^ormasti genihis peremptce Organa vocis^^ 
= „Der du (Johannes bei seiner Geburt) das verlorene Stimmorgan 
(des Zacharias) vollständig wiederhergestellt hast." 



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22 §• 5. Namen der Töne, Bildung der Tonleiter 

ut, re, mi, fa, sol, la, 
r, A, H, C, D, E. 

utf re, mi, fa, sol, la, 
C, D, E, F, G, a. 

utf re, mi, fa, sol, la, 
F, G, a, b, c, d etc. 
Wurde im Gesänge ein Hexachord überschritten und ein an- 
deres Hexachord betreten, so waren die dem neuen Hexachorde 
angehörigen Töne so zu benennen, dass auf den vorkommenden 
Halbton die Silben mi fa trafen. 

Wollte man z. B. die heutige F- oder G-Durskala solmisieren, 
so müsste man nach mittelalterlicher Ausdrucksweise sagen: 
f g a'^b c d e^f g a h c d e f(|) g. 
ut, re, mi, fa (sol) ut, re, mi, fa (sol) 

ut, re, mi, fa, ut, re, mi, fa. 

In dieser Mutation (Veränderung der Silben wegen Benennung 
des Halbtones) besteht das Wesentliche der sogenannten Guidoni- 
schen Hand. 

Lange war diese manchmal schwierige und verwickelte guido- 
nische oder aretinische Solmisation (Solfisation nach Tinctoris) in 
Übung, bis man mit Erweiterung des Tonsystems unter r und über 
ee und nach Entwicklung der Harmonie auch den siebenten T'bn 
mit einer Silbe bedachte, für b nämlich sa und für h si wählte, 
und somit Oktaven bilden konnte, ohne die Silben verändern zu 
müssen.^) 

n. Als die Musiktheorie sich mehr und mehr ausbildete, 
wuchsen auch die Anforderungen für genaue und bestimmte 
Tonbezeichnungen. Man fasste alle Töne unter sieben 
Grundnamen zusammen, die sich nach aufwärts und ab- 
wärts wiederholen und so gleichsam eine Tonleiter (sccda) 
bilden. 

Die folgende Buchstabenreihe: 
rAHCDEFG ah 
\ la si ut re mi fa sol la si 

\ 1, II. ni. IV. V. VI. vn. i. ii. 



c d e 


f g 


aa 


etc. 


ut re mi 


fa sol 


la 


etc. 


m. IV. V. 


VI. VII. 


I. 


etc. 



1) Ausserhalb Deutschland sind heute noch die sog. Solmisationssilben 
zur Bezeichnung der Töne üblich; so wird z. B. in Italien statt e 
immer do, statt d re,..statt h si, statt b ebenfalls si und nur manch- 
mal sa gesprochen. Übrigens würde es für den Gesangunterricht in 
Deutschland eine bedeutende Erleichterung sein, wenn statt des un- 
gehörigen h wieder b (wie sich die Holländer richtig ausdrücken) 
gewählt und folgerichtig 1? vor h als hes und J{ vor halübis benannt 
^^ erden würde. 



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§. 5. Namen der Töne, Bildung der Tonleiter. 23 

weist die sieben voneinander verschiedenen diatonischen^) 
Tonleitern nach. 

Mi—fa und si—ut sind die natürlichen Halbtöne: 
ut—rej re—mi, fa — sol, 8ol — la, la — si sind die fünf Ganz- 
töne. 

Anmerkung. Diese fünf Ganztöne werden heutzutage durch j| 
(Kreuz, diesis) und b (Be) oder die sogenannten Accidentien (zu- 
fälligen Vorzeichen) in zehn chromatische Halbtöne geteüt; man 
kann z. B. sagen c— ds— d oder d— des— c. Steht das Jf (Kreuz) 
vor einer Note, so wird sie um einen Halbton erhöht, und man 
hängt dem Grundnamen die Silbe is an, z. B. }fc=cis. Steht das b 
vor einer Note, so wird sie um einen Halbton vertieft, und man 
fügt dem Grundnamen die Silbe es bei, z. B. M = des; nur aus be 
wird es, aus b a = os, aus b h = 6. Jeder Ganzton kann aus einem 
grossen und kleinen oder aus einem kleinen und grossen Halb- 
ton bestehen: z. B. c— d = c— des (*/9, klein), c— eis C^/e, gross), 
eis— d (*/9, klein), des— d (^/g, gross). 

Die diatonischen und kleinen Halbtöne (e— f, c— des, eis— d 
etc.) zählen demnach *Iq des Ganztones, die grossen Halb töne 
(c— eis, d— des.u. s. w.) aber ^/g. Der unterschied dieses V9 ver- 
schwindet jedoch fär unser Ohr; in der zwölfstufigen Tonleiter 
klingen also beispielsweise eis und des, fes und e, eis und f, b und 
ais etc. gleich, d. h. sie sind enharmonisch. 

Auf dieser Verschmelzung der enharmonischen Töne, d. h. auf 
der Annahme, dass z. B. ais und b, fis und ges gleich klingen, 
beruht die sogenannte gleichschwebende Temperatur,') nach 
welcher die zehn chromatischen * und die sieben diatonischen Töne 



') tövog (von reivetv, spannen), öidtovog hiess bei den Griechen jene 
Tonleiter, welche vom Anfangston bis zur Oktav zwei halbe und 
fünf ganze Töne enthielt, also sich durch die natürlichen oder 
Haupttöne erstreckte. 

2) Ausführlicheres über diesen Gegenstand siehe im Artikel „Tempera- 
tur" von Mor. Hauptmann (Jahrbücher für Musikwissenschaft von 
Fr. Chry Sander); ferner s. Helmholtz „die Lehre von den Tonem- 
pfindungen", Dr. Sohe Tanaka „Studien im Gebiete der reinen Stim- 
mung" in Vierteh'ahresschrift für Musikwissenschaft 1890) , Dr. Rie- 
mann, Musikal. Lexikon, Art. Tonbestimmung. — Ein Tonsystem 
von 53 Stufen würde der akustischen Reinheit der Intervalle am 
vollkommensten genügen. Die gegenwärtige Temperatur ist für die 
Tasteninstrumente erst seit Ende des 17. Jahrh. in Übung gekommen. 
Die erste diesbezügliche Schrift von Werkmeister wurde 1691 ge- 
druckt, das „wohltemperierte Klavier" von J. Seb. Bach erschien 
1722; vgl. auch Dr. Spitta in der zweibänd. ßachbiographie. 



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24 §• ^' Verbindung der Töne, Intervalle. 



c I eis d I dis e'^f f fis g f gis a | 
c \ des d \ es e'^f \ ges g i as a \ 



auf zwölf zurückgeführt werden. Die moderne chromatisch-enhar- 
monische Tonleiter lautet also:^) 

ais h'^c 
b h-^c 
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 

Das Zeichen x (Andreaskreuz) erhöht die Note um zwei Halb- 
töne von IV9, so dass xf (fisis) und g trotz des überschüssigen V» 
als gleichklingend angenommen werden. Ebenso vertieft bb (Dop- 
pel-Be) um IV9, resp. einen ganzen Ton, z. B. W?e =es'^es wird 
als d angenommen. Das Zeichen t| (Bequadrat) hebt das einzelne ^ 
und b wieder auf und heisst darum Auflösungszeichen. 

8. 6. Verbindung der Töne, Intervalle. 

„Die Töne verbinden sich auf sechserlei Weise: zum 
Ganzton, Halbton, zur grossen und kleinen Terz, zur Quart 
und Quint. Auf andere als diese Art gibt die Verbindung 
der Töne keinen guten Zusammenklang (ergibt sich keine 
gute Tonfolge)."*) Im gregorianischen Choral kommen also 
die modernen Verbindungen der kleinen und grossen Sexte 
oder Septime und der Oktave nie in unmittelbarer Folge vor. 

Intervall (Zwischenraum) nennt man das Verhältnis 
zweier Töne nach ihrer gegenseitigen Höhe oder Tiefe. Der 
Einklang (unisonu^) ist also kein Intervall.*) 

Derjenige Ton, welchen man als ersten annimmt, heisst 
Prime. 



') Die Silbensolmisation ut re mi fa, etc. ist nur im stände, die diatoni- 
schen Tonvcrhältnisse auszudrücken. Dass auch beispielsweise fis 
durch die Silbe fa ausgedrückt, aber als fa dvesis bezeichnet wird, 
erschwert den Unterricht in ausserordentlicher Weise. Siehe über 
die verschiedenen Vorschläge zur Verbesaerunif der Solmisation mit 
Silben mein Vorwort zu den Solfegg^ien von Ang. Bertalotti. 

') Siehe Monatshefte für Musikgesch. a. a. 0., S. 63. 

') Unisonus quasi unus sonus; . . . non est modus neque cantus, quia 
cantus est inflexio vocis, i. e. omnis cantus qui inflectit vocem variat 
sonum. Ibid. p. 63. „Der Einklang ist nicht Gesang; denn unter 
Gesang versteht man eine Veränderung des Tones, d. h. bei jedem 
Gesang findet eine Ton Verschiedenheit statt, wenn sich die Stimme 
ändert." Dieser wichtige Satz hat besonders hohen Wert für Melo- 
dienbildung im aUgemeinen. Man beachte, dass der Einklang nur 
durch rhythmische, mit der Deklamation der Worte in Beziehung 
stehende inflexio vods (Änderung des Tones) für musikalische Kunst 
verwertbar ist. 



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§. 6. Verbindung der Töne, Intervalle. 25 

Das Verhältnis des ersten Tones zum zweiten nennt man 
Sekunde. Da ganze und halbe Töne unterschieden^) wer- 
den, so ergeben sich grosse und kleine Sekunden; z. B. e— f, 
c— h kleine Sekunde, g — a, g — f grosse Sekunde u. s. w. 

Terz nennt man die dritte Stufe der Prim nach unten 
oder oben gezählt. Sie ist gross (ditontis)^ wenn sie zwei 
Ganztöne, klein (semiditonus) , wenn sie IV2 Töne umfasst. 
Von a— c (aufwärts) kl. Terz-, a— f (rückwärts) gr. Terz. 

Die Quart (diatessaron) ist die vierte Stufe von irgend 
einem Tone aus und umfasst zwei ganze Töne und einen 
Halbton. In diesem Falle heisst sie^ reine Quart, z. B. 
g— c; nur diese ist im Choral gebräuchlich. Die über- 
mässige Quart besteht aus drei sich folgenden Ganztönen, 
z. B. f— h; daher stammt auch der Name Tritonus.^) 

Die Quint (diapente)^ der 5. Ton, besteht aus drei 
ganzen Tönen und einem halben Ton, z. B. c — g. Diese 
heisst !rein im Gegensatz zur falschen, verminderten 
Quint, welche aus zwei ganzen und zwei halben Tönen 
besteht, wie z. B. h— f. 

Anmerkung. Die Oktave (diapason) umfasst fünf ganze und zwei 
halbe Töne, demnach die ganze Tonleiter, „Hie canendi modus ra- 
rissime in cantu usitatus reperitur," „Dieses Intervall wird äusserst 
selten in Gesängen vorgefunden**, schreibt Engelbert im 13. Jahr- 
hundert In den offiziellen Choralbüchern begegnen wir der Ok- 
tave beispielsweise beim feierlichen Ite Missa est und beim Amen 
einer der Gesangsweisen des Credo; dieselbe ist aber immer durch 
Atempause von der Prime getrennt. 

Wie schon oben bemerkt, findet sich das Intervall der Sexte 
und Septime im gregorianischen Choral nie in unmittelbarer Folge, 
wenn nicht etwa die feriale Intonation des Psalmes nach Schluss 
der Antiphon im dritten Ton als kleine Sext angesehen werden 
will. Verbindungen wie D a h werden tonus cum diapente, D a b 
semitonium cum diapente, D a c semiditonus cum diapente genannt. 



^) Der Halbton heisst semitonium, der Ganzton tonus, 
') „Tritonus, constans triJbus continuis tonis, diatessaron non reputatur^, 
„Der Triton, welcher aus drei aufeinander folgenden ganzen Tönen^- 
besteht, kann nicht als Quarte bezeichnet werden." Guido v. Arezzo. 



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26 

%. 1. Notensysteni, Schlüssel. 

I. Die in den authentischen, römischen Choralbüchem 
üblichen Musiknoten sind Zeichen, welche je nach ihrer Ge- 
stalt das Verhältnis der Zeitdauer der Noten unter sich, 
je nach ihrer Stellung die Namen der Töne und die jedes- 
malige Tonhöhe der Stimme angeben. 

1. Gestalt. Die lateinische Choralnotenschrift hat in 
den Chorbüchern der päpstlichen Kapelle bereits um die 
Mitte des 16. Jahrhunderts die Gestalt, welche im Drucke 
der ofSiziellen Choralausgaben und in der editio mediccea (1614) 
erscheint.^) Sie ist, nota quadrata und stellt die Haupt- 
formen der lateinischen Neumenschrift in folgenden Zeichen 
dar: Virga = >^, Punctum = H, Clivis == |^, Podatus = ^ 
Torcülus = ^, Porrectus = f^, Scandicus = |^, Climacus 
= 5^ Durch die Entwicklung und Verbreitung der mensu- 
rierten Musik wurden im Laufe der Jahrhunderte nach dem 
Jahre 1000 die Begriffe über die Bedeutung der Noten um 
einen neuen vermehrt. Punctum und Virga scheinen nie als 
Bezeichnung für die verschiedene Zeitdauer der Töne gegolten 
zu haben ;^) bald aber bildete sich durch den Einfluss der 
Mensuraltheorie, welche sich anfänglich ebenfalls nur der |i| 
(longa), H (brevisj und ♦ (semihrevis) bediente, in der Praxis 
die Gepflogenheit heraus, alle Übersetzungen der Virga mit 1i\ 
und des Punctum mit H beim syllabischen Gesänge gleichmässig 
lang und schwer, im sog. Canto martellato (gehämmerter Ge- 
sang) vorzutragen. Dagegen erhoben sich bereits im 15. Jahrh. 
gewichtige Stimmen, welche auf die relativen Notenwerte 
gegenüber den absoluten des Mensuralgesanges hinwiesen.*) 

*) Siehe über die Erfindung des Fulg. Valesio, Leon. Parasoli und Giov. 
Batt. Raimondi die Schrift: Giov. Pierluigi da Palestrina und das 
offizielle Grad. Rom. 

2) Siehe jedoch über die neue Theorie des französ. Jesuiten P. Deche- 
vrens den Art. von P. Gietmann S. J. im kirchenmus. Jahrb. 1896. 

8) In einem M.-S. der Bibl. Vaticana (Nr. 5129, fol. 169) aus dem 
14. Jahrh. schreibt ein gewisser Petrus Talhanderius (F6tis hält ihn 
für einen Franzosen) über Choralbücher, welche wohl schön, aber 
nicht richtig geschrieben seien, und bemerkt: a) Nur für die accen- 
tuierten Silben sei die N (cavdata) einzeln oder in Verbindung anzu- 
wenden, für die übrigen nicht, ausser in der Form fL (divis), b) Die 



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§. 7. Notensystem , Schlüssel. 27 

Joh. Guidetti^) versuchte die verschiedenen Längen der 
Silben durch ein neues Mittel darzustellen, indem er die ♦ 
für die kurzen Silben einführte. Er fand auch, besonders 
ffir den Gebrauch der ♦ bei kurzen Silben, viele Nachahmer 
bis auf unsere Tage, obwohl die Gefahr nahe liegt, dass die 
der ♦ vorhergehende Silbe zu stark betont und die mit ♦ 
versehene in hüpfender, tänzelnder Weise vorgetragen werdet 
aber schon die Ausgabe der editio mediccea von 1614 lehnte, 
diese Schreibweise ab. 

Den Sprachaccenten folgend wurden von der römischen 
Kommission (Dec. 1883) für die Chorbüclier der Kirche als 
Notationsregeln folgende aufgestellt: 1) Wenn für eine Silbe 
nur eine Note vorgezeichnet ist, so ist diese Note ü^ (longa) 
bei den accentuierten oder H (brevis) bei allen nicht accen- 
tuierten Silben.^) Der rhythmische. Wert der H (und ähn- 
lich der ^) richtet sich also nach der grösseren oder geringe- 
ren Zeitdauer der Silbe, mit der sie verbunden wird; die 
Note ist, gleich den Silben im Worte oder Satze, länger 
oder kürzer, stärker oder schwächer; siehe nähere Erläute- 

^ (semibrevis) werde nie allein gebraucht, sondern nur absteigend in 
Verbindung mit ^ oder M ; dann aber solle man nicht mehr als vier 
solcher Noten folgen lassen. Diese und ähnliche sehr gute Anwei- 
sungen für das Atmen und die Absätze bei längeren Notenverbin- 
dungen scheinen auch dem Eedakteur der editio Mediccea nicht unbe- 
kannt gewesen zu sein und wurden von der päpstlichen Kommission 
für die einheitliche Schreibweise der offiziellen Ausgabe adoptiert. 

*) Er schreibt iii den annotationes zum Cantus Fassionis, Romoe, apud 
Alex. Gardanum 1486: „Quoniam nonnullis quantum ad notas attinet, 
hie canendi modus fortasse novus videbitur, sciendum, quod hasc 
nota ♦ hanc vim habet, ut syllabam brevem esse indicet, ac in pro- 
nuntiatione celerius excurrendam." „Diejenigen, welchen diese Sing- 
weise vielleicht neu zu sein scheint, sollen beachten, dass durch die ^ 
die kurze Silbe, welche bei der Aussprache schneller zu singen ist, 
angezeigt wird." 

—B-ß W W ■■ während andere Choralbücher, ♦ m ♦ >^ w ' 

2) z.B. ^ ' = besonders jene Guidettis , in ' 



o-ra-ti-önem. folgender Weise schreiben: o-ra-ti-önem. 
Die semibrevis (♦) steht nie allein, auch nicht über einer kurzen 
Silbe, sondern nur in abwärts gehenden Notenverbindungen: 

z.B. ^^Hi^nw ^ E ^ 

Es finden sich Drucke des 15. und 16. Jahrb., in denen die mit 
einer Note versehenen Silben immer die N haben! 



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28 §• 7. Notensystem, Schlüssel. 

rungön in §. 43. 2) ^ (Clivis) wird in allen Fällen, anch 
bei kurzen und mittleren Silben, mit Longa geschrieben; diese 
erste Note soll aber nicht eigens betont werden, sondern die 
beiden Noten richten sich in Dauer und Tonstärke nach 
der mit ihnen verbundenen Silbe.^) 3) Bei ^ (podatus) und 
^ (scandicus) wird der Wortaccent in der letzten Note 
angezeigt, wenn die folgende Note einer neuen Silbe auf 
gleicher Stufe steht oder tiefer ist als die letzte des po- 
datus oder scandicus; Zeitdauer und Tonstärke sind wie beim 
clitns zu regeln. Wenn aber die dem podatus oder scandicus 
folgende Note einer neuen Silbe höher ist als die vorher- 
gehende, bleibt die Schreibweise ^ |^; ebenso bei allen 
nicht accentuierten Silben. 4) ^ (Torculus) ändert niemals 
seine Form. 5) Der Port^ectus f^ erhält bei accentuierten 
Silben diese Gestalt fja^ 6) Vom climacus fin^ gilt, was vom 
clivis gesagt worden ist.^) 

Diese Notenverbindungen sind gleichsam die Elemente 
des gregor. Chorals, wie die Worte die Elemente der Eede; 
von ihrer wechselnden Verteilung hängt die musikalische 
Schönheit der Melodie hauptsächlich ab. Auch die wohl- 
klingende Rede setzt sich aus der ebenmässigen Verteilung 
kürzerer oder längerer Wörter zusammen. — Alle übrigen, 
in Gruppen verbundenen Neumenzeichen lassen sich auf diese 
Grundformen zurückführen oder sind Tonverzierungen für 
kunstgeschulte Sänger (s. die 3. und 4. Tabelle). 
1. Anmerkung. Die Handschriften vor Erfindung der Buchdrucker- 
kunst enthalten die Choralgesänge entweder in römischer, latei- 
nischer (nota quadrata) oder in gothischer (Fraktur-) Schrift; 
letztere wird wegen ihrer Form auch „Hufnagelschrift" genannt.*) 
Nach Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Typen liess man 
in den Eitualbüchern mit Choralgesang für die Linien und Noten 
freien Raum und trug dieselben handschriftlich ein. Bald wurden 



*) Die Notenverbindung n^— P* der editio Mediccßa von 1614, welche 

auch in die erste Folioausgabe des offiziellen Graduale überging, ist 

nur eine abgekürzte Sehreibweise für Pm n~" u. s. w. 

«) S. die Art. „Über Choralvortrag" in Mus. s. 1898, besonders S. 170. 
') Siehe die vier Tabellen am Schlüsse, aus denen auch die Wandlungen 
der Schrift vom 9. bis 15. Jahrh. zu ei-sehen sind. 



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§. 7. Notensystem , Schlüssel. 29 

Linien gleich den sogenannten Rubriken (coferrw5er= rote Farbe) 
eingedruckt, so dass nur mehr die Noten zu schreiben waren. 
Schon vor Erfindung des Musikdruckes för den mensurierten Ge- 
sang durch Octavian Petrucci*) stellte Jörg Reyser zu Augsburg 
(1481) Choralnotendrucke in gotischen Typen her und fast zu 
gleicher Zeit Octavian Scotus zu Venedig in römischen Noten. 
2. Anmerkung. Bis ins 11. Jahrhundert wurde der Choral durch 
mündliche Tradition fortgepflanzt und die unter dem Namen „Neu- 
men« (v£t;/<a= Wink) üblichen Schriftzeichen sollten nur eine schon 
bekannte Melodie ins Gedächtnis zurückrufen. Die Buchstaben 
dienten zum theoretischen Gesangunterricht, die Neumen für die 
bereits praktisch geschulten Sänger und Messen deshalb auch notce 
usmks, Noten, deren Bedeutung die erlernte längere Gewohnheit 
und die Überlieferung lehren musste. Mit dem Worte nmma wurde 
nach dem 11. Jahrh. auch eine melodische Folge vieler Noten, die 
über eine Silbe oder einen Vokal gesungen werden, bezeichnet. 
Joan. Tinctoris bemerkt: „Neuma ist ein Gesang, welcher dem 
Ende der Worte ohne Worte angehängt wird". Solche Neumen 
finden sich bei den Gradualien und den darauffolgenden AUduja, bei 
den Trakten, beim Gesangton der Versikel nach dem Hymnus etc. 

2. Stellung. Um die Namen der Töne durch die Noten- 
zeichen fürs Auge nnterscheidbar zu machen, bedient man 
sich im Choral gewöhnlich des vierlinigen, seltener und 
später des fünflinigen Systems. Die Noten haben ihre Stelle 
unter, auf, zwischen und über den vier (oder fünf) Linien. 
Wenn also die Note auf der ersten Linie c heisst,*) 
so sind die übrigen in folgender Weise zu benennen: 
cdefgahc 
. . M W W W W W 



do re mi fa 8ol la si d^ 

Will man unter oder über diesen Linien noch eine 
Fortsetzung der Noten, so bedient man sich der Hilfs- 
linien z. B.: 

la a -gs- M- 

=^ oder = 

*^ mi e 



1) S. über diesen Gegenstand das Werk von Dr. H. Riemann „Noten- 
schrift und Notendruck", Leipzig, C; G. Röder 1896 , Ant. Schmidß 
Buch über Petrucci u. Haberl in Monatsheften für Mus.-Gesch. 1873 u. a. 

*) Der Schüler übe sich, die sieben Notennamen a b (h) c d e f g von der 
ersten Linie aus sowohl stufen- als sprungweise abzulesen; er wird 



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30 



§. 7. Notensystem, Schlüssel. 



Anmerkung. Der traditionelle Charakter der alten Notation ist 
so ehrwürdig und ihre Verwendung in den liturgischen Büchern 
seit Jahrhunderten so entschieden festgehalten worden, dass eine 
Umänderung derselben in moderne Noten weder nötig noch nützlich 
und ratsam erscheint. Vier Linien und drei Notengattungen ge- 
nügen vollständig. Man spricht von Erleichterung des Choralge- 
sanges durch Umsetzung in moderne Noten; doch abgesehen davon, 



dass den 



^».ÄJ. 



und J gar zu gerne eine abgemessene, bestimmte 



Zeitdauer beigelegt wird, bestätigt die Erfahrung, dass die Sänger 
nach einiger Übung bei vier Linien sich eine schnellere Kenntnis 
der Intervalle aneignen als bei fünf, und dass besonders bei Ver- 
bindung von vielen Noten aufwärts oder abwärts die Zusammen- 
gehörigkeit derselben, sowie der fliessende Vortrag mit den „schwar- 
zen" Noten leichter aufgefasst wird und für das Auge bequemer 
und übersichtlicher ist als mit den „weissen". 

Solange jedoch diese Ansicht nicht allgemein durchgedrungen 
ist und manche Sänger und Kirchenchöre den liturgischen Gesang 
eher gänzlich vernachlässigen, als dass sie die kleine Mühe der 
Übung in der Choralnotation auf sich nehmen, kann eine Anbe- 
quemung der Choralmelodien durch Wiedergabe in modernen Noten 
nebst Bezeichnung der zusammengehörigen Notenreihen durch Bin- 
dungsstriche nicht als verwerflich gebrandmarkt werden. Ent- 
schuldigungsgründe für diese Anbequemung sind: 1) Das Bedürfnis 
und das Verlangen minder geübter Kreise, deren Musikunterricht 
von Jugend her ausschliesslich auf den Violinschlüssel beschränkt 
war; 2) die kaum durch Besseres zu ersetzende Gepflogenheit, bei 
der Begleitung des gregorianischen Chorals die Melodie- und 
Begleitungsnoten im Violin- und Bassschlüssel mit moderner Nota- 
tion wiederzugeben; 3) die Erwägung, dass der freie Ehythmus 
durch die seit 1883 von selten der päpstlichen Kommission aufs 
genaueste normierte Einheit in der Schreibweise der Choralgesänge 
durch Umsetzung der ^ M nud ♦ in <^ ^' und J nach einiger 
Übung leicht erlernt werden kann. Um dielBindung der Tongrup- 
pen über den Silben anzuzeigen, dient der Bindebogen, z. B.: 




dann ohne Schwierigkeit jeden Tonnamen im Falle des Bedürfnisses 
auf allen Linien und in allen Zwischenräumen einsetzen können. 
Es empfiehlt sich, mit einer Linie zu beginnen und von a b c aus 
je drei Töne auf- und rückwärts einzuüben. Dann setze man eine 
zweite Linie bei. Siehe Choralübungen in §.11. 



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§. 7. Notensystem, Schlüssel. 



31 



n. Die vier oder fünf Linien reichen für die Bezeich- 
nung der Töne, über welche die menschliche Stimme gebieten 
kann, nicht aus ; überdies haben wir bisher noch keinem der 
sieben Töne einen bestimmten Platz angewiesen, von dem 
aus alle höheren und tieferen abgezählt werden könnten. 

Im 11. Jahrb. dienten zwei Linien zugleich als Schlüssel. 
Man setzte die Noten auf, zwischen, unter und über dieselben. 
Eine rote Linie galt für den Ton F, eine gelbe (auch grüne) für 
den Ton C) Später setzte man vor die farbigen Linien die Buch- 
staben F und C und schrieb zwischen die auf dem Pergament ge- 
zogenen Linien die Neumen oder Noten. Bald unterliess man aber 
die verschiedene Färbung der Linien und zog dieselben meist nur 
mit roter Farbe. Aus dem ^othischen Buchstaben F hat sich das 
Zeichen i||^, aus dem gothischen C das Zeichen JS herausgebildet, ähn- 
lich wie später aus dem gothischen G der moderne Violin- (^\ 



Schlüssel entstanden ist. (Siehe die 5. Tabelle im Anbange.) 

Beim gregorianischen Choral sind nur zwei Gattungen 
von Schlüsseln üblich, der C- oder Ut- und der F- oder Fa- 
Schlüssel; in den offiziellen Choralbüchem sind dieselben in 
fünffacher Weise verwendet, nämlich: 

zwei C-Schlüssel und drei F-Schlüssel. 



^ 



* 



Die Note der Linie, auf welcher der C-Schlüssel steht, 
heisst ut (C), die Note der Linie, auf welcher der F-Schlüssel 
steht, heisst fa (F); die übrigen Töne werden durch die 
Linien und Zwischenräume stufenweise abgezählt. 

d 



c G 



a e 



f g 



^W^F 



m 



k w ^ 



s 



oder 



^^ 



I» 



w ^^ ^n m 



* 



3 



^ 



FGahcBDC FEDab DACAT 



') In Manuskripten mit roter, gelber und grüner Linie steht letztere 
meist obenan und bedeutet f, während die gelbe c, die rote F angibt ; 
dadurch sind die Stellen angedeutet, auf welche die-natttrlichen 
Halbtöne treffen. 



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32 §• 3* Ehythmus, Euhepunktc. 

Wenn der Choralsatz einen so grossen Tonumfang hat, 
dass ein Schlüssel beim vierlinigen System nicht ausreicht, 
so versetzt (transponiert) man den nämlichen Schlüssel um 
eine oder mehrere Linien tiefer oder höher, oder vertauscht 
den F- mit dem C-Schlüssel und umgekehrt, z. B.: 



I » ' ■ Hl ü 1^ ■ ' II I» " g 



t 



mi- se - re - re no - bis. Qui toi - lis ecc. 



oder: ^ | fc >^ W ^ || ^ 



mi-hi. öi quis ecc. 

Das kleine Nötchen ^ wird custos (Notenzeiger, Wächter) 
genannt Dasselbe zeigt beim Wechsel der Zeilen die Stelle 
an, auf welcher in der folgenden Zeile der erste Ton steht, 
und macht bei Veränderung und Versetzung des Schlüssels 
auf den nächsten Ton aufmerksam. 

§. 8. Rhythmus, Buhepunkte. 

I. Die nach irgend einer bestimmten Ordnuug geregelte 
Bewegung und Abwechslung heisst Rhythmus;^) er ist 
Mass, sowohl Ebenmass als Gleichmass. Musikali- 
scher Rhythmus wird gewonnen, wenn der eine Ton der 
Dauer nach mehr oder weniger über einen andern sich aus- 
dehnt und beim Vortrag in grösserer oder geringerer Stärke 
erscheint. Man kann von künstlichem Rhythmus sprechen, 
wie er in den verschiedenen Versmassen sich bildet, und von 
natürlichem Rhythmus der Sprache oder Prosa. 

Alle Sinne des Menschen fühlen in gewisser Weise den 
Rhythmus. Vorzüglich das Ohr verschmäht eine längere 
Reihe von Tönen in gleichmässiger Stärke und Zeitdauer. 
Die Folge schwächerer und stärkerer Silben und ihre Ver- 
bindung zu einem Ganzen durch den Accent fesselt in der 
Sprache.*) 



^) ^eiv, fliessen, wallen. 

^ „Gut singen heisst gut accentuieren und die Worte dem Sinne und 
Inhalt des Satzes gemäss in richtigem Verhältnisse untereinander 



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§. 8. Ehythmus, Ruhepunkte. 33 

Im Choral ist Rhythmus enge mit der Sprache 
verknüpft, und der Wohlklang derselben muss sich mit glei- 
chem Schwünge den gregorianischen Melodien mitteilen. Aus 
der Melodie der Sprache gebildet, sind die Worte nur eine 
Umkleidung derselben durch Töne. 

Der Fundamentalsatz fiir Verständnis und Vortrag des 
gregor. Chorals lautet demnach: „Singe die Worte mit 
den Noten so, wie du sie ohne Noten sprichst"^ Die 
genaue Beobachtung dieses Grundsatzes kann allein zum 
richtigen Vortrag des gregorianischen Chorals in seinen ein- 
fachsten (syllabischen) und reicheren Formen führen. 

Das Ebenmass (nicht das Gleichmass, die Gleichförmig- 
keit),*) welches beim guten Vortrage einer wohlgeordneten 
Rede beobachtet wird, die natürliche Melodie der Sprache in 
unbestimmten Tönen (nicht das Buchstabieren oder Sylla- 
bieren), muss auch auf den Vortrag in bestimmten Ton- 
höhen übertragen werden. Ein Haupterfordernis zum rich- 
tigen Vortrage des Chorals ist demnach die Kenntnis der 
lateinischen Sprache, wenigstens eine fehlerfreie, deut- 
liche, vollendete Aussprache und Deklamation. 

Wird eine Silbe mit besonderem Nachdrucke hervorgehoben 
und durch intensiveren, kräftigeren Stimmklang ausgezeichnet, 
so sagt.man, sie habe den Accent. Derselbe hat beim greg. 
Choral eine grosse Bedeutung. Durch ihn werden Haupt- 
nnd Nebensachen unterschieden, und das Bedeutende und Wichtige 
wird in den Vordergrund gestellt. 

Aus dem Gesagten ergibt sich die gänzliche Unrichtig- 
keit jenes Vortrages, bei dem jeder Note und Silbe der gre- 



abstufen", lehrt Adam von Fulda, wenn er Gerbert, Script. III. B. 
S. 333 die schon dem hl. Augustin (De Musica) bekannte Definition 
gibt: „Mtmca est ars docens vocea formare, formatas per sonum rccta 
proportione acceniuareJ* 

^) Für die humaDistisch gebildeten Sänger können bereits an dieser 
SteUe §. 43 und 44 eingeschaltet werden. 

') Das bestimmte Mass und die bestimmte Zahl von abwechselnd 
langen und kurzen Süben nennt man Metrum. Jene Kenntnis, 
welche die Länge und Kurze der Silben und die Aussprache der 
Wörter lehrt, heisst Prosodie. Das Abzählen der metrischen Silben 
nach ihrer Länge und Kürze, nach ihren Einschnitten (Cäsuren), 
Ruhepunkten u. s. w. bezeichnet man mit dem Worte Scansion. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 3 

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34 §• 8- Rhythmus, Ruhepunkte. 

gorianischen Gesänge eine gleiche Zeitdauer zugemessen wird 
(Isoionie, cequdUtas cantilence). Niemand kann Gefallen an 
einem Eedner finden, der die Silben und Wörter seines Vor- 
trages in gleichmässiger Hast oder auch Trägheit recitiert. 

Anmerkung. Rhythmus als Gleichmass ist der Takt. 
(Musica mensurata oder cantm mensurdbilis,) Eine Note (z. B. 

0== J J = J J JJ, oder M -00=. J J J^'u.s.w.) 

wird als Takteinheit angenommen, und ihre kleineren Teile müssen 
in gleichen Zeitahschnitten wiederkehren. Jeder dieser Zeitab- 
schnitte, Takt genannt, muss die nach dem Schlüssel angegebene 
Zeiteinheit ((Jl oder C ^« s- w» ^^ ^ oder |o; ) darstellen ; sämt- 
liche Noten eines Taktes geben ihrem Werte nach die als „Eintei- 
lungsgrund" gewählte Note (o oder lo| ) u. s. w. Gegenwärtig 
bezeichnet man diese Zeitabschnitte durch senkrechte Striche im 
Notensystem. Die mittelalterlichen Komponisten dagegen Hessen 
alle Taktstriche weg, lenkten auf diese Weise den Sänger auf 
den Zusammenhang und erhoben ihn trotz der Mensurfesseln zum 
freien Rhythmus. Eine Anleitung, die älteren, ohne Taktstriche 
gedruckten oder geschriebenen Vokalkompositionen in moderne Par- 
titur zu bringen, veröffentlichte der Verfasser dieses Lehrbuches 
im kirchenmus. Jahrbuch 1898, S. 18—38. 

IL Rhythmische Bewegung fordert aber wesentlich Ruhe- 
punkte. Körper und Geist des Sängers brauchen Zeit, um 
sich neue Kräfte (Atem — Aufschwung) zu sammeln. 

Beim Rhythmus als Ebenmass sind diese Ruhepunkte 
teilweise dem Gefühle (nie der Willkür oder verschuldeten 
Notwendigkeit wegen Mangel an Atem) überlassen, niemals 
aber soll der Sinn durch die Pause gestört oder das Wort 
so oft zerrissen werden, dass es dem Hörer schwer fallt, die 
einzelnen Silben desselben zu verbinden; auch darf nie un- 
mittelbar vor einer Silbe innerhalb eines Wortes 
abgesetzt oder geatmet werden. 

Gewöhnlich findet sich das Atemzeichen angegeben') und 
hat folgende Gestalt und Bedeutung im gregorianischen Choral: 

*) Die erste Grossfolioausgabe des Qraduale Rom. enthielt gleich dem 
Original von 1614 nur die einfache senkrechte Linie (Nr. 2) als 
Atemzeichen. Es war natürlich vorausgesetzt, dass bei jeder Inter- 
punktion des Textes gut Atem geschöpft werde. Siehe auch die 
Artikel über Interpunktion in der Mus. sacr., Regensburg 1889 und 
unten §. 44. 



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§. 8. Rhythmus, Ruhepunkte. 35 



1) =i=F ist entweder. Atem-, oder Ordnungszeichen, be- 
sonders für grössere Chöre.*) 2) Letzteren Zweck hat auch 



die einfache senkrechte Linie ^=i , 3) --ff— ist Schluss 



zeichen eines ganzen Satzes oder Abschnittes.*) Wenn um- 
fangreichere Neumengruppen in zwei oder drei Abschnitte 
ohne I oder I, durch blosse Trennung der Noten abgeteilt 
werden, so ist damit die kürzeste Pause angedeutet und 
eine für den Massengesang zweckmässige Scheidung der me- 
lodischen Glieder und rhythmischen Absätze gegeben. In 
diesen Fällen darf selten wirklich Atem geschöpft werden^ 
sondern der Vokal ist leicht und unmerklich — besonders 
bei den Accentsilben — zu erneuem, der Atem nur etwas 
anzuhalten.*) 

Für die Ruhepunkte gilt als Grundregel: „Je nach dem 
Inhalt der Worte oder Sätze, je nach der Festzeit, dem 
Personal und dem Orte, wo gesungen wird, gibt es Pausen 
von verschiedener Dauer; sie müssen stets natürlich sein, 
dürfen nicht matheüiätisch bestimmt werden." Pause ist 
für Gesang, was Komma, Strichpunkt und Doppelpunkt im 
Redevortrag sind. — 

In den neuesten Ausgaben der römischen Choralbücher sind die 
Atem- und Absatzzeichen so reichlich angebracht, dass gutgebildete 
Sänger ohne Schwierigkeit weitere Pausen entbehren können. Es 
bleibt jedoch dem Dirigenten überlassen, in längeren Notengruppen, 
z. B. bei den Allelujaneumen oder an Stellen, wo er es ftr nötig 
erachtet, dem Chore noch weitere Ruhepunkte zu bezeichnen. 



^) In den Oktavausgaben der authentischen ChoTalhücher sind diese 
Euhepunkte aufs genaueste verzeichnet. In alten Choralbüchem, 

besonders Manuskripten, steht nach jedem Worte das ttj semiaur 

apirium, damit ein der lateinisphen Sprache Unkundiger die Wörter 
mit ihren Noten nicht zusammenlesen und ineinanderziehen sollte. 

*) Bei den Introiten, Oflfertorien, Antiphonen u. s. w. wird der znm 
Intonieren (Absingen der ersten Worte durch eine kleinere Zahl 
von Sängern) bestimmte Abschnitt mit emer senkrechten Doppel- 
linie abgegrenzt. 

^) Siehe auch §. 9,- S. 40 das Beispiel Hase dies. 



3* 

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36 

%. 9. Stimme, Sprache. 

I. Die menschliche Stimme entsteht im Kehlkopf durch 
die verschiedenen Spannungen der Stimmbänder, die durch 
die ausgeatmete Luft in regelmässige Schwingungen versetzt 
werden. Die Höhe der Stimme ist abhängig von der Länge 
der Stimmbänder, daher haben Männer eine tiefere Stimme 
als Frauen und Kinder. Wenn durch die kleinen Keblkopf- 
muskeln die Stimmbänder verkürzt und stärker gespannt 
werden, so entstehen höhere Töne; wenn durch stärkere Aus- 
atmung die Stimmbänder stärker angeblasen werden, so wird 
ebenfalls ein Ton erhöht. Während bei der gewöhnlichen 
(Brust-) Stimme die Luft in den Bronchien und Lungen sich 
an den Schwingungen beteiligt, gerät zur Erzeugung der 
höchsten Töne bei der Fistel- oder Kopfstimme besonders 
die Luft der Mund- und Nasenhöhle in Schwingungen. 

Um den Bemühungen, die Stimme möglichst biegsam zu 
machen (wozu Lehrer und Übung unerlässlich sind), auch 
theoretische Nachhilfe zu geben/) merke der Gesangschüler: 

1) Möglichst viel Atem vorrätig zu haben, bedingt die Fähig- 
keit, die Stimme mit grösserer oder geringerer Kraft ansötrömen 
zu lassen. Die Muskeln der Brust und des Unterleibes müssen vor 
jedem lähmenden Einfluss bewahrt bleiben. Leicht und schnell 
muss voller Atem geschöpft und dieser Versuch schon vor der 
Tonbildung gemacht werden. Zu festes Binden des Halses, Zurück- 
pressen des Kopfes oder Vorbeugen desselben wirkt nachteilig auf 
die Stimme. Im S i t z e n angestrengt zu singen, schwächt die Stimme, 
ist der Gesundheit schädlich und hindert die Aufmerksamkeit 

2) Voller, klarer Metallklang des Stimmorgans ist wohl 
von kräftiger Organisation bedingt; doch lässt sich auch der dtinne 
Klang durch möglichst weise Benützung des reicUich geschöpften 
Atems, Vermeidung des Schreiens und ausdauernde Übung der Brust- 
stimme kräftigen. Die Klangfarb e der menschlichen Stimme ent- 
steht durch die bei den einzelnen Individuen verschiedene Gestalt 
der Hohlräume (Mund-, Nasen-, Eachenhbhle, Keldkopf u. s. w.), 



^) Ausführliclie theoretificlie Belehrung über die Entstehung der Stimme, 
des Tones, der Sprache u. s. w. , sowie praktische V^'inke für rich- 
tige Aussprache und Tonbildung enthält das Werk: „Die mensch- 
liche Stimme. Von P. K. Han£nann, S. J."; über die Kunst der 
Bede und des Vortrages siehe das Buch von E. Scraup. 



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§. 9. Stimme, Sprache. 37 

wodurch mit dem Grundton sich Obertöne verbinden, welche in 
Zahl und Stärke der Schwingfungen verschieden sind. 

3) Der sogenannte Kehlton (dem Sänger durch Schnüren der 
Kehle, dem Zuhörer durch den erstickten Ton kennbar) hat seinen 
Ursprang meist darin, dass man die Stimme zu schnell und heftig 
in hohe Töne treibt, wodurch der Luftstrahl nicht durch die 
Mundhöhle frei heraustritt, sondern bereits an der Mundwölbung 
gebrochen wird. 

4) Bei tiefen Tönen pressen manche gewaltsam den Kehlkopf 
abwärts, so dass die Luftröhre fahlbar erzittert, was man Gurgel- 
ton zu nennen pflegt. Man erzwinge keine tiefen Töne und 
suche die wirklich vorhandenen nicht übermässig zu verstärken, 
weil sonst Eauheit der Stimme, Verlust ihres Metallklanges und 
ihrer Kraft und Festigkeit die traurigen Folgen sein werden. Ein 
gleich schlimmer Fehler ist, bei hohen Tönen den Hals mit Kehl- 
kopf nach aufwärts zu ziehen. 

5) Bei den gewöhnlichen Tönen wird die Nasenhöhle durch 
das Gaumensegel abgeschlossen, so dass nur die Luft in der Mund- 
höhle schwingt; beim Nasenton beteiligt sich auch die Luft der 
Nasenhöhle an den Schwingongen. 

6) Zu weites Öffnen des Mundes schwächt die Klangstärke. 
Der kleine Finger soll jedoch immer zwischen den Zahnreihen 
Platz haben. 

7) Der Gebrauch der Kopf- (Fistel-, Falsett-) Stimme greift 
die Stimmbänder und Kehlkopfmuskeln an und wirkt, länger fort- 
gesetzt, zerstörend auf die Stimmorgane. Nur wenn die natürliche 
Bruststimme gut gebildet und entwickelt ist, kann die Kopfstimme 
ohne Schaden geübt werden. 

8) Die Verbindung zweier Töne muss so geschehen, dass 
beide deutlich unterschieden werden können, ohne dass eine Lücke 
zwischen denselben entsteht. Die Verbindung mehrerer Töne setzt 
zweckmässige VerteilungdesAtems voraus. In leisem Ansatz 
den Ton zu beginnen, mit steigender Kraft bis zum natürlichen 
Grade der Stärke ihn fortzusetzen und auf umgekehrtem Wege 
wieder ausklingen zu lassen, stärkt und festigt die Stimme und 
Verschafft ihr die vortreffliche Eigenschaft, auf jeder Stufe der 
natürlichen Höhe oder Tiefe stärkeren oder leiseren Ton anzugeben. 

9) Beim Zusammenziehen der Töne (besonders eines grösse- 
ren Intervalles) , dem sogenannten Portament,. ist die hässliche 
Unart des Schleifens aller oder doch vieler dazwischen liegender 
Töne zu vermeiden. Affektiertheit und ungebildete Manieren offen- 
baren sich am abschreckendsten in dieser Art Gesang. Wohl be- 
dingt der schöne Gesang eine gewisse Schwungfertigkeit und Ela- 
stizität des Tones; doch diese unterscheidet sich sehr fühlbar von 
dem angedeuteten Gewimmer. 

10) Bei der Mutation soll das Singen ein paar Monate ganz 
ausgesetzt und dann nur allmählich einige Übung in der neuen 



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38 §. 9. Stimme, Sprache. 

Stimmlage vorgenommen werden, bis sich das Organ gekräftigt 
und eine bestimmte Festigkeit erlangt hat. J)ie fixe Idee, ans 
Sopran- würden Bass-, aus Alt- Tenorstimmen, hat schon viele 
Strohbässe und heulende Tenore zum Vorschein gebracht"*) 

11) Durch unverdrossene Übung wird 'auch eine schwächliche 
Stimme gekräftigt, ein geringer Tonumfang erweitert und un- 
sicherer Tonansatz gefestigt. Massige und vernünftige Ge- 
sangübungen, sollten sie auch täglich vorgenommen werden, bilden 
die Stimmorgane, geben ihnen Biegsamkeit, Ausdauer und Kraft 
„Menschenkehlen sind wie Schiessgewehre; es wollen sowohl die 
einen wie die anderen immer poliert und gebraucht werden, sonst 
verrosten sie".*) 

n. Was B. Marx') mehr von der deutschen Sprache 
schreibt, gilt auch von der lateinischen Sprache beim Choral- 
gesang: „Eeinheit,WohlklangundCharakterder Sprache 
muss zum Bewnsstsein gebracht und gepflegt werden. Wer 
nicht gut spricht, hört auch nicht gut; wer unrein oder roh 
spricht, dessen Klangsinn ist roh, unsauber oder unentwickelt" 

Die lateinische Sprache ist durch ihren Reichtum an 
Vokalen für den Gesang besonders günstig und trägt zur 
Verschönerung des Tones wesentlich bei. Man denke und 
sage nicht: „Die gewöhnlichen Leute verstehen die Sprache 
doch nicht, ob sie nun äusserst korrekt behandelt oder ver- 
stümmelt wird," Abgesehen von der ünehrerbietigkeit sol- 
cher Äusserung gegen die liturgische Sprache und damit auch 
Handlung, fühlt übrigens selbst der gemeine Mann recht 
klar und deutlich den Unterschied zwischen schöner und 
schlechter Aussprache. Auch der ungebildete Laie vnrd zwi- 
schen Choralsängern, von denen der eine Worte und Silben 
verstümmelt, der andere aber in möglichster Reinheit wieder- 
gibt, leicht den herausfinden, welcher seine Sache besser 
gemacht hat. 

Benedikt XIV. drückt den gleichen Gedanken mit den 
Worten aus: „Curandum est, ut verba, quce cantantur, plane 



^) A. B. Marx, die Musik des 19. Jahrb. Es soll mit diesem Satze 
nicht ein entgegengesetztes Axiom aufgesteUt, sondern nur vor 
Zwang der Natur gewarnt werden. 

') Mattheson in seinem Patriot (Hamburg, 1728), S. 84. 

») A. a. 0., S. 370. 



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§. 9. Stimme, Sprache. 39 

perfedeque intelUgantur , — es ist dafür zu sorgen, dass 
man die Worte, welche gesungen werden, deutlich und voll- 
kommen verstehe." 

Anmerkung. Helle Vokalisation wird an erster Stelle gefordert; 
wenn die Übungen zur Erzeugung und Bildung des Tones geschehen 
sind, sollen Laut-, Silben- und Sprachübungen für sich und in Ver- 
bindung mit den Gesangstönen vorgenommen werden. 

Das A wird nur rein, wenn Lippen und Zahnreihen sich wenig- 
stens so weit öffiien, dass ein Finger zwischen den Zahnreihen 
Eaum findet; die Mundhöhle nimmt dabei die Gestalt eines sich 
nach vorne erweiternden Trichters an. Beim E legt sich die Zunge 
mit ihrer Spitze an die ünterzähne, hebt sich in der Mitte ein 
wenig und vermindert dadurch den Baum in der Mundhöhle, wäh- 
rend die Eachenhöhle bedeutend erweitert wird. Beim I setzt sich 
die Zungenspitze bis an die Schärfe der ünterzähne. Bei hohen 
Tönen wird dieser Vokal leicht zu scharf und zu spitz. Beim 
ist die Öffiiung des Mundes wie beim ü, nur werden die beiden 
Lippen weiter geöffiiet. Beim ü nähern sich die Lippen fast gänz- 
lich und treten etwas vorwärts, die Zunge aber wird in der Mitte 
stark herabgezogen. Der Übergang eines Vokals iü den andern 
lässt sich in folgender Ordnung deutlich darstellen: I, E, A, 0, IJ. 
Der Lautlehre (Phonologie) muss immer besondere Aufmerk- 
samkeit geschenkt werden, um die Unterschiede der tönenden ein- 
fachen und zusammengesetzten Vokale: a, ä, e, i, o, ö, u, ü (s. §. 10), 
der mehr oder weniger tönenden und der tonlosen Konsonanten, 
sowie die Abstufungen der Vokale beim Zusammentreffen mit Kon- 
sonanten in den verschiedensten Stellungen nicht nur durch die 
Ton-, sondern besonders durch die Sprachwerkzeuge zu richtiger 
und bewusster Darstellung zu bringen. 

Der Gesangschüler lenke seine Aufinerksamkeit besonders da- 
hin, dass die Reinheit der Vokale nicht durch falsche oder ge- 
krümmte Zungenstellung verdunkelt werde. Der Lehrer bemühe 
sich, zur Lösung der Zunge und Erzeugung reiner Vokale in 
den Übungen die Lippenlaute (b, p, f, m, v, w), die Zungenlaute 
(d, 1, n, r, s, t, c, z) und die Gaumenlaute (g, j, k, ch) den ver- 
schiedenen Vokalen voranzusetzen ; besonders dem p-Laute soll zur 
Erzielung rascher, reiner und bestimmter Tonbildung die erste 
Sorge zugewendet werden. 

Die harten und weichen Konsonanten sind wohl zu unter- 
scheiden und überhaupt kräftig hervorzuheben. Man unterscheidet 
tönende Konsonanten (liquid^), welche auch ohne begleitenden 
Vokal hörbar sind (1, m, n, r, s), und stumme, welche nur in Ver- 
bindung mit einem Vokal hörbar sind. Sie bilden mit den obigen 
Konsonanten das Knochengerüst, die Muskeln und Fasern der 
Sprache, ohne welche die verbundenen Wörter einer breiartigen 
Masse gleichen. 



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40 §. 10. Leseregeln, Betonung der Silben. 

Auffallend Msslich ist die üble Angewöhnung, den Wörtern, 
vorzüglich denen, welche mit einem Vokal anfangen, ein m oder n 
vorzusetzen, also namavit statt amavit oder auch mmater statt 
mater, nregi statt regt zu singen. 

Die einzelnen Wörter sollen getrennt, nicht ganze Silben 
verschluckt oder die Schlussilben (besonders bei Vokalendungen) 
mit der nächsten Wortsübe verschmolzen werden, z. B. e tin 
scecula statt et in scectda; Kyrideison statt Kyrie eleison. Nicht der 
Konsonant, sondern der Vokal einer Silbe ist während der Dauer 
eines oder mehrerer Töne anzuhalten, z. B. Sa-ndus, nicht Sai%-€tus, 
weil sonst der Vokal a stets durch einen Nasenlaut getrübt ist. 

Die Konsonanten am Schlüsse der Wörter, z. B. s, m, b, ch etc., 
müssen scharf gesprochen werden, auch wenn sie in einiger Ent- 
fernung nicht mehr ausdrücklich zu vernehmen sind, da sie zur 
natürlichen Klangschattierung beitragen und die deutliche Trennung 
der Wörter bewirken. Wenn bei längeren Notengruppen abgesetzt 
oder geatmet wird, so ist der Vokal fort- b l^ yWA. m V> K m m I h 
zusetzen und der Konsonant erst am Ende fW^ ^^ft T ♦»^ — L IL 
der Silbe anzufügen, z. B. Hae - - c di - es;*) 

der Doppelvokal wird nach den ersten fünf Noten mit gleicher 
Tonfarbe repetiert, das c aber erst am Schlüsse der Phrase ange- 
hängt und bildet so den Trennungskonsonanten für dies. 

Überhaupt eigne man sich eine genaue und vollkom- 
men bestimmte Artikulation an und spreche so stark 
und scharf als möglich, in grossen Lokalen mit der höch- 
sten Schärfe, weil die etwaige Härte der Aussprache 
im weiten Raum ohnehin durch das Verhallen sehr gemil- 
dert wird. 

Derjenige gilt als guter Deklamator, der richtig, deutlich 
und rein spricht, Haupt- und Nebensätze im Vortrage gut 
unterscheidet, die Stimme zu heben und zu senken weiss, je 
nachdem es Sinn und Bildung der Wörter und Sätze erfordern. 
Die gleichen Regeln hat der Sänger des gregorianischen 
Chorals zu beobachten. 

§. 10. Leseregeln, Betonung der Silben. 

Die Vokale der lateinischen Sprache sind: a, e, i, o, u, 
(v, y); die Aussprache dieser Selbstlauter, sowie der Diph- 
thongen (Doppellaute) au, eu und ei stimmt mit der im 
Deutschen überein. 



*) Eine Art Ausnahme findet nur bei den Versikeltönen in fest. dupL 
und semidupL statt, siehe §. 31. 



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§. 10. Leseregeln, Betonung der Silben. 41 

Der Vokal y ist aus dem Griechischen entlehnt in Wör- 
tern wie: Kyrie ^ hyssöpo, Babylon, coenamyixiy btäyrum und 
wird dunkler als das einfache i ausgesprochen. 

Der Doppelvokal eu findet sich (ausser in griechischen 
Wörtern, wie euge, Euphrates) nur in heu, eheu, ceu, seu^ 
neu, sowie in neuter und neütiquam, also ist De-us, me-us, 
re-us, bVd'um, ferre-^tis u. s. w. zu sprechen. 

Das ei ist nur in hei als Doppelvokal auszusprechen; 
alle übrigen Verbindungen yon ei sind im Lateinischen ent- 
weder als Zusammensetzungen zweier Wörter, z. B. de-inde, 
oder als zwei selbständige Vokale zu behandeln, z. B. eU-ison 
(viersilbig),^) di-itas, di-i-i. 

Das ui ist kein Doppellaut, die Vokale sind also getrennt 
zu singen und zu sprechen, z. B.: hü-^c, cü4, Spiri-t-m, ge- 
nü-i, t?6Iu-«\ 

um anzuzeigen, dass ein Vokal besonders ausgesprochen 
und nicht mit dem vorhergehenden zu einem Diphthongen 
verbunden werden soll, setzt man öfters die Trennungspunkte 
(puncta dioBreshos), z. B. (ier, äeris (zum Unterschiede von 
ceri8\ Israel,^ V, v wurde früher wie U, u geschrieben und 
ist wie w zu sprechen. 

Die Konsonanten sind b, c, d, ^ g, h, (k), 1, m, n, p, 
q, r, s, t, X, (z).*) Bei diesen Konsonanten gilt die Regel: 
„Sprich, wie geschrieben ist." Ausnahmen davon finden 
statt: 1) wenn c vor e, i, y, se, ob und eu steht, klingt es 
wie unser z (bei den Italienern wie tsch)^ z. B. ce-drtis, ci- 



1) Siehe Musica sacra 1891, S. 100. 

*) Bei letzterem Worte, sowie bei allen der lateinischen Sprache nicht 
eigenen Wörtern sind die p. dicereseos überflüssig; hierher gehören: 
MisoeLy Gdbo^. Ephra^im etc. 

>) K wird gewöhnlich durch c ersetzt, x und z &ind Doppelkonsonanten 
aus: CS und ds. Z kommt nur in Fremdwörtern vor, W nur bei 
Übertragung von Wörtern aus neueren Sprachen ohne Veränderung 
der Orthographie; j und y wurde mit i und u geschrieben, in der 
Aussprache jedoch als i consonans (Jod) Juda^ Je-ru-sa-lem und u 
consonans (van) veritas, sÜva unterschieden. Die typischen Ausgaben 
wenden die Zeichen j und v zur Unterscheidung der Aussprache vor 
einem Vokal am Anfang einer Silbe an, wie jam, juxta, vi-a etc.; 
seh ist getrennt zu sprechen, wie Fas-cha (nach dem Griechischen), 
is'chyros, schola. 



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42 §• 10. Leseregeln, Betonung der Silben. 

bdvit^ Oy-r^ne, cce-sus; cce-lum^ ceu\ vor anderen Vokalen und 
vor Konsonanten aber wie Zc, z. B. ca-put, color, cii-stos, 
causa f hu'ic, crdrstina etc.; 2) wenn auf die Silbe ti ein 
Vokal folgt, wird sie wie ei gesprochen, z. B. ö-ti-tim, gra- 
H-as, ju-sti-ti-a. Einige neuere Philologen wollen gegen die 
allgemeine Übung auch in diesem Falle t ohne Zischlaut 
gesprochen wissen. Ausgenommen sind die Fremdwörter, wie 
^gypti4y und wenn ein anderes < ein s oder x vorhergehen, 
z. B. dsti'um mixti-o. Man spricht also justitia = jtcstieia etc. 
— Qu, gu und SU werden wie kw^ gw und sw gesprochen, 
wenn sie mit dem folgenden Vokal eine Silbe bilden; also: 
quan-do, quot, san-guis, aber man sagt su-ävis, su-um. 

Durch das Zusammentreffen zweier Vokale am Schlüsse 
des ersten und Anfang des folgenden Wortes entsteht der 
sogen. Hiatus (Gähnung). Beim Lesen nach dem Versmass 
wird er dadurch aufgehoben, dass der erste Vokal ausgestossen 
(elidiert) wird, im Gesänge aber sollen beide Vokale deutlich 
vernommen werden. Man singe also im Weihnachtshymnus 
„Jesu Redemptor"' ante originem, nicht antoriginemy leicht und 
etwas rascher, um den Versbau nicht zu unterbrechen.^) 

Als Hauptregel hat zu gelten: „Die Schlussilbe darf nicht 
mit der ersten Silbe des nächsten Wortes verschmolzen wer- 
den." Es ist also Kyrie e-U-ison und nicht KyrielSison zu 
sprechen und zu singen. Gleiche Vokale innerhalb eines 
Wortes sind hörbar zu trennen, also: de-esse, e-le-e-mösyna; 
äu'di'it, Ä-a-ron. 

Die Teilung der Wörter in ihre Silben ist in den neueren 
Choralbüchem genau angegeben, dennoch dürfte es nützlich 
sein, einige Eegeln darüber anzufahren: 1) Ein Konsonant ' 
der zwischen zwei Vokalen steht, gehört zum letzten Vokal, 
also pa-ter, lau-do] 2) zwei Konsonanten, welche zusammen 
ein Wort im Griechischen oder Lateinischen anfangen kön- 
nen, gehören auch bei der Abteilung in Silben zusammen» 
z. B. pa-tris, e-sca, i-gnis, o-mnis, scri-ptus, pa-stor, ho-spes, 
dagegen man-dätum, San-ctus (ohne das a im Gesänge durch 

*) Eingehendere Winke über die Behandlung ähnlicher FäUe in den 
Hymnen siehe §. 46. 



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§. 10. Leseregeln, Betonuog der Silben. 43 

n zu trüben) ; 3) Doppelkonsonaijten werden geteilt, z. B. pos- 
ses'siönem; 4 zusammengesetzte Wörter werden in ihre Teile 
getrennt: sus-cSpit, tamquam, qucecüm-que, ad-orämtis etc. 

n. Die Betonung (der Accent) der lateinischen Wörter 
ist in den neuen Ausgaben der liturgischen Bücher genau 
angegeben durch das Strichlein über dem Vokal, 
z. B. rid-ime. Einsilbige Wörter bedürfen keiner weiteren 
Regel; bei den zweisilbigen fällt der Accent (wenn nicht 
anders angegeben) auf die vorletzte Silbe, also W-fcr, hö-mo. 
Bei drei- und mehrsilbigen kann der Leseton auf der dritt. 
letzten oder vorletzten Silbe stehen. Eine ausführliche Dar- 
legung der langen und kurzen Vokale, ihrer Veränderungen 
bei Zusammensetzungen, des Unterschiedes zwischen Quan- 
tität und Accent der Silben würde hier zu weit führen. Als 
allgemeine Eegel kann gelten, dass die Silbe, welche der mit 
Accent versehenen folgt, kürzer zu sprechen ist als die da- 
rauffolgenden; z. B. in hö-mi-nes hat ho den Leseton, mi ist 
kurz, darf aber nicht springend gesungen, gleichsam erstickt 
werden, nes ist mittelkurz. Ein Vokal, auf welchen unmit- 
telbar ein anderer folgt, ist in der Regel kurz, z. B. proprio, 
ömnia\ doch hüte man sich, das i wie j zu sprechen. 

Einige Übung unter Anweisung eines der lateinischen Aus- 
sprache kundigen Lehrers wird schneller zur richtigen Betonung 
föhren, als es die ausfuhrlichsten Regeln vermögen. Beim Reci- 
tieren von Psalmen, Lektionen, Orationen etc. beachte man den 
grossen Unterschied zwischen Lese- und Gesangton; bei ersterem 
sind alle Regeln der Aussprache und Betonung au befolgen, bei 
letzterem aber ist der Sprachton in Gesangston zu verwandeln 
durch noch deutlicheres und schärferes Hervorheben der Accent- 
silben, mit denen die übrigen Silben in Harmonie zu stehen haben. 
Ein kräftiges Betonen z. B. der Silbe mi in hominibus bedingt 
eine entsprechende Verstärkung der Silbe ho als Vorschlag, m und 
hus als schwächeren und stärkeren Nachschlag. Die Accente der 
mehrsilbigen Wörter gehen denen der zweisilbigen vor und bilden 
gleichsam Marksteine der Recitation. Auch im Deutschen gilt eine 
zu lange Folge bloss ein- oder zweisilbiger Wörter für unschön. 

Wer gut liest und accentuiert, hat sich das 
Hauptgeheimnis des gesangartigen Vortrages an- 
geeignet. 



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44 

%. 11. Treffiibniigeii. 

Das Treffen setzt die Intonation/) d. L die Fähigkeit, 
jeden verlangten Ton schnell aufzufassen und wiederzugeben, 
voraus. 

Die Intonation muss ganz rein sein, der Ton soll weder 
zu hoch noch zu tief angefasst werden. Wer eine längere 
Recitation, wie Epistel, Evangelium und ähnl. auszuführen 
hat, wähle nie einen Ton, der an die äussersten Grenzen des 
Stimmorganes streift, um bei zu tiefer Tonlage nicht zu 
schwanken, bei zu hoher nicht detonieren zu müssen. 

Gehörbildung kann durch ausdauernde Übung in Auf- 
fassung der einfachsten Tonverhältnisse und mit Hilfe eines 
Instrumentes (Violine besser als Pianoforte) gefördert werden; 
auch ein schlechtes Gehör ist verbesserungsfähig. Kein nor- 
mal entwickelter Mensch ist ohne alles musikalische 
Gehör, dasselbe ist nur ungleich verteilt. 

Gleichwie jedoch das Flötenspiel nicht durch den Violin- 
lehrer und das Violinspiel nicht durch den Klavierlehrer 
gelehrt und erlernt werden kann, so auch der tadellose Ge- 
sang nicht ohne einen Lehrer mit schöner Aussprache, reiner 
Intonation und gesunder Stimme. Die Schönheit der Stimme 
ist Gottesgabe; die Bildung müssen Übung und Fleiss be- 
wirken. 

Unrein singen ist das Schwanken der Stimme um ein 
weniges; falsch ist der Gesang, wenn die Differenz zwischen 
einem halben Tone schwebt; unrichtig singt der, welcher 
den vorgeschriebenen Ton verfehlt. 

Eine erprobte Methode für die Vorübung im Singen des 
lateinischen Chorals ist die ausdrucksvolle Eecitation der 
lateinischen Messtexte aus dem Ordinarium Missce oder das 
deklamatorisch mannigfaltige Lesen von Episteln, Evangelien 
u. s. w. Als Übergang zur gesanglichen Recitation bediene 
man sich femer beispielsweise des Credo- oder Oloria-Textes 
und lasse bloss die Vokale mit Hinweglassung der Eonsonan- 

*) TinktoriB in seinem Diffinitorium schreibt: Intonatio est debita can- 
tu8 inchoatio, „Intonation ist der richtige Anfang eines Gesanges^. 



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§. 11. Treffubungen. 45 

ten hell und rein aussprechen. Dieser Übung folgt das sin- 
gende, gut artikulierte Lesen dieser oder anderer Texte , denn 
nur nach gutem Sprechen gelangt man zu gutem Singen. 

Die folgenden Übungen können mit Buchstaben, Silben 
und Wörtern (letztere zur Einübung der richtigen Accente) 
ausgeführt werden, da nur wiederholte und ausdauernde 
Versuche die Sicherheit im Treffen bewirken.*) 

I. 

1. 2. 

n w|w *\* w|w w II w w w | w w mIw w w |w w w | 
^ n * \n n w jl w w w m|w w m w|w w w hI« w w «| | 

n. 

1. 2. 

^ Wim w j 1 »Mm II m w N 1 wali^ wmIh w »I 

De-us, so-lum, virgo, ma-ter. D6-mi-nus, gl6-ri-a, di-li-git, s61-ve-ris, 

fi-li-ns, h6-mi-nnm. Ma-ri-a, in-ten-dit, re-gi-na, red^mptor. 
1. °I- 2. 

■g.M.t^.W i W>i i «<"|" HiH WIM M'ÜmI I w W ^ * .U l.N^ 

u-ni-g6-ni-te Je- so, 

W X 1 M*»!" W " H ^ M ^ N I W M >^ W VH :{ 
mi-se-r^-re no-bis, depre-ca-ti-^-nem nostram, sa-lu-tÄ-re tu-nm. 

^) Niemand lernt künstUche Gangart und leichte Körperbewegung ohne 
den ungehinderten Gebrauch der Glieder. Das Turnen setzt gerade 
Glieder voraus, wenn auch durch T«m^ kleime Körperde^kte ge- 
bessert werdoft können. 

^ Eine grössere methodisch geordnete Auswahl Ist unter dem Titel: 
„Vorübungen zum Lesen und Treffen im Choralgesange" beim Ver- 
leger dieses Lehrbuches erschienen. Quintilian sagt ja: Fhonascis 
et aratoribu9 nece$8aria est exercitatio, qiM omma catwaleaeunt „Den 
Sängern und Eednem ist die Übung unerlässlich; dieselbe macht 
in allen Dingen tüchtig.*' 



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46 
1. 



11. Treffttbungen. 
IV. 



»^-tM- 



3. 

^ ^ M W N ■ ^ W I M * H '^ ■ M '^ I W W » " ■ w " 11 



fa sol la sa fa sa 



V. 






wn' W 



L6-cti-o sancti Anga-sti-ni 



ä 



<\ ^ i'yui^''" " <'-*f*-\ 



E-pi-sco-pi su-per Psahnos. Tu au-temD6-mi-ne mi-se-r6-re 



fejt^^ir-l "^^ \h u ti 



1. 



HO - bis. Q. De - grä - ti - as. 

yi. 



2. 



ä 



Sancti per fi-dem vi-ce-runt regna. Adhäe-sit d-ni-ma me-a. 



ä 



4. 



W >1 > ■ W H 1^ 



I I M w 1 ^ ■ w > r1=g=^ 



1 w MMN" " "' "— ^ 

-di-xit Do-mi-num. O-ri-6-tiir in di-6-1 



Grä - ti - as a-gens be-ne 



bus 



M 



Dö-mi-ni ab-nudänti - a pa-cis et do-mi-n&-bi-tnr. Hö-di-e 

^ 6. 



in terra ca-nunt Ange-li, h6-di-e ex-sül-tant ju-sti. Al-le-lü-ja. 



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§. 11. Treffübungen. 

vn. 

fgahcdchagfed 



47 



w -w " n^n =s: 



t 



5^ 



ir-*- 



5^^c 



rc wt /a «ol Za «i wf re ut si la sol fa mi re 

Be - ä - tus vir, qui ti-met D6- mi-num, be-ne - di - c6 - tur. 

Beispielsweise geben wir den annähernden Vortrag dieser 
Übung in modernen mensurierten Noten: 



^;i=R7j,jijO'J'V'^JuJ'i 



Be- ä-tns vir, qui timet Dominum , be-ne-di - c6-tur. 

Vni. Vermischte Intervalle, 
fgadcdefgcefgahe 



Iw N M 



n w H h "^ mI^ n w >j 



re mi fa 8ol la re ut re mi fa sol ut mi fa sol la si mi 

Mi - se - ri -cör-di - am, in - si - pi - 6n-ti - am, adversi-ta-ti-bus, 
fgahcf gahcdg ahcdea 



1^ W W N M X I W N W " 1 M I ^ 



=«=4 



fa sol la si ut fa sol la si ui re sol la si ut re mi la 
CO- gi-ta - ti - 6-nes , be-ne-di-cti- 6-nem, suppli-ca-ti - ö-nes. 

d ah dab a aga d da a c a gf 



i^^ M > M 



i^ 



re lasi relasa la lasolla re rela la ut . la solfa 

A-ve. Sal-ve. I - te. Tu-ba in-sa-net. 

Anmerkung. Die beste Übung für Gehörbildung, Recitation, Aus- 
sprache und Intervalle sind erfahnmgsgemäss die Psalmtöne; die 
Texte und Töne der Psalmen sollen demnach als vorzüglichste 
Hilfsmittel zur Erzielung geläufiger Aussprache und für Übung 
der einfachsten Intervalle benützt werden; siehe §. 28—30, sowie 
des Verfassers Psdterium Vespertinum und die Psalmen der Char- 
woche, des Weihnachts- und Toten-Officiums. Dann gehe man zu 
den märianischen Antiphonen im Vesperaie Bomanum^ sowie zu den 
Messgesängen (besonders Credo) im Ordinarium Missce resp. Ora- 
diiale Bomanum über. — Für Kleriker sind die sämtlichen Gesänge 
des Missale, Rituale und Pontificale im „Cantorinus Bomanus^ als 
Übungsmaterial sehr nützlich und wichtig. 



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48 

B. Kenntnis. 



a) Theoretischer Teil. 
%. 12. Entwicklung der Oktavengattungen. 

Wenn die Töne einer der sieben diatonischen Tonleitern, 
nachdem die Skala in Quinten und Quarten geteilt ist, zu 
einem melodischen Tonstück so verwendet werden, dasfs sie 
zu einem Haupt- oder Grundton in gewisser Beziehung stehen, 
so sagt man, der so gebildete Gesang gehe aus einer Kirchen- 
tonart, Oktavengattung, troptis, modtcs, tonus.^) 

Anmerkung. Über die Theorie der griechischen Musik bei Aristoxe- 
nus (um 300 vor Chr.) und über den Stand der griechisch-römischen 
Musik nach Christus Ws Cassiodor (f 575) vgl. Gevaerts diesbezügl. 
Schriften, Dr. W. Ambros, Musikgeschichte, 1. Band und die Neu- 
auflage desselben, welche Dr. Sokolowski nach den Anschauungen 
Westphals gänzlich umgearbeitet hat, sowie die Art. in Dr. Hugo 

^) Nach Ugolinus von Orvieto, jeinein SchriftsteUer des 15, Jahrhunderts ; 
8» über ihn Kirchenm. Jahrb. 1895, S. 19—49, Zwischen Oktaven- 
gattung und Tonart im modernen Sinn ist also ein unterschied. In 
den sieben diatonischen Tonleitern ändert sich die Aufeinanderfolge 
der ganzen und halben Töne je nach dem Grundton; diese sieben 
von einander verschiedenen Tonreihen heissen Oktavengattungen. 
Unter Tonart versteht man die Versetzung (Transposition) einer 
Oktavengattung auf einen andern diatonischen oder chromatischen 
Ton. Die Tonart ändert also nur die Höhe oder Tiefe der Okta- 
vengattung, so dass die modernen Durtonarten als Versetzungen 
der OktavengattuDg auf dem Tone c, die Molltonarten als Trans- 
positionen der Skala auf dem Tone a bezeichnet werden müssen. 
Der richtige Ausdruck für Oktavengattung ist im Lateinischen: 
modus und war auch im Gegensatz zu tonua, wodurch die stehenden 
Formeln der modi bezeichnet wurden, ziemlich allgemein bis zum 
15. Jahrhundert üblich. Schon Guido von Arezzo tadelt den Sprach- 
gebrauch tornts statt modus. Später wechselten die Theoretiker der 
mensuralmusik die Begriffe, so dass z. B. Tinktoris (im 15. Jahrh.) 
das Wort modus als „Takteinrichtung eines Gesanges" definiert, 
tonus aber als „die Tonart, durch welche ein jeder Gesang regel- 
recht komponiert wird." Toni nenne man die stehenden Formeln 
für den Psalmengesang, für die Gloria Patri etc., modi aber die 
Tonarten (Oktavengattungen) der verschiedenen Choralgesänge. — 
Kirchentonarten, Kirchentöne heissen die Oktavengattungen zum 
Unterschiede von den modernen, seit dem 17. Jahrh. durch Ein- 
führung der chromatischen Halbtöne üblichen, anfangs mehr für 
weltliche Musik verwendeten Dur- und MoU-Tonarten. 



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§. 12. Entwicklung der Oktayengattungen. 49 

Eiemanns Musiklexikon. In Gevaerts Melop6e antique wird der Ver- 
such gemacht, die gregorianischen Melodien auf das altgriechische 
Tonsystem zurückzuführen, das durch Boetius auf acht Oktaven- 
gattungen beschränkt wurde, während Cassiodor nach Aristoxenus 
vierzehn aufzählt. 

Die Theoretiker des Mittelalters vom 9. Jahrh. ab trugen nur 
die Lehren des Boetius vor; es bildete sich auf diese Weise eine 
neue Theorie, die von der des griechisch-römischen Heidentums so- 
wohl in der Bildung der Oktavengattungen, als auch in der Namens- 
bezeichnung für dieselben gänzlich verschieden ist; s. auch §. 13. 
Der Verfasser dieses Lehrbuches berücksichtigt vorzugsweise die 
Auffassung der mittelalterlichen Theoretiker und erwähnt nur neben- 
bei die Lehren der griechisch-römischen Theoretiker vor Boetius. 

Je nach der Lage des natürlichen oder diatonischen 
Halbtones sind innerhalb der 16, bezw. 17 Töne von T— aa 
(s. S. 22) vier Arten von reinen (3^2 Töne umfassenden) 
Quinten (Pentachorde) und drei Arten von reinen (2^2 Töne 
in sich schliessenden) Quarten (Tetrachorde) zu unterscheiden; 
es ergeben sich also die Quinten: mit dem Halbton von der 
1. zur 2. Stufe,^) mit Halbton von der 2. zur 3.,^) mit Halb- 
ton von der 3. zur 4.,*) mit Halbton von der 4. zur 5. Stufe,*) 
die Quarten: mit Halbton von der 1. zur 2.,^^) mit Halbton 
von der 2. zur 3.,^) mit Halbton von der 3. zur 4. Stufe. '^) 

Die Theoretiker des Mittelalters reden nur von acht 
modi, welche auf den Buchstaben D E F G aufgebaut wurden, 
und zwar so, dass die Tonleiter eine doppelte Verwendung 
fand. Die Tonreihen von D E F G in Quint und Quart 
geteilt Wessen authentische®) und wurden mit den griechi- 
schen Zahlwörtern Protos (der erste), Deuteros (der zweite), 
Tritos (der dritte), Tetartos (der vierte) bezeichnet. Wird 



^) Nach der Buchstabenbezeichnung, von unten nach oben gezählt: 

E-f g a t]. 
*) D e'"! g a, auch a ^ c d e. 
8) r A B-^C D , auch G a tj'^c d; CD E^F G, auch c d e'~^f g und 

F G a""b c; das grosse B ist gleich dem modernen H. 
*) F g a tl^c. 

^) B'^C D E, auch fc^c d e und E^F g a, auch e'^^f g a. 
«) D E'^F G, auch d e^f g und A B'^^C D, auch a tl'~^c d. 
') r A B^C, auch G a fa^c, C D E^F, auch c d e f , und F G a^b. 
») aMevrrjs, echt, ursprünglich (authentus und authmücm)\ wohl auch,. 

weil sie die Grundlage der übrigen Tonarten abgeben. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 4 

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50 



§. 12. Entwicklung der Oktavengattungen. 



die obere Quart dieser vier Tonreihen unten angefügt, so 
ändert sich ihr Umfang; der Grundton des authentischen 
modus wird die Quart einer neuen Oktavengattung, und diese 
nennt man plagale,^) auch lateralis, suhjugalis, also Neben- 
tonart. Daher die Benennung: Modus protus authentus für 
den ersten und modus protus suhjugalis (auch plagitis und 
plagalis) u. s. w. für den späteren zweiten Ton. 

Aus dieser Lehre ergeben sich die acht modi durch 
Unterabteilung in folgender Weise: Der protus bildet aus 
sich den zweiten, der deuterus, jetzt als 3., aus sich den 4., 
der tritu^, jetzt 5., aus sich den 6., der tetartus, jetzt 7., 
aus sich den 8. modus, 

Darstellung der acht Oktavengattungen. 

J. Modtis authenticua. IL Modus plagalis. 

DEFGa ahcd AHCD DEFGa 



1^ — ^ M w 1 w w^w w 


-H 


2 ^ 1 ^ M-^W— ^ 


^F 


Quinte. Quarte. 

IIL Modus authenticus, 
EFGah hcde 

■ * Lj 1 u— M M ^ 


-H 


n ^ ^^M W 1 W W ^ 

Quarte. Quinte. 

IV, Modus plagalis. 

HGDE EFGa 


— \z 

h 


-'umhwwIww" — 


::=5 


^ ^ y W W 1 W ■ " H- 


Quinte. Quarte. 

7. Modus authenticus, 
FGahc cdef 

is ^ i^-W 1 W M « ^ 


Quarte. Quinte. 

VI, Modus plagalis, 
CDEF FGah 

- -.k ^ 1 ^ y N W' 


c 


-P M W W ^ ^Jr^ 

Quinte. Quarte. 

YIL Modus authenticus, 
Gahed de''fg 


Quarte. Quinte. 

VIII, Modus plagalis, 
DEFG Gahc 

-■1 L ^ M 1 M M W ^ 


d 


$t=^=i==icft=y=^^= 


^ 


^ M w^-" " ' - ■•- 





Quinte. 



Quarte. 



Quarte. 



Quinte. 



Nach dem 12. Jahrhundert zeigen sich bereits Versuche, zuerst 
für den beginnenden mehrstimmigen Gesang, das alte griechische 
Tonsystem, welches ausser auf b auch auf a und c ähnliche Ton- 



^) jikayiog, entlehnt, aus der authentischen abgeleitet. 



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§. 12. Entwicklung der Oktavengattungen. 51 

reihen kannte/) zu adoptieren. Erst durch Grlarean (Henricus 
Loritus aus Gflarus) wurde 1547 im Werke „Dodekachordon** die 
konsequente Durchbildung zum erstenmal deutlicher doziert und so- 
gleich von allen Theoretikern angenommen, nachdem die Praktiker 
im 15. Jahrhundert schon darnach gehandelt hatten.^) 
So entstanden vier neue Oktavengattungen, nämlich: 

iX. Modus authenticus. X. Modus plagalis, 

ahcde efga EFGaahcde 



^ w> >< N " - II % N w >FRf 



Quinte. Quarte. Quarte. Quinte. 

XL Modus authenticus. XIL Modus plagalis. 

cdefggahc Gahc cdef 



^T-^^>MN'^'m,,^N l N»N-» j 



Quinte. Quarte. Quarte. Quinte. 

Bei näherer Betrachtung ergibt sich, dass der neugebildete 
IX. modus bereits die übliche Grrenze des gregorianischen Chorals, 
nämlich g überschreitet, daher auch die höchst seltene Verwendung 
desselben; um so häufiger bediente man sich des X modus.^) Der 
XI, modus ist sehr üblich geworden, und zwar in der untern Oktav: 



Quinte. Quarte. 



^) Die von oben nach unten geteilte Tonleiter h bis H mit Quinte 
h — E und Quarte E— H heisst bei Aristoxenus „mixolydisch", die 
von aa— a mit Quarte aa — e und Quinte e — a „seolisch", die von 
c — C mit Quinte c—F und Quarte F — C „lydisch". 

*) Ambros, Musikgesch. 2 Bd., S. 51, bemerkt zur logischen Entwick- 
lung der neuen modi ganz richtig: „Der zweite, vierte und sechste 
(Ambros schreibt irrtümlich „fünfte") Kirchenton hat eine Art Dop- 
pelstellung: diese drei Tonreihen sind als Piagaltöne von ihren 
authentischen Tönen abhängig, aber nach der Stellung ihrer zwei 
Halbtöne können sie auch selbstberechtigte Oktavenarten, gleichsam 
drei andere, neue authentische Tonarten repräsentieren, wo dann 
der Anfangston wirklicher Grundton wird und so jenes Verhältnis 
von Abhängigkeit verschwindet, ja die Fähigkeit vorhanden wäre, 
selbst wieder drei neue Piagaltöne zu entsenden." 

•) Ein XI. und XII. modus wäre auf h— f — h, beziehungsweise F — h — f 
zu errichten gewesen, aber der Tritonus F — h und die unreine Quinte 
h — f machten diese Tonreihe unbrauchbar, und man überging sie. 
Theoretisch jedoch wurden sie als XI. und XII. modus bezeichnet, 
während man die Tonreihen auf c XIII. und XIV. modus nannte. 
Glarean schrieb das Dodekachordon , „den Zwölfsaiter", um schon 
durch den Titel anzudeuten, dass er nur auf sechs Tönen zwölf 
Oktavengattungen annehme. 

4* 



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52 



%. 13. Namen, Merkmale und Unterschiede 
der Oktayengattungen. 

I. Die acht (zwölf) OktavengattuDgen wurden in zwei 
Klassen geteilt, in authentische und plagale. Man be- 
diente sich zur Aufzählung derselben der Ordinalzahlen primus, 
secundus, tertius, quartus, quintus, sextus, septimus, octavus, 
nonuSy decimiis, undecimus, dtcodecimtis: 1., 2., 3. Ton u. s. w. 
Die beigefügten griechischen Namen/) welche schon vor 
Glarean für die acht modi allgemein üblich waren, lauten 
für die zwölf modi wie folgt: 



MODI AUTHENTICI 



MODI PLAGALES 



m 

V 

vn 

IX 
XI 



Dorius D-a-d 



Fhryffiics 
Lydius 

Mixolydius 
Äeolius 
Jonicus 



F'C'f 
O-d'i 
A-e-a 
C'9'C 



n 
; IV 

VI 

ivm 

i X 

xn 



Hypodorius^) I A-D-a 

Hypophrygms I H-E-h 

Eypolyduis i C-F-c 

Hypomixolyditis ! D-g-d 

Hypo(Bolvus I E-a-e 

Hypojonictcs^) \ O-c-g 



IL Über die authentischen und plagalen modi sind unter 
Hinweis auf das Schema in §. 12 folgende Bemerkungen 
nützlich: 

1. Die authentischen sind aus einer Unterquint und 
Oberquart gebildet; bei den plagalen liegt die Quint oben 
und die Quart unten. Die Quarten und Quinten sind also 



^) Die Namen der aristoxenischen Musiklehre lauten für die sieben 
Tonleitern: 1) Yon aa — a seo lisch, wie bei Glarean; 2) von g — G 
jastisch (mittelalterlich mixolydisch); 3) von f—F hypolydisch 
(mittelalterlich lydisch); 4) von e— E dorisch (mittelalterlich 
phrygisch); 5) von d— D phrygisch (mittelalterlich dorisch); 

6) Von c— C lydisch (mittelalterlich hypolydisch, seit Glarean 
auch jonisch, wenn die Quinte unten und die Quarte oben ist); 

7) von h — H mixolydisch (^im Mittelalter nicht gezählt und auch 
von Glarean wegen der unharmonischen Teilung übergangen). Bei 
den vier oberen Oktaven von aa, g, f und e lag die Quarte oben 
und die Quinte unten, bei denen von d, c und h die Quinte oben 
und die Quarte unten. 

*) Das vjTo deutet auf die dem Grundton „unten" beigegebene Quart. 
') Der unharmonischen Oktavengattung auf h gibt Glarean die Namen 
ht/perasolius für h— f— h und hyjperphrygius für F— h — f. 



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§. 13. Namen, Merkmale und Unterschiede der Oktavengattungen. 63 

bei je zwei modi gleich, nur die Lage ist bei den authenti- 
schen eine andere als bei den plagalen. 

2. Die authentische und ihre plagale Tonart mitsam- 
men haben einen Umfang (ambitus) von elf Noten. Fünf 
Töne sind beiden gemeinsam, drei nicht; z. B. 

I. authentischer Ton: D, E, F, G, a, h, c, d. 

II. plagaler Ton: A, H, C, D, E, F, G, a, 

3. Die erste Note jeder authentischen und der ihr 
entsprechenden plagalen Tonleiter^) heisst Grundton (tonus 
ftindamentalisjf auch Tonica, weil die Melodie auf ihm ruht 
und *sich über ihm aufbaut. Man nennt die Tonica auch 
Finalis (Schlussnote), weil jeder authentische und plagale 
Choralsatz regelmässig mit ihr schliesst. 

Die Finalen sind folgende: 
I k II. m 4 IV. VA VI. VIT k Vin. IX & X. XliXII (xm&xiv.) 



i^ H IK I K ^ 



D, »'«, E mi, F, fa, G, sol, a, la, c, ut. 

4. Dominante^) nennt man den im Choralsatz vor- 
herrschenden Ton. In folgender Tabelle sind die Finalen 
and Dominanten der zwölf Oktavengattungen zusammen- 
gestellt: 



Modus 
I 


Final. 


Domin. 


Modus 


Final. 


Domin. 


D 


a 


vn 


G 


d 


n 


D 


F 


vm 


G 


c 


m 


E 


c 


IX 


a 


e 


IV 


E 


a 


X 


a 


c 


V 


F 


c 


XI 


c 


g 


VI 


F 


a 


xn 


c 


e 



') Die erste Note, mit welcher die gregorianischen Melodien beginnen, 
ist meist von der Schiassnote verschieden; hier wird von der ersten 
Note der Tonleiter gesprochen! 

*) Im neueren Tonsystem ist Dominante die Quint der Tonica oder 
des Grundtones. Die Qnint nach oben nennt man heutzutage Ober- 
dominante (z. B. g bei Tonica c), die Quint nach unten Unter- 
dominante (z. B. f bei Tonica c). 



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54 §• 13- Namen, Merkmale und Unterschiede der Oktavengattungen. 

Um die plagalen Töne von den authentischen unter- 
scheiden zu können, da beide gleiche Finalen haben, beachte 
man, ob mehr als ein Ton unter der Finale vorkommt, 
und forsche nach der Dominante. 

Finale und Dominante miteinander geben die ßeper- 
kussion (Wiederschlag), d. h. jene Intervalle, die in den 
einzelnen modi wiederkehren. In Musiknoten ausgedrückt 
lauten die Eeperkussionen der zwölf modi: 



j j i ]i Mh 1 11 ^ 1 1 1 1 ^ \ \ \ h I I i ^-i- iriniri ^- rit 



n. 



iiL IV. V. VI. vn. vpi. 



M I I ^» I I I ^ ! I I P 



IX. 



X. 



XI. XII. 



5. Die authentischen Tonarten gehen allmählich zur 
Finale über, die plagalen oft sprungweise. Wird die Quint 
über der Finale besonders hervorgehoben, so ist die Tonart 
authentisch. Jeder modus hat gewisse Töne, welche bei Be- 
ginn^) des Choralsatzes verwendet werden. Es gilt als Eegel, 
dass nie mit einem Intervall begonnen wird, das im authen- 
tischen modus von der Finale um mehr als eine Quint, im 
plagalen um mehr als eine Quart entfernt ist. Bei Bildung 
der Mittelkadenzen (Abgrenzung des musikalischen Satzes 
wie durch die Interpunktionszeichen , ; : etc.) ist die Regel 
beachtet, dass dieselben bei den authentischen Tonarten auf 
der Finale, Quinte oder den dazwischen liegenden Tönen 

^) Es ist eine Eigenheit und beabsichtigte Neuerung in den Gesängen 
der editio Mediccea (1614), dass sämtliche in den authentischen Ton- 
arten stellenden Sätze mit der Finale des modus beginnen. Auch 
die meisten in plagalen Tonarten komponierten Choralgesänge haben 
die Finale auch als erste Note, nur die des zweiten Tones beginnen 
meist mit A, dem ersten Ton der Tonleiter. Für die nach dem 
Jahre 1615 komponierten Gesänge neuerer Feste ist diese Eigen- 
tümlichkeit nicht immer beibehalten worden. Für die Antiphonen 
des Anüphonaritim Roman, waren die Anfangsnoten massgebend zur 
Bestimmung der verschiedenen Finalmelodien, und die mittelalter- 
lichen „Tonarien" zählten sogar die Antiphonen in der Ordnung der 
modi und Finalmelodien auf, indem sie z. B. sämtlichen Antiphonen 
des achten Tones, welche mit c begannen, die zweite Finale zu- 
wiesen und ähnl. 



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§.13. Namen, Meikmale und Unterschiede der OktavengattuDgen. 55 

stattfinden, und dass bei den plagalen die Unterqnart nie 
überschritten wird. 

6. Regelmässig, regularis, heisst ein Tonus, wenn 
das Gesangstück mit einer der gewöhnlichen sechs Finalen 
schliesst; ausserdem un regelmässig, irregularis. 

Die unregelmässigen Schlusstöne heissen auch Confinal- 
töne und finden sich besonders bei den Ausgängen der Psalm- 
töne und den Abteilungen der Eesponsorien, Gradualien und 
Trakten. 

7. Aus dem Tonumfang (amUtus) der authentischen und 
plagalen modi und aus verschiedenen Eigentümlichkeiten in 
Verwendung der die Oktavengattung bestimmenden Töne 
leiteten die mittelalterlichen Theoretiker neue Unterschei- 
dungen für die Choralgesänge ab. 

Die Tonart ist nach ihrer Lehre: 

a) Vollständig, Tonus per fedus, wenn im authentischen 
modtis der Gesang die Oktav der Finale berührt, oder — wenn die 
Melodie in der plagalen Tonart bis zur Quint der Finale steigt 
und die ünterquart erreicht. 

Beispiel :0 Commun.: Ecce Virgo, Introit: Miserebitur, Offert. 
Benedictm es, Antiph.: Vadam ad montem, Hymnus: Scepe dum 
Christi etc. Hierher gehört auch die Regel: „Omnis cantüence lega- 
lis ascensus et descensus per diapason construitur^^.^) 

b) Unvollständig, Tonus imperfectus, heisst die Tonart, wenn 
die authentische Tonart nicht bis zur Oktav der Finale geht 
oder die plagale die Quart unter der Finale nicht erreicht. Be- 
sonders die Antiphonen zu den Tagzeiten, die Lamentationen der 
Charwoche (Modus 6,) und viele kleinere Gesangsformeln, wie die 
Psalmtöne, welche übrigens ihren vollen Abschluss durch die mit 
dem Psahn verbundene Antiphon erhalten, gehören hierher. 

c) Mehr als vollständig, Tonus plvsquamperfectus oder super- 
äbundans, ist die authentische Tonart, wenn sie ihre Finale 
nach unten oder die Oktav der Finale nach oben um einen Ton 
überschreitet, — die plagale, wenn der Quart unter der Finale 
noch ein Ton beigegeben ist. 



^) Die Beispiele sind sämtlich der Oktavausgabe des offiziellen Grad, 
Born., Vesp. Born, und Directonum chori entlehnt und können in den 
ausführlichen Registern über die verschiedenen Introiten, Hymnen etc. 
am Schluss der erwähnten Choralbücher aufgefunden weiden. 

*) Qtrhertj Script, Tom. II., p. 58. „Jeder regelrechte Gesang umfasst 
auf- und abwärts eine Oktave." 



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56 §• 14. Wesen und Eigenschaften des I.— IV. Tones. 

d) Gemischt, Tontis mixttis, ist die Tonart, wenn sie ihren 
natürlichen ambitus um mehr als einen Ton nach unten oder 
oben überschreitet, so dass die authentische und plagale Tonart 
sich gleichsam vermischen. Beispiele: Te Deum laudämtis, die Se- 
quenzen Lauda Sion, Dies iroe, Veni sancte Spirütis etc. Mit Tonus 
commixtus wurden diejenigen Gesänge bezeichnet, welche in eine 
fremde Tonart übergriffen, z. B. den V. Tonus mit dem VII., den 
I. mit dem IV. verbanden. 

e) Der Torms wird communis perfecttis genannt, wenn die au- 
thentische Tonart bis zur Unterquart der Finale (also in die pla- 
gale), die plagale bis zur Oktav der Finale (also in die authentische) 
reichen. Die Melodie umfasst dann die elf Töne der authentischen 
und ihrer plagalen Tonart. Beispiel: Die Ostersequenz Tictimce 
Paschäli, die Antiphon Cum appropinquäret^) 

§. 14. Wesen und Eigenschaften des I. bis 
IV, Tones. 

Wenn ein Gesang von F ausgeht und nach h schreitet 
oder von h nach F zurückkehrt, so muss h zur Vermeidung 
des Tritonus (der übermässigen, aus drei Ganztönen bestehen- 
den Quart in b verwandelt werden. „Die unmittelbare Folge 
einer übermässigen Quart, Tritonus^ und einer ver- 
minderten Quint ist unzulässig im Choral, und müssen 
diese Intervalle, wo sie sich finden, durch b vor h in reine 
verwandelt werden." 

Die Oktavenreihe des I. Tones (dorisch) kann von ihrem 
Ende (D) eine Oktave aufwärts und eine grosse Sekunde ab- 
wärts steigen; selten erhebt sie sich bis e, fällt aber gerne 
nach C. Das > soll nur dann gesetzt werden, wenn der Tri- 
ton zu vermeiden ist oder die Melodie nicht über h 
hinausgeht. 

Beispiel : Ite missa est in semid., Communio : Ecce VirgOj Intr. : 
Gaudeamus, Hymn. : Fange lingua, die Antiphon im I. Ton aus dem 
Commune unius Mart u. a. 



Diese gedrängten Notizen bilden teilweise den Inhalt der theoreti- 
schen Werke des Mittelalters, welche bei Gerbert und Coussemaker 
publiziert sind und in zusammenfassender Weise von P. ütto Korn- 
müller in den Kirchenraus. Jahrb. 1886—1889 nach chronologischer 
Folge der Autoren mitgeteilt wurden. Es sind die Ergebnisse aus 
den fertigenMelodien (res facta); sie dienen aber nicht zur An- 
weisung, wie gregorianische Melodien gebildet werden können. 



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§. 14. Wesen und Eigenschaften des I. — IV. Tones. 57 

Die Formel D-a-b-a kehrt in den Gesängen des I. Tones un- 
zähligemal wieder: im Hymnus Ave maris Stella jedoch ist die 
3. Note nicht in b zu verwandeln, da sich die Melodie sogleich bis 
in die Oktav emporschwingt.^) 



l ^-jT ^ 1 ^ -" '" " ' 



A - ve ma - ris stel - la. 

Der erste Ton wurde als modus hilaris (heiterer Ton) 
bezeichnet.^) 

Der zweite Ton (hypodorisch) wird im Oflfertorium 
Dextera Dbmini bis F abwärts, öfter jedoch bis c aufwärts 
geführt. 

Übersteigt diese Tonart ihre Finale um eine Sext, so wird 
dieses h in b verwandelt; siehe die sieben mit beginnenden 
Antiphonen vor Weihnachten, die Präfationen u. s. w. 

Er hatte den Beisatz modus mcestus (trauriger Ton). 

Der dritte Ton (phrygisch) kann abwärts nach D 
gehen. ^ h ist öfters als Quint der Finale gebraucht; siehe 
z. B. Et in terra pax der 9. Messe im Ordinarium Misses, 

Beispiele: Introitus: Iw nomine Jesu, Sacerdötes tut, Dömine; 
Hjrmnus: Deus tuörum, Ä solis ortus, Te Joseph celebrent. 

Man nannte ihn modus austerus (strenger Ton). 

Die Gesänge des vierten Tones (hypophrygisch) er- 
strecken sich selten bis zur ünterquart; dieser fehlende Halb- 
ton findet sich aber desto häufiger oben angefügt, so dass 
der ambitus hypophrygischer Choräle mehr zwischen C— c 
sich bewegt. 

Da§ h über der Finale wird sehr häutig in b verwandelt, z. B. 
Hymnus: Virginis Froles, Exsültet orhis, Invit.: Venite, etc. 

Modus blandus, einschmeichelnder Ton, war sein Name. 



*) Beispiele für die verschiedenen Töne sind in den offiziellen Choral- 
büchem in reichster Auswahl geboten und sollen einige derselben 
vom Schüler in ihren Eigentümlichkeiten analysiert werden. 

2) Diese Charakteristiken der einzelnen modi lehnen sich an die aus- 
führlichen Darlegungen alter Schriftsteller, z. B. Guidos, Adams 
von Fulda u. R. bei Gerbert, besonders an Cardinal Bona. NicM 
aUes, was die Alten über den Eindruck der einzelnen modi geschrie- 
ben haben, ist Phantasie oder Vorurteil. Die verschiedene Lage der 
Halbtöne und die wechselnden Intervall-Zusammensetzungen drücken 



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58 

§. 16. Wesen und Eigenschaften des Y. bis 
VIII. Tones. 

Der charakteristische Ton des fünften modus (lydisch) 
ist h, das nur bei stufenweiser Verbindung mit F in b ver- 
wandelt werden muss. Dieses h verleiht dem lydischen mo- 
dus etwas Eindringliches (daher modus asper, rauh), Majestä- 
tisches, Freudiges ;. man nannte diesen Ton auch delectabüis, 
Icetus und juhüans, lieblich, froh, jubelnd. Er darf nicht mit 
dem in die Oberquart transponierten jonischen modus F — f 
mit Vorzeichnung eines 1? verwechselt werden. 

Beispiele: Inivr, Loqu^har, Grad.: Speciösus forma, Offert.: Mira- 

Ulis Dens, Comm.: Lmtdbitur justus, Invit: Venite adoremtis V. Toni, 

Ant. Qui pacem ponit 

Der sechste Ton (hypolydisch) steigt bis d und bedient 
sich gerne des stufenweisen Falles von F bis C. 

Die tiefere Lage und das häufige \^ verleihen dem sechsten 
Tone liebliche Weichheit; er hiess modus Unis, weicher Ton. 
Beispiele: die Lamentationen, die Antiph. quam metuendm, 
Offert.: Dömine Deus^ Intr.: Salm auteni und In media EccUsice, 

Anmerkung. Seit dem 13. Jahrhundert wurden, besonders durch 
Einwirkung der Kontrapunktisten und mit Ausbildung des poly- 
phonen Kirchengesanges, gregorianische Melodien im XL und XII. 
modtis geschaffen, die bei dem Erwachen gründlicheren Studiums 
der alten Kirchentonarten zu vielen Verlegenheiten führten. Man 
gebrauchte diese „melodiereichen" modi für drei marianische Anti- 
phonen (Alma, Ave Begina und Begina codi), für die Ant. quam 
suävis und sacrum convivium, später auch für ein Ite Missa in 
festis solemnibus und für andere Gesänge. Aus Pietät für jene 
Zeiten sind diese Gesangs weisen auch in den offiziellen Choral- 
büchern adoptiert worden ; die Konsequenz jedoch würde auch neue 
Psalm töne gefordert haben, oder man müsste unter Beibehaltung 
der Notation des fünften modus beim XI. singen, wie folgt: 

-jg-^— -^ * ^ -1 in der Transposition |q;W^^wW^ 1 
EÜOÜAE EÜOÜAE 



unstreitig jedem Tonus einen eigenen Charakter auf. Kircher in 
seiner Mumrgia bemüht sich gewaltig, den traditionellen Charakter 
der modi musikalisch und philosophisch zu erhärten. Über die my- 
stische Symbolik der Kirchentonarten nach den Anschauungen der 
alten Theoretiker siehe die herrliche Schilderung bei Ambros, Musik- 
gesch. Bd. H., 1. Aufl., S. 214; 2. Aufl., S. 216 flgde. 



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§. 15. Wesen und Eigenschaften des V.— Vm. Tones. 59 

Diese Verschiedenheit in Behandlung des V. Tones findet sich 
auch in den kontraponktischen Werken der alten Meister. Die einen 
bezeichnen c d b c a als fünften Ton, während andere (besonders 
die röm. Schule) strenge an c d h c a festhalten. Sicher ist, dass 
im reinen fünften Ton c d h c a zu singen ist, die Melodie c*d b c a 
aber dem transponierten jonischen modm zugeschrieben werden 
muss. Die oben erwähnten, eigentlich dem XL modus angehörigen 
Gesänge, sowie die Oflizien In Festo Ss, Trinitatis und In Solemni- 
tote Corporis Christi, bei denen in ganz mechanischer Weise der 
1. Antiphon der I., der 2. der II., der 5. der V. Ton etc. zugeteilt 
wurde , sind ein neuer Beweis , dass Gewohnheiten und Umstände 
oft stärker sind als Theorien und Personen. 

Dem siebenten Tone ist h wesentlich, besonders aber 
der Tonschritt G a h und G h d. Wenn dieser Ton nicht 
bis zur Oktav der Finale reicht, so ist ihm ein ganzer Ton 
unter der Finale häufig liinzugefügt. 

Beispiele: Intr.: Fuer natus, die Antiph. des Comm, Conf. Pont. 
u. a., die Antiph. Exdudi nos. 

Er trug den Namen modus indignans, erregter Ton. 

Der achte Ton (hypomixolydisch) steigt aufwärts bis 
e und rückwärts bis C. Die Tonleiter des VIII. ist mit der 
des I. Tones gleich, die melodischen Phrasen jedoch, sowie 
die Finale sind in beiden verschieden. Das b, welches nur 
des Tritons halber angewendet wird, ist im VIII. Ton sel- 
tener als im I.^) Wenn das Tonstück viele b beinahe regel- 
mässig enthält und dennoch in 6 abschliesst, so ist dasselbe 
als versetzter IL Ton mit obligatem b zu betrachten, z. B. 
Hymnus Quem terra, ponttis}) 



^) Über die Anwendung des 1? im achten Ton kann die Beobachtung 
zur Richtschnur dienen, dass in allen Fällen J? gebraucht wird, wo 
es das Heocachordum moUe erfordert. Bei dem Hexach, durum Q — e 
mag wohl F nachfolgen, allein dann bildet es den Anfang eines 
neuen Neuma oder weist auf das Ende einer Notenverbindung hin; 
z. B.: oder: Dagegen: 



Siehe Ant.: Qui sunt sermönes, Tract.: Sicut cervus, Hymnentonus 

der Osterzeit, Ant. : Desponsätio gloriösce, Intr. : Ad te levdvi, Offert. 

Deus firmdvit u. a. 

^) Diese Gesänge wurden auf Befehl der römischen Kommission in 

den neueren Auflagen der offiziellen Choralbücher in ihre ursprüng- 



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60 §' 16. Transpositiou. 

Der grössere Teil der Choralgesänge ist im VIII. modiis 
geschrieben.^) Die Alten nannten ihn kräftig, männlich, auch 
tonus narrativus, Ton für Erzählung, modus placabilis, ver- 
söhnender Ton. Der VII. und VIII. Ton sind, besonders in 
längeren Gesängen, gerne gemischt, z. B. in der Sequenz 
Lauda Sion. 

Anmerkung. Wie schon oben bemerkt, sind Gesänge des IX. modus 
wegen Überschreitung der konventionellen Grenze g seltener zu 
finden; man scheint denselben darch Versetzung auf den Ton D 
mit regelmässigem b in den 1. Ton verwandelt zu haben. Um so 
häufiger treffen wir in den Gradnalien den X. hypoaeolischen Ton : 
beispielsweise seien die Gradualien : Hödie scietis, Tecum prindpium, 
Bequiem ceternam erwähnt. Der XI. oder jonische modus entspricht 
durch seine Quinte g noch mehr unserer modernen C-dur-Tonleiter 
als der VI. Ton. Bei harmonischen Kompositionen der alten Meister 
sind der jonische und sein plagaler Ton, der hypojonische m4)dus 
sehr beliebt, besonders die Transposition des jonischen auf F mit 
regelmässigem b. Im Vesperale Romunum findet sich ein Sodve 
Regina, das dem reinen XI. Ton angehört. Sancttis, Benedictus, 
AgntLS Dei der Missa de Beata Maria Virg., sowie noch mehrere 
Gesänge im Graduale, speziell im Ordinarium Misscp, sind im XI., 
eine Oktav tiefer (von C— c) versetzten Tone geschrieben. Die Ant. 
Alma Bedemptöris und das feierliche Ite Missa est standen frtiher 
eine Quinte tiefer mit regelmässigem b, ebenso die Ant. Ave Regina 
und Regina codi; diese Gesänge sind gegenwärtig in ihrem ur- 
sprünglichen modus abgedruckt. 



§. 16. Transposition. 

Jeder Timus des sogenannten Systema reguläre oder 
durum, so genannt, weil keine der sieben diatonischen Ton- 
leitern ein b enthält, kann um eine Quart höher oder eine 
Quint tiefer mit einem l? beim Schlüssel versetzt und ge- 
schrieben werden; diese Versetzung heisst das Systema 



liehe Lage mit Finale D umgeschrieben; so auch der Hymnus: Je«« 
Bedemptor ömnium (I. Tod), bei dem nun das frühere P vor e in t^ 
vor h sich verändert. 

*) Die Ursache der so häufigen Verwendung des I. und VIII. Tones 
scheint in der bequemen Tonlage D— d zu liegen. Bei diesen Ton- 
leitern sind (ähnl. wie beim IV. und VI. Ton) selten Versetzungen 
in eine höhere oder tiefere Tonlage notwendig. 



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§.16. Trans Position. 6][ 

transpositum oder motte. Die Skala des ersten Tones 
lautet dann Gabcdefg; die Stellung der Ganz- und 
Halbtöne bleibt also unverändert. 



Mod. I. Syst. reg. ^ Med. I. Syst. transp. ^ 



Die Töne eines so transponierten modus nannte man 
tuoni trasportati, finti oder trasposti, und der in solcher 
Transposition ausgeführte Gesang hiess Musica ficta}) 

Bei Choralgesängen war diese Art Transposition seltener, 
findet sich jedoch besonders beim I. und II., XL und XII. 
modus. 

Da die Choralmelodien wegen des zwischen F und g, 
also innerhalb zweier Oktaven sich bewegenden Tonumfanges, 
nicht für alle Stimmgattungen ausführbar sind, so kann 
man sie, weil die Tonlage nur die Klangfarbe ändert, durch 
Transposition der gewünschten Höhe oder Tiefe anpassen. 
Gleichwie der Priester beispielsweise die im 11. Ton geschrie- 
bene Präfation je nach der ihm zu Gebote stehenden Stimm- 
lage mit c, d, e, f, g u. s. w. beginnt und fortsetzt, so können 
alle Choralmelodien höher oder tiefer intoniert werden. 

In folgender Tabelle stellen wir eine Transposition zu- 
sammen, welche hohen und tiefen Stimmen ermöglicht, die 
Choralgesänge sämtlicher modi in mittlerer Tonhöhe auszu- 
fuhren.2) 

Daraus ergeben sich statt der natürlichen Tonreihen 
folgende transponierte: 



Bei den kontrapunktisch harmonischen Gesängen wurde vom zwölf- 
ten Jahrhundert angefangen dieser Ausdruck gebraucht, wenn ein 
geschriebener Ganzton als Halbton unter gewissen Voraussetzungen 
gesungen wurde. 

2) Würde man die Dominante des e/sten Tones, to, als gemein- 
schaftliche Dominante für die acht Kirchentonarten , besonders 
bei den Psalmen mit ihren Antiphonen wählen, so wäre ebenfalls 
der Zweck der Transposition erreicht ; aber bei einigen Tonarten 
ergäbe sich eine Menge von jf, welche für weniger geübte Sänger 
zu neuen Schwierigkeiten führen müsste. 



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62 



§. 16. Transposition. 





l.')2. 3. 


4. 


6. 


6. 7. 


8. 


, 


I. T. 


d e^f 


p: 


a 


h-^c 


d 


(natürliche Lage) 


II. T. 


d e^f 


g 


&^ 


~^b c 


d 


(1 ^ durch Transposition 
in die Oberquart) 


m. T. 


d'-^es f 


s 


a" 


"b c 


d 


(2 1^ durch Transp. in die 
grosse Sekunde abwärts) 


IV. T. 


h^c d 


e'~^f 


g a 


h 


(natürliche Lage) 


V. T. 


d e fis 


gis'^a 


h cis'~'d 


(3 tt durch Transp. in die 
kleine ünterterz) 


VI. T. 


c d e" 


"f 


S 


a h" 


^c 


(natürliche Lage) 


VII. T. 


d e fis" 


~^S 


a 


h^c 


d 


(1 jl durch Transposition 
in die ünterquart) 


vm. T. 


c d'^es 


f 


g 


a'-^b 


c 


(2 [^ durch Transp. in die 
grosse Sekunde abwärts) 



In vielen Fällen reicht aber diese einzige Transpositions- 
art nicht aus. Zur Erleichterung und sicheren Ausfuhrung 
jeder notwendigen oder wünschenswerten Transposition sei 
demnach der Eat wiederholt, welcher oben in §. 8 gegeben 
wurde, unter Herbei^iehung der modernen Tongeschlechter 
mit ihren Versetzungszeichen die Gesänge so zu transponieren, 
dass sie dem Diapason (der fixen Tonhöhe unserer Orgeln) 
entsprechen.^) Als Beispiel diene die Melodie des Ite missa 

^) Die Finale und Dominante sind durch fettgedruckte Buchstaben, die 
halben Töne durch Bindungsbogen gekennzeichnet. 

^) Die aus den Oktavengattungen von c und a gebildeten modernen 
Dur- und Moll - Tonarten finden sich in nachfolgender Tabelle ge- 
ordnet: 





Tonart 


Vor- 
zeichen 




Tonart 


Vor- 
zeichen 


Dur 


Moll 


Dur 


Moll 


1 


g 




1# 


1 


des 


b 


B> 


2 


d 


h 


2# 


8 


as 


f 


4> 


3 


a 


fis 


Bjf 


9 


es 


c 


3> 


4 


e 


eis 


^# 


10 


b 


g 


2> 


5 


h 


gis 


5» 


11 


f 


d 


\> 


6 


fis 
oder ges 


dis 
oder es 


'1 
6> 











Die 12. (cisdur und as-moll) ist übergangen worden, da sie durch 
Erhöhung resp. Vertief uug aller 7 Töne aus c und a entsteht. 

Die erste Note, welche erhöht wird, ist f; die andern sieben 
Töne folgen in aufsteigenden Quinten, nämlich: f-c-g-d-a-e-h. 

1. 2. 8. 4. 5. 6. 7. 



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§. 16. Transposition. 



63 



est in festis semidupL, welche in siebenfacher Transposi- 
tion abgedruckt wird, ohne dass sich die Stellung der 
Noten verändert. 

1) Natürliche Lage: 
abaga d fgaba gfed d cd 



^ ^^^ , i-b^-mii 



De 



grä - ti - as. 



2) Einen Ton tiefer: 
gasgfg c esfgasg fesdc c bc 



b '^11 j b#^ 



P 



De 



grä - ti - as. 



3) Eine kleine Terz tiefer:') 

68efls h dcflsgfls edcish h afa 



rV'^1 j'^ ^^^1 



De 
4) Einen Ton höher: 



grä - ti - as. 



hchah e gahch agfise e de 



feil \W>^ , I 'b^ ^s^TT-^ 

De - srä - ti - as. 



Die erste Note, welche vertieft wird, ist h; die andern folgen in 
aufsteigenden Quarten, nämlich: h-e-a-d-g-c-f. 

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 

Da jeder Choralgesang ohne Vorzeichnung nach dem Sprach- 
gebrauch der modernen Musik in C-dur oder A-moU steht, so 
ist es zur Erleichterung der Transposition wohl zulässig, bei Er- 
höhung um einen ganzen Ton D-dur (2 Ä) , bei Vertiefung um eine 
kleine Terz A-dur (S^) sich vorzustellen, obwohl in der Wirklich- 
keit keine Gleichheit in der modernen Dur- oder Moll-Tonleiter zu 
finden ist, da die Abteilung in Quinten und Quarten, die Dominanten 
und Schlusstöne u. s. w. meist ganz verschieden ist. 

*) Bei Erniedrigung zur grossen Terz sind die drei jjl in vier |? zu 
verwandeln: f, ges, f, es, f, b, des, es, f, ges, f, es, des, c, b, b, as, b. 
Wenn ein p in der Melodie vorgezeichnet ist, so verwandelt es sich 
bei den Tonarten, welche JJ nötig haben, in Jj, das Jj aber in fl. 



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64 



§. 17. Über die Diesis im gregor. Choral. 



5) Eine kleine Terz höher (bei grosser Terz 4 #)• 
cdescbc f asbcdesc basgf f esf 



^^^^^^ 



De 



gra - ti - as. 



6) Eine Quarte höher: 

desdcd g bcdesd cbag g fg 



•oder 



^ 



r^a^-jfl 1^ f% 



De 



grä - ti - as. 



7) Eine Qainte höher: 



efede 



cdefe dcha a gn 



dLJ^^^l ^ i ^'W^^''~rs^ 



De - 



grä - ti - as. 



Durch die geläufige Kenntnis der auf den vier Linien möglichen 
C- und F-, sowie des G-Schlüssels auf der zweiten oder 1. Linie (s. 
die 6. Transposition) kann jeder Tonsatz beliebig transponiert wer- 
den, ohne eine einzige Note zu verändern. Jede Tonlage 
wird durch den passenden Schlüssel und die Anwendung der not- 
wendigen Vorzeichen hergestellt und ausgeführt, und mit der Note 
wird immer auch die Vorstellung des durch sie bezeichneten 
Tones dem Geiste, Ohre und der Stimme gegenwärtig sein. 

§. 17. Über die Diesis im gregor. Choral. 

Das Wort Diesis hätte im Laufe der Zeit verschiedene 
Bedeutungen. 

Die griechischen Schriftsteller nannten den kleinen natürlichen 
Halbton Limma, den grossen chromatischen apotome; ebenso die 
mittelalterlichen Theoretiker (einer der letzten, Joh. Tinctoris zwi- 
schen 1464 und 1511). Den Eest zwischen apotome und limma 
nannte man comma oder diesis. Vom 16. Jahrhunderte an bezeich- 



^) Den Sängern kann man diese Transpositionen ersparen, wenn sie 
schon beim Elementarunterricht gewöhnt werden, die Intervall- 
Bch ritte in jeder beliebigen Tonhöhe sicher zu intonieren und nur 
die Begriffe des Halb- und Ganztones, der Terzen, der Quarte und 
Quinte, ohne Rücksicht auf die höhere oder tiefere Lage dieser 
Intervalle, festzuhalten. Dem Dirigenten und besonders den Orga- 
nisten ist jedoch Übung in dieser Transposition nicht zu erlassen, 
besonders wenn letztere aus den Choralbüchern mit Sicherheit be- 
gleiten wollen. 



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§. 17. Über die Diesis im gregor. Choral. 65 

nete man jede. Erhöhung durch jf und t[ (letzteres wurde bis ins 
17. Jahrhundert noch als || geschrieben) als Diesis. Manchmal 
schrieb man dieselbe ausdrucklich, meistens aber wurde sie von 
den Sängern nach bestimmten Eegeln, vorzugsweise bei Kadenzen 
und beim Abschlüsse zweier Stimmen zur Herstellung der grossen 
Sexte oder kleinen Terz ausgeführt. Wenn auch diese Zeichen 
nicht ausdrücklich niedergeschrieben wurden, so waren die Sänger 
im 15. und 16. Jahrhundert gewöhnt, an solchen Stellen „den Ton 
zu schärfen" (vocem acuere). 

Da der gregorianische Choral als solcher immer unisono 
ausgeführt wurde, so haben die Gesetze für Kadenzbijdung 
im zweistimmigen Kontrapunkt auf ihn keinerlei -Bezug, und 
es gilt als einzige Hauptregel: Ausser b vor h zur Vermei- 
dung des Tritons darf kein Zeichen der Vertiefung oder Er- 
höhung im Choralgesang vorkommen. 

Zur kurzen Begründung dieser Regel . genügen nachfolgende 
Punkte. 

1) Die Vertreter der Diesen im gregor. Choral beriefen sich 
auf einige Stellen in Gerberts Scriptores. Abgesehen jedoch von 
der Unklarheit und Mehrdeutigkeit dieser Stellen, enthalten Gerbert 
und Coussemaker (in der Fortsetzung der Gerbertschen Sammlung 
von Theoretikern des Mittelalters) z. B. Tom. 11. 293 für das Gegen- 
teil Zeugnisse, welche keinen Zweifel über die Richtigkeit obiger 
These zulassen. Man sehe die Bemerkungen von Regino von 
Prüm (910), Gerb. I. 232, Oddo von Cluny (943), Hucbald 
(t 990) u. a. Elias Salomon schreibt noch um 1274; „In G non 
dicitur fa, sed recompensatur re'V) d. h. man kann kein Hexachord 



*) Wohl ist auch Ambros (Gesch. der Mus. 2. B., S. 185) der Ansicht, 
dass später, als der Choralgesang mit der Figuralmusik sich ver- 
mischte und letztere die Oberhand gewann, in der Praxis auch bei C 
(I. und n. Ton) und P (VII. und VIH. Ton) und sonst noch öfter jf 
gebraucht wurde; über diesen Umstand herrscht ja Übereinstimmung 
bei allen, welche die Geschichte des Chorals kennen. A. a. 0. S. 155 
schreibt er: „Solange man den gregorianischen Gesang, den „pur 
lautem Choral^, im Einklänge ausSihrte, ging es sehr wohl an, 
keine andern als die jedem Kirchentone nach strengster Diatonik 
zugewiesenen Töne anzuwenden; sobald man aber mehrstimmig zu 
singen anfing, musste sich das Missliche eines starr diatonischen 
Gesanges fiihlbar machen und es mussten die fingierten Töne aus- 
helfen." S. 61 1. c. bemerkt er treffend: „Die harmonischen Rela- 
tionen der Tonalität in neuerem Sinne beherrschen unsere melodische 
Erfindung durchaus; die Gregors war davon unabhängig. 
Die neuere Melodie weist überall auf die gleichzeitig gedachten 
Grundharmonien; die gregorianische, gleich ursprünglich von laten- 
ter Harmonik unabhängig, ist in ihrer Tonalität nur aus ihr selbst, 
also aus ihrer bewegten Fortschreitung zu erklären ..." 

Haberl, Magister Choral is, 12. Aufl. 5 



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66 S- 17. Über die Diesis im gregor. Choral, 

auf D bilden, weil es heissen würde D E Fis G, sondern man muss, 

ut re mi fa 

wenn unter G noch ein Ton vorkommt, sagen F G a b. Als ge- 

ut re mi fa 

wichtigster und unumstösslicher Beweis für die absolute Diatonik 
hat also die guidonische Hand und die Theorie der Solmisation, 
welche in §. 5 entwickelt wurde und nur bei a— b, h— c und e — f 
ein mi—fa kennt, zu gelten. 

2) Wenn man sich für fis oder eis in gregorianischen Melodien 
auf die alten Meister beruft, welche in der polyphonen Bearbeitung 
von Choralmelodien manchmal den zufälligen Halbton gebrauchen, 
so übersieht man, dass es ihnen dann nie um die ganze Melodie 
(also um die treue Wiedergabe des canttis firmtis) zu thun war, 
sondern dass sie nur Motive desselben benützten. Manchmal aber 
brachten sie die nämlichen Melodien, wenn eine andere Stimme 
sie zum zweiten- oder drittenmal aufnahm, im ganzen Tone.*) 
Gerade die Kompositionen der alten Meister bieten unwiderlegliche 
Beweise, dass man auch zu ihren Zeiten den streng diatonischen 
Choral geübt. Wenn sie eine ganze Choralmelodie als cantus fir- 
mus dem Tenor oder einer andern Stimme übergeben und unter- 
legen, muss das ganze harmonische und kontrapunktische Gewebe 
sich dem Choral unterordnen und fügen.*) 

3) „Alle neueren Vertreter der Diesis^) betrachten diese ledig- 
lich vom rein musikalischen Standpunkte aus . . . Alle gegen die 
Diatonik erhobenen Einwendungen werden schwinden, wenn man 
sie (die Diatonik) in Verbindung setzt mit dem angemessenen 
Khythmus und Vortrag . . ."*) Wenn auch manche Stellen hart, 
ja schroff zu klingen scheinen, so tragen meistens nur der schlechte 
Vortrag, der mangelhafte Khythmus oder besonders eine schlechte 
Orgelbegleitung die Schuld. 

Anm. Ludwig Schneider (t 1864) schrieb die schönen Worte:'') 
„Eines muss ich Ihnen dringend ans Herz legen: die Diesis für 
immer und ewig aus dem gregorianischen Gesänge zu verbannen, 
und das Kreuz so zu fliehen, wie es der Teufel flieht. Alles, was 
zu ihrer Rechtfertigung gesagt wird, ist eitel, Täuschung und So- 
phisma . . . Zwischen der Musik ausser der Kirche und dem litur- 



^) Man vergleiche auch noch die Orgelkompositionen von Girol. Fresco- 

baldi (1644) über gregorianische Motive (Nr. 2, 6, 9, 11 u. s. w.) in 

CoUectio musices organicce. 
^) Diese Behauptung könnte mit unzähligen Beispielen belegt werden ; 

siehe die Hymnen Palestrinas, den Cfwralis Comtantintis des Heinr. 

Isaac, die Introiten etc. von Cost. Porta, Matteo Asola u. s. w. 

Vergleiche auch Witt, Mus. sacra, 1868, S. 33 u. flgde. 
^) Diese sind aber (nebenbei bemerkt) unter sich höchst uneinig und 

widersprechen sich sehr gerne bei ihren Versuchen, bestimmte 

Regeln für die Diesis aufzustellen. 
*) „Choral und Liturgie". 
*) In einem Briefe an H. Oberhoffer, Cascüiay 1864, Nr. 8. 



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§. 18. Die liturgischen Bücher. 67 

gischen Gesang besteht und muss bestehen eine unübersteigliche 
Scheidewand, wie zwischen Himmel und Erde, wie zwischen einem 
weltlichen , wenn auch sehr frugalen Gastmahle und dem heiligen 
Abendmahle. Ich bitte Sie . . . sich nicht zu ärgern an dem 
einfachen, ernsten, streng diatonischen, echt armen 
Christusgewande des liturgischen Gesanges." 

b) Praktischer Teil. 

§. 18. Die liturgischen Bücher. 

Die liturgischen Choralbücher ^) enthalten den Gesang 
für alle Verrichtungen, welche in der katholischen Liturgie 
stattfinden können. Seit Jahrhunderten mangelte eine ein- 
heitliche und vollständige Ausgabe dieser Bücher, bis die 
Kongregation für die hl. Eiten in den letzten fünfundzwanzig 
Jahren eine* Neuausgabe derselben veranlasste, welche unter 
der Bezeichnung editio typica^) die Choralgesänge für die 
gesamte römisch-katholische Liturgie in authentischer Lese- 
art umfasst Diese oflSziellen Choralbücher sind: 

1. Das Missale Romanum, Messbuch. Es enthält die 
beim heiligen Opfer vorgeschriebenen Lesungen und Gebete 
mit den notwendigen Intonationen des Priesters und dem 
Präfationsgesange. Diese Gesänge sind seit dem Dekrete 
vom 26. April 1883, bezw. 7. Juli 1894 für die ganze Kirche 
auch in der Schreibweise der Notierung obligat geworden. 

Pius V. gab 1570 das auf Befehl des Konzils von Trient ver- 
besserte Missale heraus. Der Titel desselben lautet: Missale Eo- 
manum | ex Decreto Sacrosancti Concilii | Tridentini restitutum , 
Pii V. Pont. Max. | jussu editum. | Komse. Apud haeredes Bartho- 
lomsei | Faletti, Joannem Variscum, et Socios. | 

Das letzte Blatt enthält nach Wiederholung der Druckernamen 
die Jahrzahl MDLXX. 

unter Clemens VIII. 1604 erschien eine neurevidierte Edition 
Bomce ex typographia Vaticana, die dritte und letzte unter ürban 



*) Die eingehendste und beste Bibliographie der liturgischen Bücher 
von der ältesten bis auf die neueste Zeit siehe in Thalhofer-Ebner, 
Handbuch, I. B. 

*) Die S. R. C. bezeichnet mit diesem Ausdrucke die auf ihren Befehl 
und durch ihre Sorge hergestellten Ausgaben, welche als „Vorbild" 
für alle zukünftigen Editionen und bei Anfragen, sowie in zweifel- 
haften Fällen als „Originale" dienen. 

5* 



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68 §• 18. Die liturgischen Bücher. 

Vin. Bomce ex typographia Camerce Apostolicce 1634, Den jetzigen 
Ausgaben des Missale Rom, liegen daher die Reformen von Pius V., 
Clemens VIII. und ürban VIII. zu Grunde. Die neueste Ausgabe 
des MisscUe, welche 1898*) unter Leo XIII. zustande kam, enthält 
Abänderungen in bezug auf die Rubriken, die missoe votivce per 
annum und festa pro aliqu, locis, sowie die sorgfältig korrigierten 
Choralgesänge. Für die Intonationen und Gesänge des MisscUe ist 
der Willkür und dem Belieben der Redakteure und Typographen 
bereits durch die Dekrete von 1883 und 1894 die nötige Schranke 
gesetzt worden. 

2. Das GraduaJe Romanum enthält vorzugsweise den 
concentus des Chores, d. h. die Introiten, Gradualien, AUeluja, 
Trakten, Sequenzen, Offertorien und Communionen des gan- 
zen Kirchenjahres. Am Ende sind unter der Überschrift 
Ordinarium Missce die stehenden Choralgesänge zur heiligen 
Messe nach den verschiedenen Graden der Feste angeführt. 

Die Ausgabe in zwei Bänden (Imperialfolio) enthielt ur- 
sprünglich nur Proprium de Tempore, sowie Proprium und 
Commune Sandorum, ist aber nun durch die Officia votiva 
und pro aliquilus lods, sowie durch die Beigabe der neuesten 
Feste ergänzt. 

Eine einbändige Folioausgabe in Schwarzdruck umfasst 
alle nach Anordnung des Missale notwendigen Gesänge, ähn- 
lich den beiden Handausgaben (Schwarz- und Eotdruck oder 
nur Schwarzdruck in 8^). 

Der Name Graduale bezeichnet den Gesfing zwischen Epistel 
und Evangelium und stammt von dem Orte, den der Vorsänger 
einnahm ; er stand auf einer Erhöhung (gradus) vor dem Altar, auf 
dem sogen. Anibo, Da dieser Gesang bis Ende des *6. Jahrhunderts 
von einem Diakon im Einzelvortrag (solo) ausgeführt wurde und 
während desselben der Celebrant und die Assistenten keine litur- 
gische Handlung vornahmen, sondern nur zuhörten, so muss der 
Gesang ad gradus als der hervorragendste bezeichnet werden. Alle 
übrigen Gesänge wurden von der Sängerschule in piano vorge- 
tragen.2) Dieser Umstand erklärt die Thatsache, dass man den 
Namen der hervorragenden Gesänge auch auf das Buch übertrug, 



^) Additiones et variationes in rubricis generalibus et specialibus Bre- 
viarii et Missalis Romani inducendae ex Decreto diei 11. Dec. 1897. 
Regensburg, Pustet. 

?) S. Duchesne, a. a. 0., S. 161. 



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'§. 18. Die liturgischen Bücher. 69 

welches später nicht nur die Gradualien, sondern auch den übrigen 
Chorgesang enthielt. 

Das Ordinarium DiissaB (die stehenden Gesänge der Messe) 
ist in verschiedenen Formatgrössen auch einzeln erschienen; als 
Kyriale auch mit deutscher Übersetzung. 

Für Pfarrkirchen wurde ein handlicher Auszug vom GraducUe 
in 8^ unter dem Titel Epitome ex Grad. Rom. veröffentlicht, in 
welchem nur die Messformulare der Sonn- und Festtage und jener 
Feste aufgenommen sind, welche auf einen Sonntag fallen können. 

Gleichen Inhalt, aber vermehrt durch Beigabe sämtlicher 
Orationen, Episteln und Evangelien und durch einen Anhang aus 
Bituale Rom. und das Proprium für den römischen Klerus, weist 
das Compendimn Oradualis et Missalis Romani auf.^) 

Das Enchiridion Gradualis Romani stimmt inhaltlich mit 
dem Epitome ex Grad. Rom. überein; sämtliche Choralgesänge je- 
doch sind auf fünf Linien mit Violinschlüssel umgeschrieben und 
in der Tonhöhe abgedruckt, in welcher sie (mit oder ohne Orgel- 
begleitung) am bequemsten zu singen sind. Die Gradualtexte zwi- 
schen Epistel und Evangelien wurden öfters nur mit einer Recita- 
tionsnote versehen. Das »»Römische Oradualbuch'' hat die nämliche 
Einrichtung, jedoch sind sämtliche Texte und Rubriken in deutscher 
Sprache abgesetzt, erstere als Interlinearübersetzung. 

3. Pontificale Romanum heisst jenes Buch, welches 
die allein dem Bischöfe zustehenden gottesdienstlichen Ver- 
richtungen enthält; die typische Ausgabe desselben ist im 
Jahre 1888 fertiggestellt worden. 

Die Gesänge des Pontificale Bomamim wurden infolge des De- 
kretes vom 26. April 1883 genau korrigiert, und sämtliche Anti- 
phonen, Responsorien u. s. w. des Pontif, Rom., welche sich auch 
in dem schon früher approbierten Qraäuale und Äntiph. Rom. be- 
finden, sind mit diesen in Einklang gebracht worden. 

Als Einzel au szüge desselben erschienen zur Bequemlichkeit 
der Sänger die Abschnitte von der Firmung, von den niederen 
Weihen, dem Subdiakonat, Diakonat und der Priesterweihe und 
von der Altar- und Kirchenkonsekration. In denselben (siehe auch 
Gantorinus Romanus) befinden sich die Gesänge während dieser 
bischöflichen Funktionen. 



^) Mit dem Titel: „Kleines Gradual- und Messbuch. Ein Gebet- und 
Betrachtungsbuch für Kirchensänger und gebildete Laien aus dem 
Töm. kathoi. Missale" edierte der Verfasser dieses Lehrbuches eine 
deutsche Bearbeitung und Übersetzung aller Gesänge, welche vom 
Ohore vorzutragen sind, unter Beifügung des latein. Textes, damit 
schon bei Proben das Lesen, Sprechen, Recitieren, Deklamieren und 
Verstehen der liturgischen Texte gut geübt werden möge. 



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70 §. 18. Die liturgischen Bücher. 

4, Im Rituale Romanum (vor dem 17. Jahrhundert 
Sacerdotäle Romamim genannt) stehen die dem Priester bei 
Spendung der heiligen Sakramente, bei Begräbnissen, Seg- 
nungen u. s. w. vorgeschriebenen Gebete und Gesänge. 

Paul V. gab es im Jahre 1614 heraus, Benedikt XIV. vermehrte 
es im Jahre 1752. In Deutschland hat beinahe jede Diöcese ihr 
eigenes Rituale, meistens jedoch liegt ihnen das römische Rituale 
zu Grunde; wenigstens sollte es dem römischen konform sein.^) Die 
neueste offizielle und typische Ausgabe mit eigener Einteilung in 
Titel, Kapitel und Abteilungsnummern erschien mit Approbation 
der S. R. C. 1884. 

Ein Auszug vom Bit. Rom, ist das Processionale Romanum, 
dessen neue von der S. R. C. approbierte Ausgabe die Gesänge bei 
den kirchlichen Prozessionen, sowie die approbierten Litaneien, die 
Gebete und Gesänge beim feierlichen Empfange des Diöcesan- 
bischofes u. s. w. enthält. 

Ein weiterer Auszug ist das Officium Defunctorum oder Ex- 
sequiale Romanum (auch Ordo exsequiarum). Dasselbe ist in 
verschiedenen Ausgaben erschienen, welche teils mit den Gesängen 
beim Begräbnisse von Erwachsenen und Kindern aus dem Rituale, 
sowie Vesper, Matutin und Landes aus dem Äntiphonar. Rom, ver- 
sehen sind, teils nur das eigentliche Officium Defunct, enthalten. 

5. Das Geßremoniale Episcoporum, auf Befehl der 
Päpste Clemens VÜL, Innocenz X. und Benedikt XIII. heraus- 
gegeben, unter Benedikt XIV. und Leo XIIL (1886) neu 
revidiert und als editio typica bezeichnet, ist eines der wich- 
tigsten liturgischen Gesetzbücher und dient den rubrizistischen 
Teilen des römischen Missale, Pontificale und Breviers gleich- 
sam zur Ergänzung. Die Vorschriften desselben beanspruchen 
ganz und voll die allgemein verbindende Kraft wie die Eu- 
briken der oben erwähnten liturgischen Bücher. 

Obgleich das Buch dem Titel nach nur die Zeremonienordnung 
bei bischöflichen Funktionen zu behandeln scheint , so verpflichten 
dessen Vorschriften dennoch für alle katholischen Kirchen, 
Klöster und Orden ebenso wie für Kathedral- und Kollegiatkirchen. 



^) Die neueste Entscheidung der Ritenkongregation betreffs des röm. 
Rituale lautet: Dub. X, Rituale Romanum licetne ubique adhibere 
et in quibuscumque functionibus, etiamsi proprium Rituale dioecesa- 
num in nonnullis tantum a Romano discrepans, habeatur? Ei S, B. C. 
rescrihmdum cemuit: „Ad X. Affirmative." Die SO. Auguati 1892 
in Strigonien ad IS. 



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§. 18. Die liturgischen Bücher. 71 

Für unsere Zwecke ist das Buch um so wichtiger, da es an vielen 
Stellen Vorschriften fiir den liturg. Gesang gibt und im 27. und 
28. Kapitel des ersten Buches ausschliesslich von Gesang, Musik 
und Orgelspiel handelt.^) 

Unter dem Titel Cantorinus Romanns ist die Zusammen- 
stellung der sämtlichen als allgemein verpflichtend anzusehen- 
den gregorianischen Intonationen und Melodien aus den typischen 
Ausgaben des Missale y Pontiftcale, Rituale Born, und Cceremoniale 
Episc. veröffentlicht worden. Dieses Buch bildet gleichsam den 
Kanon des liturgischen Gesanges und dient zur Einübung und 
allgemeinen Verbreitung desselben im Sinne des heil. Stuhles und 
der S. B. 0. 

6. Das Antiphonarium Bomanum umfasst die Anti- 
phonen zu Matutin, Landes und Vesper, die Invitatorien und 
Responsorien zur Matutin, die Psalmtöne etc.^) 

Der II. Band der offiziellen Ausgabe des Äntiph, Bomanum in 
Folio, welcher als der am meisten benötigte zuerst (1879) herge- 
stellt wurde, enthält (in Eot- und Schwarzdruck) die Antiphonen, 
Psalmen, Hymnen und Versikel der sogen. Horce diumce und ist 
eine Vereinigung der in den alten Ausgaben höchst unbequem ge- 
trennten Folianten: ,,Psalterium^) und Antiphonarium Bomunum^. 
Ein im Jahre 1893 hergestellter Anhang bringt die festa nova und 
novissima, sowie die zahlreichen festa pro aliqu. locis. Der erste 
Teil des I. Bandes enthält die Invitatorien; Hymnen, Antiphonen, 
Psalmen, Versikel und Responsorien sämtlicher Matutinen des Pro- 
prium de Tempore; der zweite Teil des I. Bandes das Proprium 
und Commune Sanctorum, 

Als Auszug des Äntiph. Rom. sind in mehreren prakti- 
schen Handausgaben publiziert: a) Vesper als Bomanum, 



^) Siehe Kirchenmusik. Jahrbuch 1887, S. 88 flgde. und Joachim Solans 
de vi ohligandi Itbri Cseremoniale Episcoporum. 

2) Den offiziellen Ausgaben ist durch Beschluss der päpstlichen Kom- 
mission das Äntiph. Born, von Petr. Liechtenstein, Venet. 1585, 
und für die Responsorien nach den Lektionen der Matutin das Äntiph. 
Born., AntwerpiaB ap. Joachim Trognsesiuni, 1611, sowie das 
Directorium chori und Officium hebdom. mndcB Guidettis zu Grunde 
gelegt. 

*) Im Psalteritim Bomanum chorak standen die Psalmen zum Officium 
de Tempore während der Woche, sowie die Hymnen des ganzen Kir- 
chenjahres nebst dem Officium Defunctorum. Aus dem Psalterium 
wurden die Hymnen abgesondert und in eigenen, oft prachtvollen 
Folianten herausgegeben. Als drittes Buch war das Besponsoriale 
üblich. 



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72 §. lö. Die liturgischen Bücher. 

b) Epitome ex Vesperali Bomano, ähnlich dem Epitome des 
Oraduale Bomanum, c) Officium Nativitatis, d) Offidufn 
hebdom, sanctm, e) Officium Defunctorum (s. oben unter 4). 
Ans dem Charwochen- Officium sind im Klein-Folio die vier 
Passionen nebst den neun Lamentationen und dem Exsültet 
des Charsamstags nach dem Muster des von Joh. Guidetti 
1586 zu Rom publizierten „Cantus Ecclesiasticiis Passionis 
D, N. J. C. secundum Matthceum, Marcum, Lucam et Joan- 
nem^ in drei Fascikeln gedruckt worden.^) 

Eine Folioausgabe in Schwarzdruck, mit dem Titel An- 
tiphonariiim Rom. compendiose redactum, enthält ausser den 
Matutinen von Weihnachten, der drei Charwochentage, des 
Oster-, Pfingst- und Fronleichnamsfestes und des Offic. Def, 
sämtliche Vespern des ganzen Kirchenjahres, sowie die Landes 
und Hören aller Feste, welche als duplicia major a oder //. 
et L class. gefeiert werden, sowie auch die Officia votiva 
und die festa pro aliquihus locis. 

Als Vereinigung der vorzüglichsten Gebete und Gesänge des 
Breviers und Antiphonariums ist nach den tj^pischen Ausgaben 
redigiert worden: Compendium Antiphonarii et Breviarii Bomani, 
ein Buch, in welchem nach Ordnung des Breviers die Landes, 
Vespern und kleinen Hören nebst Kapitel, Versikel und Orationen 
sämtlicher Feste und aller Tage des Kirchenjahres, welche auf einen 
Sonntag fallen können, sowie die Matutinen der drei letzten Char- 
wochentage (triduum sacrum), des Oster-, Pfingst- und Fronleich- 
namsfestes Aufnahme gefunden haben. 

Ähnlich dem Bömischen Gradualbuch ist auch ein Bömi- 
sches Vesperbuch in Vorbereitung, das dem Inhalte nach sich 
an den Epitome ex Vesp, Born, anschliesst, jedoch die Anti- 
phonen, Hymnen u. s. w. auf fünf Linien mit Violinschlüssel 
und in der auszuführenden Tonhöhe wiedergibt, sowie eine 
deutsche Interlinearübersetzung der Antiphonen nnd Rubriken 
bieten wird. 



^) Für Chorregenten, Sänger und gebildete Laien ist unter dem Titel: 
„Die Feier der hl. Char- und Osterwoche" eine Ausgabe mit deut- 
scher Übersetzung und den Gesängen im Violinschlüssel mit mo- 
dernen Noten erschienen. 



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§. 19. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 73 

7. Das Directoriom chori kann als Normalbuch für die 
Intonationen des Priesters, Hebdomadars und Kantors gelten; 
es bildet den Grundplan für das ganze Antiphonarium 
Born., in welchem alle Gesänge mit Ausnahme der Bespon- 
sorien nach den Lotionen, wenigstens in ihren Anfängen 
und Tonarten, verzeichnet sind. 

In Näherem enthält dieses Choralhandbuch die Angaben sämt- 
licher Antiphonen mit den treffenden Psalmtönen für das ganze 
Kircheiyahr, die Gesangsweisen des Venite eocsidtemtis, der Psalmen, 
Versikel, Lektionen, Resp. brevia, Te Deum, Orationen, Litaneien, 
Gloria, Ite Missa est, etc. Die offizielle Ausgabe des Directorium 
chori (1888) ist durch Abdruck aller Psalmentexte, Beigabe der 
ganzen Melodie für die Hymnen und Einreihung aller neuen Feste 
ein für jeden Kleriker wichtiges und belehrendes Buch geworden. 

§. 19. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 

I. Das Kirchenjahr besteht aus drei grossen Teilen, 
und alle Zeiten, Feste und Tage desselben sind nur eine 
nähere oder entferntere Vor- und Nachfeier der drei Central- 
feste von Weihnachten, Ostern und Pfingsten. 

Die nähere Vorfeier sind die Vigilien, die sich aber 
nur bei den ältesten Festen finden, nicht auch bei später 
eingeführten, wie Fronleichnamsfest, Fest des heiligen Jo- 
seph u. s. w.^) 

Die nähere Nachfeier ist die Oktave, welche mit 
dem achten Tage nach dem Hauptfeste abschliesst. 

Die entfernte Vor- und Nachfeier der drei Hauptfeste 
besteht in den Sonntagen (Dominicce) mit den dazwischen 
liegenden „Werktagen" (Ferim), Was die Oktavtage für 
ein Fest, sind die Ferien für den Sonntag; wird letzterer 
höher gefeiert, so auch die Ferie; man untei-scheidet- daher 
fericB majores (grössere) und minores (kleinere). Zu den 
ersteren gehören alle Ferien der Advent- und Fastenzeit, 
Mittwoch, Freitag und Samstag der vier Quatemberwochen 
und die zweite Ferie der Bittwoche. 



*) Als Ausnahme ist die Vigilia Immamlat(B Conceptionis B. M. F. zu 
bemerken, welche übrigens nur in der Messe gefeiert wird. 



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74 §• ^9. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 

Zwischen die drei Hauptfeste werden nun im Laufe des 
Kirchenjahres noch andere Feste des Herrn, ü. L. Frau, so- 
wie der Heiligen und Engel eingeschaltet. 

Das Kirchenjahr nimmt seinen Anfang mit dem 1. Ad- 
ventsonntag. In die Woche des 3. AdveHtsonntags fallen die 
sogenannten Quatembertage, nach dem 4. Adventsonntage 
folgt der Vorabend (Vigilia) von Weihnachten mit einer Eeihe 
von Festen, die mit Oktaven geziert sind. Oktav von Weih- 
nachten ist der 1. Januar (Fest der Beschneidung des Herrn 
Circumcisio). Am 6. Jan. wird die Erscheinung des Herrn 
(Epiphania Domini) gefeiert und dann folgt der Abschluss 
des ersten Festkreises durch die Sonntage nach Epiphanie 
(Dom. post Epiph.), deren Anzahl, je nachdem Ostern fallt, 
bald grösser, bald kleiner ist, sechs aber nie überschreitet. 

Die entferntere Vorfeier des Osterkreises beginnt mit 
dem Sonntage Septitagesima (70 Tage woi Ostern), umfasst 
Sexagesima und Quinquagesima und reicht bis zum Ascher- 
mittwoch (Feria IV. Cinerum), mit welchem die Kirche in 
die eigentliche 40-tägige Fastenzeit (Quadragesima) eintritt. 
Vor dem 2. Fastensonntage Mit die Quatemberwoche. Nach 
vier Sonntagen, zwischen welchen auch die Ferien feierlicher 
begangen werden, folgt die Passionszeit, mit der Dominica 
Passionis beginnend, und nach acht Tagen der Palmsonntag^ 
(Dominica Palmarum) mit der Charwoche (Hebdomas major)^ 
in der besonders Donnerstag (Feria F. in Coena Dni), Frei- 
tag (Feria VI. in Parasceve) und Samstag (Sabbatum San- 
ctum) ausgezeichnet sind. Ostern (Pascha) hat als Nach- 
feier eine Oktav, die mit dem weissen Sonntag (Dom. in 
Alhis) schliesst. Die fünf Sonntage nach Ostern bilden den 
Abschluss dieser Festreihe, obgleich die Osterzeit (tempus 
paschale) mit den diesbezüglichen Vorschriften erst mit dem 
Dreifaltigkeitssonntage endigt. 

Die drei ersten Tage nach dem fünften Ostersonntage 
heissen Bittage (Ferice Rogationum)\ auf sie folgt das Fest 
von Christi Himmelfahrt (Äscensio) mit Oktav, in welche 
auch ein Sonntag fällt. Diese zwölf Tage bilden mit der 



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g. 19. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 75 

Vigilie von Pfingsten die entfernte Vorfeier des P fing st- 
festes (Dom, Pentecostes)^ das auf den 50. Tag nach Ostern 
trifft und in seiner Oktave auch die drei Quatembertage ent- 
hält. Mit der None des Samstags vor dem Dreifaltigkeits- 
sonntag (Festum Ss. Trinitatis) endigt die österliche Zeit. 

Am Donnerstag nach der Oktav von Pfingsten fällt das 
Fronleichnamsfest (Festum Ss, Corporis (Jhristi) mit eigener 
Oktave, dann folgen die Sonntage nach Pfingsten bis zum 23.; 
im September trifft nach dem Feste von Kreuzerhöhung die 
vierte Quatemberwoche. Sind mehr als vierundzwanzig Sonn- 
tage, so werden nach dem dreiundzwanzigsten jene einge- 
schaltet, welche nach Epiphanie nicht mehr gefeiert werden 
konnten. Wenn z. B. achtundzwanzig Sonntage treffen, so 
beginnt die Einschaltung beim dritten Sonntage nach Epi- 
phanie, wenn siebenundzwanzig beim vierten u. s. w. Der 
letzte Sonntag nach Pfingsten beschliesst das Kirchenjahr; er 
ist als XXIV. et ultima im Brevier und Messbuch bezeichnet, 
auch wenn in Wirklichkeit achtundzwanzig oder siebenund- 
zwanzig Sonntage nach Pfingsten getroffen haben. 

Die Feste haben nicht alle gleiche Rangordnung und 
werden nicht mit gleicher Feierlichkeit begangen. Man 
unterscheidet: festum simplex (einfach), semiduplex (halbfeier- 
lich) und duplex (feierlich), und bei den letzteren wieder 
duplex I. dassis,^) duplex IL classis, duplex majiis und duplex 
minus (per annum). Letztere werden kurzweg mit dupl. 
(duplex) bezeichnet, während die übrigen genauer ausge- 
schieden sind. 

Als der kirchlichen Feste so viele wurden, dass sie vom 
Volke nicht mehr mit Enthaltung von knechtlichen Arbeiten 
und durch Beiwohnung bei dem Gottesdienste gefeiert werden 

^) Nach den neuesten Rubriken gehören in diese Klasse: das Weih- 
nachtsfest, Epiphanie, drei Tage vor und zwei Tage nach dem 
Osterfeste, sowie dieses selbst, Christi Himmelfahrt, Pfingsten mit 
den zwei folgenden Tagen, Fronleichnam, Herz- Jesu-Fest , Maria 
Verkündigung, Himmelfahrt und unbefleckte Empfängnis, Geburt 
des hl. Joh. Baptist, Fest des hl. Joseph, Fest der hl. Apostel Petrus 
und Paulus, Allerheiligenfest, Jahrtag der Kirch weihe, Patrons- oder 
Titelfest der Kirche. 



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76 §• 19. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 

konnten, wählte man die Bezeichnung in foro (öffentliche 
Feier) und in choro (liturgische Feier in der Kirche). 

Einzelne Diöcesen haben Feste, welche nicht in den 
römischen liturgischen Büchern stehen. Dieselben sind für 
die verschiedenen Bistümer im Diöcesanproprium (Proprium 
Dioßcesis) aufzusuchen. 

II. JiBde Diöcese hat ihren eigenen Kirchenkalender 
(Directoriiim oder Ordo recitandi Officium divinum Missam- 
que celehrandi, Ordnung fürs Breviergebet und die Feier der 
Messe), welcher jährlich am Ende des bürgerlichen Jahres 
an alle Kirchen versendet wird. Wenn der Chorgesang, 
wie er sollte, mit der Liturgie in inniger Verbindung stehen 
will, so ist dem Chorregenten einer jeden Kirche nicht bloss 
der Besitz eines solchen Kalenders unumgänglich notwendig, 
sondern auch die Kenntnis dessen, was derselbe vorschreibt, 
und wie diese Vorschriften auszuführen sind.^) 

Der Kirchenkalender beginnt wegen der Beweglich- 
keit des I. Adventsonntages, mit welchem bekanntlich das 
katholische Kirchenjahr seinen Anfang nimmt, nicht mit 
diesem, sondern mit dem 1. Januar. 

Die Ordnung der Feste richtet sich nach dem Tage, auf 
welchen Ostern fällt. Mit dem Osterfeste wechseln alljährlich 
der Sonntag Septuagesima und die darauffolgenden Sonntage, 
das Fest der Himmelfahrt Christi, Pfingsten, Fronleichnam 
und der I. Adventsonntag. Diese Feste heissen bewegliche 
(Festa mobilia)^ Mensis heisst Monat, dies = Tag, Feria IL 
ist Montag, Feria IIL Dienstag, Feria IV. Mittwoch, Feria V. 
Donnerstag, Feria VI Freitag, Sahhatum ist Samstag, 



^) Da von der theoretischen Kenntnis des Direktoriums bis zur Ge- 
wandtheit im Gebrauch desselben bei Messe oder Vesper die Übung 
allein die Brücke bildet, da ferner nähere Erläuterungen bei den 
einzelnen folgenden Paragraphen gegeben werden müssen, um den 
reichen Stoff zu verteilen, so werden hier nur die allgemeinen Ke- 
geln aufgeführt. Für das einzelne ist am Schlüsse dieses Lehr- 
buches ein alphabetisches Register der gewöhnlichen Ausdrücke 
des Direktoriums mit deutscher Übersetzung beigefügt, dessen Ge- 
brauch jedoch erst nach Kenntnis der folgenden Paragraphen von 
Nutzen sein wird. 



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§. 19. Kirchenjahr und Kirchenkalender. 77 

Am Bande findet sich die Farbe der heil. Gewänder (Parammta 
Sacra) angegeben, welche der Priester an den verschiedenen Tagen 
zu tragen hat, und zwar mit grossen oder kleinen Anfangsbuch- 
staben: A = aUms (weiss), r. = ruher (rot), v. = viridis (grün), 
vi. = violacem (blau), n. = niger (schwarz). Bei der Vesper (dem 
Nachmittagsgottesdienst) trifft oft eine andere Farbe, als bei der 
Messe am Vormittag gebraucht wurde; dieselbe ist meistens eigens 
verzeichnet. 

Nach Angabe des Wochentages folgt das Fest, welches 
gefeiert wird, dann der Rang desselben (ob dupl, semid, etc.), 
manchmal auch die Bezeichnung Officium Proprium (Off. 
propr,)^ wenn das Fest besondere Formulare hat, die nur 
ihm zukommen, oder wenn ein Fest nur in einer Diöcese 
(z. B. Regensburg) gefeiert wird, so ist bemerkt: ex P. Ä., 
d. h. ex Proprio Ratisbonensi. 

AI = alias („sonst" oder „anderswo") bedeutet, dass das be- 
treffende Fest nicht an dem Tage gefeiert wird, den der römische 
Kalender angibt, sondern verlegt (transferiert) wurde; steht d, f = 
dies fiocuSf so geschah die Translation regelmässig auf einen „be- 
stimmten Tag". Der Buchstabe f bedeutet fuit und ist meist mit 
dem Beisatze eines Monatstages versehen, z. B. f 28, Äug,, d. h. 
der ursprüngliche Tag dieses Festes war der 23. August. Wenn 
ein Fest ganz ausfallt, so wird omitt. = omittitur beigefugt oder de 
S, N, hoc anno nihil: das Fest des hl. N. fällt in diesem Jahre weg. 
Simplif = simplificatur zeigt an, dass der Bang eines fest. dupL 
oder semidupl auf simplex herabgesetzt wurde, und dass in diesem 
Falle das Fest des betreffenden Heiligen nur kommemoriert (er- 
wähnt) wird. 

Die Abkürzung B. r, = Breviaria recentiora besagt, dass nur 
die neueren Brevierausgaben das Fest enthalten, dass also beim 
Gebrauch älterer ein Supplement oder das Diöcesanproprium ge- 
nommen werden muss. Br. r., auch inter f. pro a, L == Breviaria 
recentiora, inter festa pro aliquihus locis weist auf den Anhang des 
Messbuches (Gr aduale) oder des Breviers (Vesperale ^ Directorium) 
hin, der die Mehrzahl der an einzelnen Orten üblichen Feste 
enthält. 

Ql = Gloria bedeutet, dass Gloria gesungen wird. Cr, = 
Credo, Gl, sine Cr, = Gloria, aber nicht Cr., Cr, sine Gl, = Credo, 
aber nicht Gloria, 

Noch sei bemerkt, dass jede Pfarrkirche kleinere Abänderungen 
des Diöcesan-Direktoriums machen muss, welche durch die Feier 
des Kirchweihfestes. (Dedicatio Ecclesice) und Kirchenpatrons (Pa- 
trocinium) veranlasst werden. 



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78 

§. 20. Einrichtung des römischen Missale 
(Graduale) und des Breviers. 

I. Das Missale Bomanum besteht aus sechs grösseren 
Abteilungen, ebenso das Oradiiale Romanum, nämlich: 

1) Proprium de Tempore, d. h. Messen für die Feste, 
Sonn- und Wochentage der Kirchenzeit (tempus) vom ersten 
Adventsonntag bis zum letzten Sonntag nach Pfingsten. Zwi- 
schen Charsamstag und Ostern ist 

2) der Ordo Missee mit Canon eingeschaltet.^) 

3) Das Proprium Missarum de Sanctis enthält die 
wechselnden Messformulare der Feste Mariens, der Heiligen, 
Engel etc. vom 29. November (Vigilie des heil. Apostels An- 
dreas) bis 26. November (Abt Silvester). Da die meisten 
Feste der Heiligen bis auf wenige Gebete bestimmte Formu- 
larien gemeinsam haben, so ist 

4) ein Teil des Messbuches mit Commune Sanctorum 
betitelt. Dasselbe zerfallt in folgende Unterabteilungen: 

1) In Vigüia unius ÄpostoU (Vigilie eines Apostelfestes); 2) Com- 
mune unius Martyris Pontificis (Feier eines Märtyrers, der Bisehof 
war) mit zwei verschiedenen Formularen ; 3) Commune unius Marl, 
non Pont, (Märtyrer, aber nicht Bischof) mit zwei Formularen; 
4) Commune Mart. tempore Paschali. De uno Martyre (Fest eines 
Märtyrers während der Osterzeit) ; 5) De plurihus Martyrihus temp. 
Pasch. (Fest mehrerer Märtyrer während der Osterzeit); 6) Comm. 
plurimorum Martyrum extra temp. Pasch. (Feier mehrerer Märtyrer 
ausser der Osterzeit mit drei Formularen; 7) Commune Confessoris 
Pontificis (Bekenner und Bischof) mit zwei Messen; 8) Commune 
Docto'iiim (Kirchenlehrer) ; 9) Commune Conf. non Pont. (Bekenner, 
der nicht Bischof war) mit zwei Messen; 10) Missa pro Äbhatibus 
(heil. Äbte); 11) Commune Yirginum. Pro Virgine et Mart. (Jung- 
frau und Martyrin) mit drei Messen; 12) P?^ Virgine tantum (die 
bloss Jungfrau, nicht Martyrin war) zwei Formulare; 13) Commune 
non Yirginum. Pro una Martyre non Virgine (bloss Martyrin, nicht 
Jungfrau) ; 14) Pro nee Virg. nee Mart. (weder Jungfrau noch Mar- 
tyrin, also z. B. eine heilige Witwe); 15) In anniversario Dedica- 
tionis Ecclesice (Kirchweihfest). 



*) Ordo Missce bedeutet die nicht wechselnden Gebete bei jeder Messe. 
Im Grad. Rom. sind die feststehenden Gesänge des Kyrie, Gloria, 
Sanctns, Benedictus und Agnus Dei, sowie des Credo am Ende unter 
der Überschrift Ordinaritim Missce (gewöhnliche Messgesange) auf- 
geführt. 



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§. 20. Einrichtung des röm. Missale (Grad.) und Breviers. 79 

5) In der Abteilung der Votivmessen^) (Miss» votivae) 
sind zuerst Formulare für jeden Tag der Woche angegeben; 
für Montag von der heil. Dreifaltigkeit, wenn nicht für Ver- 
storbene celebriert wird,^) für Dienstag von den heil. Engeln, 
für Mittwoch von den Apostelfürsten Petrus und Paulus, für 
Donnerstag vom Heil. Geiste oder vom heil. Altars-Sakrament, 
für Freitag vom heil. Kreuz oder vom Leiden des Herrn, 
für Samstag von der Mutter Gottes, letztere mit fünf For- 
mularen, je nach der Kirchenzeit. ^) Auf diese folgen drei- 
zehn Votivmessen für verschiedene Anliegen, z. B. Papstwahl, 
um Frieden, für Kranke, für Brautleute etc., die Orationes 
diversce, Missce pro Defunctis, der Ordo ad fadendam aquam 
benedictam und Benedictiones diversce. 

Daran schliessen sich die durch Dekret vom 5. Juli 1883 
für die ganze Kirche konzedierten Votivmessen für jeden 
Tag der Woche, und zwar für Montag von den hl. Engeln, 
für Dienstag von den heil. Aposteln, für Mittwoch vom heil. 
Joseph, für Donnerstag vom heil. Sakramente, für Freitag 
vom hl. Leiden des Herrn, für Samstag von der unbefleckten 
Empfängnis. Diese Votivmessen haben den Charakter der 
Feste semiduplicia, werden also nicht im Ferialtone gesungen. 
Gloria und Ite Missa est sind bei denselben wie in semid, 
zu singen, mit Ausnahme der Votivmessen für Donnerstag 
und Samstag, bei denen Gloria und Ite Missa est de Beata 
treffen. 

Da die Regeln, wann und welche Votivmessen gehalten 
werden können, hier unmöglich Platz finden, so ist aufs drin- 
gendste zu wünschen, dass der celebrierende Priester 
den Chorregenten oder die Sänger bei jedem ein- 
zelnen Falle sowohl auf das Messformular als auf 



/^) „Votiv heissen jene Messen, welche in einem besonderen Anliegen, 
sei es als Bitte oder Dank oder Lob , dargebracht werden." Ain- 
berger, Pastoraltheologie, 2. Bd., S. 241. 
*) Die Missa pro Defunctis steht im Messbuch am Ende aller Votiv- 
' messen, im Graduale am Ende des Ordinarium Missas, 
^) Vom Advent bis Weihnachten, von Weihnachten bis Lichtmess 
(Furificatio), von Lichtmess bis Ostern, von Ostern bis Pfingsten, 
von Pfingsten bis Advent. 



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80 §• 20. Einrichtung des röm. Missale (Grad.) und Breviers. 

den Rang der Feier (ob feierlich oder gewöhnlich) 
aufmerksam mache. 

6) In der Abteilung Festa pro aliquibus locis sind 
eine grosse Zahl von Festen aufgeführt, welche nicht all- 
gemein, sondern nur an einigen Orten gefeiert werden; sie 
beginnen mit dem 4. Dez. und reichen bis 29. November. 

Als Anhang wird den Missalen das Diöcesanpropriuna 
beigebunden; auch Länder, Orden, Provinzen u. s. w. können 
ihr Proprium haben. 

II. Das Brevier, ebenso das Directorium chori, das Aw- 
tiphonarium Bomanum oder der Auszug für die Vespern 
(Vesperale Born.) stimmt in der Einrichtung mit dem Missale 
überein. Vor dem Proprium de Tempore jedoch (gleichsam 
statt des Ordo und Canon im Messbuch) steht das Psalterinm 
Bomanum dispositum per hebdomadam (die Psalmen Davids 
auf die Wochentage verteilt).^) An Stelle der 5. Abteilung 
des Missale sind im Brevier das Officium B. M. V. (das ma- 
rianische Officium), das Officium Defunctorum (Vesper, Matu- 
tin und Laudes für die Verstorbenen), die Allerheiligen- 
litanei etc. aufgeführt.^) 

Jeder Tag hat das Matutinum (Mette), die Laudes, die 
Hören (Stundengebete); FHm, Terz, Sext, Non, Vesper und 
Completorium, Von den einzelnen Teilen dieser tägHchen 
Gebetsstunden wird in den Paragraphen 28 — 33 geredet 
werden. 

Am Schlüsse des Directorium chori, Vesperale und Änti- 
phonarium Bomanum sind mit eigener Paginierung (*) die 
stehenden Gesänge und Intonationen der Psalmen (Toni Psal- 
morum)^ Versikel etc. unter dem Titel Communia (was sämt- 
lichen Teilen des Breviers u. s. w. gemeinsam ist) zusammen- 
gestellt. 

*) Verfasser dieses Lehrbuches hat die sämtlichen Vesperpsalmen mit 
den betreffenden Psalmtönen unter dem Titel Psalterinm Vespertinum 
ediert. Dasselbe kann als beste Vorbereitung und Übung im Lesen 
der latein. Kirchensprache dienen. 

2) Das Offidwn parvum Beatce Marioe Virginia (die kleinen Tagzeiten 
Unserer Lieben Frau) ist in eigener Ausgabe mit Choralgesang und 
den Eubriken u. Gebeten für die wechselnden Festzeiten erschienen. 



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81 

Das heilige Messopfer. 
§. 21. Introitus. Kyrie. Gloria. 

I. Der Introitus^) ist ein Wechselgesang, bestehend 
aus einer Antiphon, einem Psalmvers und dem Gloria Patri,^) 
nach welchem die Antiphon bis zum Psalmvers wiederholt 
wird.^) 

Während der österlichen Zeit wird der Antiphon des Introitus 
ein doppeltes Alleluja beigesetzt, wenn es sich nicht bereits ange- 
geben findet, und zwar bei Introitus des I. Tones in gleichem Tone, 
bei denen des IL im II. etc. Von Septuagesima bis Ostern wird 
jedes Alleluja weggelassen. 

An Ferien und einfachen Festen (simplex) beginnt ein einziger 
Sänger den Introitus bis =|p=, an semiduplex und Sonntagen (wenn 
wirklich de Dom,) intonieren zwei, an duplex drei, an allen höheren 
Festen aber vier Sänger, wenn sie in hinreichender Zahl vorhanden 
sind. Der Chor fährt fort und sinß:t bis zum Psalmvers. Die erste 
Hälfte des Psalmverses und des Gloria Patri, sowie die Repetition 
des Introitus werden in der eben angegebenen Ordnung und Weise 
von einem bis vier Sängern intoniert, vorausgesetzt dass die nötige 
Zahl für diesen Wechsel vorhanden ist. 

II. Dem Introitus folgt unmittelbar das nach den Fest- 
zeiten verschiedene Kyrie (ter oder IIL = dreimal), Christe 



^) In ältester Zeit (s. Duchesne, 1. c, S. 155) wurde die Antiphon ad 
introitum beim Austritt des Celebranten aus der Sakristei begonnen 
und der ganze mit ihr verbundene Psalm während der stattfindenden 
Prozession gesungen.. Gegenwärtig ist nur mehr ein Psalm vers mit 
Gloria PatH übrig. 

Das Ccerem, Episc, Lib, IL Cap. VIIL g. 30 bemerkt: „Wenn der 
Bischof (bezw. Priester) an der untersten Stufe des Altares ange- 
laugt ist, muss das Orgelspiel aufhören, und der Chor beginnt den 
Introitus." 

^) Während der Passionszeit und Charwoche bleibt das Gloria 
PatH weg ; der Introitus wird also nach dem Psalmvers wiederholt. 
Die Töne für das Gloria Patri bei den Introiten stehen im An- 
hange des Graduäle Romanum und sind auch mit den Allelujatönen 
für die Osterzeit jedem Choralbuche als „fliegendes Blatt" beigegeben. 

^) Als liturgische Regel gilt: „Wenn infolge von Zwischen- 
spielen der Orgel Teile des liturgischen Officiums oder 
der Messe nicht gesungen werden, so sind sie zu reci- 
tieren; wenn die Orgel schweigt, muss alles gesungen 
(singend recitiert) werden." 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. ^ 

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82 §. 21. Introitus. Kyrie. Gloria. 

(dreimal), Kyrie (ter).^) Das Ccerem. Episc. gestattet, beim 
Kyrie die Orgel wechselweise zu spielen in der Zeit, in wel- 
cher die allgemeinen Vorschriften (vgl. §. 41) den Gebrauch 
der Orgel nicht verbieten. 

Anmerkung. Im Grad, Rom. resp. Ordin, Missce sind die regel- 
mässig wiederkehrenden Gesänge des Kyrie^ Gloria, Credo, Sanctus, 
Benedictus und Agnus Dei nach dem Range und Charakter der 
kirchlichen Zeiten und Feste in der Ordnung aufgeführt, in welcher 
die Ite Missa est und. Benedicamus Domino aufeinander folgen. 

Den Anfang macht die Messe, welche täglich vom Charsams- 
tag bis zum Samstag vor dem weissen Sonntag (incl.) trifft. 

Hierauf folgt die Choralmesse für die höchsten Festtage 
(festa solemnia). 

Für hohe Festtage (festa duplicia) dient die dritte Messe, nach 
Bedürfnis, abwechselnd mit der vierten. 

Die fünfte und sechste Messe wird ausschliesslich bei Mutter- 
gottesfesten gebraucht, dieselben mögen irgendwelchen Grad der 
Feierlichkeit (solemnia, duplicia, semiduplicia) haben. 

Wenn an den Sonntagen während des Jahres (ausgenommen 
sind die Sonntage der Advent- und Fastenzeit) die Messe vom Tage 
seihst (de Dominica) genommen wird, dann ist die siebente Messe 
zu singen. Trifft irgend ein anderes Fest eines Heiligen oder ein 
Fest höheren Ranges als semiduplex, dann richtet sich die Messe 
nach diesem Feste. 

Bei Heiligenfesten mit halbfeierlichem Ritus (semiduplex) ge- 
braucht man die achte Messe. 

An halbfeierUchen Tagen (setnidupL) innerhalb jener Oktaven, 
die nicht durch ein Muttergottesfest veranlasst sind, wie z. B. die 
Oktaven vom heiligen Dreikönigsfest, von Pfingsten u. a., trifft die 
neunte Messe, wenn nämlich die Messe vom Tage innerhalb der 
Oktav (de die infra Octavam) vorgeschrieben ist. 

Die zehnte Messe singt man an den einfachen Heiligenfesten 
(ritu simplici), bei der Votivmesse de Ängelis (ritu fer.), sowie in 
den Ferien der österlichen Zeit, vom weissen Sonntag angefangen. 

An den Werktagen des Kirchenjahres (in Feriis per annum) 
wird mit Ausnahme der Advent- und Fastenzeit die elfte Messe 
gebraucht. 

An den Sonntagen der Advent- und Fastenzeit (die Sonntage 
Septu>age^ma bis Quinquagesima nicht mit eingeschlossen) trifft die 
zwölfte Messe. 

^) Dieser neunmalige Ruf des Kyrie uad Christe ist noch der Überrest 
einer Litanei, welche nach ältestem Gebrauche (vgl. Samstag vor 
Ostern und vor Pfingsten) als Wechselgesang der Feier des heiligen 
Messopfers voranging. S. Duchesne, 1. c, S. 157. 



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§. 21. iDtroitus. Kyrie. Gloria. 83 

An den Werktagen in der Advent- und Fastenzeit (in Feriis 
Ädventus et Qimdrag,), vom Aschermittwocli angefangen, soll die 
dreizehnte Messe gesungen werden. 

Die Totenmesse (Missa pro Defunctis)^) ist vollständig vom In- 
troitus bis zum Responsorium Lihera me, Domine aufgenommen. 

Die Melodie des ersten Kyrie stimmt öfters mit der des 
Ite Missa est oder Benedicamus Domino zusammen, z. B. in 
festis dupl., de B. M. V, und ähnl. 

Während der Chor das letzte Kyrie eleison singt, begibt 
sich der Priester in die Mitte des Altars. Nach Beendigung 
des Kyrie eleison^) intoniert er den Lobgesang der Engel,^) 
je nach der Festrubrik.^) Der Chor fährt ohne Wiederholung 
der Worte Oloria in excelsis Deo mit Et in terra pax weiter 
und singt die Melodie ohne Abkürzung des Textes^) zu Ende. 

^) Das Ccerem. Episc, gestattet (1. Buch, Kap. 28, §. 13) den teil weisen 
Gebrauch der Orgel bei der Missa JDefunctorvm mit den Worten: 
„Süent Organa, cum süet canttts — die Orgel schweigt, wenn nicht 
gesungen wird". 

*) Casrem, Episc. Lib. II. Cap. VIII. §. 37. „Cum cantatur a Choro 
ultimum Kt/rie deison, surgnnt omnes ministri circumstantes Episco- 
pum ..."§. 38. Finito a Choro cantu Kyrie eleisofi, surgit Episco- 
pus . . . cantat alta voce Gloria in excelsis Deo . . . §. 39. Prosequi- 
tur illum submissa voce ... et sedent omnes, usquequo absolvatur 
cantus Hymni: quo finito, surgit Episcopus etc. 

') Der Text des Oloria stammt wie das Kyrie aus der griech. Kirche 
und wurde in Rom auf Anordnung des Papstes Telesphorus (um 150) 
nur bei der ersten Weihnachtsmesse gesungen. Unter Synmiachus 
(498—514) fand, aber nur bei der vom Papste gefeierten Messe, 
eine Ausdehnung auf die Feste des Herrn und der Märtyrer statt. 
Im 9. Jahrh. noch durften die Priester das Gloria nur am Oster- 
sonntage singen. Siehe Duchesne, Liber Pont. I. S. 268, Note 41 
und S. 130, Note 5. 

*) Viele sogen. Kanontafeln (TabeUa Secretarum) enthalten gewöhnlich 
nur die feierliche Gesangsweise des Gloria; damit soll aber nicht 
gesagt sein, dass keine andere Melodie nötig oder vorgeschrieben 
sei. Um dem Gedächtnis minder geübter Celebranten nachzuhelfen, 
wurde deshalb bei Pustet in Regensburg eine Beilage zu den übli- 
chen drei Kanontafeln gedruckt, auf welcher sich sämtliche Intona- 
tionen von Gloria und Credo, sowie der Gesang von Ite Missa est 
und Benedicamm Domino befinden. Diese Tafel kann beim „Hoch- 
amte" vor die mittlere Kanontafel gestellt werden. Das Blatt ist 
betitelt: Intonaiiones in Missa sdemni, ex editione typica Missalis 
Romani excerptce, 

^) Das Ccerem. Episc, gestattet im 1. Buche, 28. Kap., §. 9 beim Gloria 
die Orgel wechselweise zu spielen, wenn die nicht gesungenen Verse 
submissa voce recitiert werden. 

6* 

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84 



§. 22. Die Orationsgesangs weisen. 
Toni ..Gloria in ezcelsis Deo''. 



1) In Festis soUmnilm» et duplicibus. 
cdf f f e f g e 



gfe e 



1^ ^ w w I r^ h"T ^ w 



G16 - ri - a in ex-cel-sis De - o. 

2) In Missis B, Marm. Auch in marianischen Votivinesseij, 
zu Weihnachten und am Fronleichnamsfeste, sowie während der 
Oktaven dieser Feste und überhaupt, wenn die Prcefatio de B, M, V. 
oder de Nativitate zu singen ist.^ 

gagfg ^ g g ah c ag efg g 



^^^ 



=«=:«: 



u*^r* » \ 



G16 - ri - a in ex - cel - sis De - o. 

3) In Dominids, festis semiduplidbus, et infra Octavas, quce non 
sunt B, Marice Virg, 

dgfefg fe d e f e d 



jji /r^ n n 1 ^ 



Glö - ri - a in 

4) In Festis simplicibtis.^) 
ega 



ex-ca 



bI-sis De-0. 



1^ ^ " " I " " 1 - 1 w i; 



G16 - ri - a in ex-c61-sis De - o. 

§. 23. Die Orationsgesangsweisen. 

Nach Beendigung des Gloria (beziehungsweise nach dem 
neunten Kyrie) singt der Priester Dominus vobisctim^ der 
Bischof aber Fax vohis^^) worauf der Chor mit Et cum spi- 
ritu tuo antwortet. 



^) Nach der Entscheidung der S. R. C. vom 25. Mai 1877. 

*) Auch in der Missa votiva de Angdis bei Kinderbegräbnissen und in 
den Ferien der Osterzeit (wenn de eä) ist diese Intonation zu ge- 
brauchen. 

*) Der hl. Johannes Chrysostomus (f 407) schreibt in der 33. Homilie 
zum 9. Kapitel des Evangelisten Matthäus : Cum „Pax vobis" dico : 
„Et cum spiritu tuo" non voce solum, sed animo quoque respondete, 
— nicht mit der Stimme allein, sondern mit Sammlung und Andacht 
mtlssen die Eesponsorien vorgetragen werden. 



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§. 22. Die Orationsgesangsweisen. 85 

Dominus vobiscum oder Fax vohis sind immer und in 
folgender Weise auf einem Tone zu singen: 

^ ^ W W W W W ]| ' ^ M ~W W W W > ^ =g{f 



y. Do- mi- nus vo - bis-cum. I^. Et cum spi - ri - tu tu - o. 
y. Pax vo-bis. 

Darauf folgt das Hauptgebet des Tages , die erste Ora- 
tion der drei Kollekten,^) mit dem ^.. Amen. An dieselbe 
schliessen sich öfters noch eine oder mehrere Orationen an. 

Der grösseren Übersicht halber sind hier die Orationstöne für 
alle Fälle, nicht bloss für das gesungene Amt aufgeführt. Gegen- 
wärtiger Paragraph ist die deutsche Übersetzung der im offiziellen 
Diredorium chori und in der typischen Ausgabe des Cceretn. Episc. 
(1. Buch, 27. Kap.) enthaltenen Vorschriften über die Toni Orationum. 

Die Orationen können auf dreierlei Weise gesungen 
werden, im Tonus festivtis, simplex ferialis und ferialis. 

1. Tonus festivus vel solemnis. 

Die Orationen werden im feierlichen Tone gesungen: 
Bei Matutin, Landes, Messe und Vesper, wenn das 
Officium im ritus duplex (L, IL ch, maj,, min,), semiduplex 
oder vom Sonntag gefeiert wird, sowie auch bei feierlichen 
Votivmessen. Bei den kleinen Hören (Prim, Terz, Sext, Non, 
Komplet) ist an genannten Festen nicht der feierliche, son- 
dern der tonus simplex ferialis zu wählen. 

Im feierlichen Tone gibt es zwei Formeln. Die erste 
lautet F E D F und heisst punctum principale, die zweite 
F E und heisst semipunctum. Das punctum principale wird 
im ersten Teile des Gel^etes gesungen, an der Stelle, wo der 
Sinn der Worte einen Abschluss verlangt.^) Diese Melismen 
sind mit Nachdruck und gedehnter als das übrige vorzutragen. 



*) Colligere plebem war der gewöhnliche Ausdruck für eine liturgische 
Handlung in Gegenwart der Gläubigen. Die zweite Oration hat den 
Beisatz super ohlata und wird nach dem OfFertorium als Einleitung 
zur Präfation teilweise still gebetet (Secreta), die dritte (poat com- 
munionem) wird nach der Kommunion gesungen. 

*) Regelmässig ist diese Stelle durch : , öfters auch ; und manchmal 
nur durch Komma angezeigt. 



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86 §• 22. Die Orationsgesangsweisen. 

Die zweite Veränderung, das semipunctum F — E, fallt 
in den zweiten Teil der Oration, der gewöhnlich durch ; 
oder , angezeigt ist. Ist die Oration ziemlich kurz, so singt 
man nur das p, princip. Das semip, wird nie vor dem p. 
prindp. gesungen, sondern man verweilt so lange auf dem 
Hauptton ohne Veränderung, bis der erste Abschluss mit dem 
p. prindp. eintritt. Bei der Oration: Detts, qui nos conspids 
de S. Callisto, 14. Okt., z. B. fallt das pund. prindp. auf 
deficere, also bleibt das semipunctum weg. Ähnlich am 
22. November und öfter. 

Sind punct, und semipunet, schon einmal gesungen, so 
kommen sie in der Oration selbst nie mehr vor, wenn sich 
auch noch andere Absätze finden sollten, wohl aber in der 
Schlussformel. Diese Regel ist besonders bei den oft sehr 
ausgedehnten Orationen neuerer Feste zu beachten. 

Wenn mehrere Orationen unter einer conclusio zu sin- 
gen sind, so hat jede die Veränderung bei punct prindp. 
und semipunct 

Wird die Oration mit Per Dominum und Per eumdem 
Dominum geschlossen, so fällt das semipunctum zuerst und 
zwar auf tiium, das punct. prindp. auf sancti Dens. Bei 
Qwi tecum vivit oder Qui vivis bleibt das semipunctum ganz 
weg, und trifft nur das p. prindp. auf sancti Deus. 

Das Amen am Schlüsse jeder Oration wird nur über 
einem Tone gesungen. 

Beispiel des feierlichen Orationstones. 

^ ^ f\ n w m mz 



0-re-mus. Deus, qui hodi6mam diem Apostolörum. 

F E D F 



>1 " »^ w h 1^ H M 



tuorum Petri et Pauli mar-ty-ri - o con-se-crä-sti: 

F E 

1P ^ »^ 1 W [ ^ 



da Ecclesiae tuse eörum in omnibus sequi prse-c6-ptum; 

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§. 22. Die Orationsgesangsweisen. 



87 



M M M W I I W MW Hh-^ 



per quos religiönis sumpsit ex-ör-di-um. Per Dö-mi-num 

F E 



^ 



n n i^n \\ n ^ n^ 



nostrum Je- sum Christum Fi-li-um tu-nm:*)Qui te-cum 

F E D F 



vi-vit et regnat in u-ni-ti-te Spi-ri-tus sancti De-us, 



i l> i« H M M 



w w w >F 



^ 



per 6-mni-a S8e-cu-la sae-cu-lö-rum. ;^. A-men. 

2. Tonus Simplex ferialis. 

Die Oration wird bei dieser auch als Tonics ferialis 
Misses bezeichneten Gesangsweise ohne jede Veränderung 
auf einem einzigen Tone vorgetragen. Wo 'im tonus fest 
punct princ. und semiptmct. gesungen werden müsste, wird 
in diesem Tone eine pausa und ein suspirium beobachtet. 

Ein Beispiel im tonus simplex ferialis zu geben, ist 
überflüssig, da keine Intervallveränderung zutrifft. 

Der Ton simpL ferialis wird genommen: 1) in festis simpl und 
diebus fericdibus, auch in gesungenen privaten, selbst levitierten 
Votivmessen, für das ganze Officium, 2) in Missis Defunct, 3) bei 
allen Orationen der Kerzen - und Palmenweihe (Lichtmess und 
Palmsonntag), die mit Qui tecuni vivit oder Per Dominum nostrum, 
also mit der clausula major schliessen, 4) bei der Oration Deus, a 
QUO et Judas am Charfreitag, sowie bei den folgenden Orationen 
Omnipotens und der Oration Libera nos nach dem Pater noster, 
5) bei den Orationen vor der heiligen Messe des Charsamstags und 
Pfingstsamstags, bei den Prophetien und der Wasserweihe,*) 6) bei 
allen Orationen des Officium Defunctorum, der Litaneien, Prozes- 
sionen etc., wenn sie mit der clausula major endigen, wie 
z. B. am Allerseelentage, in der Bittwoche etc. 

*) Hier beginnt die Gesangsweise der kürzeren Schlussformel. Ebenso 
ist es bei qui vivis et regnas cum Deo Patre in tmiiate Spiritus 
sancti Deus, per omnia scecula scectdorum zu halten. 

*) Die Orationen der Feuerweihe werden bloss gelesen, nicht im Ge- 
sangston vorgetragen. 



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88 §• 22. Die Orationsgesangs weisen. 

3. Tonus ferialis. 

Die Oration wird wie bei vorigem Tone bis zum Schluss 
auf einem Tone gesungen, beim letzten Worte der Oration 
und der Schlussformel ^) jedoch ist der Tonfall abwärts zur 
kleinen Terz. 

Beispiel des Tonus ferialis. 



Concede, misericors Dens, fragilitäti nostrse prsesidium: | 
ut qui sanctse Dei Genitricis memöriam ägimus, | inter- 
cessiönis ejus auxilio | a nostris iniquitatibus 



^WMw^| |ww w w W M "1 i n ^ 



re-sur-gä-mus. Per e - üm-dem Christum Do- mi-num 



no-strum. J^. A-men. 

Diese Gesangsweise wird angewendet : 1) nach den vier maria- 
nischen Antiphonen am Schlüsse des Officiums, 2) bei der Oration 
Dirigere zur Prim, 3) im Totenofficium bei der Vesper, den 
Landes und dem Libera, wenn die clausula minor vorgeschrieben 
ist, 4) bei den Orationen der Litaneien mit der clatmda minor, 
5) beim Äsperges oder Vidi aguam an Sonntagen, 6) nach den Ora- 
tionen zur Fuss Waschung, vor und nach der Kerzen-, Aschen- und 
Palmenweihe, sowie überhaupt bei Benediktionen ausser der heiL 
Messe, z. B. der expositio Ss. Sacram^enti, und so oft mit der 
clausula minor abgeschlossen wird. 

Folgen mehrere im tontis ferialis zu singende Orationen 
nacheinander, so wird die Kadenz der kleinen Terz nur bei 
der letzten, also unmittelbar vor der Schlussformel, ge- 
sungen. Das Ccerem, Episc. ermahnt: Reguläre autem est, ut 
in voce gravi et competenti, interposita aliqua mora in fine 
ciijtislibet clausula^, et proesertim in clausula finali, cum decore 
et gravitate recitefitur Orationes, 



^) Die Cmidusio hrevis heisst ia diesen Fällen immer: Per Christum 
Dominum nostrum oder Per eumdem Christum Dominum nostrum 
oder Qiu vivis et. reg}ias in scecula scemdorum und wird beim (resange 
als dansula minor bezeichnet. 



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§. 22. Die Orationsgesangs weisen. 



89 



1. Anmerkung. In vielen Fällen, z. B. vor 6, resp. 7 Orationen 
des Charfreitags, bei den Prophetien am Charsamstag, zur Kerzen- 
weihe am 2. Febr. (wenn nach Septuages.) und bei den Quatember- 
messen extra tennpm pasch, u. s. w. wird vor der ferialen Oration 
gesungen: 

Sacertlos. Diaconus. Subdiaconus. 

DCD ACDED ACD 



* 



4 



-J^W ^ w C 



- re- mus. Fle-ctä-mus ge-nu - a. Le - vä - te. 

2. Anmerkung. Bei der Oratio super populum nach der Postcom- 
mnnio in der Ferialmesse der Fastenzeit singt der Diakon nach 
dem Oremus des Priesters: 



^ p i W W M i M 



W W 



^ 



Hu-mi-li - a-te cä-pi-ta vestra De- o. 

3. Anmerkung. Am Charfreitag werden die mit Oremus beginnen- 
den Orationen nach einer eigenen Weise gesungen, die im Missale 
nur für die erste verzeichnet, im Anhang zum Missale jedoch und 
in der offiziellen Ausgabe des Officium Hehdomadce Sanctce für alle 
Orationen mit Musiknoten ausgesetzt ist. 



I. Oratio. 




E D 



E 



-1-^— n- 



Oremus, dilectissimi nobis | pro Ecclesia sancta De - i: 



t— t- 



1 w N ^ 



ut e - am Deus et Dns noster paciflcäre, 

adunäre, et custodire dignetur toto or-be ter- 



* 



^ 



^ 



W M 



=8=r 



^ 



^ 



rä-rum: sub-ji-ci - ens ei principätus, et po-te-stä-tes: 



^ 



n^ 



^ n u t^ ^^ 



detque nobis qui6tam et tranqaillam vi-tam de-genti-bus, 
E C D E 



W M ^ 11 N 



glorificäre Deum Patrem omni-po-tentem. 0-r6-mus, etc. 

Die darauffolgende Oration ist im Tonus simplex ferialis auf 
der Note D zu singen. 



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90 §• 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 

Für die vierte Oration lautet die Entscheidung der S. R. C. 
vom 31. Aug. 1839, Nr. 2800 (4872) in Catharen., dass auch nach 
dem Tode des letzten röm. Kaisers Franz L (6. Aug. 1806) Abän- 
derungen im Wortlaut des Missale nicht vorgenommen werden 
dürfen. Am 27. Sept. 1860, Nr. 3103 (5309) ürbis et Orbis Miss. 
Rom. ad dubium HI. wurde dieser Beschluss wiederholt, jedoch 
gestattet, dass am Schlüsse der Generalrubriken zum römischen 
Missale unter Decreten der S. R. C. die Bemerkung stehen dürfe, 
dass diese beiden Orationen heutzutage wegfallen. Am 11. Sept. 
1874 entschied die S. R. C: „Inter ceteras orationes in MissaPrae- 
sanctificatorum minime decantari potest particularis oratio pro Epi- 
scopo: alia srero particularis pro suo Rege substituens illi pro Ro- 
manorum Imperatorum in Missali appositae, sine approbatione ac 
Apostolica venia dici non licet". 

§. 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 

I. Nach den verschiedenen Orationen folgt die Epistel, 
welche auf einem Tone ohne Veränderung gesungen wird.^) 
Wenn ein Fragesatz vorkömmt, wird die Accentsilbe des 
letzten Wortes um einen Halbton tiefer gesungen und auf 
der letzten Silbe der Podatus h c eingefügt. 

Tonus Epistol». 

B"nrn M w w w >^ww| |iM < ^ 



L6-cti-o li-bri sa-pi-en-ti- se. Quis est hie et laudäbi- 

Quid igitur 
Mulierem fortem quis 

Interrogatio, 

h ■ >i ^ I ^ ^ 

mus e - um? Dedit illi coram praecepta, et legem vitae 

lex? 
in-v6ni-et? 

Finis. Langsamer und gedehnter. 
i W W W 1^ > ^ I I = 



et di-sci-pli-nse. 
Das ^. Deo grätias wird nur von den Altardienern ge- 
sprochen, nicht aber vom Chore gesungen. 

^) Bei der einfachen Missa cantata hat der Priester allein Epistel und 
Evangelium zu singen; es empfiehlt sich, die Epistel etwas tiefer 
als die vorausgegangene Oration zu intonieren, um bei grosser Ent- 
fernung des Musikchores den Beginn der Epistel anzuzeigen. 



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§. 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 91 

n. Nach der Epistel oder Lektion folgt das Graduale, 
das früher regelmässig nur von einem Diakon und nach 
Gregor dem Grossen von einem Sänger zum Vortrag kam.^) 

Nach den jetzigen liturgischen Vorschriften wird dasselbe von 
zwei Sängern bis zum Zeichen EJ^ intoniert; der Gesamtchor fährt 
bis zum t. (Gradualvers) fort, welcher wieder von zwei Sängern 
vorgetragen wird. 

Sind zwei AUduja mit Vers zu singen, so wird das erste AUe- 
luja, von zwei Sängern bis zum Neuma oder dem Zeichen z±^ aus- 
geführt, der Chor repetiert das nämliche als zweites AUduja, fügt 
aber auf dem blossen Vokale a das Neuma hinzu. Hierauf intonie- 
ren zwei Sänger den Vers bis njr, der Chor singt denselben zu 
Ende, die beiden Sänger repetieren AUduja, der Chor aber fügt 
nur mehr das Neuma auf die Silbe a bei. 

Vom Sonntage Septuagesima bis Ostern wird statt der 
beiden Allehija mit Vers der Tractus gesungen, dessen ein- 
zelne Verse zwei Sänger intonieren, die übrigen zu Ende 
führen. Eine Recitation im Gesangston ist erlaubt. 

Zur österlichen Zeit, d. h. vom Osterfeste bis zum Dreifaltig- 
keitssonntage, tritt an die Stelle des Graduale das doppelte AUduja 
mit Vers, das in oben beschriebener Weise auszuführen ist. Nach 
dem Vers folgt jedoch sogleich ein neues einmaliges AUeluja, wel- 
ches die beiden Sänger bis zum Neuma oder ^= intonieren , worauf 

der Chor nur das Neuma anfügt. Der Vers wird in angegebener 
Weise ausgeführt und mit dem einmaligen AUeluja abgeschlossen. 
AUduja mit Fers, unterscheiden sich gewöhnlich auch in. ihrem 
modus von dem eigentlichen Graduale. 



*) Die typische Ausgabe des Ccerem, Episc, gestattet nach der Epistel 
die Orgel altematim zu spielen, wenn die ausgelassenen Texte reci- 
tiert werden; s. den Wortlaut in §. 41, Nr. 9 des 1. Buches, 28. Kap. 

1) Auf die Frage : An tolerandus sit usus quod in Missis cum cantu 
praetermittatur cantus Introitus, Offertorii, Communionis, et quando 
post Epistolam occurrit, etiam Sequentise? antwortete die S. R. C. 
in Taurinen, 11. Sept. 1847, Nr. 2959 (5118): Negative, 

2) Dub. II. An in Missa Gonventuali cani semper debeant Gloria, 
Credo, totum Graduale, Oifertorium, Prsefatio et Pater noster? Resp. 
S. R. C. die 14. Aprilis 1753 ad 2, Nr. 2424 (4233) in Conimbricen. 
AffirmativejuxtaprsescriptumCaeremonialisEpiscoporumetamplius. 

3) Dub. XIV. An Tractus Missae Conventualis per integrum dici 
debeat a Cantoribus? Resp. S. R. C. in S. Marci 7. Sept. 1861 Nr. 3108 
(5315): Tractum integre canendum, quum Organum non pulsatur. 



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92 §• 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 

III. Bei mehreren Messen ist auch eine sogen. Sequenz 
nach dem Graduale (Alleluja oder Tractus) vorgeschrieben; 
im Mittelalter Wessen sie Prosce. Der Benediktinermönch 
Notker Balbulus in St. Gallen (f 912) hat eine grosse 
Zahl solcher Sequenzen gedichtet und komponiert. Vortri- 
dentinische, deutsche und fränkische Missale enthalten deren 
bis hundert. Bei der Reform des Messbuches durch Papst 
Pius V. wurden nur fünf Sequenzen^) aufgenommen, nämlich : 
VidimcB paschali für Ostern mit Oktav, Veni sancte Spiritits 
für Pfingsten mit Oktav, Laiida Sion für das Fronleichnams- 
fest mit Oktav, Stabat mater für das Fest der sieben Schmerzen 
Maria und Dies nee in der Totenmesse.^) 

*) Victimce hat den Priester Wipo (ca. 1049) zum Verfasser, Veniaancte 
Spiritits entstand im 11. oder 12. Jahrb.; Laiida Sion dichtete der 
hl. Thomas von Aquin (f 1274); Stabat mater dolorosa schreibt man 
mit grosser Wahrscheinlichkeit dem Jacopone da Todi (f 1306) zu. 

-) Die Sequeuz Dies irce scheint ein Werk des Franziskaners Thomas 
da Celano (f circa 1250) zu sein; siehe Mus. sacra 1892, S. 117 und 
das Facsimile im Anhang dieses Buches; sie findet sich in einzelnen 
Diöcesanmissalien erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts und wurde 
in die römischen Missalien im 10. Jahrhundert (zum erstenmal 1520) 
aufgenommen. 

Im Jahre 1896 ist über die Requiemmessen ein allgemeines Dekret 
der S. R. C. vom 30. Juni erschienen, welches unter Nr. 5 die Wei- 
sung enthält: „Was die Sequenz (Dies irce) betrifft, so muss sie bei 
allen gesungenen Ämtern (dieselben mögen eine oder mehrere 
Orationen haben) genommen werden." Eine frühere Entscheidung 
in Taurinen. vom 11. Sept. 1847, Nr. 2959 (5118) besteht jedoch fort. 
Auf die Anfrage: „An tolerandus sit usus . . . quod in Missis Defun- 
ctorum praetermittatur cantiis saltem integrae Sequentise Dies irce et 
Offertorii? et an post easdem Missas Defunctorum, quae tarnen ex 
nuUa obligatione decantantur, praetermitti possit cantus saltem ali- 
cujus partis absolutionis ?" erfolgte die Antwort: Vel twn cdebrandas 
Missas Defunctorum vel canendn esse omnia quce precationem suffragii 
respiciant — Bedeutungsvoll ist der Umstand, dass die Entscheidung 
Briocen. vom 12. Aug. 1854, laut welcher „einzelne Strophen des 
Dies irce wegbleiben können", in der neuesten offiziellen Ausgabe 
weggelassen worden ist. 

Die schwierige Frage, welche Verse des Dies irce den Charakter 
der Fürbitte nicht tragen, wagt der Verfasser dieses Lehrbuches 
nicht zu beantworten, meint jedoch, dass von Oro supplex oder La- 
crimosa angefangen keine Strophe wegbleiben darf, da sonst der 
Sinn und Zusammenhang des Textes vollständig zerstört werden. 
Man singe oder recitiere also sämtliche 19 Strophen der herrlichen 
Sequenz oder wenigstens die 1., 9., 10., 12. und 14. bis zum Schlüsse. 



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§. 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 93 

IV- Im Evangelium wird beim Fragezeichen in die 
kleine Sekunde, beim Punkte oder Aufrufzeichen in die 
kleine Terz nach unten moduliert; die ßecitation kehrt dann 
zum Haupttone zurück. Diese Kadenz zur kleinen Terz wird 
nach Vorschrift des Directorium chori ^) nicht nach der 
vierten und nicht vor der sechsten Silbe gesungen, so dass 
auf den Schluss- oder Hauptton nach der Kadenz höch- 
stens fünf, wenigstens drei Silben treffen. Bei einsilbigen 
oder undeklinierbaren Wörtern findet der Terzfall auf der 
letzten, beziehungsweise vorletzten Silbe statt. 

Am Schlüsse des Evangeliums ist die reichere Kadenz 
langsam und deutlich bei der vierten, fünften oder sechsten 
Silbe auszuführen. 

Tonus EvangeUi. 

MWWWM W| | MW M WHi W I] - 



y. Dö-mi-nus vo-bis-cum. I^. Et cum spi-ri-tu tu - o. 



In mm 



y. Sequentia sancti Evangölii se-cün-dum Matthse - um. 
„ „ „ „ Jo - an-nem. 

^, Gloria ti - bi, D6mi-ne. 

Initiv/m. Tnterrogatio, 



se - cün-dum Marcum. Quid ergo erit no-bis? 

se - cün-dum Lu-cam. Nonne decem mundäti sunt? 

Mediatio communis. 



Hi autem qui portä-bant ste-te-runt. lUe autem dixit: 
Mediatio in monospllabis, ahc Finalis. 



Quia Proph6 - ta est. Et vitam aetöinam pos - si - de - bit. 
Filii A-bra-ham. Et qui se humiliat ex - al-täbi-tur. 

Non potest mens es-se di-sci-pulus. 

^) Notandum est quoad vocis depressionem in facicDdis punctis princi- 
palibus pro regula generali, quod non fit depressio vocis a fa ad re 
ante sextam syllabara nee post quartam. 



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94 §• 23. Von der Epistel bis zur Präfation. 

Das I^. Laus tibi Christe wird nicht vom Chore gesungen, 
sondern nur von den Altarministranten gesprochen. 

Anmerkung. Die Leidensgeschichte Jesu Christi in der Charwoche 
nach den vier heil. Evangelien wird besonders feierlich gesungen. 
Drei Priester oder Diakonen^) teüen sich in den Gesang so, dass 
der erste die vom Heiland gesprochenen Worte übernimmt, der 
zweite die Erzählung des Evangelisten, der dritte die Worte ein- 
zelner, des Volkes, der Feinde etc. Im Missale sind diese drei Ab- 
teilungen mit ^ (Christus) f C (cantor oder chronista), S (succentar 
oder synagoga) bezeichnet. Jene Teile, in denen mehrere Personen 
zugleich redend auftreten, können nach römischer Praxis von einem 
Sängerchor nach harmonischen Bearbeitungen ausgeführt werden. 

Der Tontis Passionis ist folgender:^) 

^ >| ^ H P| B M >^ i ^ ^ >^ i | W >^ ^ " 1 ^ ^ 

C Pässi - D6mi-ni nostri Je-su Christi se-cundum Matthae-um. 



^ « ^ ^.^ » n " ■ " *"m si 



ij< Tu di - - eis. S Cru - ci - fi - gä - tur. 

V. Nach dem Evangelium intoniert der Priester Credo 
in unum Deum,^) wenn es nach dem Kirchenkalender trifft, 
und der Chor antwortet mit Fatrem omnipotentem. 

Das ofläzielle Graduale enthält zur beliebigen Auswahl 
ausser der ersten Melodie, welche in der Tonart mit der 



^) Der OelebraBs als Christus, der dienende Diakon und Subdiakon. 
Wenn aber die Passion nicht von den Altardienern selbst gesungen 
wird, so sollen wenigstens Diakonen, nicht aber mit ihnen ein Sub- 
diakon den Vortrag besorgen, da das Casrem. Ep. Lib. 11. cap. 25, 
§.16 den Habitus diaconalis verlangt. — Auf die Frage: In cantu 
Passionis textus Evangelicus potestne cantari ab Organis ta, maxime 
qui sit Clericus minorista, vel saltem Subdiaconus? antwortete die 
S. R. C. 22. Mart. 1862 in S. Marci ad dubium X. N. 3110 (5318): 
Negative; d. h. die Worte des Evangelisten dürfen nicht vom Orga- 
nisten (oder auf dem Musikchor) gesungen werden, auch wenn der 
Sänger Subdiakon wäre. 

'^) Eine sehr praktische Ausgabe der vier Passionen in drei Heften ist 
von der S. R. 0. publiziert. Siehe §. 18. 

®) Der Gesang des Credo fand in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts 
Eingang in die römische Liturgie. Berno von Reichenau erzählt 
als Augenzeuge, dass Kaiser Heinrich II. im Jahre 1014 den Papst 
Benedikt VIIL bewogen habe, diesen Gebrauch anzunehmen. (S. Pa- 
trol. lat. von Migne, 142. Bd., S. 1060. 



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§. 28. Von der Epistel bis zur Pi*äfation. 95 

Intonation übereinstimmt (IV. Ton), noch drei andere, welche 
zur Abwechslung^) gebraucht werden können. 
G E F E D Ga a 



i^ 1 w \^ > ^ w ^ " I 



Cre-do in u-numDe - um. 

Der Chor führt den Gesang unmittelbar und ganz,^) 
ohne irgendwelche Textverstümmelung oder -Auslassung, zu 
Ende. Die Wechselbeziehung zwischen Liturgie und Gesang 
tritt besonders schön und sinnvoll bei den Vorschriften des 
röm. Missale, Titel 17, Ziffer 3 der Generalrubriken, über die 
Kniebeugung des Priesters zu Tage.*) 

^) Auch die von Lud. da Viadana über die Melodien der Hymnen kom- 
ponierten Fairem sind sehr zu empfehlen. Der Verfasser dieses 
Buches edierte zwanzig derselben in Choral- und modemer Notation ; 
Jos. Hanisch schrieb eine Orgelbegleitung dazu. 

') Die typische Ausgabe des Coeremoniale Episc, bemerkt ausdrücklich 
(28. Kap. des I. Buches §. 10); „Beim Gesang des Symbolum darf 
die Orgel nicht wechselweise eintreten, sondern dasselbe ist vom 
Chor ganz und mit vernehmlicher Stimme zu singen^. Die Bestim- 
mungen von Konzilien über diesen Punkt sind zahlreich; eine Reihe 
von EntSchliessungen der Bitenkongregation schärft das gleiche 
Gebot ein und wendet sich gegen Missbräuche, z. B. An sit toleranda 
consuetudo ut Symbolum sub organo altematim moduletur? JRj^. 
Abusum hujusmodi minime tolerandum, sed omnino per Episcopum 
provideri, ut integre et intelligibili voce symbolum decantetur, ita 
ut a populo distincte andiri valeat. Die 10. Mart. 1657 in Seguntina, 
Nr. 1023 (1817). — Auf die Anfrage: An cum dicitur Symbolum in 
Missa Sit intermiscendum Organum i erfolgte die Antwort : Symbolum 
integre canendum, etiamsi pulsetur Organum. Die 7. Sept. 1861 in 
S. Marci ad XV. Nr. 3108 (5315). — Dem Zweifel; An sonus Organi 
toto rigore possit intermisceri cum cantu, quando in Missa solemni 
seu Pontificali integer Symbolus in notis seu in cantu Gregoriano 
et firmo cantatur in choro? begegnet die S. R. C. die 22. Mart. 1862 
in S. Marci (dubium VII), Nr. 3110 (5318) mit Affirmative. — End- 
lich erledigte sie folgende Gepflogenheit ; Num in Missa solemni, vi 
assertsB consuetudinis, possit Canonicus celebrans . . . Missam pro- 
sequi statim ac a Choro cantatus sit Versiculus Symboli: Et incar- 
natus est? Itemque omittere cantum Prsefationis et Orationis Domi- 
niealis, iis saltem diebus, quibus habetur Concio? mit der Weisung 
Negative, in omnibm, am 14. März 1861 in S. Jacobi de Chile, 
Nr. 3104 (5310). 

') Während der Chor das Et incamatus singt, muss der Celebrans auf 
der obersten Altarstufe bis zu den Worten faetua est knieen. Wenn 
der Priester allein oder mit Diakon und Subdiakon ad sedüia sich 
begibt, so muss er mit entblösstem Haupte sich verneigen. Am 
Feste Maria Verkündigung und in den drei Weihnachtsmessen hat 



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96 §• 24. Feierlicher Präfationsgesang. 

VI. Nach beendigtem Credo singt der Priester Dominus 
vobiscum, und der Chor antwortet; das Offertorium leitet der 
Celebrans durch Orhnics ein: 



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f. Dominus vo-biscum. I^. Et cum spi-ri-tu tu - o. 0-remus. 

Das Offertorium^) besteht entweder aus einem Psalm- 
abschnitt oder aus anderen heiligen Schriftworten ^) und ist 
für die einzelnen Feste im Grad. Born, verzeichnet. 

Dasselbe wird nach der beim Introitus angegebenen Weise von 
einem, zwei, drei oder vier Sängern angestimmt und vom Chore 
zu Ende geführt. Zur österlichen Zeit wird je nach dem Modus 
des Offertoriums ein ÄUeluja beigesetzt, wenn es nicht schon vor- 
handen ist, von Septuag. bis Ostern wird jedes Älleluja weggelassen. 

Nach Absingen des treffenden Offertoriumtextes kann 

nach römischer Praxis ein dem OflScium entnommenes oder 

für die Festzeit passendes Motett gesungen oder die Orgel 

gespielt werden.^) 

§. 24. Feierlicher Präfationsgesang. 

Die Präfationen werden eingeleitet durch einen Wech- 
selgesang zwischen Priester und Chor (Volk) und haben eine 
zweifache Gesangsweise, eine feierliche (cantus solemnis 
oder festivus) und eine gewöhnliche (cantus ferialis). 

er auch vom Sitze sieh zu erheben und mit geneigtem Haupte zu 
knieon. S. auch Mus. s., 1890, S. 101 u. 124. 

^) Die typische Ausg. des Ccerem. Episc. schreibt im II. Buche, 8. Kap., 
§. 58, ausdrücklich vor: „Während der Ceremonien (nach dem Ch-edoj 
wird die Orgel gespielt, wenn das Offertorium gesungen ist". 

'^) In ältester Zeit wurde ein Psalm mit Eesponsorium gesungen, das 
aus mehreren Teilen bestand und sich in sehr ausgedehnten Melodien 
bewegte. Als Überrest dieses Gebrauches kann das Domine Jemi 
Christe der Totenmesse mit dem y. Hosüas et preces gelten. 

') Dub. Potestne tolerari praxis, quod in Missa solemni, praeter cantum 
ipsius Missse, cantetur in Choro a musicis aliqua laus vulgo dicta 
aria, sermone vernaculo? S. R. C. respondit 22. Mart. 1862 in Valen- 
tina 3113 (5321): Negative, et dbusum diminandum. D. h. auf die 
Anfrage, ob bei der feierlichen, vom Priester gesungenen Messe ein 
Gesang in der Muttersprache „eingelegt" werden dürfe, wenn 
der vorgeschriebene lateinische Messtext ganz gesungen wurde und 
noch Zeit übrig ist, wurde mit „Nein" geantwortet und die Ab- 
schaffung dieses Missbrauches befohlen. 



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§. 24. Feierlicher Präfationsgesang. 97 

Im folgenden sind alle Messpräfationen,^ soweit sie in ihrem 
Gesänge infolge der Textverschiedenheit differieren, aufgeführt.?) 
Die Intervalle der kleinen Terz (A— C) und des oft' wiederkehrenden 
Ganztones (D— C; dürfen nicht durch chromatische Halbtöne (Cis) 
alteriert werden. Es ist anzuraten, bei Intonation des Per omnia 
mit grosser \'orsicht zu verfahren, da die Melodie (IL Modi) bis 
zur kleinen Sexte von A aufsteigt und der zu hoch gegriffene erste 
Ton im Verlaufe des Gesanges zum Sinken und Zittern der Stimme, 
zur Detonation und zum Eilen Veranlassung werden kann. 

1. De Nativitate. 

Von Weihnachten bis zum hl. Dreikönigsfeste (ausgenommen am Oktav- 
tag des hl. Evatigelisten Johannes), am Lichtmesstage, am Fronleich- 
namsfeste, soivie wahrend der Oktav desselben (wenn nicht ein Fest 
fällt, das eine eigene Fräfation hat), am Feste der Verklärung und 
des Namens Jesu trifft folgende Präfation: 

A C D E 



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Per 6-mni - a sse - cii - la sse - cu - lö - rum. 1^, A-men. 



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y. Dö-mi-nus vo -bis -cum. 1^. Et cum spi-ri-tu tu - 0. 

def e de de e def e e de de 



y. Sur - sum cor - da. ^.. Ha - b6 - mus ad Do - mi - num. 
e d de e def e e d de cd e de d 

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y. Grä-ti - as a-gä-mus Do-mi-no De - no-stro. 



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I^. Di-güum et ju-stura est. Ve-re dignam et ju-stum 

^) Die Präfationen zur Palmen- und Wasserweihe sind von den folgen- 
den nur im Texte unterschieden und können aus dem Missale oder 
Cantorinus Romanus geübt werden. 

2) Durch die getroffene Anordnung sind die jeder Präfation eigen- 
tümlichen Zusätze rasch zu ersehen und können vor dem 
Gebrauehe eigens geübt werden. Die Angaben über die Wahl der 
einzelnen Präfationen stimmen genau mit den Rubriken des Missale 
überein. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 7 

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98 



§. 24. Feierlicher Präfätionsgesang. 



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est, ae-quum et sa-lu - tä-re, nos ti-bi semper, et 



1^ X >1 MI w fn >i ^ w w I 1^ ^ M " I >1 ^ 



u - bi- que grä - ti - as ä- ge-re , Dö-mi-ne sancte, Pa-ter 

lN ^ ^ ^ M M 1 ^ >^ " " 1 "^ " " ^ 

o-mni-po-tens 3e-t6r-ne De - us.^) Qui-a per in-car- 

1^ 'l « >^ W f^ tf^ W H I ^ w > ^ w ^ w >1 wT 
nä-ti Ver-bi my-st6-ri-um, no-va men-tis nostrae 6-cu- 



iP w|w } f \ n w w ^ ^ w ^ mIIw ^ w w ^ w w ^ 



lis luxtu-ae cla-ri-tä,-tis in-fül-sit: ut dum vi-si-bi-li-ter 



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De-um cogn6-sci-mus, per himc in in-vi-si-bi-li-um a-mö- 



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rem ra-pi-ä-mur. 



e-0 cumAnge-lis et Archän- 



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ge-lis, cum Thro-nis et Do-mi-na-ti- 6-ni-buä, camqne 

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0-mni mi - li - ti - a coe - 16- stis ex - 6r - ci - tus, byninum 



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gl6-ri - ae tu - ae cä - ni-mus , si - ne n - ne di - c6n - tes. 

2. De Epiphania. 

Am heiligen Dreikönigsfest und während der Oktav: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, sequum et salutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Dömine sancte, Pater omni- 
potens, aeteme Dens. (Siehe Nr, L) 

^) So oft in der Melodie eine vollkommene Kadenz sich vorfindet, sind 
in der typischen Missalausgabe zwei senkrechte Linien gezogen, 
auch wenn im Texte kein Punkt steht. Wenn im Texte Punkt steht, 
die Melodie aber nicht auf der Finale kadenziert, so ist bei den 
Noten nur die einfache Linie gesetzt; z. B. Dens \ot Quia. Vergl. 
Mus. s. 1889, S. 28 und unten §. 44. 



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§. 24. Feierlicher Präfationsgesang. 



99 



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Qui- a, cum u- iii-g6-iii- tus tu - us in substän-ti - a 



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nostrae mor-ta - li - tä - tis ap-pä-ru- it, nova nos immor- 



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ta-li-tä-tis su-ae lu-ce re-pa-ra-vit. Et id-e-oetc.s.JV:i 

3. In Quadragesima. 

Vom ersten Fastensonntag (Dominica L in Quadragesima) bis zum Pas- 
sionssonntag ivird an allen Festen (duplex und semiduplex), ivenn sie 
nicht eine eigene Fräfation haben, die folgende gesungen: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, sequum et saJutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Dömine sancte, Pater omni- 
potens, set^rne Dens. (Siehe Nr. L) 



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Qui cor-po-rä -li je-jü-ni-o vi-ti-a cömpri-mis, 



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mentem e-le-vas, vir-tü-tem lar-gi-ris, et prse-mi - a: 



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Per Chri-stum D6-mi-num nostrum. Per quem ma-je- 



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stä-tem tu - am lau-dant An-ge - li, ad-6-rant Domi-na- 



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ti - 6-nes, tre-munt po-te-stä-tes. Coe-li coe-lo-römque 



vir-tti-tes, ac be-ä-ta S6-ra-pMin, s6-ci-a ex-sul-ta- 



1M f^ ^ W ^ M M II i >| * ^ 1 " >1 MI 
ti - 6 - ne con-ce-lebrant. Cum qui-bus et nostras vo-ces, 



HH>^i^l^Wi< . >^ f ^y ^ M | t^ W m 



ut ad-mit-ti jü-be-as, de-pre- cä-mur, süp-pli-ci 

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100 



§. 24. Feierlicher Präfationsgesang. 



con-fes-si - ö - ne di - cen-tes. 

4. De Cruce. 

Am PassionS' und Palmsonntag, am Gründomierstag und an allen Festen 
{dupL und semidupl), die in dieser Zeit gefeiert werden (ausser wenn 
eine andere Präfation ausdrücklich vorgeschrieben ist), femer an den 
Festen vom heiligen Kreuz, vom heiligsten Herzen^) und kostbarsten 
Blute Jesu Christi tvird gesungen: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, sequum et salutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Dömine sancte, Pater omni- 
potens, aeterne Dens. (Wie Nr. L) 



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Qui sa- lü-tem hu-mä-ni ge-ne-ris in li-gno Cru-cis 



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con-sti - tu - i - s ti : ut un-de mors o - ri - e - bä - tur, inde 






vi- ta re-sür-ge-ret: et qui in li-gno vin-ce-bat, in ligno 

quoque vin-ce-r6-tur: Per Christum D6-mi-num nostrum. 
Per quem etc. (Nr. 3, S, 99.) 

5. In die PaschsB. 

Vom Gharsamstag bis weissen Sonntag, an den Sonntagen bis Christi 
Himmelfahrt, soivie an aUen in diese Zeit fallenden Festen (dupl. und 
semid.) trifft, tvenn nicht eine eigene angegeben ist, folgende Präfation: 

Per ömnia saecula etc. (Siehe Nr. 1.) 



*) Die Rubrik des römischen Messbuches nimmt nur auf die Messe 
Miserebitur Rücksicht, welche im Proprium de Tempore am Freitage 
nach der Oktav von Fronleichnam vorgeschrieben und vor den Hei- 
ligenfesten des Monates Juni eingereiht ist. Wenn bei feierlichen 
Votivämtern in der Zeit vom Dreifaltigkeitsfeste bis Septuagesima 
die Messe Egredimini, welche im röm. Missale unter den Festen pro 
aliqu. locis steht (pro Dicecesi Venetiarum)^ durch das Diöcesan- oder 
Ordensdirektorium gestattet ist, dann muss die Prcsfaüo de NaHvi- 
tate, von Septuagesima bis Pfingsten aber die Prcefatio de Oruce 
genommen werden. 



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§. 24. Feierlicher Präfationsgesang. 



101 



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Ve-re dignum et ju-stuin est, aequam et sa-lu-ta-re: 



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Te qui-dem Dömi-ne omni tempo-re, sed in hac po-tis- 



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si-mum di-e^) glo-ri-ö-si-us prse-di-cä-re, cum Pascha 



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nostrum im-mo-k-tus est Chri-stus. Ipse e-nim ve-rus 

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est A-gnus, qui äbs-tu-lit pec-cä - ta mun-di. Qui 



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mortem nostram mo - ri - 6n-do de-strü-xit, et vi - tam re- 



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siir-gen- 



pa - ra - vit. Et ideo etc. (wie Nr. 1, S. 98.) 

6. De Ascensione. 

Von Christi Himmelfahrt bis zum Vorabend von Pfingsten (exdusive) 
und an allen in diese Zeit fallenden und nicht mit eigener Präfaiion 
versehenen Festen ivird gesungen: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, gequum et salutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Domine saucte, Pater omni- 
potens, seterne Dens. (Siehe Nr. 1.) 



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Per Chri-stum Dö-mi-num nostrum. Qui post re-surre- 



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cti - 6-nem su-am ö-mni-bus di-sci-pu-lis su-is ma-ni- 



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festus ap-pä-ru-it, et ipsis cer-nen-ti-bus est e-le-vä-tus 



*) Sabbato sancto: in hac potissimum nocte; per Oct. Pasohae, ut supra; 
Domin. in Albis ac deinceps: hi hoc potissimum gloriösius . . . 



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102 



§. 24. Feierlicher PräfatioDSgesang. 



in coe-lum, atnos di-vi-ni-tä-tis su-ae tri-bü-e-ret es- 



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se par-ti - ci-pes. Et ideo etc. (Nr. 1, S. 98.) 

7. De Pentecoste. 

Vom Pfingstsamstag bis zum folgenden Samstag (inclus.) wird gesungen: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, aequum et salutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Domine sancte, Pater omni- 
potens, seterne Dens. (Nr, L) 



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Per Chri - stum D6 - mi-num no-strum. Qui a-sc6iideiis 



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su-per omnes coelos, sedensqae ad d6xte-ram tu -am pro- 
mis-sum Spi-ri-tum Sanctum ho-di-6r-iia di-e in fi- 



li-os ad-o-pti-ö-nis ef-fü-dit. Quaprö-pter pro-fü-sis 



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gäu-di-is, to-tus in orbe terrärum mun-dus exsül-tat Sed 



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et su-pernae virtü-tes atque an-g6-li-c9e Po-te-sta-tes 




hymnum glü-ri-ae tu-ae cön-ci-nunt, si - ne n-ne di-centes. 

8. De SS. Trinitate. 

Am Dreifa^tigkeitsfeste und an allen Sonntagen des Kirchenjahres wird^ 
wenn keine andere Präfation vorgeschrieben ist, die folgmide gesungen: 

Per ömnia etc. Vere dignum et justum est, aequum et salut&re, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Dömine sancte, Pater omni- 
potens, aet^rne Dens. (Wie Nr, 1,) 



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§. 24. Feierlicher Präfationsgesaug. 



103 



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Qui cum u-ni-gö-ni-to Fi-li-o tu-o, et Spi-ri-tu Sancto, 



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unus es De-us, u-nus es Dö-mi-nus: noniu u-ni-os 



sin-gu-la-ri-tä-te per-sö-nae, sed in u-ni-us Tri-ni-tä 



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te substän-ti-ae. Quod e-nim de tu-a gl6-ri-a, re-ve- 



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läute te cr6-dimus, hoc de Fi-li- o tu-o, hoc de Spi- 



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ri-tu Saneto, si-ne dif-fe-r6n-ti- a discre-ti - 6 - nis sen- 



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ti-mus. Ut in con-fes-si-o-ne ve-rse, sem-pi-ter-ii2e-que 

!h w ^ rf^ w I w " " 1 w f ^ ^ w-tt¥ * >^ 1^ 
De-i-tä-tis, et in per-so-nis pro-pri - e-tas, et in es-sen- 



ti- a ü-ni-tas, et in ma-jestä-te ad-o-re-tur ae-qna-li- 



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tas. Quam laudant An-ge - li atque Archän-ge - li, Ch6 



ru-bim quoque ac S6-ra-phim: qui non cessant cla-mä- 



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re quo - ti - di - e, u-na vo - ce di - cen-tes. 

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104 §• 24. Feierlicher Präfationsgesang. 

9. In Festis B. HarisB Virg. 

Ä7i edlen Marienfesten (ausgenommen ist das Fest Maria Lichtmess mit 
der Prcefatio de Nativitate S. 97) und während ihrer Oktaven j sowie 
an den in diese Oktaven fallenden Festen ^ trifft j we^in keine andere 
ausdrücklich angegeben ist, folgende Präfation: 

Per ömnia etc. Vere digimm et justum est, seqmim et salutäre, 
nos tibi semper et ubique grätias ägere, Dömine sancte, Pater omni- 
potens, seteme Dens. (Siehe Nr, 1.) 

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Et te in')* * * be - ä-tae Ma-ri-ae semper Virgi- 



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nis col-lau - da - re, be-ne-di-ce-re et prae - di - cä - re. 



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Qu3e et ü-ni-ge-ni-tum tu-um san-cti Spi-ri-tus obum- 



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bra-ti-o-ne con-ce-pit et virgi-ni-tä-tis gl6-ri-a perma- 



nente, lu-men ae-temum mundo ef-fii-dit, Je-sum Chri- 



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stum Do - mi-num nostrum. Per quem etc. (Nr. 3, S. 99,) 

10. De Apostolis. 

An Festen der Apostel und Evangelisten (ausser am Feste des heiligen 
Apostels Johannes), während ihrer Oktaven und an den in dieselbefi 
fallenden Festen tvird, wenn nicht eine eigene Präfation vorgeschrieben 
ist, folgende gesungen: 



^) An Maria Verkündigung wird eingeschaltet: in Annuntiatiöne , an 
Maria Heimsuchung: in Visitatione, an Maria Himmelfahrt: in As- 
sumpf iöne, an Maria Geburt: m Nativitate, an Maria Opferung: in 
Prcesentatione, an Maria Empfängnis : in Conceptiöne Immaculata, an 
den Festen Maria Schnee, Maria Namen und de Mercede: in Festir 
vitdte, am Feste der Schmerzen Maria: in Transfiociöne, am Feste 
Maria vom Berge Karmel: in Commemm^atiöne, am Rosenkranzfeste: 
in Solemnitäte. 



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§. 24. Feierlicher Präfationsgeeang. 
Per 6mnia etc. (Nr. 1.) 



105 



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Ve-re dignum et ju-stum est, sequuin et sa-lu-tä-re: 



Te Dömi-ne suppli-ci-ter ex-o - rä-re, ut gre-gem tu - um 



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pastor ae-teme non de-se-ras: sed per be-ä-tos A-p6- 



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sto-los tu-os, conti-nu-a pro-te-cti-ö-ne cu-stö-di - as. 



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Ut i-is-dem re-ctö-ri-bus gu-ber-ne-tur, quos 6-pe-ris 



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tu - i vi - cä-ri-os e - i-dem con-tu - li-sti prae - es - se 



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pa - st6 - res. Et ideo etc. (Nr. 1, S. 98.) 

11. PraBfatio communis. 

An allen übrigen Festen und wahrend ihrer Oktaven, auch an den Sertii- 
duplexfesten y wird folgende Präfation gesungen, wenn keine andere 
ausdrücklich angegeben ist: 

Per ömnia etc. (Wie Nr, L) 



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Ve-re dignum et ju-stum est, sequum et sa-lu-tä-re, 



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- " I I ^ I I I ■• 1 ^ ^ 1 ■ 

nos ti - bi semper, et u - bi-que gra-ti - as ä - ge - re, 



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— _i ^ . — ^ , . 1 — , , ^ 

Dö-mi-ne sancte, Pa-ter omni-po-tens, se-terne De - us: 



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Per Chri-stum Do - mi-num nostrum. Per quem etc. S. 99, 



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106 

§• 25. Ferlaler Präfationsgesang. 

Der feriale Präfationsgesang unterscheidet sich vom feier- 
lichen durch eine noch einfachere, mehr syllabische Verteilung 
der Intervalle; zwei Beispiele dürften zur Übung genügen. 

1. De Nativitate Domini. 

Bei Votivmessen vom heiligsten Altarssakramente und vom Namen Jesu.^) 
a c d e 



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Per ö-mni-a sae-cu-la sae-cu-lö-rum. 1^. Amen. y. D6-minus 

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cor-da. 



vo-bis-cum. I^. Et cum spi-ri-tu tu- o. f. Sursum 



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I^. Ha-b6-mus ad D6-mi-num. J, Grä-ti-as a-ga-mus 



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Dö-mi-no De - o nostro. I^. Dignum et ju-stum est. 



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Ve - re dignam et ju-stnm est, seqaam et sa - In - tä - re, 



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nos ti-bi semper, et u-bi-que grä.-ti-as ä-ge-re, 



!^ ■ >* M ^ I "^ " M " '^ I '^ 1 X 1 > < ' 1 



Do - mi - ne sancte , Pa - ter omni-po- tens, 8e-t6rne De-us. 



') Die feriale Gesangsweise dieser Präfation ist von der S. R. C. durch 
Entseheidung vom 29. Febr. 1868 in Ratisbonen. Nr. 3168 (5383) für 
die Votivämter an Donnerstagen etc. genehmigt, durfte aber nicht 
unter die übrigen Missalpräfationen eingereiht werden. Sie ist am 
Schlüsse des 3Iessbuches zu finden und auch bei feierlichen Votiv- 
messen zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu in der Zeit vom Drei- 
faltigkeitssonntag bis Septnagesima zu singen, wenn die Messe Egre- 
dimini genommen werden darf; s. S. 100. 



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§. 25. Ferialer Präfationsgesang. 107 



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Qui-a per incar-nä-ti Ver-bi my-stö-ri-um, no-va mentis 



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nostrae 6-cu-lis lux tu-ae cla-ri-tä-tis in-M-sit: ut dum 



^1^— w n }yih-n — wp ^ ^ ^ 1^ -^-1 b w w w w w-^ 



vi-si-bi-li-ter De-um cog-nöscimus, per hunc in in-vi-si- 



1P 1 w w lw ^ n ^M^ il l K^ ^ M " 11 



bi-li-um a-mo-rem ra-pi-ä-mur. Et ld-e-0 cum An- 

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ge-lis et Archän-ge-lis, cum Thro-nis et Do-mi-na-ti-ö- 



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ni-bus, cumque omni mi-li-ti-a cce-lfetis ex-6r-ci-tus, 



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hymnum gl6-ri - 36 tu-se cä-nimus, si-ne fi-ne di-c6iites. 

Die 2. Präfation in Quadragesirna trifft an allen Ferialtagen 
vom Ascliermittwoch bis zum Samstag vor dem Passionssonntag 
(inclusive.) 

Die 3. de Cruce vom Passionssonntag bis zum Gründonnerstag 
(excl.)y sowie bei den Privatvotivmessen^) vom heil. Kreuz. 

Die 4. tempore paschcUi an den Ferialtagen , sowie den Festen 
in ritu simpUci vom weissen Sonntag bis Christi Himmelfahrt. 

Die 5. de Ss. Trinitate bei den Privatvotivmessen zu Ehren 
der hl. Dreifaltigkeit. 

Die 6. de Spiritu Sancto bei Votivmessen um die Gnade des 
heiligen Geistes. 

Die 7. de Beata Maria bei Votivmessen zu Ehren der Mutter 
Gottes. 

Die 8. de Äpostolis bei Votivmessen zu Ehren der hl. Apostel. 

Die 9. endlich (prcefatio communis) an den einfachen Festen und 
Ferialtagen, welche keine besondere Präfation haben, sowie bei 
allen Ämtern für Verstorbene. 



^) Bei allen feierlichen Votivmessen, sowie bei denen ritu semid. für 
die Wochentage sind der Orationston und die Präfation in tono 
festivo zu singen; vergl. die Anm. zu S. 100 u. 106. 



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108 §• 25. Ferialer Präfationsgesang. 

2. PrsBfatio communis. 

Per ömnia ssecula etc. (Wie oben Nr. 1, S. 106) 



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Ve-re dignum et justum est, sequum et sa- lu- tä-re, 



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nos ti-bi semper, et u-bique gra-ti-as ä-ge-re, Do 



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sancte, Pa-ter omni-po-tens, aeterne De-us, per Christum 



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D6ini-num nostrnm. Per quem ma-jestä-tem tu-ani landant 



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Ange-li, ad-ö-rantDomina-ti-ö-nes, tremunt Po-testa-tes 



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Coe-li coe-lo-rumque Vir-tu-tes, ac be-ä-ta S6-ra- 



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phim, s6-ci-a exsul-ta-ti - 6-ne conc6-le-braiit. Cum quibus 



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et nostras vo-ces, ut admit-ti jü-be-as, deprecämur, süp- 



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pli - ci con-fes- si - 6 - ne di - cen-tes. 

Das dreimalige Sanctus mit Hosanna schliesst sich un- 
mittelbar an die Präfation an und soll vor der heil. Wand- 
lung beendigt sein.^) 

^) Die typische Ausgabe des Ccerem. Episc. schreibt im ersten Buche, 
28. Kap., §. 9, vor: „Beim Hochamte wird die Orgel wechselweise 
gespielt .... zum Smidiis u. s. w. bis zum Pater noster. Bei der 
Wandlung jedoch wird die Orgel in ernsterem und sanfterem Tone 
gespielt. Nach der Wandlung kann sogleich ein passendes Motett 
gesungen werden." Daneben bleibt jedoch die Vorschrift des Ccerem. 
Episc, II. Buch, 8. Kap., §. 70 u. 71 bestehen: „Der Chor singt bis 
Beiiedidus exclusive; nach Beendigung desselben, und nicht eher, 
wird das Sakrament emporgehoben. Dann schweigt der Chor und 



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§. 26. Pater noster. Communio. 109 

Nach der heil. Wandlung folgt das Benedidus,^) nach 
welchem, besonders wenn es choraliter gesungen wird, ein 
passendes Motett vorgetragen werden kann. Der Priester 
soll jedoch durch diese erlaubte Einschaltung nicht in der 
hl. Handlung aufgehalten werden. 

%. 26. Pater noster. Coromunio. 

I. Für das Pater noster ist eine feierliche und eine 
feriale Gesangsweise (Modus IL) vorgeschrieben.^) 

1. Tonus festivus. 

A C D E 



* 



^ w w 1 M w w w p»< w H ^ipg 



Per ömni-a sgecu-la sae-cu-16-rum. t^. Amen. 0-remus. 

^ C D E 



Praeceptis sa-lu-tä-ri-bus mö-ni-ti, et di-vi-na insti-tu-ti- 



betet mit den übrigen an. Die Orgel aber, wenn eine solche vor- 
handen ist, muss bei diesem Akte gesangartig und sehr ernst gespielt 
werden. §. 71. Nach der Wandlung fährt der Chor mit Benedichis 
fort." — Wenn eine ausgedehntere mehrstimmige Komposition vor- 
getragen wird, so kann der Priester dieser Vorschrift leicht nach- 
kommen, wenn er eventuell bei dem Gedächtnis für die Lebenden 
länger als gewöhnlich verweilt oder den Canon langsamer liest. 
P. 5. Schober bemerkt zu dieser Stelle des Ccerem. Episc. im Werke 
Cceremonioe Missarum, pag. 100, l.'Note: „Ex quo non sequitur, 
Celebrantem elevationem Ss. Sacramenti differre, sed Canonem Missae 
ita lente legere debere, ut cantores cantum usque ad Benedictua com- 
mode ad finem perducere possint." 

^) Auf die Anfrage, ob Benedictus unmittelbar nach dem Hosänna ge- 
sungen werden dürfe, wenn die Komposition des Sanctus nicht bis 
zum Akte der Wandlung sich ausdehnt, antwortete die S. R. C. : 
„Cantari debet post Callas devaUmiemJ' S. R. C. 12. Nov. 1831 ad 33 
in Marsorum Nr. 2682 (4669). 

*) Die Generalrubriken des Missale (XVI, 3) zählen ausdrücklich die 
Intonationen und Gesänge auf, welche dem Priester zukommen: 
Gloria in excelsis Deo, Ch-edo in unum Dffum, Dmiinus vobiscum und 
die Orationen vor der Epistel, Dominus vobiscum, Orhnus, vor dem 
Offertorium, die Präfation, das Pater noster und Fax Dömini und 
die Orationen nach der Communio. Die Epistel obliegt dem Sub- 
diakon, das Evangelium und Ite oder Benedicamus dem Diakon. 
Siehe auch Kirchenmusikal. Jahrb. 1887, S. 22: „Eine liturgische 
Unterlassungssünde" und oben S. 95, Anm. 2, die Entscheidung der 
S. R. C. nach S. Jacob Chile. 



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110 



§. 26. Pater noster. Communio. 



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Extendit mantu. 



1 ^ W PI W I N ^ W >»1 w W II >^ N 1 W I N t 
6-ne fonnä-ti, au-de-mus di-ce-re. Pa-ter no-ster, qui 



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es in coe-lis:Sancti-fi-ce-tur nomen tu -um: Ad-v6-ni-at 



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regnum tu-um: Fi-at vo-lüntas tu-a, sic-ut in coelo, 



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ff< w >^ W II ^ h 1 ^ w W h w ^ w I w ,^ w , 
et in ter-ra. Panem nostram quo-ti-di-ärnnm da no-bis 



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H II «I N II n " 1 ■ IN" n » I >| II ^ 
h6-di-e; Et dimitte no-bis de-bi-ta nostra, sic-ut et 



* 



■ N 1 H H > H 1 M « n H II , ■ M H ^ 
nos dimit-timus de-bi-to-ri-bus nostris. Et ne nos in-dü- 



t 



^ w i n:^ f» i w 1 



N N H M W f| < w 



cas in ten-ta-ti - 6 - nem. I^.Sed li-be-ra nos a ma-lo. 

2. Tonus ferialis. 

Wird an gewöhnlichen Festen,^) feriakn Tagen und hei Totenmessen 
gesungen. 



¥ ^ ^ w w n w w w w | | | M II ^ n^llw > ^ wlh 
Per 6mni-a sse-cu-la sse-cu-16-rum. ^. Amen. 0-remus. 



1F w ^ w w ^ ^ w w ^ w w I w w ^ =*=*= 

Prae-ce-ptis sa-lu-tÄ-ri-bus m6-ni-ti, et di-vi-na in-i 



in-sti- 

Extendit inanus. 



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1 W W ^ M I W 1^ W ^ N mT>^ W 



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tu - ti - 6 - ne for-mä-ti, au-de-mus di - ce - re. Pa-ter 



^^ 1 M W N W ^ W I « - W W ^ W 1 ^ N i wlh 
no-ster, qui es in coe-lis: Sancti-fi-c6-tur nomen tu-um: 

^) Auch bei Votivämtern, die nicht solemnen, sondern privaten Charak- 
ter haben; ebenso in der Missa Prcesanctificatorum am Charfreitag. 



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§. 26. Pater noster. Oommunio. m 



1^ M " M " 1 w I 1" " >i M w l ^ w w g 



Adv6-iii-at regnum tu-um; Fi-at volüntas tu-a, sic-ut in 



^M w I w N 1 w II ^ w 1 w w N w ^ >S 



coe-lo, et in ter-ra. Pa-nem nostrum quo-ti - di - ä-num 



)p N > ^ N 1 M niim N »1 w 1 w 1 w w ^ >,g 



da no-bish6-di-e: Et dimit-te no-bis d6-bi-ta nostra, 



1P >^ H H W W 1 N M M W 1 N w ^ N II ^ ^^ 



sic-ut et nos dimit-timus de-bi-t6-ri-bus nostris. Et ne nos 



1P W 1 H M N w H f» < w I I w >^ N M W ■ W ^^ 



in-dü-cas in tenta-ti - 6-nem. I^. Sed li-be-ra nos a ma-lo. 

Bei jedem Amte (in tono festivo et feriali) folgt nach 
einem stillen Gebete des Priesters: 

Dextera tenens partictUam super Calice, sinistra Calicem, diät: 

i 



H H N 1 N h » H I» » I I n 1^ 



Per 6-mni-a sse-cu-la S3e-cu-lö -rum. I^. A-men. 
Cum ipsa particula signat ter super Calicem, dkens: 



1P W >»| W H I W 1 W W f»i w 11 W W ü 

Pax 4< D6-mi-ni sit 4« semper vo-bis * cum. I^. Et cum 

1P M M M M hl< II 



1 ^ M W >^ =>#= 



spi - ri - tu tu - 0, 

II. Dem Pax Dömini scMiesst sich das Agnus Dei an, 
das im gregorianischen Choral bei jeder Textwiederholung 
einen eigenen Melodiensatz hat, verschieden je nach der 
Festzeit (siehe § 21, Anmerkung). 

Erst nach der sumptio sanguinis des Priesters (vor 
der ersten Einschenkung) darf die Commtmio^) vom Chore 

^) Auf die Anfrage: Quuin pulsatur Organum ^ in Missa cantata^ 
Offertorium et Communio submissa voce ab uno recitatur in Choro, 
vd nihü dicitur diehus pra^ertim ferialibus? antwortete die S. R. C. 
10. Jan. 1852 in Montis Politiani, Nr. 2994 (5166): Dici posse sub- 
missa voce, sed non omitti; d. h. Offertorium und Commumo können 



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112 8- 26. Pater noster. Communio. 

begonnen werden. Sie besteht aus einem Psalmabschnitt^) 
oder anderen heil. Schriftworten, deren Sinn sich dem des 
Introitiis und Offertorium anschliesst; sie wird in gleicher 
Weise wie diese intoniert. Zur österlichen Zeit ist ein dem 
Tone der Communio entsprechendes AUeluja beizufügen, von 
Septuagesima bis Ostern bleibt jedes AUeluja weg. 

Anmerkung. Wenn beim Hochamt die Kommunion ausgeteilt oder 
bei Pontitikalämtern der päpstliche Segen gegeben wird, so singt 
der Diakon') in geneigter Haltung mit gefalteten Händen das öffent- 
liche Schuldbekenntnis wie folgt: 

Confiteor Deo omnipo-ten-ti, beätae Marise semper 



ö 



W W I ^"^ ^ U U — I- ^^ ^ 



Vir-gi-ni, beäto Michaeli Archän-ge - lo, beäto 



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s 



Joänni Bapti-stae, sanctis Apöstolis Petro et Paulo, 



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Omnibus Sanctis et ti - bi, Pa - ter, qui-a peccävi ni- 



mis co-gi-ta-ti-6-ne, ver-bo et 6-pe-re: me-a cul-pa, 

von einem aus dem Chore recitiert werden, man darf sie aber auch 
an Ferialtagen nicht weglassen". Das Ccerem. Episc. sagt übrigens 
ausdrücklich im Lib. IL Cap. VIII., §. 78: „Der Bischof liest die 
Communio aus dem Buche und dieselbe wird auch vom Chore nach 
dem Agnus Dei gesungen, wenn der Bischof die heilige Kommunion 
genommen hat; und nach diesem Gesang u. s. w." 

^) In den liturg. Büchern des 9. Jahrh. war diese Antiphon (ad Com- 
muniwiem) mit einem Psalme verbunden, welcher während der Kom- 
munion der Gläubigen gesungen und mit Gloria Patri geschlossen 
wurde, worauf man die Antiphon wiederholte. 

2) Die S. R. C. entschied Alexandrina Nr. 248 (374) 15. März 1608 auf die 
Anfrage, ob der Diakon, welcher nach der Predigt vor dem Bischöfe 
das Confitem' zu singen habe, ein Buch benützen könne oder aus- 
wendig singen müsse u. s. w.: „Convenientim esse ut co7ifessio can- 
tetur memoriter a Diacono : si tarnet aliquis ex Diaconis non poterit 
sine libro confessionem memoriter cantare, poterit ei concedi aliquis 
minister ex inferiorihus, qui librum sustineat, donec cantet." Da diese 
Bestimmung sogar für ältere Kanoniker gegeben ist, so dürften junge 
Diakonen ebenfalls zur Beachtung dieser Vorschrift gehalten sein. 



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§. 27. Ite missa est. Benedicamas Domino. 



113 



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^ 



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me-a cul-pa, me-a niä-xi-ma cul-pa. Ideo precor beä- 



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tarn Mariani semper Vir-gi-nem, beätum Michaälem 



*^ 



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Arch-än-ge-lum, beÄtum Joännem Ba-pti-stam, sanctos 



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Apostolos Petrum et Paulum, omnes Sanctos, et te 



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^ 



pa-ter, oräre pro me ad Dö-mi-num De -um nostrum. 

Das Missale Romamim schreibt in den G-enerabrubriken vor 
(titul. 10, Nr. 9): Interim (während der Ausspendung der heiligen 
Kommunion) cantatur a choro antiphona quce dicitur Communio, 
ohne dadurch den Vortrag von Psahnen, Hymnen oder Gesängen, 
welche sich auf das AUerheiligste beziehen, zu verbieten ; die Com- 
munio der Tagesmesse kann und soll aber den Schluss bilden ; siehe 
auch Mus. s., 1892, S. 39 u. 54. 

§. 27. Ite Missa est Benedicamus Domino. 

Nach der Postcommunio wird das Dominus vobiscum 

mit seinem Responsorium in einem Tone gesungen und dann 

vom Diakon eine der folgenden Entlassungsformeln intoniert. 

Der Chor antwortet auf gleiche Weise ^) mit Deo grdtias. 

1) Vom Charsamstag bis zum weissen Sonntag (exchmve): 

Mod. VIII. g a S ^ S ^ a gchag fga ag 



^^ 



^ 



^ 



X ^*n ^ fH ^ 



I-te Mis-sa est, al-le-lü-ja, al-le - lü 
^. De - grä - ti - as, . „ „ „ 



ja. 



*) Das offizielle Gh-adudle Romanum nennt die Sitte, nach welcher der 
Chor dem Diakon mit Deo gratias antwortet, „lobenswert": Lau- 
dandus est mos quo chorus eodem tono respondet Deo grätias. Eine 
Entscheidung der S. R. C. vom 11. Sept. 1847 in Angelopolitana 
N. 2951 (5102) lautet jedoch auf die 5. Anfrage: An reUnenda vel 
potius eliminanda sit consuetudo pulsandi tantum Organum ad respon- 
dendum, dum in Missa cantatur Ite Missa est? — : Servari posse. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. g 



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114 §• 27. Ite Missa est. Benedicamus Domino. 

2) An den höchsten Festtagen: 
chgagef g gdedc Mod. XI (XIII), 



,^ Nv " ru» fH^ ^^ ^1^^ 



te e e e e Mis-sa est. 

^. De - grä - ti - as. 

Diese Melodie wird gesungen: Am Feste der heil. Drei- 
könige, am Gründonnerstage, an Christi Himmelfahrt, in der 
Messe vom Pfingstsamstag bis -Dienstag (incL), am Feste des 
hl. Joseph, des hl. Johann Baptist und der hl. Apostel Peter 
und Paul, am Herz Jesu-,^) Allerheiligen- und Kirchweihfeste, 
sowie bei den Festen L cl.,^) den feierlichen Votivmessen 
und den Patrociniumsfesten, wenn sie nicht de Beata sind. 

3) An den Festen zweiter Klasse und Duplexfesten : 

aga chaga agfde egad egfede f e d Mod. I. 

^ H^^^jW w»^ ^ ^^ I ^ w ,^ II 



I - te e e Mis-sa est. 

IJ. De - grä - ti - as. 

Dieser Melodie bedient man sich an den Aposteltagen ^) 
und den Festen, welche duplex IL classis, majus und minus 
sind.*) 



^) Wenn die Prcef. de Cruce gesungen wurde; vgl. oben S. 100, Anm. 
Wenn die Prcef, de Nativitate zu singen war, so muss entweder 
Ite Missa est de Beata oder Benedicamus im Ferialton genommen 
werden. > 

*) Die Meinung, dass diese Melodie bei jedem mit besonderer ^Feier- 
lichkeit abgehaltenen Amte (z. B. Primizmessen) gesungen Werden 
-könne, ist als falsch zu bezeichnen; siehe Mus. sacra 1892, Seiie 99. 

') Am Feste der heil. Apostel Petrus und Paulus ist das solemnt It^ 
Missa est zu singen, am Feste des hl. Job. Evang. (27. Dez.) jeies 
de Beata. 

*) Also auch am weissen Sonntag (duplex) und am Dreifaltigkeitsfei^e 
(dupl. 2. cl.), da die Bezeichnung dieser Tage als Dominica I. das"' 
auf den ritus keinen Einfiuss hat, sondern nur besagt, dass dies' 
Sonntage niemals ausgelassen werden dürfen. Die Muttergott esf est« 
sowie überhaupt alle Feste dupl. 2. dass., maj., min. oder semii* 
haben Ite missa est de Beata, wenn die Frosf. de Nativ. oder cl^ 
B. Maria trifft. 



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1 



§. 27. Ite Missa est. Benedicamus Domino. 



115 



4) An den Festen der Mutter Gottes, während der Oktav von 
Fronleichnam und Weihnachten;^) 

dfga d fdcdcd fg f ed Mod. I. 



I - te e Mis-sa est 
I^. De - gr& - ti - as. 

5) An den Sonntagen während des Jahres, an halbfeierlichea 
Festen und innerhalb der Oktaven, wenn dieselben nicht von einem 
Muttergottesfeste ausgehen r^) 

d fgaba Mod. I. 

=te 



ijr'^.^ N'"^ W^ : 



*=jF 



I - te e Mis - sa est. 
^. De - gr& - ti - as. 

6) An den Sonntagen Septuag., Sexag. und Quinquag. dagegen 
ist zu singen: Mod, L 



* 



i w w 



fe^ ^ > » I I 



Be - ne - di - cä-mus D6 
t^. De - - - grä 

7) An einfachen Festen und an den Ferialtagen während der 
Osterzeit:») cd f fe d e Mod. IV. 



mi - no. 
ti - as. 



* 



1*^ 



I - te Mis - sa est. 
I^. De - grä - ti - as. 
8) An den Advent- und Fastensonntagen: 



Mo(L VI. 



iM " " 1 " I '^*«" 1-^ 



*: 



Be-ne-di-cä-mus D6 - o - mi-no. 
^. De - - - grä - a - ti - as. 



*) Auch bei marianischen Votivmessen mit Gloria: siehe 2. Anm. Am 
Sonntag innerhalb der Oktav von Immac. Conc&ptio trifft Nr. 8, da 
im Missale kein Benedicamus de Beata steht. 

*) Zu diesen Oktavtagen werden nur diejenigen gezählt, welche ritus 
semid. haben, z. B. die sechs Tage in der Oktave von Epiphanie, 
vier Tage in der Pfingstoktave und die Tage innerhalb der Oktaven 
von Joh. Baptist, Peter und Paul, Laurentius u. s. w., wenn dies 
infra Oct. gefeiert wird. 

^) Dazu gehört auch die Missa votiva de Angelis (bei den Begräbnissen 
der kleinen Kinder). 



8* 

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116 



§. 27. Ite Missa est. Benedicamus Domino. 



9) An den Ferialtagen während des Jahres:') 



Modus IV. 



^ ^ n 



r^ >< W 1^ ^ ■ > ^. W ^ II ,^ ^ W ■ ^ 

Be-ne-di-cä-mus D6-mi-no. I^. De - o grä-ti-as 

10) An den Ferialtagen in der Advent- und Fastenzeit i^) 
a f Modus IV. 



jf * H " l< w ■ XI « f H, I I # V ""1 X 



# 



Be-ne-di-cä-mus D6-mi-no. ^. De - o grä - ti - as. 

11) Am Vorabend von Weihnachten, am Feste der unschuldigen 
Kinder und bei den Votivmessen ohne Gloria^) in wichtiger An- 
gelegenheit; ^ Mod. I. 



NN W 



Be- ne - di - cä - mus D6 - o - 
I^. Deo grätias (wie oben Nr. 3). 
12) In Missis Defunctorum:*) 



mi-no. 



P=t 



f»< X ■ W W< =Ftt=^ 



Re-qui - 6-scant in pa - ce. I^. Ä-men. 

Wenn nach dem feierlichen Bequiem die Absolutio an der Bahre 
(ad tumulum) stattfindet, so ist nach den Rubriken das Eesp. Libera, 
von dem auch eine kürzere Gesangsweise (modu^s Simplex) approbiert 
worden ist, erst dann vom Vorsänger zu intonieren und vom Chor 
fortzusetzen, wenn der kreuztragende Subdiakon am Katafalk (auch 
castrum doloris und tumba genannt) angekommen oder der Priester 
mit dem PluvicUe angethan ist. (S. R. C. 7. Sept. 1861 Nr. 3108 (5315) 
in S. Marci ad IV. Dubium.) Nach Wiederholung des Respons. bis 
zum yf. Tremens folgt Kyrie eleison etc. mit den ff- und ^^. aus 
dem Officium Defunctorum, dessen neueste Ausgabe auch die fünf 
Absolutionen enthält, welche nach dem Pontificale Bomanum beim 
Tode des Papstes, Bischofes, Landesherrn etc. vorgeschrieben sind. 



^) Z. B. in der Missa processionis am Markustage und an den drei 
Tagen der Bittwoche, sowie bei privaten Votivämtern, wenn sie 
nicht in die Advent- oder Fastenzeit fallen. 

^) Diese Gesangsweise beginnt mit dem Aschermittwoch und trifft auch 
bei den Votivmessen mit lotroitus Borate in der Adventzeit, wenn 
sie nicht an einem Samstage mit Gloria zu singen waren. 

*) Bei den Votivmessen mit Gloria, also auch bei den neuesten Votiv- 
messen per annum ritii semidupl., richtet sich der Ton des Ite 
Missa est nach dem des Gloria und nach der Präfation. Nr. 11 trifft 
also nur bei feierlichen Votivmessen, die in violetter Farbe ge- 
feiert werden, z. B. pro guacumque necessitate^ ad toUendum schisma etc. 

*) Etiamsi tantum pro uno celebratum fuisset, dicitur in Plurali: Be- 
guiescant. 



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117 

Die kirchlichen Tagzeiten. 
%. 28. Die kirchliche Fsalmodle. 

Die Art und Weise, die Psalmen nach bestimmten 
Melodien zu singen, heisst Psalmodie. Den ersten acht 
Oktavengattungen entsprechend, gibt es für alle Psalmen 
(mit teil weiser Ausnahme des 113. In exitu) acht verschie- 
dene Melodien, welche man Psalmtöne, Toni Psalmorum^ 
nennt. Die Antiphon , mit der diese Gesangsforineln ver- 
bunden sind und deren Einleitung und Abschluss sie bilden, 
hat den gleichen modus wie der Psalm. 

Nachfolgende Vorbemerkungen und Erklärungen dürften 
genügen, um die Kunst des Psallierens, die mehr durch 
Übung zu lernen ist, theoretisch grundzulegen. 

1) Jedem Psalm geht die treffende Antiphon voraus,- die bei 
einem fest dupl. vor und nach^) dem Psalm gesungen werden 
soll. Bei Festen niedrigen Eanges, von semidupl. an, werden nur 
ein paar Worte der Antiphon vor dem Psalm*) angegeben, und 
dieselbe wii'd erst nach dem Psalm vollständig gesungen. 

2) Der erste Teil eines Psalmtones bleibt sich immer gleich, 
der zweite Teil nach dem * (asteriscus) *) hat beim I., III., IV., VIT. 
und VIII. Ton mehrere Veränderungen, die man Findlis, Dijferen- 
Ha, Terminatio, Ausgang, Schlusskadenz nennt 

3) Die Intonation des ersten Verses der Psalmen kann solemn 
(feierlich) oder ferial (für niedere Feste) sein. 

•4) Bei der solemnen Intonation wird nur der erste Vers 
mit der kleinen melodischen Phrase am Anfange (die auch Initium 
oder inchoatio heisst) gesungen, bei allen folgenden Versen fällt 
dieses initium weg. 

5) Die kleiuQ Kadenz in der Mitte des Verses, unmittelbar vor 
dem *, heisst medium^ mediatio, Mittelkadenz. 

6) Nach der Antiphon ist in den Choralbüchern der zweite 
Teil des zu singenden Psalmtones, die Mnalis, vorgezeichnet, und 



*) Wenn nach dem Psalm die Antiphon durch die Orgel „abgespielt" 

wird, so ist der Text wenigstens zu recitieren. 
*) Die sieben mit beginnenden Antiphonen müssen vor Weihnachten 

auch beim fest, semtd. oder im Ferialofficium vor dem Magnifkat 

ganz gesungen werden. 
^) Auch wenn die Psalmen im Chore nur gebetet werden, hat der * 

als Pause zu gelten. (S. R. C. 9. Jul. 1864. S. Jacobi de Chile 3122 (5332). 



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118 



§. 28. Die kirchliche Psalmodie. 



oft sind unter die Noten der Finale die Buchstaben E V V A E 
gesetzt. Dies sind die Vokale von seculorum Amen, da jeder 
Psalm mit Gloria Patri etc. schliesst. In der offiziellen Ausgabe 
des RitucUe Romanum und Officium Defunctorum steht U E A E I 
(luceat eis), da beim Totenofficium statt Gloria Patri: Bequiem 
cetemam, statt Sicut erat: Et lux perpetua etc. zu singen ist. 

7) Um den nach der Antiphon zu singenden Psalm sicher und 
richtig anstimmen und fortfuhren zu können, beachte man in der 
folgenden Tabelle die Schlussnote der Antiphon (die erste) und 
die Anfangsnote des Psalmes (die zweite).^ 



I. Tonus. 



p 



* 



II. Tonus. 



III. Tonus. 



IV. Tonus. 



s 



* 



P=W= 



D 

V. Tonus. 



D 
\1. Tonus. 



E 



G 



Vn. Tonus. 



E a 

Vm. Tonus. 



^ , I J h^ w N I I K M I I ^ ^ 



G 

Diese Zusammenstellung gilt für aUe Verse der Cant. Benedict'us 
und Magnificat und für die feierliche Psalmintonation (Toni Psal- 
morumfestivi). 

Für die Intonation der Toni Psalnwrum feriales und alle 
Verse der Psalmen (mit Ausnahme des ersten Verses) sehe man die 
Eeperkussionstabelle, S. 54. 

8) Wenn in der Mitte des Psalmyerses vor dem asteriscus ein 
einsilljiges Wort oder ein nicht beugbarer hebräischer Name steht, 
so wird beim II., IV., V. und VIII. Psalmton die letzte Note aus- 
gelassen. Solche Wörter sind: tu, mm, Israel, usguequo, David, 
Jacob, Jerusalem, Sion, etc; nicht aber Juda, Judce. Diese Gesang- 
art nennt man intonatio in pausa correpta, z. B. ^ yj.jj. 



^ 



Cre-di-di propter quod lo-cü-tus sum. * 

9) Sind die ersten Worte der Antiphon mit den Worten des 
1. Psalm Verses gleichlautend, so werden letztere in fest, semid, und 
simpL nicht mehr gesungen. Im Officium de Dominica z. B. heisst 
die Antiphon zum 109. Psalm : Dixit Dominus etc. ; der erste Psalm- 
vers beginnt also mit Domino mso. 
Antiph. Ps 



Di-xit Dö-mi-nus * Do-mi-no me - o. 

^) Auch beim Introittts gelten diese Schluss- und Anfangsnoten; nicht 
aber beim Oloria Patri in den Respons. der Nokturnen. 



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§, 28. Die kirchliche Psalmodie. 



119 



Wenn in fest dupL (z. B. 1. Ant. der 3. Nokt. des Kirchweih- 
festes: Qui habitat in aäjutorio Altimmi etc) der ganze erste Vers 
als Antiphon steht, so wird der zweite (z. B. Dicet Domino) mit 
initium gesungen. 
Anmerkung. Wenn viele Sänger sich beim Psallieren beteiligen, 
so muss jeder ohne Zögern auf ein und derselben Silbe mit den 
andern steigen oder fallen, je nach der Melodie des treffenden Psalm- 
tones. Man hat daher diese Silben in neueren Choralwerken mei- 
stens mit verschiedener Schrift gedruckt oder mit Strichen und 
Ziffern versehen. Diese Methode wurde in den ersten Hau dausgaben 
der offiziellen Choralbücher versuchsweise von selten der S. R. C. 
geduldet. Infolge verschiedener Anschauungen und Differenzen 
hat jedoch die Eitenkongregation im Jahre 1879 jede Andeutung 
der Silbe, auf welcher Psalmformeln beginnen sollen, für ihre Aus- 
gaben beseitigt und sieht die Frage über die Verteilung der Silben 
unter die Formeln für Psalmengesang als eine offene an. 

Der Verfasser dieses Lehrbuches versuchte in eigenen Aus- 
gaben des Psalterium Vespertinum und der Psalmen für Matutin, 
Landes und Vesper vom Officium Nativitatis D, N, J, C, Tridui 
sacri Paschatis und Defunctorum diese Klippe zu vermeiden, dem 
Gedächtnis durch Beigabe der Noten für die Psalmtöne nachzu- 
helfen, in schwierigen und zweifelhaften Fällen die Betonung der 
Accentsilbe durch fette Vokale anzuzeigen und die möglichst selten 
gebrauchten Nebensilben*) deutlich und übersichtlich auf die Psalm- 



*) Unter „Nebensilbe" ist allein die Silbe verstanden, welche bei drei- 
oder mehrsilbigen Wörtern mit dem Accent auf der drittletzten folgt, 
z. B. mi, lif pu, di in den Wörtern Dominus, fiHi, pdj?i*lo, mi- 
sericördta. Will man die einzige Regel: „So viele Noten oder 
NotengTuppen in mediatio oder finalis stehen, so viele Silben der 
Vershälften werden für die Psalmgesangsformeln abgezählt und ver- 
wendet" — allgemein nur mit der einzigen Ausnahme dieser 
„Nebensilben" gelten lassen, so ist wohl die einfachste Lösung für 
Textunterlage sämtlicher Psalmen erreicht; z. B. im I. Ton bei 
mediatio: 



imoc 



^ 



IWC 



^W > ^ || 



Dixit Dömi- 

emittet 

in splen- 

Glöria 



D6-mi- 
d6-ri- 
Pa- 



D6-mi- 
nus 
bus 
tri 



ex 

san- 

et 



Si- 

ct6- 

Fi-li- 



iin VII. Ton beim 1. Finale: 



on. 
rum. 

0. 

etCi 



ifcft 



iS 



et us- 

coe-los 

stßrcore 

et Spi- 



que 

gl6-ri- 

6-ri- 

ri-tu- 



m 

a 

gens 

1 



säe-cu- 

e- 
p&u-pe- I rem. 
San- ' cto. 



lum. 
jus. 



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120 §• 29. Psalmengesang in tono duplici et semiduplici. 



melodie zu verteilen. Besonderes Gewicht wurde auf die Regel 
gelegt: „Dominam i. e, litteram ancüiari, anciUam i. e, notam 
dominari tarn a jure quam a ratione est penitus cUienum,^ „Es 
widerspricht dem Rechte und der Vernunft, dass der Buchstabe 
diene und die Note herrsche." 

§• 29. Psalmengesang in tono dnplici et 
semidnpUci. 

I. Die folgenden Psalmtöne treffen : 1) an allen Festen^ 
welche dupl. L, IL d. und majus sind und zwar beim gan- 
zen Officium divinum^ also auch bei Prim, Komplet ti. s. w.; 
2) in festis duplidbtts, Dominicis et festis semiduplicibtis 
nur bei Matutin, Landes und Vesper. 

Um die feierlichen Psalmtöne ühersichtlich darzustellen und 
das Auswendiglernen der Gesangsformeln zu erleichtem, wird in 
folgendem Schema nur die Melodie angegeben und der Schlusston 
der Antiphon nebst der Dominante (der Note nach dem asteriscus 
oder dem initium) vor dem Schlüssel angezeigt. 

Initium.*) 

I. Tonns. r ^ ^-r 



Mediatio, 



j»=i= 



Mn. 1. 
Fin. 2. 
Fin. 3. 



W W » » 



n n ^ n ^ 



w W » w »^ 



Fin. 4. ^ 



W w w » 



n. Tonns. p^ 



Fin. 5. 



w 



n n ! ■ 



Initium*) Mediatio. 

mm w w I I >^ 



Finalis. 



=w=t 



" w w II 



Nähere Ausfuhrungen siehe im Vorwort zum Psalterium Vespertinum. 
Durch gegenwärtige Bemerkung wollte nur eiue Modifikation der 
dort bedingungsw^eise und nicht in allen Fällen durchgeführten Aus- 
nahme von der Hauptregel angedeutet werden. 
*) Hier (beim *) beginnen der zweite und die folgenden Verse. 



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§. 29. Psalmengesang in tono duplici et semiduplici. 
IniHum,*) Mediatio. 



121 



III. Tonns. ] . k w w 



Fin. l 
Fin. 2, ^ 



1F=^ 



Fin, 3, 



Fin. 4. 



^ 



-*—* * ir 



* 



:<'==g 



Iniüum. *) Mediatio. 



lY. Tonus. \^ ^ 



w N w -fc 



Fin. 1. 
Fin. 3. ^ 



^3t 



>< ■ ^ W ^ 



Mn. 3. 



^ 



Initium.*) Mediatio. Finalis, 

1. TOBBS. }h ^ i ^* " " I I ^ g — " w B=r 



JmYiMW.*) 



Mediatio. 



¥1. Tonns, tij| i -T 



=w=i= 



^ M » W h fl 



Initium. *) Mediatio. 



YD. Tonns. ^ 



t ^ w w ^^ 




*) Hier (beim *) beginnen der zweite und die folgenden Verse. 

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122 §• 29. Psalmengesang in tono duplici et semiduplici. 
Initium*) Mediatio, Fin, 1, 

YIII. Tonns. 3 ,^ w > < *"* ^ * H ^* * ^ *< w || E 



II. Für den 113. Psalm In exitu Israel hat sich eine 
eigene Melodie gebildet, die aus dem I. und VIII. modtis 
zusammengesetzt ist und Tornts mixtus [auch peregrinus,^) 
irregularis] heisst, weil zwei Dominanten, nämlich a in der 
ersten und g in der zweiten Hälfte vorhanden sind. Dieser 
Tonus irregularis wird beim 113. Psalm nur dann gebraucht, 
wenn die Antiphon Nos qtii vivimus zu singen ist; daher 
richtet sich die Melodie für den 113. Psalm an den Advent- 
sonntagen, am heil. Dreikönigs-, Oster-, Pfingst- und Drei- 
faltigkeitsfeste, sowie an den Sonntagen tempore Paschali 
nach dem Tone der treflfendeü Antiphon. 

Der erste Vers des 113. Psalms im Tonus peregrinus 
und die Antiphon lauten, wie folgt: 



Nos qui vi-vimus. In ex-i-tu Isra-el de ^-gy-pto,* 



do-mus Ja-cob de p6-pu-lo bär-ba-ro. 



Nos qui vi-vimus be-ne-di-cimus D6-mi-no. 

Die folgenden 28 Verse werden einfacher in folgender 
Weise gesungen: 

1^ W 



^J ^ w -1 " " 1 w 



Facta est Judsea sancti-fi - cä - ti - o e - jus, * 



IM " i: " T w 1 ft< 



Is-ra - el po-t6-stas e - jus. 

*) Hier (beim *) beginnen der zweite und die folgenden Verse. 

*) Nach Gerbert stammt der Tonus peregrintcs aus Frankreich, wo 
ihn die römischen Sänger, welche im 9. und 10. Jahrhundert dorthin 
gesendet wurden, hörten und in Eom einbürgerten. 



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123 



§. 30. Ferialgesang der Psalmen, die Cantica. 

I. Der Tonus ferialis wird gebraucht: 1) in Festis 
duplicihus minoribus (die also nicht L, IL d. oder majus 
sind) und in Dovninicis et Festis semidupl. bei Prim, Terz, 
Sext, Non und Komplet; 2) in Festis simplicibus et in Feriis 
beim ganzen Officium, sowie im Officium Defunctorum, auch 
wenn die drei Nokturnen gesungen werden; ebenso am Aller- 
seelenfeste und so oft beim Totenofflcium die Antiphonen 
wiederholt (dupliziert) werden. 

Anmerkung. Da die Toni festivi und fericdes nur im initium und 
teilweise in der niediatio verschieden sind, die Finalen aber mit- 
einander gemein haben, so genügt es, die erste Vershälfte anzu- 
führen ; wie der erste, so sind alle folgenden Psalmverse eines jeden 
Tones zu singen. Die Intmatio in pausa correpta wird in den 
treffenden Tönen nach §. 28, Nr. 8 ausgeführt, das initium aber ist 
ferial. 



Imtium. 



I. Tonns. f^ 



Mediatio. 

'* N i X 



Initüim* 



II. ToDns.i 



MediaÜo. 



in.TdnDS, 



Die 5 Finalen siehe §. 29. 

Initium. Mediatio. Initium. Mediatio. 

""f^" II I¥. Tonns. 8 ,^^ n ^^H 

Die 4 Finalen siehe §. 29. Die 3 Finalen siehe §. 29. 



P 



Liitium, 

Y. Tonns. ^^^ 



Mediatio, 



Initium. Mediatio. 



VI. Tonns. * 



:m=*: 



Initium, 

Yn. Tonns. ;N^^ 



Mediatio. 



Initium, 



i YIII. Tonns. ^ 



Mediatio, 

— » 



§ 



Die 5 Finalen siehe §. 29. Die 2 Finalen siehe §. 29. 

n. Das offizielle Diredorium chori enthält die Rubrik: 
„Benedidus und Magnificat werden stets feierlich intoniert 
und ebenso durch alle Verse zu Ende gesungen, auch beim 
Ferial- und Totenofficium." 

Beim ersten Verse des Magnificat fällt wegen Kürze der 
Hälfte vor dem asterisctis meistens die mediatio fort, und 
daher ist das initium reicher gestaltet; der zweite und die 



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124 §• 31. Vesper, Completoriuin. 

folgenden Verse aber, sowie der erste und alle Verse des 
Benedictus werden nach §. 29 ausgeführt 

Initium, Initium. 

Tonns I. |i j^ n p^ w. >^ p Tonns IL j^ll^ ^ .^ ^-^ ^ 



Ma-gni - fi-cat. Ma-gni - fi-cat 

Die 5 Finalen siehe §. 29. 

Initium. Initium. 

Tonns III. r^w >^ ^JL$ Tonns lY. r|s [^ n^ ^ w ^ 



Ma-gni - fi-cat. Ma-gni - fi-cat. 

Die 4 Finalen siehe §. 29; Die 3 Finalen siehe §. 29. 

Initium. Initium. 

Tonns Y. tIj ^ , ^ w w e^ Tonns YI. T^ u >^ w ^ 



Ma-gni - fi-cat. Mä-gni - fi-cat 

Initium. Initium. 

Tonns YD. -;^ ^ >^ " h ^ rp^^^g Ym. ^ ^ ^ / ^ ^ ^ 



Ma - gni - fi-cat Ma-gni - fi-cat 

Die 5 Finalen siehe §. 29. Die 2 Finalen siehe §. 29. 

§. 31. Vesper, Completorinm. 

I. Jedes Officium hat sieben Teile oder horce (Hören, 
Gebetsstunden), welche in den folgenden Paragraphen nach 
ihren Bestandteilen erklärt werden sollen.^) 

Die meisten Feste haben zwei Vespern, die erste am 
Vorabend, die zweite am Abend des Tages. Die mit jedem 
Jahre wechselnde Ordnung der Vesper findet sich im Kirchen- 
kalender angegeben. Ist die Vesper vom nächsten Tag, so 
sagt das Directorium: Vesper cb de sequenti; ist sie vom Tage, 
so heisst es: In IL Vesp.; ist die Vesper geteilt, so lautet 
die Rubrik: Vesp. a Capitulo de sequenti, d. h. bis zum Kapitel 
wird die 11. Vesper des Tages, von da an die erste des fol- 
genden Festes gefeiert 

^) Was allen Hören gemeinsam eigentümlich ist, wird an der Stelle, 
wo es zuerst vorkommt, im ZusammenhaDg angeführt, später nur 
citiert. 



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§. 31. Vesper, Completorium. 125 

Die Vesper beginnt der Celebrans oder Hebdomadar 
nach dem stillen Pater noster und Ave Maria mit Deus in 
adjutorium meum, das festiven und ferialen Ton^) hat. 

• a) In Festo diipl. et semidupl. ad omnes horas. 
Hebdomad. 



De -US, in ad-ju - tö - ri - um me - um in-t6n-de. 

Chorus. 



3E 



* 



Dömine, ' ad adjuvändum me fe-sti-na. Gloria Patri, et Filio, 



^ "^ \ ^ =^ 



et Spiritui San-cto: Sicut erat in principio, | et nunc, 

\ ^ i ^ I W H l i j W 



et semper, | et in saecula saeculörum. A-men. Al-le-lü-ja. 

Von Septuagesima bis zum Gründonnerstag wird an 
Stelle des Alleluja gesungen: 



i 



Laus tibi Domine, rex aet^rnae glörise. 

b) In Festo simplici et Feriis ad Matutinum sind Dms in ad- 
jutorium und Domine auf einem Tone vorzutragen; das AUeluja 
aber wird wie oben gesungen. 

c) In Festo simplici et Feriis ad Landes et ad reliquas horas. 



J^. De - US in ad-ju -tö - ri - um me - um in-t6n-de. 

Bei jeder Vesper sind fünf Antiphonen zu singen, denen 
je ein Psalm mit Qhria. und Sicut erat folgt; nach dem- 
selben wird die Antiphon wiederholt. Der Kirchenkalender 
gibt AufscMuss, ob dieselben dem Psalterium^ dem Proprium 



*) Am Gründonnerstag und Charfreitag wird die Vesper nur recitiert, 
nicht gesungen, und beginnt, wi6 die Totenvesper, unmittelbar mit 
den Antiphonen und Psalmen. 



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126 §• 31' Vesper, Completorimö. 

de Tempore oder de Sanctis oder dem Commune Sanctorum 
zu entnehmen sind. In der Zeit von Septitagesima bis Ostern 
wird jedes Älleluja nach der Antiphon weggelassen, in der 
österlichen Zeit (Ostern bis Dreifaltigkeitssonntag exclusive) 
ist jeder Antiphon, die kein Älleluja hat, ein solches nach 
dem treffenden Tone beizufügen. 

In den authentischen Handausgaben des VespercUe Bomanum 
und Compend, Äntiphonarii sind die ÄUduja für die Osterzeit jeder 
Antiphon beigesetzt, meist mit der Abkürzung: T. p, = Tempore 
paschadi Älleluja; sie finden sich auch im Comm. Vesp. oder Äntiph, 
und als Beilagen nach den acht modi zusammengestellt. 

An jedem Feste bis semidupL (incl.) gibt der Intonator dem 
Celebrans die erste Antiphon an. Bei Ferialvespern und. in festis 
simpl. intoniert der Gdebrans ohne die prceintonatio,^) 

Nach dem Anstimmen der Antiphon 2) intonieren je nach der 
Festzeit zwei oder mehrere Sänger den Psalm nach den auf S. 118 
u. flgd. aufgeführten Tönen. 

Die Psalmen müssen vom Chor, von den Kanonikern^ 
Benefiziaten und allen zum Kapitel gehörigen Klerikern ernst 
und würdevoll (cum gravitate et decore)^) gesungen werden, 



') Diese Begeln und Vorschrifteil sind dem Direet. chori entnommen 
und gelten überaU, wo die nötige Zahl von Geistlichen, Altardienern 
und Sängern vorhanden ist. In kleineren Kirchen sollen die erste der 
^f Antiphonen, der Hymnus und die Antiphon zum Magnificat vom 
Celebrans intoniert werden, die Fortsetzung der Antiph., des Hymnus, 
Intonation und Eecitation der Psalmen fällt dem Musikchore zu. — 
Diesen Paragraphen liegen besonders die „Pramotanda" zum offi- 
zieUen Vesp. Rom. zu Grunde, welche teils dem Ccerem. Episc, teils 
dem Direet. chori entnommen sind. 

^) Beim Festum duplex nach der vom Chor abgesungenen Antiphon. 
Das Ccerem. Episc. sagt im 1. Buche, 28. Kap., §. 8: „In Vesperis 
solemnibus Organum pulsari solet in fine cujuslibet Psalmi^', weist 
aber auf §. 6 des nämlichen Kapitels hin, nach welchem die Anti- 
phon von einem aus dem Chore „intelligibili voce" recitiert werden 
muss, wenn sie nicht im gregorianischen Choral wiederholt oder 
unter Orgelbegleitung von einem Sänger vorgetragen wird. 

^) Von jeher haben Privatanweisungen und kircMiche Vorschriften den 
würdigen Psalmengesang betont. Eine Kirchenordnung aus dem 
Ende des 15. Jahrh. :för die Marienkirche in Ltlbeck (C. Stiehl zur 
Gesch. der K.-M. in Lübeck) ermahnt, dass die „Tyden" (Tagzeiten) 
nicht so „hergeslabbert weren, man se schölen se bescheÜken (deut- 
lich) und herrliken singen". Nach Einführung des neuen Glaubens 
in Lübeck (1531) schreibt der Verfasser der lutherischen Liturgie 
für Lübeck (Bugenhagen) ausdrücklich vor: „dass die Psalme nit 
avergerunipelt, ssunder fyn syllabatim pronunciret werden sollen". 



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§. 31. Vesper, Completorium. 127 

se dass die Worte deutlich verstanden werden können. Oloria 
Patri bis Sicut erat ist in feierlicherem Rhythmus zu singen, 
und alle Kleriker verneigen sich mit entblösstem Haupte. 

Die übrigen vier Antiphonen sind an KoUegiat- und Kathedral- 
kirchen*) nach der im Direct chori angegebenen Ordnung zu prä- 
intonieren, in kleineren Kirchen vom Kantor und den übrigen 
Sängern auszuführen. 

Nach Wiederholung der fünften Antiphon singt der Cele- 
Irans das Kapitel:^) 

Tonus Gapituli. 



Beätus vir, qui inv6ntus est sine mäcula, et qui post 
aurum non äbiit, nee sperävit in pecünia et thesäuris. 
Quis est hie, et laudäbimus b b ^ ^ ii ^ 



e - um? 



1^^^ ^ ^t ^ l M^pj w ^ l i 



Fecit enim mirabilia in vi-ta su-a. I^. De-o grä-ti- as. 

Ist das letzte Wort einsilbig, wie im Cap, Epiph. Dni: 
Surge illuminare, am in. Adventsonntag, am Feste Christi 
Himmelfahrt etc., oder hat es den accentus acutus, wie im 
Capit. ad Primam: Regi sceculorum, so wird in folgender 
Weise geschlossen: 



^) Bei Pontifikalvespem trifft die zweite Antiphon den assistierenden 
Diakon, die dritte den Presbyter assistens, die vierte den ersten 
Kanoniker im Chore, die fünfte den Subdiakon. Eine ähnliche Ord- 
nung kann bei levitierten Vespern eingehalten werden. Auf die 
Anfrage, ob bei Verteilung der Antiphonen und aller Intonationen, 
welche den Kanonikern obliegen, die Beihenfolge nach Alter zu 
beachten sei, oder ob der Kanonikus -Kantor diejenigen bestimmen 
könne, wdche im Gesänge besser unterrichtet sind, antwortete die^ 
S. R. C. die 7. Sept. 1658, Puteolana 1091 (1928): „In distributione 
antiphonarum et reliquorum omnium, quse cantari debent a Oanonicis, 
semper servandum esse ordinem antianitatis non attenta majori ha- 
bilitate, et experientia modulandi^. 

*) In der Osterwoche und im Officium Defunctorum wird kein Kapitel 
gesungen. Der Hymnus bleibt aus, wenn das Kapitel wegfällt. 



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128 §• 31. Vesper, Conipletorium. 



M w M M |^. w || w nun m w ■~r,, i ^n 



Su-per te or-ta est. In sse-cu-la sae-cu-lö-rum. Amen. 
Das I^. Deo gratias aber bleibt wie oben. 
Der Celebrans intoniert den Hymnus, der Chor fahrt 
fort und beendigt die erste Strophe.^) 

Die letzte Strophe des Hymnus wechselt öfter, je nach der 
Festzeit. Diese Veränderung steht regelmässig im Kirchenkalender 
(auch Direct, chori) und gilt dann Sir alle Hören, die gleiches 
Versmass haben. Im Hymnus Iste Confessor wird manchmal meruit 
supremos laudis honores statt meruit heatas scandere sedes gesungen, 
was im Direktorium entweder durch MS, oder mut 3. Vers, an- 
gegeben ist. 

Diejenigen Hymnenstrophen, bei denen eine liturgische Hand- 
lung (die genuflexio)^) vorgeschrieben ist, wie die erste von Veni 
Creator und Ave maris Stella, die Strophe crvx ave im Hymnus 
VexiUa Begis, Tantum ergo im Hymnus Fange lingua, wenn das 
AUerheiligste ausgesetzt ist, sowie überhaupt die erste und letzte 
Strophe der Hymnen müssen gesungen werden.^) Die nicht 
gesungenen Strophen der Hymnen kann man während des Orgel- 
spiels recitieren. 

Auf den Hymnus folgt der Versikel mit dem ßesponso- 
rium, denen zur österlichen Zeit ein Alleluja beigefügt wird. 



^) Chorus prosequitur in cantu piano, vel musicali, prout magis pla- 
cuerit; dummodo verba distinctte intelligantur; cui etiam intermisceri 
Organum poterit; dum tamen verba ipsa Hymni clara voce per ali- 
quos, ad id deputatos repetantur, vel cum organo cantentur.^' CsBrem. 
Episc. Lib. II., Cap. 1, §. 11. 

*) Die Kniebeugung ist für die ganze Strophe (ad integram stropham) 
der betreffenden Hymnen vorgeschrieben nach Entscheidung der 
S. ß. C. 14. Nov. 1676 ad 7. Bituntin. 1583 (2805). 

*) Ccerem. Episc, Lib. /., Cap. XXVIIL, §. 6: „Reguläre egt, sive in 
Vesperis, sive in Missa, ut primus versus Canticorum et Hymnorum, 
et pariter versus Hymnorum, in quibus genuflectendum est, qualis 
est ^, Te ergo qudmimtis etc. et y. Tantum ergo Sacramentum etc. 
quando ipsum Sacramentum est super altari, et similes, cantentur a 
choro in tono intelligibili , non autem suppleantur ab orgaao: sie 
etiam ^. Gloria Fatri etc. (am Ende der Psalmen), etiamsi y. im- 
mediate prsecedens fuerit a choro pariter decantatus; idem servatur 
in ultimis versibus Hymnorum. Sed advertenduin erit, ut, quando- 
cumque per Organum figuratur aliquid cantari, seu responderi alter- 
natim versiculis Hymnorum, aut Canticorum, ab aliquo de choro in- 
telligibili voce pronuntietur id, quod ob sonitum organi non cantatur, 
et laudabile esset, ut aliquis cantor conjunctim cum organo voce 
clara idem cantaret." 



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§. 31. Vesper, Completorium. 

Toni Versiculorum. 

1) In Festo Duplici. 



129 



S^*^ 



y. Constitues eos principes | sjiper omnem terram, a, a - m./) 
I^. M6inores erunt | nörainis tui Dömine, e e. 

2) In Festo Semiduplici. 



^ >^^Si O ^ 



f. DirigÄtur Domine | oratio me - a a. 

^., Sicut incensum | in conspectu tu - o o. 

y. Angelis suis Deus mandävit de te e. 

I^. Ut custödiant te in omnibus viis tu - is, i - s. 

Dieser Ton trifft auch bei den Vers, und Resp. nach 
dem Resp, br. der kleineren Hören an allen Festen {ritti 
solemni his semid. inclusive). 

3) In Festis simplicibus et diebus ferialibus per totum Ofticium. 






f. Domine in eoelo ' misericordia tu - a. 

l^. Et veritas tua | usque ad nu-be - s. 

4) In Matutin und Landes der drei letzten Oharvs^ochentage, 
und in Vesper, Matutin und Landes des Officium Defunctorum wer- 
den die Vers, gesungen, wie folgt: 



*^ 



=i=W: 



^ 



f. Avertäjitur retrorsum | et e-rtt-b6-scant. 
1^. Qui cögitant mi-hi ma-la. 

y. A por-ta infe-ri. 

I^. Erue, Domine, äni - mas e - 6 - rum.^) 



^) Schliesst das Wort mit einem Konsonanten, so ist der Vokal zu 
neumisieren und der Konsonant erst ganz am Schluss zu sprechen. 
Es widerspricht dem guten Geschmack und den natürlichen Regeln 
des Gesangs Vortrages, dieses Neuma mit starker oder verstärkter 
Stimme, in schleppendem oder gestossenem Rhythmus zu Gehör zu 
bringen. Man singe dasselbe gebunden (legato) und mit weicher, 
im Stärkegrad abnehmender Stimme. 

*) In der I. Noktum des O/jSc. DefuncU bleibt, dieses IJ. auch pro uno 
Defuncto im Plural. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. O 



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130 §. iil. Vesper, Completorium. 

Die Antiphon zum Magnificat wird vom Celebrans in- 
toniert, vom Chore zu Ende gesungen und dann der erste 
Vers des Magnificat nach einem der auf S. 124 angeführten 
Töne angestimmt. Während des Absingens des Magnificat 
landet die thurificatio statt,*) welche vor der Wiederholung 
der Antiphon beendigt sein soll. 

Die einzelnen Verse des Magnificat sind stets (wie der 
erste Vers der Psalmen) feierlicher vorzutragen. 

Darauf folgt Dominus vobiscum mit Responsorium und 
die Oration des Festes. 

Wenn im Ferialofficium die sogenannten Preces treffen, so 
werden sie nicht mit Terzfall, sondern auf einem Tone gesungen. 
S. E. C. 9. Ma^ji 1739. Montis Polit. 2343 (4034). 

Die Versikel und Responsorien zu den Kommemoratio- 
nen,2) marianischen Antiphonen, vor dem AUerheiligsten, bei 
Prozessionen und ähnlichen Gelegenheiten haben folgende 
Gesangsweisen: 

Toni Yersiculorum in Commemoratione etc. 

^^* ^ w w 



^. Ora pro nobis | sancta Dei G6-ni-trix. 

I^. üt digni efficiämur ! promissiönibus Chri-sti. 

Bei einsilbigen oder mit accentus acutus am Ende ver- 
sehenen Wörtern, z. B. Amen, David, schliesst der Gesang 
nach folgendem Beispiele: 



*) Das Ccerem. Episc. befiehlt Lib. II, Cap. 3, §. 13: „Advertant can- 
torcs et organista, ut cantum et sonum invicem alternatim ita 
dimetiantur, ut ante repetitionem Antiph. inceosatio sit expleta.^ 
Vergl. auch 1. c, cap. 1, §. 16: „Quod si interim expleto cantico, 
Episcopus inciperet y. Dominus vobiscum pro Oratione dicenda, 
debet cessare thurificatio : anlmadvertondum tarnen, ut cantus Magni- 
ficat ita diraetiatur, ut cum thurificatione simul terminetur." 

2) Commemoratio = „Erwähnung eines Festes" findet statt, wenn zwei 
oder mehrere Officien auf einen Tag fallen. Da nur eines derselben 
ganz recitiert wird und zwar das höhere, so werden die andern in 
Laudes und Vesper nur kommemoriert ; die genaueren Angaben ent- 
hält der Diöcesankirchenkalender. Den Kommemorationen folgen 
manchmal die Suffragia Sanctortfm, welche im Director. und Brevier 
vor dem Completorium steheu, und mit Ausnahme der festa duplicia 
und der Tage infra octavam bei Laudes uud Vesper gesungen werden. 



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§. 31. Vesper, Üompletorium. 



131 



^ 



f. Fiat misericördia tua Domine su-per nos. 
I^. Quemädmodum sperävimus in te. 



m 



* 



y. Angelis suis Deus man-dä-vit de te. 

I^. Ut custödiaut te in Omnibus vi - is tu - is. 

Der Tonus orationis zur Kommemoration ist mit dem 
der Hauptoration gleich. 

Nach der Oration und den etwa treffenden Kommemo- 
rationen singt der Hebdomadar: Dominus vobiscum. In Do- 
minica et die solemni wird dann das Benedicdmus von zwei 
oder mehreren Kantoren, ausserdem a binis Musicis vel ab 
uno nach einer der folgenden Melodien gesungen. (Vgl. auch 
§. 27, S. 113.) 

Toni Benedicamus pro Officio. 

1) An den höchsten Festtagen: ^^^^ ^j ^^^j^ 

Be-ne-di-cämus Dö-o-o - o-o- mi-no. 



* 



I^.De - grä-ti ~ 





2) An Muttergottesfesten :0 



as. 



Modus L 



\^ ^ ^ n ^ u \ fs^i n 



Be - ne-di-cä-mus D6 



nu-no. 



lir^ n ' fS ^ ' ^ =fc 



I^.De 



grä - ti - as. 



*) Auch bei der Vesper am Freitag, wenn am folgenden Samstag das 
Muttergottesofficium trifft oder wenigstens noch in der Vesper kom- 
memoriert wird, sowie in der Oktav von Naüvitas und Corptfs Dni 
und an aUen Festen, deren Hymnus mit Jesu tibi sit glöria, gui 
natus es de Yirgine schliesst. 



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132 



§. 31. Vesper, Oompletorium. 



3) An Apostelfesten und beim ritus duplex majvLS, minus oder 
II classis. Modus I. 



Be-ue-di- cä-mus D6 - 



^♦^ ■ S^ ■ 1 ^ t^<tl^ w Jl 



mi - no. 



]^. De - grä - ti - as. 

4) An den gewöhnlichen, auch Advent- und Fastensonntagen, 
an semidupL Festen und innerhalb der Oktaven, welche nicht einem 
Muttergottesfeste angehören. Modfts L 



^m=^ 



± 



^^ 



S 



Be - ne - di - cä-mus D6 



mi-no. 



'^1 >'"^ r^ 



w 



]^. De - grä - ti - as. 

5) Vom Charsamstag bis zum Freitag in der Osterwoche inckis., 
sowie bei der Vesper am Samstag vor Septuagesima. Mod, VHI. 



j jtWWWl^W | i jWW| W w>^ W|JL> i f^»W ^j i ^ i^ 



Be-ne-di-cämus D6mi-no, al-le-lü-ja, al-le - lü - 3a. 
I^. De - grä-ti-as, al-le-lü-ja, aMe - lü - ja. 

6) An Festen mit ritus simplex bei Matutin, Landes und Vesper. 

Modus L 



t 



f^ ^ ■ '^rf^ r-jr-f-fWr^ i '^rf^ » » ff 



te 



Be-ne-di-cä-mus D6 - mi-no. ^. De 



1*F 
grä, 



ti-as. 



7) Im Fmalofficium des ganzen Jahres zu Vesper, Matutin 
und Landes. Mod. IV. 



^]^nnn^n,^ n f^ | | ^ ^ ■ rf^ ^ 



Be-ne-di-cä-mus Dö-mi-no. I^. De - grä-ti-as. 
8) Beim Totenofficium wird statt Benedicamus gesungen: 



IM ^ P^ 



r^ w I I li^ 



ße-qui- 6-scant in pa- ce. I^. Ä-men. 

Die aufgeführten acht Gesangsweisen werden nur am 
Schlüsse der Matutin, Laudes und Vesper gebraucht. 



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§. 31. Vesper, Completorium. 133 

Folgendes Benedicdmtis trifft bei Prim, Terz, Sext, Non 
und Komplet an jedem Feste und Tage während des Kirchen- 
jahres ohne Unterschied des Eitus und der Zeit. 
9) In den kleinen Hören und im Completorium. 

^^ w w w ^— WT ^ w fl^ II 



Be-ne-di-cä-mus D6-mi-no. 
I^. De - grä - ti - as. 

Auf Benedkdmus folgt immer Fidelium änimce per nii- 
seHcördiam Dei requiescant in pace, I^. Amen, in tieferem 
Sprachtone ohne Veränderung der Stimme.^) 

Wenn der Vesper nicht unmittelbar das Completorium 
folgt, betet der Celebrans ein stilles Pater noster, recitiert 
ohne Tonfall (mediocri voce) Dominus det nobis suam pa- 
cem, und der Chor antwortet in gleicher Weise Et vitam 
ceternam. Amen, 

Je nach der Zeit des Kirchenjahres intoniert der Cele- 
brans eine der vier marianischen Antiphonen.^) 

1) Von Advent 1 2) Von Lichtmess I 3) Von Ostern bis zum Drei- 

bis Lichtmess inclusive. | bis Gründonnerstag. | faltigkeitssonntag excl. 



AI - - - ma. A - ve. Re-gi-na coe-li. 

oder: 



bis Advent. 



4) Von Dreifaltigkeit d K J f ^fJ 1 

eent. jp \Z—\ — -^ — 1 



T 



Sal - ve. Sal- ve Re - gl - na. 

Die Orationen zu den vier marianischen Antiphonen 
werden im Ton, fer. (S. 88, 3) gesungen. Nach dem I^. Amen 
der Oration wird in einem tieferen, gleichsam harmonisch 
abschliessenden Ton Divinum auxüium mdneat semper nobis- 
cum mit dem I^. Amen (submissa voce) recitiert. 

Nur die Kathedral- und Kollegiatkirchen sind verpflichtet, 
die Vespern nach Vorschrift des Kirchenkalenders zu singen;. 

„Fid61iuin änimse, Dominus det nobis, Divinum auxüium, submissa 
voce sine vocis variatione canuntur^, — Prsenotanda ad Vesp. Born. 

^) Im Vesperak Rom. steht für den Gebrauch im Chore eine feierliche 
und einfache Gesaogsweise der marianischen Antiphonen, für das 
Salve Regina aber noch eine dritte Melodie. 



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134 §• 31. Vesper, Completorium. 

in den Pfarr- oder Nebenkirchen, in denen keine Verpflich- 
tung zum Chorgebete besteht, kann die Vesper auch von 
einem andern OflScium genommen werden, muss sich jedoch 
genau an den Text halten, der beim gewählten OflScium 
(z. B. de 8s. Eucharistiw Sacf-amento, de B, Maria Virg., de 
8. Joseph u. s. w.) vorgeschrieben ist, ohne zu kürzen oder 
abzuändern. Auch dürfen solche Vespern an den Wochen- 
tagen der Fastenzeit (z. B. 19. u. 25. März) nicht als Nach- 
mittagsandachten behandelt werden.^) 

II. Wenn das Kompletorium mit der Vesper verbunden 
wird, singt der Kantor oder Lektor nach dem Amen des 
y. Fidelium: 



w n 



y. Jube, domne, be-ne-di - ce - re. 
Der Hebdomadar oder der Celebrans antwortet: 

1,. I I ^ m 



Noctem quietam, et finem perf6ctum | 

concedat nobis Dominus omni-po-tens. Q. Amen. 

Darauf folgt im Lektionstone (siehe §. 32, S. 139) Fra- 
tres: Sobrii estöte mit dem I^. Deo grdtias und y. Adjutö- 
rium nebst ]^. Qui fecit coelum et terram, Pater noster ist 
still zu beten. Confiteor nebst Miseredtür und Indulgentiam 
wird nur recitiert, nicht gesungen. 

Mit Abrechnung unbedeutender Änderungen in der Charwoche 
und der Osterzeit ist das Completorium im ganzen Jahre gleich. 
Der Antiphon Miserere (oder Aüdüja) folgen stets die vier Psalmen 
und zwar in festis L und IL dassis oder bei duplex majus im tonus 
festivuSj an allen Festen, welche im Kitus semiduplex oder simplex 
gefeiert werden, sowie beim Ferialofficium im tonus ferialis. An 
diese nie wechselnden Psalmen schliesst sich nach Absingung der 
Antiphon der Hymnus Te luds an, dessen Gesangsweise im offi- 



^) Siehe die eingehenden Darlegungen und Entscheidungen der S. B. C. 
in Mus. Sacra 1890, S. 84. Die Vesper vom aUerheil. Altarssakra- 
ment hat der Verfasser dieses Buches in Violinschlüssel mit weissen 
Noten und mit deutscher Übersetzung der liturgischen Texte zum 
Gebrauche bei Nachmittagsandachten veröffentlicht. 



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§. 31. Vesper, Completoriuin. 135 

ziellen Vesperdle Born, (je nach der Festzeit und dem Officium ver- 
schieden) genau angegeben ist.*) Siehe auch §. 33, Anmerk. S. 14^3. 

Darauf folgt das Kapitel mit ]^. Deo grätias und das 

sogenannte Resp, breve mit eigener Gesangsweise. 

1^. br. zur Komplet während des gewöhnl. Kirchenjahres: 



\\i , rfl ■ 1 ^ 1 " " " " > n N , N W >| 

T> r„ T— x._ _-. -rvi • */^ Jt— J^ 1 _i j. 



I^. br. In ma-nus tu-as D6-mi-ne*Comm6ndo spi-ri-tum me-um. 
In manus. 



1^ W rf< T *< W ^ ^ ^-^ W M W Ja 



1?^. Red-e-mi-sti nos D6-mi-ne De-us ve-ri-tä-tis. 
Comm6ndo. 



|r-^ M ■ ^-M I w t ^ ^, J .^ n >^n ^ ^~^ 



y. Glö-ri-a Pa-tri, et Fi - li-o, et Spi-ri-tu-i San-cto. 
In manus. 

Den Tomis zum ^, br. der Komplet während der österlichen 
Zeit siehe unten S. 145. 

Das Canticum Nunc dimütis wird wie die Psalmen (also 
nicht wie das Canticum Magnificat) behandelt. 

Die Preces werden bei rit. semidupl im Versikelton S. 130 ge- 
sungen, im ferialen Officium jedoch nur recitiert. Orationsgesangs- 
weise für Visita siehe §. 22, fär Benedicämus Dno. S. 133, Nr. 9. 

Dann singt der Celebrans vor der treffenden mariani- 
schen Antiphon (S. 133) die Benedictio: 



>^ w w ^ -^ 



Benedicat et custödiat nos omnipotens et mi-se-ri-cors Do 



minus Pater, et Fi-li-us, et Spi-ri-tusSanetus. R.Amen. 

Das Officium des Tages schliesst nach dem Divimim auxilium 
mit stillem Pater noster, Ave Maria und Credo, 



*) Das Conipletwnum für sämtliche Feste des Kirchenjahres mit genauer 
Angabe der wechselnden Hymnenmelodien und der marianischen 
Antiphonen ist beim Verleger der offiziellen Choralbücher in einem 
Heftchen erschienen, zu welchem Jos. Hanisch die Orgelbegleitung 
verfasste. Für kleinere Kirchen, in denen nur zu gewissen Zeiten 



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136 

§. 32. Matutin und Laudes. 

I. Sämtliche Matutinen sind im offiziellen Äntiphonarium 
Romammi enthalten. Da jedoch bei den gegenwärtigen Zeit- 
verhältnissen nur an einigen Festen des Kirchenjahres der Ma- 
tutinengesang üblich ist, so wurden für diese Tage die Matu- 
tinen eigens zusammengestellt^) Als allgemeine Normen gelten : 

Alle festiven und ferialen Matutinen beginnen nach dem 
stillen Pater noster,']Äiie Maria und Credo mit: 



* 



y. Dömine | läbia mea äp^ries.^) 

R. Et OS meum | annuntiäbit laudem tuam. 

Dens in adjutöiium im festiven oder ferialen Tone 
siehe §.. 31, S. 125. 

Das Invitatoniim ist je nach dem Feste verschieden. 
Es wird durch den astertscus * in zwei Teile geteilt und 
abwechselnd nach den einzelnen Versen des 94, Psalmes 
entweder ganz oder im letzten Teüe gesungen. 

Beim Officium de Tempore ist es dem Proprium de Tempore, bei 
den Festen der Heiligen dem Proprium Sanctorum oder Commune 
Sanctorum zu entnehmen: also am Feste einer Jungfrau z. B. aus 
dem Commune Virg., eines Apostels ans dem Comm. ÄposL (wenn 
im Proprium de Sanctis kein eigenes steht). 

Am Feste der heiligen Dreikönige, an den -letzten drei Tagen 
der Charwoche und beim Toten officium mit einer Nokturn bleiben 
Invitatorium und Psalm ganz weg. — In der österlichen Zeit 
wird dem Invitatorium ein Ällelüja beigefügt, das im Äntipho- 
narium eigens verzeichnet steht. Das Gloria Patri bleibt im Offi- 
cium de tempore (Sonntag oder Ferie) von Passionssonntag bis 
Ostern weg. Im Officium Defunctorum wird statt Gloria Patri.' 
Requiem ceth-nam etc. gesungen. Ist der Text des Invitatorium 
dem 94. Psalm entnommen (wie z. B. in der Feria 11. oder am 



liturgische Nachmittagsandachten gehalten werden, ist das Absingen 
des Korapletorjums statt der Vesper sehr zu empfehlen. 

1) Siehe §. 18, S. 72. 

2) Im Officium hebd. s. und am Feste der hl. Dreikönige beginnt das 
Officium sogleich mit den Antiphonen und Psalmen. Wenn beim 
Officium Defunct. die drei Noktumen gesungen werden, so ist mit 
dem Invitatorium zu beginnen; im gewöhnlichen Offixi. Defunctorum 
wird am Montag und Donnerstag die erste, am Dienstag und Freitag 
die zweite, am Mittwoch und Samstag die dritte Nokturn ohne In- 
vitatorium gesungen. 



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§. 32. Matutin und Laudes. 137 

Passionssonutag), so werden die gleichen Worte des Psaliiaes aus- 
gelassen. 

Die zehn verschiedenen Gesangsweisen zum Invitatoriums- 
psalme Venite exstdtirnus linden sich für die acht Töne feierlich, 
für den IV. Ton in drei, für den VI. in zwei Arten im Äntiphonar,, 
Directorium chori^) und Gantorinus Bomanus. Die Cantores^) singen 
zuei-st das treflfende Invitatorium ganz, der Chor repetiert es: dann 
wird der Psalm Venite von den Cantores gesungen, während der 
Chor nach den einzelnen Psalmversen das ganze oder halbe Invita- 
torium wiederholt. 

Auf das Invitatorium folgt gewöhnlich der Hymnus; 
ohne Hymnus sind die drei Tage vor Ostern und die ganze 
Osterwoche, das Fest der heil. Dreikönige (6. Jan.) und das 
TotenofScium. 

Im Officium de Dominica et die solemni intonieren die Sänger 
dem Hebdomadar den Anfang des Hymnus, der Hebdomadar 
wiederholt diese Intonation. Ist das Officium nicht feierlich oder 
de Dominica, so intoniert der Chor den Hymnus. 

Derselbe steht gleich dem Invitatorium entweder beim Feste 
angegeben (im PsaUerium dispositum per hehdowM. Fropr, de Temp, 
oder de Sanctis) oder wird aus dem Commune Sanctorum genommen. 

II. Auf den Hymnus folgen die Nokturnen ßorce nodur' 
nxje). Drei Nokturnen haben alle Feste ritu dupl et semid. 
(mit Ausnahme von Ostern und Pfingsten mit Oktav) und alle 
Sonntage; eine Nokturn haben die festa svmph, die Ferien 
und Vigilien, sowie Ostern und Pfingsten mit Oktav. 

Die Nokturnen bestehen aus iVntip honen,') Psalmen/) Ver- 



^) Der 8. Ton steht nicht im Commune Directorii oder Antiphonmni, da 
er nur einmal im Jahre, bei der 3. Nokt. in festo Epiphanice trifft; 

*^) Genauere Angaben, wie beim feierlichen Officium im Chore die Plu- 
vialisten als Cantores, der Offiziator in der Person des Vicarim, 
Canonictis, Dignitarius oder Episcopus die Intonationen in bestimmter 
Ordnung und Reihenfolge auszuführen haben, finden sich in den 
liturgischen Werken, besonders im Cceremoniale Episcoporum, kurz 
und ttbersichtlich auch in Schneiders Manuale (Jlericorvm. 

') Je nach Zeiten und Festen werden sie aus den fünf Abteilungen des 
Breviers genommen, ritu dvplici vor und nach dem Psalm ganz 
gesungen (siehe S. 117), bei niederem nto aber am Anfange bloss 
angedeutet (bis zum *). In der österlichen Zeit wird bei jeder 
Noktum nur die erste Antiphon mit Alldüja für die drei Psalmen 
genommen; eine Ausnahme bilden die Matutinen von Christi Himmel- 
fahrt und Pfingsten. 

*) Die 1. Nokturn de Dom. hat zwölf Psalmen (je vier für eine Anti- 
phon), die 2. und 3. Nokturn haben je drei Psalmen und Antiphoner. 



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138 §• 32. Matutin und Laudes. 

sikel (t,) und Eesponsorium (^.), Absolutio und Benedictio, 
sowie Lektionen mit Responsorien. 

Nur wenn den Psalmen unmittelbar eine Antiphon vor- 
hergeht, werden sie von den Kantoren intoniert; folgen also 
mehrere Psalmen ohne eigene Antiphon nacheinander, so in- 
tonieren die Kantoren nur den ersten. 

Anmerkung. Bei dem Psalmengesan^ an den drei letzten Tagen 
der Charwoche wird jeder Psalm ohne den Vers Gloria Patri etc, 
geschlossen. Für die letzte Hälfte des letzten Verses hat sich ein 
eigener Ausgang gebildet, der bei jedem Psalmton ohne Unterschied 
angewendet wird, nämlich: k ^ ^ -^ ^ 



Z. B. Ps. 23, V. Ton, 10. Vers.: 

Mediatio. AUe, feierlich, langsam und kräftig. 

1 »^ MI ^ 1 



Quis est iste Eex glö-ri-se? * Dominus Tirtütam \ ipse 



i=i= 



i 



:«==*: 



est Eex gl6 - ri - ae. 
Nach dem VersikeP) singt der Hebdomadar: 

1 ^ 1 X II > ^ 1 Ni l 



Pa-ter noster. secreto. f. Et ne nos indücas in tentati-6-nem. 
I^. Sed libera nos a ma-lo. 

und die sogenannte Absolutio, von denen eine als Beispiel 
aufgeführt ist: 



^ 



Exäudi Dömine Jesu Christe | preces servörum tuo- 



Die Ferien haben eine Nokturn mit zwölf Psalmen und sechs Anti- 
phonen, die festa dupl. und semid. bei den drei Nokturnen je drei 
Antiphonen und Psalmen, die festn simpl. und VigÜioe, die Anti- 
phonen und Psalmen der betreffenden Ferie, also sechs Antiphonen 
und zwölf Psalmen. 

^) An Sonn- und Festtagen singen zwei oder mehrere Kantoren den 
Versikel, in Feriis et Festis non aolemnibus zwei vom Musikchor, 
an Vigilien, Quateraber und den Advent- und Fastenferien aber nur 
einer vom Musikchor. — Die Toni Versiculorum siehe §. 31, S. 129. 



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§. 32. Matutin und Laudes. 139 



^ 



rum, I et mise-rö - re no-bis, qui cum Patre et Spiritu 

Chorus. 
M I I H i I I 



Sancto I vivis et regnas | in ssecula ssecu-lö-rum. A-men. 
Ein minister choro assistens tritt an den für die Lesung 
bestimmten Platz und singt: :p— ^ W j ^ ^^l ^y ^ 



Ju-be, domne, be-ne-di-ce-re. 

Der Hebdomadar antwortet mit der Benedictio. Von den 
zwölf gewöhnlichen Benediktionen folgt eine als Beispiel: 

W M 1 M N M 



Benedictio- - - - - ne per-p6-tu-a, 



1 , II n II 



benedicat nos Pater se - ter-nus. I^. A-men. 

Beim Htm mnplex, ferioHis und im 0/7?c. B, 7. Marice in Sab- 
hato lauten Absohition und Benediktion wie in folgendem Beispiel : 

Absolutio. 

Precibus et möritis Beätse Marise semper Virginis, | et 
ömnium Sanctorüm | perducat nos Dominus | 



8 w w w w 



i ^x w ^ , 11=^=^: 



ad re-gna coe-lö-rum. I^. A-men. 
Benedictio. 



Nos cum prole pia | benedicat Virgo Ma-ri-a. I^. Amen. 

Der Lektor (der minister choro assistens) singt hierauf 
die Lektion in folgender Weise: 

Tonus lectionis. 



a , II ^ 1 



De Actibus Aposto - 16-rum. Petrus autem et Joannes 

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140 



§. 32. Matutin und Laudes. 



^ 



Sic dicitur Functunu 



ascend^bant in templiun i ad horam orationis no-nam . . . 

Sie die. monotuUabum, 



S 



^£ 



* 



Intaens autem in eum Petrus cum Joanne dixit: r6-spi-ce 

tnU accentu» aeutu». Si<i can. InterrogaHo. ') Ute regulariter finitur htti. 



^ 



T^FR 



E^ 



in nos. — Quid ergo erit no-bis? Tu au-tem D6mi-ne 



r~r~i" 



^^ 



' W H k 

mi - se - re - re no - bis. I^. De - o grä- ti - as. 

Anmerkung. Die Lektionen beim Officium Defunctorum und 
an den drei letzten Tagen der Charwoche haben keine Ah- 
solutio, Benedictio und kein Tu autem Domine, Der Lektor beginnt 
die Lektion nach dem stillen Pater noster, beobachtet die Inter- 
punktionen nach obiger Gesangsweise, schliesst jedoch nicht mit 
dem Fall in die Quint oder in einer andern Melodie, sondern mit 

. dem Hauptton, laugsamer und etwas gedehnt; z. B. Finü. 



^SEMz 



^ 



^ 



JK W 



i 



w w 



^ 



i 



•^l-M- 



Vi - si - tä - ti - tu - a cu-sto- di- vit spi-ri-tum me-um. 

Die erste Nokturn der drei letzten Char Wochentage hat ihre 
Lektionen aus dem Propheten Jeremias. Für diese Threni oder 
Lamentationes besteht eine eigene tiefernste Gesangsweise im sechs- 
ten Töne. 

Tonus Lamentationis. 



De Lamenta-ti - 6-ne Je-re-mi-« Proph6 - tse. Heth. 



^ ^I ^W ^N W |W W >^W>^ 



E^ 



^m 



-W-M- 



Co-gi-tärvit D6mi-nus dis-si-pärremurum fi-li-ae Si-on: 



^ 



*^ 



* 



te-töndit fu-ni-cu-lum su-um, et non a-vertit manum su-am 



*) In der 9. Lektion des Weihnachtsfestes (und in ähnlichen Fällen), 
wo bei den Worten „factum eat?^ accentua acutum und interrogatio 
in Kollision zu kommen scheinen , wird die interrogatio auf est ge- 
sungen, der accentus acutus aber fällt aus. 



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§. 32. Matutin und Laudcs. 



141 



=Ft*= 



a per-di-ti-o-ne: lu-xitque an-te-mu - rä - le, et mu-rus 



^ ^^- JL4 ^ 



pä-ri-ter dis-si-pä - tus est. 
Jede Lamentation schliefst mit: 



Je - rü - sa - lern, Je - rü - sa - lern, con-v6r - te - re ad Dö- 



M 



-w— w- 



mi-num De -um tu 



um. 



in. Auf jede Lektion folgt das Responsorium, welches 
aus drei Teilen besteht. Der erste wird eigentlich Eespon- 
sorium genannt, der zweite beginnt mit dem Versikei, im 
dritten Teile wird die zweite Hälfte des Responsoriums vom 
* (asteriscus) an wiederholt. 

Hat die Matutin drei Nokturnen, so wird dem dritten ^, der, 
I. und II. und dem zweiten ^. der III. Nokturn (die Passionszeit 
ausgenommen) nach dem ^, noch Gloria Patri etc. beigesetzt und 
dann erst die zweite Hälfte des Responsorium wiederholt. Besteht 
die Matutin aus einer Nokturn, .so trifft das Gloria Patri beim 
zweiten Responsorium. 

Wenn aber Te Deum ausfällt, so wird der y. Gloria Patri dem 
dritten 1$. der III. (resp. einzigen) Nokturn angehängt. 

Abänderungen dieser Ordnung in den Responsorien der Matu- 
tinen zti Weihnachten, Ostern, der Passionszeit, Charwoche etc. 
sind im Antiphonarium Romamim genauer verzeichnet. 

Noch ist zu merken , dass in Festis solemnibus et Dominicis 
privüegiatis der Hebdomadar die neunte Lektion zu singen hat. 

An Sonn- und Festtagen gibt der Kantor die Intonation 
des Te Deum dem Hebdomadar an, und dieser wiederholt sie- 
lst kein Fest solemne oder Sonntag, so treten die Cantores 
in die Mitte des Chores und intonieren den ambrosianischen 
Lobgesang. 

Intonatio Hymni Ss. Ambrosii et' Augustini. Modm UL et IV. 



# I» 1- 



Te De - um lau - da - mus. 



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142 §. 33. Prim. Terz. Sext. Non. 

Eine einfachere, vielleicht sogar vom Volke zu erlernende Ge- 
sangsweise wurde im Jahre 1877 von der S. R. C. approbiert. 

IV. Die Lau des beginnt der Hebdomadar mit Deus in 
adjutörium. Nach dem Gloria Patri mit ÄUelüja oder Latis 
tibi Dömine folgen die fünf Antiphonen mit Psalmen, das 
Kapitel, der Hymnus, der Versikel und die Antiphon mit 
Benedictus}) Wenn Preces treffen, werden sie im Ferial- 
oflScium nur recitiert, bei Ht semid, im Versikelton gesungen. 
Nach Dominus vobiscum mit Tagesoration folgen die etwaigen 
Kommemorationen und das Benedicämus nach §. 31, S. 131. 

Was über Ordnung der Intonation bei der Vesper be- 
merkt wurde, gilt auch für die Landes. 

Im Officium de Dominica werden die Antiphonen aus dem 
Psalterium genommen/) an den Festen der Heiligen aus dem 
Proprium oder Commune Sanctorum, an den Festen des Herrn aus 
dem Proprium de Tempore, an den Ferien aus dem Psalterium,^ 

Die Psalmen zu den Landes sind für alle Feste und Tage 
mit Ausnahme von Septuagesima bis Palmsonntag und der Ferien 
und Vigilien ausser der Osterwoche folgende fünf: 1) Ps.*92. Domi- 
nus regndvity 2) Ps. 99. Jubildte, 3) Ps. 62 und 66. Deus Deus meus, 
4) Canticum trium pueromm Benedicite, 5) Ps. 148, 149 und 150. 
LauMte Dominum, 

%. 33. Prim. Terz. Sext. Non. 

I. Der Gesang der kleinen Hören ist im Compendium 
Antiphonarii et Brev, Rom. in 8^, im Foliobande des Anti- 
phon. Born., welcher den Titel Horas diurnce trägt, und im 
Antiphonar. compendiose redactum für sämtliche Feste des 
Kirchenjahres ausführlich abgedruckt; im Compendium sind 
auch die Kapitel und Orationen, sowie die treffende Antiphon 
und der Wechsel in der Melodie der Hymnen mitgeteilt. 

Der Hebdomadar singt Deus in adjutörium (S. 125). Die 
Hymnen für Prim, Terz, Sext und Non haben laut Vor* 



^) Wie beim Magnificat (s. §. 30, S. 123) ist jeder Vers feierlich zu singen, 
'^) Die drei ersten Psalmen haben nur eine Antiphon. Die Advent- 

und Eastensonntage (incl. Septuag, bis Quinquag,) haben eigene 

Antiphonen und Psalmen. 
^) Die sechs Ferien vor Weihnachten, sowie die Ferien in der Char-, 

Oster- und Pfingstwoche haben ein eigenes im Proprium de Tempore 

verzeichnetes Officium. 



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§. 33. Prim. Terz. Sext. Non. 



143 



Schrift des Diredorium chori je nach den Festzeiten ver- 
schiedene Gesangsweisen, d. h. sie schliessen sich gewöhnlich 
der Melodie des Hymnus der Matutin oder der Landes an^ 
wenn derselbe gleiches Versmass hat. 

Anmerkung. Diese allgemeine Eegel wird nach dem genannten 
Direct chori durch folgende Tabelle erläutert: 



Es trifft die Melodie: 



an folgenden Tagen und Festzeiten: 



En clara vox, 
sol salütis, 
VexiUa Begis. 
Jesu Redemptor, 
CrudUis Herödes, 
Ad rigias Agni dapes. 

ScUütis JmmdncB Sator. 

Bedta nobis gaüdia. 
Jant sol recidit, 
Qtiem terra pontus. 



Melodia propria.") 



Hacdre Christe. 
JEtSrnaCkristimünera. 



RexgloriöseMärfi/rum, 



Im Offidumde Tempore während der Adventzeit 
« w « « n « Fastenzeit. 

In der Passionswoche. 

Vor Weihnachten bis Epiphanie. 

Am Dreikönigsfeste und während der Oktav. 

Während der österlichen Zeit, auch wenn das 
Officium nicht de Tempore ist. 

Christi Himmelfahrt mit Oktav und Verklär- 
ung Christi. 

Pfingsten mit Oktav. ^) 

Am Dreifaltigkeitsfeste. 

Am Fronleichnamstage mit Oktav, an allen 
Muttergottesfesten und so oft die letzte 
Strophe Jesu tibi sit glöria, Qui natus es 
de Virgine lautet. 

An den Sonntagen nach Epiphanie und vom 
dritten nach Pfingsten angefangen, sowie 
Septuagesima bis Quinquag. 

Am Allerheiligenfeste mit Oktav. 

An den Festen der Apostel und Evangelisten, 
sowie in duplic, deren H3rmnen mit denen 
der Hören nicht gleiches Versmass haben; 
z. B. Johann Baptist, Dedicatio S. Michaelis, 
Schutzengel, Kirchweih etc., sowie innerhalb 
der Oktaven; ebenso beim Comm. plurimor, 
Mart ausserhalb der Osterzeit, wenn die 
Feste ritu dupl. gefeiert werden. 

Innerhalb der Oktav eines Festes de Communi 
plur, Mart., oder wenn es semidupl. gefeiert 
wird, sowie in allen Festen de Comm, unius 
Mart., Confess. Pontificis und non Pontificis, 
Doctorum, Virginum und non Virginum, sie 
mögen dupL oder semid, sein. 



^) Der Hymnus zur Terz ist während der Pfingstoktav Yeni Creator 

Spiritus, 
*) An den Sonntagen per annum ist die Melodie für die Prim ver- 



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144 §• 33. Prim. Terz. Sext. Non. 

Der Hymnus Jam Itcds zur Prim, sowie die Hymnen 
zur Terz, Sext und Non fallen nur in den drei letzten Cliar- 
wochentagen und in der Osterwoche weg. 

IL Jede Höre hat eine eigene Antiphon, welche regel- 
mässig den Laudesantiphonen entnommen ist; zur Prim trifft 
dann die erste, zur Terz die zweite, zur Sext die dritte, 
zur Non die fünfte. An Sonntagen, Ferien und Vigilien 
sind eigene Antiphonen vorgeschrieben, welche von denen 
der Landes verschieden sind. 

Die Intonation der Antiphon vor den Psalmen steht dem Heb- 
domadar zu, Intonation und Fortsetzung der Psalmen, sowie der 
Gesang der ganzen Antiphon ain Ende derselben obliegt dem Chams 
Mnsicorum et Capellanorum. 

Beim Sonntagsofficium (deea) wird nach dem 53. Ps. Deus 
in nomine tuo von Septuagesima bis Ostern der 92. Dominus regnä- 
vitf vom 3. Sonntag nach Pfingsten bis Nativitas Domini und vom 
2. Sonntag nach Epiphanie bis Septuagesima der 117. Conßemini 
Domino, eingeschaltet. Dann folgen die zwei ersten Abteilungen 
des 118. Ps. (Beäti immaculdti und Betrihm servo tuo) mit dem 
Athanasianischen Glaubensbekenntnis Quicümque vtUt. An den Sonn- 
tagen in der Osterzeit bis Christi Himmelfahrt, sovde an den Hei- 
ligenfesten , welche im Eitus semid. und dupl. gefeiert werden, sind 
nur der 53. und die zwei Teile des 118. Ps. zu singen. 

Beim Werktagsofficium (de Feria) sind zwischen dem 53. und 
118. Ps. für Montag der 23., für Dienstag der 24., für Mittwoch 
der 25., für Donnerstag der 22., für Freitag der 21. Ps. einzulegen: 
am Samstag (de Sabb.) werden nur der 53. und die zwei Teile des 
118. gebetet. 

Das Kapitel singt der Hebdomadar. Die ßesp. brev. 
mit dem Vers, werden in allen Hören von zwei Sängern 
der capella Musicorum vorgetragen; an den Vigilien, den 
Advent-, Fasten- und Quatemberferien aber nur von einem. 

Die Melodie des Responsonum breve ist bei allen Hören 
im Kirchenjahr in der Regel gleich, nur der verschiedene 
Text bewirkt hie und da kleine Veränderungen. Die am 
häufigsten wiederkehrende Melodie lautet: 



schieden von der für Terz, Sext und Non und voa dei' Komple- 
toriumnielodic. 



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§. 33. Prim. Terz. Sext. Non. 



145 



N M 1 N > 1 P * I I N 1 ^ f << M 1 W 



i^ 



I^. Chri-ste Fi - li De - i vi - vi, * Mi - se - r6 - re no-bis. 
Der Chor repetiert das ganze Eesponsorium. 



M 



W W ^ W M ^ » II 



y. Qui se-des ad döx-te-ram Patris.^) Chorus. Miserere nobis. 



n n \n n ^ n u 1= ><^ 



:>tM= 



G16-ri-a Pa-tri, et Fi-li-o, et Spi-ri-tu-i San-cto. 

Gioriis: Christe Fili Dei vi vi, miserere nobis. y. Exsürge 
Christe ädjuva nos, ^, Et libera nos pt'opter nomen tuum.'^) 

Zur österlichen Zeit sind bei der Prim zwei Allelüja 
beizusetzen; ebenso müssen bei Terz, Sext und Non während 
der österlichen Zeit zwei Allelüja beigefügt werden. Die 
Meiodieformei für das I^. br. mit zwei Allelüja lautet:*) 



^ n ^ jlJi n \ n n >f=r=1 



:* 



^ 



%. Chri-ste Fi - li De - i vi-vi, ini-se-r6-re no-bis. * 



1 W I , »^ ^ M ^ 



Al-le-lü-ja, al-le-lü-ja. Der Chor wiederholt das Besp. 



\^ n H w ^ M w ^ 



-1t—*- 



Qui sur-re-xi-sti a m6r-tu - is. C%orMs; Allelüja, allelüja. 



M 



, | i ^ t, ^ ^ ^ I W i-1 1 M N N >^ w ^ >^ ^ 



G16-ri-a Pa-tri, et Fi-li-o, et Spi-ri-tu-i Sancto. 

Chorus: Christe Fili Dei vivi, miserere nobis, * allelüja, 
allelüja. Vers, mit Allelüja wie in Note 2. 



') Dieser f. wechselt öfters je nach der Festzeit; bei Muttergottes- 
festen z. B. lautet er Qui natus es de Maria Yirgine; die Verände- 
rung ist im Antiphonarium, auch Oompendium Ant angegeben. 

''^) Dieser Vers (nach dem Resp. hr.) hat in fest solemn., dtipl. und 
semid, die auf S. 129 unter 2 aufgeführte Gesangsweise, in fest, 
simpl und did)U8 ferial, jedoch die auf S. 129, 3 angegebene. 

^) Im offiziellen Antiphon, Homan. ist diese Melodie nur im Commune 
Antiphon, aufgenommen; bei den einzelnen Festen wurde durch fett- 
gedruckte Vokale die Silbenverteilung der Texte für Terz, Sext und 
Non nach Massgabe obiger Melodie angezeigt. 



Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 



10 



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146 §• 33. Prim. Terz. Sext. Non. 

An mehreren Festen des Kirchenjahres (z. B. Fronleich- 
nam) sind auch ausserhalb der österlichen Zeit zwei AUelüja 
angegeben, fallen aber weg, wenn z. B. das Offic. votiv, de 
Ss. Sacr. in der Zeit von Septuag. bis Ostern gesungen wird. 

Wenn die Preces treffen, werden sie im Ferialofficium nur 
recitiert, bei rit. semid, im Versikelton gesungen. Dann folgen: 
Dominus vohiscum, Oration Dömine Dens im Tonus simpL ferial. 
8. 87; Dominus voUscum, Benedicdmus Domino nach S. 133. Nr. 9. 

Nach dem Deo grätias der Prim findet täglich im Chor die 
Lesung ans dem Martyrologium statt.*) Der Lektor beginnt un- 
mittelbar, ohne sich eine Benedictio zu erbitten, die für den folgen- 
den Tag treffende Lesung *) im Lektionstone (siehe S. 139); z. B.: 

-k n i i \ n www n ~-^h- \ m l~ ■ || f < n" 



Ka-lendis Ja-nu-ä-ri-i, lu-na pri-ma, Circumcisio Do- 



^^ 



mini nostri Jesu Christi | et Octava Nativitatis e-jus-dem. 

Am Schlüsse wird täglich beigesetzt: Et älibi aliörum pluri- 
mörum sanctörum Märtyrum^ et Confessörum atque sanctärum 



^^ 3JUL-1 ^==1 



Vir-gi-num. Chorus: I^. De - o gra - ti - as. 

Am Vorabende des Weihnachtsfestes ^) erhebt sich die Stimme 
in die Oberquart bei den Worten: 

In Bethlehem Judae näscitur ex Maria Virgine factus ho-mo. 

Daran schhesst sich „im Passionstone" — ein ergreifender Zu- 
sammenhang zwischen Krippe und Kreuz! — der Satz: 

Nativitas Dömini nostri Je-su Chri-sti se-cundum carnem. 

Der noch übrige Teil wird im gewöhnlichen Tonus Lectionis 
zu Ende gesungen. 



^) An den drei letzten Tagen der Charwoche unterbleiben die Lesungen 

aus dem Martyrologium. 
^ Die Eubriken zum Martyrologium und dieses selbst geben nähere 

Aufschlüsse an. 
*) Den besonderen Ritus an diesem Tage siehe im Martyrologium. 



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§. 34. Die Weihwasßerausteilung an Sonntagen. 147 

Nach dem Martyrologium singt der Hebdomadar ab- 
wechselnd mit dem Chor den Versikel: Preübsa^ mit dem 
Terzfall, die Oration Sancia Maria (in tono fer.)^ dreimal 
Dens in adjutöriuni im Versikelton und die Oration Dirigere 
(S. 88, 3). Den Ton für die Lectio brevis siehe S. 139. 

IT. Bei Terz, Sext und Non folgt nach dem Dens in 
adjutörinm der Hymnus*) mit der nach der Festzeit verschie- 
denen Melodie (S. 143), dann wird die Antiphon intoniert, 
nach deren Tonart je drei Psalmen gesungen werden.^) Nach 
dem Gesang der ganzen Antiphon folgen Kapitel, Kf. br., 
Oration (immer Tonus simpl ferial S. 87, 2) und Benedicd- 
mus (S. 133, 9) mit FidÜium änimas auf einem Tone. 



Die ausserordentlichen Feierlichkeiten des 

Kirchenjahres. 

— •♦» — 

§. 34. Die Weihwasseransteilnng an Sonn- 
tagen, der Litaneiengesang. 

L An aUen Sonntagen wird vor dem Hochamte das 
Weihwasser ausgeteilt. Der Celebrans intoniert^) innerhalb 
der Osterzeit (vom Osterfeste bis zum Dreifaltigkeitssonn- 
tage excl) 

ga afag gag g 



Vi - oi a - quam. 

^) Am Pfingstfeste mit Oktav wird bei. der Terz statt des Hymnus 
Nunc sande der Hymnus Veni creätor Spiritus gesungen. 

^) Jede dieser drei Hören besteht aus je drei Abteilungen des 118. Ps. 
Bedti immaculäti; bei der Terz: Legem pone mihi, Memor eato und 
Bonitätem fecisti; bei der Sext: Deftcit in mlutdre tuum, Quömodo 
dUeoci und Iniquos; bei der Non: MirabUia testimönia, Clamävi in 
toto corde und Frincipes persecüti sunt Dieselben schliessen jedes- 
mal mit Gloria PaM, der erste Vers der neuen Abteilung wird 
jedoch nicht eigens intoniert, da keine eigene Antiphon vor- 
ausgeht. 

') Diese Intonationen nebst Fortsetzung, y^. und Orationen sind auf 
eigenen Tafeln auch einzeln gedruckt und wurden zum Gebrauche 
der Sänger und des Priesters auf starken Pappendeckel aufgezogen. 

10* 

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148 §• ^- I^Gr Litaneiengesang. 

Der Chor fahrt fort mit: Egredientem bis zum Psalm, 
dessen erste Hälfte, sowie Olöria Patri von Cantores, die 
zweite Hälfte vom Chor vorgetragen werden. Die Versikel 
mit den Eesponsorien sind mit Terzfall (§. 31, Nr. 5, S. 130) 
zu singen, dem J. OsUnde, 1$. Et salutäre wird in der Oster- 
zeit ÄlUlüja angefügt, die Oration hat den Ton, fer, p. 88, 3. 

ga cha hc 



Ausserhalb der österlichen | » - — ^^ ^ H^^ 



Zeit intoniert der Priester: . 

A-sper- ges me. 

und der Chor fahrt fort mit Dömine hyssöpo. Am Passions- 
und Palmsonntag bleibt das Gloria Patri weg und die An- 
tiphon wird nach dem y. Miserere repetiert; y. (ohne Alle- 
lüja) und Oration sind wie bei Vidi aquam. 

n. In den liturgischen Büchern sind nur drei Litaneien 
aufgezeichnet: Die zu Ehren aller Heiligen, die sogenannte 
lauretanische und die Namen -Jesu -Litanei. Nur diese drei 
Litaneien dürfen beim öffentlichen Gottesdienste ge- 
sungen werden.^) 

1) Die Allerheiligenlitanei ist für die Prozession 
am Feste des hl. Markus und an den drei Tagen der Bitt- 
woche im Directorium Chori, im Rituale oder Processionale 
Romanum und im Cantorinus Romantis enthalten. 

Die Allerheiligenlitanei am Charsamstag und Pfingst- 
samstag unterscheidet sich am Anfang und am Schlüsse in 
wenigen Noten von der für die Bittage geltenden Gesangs- 
weise; auch bleiben an diesen beiden Tagen mehrere Verse 
weg, und bei den heil. Jungfrauen ist die Aufeinanderfolge 
geändert.^) Zur Übung finden hier die einzelnen Teile der 
Litanei Aufnahme. 



^) S. R. C. 16. Juni 1880, 29. Oct. 1882, 6. März 1894, 28. Nov. 1895, 
11. Febr. 1898; vgl. Mus. s. 1898, S. 115. Seit 27. Juni 1898 hat 
die S. ß. C. eine Litanei vom heil. Herzen Jesu für jene Diöcesen 
approbiert, deren Oberhirten um die Erlaubnis der Einführung aus- 
drücklich nachsuchen. Den Text derselben siehe in Mus. s. 1899, 
S. 3; eine Choralmelodie dazu ist von offizieller Seite noch nicht 
ausgegeben. 

^) Die liturgische Vorschrift für den Vortrag lautet: „Zwei Sänger 
beginnen die Litanei und die übrigen antworten im gleichen Tone 



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* 



§. 34. Der Litaneiengesang. 
a) am Charsamstag und Pliiigstsamstag: ^) 



149 



Ky-ri-e e-16-i-soii. Chri-ste e-le-i-son. Ky-ri-e 



* 



1 ^ n n -*-i ^ 



^ 



W^ 



"^F^ 



e-16-i-son. Chri-ste au-di nos. Cbri-ste ex-äu-di nos. 



W I W W 



n H N 



^ 



Pater de coelis 



De -US, Mi-se-r6-re no-bis. 



^^ 



ittri =tt 



Sancta Ma - - ri - a, 0-ra pro no-bis. 

Omnes sancti Do - ct6-res, 0-rä-te pro no-bis. 



-K-tn ^ U M n n n w 



Omnes Sancti et Sanct« De - i, Interc6-di-te pro no-bis. 



^ w ^ W M ^ ^^^ 



n * n n 



Pro-pi-ti-us e-sto, Par-ce no-bis Dö-mi-ne. 



g=F 



1 W X 1 " I '^ 



w w n n 



Pro-pi-ti-us e-sto, Ex-äu-di nos D6-mi-ne. 



h " 1 W M >f 



3E 



W W ^ W =iF 



Ab o-mni ma-lo, Li-be-ra nos D6-mi-ne. 

In di - e ju-di-cii, Li-be-ra nos D6-mi-ne. 



^ N M l=F=r 



-K— «- 



n w n 



Pec-ca-to-res, Te ro-gä-mus au-di nos. 



auf die einzelnen Verse." Regel und Verpflichtung ist also die 
Wiederholung der ganzen Verse durch den Chor an den drei 
Tagen der Bittwoche, am Feste des hl. Markus, sowie Char- und 
Pfingstsamstag, ausdrücklich wiederholt in der Entscheidung der 
S. R. C. 16. Sept. 1865 S. Jacobi de Cuba Nr. 3135 (5348). Wenn 
aber diese Litanei bei ausserliturgischen Feierlichkeiten, z. B. bei 
Nachmittagsandachten gesungen wird, so sind folgende Vortrags- 
weisen geduldet: 1) Sänger: Sancta Maria y Chor: Ora pro iiobis, 
oder 2) Sänger einen ganzen Vers, mit Besp., Chor den nächst- 
folgendeo. 
^) Sie steht auch im Grad. Rom. und dessen Auszügen. 



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150 



§. 34. Der Litaneieogesang. 



X ^ >^ w I w n W w =>f 



^ MI 1 



1 — 3. Agnus De - i, qui tol-lis pec-cd-ta mun-di, 



ir~w~i" 



K=t 



W >^ M K IP 



1. par-ce no-bis D6-mi-ne. 2. ex-äu-di nos D6-mi-ne. 



t M W >^ W =><=g 



3. mi-se-r6-re no-bis. 



J-H->^ 



IT 1 w " 



-w— w- 



=*^ 



Chri-ste au-di nos. Chri-ste ex-äu-di nos. 

Hierauf beginnt der Chor am Charsamstag unmittel- 
bar das Kyrie der Messe für die Osterzeit, am Pflngstsams- 
tag das Kylie in festis solemnihus, 

b) Bei den Prozessionen am Marknstage, in der Bittwoche nnd 
bei Nachmittagsandachten. 

Zum Beginne der Prozession schreibt das Bititdle den 
Gesang der Antiplion Exsürge Dömine (IL modus) vor; 
dann folgt: 



H w w w ^ ^ T II _ 1 w w ,^ w N I I I 



^^f=w=^ 



Ky-ri-e e-16-i-son. Chri-ste e-16-i-son. Ky-ri-e 



SE 



1 W W I I l ^4 g -|^ 



-w— «- 



*f=*=*=t 



-w— w- 



e-16-i-son. Christe au-di nos. Christe ex-du-di nos. 

Die Melodien zu Pater de coelis, Sanda Maria, Propitius 
esto, Peccatbres, Agnus Dei, stimmen mit a) nberein. Dann 
folgen: 



1^ >1 » .^ W WFI W ■ n M i ll -Jj-W-t, W .^ H «n 



Christe audi nos. Christe ex-äudi nos. Ky-ri-e e-16-i-son. 



^ 



M_JJ_^ N ^ I I >j- N n l ^^it*^ ^iw^ 



Christe e-le-i-son. Ky-ri-e e - 16 - i-son. 

Der Psalm Deus in adjiitöHum wird im Ton, fer. (Ton. VI.) ab- 
wechselnd gesungen; die Vers, und Resp. sind mit dem Terzfall, 



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§. 34. Der Litaneiengesang. 151 

unter Beachtung der Kegel über einsilbige oder unbeugbare Wörter 
.(§. 31, Nr. 5, S. 130) vorzutragen. 

Werden die Orationen mit der clatis, maj, geschlossen, so trifff 
Ton. simpl fer,, p. 87, bei der dam. minor, der Ton. fer. mit dem 
Terzfall, p. 88. Nach Dominus vobiscum singen zwei Cantores: 



I W W >| W H ^ <^ W I 



f. Exäudiat nos omnipotens et mi-s6-ri-cors Dö^minus. 
und der Chor antwortet: 



A - men. 

^. Et fidelium dnimcB wird in tieferem Tone recitiert und mit 
^. Änien auf dem nämlichen Tone geschlossen. 

Die Prozession, bei der die Allerheiligenlitanei in dieser Form 
gesungen wird, heisst nach altem liturgischen Sprachgebrauch am 
Tage des heil. Markus Litanice majores,^) an den drei Tagen der 
Bittwoche aber Litanice minores. 

Diese Litanei wird auch beim vierzigstündigen Gebete nach 
römischem Ritus mit wenigen Einschiebungen bei der Abteilung 
Te rogdmus audi nos gesangen, und findet sich mit den vorge- 
schriebenen Versikeln und Orationen im Eittuüe Bomanum und im 
Appendix zum Compendium Antiph. et Brev. Born. 

2) Lauretanische und Namen-Jesu-Litanei. 

Ausser der auch für Privatandachten^) üblichen AUer- 
heiligenlitanei sind nur noch zwei approbiert und als streng 
liturgisch anerkannt: die lauretanische und die Litanei 



*) Diese Rogationen heissen die „grösseren", weil sie seit uralten Zeiten 
feierlicher begangen werden und noch zu begehen sind. Das Ccerem. 
Ep., Lib. IL, Cap. 32, bemerkt bei den drei Litaneien der Bittwoche, 
sie seien „aliquanto remissius" abzuhalten, während es fttr die er- 
steren den bischöflichen Segen und Verkündung des Ablasses anordnet. 
In Entscheidungen der S. R. C. Pannen, vom 9. Mai 1857, Nr. 3043 
(5233) wird festgesetzt: „In Processiouibus , quse obtinent in festo 
S. Marei, et in Rogationibus tolerari potest ut Antiphon» cantentur 
in Ecclesiis, quas Processio ingreditur, ritu Paschali. Non licet vero 
in Ecclesiis introgressa Processione interruptis Litaniis Sanctorum, 
invocare nomina Titularium, licet in iisdem non adsint Litaniis." 

') Für den Vortrag der Litaneien haben sich verschiedene Gewohn- 
heiten gebildet. Ausser dem S. 148 in Anm. 2 erwähnten Wechsel, 
werden in vielen Gegenden drei oder mehrere Versikel, besonders 
bei Wechsel zwischen Musikchor und Volk, nacheinander gesungen 
und denselben ein Ora pro nabis beigefügt. Für den Vortrag der 
Choralmelodie ist diese Art sicher unpassend. 



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152 



§. 34. Der Litaneiengesang, 



vom heiligsten Namen Jesus-/) nur diese sind in die litur- 
gischen Bücher (Bittiale, Processionale, Direct chori) auf- 
genommen und mit oflSziellem Gesänge versehen. 

Die einzelnen Kadenzen der lauretanischen Litanei 
sind folgende: 



^M '^ W M >^ W .*' IM '^ >1 X h I I H W »» p, W ^ 



Ky-ri-e e-16-i-son. Christe audi nos. Christe ex-äu-di nos. 
Chri-ste e-lö-i-son. 
Ky-ri-e e-16-i-son. 



M ^ N 



1 M l " ^ 1 ^ ^^ 



* 



Verse .1 —4. Pater de coe - lis De - us , mi - se - re - re no - bis. 



^ 1 " r^ w M »^ 



Verse 5 — 23. Sancta Ma-ri - a, o-ra pro no-bis. 



^ 



* 



W W II >^ M W ^ ^11 



Verse 24 — 40. Speculum ju - sti - ti - se , 



o-ra pro no-bis. 



* 



Ö!t 



1 X i l-^T 



Verse 41—50. Regina An-ge - 16 - rum , o-ra pro no - bis. 



ivi N jJ* i i t 



^ 



ö 



^£3E 



Agnus De - i, qui toi -lis pec-cä-ta mun-di, 



• ^M " 1 ■ 1 w M II *T " M-pr~w =^ 



1. par-ce no-bis Dö-mi-ne. 2. ex-äu-di nos D6-mi-ne, 



* 



w w 



INI» 



3. mi-se-r6-re no-bis. 

Seit langer Zeit wurde in Deutschland irrttimlicherweise die 
lauretanische Litanei mit Kyrie eleison u. s. w. geschlossen: die 
S, Bit. Congregatio aber fordert den Abschluss nach dem dritten 
Agnus Dei. In Rom wird der ^, Orapro nohis sogar von den Chor- 



Die letztere ist seit dem Decret S, Congr. Indulg. 16. Jan. 1866 
ebenfalls auf die ganze Kirche ausgedehnt. 



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§. 84. Der Litanei engesang. 



153 



Sängern, nicht vom Priester vorgetragen. Eine Wiederholung der 
ersten fünf Bitten ist nur dann vorgeschrieben, wenn überhaupt 
jede Anrufung, wie bei der Allerheiligenlitanei an den oben er- 
wähnten Tagen, repetiert werden muss. Es kann also SLuf Kyrie 
sogleich Christe, dann Kyrie folgen, wie exaüdi nos auf audi nos; 
ähnlich bei der Allerheiligen- und Namen-Jesu-Litanei. 

Die Oration ist vor der clausula minor und vor dem 
1$. Amen mit dem Terzfall zu singen. 

Die offizielle Oesangsweise der Namen- Jesu- Litanei 
ist folgende: 



* 



i^ 



-n—n- 



^ 



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Ky - ri - e e - le - i - son. Chri-ste e - le - i - son. 



^ 



ir-»- 



^ 



-Ü^ w X 



Ky-ri - e e - le - i-son. Je-su au-di nos. 

Jesu ex-äu-di nos. 



* 



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Verse 1 — 4. Pater de coelis De - us, mi - se - r6 - re no - bis. 



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Verse 5 — 42. Jesu, Fili Dei vi -vi, mi-se-r6-re no-bis. 



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43. Propitius e - sto: par-ce no- bis Je-su. 



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44. Propitius e-sto: ex-äu-di nos Je-su. 




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1. par-ce no-bis, Je-su. 2. ex-äu-di nos, Je-su. 



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154 §• ^^' 1^16 Kerzen- und Aschenweihe. 



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3. mi-se-re-re no-bis, Je - su. Jesu, audi nos. Jesu, ex-äudi nos. 

Diese beiden Anrntungen gelten als Versikel und es folgen 
daher unmittelbar die zwei Orationen Dömine Jesu Ghriste und 
Sandi nöminis tut, welche unter einer KoDklusion im Ferialton mit 
;dem Terzfall vor der clamtda minor (qui vivis et regnas in scecula 
sceculörum)^) und am Schlüsse derselben gesungen werden. 

%. 35. Die Kerzen-, Aschen-, Palmen-, Oster- 
kerzen- nnrt Tauf wasserweihe. 

I. Die Kerzenweihe am Lichtraesstage beginnt mit Do- 
minus vobiscunu Dann folgen fünf Orationen, welche im 
tomcs Simplex feriaiis (S. 87, 2) zu singen sind. Während 
der Austeilung der Kerzen singt der Chor die Ant. Lumen 
ad revelatiönem mit dem Cantic. Nunc dimittis: nach jedem 
Verse wird die Antiphon Lumen wiederholt. Nach der Anti- 
phon Exsürge Dömine singt der Priester die Oration Exaudi 
nos (nach Septuagesima mit vorhergehendem Flectdmus genua) 
in tono feriali. Der Diakon intoniert dann im Versikelton: 

Der Chor aber antwortet: 

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■y. Pro-ce-dämus in pa-ce. Chor. T^, In n6mi-ne Christi. Amen. 

Während der Procession werden vom Chore die Anti- 
phonen Ädörna thdUamum oder Bespönsum accepit, beim Ein- 
tritt in die Kirche das Eesp. Obtület^unt pro eo gesungen.*) 

IL Am Aschermittwoch wird vor der Aschenweiho 
vom Cliore die Antiphon Exdudi nos mit dem Psalmvers 
Salvum me fac und Gloria Patri gesungen, dann die Anti- 
phon repetiert. 

Die nun folgenden vier Orationen sind in tono feriali, 
S. 88, 3, zu singen. Während der Bestreuung mit der ge- 
weihten Asche singt der Chor die Antiphon Immutemur 



^) Das römische Rihude schliesst diese Oration nicht mit Per D6w»i- 

num, ßondern mit obiger Formel. 
-) Diese Gesänge stehen im GradualCy Processionale und Rituale Bom., 

sowie im Compend. Grad, et Miss. Rom. und Cantorinus Romanus. 



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§. 35. Die Aschen- und Palnienweihe. 155 

häbitu oder Inter vestihuliim, und zum Schlüsse das Eespon- 
sorium Emendemus in melius mit dem Y ^djuva nos und 
Olöria Patri. Zur Oration nach der Bestreuung mit Asche 
trifft der Ton. fer. 

in. Nach der Austeilung des Weihwassers ^) beginnt am 
Palmsonntag die Palmweihe mit der Antiphon Hosdnna filio 
Damd. Auf die Oiration Deus quem dillgere, welche der 
Priester in tono simpl. ferial. S. 87, 2, zu singen hat, folgt 
die Epistel. Nach derselben singt der Chor das Responsorium 
ColUgerunt pontifices oder In monte Oliveti. Dann folgen 
Evangelium, die Oration Äuge fidem im tonus simplex ferialis 
und die Präfation im Ferialton. Darauf trägt der Chor Saii- 
ctiis und Benedictus nach einer eigenen Gesangsweise vor, 
welche mit der im RSquiem üblichen übereinstimmt. Von 
den nun folgenden sechs Orationen wird nur die vierte: De^is 
qiii per olivce ramum mit dem Terzfalle gesungen, die übri- 
gen in tono simpl fer. Während der Austeilung der Palni- 
zweige singt der Chor die Antiphon Piieri Hebrceörum. Bei 
der Oration Ommpotens trifft der tonus fer, mit dem Terzfall. 

Vor Beginn der Prozession singt der Diakon: Pi-ocedä- 
mus etc. S. 154. Je nach Bedarf wird die eine oder andere 
der Antiphonen Cum appropinquäret, Cum audisset pöpulus, 
Ante sex dies, Occurriint turbce, Cum Angelis, Turha miüta 
gesungen. Bei der Eückkehr der Prozession treten zwei 
oder vier Sänger früher in die Kirche ein und beginnen, der 
vor den Thoren stehenden Prozession zugewendet, die ersten 
zwei Verse des Hymnus Olöria laus. Der Priester mit den 
übrigen, die ausserhalb der Kirche stehen, repetiert sie. Die 
Cantores singen alle oder einzelne der fünf Strophen,^) der 
Chor aber antwortet jedesmal mit OKyria, laus m folgender 
Weise: 



Glö-ri-a, laus, et ho-nor ti-bi sit, Rex Chri-ste, Red6mptor: 



*) Das Gloria PatH beim Aßperges bleibt weg. 
*) OmneSj vel partim, pront videlntur. 



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156 



§. 35. Die Weihe der Osterkerze. 



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cu - i pu - e - ri - le de-cus prompsit Ho-s4n - na pi - um. 

Nachdem der Subdiakon mit dem Schaft des Kreuzes 
an die Thüre gestossen, öflöiet sich diese, und die Procession 
tritt unter dem' Gesänge des Eesponsoriums Ingrediente Dfy- 
mino in die Kirche. 

IV. Bei der Feuerweihe ^) am Charsamstag werden die 
Weihrauchkörner für die Osterkerze geweiht. Der Diakon, 
welchem die henedidio Cerei Paschalis tibertragen ist, singt 
beim Eintritt in die Kirche mit Beachtung der vorgeschrie- 
benen Ceremonien in dreimaliger Erhöhung der Stimme: 



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Lu-men Chri-sti. Chorus, De - o grä - ti - as. 

Die Weihe der Osterkerze ist in einem prächtigen Ge- 
sang,^) prasconium Paschale genannt, verflochten, der mit dem 
Präfationsgesang Ähnlichkeit hat, ihn aber an Mannigfaltig- 
keit und Schönheit übertrifft. Einleitung und Schluss lauten 
wie folgt: 



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Exsül-tet jam Ang6-li-ca tur-ba coe-16-rum:ex-sül-teiit 



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di-vi-na my-st6-ri-a: et pro tanti Re-gis vi-ct6-ri-a 



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tu-ba in-so-net sa-lu-ta - ris. Gäu-de-at et tel-lus tantis 



ir-ra-di-ä-ta ful-g6-ri-bus: et ae-terni Re-gis splendö-re 



^) Die Orationen zur Feuerweihe werden bloss gesprochen; siehe S. 87, 

Note 2. 
-) Siehe über die Geschichte desselben die Abhandlung von Dr. Adalb. 
Ebner im Kirchenmusikal. Jahrbuch 1893, S. 73—83, und PMogr. 
mnsicale, 1895, S. 171 sequ. 



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§. 35. Die Weihe der Osterkerze. 



157 



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il-lusträ-ta, to-ti-us or-bis se s6ii-ti-at a-mi-sis-se 



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ca-li - gi-nem. Lae-tö-tur et ma-ter Ec-cl6-si-a, tanti 



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16mi-nis ad-ornä-ta ful-gö-ri-bus et ma-gnis po-pu-16-rum 



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v6-ci-bus hsec au-la re-sül-tet. Qua-pr6-pter a-stän- 



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tes vos, fratres ca-ris-si-mi, ad tarn miram hu-jus sancti 



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lümi-nis cla-ri-tä-tem, u-na mecum, quae-so, De-i omni- 



po-ten-tis mi-se-ri-cördi-am in-vo-cä - te. üt qui me 



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non me-is me-ri-tis infra Le-vi-tä-mm nüme-mm di-gnä- 



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tus est aggre-gä-re: lümi-nis su-i cla-ri-tä-tem in-fün- 



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dens, C6-re - i hu-jus lau-dem impl6 - re per-fi - ci - at. 



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Per Dö-mi-num nostrum Je-sum Christum Fi-li-um 



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SU - um: qui cum e-o vi-vit et re-gnat in u-ni- 



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tä - te Spi - ri - tus San-cti De - us. Per 6-mni - a sse- 

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158 §. 35. Die Weihe der Osterkerzo. 



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cu-la sae-cu-16 - rum. 1$. A-men. f. Do-mi-nus vo- 

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bis-cum. ^. Et cum spi-ri-tu tu-o. f. Sur-sum cor-da. 



^~W »^ W W rf ^ w ft i II T W M w =^=K 



I^. Ha-be-mus ad D6-mi-num. 'f. Grä-ti- as a-gärmus 

^ >i w w ^ Tin~ir~ir w w 1 N f» g 5 

Dö-mi-no De - o nostro. T^. Dignum et ju-stum est. 



Ve-re dignum et ju-stum est, etc. Der Schluss^ lautet: 
Per e-ümdem D6mi-num nostrum Je-sum Christum Fi- 



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li-um tu -um: Qui te-cum vi-vit et regnat in u-ni- 



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tä-te Spi-ri-tus San-cti De-us: per 6-mni-a sse-cu- 



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S8e-cu-16-rum. ^. A-men. 

Anmerkung. Das Pontif, Born, schreibt die gleiche Gesangsweise 
für die Verkündigung der beweglichen Feste (festamobüia) vor, welche 
am heil. Dreikönigsfest (Epiphania Domini) unmittelbar nach dem 
gesungenen Evangelium in jeder Kathedralkirche stattfinden soll. 

V. Nach dem Vortrage der Prophetien am Samstage 
vor Ostern oder vor Pfingsten ist während der Prozession 
zur Taufquelle der Traktus Sicut cervus zu singen. Bei der 
Ankunft am Taufbrunnen werden zwei Orationen im tonus 



^) Der Satz Respice für den römischen Kaiser vor dem Schlüsse bleibt 
weg, aus den in Entscheidung der S. E. C. ürhis et Orbis vom 
27. Sept. 1860, N. 3103 (5309) ad dub. III angegebenen Gründen; 
vgl. dazu §. 22, S. 90. 



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§. 36. Die Messe am Gründonnerstag. 159 

simpl fer, auf einem Tone gesungen, dann folgt die Prä- 
fation im Ferialton. Gegen das Ende derselben ist folgende 
Stelle dreimal, immer mit höherer Stimme, zu singen: 



^P >^ >^ X W ^ H X ^ W M H W I >1 M ^ ^ M >p F 



Descendat in haue plenitüdinem fontis, virtus Spiritus Sancti.^) 
Bei der Rückkehr zur Kirche oder zum Altar singen 
zwei Cantores die Allerheiligenlitanei in kürzerer Fassung 
(siehe S. 149), der Chor wiederholt das Vorgesungene; nach 
Christe exätidi nos beginnt das Kyrie der Messe ohne In- 
troitus, 

§. 36. Die Messe am Gründonnerstag, Char- 
freltag und Charsamstag. 

I. Am Gründonnerstag wird die Orgel erst beim Qlöria 
gespielt und schweigt dann bis zum Gloria des Charsamstags.^) 

Die Messe dieses Tages unterscheidet sich nur in Kathe- 
dralkirchen von der gewöhnlichen Ordnung der Missa cantata, 
durch die Ölweihe und Fusswaschung, siehe unten §. 37. 

Nach der hl. Messe, bei welcher das solemne Ite Missa 
est (S. 114, Nr. 2) zu singen ist, findet feierliche Prozession 
mit der für den Charfreitag konsekrierten Hostie zu dem 
Orte statt, welcher für die Aufbewahrung derselben festlich 
(nicht in schwarzer Farbe) geziert ist. Während der Pro- 
zession wird der eucharistische Hymnus Fange lingtia ge- 
sungen. Andere Gesänge sind ausdrücklich verboten.^) 

Zum Schlüsse wird im Presbyterium die Vesper gebetet, nicht 
gesungen, und nach Beendigung derselben unter Eecitation des 



*) Der. vorletzte Ton (e) wird demnach Anfangston für die erste Wie- 
derholung, fis Anfangston für die zweite Wiederholung. 

2) Ccerem, Epiac, Lib. I, cap. XXVIII. §. 2. (Potest in ecclesia Orga- 
num et musicornm cantus adhiberi) Feria Y. in Coena Domini ad 
Gloria in excelsia Deo et Sabbato Sancto ad Gloria in excikis Deo. 
Es ist also nicht gestattet, schon beim Kyrie an diesen beiden Tagen 
die Orgel zu spielen. 

^) Auf die Frage : „Num (Feria V. in Coena Domini) recondito Ss. Euchar. 
Sacramento in ostiolo possit cantari: Sepulto Domino," antwortete 
die S. K. C. 7. Dec. 1844 in Namien. ad 3. N. 2873 (4986): Negative. 



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160 §. 36. Die Messe am Charfreitag. 

21. Ps. Deus, Dem meus, respice in me, die Ejitkleidung der Altäre 
vorgenommen. 

n. Am Charfreitag liest der Lektor die Prophetie 
Hcec dicit Dominus im Lektionstone, der Chor singt den 
Tractus Dömine audivi, der Priester Oremus, Fledämus etc. 
mit der Oration Deus a quo, der Subdiakon im Episteltone 
die Lektion In diebics Ulis, und endlich der Chor den Traktus 
Erijpe me. Hierauf folgt die Passion nach dem Evangelisten 
Johannes; von Post hcec autem angefangen wird der Evan- 
gelienton gebraucht. Die Gesangsweise der folgenden neun 
Orationen ist auf S. 89 angegeben. 

Bei der Enthüllung des Kreuzes beginnt der Priester 
die Antiphon Ecce lignum allein; von in quo salus an singen 
die Ministri mit, der Chor aber respondiert mit Venite ad- 
oremus, wie folgt: 

Sacerdos. Sacerdos cum Ministria. Moä, VL 

Ec-ce li - gnum cru - eis , in quo sa - lus mun - di 

Chorits, 



pe - pen-dit. I^. Ve - ni - te ad-o-re - mus. 

Diese Antiphon ist noch zweimal in gesteigerter Ton- 
höhe zu repetieren. 

Während der Adoration des Kreuzes singt der Chor 
die Improperien Pöpüle meus, den Hymnus Crux fidelis etc. 
Während die am Gründonnerstag konsekrierte Hostie in 
Prozession vom bestimmten Orte zum Altare gebracht wird, 
trägt der Chor den Hymnus Veodlla regis prodeiint vor, des- 
sen Gesang während der Ceremonien bis zum Pater noster 
fortgesetzt werden kann. 

Nach dem Oräte, fratres singt der Celebrans ohne wei- 
tere Einleitung: Oremus, prceceptis salutäribus im Ferialtone. 
Amen spricht er leise und singt dann ohne OrSmus im 
ferialen Messtone die Oration Libera nos, worauf der Chor 
mit I^. Amen antwortet. 



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§. 36. Die Messe am Charsamstag. ' ' 161 

III. Nach der Weihe der Osterkierze sitid am Char- 
samstage zwölf Prophetien zu singen in folgendem ■ 

Tonus ProphetisB. 

Punctum. Monosyllaba 



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In principio creävit Dens coelum et ter-ram. Dixitque 

' Dixit ad 

et accentus acutus. Ihterrogatio. 



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Dens: fi - at lux. Quid vis, fl - li? Eequievit 

eum: Abraham, A-bra-ham. 

Sic finitur Prophetia. 



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die septimo ab universo öpere, quod pa-trä-rat. 

Nach jeder Prophetie ^) wird Oremus, Flectdmus etc., S.89, 
die Oration aber im ton. simpl fer.^ S. 87, 2, gesungen. 

Nach der 4., 8. und 11. Prophetie singt der Chor einen 
Tractus}) 

Nach der Wasserweihe und dem Gesang der Allerhei- 
ligenlitanei (s. S. 148) beginnt die Messe mit Kyrie eleison 
nach dem ersten Formular aus dem Ordinaritm Missce; am 
Samstag vor Pfingsten ist die Missa solemnis zu wählen. 

Das Olbria, bei welchem die Orgel gespielt wird, und 
die Oration sind im feierlichen Tone zu singen. Nach der 
Epistel intoniert der Celebrans den österlichen Jubelgesang 
und wiederholt ihn zweimal in gesteigerter Tonhöhe. 



Äl-le - - - lü - ja. 

*) Nach der zwölften Prophetie jedoch bleiben Flectämus gemia und 
Levdte weg. 

2) Die sechs Prophetien mit den Orationen am Pfingstsamstag 
werden in gleicher Weise gesungen, jedoch in der Reihenfolge : die 
3., 4., 11., 8., 6. und 7. des Charsamstags sind die 1. — 6. des Sams- 
tags vor Pfingsten; der Chor hat nach der 2. (4.) Prophetie den 
Traktus Cantemtis, nach der 3. (11.) Ättende codum, nach der 4. (8.) 
Vinea facta est vorzutragen. Dieselben befinden sich auch im An- 
hange zur neuesten Ausgabe des Officium hebdomadce sanctce. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. \\ 

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162 §• ^7. Verschiedene liturg. Funktionen aus Pont. u. Kit. Rom. 

Der Chor antwortet in gleicher Weise, fügt aber nach 
der dritten ßepetition den y. Confitemini mit dem Traktus 
Laudäte Dominum bei. 

Nach dem Evangelinm, beziehungsweise Dominus vobis- 
cum etc., kann die Orgel gespielt oder ein passendes Motett 
gesungen werden, da kein Offertorium vorhanden ist. Agnus 
Dei und Communio fallen an diesem Tage ebenfalls fort 

Nach der sumptio sanguinis wird die Vesper eingefügt. 
Der Chor beginnt mit der Ant. Ällelüja, singt den 116. Psalm 
Laudäte Dominum im VI. Ton und wiederholt die Antiphon. 
Kapitel, Hymnus und Versikel bleiben weg, der Celebrans 
aber intoniert sogleich die Antiphon zum Magnificai: 



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Ve-spe-re au-tem Sab - ba-ti. 

Der Chor fährt mit quce lucescit . . . fort und singt das 
Canticum Magnificai im VIII. Tone, 1. Fin. Nach Wieder- 
holung der Antiphon singt der Celebrans : Dominus voliscum, 
die Oration (im feierlichen Ton) und Dominus voMscum. Dem 
Ite Missa est werden zwei Ällelüja angefügt, s. S. 113, 1. 

§. 37. Verschiedene liturgische Funktionen 
aus Pontiflcale und Rituale Bomanum. 

I. In dem Buche, welches die dem Bischöfe zustehenden 
liturgischen Handlungen und Gebete euthält (Pontiflcale Ro- 
manum s. §. 18, S. 69), sind der schola cantorum sehr viele 
Gesänge zugedacht, welche sie entweder selbst intonieren 
und singen muss, oder die vom Bischöfe intoniert ^) und vom 
Chore fortgesetzt werden. Zum Gebrauche des Chores sind 
sämtliche Choralgesänge des Pontiflcale, auch die vielen Prä- 



^) Die typische Ausgabe des ganzen Pontiflcale mit den drei Teilen 
in einem Bande unterscheidet diese Gesänge durch zwei senkrechte 
Linien von denen, welche die schola zu intonieren hat. Eine Folio- 
ausgabe der am h'äufigsten benötigten Funktionen, znm Gebrauch 
des Bischofes in einzelne Fascikel geteilt (Firmung, Kirchenein- 
weihung, Priesterweihe etc.), gibt nur diejenigen Worte mit Noten 
an, welche dem Bischöfe zu singen obJiegen. 



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§. 37. Verschiedene liturg. Funktionen aus Pont. u. Kit. Rom. 163 

fationen mit Musiknoten, in dem Büchlein Cantminus Roma- 
nus (s. S. 71) zusammengestellt. 

Die folgenden Zeilen sollen nur eine kurze Übersicht 
der hervorragendsten Gesänge geben, welche öfter vorkom- 
men, 'und bei denen die Mitwirkung des Chores nicht wohl 
entbehrt werden kann, und zwar nach der Eeihenfolge des 
Pontificale beziehungsweise des Cantorinus, 

1) Nach der Spendung der hl. Firmung kann^) vom 
Chore die Antiphon Confirma mit T. Olöria. Sicut erat und 
Wiederholung der Antiphon gesungen werden; dann folgen 
Versikel mit Oration.^) 

2) Bei der feierlichen Priesterweihe^) obliegen dem 
Chore: die Allerheiligenlitanei (S. 150, b), die Präfationsrespon- 
sorien, Fortsetzung des vom Bischöfe intonierten Hymnus 
Veni Creator /Spiritus und das Eesp. Jam non dicam vos servos, 

3) Bei der Grundsteinlegung einer neu zu erbauen- 
den Kirche beginnt der Chor die Ant. Signum Salütis mit 
dem 83. Psalm, dem mehrere J. mit I^. und die Allerheiligen- 
litanei folgen. Der Bischof intoniert die Antiphonen, welche 
die schola mit den treffenden Psalmen fortsetzt, sowie den 
Hymnus Veni Creator Spiritus, 

4) Die Antiphonen, Psalmen, Responsorien u. s. w. bei 
der feierlichen Einweihung der Kirche und bei der Altar- 
konsekration sind so zahlreich, und die Art der Intonation 



') Was nicht gesungen wird, muss laut gelesen werden. Diese Eegel 
gilt allgemein für die bischöflichen Funktionen nach der Vor- 
schrift des Pont.: „Cantaiur . . . vel legitur a ministris, quod etiam 
in »imilibus servari debet", 

^ Über die Gesangs weise beim bischöfl. "Segen siehe unten S. 170. 

^) Bei Erteilung der Tonsur kann die schola die Antiph. Tu es, Domine 
mit dem 15. Psalm und Hi acdpient mit dem 23. Psalm singen. 
Bei der Weihe der Subdiakone und Diakone obliegt der schola die 
Intonation, dem Chore die Antwort auf die Versikel der AUerheili- 

genlitanei bis zum letzten Kifrie elHson inclus.; zur Präfation der 
iakonenweihe sind, wie bei allen Präfationen des Pontif., 
die Responsorien des Chores im tontts ferialis. Nach der Priester- 
weihe folgt im Pontif. Rom. die Bischofskonsekration, die benedictio 
Abbaus oder ÄbbaHssce, die benedictio et consecratio Virginum, die 
benedictio et coronatio Regis oder Regince, 

11* 



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164 §. •^''. Verschiedene liturg. Funktionen aus Pont. u. Kit. Bom. 

bald durch den Bischof, bald von der schola ist so mannig- 
faltig, dass der Kürze halber nur auf den Cantminus Roma- 
nus oder den handlichen, als Auszug des Pontif. für diese 
Funktionen hergestellten Faszikel hingewiesen werden muss. 
Genaue Proben, ausdauernde Sänger, gewissenhafte Beachtung 
der zahlreichen Vorschriften sind allein im stände, die Gross- 
artigkeit, Schönheit und Würde dieser Funktionen zu ent- 
sprechendem Ausdrucke zu bringen.^) 

5) Über die Verkündung der beweglichen Feste am 
Epiphanietage siehe oben S. 158. Das Pcmtif. Rom, enthält 
auch noch die Gesänge bei der expulsio publice pcenitentium 
am Aschermittwoch und der reconcüiatio poenitentium am 
Gründonnerstage. Diesen seit Jahrhunderten nicht mehr ge- 
brauchten Zeremonien folgt die Ölweihe am Gründonnerstage. 

• In den Kathedralkirchen beginnt der Bischof unter Assistenz 
von zwölf Priestern, sieben Diakonen und sieben Subdiakonen die 
Weihe der heil. Öle in folgender Weise: Zum erstenmal begibt 
er sieb nach der heil. Wandlung vor den Worten des Kanon: Per 
quem hcec ömnia. an den im Presbyterium bereiteten Tisch; der 
Archidiakon singt: 



j i W W 1 W M ^ 



- le - um in - fir-mo-rum. 

Ein Subdiakon mit zwei Akolythen bringt das Öl, die Weihe 
durch den Bischof geschieht ohne Gesang, und das Amt wird 
hierauf von Per quem an fortgesetzt wie gewöhnlich. Nach der 
Kommunion des Klerus und der ersten Ablution begibt sich der 
Bischof zum zweitenmal an den bestimmten Platz; der Archi- 
diakon singt: 

=^ 1 ^ ^ " 1 " 1 



- le - um ad sanctum Chrisma. 
und unmittelbar im gleichen Tone: 



ö 



- le - um Ca - te-chu-me-nö-rum. 



') Diesen Funktionen reihen sich an : die Weihe des Gottesackers, die 
reconciliatio ecdesias et ccemeterii, die benedicHo novm ct^uds, imaginis 
B. M. F., sowie die Glocken weihe. Bei der letzteren wird eine 
Reihe von Psalmen nur recitiert ; für zwei Antiphonen mit Psalmen 
sind jedoch auch Gesangsweisen angegeben. 



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§. 87. Verschiedene liturg. Funktionen aus Pont. u. Rit. Rom. 1^5 

Während die heil. Öle in feierlicher Prozession gebracht wer- 
den, singen zwei Sänger: 

Modus IL 



1^ N N 1 ^ rfl M Mf^ W-J^ ^">| N» | | 



Eed6mptor, su-me car-men te-met con -.ci-n6nti-um. 

Der Chor repetiert stets den gleichen Vers, während die zwei 
Sänger die im Pontif. Bam. (auch Offic. hebd. sanctce und Cantorinus 
Bomanus) verzeichneten Verse: Ätidi Jtidex, Arhor fceta etc. singen, 
bis die Prozession, welche von dem Orte ausgeht, wo die Ölgefässe 
bereit standen, im Presbyterium angelangt ist. Nach der Weihe 
des Chrysam folgen drei Orationen und die Präfation im Ferialton ; 
dann begrüssen der Bischof und die zwölf Priester (je zwei gemein- 
sam) den geweihten Chrysam, indem sie das Knie beugen und drei- 
mal immer in höherem Tone singen: 



^^^^^^ 



A-ve sanctum Chrisma. 

Die Weihe des heil. Öles für die Katechumenen besteht aus 
zwei Orationen; dann folgt die dreimalige Begrüssung desselben in 
der eben beschriebenen Weise unter dem Gesänge der Worte: 



-^ M M g ^ 



A-ve sanctum 6 - le - um. 

Nach beendigter Zeremonie werden die geweihten Öle in Pro- 
zession an den Aufbewahrungsort zurückgetragen, und zwei Sänger 
singen vier Strophen, auf welche der Chor mit Bedemptor ant- 
wortet. 

Erst nach der Ölweihe wird vom Chor die Communio gesungen 
und das Amt in gewöhnlicher Weise mit Ite Missa est im feier- 
lichen Tone abgeschlossen. 

Die Zeremonien für die feierliche Fusswaschung finden sich im 
Missale Bonianum, da sie auch von Priestern vorgenommen werden 
können, und werden eingeleitet mit dem Gesänge des Evangeliums 
Ante diem festum Pascha. Während der Zeremonie werden neun 
Antiphonen (ganz oder teilweise) und mehrere Vers, und Besp. nebst 
Oration gesungen; siehe Graduale Born,, Off. hebdom, sanctce und 
Cantorimcs Bomanus. 

6) Bei Eröffnung einer Dlöcesansynode intoniert der 
Bischof die Ant. Exaüdi nos, Dömine, die sclidla fährt fort 
und singt den 18. Psalm, später die Allerheiligenlitanei und 
den Hymnus Veni Creator; am 2. und 3. Tage die Antiph. 
Propitius esto mit dem 78. Psalm. 



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166 §• 37. Verschiedene liturg. Punktionen aus Pont. u. Kit. Röin. 

7) Beim feierlichen Einzug des Bischofs oder Legaten 
wird die Antiph. Sacerdos et Pöntifex (s. auch Processionale 
Born, und Appendix zum Compend. des Grad, Bom.) oder das 
Resp. Ecce Sacerdos magnus gesungen.^) Das Pontif. Rom. 
erwähnt diese Gesänge beim prozessionsweisen Empfang des 
Bischofes ausserhalb der Kirche; das Cceremoniah Episc. 
(Lib. I., cap. 28, Nr. 3) spricht nur vom Orgelspiele, wenn 
der Bischof zu pontiflkalen Verrichtungen sich in die Kathe- 
drale begibt. 

8) Wenn der Bischof die Pfarreien seiner Diöcese be- 
sucht, schreibt das Pontif. Rom. Sacerdos oder Ecce Sacerdos 
zum Empfang bei der Prozession vor.^) Auch für den Em- 
pfang eines kathol. Kaisers, Königs oder Fürsten (Kaiserin 
und Königin) sind im Pontif. Rom. eigene Gesänge enthalten; 

9) Den Schluss des Pontif. Rom. bilden die Responsorien 
beim Begräbnis eines Papstes, Kardinales, Metropoliten, Diö- 
cesanbischofes oder eines kath. Kaisers, Königs oder Landes- 
fürsten nach dem Requiem, Zuerst ist das Resp. SubvenHe 
mit Kyrie und den üblichen J. und I^. zu singen, dann fol- 
gen ähnlich die vier Responsorien: Qui Läzarum^ Dömine, 
quando veneris, Ne recorderis und Libera me Dbmine. Die- 
selben sind auch im CantorimtSf sowie in der typischen Aus- 
gabe des Officium Defunctorum zu finden. 

II. Im Rituale Rmn, sind nachfolgende Gesänge enthalten: 
1) Unter Tit. VI. cap. 3 stehen die beim Begräbnisse 
Erwachsener vorgeschriebenen Gesänge und Cap. 4: Vesper, 
Matutin und Landes des Officium Defunctorum, 

Der römische Eitns der Exsequien hat in verschiedenen Diö- 
zesen manche Abänderungen erlitten, welche jedoch nicht die 
Hanptteüe des römischen Rituale berühren. Da das Exsequiale 
Romanum in eigenem Abdruck mit besonderer Genehmigung und 

^) Wenn der Legat nicht Bischof, sondern Kardinaldiakon ist, muss 
das Besp. FidHis gesungen werden ; sind zwei oder mehrere Legaten 
zn empfangen, so ist die Antiphon Vos esiis cives Sanctörum vor- 
geschnehen. 

^) Am Schlüsse der visitatio sind bei der Prozession auf dem Gottes- 
acker die Besp. Qui Läzarum und lAhera me Domine mit mehreren 
Versikeln vorgeschrieben; s. auch den Appendix zum Compendium 
Grad. Bom. 



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§.37. Verschiedene liturgv Funktionen aus Pont. u. Kit. Rom. 167 

nach Revision der S. R. C. publiziert wurde, so genügt an dieser 
Stelle die Angabe derjenigen Intonationen, welche nach den Rubri- 
ken dem Priester obliegen. 

Ton. VIL Fin. 1. 

^ — ^ 



Ant Si i-ni-qui-tä-tes. Ps. 129. De profimdis clamävi 

" "^ H W H I, W ^^j j 1^ ^ II 



ad te Dömi-ne, * Dömine exäudi vo-cem me-am. 

Parochus. Cantores. 



Ant Exsul-tä-bunt Dömi-no. Ps, 50. Mi-se-re-re me-i, De-us, 

Ton. I. Fin, 1. 



secimdum magnam miseri-c6r-di - am tu - am. 

Der Kantor intoniert das Resp. Subvenite, der Klerus 
(Chor) antwortet.^) 

Die Orationen, welche mit Per Christum Dnm nostnim 
oder Qiii vivis et regnas in scbcula siBculörum schliessen, 
sind im Orationston mit Terzfall zu singen. — Nach dem 
Kyrie elHscm des Responsoriums Lthera me, Dömine folgt: 

* 1 " 1 N I I 



Pa-ter no-ster. secreto. 

Nach der Incensation und Aspersion folgen die Versikel 

mit Oration. 

Nach der Benediktion des Grabes ^ w ^ ^ - tp 

intoniert der Priester: ~ ^ ~T „" 

n« - go sum. 

Cantores. Ton. II. 



Cant. Be-ne-di-ctus D6-minus De-us Is-ra-61;* 

2. Et e-r6-xit cornu sa - lü - tis ' no-bis: * 

1) Besonders schön, und sinnvoll auf den Vorabend des Auferstehungs- 
festes (Vhpere autem Sähhati) hinweisend, ist der Gesang des In 
Paradisum.. 



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168 §• 37. Verschiedene litörg;. Funktionen aus Pont. u. Rit. Rom. 



i r^^r-=== =r ==z==zzsfii ^^ 



1. quia visitävit, et fecit redemptiönem ple-bis su-ae. IL 

2. in domo David piie-ri su - i. 

Bei Kinderleichen (Cap. 7, in exsequiis parvulorum) in- 
toniert der Priester: 

Camiores, Ton. IL 

\^k H h . 1 W h II -^^ " ' V^ ^ 



Sit nomen D6mi-ni. Ps. HS, Laudäte, piieri, Dominum: * 



¥_^ 1 W ^ W N i 



laudäte no-men D6-mi-ni. IL 

Alle übrigen Antiphonen und Psalmen sind nach Angabe 
des Officitm Defimctorum von den Sängern in ferialem Tone 
auszuführen. ' > 

2) In Tit. IX. cap. 1 beginnen die Vorschriften und Ge- 
sänge für die Prozessionen am Lichtmesstage, s. §. 35, S. 154, 
am Palmsonntag (S. 155), am Markusfeste und den 3 Tagen 
der Bittwoche (S. 150) und (cap. 5) am Fronleichnamsfeste. 

Da sich dieses Lehrbuch nur mit den Vorschriften der 
römischen Liturgie befasst, so kann es auf berechtigte oder 
missbräuchliche Gewohnheiten einzelner Diöcesen nicht näher 
eingehen.^) 

Für die Fronleichnamsprozession schreibt das Rituale 
Ro))i, nachstehende Hymnen vor, deren Intonation auch vom 

*) Es genüge, in nachfolgenden Punkten besonders wichtige Entschei- 
dungen der S. K. C, etwaigen Missbräuchen gegenüber, anzuführen : 

1) Ah Episcopo assignetur locus in p-ocessionibus concentui musico 
(vulgo la Banda): verum ante utrumque Clerum. S. R. C. 7, Dec. 1844 
in Albanen. Nr. 2869 (4981). 

2) Cantores in Processionihus Ss. Corporis Christi, aliisqtie solemni- 
&tt« cotta induti incedere debent, et servandum Cosrem. Episc. in 
Cap, IL libri I. (dort wird den Sängern der Platz nach den Kleri- 
kern unmittelbar vor dem Kapitel angewiesen). S, R, C. S. Od. 1650 
in Veglen, 931 (1620). 

8) Die S. R. C. entschied auf die Anfrage: An in benedictione 
populo impertienda cum Ss, Sacramento permitti possit cantus alicujus 
Versiculi vernacula lingua concepti, vel ante, vel post ipsam bene- 
dictionem? Eesp. Permitti posse post benedictionem, a. R. C. die 
3. Aug, 1839 in Bobien. Nr, 2791 (4857) ad 2. 



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§.37. Verschiedene litnrg. Funktionen aus Pont. u. Rit. Korn. 169 

Priester geschehen kann, wenn er an den Stufen des Altars 
vor dem Sanctissimum kniet. Die vollständigen Melodien 
sind im Rituale oder Processionale Bomanum zu finden. 



X W > ^ 



^1" 1 M w 

1) Fange lingua glo-ri - 6 - si. 



-j^-W f% I I w w 1 1 



t 



■^-fff 



■1 w ~g 



2) Sa-cris so - 16-mni-is jun-cta sint gäu-di - a. 



^ 



3Öt 



1 i pF-W =i:tt 



3) Ver-bum su - p6r-num pr6d-i - ens. 



^ N ^ K_^->-^^^ 



4) Sa-lü - tis hu-mä-nse sa-tor. 



3^ 



5) JE-t6r - ne Bex al-tis-si-me.^) 

Auch Te Deum oder die Cant. Benedidus und Magnificat 
können, letztere in beliebigen Psalmtönen, gesungen werden. 
Die Prozession schliesst mit den Strophen: Tantum ergo und 
Genitmi aus dem Hymnus Fange lingua. 

Kap. 6—12 befassen sich mit Prozessionen in verschie- 
denen Anliegen, ohne andere Gesänge als die Allerheiligen- 
litanei*) in Form der Bittwoche (S. 150) vorzuschreiben. In 
Kap. 13 ist für eine Dankprozession (pro gratiarum actioiie) 
vorgeschrieben: 



* 



M »,h, i^ 



Te De - um lau - da - mus, 

mit einer Reihe von Psalmen ohne Angabe von Gesangsweisen, 
für die also ein beliebiger Ton gewählt werden kann. 



*) Im Antiphon, hat dieser Hymnus die Melodie von Salütü hnmänas. 
Die Änderung im Rituale scheint wegen der unmittelbaren Aufein- 
anderfolge von zwei gleichen Melodien vorgenommen worden zu sein. 

■^) Über die Litanei beim vierzigsttindigen Gebete s. S. 151. 



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170 §• 37. Verschiedene liturg. Funktionen aus Pont. u. Kit. Rom. 

Wird das Te Deum am Schlüsse einer feierlichen Pro- 
zession gesungen, so schreibt das Rituale fünf eigene Ver- 
sikel vor nebst Dömine exaüdi und Dominus vobiscum; in 
den übrigen Fällen werden folgende zwei gebraucht: 



"Inrri 



f. Benedicä;mus Patrem et Filium cumSancto Spi-ri-tu. 
^. Laudemus et superexaltemus eum in sse-cu-la. 

J. Benedictus es Domine in flrmamento coe-li. 

IJ. Et laudäbilis, et gloriösus, et superexaltätus in sae-cu-la, 
f. Domine exäudi oratiönem me-am. 

I^. Et clamor meus ad te v6-ni-at. 

3) Öfters, z. B. bei der ersten gesungenen Messe der 
neugeweihten Priester, findet die feierliche Anrufung des 
heil. Geistes statt. Bei solchen Gelegenheiten kann die fol- 
gende Antiphon gesungen werden: 

Mod. VIII. 



^gEwE^^E^ g=w=^ 



Ve-ni Sancte Spi - ri - tus. ^) 

Kegelmässig aber wird der fplgende Hymnus mit y., 
I^. und der Oration Deus, qui corda fideliiim gesungen: 



Ve - ni Cre - ä - tor Spi - ri - tus. 



t. 



Y- Emitte Spiritum tuum et crea-bün-tur. 
I^. Et renoväbis fäciem ter-rse. 

4) Die Gesangsweise bei Erteilung des bischöflichen 
Segens ist folgende: 



-^- 



f. Sit nomen Dömini bene - di-ctum. 
I^. Ex hoc nunc, et usque in sae-culum. 



^) Fortsetzung des Gesanges siehe im Compendium Äntiph. und in 
Landes Vespef'tirKe. 



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§. 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 171 



S 



y. Adjutöriiim nostrum in nomine Do-mini. 
1^. Qui fecit coelum et ter-ram. 



M T " " ^ w I 1 X ■ n=^ 



Benedicat vos o-mni-po-tens De- us, Pa-ter, et Fi- 



P ^ M *~J * * 1 M— [ l 1 1 I I 



li - US, et Spi-ri-tusSanctus.^) I^. A-men. 

§. 38. Über die Begleitung der Orgel beim 
gregorianischen Choral. 

I. Die Orgel hat sich seit Jahrhunderten in der Kirche 
eingebürgert und muss mit Vorzug als das kirchliche Instru- 
ment bezeichnet werden.^) Wenn auch die liturgischen Bücher 
den Gebrauch der Orgel nicht als unumgänglich notwendig 
voraussetzen, so enthalten sie doch Anweisungen und Eegeln, 
wann und wie dieselbe gespielt werden könne und solle. 

Unter Hinweis auf §. 41 sollen in gegenwärtigem Para- 
graph nur einzeln bewährte Grundsätze und Regeln für die 
Begleitung des gregorianischen Chorals dargelegt werden. 

Gleichwie sich die Struktur der gregorianischen Melodien 
von der des modernen Tonsystems wesentlich unterscheidet, 
so muss auch die Harmonisation derselben mit diatonischen 

^) Eine henedictio tempestatis, etwa gar mit dem SancHssimum in den 
Händen und unter Gesang obigen Textes, ist ein zu beseitigender 
Missbrauch. Wer durch den Papst oder Bischof die Erlaubnis be- 
sitzt, den Segen in feierlicher Weise zu erteilen, kann sich obiger 
Gesangsweise bedienen, jedoch nach der Vorschrift der typischen 
Ausgabe des Rittiole (Tit. Vin, cap. 81), wonach mit "f. Adjut&rium 
begonnen wird. Dann folgen : "f, Salvum fac pöptUum tuum Dfie, 
I{*. Et henedic hcereditäti tuce. Dominus vobiscum mit Oration. Bei 
den Worten Benedicat vos steht der Priester auf der Epistelseite 
und darf nach Dem nur das einfache Kreuz machen. 

*) „Hoc solo instrumento utitur Ecclesia in diversis cantibus, et in 
prosis, in sequentiis, et in h^mnis, propter ahiMum histrionum ejectis 
aliis communiter instrumentis^ schreibt JEgidius Zamwensis bei Oer- 
bert, Scriptores, Tom. IT., pag. 388. Das Gcerem. Episc, bemerkt: pot- 
est in ecclesia Organum .... adhiberi und enthält die gemessene 
Weisung: Nee alia instrumenta musicalia addentur, nisi de consensu 
Episcojn; siehe Lib. I., Cap. 28, Nr. 1 und 11, sowie unten §. 41. 



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172 §• 28. Über die Begleitung der Orgel beim grcgor. Choral. 

und konsonierenden Accorden ausgeführt werden, und es soll 
als Grundsatz gelten: 

„Durch die Harmonie der Kirchentonarten darf 
die Melodie der gregorianischen Gesänge unter kei- 
nem V.orwande verändert werden; erstere muss sich in 
allen Beziehungen der Oberherrschaft dieser Melodien 
unterwerfen und soll, soweit es die Gesetze der Harmonie 
und der Kadenzbildung gestatten, diatonisch sein." 

Da sich die gregorianischen Melodien schon vor Erfin- 
dung der Harmonie gebildet haben, so ist letztere immer 
eine Zuthat, ein „notwendiges Übel", und verdeckt, aach unter 
den günstigsten Verhältnissen, die Ntiancierungen der Sprache 
und des Vortrags oft in beklagenswerter Weise. Wenn je- 
doch die Begleitung der Choralgesänge infolge mannigfaltiger 
Verhältnisse nicht umgangen werden kann, so muss ein durch 
Zufall und Augenblick entstehendes Konglomerat von Dur- 
und Molldreiklängen ohne inneren Zusammenhang vermieden 
werden; die Eigentümlichkeiten der einzelnen Oktavengat- 
tungen sind immer genau ins Auge zu fassen. 

Anmerkung. Die Frage der Harmonisierungsart des Chorals ist 
in neuerer Zeit wieder vielfach behandelt worden. In Eom und 
den meisten italienischen Diöcesen wird der Choral nie mit der 
Orgel begleitet. 

L. Schneider harmonisierte ohne jede Herzuziehung von j} und 
7, sogar wo vollkommene Kadenzen angezeigt sind, ohne harmoni- 
schen Leitton. 

J. G. Mettenleiter gab jedem Tone der Melodie einen Accord 
in imvermittelter Aufeinanderfolge, jedoch meist nach den alten 
Regeln des zweistimmigen Kontrapunktes (nota covdra notam). 

Dr. Franz Witt adoptierte in der Orgelbegleitung zum Ordi- 
ikirium Missce des offiziellen GradttcUe das diatonische System mit 
vollkommenen harmonischen Kadenzen, jedoch unter Beachtung der 
rhythmischen Anordnung des Chorals, so dass zusammengehörige, 
schwungvoll vorzutragende Neumen oder Perioden mit durchgehen- 
den Noten über einem liegenden Bass begleitet und nur an bedeu- 
tungsvoller Steile mit neuen Accorden versehen werden. Näheres 
darüber siehe in dem Vorwort zu oben erwähntem Werke, sowie 
in Musica sacra, 10. Jahrg., Nr. 5. 

Die Orgelbegleitung zum offiziellen Graduale und Vesperale ist 
in ähnlicher Weise, mit besonderer Rücksicht auf den freien dekla- 
matorischen Rhythmus des Chorals, vom f Domorganisten J. Hanisch 



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§. 88. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. ,173 

gefertigt worden: Traiisposition uod Eedaktion besorgte der Ver- 
fasser dieses Buches.*) Eine neue (3.) Aullage dieser Orgelbegleitung 
zum Grad. Born, besorgte Jak. Quadflieg mit trefflichen Vorspielen. 
Fnr die Gesänge zwischen Epistel und Evangelium (Graduale, AÜel. 
mit y., Traktus, Sequenzen) schrieb Jos. Schildknecht eine vorzüg- 
liche Begleitung mit Vor- und Zwischenspielen, beziehungsweise 
Modulationen. - 

Als Vorteile dieser Begleitungsart sind zu erwähnen-. 
1) Da viele Noten der Melodie nur über einem Aecord 
stehen, wird auch der weniger geübte Organist imn^er in 
engster Verbindung mit den Sängern bleiben können; 2) die 
Methode entspricht mehr der Einfachheit des Chorals und 
schützt vor Monotonie; 3) gleichwie in den Melodien selbst 
nicht alle Noten gleichmässig betont sind, so schickt es sich 
auch, besonders die über einer Silbe stehenden Noten als 
„durchgehende" zu behandeln; 4) auf diese Weise wird die 
Melodie klarer, sie tritt mehr in den Vordergrund, wird 
durch zu viele Accorde nicht erstickt und verdeckt. 

Auf die Frage, welche Töne als Grundlage für die Har- 
monisierung gregorianischer Melodien gebraucht werden sollen, 
können nachstehende Regeln als Privatansicht des Verfassers 
gelten. Dieselben basieren in Bezug auf die Behandlung der 
Basstimme und die Wahl der Accorde auf ähnlichen Bei- 
spielen der besten Meister des 16. Jahrhunderts, in Bezug 
auf die Behandlung der Melodie aber auf dem Grundsatze, 
dass die Begleitung nicht eine Verkleidung der gregoria- 
nischen Melodien, sondern nur ein leichter Untergrund 
sein solle, auf welcliem sich die gregorianischen Melodien 
deutlich und klar abheben müssen. 

I. Allgemeine Begeln. 

1) Je reicher die gregorianischen Melodien auf einer 
Wortsilbe gebildet sind, desto einfacher sei die Begleitung; 
man wähle einen Aecord, in welchem möglichst drei auf- 
oder abwärts steigende Noten enthalten sind. 

*) Ein ausführliches Verzeichnis der Orgelbegleitungen zu den römischen 
Ohoralbüchern siehe im Musikverlagskatalog von Fr. Pustet. 



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174 §• 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 



2) Die Schlussnote (Finale) eines gregorianischen Ton- 
satzes soll regelmässig mit dem gleichen Basston begleitet 
werden, so dass die Melodienote in der Oktavlage sich be- 
findet und der Accord mit grosser Terz in einer Mittelstimme 
ausklingt. 

3) Da jeder Ton der gregorianischen Melodien als Prim, 
Terz oder Quint eines Dur- oder Molldreiklanges angesehen 
werden kann, so genügen in erster Linie die Dreiklänge der 
Finale und Dominante, in zweiter Linie aber die leitereigenen 
Dreiklänge der den authentischen und plagalen modi gemein- 
samen Töne^) mit ihren zwei Umkehrungen zu stilvoller har- 
monischer Begleitung. 

4) Ausser diesen Dreiklängen und ihren Umkehrungen 
können auch die Nebenseptimenaccorde der betreffenden dia- 
tonischen Tonleiter als Begleitungsaccorde dienen. Den Do- 
minantseptimenaccord jedoch in seiner Grundform und in 
seinen Umkehrungen vermeide man; als Ausnahme kann die 
dem Dreiklange folgende kleine Septime gelten bei Ka- 
denzen der Mittelstimme oder auch bei abwärtssteigender 
Melodie, 



lOZ 



z. B.: 



' ^n 



3^ 



* 



^ . i ^ 



:W:: 



5) Als vorletzter Accord kann in den meisten Fällen 
der sogenannte Dominantendreiklang (nach moderner Aus- 
drucksweise) gebraucht werden, also der Dreiklang auf c 
fär den V. und VL Ton, der auf d für den Vn. und 
Vin. Ton, der auf a für den I. und II. Ton, wenn nicht 
etwa die vorletzte Note der Melodie c ist. Für den III. 



^) DreikläDge auf h sind wegen der verminderten Quinte ausgeschlos- 
sen, dagegen ist die erste Umkehrung als Sextaecord (d, f, h) sehr 
brauchbar. 



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§. 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 175 



und IV. Ton jedoch ist der sogenannte phrygische Schluss 
anzuwenden. ^) 

6) Die weite Harmonielage ist als Regel zu empfehlen; 
die vier Stimmen sollen so gut und fliessend verteilt sein, 
dass sie eventuell von Sopran, Alt, Tenor und Bass gesungen 
werden könnten. Auf gemeinsame Töne ist bei der Aufein- 
anderfolge der Begleitungsaccorde besonderes Gewicht zu 
legen. 

7) Beim Umschreiben in weisse Noten wähle man für 
H^ = »^ für * = ^, für ♦ = j, und teile in Bass- und Mittel- 
stimmen durch Funkte oder Ligaturen die Noten so ein, 
dass sie den relativen Notenwerten der Melodie entsprechen. 

8) Wenn die Sänger bei Absätzen 1 1 oder Abteilungen 
atmen, hat auch der Organist abzusetzen; er schmiege sich 
aufe innigste an den Sängerchor an und lese daher stets den 
Text mit, um alle Flexionen der Deklamation genau beachten 
und denselben folgen zu können. 

9) Eine Modulation in der Begleitung, d, h. Anwendung 
von eis, fis oder gis in einer Mittelstimme ist dann an- 
gezeigt, wenn die gregorianische Melodie mit e—d, a — g 
oder h — a abschliesst, so dass die entsprechenden Accorde 

\ i # 

a — d, d — g oder e — a gewählt werden können. 

Da ein fi8 im gregorianischen Choral unmöglich ist, so 

sind der Dur- und MoUaccord auf h ausgeschlossen. Bei 

Transposition nach abwärts oder aufwärts sind mutatis mu- 

tandis die gleichen Eegeln zu beobachten. 

10) Die Basstimme ist regelmässig in der Gegenbewegung 
zuhalten; bei aufwärtssteigender Melodie ist auch die gerade 
Bewegung in Terzen, resp. Dezimen zu empfehlen. Wenn 
viele Silben oder Wörter auf einem Tone gesungen werden. 



In Mittelkadenzen auch: 



') 



Tr^ 



=^ 



oder 



-r- 



-zsr 



r 



^ 



EÖfe 



:*: 



IHZ 



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176 §• 88. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 

wie beispielsweise bei den Psalmen, so ist die Seitenbewegnng 
(motus oUiquus) angezeigt. 

11) Abwechslang mit nur dreistimmiger Begleitung, oder 
vierstimmig ohne Gebranch des Pedals, empfiehlt sich, wenn 
auch der Sängerchor teils in Knaben- oder Männerstimmen 
oder in Solisten und Chor abgeteilt ist. Die Registrierung 
hat sich immer nach der Stärke des Sängerchores zu richten 
und darf die Singstimmen nie übertönen. 

12) Die Vorspiele sollen Motive aus dem Anfange des 
Gesangssatzes entnehmen, und entweder harmonisch oder imi- 
tatorisch behandelt werden ; die Nachspiele sind in ähnlicher 
Weise auszuführen. 

n. Besondere Begeln. 

1) Beim ersten und zweiten Ton wird das c unter d am 
besten durch Basston F in der Quintlage oder auf a in der 
Terzlage mit folgendem Accord auf g, bezw. D harmonisiert; 

oder: 



z. B. 



Ausweichung auf Basston E mit grosser Terz in der 
Mittelstimme ist bei Melodiengang h a angezeigt. Die Me- 
lodieformel a g begleite man im dorischen Tone nicht mit 
den Bassnoten B G, sondern mit Dreiklängen auf F und C 
oder F und G, 

^ Schlecht im L u, IL Ton. Gut. Gut. 




:M= 



0) 



-^^ 



I«: 



2) Der dritte und vierte Ton fordern bei der Mittel- 
kadenz e d die Accorde auf Ä und D; bei der Melodie f e 



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§. 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. I77 



sind die Dreiklänge anf D und E oder auf D J. J5? zu wählen, 
besonders bei Antiphonen, nach welchen die Intonation g ac 
folgt; z. B.: 

AI - le - lü - ja. Di - xit D6 - mi - nus etc. 



^ 



X 



~gs g=J 



e) ^_^ 



jSSL 



=M= 



Beim vierten Ton erheischt die Melodie a h g f e als 
begleitende Basstöne Dreiklänge mt D G C D A (oder E)\ 
z. B.: 

oder 



H f 



iss: 



3) Der fünfte und sechste Ton können wie das moderne 
C und F dur behandelt werden; als Modulation ist bei der 
Melodie c h a die Begleitung über den Basstönen C E Ä 
anzusehen; z. B.: 



ß 



~g=~ 



i^ 



» 






4) Im siebenten und achten Ton ist \ ^ ^ 
die Schlusswendung der Melodie mit den / i 

Accorden D O zu begleiten; z. B.: | ^. ^ 



^ 



:^ 



Die Melodieformel a f g a g oder f a g f g lässt sich 
passend folgendermassen harmonisieren: 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. 22 

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178 §• 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 




Für die Mittelkadenzen mit Melodie a g eignen sich die 
Accorde über F C oder A E; z. B.: 




Ä 



oder 



*4: 



:*=*: 



5) Beim neunten und zehnten 
Ton lautet die Hauptkadenz h a 
über den Basstönen E A: 




:«= 



w 



¥^ 



Mittelkadenzen, wie g f oder e d sind in folgender 
Weise zu harmonisieren: 



£ 



k 



oder 



oder 



6) Der elfte und zwölfte Ton können wie das moderne 
C dur behandelt werden. 

Die oben erwähnten ausgearbeiteten Orgelbegleitungen 
bieten eine Menge von Abwechslungen, welche hier als Beispiele 
zur Übung eingeschaltet werden können. Für die Anfänger em- 
pfehlen sich die Harmonisierungen der Psalmtöne und Choral- 
responsorien von Hanisch-Quadflieg, Jos. Schildknecht u. A. 

Wenn mehrere Choralgesänge von verschiedenen Tonarten auf- 
einander folgen, z. B. bei den Tagzeiten die Antiphonen mit den 
Psalmen, so soll auf eine gleichmässige oder doch annähernde Ton- 
lage und Klangfarbe Eücksicht genommen werden. Es ist Aufgabe 
des Organisten, durch freie Transposition die Choralgesänge 



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§. 38. Über die Begleitung der Orgel beim gregor. Choral. 179 

dem Bedürfnis gemäss in mehrfacher, bezw. in jeder gefor- 
derten Tonlage wiedergeben zu lernen. Um diesen Grad der Fertig- 
keit zu erlangen, ist stete Übung im Lesen aller Schlüssel nach 
Anleitung der §§. 7 und 16 unumgänglich notwendig, und zwar so 
lange, bis den Spieler keine Forderung in dieser Beziehung mehr 
in Verlegenheit bringt.. 

Nicht oft genug kann betont werden, dass Gewissen- 
haftigkeit, strenge Selbstkritik, eifrige Beobachtung grosser 
Meister, verbunden mit unausgesetztem theoretischem Studium, 
Eigenschaften eines katholischen Organisten sein sollten.*) 

Es ist eine traurige, leider zu wenig beachtete Thatsache, 
dass gerade der „Organist" ein gewisses Recht beansprucht, 
zu spielen, was ihm in den Kopf kommt oder in die Finger 
fällt, wählend doch beispielsweise der Sänger an seine Noten 
gebunden ist, oder der Prediger nie die Kanzel besteigt, ohne 
sich vorzubereiten. Wenn mancher Orgelimprovisator gedruckt 
oder geschrieben sehen und prüfen könnte, was er in Präludien 
u. s. w. aus dem Stegreif geleistet hat, so dürfte ihn tiefe 
Scham erfassen, und der Entschluss in ihm reifen, so lange 
zu lernen und zu üben, bis er in der Lage ist zu spielen, 
als ob das Vorgetragene geschrieben und gefeilt wäre. 

Ich schliesse diese kurzgedrängte Abhandlung mit den 
Worten von Amhros:^) „Die innere Lebenskraft dieser Ge- 
sänge ist so gross, dass sie auch ohne alle Harmonisie- 
rung sich aufs intensivste geltend machen und nichts weiter 
zu ihrer vollen Bedeutung zu erheischen scheinen, während 
sie doch andererseits für die reichste und kunstvollste har- 
monische Behandlung einen nicht zu erschöpfenden Stoff bieten 
und Jahrhunderte lang einen Schatz bildeten, von dessen Reich- 
tümern die Kunst zehrte. Die Musik ist an der gewaltigen 
Lebenskraft des gregorianischen Gesangs erstarkt: sie hat 
sich an seinen Melodien von den ersten ungeschickten Ver- 
suchen des Organum, der Diaphonie und des Fauxhoiirdon an 
bis zur höchsten Vollendung im Palestrinastile herangebildet." 

^) Wer sich zu schwach fühlt, den gregor. Choral richtig und fliessend, 
im engsten Anschluss an den Sängerchor, zu begleiten, unterlasse 
die Harmonisierung, um nicht mehr zu schaden als zu nützen. 

2) Geschichte der Musik, Band 2, S. 67, 3. Aufl. (1891) S. 78. 

12* 

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180 

C. Erkenntnis. 

L Allgemeine Andeutungen. 
§. 39. Für Kleriker. 

Es ist bekannt, mit welcher Sorgfalt in früheren Jahr- 
hunderten der Choral vom Klerus geübt wurde, und mit 
welchem Eifer die Kirche in allen Jahrhunderten zur eifri- 
gen Pflege des Choralgesanges aufmunterte. Das Lob bei 
Ecclesi. 44, 5: Laudemus viros gloriosos, et parentes nostros 
in generatione sua , . , in peritia 8ua requirentes modos mu- 
sicos, et narrantes carmina scripturarum ist als Auszeichnung 
vieler Heiligen (Comm, Conf. Pont) im Brevier aufgenom- 
men; der ganze katholische Ritus ist mit den Gesängen 
heiliger, erleuchteter Männer gleichsam durchwoben und durch 
sie verklärt. Bischöfe, Priester und Kleriker wetteiferten, 
all diese herrlichen Choralgesänge in würdiger Weise auszu- 
führen, und die Konzilien forderten^) wiederholt zur gewissen- 
haften Pflege des Choralgesanges auf. 



Ldicus in ecdesiis non debet redtare, nee AUeluja dicere, sed psalmos 
tantum sine AUeluja (Theod. von Canterhury bei Gerhert, De Cantu, 
Tom. L, p. 243), Als Ergänzung zu §. 3, S. 16, Anm. 2 u. 3 seien 
noch folgende Bestimmungen von Provinzialkonzilien angeführt: In- 
vigilent (Episcopi) diligenter ne eantus exponatur contempiui; modo 
quo execuhoni mandatur; . . . ekorusque a peritis in cantu gregoriano 
regatwr; guod vix obtinendum est, nisi studiosa Juventus, prce mundana, 
Ecdesice musicam addiscat Dent igitur operam rectores coUegiorum 
seminariorumque , qui tarn admiräbili zelo juventuti instituend(B se 
devovent, ut cantum gregorianum alumni apprime doceaniur (Conc. 
Quebec. 1851). — Doctorum hominum inves^gaiionibus aucti exeita- 
tique Clerid omnes cantum fit-mum seu planum . . . summo stfidio 
excolant, ac canora suavique voce promere sciant. Hujus eantus fre- 
quentes leciumes in majorthus et in minorihus nostris semnariis haberi, 
ac de eo bis in anno examen fieri volumus et mandamus (Conc. Bur- 
digal. 1859). — In Seminariis leetionem canttis omnes frequenter ad- 
eant, ut clerid, cum ad sacerdotium fuerint evecti et ad regimen ali- 
cujus ecclesia: vocati, scholas cantorum instituere valeant, eisque 
prasesse exemplo sancti Qregorii Magni non dedignentur; et ita, vel 
per se vel per scholares, publicum offidum fadant eocpleri (Conc. 
Tolos. 1860). — Cantus gregoriani schola in omnibus seminariis esse 
debet, Hanc Episcopi publids expetimentis , prcemiis propositis et 
prassentia ipsa sua, Qregorii Magm exemplum imitantes, exdtare ac 



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§. 39. Für Kleriker. 181 

Wenn wir uns hier zuerst an den Klerus richten, so 
thun wir dieses in der festen Überzeugung, dass das Studium 
des Choralgesanges und die gute Aufführung desselben haupt- 
sächlich von ihm abhängt. . . . „Es ist aber nur zu wahr, 
dass manche Männer durch ihre Sorglosigkeit die vorzüg- 
lichste Veranlassung werden, dass er dahinwelke und vergehe. 
Man möchte mit Kardinal Bona ^) ausrufen: ^^Ut fatear quod 
res est, pudet me plerosqtie ecclesiasticos viros totius vitce cursu 
in cantu versari, ipsum vero cantum, qitod turpe est, igno- 
rareJ^^) Stein bespricht in seinem trefflichen Büchlein^) die 
Pflichten des Priesters als Hausherr in seiner Kirche auch 
auf dem Gebiete der Kirchenmusik, erwähnt, dass in früheren 
Zeiten musikalische Kenntnis vorzüglich unter dem Klerus 
anzutreffen war, und dass sich erst von der ausgearteten 
Kirchenmusik der grössere und bessere Teil mit Eecht ab- 
gewendet habe, aber mit unverzeihlicher Sorglosigkeit un- 
thätig geblieben sei. ^,Wäre die Gleichgültigkeit nicht ge- 
wesen, so würde die Unkenntnis nicht so gross geworden 
sein".*) Er betont daher möglichst frühen, gründlichen Unter- 



decorare curent, Clerici omnes cantus ejtismodi .scholam frequentent 
Mansionarii, Magistri chori et prcscentores hanc cantus ecclesiastici 
peritiam legitimo comprobent experimento (Conc. Urbinat. 1859). — 
Curent Episcopi, ut in seminariis scholam cantus (gregoriani) . . . 
omnes clerici tempesUve frequentent, nee ex fadli ad sacros ordines 
admittant, quos, nulla excusante Ugitima causa, eam negleocisse vel 
non satisprofecisse cqmpererit (Conc. Kavenn. 1855): siehe auch die 
Collectio JLacensis, beziehungsweise die Zusammenstellung der in der- 
selben enthaltenen kirchenmusikal. Materien durch P. fiaphael Mo- 
litor 0. S. B. im kirchenmusikal. Jahrbuch 1898, S. 45—62. 

1) De Cantu eccl §. m., Nr. 1. 

*) Janssen, Mithode (les vrais principes) du Ckant Gr^oriefi. H. Dessain, 
Malines. Aucfi deutsch von Smeddink, Mainz, Schott. 

') Die katholische Kirchenmusik nach ihrer Bestimmung und ihrer der- 
maligen Beschaffenheit. Köln, Bachern. In ähnlichem Sinne behan- 
deln den Gegenstand: Dr. Jos. Selbst, der kath. Kirchengesang beim 
hl. Messopfer, 2. Aufl., Regensburg, Pustet, 1890; Paul Krutschek, 
die K.-M. nach dem Willen der Kirche, ebenda, sowie die kirchen- 
musikal. Zeitschriften: Fliegende Blätter, Musica sacra u. s. w. 

*) Hoffen wir, es seien infolge der grösseren Teilnahme und gründ- 
licheren Einsicht des Klerus die Worte von Fr. Bollens in „Der 
deutsche Choralgesang in der katholisdien Kirche etc.'% S. 180, unwahr 
geworden: „Der Unterricht im gregor. Gesang ist meistens gerade 



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182 §. 39. Für Kleriker. 

rieht im Klavier- und Orgelspiel für alle jungen Leute, die 
den geistlichen Stand erwählen. „Wenn in diesen Stadien 
der Bildung der zukünftige Priester die Erwerbung musika- 
lischer Kenntnisse und Fertigkeiten versäumt hat, dann kann 
ihm später im Priesterseminar nicht viel mehr beigebracht 
werden. Hier ist es zu spät, um die musikalische Bildung 
eines jungen Mannes zu beginnen, selbst zu spät, um ihn 
zu einer würdigen Ausführung des so einfachen liturgischen 
Altargesanges anzuleiten." Pbocksch:^) „Der Geistliche selbst 
muss in der Kirche, wenn auch nur am Altare, als Sänger 
auftreten; er hat die Oberaufsicht über die Kirchenmusik, 
den Volksgesang, das Orgelspiel. . . " Antonx:^) „Wenn gleich 
manche sich in etwa damit entschuldigen können, dass sie 
in musikalischer Befähigung von der Natur stiefmütterlich 
behandelt sind, und dass sie die Fehler im Gesänge, sowie 
die Mittel zur Verbesserung derselben nicht kennen, so bleibt 
ihnen doch die Pflicht, durch fremde Hilfe das zu erwirken, 
was sie selbst zu thun nicht imstande sind; denn auch für 
sie steht geschrieben (Jac, IV, 17,): Scienti igitur bonum 
facerßy et non facienti, peccattim est Uli."' Ambebgbr:^) „Jeder, 

solchen Männern tibergeben, welche selbst nichts von ihm wissen, 
und deswegen, wie auch wohl zuweilen aus anderen Gründen, gar 
keine Autorität besitzen, wodurch dann die Gesangsstunde zur Er- 
holungs- und Belusti^ungsstunde gemacht wird. Man ist gern zu- 
frieden, wenn die Zöglinge die Kollekten, Präfationen etc. notdürftig 
absingen, und das Gloria, Ite Missa est, etc. intonieren können, wohin 
es viele doch nicht einmal bringen!" Schon im 11. Jahrh. wurde 
geklagt : ,ßunt etiam ylerique Clerici vd Monachi, qui artem Musicce 
jucunaisaimce neque sdunt, neque scire volunt, et, quod gravius est,* 
sdentes refutant et ahhorrent, et quod si aliquis mtmcus eos de cantu, 
quem vel non rite vel incomposite proferunt, compellat, impudenter 
irati öbstrepunt, nee veritati adquiescere volunt, suumque erroretn srw 
conamine defendunt" Guido Aretin. bei Gerbert, Scriptores, T. IT., 
pag. 51. 

^) Aphorismen über katholische Kirchenmusik. Prag, Bellmann. 

'^) Archäologisch-liturgisches Lehrbuch des gregor. Kirchengesanges. 

') „Pastoraltheologie", IL Band von S. 216—234. Dr. Val. Thalhofer, 
Handbuch der kath. Liturgik. und fast sämtliche seit ewa 30 Jahren 
erschienenen Werke über Pastoraltheologie enthalten beherzigens- 
werte Motive, den liturg. Gesang mit Liebe zu pflegen. Auch der 
Hirtenbrief des sei. Bischofs Valentin von Regensbürg in betreff 
der Kirchenmusik, abgedruckt im Cäc.-Kal. 1884, S. 44 ff., muss 
hier erwähnt werden. C. Sev. Meister schreibt in seinem Werke 



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§. 39. Für Kleriker. 183 

welcher in das Gebiet der Liturgie eintritt, ist ebenfalls 
verpflichtet, den Choralgesang nach Möglichkeit genau 
zu erlernen und ebenso im Sinne der Kirche zu singen, wie 
ihm die Pflicht obliegt, der getreueste Beobachter 
der Rubriken zu sein." „Ob auch nicht jeder jenen wun- 
dervollen Einklang des Tones und der zartesten Bewegungen 
im Herzen der Kirche zu suchen und zu erkennen vermag, 
so ist es doch Pflicht eines jeden, mit heiliger Freude auf 
diese Gesänge der Kirche zu achten, nicht mit Gleichgültigkeit 
darüber sich wegzusetzen, nach ihrer Wahrheit und Schönheit 
und Macht zu suchen, und nicht vielleicht durch Versäumnis 
der notwendigen Übung oder durch Hudelei sich zuletzt jeden 
Gefühls selbst zu berauben. Jeder soll die Schönheit des 
Chorals immer tiefer zu fühlen trachten, damit er 
auch mit Andacht ihn singen möge." „Wende nicht 
ein, dass das Volk wenig davon verstehe; du singst im Namen 
der Kirche zur Verherrlichung ihres ewigen Bräutigams; aber 
du darfst auch glauben, dass durch erhebenden Gesang di<ß 
Gemüter der Gläubigen wunderbar ergriffen werden." 

Ermahnungen aus älterer Zeit haben den gleichen Inhalt und 
eifern zum guten Vortrage und zu fleissiger Übung des liturg. Ge- 
sanges an. So schreibt Bernardus'); Sunt quidam voce dissoluH, 
qui vocis sucb modulatione gloriantur, nee tantum gaudent de dono 
gratice, sed etiam alios spernunt Tumentes elatione aliud cantant, 
quam libri habeant; tanta est levitas vocis, forsitan et mentis, Can- 
tant ut placeant populo magis quam Deo, Si sie cantas, ut ab aliis 
laudem quoeras, vocem tuam vendis, et fads eam non tuam, sed suam, 
Yiros decet virili voce cantare, et non more foemineo tinnulis vel 
falsis vocibus velut histrlonicam imitari lasciviam, ^) 

Das Buch der Instituta Patrum enthält die Weisung: Nee vo- 
luhüitaie nimia confundenda quce didmtts, qua et distinctio perit et 
aifectus . . . cui contrarium est Vitium nimice tarditatis. 



„das katholische deutsche Kirchenlied": „Der kirchliche Gesang ist 
ein wesentlicher Teil des Kultus; die Geschichte desselben 
ist ein Stück Kirchengescbichte; Kenntnis desselben in seiner 
kirchengeschichtlichen und liturgischen Bedeutung ein Teil der- 
theologischen Wissenschaft." Siehe auch Durandus, Ratio- 
nale divtnorum offidorum, Lib, IL De cantore, de psalmista etc.^ 

*) Bei Bona, Div. Psalmod. cap. XVII., de cantu Eccl. §. V. 

2) Der Ausdruck castigatio vocis bei der Subdiakonatsweihe (Humerale) 
kann wohl auch im Sinne des hl. Beruhard verstanden werden. 



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184 §■ 40. Für Dirigenten. 

Hieron. von Mähr^ : ^ Numquam cantm nimis hasse incipicUur, 
quod est ululare; nee nimis alte, quod est damare; sed mediocriter, 
quod est cantare. 

Bona aber schKesst loc. cit.: Denique damnandi sunt iUi, qui 
parce/nies vodhus suis rapinam faciunt in holocamtis, qui vitulos 
scüicet labiorum suorum Domino reddere negligentes, vel dolorem cor 
pitis vel stomaM debüitatem, vd exilitatem vocis prcetendunt ad ex- 
cusandas excusationes in peccatis: cum revera totum in eis sibi ven- 
dicent mentis evagatio, distr actio cordis, ca/rnis inertia et proprice 
scMis incuria. Non enim considerant, quod qui a communi labore 
se subtrahint, communi etiam retributione carebunt, et qui Ecdesiam 
Servitute, proocimum oedificatione , Angelos Icetitia, sanctos ghria, 
Deum cidtu defraudant, ipsi quoque JDei gratia, san^torum suffror 
giis, Angelorum custodia, proocimi adjutorio, Ecclesice beneficiis se 

reddunt indignos Ms enim, qui legitime canunt, et sapienter 

psaUunt (inquit Bupertu^s Äbhas) remuneratio vd proemium erit car- 



§. 40. Für Dirigenten. 

Dem Dirigenten, der leitenden Seele des Chores, obliegt 
die strenge Pflicht, die Sänger im Vortrage des Choralgesan- 
ges durch Wort und Beispiel zu belehren und seine ganze 
Aufmerksamkeit einer sorgfältigen Ausführung desselben zu 
schenken. 

Ein Haupthindernis der Pflege und guten Ausführung des 
gregorianischen Gesanges liegt aber in der schmerzlichen That- 
sache, dass viele Dirigenten wohl hinreichend in der modernen 
Musik unterrichtet sind, für Vortrag des Choralgesanges aber 
infolge ihrer mangelhaften und einseitigen Kenntnis nur 
mitleidiges oder verächtliches Achselzucken haben. 

Näher lassen sich die Pflichten des Dirigenten in folgen- 
den Punkten zusammenfassen: 

1) Er muss die Sprache der Kirche verstehen, da alle 
liturgischen Gesangstexte in lateinischer Sprache verfasst 
sind. Das beste Verständnis des Textinhaltes, den richtigsten 
Ausdruck der Melodie nach Erfordernis und Zusammenhang 
der liturgischen Handlung vermittelt freilich die eigene, ge- 
wöhnliche Kenntnis der lateinischen Kirchensprache; wo aber 
diese mangelhaft oder gar nicht sich findet, muss jedenfalls 

^) Dominikanerpriester zu Paris um 1250: siehe Coussemacker, Script. 
Tom. L p. 94. 



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§. 40. Für Dirigenten. 186 

eine Übersetzung nachhelfen/) wenn auch durch dieselbe 
nicht so fast der richtige Sinn der einzelnen Worte, sondern 
vielmehr der Textinhalt im allgemeinen vermittelt wird. 
Auch muss verlangt werden, dass der Dirigent den Kirchen- 
kalender, das Directorium, lesen könne und verstehe, weil 
sonst die vorgeschriebenen Choralgesänge nicht einmal 
zu finden, noch weniger nach Vorschrift auszuführen sind. 
Den Sinn der Worte im einzelnen und ganzen wird der 
gewissenhafte Dirigent seinem Sängerchore deutlich machen 
und die Beziehungen zwischen Wort, Ton und Handlung 
demselben nahelegen. 

2) Durch das teilnehmende Mit- und Durchleben des 
Kirchenjahres wird der Katholik in eine gesammelte, religiöse 
Stimmung versetzt und erhält jenen kirchlichen Geist, welcher 
in den verschiedenen liturgischen Feierlichkeiten des Kirchen- 
jahres so wunderbar weht. Diesen Geist muss der katho- 
lische Dirigent haben, er muss das ganze kirchliche Leben 
gleichsam mitleben, um der Stimmung und dem Geist der 
Kirche gerecht werden und wahren Ausdruck geben zu können. 

3) Die Fest Zeiten*) sollen den Vortrag des Choral- 
gesanges bald mehr bald weniger in Bezug auf Intonation, 
Rhythmus, Schwungkraft, Majestät, Würde und Erhabenheit 
beeinflussen. Bei höheren Festen wird sich selbst der Psal- 
mengesang dem melodischen Gesang nähern, während der- 
selbe bei geringeren Festen durchgängig rezitierend, schneller 
und tiefer sein soll. Selbst der eigentliche melodische Gesang 

^) Gute Dienste für die Gesänge bei der hl. Messe wird das „Gebet- 
und Betrachtungsbuch für Kirchensänger und gebildete Laien ^' leisten, 
das den Titel führt: „Kleines Gradual- und Messbuch" und die 
wechselnden Messgesänge lateinisch und deutsch enthält, um 
schon in den Proben das richtige und schöne Aussprechen und Lesen 
des liturg. Textes und dessen Verständnis zu vermitteln, sowie das 
„Römische Gradualbuch" und das „Römische Vesperbuch"; die beiden 
letzteren mit den transponierten Choralgesängen im Violinschlüssel. 

«) Die Inst, patr, unterscheiden dreierlei Festzeiten. Bei grossen Feier- 
lichkeiten müsse man mit ganzem Herzen, mit ganzer Stimme und 
aller Begeisterung singen, an Sonntagen und Festen der Heiligen 
viel gelassener: an gewöhnlichen Tagen aber müsse der Vortrag so 
eingerichtet werden, dass alle noch andächtig psallieren und sorg- 
fältig: singen können, ohne Stimmgeräusch, mit Hingebung, ohne 
Fehler (mm affectu absque defectu). 



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186 §. 40. Für Dirigenten. 

darf dann rascher vorgetragen werden. Bei Trauergottes- 
diensten ist die Stimme gedämpft, aber deutlich, die Tonlage 
tiefer, doch nicht trostlos. 

4) Die Tonart, ihr Umfang, ihre Eigentümlichkeiten 
sollen am vorliegenden Choralgesang erklärt werden, damit 
der Charakter der einzelnen modi möglichst treu erkannt 
und wiedergegeben, die Sänger aber befestigt werden, ohne 
Schwanken und Zaudern ungewohnte Intervalle, melodische 
oder rhythmische Schwierigkeiten sicher und schnell zu über- 
winden und zu beherrschen. 

5) Im Einverständnis mit dem Organisten sorge der Diri- 
gent für eine richtige Tonlage (Höhe oder Tiefe). Da beim 
Choralgesang hohe und tiefe Stimmen meist gemischt sind, 
sollen die Gesänge so eingerichtet resp. transponiert werden, 
dass es jedem einzelnen möglich ist, dieselben mit gleich- 
massiger Kraft und ohne besondere Anstrengung auszuführen. 
„Der Gesang soll nie zu tief angestimmt werden, denn das 
heisst heulen; auch nicht zu hoch, denn das heisst schreien, 
sondern in mittlerer Tonhöhe, denn das heisst singen".^) Die 
Abteilung des Chores in Halbchor, Cantores, Knaben- und 
Männer-, obere (Sopran, Tenor) oder untere (Alt, Bass) Stim- 
men, und der Wechsel zwischen diesen, sowie die Vereinigung 
aller oder einzelner von Zeit zu Zeit, bringt ein reges, reiches 
Leben in den Choralgesang und löst viele Schwierigkeiten, 
die beim steten Gesänge des ganzen Chores unvermeidlich 
wären. Die einzelnen sich folgenden Choralgesänge sollen durch 
Transposition annähernde Tonlage und Klangfarbe erhalten. 

6) Der Dirigent muss demnach die Kraft und Tüchtig- 
keit seiner Sänger gut kennen und darf nur solche zulassen, 
die mit den Prinzipien und der Ausführung des Choralgesanges 
hinreichend bekannt sind, gesunde, ordentliche Stimme, gute, 
reine Aussprache etc. besitzen. Wer überhaupt nicht singen 
kann, soll auch nicht singen. Denn der leichtfertige Satz: 
Für den Choral ist alles gut, zeigt von ebenso grosser 
Unwissenheit als thörichter Verachtung der Kunst und unver- 



Den lat. Text siehe oben, S. 184. 

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§. 40. Für Dirigenten. 187 

zeihlicher Impietät gegen die heil. Gesänge der katholischen 
Kirche. Jugendliche begeisterte Sänger neigen von Natur 
aus zu einer höheren Tonlage hin, und es ist bei ihnen, wenn 
die Höhe überhaupt angemessen ist, weniger ein Detonieren 
zu befürchten; sollte dieses aber dennoch eintreten, so ist es 
Aufgabe des Dirigenten, die Sänger ohne Verzug, aber auch 
ohne lästige Störung (etwa durch stärkeren oder rascheren 
Stimmeneinsatz) auf den normalen Ton zurückzuführen. 

7) Die Länge und Kürze der Silben ist wohl zu be- 
achten, denn der wechselnde Sprachrhythmus, die durch 
Taktfesseln nicht gehemmte Freiheit im Vortrag, ist eine 
Hauptzierde des gregorianischen Choralgesanges. Niemals 
aber darf diese Länge und Kürze der Töne etwa nach einem 
Gesetze des mechanischen Taktpendels bestimmt werden. Spe- 
ziell für Dirigenten ist diese Kenntnis des in §. 8 des Magist 
chor. Enthaltenen von grösster Wichtigkeit.^) Markierte und 
sichere Handbewegungen sollen die Sänger anweisen, die ein- 
zelnen Töne und Tonfiguren, Wörter und Sätze im Wechsel 
von schnellerem oder langsamerem Vortrag, mit stärkerem 
oder schwächerem Accent zu einem vollkommenen Ganzen 
zu verbinden. 

8) Vom Dirigenten hängt auch teilweise die Gliederung 
des Gesangsstückes nach Abschnitten, Sätzen, Perioden ab. 
Das Atemholen richte sich nach den Worten, für Pausen 
sind die Unterscheidungszeichen der beste Platz. (S. unten 
§. 43 u. 44.) Die Silben der Wörter sollen stets verbunden 
werden. TreflEen aber dennoch so viele Noten auf eine Silbe, 
dass sie ohne Unterbrechung nicht wohl gesungen werden 
können, so ist es Sache des Dirigenten, für den ganzen 
Chor eine passende SteUe zum Atmen anzugeben. Hier ist 
auch das richtige Masshalten im schnellen und langsamen 

^) Praktische Versuche haben den Verfasser dieses Lehrbuches tiber- 
zeugt, dass eine Zahl von 15 oder 20 gemischten Stimmen aus der 
Folio ausgäbe des offiziellen GradualeRom. einheitlicher, leichter 
und schwungvoller die gregor. Gesänge vorträgt, als aus zehn an 
die einzelnen Sänger verteilten Exemplaren der Oktavausgabe. Unsere 
Yorvordern haben recht gut gewusst, warum sie auch nach Erfindung 
der Buchdruckerkunst die Choralbücher in Folianten edierten! ^ 



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188 §. 40. Für Dirigenten. 

Vortrag in Erinnerung zu bringen, diese goldene Mittelstrasse. 
Bei einer geringeren Anzahl von Sängern hat der Dirigent 
das hastige Eilen, bei einem grossen Chor den schleppenden 
Gesang zu yerhindem. In jedem Falle leiden die richtige, 
deutliche Aussprache und der schöne, reine Ton: durch diese 
Mängel aber wird der Choralgesang nur verächtlich und 
lächerlich. Übrigens ist es zweckdienlich und wünschens- 
wert, den Vortrag in der Regel etwas lebhaft, leicht, frisch, 
ja oft feurig, schwunghaft jedesmal, zu wählen und sich 
dem häufig anzutreffenden langsamen, mitunter langweili- 
gen Choralgesange nicht anzuschliessen, weil durch letztere 
Unsitte eine sehr unerquickliche Klangfarbe erzeugt und 
gerne von Stufe zu Stufe detoniert wird. 

9) Der Dirigent bestimme auch den Grad der Stärke oder 
Schwäche des Tones, die Steigerung oder Mässigung der Stimme 
bei den einzelnen Gliedern oder Sätzen. Der aus schöner und 
begeisterter Deklamation des Textes natürlich sich ergebende 
Wechsel von p,, f., er esc. etc, ist nicht zu verwerfen, soll 
aber nicht bindend eingeschult und streng bezeichnet, oder 
gar durch Schriftzeichen fixiert werden, weil eingelernte 
Effekte und Phrasen abstossen und ihren Reiz verlieren. 

10) Aus all dem Gesagten erhellt die heilige Pflicht der 
gewissenhaftesten Pflege steter Vorübung. Wenn der Dirigent 
seine Sänger nicht durch Proben vorbereitet und wach erhält, 
sondern alles dem guten Glück, der längeren Beschäftigung und 
dem Vertrautsein mit der Sache überlässt, so wird und kann er 
nie Segen und Erfolg beim Choralgesang haben. Gerade der 
Choralgesang muss mehr als jeder andere fleissig einstudiert 
und oft durchgegangen werden, wenn sein Vortrag entsprechen 
soll; denn der Choral ist, wie jene grossen Schulen vergange- 
ner Jahrhunderte und die Beispiele gelehrter und heiliger 
Männer bezeugen, keine Sache gewöhnlicher Fertigkeit, son- 
dern ernsteren und tieferen Studiums in Geist und Herz."^) 

Die Vorübungen müssen aber regelmässig und aus- 
dauernd sein, sollen sich nicht nur auf einzelne Gesangs- 

M Amberger, 1. c. S. 232. 

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§. 41. Für Organisten. 189 

schäler erstrecken, sondern müssen sich bei grossen Chören 
über alle gesangsfähigen Individuen ausdehnen; die Gesänge 
müssen genau und vielmals wiederholt werden^ um auch 
diejenigen tüchtig zu machen, welche sich an ihre geübteren 
Kollegen anzulehnen pflegen und dadurch unbequeme Hemm- 
schuhe für Dirigent und Sänger werden. Ein gründlicher, 
ununterbrochener Unterricht ist der Träger eines natürlichen, 
Schwung- und würdevollen, erbauenden Choralgesanges. 

§. 41. Für Organisten. 

I. Die Andeutungen, welche im vorigen Paragraphen für 
Dirigenten gegeben wurden, gelten im gleichen Masse für 
Organisten, besonders wenn beide Ämter, wie häufig der Fall, 
in einer Person vereinigt sind. Mit Hinweisung auf die in 
§. 38 gemachten Bemerkungen über die Harmonisierung und 
Begleitung des gregorianischen Chorals sei hier nur auf den 
grossen Unterschied aufinerksam gemacht, der 1) zwischen 
einem Pianisten und Organisten,^) 2) zwischen einem fertigen, 
geschickten Orgelspieler und einem solchen besteht, der Vor- 
bereitung oder Begleitung des gregorianischen Chorals zu 
besorgen hat. 

Das Präludium zu gregorianischen Gesängen, ebenso das 
Zwischen- und Nachspiel zu denselben, muss mit dem folgen- 
den oder gesungenen Choralsatz sach- und sinngemäss im 
Zusammenhange stehen. Der Organist muss vorbereiten, weiter- 
fähren, überleiten, modulieren^) und soll durch fremdartige 
Kadenzen oder freie Phantasie in modernem Stile die Einheit 
nicht stören; er hat vielmehr den Chor und die Intonatoren 
durch diatonische Melodienbildung und Harmonie, z. B. vor In- 
troituSy Offertorium, Communio, bei etwaigen Zwischenspielen 

1) Über Anleitungen zum Orgelspiel siehe die zahlreichen, in den beiden 
Sachregistern zum Cäc.-Ver.-Kat. zusammengestellten Werke. — 
Wenn an dieser Stelle nur die im Cäc.-Ver.-Kat. enthaltenen Werke 
erwähnt sind, so woUte gegenüber anderen Büchern, die den gleichen 
Gegenstand behandeln, keinerlei Kritik geübt werden. 

*) Für diejenigen Chöre, welche aus irgend welchem Grunde die litur- 
gischen Texte ganz oder teilweise singend deklamieren, sind die 
178 Recitationskad^nzen von Jos. Schildknecht sehr zu empfehlen. 



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190 §• 41. Für Organisten. 

im Kyrie und Oloria, Sancttts, Agnus, bei den Modulationen 
zwischen den Vesperantiphonen und ähnl., durch Motive und 
Imitationen aus den Choralgesängen zu unterstützen und in 
Stimmung zu erhalten. Wenn auch in solchen Fällen die 
Mensur (der Takt) zulässig ist, so erhöht doch das freirhyth- 
mische Spiel, unmittelbar vor dem Beginne des Choralgesanges 
oder bei ganz kurzen Interludien, den Eindruck und fördert 
die Deklamation des Sängerchores. 

n. Durch Anerkennung der Orgel als kirchliches In- 
strument^) wurde auch in mancherlei Verordnungen^) die 
Zeit und Weise des Orgelspiels geregelt. Das Coerem. Episc, 
verordnet im 1. Buch, 28. Kap. über diesen Punkt wie folgt: 

1) „An allen Sonntagen und an allen Feiertagen des Kirchen- 
jahres, an denen das Volk sich der knechtlichen Arbeit zu enthalten 
pflegt, kann in der Kirche Orgelspiel und der Gesang der Musiker 
stattfinden." 

2) „Zu diesen Tagen zählen jedoch nicht die Sonntage der Ad- 
vent- und Fastenzeit mit Ausnahme des dritten im Advent (GoMÖMe) 
und des vierten in der Fastenzeit (Lcetäre Jerusalem), an welch 
letzteren Tagen Orgelspiel erlaubt ist, jedoch bloss bei der Messe; 
ebenso sind ausgenommen jene Feste und Ferien innerhalb der 
Advent- und Fastenzeit, welche mit Feierlichkeit von der Kirche 
begangen werden, wie z. B. das Fest des hl. Mathias, des hl. Tho- 
mas von Aqnin, des hl. Gregor des Grossen, des hl. Joseph, der 
Verkündigung Mariens und ähnliche, welche in die Advent- und 
Fastenzeit fallen. Ebenso kann die Orgel gespielt werden am 



^) Bened. XIV. Bullar, magn,; Conc. Mediol. I. : Organo tantum in ecclesia 
locus Sit; tibioB, comua, et reliqua musica instrumenta excludantur. 

2) Als weitere Erläuterungen sind hier eine Reihe von Antworten der S. R. C. 
zusammengestellt, welche sich auf unseren Gegenstand beziehen: 

IJ Auf die Frage: An liceat in Dominids Sacri Adventus, et Qim- 
dragesimas pulsare Organa in Missis solemnibus, prcetet- Dominicas a 
Ruhrica exceptas? et an, quatenus hie usus in aliqua Ecclesia mgeat^ 
sit eliminandus? antwortete die S. R. C. am 22. Juli 1848 in Floren- 
tina seu Ordinis Minorum de Observantia. Nr. 2965 (.5126): 
Abusus est eliminandus, 

2) Organa in Dominids IIL Adventus, et IV, Quadrages. pulsari 
debent in Missa, et in Vesperis tantum, non vero in aliis horis Cano- 
nids. Die 2, Aprilis 1718. Beneventana, Nr, 2245. (3905), 
Sj Die Frage : An servari possit asserta consuetudo puUandi Organum 
tempore Quadragesim^oe, Adventus, et Vigiliarum, in Missis votivis B, M, 
F., quce singulis Sabbatis solemniter celebrantur, et in ejusdem Lita- 
niiSy quoB post Vesperas cantantur? antwortete die S. R. C. am 14. April 
1763 in Conimbricen. Nr. 2424 (4233): Affirmative; et amplius. 



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§. 41. Für Organisten. 191 

Gründonnerstage und Chaxsamstage beim Gloria und wenn ein 
feierlicher Gottesdienst mehr freudigen Charakters irgend einer 
wichtigen Ursache halber gehalten werden soll." 

3) „Das Spiel der Orgel ist geziemend, wenn der Bischof, ent- 
weder um selbst feierlich zu celebrieren oder dem durch einen an- 
deren celebrierten feierlichen Hochamte zu assistieren, in die Kirche 
einzieht, sowie auch, wenn er nach verrichteter heiliger Handlung 
die Kirche verlässt." 

4) „Ebendasselbe soll beim Einzüge eines apostolischen Legaten, 
eines Kardinales, eines Erzbischof es oder Bischofes, den der Diö- 
cesanbischof ehren will, geschehen, und zwar so lange, bis die vor- 
genannten gebetet und die heilige Handlung beginnen soll, sowie 
auch bei deren Auszug." 

5) „Bei der feierlichen Matutin an höheren Festtagen kann die 
Orgel gespielt werden wie bei der Vesper, und zwar von Anfang an." 

6) „Es ist Regel, dass bei Vesper, Matutin und Messe der erste 
Vers der Kantiken und Hymnen, sowie auch jene Hymnenverse, bei 
welchen zu genuflektieren ist (z. B. Te ergo qtcoemmus etc. und die 
Strophe Tantum ergo Sacramerdum, wenn das heiligste Sakrament 
ausgesetzt ist, und ähnl.) vom Chore laut gesungen und nicht von 
der Orgel suppliert werden; so wird es auch mit dem Versikel 
Gloria Patri gehalten , wenn auch der diesem unmittelbar vorher- 
gehende Versikel ebenfalls gesungen wurde; dasselbe gilt von den 
Schlusstrophen der Hymnen. Es ist jedoch wohl zu bemerken, 
dass, so oft die Orgel den Gesang suppliert oder wechselweise mit 
dem Gesänge bei den Hymnen und Kantiken eintritt, jemand im 
Chore das mit vernehmlicher Stimme recitiere, was wegen des 
Spieles der Orgel nicht gesungen wird. Und es wäre ganz löblich, 
wenn irgend ein Sänger ebendasselbe, begleitet von der Orgel, 
deutlich singen würde." 

7) „Bei anderen kanonischen Hören, welche im Chore recitiert 
werden, ist es nicht gebräuchlich, die Orgel anzuwenden. Wenn 
es jedoch irgendwo Gewohnheit wäre, auch bei den Hören oder 
einigen derselben die Orgel zu spielen (z. B. bei der Terz , zumal 
wenn dieselbe unmittelbar vor einem Pontifikalamte , während der 
Bischof die heiligen Paramente nimmt, feierlich gesungen wird), 
so kann eine solche Gewohnheit beibehalten werden." 

8) „Bei der feierlichen Vesper kann die Orgel am Ende eines jeden 
Psalmes gespielt werden; ferner auch wechselweise beim Hymnus 
und Magniücat, jedoch unter Beobachtung obbesagter Regeln." 

9) „Beim Hochamte wird die Orgel wechselweise gespielt zum 
Kyrie deison, Gloria in excelsis, etc. am Anfange der Messe; ebenso 
nach gelesener Epistel, zum 0/fertorium und zum Sanctus;^) und fort 



*) Auf die Anfrage: An in cantu FrcBfatumis et Orationis Domini- 
ealis quoties Missce decantanttir , Organa ptUsari queant? (Ob beim 
Gesäuge der Präfation und des Pater noster beim Hochamte die 



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192 §• 41. Für Organisten. 

bis zum Pater noster. Bei der Wandlang jedoch wird die Orgel 
in ernsterem and sanfterem Tone gespielt. Nach der Wandlang 
kann sogleich ein passendes Motett gesangen werden. Ebenso er- 
tönt die Orgel wechselweise beim Ägntis Dei bis zar Postcommunio 
and am Ende der Messe.^ 

10) „Beim Gesang des Symbolam jedoch darf die Orgel nicht 
wechselweise eintreten, sondern es ist dasselbe vom Chore ganz 
und mit vernehmlicher Stimme zu singen." 

11) „Man habe aber ein wachsames Auge darüber, dass das 
Spiel der Orgel nicht lasciv oder unlauter sei, und dass nicht 
unter Begleitung derselben Gesänge aufgeführt werden, welche mit 
dem OflSizium, das eben gefeiert wird, nichts zu thun haben, um 
von Gesängen profaner und tändelnder Natur zu schweigen; auch 
sollen ausser der Orgel keine anderen Instrumente angewendet 
werden, es sei denn mit Erlaubnis des Bischofes." 

12) „Die Sänger und Musiker sollen es sich sehr angelegen sein 
lassen, dass der Zusammenklang der Stimmen, welcher zur Förde- 
rung der Andacht in der Kirche bestimmt ist, nichts Leichtfertiges 
und Ausgelassenes an sich habe und so die Gemüter der Hörer 
von der Betrachtung der heiligen Geheimnisse abwendig mache, 
sondern derselbe sei andächtig, klar und verständlich." 

13) „In Offizien für die Verstorbenen wird die Orgel nicht ge- 
spielt; wenn aber bei den Totenmessen Musik stattfindet, so schweigt 
die Orgel, wenn der Gesang beendigt ist; die gleiche Vorschrift ge- 
ziemt sich auch für die Ferien der Advent- und Fastenzeit."*) 

in. Diesen Wortlaut des Ccerem, Episc. mögen nach- 
folgende ästhetische und technische Erwägungen teils ergän- 
zen, teils erläutern: 

1) Der Organist hat bei dem Stimm- und Registerwechsel 
nach Erfordernis zu wählen und Bedacht zu nehmen, dass 
der Choralvortrag mannigfaltig mit Schatten und Licht be- 
reichert werde. Die Aufgabe der Orgel als Dienerin und 



Orgel gespielt werden dürfe) antwortete der Sekretär der Riten- 
kongregation mit Zustimmung des Eardinalpräfekten und auf Grund 
eines Votums der liturgischen Kommission am 37. Januar 1899: Obstat 
Coeremonidle Epicoporvm lib, L cap. 26, Num. 9, quod servandum 
est (Es steht die Entscheidung des Casremoniale Episcoporum I. Buch, 
cap. 28, Nr. 9, entgegen, nach welchem man sich zu richten hat.) 
^) Der Choral wird durch den Beisatz „si musica adhibeatur'' als selhst- 
verständlich vorausgesetzt, da mit mtmca der figurierte oder poly- 
phone Gesang mit oder ohne Orgel gemeint ist (siehe oben musico- 
rum cantus); es wird aber zwischen Officium und Missa unterschieden. 
Beim Officium Defunctorum schweigt die Orgel, bei der Messe jedoch 
kann sie als Begleitungsinstrument gebraucht werden. 



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§.41. Für Organisten. 193 

Führerin des Gesanges schliesst den schlimmen Wahn, eine 
tüchtige Wirkung hänge von einem gewaltigen Sausen der 
Melodie und Harmonie ab, gänzlich aus, weü durch solches 
Übermass das Verständnis des Textinhaltes ganz oder teil- 
weise unmöglich wird. 

Ob drei- oder vierstimmig, in enger oder weiter Har- 
monie begleitet werden solle, richtet sich nach dem Sänger- 
chor, dem vom Dirigenten angeordneten Wechsel, nach der 
Festzeit, dem Textinhalt, der Tonlage und kann dem Er- 
messen eines denkenden Organisten überlassen bleiben. 

2) Die richtige Intonation hängt vielfach vom Orga- 
nisten ab. Stimmt der Priester den Choralgesang an, so ist 
es wünschenswert, dass sein Gesang mit dem des Chores in 
gleicher Tonhöhe erklinge, dass Priester und Gemeinde, Hirt 
und Herde im Preise Gottes vollkommen übereinstimmen. 
Der Organist soll daher in jenem Tone schliessen, in welchem 
der Priester fortzufahren hat, oder er kann mit leisen Regi- 
stern den passenden und gewünschten Ton angeben. 

Auch auf die Reinheit des Tones kann der Organist durch 
entsprechende Transposition, schärfere, doch nicht störende 
Registrierung und engere Harmonielage mit Erfolg einwirken. 

3)' Obwohl im Lib. I., §. 9 , 28. Kap. des Coerem, Episc. 
die Erlaubnis, während der heiligen Wandlung „die Orgel in 
ernsterem und sanfterem Tone zu spielen", gegeben ist, so 
empfiehlt sich immerhin die Beibehaltung der schönen, be- 
sonders in den deutschen Diöcesen üblichen Sitte, dass die 
Orgel gänzlich schweige, so dass auch der Organist mit den 
übrigen Gläubigen kniend anbete.^) i 

Möchten die Gläubigen in allen katholischen Kirchen 
mit Bona ausrufen können und müssen i^) „Der harmonische 
Klang der Orgel erfreut die traurigen Gemüter der Menschen 
und erinnert an die Freuden der himmlischen Stadt, spornt 

^) Im Lib. II, cap. 8, §. 70, heisst es ausdrücklich: „Tunc silet chorus 
et cum (Um adorat Organum vero, si habetur^ cum omni tunc melo- 
dia et gravitate pulsandum est^ Die Praxis der päpstlichen Kapelle, 
sowie das si habetur sind hinreichende Gründe für das Schweigen 
der Orgel während der hl. Wandlung. 

2) De divina psalmodia, cap. 17, § 2 ad finem. 

Haberl, Magister choralis, 12. Aufl. \^ 

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194 §• 42. Für Sänger des gregor. Chorals. 

die Trägen, erquickt die Eifrigen, ruft die Gerechten zur 
Liebe, die Sünder zur Zerknirschung." Jedenfalls schwebe 
dem katholischen Organisten stets die Mahnung des nämlichen 
Kardinals vor Augen: „Das Orgelspiel muss so ernst und 
gemessen sein, dass es nicht das ganze Gemüt durch seine 
Annehmlichkeit abziehe und zerstreue, sondern mehr Veran- 
lassung und Gelegenheit biete, dem Sinne der Gesangsworte 
nachzudenken und sich den Gefühlen der Andacht hinzugeben.-' 

§. 42. Für Sänger des gregor. Chorals. 

Die Ausbildung für den Choralgesang unterscheidet sich 
in vielen Punkten von der im figurierten oder harmonischen 
Kirchengesang. Der Ehythmus des gregor. Chorals, in seiner 
Bewegung dem Sprachaccent sich anschliessend, der Schatz 
seiner köstlichen Melodien, die einem modern gebildeten Sänger 
oft unausführbar scheinen, bieten für jede Stimmgattung 
Aufgaben von solcher Schwierigkeit dar, dass kein sonst tech- 
nisch gut geschulter Sänger ohne nähere Vorbereitung und 
tiefere Kenntnis des Tonsystems dieselben schon anfänglich 
und beim ersten Versuch, sondern erst nach entsprechender 
spezieller Ausbildung lösen wird. Wie schon gute Aussprache, 
so setzt der gregorianische Gesang noch mehr feinen Sinn, 
richtige Auffassung und ein sorgsam gebildetes Organ voraus. 

Wer gut Choral singen will, muss vorher eine tüchtige 
Schule durchmachen können, wenigstens an Orten, wo ähn- 
liche Forderungen nicht zu den Unmöglichkeiten gehören. 

Die Pflichten des Choralisten lassen sich in dem einen 
Satze zusammenfassen: „Er folge aufe genaueste und sorg- 
fältigste den Winken, Worten, Befehlen und Andeutungen des 
Dirigenten, auch wenn es gegen seine bessere Über- 
zeugung sein sollte." Diese strenge Unterwerfung, einem 
echten Musiker und Sänger gar nicht schwer, soll aber nicht 
nur aus Ordnungsliebe, sondern vor allem aus demütigem 
Sinne entspringen. ,.Beim Gesänge", sagt der hl. Ambrosius,^) 

^) Ambrosius de offic. minist. Lib. I. cap. 18: „In ipso canendi genere 
prima disciplina verecundia esty ut sensim quis aut psallere , aut canere 
incipiat, ut verecunda pHncipia commendent processwmJ'' 



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§. 42. Für Sänger des gregor. Chorals. 195 

,.ist Bescheidenheit die erste Regel, damit der Anfänger 
im Psallieren oder Singen aus schüchternen Anfängen all- 
mählich zu Fortschritten gelange". 

Die echte Begeisterung für das Haus des Herrn wird 
sich aber nicht begnügen, das Vorgelegte mit Pleiss zu sin- 
gen, sondern trachten, dass schon in der Vor-^) und Durch- 
übung, Sinn, Bedeutung und Zusammenhang des betreffenden 
Choralgesanges erschlossen, sowie Zweck und Geist der Kirche 
bei jedem einzelnen liturgischen Akte klarer erkannt werde. 
,,Wer wird das wundersame Lied der Kirche nachsingen 
können, ohne von ihrem Geiste durchdrungen zu sein? Daher 
muss, wer die Gesänge der Kirche singen will, mehr und 
mehr in sich selbst erfahren und erkennen, welches die Ge- 
fühle seien, die in jeglicher Feier wie aus dem Herzen der 
Kirche durch sein Herz und seinen Mund übergehen sollen 
in die Herzen aller, um in allen die eine Liebe zu erwecken; 
nur so wird er den Choral mit wahrem Verständnis vor- 
tragen können."*) Die wirksamsten Mittel zur Idealisie- 
rung und vollkommenen Auffassung des Choralgesanges sind: 
ein glaubensvolles Herz und heiteres*) Gemüt, ein gesammel- 
ter*) Geist, eine andachtsvolle Seele und der Wille, alles zur 
grösseren Ehre Gottes zu thun.^) 



') „Das erste Eifordemis ist, dass der vorzutragende Gesang fleissig 
von allen vorher durchgesehen werde", sagt ein alter Theoretiker, 
Hieronymus von Mähren, bei Coussemacker, und ein anderer bemerkt 
bei Gerbert, Bd. I, p. 213: „Die Personen, welche sich mit der welt- 
lichen Instrumental- und Vokalmusik beschäftigen, sind auf alle 
Weise bemüht, durch Kunstfertigkeit ihre Zuhörer anzuregen. Wir 
aber, die gewürdigt sind, die Worte Gottes im Munde zu führen, 
sollten ohne Kunst, ja nachlässig dem heiligen Gesang obliegen? 
Sollten wir nicht grösseren Fleiss auf den kirchlichen Kunstgesang 
verwenden als die, welche sich mit nichtigen Texten abgeben?" 

«) Amberger, 1. c. S. 231. 

*) Frcedpuum impedimenium faciendi pulchras notaa est cordia ffnstitia ; 
eo quod nulla nota valet nee vcdere potest, qticB non vrocedit ex cordü 
hüaHtate, Proptet' qitod melancolici ptdchras quiaem voces habere 
possunt, ptdchre vero cantare non possunt Hieron. von Mähren, bei 
Coussemacker, Script. Tom: I, p. 94. 

*) „Während ihr singt, sollt ihr an nichts denken als an das, was ihr 
singt!" Bernhard. 

*) „Wenn du beim Gesänge Erbauung der Zuhörer suchest, wirst du 
um so mehr erbauen, je mehr du die Eitelkeit fliehest." Bonaventura. 

13* 



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196 §. 42. Für Sänger des gregor. Chorals. 

^jDigne, attente, ac devote'^, würdig, aufmerksam und an- 
dächtig soll der Priester nach dem Willen der Kirche das 
Breviergebet verrichten, auch wenn er allein ist; diese drei 
Eigenschaften müssen auch die Gesangsgebete aufweisen, die 
der Choralist beim öffentlichen Gottesdienste zur Ehre des 
Allerhöchsten und zur Erbauung der Gläubigen vorträgt.^) 

„Gerechte Klage erhebt daher die Kirche über jene, 
die mit unverzeihlicher Leichtfertigkeit alle Regeln des Ge- 
sanges wegwerfend nach Willkür die Töne verändern oder 
erleichtern, den Ernst und die Kraft des ganzen Tones um- 
tauschen gegen die Weichheit und Behaglichkeit des halben, 
die nicht beachten die Bewegung in längeren und kürzeren 
Noten, die ihre Stimme nicht zu veredeln suchen durch all- 
durchdringende Andacht, welche die Würde des Gesanges 
verabsäumen, nun ihn schläfrig hinziehend einem schweren 
Steine gleich, nun ihn abstürzen lassend in ungemessener 
Eile, nun zum Gemeinen ihn niederdrückend durch stossendes 
Schreien, durch verkehrte und niedere Aussprache der Vokale 
oder durch Annahme verschiedener Manieren."*) 

„Die Leichenreden Bossuets erschüttern und begeistern, 
wenn sie von den Lippen eines guten Redners fliessen, aus 
dem Munde eines schlechten Vorlesers erzeugen sie niclit nur 
keine Wirkung, sondern sogar Kälte. Ebenso verhält es sich 
mit dem Vortrag des Choralgesanges." ^) 



^) Non vox, sed votum, non tinnula corda, sed cor; 

NoD clamor, sed amor psaUit in aure Dei. 

Dirige cor sursum, bene profer, respice sensum; 

Inque choro ne sis corpore mente foro.*) 
Mehr als der Töne Gewalt und Stimmenschmelz wirket die Andacht; 
Nicht ein Psalmengeschrei, Gott gefällt Herzensgesang. 
Richte empor dein Gemüt, sprich ffut und achte des Sinnes; 
Wenn du weilest im Chor, Sehweite dein Geist nicht hinaus. 

*) Diese beiden lateinischen Distioha befinden sich in den Chorstühlen des nun zum 
Kreisirrenhaas nmgewandelten Karthänserklosters Prüll bei Regensbarg; sie waTd»n 
' auch bei der 1894 bethätigten Erneuerung der Chorstühle im hiesigen Dome als Insohrift 
angebracht Die deutsche Übersetzung musste auf die AUitteration des Originals ver- 
zichten. 

*) Amberger, 1. c. S. 233. 

8) Cloet, Recueil de M61odies, Tom. 11. p. 38. 



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197 

IL Winke über den Vortrag. 

§. 43. Wirkung des Textes und der Aussprache 
auf Notenzeichen und Ton. 

In der modernen Tonschrift besitzen wir reichliche 
Mittel, um Höhe und Tiefe, Länge und Kürze, Stärke und 
Schwäche der Töne, sowie die schnellere oder langsamere 
Bewegung eines Tonsatzes oder einzelner Teile desselben 
auszudrücken und darzustellen.^) Für den gregorianischen 
Choral aber scheint seit Guidos Erfindung der Linien nur 
die Intervallbestimmung und in den neueren römischen Aus- 
gaben die Bezeichnung der Accentsilben ein sicherer Führer 
beim Vortrage zu sein. Diese Auffassung ist jedoch unrichtig, 
wenn der Fundamentalgrundsatz: ^^Potius considerandus est 
sensus quam modulatio — das Wort steht über dem Tone" 
stets im Gedächtnis bleibt. 2) Wie sich die Hebungen und 
Senkungen der Rede und des Gedichtes unmöglich durch 
äussere Zeichen befriedigend und endgültig darstellen lassen, 
so wird es vergebliches Bemühen sein, den Wort- und Satz- 
accenten, den einfachen und verbundenen Tönen der grego- 
rianischen Melodien durch irgend eine Schrift unabänderliche 
und nicht missverständliche Ausdruckzeichen zu geben. 

Anmerkung. Die Buchstaben des Bomanus, welcher etwa hundert 
Jahre nach Gregor I. in St. Gallen lehrte, sollten beim unterrichte 



*) Diese Zeichen sind jedoch ziemlich neuen Ursprunges und wurden 
erst wünschenswert, ja notwendig, als die Instrumentalmusik als 
solche ohne Worte, gleichsam sds blosses Tonspiel in der Musik- 
geschichte auftauchte, nämlich im Laufe des 17. Jahrhunderts. Weder 
Palestrina und die Vokalkomponisten vor und nach ihm, noch Friedr. 
Händel und Seb. Bach haben sich — letztere wenigstens nicht in 
dem späteren Umfange — dieser Ausdrucksmittel vorzugsweise be- 
dient. Das lebendige Wort wird ja erfahrungsgemäss , je nach der 
Anlage und Fähigkeit des Sängers, auch bei der peinlichsten Beob- 
achtung der Vortragsbezeichnungen, auf die Zuhörer den verschie- 
densten Eindruck hervorrufen. In den meisten FäUen aber wird 
der geistig begabte und musikalisch feinfühlende Sänger durch die 
schwere Rüstung der vorgeschriebenen Nuancen sich nur beengt 
fühlen, dagegen viel sicherer und besser vermittels der einfachen 
„Schleuder" des mit dem Worte wahr und innig, natürlich und 
richtig verbundenen Tones wirken können. 

^) La letra es la reyna y su esdava la mitaica — der Buchstabe ist die Köni- 
gin und die Musik deren Sklavin — sagt treffend ein spanischer Autor. 



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198 §. 4^3. Wirkung des Textes und der Aussprache etc. 

dienen, um alle Eigenschaften der Töne und andere Zierlichkeiten 
des mündlich gelehrten Vortrages desto besser sich merken zu 
können. *) Diese Privatarbeit fand aber keine allgemeine Verbreit- 
ung und wurde nach Seite der Intervallbestimmung durch Guidos 
Erfindung der Linien bald tiberholt. Die alten Schriftsteller pflegten 
über den Vortrag der Neumenzeichen vielerlei mündlich zu lehren, 
schriftlich aber nur wenig und unbestimmt aufzuzeichnen; aber 
darin stimmen alle überein: „Die Note kann das geistige Verständ- 
nis fördern, nicht schaffen; vielmehr muss dieses selbstmächtig 
das Wort als Träger des Gedankens erfassen und mit dem rechten 
Sinne auch den rechten Ausdruck herausfühlen. . . Wenn jemand 
eine Sprache nicht versteht und dennoch versuchen will, ihre Laute 
nachzuahmen, so mögen ihm die Accentzeichen , die Interpunktion 
oder Notation dabei von Nutzen sein; sie sind aber an sich unge- 
nügend und werden oft sogar ein Hindernis. In der irrigen Meinung, 
dass in ihnen das ganze Geheimnis einer guten Aussprache liege, 
will man alle Aufmerksamkeit des Lesers oder Sängers auf diese 
Zeichen lenken, so dass gerade diese wohlgemeinten Anstrengungen, 
weil übertrieben, den Misserfolg hervorrufen".*) 

Nachdem die oflSziellen Choralbücher, an deren Leseart 
und Schreibweise das gegenwärtige Lehrbuch anknüpft, in 
den typischen Ausgaben vollständig vorliegen, scheint es an- 
gezeigt zu sein, teils um Missverständnisse in Bezug auf 
Notation (s. §. 7) ferne zu halten, teils um einen wohlgeord- 
neten und einheitlichen Vortrag zu erzielen, nachfolgende 
Regeln, welche auf traditionellen, musikalischen, ästheti- 
schen und sprachlichen Grundsätzen beruhen, aufzustellen 
und durch Beispiele zu erläutern.^) 



1) Siehe P. Ans. Schubiger, die Sängerschule .von St. Gallen, S. 10. 
Notker Balbulus (f 912) hat, wieder hundert Jahre nach ßomanus, 
diese als Utterce significativce von ihm benannten Buchstaben, laut 
einem abermals nach iiundert Jahren von Ekkehart IV. (f 1036) ab- 
gelegten Zeugnis, in einem Briefe an.Lantpert „enträtselt". 

*) D. Pothier in Melodies gregoriennea , Übersetzung ven P. Ambrosius 
Kienle, S. 81 und 82. 

^) Die Beobachtung derselben ist für den syllabischen und einfacheren 
Choralgesang (s. §. 45—47) ohne besondere Schwierigkeit , für den 
reicheren, neumisierenden Gesang aber um so wichtiger, weil erst 
durch die richtige Gliederung grösserer Neumengruppen ein wirk- 
samer, den rhythmischen, melodischen und Sprachregeln entsprechen- 
der Vortrag erzielt werden kann. Diese Kegeln dürften endlich 
auch dazu dienen, gewisse Ausstellungen, welche den authentischen 
Gesangsweisen von einigen Seiten her gemacht werden, zu entkräften 
und praktisch darzuthun, dass bei richtigem Vortrage auch in diesen 
abgekürzten Melodien das Wesen des gregorianischen Chorals ge- 
wahrt ist. 



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§. 43. Wirkung des Textes und der Aussprache etc. 199 

Alle Regeln, nicht nur für den syllabischen, sondern 
auch für den reicheren (neumisierten) Gesang, müssen auf 
dem Grundsatze beruhen: „Singe, wie du deklamierst". 

1) Wenn einsilbige Wörter mit einer Note zu singen 
sind, -so ist diese als H geschrieben. Diese schmiegt sich in 
Bezug auf die Zeitdauer enge an den Wortvokal an. Nach 
den Kegeln der Quantität sind alle einsilbigen Wörter 
lang, welche auf einen Vokal ausgehen, sowie die Haupt- 
wörter (nomina siibstantiva), welche mit einem Konsonan- 
ten endigen (ausgenommen cor, /e/, mU, vir und ö«); kurz 
sind alle Wörter, welche auf einen Konsonanten ausgehen und 
nicht nomina substantiva sind, z. B. ut, et, wec, äw, sed, quot, 
m, M u. s. w. (ausgenommen nön, 8ln, crEs, cur, pEr, und 
die Adverbia auf ic und uc: sie, hie, Me, sowie his, qii^s, 
quEs, höc, hRc). 

Da aber beim Gesänge nicht die metrische Quantität der 
Silben, sondern der Wortton, als Mischung von Accent und 
Quantität, massgebend ist, welcher als breiter (circumflexus) 
oder scharfer (acutus) unterschieden wird, so gestaltet sich 
die Regel dahin, ^) dass a) einsilbige Wörter, welche einen 
von Natur langen Vokal haben (z. B. mos, flös, jus, lux, sp%s) 
mit dem Circumflex gesungen werden; b) einsilbige Wörter 
mit kurzem oder nur durch Position^) langem Vokal sind 
mit acutus zu singen; c) Präpositionen werden tonlos, wenn 
sie vor den durch sie regierten Endungen stehen, z. B. post te, 
in me u, s. w. Aus diesen Sprachregeln für die einsilbigen 
Wörter folgt, dass die nämliche H , welche in den officiellen 

*) Die natürliche Länge des Vokals ist in den folgenden Beispielen 
durch ~, der accentm acutus durch ', der accentus circumflexm durch ", 
die Kürze durch ^ angedeutet; bei den sogenannten „tonlosen" 
W^örtem und Silben wurde jedes Zeichen weggelassen. 

^) Position entsteht: 1) wenn zwei oder drei Konsonanten eine Silbe 
schliessen, z. B. est, mens ; 2) wenn die erste Silbe mit einem Kon- 
sonanten schliesst und die folgende mit einem solchen anfängt, z. B. 
il-le, är-müf pär-tus; 3) wenn die erste Silbe mit einem Vokale endigt 
und die folgende mit zwei Konsonanten anfängt, z. B. fk-ctus, Äptus 
u. 8. w. Wenn liquida (die Konsonanten /, m, n, r) auf muta (alle 
übrigen Konsonanten mit Ausnahme von s, x, z) folgt, so wird die 
Silbe anceps (schwankend), in Prosa aber, bei drei- nind mehrsilbigen 
Wörtern, wird sie gewöhnlich kurz gesprochen, z. B. in-t^-grum. 



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200 §• 4:3. Wirkung des Textes und der Ausspraciie. 

Büchern bei den Wörtern de, te, sM, päx, spes u. s. w. steht^ 
verschiedene Abstufungen der Accente zu erleiden hat. 

2) Bei zwei und mehrsilbigen Wörtern, deren Silben 
entweder mit einer einzigen 4 oder zum Zeichen des Wort- 
tones mit einer *( versehen sind, ändert sich der Stärkegrad ^) 
in gleicher Weise: wachsend, scharf, tonlos oder abnehmend, 
je nach der Stellung und Bedeutung des Wortes im Satze 
oder Abschnitt. Es ist also falsch, die Wörter Dominus oder 
m^o immer, weil der Wortaccent auf o oder e steht, in 
stetig wiederkehrender gleichartiger Betonung hervorzu- 
heben oder beispielsweise zu singen: et in terra päx Äöml- 
nibvLS bönce völnniMis u. s. w.; richtiger ist etwa: et in terrE 
päx honvinibns bönce voluntätis,^) 

3) Wenn zwei Noten über einer Silbe stehen, so ist 
nach §. 7 die Verbindung entweder fV( (clivis) oder ^ und |/1 
(podatus). 

a) Clivis (auch fleoßa genannt) ist eine Zusammensetzung 
der Accente acutus und gravis; die beiden Noten erhalten je 
nach der Silbe, mit der diese Neumenfigur verbunden ist, eine 
stärkere oder schwächere Betonung. Dass die erste Note 
wegen des Ansatzes der Stimme bei fexa kräftiger klingt, 
beruht auf physikalischen Erscheinungen; ein Druck auf die- 
selbe oder eine Betonung dieser ersten Note soll jedoch nie- 
mals stattfinden. Würde z. B. eine Melodie lauten: 
so wäre sie auszuführen: 



jgfeig^^ap i^^^^^ü 



sed li - be - ra nos, sed li - be - ra nos. 

b) Der podatus ist nur die ümkehrung der flexa. In den 
offiziellen Büchern ist die obere Note bei Accentsilben als ^ 
gegeben. Dieselbe darf nicht stereotyp betont werden, son- 
dern erscheint aus akustischen Gründen, besonders wenn 



*) Auch in mehrsilbigen Wörtern können durch Kombination von Accent 
und Quantität kurze Silben den Hauptaccent und lange Silben den 
Nebenton haben. 

2) Die mit ~ bezeichneten Silben sind anzuhalten und gleichsam decresc. 
zu singen. 



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§. 43. Wirkung des Textes und der Aussprache etc. 201 



grössere Intervalle, also Terzen, Quarten und Quinten folgen, 
als Stützpunkt. Würde z. B. eine Melodie lauten: 
so wäre sie auszuführen: 




g^i: 



sed li-be-ra nos, ^ sed li - be-ra nos. 

Wenn die dem accentuierten podatKs folgende Note auf 
gleicher Stufe oder um einen halben oder ganzen Ton tiefer 
steht, so verteilt sich der Wortaccent noch gleichmässiger auf 
die beiden Noten des podatus; in den Fällen also: 



r^ ^ II ji =Mzg ,_w I I ^ » iHflia ^ 



De - US. Ple-ni. A-men. Di-xit. Pa-ter. Coe-li 
u. ähnl. wird die zweite Note als liquescierende, im Flusse 
sich anschmiegende, hervortreten. Da dieser musikalische 
Accent bei kleineren oder grösseren Notengruppen nicht durch 
einen Stoss auf die erste oder letzte Note ausgedrückt wer- 
den soll, so folgt daraus, dass diese Gruppen nur durch ver- 
schiedene Tonstärke auf dem accentuierten Vokal gegenüber 
den nicht accentuierten hervortreten können, stets aber legato, 
ohne auffallendes Wiederholen des Vokals, zu singen sind. 

Bei allen nicht accentuierten Silben schmiegt sich der 
podatus an den Stärkegrad der Silbe an, und ist in den offi- 
ziellen Büchern stets in dieser Form ^ dargestellt. 

Wenn die dem accentuierten podatus folgende Note einer 
neuen Silbe höher steht als die letzte des podatus, so ist die 
Schreibweise p^, also ohne Bezeichnung der letzten als longa, 
gewählt. Der Ansatz der ersten Note ist unmerklich stärker, 
wie z. B. bei folgender Bildung der Melodie: 



i5E 



i-^ 



ZSS2 



sed li-be-ra nos ^ sed li - be-ra nos etc. 

4) Eine Verbindung von drei Noten über einer Silbe 
heisst: a) torculus (i^), wenn die zweite höher steht, als 
die erste und dritte. In diesem Falle verteilt sich die Ton- 
stärke auf die drei Noten, ohne etwa die höhere heraus- 
zuheben; es ist also unrichtig, zu betonen: 



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202 §• 43. Wirkung des Textes und der Aussprache etc. 



^ ^ w W-3 E 



I - ste Con-ffes-sor, u. ähnl.; 
der Accent verteilt sich auf die drei gebunden zu singenden 
Silben gleichmässig. 

b) scandicics rf^, bei den accentuierten Silben ii^, wenn 
die dritte Note die höchste ist; für ihn gelten die Regeln 
über dßn podatus. 

c) porrectiis fW, bei den accentuierten Silben fW, wenn 
die zweite tiefer steht, als die erste und dritte; er ist als 
Verbindung von clivis und podatus anzusehen und nach den 
Regeln unter 3 auszuführen. 

d) climacus fS<, bei leichten Mittel- oder Schlussilben 
manchmal ^4, ist wie clivis zu singen, nämlich bei Accent- 
silben mit leichtem Ansätze auf der ersten Note, bei tonlosen 
und bei Schlussilben mit einem schwachen decresc, und leich- 
tem Abgleiten der zwei letzten Noten. 

5) Alle grösseren Notenverbindungen lassen sich auf 
diese Formeln zurückführen und sind nach den gegebenen 
Regeln, aber stets möglichst enge verbunden, wenn nicht 
Atemzeichen oder Zwischenräume (Spatien) eine Trennung 
und ein Absetzen ankündigen, zur Ausführung zu bringen. 
Man vermeide aufs sorgfältigste jedes Stossen und Poltern.^) 
Zu viel Accent auf der Hauptnote gibt dem Gesang einen 
affektierten und widerlichen Beigeschmack, zu wenig Beto- 
nung raubt ihm die Kraft und den Rhythmus ^) der Sprache 
und ermüdet, da sowohl das Schleppen als das einförmige 
Leiern der Natur der Sprache entgegen sind. 

^) In der Bulle Boda sanctorum beklagt Papst Joannes XXII. (s. Haberl, 
Bausteine für Musikgeschichte, 3. Heft, S. 22), dass die ^.notarum 
aacensiones pudüas descensionesque femperatcB^\ (das züchtige Auf- 
steigen und das massvolle Absteigen beim Gesänge der Noten) im 
canttis planus verwischt werden (offuscantur): y^cummt enim et non 
quiescunf, aures inehriant et non medentur^ (man eilt und ruht nicht, 
man betäubt die Ohren statt sie zu beruhigen). 

-) Wir verweisen für die Verbindungen von TormliLS mit Forrectus^ 
Climacus oder Scandicus auf eine Analogie in der deutschen Sprache. 
Bei Zusammensetzung zweier selbständiger Wörter gestaltet sich 
nämlich der Accent wohl nicht wesentlich, aber doch merklich anders 
als bei Trennung derselben; z. B. Königin, Himmel = Himmels- 
königin; Vater, Familie = Familienvater etc. 



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§. 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 203 

Endlich üben die Bewegung und der Charakter des Ge- 
sangsstückes, sowie die vorhandene Stimmkraft einen wesent- 
lichen Einfluss aus, welches Mass von Impuls der obersten 
Note zu geben ist, um auszuweichen, einzulenken, zu mildern 
oder zu schärfen, um auf diese Weise ein natürliches, würde- 
volles Ebenmass hervorzubringen. Gute Accentuation und 
eine gewisse Weihe und Salbung im Vortrage^) vermögen 
viel Stimmkraft zu ersetzen und die Wirksamkeit des Textes 
zu erhöhen. Über alles geht indes die Natürlichkeit, durch 
welche dem Vortrage des liturgischen Wortes und Tones der 
Charakter frommer Bescheidenheit aufgeprägt wird, wodurch 
beide sich zu einer ausdrucksvollen Einheit verbinden. 

6) Soll also der Text verständlich sein, so rauss der Zu- 
hörer Wort für Wort, Satz für Satz unterscheiden können. 
Die Silbe, welche dem Accente folgt, darf nicht zu schwach 
gesungen oder fast unterdrückt werden, die Endsilbe des 
Wortes ist von der Anfangssilbe des folgenden merklich zu 
unterscheiden, aber nicht so stark, dass die Wörter eines 
Satzes ohne geistigen Zusammenhang erscheinen und zu sehr 
isoliert werden. 

§. 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unter- 
scheidungszeichen. 

I. Die Wirkung einer guten Deklamation und einer reinen 
sinngemässen Aussprache des liturgischen Textes wird ausser- 
ordentlich gehoben und befördert durch genaue Beachtung 
der Interpunktion^ vgl. §. 8. Die Länge und Kürze der Silben, 
die Betonung und Abstufung der Wörter nach dem Sinne 
und Textinhalt der Sätze und Perioden übt auf die Ton- 



^) Verbunden mit jenem dem Menschen eingepflanzten, musikalischen 
Sinn, den Cicero als „aurium quoddam admirabÜe jiidicium, quo in- 
dicaniur in vocis cantibus varietas sonorum, intervalla, distinctio et 
vocis genera multa'' (jenes wunderbare Urteil der Ohren, durch 
welches beim Gesänge die Verschiedenheit der Klänge, die Absätze, 
die Abwechslung und die vielen Tonfarben der Stimme geregelt 
und nahe gelegt werden) hervorhebt. Es muss demnach wiederholt 
als hässliche Manier bezeichnet werden, die aufsteigenden Noten 
emporzureis*en, die absteigenden zu schleudern und dadurch gleich- 
sam das Gefühl des Taumels im Zuhörer zu erregen. 



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204 §• 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 

färbe im Gesänge Einfluss aus, die Unterscheidungszeichen 
aber wirken besonders auf das Tempo, auf die schnellere oder 
langsamere Bewegung (ritard., acceler.) ein und unterstützen 
in hervorragender Weise die Verständlichkeit des Textes, die 
Schönheit des Tones, die Wirkung des Gesanges, den Aus- 
druck im Vortrage. 

Cicero schreibt (de oratore): „Wenn Jemand auch einen 
unendlichen Atem hätte, so möchten wir ihn doch nicht fort- 
während reden lassen." Als natürliche Folgerungen des Ver- 
hältnisses zwischen dem physischen Gebote, Atem zu schöpfen 
und auszuruhen, und zwischen den Anforderungen der Ver- 
nunft, durch richtige Abteilung der Wörter den Gedanken 
vermittelt zu erhalten, dürfen also drei Punkte festgestellt 
werden: a) stets reichlichen Vorrat an Luft in den Lungen 
bereit zu halten; b) nicht so lange mit dem Atmen zu war- 
ten, bis der letzte Rest erschöpft und man genötigt ist, an 
sinnentstellendem Orte zu atmen, c) an jenen Stellen zu at- 
men, wo wir durch Unterscheidungszeichen gemahnt werden, 
oder wenigstens bei Interpunktionen abzusetzen, auch wenn 
das Bedürfnis nach Atem noch nicht eingetreten ist. 

Im gewöhnlichen Gespräche werden diese drei Regeln 
beachtet, ohne dass wir uns derselben bewusst werden; die 
Fehler gegen dieselben beginnen meist schon beim Vorlesen, 
häufen und steigern sich bei der Rede, in der Deklamation 
und besonders beim Gesänge.^) Es ist also von der höchsten 
Wichtigkeit, denselben schon während des Gesangsunterrich- 
tes vorzüglich bei jenen Persönlichkeiten vorzubeugen, welche 
aus Unkenntnis der Kirchensprache nur den Klang und die 
Laute, aber nicht den Inhalt und Sinn der Sprache auf- 
zufassen vermögen. Zuerst muss richtig gelesen werden, 
dann erst kann man richtig atmen und gut singen lehren. 

In den Handschriften früherer Jahrhunderte und auch 
in gedruckten Choralbüchem sind die Interpunktionen selten 



') Wie kann man beispielsweise singen: Deus in adjutorium \ meum 
intende, statt nach der Interpunktion: Deiis^ \ in adjutorium meum 
intende? Siehe ausführlichere Darlegungen in Mus. sacr. 1889, S. 26, 
41, 73, 113. 



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§. 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 205 

aagebracht, manchmal sogar weggelassen, öfters aber (wie 
z. B. bei den Orationen des Missale und Breviers) als blosse 
Zeichen fftr kürzere Gesangsformeln gebraucht. ') 

n. Der Begriff des Wortes „Interpunktion" dehnt sich 
auch auf die Trennung der Wörter aus, d. h. auf jenen Zwi- 
schenraum, welcher in Schrift und Druck das vorhergehende, 
wenn auch einsilbige Wort, vom nachfolgenden unterscheidet. 
Quintilian nennt diese Trennung iempus latens (verborgene 
Zeit) und bemerkt, dass durch sie die Endsilbe gedehnt werde; 
ein anderer Grundsatz lautet: „Die Stimme bildet, ohne zu 
verstummen, einen Zwischenraum, indem sie den Ton 
(Gesang) abhebt."») 

Die päpstliche Kommission für die Eevision der authentischen römi- 
schen ChoralbücheT hat dieser uralten Einrichtung, so weit es in 
ihrem Yorschlagsrechte lag, besondere Aufmerksamkeit geschenkt. 
Da sich nämlich die gegenwärtige Interpunktion der Präfationen, 
der Passionsmelodien, Lamentationen und ähnlicher recitativartiger 
Gesänge nicht immer mit den Melodieformein deckte, und dieselbe 
für die sogenannten typischen, d. h. als feste Vorlage für Neuauf- 
lagen bestimmten Editionen von der Kongregation der heil. Riten 
nicht abgeändeit werden wollte, so bestimmte und erreichte sie die 
Anordnung, das die fünf als Teilungszeichen gewählten Grade für 
Absetzen und Atmen in sämtlichen offizieUen Choralbüchern durch- 
geführt werden konnten, nämlich: 1) ^^ teils Abgrenzung der 

Intonation, besonders im Antiph., teils Schlusszeichen und An- 
deutung des voUkommenen musikalischen Absatzes. Der letzte Fall 
liegt besonders im Missale und Pontificale bei den Präfationen vor, 
dass nämlich im Texte ; oder : , in der Melodie aber die Formel für 

Punkt ^t^"j j |~>t^ ^ \[ oder jS ^ , m ^ p beibehalten und nach 

derselben ^^^ gesetzt wurde. Durch diese doppelte Barriere ist der 

Sänger gemahnt, inne zu halten und sich für das Folgende neu zu 

stärken; 2) """^ deutet den Abschluss eines Gedankens an und ist 

auch meist gebraucht, wenn im Texte . : ; , steht; bei längeren 
Sätzen aber, die durch kein Unterscheidungszeichen geteilt sind, 

ladet es zum Atmen ein ; 3) "+r steht bei Komma in Zwischensätzen 

nnd mahnt gleich 4) =1= zu geringem Aufenthalt, gleichsam nur 

zum Absetzen. 5) Ein Teilen der längeren Neumengruppen , das 
nicht immer zum Atemholen anregen, sondern nur das hastige und 
atemlose Übereilen der Phrasen verhüten will, ist in den neuesten 
Ausgaben durchgeführt worden, und leistet besonders bei den Neu- 
men über dem Vokal a nach AUeluja treflfliche Dienste. 
•) „Vox faden 8 quoddam intervallum non tacitumitatis; sed suspensce 
cantüenas^, mit anderen Worten : Die letzte Silbe des Wortes trennt 



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206 §• 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 

Die übrigen Interpunktionszeichen machen nun der Reihen- 
folge nach ihre Wirkung auf den Rhythmus geltend als , : ; 
und . ; der Punkt als Abschluss des Gesanges amEnde des 
Textes hat noch mehr Einfluss auf die Dehnung, als die 
im Verlaufe des Tonsatzes vorkommenden Punkte. Die Re- 
geln der Rhetorik und Deklamation fordern ebenfalls für die 
letzten Worte eines Hauptsatzes ein natürliches Verzögern 
des Rhythmus, ein Dehnen, nicht aber ein Betonen oder An- 
wachsen, als Naturgesetz.^) Aber auch bei : ; , kann und soll ein 
ritardando und decrescendo in richtigem und wohlüberlegtem 
Verhältnis, sowohl bei Gesangslesung (Recitation)^) als beim 
Vortrage gregorianischer Melodien, eingehalten werden. 

Wenn diese Grundsätze über die Bedeutung und Wich- 
tigkeit der Interpunktion, sowie über die Folgen einer schlechten 
oder unrichtigen Teilung und Trennung der Wörter und Satz- 
glieder schon beim Lesen den angehenden Choralsängern 
recht eindringlich ans Herz gelegt und durch Beispiele er- 
läutert werden, wenn man die Sänger gewöhnt, die Sätze so 
auszusprechen, dass sie verständlich und klar in das Gemüt 
eindringen, wie die Sonne in die Augen, ^) dann ist sowohl 



sieb, kaum hörbar aber fühlbar, von der ersten Silbe des nächsten 
Wortes ab, und der Erfolg ist Verständlichkeit und Deutlichkeit. 
Daher verbietet auch ein allgemeines Gesetz in allen Sprachen die 
unmittelbare Aufeinanderfolge von vielen einsilbigen Wörtern! 

^) Der hl. Augustin (f 430) bemerkt in seinem unvollendeten Werke deMu- 
sica: „Hcec mim (syllaba) produetionem habet a natura, gmiaßnU esL^ 

^) Man hat den Chören, welche die Wünsche und Forderungen der 
Kirche in Bezug auf die unverkürzte Wiedergabe der liturgischen 
Texte zu erfüllen sich bestreben, den Rat gegeben, diejenigen Teile, 
welche sie aus verschiedenen Gründen nicht nach musikalischen 
Melodien zu singen vermögen, zu recitieren. Das geschieht nun von 
Vielen; aber wie! Man trottelt und poltert die Wörter und Sätze 
in einem Atem heraus und herunter; man ist gelaufen und plötzlich 
hält man inne! Die Folge ist ein gewaltsam rückwirkendes, unan- 
genehmes Gefühl und Unbehagen; weder Sänger noch Hörer sind 
davon befriedigt. Und doch liegt im musikalischen Eecitieren eine 
hohe Schönheit, man kann eine würdige und andächtige Wirkung 
erzielen, wenn die aus der Interpunktion bisher gefolgerten Regeln 
für den Rhythmus mit Geschmack und Sorgfalt beobachtet werden. 

^) Quintilian schreibt: „Oratio debet negligenter quoque audientibus 
esse aperta, ut in animum audientium, sicut sol in oculos, etiamsi 
in eum non intendatur, occurrat. Quare non solum ut intelligere 
possit, sed ne omnino possit non intelligere curandum. 



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§. 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 207 

für den syllabischen, als auch für den modulierten und reiche- 
ren Choralgesang ein Berg von Schwierigkeiten geebnet. 

III. Mit der Psalmodie muss der Anfang gemacht wer- 
den, um die Wirkung der Interpunktion auf die Aussprache, 
den Grad der Schnelligkeit und die Tonfarbe zu üben und 
praktisch kennen zu lernen. Eine diesbezügliche Anordnung 
lautet:^) „Die Dirigenten sollen für die Pausenbeachtung 
sorgen, um jedes Überstürzen beim Gesänge der Psalmverse 
zu verhüten". Die gleiche Sorgfalt ist natürlich dem Ge- 
sänge der Präfationen, der Antiphonen, des Gloria, Credo 
u. s. w. zuzuwenden. 

Auch wenn die liturgischen Bücher ohne Rücksicht auf Inter- 
punktion die ersten Worte durch zwei senkrechte Linien zum Zwecke 
der Intonation von den folgenden Worten abtrennen, so muss der 
Chor unmittelbar, ohne peinliches Zögern und unheimliches Warten, 
den Intonationen frisch und sicher folgen. Wenn also z. B. die 
Worte Domine quinque tcUenta vom Priester oder Vorsänger in- 
toniert sind, muss ohne Zaudern das tradidisti mihi folgen, ähnlich 
de ccelo sonus auf Facttis est reperde oder Iii sermones nach den 
Worten Qui sunt, und so in unzähligen Fällen. 

Auf diese Weise kann der erste wirksame Schritt gemacht 
werden, um üble Angewöhnungen, eingerostete Missbräuche, wider- 
sinnige Betonungen, sinnentstellende Absätze zu beseitigen.*) 

IV. Bei umfangreicheren Gesängen, wie Graduale, Tra- 
ctus, Responsorien, reicht die Beachtung der Interpunktions- 
zeichen nicht aus, um Verständlichkeit des Textes und leichten, 
ungezwungenen Vortrag zu erzielen. Daher wurden in den 
offiziellen Choralbüchern Notengruppen angeordnet, bei denen 
auch innerhalb eines Wortes abgesetzt oder nach Bedarf 



^) Bei Bonartius de horis canonic. T. III. cap. XX.: „Moderatores chori 
qui chorodidasculi vocari solent constituant pausatorea, qui signo 
aliquo pausas faciant vel indicent, versusque praBcipitantes cohibeant." 

2) Man untersuche beispielsweise, ob alle Choralsänger die Interpunk- 
tionen nachfolgender Uturgischen Texte richtig beachten und in 
. ihren Ton- und Tempoabstufungen genau ausführen: 1) Domine, ad 
adjuvandum me festina. 2) Ego sum resurrectio et vita: qui credit in 
me, etiam si mortutAS fuerit, vivet\ et omnia qui vivit et credit in me, 
non morietur in ceternum, 3) Crudfixus etiam pro nohis: sub Fontio 
Pilato passus, et sepulius est, 4) Et in Spiritum Sanctum, Dominum, 
et vivificantem u. ähnl. 



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208 §• 44. Wichtigkeit und Bedeutung der Unterscheidungszeichen. 

kurz geatmet werden soll Auch die leere Zeit ergänzt 
und vollendet den Rhythmus (est autem tempus vacutim ad 
complendtcm rhythmiim), wenn nur die goldene Regel einge- 
halten wird, „nie vor einer Silbe mitten im Worte abzusetzen 
oder Atem zu schöpfen".^) 

Die Dauer dieses Absetzens hängt natürlich von dem 
Grade der Beschleunigung oder Verzögerung im Vortrage der 
Notengruppe ab; der einzelne Sänger ist ungehinderter, 
freier, darf aber nicht eilen oder schneller werden, ein grös- 
serer Chor bewegt sich schwerer vorwärts, darf aber nicht 
schleppen oder langsamer werden. 

Wenn man den Grundsatz anerkennt: „Singe den litur- 
gischen Text mit den Noten und Notengruppen so, wie du 
ihn ohne Noten deklamierst", dann wird man vor jener rein 
mechanischen Manier bewahrt bleiben, welche die einzelnen 
Wörter syllabiert; jede trippelnde, gleichmässige, nur durch 
schwache Accente nervös und stossweise unterbrochene Rhyth- 
mik, die der Natur der Sprache und des Gesanges 
widerspricht, wird dann vermieden. Es liegt auch nicht im 
Charakter umfangreicherer Notengruppen, soweit solche in den 
oflSziellen Choralbüchem vorkommen, sie in Teile zu zer- 
schneiden und stotternd wieder zu verbinden; dieselben sind 
vielmehr in weicher Bindung und in dem Grade der Ton- 
stärke, welche den verschiedenen Wortsilben im Satzgefüge 
zukömmt, also kräftiger beim Hauptaccent, schwächer in un- 
betonten Anfangs-, Mittel- und Schlussilben, noch ruhiger 
in leichten und tonlosen Silben, immer jedoch männlich (^riri- 
liter) vorzutragen. 



^) Elias Salomon schreibt: „Licite potest pausari dummodo non debeat 
exprimi syllaba dictionis inchoatse. Eegula aurea: quod non debet 
fieri pausa, quando debet exprimi syllaba inchoatae dictionis.'* Noch 
deutlicher lehrt Job. de Muris (Gerb. Tom. ni. p. 216): „Cantor clau- 
sulam sive congeriera notularum per se canat distincte et anheli- 
tum recipiendo pausans nequaquam syllabam incipiat post pausam^ 
nisi forte prima syllaba fuerit dictionis: talis enim scissio in can- 
tando faceret barbarismum, etiam incongruam offensionem'^. Im dar- 
auffolgenden Metrum schreibt er: „Non tamen incipiatur syllaba^ 
post pausam, nova dictio ni comitetur." 



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209 

§. 45. Psalmen. Gesaiigartige Lesungen. 

I. In der erhabenen Poesie der Psalmen liegt eine 
Fülle des Inhaltes in gedrängter Kürze und doch edlem, leben- 
digem Ausdruck verborgen. Man wird nicht leicht passendere 
melodische Phrasen für die Psalmen Davids erfinden können, 
als die, welche in den acht Psalmtönen mit ihren Finalen 
von der Kirche gegeben sind. Freilich wird es sich, um mit 
Mendelssohn^) zu reden, ermüdend und monoton anhören, 
wenn die Psalmen roh und handwerksmässig heruntergemngen 
werden y oder wenn man sie mit dem Ausdruck singt , als 
wenn sich viele Männer ernsthaft und böslich zankten, so dass 
jeder halsstarrig dem andern immer wieder dasselbe zuruft. 
Diese Art des Vortrags liegt aber nicht im Geiste und Wil- 
len der Kirche und entspringt eben aus Unaufmerksamkeit, 
Unkenntnis der Sprache, Vernachlässigung guter Aussprache, 
planloser Oberflächlichkeit und bedauernswerter Unandacht 
und Gleichgültigkeit. „Die Stimme des Psalmisten ^) soll nicht 
rauh und misstönend erklingen, sondern hell, lieblich und 
fein; Ton und Melodie soll dem göttlichen Dienst entsprechen 
nnd in der Modulation sich christliche Einfalt zeigen, nicht 
die Kunst des Theaters ..." Würde jeder Psallierende mit 
dem Psalmisten sprechen: In conspectu Ängelorum psallam 
tibi,^) sowie das Psallite sapienter^) recht beherzigen, so 
könnte man die vielen Lobsprüche, die von den heil. Vätern 
und der Kirche dem Psalmengesange ^) gespendet werden, 
auch auf unser Psalmensingen mit Fug und Recht anwenden, 

Reisebriefe, 1. Bd., S. 181; vßrl. oben S. 126. 

*) Isidor von Sevilla, de eccl. off. 

*) „Vor der Engel Angesicht will ich dir Psalmen singen." Ps. 137, 1. 

*) „Lobsinget nach Gebühr." Ps. 45, 8. 

*) Im Fontif, Rom. findet sich für das Amt des Psalmisten, d. h. des 
Sängers, eine eigene Einführnngsformel: Fsalmista, id est Gantor, 
potest sola jussione Presbyteri officium suscipere cantandi, dicente sibi 
Freshytero: „Vide, ut, qtwd ore cantas, corde credas; et quod corde 
crediSy operibus comprohes.^ Der Bischof oder auch ein Priester solle 
den aufzunehmenden Kirchensänger ermahnen: „Siehe zu, dass du 
mit dem Herzen glaubest, was du mit dem Munde singst, und durch 
die That beweisest, was du mit dem Herzen glaubst." „Et si JEpi- 
scopm Clericum ordinans hcec faciat, hene facit/^ Auch eine Degra- 
dationsformel findet sich im Fontif. Rom. 

Haberl, Map^ister choralis, 12. Aufl. J^^ 



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210 §. 4:5. Psalmen. Gesangartige Lesungen. 

und der Bat des Apostels Jakobus würde sich allseitiger 
Befolgung erfreuen: Tristatur äliquis vestrum? oret: uEquo 
animo est? psallaO) 

Das Initiiim muss jedesmal feierlich und langsam 
vorgetragen werden, die Mediatio singe man deutlich durch 
richtige Verteilung der Textsilben auf die Melodietöne, die 
Finalis soll einen mit kräftigerem Tone belegten Accent er- 
halten, der Text aber darf nicht masslos verzerrt oder hin- 
ausgedehnt werden. Gut, anständig, sicher und sonor 
zu psallieren, ist eine Kunst und fordert daher Fleiss 
und einträchtiges Zusammenwirken. Auch das Psallieren 
bedarf der Vorübung, damit bei aufstossenden Schwierig- 
keiten der Vortrag im Hause Gottes nicht gestört werde. 
Die Eecitation sei würdevoll und leicht, weder eilend noch 
zögernd, und halte sich genau an die Gesetze der Spra- 
che, den Wortaccent etc. „Zwischen dem Accent der 
prosaischen Rede und dem Psalmengesange ist bekanntlich 
keine geringe Ähnlichkeit." ^) 

Die beiden sich ablösenden Chöre müssen innig verbun- 
den sein; kein Vers darf jedoch schon während der letzten 
Worte des vorhergehenden Verses begonnen werden. Kein 
Sänger dränge und treibe die Eecitation in unmässiger Eile 
vorwärts. Ist der Halbvers vor oder nach dem * zu lange, 
so hat der Dirigent Pausen anzugeben, und alle müssen 
an dieser Stelle gleichmässig absetzen: 

Das bisher Bemerkte gilt auch für den Vortrag der 
Cantica;^) alle Verse derselben werden jedoch langsamer 
(tractius) als bei den Psalmen gesungen. 

n. Die im römischen Eituale übliche Art, Orationen, 
Lektionen, Evangelien etc. gesangartig vorzutragen, muss zu 
den sinnvollsten, des reichsten Ausdruckes und der mannig- 
faltigsten Abwechslung fähigen Einrichtungen des gregorian. 

^) „Ist jemand unter euch traurig, so bete er; ist jemand guten Mutes, 

so lobsinge er." Jac. 5, 13. 
-) Adam von Fulda. 
•^ Über das bei allen Versen zu singende Initium und die Verteilung 

der Texte bei mediatio und finalis siehe §. 30. 



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§. 45. Psalmen. Gesangartige Lesungen. 211 

Chorals gezählt werden. Die alten Musiklehrer nannten diese 
Gesangsart choraliter legere, choralmässige Lesung, und gaben 
in ihren Lehrbüchern Anweisungen, dieselbe gut und ange- 
messen auszufüliren. Da es sich weniger um das richtige 
Treffen^) als vielmehr um die verschiedenen Arten von Ac- 
centen, um wahren Ausdruck und schönen Vortrag handelt, 
so ist auf reine Aussprache und erschöpfende Auffassung des 
Inhalts bei der treffenden Lesung besonderes Gewicht |zu 
legen. Ganz anders wird die Stimme am Festtage erklingen, 
ganz anders bei Trauergottesdiensten, verschieden bei ge- 
wöhnlichen Ämtern, erhabener bei freudigen und feierlichen 
Gelegenheiten. In der weltlichen Musik unterliegt das soge- 
nannte ßecitativ vielen Schwierigkeiten, und es gilt hier als 
Axiom: „Das ßecitativ ist der wahre Prüfstein des Sängers." 
Ähnliche, mit Rücksicht auf den heiligen Ort noch ernstere 
Mühe kostet die dem ßecitativ verwandte Chorallesung. 
Schleppender oder verschnörkelter Gesang, polterndes Stossen 
und Hinwerfen der Worte, Vermengung des Sprachtones mit 
dem Gesangston, weinerlicher, affektierter Ausdruck der 
Stimme, Betonen, Markieren, Verschlucken der letzten Silbe, 
Vorschläge oder Schleifer bei den kurzen Melismen u. a. sind 
grosse Fehler des recitativischen Gesanges und des choraliter 
legere. Bis zum Ärgernis und zur Profanation wird der 
Gesang niedergedrückt, wenn der Vortragende nicht versteht, 
was er liest, undeutlich und schlecht spricht, ja vielleicht 
einen Ruhm dareinsetzt, möglichst schnell zu Ende zu 
kommen, und wenn er infolge davon die klangvollen Laute 
der lateinischen Sprache zu einem unverständlichen Gemur- 
mel herabwürdigt. Der rhythmisch-oratorische accentus ist 
demnach mit aller Sorgfalt zu üben und stets mit Anstand 
auszuführen. 

Ist auch der Sängerchor durch ein Responsorium be- 
teiligt, so ertöne in Verbindung mit den kräftigen, nicht 

^) „De asqualibus quidem vocibus nihil aliud dicendum , nisi quod com- 
muni vocis impetu proferantur, in modum soluta oratione legentis." 
Script. T. I, p. 104. Accentu regulantur qusecumque siniplici littera 
hoc est sine nota describuntur, ut sunt Lectiones etc. (Martyrolog. 
Usuardi, ed. 1490 ad calcem.) 

14* 

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212 §• 46. Die metrischen Hymnen. 

schreienden Stimmen der Sänger, wenn es gestattet ist, die 
Orgel in sonoren, den Gesang jedoch niemals erstickenden 
Kegistern. 

Bei den einfachen Gesängen der Psalmen, der Texte aus 
dem Ordinarium Missoe ii. ähnl. ist meistenteils jeder Silbe 
nur eine Note zugedacht, selten sind ihrer mehr als drei. 
Deshalb kann diese Art des Choralgesanges, soweit er nicht 
.dem Priester allein zusteht, mit Recht als der eigentlich 
populäre Massengesang bezeichnet werden. In Ländern, wo 
dem Volke die lateinische Sprache weniger fremd ist als in 
Deutschland (also in Italien, Frankreich, Spanien), werden 
Hymnen, Psalmen, Litaneien, Sequenzen et«, noch heutzutage 
vom Volke mit besonderer Vorliebe gesungen.^) 

§. 46. Die metrischen Hymnen. 

1) „Wenn der Beter die Stimme des Herrn durch den 
Mund der Kirche vernimmt, wallet die Opferliebe auf in 
seinem Herzen; und der Ausdruck dieser Bewegung ist der 
Hymnus. Freudig und mutig erhebt sich die Seele, das 
Tagesoffizium in der hl. Liebe zu feiern und zu erleben."^) 
Durch die gebundene Eede dringen die Gefühle mäch- 
tiger und stetiger in die Seele der Gläubigen; es entsteht 
zugleich eine wohlthuende Abwechslung durch die Verände- 
rung des Rhythmus und durch die mit dem erhabenen Auf- 
schwung der Poesie gleichen Schritt einhaltende eigenartige 
Melodiebildung der Hymnen. 

flilarius von Poitiers (f 367) gilt als der früheste Hymnen- 
dichter der lateinischen Kirche, die Hymnen des hl. Ambrosius 

^) Augustinus Confess., Lib. X, 33 schreibt vom Psalmengesang unter 
dem hl. Athanasius (f 373) : Er Hess die Stimme des Psalmensängers 
nur massige Tonveränderungen ausführen, so dass der Gesang mehr 
Ähnlichkeit mit dem Lesevortrage hatte. Vom mailändischen Gesänge 
unter dem heil. Ambrosius bemerkt er l. c, vgl. auch IX, 6, 14: 
„Wenn ich mich aber der Thränen erinnere, welche ich nach Wieder- 
gewinnung meines Glaubens bei den Gesängen deiner Kirche ver- 
gossen habe, so fühle ich jetzt noch mich gerührt, nicht durch den 
Gesang selbst, sondern durch die gesungenen Worte, die in fliessen- 
dem Vortrage und ganz angepasster Melodie vorgetragen werden, und 
ich anerkenne neuerdings den grosseh Nutzen dieser Einrichtung.^ 

«) Amberger, Pastora ItheoL, Bd. 2, S. 440. 



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§. 46. Die metrischen Hymnen. 213 

jedoch, von denen die neuesten Forschungen 14 mit Sicherheit 
nachweisen,*) wurden in die Liturgie aufgenommen und im Laufe 
der Jahrhunderte durch neue Dichtungen in gebundener Rede ver- 
mehrt. Die Texte der Hymnen, welche vor ürban VIII. in den 
Choralbüchern standen, wurden 1632 durch eine Kommission von 
drei Jesuiten revidiert;'*) öfters sind auch die Anfänge derselben 
abgeändert, z. B. Satutis himawB sator begann früher : Jesu nostra 
redemptiOf Ccelestis urbs Jerusalem lautete ürhs heata Jerusalem u. s. w. 
Über die Lesearten der älteren Hymnen siehe das Büchlein von 
ül. Chevalier: „Poesie liturgique traditionelle de l'Eglise catholique.'* 

2) Unter Hinweis auf §. 8 dieses Lehrbuches ist hier 
nochmals der grosse Unterschied zwischen Rhythmus und 
Metrum zu betonen. Auch in gewöhnlicher Rede erheben 
und senken wir die Stimme, wir sprechen in gewissem Rhyth- 
mus; würden wir diese Hebung und Senkung in bestimmten 
Zwischenräumen und an bestimmten Orten regelmässig wieder- 
kehrend zu Gehör bringen, so würden wir im Metrum sprechen. 

Die metrische Betonung (ictus) ist ganz unabhängig 
von dem Wortaccent; im Vortrag aber muss man sich 
bemühen, den Wortaccent mit der rhythmischen Betonung in 
Übereinstimmung zu bringen, also den metrischen Accent 
hören zu lassen, ohne den prosaischen Accent zu unter- 
drücken. 

3) Die Wörter der latein. Sprache bestehen aus langen 
und kurzen Silben. Die Zeit, welche man zur Aussprache der 
letzteren nötig hat, heisst mora; also bedarf eine lange Silbe 
beiläufig zwei Zeiten. Aus der Zusammenstellung von zwei-, 
drei-, vier- und fünfsilbigen Wörtern nach bestimmter Länge und 
Kürze der Silben (Quantität) entstehen die Versfüsse (pedes).^) 

Ein Versfuss kann nicht weniger als vier Zeiten haben 
(metrum)^ acht Zeiten (oder zwei metra) wenigstens geben 



*) Siehe P. Guido Maria Dreves: Aurelius Ambrosius „der Vater des 
Kirchengesanges", eine hymnolog. Studie. Freiburg, Herder, 1893. 
Dortselbst ist S. IV. eine reiche Litteratur über Hymnen angeführt. 

*) Siehe P. Georg. Schober, Explanatio critica editionis Breviarii Ro- 
mani, Ratisbonaß, Fr. Pustet, 1891, p. 59—62 uud p. 355. 

^) Die hauptsächlichsten zwei- und dreisilbigen Versfüsse heissen: 

- - pyrrhichiuSf - - spondeus, ^ - Jambus, - ^ trochceus oder choreus, 
^^^ tribrachis, - — molossus, - ^ ^ dactylus, ^ -^ amphibrachis, 
>- ^ - anapcestus ,^ — bacchhcs , - ^ - amphimaker oder creticuSy 

— ^ palimbacchms oder antibacchius. 



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214 §• 46. Die' metrischen Hymnen. 

einen Vers, aus wenigstens zwei Versen wird eine Strophe 
gebildet. 

Die metrischen Hymnen des Breviers sind hauptsächlich 
in den folgenden vier Metren abgefasst: 

a) Jambisches Metrum zu vier Versfüssen^) oder zu 
sechs Versfüssen,^) jede Strophe nait vier oder fünf Versen. 

b) Trochäisches Metrum. Jede Strophe besteht aus 
sechs Versen; der 1., 3. und 5. Vers haben vier Füsse, der 
2., 4. und 6. nur 3 ^/g.^) Im Hymnus Stabat mater sind zwei 
Verse mit vier Füssen, ein Vers mit 3^/^ Füssen; dazu noch 
Beim zwischen Versen 1 und 2. Im Hymnus Ave maris Stella 
besteht die Strophe aus vier Versen mit je drei trochäischen 
Füssen. 

c) Sapphische und adonische Metren mit drei Versen 
zu elf Silben,*) denen als vierter der sogen, adonische mit 
fünf Silben angehängt wird. 

d) Asklepiadische und glykonische Metren mit je 
zwölf Silben in drei Versen; der vierte Vers (der glykomsche) 
wird mit 8 Silben angehängt.^) 

Anmerkung. In den liturgischen Texten des OraducUe und Änti- 
phonarium finden sich noch Disticha, z. B. die Antiphonen Sic 
vir despiciens und magnum pietatis opm, der f. Virgo Dei Geni- 
trix mit dem ^. In tua se damit, das Gloria laus des Palmsonntags 
und ähnliche, deren Melodien im gewöhnlichen Choralrhythmus ver- 



Z. B. die sechs ambrosianisohen Hymnen: Sterne rerum Gonditor, 
Nunc sancte nohis Spiritus, Rector potens verax Dens, Rerum Dens 
tenax vigor, Jesu Corona Virginum, uad JEtema Christi munera, der 
Hymnus Veni Oreator Spiritus, welcher nun nach der Melodie des 
ambrosianischen Osterhymnus Hie est dies veru^ Dei gesungen wird, 
und viele andere. 

^) Z. B. Beate Pastor Petre, Clemens accipe oder Egregie Doctor Paule, 
mores instrue oder Decora lux cetemitatis auream. 

3) Z.B. Lustra sex qui Jam peregtt, Pange lingua ghriosi, oder Ira 
justi Conditoris u. s. w. 

*) Z. B. Iste confessor, üt queant laocis, Sape dum Christi populus, Jam 
face» lictor ferat etc. 

^) Z. B. Martina celebri (von Papst ürban VIII), Te Joseph eeUbre^it, 
Custodes hominum, Sanctorum meritis u. s. w. Sind im letzten Vers 
nur sieben statt acht Silben, so nennt man ihn pherekrateisch. 
Eine Verbindung der drei Metren (die zwei ersten Verse asklepia- 
disch, der dritte pherekrateisch, der vierte glykonisch) findet sich 
in den Hymnen Regali solio und Nullis te genitor. 



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§. 46. Die metrischen Hymnen. 



215 



fasst sind, so dass sie beim Vortrag wie Prosa klingen. Ähnlich 
haben wir Texte, die ans lauter Hexametern bestehen, z. B. die 
marianische Antiphon Alma Bedemptoris mater, Intr. Salve sancta 
parens, die Antiph. Solve jubente Deo, bei deren Melodie und Vor- 
trag keine Spur von Metrik hörbar wird. 

4) Alle Hymnen, deren Melodie beinahe syllabisch, nur 
an einzelnen Stellen mit zwei oder drei Noten verziert und 
diem Versmass entsprechend komponiert ist, sollen, mit Be- 
achtung des metrischen sowohl als auch des prosaischen 
Accentes, in fliessendem Ehythmus gesungen werden. Manch- 
mal wird also die Betonung der Melodie der ersten Strophe 
nicht mehr für die zweite passen. 

In den ersten Auflagen der offiziellen Choralbücher war in der 
Form der Noten (Ki^ meist nur auf die unmittelbar unter der 
Melodie stehende Strophe Rücksicht genommen worden; in den 
späteren Auflagen wurden die Noten, welche je nach der treffenden 
Silbe kürzer oder länger zu singen sind, als H gedruckt, und nur 
wo für jede Strophe zwei morce treffen, die ^ gewählt. So wird 
z. B. im Hymnus Dens tuorum die erste Strophe folgenden Rhyth- 
mus erhalten: 



De - US tu - ö-rum mi-li-tum sors, et co-ro-na, etc., 



die 2. Hie nempe mun-di gäu-di - a, et blanda fraudum etc., 



^^ip 



^- 



fc-fc 



^ 



^ M ^ 



die 3. Poe-nas cu-cür-rit för-ti-ter, et süs-tu-lit etc. 

und ähnlich die übrigen. In den neuesten typischen Ausgaben der 
römischen Choralbücher werden für jede Hymnenstrophe die dem 
Texte angepassten Melodien in eoctenso und mit der durch die Ver- 
schiedenheit der Texte und Accentsilben bedingten Schreibweise 
(((oder 1^ wiedergegeben. 

5) Um den Hiatus aufzuheben (siehe §. 10), ohne die Ord- 
nung des Versmasses zu stören, wird nach den Regeln der 
Poötik der Vokal, mit dem ein Wort schliesst, ausgestossen 
(elidiert), wenn das folgende Wort mit ein^m Vokale be- 
ginnt. Beim Hymnengesang empfiehlt es sich, alle Silben, 
bei denen nach der Poetik Elision stattfinden kann, vernehm- 
lich zu singen, und zwar mit der Note der vorhergehenden 



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216 



§. 47. Die Byllabischen Gesangs weisen. 



Silbe beim Intervall der Sekunde, bei grösseren Intervallen 
(Terz, Quart, Quint) mit der Note der folgenden Silbe; z. B.: 



Im Hymnus 
Jesu Bedemptor: 



Im Hymnus 
CruMlis Her ödes: 



* 



^fr 



3E 



sa - cräta ab etc. 



=öi 



unda 



Im Hy 
Veni Ö 



mnus 
'eator: 



^ 



- n - gl 



e^i 



nem etc. 



teque u - tri - üs-que etc. 



Im Hymnus 
Decöra lux: 



re 



=^ 



isque ') 



in a - stra etc. 



1 W 1 N W = 



Im Hymnus b 
sola: ^ - 

so - la ma-gnärum ür-bi-um etc.*) 
Durch geschickten und rasch rhythmisierten Vortrag 
wird an solchen Stellen keine Stockung im Versmasse bemerk- 
lich werden. Zur Vermeidung von Störungen hat der Diri- 
gent schon in den Vorproben die besonders in den neueren 
Hymnen häufigen Elisionen genauer einzuüben. 

§. 47. Die syllabischen Gesangsweisen. 

I. Das Wort „hymnus" wurde nach den Zeiten des heil. 
Ambrosius auch für am etrische (nicht im Versmasse stehende) 
Gesänge mit wechselnden Chören gebraucht; das Te Deum 



^) Wo zwei Noten auf einer Silbe stehen, wie in obigem Beispiel, im 
Hymnus Egregie Doctor bei universa cetemitatis und ähnlichen, darf, 
wie in gleichen Fällen bei der Psalmodie, die Notengruppe nicht 
getrennt oder auf zwei Silben verteilt werden. — Im dritten Verse 
der sechsten Strophe des Hymnus A solis ortus cardine (Laudes von 
Weihnachten) muss skandiert werden: Et la\ctemodi\copa\8tu8 est; 
demnach wird die Silbe di von modico in folgender Weise verteilt: 



m 



^ 



^M 



et la - cte mö-di-co pa-stus est. 
^) In den typischen Ausgaben mussten die in früheren Editionen übli- 
chen Bogen, z. B. sacrata^ab wegbleiben, da sie leicht znr Auf- 
fassung verleiten konnten, die Silbe sei entweder ganz zu unter- 
drücken oder mit der folgenden Silbe zu singen. 



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§. 47. Die sy Ilabischen Gesangsweisen. 217 

z. B. ist noch heute als Hymnus Ss. Ambrosii et Augustini 
bezeichnet, da die öesangsweise sich den einfachen Melodien 
der ambrosianischen Hymnen und Gesänge nähert. Zu diesen 
Gesängen gehört auch der „hymntts angelicus^^ 

Der Vortrag des Ohria im Anschluss an die Intonation 
des Priesters^) kann von abwechselnden Chören, im Wechsel 
mit den Kantoren und dem Gesamtchor, oder im Verbinden 
beider Chöre als Tutti mit der Abwechslung von Tenor und 
Bass, oder Sopran und Alt als 8oliy oder endlich zwischen 
Sopran und Tenor, Alt und Bass als Soli geschehen. Vor 
einem zu bunten Wechsel muss jedoch ausdrücklich gewarnt 
werden. Wenn also z. B. Wechsel zwischen Ober- und Unter- 
stimmen beliebt wurde, so bleibe man bei dieser Verteihing 
bis zum Schlüsse, wo sich dann sämtliche Stimmen mit Er- 
folg bei den Worten cum Sancto Spiritu vereinigen können. 

In ähnlicher Weise ist das Te Deum laudamus zu be- 
handeln; die Verse werden abwechselnd vom Chore und von 
den Kantoren, oder von den Kantoren und dem Volke (Ge- 
samtchor) vorgetragen. Bei den Worten: Pleni sunt coeli 
und Te ergo qucemmus können sich sämtliche Sänger und 
Chöre vereinigen und tragen erstere Stelle mit grosser 
Macht, letztere nihiger und flehender vor. Bei dem Schluss- 
worte: In te Domine sammeln sich alle Stimmen, um den 
feierlichen Lobgesang wie aus einem Munde zum Absciiluss 
zu bringen. Das Einschalten vifer- oder mehrstimmiger Sätze 
im Wechsel mit den Choralversen beruht, besonders für das 
Te Deum, auf ältester kirchlichen Praxis. 

IL Der glaubensfesten Intonation des Credo durch den 
Priester folgen die übrigen Textworte in höchst einfachen 
Melodiesätzen, die entweder ohne Wechsel, nur von den Kan- 
toren oder dem Chore allein, oder mit Anwendung des beim 
Gloria angegebenen Wechsels, nie aber mit Zwischen- 
spielen der Orgel ausgeführt werden. Die Melodie ist 

*) „Nach dem hinreissenden seraphischen Stimmengewebe eines Kyrie 
von Palestrina ergreift das ganz einmche Qloria in excelsis Deo, aus 
des Priesters Munde mit dem Tone majestätischer Grösse und zu- 
gleich eines jubelvollen Aufschwunges, wert, den Ruhm des Aller- 
höchsten zu verkündigen." Ambros, Gesch. der Musik, II. Bd., S. 68. 



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218 §. 47. Die syllabischen GesaDgsweisen. 

vorzüglich geeignet, von allen Anwesenden einer noch so 
grossen gottesdienstlichen Versammlung im Wechsel mit dem 
Musikchore vorgetragen zu werden. Eine Vermischung des 
Choralsatzes mit mehrstimmigen oder falsibordoniartigen 
Sätzen scheint nicht empfehlenswert, stört die Einheit und 
trägt die kirchliche Praxis des Psalmengesanges in den Ritus 
der Messe hinein. 

ni. Die Prcefatio wird durch einen Wechselgesang zwi- 
schen Priester und Chor (Volk) eingeleitet. 

Von W. A. Mozart erzählt man den jedenfalls sehr bezeichnen- 
den Ausspruch: „Ich würde meinen ganzen Euhm hingeben, wenn 
ich der Komponist einer einzigen Präfation wäre." 

Dr. Dom. Mettenleiter schreibt in seinen Aphorismen*) über den 
Card, Gregor, von dem Gesänge der Präfation und des Pater noster 
folgendes: „Die Gesangsweisen der Prcefatio und des Pater noster 
sind das Allerherrlichste, was in Tönen je geschaffen wurde und 
werden konnte. Wir haben sie schon tausendmal gesungen oder 
gehört, und als wir sie aufs neue tausendmal sangen und hörten, 
da waren wir keineswegs ermüdet; nein, unsere Rührung hat sich 
jedesmal gesteigert; wir vernahmen stets etwas noch üngehörtes, 
wir lernten immer etwas Neues, die Ahnung der Gegenwart Gottes 
trat uns näher, das Wehen des heiligen Geistes umrauschte uns 
stets fühlbarer . . . Und dazu sind kaum vier Tonstufen verwertet!" 

Der Chor respondiere stets nach Vorschrift im An- 
schlüsse an den Priester mit Sicherheit, in fortwährend ge- 
steigertem Vortrag, dem Inhalt des Textes und der Melodie 
entsprechend. Der Organist kann die Eesponsorien des 
Chores (nicht aber den Gesang des Priesters) mit der 
Orgel begleiten. 

Ähnliche, nur noch reichere, schwungvollere Gesangs- 
formeln verleihen dem unübertrefflichen Triumphgesang Ex- 
siiltet jam Angelica am Charsamstag einen festlichen Cha- 
rakter. „Dieses prceconium paschale ist eine freudeatmende, 
würdevolle Komposition, wie sie vielleicht nirgends mehr 
gefunden werden kann."^) 



^) Im Pastor honus, einer Beilage der Schweizer Blätter für Kunst 

und Wissenschaft. 10. Aug. 1861. 
2) Wisemann Nie, „Vorträge über die Liturgie der stillen Woche." 

Siehe besonders die Studie von Dr. Adalb. Ebner im Eirchenmus. 

Jahrb. 1893, S. 73 flgde. 



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§. 48. Die wechselnden Messgesänge, die Ant., die R. nach den Lect. 219 

IV. Bei den Litaneien hat einer oder mehrere der 
Kantoren die Anrufungen deutlich und fliessend vorzusingen, 
worauf der Chor oder das Volk in engem Anschluss antwortet. 
Die Eesponsorien zur Messe oder zum Offidum divinum 
folgen den gleichen Gesetzen reiner gleichzeitigen Intonation, 
markierter Aussprache und modulierten Vortrages. 

Man wird vergeblich den guten Vortrag der reicheren 
Gesänge anstreben, wenn der syllabische einfachere Gesang 
nicht vollkommen und richtig erlernt ist. 

§. 48. Die wechselnden Messgesänge, die Anti- 
phonen, die Responsorien nach den Lectionen. 

I. „Der Iritroitus enthält jedesmal einen Gedanken, der 
uns bei der Feier des hl. Messopfers beherrschen und erfüllen 
soll, — er schlägt den Grundton der Festfeier an, oder er 
enthält eine Lehre, die wir daraus ziehen sollen . . . Woher 
kommt es denn, dass man den lateinischen Introitusgesang 
in früheren Zeiten so gut verstanden hat, dass man sogar 
die Sonntage im bürgerlichen Kalender nach dessen Anfangs- 
worten genannt hat: Invocdbit, Oculi, Lcetare etc.? Man hatte 
eben damals mehr Interesse für das Gebet der Kirche und 
suchte sich mehr an dasselbe anzuschliessen wie heute." ^) 

Die Melodien des Introitus sind einfach und im Charakter 
der Antiphonen gehalten; denselben folgte früher ein ganzer 
Psalm mit Oloria Patri, worauf die Antiphon wiederholt 
wurde (s. §. 21). Der kirchlichen Vorschrift, die Antiphon 
des Introitus zweimal zu singen, kann ohne Schwierigkeit 
entsprochen werden, besonders wenn die Repetition auf einem 
Tone recitiert wird. 

Reicher sind gewöhnlich die Choralgesänge für das je 
dreimalige Kyrie, Christe, Kyrie. Es zeugt von Geschmack, 
entweder den Introitus oder die Kyrie so zu transponieren, 
dass ohne längeres Zwischenspiel der Orgel die beiden, in 



») Dr. Jos. Selbst, der lat. Kirchengesang beim hl. Messopfer. 2. Aufl. 
S. 245 und 247. 



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• 



220 §• ^8- Die wechselnden Messgesänge, die Ant., die ^. nach den Lect. 

den Tonarten meist verschiedenen Gesangsteile aufs engste 
verbunden werden.') 

Siehe übrigens §. 16 und die Eecitationskadenzen von 
Josef Schildknecht. 

II. Für die Gesänge des Gradiidle mit Alleluja oder 
Tractus, welche unter den sämtlichen Messgesängen die aus- 
gedehntesten Melismen aufweisen, wird, besonders wenn 
Diakon und Subdiakon fehlen, so dass die Zeremonien 
zwischen Epistel und Evangelium nur geringe Zeit in An- 
spruch nehmen, von der Erlaubnis der Eecitation der aus- 
gedehnteste Gebrauch gemacht werden können. Wenn der 
erste Vers des Graduale und das Alleluja gesungen, der 
zweite Vers und der Y- des Alleluja recitiert werden, so 
kann bei der Bedeutung, welche gerade dieser Teil der heil. 
Messe in der ältesten Liturgie hatte und auch heute noch 
haben soll, nicht über unmässige Verzögerung des Gottes- 
dienstes infolge der gehorsamen Ausführung kirchlicher Vor- 
schriften geklagt werden.^) Es bedarf zur Besänftigung un- 
geduldiger Seelen nur des Hinweises auf die Mahnung des 
heil. Bonaventura:^) „Es sollen aber die Gläubigen aus- 
harren in den Geboten, so ihnen verkündiget werden, und 
von Stufe zu Stufe voranschreiten." 

Der nämliche Kirchenlehrer schreibt a. a. 0.: „Wir 
pflegen nach dem Alleluja durch lange Betonung des Buch- 
stabens a den Gesang auszudehnen, um anzudeuten, dass die 
Freude der Heiligen im Himmel ohne Ende und unaus- 
sprechlich ist". 



^) Wiederholte Beobachtungen haben ergeben, dass Infroitus und Kyrie, 
nach Vorschrift aufs genaueste gesungen, eine Zeit von drei bis 
vier Minuten beanspruchen; wenn teilweise rezitiert wird, so kann 
in zwei bis drei Minuten der Wille der Kirche erfüllt werden. 

■'*) Treffend bemerkt Kössing in „Kirchenlexikon", Art. Graduale, 2. Aufl., 
5. Bd., S. 983: „Die Bedeutung des Graduale fällt mit der des AUe- 
lujagesanges, des Traktus und der Sequenz zusammen und liegt in 
der notwendigen Wechselwirkung zwischen der Thätigkeit des Kle- 
rus und des gläubigen Volkes, nicht aber in der Ausfüllung 
der zur Vorbereitung auf die Verkündigung des Evan- 
geliums erforderlichen Zeit." 

^) Expos. MissaSy cap. II. opp. tom. VII. pag. 74. . 



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§.48. Die wechselnden Messgesänge, dieAnt., die I^. nach den Lect. 221 

Bei der Verbindung von Graduale mit Älleluja oder 
Tractiis sollen die gleichen Gesichtspunkte in Bezug auf Ton- 
ähnlichkeit festgehalten werden, welche oben für Introitus 
und Kyrie angegeben worden sind. Das alternierende Singen 
und Recitieren zwischen wenigen Sängern und dem Chore, 
auch abwechselnd^) zwischen Unter- und Oberstimmen, wird 
nach Aufklärung des gläubigen Volkes durch liturgische 
Predigten bald jene Vorurteile sieghaft überwinden, durch 
welche dieser Teil der hl. Messe bisher so arg verstümmelt 
worden ist. 

III. „Das Offertorium hat diesen Namen, weil es gesungen 
wurde, während der Bischof oder Priester die Opfergaben 
des Klerus und des Volkes in Empfang nahm . . . Der Ge- 
sang währte so lange als die Darbringung der Opfergaben; 
daher war das Offertorium öfter zu wiederholen. Es wird 
aber das Offertorium gesungen, weil das Opfer des Lobes 
dargebracht werden soU."^) Nach der musikalischen Seite 
betrachtet, war dieser Gesang früher sehr reich und aus- 
gedehnt {pneumis distentum sagt Eupert von Deutz), in den 
authentischen Büchern nähert er sich dem Antiphonengesang, 
ist kürzer und gedrängter. Ein Weglassen desselben oder 
Einschalten fremdartiger, mit dem Gedanken der Festfeier 
nicht in näherer Beziehung stehender Gesänge und Texte 
statt des vorgeschriebenen Offertorium kann in keiner Weise 
gerechtfertigt werden. Auch wenn ein passendes Motett 
nach dem Tagesoffertorium mehrstimmig gesungen werden 
will, ist der Vortrag der wirklichen Choralmelodie dem ein- 
fachen Recitieren des Textes vorzuziehen. 

IV. Die Communio nach dem Agnics Dei ist heutzutage 
nur mehr die Antiphon, welche in alten Zeiten in Verbindung 
mit einem Psalme gesungen wurde. „Der feierliche Gesang 

'') Kössing a. a. 0. schreibt: „Ursprünglich wurde dieser Gesang Re- 
sponsum, cantus responaorias, responsorium und psalw/us responsorius 
genannt, weil der cantcy»' ihn eröffnete, der Chor aber einstimmend 
respondierte, der Vortrag also in der Form einer Entgegnung statt- 
fand." 

*) Amberger, Fastoraltheologie, 2. Bd., S. 113. 



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222 §-^8. Die wechselnden Messgesänge, die Ant., die !^. nach den Lect. 

ist eine Art Danksagung, wenn" nicht immer in ausdrücklichen 
Worten, so doch in der Absicht, in dem Affekt des Herzens, 
aus dem der Gesang hervorgeht, und in der grösseren Ver- 
herrlichung Gottes, welche der Gesang bewirkt".*) 

Auch zwischen dem Agnus Dei und der Comiminio soll 
eine einheitliche Tonhöhe angestrebt werden, welche hier 
durch ein entsprechendes Zwischenspiel der Orgel ohne Zeit- 
verlust und Unbequemlichkeit für den Celebranten bewirkt 
werden kann; in der Advent- und Fastenzeit, wenn die Orgel 
schweigt, wird beim Choral vortrage zwischen Agnus und 
Communio eine längere Pause eintreten, während welcher 
eine passende Intonation der Communio vorbereitet werden 
kann. 

V. Die Antiphonen,*) welche, teils ohne folgenden 
Psalm, teils als Einleitung und Abschluss eines solchen, einen 
Hauptbestandteil des Breviers (Antiphonarium) bilden, aber 
auch im Oradualey Rituale und Pontificäle Bomanum vor- 
kommen, eignen sich besonders als Vorbereitung für die 
reicheren Choralgesänge; in ihren Melodien ist zwischen 
dem syllabischen Gesänge der Psalmen, Präfationen, Le- 
sungen, Hymnen, Gloria- und Credo -Gesänge und den rei- 
cheren Melismen der wechselnden Messgesänge u. s. w. eine 
goldene Mittelstrasse eingehalten. Die Bedeutung der Anti- 
phonen besteht regelmässig in der Aussprache der „Schlag- 
wörter", welche für das treffende Fest aus dem folgenden 
Psalme von der Kirche ausgewählt werden wollten ; sie bilden 
die Hauptmeditationspunkte, welche während des Psalmes im 
Gedächtnisse haften sollen. Durch diesen Wechsel des anti- 
phonarischen Gesanges wird dem Ofläzium eine Art von dra- 
matischer Haltung verliehen. 

^) Dr. Selbst a. a. 0. S. 255. 

*) Im 4. Jahrhunderte noch war die Antiphonie eine Vortrags- 
weise, bestehend im wechselweisen Singen der Psalmen durch das 
in zwei Chöre sich teilende Volk. Im Gesang der Antiphon Lumen 
verbunden mit dem Nunc dimifüs am Lichtmesstage und in ähnlichen 
Einrichtungen des Fontif. Rom. bei der Kirchenkonsekration besitzen 
wir ein deutliches Bild des lebendigen Verkehrs zwischen der schola 
cantorum (Antiphon) und dem psällierenden Volke (Antiphonie). 



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§. 48. Die wechselnden Messgesänge, die Ant., die ^. nach den Lect. 223 

Eine engere Verbindung mehrerer, in verschiedenen Ton- 
arten aufeinander folgenden Antiphonen erfordert, mit Eück- 
sicht auf Tonähnlichkeit, stets genaue Vorbereitung von seilen 
des Dirigenten oder Organisten. 

Gerade die einfache, den Worten und Sätzen des Textes 
sich anschliessende Sprachmelodie der Antiphonen mag die 
Ursache sein, dass die verschiedenen Manuskripte und Druck- 
Ausgaben der Choralbücher beim Antiphonengesange die er- 
freulichste Übereinstimmung aufweisen. Von der eifrigen 
Pflege des Antiphonengesanges hängt wohl vorzugsweise das 
wachsende Gedeihen und segensreiche Fortschreiten im gre- 
gorianischen Gesänge ab. 

VI. Den Namen Responsorium führen jetzt hauptsächlich 
jene umfangreichen Gesänge, welche nach den Lektionen in 
der Matutin vorgeschrieben sind, ähnlich den Graduai- und 
Tractusversen nach der Epistel oder nach Lectionen der 
Messliturgie, welche früher ebenfalls als Besponsoria be- 
zeichnet wurden. 

In den offiziellen römischen Büchern {Antiphonarium in 
Folio) sind zum erstenmal seit Jahrhunderten die sämtlichen 
Responsorien der Matutinen nach Ordnung des Breviers ab- 
gedruckt. Als Grundlage diente grösstenteils das in vier 
Foliobänden bei Tbogn-esius in Antwerpen 1611 (s. oben 
S. 71) gedruckte Antiphonar; die dort enthaltenen Respon- 
sorien wurden aber durch die päpstliche Kommission bedeu- 
tend gekürzt und in der Verteilung der Neumenfiguren auf 
den Text neu revidiert. 

Der Gesang der Responsorien lässt sich, bei einiger 
Sorgfalt und unter Beachtung der in §§. 43 u. 44 enthaltenen 
Ratschläge, in schönem Anschlüsse an die Tonhöhe der vor- 
ausgegangenen Lection intonieren; eine Recitation des J, 
oder der Repetition (auf der Dominante) wird über etwaige 
Schwierigkeiten, z. B. Kürze der Zeit, Mangel an Sängern 
und ungenügende Schulung, in genügender und würdiger 
Weise hinweghelfen. 



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224 §• ^8. Die wechselnden Messgesänge, die Ant., diel^. nach den Lect. 

Schlusswort. 

Wird der Choralgesang bei den verschiedensten liturgi- 
schen Funktionen in seinen mannigfaltigen Formen sowohl 
von den Priestern und Klerikern, als auch von den Laien- 
sängern mit gutem Verständnis des Wortes und Beachtung 
des Textzusammenhanges, mit entsprechender Modulation der 
Stimme,^) richtiger Betonung der Wörter und Sätze aus- 
geführt, dann singen wir nach dem Willen der Kirche, und 
es geschieht auch der Mahnung des Kardinals Bona^) Ge- 
nüge: „Üben wir uns beständig in den Gattungen der Musik, 
indem wir das Lob Gottes, unter schönem Einklang von 
Stimme und Herz, in dieser Verbannung singen, bis wii* 
gewürdigt werden, an der göttlichen Musik teilzunehmen 
und mit den heiligen Engeln die erhabensten und vollendet- 
sten Hymnen singen zu dürfen"; dort nämlich^) 

„Nie rastend durch die Gottesstadt 
Tönt Jubellied und Wonneklang, 
Des Einen und Dreifältigen Euhm 
Preist stets der Sel'gen Lobgesang: 
Mit Sions Hymnen steigt empor 
Wetteifernd unser Hochgesang.** 



^) Die aogemesscne Verbindung von Wort und Ton in der Weise, dass 
die Kunst des Gesanges nicht zum Schaden der Andacht in den 
Vordergrund tritt, hat der hl. Augustin in Genf. X, 25 in die be- 
rühmten Worte gekleidet: Quum mihi accidit, ut me amplius cantus, 
quam res quce canitur, moveat, poenaliter me peccare conftteor, et tunc 
mallem non audire cantantem. „Wenn es mir begegnet, dass mir der 
Gesang mehr gefällt als der Textinhalt, so bekenne ich eine straf- 
bare Schuld; in diesem Falle möchte ich lieber den Sänger nicht 
hören." 

2) De divina Psalmodia, Cap. XVII, §. V, 5. 

^) Zweite Strophe des Hymnus zu den Landes vom Kirchweihfeste 
nach der Übersetzung von Schlosser. 



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225 



Alphabetisches Verzeichnis 

der 

Abkürzungen und Ausdrucke des römisch-lateinischen 
DiOzesankirchenkalenders, 

mit 
Übersetzung und Erklärung. 



Vorbemerkung. Die §§. 19, 20 und die folgenden werden hier ihrem 
ganzen Inhalt nach als bekannt vorausgesetzt. Nachstehendes Re- 
gister bildet nur eine weitere Ausführung der dort im Zusammen- 
hang behandelten Materien. Die Seitenzahlen beziehen sich auf die 
gegenwärtige Auflage des Mag, cho7\, wo der gleiche Gegenstand 
besprochen oder noch näher erläutert wird. Die Accente über den 
Vokalen bezeichnen die zu betonenden Silben. 



A., wenn es vor Bezeichnung des 
Wochentages steht, z. B. Ä, Dom. 
18. post Fent., ist Sonntagsbuch- 
stabe, und wechselt jährlich mit 
den Buchstaben B bis G. Ist z. B. 
G Sonntagsbuchstabe, so fallt auf 
Montag (Fer. 2) a, auf Dienstag 
(Fer. 3) h etc. In den Schaltjah- 
ren (anniis bisaextilis) treffen zwei 
Sonntagsbuchstaben, z. B. G. F. 

A« == aZ5M«, weiss, am rechten Rande 
des Kirchenkai., zeigt die Farbe 
der priesterl. Gewänder an (color 
Paramentorum) ; siehe S. 77. 

a (ab vor Selbstlautern) = von; 
z. B. Vesp. a cap,, siehe S. 124. 

Abb. = Abhas, Abt; S. 78. 

Abs. = Absolutio in der Matutin, 
S. 138; nach dem Requiem, S. 116. 

absque = ohne. 

ac = und. 

ad = zu, bei, an. 

add. = ädditur od. addüntur (z. B. 
3 AUelüja) bedeutet die „Hinzu- 
fügung" der Älleluja zur öster- 
lichen Zeit; S. 81, 126. 

adültns = der Erwachsene. 

Hab er 1, Magister choralis. 12. Aufl. 



Adv. == Adv&ntus, S. 74. 
iBStiva2)ars= Sommerteil, der dritte 

Band des vierteiligen Breviers. 
ah = äliaSy sonst; siehe S. 77. 
a. 1. = cdiguibus locis, an einigen 

Orten; siehe S. 77 u. 80. 
^lius^ älii, etc. = ein anderer. 
altern&tim = wechselweise, ab- 
wechselnd. 
Ang. = Angelus, Engel, z. B. Angeli 

CMstodes, Schutzengel. 
Annivers^rius = Jahrtag, jährl. 

Erinnerung. 
Annnnti&tio B. M. Y. = Maria 

Verkündigung. 
annus = Jahr. 
ante == vor; dntea, vorher. 
^nteqnam = bevor, ehe. 
Ant. = Antiphona, siehe S. 117. 
Ant. Kom. == Antiphonarium Bo- 

m^num; S. 71. 
Ap. oder App. = Apöstolus oder 

Apöstoli; S. 78. 
app&ret = erhellt. 
appösltns = beigesetzt, zugefügt. 
apud = bei. 
Arch. = Archängelus, Erzengel. 



15 



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226 



Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen etc. 



Asc^nsio = Himmelfahrt; S. 74. 
Assümptio B. M.Y. == Maria Him- 
melfahrt. 
at = aber. 
atqne = und. 

Aug. = Augustus, Monat August. 
ant = oder. 
antumnälis pars = Herbstteil, 

4. Band des Breviers. 

B. Sonntagsbuchstabe; siehe A. 

B. vor Eigennamen = Beätus, selig; 
z. B.: B, M. V. = BedtoB MaHce 
Virginis, 

Bno oder Benedo = Benedictio, 
Segnung; siehe auch S. 139. 

Bened. = Benedidus, Lobgesang 
des Zacharias; S. 123 u. 142. 

bis = zweimal. 

bissextilis annus = Schaltjahr. 

Brev. = Breviarium, Brevier; S. 71 
und 80. 

ß. r. oder Br. rec, = Breviarium 
recens, neueres Brevier S. 77. 

br.' = brevis, kurz ; brevior = kür- 
zer; h'evissimus^ der kürzeste. 

C. als Sonntagsbuchstabe; siehe A. 
Casrem. Ep, = CcBremoniale Episco- 

porum; S. 70. 

caice, z. B. in calce = am« Ende. 

Campauum == Glocke. 

cand^la == Kerze. 

cand^lie accendüntur = die Ker- 
zen werden angezündet. 

candelis extinctis = nach dem 
Auslöschen der Kerzen. 

Cant. = Cdnticum, Lobgesang. 

cant. = cantätur, wird gesungen; 
Missa cantdta, gesungene Messe, 
Amt; cantöreSf Sänger. 

Cantatorium Born. s. S. 4. 

Cantorinus Boni. s. S. 71. 

Cantns diy^rsi = verschiedene Ge- 
sänge; siehe Landes Vespertince, 

cap. = capitulum, kurze Lesung 
aus dem Brevier, die in allen Hören 
von Lavdes bis Vesper nach den 
Tsalraen folgt, beim Completorium 
aber nach dem Hymnus: siehe 

5. 127. 

capnt = Haupt, Abschnitt, Anfang. 

Cathedra = Stuhl, cathedrälis ecdi- 

sia, Hauptkirche d. Bischofs, Dom. 



cerens = Kerze; s. candela, 

cessat = hört auf. 

Chr. = Christus. 

ein. = z. B. Oinerum dies, Fer. 1 V. 
Cinerum, Aschermittwoch; S. 74. 

circa = gegen, um, beiläufig. 

Circumcisio = Beschneidung; S.74. 

cl. = classis, Rang; S. 75. 

Coena (Dni) = Abendmahl des 
Herrn, Gründonnerstag. 

CoUegiäta ecdisia = Stiftskirche 
mit Kanonikern. 

com. = comemordtio, S.130, 2. Note. 

Comm. == Commune] S. 78. 

Comp^ndium = Auszug ; S. 69 u. 72. 

Compl. = Completonum; S. 184. 

cöncio = Predigt. 

Conc^ptio B. M. T« = Maria Em- 
pfängnis. 

cf. = confe^f vergleiche. 

concördat = stimmt überein. 

conf^ssio = die Beichte, das Be 
kenntnis. 

C. od. Confissor = Bekenner; S. 78. 

C. P. == Confessor Pöntifex: C non 
P.; S. 78. 

coiii»'=conjüngitur, wird verbunden. 

consuetüdo = Gewohnheit, Her- 
kommen. 

C. M. = conventudlis Missa, Kon- 
ventmesse, die bloss an Kathedral- 
od. KoUegiatkirchen gelesen wer- 
den muss. 

cony^rsio = die Bekehrung. 

Cor (Cordis) Jesu = Herz Jesu, 

coram = vor, z. B. expösito San- 
cUssimo Sacramento, vor ausge- 
setztem Allerheiligsten. 

Corona = Krone; cor. splnea = 
Dornenkrone. 

Corpus = Leib, Hauptteil, Corpus 
Christi = Fronleichnam; S. 75. 

cras = morgen; crdstinus = der 
morgififc. 

Cr. == Credo; S. 95. 

creätio = Wahl. 

Crux = Kreuz. 

cujus = dessen, cu% welchem. 

cum = mit; z. B. cum Octdva, mit 
Oktav. 

curr. = laufende; z. B. Offic. cur- 
rens, das für den Tag treffende 
Ofiizium. 



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227 



D., Sonntagsbuchstabe; siehe A. 

de = von, z. B. Fesp. de sequ,.; S. 124. 

decoUätio = Enthauptung. 

Dedic.= Dedicotio = Einweihung; 
S. 78. 

deest oder desunt = fehlt, fehlen. 

Def . = d^ünctus, der Verstorbene. 

dein oder deinde^= hieTAuf, hernach. 

demceps = von da an. 

die. = dicitur oder dicuntur, wird 
oder werden gesprochen, gebetet^ 

dies = Tag, z. B. de 4, die infra 
' Oct^ vom vierten Tage innerhalb 
der Oktav. 

d« f. = dies fiocus; siehe S. 77. 

Dir. = Z)«Vedmwm== Kirchenksden- 
der, S. 76 ; Directorium chori; S. 73. 

distribütto == Austeilung. 

D. E. = Doctor EccUsias; Kirchen- 
lehrer; S. 78. 

Dolores TU = sieben Schmerzen. 

Dom. = Dominica, Sonntag; S. 73. 

Dnns oder Dni = Dömmtw, D6- 
mini, Herr, z. B. D. N. J. C. = 
Domini Nostri Jesu Oiristi. 

dum = während. 

duo = zwei; duödecim, zwölf. 

dnpl. = duplex; S. 75. 

£•9 Sonntagsbuchstabe; siehe A. 

ea = de ea bedeutet, dass kein Hei- 
ligen- oder anderes Fest gefeiert 
wird, sondern das Officium vom 
Tage (aus dem Proprium de tem- 
pore, resp. Psalterium) zu nehmen 
ist; z. B. Fetna IV, de ea = vom 
Mittwoch; S. 76. 

Eccl. = ecdestüy Kirche. 

ed. = editiOy Ausgabe. 

ei = ihm, demjenigen. 

ejus = desselben, z. B. ejus loco, 
anstatt desselben. 

ejiisdem, siehe idem, 

eler. = elevätio Ss, Sacram. = Erheb- 
ung der hl. Gestalten, Wandlung. 

Elision, S. 42 u. 216. 

Enchiridion Gradualis Komani = 
Handbuch des röm. Grad.; S. 69. 

eo = de eo (sabbato), vom Sams- 
tag; siehe oben ea. 

Epiph. = EpipJiania Domini , Er- 
scheinung des Herrn, Fest der 
hl. Dreikönige. 



E. oder Ep. = Episcopus, Bischof; 

besonders in Verbindung mit E. C. 

== Ep, Confissor, Ep. M. = Ep. 

Martyr; S. 78. 
Epist. = Epistola; S. 90. 
Epitome •= Auszug; S. 69 u. 72. 
erat = war; esset, wäre. 
est = ist. 

et = und; et — et, sowohl — als auch. 
^tiam = auch ; etiämsi= wenn auch. 
Et. = Evangelium, S. 93; auch 

Evangelista, Evangelist. 
ex = aus, von. 
exalt&tio = Erhöhung; (— 8. Oru- 

ds = Kreuzerhöhung). 
exc^pto = ausgenommen. 
excl. = exclusive, ausgeschlossen. 
exinde = von da an. 
I exspectätio = die Erwartung. 
extra = ausserhalb. 

F., Sonntagsbuchstabe; siehe A. 
facit = thut, macht; facto = nach 

geschehenem. 
Fer. == Feria; S. 73 u. 76. 
Fest. = festum, Fest. 
flu. = finis, Ende; finito, nach 

beendigtem. 
fit = geschieht; fieri potest, kann 

geschehen. 
flxus = festgesetzt; S. 77. 
fol. = fölium, Blatt. 
frat^rnitas = die Bruderschaft. 
f. = fuit; S. 77. 

ö., Sonntagsbuchstabe; siehe A. 

generale = allgemein; z. B. man- 
ddtum generale, allgemeine Ver- 
ordnung. 

genufl^xio == Kniebeugung. 
1. = Glöna; S. 83 u. 219. 

Grad. = Graduale, entweder das 
Buch, welches alle Messgesänge 
in Noten enthält, oder der Gesang 
des Chores nach der Epistel; Fsal- 
mi GraduMes heissen der 119. 
bis 133. Psalm. 

gratiärum actio = die Danksagung. 

gravis = wichtig; z. B.pro re gravi, 
für ein schweres Anliegen. 

hac, hasc, hanc, has, harum etc., 

verschiedene Endungen von hie, 

hebd. = hebdomas, Woche, hebd, 

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228 



Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen etc. 



oder hehdomas sancta, major Char- 
woche; S. 74. 

heri = gestern. 

best. == hestema dies, der gestrige 

* Tag. 

hie = dieser (Fürwort). 

hiemälis pars = Winterteil, er- 
ster Teil des Breviers. 

hödle = heute; hodiernus , der 
heutige. 

hon. = honor; z. B. in honorem, 
zu Ehren. 

hora = Stunde, S. 124 ; horue diumce, 
ein Auszug des Breviers, in wel- 
chem nur die Matutinen fehlen; 
S. 71. 

hnjns, huic, hunc, dieses, diesem, 
diesen; siehe hie, 

Hymn« = Hymnus, 

Ibi u. ibidem == ebendort, am glei- 
chen Orte. 

id = das, dieses. 

idem = der nämliche, mit den End- 
ungen ejüsdem, eidem, eundem, 
eödem, iidem, iisdem, etc. 

igitnr = daher, deswegen. 

ii = diejenigen (von is) iidem, die 
nämlichen. 

ille = jener, mit den Endungeii 
illius, Uli, iUum, ülud, Ülo, illo- 
rum, iUis, etc. 

Inimac. = immaculdta, unbefleckt. 

immediäte = unmittelbar. 

in = in, bei. 

incipit oder indpiunt = beginnt, 
beginnen. 

inclinat = verneigt sich: incli- 
ndtiOy Verneigung. 

incl. = {inclusive, miteingeschlossen. 

indnlg^ntia = Ablass, Nachsicht, 
Erlaubnis. 

indütns = angekleidet. 

infirmus = krank. 

infra = innerhalb; %it infra = 
wie unten. 

initinm = Anfang, Beginn. 

Innoc. == Innocentes, unschuldige 
Kinder. 

integer =^ ganz, vollständig. 

intelligitnr = man versteht. 

inter = zwischen, unter. 

intra = zwischen, innerhalb. 



Intr. = Introittis; S. 81. 
iDT^ntio = Erfindung. 
In Vit. = Invitatörium; S. 136. 
ipse = selbst, der nämliche mit 

den Endungen ipsius, ipsi, ipsum, 

ipso, ipsorum, ipsis etc. 
itaqne = daher, deshalb. 
item = ebenfalls, gleichfalls. 
jacet = steht, befindet sich. 
jam = schon, bereits. 

Jan. = Jamidrius, 
J. T. = Jesu tibi bedeutet, dass 
statt der im Brevier stehenden 
letzten Strophe bei denjenigen 
Hymnen, die gleiches Versmass 
haben, zu singen ist: 
Jesu tibi sit glöria, 
Qui natus es de Virgine, etc. 
In der Woche von Christi Him- 
melfahrt: 
Qui Victor in coelum redis, 
Cum Patre et aimo Spiritu 
In sempithiM scecula, 
s. auch S. 143 und 170. 
jubet =. befiehlt. 
Jul. = Julius, Juli. 
Jun. = Jünius, Juni. 
jnn. = junior, der Jüngere. 
jüngitnr = wird verbunden; jun- 

cto, nach Verbindung. 
jure = mit Recht, nach Recht. 
jnssu = auf Befehl. 
juvat = es nützt. 
juxta = gemäss, nach, neben. 

Kalendärinm = Kalender. 
Kai. = KaUndce, der erste T&g 
des Monats. 

Lamentätio; siehe S. 140.^, 

landäbilis = lobenswert. 

Land. = Laudes; S. 142; Laude» 
Yespertinie ist als Auszug des 
Bit, Grad, und Antiph. (S. 71) 
zu erwähnen und enthält populäre 
Choralgesänge flir Nachmittags- 
andachten. 

L. oder LI. = Lectio, Lectiönes,, 
Lesung; S. 139. 

l^gitnr = wird gelesen. 

lib. = ad libitum, nach Belieben» 

Lib. = libeTj Buch. 



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229 



über = frei. 

licet = ist erlaubt, wenn auch. 
Lit« == Litänia, Litanei, S. 147. 
locus = Ort, Stelle; loco = antatt; 

J9. fsecundo) loco = an zweiter 

Stelle. 
lux == Licht. 

Magis = mehr. 

MsLgn. = Magnificat; S. 123 u. 130. 

niagnus = gross. 

major = grösser; z. B. duplex 

majns; S. 75. 
mane = in der Frühe. 
niauus = Hand. 
HL* y. = Marice Virginis; S. 73. 
M« o^M.nu=Martyrf Mnrtyres, S. 78. 
Martyrol6giuni, S. 146. 
Mat^rnitas = Mutterschaft. 
Mat. = Matutinum; S. 136 sequ. 
mäximus = der grösste. 
M. S. oder mut 3. Vers., siehe S. 128. 
Mlssa = Messe; Missäle, Mess- 
buch; S. 67 und 78. 
M. C, siehe C. M, (Missa conven- 

tualis.) 
minor = geringer; minus, z. B. 

dupl. min,. S. 75. 
mob. = mobilia festa, bewegliche 

Feste, S. 76. 
modus = Art, Weise. 
more^ z. B. sölifo = in gewöhnlicher 

Weise. 
mors == Tod; mortuiLS, gestorben, 

der Tote. 
mut&tur == wird verändert; siehe 

auch S. 125. 

Ifam = denn, weil. 

^^at. = Nativitas, Geburt. 

ne = damit nicht. 

uec^ neque u. nere = noch, und 

nicht, oder nicht: nee — nee, 

weder — noch. 
nemo = niemand, keiner. 
n. = niger, schwarz; S. 77. 
nihil = nichts. 
nisi = wenn nicht, ausser. 
^'oct. = Noctümce; S. 137. 
nocte = bei der Nacht. 
nomen •= Name; nominis, des Ns. 
non == nicht, z. B. C, non P. = 

Confessornon Pöntifex, Bekenner, 

nicht Bischof. 



Non. = Nona (hora) ; S. 142. 
nondum ^ noch nicht. 
nonnülli = einige. 
nonnünquam = manchmal. 
not. = notätur, ist angegeben. 
noYus = neu. 
nullus = keiner. 
num = ob. 
numerus = Zahl. 
nunquam = nie, niemals. 
nupt« = nuptice, Hochzeit. 

ob = wegen. 

6bitus dies = Sterbetag. 

obserTatur= wird beobachtet; ob- 
servandum esf = ist zu beobachten. 

Oct. = Octäva; S. 73. 

Off. ^ Officium bezeichnet alle beim 
hl. Messopfer und Breviergebete 
vorgeschriebenen Gesänge und 
Gebete ; ofßcium divinum bezieht 
sich gewöhnlich speziell auf das 
Breviergebet. Officium parvum 
B. M. V. ist als Auszug des An- 
tiphon. Rom. (S. 71) zu erwähnen 
und enthält die sämtlichen Gebete 
und Gesänge der „marianischen 
Tagzeiten", in die vier Teile des 
Kirchenjahres ausgeschieden. 

omittitur = bleibt weg; omisso, 
mit oder nach Hinweglassung. 

omn« = omnis, jeder; omnes, omnia, 
alle, alles. 

or. = oratio. Gebet. 

Org. = Organum, Orgel ; s. § . 38 u. 41 . 

Pag« = pägina, Seitenzahl. 

Palm* = palmcB, z. B. Dom. Pal- 
märum, Palmsonntag; S.74 u. 155. 

Pp. = Papa, Papst; S. 78. 

Parasc^ve = Charfreitag. 

p&rochus = Pfarrer; parochiälis, 
pfarrlich. 

pars = Teil; partim, teilweise. 

partus = die Geburt. 

pärvulus = das Kind. 

Pasch« = Pascha, Ostern; paschd- 
lis, österlich; S. 74. 

Pass* == Pdssio, Leiden ; z. B. Dom. 
Passionis, Sonntag vor dem Palm- 
sonntag; S. 74. 

Patrönus = Patron, Schutzheiliger. 

Patroc. = Patrocinium; S. 77. 



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230 



Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen etc. 



Pentec« = Pentecöste, Pfingsten; 
S. 74. 

per = durch, während. 

permissn = mit Erlaubnis; per- 
mittitur, ist gestattet. 

Plag«« z. B. Fest quinque Plagarum 
= Fest der fünf Wunden. 

Plan« plic« = PlanHoR plicätas, die 
Levitenkleidung für Advent und 
Fasten, wenn das Officium vom 
Tage gefeiert wird. 

plnres = mehrere; plürium, meh- 
rerer; plüribus, mehreren. 

plürimi == die meisten, mehrere. 

plus — qiiam = mehr — als. 

pomeridlänus = nachmittägig. 

pönitur =?= wird gesetzt; pösitus, 
ist gesetzt, findet sich. 

Pont, oder P. = Fontifex, z. B. 
0. P., oder C. n. P. oder E. C; 
siehe diese. 

Pont« Born« = Fontificale Bomanum, 
S. 69 und 162. 

pnost = nach postea = nachher; 
postquam = nachdem. 

praß = vor. 

Postcommünlo heissen die Oratio- 
nen vor dem Ite Missa est 

prsBC^dens = vorhergehend; wenn 
die Vesper beim Kapitel vom näch- 
sten Tage an genommen wird, so 
wird die Ant. aus der 2. Vesper 
kommemoriert (comm. prceceden- 
tis); siehe auch S. 124 u. 130. 

prsBC^ptnm = Vorschrift; prcedpit 
= schreibt vor. 

PraBfätio == Präfation; S.96flgde. 

prsBpar&tio = Vorbereitung. 

PrsBpösitns = Propst; praspönüur, 
wird vorgesetzt. 

priescriptum = Vorschrift. 

praBS« = prcßsens, gegenwärtig. 

praBsentätio = Darstellung, Auf- 
opferung. 

prsBter = ausser, ausserhalb ; prce- 
tirea, ausserdem, ausser. 

praßtöritus = vergangen, verflossen. 

Prima = die Prim; S. 142. 

primus = der erste ; primum, zuerst. 

prior = früher. 

priv. =priväta; z. B. Missa, die stille 
Messe zum Unterschied von der 
gesungenen od. feierlichen Messe. 



prins = zuerst, früher; priüsq'uam, 
ehevor. 

pro = für, statt. 

procnl = ferne. 

prohib^tur = ist verboten. 

prope = nahe, bei; pröpior = 
näher; pröximtis, der nächste. 

Proph« == Prophita oder Prophetia, 
S. 161. 

propr. = pröprius, eigentümlich; 
Proprium Dicecisis; siehe S. 77. 

pront == wie, sowie. 

Ps. = Psalmi; Psalt. = Psalte- 
riuM heisst der Anfang des Bre- 
viers bis zum Completörium; siehe 
auch S. 71. 

Ps« poenitentiales == Busspsalmen 
heissen die 7 Psalmen: 6, 31, 37, 
50, 101, 129 u. 142. 

pnbl« = pühlicus, öffentlich. 

publicä.tio = Bekanntmachung. 

pnls4tnr = wird gespielt; z. B. 
Organum, od. pulsantiir campdna^ 
die Glocken werden geläutet. 

Purif. = PuHficdtio B. M. V. =- 
Maria Lichtmess. 

Püritas = die Reinheit, Unschuld. 

Quadr. = Quadragesima , S. 74; 
Qu^draginta = vierzig. 

qnaBritur >= es fragt sich ; qtuBstio 
= Frage. 

qnam, siehe tam oder qui; auch als. 

qnando = dann, wenn. 

qnare = daher. 

qnätuor = vier. 

qne angehängt = und. 

qni == welcher, quce, welche, qu^d 
welches ; mit den Endungen cujus, 
dessen, cui^ dem, quem, quam, den, 
welche, qua, durch die, quo, durch 
den, quorum, qt^^rum, deren, qui- 
bus denen, quos, quas, welche 
(Mehrzahl). 

quia = weü. 

quicünqne == wer nur immer. 

qnidam = mancher ; mit den End- 
ungen von qui'j z. B. qnibüsdatn 
locis, an manchen Orten. 

qnüibet = jeder, jed welcher. 

qninqne = fünf, quinquies, fünfmal. 

Qninqnag. = Quinquagesima ; S. 74, 

quod = weil; siehe auch qui. 



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Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen etc. 



231 



qnöuiain = weil. 

qnoque = auch. 

qnot&niiis = jährlich. 

qnotidie = täglich. 

qn6ties u. quotiescümque = so oft als. 

qunm ^ da, weil. 

Rec. = recens, neu ; recentior, neuer 
etc.; siehe S. 77. 

Reg« = Regum, z. B. Lib, L Beg. 
I. Buch der Könige. 

rel. = rtliqua etc. das übrige. 

reperitur == findet sich. 

rep. = repetitur, wird wiederholt. 
repetit, er wiederholt, repetitio, 
Wiederholung. 

Reqn« = Riquiem, Totenmesse. 

^. oder Resp« = Respomörium, 
Antwort, regelmässig der zweite 
Teil einer Prüfung (Versiculus) 
oder Lesung; I^. br. siehe S. 144. 

Res« = resurrectiOy Auferstehung. 

Rit« Rom« = Rituale Romanum; 
S. 70 und 166. 

ritns = Form irgend einer Verricht- 
ung; siehe auch S. 75. 

Rog. = rogätio, Bitte ; z. B. Fer, IL 
rogatiommi, Montag der Bitt- 
woche; s. auch S. 74 u. 151. 

Rom* = Romanum, z. B. Gr aduale, 
Antiph., Vesperale, etc. Rom. (rö- 
misches). 

r. = ruber f rot; p. 77. 

Rubriken = Vorschriften, die ge- 
wöhnlich mit roter Farbe geschrie- 
ben oder gedruckt waren. 

Sabb* == Sdbbatum, Samstag; S. 76. 

sacer = heilig. 

Sac« = sacerdos, Priester. 

S« R. C« = Sacrorum Rituum Con- 
gregdtio, die vom Papste für die 
hl. Riten eingesetzte Körperschaft, 
deren Vorstand ein Kardinal mit 
dem Titel „Präfekt" ist. 

saßpe = oft. 

S. = sarvctus, heilig; Ss. = sancti, 
heilige, Sanctissimum, das Aller- 
heiligste. 

sc« = scÜicet, das heisst, nämlich. 

sclre = wissen. 

Scr« = Scriptüra, Schrift; scriptus, 
geschrieben. 



S« 0. = Scriptüra occurrens, die 
nach dem Brevier für den Tag tref- 
fende Lesung der ersten Noktum. 

se = sich. 

Secr« = Secreta heissen die Ora- 
tionen vor der Präfation. 

secr^to = still, leise. 

secündnm = nach, gemäss. 

secündus = der zweite. 

sed = sondern, aber. 

sem« = semidüplex, S. 75. 

semper = immer. 

Septem = sieben; septimus, det 
siebente. 

sepnltüra = Begräbnis. 

sequ« = sequem, der folgende; se- 
quitur = folgt. 

Seqn« = Sequ^tia; S. 92. 

sero = spät, am Abend. 

servatur = wird beobachtet. 

sen oder sive = oder. 

sex == sechs ; sextu^ = der sechste; 
Sexta, siehe S. 147. 

si = wenn, ob. 

sibi = sich. 

sie ^ so, in dieser Weise. 

sicut = sowie. 

silent = schweigen. 

similis = ähnlich. 

simpl. = Simplex, einfach; S. 75. 

simpllflcatnr = wird vereinfacht 
S. 77. 

sine = ohne. 

singnli = einzeln. 

sive, siehe seu. 

Soc. = Sodus, söcii, Gefährten. 

so! = Sonne. 

sol. = solhnnis, feierlich ; S. 75 u . 1 14. 

seiet = pflegt. 

stat = steht, befindet sich. 

snb = unter. 

subito = plötzlich, sogleich. 

snflf^« = suffragia; siehe S. 130, 
Note 2. 

snm = ich bin (Hilfszeitwort) mit 
den Beugungen: est (ist), sunt 
(sind), erat (war), erant (waren), 
Sit, sint (ist, sind oder seien) etc. 

sümitur = wird genommen. 

snper = über. 

snp^rfuit = ist übrig geblieben. 

Snppl« = supplementum, Anhang, 
Ergänzung. 



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232 



Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen etc. 



sapra = über, oben. 

usus = sein, der seinige, mit den 
Endungen sim, suam, suum, sui, 
8U0, smrum, suärum. suis, etc. 

Tacet = schweigt. 

talis == ein solcher; tdliter, in die- 
ser Weise. 

tarn = so ; tarn — tem, sowohl — 
als auch. 

tamquam = obwohl, gleichwie; 
tarn -r- quam = sowohl — als 
auch. 

tautus = so gross, so viel. 

t. p« = tempore paschdli, zur Oster- 
zeit; temp. Pass. = in der Pas- 
sionswoche; temp. Quadr. == in 
der Fastenzeit. 

tenet =^ hält, beobachtet. 

ter = dreimal. 

terjxi»^terminätur, endigt, schliesst. 

t^rtius = der dritte. 

Tert. = TerUa; S. 147. 

thuriferarius = der Rauchfass- 
träger. 

töllitur = wird weggenommen, 
weggelassen. 

tot == so viele; töties = so oft. 

tot« = totius, totus, totum, etc. 
ganz, vollständig. 

Tr. = Tractus, siehe S. 91 u. 224. 

Transflg. = transfigurdtio , Ver- 
klärung. 

TransL = translätio, Übertragung. 

tres, tria, trium, etc. = drei. 

Triduum = dreitägige Feier oder 
Andacht; triduum sacrum, die 
drei letzten Tage der Charwoche. 

Trln.^Trinitas, Dreieinigkeit; S.74. 

tum = dann, hierauf, tum — quum, 
sowohl — als auch. 

tunc = dann, damals. 

ü« steht in manchen Direktorien 

statt vi. = vioMceus, blau. 
ubl = wo, wohin. 
ubicümque = wo nur immer. 
nbique = überall. 



ult« = ültimus, der letzte. 

ultra = darüber hinaus, weiter. 

ünacum = zugleich mit. 

ünicns = ein einziger. 

unus = einer. 

usque (ad) = bis zu. 

usus = Gewohnheit. 

uterque = jeder von beiden, beide; 

z. B. in utrisque Vesperis = in 

der I. und II. Vesper. 
utrum = ob (bei Fragen). 

Yacat = fällt aus, bleibt weg. 

■vadit = geht, schreitet. 

yalde = sehr. 

valet = gilt. 

vari&tnr = verändert sich, Wechsel t. 

Tärins = verschieden. 

Tel = oder; velut = gleichwie. 

Yen. = Veneräbilis, der Ehrwürdige. 

yerbum = Wort. 

Tema pars = Frühlingsteil, 2. Bd. 
des Breviers. 

vero = aber, jedoch. 

y. = Versus oder Versicidus; YY. 
Versiculi; siehe Bespons. 

verus = wahr. 

Vesp. = Vesperce, Vesper; S. 124. 

vespere == am Abend. 

vestis = Kleid. 

Vid. = Vidua, Witwe. 

vide = siehe. 

vidötup = scheint. 

Vig. = VigUia, Vigilie; S. 73. 

vlginti = zwanzig. 

vi. = violdceus^ blau; S. 77. 

y. = Yirgo, Jungfrau; S. 78. 

V. = viridis, grün; S. 77. 

Yisitatio = Besuchung, Heimsuch- 
ung. 

vitändus = ist zu vermeiden, zu 
verhüten. 

vivus = lebend. 

vix = kaum. 

YOtum = das Gelübde; votiva, siehe 
S. 79. 

yuln. = vülnera, Wunden. 



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Neumentabellen. 



233 



1. Tabelle. 

Gewöhnliche Neumen in latein. Schrift. 

a) Punehm. b) Virffa. c) Podalut. d) CUvU. e) Toratha. f) Horrectia. 



8. 1. 9. 

Jahrb. 



10. 0. II. 
Jahrb. 



12. B. iS. 
Jahrb. 



U.g.lS. 
Jahrb. 



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ß) ScandicM, h) Salieta. i) Climacft*. k) Pes mbpunctU. 1) Climactu 

° resupmu». 



8. n. 9. 
Jahrh. 



10. n. U. 
Jahrh. 



12. n. 13. 
Jahrh. 



U. s. 15. 
Jahrb. 



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234 Neumentabellen. 

3. Tabelle. Gewöhnl. Neumen in gotischer (Hufnagel-) Schrift. 

a) Punctum, b) Virga. o) Podatu». d) ClivU, e) Torculu». f) Fiorrectus. 



8. D. $. 

JahrL 



10. n. U. 
Jakrk. 



12. 1. IJ. 
Jahrh. 



14. D. 15. 
Jahrh. 



8. a. 9. 
Jahrh. 



10. n. IL 
Jahrh. 



Jahrh. 



14. u. 15. 
Jahrh. 



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Neumentabellen. 235 

3. Tabelle. Latein. Schrift der Tonverzierungen. 

a) StropJiieus. h)Epiph(mu», o) CephaUcus. d) Aneus. e) Quilisma. f) Pressus. 



8.U.9. 
Jahrh. 



10. n. IL 
Jahrb. 



12. g. \i. 
Jahrh. 



14. g. 15. 
Jahrh. 



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4. Tabelle. Gotische (Hufiiagel-) Schrift der Tonverzierungen. 



a) Strophicus. b) Epiphoruu. c) Cephcüicus. d) Jjtctu. e) Qta7üma. f) Pressus. 



8. «. 9. 
Jahrh: 



10. g. 11. 
Jahrh. 



12. a. 13. 
Jahrh. 



14. a. 15. 
Jahrh. 



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286 



NeumentabelleD. 



5. Tabelle. 

Chronologische Formeln der Schlüssel, ^ und Q Zeichen, 
a) in lateinischer Schrift. 



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Text und Melodie der folgenden ältesten Handschrift mit der 
Sequenz Dies irce (s. Musica sacra 1892, S. 117) stimmen, wenige 
Worte*) und Töne ausgenommen, mit dem römischen Messbuche 
überein. Die Neumen stehen auf drei oder vier schwarzen Linien 
ohne Schlüssel und bieten zu nützlichen Vergleichen mit der offi- 
ziellen Gesangsweise Veranlassung. 

*) In der 4. Strophe steht judicando statt judioanti, in der 6. cenaebit, 
das erst 1570 unter Plus V. in sedeUt verwandelt wurde, in der 
9. gwm statt qtwd, in der 16. astrictis statt addictis, in der 17. 
acrinis statt acdinis, in. der 18. que statt qua. 



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Die Sequenz „Dies irae" 
aus der Handschrift VI, G 38 der bibUoteca nazionah zu Neapel (13. Jahrb.). 










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239 

Deutsche Übersetzung des Decretum „Quod S. Augustinus" 
vom 7. JuU 1894: 

H^Sler hl. Augustinus und die übrigen Kirchenväter haben sich oft- 
I H«4 malß über die Würde und den Wert des Kirchengesanges aus- 
WäVSA gesprochen, der durch seinen wohlthuenden Einfluss auf das Ohr 
bewirke, dass auch ein weniger starkes Gemüt zur Andacht gestimmt 
werde,*) — ein Grundsatz, den die Autorität der römischen Päpste sich 
voll zu eigen machte und dessen Durchführung sie in hervorragender 
Weise stets als ihre Aufgabe erfasste. — Deshalb lenkte der hl. Gregor 
der Grosse auf diesen Zweig der katholischen Liturgie sein Augenmerk 
und seine Bestrebungen und zwar in solchem Grade, dass die heiligen 
Gesänge in der Folge sogar nach ihm benannt wurden. Im Laufe der 
Zeiten waren dann auch andere Päpste in voller Erkenntnis des Anteils, 
welchen die Würde des Gottesdienstes hieran habe, und in getreuer 
Nachahmung ihres unsterblichen Vorgängers, unablässig bemüht, den 
gi'egorianischen Gesang nicht nur in der übernommenen, wohl erprobten 
Form des Rhythmus zu pflegen, sondern denselben auch auf eine noch 
geeignetere und bessere typische Form zu bringen. Besonders nach den 
Beschlüssen und Anordnungen des Konzils von Trient und nach der auf 
Geheiss Pius V., unter dessen Ägide sorgfältig durchgeführten Verbes- 
serung des römischen Missale war es der um die Förderung des litur- 
gischen Gesanges hochverdiente, täglich wachsende Fleiss und die Sorg- 
falt eines Gregor XIIL, Paul V. und anderer, die, um die Zierde der 
Liturgie unversehrt zu bewahren, nichts sehnlicher wünschten, als dass 
der Einheit im Ritus überall auch die Einheit im Kirchengesange ent- 
spräche. In dieser Angelegenheit ward das emsige Bemühen des heiL 
Stuhles hauptsächlich dadurch gefördert, dass derselbe das sorgfältig 
revidierte und mit einfacheren Melodien versehene Graduale dem Gio- 
vanni Pierluigi da Palestrina zum Zwecke gediegener und hervorragend 
schöner Bearbeitung übergab. Dieser hat nämlich, wie es eines pflicht- 
treuen Mannes würdig, seine Aufgabe in sachverständiger Weise gelöst,, 
und der kundige Fleiss des gefeierten Meisters brachte es zu stände, 
dass unter Beibehaltung der echten Melodien nach den weisesten Grund- 
sätzen die Reform des Kirchengesanges gebührend durchgeführt wurde. 
Das hochbedeutsame Werk übernahmen dann die berühmten Schüler Pale- 
strinas, seiner Schulung und Lehre folgend, um es nach dem Willen 
der Päpste, in der medicäischen Druckerei zu Rom drucken zu lassen. 
- Indes war es erst unserer Zeit vorbehalten, das begonnene Unter- 
nehmen und die gewonnenen Erfahrungen vollends zum Abschluss zu 
bringen. Als nämlich Papst Pius IX. hochseligen Andenkens die glück- 
liche Durchführung der Einheit im Kirchengesang sehnlichst herbei- 
wünschte, setzte er aus Männern, hochverdient um den gregorianischen 
Gesang, in Rom eine Spezialkommission ein, die von der Kongregation 
der hl. Riten zu bestimmen sei und unter deren Auspizien und Leitung 
stünde; diese wurde mit der Prüfung jener Ausgabe des Graduale betraut, 
die einstmals aus der medicäischen Druckerei hervorgegangen und durch 
apostolisches Breve Paul V, approbiert worden war. Nachdem diese Aus- 
gabe, die seiner Zeit in sehr zweckdienlicher Weise geschaffen worden, 
nun aber mit gleichem Fleisse und unter Einführung geeigneter Ver- 
besserungen nach den von der Kommission aufgestellten Grundsätzen 
revidiert war, äusserte derselbe wiederholt seine hohe Befriedigung und 
trug kein Bedenken, sie als authentisch zu erklären mit Breve von> 



*) Augustinus, Bekenntnisse, B. 10. K. 33. N°. 3. 



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240 

30. Mai 1873, dessen Hauptinhalt ist: „Diese genannte Ausgabe des 
Oraduale Romanum empfehlen Wir wann den kirchlichen Oberhirten und 
allen jenen, welchen die Pflege der Kirchenmusik obliegt, urasomehr als 
Uns sehr daran gelegen ist, dass überall und in allen Diöcesen nicht 
nur in den übrigen Vorschriften der Liturgie, sondern auch im Gesänge 
die Einheit mit der römischen Kirche beobachtet werde." Unser gegen- 
wärtiger heiliger Vater Papst Leo Xm. legte Gewicht darauf, die Ap- 
probation seines Vorgängers zu bestätigen und zu erweitem. Mit apo- 
stolischem Breve nämlich vom 15. November 1878 begleitete er die neue 
Ausgabe des ersten Teils des Antiphonarium Romanum (die Horse Diumse 
umfassend), der von der gleichen Kommission der Riten-Kongregation 
aufs beste und angemessenste, wie von Musikkennern nicht anders zu 
erwarten, revidiert war, mit spezieller Empfehlung, indem er sich weise 
an die Bischöfe und alle Pfleger der lürchenmusik mit folgenden Worten 
wendete: „Daher approbieren Wir die von den sachverständigen Kom- 
missionsmitgliedem der Riten-Kongregation revidierte vorgenannte Aus- 
gabe, erklären sie für authentisch, empfehlen sie warm den kirchlichen 
Oberhirten und überhaupt allen Pflegern der Kirchenmusik, indem Wir 
als Hauptziel vor Augen haben, dass überall und in allen Diöcesen nicht 
nur in den übrigen Angelegenheiten der Liturgie, sondern auch im Ge- 
sänge die Einheit mit der römischen Kirche beobachtet werde." 

Gleichwie jedoch nach dem päpstlichen Breve Pius' IX. über das 
Graduale mehrfache Kontroversen auftauchten und Hindernisse bereitet 
wurden zu dem Zwecke, die Approbation selbst in Zweifel zu ziehen — 
weshalb dann die hl. Kongregation der Riten am 14 April 1877 es als 
Pflicht empfand, die authentische Ausgabe als solche in Schutz zu neh- 
men, — ebenso vermeinten nach dem Breve Leos XIII. noch einige Per- 
sönlichkeiten, dass es ihnen — statt vielmehr dem Streit ein Ende zu 
machen — noch frei stehe, die Ratschläge und Dekrete in Betreff des 
durch die ständige Theorie und Praxis der römischen Liturgie erprobten 
Kirchengesanges zu vernachlässigen. Ja es erhob sich nach dem Er- 
scheinen der kirchlichen Cnoralbücher und der glücklichen Durchführung 
dieser Angelegenheit der Streit sogar mehr denn je ; insbesondere musste 
auf dem kirchenmusikalischen Kongress zu Arezzo i. J. 1882 eine heftig 
auftretende Kritik alle jene mit Trauer erfüllen, die mit Fug und Recht 
glauben, in der Frage der Einheit des Kirchengesanges einzig und allein 
dem hl. Stuhle gehorchen zu sollen. Als aber jene Teilnehmer am Kon- 
gresse von Arezzo ihre Beschlüsse oder Wünsche in dieser Beziehung 
nicht nur der Öffentlichkeit übergaben, sondern wohl formuliert auch 
Seiner Heiligkeit Papst Leo XIII. unterbreiteten, so überwies der heil. 
Vater in Anbetracht der Wichtigkeit der Sache und aus Fürsorge für 
die Einheit und Würde des Kirchengesanges, besonders des gregoriani- 
schen Cantus, jene Beschlüsse oder Wünsche zur Prüfung einer von 
ihm aus Kardinälen der Ritenkongregation erwählten Spezialkommission. 
Nach reiflicher Überlegung und Einholung des Gutachtens hervorragen- 
der Männer fassten dieselben ohne jedes Zögern folgenden Beschluss: 
„Die vom Kongress von Arezzo im letztverflossenen Jahre ausgespro- 
chenen und von demselben dem apostolischen Stuhle vorgetragenen Be- 
schlüsse oder Wünsche, betreffend die Zurückführung des liturgischen 
gregorianischen Gesanges zur alten Tradition, können, so wie sie lauten, 
nicht angenommen noch gutgeheissen werden. Denn wenngleich es den 
Pflegern des Kirchengesanges stets erlaubt gewesen ist und freigestan- 
den hat und ebenso für die Folge freistehen und erlaubt sein wird, aus 



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241 

wissenschaftlichen Gründen zu erforschen, welche die uralte Form des 
besagten Kirchengesanges, und welche in der Folge seine Entwicklungs- 
phasen gewesen sein mögen — gerade so wie in Bezug auf die alten 
Riten der Kirche und die sonstigen Teile der Liturgie hochgelehrte 
Männer in sehr lobenswerter Weise zu erörtern und zu forschen ge- 
pflogen haben — so sei nichts desto weniger als authentische 
und rechtmässige Form des gregorianischen Gesanges heut- 
zutage nur diejenige zu betrachten, welche auf Grund der 
Anordnungen desKonzils von Trient durchPaul V. undPiusIX. 
hochseligen Andenkens und durch Seine Heiligkeit Papst 
Leo Xm., sowie durch die Kongregation der heiligen Riten, 
in der jüngst veranstalteten Ausgabe gutgeheissen und be- 
stätigt worden als diejenige, welche allein jene Weise des 
Gesanges enthält, deren sich die römische Kirche bedient. 
Deshalb dürfen in Bezug auf diese Authenticität undRecht- 
mässigkeit bei denjenigen, welche der Autorität des aposto- 
lischen Stuhles aufrichtig beipflichten, weder Zweifel noch 
weitere Erörterungen mehr stattfinden.** 

Gleichwohl konnte man in den letzten Jahren wahrnehmen, wie 
aus verschiedenen Gründen die alten Schwierigkeiten wieder hervorgeholt 
wurden, ja sogar neue Streitigkeiten hinzukamen, welche sowohl die 
Echtheit dieser Ausgabe selbst, als insbesondere jene des darin, enthal- 
tenen Cantus sei es entkräften oder doch angreifen wollten. Andererseits 
fehlte es auch nicht an solchen, die aus dem Wunsche nach Einheit des 
Kirchengesanges, der die Päpste Pius IX. und Leo XHI. zu der ausser- 
ordentlichen Empfehlung veranlasst hatte, den Schluss zogen, dass alle 
anderen Gesangsweisen, wie solche in einzelnen Kirchen schon seit lan- 
gem üblich sind, ganz verboten wären. Um nun über diese Zweifel 
besseres Licht zu verbreiten und fortan jede Ungewissheit auszuschlies- 
sen, unterbreitete Se. Heiligkeit diese Angelegenheit einer Plenar- 
versammlung der Kardinäle der Ritenkongregation, welche in den am 
7. und 12. Juni abgehaltenen Sitzungen nach Zusammenfassung aller ein- 
schlägigen Punkte und anderer zugleich vorgelegten Fragen und nach 
reiflicher Überlegung einstinmiig beschloss: „Die Verfügungen Pius' 
IX. hochsei. Andenkens durch Breve „Qui choricis" vom 30. Mai 
1873, unseres hl. Vaters Leos XIEE. durch Breve „Sacrorum Con- 
centuum" vom 15. Nov. 1878 und die oben erwähnten Vorschrif- 
ten der Kongregation der hl. Riten bleiben in Geltung." — Was 
aber die Freiheit betrifft, wonach einzelne Kirchen einen rechtmässig ein- 
geführten und noch in Gebrauch befindlichen Gesang beibehalten können, 
so ermahnt die Kongregation alle kirchlichen Oberhirten und überhaupt 
alle Pfleger des Kirchengesanges auf das Dringendste, die vorgenannte 
Ausgabe im Interesse der Einheit des kirchlichen Gesanges in der hl. Li- 
turgie thunlichst einzuführen, obwohl sie nach dem höchst weisen Verfah- 
ren des hl. Stuhles den einzelnen Kirchen dieselbe nicht geradezu befiehlt. 

Nachdem aber über alle diese Verhandlungen durch den unter- 
zeichneten Präfekten der Ritenkongregation dem hl. Vater Papst Leo XHI. 
getreuer Bericht erstattet worden, hat Seine Heiligkeit das Dekret der 
hl. Kongregation genehmigt, bestätigt und zu veröffentlichen befohlen 
am 7. Juli 1894. 

j j^ g Cajetanus Card. Aloisi-Masella, S. R. C. Prsefectus. 

^* ^ ' Aloisius Tripepi, S. R. C. Secretarius. 

Haberl, Magister choralis. 12. Aufl. 1^ 

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242 



Index alphabeticus 

cantionum et rerum iiturgicarum Sacerdotibus et Ciericis convenieDtium. 



Absolutio in officio Matut. p. 139 

^tenieRcxaltissiitie (Hymnus) 169 

Alleluja in Missa Sabbati Sancti 161 

Alma Redemptoris Mater (An- 
tiphona) 133 

Asperg:es me 148 

Ave Regina (Antiphona) 133 

Ave sanctum Chrisma 165 

Ave sanctum Oleum 165 

Bemerkungen, allgemeine, für 
Kleriker 180 

Eenedicamus in Missa 115 

Benedicamus in officio divino 131 seq. 

Xerzen-, Aschen-, Palmen-, 
Osterkerzen- u. Tauf wasser- 
weihe 154 sequ. 

Benedictio Hebdomadarii inMa- 
tutino 

Benedictio Pontificalis 

Bücher, liturgische, 

Canticorum toni 

Capitulnm in officio 

€onfiteor 

Credo in unum Deum 

Deus in adjutorium 

Domino labia mea 

Dominus vobiscum 

Ecce lignum crucis 

Ego sum (Antiph. ad Bened.) 

Epistola 

Evangelium 

Exsultabunt (Ant. in exsequiis) 

Exsultet jam Angelica turba 

Flectamus genua 

Gloria, Intonationes 

Oloria, laus et honor 

Humiliate capita vestra 

Intervallübungcn 

Ite missa est, Toni 

iube domne benedicere 
#amentationis Tonus 
Lectionis Tonus 
Libera me Domine (Respons.) 
LitanisB de B. M. V. 

„ de Omnibus Sanctis 149 seq. 

„ de Ss. Nominis Jesu 153 

Lumen Christi 156 

Martyrologium 146 



139 
171 

67 
123 
127 
112 

95 
125 
136 

85 
160 
167 

90 

93 
167 
156 



84 

155 

89 

45 seq. 

113 seq. 

139 



140 
139 
116 
152 



Orationum Tonus ferialis j;. 88 
Orationum Tonus festivus ' 86 
Orationum Tonus simplex ferialis 87 
Orationum Tonus in Parasceve 89 
Redemptor 165 

Oremus vor dem Offert ori um 96 
Fange lingua 169 

Pater noster, Tonus ferialis 110 
Pater noster, Tonus festivus 109 
Pax Domini 111 

Pk^efationum Cantüs Fbbialis 106 
Pr^fationümCantus Festivus 97 
Procedamus in pacc 154 

Prophetiae Tonus 161 

Psalmorum Toni feriales 123 

Psalmorum Toni festivi 120 

Regina coeli (Antiphona) 133 

Requicscant in pace 116 

RespoDSorium breve (in horis 

canonicis) 145 

Sacris solemniis (Hymnus) 169 
Salutis humanae Sator (Hymnus) 169 
Salve Regina (Antiphona) 133 

Si ioiquitatcs (Ant. in exsequiis) 167 
Sit nomenDili(Änt.inexs.parv.) 170 
Te Deum laudamus 141, 169 

Tonus peregrinus 122 

VeniCreator Spiritus (Hymnus) 170 
Veni Sancte Spiritus (Antiph.) 170 
Verbum supernum (Hymnus) 169 
Vers. Toni in Officio divino 129 

„ „ in Commemoratione 130 
„ „ in hebdomada sancta 129 
„ „ in Officio Defunct. 129 
Vespere autcm Sabbati 162 

Vidi aquam 147 

Vortrag des Altargesanges 180 
„ der gesangartigen Le- 
sungen 209 
„ der metrisch. Hymnen 212 
„ der syllabischen Ge- 
sangsweisen 216 
Wert des Chorals 14 
Wichtigkeit und Bedeutung der 

Unterscheidungszeichen 203 

Wirkung des Textes und der 
Aussprache auf Notenzeichen 
und Ton 197 



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243 



Inhaltsverzeichnis. 



6. 
6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 



12. 
13. 

14. 

15. 

16. 
17. 



18. 
19. 

20. 



Vorwort zur 12. Auflage 
Begriff des Chorals 
Abriss seiner Geschichte 
Wert des Chorals 
Einteilung 



Seite 

III 

1 

2 

14 

17 



§. Seite 

Das beilige Messopfer. 

21. Introitus. Kyrie. Gloria. 81 

22. Die Orationsgesangsweisen 84 

23. Von der Epistel bis zur Prä- 
fation 90 



A. Vorkenntnisse. 

Namen der Töne, Bildung 

der Tonleiter 19 
Verbindung derTöne,Inter- 

valle 24 

Notensystem, Schlüssel 26 

Rhythmus, Rubepunkte 32 

Stimme, Sprache 36 
Lcseregcln, Betonung der 

Silben 40 

Treffiibungen 44 

B. Kenntnis. 

a) Theoretischer Teil. i 

Entwicklung der Oktaven- I 

gattungen 48 j 

Namen, Merkmale und Un- 
terschiede der Oktavengat- 
tungen 52 
Wesen und Eigenschaften 
des I. bis IV. Tones 56 
Wesen und Eigenschaften 
des V. bis VIII. Tones 58 I 
Transposition 60 i 
Über die Diesis im grego- | 
riani sehen Choral 64 

b) Praktischer Teil. i 

Die liturgischen Bücher 67 j 
Kirchenjahr und Kirchen- 
kalender 73 
Einrichtung des römischen 
Missale (Graduale) und Bre- 
viers 78 



24. EeierlicherPräfationsgesang 96 



1. De Nativitate 97 

2. De Epiphania 98 

3. In Quadragesima 99 

4. De Cruce 100 
4. In Die Paschse 100 

6. De Ascensione 101 

7. De Pentecoste 102 

8. De Ss. Trinitate lOJ 

9. In Festis B. Mariae V. 104 

10. De Apostolis 104 

11. Praefatio communis 105 

25. Ferialer Präfationsgesang 106 

26. Pater noster. Communio 109 

27. Ite Missa est. Benedicamus 
Domino 113 

Die kirchlichen Tagseiten. 

28. Die kirchliche Psalmodie 117 

29. Psalmengesang in tono du- 
plici et semiduplici 120 

30. Ferialgesang der Psalmen, 

die Cantica 123 

31. Vesper, Completorium 124 

32. Matutin und Landes 136 

33. Prim. Terz. Sext. Non. 142 

Die ausserordentlichen Feierlich- 
keiten des Kirchenjahres. 

34. Die Weihwasserausteilung 
an Sonntagen, der Litanei- 
engesang 147 

35. Die Kerzen-, Aschen-, Pal- 
men-, Osterkerzen- u. Tauf- 
wasserweihe 154 



16* 



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244 



Inhalt ßverzeichnip. 



§. Seite 

36. Die Messe am Gründon- 
nerstag, Charfreitag und 
Charsamstag 

37. Verschiedene liturgische 
Funktionen aus Pontificale 
und Kituale Romanuni 

38. Über die Begleitung der 
Orgel beim gregor. Choral 171 



159 



162 



C. Erkenntnis. 

I. Allgemeine Andeutungen. 

39. Für Kleriker 180 

40. „ Dirigenten 184 

41. „ Organisten 189 

42. „ Sänger des gregoriani- 

schen Chorals 194 

IL Winke über den Vortrag. 

43. Wirkung des Textes und 
der Aussprache auf Noten- 
zeichen und Ton 197 

44. Wichtigkeit und Bedeutung 
der Unterscheidungszeichen 203 



Seite 



45. Psalmen. Gesangartige 
Lesungen 

46. Die metrischen Hymnen 

47. Die syllabischen Gesangs- 
weisen 

Die wechselnden Messge- 
sänge, die Antiphonen, die 
Responsorien nach den Lek- 
tionen 



48, 



Verzeichnis der Abkürzungen 
und Ausdrücke des römisch- 
kathol. Diöcesankalchders, 
mit Übersetzung und Er- 
klärung 

Neumentabellen und Dies ircB 

Deutsche Übersetzung des De- 
krets „Quod S. Augustinus" 
vom 7. Juli 1894 

Verzeichnis der Intonationen 
und Gesänge für die Kleri- 
ker und Priester 

Inhaltsverzeichnis 



209 
212 

216 



219 



225 
233 



239 



242 
243 



^(^X^^^C^QC^f^^ 



Corrigenda. 

S. 151 ist beizufügen, dass eine ,,Hcrz-Jesu-Litanei", welche der 
Heil. Stuhl am 5. Nov. 1898 für alle Diözesen, welche die Einführung 
derselben verlangten, approbiert hat, seit Mai 1899 für die ganze Kirche 
ausgedehnt worden ist. Eine offizielle Melodie zu derselben ist noch 
nicht approbiert; zwei Choralweisen (im I. und VT. Ton) veröffentlichte 
der Verfasser dieses Lehrbuches mit Orgelbegleilung bei Fr. Pustet. 



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Magister choralis. Theoretüch-pnk 



BCU7663 




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Remington Rand 1 

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no.Cctno. 1139 





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